à AI TA RON a EEE hr hi AAA a ee HARAS NE Nu; al ale tn mure Ki a Haine EE Ä } Bi 1 ea ee un 8 À se AE we N are es ROUE HT Kon, Y AT nr 4 2 À M ETS Er : oh ce: a f) ae vs: v BB Rn MATE z TR DH # aan 1: Me Mel perse {m A u a PER nf N. 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A qi Vas nero PER 1 Be Hi BR: FE 34 M RN RAR VIS der > Naturforschenden Gesellscha oh EHER ; : i : . in Basel où a 2 Band XXXI a | a . Ss sa À Er ne Mit 8 Tafeln und 206 Textfiguren. Ps Basel | Georg & Cie. Verlag Ja : | 1920 u | "7 _ Buchdruckerei he: > 5 ler ait Ve ER Ka er a er a , 3 er ee Inhalt. Physik. Fritz Ebi. Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Untersuchung aërodynamischer Felder Geologie. A. Buxtorf und R. Koch. Zur Frage der Pliocaen- bildungen im nordschweizerischen Juragebirge RENATE L. Braun. Geologische Beschreibung von Blatt Frick (1 : 25,000) im Aargauer Tafeljura Zoologie. Eugen Wehrli. Ueber eine neue Psychide, Scioptera vor- brodtella nov. spec. und ein neues Unterscheidungsmerkmal der Scioptera-Arten Eugen Wehrli. Ueber die artliche Verschiedenheit des Haar- schuppenkleides der Flügeloberfläche der Repräsentanten der Gattung Scioptera Rbr. (Psychiden) N. G. Lebedinsky. Beiträge zur Morphologie und Entwicklungs- geschichte des Unterkiefers der Vögel . Richard Menzel. Ueber die Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. (Ein Beitrag zur Kenntnis der Er- nährung der Würmer) Nekrolog. Fr. Fichter. Friedrich Goppelsroeder Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1919 von Dr. Fritz Sarasin Bericht über das Basler Museum für Völkerkunde für das Jahr 1919 von Dr. Fritz Sarasin Dr. J. M. Zieglersche Kartensammlung. Einundvierzigster Bericht, 1919. Von C. Chr. Bernoulli Chronik der Gesellschaft 1919/20 Jahresrechnung 1919/20 Mitgliederverzeichnis von 1919 189 24 30 39 Verzeichnis der Tafeln. Tafel III zu Fritz Ebi: Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Untersuchung aëérodynamischer Felder. Tafel III zu Eugen Wehrli: Haarschuppenkleid der Gattung Scioptera. Tafel IV—VI zu N. G. Lebedinsky: Beiträge zur Morphologie und Entwicklungsgeschichte des Unter- kiefers der Vögel. Tafel VII-VIN zu L. Braun: Geologische Beschreibung von Blatt Frick (1:25,000) im Aargauer Tafeljura. Über die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Unter- suchung aërodynamischer Felder. (Gekürzte Fassung.) Mit 5 Textfiguren und 2 Tafeln (I u. II). Von F. Ebi. - Inhaltsverzeichnis. | Seite I. Einleitung . ; 1 II. Die Sonde von K. Gegaut re Deco en ad re Mon endung 2 III. Versuchsanordnung RAS BE RA EN ARE U RER De EN A = 5) IV. Messungen an Eros dlenn RE PA A Re RE N URN as ARR SEA A. Fehlerquellen . IE NE 8 B. Der charakteristische Ne inkl N: 10 C. Einfluss der Entfernung der Messöffnungen vom here cp die Druckwerte . . . RR RN EZ AN ner Ro) D. Das a&rodynamische Feld eines rliindlens BREI U HRS AE EU AT RE, Ne zusammenfassung: der Kesultate, au. nn a el N 228 I. Einleitung. Um das ,aërodynamische Feld“ eines von Luft umströmten Körpers zu bestimmen, können zwei Methoden angewandt werden. Die erste Methode gibt uns qualitativ Aufschluss über den Verlauf der Strömung um ein Hindernis, indem sie optisch die Stromlinien durch Fäden, Flammen etc. sichtbar zu machen versucht. Bahn- brechend hiefür waren die Arbeiten von Æ. Ahlborn'!). Sollen quantitative Resultate erhalten werden, so hat man sich der zweiten, der manometrischen oder Sondenmethode zu bedienen. Das Mess- instrument, die Sonde, muss uns daher in den Stand setzen, sämt- liche zur Kenntnis der Strömuungsverhältnisse an einem Ort des 1) F. Ahlborn. Über den Mechanismus des hydrodyn. Widerstandes. Abh. a. d. Geb. d. Nat. Hamburg 17 1902 und Phys. ZS. 9. 201. 1908. 2 F. Ebi. aërodynamischen Feldes notwendigen Grössen bestimmen zu können. Diese sind 1. der statische Druck, 2. die Windgeschwindigkeit und 3. die Stromrichtung. Eine Sonde aber darf, damit durch sie selbst die wirklichen Werte nicht merklich verändert werden, nur geringe Dimensionen haben. Ein solches überaus einfaches Instru- ment von kleinster Ausdehnung, mit dem alle drei notwendigen Grössen gefunden werden können, hat vor zwei Jahren K. @egauff hergestellt und dessen Haupteigenschaften beschrieben °). Unter- suchungen von A. Hagenbach?) liessen es jedoch als wünschenswert erscheinen, noch genaueren Aufschluss über die Vorgänge an den Sonden zu gewinnen. Ich habe es daher auf Anregung der Herren Professoren A. Hagenbach und H. Zickendraht unternommen, diese weitern Untersuchungen durchzuführen und gleichzeitig das An- wendungsgebiet der Sonde dadurch zu erweitern, dass auch die Bestimmung des Krümmungsradius der Stromkurve in irgend einem Punkt des Feldes mit ihr durchgeführt werden kann. II. Die Sonde von K. Gegauff, ihre Eigenschaften und ihre Verwendung. Die Gegauff’sche Sonde‘) besteht aus einer geraden feinen Stahl- oder Messingröhre von der Dicke einer Stricknadel. Das eine Ende, der Sondenkopf, ist meist abgerundet und stets ver- schlossen. Unmittelbar davor (l mm) befindet sich eine feine, senkrecht zur Nadelachse gebohrte Oeffnung von 0,4 mm Durch- messer. Wird die Sonde in den Luftstrom eingeführt, so pflanzt sich durch das Loch am Sondenkopf der an der betreffenden Stelle des Stromes vorhandene Druck ins Innere der Sonde fort und kann, da das offene Ende mit einem Manometer in Verbindung steht, an dessen geeichter Skala abgelesen werden. Unter «@ sei der Winkel zwischen der Axe der Oeffnung und der Stromrichtung verstanden. Wird die Sonde um ihre Axe gedreht, so erhält man für die verschiedenen Werte von a verschieden grosse Druck- werte p, wobei p stets den Druck in mm Wasser bedeuten mag. Ist &=0°, so zeigt das Manometer maximalen Ueberdruck an. Mit wachsendem &@ nimmt der Druck ab, um bei einem für eine bestimmte Sonde charakteristischen Neigungswinkel zu verschwinden. Wird die Sonde über diesen ihr eigentümlichen Winkel gedreht, so wird der Druck negativ und weist bei ca. 85° einen maximalen Unterdruckswert auf. Zwei Stellungen der Sonde sind für die Aus- 2) K.Gegauff. Sondenmessungen im aörodyn. Felde. Dissertation, Basel 1916. ) A. Hagenbach u. K. Gegauff. Phys. ZS. 18. 21. 1917. ) K. Gegauff. 1. c. mw Untersuchung aërodynamischer Felder. 3 messung eines Punktes im aërodynamischen Feld von fundamentaler Bedeutung: Erstens diejenige Stellung, bei der &=0° ist, und zweitens die, bei welcher der Druck zu Null wird. Misst man an einem Orte, wo kein statischer Druck vorhanden ist, so sollte man, wenn &æ—0°, den an jener Stelle herrschenden dynamischen Druck erhalten. Vergleichende, von A. Hagenbach durchgeführte Unter- suchungen mit der Stauscheibe und Pitotröhre liessen aber die mit der Sonde erhaltenen Werte um 5—6°/o kleiner erscheinen’). Nun gilt bei der Stauscheibe und Pitotröhre für die- Windgeschwindig- keit die Beziehung: | = \/ Danse 1) (01 Dabei bedeute v die Windgeschwindigkeit in m/s, p, den dyna- mischen Druck, g die Beschleunigung der Schwerkraft und o die auf Wasser bezogene Dichte der Luft. Da nach obigem der dynamische Druck mit einer Sonde ge- funden wird aus: pı=K.-p’a°), wo pa der mit der Sonde bestimmte "maximale Überdruck und K ihr charakteristischer Proportionalitäts- faktor sei, so erhält man mit einer Sonde die zu bestimmende Windgeschwindigkeit aus: K-p’,:2g8 OR Im Allgemeinen ist der statische Druck an einer Stelle der Strömung von Null verschieden. Dann zeigt die Sonde, wenn der Sondenmund dem Winde zugekehrt ist, also &æ—0°, die Summe aus statischem und dynamischem Druck an, und die Gleichung für v geht, wenn unter P=p,+p, der Gesamtdruck verstanden ist, über in: K-2c(P - nn 5 [0% In diesem Fall ist zur Bestimmung der Windgeschwindigkeit die Kenntnis des an der Messtelle herrschenden statischen Druckes p, erforderlich. Dieser lässt sich mit einer geeichten Sonde auf einfache Weise messen. Die Eichung selbst geschieht an einem Punkt ohne statischen Druck. Ob ein Punkt im aörodynamischen Feld von statischem Druck frei ist, wird nach der von Ser her- rührenden „Methode der dünnen Scheibe“ festgestellt. K. Gegauff benützte zu seinen Untersuchungen’) eine 0,4 mm dünne kreis- 5) A. Hagenbach u. K. Gegauff. 1. c. 6) Methode zur Bestimmung von K, siehe Seite 5 dieser Arbeit. 7) K. Gegauff. 1. c. pag. 22. 4 F. Ebi. förmige, oben polierte Scheibe mit einem von beiden Seiten messer- scharf zugeschliffenen Rand. Im Zentrum der Scheibe, deren Radius 12,5 mm betrug, befand sich eine kreisförmige Oeffnung von 0,4 mm Durchmesser. Durch ein halbkreisförmig um die Scheibe herumgebogenes Ansatzröhrchen war die Oeffnung mit dem Manometer in Verbindung gebracht. Dadurch wurde erreicht, dass die Plattenöffnung beim Drehen stets am gleichen Ort im Luft- strom blieb. Da aber nach dieser Art selbst konstruierte Scheiben stets starke Unsymmetrien aufwiesen und deren Resultate mir da- her nicht einwandfrei zu sein schienen, so wählte ich eine neue Scheibenform. Der Durchmesser der neuen Kreisscheibe blieb gleich, hingegen besass sie eine Dicke von 1,2 mm. Auf der „ser“ Scheibe v. K. Gegauff. Neue Scheibenform. Figur 1. ‚Oberfläche wurden auch die geringsten Unebenheiten wegpoliert, und der Rand wurde diesmal nur von der untern Seite conusförmig und ebenfalls messerscharf zugeschliffen. So wurde eine glatte Oberfläche mit scharfem Rand erzielt, über die bei paralleler Stellung der Scheibe mit dem Luftstrom die Stromlinien ohne ab- gelenkt zu werden hingleiten, und auf die sie keinen dynamischen Druck ausüben können. Aus Fig. 1 sind die früher von K. Gegauff und die von mir in meiner Arbeit verwendete Scheibenform er- sichtlich. Aus dem Druckdiagramm Tafel I, Fig. 2 der neuen Scheiben- sonde kann ihr Verhalten bei zwei verschiedenen Windgeschwindig- keiten abgelesen werden. Man ersieht daraus, und das ist ein absolutes Erfordernis, dass für beide Geschwindigkeiten von 5.7 m/s und 7.3 m/s die Scheibe in beiden parallelen Stellungen zur Strom- richtung den Druck null anzeigt. ET bé en ne om RES Untersuchung a@rodynamischer Felder. 5 Zur Auffindung einer Nullstelle wird nun folgendes Verfahren eingeschlagen: Man dreht die Scheibe parallel zum Luftstrom, liest den Manometerausschlag ab, dreht sie darauf um genau 180° und liest wieder den Ausschlag an der Libelle ab. Ist der Druck- wert für beide Stellungen derselbe, so ist dies erstens ein sicheres Zeichen dafür, dass beidemal die Scheibe sich parallel zum Luft- strom befand, zweitens bedeutet der abgelesene Druck den an jener Stelle im aörodynamischen Feld vorhandenen statischen Druck. Um eine Nullstelle aufzufinden, verschiebt man die Scheibe im Feld so lange, bis das Manometer für beide Scheibenstellungen keinen Ausschlag mehr anzeigt. Ist dies gelungen, so ist die gefundene Stelle zur Eichung der Nadelsonde geeignet. Die Sonde wurde zur Eichung wie auch zur Ausmessung des aërodynamischen Feldes am Koordinatenapparat*) festgelagert, sie blieb aber um ihre Axe drehbar. Mit dem Stativ fest verbunden war ein Teilkreis, durch dessen Mitte die Sonde hindurchging. Mittels eines an ihr be- festigten Zeigers konnte die Stellung des Sondenmundes gegen die Windrichtung abgelesen werden. Dreht man nun an der zur Eichung geeigneten Stelle die Sonde nach der einen Seite so lange um ihre Axe, bis der am Manometer abgelesene Ausschlag null ist, und wiederholt diese Bewegung hierauf nach der andern Seite hin ebenfalls so lange, bis kein Ausschlag mehr am Manometer erfolgt, so wird der doppelte Wert des für diese Sonde charakter- istischen Neigungswinkels & abgelesen. Dreht man die Sonde hierauf um diesen Winkel «& selbst zurück, so erhält man die Stellung der Sonde, in der die Oeffnung gerade der Stromrichtung zugekehrt ist. Die Zeigerstellung gibt jetzt die Windrichtung an und der am Manometer abgelesene Ausschlag ist proportional dem dynamischen Druck. Den dynamischen Druck p, stellen wir durch Vergleichsversuche mittels der Scheibensonde oder der Stauscheibe fest. Aus dem Verhältnis dr, Pa ergibt sich dann der einer bestimmten Sonde eigentümliche und konstante Proportionalitätsfaktor”). Die mit einer auf solche Weise geeichten Sonde erhaltenen statischen Druckwerte dürfen aber nur dann als absolut einwand- freie Werte bezeichnet werden, wenn nachgewiesen ist, dass der charakteristische Neigungswinkel & für alle vorkommenden Wind- geschwindigkeiten konstant ist. Für die Sonden erweist er sich, 8) H. Zickendraht. Ann. d. Phys. 85 (IV) 64. 1911. 9) Vergleiche Seite 3 dieser Arbeit. 6 F. Ebi. wie aus Tabelle I hervorgeht, innerhalb gewisser Geschwindig- keitsgrenzen als konstant, während man erwarten sollte, dass er mit wachsender Geschwindigkeit kleiner würde. Tabelle I. Sonde I | Sonde II Sonde III Sonde IV Charakt. Neigungswinkel @ : 44.00 43.50 44.09 43.50 Windgesehwindigkeit in m/s: | 3.2) 7.3| 8.3| 5.4 | 6.9| 8.0 | 2.8| 6.8 7.9| 5.7 | 7.6| 9.5 Druck in mm Wasser: 0.000.000.00 |0.0010.00 -0.01/0.0010.00/0.000.00,0.00 0.00) Dass an den Sonden der Nachweis einer Veränderung des charakteristischen Neigungswinkels nicht möglich ist, mag den ge- ringen Dimensionen dieses Messinstrumentes als auch dem relativ kleinen angewandten Luftgeschwindigkeitsintervall zugeschrieben werden. Da nun die Sonde einen dünnen Kreiszylinder darstellt, wurden im Folgenden an Kreiszylindern mit verschiedenen Dimen- sionen Messungen angestellt, um womöglich eine Abhängigkeit des Neigungswinkels von der Windgeschwindigkeit nachzuweisen und das eigentümliche Verhalten der Nadelsonde aufzuklären. II. Versuchsanordnung. Zur Erzeugung des zu den Untersuchungen notwendigen Luft- stromes diente ein speziell für a&rodynamische Zwecke gebauter dreiflügeliger Ventilator von 50 cm Durchmesser. Er wird von einem kräftigen Elektromotor angetrieben. Die Flügel laufen im weiten Ende eines 45 cm langen Konus, der sich nach vorn auf 35 em Durchmesser verjüngt. Daran schliesst sich ein 52 cm langes Zylinderrohr an. Ein absolutes Erfordernis zur Erzielung einwandfreier Messungen ist ein homogener Luftstrom. Zu seiner Herstellung sind besondere Massnahmen notwendig. In unserm Fall ist unmittelbar vor den Flügeln eine grosse Anzahl der Dreh- richtung entgegengestellter Leitschaufeln eingesetzt. Am Ende des Zylinderrohres vermag ein Gleichrichter aus feinem Drahtnetz durch besonders ne Behandlung noch vorhandene Ungleich- heiten im Luftstrom zu eliminieren. Diese einfache und sinnreiche Konstruktion rührt vom Verfertiger des Ventilators, Herrn Dr. F. Klingelfuss in Basel her. Die feine Einregulierung, die ich für meine Messungen vorgenommen habe, hat bewiesen, dass sich der Ventilator mit komplizierteren Apparaten anderer Institute messen darf. In Fig. 3 ist der Ventilator reproduziert. Untersuchung aërodynamischer Felder. 7 Messungen der Geschwindigkeitsverteilung im vertikalen und horizontalen Mittelschnitt des Luftstromes in 20 cm Abstand vor dem Zylinderrohr zeigten Schwankungen, die höchstens 0,8°/o der Geschwindigkeit selbst betrugen. Es ist dies eine Genauigkeit, die für die vorzunehmenden Messungen völlig genügt, da die hierbei auftretenden Fehler innerhalb der übrigen Fehlergrenzen sich bewegen. Der Elektromotor war ans städtische Gleichstromnetz mit einer Spannung von 220 Volt angelegt. Zur Erzeugung der verschiedenen Luftstromgeschwindigkeiten diente ein Regulierwiderstand aus 24 Figur 3.. resp. 30 parallel geschalteten Lampen. Dadurch konnten Strom- geschwindigkeiten bis zu 8.5 resp: 9.5 m/s erzielt werden. Infolge der Spannungsschwankungen im städtischen Netze litt zwar die Genauigkeit etwas. Die Schwankungen blieben aber immerhin von der Grössenordnung der übrigen Fehler und traten nur während der Spitzenzeit störend auf, Die Messungen wurden daher ausser- halb der Spitzenzeit ausgeführt. Die Luftstromgeschwindigkeiten wurden mittels einer Stauscheibe oder mit der schon beschriebenen Scheibensonde bestimmt. Stauscheibe und Sonden, wie auch die benützten Kreiszylinder, waren mit dem an einem windstillen Ort aufgestellten Manometer durch eine luftdicht abgeschlossene Leitung 8 BR. Ebi. verbunden. Als Druckmessinstrument diente ein nach Art der Töplerschen Drucklibelle konstruiertes Mikromanometer'®). Das unter dem stumpfen Winkel von 169°19’ geknickte Glasrohr ent- hielt Alkohol vom spezifischen Gewicht 0,8134. Beide Schenkel des Manometers waren mit einer Millimeterteilung versehen. Mit einer Lupe konnten die Zehntel Skalenteile noch leicht geschätzt werden. Zur Berechnung der am Manometer abgelesenen Druckwerte in Millimeter Wasser dient die Gleichung . a 2:5, :1:sinn Dr S Dabei bedeutet p den gesuchten Druck in mm Wasser, s, das spez. Gewicht der Flüssigkeit, s das spez. Gewicht des Wassers, l den Manometerausschlag, und a den Winkel des einen Glasrohr- schenkels mit der Verlängerung des andern. Durch Einsetzen der bekannten Werte in obige Gleichung er- hielt ich für 1 Skalenteil eine Empfindlichkeit von 0.1511 mm Wasser. IV. Messungen an Kreiszylindern. Die Gegauff’sche Sonde ist ein langer hohler Kreiszylinder mit sehr kleinem innerm und äusserm Durchmesser. Verlässt man die Dimensionen, wie sie die Sonden aufweisen, und geht man zu Zylindern mit grossen Durchmessern über, so wird man voraus- sichtlich bei gleichen Versuchsverhältnissen zu analogen Messresul- taten gelangen. Untersuchungen an solchen Zylindern haben sich nun als notwendig erwiesen, da aus Messungen an Sonden allein auf die Art des a@rodynamischen Feldes der Sonden nicht ge- schlossen werden konnte. Daher sollen die folgenden Unter- suchungen an solchen Kreiszylindern zur Aufklärung über das a&rody- namische Feld des Zylinders und der Gegauff’schen Sonde und ihre Wirkungsweise beitragen. Zunächst seien etwa vorhandene Fehlerquellen geprüft. A. Fehlerquellen. Die Versuchsanordnung bei den Zylindern war die gleiche wie bei den Sondenmessungen. Der Kreiszylinder wurde senkrecht in den parallelen Luftstrom eingeführt und war so lang, dass er beiderseits aus ihm herausragte. Diese Anordnung, d.h. die Ver- 10) H. Zickendraht. Ann. d. Phys. 35 (IV) 61. (Fig. 4) 1911. Untersuchung aëérodynamischer Felder. 9 wendung des „unendlich langen“ Zylinders war nötig, damit die Luft den Zylinder nur in den zur Zylinderaxe senkrechten Ebenen umströmen konnte. Vergleicht man die an Zylindern grossen Durchmessers erhaltenen Druckverteilungen mit denen an dünnen Zylindern oder Sonden, so findet man bei gleichen Versuchsbe- dingungen analoge und vergleichbare Werte. Immerhin bestehen ‚gewisse Unterschiede. Namentlich fallen die Unterdruckwerte bei weiten Zylindern wesentlich geringer aus als bei Sonden. Vor Beginn der Versuche wurde jeder Zylinder sorgfältig _ poliert, da Untersuchungen an Zylindern mit berussten Flächen !!) ergeben haben, dass dann stark veränderte Druckverteilungen auf- treten und insbesondere sich die Lage des charakteristischen Neigungswinkels «& verschiebt. Vor den Messungen wurde jede Oeffnung unter dem Mikroskop auf ihre Güte geprüft; etwa vor- handene Unregelmässigkeiten der Ränder wurden dadurch entfernt, dass die Oeffnungswandung mit einer feinen polierten Stahlnadel so lange ausgerieben wurde, bis alle Unebenheiten verschwunden waren. Bei Messungen mit Oeffnungsdurchmessern von 0.3 — 0.7 mm zeigte sich an Zylindern die gleiche Erscheinung wie an Sonden'°): Löcher mit kleinerem Durchmesser als 0,3 mm sind zu genauen Messungen nicht mehr verwendbar. Die Manometerflüssigkeit stellt sich nur langsam ein, sie kriecht und die Messwerte fallen kleiner aus als die, welche man mit Oeffnungen von 0.4 — 0.7 mm erhält. | Verkleinert man den Durchmesser des Sondenmundes so weit, bis er mit der Dicke der allen Körpern anhaftenden Gashaut ver- gleichbar wird, so kann sich diese Verengerung des Sondenmundes in den Messresultaten geltend machen; es scheint sogar nicht aus- sichtslos, von dieser Seite her Untersuchungen über die Dicke der adhärierenden Gasschicht aufzustellen. Weitere F'ehler könnten entstehen, wenn die Oefinungen nicht genau normal, sondern schräg zur Zylinderaxe gebohrt wären. Um auch den Einfluss solcher Oeffnungen auf die Messresultate zu bestimmen, bohrte ich in zwei Zylinder zwei Löcher unter einem Winkel von 30° zum Zylinderradius. Während die Axe der einen Oeffnung in einer zur Zylinderaxe senkrechten Ebene lag, befand sich die andere Oeffnungsaxe in einer durch die Zylinderaxe ge- legten Ebene. Mit den beiden schräggebohrten Oeffnungen durch- geführte Druckbestimmungen liessen aber erkennen, dass solche Bohrungen zu exakten Messungen nicht verwendet werden können. 11) A. Dofay: C.R. 150..-1312. 1910. 12) K. Gegauff: 1. c. pag. 14. 10 F. Ebi. Die Genauigkeit der einzelnen Ergebnisse wird nämlich durch das Auftreten von andauernd beträchtlichen Schwankungen der Mano- meterflüssigkeit während der Versuchsreihe wesentlich vermindert. B. Der charakteristische Neigungswinkel. Frühere Sondenmessungen??) ergaben innerhalb gewisser Grenzen die Konstanz des Winkels *), unter dem der Sondenmund gegen den Luftstrom gerichtet werden muss, damit der dynamische Druck eben zu Null wird. Insbesondere ist nachgewiesen worden, dass die Grösse dieses Winkels für ein Geschwindigkeitsintervall von 3—8 m/s merklich konstant ist. Der charakteristische Neigungs- winkel bleibt auch für alle gemessenen Sonden mit einem äussern Durchmesser von 1.0—2.0 mm ungefähr gleich; jedenfalls konnte für die dabei auftretenden Schwankungen keine Gesetzmässigkeit gefunden werden. Geht man nun von den dünnen Sonden zu relativ dicken Hohlzylindern über, so fragt es sich, ob bei diesem Uebergang der charakteristische Winkel gleich bleibt. Ich untersuchte vier Zy- linder mit verschieden grossem Umfang und bestimmte an jedem Zylinder bei drei Luftgeschwindigkeiten die Druckverteilung an seiner Oberfläche. Die vier Messkörper hatten einen Durchmesser von 13.0 mm, 17.9 mm, 31.7 mm und 40.6 mm. Die Oeffnungen waren alle fast gleich gross (0.4—0.5 mm) und die verwendeten Geschwindigkeiten waren ca. 3m/s, 7m/s und 8m/s. Aus den Unter- suchungen geht hervor, dass an jedem Zylinder für alle drei verschiedenen Luftgeschwindigkeiten der Neigungswinkel konstant bleibt. Von den vielen durchgeführten Versuchsreihen seien zwei in Tabelle II. und Ill. und in den Druckdiagrammen Fig. 4 und 5, Tafel I, wiedergegeben. . Vergleicht man hingegen die charakteristischen Winkel der vier Zylinder unter sich, so sind wohl Unterschiede, jedoch keine Gesetzmässigkeiten zu erkennen. Das Mittel der vier Winkel- grössen beträgt 39.5%. Die merkwürdige Erscheinung, dass dieser Winkel & bei den Zylindern mit 31.7 und 40.6 mm Durchmesser etwas grösser ist als an den beiden kleinern, konnte nicht auf- geklärt werden. In der Oefinungsform kann die Ursache nicht gesucht werden; denn sie alle waren vor Gebrauch mikroskopisch geprüft worden. Nach Lafay deformieren rauhe Oberflächen die Druckverteilung. Zur Vermeidung dieses Fehlers wurde jeweils vor der Untersuchung die ganze Zylinderoberfläche poliert. Eine mögliche Ursache könnte im Verhältnis der Wandungsdicke zur 13) A. Hagenbach u. K. Gegauff. 1. c. pag. 23. 14) Siehe diese Arbeit, pag. 6. Untersuchung a@rodynamischer Felder. 11 Oeffnungsgrösse gefunden werden, doch haben auch Messungen hierüber kein befriedigendes Resultat gezeitigt. Dieselbe Unregel- mässigkeit beobachteten A. Hagenbach und K. Gegauff'*) auch an Sonden. So erhielten sie z.B. bei einer ersten Neusilbersonde Tabelle II. Zylinderdurchmesser: 13.0 mm. Öffnungsdurchmesser: 0.4 mm. ii vonm, |. dm, v= 81 ml, = Ausschlag| Druck |Ausschlag| Druck |Ausschlag| Druck in Skt. |in mm W. | in Skt. lin mm W.| in Skt. |in mm W. | 00 2380042 | 204 3.08 | 26.5 4.00 10 22.0086. 2.3199 2.9005 254 3.84 20 2.0 0.30 | 148 224 | 200 3.02 | 30 a 0.16 | RO 1.15 | 10.2 1.54 38.75 0.0 0.00 | 0.0 0.00 | 0.0 0.00 40 -0.1 DO ETS) 040 1.9 | 029 50 - 1.1 — 0.16 — 9.8 — 1.49 - 12.0 — 1.81: 60 — 1.8 - 0.27 - 15.6 — 2.36 — 20.1 — 3.04 70 - 2.2 — 0.33 — 18.5 — 2.80 - 24.0 — 3.03 80 — 2.1 — 0.82 - 17.9 - 2.70 — 21.3 — 3.22 90 -18 — 0.27 - 14.2 — 2.14 - 18.2 — 2.75 100 -1.6 - 0.24 - 13.2 -1.99 - 17.6 — 2.66 -120 -1.6 - 0.24 — 13.0 — 1.96 — 17.6 — 2.66 140 = 1.6 — 0.24 - 14.2 — 2.14 — 18.2 — 2.45 160 - 1.6 — 0.24 — 14.2 — 2.14 - 18.4 — 2.78 180 — 1.6 - 0.24 — 13.8 — 2.08 — 18.4 - 2.78 200 — 1.6 — 0.24 - 19.8 - 2.08 — 18.3 — 2.76 220 - 1.6 - 0.24 - 15.9 - 2.10 - 18.2 -2.75 240 — 1.6 — 0.24 —132 — 1.99 — 17.6 — 2.66 260 — 1.6 — 0.24 — 13.2 - 1.99 - 17.5 - 2.64 270 — 19 — 0.29 — 18.8 — 2.08 — 18.6 — 2.81 280 — 2.2 — 0.33 — 16.7 — 2.52 — 22.2 — 3.30 290 — 2.1 — 0.32 — 18.7 — 2.82 — 24.3 — 3.07 300 — 1.9 — 0.29 — 15.4 — 2.33 - 20.2 — 3.05 310 -1.1 - 0.16 - 9.0 -1.36 - 12.0 -1.81 320 -0.1 - 0.02 -1.3 - 0.20 lad — 0.26 321.0 0.0 0.00 0.0 0.00 0.0 0.00 330 ll 0.16 169 1.19 10.4 1.57 340 2.0 0.30 15.0 2.27 19.0 2.87 350 2.6 0.39 19.4 2.93 25.4 3.54 360 2.8 0.42 20.5 3.10 26.6 4.01 15) A. Hagenbach u. K. Gegauff. 1. c. pag. 29. 12 F.. Ebi. Tabelle III. Zylinderdurehmesser: 40.6 mm. Öffnungsdurehmesser: 0.5 mm. v-98.6 m/s | v = 7.4 m/s v = 8.4 ms a Ausschlag Druck |Ausschlag| Druck Ausschlag | Druck in Skt. Vin mm W.| in Skt. |inmm W.| in Skt. |in mm W. 0 4.8 0.73 24.1 3.64 30.4 4.59 10 41 0.62 22.5 3.40 DES 4.12 20 Sl 0.47 17.8 2.69 21.2 3.19 30 1.6 0.24 9.4 1.42 12.0 1.81 40 0.1 0.02 0.5 0.08 0.6 0.09 40.5 0.0 0.00 0.0 0.09 0.0 0.00 50 hal -0.21 - 17.4 -1.12 — 10.0 —1.51 60 — 2.4 — 0.36 — 12.1 — 1.85 — 16.1 — 2.43 69 = 2.6 - 0.39 — 13.2 — 1.99 — 17.1 — 2.58 70 — 2.6 — 0.39 - 12.8 — 1.93 — 16.6 — 2.51 80 — 2.0 — 0.50 — 9.6 — 1.45 — 12.3 — 1.89 90 18 — 0.27 - 8.7 - 1.31 - 11.6 — 1.75 100 - 1.8 — 0.27 — 8.8 — 1.33 - 11.5 - 1.74 120 — 1.7 — 0.26 — 8.9 — 1.34 — 11.5 — 1.74 140 — 17 - 0.26 — 8.9 - 1.34 - 11.4 - 1.72 160 - 1.7 — 0.26 - 8.6 — 1.30 - 11.3 -1.71 180 — 1.8 — 0.27 — 8.5 - 1.28 — 11.0 - 1.66 200 — 1.8 - 0.27 — 8.3 — 1.25 — 10.5 — 1.59 220 — 1.7 - 0.26 — 8.7 — 1.50 — 11.5 - 1.74 240 — 1.7 — 0.26 — 8.6 - 1.50 — 11.5 — 1.74 260 — 1.7 — 0.26 — 8.7 — 1.51 -11.5 -1.74 270 — 1.7 - 0.26 — 8.8 - 1.33 - 11.7 -1.77 280 — 2.0 — 0.30 — 9.4 — 1.42 —12.5 — 1.89 290 24 — 0.36 —12.3 - 1.86 -16.1 — 2.45 295 — 2.6 — 0.39 — 13.2 — 1.99 — 16.8 — 2.54 300 — 2.5 — 0.38 —120 — 1.81 — 15.6 - 2.36 310 — 1.4 — 0.21 -82 - 1.24 — 9,5 — 1.44 319.5 0.0 0.00 0.0 0.00 0.0 0.00 320 0.2 0.03 0.6 0.09 0.6 0.09 330 2.0 0.30 9.0 1.36 11.2 1.69 340 3.7 0.56 al 2.58 20.9 3.16 350 4.7 0.71 22.0: 3.32 27.1 4.09 360 5.0 0.75 24.2 3.06 30.6 4.62 als Wert für den charakteristischen Neigungswinkel: 46.7° und bei einer zweiten Neusilbersonde von gleichen Dimensionen: 45.7°. Bildet man von neun untersuchten Sonden das Mittel der cha- Untersuchung aörodynamischer Felder, 13 rakteristischen Winkelwerte, so erhält man hiefür 44.9°. Da es für die vier Zylinder zu 39.5° bestimmt worden war, so dürfen wir daraus den Schluss ziehen, dass mit zunehmendem Umfang des umströmten Zylinders der Luftstosswinkel, für den der dynamische Druck auf die Oberfläche auf Null herab- sinkt, sich nach vorn gegen die Windrichtung verschiebt. Nun sind mir im Laufe meiner Arbeit Untersuchungen ähn- licher Art an Zylindern von A. Lafay'°) bekannt geworden, und ich finde meine Ergebnisse durch seine Resultate bestätigt. Lafay führte seine Versuchsreihen bei Luftgeschwindigkeiten von 18 und 25m/s durch und benützte dabei Zylinder von 74 mm, 50 mm und 34 mm Durchmesser. Leider findet sich in seinen Aufzeichnungen keine Notiz, in welcher Entfernung vom Zylinderende die Druck- öffnungen lagen. Und doch wäre gerade diese Angabe zu Ver- gleichszwecken sehr erwünscht; denn ich werde im folgenden Ka- pitel noch darlegen, dass die Druckwerte je nach der Lage der Oeffnung nicht unwesentliche Unterschiede aufweisen. C. Einfluss der Entfernung der Messöffnung vom Zylinderende auf die Druckwerte. Wir wissen, dass der mittels Sonden bestimmte dynamische Druck um ca. 5°/o zu klein ausfällt gegenüber dem mit der Stau- scheibe gemessenen Wert'”). Vor allem ist der Grund darin zu suchen, dass die Sonden mit ihren Messöffnungen als verkürzte Pitotrohre zu betrachten sind. Diese zeigen aber zu geringe Druck- werte an.*) Es wäre aber nun auch denkbar, dass das nahe Sonden- ende die Resultate beeinflussen könnte. Besonders auffallend waren die Ergebnisse mit einer Messingsonde, bei welcher die Abrundung des Sondenkopfes unmittelbar neben der Oeffnung beginnt. Die Druckwerte weisen hier bedeutende Abweichungen auf. So fällt der dynamische Druck, verglichen mit dem an der Stauscheibe ge- messenen, um 13°/o zu klein aus. Das Verhältnis des Unterdrucks bei & = 180° zum maximalen dynamischen Druck bei & = 0° beträgt 1.02 statt wie bei den übrigen Sonden ca. 0.85, und der cha- rakteristische Neigungswinkel ist nur 41°, während sonst der dy- namische Druck erst bei einer Drehung um 44.5° gegen die Wind- ‚richtung zu Null wird. Diese Resultate bewogen mich, zuerst an Sonden und dann an verschieden weiten Zylindern den Einfluss 16) A. Lafay. C: BR. 151. 144. 1911. 17) Siehe Seite 3 dieser Arbeit. 18) O. Krell jun. Messungen von dyn, u. statischem Druck bewegter Luft. München u. Berlin 1904. 14 RNIE Di der Entfernung des Sondenmundes von dem Sonden- resp. Zylinder- . ende zu untersuchen. In eine Stahlsonde von 1.3 mm äusserm und 1.0 mm innerm Durchmesser wurden in einer Entfernung von 1.5 mm und 60 mm vom Ende zwei Oeffnungen gebohrt und nacheinander die Druck- verteilungen an beiden Stellen der Sonde festgestellt. Beide Oeff- nungen hatten gleich grosse Durchmesser und bei beiden Mess- reihen betrug die Luftgeschwindigkeit 5.4 m/s. Aus den Messungen seht hervor, dass die Lage der Messöffnung tatsächlich nicht ohne wesentlichen Einfluss auf die zu bestimmenden Druckwerte ist. So werden für die Oeffnung am Sondenende der dynamische Druck um 2°o und der Neigungswinkel um 0.75° kleiner, während das Unterdrucksmaximum um 17°/o und der Unterdruck bei « = 180° um 21°), grösser ausfallen als die entsprechenden Werte mit der Oeffnung in der Sondenmitte. Um nun in erster Linie die so stark‘ abweichenden Resultate an der auf Seite 13 erwähnten Messingsonde mit dem äussern Durchmesser von 2.4 mm aufzuklären, konstruierte ich sie in grössern Dimensionen nach. Hierzu wählte ich einen Zylinder mit 13,0 mm Durchmesser. Der Zylinderkopf wurde dem Ende der Messingsonde genau nachgebildet und die Abrundung begann ebenfalls unmittelbar neben der 0.4 mm weiten Messöffnung. Sie befindet sich vom äussersten Ende 5 mm weit entfernt. Zu Ver- gleichszwecken diente eine in der Zylindermitte gebohrte gleich- grosse Oeffnung. Die benützte Geschwindigkeit betrug 8.1 m/s. Die in Tabelle IV wiedergegebenen Druckverteilungen findet man in Fig. 6, Tafel I, graphisch dargestellt. Der Vergleich der Druckwerte an der Endöffnung gemessen mit denjenigen an der Oeffnung in der Zylindermitte liefert uns einige besonders wichtige Resultate. Wir können demnach gegenüber dem „unendlich langen“ Zylinder verzeichnen: 1. Der mittels Endöffnung beobachtete dynamische Druck fällt gegenüber dem in der Zylindermitte gemessenen Druck um 6°/o kleiner aus. 2. Der charakteristische Neigungswinkel verschiebt sich um 21/49 nach vorn. 3. Das Unterdrucksmaximum ist um 57°/o grösser. 4. Der Winkel, unter dem diese maximale Saugwirkung eintritt, ist um 15° nach vorn verschoben. 5. Der Unterdruckswert bei «= 180° ist beim Zylinderende um 470), grösser. Ganz allgemein sind die Unterdrucks- resp. die Saugverhältnisse auf der Leeseite am Zylinderende von Untersuchung aérodynamischer Felder. 15 ‘ denjenigen in einiger Entfernung vom Zylinderkopf oder am „unendlich langen“ Zylinder wesentlich verschieden. Tabelle IV. Zylinderdurehmesser: 13.0 mm. Luftgesehwindigkeit: 8.1 m/s. Öffnung am Öffnung in der Differ ifferenz a Rand. Mitte. p in mm Wasser | p in mm Wasser der Drucke 0° 3.78 4.00 0.22 10° 3.47 3.84 0.37 200 2.57 3.02 0.45 30° 1.21 1.54 0.33 36.50 0.00 N ie 38.750 0.00 & 400 — 0.53 — (.29 0.24 50° = 2.57 1.81 0.76 60° -4.15 - 3.04 1.11 70° - 5.44 - 3.63 1.81 eue - 5.68 - 3,22 2.46 850 - 5.69 90° -5.57 - 2,75 2.82 1000 - 5.02 — 2,66 2.36 | 1200 -4.78 — 2,66 2.12 | 1400 - 4.91 -2.75 2.16 1600 - 4.88 — 2,78 2.10 1800 - 4,08 - 2,78 1.30 200° — 4.78 _2,76 2.02 290 0 - 4,92 _2,75 DAR 240° - 4,76 - 2.66 2.10 ze -4.99 _ 2,64 2,35 2709 - 5.62 — 2,81 2.81 2750 — 5.68 2800 5.74 2235 2.39 290° -5.53 3.67 1.86 300° 4.54 - 3.05 1.49 3100 2,68 -1.81 0.87 3200 — 0.77 = 0.26 0.51 321.00 me 0.00 ce 323.50 0.00 se 330° 0.94 1.57 0.63 3400 2.48 2.87 0.39 3500 3.55 3.84 0.29 3600 3.82 4.01 0.19 16 F. Ebi. Der Grund für diese merkwürdigen Erscheinungen ist wohl darin zu finden, dass die zuvor parallele Strömung jetzt, nach Ein- schieben des Zylinders, das Zylinderende nicht nur in der durch die Oeffnung gehenden und zur Axe des Zylinders senkrechten - Ebene umströmt, sondern dass sie auch den Zylinderkopf seitlich umfliesst. Infolge dessen entstehen auf der Leeseite des Zylinder- endes die bedeutend stärkeren Unterdrucke. | Nimmt die Distanz der Messöffnung vom Zylinderende zu, so muss, weil dann die seitlichen störenden Strömungen schwächer werden, die beobachtete Druckverteilung immer weniger von der- jenigen um einen „unendlich langen“ Zylinder differieren. Die in Tabelle V und Fig. 7, Tafel I niedergelesten Messresultate, die an einem Zylinder von 31.7 mm Durchmesser mit Oeffnungen gewonnen wurden, von denen die eine 10 mm von dem nicht abgerundeten Ende entfernt und die andere in der Zylindermitte gebohrt war, mögen die Richtigkeit obiger Behauptung belegen. Da zwischen den mit Sonden und Stauscheibe gemessenen dynamischen Druckwerten eine Differenz von ca. 5—6°/, ‘besteht, so ist es nicht ohne Interesse, zu erfahren, ob diese Unterschiede - auch für die mit Stauscheibe und Zylindern erhaltenen Druckwerte gefunden werden. Vergleichende Messungen hierüber haben nun gezeigt, dass schon bei einem Zylinder von 17.9 mm Durchmesser die Differenz: Dynamischer Druck (Stauscheibe) minus maximaler ‘dynamischer Druck (Zylinder) sehr klein geworden ist und bei einem Zylinder von 31.7 mm Durchmesser nicht mehr beobachtet werden konnte. | D. Das aörodynamische Feld eines Zylinders. Zur Aufklärung der Druck- und Stromverhältnisse um Zy- linder und zur Deutung der Vorgänge um zylindrische Sonden genügen die bisherigen Untersuchungen nicht. Aus ihnen haben wir erst Aufschluss über die Druckverteilung an ihren Oberflächen erhalten. Unbekannt sind noch die Verhältnisse in dem sie um- gebenden Felde. Zur Untersuchung des letzteren verwendete ich wie bisher die manometrische Methode; denn nur sie gibt zahlen- mässigen Aufschluss. Als Messinstrument diente mir eine Messing- sonde von 1.7 mm äusserm Durchmesser. Ihre Konstanten wurden bestimmt zu: @=43.5° u. K=1.06. Mit dieser Sonde wurde der Zustand des Feldes eines umflossenen Zylinders von 44.9 mm Durchmesser in über 200 Punkten beobachtet. Nun ist der Zustand in einem Punkte des Feldes gegeben, wenn man kennt: Untersuchung aërodynamischer Felder. Tabelle V. Zylinderdurehmesser : 81.7 mm. Luftgesehwindigkeit: 8.5 m/s. Druckwerte an: einer 10 mm einer in der (24 vom Ende ent- Zylindermitte fernten Öffn. | befindl. Öffn. 09 4.36 4.68. 100 4.08 4.40 200 2.99 3.41 300 1.37 1.84 38.50 0.00 40° — 0.33 0.07 410 0.00 500 - 2.12 — 1.56 60° - 2.95 — 2.49 650 — 2.67 709 - 3.47 — 2.60 750 — 3.48 800 — 3.40 .— 1.99 900 — 3.23 — 1.96 1000 — 3.17 — 1.81 120° - 3.09 - 1.84 140° -— 3.27 — 1.82 1800 — 3.32 — 1.84 2200 — 3.30 — 1.85 2400 | — 3.39 . — 1.85 2600 — 3.17 — 1.85 2700 — 3.25 — 1.86 2800 - 3.92 — 2.07 290° — 3.47 — 2.67 2950 "3.59 - 2.71 3009 — 3.55 — 2.50 3109 - 2 26 — 1.36 3190 0.00 3200 F —0.32 0.26 321.50 0.00 3300 1.66 1.96 3400 3.17 3.47 3900 4.17 4.38 3600 4.40 4.68 0.52 0.52 0.42 0.47 0.40 0.56 0.46 0.87 1.41 1.27 1.36 1.25 1.47 1.48 1.45 | 1.54 1.32 | 1.39 1.25 0.80 0.88 1.05 0.90 0.06 0.50 0.30 0.21 | 0.28 Differenz der in mm Wasse Druckwerte DD 18 F.- Ebi. 1. Den statischen und den dynamischen Druck, resp. den Gesamtdruck. 2. Die Stromrichtung und 3. Die Windgeschwindigkeit. Die ersten zvei Grössen erhält man direkt mit der Sonde, während die dritte nach der Formel RAD r-\/ s( Ps) O berechnet werden muss. Mittels der beobachteten Strom- richtungen können ferner die Stromlinien graphisch dargestellt werden. Das so erhaltene Stromlinienbild gibt jedoch, streng ge- nommen nur dann einwandfrei das wirkliche Strömungsbild wieder, - wenn unendlich viele Punkte im Feld vermessen worden sind. Solange nur der Zustand einer beschränkten Anzahl von Punkten bestimmt ist, bleibt beim Zeichnen der Stromlinien stets eine Will- kür bestehen. Die Genauigkeit in der Darstellung der Stromlinien kann nun aber gesteigert werden, wenn in jedem Punkt ausser der Stromrichtung noch die Krümmung der Stromlinien bestimmt wird’). Diese findet man, sobald die Stromrichtung in zwei in der Wind- richtung aufeinanderfolgenden benachbarten Punkten ermittelt wird. Die beiden beobachteten Richtungen sind dann als die Tan- genten an die Stromkurve zu betrachten. Diese Aufgabe ist ebenfalls mit der Gegauff’schen Sonde lösbar. Man benötigt nur eine Vorrichtung, die gestattet, die Sonde sowohl um ihre Axe zu drehen, als sie auch in der jeweiligen Strom- richtung etwas zu verschieben. In den Fig. 8, 9 und 10 sind der vertikale und horizontale Querschnitt und die Vorderansicht der Apparatur angegeben. Auf einem Zylinderrohr J von 2.4 cm innerem Durchmesser, das am Koordinatenapparat befestigt werden kann, ist der Teilkreis T aufgelötet. Davor liest eine lose Scheibe K aus Karton, welche durch den vor ihr liegenden Gummiring & gegen den festen Teil- kreis gepresst wird. Sie trägt nur drei Marken A, B und © (Fig. 10), die zweimal den charakteristischen Neigungswinkel der verwendeten Sonde einschliessen, und dient ausschliesslich zur Er- leichterung der Winkelablesungen am Teilkreis T. In die Röhre . J ist ein auch auf die Rohraxe ceñtrierter Zylinder L eingepasst, der einen quaderförmigen Hohlraum enthält. Der Zylinder L kann mit dem Stift S um seine, d.h. um die Apparaturaxe gedreht und durch die Schraube M (Fig. 8) arretiert werden. In den Hohl- 19) A. Hagenbach u. K. Gegauff. 1. c. pag. 28. sur Untersuchung aërodynamischer Felder. 19 H — = = ep > Manometer- Sonde RS TE leitung Figur 8. raum ist ein gut abgepasster und in der Mitte die Sonde ent- haltender Quader so eingelassen, dass er nur um die zur Appa- raturaxe H H senkrechte Axe D D (Fig. 8) etwas hin und her bewegt werden kann. Mittels der beiden Schrauben E Eı (Fig. 9) lässt sich die in dem Quader dicht eingefügte, aber doch noch dreh- bare Sonde derart einstellen, dass ihre Axe mit derjenigen des J L san NNNZ N NY _ . nn leitung Horizontaler Querschnitt 20 F. Ebi. Vorderansicht des Messapparates | | Ordinate 1! | Schlitten Figur 10 Apparates zusammenfällt. Vor Beginn einer Untersuchung muss die Oeffnungsaxe der Sonde der Bewegungsrichtung des Quaders parallel gerichtet werden). SR Der Zylinder, dessen Feld mit dem beschriebenen Apparat ausgemessen wurde, war 200 mm vom Ventilatorende entfernt senkrecht in den Luftstrom eingeführt. Beide Enden ragten über den Luftstromquerschnitt hinaus. Während das eine Ende an einem Stativ befestigt war, wurde das andere, da es für die Messungen freigehalten werden musste, an einem angelöteten Draht aufgehängt. Das den Messungen zu Grunde liegende rechtwinklige Koordinatensystem nahm seinen Anfang in dem dem Ventilator zunächst liegenden Punkt des Zylinderquerschnitts. Die X-Achse 20) [ch möchte hier nicht verfehlen, des im Okt. 1918 an der Grippe so plötzlich dahingeschiedenen Institutsmechanikers, Herrn J. Hunziker, für die Hilfe, die er mir ganz besonders bei der Herstellung dieses Instru- mentes hat angedeihen lassen, in Dankbarkeit zu gedenken. Untersuchung aërodynamischer Felder. 21 fiel mit der Mitte des Luftstroms zusammen und wurde in der Windrichtung positiv gerechnet. Die Y-Achse wurde nach oben positiv und nach unten negativ gewählt. Bei diesem „unendlich langen“ Zylinder genügt es aus den früher besprochenen Gründen, die Be sn nur in der durch die X- und Y-Axe bestimmten und zur Zylinderaxe vertikalen Ebene durchzuführen. Die während der Versuchsreihe im Laboratorium herrschende Luftdichtigkeit o wurde, da die Temperatur 21° © und der Baro- meterstand 740 mm nn betrugen, nach der Formel _ 0 1293 nn rie er cu halle Kg/m? bestimmt. Dadurch erhält man für die Geschwindigkeit v, dag= 9.81 m/s? und K = 1.06 ist, den Ausdruck: v_4219VYP p, Die Resultate der Ausmessung findet man auf Taf. II gra- phisch zusammengestellt. In der oberen Hälfte bedeuten die ge- strichelten Linien die unter Ermittlung der Stromlinienkrümmung erhaltenen Stromlinien, während die ausgezogenen Linien Kurven gleichen statischen Drucks darstellen. Die untere Hälfte enthält die einzelnen beobachteten Stromrichtungen. Da aus der Figur die Druck- und Stromverhältnisse im aëro- dynamischen Feld des Zylinders in übersichtlicher Weise zur Dar- stellung kommen, erübrigt es sich, die vielen ausgemessenen Werte noch tabellarisch wiederzugeben. Ich begnüge mich, um den Gang der Messung doch anzudeuten, mit der Zusammenstellung der einzelnen Bestimmungen für zwei Ordinaten des Feldes (Tabelle VI). Sie enthält die beobachteten Werte P, p,, & und 4, und die berechneten Werte der Windgeschwindigkeit in m/s. P bedeudet den Gesamtdruck und p, den statischen Druck. Der Winkel « gibt in Graden die Richtungsverschiebung des Windes gegen die ursprüngliche Stromrichtung an und ist positiv genommen für eine im Sinne des Uhrzeigers erfolgte Ablenkung des Windes. Mit 4, ist die Aenderung des Winkels & beim Uebergang zum benachbarten Punkt bezeichnet. Aus dem gezeichneten Stromlinienbilde geht nun deutlich her- vor, dass an der Stelle des Zylinders, wo der dynamische Druck auf Null herabsinkt, die Stromlinien tangential zur Zylinderober- fläche gerichtet sind, und dass bei ca. 70° der Luftstrom dort, wo pa den grössten maximalen Unterdruckwert erreicht, rasch vom Zylinder abfliesst und dabei zu starken Wirbelfeldern Anlass gibt. F. Ebi. Tabelle VI. Ahszisse. Ordinale | _ 95 | be | ge oe ya > Dal San | 319. Sac | 347 | Sn | 348 | 359 3610) 340 340 | 350 351 | 54) ae : ps | 009 | 020 | 042 | osı | 164 | 266 | 2724 | 268) 190 | 134 | 050 | 028 | oc8 | 0.02 - wir | 24 | 718 | 678 | 566 | 372 368 | 376 524 | 607 | 21a 730 | 760 rca | 4 a I255 | 20 |-1050 | - 15.00 | 10.0 -11.60 |-050| 9,50 | 2100) 2050| 13.50 | 8.0 | 7.50 | 6.0 A one = ee ea | = a | ac aan 60 | 80 | 100 D 345 | 3.43 à D, | 001 | =003 | -0.03 | -006 | 012 | -0.54) = |-054 018 -017|-.010|003| 000 = = v 764 | 760 | 760 | 781 | fes) 828 | Bol 793) 780 zei | zes | 64 4 | 0 Le on a no nn le Ali — = =- = = 2.02. 2.9008 1000 —_ = = Untersuchung aërodynamischer Felder. 23 Unter der Annahme, dass die Druckverteilung um Sonden derjenigen um die Zylinder analog sei (siehe Seite 9), ist zu er- warten, dass sich demnach auch bei den Sonden die Stromlinien da tangential an die Sondenoberfläche anlegen, wo p, null ist. Wir erhalten also mit der Sonde, solange die Stromlinien gegen die Sondenoberfläche gerichtet sind, die dynamischen Druckkompo- nenten auf die Messtellen ihrer Oberfläche. Der Zustand des direkt hinter dem Zylinder liegenden Gebietes konnte infolge der dort sich abspielenden pulsatorischen Vorgänge nicht ermittelt werden. Mittels der Sondenmethode werden eben nur Mittelwerte gemessen, während die Stromverhältnisse hinter dem Zylinder nur durch Messung von Momentan-Werten erhalten werden können. Zusammenstellung der Resultate. 1. Eine Abhängigkeit des charakteristischen Neigungswinkels (bei dem der dynamische Druck zu Null wird) von der Luft- geschwindigkeit konnte für das Intervall von 3—8m/s bei den gemessenen Sonden und Zylindern nicht nachgewiesen werden. 2. Es wurde hingegen eine Abhängigkeit dieses Winkels von dem Zylinderumfang in dem Sinn gefunden, dass mit zu- nehmendem Zylinderumfang dieser Winkel kleiner wird. 3. Die Entfernung der Messöffnung vom Zylinder-(Sonden-)Ende ist von wesentlichem Einfluss auf die Bestimmung der Druck- verteilung um diese Widerstandskörper. 4. Die mit Zylindern von grösserm Durchmesser als 31.7 mm erhaltenen maximalen dynamischen Druckwerte weisen gegen- über denjenigen der Stauscheibe unter 90° keine Unterschiede mehr auf. 5. Es wurde gezeigt, dass mit der Sonde auch die Stromlinien- krümmung an irgend einem Punkt des aërodynamischen Feldes bestimmt und damit der Stromlinienverlauf exakter als bisher ermittelt werden kann. Manuskript eingegangen 7. Oktober 1919. Über eine neue Psychide, Scioptera vorbrodtella nov. spec. und ein neues Unterscheidungsmerkmal der Scioptera- Arten. Mit einer Textfigur. Von Eugen Wehrli, Basel. Am 17. Juli 1919 fing ich auf dem Gornergrat in einer Höhe von über 3000 m, mit Psodos bentelii Rtzr. im Sonnenschein fiegend, eine männliche Psychide, die mir bei flüchtiger Betrachtung zunächst als eine kleine Sterrhopteryx standfussi H. S. erschien, obwohl mir Scioptera tenella Spr., die ich im Juli 1918 in mehreren Exemplaren erbeutet hatte, wohl bekannt war. Nachdem ich das Tier gleichen Tags in Zermatt gespannt hatte, beachtete ich es nicht weiter, sondern unterzog es erst zu Hause einer genauern Untersuchung; dabei stellte es sich heraus, dass der Falter nach Geäder und Fühlerbau ziemlich genau mit Sc. tenella Spr. über- einstimmte, sich im Geäder nur in der Form der Mittelzelle und in ihrer gegen den Vorderrand gerückten Lage unter- schied, Abweichungen, die noch innerhalb der bei Psychiden nicht seltenen individuellen Verschiedenheiten des Aderverlaufs liegen können. Wie die exakte Untersuchung mit der Zeiss’schen Bi- nokularlupe beweist, werden bei dünnflügeligen Psychiden Abwei- chungen des Geäders oft vorgetäuscht durch die fast stets vorhan- denen Fältelungen des Flügels, die bei gewöhnlicher Betrachtung mit einem Auge nicht bemerkbar sind, aber bei mikrophotogra- phischen Aufnahmen sehr störend sich bemerkbar machen. Herr Oberst Vorbrodi, dem ich das Tier zur Ansicht sandte, teilte mir mit, dass er am 11. VII. 1910 bei Iselle, zirka 660 m hoch, ein sehr ähnliches, noch grösseres ©, gefangen habe, das ihm von Herrn Püngeler als, zwar „sehr blass und anscheinend nicht geflogen“, zu enella Spr. gehörig bestimmt worden war, und das er mir zur Beschreibung in dankenswerter Weise zur Verfügung stellte. Da mir die Identität der beiden grössern, auch in Flügel- TEE de ES Ueber eine neue Psychide etc. 25 schnitt und Durchsichtigkeit der Flügel von tenella Spr. nicht un- erheblich verschiedenen Falter vom Gornergrat und von Iselle einer- seits, mit tenella anderseits nicht gesichert genug erschien, suchte ich nach mikroskopischen Unterschieden, und es gelang mir, in der Verschiedenheit der Haarschuppen auf der Oberfläche der Flügel ein, bei der Differenzierung der Psychiden bisher nicht herange- zogenes, wichtiges, und bei manchen Arten charakteristisches Unter- scheidungsmerkmal aufzufinden, und zwar nach einer Methode, welche am wnverlelzten Sammlungstier eine Untersuchung mit Vergrösse- rungen bis 800fach zulässt. Genaueres über diese Untersuchungs- art und ihre Resultate soll andernorts’) mitgeteilt werden. Hier mag nur das Wesentliche kurz gestreift sein. Aus den Ergebnissen hebe ich hervor: 1. Der hellere oder dunklere Farbenton, sowie die grössere oder geringere Durchsichtigkeit der Flügel der Arten der Gattung Sciop- tera hängt keineswegs von der Dichtigkeit der Haarschuppen, der Stärke oder Länge der einzelnen Haare, oder dem Gehalt an Farb- stoff in den Haargebilden «ab, sondern der Grad der schwarzen Färbung, sowie der Durchsichtigkeit ist bedingt in der Hauptsache durch die grössere oder kleinere Menge und durch die Anordnung dunklen Farbstoffes (Pigment), den die Membran des Flügels ent- hält, in welche die Haarschuppen eingefügt sind. So besitzt z.B. die weitaus dunkelste der genannten Gattung, Sc. plumistrella Hb., sehr feine und gar nicht dicht stehende Haarschuppen, während die viel hellere und durchsichtigere Zenella wesentlich dickere und viel dichter stehende Haare auf der Flügeloberfläche hat. 2. Die Anordnung des Farbstoffes nicht in den Schuppen, sondern in der Flügelmembran hat zur Folge, dass die Arten dieser Gattung im Farbenton und in der Durchsichtigkeit durch Ab- fliegen fast gar nicht verändert werden, da die farbhaltige Membran am Flügel fest haftet, im Gegensatz zu den oberflächlich gelegenen, brüchigen, leicht abfallenden Farbschuppen der meisten übrigen Schmetterlingsgattungen. Stark geflogene, fransenlose Ze- nella Spr. meiner Sammlung sind, was mir schon früher aufgefallen ist, genau so dunkel und gleich durchscheinend wie tadellose e. I. Tiere. (Vergleiche die Abbildungen auf S. 27.) 3. Die Haarschuppen weisen bei den verschiedenen Spezies von Scioptera bedeutende, für die Art charakteristische Unter- schiede auf und zwar in bezug auf Länge, Dicke, Form, An- 1) Vergl. Wehrli, Ueber die artliche Verschiedenheit des Haarschuppen- kleides der Flügeloberfläche der Repräsentanten der Gattung Scioptera (Psychiden). Verh. Naturforsch. Ges. Basel, dieser Band S. 30. 26 Eugen Wehrli. ordnung und Dichtigkeit. Auch die knôpfchenfôrmig er- scheinenden Haarringe, in welchen die Schuppen stecken, sind ver- schieden. Besonders ausgezeichnet durch Dicke und Form sind die Haargebilde von Sc. schiffermilleri Stgr. Es scheint diese artliche Verschiedenheit der Haarschuppen mancher Psychiden bisher nicht bekannt gewesen zu sein, und wir gewinnen damit ein neues wertvolles Unterscheidungsmerkmal, das sich wenigstens nach meinen bisherigen Untersuchungen als konstant für einzelne Arten erwiesen hat. Jedenfalls sind diese Verschieden- heiten des Haarkleides viel bedeutender als z. B. die subtilen Unter- schiede in der Zahl von Punkten und Linien auf den Männchen- schuppen (Androconien), auf die mit Recht artliche Unterschiede gegründet werden. 4. Wie die übrigen Schuppen können die Psychiden-Schuppen- haare durch Abfliegen oder bei der Präparation ganz oder zum Teil verloren gehen. Die Haarringe an der Basis bleiben aber und lassen ein Urteil über eventuell fehlende Haare, und damit über die Dichtigkeit zu. Nach diesen mehr allgemeinen Ausführungen wende ich mich nun wieder dem speziellen Teil, der Beschreibung und der Differentialdiagnose der neuen Art gegenüber fenella Spr. zu, die bei der Unterscheidung allein in Frage kommt; plumistrella Hb. und schiffermilleri Stgr. können mit jener nicht verwechselt werden. Zunächst bei den Schuppenhaaren der Flügeloberfläche ver- bleibend, stimmen die beiden Exemplare der neuen Art, das von Iselle und das vom Gornergrat, in Länge, Dicke, Form und Dichtig- keit derselben überein, obwohl die Tiere aus Zofal verschiedener Höhe stammen; ihre Haare sind kurz, dünn, borstenförmig, und sehr wenig dicht angeordnet, im Gegensatz zu tenella, bei der sie dichter stehen, am dichtesten von allen Scioptera-Arten, meist 1 /2—2,5 mal so lang und etwa doppelt so dick sind, wie bei der neuen Art. Auch der Haarring ist bei letzterer schwächer als bei tenella. Von tenella stehen mir 17 Exemplare zur Verfügung, 12 von Zermatt, aus sehr verschiedener Höhe, zum Teil gefangen, zum Teil e. p. gezogen, und 1 aus dem Val d’Anniviers, gefangen, die meisten frisch ge- spannt, andere aufgeweicht, ferner 3 von Lostallo und 1 von Roveredo (Dr. Thomann). Alle diese stimmen im Haarkleid absolut überein; keines nähert sich der neuen Art, sodass die Gebilde als durch- aus konstant betrachtet werden müssen. Besonders in die Augen springend treten die Differenzen im Haarkleid der beiden Arten bei der Projektion von Mikrophotographien hervor. Ueber eine neue Psychide etc. 27 Da die Länge der Haarschuppen und ihre Dichtigkeit nicht auf allen Partien der Flügel sich gleich bleibt, muss bei Ver- _ gleichen unbedingt gefordert werden, dass nur korrespondierende Teile, etwa gleiche Zellen, zur Untersuchung- gelangen. Ich wählte ge- wöhnlich auf den VA. die Stelle etwa in der Mitte zwischen Mittel- _zelle und Aussenrand, zwischen den Adern. Wie noch ganz besonders hervorgehoben werden soll, sind die Fransenhaare der neuen Art mindestens ebenso lang, wenn nicht länger, und ebenso wohlausgebildet wie bei tenella. sie a Spr + , ” „ wferualfleng, fo Erklärung der Figuren. (Für die photographischen Aufnahmen sei an dieser Stelle Herrn Ing. E. Gummi in Basel bestens gedankt.) Grösse = 1:1. Erster Falter links oben Sc. vorbrodtella Wrli. von Iselle, 660 m; zweiter links unten vorbrodtella Wrli. vom Gornergrat, 3136 m; erster rechts oben Sc. tenella Spr, = zermattensis Frey, geflogen, fast ohne Fransen, aus dem Val d’Anniviers, Höhe 1448 m; zweiter rechts unten tenella Spr. von Zermatt, e. 1. gezogen, Höhe 1700 m; beide tenella genau gleich schwarz. Die vorbrodtella von Iselle in der Sammlung Vorbrodt, Bern, die andern drei in Coll. Wehrli, Basel. Beide Exemplare sind tadellos erhalten. Die weitere Beschreibung der neuen Art lautet: Geäder und Fühlerbau stimmen im wesentlichen mit tenella überein (Unterschiede siehe oben). Nähert sich im Habitus mehr einer Sterrhopteryx als der Tenella. Grösser als letztere, 11 mm Vfl. Länge beim Falter von Iselle, 10 mm bei dem vom Gornergrat (tenella nach Speyer, Ur- beschreibung 8 mm, in den Büchern 8—9 mm, meine 13 tenella 8—-9 mm, 4 aus dem Misox 8—10 mm), Vfl. länger, kaum breiter als tenella, Vfl. Spitze leicht vorgezogen, weniger abge- rundet als bei tenella. Färbung wesentlich heller, grau, beim Falter von Iselle — wohl wegen des grössern Alters — leicht ins Bräunliche ziehend; viel durchsichtiger als tenella, darin wie in der Färbung und Grösse übereinstimmend mit Sterrh. hirsutell« 28 Eugen Wehrli. Hb. (Die Originalbeschreibung”) schreibt vergleichend mit Calvella O. ausdrücklich von einer „nur bei Tenella schwäzlichern Fär- bung“ und spricht von der grössern und kräftig gebauten Calvella . OÖ.“ [= Sterrh. hirsutella Hb.] Vfl. Länge der hirsutella Hb. = 10—11 mm nach Rebel.) Oberfläche der Flügel glänzender, nicht matt wie bei tenella, im hellen Lichte gegen eine dunkle Fläche gehalten, von der Seite betrachtet, mit eigentümlich milchig opales- zierendem Glanze. Dass hier etwa eine dünner beschuppte Höhenform vorliege, ist schon aus dem Grunde ausgeschlossen, weil der Falter von Iselle, das 660 m hoch liegt, ein Taltier ist. Ebenso steht eine individuelle Verkümmerung des Haarkleides ausser Frage, da die Fransen ja eher länger sind als bei tenella und die Tiere keines- wegs kleiner, sondern grösser sind als diese! Der Einwand einer albinotischen Veränderung ist ebenfalls hinfällig; denn die morpho- logischen Unterschiede (Grösse, Flügelschnitt, andere Schuppen- haare) würden damit nicht erklärt. Nach Würdigung aller Eigenschaften gegenüber tenella zögere ich keinen Moment, die beiden Falter als eine von ihrer nächsten Verwandten verschiedene, neue Art aufzustellen, und ich benenne sie zu Ehren des Finders des ersten Exemplars, des um die Erfor- schung der Schweizer Lepidopteren-Fauna hochverdienten Herrn Oberst ©. Vorbrodt in Bern, Sc. vorbrodtella m. Es scheint, dass Frey; (Lepidopteren der Schweiz, p. 91, Fuss- note) ein der vorbrodtella nahestehendes oder mit derselben iden- tisches Tier vorgelegen hat. Er betrachtete es aber als fenella Spr. und fasste die wirkliche kleinere, dunklere fenella Spr., die er im Zermattertale fing, als wahrscheinlich neue Art auf, die er P. zer- mattensis benannte. Pümgeler weist dies (Stett. Ent. Ztg. Bd. 57, 1896, p. 222) in überzeugender Weise nach*), und kommt zum Schlusse, „dass der von ihm (Frey) gegebene Name nicht begründet ist“ und vermutet, es möchte Frey die nach seinem (Püng.) Erinnern im Ober-Engadin vorkommende, „etwas hellere Form“ mit dem Zermatter Falter verglichen haben. Diese Ober-Engadiner Form, die ich mir bisher nicht verschaffen konnte, und die auch der Samm- lung Hauri fehlt, bedarf noch genauerer Untersuchung; wahr- scheinlich ist sie mit vorbrodtella m. identisch. Misoxer Stücke 2) Stett. Ent. Zeitg. Bd. 28, 1862, p. 213, Dr. A. Speyer. 3) Trotzdem figuriert die zermattensis Frey in allen neuen, grossen, spe- ziellen Schmetterlingswerken als kleinere, dunklere Tiefenform, von Locarno 205 m und Zermatt 1620 m!! Nur Spuler schreibt (Schmetterlinge Europas II. Aufl., p. 177): „von der vorigen Art (tenella Spr.) kaum zu trennen“. RE na N ir, 25 Ueber eine neue Psychide etc. 29 sind von Zermattern nicht verschieden. Tenella Spr. und zermat- tensis Frey sind also sicher Synonyme. Sollte sich, was ich bezweifle, herausstellen, dass die Tiere von Iselle und ähnlichen Lagen wesentlich grösser sind, und auch im frischen Zustand einen ausgesprochenen braunen Farbenton be- sitzen, der sie von der Walliser Hochgebirgsform auf den ersten Blick unterscheidet, wäre die Aufstellung einer Form der Südtäler der vorbrodtella m., f. insubrica m., gerechtfertigt. Manuskript eingegangen 12. November 1919. Über die artliche Verschiedenheit des Haarschuppenkleides der Flügeloberfläche der Repräsentanten der Gattung Scioptera Rbr. (Psychiden). - Mikroskopische Untersuchungen am unverletzten Sammlungstier '). Mit einer Tafel (III). Von Eugen Wehrli, Basel. Bei Anlass der Aufstellung der neuen Art Scioptera vorbrodtella Wrli.2) suchte ich, da Adersystem und Fühlerbau nicht wesent- lich differierten, nach mikroskopischen Unterschieden zwischen dieser und der ihr zunächst stehenden Sc. tenella Spr. Zunächst wollte ich ergründen, warum erstere viel heller ist als letztere, ob vielleicht durch Läsion des Schuppenkleides, etwa durch Abfliegen oder bei der Präparatior, die grössere Helligkeit und Durchsichtig- keit entstanden sei, was tatsächlich, wie sich herausstellte, nicht der Fall war. Der mikroskopischen Untersuchung der Schuppen stellten sich aber insofern Schwierigkeiten entgegen, als die neue Art aus nur zwei Repräsentanten zurzeit gebildet ist, die als Namenstypen von wissenschaftlichem Wert für spätere Vergleiche aufbewahrt werden müssen, und die in keiner Weise zur Herstellung mikro- skopischer Präparate lädiert werden dürfen, umso weniger, als nur der eine der Falter mir gehörte. Um das unverletzte Tier bequem mikroskopieren zu können, bediente ich mich folgender Vor- richtung: Eine etwa 5 mm dicke Korkscheibe von 5 cm Durchmesser, mit einem der Lichtöffnung des Mikroskop-Objekttisches ent- sprechenden Loche in der Mitte, wurde so auf dem Objekttische fest- geklemmt, dass die beiden Offnungen zusammenfallen. Noch vor- 1) Nach einem im Entomologenverein Basel 16. XI. 19 gehaltenen Vortrag mit Demonstrationen der Falter und der projizierten Mikrophotogramme. 2) Ueber-eine neue Psychide, Scioptera vorbrodtella nov. spec, Diese Verh.. dieser Band S. 24. Haarschuppenkleid der Gattung Scioptera. 31 teilhafter erwies sich in der Folge der bewegliche Kreuztisch, auf dem die Korkscheibe angepasst und befestigt wurde, und der die Untersuchung bedeutend erleichterte. Nach maximalem Hinauf- schrauben des Tubus mit den Objektiven steckte ich die den Falter tragende Nadel schräg in den Kork, derart, dass die zu unter- suchenden Partien der Flügel über die Mitte der Lichtöffnung des Objekttisches zu liegen kamen; dabei ist sehr darauf zu achten, dass der Nadelkopf dicht neben das heruntergeschraubte Objektiv zu stehen kommt und nicht unter dasselbe. Die Flügelflächen sind so allerdings nicht parallel zum Objekttisch gerichtet, sondern etwas schräg; doch stört dies bei diesen vergleichenden Untersuchungen nicht, nur bei mikrophotographischen Aufnahmen macht es sich unangenehm bemerkbar, weil nur ein Streifen des ganzen Gesichts- feldes scharf eingestellt ist, der allerdings für gewöhnlich breit genug ist. Die Flügel der meisten Psychiden sind genügend durch- sichtig, um eine Untersuchung im durchfallenden Lichte zuzulassen. Vergrösserungen von 80—130 können bequem, solche bis 800, und mit geeigneteren Systemen noch darüber, mit einiger Vorsicht ohne Beschädigung des Tiers angewendet werden. Immersion ist hiebei selbstverständlich ausgeschlossen, wenigstens für wertvolle Objekte. Wie die beigefügten Abbildungen beweisen, gestattet die an- gegebene Methode nicht nur das Mikroskopieren am unverletzten Falter, sondern auch mikrophotographische Aufnahmen am unbe- schädigten Tier, die ganz besonders über die Dichtigkeit des Haur- schuppenkleides und über die Pigmentierung der Flügelmembran’) in vorzüglicher Weise orientieren; aber auch von der Form und der Grösse der einzelnen Schuppen erhält man ein sehr klares Bild, namentlich wenn die Photographien mit dem Projektions- apparat vergrössert demonstriert werden. Bevor zum speziellen Teil übergegangen wird, mögen zunächst noch kurze Angaben über die Natur der Psychiden-Haarschuppen und über die Literatur derselben folgen. Gegenstand der folgenden Ausführungen wird ganz ausschliesslich das Haarkleid der Flügel- oberfläche sein. Während die Schuppen der höhern Familien der Lepidopteren, z. B. der Tagfalter, recht komplizierte Gebilde sehr wechselnder Formen darstellen, die sich nach verschiedenen Richtungen diffe- renziert haben, zum Zwecke der Bedeckung, zu Stülz- oder Grund- schuppen, als Träger der Färbung, zu Deckschuppen, und dem 3) Zur richtigen Beurteilung der Form und der Grösse der Pigmentkörner und ihrer Verteilung in verschiedenen Schichten, sowie der Anordnung sind unbedingt Schnitte durch die Flügel nötig, Ich verzichtete darauf, weil von vorbrodtella doch keine angefertigt werden konnten. 32 Eugen Wehrli. Auffinden der Geschlechter, Fortpflanzungszwecken dienend, zu Duftschuppen (Männchenschuppen, Androconien), ferner zu den „gelben Schuppen“ der Lycaeniden, finden sich, nach Spuler, durch alle Übergange von höher organisierten zu tiefern überleitend, bei einigen ae ctu et Schmetterlingsfamilien, z. B. bei den Psy- chiden, primitivsie haarförmige Schuppen, bei manchen Gatlungen. 3. B. Scioptera, als einzige Form, den Haarschuppen, bei andern, z. B. Psychidea, mit Deckschuppen gemischt. Wie Spuler, in einer vortrefllichen Arbeit, „ deckung der Schmetterlinge“ (Zool. Jahrb. Bd. 8, Anatomie, p. 539 u. f. mit Abbildungen) nachgewiesen hat, handelt es sich um in einen Chitinring eingelenkte Haare (dem wir auch bei unsern Unter- suchungen noch begegnen werden), im Gegensatz zu den auch bei Lepidopteren wie Hepialiden, Micropteryginen und Tineinen vor- kommenden, einfache hohle Chitinfortsätze bildenden Séacheln, die den Orthopter en und Perliden, neben Haaren auf den Adern, ben falls eigentümlich sind. Spuler weist dann auf die Ähnlichkeit des Haarkleides der Psychiden mit dem phyletisch ältern der Trichop- teren, deren eingelenkte Haare ebenfalls auf der ganzen Flügel- oberfläche verteilt sind, hin. An andrer Stelle schreibt Spuler (Zur Stammesgeschichte der Papilioniden, Zool. Jahrb., Systematik, Bd. 6, p. 479): „Die Schuppen sind unzweifelhaft aus Haaren hervorgegangen. Formen, die noch ganz Trichopterenschuppen ähnlich sind, finden wir noch bei Schmetterlingen, z. B. Psyche hirsutella 5%. Die eigent- lichen Schuppen entstanden aus derartigen Formen durch die Ver- Does des nicht in die Flügel (hate Teiles des Haar- gebildes.“ Schneider, der nur eine Psychidenart untersucht hat, die Psyche viciella, (Die Schuppen an den verschiedenen Flügel- und Körper- teilen der Lepidopteren, Zeitschr. f. d. Gesamt. Naturwissensch. Bd. III. 1878, p. 19 und 57), erwähnt nur an einer Stelle die Schuppenhaare und sagt: „Die Normalschuppen erscheinen hier nur als dünne, fast haarartige Gebilde, deren Übergang in wirk- liche Lepidopterenhaare man sogar an gewissen Stellen ganz deut- lich beobachten kann.“ Aus diesen Literaturangaben geht unzweifelhaft hervor, dass die uns interessierenden Haarschuppen der Flügelflächen die primi- tivste Form der Lepidopteren-Schuppen bilden. In den grossen neuern Schmetterlingswerken sind im syste- matischen Teil bei der Beschreibung der einzelnen Psychidenarten über diese Haargebilde nur ganz spärliche und sehr unbestimmte Angaben wie „dünner“ oder „dichter beschuppt“, oder einmal „fein Feinerer Bau und Phylogenie der Flügelbe- + y re ; u En À Haarschuppenkleid der Gattung Scioptera. 33 haarschuppig“ zu finden, Angaben, die nicht in allen Fällen zu- treffend sind, wie wir noch sehen werden, und die jedenfalls meist ohne genauere Untersuchung nur gemäss dem Grad der Durch- sichtigkeit und der Schwarzfärbung gemacht wurden. Dunkle Färbung und Undurchsichtigkeit ist aber, bei den Psychiden, mit dichter Beschuppung ganz und gar nicht gleichbedeutend. Über die Form der Psychidenhaare, über ihre Dicke, Länge und über die Bedeutung derselben für die Trennung der einzelnen Species, ihre artliche Verschiedenheit habe ich nirgends eine An- gabe entdecken können. Es scheinen mikroskopische Untersuchungen in dieser Richtung bisher nicht gemacht worden zu sein; und doch sind wesentliche Unterschiede vorhanden, die, wie im Folgenden gezeigt werden soll, eine Unterscheidung der Arten ermöglichen. Die Untersuchung erstreckt sich nur auf die Vertreter der Gattung Scioptera und ist beschränkt auf die Schuppen der Flügeloberfläche, Ubergehend zum speziellen Teile dieser Arbeit muss zunächst bei diesen vergleichend anatomischen Untersuchungen als sehr wichtig berücksichtigt werden, dass, wie schon Schneider für die höhern Lepidopteren-Familien gezeigt hat, auch bei den Psychiden nicht alle Partien der Flügeloberfläche gleichmässig dicht mit überall gleich langen Haaren bekleidet sind, sondern dass z. B. die Basis, der Vorderrand und die Adern in der .Regel stärker behaart sich erweisen. Daraus folgt als erster Leitsatz : Zu Vergleichen der mikroskopischen Beschaffenheit von Haar- schuppen verschiedener Species müssen unter allen Umständen kor- respondierende Stellen, also gleiche Zellen oder Zwischenrippenräume desselben. Flügels gewählt werden. Als Vergleichsstellen dienten in vorliegender Arbeit stets die Zwischenaderräume von Ader M/1 und M/2, wenn diese beschädigt oder zu stark gewellt, die benachbarten Zellen bis Ader R/4 und C/1, etwa in der Mitte zwischen Mittelzelle und Aussenrand (Saum) ausschliesslich der Vorderflügel. 2. Wie alle Schmetterlingsschuppen sind auch diese feinen haarförmigen Gebilde an derselben Stelle nicht alle exakt gleich lung und gleich dick. Bei Messungen sind deshalb Mittelwerte einer grössern Anzahl Schuppen festzustellen und zu vergleichen. 3. Es darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Lepi- dopterenschuppen, weil sehr zart und brüchig, sämtliche durch längeres Herumfliegen, besonders bei der Kopulation, und bei der Präparation sehr leicht abfallen, oder enizweibrechen, und dann falsche Bilder von der Länge und Dichtigkeit derselben entstehen können. Nicht wie bei höhern Lepidopteren, deren Schuppen Träger der Farbe sind, bei deren Verlust auch die Färbung verloren 2 {9} 34- Eugen Wehrli. geht, gibt bei den meisten Psychiden das Erhaltensein der Farbe ein Criterium für das intakte Schuppenkleid, da nicht die Haare sondern die Flügelmembran hauptsächlich Sitz des die Färbung bedingenden Pigmentes ist. Ich verweise hiebei auf die Figuren von 2 Sciopt. tenella Spr., die genau gleich dunkel gefärbt sind, obwohl die obere gefangen, stark abgeflogen, fast fransenlos, die andre aus Raupe erzogen, tadellos erhalten ist. (Uber eine neue Psychide, Sciopt. vorbrodtella nov. spec.) 4, Die Chitinringe, wie sie Spuler I. c. nennt, in welchen die Haarschuppen stecken, bleiben bei Verlust der letzter n erhalten und können uns über die ungefähre Zahl der verlorenen Schuppen und über die Dichtigkeit Sensellban orientieren. Diese Ringe erinnern bei 80facher Vergrösserung an Stecknadelköpfe, am unverletzten Falter betrachtet. Sie sind bei den Sciopteraarten verschieden und auf den Mikrophotogrammen an einzelnen Stellen deutlich sichtbar. 5. Wie bei den Androconien (Vergl. Courvoisier, Über Männ- chenschuppen bei Lycaeniden, Verh. der Naturforsch. Ges. Basel, Bd. XXVII, p. 22) trifft man auch bei diesen Schuppenhaaren ver- einzelt abnorm grosse, dicke Riesen-, oder viel zu kleine Zwerg- schuppen, die Oourvoisier zu den Missbildungen zählt. In der Reihenfolge des Staudinger-Rebelschen Kataloges lasse ich nun die Beschreibungen der et der verschiedenen Scioptera-Species folgen. 1. Scioptera tenella Spr. (Kat. Nr. 4479) Fig. 3 hat von allen Vertretern der Gattung das dichteste Haarkleid ; die beigegebenen Mikrophotographien, die unter gleichen en an ve mit gleicher 80facher Vergrösserung aufgenommen wurden, geben ein klares Bild der relativen Dichtigkeit bei den einzelnen Arten. Die Form ist die eigentliche Haarform, kurz zugespitzt, spitzer und lang- spitziger als bei vorbrodtella, in der ganzen Länge ziemlich gleich dick, (Schräg stehende Haare scheinen zuweilen basal und am Ende länger spitz zulaufend.) Die Schuppe gehört zu den dicksten der Gattung und wird nur von schiffermilleri Stgr. übertroffen. Auch in der Länge steht sie mit schiffermilleri Hb. obenan. Vergl. Fig. 8 und Fig. 12 der Tafel III. Da die 480fach vergrös- serten Schuppen unter gleichen Bedingungen photographiert wurden, lassen die Figuren eine direkte Vergleichung zu, und ich verzichte deshalb hier und bei Folgenden auf absolute Zahlenangaben der Schuppendimensionen. Wegen der dunklen Färbung und wegen der Dicke der Flügel versagen bei Messungen vielfach die üblichen Mikrometer; am besten gelang es mir noch, bei starken Vergrös- serungen, mit dem Netzmikrometer. Haarschuppenkleia der -Gattung Scioptera. Ds) Die von Berge-Rebel treffend als ,russig dunkelgrau“ (IX. Aufl. p. 456), von Strand-Seitz (p. 361 Bombyces) als „schwarzgrau“, von Spuler-Hoffmann (III. Aufl. p. 177) ebenfalls als „schwarzgrau“ be- zeichnete Färbung (siehe unsere Fig. 3) rührt her, wie die Mikro- photographien, namentlich projiziert, sehr schön dartun, von meist dicht netzförmig angeordnetem, saturierte Fleckchen und Züge bil- dendem dunklem Pigment, das zwischen den Haarschuppen in der Flügelmembran gelagert ist. Das Haarkleid spielt bei der Färbung eine ganz unwesentliche Rolle. Bei allen meinen Tenella, 13 aus dem Wallis in meiner Sammlung und 4 aus Graubünden, Coll. Thomann, Lostallo 476 m und Roveredo 298 m, herrscht vollkommene Übereinstimmung im Schuppenkleid und der Pigmentation; die Eigenschaften des- selben dürfen demnach als konstant angenommen werden. 2. Se. vorbrodtella Wehrli unterscheidet sich auf den ersten Blick von der vorigen Art durch die viel geringere Dichtigkeit der Haarschuppen, die viel dünner, stumpfer und bedeutend kürzer sind, obwohl die beiden Vertreter der Art wesentlich grösser, und die Marginalhaare (Fransen) eher länger sind als bei tenella. Die Schuppen beider, aus ganz verschiedener Höhe stammenden Tiere dieser Species, das eine vom Gornergrat, Fig. 2, 3136 m, das andere von Iselle, Fig. 1, 669 m, stimmen ebenso wie die Pig- mentierung der Flügel gut überein. Fig. 6, 7 und 11. Die Anordnung des Pigmentes ist eine andere als bei der Vorigen; es erscheint weniger in saturierten Fleckchen, sondern in wenig dichten, verschwommenen Zügen angeordnet, die ein weit- maschigeres Netz bilden, und grössere Intervalle zwischen sich lassen. Die Abbildungen zeigen diese Art in der Färbung viel heller, die Flügel wesentlich stärker durchsichtig als tenella. 3. Sc. plumistrella Hb. (Kat. Nr. 4481), Fig. 4, die dunkelste, schwärzeste der Gattung, mit fast undurchscheinenden Flügeln, be- sitzt lange aber feine, fadenförmige Haarschuppen, die ziemlich weniger dicht stehen als bei tenella, und die erheblich dünner sind als bei dieser. Die Angabe in Strand-Seitz, pag. 361, „dicht be- schuppt“ als Gegensatz zu den andern Arten, entspricht also nicht den Tatsachen, wie die Fig. S und 9 beweisen. Die Art ist fast so dünn beschuppt wie vorbrodtella; die einzelne Haarschuppe ist aber länger und etwas dicker als bei vorbrodtella, in der Form ähnlich, vielleicht wenig spitzer. Die sehr feinen Pigmentkörner der Flügelmembran haben sich zu relativ grössern dichten Fleckchen vereinigt, welche durch kurze Ausläufer zusammenhängen und welche nur feine enge Maschen hell lassen; dadurch kommt die dunkle Färbung und die Undurch- 36 Eugen Wehrli, . sichtigkeit zustande. Diese hängt also, wie mochmals betont sei, ganz und gar nicht von der hier sehr schütteren Beschuppung ab. Die Befunde stimmen an 12 Sc‘ von plumistrella, 11 vom Monte Camoghè, Tessin, und 1 vom Simplon, überein. 4. Sc. schiffermilleri Stgr. (Kat. Nr. 4482), Fig. 5. Interes- santerweise besitzt gerade diese Art, die an Helligkeit und Durch- sichtigkeit der vorbrodtella Wrli., welcher die kürzesten, feinsten und am wenigsten dicht stehenden Haarschuppen zukommen, sich nähert, die allerdieksten, etwa so dicht wie bei plumistrella stehenden Haarschuppen Fig. 10 und Fig. 14. Es entspricht also auch hier die Angabe in Strand-Seitz: „Schon durch die insbe- sondere in der Apicalhälfte dünner beschuppten Flügel von der vorigen Art (plumistrella) abweichend“ nicht den tatsächlichen Ver- hältnissen. Diese Notizen (vergl. auch vorige Art) im neuesten und grössten Lepidopterenwerk Seitz beweisen, dass eine Erweite- rung unserer Kenntnisse des Schuppenkleides und seiner Beziehungen zur Färbung einzelner Psychiden-Gattungen durch mikroskopische Untersuchungen nicht unnötig sein dürfte, Auch in der Form weichen die Haargebilde des interessanten Triglavtieres von allen andern der Gattung ab und zeigen sich in der Mehrzahl als sehr für die Species charakteristisch. Basalwärts der Mitte ist das Haar am dicksten; nach beiden Enden sich ver- jüngend läuft es distal in eine sehr lange feine Spitze aus; das Einzelgebilde ist bei starker Vergrösserung heller, durchscheinender als bei den andern Arten. Es scheint sich hier bereits um eine Ubergangsform zu höher organisierten Schuppen zu handeln, mit beginnender Verbreiterung des freien Teils. Fig. 14. In der Pigmentation kommt die Art der vorbrodtella nahe, Die Körnelung scheint aber feiner. Der Chitinring erweist sich als am stärksten ausgebildet in der Gattung. Fig. 10. Untersucht wurden 10 S schiffermilleri, vom Triglav und vom Schneeberg, mit denselben Befunden. Ergebnisse. Aus vorliegenden Untersuchungen geht hervor: 1. Auch die allerprimitivsten Schuppen der Flügeloberfläche er- weisen sich bei jeder Species der Gattung Scioptera hinsichtlich Form, Dicke, Länge und Dichtigkeit als durchaus verschieden. 2. Diese Verschiedenheiten sind bei allen untersuchten Ver- tretern der einzelnen Art als charakteristisch für dieselbe festge- stellt worden; sie sind innerhalb gewisser Grenzen konstant und erlauben mikroskopisch eine Unterscheidung der Species dieser Gruppe, ähnlich wie die der Androconien der Rhopaloceren. 3. Die mehr oder weniger dunkle Färbung und die Durch- sichtigkeit der Flügel dieser Gattung, sowie auch einiger anderer 2 Haarschuppenkleid der Gattung Scioptera. 37 Psychiden, hängt ganz und gar nicht von der Dichtigkeit des Schuppenkleides, sondern vom Pigmentgehalt und der Anordnung des Farbstoffes in der Flügelmembran ab. Die angegebene Untersuchungsmethode der artlichen Ver- schiedenheit der Psychidenschuppen hat mir bei der Entwirrung der schwierigen Tenella-Gruppe bereits wertvolle Dienste geleistet; sie lässt sich sicher auch auf andere schwierige Formenkreise be- nachbarter Psychidengattungen und anderer Familien ausdehnen. Sie bildet eine dem wissenschaftlich arbeitenden Lepidopterologen und dem Systematiker willkommene Ergänzung derjenigen der bisher nur bei einigen Tagfalterfamilien gefundenen Männchenschuppen (Androconien), welche, wie Courvoisier in einer vortrefllichen Arbeit in diesen Verhandlungen I. c. ausgeführt hat, eine sichere Trennung der Arten gestattet und zu einer unerwarteten Klärung sonst kaum auseinanderzuhaltender Lycaenidenformen führte, derart, dass bisher als Arten angesehene Falter sich als Formen, und bisher als Varietäten betrachtete Tiere als gute Arten (einen etats untersuchungen bestätigt) sich herausstellten. Erklärung der Tafel III. Die Abbildungen der Falter stellen sämtliche Species der Gattung Scioptera Rbr. dar, nach photographischen Aufnahmen, die ich, wie die folgenden, Herrn Ingenieur E. Gummi bestens verdanke; autotypisch reproduziert, in natürlicher Grösse. Fig. 1. Sc. vorbrodtella Wrli. Gefangen bei Iselle 11. Juli 1910, in Coll. ; Vorbrodt, Bern. » 2. Sc. vorbrodtella Wrli. Gefangen 17. Juli 1919 auf dem Gornergrat, in Coll. Wehrli, wie die folgenden. » 3. Sc. tenella Spr. (= zermattensis Frey) e. puppa erzogen, von Zermatt, 1620 m, 17. Juli 1919. » 4. Sc. plumistrella .Hb. vom Simplon. Se. schiffermilleri Stgr. vom Triglav. Die Aufnahme der Falter erfolgte nach derjenigen der Mehrzahl der Mikrophotographien. Die Mikrophotographien sind alle bei vollständig gleicher Versuchs- anordnung mit gleicher künstlicher Lichtquelle aufgenommen, auto- typisch reproduziert; sie lassen bei gleichen Vergrösserungen einen direkten Vergleich der Schuppendimensionen zu. Bei starken Ver- grösserungen sind, da nur einzelne Haare getroffen, die individuellen Schwankungen der Länge zu berücksichtigen. » 6 — 10. Vergrösserung 80, Leitz Obj. 3, Oc. 3. Alle Aufnahmen mit die- sem Ocular und Kamera Ica, Zeiss lcar-Objektiv. ' Die schwach vergrösserten Bilder geben einen Ueberblick über die Dichtigkeit der Schuppen und die Pigmentation der Flügelmembran. Da letztere bei dünnflügeligen Psychiden vielfach gewellt ist und Fälte- lungen aufweist, sind nur einzelne Partien des Gesichtsfelds scharf getroffen. ou => 10. Eugen Wehrli. Sc. vorbrodtella Wrli. von Iselle. Von Falter Fig. 1 aufgenommen. Sc. vorbrodtella Wrli. vom Gornergrat. Von Fig. 2. Bei dieser und der Vorigen dieselbe lichte Beschuppung mit kurzen dünnen Härchen. Am Rande einige Schuppen mit stecknadelkopfförmiger Verdickung an der Basis, dem Chitinring. Zwischen den Gebilden die feine Pisment- körnelung des Grundes. Sc. tenella Spr. Aufnahme von Falter Fig, 5. Viel dichter stehende, längere und dickere Schuppen als bei den vorigen: auch Pigment dichter, die Chitinringe stärker. Sc. plumistrella Hb. Aufgenommen von Falter Fig. 4. Die sehr dichte Pigsmentation des Grundes macht klare Aufnahmen sehr schwierig. Immerhin erkennt man mit Lupenbetrachtung die sehr licht stehenden, feinen Haarschuppen, viel kürzer und viel. weniger dicht angeordnet als bei tenella. Fig. 8. Se. schiffermilleri Stgr. Aufgenommen von Fig. 5. Sehr charakte- ristische licht stehende, dicke, lang und fein zugespitzte, beidseits ver- jüngte Haarschuppen. Chitinring am stärksten von allen ausgebildet. Pigmentation und Dichtigkeit ähnlich der vorbrodtella. 11 — 14. Vergrösserung 480, Leitz Obj. 7, Oc. 3, Apparatur wie bei vo- ale 12. 13 14. rigen. Bilder mit starker Vergrösserung geben über die Dichtigkeit der Schuppen keine richtige Vorstellung, da nur einzelne derselben scharf zur Darstellung gelangen. Hingegen sind die Dimensionen der Einzelhaare direkt vergleichbar. Man beachte auch die verschiedene Anordnung und. Verteilung des Pigmentes des Grundes zwischen den Haaren bei den einzelnen Species. Sc. vorbrodtella Wrli. Aufgenommen von Falter Fig. 2, vom, Gorner- grat. Feine dünne, parallelrandige, nur kurz zugespitzte stumpfe Schuppen- haare; das kurze Stück nahe der Mitte ist ein abgebrochenes Haar. Sc. tenella Spr. Von Fig. 3. Zermatt. Schuppen viel länger und dicker, ebenfalls parallelrandig und wenig länger zugespitzt, mit schärferer Spitze. Charakteristisch sind die langen dicken Schuppenhaare der einen Ecke; die der gegenüberliegenden Ecke mit der schwarzen Fleckung stehen auf einer Rippe und fallen nicht in Betracht (z. T. abgebrochen, z. T. verkürzt, gegen den Beobachter gerichtet. Sc. plumistrella Hb. Von Falter Fig. 4 aufgenommen. Haarschuppen ähnlich der vorbrodtella, etwas länger und dicker, feiner zugespitzt. Sc. schiffermilleri Stgr. Von Falter Fig. 5. Schuppenform von den übrigen verschieden, nicht parallelrandig, sondern basalwärts der Mitte am dicksten, beidseitig sich verjüngend, gegen das Ende sehr lang und fein zugespitzt. Neben dieser Hauptform noch vereinzelte mehr parallel- randige, aber ebenfalls lang und scharf zugespitzte. Manuskript eingegangen 12. November 1919. Beiträge zur Morphologie und Entwicklungsgeschichte des Unterkiefers der Vögel. Mit 195 Textfiguren und 3 Doppeltafeln (IV—V]). Von N. G. Lebedinsky. Vorwort. Erster Abschnitt: Zusammensetzung des Vogelunterkiefers. Dentale, Articulare Supraangulare, Angulare, Operculare, Complementare. . . . . 8.4 Zweiter Abschnitt: Gestalt des adulten Unterkiefers AO A. Allgemeine Uebersicht 96 B. Spezielle Beschreibung . . . „ 60 a) Breite der Mandibularlamelle; b) Krümmungen des Unterkiefers ; c) Spannung des Unterkiefers, allgemeine Form der Mandibula in Frontalansicht; d) Drehung. der Mandibularlamellen ; e) Aeussere Fläche (Facies externa s. lateralis) Relative Dicke beider Hauptabschnitte des Unterkiefers; f) Innere Fläche (Facies interna s. medialis) ; g) Dor- saler Rand (Margo dorsalis), Processus coronoideus; h) Ventraler Rand (Margo ventralis); i) Vorderes Ende (Extremitas anterior); j) Symphysenabschnitt (Pars symphysis); Kk) Gelenkteil (Pars articu- laris), Processus mandibularis externus; 1) Gelenkflächen (Fossæ arti- culares); m) Hintere Fläche des Unterkiefers (Fossa posterior); n) Pro- cessus mandibularis posterior; o) Processus mandibularis internus; p) Foramen mandibulare anterius und porterius; q) Foramen pneu- matieum und Siphonium. BErlarumasder Maren ya N ae Lll Vorwort. Die vorliegende Arbeit bildete ursprünglich den ersten Teil einer grösseren, gleichzeitig die vergleichende Morphologie und die Anpassungen des Unterkiefers der Vögel berücksichtigenden Ab- handlung. Das umfangreiche, Weihnachten 1916 abgeschlossene Manuskript konnte bis jetzt, der ungünstigen Zeitumstände wegen, nicht gedruckt werden, und so habe ich mich entschliessen müssen, die beiden Teile meiner Arbeit getrennt zu publizieren. 40 N. G. Lebedinsky. Unsere gegenwärtigen Kenntnisse über die vergleichende Osteo- logie der Vögel lassen noch viel zu wünschen übrig. Wohl sind durch die mühevolle Arbeit zahlreicher Gelehrter viele gewichtige, die Systematik und die Phylogenie der Klasse erleuchtende Tat- sachen zum bleibenden Gut unserer Wissenschaft geworden — eine, der Mannigfaltigkeit der Formbildung in den einzelnen Unter- abteilungen auch nur annähernd gerecht werdende Knochenlehre der Vögel besitzen wir aber noch lange nicht. Und kein Wunder! Nennt doch die Klasse der gefiederten Sauropsiden mehr als 10,000 einzelne Arten ihr eigen. Notgedrungen beschränkt man sich also beim Studium der Vogelskelette meist auf einzelne Vertreter der Ordnungen, und nur selten werden fast älle Familien mitberück- sichtigt. Nach unserm Dafürhalten aber sollte letzterer Modus bereits als die minimalste Forderung bei solchen Untersuchungen gelten. Indem ich nun einen neuen Baustein zur vergleichenden Osteo- logie der Vögel zu liefern versuchte, habe ich mich von den so- eben angeführten Erwägungen leiten lassen, und war auch diesmal bestrebt, möglichst zahlreiches und mannigfaltiges Untersuchungs- material zu verwenden. Fürbringer's klassische Monographie schwebte mir dabei wiederum als ein leuchtendes Vorbild vor. Eine Studie wie die vorliegende muss, wenn sie den Leser rasch und sicher über die aufgeworfenen Fragen orientieren und sich nicht ins ungemessene ausdehnen soll, mit zahlreichen Abbildungen. versehen werden. Als Textfiguren wählte ich dazu schematische Federzeichnungen, für die Tafelfiguren photo- graphische Reproduktionen. Die fremden Werken entlehnten Kopien sind von Herrn W. Buchmann, Basel, ausgeführt worden; alle andern Text- und sämtliche Tafelfiguren rühren vom Ver- fasser her. Nachdem nun diese Untersuchung zum einstweiligen Abschluss gebracht worden ist, gedenke ich dankbar derjenigen, die mir dabei in irgend einer Hinsicht behilflich waren. Es ist mir ein Bedürfnis, auch an dieser Stelle dem Direktor des hiesigen Zoologischen In- stituts, Herrn Prof. Dr. F. ZscHokkE, sowie dem Vorsteher der osteologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Basel, Herrn Dr. H.-G. STEHLIN, für die freundliche Überlassung der reichhaltigen Vogelskelettsammlungen ihrer Institute meinen herz- lichen Dank auszusprechen. Ebenso bin ich den Herren Professoren K. HESCHELER und O. ZIETZSCHMANN zu grossem Danke verpflichtet für die gütige Erlaubnis, ihre Institutsbibliotheken in Zürich be- nützen zu dürfen. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 41 Erster Abschnitt. Zusammensetzung des Vogelunterkiefers. Im folgenden soll eine kurze Zusammenstellung der bisherigen Kenntnisse über die Zusammensetzung der knöchernen Vogel- mandibula aus den einzelnen Komponenten gegeben werden. Die äusserst klaren Darstellungen des Gegenstandes von Magnus (1870) und von Selenka und Gadow (1891) sind heute bereits veraltet, eine solche neueren Datums aber gibt es meines Wissens nicht. Auf diesen Mangel ist es auch wohl zurückzuführen, dass auf unserm Gebiete eine verworrene Terminologie herrscht, indem im einschlägigen Arbeiten die Ansichten über die Anzahl und die Natur der Unterkieferelemente stark auseinandergehen. Dem Übel abzuhelfen, ist der Zweck des nachstehenden An nis Der in der Regel V-förmige Unterkiefer (Mandibula, Os maxil- lare inferius) der Vögel wird aus je fünf- bezw. sechs paarig sym- metrischen Knochen zusammengesetzt. Jeder Unterkieferast (Figur 1—5) besteht aus dem untern, mit dem Quadratum das Unter- kiefergelenk bildenden, Os articulare (Gelenkknochen), dem hintern untern Os angulare (unteres Winkelbein), dem innern Os operculare s. spleniale (Deckknochen), dem äussern und obern Os coronoideum s. supraangulare (oberes Winkelbein), dem vordern, mit seinem anderseitigen Partner schon frühzeitig in der Symphyse ver- schmelzenden, Os dentale (Zahnbein), und endlich dem, hinter dem Operculare gelegenen, Os complementare („Ergänzungsknöchelchen“). Letzteres kommt nicht bei allen Vögeln vor. Unter diesen sechs Elementen stellt nur das Articulare einen Ersatzknochen dar, während die übrigen fünf typische Deckknochen repräsentieren. Bevor wir an die Einzelbeschreibung dieser Knochen heran- gehen, sei in der nachfolgenden geschichtlichen Zusammenstellung, die zwar auf Lückenlosigkeit keinen Anspruch erheben darf, die Entwicklung unserer Kenntnisse vom Aufbau der knöchernen Mandi- bula kurz geschildert. 1810. Cuvier. Drei Stücke. Ein mittleres (=Dentale!) und zwei seitliche. 1810. Meckel. (Anmerkung zu Cuvier, 1810) Fünf (sechs) Stücke, beim - Kasuar. Beschreibt „...an der innern Fläche des Unterkiefers eine Platte, welche nicht ganz bis zu dem hintern und vordern Ende desselben reichte, aber deutlich von dem hintern sowohl als von dem vordern mittleren Stücke getrennt war.“ (=Operculare oder Spleniale). „Anfänglich scheinen aber auch bei den Föten der Vögel die beiden seitlichen Hälften des Unterkiefers ge- trennt und an ihrem vordern Ende durch Knorpel vereinigt zu sein. So scheint 1) Die jeweils in () angeführten Benennungen entsprechen der heutigen Terminologie. 42 N, G. Lebedinsky. es wenigstens in einer Abbildung vom Unterkiefer eines Straussfötus, welche Geoffroy (Mus. d’hist. nat. T. X. Tab. 27, Fı 29) gibt.“ 1810. Tiedemann. Zwei Stücke. Zwei „Schenkeln, die nach vorn mit- einander verwachsen“. 1811. Nitzsch. Drei Stücke, bei Caprimulgus (Figur 6). Ein vorderes „ungepaartes“ und zwei seitliche hintere. 1815. Nitzsch. Sieben Stücke. 1. ungepaartes Vorderstück oder Os mandibulare furcatum (= Dentale), 2. und 3. zwei Verlängerungsstücke oder Ossa prolongantia, 4. und 5. zwei innere Seitenlamellen oder Ossa lamelliformia (Operculare oder Spleniale), 6. und 7. zwei Fortsatzknochen oder Ossa apo- physeos (= Articulare). 1825. Meckel. Elf Stücke: unpaares Zahnstück (= Dentale); paarige: Zahn- stück (=Coronoideum s. Supraangulare), Gelenkstück (Articulare), Eckstück (Angulare), inneres Ausfüllungsstück (Complementare) und vorderes Ausfüllungs- stück (= Operculare s. Spleniale). 1849. Gurlt. Elf Stücke: unpaares Zahnhöhlenstück oder Pars alveolaris s. dentalis (= Dentale); paarige: Gelenkstück oder Pars articularis (= Articulare), äusseres Ausfüllungsstück oder Pars complementaris externa s. supra angu- laris (=Supraangulare oder Coronoideum), Winkelstück oder Pars angularis (=Angulare), inneres Ausfüllungsstück oder Pars complementaris interna s. opercularis (= Operculare oder Spleniale), das Kronenstück oder Pars coronalis (= Complementare). 5 1853. Bernstein. Neun Stücke, bei Corvus: eine unpaare Pars alveolaris s. dentalis (=Dentale); paarige: Pars coronalis (= Supraangulare oder Coro- noideum), Pars angularis (= Angulare), Pars articularis (Articulare), Pars comple- mentaris interna (= Operculare oder Spleniale). 1857. Milne-Edwards. Zehn Stücke. Paarige: Os dentale, Os angulare, Os supraangulare (= Supraangulare oder Coronoideum), Os articulare, Os sple- niale oder operculare. 1866. Owen. Neun, bei Pelikan zehn Stücke, da hier das Dentale paarig angelegt werde. 1870. Magnus. Elf Stücke. Unpaares Os dentale; paarige: Os arti- culare, Os complementare, Os angulare, Os supraangulare (= Supraangulare oder Coronoideum), Os operculare (= Operculare oder Spleniale). 1877. Parker $& Bettany. Zehn Stücke, beim Haushuhn. Paarige — Den- tale, Spleniale (= Spleniale oder Operculare) Supraangulare (= Supraangulare oder Coronoideum), Angulare, Articulare. „Ein Coronoid“ (= Complementare) „aber ist nicht vorhanden.“ | 1891. Parker. Zwölf Stücke, bei Apteryx. Paarige: Dentale, Spleniale (= Spleniale oder Operculare), Supraangulare (= Supraangulare oder Coronoideum), Coronoideum (= Complementare), Angulare und Articulare. 1899. Suschkin. Zwölf Stücke. bei Tinnunculus. Paarige: Dentale, Angulare, Supraangulare (= Supraangulare oder Coronoideum), Operculare (Operculare oder Spleniale), Complementare, Articulare. 1903. Lewin. Zehn Stücke, bei Eudyptes. Paarige: Dentale, Angulare, : Supraangulare (=Supraangulare oder Coronoideum), Operculare (= Operculare oder Spleniale), Articulare; „ein Complementare fehlt hier gänzlich“. 1905. Gaupp. Zehn Stücke, bei Haushuhn. Paarige: Dentale, Angu- lare, Supraangulare, Operculare oder „Praeopereulare ?“, Articulare. wen Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 43 1913. Gaupp. Zwölf Stücke. „Bei den Vögeln sind ausser dem Arti- culare am Unterkiefer bekannt, aber nur embryonal voneinander getrennt: Angulare, Supraangulare, Complementare, Spleniale und Dentale, Das Goniale scheint überall zu fehlen.“ Betrachten wir nun jedes Unterkieferelement für sich, indem wir im folgenden uns bei der Benennung der Bestandteile an die von Quvier (1808) für das Krokodil angegebenen Bezeichnungen halten. Das Os dentale oder das Zahnbein (Os mandibulare furcatum Nitzsch, Pars alveolaris s. dentalis Gurlt und Bernstein) wird paarig angelegt, verschmilzt aber meistens noch während des Embryonal- lebens frühzeitig mit seinem Partner in der Symphysis mandibulae Parker. Das so entstandene unpaare, gabelförmige Knochenstück bildet den vordern mittlern Teil des Unterkiefers. Er geht beider- seits in einen schlanken Fortsatz über, der sich am Ende in zwei breite Platten teilt, zwischen welche sich ein Fortsatz des Supra- Supraang. Arfiè Fig. 1. Fulica atra. Linker Unterkieferast in Medialansicht (nach Magnus, 1870). angulare s. Coronoideum schiebt. Bei den Zahnvögeln der Kreide- formation waren die beiden Dentalia noch nicht miteinander ver- wachsen. Betreffend den Entstehungsmodus des Dentale stehen sich in der Literatur zwei Auffassungen gegenüber. Nach den Angaben von Cuvier (1810), Nitzsch (1811 und 1815), Meckel (1825), Gurlt (1849), Bernstein (1853), Magnus?) (1870) und Schenk (1897) soll sich das Os dentale bei den rezenten Vögeln unpaar entwickeln; der Knochenkern entstehe gerade an jener Stelle, wo die beiden Mandibularäste bei den übrigen Wirbeltieren die Symphyse bilden. Meckel (vergl. Cuvier 1810), Tiedemann (1810), Semmer*) (1872), Milme- Edwards (1874), Parker und Bettany (1879), Parker (1892) und neuerdings Suschkin (1899) und Lewin (1903), dagegen finden, dass die Dentalia paarig angelegt werden und erst im Laufe der 2 ) Zitiert nach Magnus (1870). 3) Zitiert nach Lewin (1903). 44 N. G. Lebedinsky. Entwicklung miteinander ankylosieren. Meinen eigenen bezüglichen Untersuchungen schicke ich eine kurze Literaturübersicht voraus. ' Alle die erste Auffassung vertretenden Arbeiten stützen sich nur auf makroskopische Beobachtungen meistens bloss postembryonaler Verhältnisse. Daher glaube ich, auf diese nicht weiter eingehen zu sollen, und wende mich gleich den die zweite Ansicht wiedergebenden Untersuchungen zu. Dabei wollen wir auch die ältesten Arbeiten berücksichtigen, weil die darin makroskopisch ermittelte doppelte Anlage des Dentale, anders als bei den entgegengesetzten Behauptungen, der Natur der Sache nach, als entscheidend für die aufge- worfene Frage angesehen werden muss. R Schon 1810 wurde von Meckel und een an zum erstenmal die Ansicht postuliert, dass die beiden Unterkieferäste bei jungen Vögeln bezw. Föten vorn noch frei, unverwachsen sind. Die Meckel’sche Mit- teilung ist oben in der chronologischen Uebersicht zitiert. Seine Angabe basiert auf der Abbildung des embryonalen Straussenunterkiefers in einer fremden Arbeit. Aus eigenen Beobachtungen dagegen scheint der Satz von Tiedemann herzurühren: „Der Unter- kiefer besteht bei den Vögeln im Eie, wie bei jungen Säugetieren, aus zwei Stücken oder Schenkeln, die nach vorn miteinander verwachsen.“ Owen (1866) gibt als Regel die unpaare Anlage an, findet jedoch, dass bei Pelikan die Dentalia aus- nahmsweise separat ossifizieren. 1872 fand A. Semmer bei Passer domesticus die Entstehung des Dentale aus zwei Teilen. Ganz allgemein beschreibt Milne-Edwards (1874) in seinen „Lecons...“ die Zahnbeine als paarig an- gelegte Knochen, die sehr frühzeitig verwachsen. Nach Parker $& Bettany (1879) findet die Ver- schmelzung der beiderseitigen Dentalia bei Gallus domesticus erst nach dem Ausschlüpfen statt. In seiner vortrefflichen Apteryx-Monographie schildert Parker (1892) bei einem Embryo im Stadium. G (=dem elf bis zwölftägigem Hühnerembryo) die Dentalia als noch selbständig. Auch nach den Angaben von Suschkin (1899) erfolgt die Verschmelzung beider Unterkieferhälften Bio bei Rüttelfalk (Falco tinnunculus) erst einige Zeit 8.9: x nach dem Ausschlüpfen. Fig. 2. Apteryx bulleri. Schliesslich stellte neuerdings auch Lewin (1903) Wohlentwickelter Em- fest, dass bei Eudyptes chrysocome das Dentale bryo mit noch faden- „selbst beim ältesten Embryo noch aus zwei ge- förmigen Federanlagen. enter Stücken besteht“. Den Don as Entsprechend allen diesen Befunden ansicht (nach T. J. Parker, 1891). treffen wir in den wichtigsten Lehrbüchern die paarige Anlage der Dentalia an. So sagt Gegenbaur (1888) in seiner berühmten „Vergleichenden Anatomie“ „Bei ... Vögeln verschmelzen beide Dentalia sehr frühzeitig . . “ . Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 45 Bei Wiedersheim (1906) ist dieselbe Auffassung vertreten: „Jede, in ihrem Aufbau aus ursprünglich einzelnen Stücken, ähnlich wie bei Reptilien, sich aufbauende Unterkieferhälfte zeigt in post- embryonaler Zeit einen durchaus einheitlichen Charakter und ver- wächst am Vorderende synostotisch mit ihrem Gegenstück.“ Gleiches liest man auch wiederholt bei Gaupp (1905, 1913). ‚Umsomehr fällt es auf, dass in einigen zusammenfassenden Dar- stellungen immer wieder die mangelhaft begründete und oft genug widerleste Angabe über die unpaare Anlage der Dentalia wieder- kehrt. Um nur einige Beispiele zu nennen, sei diesbezüglich auf die Werke von Gadow und Selenka (1869—1891), Magnus (1870), Marshall (1895) und auf den Abschnitt „Vögel“ von Hennicke (1905) in Teichmann’s Handwörterbuch der Naturwissenschaften hingewiesen. Diese auffallende Lebenskraft der einmal in der Literatur ge- machten fehlerhaften Angaben, mögen diese noch so alt und be- reits durch entgegengesetzte Feststellungen widerlegt sein, war für mich bestimmend, als ich es unternommen habe, wenn auch an Hand ziemlich spärlichen Materials, die Sache selbst nachzuprüfen. Die Untersuchung erstreckte sich auf als Arten und Studien: Passer domesticus, Schnabelspitzescheitellänge zirka 6 mm. ” 2) „ 84 ch » ‚eben sg en, Omaha livia, Schnabelspitzescheitellänge 5 11 5 18 ” ” Anas ces domestica, 15 Mare alter Embryo. Die embryonalen Unterkiefer wurden in frontale Schnittserien von durchweg 15 mm Schnittdicke zerlegt und mit Hæmalaun (Kerne blau) Bismarckbraun (Knorpel braun) und Säurefuchsin (Knochen rot) gefärbt. Die für uns hier einzig in Frage kommende Art der Ossi- fikation, die Bindegewebsverknöcherung, kennzeichnet sich bekannt- lich unter anderem durch das gleichzeitige Auftreten zahlreicher, getrennter Ossifikationspunkte an der Stelle des künftigen Knochens, und zwar inmitten des fibrillären embryonalen Bindegewebes. Mit zunehmender Abscheidung der Interzellularsubstanz vereinigen sich dann allmählich die getrennt angelesten Knochenbälkchen zu einem Gitterwerk von Knochensubstanz, in dessen Maschen sich das un- veränderte Bindegewebe mit Blutgefässen und Osteoblasten befindet. Wird immer mehr Knochengewebe durch Apposition ausgebildet, so verdicken sich die Balken des Gitterwerkes zu einer schwammigen Struktur, werden immer kleiner, bis schliesslich nur Blutgefäss- kanäle übrigbleiben. Unsere Präparate bieten die eben geschil- 46 N. G. Lebedinsky. derten Übergangsstadien der Knochensubstanzausbildung in einer geradezu so instruktiven, typischen Form dar, dass wir darauf ver- zichten können, auf die histologischen Einzelheiten einzugehen und nur die gröbere Morphologie der embryonalen Knochen zu berück- sichtigen brauchen. Noch eines sei vorausgeschickt. In vielen beigegebenen Ab- bildungen sind die Zahnbeine der Meckel’schen Knorpel stellen- weise eng angelagert. Diese Darstellung wäre histologisch dahin zu berichtigen, dass der Knochen auch an jenen Stellen mit Binde- sewebe umgeben und so von der unmittelbaren Berührung mit den Knorpeln getrennt ist. Da aber die bindegewebige Hülle hier sehr dünn erscheint, wurde davon Abstand genommen, diese Verhältnisse bei der rein schematischen bildlichen Wiedergabe zu berück- sichtigen. Die jüngste knöcherne Zahnbeinanlage unter unseren Embryonen weist der Sperlingsembryo von zirka 6 mm Schnabelspitzescheitel- länge auf. In Figur 7 sehen wir die beiden Meckel’schen Knorpel der Länge nach getroffen, Hier, wie in den folgenden Figuren, sind sie durch Punktierung markiert. Der rechte erscheint viel Supraangulare Dentale Articulare Ansulare Complementare Operculare Fig. à. Fig. 3. Catarrhactes chrysocome. Nestling. Linker Unterkieferast in Medial- ansicht (nach Pycraft, 1898). breiter und länger als der linke, weil jener parallel zu seiner Haupt- achse durchschnitten ist, während dieser einen schrägen Schnitt repräsentiert. Labialwärts von den beiden Knorpeln gelegen ziehen sich dem fleischigen Unterkieferrande ziemlich parallel die schwarz- gehaltenen Knochenbälkchen, welche hier die erste knöcherne An- lage der beiderseitigen Dentalia darstellen. Auf der rechten Seite liest der Knochenstreifen vorne dem gleichseitigen Meckel’schen Knorpel eine kurze Strecke eng an. Das gleiche Bild finden wir in den benachbarten Schnitten auch auf der linken Seite dieses Unterkiefers. In unserem Schnitten also, sowie überhaupt in der ganzen dazugehörenden Serie, sind die beiderseitigen Zahnbeinan- lagen sehr weit voneinander entfernt und so noch ganz selbstständig. Merklich weiter fortgeschritten ist die Entwicklung der Zahn- beine auf dem nächstälteren Embryonalstadium : Schnabelspitze- Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 47 scheitellänge 8/1 mm. In Figur 8 sind die Distalenden der Meckel’schen Knorpel von dem jungen Knochengewebe bereits von allen Seiten umgeben, so dass man hier ausser der äusseren noch eine innere Liamelle der Zahnbeine unterscheiden kann. Vorn schmiegen sich die Knochenstränge den Knorpeln eng an. In den weiter ventralwärts gelegenen Schnitten (Figur 9), d. h. bereits unterhalb des Meckel’schen Knorpels, erscheinen die beiderseitigen Dentalia viel stärker entwickelt als in den höhergelegenen Schnitten; und zwar reichen hier die Zahnbeinanlagen etwas weiter distal- und zugleich proximalwärts und bilden ausserdem zwei einander nahe und parallel verlaufende Gewebsstränge. Noch einen Schritt weiter bringt uns das älteste unserer Sperlingsstadien — frisch ausgeschlüpfter Nestling. Figur 10 und 11 dieser Arbeit, sowie Figur 1 der vorläufigen Mitteilung‘) stellen die Schnitte einer und derselben Serie vor; wobei der erste, der am höchsten dorsal gelegenen, der dritte der am tiefsten’ ventral getroffenen Partie des Unterkiefers entnommen sind. Auch hier noch überall können wir leicht feststellen, dass die beiderseitigen Dentalia durch eine Schicht indifferenten Gewebes getrennt bleiben. In fünfzehntägigen Entenembryoner (Figur 2 der vorläufigen Mitteilung) verhalten sich die Zahnbeinanlagen ähnlich wie in den jüngsten unserer Sperlingsembryonen (Figur 7); nur verlaufen bei der Ente die Knochenlamellen mehr kontinuierlich und um- schliessen weiter vorn die Meckel’schen Knorpel, ohne jedoch ein- ander je zu berühren. Ein gleiches Bild bieten in der Hauptsache die Unterkiefer- schnitte eines Taubenembryos von 11 mm Schnabelspitzescheitel- länge (Figur 14, 15). Die unteren Schnitte (Figur 15) zeigen die embryonalen Dentalia näher zueinander gerückt, ihre Medialränder verlaufen parallel und lassen noch einen beträchtlich breiten Streifen des indifferenten Gewebes zwischen sich. In den untersten Schnitten durch unser älteres Taubenstadium (Schnabelspitzescheitellänge 18 mm) hingegen hat die Vereinigung beider Zahnbeinanlagen be- reits stattgefunden (Figur 18); nur noch die medialen Einbuch- tungen — eine kürzere labiale und eine längere linguale — markieren die in den oberen Schnitten (Figur 16, 17) derselben Serie, sowie im jüngeren Alter, vorhanden gewesene Selbst- ständigkeit. 4) N. G. Lebedinsky, Untersuchungen zu Morphologie und Entwicklungs- geschichte des Unterkiejers der Vögel. Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des Einflusses der Aussenwell auf den Organismus. Revue Suisse de Zoologie, Vol. 26, 1918. 48 N. G. Lebedinsky. Auf Grund meiner eigenen Untersuchungen bin ich also im- stande, für drei Vogelarten (Sperling, Hausente, Haustaube) die paarige Anlage der Dentalia anzugeben. Rechnen wir noch hierzu die anderen heute bekannten en, so ergibt sich folgende Liste. Struthio (Meckel), Pla (Owen), Passer (Semmer, Lebe- dinsky), Gallus (Parker und Bettany), Apteryx (Parker), Falco (Suschkin), Eudyptes (Lewin), Anas (Lebedinsky), Columba (Lebedinsky). Fig, 4 Oceanodroma leucorrhoa. Nestling. Linker Unterkieferast in Lateral- ansicht (nach Pycraft, 1899). Fig. 5. Oceanodroma leucorrhoa. Nestling. Linker Unterkieferast in Medial- ansicht (nach Pycraft, 1899). Bei neun verschiedenen Gattungen, zugleich Vertretern neun selbstständiger und zum Teil recht primitiver Ordnungen, wurde sonach die doppelte Anlage des Os dentale nachgewiesen. Da- gegen ist es niemanden gelungen, an einer lückenlosen Embryonen- serie die unpaare Anlage dieses Elementes nachzuweisen. Daher ‚ dürfen wir wohl, bis anderweitige, gegenteilige Beobachtungen vor- liegen, den Satz aussprechen: bei den Vögeln werden die Ossa dentalia gleich wie bei den übrigen Wirbeltieren und analog den anderen Unterkieferelementen immer paarig angelegt. Das Os articulare oder der Gelenkknochen (Os apophyseum Nitzsch, Pars artieularis Gurlt und Bernstein) beteiligt sich in vor- wiegender Weise an der Bildung des Gelenkabschnittes des Unter- kiefers und stellt das am weitesten kaudalwärts liegende Element der Vogelmandibula dar (Figur 1, 2, 3, 19). Entsprechend der mannigfachen Ausbildung der Gelenkfläche, wodurch der Unter- SR EEE EEE à Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 49 kiefer mit dem Quadratum artikuliert, weicht die Form der Arti- culare in den meisten Vogelgruppen stark von einander ab. Darüber wird weiter unten noch die Rede sein. Das Os supraangulare s. coronoideum oder oberes. Winkelbein (Pars complementaris externa s. supraangularis Gurli, Pars coro- nalis Bernstein) bildet, zwischen dem Dentale und Articulare liegend, den hintern obern Teil des Unterkiefers (Figur 1, 2, 3, 4, 5). Oft besitzt es einen nach oben stark vorspringenden Fortsatz, während es nach vorn in zwei Aste ausläuft, „die entweder stark auseinander weichend, das in diesem Teil des Unterkiefers bei einzelnen Arten sich findende Loch wenigstens teilweise zwischen sich fassen, oder nur wenig divergieren und sich dann zwischen die beiden hinteren Platten des Os dentale einschieben“ (Magnus). Der untere Rand des Supraangulare liegt dem Angulare auf. Das Os angulare oder unteres Winkelbein (Pars angularis Gurll und Bernstein) stellt den hintern untern Teil des Unterkiefers dar und läuft meistens nach vorn in einen langen, dünnen Fortsatz aus, welcher der inneren Fläche des Dentale sich anschmiegt. (Figur 1, 2, 3, 4, 5, 20.) Sein Oberrand verbreitert sich leicht zur Auf- lagerung des Supraangulare und Articulare, während der Unterrand keilförmig zugespitzt ist. Das Os operculare s. spleniale oder der Deck- knochen (Os lamelliforme Nitzsch, Pars comple- Fig. 6. Caprimul- mentaris interna s. opercularis Gurlt, Pars com- US europæus. Un- Be à © terkiefer in Ventral- plementaris interna Bernstein, Spleniale Owen) ah Ach an stellt gewöhnlich eine langgestreckte, dünne 1811). c. Gelenkar- Lamelle dar, die von innen das Dentale und tige Verbindung zwi- Angulare teilweise bedeckt und mehr oder weniger schen dem Vorder- spitz nach vorn und hinten sich verjüngt (Figur ee 1,2,3,5). Die mittlere Partie dieses Knochens rn ist meistens breit und läuft nach oben in eine stumpfe Spitze aus. Form und Grösse dieses, sowie des nächstfolgenden Elementes je- doch, variieren in ganz beträchtlichen Grenzen (vgl. Suschkin 1905, Figur 9 und 10). Das Os complementare oder der Ergänzungsknochen (Pars coronalis Gurlt, Coronoid einiger englischer Autoren, z. B. Parker 1891, Pycraft 1898) liegt als kleiner, dünner, unregelmässig ge- stalteter Knochen der medialen Fläche des Supraangulare an und verwächst an seinem Hinterende frühzeitig mit dem Articulare. Er kommt normalerweise nicht allen Vögeln zu. So geht er nach den embryologischen Untersuchungen Lewin’s (1903) Eudyptes chryso- 4 Fig. 6. 50 N. G. Lebedinsky. come”) gänzlich ab; „beim Hühnchen findet der Knochen durch Parker keine Erwähnung, auch das Tonkoffsche Modell zeigt ihn nicht“ (Gaupp 1905). Ferner vermisst ihn Parker (1861) im Unter- kiefer von Strauss, Emu, Krähe, sowie der Tauben und Eulen. (Vergl. Figur 1, 2, 3, 5, 19 und 20.) Das Articulare geht, wie schon erwähnt, aus der Ossifikation des Gelenkendes des Meckel’schen Knorpels hervor. Diese lokale _ Knorpelossifikation kommt ausnahmslos allen bis jetzt untersuchten Vögeln zu. Suschkin (1899) ist es gelungen, beim Rüttelfalk (Tinnun- culus) ein weiteres Verknöcherungszentrum im Meckel’schen Knorpel zu finden (Mento-Meckel’scher Knochen Parker, Mentomandibulare Gegenbaur 1898), und zwar an dessen distalem Ende. Ferner stellte er fest, dass bei Tinnunculus von diesen beiden Zentren aus der Ersatz des gesamten Meckel’schen Knorpels durch Knochen stattfindet. Der Cartilago meckelii wird also hier von den Deck- verknöcherungen nicht verdrängt, sondern er verknöchert selbst- ständig in seiner ganzen Ausdehnung. „Diese Verknöcherung“, schreibt Suschkin (1905) über das distale Ossifikationszentrum des Meckel’schen Knorpels, „ist, wollte man sich nach dem Relief der Innenseite von der Symphysis des Unterkiefers richten, allen Falken, Microhieraces, Polybori, Micrastur und Herpetotheres eigen. Später fand ich diese Verknöcherung bei einem nahezu flüggen Jungen von Elanus; nach dem Relief des Knochens eines erwachsenen Vogels existiere sie ebenfalls bei Machaerhomphus. Den übrigen Accipitres fehlt dieses Element. Bei andern Vögeln ist eine Kinn- verknöcherung am Meckel’schen Knorpel bis jetzt nicht aufgefunden worden; in anderen Klassen der Wirbeltiere tritt sie sehr spora- disch auf; so wurde sie bei den Knochenganoiden, einigen Welsen, Batrachiern und Mammalia gefunden.“ Nach Owen (1866) entwickelt sich von allen Unterkieferknochen das Dentale zuerst. Suschkin (1899) konnte diese Angabe für Tinnunculus bestätigen, Lewin (1903) dagegen fand, dass bei Eudyptes Supraangulare und Angulare vor dem Dentale auftreten. Nach Parker und Betlany treten beim Huhn alle Deckknochen ziemlich gleichzeitig auf, während beim Tinnunculus (Suschkin) erst nach dem Erscheinen des Dentale das Angulare, Supraangulare und Spleniale angelegt werden. Ihnen folst dann als jüngstes Element das Complementare. Es ist also festgestellt, dass das Auftreten 5) Pycraft (1898) dagegen gibt für eine Nestling-Mandibula von Apteno- dytes (Eudyptes) chrysocome das Vorhandensein eines „Coronoid’s“ an. „Vgl. Figur 3. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 51 der Unterkieferdeckknochen nicht bei allen Vögeln in der gleichen zeitlichen Reihenfolge stattfindet. Das Articulare verknöchert erst nach dem Erscheinen aller Deckknochen oder, noch später, nach dem. Ausschlüpfen (Suschkin, Parker und Petlany). Was die Verschmelzung der einzelnen Knochen anbelangt, so erfolgt sie nach Magnus am frühesten zwischen Articulare, Supra- angulare, Complementare und teilweise dem Angulare, etwas später zwischen dem Operculare und dem Dentale und in noch fort- geschrittenerem Alter zwischen dem Dentale und Operculare einer- und dem Supraangulare und Angulare andererseits. „Das an dieser Stelle bei jungen Vögeln sich häufig findende Loch erhält sich bei vielen Familien während des ganzen Lebens“ (Magnus). Hier bleibt nach Nitzsch (1811) bei Caprimulgus zeitlebens eine bewegliche Verbindung bestehen (Figur 6). Die ausführlichen Suschkin’schen Untersuchungen am Rüttel- falk bestätigten alle obigen Angaben. Seiner Arbeit verdanken wir auch die- Feststellung, dass erst nach der Verwachsung der typischen Elemente miteinander die vordere Verknöcherung des Meckel’schen Knorpels an das Dentale anzuwachsen anfängt. Zweiter Abschnitt. Gestalt des adulten Unterkiefers. Die Gestalt des adulten knöchernen Unterkiefers will ich in zwei Unterabschnitten behandeln. Im Unterabschnitt A soll eine allsemeine vergleichende Übersicht über den Gegenstand und die . einschlägige Terminologie gegeben werden, wobei ich länger bei denjenigen Tatsachen verweilen muss, die früher entweder nur mangelhaft untersucht worden sind, oder aber sich von den früher beobachteten unterscheiden. Im Anschluss an den Abschnitt A gebe ich dann unter B eine möglichst kurz gehaltene Beschreibung eigener Beobachtungen über die einzelnen Teile des Unterkiefers. Dabei werde ich versuchen, der Mannigfaltigkeit der Formausbil- dung in der ganzen Klasse nach Kräften Rechnung zu tragen. Bei der zu diesem Zwecke gewählten Form der Darstellung, nämlich jeden einzelnen Teil, bezw. Fläche, Rand usw. je in einer selbständigen Rubrik zu dd liess ah mich durch die Über- legung leiten, dass leichte Orientierung und präzisere Fassung des Stoffes für de Leser einer vergleichenden Studie äusserst wünschbar seien. Auch dachte ich dabei an die berühmte Fürbringer’sche 52 N. G. Lebedinsky. Fig. 11. Qt os Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. Fig. 7. Passer domesticus. Embryo von ca. 6-mm Schnabelspitzescheitel- länge. Frontalschnitt durch den Unterkiefer. Hier, wie in den folgenden mikro- skopischen Bildern ist das Knochengewebe schwarz, der Knorpel punktiert wiedergegeben. Fig. 8. Passer domesticus. Embryo von ca. 81/4 mm Schnabelspitzescheitel- länge. Frontalschnitt durch den Unterkiefer. Fig. 9. Passer domesticus. Weiter unten getroffener Schnitt der gleichen Serie wie in Figur 8. Fig. 10. Passer domesticus. Nestling, eben ausgeschlüpft. Frontalschnitt durch den Unterkiefer. Fig. 11. Passer domesticus. Gleiche Serie wie in Figur 10. Weiter unten getroffener Schnitt. Fig. 14. Columba livia. Embryo von 11 mm Schnabelspitzescheitellänge. Frontalschnitt durch den Unterkiefer. Fig. 15. Columba livia. Gleiche Serie wie in Figur 14.: Weiter unten ge- legener Schnitt. Fig. 16. Columba livia. Embryo von 18 mm Schnabelspitzescheitellänge. Frontalschnitt durch den Unterkiefer. Fis. 17. Columba livia. Gleiche Serie wie in Figur 16. Weiter unten ge- troffener Schnitt. Fig. 18. Columba livia. Gleiche Serie wie in Figur 16. Einer der untersten Schnitte. Monographie (1888), welche ihre Übersichtlichkeit nicht zuletzt dem oben erwähnten, in ihr streng durchgeführten Prinzip verdankt. Alle von mir in natura untersuchten Skelette gehören, wie erwähnt, entweder der Zoologischen Anstalt der Universität Basel oder dem Naturhistorischen Museum daselbst. Es wurden im ganzen zirka 250 Vogelarten untersucht und zur Vervollständigung des Vergleichsmaterials noch eine Anzahl guter Abbildungen (etwa 70) anderer Autoren herangezogen, In der folgenden Betrachtung werden die nur nach den Abbildungen mir bekannt gewordenen: Arten durch die Beigabe der Anfangsbuchstaben der Verfasser einschlägiger 54 N. G. Lebedinsky. Arbeiten kenntlich gemacht. (M.) bedeutet Meyer. (M.-Edw.) = Milme-Edwards. (Mart.) = Martin. (P.) = Pycraft. (S) = Shufeldt. | In diesem Abschnitt sind mit Rücksicht auf eine kurze Fassung meist nur die Gattungsnamen gebraucht. Dennoch hoffe ich, dass keine Verwechslungen stattfinden, da man nötigenfalls über die dazu- gehörigen Speziesnamen in unserer Massliste‘) sich orientieren kann. Auch mache ich oft von den Familien- und Ordnungs- namen Gebrauch, um mehrere der untersuchten Gattungen kurz anzugeben. Alle diese kollektiven Gattungs-, Familien- und Ord- nungsnamen beziehen sich selbstverständlich nur auf die von mir untersuchten Vögel und dürfen niemals als die die ganze ein- schlägige systematische Einheit betreffenden Begriffe aufgefasst werden. In der systematischen Einteilung, sowie in der Nomen- klatur, habe ich mich ausnahmslos an die Bezeichnungen der Hand- liste des Britischen Museums (Sharpe 1909) gehalten. Der eigentlichen Darlegung der Untersuchungsergebnisse sei die Erklärung der beigegebenen Textabbildungen vorausgeschickt. Figg. 33—107 repräsentieren die knöcherne Vogelmandibula in der Seiten- ansicht. 33 — Tinamus guttatus, 34 — Phasianus colchicus, 35 — Colinus virgi- nianus, 36 — Syrmaticus reevesi, 37 — Perdix perdix, 38 — Turtur turtur, 39 — Columba livia, 40 -— Didunculus strigirostris (Mart.), 41 — Gallinula chloropus, 42 — Podiceps fluviatilis, 43 — Catarrhactes chrysocome, 44 — Fulmarus glacialis, 45 — Fratercula arctica, 46 — Phæthusa magnirostris, 47 — Rhynchops nigra (S.), 48 — Charadrius pluvialis, 49 — Recurvirostra avo- cetta, 50 — Rhinochetus jubatus (P.), 51 — Ciconia ciconia, 92 — Pyrrhero- dias purpurea, 53 — Dendrocygna autumnalis, 54 — Tadorna tadorna, 55 — Nettium torquatum, 56 — Nettium crecca, 57 — Spatula clypeata, 58, — Anas boschas ferus, 59 — Aex galericulata, 60 — Anser erythropus, 61 — Plectrop- - terus gambensis, 62 — Sula sula, 63 — Pandion haliaëtus, 64 — Gyps fulvus, "65 — Neophron percenopterus, 66 — Accipiter nisus, 67 — Strix flammea, 68 — Scops scops, 69 — Syrnium aluco, 70 — Cacatua mollucensis, 71 — Lorius spec. ?, 72 — Melopsittacus undulatus, 73 — Calopsittacus novæ-hollandiæ, 74 — Cacatua galerita, 75 — Cypselus apus, 76 — Caprimulgus europæus, 77 — Upupa epops, 78 — Buceros rhinoceros, 79 — Pelargopsis fraseri, 80 — Centropus goliath, 81 — Andigena bailloni, 82 — Rhamphastos erythrorhyn- chus, 85 — Jÿnx torquilla, 84 — Dendrocopus major, 85 — Pitangus bolivianus, 86 — Hirundo rustica, 87 — Hylocichla musica, 88 — Sylvia atricapilla, 89 — Lanius excubitor, 90 — Cyanistes cœruleus, 91 — Sitta cæsia, 92 — Alauda arvensis, 93 — Passer domesticus, 94 — Carduelis carduelis, 95 — Serinus canarius, 96 — Loxia curvirostra, 97 Spinus spinus, 98 — Cardinalis car- 6) Vgl. hiezu die demnächst selbständig erscheinende Abhandlung: Der Unterkiefer der Vögel. Ein Beitrag zur Kenntnis des Einflusses der Aussenwelt auf den Organismus, in welcher auch die in der vorliegenden Arbeit zitierte Literatur nachzuschlagen ist. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 55 dinalis, 99 — Munia orizivora, 100 — Sturnella magna neglecta (S.), 101 — Sturnus vulgaris, 102 — Pastor roseus, 103 — Nucifraga caryocatactes, 104 — Pica pica, 105 — Pyrrhocorax alpinus, 106 — Garrulus glandarius, 107 — Colæus monedula. Figg. 108—116 stellen die Pars posterior in der Seitenansicht dar. 108 — Charadrius pluvialis, 109 — Ancylochilus subarquatus, 110 — Limosa lapponica, 111 — Ardetta minuta, 112 — Anser fabalis, 113 — Buceros rhinoceros, 114 — Celeus flavescens, 115 — Gecinus viridis, 116 — Campo- philus robustus. Figg. 117—119 zeigen den Profilumriss des Processus mandibularis posterior. 117 — Fuligula fuligula, 118 — Aythyia ferina, 119 — Aex sponsa. Figg. 120—122 geben das vordere Ende des Unterkiefers wieder. 120 — Larus canus, 121 — Larus ridibundus, 122 — Larus argentatus. Figg. 123—141 orientieren über die Umrisse des Unterkiefers in der Dorsalansicht. 123 — Fulmarus glacialis, 124 — Rhynchops nigra (S.), 125 — Plegadis faleinellus, 126 — Pyrrherodias purpurea, 127 — Tachyeres cinereus, 128 — Anas boschas ferus, 129 — Dafila acuta, 130 — Nettium crecca, 131 — Spa- tula clypeata, 132 — Pandion haliaëtus, 133 — Amazona æstiva, 134 — Lorius spec.?, 135 — Cacatua mollucensis, 136 — Calopsittacus, novæ-hollandiæ, 137 — Cypselus apus, 138 — Spinus spinus, 139 — Parus cœruleus, 140 — Sturnus vulgaris, 141 — Lanius excubitor. Figg. 142—152 veranschaulichen den Symphysenabschnitt in der Dorsal- ansicht. 142 — Perdix perdix, 143 — Syrmaticus reevesi, 144 Colinus virgi- nianus, 145 — Chalcophaps indica, 146 — Grus grus, 147 — Tadorna tadorna, 148 — Buteo buteo, 149 — Neophron perenopterus, 150 — Scops scops, 151 — Pitangus bolivianus, 152 — Carduelis carduelis. Figg. 153—166 belehren über den Unterkieferumriss in der Ventralansicht. 153 — Crax alector, 154 — Colinus virginianus, 155 — Numida ptilo- rhyncha, 156 — Fratercula arctica, 157 — Charadrius pluvialis, 158 — Net- tium crecca, 159 — Spatula clypeata, 160 — Nettium torquatum, 161 — Ama- zona æstiva, 162 — Melopsittacus undulatus, 163 — Hirundo rustica, 164 — Pastor roseus, 165 — Cyanistes cœruleus, 166 — Pyrrhocorax alpinus. Figg. 167—169 repräsentieren den Symphysenabschnitt in der Ventral- ansicht. 167 — Chalcophaps indica, 168 — Tachyeres cinereus, 169 — Fuligula fuligula. Figg. 170—183 zeigen die Pars articularis mandibulæ in der Ventral- ansicht. 170 — Gallus domesticus, 171 — Pavo muticus, 172 — Syrmaticus reevesi, 173 — Perdix perdix, 174 — Sarcorhamphus gryphus, 175 — Gyps fulvus, 176 — Neophron percnopterus, 177 — Pandion haliaëtus, 178 — Strix flammea, 179 — Cypselus apus, 180 — Ampelis garrula, 181 — Merula merula, 182 — Anthus trivialis, 183 — Serinus canarius. Figg. 184—200 geben die Fossa posterior wieder. 184 — Apteryx australis, 185 — Daption capensis, 186 — Alca torda, 157 — Otis tarda, 188 — Leptoptilus javanicus, 189 — Colymbus septentrio- nalis, 120 — Rhea americana, 191 — Mycteria americana, 192 — Alcedo ispida, 195 — Balæniceps rex, 194 — Numenius arquata, 195 — Bubo bubo, 196 — Picus martius, 197 — Falco peregrinus, 198 Cuculus canorus. 199 — Cardi- nalis cardinalis, 200 — Coccothraustes coceothraustes. OT (er) N. G. Lebedinsky. A. Allgemeine Übersicht. „Der Unterkiefer variiert bei den Vögeln ausserordentlich, sowohl in Hinsicht der Länge und Höhe der Aste, als auch in Hinsicht seiner Gestalt.“ Diese schon vom alten Tiedemann (1810) erwähnte ungemeine Mannigfaltigkeit der Gestalt der Vogelmandi- bula macht es schwer, etwelche allgemein gültige Charaktere für den aus mehreren Komponenten zusammengesetzten Knochen an- zugeben. Die meisten Vögel besitzen im adulten Zustand eine an- nähernd V-förmige längliche Mandibula. Diese besteht aus zwei mehr oder weniger hohen und dünnen, lamellenartigen Asten, welche vorn in der Symphyse nahtlos zusammenfliessen (vergl. Arte e: Fig. 19. Dromæus. Junges, ca 8—10 Wochen alt. Pars articularis des linken Unterkiefers in Dorsalansicht (nach W. K. Parker, 1866). Fig. 20. Dromæus. Derselbe Unterkieferabschnitt wie in Figur 19 in Ventral- ansicht (nach W. K. Parker, 1866). Figur 21 und 22). Im Gegensatz zu den Säugetieren, deren Unter- kiefer einen hochgelegenen Gelenkkopf zur Verbindung mit dem übrigen Schädel aufweist, besitzt der Vogelunterkiefer in gleicher Weise, wie jener der Reptilien, meist zwei im selben Niveau mit dem übrigen Knochen gelegene Gelenkfacetten oder Fossae glenoi- dales. Die Mandibularäste sind bei den meisten Vögeln in grösserem oder geringerem Masse derart seitlich zusammengedrückt (kom- primiert), dass sie eine äussere (Facies externa s. lateralis) und eine innere (Facies interna s. medialis) Fläche, und einen oberen (Margo dorsalis) und einen unteren (Margo ventralis) Rand besitzen (resp., dass ihr Querschnitt einen viel grösseren sagittalen und beträchtlich L L x Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 57 kleineren frontalen Durchmesser aufweist). Die Mandibula behält diese lamellenartige Gestalt gewöhnlich in ihrer ganzen Länge bei; manchmal nimmt aber ıhr Querschnitt in der Mitte oder mehr segen das Hinterende eine annähernd ovale (Sula, Balaeniceps) oder sogar rundliche Form an (Pelecanus). Ja bei Camprimulgus ist der eigenartig gestaltete hintere Abschnitt der Mandibula sogar dorsoventral stark abgeplattet (deprimiert) — eine äusserst seltene Erscheinung. Am knöchernen Unterkiefer können wir einen vordern, mit der Hornscheide bedeckten, und einen hintern, zur Insertion der Kaumuskulatur und zur Artikulation mit dem Quadratum dienen- den Teil unterscheiden. Milne-Edwards führt sie an als région mentonnière und region masseterienne. Ich nenne sie Pars an- terior bezw. Pars posterior mandibulae. Die Pars anterior hebt sich oft durch grössere Dicke, Rauhig- keit und Punktierung ihrer Oberfläche, sowie durch die Blut- sefässabdrücke und abweichende Höhe mehr oder weniger deutlich von dem hintern Unterkieferteile ab. Manchmal ist der ‚Übergang beider Teile ineinander jedoch ein mehr allmählicher. Überhaupt variiert die Dicke der beiden Unterkieferabschnitte in ziemlich weiten Grenzen. Ich finde die Mandibularabschnitte, ohne die Dicke des Unterrandes dabei zu berücksichtigen, annähernd gleich dick, oder nur schwach voneinander abweichend, bei den Ratitae, Tinamiformes, Sphenisciformes, Alciformes, Gruiformes, Psittaci- formes, Ooccyges, Ardeidae und Ciconiidae, den meisten Ralli- formes, vielen Accipitriformes, sowie bei Larus, Chauna und Sarcorhamphus. Deutlich dicker als die Pars posterior ist die Pars. anterior bei den Galliformes, Anseriformes, Scansores, Piciformes, Bucerotidae, Alcedinidae und Passeriformes (besonders stark ist die Differenz bei Fringillidae und Ploceidae), sowie bei Opisthocomus, Porphyrio, Podiceps und Phaethusa. Endlich besitzen eine dicke Pars posterior, vereinigt mit einer lamellenartigen Pars anterior, nur wenige Vögel. Hierher gehören die Columbiformes, sowie Pelecanus und Caprimulgus. Den vordersten Abschnitt der Pars anterior, mit welchem beide Unterkieferäste synostotisch in der Symphyse verschmolzen sind, wollen wir als den Symphysenteil des Unterkiefers oder die Pars symphysis unterscheiden. Sie zeigt hinsichtlich der Länge, Breite und allgemeinen Form grosse Verschiedenheiten. Der hintere Unterkieferabschnitt, Pars posterior, weist mehrere Differenzierungen auf. So bildet sein die Fossae glenoidales tragen- der Teil einen immer für sich deutlich unterscheidbaren Abschnitt, den wir im fernern als die Pars articularis kennzeichnen werden. 58 N. G. Lebedinsky. Das Hinterende der Pars posterior ist oft plötzlich abgestumpft. Die es hier abgrenzende Fläche nenne ich Fossa posterior. Nicht selten setzt sich aber auch die Pars posterior ganz hinten in den verschiedenartig gestalteten Processus mandibularis posterior fort, während nach innen zu die Pars articularis einen Processus man- dibularis internus entsendet. Manchmal springt auch der laterale Rand der Pars articularis merklich vor und bildet so den Processus mandibularis externus (vgl. Fig. 21 und 202, S. 105). Weiter vorne von der Pars articularis, etwa in der Mitte der Pars posterior, befindet sich an der Aussenseite manchmal eine wulstartige Erhebung oder ein stärkerer Fortsatz, die Crista s. Processus lateralis. Nahe vor der Pars articularis springt nicht selten der Oberrand der Pars posterior mehr oder weniger stark dorsalwärts vor und bildet so den sogenannten Kronenfortsatz oder Processus coronoideus. Zwischen diesem Processus und der Pars articularis ist bisweilen noch eine kleinere Erhebung vorhanden, Spina coronoidea (Vergl. Gurlt 1853). Mivart (1895) unterscheidet am Oberrand des Papageienunterkiefers noch weitere Fortsätze : (P. dentalis, posteoronoideus, praearticularis u. a. m.), worauf wir hier nicht eingehen können. In der Regel verwachsen alle Unterkieferelemente innig mit- einander; oft aber bleiben die Knochen, die an das Dentale stossen, zum Teil durch Nähte getrennt. Ja nicht selten lassen diese eine Lücke zwischen sich, die durch ein Band ausgefüllt ist und meistens als Unterkieferfontanelle in der Literatur angeführt wird. Bei Camprimulgus fand Nitzsch (1811) gerade an dieser Vereinigungs- stelle des Dentale mit den übrigen Elementen eine gelenkige Ver- bindung (Vergl. Figur 6). Zu diesem vorderen Loch gesellt sich in einigen Vogelgruppen dicht vor der Gelenkfläche noch ein zweites, meistens kleineres Loch, durch welches der Ramus mandi- bularis externus des Nervus trigeminus durchgeht. Das vordere Loch werden wir fernerhin Foramen mandibulare anterius, das hintere — Foramen mandibulare posterius (Tafel IV, Fig. 1) nennen. Der von den Deckknochen umgebene, seine Entstehung dem Meckel’schen Knorpel verdankende Hauptkanal in der Vogel- mandibula wird gewöhnlich als Canalis-cartilaginis Meckelii be- zeichnet, während ihn Gaupp der Kürze halber Canalis primordialis nennt. Der grösste Abschnitt dieses Kanals wird vom Dentale, das an seiner inneren Fläche dementsprechend eine tiefe Furche zeigt, und dem Operculare gebildet. In den Canalis primordialis treten der Nervus mandibularis des dritten Trigeminusastes (durch den vor dem Kiefergelenk gelegenen Auditus canalis primordialis) und, als ein Ast des Ramus posterior s. hyomandibularis nn NOR ne aan EP TUE 1 PPS Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 59 Ç Recessus ey Proc.mandib. Kassa QU ETC _. - posterior glenoidalis À |: er ae | | Proc.mandib ES Ï \ à ..-unfernus ars | Ä © < 2e Proc. arts | { | _exfernus AS N SM À = de [A \ BR >. N 1177 [posterior Proc. À /aferalis | 4 D © D | Mo I I I | || I | | {| | Parsanterıor A M). ‘] | I | | nl | Ra, Bars OU V SYMPhRYSIS } \ Je No | À à Fa Leg „ Fig. 21. Schema. Fig. 21, Cygnus olor. Unterkiefer in Dorsalansicht. 60 N. G. Lebedinsky. des Nervus facialis, die Chorda tympani ein; die Eintrittsöffnung letzterer ist manchmal (z. B. bei der Ente) als kleines Loch am inneren Rand der medialen Gelenkfacette deutlich sichtbar. Der vordere Abschnitt des Nervus mandibularis, der Nervus alveolaris inferior, sendet seine Aste in‘wechselnder Anzahl durch das Dentale hindurch (r. r. dentales); die betreffenden Offnüngen bezeichnet Gaupp als Foramina dentofacialia. Ausser der in vielen Arten schon bei Betrachtung des leben- den Vogels bemerkbaren Biegung des Schnabels, kann an Vogel- skeletten oft noch eine zweite Art der Schnabelkrümmung beob- achtet werden, nämlich eine ventralwärts gerichtete Knickung de gesamten Gesichtsschädels (Figur 23 und 24). Dabei erfährt der aus Intermaxillare, Maxillare, Nasale und Lacrimale bestehende Gesichtsteil des Schädels eine abwärts zielende Rotation um seine Basis, während der Gehirnschädel stabil bleibt. Daraufhin be- zügliche ontogenetische Untersuchungen habe ich nicht durchgeführt, konnte aber gelegentlich an vielen Taubenembryonen beobachten, dass der Schädelwinkel weniger deutlich als bei adulten Vögeln ausgeprägt ist. Immerhin bedarf auch diese Beobachtung einer zahlenmässigen Nachprüfung. Mit der Abwärtsrichtung des ganzen Oberschnabels überein- stimmend, ist auch der Unterschnabel bezw. die Pars anterior ventralwärts geknickt, und zwar an der Ubergangsstelle beider Hauptabschnitte ineinander. Diese Ubergangsstelle entspricht ja meistenteils der Basis des Oberschnabels. Der Unterkiefer ist gewöhnlich pneumatisch und laut Nitzsch, nicht allein dann, wenn es der Oberschnabel ist, sondern noch viel häufiger als dieser. Er erhält seine Luft fast immer aus der Paukenhöhle, durch eine häutige Röhre, die in das gewöhnlich an der Basis des Processus mandibularis liegende Foramen pneu- maticum führt. Nicht selten ist diese membranöse Röhre ver- knöchert und heisst dann „Röhrenbeinchen* oder Siphonium (Nitzsch 1811). Vergl. Tafelfigur 2, sowie Textfig. 25. B. Spezielle Beschreibung. a) Breite der Mandibularlamelle. (Textfiguren 33—107; Tafelfiguren 5—44.) Unter der Breite der Vogelmandibula ist die Hôhe der Mandi- bularäste zu verstehen, und zwar mit Ausnahme des für sich zu behandelnden Vorderendes (Symphysenteil). Die grösste Breite der Mandibularlamelle ist je nach der Vogelart verschieden weit vom Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 61 Hinterende des Unterkiefers entfernt. Dabei sind ziemlich grosse Schwankungen möglich. Bald ist die Mandibula in ihrem ganzen Verlaufe gleich breit, bald, und zwar sehr häufig, verjüngt sie sich von hinten nach vorn mehr oder weniger stark; seltener dagegen ist sie in der Mitte ihrer Länge am breitesten, und ganz vereinzelt kommt in der Vogelreihe die nach vorn breiter werdende Unter- kieferform vor. Einige Beobachtungen über die Breite der Mandibula ergeben folgendes. 1. Die Mandibula ist überall gleich oder fast gleich breit: Didunculus strigirostris, Pandion haliaëtos, Accipiter nisus, Sauro- marptis gaudichaudii (M.), Rhinoplax vigil, Andigena bailloni, Pyrrhocorax alpinus, Sylvia atricapilla. 2. Die Mandibula verjüngt sich nach vorn: a) Schwach — alle Galliformes, die meisten Alcedinidae, viele Passeriformes (z. B. die meisten Corvidae, Pitangus bolivianus, Pastor roseus), ferner Dromaeus novae-hollandiae, Casuarius casu- arıus, Opisthocomus hoazin, Porphyrio hyacinthinus, Alca torda, Syrnium aluco, Neophron percnopterus, Ooracias temmincki (M.), Centropus goliath, Grecinus viridis, Jÿnx torquilla (sehr schwach). b) Bedeutend — alle Ardeidae, Ciconiidae, viele Strigiformes, Accipitriformes, Passeriformes (z. B. Cyanistes coeruleus, Oolaeus monedula), sowie Struthio camelus, Rhea americana, Apteryx austra- lis, Turtur turtur, Öarpophaga poecilorhoa, Charadrius pluvialis, Haematopus ostralegus, Recurvirostra avocetta, Otis tarda, Phala- crocorax graculus, Pelecanus onocrotalus, Sarcorhamphus gryphus, Cypselus apus, Upupa epops, Caprimulgus europaeus, Picus martius, Dendrocopus major. c) Stark — alle Fringillidae, sowie Columba livia, Goura coronata, Rhynchops nigra, Balaeniceps rex, Strix flammea. 3. Die breiteste Stelle liest in der Mitte der Pars posterior oder näher nach vorn gerückt; diese ist von annähernd rhombischer Form, und geht, allmählich schmäler werdend, in die Pars anterior über, die sich gegen das Distalende hin bedeutend verjüngt: alle Podicipedidae (bei Podiceps fluviatilis Pars posterior weniger als bei andern Vertretern regelmässig rhombisch), Ibididae, die meisten Gruiformes (bei Rhinochetus die rhombische Gestalt sehr deutlich ausgeprägt), sowie Sula sula. Im Grunde dieselbe Mandibulargestalt kommt noch einigen andern Vögeln zu, deren Pars anterior jedoch in der Mitte ihrer Länge und vorn ziemlich gleich breit erscheint; hierher gehören alle Lari- formes, Colymbiformes, Fulmarus glacialis, Fulica atra, Gallinula chloropus. ©» IV N. G. Lebedinsky. 4. Die Pars posterior hoch, von trapezoider Gestalt, geht vorne plötzlich schmäler werdend in die überall ziemlich gleich niedrige Pars anterior über: die meisten Anseriformes (ausgenommen Biziura lobata, vergl. die Beschreibung des Proc. coronoideus), ebenso Chauna chavaria, Platalea leucerodia (Pars anterior nach vorn sich verjüngend). | 5. Die Mandibularlamelle nach vorn breiter werdend: alle Psittaciformes, ferner Fratercula arctica, Anthracoceros malajanus, Buceros rhinoceros, Rhamphastos erythrorhynchus, Eulabes inter- media (M.). foramen . Proc.coronoideus . Mandibanferius : b Proc. infernus T Proc. exfernus. — m Proc. ) posterior 4 Pars arlfer10r Pars posterior a er eU Pars articularıs Fis. DD [NS] Fig. 22. Crax alector. Unterkiefer in Seitenansicht. Schema. 6. Die Mandibula weist ausser der grössten Höhe in der Pars posterior eine abermalige Erhöhung im Symphysenabschnitt auf: alle Procellariiformes, die meisten Fringillidae, ausserdem Goura coronata, Columba livia, Opisthocomus hoazin, Larus marinus, Fratercula arctica (auffallend stark), Alca torda (stark), Balaeniceps rex, Pelargopsis fraseri, Coccothraustes coccothraustes, Cardinalis virginianus. | Neben den aufgezählten, stets für eine gewisse Artenzahl ge- meinsam charakteristischen Unterkieferformen, seien einige Spezial- fälle angeführt, die nur für je eine einzige Art bezw. Gattung 1 typisch sind. : | Da ist in erster Linie die Gattung Phoenicopterus zu nennen. Sie fällt durch eine besonders hohe, kahnförmig gewölbte, mit recht- winklig umgebogenem Oberrand versehene Pars anterior sofort auf, welche ungefähr in der Mitte ihrer Länge jäh geknickt und am stärksten verbreitert ist. Nach hinten wird die Pars anterior immer | niedriger, und zwar in so starkem Grade, dass sie an der Über- ; gangsstelle beider Hauptabschnitte ineinander beträchtlich schmäler | erscheint, als die durch ihre bedeutende und gleichmässige Breite ausgezeichnete Pars posterior. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel, 63 Bei Rhynchops nigra begegnen wir wiederum einer ganz eigen- artigen Modifikation des Unterschnabels. Von der Seite betrachtet trennt ein tiefer, auffallend scharfer Einschnitt des Unterrandes die beiden Partes deutlich von einander. Die Absonderlichkeit dieser Mandibel wird noch erhöht durch die ausserordentliche und all- mähliche Verbreiterung der Pars anterior nach hinten. Das Profil des ganzen Unterkiefers erinnert hier, vulgär gesprochen, an die Gestalt eines spitz zulaufenden Küchenmessers, mit einem sich nach hinten verbreiternden Griff. Bei Oatarrhactes chrysocome endlich verbreitert sich die Man- dibularlamelle in der Mitte ihrer Länge ganz ausserordentlich, während sie an beiden Enden niedrig bleibt. Eine blosse An- deutung dieses Zustandes findet sich bei Aptenodytes patago- nica vor. b) Krümmungen des Unterkiefers. (Textfiguren 123—141, 153—166; Tafelfiguren 45—66). Die Krümmung der Unterkieferäste kann eine doppelte sein: erstens, in der Ebene ihrer Breite (Höhe), entsprechend dem dorsalen und dem ventralen Rande des Knochens, und zweitens nach der Dicke, den seitlichen Wölbungen des Schnabels folgend. Bei der ersten Krümmung also sind die Mandibularäste nach oben, bezw. unten, konvex, während es sich bei der zweiten Krümmungs- art nur um die Biegung nach aussen, bezw. innen, handeln kann. Die Seitenansicht lässt den Unterkiefer in der überwiegenden Mehrzahl der Vögel ungebogen erscheinen. Ich denke dabei an die selbständigen Krümmungen der Pars anterior, bezw. Pars posterior, und nicht etwa an die gegenseitige Lage beider Ab- schnitte, welch letzteres Verhalten Gegenstand späterer Erörterungen sein wird. Die wenigen beobachteten Krümmungsfälle beziehen sich fast ausnahmslos auf die Biegungen der Pars anterior, und so bezieht sich auch die folgende Aufzählung, wenn nichts anderes angegeben ist, auf das Verhalten des vordern Abschnittes. Der Unterkiefer zeigt eine abwärts gerichtete (nach oben kon- vexe) Krümmung bei Plegadis falcinellus, Ibis aethiopica, Rham- phastos erythrorhynchus und Phoenicopterus roseus. Für die letzte Art wäre es richtiger, von einer Knickung des Schnabels zu sprechen ; sie beträgt nach meinen Messungen zirka 130°. Einer mehr oder weniger stark aufwärts gebogenen (nach unten konvexen) Pars anterior begesnen wir bei Balaeniceps rex, Mycteria americana, Tadorna tadorna, Spatula clypeata und Merganser serrator. Die eigenartige Unterkieferkrümmung bei Cypselus apus und Capri- 64 N. G. Lebedinsky. mulgus europaeus könnte man eher als doppelte bezeichnen. Die Pars anterior ist hier nämlich nach oben zu konvex, während die Pars posterior im entgegengesetzten Sinne gekrümmt erscheint, so dass eine S-förmige Figur zustande kommt. Anklänge an diese Krümmungsform finden sich bei Anthracoceros malajanus. ig. 23. Falco peregrinus. Schädel in Seitenansicht. ee © © ig. 24. Chacophaps indica. Schädel in Seitenansicht. Man vergleiche den markierten Winkel mit jenem der Figur 25. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 65 Die Krümmung nach der Dicke oder seitliche Krümmung (Wölbung) kommt relativ nur selten vor. So fehlt sie ganz bei den Ralliformes, Sphenisciformes, Procellariiformes, Alciformes, Picidae, den meisten Galliformes, Psittaciformes und Passeriformes, bei vielen Anseriformes und Accipitriformes, ferner bei Rhea, Tinamus, Podiceps, Numenius, Eurynorhynchus, Otis, Grus, Anthro- poides, Ardea, Oiconia, Chauna, Phalacrocorax, Sula, Sarcorhamphus, Bubo, Scops und Centropus. Schwach nach aussen konvex sind die Unterkieferäste bei Struthio, Dromaeus, Pandion und Anthra- coceros (nur Pars posterior gebogen). Eine stärkere bis starke Krümmung kennzeichnet Cypselus, Buceros (nur Pars posterior) und Balaeniceps. Bei der letzten Gattung befindet sich der grösste Abstand beider Seitenäste etwa an der Grenze zwischen dem mittlern und dem hintern Drittel der ganzen Unterkieferlänge. Schwach medialwärts gebogene (konvexe) Mandibularlamellen fand ich bei Casuarius, Numenius, Scolopax, Plegadis, Phoenicopterus, Lophodytes, Nettium und Dañfla. Kompliziertere Krümmungsarten als die oben an sozällten kommen nur äusserst selten vor. Bei Spatula clypeata sind die Aste schwach S-förmig gebogen, wodurch die eigenartige Verbreiterung des Schnabelendes zustande kommt (Fig. 131, S. 87). Der Fall, wo jede Pars anterior und posterior einzeln nach aussen konvex erscheint, ist mir nur bei einem Vogel begegnet, nämlich bei Caprimulsus europaeus. Im Zusammenhang mit den seitwärts gerichteten Krümmungen der Unterkieferäste will ich hier den Ubergang beider Haupt- abschnitte ineinander erwähnen, insofern er an lokalisierten, seit- lichen Biegungen erkannt werden kann. Bei weitaus den meisten Vögeln findet er ganz allmählich statt. Unter einer mehr oder weniger plötzlichen medialwärts gerichteten Krümmung, bezw. Knickung (also mit nach innen offenem Winkel) vollzieht er sich bei Opisthocomus, Porphyrio, Nucifraga, Platalea, Pastor und be- sonders deutlich bei Rhynchops und Hirundo. Bei Larus und Plegadis sehen wir das umgekehrte Verhalten; der von beiden Hauptabschnitten eingeschlossene Winkel ist bier nach aussen offen. c) Spannung des Unterkiefers; allgemeine Form der Mandibula in Frontalansicht. (Textfiguren 123—166; Tafelfiguren 45—66.) Unter der Spannung des Unterkiefers verstehe ich die grössere oder geringere Divergenz seiner Äste, mit andern Worten die ; 5 66 N. G. Lebedinsky. Grösse des von ihnen gebildeten Winkels. Nitzsch {1811) nannte diesen Raum zwischen den Ästen „Gula“, Milne-Edwards (1871) „cadre sublingual“. Bei sehr vielen Arten konvergieren die Seiten- äste schwach. Annähernd parallel verlaufen sie bei Phoenicop- terus, Dafila, Spatula, Pelecanus und Buceros. Eine nur schwache Neigung der Aste gegeneinander finde ich bei den meisten Anseri- formes, sowie bei Eurynorhynchus, Scolopax, Platalea und Melop- sittacus. Stark konvergierend sind sie nur selten; hierher gehören Falco, Gypaëtus, Bubo und Loxia. Mit Rücksicht auf die frontale Krümmung (= Krümmung in der durch miteinander verwachsene Mandibularäste selbst bestimmten Fläche), ferner die Spannung der Mandibula, sowie die Art und Weise, in welcher sich die beiden Aste in der Symphyse mit- einander verbinden, können folgende Hauptformen des Unterkiefers unterschieden werden: i ï 1. Die V-Form. Die geraden oder annähernd geraden Aste vereinigen sich unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel. Hierher gehören weitaus die meisten Vögel. 2. Die parabolische Form. Die schwach lateralwärts ge- krümmten Aste verbinden sich zu einem abgerundeten Winkel. Beispiel: Struthio. 3. Die U-Form. Die im ganzen Verlaufe parallelen oder sehr wenig nach vorn zusammenlaufenden, weiterhin im Symphysen- abschnitte stark gekrümmten Aste vereinigen sich unter einem deutlichen Bogen. Beispiele: viele Anseriformes (Lophodytes und Nettium bilden eine Ausnahme, indem sie eher zum ersten Typus gehören). 4. Die elliptische Form. Die durchweg stark gekrümmten Äste stellen (mit Ausnahme ihres spitzzulaufenden Symphysen- abschnittes, sowie der Gelenkabschnitte) einen Teil des elliptischen Bogens dar, dessen grösste Breite sonach den Abstand der Hinter- enden beider Mandibularlamellen übertrifft. Beispiel: Balaeniceps. 5. Die kombinierte U- und V-Form. Die hinten parallelen oder nur wenig konvergierenden Äste biegen sich vorn plötzlich medialwärts um und vereinigen sich so unter einem deutlichen spitzen Winkel. Beispiele: Opisthocomus, Hirundo, Charadrius (schwach ausgeprägt). Von diesen fünf Krümmunsstypen lassen sich dann die meisten anderen stärker modifizierten Unterkieferformen zwanglos ableiten. So verdanken mehrere Arten ihre eigentümliche Schnabelform einer wechselnd starken Ver- längerung des Symphysenteiles. Apteryx z. B. wäre zum ersten, Buceros zum vierten und Rhynchops zum fünften Typus zu rechnen. Andere Arten wiederum weichen nur durch gewisse Biegungsschwankungen der Seitenäste vom ur- sprünglichen Typus ab: Cypselus (Fig. 137, S. 89), welcher den modifizierten V- — Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 67 Typus repräsentiert. Auch der Caprimulgus-Unterkiefer ist nach dem V-Typus gestaltet, weicht aber von der typischen Form insofern ab, als Pars anterior und Pars posterior je einen selbstständigen und ziemlich starken nach aussen konvexen Bogen darstellen. Pelecanus mit langgezogenen parallelen Unterkieferästen, sowie Pheeni- copterus scheinen der U-Form am nächsten zu stehen, nur sind in beiden Gat- tungen die Unterkieferhälften, statt ganz vorn in einem sanften Bogen zusammen- zufliessen, durch eine spitzwinklige Symphyse miteinander verbunden. Zu dem sleichen Typus müssen wir morphologisch auch die eigentümlich vorne im Symphysenabschnitt verbreiterten und abgeflachten Unterkiefer- von Platalea und Eurynorhynchus, wie auch die Lyra-förmige Mandibula der Spatula zählen. d) Drehung der Mandibularlamellen. (Textfiguren 123—141, 153—166; Tafelfiguren 45 —66.) Ausser den Krümmungen des Unterkieferastes kommen noch zweierlei Drehungen um seine Längsachse vor: eine Rotation (in toto) und eine Torsion (nur innerhalb eines gewissen Lamellen- abschnittes). Keine oder beinahe keine Rotation konnte ich nur bei relativ wenigen Vögeln konstatieren. Hier sind zu nennen die meisten Passeriformes, viele Psittaciformes, sowie Rhea, Lyrurus, Goura, Opisthocomus, Catarrhactes, Diomedea, Recurviro- stra, Limosa, Ancylochilus, Scopus, Chauna, Pelar- Fig. 2 gopsis, Upupa, Gecinus und Jÿnx. Ist eine Ro- de tation vorhanden, so kommt in allen mir bekannten ax pars ar. Fällen nur eine Drehungsrichtung vor, wobei der ticularis des lin- Oberrand lateral-, der Unterrand dementsprechend ken Unterkiefer- medialwärts sich richtet. Oder, anders ausgedrückt, sites in Dor- denkt man sich die beiden Unterkieferäste parallel à ei verlaufend, so würden sie einen dorsalwärts offenen à) Foramen pneu- körperlichen Winkel bilden. Eine schwache Ro- maticum, b) Si- tation fand ich bei den Scansores und Ciconiidae, Phonium, c) Pro- den meisten Lariformes, Strigiformes und Bucero- en À Cao - : k x 3 ; laris internus. tidae, einigen Psittaciformes, sowie bei Casuarius, Ti- namus, Porphyrio, Alcedo, Nucifraga und Pyrrhocorax. Folgende Vögel weisen sie in mittelstarker Ausprägung auf: die meisten Accipitriformes und Piciformes, ferner Struthio, Stercorarius, Chara- drius, Phalacrocorax und Ampelis. Stark ist sie bei den Podici- pediformes und Ardeidae, sowie bei Aptenodytes, Fratercula, Pandion und Centropus. Einige der untersuchten Vögel lassen eine sehr starke Rotation erkennen; hierher gehören alle Colymbi- formes, sowie Alca, Sula, Cuculus und Hirundo. Dr 68 N. G. Lebedinsky. Der Rotation schliessen sich jene Fälle der Torsion nahe an, bei welchen die Pars posterior unbeweglich (senkrecht) bleibt, während die Pars anterior mit dem Oberrand nach aussen, mit dem Unterrand nach innen gedreht erscheint. Dies kommt bei allen Gruiformes, bei Apteryx, Perdix, Crax, Bonasa, Lyrurus, Coturnix, Phoenicopterus, Pelecanus, Sarcorhamphus, Neophron, Gyps und, in ganz auffallender Weise entwickelt, bei Platalea vor. Manchmal ist mit der eben erwähnten Drehung der Pars anterior (nach aussen) eine entgegengesetzt gerichtete Drehung der Pars posterior (mit dem Oberrand nach innen) verbunden, so bei vielen Anseriformes, bei Phasianus, Syrmaticus, Numida, Pavo, Columba, Fulica, Gallinula, Aramides, Vanellus und Scolopax. Weist die Pars anterior keine Drehung auf, so ist die Pars posterior mit dem Oberrand manchmal einwärts gedreht; ein solches Ver- halten charakterisiert Fulmarus, Daption, Phoebetria, Numenius, Gallinago, Haematopus und Charadrius. Bei Plegadis (Fig. 125, S. 87) sehen wir ausser der Pars posterior, auch noch die anschliessende hintere Hälfte der Pars anterior mit dem Oberrand Fig. 31. medialwärts schwach gedreht — ein Die 510 Funea loue Unter. äusserst ‚seltener ‚ Drehungsmodus, kiefer in Seitenansicht (nach Endlich täuscht bei Caprimulgus die Nitzsch, 1811). a) Pars anterior, enorme Verbreiterung und gleich- b) Pars posterior, c)und d) „Mund- zeitige dorsoventrale Abplattung der winkelbeine*, die an dre Monter Pars posterior einen Zustand vor, ende je eine kleinere Knochen der une. diesel zirka 90°. nach lamelle e) und f) tragen. £ aussen gedreht erscheinen lässt. e) Äussere Fläche (Facies externa s. lateralis). Relative Dicke beider Hauptabschnitte des Unterkiefers. Textfisuren 33—107, 120—122; Tafelfisuren 5—44. 9 h 3 8 Die äussere Fläche des Unterkiefers ist bei vielen Vögeln ganz eben oder besitzt — von hinten gesehen — eine mehr oder minder starke, nach aussen konvexe Wölbung. Sie kommt häufiger der Pars anterior zu, während die Aussenfläche der Pars posterior nicht selten etwas konkav ausgebildet ist. Die Konkavität der äussern Fläche der Pars posterior kommt meistens durch die Ver- diekung des Ober- und Unterrandes zustande, wodurch die zwischen 7) Figuren 26—30 wurden infolge der vorgenommenen Kürzung der Ab- handlung weggelassen, ebenso 12 und 13. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 69 den beiden eingeschlossene Knochenlamelle — von aussen betrachtet — medialwärts eingedrückt erscheint. Nicht selten zeigt sich an der Aussenfläche der Pars anterior eine schmale, rinnenförmige, zur Aufnahme des Ramus mandibularis externus und einer Arterie dienende Vertiefung (Sulcus). Besonders deutlich ausgebildet fand ich sie bei den meisten Anseriformes, ebenso bei Phoebetria fuli- . ginosa, Apteryx australis, Rhea americana und Casuarius casuarius. „Bei mehreren Wasservögeln“, sagt Meckel, „namentlich Cygnus, Anas, Anser, . . . finden sich . . . etwas vor der Gelenkfläche, in einiger Entfernung hintereinander, nicht weit unter dem obern Rande zwei ansehnliche, nach aussen gerichtete Muskelerhaben- heiten, die ich besonders bei A. moschata sehr stark sehe.“ Diese „Muskelerhabenheit* nennt Milne-Edwards „une petite apophyse cristiforme“ und bemerkt, dass sie zur Insertion einer Sehne der Temporalis-Gruppe dient. Bei Magnus wird sie einfach als „pro- minenter Muskelfortsatz“ des Supraangulare angeführt. Einen solchen Vorsprung der Aussenfläche der Pars posterior (Vergleiche Figg. 21 und 22) nenne ich, wie bereits im ersten Abschnitt dieses Kapitels erwähnt, Processus, oder falls er nur schwach entwickelt ist, Æminentia, bezw. Crista lateralis. Ausser den An- seriformes, bei welchen er verschieden SupTaang. 5 stark entwickelt und geformt sein kann, ie finde ich ihn bei andern Vögeln nur Fig. 32. Dromæus. Junges wenig differenziert. Lyrurus besitzt ihn ro Nee Ar Mess : . ce posterior von hinten gesehen in Form einer grösseren Erhebung, (Dach W. K Pinker. 1866). Bonasa als flachen, stumpfen Höcker, Coturnix als starken langen Wulst, Asio als schwachen Wulst. Im übrigen möge man sich an Hand einschlägiger Abbildungen orientieren. ae Die Abgrenzung beider Hauptabschnitte des Unterkiefers von einander ist aussen viel leichter wahrzunehmen als von innen, Dies beruht einerseits auf der, zahlreichen Arten eigenen, zur stärkeren Insertion der Hornscheide dienenden Rauhigkeit der Pars anterior, andrerseits auf ihrer oft gleichzeitig vorkommenden Verdickung. Danach lassen sich folgende Fälle unterscheiden. 1. Beide Hauptabschnitte glatt, kontinuierlich ineinander über- gehend: alle Ratitae, Tinamiformes, Columbiformes und Coccyges, die meisten Ralliformes und Accipitriformes, dann Sarcorhamphus, Pavo, Meleagris, Chauna und Caprimulgus. 2. Pars posterior glatt, Pars anterior rauh, nicht durch Dicken- unterschied voneinander abgesetzt: alle Gruiformes, Ardeidae und 70 N. G. Lebedinsky. Psittaciformes, die meisten Charadriiformes, ferner Aptenodytes, Phalacrocorax und Pelecanus. 3. Pars posterior glatt, Pars anterior rauh, durch grössere Dicke von der ersten abgesetzt: alle Aleiformes, Lariformes, Bucero- tidae und Strigiformes, die meisten Galliformes, viele Passeriformes (speziell grössere Arten), sowie Opisthocomus, Porphyrio, Podiceps und Alcedo. Daneben kann die ganze Pars anterior oder bloss ihre vordere Partie punktartige Offnungen aufweisen, die zum Durchtritt feiner Nerven (r. r. dentales) und Blutgefässe bestimmt sind; hier sind zu nennen einige Corvidae, Fringillidae, Ploceidae, ferner Porphyrio, Ampelis, Parus, Sturnus, Erithacus und Sitta. 4. Beide Partes glatt, Pars anterior durch grössere Dicke von der Pars posterior abgesetzt: alle Scansores, Piciformes, viele kleineren Passeriformes (insbesondere Fringillidae und Ploceidae), dann Charadrius, Falco, Cerchneis, Pelargopsis und Upupa. Was im speziellen die Oberflächenbeschaffenheit des Symphysen- teiles anbelangt, so besitzt er meistens dasselbe Aussehen wie die sanze Pars anterior. In einigen seltenen Fällen ist die äussere Fläche des Symphysenahschnittes rauh, während daneben die übrige Pars anterior glatt verbleibt: Phoebetria, Otis, Haematopus, Pele- canus, Falco, Gypaetus. Ausser den in der Rubrik 3 erwähnten Fällen der durch kleine Löcher hervorgerufenen Punktierung der Pars anterior, mögen noch einige Beispiele der nur auf den Symphysenteil der äusseren Fläche des Unterkiefers lokalisierten Punktierung angeführt werden. So kommt sie allen Ratitae, Tinamiformes und Ibididae, den meisten Accipitriformes, sowie Numenius, Otis und Chauna zu. Bei Anseri- formes verteilen sich diese Löcher hauptsächlich am Rande der Symphyse. An der Pars anterior sind hie und da verschieden stark aus- seprägte Blutgefässabdrücke vorhanden. Sie verlaufen nach vorn, sich oft verzweigend, wobei sie immer seichter, kleiner und un- deutlicher werden. Sie fanden sich unter meinem Untersuchungs- material bei den Bucerotidae und Ardeidae, bei Porphyrio, Balaeni- ceps, Pelecanus, Phalacrocorax, Nucifraga, sowie bei anderen grösseren Passeriformes. f) Innere Fläche (Facies inlerna s. medialis). (Textfiguren 123—141; Tafelfiguren 45—66.) Die innere Fläche ist meistens eben. Eine fortlaufende, ge- meinsame Längsrinne beider Hauptabschnitte kommt nur Upupa 11 Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. "eıpauangs "00T *XB109041144 ‘GOT word ‘FOI AIS ‘88 "OPUNATE ‘98 “unmyaN. 96 ‚snpaypouyy 10 72 N. G. Lebedinsky. epops zu. Bei Procellariiformes besitzt die Innenfläche der Pars anterior eine starke Längsfalte, welcher der tiefe Sulcus der Aussen- fläche für die Nerven und Blutgefässe entspricht. Unterhalb dieser inneren Leiste befindet sich eine Längsrinne, die jedoch keine Leiste an der Aussenseite hervorruft. Daption fehlen diese Rinnen. Bei Sula und Phalacrocorax- verläuft eine deutliche Längsrinne ungefähr in der Mitte der Lamellenbreite. Die Innenfläche der Pars anterior ist bei Haematopus in der Nähe der Symphyse un- gemein stark ausgehöhlt, so dass bei der vorn stattfindenden Ver- wachsung beider Unterkieferhälften ein bis an die Schnabelspitze reichender Kanal entsteht. Eine Konkavität der Pars posterior weisen alle Galliformes, viele Ardeidae (Nyctanassa violacea eine nur sehr schwache), dann Numenius, Haematopus, Otis und Chauna auf. Eine Abgrenzung der Pars anterior von der Pars posterior durch grössere Dicke ersterer kommt nur wenigen Vögeln zu. Ich traf eine solche bei vielen Passeriformes, sowie bei Alcedo und Pelargopsis an. Die innere Fläche ist viel seltener rauh als die Aussenfläche. Um einige Beispiele zu nennen, seien hier viele Bucerotidae, einige Piciformes, sowie Chauna chavaria und Ara ararauna angeführt. Bei den Piciformes und Psittaciformes kommen manchmal leisten- förmige Erhebungen an der Pars anterior vor. Bei Platalea ist die ganze eigenartig verbreitete vordere Partie der Pars anterior mit den in regelmässigen Reihen stehenden punktartigen Öffnungen bedeckt. Bei Balaeniceps finden sich an der Innenfläche der Pars posterior deutliche Blutgefässabdrücke vor. Uber die Beschaffenheit der inneren (oberen) Fläche des. Symphysenabschnittes soll weiter unten die Rede sein. 9) Dorsaler Rand (Margo dorsalis); Processus coronoideus. (Textfiguren 33—116; 123—152; Tafelfiguren 5 —66.) Der Oberrand der Mandibula zeigt in Bezug auf seine Dicke ein sehr wechselndes Verhalten. Um einen Überblick zu erhalten, können wir in grossen Zügen folgende Kategorien unterscheiden. 1. Dorsaler Rand in seinem ganzen Verlaufe mehr oder minder scharf, bezw. dünn: alle Psittaciformes, Aptenodytes, Otis, Ohara- drius. 2. Dorsaler Rand im Symphysenteil scharfkantig, im übrigen Verlauf stärker oder schwächer dick und abgerundet: alle Tinami- formes, Galliformes, Alciformes, Lariformes, Gruiformes, Cathar- tidiformes, Strigiformes, Bucerotidae, Alcedinidae, Corvidae, Frin- gillidae, Ploceidae, die meisten Accipitriformes, ferner Casuarius, Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 13 Opisthocomus, Porphyrio, Chauna, Phalacrocorax, Sula, Andigena, Lanius und Sylvia. 3. Dorsaler Rand im Symphysenteil, sowie in der ganzen Pars anterior scharf- oder dünnkantig, in der Pars posterior stärker oder schwächer verdickt und abgerundet: alle Ciconiidae und Picinae, sowie Rhea, Dromaeus, Struthio, Apteryx, Podiceps, Charadrius, Cuculus, Centropus, Jÿnx, Sturnus und Hirundo. 4. Dorsaler Rand des Symphysenteils, sowie der Pars posterior, scharf, bezw. dünnkantig, jener der Pars anterior dagegen ziemlich dick und abgerundet: Procellariiformes, sowie Fulica, Gallinul und Aramides. Bei Diomedea, Phoebetria, Phalacrocorax, Sterna und Phaethusa ist der dicke Oberrand der Pars anterior nicht abgerundet, sondern von oben rinnenförmig ausgehöhlt, wodurch zwei ziemlich scharfe Ränder, ein lateraler und ein medialer ge- bildet werden. 5. Dorsaler Rand der Pars anterior dicker als jener der Pars posterior, überall abgerundet oder abgeflacht: alle Anseriformes, Numenius, Haematopus und Upupa. Die Mannigfaltigkeit im Verhalten des Oberrandes ist durch die erwähnten Fälle noch lange nicht erschöpft. Auf weitere Details einzugehen, ist hier nicht der Ort, da ihre Behandlung unsere Be- trachtung allzu stark ausdehnen würde. Übrigens könnte darin eine Vollständigkeit sowieso nicht erzielt werden, weil ja das zur Verfügung stehende Untersuchungsmaterial einem etwaigen Be- ginnen schon von vornherein feste Schranken setzt. An der Übergangsstelle der Pars anterior in die P. posterior verdickt sich der Unterrand oft ganz merklich, oder aber er biegt sich hier mehr oder weniger deutlich Ser ab. Beide Er- scheinungen lassen sich funktionell leicht erklären, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Vögel sie aufweisen. . Die Verdickung kommt am stärksten ausgeprägt Fringillidae und Ploceidae zu, bei welchen sie oft am Schnabelwinkel in Form zweier dicker Polster sich vorfindet — also Vögeln mit aus- gesprochener Kaufunktion des Schnabels (Fig. 152, S. 95). Schwächer ausgebildet, jedoch noch deutlich wahrnehmbar ist die Verdickung im Mundwinkel bei allen Psittaciformes, den meisten Passeriformes (sie fehlt Hypolais, Sylvia, Pastor), sowie Charadrius, Aramides und Centropus. Dem lateralwärts aaselhiieien Mundwinkelrand des Unterkiefers hat u. a. Darwin seine Aufmerksamkeit geschenkt. Unter den Taubenrassen fand er nämlich zahlreiche Differenzen im Schädel- bau, speziell auch in der Abbiegung des oberen Unterkieferrandes, und gab zu dieser letzten Erscheinung eine zutreftende Erklärung. 74 N. G. Lebedinskv. Er schreibt: „Bei Runt-Tauben, Boten- und Barb-Tauben (und in geringerem Grade bei mehreren andern Rassen) ist die ganze Seite des Kiefers in der Nähe des Gelenkendes in einer sehr merkwürdigen Weise nach innen gebogen, und der obere Rand des Unterkieferastes jenseits der Mitte ist in einer gleich merk- würdigen Weise gebogen... Diese Einbiegung des oberen Randes des Unter- kiefers hängt offenbar mit dem sonderbaren weiten Mundspalt zusammen, wie er bei Runt-Tauben, Boten- und Barb-Tauben beschrieben wurde. Diese Krüm- mung ist auch... an einem Kopf einer Runt-Taube von oben gesehen deutlich sichtbar. Man kann hier auf jeder Seite einen breiten, offenen Raum bemerken zwischen den Rändern des Unterkiefers und des Zwischenkiefers. Bei der Felstaube und in mehreren domestizierten Rassen reichen die Ränder des Unterkiefers auf jeder Seite bis dicht an die Zwischenkiefer, so dass kein offener Raum gelassen wird. ’ Nur scheint wir für die von Darwin erwähnten Fälle die lateralwärts orientierte Abbiegung der Mundwinkelpartie des Unterkiefers viel charakteristischer zu sein, als die medialwärts gerichtete Neigung der Pars posterior, worüber sich jedermann an entsprechenden Praeparaten überzeugen kann. Eine ähnliche lateralwärts sich richtende Abbiegung des Mundwinkelrandes finde ich bei Alcedinidae, ferner bei Charadrius, Jÿnx, Cuculus (sehr stark ausgeprägt), Hirundo, Buteola und Pastor. Bei all diesen ihre Nahrung ganz herabschluckenden Vögeln handelt es sich wohl stets um die seitliche Vergrösserung der Mundspalte. Für die im Fluge jagenden Formen, wie Hirundo, ist eine Ver- grösserung naturgemäss auch von grösster Wichtigkeit. Die bisweilen verschiedene‘ Höhe beider Hauptabschnitte des Unterkiefers bringt es mit sich, dass der Oberrand durch eme Neigung, bezw. Biegung, oder Wölbung die Übergangsstelle markiert. Beispielsweise sehen wir bei Pelargopsis fraseri, Corvus corone, Munia orizivora und Rhamphastos erythrorhynchus einen solchen Modus, bei welchem die Pars anterior höher als die P. posterior ist, und der Oberrand daher an der UÜbergangsstelle in kaudaler Richtung ziemlich steil abfällt. Ein umgekehrtes Verhalten illustriert Loxia curvirostra (Fig. 96, S. 71). Bei Campophilus robustus und Cuculus canorus existiert an der Übergangsstelle eine vorsprungs- artige Verbreiterung und zugleich Erhöhung der Pars anterior. Einen ganz eigenartigen Verlauf endlich besitzt der Oberrand der Anseriformes. Hier ist die P. posterior nach eben enorm ver- breitert und bildet gemeinsam mit dem mächtigen Proc. coronoideus eine dünne Platte von wechselnder Gestalt; näheres darüber bei der Beschreibung dieses Fortsatzes. Der Oberrand der P. posterior geht hier, steil nach vorn abfallend, in jenen der P. anterior über. Der Oberrand der Pars posterior bildet oft einen dorsalwärts vorspringenden Fortsatz, den Processus coronoideus (Kronenfortsatz Tiedemann, oberer Fortsatz Meckel). Seine Grösse und Form Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 76 N. G. Lebedinsky. wechseln ganz ausserordentlich; bisweilen stellt er nur eine schwache höckerartige Erhebung dar, manchmal erreicht er beträchtliche Dimensionen. Meine Beobachtungen an Originalskeletten, sowie an guten Abbildungen anderer Autoren, ergaben folgendes Ver- halten, 1. Processus coronoideus fehlt ganz allen Ratitae und Procellari- formes, den meisten Psittaciformes und Halcyones, vielen Oharadrii- formes und Gruiformes, einigen Lariformes, sowie Gallinula chloropus, Pandion haliaëtus, Strix flammea, Corot temminckü, Upupa epops, Chomionien europäeus, mx torquilla, Pitangus Do Sylvia atricapilla, Hirundo rustica, Pastor roseus, Lanius excubitor, Fregilupus varius, Coereba coerulea (Lucas), Certhiola portoricensis (Lucas), Acrulocercus braccatus (M.), Dierurus leucops (M.), Rhectes holerythus (M.), Heteralocha gouldii (M.), Seissirostrum dubium (M.) und Eulabes intermedia (M.) | 2. Proc. coronoideus stellt eine schwache höckerartige Er- hebung dar bei allen Podicipedidae, Colymbidae, Alciformes und Corvidae, den meisten Strigiformes, vielen Lariformes, Ardeiformes, Accipitriformes, einigen Gruiformes, sowie bei inne guttatus, Didunculus strigirostris (Mart.), Fulica atra, Phalacrocorax graculus, Sarcorhamphus gryphus, Calopsittacus novae-hollandiae, Pelargopsis fraseri, Hylocichla musica und Erithacus rubecula. 3. Proc. coronoideus. mittelstark bis stark ausgebildet bei allen Galliformes, Spheniscidae und Ardeidae, desgleichen bei Porphyrio hyacinthinus, Rhinochetus jubatus, Eutolmaëtus fasciatus, Rhinoplax vigil, Anthracoceros malajanus, Buceros rhinoceros, Centropus goliath und Sitta caesia. 4. Proc. coronoideus ähnlich stark ausgebildet wie in der vor- hergehenden Kategorie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sein Oberrand nach vorn seicht abfällt, kaudalwärts jedoch mehr oder minder steil gegen die Pars Semen te geneigt ist. Hier sind anzuführen viele Columbiformes und Piciformes (besonders charakte- ristisch Campophilus robustus und Picus martius), sowie Opisthocomus hoazin, Rhynchops nigra, Ancylochilus subarquatus, Limosa lapponica, ‘ Rhamphastos erythrorhynchus, Carduelis carduelis und Loxia curvirostra. 5. Proc. coronoideus stellt einen sehr starken bis enorm starken, spitzen Fortsatz dar, der der ganzen Pars posterior ein ehe Gepräge verleiht, Am so die Mandibula dem Säugerunterkiefer ähnlich macht: viele Ploceidae und Fringillidae (ganz besonders Coceothraustes und Cardinalis). 6. Proc. coronoideus, sowie die obere Partie der Pars posterior stark erhöht, bilden zusammen eine dünne, breite Lamelle von ba ag EEE Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 18 N. G. Lebedinsky. trapezoidem Umriss: Anseriformes. Dabei kann der Oberrand der vorspringenden Lamelle nach vorn geneigt sein, wie bei Cygnus cygnus, Cygnus olor, Tadorna tadorna, Fuligula fuligula und Anser erythropus, oder dem Unterrand ungefähr parallel verlaufen, wie wir es bei Chauna chavaria, Nettium torquatum, Nettium crecca, Anser fabalis, Lophodytes cucullatus und Anas boschas beobachten können, oder endlich nach hinten abfallen, welches Verhalten. Dendrocygna autumnalis, A&x galericulata, Manager cinereus und Plectropterus gambensis eigen ist. Bei Biziura lobata (M.-Edw., Tafel 11) springt. der Proc. coronoideus oder richtiger der ganze Oberrand der Pars posterior, ausserordentlich stark do salwärts vor, so dass er hier relativ sogar höher ist als bei Anser und Do Daneben besitzt er eine eigentümliche, nach oben stark konvexe, zungenförmige Gestalt. Weitere Formveränderungen des Proc. coronoideus können hier nicht besprochen werden. Es sei nur noch die Tatsache erwähnt, dass bei manchen Arten seine Spitze zwei oder mehrere Erhebungen trägt, so dass man manchmal mit Recht von einem doppelten Processus sprechen könnte. Vergl. die bezüglichen Figuren einiger Strigiformes, Ardeidae u. a. m. h) Ventraler Rand (Margo ventralis). (Textfiguren 33—116, 153—166; Tafelfiguren 5—44.). Entbehrt der Unterrand eines Fortsatzes, und lässt sich an ihm die Übergangsstelle beider Hauptabschnitte nicht so leicht feststellen wie beim Oberrand, so besitzt jener dafür manch andere Eigentümlichkeiten, die auch eine ziemlich ausführliche Beschreibung verlangen. Was zunächst die Dicke beider Unterkieferhauptabschnitte, miteinander verglichen, anbelangt, so unterscheide ich etwa folgende Fälle. 1. Ventraler Rand in seinem ganzen Verlauf mehr oder weniger dick und abgerundet, im Bereiche der Pars posterior etwas dicker als vorn: die meisten Vögel. Speziell seien genannt alle Podi- cipedidae, Spheniscidae, Procellariiformes, Lariformes, Coccyges und Passeriformes (Nucifraga ist durch besondere Stärke des Unter- randes der Pars posterior ausgezeichnet), sowie viele Anseriformes und Accipitriformes. 2. Ventraler Rand verhält sich ähnlich wie im ersten Fall, bloss ist die relative Dicke umgekehrt auf die beiden Abschnitte verteilt — vorn dicker als hinten: die meisten Psittaciformes und Nettium. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 79 3. Dasselbe Verhalten wie in Fall I, nur ist der Unterrand des Symphysenabschnittes scharfkantig: manche Accipitriformes (z. B Pandion), Haematopus, Chauna und Upupa. 4. Ventraler Rand der Pars anterior scharfkantig, jener der P. posterior verdickt: Tinamiformes, sowie Pavo, Gallinula und Fulica. Bei vielen Vögeln ist der Übergang der Pars posterior in die P. anterior durch eine merkliche Verdünnung des Unterrandes ge- kennzeichnet, z. B. bei den Sphenisciformes, Procellariiformes, Alci- formes, Piciformes, ferner bei Goura, Turtur, Columba, Grus, Ardea, Sula und Phalacrocorax. Bei Catarrhactes, Columba u. a. ist gleichzeitig die betreffende Stelle ventralwärts verbreitert und merklich medialwärts eingebogen. Anknüpfend an diese Betrachtung sei in kurzen Worten noch des Dickenunterschiedes zwischen dem Ober- und Unterrand ge- dacht. Den Unterrand dicker als den Oberrand fand ich bei den meisten Vogelarten insbesondere bei allen Galliformes, Alciformes, Accipitriformes, Strigiformes, Alcedinidae, Psittaciformes (auffallend differieren Ara und Cacatua, mittelstark — Melopsittacus, Plisso- lophus, Androglossa und Eclectus, schwach — Conurus, Calo- psittacus und Lorius) und den meisten Passeriformes (ganz speziell Fringillidae und Ploceidae). Umgekehrt verhalten sich alle Anseri- formes, Piciformes und Tinamiformes, ferner Numenius, Ardea und Chauna. Ungefähr gleich dick sind die a bei den Sphensci- formes und Grus. Wie aus unserer detaillierten Beschreibung hervorgeht, weist die Mandibularlamelle vieler Vögel, speziell ihre Pars posterior, eine mehr oder weniger starke Verdickung des Unterrandes auf. Bekanntlich ist nur der Unterrand eines an dem einen Ende be- lasteten Tragbalkens dem Druck ausgesetzt, während der Ober- rand dem Zug zu widerstehen hat. — So verstehen wir ohne weiteres, dass die Dicke des Margo ventralis der Vögel mit starker Beissbeanspruchung des Unterkiefers diesem die nötige Stärke ver- leiht, während der nach oben verbreitete Margo dorsalis dünn bleiben darf. Zudem bedeutet die Stärke des ventralen Randes eine Sicherung ‚gegen die drohende seitliche Knickung der dünnen Mandibularäste. Betrachten wir den Unterkiefer von der Seite, so fällt uns bei vielen Vögeln eine Verbreiterung des Unterrandes im Bereiche der Pars posterior auf, die nach unten mehr oder weniger deutlich konvex vorspringt. Als Beispiele mögen hier alle Colymbidae, Procellariiformes, Laridae, Ardeidae und Ciconiidae, einige Anseri- 80 N. G. Lebedinsky. formes, ferner Columba, Goura, Fulica, Gallinula, Podiceps, Catar- rhactes, Rhinochetus, Sula, Phalacrocorax, Colaeus und Serinus genannt werden. Parallel mit dieser Erscheinung oder auch selbst- ständig kommt es ziemlich oft vor, dass der hinterste Abschnitt des Unterrandes der Pars posterior so stark aufwärts eingeschnitten ist, dass das Unterende der Pars articularis einen deutlichen, ventralwärts gerichteten Vorsprung bildet; manchmal ist dieser gleichzeitig noch merklich ventral- und. kaudalwärts ausgezogen. Dieses Verhalten … kommt vor bei allen Ralliformes, Podicipedidae, Colymbidae, Cico- niidae, einigen Accipitriformes und Strigiiormes, sowie bei Diomedea, Phoebetria, Fratercula, Larus-Arten, Pelargopsis, Ramphastos, Cocco- thraustes, Colaeus, Pitangus und Carduelis. Unter den Piciformes kommen alle Abstufungen in der Aus- bildung des Unterrandvorsprunges, sowie des eben geschilderten Einschnittes vor; so kann man in dieser Ordnung folgende Gruppen unterscheiden: a) Jÿnx torquilla (Fig. 83, 8. 77), Celeus flavescens (Fig. 114, S.83) — Einschnitt und Verbreiterung des Unterrandes fehlen gänzlich. b) Dendrocopus major (Fig. 84, S. 81) — Einschnitt ziemlich tief, Verbreiterung gut ausgebildet. c) Campophilus robustus (Fig. 116, 8.83) — Einschnitt sehr tief, mit schmalem Eingang und kreisförmig verbreiterter Kontur, Ver- breiterung des Unterrandes der Pars posterior ganz enorm. Bei den meisten Vögeln geht der Unterrand der Pars anterior in jenen des Symphysenabschnittes über, ohne dass es bei seitlicher Betrachtung gelingt, dies zu unterscheiden. Bei einigen Arten ist die Übergangsstelle dagegen durch die Richtungsänderung des ven- tralen Randes markiert; hier seien genannt Tetrao, Crax, Oolinus, Didunculus, Opisthocomus, Porphyrio, Alca, Fratercula, Rhynchops, Larus, Phoenicopterus, Phalacrocorax, Pelecanus, Sarcorhamphus, Eutolmaötus, Falco, Neophron (sehr deutlich), Gyps, Bubo, Ara, Lorius, Anthracoceros, Oaprimulgus, Pelargopsis, Coccothraustes, Serinus, Spinus, Cardinalis und Nucifraga. i) Vorderes Ende (Extremilas anterior). (Textfiguren 33—107, 120—169; Tafelfiguren 5—66.) Wiewohl das vordere Ende der Vogelmandibula nur einen Teil der Symphysenpartie darstellt, wird es hier doch einer selbständigen Betrachtung unterworfen. Dies geschieht einerseits deshalb, weil die Form des freien Endes der ganzen Mandibula ihren Stempel aufdrückt, andererseits aus der Notwendigkeit, eine Verwechslung 81 Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. "1asuy Zil 'STBT LL ‘SET ‘081 "2APIJONN ‘EOL epneiv ‘26 ‘snun3S ‘66 or - — "saJsıueAd ‘06 ‚sntue7] ‘68 sndosoupuag ‘+8 :sndo1ju2 ‘08 snaenlisdojaw ‘TZ 6 82 N. G. Lebedinsky. mit der weiter unten besprochenen Gestalt des Symphysenabschnittes als Ganzes zu vermeiden. Im Profil zeigt sich das Vorderende bei der Mehrzahl der Vögel zugespitzt, seltener läuft es stumpf oder auch abgerundet aus. Auf diesen Punkt gerichtete Beobachtungen lassen sich wie folgt gruppieren. 1. Das Vorderende ist schlankspitz ausgezogen: alle Galli- formes, Ralliformes, Gruiformes, Podicipediformes, Colymbiformes, Alciformes, Charadriiformes, Ardeidae, Ciconiidae, Strigiformes, Coraciiformes, Scansores, Piciformes und Passeriformes, fast alle Lariformes, die meisten Columbiformes, Anseriformes und Accipitri- formes, ferner Opisthocomus, Chauna und Centropus. 2. Die Mandibula endet vorn mässig spitz: viele Psittaciformes, dann Dromaeus, Apteryx, Aptenodytes, Rhynchops, Mycteria, Phoenicopterus, Anas, Aëx, Phalacrocorax, Sarcorhamphus und Gyps. 3. Das Vorderende läuft stumpfspitz aus: alle Ibididae und Plataleidae, sowie Rhea, Casuarius und Pelecanus. 4. Das Vorderende ist stumpf abgerundet: Didunculus, Ful- marus, Balaeniceps und Eclectus. 5. Der Unterkiefer ist vorn mehr oder weniger geradlinig ab- gestumpft: Falco. Aber auch in Dorsal-, bezw. Ventralansicht, erscheint das Unterkieferende zahlreichen Formschwankungen unterworfen. Ein- schlägige Beobachtungen ergaben folgende Resultate. 1. Das Vorderende läuft schlankspitz aus, z. B. bei Ardeidae, ferner bei Alca, Fratercula, Haematopus, Ciconia, Sula, Buceros, Alcedo und Ceryle. 2. Das Vorderende ist mässig spitz — Balaeniceps, Centropus, Cuculus, Lanius und Sylvia. 3. Das Vorderende ist spitz abgerundet — alle Galliformes, sowie Struthio, Casuarius, Rhea, Apteryx, Optisthocomus, Catar- rhactes, Numenius, Scolopax, Chauna, Fuligula, Spatula, Nettium Phalacrocorax, Eutolmaëtus, Pandion und Spinus. 4. Die Mandibula endet schwach nach vorn konvex — die meisten Anseriformes, Eurynorhynchus (Anderson 1879), Platalea, Sarcorhamphus, Gypaötus, Buteo, Amazona, Lorius und Melopsit- tacus. 5. Das Vorderende ist geradlinig abgestumpft — Phoebetria, Grus, Anthropoides, Falco, Bubo, Calopsittacus, Cypselus und Nuci- fraga. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 83 | j) Symphysenabschnitt (Pars symphysis). (Textfiguren 33—107, 120—169; Tafelfiguren 5—66.) Der Symphysenabschnitt der Mandibula kann je nach der Vogel- art verschieden geformt sein. Im allgemeinen ahmt die Hornscheide die Form des Knochens getreulich nach; darum wird uns im folgen- den nur das spezifisch dem Knochen Eigentümliche beschäftigen. 121. Larus. 51. Ciconia. 82. Rhamphastos, 62. Sula, 111. Ardetta. 113. Buceros. ES a 116, Campophilus. 114. Celeus. 115. Gecinus. u... = 117. Fuligula. 119. AËX. 118, Aythyia. Betrachten wir zunächst die Gestalt des Symphysenabschnittes im Profil. Die mehr oder weniger spitz zulaufende Form haben wir schon bei der Beschreibung des vorderen Unterkieferendes kennen gelernt. Über andere Modifikationen gibt folgende Zu- sammenstellung Aufschluss. 1. Der Symphysenabschnitt besitzt einen gewölbten Ober- und einen geraden (bezw. eingebogenen) Unterrand: viele Fringillidae, ferner Tetrao, Phasianus, Crax, Phoebetria, Diomedea, Alca, Larus- Arten, Phaethusa, Otis, Rhinoplax und Anthracoceros. 84 N. G. Lebedinsky. 2. Der Symphysenabschnitt zeigt gerade umgekehrtes Verhalten: alle Podicipedidae, viele Corvidae, sowie Fratercula und Sauro- marptis. 3. Der Symphysenabschnitt ist löffelartig nach unten gewölbt, während sein Oberrand gerade verläuft: Struthio. 4. Der Symphysenabschnitt oben und unten stark gewölbt: Balaeniceps. 5. Der Oberrand des ps stark gewölbt, während der Unterrand anfänglich direkt kaudalwärts sich zieht und erst am Hinterende der Symphyse sich nach oben wölbt: viele Aceipitriformes, ebenso Sarcorhamphus und Phalacrocorax. 6. Der Symphysenabschnitt ungefähr bajonettartig abwärts ge- bogen: viele Strigiformes, ferner Accipiter und Falco. Auch in Bezug auf die rinnenförmige Aushöhlung des Sym- physenteils herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit unter den Vögeln. In Form einer sonst tiefen, jedoch nach vorn ziemlich flach aus- laufenden Rinne, finde ich den Symphysenteil bei vielen Corvidae, sowie bei Ciconia und Picus. Eine seichte Rinne ist allen Galli- formes, Ploceidae und Fringillidae, dann vielen Aceipitriformes und Strigiformes, ferner Opisthocomus, Charadrius, Chauna, Sarcorham- phus, Cuculus, Hirundo, Sitta, Alauda, Ampelis, Parus und Eri- thacus eigen. N Nicht gerade selten kommt es vor, dass der sonst richtig rinnen- förmige Symphysenabschnitt auf Querabschnitten halbausgefüllt er- scheint und daher nur eine relativ flache Rinne darstellt. Dies rührt von der starken Dicke beider in der Symphyse verschmelzen- den Unterränder her. Als Beispiele für ein solches Verhalten seien hier angeführt alle Columbiformes, Ralliformes, Podicipediformes, Sphenisciformes, Lariformes, Bucerotidae und Alcedinidae, wie auch Fulmarus, Phoebetria, Alca, Balaeniceps, Phalacrocorax und Cen- tropus. Beinahe oder ganz ausgefüllt, d. h. durch die Verschmelzung der ganzen Innenflächen beider Astenden entstanden, sah ich den Symphysenabschnitt bei vielen Gruiformes und Ibididae, ferner bei Casuarias, Tinamus, Numenius, Haematopus, Upupa und Nucifraga. Endlich weisen einen fast oder auch völlig flachen, aus der horizontalen Lage der Unterkieferlamellen hervorgegangenen, Symphysenabschnitt alle Anseriformes und Psittaciformes, sowie Rhea, Struthio, Apteryx, Dromaeus und Platalea auf. Die obere (innere) Fläche des Sal eos zeigt oft mehr oder weniger zahlreiche punktförmige oder auch unregel- mässig geformte Offnungen zum Durchtritt von Nerven. Unregel- mässig auf die ganze Fläche oder nur ihren Vorderabschnitt ver- teilt fand ich diese bei Rhea, Casuarius, Perdix, Oolinus, Porphyrio, Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 8 Alca, Grus, Leptoptilus, Bubo, Buceros, Alcedo und Nucifraga. Mehr am Rande gelegen sind sie bei den Anseriformes, Ibididae, Fringillidae und Ploceidae, sowie Struthio, Apteryx, Dromaeus, Tinamus, Lyrurus, Meleagris, Syrmaticus, Opisthocomus, Fulica, Otis, Numenius, Ciconia, Balaeniceps, Chauna, Phoenicopterus, Pelecanus, Falco, Buteo, Neophron und Athene. Ganz fehlen die Nervenôffnungen ziemlich selten, so bei vielen Procellariiformes, bei Numida, Pavo, Pandion, Pitangus, Lanius, Parus und Loxia. Die Rauhigkeiten auf der Innenfläche des Symphysenteils zum Zwecke des Ansatzes der Hornscheide sind recht selten. Unter ‚allen untersuchten Arten fand ich jene rauh nur bei Alca, Pele- canus, Buteo, Falco, Cerchneis, Bubo, Buceros und Centropus. Als eine fast allgemeine Erscheinung kann dagegen eine ein- fache oder paarige Vertiefung gelten, die gewöhnlich ziemlich nahe dem Hinterrand des Symphysenabschnittes gelegen ist und die Insertionsstelle des Musculus genio-glossus markiert. Milne- Edwards erwähnt diese sogar unter einem besonderen Namen. „On remarque“, schreibt er, „en arriere de la surface sus-mentonniere une petite dépression située sur la ligne médiane et servant à l’insertion des muscles ou brides génio-glosses. Je la désignerai sous le nom de fossette génio-glosse.* Uber Form, Anzahl und Grösse dieser Ver- tiefungen orientieren die beigegebenen Figuren von Dorsalansichten des ganzen Unterkiefers, bezw. der Pars anterior. Hier sei nur angegeben, dass bei, den Bucerotidae, bei Casuarius, Apteryx, . Numenius, Platalea,; Balaeniceps, Melopsittacus, Eclectus, Alcedo, Caprimulgus, Cypselus, Coccothraustes und Parus unsere Vertiefung durchaus zu fehlen scheint. Auf der oberen Fläche des Symphysenteils verläuft bei einigen wenigen Arten eine longitudinale leistenförmige Erhebung. Sie ist z.B. bei den Bucerotidae und Corvidae, wie auch bei Phoenico- pterus, Pitangus, Sitta, Anthus und Alauda vorhanden. Auf der ventralen Fläche fand ich eine ähnliche Bildung nur bei Oasuarius, Tinamus und Phalacrocorax. Ein abweichendes Verhalten zeigen Ibididae, indem hier der Symphysenteil oben und unten eine tiefe Rinne aufweist; weniger tief ist sie bei Platalea. Als Schluss der Symphysenbeschreibung will ich noch einige Details über den Umriss des Hinterrandes dieses Unterkieferteils bringen. Unter den zahlreichen Variationen seien nur die häufigsten wiedergegeben. Von oben nach unten betrachtet ist der Hinderrand 1. nach vorn winkelartig in den Symphysenteil eingeschnitten : bei den Podicipedidae, den meisten Ardeiformes, dann bei Struthio, Apteryx, Aptenodytes, Alca, Fratercula, Rhynchops, Numenius, 86 N. G. Lebedinsky. Haematopus, Scolopax, Tadorna, Spatula, Sula, Ceryle, Upupa und Corvus. 2. nach vorn konvex vorspringend: bei den meisten Arten, z. B. bei den meisten Galliformes, Columbiformes, Anseriformes, Accipitriformes, Psittaciformes, vielen Passeriformes, ferner bei Dromaeus, Tinamus, Opisthocomus, Porphyrio, Catarrhactes, Oha- radrius, Eurynorhynchus, Otis, Anthropoides, Balaeniceps, Chauna, Phoenicopterus, Caprimulgus, Buceros, Rhinoplax, Anthracoceros, Cypselus, Cuculus, Picus und Dendrocopus. Viele der unter 1 und 2 angeführten Vögel besitzen in der Mitte des Hinterrandes des Symphysenteils einen kleinen, kaudalwärts gerichteten Vorsprung, bezw. einen nach vorn sich erstreckenden, spaltförmigen Einschnitt, worauf hier nicht weiter eingegangen werden kann. 3. geradlinig abgestumpft: Rhea, Colinus, Sarcorhamphus, Gypaötus, Athene, Bubo, Ara und Melopsittacus. 4. ebenfalls geradlinig abgestumpft, in der Mitte jedoch mit einem halbkreisförmigen Einschnitt: Fulica, Alcedo, Coccothraustes und Sturnus. k. Gelenkteil (Pars articularis); Processus mandibularis externus. (Textfig. 123—141, 153—166, 170—183; Tafelfig. 45—66.) Unter der Pars articularis verstehe ich das hintere zur Arti- kulation mit dem Quadratum dienende Unterkieferende. Tiedemann braucht für den gleichen Unterkieferabschnitt die Bezeichnung „Gelenkteil“. „Der Gelenkteil des Unterkiefers“, schreibt er, ‚ist breit und in die Quere gezogen, besonders nach innen zu. Die Ge- lenkfläche ist durch eine Grube oder durch eine Leiste in zwei Hälften geteilt, in eine innere und äussere, sie passen auf die untern Gelenkflächen des Quadratknochens“. Die Abgrenzung der Pars articularis von der übrigen Mandi- bula ist keine scharfe. Am leichtesten noch kann man ihre Trennung von oben unterscheiden, während von der Seite her, sowie von unten, der Übergang in die Pars posterior ein nal allmählicher ist. Meistens liegt die obere Fläche der Pars articu- laris etwas tiefer als der Oberrand der Unterkieferlamelle, ganz besonders, wenn ein Processus coronoideus vorhanden ist. „Während bei den Säugetieren der Unterkiefer mit einigen wenigen Ausnahmen hinten jederseits einen aufsteigenden Ast mit einem Gelenkkopf zur direkten Verbindung mit dem Schädel hat, verlaufen seine Aste bei den Vögeln gerade und tragen oben, kurz vor ihrem Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 87 129. Dafila. | 127. Tachyeres. @ 125. Plegadis. 126. Pyrrherodias. 145. Chalcophaps. 128. Anas. 131. Spatula 138, Spirus. . 88 N. G. Lebedinsky. hintern Ende ... einen konkaven Gelenkapparat, in dem konvexe Vorsprünge des Quadratbeins in, nach den Familien, recht ver- schiedener Entwicklung spielen“ (Marshall 1895). Nach den bis jetzt bekannt gewordenen Tatsachen zu urteilen, wird die unmittelbar die Gelenkflächen tragende Partie des Unter- kiefers nur vom Os articulare geliefert, während der darunter liegende Unterrand, sowie Seiten- und Innenflächen der Pars arti- cularis, wenigstens zum Teil, vom Angulare, Supraangulare und Complementare gebildet werden. Unsere bisherigen ontogenetischen Erfahrungen reichen jedoch bei weitem noch nicht aus, um mit Sicherheit behaupten zu können, dass dem in der ganzen Vogel- klasse so ist. Vielmehr darf man vielleicht erwarten, dass bei: mancher Vogelart, ähnlich wie bei gewissen Reptilien, mehr als ein Unterkieferelement an der Bildung der Gelenkflächen be- teiligt ist. An zwei jugendlichen Krokodilschädeln, sowie an einem jungen Alligator- schädel der hiesigen Zoologischen Anstalt konnte ich gewiss die längst bekannte Tatsache beobachten, dass die äusserste Partie der Gelenkpfanne des Unter- kiefers vom Supraangulare gebildet wird. Speziell beim Alligator ist dies sehr auffallend, so dass der Anteil des Supraangulare an der Gesamtbreite der Ge- lenkfläche etwa 1/4 bis 1/3 ausmacht. Die obere Fläche der Pars articularis der Vogelmandibula ist bei der Mehrzahl der Arten in der Mitte ziemlich tief ausgehöhlt. Nur selten erscheint sie dagegen ganz flach oder nur schwach ver- tieft. Letzteres Verhalten zeigen z. B. alle Galliformes und Anseri- formes, sowie Opisthocomus, Chauna und Phoenicopterus. Was nun den Umriss der Pars articularıs in Dorsalansicht anbetrifft, so muss man ihn bei vielen Vögeln als äusserst un- regelmässig bezeichnen. Hier seien nur regelmässigere Formen angeführt. 1. Pars articularis mehr oder weniger rundlich: Cicontidae und Rhinoplax. 2. Pars articularis von ovalem Umriss: Procellariiformes, ferner Opisthocomus und Pelecanus. | 3. Pars articularis von annähernd dreieckigem Umriss: Galli- formes, sowie Rhea, Apteryx und Tinamus. 4. Pars articularis von ungefähr quadratischer Gestalt: bei den Columbiformes, Ralliformes, Podicipediformes, Colymbiformes, Alciformes, Ardeidae, Ibididae und Strigiformes, den meisten Bucerotidae, sowie bei Dromaeus, Struthio, Catarrhactes, Haema- topus, Numenius, Otis, Grus, Phoenicopterus, Sarcorhamphus, Buteola und Upupa. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 89 133. Amazona. | 124. Rhynchops. 123. Enlmarus. 163. Hirundo. 136. Calopsittacus. 166. Pyrrhocorax. 155. Numida. 137. Cypselus. 130. Nettium 90 N. G. Lebedinsky. Bei der Mehrzahl der Vögel bildet die Pars articularis eine direkte longitudinale Fortsetzung des betreffenden Unterkieferastes, während sie bei den andern Arten mehr oder weniger stark nach innen geneigt erscheint. Der erste Zustand kommt zu allen Galli- formes, Columbiformes, Procellariiformes, Alciformes, Charadrii- formes, Gruiformes, Ibididae, Plataleidae, Anseriformes, Coccyges, Scansores, Piciformes und Passeriformes, den meisten Accipitriformes und Strigiformes, sowie Apteryx, Tinamus, Opisthocomus, Catar- rhactes, Chauna, Phoenicopterus und Sarcorhamphus. Medial ein- gebogene Partes articulares dagegen besitzen alle Ralliformes, Podicipediformes Colymbiformes, Lariformes, Ardeidae, Ciconiidae, Pelecaniformes und Bucerotidae, ferner Dromaeus, Struthio, Rhea, Casuarius, Aptenodytes, Balaeniceps, Gypaätus, Caprimulgus und Alcedo. Der Aussenrand der oberen Fläche der Pars articularis springt manchmal ziemlich stark seitlich vor, so dass an dieser Stelle ein kleiner Fortsatz entsteht. Bernstein (1853) nennt ihn Processus mandibularis externus und bemerkt, dass er nach vorn in die Linea obliqua auslaufe. Er dient zur Insertion einiger Sehnen (vel. Fig. 21). Als einen starken Höcker fand ich ihn u. a. bei Coturnix, Recur- virostra und Ancylochilus, und in Form eines kräftigen länglichen Wulstes bei Columba, Podiceps, Fratercula, Grus, Limnogeranus, sowie bei zahlreichen Passeriformes. I. Gelenkflächen (Fossae articulares). (Textfig. 123—141, Tafelfig. 45--66.). Die Gelenkflächen zur Artikulation mit den beiden Quadratum- köpfen wurden schon von Herissant (1748) unter dem Namen „fosses articulaires“ beschrieben. Bei Bernstein finden wir die Bezeichnung „Fossae glenoidales“. Milme-Edwards nennt sie „Cavites condyliennes“. Wir wollen im folgenden eine Fossa articularis externa und eine Fossa articularis interna unterscheiden. Bei allen Vögeln ist diese Zweiteilung der Gelenkfläche völlig durchgeführt, bei den Papageien jedoch nur die innere Fläche erhalten geblieben. Bei vielen Papageien mit starkem Schnabel wird dazu noch eine be- sondere laterale Gelenkfläche zwischen dem obern Unterkieferrand und dem zur Insertion des Jochbogens dienenden Höcker des Quadratum angeschliffen (Newion und Gadow 1893.) Nur selten besitzen beide Fossae die gleiche Form. Dies ist bei den Galliformes der Fall, bei welchen sie einen ovalen Umriss zeigen. Die Fossa articularis externa ist bei den meisten Vögeln Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 91 139. Parus. 140. Sturnus. 132. Pandion. 141. Lanius. 92 N. G. Lebedinsky. sehr schmal und lang, von unregelmässigen Konturen und gewöhn- lich gleichzeitig viel höher als die Fossa articularis interna gelegen. Als Beispiele seien alle Ratitae, Ralliformes, Podicipediformes, Colymbiformes, Coceyges, Bucerotidae und Piciformes, fast alle Passeriformes, sowie Tinamus, Aptenodytes, Catarrhactes, Diomedea, Phoebetria, Numenius, aeniepne, Grus, Plegadis, Platalea, Cie conia, Poe. Sula und Pelecanus nel Von Bisquit- form ist die äussere Gelenkgrube bei den Acciptriformes, Laridae und Strigiformes, ferner bei Alca, Otis, Balaeniceps, Phoenicopterus, Sarcorhamphus, Cardinalis und Coccothraustes. Die meisten Anseri- formes weisen eine halbmondförmige bis viereckige Fossa ex- terna auf. Viel mannigfaltigere Formen als bei der äussern Gelenkfläche finden wir bei ihrer Partnerin. Die Fossa articularis interna kann nierenförmig, oval, sichel-, halbmond- und biscuit- oder endlich schaufelförmig sein. Einige ‚Beispiele sollen das illustrieren. 1. Fossa articularis interna nierenförmig — bei allen Podici- pedidae, Colymbiformes und Laridae, bei fast allen Passeriformes, sowie bei Aptenodytes, Catarrhactes, Diomedea, Phoebetria, Nu- menius, Haematopus, Otis, Plegadis, Ciconia, Phoenicopterus und Pelecanus. 2. Fossa interna von ovalem Umriss — bei allen Galliformes, Strigiformes, Psittaciformes, vielen Accipitriformes und Tinamus. 3. Fossa interna annähernd schaufelförmig — bei allen Anseri- formes und Bucerotidae, sowie bei Alca, Ardea, Chauna, Sula und Sarcorhamphus. Bei Platalea hat sie einen mehr sichelförmigen Umriss, bei Phalacrocorax ist sie biscuitförmig, während alle Rallidae eine halbmondförmige innere Gelenkfläche besitzen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Arten sind beide Fossae verschieden tief. Nur bei den Galliformes, Anseriformes, Ardeidae und Chauna fand ich sie ungefähr von gleicher Tiefe. Diese hängt hauptsächlich von der Stärke ihrer labial-lingualen Wölbung ab. Annähernd ganz flach ist die Fossa externa bei den Anseri- formes, Galliformes und bei Opisthocomus. Fast gar nicht, bezw. ‚nur in der Längsrichtung, konkav und meist zugleich hoch gelegen ist die äussere Glenoidalfläche (von einer Grube kann hier die Rede nicht sein) bei der Mehrzahl der Vögel mit einer biscuit- förmigen oder einer langen und schmalen Fossa (siehe oben). Mitteltief ist die Gelenkgrube bei den Laridae, bei Grus und Chauna, tief — bei Phalacrocorax, Sula und Pelecanus und endlich sehr tief — bei den Ardeidae. Ne) C9 Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 134. Lorius, 135. Cacatua. 444. Colinus. 142. Perdix. 149. Neophron. 152. Carduelis. 147. Tadorna. 148. Buteo, 143. Syrmaticus. 146. Grus 151. Pitangus. 94 N. G. Lebedinsky. Für die äussere Fläche kann hinsichtlich der Tiefe eine ähn- liche Einteilung gelten. Eine flache Glenoidalgrube besitzen alle Galliformes und Anseriformes; eine mitteltiefe — alle Ratitae, Ralliformes, Podicipediformes, Colymbiformes, Accipitriformes, Strigi- formes, Coccyges, Piciformes und weitaus die meisten Passeriformes, ferner Tinamus, Opisthocomus, Aptenodytes, Catarrhactes, Haema- topus, Numenius, Otis, Grus, Plegadis, Platalea, Ciconia, Phoeni- copterus und Pelecanus; eine tiefe — alle Laridae und Psittaci- formes, sowie Coccothraustes, Oardinalis, Diomedea, Phoebetria und Sarcorhamphus. Endlich kommt allen Ardeidae und Bucero- tidae, sowie Balaeniceps, Phalacrocorax und Sula eine sehr tiefe Gelenkgrube zu. Als Regel gilt, dass die Fossa interna von hinten lateral nach vorn medial sich zieht, während die Fossa externa entweder der medianen Sagittalebene des Kopfes parallel verläuft oder mehr von hinten medial nach vorn lateral sich wendet. Bei allen Galli- formes, Anseriformes, sowie bei Chauna laufen beide Gruben einander parallel. Meist sind die Fossae articulares durch eine in der Mitte der Pars articularis liegende Vertiefung weit-von einander geschieden. Dicht nebeneinander und nur durch eine wulstartige Erhebung (Tuberculum Bernstein) getrennt, liegen sie bei den Galliformes, Anseriformes, Columbiformes, Opisthocomus, Podiceps, Catarrhactes und Chauna. Das morphologische Bild der Pars articularis in der Dorsal- ansicht hängt ausser von dem bis jetzt Geschilderten noch von dem Verhalten des Vorderrandes der Fossa articularis interna ab. Dieser Rand kann nämlich entweder verschieden stark nach vorn über den Umriss der Pars articularis hinaus vorspringen, oder die Glenoidalfläche endigt dicht am Rande der Pars articularis, ohne dessen Verlauf zu stören, oder die Glenoidalfläche erreicht endlich den Vorderrand der Pars articularis überhaupt nicht; sie wird vielmehr auch vorn von der Oberfläche dieses Unterkieferteils um- geben. Das erste Verhalten fand ich bei allen Rallidae, Colym- bidae, Podicipedidae, Spheniscidae, Procellariidae, Laridae, Gruidae, Ardeiformes, Anseriformes, Strigiformes und Psittaciformes, bei vielen Accipitriformes, sowie bei Dromaeus, Struthio, Casuarius, Alca, Balaeniceps (sehr stark), Sarcorhamphus, Cuculus, Cocco- thraustes und Sturnus. Den zweiten Modus zeigen viele Passeri- formes, ferner Rhea, Apteryx, Columba, Fratercula, Numenius, Haematopus, Otis, Chauna, Sula, Buteola, Falco und Picus. Dem dritten Zustand begegnen wir bei allen Galliformes, wie auch bei Centropus, Lanius und Merula. ERDE LÉ Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 95 Am Ende dieser allgemeinen Betrachtung über die Gelenkgruben angelangt, wird es vielleicht von Interesse sein, noch die auffallendsten Spezialfälle kennen zu lernen. Da ist in erster Linie die Gattung Balaeniceps zu nennen. Seine Fossa artieularis ist nämlich so charakteristisch, dass nach dem kleinsten Unterkieferfragment, welches jene noch enthält, der Vogel bestimmt werden kann — eine in der Vögelosteologie gewiss seltene Erscheinung. Von oben be- trachtet, stellt die Gelenkgrube eine breite, tiefe Rinne dar, mit fast parallelen, nur schwach nach vorn divergierenden, scharfkantig aufwärts vorspringenden Rändern. Die Seitenwände dieser Rinne fallen so steil ab, dass sie mit deren Bodenfläche je einen spitzen, nach innen offenen Winkel bilden. Der sonst flache Grubenboden wird durch eine longitudinale, in der Mitte verlaufende, wulstartige Erhebung leicht gewölbt. Da die Glenoidalfläche des Quadratum diesen Verhältnissen spiegelbildlich entspricht, so ist hier nur dann die Ab- wärtsbewegung des Unterkiefers möglich, wenn dabei gleichzeitig entweder die Verschiebung seines Gelenkteils nach hinten geschieht, oder aber wenn die Be- wegung des distalen Quadratumendes nach vorn stattfindet. Diese letztere Be- wegung vollzieht sich tatsächlich in ausgiebigster Weise; denn Balaeniceps ge- hört zu den typisch streptostylen Formen und vermag den Oberschnabel sehr stark in die Höhe zu heben. Bei Ardea ist die ganze Pars articularis stark differenziert. Die Fossa articularis externa wird durch die gelenkkopfartige Auftreibung ihrer mittleren Partie in zwei selbständige Gelenkflächen geteilt, in eine vordere und eine hintere. Der Vorderrand der Fossa externa springt hackenförmig nach oben und hinten vor und wandelt so den ganzen vordern Gelenkflächenabschnitt in eine ausserordentlich tiefe Grube um, die nicht nur von unten her, sondern zugleich auch von vorn dem Quadratum anliegt. Eine ähnliche Verbindung mit Quadratum, wenn auch in etwas schwächerem Grade. stellt die hintere Fläche gemeinsam mit dem erwähnten mittleren Höcker her. Dieser sinnreiche Unterkiefermechanismus bedeutet für solche Vögel, die, wie die Reiher, ihren kräftigen, langen Schnabel im geschlossenen Zustand als Stosswaffe gebrauchen, einen leicht ersichtlichen Vorteil; die beiden eben beschriebenen, nach oben hinten gerichteten Gelenkvorsprünge bedeuten für den Unterkiefer eine Einrich- tung, die im geschlossenen Zustande eine ungemein grosse, ja man könnte sagen, absolute Stabilität verleiht, und zwar ohne dass die einschlägigen Sehnen und Muskeln in nennenswertem Masse stärker als im Ruhezustande beansprucht werden müssten. Vgl. Taf.-Figur 27. Bei Scopus und ganz besonders bei Nyctanassa und Syrigma gleichen die Verhältnisse den soeben beschriebenen bis in die Einzelheiten hinein. Ein ähnlicher Effekt kann jedoch auch mit andern Mitteln erzielt werden. So wird die Stabilisieruug des Unterkiefers bei Ciconia nur vom vordern Höcker der Fossa articularis externa, welcher hier entsprechend bedeutend grösser und dicker als bei den Ardeidae ist, besorgt. Die Fossa glenoidalis interna bedeckt bei den Gruidae ausser der ge- wöhnlichen Stelle noch den ganzen vordern Teil der Pars articularis; der Vorderrand der Pars articularis ist bedeutend erhöht und verleiht in Verbindung mit der Vertiefung in der Mitte des Gelenkteils dem ganzen Gelenkabschnitt das Aussehen einer einheitlichen Pfanne. Bei Sula und Phalacrocorax gibt die vordere, stark nach oben vor- springende, von oben hinten nach unten vorn abschüssige Wand der innern Gelenkgrube dem Unterkiefer die nötige Stütze am Quadratum, 96 N. G. Lebedinsky. Eine ganz eigentümliche Fossa articularis externa weist die Gattung Pele- canus auf. Sie nimmt nicht nur den ganzen äussern, sowie hintern Rand der Pars articularis ein, sondern erstreckt sich noch weit nach vorn medial- wärts und bildet so, immer seichter und schmäler werdend, eine Rinne von zungenähnlichem Umriss. Dieser Glenoidalfläche entspricht der langgezogene äussere Quadratumkopf, auf welchem die Rotation der Unterkieferäste bei ihrem Auseinanderspreizen stattfindet. Bei der Untersuchung zahlreicher Raubvogelskelette fiel mir eine Eigentümlichkeit im Bau der Pars articularis auf, welche, wie ich dann später- aus der Literatur erfahren habe, schon längere Zeit bekannt ist. Ich lasse da- her einem der frühern Beobachter das Wort. „Bei allen Aceipitriformes“, sagt Suschkin (1905), „erscheint der äussere Rand am Gelenkende des Unter- kiefers von oben mehr oder weniger merklich ausgeschnitten, so dass dieser Auschnitt genau der Lage des zur Befestigung des Jochbogens dienenden Ge- lenkkopfes am Quadratum entspricht; von vorne wird dieser Ausschnitt durch einen mehr oder weniger bemerkbaren Höcker begrenzt“. „Bei allen Falken, Mierohieraces, Polybori. Micrastur und Herpetotheres erscheint der genannte Ausschnitt an der Pars articularis sehr tief, sowie der ihn vorne begrenzende Höcker stark ausgebildet und rückwärts in Form eines dicken Hackens ge- bogen. Bei allen übrigen Accipitres dagegen ist der Ausschnitt flach und der entsprechende Höcker relativ schwach entwickelt; zuweilen erscheinen beide nur kaum angedeutet.“ In Anpassung an die nagende, feilende Bewegung der Kiefer ist das Quadratum-Articulare-Gelenk der Papageien sehr modifiziert. Entsprechend dem nur in der Einzahl vorhandenen Gelenkhöcker des Quadratum hat sich am Unterkiefer nur die innere Gelenkgrube erhalten. Sie stellt eine meist auf- fallend tiefe, in sagittaler Richtung verlaufende, vorn und hinten offene Rinne dar, die dem Unterkiefer, sowie dem Quadratum, eine ungehemmte antero- posteriore (propalinale) Bewegung gestattet. 2 Bei Loxia ist die Fossa externa ziemlich kurz und gleichzeitig ungemein stark erhöht und sollte daher folgerichtig hier Condylus genannt werden. Die Fossa interna dagegen liest auf viel tieferem Niveau als die Fossa externa, ja fast auf der gleichen Höhe mit dem Unterrand der Mandibularfontanelle. Sie ist in latero-medialer Richtung konkav, in oral-aboraler konvex gebogen und erstreckt sich lingualwärts teilweise auf den Processus internus. Alle diese Verhältnisse, sowie überhaupt die ganze hohe Gestalt der Pars articularis, erinnern sehr stark an die entsprechenden Merkmale der Papageien — eine Konvergenzerscheinung, die zweifellos in der grossen Beweglichkeit des Unter- schnabels nach allen Richtungen, sowie in der hoch ausgebildeten Streptostylie in beiden Vogelgruppen ihre Erklärung findet. Ueber die Asymmetrie der beiderseitigen Gelenkteile vgl. Duerst (1909). m. Hintere Fläche des Unterkiefers (Fossa posterior). (Textfiguren 184— 200.) Die Fossa posterior (surface postarticulaire Milne-Edwards) begrenzt die Pars articularis, sowie den ganzen Unterkiefer, von hinten und dient zur Insertion der Digastricus-Muskulatur, welcher das Offnen des Unterkiefers zukommt. Im ausge- wachsenen Vogel macht die Fossa posterior einen durchweg ein- = Sr Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôcel. 154. Colinus. 159. Spatula. 153. Crax. 161, Amazona 164, Pastor 168. Tachyeres. 165. Cyanistes. 169, Fuligula. 167. Chalcophaps. 7 9 = 98 N. G. Lebédinsky. heitlichen Eindruck. Die W. K. Parker (1866) entnommene Ab- bildung der Pars posterior eines zirka 8—10 Wochen alten Dromaeus-Embryo (Figur 32) gestattet uns nun einen Einblick in den Anteil, den die Unterkieferelemente an der Zusammensetzung der Fossa haben. Danach bildet das Articulare von der medialen Seite aus mehr als die Hälfte der ganzen Fläche, während das Supraangulare und das darunter liegende Angulare den übrig- bleibenden lateralen Abschnitt je zur Hälfte ausmachen. Eigene Erfahrungen über diesen Gegenstand fehlen mir vollständig. Die Form der Fossa posterior ist ausserordentlich variabel. So kann sie dreieckig, viereckig, halbkreis-, sichel- oder nieren- förmig sein, einen Ubergang zwischen diesen Grundformen dar- stellen, oder endlich einen unregelmässigen Umriss besitzen. Einige wenige Beispiele mögen dies illustrieren. 1. Fossa posterior von annähernd dreieckigem Umriss, unge- fähr gleich hoch wie breit: Dromaeus, Apteryx, Seas, Diomedlo, Daption, Ardea, Pyrrherodias, Anthracoceros. 2. Fossa posterior ebenfalls von dreieckigem Umriss, jedoch merklich breiter als hoch: Tinamus, Podiceps, Alca, Otis, Platalea. 3. Fossa posterior viereckig, dabei meistens von trapezoider Gestalt: Leptoptilus, Colymbus, Larus, Ciconia. 4, Fossa posterior halbkreisförmig: Rhea, Casuarius, Ardetta, Lanius. 5. Fossa posterior ähnlich wie in der Rubrik 4, nur merklich nach unten ausgezogen: Mycteria, Plegadis. 6. Fossa posterior von sichelförmigem Umriss: Alcedo. 7. Fossa posterior nierenförmig: Balaeniceps. 8. Fossa posterior von unregelmässiger Gestalt — bei zahl- reichen Vögeln; hier seien angeführt: Podiceps, Aptenodytes, Fulica, Porphyrio, Numenius, Gypaëtus, Eutolmaëtus, Falco, Bubo, Rhino- plax, Picus, Cuculus, Cardinalis, Coccothraustes. In einigen Ordnungen, sowie bei einzelnen Arten, kann die Fossa posterior als solche ganz fehlen. So vermissen wir sie bei den meisten Vögeln mit einem wohl entwickelten Processus mandi- bularis posterior. Hier setzt sich nämlich der Unterkiefer unmittelbar in den Processus fort. Aber auch bei den einen echten Processus posterior entbehrenden F'ormen, z. B. bei allen Piciformes, Coccyges und den meisten Passeriformes, kann von einer Fossa posterior eigentlich nicht gesprochen werden, da die ganze mittlere Partie, sowie der Oberrand hier gänzlich fehlen, so dass nur die Seiten- ränder und der Unterrand der Fossa zu sehen sind. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 99 Die Fossa posterior ist meistens mehr oder weniger stark konkav und dabei zeist sich in der Mehrzahl der Fälle eine all- gemeine Konkavität. Bloss medio-lateral konkav ist die Fossa bei Sula und Phalacrocorax, bei Upupa dagegen finden wir nur die dorso-ventrale Wölbung. Eine beinahe oder ganz ebene Fossa fand ich bei allen Ralliformes, Accipitriformes und Bucerotidae, vielen Psittaciformes, sowie bei Tinamus, Columba, Limnogeranus, Anthropoides, Leptoptilus und Mycteria. Konvex ist die Fossa bei allen Strigiformes, einigen Accipitriformes, ferner bei Apteryx, Rhea, Goura, Ectopistes, Turtur und Otis. 157. Charadrius. 162. Melopsittacus. 158. Nettium, 156. Fratercul2. Meist ist die Fossa posterior gegen die mediale Sagittalebene des Kopfes, bezw. des Unterkiefers, geneigt. Als häufigste Fälle können hier die folgenden angeführt werden. 1. Die Fossa posterior von hinten oben lateral nach vorn unten medial geneist: die meisten Ralliformes, Struthio, Rhea, Casuarius, Dromaeus, Tinamus, Turtur, Columba, Larus, Otis, Grus, Anthropoides. 2. Die Fossa posterior zeigt ein gerade umgekehrtes Verhalten: Alle Scansores, Corvidae und Laniidae, viele Ardeidae, sowie Limnogeranus, Syrigma, Pitangus und Sylvia. 3. Die Fossa posterior nur von hinten oben nach vorn unten geneigt: Viele Accipitriformes und Strigiformes, Goura, Ectopistes, Fulmarus. 100 N. G. Lebedinsky. 4. Die Fossa posterior nur von hinten lateral nach vorn medial gerichtet: Alle Alcedinidae, Podiceps, Lophaethyia, Leptoptilus, Mycteria, Balaeniceps und Upupa. 5. Die Fossa posterior transversal gelegen: Alle Alciformes, Platalea, Sterna, Phoebetria, Pelecanus, Nyctanassa, Ciconia und Scopus. Bei vielen Vögeln sind die Ränder der Fossa posterior nicht vorspringend. Bei den Lariformes, Scopus, Phalacrocorax und Sula springt nur der mediale Rand deutlich vor; bei den Psittaci- formes, Dromaeus, Struthio, Otis und Upupa erscheint nur der laterale Rand stärker differenziert und vorspringend; an allen Seiten mehr oder weniger stark vorspringend ist der Rand bei den Ralliformes, Podicipediformes, Colymbiformes (ausserordentlich stark), Sphenisciformes, Alciformes, sowie bei Tinamus, Casuarius und Buceros. Einer gauz eigentümlichen Erscheinung begegnen wir bei allen Anseriformes. Hier ist nämlich statt einer die Unterkieferäste von hinten abgrenzenden Fläche, eine tiefe Grube vorhanden, die die ganze obere, die Gelenkgruben tragende Fläche der Pars artieularis unterhöhlt und die ich Recessus posterior nenne. Der Aussenrand der Recessusöffnung ist zu einem breiten und sehr langen Processus posterior ausgezogen, wovon noch später die Rede sein wird. Diese Offnung ist entweder von unregel- mässig dreieckigem Umriss, oder aber ihr Unterrand verläuft in einer kreisförmigen Kurve. n. Processus mandibularis posterior. (Textfiguren 33—119, 123--141, 153—166, Tafelfiguren 5—-66.) Dieser Fortsatz ist auch andern Sauropsiden eigen. Seine Funktion als Insertionsstelle der Digastricus-Muskulatur macht die starke Entwicklung dieses Unterkieferteils bei vielen nach der Beute rasch schnappenden Formen (z. B. Krokodilen, Ichthyo- phis!) verständlich; denn je länger dieser Hebelarm ist, desto schneller und sicherer kann die Mundöffnung aufgesperrt werden. Laut Magnus (1870) stellt der Proc. mandibularis posterior bei den Vögeln stets eine Fortsetzung des hintern Endes des Angulare dar. Für die Accipitriformes bezweifelt Suschkin (1905) die Gültigkeit dieser Angabe, da „das Angulare den Hintergipfel vom Meckel’schen Knorpel nicht erreicht, so dass hier der rudi- mentäre Proc. angularis posterior sich auf Kosten des Articulare bildet“. 1) Vgl. Sarasin, P. und Sarasin, F., 1890. Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 101 Günstige Jugendstadien der Vögelunterkiefer lagen mir leider nicht vor, so dass ich aus persönlicher Erfahrung zur Frage über die Zusammensetzung des Fortsatzes in unserer Klasse nicht Stellung nehmen kann. Solange nicht mehrere daraufhin speziell gerichtete Beobachtungen vorliegen, sind wir über- haupt nicht imstande, einen allgemein gültigen Entstehungsmodus des hintern Unterkieferfortsatzes zu postulieren. Aus diesem Grunde habe ich auch die rer?) 170. Gallus. 171. Pavo. 172. Syrmaticus. 175. Gyps. 174, Sarcorhamphus. 7 = \ 173, Perdix. 178. Strix. 180. Ampelis, 181, Merula, " 183. Serinus. 176. Neophron. 177. Pandion, . 179. Cypselus. 182. Anthus. Bezeichnung des Fortsatzes nach Bernstein als P. mandibularis posterior bei- behalten, während die Benennungen anderer Autoren (Apophyse en forme de serpette ou Apophyse serpiforme Herissant, Proc. angularis posterior Owen, External angular process Parker, Angular process Mivart) als entweder auf die Form oder Entstehung des Fortsatzes hindeutende von mir fallen gelassen wurden. - Eine nur die Lage am Unterkiefer angebende Bezeichnung gestattet auch, diese für die ganze Reihe der Sauropsiden zu behalten. Ein Vorteil, den auch jene Benennungen wie „hinterer Fortsatz“ /Meckel) und „Angle ou branche postarticulaire“ (Milne-Edwards) besassen. „Dieser Fortsatz“, sagt Gadow, ,,zeigt so mannigfache Formen, dass er von recht gutem taxonomischem Werte zu sein scheint; jedoch steht er natürlich als Ansatzpunkt für den M. digastricus 102 N. G. Lebedinsky. mit der Ausbildung dieses Muskels, also schliesslich mit der Nahrungsaufnahme, in direktem Verhältnis“. Bevor ich auf die Formverschiedenheiten des Fortsatzes eingehe, will ich zunächst über seine Lage am Unterkiefer einiges sagen. Danach sind drei Fälle zu unterscheiden. 1. Proc. mandibularis posterior alciform, d. h. — ähnlich wie bei Alca — eine unmittelbare Fortsetzung des Seitenrandes der Fossa posterior darstellend: Alle Alciformes, Ralliformes, Colymbi- formes, viele Charadriiformes; eine kaum merkliche Andeutung kommt Sphenisciformes, Tinamus, Porphyrio, Anthropoides, Eutol- maëtus, Buteo, Aquila und einigen andern Formen zu. 2. Proc. posterior anseriform, d.h. eine zunächst direkt kaudal- wärts gerichtete Fortsetzung des ganzen äussern Randes der Fossa posterior bildend: Anseriformes und Phoenicopterus. 3. Proc. posterior galliform, d.h. der Mitte der Fossa posterior entspringend: Galliformes, Chauna. Bestimmend für das allgemeine Aussehen der Mandibula ist ferner die Richtung des Processus posterior, verglichen mit der . medialen Sagittalebene des Unterkieferastes. Dieser Ebene unge- fähr parallel verlaufend finde ich den Fortsatz bei den meisten Galliformes und Anseriformes, vielen Charadriiformes, sowie bei Fulica, Colymbus und Chauna. Verschieden stark lateralwärts gerichtet ist er bei Gallus, Perdix, Meleagris, Coturnix, Opistho- comus, Otis, Scolopax und Platalea. Bei Spatula und Phoeni- copterus dagegen erscheint der Processus schwach medialwärts geneigt. Interessanterweise an bei der Beschreibung der Gestalt des Proc. posterior die auf der Lage des Fortsatzes basierende Ein- teilung auch auf Grund der Formausbildung des Fortsatzes in der Seitenansicht beibehalten werden. Beim Alca-ähnlichen Typus ist der Fortsatz stets sehr kurz, meist von kreisrundem Querschnitt und endigt spitz oder abgestumpft. Fulica und Galli- nula besitzen einen seitlich zusammengedrückten Processus. Bei den Alciformes und Colymbiformes ist er dorsal- und zugleich vorwärts gerichtet, während er bei den andern Namen schwach kaudalwärts sich zieht. Der anseriforme Typus zeichnet sich ausser durch seine Lage noch durch die auffallende Breite (Höhe), sowie die sichelförmige Gestalt, des meist lamellenartig dünnen Fortsatzes aus; am ge- nauesten nachgeahmt ist die Sichelform bei Oygnus, Nettium, Fuli- gula und Spatula; Nettium, Aëx, Tachyeres, sowie einige Anser- Arten weisen den niedrigsten (schmalsten) Fortsatz auf. Der eigentümliche Processus der Biziura lobata zeigt eine ausserordent- Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 103 liche Breite, sowie eine vom typischen Entenfortsatz ganz ab- weichende Form. Näheres bei Milne-Edwards (1871, vel. Fig. 11). Für den galliformen Typus endlich ist eine mehr oder weniger stockrunde oder nur schwach bis mittelstark seitlich zusammen- gedrückte Gestalt des Fortsatzes charakteristisch; auch kann er im Gegensatz zum vorausgehenden Typus niemals eine beträchtliche en SE, II 184. Apteryx.- 190, Rhea, 195. Balaeniceps. 194. Numenius, 196. Picus, on N Ned 188. .Leptoptilus. 199. Cardinalis. 200. Coccothraustes. 191. ee 197. Falco « EP 7 | 185. Daption. 186. Alca. 187. Otis. 189. Colymbus. 192. Alcedo, 195. Bubo. 198. Cuculus, Breite erreichen. Meistens ist auch dazu keine nennenswerte Krümmung in der Sagittalebene wahrnehmbar, am stärksten noch bei Colinus virginianus. Stark aufwärts gerichtet erscheint der Fortsatz bei Tetrao, Lyrurus, Crax, Numida, Colinus und Perdix; mittelstark bei Numida, Pavo und Coturnix; nur schwach bei Lophophorus, Phasianus und Syrmaticus. Der ausserordentlich stark halbkreisförmig gekrümmte, seitlich zusammengedrückte Proc. posterior von Opisthocomus vermittelt zwischen dem Enten- und Hühnertypus. Über die zum Teil höchst eigenartig gestalteten hinteren Fortsätze von Phoenicopterus, Pala- medea, Recurvirostra, Ancylochilus, Limosa und Haematopus orien- 104 N. G. Lebedinsky. tiert man sich am besten an Hand einschlägiger Illustrationen. Vgl. Figg. 49, 109 u. 110, S. 77, 71, 81; Tafelfñigg. 22, 31 u. 66. Bei einigen Vögeln fand ich den Proc. posterior lateralwärts konvex gebogen. Dies gilt z.B. für Tetrao, Lyrurus, Colymbus und Plegadis. In weitaus den meisten Fällen aber fehlt diese Biegung vollständig. o. Processus mandibularis inlernus. (Textfiguren 123—141, 153—166, 170—183: Tafelfiguren 45—66.) Während der ontogenetische Ursprung des hintern Mandibular- Fortsatzes noch nicht ganz sicher bekannt ist, stimmen alle Autoren darin überein, dass der innere Fortsatz des Unterkiefers aus- schliesslich dem Articulare seine Entstehung verdankt. Dieser Processus mandibularis internus, wie ich ihn im folgenden mit Bernstein nenne (= Apophyse styloide Herissant, griffelförmiger Fortsatz Tiedemann, innerer Fortsatz Meckel, internal angular process Parker, apophyse articulaire interne Milne- Edwards, internal articular process Pycraft), kommt weitaus den meisten Vögeln zu. Er fehlt oder ist nur ganz schwach entwickelt bei allen Colymbi- formes, Ardeidae, den meisten Psittaciformes, sowie bei Tinamus, Phalacrocorax, Se, Plotus, Pelargopsis, ane und Capri- mulgus. In Bezug auf die Grösse des Prozessus ern, in Prozenten der Länge der Pars posterior ausgedrückt, lassen sich alle von mir untersuchten Vögel folgendermassen einteilen. 1. Processus mandibularis internus sehr klein (= 51/, der Länge der Pars posterior) bei Catarrhactes. 2. Proc. internus klein (6% —10°j,) — alle Ciconiidae, viele Procellariiformes, ein Teil der Columbiformes, Gruiformes und Passeriformes, sowie Rhea, Casuarius, Apteryx, Crax, Rallus, Gallinula, Podiceps, Hope dia Anno Stercorarius, Laure. Charadrius, Spatula, Lophodytes und Strix. 3. Proc. internus mittelgross (110/—20/) — die meisten Accipitriformes, Anseriformes und Passeriformes, viele Charadrii- formes und Ardeiformes, ein Teil der Lariformes, einige Galli- formes, ferner Struthio, Dromaeus, Columba, Chalcophaps, Fulica Cariama, Lophaethyia, Fulmarus, Alca, Fratercula, Phoenicopterus, Palamedea, Pelecanus, Scops, Sarcorhamphus, Cypselus, Cuculus und Dendrocopus. ; 4. Proc. internus gross (21%%—25°%) — die meisten Galli- formes, Strigiformes, ein Teil der Passeriformes, einige Accipitri- Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 105 formes, wie auch Opisthocomus, Limosa, Ancylochilus, Dendrocygna, Rhamphastos und Campophilus. 5. Proc. internus sehr gross (über 250/) nur bei wenigen Vögeln, so bei Numida (27°/), Scolopax (35°%/--37°/.), Gallinago (43°), Balaeniceps (33%/0), Bubo (3004), Centropus (300/), Passer (280)0), Cardinalis (28°%/,) und Coccothraustes (400/, und 43"/o). Die meisten Vögel besitzen einen kaudalwärts gerichteten Fortsatz. Er weicht nur selten von dieser Richtung ab. Ich fand ihn nach vorn vorspringend bei Aptenodytes, Otis und Centro- pus und direkt medialwärts sich erstreckend bei allen Ratitae und Bucerotidae, sehr vielen Accipitriformes, ferner bei Tinamus, Colinus, Fulica, Larus, Alcedo, Cuculus, Rhamphastos, Parus, Lanius und Sylvia. 8. À \ Q II Fe Fig. 201. Fig. 202. Figur 201. Merula merula. Pars articularis des linken Unterkieferastes in Dorsalansicht. Figur 202. Pastor roseus. Processus mandibularis internus der linken Seite von innen gesehen. Ich habe bei einigen wenigen Arten die Neigung des Processus internus in der Transversalebene gemessen und zwar stets den lateralwärts offenen Winkel zwischen der Frontalebene und dem Processus: Larus marinus ca. 90°, Ibis faleinellus ca. 90°, Pro- cellaria glacialis ca. 140°, Cygnus musicus 115°, Phoenicopterus roseus 135°, Chauna chavaria 130°, Opisthocomus hoazin 150°, Bubo bubo 153°, Eutolmaëtus fasciatus 140°, Cardinalis cardinalis 115°, Gypaötus barbatus 130°, Haematopus ostralegus 140°, Falco pere- grinus 135°, Tetrao urogallus 140°, Apteryx australis 110°, Apteno- dytes patagonica ca. 90°, Porphyrio hyacinthinus 110°, Corvus corone 140°, Coccothraustes coccothraustes 115°, Cuculus canorus 130°, Alcedo ispida 140°, Fulica atra 160°, Picus martius 140°. In Anbetracht der ausserordentlichen Formenmannigfaltigkeit des innern Fortsatzes in verschiedenen Ordnungen und Familien, oft sogar innerhalb einer und derselben Gattung, muss ich auf die Beschreibung einiger weniger Bei- spiele mich beschränken und dabei nur das Auffallendste berücksichtigen. Galliformes. Der Fortsatz ist dorsoventral abgeflacht, sein oberer Ab- schnitt meist von ovalem Querschnitt. Bei den meisten Formen ist das distale 106 N. G. Lebedinsky. Ende rund, bei Pavo muticus, Meleagris gallopavo und Numida ptilorhyncha aber geradlinig abgestumpft. Bei Syrmaticus reevesi, Gallus domesticus und Pavo muticus wird die untere Fläche durch eine in der Mitte verlaufende Leiste in zwei Felder geteilt. Bei Perdix perdix erreicht diese Leiste das Distalende nicht, den andern Arten fehlt sie gänzlich. In der Dorsal-, sowie Ventralan- sicht, hat der Processus bei Gallus domesticus eine stabähnliche Gestalt, während er bei den meisten Arten eine mehr konische Form besitzt. Besonders stark ist sie bei Crax alector ausgeprägt. Am Hinterrand des Fortsatzes macht sich oft ein Vorsprung bemerkbar, z. B. bei Lyrurus tetrix, Bonasa umbellus, _ Numida ptilorhyncha, Meleagris gallopavo und Syrmaticus reevesi. s Einen ganz ähnlichen Processus internus besitzt auch Opisthocomus hoazin. Ralliformes. Fulica atra und Gallinula chloropus zeigen einen Fortsatz von deutlich dreieckigem Querschnitt; seine Dorsalseite ist am breitesten, Alle Kanten sind deutlich ausgebildet, speziell die untere springt sehr stark vor und bildet eine Fortsetzung des medialen Randes der Fossa posterior. Der von oben betrachtet konische Fortsatz ist an der Spitze schwach auf- und vor- wärts hackenförmig gebogen und rundlich abgestumpft. Sphenisciformes. Der ausserordentlich dicke, seitlich mässig zusam- mengedrückte Fortsatz der Aptenodytes patagonica ist stark hackenförmig nach vorn gekrümmt und weist eine nach aussen gewölbte laterale (obere), sowie eine ebene bis schwach konvexe mediale (untere) Fläche auf. Catarrhactes chrysocome besitzt an der lateralen Fläche eine deutliche Leiste. Alciformes. Der Processus der Alca torda ähnelt demjenigen der Sphenisciformes ziemlich stark, bloss ist er mehr abgeflacht, und sein End- hacken viel schärfer nach vorn vorspringend; der scharfe Hinterrand des Pro- cessus geht in den medialen Rand der Fossa posterior über. Charadriiformes. Der dicke, von oben annähernd zylindrisch aus- sehende und stumpfabgerundet endigende Fortsatz der Otis tarda besitzt einen halbkreisförmigen Durchmesser, indem seine laterale Fläche den Bogen, die mediale den Diameter darstellt. Ardeiformes. Bei Plegadis faleinellus und Platalea leucerodia endigt der undeutlich vom übrigen Knochen abgesetzte, konische Fortsatz mit einer unregelmässig geformten pilzkopfartigen Verbreiterung. Palamedeiformes. Der im allgemeinen an die Verhältnisse bei den Galliformes erinnernde Fortsatz ist stark abgeflacht. Sein Hinterrand springt etwa in seiner Mitte kaudalwärts eckig vor, wodurch die nach innen vorn schräg abgestumpfte und gebogene Gestalt des ganzen Processus bedingt wird. Phoenicopteriformes. Der eigenartige Unterkiefer weicht auch, was den Processus internus anbetrifft, von andern Mandibelformen ab. Der auf- fallend breite und kräftige Fortsatz besitzt an seiner obern (lateralen) Fläche eine starke, mit zackigen Vorsprüngen versehene, von der Spitze bis zur Basis verlaufende mediale Leiste. Sein Hinterrand weist dazu eine kaudalwärts ge- richtete Anschwellung auf; das Oberende ist verdickt, abgerundet und schwach nach vorn hackenförmig ausgezogen. Das auffallendste ist jedoch, dass der Hinterrand des Fortsatzes hier durch eine schraubenförmige Krümmung (und zwar unmittelbar) in den Oberrand des Proc. posterior übergeht. Anseriformes. Diese Ordnung besitzt einen nur mässig breiten, oft schmalen, vom übrigen Knochen deutlich abgesetzten Fortsatz mit meist hacken- förmigem Ende. Letzteres ist gewöhnlich noch verdickt, und die es besrenzende Fläche stellt eine Verbreiterung des Hinterrandes des Fortsatzes dar. In der | Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vôgel. 107 Ventralansicht kommt die hackenförmige Gestalt viel deutlicher zum Vorschein als von oben gesehen, am deutlichsten aber bei der Betrachtung von der Seite. Typisch hackenförmig ist der Fortsatz bei Cygnus olor, Cygnus ecygnus und Chenopsis atrata; ebenfalls stark gekrümmt, aber mit stumpfem Ende, finden wir ihn bei Tachyeres cinereus; eine merklich schwächere Krümmung kommt Nettium torquatum zu; nur schwach gebogen und ohne Endhacken schliesslich ist der Fortsatz bei Aythyia ferina und Anser fabalis. Die laterale Fläche des Fortsatzes trägt in dieser Ordnung sehr oft eine äusserst stark vorspringende Leiste, die meistens in die distale Verbreiterung übergeht. Pelecaniformes. Ihr schwach konischer, oft beinahe zylindrischer Proc. internus endigt stumpfabgerundet; dank der rinnenartigen Aushöhlung der oberen (lateralen) Fläche ist sein Durchmesser von grob sichelförmigem Umriss. Coccyges. Centropus goliath besitzt einen stabförmigen, nach vorn ge- krümmten, jedoch nicht hackenförmigen Fortsatz mit ovalem Durchmesser und stumpfabgerundetem Ende. Passeriformes. Hier erscheint der Proc. internus meist von ungefähr dreieckigem Durchmesser und mit flacher bis schwach gewölbter obern (late- ralen) Fläche. Bei Loxia ist der Durchmesser von kreisförmigem Umriss. Die sehr gut entwickelte untere Kante des Processus dieser Ordnung stellt die Fortsetzung des medialen Randes der Fossa posterior dar. Stumpfabgerundet bis stumpf finde ich das Distalende bei Anthus, Ampelis, Cardinalis, Nucifraga, Loxia, Corvus, Sturnus, Pyrrhocorax und Hirundo; nach vorn in einen Hacken ausgezogen bei Alauda, Merula, Pastor (mit einer deutlichen longitudinalen Leiste auf der medialen Fläche), Lanius, Parus und Serinus. Bei Cocco- thraustes biegt sich das ganze Distalende auffallenderweise kaudalwärts und endigt in einer keulenartigen Verdickung. p. Foramen mandibulare anterius und posterius. (Textfiguren 33—107; Tafelfiguren 5— 44.) Wie bereits ausgeführt wurde, sind am Unterkiefer der Vögel zwei durchgehende Offnungen bekannt, eine vordere und eine hintere, welche ich als Foramen mandibulare anterius bezw. posterius unterscheiden möchte (Tafelfigur 1). Das erste wird von Milne-Edwards unter dem Namen „pertuis postdentaire“, von Bernstein als Foramen ovale angeführt. Für das zweite findet sich bei Saufeldt (1882) die Bezeichnung „the interangular vacuity or foramen“ oder auch „the interangular fenestrum“. Die ausführlichen Angaben über das Vorkommen und relative Grösse beider Öffnungen verdanken wir Tiedemann, Meckel, Magnus, Selenka und Gadow. Dazu seien nun im folgenden meine eigenen Beobachtungen mitgeteilt. Die Foramina fehlen ganz, oder das vordere manchmal nur noch durch eine rückbleibende Naht angedeutet, bei den meisten Bucerotidae, sowie bei Dromaeus, Numida, Colinus, Didunculus, Carpophaga, Rhinochetus, Platalea, Balaeniceps, Chauna, Biziura, 108 N. G. Lebedinsky. Anas, Phalacrocorax, Sarcorhamphus, Gypaetus, Pandion, Accipiter, Ara, Melopsittacus, Lorius, Coracias, Sauromarptis, Ceryle, Alcedo, Caprimulgus, Rhamphastos, Campophilus, Gecinus, Coccothraustes, Hirundo, Dendrornis, Chasmorhynchus und Erythropitta. Bei den Ardeidae (Botaurus ausgenommen), sowie einem Teil der Anseriformes, ferner bei Apteryx, Crax, Lophophorus, Pavo, Syrmaticus, Podiceps, Lophaethyia, Stercorarius, Pyrrherodias, Leptoptilus, Sula, Eutolmaëtus, Aquila, Buteo und Rhamphastos findet sich an Stelle des Be anterius nur ein nicht durch- gehender Spalt. Nur eine vordere Öffnung besitzen alle Passeriformes, ein Teil der Galliformes, Columbiformes, Piciformes und Anseriformes, sowie Struthio, Opisthocomus, Otis, Charadrius, Mycteria, Strix, Syrnium, Nestor, Oypselus, Geococcyx und Andigena. . Beide Foramina zugleich kommen zu allen langschnäbligen Charadriformes, ferner Rhea, Porphyrio, Rallus Aramides, Grus, Limnogeranus, Larus, Rhynchops, Phaethusa, Bubo, Scops, Falco, Cerchneis, Amazona, Cacatua, Eclectus und Centropus. Durch einen vorn nicht durchgehenden Spalt und durch eine hintere Offnung zeichnen sich aus alle Procellariiformes, Jbididae, sowie Casuarius, Gallinula, Colymbus, Aptenodytes, Alca, Frater- cula und Sterna. Endlich weisen Catarrhactes, Phoenicopterus, Botaurus, Neophron, Haliaëtus, Gyps, Calopsittacus, Pelargopsis, Upupa, Buceros (subadult) mi Cranorrhinus nur das Foramen wuntnless posterius auf. Die Form der beiden Foramina variiert in ziemlich weiten Grenzen. Was zunächst die vordere Öffnung anbetrifft, so finde ich sie oval bei einem Teil der Passeriformes, Columba, Nestor und Picus; länglich oval (mehr als 1'/, mal so lang als breit): bei einem Teil der Passeriformes, ferner bei Struthio, Tetrao, Per- dix, Turtur, Porphyrio, Opisthocomus, Charadrius, Strix, Eclectus, Centropus, Andigena, Jÿnx, Dendrocopus und Scops; spaltenförmig : bei einigen Anseriformes, sowie Rhea, Dromaeus, Grus, Anthro- poides, Recurvirostra, Limosa, Leptoptilus, Mycteria (eigentlich ein Übergang zu „länglich oval“), Falco, Amazona, Cacatua und Cyp- selus; von unregelmässiger Gestalt: bei Syrmaticus (nierenförmig), Goura, Gallinula, Rhynchops, Larus, Phaethusa, Ancylochilus, Haema- topus, “ Otis, Ciconia, Bubo, Syrnium, Serinus und Loxia (unregel- massig oval). Die hintere Öffnung zeigt im allgemeinen ähnliche Form- schwankungen wie die vordere. Sie ist kreisrund bei einigen An- Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 109 _ seriformes, sowie bei Porphyrio, Gallinula, Recurvirostra, Charadrius, Cacatua und Eclectus; oval — bei einigen Anseriformes, bei Colymbus, Alca, Fratercula, Larus, Phaethusa, Ancylochilus, Ciconia, Scops, Neophron, Gyps und Cacatua; länglich oval (mehr als 11/2 mal so lang als breit) — bei Anthropoides, Aptenodytes, Catar- rhactes, Fulmarus, Phoebetria,Plegadis, Phenicopterus, Bubo, Falco und Calopsittacus: spaltenförmig bei Limosa und unregelmässig ge- formt bei Casuarius und Rhynchops. Noch seien an dieser Stelle einige auf die Variation der rela- tiven Länge des Foramen mandibulare anterius sich beziehende Angaben zur Vervollständigung unserer Darlegungen angeführt. Die Länge der vordern Öffnung schwankt zwischen 3°/o bis 67°/o der Länge der Pars posterior. Am kleinsten finde ich das Foramen bei Cacatua (3°/o) und Picus (5°,). Bei andern Arten finden sich folgende Variationen. Eine sehr kleine Öffnung (6°/—15°/o) kommt einem Teil der Columbiformes, ferner Struthio, Rhea, Syrnium, Amazona, Eclectus, Cuculus, Dendrocopus und Cinclus zu. Klein (16°/—25°/o) ist das Foramen bei vielen Passeriformes, sowie bei Perdix, Columba, Goura, Aramides, Larus, Tadorna, Fuligula, Strix, Cerchneis, Nestor, Centropus, Jÿnx und Menura. Mittelgross (26°%/ —30°/o) finde ich es bei einem Teil der Passeriformes, bei Grus, Limnogeranus, Rallus, Vanellus, Charadrius, Otis, Syrnium, Falco und Cerchneis. Durch eine grosse Öffnung (31% —35°/) ist ein Teil der Passeriformes, wie auch Tribonyx, Recurvirostra und Andigena ausgezeichnet. Ein sehr grosses Foramen (36 %/o — 45 °/,) weisen Lagopus, Bonasa, Lyrurus, Opisthocomus, Aptenodytes, Anser, Asio, Geococcyx, Parus, Serinus, Loxia und Quiscalus auf. Grösser als 45°/ ist das Foramen mandibulare anterius end- lich bei Tetrao (53°), Rhynchops (51°/o), Ancylochilus (100°/o), Limosa (114°/o), Scolopax (130 °/0), Gallinago (500 °/o), Scops (66 °/o), Bubo (61°%), Athene (60%), Nyctea (5004), (Colius 50%), Coccothraustes (48°/) und Cyanistes (67 °/o). q. Foramen pneumaticum und Siphonium. (Textfiguren 123—141; Tafelfiguren 2, 45—66.) Das von Camper entdeckte, zum Eintritt der Luft in die Man- dibula dienende, gewöhnlich kreisförmige oder ovale Foramen pneumaticum liegt immer auf dem Proc. mandibularis internus. 110 N. G. Lebedinsky. Während ich es bei den meisten Vögeln dicht an der Basis des Processus vorfand, sieht man es bei Tetrao und Podiceps etwa in der Mitte des Fortsatzes. Am häufigsten ist das Luft- loch direkt auf der obern Fläche gelegen, nur selten nimmt es mehr kaudale Lage ein. Bei einigen wenigen Arten erscheint statt des gewöhnlich abgerundeten oder mehr oder weniger scharf- kantigen Randes die Umgrenzung des Foramen pneumaticum un- regelmässig vorspringend: Pavo, Haematopus, Platalea, Eudocimus und Phoenicopterus. Das Luftloch im Unterkiefer kommt so allgemein den Vögeln zu, dass es wohl berechtigt erscheint, seine Abwesenheit als eine Ausnahme zu betrachten. Ich vermisse es bei allen Anseri- formes, einem Teil der Galliformes, bei Tinamus, Rallus, Cariama, Colymbus, Aptenodytes, Catarrhactes, Alca, Fratercula und Rhampsastos, fand es dagegen bei Podiceps und Grus, obwohl Nitzsch (1811) ausser Rebhuhn, Wachtel, Enten und Gänsen auch Steissfuss und Kranich als das Luftloch entbehrende Arten anführt, Sehr klein — bis 2°/ der Länge der Pars posterior — finde ich das Foramen pneumaticum bei einem Teil der Galliformes und Passeriformes, ferner bei Phalacrocorax, Strix, Buteo, Ara, Capri- mulsus, Alcedo und Jÿnx. Klein bis mittelgross (3°/o—6°/o) ist es bei allen Procellariiformes, weitaus den meisten Ardeiformes und Columbiformes, den meisten Strigiformes, einem Teil der Accipitriformes, vielen Passeriformes, einigen Coraciiformes, sowie bei Rhea, Casuarius, Dromaeus, Pavo, Phasianus, Fulica, Gallinula,: Anthropoides, Grus, Opisthocomus, Podiceps, Lophaethyia, Larus, Phaethusa, Ancylochilus, Oharadrius, Otis, Phoenicopterus, Chauna, Sula, Sarcorhamphus, Amazona, Cuculus, Andigena und Campophilus. Eine grosse Öffnung (7°/o—10°/) besitzen die meisten Lari- formes, ein Teil der Accipitriformes, Psittaciformes, Bucerotidae und Passeriformes, einige Charadrüformes, ferner Struthio, Apteryx, Columba, Syrigma, Scopus, Bubo und Pelecanus. Grösser als 10° ist das Foramen pneumaticum nur bei wenigen Arten, so bei Limosa (11°/), Gallinago (14°/o), Scops (13°/0), Balaeniceps (27°/), Falco (11°/) und Centropus (29°/o). Nach Nitzsch beschränken sich die Lufthöhlen gewöhnlich nur auf den hintern Abschnitt jedes Unterkieferastes, so dass keine Ver- bindung zwischen den beiderseitigen Räumen vorhanden ist. „Wenn aber die Luft bis in den vordern Schnabelteil dringt, so werden auch gewiss beide Höhlen daselbst sich miteinander vereinigen und Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. 111 eine einzige bilden. Dies letztere habe ich bei den Papageien deutlich bemerkt und es findet wahrscheinlich auch bei Kalaos, Pfeffervögeln und manchen andern Makrorhynchen statt; scheint aber kein ganz gemeines Verhältnis zu sein“. Der tretfliche Beobachter Nitzsch beschreibt als den kleinsten Knochen der Kopfregion ein „Röhrenbeinchen“ oder „Siphonium* — eine Verknöcherung der sonst membranösen zur Leitung der Luft aus der Paukenhöhle in den Unterkiefer dienenden Röhre — mit folgenden Worten: „Mit dem obern Ende sitzt es am untern Rande des Gehörganges fest, so dass die obere luftaufnehmende Offnung über den Rand hineinragend, unter dem Trommelfelle in der Paukenhöhle mündet. Mit dem andern und untern Ende hingegen fügt es sich an die Unterkinnlade an und passt mit seiner untern Öffnung genau auf das Luftloch derselben. Die Wände dieser kleinen knöchernen Röhre sind dünn und durchscheinend. Die Form des ganzen ist zylindrisch oder prismatisch, fast dreikantig. Ich fand das Siphonium in den Rabenarten, in den Würgern, in der Sitta europaea und Certhia familiaris, im Pirol, Seidenschwanz, Staar, in den Drosseln, Lerchen, Finken, Ammern, Motazillen und Schwalben. Den Raub-, Sumpf-, Schwimm- und hühnerartigen Vögeln scheint es in der Regel zu mangeln; doch glaube ich es beim gemeinen Kibitz bemerkt zu haben“. Mir ist es geglückt, dieses ausserordentlich zarte, leicht ab- fallende und zerbrechliche Röhrchen an den Schädeln von Lanius excubitor, Enneoctonus collurio, Alauda arvensis, Munia orizivora, Quiscalus quiscalus, Sturnus vulgaris, Nucifraga caryocatactes (Tafeligur 2) und Pyrrhocorax alpinus zu beobachten. Erklärung der Tafeln IV— VI. Alle Figuren sind nach photographischen Aufnahmen reproduziert. Figur 1. Porphyrio hyacinthinus. Unterkiefer in Seitenansicht. a) Foramen mandibulare anterius, b) Foramen mandibulare posterius. Figur 2. Nucifraga caryocatactes. Schädel von hinten. a) Siphonium. Figur 3. Tachyeres cinereus. Schädel mit der Mandibula von hinten. Man beachte das Ligamentum jugo-mandibulare (L. j.). Figur 4. Rhamphastos erythrorhynchus. Pars posterior in Dorsalansicht. Man beachte das Ligamentum jugo-mandibulare mit der hintern (a) und der seitlichen (b) Patelle. 112 N. G. Lebedinsky. Figg. 5—44 geben den Unterkiefer in der Seitenansicht wieder. Figur 5 Struthio camelus, Figur 6 Dromaeus novae-hollandiae, Figur 7 Rhea americana, Figur 8 Casuarius casuarius, Figur 9 Apteryx australis, Figur 10 Tetrao urogallus, Figur 11 Goura coronata, Figur 12 Opisthocomus hoazin, Figur 13 Fulica atra, Figur 14 Podiceps eristatus, Figur 15 Colymbus septen- trionalis, Pars posterior, Figur 16 Colymbus septentrionalis (mit Hornscheide), Figur 17 Aptenodytes patagonica, Figur 18 Phoebetria fuliginosa, Figur 19 Dio- medea exulans (mit Hornscheide), Figur 20 Alca torda, Figur 21 Larus marinus, Figur, 22 Haematopus ostralegus, Figur 23 Otis tarda, Figur 24 Grus grus, Figur 25 Platalea leucerodia, Figur 26 Plegadis falcinellus, Figur 27 Ardea cinerea, Pars posterior, Figur 28 Balaeniceps rex, Figur 29 Ciconia ciconia, Pars posterior, Figur 30 Chauna chavaria, Figur 31 Phoenicopterus roseus, Figur 32 Cygnus musicus, Figur 33 Phalacrocorax graculus, Figur 34 Falco peregrinus, Figur 35 Eutolmaëtus fasciatus, Figur 56 Gypaëtus barbatus, Figur 37 Bubo bubo, Figur 38 Ara ararauna, Figur 39 Rhinoplax vigil (mit Horn- scheide), Figur 40 Anthracoceros malajanus, Figur 41 Alcedo ispida, Figur 42 Picus martius, Figur 43 Coccothraustes coccothraustes, Figur 44 Corvus corone. Figg. 45—66 stellen den Unterkiefer in der Dorsalansicht dar. Figur 45 Struthio camelus, Figur 46 Rhea americana, Figur 47 Dromaeus novae-hollandiae, Figur 48 Casuarius casuarius, Figur 49 Apteryx australis, Figur 50 Apteryx australis, Pars posterior, Figur 51 Tinamus guttatus, Figur 52 Tetrao urogallus, Figur 53 Columba livia, Figur 54 Opisthocomus hoazin, Figur 55 Porphyrio hyacinthinus, Figur 56 Fulica atra, Figur 57 Podiceps cris- tatus, Figur 58 Colymbus septentrionalis, Pars posterior, Figur 59 Catarrhactes chrysocome (mit Hornscheide), Figur 60 Aptenodytes patagonica, Figur 61 Dio- medea exulans (mit Hornscheide), Figur 62 Phoebetriafuliginosa, Figur 63 Alca torda, Figur 64 Larus marinus, Figur 65 Scolopax rusticola (mit Horn- scheide), Figur 66 Haematopus ostralegus. Basel, Zoologische Anstalt, 10. Dezember 1919. Zur Frage der Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. Von A. Buxtorf und R. Koch. Zur Einführung (v. A. Buxtorf). Es lag eigentlich nicht in meiner Absicht, schon im jetzigen Mo- ment mich zur Frage der Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge zu äussern. Nachdem aber im Laufe der letzten Jahre eine Reihe von Arbeiten erschienen sind, die in irgend einer Weise das Problem streifen, und Neuaufnahmen, die unter meiner Leitung im Jura ausgeführt werden, immer und immer wieder dazu führten, die Frage des Vorhandenseins pliocaener Bildungen zu prüfen und - zu diskutieren, mag es wohl berechtigt erscheinen, in kurzer vor- läufiger Mitteilung von Beobachtungen und Funden zu berichten, die vielleicht einiges zur Klärung der Sachlage beitragen können, sei es auch nur in dem Sinne, dass dadurch eine genauere For- mulierung der vielen noch offenen Fragen ermöglicht wird. Wie sich zeigen wird, handelt es sich dabei um Probleme, die für die Jurageologie nach verschiedener Richtung hin von grösster Bedeutung sind; und da in diesem Falle jeder einzelnen Feststellung entscheidender Wert innewohnen kann, wäre es nur erwünscht, wenn auch von anderer Seite in die Diskussion eingegriffen und dadurch die Frage ihrer Lösung näher gebracht würde. Bei den nachfolgenden Darlegungen stütze ich mich z. T. auf eigene Beobachtungen, die mir aus älterer und neuerer Zeit, namentlich auch von militärgeologischen Aufnahmen von der Grenz- besetzung her zur Verfügung stehen, z. T. aber und oft sogar aus- schliesslich auf Angaben meiner Schüler und Mitarbeiter; es sind dies die Herren: Cand. geol. E. Lehner (Gebiet von Siegfried-Blatt Bretzwil); T. Keller (Soyhières-Burg); A. Liniger (Movelier-Delsberg); R. Elber (Soulce-Raimeux-Envelier [West]); A. Waibel (Erschwil); P. Staehelin (Envelier [Ost]-Weissenstein). Einige der betreffenden Untersuchungen sind schon beendet, andere gehen ihrem baldigen 8 114 A. Buxtorf und R. Koch. Abschluss entgegen; die Aufgabe der später erscheinenden Spezial- arbeiten wird es sein, die im Folgenden nur auszugsweise mitge- teilten Daten eingehend zu belegen. Neben den genannten Untersuchungen gestalteten sich besonders ergebnisreich diejenigen von Herrn Cand. geol. Rich. Koch im Becken von Laufen, und zwar deshalb, weil hier die in Frage stehenden Ablagerungen sehr schön entwickelt sind und namentlich auch ihre Beziehungen zu den liegenden Schichten klar verfolgt werden konnten, Herr Koch wird diese Verhältnisse später in alle Einzelheiten verfolgen, aber schon heute war er in der Lage, mir wertvolle und entscheidende Hilfe leisten zu können. Nicht versäumen möchte ich, an dieser Stelle auch der vielen Anregungen zu gedenken, die sich für mich aus gelegentlichen Diskussionen mit Herrn Dr. H. G. Stehlin über die Pliocaenfrage ergeben haben. Ich bin ihm auch zu Dank verpflichtet für die Dreh sicht der Korrekturbogen und einige sich dabei ergebende Ergänzungen. Beiläufig mag auch erwähnt werden, dass einige der kill stehend aufgezählten Daten schon in AT. Heim’s: Geologie der Schweiz (I, S. 546) kurze Erwähnung gefunden haben. Alb. Heim stützte sich dabei auf mündliche Mitteilungen, die ihm von meinen Schülern und mir im Mai 1919 gemacht worden waren. A. Die Wanderblöcke auf Kastelhöhe (A. B. und R. K.) Im Band XXI dieser Verhandlungen (Jahrgang 1910) hat A. Gutzwiller (Lit. No. 5)!) zum erstenmal eingehender der merk- würdigen blockartigen Geröllbildungen gedacht, welche in grosser Verbreitung die Hochfläche der Kastelhöhe am Nordostrande des Laufenbeckens bedecken. Unter der Benennung „Kasten“ hat schon J. B. Greppin auf die Lokalität hingewiesen (Jura bernois etc., S. 297). Die Hauptmasse des Schotters bilden wohlgerundete Buntsandsteingerölle, deren Durchmesser meist nur wenige Dezi- meter beträgt, ausnahmsweise aber bis auf 1 m ansteigt. Daneben hat schon Gutzwiller Quarzporphyrbreccien aus dem Rotliegenden, sowie tertiäre Süsswasserkiesel (Delémontien) als Gerölle nachge- wiesen; neuere Aufsammlungen des einen von uns (R. K.) lieferten u. A. noch Hornsteine der Muschelkalkserie sowie ein vereinzeltes Rollstück von fossilführendem Muschelkalk mit Verkieselungsrinde. Aus den vorkommenden Geröllen, von denen einige der grössten als Naturschutzdenkmal vor Zerstörung gesichert sind, hat A. Gutz- 1) Vergleiche das am Schlusse befindliche Literatur- Verzeichnis. Pliocaenbildungen im noraschweizerischen Juragebirge. 115 willer in Anlehnung an J. B. Greppin den Schluss abgeleitet, dass sie durch Flusstransport von der Südabdachung des Schwarzwaldes herzuleiten seien. Hinsichtlich des Alters stellt er die „Wander- blöcke“ in die obermiocaene Juranagelfluh und deutet die zerstreuten Buntsandsteingerölle als letzte, von der Verwitterung und Abspülung verschonte Relikte einer ehemals ziemlich mächtigen Schotterablagerung, welche einst als ausgedehnte Decke das Ge- lände überlagerte (Lit. No. 5 S. 199). | Dieser Zuweisung der Gerölle in das Obermiocaen können wir heute nicht mehr beiptlichten. Anlässlich einer im Mai 1918 nach Kastelhöhe und dem südlich benachbarten Steffen ausgeführten Exkursion ergab sich, dass die „Wanderblockformation* unbedingt von der Juranagelfluh, wie sie damals bei Steffen in einem inzwischen wieder vermauerten Aufschluss genauer untersucht werden konnte, getrennt werden muss. Der Unterschied zeigt sich namentlich in der verschiedenen Zusammensetzung und Packung der beiden Geröllbildungen: Die Wanderblöcke sind vorherrschend Buntsandsteine, welche als lose Gerölle einem leh- migen Bindemittel eingestreut erscheinen; die Juranagelfluh dagegen setzt sich so gut wie ausschliesslich aus kleinen, im Durch- schnitt kaum faustgrossen Kalkgeröllen zusammen und bildet in guten Anschnitten geschlossene Schotterbänke; nur sehr selten sind den Kalken auch kleine Buntsandsteingerölle beigemengt. Ausserdem gewannen wir den Eindruck, es seien die Wanderblöcke entschieden als die jüngere der beiden Bildungen aufzufassen. B. Becken von Laufen (R. Koch). Den weitern Ausbau der auf Kastelhöhe möglichen Beobach- tungen gestattet das Laufenbecken, dessen reichliche Überstreuung mit Buntsandstein- und Quarzitgeröllen seit Alters her bekannt ist. Erstmals erwähnt sie wohl P. Merian (Geogn. Durchschnitt d. d. Juragebirge etc.; Denkschr. Schweiz. Natf. Ges. Bd. I. S. 67, 1829); später haben A. Gressly (Jura Soleurois, S. 322) und J. B. Greppin (Jura bernois, S. 184, 297) nähere Angaben erstattet. Heute kann ich Folgendes aussagen: Im östlichen Teil des Laufenbeckens, wo bei Fehren und Breitenbach die typische Juranagelfluh grosse Verbreitung besitzt, lässt sich einwandfrei feststellen, dass in der Tat die Wander- blockformation die Juranagelfluh überlagert. Am besten zeigt sich dies zwischen Steinenbühl und Lämmlismatt (bei Fehren), ferner im Rütenenwäldli SE. Breitenbach und im Rohr- holz E. dieses Dorfes. Ausgezeichnete Aufschlüsse bieten ferner die 116 A. Buxtorf und R. Koch. Wege in den Wäldern Muckenstand, Dürbach und Hinter der Helgenmatt (alle N. Fehren). Bei Dürbach war 1918 anlässlich eines Strassenbaus deutlich zu sehen, wie die Wanderblöcke lose in einem sandigen, eisenschüssigem Lehm eingebettet liegen; die Mächtigkeit der Ablagerung mag an dieser Stelle wohl ca. 20 m betragen. Begibt man sich vom Ostrande des Laufenbeckens nach seinem mittlern und westlichen Teil, so vollzieht sich in der Wanderblock- formation ein allmähliger Facieswechsel. Die Gerölle nehmen an Grösse und Zahl ab, dagegen treten in braunem, sandigem Lehm mehr und mehr erbsen- bis nussgrosse Braun- eisen-Konkretionen auf. Besonders schön zeigt sich diese Ausbildung am Bromberg-Ostende N. Laufen, im Wald Buch- bergweide NE. Station Bärschwil, ferner im Waldgebiet E. P. 484 SSE. der genannten Station. Durch Zurücktreten der Konkre- tionen und gleichzeitiges Fehlen aller Gerölle entstehen schliesslich mehrere Meter mächtige sandige Lehme, die ihre Hauptverbreitung beim Dorfe Röschenz besitzen. Von grossem Interesse sind die Auflagerungsverhält- nisse. Ohne in Details einzutreten, sei allgemein Folgendes fest- gestellt: Am NE.-Rand liegen die Wanderblöcke dem Sequan auf; dasselbe gilt für den W.-Rand; im südöstlichen und mittlern Teil des Beckens aber sehen wir sie übergreifen auf die verschiedensten Tertiärhorizonte wie Bohnerzfor- mation, Molasse alsacienne, Delémontien und Juranagelfluh, sodass an discordantem Ueberlagern kein Zweifel möglich ist. Es geht daraus hervor, dass die Anlage des Tertiärbeckens schon vor der Wanderblockformation vorhanden war; zur Zeit ihrer Ablagerung aber trat die Gegend von Laufen orographisch nicht als Becken in Erscheinung, sondern gehörte zu einer Peneplain, welche das Becken und seine Ränder, unabhängig vom Gesteinsuntergrund, überspannte. Die verschieden hohe Lage, welche die einzelnen Vorkommnisse im Gebiete von Laufen heute erkennen lassen, ist erst das Ergebnis späterer Faltungsvorgänge, mit denen sich ver- mutlich auch Senkungen kombinierten. Jedenfalls aber bestätigen die wechselnden Auflagerungsverhältnisse die vollständige Unab- hängigkeit der Wanderblöcke von der obermiocaenen Juranagelfluh ; . bei der Diskussion der Altersfrage (Abschnitt M) wird dies von ent- scheidender Bedeutung sein. Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 117 C. Gebiet von Blatt Bretzwil (nach E. Lehner). Vom Becken von Laufen greifen die in Diskussion stehenden Bildungen auf den NW.-Teil von Blatt Bretzwil über. Nach den Untersuchungen von E. Lehner sind aber typische grosse Wander- blöcke auf das westliche Randgebiet beschränkt; sandige, rötliche Lehme mit nur kleinen Quarziten und Brauneisen-Konkretionen lassen sich dagegen noch etwas weiter ostwärts verfolgen. All- gemein ergibt sich somit ein Aussetzen der Geröllablagerung nach : Osten zu, je weiter wir uns vom Rande des Laufenbeckens entfernen. Die Auflagerung erfolgt dabei nicht nur auf älteren Tertiär- bildungen (Bohnerz-Konglomerat) und Sequan, sondern die geröll- arme oder -freie, sandig-lehmige Facies greift auch auf ältere Malmstufen wie Rauracien und Oxford über (letzteres auf Homberg- matten N. Himmelried). D. Birseck und Blauen (4. B. und R. K.). Nach den Angaben von A. Gutzwiller lag es nahe, im Strom- strich des von ihm angenommenen, vom Schwarzwald herkommenden Flusses nach weitern Wanderblöcken zu suchen. Als solche liessen sich denn auch sehr bald die „Relikte von Juranagelfluh“ erkennen, welche die ,Geol. Karte von Basel, I. Teil“, von A, Gutzwiller und Ed. Greppin (Lit. No. 6) bei Dornach, Aesch und Pfeffingen verzeichnet. Schon im zugehörigen Erläuterungsheft wird die Uebereinstimmung dieser Geröllvorkommen mit den , Jura- nagelfluhen“ der Kastelhöhe hervorgehoben. Da nun der Nach- weis erbracht ist, dass diese als eine selbständige, von ächter Juranagelfluh wohl zu unterscheidende Bildung aufgefasst werden müssen, steht nichts im Wege, die Vorkommnisse des Birsecks mit denen von Kastelhöhe direkt zu verbinden. Nach der genannten Karte von Basel bildet bei Dornach und Aesch bald das Oligocaen, bald das Sequan die Unterlage der Geröllbildungen, am Dornacher- berg fand sich ein vereinzeltes Gerölle in der Höhe von 550 m auf Rauracien. Ganz entsprechend sind auch die von Ed. Greppin auf der „Geol. Karte des Blauenberges südlich Basel“ (Lit. No. 2) als „Juranagelfluhrelikte“ ausgeschiedenen Schotter den Wanderblöcken gleich zu stellen. Es geht dies schon aus der ersten Beschreibung dieser Vorkommen durch A. Gutzwiller (Lit. No. 4, 8. 235) hervor, der allerdings damals daran dachte, sie mit dem Sundgauschotter in direkten Zusammenhang zu bringen, für welch letzteren er frag- liches, jungpliocaenes Alter annahm. 118 A. Buxtorf und R. Koch. E. Gebiet der Blätter Soyhieres und Burg (nach T. Keller). Das Gebiet Soyhieres-Burg schliesst sich hinsichtlich der Facies der hier zu besprechenden Bildungen an das westliche Laufenbecken an. T. Keller fand im Gebiete von Liesberg und Kleinlützel in weiter Verbreitung rotbraune, sandige Lehme mit Brauneisen- Konkretionen; wohl wegen dieser Eisenführung sind manche der Vorkommen von 2. Rollier auf der „Carte tectonique de Dele- mont“ (Lit. No. 13) als „Siderolithique“ angegeben worden. Geröll- führende Lehme zeigen sich am Ostrande des Kartengebietes : Soyhières beidseitig des Tälchens, das vom Hof Greifel ins Birstal herabkommt. Die Vorkommen liegen etwa bei 430m ü. M. dem Sequan auf; vom östlichen hat A. Buxtorf 1908 dem Basler Mu- seum Belegmaterial übergeben, das später von A. Gutzwiller ver- wertet worden ist (Lit. 5, S. 205). Die westliche Fundstelle am Weg Greifel-Birstal war wohl schon J. B. Greppin bekannt (Jura bernois S. 184); die spärlichen Gerölle sind einem tonigen Lehm eingestreut, der bis vor wenigen Jahren von der Tonwarenfabrik Liesberg ausgebeutet worden ist. Gleiche Lehme und Gerölle fand T. Keller 1 km weiter westwärts am Ostrande des Kalkbruchs des Cementwerks Neu-Liesberg. Zahlreiche, meist ganz kleine Quar- zitgerölle liessen sich dann erst wieder ganz weit im Westen des Kartengebietes bei Schützenhof und Höflein nachweisen. Neben diesen beiden Ausbildungen ist vielleicht noch eine dritte zu erwähnen: es wären dies die vorwiegend auf Malm, am höchsten Blauenkamm aber auch auf Dogger liegenden Lehm- decken, für welche schon Ed. Greppin (Erläuterungen z. geol. Karte des Blauenberges, S. 13) einen Zusammenhang mit den Wanderblücken insofern annimmt, als er die Lehme grösstenteils als Zersetzungsprodukt miocaener Nagelfluh auffasst. Eine Unter- scheidung von Lehmen quartären Alters wird hier wie auch in ‘andern Fällen praktisch freilich kaum durchführbar sein. Südlich der Birs sind auf Blatt Soyhieres nur zwei vereinzelte Quarzitgerölle gefunden worden, das eine bei Flüematt, das andere bei Hint. Rohrberg; es kommt ihnen besondere Bedeutung zu, weil sie in der Nähe der Basis der hier vorhandenen Überschiebungs- massen liegen. F. Movelier und Vorburgkette (nach H. Liniger). In die westliche Fortsetzung der Vorkommen von Bl. Soyhieres fallen verschiedene durch Æ. Liniger entdeckte (eröllfunde. Es handelt sich auch hier wieder vorwiegend um kleine Quarzite, die Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 1119 in sandigem Lehm eingestreut sind. Dies gilt für die Umgebung von Pleigne (Pleen)?) (Unterlage Sequan), Bürkisberg (Rauracien- Sequan), Scholis (Kimmeridge). Weiter westwärts fand H. Liniger zerstreute Gerölle auf Sequan und Rauracien beidseits des Weges NW. von Plainbois auf ca. 860 m Höhe (SE. ob Asuel, Bl. Mie- court). Von besonderm Interesse sind einzelne ganz kleine Gerölle, die 7. Liniger auf dem Hauptrogenstein der Vorburgkette wenig westlich von Haute Borne (S. Pleigne) gesammelt hat (am 22. Febr. 1920 bestätigt anlässlich einer Exkursion mit Studierenden). G. La Caquerelle — Oestliche Freiberge. Zerstreute Quarzitgerölle, wie wir sie E. ob Asuel finden, hat J. Thurmann bei Les Malettes—Montgremay beobachtet (vergl. Lit. Nr. 3, S. 18); L. Rollier fand sie auch bei La Caquerelle (Lit. Nr. 12, S. 135). Die Unterlage bildet meist das Rauracien; ein verein- zeltes, vielleicht bloss verschlepptes Geröll fand A. Buxtorf 1915 auf Oxford im Sattel P. 950, 2 km SSW. Caquerelle. Nach SW. zu schliessen sich an diese Funde diejenigen von La Saigne-Dessous (2 km W. Glovelier) durch Z. Rollier an; sie bilden die Verbindung zum Gebiet der Freiberge, wo W. Oertel und Ar. Schuh (Lit. Nr. 10 und Nr. 15) gleichfalls Quarzit- und verwitterte Sandsteingerölle, verknüpft mit Lehmdecken, festgestellt haben. H. Velieratkette, Montagne de Moutier, Raimeux (hauptsächlich nach @. L. L. Kemmerling und R. Elber). Die erste Beobachtung der Geröllvorkommen in der Vellerat- (Mont-)kette verdanken wir J. B. Greppin (Lit. Nr. 3, S. 18). Später hat Kemmerling (Lit. Nr. 8, S. 27) auf entsprechende, mit Lehm verknüpfte Schottervorkommen aufmerksam gemacht, die sich an verschiedenen Stellen der Velleratkette und Montagne de Moutier finden und als Unterlage meist Sequan und Rauracien zeigen, vereinzelt aber auch auf Oxford und Bathonien greifen.*) Letzteres gilt vor allem für die Peneplain-artige Hochfläche der Montagne de Moutier, wo die Lehmdecke die Fruchtbarkeit des Bodens bedingt. Die vorkommenden Gerölle sind hauptsächlich 2) Schon erwähnt von J. B. Greppin: Jura bernois, S. 184. 3) Alb. Heim (Geol. d. Schweiz. S. 546) spricht irrtümlicherweise von Funden bei Chätillon, es sollte heissen Velleratkette S. Chätillon. 120 A. Buxtorf und R. Koch. Quarzite und Buntsandsteine; da die erstern nach Beobachtung von À. Buxtorf und R. Elber häufig Schlagfiguren erkennen lassen, kann an der fluviatilen Herkunft der Schotter kein Zweifel bestehen. Ueber die genauere Verbreitung der Gerölle und Lehme wird die spätere Detailbeschreibung von À. Elber das Nähere mit- teilen; ihre Verbreitung ist noch etwas . grösser als sie Kemmer- ling annahm und es ist hervorzuheben, dass die gröbern, bis über Faustgrösse erreichenden Gerölle sich bis jetzt nur auf Malm finden liessen; auf dem Dogger dagegen herrschen die Lehme, in denen R. Elber neben Brauneisenkonkretionen nur sehr selten kleinste Geröllchen nachweisen konnte. Sehr interessant sind die entsprechenden Bildungen auf dem Raimeux östlich des Birstals entwickelt. Die ersten Funde gehen zurück auf D. Simon, Prof. à Delémont, und sind von Z. Rollier 1912 (Lit. Nr. 14, S. 41) wissenschaftlich bekannt gegeben worden. Môglicherweise handelt es sich dabei um dieselben Bildungen, die E. Fleury 1909 (Lit. Nr. 1, S. 67) als „une «espèce» de Sidéroli- thique“ beschrieben hat. Nach den neuen Aufnahmen von R. Elber treten besonders bei Pr& Christat gelbbraune, stark eisenschüssige Sande mit verkieselten Jurakalkstückchen, Brauneisenkörnern und bis 5 mm grossen Kieselgeröllchen auf; vereinzelte Brauneisen- stücke und seltene Quarzitgerülle sind aber über die ganze Raimeux-Hochfläche zerstreut. Daneben kommen auch geröllfreie Lehmschichten vor, die in allen Teilen denen der Montagne de Moutier entsprechen. J. Matzendörfer-Stierenberg und angrenzende Ketten (A. B.). Begeben wir uns vom Raimeux etwa 10 km nach Osten, so treffen wir auf das ausserordentlich interessante Schottervorkommen des Matzendörfer-Stierenbergs, dessen Endeckung auf Amanz Gressly zurückgeht (Jura soleurois, S. 321, als Soltenschwand bezeichnet). Später hat 7. Mühlberg (Lit. 9, S. 341) Gerölle auch am Nordhang des Berges in 980—1000 m Höhe beobachtet und angenommen, sie seien von den diluvialen Gletschern aus den Alpen hergebracht worden. Vom Südhang des Berges, d. h. der Gressiy’schen Fund- stelle, stammen die durch Æ. @. Stehlin gesammelten Belegstücke des Basler Museums, auf welche s. Zt. A. Gutzwiller (Lit. Nr. 5, S. 205) verwiesen hat. Anlässlich einer im Mai 1919 mit einigen Studierenden aus- geführten Exkursion gelang es, die Vorkommen zu bestätigen und nachzuweisen, dass nur dasjenige der Südseite als primäres be- Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 121 zeichnet werden darf; die Gerölle des Nordabhangs sind mit Sequan- schutt verknüpft und herabgestürzt. Als Hauptverbreitungsgebiet der Schotter ist der nach NE, E. und 8. gerichtete Abhang des Stierenbergs (P. 1189) zu be- zeichnen, besonders reich ist der Höhengürtel 1080—1130. Auch hier handelt es sich ausschliesslich um Quarzite und Buntsand- steingerölle von meist kleinem Durchmesser, doch gelang es uns, auch solche von bis 30 cm Durchmesser aufzufinden. Sie liegen alle in sandigem Lehm, dessen Unterlage von Karrenfeld-artig zer- fressenem Sequan (und? Kimmeridge) gebildet wird. Das absolute Fehlen jeglicher alpiner Geschiebe schliesst es aus, die Schotter etwa als Moränenrelikte der grössten eiszeitlichen Vergletscherung auffassen zu wollen, wie dies 7. Mühlberg tat. Dagegen hat schon A. @Gützwiller an Hand der von AH. @. Stehlin gesammelten Proben auf die Uebereinstimmung mit Kastelhöhe hingewiesen, freilich in der irrigen Annahme, es handle sich in beiden Fällen um ächte Juranagelfluh. Dass in der Tat eine direkte Verbindung Kastelhöhe—-Stierenberg anzunehmen ist, be- weisen vor allem die grossen von uns nachgewiesenen Buntsand- steingerölle; die übrigen Fundorte lieferten stets nur kleinere Roll- steine. Das reiche Schottervorkommen des Matzendörfer-Stieren- bergs scheint recht isoliert zu sein. A. Waibel, der Blatt Erschwil einer Neuaufnahme unterwirft, hat bis jetzt in den nördlich be- nachbarten Ketten keinerlei ähnliche Gerölle nachweisen können. Die Nagelfluh von Girlang (recte Tonilöchli) im Beinwiltal, die A. Gutzwiller als Verbindungsglied zwischen Kastelhöhe und Stieren- berg anführt, hat mit Wanderblöcken nichts zu tun, sondern ist ächte kalkige Juranagelfluh. Dagegen hat P. Stachelin vereinzelte Gerölle an verschiedenen Stellen im SW. des Stierenbergs beobachtet, doch gestaltet sich der Nachweis, dass es sich um ächte Wandergerölle handelt, sehr schwierig, weil diese Gebiete schon im Verbreitungsgebiet des Rhonegletschers liegen und tatsächlich zerstreute erratische Ge- schiebe beobachtet werden konnten. Nach mündlicher Mitteilung glaubt Herr Dr. Æ. Baumberger auf dem südlich benachbarten Brandberg neben Erraticum auch Wandergerölle gefunden zu haben. 122 A. Buxtorf und R. Koch. K. Moron — Graitery und Oberdörferberg — Montgirod — Monto (nach H. Liniger). Angerest durch seine Funde bei Movelier und Asuel hat A. Liniger auch Streifzüge in die Ketten im W. und S. von Moutier ausgeführt und hat ähnliche Gerölle und Lehme an folgenden Stellen wiedergefunden: 1. Rücken des Moron N. Champoz (auf Kimmeridge und Sequan); 2. Höhen des Graitery und Oberdörfer- bergs (auch von Dr. E. Baumberger beobachtet) (auf Sequan); 3. am Montgirod (= Westende der Graiterykette), NW. Court (auf Portlandien); 4. auf dem Rücken des Monto, S. Court (auf Kim- meridge). Wenn sich diese letztern Vorkommen in der Folge be- stätigen, so wäre damit die Verbreitung der Gerölle quer durch den ganzen Kettenjura bis an den Rand des Molasselandes er- wiesen; immerhin wird die definitive Entscheidung sehr schwierig sein, weil für die südlichen Ketten das Vorhandensein eiszeitlicher Moränenreste mit in Rechnung gezogen werden muss. L. Verbreitung, Facies und Herkunft der beschriebenen Bildungen. Obgleich wir uns der Lückenhaftigkeit der bisherigen Beob- achtungen vollauf bewusst sind, erscheint doch wohl ein Versuch, dieselben unter einheitlichem Gesichtspunkt zusammenzufassen, nicht ganz unberechtigt. R Zunächst ist festzustellen, dass sich in weiter Verbreitung im nordwestlichen Schweizerjura zerstreute Schotterbildungen finden, die durch das fast ausschliessliche Auftreten von Buntsandstein- und Quarzitgeröllen gekennzeichnet sind und sich dadurch von den Juranagelfluhen, im besondern denen des Laufenbeckens, deut- lich unterscheiden. Dabei scheint sich in den betreffenden Bil- dungen ein gewisser regionaler Facieswechsel zu vollziehen: Im Birseck, Blauengebiet (inkl. Greifel) sowie im östlichen Laufenbecken herrscht die konglomeratisch-blockartige Ausbildung vor; sie greift unsern heutigen Kenntnissen zu Folge nach Osten nicht viel über die Rheintalflexur und den Ostrand des Laufen- beckens hinaus, sondern macht bald sandigen Lehmen Platz (E. Lehner). Mit A. Gutzwiller, der in dieser Hinsicht einen schon von A. Gressly (Jura soleurois, S. 322) angedeuteten und von J. Greppin (Lit. Nr. 8, S. 19) deutlich formulierten Gedanken weiter ausbaut, betrachten wir die Schotter und Blöcke dieses Gebietes als hergebracht durch einen Fluss, dessen Einzugsgebiet am Nord- rande der Dinkelbergmasse (Munzenberggebiet) und an der Süd- Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 123 westecke des Schwarzwaldes zu suchen ist und der wahrscheinlich auf den Höhen südlich Kandern und bei Rötteln die von Pfaff als Pliocaen und Alte Moräne aufgeführten Buntsandstein-Block- konglomerate ausgestreut hat (Lit. Nr. 11, S. 23— 27). Weiter süd- wärts floss er der Rheintalflexur entlang und über Pfeffingen gegen den Ostrand des Laufenbeckens; demselben Stromstrich gehören im Süden die Gerölle des Matzendörfer -Stierenbergs an, doch fehlen bis heute Zwischenglieder. Ein rechter Seitenarm dieses Stromes oder ein anderer, selbständiger Fluss mag, wie dies schon Gutzwiller (Lit. Nr. 5, Seite 205) annahm, gegen den Blauen und Greifel geflossen sein. Die gewaltige Grösse der Blöcke der Kastelhöhe zwingt uns, dem Flusse entweder sehr starkes Gefäll, oder dann die Eigen- schaften eines selten, aber mit ungestümer Gewalt ausbrechenden und das Land überflutenden Wildwassers zuzuschreiben. Von den beiden Annahmen möchten wir uns entschieden für die zweite aus- sprechen und denken uns, dass die reichlichste und gröbste Geröll- überstreuung dem eigentlichen Stromstrich entspreche, während die äussersten Grenzgebiete der Ueberflutung mehr durch Schwemm- lehme mit seltenen und kleinen Geröllen gekennzeichnet wären. Ob sich mit den letztern auch Lehme von ursprünglich äoli- scher Herkunft verknüpfen, ist nicht zu entscheiden, wie wir denn überhaupt im jetzigen Moment noch kein abschliessendes Urteil über die besondern klimatischen Bedingungen zur Zeit der Ab- lagerung der Schotter wagen möchten. Die die meisten Gerölle überziehende rotbraune Rinde könnte sehr wohl als Argument für ein arides Klima gelten, allein es ist auch möglich, dass die Kruste lediglich auf chemischer Einwirkung des eisenreichen, sandigen Lehmes beruht. Als chemische Einflüsse sind auch die Verkiese- lungserscheinungen zu deuten, welche an einzelnen ursprünglich kalkigen Geröllen und eckigen, der Unterlage entstammenden Kalk- stücken beobachtet wurden.‘) Westlich des Stromstrichs Birseck—Kastelhöhe—Matzen- dörfer-Stierenberg zieht sich von Norden nach Süden ein Streifen, der bis jetzt fast keine Gerölle, dafür aber eisenschüssige Lehme mit Eisenkonkretionen geliefert hat: „Junges Bohnerz“ von 7°. Keller, Bl. Soyhiöres,. In wie fern es sich dabei um verschwemmtes eocaenes 4) Mit aridem Klima liesse sich auch der auf temporäre, wolkenbruch- artige Regen deutende Blockcharakter der Ablagerung sehr wohl in Einklang bringen. Aehnliches hat der eine von uns /A. B.) im Niltal beobachtet und es sei an dieser Stelle auch verwiesen auf J. Walther: Das Gesetz der Wüsten- bildung, zweite Auflage, Leipzig 1912. Seite 34 u. ff. 124 A. Buxtorf und R. Koch. Bohnerz oder erst jungtertiär entstandenes Brauneisen handelt, möchten wir vorderhand unentschieden lassen. Weiter im Westen folgt dann wieder bald sehr spärliche, bald reichlichere Geröllüberstreuung im Gebiet, das von der Ajoie und Movelier über Caquerelle— Vorburgkette und die hohen Juraketten bis fast an den Südrand des Kettenjura reicht; nach Südwesten zu strahlen die Gerölle in die Hochfläche der Freiberge aus. Unter den Geröllen herrschen quarzitische Gesteine bei weitem vor; Bunt- sandsteine sind selten und oft nicht sicher als solche erkennbar. Für alle diese Schotterfunde liegt es nahe, die Herkunft nicht am Schwarzwaldrand, sondern eher in den Vogesen zu suchen; die geröllfreie oder -arme Zone von Soyhieres— Laufen-West würde . somit etwa die schwarzwäldischen Schotter von denen der Vogesen trennen. Von den östlichen Schottern sind die des Westgebietes auch durch die geringere Grösse deutlich unterschieden, Wander- blöcke fehlen ganz; es mag dies mit dem weitern Weg Vogesen-Jura und andern Zufuhrverhältnissen zusammenhängen. Den Schottern beider Gebiete ist dagegen ein Zug gemeinsam: ihr Hauptverbreitungsgebiet finden sie auf den verschiedenen Malm- stufen, besonders den obern, und dem ältern Tertiär (Laufenbecken, betr. Delsberg siehe unten); nur äusserst selten und dann nur in spär- licher Zerstreuung beobachten wir sie auch auf unterm Malm bezw. Hauptrogenstein; meist stellt sich auf diesen alten Schichten die lehmige Facies ein. M. Ueber das Alter der beschriebenen Geröllbildungen. Seit die Forschung das Vorhandensein der zerstreuten Schotter- reste festgestellt hat, ist auch ihr Alter der Diskussion unterworfen worden. Die Gerölle von Blauen, Birseck, Kastelhöhe und Matzendöfer-Stierenberg haben die verschiedensten Deutungen erfahren, zuletzt hat A. Gutzwiller sie als Relikte der ober- miocaenen Juranagelfluh aufgefasst; eine Ansicht, die heute aber nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Sie sind vielmehr fraglos jünger als diese und müssen somit mindestens dem untersten Pliocaen, d. h. dem Pontischen angehören. Ob sie noch höher ins Pliocaen hinaufreichen, ist mangels Fossilien vorläufig nicht zu entscheiden; die Möglichkeit mittelpliocaenen Alters ist nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Die Gerölle der Höhen im Umkreise des Delsberger- beckens sind seit J. B. Greppin fast allgemein in Beziehung ge- bracht worden mit den Vogesenschottern des Bois de Raube etc. Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge,. 125 (im W. des Delsbergerbeckens); Z. Rollier (Lit. Nr. 12, S. 135) teilt diese Ansicht und fasst die Gerölle als letzte Verwitterungsreste einer ehemals viel ausgedehnteren Gerölldecke auf, deren mäch- tigste Entwicklung uns im Bois de Raube und bei Charmoille- Pleujouse vor Augen tritt. Da die Untersuchungen Hummels für Charmoille das pontische Alter erwiesen haben und uns nichts hindert, auch die andern ähnlichen Vogesensandvorkommen des Dels- bergerbeckens mit Charmoille gleichzustellen (vergl. 7. G. Stehlin, Lit. Nr. 16, S. 200 u. ff.), so müssten nach den Auffassungen von J. B. Greppin und Z. Rollier auch die Gerölle der Jurahöhen aus pontischer Zeit stammen. Es wäre damit ein Ergebnis ge- wonnen, mit dem sich die Befunde im Laufenbecken sehr gut in Einklang bringen liessen. Auch Deren der Auflagerungsverhältnisse würde Über- einstimmung herrschen, indem wir im westlichen Delsbergerbecken die Geröllbildungen des Bois de Raube vom Kimmeridge aufs Oligocaen übergreifen sehen. Ein Unterschied besteht aber in der Hinsicht, dass im Laufen- becken die Transgression der Pliocaenschotter auch über kalkige Juranagelfluh erfolgt; im Delsbergerbecken fehlt diese, falls nicht Mergel und Sande oder obermiocaene Süsswasserkalke ihr Aequi- valent bilden. Bis jetzt pflegte man freilich die Vogesensande des Bois de Raube selber der Juranagelfluh des Ostens gleichzustellen ; allein eine derartige Parallelisierung wäre heute nur dann haltbar, wenn es gelänge, für den untern Teil der Vogesensande präpon- tisches Alter nachzuweisen. Die neuen Untersuchungen von H. Liniger werden sich spezieller mit diesen Fragen zu befassen haben, denn dass in dieser Hinsicht noch sehr viel zu klären übrig bleibt, hat schon H. @. Stehlin a. a. O. mit aller Schärfe betont. Eine weitere Frage, die sich nun aber erhebt, ist die, ob wir es im Delsbergerbecken und den angrenzenden Ketten nur mit dieser einen pontischen Geröllüberstreuung zu tun haben oder ob nicht etwa zwei verschieden zusammengesetzte und auch zeit- lich zu trennende Geröllbildungen vorliegen. J. B. Greppin und 2. Rollier halben wie on nchahet, immer nur mit einer Geröllüberstreuung gerechnet und die Schotter der Höhen als Verwitterungsrelikte aufgefasst’). Es liegt uns fern, diese Reliktentheorie als unannehmbar oder unmöglich zu be- zeichnen; aber immerhin stehen wir ihr zur Zeit noch skeptisch 5) Für die des Raimeux hat L. Rollier (Lit. 14, S. 41) auch an die Mög- lichkeit einer Herleitung aus vindobonischen ln (Sorvilier) gedacht, eine Annahme, die für die Schotter auf den Ketten nördlich, westlich und süd- westlich Delsberg kaum in Betracht kommen könnte. 126 A. Buxtorf und R. Koch. gegenüber und möchten uns fragen, ob nicht am Ende doch die Schotter vom Typus Bois de Raube etwas anderes (und Alteres) darstellen als die Schotter auf den Höhen der Ketten. i Wo sich Vogesenschotter der ersten Art finden, sind neben Quarziten und Buntsandsteinen auch immer typische Gesteine der Südvogesen in grosser Zahl und ziemlich frischer Erhaltung anzutreffen, besonders Porphyre, Porphyrite und Kulmgesteine, wie sie den Flussgebieten der Doller und Thur eigen sind. Nie aber ist derartiges in den Geröllen der Jurahöhen angetroffen worden und es ist schwer verständlich, weshalb oben auf den Bergen die Eruptiv- und Kulmgesteine vollständig in Lehm übergegangen und spurlos verschwunden sein sollen, während sie in unmittelbarer Nähe, aber in tieferer Lage, bis heute grosse Frische bewahrt haben. Der Unterschied zwischen Bois de Raube-Charmoille und den Schottern auf dem Sequan des Münsterbergs (La Plaine Joux) ist so gross, dass À. Elber und wir uns direkt fragten, ob die letztern nicht schwarzwäldischer Herkunft sein könnten; will man sie trotzdem von den Vogesen beziehen, so kämen als Herkunfts- ort nicht die Südvogesen in Betracht, sondern eher die Buntsand- stein-reiche Westabdachung mit ihrem Hauptkonglomerat. Dass es sich möglicherweise um zwei verschiedene und viel- leicht auch verschieden alte Schotter handeln könnte, hat schon Kemmerling angedeutet, ohne aber irgendwie die Frage weiter zu verfolgen. Auch wir sind heute noch nicht in der Lage, diese Frage beantworten zu können, möchten aber einstweilen betonen, dass zwischen den Schottern der Niederung und denen der Höhen nicht nur der Zusammensetzung nach ein Unterschied sich auf- drängt, sondern auch hinsichtlich der Auflagerung verschiedene Verhältnisse herrschen. Die des Typus Bois de Raube greifen sichtbar nur auf Kimmeridge hinab, die der Höhen dagegen bis auf Hauptrogenstein. Liegen zwei verschiedene Schotterbildungen vor, so müsste also der Ablagerung der Höhenschotter Abtragung vorausgegangen sein, was für ein jüngeres Alter derselben sprechen würde. Wir würden es als verfrüht betrachten, diese Fragen noch weiter zu verfolgen, möchten vielmehr unsere Ansicht dahin zu- sammenfassen, dass für die Schotter des Delsbergerbeckens und der umgebenden Höhen heute noch zwei Erklärungen zur Diskussion stehen: Entweder die Reliktentheorie, nach welcher alles dem Pontischen zuzuzählen wäre, oder aber die Annahme zweier ver- schiedener Schotter, von denen nur der eine pontisch, der andere dagegen aus postpontischer (wohl mittelpliocaener) Zeit stammen Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 127 würde. Die erste Erklärung hätte den Vorteil der Einfachheit für sich, ihr würde aber die Aufgabe zufallen, für den augenfälligen Unterschied der Tiefen- und Höhenschotter eine befriedigende Er- klärung zu liefern. Die Neuaufnahme des Delsbergerbeckens bringt uns vielleicht der Lösung dieser Fragen näher. N. Pliocaenbildungen und Faltungsphasen des Kettenjura. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich immer deutlicher gezeigt, dass der Bau des nordschweizerischen Jura nur durch die Wechselwirkung von rheintalischen Senkungs- und Zerrungserschei- nungen und tangential wirkendem, von den Alpen ausgehendem Schub zu verstehen ist. Ihrer Anlage nach sind die rheintalischen Störungen im allgemeinen die ältern, allein es mehren sich die Anzeichen, dass schon zur Oligocaenzeit auch leichte Störungen kettenjurassischen Charakters sich bemerkbar machten (vorvindo- bone Faltungserscheinungen auf Bl. Bretzwil, Æ. Lehner, etc.). Die zahlreichen Transgressionen der Oligocaen- und Miocaenhorizonte unter sich, wie sie der eine von uns (R. K.) im Laufenbecken nachweisen konnte und die in ähnlicher Weise auch im Delsberger- becken wiederkehren, deuten auf ununterbrochene Bewegungen hin. Auf alle diese ältern Störungserscheinungen möchten wir an dieser Stelle nicht eintreten, sondern nur prüfen, welche Beziehungen zwischen der in der Hauptsache jungtertiären Jurafaltung und den pontischen, bezw. postpontischen Schotterbildungen bestehen. Das Problem, das sich hiebei in erster Linie stellt, ist kurz das folgende: Hat sich die Jurafaltung in langsamer Kon- tinuität vollzogen, oder können einzelne Faltungsphasen unterschieden werden? 2 Die Auflagerungsverhältnisse der Schotter, gleichgültig ob die- selben eine einheitliche Bildung oder verschiedenaltrig sind, zwingen uns, der zweiten Annahme den Vorzug zu geben; wir können uns nicht vorstellen, wie die oben im einzelnen beschriebene Ge- röllüberstreuung Ha langsam und kontinuierlich sich vollziehender Faltung hätte erfolgen können. Die zeitliche are der Faltungsphasen wird aber natür- lich eine verschiedene, je nachdem wir die Schotter als einheitliche pontische Bildung lbs en oder sie als zwei nach Zusammensetzung und Alter getrennte Ablagerungen betrachten. Nehmen wir den ersten Fall an, dann werden wir durch das Übergreifen der Schotter auf Ohenenen, Malm und im Kern der heutigen Ketten auf Dogger zu der Annahme geführt, dass in Anke Zeit, aber noch vor dem than eine erste 128 A. Buxtorf und R. Koch. recht intensive Auffaltung mit darauffolgender 'starker Abtragung stattgefunden habe. Über die so geschaffene Fastebene hätten sich die len als Decke mehr oder weniger gleichmässig abgelagert, in grösserer Mächtigkeit und als geschlossene Sand- und Geröll- massen in den hiefür besonders geeigneten Tertiärbecken, spärlicher und mit Schwemmlehmen vermengt auf den Gewölberücken. Eine zweite postpontische (wohl mittelpliocaene) Faltungsphase erzeugte dann das im wesentlichen bis heute erhaltene Faltungsbild que hob die Schotter auf die Höhen empor. Wählen wir die zweite Annahme als Grundlage, so wäre — von ältern Störungen abgesehen — die erste Faltungsphase in sofortigem Anschluss an die Ablagerung der pontischen Bildungen erfolgt; die Abtragung der Faltenwellen und die Schaffung der Fastebene wäre im Mittelpliocaen wohl schon vollendet gewesen, sodass am Ende- dieses Zeitabschnitts dann die Überdeckung mit Quarzit- und Buntsandsteingeröllen und Lehmen erfolgen konnte. Die anschliessende zweite, im Kettenjura im Süden des Rhein- talgrabens vielleicht mit Senkungen verknüpfte Faltungsphase wäre auf die Wende von Mittel- und Oberpliocaen zu verlegen. Wie im ersten Fall ist dieser abschliessenden Faltungsphase das heutige Kettenbild zu verdanken; die dadurch neu belebte Erosion hat in beiden Fällen nur spärliche Relikte der Pliocaenschotter auf den Höhen zurückgelassen, z. T. mögen sie hier im Verlaufe der Quar- tärzeit leichte Verschleppung und Umlagerung erfahren haben, was namentlich auch für die Lehme gelten dürfte. Der Gedanke, die Jurafaltung im wesentlichen in zwei Phasen aufzulösen, ist nicht neu. Æ. Brückner (Alpen im Biszeitalter S. 477 ff.) hat aus morphologischen Erwägungen heraus denselben Schluss gezogen, wobei freilich seine Annahme, es sei der ober- pliocaene Sundgauschotter vom Alpennordfuss über den eingeebneten Jura in den Sundgau gelangt, keinen Anklang gefunden hat. Die Aufgabe künftiger Forschung aber wird es sein, zu untersuchen, ob zwischen Brückners Peneplain und der von uns aus Geröll- funden gefolgerten Fastebene Beziehungen bestehen. Hiefür wird eine Se online der Freiberge aber erst die Unterlage schaften müssen; im besondern wird den merkwürdigen, mehr auf lokale Abrasıne hinweisenden Schottern, die von Oertel (Lit. Nr. 10, 8. 55) und Schuh (Lit. Nr. 15, S. 15) aus den Freibergen und von Roller von La Chaux-de-Fonds und Le Locle beschrieben worden sind (Lit. Nr. 14, S. 29), grösste Beachtung zu schenken sein. Bestätigen sich die zwei oben angenommenen jungtertiären Faltungsphasen, so wird auch zu prüfen sein, ob und in welchem Umfange von einem rückschreitenden Gang der Faltung im Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 129 Juragebirge gesprochen werden kann (vgl. A. Buxtorf : Prognosen und Befunde beim Hauensteinbasis- und Grenchenbergtunnel etc. ; diese Verh. Bd. XXVII, S. 218). Dass die jüngsten Bewegungen in jedem Fall am Innenrande des Juragebirges gesucht werden müssen, geht schon aus den Peneplain-Profilen Æ. Brückners (a. a. O. S. 477) hervor und ist aus andern Ueberlegungen heraus auch von Machacek gefordert worden. (Der Schweizer Jura; Peterm. Mitt., Ergänzungsheft Nr. 150; S. 64.) | Auch für die Abtragung des Juragebirges in quartärer Zeit dürfte durch die Auflösung der Faltung in zwei Phasen bestimmte Richtlinien geschaffen worden sein. Vor allem wird uns die starke Lockerung vieler Malmflanken verständlich, besonders wenn sie sich in überkippter Schichtlage oder in der Nähe von Uberschie- bungen befinden. Die nach der ersten Phase einsetzende Ab- tragung entblösste den Malm oben in den Gewölbeschenkeln von der Molasse, sodass die zweite Phase die höhern Teile der Flanken ungeschützt vorfand und Lockerung des Schichtverbandes erzeugen konnte. Das Weiterschreiten dieser Lockerung während der Quartär- zeit führte dann zum Abrutschen ganzer Schichtpakete in die offenen Tertiärmulden hinaus (Gemeindevrald W. Aesch, Malm- massen NW. Delsberg, Mont Chaibeux, Abgleitung S. Crémine, Malmmassen der Umgebung von Balstal etc. etc.). OÖ, Schlusswort. Es wäre natürlich von grösstem Interesse, die uns beschäf- tigenden Gedankengänge auch auf andere Gebiete des Jura aus- zudehnen, allein es liegt hier noch zu wenig sicheres Beobachtungs- und Vergleichsmaterial vor. Nur mehr beiläufig sei an die gleichfalls durch Quarzite, Sande und konkretionäre Eisenerze gekennzeichneten Pliocaenbildungen des westlich benachbarten französischen Jura und der Bresse erinnert, an die Anschluss zu suchen die Aufgabe der Zukunft sein wird.°) Das uns beschäftigende Problem wird auch berührt durch L. Rollier's Abhandlung „Sur la provenance des galets et sables de la Forêt de Chaux, près Dôle et sur l’origine de la terre agraire en Franche-Oomte (Bull. soc. d’agricult. etc. de la Haute-Saône, Vesoul 1907). Aus dem westschweizerischen Jura seien die von Douxami zum Pliocaen gestellten Quarzite der Gegend von 6) Man vergl. z. B. die Textes explicatives der französ. geol.. Karten 1:80,000 Belfort, Lons le u Nantua; ferner de Lapparent, Traité de Géol., Pliocaen der Bresse. 9 130 A. Buxtorf und R. Koch. Ste. Croix (Ecl. geol. Helv. IV. 8. 421) erwähnt, für die er aller- dings alpine Herkunft voraussetzt; vielleicht erscheint nach unsern Ausführungen auch der von H. G. Stehlin eingehend diskutierte Hipparionfund von Ste. Croix in anderm Lichte. Aehnlich wird auch im östlichen Jura nach Pliocaenspuren zu suchen sein. A. Gressly (Jura soleurois S. 322) erwähnt Gerölle vom Plateau von Hochwald (Hobel); von der Hochfläche von Gempen SE. Basel hat uns Herr Dr. Aimé Bienz ein auf dem Felde Zurzach (NE. Gempen) gefundenes Quarzitgeröll überbracht, das aber möglicherweise auch bloss verschleppt ist. Reichlich ausgestreut sind dagegen Quarzitgerölle auf den Tafeljurahöhen von Blatt Gelterkinden (siehe Buxtorf, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. N.F., Liefg. 11); sie sind bis jetzt immer als glaziale Bildungen gedeutet worden, allein die Möglichkeit, dass ein Teil derselben pliocaenen Alters sein könnte, muss entschieden in Erwägung gezogen werden, denn sehr häufig sind sie mit hellem sandigem Lehm verknüpft (a. à. O. S. 70). Im Uebrigen wird nicht nur das Gebiet von Gel- terkinden, sondern der gesamte Basler Tafeljura auf Pliocaen- bildungen hin zu untersuchen sein. Dabei wird nicht nur den Ge- röllen Beachtung zu schenken sein, sondern vor allem auch Jungen Bohnerzbildungen, auf deren Vorhandensein schon F. v. Hüene hingewiesen hat (Geol. Beschr. d. Gegend v. Liestal etc. diese Verh. Bd. XII, S. 369). Etwas jünger sind vermutlich die im Muschelkalkgebiet beidseitig des Rheines oberhalb Basel auftretenden Bolustone und Bohnerze, die von Blösch (Zur Tek- tonik des schweiz. Tafeljura, N. Jb. f. Min. etc. B. B. XXIX, S. 666) und von v. Bubnoff (Die Tekt. der Dinkelberge ete., Mitt. Grossh. Bad. geol. Landesanstalt, Bd. VI, S. 545) gefunden worden sind und von beiden Autoren ins Pliocaen gestellt werden. Bei der Unterscheidung der Gerölle wird aber im östlichen Tafelgebiet die Trennung vom Glacial der grössten Vergletscherung sicherlich erhebliche Schwierigkeiten bereiten.) 7) Anmerkung von A. Buxtorf betr. Glacialspuren im Tafeljura: Wenn W. Deecke (Kritische Studien zu Glacialfragen Deutschlands; Zeitschrift für Gletscherkunde, XI. 1918, S. 55 u. ff.) kürzlich das Vorhandensein ächter Moränen und erratischer Blöcke im nordschweizerischen Tafeljura in Zweifel gezogen hat, so muss dem entschieden entgegengetreten werden. Typische Rhonegletscher-Grundmoräne aus der vorletzten, grössten Eiszeit fand sich 1913—14 sehr verbreitet in den Anschnitten der Zufahrtslinie zum neuen Hauen- steinbasistunnel bei Sissach und Gelterkinden ; an letzterm Ort erwies sich auch der unterlagernde Lias glacial geschrammt. Auf ein ähnliches Vorkommen bei der Station Lausen hat mich im Dezember 1918 Herr Dr. Fr. Leuthardt, Liestal, aufmerksam gemacht. Dr. Leuthardt deutete anfänglich die Glättung des Felsens (Blagdeni-Schichten) als durch Flusserosion entstanden und hielt die auf- Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge. 151 Im Aargauerjura fehlen uns ähnliche Angaben, dagegen haben Gutzwiller und Schalch im Süden des Klettgaus Quarzitgerölie nach- gewiesen, die nach der ganzen Art ihres Vorkommens sehr wohl den Pliocaenschottern des westlichen Juras verglichen werden können (vgl. Alb. Heim, Geol. der Schweiz, S. 280 und 546). Endlich wird zu prüfen sein, ob nicht eventuell ein Teil der von F. Schalch von der Hochfläche des Reyath und Randens beschriebenen Quarzit- _gerülle, die er mit den miocaenen Meeressanden in Zusammenhang bringt, pliocaenen Alters sein könnte (vgl. F. Schalch: Das Tertiär- gebirge auf dem Reyath etc.; Mitt. d. Grossh. bad. geol. Landes- amt. Bd. VII. 1914, S. 725). Vom Klettgau wäre der Anschluss gegeben an die hochliegenden, gleichfalls quarzitreichen Schotter, die F. Schalch bei Blumberg entdeckt hat, über welche W. Deecke bei der Besprechung der Pliocaenbildungen in seiner „Geologie von Baden“, II. Teil, S. 523, im Zusammenhang berichtet. Endlich hätten wir darauf hinzuweisen, dass analoge Quarzitschotter auch im schwä- bischen Jura vorkommen, die nach M. Dietrich (Alteste Donau- schotter auf der Strecke Immendingen-Ulm; Diss. Tübingen 1904) unterpliocaenen Alters sind. Auch zahlreiche bohnerzführende Spaltenausfüllungen haben sich durch das Auftreten von Hipparion gracile etc. als pontisch erwiesen (vergl. die Übersicht in 7h. Engel: Geogn. Wegweiser durch Württemberg, Pliocaen). Wir sehen, es bleibt nach mancher Richtung hin noch eine Fülle von Arbeit zu leisten, erst späterer Zeit wird es darum vor- behalten sein zu entscheiden, ob die in der vorliegenden kleinen Abhandlung auf Grund weniger Beobachtungen ausgesprochenen Ansichten aufrecht erhalten werden können oder Besserem zu weichen haben. Vor allem wird der Herkunft der Gerölle grösste Aufmerksamkeit zu schenken sein; in dieser Hinsicht bieten nur wenige Vorkommen ganz einwandfreie Fingerzeige (Kastelhöhe, liegenden Gerôllbildungen für gesackte Juranagelfluh. Allein anlässlich einer im Januar 1919 gemeinsam mit Dr. Leuthardt und Studierenden ausgeführten Exkursion erwies sich die glatte Felsoberfläche als ächter Gletscherschlift und die gesackte Juranagelfluh als sandig-lehmige Grundmoräne mit zahl- reichen gekritzten Geschieben. Herr Dr. Leuthardt, der diese Deutung über- nahm, wird voraussichtlich eine genaue Beschreibung dieses inzwischen zer- störten Aufschlusses geben; Belegmaterial befindet sich in den Museen von. Basel und Liestal. (Anmerkung während des Druckes: Einige kurze vorläufige Angaben F. Leuthardts sind in den eben erscheinenden „Verh. der Schweiz. Natf. Ges., Lugano 1919,* S. 103 enthalten). Dagegen stimme ich W. Deecke bei, wenn er die Entstehung der „Wehra- talmoränen“ des Möhlinerfeldes eher auf Wildwasser- als. auf Eistransport zu- rückführt, und dasselbe gilt wohl auch für die unverständlich tief liegenden ähnlichen „Moränen“bildungen des untern Wehratals. 132 A. Buxtorf und R. Koch. Bois de Raube); für die meisten, dies gilt besonders für die reinen Quarzitschotter, kann die Herkunft einstweilen nur vermutungsweise angegeben werden. 10. 19% 12. Literatur-Verzeichnis. . E. Fleury. Le Sidérolithique suisse. Thèse Fribourg 1909. 3 . Ed. Greppin. Geolog. Karte des Blauenberges südlich Basel. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Spez.-Karte Nr. 49. Erläut. Nr. 7. . J. B. Greppin. Notes géologiques sur les terrains modernes, quaternaires et tertiaires du Jura bernois. Neue Denkschriften schweiz. Natf. Ges. Bd. XIV, 1855. . A. Gutzwiller. Beitrag zur Kenntnis d. Tertiärbildungen der Umgebung von Basel. Verh. Natf. Ges. Basel Bd. IX, 1890. . A. Gutzwiller. Die Wanderblôcke auf Kastelhöhe. Verh. Natf. Ges. Basel Bd. XXI, 1910. . A. Gutzwiller und Ed. Greppin. Geologische Karte v. Basel. Erster Teil. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Spezialkarte Nr.77. Erläut. Nr. 18. . K. L. Hummel. Die Tektonik des Elsgaus. Ber. Natf. Ges. Freiburg i. Br. Bd. XX, 1914. . G. L. L. Kemmerling. Geologische Beschreibung d. Ketten v. Vellerat und Moutier. Diss. Freiburg i. Br. 1911. . F. Mühlberg. Bericht üb. d. Exkursion d. schweiz geol. Gesellschaft in den Basler u. Solothurner Jura. Verh. Natf. Ges. Basel Bd. X, 1893. W. Oertel. 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Basel Bd. XXV, 1914. Geolog.-palaeont. Institut der Universität Basel, Ende Februar 1920. Friedrich Goppelsroeder. 1. April 1837 — 14. Oktober 1919. Von Fr. Fichter. Im Jahre 1917 haben wir zwei Gedenktage gefeiert, den hun- dertsten Geburtstag unserer Basler Naturforschenden Gesellschaft und den achzigsten Geburtstag eines ihrer vier Senioren, Friedrich Goppelsroeder, dessen Bild im Festbericht!) erschien. Im Herbst 1909 hatte die Gesellschaft in einem bescheidenen Festvortrag *) der 50-jährigen Mitgliedschaft Goppelsroeders gedacht: er trat 1859 ein und hat der Gesellschaft während dreier Amtsperioden als Vicesekretär gedient. Im Oktober 1919 wurde der bis dahin immer noch rüstige greise Gelehrte unerwartet rasch hinweg- gerafft, in dem Jahr, in welchem er das 60-jährige Jubiläum seiner Mitgliedschaft hätte feiern können. | Ueber seinen Lebensgang hat er selbst auf Bitten Wolfgang Ostwalds eine kurze Notiz veröffentlicht), die ich hier wörtlich wiedergebe: „Geboren wurde Prof. Dr. Christoph Friedrich Gop- pelsroeder am 1. April 1837 zu Basel. Nach Absolvierung der Schulen in seiner Vaterstadt und schliesslich in Neuchätel, wo er in der höheren, zwischen alter und neuer Akademie eingeschaltet gewesenen Schule „Les Auditoires“ namentlich den hochanregenden vorzüglichen Chemie- und Physikunterricht von Prof. Charles Kopp genoss, begann er vom Wintersemester 1855 an das Universitäts- studium in der philosophischen Fakultät der Universität zu Basel, wo er Chemie bei Schönbein, Physik bei @. Wiedemann, Geologie bei Peter Merian, Mineralogie bei Albrecht Müller, Botanik bei Meissner hörte. Vom Oktober 1856 an studierte er in Berlin, wo 1) Verh. Naturf. Ges. Basel. 28. I zwischen 192 und 193 (1917). 2) Am 1. XII. 1909, vergl. Verh. Naturf. Ges. Basel. 21. 1. (1910). 3) Sie erschien in der Kolloid-Zeitschr. 10. 2 (1912) zur Feier des 50- jährigen Gedenktages seiner ersten Publikation, zusammen mit einem Bild aus jüngeren Jahren. 134 _ Fr. Fichter. er die Vorlesungen von Heinrich Rose, Maynus, Mitscherlich, Schnei- der, Sonnenschein, Dove und Gustav Rose besuchte. Nach halb- jährigem Besuche des chemischen Praktikums bei Sonnenschein arbeitete er auf freundlichste Einladung im Laboratorium von Heinrich Rose. Vom Wintersemester 1857/58 an studierte er ein Jahr in Heidelberg, wo er die Vorlesungen von À. Bunsen, Kirch- hoff, Ritter von Leonhard, Kekulé und Carius besuchte und bei R. Bunsen im Laboratorium arbeitete, wo er die Freude hatte, einen Arbeitsplatz neben R. Bunsens Assistenten, Winkler, ange- wiesen zu bekommen. Ende Sommersemester 1858 doktorierte er. mit „summa cum laude“ in Chemie, Physik und Mineralogie. Vom Winter 1858/59 bis Frühjahr 1860 studierte er praktisch in der seinen beiden elterlichen Familien Goppelsroeder-von Speyr befreun- deten weltbekannten Fabrik Koechlin, Baumgartner & (ie. in Lör- rach im Wiesental, Bleicherei, Färberei und Druckerei. Im März 1860 wurde er Stellvertreter des öffentlichen Chemikers in Basel, ein Jahr darauf nach dessen Eintritt in die Industrie dessen Nach- folger, in welchem Amte eines Staatschemikers er bis zum Mai 1870 verblieb. Während dieser 10 Jahre war er auch tätiges Mitglied des Sanitätskollegiums und des Sanitätsausschusses. Vom Februar 1861 an war er Privatdozent der Chemie an der Univer- sität zu Basel, beteiligte sich in reichlichem Masse bei den popu- lären Vorträgen und gab ausser den Vorlesungen und praktischen Kursen’ für Studierende noch solche für Nichtstudierende. Nach mehrjährigem Wirken als Sekretär des von ihm angeregten, mit Hilfe hervorragender Männer ins Leben gerufenen „Handwerker- und Gewerbevereins“ blieb er dessen Präsident bis zu seinem Rufe nach Mülhausen i. E. Nach Schönbeins 1868 erfolgtem Hinscheiden erteilte er im Auftrag der Erziehungsbehörde Basels den gesamten. Unterricht der Chemie bis zum Jahre 1870. Am 30. Januar 1869 wurden Dr. Julius Piccard von Zürich zum Ordinarius, Dr. Fried- rich Goppelsroeder von Basel zum Extraordinarius ernannt. Seit 1868 erteilte er auf besonderen Wunsch deren Rektors Autenheimer den chemischen Unterricht an der obersten Klasse der oberen Realschule oder Gewerbeschule, seit 1869 auch noch an den untern Klassen. Vom Ende des Jahres 1872 an war er Direktor und Professor der Chemie an der städtischen, unter dem Patronage der ,Société Industrielle“ in Mülhausen i. E. stehenden höheren Schule für Chemie, nachdem er schon seit 1859 gewöhnliches und dann korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft geworden war. Nach angestrengtester Tätigkeit gab er im Frühjahr 1880 seine Demission. Schon seit Beginn seiner Tätigkeit in Mülhausen wurde er Mitglied des Kreisgesundheitsrates. Von 1880 an konnte er Friedrich Goppelsroeder +. 135 sich in seinem Privatlaboratorium ausschliesslich seinen wissen- schaftlichen Forschungen widmen, sowie dann auch nach Wieder- rückkunft in seine Vaterstadt Basel 1898 bis heute.“ Die wissenschaftliche Entwicklung Goppelroeders zeigt deutlich, wo ihm in seinen Lehr- und Wanderjahren die stärksten Ein- drücke zugeflossen sind. In erster Linie steht zweifellos Christian Friedrich Schönbein, was aus der Arbeitsweise schlagend her- vorgeht. Die kurze industrielle Periode bei Koechlin, Baum- gariner & Cie. hat die Aufmerksamkeit des jungen Forschers auf die weiten Gebiete der technischen Chemie, speziell der Farben- fabrikation gelenkt; die grossen Analytiker Heinrich Rose und R. W. Bunsen haben ihm das Rüstzeug zur Lösung der Auf- gaben eines öffentlichen Chemikers mitgegeben. Seine Lehrtätig- keit in Mülhausen, über die er in der Selbstbiographie so schlicht hinweggeht, war vom schönsten Erfolg gekrönt. Der Unterricht begann 1872 mit 6 Schülern, 1874 waren es deren bereits 18, wovon 10 im ersten Jahreskurs, 6 im zweiten und 2 vorgerücktere Praktikanten, und 1878 (die Schülerzahl war unterdessen auf 33 angewachsen) heisst es im Rapport présenté à la Société industrielle par son comité d'utilité publique‘): „Depuis la constitution de l'Ecole sous son régime actuel, elle est dirigée par M. le Dr. Fr. Goppelsroeder, dont le talent, l’activité, la grande expérience et le dévouement sans bornes ont amené l’Ecole à son degré de prospérité actuel.“ Unter seiner Leitung wurde auch der Neubau der Chemieschule errichtet und im Herbst 1879 bezogen. Ueber seine lebhafte Beteiligung an allen Arbeiten der Société industrielle in jener Periode und speziell im Comité de Chimie, dem er von 1872 an angehörte, hat er selbst in einem kleinen Heftchen be- richtet). Schon 1880, also erst 43-jährig, trat Goppelsroeder vom Lehr- amt zurück, um seine ganze Zeit der Forschung zu widmen, was ihm sein Wohlstand ermöglichte. Gar mancher, der seine Kräfte im ermüdenden täglichen Unterricht verbraucht, wird ihn darum beneiden wollen. Aber die Aufgabe aller öffentlichen Stellungen war wenigtens teilweise veranlasst durch einen gewissen Mangel an Befriedigung im Dienste des Gremeinwesens. Man beobachtet so häufig das tragische Geschick, das gerade denen, die am meisten nach äusserer Anerkennung dürsten, solche nur spärlich zufliesst: das ruft ein Gefühl der Zurücksetzung und Erbitterung hervor, 4) Bull. Soc. ind. Mulh. 48. 412 (1878). 5) Notizen von Prof. Dr. Friedrich Goppelsroeder über seine Tätigkeit in der Société industrielle von Mülhausen i. E., Basel, Emil Birkhäuser 1912. 136 Fr. Fichter. und damit das Bedürfnis, sich von der Umwelt unabhängig zu machen und die beata solitudo des Privatgelehrten aufzusuchen. Schon während der Zeiten amtlicher Tätigkeit, noch reich- licher aber in den Jahren unabhängiger Forschung entstanden die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen Goppelsroeders, auf deren Inhalt wir nunmehr einzutreten haben. Die Arbeiten unseres Freundes betreffen im wesentlichen drei Gebiete: die analytische Chemie, die elektrochemische Darstellung von Farbstoffen und die Kapillaranalyse. Wir wollen die For- schungen in der angegebenen Reihenfolge, die der Bedeutung der Gegenstände entsprechend ansteigt, kurz und unter Beschränkung auf das Wichtigste betrachten. Seine Tätigkeit als Nahrungsmittel- _ chemiker liess ihm allerlei Probleme der qualitativen und quanti- tativen Analyse zufliessen. Eine wichtige Angelegenheit war ihm die Untersuchung von Trinkwasserquellen, speziell auf ihren Gehalt an Nitraten im Hinblick auf die sanitarischen Fragen‘); er hat sich auf diesem Gebiet mit Dr. med. Adolf Hägler - Gutzwiller getroffen, der dem Zusammenhang zwischen einer Typhusepidemie in Lausen 1872 und der Wasserversorgung jener Gemeinde nach- ging. In der Mülhauserzeit tritt die analytische Untersuchung technischer Produkte mehr in den Vordergrund: Goppelsroeder hat sich auch im schwierigen Gebiet der Ultramarine versucht. Sein Lieblingsgegenstand in analytischer Beziehung war aber die von ihm 1866 entdeckte qualitative Reaktion auf Aluminium- salze mit alkoholischer Morinlösung’). Die empfindliche Reaktion, bestehend in einer intensiv grünen Trübung, ist für Aluminium spezifisch, selbst die Verbindungen des ihm am nächsten stehenden Berylliums und der seltenen Erdmetalle zeigen nichts dergleichen. Die warme Liebe, mit der Goppelsroeder der von ihm als Fluores- zenz aufgefassten Erscheinung nachgeht und sie durch einen klei- nen Tyndallkegel deutlich sichtbar macht, lässt mich vermuten, dass ihm die in die damalige Zeit fallenden Studien seines Freundes Eduard Hagenbach über Fluorescenz®) einen grossen Eindruck hinterlassen haben. Eine genaue Durcharbeitung der Reaktion und die Isolierung des eigentlichen Trägers derselben steht noch aus. Goppelsroeder hat die Genugtuung gehabt, dass F. P. Treadwell die Reaktion in sein verbreitetes Lehrbuch der analytischen Chemie’) aufnahm. 6) No. 26 des Verzeichnisses der Publikationen, „der Naturf. Gesellschaft zu ihrem 50sten Jubiläum gewidmet“. 7) Morin ist ein Farbstoff aus dem Gelbholz; Rupe, Chemie der natürlichen Farbstoffe, S. 82 (1900). 8) Erste Publikation darüber Verh. Naturf. Ges. Basel 4. 819 (1867). 9) I. Band, 8. Aufl. S. 95 (1914). Friedrich Goppelsroeder 7. 137 Das zweite grössere Gebiet, das Goppelsroeder in Angrift nahm, ist die Darstellung von Anilinfarbstoffen mit Hilfe der elektrolytischen Oxydation, von ihm kurz „Farbelektrochemie* genannt. Auf diesem Felde ist Goppelsroeder bahnbrechend und selbständig vorgegangen. Im Wintersemester 1874/75 machte er die erste Beobachtung über die Oxydation einfacher organischer Stoffe, speziell solcher der aromatischen Reihe, zu Farbstoffen, die er in einem Pli cacheté am 30. Juni 1875 bei der Société industrielle niederlegte. Das Schreiben wurde am 24. November 1875 eröffnet!). Die Grundidee war, an Stelle der chemischen Oxydations- mittel den elektrischen Strom, beziehungsweise den elektrolytisch entwickelten Sauerstoff, zu verwenden, vorausgesetzt, dass die elektrische Energie sich billig genug produzieren liess. Die ersten Versuche hat Goppelsroeder mit Bunsenelementen und mit Chromsäurebatterien gemacht. Später stellte er in seinem Privatlaboratorium in Mülhausen eine Dynamomaschine auf und vervollständigte diese Anlage in Basel durch eine Accumulatoren- batterie. Die neue Methode der Darstellung von Farbstoffen war äusserst einfach und vollzog sich ohne persönliche Mitwirkung des Ohemikers fast von selbst. Sie lieferte ausserdem schon aus Anilin allein eine reiche Skala von Farbstoffen, je nach den Bedingungen der Oxy- dation. Sie war der mannigfaltigsten Anwendung fähig, je nachdem die oxydative oder reduktive Wirkung des Stromes benützt wurde. Die verschiedenen erstrebenswerten Ziele fasste Goppelsroeder folgendermassen zusammen '}): „1°. Pour former et fixer simultanément des colorants sur les fibres diverses; 2° a). pour ronger les colorants fixes sur tissu et produire ainsi des dessins blancs sur fond uni; b). pour ronger les colorants fix6s sur tissu et pour former en même temps des dessins en nouvelles couleurs sur fond uni; 3° pour empêcher l’oxydation des couleurs pendant leurs impression; 4° pour préparer les dissolutions des colorants réduits ou hydrogénés, appelées cuves (d’indigo, de noir d’aniline); 5° la réproduction electrochimique de médailles, gravures etc. en noir d’aniline et autres colorants sur les tissus des differentes fibres et sur papier, ainsi qu’en blanc ou rongeage avec nouvelle coloration sur rouge turc, bleu indigo etc.“ 10) Um Goppelsroeders Priorität gegenüber Coquillon, Comptes rendus Acad. Paris, 81. 404 (1875), zu wahren. 11) No. 48, S. 270. 138 Fr. Fichter. Begeistert von der Neuheit des Gegenstandes und von dem weiten Ausblick auf alle möglichen Anwendungsgebiete entfaltete Goppelsroeder nun eine eifrige Forschungstätigkeit; er hatte die Freude, der Société industrielle bei Anlass ihres 50-jährigen Jubiläums 1876 eine grössere Abhandlung mit dem Titel „Etudes électrochimiques des dérivés du benzol“!?) vorzutragen, und im Jahre 1881, nachdem ihm sein Rücktritt von der Direktion der Chemieschule mehr Musse zur Ausarbeitung seiner Erfindung ver- liehen hatte, sandte er eine Kollektion seiner neuen Farbstoffe und der damit erzielten Ausfärbungen zur Elektrizitätsausstellung nach Paris unter Beilage einer kleinen erklärenden Schrift '>). Woher kommt es nun, dass diese Erfindung, die nicht nur von höchstem wissenschaftlichen Interesse ist, hat doch Goppels- roeder damit die elektrolytische Oxydation der aromatischen Ver- bindungen als Erster in Angriff genommen, sondern die auch bei den technischen Chemikern und bei den Coloristen als aussichtsreich grosses Aufsehen erregte, schliesslich zu so wenig greifbaren Erfolgen geführt hat? Eine ganze Reihe von Umständen. sind zu berücksichtigen, um das offenbare Missverhältnis zwischen der aufgewendeten geistigen und experimentellen Arbeit und dem äusserlichen Erfolg zu verstehen. In allererster Linie steht die wissenschaftliche Erziehung unseres Freundes. Das Wort, das Wilhelm Ostwald'*) über Schönbein aus- sprach: „Schönbein war in seinen Arbeiten überall ein Beginner, kein Vollender. . . . Auch die Elektrochemie verdankt ihm wichtige Anregungen, aber er hat sie nicht zu einem klaren und unzweifel- haften Ergebnis durcharbeiten mögen, und so ist die Forschung unter Benützung der von ihm gewonnenen Gesichtspunkte doch bald über ihn fortgeschritten“, es gilt in vollem Masse auch für Goppelsroeder. Er sah in seinen elektrolytischen Zellen aus Anilin oder aus Gemischen von Anilin mit verwandten Basen eine Ueberfülle von gefärbten Körpern entstehen, die sich der Faser gegenüber als Farbstoffe erwiesen; aber er isolierte die neuen Stoffe nicht in reinem krystallisiertem Zustand. Bei der einzigen von ihm publi- zierten Analyse von elektrolytischem Anilinschwarz '°), die ihn zur Formel C,, H,, N, : HCl führte, im Gegensatz zu AR. Nietzki !*), der gleichzeitig an gewöhnlichem Anilinschwarz C,,H,,N,-HCl fand, 12) No. 40 A. 13) No. 47. 4) Elektrochemie, ihre Geschichte und Lehre, S. 665, Leipzig (1896). 15) No. 41. S. 133. 16) Ber. d. deut. chem. Ges. 9. 616 (1876). mg US PAUSE HEURE Friedrich Goppelsroeder 7. 139 interessierte ihn nur die Frage, ob das elektrolytisch erzeugte Schwarz: von dem rein chemisch erzeugten verschieden sei. Metzki hat zwei Jahre später!") die Nichtübereinstimmung der Analysen durch die verschiedene Art der Trocknung aufgeklärt und damit die Identität der auf verschiedenem Wege erzeugten Anilinschwarz- arten erwiesen. Der von der deutschen chansehon Gesellschaft vorzüglich organisierte Dienst zur Sammlung aller Literaturstellen über organische Körper befolgt die Regel, nur solche Stoffe aufzunehmen, deren sachgemäss ausgeführte Analysen mit den Versuchsdaten publiziert sind. Daher kommt es, dass in den Sammelwerken von den vielen elektrochemischen Versuchen Goppelroeders kaum eine Notiz zu finden ist; von seiner elektrolytischen Darstellung des Kanarins aus Kaliumrhodanid !°) sagt beispielsweise das Beil- steinsche Handbuch der organischen Chemie kein Wort, nur durch das kleine Lehrbuch „Grundzüge der Elektrochemie* von Robert Lipke'), wo diese Reaktion als Vorlesungsexperiment aufgenommen ist, wurde der hübsche Versuch weiteren Kreisen bekannt. Dass die Gewohnheit der chemischen Referierorgane, nur auf das Vorhandensein von Analysen abzustellen, anfechtbar ist, geht aus der vielfach zu belegenden Tatsache hervor, dass _ falsch analysierte Körper auch aufgenommen werden, und dass solche Irrtümer durch alle Auflagen der Handbücher hindurch ihr unrechtmässiges Dasein schleppen. Wir vermissen freilich in Goppelsroeders Experimenten nicht nur die zahlreichen Elementaranalysen, mit welchen der Organiker seine Publikationen zu spicken gewohnt ist, sondern auch jede Messung über Beziehungen zwischen der aufgewandten elektrischen Energie und der Menge des Präparates, sodass keine Klarheit über die Ausbeuten an den Farbstoffen erzielt wird. Goppelsroeders Forschungen wurden ferner, sehr zu ihrem Nachteil, den Zeitgenossen nicht rasch genug bekannt. Es ist ein allgemeiner Grundsatz der chemischen Zeitschriften, lange Abhand- lungen abzuweisen oder zur Kürzung zurückzuweisen; aus der unerfreulichen Korrespondenz zwischen Autoren und Redaktoren wegen dieser Forderung liesse sich ein ungeheures Material von Fällen scheinbarer und wirklicher Ungerechtigkeit zusammenstellen. Schmiegsame Autoren willigen schliesslich ein und vollziehen die Amputation am eigenen Kinde. Aber Goppelsroeder war kein schmiegsamer, sondern ein aufrechter Autor: wie er es geschrieben 17) Ber. d. deut. chem. Ges. 11. 1093 (1878). 18) No. 52, No. 55. 19) S. 37. Berlin (1899). 140 Fr. Fichter. hatte, so sollte das Manuskript auch gedruckt werden. Darum sah er sich oft genötigt, weniger verbreitete Zeitschriften aufzusuchen, oder gar, ohne Scheu vor den hohen Kosten, Privateditionen zu veranstalten. Selbst in den heute meist benützten Lehrbüchern der Elektro- chemie findet man die Forschungen Goppelsroeders nur mangelhaft zitiert; Fr. Foerster””) und A. Moser?!) führen ihn ein einziges Mal an; etwas ausführlicher gehen A. Minet?””) und W. Loeb*) auf die Arbeiten ein. Ein letzter wichtiger Umstand verhinderte endlich einen raschen Erfolg der farbelektrochemischen Arbeiten. Goppelsroeder hatte sich sein Ziel viel zu hoch gesteckt, als er geradewegs, vom Anilin und andern einfachen Ausgangsmaterialien ausgehend, zu technisch brauchbaren Farbstoffen kommen wollte. Wir wissen heute, dass die elektrochemische Oxydation organischer Stoffe an Platinanoden meist einen äusserst verwickelten Verlauf nimmt, und dass nur die geduldige Untersuchung aller, auch der gasförmigen und der leichtlös- - lichen Reaktionsprodukte, zur vollen Aufklärung führen kann; in dieser Richtung müssen zuerst die allereinfachsten Ausgangs- materialien bearbeitet werden. Das war Goppelsroeder wohl be- wusst, wenn er?!) in seinem Programm den Satz aufstellte: „Arriver même aux matières toutes primitives, au benzol, toluène, naphtaline, anthracene etc., ce qui aurait une grande importance théorique.“ Verschiedene seiner Versuche sind später von anderer Seite aufgenommen und bis zu einem gewissen Grade durchgearbeitet worde, A. Binz und A. Hagenbach”??) haben an der Goppelsroeder- schen elektrolytischen Indigoküpe gezeigt, dass die Natur des Kathodenmetalls eine dominierende Rolle spielt, sodass man eher an direkte Metallwirkung als an elektrolytische Reduktion denken muss. A. Voigt”) hat das Verfahren zur Darstellung von Ros- anilinsalzen weiter ausgebaut und ihm ähnliche Reaktionen ange- reiht. Hieher gehören auch die Veröfientlichungen von A. Foelsing °”), der Farbholzextrakte elektrolysierte, und von E. C. Szarvasy?), der 20) Elektrochemie wässriger Lösungen, II. Aufl., S. 783 (1915). 21) Elektrolytische Prozesse der organischen Chemie, S. 68, Halle (1910). 22) Traité d’electrochimie, S. 477, Paris (1900); dieser Autor schreibt aber Goppelsroeders Namen konsequent falsch! 23) Elektrochemie der organischen Verbindungen, S. 207, 223, Halle (1905). 24) Nr, 47. 25) Z. Elektrochem. 6. 262 (1899). 26) Z, angew. Ch. 1894. 107. 21) D. R. P. 80036 (1894). 28) Z. Elektrochem. 6. 403 (1900). mots ie st Gide a Friedrich Goppelsroeder +. 141 mit geschmolzenen Anilinsalzen die Farbstoffdarstellung zu ver- bessern suchte. Goppelsroeders Arbeiten über Alizarin sind von Perlin?°) wiederholt und eingehender studiert worden. Aber keine der vielen vorgeschlagenen elektrochemischen Farbstoffsynthesen ist bis jetzt zu einer einfachen glatten Reaktion ausgearbeitet worden: das liegt in der Natur der Wirkung des an Platinanoden entwickelten Sauerstoffs, die weit über alle rein chemischen Oxyda- tionsmittel hinausgeht und darum unerwartete Komplikationen schafft. Aber es dünkt mich, Goppelsroeders Verdienst im Ge- biete der elektrolytischen Farbstofisynthese sei nicht gering zu achten, weil er durch die Mannigfaltigkeit seiner Versuche eine grosse Zahl von Möglichkeiten erschloss: an uns liegt es, die damit gestellten Aufgaben nun voll und ganz zu lösen. Wenn wir uns schliesslich zum letzten und bedeutungsvollsten Forschungsgebiete Goppelsroeders wenden, zur Kapillaranalyse, so werden wir auch hier zuerst auf Schönbein zurückverweisen, der anfangs der Sechzigerjahre in der Basler Naturforschenden Gesell- schaft „Uber einige durch die Haarröhrchenanziehung des Papiers hervorgebrachte Trennungswirkungen“ sprach’). Goppelsroeder schildert die Wirkung dieses Vortrags folgendermassen°!): „Wie bei jeder von Schönbein mit grosser Klarheit und in angenehmer Form gemachten Mitteilung, so war auch während dieser, ein für das Schönbeinsche Forschungsgebiet ungewohntes Thema berührenden Mitteilung, volle Aufmerksamkeit von Seite der zahlreichen Zu- hörerschaft, welche wie gewohnt im chemischen Hörsaal neben Schönbeins Laboratorium versammelt war, so auch bei mir, dem damals jungen, eben erst aus den Laboratorien eines Sonnenschein, Heinrich Rose und Robert Bunsen zurückgekommenen Analytikers, der denn seiner Begeisterung für das hoffnungsreiche Gebiet in der auf den Vortrag folgenden Diskussion Ausdruck verlieh. Ich‘ gelobte mir, auf dem von Schönbein gelegten Fundamente weiter- zubauen, und begann sofort in erster Linie das kapillare Verhalten einer grösseren Anzahl von Farbstoffen zu prüfen, sodass ich schon im gleichen Hefte unserer Gesellschaft, in welchem Schönbeins Arbeit sich befindet, meine erste Mitteilung veröffentlichen konnte: „Uber ein Verfahren, die Farbstoffe in ihren Gemischen zu er- kennen“ *?). Auf diesen ersten Anfang folgte erst 26 Jahre später eine grosse Publikation in den Mitteilungen des technologischen Ge- 29) Diss. Berlin (1899). 30) Verh. Naturf. Ges. Basel. 3. 249 (1860/61). 1) Nr. 74, S, 45. 32) Nr. 3, Nr. 4. © 142 Fr. Fichter. werbemuseums in Wien‘) mit einem ergänzenden Privatdruck °%); hierauf drei umfangreiche, mit Tafeln fast verschwenderisch ausge- stattete Veröffentlichungen in den Verhandlungen unserer Gesell- schaft??) und ein kleines in Basel herausgekommenes Buch „An- regung zum Studium der Kapillaranalyse“°°) und endlich eine Zu- sammenstellung in Wolfgang Ostwalds Kolloidzeitschrift?”) und einzelne Kapitel in Handbüchern der Nahrungsmittelchemie und der Harnanalyse**). Die Basler Naturforschende Gesellschaft darf mit Genugtuung feststellen, dass in ihren Verhandlungen die Kapillaranalyse von ihrem treuen Mitglied Groppelsroeder in der ausführlichsten Form niedergelegt worden ist. Die Methode der Kapillaranalyse besteht darin, dass in die zu prüfende Flüssigkeit (wässrige oder nicht-wässrige Lösungen) schmale lange Papierstreifen hineingehängt werden, in welchen das Lösungsmittel und die gelösten Stoffe emporsteigen. Der Anstieg einer Flüssigkeit ist rein physikalisch bestimmt durch die Weite der kapillaren Zwischenräume der Papierfasern und dadurch ab- hängig von der Papiersorte und von der Oberflächenspannung ‘der Flüssigkeit; als Komplikation tritt dazu der Umstand, dass flüchtige Flüssigkeiten verdunsten und zwar mit Geschwindigkeiten, die mit dem eigenen Dampfdruck der Flüssigkeit und mit den Dampf- druckverhältnissen in dem betreffenden Raume wechseln. Der An- stieg der gelösten Stoffe seinerseits ist bedingt durch die che- mischen Faktoren der Adsorption, die sich schon bei einfachen Säuren und Basen äussern, bei Salzen infolge der Hydrolyse sich verwickeln, bei kolloiden Lösungen sich durch elektrokapillare Phänomene komplizieren, bei organischen Stoffen gar nicht voraus- zuberechnen sind und bei Gemischen unübersehbar werden. Schon rein theoretisch liegen hier die schwierigsten Fragen vor, wie ein Blick in die einschlägigen Lehrbücher von H. Freundlich®’) oder V. Kohlschitter ‘) zeigt. Mit diesem überquellenden Füllhorn von Möglichkeiten über- schüttete das Schicksal unsern Freund, der bei seiner Neigung zur umfassenden qualitativen Erforschung der Erscheinungen den bereits aufgezählten Variationen durch Wahl verschiedener, auch 5) Nr. 74, NT. TO ENT TU, 36) Nr. 76. 37) Nr. 78. 58) Nr. 79, Nr. 80. 39) Kapillarchemie, S. 156, 511, Leipzig (1909). 40) Erscheinungsformen der Materie, S. 316, Leipzig (1917). Friedrich Goppelsroeder +. 143 lebender Kapillarmedien und durch Ausdehnung des Aufgaben- kreises der Kapillaranalyse auf die Gebiete der physiologischen und pathologischen Chemie einen noch grösseren Umfang verlieh. Er sah sich einer Riesenaufgabe gegenüber, die viele Jahre emsigster Arbeit zu ihrer Bewältigung bedurfte, und doch noch unerschöpflich schien, sodass er immer wieder versuchte, jüngere Fachgenossen für seine Probleme zu interessieren und zur Mit- arbeit anzuregen. Wir begreifen sein Verlangen, dass die Ergeb- nisse der Tausende von Versuchen mit samt den vielen Belegen, die gleichzeitig Beweise seiner ungemein scharfen Beobachtung waren, unverkürzt der Öffentlichkeit übergeben werden müssten, als Material für die Weiterarbeit der Ait. Wir verstehen auch seine grosse Empfindlichkeit gegenüber kritischen Einwendungen ernster Praktiker oder gar gegenüber boshaften Gedankenlosig- keiten, wie die kränkende Bezeichnung . , Papierlichemie“. Ein kleiner Überblick soll zeigen, welche Aufgaben Goppelsroeder mit Hilfe der Kapillaranalyse zu lösen versuchte, wobei die Arbeiten anderer Autoren, die zum weitern Ausbau der von unserm Freunde gestellten Probleme geführt haben, gleich miterwähnt werden. 1. Kapillaranalyse der Lösungen anorganischer Säuren, Basen und Salze. Schon bei diesen einfachen Beispielen, die selbst einen Emil Fischer*‘) fesseln konnten, zeigt sich als besonders auffällige Erscheinung der geringere Anstieg der gelösten Stoffe, deren Ad- sorption durch den kapillaren Weitertransport des Wassers im Papierstreifen ‘?) deutlich sichtbar wird. Auch interessante zahlen- mässige Beziehungen zwischen der Konzentration und der Steig- höhe sind bei den Säuren gefunden worden“). 2. Kapillaranalyse kolloider Lösungen. Hier hat sich die Kapillaranalyse als ein äusserst einfaches Mittel zur Erkennung des Charakters der elektrischen Ladung der Kolloidteilchen er- wiesen **). 3. Kapillaranalyse der Lösungen künstlicher Farbstoffe. Mit Beobachtungen auf diesem Gebiet hat Goppelsroeder begonnen, indem er aus Farbstoffgemischen die einzelnen Bestandteile durch ihre verschiedene Steighöhe in Zonen auseinanderschied; er hat 41) E. Fischer und E. Schmidmer, Ann. d. Chem. 272. 156 (1893). 42) Wilhelm Ostwald, Lehrbuch der allgem. Chemie, 2. Aufl. I. Bd. S. 1096 (1903). #3) J. Holmgren, Biochem. Zeitschr. 14. 181 (1908); Koll. Zeitschr. 4. 219 (1909). Zd. H. Skraup und Mitarbeiter, Monatshefte f. Chemie 30. 675, 773 (1909/10). 31. 753, 1067 (1910/11); 32. 353 (1911); Koll. Zeitschr. 6. 251 (1910); Hans Schmidt, Koll. Zeitschr. 13. 146 (1913); 24. 49 (1919). 4) Fr. Fichter und N. Sahlbom, Verh. Nat. Ges. Basel 21. 1 (1910); N Sahlbom, Kolloidchem. Beihefte 2. 79 (1910/11). 144 Fr. Fichter. von dieser bequemen und einfachen Analysenmethode, die ohne persönliche Anstrengung des Chemikers von selbst über Nacht die kompliziertesten Gemenge trennt und Spuren von einzelnen aus- "gezeichneten Farbstoffen zu erkennen gestattet, bei der Unter- suchung seiner elektrolytisch erzeugten Farbstoffmischungen Ge- brauch gemacht. Den Ursachen des verschiedenen Aufstiegs der einzelnen Farbstoffe nachzuspüren, ist ein besonders reizvolles Problem, das viele Forscher seither beschäftigt hat. Eine voll- ständige Zusammenstellung älterer und namentlich neuerer, vom Ver- fasser und seinen Mitarbeitern angestellter Versuche gab vor einigen Jahren Prof. Dr. L. Pelet-Jolivel*) in Lausanne. 4. Kapillaranalyse als analytische Methode zum Nachweis kleiner Mengen. Goppelsroeder gibt zahlreiche Beispiele der An- wendbarkeit seiner Methode in der qualitativen Analyse anorga- nischer Stoffe, anorganischer Naturprodukte wie Mineralwasser, und im gewaltigen Gebiete der Nahrungsmitteluntersuchung (Bier, Wein; Milch, deren Steighöhe vom Wassergehalt abhängt; Fruchtsäfte, Gewürze, Konserven), dertechnischen Analyse (Fette, Ole, Petroleum, Torf, Salzsoole) und der Toxikologie (Alkaloide). Die grosse Emp- findlichkeit kommt von der Lokalisierung der diffundierenden Stoffe oben im Streifen, wo das Wasser verdunstet. „Stünde nur ein einziger Tropfen einer zu untersuchenden Lösung, z. B. eines Farb- stoffgemisches, zur Verfügung, in welchem keine Spur von Färbung sichtbar ist, so könnte man nach längerem Eintauchen des untersten Endes eines darüber aufgehänsten Textilfadens, vielleicht nur mit Unterstützung des Mikroskops, die einzelnen Farbstoffzonen in dem- selben erkennen und wohl auch noch mikrochemische Reaktionen anstellen“ °). Für anorganische Stoffe hat Goppelsroeder die Emp- findlichkeit systematisch untersucht: farblose Stoffe zog er dazu aus der obersten Zone des Papierstreifens mit Wasser aus und unter- warf sie der Einwirkung chemischer Reagentien. So konnte er Al"'ion noch aus einem Kubikzentimeter einer 0,01°/igen Alaunlösung im Streifen konzentrieren und dann mit Morinlösung nachweisen. Speziell bei den Alkaloiden liess sich die Empfindlichkeitsgrenze weit vorschieben, z.B. beim Strychnin*’). Die verschiedenen Ab- lagerungen im obersten Streifenteil können auch gelegentlich durch verschiedenartige Lösungsmittel getrennt werden, oder sie werden aufgelöst und von Neuem kapillarisiert, um so in deutlichere Zonen auseinandergezogen zu werden. Verschiedene Forscher haben sich 45) Theorie des Färbeprozesses S. 120—134, Dresden (1910). 46) Nr. 74, S. 65. 41) Nr. 77, 8. 7 ff. Friedrich Goppelsroeder +. 145 mit den Methoden beschäftigt, ich zitiere nur E. Vinassa**) (Unter- suchung von Safran und Safransurrogaten) und H. Kunz-Krause*°) (Untersuchung von Tinkturen, Fluidextrakten und Dialysaten). Das Schweizerische Lebensmittelbuch°°) hat die Kapillaranalyse zur Untersuchung von Senf auf Färbung mit Curcuma aufgenommen. 5. Kapillaranalyse in der Physiologie, zur Untersuchung alko- holischer Auszüge von Pflanzenorganen, zur Untersuchung der Galle, zur Färbung lebender Pflanzen und lebender Tiere; in der Pathologie, zur Untersuchung von Harn. Hier ist ein ungeheures Material zusammengetragen, zum Teil mit Unterstützung durch die Basler Professoren Rud. Burckhardt sel., Wilhelm His jr. und Rud. Siaehelin; Goppelsroeder bringt als Neuheit in der Methodik den Nachweis und die Identifizierung von krystallisierten Ausscheidungen durch mikroskopische Untersuchung der Papierstreifen. Die Be- _urteilung der Arbeiten auf diesem Gebiet möchte ich kompetenteren Kollegen überlassen: bezüglich der vitalen Tinktionsversuche sei nur an die Bedeutung der Färbemethoden in der mikroskopischen Technik erinnert. 6. Kapillaranalyse mit reinen organischen Körpern, mit homo- logen Reihen von Kohlenwasserstoffen, Alkoholen, Aminen, Säuren usw. Hier hat Goppelsroeder nicht nur die Gesamtsteighöhe nach Erreichung des Maximums gemessen, sondern durch Ablesung zwischen Glaslinealen auch die Geschwindigkeit des Anstiegs be- stimmt. Aus seinen gewissenhaften Versuchsdaten konnte Wolfgang Ostwald direkt die Gesetze des kapillaren Aufstiegs organischer Flüssigkeiten in ihrer Beziehung zur Konstitution ableiten °'). So sind schon aus vielen Samenkörnern, die Goppelsroeders treuer Forscherfleiss zusammentrug, neue Pflänzchen emporge- sprosst, und in seinem wissenschaftlichen Nachlass, dessen Be- arbeitung er seinen Basler Fachkollegen übergeben hat, wird sich noch manche Anregung finden und uns später vielleicht nochmals Gelegenheit bieten, der Gesellschaft wieder über die Kapillaranalyse zu berichten. In seinen späteren Basler Jahren bot Goppelsroeder das er- freuliche Bild eines glücklichen Forschers, voll bewusst der Be- deutung seiner Lebensarbeit, und doch wieder bescheiden im Blick auf die noch zu bewältigenden Aufgaben. Eine Schilderung seines Privatlaboratoriums darf vielleicht hier eingeflochten werden °?): #8) Arch. d. Pharm. (1892). 49) Chem. Ztg. 21. 940 (1897). 50) 3. Aufl. S. 259 (1917). 51) Kolloid-Zeitschr. Suppl. 2, S. XX. (1908). %) Schweiz. Chem. Ztg. 2. 23 (1917). 10 146 Fr. Fichter. „In einer stillen Strasse Basels, zwischen behäbigen, von Gärten umgebenen Privathäusern, versteckt sich hinter dem zuge- hörigen, geräumigen Wohnhaus ein äusserlich unscheinbares Ge- bäude. Nur wenigen Freunden des Besitzers ist es vergönnt, dort Eintritt zu finden. Wem sich aber die Pforte auftut, der ist überwältigt von der Fülle des Wunderbaren, das ihm in den halb als Labora- torium, halb als Museum sich darbietenden Räumen entgegentritt. Zuerst fallen uns wohl die langen schmalen Papierstreifen ins Auge, die in den Abzügen aufgehängt sind und mit ihrem untern Ende Flüssigkeiten und Lösungen einsaugen, während auf dem Verlauf des Streifens Zonen von allerhand Farben erscheinen oder durch Betupfen mit Reagentien sichtbar gemacht werden. Da trennen sich gelöste Salze während der Wanderung im Papier in Basen und Säuren; da werden Farbstotfmischungen in ihre Be- standteile zerlegt; da werden Milch, Bier, Wein und Trinkwasser . geprüft und nach den im Streifen erhaltenen Absätzen beurteilt; oder es kommen biologische und pathologische Körperflüssigkeiten und Sekretionen zur Untersuchung. Alle denkbaren Gebiete der Analyse, und gerade die schwierigsten Probleme, der Nachweis von Spuren unter den ungünstigsten Umständen, sind hier bearbeitet: die Sammlungsschränke bergen Tausende von Belegstreifen, ein Material, das zu weiterer Bearbeitung herausfordert. Denn das Aufsteigen von Lösungen in den Kapillaren des Filtrierpapiers hängt einerseits mit den rein physikalischen Fragen der Kapil- larität zusammen, andernteils wird es befördert oder gehemmt durch die Phänomene der Adsorption und berührt sich dadurch mit der Kolloidchemie, endlich aber spielen rein chemische Fragen, die Hydrolyse der Salzlösungen, die Stärke der Säuren und Basen, die Konstitution organischer Stoffe hinein, sodass der Forscher vor der verwirrenden Mannigfaltigkeit der Fragen zunächst gar nicht weiss, wo er Hand anlegen soll. Und, um seine Verlegenheit voll zu machen, entdeckt der Besucher plötzlich Aquariengläser mit Farb- stoflösungen, in denen sich Wassertiere tummeln und offenbare Fröhlichkeit an den Tag legen, weil sie innerlich und äusserlich gegenüber ihren frei lebenden Stammesgenossen den Vorzug wunderbar gefärbter Organe aufweisen. Und in allen Fenstern stehen Blumentöpfe mit blühenden Gewächsen: bei genauerem Zu- sehen erkennt der Beobachter, dass seine alten Freunde sich mas- kiert haben, dass die feinen Adern der Blüten hübsch und. bunt gefärbt sind, weil die Pflanzen aus einer mit Farbstoffen versetzten Gartenerde hervorsprossen. Noch verlockt so vieles in diesen Räumen zur bewundernden Betrachtung: ein ganzer Glasschrank voll Objekten über die Friedrich Goppelsroeder 7. 147 Leichenverbrennung will uns fesseln. Aber der liebenswürdige Hausherr hat uns noch ganz andere Wunder zu weisen und führt uns in ein Zimmer mit elektrischen Installationen. An den Wänden glänzen Schalttafeln mit Messinstrumenten und Widerständen, über- allhin führt ein Netz von Drähten, auch zu einem Tisch, auf dem feuchte Stücke von weissem und von blaugefärbtem Kattun liegen. Ein Platinschreibstift ist mit einem dünnen Kabel verbunden, und mit wohlgeübter Hand schreibt unser Gastfreund auf beide Gewebe unsere Namen und das Datum unseres Besuches. Die Schriftzüge treten dunkel auf dem weissen Grund hervor, während sie sich weiss auf dem blauen Grund eingraben. Die Elche des dunklen Pigments und die Ätzung des blauen sind durch elektrochemische Balkon bewirkt; die Gewebe liegen ihrerseits auf Metalltafeln, sind mit geeigneten Lösungen getränkt, und ebenfalls mit der Batterie verbunden, was die erste oberflächliche Betrachtung so wenig vermuten liess, dass die vor unsern Augen entstehende Schrift uns wie ein Déni anmutet.“ Er plauderte bei solchen legale gemütlich von aller- hañd chemischen Erfahrungen, z. B. über die Entfernung von Rost- flecken mit Schwefelammonium, wobei der Fleck zunächst zum Ent- setzen der Hausfrau schwarz wird, sich aber dann mit verdünnter Salzsäure leicht entfernen lässt?®). Seine grosse Güte äusserte sich nicht nur im persönlichen Verkehr mit den Freunden, oder in der Liebenswürdigkeit, mit der er im Landaufenthalt Gäste zur Spazier- fahrt im Wagen oder im Motorboot einlud, sondern auch in grosser Freigebigkeit gegenüber wissenschaftlichen Instituten, nicht zuletzt gegenüber der Basler. Naturforschenden Gesellschaft, die er durch Unterstützung bei seinen Publikationen in den Verhandlungen, bei der Jubiläumssammlung und in seinem Testamente ea und gegenüber der chemischen Anstalt, der er 1912 eine grosse elektrische Installation mit Gasmotor, Dynamomaschinen und Akku- mulatoren zuwies, und die er neben der Physikalischen und der Physiologischen Anstalt wieder in seinem Testamente reich be- schenkte. Aber die Basler Naturforschende Gesellschaft und die Basler Universitätsinstitute haben ihm nicht nur um dieser materiellen Gaben willen ein dankerfülltes Gedächtnis zu bewahren. Das grösste Geschenk sind die schwer erarbeiteten Früchte eines der For schung sewidmeten Lebens, und man wird immer die Namen Goppelsroeder, Basel, und Naturforschende Gesellschaft zusammen aussprechen, wenn von der Kapillaranalyse die Rede ist. 148 10. JE 15. 14. 15. Fr. Fichter. Verzeichnis der Publikationen von Prof. Dr. Friedrich Goppelsroeder 5) 1861—1911. . Beiträge zum Studium der Salpeterbildungen. (Verh. Naturf. Ges. Basel. IV 255— 268, 1861. — Pogg. Ann. 115, 1862). . Beobachtungen über das Verhalten der Nitrite gegenüber Pflanzen, speziell segenüber Runkelrüben. (Zugleich wie 1. erschienen). . Über ein Verfahren, die Farbstoffe in ihren Gemischen zu erkennen. (Verh. Naturf. Ges. Basel, III. 268, 1861. — Pogs. Ann. 115, 1862. — Z. analvt. Ch., 1862. — Dinglers Polyt. Journ. 164, 1862.) . Note sur une methode nouvelle propre à déterminer la nature d'un mé- lange de principes colorants. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XXXII, 116, 1862. Séance du 30 octobre 1861). . Notiz über ein neues Reagens auf alkalisch reagierende Flüssigkeiten und auf salpetrigsaure Salze. (Mitt. an der Schweiz. Naturforschervers. in Luzern am 24. September 1862. — Verh. Naturf. Ges. Basel, III. 426, 1863. — Pose. Ann. 119, 1863. — Z. analyt. Ch., 1865. — Erdmanns J. pr. Ch., 1863). . Note sur un nouveau reactif pour les liquides alcalins et les nitrites. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XXXIII, 228, 1863). . Ueber eine die Jodstärkereaktion maskierende Eigenschaft gewisser anor- ganischer Substanzen. (Mitt. an der Schweiz. Naturforschervers. in Luzern am 24. Sept. 1862. — Verh. Naturf. Ges. Basel III. 437, 1863. — Pogg. Ann. 1863. — Z. analyt. Ch., 1865. — Erdmanns J. pr. Ch., 1863). . Note sur la propriete de certaines substances inorganiques de masquer la réaction de l’Iode sur l’empois d’amidon. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XXXIII, 237, 1863). . Ueber eine neue fluoreszierende Substanz aus dem Cubaholze. (Mitt. in der physikalisch-chemischen Sektion der Schweiz. Naturforschervers. zu Neu- châtel, 1866. — Verh. Naturf. Ges. Basel, IV. 736, 1867. — Erdmanns J. pr. Ch., 1867. — Pogg. Ann. 131, 1867). Ueber eine fluoreszierende Substanz aus dem Cubaholze (Fortsetzung) und über Fluorescenzanalyse. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 111, 1868. — Pogse. Ann. 134, 1868. — Z. analyt. Ch., 1868). Ueber feuerfesten Ton aus der Umgebung von Basel. (Verh, Naturf. Ges. Basel, IV. 732, 1867. — Erdmanns J. pr. Ch., 1867). . Meine chemische Untersuchung 1868 der Rutschquelle in Langenbruck, Kanton Baselland, im Dürrenberg. (Langenbruck als Kur- und Erholungsort von Dr. Bider senior unter Beihilfe von Dr. H. Christ, Pfarrer Cartier, Dr. Christoph Burckhardt. Dritte vermehrte Aufl., erschienen bei Jakob Bider, Sohn, Langenbruck, 1874. Seiten 18—20). Gehalt einer gypsreichen Quelle auf dem Gute Dürrenberg bei Langenbruck, Kanton Baselland. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 141, 1868. — Erdmanns J.- pr. Ch., 1868). Ueber die Chemie des Melopsits. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V, 134, 1868. — Erdmanns J. pr. Ch., 1868). Diverse Mineralienuntersuchungen: I. Analyse des talkähnlichen, hellgrünen Minerals der Protogyngneisse des Fellitals. (in Albrecht Müllers Publ.: „Ueber die Eisensteinlager am Fusse der Windgelle“). II. Analysen einiger Schiefer des Etzlitals. (in Albrecht Müllers Publ. (Abschnitt 12): „Weitere Beobachtungen über die krystallinischen Gesteine des Maderaner-, Etzli- 54) Von ihm selbst verfasst und 1912 herausgegeben. 16. 17. 26. 27. 92. Friedrich Goppelsroeder 7. 149 und Fellitals“) III. Analysen von Talkglimmer und Talkglimmerschiefer (in Albrecht Müllers Publ.: „Ueber die Umgebungen des Crispalt“). (Verh. Naturf. Ges. VI. 267, 1868). Ueber Beschwerung der Seide. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 137, 1868. — Erdmanns J. pr. Ch., 1868). Ueber die Zusammensetzung gepressten Torfes der Schweiz. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 140, 1868. — Erdmanns J. pr. Ch., 1868). . Ueber den wahren Gehalt einiger Geheimmittel. (Verh. Naturf. Ges. Basel. V. 142, 1868). . Ueber das in Basel verkäufliche Arrowroot. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 143, 1868. — Erdmanne J. pr. Ch., 1868). . Ueber die Giftigkeit gefärbter Oblaten. (Verh. Naturf, Ges. Basel, V. 143, 1868. — Erdmanns J. pr. Ch., 1868). . Ueber die weisse Glasur eiserner Gefässe. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 146, 1868). . Ueber Petroleum und dessen Produkte, nebst einem Anhange über Feuer- löschmittel. (Im Auszuge mitg. dem Basler Gewerbeverein im Februar 1869. — Ambergers Verlagsbuchh. Basel, 1869). . Die im Mai und Juni 1869 in Basel gebrauten Biere. (Nachträgliche Publ. Verh. Naturf. Ges. Basel, VI. 353, 1875). . Beitrag zur Prüfung der Kuhmilch. (Mitt. an der Schweiz. Naturforschervers. zu Neuchätel, 13. Aug. 1866. — Verh. Naturf. Ges. Basel, IV. 497, 1866. — Z. analyt. Ch., 1867). . Die Chemie der Kuhmilch und die Mittel zur Prüfung derselben. (Milchztg. von Benno Martiny, Danzig 1871, Nr. 5 und 6, sowie 1872, Nr. 7 und 9). Ueber die chemische Beschaffenheit von Basels Grund-, Bach-, Fluss- und Quellwasser mit besonderer Berücksichtigung der sanitarischen Frage. (Verh. Naturf. Ges, Basel, IV. 640— 732, 1867.) Ueber eine schnell ausführbare Methode der Bestimmung der Salpetersäure, sowie über deren Menge in den verschiedenen Trinkwässern Basels. (Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 462, 1871. — Kolbes J. pr. Ch., 1870 und 71. — Z. analyt. Ch., 1870). . Veber Schwankungen im Gehalte der Trinkwässer an Salpetersäure und über deren Menge in den atmosphärischen Niederschlägen. (Z. analyt. Ch., 1870). | . Beitrag zur Chemie der atmosphärischen Niederschläge mit besonderer Be- rücksichtigung ihres Gehaltes an Salpetersäure. (Z. analyt. Ch., 1871 und 1872. — Kolbes J. pr. Ch., 1871. — Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 485, 1871). . Nachträgliche Bemerkungen zur Bestimmung der Salpetersäure nach der verbesserten Marxschen Methode. (Kolbes J. pr. Ch., 1871. — Zeitsch. analyt. Ch. 1871. — Verh. Naturf. Ges. Basel, V. 501, 1871). . Einige Angaben über die Mineralbestandteile der Basler Trinkwässer. (Verh. Naturf. Ges. Basel, VI. 247, 1875). . Zar Infektion des Bodens und des Bodenwassers. (Programmschrift der Basler Gewerbeschule, Schweighausersche Verlagsbuchh., Benno Schwabe, 1872). . Sur la régénération et restauration des peintures à l’huile par la methode de Max de Pettenkofer. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XLIII, 260, 1873. — Monit. scient. Quesneville, 1873). . Rapport sur une nouvelle méthode de doser l’indigotine avec l’hydrosultite de sodium. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLIII 643, 1873). Note sur le dosage du sel d’etain. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLIV, 297, 1874). 150 36. 31. 38. 39. 40. 41. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. Fr. Fichter. Rapport sur le mémoire de Mr. Jules Roth sur une méthode de reconnaître les falsifications des huiles. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLV1, 156, 1874). A) Etude pratique et théorique.sur les outremers vert, bleu et violet. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLV, 195, 1875.) B) Praktisch-theoretische Studie über grünes, blaues und violettes Ultramarin. (Dinglers polyt. Journ., 220, 1875.) C) Lettre au sujet du mémoire de Mr. Reinhold Hoffmann sur le soufre contenu dans les outremers vert et bleu. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XLVI. 142, 1876). A) Note sur quelques effets de l’ozone et de la gelée. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLV, 225, 1875.) B) Wirkungen des Ozons und des Gefrierens. (Dinglers polyt. Journal, 1876). Production de colorants par l’électrolyse de différents corps de la serie aromatique. (Bull. Soc. Ind. Mulh. XLV, 607, 1875). A) Etudes électrochimiques des dérivés du benzol. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVI, Bull. special 137—165, 1876. Comptes rendus Acad. Paris, 82, 1876.) B) Elektrochemische Studie der Benzolderivate. (Dinglers polyt. Journ., eine Serie von Artikeln in Bd. 223 u. 224, 1876 u. 1877). Note sur le noir d’aniline électrolytique. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVI, 133, 1876). . Le noir d’aniline électrolytique. Electrolyse des dérivés de l’aniline, du phenol, de la naphtylamine et de l’anthrachinone. (Comptes rendus Acad, Baris,.(6 ur 40. 1ero). Sur la reduction du noir d’aniline et sur son changement en colorant rose fluorescent. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVII, 293, 1877. — Dinglers polyt. Journ. 224, 1877. — Comptes rendus Acad. Paris, 84, 1877). Notice nécrologique sur Charles Emile Kopp. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVI, 250, 1876. — Monit. scient. Quesneville, 1876). Rapport sur le mémoire de Mr. Jules Roth: sur l’analyse des vins. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVII, 460, 1377). Mémoire sur l’analyse des vins. (Bull. Soc. Ind. Mulh., XLVII, 557, 1877). Premiers résultats des études sur la formation des matières colorantes par voie électrochimique. Herausgeg. bei Anlass der Exposition d’Electricité à Paris, 1881. (Courte explication suivie d’une liste des objets exposés et de quatre planches représentant quelques-uns des appareils employés pour les opérations électrolytiques, 1881. Impr. Veuve Bader & Cie., Mulhouse). Note sur un nouvel emploi de lélectrolyse dans la teinture et dans l’im- pression. (Contenu de deux plis cachetés No. 345 et 346, déposés chez la Soc. Ind. Mulh. par le Prof. Dr. Fréd. Goppelsroeder le 29 mars et 21 avril 1882 et ouverts dans sa séance mensuelle du 27 avril 1882. Le texte des deux plis a été concentré en un seul. 14 notes ont été ajoutées depuis, — Bull. Soc. Ind. Mulh., LIT, 270, 1882. — Electricien, II, 1881 et IV, 1882). Neue Anwendung der Elektrolyse in der Färberei und Druckerei. (Dinglers polyt. Journ., 245, 1882. — Elektrotechn. Jahrb. Frankfurt a/M., 1885 und Anhang 7). Note sur l’emploi de l’electrolyse pour la préparation de la cuve d’indigo, (Bull. Soc. Ind. Mulh., LIV, 343, 1884. — Electricien, Paris, VIII, 1884). Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung der Indigküpe. (Zeitsch. f. Elektro- technik, Wien, 1884 und 1885. — Elektrotechn. Rundschau, Nr. 7, 1884. — Dinglers polyt. Journ., 251 und 255, 18384. — Centralbl. Textilind., Berlin, 1884, Jahrg. XV). Ueber Bereitung des Persulfocyans oder Canarins und über dessen Bildung und gleichzeitige Befestigung auf pflanzlichen und tierischen Fasern auf 54. 55. 56. 57. 60. 61. 62. 63. 64. 65. Friedrich Goppelsroeder +. 151 elektrochemischem Wege. (Dinglers polyt. Journ., 254, 1284. — Centralbl. Textilind., Berlin, 1884. — Z. Elektrotechnik, Wien, 1885). . Une note sur la formation de l’oxycellulose, l'autre sur ceıle du persulfo- eyanogene par voie électrolytique. (Séances du Comité de Chimie de la Soc. Ind. Mulh, du 8 octobre et 10 décembre 1884. — Electricien, Paris, 1884). Ueber die elektrolytische Darstellung der Farbstoffe, sowie über deren gleichzeitige Bildung und Fixation auf den Fasern mit Hilfe der Elektrolyse. (Z. f. Oesterreichs Wollen- u. Leinenind. Reichenberg 1884 und 1885; 140 Seiten, 11 Tfln. mit total 22 Fig.). Anwendung der Elektrolyse in der Chemie der Farbstoffe und in der Fär- berei: 1. Bildung von Oxycellulose auf elektrochemischem Wege, 2. Berei- tung des Persulfocyans und Bildung und gleichzeitige Befestigung desselben auf pflanzlichen und tierischen Fasern auf elektrolytischem Wege. (Polyt. ‚Notizbl., 1884 und 1885. — Dinglers polyt. Journ. 1884. — Centralbl. Textil- ind. Berlin, 1884. — Z. Elektrotechnik, Wien, 1885). Darstellung der Farbstoffe, sowie deren gleichzeitige Bildung und Fixation mit Hilfe der Elektrolyse. (Deutsche Färberztg., Dresden, 1887.) Ueber praktische Milchuntersuchung. (A. Autographierte Ausg. für die Mit- glieder des Landwirtschaftlichen Vereins des Kreises Mülhausen, sowie für Behörden, Freunde, Kollegen, wiss. Korporationen. B. Publ. in der Milchztg. Danzig, 1886. — Centralbl. für allgemeine Gesundheitspflege, 1886. — Polyt. Notizbl., 1887). - . Ueber die Regeneration der Oelgemälde auf physikalischem Wege nach dem Verfahren von Max von Pettenkofer und nach eigenen Versuchen. (Naturwiss. Verein zu Mülhausen i. E., Vortrag 1888). . Farbelektrochemische Mitteilungen. (Mit einer Reihe von Abb. Druck und Verlag von Wenz & Peters, Mülhausen i. E. 1889. Bei Anlass Goppelsroeders Beteiligung an der in Manchester 1887 stattgef. Royal Jubilee Exhibition). Ueber Capillaranalyse und ihre verschiedenen Anwendungen, sowie über das Emporsteigen der Farbstoffe in den Pflanzen. (Mitt. der Sektion für chem. Gewerbe des k. k. Technol. Gewerbemuseums in Wien, neue Folge, IL. Jahrg. 1888, Hefte 3 und 4 und III. Jahrg. 1889, Hefte 1—4). Beilagen zu 60. Privatedition, Druck und Verlag von Wenz & Peters, Mül- hausen i. E., 1889, 78 Seiten. Studien über die Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung, zur Verän- derung und zur Zerstörung der Farbstoffe ohne oder in Gegenwart von _vegetabilischen und animalischen Fasern. (Illustrierte Separatausg. der Elektrotechn. Rundschau, Nr. 18 u. 19, 1891. 6 Fig., 4 grosse Lichtdrucktfin. und Erläuterungstfl). Ueber Feuerbestattung. (Gedr. und herausgeg. bei Wenz & Peters, Mül- hausen i. E., 1890. — Erlös zu gunsten der Ferienkolonien von Mülhausen, Colonies de vacances pour enfants pauvres et maladifs. — I. Vortrag 13. Februar 1890 im Naturwiss. Vereine zu Mülhausen i. E., ein Il. ebenfalls zu Mülhausen i. E., und ein Ill. Vortr. im Bernoullianum zu Basel, auf Wunsch des Vereins für Feuerbestattung, Basel). Ueber das Emporsteigen der Farbstoffe in den Pflanzen. Prioritätsfrage ge- genüber Nummer 17, Januar 1892 des „Temps“: „Oeillets verts“. (Vortrag im Naturwiss. Vereine zu Mülhausen i. E., 1892). Bereits im Winter 1887/88 im selben Vereine Vortrag über Capillaranalyse und über das Emporsteigen der Farbstoffe in den Pflanzen. Ueber die Hydrogenation oder sogenannte Reduktion des Indigotins zu In- digweiss. (Chem. Ztg. Nr. 89, 1893). 67. Fr. Fichter. . Benützung elektrochemischer Prozesse auf dem Gebiete der Bleicherei, Färberei und Druckerei. (Elektrochem. Z., Hefte 1 und 2, 1894). Elektrolytische Darstellung organischer Farbstoffe. (Z. Elektrochem., 1895 und 96). 68—72. Anwendung der Elektrizität für die Chemie. Kapitel in den fünf ersten Auflagen des Hilfsbuchs für die Elektrotechnik von C. Grawinkel und K. Streuker. Ich war Mitarbeiter für alle, die Anwendung der Elektrizität für die Chemie betreffenden Kapitel, während den Jahren 1837—1898. In der V. Aufl. betrugen die von mir bearbeiteten Abschnitte 50 Seiten. Für die VI. Aufl. trat ich zurück. . Ueber Luft und Wasser unserer Städte und Wohnungen, wie sie sein sollen. Vortrag gehalten zu gunsten der Kasse des Frauenvereins im Winter 1889/90, im Kleinen Börsensaale zu Mülhausen i. E. (Gedr. in der „Neuen Mülhauser Zeitung“ und im „Mülhauser Tagblatt“). 73a. Zur Anwendung der Absorption zu analytischen Trennungen. Zeitschr. f. 74. 75. 76. 17. 18. 79. 80. 81. analyt. Ch. 38. 291. 1899. Capillaranalyse, beruhend auf Capillaritäts- und Adsorptionserscheinungen, mit dem Schlusskapitel: „Das Emporsteigen der Farbstoffe in den Pflanzen.“ Gewidmet dem Andenken an Christian Friedrich Schönbein in Liebe, Hoch- verehrung und Dankbarkeit von seinem Schüler Friedrich Goppelsroeder. (Verh. Naturf. Ges. Basel, XIV, 1901; 545 S. Text, 58 lithogr. Tfin. u. ein Lichtbild. Verl. Georg & Cie., Basel). Studien über die Anwendung der Capillaranalyse, I. bei Harnuntersuchungen, II. bei vitalen Tinktionsversuchen. (Verh. Naturf. Ges. Basel, XVII, 1904, 198 S. Text, 130 lithogr. und 12 Lichtdrucktfin., wovon eine nach Photogr, und elf nach Mikrophotogr. Verl. Georg & Cie., Basel). Anregung zum Studium der auf Capillaritäts- und Adsorptionserscheinungen beruhenden Capillaranalyse. (Basel, 1906; Verl. Helbing & Lichtenhahn, vorm. Reich-Detloff). Neue Capillar- und capillaranalytische Untersuchungen. Mitgeteilt der Natur- forschenden Gesellschaft zu Basel, XIX, Heft 2, 1907; 81 S. Text, 50 Tfin. Textbeled, 2 Lichtdrucktfin. Verl. Georg & Cie., Basel). Ueher Capillar- und Adsorptionsanalyse. (Kolloidzeitschr. von Dr. Wolfgang Ostwald. 4. 23, 94, 191, 236, 312; 5. 52, 109, 159, 200, 250, 303; 6. 42, 111, 174, 215, 268. 1909 und 1910). Anwendung der auf Capillaritäts- und Adsorptionserscheinungen beruhenden Capillaranalyse für Nahrungs- und Genussmitteluntersuchungen. (Mein Kap. in Prof. Koenigs neuer Aufl. über Nahrungsmittelchemie 1910, S. 197—206, Verl. Julius Springer). Ueber die Anwendung der Capillaranalyse bei Harnuntersuchungen. (Mein Kap. in Prof. Carl Neubergs neuer Aufl. „Ueber Harn, sowie die übrigen Ausscheidungen und Kôrperflüssigkeiten von Mensch und Tier“, 1911, S. 1362—1395, Verl. Julius Springer). Mikroskopisch-chemische Untersuchung des Gewandes einer von Prof. Stückelberg im Kreuzgange des Münsters zu Basel ausgegrabenen Bischofs- leiche vom Jahre 1130. (Basler Z. f. Gesch. u. Altertumskunde VIII. 297. 1907). Manuskript eingegangen 17. März 1920. a den u fh En du ni DZ dan Über die Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. Ein Beitrag zur Kenntnis der Ernährung der Würmer. II. wies, (Mit 5 Text-Figuren.) Von Richard Menzel. Inhaltsübersicht. . Einleitung 3. JENSIOISEHEBE N EEE one tant en Rte a) Angaben über die Ernährung freilebender Nematoden seit Bastien d809)ebisszur.Neuzeit nn... 20.000. b) Die Beobachtungen von N.A. Cobb (1913—1918) . Untersuchung des Darminhaltes freilebender Nematoden a) Methode . b) Material . c) Positive Ergebnisse bei den Arten Mononchus on us DitL, M. papillatus Bast., M. muscorum (Duj.), M. macrostoma Bast., M. brachyuris Bütschli, Tr u nn Bütschli, Tr obus gracilis Bast. : . Fütterungsversuche . : : Allgemeine Bemerkungen zur + Ernährung der ‘freilebenden Nema- toden im Hinblick auf Anatomie, Systematik, Biologie und Zoo- geographie . . Zusammenfassung . Literaturverzeichnis . . I. Einleitung. . 153 "159 155 162 165 165 165 167 172 176 183 186 Wenn schon Bütschli (3)° vor bald 50 Jahren darauf hin- dass die freilebenden Nematoden ein ganz beträchtliches Kontingent unserer Fauna bilden und ihre Verbreitung eine im- mense sei, so ist doch ihr Studium bis vor wenigen Jahren noch ziemlich vernachlässigt worden. Während namentlich in der letzten Zeit Morphologie, Anatomie, Systematik und geographische Ver- breitung der freilebenden Nontetonlen bedeutend gefördert wurden, 1) Die arabischen Ziffern beziehen sich auf die Nummern des Literatur- verzeichnisses am Schlusse der Arbeit. 154 Richard Menzel. ist man über die Biologie dieser Würmer, deren zum Parasitismus übergegangene Formen für den Menschen längst eine grosse Rolle spielen, wenig unterrichtet. Wohl sind, dank hauptsächlich der Arbeiten Maupas’, die ziem- lich komplizierten sexuellen Verhältnisse dieser Klasse von Wirbel- losen klargelest worden, auch ist an ihnen seit langem schon die Er- scheinung der Anabiose studiert worden. Was hingegen bis jetzt fast gänzlich vernachlässigt wurde neben andern ökologischen Fragen, deren Beantwortung für die praktische Zoologie eventuell von Wichtig- keit wäre, ist die Frage nach der Ernährung der freilebenden Nematoden. In einer seiner letzten Arbeiten weist denn auch Micoletzky (33) auf dieses Neuland für weitere Forschungen hin. Wenn er indes vorschlägt, insbesondere die Ernährung von Anguillula aceti, des Essigälchens, zu studieren, scheint es mir mindestens ebenso notwendig zu sein, die Ernährungsverhältnisse wirklich freilebender Formen — denn À. aceli ist ein speziell an das Leben in Essig, Kleister etc. angepasster „Ernährungssonderling‘, der in der freien Natur bisher nicht nachgewiesen werden konnte — in Betracht zu ziehen. Dies dürfte um so berechtigter sein, als einerseits die in der Literatur sich findenden diesbezüglichen Beobachtungen meist unberücksichtigt geblieben sind, andrerseits die Kenntnis der Ernährung dieser Würmer. mit Rücksicht auf ihre Bewertung im Haushalte der Natur von etwelcher Bedeutung ist. So mag denn diese Mitteilung, die neben eigenen Beobachtungen und Versuchen die in der Literatur zerstreuten, auf vorliegendes Thema sich beziehenden Notizen möglichst vollständig zu berück- sichtigen sucht und namentlich auch die neuesten, noch nicht ge- nügend bekannten Feststellungen des amerikanischen Nematoden- kenners N. A. Cobb in Betracht zieht, als ein kleiner Beitrag zur Kenntnis der Ernährung wirbelloser Tiere aufgefasst werden und als eine Anregung, auf diesem Gebiet auch in andern Gruppen weiter zu arbeiten, wie dies in jüngster Zeit, um nur zwei Autoren zu erwähnen, A. Willer?) in seinen Nahrungsuntersuchungen bei niederen Tieren (Asellus aquaticus) und BE. Naumann für das Zooplankton (35) getan haben. Die Ernährung spielt im Leben aller Tiere eine so grosse Rolle, dass es eigentlich als selbstverständlich erscheint, wenn eine möglichst genaue Kenntnis gerade dieses Zweiges der Biologie erstrebt wird. Für die freilebenden Nematoden mögen die folgenden 2) Zeitschr. f. Fischerei, N, F. Bd. 3 (Berlin), 1917. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 155 Zeilen wenigstens einen kleinen Teil der grossen, hier noch be- stehenden Lücke ausfüllen. An dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, meinem ver- ehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. F. Zschokke für sein mir stets entgegengebrachtes wohlwollendes Interesse den herzlichsten Dank auszusprechen. II. Historisches. a) Erst seit wenigen Jahren ist durch verschiedene Autoren (Brakenhoff, Cobb, Ditlevsen, Hofmänner, Micoletzky, Stefanski, Steiner u.a.) das Studium der freilebenden Nema- toden in ein helleres Licht gerückt worden. Nur so ist es zu er- klären, dass selbst in den neueren Lehr- und Handbüchern der Zoologie und Physiologie fast keine oder nur höchst spärliche Angaben über die Ernährung dieser Würmer, die ungeahnt zahl- reich an Individuen wie an Arten sozusagen überall vorkommen und deren Biologie schon manch interessanten Zug aufweist, zu finden sind. Im Handwörterbuch der Naturwissenschaften (Bd. 7, 1912) schreibt Hempelmann: „Die Nahrung der Nematoden ist wohl meist eine flüssige, indem diese Würmer einfach das feuchte Medium, in dem sie leben, aufsaugen und durch ihren Darm passieren lassen.“ „. . Meist besteht die Nahrung aus organischen Säften; manche saugen auch Blut oder schlagen mit dem Stilet ihrer Mundhöhle resp. mit den dort befindlichen Zähnen Wunden in die Gewehe _ ihres Wirtes.“ Diese Angaben beziehen sich, wie leicht zu er- kennen ist, hauptsächlich auf die Parasiten; dasselbe ist der Fall bei Biedermann (2), der in erster Linie die Befunde Leuckarts anführt. Jordan (23) begnügt sich mit der Feststellung, dass die stets freilebenden Vertreter der Anguilluliden (z. B. Diplogaster und Anguillula) sich vorwiegend von zum Teil faulenden Pflanzen (Pilzen) nähren. Hesse und Doflein (Tierbau und Tierleben, Bd. 2, 1914, p. 257) berücksichtigen nur die fäulnisbewohnenden Arten (besonders Rhabditis), die von dem Saft und den Trümmern in Fäulnis übergegangener tierischer Körper und vor allem von der reichlichen Flora von Bakterien und Pilzen, die hier zur Ent- wicklung kommen, leben. Nach Claus-Grobben (Lehrbuch der Zoologie, 9. Aufl., 1917) ernähren sich die Nematoden ‚von or- ganischen Säften, einige auch von Blut und vermögen dann mit ihrer Mundbewaffnung Wunden zu schlagen.‘‘ Auch im letzten, eben erschienenen Band von Brehms Tierleben (Niedere Tiere, 1918) sind die betreffenden Angaben sehr allgemein gehalten. „Die Nahrung der freilebenden Nematoden besteht in allerhand organi- 156 Richard Menzel. schem Abfall pflanzlicher oder tierischer Herkunft. In riesigen Mengen treten gewisse Arten z. B. auf, wenn man zerschnittene Regenwürmer auf feuchter Gartenerde verfaulen lässt.‘“ Etwas willkürlich werden dann zwei marine Arten und deren (nach zur Strassen) wahrscheinlich räuberische Lebensweise erwähnt; da- von soll weiter hinten die Rede sein (vgl. pag. 6). Einer der ersten Forscher, die sich mit freilebenden Ne- matoden beschäftigten, Ch. Bastian (1), macht bereits kurze Angaben über ihre Ernährung. Nach ihm leben diese Würmer fast ausschliesslich von vegetabilischer Nahrung. Oft fand er im Darm Oltropfen oder Körnchen; bei einigen Süsswasserbewohnern jedoch beobachtete er hie und da (z. B. bei Cyatholaimus und Spilophora) Diatomeen und andere Algenzellen; auch konstatierte Bastian bei verschiedenen Exemplaren eine grüne Färbung des Darmes, die wohl von pflanzlicher Nahrung herrührte. Die Aufnahme der Nahrung dachte sich der englische Forscher hauptsächlich zu Stande kommend durch Saugen, was dem Bau des Oesophagus ent- spricht und auch mit den seither geäusserten Ansichten überein- stimmt. ©. Bütschli, von dem einige bedeutsame Arbeiten über freilebende Nematoden erschienen sind, erwähnt, dass Monohystera selosa, die er im Kieler Hafen entdeckte, sich von Diatomeen, Euglenen etc. ernähre (4). Auch J. G. de Man kann in seiner klassischen Bearbeitung der freilebenden Nematoden Hollands (25) bezüglich der Ernährung nur wenige Mitteilungen machen. Nie ge- lang es ihm, die direkte Nahrungsaufnahme zu beobachten; er ver- mutet, dass die von ihm beobachteten Arten von pflanzlicher Nahrung leben. Doch teilt er zwei Fälle von tierischer Ernährung mit, die hier angeführt werden müssen. Der eine bezieht sich auf einen jungen Dorylaimus, der den Stachel quer in den Körper eines Cephalobus gestochen hatte und denselben wahrscheinlich aus- sog. Die zweite Beobachtung bezieht sich auf einen Mononchus, „der einen Dorylaimus bis weit in den Dome hinein ver- schluckt hatte und so mit sich fortschleppte.“ Über 30 Jahre mussten vergehen, bis gezeigt werden konnte, dass die Vertreter des Genus Mononchus eine wohl ausschliesslich räuberische Lebens- weise führen (vgl. Cobb, Micoletzky); de Man kommt das Verdienst zu, als Erster darauf hingewiesen zu haben. In seinen zahlreichen seither erschienenen Publikationen kam er jean nie mehr auf die Ernährung zu sprechen. Nur wenige Angaben finden sich bei L. Oerley (37), die besagen, dass die freilebenden Rhabditiden sich ausschliesslich von faulenden, tierischen wie pflanzlichen Stoffen ernähren, was bei dem massenhaften Auftreten dieser Arten in der Folgezeit oft Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 157 beobachtet wurde. Wenn wir von Anguillula aceti, dem „Ernährungs- sonderling“ (vgl. Micoletzky 33), über dessen Biologie alles bisher Bekannte bei Henneberg (19) zusammengestellt ist, ab- sehen, treffen wir erst wieder in der Arbeit von K. Diem (14) auf kurze Erörterungen, welche die Ernährung bodenbewohnender Fadenwürmer betreffen. Der Autor vermutet, dass sich die Boden- nematoden, die er am häufigsten in unmittelbarer Nähe der Wurzeln fand, im allgemeinen ‚von frischen oder lebenden pflanz- lichen Stoffen, wie manche Kulturschädlinge ihrer Familie“, er- nähren. Dies trifft ganz sicher für die Mononchus-arten nicht zu, wie ich später an dem von Diem gesammelten Material zeigen kann. Ein Jahr später veröffentlichte ©. zur Strassen (52) seine Beobachtungen an Antihraconema, einer marinen, im (Golfe von Neapel mit zwei Arten vertretenen Gattung’). Der Darminhalt dieser oft bis gegen 21/2 cm langen Nematoden war stets tief- schwarz gefärbt. Zur Strassen vermutet, es handle sich um eine in flüssigem Zustand aufgenommene, später gerinnende Nahrung, wahrscheinlich um ,,Blutflüssigkeit irgend einer der zahlreichen srösseren Tierformen, die den Aufenthaltsort des Anthraconema im Sande teilen“. Für diese Annahme spricht jedenfalls, wie auch zur Strassen hervorhebt, die Mundbewaffnung, die in einem vorne durchbohrten, hinten mit dem Oesophag kommunizierenden Stachel besteht. Die bei Thoracostoma strasseni Türk in den Darmzellen ein- geschlossenen, oft eine grünlich-braune Färbung des Darmes be- dingenden Körnchen hält F. Türk (53) ‚für Nahrungspartikelchen aus dem vorwiegend aus pflanzlichem Detritus bestehenden Am- phioxusschlamm, den der Darm stets in mehr oder weniger grosser Menge enthält.“ Auch Stewart (51) konstatierte bei Oncholaimus vulgaris Bast. einen zweifellos aus Teilen von kleinen Algen be- stehenden Darminhalt. Doch er so wenig wie zur Strassen und Rauther konnten direkte Beobachtungen über die Nahrungsauf- nahme machen. Rauther (41) führt nur an, dass die den Urolaben „durchweg eigene starke Mundbewaffnung und der Besitz eines zum Saugorgan vortreftlich geeigneten Schlunds darauf hin- deuten, dass die Nahrung aus Körpersäften oder durch das Secret der Schlunddrüsen verflüssigten Gewebsteilen grösserer Tiere, also auch möglicherweise Blut in grösserer oder geringerer Menge, be- stehen dürfte“. Dass speziell die mit Mononchus nahe verwandten 3) Nach den Untersuchungen von G. Steiner (45) ist Anthraconema zur Strassen synonym mit Siphonolaimus de Man (1893). 158 Richard Menzel. Oncholaimen eine räuberische Lebensweise führen, darf nach neueren Beobachtungen ohne weiteres angenommen werden. Über die Ernährung mariner Nematoden macht G. Schneider (42) einige wichtige Angaben. Fütterungsversuche mit Lackmus ergaben eine saure Reaktion des Mitteldarms, wie dies übrigens auch Rauther feststellte. Für die Beurteilung des Geruchs- und Witterungsvermögens der Nematoden sind die Köderversuche Schneiders von Interesse. Dass gewisse Arten mit Vorliebe an bestimmten Ortlichkeiten sich aufhalten, wohl in erster Linie wegen der Nahrung, scheinen z. B. die Massenansammlungen von Oncholaimus vulgaris an Pfählen mit Mytilus edulis darzutun. Eine ähnliche Beobachtung machte ich im Hafen von Triest, und Stewart (l. c.) bezeichnet die genannte Art geradezu als „a sociable anımal“, das man stets in mindestens 20—30 Exemplaren vereinigt antreffe. Für Desmolaimus zeelandicus de Man erwähnt Schneider als Nahrung „Diatomaceen“. Bestimmter äussert sich der finnische Forscher bezüglich der schon bei Bütschli (l. c.) erwähnten Monohystera selosa. „Die Nahrung ist für diese Art so typisch monoton, dass man schon junge, noch nicht geschlechisreife Exem- plare einfach nach dem Darminhalt bestimmen kann‘). Sie besteht nämlich ausschliesslich aus einer Diatomeenart, wie mir vorkommt aus der Gattung Pleurosigma, von gelber Farbe und einer Länge bis zu 200 u. Leider habe ich nicht beobachten können, wie die Würmchen es fertig bringen, so grosse Bissen hinabzuwürgen. Der Darm ist meist von den genannten Diatomeen prall gefüllt“. K. Marcinowski (27, 28), die sich hauptsächlich mit para- sitisch und semiparasitisch an Pflanzen lebenden Nematoden be- fasste, kommt zum berechtigten Schluss, dass die Semiparasiten, d. h. Vertreter der weitverbreiteten Genera Cephalobus, Rhabditis, Plectus etc. im weitesten Sinne polyphag sind, „indem sie nicht nur keine Gebundenheit an bestimmte Wirtspflanzen zeigen, sondern auch von anderer als pflanzlicher Nahrung zu leben vermögen, z.B. von faulem Fleisch“. Unrichtig ist es jedoch, aus dem massen- haften Vorkommen verschiedener Arten an Wurzeln auf eine aus- schliessliche Ernährung von Pflanzenwurzeln zu schliessen, wie dies Marcinowski tut. Dass speziell die hier in Betracht kommenden Mononchus-arten durchaus nicht an das Vorhandensein lebender Pflanzenwurzeln gebunden sind, soll später gezeigt werden. Wie erwünscht grössere Kenntnisse über die Ernährung frei- lebender Nematoden wären, betont auch F. A. Potts (38) in 4) Von mir hervorgehoben wegen der hier zum ersten Mal betonten Be- deutung des Darminhaltes für die Systematik. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 159 seiner bemerkenswerten, die Untersuchungen Maupas’ fort- setzenden Arbeit über hermaphrodite Arten der Genera Rhabditis und Diplogaster, die hauptsächlich Fäulnisbewohner sind und sich meist von zerfallenden pflanzlichen und tierischen Stoffen ernähren (l. c. p. 443). Dadurch unterscheiden sie sich biologisch von den morphologisch nahe verwandten übrigen Anguilluliden, von denen, . wie Potts einleitend erwähnt, die mit einem vorstülpbaren Mund- stachel versehenen Formen (z. B. Tylenchus, Dorylaimus) von Pflanzensäften leben. ‚The vast majority of this family, however“ fährt Potts fort, „possessan unarmed buccal cavity; but in all the muscular pharynx is constantly at work, now dilated, now collapsed, constantly pumping fluid through the alimentary canal. There is no morphological distinction to be observed between such a free- living nematode as is found in the mud of la lake or amongst the algae of the marine littoral and a Rhabditis or Diplogaster of the soil. But the latter class can be kept in a culture fluid which swarms with bacteria, in which individuals of the former class would speedily succumb. The tissues of a Rhabditis must be resistant to bacterial action and unharmed by the toxins which such organisms produce, and the worm is, in fact, capable of building up protophlasm from the bacteria themselves or from the products of their action. These are the most prominent physiological characteristics of the soil nematodes, Oerley’s Rhabditiformae, and account for the pecularities of their distribution, for they are apparently absent from dry soils and those with a small admixture of organic matter, and even in soils rich in humus are only detected in quantity by allowing some animal or vegetable substance to putrefy on the sample. Sufficient attention has not been paid to the part which nematodes play in the economy of the soil, but an investigation of this problem may well reveal results of as great interest as those wich have been put on record by Maupas, working on the sexual organisation“. Was Potts hier andeutet, ist in der Folge- zeit grösstenteils durch verschiedene Untersuchungen (vgl. nament- lich Cobb) bestätigt worden. Die nun folgenden fünf Angaben wurden während der letzten fünf Jahre gemacht, seit welcher Zeit das Studium der freilebenden Nematoden von verschiedener Seite her eine grosse Förderung er- fuhr. Der Vollständigkeit halber mag hier die Bemerkung von R. H. France in seiner beachtenswerten Schrift über das Eda- phon (17) nicht unerwähnt bleiben; trotzdem er sich auf kein Beweismaterial stützt bezüglich der Nematoden, trifft er dennoch das Richtige: ‚„Ebensowenig zweifelhaft ist es, dass Rotatorien und Nematoden nebst Humusstoffen auch Mikroorganismen auf- 160 Richard Menzel. nehmen, obwohl es mir wenigstens in Bezug auf die letzteren nicht gelang, besondere Angaben beizubringen.“ B. Hofmänner (20,21) konnte einzig bei der früher schon erwähnten Monohystera setosu, Diatomeen im Darm finden, was besonders gut mit den Angaben Schneiders (l. c.) übereinstimmt. R. Menzel (30) führt einiges bisher Bekannte über die Ernährung freilebender Nematoden an, u. a. den von der Alge des roten Schnees sich ernährenden Aphelenchus nivalis, dessen Darm infolge der gefressenen Algen- zellen. rot durchschimmerte. F. Heinis (18) bringt neben all- gemeinen Bemerkungen über die Art der Nahrungsaufnahme moos- bewohnender Nematoden einen interessanten bis dahin nirgends erwähnten Fall zur Sprache: „Im Bölchenmaterial beobachtete ich zweimal Nematoden der Gattung Dorylaimus, welche Gehäuse von Nebela collaris bewohnten. Ohne Zweifel sind die Nematoden nicht zufällig in die Nebelagehäuse hineingeraten oder haben sie nur zum Schutz aufgesucht, sondern sie werden die Rhizopoden über- fallen, angebohrt und den Plasmainhalt aufgesaugt haben.‘ Diese Vermutung wird bestätigt durch eine weitere Feststellung von Heinis (mündliche Mitteilung), wonach in einem Kampf zwischen einem Dorylaimus und einem Rhizopoden der Nematode Sieger blieb. Dass hingegen auch der umgekehrte Fall eintreten kann, soll weiter unten besprochen werden. In seinen verschiedenen Arbeiten spricht sich G. Steiner meist nur vermutungsweise über die Art der Nahrung freilebender Nematoden aus. Die von ihm ergänzend beschriebene Rhabditis marina (45) soll sich vor allem „von Bacterien und einzelligen niederen Organismen wie Flagellaten u. s. w. ernähren. Diese Nahrung wird durch die Bewegung der Lippen in die Mundhöhle befördert und von hier durch Saugwirkung des Oesophagusrohrs, vor allem wohl aber des vorderen Bulbus, nach hinten dem Klappen- apparat zugetrieben“. An anderer Stelle (46) spricht sich Steiner über die Funktion der Actinolaimen-Mundhöhle aus. Da bei diesen Arten die Aufnahme der Nahrung durch das Stachellumen statt- findet (wie bei den verwandten Dorylaimus-arten), dient die Mund- hôhle — wenn überhaupt die schüsselförmige Erweiterung am Vorderende, die mit dem Oesophaguskanal keine sichtbare Ver- bindung zu besitzen scheint, so genannt werden darf — als eine Art Saugnapf, mit dem sich die Actinolaimen ‚an den auszu- saugenden (Gegenstand, seien es nun Algenfäden oder andere pflanzliche oder tierische Körper‘ festheften. Sehr hypothetisch erscheint mir die Ansicht Steiner’s, dass dabei die Zähne, die sich oft in diesem erweiterten Teil befinden, zum Ritzen und zum Einspritzen von Verdauungssekreten in die aufzunehmende Nahrung Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 161 dienen. Es steht diese Annahme einigermassen im Widerspruch mit dem Vorhandensein eines Bohrstachels, wie er den Dorylaimen zukommt, mit dem allein die Nahrung aufgenommen wird und der auch wohl das Anstechen besorgt. Damit stimmen auch die An- gaben Steiner’s an anderem Orte (47) überein, wo er schreibt: „Die Dorylaimiden nähren sich vermutlich hauptsächlich derart, dass sie Pflanzen aller Art anbohren und den Zellinhalt aussaugen ; öfters kann man direkt beobachten, wie der Darminhalt durch Chlorophyll grün gefärbt ist. Die erdbewohnenden Arten sind als Wurzelschädlinge bereits bekannt. — Es liegt auf der Hand, und Beobachtungen haben dies auch bestätigt, dass dabei kleine wirbel- lose Tiere, Larven, tierischer Detritus u. s. w. nicht verschmäht - werden.“°) Dass die genaue Kenntnis der Ernährung freilebender Nematoden unter Umständen ein Licht auf die Verwandtschafts- beziehungen dieser Würmer zu einander werfen kann, deutet be- reits Steiner (l.c.) an; ich komme später noch darauf zurück, ebenso auf die vom selben Autor neuerdings (48) beleuchtete Nahrungsaufnahme bei den Mermithiden. In einem Vortrag, gehalten in einer Sitzung der natur- forschenden Gesellschaft Zürich (18. III. 1918) äussert sich Steiner u. a. auch über die Ernährungsart der freilebenden Nematoden; wenn er dabei auf das Heer der Raubnematoden zu sprechen kommt, so stützt er sich auf die Arbeiten des Amerikaners Cobb, deren Inhalt gleich erörtert werden soll. Vorerst müssen noch die hier in Betracht kommenden Ergeb- nisse des österreichischen Nematodenkenners H. Micoletzky er- ‘ wähnt werden. Während er zunächst (31, 32) zu dem Schlusse kam, dass die Hauptnahrung der freilebenden Süsswassernematoden in Algen, Pflanzenmulm, hie und da auch in Wurzeln, möglicher- weise auch in Blättern und Stengeln von Wasserpflanzen bestehe, dass ferner die meisten der von ihm untersuchten Arten polyphag seien, macht er in seiner kürzlich erschienenen Arbeit über die freilebenden Nematoden der Bukowina (34) positive Angaben über die räuberische Lebensweise von Mononchus-arten. Nachdem er 5) Auch im Süsswasser lebende Dorylaimen können sich nach Steiner (49) von tierischen Säften ernähren. So war der Darm bei sämtlichen Exemplaren des Dorylaimus fecundus Cobb subsp. helveticus Steiner aus der Tiefe des Neuenburgersees braun gefärbt, ohne dass freilich ein geformter Inhalt sich er- kennen liess, woraus Steiner schliesst, dass die Nahrung dieser Art vornehm- lich aus Säften von angebohrten Tieren bestehe. In derselben eben erschienenen Arbeit erwähnt der Autor, dass der Darm des einzigen Exemplares von Trilobus gracilis Bast. var. allophysis Steiner prall gefüllt war mit zahlreichen Exem- plaren eines unbestimmbaren Wimpertierchens. Ohne entscheiden zu können, ob dies die ausschliessliche Nahrung des Wurmes sei, hält ihn Steiner für carnivor, was jedenfalls für die Stammart zutrifft. 11 162 Richard Menzel. für Dorylaimus crassus, Diplogaster fictor, Monohystera vulgaris Algenfrass (einzellige Algen, Fadenalgen) konstatiert hat, fährt er fort: „Wie es scheint, neigt die Gattung Mononchus besonders zu räuberischer Lebensweise. So traf ich ein jugendliches Exemplar von M. macrostoma von 1,28 mm Länge aus einem Tümpel bei Tereblesti, das einen etwas macerierten Nematoden herunter- schluckte. Ferner sah ich ein jugendliches Individuum des terrest- rischen M. zschokkei (aus Almboden von Hochschwab in den Ost- Alpen), das ein lebensfrisches Männchen von Plectus granulosus bereits bis zur Hälfte verzehrt hatte.... Die räuberische Lebens- weise dieser Gattung hängt vermutlich mit den Zahnbildungen zu- sammen. So hat Stewart (1906) für Oncholaimus vulgaris die Mündung von Oesophagealdrüsen an der Spitze der Zähne nach- gewiesen, und es ist zum mindesten sehr wahrscheinlich, dass die Gattung Mononchus, zufolge ihrer nahen Verwandtschaft, das näm- liche Verhalten aufweist. Diese Drüsenmündung (? Giftdrüsen) an der Spitze des starren Dorsalzahnes wäre für eine rasche Tötung bezw. Lähmung der Beute recht verständlich, und die bei manchen Arten (M. muscorum und M. spectabilis) vorkommenden ventralen Zahnleisten kämen für das Festhalten recht in Betracht.“ b) Micoletzky’s Beobachtungen und Schlussfolgerungen werden durch die verschiedenen Arbeiten Cobb’s sowie eigene Untersuchungen und Fütterungsversuche ergänzt und grösstenteils auch bestätigt. Dass Diatomeen für viele Arten, namentlich marine, die Hauptnahrung bilden, hält Cobb für sicher (6); ferner stellte er fest, dass öfters Mikroben, Algen, Pilzmycelien und Pilzsporen etc. als Nahrung dienen. Einige Arten können als omnivor be- . trachtet werden, andere finden im Schlamm der Gewässer ihre Nahrung und verschlingen nach Art der Regenwürmer ohne Unter- schied alles.°) Eine typisch räuberische Lebensweise jedoch beobachtete der amerikanische Forscher bei Vertretern der Gattung Mononchus (12). Genaue und zahlreiche Beobachtungen offen- barten den räuberischen Charakter gewisser häufiger und weitver- breiteter bodenbewohnender Arten, deren Nahrung aus niederen Organismen wie Protozoen, Rotatorien und, was am interessantesten ist, andern Nematoden besteht; denn durch diese letztere Tatsache erlangen diese Arten eine gewisse ökonomische Bedeutung, da, wie Co bb u.a. zeigen konnte, eine bestimmte WMononchus-art sich haupt- 6) Wohl nicht mit Unrecht zählen P. Steinmann und G. Surbeck (50 (Die Wirkung organischer Verunreinigungen auf die Fauna schweizerischer fliessender Gewässer, Bern 1918) von den Schlammbewohnern unter den Schmutz- wassertieren neben den Oligochaeten manche Nematoden zu den Kotfressern, ohne freilich direkte Beobachtungen anzuführen. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 163 sächlich von einem der Landwirtschaft schädlichen Nematoden ernährt. Früher (vgl. Marcinowski) wurden die Mononchen als Pflanzenschädlinge betrachtet, da man sie besonders zahlreich an Pflanzenwurzeln fand; auch liessen sich oft vegetabilische Reste in ihrem Darm nachweisen. Der erste Grund hat wohl keine Berechtigung mehr; das Genus Mononchus ist überall, auch am Grund von Seen und Teichen, dann besonders in Moospolstern vertreten, und speziell im letzteren Fall konnte ich niemals be- obachten, dass die betreffenden Arten sich von der Moospflanze ernährten. Was den zweiten Fall betrifft, so ist es leicht mög- lich, dass von den Mononchen typische Algenfresser wie Monohystera- arten verschlungen werden, deren Darm oft grün ist von Algen; diese pflanzlichen Reste schimmern dann infolge der Durchsichtigkeit der verschluckten Monohysteren durch den Körper des Mononchus. Mit Recht bemerkt Cobb, dass es künstliche Bedingungen sind, wenn man Bodennematoden, die meist im Dunkeln leben, im Wasser unter das Mikroskop bringt; trotzdem konnte er manches Neue feststellen. Die Mononchen sind sehr biessam und können sich ein- und aufrollen, ein Vorteil im Kampf mit beweglicher Beute. Auffallend sind vor allem die Bewegungen der vorderen Körperhälfte; dadurch, dass das Vorderende plötzlich hierhin und dorthin geschleudert wird, ist die Möglichkeit gegeben, eine auch sehr bewegliche Beute zu packen. Bei der Verfolgung ihrer Opfer sind die Mononchen, da sie meist in Dunkelheit leben, auf den Tastsinn (und Geruch?) ange- wiesen, wozu die Lippenpapillen, Tastborsten (und vielleicht die Seitenorgane) dienen. In besonderem Masse ist der Mundhöhlen- bau dieser räuberischen Lebensweise angepasst; meist ist sie sehr geräumig, ferner mit einem oder mehreren Zähnen, wozu noch Raspelapparate kommen können, ausgerüstet, die zusammen mit den kräftigen Lippen als Fangorgane funktionieren. Das Verschlingen der Opfer stellt sich Cobb ähnlich wie bei den Schlangen vor, die ihre Beute ganz hinunterschlingen; hie und da wird sie aber auch durch die Mundhöhlenbewehrung in Stücke zerrissen. Demzufolge ist auch eine Verschiedenheit in der Verdauung zu beobachten. So fand Cobb in der Mund- höhle eines M. palustris als letzten Rest eines Rotators dessen „Kiefer“ (Mastax). Von ganz verschlungenen Tieren findet man im Darm hauptsächlich die weniger gut verdaulichen Teile wie Spicula oder Stachel verschiedener Nematoden. Wahrscheinlich kommen bei allen räuberischen Formen Oesophagealdrüsen vor, die als Speicheldrüsen funktionieren. Die Verdauungssäfte sind wie 164 Richard Menzel. gesagt fähig, Horn (Chitin) zu lösen, da man von den verschluckten Nematoden oder Rotatorien bald nichts mehr sieht bis auf die aus solidem Chitin bestehenden Spicula, Mundhöhlenverdickungen oder sonstigen Chitinskelette. — Schon Cobb fiel die Gefrässigkeit der - Mononchen auf. Oft sind die Reste von mehreren Nematoden im Darm zu finden. Ein Exemplar frass einmal vier grosse Rotatorien hintereinander; besonders die aquatilen Mononchus-arten sollen sich _ mit Vorliebe von Rädertieren ernähren. Die Art der Nahrung hat die Bildung dicker Fäces zur Folce; damit steht die Entwicklung einer besonders starken Rektalmus- kulatur in Zusammenhang. Eine Schwanzdrüse scheint nicht bei allen Mononchen vorzukommen, obschon sie nach C o b bals Fixations- möglichkeit im Kampf mit beweglichen Opfern nützlich wäre. Die Vertreter des Genus Mononchus sind Kosmopoliten, die im Süsswasser sowohl wie in der Erde leben, besonders in be- bautem Land. Cobb rechnete aus, dass in einem Maisfeld in den obersten 6 Zoll der Fläche eines Morgens (40 are) im Ganzen wenigstens 30 Millionen Mononchen anwesend seien. Cobb zieht daraus weitgehende Konsequenzen. Wie er bereits die „Nema- tologie“ als einen separaten Zweig biologischer Wissenschaft der Entomologie an die Seite stellt, so denkt er sich mit Bezug auf die Mononchus-arten, dass, wie viele Insekten Schädlinge ihres Geschlechtes in Schach halten (vgl. die biologische Bekämpfungs- methode), so auch diese Mononchen durch ihre Gefrässigkeit und räuberische Lebensweise das Überhandnehmen von dem Menschen schädlichen Nematoden verhindern können. Dies wurde bereits in einem Fall von Cobb (8) nachgewiesen, wo eine Mononchus-art sich speziell von dem Erreger der „Citrus-Root“-Krankheit, 1105 lenchulus semipenetrans, ernährt, In seiner neuesten Arbeit erwähnt Cobb (13) ausser Monon- chus noch weitere carnivore Arten, die sich von andern Nematoden, Rotatorien und Protozoen ernähren, so /ronus ignavus und longi- caudatus sowie Tripyla monohystera. Während M. longicaudatus seine Beute verschlingt, schlägt Zronus mit den drei scharfen, nach auswärts gestülpten Zähnen ein Loch in das Opfer und scheint dann die mehr oder mens lüssigen Teile desselben einzu- schlürfen, da im Darm keine feste, geformte Nahrung sichtbar ist. Ähnlich verhalten sich Diplogaster- und Axonolaimus-arten. Die Möglichkeit, relativ grosse Stücke verschlingen zu können (Tripyla, Mononchus, Monohystera), führt Cobb auf die einfache, glatte Beschaffenheit des Oesophags der betreffenden Arten zurück. So sind Monohystera-arten im Stande, Diatomeen zu verschlucken, die ‘/2—?/3 so breit und !/,—!/, so lang wie sie selber sind, und Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 165 a Tripyla monohystera schlingt Nematoden, die halb so breit sind wie sie selbst, ohne Mühe hinunter’). Dass in der Tat Bau des Oesophagus und Art der Nahrung in enge Beziehungen zu einander treten, soll später gezeigt werden. An die Beobachtungen Cobb’s schliessen nun unmittelbar die folgenden Untersuchungen an, die zum grössten Teil gleich- zeitig und unabhängig von dem amerikanischen Forscher entstanden sind. Ill. Untersuchung des Darminhaltes freilebender Nematoden. a) Methode. Während es bei den meisten Metazoen not- wendig ist, den Darminhalt zu isolieren, sofern man Aufschluss über die Art der Nahrung erhalten will, gelingt es bei sämtlichen hier in Frage kommenden freilebenden Nematoden, Nahrungsreste bei ganzen Tieren nachzuweisen, sowohl an lebenden Exemplaren als auch ganz besonders gut an aufgehellten 'Präparaten. Zur Aufhellung bedient man sich verschiedener Reagentien, meist Gly- zerin oder Gemischen, in denen Glyzerin enthalten ist. Als recht vorteilhaft erwies sich mir seit Jahren Glyzerin und Eisessig, ein Gemisch, wie es Könike für die Konservierung der Hydrachniden empfiehlt. b) Material. Es wurden terricole, limnicole und marine Arten aus den verschiedensten Gegenden untersucht. Sehr zu statten . kam mir eigenes in den Alpen gesammeltes Material terrestrischer "Arten; aquatile Nematoden erhielt ich aus Brunnen von Basel und Umgebung sowie aus Alpenseen, ferner moosbewohnende Arten aus Südamerika (Surinam, Columbien). Die untersuchten marinen Formen stammen aus dem von Römer und Schaudinn (1908) in Spitzbergen gesammelten Material *). Bei dem arktischen Material an marinen Arten war kein be- stimmbarer Darminhalt zu erkennen; es mag dies u. a. damit zu- sammenhängen, dass die betr. Exemplare über 10 Jahre im Al- 7) Auch die durch einen stark muskulösen Oesophag ausgezeichneten Chaetosomatiden, mit eigentümlichen ventralen Borstenreihen versehene marine Nematoden, scheinen sich von Algen zu ernähren. In ihrer im April 1918 er- schienenen Arbeit (On the Chaetosomatidae, with descriptions of new species, and a new genus from the Coast of New South Wales. Proc. Linn. Soc. N. S. Wales, Vol. XLII, Part. 4) teilt Vera A. Irwin-Smith mit, dass der Darm von Chaetosoma falcatum neben fast immer auftretenden körnigen Trümmern einmal eine Desmidiacee sowie einige Ketten von kleinen Algenzellen ent- halten habe. 8) An dieser Stelle sei den Herren Prof. Dr. A. Collin (Berlin), Dr. G. Stahel (Paramaribo), Dr. F. Heinis (Basel), Dr. P. A Chappuis (Basel) u. Dr. H. Kreis (Basel) für gütige Unterstützung der beste Dank abgestattet. 166 Richard Menzel. kohol aufbewahrt waren und sich nicht mehr soweit aufhellen liessen, wie dies bei frischem Material môglich ist. Immerhin war der Darm. verschiedener Arten mit Nahrungsresten angefüllt; ob es sich dabei um pflanzliche oder tierische Nahrung handelte, konnte nicht festgestellt werden. Doch darf wohl angenommen nen dass die bei Oncholaimus-arten und Enopliden vorhandenen Reste im Darmkanal von niederen Tieren herstammen. Denn dass diese mit starker Mundbewaffnung versehenen marinen Formen räuberisch leben, hat kürzlich H. Ditlevsen (15) unzweideutig nachgewiesen Im Darm von Enoplolaimus latignathus fand er das Mundhöhlen- skelett eines Oncholaimus, und bei den verschiedenen Arten der Gattung Halichoanolaimus, die sich durch grosse Gefrässigkeit (voraeity) auszeichnen, war der Darm oft mit Nematoden in mehr oder weniger verdautem Zustand gefüllt. (S. Fig. 1.) Fig. 1 (nach Ditlevsen). a) Enoplolaimus latignathus Ditl. Darm mit Mundhöhlenskelett eines Oncholaimus. b) Halichoanolaimus longicauda Ditl. Darm mit den accessorischen Stücken des Spicularapparates eines Cyatholaimus. Bei Süsswasserformen und terrestrischen Arten, die sich wohl fast ausschliesslich von Pflanzensäften, überhaupt von Flüssigkeiten ernähren (Dorylaimus, Tylenchus, Hoplolaimus ete.), waren be- greiflicherweise keine definierbaren Nahrungsreste zu finden. Algen traf ich bei Tripyla papillata, bei Ironus longicaudatus, Trilobus gracilis und Mononchus dolichurus. Alle übrigen Beobachtungen beziehen sich auf Reste tierischer Nahrung bei verschiedenen Mononchus-arten, Tripyla papillata und Trilobus gracilis. Der besseren Übersicht halber seien die verschiedenen Arten mit Angabe ihres Darminhaltes hintereinander angeführt; daran anschliessend soll eine Besprechung und Deutung der gefundenen Nahrungsreste folgen. Ben Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 167 c) Mononchus dolichurus Ditl.’) Im Mitteldarm Reste von andern Nematoden, Kauapparat (Mastax) von Rotatorien und Oli- gochaetenborsten; ferner Tardigradenreste (Krallen, Chitinskelett des Vorderdarms), in einem Fall von mindestens 7 Exemplaren. Mononchus papillatus Bast. Reste von Nematoden, Rota- torien und Tardigraden im Mitteldarm. Mononchus muscorum (Duj.). Ganz verschluckte Nematoden, Reste von solchen wie Dorylaimusstachel, Spicula, Rotatorien- mastax; Tardigradenreste. oft von bis 8 Exemplaren, im ganzen Mitteldarm verteilt. Mononchus macrostoma Bast. Unbestimmbare Chitinreste (Nematodenspicula od. Zähne von Ironus?). Mononchus brachyuris Bütschli. Unbestimmbare Chitinreste, wie bei voriger Art. Tripyla papillata Bütschli. Darm meist prall gefüllt mit einer bräunlichen Masse. Rotatorienmastax, Tardigradenklauen und Chitingerüst des Vorderdarms, im ganzen Mitteldarm verteilt, oft mindestens 6 Exemplaren angehôrend. Nematodenreste, in einem Fall 2 noch fast ganz erhaltene kleine Arten (vermutlich Monohystera) am Anfang des Mitteldarms, unmittelbar hinter dem Oesophag. Trilobus gracilis Bast. Rotatorienmastax sowie undefinierbare Reste wahrscheinlich tierischer Nahrung. Mononchus dolichurus Ditlevsen wurde zuerst von Ditlevsen in Jütland entdeckt und neuerdings von de Man in Norwegen nachgewiesen. Die hier untersuchten Exemplare stammen aus Wiesenerde bei Avers (Kanton Graubünden) und leben dort ver- gesellschaftet mit Enchytraeiden. Diem (14) hatte das Material gesammelt und kam, wie schon erwähnt, auch auf die Ernährung der Bodennematoden zu sprechen. Er vermutet, dass sie sich „im all- gemeinen von frischen oder lebenden pflanzlichen Stoffen, wie manche Kulturschädlinge ihrer Familie“, ernähren; bei den Enchytraeiden untersuchte er u. a. den Darminhalt und kam zu dem Resultat, dass diese Würmer hauptsächlich von frischem bis stark zersetztem Pflauzendetritus leben. Nach dem, was wir über die Lebensweise der Mononchen be- reits wissen (vgl. besonders Cobb), könnte angenommen werden, dass im vorliegenden Falle auch die Enchytraeiden nicht verschont 9) Neuerdings hat Cobb (12) das Genus Mononchus Bastian in eine Reihe von Untergattungen aufgelöst. Da es sich hier um keine systematische Untersuchung handelt, gelangt die bis jetzt übliche Nomenklatur zur An- wendung. 168 Richard Menzel. werden, trotzdem sie bedeutend grösser sind als die freilich bis 51/2 mm langen, aber sehr schlanken Fadenwürmer. In der Tat fand ich in einigen genügend aufgehellten Exemplaren (handelt es sich doch um Material, das über 10 Jahre im Alkohol lag) im Mitteldarm zerstreut schwach S-förmig gebogene Stäbchen, die ohne Zweifel Borsten von Oligochaeten darstellen. Einmal wurden sie, da sie bis in die Nähe des Enddarmes festzustellen waren, nicht verdaut, bestehen also aus Chitin, und dann stimmen sie in Grösse und Gestalt genau mit den Borsten der Enchytraeiden vom selben Fundort überein, wovon ich mich an Präparaten überzeugen konnte. Damit wäre zum ersten Male der Nachweis erbracht, dass Fig. 2. Fig. 2. Mononchus dolichurus Ditl. Hinterer Teil des Darmes mit Oligochaeten- borsten, freilebende Nematoden sich auch von Oligochaeten ernähren, wenn solche in ihrer Umgebung zahlreich vorkommen."!) Freilich muss man dann annehmen, dass M. dolichurus seine Beute nicht ganz verschlingt — das wäre bei der Grösse der in Betracht kommenden Enchytraeiden ein Ding der Unmöglichkeit — sondern irgendwo „anzapft“ und stückweise sich einverleibt; dies pflegen nämlich andere Mononchus-arten auch zu tun, wie in den unten folgenden Versuchen gezeigt werden sol. Was dann im Darm noch übrig bleibt, sind eben die unverdaulichen Haken- 10) In diesem Zusammenhange sei auch verwiesen auf die Arbeit von Plateau (s. Biedermann |. c., p.894, Fig. 275), der im Mitteldarm von Cryptops savignyi neben Sandkörnchen und Teilen von Arthropoden auch Borsten des Regenwurmes feststellte. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 169 borsten, die im Gegensatz zu denjenigen von Lumbriciden keinen Nodulus besitzen. Wie Figur 2 zeigt, sind oft 15—20 solcher Borsten im Mitteldarm eines einzigen Exemplares zu konstatieren. Diese Art besitzt 3 eher schwache, nach rückwärts gerichtete Zähne im hintern Drittel der Mundhöhle; was für eine Funktion ihnen zukommt, ist nicht sicher festzustellen. Jedenfalls sind sie nicht dazu geeignet, Wunden in das ergriffene Opfer zu schlagen. Die starke Saugwirkung allein dürfte genügen, Stücke aus dem Körper eines mit den Lippen erfassten Enchytraeiden zu reissen, und die Zähne dienen vielleicht dazu, das Rückwärtsgleiten der noch mehr oder weniger festen Nahrungsbrocken zu verhindern. Nach de Man (26) besitzen die Seitenwände der im optischen Querschnitt sechseckigen Mundhöhle in ihrer vorderen Hälfte je einen halbkreisförmigen, nach innen gerichteten Lappen. Diese 6 am Eingang der Mundhöhle gelegenen Lappen sind, nach der Vermutung de Man’s, beweglich und dienen dazu, „die Speisen in die Mundhöhle hineinzutreiben.* Der holländische Gelehrte hat hier wohl das Richtige getroffen, ohne freilich auf die räuberische ‚Lebensweise dieser Art zu sprechen zu kommen. Infolge seiner bedeutenden Grösse vermag NM. dolichurus ohne Mühe kleinere Nematoden (etwa Pleeiusarten) ganz zu verschlucken. Auch Rotatorien fallen der gefrässigen Art zum Opfer; hie und da findet man den typischen Kauapparat unter nicht mehr definier- baren, leicht verdaulichen Nahrungsresten. Tardigraden werden ebenfalls nicht verschmäht, wie Exemplare aus den Jöriseen zeigten. Mononchus muscorum (Duj.) ist, wie der Name sagt, eine moosbewohnende Art. Ich fand sie u. a. in den Dolomiten und im Karst bei Triest und konnte in verschiedenen Exemplaren kleinere Nematoden, fast ganz noch erhalten, Reste von solchen wie den Stachel einer Dorylaimus-art oder die ebenfalls unverdaulichen chitinigen Spicula sowie den Mastax von Rotatorien feststellen. In einem Falle war bei einem der verschluckten kleineren Nema- toden noch deutlich dessen Hautringelung zu sehen (Tylenchus, Plecius oder Teratocephalus). Auch Tardigradenreste konnten bei Exemplaren aus den Jöriseen nachgewiesen werden. (S. Fig. 3.) Diese Art besitzt einen kräftigen dorsalen Zahn in der Mund- höhle und ihm gegenüber eine „Raspel“ (vgl. Cobb), eine Ein- richtung, die wohl dazu geeignet ist, festgeformte, lebende Beute zu fassen, am Entgleiten zu verhindern und eventuell auch zu zer- kleinern oder zu zerreissen. Mononchus papillatus Bastian ist mit der vorigen Art nahe verwandt. Die Mundhöhle zeigt beinahe denselben Bau, nur ist 170 Richard Menzel. Fie. 3. Fig. 3. Mononchus muscorum (Duj.). Im Darm das deutlich erkennbare Vorderende eines freilebenden Nematoden sowie Reste von Rotatorien. Fig. 4. Fig. 4. Mononchus papillatus Bast. Teil des Darmes mit Tardigradenresten (Schlundskelett, Krallen). OT Mononchus dolichurus Ditl. Juveniles Exemplar (Vorderende), ein Rotator verschlingend. Fig. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 171 die dem dorsalen Zahn gegenüberliegende Chitinleiste der Mund- höhlenwand nicht oder nur sehr schwach gekerbt resp. gezähnt. - Auch diese Art ernährt sich von andern Nematoden, Rota- torien und besonders von Tardigraden. In einem Exemplar konnte ich die Überreste von mindestens 7 Macrobioten nachweisen, und zwar bleiben bei diesen Tieren, wie schon erwähnt, die chitinisierten Körperteile übrig, nämlich die Krallen der Stummelfüsse und das Schlundrohr samt den Chitinstückchen des Schlundkopfes. Fig. 4 zeigt dies in deutlicher Weise. Dass wirklich all die erwähnten Orga- nismen gewaltsam verschlungen wurden, beweist die Fig. 5, die einen M. dolichurus darstellt, der gerade ein Rotator gepackt und einen Teil davon bereits in die Mundhöhle hineingerissen hat. Dass die Beute meist zähe festgehalten wird, macht gerade dieses Präparat deutlich; nicht einmal im Todeskampf liess der räuberi- sche Mononchus sein Opfer fahren. Dasselbe Exemplar wies übrigens in seinem Mitteldarm einen Rotatorien-Mastax auf. ; Bei M. macrostoma aus einem Sodbrunnen, Basels wie einem moosbewohnenden M. brachyuris aus Surinam konnten nur un- bestimmbare Chitinreste (wahrscheinlich von andern Nematoden) festgestellt werden. Tripyla papillata scheint mindestens so räuberisch zu sein wie die Mononchen. Auch Cobb hatte schon bei diesem Genus ähn- liche Beobachtungen gemacht. Die Art lebt vorwiegend im Süss- wasser und zwar im Schlamm der Seen und Tümpel. Da eine Mundhöhle mit irgend welcher Bewaffnung fehlt, erhebt sich die Frage, ob T. papillata die Nematoden, Tardigraden und Rotatorien, deren Reste in ihrem Darm konstatiert worden, lebend oder in totem Zustand zu sich nimmt. Beides kann der Fall sein. Für das erstere sprechen die starken Papillen am Vorderende, die ge- nügen dürften, sich an lebender Beute festzuheften. Die grosse Beweglichkeit dieser Art ermöglicht ferner eine erfolgreiche Jagd; T. papillata kann sich, wie an konservierten Exemplaren deutlich sichtbar wird, korkzieherartig aufrollen und dies wohl nicht nur im Todeskampf — sozusagen sämtliche konservierten Exemplare haben die charakteristische Gestalt eines spiralig aufgewundenen Fadens — sondern auch im Kampf mit der Beute. Auch die Mononchen, deren auffallende Beweglichkeit und Fähigkeit sich aufzurollen ich öfters beobachtete, nehmen als tot eine stets sich wiederholende spiralförmige Lage ein. Auch bei dem bis jetzt ausschliesslich im Süsswasser gefun- denen Trilobus gracilis, dessen becherförmige Mundhöhle sich in einen erweiterten Teil des Oesophageallumens fortsetzt, in welchem sich ein zahnartiger Vorsprung befindet, konnten Reste von Rota- 172 Richard Menzel. torien mit Sicherheit festgestellt werden. Es handelt sich demnach ebenfalls um eine carnivore Art; dasselbe gilt nach Steiner (49; s. pag. 12, Fussnote) für die Varietät allophysis aus dem Neuen- burgersee. IV. Fütterungsversuche. Nachdem durch die Untersuchung des Darminhaltes festgestellt war, dass die vorhin angeführten Arten sich von andern freileben- Nematoden, ferner von Rotatorien und Tardigraden, in einem Falle selbst von Oligochaeten ernähren, war es mir darum zu tun, den Vorgang der Aufnahme dieser für freilebende Fadenwürmer a priori immerhin ungewöhnlichen Nahrung zu beobachten, da genauere Angaben darüber, ausser etwa denjenigen von Cobb, fehlen.'!) Ich wählte zu diesem Zwecke Mononchus papillatus aus Moos- rasen an einer Mauer im Garten der Zoologischen Anstalt; so hatte ich stets frisches Material zur Verfügung. Die Tiere wurden in Uhrschälchen mit Wasser gebracht, wo sie tage- bis wochenlang am Leben blieben. Es entspricht dieser Aufenthalt im Wasser freilich nicht ganz den natürlichen Verhältnissen, indem die moos- bewohnenden Arten ja höchstens bei starkem Regen im Wasser „schwimmen“. Doch war keine andere Versuchsanordnung möglich, wenn überhaupt der Vorgang der Nahrungsaufnahme wollte unter dem Mikroskop beobachtet werden. Auch können ja Laborato- riumsversuche niemals den Verhältnissen in der Natur völlig ent- sprechen. Mit M. papillatus zusammen leben in denselben Moosrasen Tylenchus sp., Plectus auriculatus und Tripyla intermedia. Alle diese drei Arten freilebender Nematoden wurden von dem räube- rischen Mononchus angegriffen und, je nach der Grösse der be- treffenden Art, ganz verschlungen oder „angebissen“ und dann aus- gesogen. Ein einziges Mal sah ich, wie ein junger Tylenchus von hinten her gepackt und durch den engen Oesophag heruntergewürgt wurde. In der Tat erinnerte dieser Anblick an eine Schlange, welche ihr Opfer langsam verschlingt; auch hier ragte das Vorder- ende des Tylenchus eine gewisse Zeit aus der Mundhöhle von M. papillatus heraus, bis endlich das ganze Tier im Darm des Räubers verschwand. Meist jedoch wurden die verschiedenen Arten an irgend einer Körperstelle, wo gerade der Mononchus sie mit den Lippen seines Vorderendes berührte, gepackt; dann schlug ohne 11) Dass solche Beobachtungen bei Wirbellosen, speziell Würmern, im all- gemeinen selten gemacht wurden, beweist u. a. auch die Tatsache, dass A. Lang in seiner Monographie der Polycladen (24) nur bei einer einzigen Art eine direkte Aufnahme von Nahrungsstoffen beschreiben konnte. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme, 173 Zweifel der kräftige Zahn der Mundhöhle ein Loch in die Cuti- cula, so dass die Körperflüssigkeit sowie die Gewebe im Innern des Opfers aufgesogen werden konnten. Man sah hierauf, wie das betreffende Exemplar minutenlang festgehalten wurde, und deutlich war zu beobachten, wie der Körperinhalt des angebissenen Nema- toden ruckweise durch den ganzen Oesophag bis in den Anfangs- teil des Mitteldarmes gelangte. Recht günstig zur Beobachtung der Aufnahme lebendiger Nahrung waren die Versuche mit Anguillula aceti, die in grossen Mengen zur Verfügung stand. Obwohl M. papillatus in der Natur niemals Gelegenheit hat, Essigälchen als Nahrung vorzufinden, ver- schmähten die Exemplare aus dem Anstaltsgarten diese ungewohnte Kost nicht. Wenn in ein Schälchen mit einigen Dutzend Exem- plaren dieser Essigbewohner nur 1—2 Mononchen gebracht wurden, entstand bald ein wahres „Blutbad“. Uberall konnte man an- gebissene, sich heftig windende oder auch gänzlich in zwei bis mehrere Teile zerrissene Exemplare der sonst lebhaft sich fort- schlängelnden A. aceti erblicken. Hier und da versuchten die Mononchen auch, ganze Tiere hinunterzuschlingen, meist jedoch ohne Erfolg. Die doch etwas zu grossen Bissen wurden schliess- lich, nachdem sie bereits bis weit in den Oesophag hinein ver- schwunden waren, wieder ausgestossen. Ahnlich waren die Ergebnisse mit Rotatorien und Tardigraden, die ebenfalls Moospolstern von einem Dach im Anstaltsgarten ent- nommen wurden. Auch sie fielen dem räuberischen M. papillatus zum Opfer, indem sie irgendwo gepackt und stückweise ver- schlungen wurden, -wie dies an Fig. 2 zu sehen ist. Auffallend war, wie die Nematoden, wenn sie nur einen Augen- blick vom Vorderende eines Mononchus berührt wurden, zuckten und Fluchtbewegungen vollführten. Offenbar geht von der Mund- höhle, sobald die Lippen irgend einen Gegenstand berühren, eine starke Saugwirkung aus. Man kann dies übrigens auch bei iso- lierten Exemplaren von Mononchus beobachten; mit fortwährenden lebhaften Bewegungen des vorderen Körperteiles suchen: sie ihre Umgebung ab, wobei die Lippen sich öfters an irgendwelche Gegen- stände, seien es Moosblätter, Erdpartikelchen oder die Glasfläche des Uhrschälchens, für kurze Momente festsaugen. Gegenseitig scheinen sich die Mononchen nicht anzugreifen. Nur einmal sah ich, wie ein ausgewachsenes Weibchen ein anderes in der Nähe der Vulva gepackt hatte, und etwa eine Minute lang nicht mehr los liess, trotz der heftigen Bewegungen des angefallenen Exemplares. Zu einer sichtbaren Verletzung kam es dabei nicht, der angreifende Mononchus konnte sich nur an der dicken Cuticula festsaugen, sie 174 Richard Menzel. aber nicht aufreissen. Immerhin ist zu bemerken, dass an jener Stelle sich bei dem angegriffenen passe bald darauf Bakterien ansammelten. So viel ich bis jetzt feststellen konnte, waren es stets aus- gewachsene Exemplare oder dann wohl vor der letzten Häutung stehende, bei denen eine räuberische Lebensweise zu konstatieren war; ob sich die jungen Individuen zunächst von Detritus oder _ dergleichen ernähren, bevor sie carnivor werden, müsste erst noch nachgewiesen werden. Es ist denkbar, dass auch juvenile Exem- plare schon eine räuberische Lebensweise führen, wenigstens sprechen die beiden von Micoletzky (34) erwähnten Fälle dafür sowie der in Fig. 2 dargestellte Moment. (8. Fig. Erklärung.) Hier muss noch der Sinnesorgane gedacht werden, die etwa von den Mononchen (und den andern carnivoren Arten) bei der Nahrungssuche verwendet werden könnten, Lichtsinnesorgane in Form von Pigmentflecken sind bei marinen freilebenden Nema- toden ziemlich häufig, bei Süsswasserformen kommen sie nur selten vor und den Terricolen fehlen sie ganz. Hingegen wäre es möglich, dass die sog. Seitenorgane („amphids“ nach Cobb) eine gewisse Rolle bei der Ernährung spielen. Sicher handelt es sich dabei um ein Sinnesorgan, und zwar sehr wahrscheinlich, was zu- erst zur Strassen (52) aussprach, um eines, das der Chemo- reception dient. Abgesehen vom anatomischen Bau (vgl. Steiner) spricht dafür die verschieden starke Ausbildung der Seitenorgane bei Männchen und Weibchen, indem sie nämlich bei verschiedenen Arten im männlichen Geschlecht grösser sind .als im weiblichen. Auf diesen sexuellen Dimorphismus wiesen bereits Hofmänner und Micoletzky hin mit der Erklärung, es werde dem Männchen auf diese Weise eher möglich, Weibchen aufzufinden. Auch . zur Strassen erklärt die auffallende Grösse der Seitenorgane von Anthraconema ähnlich; da die Art selten und überaus träge sei, bedürfe sie, um sich zur Paarung zusammenzufinden, „vielleicht in höherem Grade als die Verwandten der chemischen Reizbarkeit.“ In einer Mitteilung (Versammlung der Schweiz. Zoolog. Gesell- schaft, Neuchätel, Dez. 1919) über die Herkunft der sog. Seiten- organe der freilebenden Nematoden sowie in seiner kürzlich er- schienenen Arbeit (49) kommt G. Steiner ebenfalls zum Schluss, dass dieses Sinnesorgan chemisch wirkt, d. h. mit seiner Hilfe sind die freilebenden Fadenwürmer vermutlich in den Stand gesetzt, ihre Umgebung chemisch zu prüfen. Es handelt sich nach pan um eine Art von Geschmacksorgan. Rr ar N Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 175 Nach dem Erwähnten liest es nahe anzunehmen, dass die hauptsächlich von lebenden Tieren sich ernährenden Nematoden, also vor allem auch die Mononchus-arten, mit Hilfe der Seiten- organe ihre Beute aufsuchen und erreichen. Nach meinen Beob- achtungen erscheint mir dies jedoch als recht fraglich. Trotzdem sich die Mononchen in meinen Versuchen stets in unmittelbarer Nähe der verschiedenen Beutetiere befanden, dauerte es oft mehrere Stunden, bis ein Exemplar angegriffen wurde. Auch flüchtige Be- rührungen führten oft zu keinem positiven Resultat. Es erschien mir vielmehr, als beruhe das Ergreifen der Beute auf einem ganz zufälligen Kontakt des Vorderendes von Mononchus mit der Cuti- cula des betreffenden Beuteobjektes. Auch in den Bewegungen der Mononchen lag nie etwas „zielbewusstes“, sie strebten nie auf die in ihrer unmittelbaren Nähe sich befindenden Tiere zu, sondern schlängelten sich wahllos zwischen ihnen durch. Doch fielen auch mir (vgl. Cobb) die aussergewöhnlich starken, ,suchenden“ Be- wegungen des Vorderendes der verschiedenen Mononchus-arten auf sowie das fortwährende Betasten der Glaswand des Uhrschälchens mit den Lippen. Hier könnte der Einwand erhoben werden, dass es sich eben bei diesen Versuchen um unnatürliche Bedingungen handelt, indem die Tiere in Wasser isoliert waren und auch durch das für die mikroskopische Beobachtung notwendige Licht eventuell ungünstig beeinflusst wurden. Dem gegenüber sei jedoch bemerkt, dass die betr. Arten tage- und wochenlang in den Uhrschälchen lebten, und dass die Mononchen ihre Beute, wenn sie sie einmal erfasst hatten, wohl in durchaus normaler Weise verzehrten. Eine grosse Bedeutung für den Nahrungserwerb kann ich so- mit nach meinen Beobachtungen dem Seitenorgan von Mononchus nicht beimessen. Auch in der freien Natur sind die Verhältnisse meist ähnlich wie in den Versuchen: in den Moospolstern kommen immer zahlreiche Individuen der betr. Arten vor, so dass keine speziellen Sinnesorgane nötig wären, damit die räuberischen Nema- toden ihre Beute auffinden können. Es ist geradezu erstaunlich, wie zahlreich an Individuen Nematoden, Rotatorien und Tardi- graden oft in einem kleinen Moospolsterstück vertreten sind. So ist für die Mononchen der Tisch stets gedeckt, sei es nun, dass sie wie eben erwähnt in Moos mit Rotatorien, Tardigraden und kleineren Nematodenarten zusammen leben, sei es, dass sie etwa in Wiesenerde mit Oligochaeten in häufige Berührung kommen oder endlich im Schlamm der Seen und kleineren Gewässer auf geeignete lebende Nahrung stossen. 176 Richard Menzel. V. Allgemeine Bemerkungen zur Ernährung der freilebenden Nematoden im Hinblick auf Anatomie, Systematik, Biologie und Zoogeographie. Was die Aufnahme der Nahrung im Allgemeinen betrifft, so findet man in der Literatur fast ausschliesslich Angaben, welche sich auf die parasitischen Formen beziehen. Ich erwähne hier nur die Arbeit von Wed] (54) über die Mundwerkzeuge von Nema- toden, in welcher wohl zum ersten Male versucht wird, den Bau der Mundbewaffnung parasitischer Rundwürmer mit ihrer Lebens- weise in Einklang zu bringen. Biedermann (2) erwähnt in seiner zusammenfassenden Darstellung nur die Nahrungsaufnahme bei Ancylostoma duodenale nach den Ergebnissen von Looss. Die ausserordentlich starke Bewaffnung des Mundes dieser für den Menschen gefährlichen Art weist ohne weiteres darauf hin, dass es sich um ein Gebiss handelt. Looss hat denn auch nach- gewiesen, dass der Parasit sich in erster Linie von der Substanz der Darmschleimhaut ernährt und erst sekundär, wenn die Schleim- haut lokal aufgezehrt ist und die Submucosa angegriffen wird, von Blut gelegentlich eröffneter grösserer Grefässe. An Präparaten konnte Looss zeigen, wie beim Fressakt das Schleimhautgewebe in die Mundhöhle aufgesogen wird; in einigen Fällen liessen sich sogar die verschluckten Gewebsmassen bis in den Oesophag und Anfang des Darmes hinein verfolgen. Ganz ähnlich wie in diesem speziellen Falle von Ancylostoma verhält sich nun, wie wir gesehen haben, die Art und Weise der Nahrungsaufnahme bei gewissen freilebenden Nematoden, besonders bei der Gattung Mononchus. Auch hier ist eine äusserst starke Bewaffnung des Mundes zu konstatieren, ja die Arbeit, welche beim Verschlingen der meist lebenden Beute geleistet wird, dürfte oft noch bedeutend grösser sein als beim Darmparasiten. Auch bei Mononchus konnte gezeigt werden, wie die zum Teil feste Nahrung (Nematoden, Tardigraden, Rotatorien ete.) in die Mundhöhle hinein- gesogen und von dort unter starken Bewegungen des Oesophags bis in den Mitteldarm befördert wird. Man vergleiche die Photo- graphie von Looss (2, pag. 536) mit Fig. 2, und die Uberein- stimmung fällt deutlich in die Augen. Es ist klar, dass es sich hier um eine Parallelerscheinung handelt; denn von einer näheren Verwandtschaft zwischen Ancylostoma und Mononchus kann nicht die Rede sein. Wohl gehören verschiedene Mononchus-arten zu den Schlammbewohern, aus denen sich nach Bunge die Parasiten entwickelt haben; allein das Sauerstoffbedürfnis namentlich auch der moosbewohnenden Mononchen ist so gross, dass diese Gattung Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 177 in keine näheren verwandtschaftlichen Beziehungen zu parasitischen Formen gebracht werden darf. Dass die freilebenden Nematoden nach der Art ihrer Ernäh- rung unter Umständen in verwandte Gruppen eingeteilt werden können, ist möglich; doch wäre es verfrüht, jetzt schon eine solche Einteilung vorzunehmen. Erwähnt sei hier nur, dass Steiner (47) die Mermithiden speziell auch nach ihrer Ernährung von den Dorylaimiden ableiten möchte. Diese greifen ihre Beute von aussen her an, jene „kriechen als Larven direkt in die Leibeshöhle der- selben und machen dort einen Aufenthalt, der so lange dauert, bis genügend Reservestoffe für die letzte Lebensperiode gesammelt sind.“ Damit möge nur angedeutet sein, dass auch nach dieser Seite hin das Problem der Ernährung bei den freilebenden Nema- toden eine gewisse Bedeutung besitzt. Hier muss ebenfalls der Untersuchungen Rauther’s (41) sedacht werden, die in jüngster Zeit eine sehr berechtigte Kritik von Seiten Stefanski’s (44) erfahren haben. Rauther will, ge- stützt auf Versuche an marinen Nematoden, die Haut als das wichtigste Organ der Absorption betrachtet wissen; der Darm komme hiefür wohl erstin zweiter Linie in Betracht. Für die Parasiten unter den Rundwürmern vertrat bereits Leuckart die Anschauung, dass „auch Arten mit Darmkanal ihre Nahrungsstoffe zum grossen Teil durch die Haut aufnehmen.“ Bewiesen ist dies meines Wissens noch nicht; jedenfalls müssen die Rauther’schen Ergebnisse sehr in Frage gezogen werden, seitdem Stefanski (1 c.) zu dem ent- gegengesetzten Resultat gelangte und man über die Ernährung der freilebenden Nematoden nunmehr besser aufgeklärt ist. Wenn die Hypothese Rauther’s zu Recht bestände, so müsste gleichzeitig angenommen werden, dass die marinen Nematoden sich haupt- sächlich von im Wasser gelösten organischen Stoffen ernähren. Dass dies kaum der Fall sein dürfte, geht schon aus verschiedenen Angaben Cobb’s u. a. hervor, und was die Süsswasserformen und Terricolen betrifft, besitzen wir bereits genügend sichere Beweise für das Gegenteil. Auch Stefanski (l. c.) erwähnt in diesem Zu- sammenhang, dass er bei Monohystera dubia einmal über 60 Exem- plare von Diatomeen im Darm angetroffen habe, ebenso nicht selten bei Trilobus gracilis Flagellaten. Neuerdings kam Steiner (48) bei seinen Mermithiden-Studien zu dem vorläufigen Resultat, dass auch hier die Rauther’sche Auffassung von einer Nahrungs- aufnahme durch die Haut kaum verständlich ist. Denn das Oeso- phagusrohr der Mermithiden mit seiner Muskulatur kann nicht zu gänzlicher Bedeutungslosigkeit verurteilt sein. Wenn auch, wie Steiner richtig betont, die endgültige Feststellung der funktionellen 12 178 Richard Menzel. Bedeutung des Oesophagusrohres nur durch das Experiment er- bracht werden kann, darf doch schon nach den morphologischen Befunden angenommen werden, dass die Nahrungsaufnahme, im Gegensatz zu der Ansicht Rauther’s, wohl hauptsächlich eben durch' das Oesophagusrohr vor sich geht. ‚In diesem Zusammenhange mag auch kurz die Pütter’sche Theorie, nach welcher als wichtigste Nahrungsquelle für grosse Gruppen von Wassertieren gelöste organische Stoffe anzusehen sind, berührt werden. Hätte man sich etwas intensiver mit den Er- nährungsverhältnissen niederer Tiere befasst, wäre namentlich auch das Experiment mehr berücksichtist worden, so würde Pütter (39) vielleicht zu einem andern Resultate gekommen sein. In deutlicher Weise ist jedenfalls durch die neuen Untersuchungen über die Er- nährung freilebender Nematoden gezeigt worden, dass auf diesem Gebiete wohl in den meisten Abteilungen der Avertebraten noch Vieles nachzuholen ist und dass der Satz Pütter’s: „auch für die Wirbellosen sind fleischfressende Formen etwas höchst Seltenes, wenn auch wohl nicht so selten wie fleischfressende Pflanzen unter den chlorophyllhaltigen Organismen“ (1. c.) nicht aufrecht erhalten werden kann. In einer Besprechung der eingangs erwähnten Arber von E. Naumann über die natürliche Nahrung des limnischen Zooplank- tons deutet Pütter (40) die Befunde des dänischen Forschers zu seinen Gunsten. Was die Alsen betrifft, die nach Naumann völlig unverdaut den Cladocerendarm passieren, mag Pütter recht behalten, nämlich darin, dass die Algen (und grünen Flagellaten) nicht als hinreichende Nahrung der Wassertiere anzusehen sind. Immerhin sei hier an die algenfressenden Nematoden des Meeres und des Süsswassers erinnnert, speziell an die in beiden Medien lebende Monohystera setosa, in deren Darm sozusagen immer Diatomeen gefunden wurden. Anders verhält es sich jedoch mit der Kritik, welche Pütter an den Untersuchungen betreffend den Darminhalt der Zooplank- tonten übt. Mag auch Naumann’s Schlussfolgerung — im Darm der Daphniden finden sich sowohl Algen als auch Detritus. Da die Algen nicht verdaut werden, kommt nur der Detritus in Be- tracht — verfrüht und teilweise vielleicht verfehlt sein, so sind jedenfalls Darmuntersuchungen für die Lösung der Frage nach der Ernährung der Wassertiere nicht von der Hand zu weisen, Ja es kommt ihnen unter Umständen eine hoch einzuschätzende Be- deutung zu. Für das Zooplankton freilich scheint die Frage trotz der sehr beachtenswerten Untersuchungen von Naumann noch nicht gelöst zu sein, vor allem auch deshalb, weil ausser den Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 179 wenigen Flagellaten keine geformten Stoffe im Daphnidendarm nachweisbar sind und sich also, wie Pütter mit gewissem Recht betont, Darmuntersuchungen bei Daphniden als ungeeignet zur Feststellung der Ernährung bei diesen Organismen erweisen. "Trotzdem scheinen mir die Feststellungen Naumann’s deutlich genug einer Aufnahme geformter Nahrung das Wort zu sprechen. Denn die mit grosser Präzision arbeitende Filtrationstechnik der Cladoceren macht es sehr wahrscheinlich, dass eine Resorption aus geformter Nahrung durch den Darm stattfindet, „umsomehr, da ja die zur Verfügung stehenden Quellen der geforderten Nahrung im Süsswasser durch unsere Untersuchungen eine ganz beträchtliche Erweiterung erfahren haben.“ (Naumann, |. c.). Wenn Pütter am Schlusse seiner Besprechung die Notwen- digkeit experimenteller Beweise für die Ernährbarkeit von Wasser- tieren durch gelöste Stoffe betont, kann ebensogut eine weitere Behandlung der Ernährungsfrage im Sinne Naumann’s gefordert werden. Vielleicht wird durch die „einfache Beobachtung mit dem Mikroskop“, der auch die vorliegende Untersuchung än freileben- _ den Nematoden ihre Entstehung verdankt, ebensobald eine Klärung dieser Fragen erreicht als mit den wohl komplizierteren, von Pütter leider nicht näher präzisierten Methoden für die von ihm oben verlangten experimentellen Beweise. Ob von der Gestalt der Mundhöhle und dem Bau des Oeso- phagus bei den Fadenwürmern ein Rückschluss auf die Nahrung und Nahrungsaufnahme möglich ist, dürfte nach dem bis jetzt Be- kannten zu bejahen sein. Es ist sogar verwunderlich, dass dies nicht bereits früher versucht wurde, da doch seit langem schon exakte Beschreibungen einer grossen Zahl von Gattungen und Arten freilebender Nematoden aus allen möglichen Medien vorliegen. Dass Formen mit einem hohlen Stachel wie Dorylaimen sich von Säften ernähren, lag auf der Hand, wie auch allgemein und mit Recht angenommen wurde, dass der Oesophag der freilebenden Nematoden als eine Saugpumpe funktioniere, indem beim Saugakt der Oesophag langsame, von vorn nach hinten verlaufende, peri- staltische Bewegungen macht, wobei die nötige Erweiterung seines Lumens mit Hilfe der Radiärmuskeln, die Verengerung aber durch die Blastizität seiner Outicula bewirkt wird. Doch ergeben sich schon bei oberflächlicher Betrachtung zwei grosse Kategorien nach dem Bau und der Form des Oesophags. . Bei der einen finden sich mehr oder weniger starke Anschwellungen des Vorderdarms in der Ein- oder Zweizahl vor, die meist noch mit einem Klappenapparat versehen sind; alle hieher gehörenden Genera (Rhabditis, Diplogaster, Plectus, Cephalobus ete.) nehmen 180 Richard Menzel. wohl nur flüssige Nahrung auf, wobei jedoch die Saugwirkung eine starke ist (vgl. Stefanski, 1. c. p. 301). Die andere Kategorie umfasst Arten, deren Oesophag mehr oder weniger gleichmässig nach hinten sich erweitert, ohne dass es zur Bildung eines Bulbus kommt. Hieher gehören alle Räuber wie Mononchus, Tripyla, Ironus, Oncholaimus, Enoplolaimus, Halichoanolaimus ete., ferner sämtliche Dorylaimus-arten. Letztere bilden bekanntlich, was die Ernährung betrifft, eine Gruppe für sich; die Mundhöhle ist bei ihnen ersetzt durch den Stachel, und Stefauski (l. c.) konnte nachweisen, dass infolge Fehlens einer Anschwellung im Oesophag (Bulbus) die Saugbewegungen nicht so energisch stattfinden wie bei den ähnlich sich ernährenden Vertretern der Genera Tylenchus, Aphelenchus u.a. Dass andrerseits bei allen bis jetzt bekannten carnivoren Arten ein Oesophagealbulbus mit oder ohne Klappen- apparat fehlt, kann aus der Art der Nahrungsaufnahme leicht er-. klärt werden. Beim Verschlingen ganzer Nematoden, Rotatorien oder Tardigraden, ja auch nur abgerissener Stücke dieser Tiere, ist eine möglichst direkte Kommunikation des Vorderdarms mit dem Mitteldarm notwendig, damit die Nahrung sich nirgends staue. Dies wäre jedoch der Fall beim Vorhandensein eines Bulbus, wie ihn z. B. die von faulenden Säften sich ernährenden Rhabditis- und Diplogaster-arten besitzen.!”) Auch ist eine vorherige Zerkleinerung der Beute bei den räuberischen Formen, wie wir gesehen haben, nicht nötig, da die Verdauung erst im Mitteldarm einsetzt. So lassen sich Wechselbeziehungen zwischen dem Bau des Darm- kanals und der Art der Ernährung auch in diesem Falle deutlich feststellen. Auf die Bedeutung der räuberischen freilebenden Nematoden für den Menschen hat zum ersten Male Cobb hingewiesen, als er beobachtete, wie sich Mononchus papillatus speziell von dem Pflan- zenschädling Tylenchulus semipenetrans ernährt. Cobb, der die „Nematology“ zu einer eigenen Wissenschaft erhoben hat, die der 12) Dass einem solchen Bulbus mit oder ohne Klappeneinrichtung keine Bedeutung als Kauapparat zukommen kann, vermutet auch Martini (29), der in Uebereinstimmung mit Leuckart die Zahnvorsprünge im Bulbus von Oxyuris als Stempelvorrichtung zur Fortbewegung der Nahrungsstoffe auffasst. Der Bulbus sei im Wesentlichen ein Saugapparat. Nebenbei sei hier auch erwähnt, dass Martini (l.c.) eine neue Nomen- klatur einführt, indem er (bei Oxyuris curvula) den Teil des Vorderdarmes, welcher sonst als Oesophag bezeichnet wird, Pharynx nennt, und zwar besteht dieser Pharynx aus Corpus, Isthmus und Bulbus, während der eigentliche Oeso- phag auf einen ganz kurzen, wohl drüsigen Teil beschränkt bleibt. Uebrigens - spricht auch Potts (l. c.) von einem „muscular pharynx“, welcher Flüssig- keiten in den Verdauungskanal pumpt. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 181 Entomologie an die Seite zu stellen sei, geht bereits soweit, auch ‚hier die biologische Bekämpfungsmethode anzuwenden resp. zur An- wendung zu empfehlen. Es wären z. B. die Mononchen zu züchten, um sie dann jeweils an Orten, die von Pflanzenparasiten verseucht sind, als Kampfmitttel zu benützen. Mit welchem praktischen Er- folg diese Methode durchführbar wäre, kann freilich kaum schon prophezeit werden; ohne weiteres von der Hand zu weisen ist sie gewiss nicht. Bei der grossen Gefrässigkeit der meisten carni- _ voren Nematoden liesse sich wohl denken, dass diese, in Masse _ vorkommend, gehörig unter solchen Schädlingen wie dem oben er- wähnten T. semipenetrans aufräumen könnten. Die Tatsache jedoch, dass Nematoden, Rotatorien, Tardigraden, ev. Oligochaeten und wohl noch andere Wirbellose, die oft aus- schliessliche Nahrung vieler weitverbreiteter freilebender Nema- todenarten bilden, ist allein schon bemerkenswert genug im Hin- blick auf das in der Natur bestehende Gleichgewichtsbestreben. Insbesondere erscheint nun die Zusammensetzung der Moosfauna in einem deutlicheren Lichte; wir sehen, wie auch hier die ver- schiedenen Organismen von einander abhängig sind, wie. auch bei dieser scheinbar so harmlosen Gesellschaft von Wurzelfüssern, Fadenwürmern, Räder- und Bärtierchen der Kampf ums Dasein, freilich für unser gewöhnliches Auge unbemerkbar, tobt. In diesem Zusammenhange mag noch die Frage gestellt werden, ob es auch Tiere gibt, die sich von freilebenden Nematoden er- nähren. Da sei in erster Linie an dieBeobachtungen G.Schneider’s (43) erinnert, der im Magen verschiedenster Fische freilebende Fadenwürmer antraf; meist handelte es sich um die im Süsswasser weit verbreitete und oft in grosser Individuenzahl auftretende Art Dorylaimus stagnalis. Auf einen weiteren Fall, den Schneider beobachtete — es handelte sich um eine Trxlobus-art, die nur an einem bestimmten Tag im Darm der Plankton fressenden Zwerg- maräne (Coregonus albula L.) massenhaft gefunden wurde und zwar nur weibliche Exemplare — kann hier nicht eingetreten werden. Es ist wohl möglich, dass auch andere, zum Teil marine Arten, die durch ihr gehäuftes Auftreten bekannt sind, Fischen als Nahrung dienen; doch dürfte es sich hierbei nur um Zufälligkeiten handeln. ‚Gefährliche Feinde besitzen hingegen die freilebenden Nema- toden bei den Wirbellosen. Lang (l. c. p. 631) erwähnt, dass ver- schiedene Polycladen sich neben kleinen Anneliden, Nemertinen und Hydroiden auch von Nematoden ernähren; doch spielt auch hier wohl der Zufall eine grosse Rolle. Erst bei den Protisten gibt es, so unwahrscheinlich es zunächst klingen mag, wirkliche 182 _ Richard Menzel. Feinde der Fadenwürmer, und zwar sind es Amôben, die sich nach den Beobachtungen von Neresheimer (36) oft sozusagen aus-. schliesslich von freilebenden Nematoden ernähren, wobei der Wurm im Innern der Amöbe wie ein Algenfaden aufgerollt wird. Ahn- lich lauten die Angaben Doflein’s (16) über Amoeba vespertilio, die sehr häufig neben Algen, Bakterien, Pilzen und Eiern von kleineren Tieren Orustaceen, Rotatorien und kleine freilebende Nematoden aufnimmt. Hier müssen auch die früher schon er- wähnten Beobachtungen von Heinis (18) berücksichtigt werden. Dieser Autor nimmt freilich an, dass die von ihm in leeren Rhizo- _podengehäusen gefundenen Dorylaimen ihrerseits den Wurzelfüsser überwältigt und gefressen haben. Das mag bei den mit einem Bohr- und Saugstachel versehenen Arten ja gut möglich sein; übrigens konnte Heinis den Ausgang eines Kampfes zwischen einem Dorylaimus und einer Amöbe beobachten, wobei der Nematode Sieger blieb. In anderen Fällen dürfte jedoch die Amöbe zum Ziele gelangen, wie dies Doflein und Neresheimer, die leider den Namen der betreffenden Nematodenart nicht angeben, kon- statierten. Endlich sei noch der Fall eines nematodenfangenden _Schimmelpilzes erwähnt, in dessen Mycelgeflecht sich Fadenwürmer verwickeln sollen, um ice vom Pilz infiziert und a zu werden (Vgl. Menzel, Le. An send kann gesagt werden, dass die freilebenden Nematoden wohl hie und da anderen heran zum Opfer fallen, dass sie aber im Ganzen infolge ihrer verborgenen Lebensweise und ihrer geringen Grösse ein ungestörtes Dasein fristen mit Aus- nahme derjenigen Arten, die ihren eigenen räuberischen Stammes- angehörigen als No dienen. Noch sei zum Schlusse auf einen Umstand hingewiesen, der eventuell eine gewisse Bedeutung für zoogeographische Unter- suchungen haben kann. Wie im speziellen Teil gezeigt wurde, sind die Reste der von den räuberischen Nematoden verschlungenen Tiere oft noch sehr deutlich in deren Darm zu erkennen, be- sonders Spicula und sonstige Chitingebilde von Nematoden, dann der Mastax der Rädertiere sowie Krallen und Vorderdarmskelett der Tardigraden u. a.m. Wenn es vielleicht auch meist nicht gelingt, nach diesen Überbleibseln die Art selber, welche gefressen wurde, zu bestimmen'?), kann doch mit Sicherheit auf das Vorkommen 13) Dass es in manchen Fällen möglich ist, an Hand der im Darm von frei- lebenden Nematoden befindlichen Reste von Tardigraden und Rotatorien die Gattung, ja selbst die betr. Art zu ermitteln, bestätigt mir Herr Dr. F. Heinis (Basel), den ich als Gewährsmann um so eher hier anführen kann, als er sich seit Jahren intensiv mit dem Studium der Moosfauna beschäftigt. Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 183 von Vertretern dieser Tiergruppen geschlossen werden, was unter Umständen wertvoll ist, wenn die betreffenden Organismen in dem untersuchten Material nicht nachzuweisen sind. So kann das Vorhandensein eines einzigen Mononchus-exemplares zum Nachweis, dass an der betreffenden Ortlichkeit auch Tardigraden, Rotatorien oder etwa Oligochaeten vorkommen, genügen. VI. Zusammenfassung. Während in den neuesten Lehr- und Handbüchern der Zo- ologie und Physiologie über die Nahrung der freilebenden ‘ Nematoden nur Weniges ausgesagt ist — allgemein wurde angenommen, dass sie aus organischen Säften bestehe —, über die Art ihrer Aufnahme gar nichts, existieren in der speziellen Literatur seit Bastian (1865), einem der ersten Monographen freilebender Fadenwürmer, verschiedene Angaben, welche auf die Ernährungsverhältnisse dieser bis vor wenigen Jahren noch stark vernachlässigten Wirbellosen ein Licht zu werfen geeignet waren. Neben Algenfressern, die schon der eben genannte englische Forscher feststellte, und dem grossen Heer der sich von Pflanzen- säften und faulenden Substanzen ernährenden Arten wurden ver- vereinzelte Fälle bekannt (vgl. de Man, zur Strassen, Mico- letzky), die auf den räuberischen Charakter gewisser Formen schliessen lassen konnten. Doch war es erst der Amerikaner N. A. Cobb, welcher in neuester Zeit durch verschiedene Be- obachtungen, namentlich am Darminhalt, zu zeigen vermochte, dass ein beträchtlicher Teil der in ungezählten Arten auftretenden freilebenden Nematoden carnivor ist, indem ihre Nahrung haupt- sächlich aus niederen Tieren wie Protozoen, Rotatorien, Tardi- graden und vor allem auch Angehörigen des eigenen Stammes besteht. Den letzten Umstand hält Cobb deshalb für besonders wichtig, da nach seinen Feststellungen es vorkommen kann, dass solche räuberische Arten sich fast ausschliesslich von Pflanzen- schädlingen (8) ernähren. In der vorliegenden Mitteilung werden die Beobachtungen Cobb’s bestätigt und ergänzt. Die Untersuchung des Darm- inhaltes der verschiedensten Arten aus Meer, Süsswasser und Erde ergaben, dass z. B. Vertreter der Genera Mononchus, Tripyla und Trilobus sich von wirbellosen Tieren wie Rotatorien, Tardigraden, Nematoden, Oligochäten ernähren, deren Reste meist deutlich noch im Darm der Räuber zu erkennen sind, wie dies auch die beige- gebenen Figuren bestätigen. 184 Richard Menzel. Vermittelst Fütterungsversuchen konnte der Vorgang der Nahrungsaufnahme bei Mononchus papillatus beobachtet werden. Der Wurm frass die mit ihm in denselben Moosrasen vorkommenden kleineren Nematoden sowie Rotatorien und Tardigraden, ferner auch Essigälchen (Anguillula aceti), die für ihn eine durchaus fremde, ungewohnte Nahrung darstellten, und zwar wurden die betreffenden Tiere meist stückweise verschlungen, was infolge der starken Mundbewaffnung möglich war; seltener gelang es zu beo- bachten, wie M. papillatus kleinere Nematoden nach Art der Schlangen ganz hinunterzuwürgen suchte. Dabei kam ihm seine wohl allen Räubern unter den freilebenden Nematoden eigene grosse Beweglichkeit und Kraft zu statten. Ob die neuerdings von G. Steiner (49) als Geschmacksorgan gedeuteten sog. Seitenorgane bei der Nahrungssuche eine Rolle spielen, muss nach den vorgenommenen Experimenten als fraglich erscheinen. Trotzdem die Tiere in Uhrschälchen nahe beieinander waren, dauerte es oft stundenlang, bis ein Mononchus zufällig sein Opfer mit dem Vorderende berührte und dann — auch nicht in allen Fällen — packte. Es ist freilich denkbar, dass dabei die Versuchsbedingungen, die den Verhältnissen in der Natur nicht ganz entsprechen konnten, mitgewirkt haben. Was die Art der Nahrungsaufnahme bei Mononchus betrifft, ist eine grosse Ahnlichkeit mit derjenigen bei Parasiten, z. B. Ancylostoma, zu konstatieren; auch die Mundbewafinung ist in diesem Falle eine ähnliche. Ob sich die freilebenden Nematoden nach der Art ihrer Ernährung in verwandte Gruppen einteilen lassen, ist noch nicht sicher zu entscheiden; doch liegen jetzt schon Beobachtungen und Hinweise. vor (vgl. Steiner 47), die nach dieser Richtung hin neue Resultate versprechen. Durch die vorliegenden Untersuchungen verliert die Rau- ther’sche Auffassung, nach welcher die Haut der Nematoden als das wichtigste Organ der Absorption betrachtet wird, sehr an Wahrscheinlichkeit, zumal da ja auch bei marinen Formen, an welchen Rauther seine Beobachtungen machte, mit Sicherheit (vgl. Cobb, Ditlevsen) eine räuberische Lebensweise festgestellt wurde. Auch die bekannte Pütter’sche Theorie von der Er- nährung der Wassertiere dürfte im Hinblick auf die neuesten Er- gebnisse an den aquatilen Nematoden in diesem Zusammenhange einigermassen an Bedeutung verlieren, zumal auch neuerdings E. Naumann (35) für das Zooplankton eine Ernährung per os glaubhaft macht. | Bezüglich der anatomischen Verhältnisse des Vorderdarmes lassen sich deutliche Beziehungen zwischen dem Bau der Mund- Nahrung der freilebenden Nematoden und die Art ihrer Aufnahme. 185 höhle und dem Oesophagus einerseits und der Nahrung und Nahrungsaufnahme andrerseits erkennen. Die von organischen Säften (pflanzlichen wie tierischen) lebenden Formen haben meist einen Bohrstachel, stets aber einen stark entwickelten Saugapparat in Gestalt eines mit einer oder mehreren Anschwellungen (Bulbus) versehenen Oesophags, während bei den carnivoren, räuberischen Arten die Mundhöhle meist sehr geräumig und stark bewaffnet ist, der Oesophag jedoch jeglicher Bildung eines Bulbus entbehrt, vielmehr sein Lumen mit dem Mitteldarm in direkter Verbindung steht, was bei dem Verschlingen grosser Beutestücke ohne weiteres erwartet werden konnte. : Auf die Zusammensetzung speziell der Moosfauna wirft die räuberische Lebensweise der betreffenden moosbewohnenden Nema- toden insofern ein neues Licht, als das fast konstante Auftreten von Rhizopoden, Rotatorien, Tardigraden und Nematoden in diesem Milieu nun verständlicher wird; denn alle diese Organismen stehen wohl in einem ganz bestimmten Verhältnis zu einander, wobei die carnivoren Fadenwürmer die Rolle der Herrscher spielen dürften. Während ihnen alle genannten Tiere zum Opfer fallen können, gelingt es hie und da den Rhizopoden, aus dem Kampf mit einem Nematoden siegreich hervorzugehen (vgl. Doflein, Neresheimer, Heinis). Doch besitzen die freilebenden Nematoden, abgesehen etwa von Fischen (G. Schneider 43) sowie unter den Wirbellosen gewissen Turbellarien, wohl wenig Feinde im Tierreich, mit Aus- nahme natürlich der eigenen räuberischen Stammesangehörigen. Für die Zoogeographie kann die Untersuchung des Darm- inhaltes konservierter freilebender Nematoden insofern von einiger Bedeutung sein, als bei den carnivoren Formen die Reste von Rotatorien, Tardigraden, Nematoden, Oligochäten etc. sich oft mit aller Sicherheit nachweisen lassen; ist es doch z. B. möglich, an Hand der chitinigen Uberbleisel eines Tardigraden im Nema- todendarm die betreffende Art sicher festzustellen. Für den Menschen endlich können die räuberisch lebenden Nematoden dadurch von Wichtigkeit sein, als sie sich von Kultur- schädlingen (Cobb) ernähren und sich vielleicht, ähnlich wie dies bei den Insekten bekannt ist, für die biologische Bekämpfung solcher Schädlinge verwenden lassen. Auf jeden Fall ist das Studium der Ernährungsverhältnisse freilebender Rundwürmer geeignet, die Kenntnis der unter den Vermalien isoliert dastehenden Klasse der Nematoden nach den verschiedensten Seiten hin zu erweitern namentlich auch unter Berücksichtigung des Experimentes. Dann mag schliesslich die Hoffnung in Erfüllung gehen, welche Micoletzky am Schlusse 186 Richard Menzel. seiner anregenden, eingangs zitierten Auseinandersetzungen über die Bedeutung der freilebenden Nematoden für die Experimental- zoologie (33) ausspricht, dass nämlich die freilebenden Nematoden in Zukunft „auch in experimenteller Richtung jene Aufmerksam- keit zugewendet bekommen, die sie verdienen. Die allgemeine Kenntnis der Lebenserscheinungen dürfte von dieser Seite sicher eine Bereicherung erfahren“. : Literaturverzeichnis. 1. Bastian, Ch. 1865. Monograph on the Anguillulidae, or free Nematoids, marine, land and freshwater. Trans. Linn. Soc. London. Vol. XXV. 2. Biedermann, W. 1911. Die Aufnahme, Verarbeitung und Assimilation der Nahrung. In: Handbuch der vergleichenden Physiologie, herausg. von ‚Hans Winterstein. 2. Band, 1. Hälfte. 3. Bütschli, 0. 1871. Freilebende und parasitische Nematoden in ihren gegen- seitigen Beziehungen. Ber. Senckenhg. nat. Ges. 4. Bütschli, O0. 1874. Zur Kenntnis der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens. Abh. Senckenbg. nat. Ges. Bd. 9. 5. Cobb, N. A. 1913. Notes on Mononchus and Tylenchulus. Journ. Washington Acad. Sciences, Vol. III. 6. Cobb, N. A. 1914. Antarctic marine free-living Nematodes of the Shackle- ton Expedition. — Contributions to a Science of Nematology I. Baltimore. 7. Cobb, N.A. 1914. 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Lias oder Schwarzer Jura . a) Unterer Lias . b) Mittlerer Lias c) Oberer Lias B. Dogger oder Brauner ne : a)» Opalinustoner 12.2. b) Murchisonae- ed seinen c) Hauptrogenstein d) Oberer Dogger C. Malm oder Weisser Jura 3. Quartär (Diluvium). : a) Hochterrassenschotter 3 b) Moränen, erratische Blöcke an) Senoller der Ses Vergletscherung ce) Löss 5 ) redemande : e) Anhang: Bergschlipfe und Sackungsmassen INSmMektonikse ren. RE A. Verwerfungen eh des nssollalirdhes 1. Mandacherverwerfung 2. Käsibergstörung 3. Keistelverwerfung . t 5 4. Störung nordwestlich Vasen ; 229 230 232 232 233 233 190 | L. Braun. Seite. B. Verwerfungen westlich des Sisselnbaches. . . . . . 234 1. Katzenfluhgraben N. 1.2 0 1 a N NRA sn Se 2. Kohlbersverwerfung . . SO Re Be ER AD ET 3. Bubleten- Banana ren PIED DRE RS ET Ve SN RSR 4. Verwerfung Sommerhaide-Winterhalde . . . . . . 235 5. Verwerfung in den »Alten Reben« . . . . . . . . 235 6. Verwerfung im Hasliboden. . . . 2. 2. .. … … : 235 7. Sichletengraben . Je RE EN RE RR D RE A SDS ES 8. Verwerfung beim ol SE RSS ONE RR RZ 9:YEichbübhisraben ee Ss ae wu ENS 10. Verwerfung im »Luppen« . . REN Le a lc 1. SVerwerfune im >)Bockiboden man... oo 12. Diersteinbersverwerfune 2 oT 133: Wollbereverwerlung® 2 Vo ee 142 Glurhaldenverwerfung 2 er Dan I. Einleitung. Das von mir geologisch aufgenommene Gebiet von Blatt Frick, Nr. 32 der topographischen Karte der Schweiz, 1:25000 gehört zum Tafeljura der Nordschweiz. Im Norden des Untersuchungsgebietes, zwischen Laufenburg im Osten und Stein-Säckingen im Westen, erstreckt sich das Rhein- tal. Es bildet hier im grossen und ganzen die Grenzzone zwischen dem südlichsten Sporn des kristallinen Schwarzwaldmassivs und der darüber sich aufbauenden Sedimentdecke von Trias und Jura. Im Süden von Blatt Frick liegen die Bräunjurahochflächen des Tierstein- und des Kornberges. Nach Osten und Westen setzt sich der Tafeljura mehr oder weniger ungestört dem Rhein entlang fort. Die ersten eingehenden Untersuchungen über den Aargauer : Tafeljura stammen von OC. Mösch (3, 6, 10)'). Eine geologische Darstellung unseres Gebietes findet sich auf Blatt III der geo- logischen Karte der Schweiz 1:100000. Æ. Brändlin (71) hat Stratigraphie und Tektonik des Tafeljura zwischen Aare- und Frick- tal eingehend untersucht. Seine Aufnahmen erstrecken sich zum Teil noch bis auf Blatt Frick. Das im Südwesten gelegene Blatt Gelterkinden hat A. Buxtorf (37) bearbeitet. Gleichzeitig mit meinen Aufnahmen wurde das westlich gelegene Blatt Maisprach von R. Suter (89) kartiert. Die Tektonik des schweizerischen Tafeljura behandelte zusammenfassend Æ. Blösch (63). P. Vosseler (93) ver- danken wir aus neuester Zeit eine morphologische Arbeit über den Aargauer Tafeljura. 1) Die eingeklammerten Ziffern verweisen auf das Literaturverzeichnis am Schlusse der Arbeit. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 191 Die nachstehende Arbeit wurde auf Anregung der Herren Prof. Dr. C. Schmidt und Prof. Dr. A. Buxtorf unternommen. Die Aufnahmen im Felde sind in den Jahren 1911—1912 ausgeführt worden. Nachträge stammen aus den Jahren 1919 und 1920. Den Herren Prof. Dr. C. Schmidt und Prof. Dr. A. Buxtorf möchte ich hiemit für ihre mannigfachen Ratschläge und Anregungen meinen besten Dank aussprechen, Vor der Drucklegung der Karte (Taf. VII) hatte Herr Dr. E. Blösch die grosse Liebenswürdigkeit, die Feldaufnahmen, die er im Auftrag der Schweizerischen Geologischen Kommission gemacht hat, eingehend mit den meinigen zu vergleichen. Auf einigen ge- meinsamen Exkursionen kam mir seine Kenntnis in glacialgeolo- gischen Fragen sehr zu statten. Herr Dr. Æ. Greppin in Basel hatte die Freundlichkeit, meine Sammlung und die Fossillisten durchzusehen. Es sei hiemit diesen Herren ebenfalls mein bester Dank ausgesprochen. Zum Schluss danke ich noch Herrn alt-Lehrer Hohler in Schupfart für die freundliche Aufnahme, die ich wäh- rend meines dortigen Aufenthalts stets bei ihm gefunden habe. II. Stratigraphie. 1. Trias. Die ältesten im Untersuchungsgebiet vorkommenden Sedimente gehören der Triasformation an. A. Buntsandstein. Der Buntsandstein tritt nirgends zutage. Vermutlich bildet er im Nordwesten, bei Stein, das Liegende der Niederterrasse des Rheins. B. Muschelkalk. Gesamtmächtigkeit bis 200 m. a) Unterer Muschelkalk (Wellengebirge). Mächtigkeit 45 m. Verbreitung: Im Norden und Nordwesten, bei Eiken, Stein und Obermumpf können an wenigen Stellen die Mergel des mitt- leren und oberen Wellengebirges beobachtet werden. Stratigraphie: Das Wellengebirge der Nordschweiz und der benachbarten Teile von Baden. und Württemberg wurde bereits einlässlich beschrieben von C. Mösch (3, 6), F. Schalch (9, 49), K. Strübin (40), F. Brombach (42), E. Brändlin (71), M. Schmidt (54) und K. Disler (84). Im Jahre 1913 haben Bohrungen auf Steinsalz bei Leuggern im Kanton Aargau und bei Siblingen im Kanton Schaffhausen Teile 192 L. Braun. des oberen Wellengebirges durchfahren. Eine Steinsalzbohrung bei Zurzach im Jahre 1914, welche bis zum Grundgebirge durchgeführt wurde, hat uns ein vollständiges Kernprofil vom Wellengebirge ge- liefert. Æ. Schalch berichtet über die Ergebnisse der Bohrung von Siblingen (82, 91). Die Profile der übrigen Bohrungen sind von C. Schmidt, K. Disler und mir untersucht worden und die unver- ötfentlichten Resultate standen mir zur Verfügung. Nach allen diesen Untersuchungen erweist sich das Wellen- sebirge am südlichen Schwarzwaldrand als eine petrographisch und palaeontologisch auffällig gleichbleibende Schichtserie ?). Die übliche Gliederung in Unteres, Mittleres und Oberes Wellengebirge, bezw. in Wellendolomit, Wellenkalk und Orbicularis- mergel soll auch hier gebraucht werden. 1. Das Untere Wellengebirge (Wellendolomit), ca. 6 m, nach C. Disler (84), findet sich im Gebiet nicht aufgeschlossen. 2. Mittleres Wellengebirge (Wellenkalk), ca. 25 m. Der einzige, für das Studium der mittleren Wellenmergel brauchbare Aufschluss im Kartengebiet befindet sich 1 km nördlich von ken, bei der Sisselnbrücke. Wir beobachten am rechten Ufer der Sisseln auf eine Länge von 80—100 m schwach nach Nordosten einfallende Schiefer, Mergel und Tonkalke, welche von unten nach oben nach- folgendes Profil ergeben: 1.5 m vorwiegend dunkelgraue, braun anwitternde Schiefer- mergel, wechsellagernd mit 3—5 cm mächtigen, grauen fein- glimmerigen Kalkzwischenlagen. Fossilien sind spärlich vor- handen: Myophoria cardissoides Schl., Myophoria laevigata Alb., Pecten. discites Schl., Pecten laevigatus Schl., Lima lineata Schl., Placunopsis ostracina Schl., Homomya Albertii Voltz. 2. 0,10 m Wulstbank: harte, graue, feinglimmerige Kalkbank. Die Unterseite der Schichtplatte zeigt griffel- und wurzelartige Wülste; die Oberseite schlecht erhaltene Fossilien. 3. 1,85 m dunkle, zähe Schiefer. 4. 0,15 m Sypiriferinenbank: ruppige, harte, graubraun gefärbte Kalkbank mit Pyrit. Der untere kavernöse Teil dieser Bank enthält Fossilanhäufungen. Spiriferina fragilis v. Buch., Spiri- 2) Nach W. Deecke, Geologie von Baden, Berlin 1916, I. Teil, p. 270, soll die Mächtigkeit des Wellenkalkes in »dem bis auf den Granit bei Rietheim im Aargau niedergebrachten Bohrloch indessen wieder 74 m« betragen. Diese An- gabe mag hier berichtigt werden. Zunächst liegt besagte Bohrung nicht bei Rietheim, sondern unmittelbar bei Zurzach (Zurzach 1), die Mächtigkeit des durchfahrenen Wellenkalkes beträgt nicht 74 m, sondern in durchaus normaler Weise nur 46,30 m (vgl. G. Schmidt, Erläut. z. Karte der Fundorte yon Mineral- Rohstoffen in der Schweiz 1917, p. 51). Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 193 ferina hirsuta Alb., Gervilleia socialis Schl., Lima radiata Goldf., Lima striata Schl., Terquemia complicata Goldf. . 0,15 m graugelbe, schieferige Mergel. . 0,20 m harte Kalkbank. . 0,75 m gut gebankte, rotbraun verwitternde Mergelplatten. . 0,30 m helle, gelbliche Steinmergelplatten, darüber Schotter der Niederterrasse. In obigem Profil stellt Schicht 4 in charakteristischer Weise die als Leithorizont im mittleren Wellengebirge bekannte Spiri- ferinenbank dar. Eine Wulstbank, 1,85 m tiefer gelegen, liess sich auch hier, ähnlich wie in den veröffentlichten Wellenkalk- profilen, nachweisen. 3. Oberes Wellengebirge (Orbicularismergel), 12 m. Die bituminösen, schieferigen Kalkmergel sind im Gebiet schlecht auf- geschlossen. Oberhalb vom Bahnhof Stein finden sich hellver- witternde, bituminöse Kalkplättchen, welche mit Myophoria orbicu- laris Br. dicht besetzt sind. Im ,Rebacker“, südlich Obermumpf, wurden die Orbicularismergel vor Jahren zur Herstellung von Zement ausgebeutet. OD 1 © Et b) Mittlerer Muschelkalk oder Anhydritformation. Mächtigkeit 45—90 m. Verbreitung: Die Anhydritformation bildet gegen das Rheintal den Fuss der Tafelberge; allein nur an wenigen Stellen sind Tone oder Dolomite dieser Formation sichtbar. Die ganze Schicht- gruppe wird unter dem oft mächtigen Gehängeschutt des Haupt- muschelkalkes begraben, und taucht dann gegen Osten und Süd- osten unter die Terrassen des Rheins und der Sisseln. Stratigraphie: Ueber die stratigraphischen Verhältnisse der : Anhydritformation haben uns zahlreiche Bohrungen auf Steinsalz im Gebiet zwischen Basel und Zurzach befriedigenden Aufschluss gegeben. Namentlich einige neuere Bohrungen im Bezirk Zurzach haben zum erstenmal vollständige Kernserien durch die Anhydrit- gruppe geliefert. Nach der Zusammenstellung von J. H. Verloop (62) und nach den neueren Untersuchungen der Bohrresultate von C. Schmidt, beträgt die Mächtigkeit des Mittleren Muschelkalkes in den salzfündigen Bohrungen 75—100 m. Eine obere Abteilung der Anhydritgruppe, 15—18 m mächtig, besteht aus hellfarbigen, gelblichweissen Dolomiten, die Hornstein- einlagerungen aufweisen. (Zeliendolomite.) Die untere Abteilung, 60—85 m mächtig, führt Gips, An- hydrit, Tone, Anhydritbreccien und Salz. Letzteres ist Mächtig- keitsschwankungen unterworfen oder kann durch Salztone vertreten werden. Nach C. Schmidt (92) nimmt der Salzhorizont ein auf- 15 194 L. Braun. fallend konstantes Niveau ein. Er befindet sich 60—65 m unter der Basis des Hauptmuschelkalkes. Die Basis der Anhydrid-Formation wird überall durch die, ca. 3 m mächtigen, sog. Stinkmergel gebildet. Westlich „Kinzhalde“, nördlich von Eiken, wurde von der Gemeinde Sisseln im Jahre 1910 ein Wasserreservoir erstellt, welches in der obern dolomitischen Abteilung der Anhydritgruppe fundamentiert wurde. Das Aushubmaterial bestand aus hellgelben bis weissen, plattigen, oftmals durch Bitumen braun gefärbten Dolomiten. Zirka 150 m nordwestlich dieses Aufschlusses bei P. 333, beim Weg, sind die Stinkmergel der Basis der Anhydrit- ann zu beobachten, woraus sich eine Mächtigkeit der ganzen Anhydritgruppe von mi 40 m ergibt. Aehnliche Mächtigkeitsreduktionen der Anhydritgruppe finden sich auf dem benschbaren Blatt Maisprach, ferner am Dinkel- berg und im Wutachtal, überhaupt da, wo die Anhydritformation über Tag ausstreicht und weitgehende Auslaugungen von Gips und Steinsalz möglich sind. Ob nun aber die grosse Reduktion bei der Kinzhalde allein auf Rechnung der Auslaugung zu setzen ist, oder ob gegen Norden zu, d.h. gegen das auftauchende Grundgebirge hin primär ein weniger mächtiges Gips- und Anhydritlager ab- gesetzt wurde, kann nicht entschieden werden. Südlich von Münchwilen, im Tälchen gegen den Sichletenhof, soll in früheren Jahren Gips erschürft worden sein. Die Stelle ist nicht mehr auffindbar. Dagegen sind die dolomitischen Mergel und Zellendolomite am Ausgang des Tälchens, linker Hand, bei den obersten Häusern von Münchwilen in einem kleinen Aufschluss sichtbar. c) Oberer Muschelkalk. Mächtigkeit zirka 65 m. Verbreitung: Fast die Hälfte der Oberfläche des Gebietes von Blatt Frick wird von den Bildungen des oberen Muschelkalkes ein- genommen. Als Südgrenze des Verbreitungsgebietes mag auf der Karte die ungefähr NO—SW laufende Diagonale des Kartenrecht- eckes bezeichnet werden. Diese Linie gibt auch im grossen und ganzen die Streichrichtung der Schichten an. : Der Hauptmuschelkalk bildet die bewaldeten Steilabhänge längs des Rheïntales, am Ausgang des Sisselntales und des Bach- tales gegen Schupfart hinauf. Er ist in zahlreichen grössern und kleinern Steinbrüchen erschlossen (85), z. B. bei Kaisten, Eiken, Oeschgen, Schupfart und Wegenstetten. Durch den Bau der neuen Strasse Eiken-Schupfart wurde ein fast vollständiges an dieser Schichtserie erhalten. Be Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 195 Der obere Muschelkalk - oder Trigonodus - Dolomit findet sich auf den ausgedehnten nach Südosten einfallenden Tafeln südlich des Rheins. Stratigraphie: Der obere Muschelkalk gliedert sich in Haupt- muschelkalk und Trigonodusdolomit. 1. Der Hauptmuschelkalk, 40—45m. Die (srenze zwischen Anhydritdolomit und Hauptmuschelkalk ist nigends im Gebiet auf- geschlossen. Detaillierte Profile aus den Nachbargebieten wurden bereits von K. Strübin (40), F. Brombach (42), E. Brändlin (71) und C. Disler (84) veröffentlicht. Sie lassen in Bezug auf Mächtig- keit, Petrographie und Fossilführung die weitgehendste Ueberein- stimmung mit den Profilen auf Blatt Frick erkennen. Ich verzichte hier deshalb darauf, meine Detailaufnahmen zu geben. Der untere Teil des Hauptmuschelkalkes, der Trochiten- kalk (22—25 m) besteht aus gut geschichteten dünn- und dick- bankigen, rauchgrauen, oft von dolomitischen Partien durchsetzten, harten Kalken von splittrigem Bruch. Die einzelnen Bänke werden zuweilen durch dünne, tonige Mergelzwischenlagen getrennt, in welchen sich Terebrateln und Gervilleien finden können. Charak- teristisch für diese Abteilung ist das Auftreten von Trochiten- horizonten. Bestimmte Bänke (es sind mindestens 10) führen in grosser Menge die Stielglieder von Encrinus liliiformis Lmck. Der obere Teil des Hauptmuschelkalkes der Nodosus- oder Plattenkalk (20 m) ist in seinem petrographischen Aussehen vom Trochitenkalk nicht zu unterscheiden. Ein für diese Abteilung leitender, in unserer Gegend seltener Ammonit, Ceratites com- pressus, (Sandb.) E. Phil, fand sich im Profil der neuen Strasse Eiken-Schupfart und zwar 2,5 m über den obersten trochiten- führenden Kalken. Eine Zweiteilung des Nodosuskalkes in eine untere diekban- kige (15 m) und eine obere dünnbankige (5 m) Abteilung, wie sie Disler aufstellt, hat auch in unserm Gebiet Berechtigung. In der Mitte der untern Abteilung lässt sich eine 30 cm mächtige, weiche hellgelbe Dolomitbank beobachten, welcher lokal leitende Bedeutung zukommt. Eine oolithische Bank finden wir im Nodosuskalk an der neuen Strasse Schupfart-Eiken 5 m über dem Trochitenkalk. Ferner im Steinbruch ,Oltig“ bei Schupfart, wo sie noch spärlich Trochiten führt. Die etant Kieselkonkretionen, von einer Kalkrinde überzogen, die sog. „Schlangeneier“ der Stein- brucharbeiter, sindim obersten Drittel des Hauptmuschelkalkes, im Nodosuskalk, vorhanden. Ebenfalls ist in diesem Horizont das sonst seltene Fossil Pemphix Sueuri Desm. im Steinbruch Wegen- 196 L. Braun. stetten (Vgl. Bl. 29, Maisprach des top. Atl.) in schönen Exemplaren gefunden worden. Die Bänke des obern Trochitenkalkes und der untern Ab- teilung des Nodosuskalkes liefern geschätzte, wetterbeständige Bau- steine. So wurden z. B. die Hausteine für die Gewölbe des Bahnviaduktes bei Gelterkinden vom Steinbruch in Wegenstetten bezogen. Auch als mittelgutes Schottermaterial für Landstrassen - findet der Hauptmuschelkalk Verwendung. 2. Der Trigonodusdolomit, rund 20 m. Die Schichten setzen sich zusammen aus gelben, rötlichen bis hellroten, ruppigen, zuweilen sandigen oder feinzuckerigen Dolomiten, die beim An- schlagen manchmal bituminös riechen. Ein weiteres Charakteristi- kum der Dolomite ist ıhr oftmals kavernöses Aussehen. Die Hohl- räume können dann Bitterspatdrusen enthalten. In jüngster Zeit ist durch den Bau der neuen Strasse Schupfart- Wegenstetten, 1 km südlich von Schupfart, der oberste Teil des Trigonodusdolomites (rund 10 m) prächtig aufgeschlossen worden. Die untern Schichten, noch im Verband mit dem Nodosuskalk, lassen sich an der neuen Strasse Eiken-Schupfart beobachten. Die Fossilführung ist in gewissen Horizonten, meist in den oberen Schichten, eine reiche. Der Erhaltungszustand der als Steinkerne vorkommenden Fossilien ist dagegen schlecht. Es wurde sefunden: Trigonodus Sandbergeri Alb. und Myophoria Goldfussi Alb., unbestimmbare Gastropoden. Die in unserem Gebiet gewissermassen als „Leitfossilien“ be- kannten Feuersteinknollen stammen aus den hornsteinführenden Schichten im oberen Teil des Trigonodusdolomites und finden sich auf den Aeckern zerstreut. Es muss aber bemerkt werden, dass sie z. B. auf dem Dinkelberg und im Westen unseres Gebietes viel häufiger vorkommen, als im Osten. Die Grenze von Trigonodusdolomit gegen die Lettenkohle wird von einer harten, porösen, lumachellenartigen Bank und einem dünnen, braunen Bonebed gebildet. Die ausgedehnten Hochplateaux, deren Untergrund aus Trigo- nodusdolomit besteht, stellen fruchtbares Ackerland dar. Die Dolomite verwittern zu sandigem Boden, auf welchem Getreide vorzüglich gedeiht. An dieser Stelle mögen auch die Erdfälle erwähnt werden, welche auf dem Muschelkalkplateau im Westen und im Osten, ähnlich wie in andern Muschelkalkgebieten, keine seltene Erscheinung sind. Sie verdanken ihre Entstehung unterirdischen Auswaschungen. Das Ausmass dieser Einsturztrichter ist sehr verschieden. Den Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 197 grössten Durchmesser, schätzungsweise über 50 m weisen die süd- westlich von Schupfart im „Wassersgrab“ und im „Loch“ gelegenen Trichter auf. Sie reihen sich in Nord-Süd-Richtung hintereinander und liegen in der Zone der vermuteten Verwerfung von „Alten Reben“. (Vgl. geol. Karte). C. Keuper. Gesamtmächtigkeit rund 110 m. a) Unterer Keuper oder Lettenkohle. Mächtigkeit 5—6 m. Verbreitung: Obwohl die Lettenkohle nur die geringe Mäch- tigkeit von 5—6 m besitzt, gewinnt sie, im Verband mit dem Trigonodusdolomit, in unserem Gebiet eine verhältnismässig grosse oberflächliche Verbreitung. Wir treffen sie als dünne Decke, dem. Muschelkalkplateau nördlich von Schupfart aufliegend. Im Jahre 1912 wurde eine Hochspannungsleitung von WSW nach ONO quer durch das Gebiet der nördlichen Blatthälfte erstellt. Das Aushub- material aus den 1,5 m tiefen Löchern der Leitungsstangen bestand oftmals aus den charakteristischen, schieferigen Mergeln und gab beim Kartieren wichtige Anhaltspunkte. Beim Graben einer Wasserleitung konnten die Estherienschiefer bei der Kirche in Schupfart beobachtet werden. Bemerkenswerte Lettenkohlenprofile finden sich an folgenden Stellen: „Im Tal“ südlich von Schupfart. Neue Strasse Schupfart-Wegenstetten. „Hohlenweg“ zwischen Schupfart und Oeschgen. „Bannrüti“ westlich Kaisten. (Vgl. Brändlin (71) Prof. IX pag. 26.) Neuer Feldweg bei „Emischwand“ südlich von Kaisten. Stratigraphie: Nachfolgendes Profil zeigt typisch die Aus- bildung der Lettenkohle auf Blatt Frick. Profil: Lettenkohle. Im Tal südöstlich Schupfart, östl. P. 494. Schicht- | Mächtig- 5 £ Es igr. San a 8 Gesteinsbeschaffenheit Fossilien star pummer keit Gliederung il 0,30m| Harte, gelbe, etwas ver-| Fisch- und Saurierzähne. (unten) kieselte Dolomitbank, stellenweise lumachel- lenartige Ausbildung. Der obere Teil der Bank bildet ein Bonebed. Trigonodus- dolomit 198 L. Braun. Te te Schicht- nummer Mächtig- keit Gesteinsbeschaffenheit Fossilien Stratigr. Gliederung 2 0,30 0,01 0,12 0,43 ) 0,02 Hellgelber,brôckeliger,ku- bisch zerfallender Dolomit. Gelbes bis dunkel-rostfar- benes, hartes, brüchiges Schieferbänklein (Bone- bed). Dunkelsraue, tonige, harte, gelbgefleckte Schiefer, oben eine dünne Schicht mit Fischschuppen (Bo- nebed). Sandiger, hellgelber, brök- keliger Dolomit, an den Zerklüftungsflächen von braunen Häuten über- zogen. Sandige, hellgelbe dolo- mitische Schicht. Fischzähne und Fisch- schuppen. Lingula spec. häufig. Zähnchen und Fisch- schuppen. Untere Dolomite 10 11 12 15 0,02 0,30 Harte, dolomitische und tonige Schieferlage (Bo- nebed). Dunkelgraue, z. T. gelb und dunkelbraun ge- fleckte harte Schiefer in Lagen von 1,5—2 cm. Schichtflächen bedeckt mit Estheria minuta. Blaugraue,dünnschichtige, tonige Schiefer mit schwe- felgelbem Anflug. Braune, ‘rostige Mergel- schicht (Bonebed). Blaugraue,dünnschichtige, tonige Schiefer mit grell- gelbem Anflug. Massen- haft Estherien. Be Sandiger, hellgelber, zer- klüfteter Dolomit, bröcke- lig zerfallend. Sandige, graublaue und gelbe z. T.tonige Schiefer. 14 Zähnchen und Fisch- schuppen. Estheria minuta. Goldf. Estheria minuta. Goldf. Estheria minuta. Goldf. Gelber Dolomit mit Bitter- spatdrusen und dendriti- schen Bildungen auf den Bruchflächen. Oben rauchwackenartige Zel- lendolomite (schlecht aufgeschlossen). | Lettenkohle Estherienschiefer oder Alaunschiefer . Grenzdolomit & Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 199 Bei der Gliederung der Lettenkohle ist an die Untersuchungen von R. Zeller (57) und E. Brändlin (71) angeknüpft worden. 1. Die untern Dolomite, 85 cm, sind hellgelb bis bräunlich, oft bröckelig und sandig, kubisch zerfallend. Ungefähr in der Mitte der Dolomite befindet sich eine 0,12 m mächtige Schiefer- lage mit Lingula tenuissima Br. 2. Die Estherienschiefer Alan ln) 1,50 m dunkel- ‚graue, bräunliche z. T. gefleckte, dünnplattige Schiefer, welche im untern Teil massenhaft Estherien führen. Oft sind sie mit einem schwefelgelben Anflug versehen. Eine sandige, hellgelbe, bröckelige Dolomitbank liest im obern Teil der Schiefer. 83. Der Grenzdolomit, zirka 2—3 m, ist hellgelb, bisweilen löcherig und hat Bitterspatdrusen. Auf den Bruchflächen sind dendritische Bildungen häufig. Gewisse Lagen sehen bräunlich aus, sind sandig, dünnschichtig und durch Calcitlamellen verkittet. Auch breccienartige Bildungen kommen vor. Gegen den Gips- keuper hin stellen sich in schieferigen Mergeln harte Zellendolo- mite ein. b) Mittlerer Keuper. Mächtigkeit 100-110 m. Verbreitung. Im untersuchten Gebiet erstreckt sich ein 1—2 Kilometer breites Keupergelände in der Richtung von Südwest nach Nordost. Gegen Wegenstetten hin (Bl. 29, Maisprach des top. Atl.) bildet es den Fuss des Tiersteinberges, umsäumt bei Schupfart die Liastafel vom Wollberg und baut fast ausschliesslich in der nord- östlichen Blatthälfte . hügelige Gebiet zwischen Oeschgen und Kaisten auf. Stratigraphie. Wir unterscheiden im mittleren Keuper: 1. Gipskeuper. 2. Schilfsandsteingruppe. 3. Untere bunte Mergel. 4. Hauptsteinmergel (Gansingerdolomit). 5. Obere Mergelgruppe. 1. Gipskeuper, schätzungsweise 60—70 m. Die bekannten dunklen und bunten Mergel mit Gipseinlagerungen sind in keinem kontinuierlichen Profil erschlossen. Die Gipsstöcke finden sich, so viel ich beobachten konnte, durchwegs mehr im obern Teil der Mergelgruppe Nach (©. Disler (84) ist der Keuper in der Um- sebung von Rheinfelden relativ arm an Gips. Bei Frick jedoch wurde in zahlreichen, nunmehr verlassenen Gruben vor Jahren Gips gebrochen, welcher als sogenannter Feldgips zu Düngzwecken Verwendung fand. Alte Gipsgruben befinden sich z. B.: Südlich Schupfart, im „Luppen“. Westlich Schupfart, im „Brühl“ und „Rindeli“. 200 L. Braun. Nördlich Frick, in „Jungreben“ und ,Stellhammer“. Oestlich Oeschgen, im „Talrain“. Der Gips bildet in den Mergeln unregelmässige Bänke und Nester. Er ist stark verunreinigt, feinkörnig, alabasterartig, oft zart rötlich gefärbt. 2. Die Schilfsandsteingruppe, 1—20 m. Der graugrüne oder rote, feinkörnige Schilfsandstein wurde früher auch auf Blatt Frick an einigen Stellen ausgebeutet („Luppen“, südlich Schupfart, „Reisersmatt“, nordöstlich Frick, „Homberg“ südlich vom Kaister- bach). Im Laufe der Zeit sind die Brüche verfallen. Durch die Literatur sind bekannt: Der nahe an der Ost- grenze unseres Gebietes auf Blatt 33, Bötzen des top. Atlas, liegende, grosse Sandsteinbruch von Itental, und die pflanzenführenden Sand- steine von Hemmiken, auf Blatt 31, Gelterkinden gelegen. Die Mächtigkeit des Schilfsandsteins ist eine relativ geringe und sehr schwankende. Schieferige, dünne Sandsteinbänke sind bisweilen als Vertreter der Gruppe, anzusehen. Ueber den Schilfsandstein im Aargauer Tafeljura berichten eingehend Æ. Brändlin (71) und ©. Disler (84). Das Aequivalent der bekannten Pflanzen- und Tierreste führenden Schichten der Neuen Welt bei Basel ist von E. Brändlin bei Sulz und bei Wil nachgewiesen worden. Ein gleichaltriges Bonebed mit Estheria laxitesta hat ©. Disler an der Ergolz bei Augst aufgefunden. Auch nordöstlich von Frick fanden sich in einem kleinen verlassenen Steinbruch, östlich vom „Homberg“, westlich des Kaisterbaches, in rotem schieferigem Sandstein, wohlerhaltene Exemplare von Æstheria laxitesta Sandb. Somit ist der Schilfsandsteinhorizont der Neuen Welt auch bei Frick nachgewiesen. Ein Teil des Schilfsandsteins, sowie Untere bunte Mergel, Hauptsteinmergel und Obere Mergelgruppe sind in folgendem Profil, südlich Schupfart, gut auigeschlossen. Profil: Schilfsandstein bis Obere Mergeigruppe. Im „‚Feuchtimattbächlein‘‘ südlich Schupfart. Schicht- | Mächtig- } : 2 Stratier. ns Gesteinsbeschaffenheit Fossilien Re nummer keit ° Gliederung 1 0,60m| Grüner und roter, toniger, = © (unten) bröckeliger, in unregel- = = mässige Stücke zerfallen- = © der Sandstein. 'S = Lu 2 0,10 Grüner, durch rotgefärbte = 2 Partien durchzogener, to- RZ 2 niger, etwas glimmeriger = E Steinmergel. Dre Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 201 icht- | Mächtio- en . pente es Gesteinsbeschaffenheit Fossilien Saber nummer keit Gliederung 3 -0,60m| Dünnschichtige, graugrüne und rote, sandige und tonige Mergel, die Schicht- flächen sind rot gefärbt. - 4 1,30 Vorwiegend dunkelrote, zuweilen auch grüne, san- dige Mergel, die unregel- mässig brockig zerfallen. Dunkelrote, tonige Mergel. 6 0,15 | Schmutzig-violette tonige Mergel. 7 0,18 | Hellgrauer, nach allen Richtungen zerklüfteter, toniger Steinmergel mit muscheligem Bruch. 8 0,65 Graugrüne bis schmutzig- violette Mergel mit roten Flecken. In derMitte eine Mergellage mit dunkel karminroten Schicht- flächen. ©t e m © Untere bunte Mergel 9 1,00 Grauer und gelber, harter, etwas kalkiger Dolomit, | im Profil eine einzige Bank bildend. 10 1,00 Grauer und gelber Dolomit, von Caleitadern durch- zogen, in Bänken von 10—15 cm Dicke. Die Bänke zerfallen in grosse, unregelmässige Brocken. Dendritische Zeichnun- sen sind häufig. 11 0,35 Plattiger Dolomit in Bän- ken von 5—10 cm Dicke. 12 1,25 Hellgraue Dolomite in Bänken von 5 cm Dicke, Sie werden von hellroten Streifen durchzogen (Flammendolomite). Zu- weilen sind auf den Schichtflächen dünne Lagen von Rost. 13 |ca.0,15| Dolomite wie 12, allein | Avicula Gansingensis Alb. auf den oft karminroten | Myophoria vestita Alb. Schichtflächen zahlreiche I Abdrücke von schlecht erhaltenen Fossilien, so- dass hie und da die Schichtfläche wie genarbt aussieht. 14 0,35 Dolomite wie bei 12, Fos- silien nicht gefunden. Mittlerer Keuper Hauptsteinmergel 15 0,30 Rote und graue Mergel. Obere Mergel- gruppe 202 L. Braun. 3. Die Untern bunten Mergel, 2,30 m. Die Schichten Nr. 3—8 bestehen vorwiegend aus dunkelroten bis schmutzig- violetten Mergeln und schliessen eine 0,18 m mächtige Dolomit- bank ein. R. Lang (67) bezeichnet den obern Teil dieser Serie als „dunkle Mergel‘‘ und misst ihnen, als einem durchgehenden Horizont, grosse stratigraphische Bedeutung bei. 4. Die Hauptsteinmergel, 4 m, Nr. 9—14, stechen im weichen, welligen Keuperterrain bisweilen als eine kleine Steilstufe heraus. Nach obigem Profil ist die unterste 1 m mächtige Schicht ein kalkig ruppiger Dolomit. Darüber folgen gut gebankte Dolo- mitplatten, welche z. B. bei „Rindeli“, östlich Schupfart, hie und da ausgebeutet wurden und als Treppenplatten Verwendung fanden. Nach oben werden die Dolomite dünnbankig, rot geflammt und zeigen dünne, rostig mergelige Zwischenlagen. Ungefähr 50 cm unter der obern Dolomitgrenze sind einige Bänklein fossilführend. Es lassen sich in schlechten Abdrücken Avicula Gansingensis Alb. und Myophoria vestita Alb. erkennnen. Einzelne Platten sind .mit rundlichen Vertiefungen bedeckt, welche vermutlich als Fossil- abdrücke zu deuten sind. Ueber Fossilfunde in den Hauptsteinmergeln sei noch folgendes bemerkt: P. Merian hat im Jahre 1867 in den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft Basel eine Notiz über „Cardita crenata Golf. im Keuper der Neuen Welt“ veröffentlicht. In einer späteren Berichtigung (5) stellte er fest, dass es sich um Myo- phoria Goldfussii Alb. handle. Die Wiederauffindung dieses Fossil- horizontes in den Hauptsteinmergeln der Neuen Welt durch M. Weigelin im Jahre 1912 (81) war demnach nicht neu, aber durch die Art der stratigraphischen Verwertung von Interesse. Später hat dann auch ©. Disler (84) an der Ergolz wohlerhaltene Gan- singerfossilien gefunden. Als weiterer Fundpunkt nach Osten hin kommt somit unsere Lokalität „Feuchtimattbächlein“ bei Schupfart in Betracht. Auch im Hauptsteinmergel südlich vom Hemmiker Schilfsandsteinbruch (Bl. 29, Gelterkinden des top. Atl.) fand ich in porösem Dolomit einen schlechten Abdruck von Myophoria vestita. In allen Aufschlüssen, von Gansingen im Osten bis zur Neuen Welt im Westen, finden sich die Fossillagen im obern Teil der Hauptsteinmergel*). Ich möchte hier noch bemerken, dass im 3) Aus dem Hauptsteinmergel des südlich benachbarten Kettenjura wären Fossilfunde zu erwähnen: 1. Vom Keuperprofil an der Strasse Passwang-Neuhäuslein (Vergl. L. Rollier, lit. 51, pag. 5). | 2. Vom Wäldchen südlich des Hofes „Mittlerer Bilstein“, kleinere Blöcke Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 203 Osten des Gebietes, in der Gegend von Kaisten, gewisse Lagen des Haupsteinmergels in ihrem petrographischen Aussehen noch durchaus dem Gansingerdolomit ähnlich sind. 5. Die Obere Mergelgruppe, 12—15 m, Nr. 15, ist an zwei Lokalitäten gut aufgeschlossen, von denen die eine am Ostrand des Gebietes beim „Wildestenboden“, südlich Kaisten, die andere im mehrfach erwähnten „Zuppen“ südlich Schupfart liegt. Im Zuppenprofil sind rund 10 m der Oberen Mergelgruppe sichtbar. Ihre Gesamtmächtigkeit übersteigt aber hier kaum 12 m. Der untere Teil der Gruppe, 4 m, besteht vorwiegend aus roten und blauen Mergeln mit Dolomitzwischenlagen. Eine obere, zirka 6 m mächtige Abteilung, hebt sich von den bunten Mergeln scharf ab. Es sind brockige, graugelbe, zuweilen mit rostfarbenen Häuten überzogene Mergel, die zu einem unfruchtbaren Boden verwittern. Drei Kilometer südwestlich von „Luppen“ findet sich, auf Blatt 31, Gelterkinden, in den „Zeimenstuden“ ein von A. Buxtorf (37) beschriebenes Profil. Die Obere Mergelgruppe erreicht dort über 20 m Mächtigkeit. Im „Wildestenboden“ ist die Mergelgruppe mehr dolomitisch ausgebildet. Von der zirka 12 m mächtigen Gruppe fallen ins- . gesamt rund 7 m dolomitischen Bildungen zu. Die Mergel sind auch hier intensiv bunt gefärbt. Weiter östlich, in Sulz (Bl. 33, Bözen, des top. Atl.) erreicht die Obere Mergelgruppe nach Æ. Brändlin (71) nur noch die Mächtigkeit von 7 m. 2. Jura. Der südliche Teil des untersuchten Gebietes wird von juras- sischen Ablagerungen aufgebaut. A. Lias oder schwarzer Jura. Gesamtmächtigkeit 20—25 m. Verbreitung: Der Lias bildet südöstlich des Dorfes Schupfart das nach Südosten geneigte Hochplateau des Wollberges. Oro- graphisch ist seine Grenze gegen den Keuper meist durch eine deutliche Steilkante markiert, welche durch die harten Arietenkalke des untern Lias bedingt wird. Nach Südwesten umsäumt er den Tiersteinberg, ist jedoch nur an wenigen Stellen und nur schlecht aufgeschlossen, weil in dem verrutschten und z. T. gestörten Ge- von Keuperdolomit, das Gestein hat das Aussehen von typischem Gansinger- dolomit. ./A. Buxtorf. Nach unveröffentlichtem Material.) 3. Vom waldigen Osthang der Keuperklippe „Hochgrütsch“, westlich von Niederdorf. (A. Buxtorf. Nach unveröffentlichtem Material.) 204 L. Braun. biete die ca. 20 m mächtige Schichtserie von abgerutschten Opa- linustonen bedeckt ist. Nördlich und westlich von Gipf-Oberfrick treffen wir den Lias infolge einer Verwerfung nochmals in der »Glurhalde“ und im „Rüstel“. Von Frick nach Itenthal, am nord- westlichen Fusse des Frickberges, in der Zone der Mandacher- verwerfung, lassen sich sowohl im gehobenen, als auch im gesun- kenen Flügel der Verwerfung kleinere Liasaufschlüsse beobachten. Erwähnenswert sind die beiden Liasvorkommen inmitten des west- lichen Triasplateaus, nämlich die kleine Liasplatte des „Katzen- fluhgrabens“, südwestlich von Stein, und das Liasköpfchen auf „Eichbühl“, nördlich von Schupfart. Stratigraphie : a) Unterer Lias. Mächtigkeit ca. 15 m. Ein Profil, welches Keuper, Insektenmergel, Angulatenzone und Arietenkalke zeigt, findet sich bei P. 429, beim „Sulzrain* westlich von Frick. Es wurde einlässlich beschrieben von A. Erni (66) und Æ. Brändlin (71). Weiterhin finden sich die Insekten- mergel und untersten Bänke der Angulatenzone wenig gut aufge- schlossen bei Gipf, oberhalb der Brücke, am linken Ufer des Bruggbaches und in etwas verrutschter Lagerung beim Sattenberghof nordöstlich von Frick. 1. Die Insektenmergel, 1,30 m, sind grauschwarze, schiefe- rige Mergel. Ihre Mächtigkeit reduziert sich nach Westen und Südwesten. Nach A. Buxtorf sind sie auf Blatt Gelterkinden nur noch 0,10 m mächtig. Fossilien sind nicht gefunden worden. 2. Die Angulatenzone, 0,80 m, besteht aus blaugrauen, spätigen, eisenschüssigen Kalken, die oft pyritreich sind. An Fos- silien wurden gesammelt: Echinodermen: Pentacrinus sp. Brachiopoden: Rhynchonella subrimosa Opp. Lamellibranchiaten: Lima gigantea Sow. Cardinia crassiuscula Sow. Pecten Hehli d’Orb. Cardinia sp. Cardinia Listeri Sow. Cephalopoden: Schlotheimia angulata Qu. Schlotheimia striatissima Qu. Schlotheimia depressa Qu. A. Erni und E. Brändlin haben im Aufschluss „Sulzrain“ auch Ammoniten der Zone des Psiloceras planorbe gefunden. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 205 3. Die Arietenkalke, 2—3 m, sind harte, graublaue, spä- tige Kalke. Gelegentlich werden sie als Bausteine gebrochen, wie vor Jahren am ,Sulzrain“ und gegenwärtig beim Sattenberghof. Nach oben hin werden die Kalke mergelig und brockig. Es wurden folgende Fossilien in den Arietenkalken gefunden: Echinodermen: Pentacrinus sp. Brachiopoden: Spirifer (Spiriferina) tumidus Spirifer (Spiriferina) Walcotti Buch. Sow. Spirifer (Spiriferina) rostratus Schl. Lamellibranchiaten: Gryphaea arcuata Lmck. Lima pectinoides Sow. Gryphaea obliqua Goldf. Pleuromya cf. Galathea As. Pecten Hehli d’Orb. Pleuromya striatula Ag. Lima punctata Sow. Pleuromya sp. Gastropoden: Pleurotomaria sp. Cephalopoden: Agassizeras Scipionianum d’Orb. Nautilus striatus Sow. Microderoceras Birchi Sow. Belemnites acutus Mill. Arietiten. Die Obtusustone, 6—8 m, finden wir selten aufgeschlossen. Ihre Anwesenheit verrät sich im Gelände durch kleine Rutschungen. Die hellgrauen, glimmerigen Tone sind in einer kleinen Lettgrube auf „Elsten“ bei Schupfart 80 m westlich P. 543 zu sehen. 5. Die Obliquaschichten, 1,50 m nach A. Buxtorf und E. Brändlin (71), konnten anstehend nicht beobachtet werden. Oxynotyceras sp. und Gryphaea obliqua fanden sich als Lesestücke. b) Mittlerer Lias. Mächtigkeit 3 m. Der mittlere Lias konnte nur an der Glurhalde bei Lieber- gstell, 1 km westlich Frick, nachgewiesen werden: 1. Die Davoeischichten, ca. 1m, sind blaugraue, fleckige, sandig mergelige Kalke, mit schlecht erhaltenen Fossilien. 2. Die Margaritatusschichten, 0,20 m, sind kalkig, mer- gelig ausgebildet und führen grosse, schlecht erhaltene Amaltheen. 3. Die Spinatusschichten, 1,5 m. treten als blaugraue Be- lemnitenkalke in 0,5 m Mächtigkeit zu Tage. Der mittlere Lias hat folgende Fossilien geliefert: Brachiopoden. Spirifer (Spiriferina) verrucosus Buch. 206 L. Braun. Lamellibranchiaten. Gryphaea cymbium Goldf. Pecten priscus Schl. Hinnites velatus Goldf. Gastropoden. Pleurotomaria expansa d’Orb. Cephalopoden. Aegoceras capricornu Schl. Belemnites clavatus Qu. Amm. amaltheus gigas Qu. Belemnites paxillosus Qu. Amm. armatus nodogigas Qu. Belemnites compressus Schl. nicht aus anstehendem Gestein. c) Oberer Lias. Mächtigkeit 5-6 m. 1. Die Posidonienschiefer, ca. 4 m, sind schieferige, dünnplattige, dunkelgraue Mergel, welchen einige Stinkkalkbänke eingelagert sind. Letztere treten z. B. westlich Gipf im „Rüstel“ zu Tage, ferner oberhalb der Gipferbrücke im Bachbett und un- weit vom Sattenberghof, nordöstlich Frick in einem kleinen Anriss. 2. Die Jurensisschichten, ca. 2m, sind graugelb ange- gewitterte, bröcklige Mergel mit Knauern. Aus beiden Zonen stammen folgende Fossilien : Lamellibranchiaten. Pecten aequivalvis Sow. : Cephalopoden. Lytoceras jurense Ziet. Amm. striatulo-costatus Qu. Aptychus sanguinolaris Schl. Belemnites lagenaeformis Ziet. B. Dogger oder Brauner Jura. Gesamtmächtigkeit 250 m. Verbreitung: Im Süden und Südosten von Blatt Frick treffen wir fast ausschliesslich Bildungen des Braunen Jura. Hier erheben sich, bis zu einer Höhe von 750 m ü. M., die ‘ charakteristischen Tafelberge, welche durch Täler mannigfach ge- gliedert werden. Die ausgedehnten Hochflächen fallen nach Süd- osten gegen den Kettenjura ein. Die petrographische Verschiedenheit der einzelnen Unterab- teilungen des Braunen Jura und demgemäss ihr Verhalten gegen die Wirkungen der Erosion kommt aufs deutlichste im Landschafts- bild zur Geltung. - IR Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 207 Eine untere, tonig-mergelige Zone bildet wenig steile, wellige, mit Wiesen bewachsene Abhänge. Es folgen kalkig-mergelige Schichten, die im Gelände meist als Steilböschungen hervortreten. Nach oben hin, sobald die harten Hauptrogensteinkalke einsetzen, entstehen Steilabhänge, die von Flühen gekrönt werden. Die Kalk- zone ist fast durchwegs bewaldet und mit bemerkenswerter Regel- mässigkeit zieht sich der Wald an den Berghängen entlang und kommt, dem Einfallen der Schichten entsprechend, gegen Südosten hin bis zu den Talsohlen hinunter. Mit dem Einsetzen der Mergel und Mergelkalke der obersten Abteilung des Braunen Jura hört gewöhnlich die Waldbedeckung auf. Stratigraphie: In Anlehnnng an ©. Moesch gliedere ich den Dogger wie folgt: 1. Opalinustone. . Murchisonaeschichten. : . Sowerbyischichten. . Sauzeischichten (Neutrale Zone). . Humphriesischichten. . Blagdenischichten. . Hauptrogenstein. . Variansschichten. . Macrocephalenschichten. . Ornatenschichten = Anceps-Athleta-Cordatusschichten. OO 1 © Or À À NN ni a) Opalinustone. Mächtigkeit 70—80 m. Dieser Horizont besteht aus blaugrauen, glimmerigen, lettigen Tonen. Eine stratigraphische Gliederung der Zone ist hier, mangels guter Aufschlüsse, nicht möglich. Im obern Teil der Tone, d. h. ca. S-10 m unter den Mur- chisonaeschichten, fanden sich beim Frickberg, oberhalb der Zeinle- matt, graue, glimmerige, sandigkalkige Plättchen mit Wülsten. be- deckt. Vielleicht dürfen diese Schichten dem Zopfplattenhorizont zugezählt werden, der im gleichen stratigraphischen Niveau von K. Strübin von der Frenke, bei Liestal, beschrieben worden ist. (39.) Vor Jahren wurden die Tone allerorts zum Bessern der Felder ausgebeutet. Heute sind die alten Lettgruben verfallen. Die Opalinustone geben bekanntlich oft die Veranlassung zu grössern Bergschlipfen. C. Moesch (6) erwähnt einen solchen vom Frickberg, der im Oktober 1843 stattfand, „wodurch 80 Jucharten des besten Landes auf viele Jahre zerstört wurden“. Die wesent- lichen Rutschzonen sind auf der Karte 1:25000 eingetragen. So bietet die Wiesenzone unter dem Waldgürtel des Tiersteinerberges 208 L. Braun. das typische Bild der welligen, unruhigen Opalinus-Rutschland- schaft.) b) Murchisonae-Blagdenischichten. Mächtigkeit ca. 70 m. 1. Murchisonaeschichten, 8—10m. Gute Aufschlüsse finden sich am Frickberg und am östlichen Ausläufer des Homberges, südlich vom Hof „Sespen“., Ein vollständiges Profil der Murchisonaeschichten gibt uns der Anriss am Frickberg, nordöstlich Frick, oberhalb „Zeinlematt*, den C. Moesch (6) erwähnt und welcher von K. Strübin (38) unter- sucht worden ist. Als Murchisonaeschichten speziell werden aufge- fasst, von unten nach oben: 2,90 m graublaue Kalke, 4,80 m graublauer, glimmerreicher Mergel. Die darüber folgenden Mergelkalke und Mergel, 1,50 m mächtig werden von K. Strübin als Concavus-Sowerbyizone ausgeschieden, auf Grund der hier vorkommenden Fossilien Lioceras concavum Sow. und Hammatoceras Sowerbyi Mill. var. costosus. Aus den die Opalinustone überlagernden Kalksteinschichten, 2,90 m, erwähnt Strübin keine Fossilien. Diese 7,70 m mächtigen eigentlichen Murchisonaeschichten zeigen oberhalb der „Zeinlematt“, von unten nach oben, folgendes Profil: 1. 0,80 m Wechsel von graublauen, hellgelb verwitternden, san- digen Kalken mit sandigen Mergeln. 2. 1,45 m Wechsellagerung von blauen, sandigen Mergeln und * Mergelkalk mit grauen, sandigem z. T. glimmerigem Kalk. 8. 0,65 m Dunkelbrauner, oft grünlich-sandiger Kalkstein, zu- weilen bröckelig-mergelig. Die Fossilien sind von feinem grün- lichem Sand überzogen. Lioceras ct. opalinum Rein., Lioceras lineatum Buck, Lioceras acutum var. sublaeve Horn, Lud- wigia Murchisonae Sow. unter anderem grosses Bruchstück. 4. 4,80 m graublauer, glimmerreicher Mergel, Belemnites Gin- gensis Qu. Interessant ist Schicht Nr. 3, die neben Ludwigien häufig Lioceras opalinum-ähnliche Formen führt. Die über dem 4,80 m mächtigen Mergellager, hier noch den Murchisonaeschichten zugezählte „Concavus- Sowerbyizone“, findet sich in ähnlicher Ausbildung, wie am Frickberg, südlich des Hofes „Sespen“, am Nordabhang des östlichen Ausläufers des Hombergs. 4) Hier mag noch eine kleine Berichtigung an der geol. Karte angebracht werden: die Opalinuston-Murchisonaegrenze sollte in der Südostecke des Blattes, östlich „Flüh“ von P. 406 an, nach Süden hin, um ca. 1—2 mm nach Osten verlegt werden. Sr Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 209 Profil: Murchisonae - Concavus - Sowerbyi -Schichten. Buhalde, ob „Sespen“, westlich Gipf Oberfrick. Schicke Möchlig- | Gesteinsbeschaffenheit Fossilien Straligr: nummer keit Gliederung (unten) ca. 7-10 m| Schutthalde 5 0,20 Rostfarbener, sandig ver- S | witternder Kalk 55 2 0,20 Hellgelber, spätiger, har- | Schlecht erhaltene Fossi- 3? ter Kalkstein, unverwit- | lien. 25 tert graublau. s> .2 © 3 0,25 Graublauer, spätiger Kalk | Schlecht erhaltener Lio-| 5 g mitrostfarbenen Partieen,| cerat. 5” fein eisenoolithisch. = 4 0,10 Graue, sandige Mergeltone. 5 0,70 Graublauer Kalk mit Nes- | Lima spec. tern vonhellgelben Eisen- | Lima (Ctenostreon) pecti- oolithen. Der obere Teil |. niforme Schl. der Bank, ca. 20 cm, ist | Pecten pumilus Emck. 5 locker-und verwittert zu | Pecten spec. = | losen Stückchen. Kon- | Trigonia striata ? Sow. = kretionen häufig. Der | Trigonia Zieteni Greppin*) = obere Teil ist ausser-| Modiola gregaria Goldf. a ordentlich fossilreich. Gervilleiasubtortuosa Opp. = Opis sp. © Pleurotomaria sp. = D © Lioceras acutum Qu. = © Lioceras acutum var. COo- R 5 statum Horn. > = Lioceras cf. Sinon var.| & enode Horn. 3 Lioceras concavum Sow. | % Ludwigia Murchisonae 5 SOW. S Ludwigia bradfordensis = Buckm. © Ludwigia obtusa Qu. Ludwigia similis Buckm. Ludwigia crassa Horn. Ludwigia rudis Buckm.* Ludwigia ln) Bayli, Buckm.*) Hammatoceras Sowerbyi Mill. Hammatoceras Sieboldi Opp.*) Nautilus lineatus. Sow. *) Herr Georg Schneider in Basel hatte die Freundlichkeit, mir die mit einem * bezeichneten Fossilien aus seiner reichhaltigen Sammlung zur Verfügung zu Sie stammen aus Schicht Nr. 5. Die Bestimmungen ver danke ich Herrn Dr. E. Greppin. 14 210 L. Braun. Auch in diesem Profil stellt Schicht Nr. 5 eine eisenoolithische, fossilreiche Bank dar, die in ihrem obersten Teil das gemeinsame Lager von Endwigien, Lioceras concavum und Hammatoceras So- werbyi bildet. Die Concavuszone ist demnach eine Übergangsschicht zwischen Murchisonae- und Sowerbyischichten. Ich habe für die- selbe den Namen Concavus-Sowerbyizone von K. Strübin über- nommen. | Gute Fossilpunkte finden sich in unmittelbarer Nähe des be- schriebenen Profiles von Sespen, längs der Buhalde und oberhalb des Hofes „Hohenbühl“ westlich von Gipf. 2. Sowerbyischichten, ca. 15 m. Über den fossilführen- den Eisenoolithen der Concavus-Sowerbyizone liegt eine Serie von Mergeln und Tonen, denen einige wenige eisenschüssige Kalkbänke eingelagert sind. Die Tone schliessen häufig konkretionäre Bildungen - und Toneisengeoden ein. Infolge der tonig-mergeligen Ausbildung des Schichtkomplexes fehlen gute Aufschlüsse. Im „Sespen“ finden wir über der Concavus-Sowerbyizone die auf nebenstehendem Profil angegebene Schichtserie: Die Festsetzung einer Grenze zwischen Sowerbyi- und Sauzei- schichten richtet sich in unserem Gebiet nach lithologischen Ge- sichtspunkten. Als Abschluss der tonigen Serie der Sowerbyizone betrachte ich eine eisenoolithische Kalkbank, an deren Basis Tone mit grossen blauen Kalkknauern auftreten. 3. Sauzeischichten (Neutrale Zone) 20—22 m. Typische Profile dieser Zone finden sich am Südabhang des Homberges in der „Eihalde“, ferner an der Buhalde und auf der Nordseite des Tiersteinberges. Der untere Teil der Sauzeischichten, 15 m mächtig, zeigt Wechsellagerung von dunklen Mergeln und Tonen mit Sandkalken, welche Cancellophycus scöparius führen, im übrigen aber fossilarm sind. In den Mergel- und Tonschichten finden sich spärlich hasel- nuss- bis nussgrosse Einlagerungen von Konkretionen, ferner ein Haufwerk von plattgedrückten Rhynchonellen, Pecten personatus und unbestimmbaren Lamellibranchiern. Der obere Teil, 5—6 m mächtig, setzt sich aus eisenoolithischen Kalken und Mergeln zusammen. Zwei harte, graublaue, spätige Kalkbäuke und eine stark eisenoolithische Bank mit Konkretionen können in unserm Gebiet als Leithorizonte für den obern Teil der Sauzeischichten angesehen werden. Die zuletzt erwähnte Bank führt viele Fossilien, welche wie die Konkretionen von Limonit über- krustet sind und bisweilen massenhaft Serpulen aufweisen. Gegen Schicht- | Mächtig- keit nummer Geologische Beschreibung von Blatt Frick. Profil: Sowerbyischichten. Buhalde, ob Sespen, westlich Gipf-Oberfrick. 211 Gesteinsbeschaffenheit Fossilien Stratigr. Gliederung 6 035m = Schwarzblaue, glimmerige Tone, zu länglichen Stük- ken zerfallend. Hellgelbe, rostfarbene, sandig- mergelige Tone und Mergelkalke von dunklen Streifen durch- zogen. ' Grauer, spätiger Kalk mit feinen Rostteilchen. Schwarzblaue, glimmerige Tone mit hie und da ge- röllartigen Bildungen. Sandiger, gelb verwittern- der Mergelkalk, der zu- weilen blaugrau spätig wird. Dunkle, sandige bis gelb- rötliche Mergel. Feinspätiger, etwas ooli- thischer Kalk. Sandig-mergeliger Kalk, der nach oben in Tone übergeht. und | Posidonomya cf. opalina häufig. Fossiles Holz, lokal. Unbestimmbare Lioceraten Cancellophycus scoparius. Belemniten spec. ? Pecten. SS Sowerbyischichten die Humphriesischichten zu wird der Fossilreichtum immer grösser. Es treten auf: Acanthothyris spinosa, Terebrateln, Stacheln von Rhabdocidaris horrida, von Ammoniten. Fossilführung. Pflanzen. Cancellophycus scoparius Thioll. Echinodermen. Rhabdocidaris horrida Mer. Würmer, Serpula flaccida Gdf. Serpula socialis Gdf. grosse Austern und verschiedene Arten 212 L. Braun. Brachiopoden. Rhynchonella (Acanthothyris) spinosa Schl. Rhynchonella sp. Heimia Meyeri Choffat. Lamellibranchiaten. Lima semicircularis Gdf. Astarte excavata Sow. Lima (Ctenostreon) proboscidea Limck. Pecten pumilus Lmck. Avicula sp. Ostrea explanata Gdf. Modiola gigantea Qu. Cephalopoden. Sonninia adicra Waag. Ammonites fissilobatus Waag. Sonninia Alsatica Haug. ï Witchellia laeviuscula Sow. Belemnites bessinus d’Orb. Witchellia complanata Buckm. Belemnites giganteus Schlath. Hyperlioceras sp. 4. Humphriesischichten, 1—2 m. Die Humphriesischichten, im Gesteinscharakter den Sauzeischichten ähnlich, sind bezeichnet durch das Auftreten von Stephanoceras Humphriesi. Es sind fossil- reiche Kalke und Kalkmergel, wechsellagernd mit braunen bis gelben Tonen. Die gelben, mittelgrossen bis feinen Oolithkörner sind nesterweise im rotbraunen Gestein verteilt. Fossilführung. Würmer. Serpula tricarinata Gdf. Brachiopoden. Rhynchonella (Acanthothyris) spinosa Schl. Waldheimia (Zeil- Heimia Meyeri Choffat leria)subbucculenta Terebratula perovalis Sow. Chap. und Dew. Lamellibranchiaten. Lima(Ctenostreon)proboscidea Lmck. Gresslya abducta Phill. Pecten lens Sow. Gresslya sp. Oxytoma Münsteri Bronn. Pholadomya fidicula Sow. Modiola gigantea Qu. Modiola cuneata Sow. Modiola Lonsdalei Morr. und Lye.? ! Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 213 Cephalopoden. Stephanoceras Humphriesi Sow. Stephanoceras linguiferum Sow. Sphaeroceras Gervilleii Sow. Belemnites giganteus Schl. 5. Blagdenischichten, rund 25 m. Nach den Aufschlüssen nördlich vom Tiersteinberg und südlich vom Hombers (Eihalde) bestehen die unteren 10 m der Schichtgruppe vorwiegend aus festen, sandigen, fossilarmen Mergeln von grauer Farbe, welchen in grössern Abständen Knauerlagen eingeschaltet sind. In der Mitte und nach oben hin werden die Mergel durch die grauen bis bräunlichen, glimmerhaltigen Sandkalke verdrängt. Die Mächtigkeit einzelner Kalkbänke erreicht zuweilen 50 cm. Die tonigen Kalke verwittern meist schalig, sodass an ihrer Oberfläche bauchige Wöl- bungen sich herausbilden. Im obersten Teil der Blagdenischichten treffen wir Wechsel- lagerung von grauen, sandigen Mergeln mit Chaillenlagen. Stacheln von Rhabdocidaris horrida Mer., Terebrateln und Ostreen sind darin häufig. Gegen den Hauptrogenstein hin werden die Schichten ooli- thisch, bituminös, es entwickeln sich Lumachellen, gebildet durch Ostrea (Exogyra) lingula Defr. Damit wird der Übergang zu den mergeligen Schichten des Untern Hauptrogensteins geschaffen. Fossilführung. Echinodermen. Rhabdocidaris horrida Mer. Brachiopoden. Waldheimia ornithocephala Sow. Lamellibranchiaten. Lima (Ötenostreon) pectiniforme Lmck. Oxytoma Münsteri Bronn. Modiola cuneata Sow. Modiola imbricata Sow. Astarte minima Phill. Cephalopoden. Belemnites quinquesulcatus Qu. 214 L. Braun. c) Hauptrogenstein. Mächtigkeit 70—90 m. Die Stratigraphie des Hauptrogensteins der Umgebung von Frick ist schon mehrfach besprochen worden. Für die Entwicklung des Oberen Doggers sind in der Nordschweiz drei Faciesgebiete von West nach Ost zu unterscheiden: die „rauracische“ Facies reichend im Westen bis ins Fricktal, die ,argovische“ vom Fricktal bis Aaretal und die „schwäbische“ östlich der Aare. Die ersten eingehenden Untersuchungen stammen von C. Moesch (3. 6. 10). Später hat M. Mühlberg (32) vorhandene Irr- tümer richtig gestellt, die auf der Annahme des Vorhandenseins eines 60 m mächtigen Untern Hauptrogensteins und des Vorkcm- mens von Homomyenmergeln beruhten. M. Mühlberg unterscheidet südöstlich von Frick: 1. Untere Acuminatenschichten. 2. Sinuatenschichten. 3. Maeandrinaschichten. 4. Oberer Hauptrogenstein. 5. Spatkalk oder Knorrischichten, E. Brändlin (71) schliesst sich dieser Einteilung an. Zu einer teilweise abweichenden Auffassung gelangt L. Rollier (72). Die Mächtigkeitsangaben Mübhlbergs für die ganze Schichtserie 1—5 mit ca. 50 m scheint ihm zu gering. Er beansprucht dafür 80—90 m. Ferner führt Rollier die Homomyenmergel wieder ins Profil ein und kommt damit zur alten Moesch’schen Auffassung zurück. Leider fehlen im Gebiet gute und zugängliche Profile, die es ermöglichen könnten, noch strittige Fragen zu beantworten. Im Westen, beim Tiersteinberg, ist der Hauptrogenstein ähn- lich ausgebildet, wie ım Basler Tafeljura, während sich östlich von Frick bereits in einigen Horizonten ein Übergang von der kalkigen in die tonige Facies anfängt bemerkbar zu machen („Argovische Facies“). Für den Westen (,Rauracische Facies“) darf ein Profil an der Landstrasse von Rothenfluh nach Anwil noch als Typus angesehen werden. Es befindet sich 4 km südlich unserer Blattgrenze im Westen. (Blatt 29 Gelterkinden und 34 Wülfliswil des top. Atlas.) Profil des Hauptrogensteins. Landstrasse Rothenfluh-Anwil (Bl. 29 und 34 des top. Atlas.) 1. (unten) Blagdenischichten. 2. 9,30 m Groboolithischer, ruppiger Mergelkalk von bräunlicher . Farbe, massenhaft Ostrea een) lingula, ferner Avicula echinata, Crinoidenstielglieder. Nach oben hin werden die Kalksteine hart und gut gebankt. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 215 3. 12,00m Unterbruch im Profil. Nach dem Schutt zu urteilen stehen helle, meist dünnbankige Rogensteinkalke an. 4. 14,00 m Heller, oolithischer Kalk mit Mikrofauna. 5. 12,00 m Dickbankiger, gelblichweisser, oolithischer Kalkstein von mittlerem Korn, oft dicht oolithisch, wechsellagernd mit dünnbankigen zerklüfteten Kalken, Die dickban- kigen Abteilungen liefern guten Baustein. 6. 0,50 m Knollige, korallogene Kalke. Lima cardiiformis, Rhyn- chonella coneinna. 7. 0,46 m Hellgelber, ruppiger, zuckerkörniger Kalk mit Calcit- drusen, hat oft breccienartiges Aussehen. Fossil- . trümmer. 8. 4,30 m Wohlgebankter, oolithischer Kalk, eine Felswand bildend, die mit Kalksinter überzogen ist. 9. 1,20 m Sandige, feinoolithische Mergelkalke. 10. 1,80 m Wohlgebankter, dichter, versteckt oolithischer Kalk . von bräunlicher Farbe. 11. 2,40 m Ruppiger, gelber bis brauner, oolithischer Kalk, nach oben hin groboolithisch und spätig werdend. Die obersten Partien des Hauptrogensteines sind nicht mehr erschlossen. Hingegen finden wir an der gleichen Strasse, bei den ersten Häusern von Anwil, einen kleinen Steinbruch in den Spat- kalken, welcher vom erwähnten Profil rund 120 m entfernt ist und ca. 25 m höher liest. Wir beobachten dort: 4 m dickbankige, spätige Kalke, an den Schichtfugen rötlich gefärbt. Guter Baustein. 2,50 m dünnbankiger Spatkalk. Die Mächtigkeit der ganzen Schichtserie, die zwischen Blag- deni- und Variansschichten liegt, beträgt hier, ‚sofern keine Störung vorhanden ist, über 90 m. Meine ehem bei Frick haben ergeben, dass die Mühlberg’sche Mächtigkeitsangabe von 50 m für dem gesamten . Hauptrogenstein zu niedrig ist. Bei „Egg“ im Südosten is Blattes misst derselbe noch mindestens 70 m. Damit stimmen ungefähr die Angaben von Z. Rollier (12). Bei der Besprechung der einzelnen Unterabteilungen des Hauptrogensteins halte ich mich im allgemeinen an die Einteilung von M. Mühlberg. Die Bezeichnung „Untere Acuminatenschichten* wurde ersetzt durch „Mergel und oolithische Kalke mit Ostrea (Exogyra) lingula“. „Untere Oolithe und Sinuatusschichten“ habe . ich zu einer Unterabteilung vereinigt. 216 L. Braun. 1. Mergel und oolithische Kalke mit Ostrea (Exogyra) lingula („Untere Acuminatenschichten“), 10 m. Die bräunlichen bis grauen zum Teil oolithischen Mergel und Kalke führen in Menge die er- wähnte kleine Auster, Nach oben hin gehen sie in helle oolithische Kalke über. | Fossilführung: Echinodermen. Pentacrinus cristagalli Qu. Brachiopoden. Terebratula globata Sow. Waldheimia (Zeilleria) subbucculenta Chap. u. Dew. Waldheimia (Zeilleria) ornithocephala Sow. Lamellibranchiaten: Ostra (Exogyra) lingula Defr. Ostrea acummata Sow. 2. Unterer Oolith und Sinuatusschichten bis 40 m. (Vel. Profil Rothenfluh-Anwil Schicht 3—5.) Eine scharfe Trennung des Untern Ooliths von den Sinuatusschichten ist nicht immer möglich. Homomyen- mergel wurden nirgends gefunden. Im Osten folst, nach Mühlbergs Profil, über dem tonigen Oolith mit Ostrea acuminata 5 m weisser Oolith, welcher noch den „Untern Acuminatenschichten“ zugerechnet wird. Darüber liegen in 4,50 m Mächtigkeit grobkörnige Oolithe zum Teil tonig mit Clypeus sinuatus. 3. Maeandrinaschichten, bis 6 m. (Vgl. Schicht 6 im Profil Rothenfluh-Anwil.) Die zum Teil bröckeligen bis mergeligen, koral- logenen mehr oder weniger oolithischen Kalke stellen im ein- förmigen Hauptrogenstein einen guten Leithorizont dar. Häufige Fossilien sind Stacheln des Cidaris Schmidlin. Am Kornberg rechne ich Schichten, in welchen Pecten Dewalquei und Pecten ambiguus massenhaft im Gestein auftreten, dieser Zone zu. L. Rollier hat am Feldweg Ueken-Kornberg über dem „Oolith bajocienne“ eine korallogene Schicht beobachtet. Wahrscheinlich handelt es sich hier ebenfalls um Maeandrinaschichten’). | 5) Die korallogene Bank (Schicht 6 im Rothenfluh-Anwilerprofil) lässt sich in Parallele setzen mit einer ähnlichen Schicht im Hauptrogensteinprofil von Lausen bei Liestal, welches von K. Strübin (87) beschrieben worden ist. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 217 Die Maeandrinaschichten waren seiner Zeit an der Eihalde, auf der Südseite des Homberges, an einem neuen Weg gut auf- geschlossen. Fossilführung: Korallen. Isastraeen. Echinodermen. Stacheln von Cidaris m&andrina Ag. Cidaris Köchlini Cott. Brachiopoden. Rhynchonella, zur Gruppe Badensis-coneinna gehörend. Lamellibranchiaten. Pecten ambiguus Gdf. Hinnites abjectus Phill. Pecten Dewalquei Opp. Lima Bellula Morr. und Lyc. Pecten articulatus Gdf.? Lima cardiüformis Sow. Pecten spatulatus Roe. Alectryonia flabelloides Lmk. Lima (Ctenostreon) proboscidea Lmck. Trichites. 4. Oberer Hauptrogenstein, 20—30 m. Er besteht im Westen aus wohlgebankten, fein oder versteckt oolithischen Kalken, denen bei Anwil eine 1,25 m mächtige, sandige, fossilfreie Zone ein- geschaltet ist. Nach oben hin werden die Kalke groboolithisch und spätig. Im Osten erscheint der Obere Hauptrogenstein etwas mergeliger. Er wird nach Mühlberg (32) durch eine angebohrte Bank abge- schlossen. Auf dem Tiersteinberg, bei Fatzentellen (Pkt. 707) sind ca. 1 m braune, groboolithische Mergel aufgeschlossen, welche unter- lagert werden von eisenschüssigen, ziemlich groboolithischen, Pecten führenden Kalken. Ob es sich hier um ein Aequivalent der im Gebiet von Frick noch nicht nachgewiesenen Movelierschichten, oder schon um Spatkalke handelt, kann nicht mit Sicherheit ent- schieden werden. Ich fand in den Mergeln folgende Fossilien : Echinodermen. Echinobrissus clunicularis d’Orb. Clypeus Ploti. Klein. Brachiopoden. Rhynchonella cf. obsoleta Sow. Rhynchonella sp. Waldheimia (Zeilleria) subbucculenta Chap. und Dew. 218 | L. Braun. Lamellibranchiaten. Pecten ambiguus Mü. Placunopsis cf. jurensis - Homomya sp. [Roem. Pecten laminatus Sow. Pleuromya sp. Pecten (Entolium) demissus Phill. Avicula (Pseudomonotis) echinata Sow. Ostrea obscura Sow. Modiola striatula Grdf, ? | Gastropoden: Nerinea sp. Cephalopoden. Parkinsonia sp. Kleines, schlecht erhaltenes Exemplar. 5. Spatkalke, ca. 15 m. Auf dem Kornberg, ungefähr ‘/2 km südlich der Blattgrenze „in der Kehlen“ (Blatt Wölfliswil) sind die obersten Schichten der Spatkalke in einer kleinen Steingrube er- schlossen. Wir finden harten, graublauen bis rötlichbraunen, oolithisch-spätigen Kalk und kalkige Mergel, welche oberflächlich zu braunroter Erde verwittern. Fossilien sind spärlich vertreten. (Schlecht erhaltenes Exemplar von Parkinsonia, Ostrea Knorri.) Fernerhin sind die Kalke typisch auf dem Frickberg anzutreffen. d) Oberer Dogger, Mächtigkeit 20—22 m. 1. Die Variansschichten, 5—6 m, bilden den Untergrund der Kornbergebene und des Eggberges. Es sind graublaue, etwas eisenschüssige, oft oolithische, ruppige Kalke und Kalkmergel. Rhynchonella varians findet sich häufig. Anlässlich einer Wasser- grabung beim Hof „In der Kehlen“ (vgl. Blatt Wöltliswil) konnte, von unten nach oben, folgendes Profil aufgenommen werden. 1. 1,80 m Aushubmaterial der Grube: z. T. spätige, eisen- oolithische Kalke, z. T. graue bis hellgraue Mergelkalke. 2. 0,50 m Graublaue, ruppige Kalke, hellgrau verwitternd. 3. 0,25 m Blaue, etwas sandige Tone. 4. 0,55 m Eisenschüssiger, spätiger Kalk in unregelmässig ge- lagerten Bänken mit Ton. Acanthothyris spinosa Schl. in prächtigen Exemplaren erfüllt ganze Bänke des Gresteins. Pholadomya deltoidea Sow. 5. 0,50 m Gelbe, sandige Kalkmergel mit Kalkbrocken. Phola- domyen sehr häufig. Pholadomya deltoidea Sow. Rhynchonella varians Schl. häufig, Holectypus de- pressus Desor, Acrosalenia spinosa Ag. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 219 6. 0,50 m Kalkige Mergel mit eingelagerten hell- und grau- gelben oolithischen Kalkbänken. Seeigel häufig. Cly- peus Hugii Ag., Hyboclypeus gibberulus Ag. Colly- rites ovalis Cott., Terebrateln der Globatengruppe Terebratula intermedia Ziet., Lima duplicata Sow. Montlivaultia sp. Modiola Londsdalei. Morr. u. Lyc. 2. Die Macrocephalusschichten, bis 15 m, lassen sich in der Südostecke des Kartengebietes, auf Egg, in einer schmalen Geländezone verfolgen. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt auf dem südlich anstossenden Blatt, zwischen Wölfliswil und Herznach. Die Grenze zwischen Varians- und Macrocephalusschichten konnte nicht beobachtet werden. Die früher im Fricktal zu Fenster- simsen, Kreuzen etc. verwendeten sog. Kornbergsteine gehören dem untern Teil der Zone an und sind aufgeschlossen im verlasseneu Steinbruch „im Reibach“ auf Kornberg (Blatt Wöifliswil), wo wir folgendes Profil der Macrocephalenschichten beobachten: Die Basis bilden 3 m mächtige hellgelbe, feinspätige Sandkalke (Kornberg- steine), darüber folgen 2,5 m mächtige Kalkmergel mit Kalklagen, schlecht erhaltene Macrocephaliten und Belemnites hastatus führend. Darüber liest eine 2 m mächtige, stark verwitterte Bank von tonigen, stark eisenschüssigen Sanden mit Holectypus depressus, in denen Brocken von roten Eisenoolithen liegen. Näch oben schliesst das Profil ab mit einer Schicht von 0,40 m glacialem Lehm, der alpine Gerölle enthält. 3. Die obersten Horizonte des Braunen Jura sind im Gebiet von Blatt Frick nicht aufgeschlossen. Sie sind zu erwarten im Liegenden der Malmdecke der Egg (532,6 m), wo deren Vor- handensein angezeigt ist durch Lesesteine von Eisenoolithen mit Cardioceraten und Perisphincten. In der südlich an unser Karten- blatt anstossenden Gegend zwischen Herznach und Wöltliswil er- langen die Grenzhorizonte zwischen Dogger und Malm (Callovien und Oxfordien) eine bemerkenswerte Entwicklung, Das Profil dieser Schichtserie wird von Z. Rollier°) beschrieben. Neuerdings ist dieser Schichtgruppe besondere Aufmerksamkeit als „Eisenerze* geschenkt worden und in ausgedehnten Schürfen wird dieselbe aufgeschlossen. C. Malm oder Weisser Jura. Als dünne Decke von vielleicht nur einigen Dezimeter Mäch- tigkeit findet sich Weisser Jura als unsere jüngste marine Ablage- rung auf „Egg“ im Südosten. Es sind die hellgelben und bräun- 6) L. Rollier. Matériaux pour la carte géolog. de la Suisse.-Nouy. Série VIIIme livr. 1898. pag. 37. 220 L. Braun. lichen, scherbigen, fossilreichen Scyphienkalke der Birmensdorfer- schichten. 3. Quartär (Diluvium). Quartäre Bildungen verhüllen im Osten und Südosten des Kartengebietes auf weite Strecken das anstehende Gestein. Die Talböden des Rheins, des Sisselnbaches, des Bruggbaches und des Kaistenbaches werden erfüllt von diluvialen Schottern und allu- vialen Ablagerungen. An den Talhängen und auf den Hochflächen bis zu 540 m verbreitet sich Moränenschutt. Vereinzelte diluviale Gerölle trifft man bis zu den höchsten Erhebungen (750 m)’). Für das Diluvium ergibt sich folgende auf der Karte durch- geführte Gliederung: a) Hochterrassenschotter. b) Moränen, Erratische Blöcke und Schotter der grössten Vergletscherung : a) Moränenschutt und Erratische Blöcke, b) Schotter. c) Löss. d) Niederterrasse. e) Anhang: Bergschlipfe und Sackungsmassen. In allgemeiner Übereinstimmung mit @. Steinmann (22), F. Mühlberg (28), R. Tschudy (44), E. Blösch (69), R. Frey (79) und A. Gutzwiller (80) sehe auch ich mich veranlasst, zwischen Hochterrassenschotter (Rissschotter) und Niederterrassenschotter (Würmschotter) als Bildungen einer „Vorletzten, grössten Ver- gletscherung“ einzuschalten vereinzelte Schotter und ausgedehnte Moränen mit erratischen Blöcken, die der „Mittelterrasse“ Stein- manns entsprechen würden. a) Hochterrassenschotter. Hochterrassenbildungen haben in der Umgebung von Frick geringe Verbreitung. Nördlich von Eiken, auf der rechten Tal- seite, bildet die Hochterrasse den nach Nordwesten verlaufenden Sporn von Kilenz, P. 351, 2. Vermutlich sind die Nagelfluhfelsen, welche im Sisslerbach, beim Wehr der Säge von Eicken, den an- stehenden Wellenkalk überlagern, die Fortsetzung der Hochterrasse des Eilenzersporns und gehen unter der Niederterrasse durch nach Westen zum „Schnepfenbühl.“ (Vgl. P. Vosseler 93, pag. 247.) 7) Ich möchte es dahin gestellt lassen, ob diese meist quarzitischen Ge- rölle eventuell den „Höhenschottern“ zuzuzählen sind, für welche A. Buxtorf und R. Koch kürzlich pliocänes Alter in Vorschlag gebracht haben. (Vergl. A. Buxtorf und R. Koch. Zur Frage der Pliocänbildungen im nordschweize- rischen Juragebirge, Verhandl. der Nat. Ges. in Basel, Bd. XXXI. 1920.) Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 221 Auf der rechten Talseite der Sisseln können wir, von Eilenz aus, die Hochterrasse nach aufwärts bis über 1 km weit mehr oder weniger gut verfolgen. Im Wäldchen „Weingarten“ findet sich ein kleiner Anriss mit verkitteten Schottern. Alpine Gerölle habe ich darin nicht gefunden. Westlich von Eiken breitet sich die Hochterrasse aus im „Schnepfenbühl“ und „Leim“, wird hier von der Bahnlinie durch- schnitten und zieht sich talabwärts gegen Münchwilen. Nördlich dieses Dorfes, bei der Bahnlinie, liest Hochterrasse in ungefähr gleichem Niveau mit Niederterrasse. Eine genaue Auseinander- haltung der beiden Schotter ist schwer durchführbar, da sie so- wohl nach petrographischer Zusammensetzung als auch nach dem Verwitterungszustand nur schwer zu unterscheiden sind. Im all- gemeinen sind die Hochterrassenschotter fester verkittet. Wahr- scheinlich war die Hochterrasse nördlich von Münchwilen von Niederterrasse überlagert und ist dann erst später durch Erosion freigelegt worden. In charakteristischer Weise trägt die Hoch- terrasse Lehm- und zum Teil Lössbedeckung. b) Moränen, Erratische Blöcke und Schotter der grössten Vergletscherung. 1. Moränenschutt und Erratische Blöcke. Die vor- ‚letzte oder grösste Vergletscherung, die nach unseren heutigen Kentnissen mindestens bis Möhlin-Liestal reichte, hat in unserem Gebiet deutliche Spuren hinterlassen. Uber weite Strecken ist Moränenschutt erhalten geblieben und erratische Blöcke und Quar- zite finden sich über das ganze Kartengebiet zerstreut. Im Süden, südöstlich von Oberfrick, zieht sich ein 300—400 m breiter, terrassenähnlicher Hügelzug in südwest-nordöstlicher Rich- tung gegen Frick hin und endigt in einem Terrassensporn, auf welchem die alte Kirche von Frick steht. Der Hügel trägt eine starke Decke von Lehm, dem alpine Gerölle eingelagert sind. Am Westrand des Hügelzuges, gegen Oberfrick zu, liegen auf Opalinus- tonMoränenablagerungen, welche geritzte und geschrammte, triasische, jurassische und alpine Geschiebe enthalten. (Vgl. auch Du Pasquier, 16, pag. 45.) Ein typischer Moränenaufschluss befindet sich am Weg nach „auf der Allmend“ bei P. 393. Eine fast reine Lehm- ablagerung von 2—3 m Mächtigkeit liegt bei P. 393 und bedeckt den ,Enzberg“. Sie erstreckt sich auf eine Länge von 500 m, ihre Breite misst über 100 m®). Der Lehm wird in zwei kleinen - 8) Vgl. Beitr. z. Geol. d. Schw. Geotechn. Ser. IV. Lief. Die Schweize- rischen Tonlager von E. Letsch, B. Zschokke, L. Rollier und R. Moser. Bern, 1907 pag. 25 u. 26. 222 L. Braun. Gruben von Hafnern der Umgebung ausgebeutet. Er ist lettig, fett, braungelb oder blau. Einschlüsse von Geröllen sind darin selten. Beim „Rain“ wird der Hügelzug von der Bahn durchschnitten. Die Zusammensetzung desselben konnte beim Bahnbau untersucht werden. Æ#. Mühlberg berichtet (12, pag. 26): „Unter einer Decke von wohl durch Verwitterung entstandenen oder später herge- führtem gelbem feinem Geröll und Lehm fand sich eine mehrere Fuss hohe, aber nicht bis auf den Grund aufgedeckte Masse von blauem Lehm mit Kubikmeter-grossen Blöcken der verschiedensten jurassischen Kalkarten, welche weder hieher gerollt noch durch Bäche herabgeschwemmt worden sein können. Dazwischen waren auch einzelne Granitblöcke zerstreut“. Gegen Frick zu treten im Lehm immer mehr Gerölle auf, sodass ich diesen Teil des Hügels als Schotter der grössten Ver- gletscherung kartiert habe. P. Vosseler (93) betrachtet den ganzen Hügelzug als Hochterrasse und den Lehm spricht er als Löss an. Nach den vorhandenen Aufschlüssen hat diese Annahme keine Berechtigung. Eine Lehmablagerung, der praktisch grosse Bedeutung zu- kommt, liest unmittelbar nordwestlich der Station Frick. Das dort befindliche grosse Dachziegelwerk beutet in einer ca. 100 m langen und 50 m breiten Grube einen glacialen Lehm aus. Zum grossen Teil werden aber auch Tone aus postglacial verschwemmtem Keuper und Liasmaterial verarbeitet. Der südwestliche Teil der Grube stösst an ein typisches Rutsch- gebiet. Im Jahre 1912 kam dort das Erdreich auf eine Länge von rund 200 m und auf eine Breite von ca. 50—100 m in Be- wegung, sodass der nach dem Hof bei P. 429 führende Feldweg ver- legt werden musste. Der Untergrund im Rutschgebiet ist Keuper. In eben diesem Teil der Grube, welcher gegen den Bershang ange- legt ist, wird blauer, fetter Ton 4-5 m mächtig abgebaut, in welchen Liasfossilien eingestreut sind. In dem gegen die Ziegelei gelegenen Teil der Grube findet sich gelber Lehm in ca. 2—3 m Mächtigkeit aufgeschlossen, der spärlich alpine Gerölle führt oder auf kurze Strecken von schotterartigen Bildungen durchsetzt ist. Allem Anschein nach handelt es sich hier um verschwemmtes Moränenmaterial. P. Vosseler (93, pag. 238) spricht von einer Moräne mit grossen Geschieben, welche über dem Lehm liegt. Er verknüpft diese Moräne mit der Terrasse, auf welcher die prote- stantische Kirche steht. Wir kommen weiter unten noch darauf zu sprechen. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. { IN 23 Das Lehmlager zieht sich nach Westen gegen „Vor den Sulz- rain“. Nach Norden findet es seine Begrenzung im „Leim“. (50, pag. 23 u. 24.) Ein grosses Moränenschuttfeld, das fast ausschliesslich aus glacialem Lehm mit eingelagerten alpinen und jurassischen Ge- schieben besteht, zieht sich von der besprochenen Lehmgrube beim Bahnhof Frick gegen Nordwesten in den Wald „Moos“, breitet sich auf dem Plateau des Seckenberges aus, wird dann unterbrochen durch den tiefen Einschnitt des Kellengrabens und findet sich auf dem Plateau nördlich von Schupfart bis ins Dorf selber verbreitet. In der Gegend von „Hohlenweg“ und „Brachmatten“ nördlich „Moos“ sind diese Ablagerungen besonders schön zu sehen. Im Walde „Netzi“, 1 km nördlich von Schupfart, liegt in einer Mächtigkeit von ca. 2 m ein feiner lössartiger Lehm, welcher von den Bauern nach Bedürfnis in einer kleinen Grube ausgebeutet wird. Es _ handelt sich hier aber nicht um eine ächte Lössbildung, da Quarzit- serölle, allerdings nur spärlich, dem Lehm eingelagert sind. — Auch auf dem Seckenberg, südlich von Eiken, findet sich starke Lehmbedeckung. Südlich von Schupfart liegen Moränenreste auf „Schättelisrüti“. „In der Halden“ an der Strasse Schupfart- Wegenstetten, P. 499, konnte beim Bau eines neuen Feldweges Moränenschutt mit geritzten und geschrammten Geschieben beob- achtet werden. (Auf der geol. Karte ist an dieser Lokalität die Moränenschuttfläche etwas zu gross gezeichnet.) Nördlich Oeschgen- Frick finden wir auf „Bann“ ein mit glacialem Lehm bedecktes Plateau. Nordöstlich von Frick sind die schönsten Moränenablagerungen im Kaisterbachtal anzutreffen. Hier liegen auch die meisten erratischen Blöcke. Im Sommer 1919 wurden, 3 km südlich von Kaisten, bei ,Emischwand* und „Wildestenboden“ neue Feldwege angelest, wobei prächtige Moränen, die zum Teil grosse erratische Blöcke enthielten, angeschitten worden sind. Im „Bettlerhau“, 1 km südlich von Kaisten, wird zeitweise in einer kleinen Grube glacialer Lehm ausgebeutet. Es finden sich dort grössere und kleinere erratische Blöcke. Die auf der Karte verzeichneten „Erratischen Blöcke“ sind grösstenteils im ihrem Auftreten verknüpft mit den besprochenen Moränen. Zerstreute Gerölle, meist faust- bis kopfgrosse Quarzite sind ausserhalb der kartierten Moränenschuttzone verbreitet, nament- lich auf den Muschelkalktafeln nördlich und südlich von Ober- mumpf. Ein beachtenswertes Vorkommen von derartigen Geröllen findet sich auf dem 750 m hohen Tiersteinberg. Nach den Dar- stellungen von R. Frei (79) und A. Heim (94) sollen zur Zeit 294 L. Braun. der grössten Vergletscherung einzelne Jurahöhen als „Inselberge“ oder Nunataker über das Eis emporgeragt haben, so der Tierstein- berg um 100 m. Die aufgefundenen Quarzite lassen hingegen auf eine zeitweilige Vergletscherung unseres ganzes Gebietes schliessen. Auf 8. 226—229 gebe ich eine tabellarische Zusammenstellung der nennenswertesten erratischen Blöcke von Blatt Frick und zwar in gleicher Weise wie eine solche von K. Strübin und M. Keech (45) für den Kanton Baselland gemacht worden ist. Eine genaue Orts- bezeichnung jedes Blockes ist durch Abszisse und Ordinate gegeben, wobei die Südwestecke des Blattes als O0 Punkt gilt. Das genauer zu identifizierende Gesteinsmaterial der Blöcke stammt entweder aus dem benachbarten Jura, reichlich vorhanden aber sind Gesteine alpinen Ursprunges, die nach den Gesteinsbestimmungen von Prof. C. Schmidt grösstenteils auf Wallis hinweisen. Somit gehört die Gegend von Frick, ebenso wie der benachbarte Tafeljura, in das Verbreitungsgebiet des „Rhonegletscher’s* 2. Schotter. Am südwestlichen Telrand bei Frick, nördlich und südlich des Bruggbaches, finden sich, mit dem lo snenrsehuit der grössten Vergletscherung verknüpft, auf zirka 2 km Länge die Reste einer Terrassenbildung, die ich mit einem gewissen Vorbehalt als „Schotter der grössten Vergletscherung“ ausgeschieden habe. Es ist bereits erwähnt worden, dass die alte Kirche von Frick auf einem Terassensporn liegt, der sich gegen Süden hin in Moränen- gebiet fortsetzt. Die protestantische Kirche, nordöstlich von Frick gelegen, steht ebenfalls auf einer Terrasse, die aus mehr oder weniger ver- kitteten Schottern aufgebaut wird. Die Terrasse wird in der „Leimmatt“ von einem kleinen Bächlein durchschnitten und setzt sich, auf zirka 1 km Länge, längs der Bahnlinie in der Richtung gegen Eiken zu fort. Bei „Aundsrücken“ sind die Sande und Kiese in einer Länge von rund 200 m aufgeschlossen und werden in Gruben ausgebeutet. Die Schotter bestehen aus jurassischem Material, dem nur wenige alpine Gerölle beigemengt sind. P. Vosseler (93, pag. 238) verbindet die Moräne bei der Ziegelei Frick mit dieser Terrasse und schreibt: „Es ist also Hochterrasse, da nur Rissmoränen so weit reichten“. Er übernimmt damit die An- schauung von E. Brückner (60, pag. 450, 451, 489), welcher eben- falls die Hochterrasse mit Moränen der grössten Vergletscherung in Verbindung bringt. F. Mühlberg (28) und E. Blösch (69) be- tonen hingegen die Unabhängigkeit der grössten Vergletscherung von der Hochterrasse.?) Nach Ablagerung der Hochterrasse tritt 9) Vgl. auch Alb. Heim, Geologie der Schweiz, Bd. 11919, pag. 274 u. ff. Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 225 zunächst eine Erosions- und Verwitterungsperiode auf, dann erst folgt die „grosse Eiszeit“ und überschüttet das Gebiet mit Moränen- material. Æ. Blösch (69, pag. 30 u. ff.) beschreibt ein Profil vom „Schäffigen“ bei Laufenburg, wonach in einer Erosionsrinne der Hochterrasse, auf stark verwittertem Hochterrassenschotter Moräne der grössten Vergletscherung zu finden ist. Darüber legt sich dann der Niederterrassenschotter. Auch aus unserem Gebiet wird die Lokalität „Eilenz“, nördlich von Eiken angeführt, bei welcher Moräne in tieferem Niveau als die Oberfläche der Hochterrasse auftritt und ihr mithin ein jüngeres Alter zukommt als dieser. (Vgl. E. Blösch 69, pag. 32). Wenn sich nun, wie mir scheint, die erwähnten Schotter nord- westlich und südlich von Frick mit Moränen der grössten Ver- gletscherung verknüpfen lassen, dann möchte ich ‘für dieselben den von F. Mühlberg gebrauchten Namen anwenden: „Schotter der grössten Vergletscherung“. Diese dürfen dann aber nicht mit den ältern Hochterrassenschottern von Eilenz in Parallele gesetzt werden. (Vgl. P. Vosseler 93, pag. 247). Vielmehr wären sie viel- leicht der „Mittelterrasse* anderer Autoren (22. 28. 44) zu ver- gleichen. c) Löss. Nur an zwei Stellen ist auf der Karte Löss verzeichnet. Auf Eilenz bedeckt er Hochterrasse und Moräne (69), auf dem Schnepfen- bühl liegt er auf Hochterrasse. Ob es sich bei letzterem Vor- kommen tatsächlich um ächten Löss handelt, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. d) Niederterrassenschotter. Im Norden, zwischen Kaisten und Stein, dehnt sich die breite Niederterrasse des Rheines aus. Auf ihr steht der mehrere Quadrat- kilometer grosse Hardwald zwischen Laufenburg und Sisseln (Bl. 19, Sisseln des top. Atl.) Im Sisslerfelde erreicht sie eine Breite von beinahe 2 km. Von Kaisten gegen Westen hat die Niederterrasse ihre südliche Begrenzung an dem steilen Muschelkalkhang der „Kinzhalde“. Gegen Stein, westlich der Sisseln, lehnt sie sich an die ältere Hochterrasse. Die Gerölle sind selten verkittet und bestehen hauptsächlich aus alpinem Material. J: Hug. (61) spricht von einer Zweiteilung der Niederterrasse, Die eigentliche Niederterrasse, 30 m über dem jetzigen Rhein- niveau, ist noch erhalten „in zwei kleinen Terrassenresten zu beiden Seiten des Sisslerbaches, 0,6 km nördlich von Eiken“, bei der 15 226 L. Braun. No. IC on 10. aut, 12. 19% 14. 15. 16. 17. 18. 19 20. Lokalität = = Masse in cm = Ss mm mm „Wildestenboden“, südlich von Kaisten 325 144 100 : 80 : 70 an Waldecke Am neuen Weg, nach „Tegerhau“, 327,5 | 154 50:30:28 nördlich P. 404, südlich von Kaisten Am neuen Weg nach dem „Wildesten- 333 158 100 : 50 : 15 boden“, südlich von Kaisten : Südlich von „Emischwand“, südlich 338 155 60 : 50 : 40 von Kaisten Bei „Emischwand“, südlich von 397 165 — Kaisten „Schneggenbühl“, südlich von Kaisten 337 170 50:40:10 „Schneggenbühl“, südlich von Kaisten 336 176 30:25:20 im Wegbord Kirchenrüti, südlich von Kaisten 328 172 — Südlich von ,Trotte* Kaisten an einem 331 185 45 : 80 : 20 Feldweg nach „Bettlerhau“ In der Lehmgrube ,Bettlerhau“, süd- 320 183 60 : 40 : 30 lich von Kaisten, linke Talseite Südlich von „Trotte“ Kaisten, im Feld, 331 189 40 : 25 : 20 ca. 100 m nördlich von Nr. 9 Im Bachbett bei der ehemaligen Trotte, 330 195 70 : 50 : 40 südlich von Kaisten Am oberen Rand des steilen Hanges 516 200 150 : 130 : 50 „Eigenmatt“, südlich von Kaisten, linke Talseite Am Südausgang des Dorfes Kaisten, 328 215 — an der alten Strasse nach Itenthal, in der Wegbordmauer An Strassenkreuzung, im Dorf Kaisten 326,5 | 219 — Am Nordausgang von Kaisten, unweit 324 231 70 : 30 : 50 Strassenkreuzung Auf der rechten Talseite des Ueker- 319,5 20 50 : 50 : 50 bachtales, unweit von P. 378, bei ; „Blackimatt“. Östlich von Oberfrick, „Auf der All- 203 18 90.9073 mend“, im Fussweg. In Frick, an der Sisseln, unter dem — — 2 Blôcke Löwen. ; Auf „Horn“, nordöstlich Frick 293,5 | 105. 40 : 30 : 25 Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 227 Gesteins- ù Herkunft beschaffenheit r Unterer Dogger Tafeljura Albit-Chloritschiefer Wallis Protogin Kristalliner Schiefer Juranagelfluh Brecciôser Kalk (Brèche du Chablais) Dogger Chlorit-SericitAlbit- gneis (Casannaschiefer) Quarzit Chlorit-Sericit-Albit- gneis (Casannaschiefer) Chloritgneis Chloritischer Gneis Alpiner Gneis Alpiner Gneis Serieit-Albitgneis Muschelkalk Chloritischer Gneis Chloritischer Gneis Mont-Blanc Tafeljura Wallis Tafeljura Wallis Wallis Wallis Dent-Blanche Wallis Wallis Kettenjura Dent Blanche Bemerkungen | Es haben sich beim Wegbau mehrere grosse Blöcke aus Dogger gefunden. Sie sind fast alle zerstört worden. Aufgefunden beim Bau des neuen Feld- weges. Aufgefunden beim Bau des neuen Feld- weges. Dabei liegen Stücke von chlo- ritischem Gneis (Dent Blanche). Der Block ist nicht mehr aufzufinden. In der Nähe lagen noch zwei grössere Blöcke, die beim Bau eines neuen Feld- weges zerstört wurden. Grössere und kleinere Blöcke. In der Nähe liegt ein kleinerer Block von quar- zitischem Sandstein (20:15:15), Car- bon, Wallis. Der Block ist auf der Karte nicht ver- zeichnet. Ist auf der Karte nicht verzeichnet. Es finden sich dabei noch verschiedene kleinere Blöcke, hauptsächlich Chlorit- Albitschiefer. Der Block dient als Grenzstein. Von Dr. E. Blösch beobachtet. Von Dr. E. Blösch beobachtet. Viele, über kopfgrosse erratische Blöcke sind beim Bau der Mauer verwendet worden. Dient als Wehrstein und ist z: T. zu- gehauen worden. Dient als Wehrstein. Das rote Kreuzchen auf der Karte muss um 2 mm nach Westen verschoben werden. Vgl. F. Mühlbers, lit. 12, pag. 97. Die beiden Blöcke (100 c’) konnten nicht gefunden werden, 228 L. Braun. No. Lokalität = Ss Masse in cm = = | ı mın mm 21. | In Oeschgen, 70 m südöstlich von der 245 130 60 : 40 : 30 Kirche an dem Haus „Konsumgenossen- schaft Maurer“ 22. Auf ,Kinz“, östlich von Eiken, dient 214,5 | 203 50 : 20 : 40 als Grenzstein 23. Im Wald „Moos“, westlich von Oesch- 176 119 80 : 30 : 40 gen, in einer Bachrunse, die nach »Hohlenweg* führt 24. Am Waldrand, in der Nähe des Hofes 180,5 | 151,5 40 : 25 : 20 »Seckenberg“, südlich von Eiken am "Weg in einer kleinen Grube 25. An der neuen Strasse Schupfart-Eiken 103,51 121 70 : 55 : 25 bei „Obergeren“, unweit P. 490 26. Auf der Feuchtimatt, bei Schupfart, 98 73, — am Rand des Wäldchens ar. Im Bett des die Feuchtimatt begren- 95,5 71 _ 40:40:30 zenden Bächleins im „Loch“ 28. Südlich vom Sichletenhof zwischen 59,5 | 160,5 30:60:15 Schupfart und Münchwilen 29. Nördlich vom Sichletenhof in der Bach- 63,5 | 186 80 : 60 : 20 runse von „Kämisrüti“ 30. „In der Lampet“, 21/2 km südwestlich 11,5 47 60 : 40 : 20 von Schupfart, in der Nähe von Wegen- stetten, am Weg Die do. 11,5 47 50:25:72 Trotte und bei „Hinterer Ehlenberg“; ferner ein grösserer Fetzen zwischen Laufenburg und Kaisten, Unter dieser eigentlichen Niederterrasse liest, 13 m tiefer die weitaus grössere zweite Terrasse des Hardwaldes und des Sissler- feldes. Beide Niederterrassenschotter sind nach J. Hug mit Jung- moränen und Jungendmoränen verknüpft. Die tiefere Nieder- terrasse stellt eine Akkumulation dar, welche mit dem innern Moränenkranz von Jungmoränen in Verbindung steht. Niederterrassenschotter sind auch in den grössern Nebentälern unseres Gebietes wohl ausgebildet. Namentlich im Sisslertal tritt eine prächtige, fast ausschliesslich aus jurassischem Material be- stehende Niederterrasse auf. Die Niederterrassenschetter des Rheintales, sowie diejenigen des Sisslertales werden in mehreren Gruben ausgebeutet. (Siehe geologische Karte). Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 229 Bemerkungen Dient als Wehrstein am Haus. Dient als Grenzstein. Von Dr. Blösch beobachtet. Es finden sich dort noch grössere Blöcke von Dogger und kleinere aus alpinem Material. Beim Bau der neuen Strasse Eiken- Schupfart kamen einige grosse Blöcke zum Vorschein. Einer konnte konser- viert werden. Vel. F. Mühlberg lit. 12, pag. 93. Konnte nicht gefunden werden. Auf der topographischen Karte als „Err. Bl.“ ver- zeichnet. \gl. F. Mühlberg, loc. cit. Auf der topographischen -Karte als „Err. Bl.“ verzeichnet. Von Dr. Blösch beobachtet. Von Lehrer Ackermann in Wegen- stetten beobachtet. Gesteins- : Herkunft beschaffenheit en; Epidot- Val de Bagne Glaukophanit Wallis Alpiner Gneis ? Muschelkalk Kettenjura Verrucano Wallis Protogin Mont-Blanc Granit ? Protogin Mont-Blanc Muschelkalk Kettenjura Arkosesandstein Wallis Brecciôser Kalk Wallis (Breche du Chablais?) Malm Kettenjura e) Anhang: Bergschlipfe und Sackungsmassen. Am Westrand des Tiersteinberges lässt sich die über 1 km lange und 200 m breite Scholle ,Binzrüti* als grosser Berg- schlipf deuten. Vielleicht haben tektonische Ursachen (SW-Fort- setzung der Verwerfung im Luppen) bei der Loslösung dieser ge- waltigen Scholle von der Tiersteinbergtafel mitgewirkt. Die ganze verrutschte Masse bildet eigentlich einen Vorhügel des Tierstein- berges, der von diesem durch das „Zange Tal“ und durch die Ebene „in den Führen“ getrennt ist. Die Lostrennung einzelner sekundärer Hauptrogensteinkomplexe innerhalb der verrutschten Masse ist sehr schön westlich des „Langen Tales“ zu sehen. Die gleiche Erscheinung zeigt sich auf der Ostseite des Tier- steinberges, doch kommt sie dort nicht so einheitlich zum Aus- druck. Vom Verband losgelöste Hauptrogensteinschollen finden sich im ganzen Osthang verbreitet. Vielleicht stehen die Längs- 230 L. Braun. spalten, die sich auf der Ostseite des Tiersteinberges bei P. 727 befinden, in ursächlichem Zusammenhang mit diesen Rutschungen, oder aber sie haben tektonischen Ursprung. Æ. Blösch (70) spricht sich in einer kleinen Arbeit näher über diluviale Schuttbildungen im Friektal aus, und kommt an Hand von Beispielen zum Schluss, dass der grösste Teil der Schuttformationen, wenigstens im Tafeljura, di- luvialen Alters ist. Er führt aus unserem Gebiet die Bergschlipf- zone von Stein-Säckingen an, welche die dortige Bahnanlage bedroht und erwähnt ferner eine diluviale Schuttbildung unter den , Halden“ nordöstlich Kaisten. Als einen Bergschlipf, der gleichfalls vor der grössten Ver- gletscherung vom Nordhang des Tiersteinberges über Opalinustone und Keuper niedergegangen ist, betrachte ich den Komplex in der „Wüsti“. Auf dem Schutt liegt bei „Rütenen“ alpines Material verstreut, welches ein Relikt von Moränenschutt darstellt. Auf dem Bergrücken „Egg“, ca. 2 km westlich Gipf (die Stelle ist auf der Karte rot umrandet), liegen Sauzei-Humphriesi- schiebten, zum Teil noch im Schichtverband, die wahrscheinlich als die Überreste eines alten Bergschlipfes anzusehen sind. Im - Laufe der Zeit ist die Schuttmasse völlig isoliert worden und die Erosion hat zwischen Egg und Tiersteinberg ein Tal herausgebildet. Am Ostabhang des Tiersteinberges westlich vom Talhof ist eine äusserst harte Gehängeschuttbreceie, bestehend aus Haupt- rogenstein, zu beobachten. Auch für diese dürfte ein diluviales Alter in Frage kommen. Im Tälchen, südlich von Münchwilen, auf der Karte unter „S“ von Stumpholz, wurde durch eine Weganlage eine ca. 3 m hohe Schuttbildung blossgelegt, die hier noch erwähnt werden mag. Der untere Teil, 1 m mächtig, besteht lediglich aus Hauptmuschelkalk- schutt, der zum Teil von weissem Sinter überzogen ist und eine alte Bodenbildung aufweist. Darüber lagert, scharf getrennt, 2 m mächtig, auffallenderweise nur Trigonodusdolomit und Keuperschutt. Vermutlich gehört das obere Material einem jüngern Bachschutt- kegel an, welcher auf der viel älteren Schuttbildung aufruht. III. Tektonik. Das kristalline Grundgebirge des Schwarzwaldes taucht un- gefähr 2 km von der Nordgrenze des Untersuchungsgebietes, jen- seits des Rheines, empor. Es ist der südlichste Teil des Schwarz- waldes, der sogenannte Vorwald nach P. Merian (2), welcher östlich der grossen Wehr-Kandern Verwerfung liegt. Das kristalline Massiv. überragt bedeutend die westlich davon sich ausdehnende, abgesun- Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 231 kene Triasscholle des Dinkelberges, sowie auch die im Süden auf Blatt Friek gelegenen Muschelkalkplateaux. Die Gneisse versinken bei der Ecke von Säckingen gegen Süden hin, sodass schon bei Stein der Bundsandstein und bei der Sisslerbrücke nördlich von Eiken der Wellenkalk unter der Niederterrasse des Rheines an- zutreffen ist. Weiterhin nach Süden erscheint dann die charak- teristische Stufenlandschaft des T'afeljura, die zirka 6 km von der Südgrenze unseres Kartengebietes vom Kettenjura hoch überragt wird. Der Tafeljura des Fricktales weist namentlich westlich des Sisselnbaches zahlreiche NS verlaufende Verwerfungen und Graben- brüche auf. Er gleicht mithin in seinem Bau dem Basler Tafel- jura. Zwischen Eiken und Wegenstetten (Südwestecke von Blatt Frick) lässt sich im grossen Ganzen ein schwach antiklinaler Bau beobachten. So finden wir beispielsweise westlich von Schupfart im „Egelsgrund“ den Hauptmuschelkalk ansteigen bis zu zirka 530 m Höhe. Beim Haus „Oltis“, 300 m nordwestlich von Schupfart liegt die obere Grenze vom Hauptmuschelkalk bei 460 m, am Ausgang des Sisselntales bei Eiken bei 410—420 m Höhe. Sehr schön ist das Ansteigen des Muschelkalkes an der neuen Strasse Eiken-Schupfart im „Kellengraben®* zu beobachten. Es zeigen sich dort noch lokal Ost-West streichende, kleinere Ver- werfungen. Die Entstehung des antiklinalen Baues ist wohl nur zum Teil auf Auslaugung der Anhydritgruppe zurückzuführen. Sehr wahrscheinlich ist diese tektonische Erscheinung mit der Bildung von Keilgräben in Beziehung zu bringen. Östlich von Frick verlaufen in ONO Richtung, d. h. ungefähr ‚parallel dem Südrande des Schwarzwaldes zwei bedeutende tektonische Störungen, nämlich die Mettauer „Unter“schiebung = Käsiberg- störung und die Mandacher Überschiebung. Auf die allgemeine Bedeutung der Störungen und ihre Ent- stehung möchte ich nicht näher eintreten. da sich aus meiner lokal begrenzten Untersuchung hiefür keine besondere Veranlassung bietet. Neuere z. T. theoretische Interpretationen haben gegeben: Æ. Blösch (63), S. v. Bubnoff (75, 76, 83), E. Brändlin (71, 73), R. Suter (89), A. Buxtorf (37, 90) und A. Amsler (88). Auch Alb. Heim bespricht in seiner Geologie der Schweiz die Tektonik des Tafeljura. . Im Folgenden sollen nun die einzelnen Verwerfungen und Grabenbrüche auf Blatt Frick kurz beschrieben werden, ‘wobei Tafel VIII zu vergleichen ist. ID O2 [Lo] L. Braun. A. Verwerfungen östlich des Sisselnbaches. 1. Mandacherverwerfung. (Profil 2—6). Diese ostwärts bis zur Aare reichende, 16 km lange „Aufbruchzone“, ist seit langer Zeit bekannt. Sie wurde einlässlich untersucht von EP. Brändlin (71) und in Serienprofilen dargestellt. Auch ME. Blösch (63) hat ihren Verlauf studiert. Die Mandacherverwerfung tritt 21/, km südlich von Kaisten als doppelte Bruchzone in das Kartengebiet. Der südliche oder Hauptbruch lässt sich sehr schön beobachten an zwei übereinander- liegenden verlassenen Schilfsandsteinbrüchen südlich vom Kaister- bachtal. Der kleine untere Anriss gehört dem nördlichen, der höher liegende grosse Bruch dem südlichen Flügel der Verwerfung an. Die Sprunghöhe beträgt zirka 40 m. Der Bruch kann dann weiterhin gut verfolgt werden beim „Sattenberg‘ und bei den „Jungreben“ nördlich von Frick. Die Sprunghöbe beträgt auch hier 40—50 m. Südwestlich von Frick lässt sich die Mandacher- verwerfung nicht mehr verfolgen. Ich vermute, dass sie im Tal von Wittnau in der Gegend von Oberfrick ausklingt. — Unweit oberhalb der Gipferbrücke, P. 367, steht Arietenkalk an und weiter aufwärts die Stinkkalke der Posidonienschiefer. Sie liegen dem allgemeinen Einfallen der Schichten nach zu urteilen zu hoch und dürften vielleicht dem südlichen Flügel der Mandacherverwerfung entsprechen. (Profil 5 und 6). Die nördliche kleinere Bruchzone der Mandacherverwerfung kann westlich und östlich des Waldes von „Homberg“ an kleinen Liasaufschlüssen nachgewiesen werden. Nach Westen hin lässt sie sich nicht mehr verfolgen. Vielleicht macht sie sich am „Satten- berg‘‘ nördlich von Frick noch geltend. Die Mandacherstörung ist nach Æ. Brändlin eine ‚ Aultbiuen: zone“, entstanden durch tangentialen Schub und verbunden mit Ueberschiebungen längs einer zirka 60° nach Süden einfallenden Ebene. Ihre Streichrichtung ist derjenigen des Kettenjura parallel. Das genauere Alter der Verwerfung kann nicht mit Bestimmtheit festgelegt werden. Nach A. Amsler und Alb. Heim ist ihre Ent- stehung ins Postmiocän zu stellen. A. Buxtorf nimmt höheres Alter an. 2. Käsibergstörung (Profil 1—4). Im Kaisterbachtal, östlich von „Schneggenbühl‘“ und „Emischwand‘ erhebt sich den Wald- rücken des „Käsiberges“. (Siehe Bl. 33 Bözen, des top. Atl.) Dort tritt an der alten Strasse Kaisten-Itental, bei P. 374, in einem alten Steinbruch Muschelkalk zu Tage, welcher mit 70° nach Süden einfällt. Nördlich und südlich, in einiger Entfernung vom Auf- Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 233 schluss, liegt Keuper. Es tritt hier die sogenannte „Mettauer- überschiebung“ (Brändlin), „Voreggverwerfung“ (Blösch) oder Met- tauer Unterschiebung (Amsler) in unser Gebiet ein. (Vgl. auch F. Mühlberg 24, pag. 492.) Sie lässt sich in nordöstlicher Richtung 10 km weit bis zum Rhein verfolgen. Am Käsiberg ist die Störung als eine Auffaltung entwickelt. Von dieser ist an der Strasse Kaisten-Itental nur der Südschenkel zu sehen. Die Axe des Gewölbes senkt sich nach Südwesten. Bei „Emischwand‘“, 300 m vom Käsiberg, beobachten wir in einem kleinen Muschelkalk-Steinbruch den flachen Scheitel des Gewölbes, Nach Süden hin, gegen den „Wildestenboden‘“ sind am neuen Weg kleinere Aufschlüsse von Trigonodusdolomit und Lettenkohle, welche unter dem Moränenschutt hervorstechen und ein Einfallen von 25° nach SO aufweisen. Beim ,, W‘‘ vom ‚Wildestenboden‘“ kommt Hauptsteinmergel, oberer bunter Mergel und unterer Lias zu Tage, der ebenfalls mit 25°—30° nach SO fällt. Zwischen dem Trigo- nodusdolomit bei Emischwand und dem oberen Keuper beim Wil- destenboden müssen die Schichten flacher liegen, oder nochmals eine kleine Antiklinale bilden, weil sonst, bei einem gleichmässigen Einfallen von 25°—30° eine zu grosse Mächtigkeit für die Keuper- serie resultieren würde. Weiter nach Südwesten zu lässt sich die Käsibergstörung nicht mehr einwandfrei verfolgen. Bei Oeschgen taucht der Muschel- kalk rasch unter. Bei der Brücke ist Trigonodusdolomit im Bach- bett anstehend. Ebenso auffällig ist das flexurartige Abbiegen der Hauptmuschelschichten mit 40° gegen SO westlich von Oeschgen, an der Bahn beim „Zelgli“. Dieses Untertauchen der Schichten kann möglicherweise mit der Käsibergstörung zusammenhängen, vielleicht steht es auch mit der Verwerfung nordwestlich von Oeschgen in Beziehung. 3. Keistelverwerfung. Oestlich Kaisten verläuft auf der Westseite des Tälchens „Keistel“ eine Nord-Süd streichende Ver- werfung. Der Westflügel mag um zirka 20—30 m gesunken sein. (Vgl. E. Blösch, 63). 4. Störung nordwestlich Oeschgen. (Profil4.) Beim „Mühle- sraben“ liegt Trigonodusdolomit östlich sichtbar tiefer als auf der Westseite bei „Boll“. In einem kleinen Steinbruch nahe beim Graben im Tal, findet sich Trochitenkalk, welcher mit 18° nach Nordosten fällt. Auf „Binz“ konnte ich Keupermergel beobachten. Ob es sich hier um eine Flexur oder um eine Verwerfung mit 15—20 m Sprunghöhe handelt, konnte nicht mit Bestimmtheit entschieden werden. 234 L. Braun. B. Verwerfungen westlich des Sisselnbaches. 1. Katzenfluhgraben (Profil 8). Einer der schönsten Grabenbrüche im nördlichen Tafeljura ist der sogenannte Katzen- fluhgraben, welcher zuerst von F. Mühlberg (24) kartiert worden ist. E. Blösch (63) und R. Suter (89) geben eine Beschreibung. Landschaftlich kommt der Graben ausgezeichnet zur Geltung. Die von steilen, bewaldeten Abhängen umsäumte Tafel, südlich von Stein, wird unterbrochen durch eine eingesenkte Wiesenzone, die vom Rhein nach Obermumpf verläuft. Die Sprunghöhe der Ver- werfung beträgt zirka 120 m. Gipskeuper kommt ins Niveau der Anhydritgruppe zu liegen. Am Ostrand des Grabens finden sich Staffelbrüche. Auf der Höhe der Einsattelung liegt Arietenkalk, der nach Osten einsinkt, sodass bei P. 494 mittlerer und oberer Lias auftritt, welcher gegen die Schilfsandsteingruppe verworfen ist. Diese Keuperstaffel ist nur zirka 10 m breit. Sie wird gegen Trigonodusdolomit abgegrenzt, dem Lettenkohle mit Grenzdolomit aufgelagert ist. Die Estherienschiefer sind am Weg auf das Plateau nach Osten zu in einem kleinen Aufschluss sichtbar. Bei der nächsten Verwerfung im Graben finden wir den Grenzdolomit neben dem Hauptmuschelkalk, welcher dann das Plateau südlich. Stein bildet und der normalerweise von Trigonodusdolomit bedeckt ist. Die Verhältnisse am Ostrand des Katzenfluhgrabens zeigen, dass eine Verwerfung mit grosser Sprunghöhe in der Regel durch eine Anzahl gleichsinniger Staffelbrüche begleitet wird. 2, Kohlbergverwerfung. Beim Kohlberg südlich von Stein wurde eine NS streichende Verwerfung kartiert. Der Trigonodus- dolomit des Ostflügels liegt ungefähr 20 m zu tief. E. Blösch (63, pag. 625) erwähnt eine WNW-OSO streichende Verwerfung südlich Stein, bei welcher der Nordflügel mindestens 40 m gesunken ist. Er bemerkt dazu: „Sie scheint sich, vielleicht von einer parallelen Bruchlinie begleitet, in der Richtung gegen Eiken weiterzuziehen. Es ist hier nicht ganz ausgeschlossen, dass es sich nur um Absenkungen am Abhang handelt.“ Dieser letztern Ansicht möchte ich mich unbedingt anschliessen. Von Stein bis Eiken streicht die Anhydritformation über Tag aus. Weitgehende Auslaugungen von Gips und eventuell von Steinsalz waren möglich. Allgemein beobachten wir ein Einfallen der Muschelkalkschichten nach dem Rheintal hin. Ziehen wir noch in Betracht, dass die Anhydritformation zum grossen Teil aus Tonen und Mergeln be- steht, welche Abrutschungen und Sackungen begünstigen, so werden uns die grossen Schutthalden an den Muschelkalkhängen und die als Ganzes abgerutschten Massen wohl verständlich. Diese Er- Geologische Beschreibung von Blatt Frick. 235 scheinungen sind sehr schön „Auf dem Kopf“ und beim , Frauen- holz“ südlich von Stein zu beobachten. 3. Bubleten-Betzentalverwerfung. Im Betzental, südlich von Stein, zieht sich der Muschelkalk auf der östlichen Talseite bis zur Höhe von 460 m hinauf, während der westliche obere Tal- hang den jüngeren Trigonodusdolomit anstehend zeigt. Es lässt dies auf eine Verwerfung von zirka 20 m Sprunghöhe schliessen, die entweder nach NO direkt ins Betzental streicht, oder aber NS Verlauf nimmt und mit der Verwerfung in der Sommerhalden im Zusammenhang steht. Die letztere Deutung ist auf der Karte verzeichnet. 4. Verwerfung Sommerhalde-Winterhalde. (Profil 8.) In einem kleinen Waldstreifen ob der Sommerhalde zwischen Obermumpf und Schupfart liegen Keupermergel, welche dem gesunkenen W est- flügel einer NS streichenden Verwerfung anzugehören scheinen. Diese setzt sich wahrscheinlich in die gegenüberliegende Winterhalde und nach „Bogenried“ fort. Dort wurden auch, anlässlich der Erstellung einer Hochspannungsleitung Keupermergel angetroffen, doch konnte nieht ermittelt werden wie weit der Keuperstreifen der Verwerfung folgt. Die Sprunghöhe der Verwerfung beträgt schätzungsweise 25—30 m. 5. Verwerfung in den „Alten Reben“. Beim Bau der neuen Strasse Schupfart-Wegenstetten (Südostecke des Blattes) ist in den „Alten Reben“ für Schottergewinnung ein kleiner Stein- bruch im Hauptmuschelkalk eröffnet worden. Wir beobachten dort eine kleine Verwerfung mit gesunkenem Ostflügel. Diese ist aber sehr wahrscheinlich nur die Begleitverwerfung einer grössern, mit vielleicht 20 m Sprunghöhe, von der ich annehmen muss, dass sie gleichsinnig 50—80 m weiter östlich in NNO Richtung verläuft. In der Verlängerung dieser vermuteten Störung nach Norden zu, treffen wir auf die grossen Trichter der Erdfälle von „Im Loch“ und „Wassersgrab“. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Verwerfung von „Alten Reben“ in die Richtung der Bruchzone von Winterhalden-Sommer- halden-Bubleten weist, also möglicherweise ein Zusammenhang mit dieser anzunehmen ist, wobei aber in den „Alten Reben“ die Ver- werfung eine Sinnesänderung erfahren hätte. 6. Verwerfung im Hasliboden. Eine ähnliche Verwerfung, wie an der Winterhalde, lässt sich zwischen „Allmend‘‘ und „Haslı- boden“, südlich Obermumpf konstatieren. Auch dort fand ich an einer Stelle Keupermergel. 7. Sichletengraben. E. Blösch (63, pag. 621) schreibt: „Der Sichletenhof südlich Münchwilen liegt in einem SN streichen- 236 L. Braun. den Grabenbruch, in dem der Keuper mindestens 30 m in den Muschelkalk eingesunken ist. Von der östlichen Verwerfung ist die Dislokationsbreccie sichtbar.‘“ Es handelt sich hier nur um eine sehr schmale Einbruchszone. Eine Dislokationsbreccie habe ich nicht finden können. Südlich vom Sichletenhof am Hügel ist Gips- keuper. Nördlich davon tritt Hauptmuschelkalk zu Tage, welcher bei „Kämisrüti“ eine scharfe Flexur gegen NO bildet (Vgl. Prof. 7. „Langholz‘), derart, dass im östlichen Tälchen noch eine ganz schmale Keuperzone auftritt. Am Hang des Stumpholzes steht wiederum Muschelkalk an, sodass eine NS streichende Verwerfung längs des Tälchens nach Hangenstieg hinauf gehen muss. Schutt- bildungen erschweren die Beobachtungen. Das Tälchen nach Münchwilen verläuft demnach in einer tektonischen Störung. Nach Süden hin setzt sich die Sichletenverwerfung wahr- scheinlich bis ins Fischingerbachtal fort. Bei ,,Oglisten‘ lässt sich eine Störung beobachten. 8. Verwerfung beim „Oltigt, nordwestlich Schupfart. Beim Hofe Oltig verläuft ein kleiner NS Bruch mit gesunkenem Ostflügel. Beachtenswert ist die schöne Rutschfläche des Bruches, die unmittelbar neben dem Hause zu sehen ist. (Vgl. Æ. Blösch, 63). 9. Eichbühlgraben. (Profil 7). Das Tälchen „Buchstal“, welches sich zwischen Münchwilen und Eiken gegen Norden öffnet ist ein charakteristisches Grabental. Im hintern Teil steht Keuper an, welcher rechts und links von Muschelkalk eingefasst ist. Auf dem Eichbühl liegen Relikte von Lias. Die Versenkung entspricht einer Sprunghöhe von etwa 50—60 m. (Vgl. E. Blösch, 63). Der Grabenbruch zieht sich nach Süden gegen Schupfart hin. Auf „Leim“ liegt nochmals eine kleine Liasdecke. Der Ostrand des Grabens konnte im Dorf Schupfart, anlässlich von Grabarbeiten für die Wasserversorgung, festgestellt werden: Trigonodusdolomit stösst gegen Keupermergel. Der Westrand ist zu beobachten an dem Nebensträsschen, welches zu P. 472, „Kurzebreite‘“, führt. Der Grabenbruch ist bei Schupfart nicht einheitlich, doch ist es recht . schwierig die einzelnen Staffeln zu kartieren. Südlich von Schupfart spitzt er sich zu und kann nicht mehr verfolgt werden. Die Verwerfung bei „Staffel“, „Tellboden“, südwestlich vom Eichbühlgraben, kann ebenfalls mit in dieses Bruchsystem ein- bezogen werden. 10. Verwerfung im „Luppen“. Südlich von Schupfart im „Luppen“ sind die oberen Mergel des mittleren Keupers aufge- schlossen. Sie grenzen an mittleren Lias an. Ein kleiner Anriss in den Obtusustonen, zirka 15 m hinter den Keupermergeln, lässt auf eine Sprunghöhe der Verwerfung von 15 m schliessen. Der zum gesunkenen Ostflügel gehörende untere Lias findet sich im Geologische Beschreibung von Blatt Frick. - 231 „Pfaffenholz“ aufgeschlossen. In die Verlängerung der Verwer- fung nach Süden zu, finden sich im „Zangen Tal“ zusammen- hängend abgerutschte Komplexe. Eventuell hat die Luppenver- werfung zu diesen Sackungen die Veranlassung gegeben. 11. Verwerfung beim „Bockiboden“. Das östlich von Schupfart sich ausdehnende Keupergebiet zeigt allgemein ein süd- östliches Einfallen. Am „Brühl“, südöstlich des Dorfes, finden wir eine ehemalige Ausbeutungsstelle für Keupergips. Kaum 10—15 m darüber liegt die Liasplatte des „Elsten‘“, welche mit derjenigen des Wollberges zusammenhängt. Es befindet sich dort eine kleine Lettgrube in den Obtusustonen. Dazwischen muss eine Ver- werfung verlaufen, deren Sprunghöhe ungefähr 30 m. beträgt. Zwischen „Bockiboden“ und „Feuchtimatt“ verläuft vermutlich eine weitere Störung, von SO nach NW, die — weil nicht fassbar — nicht auf der Karte verzeichnet ist. Der Hauptsteinmergel des Feuchtimattbächleins liegt in einer Höhe von zirka 515 m. Er fällt mit 20° nach Osten und befindet sich, gegenüber dem Lias von „Elsten‘“, in viel zu tiefer Lagerung. 12. Tiersteinbergverwerfung. Die Fluh auf der Nord- seite des Tiersteinberges zeigt eine N S gerichtete Verwerfung, die sich vom Tal aus beobachten lässt. Der Westilügel ist ge- sunken. Uber das Ausmass kann keine sichere Angabe gemacht werden, doch dürfte die Sprunghöhe immerhin 20 m betragen. Die Verwerfungsfläche weist an einer Stelle einen prächtig polierten Rutschharnisch auf. 13. Wollbergverwerfung. (Profil 7.) Der Wollberg, östlich von Schupfart, bildet ein verhältnismässig ausgedehntes flach nach SO neigendes Lias-Plateau. Gegen Westen wird der Lias durch eine nordöstlich verlaufende Verwerfung gegen den Keuperhügel „Schönbühl“ scharf abgegrenzt. Die Verwerfung lässt sich nament- lich östlich P. 563,4 beim „Rindeli* schön verfolgen. Die Lias- platte des Wollberges erscheint um etwa 25 m versenkt. 14. Glurhaldenverwerfung. (Profil 5 und 6.) Bei P. 429, westlich von Frick, liegt der im stratigraphischen Teil erwähnte Aufsehluss von unterem Lias. Die Arietenkalke zeigen dort ein südöstliches Einfallen von 24°. E. Blösch (63) spricht von einer Flexur, welche er in Zusammenhang mit einer Flexur am Frick- berg bringt, also eine Fortsetzung der Mandacherstörung wäre. ‘ Ich betrachte die Störung als eine Verwerfung. In der „Rütscheten“ südwestlich P. 429 finden sich kleine Aufschlüsse im Lias und Keuper, welche auf eine Verwerfung deuten. Die Sprunghöhe ist ca. 15—20 m. Die Liasplatte der „Glurhalde“ legt sich im „Liebergstell“ nördlich Gipf wieder flach. 238 IV 21. . 1821 . 1831. . 1856. . 1863. . 1867. . 1867. 1867. . 1869. . 1873. . 1874. . 1877. . 1878. . 1880. . 1884. . 1888. MAISON . 1892. . 1892. . 1892. . 1893. 1893. L. Braun. Literaturverzeichnis. P. Merian. Uebersicht der Beschaffenheit der Gebirgsbildungen in den Umgebungen von Basel, mit besonderer Hinsicht auf das Juragebirge im Allgemeinen. Beiträge zur Geognosie. Bd. 1, Basel 1821. P. Merian. Geognostische Uebersicht des südlichen Schwarzwaldes. Beiträge zur Geognosie. Bd. 2. Basel 1831. C. Mösch. Das Flözgebirge im Kanton Aargau. 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Verh. d. schweiz. naturf. Ges. 96. Jahresversammlung 1913. S. v. Bubnoff. Faltungen und Verwerfungen zwischen den Ketten des schweizer. Jura und dem Schwarzwaldmassiv. Trav. d. l. soc. imp. d. Naturalistes de St-Pétersbourg. Bd. XLV. 1914. 16 242 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 1914. 1915. 1914. 1914. 1915. 1915. 1916. 1916. JO 3. 1918. 199: . 1920. L. Braun. C. Disler. Stratigraphie und Tektonik des Rothliesenden und der Trias beiderseits des Rheins zwischen Rheinfelden und Augst. Diss. Basel. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. 25. 1914. U. Grubenmann. Monographie der natürlichen Bausteine und Dach- schiefer der Schweiz. Beitr. z. Geol. d. Schweiz, Geotechn. Ser. V. Lausanne 1914. K. Strübin. Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Basler Jura. Verh. d. Naturforschenden Ges. Basel. Bd. XXV. 1914. K. Strübin. Die stratigraphische Stellung der Schichten mit Nerinea basiliensis am Wartenberg und in andern Gebieten des Basler Jura. Geologische Mitteilungen aus dem Basler Jura. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. XXV. 1914. A. Amsler, Tektonik des Staffeleggebietes und Betrachtungen über Bau und Entstehung des Jura Ostendes. Ecl. geol. Helv. vol. 13. Lausanne 1915. fl R. Suter. Geologie der Umgebung von Maisprach. (Schweizerischer Tafeljura.) Diss. Basel. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. 26. 1915. A. Buxtorf. Theorie der Keilgrabenbildung in: Prognosen und Be- funde beim Hauensteinbasis- und Grenchenbergtunnel und die Be- deutung der letzteren für die Geologie des Juragebirges. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. 27. 1916. pag. 240— 244. F. Schalch. Geologische Spezialkarte des Grossherzost. Baden. Er- läuterungen zu Blatt Wiechs-Schaffhausen. Heidelberg 1916. C. Schmidt. Erläuterungen zur Karte der Fundorte von Mineralischen Rohstoffen in der Schweiz, 1:500000. Basel 1917. Beitr. z. Geol. d. Schweiz. Geotechn. Ser. (Edition francaise. 1920.) P. Vosseler. Morphologie des Aargauer Tafeljura. Diss. Basel. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. XXIX. 1918. Alb. Heim. Geologie der Schweiz. Bd. I. Leipzig 1919. A..Buxtorf und R. Koch. Zur Frage der Pliocaenbildungen im nord- schweizerischen Juragebirge. Verh. d. Naturf. Ges. Basel. Bd. XXXI. 1920. Basel, Mineralogisch-petrographische Anstalt der Universität, 5. April 1920. ê Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1919. Von Fritz Sarasin. Im Berichtsjahr. wurde der Umbau des Hauses zum weissen Bären für Museumszwecke so weit gefördert, dass mit dem Bezug begonnen werden konnte. Bereits ist ein beträchtlicher Teil der früher im Rollerhof untergebrachten geologischen Sammlungen in das neue Gebäude übergeführt worden, ebenso eine Anzahl Schränke der osteologischen Abteilung. Auch die Einrichtung der neuen Werkstätte ist schon weit fortgeschritten. Die Verteilung der Räume ist nun die folgende. Ein grosser Parterreraum, zum Teil mit Glasbedachung, ist als Magazin für geologische und osteologische Sammlungen bestimmt. Das erste Stockwerk dient ausschliesslich der osteologischen Abteilung; es enthält zwei Arbeitszimmer und einen grossen Vorratsraum; daran anschliessend im gleichen Niveau liegt die geräumige neue Werk- stätte, früher Maschinenraum der Wittmer’schen Druckerei, mit Einrichtung für verschiedene Präparierarbeiten, Schreinerei usw. Das zweite Stockwerk mit 6 Arbeitszimmern und Waschküche ge- hört ganz der Geologie. Dabei ist zu bemerken, dass alle Arbeits- zimmer auch zur Unterbringung von Sammlungsschränken zu dienen haben. In dem sehr hohen Dachgeschoss befinden sich drei der zoologischen Abteilung als Arbeits- und Vorratsräume dienende Zimmer, ferner eine Reihe von Estrichen, die als Depöts für Kisten, Gläser und dergleichen für uns sehr wertvoll sind. Das Haus ist mit Zentralheizung, elektrischem Licht und Wasser in allen Räumen versehen. Ein Lift geht vom Parterre durch alle Stockwerke bis zum Niveau der Verbindung mit dem alten Museum, die durch einen gedeckten Gang vermittelt wird. Die Möblierung des Hauses ist durch zwei Nachtragskredite gesichert. Das frühere Laboratorium, welches gegenwärtig umgebaut wird, ist bestimmt, die Einrichtungen für Maceration, Entfettung und Destillation aufzunehmen. 244 Fritz Sarasin. Wir dürfen mit Befriedigung anerkennen, dass die Einrichtung des neuen Hauses durchaus unseren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Durch die Angliederung dieses Arbeits- und Vorrats- hauses, verbunden mit den nötigen Werkstätten, ist einem lange gefühlten Mangel aufs beste abgeholfen worden und eine wichtige Etappe in der Entwicklung unseres naturhistorischen Museums er- reicht. Wir fühlen uns hiefür den hohen Behörden zu sehr grossem Danke verpflichtet. Die regulären Beiträge des Staates, des freiwilligen Museums- vereins und der Gemeinnützigen Gesellschaft sind dieselben ge- blieben wie im Vorjahre. Dagegen ist der Assistenzkredit von Fr. 2000 auf Fr. 2300 erhöht worden und wird vom 1. Januar 1920 an auf Fr. 3000 gebracht werden. Im neuen Universitätsgutsgesetz, das am genannten Zeitpunkt in Kraft tritt, ist auch eine Erhöhung des Staatsbeitrages für Anschaffungen von Fr. 2000 auf Fr. 3500 vorgesehen. Eine wesentliche Entlastung ist uns ferner dadurch zuteil geworden, dass der bisher aus Kommissionsmitteln provi- sorisch besoldete Präparator E. Huber vom 1. September an de- finitiv vom Staat angestellt worden ist. Auch für alle diese Er- leichterungen und Förderungen sind wir den Behörden dankbar. Vom Freiwilligen Museumsverein ist uns in zuvorkommender Weise ein Extrabeitrag von Fr. 1000 bewilligt worden zur An- schaffung einer Anzahl palæontologischer Sammlungen und einer Sammlung von Foraminiferen-Modellen aus dem Besitz von Herrn Dr. Th. Engelmann, weiter von Fr. 500 zur Erwerbung einer west- afrikanischen Antilope. Zoologische Sammlung. a) Wirbeltiere. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Säugetiere. Der Zuwachs in dieser Abteilung war im Berichts- jahr kein bedeutender, nur 1 für uns neues Genus und 8 für uns neue Arten umfassend. Unter diesen sei in erster Linie aufmerksam gemacht auf ein Geschenk des Freiwilligen Museumsvereins, die merkwürdige, an einen kleinen Büffel erinnernde Schopfantilope oder Gelbrückenducker, Cephalophus silvicultor Afz. aus dem franzö- sischen Kongogebiet. Des weiteren fanden sich in der von Herrn E. Wirz mitgebrachten Ausbeute aus Java, Banda und namentlich Holländisch Neu-Guinea die neue Gattung Dactylopsila und 5 für uns neue Arten. Auch unter den Zuwendungen des Zoologischen Gartens waren 2 neue Arten vertreten, ein Affe, Cercocebus collaris Gray und der Mandschurenhirsch, Cervus sika mandschuricus Swinh. Erwähnung verdient auch ein Fœtus von Equus chapmanni Lay. ee Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 245 Die helvetische Sammlung verdankt Zuwendungen den Herren G. v. Burg, H. Haller, H. Larsen, Dr. A. Masarey, Dr. J. Roux, W. Schindelholz, J. Schmidt, G. Schneider, A. Wendnagel und F. Zimmermann. Es handelt sich dabei meist um kleine einheimische Nager und Insektenfresser. Erwähnt mögen davon sein ein Albino des Maulwurfs (H. Larsen), Siebenschläfer mit Nest (W. Schindel- holz) und 2 Murmeltiere (J. Schmidt). Für alle Einzelheiten sei auf die Geschenkliste verwiesen. Angekauft wurde eine schöne Gruppe der Hausratte aus Graubünden. Montiert, aberzum Teilwegen Raummangelsnicht der Schausamm- lung eingereiht wurden der vom Museumsverein geschenkte Schim- panse (siehe Jahresbericht 1917) und die von ebendemselben 1910 geschenkte Antilope, Cobus maria Gray, aus der Jagdbeute des Herrn Dr. A. David, ferner der im letzten Jahresbericht erwähnte Tapir unseres Zoologischen Gartens, Hyaena crocuta Erxl. vom Kilimand- jaro, weiter einige kleinere Arten: Putorius nivalis L., Potos flavus Schreb., Midas ursulus E. Geoffr. und Hydromys beccarii Ptrs. Vögel. In dieser Abteilung gestaltete sich der Zuwachs etwas reichlicher, insofern 6 neue Gattungen und 36 neue Arten der Sammlung zugefügt werden konnten. Es sind dies selbstverständ- lich lauter ausländische Formen, die mit wenigen Ausnahmen käuf- lich erworben wurden. Die beiden Hauptquellen waren einmal das Naturhistorische Museum in Freiburg, Schweiz, das uns in freund- licher Weise 20 chinesische Species aus seinen Dubletten überliess, worunter 17 für uns neue Arten und 3 neue Genera, Megalaema, - Stachyridopsis und Oreopneuste und zweitens die Sammlung des Herrn P. Wirz aus Holländisch Neu-Guinea, 32 Arten umfassend, wovon 15 und die Gattung Anseranas für uns neu waren. Erwähnt mag darunter der feuerfarbene, höchst seltene Paradiesvogel, Xantho- melus ardens Alb. u. Salv., ein hochgeschätzter Schmuck der Ein- geborenen, sein. Angekauft aus der Rütimeyerstiftung wurde ferner der prachtvolle wilde Truthahn, Agriocharis ocellata (Cuv.) aus Britisch Honduras. Von ungenannter Seite flossen uns geschenk- weise 2 bisher nicht vertretene südamerikanische Arten zu und von Herrn Dr. A. David 2 Exemplare. des Geyers Otogyps auri- cularis (Daud.) und ein Storch, Abdimia abdimi (Licht.) aus der Provinz Sennaar, letztere Art neu für uns. Im übrigen betreffen die Gescheuke lauter einheimische Arten. Die Donatoren sind Frau Prof. Burckhardt-De Bary (prachtvolles, auf- gestelltes Exemplar eines Auerhahns aus dem badischen Schwarzwald), ferner die Herren Dr. Z. Greppin, Dr. H. Helbing, Dr. K. Klausener, R. Pfister, Rüfenacht, Dr. S. Schaub, W. Schindelholz, @. Schneider 246 Fritz Sarasin. (Rottanne mit Flugloch von Dendrocopus major (L.)), A. Wendnagel (einheimische Arten mit ihren Nestern). Unsere schon ansehnliche Reihe albinotischer Formen wurde vermehrt durch das seltene Vorkommen eines Albino des Gold- hähnchens von Alvaschein, beschrieben und geschenkt von Herrn G. Schneider und einen Halbalbino der Amsel nebst begleitenden Literaturnotizen, geschenkt von Herrn Dr. B. Siegmund. In der Schausammlung sind 16 einheimische, schadhaft ge- wordene Exemplare durch neue ersetzt und 21 ausländische Arten montiert worden. Dank einem aus dem naturhistorischen Fonds des Initiativkomitees für die Museumsbauten angeschafften, zwei Meter breiten Schubladenschrank — es sind nun deren 8 — war es möglich, die ausgedehnte Sammlung nicht montierter Vogelbälge in so übersichtlicher Weise anzuordnen, dass nun jedes gewünschte Exemplar sofort und ohne Mühe gefunden werden kann. | Reptilien und Amphibien. Die gewichtigste Vermehrung bildet ein gewaltiges, 3'/s m. langes Exemplar von Crocodilus porosus Schn. aus Ost-Sumatra, von Herrn @. Schneider seinerzeit mitge- bracht und aufgestellt, dessen Erwerbung uns eine Anzahl Freunde des Museums (siehe die Geschenkliste) durch namhafte Beiträge ermöglichten. Es wird diese Riesenechse in der künftigen Aus- stellung der Reptilien (zurzeit muss das Stück wegen Raummangels magaziniert werden) einen Hauptschmuck bilden. Ein 10 Tage altes Junges derselben Art wurde von Herrn @. Schneider ge- schenkt. Die Reptilien- und Amphibiensammlung des Herrn P. r Wirz aus Neu-Guinea brachte uns 5 neue Arten von Eidechsen - und Schlangen ein, darunter den Typus des von Herrn Dr. Roux beschriebenen Lygosoma wirzi. Andere ausländische Arten ver- danken wir Herrn Prof. M. Musy, Freiburg und dem Zoologischen Garten. Der Sammlung eingereiht wurde auch die ehrwürdige, in diesem Jahre verstorbene Schildkröte, welche von Herrn Ratsherrn Peter Merian in den fünfziger oder sechziger Jahren — der genaue Zeitpunkt ist nicht mehr zu ermitteln — angekauft worden war und seither im Museum ihr friedliches Dasein geführt hatte. Es war die südeuropäische und nordafrikanische Testudo ibera Pall. Unter den Eingängen einheimischer Arten ist ein Exemplar von Lacerta viridis Daud. bemerkenswert, welches an der Angensteiner- strasse erbeutet worden war (Don. Herr B. Burkhard), weil dies meines Wissens das erste bei uns auf dem linken Rheinufer — das Tier bewohnt sonst die Rheinhalde desrechten Ufers — angetroffene Exem- plar dieser Art ist; ein zweites Stück soll bei Allschwil beobachtet worden sein. Ob es sich nun hier um eine aktive Invasion oder um aus der Gefangenschaft entkommene Tiere handelt, ist zu- Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 247 nächst fraglich. Andere Gaben einheimischer Arten verdanken wir den Herren Prof. A. Buxtorf, R. Graber (Albino von Molge alpestris L.) und P. Wirz. Zuwachs: 8 neue Arten. Fische. Diese Sammlung blieb sozusagen stabil, indem nur 7 Arten, wovon 2 für uns neue, durch Hern P. Wirz aus Holländisch Neu-Guinea, dem Roten Meer und der Nordsee ihr geschenkweise zuflossen. Der Kustos, Herr Dr. J. Roux, hat im Berichtsjahr neben den laufenden Verwaltungsgeschäften eine Neuordnung und Neu- etikettierung der Säugetierbälge vorgenommen, ferner zusammen mit dem Vorsteher die umfangreiche Sammlung von Vogelbälgen revidiert und neu geordnet, die Reptilien und Amphibien der Sammlung Wirz bestimmt und die von Herrn Dr. E. Schenkel (siehe unten) neu bestimmten, schweizerischen Spinnen katalogisiert. b) Wirbellose Tiere. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. F. Zschokke). Eine schöne Sammlung von Foraminiferen-Modellen verdanken wir dem Freiwilligen Museumsverein (Sammlung Dr. Th. Engel- mann). In der Molluskensammlung hat Herr Dr. G. Bollinger in ge- wohnter, sorgfältiger Weise seine Bestimmungs- und Ordnungs- arbeiten fortgesetzt. Die diluvialen Mollusken aus der Schieferkohle von Dürnten sind von ihm gesichtet und bestimmt worden; eine druckfertige Arbeit hierüber liegt vor. Eine wertvolle Vermehrung bildete ein Ankauf von Landmollusken von Herrn Oaziot in Nizza (ca. 60 für uns neue Arten). Von Herrn Dr. W. Bigler wurde im Berichtsjahr namentlich die Bearbeitung der Diplopodenfauna des Nationalparks gefördert. Daneben ging die Untersuchung der Myriapoden des ganzen süd- östlichen Graubündens einher. Aus diesem Gebiet stammen eine Anzahl für das Museum neuer Formen, die uns Herr Bigler übergab. Tessinische Myriapoden verdanken wir Herrn Dr. A. Masarey. Die Sammlung der Krebse wurde durch 20 Arten von den Aru- und Kei-Inseln (8 für uns neu) vermehrt, die uns Herr Dr. H. Merton, anlässlich der Bestimmung durch Herrn Dr. J. Roux, überliess. In der Abteilung der Spinnen hat Herr Dr. E. Schenkel die neuen Bestände einheimischer Formen bestimmt und eingereiht. In der Æntomologischen Sammlung hat Herr Dr. A. Huber die Neueinrichtung und Katalogisierung der Orthopteren weitergeführt und dabei die Familie der Acridiidae zum Abschluss gebracht. Die 248 Fritz Sarasin. Präparationsarbeiten nahmen einen breiten Raum ein. Konserviert wurden eine von Herrn Dr. 0. Bührer überwiesene Coleopteren- sammlung, verschiedene Geschenke der Herren Drs. A. Masarey, S. Schaub und F. Zimmermann (siehe die Geschenkliste) und, ge- meinsam mit Herrn H. Sulger, grössere Lepidopterenbestände aus Brasilien, Sumatra und Neu-Guinea. Materialien aus der zoologischen Sammlung sind ausgeliehen worden an die Herren Dr. J. G. de Fejerväry, zurzeit in Bex (Exemplare von Rana arvalis aus Neudorf), Dr. H. Lehmann, Frankfurt a/M. (tropische Hemipteren), Dr. M. Zschokke, Zürich (Foetus von Tapirus). Endlich sei erwähnt, dass folgende wissenschaftliche Arbeiten aus der Zoologischen Abteilung des Museums hervorgegangen sind: Bigler, W., Beitrag zur Kenntnis alpiner Leptoiuliden, Revue Suisse Zis0l.,, 20 1910. Roux, J., Sur un nouveau serpent (Simotes musyi) provenant de la Dire ibid. Hour Ir, Notes sur quelques Reptiles provenant de la Nouvelle Gruinée, ibid. Roux, J., Süsswasserdekapoden von den Aru- und Kei-Inseln, Ab- handlungen d. Senckenberg. Naturforsch. Ges., Frankfurt a/M., ‚35, 1919. Osteologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.) Die Vermehrung der osteologischen Sammlung hat sich im Be- richtsjahre im wesentlichen immer noch innerhalb der sehr engen Grenzen bewegt, welche ihr die Kriegsverhältnisse gezogen haben. Der Direktion des American Museum of Natural History in New- York verdanken wir Gipsabgüsse diverser Primatenknochen aus dem nordamerikanischen Eocän, Herrn Prof. H. Preiswerk einen Zahn eines, wie es scheint, generisch neuen Perissodactylen aus wahrscheinlich alt-oligocänem Nummulitensandstein von Chharat bei Fatehjang, Punjab. An der im letzten Berichte erwähnten Stampien- fundstelle bei Mümliswil sind noch . einige Nachträge gesammelt worden, und Herr @eorg Schneider hat uns einige weitere Materialien von der etwas jüngeren Lokalität bei Rickenbach übergeben. Prä- parator Huber ist es gelungen, aus dem grossen jungoligocänen Aufschluss an der brochenen Fluh bei Waldenburg zwei Amphi- traguluszähne und einige weitere Säugetierreste beizubringen. In dem voriges Jahr schon erwähnten molluskenreichen Süsswasserkalk A ur Fo AN Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 249 vom Nebelberg bei Nunningen ist eine kleine Grabung veranstaltet worden, welche uns Belegstücke von Steneofiber minutus Myr und Prolagus Ööningensis König einbrachte; das Alter der Formation ist dadurch endgiltig als Vindobonien festgelegt. Einige Belegstücke aus dem marinen Helvetien von Riedern, badisches Klettgau, konnten wir durch gütige Vermittlung von Herrn Dr. Eduard Greppin er- werben. Aus dem pontischen Vogesensand von Charmoille hat uns Herr H. Kugler ein Mandibelfragment von Rhinoceros spec. geschenkt, und einige weitere Materialien von ebenda, worunter ein Belegstück des für die Lokalität neuen Genus Dicroceros, sind der Sammlung durch die Herren Dr. Helbing, cand. phil. Ziniger und Präparator Huber zugeführt worden. Bei einem Besuche in der Heimat hat uns unser verdienter Mitarbeiter Herr Pfarrer A. Iselin ein schönes Kieferfragment von Vulpes alopecoides Major mitgebracht, eines sehr seltenen, bisher in unserer Sammlung noch nicht vertretenen Gliedes der Pliocänfauna von Val d’Arno superiore. Reichlicher als der Jahresertrag aus den tertiären ist derjenige aus den pleistocänen Sedimenten gewesen. Angekauft wurde eine be- trächtliche Serie von Säugetierresten aus Gehängelehm in der Nähe von Münchenstein, welche sich auf Elephas spec., Bos spec., Equus caballus L., Cervus elaphus L., Rangifer tarandus L. und Hyaena spelaea Goldf. verteilen. Die letztgenannte Species, durch zwei schöne Kieferfragmente und einige Knochen belegt, war bisher aus unserem Basler Pleistocän nicht bekannt. Gleichfalls ein Novum für unsere nähere Umgebung stellen einige noch nicht näher be- . stimmte Microtuskiefer dar, welche Herr Präparator Huber an der- selben Stelle gesammelt und der Sammlung geschenkt hat. Herr Albert Ziegler in Grellingen sind wir für die Schenkung eines in der dortigen Birsniederterrasse aufgefundenen Mammutstosszahns verpflichtet. Aus der von Herrn Dr. F. Sarasin seinerzeit nicht völlig ausgeräumten Höhle bei Thierstein haben die Herren Drs. S. Schaub und A. Helbing, mit freundlicher Unterstützung von Herrn Direktor Gerster in Laufen, einen Posten fossilführenden Lehmes nach Basel gebracht, der bei der Untersuchung im Laboratorium eine sehr er- freuliche, die dortige Faunula um nicht weniger als acht Arten ergänzende Ausbeute ergab. In ähnlicher Weise ist für eine mög- lichst vollständige Feststellung der Tierarten an der von Herrn Dr. F. Sarasin letztes Frühjahr ausgegrabenen paläolithischen Station bei Ettingen Vorsorge getragen worden; wir werden später Anlass haben, auf die dortige Ausbeute zurückzukommen, wenn sie voll- ständig gesichtet sein wird. Für einige willkommene Gaben der Herren Drs. L. Reinhardt, F. Sartorius, Prof. A. Buxtorf, Dr. C. Stehlin sei auf die Geschenkliste verwiesen. 250 Fritz Sarasin. Für die Sammlung rezenter Osteologica sind eine Reihe von interessanten Erwerbungen gemacht worden, die unten vollständig aufgezählt werden und grösstenteils aus der von Herrn P. Wirz von Neu-Guinea und Java mitgebrachten Ausbeute herrühren. In unserem Bestreben, die Handsammlungen für Säugetier- und Vogelosteologie möglichst zweckentsprechend auszubauen, sind wir, wie die Greschenk- liste zeigt, von einer grossen Zahl von Gönnern durch Zuwendung von Kadavern einheimischer Arten des wirksamsten unterstützt worden. Besonders verpflichtet hat uns in dieser Hinsicht wiederum Herr Dr. Leopold Greppin, dessen sehr zahlreiche Gaben uns, wie schon letztes Jahr, durch gefällige Vermittlung der Direktion des Solothurner Museums zugegangen sind. Auch die Direktion un- seres Zoologischen Gartens ist in unserer diesjährigen Geschenk- liste mit einer besonders langen Reihe von Gaben vertreten. Wie bisher, sind das ganze Jahr die Präparatoren Æ. Huber und F. Zimmermann an der Abteilung beschäftigt gewesen. Dem erstern hat die Kommission die vom Erziehungsdepartement auf 1. Sept. 1919 bewilligte offizielle Stelle eines Museumspräparators übertragen. Mit Montierungen musste des immer akuter werdenden Raum- mangels wegen zurückgehalten werden. Dagegen wurde mit der Zurichtung von Rohmaterialien energisch fortgefahren, sodass nun namentlich die umfangreichen pliocänen Bestände nahezu vollständig erledigt sind. Immerhin bleiben in den kommenden Jahren noch bedeutende Vorräte aufzuarbeiten. Die grosse Sammlung von Senèze ist durch Herrn Dr. S. Schaub vollends geordnet worden. Sie figuriert jetzt im Einlaufsbuch, das zugleich als provisorischer Katalog dient, mit 1633 Nummern. Für die mehr oder weniger vollständigen Se hat Herr Dr. Schaub einen Zettelkatalog angelegt, welcher den Status der einzelnen Stücke nachweist. Insgesamt sind in unserer Sammlung 36 Arten von diesem hervorragendsten Fundort des oberen Pliocäns belegt, nämlich 1 Affe, 4 Nager, 7 Carnivoren, 1 Proboscidier, 1 Suide, 3 Hirsche, 7 hohlhörnige Paarhufer, 3 Unpaarhufer, 7 Vögel, 1 Schildkröte, 1 Batrachier. Der Sammlung rezenter Ostsee und speziell der umständ- lichen und zeitraubenden Organisation der beiden Handsammlungen hat sich Herr Dr. A. Helbing mit grösster Hingabe angenommen. Beiden Herren sei für ihre eifrige Mitwirkung der beste Dank. ausgesprochen. Über Publikationen, die aus der Abteilung hervorgegangen sind, ist diesmal nichts zu berichten, da von den letztes Jahr als im Gange befindlich erwähnten Untersuchungen verschiedener Um- stände halber noch keine zum Abschluss gediehen ist. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 251 Herr Prof. Leriche von Brüssel ist im Herbst wieder hier ge- wesen, um seine Studien über die Fische unserer Molasse fortzu- setzen. Er hat nun die Bestimmung der marinen Fischfauna unseres Stampien, Burdigalien und Helvetien zu Ende geführt und ist mit der Abfassung einer Monographie derselben beschäftigt. Herr Dr. Lebedinsky hat seine Bestimmungsarbeit an unserer Sammlung tertiärer Vogelreste, nach vorläufiger Erledigung der Fauna des oberen Aquitaniens, auf die Fauna des ältern Oligocäns und des Obereocäns ausgedehnt. Herr Dr. Helbing und der Vor- steher haben die Sichtung verschiedener Carnivoren- und Nager- gruppen gefördert. Auf die Installation verschiedener Parken der Abteilung im Hause zum weissen Bären, der zurzeit der Berichterstattung eben erst begonnen hat, ziehe ich vor, erst nächstes Jahr einzutreten. Geologische Sammlung. A. Petrographische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. €. Schmidt.) a) Sammlung alpiner Gesteine. Untersuchungen über Talk- und Asbestgesteine im Wallis, im Tessin und in Graubünden sind aus- geführt worden von ©. Schmidt, H. Preiswerk, W. Grenouillet, H. Tschopp und P. Kelterborn. Diese Untersuchungen brachten reich- liches Material in unsere Sammlungen, das im Hinblick auf alte und neue Topfsteinindustrie besondere Beachtung verdient. Untersuchungen über Gesteine der Schweizeralpen werden weiterhin ausgeführt von den Herren: H. Tschopp (Val de Bagne), A. Werenfels (Vispertäler), R. Eichenberger (Nufenenpass), Os. Wilhelm (Andeer) und P. Kelterborn (Malcantone). b) Lagerstättensammlung. Die im Auftrag des Bergbaubureaus des Schweiz. Volkswirtschaftsdepartements unternommenen Unter- suchungen der Lagerstätten nutzbarer mineralischer Rohstoffe in der Schweiz sind im Jahre 1919 weitergeführt worden und haben einen vorläufigen Abschluss gefunden, indem Ingenieur Fehlmann, ehe- mals Chef des Eidg. Bergbaubureaus der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, in einem grossen Werke: „Der Schweizerische Bergbau während des Weltkrieges“ darüber berichtet. Die unter Leitung von C. Schmidt ausgeführten Untersuchungen betreffen: 1. Schieferkohle (E. Baumberger und E. Ritter). 2. Braunkohlen (Æ. Ritter, J. Krebs, K. Dreher, W. Grenouillet, T. Keller). 3. Steinkohle (Val Oolla) (©. Schmidt). 252 Fritz Sarasin. 4. Anthrazit (H. Preiswerk, W. Grenouillet, K. Dreher, T. Keller, E. Lehner, E. Ritter, J. Krebs, E. Christ). Bitumen, Asphalt (W. Grenouillet, P. Christ, M. Frey). 6. Erze (J. Stauffacher, W. Grenouillet, Ph. Herbig, P. Kelterborn, T. Keller). Wertvolle Ergänzungen zu den Walliser Anthraziten ergaben ST Aufsammlungen von C. Schmidt im Becken von St. Etienne und in den französischen Alpen, Die Belegstücke zu der Tiefbohrung in Buix ana), die von K. Dreher geordnet wurden, umfassen 18 Schubladen, die- jenigen der Bohrung von Allschwil ben Basel, geordnet von P. Christ, 9 Schubladen. B. Indische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Aug. Tobler.) a) Wissenschaftliche Arbeiten. Indien Festland. Die sehr be- merkenswerten Aufsammlungen aus Malakka, die Herr Dr. J. Pannekoek van Rheden unserer Abteilung verehrt hat, werden von Herrn stud. geol. Markus Romang studiert. Die Arbeit des Herrn Romang verspricht einen wertvollen Beitrag zur Entstehungsge- schichte der Zinnerzlagerstätten von Hinterindien, sowie zur Geologie dieses Landes überhaupt, abzugeben. Der Genannte glaubt nicht an permisch-glaciale Entstehung der sekundären Zinnerzlagerstätten von Malakka, wie sie von Scrivenor angenommen worden ist. Als be- sonders interessantes Stück aus den Pannekoekschen Aufsammlungen sei pneumatolytischer Kontaktquarzit mit Korund und blauem Turmalin genannt. Sumatra. Gleich wie im vorhergehenden Jahre, hat auch im Jahre 1919 die Sammlung aus Djambi eingehende wissenschaftliche Be- arbeitung erfahren. Sämtliche Djambimaterialien, namentlich auch diejenigen, die im Jahr 1918 aus dem Ausland zurückgekommen sind, hat der Berichterstatter einer gründlichen Revision unterzogen, Als besonders erwähnenswertes Resultat der Revision sei hervorge- hoben, dass in einigen konglomeratischen Gesteinsproben des Permo- carbon Radiolarit nachgewiesen werden konnte. Radiolarit ist, soviel dem Berichterstatter bekannt, bis jetzt noch nicht auf Sumatra signalisiert worden, wohl aus analogen Formationen von Malakka. Einige Suiten von permocarbonischen und mesozoischen Ko- rallen, Brachiopoden und Mollusken sind zu weiterer Untersuchung zurückgesandt worden an Herrn Privatdozent Dr. O. E. Meyer in Breslau, der seinerzeit die Bearbeitung wegen Mobilisation hatte unterbrechen müssen. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 253 Die Untersuchung der permocarbonischen und tertiären Grefäss- pflanzen, die Herr Dr. À. Kräusel in Breslau und Herr Dr. J. W. Jongmans in Haarlem übernommen haben, sind weitergeführt, aber noch nicht abgeschlossen worden. Die schon bearbeiteten Teile des Materials sind wohlbehalten in Basel angelangt. Darunter sind von speziellem Interesse zahlreiche permocarbonische Hölzer der Gattung Dadoxylon. Neu in Bearbeitung gekommen sind im Berichtsjahr die permo- carbonischen Kalkalgen aus Djambi. Herr Prof. Dr. @. Senn in Basel hat sich ihrer in sehr dankenswerter Weise angenommen. Was die von Herrn Dr. Æ. Baumberger in Basel besorgten Kreidefossilien aus Djambi anbelangt, so haben die Schwierigkeiten, die sich der Bestimmung der Molluskenfauna von Boekit Telasi ent- gegenstellen, trotz Konsultierung der kompetentesten Spezialisten, noch nicht überwunden werden können. Die Sammlung aus dem Padanger Oberland und aus Indragiri ist von Herrn cand. phil. 7. Kugler besorgt worden. Sowohl die im letzten Jahresbericht erwähnten Suiten aus den Batang Hari- Sanggirdistrikten, als auch die Gesteine aus den übrigen Distrikten hat der Genannte petrographisch untersucht. Für jede Gesteins- probe ist eine Diagnose ausgearbeitet worden. Den Herren Prof. ©. Schmidt und Prof. H. Preiswerk, die diese Arbeiten kontrollierten, sei der beste Dank ausgesprochen. Kleine Sundainseln. Die von den Herren cand, phil. M. Hüner- wadel und cand. phil. #. Drescher 1918 begonnenen Untersuchungen an Gesteinen aus Mittelsumbawa und Flores sind unter Leitung der genannten Professoren im mineralogisch-geologischen Institut weitergeführt und dem Abschluss nahe gebracht worden. Neu in Bearbeitung genommen, unter Leitung des Bericht- erstatters, wurde das tertiäre Foraminiferenmaterial aus West- und Mittelsumbawa und aus Flores durch Herrn cand. phil. M. van der Vlerk. Borneo. Ein Teil der tertiären Foraminiferen aus Ost-Borneo ist durch Herrn van der Vlerk gesichtet und bestimmt worden. Es handelt sich vornehmlich um untermiocäne Faunen, die den von Rutten und Provale beschriebenen nahestehen. b) Zuwachs. Im Jahresbericht über 1914 ist von Materialien die Rede, die Herr Dr. J. Pannekoek van Rheden in Indien ge- sammelt hat und die er unter Wahrung anderseitiger Verpflich- tungen mit den Beständen unserer Abteilung zu vereinigen gedachte. Die für unsere Abteilung bestimmten Teile, Materialien aus Malakka und den kleinen Sundainseln Sumbawa und Flores, sind uns nun- mehr definitiv übergeben worden. 254 Fritz Sarasin. Von Herrn Dr. M. Mühlberg in Aarau sind ziemlich umfang- reiche Materialien aus Singapur und Umgebung, aus Borneo und den Molukken eingegangen. Sie bilden einen Nachtrag zu den im Jahre 1917 geschenkten Sammlungen. An dieser Stelle sei noch einer besonders willkommenen und wertvollen Gabe gedacht: Die Tagebücher von Dr. G. Niethammer über die Jahre 1902—1914 sind von Herrn Prof. Th. Niethammer, dem Bruder des Verstorbenen, unserer Abteilung zum Geschenk gemacht worden. j c) Ordnungs- und Präparationsarbeiten. Vom Berichterstatter ist unter Assistenz seines Privatgehilfen die Katalogisierung und die definitive Etikettierung der Djambisämmlung durchgeführt worden. Eine weitere im Berichtsjahre verrichtete Arbeit ist das Heraus- präparieren von zahllosen Foraminiferen aus tertiären Mergelproben von Borneo und Mexiko. Diese Arbeit, vom genannten Grehilfen ausgeführt, ist von bemerkenswertem Erfolg begleitet gewesen. Weitaus die wichtigste Ordnungsarbeit ist geleistet worden durch Herrn Dr. W. Hotz, der im letzten Sommer von langjährigem Auf- enthalt in Indonesien zurückgekehrt und als freiwilliger Mitarbeiter an unserer Abteilung eingetreten ist. Dr. Æotz hat die Sichtung und vorläufige Numerierung der Niethammerschen Aufsammlungen aus Britisch Borneo nach den Niethammerschen Tagebüchern vorge- nommen und die Eintragung der Nummern in die topographische Karte besorgt. Da es sich zum Teil um Gebiete handelt, die bisher unerforscht gewesen sind, hätte diese Arbeit kaum von jemand anders ausgeführt werden können als eben von Dr. Hotz, der jahrelang mit Dr. Niethammer in Britisch Borneo zusammengearbeitet hat. Im Zusammenhang mit den Ordnungsarbeiten sei zum Schluss‘ der Umzug unserer Abteilung aus dem grossen Rollerhof nach dem „Weissen Bär“ erwähnt. In dem neuen Heim ist dank dem Ent- gegenkommen von Herrn Prof. Buxtorf, der der Abteilung leihweise ein schönes Zimmer zur Verfügung stellte, für den Augenblick ge- nügend Raum vorhanden für übersichtliche Unterbringung und für Bearbeitung der indischen Sammlungen. C. Alpin-sedimentäre Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. A. Buxtorf.) Der Bestand der Sammlungen hat im verflossenen Jahre eine kleine Vermehrung durch Geschenke erfahren. Von Herrn Wittmer erhielten wir einen Ammoniten aus dem Unteren Malm des Wind- gällengebietes und vom Vorsteher Belegstücke zu seinen geologischen Aufnahmen im Pilatusgebiet, gesammelt anlässlich der Aufnahmen Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919 255 für die Schweiz. geolog. Kommission im Sommer 1919. Unter diesen verdienen besonderes Interesse einige Foraminiferenfaunen, die sich in den sehr fossilarmen Flyschsandsteinen des Schlieren- tals (Kt. Obwalden) auffinden liessen. Aus der vom Museumsverein uns überwiesenen paläontologischen Sammlung des Herrn Dr. Th. Engelmann sind der Abteilung eine Anzahl Versteinerungen zuge- fallen, die zum Teil aus der Gegend von Merligen, zum Teil aus den Freiburger Alpen stammen. Wissenschaftliche Benützung. Die seit Sommer 1916 an Dr. Horwitz (Schüler von Prof. Lugeon in Lausanne) ausgeliehenen Belegstücke aus der Sammlung Gillieron (Freiburgeralpen) sind vollzählig zurückgesandt und wieder eingeordnet worden. Neuer- dings sind an Dr. ÆEugster in Bern zur Bearbeitung einige Fossilien aus der alpinen Trias des Aelplihorns bei Arosa überlassen worden. Die Ordnungsarbeiten konnten leider nur wenig gefördert werden, woran die verschiedenen Verpflichtungen, die fast die ganze Arbeitskraft und -zeit des Vorstehers beanspruchten, schuld sind. D. Mesozoisch-jurassische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Greppin.) Der Zuwachs der Sammlungen war im Berichtsjahre nicht be- deutend; umsomehr war es möglich, Bestimmungsarbeiten in höherem Masse vorzunehmen. Aus den Beständen sind ca. 200 für die Samm- lungen neue Arten festgestellt worden. Aus der Juraformation liegen heute 3770 Arten wirbelloser Tiere vor und zwar: Oephalopoden 737 Gastropoden 662, Acephalen 1210, Brachiopoden 309, Würmer 47, Echiniden 229, Crinoiden 116, Korallen und Spongien 470. Die manuellen Arbeiten, Etikettieren, Katalogisieren und Nume- rieren der Eingänge sind auch im Berichtsjahre sorgfältig durch- geführt worden, und es hat der Katalog 236 neue Zettel erhalten. Er besteht jetzt aus 11,741 Nummern. Am 1. Dezember konnte mit dem Umzug eines Teiles der mesozoischen Sammlung in die neuen Lokalitäten zum weissen Bär begonnen werden; er ist bis jetzt ohne irgendwelche Störungen vor sich gegangen. Im Parterreraum sind untergebracht: die Sammlung Choffat, die Kreide aus dem Schweizerischen Jura, die Sammlungen aus dem Französischen Jura, Norddeutschland, England, Randen, Elsass- Lothringen, das Paläozoicum und endlich die Belegsammlungen zu den geologischen Aufnahmen der Siegfriedblätter der näheren und weiteren Umgebung von Basel (430 Schubladen). Indem die letzt- genannten Sammlungen in einem leicht zugänglichen, gut beleuchteten 256 Fritz Sarasin. und dem Staube weniger ausgesetzten Raume untergebracht wurden, ist ein langgehegter Wunsch des Vorstehers in Erfüllung gegangen. In den beiden Arbeitszimmern im II. Stock sind unterge- bracht: ungefähr die Hälfte der Bestände aus dem westlichen Jura, der Normandie und des Schwäbischen Jura. Im Parterreraum bleiben noch einige Quadratmeter unbesetzt, als Reserve für wissen- schaftlich bearbeitete Materialien, die nach und nach von den geo- logischen Anstalten der Universität abgestossen werden. Folgende Schenkungen sind der Abteilung zugekommen: Herr Dr. H. G. Stehlin, Fossilien aus dem oberen Callovien von Houl- gate (Calvados) und solche aus diversen geologischen Horizonten des Basler Jura; Herr stud. phil. Hans Heusser, Kieselkonkre- tionen aus dem Muschelkalk von Inzlingen; Herr Präparator Huber, Korallen aus dem Glypticien von Aesch und Ammoniten aus den Renggerithonen von Châtillon; Herr Dr. A. Tobler, ein Exemplar von Perisphinctes martelli mit Wohnkammer aus dem Argovien von Bretzwil; Herr Dr. Schaub, Gesteinsproben (Süsswasserkalke) aus der Gegend von Therwil und endlich vom Vorsteher eine Fossil- serie aus dem Mittleren Lias von Münchenstein, diverse Gesteins- proben aus der Umgebung von Inzlingen und Fossilien aus dem Aalénien des Fricktales. Hübsche Stücke konnten durch Ankauf den Sammlungen einverleibt werden: eine neue Art von Üteno- streon, ähnlich dem häufigen Ctenostreon pectiniforme, aber viel gewölbter und mit weniger Rippen, aus dem Bajocien bei Muttenz; interessante Formen von Ammoniten der Gattung Lioceras aus dem Aalenien der Umgebung von Mümliswil und der Gattung Reineckia aus dem Callovien des Fricktales, ein Riesenexemplar einer noch näher zu untersuchenden Perisphinctes-Art aus den Badenerschichten von Egerkingen, endlich schöne Korallen und andere Fossilien aus dem oberen Rauracien von Liesbergmühle und Caquerelle. Über das wertvolle Material, welches durch Ankauf der Samm- lung von Herrn Dr. Th. Engelmann durch den Freiwilligen Museums- verein der Abteilung zugewiesen wurde, ist im letzten Jahresbericht bereits referiert worden. E. Mesozoisch-cretacische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Die Bestände dieser Abteilung haben im Berichtsjahre nur unbedeutenden Zuwachs erhalten. In den vom Museumsverein ge- schenkten Sammlungen fanden sich einige untercretacische Fossilien aus dem westschweizerischen Juragebiet und einige Gaultammoniten > Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 257 von Folkestone in England. Die Sichtung und Einordnung einer Kollektion von Kreidefossilien aus dem Gebiet von Auberson bei Ste-Croix, deren Ankauf im letzten Bericht gemeldet wurde, hat namentlich aus einzelnen Horizonten des Albien sehr interessante Formen ergeben, die in der Schweiz noch wenig bekannt sind und bisher in unsern Sammlungen kaum vertreten waren. F. Tertiäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung und Sammlung fossiler Pflanzen. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Im Berichtsjahr konnte ausnahmsweise ein grosser Teil der zur Verfügung stehenden Zeit den Bestimmungsarbeiten gewidmet wer- den. Diese Arbeiten beziehen sich insbesondere auf einzelne Lokali- täten des Juragebietes, deren Faunen in Rücksicht auf den Er- haltungszustand und die Zusammensetzung für eine sichere Alters- bestimmung gewisser Tertiärhorizonte eine grosse Bedeutung besitzen. Hiebei hat sich die Notwendigkeit herausgestellt, eine zoologisch geordnete Bestimmungssammlung mit nur tadellos erhaltenen Formen und unter Berücksichtigung der gegenwärtig geltenden Anschauungen über die Variationsbreite der einzelnen Arten anzulegen; dadurch werden die mühevollen und zeitraubenden Arbeiten der Vergleichung und Bestimmung ganz wesentlich erleichtert. Diese Sammlung soll in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden. Die Materialien dieser Sammlung wurden den Beständen des Museums entnommen, nament- lich aber durch Tausch mit ausländischen Instituten und Paläontologen zu äufnen gesucht. In erfreulicher Weise wurden die Sammlungen im Berichtsjahr sehr oft zu Rate gezogen von den Schülern des geologisch-paläontolo- gischen Instituts, welche im Gebiete des Berner- und Solothurnerjura mit Kartierungsarbeiten beschäftigt sind. Bei diesen geologischen Aufnahmen werden alte und namentlich auch viele neue Fundstellen von Tertiärfaunen systematisch ausgebeutet, und es ist zu hoffen, dass die Belegsammlungen zu den Kartenaufnahmen dem Museum überwiesen werden. | Über die einzelnen Abteilungen ist folgendes zu berichten: I. Sammlung von Belegstücken und Mollusken ausseralpiner Tertiärbildungen. &) Schweizerische Tertiärfundorte. Durch die be- kannten Bohrarbeiten bei Allschwil ist zum ersten Mal in unserem Gebiet die gesamte tertiäre Schichtfolge und deren Mächtigkeit fest- gestellt worden. Die eocänen Süsswasserkalke vom Alter der Buchs- weilerkalke haben einzig Fossilien geliefert. Herr Prof. 0. Schmidt 17 258 Fritz Sarasin. hat Handstücke dieser Kalke und Fossilien dem Museum übergeben. Die Bestimmung der Fossilien ist zum Teil schon durchgeführt. Aus demselben stratigraphischen Niveau stammen einige gut erhaltene Gastropoden vom Lenzberg bei Aesch, die von Herrn Präparator Huber erworben worden sind. Die meisten Eingänge an Fossilien und Gesteinsproben betreffen die oligocäne Molasse. Herr Dr. 7. G. Stehlin ühergab uns zahlreiche Fossilien aus dem Oberaquitan von La Chaux bei Ste-Croix. Die Fauna von La Chaux enthält nur wenige Arten, dafür einzelne Formen, insbesondere Melania aquitanica, in vorzüglich erhaltenem Zustande. Herr Dr. @. Imhof schenkte seine Aufsammlungen von stampischem und aquitanischem Alter aus der Mulde von Undervelier im Bernerjura; in dieser Sammlung besitzen ein besonderes Inter- esse die Formen, welche als Otopoma triexaratum bezeichnet werden und die uns bisher fehlten. Aus andern Gebieten sind übermittelt worden: Gastropoden aus den stampischen Süsswasserkalken am Fusse der Ravellenfluh ob Onsingen und ferner von Mümliswil durch Herrn Dr. Stehlin, Oytherea incrassata aus den Thongruben von Laufen durch Herrn Direktor Gerster, Fossilien aus der aquitanen, Kohlen führenden Molasse von Semsales (Verrerie) durch Herrn Ingenieur Loretan, Gastropoden und Süsswasserkalkproben von Loncy ob Morges durch Herrn cand. geol. Kugler. Auch die Bestände aus der miocänen Molasse haben bedeutenden Zuwachs erhalten. Herr Präparator Auber schenkte einige Mollusken- schalen aus dem Pliocän von Charmoille im Bernerjura, Herr Prot. Buxtorf Quarzit- - und Buntsandsteingerölle der Wanderblock- formation, von ihm und seinen Schülern auf einer Exkursion bei Punkt 1093 des Münsterberges gesammelt. Ganz besonderes In- teresse aber haben die sehr gut erhaltenen Schnecken des Obern Vindobon vom Nebelberg bei Nunningen, die bei einer im Herbst 1919 vorgenommenen kleinen Schürfung daselbst durch die Herren Dr. Stehlin, Dr. Schaub, cand. phil. E. Lehner und Präparator E. Huber in bedeutender Zahl gesammelt worden sind. Diese Materialien insbesondere haben zu einem erfolgreichen Tauschverkehr wesentlich beigetragen.. b) Materialien ausländischer Provenienz. Wie in früheren Jahren, so hat auch im Berichtsjahr Herr Dr. Stehlin uns Materialien von verschiedenen Lokalitäten des Auslandes zugestellt: kleine Gastropoden und Acephalen von Quercy, Gannat und Senèze. Die ausländischen Bestände erhielten auch einen kleinen Zuwachs aus den vom Museumsverein geschenkten Sammlungen, hauptsächlich aus dem Pariser- und Mainzerbecken, sowie von Steinheim in Württemberg. TEEN Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 259 Herr Dr. Wenz in Frankfurt übersandte im Tauschverkehr 60 sehr gut erhaltene Gastropoden-Arten aus dem Mainzerbecken und aus den bekannten württembergischen Fundstellen für die neu an- gelegte Bestimmungssammlung. IT. Quartärsammlung. Durch Erdarbeiten in der Nähe der Station Lausen ist im Winter 1918/19 eine Moräne der vorletzten Vergletscherung angeschnitten worden; die anstehenden Kalke der Blagdenischichten unter der Moräne zeigen typische Gletscher- schliffe. Herr Dr. #. Leuthardt in Liestal hat während längerer Zeit die interessanten Aufschlüsse verfolgt und in zuvorkommender Weise auch für unsere Sammlungen die charakteristischen Gesteine und Schaustücke der glazial bearbeiteten Doggerkalke gesammelt. Durch freundliche Vermitttung von Herrn Dr. Greppin sind diese wertvollen Materialien dem Museum übermittelt worden. Herr cand. geol. À. Wiedenmayer überreichte diverse Quarzitgerölle aus dem Vogesenschotter der Umgebung von Berlincourt im Bernerjura. Aus der osteologischen Abteilung wurde der Quartärsammlung ein interessantes Schaustück überwiesen, bestehend in einer Kalkinkru- station eines Langknochens, von Herrn Rittmann im Löss von All- schwil gesammelt. III. Phytopaläontologische Abteilung. Herr Dr. Oes berichtet: Die Untersuchung der tertiären Flora von Basel wurde weiter geführt. Durch Überweisung der Eingelmann’schen Sammlung durch den Museumsverein haben unsere Bestände von Öninger pflanzen eine bedeutende Bereicherung erfahren. Viele Formen fehlten uns, andere sind jetzt durch weit besser erhaltene Exemplare vertreten. Geschenke gingen ein von den Herren: Dr. S. Schaub, Oligocän- pflanzen von der Liosenegg, und Dr. A. Oes, Oligocänpflanzen aus dem Rheinbett bei Basel. Mineralogische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Th. Engelmann.) Der Zuwachs der mineralogischen Abteilung bestand in erster Linie aus einer grössern Anzahl guter Einzelkristalle von zum Teil seltenem Vorkommen. Wir erwähnen darunter die schönen Kristalle von Epidot-Pistazit von der Knappenwand, Pinzgau, prächtige Vanadinitkristalle von Arizona, Wulfenit von Phoenixville, Hiddenit von Nord-Carolina, schöne Gruppe von Antimonglanz, Süd-Japan, kugelige Kristallgruppe von Arsen von Echizen, Japan, Senarmontit von Sansa, Algier, Brewicit von Norwegen, gute Kristalle des _ amerikanischen Vorkommens von Grenokit, Pennsylvanien, Frank- linit, New-Yersey und Corindon, Nord-Carolina. 260 Fritz Sarasin. Aus der Liquidation der einzigen grösseren Mineralienhand- lung der Schweiz erwarben wir ein grosses Schaustück von sehr - schönen Kalkspatkristallen von Andreasberg, Glanzkobalt mit Kobalt- blüte von Saalfeld, schöne Vorkommen von Kassiterit, Cornwall und Vauquilinit, Sibirien. Von schweizerischen Mineralien erhielten wir u. a. Brookit in sehr schönen Kristallen aus dem Maderanertal, grosse Kristalle von Anatas vom Piz Aul, Graubünden, grosse Brauneisenstein- Pseudomorphosen nach Calcit von Disentis und Kalkspat mit Stilbit in Eisenrosen von Viesch als Geschenk des Vorstehers. Wir erwähnen ferner noch eine Serie der schönen künstlichen Einzelkristalle, die Dr. ©. Goldbach in Kehl vor ca. 40 Jahren her- stellte (1885) und die seinerzeit von den grossen Museen und Unterrichtsanstalten sehr gesucht waren. Sie sind seither in so schönen Exemplaren nicht mehr in den Handel gekommen. Bibliothek. (Bericht des Vorstehers, Dr. H. G. Stehlin.) Die Bibliothek hat im Berichtsjahre eine starke Vermehrung erfahren, die wie gewohnt fast ausschliesslich von Geschenken her- rührt. Wir verdanken solche Herrn Dr. Æ. Marcus, Berlin, Frau Müller-Mechel, den Herren Dr. G. Bollinger, Prof. A. Buxtorf, Dr. €. Hassler, Dr. R. Menzel und dem Vorsteher. Angekauft wurden diverse malakologische Broschüren und Separata der Mammalia des Zool. Record, London. Die Einnahmen der Bibliothekskasse bestanden aus Fr. 500 staat- lichem Extrakredit und Fr. 250 aus dem Jahreskredit des Museums. Bei Fr. 456 Ausgaben (inklusive Defizit des Vorjahres) resultiert ein vorläufiger Saldo von Fr. 294, der durch die im Gange befind- liche Katalogisierung der Eingänge und durch die Begleichung noch ausstehender Buchbinderrechnungen aufgebraucht werden wird. Wie alljährlich, empfehlen wir auch heute wieder das Natur- historische Museum dem Wohlwollen der hohen Behörden und dem fördernden Interesse der Einwohnerschaft Basels. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 261 Verzeichnis des Zuwachses des Naturhistorischen Museums im Jahre 1919. Zoologische Sammlung. Säugetiere. a) Geschenke. Herr @. von Burg, Olten: 2 Mäusearten in mehreren Exemplaren. Graubünden. H. Haller, Basel: Siebenschläfer von Oberwil. H. Larsen, Genf: Albino des Maulwurfs, Kanton Genf. » Dr. A. Masarey, Basel: 1 Mausart, Tessin. Tit. Freiw. Museumsverein, Basel: Cephalophus silvicultor Afz. aus dem französischen Kongo, neu für uns. Osteologische Abteilung, Basel: Hamster, Schlesien; Mausart aus Tirol. Herr Dr. J. Roux, Basel: Maulwurf und 2 Mäusearten, Basel. W. Schindelholz, Basel: Siebenschläfer mit Nest, Reinach. J. Schmidt, Lachs: 2 Murmeltiere, Graubünden. G. Schneider, Basel: Eichhörnchen, Basel. C. Sturzenegger, Basel: Cercopitecus pygerythrus F. Cur. Ungenannt : 2 Säugetierarten aus Sumatra. Herr A. Wendnagel, Basel: 1 Maus- und 1 Insectivorenart, Basel. »n F. Zimmermann, Basel: 1 Fledermaus, Basel. Tit. Zoologischer Garten, Direktion, Basel: Foetus von Equus chap- manni Lay., 7 Säugetierarten, neu für uns Cercocebus collaris Gray und Cervus sika mandschuricus Swinh. ” br] 1 ” b) Ankäufe. 10 Arten aus Java und 7 aus Banda und Holländisch Neu-Guinea, neu für uns die Gattung Dactylopsila und 5 Species, D. melampus Thoms., Macropus agilis Gould, Hydromys beccarii Ptrs., Perameles moresbyensis Rams aus Neu-Guinea, Sciurus notatus notatus (Bodd.) aus Java (P. Wirz); Gruppe von Mus rattus L. aus Graubünden (E. H. Zollikofer). Vögel. a) Geschenke. Frau Prof. Burckhardt-DeBary, Basel: Tetrao urogallus L. aus dem badischen Schwarzwald, aufgestellt. 262 Fritz Sarasin. Herr Dr. A. David, Basel: Otogyps auricularis (Daud.) und Abdimia abdimi (Licht.) aus der Provinz Sennaar, letztere Art neu für uns; Haubensteissfuss aus dem Rhein bei Basel. Dr. Z. Greppin, Solothurn: 7 einheimische Arten in 8 Exem- plaren. Dr. H. Helbing, Basel: 5 einheimische Arten in 11 Exempl. Dr. K. Klausener, Basel: Eier und Nest der Wachtel. R. Pfister, Chur: Alpenkrähe © aus dem Rosegstal. Rüfenacht, Kerns: Nestling von Milvus korschun (Gm.). Dr. S. Schaub, Basel: Nestling der Haustaube. W. Schindelholz, Basel: Nest und Eier von Lanius excubitor L. G. Schneider, Basel: Albino des Goldhähnchens, Regulus regulus (L.) von Alvaschein; Rottanne mit Flugloch von Dendrocopus major (L.). Dr. B. Siegmund, Basel: Halbalbino der Amsel, Basel. Ungenannt: 4 südamerikanische Arten, 2 neu für die Samm- lung: Galbula ruficauda Cuv. und Momotus swainsoni Sel. A. Wendnagel, Basel: 9 einheimische Arten in 14 Exemplaren, teilweise mit Nest. F. Zimmermann, Basel: 1 einheimische Art, Nest von Lullula arborea (L.). | . Zoologischer Garten, Direktion, Basel: Brotogerys tirica (Gm.). b) Ankäufe. 20 chinesische Arten in 22 Exemplaren, wovon 17 neu für die Samm- Herr lung; neue Genera: Megalaema, Stachyridopsis und Oreo- pneuste (Naturhistorisches Museum Freiburg, Schweiz); Agrio- charis ocellata (Cuv.), d, aus Britisch Honduras (Rütimeyer- stiftung), Gattung neu für die Sammlung (G. Schneider); 32 Arten in 47 Exemplaren aus Holländisch Neu-Guinea, 15 Arten neu für die Sammlung, neue Gattung Anseranas (Sammlung P. Wirz); Pratincola rubetra (L.) (E. Huber). Reptilien und Amphibien. a) Geschenke. BB. Burkhard, Basel: Lacerta viridis Daud., Angensteiner- strasse, Basel. . Prof. A. Buxtorf, Basel: Vipera aspis L., juv, Solothurner Jura. | R. Graber, Basel: Lacerta viridis Daud. aus dem Tessin; Albino von Molge alpestris (L.), Zürich. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 263 Herr Prof. M. Musy, Freiburg: Coluber mandarinus Cantor, China. @. Schneider, Basel: Crocodilus porosus Schn., 10 Tage alt (montiert) und Rana limnocharis Wiegm., beide aus Sumatra, Ungenannt : Gonyocephalus megalepis (Bkr.), Zentral-Sumatra, neu für uns. » P. Wirz, Basel: Lacerta viridis Daud. aus Genua. Tit. Zoologischer Garten, Direktion, Basel: Testudo tabulata Walb., Siren lacertina L., Leptodactylus ocellatus, alle aus Süd- Amerika. 37 b) Ankäufe. . Crocodilus porosus Schn., Bedagei, Ost-Sumatra, angekauft (bei Herrn G. Schneider) mit der gütigen Mithilfe folgender Gönner des Museums: Herr Th. Haass, Herr F. Hoffmann-LaRoche, Frau M. Moser-Massini, Herr A. Schetty-Haberstich, Herr Ch. Schlumberger-Vischer, Herr Alb. v. Speyr-Bölger, Herr HA. Sulger. Schlangen, Eidechsen, 1 Schildkröte, Frösche aus Neu-Guinea und Java, neu für uns 5 Neu-Guinea-Arten, darunter der Typus von Lygosoma wirzi Roux (Sammlung P. Wirz). Fische. Geschenke. Herr P. Wirz, Basel: 4 Arten aus Holländisch Neu-Guinea, 2 aus dem Roten Meer, 1 aus der Nordsee (2 für uns neu). Wirbellose Tiere. a) Geschenke. Herr Dr. W. Bigler, Basel: 6 Arten Diplopoden aus Graubünden, alle für uns neu. » Dr. C. Bührer, Basel: Einheimische Coleopteren. Dr. C. von Janicki, Basel: Plerocercoiden von Dibothrio- cephalus latus aus einem Hecht, Genfersee. Dr. A. Masarey, Basel: Insekten, Spinnen, Myriapoden aus dem Tessin. Dr. H. Merton, Heidelberg: 20 Arten Dekapoden von den Aru- und Kei-Inseln, 8 für uns neu. Tit. Freiw. Museumsverein, Basel: Sammlung von Foraminiferen- Modellen. 264 Fritz Sarasin. Herr F. Schaub-Neeracher, Basel: Schmetterlinge aus dem Ober- wallis. » P. Wirz, Basel: Echinodermen aus dem Roten Meer und der Nordsee. , F. Zimmermann, Basel: Insekten aus der Umgebung von Basel. b) Ankäufe. Mollusken von Herrn Caziot in Nizza; Schmetterlinge (G. Schneider und P. Puck). Osteologische Sammlung. a) Geschenke. American Museum of Natural History, New-York: Gipsabgüsse von Knochen mehrerer Notharctusarten. Herr Prof. A. Buxtorf, Basel: Pleistocäne Säugetierreste von ver- schiedenen deutschen Fundorten. „. Prof. A. Dubois, Neuenburg: Kadaver von Eliomys quercinus (L.) und Glis glis (1..). „ Charles Eckel, Basel: Kadaver von Cerchneis tinnunculus (L.). „ Dr. Leopold Greppin, Solothurn: Kadaver von Grecinus viridis (L.), Corvus cornix L., Emberiza citrinella L. (2), Coloeus monedula L., Corvus frugilegus L., Passer montanus L., Stur- nus vulgaris L., Dendrocopus minor (L.), Pica pica (L.), Lanius excubitor L., Alauda arvensis L., Iynx torquilla L., Phylloscopus trochilus L., Muscicapa grisola L., Coccothraustes coccothraustes (L.), Regulus ignicapillus Temm., Anthus spi- poletta L., Turdus musicus L., Phylloscopus rufus Bechst., Phoenicurus titys Bechst. (2), Turdus torquatus L., Fringilla montifringilla L., Anthus trivalis L., Saxicola oenanthe L., Parus ater L., Chloris chloris (L.), Sylvia atricapilla L. (2), Fuligula marila L. „ Dr. H. Helbing, Basel, Schädel von Gulo gulo (L.), Cervus axis Erxl.; Kadaver diverser einheimischer Vögel und Säuge- tiere. „ Präparator Huber, Basel: Arvicolidenreste aus dem Pleistocän von Münchenstein. : , Cand.geol. H. Kugler, Basel: Rhinocerosreste aus dem Pontien von Charmoille. a) | „ Dr. N.Lebedinsky, Basel: Kadaver von Chloris chloris (L.). „ Cand. phil. Ziniger, Basel: Schildkrôtenreste aus der Bohn- erzformation von Delsberg; Pferdereste aus dem Pleistocän von Courroux; Varia. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 265 Herr Ed. Lorenz, Basel: Zwei Schädel von Putorius putorius (L.). ” Dr. A. Masarey, Basel: Kadaver von Parus major L. A. Mathey-Dupraz, Colombier: Kadaver von Eliomys quer- cinus (L.). Rob. Pfister, Pontresina: niverse Kadaver von Pyrrhocorax alpinus Vieill. Prof. H. Preiswerk, Basel: Zahn eines unbekannten Unpaar- hufers aus Nummulitenschichten von Chharat bei Fatehjang, Punjab. Georges Reeb, Saint-Louis: Schädel von Meles taxus L. und Corvus corone L., Becken von Vulpes vulpes (L.). Dr. L. Reinhardt, Basel: Säugetierreste aus den prähistorischen Stationen von La Micoque und Laugerie-haute, Dordogne, Dr. J. Roux, Basel: Kadaver von Apodemus flavicollis Mel. F. Sartorius-Preiswerk, Basel: Säugetierreste von La Micoque, Dordogne. Herren Drs. S. Schaub und H. Helbing, Basel: Wirbeltiere aus der Höhle von Thierstein, Solothurn. Herr Dr. S. Schaub, Basel: Kadaver von Motacilla alba L., Nyctalus Pit. noctula Schreb., Coloeus monedula L. W. Schindelholz, Basel: Kadaver von Garrulus glandarius L., Columba palumbus L., Serinus serinus (L.), Carduelis carduelis (L.), Spinus spinus (L.). Jakob Schmidt, Lachs: Zwei Kadaver von Marmotta mar- motta (1). Georg Schneider, Basel: Säugetierreste aus dem Stampien von Rickenbach, Solothurn. Dre: kn Basel: Bängetierreste aus der keltischen Station bei der Gasfabrik. E. Vogt, Basel: Kadaver von Potos flavus Schreb. A. Ziegler, Grellingen: Stosszahn von Elephas primigenius Bl. von Grellingen. Präparator Zollikofer, St. Gallen: Kadaver von Microtus (Chionomys) nivalis Martius und Accentor collaris Scop.; Skeletteile von Graculus graculus (L.), Lanius collurio L, Cypselus melba L., Montifringilla nivalis L., Accentor collaris Scop., Picus canus Gmel., Picoides tridactylus (L.), Asio accipitrinus Pallas, Astur palumbarius L. Zoologischer Garten, Direktion: Kadaver von Cebus capucinus L., Cercocebus collaris Gray, Equus chapmani Lay., Camelus bactrianus L., Rangifer tarandus L., Cervus sika mandschuricus Swinh., idem juv., Antilope cervicapra Pall, Dasypus villosus Fischer, Coloeus monedula L., Crex crex (L.), Ardetta minuta 266 Fritz Sarasin. L., Iynx torquilla L., Grus grus (L.), Pyrrhula pyrrhula (L), Mareca penelope L., Ciconia ciconia (L,), Gallinula chloropus L., Bufo arenarum Hensel. Herr Dr. Zübelen, Basel: Kadaver von Merganser merganser (L.). b) Ankäufe. Säugetierreste aus dem Stampien von Mümliswil (Solothurn) und St-André (Bouches du Rhône), aus dem Aquitanien von Walden- burg (Baselland), aus dem Vindobonien vom Nebelberg bei Nunningen (Solothurn) und von Riedern (Baden), aus dem Pontien von Charmoille (Ajoie) und aus dem Pleistocän von Münchenstein. Kadaver von Helictis orientalis Horsf., Manis javanica Desm,, Chlamydosaurus kingi Gray, Dyromys nitedula intermedia Nehring (2 Exempl.), Montifringilla nivalis L. (2 Exempl.), Gypaëtus barbatus L. Schädel von Perodicticus potto Bosm., Peragale lagotis Gray, Pha- langer maculatus E. Geoffr. (6 Exempl.), Macropus agilis Gould (2 Exempl.), Dactylopsila melampus Thos, Paradoxurus hermaphroditus Schreb., Sciurus notatus notatus (Bodd.), Hystrix javanica F. Ouv., Sciuropterus sagitta L., Cynopterus brachyotis Müll. (2 Exempl.), Tragulus javanicus Gmel. Skeletteile von Echidna aculeata lawesi Rams. (2 Exempl.), Hydromys beccarii Peters, Trionyx cartilagineus Bodd. Geologische Sammlung. a) Geschenke. Herr Prof. A. Buxtorf, Basel: Belegstücke zur geologischen Auf- nahme im Pilatusgebiet; Quarzit- und Buntsandsteingerölle vom Münsterberg. „ Direktor Gerster, Laufen: Koralle Montlivaultia truncata aus dem Glyptieien der Gegend von Laufen: Cytherea. incrassata aus einer Thongrube bei Laufen. » Dr. E. Greppin, Basel : Fossilien und Gesteinsproben aus dem mittleren Lias von Münchenstein, aus der-Gegend von Frick und der Umgebung von Inzlingen. » stud. phil. 7. Heusser, Basel: Kieselkonkretionen aus dem Muschelkalk von Inzlingen. » Präparator Æ. Huber, Basel: Mollusken aus dem Pliocän von Charmoille; Fossilien aus den Renggerithonen von Châtillon und dem Glypticien von Aesch. Basler Naturhistorisches Museum, Jahresbericht 1919. 267 Herr Dr. G. Imhof, Basel: Gesteinsproben und Fossilien aus der Mulde von Undervelier. Cand. phil. H. Kugler, Basel: Süsswasserkalke und Fossilien von Loncy ob Morges. Dr. Frz. Leuthardt, Liestal: Gesteine und Schaustücke der glazial bearbeiteten Doggerkalke von Lausen. „ Ing. Loretan, Basel: Fossilien aus der aquitanen Molasse von Semsales. » Dr. A. Mühlberg, Aarau: Gesteinssuiten aus der Gegend von Singapur, Borneo und den Molukken. Tit. Freiwilliger Museumsverein, Basel: ca. 600 jurassische Fossilien verschiedencr Fundorte, Fossilien aus der Gegend von Merligen und aus den Freiburger Alpen, untercretacische Fossilien aus der Westschweiz; Gault-Ammoniten von Folkestone; Fossilien aus der Molasse der Umgebung von Bern und Kanton Schaff- hausen; Fossilien aus dem Pariser- und Mainzerbecken und von Steinheim; fossile Pflanzen, Crustaceen und Fische von Oningen (Sammlung Dr. Th. Engelmann). Herr Prof. Th. Niethammer, Basel: Geologische Tagebücher seines verstorbenen Bruders, Dr. G. Niethammer, 1902—14. » Dr. A. Oes, Basel: Oligocänpflanzen aus dem Rheinbett bei Basel. » Dr. J. Pannekoek van Rheden, Basel: Gesteinssammlungen aus der Halbinsel Malakka, aus Sumbawa und Flores. „ Dr. $S. Schaub, Basel: Süsswasserkalke aus der Gegend von Therwil; Oligocänpflanzen von der Losenegg. Prof. C. Schmidt, Basel: Gesteinsproben aus dem Becken von St-Etienne und aus den französischen Alpen: Belegstücke zu den Tiefbohrungen von Buix (Pruntrut) und bei Allschwil. Herren Prof. ©. Schmidt, Prof. H. Preiswerk, W. Grenouillet, P. Kelterborn, und H. Tschopp, Basel: Talk- und Asbestgesteine aus Wallis, Tessin und Graubünden. Herr Dr. H. @. Stehlin, Basel: Fossilien aus dem Callovien von Houlgate (Calvados) und aus dem Basler Jura; Fossilien und Gesteinsproben aus dem Oberaquitan von La Chaux bei Ste-Oroix, aus den stampischen Süsswasserkalken ob Onsingen und von Mümliswil; tertiäre Materialien von französischen Fundstellen, Quercy, Gannat, Senèze etc. Herren Dr. H. @. Stehlin, Dr. $. Schaub und Cand. phil. E. Lehner, Basel: Fossilien des oberen Vindobon vom Nebelberg bei Nun- ningen. Herr Dr. A. Tobler, Basel: Perisphinctes martelli aus dem Argovien von Bretzwil. 268 Fritz Sarasin. Herr Cand. geol. K. Wiedenmayer, Basel: Quarzitgerölle aus . Vogesenschottern bei Berlincourt. Wittmer, Basel: Ammonit aus dem untern Malm des Wind- gällengebietes. ” | b) Ankäufe. Fossilsuiten aus dem Basler, Aargauer und Solothurner J ura, Gastro- poden vom Lenzberg bei Aesch; Fossilien von der brochenen Fluh bei Waldenburg; Ostrea callifera von Aesch. c) Tausch. 60 Gastropodenarten aus dem Mainzerbecken und aus Tertiärfund- stellen Württembergs (Dr. Wenz, Frankfurt a/M.). Mineralogische Sammlung. a) Geschenke. Herr Dr. Th. Engelmann, Basel: Brookit, Anatas, Brauneisenstein- Pseudomorphosen nach Calcit, Kaïkspat mit Stilbit in Eisen- rosen, lauter schweizerische Vorkommen; künstlich hergestellte Kristalle (von Dr. ©. Goldbach). b) Ankäufe. Epidot-Pistazit, Vanadinit, Wulfenit, Hiddenit, Antimonglanz, Arsen, Senarmonit, Brewicit, Grenokit, Franklinit, Corindon, Kalkspatkristalle, Glanzkobalt mit Kobaltblüte, Kassiterit, Vauquelinit (Fundstellen im Bericht angegeben). Eingegangen 23. Dezember 1919. Bericht über das Basler Museum für Völkerkunde für das lahr 1919. Von Fritz Sarasin. Das verflossene Jahr ist, was den Zuwachs betrifft, ein ganz ungewöhnlich reiches gewesen, wie aus den Berichten der einzelnen Abteilungen hervorgehen wird. Es sei aber doch schon an dieser Stelle der grossartigen Schenkung des Herrn Dr. Emil Hassler ge- dacht, welcher seine einzigartige, mehrere 1000 Nummern umfassende Sammlung ethnographischer Gegenstände, die er in den Jahren 1885 bis 1892 bei den damals noch zum Teil völlig ursprünglichen In- dianerstämmen Paraguays und der angrenzenden Strecken Brasiliens und Bolivias "angelegt hat, dem Museum überwies. Wir sind hiefür dem hochherzigen Donator zu grossem Danke verpflichtet. Anderer- seits haben uns die Sammlungen des Herrn P. Wirz aus Java, Bali und vornehmlich Holländisch Neu-Guinea umfangreichen Zuwachs gebracht, und da noch weitere und viel grössere Materialien aus derselben Quelle in Aussicht stehen und überdies der Valutastand unserer Nachbarländer uns viele Ankäufe ermöglicht hat, die wir in normalen Zeiten niemals hätten machen können, reichen unsere Mobiliarbestände lange nicht mehr hin, um alle diese wertvollen Sammlungen dem Publikum zur Ausstellung zu bringen. Wir werden uns daher genötigt sehen, in Bälde mit einem nicht unbeträchtlichen Kreditgesuch für Mobiliar an die hohen Behörden heranzutreten, in der Hoffnung, dass sie unserem, wie der lebhafte Besuch zeigt, sehr populären Museum auch in diesem Falle ihre wohlwollende Unter- stützung nicht versagen werden. Im Bestand unserer Kommission ist keine Veränderung einge- treten. Dagegen haben wir durch Tod unseren alten, treuen Diener, Herrn @. Horne, verloren. Der bisher nur provisorisch angestellte Herr J. Bowald ist auf den 1. September des Jahres vom Staate definitiv als Gehilfe erster Klasse für technische Arbeiten uns zuge- teilt worden, wofür wir den Behörden zu Dank verpflichtet sind. 270 Fritz Sarasin. In den regulären Beiträgen des Staates, des Museumsvereins und der Gemeinnützigen Gesellschaft ist keine Veränderung einge-, treten. Der Akademischen Gesellschaft haben wir eine Zuwendung von 800 Fr. zu verdanken zur Anschaffung anthropometrischer In- strumente. Auch ein Geschenk von 500 Fr. von einem ungenannten Gönner sei hier dankend erwähnt. Erfreulicherweise hat, dank den Bemühungen unseres eifrigen Kassiers, des Herrn Dr. J. Roux, die - Mitgliederzahl unseres privaten Unterstützungsvereins, des soge- nannten Fünfliberklubs, recht erheblich zugenommen; sie beträgt heute 140 und wird, so hoffen wir, noch weiter anwachsen. Mit ganz besonderem Danke endlich sei hier der Jubiläumsgabe von 15,975 Fr. gedacht, welche 174 Freunde dem Unterzeichneten bei Anlass seines 60. Geburtstags zugunsten unseres Museums zum Zwecke von Anschaffungen zu übermitteln die Güte gehabt haben. Im Laufe des Jahres ist unser Museum von 52 Basler und aus- wärtigen Schulen mit ihren Lehrern besucht worden, und, wie immer, haben verschiedene Mal- und Zeichenklassen darin regelmässige Kurse abgehalten, sowie auch mehrfach einzelne Künstler und Studierende darin tätig gewesen sind. Die Führungen der Herren Prof. Hoffmann, Dr. Roux, Prof. Rütimeyer und Prof. Speiser sind stets lebendigem Interesse begegnet. Auf Wunsch sind besondere Führungen durch sämtliche Herren der Kommission veranstaltet worden für die Schweizerische Predigergesellschaft, die Generalversammlung des Alpenklubs und den Lese- und Verkehrsverein Bettingen. Erwähnt seien auch die Volkshochschulkurse des Herrn Prof. Speiser. Die Kommission hat in diesem Jahre auch einen öffentlichen Vortrag im Bernoullianum veranstaltet, wo Herr Prof. T'h. Koch-Grünberg über seine brasilianischen Reisen sprach. — Bevor wir nun zu den Berichten der einzelnen Abteilungen übergehen, sei unser Museum, wie alljährlich, dem einsichtigen Wohlwollen unserer Behörden und der tatkräftigen Mithilfe der Einwohnerschaft Basels aufs beste an- empfohlen. Prähistorische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. P. Sarasin.) Im Laufe des Jahres 1919 sind der prähistorischen Sammlung die folgenden Geschenke zugeflossen: Einen sehr interessanten Feuerstein mit scheinbar künstlicher Retuschierung, einen ächten Eolithen von der Art, wie man sie auf den Anhöhen von England auflesen kann, hat Dr. E. Greppin im Glazialschotter auf der Sichtern bei Liestal gefunden. Das Gebilde ist von den entsprechenden in England, z. B. vom Kreideplateau von Kent, schlechterdings nicht zu unterscheiden und stellt den ersten Br 7: Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 271 derartigen Fund in der Schweiz dar. Wie man weiss'), handelt es sich bei diesen Feuersteingebilden nicht um künstlich zugerichtete Steine, nicht um Artefakte also, sondern um Naturprodukte, durch den Druck langsam sich verschiebender, gewissermassen nach Art der Gletscher in Fluss befindlicher Schottermassen entstanden. Härtere Steine, auf die Kanten der Feuersteinscherbe gepresst, sprengen retuschenartige Splitter von ihr ab, retuschieren also die Kante des Feuersteines. Es sind Isifakte oder Naturprodukte, wie alle anderen Eolithen, die zu Täuschungen und infolge davon zu ausführlichen Diskussionen, ja zu eigentlichen Konflikten unter den Prähistorikern Anlass gegeben haben. Herr Dr. Greppin hat mich selbst zu der Fundstelle begleitet; da es sich dabei aber nur um lose hingestreutes, durch Erosion freigelegtes Glazialgeschiebe handelt, gab dieser spezielle Fund keine Auskunft über seine Ent- stehung. Die Grundmoräne, worin der Eclith gefunden wurde, ge- hört nach Greppin dem Ende der Risseiszeit oder der grössten Ver- gletscherung an, als der Rhonegletscher den ganzen Tafeljura über- deckte. Einen kleinen Faustkeil von Le Grand Pressigny, wohl dem Acheuleen zuzuteilen, aus dem honiggelben Feuerstein, der daselbst auch eine eigentliche Industrie von neolithischen Steinwerkzeugen hervorgerufen hat, übergab uns Herr F. Sartorius- Preiswerk. Herrn Dr. L. Reinhardt verdanken wir paläolithische Gegen- stände aus prähistorischen Stationen des Vezeregebietes, darunter mousteriolithenartige Steingeräte von der Station Laussell, sowie Knochenfragmente, darunter ein Spachtel und das Fragment einer Wurflanzenspitze, aus dem Moustérien von La Ferrassie; die Knochensplitter zeigen die für das Mousterien charakteristischen Einschnitte, als solche eine noch rätselhafte Erscheinung, ein eigent- liches Leitartefakt des Mousterien. Weiter Aurignacienglyptolithen von Fongal, zwei Klopfsteine mit Schlagnarben, Protolithen, von einer Herdstelle des Magdalénien von Laugerie haute. Das Fragment eines schalenförmigen Steines aus der paläo- lithischen Station Laugerie basse an der Vézère, sowie eine grössere Anzahl von Knochenfragmenten von ebendaher, die noch näher untersucht werden müssen, verehrte uns Herr F. Sartorius- Preiswerk. Einige Feuersteinglyptolithen und Knochengeräte von Laugerie basse überwies uns Herr Dr. H. @. Stehlin. 1) Siehe P. S. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen, Verh. Naturf. Ges. Basel 22, 1911, p. 31. 272 Fritz Sarasin. Eine messerartige Steinklinge, den grossen solchen bei Gundol- dingen, bei Lausen, sowie in der Höhle von Arlesheim gefundenen ähnlich, hat Herr Direktor Othmar Gerster im Löss von Allschwil ca. 1,5—2 m tief eingebettet gefunden und der Sammlung über- wiesen, Ob es sich um primäre Lagerstätte dabei handelt, dürfte zweifelhaft sein. Das Stück wurde in der Mulde zwischen den beiden grossen dortigen Lehmgruben gefunden, wie ausdrücklich bemerkt wird. Diese grossen Feuersteinlamellen scheinen eine eigene Litho- olyphie in der Umgebung von Basel und in der Landschaft gebildet zu haben; sie verdienen eine einheitliche Darstellung. Der jüngeren Steinzeit gehört ein angesägter Stem von der Station Lüscherz am Bielersee an, don. Dr. Engelmann. Des weiteren ein aus Stein gearbeiteter Wirtel von Riehen-Bettwil aus dem Nachlass von f Pfarrer G. Linder von Riehen. Das Fragment eines Steinbeiles, bei Aesch gefunden, übergab uns Herr Dr. Helbing. Neolithische Pfeilspitzen und Silexlamellen, aus der Sammlung von 7 Prof. Uzielli in Florenz stammend, aus Toskana ohne näher be- zeichneten Fundort, übermittelte uns Herr Pfarrer A. Iselin ın Florenz; desgleichen ein sehr regelmässig geformtes ringförmiges Steingebilde von Arezzo, das ich für eine Konkretion, ein Isifakt also, erklären muss. Herr Dr. @erold Stahel in Oberetalt (Kanton Zürich) verehrte uns vier neolithische Steinbeile aus Surinam, von denen zwei aus einem Indianergrab bei Paramarıbo stammen; die beiden anderen wurden auf Ackerfeldern von Negern gefunden; sie zeigen dement- sprechend Rostspuren auf ihrer Oberfläche, hervorgerufen durch die Radreifen und anderen Eisenteile der Pflüge und Ackergeräte, sowie die Hufeisen der Zugtiere. Die Form eines Stückes ist eine regel- mässige Scheibe, nur an der Bindungsstelle besonders zugerichtet, und es besteht dasselbe aus einer sehr harten Steinart; denn die, wie zahlreichen Rostspuren beweisen, vielfach darüber gegangenen Räder, Hacken und Hufeisen der Pferde haben nicht die geringste Retusche am zugeschärften Rande der ziemlich dünnen Steinplatte anzubringen vermocht. Herr Dr. W. Hotz, durch seine geologischen Forschungen im malayıschen Archipel the bekannt, überbrachte uns zwei Stein- beile aus Borneo von selten flacher na eines aus sehr hartem grünem Gestein und wohl poliert; man nenne sie dort gigi guntur, zu deutsch Donnerzähne, Blitzsteine also, dieselbe Bezeichnung, die diese Steinwerkzeuge allenthalben und zwar schon seit dem klas- sischen Altertum von Europa über Afrika und Asien weg, sowie über Nord- und Südamerika hin erhalten haben, als eine typische Wanderidee, als welche ich diese geistigen Lauffeuer bezeichnen Basler Museum für Vôlkerkunde, Jahresbericht 1919. 273 möchte, und so also auch in Borneo, obschon doch verhältnismässig unfern östlich davon, nämlich im melanesischen Archipel und in Australien, diese Zähne des Blitzdrachen noch heutzutage als Stein- beile im Gebrauch sind. Übrigens dürften schon zur Steinzeit zu- fällig aufgefundene Steinbeile mit nicht geringerer Verwunderung betrachtet worden sein, wie heutzutage zufällig gefundene Hufeisen, denen das Volk ebenfalls überirdischen oder dämonischen Ursprung zuschreibt und die es sich als mit besonderen Kräften begabt vor- stellt, obschon es ja doch weiss, wozu ein Hufeisen dient und dass ein Gaul gelegentlich eines verlieren kann und obschon Hufeisen ja überhaupt erst seit der Eisenzeit existieren; aber jede unerwartete Erscheinung erscheint auch unerklärlich, und die Phantasie beginnt sogleich ihr Spiel und verdrängt die Einreden des nüchternen Ver- standes; gefundene Steinbeile werden zu Donnerkeilen des schon in der Steinzeit verehrten Sonnengottes, und gefundene Hufeisen sind die des Schlachtrosses des Donner- und ursprünglichen Sonnengottes Wodan, des wilden, gespenstischen Reiters. Ich habe ferner einen prähistorischen Fund aus der näheren Umgebung von Basel anzumelden. Beim Laupenring fiel mir unter den aufgehäuften Rollkieseln aus einem der dortigen Pflanzeärten ein runder, grober Knauer auf, der, obschon ganz mit lehmartiger Erde überzogen, doch rundum eine Einfurchung erkennen liess. Nach der Reinigung stellte es sich heraus, dass eine ziemlich tiefe Ring- furche : künstlich in den Stein hineingearbeitet war, ganz ent- sprechend wie man dies an neolithischen solchen aus den west- schweizerischen Seen findet; es handelt sich demnach wohl um einen neolithischen Keulenstein. Er schliesst zusammen mit den Stein- beilen, die schon recht zahlreich in der näheren und ferneren Um- gebung der Stadt gefunden wurden, ist aber als solcher bis jetzt Unikum. Endlich hat uns Dr. Fritz Sarasın einen modernen Netzsenker aus Lugano mitgebracht; er wurde der prähistorischen Sammlung einverleibt, da er, ein mit Bindungskerben versehener Geschiebe- stein, genau mit entsprechenden solchen übereinstimmt, wie man sie in neolithischen Stationen, und wohl auch später, von Europa bis Japan vorfindet, sodass er als prähistorisches Relikt in der Gegen- wart zu bezeichnen ist. 18 274 Fritz Sarasin. Polarvölker, Afrika und Vorderasien. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. Leop. Rütimeyer.) Polarvölker. Für die arktische Sammlung ist für das Berichtsjahr kein Zu- wachs zu verzeichnen resp. ein solcher, sehr bedeutungsvoller, lief erst kurz vor Jahresschluss ein und wird im nächsten Berichte seine Würdigung finden. Hier sei nur erwähnt, dass es endlich gelungen ist, eine seit 1914 vom Referenten umworbene Kollektion aus den grossen sibirischen Sammlungen der Alexander’schen Expedition zu erwerben, die in den Jahren 1907—13 im Verein mit einer von der kaiserlich russischen Akademie ausgerüsteten Expedition wohl die letzte grosse ethnographische Sammlung sibirischer Naturvölker, die teilweise gegenwärtig gar nicht mehr als solche existieren, zusammen- brachte. Es sind höchst interessante und gute alte Stücke, die wir bei dieser Gelegenheit erhalten konnten; sie gehören an den Stämmen der Oroken, Wogulen, Giljaken, Golden, Jakuten und Samojeden. Afrika. Der Zuwachs der afrikanischen Sammlung ist mit 77 Nummern im Vergleich zu frühern Jahren ein sehr bescheidener, enthält aber doch manches recht gute. Vor allem sei hier erwähnt eine Kongo-Samm- lung, die uns Herr Dr. A. David aus dem Nachlasse seines leider so früh verstorbenen Bruders Dr. J. David schenkte, dem wir s. Z. so wertvolle Objekte unseres Kongobestandes zu verdanken hatten. Nordafrika geht diesmal völlig leer aus. Westafrika. Aus Togo schenkte der Vorsteher ein ähnliches nagelförmiges Opfertischchen aus Eisen, wie letztes Jahr eines aus Da- home aus Messing, dazu ein kleines Thontöpfchen als Spendegefäss. Ge- kauft wurde eine Knierassel. Aus Kamerun stammt ein 67 cm langer Hinterschurz der Balifrauen (faux-cul). Dieser sonderbare Toiletten- gegenstand besteht aus einem dicken, stark konvex nach hinten ab- gebogenen Wulst aus Grasfasern mit Dekor aus roten Perlen und ‘Porzellanknüpfen, er wird auf dem Gesäss aufgebunden. Von Metall- arbeiten sei erwähnt ein spiralig gedrehter Armring aus Bronce in besonders schöner Ausführung, sowie ein grosser Fingerring aus Kupfer, der statt eines Siegelsteines einen Ochsenkopf aufweist (Ossi- dinge am Crossfluss, Westkamerun). | Angeblich ebendaher stammt ein vom Referenten geschenkter Idolkopf, aus Holz geschnitzt und mit der Haut eines Tierfötus überzogen; zur Behaarung sind Negerhaare verwendet, wie wir sie in anderen ähnlichen Exemplaren von Calabar und dem Oelflusse in Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 275 unserer Idolsammlung besitzen; gekauft wurde noch ein kleines aus Palmholz geschnitztes Idol, angeblich aus Boki (Nordkamerun). Zentralafrika. Die obenerwähnte Origmalsammlung aus dem Nachlass von Dr. J. David umfasst 43 Stücke und wurde von ihm in den Jahren 1904—06 in den Gegenden des obern Ituri und Nepoko zusammengebracht. Es sind vor allem 15 Messer, Kriegs-, Gebrauchs-, Prunk- und Wurfmesser, auch Schwerter und Dolche, welche aufs neue die ausserordentliche Mannigfaltigkeit dieser Metall- technik bei den Kongovölkern nachweisen und obschon wir von dort eine ganz besonders grosse Sammlung besitzen, doch wieder für uns neue Formen repräsentieren. Hervorgehoben seien besonders ein 48 cm langes Kupferschwert, sowie ein hübsch gearbeiteter Kupferdolch, ein Wurfmesser mit 4 Klingen, ein arabischer Doppel- dolch mit zentralem Handgriff aus Elfenbein, die Klinge mit ein- seätzter arabischer Schrift und vorne ähnlich einem Vogelschnabel gespalten. Ferner sind da 2 Bogen mit Köcher und Pfeilen wohl der Mobali; einige der letztern haben statt der Befiede- rung ein dreieckiges Lederstück; bei einem Bündel von Pfeilen der Wambutti mit hölzerner Spitze dient hiezu ein Blatt. Unter. einer Anzahl von Lanzen (Mobali) sei hervorgehoben eine Prunk- lanze, deren Schaft mit abwechselnden Streifen von schwarzen und weissen Perlen überzogen ist. Genannt seien ferner 2 Ruder von 273 em Länge mit spitz-ovalen Ruderschaufeln in schöner durch- brochener Schnitzarbeit und mit Dekor in Kerbschnitt, ein spindel- förmiger Schwimmer aus leichtem Holz von 130 em Länge mit auf- gewickelter Angelschnur mit Angel, wie er zum Fischen benützt wird, ein Bastklopfer aus Elfenbein, ein Hockerstuhl und Rohkaut- schuk, wie er in den Handel kommt, mit Zweigen der Kautschukliane, Erworben wurde aus anderer es eine Holzmaske vom Leopoldsee, ein menschliches Gesicht mit 2 Hörnern, welche sehr gewissen Masken aus dem Lötschental gleicht, ein Sn: Rotholz mit eingepresster Ornamentik aus Mittelkribu, welches als Geld- tauschmittel gebraucht wird. Einen Kupferdoich der Basoko von besonders guter Technik der Ausführung schenkte der Vorsteher, ein kleines 5 cm langes Amulett, höchst wahrscheinlich ebenfalls den Kongoländern angehörig, schenkte Herr Dr. P. Chappuis. Dasselbe ist deshalb von besonderm Interesse, weil es in zierlicher Arbeit aus Speckstem geschnitzt ist. Wir kennen in Afrika ausser den be- kannten Specksteinidolen aus dem Hinterlande von Sherbro nur Speck- steinfiguren aus der Kataraktengegend des Kongo’). Während im 2) Vergl. Annales du Musée du Congo, Bruxelles 1902—06. Tome 1. Les Arts, Religions pl. 52, fig. 614 et 615. 276 Fritz Sarasin. ersten Falle diese Technik eine im afrikanischen Sinne des Wortes „prähistorische‘“ ist, wird sie im letzteren noch bis in die neueste Zeit ausgeübt. Das Amulett ist offenbar, da es eine gravide Frau darstellt, ein Schwangerschaftsamulett. Aus dem französischen Kongo erhielten wir aus einer von einem Elsässer, der viele Jahre sich dort aufgehalten, mitgebrachten Samm- lung ein ungewöhnlich interessantes Stück, nämlich ein Idol der Babombe aus der Gegend des Mittellaufes des Quilu. Es ist eine mit einem halbmondförmigen Ausschnitt gekrönte rundliche Holz- scheibe, auf deren Mitte eine konkave ovale Schale aufgeschnitzt und durch ein Halsstück mit einem rautenförmigen Rahmen ver- bunden ist. Es ist 60 em hoch und grösstenteils überzogen mit Messingblech und Kupferstreifen ; im Mittelfeld der genannten Schale ist ein Gesicht markiert mit 2 Augen und Nase, aber ohne Mund. Diese Idole, die laut dem genannten Gewährsmann sehr alt und äusserst selten sein sollen, werden als ,,fétiches de guerre“ mit in den Krieg genommen. Ebenfalls ein Kriegsidol, welches vor dem Kampfe angerufen wird, ist eine unförmlich dicke, armlose, mit einer Art Helm versehene Figur, anscheinend aus Rois a und mit einer dieken Schicht Kautschuk überzogen. Sie stammt aus der Gegend zwischen Brazzaville und Loango; endlich kommt aus gleicher Quelle ein kleines Schwangerschaftsidol aus Holz, welches durchaus dem allerdings viel zierlicher aus Snadbsun gearbeiteten ähnelt. Aus Ruanda erwarben wir ein gerades Schwert mit Holz- scheide, von den Mombuttu eine Nackenstütze aus einem viergabligen Zweigstück, ähnlich wie sie Schweinfurth?) beschreibt. Südafrika brachte geringen Zuwachs mit einer Halskette der Ovambo und einem originellen Rasselgürtel der Betschuanen, be- stehend aus Schmetterlingskokons, die auf einer Schnur aufgereiht, beim Schütteln rasseln. Etwas besser repräsentiert ist dann wieder Ostafrika. Erworben wurden einige Schmuckstücke, Arbeitsmesser und Mütze aus Ochsen- blase der Massai und Wadschagga; originell ist ein Schwangerschafts- amulett der Massai, bestehend aus einem Bündel von an einer Schnur aufgereihten Objekten wie Kranichkopf, Gnuklaue, Glasperlen, Holz- stücke, Raubtierzähnen, Gürteltierschuppen, Antilopenschwanz etc. Einen Holzbecher aus Ufipa schenkte der Referent, Aus Abessinien verdanken wir Herrn P. Wirz eine hübsche Guitarre, einen auf einem Grabe gefundenen Holzlöffel mit Kerb- 3) Schweinfurth, Artes africanae Tab. XVII, fig. 17. Er Basler Museum für Vôlkerkunde, Jahresbericht 1919. 277 _ schnitt und ein Messer. Einen Prunkdolch ebendaher schenkte der Vorsteher. Aus den Nilländern endlich kommt ein Kohlbüchschen mit Stylus (Ostsudan), ein eleganter Kopfschmuck aus Straussenfedern der Dinka und ein Kinderkittel aus Chartum, letztere 2 Stücke ge- schenkt von Herrn Dr. A. David. Vorderasien. In Fortsetzung der Serie der letztes Jahr erwähnten „phönizischen‘“ Objekte war es dieses Jahr zufällig wieder möglich, aus einer Privat- sammlung in Basel einige weitere aus Palästina stammende antike und ältere Gegenstände zu erwerben. Vor allem sei genannt eine kleine Kollektion von 11 Stück jener schon im letzten Bericht er- wähnten „arabischen Glasmünzen“, die der Referent schenkte, Es sind teilweise etwas unregelmässig runde, auf einer Seite mit auf- gewulstetem Rand versehene Scheiben aus grünem, gelbem und schwarzem Glas, durchsichtig und undurchsichtig, Durchmesser 1/a bis 21/2 cm; eines der Stücke scheint aus einer weissen Porzellan- masse gemacht. Auf der Oberseite weisen diese Münzen eine Auf- schrift auf, mit Ausnahme eines aus bernsteinfarbenem Glas bestehenden Stückes, welches einen stilisierten Löwen von altassyrischem Aus- sehen, darüber einen Stern mit Halbmond, aufweist. Die Stücke sollen alle nach Versicherung meines Gewährsmannes aus jüdisch- syrischen Gräbern in Palästina stammen. Die teilweise Erklärung dieser noch vielfach rätselhaften Objekte verdanke ich der grossen Liebenswürdigkeit von Herrn P. Staudinger in Berlin, an der ich mich ın dieser Sache gewandt hatte, Sie wurden durch seine freund- liche Vermittlung untersucht von Prof. Menadier, Direktor des Münzmuseums ım Kaiser Friedrich-Museum, der wenigstens bei 3 Stücken die Inschrift in arabischer Sprache entziffern konnte. Die eine heisst „gemacht von Omar“, auf den andern sind die Namen der fatimidischen Chalifen Al-Häkim, 996—1020 n. Chr., und Al-Mustansir Mäadd, 1035—1094 n. Chr.,; zu lesen. Diese Stücke sind also sicher arabisch, nur ist ihre Bedeutung noch unklar. Die genannten Herren, denen für ihre freundlichen Bemühungen auch an dieser Stelle bestens gedankt sei, glauben, dass es sich nicht um Münzgewichte handelt, wie Prof. Æuting angenommen hatte, sondern um eine Art von Marken. Zwei plankonvexe Siegel aus einer wachs- ähnlichen Masse mit unleserlichen (arabischen oder hebräischen?) Schriftzeichen, die einen zentralen Stern umrahmen, sind noch un- sicher in der Deutung. Der gleichen Quelle, also aus palästine- sischen Gräbern, entstammen 16 Thonlampen, von denen eine mit einer Venus-Figur sicher römisch ist, die andern aber sehr wohl 278 Fritz Sarasin. jüdisch oder phönizisch sein können. Es sind ovale Lampen aus grauem Thon mit grosser zentraler Öffnung, die durch eine Rinne verbunden ist mit einer Dochtöffnung im Schnabel. Sie gleichen durchaus solchen, die Renan*) beschreibt, aus Saida, aus Gräbern jener - grossen Nekropole, die allerdings von der phönizischen voralexan- drinischen Zeit an bis zur christlichen wiederholt benutzt wurden. Wenn also jene Glasmarken wirklich in diesen Gräbern gefunden wurden, so sind sie später sekundär in dieselben gelangt.: — Antik scheint auch eine Steinschale zu sein, die in Moab am Toten Meer bei Erdgrabungen gefunden wurde. Aus Bagdad schenkte uns Herr Dr. E. Möller aus einem dortigen Gräberfeld, welches schon aus alt- -babylonischer Zeit stammt, 2 Bruch- stücke eines Bildwerkes aus Thon mit grüner Glasur, otre nach dem Urteil von Prof Pfuhl, der die Freundlichkeit hatte dieselben zu untersuchen, eine Astarte darstellt aus hellenistischer Zeit, nach dem IV. Jahrhundert v. Chr. Eine aus dem gleichen Grabfeld stammende Scherbe einer grün- glasierten Urne mit Dekor durch Fingereindrücke am Rand ist unbe- stimmten Alters. Aus dem modernen Vorderasien endlich schenkte uns Herr Pfarrer S. Preiswerk in Basel ein Kohlbüchschen mit Stylus aus Bronze aus Damaskus. Vorderindien und Ceylon. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Das ethnologisch so enorm wichtige Vorderindien ist in unserem Museum merkwürdigerweise immer noch recht stiefmütterlich be- dacht. Der einzige Zuwachs des Jahres besteht in einem Geschenk des Herrn M. Krayer-Freyvogel von Gegenständen aus dem Nach- lass seines Schwiegervaters Æ. Freyvogel- Wright. Von den 14 Nummern erwähnen wir 3 alte bemalte Kaschmirgefässe von für uns neuen Formen, 2 sorgfältig bemalte Thonteller, auf deren einem der blaue Wischnu vor Genien, Menschen und einer aufmerksamen Tiergemeinde wie Orpheus musiziert, und 2 Fayenceplatten, von denen schwer zu sagen ist, ob sie indischer oder persischer Her- kunft sind, was übrigens für yiele Kunsterzeugnisse der beiden Länder in = lien Weise gilt. Unsere Sammlung der Wedda von Ceylon ist durch ein sehr rohes Stück ‚einer Baumbastmatte und durch eine kleine Tasche aus 4) Renan, Mission de Phénicie, Paris 1864, p. 408 et 410 et Pl. XXIV. 4 Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 279 Eichhornfell vervollständigt worden (Tausch mit dem Zürcher Museum). Malayischer Archipel. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Der Zuwachs von 64 Objekten verteilt sich auf die Inseln Su- matra, Borneo, Java, Bali, Lombok, Flores, Timor, Gisser, Tenimber, Kei und Aru. Aus Zentralsumatra erhielten wir von Herrn Dr. A. Hirschi in Braunwald 2 grosse Holzplatten zum Waschen des Flussgoldes, ferner einen Dolch und 2 Schwerter mit geschnitzten Horngriffen aus Atjeh. Durch Kauf wurde unsere schon be- trächtliche Sammlung von Gelbgussarbeiten der Padang’schen Boven- lande durch 2 reich ornamentierte Gefässe und eine alte Lampe mit 9 Brennern vermehrt. Borneo ist durch einige Gaben des genannten Herrn Dr. Hirschi vertreten, unter denen ein durchbrochen ge- arbeitetes messingenes Sirihkästchen aus Negara bei Martapura und ein Dajakschwert mit besonders schön eingelegter Klinge hervorge- hoben sein mögen. Die javanische Abteilung erhielt Zuwachs durch eine Auswahl der von Herrn P. Wirz von dort mitgebrachten Sammlung. Willkommen zur Illustration der Batiktechnik war dar- unter ein halbfertiger Sarong mit den vor der Färbung in gelbem Wachs aufgetragenen Ornamenten, nebst verschiedenen Farbstoffen. Neu für uns waren auch das javanısche Blasrohr aus den Preanger Regentschaften und eine sehr merkwürdige Flöte mit aus Holz geschnitzter, stilisierter Pferdefigur und zwei Reitern aus dem Tenggergebirge, wo bekanntlich immer noch ein alter Bevölkerungs- rest in einer gewissen Ursprünglichkeit sich erhalten hat; ausserdem Gewebe von Tosari und Surabaja, sehr grosse und sorgfältig ge- arbeitete Wajang- oder Schattenspielfiguren, Lanzen und Schwert von Djokjakarta. Besonders bedeutsam war der Zuwachs aus der wegen des bis heute konservierten Hinduismus so bemerkenswerten ‚Insel Bali (Sammlung P. Wirz), wo sich in allen Produkten ein hoher künstlerischer Geschmack offenbart, so in den Geweben, von denen einige prächtige, mit Gold- und Silberfäden bestickte Muster vorliegen, nebst einem vollständigen Bandwebstuhl mit Zubehör, den Eisenarbeiten, die durch drei Krisse mit höchst elegant durch Messingeinlagen und Aufsätze geschmückten Klingen, Schwert und Lanze vertreten sind, den aus Leder ausgemeisselten und bunt be- malten Wajangfiguren, von denen acht, zum Teil, um die Technik zu zeigen, noch unfertige Stücke vorliegen und in der Holz- schnitzerei, mit der der Balier Wohnhaus und Tempel schmückt. 280 Fritz Sarasin. Von einem Wohnhaus stammen zwei grosse bemalte Nagas, Schlangenleiber mit Löwenköpfen, Endstücke von Tragbalken. Mythologische Bedeutung haben auch ein bunt bemalter, geflügelter Löwe und eine Dämonenfigur, halb Löwe, halb Affe. Eine aus Palmblatt geschnittene, stark stilisierte, menschliche Figur wird von armen Leuten als Substitut der wirklichen Leiche bei Gelegen- heit der Verbrennung eines Begüterten dem Feuer übergeben. Nur die Wohlhabenden besitzen die Mittel, Leichen verbrennen zu lassen. Bei’ solchen Gelegenheiten graben Arme die Knochen ihrer Ange- hörigen aus und übergeben sie dem Feuer, zugleich mit einer solchen Palmblattfigur. (Mitteilung P. Wirz). Hiezu ein Buch auf Palm- blatt geschrieben, vermutlich religiösen Inhalts, allerlei Geräte des täglichen Lebens, Lampe, Kamm, essbare Erde für schwangere Frauen u. a. m. Aus Lombok stammt eine alte, bunt bemalte hölzerne Löwenmaske, mit Krone aus Leder und rotem Bart aus Ziegenhaaren, wohl zum Kult gehörig. Ostwärts vorschreitend, verdanken wir Herrn Dr. Pannekoek van Rheden als Deposita zwei wertvolle Goldgehänge aus Flores und Herrn Dr. H. Hirschi als Geschenk einen vollständigen Web- stuhl mit allem Zubehör von der Nordküste des portugiesischen Timor, ebendaher ein Kopfjägerschwert, dessen mit Ziegen- haaren besetzter Griff teilweise einen Belag mit Zinn aufweist und einen Speisedeckel von Gisser. Aus Tenimber stammen eine fast 1 m hohe Holztrommel, die auf dem Kopfe einer weiblichen. stehenden Figur mit starken Ziegenbrüsten ruht, vor der auf dem! runden Sockel eine kleine : Opferschale angebracht ist, und zwei rohe hölzerne Idole (Samm- lung P. Wirz). Endlich ist unsere, durch Herrn Dr. J. Roux's Sammelarbeit schon sehr reiche Kollektion von den Kei- und Aru- Inseln durch einige Gebrauchsobjekte des täglichen Lebens ergänzt worden. China-Japan. _ (Bericht des Vorstehers, Pfr. Sam. Preiswerk.) Unter dem Zuwachs des Jahres 1919 nimmt die erste Stelle ein ein japanisches Prunkschwert, welches dank der Hilfe des Fünfliberklubs konnte erworben werden. Griff und Scheide sind mit reichen Schnitzereien in Elfenbein oder Bein überzogen, welche neben stilisierten Fasanen mancherlei Kampfszenen darstellen. Ein Schaustück von hervorragender Grösse wurde durch Herrn M. Krayer-Freyvogel geschenkt, nämlich eine japanische Vase von 130 cm Höhe auf geschnitztem Holzsockel. Dieselbe ist reich Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 281 bemalt mit Blumen, Ornamenten und zwei Gruppen von mensch- lichen Figuren. Vom Vorsteher wurden fünf Stück chinesische Schlagwaffen geschenkt, darunter namentlich zwei gute, alte Exemplare von Schlagdegen oder Keulenschwertern, wie sie bis- her uns gefehlt hatten. Für eine Anzahl kleinerer Geschenke sei auf das nachfolgende Verzeichnis verwiesen und hier noch erwähnt eine Zuweisung von Herın P. L. Abry, bestehend in einer grössern Anzahl japanischer Gegenstände, sowie ein mächtiger Karpfen aus Baumwollstoff, wie sie in Japan beim Feste der Knaben an hohe Bambusstangen gehängt werden, Geschenk des Herrn E. Zutt in Küssnacht bei Zürich. Melanesien. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Überaus reich war der diesjährige Zuwachs der melanesischen Abteilung, 194 Nummern umfassend. Der wichtigste Teil hie- von entfällt auf das bisher bei uns nur spärlich vertretene Nie- derländische südwestliche Neu-Guinea, wo Herr P. Wirz vier Jahre zum Zwecke ethnologischer Forschungen zu- gebracht und Sammlungen von grösster Bedeutung angelegt hat, von denen uns eine erste Auswahl überlassen worden ist. Die mei- sten Objekte sind in der Küstengegend von Merauke und im rahen Hinterland beim Stamm der Marind gesammelt worden, eine kleinere Zahl im Bezirk des Digulflusses. Der geplanten Monographie des Herrn Wirz darf mit Spannung entgegengesehen werden. Die am meisten in die Augen fallenden Gegenstände der Sammlung sind ohne Zweifel diejenigen, welche bei Tanzzeremonien zur Verwen- dung kommen. So gehört zum Bizarrsten, was die in solchen Dingen so unendlich phantasievollen Eingeborenen von Neu-Guinea ge- schaffen haben, die Tanzausrüstung des ‚„Bananengeistes“, der auf seiner kegelförmigen, mit Abrus- und Coixkernen besetzten Kopf- maske einen in Holz gearbeiteten Fruchtstand und fünf weiss- und rotbemalte Bananenblätter in fast natürlicher Grösse trägt. Der Körper des Maskentänzers ist mit mächtigen, ausgezackten, schild- artigen Gebilden aus leichtem Holz behangen, auf denen wiederum rote und schwarze Abruskerne und silbergraue Samen von Coix elegante Muster bilden. Ein anderes Tanzgerät in Form eines riesigen Schmetterlings stellt nach P. Wirz Sonne, Mond und Wol- ken dar, ein bunt bemaltes Gebilde den Sonnenuntergang. Zum Tanz gehören ferner reich ornamentierte Tanzstäbe und sine schön dekorierte, sanduhrförmige Trommel. Hier mögen auch die Schwirr- hölzer des Stammes Kanum angeschlossen werden. Stücke höchsten 282 Fritz Sarasin. Interesses sind des weiteren die Kopfjagdtrophäen, die teils aus Männerhäusern, teils von Gräbern stammen. Die vollkommensten sind noch mit Haut überzogen, bunt bemalt, mit Rotangstreifen als Nase und Oberaugenbogen und mit mächtiger Grasflechtwerk- Perücke am Hinterkopf; andere sind bloss nackte und bemalte Schädel. Zu den kultischen Objekten gehören Zaubersteine und Zauberhölzer verschiedener Art, für deren innere Bedeutung wir auf die zu erwartende Monographie des Herrn Wirz verweisen müssen. Von dem überreich vorhandenen Körperschmuck, fast unend- lich variabel, sowohl nach Form, als nach Material (Federn, vor- nehmlich vom Kasuar und von Paradiesvögeln, Schnecken, Mu- scheln, Perlmutter, Schildpatt, Glasperlen, Früchte und Samen, Eberhauer und Hundezähne, Vogelknochen, Schweinsschwänze und verschiedenes Flechtwerk) gehört ein guter, hier aber nicht aus- zuscheidender Teil gleichfalls zu Tanz und Kult. Wir finden da Schmuckobjekte für Kopf, Stirne, Ohren, Hals, Bauch und Arm. Am zierlichsten ist ein von jungen leuten getragener Kopfschmuck, bestehend aus dem perlmutterglänzenden Septum einer Nautilus- schale, mit zwei darin befestigten langen schwarzen Federkielen, die mit je einer weissen und einer schwarzen Feder besteckt sind. Zum Körperschmuck gehören noch Penisfutterale, der Trauerschurz einer Witwe und eine Faserschürze. Die Waffen sind vertreten durch schwere Kopfjagdkeulen, aus starkem Bambus gearbeitete Bogen, Pfeile verschiedener Form, Panzer aus Rotanggeflecht, Speer- werfer und eine Reihe von Lanzen mit Kasuarklauenspitzen, man- nigfachen Widerhaken und durchbrochenen Schmuckplatten; einige Schäfte tragen den bei Tanzfesten üblichen Schmuck aus reihen- weise angebrachten Büscheln gelber Paradiesvogelfedern. Von den Geräten des Haushalts erwähnen wir endlich den Grabstock, Sago- klopfer und Sagobehälter, Steinbeil, Handnetz, Fischkorb, zwei Ruder, von denen das eine oben in einen Arm mit Fand, das andere in einen Vogelkopf ausläuft, Kindertragkorb, Tragnetz, Kalkkalebasse und Tabakspfeife. Unsere schon recht ansehnlichen Bestände aus dem früheren Deutschen Neu-Guinea konnten durch Ankäufe noch etwas vervollständigt werden. Davon seien bloss namhaft gemacht eine Holzmaske vom Huongolf, eine Nackenstütze mit Gesichtsmasken und diverse Schmuckgegenstände. Eine Tanzkeule in Gestalt eines Sägehais stammt aus dem englischen Teil der grossen Insel. Neu-Britannien. Vom Museum für Völkerkunde in Leipzig konnten wir zwei für uns wertvolle Objekte erwerben, Basler Museum für Vôlkerkunde, Jahresbericht 1919. 283 eine grosse, aus zwei übereinandergestellten Kegeln bestehende Tanzmaske und ein 3 m hohes, bunt bemaltes, gleichfalls als Kopf- bedeckung dienendes Tanzbrett der Sulka. Eine weitere, wiederum abweichende Tanzmaske erhielten wir vom Museum in Ham- burg im Tausch gegen Speisersche Objekte; sie trägt auf einem Stab ein kugelförmiges Gebilde, das auf schwarzem Grunde mit braunen Spiralornamenten aus Mark dekoriert ist. Aus derselben Quelle stammt ein bemalter und mit roten Rotangbindungen ver- zierter Holzschild. Angekauft wurden eine Anzahl meist von den Sulka herrührende Objekte, so zwei Steinbeile in Fassung, Dolch aus Kasuarknochen, Steinschleuder, Esslöffel aus Muschel, Geld- schnur, Halskette, bemalter Gürtel aus Baumbast und verschiedene Armschmucke. Admiralitäts-Inseln. Ein Schaustück ersten Ranges ist eine gewaltige und vortrefflich gearbeitete Holzschale, auf vier soliden Füssen stehend und mit diesen aus einem Baumstamm her- gestellt. Die beinahe runde Schale hat einen Durchmesser von 1 m 7 auf 1 m 1; seitlich an den Enden der längeren Axe wird sie von je einer spiralförmisen Handhabe überhöht, die nicht etwa angesetzt, sondern aus demselben Holzklota herausgearbeitet ist. Ohne diese beträgt die Höhe des Schalenrandes 51 cm, mit den Spiralen 73. Der Gesamtdurchmesser mit den Handhaben be- läuft sich auf 1 m 43. Die Herstellung einer solehen Schale aus einem Stück Holz würde auch unserem Schreinergewerbe alle Ehre machen; für Eingeborene mit ihren primitiven Geräten bedeutet sie ein wahres Meisterstück. Eine viel kleinere Holzschale und einen Thontopf verdanken wir wieder dem Hamburger Museum. An- Sekauft wurden noch ein Gürtel und zwei geflochtene Armbänder. Wuwulu (Matygruppe). Unsere schon recht hübsche Samm- lung von dem genannten Inselehen wurde wiederum durch Tausch gegen Speisersche Objekte vom Hamburger Museum ergänzt. Neu für uns waren in diesem Zuwachs ein Beil mit Tridacna- Klinge, ein hölzerner Essspatel und ein Löffel aus Muschel, ein Armschmuck aus Blättern und eine Haifischangel, bereits vertreten das charakteristische Beil mit Schildkrötenpanzer-Klinge und Angel- haken aus Trochusschale. St. Matthiasgruppe. Von dieser hatten wir bisher nichts . besessen. Hamburg sandte uns vier Speere und zwei gewobene Gürtel. Endlich seien erwähnt vom Inselchen Pinepil in der Nissangruppe ein sehr merkwürdiger, präparierter Menschen- schädel (Kauf) mit aufmodelliertem Gesicht aus einer schwarzen Masse und Schneckendeckeln an Stelle der Augen. Der Bart besteht 284 Fritz Sarasin. aus kleinen Schnecken, die Behaarung ist durch weisse Woll- strähnen, von einem eingeborenen Strauche stammend, dargestellt. Der aus Holz bestehende Unterkiefer ist mit schwarzer Masse an- gefügt. Die Herkunftsangabe ‚‚Pinepil‘“ ist etwas fraglich, da ganz ähnliche Stücke aus Neu-Irland bekannt sind. Von den Franzö- sischen Inseln kommt ein Brustschmuck mit Kauri-Schnecken, von den Salomonen ein Leibgurt aus knallgelben Orchideen- stengeln geflochten. Australien. (Bericht des Vorstehers, Dr. Fritz Sarasin.) Vom Museum für Völkerkunde in Hamburg erhielten wir auf dem Tauschweg aus Zentralaustralien einen Feuerbohrer von einer uns neuen Form, eine hölzerne ZLaufspielscheibe, eine Schmuckkette aus in Harz gefassten Bierflaschenscherben, ein ringförmiges Kopfkissen aus Bast zum Lastentragen, lächerlich ähn- lich denen, die von unsern Marktweibern zu demselben Zweck ver- wendet werden, und endlich als willkommene Ergänzung unserer vergleichenden Sammlung landwirtschaftlicher Geräte einen alten, viel gebrauchten Grabstock. Polynesien. (Bericht des Vorstehers, Prof. Felix Speiser.) Im Berichtsjahre wurden gekauft eine Kopfbank aus denMar- schall-Inseln und eine Weiberschürze aus den Carolinen, ferner aus Samoa ein Haarschmuck, zwei Haarpfeile und ein Häuptlingswedel, letzterer ein Stab mit einem Büschel von Pflanzen- fasern. Es sind alles gute Stücke aus dem jetzt schon fast ganz euro- päisierten Polynesien. Wir zögerten denn auch nicht vom ethno- graphischen. Museum in Neuchätel Doubletten aus den Mar- quesas-Inseln zu erwerben, alles Stücke aus klassischer Zeit: hübsch geschnitzter Ohrschmuck aus Potwalzähnen und aus Kno- chen, einen Phallusstein, der als Amulett für Fruchtbarkeit ver- wendet wurde und darum interessant ist, weil anscheinend ein Fischkopf am vorderen Ende eingeritzt ist, ferner zwei Stein- stampfer für Taro-Pudding, einen Tapaklopfer, zwei Büschel gebleichten Haares, die als Sehmuck dienen, und ein Schalen- . stein, dessen Herkunft wohl als Marquesas angegeben werden darf, dessen Gebrauch zwar unbekannt ist, der in seiner Form aber stark an ähnliche Stücke aus den Neuen Hebriden er- innert und wie diese vielleicht Zeuge einer längst vergangenen Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 285 ‚Kultur ist. Zwei gute Stücke sind ein Tanzschmuck aus mehreren mit Menschenhaaren dick besetzten Arm-, Bein- und Achselschnüren ‚bestehend und ein sogenanntes Diadem, ein kronenartiger Kopf- schmuck, aus geschweiften Schildpatt- und Knochenplatten. Die Schildpattplatten sind in dem für die Marquesas-Inseln typischen Stil mit menschlichen Figuren beschnitzt, die Binde, auf der die Platten befestigt sind, ist mit Muschelperlen besetzt. Von der glei- chen Quelle stammt ein steinerner Netzsenker aus Tahiti, eine durehbohrte Steinplatte. Amerika. (Bericht des Vorstehers, Dr. M. K. Forcart.) Die grosse Sammlung des Herrn Dr. E. Hassler, die uns schon letztes Jahr ins Aussicht gestellt worden war, wurde uns in diesem Berichtsjahr von dem Besitzer in hochherziger Weise geschenkt. Durch diese mit vieler Sachkenntnis zusammengestellte Kollektion, welche mehrere Tausend Gegenstände enthält, werden wir in die Kultur derjenigen Volksstämme Südamerikas eingeführt, welche ihren Wohnsitz im Süden von Brasilien, in Paraguay und im Nord- osten von Argentinien haben. Es handelt sich um die Bewohner der Ufer des Rio Paraguay, wie die Guatos, Guanas, Chamacocos, Lenguas, Cadoeos und Payaguas, um die Bewohner der Gagend zwischen dem Rio Paraguay und dem Rio Paranà, wie die Bororos, Cainguas und Angaytes und schliesslich um die zwischen dem obern Uruguay und dem Rio Igassı sesshaften Coroados. Bei der grossen Anzahl von Gegenständen würde es zu weit führen, jedes Objekt zu erwähnen oder gar ausführlich zu beschrei- ben. Ich beschränke mich deshalb darauf, nur einen allgemeinen Überblick über den Bestand der Sammlung zu geben. Beginnen wir mit den Haushaltungsgegenständen, so sind in erster Linie die Wohnungen selbst zu erwähnen, die in Form von Zelten der Guatos vorhanden sind. Dieselben bestehen aus einer grossen Anzahl viereckiger F'elle, die durch Schnüre miteinander ver- bunden zu einem grossen Dach vereinigt werden können, das über Stangen aufgespannt wird. Auf der unbehaarten Seite sind die Häute mit reichen Ornamenten versehen. Die Zelte werden ausgekleidet mit Matten, von welchen eine grosse Anzahl verschiedenartiger Exem- plare vorhanden sind. Dieselben sind entweder hergestellt aus Bast (Coroados) oder aus einem Geflecht von Palmblattstreifen (Lenguas, Bororos). Auch solche aus Straussenfell (Lenguas, Angaytes) wer- den verwendet. Aehnliche Matten werden auch auf den Rücken der Lasttiere gelegt. Ebenfalls aus Palmblättern werden Fächer ge- flochten, die bei allen Stämmen entlang des Paraguays Verwendung 286 Fritz Sarasin. finden. Auch grosse Wannen werden auf diese Weise angefertigt, wie solche von den Guatos und Coroados vorhanden sind. Eine grosse Anzahl von Hängematten der Bororos, Cain- guas und Chamacocos weisen verschiedenartige Geflechte auf ; kleine, für Kinder, werden aus Bast hergestellt. Mannigfaltige Variationen in Bezug auf Herstellung und Form zeigen die Taschen, von denen einige Hundert Exemplare vorhanden sind. Dieselben bestehen teils aus einem Geflecht von Palmblätter- streifen, teils aus Schnur-, teils aus Rotanggeflecht, auch korbartige Taschen und solche aus Straussenfell sind vorhanden. Zirka 100 Säcke aus Schnurgeflecht der Chamacocos en die viel- seitige Sammlung. Als Rohmaterial für die Gewebe finden wir Knäuel von Wolle und Baumwolle. Seile und Schnüre werden hergestellt aus Bromelia- fasern und sehr häufig aus Menschenhaaren, welch letztere sich über- haupt einer vielseitigen Verwendung erfreuen. Von Spinn- und Webgeräten sind vorhanden eine grosse Anzahl von Spindeln der Cadoeos, Angaytes und Sanapanas, deren Widerlager aus verschiedenem Material bestehen, wie Münzen, kleinen Kürbissen, Knochen-, Thon- und Holzscheiben, die häufig mit Schnitzereien versehen sind. Ferner sind hier zu erwähnen eine An- zahl flacher Holzmesser und -Nadeln, die beim Weben Verwendung finden, nebst einem ‚Webschema der Cadoeos. Von Küchengeräten sind vorhanden Mandiokasiebe der Coroados, ein aus einem Ochsenhorn hergestelltes Trinkgefäss der Lenguas, Mörser aus ausgehöhlten Baumstämmen, Reibhölzer und verschiedengeformte Holzlöffel der Bororos und Payaguas. Reib- hölzer zur Feuererzeugung sind von fast allen Stämmen vorhanden. Auch die Zunderbüchsen der Lenguas sind hier noch zu erwähnen. Von Gefässen sind neben Schalen aus Gürteltierhaut und aus- gepichten Korbfläschchen der Cadoeos hauptsächlich die Valebassen in grosser Menge vorhanden. Weniger ihre vielgestaltigen Formen waren für den Sammler von Wichtigkeit, als die Ornamente, welche Zeugnis ablegen von der Geschicklichkeit und der grossen Phantasie der Verfertiger. Oft zeigen die Calebassen noch andern Zierat wie mit Glasperlen oder Federchen geschmückte Tragschnüre oder eine Umwicklung mit Bast. Von Handwerkszeugen sind zu ce hnôn eine Palmfrucht, welche dazu dient, Löcher in Schneckenschalen zu schlagen, dann . Graviergeräte der Lenguas in Form unserer Kreisel, ein Schleifstein aus rotem Sandstein, ein Meissel der Chamacocos, bestehend aus einem ‚runden länglichen Holz, in dessen unteres, zugespitztes Ende ein flach PAPE Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919, 287 geschliffener Stein eingesetzt ist. Primitive Hobel werden von den Chamacocos aus Schneckenschalen hergestellt. Aus Muschelschalen werden von den Lenguas Holzpolierer gemacht. Zur Bearbeitung der Felder wird das Grabscheit benützt, ein zirka 112 m langer, runder, unten abgeflachter und zugespitzter Stock. Lange, bis über 3 m messende Stangen, welche in ihrem obern Drittel ruderförmig verbreitert sind, werden gebraucht, um Früchte von den Bäumen zu schlagen. Wenn wir zu den Waffen übergehen, so sehen wir, dass ähnlich geformte Hölzer auch als Keulen verwendet werden, aber auch andere, mit einem knopfartig verdickten Ende, sind vorhanden. Andere Schlagwaffen sind die langschäftigen Steinbeile der Chama- cocos, bei welchen ein zugeschliffener Stein mit Schnurbindung am Stiel befestigt ist. Diese letztern Waffen werden aber mehr als Rang- und Würdeabzeichen anzusehen sein. Eine grosse Anzahl von Pfeilbogen weisen je nach ihrer Her- kunft verschiedene Variationen auf. Alle zeichnen sich durch ihre beträchtliche Länge aus. Einen runden Querschnitt zeigen die- jenigen der Guatos, Cainguas und Chamacocos, einen flachen die- jenigen der Coroados, einen plankonvexen diejenigen der Bororos, während diejenigen der Lenguas vierkantig sind. Die meisten weisen eine Sehnenschnur auf, nur diejenigen der Guatos eine solche aus Pflanzenfasern. Häufig sehen wir eine Umwicklung des Schaf- tes mit Schnur, Bast oder Leder, und die Häuptlingsbogen zeigen einen mehr oder weniger reichen Federschmuck. Ein Unikum sind die Kugelbogen der Chamacocos, welche zwei durch Querhölzer voneinander getrennte Sehnen haben, die in der Mitte durch eın Schnurgeflecht miteinander verbunden sind, welches zur Aufnahme des Creschosses dient. Als solches werden runde Thonkugeln verwen- det, welche, wie aus unserer Sammlung zu ersehen ist, von dem Jäger in einem Ledertäschehen nachgeführt werden. Die Pfeile weisen ebenfalls vielgestaltige Formen auf. Ihre Befiederung ist entweder eine radiale, wie bei den Gruanas, Chama- cocos und Lenguas, oder eine tangentiale wie bei den Guatos. Die in dem Rohrschaft steckende, lange Spitze ist von verschiedenem Material. Die Holzspitzen sind rund, vierkantig oder abgeflacht und dann häufig mit Zähnen oder Widerhaken versehen (Lenguas, Cainguas, Guanas). Die stumpfen, kegelförmigen Pfeilspitzen wer- den zur Vogeljagd und zum Herunterschiessen von Früchten ver- wendet. Andere Spitzen bestehen aus einem zugeschnittenen Bam- bussplitter (Coroados),aus Knochen (Guatos, Bororos, Coroados) oder Eisen (Lenguas). Lange Speere aus Hartholz mit Knochen und Eisenspitzen werden von den Guatos und Angaytes verwendet. 288 Fritz Sarasin. Zu den Jagdutensilien gehört auch eine Maske aus der Haut eines Hirschkopfes und eine aus einem Kürbis hergestellte Flöte zum Locken der Vögel (Coroados). Von Fischereigeräten sind zu erwähnen Angelhaken der Coroados, welche aus einem geraden, zugespitzten Stäbchen bestehen, an welchem ein geschärftes Knochenstück als Widerhaken festgebunden ist, ferner mehrere Harpunen und eine grosse Anzahl Fischnetze. Einige Ruder der Guatos zeigen an einem langen Stiel ein lanzettförmiges Blatt. Was die Kleidung anbetrifft, so sind, wenn man vom Schmuck absieht, relativ wenig Objekte vertreten. Zu erwähnen sind eine Anzahl zylinderförmiger, breitrandiger Strohhüte der Guatos und ein Käppchen aus roter Wollschnur der Angaytes. Ferner mehrere wollene, weiss- und rot- oder braungestreifte, auch aus Bast geflochtene Ponchos. Die Peniskappen sind hergsstellt aus trichterförmig zusammengerollten Streifen eines Pandanus- blattes, zum Teil sind sie mit Federchen verziert. Sie werden ver- mittelst einer Schnur an einem Lendengürtel befestigt. Ebenfalls aus Pandanusblättern werden von den Bororos Lendenschürzen her- gestellt. Als Fussbekleidung sehen wir einige Sandalen aus Fell der Guanas und solche aus Holz der Chamacocos und Bororos. Hier mögen auch erwähnt werden ein Paar primitive, aus einer Astgabel hergestellte Sporren und ein Paar Steigbügel aus Horn. An die Kleidung schliesst sich der Körperschmuck an, welcher in überaus reichhaltiger Menge vorhanden ist. Als Kopf- schmuck haben wir eine grosse Anzahl von prachtvollen Feder- kappen, die so hergestellt sind, dass auf ein Netz, das sich über den Kopf stülpen lässt, die verschiedenartigsten Federn so an ihrem Kiel festgenäht werden, dass sie sich bei Bewegungen des Kopfes aufstellen und niederlegen. Bei den grössern, für Häuptlinge be- stimmten Exemplaren reicht diese Federbedeckung vom Kopf hin- unter bis auf die Lenden. Ausser Federn - werden zu diesem Schmuck auch Borsten des Ameisenbäres verwendet. Einen andern Kopfschmuck bilden die Federhaarstäbe der Chamacocos, Holzstäbe, die ihrer Länge nach mit kleinen bunten Federchen geschmückt sind und mit einem Federbusch endigen. Sehr effektvoll ist ein Kopfschmuck der Bororos, bestehend aus einem gebogenen Holz, an welchem Jaguarkrallen befestigt sind. Stirnbinden sind in grosser Anzahl vorhanden von den Paya- guas, Lenguas und Sanapanas. Bei ihnen zeigt entweder das ver- schiedenfarbige Gewebe eine Ornamentik oder es sind Muscheln und Perlen so aufgenäht, dass sie ein Muster bilden. Oft sind sie auch mit Federn verziert. Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 289 Schnüre aus verschiedenfarbiger Wolle oder aus Menschen- _ haaren hergestellt und mit Glasperlen, Schlangenhaut und Federn verziert, dienen bei den Lenguas, Chamacocos, Coroados und An- gaytes ebenfalls als Haarschmuck. Hier dürfte noch ein Tanz- schmuck der Bororos Erwähnung. finden, nämlich eine bartartige Maske aus Menschenhaaren, welche vor das Gesicht gebunden wird. Eine Menge Ohrgehänge, bestehend aus wollenen Schnüren, sind mit dem verschiedenartigsten Zierat geschmückt, wie Klapper- _schlangenrasseln, Vogelschnäbeln, Vogelköpfen, Knochenstäbchen (Chamacocos) oder Röhrchen aus Silberblech (Cadoeos). ‚Oft be- stehen diese Ohrgehänge auch nur aus einem dicken Wulst ver- schiedenfarbiger Federn. Bei den Lenguas werden die Ohren mit Pflöcken geschmückt. Es sind mehrere solcher Exemplare vorhanden, welche eingebrannte Ornamente zeigen. Hieher gehören auch die Instrumente zur Ohr- perforation, spitze Vogelknochen, ferner Holzpflöcke zur Erweite- rung der Ohröffnung. Von den Coroados finden wir verschiedene Lippenornamente aus Knochen, rautenförmigen Perlmutterplätt- chen oder zirka 15 cm langen, dünnen Stäbchen aus bernstein- artigsem Harz. Die grösste Vielfältigkeit tritt beim Hals- und u isn zutage. Am meisten werden wohl Muscheln und (Glasperlen zu deren Herstellung gebraucht, aber auch Federn, verschiedenartige Samen, Jaguar- und Krokodilzähne und glänzende Käferkörper finden Verwendung. Wird der Schmuck zum Tanz getragen, so wird er mit Klapperschlangenrasseln, Knochen- und Holzstäben, Schilakrötenschalen, Pekarikufen, Vogelschnäbeln oder trockenen Fruchtschalen behangen. Die Sanapanas ae schwarze Samenkerne vor, während die Angaytes auch Schilfrohrstücke und die Cadoeos Silberblechrôhr- chen und Münzen verwenden. Es sei hier noch ein Brustschmuck der Bororos aus den Klauen des Riesengürteltieres erwähnt. Als Hüftbekleidung haben wir die mannigfachen Federschürzen der Chamacocos und Guanas, die aus Schnurgeflecht hergestellten und mit Glasperlen gemusterten Gürtel der Cadoeos und Guatos und schliesslich die aus Baumrinde und Baumfaserstoff angefertig- ten Gürtel der Coroados. Für die Tänze werden die Schürzen mit Pekarihufen behangen, mit Pandanusblättern und Lederstreifen * geschmückt, oder aus Jaguarfell hergestellt. Weiter dienen als Schmuck farbige, mit Glasperlen besetzte Wollbänder und lange Federschnüre, die um den Körper geschlungen werden. Teils als Schmuck, teils als Toilettengegenstand dienen die Kämme, welche entweder nach europäischem Muster aus Horn 19 290 Fritz Sarasin. hergestellt und häufig mit geschnitzten Figuren versehen sind (Guanas, Angaytes, Cainguas) oder das alte Incamodell aufweisen (Bororos). Von den Bororos und Cadoeos sind Holzstäbe vorhan- den, die an ihrem einen Ende ausgefasert sind; sie dienen dazu, die Zähne zu putzen und zu schärfen. Weiter sind zu erwähnen die Epilatoren der Chamacocos und Lenguas, kurze, an ihrem Ende abgeflachte und gespaltene Stäb- chen, ferner einige Tätowierstempel der Cadoeos und Glasfläsch- chen der Sanapanas, welche rote und schwarze Farbe enthalten, die wohl auch zum Körperschmuck verwendet wird. Die rote Farbe wird aus der Urucufrucht (Bixa orellana) bereitet, die auch in einigen Exemplaren vorhanden ist. Interessant ist eine grössere Kollektion von Pfeifenköpfen, die sämtlich aus Holz hergestellt sind und entweder eingeritzte Or- namente aufweisen oder Tierfiguren darstellen. Primitive Schnitze- reien weisen menschliche Figuren der Cadoeos auf, die wohl als ‘ Idole anzusehen sind. Als Amulett dient ein mit den Schnäbeln von Löffelreiher und Ara gefülltes Säckchen. Andere sind hergestellt aus dem Kopf- und Schwanzstück eines Gürteltieres oder aus roten Insekten- kokons. Von Musikinstrumenten sind Flöten in grosser An- zahl vorhanden, die meist aus Bambus, aber auch aus Holz, Kür- bissen, Horn und Knochen hergestellt sind und gewöhnlich einige Grifflöcher aufweisen. Als weitere Blasinstrumente sind mehrere Kuhhörner zu erwähnen, an deren Spitze eine hölzerne Huppe ein- gesetzt ist. Einige derselben sind mit Glasperlen und Haargehängen verziert. Einige Guitarren und Geigen zeigen Anlehnung an euro- päische Muster, während ein anderes Zupfinstrument einen boden- ständigen Charakter aufweist; dieses ist hergestellt aus einem dieken Bambusrohr, bei, welchem dünne Streifen aus der Epidermis abgelöst und über zwei Stege gespannt sind (Bororos). Mehrere Rasseln aus Kürbis oder zusammengefügten Brettchen seien hier noch erwähnt. | Von Spielsachen sind vorhanden eine Boleadora der Len- guas, einst ein Jagdgerät, jetzt nur noch ein Knabenspielzeug. Ferner Spielhölzer der Angaytes aus Holz und Knochen und schliesslich eine Anzahl Wiegen aus Bambus und Puppen aus : zusammengebundenen Baststreifen. Dies ist eine summarische Aufzählung der bis jetzt aus der Hasslerschen Sammlung katalogisierten Gegenstände. Der Rest der Sammlung wird im nächsten Jahresbericht besprochen werden. ER Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 291 Europa. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer.) Die Abteilung Europa ist im Berichtsjahr um 790 Nummern vermehrt worden, welcher Zuwachs im wesentlichen aus drei grösse- ren Gruppenerwerbungen besteht: einer einheimischen von Herrn W. H. Bröckelmann in Basel, die teilweise schon zu Ende des Vorjahrs eingelaufen, aber erst 1920 katalogisiert worden ist, einer Balkan- und einer skandinavischen, vorwiegend schwe- dischen Sammlung, letztere zwei durch Herrn Konietzko in Ham- burg auf seinen Reisen während der Kriegsjahre 1918 und 1914 bis 1916 zusammengebracht. Dazu kommen Gruppen von Gregen- ständen aus dem Tessin und Wallis, die wir wiederum Herrn Prof. L. Rütimeyer verdanken dürfen, sowie eine Anzahl jü- discher Antiquitäten als Leihgabe des Historischen Mu- seums. Endlich noch vereinzelte Gegenstände, die teils erworben, teils geschenkt worden sind. Wir heben zunächst das Bedeutendere aus den Gruppen hervor. Die Kollektion Bröckelmann umfasst an die 300 Nummern, von sehr verschiedenem Wert freilich, jedoch auch da, wo es sich um unscheinbare und zurzeit noch unausstellbare Dinge handelt, unsere lückenhaften Gruppen namentlich von Hausrat, Beleuch- tungs- und Handwerksgerät in willkommener Weise ergänzend. Manches aber verdient besondere Erwähnung. So zwei kleine „Lrüegel‘‘ aus Horn, einem Material, das sonst für Heuseilhalter nur selten verwendet wird, einige primitive Viehhalsbänder aus Holz, verschiedenes Handwerkszeug, wie z. B. ein vom Bauern selbst ge- fertigter Schneidstuhl, ältere Formen von Zimmerbeilen und Metzgergeräten; ferner Gegenstände zur Tierchirurgie, von Haus- rat, zwei Tragreffe, eine bisher nicht vertretene Art der Herd- kette, zwei altertümliche Herdroste und handgearbeitete Holz- gefässe; besonders aber eine grössere Anzahl von Beleuchtungs- objekten, darunter Lichtspanhalter und Pechkranzständer; ferner Feuer-, Rauch- und Schreibutensilien in verschiedenster Form und Verwendung. Endlich einiges Spielzeug und Gegenstände aus dem Gebiet des Aberglaubens und der volkstümlichen Religion. Weniger umfangreich (zirka 70 Nummern), aber auserlesen, ist die Balkankollektion, die zum grössten Teil serbischer Her- kunft ist. Kleinere Gruppen stammen aus Makedonien und Al- banien, ganz Weniges aus Rumänien und Bulgarien. Aus der Spinnerei und Weberei nennen wir vor allem einen äusserst primitiven Zwirnapparat aus Holz, eine grosse Handspindel mit gleichem Zweck und einen Webekamm, von Hausrat mehrere 292 Fritz Sarasin. Holz- und Thongefässe, ornamentierte Löffel, Messer, einen Licht- spanhalter, primitives Schreibgerät, wie Rohrfedern und dergleichen, von Schmuck metallene Armspangen und Gehänge, besonders aber drei gläserne Armringe, offenbar östlicher Herkunft, wie sie namentlich in Vorderasien und Nordafrika vorkommen. Hier mag auch eine bunte Klöppelspitze von eigenartiger Technik angereiht werden. Wertvoll ist die Ergänzung unseres elementaren Spiel- zeugs durch zwei aus Maisstengeln hergestellte Tiere, einen Ball aus verfilzten Rindshaaren, zwei Strohhalmflöten und ein ebenfalls aus einem Maisstengel gefertigtes ‚„Saiteninstrument‘‘. Auch die Kerbhölzer sind durch zwei Stücke vertreten: ein serbisches für Weinlieferung und ein albanisches für Färber. Zahlreicher sind die volksmedizinischen Mittel, unter denen namentlich die an den Aberglauben grenzenden tierischen hervorgehoben seien; den interessantesten Bestand der Sammlung jedoch bilden 15 in Bezug auf Material und Form höchst bedeutungsvolle Amulette und Zaubermittel, die für die primitive Ergologie der Balkanvölker charakteristisch sind. Endlich sei noch ein merkwürdiges Fest- gebäck vom Feste des Hauspatrons mit byzantinisch anmutenden Heilisenmonogrammen erwähnt. Die skandinavische Sammlung Konietzkos umfasst über 200 Nummern und weist ein ganz anderes Bild auf. Weitaus der- grösste Teil (168) stammt aus dem rauhen Berg- und Wald- gebiet von Nord-Jämtland. Als Material herrscht das Holz vor, und die Objekte selbst haben zumeist praktischen Zweck: Haus- rat, Transportgerät, Jagd- und Fischfangzeug; nur weniges ge- hört andern Gruppen an. Die Formen jedoch sind oft von ele- mentarer Einfachheit und daher ergologisch bsachtenswert. Auch hier sei nur das Wichtigere erwähnt. Zur Landwirtschaft gehört ein Sensenwetzer, dessen Streichmasse aus einer Mischung von Fichtenharz und feinem Sand besteht, zur Milchwirt- schaft einige hölzerne Butterformen, die durch ihre reiche Schnitz- ornamentik in nordischem Stil bemerkenswert sind, während die aus Korbgeflecht bestehenden Käseformen sich durch ıhr gewiss äusserst primitives Material auszeichnen, zur Viehhaltung höl- zerne oder aus Birkenruten geflochtene Fussfesseln, Hemmringe, Pferde-Schneeschuhe und Halfter, sowie ein hölzerner Sattel und zwei geschnitzte Satteljoche. Von Handwerkszeug ist einiges Gerät zur Bearbeitung der Felle und Riemen zu nennen, darunter altertümliche Schabemesser, Vorrichtungen zum Geschmeidigmachen des Leders und das Modell einer Gerbebank; ferner ein Bügel- messer zum Aushöhlen der Holzschalen, hölzerne Formen zum Aus- pressen der Hornlöffel, Pfriemen aus Renntierhorn zum Binden der ER VE N Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 293 birkenen Schneeschuhe, namentlich aber das gesamte Gerät zur Herstellung von Holzschuhen. Hier beigefügt sei auch eine An- zahl Taue, Schnüre und Schlingen aus Tierhaaren, Sehnen und Bast für verschiedene Zwecke, u. a. zum Vogelfang. Aus der Fischerei sei wegen seiner auffallenden Analogie zu lem vom Ägerisee stammenden Stück ein Schwimmschlitten zum Angelfang erwähnt und fünf durchlochte Netzsenksteine aus Norwegen. Ziem- lich reich vertreten durch verschiedenartige Gegenstände ist das Textilgerät von der Flachsbearbeitung bis zur Weberei und den gewebten und geflochtenen Stoffen und Bändern, letztere nicht selten mit eigenartigen und altertümlichen Techniken und Mustern. Ja sogar eine ganze Reihe von autochthonen Färbmitteln und Färb- produkten ist der Sammlung beigefügt. Zum Hausrat über- gehend, verzeichnen wir zwei einfache hölzerne Wiegen und einen ledernen Sack zum Tragen der Kinder auf dem Rücken; ferner einiges Küchengerät, einen Stein zum Zerreiben des Salzes, ganz ähnlich dem im Wallis verwendeten, verschiedene: teils primi- tive, teils geschnitzte, teils bemalte Holzgefässe, ein Glätteisen aus Speckstein, Löffel und Messer, \eine besondere Art von Schnell- wage, auf der das Gewicht durch eine am Hebelarm zu verschie- bende Schnur angezeigt wird und eine Wagschale aus gekreuzten Birkenrindenstreifen. Zu den Urformen des Türverschlusses ge- hören drei Holzschlösser mit den entsprechenden Schlüsseln, von denen der eine, mit T-förmigem Bart, genau dem homerischen ent- spricht 5). Die Beleuchtung ist vertreten durch Kerzen aus Fichtenharz, einen Lichtstock aus Speckstein und eine achteckige Holzlaterne. In die ältesten Zeiten der menschlichen Ergologie jedoch führt uns zurück ein Reibfeuerzeug, bestehend aus einem Kiefernast, auf dessen gekerbter Reibfläche ein kreuzweise darüber gelegter Bengel hin- und hergerieben wird, bis Gluthitze entsteht, die den hingehaltenen Zündstoff zum Brennen bringt. Von Trach- tenstücken sind nur Fussbekleidungen zu verzeichnen: Schuhe aus Birkenrinde, Holzschuhe und Schneeschuhe mit Herstellungs- gerät, sowie Eissporne in verschiedenen Formen. Aus dem Volks- brauch sodann zwei Weihnachtslarven aus Birkenrinde, Judas Ischarioth darstellend; von Spielzeug ein handgearbeiteter Krei- sel, eine Pfeilschleuder und, aus abergläubischen Vorstellungen der magischen Knüpfung hervorgehend, zwei Zusammenfügspiele aus Holzklötzchen (trollknutar). Sehr eigenartig sind zwei ein- saitige Musikinstrumente (notstock) und ein unserm Alp- horn gleichendes Signalhorn (lura), das mit Birkenrinde umwun- 5) Jos. Fink, Der Verschluss bei den Griechen und Römern. Regensburg 1890. S.17 (Abbildung 4). 294 Fritz Sarasin. den ist. Einiges Gebäck und volksmedizinische Mittel seien zum Schluss erwähnt. Die von Herrn Prof. Rütimeyer geschenkte Gruppe von Gegen- ständen weist zunächst eine willkommene Vermehrung unserer tes- sinischen Topfsteingeräte und -produkte auf, denen sich noch weiterhin eine von Herrn Prof. A. Buxtorf geschenkte Kol- lektion anreiht. Aus dem Wallis dagegen stammen neun Stein- mörser und -Lampen, eine Harzfackel, zwei altertümliche Brot- formen (,,Leipseren‘‘) mit primitivem Ornament, eine grosse höl- zerne Weingelte von eigenartiger Form, ein Tragrost, dessen Spros- sen aus gewachsenen Ästen gebildet sind und eine grüssera An- zahl von Tesseln ; Spieltierchen endlich, 38 an der Zahl, sind in den Walliser Orten Ergisch, Varen, Naters, Jôtschen, Venthöne und in dem obwaldnischen Melchtal gesammelt worden. Als letzte Gruppe sei eine kleine, aber sehr schöne Kollektion Judaica aufgeführt, die das Historische Museum unserer Abteilung als Depositum übergeben hat. Sie besteht aus einem Sabbatkelch, einer Bsombüchse, einer amulettartigen Filisran- kapsel, zwei Beschneidungsamuletten, einem gestickten Beschnei- dungsband (,,Mappe‘), einem auf Pergament gemalten Ehevertrag von 1783, einem Siegelring und einem Petschaft, deren Inschriften uns Herr Dr. J. Olschwanger entziffert hat. Von letzterem wurden auch automatisch, von einer grossen Zentralkerze aus sich entzün- dende Sabbatkerzen geschenkt. Ein besonders willkommenes Stück ist das an Neujahr und am Versöhnungstage der Juden ge- blasene rituelle Widderhorn, der ‚„Schofar‘, der uns durch die gütige Vermittlung von Herrn Antiquar Dreyfus in Genf von Herrn E. Bernheim in Zürich als Depositum übergeben worden ist. Wir lassen nun noch wichtigere Einzelobjekte, nach Sach- gruppen geordnet, folgen. LER Landwirtschaft und Viehhaltung: 3 Geräte zur Kastanienkultur aus Bex (Gesch. von Herrn Dr. J. Roux), ein Winzermesser (Gesch. von Herrn J. Lörch in Cham), eine Fuss- fessel für Schafe aus Lavin (Gesch. von Herrn Dr. Liebi in Zernez). Transportwesen: 2 grosse geflochtene Saumkörbe aus Basel und ein kleiner Hockschlitten aus Cierfs, mit Kufen aus Tierknochen (eingesandt und geschenkt von Frl. Eugenie Gold- stern in Freiburg). Handwerk und Fischerei: 8 Zimmermannswerkzeuge aus Basel (Gesch. von Herrn Dr. K. Stehlin), Knopfmaschine und Lederhobel für Schuster (Gesch. von Herrn J. Stuber). Aus Morcote stammen und sind von Herrn Dr. Fritz Sarasin ge- schenkt: 1 Netzfragment mit steinernen Senkern, sowie eine be- Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 295 sondere Kollektion von letztern aus Stein und Thon und ein grösserer weisser Stein, der, im Wasser hin und herbewest, dazu dient, die Fische ins Netz zu scheuchen. Textilien: 1 hölzernes Bandwebstühlchen aus Basel? (Gesch. von Herrn A. Weitnauer), eine grössere Anzahl verschiedenartiger Brettehenwebemuster aus der Bandweberei Breitenbach (Gesch. von Herrn W. Pfister-Wyss) und 2 bäurische Stiekereien aus Scanfs. Keramik: eine Anzahl unglasierte Thongefässe von Teneriffa (Gesch. von Herrn Dr. H. G. Stehlin), eine Reiterstatue (Balkan ?), ein Puppengeschirr-Service (Gesch. von Herrn Scheuchzer-Ruetschi). Bildwerk: 4 Hinterglasmalereien (angekauft), eine eben- solche (Gesch. von Herrn M. Krayer), eine Malerei mit volkstüm- licher Darstellung einer Glockentaufe in Schönenbuch und eine religiöse Bildstickerei mit dem heiligen Grabtuch Christi. Hausrat: eine kleine, stilvoll bemalte Bauerntruhe aus Chateau d’Oex (Gesch. von Herrn Alfred Iselin-Vischer), ein altes eichenes Mangemodell (Gesch. von Herrn Ph. Trüdinger), ein rus- sischer Becher aus Steinbockhorn (Gesch. E. H.-K.), eine portugie- sische Feldflasche (Gesch. von Herrn Dr. W. Vischer jun.), 2 ca- narische Weinschläuche und 3 Messer (Gesch. von Herrn Dr. H. G. Stehlin) und endlich diverser kleinerer Hausrat (Gesch. von Herrn Ad. Weitnauer). Gebäck: ein Weihnachtsgebäck aus Titterten in altertüm- lich stilisierter Form eines Pferdchens (Gesch. von Herrn P. Hul- liger). Erworben wurden in St. Gallen 2 hölzerne Model mit Darstellung des Kindlifressers. Beleuchtung: 2 zierliche Specksteinlämpchen aus Ober- wald im Wallis. Tracht und Schmuck: 3 rotwollene Mützen aus Spanien (Gesch. der Erben Stehlin-Merian), ein mit Achatplättchen be- setzter Frauen-Prunkgürtel aus Montenegro (Gesch. von Herrn Dr. Tob. Christ) und ein ebensolcher aus Albanien mit der dem Balkan ‚eigenen Zinnplättehenornamentik, 1 Paar mokassinartige Leder- schuhe aus Serbien (Gesch. von Herrn Dr. A. L. Vischer), ein Stock mit Stilett (Gesch. von Herrn C. Matzinger), ein Anhänger mit Heiligenbild (Gesch. von Herrn J. Lörch, Cham). Volksbrauch : 8 bernische Taufzettel mit verschiedenen Darstellungen wurden käuflich erworben, ein baslerischer von Herrn Ad. Weitnauer geschenkt. Ein „Gescheidmesser‘, vermutlich zum Abstechen des Rasens durch das basellandschäftlerische ‚‚Gescheide“ samt Beschreibung ging durch Herrn Charles Linder in Lausanne ein. Spielzeug: ein Spieltierchen aus durchlochtem Stein von der Insel Hiddensö bei Rügen (Gesch. von Herrn Konietzko in Ham- 296 Fritz Sarasin. burg), 5 ebensolche aus Knochen vom Lôtschental (Gesch. von Herrn Dr. F. G. Stebler in Zürich), eine grössere Partie hölzerner Tierchen aus Lungern, Brienzwiler, Rubigen, Belp, Klein-Dietwil und Arni (Gesch. von Herrn M. Sooder in Rohrbach), ein höl- zerner, an Gelenken beweglicher Fisch aus Russland (Gesch. von Herrn Dr. J. Roux). . Volksmedizin: ein metallener Gichtring (Gesch. von. Herrn F. Perrin in Payerne). Volkstümliche Religion: eine im Stil der Gewandung und der Gesichtstypen durchaus eigenartige und ihrer Herkunft nach noch nicht festgestellte Kreuzigungsgruppe wurde in Basel er- worben; geschenkt wurden: ein Wachsbild der hl. Philomele auf dem Sterbebette, in Glasgehäuse (von Herrn Dr. J. A. Häfliger), einige Wachsvotivalien (von Herrn Ed. Hoffmann und Prof. Fel. Speiser), 9 Wallfahrtsmedaillen (von Dr. E. Major), ein elementar gearbeiteter kleiner Gedenkstein aus Talk aus der Nähe des Made- ranertals (von Herrn Dr. J. A. Häfliger), eine sogenannte Herz- jesunadel (von Herrn J. Lörch in Cham), 4 Haussegen und ähn- liches (von E. H.-K.), religiöse Anhänger und kleinere Andachts- objekte (von den Herren Dr. Häfliger, Prof. E. A. Stückelberg, Prof. F. Speiser in Basel und Frau Ochsner in Cham). Eine zierlich geschnitzte Heiligendarstellung in Kapsel, vermutlich sla- vischer Provenienz, ist in Basel käuflich erworben worden. Zum Aberglauben gehört ein Gemsenbezoar, das dem Träger Glück bringt und ihn vor Unglück schützt (Gesch. von ‚Herrn Dr. A. David). Endlich seien von Varia genannt ein Pulverhôrnchen (Gesch. von Herrn Ch. Linder in Lausanne) und ein sogenannter ,,miroir a alouettes“, d. 1. ein kolbenartiges Holz, auf dem kleine Spiegel- chen angebracht sind, welche, in der Sonne spielend, die Lerchen anlocken sollen (Gesch. von E. H.-K.). Photographien-Sammlung und Bibliothek. (Bericht des Vorstehers, Prof. F. Speiser.) Herr Pannekoek van Rheden schenkte uns eine Sammlung von Photographien aus Flores, Herr Dr. W. Bernoulli eine solche aus Borneo und Herr Dr. E. Hassler Photographien, die sich auf seine wertvolle Sammlung ethnographischer Gegenstände aus Süd- Amerika beziehen. Daneben wurden uns gelegentlich einzelne An- sichtspostkarten oder Sammlungen solcher geschenkt, die hier als Ganzes verdankt sein sollen. Herr Frau Herr Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 297 Bibliothek. Es gingen ein als Geschenke von: Prof. H. Burckhardt: Schinz: Naturgeschichte des Men- schen und der Säugetiere. | Dr. P. Chappuis: Soela-Eilanden. Dr. K. Forcart: Pelka: Chinesisches Porzellan. Prof. Ed. Hoffmann-Krayer: Densmore: Sioux Music; Leist: Georgien; Horowitz: Marokko; Steinmann: Die Eiszeit; Friedenthal: Das Weib im Leben der Völker; Ohquist: Finnland; Le Coq: Ost- Turkestan; Cordouba : l'Ukraine; Lenz: Araucanische Märchen. Dr. Hotz-Linder (aus dem Nachlass ihres verstorbenen Ge- -mahls): Buschan: Menschenkunde ; Baumgarten : Der Orient; Campbell: Zentral-Asien; Forrer: Ägypten; Fischer: Mehr Licht im dunklen Erdteil; Fröbel: Aus Amerika; Greger: Argentinien; Hartmann: Die Völker Afrikas; Hooker: Hi- malayan Journals; Hellwald: Die Erde und ihre Völker; Krause: Die Tlinkit- Indianer; Kurz: Aufenthalt bei den Missouri - Indianern; Lux: Die Balkan - Halbinsel; Mante- gazza: Indien; Oberländer: Fremde Völker; Ratzel: An- thropogeographie; Squier: Zentral- Amerika; Schütz-Holz- hausen: Der Amazonas; Stephens: Jucatan; Schupp: Ein Besuch in La Plata. i Dr. #. Hassler: Boggiani: I Caduvei; Meyer: Bogen und Pfeil in Zentral-Brasilien; Martius: Zur Ethnographie von Süd-Amerika; zahlreiche kleinere Separata. Dr. Th. Koch-Grünberg: Koch-Grünberg: Vom Roroima zum Orinocco. Prof. L. Rütimeyer: Anthropos, Bd. XII und XIII; Rüti- meyer: Über die Nilgalla-Weddahs; Hough: Exploration of a Pit-House; Means: Distribution of slings in America. P. u. F. Sarasin: Fortsetzungen von Zeitschriften. P. Staudinger: Staudinger: Im Herzen der Haussahländer. P. Wirz: Nuoffer: Ahnenfiguren in der Geelvink-Bay; Jasper: Inlandsche Methoden. Gekauft wurde: With, Karl: Buddhistische Plastik. An Jahresberichten erhielten wir die der Museen von München, Rotterdam, Dresden, Lübeck, Wales, Leiden, Prag (Knopf- Museum), St. Gallen, Bern, Neuchätel. 298 Herr Dr. Th. Engelmann, Basel: Angesägter Stein von Lüscherz.- Fritz Sarasin. Verzeichnis des Zuwachses des Museums für Völkerkunde im Jahre 1919. Prähistorische Sammlung. Geschenke. Direktor O. Gerster, Laufen: Steinklinge aus dem Löss von Allschwil. Dr. E. Greppin, Basel: ‚„Eolith“ aus Glazialschotter auf Sichtern bei Liestal. Dr. H. Helbing, Basel: Steinbeilfragment von Aesch. Dr. W. Hotz, Basel: 2 Steinbeile von Borneo. Pfr. H. Iselin, Florenz: Neolithica aus Toscana. Pfr. G. Linder Ÿ, Riehen (Nachlass) :. Steinerner Wirtel aus der Gegend von Riehen. Dr. L. Reinhardt, Davos: Palaeolithische Geräte aus dem Vezere-Gebiet. Dr. P. Sarasin, Basel: Keulenstein (Basel). F. Sartorius-Preiswerk, Basel: Faustkeil von Le Grand Pres- sigeny; Palaeolithische Geräte aus dem Vezere-Gebiet. Dr. G. Stahel, Oberglatt: 4 Steinbeile aus Surinam. Dr. H. G. Stehlin, Basel: Stein- und Knochengeräte von Laugerie basse. Afrika und Vorderasien. Geschenke. Herr Dr. Chappuis: Ein Schwangerschafts-Amulett aus Speck- stein (Congo). Dr. A. David, Basel: 43 Stück Congo-Objekte: “Schwerter, Messer, Wurfmesser, Dolche, Bogen und Pfeile, Ruder, Rin- denklopfer, Dr. E. Möller, Basel: 2 antike Fayence-Stücke mit Bild- werk, Urnenscherbe aus Bagdad. | Pfr. S. Preiswerk, Basel: Ein Kohlbüchschen mit Stylus (Damaskus). Prof. L. Rütimeyer, Basel: Opfertischehen und Spendegefäss (Togo), Kupferdolch der Basoko, Holzbecher (Ufipa), Idol- kopf (Kamerun), Prunkdolch (Abessynien)), 13 arabische -Glasmünzen. P. Wirz, Basel: Eine Guitarre, ein Holzlöffel, ein Messer aus Abessinien. Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 299: Ankäufe. Gegenstände aus Togo, Zentral- Afrıka, französischen Congo, Ruanda, Mombuttu, Süd- und Ostafrika; Grabfunde aus Palästina. Vorderindien und Ceylon. Geschenke. Herr M. Krayer-Freyvogel, Basel: 3 Gefässe aus Kaschmir ; 2 Fächer, 2 bemalte und 2 a Platten, 3 Metallplatten, de don Tauschverkehr. Tit. Sammlung für Völkerkunde, Zürich: Bastmatte und Fell- tasche der Wedda, Ceylon. Malayischer Archipel. . Geschenke. Herr Dr. H. Hirschi, Braunwald: 2 Goldwaschteller, Zentral- Sumatra; Dolch und 2 Schwerter, Atjeh; Sirihkästchen, Schwert- und Blasrohrspitze, Borneo; Webstuhl und Schwert, _ Timor; Speisedeckel, Gisser. » P. Wirz, Basel: Pandanusrolle, Kei-Inseln. Deposita. Herr Dr. Pannekoek van Rheden, Basel: 2 Goldgehänge von Flores. Ankäufe. Flöte, 2 Gewebe, Batikmaterialien, Körbehen, 2 Wajangfiguren, Blasrohr, 2 Lanzen, Schwert, Java; 2 Bronzegefässe und Bronzelampe, Sumatra; Webstuhl, 3 Gewebe, Haspel, Spu- lenbehälter, Korb, Kamm, Sporren für Hahnenkämpfe, ess- bare Erde, Palmblattbuch, bemaltes Gefäss, Maultrommel, 4 Holzfiguren, 8 Wajangfiguren, Opferfigur aus Palmblatt, Lanze, Schwert, 3 Krisse, Bali; Löwenmaske, Lombok; Holztrommel und 2 Idole, Tenimber; Thonzylinder, zwei Körbe, 1 Etui, Kei- und Aru-Inseln (Sammlung P. Wirz). China-Japan. Geschenke. Herr P. L. Abry: japanische Gegenstände: Kleidungsstücke, Me- tallspiegel, Regenschirm, Thonschüssel, Bilder, welche Hand- werkern als Vorlage dienen, Werkzeuge, zwei Netsuke, Puppe, 300 Fritz Sarasin. alte Fahne, chinesische, in Korea erbeutete grosse Fahne, La- terne, Schreibzeug. Herr E. His-Schlumberger: chinesischer Lichtschirm aus Speck- Japanisches Prunkschwert. at. stein. ' Prof. E. Hoffmann-Krayer: zwei chinesische Tuschschalen. Dr. Eugen M. Paravicini: chinesischer Regenmantel. S. Preiswerk-Sarasin : zwei chinesische Schwerter, drei Schlag- degen. P. Sarasin- Alioth: chinesische Guitarre und bemalte Schüs- sel, japanische Sandalen. E. Zutt, Küssnacht bei Zürich: japanischer Karpfen aus Baumwollstoff. Ankauf. Australien. Tauschverkehr. Museum für Völkerkunde, Hamburg: Grabstock, Feuer- bohrer, Spielscheibe, Tragkissen, Schmuckkette, Zentral- Australien. 5 Melanesien. Geschenke. Herr P. Wirz, Basel: 2 Keulen, Grabstock, Tanzstab, Faser- Lt schürze, Sagoklopfer, Sagokorb, Penismuschel, 2 Bogen, 12 Pfeile, Holländisch Neu-Guinea. Tauschverkehr. Museum für Völkerkunde, Hamburg: Schild, Maske, Netz- beutel, Neu-Britannien; Holzschale, Thontopf, Admiralitäts- Inseln; 2 Gewebe und 4 Speere, St. Matthias; Essspatel, Muschellöffel, Haifischangel, 6 Trochusangeln, Armschmuck aus Blättern, Schildkrötenpanzerbeil, Tridacnabeil, Wuwulu. Ankäufe. Kokosöffner, Tabakspfeife, Angelhaken, Kopfbank, Knochennadel, Baststoff, Maultrommel, Eberzahnschmuck, Eberhauerkette, Stirnschmuck, Ohrringe, Tanzkeule, Schwirrholz, Maske, früheres Deutsch - Guinea (A. Speyer, Berlin); Fischkorb, Handnetz, 2 Sagoklopfer, Sagobehälter und Sagotasche, Wasserbambus, Tragkorb und Spielzeug für Kinder, Matte, Haken, Tragnetz, 2 Ruder, Tabakspfeife, Kalebasse, Stein- “A Te Sur Basler Museum für Völkerkunde, Jahresbericht 1919. 301 beil, Trauerschürze, Rotanggürtel, 2 Schmuckgegenstände aus Nautilusschale, 9 Kopfschmucke, 2 Brustschmucke, 2 Arm- schmucke, Halsschmuck; 2 Federstäbe, Pfeife, Trommel, Tanzstäbe, 3 Schwirrhölzer, 4 Zaubergeräte, 2 Zaubersteine, 6 Schädeltrophäen, Tanzmaske und gesamte Dekoration des Bananengeistes, Tanzbrett in Schmetterlingsform, Tanzbrett (Sonnenuntergang darstellend), Rotangpanzer, 8 Lanzen, Speerwerfer, 3 Keulen, 2 Bogen, 38 Pfeile, Holländisch Neu- Guinea (Sammlung P. Wirz) ; Tanzbrett und Kegelmaske der Sulka (Museum für Völkerkunde, Leipzig); Löffel aus Mu- schel, Gürtel, Armschmuck, Armring, Geldschnur, geschnitz- ter Vogel, Holzkette, Kopfschmuck, Knochendolch, Schleu- der, 2 Steinbeile, Neu-Britannien (A. Speyer, Berlin); grosse Speiseschale aus Holz (J. Weber, Karlsruhe), Leibbinde und 2 Armbänder, Admiralitätsinseln (A. Speyer); Brustschmuck, Französische Inseln; Dekorierter Schädel, Pinipel; Angel- haken, Mioko; Leibgurt, Salomonen (A. Speyer). Polynesien. Ankäufe. Kopfbank, Marschall-Inseln; Weiberschürze, Carolinen; Haar- schmuck, Haarpfeile, Häuptlingswedel, Samoa; Schmuck- gegenstände aus Potwalzahn und Knochen, Phallusstein, 2 Steinstampfer, Tapaklopfer, Tanzschmuck aus Menschen- haar, Schalenstein, Diadem, Marquesas-Inseln; Netzsenker, ' Tahiti. Amerika. Geschenke. Sammlung des Herrn Dr. E. Hassler aus Paraguay, Bolivien und Brasilien, zirka 5000 Nummern. Europa. Geschenke. a) An Gegenständen. . (Bei der grossen Zahl der geschenkten Gegenstände ist eine Einzelaufzählung an dieser Stelle nicht möglich. Wichtige Geschenke sind im Bericht eigens „aufgeführt. Donatoren ohne Ortsbezeichnung wohnen in Basel.) Herr H. W. Bröckelmann: 1. — Herr Prof. A. Buxtorf: 8. — Herr Dr. T. Christ: 1. — Herr Dr. A. David: 1. — Herr Dr. J. A. Häfliger: 6. — Herr Ed. Hoffmann: 1. — Herr Prof. 302 Fritz Sarasin. Ed. Hoffmann-Krayer: 7. — Herr P. Hulliger: 1. — Herr M. Krayer : 1. — Herr Dr. W. Liebi, Zernez: 1. — Herr J. Lörch, Cham: 5. — Herr Dr. E. Major: 9. — Herr C. Matzinger : 1. — Frau Ochsner, Cham: 13. — Herr Dr. J. Olschwanger: 1. — Herr F. Perrin, Payerne: 1. — Herr W. Pfister-Wyss, Kollek- tion. — Herr Dr. J. Roux: 3. = Herr Prof. L: Rütımeyer : 56. — Herr Dr. F. Sarasin: 16. — Herr Scheuchzer-Ruetschi: 36. — Herr M. Sooder, Rohrbach : 45. — Herr Prof. Felix Speiser : 6. — Herr Dr. F. @. Stebler, Zürich: 5. — Herr Dr. H. @. Stehlin: 8. — Herr Dr. K. Stehlin: 8. — Erben Stehlin-Merian: 3. — Herr Prof. E. A. Stückelberg: 5..— Herr Ph. Trüdinger: 1. — Herr Dr. A. L. Vischer: 2. — Herr Dr. W. Vischer jun.: 1. — Herr Ad. Weitnauer : 12. b) An Beiträgenin bar. Frau M. Bachofen-Vischer Ÿ: Fr. 50. — Herr Prof. Dan. Burckhardt: Fr. 10. — Frau A. Forcart-Bachofen: Fr. 20. — Herr R. Gemuseus-Passavant: Fr. 20. — Herr F. Hoffmann: Fr. 500. — Herr Dr. K. R. Hoffmann: Fr. 50. — Herr @. Krayer- LaRoche: Fr. 20. — Herr M. Krayer-Freyvogel: Fr. 20. — Herr Jacques Marx: Fr. 30. — Frau A. Sarasin-VonderMühll: Fr. 20. Herr E. R. Seiler-LaRoche: Fr. 10. — Herr A. Vischer- Krayer : Fr. 20. — Herr G. Zimmerlin-Boelger: Fr. 10. Leihgaben. Historisches Museum: 9 Gegenstände aus der religiösen und profanen Kultur der Juden. Herr E. Bernheim in Zürich: 1 rituelles Widderhorn (Schofar). Anthropologische Sammlung. Geschenke. Herr Dr. A. Binz und Hans Miescher, Basel: Schädelfragment aus dem Kies der Niederterrasse bei Reinach. Dr. E. Hassler, Paraguay: Schädel eines männlichen An- gayté-[ndianers (Paraguay). Einundvierzigster Bericht über die | J. M. Ziegler’sche Kartensammlung 1919. I. Geschenke. Prof. A. Buxtorf: Dedijer, Carte des Pays Yougoslaves 1:1000000. Berne, Kümmerly & Frey, 1918. 1 Bl. Prof. Heinrich Preiswerk: Delkeskamp. Malerisches Relief der Schweizer und angrän- zenden Alpen. 1856. 1 Bl. Delkeskamp. Carte en relief du lac de Genève. 1856. 1 Bl. Dr. Ernst Miescher: Schweiz. topographische und Manöverkarten. 85 Bl. Ausserschweizerische Karten. 17 Bl. Frau C. Stehlin-Merian: Aeltere Karten. 50 Bl. II. Anschaffungen. Wöchentliche Kriegsschauplatzkarte. Nr. 208—213. 6 Blätter. Diemer-Enzensperger. Das Wettersteingebirge. Mit Erläuterungen. Gotha, J. Perthes, 1916. 1Bl. 1 Brosch. Diemer-Enzensperger. Monte Rosa-Matterhorn. Mit Hrlämieruh sen, ibid. 1 Bl., 1 Brosch. Haack. Schulwandkarte der Schweiz. ibid. 1 Bl. Haack. Mittelmeerländer. ibid. 1 Bl. Haack. Süddeutschland. ibid. 1 Bl. Bertoldo. Carta-base dei nuovi confini d’Italia. 1:3.000000. 1 BL. Bertoldo. Carta-base della futura Europa politica. 1 : 9 000 000. Er Bl: Schulwandkarte der Schweiz. Bern, Kümmerly & Frey. 1 Bl. Karte der Schweiz 1 : 200 000 in 4 Blatt. Bern, Kümmerly & Frey. Blätter mit Situation, mit Schrift, mit Flüssen, mit Kurven, mit Terrain, mit Grenzen, 24 BI. 304 J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Siegfriedatlas. 1 : 25 000 und 1: 50 000. Nachgetragene Karten von 1918. 65 Bl. Generalkarten von Mitteleuropa. 1 : 200 000. Mit 2 Uebersichts- karten, 1 Zeichenerklärung für Karte 1: 200 000 und 1 Zeichenerklärung für Karte 1 : 75 000. Wien. 22 Bl. Rechnung für das Jahr 1919. Einnahmen. Aktivsaldo voriger Rechnung. . Jahresbeiträge . RE Zinsen Ausgaben. Anschaffungen . Honorare Porter ee Druck des Jahresberichtes Aktivsaldo auf neue Rechnung . Status. Kapitalanlagen!) . Bar in Kassa . _ Vermôügensbestand am 31. Dezember 1919 . 31. Dezember 1918 . 1 99 Zunahme Basel, den 16. Januar 1920. Hr: 855. 80 2 195. — don Fr 1.922555 IAE 349. 40 2 363. 75 5 —, 60 : 55. 55 00:20; Fr. 1,922. 55 Fr. 18,500. — „4 163.05 Fr. 19,653. 25 » 19,355. 80 HET, 297.45 C. Chr. Bernoulli. Für den Vorstand der Naturf. Ges.: Felix Speiser, Bibliothekar. 1) Die angelegten Kapitalien sind beim Schweizerischen Bankvereiu deponiert. Chronik der Gesellschaft. Geschäftsjahr 1919 —1920. Vorstand. Herr Prof. H. Zickendraht, Präsident. Prof. E. Hedinger, Vizepräsident. Dr. E. Banderet, Sekretär. L. Paravicini, Kassier. Prof. A. Buxtorf, Redaktor. Prof. F. Speiser, Bibliothekar. In der Greschichte der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, in Band XX VIII, wird mit einer gewissen Befriedigung festgestellt, dass seit der Gründung der Mitgliederbeitrag mit Ausnahme einer unwesentlichen Aenderung stets der gleiche geblieben sei. Im ver- gangenen Jahr musste mit dieser Tradition gebrochen werden. Die bei diesem Anlass gehegte Befürchtung einer starken Abnahme der Mitgliederzahl hat sich glücklicherweise nicht erfüllt. Die sehr bescheidene Erhöhung von 12 auf 15 Franken ist allgemein als notwendig anerkannt worden. Eine geringe Abnahme der Mitglieder- zahl ist gleichwohl zu konstatieren, z. T. aber auch daher rührend, dass eine Reihe von Mitgliedern während der Kriegsjahre für die Gesellschaft verschollen sind und jetzt gestrichen werden mussten. Auch durch Tod hat die Gesellschaft schmerzliche Verluste er- litten. Besonders nahe standen der Gesellschaft die Herren Prof. Groppelsræder und Dr. Cornu. Zum Andenken an Herrn Prof. Goppelsreder erhielt die Gesellschaft ein Legat von 2000 Franken, das auch an dieser Stelle bestens verdankt sei. Den Herren Dr. Sandmeyer und Dr. E. Hassler wurde die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Ordentliche Sitzungen haben 14 stattgefunden. Zur Sitzung vom 5. November wurden zahlreiche Chemiker eingeladen. An der Generalversammlung des S. A. C. war die Gesellschaft durch ihren Präsidenten, an der Jahresversammlung der Société jurasienne d’émulation durch den Sekretär vertreten. Die Bewegungen zu Gunsten eines Flugplatzes in Basel und für die meteorologischen 20 306 Chronik der Gesellschaft 1919-20 Institute in Oesterreich wurden in der Gesellschaft befürwortet,. während eine Reihe von Aktionen mit politischem Charakter grund- sätzlich abgelehnt wurden. Die öffentliche Schlussitzung fand am 7. Juli statt. Die laufenden Geschäfte wurden in 4 Sitzungen des aktiven und 3 Sitzungen des erweiterten Vorstandes erledigt. bestellt: Herr Prof. E. Hedinger, Präsident, Austrasse 124. „ Dr. A. Tobler, Vizepräsident, Augustinergasse 5. » Dr. E. Banderet, Sekretär, Eichenstrasse 16. » Dr. A. Gansser, Kassier, Grellingerstrasse 77. » Prof. A. Buxtorf, Redaktor, Grenzacherstrasse 94. » Prof. F. Speiser, Bibliothekar, Sevogelstrasse 58. Verzeichnis der Sitzungen und Vorträge. 1919. 22. Okt. Herr Prof. Dr. A. Vogt: 1. Spaltlampenmikroskopie des lebenden Auges; 2. Vererbung von Hydrophthal- mus beim Kaninchen. 5. Nov. » Dr. A. Conzetti: Demonstrationsvortrag über Sand- meyers Werk. Zum Abschied des Herrn Dr.phil.h.c. Traugott Sandmeyer aus der Basler Farbenindustrie. 19 „ Prof. Dr. A. Hagenbach: Eine neue Gesetzmässigkeit im Eisenspektrum. , Prof Dr. F. Fichter: Nachruf an Herrn Professor - A. Werner. 3. Dez. „ Prof. Dr. W. Matthies: Ein Beitrag zur Theorie des Einfadenelektrometers. Prüfung dieser Theorie an einem Wolframdrahtelektrometer. Tree „ Ing. R. Straumann: Ueber eine neue Propellerkon- struktion. 1920. 7. Jan. Herr cand. phil. W. Mörikofer: Luft- und Bodentemperatur in den Alpen. » Prof. Dr. 6. Senn: Die Temperatur der wer) in den Alpen. „ Prof. Dr. F. Fichter. Zum Andenken an Friedrich Goppelsreder: Die elektrochemische Oxydation des Toluols, Der Vorstand für 1920—1921 wurde am 23. Juni wie folgt 4. Febr. . 8. März. 28. April. 12. Mai. DE Chronik der Gesellschaft 1919—20. 307 Herr Prof. Dr. F. Speiser: Ueber kleinwüchsige Rassen nn in den Neuen Hebriden. Prof. Dr. L. Zehnder: Die kleinsten und grössten Bauwerke im Weltall (mit Vorweisung von Atom- modellen). Dr. W. Hotz: Ueberschiebungen auf der Insel Ceram (Niederl. Indien). Dr. A. Gigon: Gegenseitige Beeinflussung verschie- dener Organe bei Krankheiten. Prof. Dr. H. Preiswerk: Geologische Beobachtungen im Vorlande des Hindukusch. Prof. Dr. C. Schmidt: Experimente zur Wünschel- rutenfrage. Prof. Dr. A. Labhardt: Die Wellenbewegung im weiblichen Organismus. Dr. P, Wirz: Zur Ethnographie von holländisch Neu-Guinea.')] ; Prof. Dr. H. Rupe: 1. Ueber basische Derivate des Methylenkampfers ; 2. Ein Beitrag zur chemischen Spannungstheorie. 7. Juli (Schlussitzung): Herr Dr. Ch. de Montet (Vevey): Aus welchen Ueberlegungen kommen wir zu Wahrscheinlichkeits- problemen in Biologie und Medizin? 1) Ausserordentliche Sitzung. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. 1. Juni 1919 be 31 Mai 1920. Einnahmen. Jahresbeiträge : 13 ordentliche pro 1919 à Fr. 12 Fr. 156.— 364 N 5 1990 Re 5460 — | 25 erhöhte 1920 "»...831.— Fr, 6,147. — Ausserordentliche Eingänge: Legat Dr. W. Lotz-Rognon . . Fr. 2,000.— \ » Prof. Dr. Goppelsræder . „ 2,000.— , 4,000.— Kopilalzinsen Sa... LENS Aer ne od Konto-Kortentzinsen,. Sun. Re An Erös.aus Verhandlungen ERP DNS 186.— Verschiedenes: ea Be 15.— | | Fr. 13,227.40 Ausgaben. Ankauf von Wertschriften, zuzügl. Nlsehainean und Kommission . . lee 3,962.70 Kosten von Band XXX der en uen rer to 0 000 Verwaltung der Gesellschaftsbibliothek . . . . . „ 1,200. — Sitzungskarten, Zirkulare und Inserate . . . . . , 358.88 Vorträgesund Bahilfen 200 2 000. en 85.— Einzugskosten. der \Beürage » 2... EEE ES 34.— Beitrag an Bund für Naturschulz à 50.— Verschiedenes: 7, ere en el N a A Fr. 11,738.05 Die Mehreinnahmen belaufen sich daher auf na 0. Br. 71,489.39 2 Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft 1919— 20. 309 Status des Vermögens per 31. Mai 1920. Es ist mitzuteilen, dass sich das unantastbare Kapital um Fr. 5000.— nom. vermehrt hat, | Unantastbares Vermögen. 31/29/0 Dee Schweiz. Bundesbahnen, Serie A-K Fr.25,000.— 4 0/0 s Kanton Basel-Stadt von 1910. . „ 10,000.— 41/4 %/0 à Kanton Basellandschaft von 1912 „ 10,000.— 45/4 9/0 : Kanton Schaffhausen von 1915 . ,, 10,000.— 5 °/o fais . VIIL.Eidgenössisches Mobilisations- anleihen von 1917. . . . » 11,000.— 4/0 > Schweizerische Centralbahn v. 1880 159,000 = Total nom. Fr.69,000.— Betriebsreserve. Guthaben bei der Schweiz. Kreditanstalt, Basel . . Fr. 6,089.80 Guthaben bei der Handwerkerbank Basel . . . . , 216.10 Guthaben auf Postcheck-Rechnung . . . . . … , 183,38 Bansc Hal ETES ee Ce RU RAR ar ARR ee tn 10.23 | Total Fr. 6,499.51 Basel, den 31. Mai 1920. ; Der Kassier: L. Paravicini. Geprüft und richtig befunden: Basel, den 23. Juni 1920. Die Rechnungsrevisoren: Prof. Dr. Th. Niethammer. Dr. O0. Schüepp. DHHIBEE NE œ DUR co Nm a Verzeichnis der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. (Abgeschlossen 7. Juli 1920.) Ehrenmitglieder. ; i Ernannt . Herr Engler, Karl, Dr. phil., Prof.. Karlsruhe . . . 1899 „.. „Eischer; Eduard, Dr phil Prof Bern. 2.22.1911 » Forel, rene Profs-VYvornests ue SLOT „ Greiser, C. F., Prof, Kilsnacht. Zürich Se EAST, n Guye, PRE Rs Prof Genève 5." un OT » Hassler, Emil, D. phil., Adıyu EN Re) „..yskledin, Sven, Dr. phil. ‚Stockholm © =... 2.1909 „Heim, Albert, -Dr, phil. Prof, Zurich. 2.0.1917 „ Lochmann, J. J., Colonel, Lausanne . . 1916 Major. ©: 4 Forsyth (korr. Mitgl. seit 1880), act 1913 » Naville, Edouard, Prof., Malagny-Genève . . 191% » Rudio, Ferdinand, Dr. Dh. Prof Zürich 1917 ns onen Traugott, Dr. phil. h. c. nee naktakss Mitglied seit 1889), Zollikon. :. . aa 9 „ Schweinfurth, Georg, Dr. med., Prof, Bed 2:2 1908 „ Schröter, Carl, Dr. phil, Prof, Zürich Kr 1917 „ Studer, Theoph, Dr. 2 Pi (korr. I seit -1900), Bern . 5 221956 , Sudhoff Karl, Dr. oh Bio ehe SSSR SAS Korrespondierende Mitglieder. Herr Abderhalden, Emil, Dr. med., Prof., Halle. . . 1909 „Bachmann, Hans, Dr. phil, Prof Luzern... 2 1917 à. Bernoulli Rudolf, Dr. phil, Basel 2.2 2...1987 Black -B..G,, Sidney, (N. 8. Wales) Cas RFO ns = Boulenger, G. A., Dr. phil., London . . 1900 „+ Bührer, ae Pfarrer, Dr. phil. h. e., Mie singen (Baselland) . . ; LOT „ Büttikofer, Joh., Dr. phil, oda ee N Au Mitgliederverzeichnis 311 Ernannt 8 berr Burckhardt, ‘Carl, Dr. phil, Mexico». 1% 1917 2 5 GCapellms Gioy., Dr.phil, Prof, Bologna . . . 1875 10 > Courvoisier, Leopold, Dr. phil., Prof., Berlin . . 1917. 11. „ Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Prof. Freiburg i.B.. 1912 12.. „ Favre, Ernest, Dr. phil, Genf... . re SU 13. „ Federspiel, Erwin, Major, Liestal. . . . . . 1903 so, Kischer-Sigwart, El, Dr. pl, Zotingen.. .. . : 191% 15. „ Fuhrmann, Otto, Dr. phil., Prof, Neuchâtel . . 1917 16. ,„ Greppin, Leopold, Dr. phil., Solothurn . . . . 1917 0 - Groth, Paul Dr. phil, Prof, München, : . . 1880 18. „ Hagen, Bernhard, Dr. med., Frankfurt a. M. . . 1892 19° .. EHägenbach, Rudolf, Dr. phil Basel >» 222... 19% 20. „ Iselin, Hans, Pfarrer, Florenz . . 1903 ee Rob. Frédéric, Dr. phil, Recteur, Pen . 1900 2222 lbeuthardt, Kranz, Dr. phil Biestäal "7 "1917 = Muller Albert; Basel rs = 1. 2.22 00282. tr 1960 =. Oberthur Charles, Rennes #0 ue =. 1903 “. Bittard»BEngene, Prof, Genf "0. "101 „=. Breiswerk, Samuel, Pfarrer, Basel. #7 1917 22 „.ı Reidhaar, Ludwie- Dr. phil, Yokohama: #17 1917 = Packs Martin, Dr phil. Pros, Zürich #0 1977 „ Schardt, Hans, Dr. phil. Bro Zürich. 1919 30. , Schlaginhaufen, Otto, Dr. phil., Prof, Gen. LOT » Steinmann, Gustav, Dr. phil., Prof, Bonn a.Rh.. 1900 „. heller, Alfred bretora 0... tm 4. 101 Di y Eschermak Gust., Dr. phil;, Prof, Wien. : . 1880 » Ursprung, Alfred, Dr. phil., Prof., Freiburg i. Ue. 1917 Don Vischer Hanns, Bern»... 2 wen ORT Ordentliche Mitglieder. #4, Élerr *lroth Merian, Sieismund.. 2.1.1 01987 2. ,„ Alioth-Schlumberger, Adrian. . . LOT 3. „ Alioth-VonderMühll, Manfred, Dr. RL, im ik: 1900 4. „ Ammann-Haberstich, J. E., Fabrikant . . . . 1919 Dr 200 Amstem, PB, Dr.phil. 2.0. 222... var Top 6: Bächthold, Hanne, Dr phil. 1915 2%. „ Bally, Walter, Dr. u Be an. Sultige(l u) 1915 82.2.» :Barell, -Emili:Dr. philv. =, 1919 De, Be des Edmund: Dr. phil., erde‘ RE N a TUE DB Bauer, Camille Kae SE A N 1 Baumberger, Ernst, Di DL, D de te ee A0 0 . Herr Mitgliederverzeichnis. Baumers;, Lehrer ae. Beck, Theodor, Dr. phil., Chemiker . Becker, Viktor, Dr. phil., Chemiker Bernoulli, Angust, Dr>phal.. Brof. "N uma Bernoulli-Leupold, Walter, Dr. phil., Chemiker Bernoulli, Walter, Dr. phil., Geologe . Bider-Staehelin, Max, Dr. med. . : Bieberbach, L., Dr. phil., Prof, Franlefünt ; Bienz, Aimé, Dr phil., lehrer - : Bigler, Walter, Dr. phil, Lehrer . Billeter, Otto, Dr. phil., Chemiker Bing, Robert, Dr. med., Prof. Binz-Müller, August, Dr. phil., Lehrer Birkhäuser, Rud., Dr. med., Privatdozent . Bitterli-Treyer, S., Ingenieur, Rheinfelden . Bloch, Alfred, elle a À Bloc Bruno, Dr. med., les Zn : . Bloch, Hedwig, Dr. med Bodmer- Zuppinger, E., Dr. phil. . Boelger, Marie . . RR Böniger, Melchior, Dr. all cie : Bollinger-Heitz, Gottfr., Dr. phil., Lehrer Bottlinger, K., Ingr., Be NN Brack- duos J., Chemiker Brändlin, Emil, Dr. phil. Braun, L., Dr. phil., Breikonsiein, Albert, Dr. med EN. Brenner, Wilh., Dr. phil., Lehrer . Brüderlin, Jean, Dr. phil. AR rate Brunies, Stephan, Dr. phil., Lehrer . . - Bucherer, Emil, Dr. phil., Lehrer . Buchmann, Ernst, Dr. med. . . Buchmann-Schardt, Chr., Direktor . Bürgin-Turner, Emil, Ingr. Bürkı, Eritz#Dr. phil. v. Bunge, G., Dr. med,, Prof. RER Burckhardt- A August, Dr. Su Burckhardt, Ernst, Dr. phil, Chemiker : Burckhardt- en Albrecht, Dr. med., Dreh Burckhardt - anlage, Gottlieb, Dr, RE Lehrer Burckhardt- one, R., Dr. phil, Chemiken \ Ernannt 1912 1917 1909 1912 1912 1909 1910. 1913 1892 1915 1917 1906 1896 1910 1910 1909 1903 1914 1918 1911 1917 1910 1913 1,892 1910 1919 1917 1903 1919 1908 1876 1916 1911 1883 1917 1886 . 1917 1917 1881 1894 1918 EEE i RE _ 53. Herr Burckhardt-Hoffmann, Jean Louis, in Privat- Mitgliederverzeichnis dozent . Burckhardt- Tin Runde Fahrikant. Burckhardt-Koechlin, Karl, Architekt Burckhardt- Pt Ian, Dr. phil. Burckhardt-Sarasın, Karl . Burckhardt-Socin, Otto, Dr. med., Pa dont Burckhardt- len lienneeu, D Dr: DE Prof. Buser, Ernst, Dr. med. . Buss, Hans, Dr. phil. hands a Buxtorf-Burckhardt, A., Dr. phil, Prof. . Casparis, Paul, Dr. Phi a Chappuis, P. A. Dr. pa Christ - de Neuhalle, Rud. Christ-Merian, Hans Christ-Socin, Herm., Dr. jur. 7 phil, een Clavel, Be Dr. Bi ; Colin, u Dr. phil, Olbesutiken Conzetti, Alfred, Dr. phil., Chemiker . Corning, H.K., Dr. med., Prof. Const 7, Dr phals,. 2 en. Daneel, Heinrich, Dr. phil., Chemiker David, Adam, Dre phil. me -Burckhardt, Rich., Dr. DA Chemiker - Dietschy-Fürstenberger, wilh. ; Disler, C., Dr. phil., Lehrer, Rhemfelden Ebi, F., Din phil na done Eder, Leo, Dr. phil. Does Egger, Fritz, Dr. med., Prof. Elber, Rudolf, Dr. phil. EN es Engelmann, Theodor, Dr. phil., Apotheker Engi, Gadient, Dr. phil, Chemiker : Fellmeth, Hans, Apotheker... . . . . Fichter-Bernoulli, Fritz, Dr. D Prof. Fichter- Bol de : Fiechter, A., Direktor . . A Finckh- Siegwart, J, Dr: DIN, Gi Finsler, Georg, V. D. NP 2Dr.philch.e.. Flatt, Robert, Dr. phil. eu ee nu el Dr. Sul, Se alemsnteher Flury-Jucker, Samuel, Dr. phil. h. c., Lehrer . Forcart, Kurt, Dr. med. 913 Ernannt 1915 1919 1915 1917 1910 1910 1907 1918 1900 1900 1917 1916 1913 1907 1857 1911 1886 1910 1893 1919 1916 1917 1910 1896 1913 1912 1916 1899 1920 1882 1908 1917 1896 1911 1915 1896 1911 1887 1906 1915 1904 314 Mitgliederverzeichnis 94. Herr Frey-Brefin, Oskar, Dr. phil., Lehrer Fritsche, Hermann, Dr. phil. . . Gageur, Rudolf, Dr. phil., cents Gransser, ones Dr. phil. Chemiker Geiger, end Dr. phil., Apotheker, Arlesheim Geiger, Paul, Dr. phil., Apotheker RR Geigy-Burckhardt, Karl, Ingenieur Greigy-Hagenbach, Carl Geigy-Schlumberger, Rud., Dr Bl ö Gemuseus-Passavant, Pull Brombach i. W. . Gemuseus-Schmidlin, nn. Brombach i. W. . Gigon, Alfred, Dr. med., Privatdozent . . Gisi, Julie, Dr. phil., Lehrerin Gnehm, R., Dr. phil, Prof., Zürich . Gräter, Eduard, Dr. phil, Lehrer Grenouillet, W., Dr. phil. . . Grein Mas, Eduard, Dr. hl Hr Ge Grob, Armin, Dr. phil, Chats a Emanuel (Deposer Grossmann, Eug., Dr. phil., Chemiker, Riehen . Grüninger-Zellweger, Robert, Architekt Gruner-Kern, Heinrich E., Ingenieur Guggenheim, M., Dr. Die Chemiker Hagenbach, Aueh, Driphl Brot... .. Hagenbach, Eduard, Dr. phil, Chemiker Hagenbach- Bekedı, Karl, Dr. med. Hagenbach-Merian, Ernst, Dr med., ideen Hagenbach-V on dr Mühll, Hans, Dh be Chem. Hallauer, Otto, Dr. med. . » . 3 3 Handschin, due Dr. phil. Be Hassinger, Hugo, De phil., Prof. Hath, Emile, Dr. ing., Mulhouse . Hedinger, E., Dr. med., Prof. . Heinis, Fritz, Dr. phil., Lehrer Helbing, H., Dr. phil., Lehrer . Henrici, Marguerite, Dr. phil. Herzog, M. A. Lehrer . . Heusler, bol à : Heusler-Veillon, Rud., A boat Hinden, F., Dr. phil. "Chemiker Een: Eduard, Reallehrer 1" 32 720% Hindermann-Müller, Emil, Dr. phil., Chemiker . ‘ Ernannt 1904 1920 1916 1916 1897 1902 1892- 1892 1888 1911 1911 1910 1909 1887 1917 1917 1885 1918 1919 1900 1915 1916 1914 1907 1888 1892 1904 1898 1896 1920 1918 1918 1909 1916 1913 1917 1917 1911 1910 1910 1912 1898 172. 173. 174. 175. DAT: Mitgliederverzeichnis 136. Herr His-Astor, Wilhelm, Dr. med., Prof, Berlin . 137. ie 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. His-Schlumberger, Bauad His-Veillon, Alb. . . . : Hockenjos, E., Dr. med, Ze , Hoffmann, Carl Dr. med. . . : one Krayr, Ed., Dr. phil., Prof. Hoffmann-Paravicini, A., Dr. med. Hotz, Gerhardt, Dr. med., Prof . Hotz, Walther, Dr. phil.. . ee Huber-Manthey, Joh., Dr. Dh, Lehrer Hünerwadel, Th., Eee Bi Pa Dad Oberarzt . Hug, Ernst, Dr. phil., Chemiker . Hunziker, Hans, Dr. med., Prof... Jaquet-Paravicini, Alfr., Dr. med., Prof. Jecklin, Lucius, Dr. phil., Lehrer Jenny, Fridolin, Dr. phil., Lehrer Jetzer, Max, Dr. phil, Chemiker Immermann, Georg, Dr. med. . Im Obersteg, Armin, Dr. jur. . Jost-Blumer, Stephan Sos Iselin, Martin, Dr. phil., Riehen . Iselin, H., Dr. med., Prof. . : Isler, Max, Dr. phil., Chemiker Kägi, Hans, Dr. phil., Chemiker . Kägi, Friedr., Dr. phil., Lehrer Kägi-Stingelin, Hans . . . . . Kappeler, Hans, Dr. phil, Lehrer Karcher-Biedermann, H., Dr. med. Katz, E., Dr. phil., Apotheker Keiser, Alfred. Drephile. "021 Kesselring-Lang, Ed., Dr. phil., Lehrer Klingelfuss, Fr., Dr. phil. h.c., Ingenieur. Knapp-Refardt, Martin, Ingenieur. Koch, Richard, cand. geol. | Köchlin-Hoffmann, A, 2 .....2. Köchlin, Paul, Dr. phil, Apotheker. in Dinge, Dressur Köchlin-Ryhiner, on Dr. Bil. Be: Kreis, Hans, Dr. phil, Prof. Kantonschemiker Kreis, Oskar, Dr. med. . EN Kubli, L., Dr. phil., alt- Rektor 315 Ernannt 1902 1910 1910 1910 1905 1910 1909 1918 1913 1919 1909 1919 1916 1911 1888 1904 1887 1909 1911 1913 1917 1919 1912 1917 1919 1892 1896 1910 1896 1909 1918 1917 1892 1896 1920 1915 1888 1917 1919 1893 1912 1399 316 Mitgliederverzeichnis 178. Herr Labhardt, Alfred, Dr. med., Professor. 79% 180. 181. 182% 183. 184, 185. 186. 1:80: 188. 189. 190. 191. 192. 198: 194. ID: 196. IR: 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212% 21a. 214. 215. 216. 217. 218. Frl. Herr Labhardt, Hans, Dr. phil., Ludwigshafen . Labhardt, Jenny, Hofstetten b. Thun Lang-Vonkilch, Karl, Lehrer La Roche, Hans, Banquier . La Roche-Iselin, A., Dr. jur. . La Roche, René, Dr. phil. . . La Roche-Von der Mühll, Rob. Laubscher, Armin . . RO FREE Lebedinsky, N., Dr. Sin: Prof., Riga . Lenzinger, Eduard, Dr. phil., Lehrer on Albert, Dr., Ingenieur . se Felix, Dr. med., Prof. Lichtenberg, G., Zahnarzt . Lindenmeyer- Seiler, Ken Löffler, Wilhelm, Dr. med., Po don De ioees Été era L’Orsa, Th., Dr. phil., Chemiker . Lotz, Albert, Dr. med, Lot Feel Ineeneur 2. 22 en. Ludwig, E., Dr. med., Prosektor, Riehen . Lüdin, M., Dr. med. . a ihn Butz-Geore, Wilhr. 202... Mähly, Paul, Dr. phil, Ohemiker Martin, Hear, Bromed Martz, Ernst, Dr. phil., De alias Mascioni, B., Dr. phil, Chemiker À Massini, M., Dr. med. . . Massini, Be Dr. med., me ; Matthies, W., "Dr phil., Prof. ; Matzinger, E. Apotheker... Mautz, Otto, Dr. phil, Be Lo a orne Dr. phil., Chemiker Mayer, W., Adjunkt der Spitaldirektion Meidinger, Georg, Ingenieur Se Meier-Hartmann, Fr., Dr. phil., Chem., Monthey Menzel, Richard, Dr. phil., Ba doc Buiten- zorg (Java) à LT. de a lie - Merian, Rudolf, Dean nen. Merz Hans,» Dr, med: a... Mettler, Karl, Dr. phil., Chemiker Metzner, Rud., Dr. med., Prof., Riehen Ernannt 1910 1899 1914 1911 1917 1899 1909 1909 1915 1917 1916 1910 . 1919 1910 1892 1912 1910 1913 1903 1910 1915 1914 1911 1899 1907 1915 1915 1914 1909 1914 1910 11909 1910 1909 1910 1910 1915 1917 1903 1910 1897 Mitgliederverzeichnis 219. Herr Meyer-Müller, K., Dr. med, 220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 239. 236. 231. 238. 239. 240. Miescher- Saba. Paul, Dr. phil. qu €, Date Mohrmann, Hans, Dr. phil., Prof. BR Mörikofer;, W., cand. phil. . .. . Mohn, Elch Direktor, Arlesheim à de Menknolln, Claus Dr. phil. Cheniber Müller-Kober, Achilles, Dr. med. . $ : Müller, Fritz, Dr. phil., Chemiker Müller, Gustav ser Müller- Wild, Jakob, darin. Mylius, Adalbert, Chemiker N Mylius, Albert, Dr. phil, Chemiker . . Niethammer, Theodor, Dr. phil., Prof. . 'Noelting, Emil, Dr. phil., Mulhouse . Nüesch, Arnold, Dr. med. vet. . . . Obermiller, J., Dr. phil., Privatdozent . Oes, Ad., Dr. phil., Lehrer 2 Oppikofer, Ernst, Dr. med., Prof. . Oser, Wilhelm, Dr. phil. Ostertag, Georg, Dr. phil. . Oswald, Ernst, Dr. med. See Flers C., Chemiker . Paltzer, G., Dr. il, Direktor, Sehweizerhalle . Paravicini, Le Arlesheim De Re ee Bassayant-Allemandi, #7 vr, 2219". Paul, Jos., Dr. phil., Chemiker, Rheinfelden . Pfeiffer, S., Dr. phil., Chemiker . Bieeard, Ji Dr. phil‘, -Bror Le Plüss, Benjamin, Dr. phil., Lehrer Preiswerk-Alioth, A., Dr. med. . Preiswerk, He Br phil, Prof. . Preiswerk, Paul, De med., Privatdozent Pritzker, 3. Dr. phil., Sentier : Probst-Siegwart, Louise . DA Raillard, Alfred, Dr. phil., Chemiker Kanllard Hans B...2..0.0r.E0200 5 Rauch, HC. Dr. phil 9. Reber, Fritz, De med., A Reese, Heinrich, Dr. es, Ban Arnold anne Reinhold, Thomas, Dr. phil., Kattwyk a. Zee Riggenbach-Burckhardt, A., Dr. phil, Prof. 317 Ernannt 1910 1889 1920 1915 1919 1920 1912 1909 1900 1918 1897 1909 1904 1897 1918 1915 1910 1916 1905 1919 - 1919 1900 1909 1912 1892 1910 1909 1870 1874 1912 1901 1910 1920 1913 1917 1920 1920 1916 1920 1916 1916 1880 318 Mitgliederverzeichnis Ernannt 261. Herr Riseabach. ee E., nn EN TRALOUZ 262. Frl. Rink, Hedwig . . en LINES 263. Herr Ritter, Ernst, Dr. DA RE a AO ER 264. , Rôchling, Otto Be RE EB DOME 265. „. Bohrer, Fritz, Dr. med. - BR ae, 266. „ Ronus, Max, Dr. phil, Cr LS APR A SOUS 260... Bonus, "Rudolf #00 ES EN PO 268% Roth, Max, Drimed repense 0 269.2 2.2 Roth Walh., Dr. phib oa ws. 1909 20e Roux Jean Dr ph non rer 1002 271. , Rubin, Karl, Dr. phil, Chemiker, Zürich . . . 1909 DEZE, ab, Eduard, Dr-phil. 2. erde 213. „ Rudın, Ernst, De phil., Chemiker, inne 201908 DAME, A guh Paul, Dr. phil, Privatdozent = 2.222...1920° 275. „ Rütimeyer, De Bramed,2brof. EAN 1888 276. „ Rupe-Hagenbach, Hans, Dr. phil, Prof. . . . 1896 277: 1; -Sarasm-Alioth; “Peter 2... len] 278. „ Sarasin, Fritz, Dr. phil. et ne h. Cr 2221886 279. ,„ Sarasıin-His, lhole, Drsphil.n. 0.0229 280. ,„ Sarasin-Iselin, Alfred. . . A ee LILO 281. ,„ Sarasin-Iselin, Wilhelm, Dr. Be N RT 282. „ Sarasın, Paul, Dr.phil, et med.h.e. :. ...... 1886 283. , Sarasin- Se De en u NAT OS 284.5 „= Barasın-VischerRude. uw. in Re TU 285. Frau Sarasin -Vonder Mühll, da AR N ie DO 286. Herr Sarasın-VonderMühll, Ernst... ©. ... 1909 282..:°.,%, .DarasınWarnery, Ren RE OS RO O0 288: 2 4... Dartorıus-Preiswerk Wr 0 nee 10 289%... Schaub Sam: Dr. phil, étre rs 190) 290. ‘„ Schenkel, "Ehrenfried, Dr. phil, Dehrer . 1892 291. „ Scheuérmann, Beda, Dr. phil, Apotheker. . . 1909 292.: „ Schlup, ‚Benedikt, Sek.-Lehrer ”. . .....:1891 293... » Schmid-Guisan, HB, Dr.med), 2. „2.2, 1914 292 2, Schmid, Peter, Di jur. HT MES OU 295. „. Schmidt, Carl, Dr. phil, Pot eo LESS 2900 0% Schneider, Felix, Dr. phil., Lehrer, Domachı, 2.1909 DIT der Georg, Direktor . . . ELLE ‘ 298..." Schneider, Gustav, Präparater‘ ..........2...7.0,1902 | 299. ,„ Schnitter, Hellmuth, Dr paies He a LOTS | 300. ,, Schobel, ‘Heinrich, Dr. phil., ek RE ERS À 301. , Schünberg, S, Dr. med Brot UE 302: =, :Schüepp, Otto; Dr. phil, Allsehwil 2.2222. 1916 4 Mitgliederverzeichnis 303. Herr Schulthess-Schulthess, ©. O., Zahnarzt . 304. 305. 306. 307. 308. 309. 310. SL. 312. 313. Schumacher-Palm, Hans, Dr. phil. Schwartz, Leonhard, Dr. med. Senn-Gruner, Otto. . . . . Senn, Gustav, Dr. phil., Prof. . Settelen, Otto, Dr., Zahnarzt . Siebenmann, Friedrich, Dr. med., Prof. Sieber, Fritz, Dr. jur. nan ae Dr jun: Simon, Karl, Dr. phil, ohne: . Socin, Charles, Dr,med,: . Speiser, Felix, Dr. phil., Prof. Speiser, Hans, Photograph . . Speiser-Riggenbach, Theophil : Speiser-Sarasin, Paul, Dr. Jur., en. Nat. Rat Speiser-Thurneysen, Paul, Dr. jur. von Speyr-Boelger, Alb. . Spiess, Otto, Dr. phil., Prof. Spiess, Paul, Dr. med. Stähelin-Bischoff, August . . . . Stähelin, Marcus, Dr. phil, Zürich . Stähelin, Rud., Dr. med., Prof. Staub, Emil, Direktor + Stauffacher, Werner, Direktor. Stehlin-von Bavier, Fr., Architekt Stehlin, Carl, Dr. jur. Stehlin, Eine Dr. phil. . Steiger, Emil, Dr. phil. h. > Apeiheker Steinmann, Paul, Dr. phil., Prof., Aarau . Stocker, Robert, Dr. phil., Chérie Sronler Hans Dr/phil 4, & Stoll, Arthur, Dr-phik Prof 002 Straumann, Reinh., Ing., Waldenburg . Strub, Walter, Dr. phil. . an SR udn Breidenbach, Altr., Dr. Hu Stückelberg, Vicco cr. re Stursberg, G., Dr. phil, Connor Sulger, mans, Dr jur... Sulger, H., Ingenieur. Suter, Emil, Optiker . as Suter, Emil, Dr. phil., Chemiker . Suter, Rudolf, Dr. phil. 319 Ernannt 1892 1918 1918 1909 1896 1902 1888 1911 1916. 1897 1896 1909 1894 1917 1887 1917 1910 1904 1911 1917 1917 1911 1912 1917 1910 1896 1890 1889 1907 1917 1912 1917 1919 1909 1910 1917 1908 1917 1870 1888 1920 1913 320 345. Herr Suter-Vischer, Fritz, Dr. med., Professor . 346. 347. 348. 349. 350. Sal, 352. 399. 354. 383. 984. 385. 386. Frl. Herr Miteliederverzeichnis Pamm, Walter, Dep = 2. v2. 20% Ternetz, Charlotte, Dr. phil., Lehrerin . Thommen, Ed., Dr. phil. Tobler, Aug., Dr. phil. a Philipp . j Trüdinger-Bussinger, Karl, Biana re Trümpler, R., Dr. phil, bre Pas: Uhlmann, Er Dr med, 00. Vaucher, Charles, Chemiker : Veillon, Emanuel, Dr. med., Riehen . Veillon, Henri, Dr phil Prof, - : Me Hans, Dr. phil., Chemiker . Villiger, Emil, D med., Prof. Vischer, Adolf, Dr. no Vischer, Andreas, Dr. med,, D Vischer, Benedikt . . . : Vischer-Geigy, Ernst, Sechitekt Vischer-Geigy, Paul, Architekt Vischer-Speiser, C. TE. : Vischer-Burckhardt, R. : Vischer-Iselin, W., Dr. jur. Vogelbach, Hans, Dr. med. . 5 Vogel-Sarasin, Robert, Dr. med. . Vogt, Alfred, Dr. med., Prof. . Voirol, A., D. med: VonderMihll, Ed., Dore 5 VonderMühll- Kl BFA,'Dr. pl. Vosseler, Paul, Dr. Shi à Wackernagel- Merian, @.. Wagner, Eduard, Dr. phil. . Wagner, R., Dr. phil. panel Walter, Ce Dr. phil., Lehrer Wehrli, Eugen, Dr. med. Wendnagel, A., Direktor . Werdenberg, Heinrich, Dr. phil. . . . Werdmüller, Otto, Dr. phil, Chemiker. Weth, Rud., Dr. phil., Reallehrer . 'Wetterwald, X., Dr. phil., Reallehrer Wieland, Emil, Dr. med., Prof. Warz. Paul, Dr. phile Witschi, E., Dr. phil. Ernannt ! - 1896 1910 1909 1913 1894 1907 1907 1912 1918 1909 1898 1890 1910 1902. : 1916 1918 1918 1917 1917 1910 1912 1901 1903 1903 1918 1917 1909 1910 1917 1892 1916 1915 1907 1915 1913 1919 1918 1893 1892 1897 1920 1918 R EHRT FF Miteliederverzeichnis 387. Herr Wölfflin, E., Dr. med., Privatdozent 388. 389. 390. al. 392. 393. 994. 399. 396. 397. 398. Wolf, Gust., Dr. med., Prof. . Zaeslin, Hans, Dr. phil, Chemiker, Genf . Zahn-Geigy, Friedrich an See Zehnder, Ludwig, Dr. phil., Prof. . Zickendraht, Hans, Dr. phil., Prof. . _ Ziegler-Blumer, Ed., Dr. jur. . Zimmerlin-Boelger, Gr. Zinsstag, Adrian, Zahnarzt . . . Zörnig, Heinrich, Dr. phil., Prof. . Zschokke, dich Dr. phil. et med. bec, Zeclokke, EI, Oele ; Bor Seit Veröffentlichung des Nachtrages zum Mitgliederverzeichnis von 1917 in Bd. XXX, po. 348—349 sind aus der Gesellschaft ausgetreten: Herr Hecke, E., Dr. phil., Prof. Dean De Phil, Prof, » (hour Mital Bow, Rud. . . Kron, Rud., aa ; VonderMühll. Bon Pin Dr. nd VonderMühll-Ryhiner, Adele ‚. Henneberger, Moritz, Dr. phil. Keller, Hermann, Dr. med. Brenner-Senn, Karl . Müller-Meyer, Hans. . Lotz, Arnold, Dr. med. Stoppel, Rose, Dr. phil. Knapp-Refardt, E. Ehinger-Heusler, H.. Köchlin-Staehelin, A. . . Goedecke, Fritz, Dr. phil. . Finn Dr philo +4 Bassalik, K., Dr. phil. . Bamberger, H., Dr. phil. Witzig, -P., Dr. Mitglied von bis 1916 1919 1917 1919 1912 1919 1918 1920 1892 1920 1917 1920 1911 1920 1889 1920 1918 1920 1901 1920 1890 1920 1913 1920 1916 1920 1911 1920 1911 1920 1914 1920 1914 1920 1917 1920 1911 1920 1892 1920 21 æ 322 Miteliederverzeichnis Durch Tod hat die Gesellschaft im selben Zeitraum verloren: a) die Ehrenmitglieder: Mitglied » von bis 1. Herr Werner, A., Dr. phil, Prof. EL, II LER LILI DR Cornu: Felix [Ehrenmitglied Seit 1917] . 1868 1920 b) die ordentlichen Mitglieder : Herr Oppikofer, B., Direktor a pu. 1909241010 20... Socıo, Christoph, =Dr mea, brot "00 2.2.1900 1.919 3. , Goppelsroeder, Friedrich, Dr. phil., Prof. 1859 1919 4, 2Knapp-schulthess Chr Dr phil 1% 21897 1.920 5. ©... Münser, Friedr., Dropll# 2.2. 22.2.1899. 11920 6, Vischer-Bachofen, Kr, Dr’med.h.c.., . 1883 1920 42 „. „Hollmann-ba Roche, oa 2.2.20... 0 074009201020 Uebersicht über den Mitgliederbestand am 7. Juli 1920. Ehrenmitglieder »# . . DANS CO Et Korrespondierende Mitglieder ln Kern Ordentliche Mateleder 00 7 598 Motale .. 272,450 Druckfehlerberichtigung. Zum Aufsatz Menzel (Nematoden) p. 173: in der 17. Zeile von unten lies Fig. 5. p. 174: in der 12. Zeile von oben lies Fig. 5. ON x LE V:735% / V.5,7 F. Ebi. Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Untersuchung a&rodynamischer Felder. Legende. Druckdiagramm der neuen Scheibensonde. Druckdiagramm eines Zylinders mit 13,0 mm Durch- messer, bei einer Öffnung von 0,4 mm Weite und drei verschiedenen Geschwindigkeiten. Druckdiagramm eines Zylinders mit 40,6 mm Durch- messer, bei einer Öffnung von 0,5 mm Weite und drei verschiedenen Geschwindigkeiten. Druckdiagramm eines Zylinders mit 13,0 mm Durch- Druckverteilung am Ende des Zylinders. Kurve — — — Druckverteilung in der Mitte des Zylinders. Druckdiagramm eines Zylinders mit 31,7 mm Durch- Druckverteilung am Ende des Zylinders. Kurve — — — Druckverteilung in der Mitte des Zylinders. 7:4 "/m DRUCK. FiG.2, ——— DFFNUNG id. MITTE — = 17% DRUCK FiG. 6. Verhandlungen der Naturf. Gesellschaft in Basel Band XXXI. Tafel 1. WINDRICHTUNG / 4 — = 4"/m DRUCK _—— ÖFFNUNG x. ENDE. 6 a.ENDE — :4/m DRUCK. = —— ÖFFNUNG ja. MITTE. FIG F. Ebi. Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden Verhandlungen der Naturf. Gesellschaft in Basel zur Untersuchung aërodynamischer Felder. Band XXXI. Tafel II. WE) FANNY NE Ne Ne) NE 2); EV. ; a es en cd LS Dr. E. WEHRLI HAARSCHUPPENKLEID Verhandlungen d. Naturf. Ges. Basel DER GATTUNG SCIOPTERA Band XXXI. Tafel III DAY: #; Fig. 6 (Von Fig. 1) = . Fig. 11 (Von Fig. 2) = RE Fig. 7 (Von Fig. 2) > Fig. 8 (Von Fig. 3) Fig. 10 (Von Fig. 5) Phologr. von E. Gummi und E. Wehrli. [N 6 Lebedinsky: Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel 2 ——————— D Fig. 1 Porphyrio Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXXI, Tafel IV. Fig. 5, Struthio Fig. 13. Falica Fig. 6. Dromaeus Fig. 2. Nucifraga Fig. 20. Alos g. 18. Phoebetria Fig. 15. Colymbus Fig. 19. Diomedea Fig. 17. Aptenodytes. 5 N. G. Lebedinsky: Beiträge zur Morphologie des Unterkielers der Vögel Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXXI. Tafel \ Fig. 34. Falco — Fig 22. Haematopus Fig. 98, Balaeniceps D Fig. 23 Otis Fig. 35. Eutolwaëtus, Fig. 41. Alcedo Fig. 29. Ciconis N 42, Picus. Fig. 30. Chauna Fig. 36. Gypaëtus He > Fig. 24. Grus Fig. 40, Aotbracoceros hoenicopterns Fig Ardes Fig. 33. Phalacrocorax Fig. 39. Rbinoplax N. G. Lebedinsky: Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Beiträge zur Morphologie des Unterkiefers der Vögel. Band XXXI, Tafel VI. Fig. 46. Rhea Fig. 45. Struthio, Fig. 47. Dromaeus Fig. 48. Casuarius. Fig. 49. Apteryx Fig. 58. Colymbus. Fig. 53. Columba. Fig. 50. Apteryx. Fig. 92. Tetrao. Fig. 51. Tinamus. Fig. 57. Podiceps. Fig. 54. Opisthocomus Fig. 64. Larus Fig. 65. Scolopax. Fig. 60. Aptenodytes. Fig. 61. Diomedea Fig. 66. Haematopus Fig. 56. Fulica mm ll tt aäaj,äa,gqbg, se em f Had NV L. Braun, Geologische Beschreibung der Umgebung von Frick. 2, ER 7 Mit Bewilligung der schweiz. Landestopographle vom 19. 8. 1919. Geologische Karte der Umgebung von Frick Maßstab 1:25000 aa Zu, Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXXI, Tafel VI. CEOOR.AnsTALT KÜMMERLTE FRET BERN Legende: Alluvium Tiefste Talsohle Schuttkegel der Seitenbäche Kalktuff | Gehängeschutt-Trümmerhalde Bergschlipf-Rutschungen Diluvium Niederterrassen-Schotter Löss Moränenschutt der grössten Vergletscherung Schotter der grössten Vergletscherung Hochterrassen-Schotter Malm Birmensdorfer-Schichten Dogger Cordatus-Macrocephalen-Varians-Schichten Hauptrogenstein Blagdeni-Humphriesi-Schichten Sauzei-Sowerbyi- und Murchisonae-Schichten Opalinustone Lias Trias Mittlerer Keuper Gipslager Unterer Keuper = Zellendolomit-Alaunschiefer (Leitenkohle) Oberer Muschelkalkdolomit (Trigonodusdolomit) Hauptmuschelkalk Unterer Muschelkalkdolomit-Gips-Anhydrit-Salzton (Anhydritgruppe) Unterer Muschelkalk — Wellenkalk Streichen und Fallen der Schichten Ehemalige Ausbeutung und Aushebung Betriebene Ausbeutungen, Steinbrüche, Sand, Kies, Lehm, höherer tieferer }rigeı von Verwerfungen Zusammenhängend abgerutschte Komplexe Erratische Blöcke Zerstreute Gerölle, meist Quarzite Einsturztrichter (Erdfalle) Lehmige Beschaffenheit der betreffenden Formation Legende : Schuths Alluvium Nieder- &Hochterrasse Moranenschutt#glaciale Lehme Birmensdorfer Macrocephalenschichten 7-1 Variansschichlen - Hauptrogenstein = «| Blagdenischichten =] «| Humphriesi-Murchisonaeschichten — Opalinustone Lias Heuper Trigonodusdolomit Hauptmuschelkalk Anhydritformation Wellenkalk Buntsandstein a Rotliegendes FAN) Gneis \ Verwerfung à N26 Trommelsten Geologische Profile durch Blatt Frick entworfen von L. Braun 1919 Käsiberg Nordwest. N°1 Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXXI, Tafel VII. Frickberg 200m 200m Sisselnbach Fluh Frick 200m Bleik 200m JSulzreben Kurzebreite 'schingerbach —— 200 m 200 m.0.M Masstab 1:25.000. GEUGR, ANSTALT KÜMMERLY & FREY BERN sei ‘0 ee ae ee ne er ra bee ae + : 2 U | j À SA i Fee 4 Von : = 3 h | A au h M 1 cs + La È À ” : Zu Yi ot ä $ ET + Li GRR CE REINE #3 1 ; } wer, 7 - en $ PETER PORN ER DRE: OUTRE EREEE Ve. ag Pe 3 ee pe je Ne ee len | Verhandlungen | der Naturforschenden Gesellschaft | in Basel | Band XXXI 1919—20 Mit 8 Tafeln und 206 Textfiguren. Ir Basel: Geors &rCie, Verlag 1920 Verzeichnis der Tafeln. Tafel III zu Fritz Ebi: Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Untersuchung aërodynamischer Felder. Tafel III zu Eugen Wehrli: Haarschuppenkleid der Gattung Scioptera. Tafel IV—VI zu N. G. Lebedinsky: Beiträge zur Morphologie und Entwicklungsgeschichte des Unterkiefers der Vögel. Tafel VII— VIII zu L. Braun: Geologische Beschreibung von Blatt Frick (1: 25,000) im Aargauer Tafeljura. GEORG & C°, Verlag, Basel. Separat-Abdrücke aus den Denkschriften der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft. Bärtschi, Ernst. Das westschweize- rische Mittelland. Versuch einer morphologischenDarstellung, 1915, VIII und 157 Seiten, 1 Karte und 19 Textfiguren Fr. 10.— Becker, W. Die Violen der Schweiz, 1910, VIII und 82 Seiten, 4 Tafeln Fr. 6.— Braun, Josias. Die ‚Vegetationsverhält- nisse der Schneestufe in den Rätisch-Lepontischen Alpen. Ein Bild des Pflanzenlebens an seinen äussersten Grenzen, 1913, VII und 347 Seiten, 4 Tafeln, 1 Isochionen- karte und Textfiguren Fr. 25.— Bretscher, Dr. K. DerÂVogelzug im schweizerischen Mittelland in seinem Zusammenhang mit den Witterungsverhältnissen, 1915, 45 Seiten DRE Ganz, Ernst. Stratigraphie der mittleren Kreide (Gargasien, Albien) der oberen helvetischen Decken in den nördlichen Schweizeralpen, 1912, VII und 149 Seiten, 11 Tafeln, 20 Textfiguren und 2 Kartenskizzen Fr. 15.— Gockel, Alb. Luftelektr. Beobachtungen im Mittelland, Jura und Alpen, 1917, 76 Seiten, 9 Textfig. Fr. 6.— Hössiy. Kraniolog. Studien aus Ost- Grönland, 1916, 54 S., 3 Taf. Fr. 6.— Küpfer, Max. Beiträge zur Morpho- logie der weiblichen Geschlechts- organe bei den Säugetieren, 1920, 128 Seiten, 27 Tabellen, 28 farbige lithographische Tafeln und 8 Fi- suren im Text Fr. 45.— Keller, Dr. Conrad. Studien über die Haustiere der Mittelmeer-Inseln. Ein Beitrag zur Lösung der Frage nach der Herkunft der europäischen Haustierwelt, 1911, 87 Seiten, 8 Tafeln und 20 Textfiguren Fr. 10.— Keller, Dr. Conrad. Studien über die Haustiere der Kaukasusländer, 1913, 61 Seiten, 8 Tafeln und 21 Textfiguren Fr. 10.— Rikli, Dr. M. Die Arve in der Schweiz. Ein Beitrag zur Waldgeschichte und Waldwirtschaft der Schweizer- alpen, 1909, XL und 455 Seiten, mit einer Arvenkarte der Schweiz, einer Waldkarte von Davos, 19 Spezialkarten, 9 Tafeln und 51 Textbildern. I. Teil: Text. II. Teil: Tafeln und Karten Er 30. Rollier, Dr. Louis. Revision de la Stratigraphie et de la Tectonique de la Molasse au Nord des Alpes en general et de la Molasse sub- alpine suisse en particulier, 1911, 101 Seiten, 2 Tafeln Fr. 7.— Sarasin, Fritz. Die steinzeitl. Stationen des Birstals zwischen Basel und Delsberg, 1918, 210 Seiten, 32 Tafeln u. 21 Textfiguren Fr. 25.— Schaub, Samuel. Das Gefieder von Rhinochetus jubatus und seine postembryonale Entwicklung, 1914, 120 Seiten, 1 Tafel und 12 Text- figuren Er. 5. Schwerz, Franz. Versuch einer anthro- pologischen Monographie des Kts. Schaffhausen speziell des Klett- gaues. Von der philos. Fakultät II. Sektion der Universität Zürich mit dem ersten Preise gekrönt, 1910, VIII u. 210 Seiten, 89 Textfig., 1 Karte u. 87 Tabellen Fr. 14,— Tröndle, Arthur. Untersuchungen über die geotropische Reaktionszeit und über die Anwendung variations- statistischer Methoden in der Reiz- physiologie, 1915, 84 Seiten und 2 Textfiguren Fr. 5.— Vermessungen am Rhonegletscher, 1874 bis 1915. 1916, 191 Seiten, 10 Pläne und 26 Textfiguren Fr. 35.— Inhalt. Fritz Ebi.. Ueber die Wirkungsweise zylindrischer Sonden zur Untersuchung aérodynamischer Felder Eugen Wehrli. Ueber eine neue Psychide, Scioptera vor- brodtella nov. spec. und ein neues Unterscheidungs- merkmal der Scioptera-Arten Eugen Wehrli. Ueber die artliche Verschiedenheit des Haar- schuppenkleides der Flügeloberfläche der Repräsen- tanten der Gattung Scioptera Rbr. (Psychiden) N. G. Lebedinsky. Beiträge zur Morphologie und Entwick- lungsseschichte des Unterkiefers der Vögel A. Buxtorf und R. Koch. Zur Frage der Pliocaenbildungen im nordschweizerischen Juragebirge . Fr. Fiehter. Friedrich Goppelsræder 7 . Richard Menzel. Ueber die Nahrung der freilebenden Ne- matoden und die Art ihrer Aufnahme. (Ein Beitrag zur Kenntnis der Ernährung der Würmer) L. Braun. Geologische Beschreibung von Blatt Frick (1: 25,000) im Aargauer Tafeljura Fritz Sarasin. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1919 . Fritz Sarasin. Bericht über das Basler Museum für Völker- kunde für das Jahr 1919 . C. Chr. Bernoulli. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung, Einundvierzigster Bericht 1919 . Chronik der Gesellschaft 1919/20 . Jahresrechnung der Gesellschaft 1919/20 Mitsliederverzeichnis von 1919 Druckfehlerberichtigung Seite 113 BE Eh BL WHOI Library - Serials ELU _ 5 WHSE es et *: 22 (LE m rh 182 Han An if BIN I RONA Ber ha ani Le Det BO per eier Ji pos Bu Ken Si H un 3,51 tres MENU dt Lie it ge tir 8 RAS © N LAS Jet tel . 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