296.5 Fibrarp of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, I & er je f The gift of}. = bung No. 075 x / = = 1894, An. 3.1895 a a | Se RER Rs Rn N r HAMBURG 1893: DRITTER OLGB 1... “ Be Een om 3 ; y. HAMBURG 1894. | | 5 . L.:FRIEDERICHSEN & Co. | i VERHANDLUNGEN NATURWISSENSCHAFTLICHEN VEREINS HAMBURG 1899: 3. FOLGE 1. INHALT: . Vorwort, . Jahresbericht und Mitteilungen aus den Vereins- und Gruppen-Sitzungen, . Verzeichnis der in Austausch empfangenen Schriften. . Mitgliederverzeichnis. . Über die Flora der Hamburger Wasserkasten vor Betriebseröffnung der Filtrationsanlagen, von Dr. R. TımMm. 6. Über afrikanische und südamerikanische Süsswasserbryozöen, von Prof. Dr. KRAEPELIN. 7. Die Aufgaben und die Organisation des botanischen Gartens zu Hamburg, von Dr. Fr. nn $w—, - ÄHLBORN. 8. Die Schuppen der Säugetiere, von Dr. L. REH. 9. Ein verzweigter Bandwurm, von Dr. Fr. AHLBORN. 10, Die Umwandlung der Arten, ein Vorgang funktioneller Selbstgestaltung, von Dr. GEORG PFEFFER, ı1. Die inneren Fehler der Weismannschen Keimplasma-T'heorie, von Dr. GEORG PFEFFER. HAMBURG 1894. L. FRIEDERICHSEN & Co. a # 5 Er N = E Wu 3 11. AR af N Vorwort. Infolge Vereinsbeschlusses werden von diesem Jahre an wieder »Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg« herausgegeben, welche jährlich sofort nach der im Januar stattfindenden Hauptversammlung erscheinen sollen. Der Zweck dieser »Verhandlungen« ist einmal, den geschäftlichen Teil der Vereinsthätigkeit den Vereinsmitgliedern und den mit uns im Schriftenaustausch stehenden Gesellschaften schnell und regelmäfsig zugehen lassen zu können, ferner aber den Ver- einsmitgliedern die Möglichkeit zu geben, Vorträge aus den Sitzungen, welche etwas wesentliches oder neues bieten, ausführ- lich oder in kürzeren Berichten möglichst bald veröffentlichen zu können. Da die »Neue Folge« der »Verhandlungen« seit dem Jahrgang 1881 unterbrochen ist, so werden die nunmehr folgen- den Hefte als »Dritte Folge« bezeichnet. " | | Ma TI E n “ | | Na Howio, | W 2 IköRIEE. Moe al a Marl PaeT Iy: Er 7 un za een al naeh Y tl ee Yrlllein dalindi; ech Be ah ‚an M: | ni ne ae es J leg ab Altana. NAMEN ee 2 j 1 oh bare EEE ray: Bee Rn . N nad ee bee mr „; IARITR EIERN TER ©, he | und ame nee an? wohn ara see, 08 aAdoligaih Bu wi fon tie rarsa 176. rer salat Re 8 ms No Malnarrse EURE hiebi 1e nänhnlkasgn nal rl as a rylar armnon. ab re ge Harder aa sro hl IR: i ur F 2 4 er % 2 “ L ‘s ef r u. SAN ee Pi, m 7 Er, 1 a8 or PA 7° Peizcechaltlicher Ten. Jahresbericht für 1893. ı. Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug am 1. Ja- nuar 1893 in Summa 343, davon waren: Wirkliche Mitglieder . . . . 276 Ehrenmitglieder . . . 44 Correspondierende Wntelieder 24 Summa 343 Von den 276 wirklichen Mitgliedern schieden im Laufe des Jahres aus a) durch Tod 6, b) durch Verzug oder aus anderen Gründen 19, im Ganzen 25. Neu aufgenommen wurden 25 Mitglieder. Die Zahl der Ehrenmitglieder verminderte sich durch Tod um 3 (Dr. Zmzin Pascha, Professor Carl Semper-Würzburg, Pro” fessor /Teinr. Hertz-Bonn), die correspondierenden vermehrten sich um eines. Beim Jahresabschluss zählte der Verein daher: WirkliehesNMitslieder , 7... 276 Ehrenmitoliedery 2 . 29 „E41 Correspondierende Mitglieder . 24 in Summa 341 Mitglieder. 2. Die Thätigkeit des Vereins. An Sitzungen wurden im Ganzen 38 während des Bericht- erstattungsjahres abgehalten, davon eine öffentlich und 4 gemein- schaftlich mit der Gruppe Hamburg-Altona der deutschen An- thropologischen Gesellschaft. Besucht wurden diese Sitzungen durchschnittlich von 33,5 Mit- gliedern. Die grösste Besucherzahl betrug 70, die kleinste 20. An Gästen sind im Ganzen 74 in die Präsenzliste eingetragen. v1 Die Zahl der Vorträge, Demonstrationen etc. betrug im Ganzen 66. Davon waren aus dem Wissensgebiete der Zoolegier 2.815 Ehysik 4.445: 18 Botanik: „ne dl Chemie =. 16 Anthropologie. 5 Mineralogie. . 3 Technologie 3 Mathematik I Biographie I Summa 66 Aktıv waren an diesen Vorträgen 34 Mitglieder beteiligt. Die Thätigkeit in den Gruppen gestalte sich folgender- massen:! a) In der physikalischen Gruppe wurden im Ganzen 3 Sitzungen abgehalten, in denen 6 verschiedene Themata zu Besprechung kamen; b) In der botanischen Gruppe wurden 5 Sitzungen ab- gehalten, in denen 7 verschiedene Vorträge gehalten wurden. Ausserdem veranstaltete die Gruppe eine Excursion; c) Die Zoologische Gruppe hatte im Ganzen 7 Sonder- sitzungen, in denen 16 Themata behandelt sind. Der Vorstand hat zur Vorbereitung und Erledigung ge- < schäftlicher Angelegenheiten 6 Sitzungen abgehalten. Abhandlungen sind vom Verein in diesem Jahre nicht herausgegeben, dagegen wurde die regelmässige Wiederheraus- gabe von Verhandlungen am Ende jeden Vereins-Jahres zum Beschluss erhoben. Der Schriftenaustausch hat sich gegen das Vorjahr nicht vermehrt. Zu besonderen Zwecken wurden aus Vereinsmitteln bewilligt: a) 100 Mk. für die Vorführung der Akka-Zwerginnen durch Herrn Dr. Stuhlmann. b) 150 Mk. als Beitrag zu einem in Göttingen zu er- richtenden Gauss- Weder-Denkmal. YıR 3. Von bemerkenswerten Ereignissen im Vereinsleben ist zunächt der Auflösung des Zweigvereins Hamburg-Altona der deutschen Meteorologischen Gesellschaft Erwähnung zu thun, wodurch das mit demselben abgeschlossene Abkommen über gemeinschaftliche Sitzungen hinfällig wurde. Ausflüge mit Damen während des Sommers wurden zwei unternommen, deren einer die Waldungen der Hake bei Harburg, deren anderer die neuen Filteranlagen der Hamburger Wasser- werke zum Ziel hatte. Das szojährige Bestehen des Naturhistorischen Museums wurde am 17. Mai d. Jahres durch einen solennen Commers im Kreise der Mitglieder gefeiert; ein ähnliches Fest war zu Ehren des wiederum nach Afrika zurückkehrenden Dr. Siw/lmann am S. November veranstaltet. Das 56. Stiftungsfest des Vereins ıst am 26. November d. ]. in üblicher Weise mit Vortrag, Festessen und Tanz in den Räumen des Victoria-Hötels gefeiert worden. Vorgelesen in der Hauptversammlung den 31. Januar 1894. Kraepelin, d. Z. Vorsitzender des Vereins. Te U IE IE, a er og Jopaıyayyy uozuen) wı os[e 3% (paım Jod :ı swyeunz) zopaäyıw >puaseıpuodsassoy pım IF (ag (wwg “odwag :po]L ysınp € auyeuqy) Japaıayıy-usiyg :19U19} 91Mos IyBZ JSpamfsyıw SyaıaJım a 115puraoaun FögI aenue[ ‘I we ua, op ssep OS Wa Te usamaSsurs saaye[ sop ameT wı purs usdasee| ICa uaqtoqloA [4 ST °° aoıy uoA uaypız4log pun YLusny le IT ° opsıppıp "puodsa1oo umz [yen rl () Bene md akeL.e (omas m ia ng ne Dein Tu ale POL y2ıandl ( I :uopaıyasoösne puIs UOALCT 91% £6gı Zurgzuy waroy dv ayymz ugopamayıyy uayaraIm UV "uayyanp uogıafq JunsnjoA Anz ee 085 'W spuog-urıoy sap Sunzugsuız "PO yoßunpueyqy Any ssep os ö Be er pun DSIEToz u Sn USJIOMISUID UOA Sqrösny-Juresan) A9Uld ıoqnuadas SER UoA Wyeuurg-Juesar) Sysıuıayasıyem Sud Iqa1dı9 #6gr ıny 3eyasueIoA-Jadpng >puadjogyseu 10C] 0861er W — 005 w eo 19po —'N0G "IT UOA adeı]1asurz uaysıpıyel waur Ju — "CZ]0T 'W u0A ayof ur Mopugısaun usglaf“ SPUOg-SUIJIA SIT OS FIIT Y uoA Iqlojq pueysaqzeeg UIO +6gI ıenuef 'I um ssep os 10888 © 1ECHSE Y U0A owgeuurg aul® ZÖgI UOA SOpjeg sap yaıpssaryasurs E6gr any ıqaıdıa Jyoısiaqn-uassey »pusyajsıoy a uoA aqräsny-Juressn) 19UI2 19qNUadad LE | G6CE | W | Ra | r6gı me Senasqn opies | LG | 0898 W | | — 001 "uauuldlomz-e9oy ap Sunaynnoy any Senog | 00€ a re urogyy 'y a | — | ung] ue syereddy aydsıesiısäyd any Senmog | = TTS > || ae ie sum.ioy sap usdunjpueggay | | ıG DORT ER rn us]JsoyuN Pumwospyv | W | REREREA ll agedösny -£ÖgT ınJ SUIIJ9A USYIIJEUYISUISSIMANYEN LE | 5688 | W | — 08 | US IOMIOY[LT Up yoeu saönysny sap ssuyasıoqn) | E 08 Eon dd Mo en yeyposjjoseH) uayasıdof | -opodoayyuy ı9p uoA Sunmaag 7 SunmalaA | VE 8% | ER usypıyasumıaı Ssne SOLIA | mr: 0912 VE fie 0 ba LES aha AREHIA 19paıSıN 19p osenag 18 FoF | spuojsumioy sme uasulz | 0, OO In ER ne zögI uoa Senioy opres | % w | | »wwyeuulg sap Jyaısısqnuassey pun ysriogqssiyel "SUIII9IA USUIIYETISUISSTAMNJEN SYP A94S1I9WZIEULIS FEN ‘ıaAaw Ag ınyyv [ 08 6ler "ah _ 0088 spuojsura1a 19p Sunzurdig — usdunjpuryqy 08 610% 'W { | Er nr CogI A12q04yQ "Se woA ssnjyos | -97 meJ) euyusg-asgay-smeg) umz Semog 08 | zII " sHuoayssedlayLoauN pun usgeösny Surf = | 08 “*°°89989JSDUnJFIJS sap USJSONT up nz Semag - 008 usdunjpueyqy Sıp ıny ussadsjpuesio‘ pun OMOI = | ee usddnin sıp ıny usqeöäsny = | VO nr ee uaıpısusjn) pun U9YIESYNOnAICT ee Se Se nenn 19parsrıy ap Sunmusg = oo essen SsIaaıc] ur ypeuyıoyı 4 081. | rm tens sr sen uyojuaog == eG "aıye[ 9 any Arypay sep Jne zueinsgassy-aonag — sl "yueqsumıa\ A9p UI SpuoT Iap Suniyenogmy Fe (KR Pe sAIy9ıy SOp DunemaoA\ MP And x (0 2 ee a ualue19J9Y] UP .ny 1E1IOUOFT ‚Eögı A9quazaq 'IE usp Sıngweg 37 ıpeyospjasag) uayasıdojod -oayjuy AI9p uUoA uoneNoAuoy .ıny Sunnslo‘ ee Re SR Sch Krk usıpIyossurao sme sofLH ee Se een Syn oda -sny L pun or ‘69z2) 1opaıatıpy A9p Ssenıag VE a TEN) ae ae BE spuojsumwaoı SNe UaSUurz DD, CogI UOA Se1o‘ opIeS awyeuulg "rögt ıny ZejyasueloA-YpFdpng 1893. Januar 4. Herr Dr. S/whklmann: Ethnographische Mitteilungen über Ost-Afrika. » 11. Herr Dir. Dr. Bolau: Über den Biber. » 18. Herr Dr. Walter: Über Schillerfarben. 25. (Hauptversammluug): 1) Erledigung der statuten- mässigen Geschäfte. 2) Herr Prof. Dr. Voller: Die Curven des hambur- gischen Grundwassers seit Anfang Juni. Februar Il. (Gemeinschaftliche Sitzung mit der Gruppe Hamburg der deutschen Anthropologischen Gesellschaft.) Herr Dr. Zagen: Narbenzeichen, Körperbemalen, Tätowieren. » 8. (Vortragsabend der physikalischen Gruppe.) 1) Be- richt der Kassenrevisoren. 2) Herr Dr. Ärüss: Über die amtlichen Beglau- bigungsvorschriften der Lichteinheit. 15. (Vortragsabend der botanischen Gruppe.) Herr Dr. Timm: Über Alpenpflanzen. 22. ı) Herr A. Fenchel: Dr. Roese’s Modelle der Zahn- entwickelung des Menschen. 2) Herr Dr. v. Brunn: Entwickelungsgeschichtliche Präparate des naturhistorischen Museums. März 1. ı) Herr Prof. 77. Ahlborn: Der Puluhsche Apparat zur Bestimmung des mechanischen Wärmeaequivalents. 2) Herr Ä. Holten: Methoden der Untersuchung von Mikroorganismen. » 8. ı) Mitteilung betreffend gemeinsame Sitzung mit der geographischen Gesellschaft und dem ärztlichen Verein (Dr. Stuhlmann’s Zwerginnen). 2) Herr Dr. Gottsche: Über das Diluvium von Nord- Amerika. » 15. ı) Mitteilung über eine botanische Excursion nach Harburg. März 15. April 9. © 2 « 19. < 26: Mai "o. 10. a Br XI. 2) Herr Dr. Pfeffer: Das Gleichgewicht des tierischen Zusammenlebens nnd seine Störungen. (Demonstrationsabend),. ı) Herr Dir. Dr. Dolau: Zitterwels; Lustbau des Laubenvogels. 2itleır Brot Dr. > Koller und. ker Dr. Classen: Skioptikon mit Zirkonlicht. 3) Herr Prof, Dr. Äraepelin: Präparate von Säuge- tierembryonen und von Insekten. Herr Sredbel: Die sozialen Zustände (Azteken) zur Zeit der Eroberung. (Vortragsabend der physikalischen Gruppe.) Herr Prof. Kiessling: Die Entstehung stehender Luftwellen. (Vortragsabend der botanischen Gruppe.) Herr Dr. Schäffer: Das Laubblatt unserer heutigen Pflanzen als Mittel zur Erkenntnis ihrer vorweltlichen Ab- stammung. der Mexicas (Demonstrationsabend) ı) Herr Dir. Dr. Bo/au: Lu- cernaria Leuckarti; Panter von Korea. 2) Herr S/redel: Proben moderner mexikanischer Hand- fertigkeit. 3) Herr Dr. Rei: Asymmetrie von Säugetierschädeln. 4) Herr Dr. Petersen: Flüssige Kohlensäure in Topas. 5) Herr Dr. Arüss: Abbe’sches Refraktometer. Herr Dr. Zangfurth: 1) Über die chemische und bak- teriologische Prüfung der Pasteur'schen Filter. 2) Über den wachsenden Salzgchalt des Elbwassers und seine Bedeutung für die Entwickelung von Bakterien. ı) Mitteilungen betreffend a) festliche Nachsitzung am 17. Mai in Anlass des zojährigen Bestehens des naturhistorischen Museums. b) Ausflug mit Damen zm 31. Mai nach Huaruch. 2) Herr Dr. F. Aklborn: Die Mechanik des Vogel- fluges 1. ı) Herr Prof. Dr. Araepelin: Geschichtlicher Rückblick auf die Entwickelung des naturhistorischen Museums zu Hamburg. 2) Herr Dr. Wohlwill: Die Physik des Aristoteles. XIV. November 29. ı) b) Apparat zur Veranschaulichung der von einem fallenden Pendel geleisteten Arbeit. 2) Herr Dr. C/assen: Apparat zur Messung der Stromstärke, empfindliches Elektrometer. 3) Herr Dr. Goffsche: Mammuthreste in Schles- wig-Holstein. 4) Herr Dr. Ainneberg:: Batate (Dioscoraea). Dezember 6. (Gemeinsame Sitzung mit der Gruppe Hamburg der deutschen anthropol. Gesellschaft). Herr Dannenberg (Gast): Einiges über die im deut- schen Schutzgebiete wohnenden Bakoko, > 13. (Vortragsabend der physikalischen Gruppe). Herr Prof. Aress/ing: Die Bestimmung der Wellen- länge des Lichtes und ihre physikalische Be- deutung. » 20. ı) Herr Dr. Krüss: Das Netzhautbild des In- sektenauges. 2) Herr Prof. Dr. Araepelin: Die Verarbeitung gefallener Tiere zu Guano in der Ham- burger Abdeckerei. 1894. Januar 10. (Öffentliche Sitzung in der Aula des Johanneums). Herr Geheimrat Prof. Dr. Neumayer: Georg Adam Forster als deutscher Naturforscher, Gedächtnis- rede an seinem Todestage vor 100 Jahren. » 17. (Vortragsabend der zoologischen Gruppe). Herr Dr. F. Ahlborn: Die Mechanik des Vogelfluges II. » 24. (Vortragsabend der botanischen Gruppe). Herr Dr. Timm: Zur Geschichte der Einführung fremd- ländischer Pflanzen. » 831. Hauptversammlung. ı) Erledigung der satzungs- mässigen Geschäfte. 2) Herr Dr. v. Brunn: 3) Herr Dr. Pfeffer: Anpassungs-Verhältnisse, er- läutert an Schlangen. Zusammen 42 Sitzungen (bis Dezember einschliesslich 38). XV. Physikalische Gruppe. 1893. März 18. Herr Dr. Walter: Referat über die Arbeit von Snow: Über das ultraviolette Spektrum der Alkalien. Herr Dr. Classen: Über die Strahlenbrechung auf der Sonne nach A. Schmidt. Juni 17. Herr Professor Aressling: Über die Untersuchungen von Rıcharz und Menzel, betreffend die Abnahme der Schwere mit der Höhe und über die Dichtig- keit der Frde Herr Professor Voller: Über den kritischen Bericht von Professor Dorn an die physikalische Reichsanstalt über den wahrscheinlichen Wert des Ohm nach den bisherigen Messungen. September 9. 1) Herr Professor Voller: Zur Frage der Störung des Fernsprechverkehrs durch den blanken Mittelleiter elektrischer Beleuchtungsanlagen. 2) Erfahrungen an Accumulatoren. November 18. Herr Dr. Walter: Über die Strahlung erhitzter Gase. Herr Prof. Kiessling: Über die Arbeit von Raps: Über die Schwingungen in Orgelpfeifen. Zoologische Gruppe. 1893. Januar 23. Herr Dr. Schwarze: Die Embryologie der Trematoden. Februar 27. Herr Dr. /. Reh: Über den Hautpanzer der Säugetiere. HerrDr R. Zimm: Copepodenfamilie der Monstrilliden. April 24. Herr Dr. W. Fischer: Über den Hautmuskelschlauch der Gephyreen. Herr Dr. M. v. Brunn: Hervorragende Werke der neueren entomologischen Litteratur. Juni 26. Herr Dr. G. Pfeffer: Bericht über die diesjährige Versammlung der Zoologischen Gesellschaft. Herr Professor Ä. KAraepelin: Buthus afer — eine Nomenclaturstudie. September 25. Herr Dr. M.». Brunn: Über die systematischen Merkmale der Orthopteren. Herr Dr. R. Timm: Demonstration zweier Copepoden. xVl. September 25. Herr Professor A. Kraepelin: Über afrikanische und südamerikanische Süsswasser-Bryozoen. October 30. Herr Dr. G. Pfeffer: Die Echinodermenfauna des nördlichen Eismeeres. Herr Dr. W, Frscher: Kiemen und. kiemenartige Organe der Gephyreen. Herr Dr. R. Zzmm: Einige Tierformen des Plankton. November 20. Herr Dr. W. Michaelsen: Die ven ihm besuch- ten südamerikanischen Museen. Herr Dr. M.v. Brunn: Einige neue Objekte des Naturhistorischen Museums. 1894. Januar 29. Hauptversammlung. Herr Dr. Z. Reh: Über die Schuppen der Säugetiere. Herr Dr. @. Pfeffer: Über Artbildung durch funktio- nelle Selbstgestaltung. Botanische Gruppe. 1893. Februar 25. Herr Z. H. Winter: Über die Diatomeen und die Technik ihrer Präparation. März 11. Herr W. Spzegelberg: Die Cilienfärbung der Bakterien. April 15. Herr Dr. R. Zzimm: Bericht über die botanische Exkursion der Gruppe. Herr Dr. W. Schwarze: Demonstration morpholo- gischer und biologischer Präparate. October 21. Herr Dr. G. Mielke: Über die Biologie und Anatomie der kletternden Bignoniaceen. December 9. Herr Dr. C. Schäffer: Ergänzungen zu den Mit- teilungen über die phylogenetische Bedeutung der Blattformen. Herr W. Spiegelberg: Über Bacterienzüchtung. Verzeichnis der eingegangenen Gesellschafts-Schriften. Vom ı. November 1892 bis 24. März 1894. (Wir bitten, dies Verzeichnis zugleich als Empfangs-Beleg ansehen zu wollen, soweit nicht bereits eine Bescheinigung ausgestellt ist.) ALBANnY. New-York State Museum. Annual Report 44. Bulletin. Vol. I, 1—6; Vol. Il, 7—1o. ALTENBURG. Mitteilungen aus dem Österlande. Bd. V. Verzeichnis der Mitglieder 1882. AMIENS. Societe Lineenne du Nord de la France. Bulletins Tom. X, XI; Memoirs Tom. VII. AMSTERDAM. Koninkliie Akademie van Wetenschapen. Verhande- lingen. Deel I (1892), Deel II (1893). — Verslagen en Mede- deelingen, Afd. Natuurkunde. (3) IX. Register zu Deel I—IX. Versl, der Zittingen v. 25. Juni 1892 tot 28. April 1893. BaAsEL. Naturforschende Gesellschaft. Bd. X. Heft ı. BELFAST. Natural History and Philosophical Society. Report and Proceedings 1891/92. BERLIN. Königlich Preussisches Meteorologisches Institut. Ergeb- nisse meteorologischer Beobachtungen. 1892 Heft Il. 1890 Heft III. Ergebnisse der Niederschlags-Beobachtungen im Jahre 1891. Bericht über die Thätigkeit 1891. 1892. Botanischer Verein der Provinz Brandenburg. Verhandlungen. Jahrgang XXXIUI. XXXIV. BERGEN. Museum. Aarsberetning 1891. Bıstrıtz. Gewerbeschule. Jahresbericht XVII. BoLoGnA. Accademia delle Scienze. (5) I. U. Bonn. Naturwissenschaftlicher Verein der Preussischen Rheinlande und Westfalen. Verhandlungen. 49. Jahrgang. z. Hälfte. Boston. Society of Natural History. Proceedings Vol. XXV pts. 3, 4. Memoirs IV, Numb. ıo. BREMEN. Naturwissenschaftlicher Verein. Abhandlungen. XII, 3. Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1892. Meteorolog. Station I. Ordnung Bremen. Ill. Jahrgang. Ergebnisse meteoro- logischer Beobachtungen Il. Ill, [5 XVII. BRISBANE. Royal Society of Queensland. Proceedings, Vol. IX. Brünn. Naturforscher-Verein. Verhandlungen. Vol. XXX. XXXI Bericht der meteorologischen Kommission. X. XI. BrÜsser. Societe entomologique de Belgique. Annales XXXIV. XXXV. Memoıirs I. Academie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-arts. Memoires Tom. XLVII; XLIX; L; ı. part. — Memoires cou- ronnes, Tom. LI; Tom. XLVI (in 3°). Annuaire 1892. 1893. Bulletin (3) XXI, XXIII, XXIV. Bupapzst. Königl. Ungarische Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Termeszetrajzi Rüzetek. 7892, 345'4.4Eüzet;-1393, arazr 4. Füzet. CaEnN. Societe Lineenne de Normandie. Bulletins. (4) V, VL VL. ı. fasc. Memoires XVII. CaLcuTTA. Asiatic Society of Bengal. Journal. Vol. 1,XI pt. U, No. 2,:3,°1392 1 EXIT pr ID No. T228 CAMBRIDGE (Engl.). University Morphological Laboratory. Studies. Vok-+Vk 2: CAMBRIDGE (Mass.),. Museum of Comparative Zoology. Annual Report 1891/92. 1892/93. Bulletin. Vol. XIV, No. 3. Vol. XVI, No.’i1, 122° Volk RXIL No. 4, 57.6; Volazaaane No. I—4.. Vol. AXV, No, 2,34% CasseL. Verein für Naturkunde, Bericht 1891/92. CHERBOURG. Societe nationale des Sciences naturelles. Memoires XXVI. CIncInNATI. Museum Association; ı2. Annual Report 1892. CHUR. Naturforschende Gesellschaft in Graubünden. Jahresbericht. Neue Folge, XXXVI. Bd. CoRrDOBA. Academia nacional de Ciencias. DBoletin. Tom. X, Entr. 4a; Tom. XI, Entr. 4a. DanzıG. Naturforschende Gesellschaft. Schriften. VIII, ı. Heft. Festschrift zur Feier des ızojähr. Bestehens am 2. Jan. 1893. Dorrpar. Naturforschende Gesellschaft. Sitzungsbericht X, 1. DRESDEN. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Jahresbericht 1892/93. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. Jahrgang 1892, Januar bis Juni. DusLin. Royal Society. Proceedings Vol. VII, pt. 3, 4. Trans- actions Vol. IV, No. X—XI. XIX. Duertin. Royal Irish Academy. Transactions Vol. XXX, pt. ı--ıo, Nachtrag zu Vol. XXX, pt. ı. Proceedings (3) II, No. 3; II, No. ı. DÜRKHEIM. Pollichia. Naturwissenschaftlicher Verein der Rhein- pfalz. Festschrift zur zojährigen Stiftungsfeier 1892. EDINBURGH. Royal Society. Proceedings XVIIL, XIX. Transactions DERXVI, Bi. 2,73, XV, »pt. 1, 2: FLORENZ. Biblioteca Nazionale Centrale. Pubblicazione Italiane. Bolletino. No. 164— 196, Soc. "Tose. SE Nak At» ProeHVerb. Vol:>VIL. San FraAncısco. 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Comite geologique. Materialien zur Geologie Russ- lands XXVI. Memoires XII, No. 2. Bulletin. Suppl. zu Tom. XI, XH, ı, 2. Carte geologique de la Russie d’Europe. Kaiserl. Mineralogische Gesellschaft. Verhandlungen. (2) XXIX. XXI. PHILADEPHIA. Academy of Natural Sciences. Proceedings 1892, 1893, pt 1. Joumal (2) N pe: Wagner Free Institute. Transactions III, 2. Pısa. Societä Toscana di Scienze Naturali, Proc. verb. VIII. Me- morie XII. PraG. Lese- und Redehalle Deutscher Studenten. Bericht 1892. REGENSBURG. Naturwissenschaftlicher Verein. Bericht. III. REICHENBERG. Verein für Naturfreunde. Mitteilungen. XXIV. Rıca. Naturforscher-Verein. Korrespondenz-Blatt. XXXV. ROCHESTER. Academy of Science. Proceedings II. Summary of the Original Articles in the Canadian Naturalist. Rom. Biblioteca nazionale zentrale Vittorio Emanuele. Bol. oper. mod. stran. VIL, No. 22, 23, 24, Indice alfabetico. R. Accademia dei Lincei. Atti I fasc. 8 (2. semestre), Il fasc. ImoT2. 00V ol; Hisfasez’5. Comitato geologico d'Italia. Bolletino XXII, 1—4. SALEM. Essex Institute. Bulletin. XXI, XXIV, XXV, 1-3. Sermon peached by Willson. American Assoc. Advancement of Science. 40. Meeting held at Washington 1891. SANTIAGO. Societe scientifique du Chili. Actes. U, ı, 2, 3; Ill, 1, 2. Sıon (Wallis). Murithienne. Bulletin des traveaux. Fasc. 19, 20. SCHNEEBERG. Wissenschaftlicher Verein. Mitteilungen. II, SCHWEINFURTH. Naturwissenschaftlicher Verein. Jahresbericht 1890. STAVANGER. Museum. Aarsberetning 1892. STOCKHOLM. Akademie. 1890, 1891, 1892, 1893. Meteorologiska Jakttagelser. 1885, ı886, 1887, 1888. Handlinger 1886/87, 1888/89, ı890/gı. Bihang XIV, XV, XVI, XVII. Öfversigt 46, 47, 48, 49. Leefadsteckningar III, ı. Hälfte. Toxvo. Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Öst- asiens. Mitteilungen. Bd. V, Supplement-Heft 2, 3; Heft 50, 51,152. Imperial University. College of Science. Journal V, 3, 4; VI, ı, 2. Calendar 1892/93. ToPrEKA. Kansas Academy of Science. Transactions XIII. 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Schatzmeister: J. ARTHUR F. MEYER. Ahlborn, F., Dr., Oberlehrer Hamburg 5. XI. 84. Ahlborn, H., Prof., Oberlehrer » 23. 110278: Ahrens, Caes., Dr. Chemiker » 10.9. 0B8 Albers, H. Edm. > 15.8290: Amsinck, J., Dr. med., Arzt » IV er Arens, Tierarzt > 29, AL Bahnson, Dr., Prof., Oberlehrer » 38. NND Bauch, E. M., Kaufmann » 30: Illeone: Becker, C. S. M., Kaufmann > TS NXIPRBO: Behn, J.-F., Dr., Anwalt > PVP Berendt, Max, Ingenieur > 23. 1X oa Berlien, E., Dr., Fabrikant Altona 28. XII. 64. Berliner, Arn., Dr. Hamburg 2. V. 92 Berthold, Dr., A., Anwalt > 25: 0V4.84. Bibliothek, königl. Berlin‘, ze Namıs2 Bigot, C., Dr., Fabrikbesitzer Hamburg 1. I. 89. Bleske, Edgar >» 23.93, Bock, August, Münzwardein » 122%. 78: Bohnert, Dr., ord. Lehrer > 3,1402 Bolau, Heinr., Dr., Direktor des Zoologischen Gartens » 25:.1V..08; Bolte, Dr., Assistent a. d. Dtsch. Seewarte Abt. IV. » DIRT: XXV. Borgert, H., Dr. phil. Hamburg 16. I. Böger, R., Dr., Oberlehrer » DET: Bönninghausen, v., V. >» 8. XI. Bösenberg, Wm., Kaufmann Pforzheim ?X. Braasch, Dr., Prof., Oberlehrer Hamburg 14. 1. Brackenhoeft, Dr. E. Anwalt » IN: Bremer, 1. C. Altona. 1.231 1, Brick, Dr. C., Assistent am Bo- tanıschen Museum Hamburg TI Brunn, M. von, Dr., Assistent am Naturhist. Museum » 2- RR Büchel, Dr., Oberlehrer » De RU u...@% SH Buhbe, Charles » 25, DR: Buchheister, J., Dr. med., Arzt >» T7.AXxIE Burau, H., Kaufmann » DIR Burmeister, H., Kaufmann » DAR DR Busche, G. v. d., Kaufmann » 26. XI. Cappel, C. W. F., Kaufmann > 29V Christiansen, T., Schulvorsteher > AN; Classen, Johs., Dr., Assistent am Physikal. Staatslaboratorıum » 26. X, Cohen, Gustav, Kaufmann » 20. XI: Cohn, Martin, Dr. med., Arzt > 7a Ze Conn, Oscar, Kaufmann » DIOR Dahlström, F. A., Photograph » 250], Dannenberg, A., Kaufmann > 20/218 Dehn, Max, Dr. med., Arzt » DD Dellevie, Dr. med., Arzt » 6.1 Dencker, F., Chronometer-Fabrik » 29.01: Deseniss, F. H., Fabrikant 3 ERS. Detels, Dr. phil. » 6 IV Deutschmann, R., Prof., Dr. med., Arzt y 29, IE. Dieckmann jr., H. W., Kaufmann > 29. XI. Dilling, Dr, Schulinspektor » 17. X Eckermann, G., Ingenieur >» To.rlE Eichelbaum, Dr., Arzt » a und 10. VI. XXVl. Eichler, Carl, Dr:, Prof., Oberlehrer Altona 23.1. Elias, Emil, Zahnarzt Hamburg 26. II. Engelbrecht, A., Dr., I. Assistent am chem. Staats-Laboratorium » 18. XH, Engelbrecht, J., Dr. jur., Rechtsanw. Altona 14. VI. Engel-Reimers, Dr. med., Arzt Hamburg 24. 1. Erich, ©. H., Ingenieur > 26. X: Ernst, Otto Aug., Kaufmann > 19. XII. Ernst, O. C., in Firma Ernst & von Spreckelsen >» Tal, Fenchel, Ad., Zahnarzt > Tara Fischer, Franz, Kaufmann > VSEIXE Fischer We, ‚Dri,werd. ‚Lehrer Bergedorf 17.1 Fitzler, J., Dr., Chemiker Hamburg 16. I. Fixsen, J. H., Kaufmann » 28..Xl. Eraenkel; Eugen, Dr. med. Arzt» DOSENL Freese, H., Kaufmann » IE: Friederichsen, L., Verlagsbuchh. » 27, Na: FritzI R. » LE Gerlach, Eug. » 29. IV. Geske, B. L. J., Kommerzienrat Altona 7. XI. Geyer, Aug., Chemiker Hamburg 27. 11. Gilbert, H., Dr., Chemiker » 22... Glinzer, E., Dr., Lehrer an der Gewerbeschule » 24, I. Gottsche, Carl, Dr., Custos des Naturhist. Museums, Abtei- lung für Mineralogie > 19.1, Gross, G., Dr., Dir. d. Hansaschule Bergedorf ? XH. Groscurth, Dr., Oberlehrer Hamburg 31. II. Gruwe, J., Dr. med., Arzt » 29.81: Günter, G. H., Kaufmann » 25. II: Güfsefeld, ©., Dr., Chemiker >» 26: Guttentag, S. B., Kaufmann >» 29. Il. Haas, Th., Sprachlehrer » 28:1: Haeffner, M. Wandsbeck 16. XII. Hagen, Carl, Dr., Assistent am Museum für Völkerkunde Hamburg 26. II. Hansen, G. A. » 13,9 86. g1. xXVı. Hasche, W. O., Kaufmann Hamburg 30. II. Hausenfelder, Johs., Schul-Inspektor » TO, XL Heinemann, Dr., Lehrer f. Mathe- matik und Naturwissenschaft > 28.1: Heinsen, C. ]J., Dr., Anwalt » vor Helmers, Dr., Chemiker » AR NV Hempel,G. Dr., Chemiker > 204118 Hinneberg, P., Dr., Apotheker Altona 14. X. Hipp, Dr., Apotheker Hamburg 21. X. Hoff, E., Oberlehrer Altona 235. VI. Hoffmann, Alfr., Bureauchef der »Hamburger Nachrichten« Hamburg 26. V. Hoffmann, E., Kaufmann N 29:\1V. Hoffmann, :G., Dr. med.,-Arzt >» 34. I&, Hot ea. Chirurg > Il. Homfeld, Gymnasiallehrer Altona 26. Il. Hüllmann jun. Hamburg 16-l. Jacobi, A. > 13.47 Jaffe, Dr. med., Arzt > 19, XI. Jantzen, A., Kaufmann >» 26. X. Karnatz, Gymnasiallehrer > 18:3 1V; Kayser, Th. > Ich Keferstein, Dr., Oberlehrer > SiL.0G Kiefsling, Prof., Oberlehrer > vor Knipping, Erwin » 23. I; Koechler,»k., Dr.ord,. lehrer > 172%, Koepcke, J. J., Kaufmann N sk Koepcke, A., Dr., Oberlehrer > ZEMART.: Koeppen, Prof., Dr., Meteorolog der Seewarte >» 28..Xl1: Kotelmann, Dr. med., Arzt > 29. IE: Kraepelin, Karl, Prof. Dr., Director des Naturh. Museums > 29,8 Kratzenstein, Ferd., Kaufmann > 241 Kreidel=W., Dr’, Zahnärzt » Tor, M: Kruser,, C.,’ Dr, med. Arzt > DI Krüfs, H., Dr., Optiker » 271.18 Krüfs, E. J., Optiker > 15. X. Kühnau, Max, Tierarzt > 29.HlV; 90. 80. 87. xxVM. Küsel, Oberlehrer, Dr. Altona 5. XI. 90. Kuthe, E. F., Kaufmann Hamburg 23. sr Lange, Oberförster Friedrichsruh 1. I. 89. Lange, Wich., Dr, Schul- vorsteher Hamburg 30. III. 8ı. Langfurth, Dr., Apotheker Altona 30. IV. 79. Lehmann, ©., Dr., Oberlehrer » 18..!V 1192 Bessing,.G., ‚BDrömed:, Arzt Hamburg 4. II. 9ı. Leweck, Th., Dr. med., Arzt » 12." IV #98. Lion, Eugen, Kaufmann » 27: R1.\78: Lipschütz, Gustav, Kaufmann > XZ, Lipschütz, Louis, Kaufmann > 250 Hay Lipschütz, Oscar, Dr., Chemiker » 15. XII. 86. ‚Louvier, Osc. >» 121’BV20 93. Lüders, C. W., Vorsteher des Museums für Völkerkunde >» 30. XII. 68. Lüttgens, E, Stadtrat Wandsbek 1864. Maafs, Ernst, Verlagsbuchh. Hamburg 20. IX. 82. Martens, G. H., Kaufmann » 29: 111. 65. Martienssen, H., Kaufmann >» 20. XIln93! Mejer, C., Ziegeleibesitzer Wandsbek 24. IX. 73. Mendelson, Leo Hamburg 4. III. 91. Mennig, Dr. med., Arzt » A a: Meyer, Ad. Aug., Kaufmann » 31. V.2/6%. Meyer, Gustav, Dr. med., Arzt > 10: HS Meyer, J. Arthur F., Kaufmann » 25. V. 64. Meyer jr., J. H. O., Kaufmann > 24.1854 Michaelsen, W., Dr., Assistent am Naturhist. Museum > 17.11.88 Michow, H., Dr. Schulvorsteher > LIST. und 29. XI. 76 und 6. II. 89. Mielck, W., Apotheker Hamburg 30. XII. 46. Mielck, W. H., Dr., Apotheker » 262.19970. Mielke, G., Dr., Oberlehrer Altona 30. VI. 80. U..23..1X2:98; Möller, D., Dr. med, Arzt 27.520 Möller, Dr., F. F. A. Hamburg 22. ll. 93. Müller, W. » 8: XL Naumann, Apotheker » 14. X. gr. XXIX. Neumayer, Geh. Admiralitäts-Rat, Prof, Direktor der Seewarte Hamburg 27. VI. 77. Nevermann, Fr., Lehrer > 19:3x114,88. Niederstadt, Dr., Chemiker » MIT. Nölting, Johs., Dr., ord. Lehrer » 4. XII. 89. Oehlecker, F., Zahnarzt » 26% IM. 70, Ohaus; E. Dr. med., Arzt Altona 1%,15 93. Oldach, Hermann, Dr., Chemiker Hamburg 12. X. 87. Otte, C., Apotheker » 20: SEA 735. Paefsler, K. E. W., Dr. med., Arzt » REICH Partz, C4.H. A., Hauptlehrer, » vor 1876. Paulsen, ©., Dr. med., Arzt » 20,89. Peters, W., Dr., Chemiker » ZSAL ON. Petersen, Hartwig, Kaufmann » ERV. 472. Petersen, Johs., Dr., Oberlehrer > 274.1,.:86. Petzet, Apotheker » TAX HA 9T. Pfeffer, G., Dr., Custos am Natur- historischen Museum » BAAR 79. Pfeil, Gust. » 12,.1V193: Pflaumbaum, Gust., Dr. » 94111.:92% Pieper, G. R., «Lehrer » 21.,%1.,38, Plagemann, Albert, Dr. » 295; 11,:90! Poeppinghausen, L. v. » 1.41.1899: u.. 26, X1,94: Prochownik, L., Dr. med., Arzt > 27, «Ml.E7Z: Putzbach, F., Kaufmann > PAIN. 74: Rahts, Georg, Ingenieur » 16.11.87: Reh, L., Dr, Assistent am Natur- historischen Museum » 10,2%1.:02: Reiche, H. v., Dr., Apotheker » 77.4. %11.,79. Reincke, J. J., Dr. med., Medicinalrat » ul 72. Reinmüller, P., Dr., Direktor der Realschule der Reform. Gem. » 5, 11],72% Rimpau, J. H. Arnold, Kaufmann >» 11: 12188. Rischbieth, P., Dr. Cuxhaven 13. III. 89. Robinow, Carl, Kaufmann Hamburg 26. Il. 79. Rodig, C., Mikroskopiker Wandsbek - ı. I. 89. Roegind, Telegr.-Dir. Hamburg 21. XI. 83 Ruland, F., Dr., Lehr. a. d.Gew.-Schule » 30. IV. XXX. Rüter, Dr. med.,. Arzt » 15.112,82 Sack, G., Lehrer am Paulinum » TO; W393. Sadebeck, Prof. Dr., Direktor des Botanischen Museums > 28. VI. 82. Sandow, E., Dr., Apotheker » vor 1876. Sasse, C. » 16. V. 88. Sänger, Dr. med,, Arzt Eppendorf 6. VI. 88. Schäffer, Cäsar, Dr., Lehrer Hamburg 17. IX. 90. Scheel, Aug., Kaufmann » It. XII. 89, Schenkling, Siegm., Lehrer » 2071.72: Schiffmann, Louis, General-Konsul » 29: IIE 182: Schlotke, ©., Buchdrucker » 9... XIHrgr, Schlüter, F.,, Kaufmann » vor 1876. Schmidt, A., Privatier Wedel !!31.7 8283. Sehmidt- A., Prof., Dr. Hamburg 1.°12’89, Schmidt, J., Lehrer > 26..1:179. Schneider, C., Zahnarzt >» 23. XT.'92 Scholvin, W. » ZNIRSZ, Schönfeld, G., Kaufmann > 20.» X1.792. Schrader, C., Dr., Reg.-Rat Berlin 18. XII. 78. Scehroder,")J., Dr., Lehrer Hamburg 5. XI. 90. Schröter, Dr., med. > ALNBG: Schütt, R. G., Dr. phil. » 2ER NIE Schubert; H., Dr., Prof., Oberlehrer » 28. V1.76. Schultz, Wm., Kaufmann London ıo. I. 86. Schulz, J. F., Herm., Kaufmann, Hamburg 28. V. 84. Schwarze, Wilhelm, Dr., ord. Lehrer » 25. IX. 89. Schivencke, Hermann, Optiker » 27: X So: Schwimmer, Max, Dr., Chemiker » 27.1 XI12392. Selck, Apotheker >» 9... 1U O2: Semper, J. ©., Fabrikant Altona 2102167. Sennewald, Dr., Lehrer an der Gewerbeschule Hamburg 31. V. 76. Sick, W., Dr., Apotheker » 789. Siemers, Edm. J. A., Kaufmann » 39.7. 82. Sieveking, Dr. med., Arzt » 25. ie: Simmonds, Dr. med.. Arzt > 30. V. 88. Sohst, C. G., Privatier » 30. IV. 56. Spiegelberg, W. Th., Apotheker » 30:01. '68, XXI. Steinhaus, O., stud. phil. Kiel 1744,93. Stelling, C., Kaufmann Hamburg ? XII. 69. Strebel, Hermann, Kaufmann » 25.188167. Stuhlmann, Dr., F. Beamter in Dienst. der Colonialverwaltung Ostafrika 24. IX. 84. Thorn, E., Dr. Chemiker Hamburg 8. X. 84. Thorn, H,' De. med.,"Arzt » SARLIBA. Timm, Rud., Dr.. Oberlehrer > 2304.11 86. Traun, H., Dr., Fabrikant >» vor 1876. Troplowitz, Dr., Chemiker Altona "1331.002. Trummer, Paul, Kaufmann Hamburg 13. IX. 93. Tuch, Dr., Fabrikant » 4. VI. 90. Ules,; 'GIF., Apotheker » 25.-V::.164. Wlex/ Hl. Dr, Chemiker » To. eIklselr. Ullner, L. G. C., Kaufmann » 21:8111:1:88. Unna /P. G.,: Dr.. med., Arzt » 978g, Mosel; Dr.) med:, Arzt » 191 289: Voigt, A., Dr., Assist. a. Bot. Museum » 1.1.3890. Voigtländer, F., Dr. Assistent am chem. Staats-Laboratorium » 9. XI.rgr; Volckmann, Caes. F., Kaufmann > 30: NV. 83. Voller, A., Prof. Dr., Direktor des Physikal. Staats Laboratoriums » 29: IX 72: Vollers, Tierarzt » 16: ı1ll?7g2: Vollers, Detlef, Staats- und Kreis- tierarzt Altona 6. XII 93. Völschau, J., Reepschläger Hamburg 28. XI. 77. Wagner, Dr., Oberlehrer » 19. X11:.:83. Wahnschaff, Th., Dr., Schulvorsteher » % Dez, Walter, B., Dr., wissensch. Hülfs- arbeiter am phys. Staats-Lab. » 17 2XIE486. Walter, H. A. A., Hauptlehrer >» 17, IX21090. Weber, Wm., J. C., Kaufmann » 27,33 V9053: Weiss, Ernst, Braumeister der Aktien-Brauerei St. Pauli » 8. II. 88. Weiss, G4 Dr:i,xChemiker » DINIRUITR. Westendarp, W., Fabrikant » 22. XII 80. Wiebke, Anton, Kaufmann » 26. V. 80. Wiebke, Paul M., Kaufmann » 26. W180. XXXI. Wimmel, Th., Dr., Apotheker Hamburg 30. XII. Windmüller, P., Dr., Zahnarzt » 21. XIM Winter, Ernst, Diamanteur » ein Winter BP. H. > 16. II. Witt£1Otto, Di.\uChemiker » TS: NV. Woermann, Ad., Kaufmann » 37. IL. Wohlwill, Emil, Dr, technischer Leiter der Nordd. Affinerie » vor Wolff, C. H., Medicinal-Ass. Blankenese 25. X. Worlee, E. H., Kaufmann Hamburg 30. I. Worlee, Ferdinand » Asclll; Wulf, John, Kaufmann » I Zebel, Gustav, Fabrikant » SB IV, Ziehes, Emil » 18.IXI%E Zimmermann, Carl » 28. Vi Zimmermann, G. Th., Dr., Lehrer » ABC Ehren-Mitelieder. Asa-Gray, Prof. Cambridge U.-S 27. I. Ascherson, P., Prof., Dr. Berlin X, Beytich, E., Brof./\ Dr. Berlin I. Bezold v., Prof., Dr. Berlin 18. XI. Bunsen, Prof., Dr. Heidelberg 18. XI. Claus; Carl, Prof.»Dre Wien IV. Cohen, Emil, Prof., Dr. Greifswald 14.1. Cohn, /Eerd:, Prof.;-Dr: Breslau 2 Kittie, Rud,, Prof, Dr: Strassburg 14.1. Haeckel,- Prof:, “Dr. Jena 18. XI. Hartig, Robt., Prof., Dr. München >E Hegemann, Fr., Kapt. Hamburg XI. Helmholtz: v., „Brof., Dr. Berlin 18. XI. Koldewey, Adm.-Rath Hamburg XU. Koch, "Rs Prof. Dr: Berlin 14.1. Kühne, W., Prof., Dr. Heidelberg 14.1. NXXXIM., Leukart, Prof., Dr. Leipzig Vleyer, 41.. B.,. Dr. Dresden Moebius, C., Prof., Dr. Berlin Müller, Fritz, Dr. DBlumenau (Brasilien) Nordenskiöld, E.H., Frh.v., Prof, Stockholm Pettenkofer, v., Prof., Dr. München Breyer. Broi.. Dr, Jena Pringsheim, N., Prof., Dr. Berlin Oumceke,.Prof., Dr. Heidelberg Retzius, G., Prof., Dr. Stockholm Reyelilhes.Erot,, Dr Strassburg Sandberger v., Fridolin, Prof., Dr. Würzburg Schnehagen, J., Kapt. Hamburg Schwendner, S., Prof., Dr. Berlin Solar P. I, Dr; RE RS London Steenstrup, Japetus, Prof. Kopenhagen Temple, Rudolph Budapest Tollens, B,Eroöt,, Dr, Göttingen Warburg, E., Prof, Dr. Freiburg i. B. Weber, CG F..H,, Brivatier Hamburg Wiepken, C. F., Direktor des Grossh. Oldenb. Museums Oldenburg Wittmack, Louis, Prof., Dr. Berlin Wölber, Francis, Konsul Hamburg Weissmann, Prof., Dr. Freiburg ı. B. Zittel v., Carl Alfred, Prof., Dr. München 18. XI. 28.2, 29. IV. Sl. Hal, ? XI. 18. XI. Bar, IS x, 142 21: Tara 30. X. > 29. XI 30. XI. vor Tal. N 29: XI. ? IV. 14. 1. 374.28; 18. XI. 30. Korrespondierende Mitglieder. Brunetti, Lodovico, Prof. Padua Buchenau, Prof., Dr. Bremen Cocco Luigi, Prof. Messina Davis, Dr. Edina, Liberia Dick, GR} Mauritius Engelmann, Geo, Dr. St. Louis Eschenhagen, Max, Dr. Wilhelmshaven Fischer-Benzon, v., Prof. Dr., Lehrer Kiel Grimsehl, E., Lehrer Cuxhaven Hilgendorf, Prof., Dr. Berlin Mügge;. !O., Prof..'Dr; Münster Müller v., Ferd., Baron Melbourne Philippi, R. A., Prof. Dr. San Jago de Chile Raydt, Hermann, Prof. Ratzeburg Richters, F., Prof. Dr. Frankfurt a. M. Röder, v., V. Hoym, Anhalt Ruscheweyh, Konsul Rosario Schmeltz, J. D. E. Leyden Sieveking, E., Dr. med. London Spengel, ).. W., Prof., Dr. Giessen Swanberg, L., Prof., Dr. Upsala Thompson, Edward, U.-S. Consul Merida Jucatan Wibel, "P’# Prof Dr: Freiburg i. B. Zacharias, Prof., Dr. (Strassburg) Hamburg X. 28. IM. 25.Xl. 27.8: vor 3101108 Er: 93: 85. II. Wissenschaftlicher Teil. Ueber die Flora der Hamburger Wasserkasten vor Betriebs - Eröffnung der Filtrations - Anlagen. Von Dr. R. Timm. Bekanntlich wurden anlässlich der Cholera im Herbst 1892 die Wasserkästen unserer Leitung zum ersten Male einer gründ- lichen Reinigung unterzogen. Für Jemanden, der Interesse an mikroskopischen Organismen hat, lag es nahe, den bei jener Reinigung zu Tage geförderten Bodensatz zu untersuchen, Besondere Veranlassung bot dazu noch der Umstand, dass hier eine bequeme Gelegenheit gegeben war, die Untersuchungen, die Professor Äraepelin im IX. Band der Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg (Heft I, 1886) über die Fauna der Hamburger Wasserleitung veröffentlicht hat, nach der botanischen Seite hin zu erweitern. Es war selbstverständlich und ist auch von Kraepelin pg. 11 bemerkt worden, dass ausser den dort aufgezählten Tieren Reste von vielen Algen und auch lebende Pflanzen sich vorfinden würden; es schien insbesondere wünschenswert, auf eine Fadenbakterie zu fahnden, die seit etwa 20 Jahren für die Wasserleitungen von Bedeutung geworden ist, nämlich die Crenothrix polyspora. Hugo de Vries, der in amt- lichem Auftrage die von der Crenothrix geplagte Rotterdamer Wasserleitung untersucht und die Resultate seiner Untersuchung 1890 veröffentlicht hat (Die Pflanzen und Thiere in den dunklen Räumen der Rotterdamer Wasserleitung), macht p. 34 auf die grosse Uebereinstimmung zwischen der Leitungsfauna in Hamburg und Rotterdam aufmerksam und spricht p. 36 die Vermutung aus, auch in Hamburg werde Crenothrix nicht fehlen, wenn sie auch von Kraepelin, dessen Arbeit aus rein zoologischem Interesse unternommen worden war, nicht berücksichtigt werde. Es hatte also ein gewisses Interesse, auf Crenothrix insbesondere zu achten. Die damals so brennende Frage nach pathogenen Bakterien soll hier selbstverständlich nicht berührt werden, weil die darauf bezüglichen Untersuchungen den Bakteriologen von Fach zukommen. 3*+ Während in der Kraepelin’schen Untersuchung die Lebens- gemeinschaft, von der die Wände der Leitungsröhren bekleidet waren, den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung bildete, konnten die Wasserkasten natürlich nur das bieten, was frei im Strome der Röhren trieb. In gewissem Sinne mussten sich also die beiden Materalien zu einander verhalten wie Plankton und Grundfauna im Meere. Während die Fauna der Röhrenwände eine zwar geringe, aber erkennbare Mannigfaltiskeit darbot, (Kraepelin p. 5, De Vries p. 34), war vorauszusehen, dass der Bodensatz der Wasserkasten unter gleichen allgemeinen Bedin- gungen recht gleichartig sein würde. Andererseits musste die Zusammensetzung des »Leitungsplankton« von der Jahreszeit abhängig, sein, die ja auf die an den Leitungswänden sitzenden Organismen so gut wie ohne Einfluss ist. Es musste der Boden- satz zweierlei Bestandtheile enthalten: Solche Organismen, welche von den Röhrenwänden losgerissen, besonders aber solche, die direkt aus der Elbe hereingetrieben waren. Zu den ersteren würden die chlorophyllfreien, zu den letzteren die chlorophyllfüh- renden Pflanzen gehören, wenn auch natürlich nicht ausgeschlossen war, dass auch chlorophylifreie Pflanzen der Wasserleitung direkt aus der Elbe stammen konnten. Während für die sesshaften Organismen der Leitung die Bedingungen äusserst günstig waren (Kraepelin p. 12), musste für das »Plankton« derselben genau das Gegentheil gelten. Von Pflanzen waren nur die chlorophylifreien überhaupt in der Leitung existenzfähig, und auch von diesen erschienen die im Strom willenlos treibenden in ihrer Existenz mindestens gefährdet. Ob man die chlorophylliführenden Pflanzen überhaupt in lebendem Zustande vorfinden würde, hing von ihrer Lebenszähigkeit ab. Leider konnte die Probe auf die Gleichmässigkeit des Wasserkastendetritus nur an wenigen Fällen gemacht werden. Da der Kommabazillen wegen die Wasserkästen gereinigt wurden, so benutzte ich mehrmals die Gelegenheit, mir eine Probe des bei der ersten Reinigung bis halb handhohen dickflüssigen Schlickes geben zu lassen. Von vier Wasserkästen kamen Proben zur Untersuchung, nämlich von: Maxstrasse 2, am 23. Septbr. 1892, am 6. Novbr. 1892 und am 20. April 1893, Anckelmannstrasse 79, am 29. Septbr. 1892, daselbst 73, am ı8. Oktbr. 1892 (I. Reinigung) und Ge- — 3 —- bäude der Realschule vor dem Lübeckerthore im October 1892 (3. Reinigung). Ausserdem wurden Proben genommen aus einem ge- rade geöffneten Notpfosten bei der Maxstrasse am 18. April 1893, sowie aus direkt mit der Strassenleitung verbundenen Röhren der genannten Schule am 2. November 1890, sowie des Hauses Ecke der Lübecker Strasse und kleinen Wallstrasse. Die Proben aus diesen beiden Röhren wurden gewonnen, indem ich das Wasser aus dem Hahn durch Flanell oder feinmaschige Gaze laufen liess. Während die Ausbeute aus den Wasserkasten als ausser- ordentlich reich bezeichnet werden muss, war die Anzahl der im direkten Wasserstrom, selbst der im Wasser des Notpfostens beobachteten Organismen recht gering, ein Umstand, der nicht merkwürdig ist, wenn man bedenkt, dass die Wasserkasten seit Jahren den beständig niedersinkenden Detritus auf ihrem Boden aufgespeichert hatten. Es ist, wie ersichtlich, nur eine ganz geringe Anzahl von Wasserkasten untersucht worden; die von denselben genommenen Proben stimmten aber meist in soweit überein, dass es sich der Mühe nicht veriohnte, die Zusammensetzung einer jeden bis in’s Einzelne aufzuschreiben. Die durch das Wort »meist« angedeuteten Abweichungen werden nachher ihre Erklärung finden. Ich werde daher in einer Tabelle nur allgemein die gefundenen Formen aufzählen und diejenigen besonders bezeichnen, welche in einem Wasserkasten gefunden, im andern vermisst wurden. Es sind das meist solche, die in wenigen Exemplaren gefunden wurden. Dass solche Ausnahmen für die Frage nach der gleich- mässigen Zusammensetzung ohne Bedeutung sind, wird jeder zu- geben, der bedenkt, wie geringe Mengen untersucht werden konnten. Da es sich um mikroskopische Wesen handelte, so konnte zur Zeit nur ein sehr geringes Quantum des Schlickes mit einem Tropfen Wasser verdünnt unter das Objektiv gebracht werden, es ist wohl nicht zu wenig gerechnet, wenn ich annehme, dass so etwa I ccm jeder Schlammprobe gründlich untersucht wurde. Rechne ich nun die Schlickmenge eines Wasserkastens von 4 bis } qm Bodenfläche zu 10— 15 Litern, so ist klar, dass ein Wesen, dessen Vorhandensein in jeder ı ccm-Probe bei mathematisch gleichmässiger Vertheilung die Wahrscheinlichkeit = 4 m I haben sollte, in 10 -15 Tausend Exemplaren da sein müsste. Dann aber wäre noch äusserst fraglich, ob man das betreffende Wesen fände, falls man nicht im Besitze eines Zählmikroskopes ist. Cymatopleura solea, eine grosse Diatomee, die in den Wasserkästen nicht häufig vorkam, hat nach Aürchner (Mikros- kopische Pflanzenwelt des Süsswassers) eine Länge von 50— 300 qu. Ihr Breitendurchmesser ist davon etwa der siebente Theil. Rechnet man nun die von einer grossen Cymatopleura bedeckte Fläche zu 10000 qu, d.h. zu 0,01 qmm, so erfüllt diese Dia- tomee unter einem quadratischen Deckglase von der Seite 12 mm nur 74155 der zu untersuchenden Fläche. Rechnet man nun von solchen Tropfen, wie einer unters Deckglas kommt, etwa 20 auf ein cc, was gewiss wenig ist, und zieht man in Be- tracht, dass stets mit stärkerer Vergrösserung (Winkel VI und VII) gesucht werden musste, so kann man sich ungefähr eine Vorstellung davon machen, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, selbst eine so grosse Diatomee zu finden. Eine vollbedruckte Seite des „Hamburger Fremdenblattes« enthält 25—-35000 Buch- staben. In einem cc ohne Zählmikroskop eine Cymatopleura zu finden, würde also der Aufgabe entsprechen, auf Io Seiten »Fremdenblatt« bei planlosem Hin- und Hersuchen einen Druck- fehler zu finden, vorausgesetzt, dass nur ezrner auf diesen ı0 Seiten wäre. Man kann also nur dann mit ziemlicher Sicherheit auf das Auffinden selbst dieser Gewaltigen unter den Mikro- organismen rechnen, wenn sie zu Millionen in einem Wasserkasten sich aufhalten. Die in einem Wasserkasten einigermassen häufigen Arten waren nun in der That auch in den übrigen Kasten in demselben Häufigkeitsgrade vorhanden und — in geringerer Menge natürlich — auch in der von dem Notpfosten ent- nommenen Probe. Gewisse Unterschiede zwischen den Proben der Wasser- kasten machten sich indessen doch bemerkbar, aber das waren Unterschiede, die nicht von der Beschaffenheit des einströmenden Materials, sondern von dem Zustande der Wasserkasten und von der Jahreszeit abhängen. Der Wasserkasten Anckelmannstr. 73 war zum ersten Male in seinem Dasein gereinigt worden, hatte sich jedenfalls längere Zeit vollgeschlickt als die übrigen zur Untersuchung gekommenen Kasten, die Diatomeenschalen waren häufiger angefressen. Der Wasserkasten Maxstrasse 2 wurde am 20. April 1893 auf's neue gereinigt. Seine Proben boten einen etwas veränderten Anblick dar. Frisches Leben schien in ihm zu pulsieren; eine grössere Anzahl lebender grüner Algen und Diatomeen wurde in ihm gefunden als früher. Eine Anzahl bisher nicht konstatierter Arten wurde in ihm nachgewiesen, ein Umstand, der wohl auch mit auf Rechnung der in diesem Falle längeren Dauer der Untersuchung zu setzen ist. Auf die Besprechung dieses Befundes komme ich nachher zurück. Zunächst gebe ich die Liste der gefundenen Organismen, wobei ich nicht unterlassen möchte, anhangsweise auch die wenigen konstatierten Tiere bezw. Tierreste mit anzuführen. Bei der Bestimmung der Diatomeen ist mir die von Herrn Möller in Wedel zusammengestellte Typenplatte der Süsswasser- diatomeen aus der Umgegend von Hamburg von grossem Nutzen gewesen. Anordnung und Nomenclatur der Algen gebe ich nach dem wohl von Vielen benutzten Buche: Die mikroskopische Pflanzen- welt des Süsswassers, von Prof. Kirchner. AN ooSe: Blätter von Sphagnum, einmal (Wasserkasten der Schule vor dem Lübeckerthore). Bernrloen. l. Protococcoideae. a) Protococcaceae: Pediastrum Boryanum Men., nicht häufig. » pertusum Kg., zieml. häufig. > Ehrenbergi A. Br., nicht häufig. b) Palmellaceae. Scenedesmus obtusus Meyen, selten. » acutus Meyen, häufig. » caudatus Corda, häufig. Nephrocytium Agardhianum Näg., einmal. Polyedrium trigonum Näg,, selten. Il. Conjugatae. Desmidiaceae: ? Staurasrum gracile Ralfs leere, Häute, selten. Mel A Ill. Diatomaceae. a) Naviculaceae: Pinnularia major Sm. > viridis Sm. » mesolepta Sm. » radiosa Kg. Navicula cuspidata Kg., selten. >» amphisbaena Bory, nicht häufig. > amphirhynchus Ehr., häufig. » slesvicensis Grun. » spaerophora (Kg.) Sm. Pleurosigma attennatum Sm. b) Amphitropidae: Amphitropis (Amphiprora) paludosa Rabenh. c) Cymbelleae: Amphora ovalis Kg., häufig. Cymbella gastroides Kg., häufig. » amphicephala Näg. » Ehrenbergii Kg. ? Encyonema Auerswaldii Rabenh. d) Cocconeidae: Cocconeis communis, gemein e) Gomphonemeae:; Gomphonema gracile Ehrbg. » constrictum Ehrbg. » commune Rabh. f) Achnantheae: Achnanthidium lanceolatum Breb., einmal. Rhoicosphenia curvata Grun., häufig. g) Nitzschieae: Hantzschia amphioxys Grun., häufig. Nitzschia sigmoidea Sm., selten. » linearis Sm., nicht selten. > media Hantzsch. » minuta Bleisch. h) Amphipleureae: Amphipleura pellucida Kg., selten. i) Surirelleae: Cymatopleura Solea Breb., zieml. selten. 2 Surirella splendida Kg., selten. > ovata Kg., einmal. » Brightwellii Sm., einmal. k) Diatomeae: Diatoma vulgare Bory, Odontidium mutabile Sm., l) Meridioneae: Meridion circulare Ag., m) Fragilarieae: Synedra ulna Ehrbg,., Fragilaria virescens Ralfs, Asterionella gracillima Heib., n) Tabellarieae: Tabellaria fenestrata Kg., o) Epithemieae: Epithemia turgida Kg,., » sorex Kg., Epithemia Zebra Kg., Eunotia lunaris Grun, » pectinalis Dillw., Ceratoneis arcus Kg., » p) Melosireae: Melosira arenaria Moore, » orichalcea Kg. varians Ag. Cyclotella operculata Kg., Kützingiana Thw., Ödontodiscus subtilis Grun., » » amphioxys Rabenh., sehr häufig. nicht häufig. einmal. gemein. häufig. häufig. selten. häufig. selten. zieml. häufig. selten. nicht häufig. selten. selten. häufig. gemein. häufig. sehr häufig. gemein. nicht selten. IV. Schizophyceae. a) Nostocaceae: Oscillaria spec. b) Chroococcaceae: Aphanocapsa spec., Merismopoedia elegans A. Br., selten. zieml. häufig. selten. Coelosphaerium Kützingianum Näg., selten. Von Schizomyceten ist Crenothrix polyspora Cohn zu nennen. u vera Folgende Tiere und Tierreste mögen hier noch genannt werden. In dem Wasserkasten Maxstrasse 2 wurden bei der erneuten Reinigung am 20. April 1893 allerlei lebende Protozoen bemerkt, z. B. Amoeba verrucosa Ehrbe., Holophrya ovum Ehrbg,., Euglena oxyuris Schmarda, bei der ersten Reinigung schwammen viele Statoblasten von Bryozöen auf der Oberfläche des Wassers. Ferner fanden sich allgemein zwei verschiedene Spicula- formen von Spongilla, die Bauchborsten von Naiden, sowie Reste, insbesondere Spermatophoren-Schläuche von Temorella affınis Poppe, in einzelnen Wasserkasten auch Gehäuse von Difflugien. Die Probe aus dem Notpfosten bei der Maxstrasse enthielt auch Stentor. Ueber die Pflanzentabelle ist noch Folgendes zu bemerken. Am 23. September wurde im Wasserkasten Maxstrasse 2 Nitzschia sigmoidea nicht gefunden. Diesem Wasserkasten und ebenso dem Kasten Anckelmannstrasse fehlten am 29. September anscheinend Ceratoneis arcus und amphioxys, Cymatopleura solea und Amphipleura pellucida. Merismopoedia elegans, Coelosphae- rıum Kützingianum und Nephrocytium Agardhianum wurden nur am 6. November 1892 Maxstrasse 2 gefunden. Während nun diese Befunde theils auf Rechnung der Seltenheit der Arten zu setzen, teils dadurch begründet sind, dass das Auge im Laufe der Untersuchung sich mehr für die Erkennung der einzelnen Formen schärfte, ist es sicher kein Zufall, dass am 18. April 1893 im Wasserkasten Maxstrasse 2 viele Algen in erhöhter Häufig- keit auftraten, sowie dass einige bisher nicht beobachtete ge- funden wurden. Solche waren: Pinnularia mesolepta Sm., einzeln. » radiosa Kg., nicht selten. Navicula cuspidata Kg,., einzeln. Pleurosigma attenuatum Sm., einzeln. Amphitropis paludosa Rbh., einzeln. Cymbella amphicephala Näg., ı Ex. Gomphonema commune Rbh., nicht selten. Nitzschia media Hantzsch, nicht selten. » minuta Bleisch., nicht selten. Surirella Brightwellii Sm., T'Ex. Surirella ovata Kg., EX: Epithemia sorex Kg., selten. Eunotia lunaris Grun., selten. Diese Abweichungen erklären sich zum Teil daraus, dass man es hier mit einer Neureinigung zu thun hat. In diesem Kasten war viel weniger von dem die anderen Kasten füllen- den braunen Detritus, der natürlich den Prozentsatz der vor- handenen Organismen für die Untersuchung beträchtlich herab- setzte. Zwar hatte der Kasten bereits eine zweite Reinigung am 6. November 1892 erlebt; leider liegen mir aber von der- selben nur ungenügende Notizen vor. Immerhin ist bemerkens- wert, dass am 6. November 1892 sich der Wasserkasten durch die Anwesenheit der blaugrünen Algen Merismop. elegans, Coelosph. Kützingianum und Nephrocyt. Agardhianum auszeich- nete (siehe oben). Ferner ist aber die durchaus abweichende Jahreszeit (18. April) in Betracht zu ziehen. Auch im Freien treten im April und Mai eine Menge von Algen neu auf, es ist also kein Wunder, wenn sie um diese Zeit in die Wasserkasten gelangen. Allgemein verbreitet und häufig in allen Wasserkasten waren von Grünalgen: Pediastrum pertusum, Scenedesmus acutus und caudatus; von Diatomeen besonders: Navicula amphirhyn- chus, Amphora ovalis, Cymbella gastroidess, Cocconeis com- munis, Rhoicosphenia curvata, Hantzschia amphioxys, Diatoma vulgare, Synedra ulna, Fragilaria virescens, Asterionella gracillima, Epithemia turgida, Melosira orichalcea, Cyclo tella operculata und Kützingiana. Die Diatomeen, deren Name gesperrt gedruckt ist, waren geradezu charakteristisch für das Aussehen des Wasserkasten- schlickes, das mich bei den Proben vom 18. April 1893, abge- sehen von den Grünalgen, lebhaft an den Kieselguhr von Oberohe in der Lüneburger Heide erinnerte. Achnanthidium lanceolatum wurde nicht im Wasserkasten- schlick gefunden, sondern entwickelte sich erst nachträglich in einer Flasche, die mit Leitungswasser gefüllt war. Ich glaube nicht, daran zweifeln zu brauchen, dass es wirklich aus dem Leitungswasser stammt. Nur kurz braucht erwähnt zu werden, dass die direkt aus der Leitung genommenen Proben natürlich viel weniger Material ur Bo enthielten als die Wasserkasten, in denen dasselbe geradezu auf- gespeichert war. Eine besondere Besprechung verdient Crenothrix polyspora. Anfänglich war ich erstaunt, diese Fadenbakterie in den Wasser- kasten nur spurenweise zu finden. Einzelne feine Fäden zeigten sich zusammen mit Oscillarien;, ausserdem glaubte ich dickere Fäden in dem rostbraunen Schlick zu erkennen, der in den noch nicht gereinigten Wasserkasten alles einhüllte. Da ich mir sagte, die Fäden müssten zunächst an den Wänden der Leitung sitzen, so filtrirte ich Wasser aus solchen Röhren, die direkt mit der Strassenleitung in Verbindung standen, durch Flanell oder Gaze. Die auf diese Weise gewonnenen abgerissenen Stücke der Ge- häuse von Bryozöen und von Cordylophora lacustris waren sehr zierlich bedeckt mit den Abdrücken der häufigen Diatomeen und besetzt mit Crenothrix in verschiedenen Entwickelungszuständen (vergl. de Vries I. c. p. 6, nur bildeten die eben erwähnten Fäden keine dicken Flocken). Ich sah sowohl zarthäutge Fäden als auch solche, die von dicker Eisenoxydkruste eingehüllt waren. Es war also sicher in der Leitung Crenothrix und zwar wahrscheinlich in beträchtlicher Menge vorhanden, denn sie war sowohl in den Proben aus den Leitungshähnen, sowie in der Probe aus dem Notpfosten, die ja immer nur spärliche Bruchstücke des die Wand der Strassenleitung auskleidenden Leitungsmooses lieferten. Es war also merkwürdig, dass sie in den Wasserkasten fast gänzlich fehlte. Dafür war in denselben massenhaft brauner, eisenhaltiger Schlick. Ich war nicht in der Lage, eine quantitative chemische Untersuchung dieses Schlickes vornehmen zu können. Die qualitative Untersuchung ergab aber das Vorhandensein von jedenfalls sehr viel Eisen, das gewiss nicht direkt auf Rechnung der vorhandenen Organismen zu setzen war, die in den noch nicht gereinigten Kasten erstens an Masse hinter dem braunen Schlick bedeutend zurückblieben, die zweitens hauptsächlich aus den Kieselschalen der Diatomeen bestanden. Da nun aber die Crenothrix nicht zu finden war und da sie be- kanntlich Eisenoxyd producirt, da ferner die nachweislich der Crenothrix gehörigen Eisenoxydscheiden im Aussehen grosse Uebereinstimmung mit dem braunen Detritus zeigten, so halte ich es für wahrscheinlich, dass ein grosser Theil desselben von der Crenothrix producirtes Eisenoxyd war. ET Wr De Vries spricht die Vermuthung aus (l. c. p. 49), dass das Gedeihen der Crenothrix von der Geschwindigkeit des Wasser- stromes abhängig sei, und er glaubt, dass eine zu geringe Wasser- bewegung die Entwicklung dieser Fadenbakterie hindere. Ist das Letztere richtig, so ist es verständlich, warum die einer constanten Strömung entbehrenden Wasserkasten keine nennens- werten Mengen von Crenothrix, dagegen den Detritus ihrer Scheiden enthielten. Crenothrix ist übrigens in unserer Gegend gewiss häufig. Im Realgymnasium sah ich Proben aus der Bille mit dicken Flocken der Fadenbakterie. Nicht nur das Vorhandensein gewisser Formen, sondern auch das Fehlen anderer beansprucht Interesse. Wenn auch die Aufzählung auf Vollständigkeit ganz gewiss keinen Anspruch machen kann, erstens weil bei einer Reihe von Algen die Be- stimmung nicht recht gelang, zweitens weil bei der Kleinheit der untersuchten Proben und der Mangelhaftigkeit der Durch- suchung eine grössere Anzahl dem Auge entgangen sein wird, so macht sich doch das Fehlen gewisser Gruppen bemerkbar. Es fehlen ganz die Ordnungen der Florideen (in unserer Gegend vertreten durch Batrachospermum), Characeen, Confervoi- deen, Siphophyceen; von den Conjugaten die Zygnemaceen; die Desmidiaceen waren nur durch eine Art spärlich vertreten. Die einzige in nennenswerter Zahl vorhandene Ordnung der Grün- algen war die der Protococcaceen. Dabei sind die genannten Ordnungen, insbesondere die der Conjugaten genügend oder sogar reichlich in unserer Gegend, namentlich in unseren Mooren vertreten. Diatomeen waren zwar in grosser Menge da, unter ihnen auch eine ziemliche Anzahl solcher, die ich hier noch nicht gesehen hatte — was freilich für unsere Diatomeen- flora nicht viel besagen will — aber es fehlten offenbar mehrere oder waren selten, die sonst bei uns nicht selten sind. Meridion circulare überzieht zuweilen ganze Gräben mit einer braunen Decke, ebenso sind Tabellaria fenestrata und flocculosa bei uns häufig. Auch Epithemia gibba ist verbreitet; ich fand sie noch am 30. April 1893 im Steinbecker Moor ziemlich häufig. In der Wasserleitung dagegen waren Meridion und Tab. fenestrata nur äusserst spärlich vertreten, während Tab. flocculosa und Epithemia gibba ganz fehlten. Diese Unterschiede gegen das Vorkommen in der freien Natur sind abhängig von der Herkunft der Organismen und von ihrer Empfindlichkeit gegen den Transport ins Dunkle. Mit Ausnahme der Crenothrix, die in der Leitung sesshaft geworden war und wohl gegenwärtig noch dort ein kümmerliches Dasein fristet, stammen die aufgezählten Arten sämmtlich direkt aus der Elbe. In Plankton, welches Dr. ZArrenbaum bei Finkenwärder gefischt hatte, fanden sich (neben Temorella affınis) Scenedesmus caudatus, Navicula-Arten, Rhoicosphenia curvata, Melosira ori- chalcea und varians, Cyclotella Kützingiana, Odontodiscus subtilis in ähnlichem gegenseitigen Häufigkeitsverhältnis wie ın den Wasserkästen; daneben auch noch ein Closterium. Dass Grün- algen sehr wenig zu sehen waren, erklärt sich daraus, dass das Material schon lange gestanden hatte. Dass in den Wasserkästen die Fadenalgen gänzlich fehlten, ist leicht verständlich, da man nicht erwarten kann, dass abge- rissene Stücke von organischen Ganzen sich lange in kenntlichem Zustande erhalten. Die Jahreszeit wird wenig damit zu thun haben; denn ich habe z. B. Bolbochaete minor Al.Br. und Oedo- gonium undulatum Al.Br. aus dem Mönchteich (Trittau) 26/IX, Spirogyra longata von Steinbeck 2/X 86 notirt. Die Desmidiaceen und Schizophyceen, die ebenso wie die Protococcoideen als ganze Individuen in die Röhren gelangen können, sind dennoch in weit geringerer Zahl gesehen worden als die Protococcoiden. Möglich, dass die Desmidiaceen in ganz besonderem Grade gegen Lichtmangel empfindlich sind; zum Teil wird aber wohl ihr Aufenthalt in den Mooren sie verhin- dern, in grösserer Zahl in der Elbe vorzukommen. Die einzige grössere Menge von Moorwasser kommt in der Nähe Hamburgs durch die Alster in die Elbe, also dazu noch ein ziemliches Stück unterhalb der Schöpfstelle der Wasserkunst. Es konnte von den Moorbewohnern also zur Zeit nur ein sehr geringer Bruchteil in die Leitung gelangen, die weniger dauerhaften Formen mussten also so gut wie gänzlich verschwinden. Allge- mein verbreitete, wenn auch weniger häufige Formen mussten also gegenüber den lokal häufigen das Uebergewicht haben. So wurden Sphagnumblätter nur einmal in dem Wasser- kasten der Schule vor dem Lübeckertor gefunden, obgleich Sphagnum in unseren Mooren gemein ist und obgleich die Zell- netze seiner Blätter recht dauerhaft sind (wohlerhaltene Gerüste > solcher Blätter finden sich z.B. noch weit draussen in der Nordsee). Lebenszähe und ziemlich in jedem Wasser verbreitete Formen wie Scenedesmus und Pediastrum waren hingegen allgemein vorhanden. Die Diatomeen aber mit ihren fast unzerstörbaren Gehäusen wurden als Leichen geradezu aufgespeichert, so dass sie eine Auswahl der Hamburger Diatomeenflora darstellten, freilich aus dem vorhin angegebenen Grunde nicht in der procentischen Zu- sammensetzung dieser Flora. Es ist klar, dass ein solches Leichen- feld, zu dem der Boden eines ungereinigten Wasserkastens mit der Zeit wurde, einen recht guten Nährboden für allerhand Fäul- nisbewohner bilden musste. So waren in allen Proben Bacterien und oft in recht grossen Mengen vorhanden. Der Schlick aus dem zum ersten Mal gereinigten Wasserkasten Anckelmannstr. 73 hatte dort etwa einen halben Tag in offenem Blechgefäss, später bei mir mehrere Tage in einem gut zugestöpselten Glase gestan- den. Bei der Untersuchung zeigten sich massenhaft Bakterien (vermutlich Bakterium termo) darin; sie hatten also einen guten Nährboden gehabt. Aus dem eingangs erwähnten Grunde habe ich mich um diese Lebewesen nicht weiter bekümmert. In Kurzem wäre also Folgendes zu berichten: Der Bodensatz der Wasserkasten war zusammengesetzt aus: 1) braunem Detritus, 2) verhältnismässig wenig Tieren und tierischen Resten, 3) einer grossen Zahl lebender und einer weit grösseren Anzahl toter Algen (insbesondere Diatomeen) sowie aus Schizophyceen, von denen nur Crenothrix polyspora berücksichtigt wurde. Von den Algen waren die Diatomeen deswegen der Hauptteil, weil ihre Gehäuse nur sehr wenig vom Wasser angegriffen und daher aufgespeichert werden. Auch sonst war der Häufigkeitsgrad ein anderer als der in der freien Natur, weil auch häufige Algen nicht immer Gelegenheit hatten, in die Leitung hineinzukommen. Von einzelligen Algen waren die Desmidiaceen fast gar nicht vertreten, obgleich sie leicht zu bemerken und bei uns sehr häufig sind. Fadenalgen waren gar nicht da. Crenothrix war in den Kasten selten, in der Leitung schien sie häufig zu sein. Wahrscheinlich geht sie in dem Kasten der mangelnden Strömung wegen zu Grunde, wobei ihre Eisenoxydscheiden in braunen De- tritus zerfallen. Den Fäulnisbacterien boten die verwesenden Pflanzenleichen guten Nährvorrat. ER I 4A 422 Das reizende Bild, welches die äusserst zierlichen und mannigfaltigen Diatomeenschalen sowie die symmetrischen Pedi- astren darbieten, ist nun verschwunden, bezw. auf die Filtrir- bassins beschränkt. Aber wir sind froh, dass wir diese Flora los werden, denn zu ihr gehörten auch die unheimlichen Gäste, die uns das Leben schwer genug gemacht haben. Wie gewöhn- lich, so müssen auch hier die Unschuldigen mit den Schuldigen das gleiche Schicksal erdulden. Prof. Dr. Kraepelin. Ueber afrikanische und südamerikanische Süsswasserbryozöen. (Referat nach dem Vortrage in der Zoologischen Gruppe am 25. September 1893). Redner rekapituliert zunächst die bereits im II. Theil seiner Monographie der deutschen Süsswasserbryozöen veröffentlichten Entdeckungen Stuhlmann’s in Afrika, welche die 4 Arten Fre- dericella sultana, Plumatella repens und princeps, wie die bis dahin nur bei Bombay beobachtete Pectinatella Carteri umfassen. Er berichtet sodann über die bisherigen Funde in Südamerika. Der erste, welcher in diesem Lande Süsswasserbryozöen auffand, war Fritz Müller, der im Jahre 1885 Exemplare von Plumatella princeps aus Brasilien dem Redner übersandte. Neuerdings hat dann Herr Dr. Michaelsen bei Punta Arenas in Patagonien Fre- dericella sultana und Plumatella punctata Hanc. in prächtigen Rasen gesammelt, während Herr Prof. von Zhering in der Nähe von St. Paolo in Brasilien neben Plumatella princeps und Fre- dericella sultana auch Plumatella polymorpha repens und eine a Lophopus-Art entdeckte, die nur mit Lophopus Lendenfeldi *) Ridley von Australien identifiziert werden kann. Es sind somit zur Zeit aus Afrika 4, aus Südamerika hingegen 5 Arten von Süsswasserbryozöen bekannt. Den Beschluss der Mitteilung bildete eine tabellarische Uebersicht der geographischen Verbrei- tung der Gattungen und Arten der Süsswasserbryozöen in den verschiedenen Erdteilen. *) Nach Niederschrift dieses Referats erhalte ich von Herrn Dr. Meissner- Berlin einen Sonderabdruck über einen Vortrag in der Gesellschaft Naturf, Freunde in Berlin (1893 No. Io), in welchem er die von Ihering’schen Exemplare für verschieden von Lophopus Lendenfeldi erklärt und als L. Iheringiı beschreibt. Der Autor würde in diesen Irrtum schwerlich gefallen sein, wenn er nicht nur die erbärmliche Zeichnung in Ridley’s Aufsatz, sondern auch die von demselben ge- gebenen Maasse beachtet hätte. Ridley giebt seinen Statoblasten bei 0,7 mm Breite eine Länge von 0,85—0,95 mm, d. h. seiner Zeichnung müssten jederseits in der Breite etwa 3—5 mm hinzugefügt werden, wenn sie den Maassen entsprechen sollte. Die »Sechseckigkeit« der Statoblasten, welche Meissner als weiteren Unter- schied aufführt, habe ich nur hin und wieder bei in Kalilauge gekochten Exem- plaren als Kunstprodukt angetroffen. Um einen Anhalt über die Beurteilung der Notwendigkeit der Aufstellung einer »neuen Art« zu geben, mögen hier noch einige Maasse folgen, die sich aus den von Ridley und Meissner aufgeführten ‘Zahlen, wie aus einigen wenigen, von mir angestellten Messungen ergeben: Länge der Statoblasten nach Ridley: Hamburger Exempl.: Meissner: 0,85—0,95 mm 0,95—0,97 mm I mm Breite >» » 0,703 0,78—0,86 » 0,8 >» Länge: Breite = I: 0,74 bis 1:0,82 1:0,8 bis I: 0,86 2120,98: Kraepelin. Die Aufgaben und die Organisation des botanischen Gartens in Hamburg. Vortrag, gehalten in der Sitzung des Naturwissenschaftlichen Vereins am 15. November 1893 von Dr. Fr. Ahlborn. In der Reihe der wissenschaftlichen Institute Hamburg’s nimmt der botanische Garten seit langer Zeit nicht die Stellung ein, welche ihm nach der Wichtigkeit des von ihm vertretenen Gegenstandes zweifellos gebührt. Es ist dies bekanntlich die Folge der Verknüpfung einer Reihe unglücklicher Verhältnisse, welche es denn auch bewirkt haben, dass der botanische Garten in dem wissenschaftlichen Leben unserer Stadt so gut wie gar keine Rolle spielt. Um Missverständnissen vorzubeugen, sei vorweg bemerkt, dass die gegenwärtige gärtnerische Verwaltung des botanischen Gartens selbstverständlich kein Vorwurf treffen kann; sie hat als interimistische Einrichtung ja nur die Aufgabe, zu erhalten, was vorhanden ist, und wenn dabei der botanische Garten in manchen Punkten bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen hat, so wäre es Unrecht, dafür die Anerkennung zu versagen. Wenn nun aber die zuständigen Behörden in der Einsicht, dass die Verhältnisse des botanischen Gartens ohne Schädigung des allgemeinen Interesses ein längeres Provisorium nicht ertragen können, eine definitive Regelung in's Auge gefasst haben, so hat der Naturwissenschaftliche Verein das Recht und die Pflicht, seine Ansicht über den gegenwärtigen Stand und die Zukunft des botanischen Gartens auszusprechen und die Wünsche zu formuliren, welche bei der unaufschiebbaren Reorganisation dieses Instituts maassgebend sein sollten. Als Vorsitzender der bota- nischen Gruppe des Vereins habe ich daher geglaubt, in dieser wichtigen Angelegenheit das Wort ergreifen zu müssen und die folgenden Ausführungen zur Diskussion zu stellen. Die nähere Veranlassung hierzu ist allein die persönliche Erfahrung, dass in weiten Kreisen, die ein natürliches Interesse an dem botanischen Garten haben, über die Aufgaben und die Bedeutung desselben für Hamburg nicht diejenige Klarheit besteht, welche für die richtige Würdigung der Sache notwendig ist. en Die botanischen Gärten stammen aus einer Zeit, in welcher Botanik und botanische Systematik nahezu identische Begriffe waren. Unter der Leitung systematischer Botaniker waren sie im Grunde genommen nichts anderes, als Herbarien lebender Pflanzen, eine Bezeichnung, die ebenso berechtigt ist, als das Wort »Wintergärten« für die Herbarien. Je vollständiger die Sammlung, je zahlreicher die seltenen, aus fernen Ländern ein- geführten Arten, je sorgfältiger die systematische Gliederung nach Ordnungen und Familien der Eintheilung des Gartenlandes zu Grunde gelegt war, desto höher war das Ansehen, dessen sich die botanischen Gärten erfreuten. In dieser Form bildeten sie für die damalige Forschungsrichtung ein wissenschaftliches Hülfs- mittel ersten Ranges, sie gestatteten, die fremden Pflanzen lebend zu beobachten und auf ihre Artmerkmale zu prüfen, ja, sie waren geradezu das Abbild der damaligen botanischen Wissenschaft. Aber mit den gewaltigen Fortschritten, die seither auf allen Gebieten der Naturwissenschaften zu verzeichnen waren, eröff- neten sich auch für die Botanik neue Hülfsmittel und neue Ge- sichtskreise. Mit Hülfe des in seiner Leistungsfähigkeit so ausser- ordentlich gesteigerten Mikroskops hat man nicht nur die ge- naueste Kenntnis über den inneren Bau der Pflanzen gewonnen, man ist auch bis in die feinsten Einzelheiten der Entwickelungs- geschichte und bis zu den intimsten Vorgänge der Zellenver- mehrung vorgedrungen, und im Bereiche der niederen Organismen hat das Mikroskop der Forschung neue nun schon vielgepflegte Arbeitsfelder erschlossen, welche der alten Systematik eine terra incognita waren. Aber die Botanik ist nicht dabei stehen ge- blieben, die morphologischen, anatomischen und entwickelungs- geschichtlichen Thatsachen feztzustellen und zu registrieren, sie ist auch auf der ganzen Front mit grossem Erfolg thätig gewesen, indem sie nach den Ursachen aller der Erscheinungen geforscht hat. So hat sie eine Reihe der wichtigsten chemischen und physikalischen Vorgänge im Innern der Zelle ergründet; sie hat es unternommen, die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Zellen des pflanzlichen Individuums zu ermitteln und die mecha- nischen und physiologischen Aufgaben zu erkennen, welche ein jedes Gewebe der Pflanze in ihrem Organismus zu erfüllen hat. Die epochemachenden Werke Darwins haben nicht nur in die Zoologie, sondern auch in die Botanik ein neues, ungemein 4* ei Ih ne treibendes Ferment gebracht. Die Frage nach der Abstammung, der Verwandtschaft der Arten ist wieder in den Vordergrund ge- treten. Man begnügt sich nicht mehr damit, die morphologischen Merkmale der jetzt lebenden Pflanzen als Verwandtschafts-Doku- mente anzunehmen, man zieht auch die fossilen Reste der pflanz- lichen Organismen früherer Erdperioden in den Kreis der Be- trachtungen und sucht so einen immer tieferen Einblick ın die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gewächse zu erlangen. Die Gesamtheit der Existenzbedingungen für jede Art zu ermitteln, zu erkennen, wie die Organisation der Pflanze diesen äusseren Verhältnissen angepasst ist, und endlich Einsicht zu gewinnen in die Rolle, welche jede Pflanze im Haushalt der Natur zu spielen hat: das sind weitere, moderne Ziele der botanischen Forschung. Diese vielseitigen Bestrebungen der heutigen Botanik haben das Schwergewicht ihrer Thätigkeit längst hinausgerückt aus dem Bereiche der altehrwürdigen sammelnden und beschrei- benden Systematik, die so lange Jahre den Kern dieser Wissen- schaft gebildet hat. Unter diesen Verhältnissen haben auch die nach dem systematischen Prinzip angelegten botanischen Gärten das alte Ansehen nicht zu wahren vermocht. Mit dem weitaus grössten Theile der neueren mikroskopischen Forschung stehen die bota- nischen Gärten in gar keiner oder nur sehr untergeordneter Be- ziehung, und so ist den naturgemäss auch ihr Werth für die Wissenschaft mehr und mehr zurückgegangen. Die grosse Menge des in den botanischen Gärten gepflegten Pflanzenheeres steht heute nutzlos da, und die vielen Gewächse, die vielleicht den Laien durch ihre Zahl imponieren, »sie grünen, blülıen und verwelken«, um mit Schwendener zu sprechen, »ohne für die Wissenschaft Früchte zu tragen«. Wenn daher von einer Seite die Frage aufgeworfen wurde, ob denn dzese botanischen Gärten der alten Schule für die heutige Botanik nicht ihre Existenz- berechtigung verloren hätten, ob das zu ihrer Unterhaltung aufge- wandte Kapital nicht in anderer Weise mit mehr Nutzen für die Wissenschaft angewendet werden könne, so müsste die Antwort eine bejahende sein. Aber wie in so vielen Dingen auf die Zeit des tiefen, ja aussichtslosen Niederganges zuweilen eine Epoche neuen Auf- schwunges und neuen Glanzes folgt, so scheint nun auch für die — 19 — botanischen Gärten ein neuer Frühling vor der Thür zu stehen. Eine neue aufstrebende Forschungsrichtung, die biologische, hat sich zur Aufgabe gemacht, die durch den Darwinismus hervor- gerufene Menge von Streitfragen nicht durch spekulative Be- trachtungen, sondern durch das Experiment und durch die Be- obachtung am lebenden Organismus einer Entscheidung entgegen zu führen. Und für diese Bestrebungen ist der botanische Garten ein ebenso unentbehrliches Hülfsmittel, wie er es einst für die alte Systematik war. Mit diesen neuen Aufgaben steigert sich von selbst der Wert und das Interesse an der Erhaltung der botani- schen Gärten, und schon haben namhafte Universititsgelehrte einer zeitgemässen Umgestaltung derselben für die Zwecke jener neuen Forschungsrichtung das Wort geredet. — Nehmen wir hinzu, dass in einer Reihe von botanischen Universitätsgärten neben dem alten systematischen auch das geographische Eintheilungs- prinzip zur Anwendung gebracht ist, und dass man auch sonst bestrebt gewesen ist, die Einrichtung der Gärten nach Kräften für die neueren wissenschaftlichen Richtungen nutzbar zu machen, so ist damit der gegenwärtige Stand der rein wissenschaftlichen botanischen Gärten in allgemeinen Zügen charakterisirt. Demgegenüber steht nun unser Hamburgische botanische Garten im Prinzip noch vollständig auf dem Standpunkte, der im Anfange dieses Jahrhunderts der allein massgebende war. Von Leistungen des Gartens für die Zwecke moderner wissen- schaftlicher Forschung kann daher kaum die Rede sein. Seine Hauptaufgabe hat seit einer Reihe von Jahren darin bestanden, für die hiesigen öffentlichen und privaten Schulen, welche sich darum bewarben, das für den Unterricht erforderliche Pflanzenmaterial zu liefern. Gewiss ist dies eine wichtige und dankenswerthe Leistung, ohne welche in vielen Schulen der botanische Unterricht kaum bestehen könnte. Denn mit dem rapiden Fortschreiten der Bebauung an der Peripherie des Stadt- komplexes wird es immer schwieriger, ja fast unmöglich, die nötigen wildwachsenden Pflanzen im Freien zu finden, wenn man nicht sehr weite Wege darum machen will. Aber so hoch wir auch diese Leistungen des botanischen Gartens anschlagen wollten, so steht andererseits doch auch fest, dass allein für diesen Zweck ein botanischer Garten im wahren Sinne eines wissenschaftlichen Instituts gar nicht erforderlich ist. Ein städ- tischer Schulgarten, der wirklich den Bedürfnissen der Schule entsprechend angelegt und im Betrieb erhalten würde, wäre hier- für unter allen Umständen geeigneter. Abgesehen von diesen Pflanzenlieferungen für die Schulen halten sich die sonstigen nützlichen Produktionen des botanischen Gartens, die Ausstellung blühender Pflanzen, wie der Königin der Nacht und der Victoria regia innerhalb ziemlich bescheidener Grenzen, wenn auch nicht verkannt werden soll, dass gerade diese Ausstellungen manchen Besucher heranziehen, dem der An- blick einer schönen Blume Freude macht. Der Hauptbestand des Gartens, die in Reih’ und Glied nebeneinander stehenden hunderte von Pflanzenarten mit ihrem lateinischen Namen, erweckt kein allgemeines Interesse. Nur selten sieht man einen Spaziergänger in den schmalen Wegen zwischen diesen wissenschaftlichen Beeten verkehren. Dem grossen Publikum bieten diese grossen Flächen zu wenig geistigen Gehalt. Der Laie interessirt sich für die Kräuter gewöhnlich nur wenn sie blühen, wenn sie schön blühen, mit einer Reihe von z. B. Sempervivumarten weiss er nichts anzufangen, er ver- mag sie nicht oder nur undeutlich zu unterscheiden, auf seinen Spaziergängen in Feld und Wald hat er sie ebensowenig ge- sehen, wie die meisten der übrigen hier angepflanzten Gewächse, -- so geht er vorüber — mit der Empfindung, dass ihm das Verständnis für diese Dinge fehle. Von einer ermunternden Anregung empfindet er nichts. — Ich zweifle nicht, dass es in Hamburg Leute giebt, die aus jenen Beeten Anregung, Belehrung und geistige Befriedigung schöpfen, aber ich glaube, ihre Zahl ist geringer, als man anzunehmen wagt. — Man wird mir ein- wenden, dass doch aber gerade diese Anpflanzungen das Material für die ungezählten Tausende von Exemplaren liefern, welche an die Schulen abgegeben werden. Das ist recht, aber ebenso sicher ist, dass ausgewählte nicht seltene Arten der einheimi- schen Flora für die Schulzwecke besser geeignet sind, als sehr viele fremde Arten, welche jetzt an die Schulen abgegeben werden, weil sie einmal seit alter Zeit im Garten vorhanden sind. — Diese Missverhältnisse klären sich auf, wenn man be- denkt, dass der botanische Garten seiner ganzen Anlage und Entwickelung nach ja nicht Schulgarten ist, sondern dass er, nach dem Vorbilde der alten Universitätsgärten eingerichtet, en lange Jahre ein wissenschaftliches Institut unseres akademischen Gymnasiums war. Den Zwecken dieser Hochschule hat die vor- handene Einrichtung des botanischen Gartens seiner Zeit durch- aus entsprochen; den heutigen Anforderungen genügt sie nicht mehr. Dies Resultat führt uns auf die Frage nach der zukünftigen Entwickelung des botanischen Gartens. Die Umwandlung in einen einfachen Schulgarten, so er- wünscht sie für die Schulen wäre, liegt nicht im allgemeinen Interesse und ist als ein Rückschritt ausgeschlossen. Die wissen- schaftliche Grundlage muss unserem botanischen Garten unter allen Umständen erhalten bleiben. Die zukünftige Organisation muss so beschaffen sein, dass sie die berechtigten Ansprüche unserer Zeit befriedigen kann. Bevor wir also über die Re- organisation ein Urtheil abgeben, müssen wir über die modernen Aufgaben der botanischen Gärten und im Besonderen unseres Hamburgischen in's Klare kommen. Es wurde bereits angedeutet, dass eine neuere biologisch- experimentelle Richtung botanischer Forschung den Garten als ein nothwendiges Hülfsmittel bedarf. Diese Richtung geht von dem Standpunkte aus, dass jedes Organ, ja das kleinste Härchen, seine bestimmte Bedeutung für das Leben der Pflanze hat. Sie wendet daher auch dem Umscheinbarsten ihre Aufmerksamkeit zu und sucht durch andauernde Beobachtung der lebenden Pflanze den Zweck derselben zu erkennen. Sie stellt Versuche an. Sie ändert im Garten die natürlichen Existenzbedingungen der Pflanze und forscht nach den Abänderungen, welche dadurch in der Orga- nisation und Gestaltung der einzelnen Teile hervorgebracht werden. Die durch Kreuzung veranlassten Abänderungen, die Erb- lichkeit der so erworbenen Merkmale und der Grad ihrer Be- ständigkeit *) — das alles soll der experimentellen Forschung unterworfen, und so die wichtige Frage nach der Abgrenzung der Varietäten, Arten und Gattungen auf eine objective Basis gestellt werden. Diesen und anderen Plänen der Forschung, die im Einzelnen selbstverständlich völlig der persönlichen Wahl der vorhandenen wissenschaftlichen Arbeitskräfte überlassen bleiben *) von Wettstein, die gegenwärtigen Aufgaben der botanischen Systematik. Prag 1893. [5] D müssen, wird auch unser Hamburgischer botanischer Garten Raum geben müssen, wenn er seinen wissenschaftlichen Aufgaben gerecht werden und eine würdige Stelle in der Reihe der deutschen bo- tanischen Gärten einnehmen will. Schon hier sei auf einen wichtigen Punkt hingewiesen. Nach dem im Naturhistorischen Museum mit so glücklichem Er- folge durchgeführten Prinzip der Trennung der wissenschaftlichen Sammlung von der Schausammlung, sollten auch im botanischen Garten alle den rein wissenschaftlichen Zwecken dienenden An- lagen räumlich von den der Öffentlichkeit zugänglichen Teilen abgeschlossen werden, da sie für das Publikum keinen greifbaren Wert haben und nur die Übersicht erschweren würden. Auf ein weiteres Arbeitsfeld für unsern botanischen Garten hat bereits vor zwei Jahren Herr Prof. Sadedeck hingewiesen, indem er in seinem Vortrage über die tropischen Nutzpflanzen Ostafrikas*) ausführte, wie der Garten den praktischen Interessen unserer jungen überseeischen Pflanzungen dienstbar gemacht werden könne. An der Hand lebender Kulturen der tropischen Plantagengewächse liessen sich hier nach dem Beispiele der englischen Kew-Gardens auf experimentellem Wege mancherlei wichtige Kulturbedingungen ermitteln, deren Kenntnis für den Plantagenbetrieb von ebenso unmittelbarem Nutzen sein würde, wie die Ergebnisse der landwirthschaftlichen Versuchsstationen für den heimischen Ackerbau. Man könnte sich allerdings mit Recht fragen, ob Hamburg der geeignete Ort hierfür sei und ob es nicht Sache des Reiches sei, eine geeignete Organisation zu schaffen, durch welche, — wie im botanischen Garten zu Buitenzorg auf Java — die biologische Durchforschung der tro- pischen Kulturgewächse naturgemäss auch an Ort und Stelle in den Tropen vorgenommen werden könnte. Wenn es somit dem botanischen Garten an productiven wissenschaftlichen Aufgaben keineswegs gebricht, so ist damit die Summe dessen, was er leisten soll, bei weitem nicht erschöpft. Denn der botanische Garten soll nicht ein rein wissenschaftliches Institut sein, wie die botanischen Gärten der Universitäten, er soll — und ich meine hier in Hamburg in erster Linie — ein öffentliches Bildungsmittel sein, wie es das Naturhistorische *) Jahrbuch ©. Hamburg. Wissenschaftl. Anstalten. IX, 1891, Museum, die Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe auch sind. Wir haben daher jetzt die Frage zu stellen, welche Aufgaben der botanische Garten als öffentliche Bildungsanstalt zu erfüllen hat. Diese Aufgaben sind seither nirgends formuliert; sie ergeben sich aber von selber, wenn man die in der Bevölkerung vor- handenen vielseitigen Interessen an der Pflanzenwelt in's Auge fasst. Es braucht nicht ausgeführt zu werden, dass die Existenz der Menschheit zu allen Zeiten von den Erzeugnissen der Pflanzen- welt abhängig gewesen ist und sein wird. Die gesamten Nah- rungsmittel werden direkt oder indirekt vom Pflanzenreiche her- vorgebracht. Die Steinkohlen sind das Erzeugnis der Vegetation früherer Erdperioden. Für zahlreiche Berufsarten liefert das Pflanzenreich die nothwendigsten Hülfsmittel und Rohmaterialien. Kaffee, Reis, Taback, Wein, Farbholz, Bauholz, Gerbstoffe, Kautschuk, Baumwolle und andere Faserstoffe, Ölnüsse und Kopra, Droguen und Gewürze und tausend andere Dinge pflanz- lichen Ursprungs überliefert der Kaufmann dem heimischen Konsum, um sie gegen Erzeugnisse unserer Industrie auszu- tauschen; das Papier, der getreue Träger und Bewahrer mensch- licher Gedanken; die Leinwand, auf der der Künstler seine Ideen verwirklicht — alles ist pflanzlicher Natur und bindet das materielle Interesse der Menschen mit tausend Fäden an die Pflanzenwelt. Wenn nun der botanische Garten sich die Aufgabe stellen würde, mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln über möglichst alle diese Dinge Auskunft zu geben und diejenige Kenntnis zu verbreiten, welche die praktische Erfahrung und die Wissenschaft an die Hand giebt, so würde er damit einem offenkundigen Be- dürfnis entsprechen, und jeder in dieser Richtung unternommene Schritt würde für sich lohnend sein. Bei dem grossen Entgegen- kommen, mit welchem unser Kaufmannstand ein derartiges, wirk- lich gemeinnütziges Unternehmen unterstützen würde, könnte es nicht schwer fallen, nach und nach das Material zu einer Samm- lung pflanzlicher Handelsprodukte zusammenzubringen, wie sie lehrreicher und vollständiger nicht gedacht werden könnte. Der Fremde, der hierher kommt, um in dem Getriebe der ersten Seehandelsstadt des Kontinents seine Kenntnisse zu erweitern, er sieht wohl den Mastenwald in unsern Häfen und staunt über die Grösse und Pracht der Schiffe, er sieht auch, wie tausend Hände beschäftigt sind, die Waren zu verladen und zu löschen, aber von den Waren selber, zumal den überseeischen, meist pflanzlichen Produkten, die ihn besonders interessieren würden und mit denen unser Handel doch in erster Linie zu thun hat, sieht er gewöhnlich nicht mehr als die Emballage. Würde man ihm nun sagen können, geh’ hin in die Sammlung des bota- nischen Gartens, sagen wir in das Handelsmuseum, da findest Du nicht nur alle diese Waren in charakteristischen Mustern ausgestellt, sondern auch die lebenden Pflanzen, die diese Stoffe hervorbringen und da bekommst Du ein Bild von der Bedeutung dieser Waren im Weltverkehr, — er würde sicher diese Gelegenheit zu sehen und zu lernen nicht ungenützt vorübergehen lassen. Und wie nutzbringend würde eine solche Sammlung für den Kaufmann sein, der sich schnell über eine ihm fernliegende Ware einen Überblick verschaffen will. Wie liesse sich diese Sammlung für die Weiterbildung unserer jüngeren Kaufleute fruktifizieren?! Ist nun auch die Schöpfung einer so gedachten Sammlung pflanzlicher Handelsprodukte nicht die nächstliegende unter den vielen Aufgaben des botanischen Gartens, so wird sie doch ernst- lich gefördert werden müssen, sobald die weiteren Reorganisa- tionen durchgeführt sind. Denn man wird sich der Einsicht nicht verschliessen können, dass das Fehlen einer die Interessen unseres Handelsstandes nach dieser Richtung hin vertretenden Institution einen wirklichen Mangel unserer öffentlichen Einrich- tungen bedeutet. In Bremen hat man aus dem schönen Material, welches in der Handelsabteilung der letzten Gewerbeausstellung in Hamburg Verwendung gefunden hatte, eine sorgfältig durch- gearbeitete Sammlung hergestellt, die sich in weiten Kreisen eines besonderen Ansehens erfreut. Hamburg darf auch in diesem Punkte nicht dauernd hinter Bremen zurückstehen. Es sind nicht nur die Interessen des praktischen Lebens, denen unser botanische Garten angepasst sein muss. In der Pflanzenwelt findet das Schönheitsgefühl, der Sinn für Farben und edle Formen, viele seiner mächtigsten Impulse. Ausser dem Anblick des gestirnten Himmels giebt es nichts Erhabeneres, als die wechselnden Bilder der Erdlandschaft. Für diese bilden die geologischen Formationen der Oberfläche mit ihrem mannichfal- tigen Wechsel der Abstände und Niveauunterschiede die feste und starre Grundlage. Die Vegetation aber bedekt dieses starre Skelett mit einer weichen, beweglichen und ausdrucksvollen Schicht und enthält so eine Fülle physiognomischer Elemente, welche, mit den Klimaten wechselnd, den Charakter der land- schaftlichen Scenerie in den verschiedenen Gebieten der Erd- oberfläche bedingen. So haben die Gewächse ein hervorragendes künstlerisches und geographisches Interesse, welches durch ge- eignete Einrichtungen des botanischen Gartens soweit wie mög- lich gefördert zu werden verdient. Namentlich wird man diese Gesichtspunkte ins Auge zu fassen haben, wenn es sich einmal um Neubeschaffung der Gewächshäuser handelt, die in ihrer jetzigen Form und Verfassung für diese weiteren Ziele allerdings gänzlich unzulänglich sind. Zu allen Zeiten hat das Auge der Menschen mit Wohlge- fallen und Freude auf der Pracht der Blüten geruht. Zweige und Blumen dienten und dienen noch heute zum Schmuck und zur Zierde der menschlicher Wohnungen. Kein Fest ohne Blumen, keine Weihnacht ohne Tannenbaum. Einst bekränzte man die Opfer. und verbreitete pflanzliche Wohlgerüche in den Tempeln. Viele Pflanzen haben symbolische Bedeutung, wie die Eiche und der Lorbeer, die Rose und die Myrthe. Der bilden- den Kunst hat das Pflanzenreich eine Fülle der herrlichsten kon- struktiven und ornamentalen Motive geliefert, und noch immer hält hier die Natur für Maler und Kunstfreunde eine unerschöpf- liche Fundgrube offen. Und welchen Reichtum an dekorativen Bestandteilen hat die Gartenkunst dem Pflanzenreiche entnommen und weiter entwickelt? — Wenn ich nun die Forderung aufstelle, dass der botanische Garten durch Anlage einer besonderen Abteilung für Garten- zierpflanzen und durch periodische Ausstellung geeigneter Formen- gruppen an seinem Teile zielbewusst zur Hebung aller jener weit verbreiteten Interessen beitragen soll, welche sich von dem aesthetischen Werte der Pflanzen ableiten, so bin ich mir dabei bewusst, dass es nicht an Stimmen fehlen wird, die hiergegen Bedenken zu äussern haben. Gerade in streng wissenschaftlichen und darum vor einer gewissen Einseitigkeit des Urteils nicht ge- schützten Kreisen, welche mit unseren Hamburger Verhältnissen weniger vertraut sind, wird man vielleicht die Befürchtung hegen, dass ein Hineinziehen der künstlerischen und gärtnerischen Inter- = lo essen in den botanischen Garten, dem wissenschaftlichen Grund- charakter desselben Abbruch thun könne. Man wird sich viel- leicht bemüssigt sehen, die unterschiedlichen Begriffe von Garten- kunst und Botanik zu entwickeln und die Grenzlinie zwischen beiden möglichst scharf hervortreten zu lassen. Man wird auch vielleicht auf das Beispiel der botanischen Universitätsgärten hinweisen und sagen, dass die Gartenzierpflanzen und was damit zusammenhängt, kein botanisches Interesse haben. Demgegen- über liesse sich sagen, dass der hamburgische botanische Garten keine Nachbildung eines Universitätsgartens sein darf, da dieser sich auf ganz andere, beschränktere Voraussetzungen stützt und in erster Linie für Botaniker vom Fach und nicht für die ge- samte Bevölkerung bestimmt sind. Im Grunde genommen ist aber auch gar nicht einzusehen, warum denn die Gartenzier- pflanzen mit ihren herrlichen Formen und Farben und mit ihren zahlreichen Varietäten, die unter dem Einflusse veränderter Exi- stenzbedingungen entstanden sind, keinen botanischen Wert haben; jetzt, wo auch das Unscheinbarste für den Botaniker Bedeutung hat. Aber selbst wenn auch nur das rein aesthetische Interesse vorläge, so wäre dies kein Grund für einen Ausschluss aus dem botanischen Garten, der doch auch seither schon durch Ausstel- lung kleiner Gruppen blühender Pflanzen nach dieser Richtung hin wirksam gewesen ist. Meiner Überzeugung nach kann das allgemeine Interesse an der Pflanzenwelt durch eine nach wissen- schaftlichen und künstlerischen Gesichtspunkten geleitete Abteilung des botanischen Gartens nur gewinnen. Ich zweifle nicht, dass diese Abteilung der nachhaltigsten Unterstützung des Gartenbau- vereins sichen wären, für dessen Bestrebungen sie eine ständige Zentralstelle bilden könnte. Geradeso wie das Museum für Kunst und Gewerbe jederzeit für hervorragende kunstgewerbliche Lei- stungen seine Ränme und seine Hülfsmittel einsetzt und so zu gleicher Zeit zur Hebung des Kunstsinnes wie zur Förderung des Kunstgewerbes beiträgt, so sollte auch in Verbindung mit dem botanischen Gartens eine Einrichtung geschaffen werden, durch welche die hervorragenden Leistungen unserer hamburgi- schen Gartenkunst in das rechte Licht gestellt würden. »Wenn Hamburg«, wie Alfred Lichtwark sagt, »unter den Städten der Blumen und Gärten in erster Reihe steht, wenn nirgend in den Treibhäusern, in den Wintergärten der Wohl- habenden und vor den Fenstern der kleinen Leute so viel Blumen gezogen werden, wie bei uns«, dann, meine ich, sollte dies auch dauernd an einer Stelle zum öffentlichen Ausdruck kommen, und es wäre eine schöne Aufgabe für den Pflanzen- garten, zur Erhaltung und Weiterentwicklung dieses Vorzuges unserer Stadt nach Kräften mitzuwirken. — Das Nützliche, Erhabene und Schöne, was die Natur in den Erscheinungen der Pflanzenwelt darbietet, hat die Gedanken der Menschen zweifellos früher gefesselt, als das rein wzssen- schaftliche Interesse. Und wie dieses historisch später aufge- treten ist, so ist es auch bei dem einzelnen Menschen nicht von Anfang an vorhanden, sondern tritt erst später in die Erscheinung oder gelangt bei fehlender Anregung gar nicht zur Entfaltung. Mit Bestimmtheit kann man behaupten, dass die meisten Menschen auch heute noch nur zwei Fragen an die Pflanzen richten, die Frage nach dem Nutzen und Schaden und die Frage nach dem mehr oder weniger angenehmen Eindruck auf die Sinnesorgane. Was nicht nützlich oder giftig ist, was nicht schon bei ober- flächlicher Betrachtung den Eindruck des Schönen macht, das findet keine Beachtung, dafür hat man nur die wegwerfende Bezeichnung »Unkraut«,. Man ahnt es nicht, dass selbst das unscheinbarste Grasblättchen, das unser Fuss zertritt, des Merk- würdigen und Wunderbaren mehr enthält, als der Verstand des Menschen je zu fassen vermag; man weiss es nicht, welche Fälle reiner Freude die hingebende Betrachtung der Organismen her- vorruft, welche unerwarteten Antworten sie uns geben, wenn wir nur in ihrer Sprache die richtigen Fragen an sie stellen, »Das Buch der Natur«, sagt Göthe im Gefühl des hohen ethischen Genusses, den ihm die Beschäftigung mit den Organismen be- reitete, »ist das einzige, das auf jeder Seite grosse Wahrheiten enthält«. Aber, fügen wir hinzu, es will gelesen sein, und seine Sprache ist nicht die gewöhnliche Menschensprache. Vieles von seinem Inhalt erfordert nichts als die Aufmerksamkeit, das Hin- sehen, um verstanden und empfunden zu werden; vieles Rätsel- hafte ist durch die Arbeit der Wissenschaft entziffert worden und kann dem Laien durch den Kundigen übersetzt und zum Verständnis gebracht werden, aber viele Seiten dieses Buches sind noch zu erforschen und viele werden dem Menschen ewig verschlossen bleiben. DR en Die Wissenschaft fragt nıcht nach dem Nutzen und Schaden, sie betrachtet die Dinge wie sie sind. Und wenn sie dabei mit Freuden gewahr wird, dass die Natur auch in den kleinsten organischen Gebilden das höchste Maass der Schönheit erreicht, so versinkt sie nicht in der blossen Betrachtung dieser Formen, sondern sucht die Erscheinungen zu durchdringen und Verständnis und Einsicht in ihre Entwicklung und ihr Wesen zu gewinnen. Da sich diese weiteren wissenschaftlichen Bestrebungen nur an die Formen und Gestalten der vorhandenen Organismen an- knüpfen, so ist es erklärlich, dass nach dem Wiedererwachen der Künste und Wissenschaften am Ende des Mittelalters die Botanik zuerst mit einer Epoche der Formenforschung anhob die ein erdrückendes Material an Beobachtungen zu Tage förderte, und auch heute ihren vollen Abschluss noch nicht gefunden hat. Es ist bekannt, dass durch Linnes System und die unter dem Namen natürlicher Systeme erschienenen verbesserter Ausgaben desselben, Ordnung und Übersicht in diese zusammenhangslose Masse von Arbeit gebracht wurde. In jener Periode der Formen- forschung mag es vorübergehend den Anschein gehabt haben, als sei diese Art der Untersuchung .das Ziel der Botanik, heute ist aber Jedermann sich bewusst, dass das Sammeln und Be- schreiben neuer Pflanzen nur die Vorbereitung zu einer weiteren wissenschaftlichen Verwerthung bedeutet. In erster Linie werden dadurch die pflanzengeographischen Kenntnisse erweitert, welche wiederum als Argumente bei der Beurteilung der wichtigen Frage über die Abstammung und Verwandtschaft der Arten Verwendung finden können. So lange die botanischen Gärten ausschliesslich der Formen- forschung dienstbar waren, war das systematische Einteilungs- prinzip das naturgemässe. Heute, wo die Botanik weiteren Zielen zustrebt und der Kreis derer, welche ein faktisches Interesse an einer solchen Pflanzensammlung haben, ein so kleiner geworden ist, kann auch die Einteilung nach Klassen und Familien nicht mehr als die allein maassgebende anerkannt werden, sofern auf andere Weise der Nutzen des botanischen Gartens dem Zeutigen Stande der Botanik entsprechend gesteigert werden kann. Und dies ist möglich. Ich bin nun weit davon entfernt, zu verlangen, dass die systematische Abteilung ganz beseitigt wird, aber ich halte aller dings eine völlige Umgestaltung und Einschränkung für notwendig. — 30 — Der Schulunterricht, wie der akademische, beginnt mit der Übermittelung einer gewissen systematischen Grundlage, er erstrebt eine gewisse Formenkenntnis, deren Gegenstände der einheimischen Flora entnommen werden. Wir unternehmen bo- tanische Ausflüge und besprechen die gefundenen Pflanzen in der oder den nächsten Unterrichtsstunden. So erreichen wir es, dass der Schüler, wenn er später allein im Freien ist, sich dort heimisch fühlt; er sieht um sich keine hässlichen »Unkräuter«, sondern liebe, alte Bekannte, die er versteht und die immer wieder seine geistige Teilnahme erwecken. — Nun schickt uns der botanische Garten für den Schulunterricht eine Menge von Pflanzen, die in der einheimischen Flora nicht vorkommen und die der Schüler also auch nicht im Freien wiederfinden kann. So ist es selbstverständlich, dass eine solche Pflanze den bilden- den Wert nicht hat, wie ein einheimisches Gewächs. Es liegt also das dringende Bedürfnis vor, dass der botanische Garten für den niederen wie höheren Unterricht ein wirklich gutes und brauchbares Material aus der einheimischen Flora produziere. Man wähle also von unseren Pflanzen diejenigen aus, welche sich für den Unterricht eignen und bilde daraus den Stamm der systematischen Sammlung. Alle fremden Gewächse, die kein besonderes unterrichtliches Interesse haben, sind hier zu entfernen. Man wird dadurch Platz gewinnen für nützliche Einrichtungen, und namentlich erreichen, dass diese systematische Sammlung auch für den Gartenbesucher geniessbar wird. Da findet er Pflanzen, die er schon einmal gesehen hat, die ihm aber noch nicht mit Namen und ihren Familienverhältnissen bekannt waren; andere sind ihm vorher nie aufgefallen, nun sieht er sie und nun wird er sie vielleicht auch im Freien wieder erkennen. Natür- lich müssten überall die schönen deutschen Namen benutzt und wieder zu Ehren gebracht werden, deren Verschwinden ja ein Verschulden der bisherigen botanischen Gärten ist. Auf die strikte Aufrechterhaltung der systematischen Schablone, die ja schon an der Verschiedenartigkeit der Standorte scheitert, käme es nicht an. Deshalb wäre es auch sehr statthaft, die ernhermischen Kulturgewächse hier auszuschalten und aus didaktischen Gründen in einer besonderen Abteilung zusammenzustellen. Diese Ge- wächse sind auch im Felde von der Mehrzahl der wildwachsen- den getrennt, sie lenken durch ihre praktische Bedeutung die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich und sollten unter allen Umständen von Jedermann gekannt sein. Da dies aber in der Grosstadt durchaus nicht der Fall ist und auch durch den Schul- unterricht nur schwer zu erreichen ist, so muss der botanische Garten helfen und sie durch Herausheben aus der grossen Menge dem Besucher näher rücken. In ähnlicher Weise müsste auch eine separate Sammlung der Arznerpflansen vorhanden sein, da für diese wieder besondere Interessentenkreise da sind, denen aus praktischen Gründen eine Trennnng dieser Gewächse von den übrigen erwünscht ist. Als ein weiteres Einteilungsprinzip wäre bei der Reorgani- sation des botanischen Gartens das geographische zur Anwendung zu bringen, das ja auch anderwärts schon längst mit bestem Er- folge benutzt worden ist. Es wäre ein Ideal, wenn der botanische Garten jedesmal ein ganzes Stück Natur aus den verschiedenen pflanzengeographischen Provinzen und Vegetationsgebieten darstellen könnte, sodass man mit dem Einblick in die Flora zugleich eine Vorstellung von der landschaftlichen Physiognomie bekäme. Aber abgesehen von den Raumverhältnissen ist es sehr schwierig, namentlich die klimatischen Bedingungen für das Gedeihen der Pflanzen entfernter Länder ganz zu erfüllen, und so wird man sich mit einer durch die vorhandenen Mittel herstellbaren Annähernng begnügen müssen. So denke ich mir ein Alpinum, eine Zusammenstellung von Step- pengewächsen, von Pflanzen der Mittelmeerflora, des Kaplandes, der Tropen und anderer (Gebiete durchführbar. Durch sinn- gemässe Auswahl und Anordnung von Individuen und Gruppen charakteristischer Gewächse muss es möglich sein, derartige Kom- binationen zu gleicher Zeit für botanische, geographische und künstlerische Interessen nutzbringend zu gestalten. Wie durch die geographische Gruppierung u. a. der Ein- fluss des Klimas auf die Vegetation zum Ausdruck kommt, so lässt sich die Abhängigkeit der Pflanzen von dem Boden, auf dem sie stehen, durch eine Anordnung derselben nach ihren Standorten vor Augen führen. Das Terrain des botanischen Gartens ist nach dem Hinzukommen der früheren Wall-Anlagen für die Einrichtung solcher Abteilungen ganz besonders geeignet. Hatte ıman seither für die Wasser- und Sumpfpflanzen aus Mangel an einem freien Gewässer oben vor den Gewächshäusern ein — 31 — kleines brunnenartiges Becken, in welchem nur eine mehr als ärmliche Auswahl von Arten Platz fand, so wäre es jetzt an der Zeit, dass in dem hierzu wie geschaffenen Wasser des Stadt- grabens eine die charakteristischen Gewächse unserer Gewässer umfassende Wasser- und Sumpfflora geschaffen würde. Im gleichen Sinne würde es sich auch empfehlen, für die Strand- und Salz- pflanzen, die Kalkpflanzen, die Sandgewächse und die Steinpflanzen besondere kleine Abteilungen einzuriehten, von denen jede für sich selber sprechen würde, Ganz besonders zeitgemäss und instruktiv würde sich end- lich eine biologische Abteilung im botanischen Garten einrichten lassen, welcher die ungemein lohnende Aufgabe zufiele, die Be- deutung der einzelnen Organe für das Leben der Pflanze darzu- stellen. Es sei gestattet, nur einige der in dieser Abteilung zu behandelnden Gegenstände aufzuführen. Da liesse sich zeigen, wie die Gestalt, Haltung und Stellung der Laubblätter geeignet ist, das Regen- und Tauwasser nach den Saugwurzeln hinzuleiten. Die Schutzmittel der Pflanzen gegen Austrocknen; die Pflanzen, welche zu einer Wasseraufnahme durch oberirdische Organe, Luftwurzeln, Blatt- und Haargebilde geeignet sind; die dem Lichtbedürfnis in so vollkommener Weise entsprechende mosaik- artige Anordnung der Blätter dichtbelaubter Pflanzen; Beispiele für den Heliotropismus, helioskopische Gewächse, Kompasspflanzen ; die nach dem Lichte kletternden, windenden und rankenden Ge- wächse; Repräsentanten für die Hauptformen der ungeschlecht- lichen Vermehrung; Muster der sogenannten künstlichen Ver- edelung durch Pfropfen, Copulieren, Oculieren etc ; Beispiele von Schmarotzerpflanzen, ferner die sogenannten fleischfressenden Pflanzen mit den verschiedenen Formen von Tierfallen,; die äusseren Abwehrmittel der Pflanzen gegen Tierfrass, die An- lockungsmittel für Bestäubungsinsekten und vieles andere mehr. Diese Aufzählung genügt, um erkennen zu lassen, dass eine solche biologische Abteilung bei richtiger Auswahl und Anord- nung bald zu den anregendsten und besuchtesten des ganzen Gartens gehören würde. Auf die richtige Auswahl der für den bestimmten Zweck besonders geeigneten Arten und deren Gruppierung ist in allen Abteilungen ein grosses Gewicht zu legen, denn es ist ohne Zweifel möglich, allein durch diese Hülfsmittel viele allgemein B) wissenswerte Eigenschaften und Beziehungen der Pflanzen auch dem Laien bemerkbar zu machen, von denen er in dem alten botanischen Garten so gut wie nichts zu sehen bekommt. Aber das erklärende Wort wird überall in geeignetem Umfange hinzukommen müssen, wenn der Erfolg ein sicherer und vollständiger sein soll. Die »Etikettenfrage« ist hierbei von wesentlieher, sachlicher Bedeutung. Man scheue sich nicht, auf die Gleichförmigkeit der Eti- ketten zu verzichten, die nur innerhalb gewisser Grenzen be- rechtigt ist. Man passe die Schilder der Form und Grösse des Gegenstandes an, vermeide alles Schablonenhafte, weil es lang- weilt und ermüdet; kurz man suche Individuelles, Charakteristi- sches zu schaffen, so wie es dem Gegenstande entspricht. So- weit die Dinge nicht für sich selber sprechen, wird das Schild eine ähnliche Rolle spielen müssen, wie die Blumenkronblätter in der Blüte, es wird die Besucher auf das Sehenswerte auf- merksam zn machen haben. Innerhalb der systematischen und gärtnerischen Abteilungen mögen die bJossen Namen genügen. Für die Gruppen der biologischen Abteilung sind jedoch auf besonderen Tafeln kurze Erklärungen zu geben, durch welche sich jeder Besucher schnell über die Hauptpunkte des Darge- gestellten orientieren kann. Wo immer sich die Gelegenheit bietet, ist auf vorübergehende interessante Erscheinungen durch besondere Hinweise aufmerksam zu machen, da man nicht erwarten kann, dass der Besucher zufällig gerade diese Phänomene bemerkt. Selbstverständlich kann die Schildaufschrift das ge- spröchene Wort nicht ersetzen, wenn sie auch auf den Kern der Sache hinweist. Daher wäre es nötig, dass zu gegebenen Zeiten Vorträge über die einzelnen Abteilungen und im Anschluss an kleine Sonderausstellungen gehalten würden, und dass über den jeweiligen Stand des Gartens kurze, zusammenfassende Berichte regelmässig in den Zeitungen erschienen. Man wird darüber entscheiden müssen, ob der Garten ein Schulgarten werden soll, oder ob er den streng botanisehen Charakter bewahren soll, den er von Anfang an gehabt hat, oder endlich, ob er unter wissenschaftlicher Leitung den zahl- reich hervortretenden praktischen, künstlerischen und wissenschaft- lichen Bedürfnissen unserer Zeit Rechnung tragen, und sich zu dem vielseitigen Institut eines Aamburgischen Pflanzengartens allmählich emporarbeiten soll. Mit dieser Entscheidung erledigt sich gleichzeitig die Frage, ob der Garten an der bisherigen Stelle zu erhalten, oder in die freiere Luft der weiteren Umgebung Hamburgs verlegt werden soll. Für den Schulgarten und den rein botanischen Garten ist die Verlegung geboten, da der Kohlenstaub und die von dem- selben absorbierten schwefelhaltigen Verbrennungsgase schädigend auf den Pflanzenwuchs einwirken, und ausserdem finanzielle Gründe dafür sprechen. Für den Pflanzengarten dagegen ist kein Ort besser geeignet, als der jetzige botanische Garten, weil er in zentraler Lage leicht zugänglich ist und so allein einen grösst- möglichen Nutzeffekt verbürgt. Der Naturwissenschaftliche Verein, wie jeder einzelne Bürger, der den Blick auf das Allgemeine gerichtet hat, kann nur den Wunsch haben, dass jene Entscheidung zu Gunsten eines allge- meinen Pflanzengartens ausfallen möge, und dass unser botanische Garten in dieser neuen Form allen berechtigten Interessen an der Pflanzenwelt in Zukunft eine thatkräftige Stütze sein möge. b* Die Schuppen der Säugetiere. DEAL. Reh, (Vortrag, gehalten‘in der Zoologischen Gruppe am 29. Januar 1894.) Da dieses Thema gerade in neuester Zeit besonderes Inter- esse erregt und so eine grössere Anzahl Bearbeiter gefunden hat, so sei es mir an dieser Stelle gestattet, kurz die Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen zu veröffentlichen, da ja die Gefahr nahe liegt, dass sie durch Zögerung nutzlos werden könnten. Um die Bedeutung dieser Gebilde zu ergründen, suchte ich festzustellen, wo (systematisch und toyographisch) sie vorkommen. Die Körperstellen sind ziemlich beschränkt. Weitaus am meisten bekleiden sie den Schwanz, sehr häufig die Gliedmassen und zwar hauptsächlich in ihren Endteilen, Hand und Fuss. Von besonderem Interesse ist nun, dass gerade an der letzteren Stelle sich auch bei den Vögeln Schuppen erhalten haben. Dies zwingt uns schon fast unwiderleglich zu der Annahme, dass beide Ge- bilde denselben Ursprung haben, also ererdf sind von gemein- samen Vorfahren, nicht erworben durch Anpassung. Von ande- ren Körperstellen ist nur noch sicher der Rücken einiger Zahn- Wale. Erwähnt fand ich ferner noch die Schnauze einiger Känguruh’s und die G/ans penis einiger Nager. Den grössten Theil des Körpers von Schuppen bedeckt haben die Schuppen- thiere. Wahrscheinlich ist, dass bei ihren Vorfahren der ganze Körper beschuppt war. Diese vollständige Bekleidung finden wir heute noch bei den Gürtelthieren. Entgegen der gebräuch- lichen Annahme, dass nur »die dem Lichte zugekehrten Seiten« bepanzert seien, konnte ich leicht feststellen, dass es der ganze Körper ist, jedoch die dem Lichte abgekehrten Seiten mit allen Zeichen der Rückbildung. Dies lehrt, dass wir die Gürtelthiere abzuleiten haben von gänzlich gepanzerten, mindestens gänzlich beschuppten Vorfahren. — Das systematische Vorkommen von Schuppen ergiebt sich, wie folgt: a. Halb-Affen: ı Gatt., I Art (Tarsius fuscomanus von Celebes) b. Insekten-Fresser: 20 Gatt,, 50 Arten c. Nager: 100» 250—300 » d. Zahnarme (lebende): I0_ » 30 » e. Zahn-Wale: EURE, 4 » f. Beutel-Tiere: DEN 100 » Hieraus können wir folgern: Schuppen finden sich nur bei den 5 niedersten Ordnungen der Säuger, abgesehen von den Monotremen und dem einen Falle von Tarsius fuscomanus. Da wir aber die Ordnung der Halbaffen unzweifelhaft auch sehr tief, direkt an die Insektenfresser anschliessend, stellen müssen, und die Fauna von Celebes auch eine sehr alte ist, so schliesst sich dieser Fall den übrigen an. — Diese Thatsache, dass Schuppen nur bei den niedrigsten Säugern vorkommen, und zwar in so ungeheuerer Verbreitung, zwingt uns zu der Annahme, dass sie etwas von den Vorfahren der Säuger ererbtes vorstellen. Ich glaube, wir können sogar behaupten, dass die Ursäuger selbst ein Schuppenkleid besassen. Der abweichende Befund bei den Mono- tremen macht, in Anbetracht der phylogenetischen Wichtigkeit der Haut-Bildungen und in Anbetracht der sonstigen Eigentüm- lichkeiten dieser Unterklasse, die Annahme ziemlich wahrschein- lich, dass dse Monotremen entweder anderen Ursprunges sind als die eigentlichen Säuger, oder mindestens sich vor deren endgül- tiger Ausbildung von den gemeinsamen Vorfahren abzweigten. Diese letzteren sind wohl unter den ausgestorbenen Amphibien (Stegocephalen etc.) zu suchen. Die Schuppen der lebenden Säuger sind keine Neu-Erwerbun- gen durch Anpassung, Denn einmal zeigen sie alle Erscheinungen der Rückbildung, dann auch ist in den meisten Fällen eine An- passung ausgeschlossen. Ich erwähne hier nur kurz, dass z. B. eine solche bei Klettertieren, wo man sie oft annimmt, höchst unzweckmässig wäre. Ein behaarter oder schwieliger Schwanz ist zum Greifen vielmehr geeignet als ein mit glatten, harten, elastischen Schuppen bedeckter. Auch bei Wasserthieren ist eine Anpassung nicht anzunehmen, da z. B. gerade der Biber die Schuppen schon zu Haut-Falten rückgebildet zeigt. Zuletzt finden wir sie sehr häufig bei sehr dicht behaarten Schwänzen (Tamandua, etwa 15 Sciurus-Arten), und besonders schön bei rudimentären (Igel, Maulwurf etc.). Andererseits ist natürlich festzuhalten, dass in einzelnen Fällen die Schuppen-Bekleidung lokal weitere Ausbildung durch Anpassung erfahren hat. So bei Gürtel- und Schuppenthieren, bei Anomalurus etc. Entgegen der überall behaupteten Stellung der Haare zwischen den Schuppen, vermochte ich leicht zu ersehen, dass die Haare im der Schuppen-Papille wurzeln. Das grösste Haar, das »Mittel-Haar« de Meyeres, tritt aus der Mitte oder der Spitze der Schuppe hervor, die kleineren, die »Beihaare«, aus den Seiten. Da dasselbe auch am Vogel-Fusse mit den Federn der Fall ist, so müssen wir für Haare und Federn denselben Ür- sprung annehmen und zwar aus der Schußpen- Papılle ihrer gemeinsamen Vorfahren. Dies legt den Gedanken nahe, dass Haare und Federn aus Schuppen entstanden seien. Als Ver- mutung möchte ich aussprechen, dass vielleicht die Wege waren: einerseits: Schuppen — Empryonal-Daunen — Federn, anderer- seits: Schuppen — Stacheln — Borsten — Haare. Zu dem Befunde Römers, dass sich Haare am Panzer der Gürteltiere embryonal anlegen und später durch dessen Ausbil- dung zerstört werden, möchte ich bemerken, dass meiner Ansicht nach das Schuppenkleid bei deren Vorfahren das primäre war, dass auf (oder in?) diesem sich sekundär Haare entwickelten und später durch die tertiäre Bildung des Knochenpanzers wieder zum Teil verdrängt wurden. Letzterer bildete sich quartär am Rücken zu Gürtel etc. um, an der dem Lichte abgekehrten Seite zurück. Ein verzweigter Bandwurm (Taenia saginata). Dr. Fr. Ahlborn. Von Herrn Dr. Plate erhielt ich für die naturhistorische Sammlung des Realgymnasiums des Johanneums zu Hamburg ein Exemplar von Taenia saginata.*) Der Kopf war abgetrennt und lag in einem besonderen Gläschen. Die gelegentliche Unter- suchung ergab, dass das Tier zu einem grossen, fast unentwirr- baren Knoten verschlungen war. In der Mitte des Knotens waren die Proglottiden stark zusammengeschnürt. Bei den Ver- suchen den Knoten zu lösen, zerriss ‘die Kette an mehreren Stellen, doch blieb ein Stück von mehr als 2 m Länge im Zu- sammenhang. Unter den abgelösten Teilen befanden sich reife Glieder und einzelne Abschnitte aus der vorderen Region des Tieres mit unentwickelten Geschlechtsorganen. An einem dieser Abschnitte bemerkte ich bald ein zartes, fadenförmiges Stück, das ich auf den ersten Blick für das auf den Skolex folgende vordere Ende des Bandwurmes hielt. Zu meinem Erstaunen war jedoch der feine Faden fest und innig mit dem unteren seitlichen Rande einer der jungen Proglottiden des Abschnittes verbunden, und zeigte eine charakteristische, viel weitläufigere Gliederung, als es sonst an dem Halsteile eines Bandwurmes zu beobachten ist. Die nachfolgende Abbildung giebt die Verhältnisse in vier- facher Vergrösserung wieder. Offenbar handelt es sich hier um die sehr merkwürdige Bildung einer Seitenkette des Bandwurms. Das abgerissene Stück der Stammkette, welches die Seiten- kette trägt, ist 40 mm lang und besteht aus 14 Gliedern, von denen die letzten ıo abgebildet sind. Die Breite dieser Glieder beträgt 2,5 mm, die Länge ist bei den vorderen 2 mm, bei den letzten 3,5 mm. Der Seitenzweig ist sechsgliederig und 20 mm lang, sodass jedes der Glieder etwas über 3 mm Länge misst. Es besteht somit kein wesentlicher Unterschied zwischen der Länge der Glieder in der Seitenkette und in dem benachbarten *) Das Stück ist dem MVaturhistorischen Museum zu Hamburg übergeben worden, 2 ” 3 Fig. 1. Ein Stück von Taenia saginala mit den beiden Seitenketten a und b, die vermutlich bei d abgerissen sind. c ein der Länge nach geteiltes | Zwillingsglied. (4 mal vergrössert.) | selben T. saginata, ' förmige Glied a.‘ | | Fig. 2. Einige reife Glieder der- darunter das keil- Teile der Stammkette. Um so grösser ist der Unterschied in der Breite. Die Seitenkette ist nur etwa 0,5 mm breit, wird also darin von der Stammkette um das Vierfache übertroffen. Nach dem, was über das Auftreten anderer Missbildungen bei Taenia saginata bekannt geworden, nimmt es nicht Wunder, dass an demselben Stück der Stammkette noch eine zwezze Sezten- kette zu beobachten ist. Diese nimmt, wie die Abbildung zeigt, vier Glieder weiter hinauf an derselben Seite der Stammkette und gleichfalls am hinteren Seitenrande einer Proglottis ihren Ursprung, ist aber noch feiner und zierlicher gebaut, als die erste Seitenkette. Sie erscheint als ein kleines, 1,5 mm langes Fädchen, an welchem mit einer guten Lupe eine deutliche Quereinschnürung zu erkennen ist. Dieselbe liegt etwas über der Mitte, sodass sie ein wenig kürzeres Endglied von einem an der Basis etwas aufgetriebenen Grundgliede trennt. Das Endglied läuft hier spitz aus; während bei der ersten Seitenkette das Endglied abgestumpft erscheint. Es ist also nicht ausge- schlossen, dass die erste Seitenkette noch länger gewesen ist. Leuckart erwähnt in seinen »Parasiten des Menschen«*) zwei Fälle, welche den vorliegenden ähnlich sind. Der erste bezieht sich auf eine von Moniez*”*) beschriebene Taenia marginata, »die sich an zwei Stellen gabelte, zweimal also in zwei neben- einander hinziehende Ketten auslief, die freilich beide Male so ungleich entwickelt waren, dass die überzähligen Ketten wie kurze Seitenzweige der Hauptkette ansassen.«e Der zweite Fall betrifft eine von Herrn Dr. med. Paul in Frankfurt a. M. be- obachtete Kette geschlechtsreifer Proglottiden, »deren eine neben der gewöhnlichen Reihe noch einen aus zwei langen und schmalen Gliedern gebildeten Seitenzweig trug. Zur Erklärung dieser eigentümlichen Bildung knüpft Zeuckart (pP. 503) bei der ersten Besprechung der T. marginata Monieg's an die Thatsache an, dass die Eidechsen' nach Verlust ihres Schwanzes nicht selten einen Doppelschwanz ' erzeugen, man dürfe wohl vermuten, dass die Verdoppelung in solchen Fällen gleichfalls die Folge einer Verletzung sei, bei der die Kette bis auf den proliferierenden Halsteil verloren gegangen wäre. »Viel- *) IE Auflage. SBdr 1. Po. 573. *#) Oservations teratologiques chez les Tenias. Pg. 201. leicht sogar, dass das letzte Ende dabei — der Länge nach einriss oder in anderer Weise unregelmässig verletzt wurdes. — Diese Anologie — welcher die Vorstellung zu Grunde liegt, dass die Seitenketten an ihrem oberen wie vorderen Ende mit der Stammkette zusammenhängen —- hat offenbar für die Erklärung der Thatsache etwas Verlockendes, aber dennoch will mir scheinen, dass sie trügt. Denn in jenen Fällen der Regeneration bilden sich unter dem Schorf der vernarbenden Wunde gleichsam zwei Vegetationskegel aus, von denen durch ein Spitzenwachs- tum — ähnlich wie bei den höheren Pflanzen oder wie bei dem hervorsprossenden Geweih der Hirsche — die zu ergänzenden Teile in der Weise neugebildet werden, dass immer die jüngsten Gebilde in der Nähe des freien Endes liegen, und dass dieses freie Ende selbst durch das Bildungsgewebe (Prolifikationszentrum) eingenommen wird. Bei den Bandwürmern dagegen haben wir ein interkalares Wachstum, wie es ähnlich bei Laminaria und anderen Algen stattfindet: die ältesten Teile stehen an der Spitze des Stammes oder der Zweige, und das Bildungsgewebe liegt an der Basis, am Skolex. Das Spitzenwachstum des gabeligen Eidechsenschwanzes oder der Rehkrone führt die einmal getrenn- ten Neubildungspunkte immer weiter auseinander, ohne die Möglichkeit einer Wiedervereinigung. Hier dagegen liegt ein konvergentes Wachstum vor, welches notwendig zur baldigen Verschmelzung der durch äusserlichen, mechanischen Eingriff getrennten Wachstumspunkte führt. Ist also beim gänzlichen Verlust einer älteren Proglottidenkette der hintere Skolexrand eingerissen, oder unregelmässig verletzt, so bedarf es wohl meist nur der Abgliederung eines oder einiger weniger neuer Prog- lottiden, um die Verletzung aus dem Bereich des sprossenden, gliederbildenden Skolex abzuschieben und damit die mutmassliche Ursache der Entstehung von Seitenketten zu beseitigen. Solche schizogenen Nebenglieder könnten sich auch immer nur am hin- teren Ende des Bandwurmes vorfinden, und die Abstossung der ersten reifen Proglottiden würde sie mit entfernen. Demgegenüber sehen wir im vorliegenden Falle die Seiten- ketten auf ungleicher Höhe sehr weit nach vorn, jedenfalls mehrere hundert Gliederlängen vom hinteren Ende entfernt, in den Stamm einmünden. Um dies zu erklären, müsste man schon eine sehr beträchtliche, aus äusseren oder inneren Gründen fortschreitende Spaltung des Skolex annehmen, zu der man sich schwerlich verstehen wird; und überdies würde diese An- nahme die unwahrscheinliche Folgerung ergeben, dass die Seiten- ketten ursprünglich dieselbe Länge gehabt hätten, wie das Ende der Hauptkette bis zum Gabelpunkte. Hierfür bietet weder der vorliegende, noch der frühere Fall einen Anhalt. Sind aber die Seitenketten von Anfang an nicht so lang, so vielgliederig gewesen, wie die Hauptkette, so gelangen wir zu der Vorstellung, dass die Zweige jüngeren Alters sind, als der Stamm, d. h. dass sie, unabhängig von einander, erst dann angefangen haben, vom Skolex auszusprossen, als die Hauptkette bereits eine ansehnliche Länge erreicht hatte. Von entscheiden- der Bedeutung für die Beurteilung der Frage nach der Ent- stehung dieser Seitenketten ist die Beobachtung, dass an der grösseren derselben die Glieder an dem der Anheftungsstelle zu- gekehrten Ende breiter sind, als an den anderen (Fig. ı). Da nun bei den Gliedern der Stammkette immer der Arntere Rand der einzelnen Proglottis der breitere ist, so folgt, dass auch an den Seitenketten das breitere Ende der Glieder das Zintere ist, und dass demnach die Seitenketten auch nicht mit ihrem vor- deren, sondern mit dem hinteren, unteren Ende mit der Stamm- kette in Verbindung stehen. Das freie Ende der Seitenkette enthält also die jüngeren Glieder und muss an einem Punkte mit der Stammkette in Verbindung gewesen sein, welcher näher nach dem Skolex zu liegt. Dies stimmt mit der Thatsache überein, dass die Seitenketten beide mit ihren freien Enden nach vorn zeigen. Ich habe daraufhin alle oberhalb der Ansatzpunkte der Seitenketten liegenden Glieder der Stammkette untersucht und in der That feststellen können, dass ohne Zweifel wenigstens die grössere, sechsgliederige Seitenkette mit dem siebenten Gliede der Hauptkette, vom Ansatzgliede nach vorn gezählt, verbunden gewesen ist. Dieses Glied besitzt einen ungewöhnlich stark seitwärts vorspringenden Hinterrand (d Fig. 1) auf der Seite der Nebenketten. Halte ich mit einer feinen Pinzette das abge- rissene Ende der Seitenkette an diesen Vorsprung, so liegt sie bequem neben der Hauptkette, und jedem Gliede der letzteren entspricht ein annähernd gleich langes Glied der Nebenkette. Auch die kleine verkümmerte Seitenkette scheint einst mit dem bezeichneten Vorsprunge d in Verbindung gestanden zu haben, da sie nur aus zwei Gliedern besteht. Dass diese Glieder jetzt so sehr gegen die Glieder der Hauptkette verschwinden, scheint auf ein frühzeitiges Abreissen von dem siebenten Gliede hinzu- weisen, was dann zur Folge hatte, dass die winzigen Seitenglieder im Längenwachstum mit den besser situierten Stammgliedern nicht gleichen Schritt halten konnten und verkümmerten. Dem- nach hätten ursprünglich neben den in Fig. ı mit 5 und 6 be- zeichneten Stammgliedern noch je zwei den Seitenketten angehö- rige Glieder gestanden, und die Strobila des Bandwurmes wäre hier also vorübergehend in drei nebeneinanderliegende Ketten gespalten. Dass dies möglich ist, bestätigt das Glied 3 in Fig. ı. Hier zeigt das Objekt den interessanten Fall, dass statt eines Gliedes zwei der Länge nach völlig von einander gespaltene Glieder auftreten. Nehmen wir zu diesen beiden Gliedern das entsprechende der grösseren Seitenkette hinzu, so haben wir auch hier das Bild der dreiteiligen Spaltung der Strobila. Dieselbe Ursache, welche das Zwillingsglied 3 (Fig. I) er- zeugte, indem sie während des Sprossungsvorganges dieses Gliedes am Skolex einwirkte, dieselbe Ursache veranlasste während der Abgliederung der Glieder 5 und 6 die Entstehung der kleineren abortiven Seitenkette, und dieser Ursache ist auch die Abspal- tung der grösseren Seitenkette zuzuschreiben. Die Wirkung war hier nur von entsprechend längerer Dauer. Auf die Mög- lichkeit einer solchen Spaltung des Prolifikationspunktes hat schon Leuckart (]. c.) hingewiesen bei der Besprechung eines monströsen Gliederwurmes, der am Ende zwei nebeneinanderstehende reife Proglottiden besass. Eine solche Form würde ja auch der in Rede stehende Bandwurm erreicht haben, wenn nach dem Aus- reifen der Glieder endlich das mit 2 bezeichnete Glied der Fig. ı abgefallen wäre. Für die Ansicht Moniez’s, welcher die kezlförmigen Glieder — Fig. 2 zeigt ein solches von dem unteren Ende des vorliegen- Tieres — als die ersten Anfänge der Seitenketten betrachten möchte, bleibt unter den mitgetheilten Verhältnissen kein Raum. Über das Wesen der Ursache, welche im Bereich des Skolex die Spaltungen herbeiführt, lassen sich natürlich nur spekulative Betrachtungen anstellen. Als allgemein anerkannte Thatsache darf hingestellt werden, dass Taenia saginata weit häufiger Misbildungen aufzuweisen hat, als andere Bandwürmer, z. B. T. solium. Wenn es dann richtig ist, dass T. saginata äusserlichen Verletzungen und sonstigen Einflüssen in demselben Grade ausgesetzt ist, wie die genannte andere Art, welche die- selben Orte bewohnt, so ergiebt sich mindestens, dass die T. saginata leichter auf derartige äussere Einwirkungen reagiert, als T. solium. Dies würde dann die weitere Folgerung ergeben, dass die ausgesprochene Neigung zu mehr oder weniger extravaganter Gliederbildung in der Natur des Saginatenskolex ihren Grund haben müsse. Man könnte vielleicht die T. saginata als eine jener schwankenden Tierarten bezeichnen, bei denen das Varia- tionsvermögen sich in der Bildung sogenannter Abnormitäten bethätigt. Die Umwandlung der Arten, ein Vorgang funktioneller Selbstgestaltung. Von Dr. Georg Pfeffer. Nach Vorträgen, gehalten im Naturwissenschaftlichen Verein am 15. März 1893, 29. und 31. Januar 1894. Eine jede selbst oberflächliche Beschauung des Ganzen der lebendigen Natur zeigt, dass diese sich in einem Zustande des Gleichgewichtes befindet, Und das muss so sein; jeder Zustand, wenn er bestehen bleiben soll, muss sich eben im Gleichgewicht befinden, sonst geht er zu Grunde. Dies ist aber durchaus kein teleologischer Gesichtspunkt; es ist nicht eine ausser und über der Natur stehende Macht, welche dies Gleichgewicht herstellt und hütet, sondern die lebendige Natur thut dies von selber, durch und aus sich selbst. Die folgende Betrachtung, welche dies Verhältnis darzu- legen bestimmt ist, soll nicht ein geschlossenes System der Lehre vom Gleichgewicht der Natur geben, sondern nur einige der wichtigsten Beziehungen herausgreifen, die aber genügen werden, die Gesetzmäfsigkeit und Gewähr des Bestehens für das Gleich- gewicht der lebendigen Natur darzuthun. Alles tierische Leben ist von dem Bestehen der Pflanzen- welt abhängig und diese baut sich aus dem vorhandenen Mafse ihrer anorganischen Hülfsquellen auf; die Fleischfresser nähren sich von den Pflanzenfressern unter den Tieren. Somit ist jede Kategorie von Wesen angewiesen auf eine andere und darum von ihr abhängig. Nun frisst aber nicht jedes fleischfressende Tier jedes pflanzenfressende, noch weniger jedes pflanzenfressende jede Pflanze; auch ist nicht jedes Wesen gerade da, wo seine Nahrung sich am reichlichsten findet; kurz, die soeben angedeu- teten grossen Verhältnisse allgemeiner Abhängigkeit werden in ungemessener Veränderungsfähigkeit im einzelnen ausgestaltet, sodass sich dadurch ein grofses System verketteter und verknüpf- ter Wechsel-Beziehungen ergiebt. Jedes Leben baut sich auf — 4 — den Verhältnissen, die sein Bestehen ermöglichen; fallen diese aus, so fällt die Existenz aus, die sich darauf gründet; fällt das Fressen fort, so ist dem Fresser die Möglichkeit des Lebens ent- zogen, giebt es kein Angebot, so giebt es keine Nachfrage; ändert sich irgend ein Verhältnis, so ändern sich alle, die damit in Verbindung stehen. Die gegenseitige Angewiesenheit Aller auf Alle und die Abhängigkeit Aller von Allen gewährleistet den Bestand, gerade so, wie in der menschlichen Gesellschaft. Wie in dieser, so giebt es in der Natur kleinere oder grössere zu einander in irgend einem besonderen und bestimmten Verhältnis stehende Lebensgemeinschaften, in deren jeder sich die Wechsel- beziehungen des Naturganzen wiederholen. Die natürliche Zu- sammengehörigkeit der einzelnen Lebensgemeinschaften ergiebt sich im allgemeinen aus der geographischen Grundlage im wei- testen Sinne; deshalb sind die Grenzen manchmal sehr bestimmte, manchmal aber auch kaum merkbar. Der Platz, der von irgend einer auf Grund irgend eines Verhältnisses zusammengehörigen Lebensgemeinschaft eingenom- men wird, hat ein ganz bestimmtes Mafs von Hülfsquellen, kann also demnach nur eine ganz bestimmte Masse von lebendigen Wesen ernähren und beherbergen. Bleibt während eines gewissen Zeitraumes die Zusammensetzung einer Lebensgemeinschaft aus Tier- und Pflanzenarten die gleiche, so bleibt auch die Anzahl der Stücke jeder dieser Arten die gleiche. Da es sicher ist, dass der prozentualische Satz eines jeden Jahrganges für jede Art ein ganz bestimmter ist, so ist die Zahl der alljährlich unter die Reihen der Geschlechtsreifen einrückenden Stücke jeder Art eine ganz bestimmte und von Jahr zu Jahr gleichbleibende; also auch die Zahl der gesamten Jahrgänge der zeugungsfähigen Stücke bleibt sich von Generation zu Generation gleich; es kommt so- mit im allgemeinen auf je ein sterbendes zeugungsfähiges Stück einer Art je ein in die Reihen des Zeugungsfähigen nachwach- sendes. Der Vermehrungs-Koeffizient der Arten ist also im all- gemeinen — I, angenommen, dass die Lebensverhältnisse der betreffenden Arten sich im allgemeinen gleich bleiben. Hieraus folgt als letzter Schluss, dass von den gesamten Nachkommen jedes erwachsenen Stückes einer Art im Durchschnitt nur ein einziges die Aussicht hat, zu einem erwachsenen, geschlechts- reifen Tiere heranzuwachsen. Ein zweiter Beweis für das Gleichbleiben der Bevölkerungs- ziffer der Arten, welche irgend eine Lebensgemeinschaft zu- sammensetzen, liegt in dem thatsächlichen Verhältnis des inneren Gleichgewichtes jeder Lebensgemeinschaft. Denn dies zeigt, dass die Vermehrungs-Kraft jeder Art thatsächlich von der aller andern im Schach gehalten wird. Daraus ergiebt sich aber, dass keine Art sich im allgemeinen auf Kosten der andern vergrössern kann. Der Beweis aus der Erfahrung ist natürlich in den meisten Fällen nicht anzutreten, weil die Beobachtung selten möglich ist; wo diese aber einsetzen kann, folgt dasselbe Ergebnis wie bei unserer allgemeinen Herleitung; so z. B. bei den Singvögeln unserer Gärten und Haine, deren jedes Paar einen nach Örtlichkeit und Gröfse ganz bestimmten Bezirk be- ansprucht und verteidigt, denselben also auch nur einem einzigen Paare derselben Art nach seinem Tode überlassen kann. Die Gleichgewichts-Verhältnisse der lebendigen Natur sind keine völlig ruhenden, noch bleiben sie sich stets gleich, sondern sie schwanken in kleinen Grenzen hin und her. Alle Tiere und Pflanzen wachsen und vermehren sich, und verändern dabei ihre Bedürfnisse; sie pflanzen sich fort, deshalb haben sie plötzlich für sich und ihre Nachkommen mehr Lebens-Ansprüche zu be- friedigen als vorher; der Tod rafft in jedem Augenblicke lebende Wesen dahin und schafft für andere Platz. Ebenso verändern die Kräfte der unbelebten Natur fortwährend ihr Auftreten; Wind und Wetter, Trocknis und Feuchtigkeit, Licht, Luft, Wärme, Strömung, Brandung, oder was wir sonst betrachten mögen, all das sind Verhältnisse, von denen das Auftreten pflanzlichen und tierischen Leben dermafsen abhängig ist, dass ein Mehr oder Weniger, ein Schwächer- oder Stärker-werden von irgend einer dieser Grundbedingungen sich sofort auf die lebendige Natur weiter äussern muss. Wo aber in der Natur eine Lücke, eine Stelle geringeren Druckes vorhanden ist, wo ein Platz frei wird, da sind auf grund der übermäfsigen Keimfruchtbarkeit aller Pflanzen und Tiere sofort Anwärter in Unmasse vorhanden, um drängend und kämpfend den frei gewordenen Platz zu erobern, die Lücke auszufüllen und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Verkettung der Beziehungen zwischen den einzelnen Fakto- ren des Gleichgewichtes ist eine so ununterbrochene, dass jede Störung sich, theoretisch betrachtet, stets über die Gesamtheit der betreffenden Lebensgemeinschaft verbreiten muss. Diese theoretische Forderung tritt nicht ganz ein, da die Beziehungen der einzelnen Wesen zum Teil lockerer Art sind, die Störung also nicht gut fortpflanzen, andererseits auch die grosse Anzahl der Widerstände die Störungs-Bewegung ailmählich versiegen lässt. Das ist aber sicher, dass durch jede Störung an irgend einer Stelle eine grosse Anzahl von Störungen in den damit in Beziehung stehenden Verhältnissen erzeugt wird, welche alle sofort an der Wiederherstellung des Gleichgewichtes arbeiten ; sodass die Herstellung des Gleichgewichtes, welches an irgend einer Stelle mit irgend einer Kraft gestört ist, von allen damit in Beziehung stehenden Stellen und mit einer die Kraft der Störung um ein vielfaches überlegenen Gewalt wiederhergestellt wird. Hierin liegt eine der Sicherheit gleichkommende Wahr- scheinlichkeit für das Eintreten und die Wirkung der Wieder- herstellung jedes gestörten Gleichgewichtes, so dass wir nicht anstehen dürfen, dies Verhältnis als die Selbst-Steuerung der lebendigen Natur zu einem Gesetze zu erheben. Die Natur steuert sich ebenso, wie unsere regelmäfsig gehenden Maschinen, z. B. Dampfmaschinen, Uhren, elektrische Gangwerke, die allzusammen Vorkehrungen zur Selbst-Steuerung haben, indem jede Bewegung nach einer Richtung die Ursache zur Umkehrung in die entgegengesetzte Bewegung in sich trägt. Bei Fällen, in denen wir die Einzelheiten verfolgen können, er- innert die Sicherheit der Selbst-Steuerung geradezu an jene Vor- richtungen, welche zu dieser Namengebung geführt haben. Wenn eine Raupen-Art einmal auf grund irgendwelcher Verhältnisse sich in ungeheurem Mafse vermehrt, so ist dadurch allen auf die betreffende Raupe angewiesenen Arten von Wesen in ganz demselben Mafse die Lebensmöglichkeit vermehrt; Schlupfwespen, parasitische Fliegen, raupenfressende Käfer, raupenzerstörende Pilze treten also in ungezählter Menge auf und beginnen ein thatkräftiges Vernichtungswerk gegen die Raupen; in demselben Mafse aber, wie die Zahl der Raupen hierdurch abnimmt, ver- ringert sich auch die Zahl der Raupenfeinde, die ja in ihrem Auftreten von der Zahl der Raupen abhängig sind; so stellt sich nach einer mehr oder weniger langen Zeit der frühere Zustand des Geichgewichts zwischen der betreffenden Raupen-Art und ihren Vertilgern wieder her. Durch den Vorgang der Selbst-Steuerung der lebendigen Natur braucht durchaus nicht immer der alte vor der Störung vorhandene Zustand wiederhergestellt zu werden; innerhalb kleiner Zeiträume und bei Einwirkung geringerer Störungen wird diese Wiederherstellung des früheren Gleichgewichtes freilich die Regel sein; kleinere Abweichungen in dieser Hinsicht können sich je- doch während längerer Zeiten ganz sicher zu ‚erheblichen Aus- schlägen summieren; und dies ergiebt die Veränderungen in der Fauna und Flora, wie sie uns heutzutage bei Verschiebungen in der Bewirtschaftung und im Anbau, als geologische Ergebnisse aber in den grossen Faunen- und Floren-Verschiebungen der Vorwelt überall entgegen treten. Verlassen wir nunmehr unsern bisherigen Standpunkt mit dem Ausblick auf das grosse, niemals in Ruhe befindliche, aber durch die gemeinsamen Anstrengungen Aller stets wieder zurecht gezogene Netz der die ganze Lebensgemeinschaft verknüpfenden Beziehungen und versetzen wir uns in den Standpunkt der ein- zelnen Wesen, welche, eingeschränkt in all die Wechselbeziehungen des allseitig geschlossenen Maschennetzes, von jeder Verschiebung betroffen werden und sich jeder dadurch ausgelösten Veränderung anbequemen müssen. Jedes lebende Wesen ist, aktiv oder passiv, fortwährend an diesen Verschiebungen der Gleichgewichts-Verhaältnisse be- teiligt; es ist selber thätig dabei und wird von der Gewalt der Umstände fortwährend geschoben. Durch die Anstrengungen zur Deckung aller Bedürfnisse, der Nahrung, des Platzes, des Schutzes, des Lichtes, der Wärme, durch das eigene Wachstum, durch das allmähliche Heranwachsen der Nachkommenschaft und die Sorge dafür greift jedes Wesen zu jeder Zeit und an jedem Platze in die Rechts- und Besitzverhältnisse anderer Wesen ein; diese Eingriffe werden aber nicht ruhig gelitten, und so ist an- sestrengtes Ringen oder Kampf vorhanden, das sorgende Mühen um das tägliche Brot, um alles, was zur Leibes-Nahrung und Notdurft gehört. Das ist jener viel besprochene, vielfach mis- verstandene „Kampf ums Dasein“, der freilich besser den Namen der Anstrengung um die Güter des täglichen Lebens tragen sollte. In den Kampf ums Dasein mit anderen Wesen, in den Macht- und Bedürfnis-Bannkreis Anderer treibt aber nicht nur die eigene Not, sondern das Drängen aller übrigen Wesen, welche in irgend welchen Beziehungen der Lebensgemeinschaft mit ein- ander stehen. Schliesslich hat jedes Wesen Ansprüche an die leblose Natur zu stellen; es ist auf ihr günstiges Auftreten an- gewiesen, ebenso ihrer Macht und Ungunst in jedem Augenblicke preisgegeben. So spiegeln sich in den Verhältnissen jedes ein- zelnen Mitgliedes der Lebensgemeinschaft die grofsen und Wechsel- beziehungen der Gesamtheit. Wir sehen also, dass die fort- währenden Anstrengungen aller Wesen um das tägliche Brot, der Kampf ums Dasein — wenn wir diesen nun einmal ge- bräuchlichen Ausdruck in dem von uns oben gekennzeichneten Sinne anwenden — das grosse Regulierungsmittel der Wechsel- beziehungen im Haushalte der lebendigen Natur darstellt; jede Anstrengung im Kampfe ums Dasein ist ein Beitrag zur Störung des Gleichgewichtes, ebenso aber auch zur Selbst-Steuerung der Natur, wenn wir auf unsern vorherigen Gedankengang zurück- greifen, somit also zugleich ein Beitrag zur Wiederherstellung des Gleichgewichts. Die Bethätigungen des Kampfes ums Dasein sind also die Komponenten des allgemeinen Gleichgewichtes im Naturhaushalt; der Erfolg des Kampfes bringt die thatsächlichen Verhältnisse jeder bestehenden Lebensgemeinschaft hervor; diese allgemeinen Verhältnisse aber bilden die grofse, im allgemeinen stetige und ruhende Gesetzlichkeit, in welcher all die unendlich vielen und kleinen Störungen Platz haben. Die grosse Kraft der Gesamt- heit rückt aber all die kleinen Störungen wieder zurecht; darum bestimmt sie die Ansprüche der Gesamtheit an die Einzelnen und damit, soweit dies von der lebendigen Natur abhängt, die Lebensverhältnisse und die Form des Kampfes ums Dasein für die einzelnen Arten. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle ein vollständiges, wissenschaftliches System des Kampfes ums Dasein zu ent- wickeln; wir können uns aber mit der Klarlegung eines einzigen Grundgedankens sofort eine völlig zureichende Anschauung aller hierher gehörigen Verhältnisse verschaffen, wenn wir einsehen, dass das ununterbrochene Netz der Wechsel-Beziehungen des natürlichen Zusammenlebens völlig dem des menschlichen Zu- sammenlebens entspricht. Das ist kein Gleichnis, sondern eine wirkliche Gleichheit; nur muss man sich dessen bewusst sein, dass wir es hier mit sozialen, also physiologischen, nicht dagegen 6* — 50 — mit systematischen, morphologischen Faktoren zu thun haben; das heisst: den verschiedenen tierischen Arten einer natürlichen Lebensgemeinschaft entsprechen die verschiedenen Stände der menschlichen Lebensgenossenschaft. Dann ersehen wir sofort, dass jede Art von Wesen in der Natur ganz bestiminte Plätze einnimmt, und zwar bestimmt nach Funktion und nach Zahl. Denn jedeArt hat, ebenso wie jeder Stand oder Beruf in der menschlichen Gesellschaft, eine ganz bestimmte und sich in jedem Fall aus der Gesamtheit aller Beziehungen ergebende Menge von Pflichten zu erfüllen; jede Art hat ihren besonderen Beruf, oder wenn wir uns physiologisch ausdrücken, ihre besondere Funktion innerhalb des Rahmens der Gesamtheit. Die Gesamtheit aber bestimmt die Funktion jeder Art, denn sie ist in ihrer Wirkung um ein vielfaches stärker als diese; sie rückt jede nicht in den Organismus der gesamten Lebensgemein- schaft hineinpassende Störung mit unwiderstehlicher Gewalt wie- der zurecht. Und wenn es uns scheint, als ob die Funktion einer Art innerhalb der Gesamtheit vielmehr durch ihre eigenen körperlichen und geistigen Eigenschaften festgesetzt und geordnet wird, so müssen wir bedenken, dass wir damit nur einen Augen- blick aus der Entwickelung der Lebengemeinschaft herausgreifen, gewissermassen nur einen einzigen Querschnitt betrachten; und dass dann natürlich die Eigenschaften jedes Wesens so sein müssen, dass es in seinen Platz hinein passt, den gestellten An- forderungen genügt. Jedes Wesen bethätigt während seines individuellen Lebens also seine persönlichen Eigenschaften, die den Anforderungen entsprechen, welche die Lebensgemeinschaft seit langen Zeiten an die Vorfahren des Wesens, kurz gesprochen, an die Art, stets gestellt hat und stellen muss. Betrachten wir dagegen anstatt des aus der Entwickelung sich ergebenden wirklichen Grundes die gegenwärtigen in einem Wechsel- verhältnis ruhenden Beziehungen und sehen jedes Wesen sich seine eigenen Beziehungen schaffen, so müssen wir uns dessen bewusst bleiben, dass dies ein Scheingrund ist, indem er nur die Wirklichkeit umschreibt; denn nur solche Wesen können überhaupt leben bleiben, deren Eigenschaften so geartet sind, dass sie den an sie von der Gesamtheit gestellten Ansprüchen genügen, bezw. dass sie ihre eigenen Ansprüche innerhalb der Gesamtheit geltend zu machen vermögen. —— SI —- In der menschlichen Gesellschaft ist das ganz ebenso, und wir brauchen uns weder für das eine noch für das andere in Beweisen zu erschöpfen; unsere vorherige Betrachtung der Gleich- gewichts-Verhältnisse in der Natur giebt uns die Sicherheit des Schlusses: die Verhältnisse der Gesamtheit bestimmen die Ver- hältnisse der einzelnen sie zusammen setzenden sozialen, d. h. physiologischen Kategorien, also der Arten in der Natur, nach Wesen und Zahl. Wenn aber der Kampf ums Dasein das Mittel ist, mit dem jedes Individuum seine eigenen Ansprüche mit denen der Gesamtheit fortwährend in ein bequemes Verhältnis zu brin- gen sucht — so bequem, dass es darin zu leben vermag — so ist es klar, dass die Form des Kampfes ums Dasein für die einzelnen Mitglieder irgend einer Art dieselbe ist; ebenso, dass wenn die Zusammensetzung der betreffenden Lebensgemein- schaften Generationen hindurch dieselbe bleibt, die Form des Kampfes ums Dasein während dieser Zeit gleichfalls dieselbe bleiben muss. Wir wären auf Grund dieser theoretischen Betrachtungen bereits im Stande, der Frage näher zu treten, welchen Grund und welche Wirkung eine Veränderung des Kampfes ums Dasein haben müsste; wir benötigen dazu aber vorerst einer weiteren Ausführung der Lehre vom Kampf ums Dasein. Wir haben ihn bisher nur in seiner milderen Form betrachtet, als die Be- mühungen um die Güter des Lebens, indem wir die Zusammen- setzung der Lebensgemeinschaften als bestehend annahmen; wir müssen diese aber auch in ihrer Entwickelung betrachten; denn jedes Bestehen ist erst aus seiner Geschichte, seiner Ent- wickelung wirklich zu verstehen, und diese Betrachtung führt uns sofort auf die schärfere, unerbittliche Form des Kampfes ums Dasein. Wir sahen vorhin, dass jedes Wesen auf grund der fort- währenden Geltendmachung und Vermehrung seiner zum Dasein notwendigen Ansprüche stets und immerdar andere Wesen beein- trächtigen muss; eine gewisse Einschränkung seiner persönlichen Ansprüche kann wohl jedes Wesen ertragen; geht diese aber über ein bestimmtes für den einzelnen Fall im allgemeinen wohl feststehendes Mafs hinaus, so wird das angegriffene Wesen unter- drückt, geht unter, Ebenso wird jedes beeinträchtigte Wesen suchen, alle ihm von anderer Seite zu teil werdenden Ein- == e) — )- schränkungen nicht auf sich sitzen zu lassen, sondern es wird selbstverstverständlich bemüht sein, dieselben auf andere, vor allem schwächere Wesen weiter abzuwälzen. Dies geht aber nicht bis ins unendliche weiter, weil Raum und Nahrung einer zusammen gehörigen Lebensgesellschaft beschränkt ist; also müssen eigentlich alle Beeinträchtigungen zu Unterdrückungen führen; jede Beeinträchtigung eines Wesens muss, wenn sie immer weiter fortgepflanzt und auf schwächere abgewälzt wird, schliess- lich zum Tode lebender Wesen führen. Wenn es nun feststeht, dass der Kampf ums Dasein das grosse Regulierungsmittel, das Organ der Selbststeuerung der lebendigen Natur ist; wenn es andererseits feststeht, dass aller Kampf ums Dasein schliesslich mit der Unterdrückung, dem Tode lebender Wesen endigen muss, so ist es klar, dass keine Be- trachtung uns mehr Einsicht in das innere Wesen, in den Me- chanismus der Lebensgemeinschaft bezw. der lebendigen Natur überhaupt zu verschaffen vermag, als die Betrachtung: Wer bleibt im Kampfe ums Dasein leben, und wer geht unter; welches sind die Verhältnisse, die den Sieg oder den Tod bestimmen? Jedes Wesen ist Angriffen der verschiedensten Stärke ausgesetzt; es hat mit anderen zu kämpfen, die ihm an Kraft doppelt, zehnfach und millionenfach überlegen sind; und je stärker der Angreifer ist, desto mehr verschwindet dagegen die Kraft des Angeriffenen, viel mehr aber noch der Wert der indi- viduellen Tüchtigkeit; der Angegriffene geht eben sicher unter. Wenn ein Walfisch auf einmal tausende von Krebsen und Ptero- poden verschlingt, so ist die persönliche Verschiedenheit der- selben eine Gröfse, die der Mächtigkeit des Angriffs gegenüber verschwindet, gleich o ist. Noch viel gewaltiger natürlich sind die Machtmittel der unbelebten Natur, wie sie sich als Strö- mung, Brandung, Hitze, Kälte, Trocknis und in hunderterlei Form äussern. Stets wird bei schwachem Auftreten dieser Kräfte die persönliche Tüchtigkeit besonderer Individuen einen Vorteil gewähren; treten sie aber in verhängnisvollem Mafse auf, so ist die organische Kraft dagegen machtlos. Betrachten wir nunmehr das Auftreten des Kampfes ums Dasein während des Lebensganges jedes einzelnen Wesens, Wir wissen bereits, dass die Mitgliederzahl der einzelnen Arten in der Natur sich von Generation zu Generation im allgemeinen =— 53 —— gleichbleiben muss, dass aber von den gesamten Nachkommen eines Wesens im Durchschnitt nur ein einziges die Aussicht hat, zu einem erwachsenen, geschlechtsreifen Stück heran zu wachsen; die Beschränktheit des Raumes und der Lebensquellen spricht hier ein unerbittliches Machtwort. Es ist also — nicht im all- gemeinen, sondern im Hinblick auf das Heranwachsen zu einem geschlechtsreifen Wesen — gleichgiltig, ob ein Tier oder eine Pflanze innerhalb seines Lebens eine Million oder zwei Keime hervorbringt; denn von allen hat nur ein einziges Stück die Aus- sicht, zu einem erwachsenen Wesen heran zu reifen. Wenn wir die Sache elementar betrachten, so bilden die Mitgliederzahlen der einzelnen Stadien von der Nachkommen- schaft irgend eines Wesens absteigende geometrische Reihen, welche mit irgend einer Zahl beginnen, auf dem Stadium des Eintritts in die Geschlechtsreife aber sämtlich bei der Zahl ı an- langen; der Quotient dieser Reihen ist stets die vernichtende Wirkung des Kampfes ums Dasein. Dieser Quotient ist aber keine konstante Gröfse;, denn der Kampf ums Dasein tritt bei jeder Art von Wesen und bei jedem Stadium der Entwickelung eines Wesens in verschiedener Stärke auf; bei den jungen Wesen ist er am schwersten und nimmt allmählich an Schwere ab, bis er bei den in der Vollkraft des Lebens stehenden Erwachsenen die geringste Gröfse hat; also bilden die Quotienten, welche die vernichtende Wirkung des Kampfes ums Dasein darstellen, eben- falls eine absteigende Reihe. Nun haben wir aber in Wirklich- keit keine einzelnen Glieder einer Reihe, sondern kontinuierliche Verhältnisse; es stellt also die Kurve, welche die Anzahl der Nachkommen eines Wesens während ihres Heranwachsens ver- anschaulicht, eine transzendente Kurve dar. Diese Betrachtung ist nicht blofser Schematismus, sondern für denjenigen, der in strenger Form zu denken gewohnt ist, folgt aus derartigen Erörterungen eine sehr viel innigere An- schauung der zu beurteilenden Verhältnisse; ausserdem giebt jede mathematische Fafsung die Möglichkeit, weitere Eigenschaften, die sonst nicht zu Tage treten würden, zu entwickeln. Freilich müssen wir uns an dieser Stelle alles Eingehens auf diese Dinge entschlagen. Die abgelegten Eier und die frisch ausgeschlüpften, hilf- losen und unpraktischen Jungen sind zunächst allen Angriffen ı nn RB preisgegeben; sie werden durch lauter überlegene und schnell wirkende Angriffe in Bälde an Zahl auf einen kleinen Bruchteil ihrer anfänglichen zahlenmäfsigen Stärke herabgedrückt. Diesen Angriffen gegenüber ist natürlich alle persönliche Verschieden- heit gleichgiltig. Es widerstritte der Vernunft, anzunehmen, dass von den 6 Millionen ausgeschlüpfter junger Austern die eine einzige, die zum Heranwachsen kommt, die beste oder auch nur eine von den zehn oder zwanzig oder hundert besten sein könnte; es ist eben eine Durchschnitts-Auster, wohlgemerkt aber: eine Durchschnitts-Auster von allen denen, die tadellos fürs Leben ausgerüstet sind; denn andere können überhaupt nicht leben bleiben. Wir müssen also festhalten: Der Kampf ums Dasein sucht unter der übergrossen Masse der jungen Tiere nicht die besten aus; er sucht überhaupt nicht aus, sondern er vernichtet zunächst eine ungeheuer grosse Zahl und lässt eine geringe, aber ungefähr bestimmte Anzahl Individuen vom Durchschnitt der tadellosen Stücke als Nachwuchs über. Für die späteren Stadien der jungen Tiere bleibt der Kampf ums Dasein nicht ganz derselbe; er ändert sich fort- während mit dem Wachstum des Tieres selbst und der durch die Jahreszeit gegebenen Veränderung seiner Umgebung und Nahrungsquellen. Es tritt also an die jungen Tiere gewisser- massen fortwährend eine neue Prüfung heran, und diejenigen, welche die eine bestanden haben, stehen stets vor einer neuen. Ganz sicher merzt der Kampf ums Dasein von jedem Stadium diejenigen Stücke aus, welche jeder dieser ihnen aufgezwungenen Veränderungen nicht zu folgen vermögen. Ob es viele solcher nicht ganz passenden Stücke giebt, muss natürlich für jeden Fall erst festgestellt werden. Die Beobachtung zeigt im allgemeinen nicht viel davon; doch muss für unsere theoretische Betrachtung der Fall Berücksichtigung finden, wenn er auch das Ergebnis nicht verändert. Denn von jedem bestimmten Alters-Stadium jeder Art muss ein ganz bestimmter Prozentsatz sterben; dass aber unter diesem Prozentsatz sich diejenigen befinden werden, welche etwa, wie wir annahmen, etwas schlechter für die Lebens- Verhältnisse gerade dieses Stadiums ausgerüstet sein sollten, ist sicher. Ebenso sicher ist aber, dass der Kampf ums Dasein von jedem Stadium eine Menge guter, selbst tadelloser Stücke fordern muss; denn es muss der bestimmte Prozentsatz sterben, und an diesem Ergebnis arbeiten Gewalten, denen die Kraft keines Wesens gewachsen ist, Haben wir vorhin, wenigstens als Annahme, die Klasse von Stücken betrachtet, welche dem während ihres Wachstums stetig etwas wechselnden Kampfe ums Dasein nicht gewachsen sind, so erfordert es die Gerechtigkeit, auch diejenigen in Rücksicht zu ziehen, welche etwa besser als der Durchschnitt den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden vermögen, indem sie geistig oder körperlich begabter sind, als der Durchschnitt. Dass es unter den höheren Tieren solche Stücke giebt, unter- liegt gar keinem Zweifel; ob dies bei niederen Wesen ebenso ist, und ob derartige, sicherlich in ganz geringen Grenzen schwan- kende Ausschläge der Begabung im Kampf ums Dasein einen merkbaren Faktor abgeben, muss jedoch erst erwiesen werden. Aber selbst diese Annahme stört das Ergebnis nicht, zu welchem uns nunmehr unsere Betrachtung führt. Von jedem Stadium irgend eine Tier-Art muss ein bestimmter Prozentsatz untergehen; unter diesen Untergehenden befinden sich ganz sicher alle nicht ganz vollwertigen Stücke, so dass von Stadium zu Stadium der Durchschnitt der überlebenden Stücke verbessert wird. Giebt es nun wirklich Stücke, deren Begabung ihnen einen merkbaren Vorteil im Kampf ums Dasein gewährt, so wird der Durch- schnitt der überlebenden Stücke dadurch weiter (bezw. schneller) verbessert; ebenso wie er dadurch verbessert wird, dass die mäfsigen Stücke zu Grunde gehen; durch beides wird er nach der besseren Seite hin verschoben. Somit ist es für unsere Be- trachtung nicht Ausschlag gebend, ob und wieviel Stücke auf die Welt kommen, die besser oder schlechter sind als der Durchschnitt; das End-Ergebnis bleibt das gleiche. Wir sind uns darüber klar geworden, dass auf grund aller individuellen Entwickelung, des Wechsels der Jahreszeiten und der dadurch gegebenen Veränderung der Lebensweise die Lebens- bedingungen und der daraus sich entwickelnde Kampf ums Da- sein gleichfalls Veränderungen erfährt. Diese Veränderungen sind jedoch rhythmische, zyklische, insofern sie alle Jahre bezw. innerhalb des Lebens jedes Stückes einer betreffenden Art regelmäfsig wiederkehren. Als Ganzes aber sind sie von Generation zu Generation unveränderlich, soweit die Verhältnisse der unbelebten Natur und die Zusammensetzung der in Frage kommenden Lebensgemeinschaften sich nicht wesentlich anders gestalten. Jedenfalls ist folgender Schluss sicher: Wenn es der aus der Gesamtheit der Lebensbeziehungen erwachsende Kampf ums Dasein ist, der den Durchschnitt der Überlebenden bildet, wenn also die Gesamtheit aller lebenden Stücke einer Art — mathe- matisch gesprochen — eine Funktion des betreffenden Kampfes ums Dasein (und daher der betreffenden Lebensbedingungen) ist, so bildet die von Generation zu Generation gleich bleibende Form des Kampfes ums Dasein von Generation zu Generation auch denselben Durchschnitt der Überlebenden; jede Art bleibt also von Generation zu Generation gleich, wenn die Lebens- bedingungen gleich bleiben. Noch eines ist zu bemerken: sie erfährt keine nach aussen schlagende Veränderung, wohl aber eine allmähliche Veränderung in sich selber. Wir sehen, dass sich bei jeder Art von Stadium zu Stadium der Entwicklung der Durchschnitt der Überlebenden verbessert; da im allgemeinen die Jungen die Eigenschaften der Eltern erben, so endigt diese Ver- besserung nicht mit dem Tode des einzelnen Wesens, sondern setzt sich in seine Nachkommen fort; es wird also der Durchschnitt der Überlebenden immer besser, und damit zugleich einheitlicher. Daraus folgt aber sofort ein zweiter Schluss. Ist der Durchschnitt, der Habitus einer Art, das Ergebnis des ihr be- scherten Kampfes ums Dasein, somit also eine Funktion der ihr zukommenden Lebensbedingungen, so muss eine Veränderung der Lebensbedingungen einen etwas veränderten Kampf ums Dasein zu wege bringen, und dieser muss aus der Masse des vorhandenen Materiales einer Art einen andern Durchschnitt aus- suchen, die Art muss sich verändern, angenommen natür- lich, dass die Veränderungen der Lebensbedingungen und des Kampfes ums Dasein eine physiologische Wirkung auszuüben im Stande sind. Dass aber in der That Veränderungen der ausseren Lebensverhältnisse verändernd auf lebende Wesen ein- wirken, ist erwiesen; es ist sogar die einzig bewiesene Möglich- keit der gesetzmässigen, auf jedes Stück der Art gleichmäfsig wirkenden Veränderung von Wesen in der freien Natur. Diese Theorie der Artbildung unterscheidet sich auf den ersten Anblick sehr scharf von der Darwin’schen Erklärung; während nach unserem Gedankengange der Kampf ums Dasein einige ganz gewöhnliche, durchschnittliche Stücke übrig lässt, und die Arten sich als ganzes umbilden, wählt der Kampf ums Da- sein nach Darwin’s Anschauung besondere, passendste Stücke aus, welche allmählich und ganz langsam die Art rach sich um- bilden, indem ihre Nachkommen die übrigen Artgenossen ver- drängen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes erheischt es wohl, dass wir hier, sei es auch nur in Kürze, die unterscheidenden und widerstreitenden Punkte gegen einander halten. Wir sahen, dass ausserordentlich viel mehr Wesen geboren werden, als leben bleiben können; es muss also die Über- zahl derselben zugrunde gehen; und wenn man sieht, dass dies in der That mit nie ausbleibender Regelmäfsigkeit stattfindet, so haben wir hier ein Gesetz der lebendigen Natur. Gesetze aber werden nur gehalten, wenn eine gewaltige Macht hinter dem Gesetze steht, welche die Ausführung desselben überwacht. Diese Macht ist die zu jeder Zeit und an jedem Platze auftretende Selbststeuerung der Natur, deren Kraft der irgend eines Einzel- nen um ein vielfaches überlegen ist. Die auf diese Weise in Erscheinung tretende Form des Kampfes ums Dasein, bez. Kampfes gegen das Dasein, rottet also einfach aus, bis nur noch soviel vorhanden sind, wie gerade von jeder Altersstufe vorhanden sein dürfen, um leben zu können. Wenn aber die ausrottende Kraft der Kraft des einzelnen Individuums um vieles überlegen ist, so ist davon gar keine Rede, dass die persönliche Schattierung dieser Kraft hierbei etwas auszumachen vermag; ein Überleben des oder der Besten giebt es also nicht, soweit es sich darum handelt, die in der Natur für jede Alterstufe vor- handenen Plätze zu besetzen; und für jede Altersstufe ist eben nur eine bestimmte Anzahl von Plätzen vorhanden. Das sind alles Sachen, die sich von selbst verstehen, wenn wir von der Gesetzmäfsigkeit der Natur nicht bloss reden, sondern ver- suchen, uns davon auch eine Vorstellung zu bilden. In wie ungeheuerer Masse und mit wie grosser Schnelligkeit dies Werk der Ausrottung von statten .geht, lehrt die Betrachtung fast jedes Einzelfalles, wenn man die grofse Zahl der hervorgebrachten Keime und die kurze Lebensdauer der meisten Wesen sich ver- gegenwärtigt. — 58 7 — Für die späteren Altersstufen werden die Formen des grossen Kampfes immer milder, insofern das Misverhältnis zwi- schen der Zahl der Anwärter und der vorhandenen Plätze sich immer mehr ausgleicht; die gewaltige Selbststeuerung der Natur wird immer weniger gezwungen, ihre ganze Machtfülle zu ent- falten; dagegen bildet sich immer mehr ein Verhältnis des Gleich- gewichts aus zwischen der Kraft des einzelnen Stückes und der verteidigenden oder angreifenden Kraft der mit ihm in Beziehung tretenden Wesen; immer mehr hat also eine individuelle Begabung die Möglichkeit, sich zu äussern und von zwei Wettbewerbern dem begabteren den Sieg zu sichern. Diese letzt betrachteten Verhältnisse scheinen also das Überleben des Passenderen in Folge zu haben, somit dem Darwin’schen Prinzip wenigstens hierfür Geltung zu verschaffen. Das ist aber nur scheinbar. Wenn sich für die späteren Altersstufen die Zahl der Plätze in der Natur und der dieselben umwerbenden Anwärter immer mehr ausgleicht, dann bleibt für die erwachsenen Stücke kaum noch ein Grund zum Kampfe der erwachsenen Stücke unter sich. Man werfe nicht ein, dass es sich in diesem Falle am wenigsten um einen richtigen Kampf handelt, sondern um eine gegenseitige Benachteiligung, die garnicht unmittelbar, sondern auf weiten Umwegen wirkt, ferner, dass es sich ebensogut um den Wettstreit im Verteidigen wie im Angreifen handelt. Wenn ein Wesen einen Platz in der Natur einnimmt, der es ernährt, (und das thun alle Erwachsenen, sonst wären sie nicht als Er- wachsene da), so hat es keinen Grund, seine Altersgenossen in irgendwie besonderem Mafse zu benachteiligen. Umgekehrt liegt die Sache aber ebenso; denn die Altersgenossen haben ja eben- sogut ihr Auskommen. Die Angriffe der Raubtiere treffen aber die erwachsenen Stücke in verschwindendem Mafse gegenüber den Jungen. Wir sehen also, dass mit dem zunehmenden Alter die individuelle Begabung immer mehr Gelegenheit erhält, sich zu äussern, dass aber der Grund, durch die individuelle Begabung einen Vorteil vor den Altersgenossen derselben Art zu erreichen, mit zunehmenden Alter immer geringer wird. Wir haben bisher angenommen, dass es in der That unter den Erwachsenen aller Tierarten Verschiedenheiten der Begabung für den Kampf ums Dasein giebt. Wir geben uns damit aber einem ganz gewiss nicht berechtigten Anologie-Schluss hin, indem wir von unseren Beobachtungen an höheren Tieren ausgehen. Jedenfalls giebt die Betrachtung der niederen Tiere keine Stütze ab für den Satz, dass die verschiedene Begabung der erwach- senen Stücke ausschlaggebend ist für das Überleben des Begab- teren im Kampfe ums Dasein. Eine weitere Quelle von Anschauungsfehlern leitet sich leicht aus der Form des Superlativ her, wenn man vom Über- leben der »Besten« und »Passendsten« spricht. Zunächst kann man dadurch zu der Meinung verleitet werden, dass es sich hier um die »beziehentlich besten oder passendsten« han- delt, sodass auch unter lauter mittelmässigen und schlechten Stücken noch »beziehentlich bestee vom Kampf ums Dasein zum Überleben übrig gelassen werden könnten. Dies ist aber eine falsche Vorstellung. Nur vollkommene Stücke bleiben überhaupt überleben; alle mittelmäfsigen und schlechten Stücke fallen dem Tode anheim. Somit steht die ganze Untersuchung vor der Verpflichtung des Beweises, dass immer, zu allen Orten und allen Zeiten, genug vollkommene Stücke vorhanden sind; fände dies nicht ganz gesetzmäfsig statt, so stände die lebendige Welt jeden Tag vor der Gefahr des plötzlichen gänzlichen Aus- sterbens. Diese Grundbedingung, welche fast unmittelbar eine teleologische Begründung zu fordern scheint, hat von WILHELM ROUX durch seine Lehre vom Kampf der Teile im Organismus eine mechanische Erklärung gefunden, wie wir im Laufe unserer Untersuchung des näheren erkennen werden. Nehmen wir also an, die »Besten« oder »Passendsten« welche die Art nach Darwin fortführen sollen, sind nicht nur die vergleichsweise besten, sondern die besten von lauter guten Stücken, und versuchen wir nunmehr, uns den Naturvorgang des Überlebens dieser »Besten« anschaulich zu machen. Aus jedem Schach-Wettkampf geht immer Einer als der Beste hervor, indem Jeder mit Jedem kämpft. Wenn es sich aber bei den Artgenossen in der Natur um einen Kampf um Leben und Tod handelt, so ist nicht nur Einer der Sieger, sondern zugleich von allen Stücken seiner Art der einzig Überlebende. Da es Niemanden giebt, der dies Ergebnis als der Wirklichkeit ent- sprechend annehmen wird, so sehen wir sofort, dass nicht jedes Artmitglied mit jedem anderen um den Sieg streiten kann, son- u I dern dass Raum und Zeit hier eine ganz bestimmte Schranke ziehen. Dann ist es aber auch sicher, dass der Ausdruck »die Besten« falsch ist, und wir nur von »Guten« reden können; und somit ist kein Unterschied mehr zu finden zwischen diesem End- ergebnis des Kampfes ums Dasein und demjenigen, welches wir vorhin entwickelten. Mit diesem Vorschlag zur Güte werden aber die streng- gläubigen Selektions-Theoretiker kaum einverstanden sein: für sie liegt ja die wesentliche Wirkung des Kampfes ums Dasein nicht darin, dass er die »Guten« aussucht, sondern dass er Stücke mit einem ganz bestimmten Merkmale auswählt, welche durch Naturauslese weiter gezüchtet werden; denn dadurch kommen ja die neuen Varietäten, Rassen, Arten zur Entstehung. Hiermit sind -wir an der schwächsten und bedenklichsten Stelle der Darwin’schen Anschauung vom Kampf ums Dasein angelangt. Wir haben gesehen — und an diesem Ergebnis ist nicht zu rütteln — dass der Kampf ums Dasein nicht die Guten, sondern die Schlechten aussucht, und zwar nicht zum Leben, sondern zum Sterben. Nun kann man leicht auf den Gedanken kommen, diese Unterscheidung sei völlig belanglos, denn wenn die Schlechten zum Sterben ausgesucht werden, so bleiben die Guten überleben. Dies ist richtig; nur bleiben die Guten nicht aufgrund positiver Merkmale übrig, denn es bleiben ja nicht alle Besitzer dieser Merkmale überleben, sondern sie bleiben über- leben, weil sie nicht ausgerottet sind; höchstens kann man sagen: weil sie nicht zu den Schlechten gehörten; dass ist aber kein Grund, sondern eine Umschreibung der Wirklichkeit; es ist also auch unmöglich, dass der Kampf Stücke mit einem ganz bestimmten Merkmale aussucht und dies verlangt die Dar- win’sche Züchtungs-Theorie. Das Überleben von Guten ist ein auf kausaler Grundlage erwachsenes Verhältnis; die »Auswahl der Guten« ist zum mindesten ein teleologischer Ausdruck; die Auswahl der Guten aufgrund eines bestimmten Merk- males ist aber eine durch und durch teleologische Anschauung, hervorgerufen durch eine falsche Parallelisierung der positiv (näm- lich zum Leben) aussuchenden zweckentsprechenden Thätigkeit des Züchters und der negativ (nämlich zum Sterben) aussuchenden mechanischen Thätigkeit des Kampfes ums Dasein. 2967 Ben Darwin glaubte, durch die Gleichstellung der auswählenden Thätigkeit des Züchters mit der auswählenden Thätigkeit des Kampfes ums Dasein das teleologische, zweckthätige Moment der künstlichen Züchtung in einem kausal, mechanisch wirkenden Parallel-Verhältnis der Natur gefunden zu haben. Darin hatte er Recht, solange er die Ausschliessung der schlechten Stücke von der Fortpflanzung als die mafsgebende Thätigkeit beider Vorgänge betrachtete; denn sicher entspricht die Ausrottung einer großsen Anzahl von Stücken (darunter alle schlechten und maäfsi- gen) durch den Kampf ums Dasein der von Seiten des Züchters ausgeübten Ausschliessung aller schlechten und mäfsigen Stücke von der Nachzucht; beide Male pflanzen nur die vorzüglichen Stücke die Art oder Rasse fort. Mit dem Augenblick aber, wo man glaubte, ganz einfach und kurzweg die Thätigkeit des Züchters im allgemeinen mit der Thätigkeit des Kampfes ums Dasein in Parallele stellen zu können und von dieser falschen Verallgemeinerung aus rückwärts, deduktiv, die vom Züchter aufgrund ganz bestimmter Merkmale geübte auswählende Thätigkeit mit einer aufgrund ganz bestimmter Merkmale mecha- nisch geübten auswählenden Thätigkeit der Natur gleichstellen zu können, war man wieder mitten im Lager der Teleologie, gleichgültig, ob man's merkte und wollte, oder nicht; es war eben, kurz ausgedrückt, ein Gedankenfehler, wenn man vermeinte, an Stelle der Auslese des Züchters eine mechanisch wirkende Aus- lese der Natur setzen zu können. Nur in einem einzigen Falle hat diese Anschauung Berechtigung, aber nicht wegen der Rich- tigkeit des Gedankens, sondern aufgrund des gleichen Ergebnisses. Wenn nämlich ein einziges bestimmtes Merkmal für eine Art von Wesen so wichtig und so ausschlaggebend ist, dass davon Leben und Sterben im Kampf ums Dasein abhängt, so ergiebt das Ausmerzen der mit diesem bestimmten Merkmal nicht versehenen Tiere das gleiche Resultat, wie eine etwaige Aus- lese der Besitzer dieses bestimmten Merkmales. Je mehr sich aber die thatsächlichen Verhältnisse von denen dieses Falles entfernen, insofern nicht ein einziges, sondern eine Mehrzahl von Merkmalen sich als ausschlaggebend erweisen, um so weniger kann sich die Darwin’sche Erklärung mit den wirklichenGründen decken. Denn das müssen wir festhalten: Gezüchtet werden kann zur Zeit immer nur ein einziges Merkmal; wenn sich mit diesen Fern zugleich noch andere Merkmale von selber weiter züchten, so stehen sie mit dem eigentlich gezüchteten Merkmale im Ver- hältnis der Korrelation. ‘Und das ist ja der erklärende Wert der Naturzüchtnng, dass man sich — vorausgesetzt, ihre An- nahme ist berechtigt — jedes bestimmte Merkmal irgend eines Wesens als durch Naturauslese ausgewählt und durch Natur- züchtung zu grösserer Vollkommenheit herangezüchtet und auf viele Nachkommen übertragen vorstellt. Nun könnte es ja möglich sein, dass uns der Augenschein im allgemeinen täuscht, wenn wir annehmen, dass es die Ge- samtheit aller guten Eigenschaften ist, welche ein Wesen in den Stand setzt, seinen Platz in der Natur zu behaupten. Neh- men wir also an, es sei in der That im Allgemeinen ein einziges Merkmal Ausschlag gebend, die Darwin’sche Anschauung bestände also im allgemeinen zu Recht, und litte nur an einem schiefen Ausdruck, so haben wir damit die Grundlage und Nötigung, dem Gedankengange Darwin’s weiter zu folgen. Nehmen wir also an, dass unter den Stücken einer Art, welche den bisher bescherten Kampf ums Dasein bereits glück- lich überstanden haben, sich eines befindet, welches durch irgend eine Eigenschaft ganz besonders gut für den Kampf ums Dasein ausgerüstet ist. Solche Stücke bilden nach Darwin’s Auffassung den Ausgang zu Varietäten, Rassen, Arten und so fort, indem sie »mit den unveränderten Individuen (der Art) in Wettbewerb treten und dieselben besiegen«. Hier führt Darwin also ein neues Prinzip ein, nämlich dass besonders bevorzugte Stücke nicht nur überleben bleiben (das ist ja die Grundlage seiner Lehre), sondern dass sie ihre Art- genossen durch ihre Überlegenheit derartig beeinträchtigen, dass diese allmählich ausgemerzt werden. Man könnte sich leicht versucht fühlen, dies als eine selbstverständliche Folge des Dar- win’schen Grundsatzes vom Überleben des Passendsten zu halten; das ist aber nicht richtig. Die Folge dieses Satzes wäre viel- mehr, dass die einzelnen Wesen je nach ihrer Begabung ihren Platz in der Natur leichter oder schwerer als die andern erobern und leichter oder schwerer behaupten können (dass also die Begabtesten ihren Platz am leichtesten erobern und behaup- ten), nicht aber, dass sie ausser ihrem eigenen Platze noch einen oder mehrere andere einnehmen. Wenn man Jemanden aus seinem Platze endgültig verdrängen will, so muss man die Kraft und Fähigkeit haben, zwei Plätze zu behaupten und zu vertei- digen. Jedes Wesen in der Natur hat aber seine ganze Kraft nötig, um seinen einen, eigenen Platz zu erobern und zu behaup- ten; wäre es anders, so gäbe es ja gar keinen Kampf ums Dasein gegen irgend welche andere Wesen! Somit stehen wir immer noch vor der Frage: Wie stellt sich Darwin uud seine Nachfolger den Naturvorgang vor, ver- möge dessen aus einem einzigen Stücke, nämlich dem Stamm- vater, eine allmählich immer zahlreicher werdende Rasse bezw. Art hervorgeht? Darwin selber hat sich über die Einzelheiten dieses Naturvorganges nirgends ausführlich ausgesprochen; des- halb ist er auch in dieser Hinsicht von den verschiedenen Schrift- stellern ganz verschieden verstanden worden. Ganz allgemein und mit seinen eigenen Worten gesprochen nimmt er an, dass die Mitglieder der entstehenden Art mit den unveränderten Stücken »in Wettbewerb treten und dieselben besiegen«. Der Grund zu dieser Anschauung lag für Darwin in der Beobachtung, dass eine Art von der anderen in der Natur thatsächlich ver- drängt wird, indem die neue Art die Plätze der andern Art, räumlich wie sozial betrachtet, einnimmt. Ebenso, meinte Darwin, besiegte die bevorzugte Rasse die Gesamtheit der unveränderten Stücke ihrer Art. Wenn ein wandernder Volksstamm einen anderen von seinen Plätzen verdrängt, so setzt sich auf jeden Platz, welcher einen der früheren Bewohner ernährt hatte, ein Eroberer. Es wird jeder Platz nach wie vor von einem Menschen eingenommen. Wenn eine Art Unkraut eine Art von Gartenpflanzen verdrängt, so setzt sich an die Plätze, die eigentlich der Gartenpflanze zu- kommen, das stärkere Unkraut. Ob nun gerade auf je eine der Gartenpflanzen später je eine Pflanze von dem Unkraut zu rech- nen ist, das ist ganz gleichgültig; wenn die letztere anderthalb, oder drei oder zehn mal so, viel Ansprüche hat, wie die Garten- pflanze, so ersetzt sie eben nicht ein Stück derselben, sondern anderthalb, drei oder zehn. Das ist ein anschaulicher und leicht zu verstehender Naturvorgang. Betrachten wir nunmehr die damit von Darwin verglichenen Verhältnisse. Eine bestimmte Altersstufe einer Art hat ihre ganz bestimmte, ihr zukommende Anzahl von Plätzen in der 7 ne Natur inne. Unter den Stücken dieser Stufe befindet sich ein ganz besonders bevorzugtes, welches, gezwungen, mit seinen Altersgenossen in Wettbewerb zu treten, einen derselben beein- trächtigt, - aushungert, kurz, aus den Reihen der lebenden ver- schwinden lässt. Jetzt ist freilich ein Platz im Naturhaushalt frei geworden, aber er wird nicht etwa von dem Sieger einge- nommen, sondern die Lebensansprüche seiner wachsenden Alters. genossen werden von Tag zu Tag grösser, und alle treten des- halb mit Ansprüchen an ein Stückchen des freigewordenen Platzes heran, ganz abgesehen von den vielen nicht zu der be- trachteten Art gehörigen Mitbewerbern. Es fällt also auf den Sieger nur ein Teilchen des eroberten Platzes, eben gerade so viel, als er aufgrund seiner stärker werdenden Ansprüche braucht und infolge dessen behaupten kann und muss. So geht es weiter für alle folgenden Wachstums-Stadien. Schliesslich ist die von uns betrachtete Altersklasse erwachsen; die Vermehrung der persönlichen Ansprüche aufgrund des Wachstums hat aufgehört und wird ersetzt durch die Ansprüche der Nachkommenschaft. Man könnte leichtlich denken, hier wären wir nun an dem entscheidenden Wendepunkte der Verhältnisse angelangt, indem ja weiter nichts nötig wäre, als dass von den Nachkommen des bevorzugten Stückes aufgrund ihrer ererbten Überlegenheit mehr Junge zur Aufzucht kämen, als von den übrigen Artgenossen. Das ist aber unmöglich. Wir haben vorhin zur Genüge gesehen, dass den auf die Jungen einwirkenden Mächten der Aussenwelt gegenüber eine persönliche Verschiedenheit gleich Null ist, dass also von der Brut eines bevorzugten Stückes in der Regel nicht mehr aufkommen können, als von den übrigen Artgenossen. Wir sehen also, dass es selbst bevorzugte Stücke im allgemeinen nicht über den Vermehrungs-Koefhizienten I zu bringen vermögen. Nehmen wir aber nichts destoweniger an, wir haben’ uns in unseren Schlüssen fehl leiten lassen; nehmen wir also an, wir erkennen den wirklichen Natur-Vorgang nicht, so muss, wenn eine beginnende Rasse mehr Junge zur Aufzucht bringt, als ihre Artgenossen, d.h. also in jedem Alters-Stadium verhältnismäfsig mehr Plätze in der Natur einnimmt, als diese, ihr Vermehrungs- Koeffhizient (aus welchem Grunde, ist uns gleichgültig) gröfser sein, als der ihrer Artgenossen, d. h. gröfser als ı. Zu derselben Forderung gelangt man auch, wenn man sich die andere Möglichkeit der Vermehrung einer Rasse vorstellt, nämlich, dass die entstehende Rasse die alte Art durch Kreuzung allmählich mit sich veramalgamiert, sie allmählich in sich auf- saugt. Denn wenn von den Sprösslingen der einzelnen Kreu- zungen nicht mehr am Leben bleiben, als von den Sprösslingen der unveränderten Stücke der Art, so würde die entstehende Rasse sich nicht vermehren, sondern ihre anfängliche Mitglieder- zahl beibehalten. Kurzum, die neue Rasse bezw. Art muss, wenn sie zur herrschenden werden soll, einen grösseren Vermehrungs-Koefh- zienten haben, als die unveränderte Art; ebenso, wie die künst- liche Züchtung nur möglich ist, indem der Mensch den bevor- zugten Zucht-Tieren einen grösseren Vermehrungs-Koeffizienten giebt. Dies thut er in letzterem Falle dadurch, dass er sie zur Nachzucht auswählt, dagegen die mäfsigen Stücke von der Fort- pflanzung ausschliesst. Wir sahen bereits vorhin, dass der aus- wählenden Thätigkeit des Züchters die Vorgänge in der Natur nicht entsprechen; dass aber die nicht bevorzugten Stücke in der Natur an der Begattung und dem entsprechend an der Fort- pflanzung verhindert werden könnten, ist eine bodenlose Annahme. Lassen wir aber die sachliche Begründung, zu der an dieser Stelle weder die Zeit noch der Platz ist, auf sich beruhen, und beschäftigen wir uns mit den logischen Folgerungen des Vorganges, dass eine bevorzugte Rasse sich auf Kosten ihrer Stammart vermehrt; dann hat sie, bezw. schon der Stammvater, einen grösseren Vermehrungs-Koeffizienten, als die Stammart; und da der Vermehrungs-Koeffizient jeder Art und damit jedes erwachsenen Stückes im allgemeinen — I zu setzen ist, so muss der Koeffizient der bevorzugten Rasse grösser sein als 1. Nehmen wir also beispielsweise den einfachsten Fall, dass ein einjähriges Tier mit einjähriger Generationsperiode — also etwa wie viele unserer Schmetterlinge -— den Vermehrungs- Koeffizienten 2 besitzt, so wird, wenn wir die Generation des Stammvaters als die o. betrachten, die ı. Generation 2 edel- blütige Stücke aufweisen, die 2. Generation 4, d. h. 2°, die n. Generation 2” Stücke der neu sich bildenden Rasse. Nehmen wir die Stückzahl einer Art als eine Million an, so würde die Umbildung dieser Art durch eine neu entstehende Rasse in etwa 20 Jahren erfolgt sein, insofern 2° ungefähr gleich einer Million 7*F ee Aa ist; nehmen wir die Stückzahl einer Art als eine Billion an, eine Zahl, die von den allermeisten Arten ganz gewiss nicht erreicht wird, so würde die Umbildung dieser Art durch eine bevorzugte Rasse mit dem Vermehrungs-Koeffizienten 2 in 40 Jahren zu Stande gebracht. Es würde also unter dieser Voraussetzung die Umbildung von Arten in ganz wenig Jahren, unter unsern Augen vor sich gehen; wir müssten die Arten sich von Jahr zu Jahr verändern sehen. Das ist ganz gewiss nicht der Fall; also haben wir mit der Zahl 2 den Vermehrungs-Koeffizienten zu grofs angenommen; er muss zwischen I und 2 liegen, wenn er zu diskutierbaren Ergebnissen führen soll. Beschreiten wir den umgekehrten Weg, indem wir sagen: Seit den 100 oder 150 Jahren, dass wir wissenschaftliche Samm- lungen haben, sind die Arten sich im allgemeinen gleich ge- blieben; es gehört also für die Umbildung der meisten Arten ganz gewiss ein Zeitraum von Ioo bis 150 Jahren. Berechnen wir, welcher Vermehrungs-Koeffizient dazu gehört, eine Art von einer Million Stück in IO0O bezw. 150 Jahren umzubilden, so er- halten wir etwa die Zahl ı'/ı bezw. ı!/ıo. Nun ist aber nach der Meinung der meisten Naturforscher ein Zeitraum von IOO bis 150 Jahren durchaus nicht im Stande, die meisten Arten, vielleicht kaum eine Art, umzugestalten. Nehmen wir also bei- spielsweise einen Zeitraum von 500 oder 1000 Jahren zur Umbildung einer Art als nötig an, so berechnen wir den Vermehrungs-Koeffizienten einer sich innerhalb dieser Zeiten umbildenden Art von ı Million Stück auf etwa 1!/36 bezw. 1'/ro. Das heisst: Die bevorzugten Stücke erzeugen in der Regel nur einen einzigen Nachkommen; nur durchschnittlich alle 10 Jahre gelangen bei einer sich innerhalb 150 Jahre umbildenden Art einmal 2 Stücke zur Reife, und nur durchschnittlich alle 70 Jahre kommt es vor, dass bei einer sich im Zeitraum von 1000 Jahren umbildenden Art einmal 2 Stücke zu geschlechtsreifen Tieren sich entwickeln (jedesmal die Art zu einer Million Stück ange- nommen). Ein solches Ergebnis ist an und für sich ja ganz be- friedigend; nur nicht, wenn wir davon ausgehen, dass der Stamm- _ vater bezw. die Stücke der entstehenden Rasse den übrigen Artgenossen im Kampfe ums Dasein überlegen sind. Was be- deutet aber eine Ueberlegenheit im Kampfe ums Dasein, die- sich garnicht in der Gegenwart sondern nach vielen Generationen erst äussern kann! Eine Ueberlegenheit im Vermehrungs-Kocffi- zienten, die sich in der Gegenwart äussern kann, muss aber mindestens durch die Zahl 2 ausgedrückt werden, da es sich im vorliegenden Falle nur um ganze Zahlen handeln kann. Die Un. zulässigkeit der Annahme des Koeffizienten 2 haben wir jedoch genügend klar gestellt. Das Ergebnis der Betrachtung ist also: Wenn die natür- liche Züchtung überhaupt besteht, so muss das bevorzugte Indi- viduum bezw. die daraus entstehende Rasse ihre Stamm-Art in ganz wenig Jahren umwandeln; thut sie das nicht, so besteht die natürliche Züchtung überhaupt nicht, und der angenommene Stammvater nebst seinem Stamme ist eben nicht bevorzugt im Kampf ums Dasein, soweites sich um die Vermeh- rung seines Stammes handelt. Die Ausdehnung unserer Betrachtung auf mehrjährige Tiere erschwert die Sache durchaus nicht; wir haben in unserer Rech- nung dann nur anstatt der einen Generations-Periode des ein- jährigen Tieres die Gesamtheit der Generations-Perioden des mehrjährigen einzusetzen. Dass bei einer wirklich stattfindenden Vergröfserung des Vermehrungs-Koeffizienten die Vermehrung der Art ganz schnell, unter unsern Augen, d. h. also gerade so, wie es die Ueber- legung der Verhältnisse erfordert, vor sich geht, dafür gibt es in der Natur genug Beispiele, vor allem in der epidemischen Ver- mehrung gewisser Tierarten, die freilich durch Selbst-Steuerung der Natur in kurzem wieder beseitigt wird; ferner in der künst- lichen Zuchtung, bei der vom Menschen den bevorzugten Stücken ein grösserer Vermehrungs-Faktor gegeben wird, indem erstens einmal diesen eine grössere Möglichkeit der Begattung gewährt wird, zweitens aber, indem die Nachkommen durch den Schutz des Menschen und den Ausfall der meisten Formen des Kampfes ums Dasein überleben bleiben. Es ist vielleicht nicht überflüssig, an dieser Stelle einige Vorwürfe vorweg zu nehmen, die unserer Betrachtung über den Vermehrungs-Koeffizienten gemacht werden könnten. Man könnte nämlich einwerfen, dass ein solcher Vermehrungs-Koeffi- zient nur einen Durchschnittswert darstellt, dass aber die wirk- " lichen Werte in den einzelnen Fällen erheblich kleiner oder grösser sein konnten, sodass z. B. bei einem Vermehrungs- BE N Ye Koeffizienten von ı die mäfsigen Stücke einen Koeffizienten von annähernd O0, die besten Stücke einen Koeffizienten von an- nähernd 2 haben könnten. So richtig dieser Einwand ist, wenn wir einzelne Fälle herausgreifen, so hinfällig ist er für uns, die wir die Summe aller Fälle betrachten, nämlich den Koeffi- zienten der ganzen Art; gerade hierfür ist aber der Durchschnitts- wert, und nur dieser, anwendbar. Ferner kann man mit Recht sagen, dass bei dem vorhin von uns gebrachten Schema des Wachstums einer Art die ersten Glieder der geometrischen Reihe ganz gewiss nicht der Natur entsprechen; ebenso, dass ja nicht ein einziger, sondern eine ganze Anzahl, vielleicht schon recht viele Stammväter zur gleichen Zeit einer neuen Art den Ursprung geben können. Ein solcher Vorwurf ist durchaus berechtigt, wenn man die kleinen Anfangswerte eben auf die Natur anwenden wollte; sie müssen aber aufgestellt werden, damit der Quotient der Reihe, das Gesetz der Zunahme, ersichtlich wird. Wirkliche Bedeutung aber haben nur die späteren Glieder der Reihe und zwar auch nicht als absolute, sondern als allgemeine Werte, vornehmlich als eine Darstellung des schnellen Wachstums geometrischer Reihen, ‚deren Ergebnis (wie Darwin sagt) stets in Erstaunen versetzt“. Darum ist es auch gleichgiltig, ob die Betrachtung von einem einzigen oder mehreren Stammvätern ausgeht. So ist das ı0. Glied einer geometrischen Reihe mit dem Index 2 gleich 1024; d. h. wenn wir anstatt eines Stammvaters tau- send annehmen, so wird die Reihe nur um zehn Glieder ver- mehrt, die oben beispielsweise angeführten Resultate also zehn Jahre später hervorgebracht. Das sind aber Zahlen, welche den Sinn der von uns angestellten Betrachtungen garnicht berühren- Wir haben damit den Teil unserer Untersuchung erledigt, welchen wir einzuschalten genötigt waren, um darzuthun, dass die thatsächliche und logische Begründung der Lehre von der Naturzüchtung den zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, dass wir also in unserer Darlegung von den Verhältnissen der Veränderung von Arten im Naturzustande die Selektions-Theorie nicht nur deshalb vernachlässigten, weil wir sie nicht nötig hatten. Wir kehren nunmehr wieder zu dem eigentlichen Gegen- stande unserer Untersuchung zurück. Wir haben vorhin gesehen, dass bei dem allgemeinen Kampfe ums Dasein, wenn überhaupt Stücke aus ihm lebend hervorgehen, ganz gewiss nicht die schlechtesten überleben blei- ben — denn die werden sofort ausgemerzt —, sondern einige Stücke vom Durchschnitt, und zwar nicht vom schlichten Durch- schnitt der zur Welt gekommenen, sondern von einem höheren, insofern die während des persönlichen Lebens sich folgenden Formen des Kampfes ums Dasein den allgemeinen Durchschnitt fortwährend weiter nach der besseren Seite hin rücken, ferner weil in den letzten Stadien des Kampfes, wenigstens bei höheren Tieren, ein immer mehr individualisierter Kampf stattfindet bezw. stattfinden kann, der von zwei Wettbewerbern immer dem besser begabten den Sieg sichert, bezw. sichern kann. Dass man die äusseren Lebensbedingungen einer Art als ein klassifizierendes, und daher Durchschnitt-bildendes Prinzip ansehen kann, unterliegt keinem Zweifel. Nur ist der dadurch gewonnene Durchschnitt nicht so klar und eindeutig, wie wenn man nur einen einzigen Gesichtspunkt anwendet. Es ist also klar, dass der somit gewonnene Durchschnitt ein kleines Schwan- ken selbst der wesentlichen Charaktere gestattet; dass die un- wesentlichen schwanken können, so lange sie nicht zur Lebens- führung notwendige Einrichtungen durch ihr Schwanken ein- schränken, ist selbstverständlich. Das thatsächliche Variieren der Arten entfpricht somit völlig unseren Betrachtungen. Eine zu grofse und ziellose Variation ist aber nicht möglich; denn es werden nur die Merkmale, welche dem bestimmten überleben gebliebenen Durchschnitt angehören, vererbt, d. h. eine be- schränkte Zahl von Merkmalen. — Wenn wir sehen, dass junge, eben ausgeschlüpfte Tiere sich zum grofsen Teil schon recht geschickt benehmen, so ist diese Geschicklichkeit durch zwei Momente bewirkt: erstens durch die Vererbung, welche mit den körperlichen Verhältnissen zugleich die Anlagen und Fähigkeiten der Eltern mit auf die Jungen überträgt; zweitens aber — und das ist der viel wesent- lichere Punkt — dadurch, dass nur funktionell vorzügliche, d.h. praktisch zu gebrauchende Organe auf die Welt gebracht werden. Die Erkenntnis dieses Verhältnisses verdanken wir der grundlegenden Arbeit von WILHELM ROUX über den Kampf der Teile im Organısmus, Wir werden nachher Gelegenheit haben, — 70 — etwas näher auf diese Lehre einzugehen; an dieser Stelle be- nötigen wir nur des Endergebnisses und das ist, dass alles, was der Organismus nach der Erledigung seiner Entwickelung an Teilen hervorgebracht hat, das vollkommenste ist, was er über- haupt hervorbringen konnte, und zwar „vollkommen“ nicht in irgend einem teleologischen oder anthropomorphischen Sinne, sondern vollkommen für den Organismus selber, d. h. den er- wachsenden Anforderungen im Dienste des Ganzen entsprechend, also praktisch verwertbar; das Tier ist in seinem eigenen Körper so zu sagen zu Hause; was es hat, kann es auch benutzen. Sowie das junge Tier ins Leben tritt, muss es sein körper- liches Handwerkszeug anwenden. Eine gewisse Geschicklichkeit bringt es auf grurfd seiner durch den Kampf der Teile hervor- gegangenen körperlichen Verhältnisse mit auf die Welt. Alles übrige muss es lernen. Es lernt aber an der Aussenwelt, an der Gesamtheit aller der Lebensbedingungen, in welche es ge- setzt ist; die Übung in diesen Verhältnissen führt, wie wir über- all sehen, in kurzem zu der Geschicklichkeit, die wir an allen Tieren in der Natur bewundern. Dass alle Handhabungen und Geschicklichkeiten, welche bereits von den Eltern ausgeübt wurden, leichter von den Jungen erlernt werden, ist anzunehmen; immerhin müssen auch sie ge- lernt und geübt werden. Fast ebenso gut aber werden sich die jungen Tiere in Verhältnissen üben, welche etwas verschieden sind von denjenigen, in denen die Eltern lebten. Da, soweit wir in der Natur beobachten können, die Veränderungen der Lebensbedingungen meist recht langsam erfolgen; so hat ein solcher Vorgang für unser Verständnis keine Schwierigkeiten. Nun können sich im Verlauf längerer Zeiten die äusseren Lebensverhältnisse, wenn auch langsam, so doch im Ganzen recht beträchtlich verändern; und so sind die jungen Tiere jeder Generation gezwungen, während dieser Zeit sich fortwährend an die sich verändernden Lebensbedingungen zu gewöhnen, so dass mit der Zeit sich schliesslich ein wahrnehmbarer oder sogar be- trächtlicher Unterschied zwischen den Geschicklichkeiten und Eigenschaften der früheren und späteren Generation bilden kann. Es handelt sich nunmehr um die Frage, ob mit der Ver- änderung der Eigenschaften und Geschicklichkeiten der jungen Tiere zugleich auch Veränderungen der körperlichen Merkmale Hand in Hand gehen bezw. gehen müssen. Es unterliegt das gar keinen Zweifel. Die Frage liegt ja nicht so, dass die Übung die betreffende körperliche Grundlage erst bilden soll, sondern umgekehrt: von allen jungen Tieren gehen unbedingt diejenigen zu Grunde, deren körperliche Verhältnisse nicht zu einer prak- tischen Handhabung der erforderlichen Eigenschaften für das je- weilige Leben führen; der Kampf ums Dasein merzt die man- gelnde Geschicklichkeit und damit die mangelhafte körperliche Grundlage und deren Besitzer aus. Also führt die Veränderung der äusseren Lebensbedingungen zu einer immer weiter fort- schreitenden Ausbildung körperlicher Verhältnisse, welche eine geschicktere Bewegung des betreffenden Tieres unter den neuen Bedingungen ermöglichen. Wir haben also, wie hier nebenbei bemerkt sein mag, die Annahme erworbener Charaktere für die Grundlage der Theorie nicht nötig; anders gestaltet sich freilich die Sache für den weiteren Ausbau. Der gewöhnliche Gang der Dinge kann auf diese Weise wohl nur geringwertige Änderungen zeitigen; doch giebt es zwei Momente, durch deren Mithülfe die ziemlich schnelle Ausbildung selbst beträchtlichlicher Umformungen nahe gelegt wird; das ist die korrelative Abänderung und der Funktionswechsel. Da die Wichtigkeit derselben für alle Transmatations-Theorien die gleiche st, so brauchen wir darauf an dieser Stelle nicht weiter einzu- gehen; ihre Begründung werden wir jedoch später noch betrachten. Fassen wir nunmehr unsere Ergebnisse noch einmal zu- sammen, so lauten sie: Der Kampf ums Dasein merzt alle schlech- ten Stücke aus und lässt einige dem Durchschnitt der tadellosen Stücke angehörenden Individuen der Art überlebenden; Ver- änderungen der äusseren Lebensbedingungen verändern die Arten, indem sie den Durchschnitt der überlebenden Stücke verändern, der Masse der Art also ein anderes Gesamt-Gepräge aufdrücken und sie Verwandten gegenüber als eine andere Rasse, Varietät oder Art erscheinen lassen. Der übrige Teil der Darwin’schen Lehre, nämlich die allmähliche Züchtung der neuen Rassen und Arten, erscheint somit unnötig; der ureigentliche Darwin’sche Grundsatz vom Überleben des Passenden genügt für das Ver- ständnis der in Frage kommenden Form-Veränderungen. Die in diesen kurzen Sätzen gekennzeichnete Theorie scheint vor der Theorie einer natürlichen Züchtung einige Vor- NE mr teile voraus zu haben. Sie bestimmt keine Zeit für die Ver- änderung einer Art, während die natürliche Züchtung, wenn sie wirklich in der Natur vorhanden ist, eine Art sehr schnell ver- ändern müsste, so schnell, dass der Vorgang unserer Beobach- tung nicht entgehen könnte. Dies stimmt aber nicht zu den thatsächlichen Verhältnissen; wir bemerken weder heut zu Tage, noch in jenen berühmten tertiären Süsswasser-Ablagerungen eine im Verhältnis geometrischer Progression zunehmende Stückzahl entstehender Arten; eine solche fordert aber jede Theorie, welche unter verständlichen Verhältnissen aus einem oder wenigen Stücken viele züchtet. Ferner zwingt diese letztere Hypothese zur Auf- stellung einer Hülfs-Hypothese vom schnellen Aussterben jener vielen Zwischenstufen, deren Vorhandensein die Theorie an sich ja fordern muss. Die Begründung dieser Hülfs-Hypothese ist aber nicht so stark, dass man es bedauern müsste, wenn sie hinfällig würde, weil man ohne dieselbe auskommt, insofern man sie nicht nötig hat. Wir kommen nunmehr zu dem zweiten Hauptteil unserer Betrachtung, nämlich zu dem Versuche, die von uns gewonne- nen allgemeinen Anschauungen in den Rahmen der allgemeinsten Verhältnisse der Lebewelt einzufügen. Unsere bisherige Betrachtung des Kampfes ums Dasein und seiner Wirkungen hat uns jedenfalls eines gelehrt, dass die mechanischen Machtmittel der äusseren Lebensbedingungen nur im Stande sind, das Schlechte aus dem Vorhandenen auszu- scheiden und so das Übrigbleibende zu der unter den obwalten- den Umständen höchsten Höhe der Vollkommenheit zu bringen. Ein Aussuchen irgend welcher mit bestimmten Merkmalen ver- sehener Stücke ist eine durch die freilich beliebte, aber unstatt- hafte Personifizierung des Kampfes ums Dasein und der natür- lichen Zuchtwahl herein geratene teleologische Vorstellung. Gleichfalls auf der Stufe eines fehlerhaften Denkverfahrens steht die Ansicht, dass der Kampf ums Dasein bezw. die natürliche Zuchtwahl im Stande sei, irgend etwas zu bilden; der Kampf ums Dasein muss alle Bildungen bereits vorfinden; und nicht nur dies; er muss eigentlich lauter gute, brauchbare Bil- dungen vorfinden. Denn das unterliegt keinem Zweifel, dass alle den Kampf ums Dasein überstehenden Wesen gute Eigen- schaften besitzen. Wenn wir aber andrerseits annehmen müssen, = 19 = dass diese Wesen nicht wegen ihrer besonders guten Merkmale ausgesucht sind, sondern dass sie dem allgemeinen Durch- schnitt der Stücke ihrer Art entsprechen, so steht unsere Unter- suchung vor der Verpflichtung, nachzuweisen, warum die Teile der auf die Welt kommenden Wesen, die Bildungen also, welche dem Kampfe ums Dasein anheim gegeben werden, von Hause aus im Durchschnitt gut, brauchbar sind. Wäre nämlich nicht mindestens die Hälfte sämtlicher Ausprägungen eines Merkmales gut und brauchbar, so wäre es sicher, dass bei der ungeheuren Ausrottung junger Tiere und der sichern Ausmerzung aller nicht vortrefflichen Stücke die betreffende Art in kurzer Zeit zu grunde gehen müsste, weil im Durchschnitt kein Stück den Kampf ums Dasein übersteht. Wir haben also allen Grund, bei der natur- gemäfs erscheinenden Annahme stehen zu bleiben, dass die Merk- male der zur Welt kommenden Wesen meistens gut und brauch- bar sind. Hier scheinen wir plötzlich vor einer nur durch teleo- logische Wirksamkeit erklärbaren Forderung an die Natur zu stehen. Wenn wir uns jedoch erinnern, dass das Gute und Brauchbare, wo es sich in der freien Natur zeigt, erst nach schweren Kämpfen sich als das grade für den bestimmten Fall Gute und Brauchbare erwiesen hat dass also hier die scheinbar unabweisbare Forderung teleologischer Beihilfe sich durch die mechanische Wirkung des Naturganzen befriedigen lässt, kurz, wenn wir sehen, dass in der freien Natur das minder- wertige von dem Guten durch Kampf geschieden wird, so dass nur von letzterem etwas übrig bleiben kann: so ist es ein frei- lich nicht zwingender, aber doch ungemein nahe liegender Schluss, anzunehmen, dass die guten Eigenschaften des eben in die Welt tretenden Tieres gleichfalls durch Kampf von den minderwertigeu geschieden sind, so dass nur die guten endgiltig in Erscheinung treten, dass also dem Kampf der Wesen in der freien Natur ein Kampf der Teile im Organismus vorausgeht. Das Verdienst, diesen Gedanken gehabt und durchgeführt zu haben, gebührt WILHELM RoUx, der in seinem „Kampf der Teile im Organismus“ nicht nur, wie der Verfasser sich ausdrückt, einen „Beitrag zur Vervollständigung‘“, sondern den Unterbau der „mechanischen Zweckmäfsigkeitslehre‘‘ geliefert hat. Die folgenden Auslassungen sollen einen kurzen Überblick dieser Lehre geben, schliessen sich aber nicht ganz genau an om 74 — das Original an, weil ROUX zur Zeit der Abfassung seiner Schrift auf dem Darwinistischen Standpunkt der Natur-Auslese steht, wir aber die Absicht haben, seine Lehre mit der unsrigen zu verbinden, ein Vorhaben, welches den Sinn und Wert beider Lehren nicht beeinträchtigen wird, wenn anders sie auf dem Boden thatsächlicher Berechtigung stehen. Somit tritt die fol- gende Betrachtung (p. 33—39) mit einiger Selbständigkeit auf. Wenn wir versuchen, uns eine Vorstellung von dem Wesen der Lebensthätigkeit zu machen, so dürfte diese darin zu suchen sein, dass sie fortwährend Substanz verbraucht und zugleich wieder aufbaut. Hierzu kommt aber noch eine zeitliche Be- stimmung. Würde der Lebensprozess nur immer das verbrauchte wieder aufbauen, so würde die Gesamtmasse der lebendigen Substanz sich nicht über das Mafs vermehren können, welches sie bei ihrer ersten Entstehung hatte; der gewaltsame Tod, dem ja die lebendige Substanz überall ausgesetzt ist, würde aber die Gesamtmasse derselben immer weiter verringern, so dass es jetzt schon lange kein Leben auf Erden mehr geben könnte. Daraus aber, dass das Bestehen des Lebens ein ununterbrochenes ge- blieben ist, sehen wir, dass nicht nur der einfache Ersatz, son- dern ein Über-Ersatz, eine Über-Kompensation der verbrauchten Substanz zu den wesentlichen Eigenschaften der Lebensthätigkeit gehört. Dadurch wird das Gleichgewicht irgend welcher indi- vidualisierten organischen Substanz, sagen wir einer Cytode, nicht im mindesten gestört, sondern gestärkt; ebenso wie man durch eine richtig angebrachte substantielle Belastung das Gleich- gewicht jedes in labilem Gleichgewicht stehenden Körpers steti- ger machen kann; die Störung des Gleichgewichtes wird dadurch immer schwieriger. So besteht also die Lebensthätigkeit in einem Vorgange der Selbstgestaltung mit der Gewähr einer un- begrenzten Dauer; es wird die durch die Lebensthätigkeit zer- störte organische Substanz durch die Lebensthätigkeit fort- während wieder über-ersetzt. (Das Gegengewicht gegen diese unbegrenzte Über-Kompensation ist der persönliche Tod.) Nun giebt es gewiss ganz wenige, vielleicht kaum einen noch so niedrigen Organismus, bei dem die Lebensthätigkeit auf diesem so gekennzeichneten Typus beschränkt ist. Jedes noch so niedrige Wesen zeigt körperliche Differenzierungen, d. h. Aus- gestaltungen, die einer gewissen besonderen Lebensverrichtung dienen; und bei den einzelnen Elementar-Organismen, welche die Tiere und Pflanzen zusammen setzen, den Zellen, sind diese Aus- gestaltungen, die wir hier in Bezug auf den ganzen Organismus als Erscheinungsformen der Arbeitsteilung anzusehen ge- wohnt sind, die Regel geworden. Haut-, Drüsen-, Muskel-, Ner- ven-, Atmungs- und Blutzellen, Knorpel- und Knochenzellen haben, abgesehen von ihrer allgemeinen Lebensthätigkeit noch eine besondere, indem sie ein bestimmtes Amt im Dienste des Ganzen, physiologisch ausgedrückt, eine Funktion, verrichten. Diese Funktion ist an gewisse, ganz bestimmte körperliche Aus- prägungen der betreffenden Elementarteile des Organismus ge- bunden, deren Entstehung wir vorläufig einmal bei Seite lassen; wir nehmen sie als vorhanden an. Durch die besondere Lebens- thätigkeit der Drüsen-, Muskel-, Nervenzellen u. s. w. wird na- türlich fortwährend Drüsen-, Muskel-, Nervensubstanz verbraucht, wir wissen auch, dass sie fortwährend wieder hergestellt wird, aber nicht durch den Lebensvorgang im allgemeinen, sondern durch den besonderen der betreffenden Zelle. Und wenn es der Grundsatz ist, dass die durch die Lebensthätigkeit verbrauchte organische Substanz durch die Lebensthätigkeit nun auch wieder aufgebaut wird, so scheint hieraus fast als logische Folgerung hervor zu gehen, dass die durch eine besondere, funktionelle Lebensthätigkeit verbrauchte besondere Substanz auch wiederum durch dieselbe, besondere funktionelle Lebensthätigkeit wieder aufgebaut wird. Wir haben also ausser der allgemeinen Selbst- gestaltung der lebendigen Substanz noch eine besondere, funktio- nelle Selbstgestaltung. Selbstverständlich ermangelt auch diese nicht jener wertvollen oben berührten Eigenschaft, den Ver- brauch reichlich zu decken, zu überkompensieren. Es wird also, um gleich ein Beispiel zu bringen, durch die Muskelthätigkeit fortwährend Muskelsubstanz gebildet und zwar mit Über-Kom- pensation. Mag nun die Über-Kompensation einen noch so kleinen Quotienten darstellen, der bei gewöhnlicher Muskelthätig- keit vielleicht kaum zur Wahrnehmung kommt, so multipliziert doch anhaltende und kräftige Muskelthätigkeit diesen Quotienten fortwährend, so dass er eine beinerkbare Grösse annehmen muss; d. h. vermehrter und anhaltender funktioneller Gebrauch ver- grössert den Muskel an Substanz, daher an Kraft. Dass ver- minderter Gebrauch das Gegenteil hervorbringt, nämlich den ze De Verbrauch nicht deckt, ergiebt sich sofort aus der eben ge- brachten Betrachtung. — Da die Über-Kompensation, d. h. das Wachstum, zum Wesen des Organischen gehört, so ist das Wachstum der or- ganischen Substanz im allgemeinen und das der Elementar-Or- ganismen im besonderen ein nicht begrenztes; das Wachstum jedes einzelnen aus diesen Elementar-Organismen gebauten Wesens ist aber ein begrenztes; jedenfalls kann der ganze Or- ganismus niemals so schnell wachsen, wie es sich aus dem un- gehinderten Wachstum der Zellen als Gesamtwachstum ergeben müsste, denn die Cohaesion der einzelnen Teile gehört zu den wesentlichsten Funktionen des Organismus und diese hindert das unbegrenzte Wachstum der einzelnen Teile, vor allem aber re- gelt das allgemeine grosse innere und äussere Gleichgewicht, welches wir sofort betrachten werden, jede übermäfsige Ent- faltung der einzelnen Teile. Demnach haben die einzelnen Teile bei ihrer Bildung wohl die Fähigkeit und das Bestreben unbegrenzten Wachstums und unbegrenzter Vermehrung, sie sind aber durch die Beschränkt- heit von Raum und Nahrung innerhalb des Organismus an dieser Entfaltung gehindert. Es ist dies also dasselbe Verhältnis, wie es in der freien Natur obwaltet, wo mehr Tiere und Pflanzen zur Welt kommen, als auf grund des Platzes und der Nahrung leben bleiben können. Hier entsteht dadurch der Kampf ums Dasein, dort der Kampf der Teile im Organismus; sind aber die Verhältnisse des Kampfes dieselben, so müssen auch im all- gemeinen die Ergebnisse dieser Kämpfe die gleichen sein. Im Kampfe ums Dasein blieben nur vortreffliche, den an sie ge- stellten Anforderungen im Naturhaushalte durchaus entsprechende Stücke übrig; die den Ansprüchen nicht gewachsenen gingen bedingungslos unter. Im Kampfe der Teile ist das ganz ebenso. Wir sehen, dass das Wachstum irgend einer funktionell diffe- renzierten Zelle — und das sind sie ja alle — von der Be- thätigung ihrer funktionellen Fähigkeit abhängt; also nur solche Teile bleiben leben und entwickeln sich weiter, welche auf grund ihrer Fähigkeit oder einer günstigen Lage sich an der Bethätıi- gung der betr. Funktion gut beteiligen können; diese wachsen und vermehren sich; die andern, welche auf grund ihrer ge- ringeren Fähigkeiten oder ungünstigen Lage zu schwächerer u. ER == oder zur Unthätigkeit verurteilt sind, bilden sich zurück, ver- schwinden. Im Kampf ums Dasein entsteht durch den Streit aller gegen alle, aber auch durch die gegenseitige Abhängigkeit und die Angewiesenheit aller auf alle jenes harmonische Gleichgewicht der natürlichen Verhältnisse. Ebenso bildet sich durch den Kampf der Teile auf grund derselben Grundbedingungen dieselbe Harmonie, dasselbe Gleichgewichts-Verhältnis aller Teile im Ganzen heraus. So kämpfen also im Organismus die einzelnen Lebens- einheiten innerhalb der Zellen gegen einander, innerhalb des Gewebes die einzelnen Zellen; die Gewebe innerhalb der Organe und diese samt allen vorhergehenden Kategorien in dem Ganzen des Organismus; kurz gesprochen: es kämpfen bei der Bildung jedes Organismus sämtliche Teile, und das Endergebnis ist, dass das, was der Organismus nach Erledigung seiner Entwickelung, also seines Hauptwachstums, an Teilen hervorbringt, etwas gutes ist, das beste, was er aus dem Vorhandenen überhaupt hervor- bringen konnte; denn der Kampf der Teile liess ja nur das funktionell vorzügliche, d. h. praktisch brauchbare, überleben. Scheinbar findet sich ein bedeutender Unterschied zwischen den Verhältnissen des Kampfes innerhalb und ausserhalb des Organismus, insofern in letzterem Falle von den sehr viel vor- handenen Stücken nur ganz wenig übrig bleiben, im letzteren Falle dagegen so ziemlich alle. Dies berührt jedoch die Haupt- sache nicht, dass in beiden Fälle alle minderwertigen Stücke ausgemerzt werden; denn offenbar hat die Dahin-Opferung vieler guter Stücke im Kampfe ums Dasein keinen Einfluss auf die Güte der Überlebenden. Die Gründe dieser Verschiedenheit und noch vielerlei andere, aber ebenfalls für den Enderfolg nicht massgebende Verschiedenheiten des Kampfes der Teile und des Kampfes ums Dasein werden in der ausführlichen Bearbei- tung ausreichende Darstellung finden. Es ist vielleicht nicht überflüssig, an dieser Stelle uns noch einmal die Methode unserer Untersuchung zu vergegenwärtigen. Wir hatten die praktische Begabung der Wesen in der Natur, die auf eine zweckthätige Schöpfungskraft bezogen werden zu müssen schien, nach Darwin’s Vorgange teils als das Ergebnis des mechanischen Naturgeschehens erkannt, teils weiter zurück- geschoben, insofern wir die praktische Begabung der Organismen auf die praktische Ausbildung und Vorzüglichkeit ihrer einzelnen Teile zurück führten. Nun könnte man leicht geneigt sein, noch einen Schritt weiter zu gehen, insofern man die Vorzüglichkeit der organischen Substanz (die ja die Voraussetzung zur Vorzüg- lichkeit der einzelnen Teile im Organismus bildet) gleichfalls aus irgend einem Kampf oder einem sonstigen Grunde herleiten wollte. Das ist aber gänzlich ungerechtfertigt. Die organische Substanz ist an sich ebenso vorzüglich, wie Sauerstoff, Gold oder Kochsalz. Die meisten Naturforscher, welche über diesen Gegen- stand geschrieben haben, sind freilich der Meinung, dass es viele, unzählige chemische Verschiedenheiten der lebendigen organi- schen Ursubstanz giebt. Wir werden aber bei einer nächsten Gelegenheit sehen, dass kaum etwas für, Alles aber gegen eine solche Annahme spricht; dass sie ausserdem eine teleolo- gische anstatt einer mechanischen Grundlage hat. Da aus dem Kampfe aller Teile sich ein durchaus geschlos- senes Abhängigkeits-System aller Teile von allen ergiebt, so muss jede Veränderung eines Teiles — gleichgültig, woher sie rührt, — sich auf alle andern äussern und muss, wenn sie stark genug ist, auch alle andern mehr oder minder verändern; es ist dies das bekannte Gesetz der Korrelation oder der Wechselbeziehungen organischer Veränderungen. Es kann aber an keinem Teile eines Organismus eine Veränderung zur Ausbildung kommen, die nicht innerhalb des harmonischen Gleichgewichtes des ganzen Organis- mus steht, die sich nicht dem Ganzen des Organismus bequem ein- und unterordnet, die nicht im Dienste des Ganzen bequem gebraucht werden kann, d. h. praktisch zu benutzen ist. Das gilt von den ursprünglichen und gilt natürlich auch von allen korrelativen Abänderungen; auch diese gestalten sich daher von selber praktisch. Also alle das Gleichgewicht störenden Wachstumsvorgänge und Veränderungen rufen eine „Selbst-Regulation‘‘ (ROUX) aller da- mit zusammenhängenden und deshalb zugleich mit gestörten Verhältnisse hervor, welche aus sich und unmittelbar das prak- tische gestaltet. Wir sehen nunmehr: Alles, was der Organismus an Teilen hervorbringt, ist aus den besten Bestandteilen aufgebaut, die dem Organismus dazu zur Verfügung stehen; ferner stehen alle Teile aufgrund der Harmonie des Ganzen und der Selbstregula- tion in einem bequemen Verhältnis unter einander und zum Ganzen, sodass der Organismus alle seine Teile bequem und praktisch zu benutzen vermag. Der Kampf der Teile führt also zur Selbstgestaltung des Praktischen, im Einzelnen wie im Ganzen. Ganz sicher wird der junge Organismus seine Teile am besten, leichtesten und bequemsten zu den Verrichtungen be- nutzen, zu denen sie schon seine Eltern benutzten; denn die Vererbung überliefert ja körperliche Eigenschaften nebst den daran gebundenen Anlagen von den Eltern an die Kinder. Jedenfalls liegt aber auch kein Hindernis vor, einen Teil aus irgend einem Grunde — meistens wird das wohl bittrer Zwang sein — anders zu gebrauchen, als es die Vorfahren thaten. Wenn man ein Werkzeug bequem und praktisch zu handhaben versteht, so kann man damit vielerlei machen, wozu das Werk- zeug früher nicht gebraucht wurde. So ergiebt sich die wissen- schaftliche Begründung des Funktionswechsels; und durch das vorhin festgestellte Gesetz der Korrelation und Selbstregula- tion werden die durch diese Störung verursachten Veränderungen sofort auch als solche unmittelbar praktisch gestaltet. — Wir haben soeben in unsere Betrachtung den Begriff der Vererbung gebracht und damit einen der ungemütlichsten Punkte der zeitgemäfsen Biologie berührt. Die ganze Biologie, soweit sie überhaupt Lust hat, zu der Frage Stellung zu nehmen, hat sich in zwei Heerlager getheilt; die Einen lehren die Vererbbar- keit erworbener Eigenschaften, die Andern behaupten das Gegen- teil. Nun ist es klar, dass wir uns in unserer Betrachtung von der Selbstgestaltung des Praktischen durch den Kampf der Teile mit fast lauter erworbenen Eigenschaften zu befassen hatten. Sind diese nicht vererbbar, so hatte unsere ganze Betrachtung nur einen sehr bescheidenen Wert; denn Bildungen, die mit ihrem Besitzer stets untergehen, die nichts bleibendes darstellen, sind für alle Vorstellungen über den inneren Zusammenhang der Lebewelt vollständig belanglos. So schlimm ist die Sache jedoch nicht; das lehrt zunächst die Generalbetrachtnng des Gegenstandes. Wenn alle erworbenen Eigenschaften, d.h. alle durch die Aussenwelt bewirkten, unver- erbbar wären, so müssten die alle vererbbaren Eigenschaften hervorbringenden Momente einzig und allein in den organischen 8 —_. (80, Individuen selber liegen und immer gelegen haben. Dann er- öffnen sich aber sofort zwei Schlüsse: Dann müsste entweder die ganze organische Welt heute noch auf dem Standpunkt des ersten Tages ihrer Erschaffung stehen — das thut sie aber nicht, sondern sie hat sich seitdem recht kräftig verändert — oder es müssen alle die Tendenzen, welche zur Umbildung der organi- schen Welt von ihrem ersten Tage an bis auf heute geführt haben, in der ersten, ursprünglichen organischen Ursubstanz ge- legen haben. Das ist ein Teleologismus, der, sogar unter dem Titel eines Mechanismus, freilich gelehrt worden ist; unsere vor- herige Betrachtung über die Einwirkung der äusseren Bedingungen auf die lebenden Wesen ergiebt jedoch die Haltlosigkeit einer solchen Annahme. Von all dem ist also keine Rede; daher haben sich in der That die durch Einwirkung der Aussenwelt zuwege gebrachten Merkmale vererbt. Es kann sich somit bei dieser Frage nur darum handeln, dass gewisse Kategorien erworbener Eigen- schaften vielleicht nicht vererbbar sind, oder dass eine gewisse Zeit der Einwirkung gleicher äusserer Bedingungen von nöten ist, um die Anpassung so zu festigen, dass sie vererbbar ist. Ge- hören nun unsere funktionellen Selbstgestaltungen zu den Kate- gorien dieser möglicherweise vererbbaren Merkmale? Die Frage ist nicht zu beantworten; die Beantwortung ist aber auch be- langlos, die ganze Fragestellung hat gar keine Berechtigung. Darwin schied noch zwischen erworbenen Eigenschaften und solchen, die durch embryologische Variation entstanden sind. Die letzteren nahm er und sämtliche Nachfolger als sicher ver- erbbar an, die andern aber nicht mit derselben Sicherheit. Nun ist es aber längst festgestellt, dass beim Embryo sich eine grosse Zahl von Selbstgestaltungen, d. h. von erworbenen Merkmalen, bilden. Wir müssen daher aus der »embryologischen Variation« eine »Keim-Variation« machen; wir haben also kein Recht mehr, angeborene Merkmale als erblich zu betrachten, sondern die in den Keimanlagen gegeben. Die hat aber noch Niemand gesehen und wird auch sobald Niemand sehen; alle hierin ruhen- den Anschauungen sind bloss hypothetische Annahmen, die als solche natürlich nur Wert für Erklärungen, aber keine Beweis- kraft haben. Von dieser Seite aus ist also die Berechtigung der ganzen Frage hinfällig. ee Ferner aber: Ein schier unendlicher Haufe von Versuchen an Pflanzen und Tieren hat dargethan, dass die erworbenen Merkmale nicht vererbbar sind; das heisst: Brachte man Pflan- zen oder Tiere in veränderte Lebensbedingungen, so änderten sie oder ihre Nachkommen ab und bildeten neue Merkmale; die Abkömmlinge dieser Pflanzen und Tiere zeigten im allgemeinen die Merkmale ihrer Eltern, wenn sie denselben Bedingungen aus- gesetzt blieben wie\diese. Wurden solche Wesen aber in ihre Heimat zurückgebracht, so schlugen sie bezw. ihre Nachkommen wieder in die Stammform zurück. So wenigstens lautet die all- gemeine Ausdrucksweise. Vorsichtig ist sie aber nicht. Wenn die äusseren Verhältnisse die Merkmale hervorrufen, so ist es nicht wunderbar, dass die Nachkommen der an den Platz ihrer Voreltern zurückgebrachten Pflanzen wieder die Merkmale der- selben aufweisen; denn sie wachsen ja unter denselben Bedingun- gen, welche die besonderen Merkmale der Voreltern hervorriefen. Nun weiss man freilich, dass gewisse Pflanzen nur bei Spross- Fortpflanzung die Eigenschaften des Individuums beibehalten, wie unsere edlen Rosen, Äpfel und Birnen, bei Aussaat aber stets in die wilde Form zurückschlagen, mögen sie auf irgend einem beliebigen Boden ausgesäet sein. Daraus ersieht man, dass die Festigung der Merkmale eine sehr verschiedene ist. Wo- durch diese Verschiedenheit hervorgebracht ist, lässt sich nicht von vornherein sagen. Eins ist aber sicher. Die Klassenmerk- male schwanken weniger als die der Ordnungen, und diese weni- ger als die der Familien, dann der Gattungen, der Arten und schliesslich der Individuen. Das heisst: die (phylogenetisch ausge- drückt) ältesten Merkmale schwanken am wenigsten, die jüngsten am meisten. Es liegt somit nahe, der Zeit die wesentlichste Einwirkung auf die Festigung der vererbbaren Merkmale zuzu- schreiben. Dann ist es aber klar, dass unsere Experimente keinen Ausschlag geben können, weil wir über das wesentliche Moment, nämlich die Zeit, nur in ganz beschränktem Mafse verfügen. — Wir haben bei der Darstellung des Kampfes der Teile eigentlich nur kurzweg von den Teilen des Organismus im Gan- zen und Allgemeinen geredet, wir hätten die Teile auch nach dem Werte ihrer Individualität abhandeln können; wir hätten von der Selbstgestaltung der organischen Substanz im allgemeinen, g*+ ee der Zelle, der Gewebe, der Organe, der Person reden können, etwa so, wie es Roux in seinem Buche vom Kampfe der Teile im Organismus thut. Es würde das gewiss unserm Thema sehr zu gute kommen; doch fehlt die Zeit zu einer solchen Ausein- andersetzung. Es würde das auch vor allen Dingen Ihnen die Thatsache von der Steigerung der Individualitäten recht klar vor Augen rücken. Wir wissen alle, besonders durch Haeckel’s Darlegungen in seiner Generellen Morphologie, dass sich die Individualitäten durch Differenzierung zu Individualitäten höherer Ordnung steigern, von der Zelle zum Organ, zur Person und so fort. Es ist dies ein ausserordentlich anziehender, noch lange nicht genug gewürdigter Gegenstand der Untersuchung. Der Ge- sichtspunkt, von dem aus wir an dieser Stelle auf dies Verhältnis einzugehen haben, ist, dass der Kampf der verschiedenen Indivi- dualitäten niederer Ordnung von statten geht innerhalb der Person, deren Teile diese niederen Individualitäten ausmachen. Es fragt sich nun, welches sind die höheren Steigerungen der Individualität über die Person hinaus? Früher meinte man, das wären die systematischen Kategorien, nämlich Art, Gattung, Familie, Ordnung, Klasse und so fort; diejenigen, welche sich mit dem eigentümlichen System Okens befasst haben, kennen ja die merkwürdigen und höchst befremdlichen Ergebnisse, welche diese Anschauung gezeitigt hat. Der Fehler lag darin, dass man das Individuum systematisch-naturgeschichtlich fasste, während es ein physiologischer Begriff ist; die höhere Steigerung des Indivi- duums (bew. der Art als der Summe aller gleichartigen Indivi- duen) ist aber die Lebensgemeinschaft, mögen wir sie eng oder weit fassen; geradeso wie die höhere Steigerung der menschlichen Individualität — bei welcher die Art und die Gattung nach unseren sozialen Begriffen zusammenfällt — nicht die Primaten sind, sondern die Familie, die Gemeinde der Staat, kurz phy- siologische, nämlich soziale Individualitäten, die je nach den zu betrachtenden Verhältnissen enger oder weiter aufzufassen sind. Auch über die einzelnen Kategorien dieser Steigerung der Indi- vidualitäten können wir uns nicht des längeren auslassen; sondern wie wir vorhin alle Individualitäts-Steigerungen innerhalb des Organismus der Person zusammenfassten, so fassen wir auch die Steigerungen ausserhalb des Organimus der Person, also alle über den Wert der Person hinausgehenden Individuali- täten, als eines zusammen. Wir stellen also gegenüber die Ver- hältnisse des Haushalts in jedem einzelnen Organismus und die Verhältnisse des Naturhaushaltes ausserhalb des einzelnen Organismus. Man hat diesen Verhältnissen nicht umsonst den Ehrentitel eines Haushaltes zugelegt, insofern die ausserordentlich praktische, harmonische, das beste Gleichgewicht aufweisende Ausgestaltung des Organismus ebenso wie des Naturganzen in allen seinen lebensgemeinschaftlichen, sozialen Äusserungen diesen Vergleich nahe legten. Es ist aber nicht nur ein Vergleich, es ist gleiches. Und die Darlegung dieses Verhältnisses ist nicht schwierig. Betrachten wir zunächst die anatomischen Verhältnisse des Organismus und des Naturhaushaltes, nämlich die durch Zer- gliederung in niedere Einheiten sich ergebenden Befunde, so liegen die Gleichheiten beider Kategorien sofort klar auf der Hand. Wie die einzelnen gleichen Zellen sich zu einem Gewebe vereinigen, so vereinigen sich in der Natur die einzelnen gleichen Individuen zu einer Art, Die einzelnen Zellen bezw. Gewebe bilden, indem sie in den verschiedenen Ausbildungen und Misch- ungsverhältnissen auftreten, die höhere Individualität des Organs und die verschiedenen Organe die Person, in noch höherer Indi- vidualisierung den Stock, So bauen in der freien Natur die einzelnen Arten in ihren verschiedenen Ausbildungen und Misch- ungsverhältnissen die Lebensgemeinschaften auf, und diese treten in Mehrzahl wieder zu Lebensgemeinschaften höherer Ordnung zusammen, die wir als floristisch-faunistischen Bezirk, Provinz u. s. w. bezeichnen. Viel wichtiger als dies ist die Physiologie des Natur- haushalts, von der wir hier an dieser Stelle nur den die Form- bildung behandelnden Teil, und auch den nur oberflächlich, mit den betreffenden Verhältnissen innerhalb des Organismus ver- gleichen wollen. Das Gesetz der Über-Kompensation, welches zu Wachstum und Vermehrung führt, bringt die bestehenden Individualitäten immer in Kampf, da die nächst höhere Individualität nicht mit derselben Schnelligkeit wachsen kann, wie die nächst tiefere, sodass der Kampf um Platz und Nahrung unvermeidlich ist. Wir haben somit einen Kampf der Teile im Organismus und den bekannten Kampf ums Dasein ausserhalb des Organismus in der freien Natur. Das Ergebnis dieses Kampfes ist die Aus- merzung alles Schlechten und das Übrigbleiben von lauter Guten. Gut aber ist alles das, was den zu erfüllenden Ansprüchen in vollkommener Weise entspricht; und das Schiedsgericht über gut und nicht-gut wird ausgeübt von der höheren Individualität. denn diese bestimmt die Pflichten der sie zusammensetzenden niederen Individualitäten; sie ist das Ganze, in dessen Dienste die Pflichten, die Funktionen der niederen Individualitäten aus- geübt werden; ihr harmonischer Gleichgewichtszustand und ihre den sie zusammensetzenden Einheiten um ein vielfaches über- legene Kraft giebt die Gewähr der gesetzmässigen Selbststeuerung, welche alle sich nicht in ihren Organismus einreihenden und unterordnenden Bewegungs- und Bildungsverhältnisse sicher und stetig wieder zurecht rückt. So ist es im Organismus und in der freien Natur. Nur gute, ihrer Funktion, d. h. also ihren Pflichten im Dienste der höheren Individualität bezw. Individualitäten entsprechenden Elementar-Teile des Organismus gelangen überhaupt zur Aus- bildung, treten überhaupt in ihren regelrechten Dienst ein; alles mäfsige verschwindet bezw. kommt überhaupt nicht zur Aus- bildung. Auch in der freien Natur hat jedes Stück, noch mehr aber die Gesamtheit der gleichen Stücke, die Art, einen ganz be- stimmten Platz im Haushalt des Ganzen auszufüllen und damit einen Dienst, eine Funktion innerhalb des Organismus des Natur- haushaltes im allgemeinen oder der betreffenden Lebensgemein- schaft im besonderen auszuüben. Es ist sehr schwer, im all- gemeinen, wie im einzelnen die Funktion der einzelnen Arten weiter zu erörtern. Man nehme blofs das uns so nahe liegende und geläufige Beispiel irgend eines Menschen und versuche, dessen Funktion oder richtiger Gesamtheit von Funktionen innerhalb der menschlichen Gesellschaft sich zu vergegenwärtigen! So viel und so vielerlei Beziehungen er zu seinen Mitmenschen hat, so zahlreich und verschiedenartig sind seine Pflichten diesen gegen- über, und alle zusammen umfafsen sie die Gesamt-Funktion, welche der betreffende Mensch im Dienste der Gesamtheit aus- zuüben hat. Wenn wir daher auch in den meisten Fällen nicht im Stande sind, die Funktion einer Tier-Art kurz in Worten zu be- -— 8 .— schreiben, so hindert das garnicht, dass diese Funktion nach Mafs und Weise eine ziemlich bestimmte ist; die Abhängigkeit aller von allen, die Angewiesenheit aller auf alle ergiebt im Hin- blick auf das übergeordnete Ganze eben eine an sich und in jedem Falle ganz bestimmte Funktion. Die überlegene und stetige in dem Gleichgewicht der Lebensgemeinschaft und des Naturganzen liegende Macht ordnet die gegenseitigen inneren Verhältnisse durch Selbststeuerung; sie zermalmt alles, was schlecht oder zuviel vorhanden ist und lässt nur solche Stücke fortleben, die sich tadellos dem Gesamtbetriebe einzuordnen ver- mögen, die ihrer Funktion genügen. Wir sehen also innerhalb des Organismus wie im Haus- halte der Natur dasselbe harmonische Gleichgewicht, hervor- gebracht durch die gleiche Wirkung der Komponenten, dasselbe alle Verhältnisse verbindende Netz, dieselbe funktionelle Ver- knüpfung zwischen den einzelnen Teilen unter sich und dem Ganzen, dasselbe grosse und mächtig wirkende Regulierungsmittel aller Verhältnisse, welches das Mäfsige vernichtet und nur gutes leben lässt. Unsere vorherige Betrachtung lehrte uns, dass es ausser- ordentlich leicht ist, zu begreifen, wie ein Teil des Organismus seine Funktion um ein weniges verändern kann bezw. muss; die verschiedenen Stadien der Entwickelung, ebenso aber das Schwanken der äusseren Bedingungen fordert vom Organismus stets die Fähigkeit, kleine Funktions-Veränderungen zu ertragen. Alle Funktions-Änderungen verändern aber die körperliche Grund- lage derselben etwas, den Teil des Organismus, an den die Funktion gebunden ist, mag das im einzelnen leicht oder schwer zu erkennen sein. Denn man muss sich stets dessen bewusst sein, das die Funktion es ist, welche die aufgebrauchte Substanz immer wieder von neuem bildet; die körperliche Grundlage steht -also in einem unmittelbaren Verhältnis der Abhängigkeit von der physiologischen Funktion. Ganz dasselbe haben wir als einen umfassenden Vorgang im Haushalte der Natur kennen gelernt. Die Verhältnisse, in denen eine Tier-Art lebt, bestimmen die Funktion der betreffen- den Tier-Art, indem sie die besondere Form des Kampfes ums Dasein bestimmen. Dieser aber bestimmt den Durchschnitt der Überlebenden. Andern sich die Lebensbedingungen einer Art, EI. so ändert sich die Form des Kampfes ums Dasein und damit natürlich die Funktion der Art; der Durchschnitt der Überleben- den wird ein etwas anderer. Die Veränderung der Arten im Naturzustande geschieht also durch einen Funk- tions-Wechsel der betreffenden Art. Jede Veränderung an irgend einer Stelle eines im Gleich- gewicht befindlichen Systems verbreitet sich über das ganze System, vorausgesetzt, dass die Verbindungen der einzelnen zu- sammensetzenden Teile nicht zu locker und die Leitungs-Wider- stände nicht zu gross sind, Dies Gesetz der Korrelation drückt sich innerhalb des Organismus stärker aus als in der Lebensgemein- schaft, weil die Verknüpfung der einzelnen Teile innerhalb des Organismus eine viel straffere ist. Die Selbststeuerung rückt, im Organismus ebenso wie im Naturhaushalte, alle aus dem Gleich- gewicht geratenen Verhältnisse sofort wieder zurecht, entweder in das alte Gleichgewicht oder in ein neues. In letzterem Falle werden also gewisse Veränderungen bleibend und müssen sich mit der Allgemeinheit ins Gleichgewicht setzen; dazu sind neue Veränderungen nötig, welche die Gesamtheit den sie zusammen- setzenden Teilen aufzwingt; es ist dies das von Roux festge- stellte Gesetz der Selbstregulierung. Alle Bildungen der Selbst- regulierung innerhalb des Organismus treten aber sofort in brauchbarer, guter Form auf. Im Haushalte der Natur ist das selbstverständlich ebenso. Überall, wo eine Veränderung statt- findet, tritt eine Druck-Differenz auf und alle Stellen geringeren Druckes werden sofort ausgefüllt; die Masse guter Stücke ist stets etwas grösser als bequem leben können, so dass es an Material nie mangeln kann; die dabei nötigen Funktions-Ver- änderungen bieten der Anschauung keine Schwierigkeiten. Wir haben jetzt nötig, noch mit ganz wenigen Worten auf die Lehre der Selbstgestaltung zurück zu kommen. Es klingt ja fast platt, wenn wir es hervorheben, dass alles, was wir bei der Formbildung des Lebendigen wahrnehmen, auf Selbstgestaltung beruht; niemals entsteht eine Zelle aus etwas anderem als aus einer Zelle, niemals ein Wesen anders als aus einem Stück der gleichen Art. Viel wesentlicher ist es aber, wenn wir erkennen, dass der Vorgang der funktionellen Selbstgestaltung nicht auf die Bildungs-Verhältnisse innerhalb des Organismus be- schränkt ist, dass die Selbstgestaltung der Arten in der Natur, die Fortführung der Art von Generation zu Generation, und ebenso ihre Veränderung, von der Funktion der betreffenden Art im Naturhaushalt abhängig ist, also einen Vorgang der funk- tionellen Selbstgestaltung vorstellt. Mit dieser Feststellung sind wir an das Ende unserer eigent- lichen Untersuchung gelangt, und es erübrigt uns nur noch, die Gleichheit der Bildungs-Verhältnisse bei dem Funktionswechsel der Teile im Organismus und der Arten im Naturzustande aus- einander zu setzen. Denn unsere Kenntnis für das erstere ist nicht gering, und wird durch die ganze Entwickelungsgefchichte, die Lehre von der Regeneration und die gesamte Pathologie verstärkt. So mühsam aber eine solche Darlegung im Einzelnen sein würde, so einfach ist das Endergebnis; nämlich dass eine Funktions-Änderung die Gewebe, soweit sie an der Funktion An- teil haben, als Ganzes umwandelt, gerade so, wie wir es in der Natur bei der Funktions-Anderung der Arten anzunehmen ge- zwungen sind. Einen Vorgang hingegen, bei welchem nach dem Schema des Darwin’schen Naturzüchtungs-Vorganges ein Elemen- tarteil allmählich seine gleichartigen Zell-Genossen verdrängt und an deren Stelle seine eigenen Nachkommen setzt, giebt es im regelrechten Entwicklungsgange des Organismus nicht. Darum haben wir allen Grund, einen solchen Vorgang als nirgends be- stehend anzusehen, weder innerhalb des Organismus noch in der freien Natur. Es ergäbe vielleicht einen anziehenden Schluss unserer Be- trachtung, wenn wir in kurzen Worten die Ziele und Ausblicke eröffnen würden, welche die auf unseren Darlegungen sich auf- bauende Lehre von der funktionellen Steigerung der Individuali- täten als wissenschaftliche Methode zu bieten im Stande ist, eben- so wenn wir uns in die einheitliche, harmonische und befrie- digende Natur-Anschauung vertieften, welche die Gesamtheit unserer Betrachtungen über den funktionellen Zusammenhang der Tebewelt unmittelbar ergiebt. Im allgemeinen liegen aber diese Folgerungen offen zu Tage, und für die Einzel-Darstellung wird die ausführliche Bearbeitung unseres Gegenstandes die natur- gemässe Stätte bilden. Die inneren Fehler der Weismannschen Keimplasma-Theorie. Von Dr. Georg Pfeffer. Vortrag, gehalten am 25. März 1892. Vorbemerkung. Es ist im allgemeinen nicht Sitte, einen Vortrag, den man vor zwei Jahren gehalten hat, drucken zu lassen, nachdem der Gegenstand durch ein neueres Werk (WEISMANN, das Keimplasma, Jena 1392) überholt ist. Der Grund für mich liegt darin, dass eine kurze Wiedergabe meines Vortrages in allen Hamburger Zeitungen gestanden hat; bei der weiten Verbreitung derselben ist es sicher, dass Fachgenossen diesen Auszug gelesen haben; mir liegt deshalb die Verpflichtung ob, die Beweise für die kurzen Andeutungen zu bringen, gleichgültig, ob sie überholt sind oder nicht. Ich habe mich deshalb wörtlich an mein altes Manuskript angeschlossen, mit einigen kleinen stylistischen Änderungen. Herr Dr. CAESAR SCHÄFFER hatte die grosse Güte, die alte Niederschrift mit der jetzigen zu vergleichen. Aus den Beobachtungen über die Kernteilungs-V erhältnisse der Eizelle, wie ich sie Ihnen im bisherigen Teile‘ meines Vor- trages auseinander gesetzt habe, gestaltete sich sofort und sehr einfach eine Theorie der Vererbung, die von OSKAR HERTWIG etwa folgendermafsen geformt wurde: Durch die Vereinigung des väterlichen und mütterlichen Kernes zum Furchungskerne des Eies werden die sämtlichen Vererbungstendenzen des Vaters und der Mutter zu einer Art Mittel vereinigt; durch alle folgenden Tei- lungen der Eizelle und ihres Furchungskernes werden auf alle Furchungszellen und alle sich aus diesen weiter entwickelnden Zellen des sich bildenden Embryos die Stücke des ursprünglichen väterlichen und miütterlichen Kernes und damit der väterlichen und mütterlichen Vererbungs-Substanz übertragen. Durch diese Hertwig’sche Theorie waren ja freilich die Vor- gänge der Vererbung an sich nicht erklärt, aber es wurde doch dargelegt, dass die Substanz, die thatsächlich die Eigenschaften der Eltern auf die Kinder überträgt, nämlich das Keimplasma der Ei- und Samenzelle, durch den Vorgang der Zellteilung in alle Zellen des wachsenden Organismus getragen wird, um hier ihre überkommenen Fähigkeiten zu entfalten, WEISMANN führte nun (1885) diesen Gedanken theoretisch weiter aus. Er stellte sich vor, dass das Keimplasma eine ausser- ordentlich verwickelte Molekular-Struktur besitzt, weil ja sämtliche Vererbungstendenzen des künftigen Organismus in ihm vorhanden sind. Bei den folgenden zum Aufbau des Embryos führenden Zellteilungen vereinfache sich nunmehr die Verwickeltheit der Struktur des Keimplasmas, insofern ja jede zu bildende Zelle oder Zellgeneration nur die ihnen und ihren späteren Teilungsprodukten zukommenden Tendenzen zu erhalten brauche; bildlich könne man sich das so vorstellen, als wenn bei jeder Zellbildung die gerade für sie im Keimplasma vorhandenen Anlagen abgespalten würden, sodass sie in den späteren Zellen nicht mehr vorhanden sein können. Dies sei jedoch nur ein Bild, und Weismann verwahrt sich dagegen, dass dies als seine wirkliche Auffassung angenommen werde. Nach dieser Theorie würden nun freilich die Keimzellen des kindlichen Organismus, ebenso wie alle anderen Zellen desselben, kein Keimplasma mehr enthalten, welches zur Hervorbringung des ganzen Organismus führen könnte; denn es sind der Bildung der kindlichen Keimzellen meist schon viele Zellgenerationen vorauf- gegangen. Deshalb nimmt Weismann an, dass von vorn herein etwas Keimplasma unverändert bleibt und so durch alle Zelltei- lungen bis zu den Keimzellen des kindlichen Organismus geleitet wird. In der Ausstossung der Richtungskörperchen sieht Weis- mann die Ausstossung des nunmehr nicht mehr nötigen ovigenen Plasmas. Diese Theorie ist einfach und ansprechend, und die Schrift von 1885 gehört in Form und Inhalt zu den anziehendsten der ganzen neueren Zoologie. Im Jahre 1837 führte Weismann seine Lehre vom Keim- plasma weiter aus, Die neu hinzugekommenen Beobachtungen hatten gezeigt, dass bei der Befruchtung der väterliche und mütter- liche Kern nicht verschmelzen, sondern dass die Chromosomen unverändert bleiben, dass sie sich bei jeder folgenden Teilung längs-teilen, und dass auf diese Weise, wenn auch fast unendlich kleine, so doch stets gesonderte väterliche und mütterliche Stücke Keimplasmas in alle Teile des kindlichen Organismus gerieten. Somit glaubte Weismann, sein Keimplasma nicht mehr allgemein als »Substanz« ansehen zu dürfen, sondern es sich aus kleinen körperlichen Einheiten, » Ahnenplasmen«, bestehend, vorstellen zu müssen. Die in erster Linie Weismann zu verdankende Kenntnis, dass das befruchtete oder befruchtungsfähige Ei zweimal einen Richtungskörper abschnürt, das parthenogenetische dagegen nur einen, liess ihn seine alte Auffassung von dem Sinne der Richtungs- körper dahin abändern, dass nur mit dem ersten Körper ovigenes Kernplasma ausgestossen wird, mit dem andern aber die Hälfte des nunmehr noch in dem Ei enthaltenen Keimplasmas. (In der Schrift von 1891 kommt das ovigene Plasma garnicht mehr vor, sondern durch beide Richtungskörper wird die Anzahl der im Kern der Eizelle vorhandenen Chromosomen je auf die Hälfte reduziert, im ganzen also gevierteilt.. Die Notwendigkeit dieses Vorganges ergab sich für Weismann aus folgender Betrachtung Bei jeder Befruchtung wird durch die Samenzelle ein gewisses Quantum Vererbungs-Substanz zu der bereits im Ei vorhandenen ebenso grossen Menge von Vererbungs-Substanz hinzugefügt. Wenn die Kernsubstanz nun nicht auf das doppelte wachsen soll, so muss die Hälfte entfernt werden. Eine andere Betrachtung fordert das gleiche: Bei jeder Befruchtung wird die Zahl der Ahnenplasmen verdoppelt, sodass nach n Generation 2" Ahnenplasma sich im Keimplasmen vorfin- den müssten; da n, nämlich die Anzahl der Generationen, eine ungeheuer grosse ist, so ist 2" eine fast unfassbare Zahl; so viel Ahnenplasmen können unbedingt in keinem Keimplasma Platz haben. »Es wird also durch die Ausstossung der Richtungskörper eine Reduktion des Keimplasmas erzielt, nicht bloss an Masse, sondern vor allem an Komplikation der Zusammensetzung. Es wird dadurch die übermäfsige Anhäufung verschiedenartiger Ver- erbungs-Tendenzen oder Keimplasma-Arten verhindert, welche sonst notwendigerweise durch die Befruchtung eintreten müsste, « In seiner Schrift von 1891 stellt Weismann seine Vererbungs- Theorie etwa in folgender Fassung dar: Der Akt der Befruchtung ist eine Kern-Kopulation, d. h. eine Aneinanderlagerung der die väterliche und mütterliche Vererbungs- Substanz enthaltenen Kern-Elemente. Es findet keine Ver- schmelzung der Kern-Klemente statt. Das Keimplasma ist nicht eine gleichartige Substanz, sondern besteht aus Ahnenplasmen (Iden) deren jedes als solches unteil- bar ist und die gesamten Vererbungstendenzen der Art in sich hält, sodass jedes allein für sich zur Hervorbringung eines Indi- viduums der Art genügt. Da durch jede Befruchtung die Anzahl der Ahnenplasmen jeder befruchteten Eizelle sich verdoppelt, in der nächstfolgenden vervierfacht, dann verachtfacht u. s. w., so sind nach n Generation 2" Keimplasmen in jeder befruchteten Eizelle. Nimmt man das Ahnenplasma noch so klein an, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die Menge in dem Ei sehliesslich keinen Platz mehr haben kann; um nun Platz zu schaffen, stösst das Ei zwei Rich- tungskörperchen aus und reduziert dadurch die im Ei zuerst vor- handene doppelte Zahl der Keimplasmen auf die halbe Zahl. Da auch bei der Bildung der Samenzellen ähnliche Teilungen vorkommen, wodurch die Zahl der in der fertigen Samenzelle be- findlichen Ahnenplasmen auf die Hälfte der Normalziffer gebracht wird, so ergänzen sich bei der Befruchtung beide Hälften zu einem Ganzen, d.h. die Anzahl der Ahnenplasmen in den Eiern bleibt sich von Generation zu Generation gleich. Bei den Teilungen, welche zur Bildung der reifen Geschlechts- zellen führen, finden keine Aequations-, sondern Reduktions-Tei- lungen statt, so dass dadurch die Keimplasmen in der allerver- schiedensten Weise auseinander gemischt werden können. Durch die Befruchtung tritt nun wieder eine ausserordentlich vielgestaltige Kombination der Ahnenplasmen auf, sodass dadurch eine ganz ungeheure individuell-verschieden gestaltete Kombinationsfähigkeit der Elemente der befruchteten Eizelle gewährleistet wird. Die bei den Ur-Eiern und Ur-Samenzellen stattfindende ursprüngliche Erhöhung der Idanten auf das doppelte und die darauf stattfindende doppelte Halbierung steigert diese Mischungs-Kombination ganz ausserordentlich. Die Herstellung dieser grossen Vielgestaltigkeit ist überhaupt der Zweck der Befruchtung; diese ist nur und eigens dazu in das Reich der Lebewelt eingeführt, um der natürlichen Zuchtwahl - 92 — die möglichst grosse Verschiedenartigkeit zur Verfügung zu stellen, welche sie braucht, um immer neue Gestalten hervorgehen zu lassen. Die frühere Meinung dass durch die Befruchtung der weibliche Keim neu belebt, wieder verjüngt werden soll, ist ein gedanken- loser Mystizismus. — Versuchen wir zunächst, uns eine Vorstellung davon zu machen, wie Weismann sich die Bildung der somatischen Zellen denkt, so sehen wir, dass er in seiner Anschauung dar- über eine Schwenkung gemacht hat. Zwar spricht er sich in seiner Schrift von 1891 nicht klar darüber aus, doch aus allen hierher gehörigen Stellen ergiebt sich folgendes: Ist der Träger sämtlicher Anlagen ein Ahnenplasma, d.h. ein körperliches, un- teilbares, bestimmtes Gebilde, so entsprechen auch den einzelnen Anlagen bestimmte körperliche Teile dieses Gebilde. Weismann sagt geradezu: »Eine Hälfte (des Ahnenplasmas) enthält nicht mehr alle Anlagen zum Individuum«. Das heisst also: Weis- mann deutet jetzt in der That die bei den Zellteilungen zu be- obachtenden Verhältnisse nicht mehr als einen »sehr rohen und groben Ausdruck ihrer Massen« (1885 p. 33), sondern als Vor- gänge, welche die feinste Struktur des Keimplasmas widerspie- geln. Es ist das eine Auffassung, gegen die er sich früher ver- wahrt hat. Nach Weismanns früherer Auffassung vereinfachte sich, parallel mit der zur Bildung der somatischen Zellen führenden Teilung, die Struktur des Idioplasmas, bis in die einzelne soma- tische Zelle nur einfachstes, d. h. nur zur Bildung dieser Zelle befähigtes Idioplasma gelangte. Diese Vorstellung ist, nachdem jetzt jeder körperlichen Anlage ein bestimmter körperlicher Teil des Keimplasmas entspricht, nicht mehr möglich. Wie nun aber gemäss dieser neuen Ansicht Weismanns die somatischen Zellen mit ihren Anlagen versehen werden, darüber macht Weismann auch nicht die leiseste Andeutung. Ich selber bin bei aller Mühe nicht dazu gelangt, mir eine Vorstellung davon machen zu können. Eines sieht man sicher, dass Weismann sich die Ide in den Idanten (warum ist hier nicht auseinander zu setzen) quer ange- ordnet vorstellt. Wie ordnen sich nun die einzelnen Ide bei dem Stadium der Kernteilung, wo die Chromatinschleifen längs ge- spalten werden, derartig, dass von jedem immer die richtigen Stücke abgeschnitten werden? Oder welche Rolle spielt ein altes Gastraea-Id, welches in einem der Idanten liegt und nun bis in die letzten Zellfolgen, sagen wir des Gehirns, getragen wird; was wird denn bei all den vielen Zellteilungen, welche es durchgemacht hat, aus ihm abgespalten, als was kommt denn sein letzter körperlicher Teil endlich in den Gehirnzellen an? Es scheint unmöglich, sich hierüber eine Vorstellung zu machen; eines möchte ich aber doch erwähnen. Nach Weis- manns Vorstellung haben wir innerhalb der Ide eine linienförmige Anordnung der körperlichen Substrate der einzelnen Anlagen Abgesehen davon, dass diese Anschauung geradeswegs zu den Vorstellungen der alten Evolutionisten führt, scheint damit all das in Frage gestellt, was sich die Zoologie mühsam in der Lehre von den Homologieen erworben hat, insofern wir unsere Anschauungen über Verwandtschaft und natürliche Zugehörigkeit gerade auf die festen Lagerungs-Verhältnisse der Organe, auf den Bauplan der Organismen, gründen. Bei einer linienartigen Projektion eines solchen Organismus würde aber zusammenge- höriges überall zerstreut liegen, und das verschiedenste neben einander gelagert werden. Betrachten wir als zweiten Hauptpunkt unseres Themas die Bildung der Keimzellen. Nehmen wir an. unsere Einwürfe gegen die Bildung der somatischen Zellen (und die Keimzelle ist ja auch eine somatische Zelle) seien entkräftet; es mögen sich Keimzellen gebildet haben; dann ist (mit Weismann zu reden) von dem elterlichen Keimplasma in die Keimzellen der- jenige Massenteil (oder nach der früheren Ausdrucksweise ein Stück von der Komplikation der Molekular-Struktur des Idio- plasmas) hinein gelangt, dass es die Ausbildung der betreffenden Zelle zu einer Keimzelle leiten kann; etwas weiteres kann das Idioplasma der Keimzelle nicht mehr. Nun wissen wir aus Weismanns Schrift vom Jahre 1885, dass er sich vorstellte, ausser dem Idioplasma, welches die Aus- bildung der betreffenden Zelle zur Keimzelle leitete, sei noch ein Teil unveränderten Keimplasmas vom Ei her mit in die neue Keimzelle übergeführt, sodass dadurch das Keimplasma der jungen Keimzelle in direkter Kontinuität ein Teil des Keimplas- mas der alten Eizelle wäre, begabt mit allen Eigenschaften derselben. Ein Teil des Keimplasmas ist aber nach Weismanns neuer Anschauung von der körperlichen Individualität der Ahnenplas- men nicht mehr Träger sämtlicher Vererbungs-Tendenzen der alten Keimzelle Nichts destoweniger müssen wir doch von der jungen Keimzelle verlangen, dass sie wieder sämtliche Vererbungs- Fähigkeiten der alten Keimzelle aufweist. Weismann sagt weder in der Schrift von 1887 noch in der von 1891 hierüber auch nur eine Silbe, trotzdem der innere Widerspruch doch klar zu Tage liegt; denn nach Weismanns neuer Theorie hat das in die junge Keimzelle gelangende Idioplasma alle Vererbungs-Fähigkeiten abgelegt, nach Weismanns und jedes anderen Menschen Mei- nung soll die junge Keimzelle aber wiederum alle enthalten. Ein Ausweg scheint noch vorhanden zu sein, man müsste nämlich annehmen, dass in der alten Eizelle alle Ahnenplasmen in doppelter Anzahl vertreten seien, und dass bei der Bildung der somatischen Zellen nur der eine Satz verbraucht würde, während der andere unverändert und in der vollen Anzahl seiner Ide in die junge Keimzelle übergeht. Auf die Menge der sich hieraus ergebenden zoologischen Unmöglichkeiten kann ich hier nicht eingehen; nur eines sei hervorgehoben. Fände dies statt, so müsste die eine zur Keimzelle gelangende Hälfte des Ahnen- plasmen-Materiales unsichtbar sein, durch Farbstoffe für uns nicht wahrnehmbar zu machen. Nun baut ja aber Weismann seine ganze Theorie auf die bei der Kernteilung sichtbaren Ver- hältnisse, und andererseits ist ja doch das Chromatin, die Ver- erbungs-Substanz der fertigen Eizelle, sehr schön sichtbar. Hier sind also unlösbare Widersprüche. Nehmen wir jedoch an, diese Widersprüche seien gehoben, nehmen wir an, die Zelle, aus der sich der Eierstock oder der Hoden, d. h. also die Gesamtheit der Keimzellen eines Tieres entwickeln soll, enthält — auf welchem Wege ist gleichgültig — die gesamten Ahnenplasmen der befruchteten Eizelle, aus welcher der betrachtete Organismus seinen Ursprung nahm. Diese zur Entwickelung der Keimdrüse bestimmte Zelle teilt sich nun ausserordentich häufig, indem sie die Ei- oder Samenzellen des betreffenden Tieres herverbringen soll; das können sehr viel sein, beim See-Aal sind es etwa 10 Millionen Eier, also gewiss TOO bis 1000 Millionen Samenzellen; das heisst also, das Plasma einer solchen Ur-Keimzelle kann sich in fast unendlich viele Teile teilen. Bei dieser Gelegenheit wird sich Jeder befremdlich an den Teil der Weismann’schen Theorie erinnern, welcher von der Un- teilbarkeit des einzelnen Ahnenplasmas, als solches betrachtet, handelt. Weismann weist es zurück, dass er an mechanische Teilungen denkt. Was heisst hier mechanisch? Im Organismus giebt es nur eine einzige Art der zur Bildung von Keimzellen führenden Teilung der Kern-Substanz. Ist diese mechanisch? Jedenfalls kann sich das Ahnenplasma nach diesem Modus teilen, ohne dass die Teile die Fähigkeit des Ganzen einbüssen. Welche Art von Teilung kann es nun nicht vertragen? Nehmen wir an, wir verstehen nicht, was Weismann unter der Unteilbarkeit seiner Ahnenplasmen sich vorstellt, und nehmen wir an, die gewöhnliche Art von Teilbarkeit gehöre mit zu den Eigenschaften der Ahnenplasmen. So muss sich also das Keim- plasma, welches all den Eiern und Samenzellen eines Orga- nismus den Ursprung giebt, viele tausend, ja millionen von Malen verkleinern. Die einzelnen Eier und Samenfäden haben aber ihre färbbare und ganz sicher auch die unfärbbare Kern-Substanz in voller Ausbildung; das heisst also, in dem Mafse, wie sich das Keimplasma teilte, wuchs es zu gleicher Zeit wieder. Woher kommt nun dies Wachstums-Material? Ist es Kern-Substanz, die von anderwo aus dem Körper hierher gekommen ist? Das wäre nach Weismanns Anschauungen völlig unmöglich, denn diese Kern-Substanz wäre ja Trägerin von Vererbungstendenzen des Soma, und diese dürfen nun und nimmermehr in das Keimplasma geraten; sonst wäre ja damit die Vererbung erworbener Eigen- schaften des Soma in der Theorie bewiesen. So ist das Wachstums-Material also ganz gewöhnliches Nähr-Plasma. Ist dies Nährplasma nun vom Keimplasma nicht assimiliert, sondern diesem nur an- oder umgelagert, so beträgt dem entsprechend die Masse des in jeder einzelnen Zelle des Ovariums vorhandenen Keimplasmas thassächlich nur den viel- tausendsten Teil des Keimplasmas jener Urkeimzelle, die sich zum ganzen Ovarium entwickelt hat. Oder aber, der unsäglich kleine Teil Keimplasma der jungen Eizellen hat das ungeheuer grosse Nährplasma assimiliert, so ist in der That ein minı- maler Teil Keimplasma, also auch ein minimaler Teil des ein- zelnen Ahnenplasmas, im Stande, zum ganzen wieder heran zu wachsen, ee Was heisst nach allem diesen nun noch: Das einzelne Ahnenplasma ist als solches unteilbar? — Wir kommen nunmehr zur Betrachtung der Reduktions- Vorgänge, welche an den Keimzellen vor sich gehen, von denen die Weismann’sche Theorie behauptet, sie wären eingerichtet, um eine möglichst vielfältige Mischung der Ahnenplasmen dem Natur- vorgange der Selektion zur Verfügung zu stellen, und zweitens, sie seien vorhanden, um der übermässigen Anhäufung von Ahnen- plasmen vorzubeugen. Betrachten wir zunächst den letzten Punkt. Weismann schliesst folgendermassen: Da durch jede Befruchtung die Anzahl der Ahnenplasmen jeder befruchteten Eizelle sich verdoppelt, in der nächstfolgenden vervierfacht, dann verachtfacht u. s. w., so sind nach n Generation 2° Keimplasmen in jeder befruchteten Eizelle. Nimmt man das Ahnenplasma noch so klein an, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die Menge in dem Ei schliesslich keinen Platz mehr haben kann; um nun Platz zu schaffen, stösst das Ei zwei Rich- tungskörperchen aus und reduziert dadurch die im Ei zuerst vor- handene doppelte Zahl der Keimplasmen auf die halbe Zahl. Da auch bei der Bildung der Samenzellen ähnliche Teilungen vorkommen, wodurch die Zahl der in der fertigen Samenzelle be- findlichen Ahnenplasmen auf die Hälfte der Normalziffer gebracht wird, so ergänzen sich bei der Befruchtung beide Häflten zu einem Ganzen, d.h. die Anzahl der Ahnenplasmen in den Eiern bleibt sich von Generation zu Generation gleich. Diese Berechnung erscheint auf den ersten Blick äusserst einleuchtend, bleibt es aber nicht bei näherer Betrachtung. Um zunächst den Befürchtungen hinsichtlich des zu grossen Anwach- sens der Masse des Keimplasmas zu begegnen, so brauchen wir uns nur zu erinnern, dass ein Massenwachstum von Zellen und Zellteilen im Organismus, vor allem in wachsenden Körperteilen, fortwährend vorkommt; ein Wachsen des Keimplasmas ganz im besonderen sahen wir bereits vorhin (p. 94) bei der Betrachtung, wie aus dem Keimplasma einer Ur-Keimzelle die ungeheure Masse des Keimplasmas des ganzen vollen Ovariums oder Hodens heran- wächst. Die Zellen teilen sich eben, wenn sie sich, physiologisch gesprochen, zu teilen haben; das gehört zu den Grund-Eigen- schaften der Zelle, Andererseits haben wir vorhin, bei der Betrachtung der Entstehung von Ei- und Samenzellen, das Gegenteil gesehen, nämlich, dass eine bestimmte Masse Keimplasma sich ungeheuer, fast unendlich, teilen, also verkleinern kann, ohne eine Spur seiner Eigenschaften zu verlieren; und dass es später um dasselbe Mafs wieder wachsen kann. Selbstverständlich stellt also jeder Prozent- satz dieser Verkleinerung oder Vergrösserung ein regelrechtes Keimplasma vor, denn jeder derselben tritt ja bei einem be- stimmten Stadium der Teilung und ebenso nachher beim Wachstum in der That auf. Darum brauchte also das Keimplasmen-Material bei der Bildung der Ei- und Samen-Keimplasmen nur auf die Hälfte derjenigen Masse heranzuwachsen, welche das Ei nach der Be- fruchtung zu fassen vermag; dann bliebe ja Platz genug für die andere bei der Befruchtung von seiten der Samenzelle hinzu kom- mende Hälfte der Masse. Doch lassen wir den Gesichtspunkt der Anhäufung der Masse; es scheint, als ob Weismann weniger Gewicht legt auf die übermäfsige Anhäufung der Masse, als auf ein übermäfsiges Anwachsen der Zahl der Ahnenplasmen. Betrachten wir zu diesem Zwecke das Beispiel, welches WALDEYER bei Gelegenheit einer Darstellellung der Weismann- schen Theorie giebt, nämlich die Anzahl der Ahnenplasmen, welche sich für die heutigen Menschen ergeben würde, wenn man das in der Bibel angenommene Alter des Menschenge- schlechts, nämlich etwa 5000 Jahre, zu grunde legt; dann stellten die Menschen, welche von Anfang des Menschengeschlechts bis heute gelebt haben, etwa 150 Generationen vor; in jedem Keim- plasma er jetzt lebenden Menschen müssten sich demnach 2150 Ahnenplasmen vorfinden; das ist eine 46stellige Zahl, die mit 28 beginnt, also eine Zahl, die über alle menschliche Vorstellung hinausgeht. Und darin hat Weismann Recht: Eine solche Zahl von Ahnenplasmen, sei das einzelne auch noch so klein, hat in keinem Keimplasma Platz, Zur Erläuterung des Sachverhaltes gestatte ich mir, Ihnen eine Rechenaufgabe vorzuführen, die den umgekehrten Weg geht, wie das soeben angeführte Beispiel. Ich und X, nämlich zwei Menschen der 150. Generation, haben 22 Ahnen der 149. Generation, nämlich unsere Väter und unsere Mütter; von diesen hatte wieder jeder 2 Alınen der 148. Generation, u. s. w. Das heisst also: Unsere Ahnen in der 149. Generation waren 22, in der 148. Generation 23, in der 147. Generation 2*, in der ı. Generation also 215, Das heisst: Während ich in der zuerst gebrachten Rechnung davon ausging, dass ich und X. in der ı. Generation 2 Ahnen, nämlich Adam und Eva, besafsen, komme ich bei tadellos nach demselben Schema weitergeführter Rechnung zu dem Resultat, dass die Zahl unserer Ahnen zu Adams Zeiten eine 46stellige Zahl betrug! Der geradezu diabolische Fehler liegt gar nicht besonders versteckt. Erstens sieht Weismann alle Ahnenplasmen als ver- schieden an, als nicht verwandt; während die Blutsverwandtschaft aller Wesen, vor allem der Artgenossen, die Grundlage unserer heutigen Natur-Anschauung ist. Zweitens ist es ein schwerer Irrtum, zu glauben, dass, wenn man, von wirklichen Verhält- nissen ausgehend, Rechen-Exempel mit diesen anstellt, jedes sich daraus ergebende Resultat nun auch reale Existenz haben muss. Man kann eben nur wirklich vorhandene Einheiten, d. h. die Zahl der wirklich vorhandenen oder möglichen Ahnenplasmen in die Rechnung einführen, nicht aber eine unbegrenzte Zahl. Nun könnte Jemand vielleicht sagen, die von uns gebrachte Rechnung wäre darin falsch, dass sie nur die Anzahl der Ahnen und Ahnenplasmen feststellt, nicht aber das Verhältnis, in welchem diese in einem Keimplasma vorhanden sind; es könnten jedoch z. B. in einem Keimplasma, welches etwa aus 4 Elementen (a, b, c, d) besteht, unendlich viele Kombinationen dadurch entstehen, dass jedes dieser Elemente mit einem beliebig grossen Faktor auftrete, z. B. na--pb-+tce+ vd; dadurch würde dann in oben angeführtem Beispiele die Zahl der verschiedenartigen menschlichen Ahnenplasmen auf 1500 Millionen (nämlich die Zahl der jetzt lebenden Menschen) ermäfsigt werden können, indem eben der Faktor eine beliebige zwischen ı und vielen Millionen liegende Grösse annehme; Weismann hätte dann nur den Fehler gemacht, dass er jedes mit einem verschiedenen Faktor auftretende Ahnenplasma als ein anderes Ahnenplasma angesehen hat; und dieser Fehler sei auch nur scheinbar, denn es könne doch nicht gleichgültig sein, in welchem prozentualischen Verhältnis sich die Ahnenplasmen in einem Keimplasma vor- fänden. _— 99 Pr Dagegen ist aber zu sagen, dass dies nach Weismann’s Anschauung in der That gleichgültig ist; denn nach Weismann hat jedes Ahnenplasma die Fähigkeit, den ganzen Organis. mus zu bilden; mehr als der ganze kann aber nicht gebildet werden; es ist also gleichgültig, wieviel gleiche Ahnenplasmen in einem Keimplasma vorhanden sind. Es ist selbstverständich, dass nicht mehr verschiedene Ahnenplasmen bei irgend einer Art von Wesen vorkommen kön- nen, als diese Art Mitglieder hatte zu der Zeit, wo wir anfangen, nach Weismanns Methode einen solchen Stammbaum der Art aufzustellen, wie wir es vorhin gethan haben. Da nun erwiesener- mafsen die Regel ist, dass. die Individuen-Anzahl einer Art sich im allgemeinen von Generation zu Generation gleich bleibt, so bleibt sich auch die Zahl der Ahnenplasmen in den einzelnen Generationen gleich; sie vermehrt sich also nicht, sondern sie beträgt höchstens die Zahl der in jeder Generation der betreffen- den Art vorhandenen Individuen. Diese Zahl hat aber nur theore- tischen Wert. Es ist gar keine Rede davon, dass sich alle In- dividuen einer Art mit einander geschlechtlich vermischen. Man muss daher sagen, die Zahl der Ahnenplasmen eines Tieres ist so gross, wie die Anzahl der Individuen, deren geschlechtliche Vermischung in seinem Stammbaum aufzuführen ist. Da dies nun niemand feststellen kann, so kann man im allgemeinen sagen, die Anzahl der Spezies-Ahnenplasmen ist bei jedem Tiere im allgemeinen so gross, wie die Anzahl der Individuen, mit denen es sich geschlechtlich vermischen kann. Nehme ich also eine Fuchs-Art an, die auf einer Insel und nur da vorkommt, so ist die Zahl der Fuchs-Ahnenplasmen jedes Individuums höchstens so gross, wie die Bevölkerungsziffer dieser Fuchs-Art auf der betreffenden Insel. In anderen Fällen, wo die Verbreitung der zu betrachtenden Art eine weitere ist, scheinen mehr Individuen zur Verfügung zu stehen. Ich will diese Fälle hier nicht auf die wirklichen Verhältnisse untersuchen, sondern nur feststellen, dass DARWIN, WALLACE, und gerade Weismann ausgeführt haben, dass die natürliche Zuchtwahl die einzelnen Rassen isoliert. Also kön- nen wir, wenn wir uns in dieser Frage auf den alten Weismann- schen Standpunkt stellen, nur eine geringe Anzahl von Ahnen- plasmen annehmen. Des ferneren könnte Jemand den Einwand erheben, dass — ed —— wir bei unserer Rechnung fortwährend einen Fehler machten, insofern wir die Anzahl der Ahnenplasmen irgend eines Indivi- duums immer nur nach der Individuen-Anzahl einer einzigen Generation berechnen, während wir doch diejenigen aller Gene- rationen addieren müssten. Nach Weismann’s früherer Meinung wäre das auch so; in seiner Arbeit vom Jahre 1885 spricht er in der That aus, dass bei der Befruchtung ausser dem elterlichen Kleimplasma auch das sämtlicher übrigen Ahnen in das neu erzeugte Individuum übergehen. In den beiden folgenden Arbeiten von 1887 und 1891 ist davon aber keine Rede. Nehmen Sie die Beispiele, welche er selber in seinen verschiedenen Schriften giebt, so er- sehen Sie, das er das Hinzukommen eines persönlichen Ahnenplasmas ausschliesst, vielmehr die Zahl seiner Ahnenplas- men gleich ist derjenigen der Gründer der Art, d.h. der ersten Generation der Art. Da nun aber Weismann ein ganz strenger Vertreter der Selektionslehre ist, so muss er annehmen, dass die Zahl der Gründer der Art eine ganz geringe war, oder folge- recht gedacht, dass es nur einen einzigen Gründer der Art ge- geben hat; dass es demnach in jeder Art nur ganz wenige oder richtiger ein einziges Art-Ahnenplasma geben kann. Dieser Gesichtspunkt eröffnet nun freilich eine höchst eigen- tümliche Aussicht. Wenn nach Weismann’s Ansicht kein Indi- viduum ein Ahnenplasma entwickelt, so haben natürlich seine Eltern auch keins entwickelt, ebensowenig seine Grosseltern und so fort; dass heisst also: Keins von seinen Vorfahren hat Ahnenplasma entwickelt! Es ist also nie Weismann- sches Ahnenplasma entwickelt; es giebt das Weis- mann'ssche Ahnenplasma garnicht; es ist die wesent- lichste Eigenschaft des Weismann’schen Ahnenplasmas die, dass seine Existenz unmöglich ist. Wollte man Weismann seine Theorie retten, so müsste er in der That das Hinzukommen eines persönlichen Keimplasmas annehmen. Woher sollte das aber kommen? Es könnte doch nur aus dem Idioplasma des Soma stammen; dann müsste es aber körperliche Eigenschaften des Soma vererben, und das ist wieder gegen einen andern Teil der Weismann’schen Anschauungen, nämlich gegen die Unmöglichkeit der Ver- erbung erworbener Eigenschaften. — 101 — Es ist also auch dieser Ausweg unmöglich, und wir bleiben bei dem Ergebnis stehen, dass die Durchdenkung der Weis- mann’schen Lehre von der Vererbung durch körperliche Ahnen- plasmen zu einem Beweise der Nicht-Existenz derselben führt. Wir haben jetzt noch über den letzten Punkt von Weis- mann’s leitenden Anschauungen der Vererbungs-Verhältnisse zu sprechen, nämlich, dass die geschlechtliche Vermischung eigens und allein und nur zu dem Zwecke in die organische Welt ein- geführt sei, um der Selektion das nötige Material an individuellen Variationen zur Verfügung zu stellen. Ich will diesen Satz hier nicht als eine wissenschaftliche These besprechen; dazu müsste ich zu weit ausholen, denn ich habe recht vieles gegen ihn einzuwenden. Ich will mich, wie bei den bisher abgehandelten Punkten, auf die Hervorhebung eines inneren Widerspruches beschränken und zwar auf den Widerspruch zwischen diesem Satze und der ganzen Anschauung unserer zeitgemässen Wissenschaft. Diejenigen von Ihnen, welche den Jargon der biologischen Ausdrucksweise nicht kennen, die aber wissen, dass unsere ganze zeitgemässe Wissenschaft von den belebten Wesen in der grossen Grundanschauung des kausalen Zusammenhanges aller Lebens- äusserungen ruht, werden nicht wenig befremdlich berührt sein, einen Lehrsatz der Wissenschaft von einem hervorragenden Ver- treter derselben in einer durchaus teleologischen Fassung ausge- sprochen zu hören. Leider ist das Sitte, aber eine recht schlechte. Sie wird dadurch entschuldigt, dass man ja jeden teleologisch gefassten Satz durch eine einfache Umformung in einen kausalen überführen kann. Richtig ist dieser umgeformte Satz aber nur dann, wenn der gedachte Zweck zur Wirklichkeit, wenn die Er- füllung des Zweckes Thatsache geworden ist. Darum kann man die thatsächlichen Verhältnisse der lebendigen Natur in beiderlei Satzformen ausdrücken. Ich kann sagen: Das rote Ordensband hat seinen flechtenfarbigen Oberflügel, damit es auf der Baum- borke nicht gesehen wird; das ist die teleologische Ausdrucks- weise); ich kann aber auch sagen: weil das rote Ordensband flechtenfarbige Oberflügel besitzt, wird es auf der Baumborke nicht gesehen; ın beiden Fällen giebt die Färbung der Flügel den Grund dafür ab, dass der Schmetterling existiert, noch nicht ausgerottet ist. Nun ist es eine heutzutage ziemlich allgemein — i02 — angenommene Anschauung, dass die kausale Thätigkeit der Natur- auslese völlig so wirkt, wie ein zweckmässig handelnder Schöpfer an derselben Stelle wirken würde. Daher kann man alle Dar- winistischen Erklärungen thatsächlicher Verhältnisse auch tele- ologisch ausdrücken, wenngleich dies nimmermehr zu rechtfertigen ist; denn seine wirkliche Meinung kann man nur in der einen dieser beiden Satzformen ausdrücken. Das Schema für solche Sätze würde lauten: I) (Causal.) Weil das Wesen A durch die Eigenschaft B den Vorteil C vor seinen übrigen Artgenossen voraus hatte, wurde es durch Natur-Auslese zur herrschenden Form gemacht. II) (Teleologisch.) Das Wesen A hat die Eigenschaft B, damit es den Vorteil C geniesst. Fassen wir den oben betrachteten Weismann’schen Satz in dies Schema, so lautet er: II) (Teleologisch.) Der Sexualismus (A) hat die Eigenschaft (B), möglichst grosse Variation zu erzeugen, damit er (C) dieselbe der Selektion zur Verfügung stellen kann. T) (Causal.) Weil der Sexualismus (A) durch seine Eigenschaft (B) möglichst grosse Variation zu erzeugen, vor den übri- gen Formen der Fortpflanzung den Vorteil (C) voraus hatte, diese der Natur-Auslese zur Verfügung zu stellen, so wurde er durch Natur-Auslese zur herrschenden Form gemacht. Etwas fasslicher gestaltet, lautet dieser Satz dann: Weil den mit Sexualität begabten Wesen ihre Eigenschaft, mög- lichst variable Nachkommenschaft zu erzeugen, im Kampf um’s Da- sein Vorteil brachte, wurde diese Form von Wesen die herrschende. Damit sind wir zu dem sonderbaren Gedanken gelangt, dass in dem gegenwärtigen Kampf um’s Dasein die Eigenschaften der zukünftigen Nachkommenschaft Vorteil bringen sollen! Diese Misgeburt von Gedanken ergiebt sich aus der falschen Anschauung, dass man alle kausalen Verhältnisse final ausdrücken kann, während dies nur zulässig ist, wenn die Erfüllung des Zweckes Thatsache geworden ist. Der Zweck, den Weismann angiebt, ist aber nicht nur keine Thatsache, sondern ist umgekehrt grade die Behauptung, die er zu beweisen sucht. Damit ist die logische Unhaltbarkeit der Weismann’schen Ansicht von dem Sinne des Sexualismus erwiesen; auf die thatsäch- liche Unhaltbarkeit werde ich in einem späteren Vortrage eingehen. =, 5 - . er 1 Eu Ze vu 12 wer Be ER Re!