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VÖLKER EUROPAS...!
Der Krieg der Zukunft
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Der Krieg der Zukunft
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Erstes bis fünfzehntes Tausend
BERLIN
VERLAG von RICH. BONG
Überaetsuagtrecht, aowie alle anderen Rechte vorbehalten.
Published Jone 30, 1906. Privilege of copyri^ in the United State«, reserved ander the Act approved Ifarch 3, 1905 by Rieh. Bong
Druck von C. Grumbach in Leipzig.
Maisonne glitzerte über Kreidefelsen, Schloss tind Strandbatterien, wo ungewöhnlich reges Leben sich tummelte, glänzte weit überm schmalen Meerstreifen nach Calais, wo auf den sonst so verkehrreichen Wellen eine merkwürdig abgestorbene Öde herrschte.
Am Hafenpier von Dover standen zwei statt- liche Herren, allein und ohne sonstige Begleitung. Die Hafenoffizialen hatten ihnen, die Hand an der Mütze, das Feld geräumt und den ganzen Um- kreis für Publikmnverkehr auf eine halbe Stunde abgesperrt. Wo sonst bei Ankunft jedes Dampfers vier Schnellzüge nach den vier Londoner Haupt- stationen dicht am Strande bereit stehen, so hier ein einzelner Expresszug, auf den Schienen dicht zur Landungstreppe herangeschoben, nur Lokomo- tive und Salonwagen. Man erwartete offenbar einen nicht im Fahrplan angemeldeten Spezialdampfer, des- sen schwarzer Rauch bereits über der blauschillem- den Flut dch anmeldete, und dessen Schornstein am Horizonte sich abhob, als die Fahrt mit Windes- schnelle sich näherte.
„Sie müssen gleich hier sein." Der eine Gentle- man steckte die Uhr, die er soeben zu Rate zog,
Völker Europas . . .1 I
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gemächlich in die Tasche. „Pünktlich ohne Verspä- tung. Selten bei Franzosen. Hoffentlich ein günsti- ges Omen für pünktlichrechtzeitiges Vorgehen. Das plötzliche Einrücken des 19. Korps aus Algier nach Marokko war ein hübscher Streich, doch die eben- so plötzliche Kriegserklänmg Deutschlands daraufhin binnen zwölf Stunden paralysierte die Uberraschimg. Unsere langatmige Parlamentsdebatte, alle Stinmien gegen Radikale, Arbeiterpartei und Iren, kostete auch Zeit."
„Die Mobilisierung ist in vollem Gange, wie Depeschen von Brest und Toulon bei den ,Horse- guards' einliefen," erwiderte der andere, dem man den Militär ansah. „Beiläufig ist schon heut hier Befehl gegeben, dass die Strecke Calais — Dover für Passagierverkehr gesperrt. Morgen wird Dover in vollem Verteidigungszustand sein. Unsem Kauf- fahrteischiffen in allen Zonen ward schon gestern, teils vom Marineamt, teUs von Lloyds her priva**, die entsprechende Warnung und Weisung gekabelt. Die Deutschen haben in der Mobilisienmg schon starken Vorsprung, doch sie haben dies vielleicht verabsäumt, ein Tag kann einen Unterschied für das Schicksal ihrer Dampferlinien machen. Und wo sollen die Dampfer des Norddeutschen Lloyd denn neutrale Häfen anlaufen? Was ist neutral? Wladiwostok, Nagasaki, San Francisco, New Or- leans oder gar Odessa, Genua, Barcelona, Antwerpen, Amsterdam? Lauter zweifelhafte Neutralitäten in einem Deutschland schwerlich günstigen Sinne oder
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wenigstens jeden Augenblick durch unsere alliierten Flotten gefährdet. Nach Montevideo oder Buenos Ayres können doch nicht alle flüchten/*
„Da gehen Sie viel zu weit. Nordamerika bleibt sicher neutral, und in dortige Gewässer dürften im- sere Kreuzer wohl schwerlich sich hinwagen. Un- sere Vettern drüben haben gegen tms einen alten Famüienzank. Gnade uns Gott, wenn sie jetzt dies Gespenst aus der Blaubartkanuner holen I**
„Bs^i Blut ist dicker als Wasser. Ich baue fest auf die verwandtschaftliche Gesinnimg der Angelsachsen drüben. Der Washingtoner Senat kann unmöglich damit zufrieden sein, dass die Teu- tonen uns über den Kopf wachsen oder wenigstens dem gottgewollten Welttriumph der Angelsachsen beider Hemisphären einen Strich durch die Rech- nimg machen. Man wird vielleicht beim Friedens- schluss etwas Kompensation verlangen, etwa Ja- maika — fort mit Schaden 1 — , aber unsere Nieder- werfung des frechen deutschen Konkurrenten als einen Erfolg in eigener Sache mit Jubel begrüssen."
„Gott segne Ihren Optimismus I Und die starke deutsche, vor allem die so vielfach dominierende irische Bevölkerung drüben, die so überaus ein- flussreich bei Wahlen und Verwaltung ? Ich füicht\ ich fürchte, die alten Fenier werden die Gelegen- heit benutzen, uns in Irland Unheil anzurichten und das Homerule-Banner mit radikalster Losreissungs- parole zu entfalten."
„Ach wasl Die Zeiten von Emmett und Grat- is
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tan, ja selbst von Pamell sind vorüber. Ein paar nationalenglische Regimenter und orangistische treue MilizfreiwUlige genügen heut, die Ordnung aufrecht zu erhalten. O über die ewigen Bedenk- lichkeiten der Herren Politiker! Wir Soldaten sind Optimisten von Beruf, sonst könnten wir nicht dreist und gottesfürchtig unsere Arbeit tun, und damit konmit man am weitesten. Irland könnte uns einzig Ungelegenheiten machen mit Hilfe Frankreichs."
„Hm, ja, unsers heutigen teuren Verbündeten!" Der Zivilist, Mitglied des Kabinetts, räusperte sich leicht. Beide Herren tauschten unwillkürlich mi- nutenlang einen eigentümlichen Blick aus. Sie ver- standen sich vollkommen. „Lassen wir das! Jeden- falls wird Rücksicht auf die deutschen und irischen Volksmassen der Union recht lebhaft deren Stel- lungnahme beeinflussen. Nim, aus der Schlusskonfe- renz der Neutralen heut abend werden wir ja ent- nehmen, ob Amerika sich zu absoluter bedingimgs- loser Neutralität bekennt oder sich Hintertürchen offen lässt. Desgleichen Japan. Mein Kollege auf der Konferenz ist bisher wenig befriedigt."
„Die Kerle werden gar zu frech!" stiess der Militär zwischen den Zähnen hervor. „Meinem Ge- fühle nach hat man England noch nie solchen Affront zugefügt, wie damals, wo Kriegsminister und Parlament in Tokio öffentlich unsre kriegerische Leistungsfähigkeit in Zweifel zogen. Dafür haben wir imsre glänzende Isolierung aufgegeben und uns mit den gelben Teufeln verbündet?! Schöner Dank
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für unsre Herablassung I Na, jedenfalls decken sie uns den Rücken gegen Russland."
,Jst zurzeit unnötig, weil ungefährlich. Dies war eigentlich mein Hauptgrund, für sofortigen . Krieg gegen Deutschland zu stimmen. Solche Welt- lage kommt nicht wieder, die russische Revolution verschol) das europäische Gleichgewicht so sehr zu unsem Gunsten."
„Der gnädige Gott hilft immer seinem England 1" Der Militär strich sich feierlich den Schnauzbart mit salbungsvollem Stolz. Der Minister lächelte leicht:
„Dies erhebende Gefühl sollte uns aber nicht abhalten, die grösste Vorsicht zu beobachten. Der Himmel hilft immer dem, der sich selber hilft. Sehr gerecht 1 Wir traurigen Berufspessimisten, das heisst Staatsmänner, rechnen vor allem nüt der Schlech- tigkeit der menschlichen Natur und hier der japani- schen insbesondere. Wichtiger als Zukunftsträimie über Garantierung von Indien wäre ims, wenn Japan uns statt dieser Taube auf dem Dach heut den ein- fachen Spatzen schenkte: nämlich unser Bündnis so auffasste, dass es gegen Deutschland in Ost- asien oder Samoa und Marschallsinseln aktiv wird. Das wenigste, was die Japs tun können, ist Ver- pflichtung, die europäische Polizei über China zu üben im Falle dortiger Unruhen."
„Dort ist ja alles ruhig, die Gesandtschaften berichten so übereinstimmend," wandte der Militär ein. „So viel Vertrauen hab' ich doch noch zu unsrer Diplomatie . . obschon . ."
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„Vor dem letzten Boxeraufstand klang es ähn- lich/' brummte der Minister. „Falls Japan auf nichts Bindendes eingeht, müssen wir unser ost- asiatisches Geschwader dort belassen imd ebenso das atlantische zwischen den Antillen imd Kanada, zum Schutze des Seehandels gegen deutsche Kaper, Aufbringung von Schmugglern imd — ohne es offen einzugestehen — weil man nie wissen kann, wie sich Amerika zur Lage stellt, wenn der Seekrieg sich lange hinzieht! An- fangs dürfen wir auch schwerlich imser Mittelmeer- geschwader wegziehen, weil Italiens Haltung nicht vöUig geklärt."
„Ich denke, sie sei klar genug, es sei geheime Garantie geboten, Konvention abgeschlos- sen, dass — "
„Konvention ist zu viel gesagt, solange münd- liches Pourparler nicht zu Papier gebracht. Schon anstandshalber, damit man in Berlin und Wien nicht sofort über Italiens Absichten unterrichtet, müssen unsere Schiffe offiziös vor Spezzia und Neapel kreu- zen, als gelte es, Italien einzuschüchtern. Dass es Neutralität zusicherte, begreift sich aus eigenstem Interesse, doch wohin sich dies Interesse ferner wenden imd wozu sich*s aufschwingen wird, das lässt sich trotz aller privaten, uns angenehmen Winke doch nur vermuten. Vorerst sind jedenfalls, um Ihre frühere Frage zu beantworten, russische und italie- nische Häfen neutral, niederländische auch."
„Letztere Herrlichkeit wird nicht lange dauern 1"
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lächelte der Militär grimmig. ,,Ah, da sind unsre Herrschaften !'*
Der Dampfer hatte sich mittlerweile dem Lan- dungspunkt inmier rascher genähert imd angelegt. Drei Herren entstiegen ihm imd grüssten die ent- gegeneilenden beiden Engländer. Der Dampfer blieb liegen, imd rascher Meinimgswechsel zwischen dem französischen Kapitän imd dem britischen Hafen- offizialen ergab, dass das Schiff morgen früh mit den französischen Herren wieder in See stechen werde.
Unter gegenseitiger Begrüssung, deren anschei- nende Herzlichkeit eine gewisse Zurückhaltimg nicht ausschloss, stellte man sich gegenseitig vor. Neben einem jüngeren, süsslich lächelnden Diplomaten, Sendling des Quai d'Orsay, befand sich hier ein Bevollmächtigter der Rue St. Dominique, ein ele- ganter schneidiger Oberst vom Generalstab, dem man den Zögling von St. Cyr und Jesuitenschule förmlich vom Gesicht ablas, und dessen bretonischer Name und langer Adelstitel deutlich besagte, dass er zu jener in der Armee mächtigen und der repu- blikanischen Regierung verdächtigen Generalstabs- clique gehörte, die heimlich mit Royalismus lieb- äugelt, klerikal bis in die Knochen. Jetzt in der Stunde nationaler Gefahr schwiegen natürlich die Parteizwiste innerhalb des Offizierskorps, oder sie soll- ten es wenigstens, jeder musste an die Stelle treten, wo man ihn brauchte, ohne nach seiner Partei- gesinnung zu fragen. Das hinderte aber nicht, dass der alte General, weisshaarig mit bronzebrauner
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Wange, die längen Dienst unter afrikanischer Sonne verriet, als Haupt des delegierten Kleeblatts sich stets in gemessener Kühle von dem Generalstäbler absonderte und letzterer diese Entfremdung gleich- falls markierte.
„Wir sind Ihnen unendlich verbunden," ver- sicherte der britische Militär, sobald man den Extra- zug bestieg und dieser mit rasender Geschwindigkeit, wie sie auf der Küstenstrecke der London-Chatam- Dover Railway üblich, nach Charing Gross dahin- rollte. „Die Grundzüge unserer gem^samen Ope- ration sind ja schon früher festgestellt, aber ge- wisse Einzelheiten zu vereinbaren schien angezeigt. Deshalb erbaten wir persönUche Gegenwart von autoritären Vertrauensmännern."
„Wir danken verbindlichst, dass Sie unserer Einladimg folgten," fügte das Kabinettsmitglied offi- ziös hinzu, indem er seinem französischen Kollegen die Hand drückte, „imd empfinden es als sinnige Aufmerksamkeit, dass gerade Sie, früher als Attache unter uns weilend imd mit englischen Verhältnissen so wohl vertraut, zu dieser ausserordentlichen Mis- sion erwählt wurden."
„O, wir kommen sehr gern," betonte der alte General nicht ohne eine gewisse Schärfe. „Denn gerade wir bedürfen genauerer Stipulierung über Ihre Expedition nach Antwerpen und Rotterdam, sowie etwaiger Truppentransporte nach Galais tuid Boulogne."
„Gewiss, gewiss I" Der britische Militär unter-
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drückte einen Hustenanfall, als sei ihm bei seiner überhasteten Versicherung etwas in die unrechte Kehle gekommen. „Das werden Sie alles tabellarisch in meinem Bureau verzeichnet finden. Wir unserer- seits möchten um Auskunft bitten, ob Ihre Aktion aus Flandern uns via Antwerpen vorarbeiten wird."
„Wie Sie es überhaupt mit der Neutralität der Niederlande halten?** redete der Minister hastig auf den französischen Diplomaten ein. „Und ist Ver- letzung des Schweizer Territoriums unumgänglich nötig? England ist ja am Ende ein Mitgarant der Schweizer Unverletzbarkeit, imd es ist uns peinlich, den Sommeraufenthalt unserer britischen Touristen ztun Kriegsschauplatz umgewandelt zu sehen," suchte er einen Anfall humoristischer Laune hervorzukehren.
Der Franzose lächelte höflich:
„So schmerzlich wir es empfinden, britischen Ladies und Gentlemen ihre Sommerfrische zu ver- leiden, werden wir leider diese Störung verursachen."
„Die Flankierung der Linie Strassburg-Metz durch breiten AusfaU über Belfort-Basel ist zu wert- voll, als dass wir darauf verzichten könnten," fiel der Generalstäbler ein, der hingehört hatte, indes der General sich mit dem britischen Militär in er- regtes Fachgespräch vertiefte.
„Wohl, da müssen wir eben konziliante Formen wählen," nickte der britische Staatsmann, „um das Odium des Völkerrechtsbruches von uns abzuwälzen. Etwa drohende Ansammlung deutscher Massen bei Basel — "
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„Wozu so viel Mühel" versetzte der Franzose kalt. „Wir haben Beweis in Händen, dass die Eid- genossenschaft in Bern mit Haut und Haar auf deutscher Seite steht. Unsere Note ist fertig: wir beklagen, dass mangelnder Grenzschutz der Schweiz uns gebieterisch zwingt, selbst den Schutz der Schweiz gegen Deutschland zu übernehmen."
Während beide Diplomaten nun eifrig Notizen verglichen, mischte sich der Generalstäbler mit ziem- lich arrogantem Ton in die Unterhaltung der bei- den höheren miUtärischen Würdenträger, als wolle er andeuten, dass die Rue St. Donünique (General- stab) immer der guten Stadt Oran (Algierisches Generalkommando) vorgehe und selbst den Quai d'Orsay (Auswärtiges Amt) mit ihrer Autorität über- schatte. In schnarrend nonchalantem Ton trug er statistische Fachsimpelei vor, schnitt dem Afrikaner förmlich das Wort ab und fand bei dem Briten respektvolle Gegenliebe, der als Aristokrat sofort dem bretonischen Standesgenossen gesellschaftliches Vorrecht einräumte.
Der alte General aus Algier machte jedoch brüsk den Auseinandersetzimgen über die „Be- deckungstruppen" an der belgischen Grenze ein Ende: „Das werden wir ja bald erledigen, sobald wir Ihr Bureau erreichen und dort das englische Mobilisierungsschema vergleichen. Was mich be- trifft, so habe ich die Ehre, vor Ihnen zu stehen, weil der General-en-chef der französischen Heere Sie über unsere Aktion in Marokko zu unterrichten
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wünscht. Hierfür bin ich Sachverständiger und gebe Ihnen Aufschlüsse, um etwaiger Mitwirkung Ihrer Flotte und jedenfalls Ihrer afrikanischen Besatzim- gen die richtigen Etappen zu regeln."
Der Brite machte sozusagen ein langes Gesicht. „Unsere Marine hat dort nichts zu suchen, wir schwächen uns ohnehin genug durch so viele Ent- sendungen von Jamaika bis Malta, von Port Said bis Honolulu, wo wir doch alle Kräfte in der Nord- see konzentrieren sollten. Unsere Garnisonen im Sudan und Ägypten werden wir auch kaum schmä- lern können, weil — "
„So, sol" hüstelte der General trocken. „Was mir bei Ägypten einfällt, Hess der türkische Bot- schafter immer noch nichts von sich hören? Ich meine, der Ihrige in London, denn der unsere in Paris ist wegen dringender Privatgeschäfte schon längere Zeit auf Urlaub verreist."
„Der Pascha leidet noch immer an Influenza, das rauhe nordische Klima bt ihm nicht zuträglich," wandte der Minister, der mit halbem Ohr hinge- lauscht hatte, sich dem General zu und parierte den wohlverstandenen verhaltenen Spott der teilnehmen- den Frage nach dem Befinden des Türken: „Ach beiläufig, da Herr General sich erkundigen: quid novi ex Africa?, darf ich wohl fragen: wie denken Sie über Russland? Ist Ihnen jetzt endlich näheres bekannt über die allerhöchsten Intentionen Sr. Majestät des Zaren?"
Jetzt war die Reihe an den Franzosen, betrete-
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Militär ein Telegramm überreichend: „Ew. Lord- schaft möchten sich doch gleich entscheiden und Bescheid für Rückantwortdepesche treffen." Die Bri- ten entschuldigten sich bei ihren französischen Gä- sten, um ihre Briefschaften zu durchfliegen. Die höflichen Franzosen verneigten sich: „Geschäfte gehen allem vorl", beobachteten aber heimlich den Gesichtsausdruck ihrer lieben Verbündeten. Der Staatsmann hatte zu oft Poker gespielt, um nicht das Bluffen recht wie ein Yankee zu verstehen, aber dem Militär entfuhr trotz seiner insularen steifen Würde ein halber Fluch. Beide tauschten flüchtig einen Blick aus.
„Schlechte Nachrichten, hoff ich doch nicht?" flötete der Elegant vom Quai d'Orsay mit öliger Stimme.
„Nicht grade dasl Aber eine Überraschimg, die übrigens ausschliesslich britische Angelegen- heiten betrifft 1" winkte der Staatsmann trocken ab. Als man ein Konferenzzimmer in Winchester Palace betrat, fragte er an : „Ehe wir die betreffenden; schwe- benden Punkte erledigen, bitte ich mich aufzuklären, wie Sie eigentlich gegen Italien verfahren wollen."
„Bahl" Der hochgeborene Generalstäbler machte eine wegwerfende Handbewegung. „Anstands- halber belassen wir die Aipin-Truppen sowie Terri- torialreserven der Regionen Chamb^ry, Grenoble, Arles, Marseille an den Seealpen und lassen das Toulongeschwader im Meerbusen von Genua kreu- zen. Das ist alles. Über Italiens befreundet wohl-
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wollende Haltung haben wir bündigste Zusicherun- gen. Das ist unsre Sache."
„Sehr wohl. Auch von der Pforte haben wir lau- ter korrekte Zusagen unsrerseits," versetzte der Brite gelassen und konnte sich kaum enthalten, scharf zu parodieren : „Das ist unsre Sache." Er fügte hin- zu: „Wie die Türkei, notifiziert uns auch Russland die korrektesten Sachen. Ich bin entzückt über so viel guten Willen."
Als die Konferenz beendet war und die Franzo- sen sich verabschiedet hatten, gähnte der britische Militär : „Windig und falsch wie immer, die Französ- chenl Wollen unsre Hilfe für ihr Marokkogeschäft festlegen. Prahlhänse! Sahen Sie, wie sie alle drei aufzuckten, als ich wohlwollend tröstete, im Fall fran- zösischer Niederlage würde unser Hilfskorps die Sache schon ins reine bringen ?" Der Minister lächelte fein Eitle Menschen können einander gegenseitig nicht ausstehen, Prahler entrüsten sich über Prah- ler. Wo Gloire imd Glory zusammenstossen, da gibt es seelische Reibung. „Wie sie sich vor ims mit Russland blamieren I"
„Natürlich, das will immer nur Geld. Woher nehmen und nicht stehlen 1 Schon Rouvier verbot ausdrücklich der Banque de France Anleihen ans Ausland, solange der drohende Konflikt nicht gelöst. Nim bekam's ja wieder neuen Pump, doch der ge- nügt knapp für innere Bedürfnisse, nicht für Kriegs- zwecke. Ausserdem trägt Russland es animos nach,
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dass damals französische Behörden dem russischen Geschwader Anlauf en inSaigun verweigerten imd es so Togo in die Arme trieben. Wissen Sie, Mylord, was mein Nachrichtenbudget soeben besagt? In kurzen Worten: Russland rührt keine Hand, der schwache Truppenkordon an der österreichischen und türkischen Grenze ist pure Demonstration, uns Sand in die Augen zu streuen. Unser Nachrichten- dienst funktioniert zu gut, als dass hier Irrtum obwalten könnte. Dafür fängt die Wühlerei in Per- sien und Afghanistan verdoppelt wieder an. Wir müssen jetzt ein Auge zudrücken, wenn Russland sich langsam vorschiebt und im trüben fischt. Und nüt imsem allzu teuren Freunden in Tokio wird aus Petersburg förmlich fraternisiert.**
„Meine Nachricht ist auch fatal. Man verlangt Verstärkung aus Kapstadt wegen drohender An- zeichen allgemeiner Erhebung. Ich habe sofort ge- kabelt, dass eine Division so bald wie möglich ab- gehen werde. Neue Schwächung T*
„Ich habe noch andre Botschaft. Kaum for- derten die deutschen Gesandten in London und Paris ihre Pässe, als sämtliche britischen imd französi- schen Schiffe in deutschen und österreichischen Häfen als Prisen mit Beschlag belegt wurden. Deutsche Schiffe aus imsem Häfen sind, augen- scheinlich längst vorher instruiert, alle ausgelaufen und auf hoher See, sich in neutrale Wasser zu ret- ten. Wir konmien zu spät.*'
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Als die drei französischen Delegierten in einem Privathaus auf St. James* Square vor Schlafengehen ihren Absinth schlürften, herrschte eine etwas be- klonmiene, übermüdete Stinunimg.
„Ich weiss nicht recht . . doch mir scheint, als seien Sie nicht ganz zufrieden, mein teurer Generali" warf der Diplomat hin, mit forschendem, berufsmässigem Seitenblick. Der Afrikaner genehmigte sich einen Absinth und nickte gedankenvoll, schwieg aber.
„Was wollen Sie denn weiter?" brach der un- geduldige Aristokrat los, der nun mal seine Pike gegen den guten Republikaner nicht loswerden konnte. „Verzeihen Sie, aber ein misstrauischer Rä- soimeur ist hier nicht am Platze. Ging die Ver- handlung nicht glatt von statten? Herrscht nicht volle Ubereinstinunung über den Operationsplan mit imsem englischen Alliierten? Alles in bester Ord- nung I Wozu also Ihre Sorgenfalte?'*
„O, was das betrifft," begann der Afrikaner langsam, „so habe ich keine Bedenken über die gegenwärtige Augenblickslage. Wollen wir einmal den Revanchekrieg gegen unsre j^iseitsrheinischen Nachbarn führen — "
„Was jedes echten Franzosen einzige Sehnsucht seit dreissig Jahren 1" fiel der Generalstäbler heftig und etwas giftig ein. „Ich will nicht hoffen^ dass Sie in letzter Stunde noch an der Nützlichkeit tmsrer grossen Unternehmung zweifeln 1"
Der General sah ihn finster an. „Und ich will hoffen, dass Sie einen provokanten Ton vermeiden.
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Am Vorabend des Nationalkriegs ziemt sich kein persönlicher Zwist."
„Aber meine Herren 1" beschwichtigte der Di- plomat. „Was soll das hier? Am Patriotismus des Herrn Generals zu zweifeln, fiel doch natürlich dem Grafen nicht ein. Es lässt sich freilich nicht leug- nen, dass ein grosser Teil des französischen Volkes sich sozusagen mit dem Frankfurter Frieden ab- fand. Die ganze jüngere Generation denkt etwas skeptisch, um nicht zu sagen zynisch, über die El- sässer Frage. Doch Ihr ,Wenn* sollte ja eine Er- gänzung haben, als man Sie imterbrach: Was woll- ten Sie sagen?"
„Wenn wir Deutschland angreifen wollen — ," hob der Afrikaner wieder an, doch diesmal erhob der Diplomat selber Einspruch mit verbindlich ironi- schem Lächeln:
„Pardon, wenn mm auch ich Sie unterbreche und diesen Verstoss gegen guten Ton zu verzeihen bittet Wir Deutschland angreifen 1 Nicht mal im Privatgespräch dürfen wir solche Wendung brau- chen. Natürlich sind wir die meuchlings und über- mütig Angegriffenen! Wir nehmen die Herausfor- derung an, das ist alles 1" Dass Frankreichs jähe Attacke gegen Marokko den Krieg unweigerlich her- aufbeschwor, musste möglichst durch Flunkereien umgedeutet werden, als habe Deutschland aus freier Hand freventlich den Vogesennachbam angerem- pelt. Der Afrikaner zuckte die Achseln: „Bah, wir sind ja unter uns. Wozu Flausen machen ? Wenn
Völker EnropM . . . | 2
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man jemanden boykottiert, so greift man' ihn nicht au, aber zwingt ihn zu Repressalien. Die von Del- cass6 inaugurierte Politik, deren Zwecke wir fort- setzten, hat völlige Isolierung Deutschlands im Auge und ist genau so aggressiv, wie Louis Napoleons ge- heime Intrigen vor 1870. Unterschied bei dieser Ähnlichkeit liegt nur darin, dass damals Osterreich und Italien ihre Verbindlichkeit nicht erfüllten, weil unsre Niederlage sich überstürzte, während heut un- ser AUüerter England wirklich die Walstatt betritt. Offen gestanden, zu meiner grössten Überraschung I"
„Wie, Sie meinen, England würde — Sie fürch- teten, es werde uns am Ende doch noch im Stich lassen?" Der Diplomat schüttelte leicht den Kopf. „Da waren Sie falsch unterrichtet. Hierin sind nur wir vom Quai d'Orsay kompetent. Glauben Sie, wir wagten uns leichten Herzens in solch Aben- teuer ? O nein, wir hatten zu bestinunte Abmachungen imd Versicherungen von jenseits des Kanals."
„Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Ge- schenke bringen!" murmelte der Afrikaner.
„Ach Sie quält noch immer das Gespenst von Faschoda!" näselte der Generalstäbler. „Gewiss sehr peinlich, doch England gab uns ja volle Revanche durch dies Bündnis, gab uns Marokko für Ägypten 1"
„Sind Sie dessen so sicher? England schenkt immer freigebig, was man sich erst holen soll. Wir haben Marokko noch nicht. Gott gebe, dass wir es jemals kriegen 1"
„Solche Schwarzseherei immittelbar vor der Ak-
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tion scheint mir mindestens nicht vorteilhaft." Der Aristokrat runzelte die Stirn.
„BsLh, Sie kennen die Verhältnisse dort imten nicht," trumpfte der Afrikaner ihn gelassen ab. „Sie reden von Afrika, wie ein Pariser von Paris, und haben keine Ahnung."
„Das alles bringt uns von Ihrer ursprünglichen unterbrochenen Bemerkung ab!" kam der Diplomat neuen Zwistigkeiten zuvor.
„Nein, im Grunde bringt es nähert Umschreibt nur im voraus, was ich sagen wollte 1" versetzte der General gemessen. „Also nochmals: wollen wir uns mit Deutschland schlagen, so ist die Stunde ims listig. Der politische Horizont verändert sich oft über Nacht, nur heut sind wir Englands sicher."
„Gerade weil unser eigentlicher Alliierter Russ- land so gut wie ausgeschaltet ist," bestätigte der Di- plomat. „Bündnis mit England, solange Russland in voller Macht, wäre uns unmöglich gewesen. Trotz alles englischen Hasses gegen Deutschland würde England sich gehütet haben, dem Zweibun^ beizu- treten und so nur Russlands Obmacht auf dem Kontinent zu fördern. Nun Russland leider fürs erste beseitigt — "
„Also denn!" Der Aristokrat schlug imgeduldig mit der Hand auf den Tisch. „SoUten wir etwa warten, bis die Zarenmacht sich wieder erholte ? Das könnte ein Lustrum dauern I Jedenfalls begleitet uns Russland mit seinen Sympathien. Italien und Spanien mit etwas mehr . . . imd Frankreich und England
2*
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werden mit Deutschland schon fertig werden. Ich weiss wohl/' fuhr er hastig fort, da der Diplomat bedeutungsvoll seine Augenbrauen hochzog und der General sich jeder Beistimmung enthielt, „dass wir möglichenfalls zu Lande Rückschläge erleben wer- den, doch unsere Flotten werden dafür Deutsch- land zur Raison bringen. Handel und Flotte ver- nichtet, lange Küstenblockade, schwere ökonomische Depression im Innenlande, Missvergnügen der Be- völkerung, Aufruhr der Sozialdemokraten . . . o, ich sehe rosig in die Zukunft!"
„Diese Zukunftsmusik gönne ich Ihnen I" gähnte der General leicht, als langweilten ihn solche optimi- stischen Prophezeiungen. „Mag sein, dass es so kommt, hat sogar Wahrscheinlichkeit für sich. Aber ich wiederhole: nicht um nächste Gegenwart gräme ich mich. Ich meinerseits höre auch Zukimftsmusik in weiterer Feme, und die tönt nicht lieblich."
„Ah, wenn ich Sie recht verstehe, hören Sie Disharmonie mit unserm teuren Alliierten ? Hm, man hat so seine Gedanken 1" Der Diplomat bhes nach- denklich den Rauch seiner Zigarette vor sich hin.
„WasI Verrat ?l" fuhr der Edelmann auf. Denn wo Begriffe fehlen, da stellt französischen Ge- mütern das Wort Verrat zur rechten Zeit sich ein.
Der Diplomat lächelte. „Nicht gerade Verrat I Der Herr General vermutet nur . . Darf ich Sie bitten, sich deutlich auszudrücken ? Wir sind ja unter uns als Patrioten."
„Wohlan I Sie werden die politische und diplo-
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matische Geschichte Europas wohl besser kennen als ich. Als ungelehrter, bescheidener Soldat weiss ich nur so viel, habe aus der Geschichte gelernt, dass Englands Bündnisse immer nur einem Vorteil brin- gen, England selber. Da war der Siebenjährige Krieg — "
„Ganz recht 1 Friedrich der Grosse diente nur dazu, Hannover für England zu schützen und unsere Finanzen durch endlosen Landkrieg zu ruinieren. Subsidien wurden ihm schäbig und unregelmässig bezahlt, und am Schluss liess man ihn einfach im Stich, schloss Separatfrieden mit uns. Nachdem man unsere Kolonien geraubt, unsere Seemacht zertrüm- mert hatte, welches Interesse besass England noch an Unterstützung des armen Preussen ? Nun und später, da hatte Preussen wieder ein Lied davon zu singen, wie England seinen Freunden Treue hält. Deutsch- land musste Napoleons Sturz nur besorgen, lun Bri- tanniens Meerbeute in Sicherheit zu bringen. Auf dem ersten imd zweiten Pariser Frieden fanden als Dank die deutschen Interessen keinen ärgeren Feind als das verbündete Inselreich, als den bei Waterloo durch Preussen geretteten Wellington."
Der Diplomat, jener historisch geschulten Gat- tung neuer französischer Staatsmannschaft angehö- rig, wie sie in Hanotaux' Richelieu-Buch ihren Aus- druck findet, trug diese Reminiszenzen nicht ohne Behagen vor. Selbst der Nationalist stutzte be- treten und nahm zum Absinth seine Zuflucht, indem er flüsterte: ,Ja, das perfide Albion I"
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Der alte Soldat nickte. „Und was schliesse ich daraus ? Nicht viel Schönes. Meine Lebenserfahrung lehrte mich, dass Menschen sich niemals ändern, und Völker auch nicht. Egoisten sind wir alle, aber die englische Politik treibt die Selbstsucht bis zur Ehrlosigkeit. Nehmen wir an, wir würden auf dem Festland gänzlich geschlagen, England aber zer- störe mittlerweile Deutschlands Flotte und Seehan- del — was verlangt es noch weiter? Wenn seine Kaufleute über eigene Handelsschädigung während der Seeblockade murren — denn der Export seiner Industrie nach Deutschland-Österreich wird für das Inselland doch während des Seekriegs unterbunden, und wer weiss, ob nicht deutsche Kreuzerkaper auch ihrerseits Unheil anrichten 1 — wozu sollte man den Krieg weiterführen, da doch der eigene Sonderzweck dann schon err^cht bt?'*
„Ich fürchte, Sie haben nicht ganz unrecht," murmelte der Diplomat. „Deutschland seinerseits wird nicht an Nachgeben denken, solange es zu Lande übermächtig bleibt. Stehen seine Heere vor Paris, kümmert sich's wohl wenig um Blockade seiner Häfen. Wozu sollte England weiter die schweren Kriegskosten auf sich laden, da es doch auch seine Landmacht daheim mobilisiert halten muss, ohne sie aktiv verwenden zu können?'*
„Wieso nicht aktiv? Landung an deutscher Küste — " wandte der Generalstäbler ein, aber der General lachte nur.
„Das glauben Sie als Fachmann wohl selber
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nicht I Habe mir erzählen lassen, der alte Bismarck habe auf die Frage nach solcher Möglichkeit, was man gegen das Landungskorps tun solle, trocken gespottet: „Man wird die Leute verhaften/* Ein guter Witz. Ist ja bloss komisch, nur für grössenwahn- sinnige Jingos denkbar. Das bi&schen britische Armee inmitten der riesigen deutschen Kriegsmacht I Schon die Landwehr genügt, sie zu erdrücken."
„Übrigens trösten Sie sich," brach der Diplomat ironisch ab, „solch Missgeschick wird unsere teu- ren Verbündeten niemals treffen. Die berühmte Landung von hunderttausend Briten, die Lord Lans- downe dem braven Herrn Delcass^ versprach, würde doch nie stattfinden. Welch Interesse hätte Eng- land, zu imsem Gimsten solch Wagnis zu versuchen I Ihm liegt nur daran, Deutschland maritim mög- lichst zu schädigen. Ist das geschehen, hat*s seine Aufgabe erfüllt und kümmert sich keinen Deut um unser Wohlergehen. Mein Gott, das ist so menschlich 1"
,^ber das britische Kriegsdepartement stellte doch in Aussicht, eventuell Hilfstruppen über den Kanal zu schicken," betonte der Nationalist, schon etwas kleinlaut. Doch der General lachte wieder.
„Die will ich erst sehen, eher glaub' ich*s nicht. Und die hunderttausend — höchstens, günstigsten- falls, denn seine Milizfreiwilligen darf England doch nicht ausser Landes verwenden — werden den Kohl auch nicht fett machen, wo wir Kontinentalen nach
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bewaffneten Millionen rechnen. Würde nur unnütz unsere eigenen Verpflegungskosten erhöhen. So viel Lärm um eine Omelette I Die albernen Prahler mit ihrem Tommy Atkinsl** Der Stockfranzose sprach diesen Spitznamen des britischen Söldnersoldaten mit breiter Nachäffung aus.
„Nun, dann bliebe inmier noch Landung in Hol- land!'* nahm der Generalstäbler gewichtig das Argu- ment wieder auf. „Man hat's uns zugesagt.'*
„Mit Verletzung der Neutralität, nicht wahr?" brunmite der General unwirsch. „Ja, ja, sie munkeln davon, und gegen Schwache waren sie immer kühn."
„Es wäre doch etwas gewagt," flocht der Diplo- mat ein, „sich gerade das Land des Haager Schieds- gerichts für Neutralitätsbruch zu wählen 1"
„Achl Damit wird man's sonst nicht so genau nehmen 1" lächelte der Sendling der Rue St. Do- minique. Alle sahen sich bedeutimgsvoll an.
„Jawohl, aber halten Sie die Preussen für so dumm, uns gewisse Dinge nicht nachzumachen?" betonte der General. „Ehe die Briten in Holland landen möchten, sind dort sicher die Preussen schon da. Nein, nein, das alles sind Schimären. Auf direkte englische Hilfe haben wir nicht zu rechnen, nur auf indirekte, die England auf eigenes Konto zu eigener Absicht liefert. Ob es dabei so vollen Erfolg hat, wie man hofft, ist nicht mal sicher. Wenn aber, so wird es eiligst Frieden, schliessen über unsem Kopf weg, sobald es ohne ersichtlichen Nutzen seine Kriegskosten weiter vergeuden soll.
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Vergessen wir doch nicht, das$ eine starke Friedens- partei hier am Werke isti Wir allein werden den Schaden bezahlen/'
,»Ich mag das nicht länger hören I" Der Na- tionalist erhob sich ungestüm: „Sie setzen immer voraus, dass wir unterliegen, doch wir werden es nicht. Numerische Überzahl der Deutschen ? Müs- sen sie nicht eine Masse Streitkräfte an der russi- schen Grenze belassen, Österreich auch? Und letz- teres wird später von Italien abgezogen I"
„Dass Gott erbarmt Italien 1" Der »Afrikaner' spie verächtlich aus. „BUden Sie sich nur keine Illusionen I Ich will zugeben, dass Deutschland vor- sichtigerweise nicht seine Gesamtmacht gegen uns werfen darf, doch wir selbst müssen doch auch Algier bewachen und Marokko bekämpfen. Wer bürgt dafür, dass Russland sich überhaupt rührt, oder dass Italien emstUch eingreift I Auf etwelche Übermacht der deutschen Streitkräfte müssen wir immer rechnen."
„Was? und die individuelle Überlegenheit des französischen Soldaten?" Der Alte schnitt ein sau- res Gesicht, und der Diplomat starrte schweigend in die Luft. „Und unsere überlegene Schnellfeuer- artillerie ?**
„Letzteres zugestanden, ersteres der neuen Probe überlassen, bleibt als günstigste Erwartung übrig: Wechselvolles entscheidungsloses Ringen, immer angenommen, dass Deutschland nicht seine ganze Übermacht entfalten und Österreich ihm nicht oben-
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drein aushelfen kann. Was dann ? Auch nur dasselbe Ergebnis: wir erfolglos, England durch maritimen Erfolg gesättigt, infolgedessen friedenslustig. Dann bleiben wir allein und bekommen jedenfalls nichts für all unsere Opfer, wenn wir nicht gar noch etwas verlieren."
„Ach, das sind lauter Schreckgespenster von Schwarzguckemi'* rief der Nationalist zornig. „Die Armee hat nur daran zu denken, dass wir endlich unsere Revanche holen. Nur mit Zuversicht meistert man das Glück. Wir werden diesen verfluchten Preussenhunden zeigen, wie scharf geschliffen heut Frankreichs Degen ist. Ich begreife nicht, mein Ge- neral," seine Stimme nahm unwillkürlich wieder pro- vokatorische Färbung an, „wie Sie es mit Ihrer Vaterlandsliebe verantworten können, just vor Be- ginn der Schlacht den Alarmisten zu spielen."
„Ich muss Sie ersuchen, mir selbst das Urteil über mein Denken zu überlassen," mass ihn der Alte mit funkelndem Blick. „Mein Handeln wird einfach das eines Soldaten sein, der seine Pflicht tut bis aufs äusserste. Zum Warnen ist's zu spät, das Glas muss ausgetrunken sein, wie man es ein- gesdienkt hat. Ich werde von Stund an, auf französi- schem Boden, meine Lippen versiegeln. Denn Sie haben recht, man soll sich und andere nicht selber entmutigen. Aber da man mich einmal fragte, be- kannte ich ehrlich meine Befürchtung, tmd mir ist's lieb, dass ich so ein Zeugnis hinterlasse, nicht jeder Franzose sei einfältig ins englische Garn gerannt.
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Ja» ich bitte um Ihre Verschwiegenheit» denn heut kann's nichts nützen, meine düstere Meinung zu verbreiten, doch vielleicht werden Sie mir später als Zeugen dienen, dass ich manches vorausgesagt. Wolle Gott, dass ich kein Prophet binl**
„Mit anderen Worten," fiel der Diplomat ein, „Sie fürchten nicht den Feind, sondern den falschen Freund."
„So tu' ich. Und gehe noch weiter. Denn vor- ausgesetzt den mir unwahrscheinlichen Fall, Deutsch- Land würde von seiner Machtstelliuxg herabgedrückt, selbst daim sehe ich kein Heil für die Zukunft/'
„Wie das?' staunte der Diplomat, imd der Na- tionaUst riss die Augen weit auf.
Der Alte sah finster vor sich hin. „Sie fragen vielleicht, warum gerade ich zur KassandraroUe be- rufen sein soll. Das will ich Ihnen erklären und dann begreifen Sie sicher. Ihr alle stiert mehr oder mktder hypnotisiert auf die Vogesen. Meinethalben, obschon ihr so gut wie ich von mancherlei Augen- zeugen hörtet, wie völlig Elsass imd selbst Metz heut teutonisiert ist. Gesetzt den Fall, wir erwürben es zurüde, was machen wir nüt der deutschen Bevöl- kerung, die nun ihrerseits vom Mutterlande Be- freiung und Revanche hoffen würde ? Und die Deut- schen sind eine grosse, stolze Nation, die ihre Volks- ziffer jährlich tun eine Million erhöht, schon jetzt ein volles Drittel volkreicher als Frankreich. Würden die sich ruhig gefallen lassen, dass ihnen Elsass, das sie nun einmal für altes deutsches Land halten,
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heut natürlich germanischer denn je, wieder ent- rissen wird? Also bloss Umkehr der Revanche, neuer, endloser Kampf, und diesmal mit britischer Hilfe für uns ? Wohl katun, weit eher vereintes Her- fallen beider germanischer Reiche über unsere Gren- zen \md Kolonien, beste Gelegenheit für England, dem dann ein geschwächtes Deutschland maritim nicht mehr gefährlich wäre, unser afrikanisches Reich einzustecken. Denn jetzt komme ich zmn Kern der Frage. Ich bin nicht wie ihr ma das bisschen Elsass bekümmert, ich lernte da draussen die wahre Zukunft Frankreichs in Afrika kennen, die einzige Aussicht, uns durch Kolonisierung neue Bahnen zu öffnen.*'
„Und die will uns eben Deutschland in Ma- rokko sperren 1*' brauste der Nationalist auf.
„Sind Sie dessen so sicher? Kann Deutschland etwa je daran denken, Marokko wie ein Kiautschou zu pachten oder, wie wir wollen, es zu tunisieren? Nein, es will bloss Freihafen für seinen Handel und seinen Einfluss in der muhamedanischen Welt behaupten. Dagegen England, imser teurer Allüert er, sieht es wirklich nicht scheelen Blicks auf unsere Besitznahme Marokkos, auf Erweiterung unseres afrikanischen Reiches? Ah bah, ich war da unten mit Marchand, ich schmeckte Faschoda in der Nähe, ich weiss, was ich von Englands zärtlichem Werben zu halten habe, denn ich kenne seine Gelüste."
„Ah, ein Anglophobel" lächelte der Diplomat. „Heut nicht mehr Model"
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„Oho, Anglophobe war ich auch, aber immer mehr Germanophobe I" trumpfte der Nationalist auf. „Zum Tetifel, das Hemd ist ims näher als der Rode, die Vogesen näher als der Atlas 1"
„Das ist optische Täuschung," versetzte der Ge- neral gemessen. „Für alle, die Frankreichs wahre Wohlfahrt studierten, ist Algier wichtiger als Metz. Die Deutschen wollten uns nichts Ernstes mehr tun, was sollten sie uns auch nehmen? England aber sinnt auf nichts als Zeit und Ort, um unsere ganze afrikanische Herrlichkeit in Stücke zu schlagen.'*
Der Diplomat nickte leicht und blies den Dampf seiner Zigarette in blaue Ringel. „Nun ja, der Plan von Cecil Rhodes, ganz Afrika zu britischem Besitz zu machen, blieb ja kein Geheimnis. Und dass England mit Abessynien anbinden will und sich über angebliche Greuel im Kongostaat sittlich ent- rüstet — sittliche Entrüstimg meint bei England immer Annexion — ist ja bekannt genug. Der Appe- tit kommt beim Essen, und es wäre immerhin möglich, uns aus Senegambien und Sudan allmählich hinaus- zudrängen. Madagaskar liegt als französische Ko- lonie auch unbequem für die indische Route, und Algier ist ein zu fetter Bissen, als dass er nicht längst den britischen Heisshunger in die Nase stechen sollte."
Der Nationalist starrte ihn an : „Sie machen mir ernstlich bange. Trauen Sie den Leuten wirklich zu — ?"
„Vergessen wir doch nicht, dass die Briten seit
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dem Mittelalter unser einziger wirklicher Erbfeind waren. Wir haben die Deutschen mit Krieg über- zogen, ihnen viel Übles getan, doch erst seit Lud- wig XIV., und sie haben uns im Grunde bloss wie- der abgenommen, was wir von ihnen weggerissen. Aber England — sind denn seit Crecy und Azin- court bis auf Trafalgar und Waterloo nicht immer wir die Opfer seiner Arglist und Raublust gewesen ? Wo sind all unsre einstigen Kolonien? In den Zäh- nen des britischen Leopards. Glaubt man, der grosse Napoleon habe umsonst England als unversöhnlichen Todfeind Frankreichs gehasst? Und jetzt auf ein- mal soll alle Vergangenheit ausgelöscht, nur Deutsch- land tmser Erbfeind sein? Das ist doch zu naiv. Nein, unsre teuren heutigen Alliierten sind imd wer- den sein, was sie immer waren: unser gefährlich- ster gierigster Feind. Die Deutschen wollen nichts Andres mehr von uns, als dass wir uns endlich mit dem Frankfurter Frieden abfinden, im übrigen streckten sie uns ja oft genug ostentativ die Hand entgegen."
„Jawohl, deutsch-französisches Bündnis, ich danke schön!" murrte der Nationalist. „Erst Metz heraus, dann wollen wir weiter reden."
Der General zuckte die Achseln. „Meinethal- ben, dann nicht. Wir brauchen uns ja nicht vor Freundschaft um den Hals zu fallen. Aber statt dessen sich England in die Arme stürzen, das von uns ganz andre Dinge will, das uns schon Ägyp- ten abgeknöpft hat und nur auf Gelegenheit wartet.
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unsre afrikanische Zukunft zu zerstören — das ist mir zu bunt. Ob Herr Delcasse von König Eduard oder Marquis Lansdowne gekauft worden sei, wie doch manche Gerüchte behaupteten, weiss ich nicht. Vielleicht ist er nach seiner Meinung ein guter Patriot, aber sicher ein sehr dummer Kerl. Die russische Allianz folgte natürlicher Logik, weil Russ- land unsren beiden Feinden England und Deutsch- land feindlich gesinnt mit Interessengegensatz, aber diese englische Entente ist schmachvoller Wahn- sinn. Kein Interesse ist uns gemeinsam, wohl aber tausend Interessen wechselseitig feindlich. Hand aufs Herz, man hat die Preussen bei uns bitter gehasst, aber heut verflog das längst, nur Anti- pathie gegen England ist allen Franzosen ange- boren. Und die Briten — glauben Sie vielleicht, die lieben und achten uns? Ach, den Deutschen tim sie die Ehre des Hasses an, uns belächeln sie mit gnädiger Herablassung. Ist's nicht so?"
Der Diplomat lächelte. „Eigentlich ja. Doch mich dünkt, dabei wissen sie recht gut, dass nur wir ihnen gefährUch werden könnten. Nur unsre Marine ist so stark, nur unsre Kolonialmacht so gross, unsre Lage in Afrika ihnen so nahe, nur unsre Küste für Landung bei Dover geeignet, nur wir als Katholiken sind fähig, eine irische Rebellion zu benützen — das alles weiss England ganz gut."
„Das hoff ichl" Der Nationalist warf stolz den Kopf in den Nacken. „Und eben deshalb wird das perfide Albion sich hüten, mit uns anzubinden,"
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Der Alte lachte heiser. „Da kennen Sie diese Leute schlecht. Ob die Engländer wirklich zur Rolle de^ Römer berufen sind und einst die ganze Welt anglisieren werden, jedenfalls halten sie sich selbst dafür und möchten ihr British Empire als Impe- rium Romanum von Pol zu Pol ausdehnen. Das ist ihr heimliches, unbeirrtes Streben von Jahrhundert zu Jahrhundert. Nur Napoleon hat sie richtig er- kannt."
,»Sie dünken sich das auserwählte Volk, dem der Herrgott die Erde gegeben mit ihrer Fülle," pflichtete der Diplomat bei.
, Ja, da unten in Afrika lernt man sie kennen. Nein, grade weil sie fühlen, dass nur wir ihnen mal gefährlich werden könnten, suchen sie nüt heuch- lerischem Judaskuss imsre Freundschaft, um später, haben sie uns benutzt, ihren Streich zu führen. Die würden uns nicht dreimal, sondern hundertmal ver- leugnen, wenn es in ihren Kram passt. Begreift ihr denn nicht dies Spiel? Vor Russlands jetziger Schwächung hätten sie nie an Bündnis mit uns gedacht, weil Russland zu gründlich von Englands Feindschaft überzeugt ist, um gutwillig dessen falsche Avancen hinzunehmen. Wir allein aber sind nie stark genug, um England an die Wand zu drücken. Eine heimlich drohende deutsch-franzö- sisch-russische Koalition war allein zu fürchten. Nun half das Schicksal, Russland vorerst auszuschalten, und jetzt gilt es, Deutschland und Frankreich noch- mals unheilbar zu verhetzen. Wäre aber Deutsch-
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land auf einige Zeit abgetan, dann kommt Frank- reich an die Reih«, dann gibt*s plötzlich eine deutsch- englische Belle Alliance gegen uns. So denk' ich mir die Sache."
„Divide et imperal*' nickte der Diplomat. „Ich fürchte, Sie folgern logisch, mein General. Nur malen Sie zu schwarz. Atifgeschoben ist oft auf- gehoben. Sie berücksichtigen nicht die liberale Strö- mung in diesem Volk von Kaufleuten, die anti- militaristische, anti - imperialistische Richtung der inneren Politik."
„Bah, darauf geb' ich nicht einen Pfifferling. Ein Volk von Shopkeepers waren sie schon lange, dem sein Handelsinteresse über alles ging: hat dies je ihren Imperialismus gehindert ? Wer regiert denn England? Die Kaufleute?"
„Ich denke, das Parlament," brummte der Edel- mann. „Uns armen Franzosen hat man doch seit Rousseau und Voltaire stets die englische Ver- fassung als demokratisches Muster vorgehalten. Gott sei's geklagt I"
Der Diplomat lächelte, der General lachte dem Aristokraten geradezu ins Gesicht: „Das ist ja der ungeheure Schwindel, mit dem dies hochmütige In- selland so viele Kontinentalen düpierte. Aufrichtige Demokratie gibt*s überhaupt nur in Ländern lateini- scher Rasse. Heut noch blieb England das konser- vativste Land der Welt; Bestreiten Sie das ?" wandte er sich an den Diplotnaten.
„Keineswegs. Ich war früher in Petersburg xmd
Völker Europas . . . ! 3
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Berlin, den zwei Bollwerken des Feudalregime, doch ich muss bekennen, manche meiner VorsteUungen haben sich da sehr geändert. Lägen die Dinge in Preussen so, wie Oberflächliche dem äussern Anschein glauben, dann hätte die Sozialdemokratie dort nie solche organisierte Gewalt bekommen können. Und in Russland wäre diese jähe, ungeheure Revolution immöglich gewesen, wenn nicht ein schroff demo- kratischer Zug dort von oben bis unten längst ge- herrscht hätte. Der russische Adel ist teilweise tm- endlich liberaler als der englische, äussere Standes- unterschiede sind in der Gesellschaft dort förmlich verpönt, der Bürger und gar der Gebildete verkehrt mit dem Hochadel ohne jede Spur der snobhaften Unterwürfigkeit, wie der englische Mittelstand sie der Nobility entgegenbringt. Kurz, in England, das sich angeblich amerikanisierte, regiert heut noch wie vor alters die Aristokratie.'^
„Sehr gesund 1" murrte der Nationalist. „Darin liegt seine Stäike.'*
Der General blitzte ihn zornig an: „Diese Pri- vatmeinung lass' ich Ihnen. Aber dann sollten Sie diese Stärke um so mehr fürchten. Unsre radikale Demokratie der Republik ist den britischen Oli- garchen heut genau so ein Dom im Auge, wie zur Zeit der grossen Revolution und Napoleons, der immerhin ein illegitimer Volkskaiser war. Der unerbittliche Hass, taut dekn sie uns damals ver« folgten, war noch mehr ein feudaler als ein nationaler.'*
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„Natürlich!" fuhr der Legitimist hitzig auf. „Ich sagte ja immer, dass wir seit dem Sturz unsrer an- gestammten Dynastie von Gottes Gnaden immer unbeUebter und isolierter in Europa wurden I"
„Pst, werter Grafl*' warnte der Diplomat. „Das gehört nicht hierher."
„O ja, imbeliebt bei den Dynasten, beliebt bei den Völkemi" trumpfte der Alte ab. „Die Demo- kratie aller Lande blickt auf Frankreich als ihr geistiges Oberhaupt. Diese moralischen Eroberungen sichern uns für immer die Sympathie der Lateiner imd Slawen überall auf Erden, bezüglich Italien zeigt uns seine offizielle Annäherung bereits den praktischen Wert solcher — solcher — "
„Imponderabilien," ergänzte der Diplomat, dem diese durch Bismarck eingeführte Politikerphrase geläufig war. „Ich gebe zu, dass sogar für die heutige Entente eine Zuneigimg der liberaleren Kreise Englands mitbestimmte, sie erst ermöglichte. Uns verzieh man unsere masslose Burenbegeiste- rung und Engländerhetze, während des Transvaal- kriegs, indes man den Deutschen das gleiche bis heute nachträgt. Und nicht mal das gleiche. Denn der Kaiser Wilhelm lehnte ja schroff jeden Empfang der Burenhäupter ab, bei uns liess sogar der Erz- bischof von Paris bei Ankunft des Protestanten Krü- ger alle Festglocken läuten.'*
„Es war herrlich 1" Der Bretone sah die an- dern herausfordernd an. „Und danach schwatzt man noch von Intoleranz der katholischen Kirche 1
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Solchen edeln Patriotismus vergalten die Herren Combes und Rouvier durch brutale Unterdrückung! Doch Atheisten ist ja nichts heilig, nicht mal das Ehrgefühl."
„Ich darf so etwas nicht hören," mahnte der Diplomat offiziös. „Ich muss mir verbitten, dass Sie Äusserungen ttm, die auch des Herrn Generals Ge- fühle verletzen."
„Ah pardoni Ich habe eine Rüge meines Rang- vorgesetzten verdient." Der Legitimist neigte mit ironischer Demut das Haupt. „Doch wess das Herz voll ist, dess gehet der Mund über."
„Ich rüge durchaus nicht," versetzte der Ge- neral gelassen. „Wir sind, zufällig vereint iii ge- meinsamer patriotischer Mission, hier Kameraden unter uns. Und von mir, Oberst, werden Sie wohl keine Angeberei erwarten. Nach dem Krieg, wenn wir beide ihn überleben, mögen die alten Zwistig- keiten zwischen uns Franzosen wieder aufleben, bis dahin Friede 1 und werde jeder selig nach seiner Fasson. Ich selbst bin Freidenker, doch fällt mir nicht ein, den Patriotismus unsres Klerus anzuzwei- feln. Denn die römische Kirche passt sich ja überall dem Nationalcharakter an. Mir schien immer ein Irrtum, den Katholizismus an sich für die spanische Inquisition verantwortlich zu machen. In Spanien ist er eben grausam und borniert wie das spanische Volk, in Italien machiavellistisch und kunstsinnig wie die Italiener, in Deutschland zänkisch und schwer* fällig wie die Deutschen, in Frankreich und Polen
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in erster Linie national, weil Chauvinismus dort oberstes National^esetz. Unsre gallikanische Kirche war immer gut französisch den Anmassungen Roms gegenüber seit alter Zeit. Ich tue Ihnen und Ihren Gesinnungsgenossen daher nicht das Unrecht an, dass ich etwas Anderes als patriotische Haltung er- wartete bei den jetzigen Wirren, mögen wir nun siegen oder imterliegen. Aber ich muss erinnern, dass auch unsre religiösen Verhältnisse den bigotten Briten ein Greuel sind, den einen unsre Freigei* sterei, den andern unser Katholizismus. Von wirk- licher Entente, gegenseitigem herzlichen Verstehen rwischen Briten und Franzosen kann also überhaupt keine Rede sein, unser ganzes Wesen ist antipodisch wie Feuer imd Wasser. Lehren Sie mich die Bri- ten kennen I Da draussen in Afrika erfährt man, mehr von unsem wiiklichen Beziehimgen, als hier zwi- schen Paris tmd London."
„Ohol" schmunzelte der Diplomat. „Unsereins ist auch nicht auf den Kopf gefallen. Ich' beob- achtete genug, um Ihnen beizustimmen. So selt- sam es klingt, scheint mir die nächste Verwandt- schaft zwischen zwei Völkern nur zwischen den zwei angeblichoi Todfeinden zu bestehen: Briten tmd Deutschen. Geistig nun schon ganz sicher, siehe literarische Wechselwirkung. Ist etwa Shakespeare bei uns populär oder Goethe? Die Deutschen ma- chen aus Shakespeare einen Gott, die Gebildeten Englands seit Carlyle dito aus Goethe. Über Racine und Victor Hugo lachen beide, hoch-
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stens Zola ist in Deutschland verehrt, hab* ich vernommen 1'*
„Der Schmutzfink I Der Verräter!'* brauste der Nationalist auf. „Was kümmert uns die Unbildung dieser halbbarbarischen Völkerschaften, ihr schlechter Geschmack I Doch Sie selbst geben zu, dass die Briten ims unsre Parteinahme für die ketzerischen Buren verziehen, den Deutschen nicht. Da sieht man doch, wie sehr der Herr General übertreibt," fügte er spitz hinzu, „wohin allein Englands unver- söhnliche Feindschaft zielt. Den antifranzösischen Verrat, den der Herr General von Grossbritannien dereinst erwartet unter Aussöhnimg mit dem ge- hassten Deutschland, kann ich also nicht ernst nehmen."
Der Alte lachte bitter. „Ich deute dies Sym- ptom ganz anders. Unseren Britenhass übersieht man grossmütig mit verächtlicher Herablassung, weU man uns nicht mehr fürchtet, wenigstens nicht, solange wir allein ohne deutsche Anlehnung. Die imver- söhnliche Ranküne gegen Deutschland ist das grösste Kompliment, das England ihm machen kann. Und es gibt einen Hass, der verdammt ähnlich ist nüt Hochachtung und heimlicher Zuneigung. O, man wird noch Wunder erleben 1 Auch von dem Engländer- hass der Deutschen halt' ich nicht viel, und dass von Franzosenhass bei ihnen nichts mehr zu spüren, wie ich mir habe sagen lassen, dünkt nüch auch kein gutes Zeichen. Es ist wohl der nämliche Denk- prozess wie umgekehrt bei den Briten: uns fürchtet
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man nicht, achtet man nicht, die Briten hasst man, weil man vor ihnen Respekt hat, aus nationaler Eigenliebe.'*
„Sie sagen fortwährend Dinge, mein General,** der Edelmann stand auf und reckte sich, „die ein guter Franzose nicht ohne Erröten hören kann. Uns nicht achten, nicht fürchten, uns, die wir die grosse Nation hiessenl'*
„Wenigstens nannten wir uns selber sol" warf der Diplomat ironisch ein.
„Nun, wir werden noch heute zeigen, wer wir sind, werden Achtung und Furcht erzwingen. Frank- reich steht an einem neuen Wendepunkt seiner nationalen Grösse.'*
„Noch ist Polen nicht verloren," murmelte der Diplomat. „Und wie denken Sie denn, mein Ge- neral, über die Verhasstheit des heutigen Regime in Deutschland, über kriegsfeindliche Haltung der mächtigen Sozialdemokratie? Darauf setzt man in unseren Regierungskreisen grosse Hoffi^ung."
„Wenn sie sich nur nicht täuscht I" Auch der General stand auf und schnallte den Degen um, sich zum Aufbruch rüstend. „In Reih imd Glied gegen den Landesfeind werden die Deutschen ruhig mar- schieren, ob Sozialdemokraten oder nicht. Sie haben den Instinkt der Disziplin. Da müsste schon ein Jena vorhergehen, wenn dort Aufruhr losbrechen sollte nach russischem Muster. Nein, umgekehrt, unsre eigenen Leute fürchte ich bei jedem Rück- schlag, Sozialisten und Anarchisten. Werden wir
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geschlagen, eine neue Kommune 1 So tief wie bei uns gehen in Deutschland die Parteizwiste ohne- hin kaum. Ein Offizierkorps, wo Republikaner und Monarchisten, Freimaurer und Klerikale sich ge- genseitig denunzieren imd befehden, gibt*s dort erst recht nicht. Im Fall des Unglücks kann das eine nette Bescherung werden!*'
Der Diplomat zudcte die Achseln und warf seine Zigarette weg. „Wer leben wird, wird's sehen. Es lebe die Bagatelle 1 In sechs Monaten sind wir klüger als heut. Die Briten haben ein Sprichwort: Prophezeie nie, wenn du nicht weissti Hoffen wir, dass Ihr Pessimismus zuschanden wird. Gut Ding will Weile haben, die Hilfe Italiens und vielleicht Russlands muss erst ausreifen. Bis dahin müssen wir uns über Wasser halten.'*
„Ganz meine Meinung. Wir werden tun, was wir können. Auf Wiedersehen bis morgen auf dem Üampfer, meine Herren I" Der Alte ging.
„Auf Wiedersehen bei Philippil" stiess der Edelmann zwischen den Zähnen hervor. „Wol- len sehen, wer standhafter für Frankreich ficht, die Herren Republikaner oder wir vom alten Stil. Aber recht angenehm, dies Gefühl, womit man aus England zurückkehrt, vergiftet von solch arg- wöhnischer Einflüsterung! Heiliger Name Gottes!'* Er schüttelte sich, als wolle er etwas abwerfen. „Der General hat mich angesteckt, ich werd*s nicht mehr los. Kampagne beginnen mit einem Verbün- deten, von dem man sich keiner Treue versieht, ist
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kein erfreuliches Geschäft. All mein Enthusiasmus ist zum Teufel. Vielleicht hätte man sich doch län- ger besinnen sollen, eh man sich auf Englands Lockung einliess. Warum habt ihr Diplomaten euch nicht besser vorgesehen! Unsereins als Soldat wünscht Krieg imd Revanche, doch eure Pflicht war*s, die Sache kühler zu betrachten."
„Da haben wir'sl" rief der Diplomat erregt. „Ich seh' es kommen, dass man uns Vorwürfe macht, wenn die Soldaten den Brei verderben. Habt ihr nicht immer beteuert, unsre Armee sei heut unüber- windlich? Bah, das riecht ja schon nach dem ,leich- ten Herzen' und »erzbereit* von 1870. Und geht*s schief, dann sollen unsre Staatsmänner leichtsinnig ins Verderben gesteuert haben. Hat man nicht da- mals ^Rache für Sadowa' gebrüllt, und würde man heut nicht jede Regierung als verkauft und ver- räterisch gebrandmarkt haben, wenn sie vor Deutsch- lands Forderungen in Marokko zurückwich? Die Herren Nationalisten halten sich für Patrioten, wenn sie patriotische Regierungen stürzen; so mögen sie jetzt auch allein die Suppe ausessen, die sie uns eingebrockt. Heiliger D^roul^de, steh uns bei 1" Zor- nig schlug er hinter sich die Türe zu. Der Edel- maim starrte ihm nach und seufzte schwer:
„Armes Vaterland I Verraten von radikaler Ka- naille!"
Zu gleicher Stunde beherbergte das Foreign Office in Downing Street eine Konferenz von inter-
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nationalster Bedeutung. Besondere Bevollmächtigte, nicht die üblichen Botschafter, sondern mit gehei- men Instruktionen versehene Träger einer ausser- ordentlichen Mission, tagten hier: die Vertreter der Neutralen, soweit sie als Hauptmächte in Betracht kamoi, nämlich Japans, Spaniens, Italiens und der nordamerikanischen Union. Ein britischer Minister imd ein hoher Militär leiteten die Verhandlung, als Protokollführer diente ein noch junges Parla- mentsnütglied, ein »kommender Mann' von vielver- sprechender Routine. Der Minister war soeben tele- phonisch abberufen, er hatte bei der türkischen Bot- schaft angefragt und kehrte soeben missmutig zu- rück. Obschon Grimd und Inhalt seines Telepho- nierens unbekaimt, drückte der schlaue japanische Staatskünstler sofort auf den wunden Punkt. Mit seiner sanften Buschidostinune, die wie mit Sammet- pfötchen streichelte, lispelte er unter fretmdlichem Zwinkern der Auglein:
„Wir alle bedauern, dass unser hochverehrter Kollege, der ständige Vertreter Sr. Majestät des Kaisers der Osmanen, nicht an unsrer so wichtigen Beratung teilnimmt. Es erregt eine gewisse Ver- wundenmg, nicht wahr ? Wir sahen uns gleich nach ihm lun. Vor Schluss der Konferenz möchte ich doch darauf koknmen und bei unserm verehnmgswürdigen Vorsitzenden Erkundigungen einziehen, ob — "
„Ich danke Ew. Exzellenz, dass Sie mir Gelegen- heit dazu geben,** brach der Brite kurz ab. „Se. Exzellenz der türkische Gesandte lässt sein Aus-
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bleiben entschuldigen. Er ist immer noch krank- heitshalber ans Bett gefesselt."
„O, wie unendlich wir dies beklagen 1" seufzte der Japaner. »»Vollzählige Übereinstinunung aller neu- tralen Mächte wäre doch sehr erwünscht. Darf ich bitten, meine besten Wünsche zur baldigen Wieder- herstellung unseres teuren Kollegen zu übermitteln ?*' Die anderen Herren murmelten etwas Ahnliches nüt gelangweilter Gleichgültigkeit, nur der Italiener zuckte leicht mit der Lippe, wobei ihn zwei ver- stohlen beobachteten: der jugendliche Protokollfüh- rer tmd der Japaner, der immer das Gras wachsen hörte. Ersterer, der sonst stets sein Protokoll durch- zustudieren schien, erlaubte sich blitzschnelle flüch- tige Aufblicke, die niemand bemerkte, als der Ja- paner. Letzterer aber, der alles sah, schien überhaupt nichts zu sehen. So still und harmlos blieb seine un- bewegte Unschuldsmiene, eine stereotyp lächelnde Maske.
„Übrigens," fühlte der britische Minister sich bewogen, offiziös hinzuzufügen, „hat eine Note der Hohen Pforte genügende Aufklärung gegeben, dass die Türkei natürlich volle Neutralität bewahren werde."
„Es sei denn, ihre eigenen Interessen würden tangiert, nicht so ?" flocht der Amerikaner ein. „Sehr kotrekt. Ganz wie ich bereits bezüglich der Vereinigten Staaten — ach beUäufig, da unser japa- nischer Herr Kollege diese Dinge aufs Tapet brachte, wie steht es denn mit dem würdigen Doyen des
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hiesigen diplomatischen Korps, dem russischen Bot- schafter? Ich vermisste sogleich bei Eintritt in die Konferenz einen Delegierten des Zaren."
Diese Anfrage schien dem britischen Minister gleichfalls imlieb, denn er runzelte unwillkürlich leicht die Stirn. „Die kaiserlich russische Regierung," betonte er offiziös, indem er jede Silbe gewichtig abwog und nachdrücklich betonte, „hat passend ge- funden, direkt der befreundeten, französischen Re- gierung ihre Stellungnahme kundzutun. Bei dem intimen Verhältnis beider Reiche fühlt sich die hie- sige Regierung Sr. britannischen Majestät nicht be- rufen, ihrerseits besondere Abmachungen zu hei- schen. Die erforderlichen Garantien für Russlands wohlwollende Haltung sind ja bereits durch frühere Traktate des Zweibundes gewährleistet."
Diese zweideutige xmd zu nichts verpflichtende Mitteilung nahm man mit höflicher Verbeugimg, aber tiefem Schweigen entgegen. Was hiess hier wohlwollende Haltung ? I Kam Russland seinen Bünd- nisverpflichtimgen nach? Unter so bedrängten iimeren Zuständen höchst unwahrscheinlich. Der junge Protokollführer warf wieder einen jähen Sei- tenblick auf den Italiener, der Japaner bewahrte sein immer gleiches, verbindliches Lächeln. An ihn wandte sich jetzt der britische Minister:
„Nachdem wir uns über alle Punkte geeinigt, bitte ich, zum Schluss des Protokolls noch- mals definitive Beschlüsse zusammenfassend, zuerst den Bevollmächtigten Sr. Majestät des Mikado, er-
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neut kurz und bündig Japans Willensmeinung zu äussern."
Der kleine gelbe Asiate erhob sich mit devoter Verbeugung : , Jch kann nur wiederholen, dass nach dem Willen meines erhabenen Herrn Japan die strengste Neutralität bezüglich europäischer Wirren bewahren wird, selbstverständlich dem Wortlaut un- serer Verträge mit der erhabenen britischen Regie- nmg gemäss. In Asien werden wir in treuer Allianz über englischen Besitzstand wachen. Sollte z. B. eine übermächtige deutsche Flotte dort eingreifen, dann wird Japan sicher das Feld betreten."
„Ein solcher Fall dürfte wohl schwerlich ein- treten," lehnte der Brite hochmütig ab. Täuschte er sich, oder durchzitterte leise Ironie die ölige An- sprache des Asiaten?
„Ich erlaubte mir bereits früher zu bemerken/' fiel der britische Militär ein, „dass ich vom mUi- tärischen Standptmkt aus eine etwas wärmere An- teilnahme von Anfang an für wünschenswert hielte. Es würde z. B. Kiautschou als feindliches Gebiet zu betrachten sein — "
„Woran die britischen Streitkräfte gewiss nichts hindert," gab der gelbe Herr nüt unerschütterlicher Ruhe zur Antwort. „Was Japan betrifft, so hat es keinerlei Ursache, Feindseligkeiten gegen Deutsch- land zu beginnen, eine altbefreundete und an- gesehene Macht, mit welcher wir in langen, nahen Beziehungen stehen. Aktiv würde Japan sich erst in diese ihm fernliegenden Händel einmischen dürfen.
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sobald die Interessen des in Asien verbündeten Eng- land eben in Asien dringend bedroht werden."
,,Da dies bei jetziger Sachlage ausgeschlossen, müssen wir also folgern, dass Japan sich über- haupt jeder Aktion enthalten wird," betonte der Militär scharf. „Womit zugleich die Nötigung für uns verbunden, selbst eine Eskadre in Ostasien zu belassen. Das britische Kriegsdepartement nimmt von dieser Auffassung der Bündnispflicht geziemend Akt."
„Das wird gut sein und freut uns sehr." Der kleine gelbe Mann behielt sein freundliches Grinsen, doch eine gewisse drohende Würde klang aus seinen glatten, höflichen Worten. „Ebenso wie mein er- habener Herr Se. Majestät der Mikado vollkommen die Rücksichten zu würdigen wusste, die leider das engbefreimdete Grossbritannien hinderten, beim Friedensschluss von Portsmouth für tmsere Rechte und berechtigten Forderungen einzutreten. Japan wird stets aufs loyalste dem Wortlaut seiner Verträge nachkommen, unbeschadet seiner vollen Aktions- freiheit in anderen Angelegenheiten." Er Hess sich ruhig auf seinen Sitz nieder mit einer leichten Geste, die deutlich besagte, er habe sein letztes Wort ge- sprochen. Die anwesenden Diplomaten verrieten natürlich mit keinem Wimperzucken, was sie sich dazu dachten. Bei der Wendtmg ,andere Angelegen- heiten' schielte der Protokollführer auf den Ame- rikaner und sah dann wieder auf sein Papier nieder, in das er ganz vertieft schien. Zu diesem flüchtigen
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Aufsehen gab ihm jener selbst äusseren Anlass» indem er sich etwas brüsk erhob, offenbar geärgert, dass der britische Minister dem Japaner für Schluss- erklärtmg den Vortritt liess.
>,Ich kann mich dem Herrn Vorredner nur un- bedingt anschliessen, soweit mein Auftrag in Ver« tretung der Vereinigten Staaten geht. Natürlich werden wir bezüglich europäischer Wirren strikteste Neutralität beobachten, behalten uns aber natürlich freie Hand vor bezüglich Schutzes amerikanischer Interessen bei sonstigen aussereuropäischen Ange-* legenheiten, falls diese traurige Weltkrise weitere Kreise zieht." War es nicht just die nämliche Wen- dung, die der Japaner gebrauchte? Bei »sonstigen Angelegenheiten' richteten sich verstohlene Blicke auf den Aussereuropäer, der aber so harmlos und imschuldig dreinschaute, als verstehe er kein Ster- benswörtchen von solchen ernsten Dingen, die über seinen kindlichen Horizont gingen. Der britische Militär bemerkte nur trocken: „Darf man auch de- finitiv zu Protokoll geben, dass die starke Flotten- rüstung der Union lediglich defensive Zwecke verfolgt ?••
„Selbstverständlich," bekräftigte der Yankee hastig. „Man wird begreifen, dass bei Flottenkrieg von solchem Uinfang, wie er bevorsteht, es unsere Sorge sein muss, die amerikanischen Gewässer vor jeder störenden Berührung zu hüten. Unsere Han- delswelt wird ohnehin schwer leiden durch die euro- päische Blockade. Uns trifft die Schädigung um
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so mehr, als wir gerade mit Deutschland in starker merkantiler Wechselwirkung stehen."
,»Ach, das wird sich schon anderweitig ausglei- chen!" winkte der Militär mit leichtem Spotte ab. „Während der alten napoleonischen Kriege machte Onkel Sam kein schlechtes Schmuggelgeschäft — verzeihen Sie vielmals! Jedenfalls nehmen das bri- tische Kriegsministerium und die Lords der Ad- miralität, die ich zu vertreten die Ehre habe, Ihre Erklärtmg dankbar entgegen." Ob gerade so dank- bar, liess sich aus seinem verdriesslich spöttischen Ge> sieht nicht erraten. Eilfertig sprang jetzt der spanische Grande von seinem Platze auf, um dem Italiener zu- vorzukommen. Rangstreitigkeiten der Etikette sind ja die Seele der hochmögenden allweisen Diplomatie :
„Ich glaube, eine ähnlich gefasste Vereinbarung abschliessen zu dürfen. Gemäss unsem Abmachun- gen mit Sr. Britannischen Majestät Regienmg ver- bürgen wir an und für sich loyalste Neutralität, verpflichten uns obendrein, die französische Aktion gegen Marokko nach Kräften zu fördern; wenn es sein muss, mit Waffengewalt."
„Auch Italien wird sich wohlwollendster Neu- tralität befleissigen," kam endlich der Italiener zu Wort, auf dem alle Blicke ruhten, „getreu seinem edeln Vermittleiamt, wie sowohl seine alte frühere formale Dreibimdsverpflichtung als seine auf na- tionaler Sympathie begründete herzliche Freund- schaft zu den hohen Allüerten England und Frank- reich sie ihm auferlegt."
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„Darf man daraus entnehmen," unterbrach der Amerikaner schroff, mit jener zunehmenden Drei- stigkeit der Yankeepolitik, zwar für sich die Monroe- doktrin in Anspruch zu nehmen, nichtsdestoweniger sich in europäische Händel immer häufiger ein« zumischen, „dass der Dreibund faktisch nicht mehr existiert ?"
„Der Wortlaut des Geheimvertrags," lehnte jener kalt ab, „ist der Welt unbekannt. £r war jeden- falls dem Sinne nach nur gegen den Zweibund ab- geschlossen, und ob dieser dem Sinne nach noch existiert, ist wohl eine akademische Frage, die erst die Praxis demnächst lösen wird. Übrigens sprach kein geringerer als unser aller Meister, der selige Principe di Bismarck, es offen aus, dass Verträge nur ein Blatt Papier bedeuten, hinfällig, sobald vitale nationale Interessen in Rede stehen. Diese heutige Konferenz spielt ja freilich mit offenen Kar- ten, protokollarisch, auf ausdrücklichen Wunsch der kgl. Grossbritannischen Regierung. Immerhin wird wohl jedem Staate überlassen bleiben, bindende Auf- schlüsse für sich zu behalten, sofern das Staats- wohl es bedingt. Die Herrschaften werden daher gütigst mit obiger Feststellung fürlieb nehmen, dass Italiens Neutralität gesichert bleibt, es trete denn der Fall ein, dass gravierende Umstände eine andre Stellungnahme nötig machen."
Der Italiener hatte mit jener biedern Ehrlich- keit seine gänzlich unklaren Beteuerungen vorge- tragen, deren Pose seit Bismarck zum eisernen Be-
Völker Europas . . . l 4
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stand der Diplomatie gehört. Die anderen Kon- ferenzmitglieder trugen dazu eine nichtssagende Miene zur Schau, als hörten sie die plausibelsten Gemeinplätze. Der Japaner nickte mit freundlich friedlichem Grinsen, nur dem groben Amerikaner entfuhr ein undeutlicher, grunzender Laut, ein ,yHm I" und „Hai", das in diplomatischer Sprache aus- drückte: Smart Fellowl Seift ims nicht übel ein! „Die britische Regierung ist völlig zufrieden- gestellt von so offenen loyalen Gesinnungen!" be- eilte sich der Brite würdevoll zu versichern. Der Protokollführer sah beharrlich auf seine Papiere, die er mit neuem Schriftsatz abschloss. „Mir bleibt nur übrig, den ehrenwerten illustren Gentlemen ins- gesamt für die Güte zu danken, mit welcher sie unsrer Einladung Folge leisteten, und besonders ihren hohen Regierungen für die edle Bereitwilligkeit, mit der sie ihre Bevollmächtigten entsandten. Diese so überaus offene Aussprache schien uns dem heutigen Stand der politischen Welt angemessen. Diploma- tische Geheimnisse gibt*s nicht mehr, diese veraltete Technik ist vieux jeu. Morgen würde in der Presse durchsickern, was einzelne Mächte separat verein- bart. Hier nun, wo es sich lediglich um Fest- setzung der Neutralitäten handelt, erschien der beste Ausweg, ganz offen imter uns die Lage zu erörtern und durch bindendes Protokoll dem Status quo der Weltpolitik einzuverleiben. Das ist geschehen. Jeder weiss nun, woran er ist. Mit nochmaligem Ausdruck verbindlichsten Dankes hebe ich die Sitzung auf."
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Aber während die Delegierten unter gegen- seitigen verbindlichen Zeremonien sich empfahlen, flüsterte der Militär dem Italiener hastig und heim- lich zu: „£s bleibt also dabei?'*
„Wenn es so kommt, wie vorauszusehen," gab jener in gleichem Flüsterton zurück und empfahl sich dann laut mit unnötigem Redeschwall.
Der Amerikaner kicherte in sich hinein: wen will man denn hier täuschen 1 Indem er sich mit kaltem Gruss vom Japaner trennte und zu einem Cocktail nach Hause fuhr, dachte er:
„Das wird eine dicke Suppe für eiserne Löffel. Italiens Neutralität ist ein so zerbrechliches Ge- fäss, dass beim ersten Brodeln die heisse Suppe überrinnt. Natürlich wollen die Italianissimi im trü- ben fischen und sich vom Sieger, sei's wer's wolle, was schenken lassen, wie 1859, 1866, im Grunde auch 1870, wo sie des teuren Gönners Frankreich Niederlage zur Wegnahme von Rom benutzten und dem Kirchenstaat den Garaus machten. Uns kann*s recht sein, je toller desto besser. Je vollständiger sich ganz Europa schwächt, desto effektvoller un< ser Auftreten, sobald diese Unvereinigten Staaten von Europa sich müde rangen. Anlass zu Ein- mischimg und obligater Kriegsei^lärung kann jeder Tag im Seekrieg liefern. Die selige Alabamafrage vom Sezessionskrieg irgendwo in verbesserter Auf- lage, denn irgendwie wird mal die amerikanische Flagge auf einem Handelsschiff verletzt werden, und dies!mal nehmen wir einfach Englands Entschuldi-
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gung nicht an. Unsre Gelbe Presse wird zwar von Britenfreundlichkeit überfliessen, aber die Irländer und Deutschamerikaner werden schon dafür sorgen, dass der einstige angestammte Rivalitätshass gegen die Britishers die Mehrheit der Nation beherrscht. Dazu die Handelsschädigung, mit jedem Monat des Seekriegs wachsend, womöglich bei der prekären Arbeitslage zu sozialistischen Tumulten führend. Also Ablenkung nach aussen. Dies ist der Augenblick, von dem Roosevelt schon so lange geträumt, ame- rikanischen Imperialismus grossen Stils zu treiben, er käme so günstig nie wieder. Canada muss jetzt fallen. Famos, dass wir so lange warteten, bis Ca- nada durch britische Fürsorge auf einmal ein wert- vollstes Objekt geworden, früher wenig wert! Ach, ich höre schon die Botschaft des Präsidenten, zu- gleich herrische Botschaft an Europa, dass Ame- rika nicht länger diese barbarischen Kriegsattentate gegen die moderne Kultur dulden werde! Im Na« men der Zivilisation werden wir Frieden schaffen und als Anwaltsgebühr das Nötige einstreichen. Viel- leicht auch in Ostasien. Mir schwant, die Japs wer den schon bald uns auf den Plan rufen und so un- ser Frontmachen gegen England erleichtem. Ihre Umtriebe auf den Philippinen sind ernst gemeint, sie werden uns dort direkt oder indirekt angreifen. Da- zu kommt die Chinabewegung. Wir werden uns ein Selbstmandat zum Schutz der Europäer ausstellen und kräftig losgehen. Da winkt noch mancher Preis in Ozeanien. Von Samoa bis zu Honolulu ist's
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nicht weit, von Manila nicht bis Java. Bah, vennut- lieh denken die Japs das gleiche. Das wird ein netter Zusammenstoss. Wohl, ich kalkuliere, die Bahn unsrer Politik sei ganz von selber vorgezeich- net. Wir haben Deutschland unsrer wärmsten Neu- tralität versichert, einer andern Sorte als der hiesi- gen Neutralität mit Hintergedanken, sogar deutliche Ermutigungen einfliessen lassen, halbe Versprechen. Abel ich rechne, es wäre schön dumm, schon jetzt für Deutschland ins Zeug zu gehen. Ist am Ende doch auch ein bittrer kommerzieller Konkurrent, und unsre Zukunft bedingt, dass Deutschland und Eng- land auf lange geschwächt werden. Sind diese Euro- päer dumml Arbeiten uns in die Hände. Einmal müsste Europa ja doch vor Amerika kapitulieren, aber sie ebnen ims selbst den Weg. Heut noch wären die Vereinigten Staaten von Europa stark genug, unsre Entwicklung zurückzuwerfen, auch Ost- asien Gesetze zu diktieren. Doch ihr gegenseitiger alberner Hass und Neid treiben sie selbst ins Ver- derben. Die Narren I Koalition gegen England, Zer- trümmerung des British Empire, bedeutet gar nichts als allgemeine Schwächung Europas gegen die an- dern Weltteile. Englands Weltmacht ist im letzten Grunde doch nur Europas Mandatar zur Nieder- haltung der andern Rassen. Und umgekehrt Ruin des deutschen Seehandels — davon will England profitieren? Als ob wir und Japan nicht schon ge- rüstet wären, jetzt sofort die Früchte einzuheimsen, in Ostasien während des Kriegs deutsche und bri-
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tische Firmen zu verdrängen! Ach, noch nie hing Amerikas Himmel so voller Geigen. Heil Columbia! Da& Sternenbanner bekommt neue Sterne. Uns allein gehört die Zukunft. Das walte Gott!"
. • . Als der spanische Delegierte mit herzog- licher Grandezza seine Havana schmauchte und beschaulich Schokolade schlürfte, waren seine Träume minder rosig. „Es ist alles ganz gut imd schön, wenn das Volk daheim sich immer noch einbildet, wir seien eine Grossmacht, die mitredet. Was wird für uns bei Intervention in Marokko herauskommen? Nichts, nur unnütze Kosten. Man wird ims irgend- einen kleinen Küstenstreifen als Entschädigung hinwerfen, Frankreich bekommt den Löwenanteil, und England wird auch noch beim Frieden dafür sorgen, seine jetzt ziemlich fadenscheinige Gibraltar- stellung zu befestigen. Sollte nüch nicht wimdem, wenn es nicht Genta und Tanger mit Beschlag be- legt. Wir müssen ims jede Bedingung des Friedens- traktates nachher gefallen lassen, die hohen Kontra- henten Frankreich imd England tun, was ihnen gutdünkt. Glaubt man, dass wir ihnen besondere Anhänglichkeit entgegenbringen ? Die Franzosen sind unser alter Erbfeind, wir kennen ihre Übergriffe und Habgier zur Genüge. Und die Briten, von denen wir seit der Armada bis Trafalgar so viel Böses zu leiden hatten, machten sich als Bundes- genossen während unsres Befreiungskrieges so ver- hasst wie die fränkischen Eroberer. Welche Be- rührungspunkte hat unser christgläubiges konser-
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vatives Land mit den kalten, ketzerischen Liberalen an der Themse 1 Und die Kirchenräuber, Atheisten, Republikaner an der Seine sind noch schlimmer als Ketzer und Heiden. Deutschlands konservative Insti- tutionen als Bollwerk des monarchischen Gedan- kens stehen uns weit näher, vor allem haben wir von ihm nichts zu fürchten, selbst wenn es sich in Marokko festsetzt. Übrigens leidet imser Handel auch durch diesen Krieg, da wir mit Deutschland einen guten Export haben. Ausserdem könnte sein Standpimkt der offnen Tür in Marokko uns nur willkommen sein. Wenn die Franzosen uns heut eine Ausnahmebegünstigung dabei versprechen, so weiss man, was man davon zu halten hat : ihr Löwenanteil wird mletzt doch noch ziun ausschliesslichen Monopol. Spanien und Portugal betrachteten von jeher Ma- rokko als ihre Interessensphäre, mm sollen wir wohl noch zufrieden sein, dass Frankreich ims dort ganz hinausdrängt, und sein Afrikareich uns nun von Sü- den ebenso umgürtet, wie es von Norden an den Pyrenäenpässen ims belauert 1 Wenn man's recht be- denkt, geraten wir durch diese Konstellation in völ- liges Vasallenverhältnis zu Frankreich imd England. Und dazu sollen wir noch helfen 1 £s ist zum Ver- zweifeln, doch was will man machen! Solange Deutschland keine Grossmacht zur See, kann es uns nicht stützen. Die Allüerten könnten uns schon durch blosse Blockade von Barcelona, Malaga, Ca- diz, Coruiia ihrem Willen gefügig machen, ohne einen Soldaten zu mobilisieren. Wir Kleinen müssen
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schon froh sein, wenn wir nicht gefressen wer- den, und wir dürfen im Interesse von König und Kirche nichts Ernstes in auswärtiger Politik wagen, weil jeder Misserfolg uns republikanischen Umsturz oder den Anarchismus auf den Leib bringt. Bei- läufig begünstigen die Franzosen, unsere lieben jetzigen Freunde, natürlich unsere republikanische Partei, und unsere Anarchisten haben ihr Brutnest, aus dem sie immer wieder Kräfte saugen, auch dort im bösen Nachbarland. All unsere nationalen und konservativen Interessen weisen uns also auf Tod- feindschaft gegen Gallien hin, imd nun nimmt es uns noch gar ins Schlepptau für seine eigenen Machtinteressen I Mein Trost ist nur, dass Marokko eine harte Nuss zum Knacken aufgibt, dass es noch lange dauern kann, eh Frankreichs Magen diese neue Kost verdaut, und dass wir selber an Aus- flüchten nicht arm sein werden, um so gut ¥de nichts zu dieser Eroberung beizutragen. Mich wun- dert nur, dass die edeln Alliierten ihre anfängliche Zumutimg, unser bisschen Flotte und Landmacht ihnen gegen Deutschland zur Verfügung zu stellen, gegenüber unseren Vorstellungen aufgaben, weil solche Ausnutzung Spaniens für fremde Zwecke un- sere Monarchie für immer unpopulär machen und ihren Bestand gefährden müsse. Also freuen wir uns, dass das Übel nicht noch schlimmer ist, und tragen wir schweren Herzens dies Joch einer schimpf- lichen Neutralität in majorem Galliae gloriam." — Ganz anders aber und minder entsagungsreich
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betrachtete Italiens Vertreter, dessen klassisch ab- getönte Beredsamkeit mit sonorer Pose die Konfe- renzgespräche so angenehm belebt hatte, die Chan- cen seines Staates. Ein machiavellistisches Lächeln umspielte seine Lippen, als er mit gerechtem Stolze fühlte, wie unentwegt ein italienischer Patriot den Mantel nach dem Winde drehen und als Nach- folger der Roma eterna, wie sowohl das Kapitol als der Vatikan ihre Geschäfte betrieben, von heut auf morgen Freund und Feind wechseln dürfe.
„Hoffentlich wähnen die hohen Alliierten nicht, Italien werde sich für ihre schönen Augen in Un- kosten stürzen. Das sollte mir leid tun. Wir haben uns offiziell zu gar nichts verbindlich gemacht, meine privaten Verheissungen können im Notfall nachher desavouiert werden. Wenn sie so naiv sind, zu hoffen, wir spielten nur mit Berlin-Wien ein un- gerades Spiel, um dafür durch dick und dünn den Westmächten zu folgen, könnte ich solchen Irrtum nur mitleidig bedauern. Falsches Spiel, per baccol Wer spielt es nicht im Staatsleben? Doch wir sind wenigstens unparteilich und verpflichten uns gegen niemand, ihm blindlings Treue zu halten. ,Wenn ich mich nicht liebe, wer liebt mich dann!* sagt unser Sprichwort so schön im Volksmund. Die anderen denken und handeln ebenso, aber plumper und naiver. Sich über uns entrüsten, wäre zum Lachen. Denn was man uns auch vorwerfe, eins muss man uns lassen: Patrioten sind wir alle, und Italiens Wohl bedingt, dass wir imsere materielle
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Schwäche durch feine List ersetzen, wie unsere hi- storscfaen Traditionen sie uns erb- und eigentümlich einimpften. Tu felix Austria nubel können wir er- gänzen: Und du, glückliches Italien, verbünde oder befreunde dich mit aller Welt, suchet, so werdet ihr finden, wählet und das Beste behaltet! — In Berlin- Wien haben wir hoch und heilig geschworen, dass die antidreibündlerische franzosenfreundhche Stinunimg im Lande uns für den Anbeginn unmög- lich mache, mit bewaffneter Hand imserer Verpflich- tung nachzukommen. Später aber würden wir um so energischer losschlagen, sobald erst Frankreichs voraussichtliche Niederlage eintrete, an der wir an- geblich nicht zweifeln. Damit würden wir Zeit- gewinn erkaufen, dass die Alliierten nicht selber gleich über uns herfallen und imsere Flotte ver- nichten, Spezzia zerstören, unsere Häfen bombar- dieren. Indem dies durch unsere zwangsweise Neu- tralität verhindert werde, würden wir unnützen Kräfte- verlust sparen, um nachher bei günstigem Um- schwimg der Lage imsere Macht gegen das unter- liegende Frankreich in die Wagschale zu werfen. Um hierfür gerüstet zu sein, mobilisierten wir na- türlich auch, ohne ims vom Flecke zu rühren. — Täuschten wir irgend jemanden damit? Kaum. Als Antwort schiebt Österreich schon vier Korps an die Südgrenze. Aber äusserlich machte man gute Miene zum bösen Spiel und tat, als verlasse man sich wirklich auf imseren guten Wülen. Und im Grunde verfahren wir dabei nicht imehriicher, als
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den Westmächten gegenüber. Denn wer kann schon jetzt voraussagen, ob wir nicht wirklich obiges Ver- sprechen wahr machen? Ja, der britischen und fran- zösischen Regierung haben wir privatim beteuert, wir warteten nur auf Ausreifen der Lage, um Öster- reich zu Wasser und zu Lande anzufallen. Haben unter der Hand die feste Zusicherimg erhalten, dass dann Triest, Trient und Albanien unser Siegespreis sein würden. Und das wäre uns gewiss das Will- kommenste. Aber die Alliierten sollten sich nicht mit der Zuversicht schmeicheln, dass wir uns auf solch Abenteuer einlassen, das beim Scheitern den Ruin unserer kaum wiederhergestellten Finanzen bedeuten und uns unsere Grossmachtstellung kosten könnte, wenn nicht alle Chancen für imsern Erfolg sprechen. Österreichs inneri>olitische Zerrüttung frass sein Heer kaum an, wenn es gilt, nach aussen zu streiten, imd unterliegt Frankreich, stehen wir wehrlos und ohn- mächtig zu Lande da. Das bisschen Küstenblockade hilft ims da wenig. Die Frage liegt einfach so, ob sich wirklich ein Übergewicht gegen Deutschland heraus- stellt, tmd ob Russland imstande wäre, Österreich im Schach zu halten, so dass es gegen uns nur einen kleinen Teil seiaer Waffenmacht defensiv ver- wenden kann. Hier kann die geringste Trübimg des klaren Urteüs imsere richtige Abwägung ins Schwan- ken bringen. Man kann nie zu vorsichtig in der Wahl seiner Freunde sein. Denn es lässt sich nicht leug- nen, dass wir auch gegen Frankreich Vorteile zu erlangen hätten, wenn wir noch rechtzeitig zur
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Beuteverteilimg einseifen. Um Frankreich zu demü- tigen und zu schwächen, würde Deutschland uns Nizza-Savoyen hinwerfen, was unsere Irredenta wohl etwas beschwichtigen könnte, auf Tunis hätten wir dann auch gerechten Anspruch. Wer weiss, was die Zeit noch bringt! J'attendrai mon temps. So wollen wir behutsam lavieren, bis unser Stichwort ims in die Schranken ruft und das Versteckenspielen enden darf: La commedia h finita." —
Als die fremden Delegierten die drei Briten allein liessen, sahen diese sich stumm an. An den jungen Parlamentarier, der einen Augenblick dem treuherzig scheidenden Italiener mit mokantem Lächeln nach- blickte, dann leicht gähnend sein Protokoll zuschlug, wandte sich der Minister mit unverhohlener Ver- legenheit: „Was halten Sie davon?"
„Wohl, wir müssen uns mit der Tatsache abfin- den, dass die lange Debatte gar nichts erreichte, wir nur erfuhren, was wir schon wussten. Es liess sich nichts abmarkten. Der Jap blieb kühl und zähe, der Yankee zweideutig, imd beide ominös."
„Ja, aber gegen wen ? Sie massen sich doch nur gegenseitig mit verstohlenen Drohblicken, wenn ich sie recht verstand. Nun, ob sie sich in die Haare geraten, kann uns fürs erste kalt lassen."
„Meinen Sie? Wenn Amerika in Asien mit Japan ficht, tritt doch unsere eigene Bündnispflicht in Kraft, und wir hätten dann die Union selber auf dem Halse."
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^,Das Kurze und Lange von der Sache ist," der Militär zuckte verdriesslich die Achseln, „dass wir eine starke Eskadre in Ostasien belassen müssen. Den Franzosen wird es kaum anders gehen, falls die chinesische Bewegung um sich greift, und die alten Schwarzflaggen sich gegen Tonkin und Cochinchina wenden. Das sind grosse Unannehmlichkeiten, die man früher doch besser hätte überlegen sollen. Un- sere Diplomaten sind von Japans und Amerikas freundschaftlichen Tendenzen allzusehr überzeugt ge- wesen. Einen gehörigen Teil unserer Flotte brau- chen wir ohnehin in dortigen Gewässern, um even- tuell auf die holländischen Kolonien unsere Hand zu legen, falls die Deutschen frech genug sein soll- ten, Holland zu besetzen und als Faustpfand zu belegen. Vorwand dazu bietet sich ja leicht: um englische Landung dort zu hindern, wofür Holland zu schwach."
„Hm, kam Ihnen nie der Gedanke, dass Deutsch« land noch was anderes Holländisches als Faustpfand gewinnen könnte?" Der Parlamentarier sah ernst aus, sein heiterspöttischer Ausdruck verliess ihn ganz. „Was sagen Sie zu fünfzehntausend kriegs- erfahrenen deutschen Soldaten in Südwestafrika, die ihren Marsch zum Oranje- und Kapland bewerk- stelligen können? Mit Mühe, ich geb* es zu, doch wo ein Wille ist, da ist ein Weg, und der allge- meine Aufstand der Buren, Afrikander und Schwar- zen, welch letztere ja schon in Natal sich unliebsam bemerkbar machen, würde den Weg erst recht eb-
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nen. Wenn wir schon der Buren allein mit ^n^össter Mühe und riesigen Opfern Herr wurden, wie stände es denn jetzt? Die ganze Kolonie ginge für Eng- land verloren und ihr Zurückgewinn würde gün- stigenfalls doppelt so viel Menschen und Geld kosten, als der Transvaalkrieg, an dessen Folgen wir noch heut so schwer laborieren."
„Ach, das sind Schimären I** polterte der Militär. „Eine Armee, die sich nicht rekrutieren kann, ist zur Kapitulation verurteilt : So bekannte schon Bona- parte bezüglich seiner ägyptischen Expedition. Die deutschen Truppen in Afrika wären dauernd vom Mutterland abgeschnitten."
„Würden sich aber durch dortige Deutsche und Holländer genügend rekrutieren. Darauf kommt es hier gar nicht an. Denn in Südwestafrika wären sie ja geradesogut während der Kriegsdauer abge- schnitten, deutsche Schiffe können sie nicht recht- zeitig heimholen. Als das verflossene Tory-Mi- nisterium den patriotischen Missgriff beg^g, He- reros imd Hottentotten gegen die Deutschen zu hetzen, rechnete es eben nicht auf die Möglichkeit, dass wir selber in offenen Kampf mit Deutschland verwickelt werden würden, so bald imd doch schon zu spät, da der Hereroauf stand mittlerweile erlosch. Ich habe ja nichts gegen Perfidie im politischen Leben, britische Realpolitik gab sich nie mit Senti- mentalitäten ab, aber in dieser Hererofalle fangen wir uns selber, wie wir im Grunde schon beim Transvaalerwerb vom Regen in die Traufe gerieten."
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Der Minister seufzte. „Das stimmt. Ich war immer dagegen. Auch so eine böse Hinterlassen- schaft der Herren Chamberlain imd BalfourI"
„Und einiger anderer, die wir aus Ehrfurcht nicht nennen wollen!" murmelte der Parlamentarier vor sich hin. „Übrigens könnten die Pariser Finan- ziers, die hinter Monsieur R6voil in Algeziras standen und für deren kommerzielle Gruppe Frankreich jetzt sein Blut vergiesst, sich eine Lehre an uns nehmen. Wenn sie überhaupt je Marokko verschlucken, wird es ihnen im Magen liegen wie dem Londoner Minen- syndikat.'*
„Das ist's ebenl" rief der Minister unwirsch. „Die Plutokraten Rothschild und Beit imd all die andern Transvaaljuden haben sich nicht träumen lassen, dass all unsere Riesenkosten zum Fenster hinausgeworfen sind. Der Minenbetrieb ist ruiniert, die Restaurierung des Landes fordert endlose Opfer, und was das Schlimmste, es stellt sich jetzt heraus, dass man überhaupt Johannesburg und Kimberley weit überschätzte. Der nämliche Fall wie bei den Califomischen Minen: das alles erschöpft sich mit der Zeit. England hat nie ein so schlechtes Geschäft gemacht wie bei Vernichtung der Buren."
„Ich wiU nicht hoffen, dass hier unpatriotische Gefühle zutage treten, die sich in letzter Linie gegen eine sehr hohe Adresse richten würden, die ja auch in diesem welthistorischen Augenblick die Richtung unserer Politik bestimmt," brach der Militär schroff und barsch ab. „Die infamen Schmähungen der
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Deutschen über unsem sogenannten ^Raubzug' wollen wir doch nicht nachtönen. Der Krieg war gerecht und heilig, denn wir eroberten! Jedes Briten Pflicht ist der Gedanke, den Union Jack inuner weiter über den Erdball flattern zu lassen. Im übrigen halte ich die Kapgefahr für Hirngespinst. Starker Truppen- transport wird nach Dutban abgelassen werden — **
„Was Sie nicht sagen I" unterbrach ihn der Par- lamentarier spitz. „Und was bleibt dann für Lan- dungen oder wenigstens Demonstrationen unserer kleinen Armeen in Europa, was für Ägypten und Sudan, wo sicher auch grosse Verstärkung nötig?"
„Meinen Sie den Kaiser der Sahara oder den neuen Mahdi?" lachte jener verächtlich auf.
„Nein, ich meine den alten Menelik und ausser- dem den so robusten kranken Mann am Bosporus.*'
„Ach, Sie schwärmen I Der Sultan wird gerade wagen — '*
„O doch!" belehrte ihn der Minister. „Wir dürfen uns nicht die Tatsache wegleugnen, dass die Türkei unterm Vorwand der arabischen Unruhen immer mehr Streitkräfte im Paschalik Damaskus anhäuft, dass trotz all unserer drohenden Beschwer- den türkische Brigaden an unsrer ägyptischen Grenze lagern, dass der Sultan überhaupt mobilisiert. Das Vilajet Janina steckt schon voll von Redifmassen, dichte Feldlager sanuneln sich in Macedonien, als wolle die hohe Pforte sich nicht länger einschüchtern lassen und die Balkanfrage auf eigene Verantwortung in die Hand nehmen. Natürlich, Russlands ist man
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vorerst ledig, Österreichs durch Deutschlands Ver- mittlung sicher, und uns konunt blosse Flottenbe- drohung von Konstantinopel jetzt äusserst ungelegen. Wenn unsre Flotte auch dreimal stärker als die deutsche, die französische fast doppelt, deren Quali- tät zu wünschen übrig lässt, 90 müssen wir ausser dem ostasiatischen noch ein erhebliches Mittelmeer- geschwader imterhalten, denn mindestens pro forma muss Italien anfangs beobachtet werden. In Afrika braucht man auch Schiffe wegen der Kapgefahr. Nun noch die Türkei im Zaum halten müssen, schwächt unsre Übermacht zur See gegen Deutsch- land doch recht erheblich. Gewiss, das Nordsee- geschwader ist schon allein weit überlegen, der »Dreadnought* wird das Seinige tun, das Reserve- kanalgeschwader verleiht uns erdrückendes Über- gewicht im Verem mit starker französischer Es- kadre . . . Doch man möchte wünschen, sich ganz und gar gegen Deutschland konzentrieren zu könnexL Und die Gefahr in Afrika ist nicht zu unterschätzen. Sobald der Padischah den heiligen Krieg erklärt und die grüne Fahne des Propheten entroUt, wird die ganze musehnännische Welt in Flammen stehen» von Marokko bis Indien."
„Für Indien lassen Sie Kitchener sorgen l" Der Militär strich sich den Schniurbart. „Was für Ängst- lichkeiten! Heut, wo Russland aus dem Spiele bleibt, wo Japan den Schutz Indiens kontraktlich mit über- nahm — ••
„B^> mich sollte nicht wundem, wenn schon ja-
V0Ucer Europas . . . i 5
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panische Sendlinge am Ganges hantierten, um Re- volte vorzubereiten. Gemeinsamkeit buddhistischer Tendenzen, Hass gegen, die Weissen, Stolz aller Asiaten auf Japans Erfolge werden wir dort bald am Werke sehen. Die. Boykottbewegung gegen alle briti- schen Waren in Indien sollte doch dem Naivsten über das Mass von Hingebung zu denken geben, das wir bei unsern braunen ' Vasallen geniessen." Der Parla- mentarier machte eine unmutige Bewegung. „Mit solcher Vogel-Strauss-Politik verblendet man sich nur. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, sollten wir geradaus der Weltlage ins Gesicht schauen, wie wir unter höherem Einfluss. sie uns jetzt geschaffen."
„Soll das heissen, dass Sie unsem Nationalkrieg gegen Deutschlands Frechheit zum Schutz unsrer heiligsten Güter für verfehlt halten?*' fragte. der Mili- tär strenge. „Das möchte ich mir doch äusbitten: mehr Respekt vor dem einmütigen Willen des Landes 1"
„Nun, jiunl »Einmütig* ist viel zu viel gesagt I" schob der Minister kühl diese Übertreibung beiseite. „Das Hurragebrüll des Mobs und der Jubel vieler Interessenten bilden noch kein einstimmiges Votimi. Die Minister Sr. Majestät haben sich leider vor die Alternative gestellt, entweder vor künstlicher Pression von ihrem Platz zu weichen, den Sieg des Liberalis- mus aufs neue in Frage zu stellen und einer neuen jtngoistischen Strömung zur Leitung zu verhelfen, oder die frühere auswärtige Politik der Balfour und Lansdowne wiederaufzunehmen und fortzusetzen.
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Wir entschieden uns für das letztere, mm Teil auch überzeugt, dass irgendeinmal Krieg gegen Deutsch- lands Anmassung unvermeidlich sei.'*
„Unvermeidlich wohl grade nicht, aber inuner- hin nützlich/' bekräftigte der jüngere Mann trocken* „Für verfehlt oder auch nur verfrüht, wie Sir Frede* rick mir zuschiebt, halte ich den Krieg nicht. Denn Frankreichs Beihilfe haben wir vielleicht nur heute sicher. Nur hätte man den ganzen Ernst der Lage gründlicher vorher studieren sollen."
„So ? Und wer verwirft denn Lord Roberts' Re- formvorschläge zur allgemeinen Wehrpflicht, wer will gar die Garnisonen in Indien und Canada reduzieren, wer machte anfangs — Gott sei Dank mnsonst — Schwierigkeiten gegen Charles Beresfords Reformbill im nautischen Fach zur Flottenaufbesserung? Wer anders als die Liberalen I Ja, wer statt Dilkes .Grosserem Britannien' ein ,Klein-£ngIand' will, der hätte allerdings auf diesen europäischen Krieg ver- zichten sollen. Für so Grosses muss man nicht selber klein sein wollen." Der MUitär ging stürmisch im Zinuner auf und ab, hochrot von kochender Er- regung. „Ich .'sehe schon: wenn alles nicht so glänzend geht, wie man hofft, dann ladet man die JSchuld auf uns Militärs ab, auf unsre nicht genügende Rüstung und Administrierung. Doch wir werden euch Staatsmännern den Vorwurf mit Zinsen zurück- geben/'
„Wehrpflicht im kontinentalen iSinne ist in Eng- land unmÖ£^ch/' sagte der Minister gleichmütig.
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„Niemals wird der englische Bürger sich Militaris- mus-Idealen anbequemen. Es widerspricht zu sehr der freiheitlichen Entwicklung, dem Selbstbestim- mungsrecht, der Selbstregienmg dieses Landes. Gegen Invasion reichen unsre Freiwilligenmiliz und Yeomanry aus. Dass unsre aktive Armee nicht ge- nügt, offensive Festlandkriege zu führen, steht fest. Das hat uns Lord Wolseley zu oft gesagt. Die Zeiten Wellingtons sind vorüber, und dabei — was unsre Glory-Patrioten zu oft verkennen — sprachen ausser- gewöhnliche Umstände in Spanien mit, übrigens nur einem Nebentheater der grossen Festlandskriege. Doch wer denkt denn auch an ernstliche Tdlnahme unsrer Landmacht! Unsre Seemacht genügt, \xm Deutschlands Marine und Handel tödlich zu treffen. Das übrige zu Lande mögen die Kontinentalen aus- machen. Um es ehrlich herauszusagen: würden wir über Frankreichs Niederlage bittere Tränen weinen ?**
„Hahal" Der Parlamentarier zitierte lachend aus Pope: „Ich kenne keinen, der nicht das Un- glück seines Nebenmenschen recht wie ein Christ ertrüge. Schadenfreude ist der reinste Genuss. Was meinen Sie wohl, wie tiefes Beildd bei unsem Pariser Herzensfreunden herrschen würde, wenn ein deut- scher Torpedo den ,Dreadnought' in die Luft sprengte ?"
„Sie rechnen schon mit französischer Nieder- lage!" murrte der Militär. „Sie vergessen, dass wir auch Italien auf unsrer Seite haben werden«"
„Was Spanien muss und Italien will, brauchten
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wir zwar auch nicht erst durch diese Konferenz zu erfahren," flocht der Minister ein.
„Sind Sie dessen so sicher, was Italien will? Das laviert hin und her."
„Ich erhielt vom Unterhändler die bestimmtesten Zusagen — " belehrte der General gewichtig, aber der Skeptiker lachte nur: „Verzeihung, doch Sie schlendern so sorglos wie Spaziergänger in Pall Mall. Übrigens weiss ich noch gar nicht, ob Italiens Angriff»- drohung gegen Österreich nicht Deutschland ganz genehm ist als sicherstes Mittel, um Österreich beim deutschen Bündnis festzuhalten. Aber bestimmte Zu- sagen — von Italien ! ! Warum nicht gar vom Spirit des Seligen Machiavelli I Ich gebe ja gerne zu, dass Triest, Trient und allenfalls auch das Schweizer Tessin fette Bissen sind, um sie während der Welt- wirren zu verschlingen. Aber man könnte dabei eklige Knochen zu würgen bekommen. Wenn nicht alle Sachverständigen lügen, ist mit Österreicher Truppen und Schweizer Milizen nicht gut Kirschen essen. Aber wollen Sie mir gefälligst mitteilen, welche schöne Aussicht sich für Italiens sonstige Lebensinteressen durch unsem Sieg eröffnet ? Italien hat nie vergessen, dass man es um seine Ansprüche auf Tunis und Tripolis betrog. Das bisschen Massaua wird von englischem Territorium umgrenzt, tmd wenn uns gelingt, später Abessinien wegztmehmen, ist die Vertreibung der Italiener aus Afrika sicher und ihr Stand als Mittelmeermacht für immer dahin. Die Nachbarschaft von Malta wird man wohl auch stets
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so übel empfinden, wie Spanien den Pfähl im Fleisch : Gibraltar. Kurz, veranschlagen wir doch immer, dass wir rwar Italien Vorteile bieten, aber ts dafür neue Nachteile in den Kauf nehmen muss, weil nach Niederlage Deutschlands es gänzlich von Frankreich und England abhängig wird und seine Expansion als Kolonialmacht für inuner unterbunden ist. Es gibt sicher einsichtige Italiener, die lieber auf Triest als auf Nordafrika-Küste dauernd verzichten möchten. Und Patrioten sind sie, klug sind sie auch, die Italianissimi, und ihr Risorgimento wäre wertlos, wenn sie nur wieder wie vor alters ein ohnmächtiger Spielball der französischen Protektion, ein Klientel- Staat der Westmächte würden."
„Das ist alles sehr wahr und schön," der Mini* ster rümpfte soziisagen die Nase, denn solche Be- lehrung durch einen nicht „im Amt** befindlichen Volksvertreter imd wahrscheinlichen künftigen Nach- folger setzt einen hohen Beamten stets in verdriess- liehe Stinmiung, „stimmt aber nicht zu den aktuellen Tatsachen. Denn an der Franzosenfreundschaft der Gebildeten und der Abneigung g^en den Drei- bund auf der ganzen Apenninenhalbinsel ist nicht zu zweifeln."
„Unstreitig, solche Kurzsichtigkeit ist überall zu Hause bei Ideologen und Spiessbürgem jedes Landes," erwiderte der altkluge Jüngling ruhig. „Die Ideologen schwärmen für seelische Verwandtschaf- ten und sind entsetzt, wenn sie nachher keine Gegen- liebe finden, die guten Bürger hassen jedes äugen-
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blickliche Opfer, also hier den Dreibund, weil er ihnen angeblich unerschwingliche Kosten des Steuer- säckels einträgt« Aber ich wiederhole, es gibt auch Vernünftige, die lieber gegenwärtige Bürden tra- gen, um damit künftigen viel ärgeren Opfern vor- zubeugen. Crispi hatte gewiss viel Sünden auf dem Gewissen, doch ein Patriot in seiner Art war er gewiss, als er den Dreibund als einzige Garantie für Italiens Zukunft wählte. Schon die Tunisaffaire verriet ja, dass Deutschland gern Italien die kalte Schulter zugewendet hätte, wenn es dafür mit Frank* reich wieder auf guten Fuss kam und dessen Ent- schädigungsbedürfnis auf . den schwächeren Nach- bar ablenkte."
„Eine echt Bismarcksche Perfidiel" entrüstete sich der Krieger sittlich. Beide Politiker sahen sich lächelnd an, und der Minister schmunzelte humo- ristisch :
„Von Perfidie wollen doch wir nicht reden. ,Wohltätigkeit beginnt zu Hause', sagt unser prakti- sches Sprichwort so schön, und danach sollte jeder Staatsmann handeln. Aber imser junger Kollege über« .sieht," suchte er einen belehrenden, herablassenden Ton anzuschlagen, „dass für Italien eine andre Ex- pansion sich öffnet, die wir ihm gern garantieren: auf der Balkanhalbinsel. Dies wird obendrein von Russland begünstigt, nüt dem Italien vermutlich ge- heime Abmachungen hat vaid sicher in besonders herzlicher Entente steht. Die Heirat des begabten jungen Königs mit der montenegrinischen Prinzessin
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war ein schlauer Streich vorausschauender Staats- kunst. Übrigens wissen wir ja — insofern traue ich den privaten Mitteilungen des Unterhändlers — , dass Italien sofort Albanien besetzen wird,"
„Wirklich? Schon besetzen? Und sagten Sie nicht selbst, dass im Vilajet Janina schon ein tüch- tiges Feldlager von Nizams und Redifs anwächst? Der bewusste kranke Mann hat in seinen Fieber- paroxysmen manchmal Bärenkräfte, und ich erlaube mir, der italienischen Expedition das Schicksal der Griechen im letzten Feldzug zu weissagen.'*
„Dass die Türkei zu kräftigem Widerstand ent- schlossen und überhaupt Übles im Schilde führt, ist klar," gab der Minister zu. „Die so beliebten Gesundheitsrücksichten, die uns jeder mündlichen Aussprache mit unserm hiesigen osmanischen Bot- schafter berauben, werden wohl bald seiner schleu- nigen Abreise Platz machen. Beiläufig ist aber italienisches Betreten der Balkanhalbinsel auch ein Kriegsfall für Österreich."
„Das wird sich vorerst hüten, zu intervenieren, aber sich vorbehalten, später die Rechnung auszu- gleichen und es Italien aufs Kerbholz zu setzen. Italien spielt ein gewagtes Spiel, wenn wir nicht Deutschland gänzlich niederringen, und eben des- halb wird es sich dreimal besinnen, ehe es uns ernstlich zu Hilfe kommt," beharrte der jüngere Politiker bei seiner Auffassung.
„Und Russland? Ist's schon quantit^ n^gli- geable?" brunmite der Militär unwirsch. „Wird es
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nicht wenigstens Osterreich und Türkei in Schach halten, wenn es auch meinelhalben, vertragsbrüchig gegen Frankreich, nichts gegen Deutschland unter- nimmt?"
„Darüber lässt sich gar nichts sagen/' bemerkte der Minister trocken. „Die inneren Zustände legen dem Zaren grösste Zurückhaltung auf. Zum Krieg- führen gehört dreierlei: Erstens Geld, zimi andem- mal Geld und zum drittenmal Geld. Russland kann aber bei den Zeitläuften nur noch finanzielle Aushilfe aus Berlin erwarten, wofür es wahrschein- lich schon geheime Neutralitätsbedingungen einging. Dies Geld braucht es aber hochnötig im' Innern. Ausserdem kann ihm nichts lieber sein, als zuzu' schauen, wie nun auch die andern Grossmächte sich schwächen. Von Russlands Intervention erwarte ich gar nichts, höchstens erst am Ende des Krieges, und ob es dann zu unsern Gunsten eintritt, ist höchst zweifelhaft."
„Zudem wird es wohl bald seine Aufmerksam- keit wieder nach Osten lenken müssen," fiel der Parlamentarier ein. „Denn ich möchte wetten, dass Japan und China uns Überraschungen vor- bereiten."
„Unser Alliierter Japan — " hob der Militär an, aber stockte und starrte in die leere Luft. Da stöhnten die beiden Politiker, imbehaglich in ihrer Haut, packten ihre Papiere zusammen und sagten gar nichts mehr.
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In Claridges Hotel schlürften die ganze Nacht hindurch der japanische Unterhändler und ein ge- heimer chinesischer Emissär mit ausserordentlichen VcUmachten, Mandarin von vielen Knöpf en mit An- wärtschaft auf die gelbe Jacke, ihren duftenden Tee. Als der englisch gekleidete Herr aus dem Reich der aufgehenden Sonne imd der Chinamann mit nationalem Zopf und wallendem seidenem Talar so dicht beieinander sassen, konnte man so recht ihre Rassengemeinsamkeit erkennen. So viel kriegerisch ritterliches, poetisch erregbares Malaienblut in die japanische Rasse hineinfloss, so assimilierte es sich doch ganz dem mongolischen Grundstock. Wie in England das Gälbche und Normannisch -Franzö- sische allmählich ganz im Angelsächsischen unterging, so glich sich heut die Differenz zwischen Japani- schem und Chinesischem völlig aus. Nord- un4 Süd- mongolen — nicht verschiedener als Nord- und Südgeitnanen — fühlten ihre innige Gemeinsam- keit im tödlichen Hass gegen die weissen Teufel, denen man nun allmählich unter der Maske höf- licher Bewunderung ihre Tricks imd Schliche, Kniffe und Künste abgelauscht und abgelernt.
Der Japaner grinste freundlicher denn je, als er mehrere Kabeltelegramme in Chiffreschrift stu- dierte, die sein chinesischer Freund ihm unter- breitete :
„Es gereicht uns zur besonderen Genugtuung, dass unsre geheimen Waffensendungen nach Nan- king und unsre Instruktionsoffiziere, von deren
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massenhafter Einstellung bei euch Europa nur ober- flächliche Ahnung hat, so viel Anklang fanden. Ich entnehme dem Inhalt Ihrer Weisungen, dass die planmässig organisierte Erhebung Chinas völlig reif zum Losschlagen ist. Eure verschiedenen Manöver bewundere ich herzlich. Wie niedlich ist z. B. die wiederholte feierliche Totsagung Ihrer Majestät der Kaiserin- Witwe I Von der Dummheit dieser euro- päischen Diplomaten macht man sich keine Vor- stellung. Mir stockte der Atem, als ich die allge- meinen Versicherungen der Pekinger Gesandtschaf- ten las, in China sei alles ruhig, ein neuer Boxer- aufstand femer denn je. Erst glaubte ich an ab- sichtliches Pressemanöver, aber ich weiss, dass man Originalberichte gewisser Botschafter unterwegs zur Einsicht nahm — euer Spionagedienst wird bald so gut wie der imsere — , die diesen Blödsinn bestäti- gen. Und dass man diesen europäischen Krieg wagt, überzeugt uns ja, dass niemand hier ahnt, was sich vorbereitet."
„Hihihi I" Das fettige Gesicht des Chinesen strahlte vor schmalziger Wonne. „Ich habe immer gemeint, diese europäischen Diplomaten brauchen bloss ein Examen zu bestehen: in Dinerfestigkeit. Ein guter Magen ist die Hauptsache und viel Sitz- fleisch in der Kanzlei, um unendliche Ballen Papier mit Tinte zu beklecksen, lauter unnützes Zeug, das da^^ heim in den Auswärtigen Ämtern halbgelesen in den Papierkorb wandert. Für diesen Scherz müssen die Steuerzahler ungezählte Summen hergeben, denn
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der Apparat ist kostspielig. O, bei uns zu Haus haben wir andre Mandarinenexamina zu bestehen als Literaten und Gelehrte! Bei uns armen Bar- baren glaubt man, dass nur die gebildetsten, fähig- sten Köpfe zum Regieren und zum Staatsbetriebe taugen. Aber diese Hochzivilisierten suchen sich ihre Regienmgsleiter und Politikvertreter nach der Geburt und Familie aus, und da kann, man sich den- ken, wie die Völker bedient sind. Sich in. den Salons herimitreiben, kleine Privatintrigen spinnen, Diners imd Bälle geben, ja vor allem viel tanzen und essen, das ist ihr Metier, und ihr Koch ihr wah- rer Kanzler. Beim Confutsel Solche Wichte wollen auf uns herabschauen, uns etwas lehren, die wir ein höchstes Kulturvolk waren, als sie noch wie alte Tamerlanhorden untereinander wüteten und ihren lächerlichen kirchlichen Aberglauben, der selbst unsem kleinen Kindern zu einfältig wäre, von Jahrhundert zu Jahrhundert weiterschleppten 1" Wess das Herz voll ist, dess gehet der Mund über. So viel Übertreibimg in diesem halben Zerr- bild europäischer Zustände lag, ein Kern von Wahr- heit darin berechtigte zu solch grimmigem Ausfall wider die Überhebung der kaukasischen Rasse. Die lang aufgespeicherte Erbitterung über das brutale Niedertreten der gelben seitens der weissen Men- schen, wie es besonders in Amerika zur Erscheinung kommt, und wie der chinesische Kuli es überall er- lebt, machte sich Luft. Der Japaner grinste bei- fällig :
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" „Nicht ereifern, hocherleuchteter, hochge- schätzter Freund I Die Weissen haben so manches Gute, was wir uns vorher aneignen mussten, näm- lich Erfindungen, Technik, kurzum praktische Dinge. Doch wie geringwertig muss dies alles im Grund^ sein, wenn wir Japaner es binnen vierzig Jahren nachmachen konnten I Heut bauen wir selbst schon Panzerschiffe und Eisenbahnen, erfinden besondere Sprengpulver. Und ihr, die ihr Schiesspulver und Buchdruckerkunst schon so viel früher erfandet, als die Weissen, werdet sicher bald gleiches vermögen, sobald ihr euch endlich aufrafft. Dies allein imponiert Europa. Unser hiesiger Botschafter, der ausgezeich* netc Mann, konnte sich ja nicht versagen, den Witz zu reissen: ,Als man wusste, wir Japaner hätten grosse Schriftsteller und Künstler, verachtete man uns als Barbaren; nun man aber weiss, dass wir vorzüglich töten können, hält man uns für eben' bürtige Kultuilmenschen/ Nun, wir waren früher ja wirklich etwas — sagen wir; Mittelalter, feudal. Doch kannten wir je solche Unterdrückung der unteren Klassen, solche greuliche Intoleranz in Glaubensdingen, wie diese sogenannte höhere Rasse ? Das verbot schon Tmsre höhere Humanität imd Sittlichkeit, auch imsre feinere gesellschaftliche Sitte. Und im übrigen — was prahlen die Leute denn mit ihrer Literatur, Kunst, Gelehrsamkeit? Die Kunst fassen wir anders aiif, doch steht sie in ihrer Weise grade so hoch, und das erkennen heut Einsichtige in EujTopa an. Und geistige Werke — nun, die unsem
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kennen sie ja nicht, und die euren, die ich unendlich verehre, selbstverständlich auch nicht," setzte er hastig mit Buschidowillen hinzu, wobei beide gel- boi Würdenträger sich zeremoniöse Knickse mach- ten; „doch mich deucht, um den Kulturstand abzu- schätzen, konmit es hauptsächlich darauf an, welche Geltimg Autoren in der Gesellschaft haben. Wir beide smd Literaten und Staatsmänner zugleich — von der Unbildimg unsrer europäischen Kollegen, die Ew. Hocherleuchtetheit so witzig geissein, will ich schon gar nicht reden — ; aber lesen Sie doch die Biographien grosser eiiropäischer Geister» sehen Sie sich in der Gesellschaft um, welches Ansehen geniesst denn da der Geist, welche Rollen spielen hochbegabte Männer, die man bei euch zu Man- darinen erster Klasse ernennen, und denen bei ims der weiteste Spielraum gelassen würde, denen die vornehmsten EhrensteUen offenständen? Ver- folgt, verhöhnt, ehe sie endlich zur Anerkennung sich durchringen, oft aber bei Lebzeiten ganz unterdrückt imd womöglich dem Hungertod preisgegeben, früher dem Scheiterhaufen und Gefängnis, heut womöglich deüi Irrenhaus oder dem Strafrichter überliefert — so haben sich allzeit alle wirklich genialen Euro* päer durchs Leben gequält. Und man sehe sich in der Gesellschaft um, welchen Rang ninunt der gei- stige Arbeiter dort ein? Gar keinen. Jeder Tropf mit Amt und Titel, jeder Geldprotz gilt mehr, wenn man den verschleiernden Nebel des Bildungsgeheu* chels beiseite schiebt. Geburt tmd Geld sind die
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einzigen teuersten Güter, die diese Kulturbarbaren als heilig schätzen und schützen. Bei uns sind Adel, Offiziere, Beamte bescheidene Diener des Vater- landes, materieller Wohlstand verleiht an sich we* der Einfluss noch Ehre, bei uns herrschen in Wahr* heit Geist und Verdienst." Der Japaner wäre bei- nahe vor innerer Erregung aufgesprungen, wenn das ,Buschido' ihn nicht niederhielt. Doch obschon sein Gesicht das stereotype sinnende Lächeln bei- behielt^ blitzten seine schiefgeschlitzten Auglein dä- monisch. „Wozu ich das sage? Uns anzufeuern bei unserm grossen Werk nationaler Wiedergeburt der gielben Rasse. Wir schulden den Weissen gar keinen geistigen Respekt, wir zerstören nichts, was für die Menschheit wertvoll, imd die bösen Miss- helligkeiten" ^— er meinte ,die Greuel*, aber Bu- schido-Taktik unterdrückt alle unangenehmen Aus- drücke — „denen die Fremden in Ostasien entgegen- gehen, wälzen wir auf ihr eigenes Haupt. Sie woll- ten es nicht anders mit ihrer Einmischung, Auf- dringlichkeit, Ausbeutxmg imd Ungebühr, und wir 'waschen unsre Hände in Unschuld."
Das tut der Mongole immer. Er weiss von nichts, missbilligt fromm, was er angezettelt, und kann auch hier auf christliche Vorbilder verweisen.
Der Chinese, nicht so in Buschidozucht wie der Japaner, kniff tückisch seine Augen zusammen, eine dimkle hektische Röte überiflog seine vorspringen- den Backenknochen, sein sonst so friedfertig-schel- misches Gesicht verzerrte sich in unheimlicher Wut :
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„Glaubst du, mein hochgelehrter, weiser Freund, dass man bei uns zu Hause den letzten Raubzug verziehen hat? Da hatten wir sie alle beisammen, die Moskowiter, die Yankees, die Deutschen, die Briten, die Italiener, die Franzosen, und sie alle rangen imi die Palme der Niedertracht. Hehe, wie uns das ergötzte, als die Wahrheit in Europa durch- sickerte, welche Schandtaten dies Kulturgesindel bei uns vollbrachte, und allerorts die Wahrheitsprecher als Verleiunder zugedeckt wurden I Das ist ihr christ- liches Gewissen. Ich selbst," flocht er mit leiser Betonung ein, „habe auch Verwandte dabei ver- loren, auch Schaden am Eigentiun erlitten, ein rei- cher Freund von mir in Tientsin wurde gänzlich ausgeplündert — und Ew. Weisheit mögen gütigst sich denken, mit welchem Mangel an persönlichem Eifer ich die Ehre hatte, Vergeltung für all solch milde Christengaben vorzubereiten. Ich sage dir^ Freimd Japaner," stiess er mit einem gurgelnden Laut hervor, „von den Gesandten, Missionaren, Kaufleuten und sonstigen Faulenzern und Ausbeu- tern in Shangai, Canton, Kiautschou entkonunt kei- ner, und ihren Frauen und Kindern wird man bei- bringen, was auf chinesisch Rache heisst/*
Beide schwiegen einen Augenblick. Den zivi- lisierten Japaner gruselte es leicht. Der Chinese schien in wonnevolle Vorstellungen versunken, er lächelte verklärt wie im Opiumrausch.
„Nur um eins bitte ich offiziell im Namen meiner hohen Regierung," kehrte der Mann aus Tokio zum
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Praktischen zurück: „Nichts verfrühen I Sonst könn- ten die Kulturbarbaren noch in letzter Stunde stutzig werden und im gegenseitigen Vertilgen plötzlich inne- halten. Alles genau fertig machen, aber vollenden erst, sobald Land- und Seekrieg in Europa in ent- scheidendem Gange r*
Der Chinese nickte: „Abgemacht I Auch den Aufstand unserer 60000 Kulis in Südafrika werden wir/ dortige Umstände beobachtend, bis dahin ver- schieben, ebenso die allgemeinen Kuliunruhen in Ozeanien, vielleicht auch in Singapore und Malakka« Wie steht's mit euren eigenen Versuchen in Indien ?"
„O, Agenten haben wir dort genug. Doch darüber lässt sich noch nichts Gewisses sagen. Man muss zuschauen, ob die Inder auf Kunde eurer Erhebung und anderer Misshelligkeiten Englands sich zu etwas Ernstem entsclüiessen. Lord Kitche- ner ist ein übler Mann."
„Und wenn eure Agenten in britische Hände fielen?"
„Sie haben nichts Schriftliches, und jeder weiss, was ihm ziemt, um sein Geheinmis unäusgeplaudert ins Grab zu nehmen," versetzte der Japaner kühl. Der Chinese verstand, in solchen Fällen wählt man Harakiri. „Man wird niemals unsere Regierung über- führen können, und im übrigen fürchten wir Eng« lands Rache nicht Das wird mit den lieben Vettern jenseits der Atlantis zu tun bekonmien und uns noch herjdich danken, wenn wir die armen verfolgten Philippinos untern Schutz unserer Flagge nehmen,
VAUwr EnropM . . . ! 6
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den Amerikanern einige Hiebe zukommen lassen. Vor uns beiden, mein Freund, liegt ein Reich unbe- grenzter Möglichkeiten. Wenn der europäische Krieg beendet, ist Asien befreit."
„O, wie unauslöschlichen Dank schulden wir eurem Rat und Beistand, eurer hohen Erleuchtung, die uns Blinden den Weg wiesl"
„Ah, nur £w. Weisheit Güte sagt so Schmeichel- haftes. Wer auf Weisheit hört, ist selbst ein Weiser. Ich bin beauftragt,'* legte er sich in offizielle Posi- tur, „im Namen des Sohnes der Sonne, meines aller- gnädigsten göttlichen Souveräns, dem Sohn des Him- mels, Ihrem erhabensten göttlichen Herrscher, tiefe Bewimderung für so viel Huld imd Gnade auszu- drücken!"
„So viel Huld und Gnade Sr. göttlichen Maje^ stät des Mikado wird ewig unvergessen sein!"
Beide Würdenträger schauten sich mit unend- licher Zärtlichkeit an und schlürften nachdenklich ihren Tee. Was sie sich dazu dachten, war ihr Ge> heinmis oder auch nicht, denn jeder kannte sehr wohl die Gedanken des anderen.
„Wenn ihr Bezopften glaubt, wir würden für eure schönen Augen eure Geschäfte besorgen, irrt ihr gewal- tig," sann der Japaner. „Diese alte Mandschu-Dyna- stie ist längst zum Falle reif. Unsere Flotte wird eure Häfen besetzen, unsere Armee in Peking ein- ziehen, unsere Monarchie in Personalunion beide Reiche vereinen, sobald die Zeit erfüllt ist."
„Wenn ihr abtrünnigen Europaaffen euch: ein-
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bildet, wir lassen uns von euch übertölpeln, seid ihr schiefer gewickelt als unsere Zöpfe," blinzelte der Chinese in sich hinein, während er mit verschwom- menen Auglein zur Decke stierte. „Das fehlte noch, dass ihr Bastarde, ihr Auswandererauswurf aus Alt- china, einst unsere Vasallen, jetzt die Alleinherren spieltet. Ist China organisiert, so habt ihr uns zu folgen, nicht wir euch. Korea, Mandschurei, Port Arthur gehören uns^ das werdet ihr eines Tages erfahren.**
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Sofort nach Eintreffen der entscheidenden Depeschen aus Tanger, dass die Franzosen gegen Marokko vorrückten» und sichern Feststellungen des deutschen Informationsbureaus mit den Filialen in Brüssel und Basel, dass fieberhafte Tätigkeit in französischen Häfen und Zentralbahnstationen be- ginne, legte der deutsche Geschäftsträger dem bel- gischen Ministerium eine Note vor, die den Charakter eines Ultimatum trug:
„Man sei imterrichtet, dass Frankreich imd En^:- land im Kriegsfall die belgische Neutralität nicht respektieren würden. Unter diesen Umständen sei Deutschland genötigt, zu Repressalien zu greifen und Belgien militärisch zu besetzen, respektive den freien Durchzug zu verlangen. Es sei nicht \mbekannt, dass Belgien sich dem Gedanken zuneige, Antwerpen an die Briten auszuliefern. Allein König Leopold möge wohl bedenken, dass es sich ums Schicksal seiner Dynastie handele. Es sei unvergessen, dass Louis Napoleon wiederholt Bismarck die Abtretung Belgiens als Kompensation anbot, wie Frankreich nie vergessen habe, dass Belgien einst dem Empire Francais einverleibt war. Femer möge der König im Auge behalten, dass Englands Absichten auf den
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Kongostaat schon häufig zutage traten. Für den An- schluss an Deutschland, den seine Ehre und Existenz fordere, werde ihm Belgiens Fortbestehen garantiert, widrigenfalls Deutschland sich vorbehalte, seinerseits Belgien jeden S(:hutz izu versagen. Die Zeit dränge, binnen vierundzwanzig Stunden müsse Partei er- griffen werden."
Hoch gingen die Wogen des Zwiespalts im belgi- schen Ministerrat. Man hatte mit der Hinneigung der Wallonen zu Frankreich, der Republikaner zur stammverwandten Republik, aber auch mit dem Widerwillen der Vlamen gegen die Welschen und ihren Sympathien für die deutsche Nation zu rechnen. Natürlich konnte England durch Küstenblockade und Bombardement von Antwerpen dem Lande schweren Schaden zufügen, Belgien als erster Kriegsschau- platz litt sicher von Franzosen und Deutschen. Aber zu guter Letzt kam es doch darauf an, wer in diesem ersten Ringen Sieger bleibe, da ein vom Sieger be- setztes Belgien dann in verhältnismassig geordnete Verhältnisse kam, wenigstens als Verbündeter des Siegers. Neutralität musste dem Lande doppelte Wunden schlagen und liess sich ohnehin nicht durch- führen. Denn dem Wortlaut der Verträge nach musste Belgien eben gegen die erste Macht, die seinen Boden verletze, seine geringe Streitkraft richten. Nun meldete man aber ununterbrochene Ansamm- lung deutscher Massen auf der Strecke Aachen—' Lüttich. Offenbar besass Deutschland einen Vor« Sprung der Mobilisierung. Wenn auch Bahnzug auf
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Bahnzug französische Truppen via Charleroi zur Sam- brelinie beförderte, so schien doch klar, dass deutsche Übermacht bald zur Stelle sein werde. Dann war Belgien verloren, blieb wahrscheinlich bis Schluss des Krieges als Faustpfand in deytschen Händen. Der bei allen menschlichen Schwächen als Regent höchst achtungswerte staatskluge König Leopold fühlte sich zudem tief erbittert durch die unausbleib- liche Vemichtimg, die seinem Lebenswerk, dem Kongostaat, durch die beiden grossen Afrikamachte drohte. Siegten diese im Weltkrieg, war der Kongo- staat erst recht nicht zu retten. . Dann besser die augenblickliche Gefahr auf sich nehmen. Denn beim Siege Deutschlands war möglich, dass es Wiederhet* Stellung des mittlerweile von England verschluckten Koiigostaats sich ausbedingte.
Dies entschied. Prompt erfolgte des Königs Ant- wort: bei obwaltender Lage schliesse er für den Fall der Neutralitätsverletzung durch die Alliierten ein Schutz- und Trutzbündnis mit Deutschland, stelle sein Land unter dessen Schutz. Nur möge man dafür sorgen, dass formal die Alliierten den ersten Schritt des Rechtsbruchs täten. Dem Vorschlag des deut- schen Militärattaches, sofort zu mobilisieren imd den Hauptteil der belgischen Truppen auf Antwerpen zu instradiereh, wo sicher ein englischer Angriff au erwarten sei, ward Folge geleistet, -r-
Gleichzeitig stand der deutsche Gesandte im Haag vor Königin Wilhelmine und dem deutschen Prinzgemahl in geheimer Audienz^ Er setzte die
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Bedenklichkeit jeder Neutralität auseinander^ Yvenn der betreffeüde Staat in Mitleidenschaft gezogen zu werden fürchten müsse» England werde b^stinunt Holland als Basis für Landungsoperationen betrach- ten, was Deutschland natürlitk durch sofortige Okku- patioii Hollands vergelten werde. Holland iverde dann allen Unbilden des Kriegszustandes preisge- geben. Entschliesöe sich dagegen Holland, Deutsch?' land sofort um Hilfe anzugehen und sein kleines Heer unter deutschen Befehl zu stellen, so könnö dies verinieden . und England am Landen gehindert wer« den» Als: Garantie müsse man aber Verlangen, dasä die zwischen Amsterdam und Texel liegende hollän- dische Küstenflotte sofort, ehe sie vom britischen Kanalgeschwader überrumpelt werde, sich nach Wil- helmshaven in deutsches Gewässer begebe. Sollte nicht binnen . sechs Stunden diesem Vorschlag zu- gestimmt werden, so müsse Deutschland in berech- tigter Notwehr imverzüglich Einmarsch in Holland beginnen, da ein Festsetzen Englands an der Rhein- mündung als dauernde Bedrohung der deutschen Flanke niemals geduldet werden dürfe. Der deutsche Kaiser als Verwandter des Hauses Oranien appelliere an alte freundschaftliche Traditionen zwischen Preussen und Holland, gemahne das beun Buren^ krieg bewährte Nationalgefühl der jungen Königiil an das Schicksal ihrer Stammesgenossen in Südafrika, welche soeben zu erneuter Anstrengung gegen das britische Joch bereit seien. Unterliege Deutschland, so werde Holland völlig unter englische Oberhoheit
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geraten. Deutschland garantiere einem befreundeten Holland sein Fortbestehen, ein neutrales oder gar feindliches müsse es dagegen von der Landkarte streichen. Dies sei keine leere Drohung. Denn wie inmier die Würfel anderwärts fallen möchten, im Landkrieg werde Deutschland die Oberhand und für den Friedensschluss Holland und Belgien in der Hand behalten, um seipe Verluste zu kompen- sieren. —
Auch hier dauerte die Frist der Entschluss- fassung, noch kürzer gesteckt als bei Belgien, nicht lange. Der holländische Staatsrat, bisher in Vogel- Strauss-Politik imd schwankender Schwäche befangen, trug freilich der antideutschen Gesinnung des hol- ländischen Volkes Rechnung, das in unbegreiflicher Verblendung sich von sdnen nächsten Blutsver* wandten, den Niederdeutschen, abwendet und für Franzosen schwärmt, die ihm so unsägliches Eilend seit Ludwig XIV. zufügten, die Briten anbetet, die es doch seit alter Zeit als bitterste Handelskonkur« renten und seit Cromwell als Zerstörer der holländi- schen See- und Kolonialmacht kennen sollte. Ruyter und Tromp, die alten Seehelden wider Britanniens wachsende Überhebung, hätten sich im Grabe lunge- dreht, wenn sie vernommen hätten, wie man auf adulierendem Festbankett der niederländischen für eine besuchende englische Flotte ihre Namen ein- flocht, um fraternisierende Komplimente für den übermächtigen einstigen Todfeind England zu drechseln. Solches Betragen nach dem Burenkrieg
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kann man wirklich nur sonderbar nennen, weiter kann scheue Unterwürfigkeit vor dem Mächtigeren, einseitige Rücksicht auf etwaige Bedrohung des Geld' und Kaff eesacks bei einem Handelsvolke nicht gehen. Nicht aber entsprach dem gesunden Gefühl der braven jimgen Königin solche Entäusserung na- tionaler Würde. Trotz aller antideutschen Gesinnung ihres Hofes hielt sie an der Auffassung fest, dass der Burenkrieg zeigte, was man von Englands Über- griffen zu erwarten habe: gänzliche Verdrängung aller Nichtengländer aus allen Zonen des Erdballs. Geheime Nachrichten aus Transvaal und Kapland steUten dortige Erhebung des holländischen Ele- ments ausser Frage, selbst die britischen Ansiedler verrieten dort Missvergnügen mit dem Imperialis- mos Lord Milners. Die Nähe des deutschen Korps in Südwestafrika wurde wohl erwogen, sein Beistand konnte Vertreibung der britischen Zwingherren ge- währleisten. Natürlich machte die Gegenpartei gel- tend, dass die holländischen Hafenstädte schwer mit- genommen, die Sunda-Kolonien von England erobert werden würden. Aber demgegenüber ward betont, dass beim Siege Englands selbst sklavische Unter- tänigkeit Hollands den Besitz der Kolonien nicht verbürge; die werde England unterm Vorwand der Beschützung ohnehin okkupieren. Denn was der britische Leopard in den Klauen hat, lässt er nie wieder los, und wo sollte England sonst den Gewinn suchen, den es von jedem Kriege verlangt? Andrer- seits wurde Holland vollends ruiniert, wenn deutsche
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Truppen es als Feindesland behandelten und admini- strierten, und Räumung des fetten Landchens i^ar den Deutschen höchstens bei deren Völliger Nieder- lage abzutrotzen, was gar nicht im Bereich der Mög- lichkeit lag. Bei Separatfrieden würde das Inselreich selbstverständlich Holland opfern, sich mit Deutsch- land darein teilen: ihm die Kolonien, letzterem das Mutterland. Zu dieser Logik gesellte sich, noch bei einigen Jonkhers die innerpolitische Angst vor der Revolution, falls Holland zum Kriegsschauplatz werde» imd etwa französische Truppen dort republikanische Ansteckung verbreiteten« Das Fratermsieren holländi- scher Sozialisten mit der welschen Republik trieb Hol- lands Adel und Bourgeoisie widerwillig Deutsch- land in die Arme, dessen konservativer Monarchis- mus einen WaU gegen innere Anarchie zu bieten schien.
Ehe die sechs Stunden abgelaufen, hatte Deutschland zustimmende Antwort in Händöi. Der Telegraph beorderte die Küstenflotte, ungesäumt Kohlen einzunehmen und,! was die Maschinen nur leisten könnten, mit fluchtartiger Hast den Jahde« busen aufzusuchen, an deutsche Admiralität ver- wiesen. Das kleine Heer, sogleich mobilisiert, sollte bei Dortrecht Stellung fassen, indes das deutsche X. Armedcorps über .Utrecht erwartet wurde. —
Glatter und einfacher spielte sich das Einver* ständnis bei dem dritten neutralen Kleinstaat ab, dessen Mitwirkung in Frage katti. Die Eidgenossen- schaft io Bern, seit lange dem Deutschen Reich dienst-
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willig gesinnt aus gerechter Befürchtung vor franzö* sbchen alten Aspirationen auf Genf, Wallis und die Jurapasse, eingedenk der schrecklichen Neutralitäts- leiden der weiland helvetischen RepubUk, gab schon lange zuvor die mannhafte Versicherung, dass jeder Durchmarsch der Franzosen durch Kanton Basel mit voller Waffengewalt geahndet werden tmd in diesem Falle die Schweizer Wehrkraft sich aktiv auf Deutsch« lands Seite stellen solle. Diesen Einfall über Delle- Belfort konnte man aber bestimmt voraussehen, man hatte geheime Aufklärung, auch liess die Richtung der französischen Mobilisierungstransporte bald keinen Zweifel darüber. Begnügte man sich aber mit ohnmächtigem Protest, so lag es im strategischen Interesse der französischen Heeresleitung, noch wei- ter nordöstlich durch die Schweiz auszugreifen über Schaffhausen, wie dies vor alters in den Revolu- tionskriegen so richtig in verwundbare Punkte Süd deutschlands hineingeführt hatte. £s blieb also für die Schweiz keine Wahl, zumal Verletzung des schweizer Territoriiuns deutscherseits völlig ausge- schlossen und wenigstens in der ersten Feldzugs- phase eine Benützimg der Strecke Basel-Genf für einen Vorstoss nach Südosten — wie 1814 — für deutsche Strategie ohne jeden Wert.
Das eidgenössische Kriegsdepartement verfügte nach sofortigem Beschluss des Bundesrats die all: gemeine Truppenzusammenziehung, bereitete die Ein- beniftmg der Landwehr und des Landsturmes vor, so- bald ein französischer Soldat die Jurapässe betrete.
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Trotz einiger französischer Sympathien und ver- schiedener Versuche der Sozialisten, den Bundes- rat als „kriechenden Sklaven des Auslands" zu ver- schreien und an ein Volksreferendum zu appellieren, begegnete die Entschlossenheit und Klarheit, die aus einem Aufruf des Bundespräsidenten sprach, keiner Auflehnung, wohl aber kräftiger Billigung. Denn der nüchterne Sinn der Schweizer erkannte die unweigerliche Alternative: verletzt Frankreich neutrales Gebiet, so zwingt schon nationales Ehrg^e- fühl, vielleicht sogar künftige Existenz, zu energi- schem Einschreiten. —
Auch mit Dänemark kam man rasch zu £nde. Noch am Tage der Kriegserklärung wurden sämt- liche Kauffahrer der Westmächte im Sund, Ska- gerak imd Kattegatt von schon zuvor alarmierten und auf Jagd gegangenen deutschen Kreuzern auf« gebracht, nur unbehelligt gelassen, was nach Kopen- hagen entrann. „Dies sei durch die Lage geboten gewesen,** notifizierte der deutsche Gesandte, „um die zu erwartenden schweren Einbussen der deut- schen Handelsmarine auszugleichen. Im übrigen werde die dänische Danebrogflagge überall respek- tiert werden. Da aber die Allüerten aus Rücksicht auf Russland jede Antastung Dänemarks vermeiden würden, sei Mobilisierung der dänischen Flotte und Armee nicht geboten, werde daher als deutschfeind- liche Kimdgebung betrachtet und sofort durch Be- setzung Jütlands beantwortet werden. Diese Mass- regel sei überhaupt zum Schutze Schleswigs gegen
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britische Landung nötig und werde nur unterbleiben, falls Dänemailc feierlich strengste Neutralität ver- spreche." Da dies auch der Stimmung des Landes entsprach, und der verwandte russische Hof dringend solche Politik empfahl, ging Dänemark willig darauf ein und blieb schweigender Zuschauer. —
In Schweden dienten die deutschen Sympathien König Oskars und die Erbitterung schwedischer Pa- trioten über Englands moralische Unterstützung der Losreissimg Norwegens wenigstens dazu, Russland um Finnland besorgt zu machen, wo neue Erhebung gärte. So wenig freimdlich der Skandinave über Deutschland denkt, liess überhaupt die öffentliche Meinung der drei Reiche im allgemeinen die fran- zösische Version nicht gelten, dass Deutschland der Friedensstörer sei. Zu klar lag das jahrelange Kriegs« hetzen Englands vor Augen, zu einfach das aggres- sive Vorgehen Frankreichs zutage, zu bekannt war Deutschlands alter Standpimkt, dass es einen An- nexionsangriff auf Marokko als Kriegsfall betrachten werde. Hatte es Frankreich darauf ankommen las- sen, so tat es jedenfalls den entscheidenden Schritt auf eigene Verantwortung, imd Deutschland die Schidd eines Friedensbruchs zuzuschieben, erinnerte an die Vorgänge bei der Emser Depesche. Mit Aus- nahme einiger verbissener greiser Eiderdänen, nach Seeland emigrierter Überreste des Prager Friedens, die heut noch von „Artikel Fünf" deklamierten und die Stimde der Revanche predigten, empfing man die in den Kopenhagener Hafen geflüchteten westlän-
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(tischen Kauffahrer ohne jeden Enthusiasmus und freute sich nur, dass wenigstens eine Wiederholung des brutalen Völkerrechtsbruchs der beiden bri- tischen Bombardements von Kopenhagen diesmal nicht ru befürchten sei. —
In Russland verhielten Gesellschaft, Presse, Be- völkerung sich auffallend kühl. Nur Teilnahme Russ- lands an den europäischen Wirren hätte allgemeine Entrüstung erregt. Die akademische Doktorfrage, wer die eigentliche Initiative zum Losbruch eines Weltkriegs gab, der doch so lange schon in der Luft lag, wolle man nicht erörtern. Jedenfalls setzte der Reichskanzler detn französischen Botschafter aus- einander, dass der Wortlaut des sogenannten Zwei- bunds nur Defensivtendenz zum Friedensschutz atme. Unstreitig liege aber jetzt Offensivtendenz Frank- reichs vor, das ja auch bei seiner offensiv gemeinten Allianz mit England keineswegs bei Russland sich Rats erholte. Ebensowenig könne Russland, zumal Frankreich ja lieber sein Geld für ruinösen Krieg opfere, statt detn befreundeten Zarenreich unter die Arme zu greifen, die Herren an der Seine um Rat fragen, was Russlands wohlverstandenes Interesse gebiete : nämlich Enthaltung von jeder Einmischung in Angelegenheiten, die doch wirklich nur die West- mächte angringen. Bei der intimen Entente beider sei dies sozusagen ein gemeinsamer Erbschafts- prozess, eine reine Familiensache. Für Marokko nicht die Knochen eines taurischen Grenadiers! Mit Hinblick auf des Reiches innere Lage ver-
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weise er daher auf den Defensivinhalt des Zweibunds.
Die abgeblitzte französische Politik musste also über diese faktisch aufhörende Allianz zur Tagesord* nung übergehen. Verrannt in die englische Schlinge, konnte sie auf dieser abschüssigen Bahn nur weiter- rollen und im Falle des Sieges die russische Allianz kündigen, sich fortan dauernd auf England stützen, ihren natürlichsten Interessenfeind. Aber ganz ab* gesehen von der inneren Wirrnis, die jeden aus« wärtigen Krieg des Zaren als Selbstmord erschei- nen liess, abgesehen von privaten dynastischen Er- wäfi^mgen, wonach der Zar nur in Deutschland noch Anlehnung als Bollwerk des monarchischen Gedan- kens suchte und jede Schwächimg Deutschlands wie eigenen Rückgratbruch fürchtete, wäre kriegerisches Vorgehen ohne jede Chance gewesen. Bei der Schwierigkeit, ja jetzigen Unmöglichkeit einer nur einigermassen geordneten, geschweige denn recht- zeitigen, Mobilisierimg hätten Deutschland-Österreich sofort Polen, Schweden sogar Finnland besetzen können, und bei der nationalen Rebellion dieser Völkerschaften waren die endlichen Folgen nicht abzusehen. Ausserdem sprach diesmal die Türkei mit, wenn der „heilige Krieg'* die Islamwelt entflammte, schon allein Nährung des Tscher- kessenaufstands von dorther konnte bedenklich werden.
So notifizierte denn ein ausserordentlicher Am- bassadeur von der Newa an der Spree eine womög-
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lieh noch turmhöhere traditionelle Freundschaft der altvereinten nordischen Kaiserreiche. Wenn Eng- land und Deutschland sich Wunden schlugen, konnte es ja dem heiligen Russland nur recht sein: desto eher vernarbten seine eigenen tiefen Wunden. — In der Wiener Hofburg musste, selbst wenn man Abfall oder wenigstens mangelhafte Innehai* tung des deutschen Bündnisses je gewollt und ge- plant hätte, die gegenwärtige Weltlage zu stärk- ster Bundestreue begeistern. Angst vor Russland und deshalb auch vor den eigenen slawischen Staats- teilen fiel jetzt weg, die Deutschen würden in wil- der Erregung sich von der Dynastie losgesagt haben, wenn sie nicht das Alldeutschtum in dieser Gefahr hochhielt. Den Ungarn aber, so sympathisch sie für die Westmachte fühlten und so grundsätz- Uch sie gegen jede Wiener Entschliessimg oppo- nierten, kam ihr reifer politischer Sinn zu Hilfe. Ihre einsichtigen Politiker erkannten, dass die Nie- derlage Deutschlands anfangs Österreichs Zerfall und Ungarns Selbständigkeit ermöglichen, dann aber Ost- europa völlig dem Einfluss des Panslawismus unter- werfen würde, womit der Magyaren Untergang end- gültig besiegelt. In der regulären Armee zeigte sich das Band der anerzogenen Anhänglichkeit an Fahne und Kaiser auch bei den Mannschaften stärker, als man geahnt hatte. Der angeblich in allen Fugen krachende Donaustaat erwies die Zusanmienschweis- sung seines bunten Völkerschaftgemengsels durch fünfhundertjährige Geschichte doch fester, als zu
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erwarten: wie ein Totgesagter lebte er noch recht lange. Denn trotz wüster Erneuten tschechischen Pöbels imd trotz Gehorsamsverweigerungen einzelner Honvedregimenter, umrahmt von bliunenreichen Phrasenadressen tschechischer imd imgarischer Stu- denten an die „sehlisüchtig geliebte, vorbildliche fran- zösische Nation", blieb es bei diesen rasch unter- drückten Einzelausnahmen, sobald das prahlende, drohende Auftreten der Irredenta und ihres Sprach- rohrs, der ganzen italienischen Presse, den Natio- nalstolz der eis- und transleithanischen Kreise gleich- massig reizte. Die Magyaren fühlten sich auf ein- mal als Angehörige des gemeinsamen Doppelstaats, als Italiens lange Finger sich über Fiume nach Triest und Dalmatien ausstreckten, das Ungarn als künftige eigene Beute betrachtete, imd auf das auch die Slawen keinen Verzicht leisten wollten. Der alte nationale Gegensatz meldete sich mit voller Schärfe an, da der Südslawe vom Italiener, den er verachtet, sich noch weniger verdrängen lassen will als vom Deutschen, den er hasst. Verfrühtes Spek- takeln der Irredentisten in Triest, Trient, Roveredo, Riva, Görz, vorlaute dreiste Herausforderung ita- lienischer Studenten in Innsbruck führten zu all- gemeinen Ausbrüchen des VolksimwUlens, imd ein kroatisches Regiment wetteiferte mit einem stock- magyarischen beim Niederknallen der Aufrührer in Triest. Der deutsche Charakter Wiens prägte sich natürlich in riesigen Strassenumzügen aus, die vor der Hofburg, dem Ballhaus, dem Reichsrat immer
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wieder den Ruf erschallen Hessen: „Hoch Deutsch- land f Nieder mit Italien 1" Eine Manifestation sozia- listischer Böhmaken in Favoriten: „Hoch Frank- reich! Nieder mit Deutschland! Hoch der Frieden I Kein Krieg I" brachte den Abgeordnetaa Adler, Pemerstorfer, Eldersch, Ellenbogen und dem schimpfgewaltigen Schuhmeier blutige Köpfe ein, durch Flutwelle von Christlichsozialen und Völ- kisch-Alldeutschen vereint weggeschwemmt. Sogar die Anhänger von Schönerer, Wolf und dem Schrei- hals Iro machten eine Ovation für Oberbürgermeister Lueger mit, der mit achtunggebietender Festigkeit und hinreissender Beredsamkeit auf der Freitreppe des Rathauses eine Ansprache an mächtige Volks- mengen hielt, worin er „Zusammenstehen mit un- sem deutschen Brüdern im Reich" proklamierte. In den nächsten acht Tagen nach Deutschlands Kriegserklärung an Frankreich hatten die Verhält- nisse sich schon derart geklärt, dass die österrei- chische Heeresleitung, deren eifrige Offiziere vor Kriegslust brannten, welcher Nationalität sie auch angehören mochten, ihre Mobilmachung vollenden und ruhig über ihre Kräfte verfügen k<mnte.
In Galizien und der Bukowina blieben zwei Korps zur Beobachtung Russlands, in Böhmen eine unga- rische Division, in Ungarn ein halbslawisches Korps zurück, um vorerst etwaige Unruhen zu überwachen. In Siebenbürgen, Dalmatien, Bosnien und der Her- zegowina standen eine aktive und zwei Landwehr- divisionen, um Serbien und die Sphäre Saloniki zu
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beobachten und nach vertraulicher Vereinbarimg mit Konstantinopel im Notfall den osmanischen Nizams die Hand zu reichen, wenn Italien mit Montenegro, Serbien, Mazedonien in Albanien sich mausig mache. Die kleine Flotte machte im Kriegshafen Pola mobil und streifte die adriatische Küste ab. Drei Korps, aus Kärnten, Krain, Tirol und Steiermark zusam- mengezogen, staffelten sich zwischen Kufstein und Fiume, um je nach Verhalten Italiens, vollzählig und dann durch vier Reservelandwehrdivisionen ver- stärkt, dort die Südgrenze zu decken oder teilweise, falls Italien nicht ernstlich angreife, den sechs Armee- korps nachgeschoben zu werden, die allmählich an die deutsche Rheingrenze abflössen. Hierbei gingen die ersten Staffeln auf den Bahnlinien Eger und Passau über München, vbn da über Ulm imd Konstanz, die zweiten Staffeln durften später schon über Lindau imd Rorschach die Schweizer Bahnstrecke benutzen, da um diese Zeit sich schon Beitritt der Alpenrepu- blik vollzog.
Deutscherseits blieben je eine Division der zwei ost- und westpreussischen, des Posener und Schlesi- schen Armeekorps nebst vier Landwehrdivisionen langes der russischen Grenze vorerst zurück, ebenso das Gardekorps in Berlin und Umgegend, während die Depotorte und wichtigeren Garnisonsplätze fast nur von Landwehr besetzt wurden, die auch überall auf den Etappenlinien allmählich die Feldtruppen ablöste. Desgleichen sicherte das 9. Korps, kom- plettiert um eine fortwährend aus anderen Provinzen
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vermehrte Landwehrdivision, die Strecke Flensburg- Hamburg, Emden-Bremen. Die Garde, für inneren Sicherheitsdienst sozusagen als politische Polizei be stimmt, hatte im Notfall die Reserve für Küsten- schutz zu bieten. Das 10. Korps sollte nach Besetzung von Holland und Angliedenmg der niederlän- dischen Streitkräfte den Küstenschutz langes der Zuydersee und Nieuwe Waterweg stellen, nach Ab- schlagen britischer Landungsversuche die allgemeine Reserve für die deutsche I. Armee bilden und nach deren Besetzung von Belgien den Etappendienst von Nymwegen bis Brüssel-Lüttich später übemelunea Erlaubte es die Entwicklung der Dinge, würde dies durch Landwehmachschub aus Hannover und Hes- sen vermehrte Korps auch nach Antwerpen deta- chieren. Das 7., 8., 11. und 18. Korps (West- falen, Rheinland, Thüringen, Kurhessen und Hessendarmstädter Kontingent) standen als L Armee bei Lüttich und schickten sich an, Luxemburg zu durchschreiten. 3., 4. preussische, sächsische 12., 19., 23. Korps gingen über Mainz nach der Mosel, wo die beiden reichsländischen Korps bereits am anderen Tage nach der Kriegserklärung unter Waffen standen. Dieser H. Armee sollten bald als Reserve das 2. Korps, nur einige aktive Bataillone in seinem Landwehrbezirk zum Schutze von Stettin, Swinemünde, Rügen belassend, sowie je eine Division des 1., 5., 6., 17. folgen. Die des 17. (Danzig) bheb jedoch im Lande. Auf der Strecke Landau-Kolmar-Freiburg rückten das badische, würt-
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tembergische, beide bayerischen Korps und ihr Re- servekorps an, denen sich später die nacheinander eintreffenden österreichischen Korps einschieben sollten. Dieser III. Armee konnte dann die Schweizer Mihz eine wirksame Flankendeckung ge- wahren. Allerdings wurde so auf dem linken Flügel der Angriffslinie eine imverhältnismässige Masse von Kräften zusammengepackt, doch kamen die natür- lichen örtlichen Umstände der Anmarschrouten für Süddeutsche und Österreicher hierbei gleichzeitig strategisch zu passe. Deim der voraussichtliche grosse Ausfall der französischen Rechten durch Trou^e de Beifort und Kanton Basel, sowie dauernde Belästigung der deutschen rückwärtigen Flanke für die mittlere Grenzlinie seitens des Waffenlagers Beifort machten nötig, eine möglichst starke Haken- flanke dorthin zu bilden. Sobald die feindliche Of- fensive ganz zurückgeschlagen, mochten die hier angestauten zehn, beziehentlich (Schweizer inbegrif- fen) zwölf Armeekorps sich breiter nach Südwesten auf französisches Gebiet entfalten. Dann musste der Druck von dorther strategisch vorteilhaft wirken, des Gegners bei Chalons-Rheims-Laon befindliche Hauptmasse umgehend nordwärts abdrängen, wie die alte von Clausewitz empfohlene und spä- ter von Moltke ausgeführte Methode den Weg wies. —
Was die Türkei betraf, so hatte der deutsche Botschafter dem Sultan vorgestellt: „dass die Nie- derlage Deutschlands ihn seiner letzten Stütze be-
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rauben werde und dann das Schicksal der Türkei besiegelt sei. Die Westmächte würden dann, um Russland mit der neuen Verschiebung des europäi- schen Gleichgewichts zu versöhnen und es vom fer- nen Osten nach Konstantinopel abzulenken, eine Aufteilung der Türkei durchführen, wobei Frank- reich Syrien und Palästina, England sämtliche Häfen und Inseln und die kleinasiatische Küste, Russland Rumelien erhalten würde. Die Bag- dadbahn werde dann natürlich in englische Hände geraten. Für vertrauliche Besprechungen in die- sem Sinne lägen schon Anzeichen vor. Es handle sich daher um Sein oder Nichtsein für die Türkei, und solle sich der Grossherr daher kurz resol- vieren, diese letzte Möglichkeit zur Behauptung seines Staates nicht in den Wind zu schlagen. Die Bewegung in der ganzen islamitischen Welt wegen der Marokkoaffäre biete ihm Gelegenheit, als Schutzherr der afrikanischen Muselmanen auf- zutreten. Deutschland verbürge ihm volle Inte- grität seines Gebietes, wenn er aktiv am Weltkrieg teilnehmen wolle."
Abdul Hamid, bei allen Fehlem ein weitsichtiger Staatslenker, verschloss sich diesen Gründen nicht. Persönlich seit lange schwer gereizt durch die steten Einschüchterungsversuche seitens der Westmächte, ohne den endgültigen Verlust Ägyptens je verwimden zu haben, verkannte er nicht die Gunst der Lage, dass sein gefährlichster Gegner Russland augen- blicklich ihm nichts anhaben konnte. Dessen Bot-
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schafter gab vertraulich zu verstehen, „dass man sich aus Petersburg jeder Kontrolle über Massnahmen der Türkei in der gegenwärtigen Krise enthalten, Bul- garien und Rumänien (auf welch letzteres man wegen der bekannten Affäre mit dem meuterischen Panzer- schiff „Potemkin" einen Zahn hatte) dringend vom Unruhestiften und Belästigen der Pforte abmahnen werde. Nur Unterstützung des tscherkessischen Auf- standes seitens türkischer Behörden werde man als unfreundlichen Akt betrachten."
Gleichzeitig erschien aber der britische Ge- schäftsträger beim Grosswesir, lun nach beliebter britischer Methode drohend zu bluffen. „In Maize- donien seien wieder mal ,Atrocities' vorgefallen, Ein- berufung der Redifs und Verstärkung der Kom- mandos in Albanien lasse auf feindliche Absich- ten gegen die Rajas schliessen, zumal ein keimender Fanatismus in der muselmännischen Bevölkerung sich rege. Femer wünsche man Auskunft, was ein neuer starker Militärtransport aus dem Vilajet Konia nach Syrien bedeute. Trotz aller Beschwichtigungs- versuche wiederhole sich der frühere Vorfall, wo ein Pascha überraschend die Sinaihalbinsel imd sogar ägyptische Grenzdörfer besetzte. Wenn diese seit lange beobachtete allmähliche Truppenverschiebung nach Süden in der asiatischen Türkei nicht aufhöre, müsse England jede Annäherung an Ägypten als Kriegsfall betrachten und habe dem in Malta sta- tionierten Vizeadmiral Scott schon Auftrag erteilt, eventuell die Insel Lesbos erneut zu okkupieren und
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von dort mit schärferen Beweismitteln die Darda- nellen zu berühren."
Diese Leistung der britischen Diplomatie, welche so schöne Erinnerung an arrogantes Auftreten fran- zösischer Botschafter Cambon und Constans vor jener früheren Flottendemonstration erweckte, führte sich Abdul Hamid so zornig zu Gemüte, dass er eine grobe Antwort gab, wie England sie bisher nicht gewohnt war. „Er müsse sich solche Einmischung in Armeeverhältnisse der Osmanen ein für allemal verbitten. Die Weltlage fordere, dass die Türkei sich auf erneute Balkanunruhen gefasst mache. Die Truppenkordons in Asien seien zum Schutz des Baues der Bagdadbahn nötig, ausserdem zur Überwachung der noch inmier nicht ganz erloschenen Aufstände in Yemen. Weit eher habe die Hohe Pforte ihrer- seits ihr Befremden zu äussern über Umtriebe gegen die Bagdadbahn und Wühlereien im Balkan und Armenien. Es sei kein Geheimnis, dass englische und französische Agenten, ob nun offiziell oder privat, dabei eine Rolle spielten. Jedenfalls habe man eng- lische Sovereigns rollen hören, habe auffälliges Vor- handensein dieser bekannten Münze in Taschen von Übelgesinnten wahrgenommen. Der Padischah sei nicht gesonnen, sich alles bieten zu lassen, und werde selber die Richtung seiner Politik bestinmien/'
Obschon es nicht im Interesse Englands lag, gerade jetzt noch einen Zwist mit dem Osmanenreich vom Zaun zu brechen, fühlte sich der britische Hoch- mut zu sittlich entrüstet über solchen Mangel an
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geziemender Unterwürfigkeit, dass es eine ver- letzende Note erliess: ,,Grossbritannien als oberster Vertreter christlicher Gesittung werde die Zustände im Auge behalten, welche etwa christliche Unter- tanen der Türkei schädigen könnten. Lord Cromer habe Auftrag, an der ägyptischen Grenze Vorsichts- massregeln zu treffen, die Garnison von Cypem werde verstärkt werden. Auch bleibe es bei der angedrohten Razzia in die türkischen Gewässer." Zwar verzichtete man auf Besetzung von Lesbos, aber tatsächlich dampfte ein Teil des Mittelmeergeschwaders die tür- kische Küste entlang. Dies geschah während der ersten Tage der westeuropäischen Mobilisienmg, als schon von Marokko au^ der wilde Schrei des heiligen Krieges gegen die Giaurs zum Himmel stieg. Die englische Demonstration, früher so oft erfolgreich an- gewendet, verfehlte diesmal ihren Zweck. In Kon- stantinopel brach wüster Ingrimm los, und im Jildiz Kiosk zitterte man vor der Möglichkeit, die Jung- türken möchten als Feinde des bestehenden Re- gimes die naive religiösnationale Erregung der Alt- türken benutzen, deren Mullahs in allen Minaretts gegen die Bosheit der Ungläubigen zeterten. Die aus Fez auflohenden Funken setzten längs der afri- kanischen Küste schon Asien in Brand, das schläf- rige Seelenleben der Islamiten stand in hellen Flam- ment Millionen Stimmen forderten gebieterisch: „Entrolle, o Kalif, die grüne Fahne des Pro- pheten I"
Mehr der Not gehorchend als dem eigenen
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Triebe, da seiner ängstlich schlauen Staatskunst ein solches Vabanquespiel widersprach, mehr aus Zwaag innerer als auswärtiger Politik, schwer gekränkt in seiner Despotenwürde und von der Richtigkeit der deutschen Darlegung durchdrungen, warf daher Ab- dul Hamid plötzlich die Maske ab und die Scheide von sich, verbrannte alle Schiffe hinter sich und warf sich auf die Bahn des Glaubenskriegs. „Als Kalif und Schirmherr aller Gläubigen, als Souzerän dürfe er Marokkos Vergewaltigung nicht ruhig mit an- sehen. Auch fühle sich sein Gewissen gequält, dass er die Gläubigen Ägyptens dem Joch der Ungläubi- gen nicht ausliefern dürfe. Er mahne daher Frank- reich, von jeder Antastung Marokkos abzustehen, und stelle England anheim, Ägypten zu räumen."
Solch unerhörte Dreistigkeit nahm man zwar in Paris und London mit Gelächter auf, die Gesandtschaften der Alliierten begaben sich an Bord ihrer Stations- schiffe und hinterliessen ein Ultimatum, das demüti- gende Abbitte verlangte. Doch das Lachen verging ihnen, als statt jeder sonstigen Antwort eine Bot- schaft des Kalifen, in allen Moscheen verlesen, alle Moslem der Erde zum Schutze ihrer heiligsten Güter zu den Waffen rief. Am gleichen Tage schloss der Sultan mit Deutschland Osterreich geheime Konven- tion ab, deren Schutz- und Trutzinhalt freilich absicht- lich nach Petersburg und von da nach Paris durch- sickerte.
Dass die Osmanen als altes Kriegervolk wirk- lich von ihren deutschen Instruktoren das Nötige
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lernten, bewies der überraschend schnelle Vollzug der heimlich schon zur Hälfte angebahnten Mobili- sierung. Vier Armeekorps marschierten mit ziem- lich ordentlicher Ausnutzung des spärlichen Bahn- netzes zur ägyptischen Grenze, zwei beobachteten Bulgarien und Bessarabien, eins gamisonierte gegen- über Kars, wobei sich dem russischen Kabinett das Berliner verbürgte, dass dies nur Scheinanstalten seien, ohne im entferntesten an Verwicklung mit Russland zu denken. Und für Italien blühte eine ähnliche Überraschung, als es nimmehr notifizierte: „es teile die Besorgnis der Westmächte für Gefahren christlicher Bevölkerung der Türkei und sehe sich daher moralisch genötigt, Albanien zu besetzen." Als imterm Schutz eines bei Brindisi zusammen- gezogenen Hauptgeschwaders zwei italienische Ar- meekorps nach \md nach an Albaniens Küste lande- ten, traten ihnen drei türkische entgegen, während drei Landwehrdivisionen die thessalischen Pässe ge- gen das unruhig werdende und nach Krieg schrei- ende Griechenland bewachten. Die zahlreichen Euro- päer in Galata und Pera stellten sich untern Schutz des deutschen Botschafters oder flüchteten in Masse auf die britischen Schiffe, die nunmehr an den Dardanellen vor Anker gingen. Doch konnte man nicht hindern, dass schon vorher viele englische und französische Handelsschiffe, zwischen den Dar- danellenforts am Entrinnen gehemmt, weggenom- men, versenkt und verbrannt wurden, und eine Menge Privateigentum der Alliierten wilden Pöbel-
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exzessen zum Opfer fiel. Mit den Forts fertig zu werden und die kleine türkische Flotte zu vemich- ten» war freilich für die Briten ein Kinderspiel. Das Schlimme dabei war aber, dass nunmehr die ^^anze Mittelmeerflotte an Ort und Stelle bleiben, auch Frankreich eine Eskadre nach Mytilene ent- senden musste. Die Hälfte der britischen und eng- lischen Marine im Mittelmeer hatte ausserdem das Amt. eine Scheinbeobachtung der italienischen Küste durchzuführen, um Italiens unklare Haltxmg vorerst moralisch zu decken. Man kreuzte vor Spezzia, Nea- pel, auf der Höhe von Sizilien, während Italien, in volle Mobilisierung, angebliche Verteidigimgsanstal- ten traf, in Wahrheit aber schon zwei Drittel seiner Marine aus dem Tyrrhenischen ins Adriatische Meer zog und unterm Vorwand der albanischen Expe- dition sich immer dichter nach Venedig massierte. In Venezien standen bereits beide lombardischen Armeekorps, in Ancona als Einschiffungspunkt für I Strien entstand ein grosses Heerlager, indes der Küstenschutz gegen angebliche Bedrohung der Al- liierten nur massig betrieben und die piemontesischen Truppenteile an der französischen Grenze so auf- gestellt wurden, dass ebensogut Bedrohung des schweizerischen Tessin damit gemeint sein konnte. An der Seealpensperre kletterten Bersaglieri und Alpins gegenseitig herum, ohne sich etwas zuleide zu tun, die rotweissblaue Trikolore der französi- schen Grenzforts schien freundlich die rotweissgrüne der italienischen zu grüssen.
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So war denn alles ganz anders gekommen, als frühere Phantasien gewbser anonymer Autoren es ausgemalt, die naiverweise an Italiens Bundestreue glaubten, dagegen Türkei und Schweiz aus dem Spiele liessen und mit verspäteter Unentschlossen- heit Hollands, mit direkter Feindseligkeit Belgiens rechneten. Die geradezu unbegreifliche Annahme, dass es in Schlachten auf französischem Boden zu gewaltiger Übermacht der Franzosen kommen werde, die ebenso unbegreifliche Vorstellung, als könne England mit grossen Streitkräften auf dem Konti- tient eingreifen, verkehrte sich in der Praxis ins Gegenteil. Allerdings sollte der ebenso törichte chau- vinbtische Optinüsmus, als könne ein deutsches Heer jeder französischen Übermacht von 2:3 Herr wer- den, sich als frommer Wahn herausstellen, und was von Widerstandsfähigkeit der deutschen Flotte wi- der britische Übermacht zu halten sei, lehrten nur zu bald die Ereignisse. Von einer stürmischen Hurra- begeisterung byzantinisch-chauvinistischer Färbung, von welcher jene Propheten vorausgeschwärmt hat- ten, die überhaupt durch ihre optimistischen Über- treibungen viel falsche Selbsttäuschung in unklaren Köpfen anrichteten, war gleichfalls nichts zu spü- ren. Den „Aufruf an mein Volk" beantwortete keine spontane Ovation, sondern nur ernster kurzer Zu- ruf, der ausdrückte, dass jedermann entschlossen sei, in dieser Gefahr zu Kaiser und Reich zu stehen.
Aufruf der kaiserlichen Botschaft besagte, dass es sich hier nicht um Marokko und blosse Handels-
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und Einflusssphären handele, sondern um lange vor- bereitete Provokation, Deutschland zum Kriegte zu reizen, und um geplanten Überfall: wenn Deutsch- land nicht den Krieg erklärte, würde man ohne Kriegserklärung bald darauf überrumpelt worden sein. Hierfür wurden Dokumente ausgeführt, und hatte ja in der Tat die deutsche Presse schon vorher Alarmrufe ausgestossen, geheime Mobilisierung scheine bei den Westmächten sich vorzubereiten. Diesmal leistete das deutsche Informationsbureau Gutes, Auswärtiges Amt und Generalstab hatten gleichmässig Beweise erhalten, die über der Al- liierten tiefere Absicht keinai Zweifel Hessen. Un- ter solchen Umständen kurz resolviert, hatte man acht Tage vor dem französischen Einmarsch in Ma- rokko, über dessen Herannahen man stündlich aus Tanger auf dem laufenden erhalten wurde, sich heimlich in Bereitschaft gesetzt, sofort eine schon lange zuvor für solchen Fall vereinbarte Chiffre- depesche an alle deutschen Handelsschiffe erlassen, andre grosse Handelsdampfer in Hamburg und Bremen zurückgehalten und deren Armierung vor- bereitet. Am Tage der Kriegserklärimg traf der ver- hängnisvolle Befehl „Krieg mobU*' schon beendete Vorbereitimgen. Eingedenk der britischen Ge- wohnheit, Kriege stets durch Überfall ohne vor- herige Erklärung zu beginnen, spielte Deutschland diesmal umsichtig das Prävenire und holte den in Ausführung begriffenen Mobüisierungsbeginn Frank- reichs sofort ein, kam mit Vollendung der Kriegs-
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bereitschaft um zwei Tage zuvor. Für die Flotte freilich konnte dieser Vorsprung nichts nützen, da wegen der furchtbaren Überlegenheit der Verbünde- ten zu Wasser eine Offensive deutscherseits sich von selber ausschloss.
Die Sozialdemokraten bewahrten im ganzen eisi- ges Schweigen. Zwar forderte die Parteitaktik einen donnernden Protest Bebeis in der Reichstagsschluss- sitzung gegen solchen verbrecherischen Weltkrieg- Selbstmord. Doch selbst er Hess seine anfängliche Behauptung fallen, dass nur Deutschlands eigener Grössenwahn es ins sinnlose Marokkoabenteuer stürzte. Denn zu klar entpuppte sich die Gehässigkeit Europas gegen das Deutsche Reich, das ausser Öster- reichs Bündnis nur die wertvolle Freundschaf t des Tiefseeforschers und Spielhöllenbeherrschers in Mo- naco zu gemessen schien. Schon Italiens Unfreundlich- keit bewies den Zweck der Marokko-Falle, Deutsch- land isoliert einzuengen, seiner Industrie das Absatz- gebiet zu schmälern und es bei erster Gelegenheit mit Krieg zu überziehen. Wenn man sich jede diplo- matische Niederlage gefaDen liess, würde dies das Übelwollen der Gegner mildem? Nein, zu immer neuer Verletzung deutscher Interessen ermutigen. Sollte man jetzt etwa den bewaffneten Überfall der Aliierten abwarten, den man durch eigene moralische Schwäche erst recht heraufbeschwor, sollte man war- ten, bis Russland wieder möglichst bei Kräften, dessen Stellungnahme keineswegs sicher vorauszu- sehen, sollte man die Konstellation der grossen is-
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lamitischen Bewegung nicht benutzen? Unter sol- chen Umständen hatte der Bundesrat einen leichten Stand, liberalen Phrasenschwall abzuschlagen, und Bebel fiel auf die unangreifbare Position zurück, dass allerdings die gesamte kapitalistische Gesell- schaft an diesem blutigen Schandwerk die Schuld trage, das ihren baldigen allgemeinen Zusammen- bruch vorausverkünde. Diese Prophezeiung werde zuschanden werden, rief Herr v. Kardorf f pathetisch, aber sie machte natürlich Eindruck. Karden erliess ein hochmögendes Manifest seiner Unfehlbarkeit, das er mit Trauerrand ausstaffierte, worin unabseh- bare düstere Folgen und Aushungerung Deutsch- lands durch die Küstenblockade in freundliche Aus- sicht gesteUt wurden. Doch sachkundige Artikel be- wiesen bald, dass bei Russlands wohlwollender Neu- tralität immer Zufuhr vom Don und aus Ungarn offen bleibe und amerikanische Privatschmuggelei schwer- lich durch Blockade ganz verhindert werden könne. Ziunüberfluss gab Herr v. Vollmar das Votum der süddeutschen Sozialdemokratie ab, dass man leider ausnahmsweise auf seiten der deutschen Regierung stehen, dass Niederwerfung und Auspowerung des Deutschen Reichs notwendig die Arbeiterschaft am schwersten treffen müsse, tun deren Los die fran- zösische Bourgeoisie und englische Oligarchie, wenn sie siegten, sich wahrlich nicht kümmern werde. Das aUgemeine Elend des Volkes infolge dieses kapita- listischen Raubkrieges verbessere man nicht durch Kokettieren mit dem Landesfeind, sondern verschlim-
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mere es. Höchstens Deutschlands Sieg könne vom wirtschaftlichen Untergang erlösen. Deshalb müsse der Sozialdemokrat jetzt wie jeder andere seine staats- bürgerliche Schuldigkeit tun und blutenden Herzens votiere er für anstandslose Annahme des Kriegsbud- gets. Dieser Verrat des Genossen VoUmar gegen die heiligsten Grundsätze der Parteitage zog ihm freilich eine Flut von Verwünschungen zu, Grossin- quisitor Mehring tat ihn in den grossen Bann. Doch merkwürdigerweise fand seine Auffassung bei der überwiegenden Mehrzahl der Sozialdemokraten An- klang, die trocken fragten : was ihnen jetzt wohl ein Jena nützen könne, und ob der Sieg des Auslands, das vorerst doch jedenfalls dem deutschen Volk das tägliche Brot aus den Zähnen reissen wolle, etwa später andere milde Spenden bescheren werde ausser üppigen Kontributionen? Dazu kam, dass zwar die unentwegtesten französischen Sozialisten einige Protestversammlungen abhielten, deren Er- gebnis sich auf oratorische Leistungen von Jaur^s und Guesde beschränkte, das Volk aber mjassen- haft ins Feldgeschrei „Die Revanche I Nach Berlin !** einstimmte.
Die Erkenntnis, dass zweiundsechzig Millionen Deutsche nicht länger so ohne fette Plätzchen in der Sonne fortvegetieren könnten, dass bei weiterem Anwachsen der Bevölkerung es über kurz oder lang eines Tages doch aus ökonomischen Gründen zum Kampf um breitere Existenzbedingungen kommen müsse, legte das Fundament für eine ruhige verbissene
Völker Europas ... I 8
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Entschlossenheit der Nation, die sich dann im Laufe des Krieges zu finsterem Ingrimm steigerte. Der so unendlich wichtige moralische Faktor ging schon deshalb auf Deutschland über, weil sich der Volks- stimmung das Bewusstsein aufdrängte, im Falle der Niederlage drohe möglicherweise Zerfall des Bundes- reichs, erneute Zerstönmg der politischen Obmacht, während für die Westmächte anscheinend nichts Ähn- liches auf dem Spiele stand. Wer aber für Sein oder Nichtsein ficht, tut es unwillkürlich zäher und grinuner als ein Gegner, der wohl viel gewinnen, aber wenig Verlust zu befürchten hat. Diese Über- zeugung der deutschen Volksseele versprach dem fremden Ausbeutungsgelüst nichts Gutes, zumal bei den Franzosen die einst natürliche und noble Revan- chegier heut nur als künstliches Gewächs wucherte und unzählige einsichtige Offiziere noch kurz vor dem englischen Bündnis lediglich England als steten Erbfeind Frankreichs betrachtet, in Büchern und Ar- tikeln ihr schlechtes Herz gegen das „befreundete" Inselreich enthüllt hatten. Das gegenseitige unaus- rottbare Misstrauen der Verbündeten konnte noch ein wichtiger Faktor der Entwicklung werden. Ver- brüderungsfeste in der Guildhall und im H6tel de Ville vertuschten nur die wahre Gesinmmg, ein dürfti- ger Lack der Oberfläche.
Und im Kriege entscheiden überhaupt Taten, nicht Worte, rauhe Tatsachen, nicht Redereien. Dass die deutsche Mobüisierung sich womöglich noch prompter wie am Schnürchen abschnurrte, als zur
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Moltkezeit, begünstigt durch so viel neue strate- gische Nebenbahnen, wog gleich schwerer, als Fran- zosenliebe, Deutschenhass, sozialistische Putsche in Brüssel, Namur, Charleroi, Lüttich. Denn kaum betrat die erste französische Kavallerie das belgische Sambre-Ufer, lärmend von den Wallonen begrüsst, als die deutsche I. Armee sich unaufhaltsam über Verviers — Spa — Luxemburg ins Land ergoss. Dem geheimen Abkonomen gemäss erklärte König Leopold die französische Überschreitimg der belgischen Grenze unverzüglich als Kriegsfall und führte die belgischen halbmobilisierten Truppen teils in ein Lager bei Mecheln den Deutschen entgegen, teils warf er sie nach Antwerpen. Dies kam den Ver- bündeten höchst imerwartet, da man bis zuletzt mit Wankelmut \md Übergabe Belgiens und besonders Antwerpens rechnete, durch des Königs verschlossene Haltung getäuscht. Allerdings brach wegen dieser Kimdgebung der Regierung überall Aufruhr der wallonischen Landesteile und der Sozialisten los, auch die kleine Armee gehorchte nur unwUlig und wankte moralisch. Aber die deutsche Überschwem- mung des Landes, zumal die Vlamen umgekehrt zum König hielten und ihre Milizen zu den Waf- fen griffen, kam jedem Umsichgreifen der bel- gischen Revolution zuvor. Die vier norddeutschen Kavalleriedivisionen der I. Armee, während drei, gefolgt von zwei anderen der zweiten Staffel, der IL angehörten und die Gesamtreiterei der süd- deutschen III. Armee zehn Brigaden betrug, fegten
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im ersten Anlauf die französischen Vorposten und Aufklärungstrupps aus dem Felde.
Am 20. kam es bei Arlon zum ersten Zusammen- stoss des Feldzugs. Obschon die reitenden SchnelJ- feuerbatterien der 3. französischen Kavalleriedivi- sion eine gewisse Überlegenheit zeigten und zwei beigegebene Chasseurbataillone sich mit ge-wohn- ter Gewandtheit schlugen, musste die Kavallerie vor den kombinierten rheinischen, westfälischen, hessi- schen Husaren das Feld räumen. Das ruhmreiche rheinische Jägerbataillon, unterstützt von 1. 2. Hes- sendarmstädter Jägern, die sich ihrer Amanvillers- Lorbeeren erinnerten, vertrieb die tapfem 3. 5. Chasseurs aber erst dann, als auch das Füsilier- bataillon der Nassauer 87 er anlangte. Die Rad- fahrabteilungen spielten dabei eine wirksame Rolle. Am nämlichen Tage ward Lüttich besetzt, die glänze 15. Division drang quer auf Namur vor, indes die 13. von Mastricht auf Mecheln zustrebte.
Die französische Nordarmee, provisorisch aus dem 1., 2., 3. Korps bestehend, hatte ihre Mobili- sierung noch nicht vollendet und konnte nur mit sieben Infanterie-, vier Kavalleriebrigaden zwischen Namur und Genappes Aufstellung nehmen. Zwar besetzte ihr linker Flügel, auf englische Diversion über Antwerpen bauend, am 21. nachts Brüssel, das eine schwache Garnison ohne Schwertstreich räumte. Aber am 22. wurde der rechte Flügel bei Namur nach kurzem erbittertem Kampfe von Über- macht niedergerannt, und das Westfälische Korps,
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dem sich das belgische Kontingent bei Mecheln an- hing, erreichte Löwen schon mittags, mit teilweiser Benutzung der dort noch unzerstörten Bahn, deren rollendes Material am Knotenpunkt Namur, nicht rechtzeitig entfernt, in deutsche Hände fiel. Die französische Mittelkolonne bei Wavre wich über die Dyle auf Gembloux, sali sich aber durch den Fall Namurs überholt und rettete sich in aufreiben- dem Nachtmarsch nach Fleurus, während die am stärksten formierte Linke über Quatrebras und Frasnes zurückfiel. Am 23. stiess das Rheinische Korps nebst zwei Kavalleriedivisionen zwischen Fleurus und Gilly auf die erschöpfte Mittelkolonne und dies- seits der Sambre bei Chatelet auf den bei Na- mur geworfenen, noch ziemlich unerschütterten Feind, der verzweifelt standhielt, um dem linken Flü- gel Anschluss zu ermöglichen und jedenfalls unge- fährdeten Rückzug über die Sambre zu bewahren. Die Preussen überschritten hier teilweise das alte Schlachtfeld von Ligny, diesmal nicht als Ver- teidiger, sondern als Angreifer. Nachdem die 16. Di- vision unter schwerem Verlust den Höhenzug Som- bref-Point du Jour erstürmt und die Korpsartillerie dort Fuss gefasst, scheiterte zwar zunächst ein wei- terer Vorstoss auf Ligny und Balatre am konzentri- schen ausgezeichneten Feuer der französischen Batte- rien. Sechs deutsche Reiterregimenter schoben sich jedoch unterm Schutz der Ariilleriefront hinter den Höhenwellen auf Wagnel^ St. Amand und bedrohten des Feindes linke Flanke, so zugleich Verbindung
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mit dessen linker Flügelkolonne unterbrechend, deren Spitze in dieser Richtung gemeldet wurde. Die bei Fleurus fechtende 4. französische Division sah sich daher genötigt, ihre Linke zu verlängern und fünf Bataillone bis La Haye seitwärts zu schieben. Ihre Kavalleriebrigade ritt dort an, wich aber g^leich vor solcher Übermacht zurück, und die Ankunft einer Kavalleriebrigade der linken Kolonne bewog^ die deutsche Reiterei nicht zum Abschwenken, deren vier reitende Batterien ein höchst empfindliches Feuer un- terhielten und sich von drei französischen, später verstärkt um zwei Fussbatterien, nicht verdrängen Hessen. Auch das Vorbrechen der fünf französischen Bataillone über St. Amand auf Brye kam am Flam- menstrom von der dortigen Höhe zum Stehen, die dort postierten zwei Bataillone warfen die feindlichen Schützenschwärme weit zurück. Mittlerweile raste am Wald von Gilly ein hitziges Gefecht. Erst nach vierstündigem Kampf liess ihn die bei Namur ge- schlagene 1. französische Division in deutschen Hän- den und nahm bei Lambusart eine dichtere Auf- stellung im Anschluss an die 4. Chatelet ward behauptet, längs der Sambre tobte kräftiger Ar- tilleriekampf. Allein, die 15. Division hatte ihre Kraft noch nicht verausgabt,' die Achtundzwanziger blieben noch in Reserve, und allmählich machte sich das numerische Übergewicht von anwesenden zwan- zig deutschen gegen nur elf französische Batterien geltend, so rühmlich der letzteren besseres Material sich bewährte. Die Batteriegruppe bei Ballatre
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musste, von zwei Seiten in der Flanke beschossen, in teilweise demontiertem Zustand abfahren, und dies gab das Signal zu gewaltigem Vorstoss nach dieser Richtung mit der Linken der 16. und Rechten der 15. Division. Den Gnmd von Balatre und den Hohl- weg mit der Lignybachbrücke im Laufschritt durch- messend, drangen die Rheinländer in die feindliche Stellung ein, eroberten den Pachthof, obschon sich die tapfem Nordfranzosen dort bis zu erbittertem Handgemenge wehrten, und machten auch Lambu- sart unhaltbar, Verbindung zwischen 4. und 1. Di- vision zerschneidend. Die 1. knäuelte sich um Cha- telet zusammen und es traten hier ähnliche Ver- hältnisse ein, wie bei Mouzon a. d. Maas am Tag von Beaumont. Die zu spät und nur teilweise ^abge- leiteten Trains und Mimitionsparks sperrten zu lange Brücke und Strassen des Städtchens, Abfluss des Rückzugs über die Sambre kam nur ruckweise zustande. Es war fünf Uhr nachmittags. Wäh- rend aber die 1. Division notgedrungen die Walstatt verliess, die diesseitige Vorstadt schon von deutschen Schützen wimmelte und ihre Geschütze mit schlimmster Wirkung den Brückenzugang be- schossen, und die 4. Division ihre durch die starke Entsendung nach links geschwächte Front bei Li- gny nicht mehr halten konnte, sondern über den Bach eiligen bedrängten Abmarsch auf Fleurus an- trat, nur Le Hameau links noch festhaltend, drohte der deutschen Rechten eine grosse Gefahr. Der französische kommandierende General, bei der lin-
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ken Kolonne befindlich, welcher man ursprünglich die Hauptaktion im etwaigen Verein mit britischem Landungskorps zugetraut hatte, wollte ursprünglich von Frasnes auf St. Amand marschieren, wie einst das Korps Erlon, um dort Stellung zu nehmen, falls die 4. Division sich behaupte, oder weiteren Rückzug auf Charleroi zu ordnen. Da seine Avant- garde aber mittags den dortigen Aufmarsch überlegener deutscher Kavallerie und Artillerie mel- dete, entschloss er sich, nur eine Infanteriebri- gade auf Wagnel6 vorzuschieben, dagegen mit der noch rückwärts befindlichen 2. Division, einer Reiterbrigade und dem Gros seiner Artillerie über Trois Barrettes und Marbais der preussischen Stel- lung Brye-Sombref in den Rücken zu fallen. Das nämliche Manöver, das einst Napoleon an dieser Stelle befahl und das Ney nicht ausführte. Deut- scherseits hatte man drei Schwadronen und einen Jägerposten nach Marbais entsendet, von wo man, Streifpatrouillen bis Quatrebras vortreibend, vormit- tags den Marsch der linken Kolonne auf der Briis- seler Chaussee feststellte, senkrecht zur deutschen Front seitwärts. Unausgesetzten Vorbeimarsch auf und über Frasnes meldeten bisher alle deutschen Vedetten. Es gab daher Überraschung und Be- stürzung genug, als plötzlich nach vier Uhr das Feldtelephon aus Marbais berichtete, starke Masse wälze sich dorthin vor. Das gewonnene Treffen war damit in ein neues Stadium getreten, das Rhei- nische Korps sah sich frischer Übermacht gegen-
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über. Der Kommandierende gab folgende Dispo- sition aus, die telephonisch an die beiden Divisio- näre und den Chef der Reiterei übermittelt wurde;
„Obschon der soeben gemeldete Angriff der französischen Linken in unsre rückwärtige Flanke den Erfolg des Tages in Frage stellt, kann es für uns nur darauf ankommen, auf Namur-Gembloux a.uszubiegen, da das 7. Korps bereits die Dyle überschritt und somit auf die feindliche linke Flanke drückt, was dem Feind eine Ausnutzung unsres Rückzugs verbietet. Wird der Andrang von Mar- bais übermächtig, hat die 16. Division staffelweise die eroberte Stellung zu räumen unterm Ausharren der Artillerie. Bis dahin sind Ligny und möglichen- falls St. Amand vor der Front zu halten, jedoch hat das Gros der Division bei Sombref nordwärts zu schwenken. Die 15. Division setzt den Angriff auf Chatelet fort, um den dortigen geschlagenen Feind jedenfalls ausser Aktion zu setzen und sich des Flussübergangs zu versichern. Sie übernimmt die Sicherung der Linie Balatre-Ligny gegen Fleu- rus. Die Kavallerie bei St. Amand bleibt möglichst lange am Feinde und zieht erst nach Massgabe der Gefechtsumstände zwischen Sombref und Ligny ab. Ihre Batterien halten möglichst lange den Feind in Respekt.**
Als sich französische Tirailleurschwärme vor Marbais entwickelten, empfing sie gutgenährtes Feuer der abgesessenen Schwadronen und des Jä- gerpostens. Der Weisung „Ort so lange als mög-
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lieh halten", entsprach der Detachementskomman- deur auf so geschickte und aufopfernde Weise, dass er nachher das erste Eiserne Kreuz I. Klasse in diesem Feldzug empfing. Erst nach fünf Uhr be- stiegen die Reisigen ihre Pferde, die Jäger ihr Fahr- rad und verliessen die von Granaten gepflügte Um- gegend von Marbais. Die Franzosen, obschon vom langen Marsch aus Brüssel ermüdet, drängten mit energischer Eile nach. Ihr Chef hatte mit umständ- licher Gefechtsentwicklung seiner Marschsäule vor Marbais unnütz Zeit verloren, wollte es jetzt durch verdoppelte Eile gutmachen, ähnlich wie Mac Ma- hon bei Magenta, der aus langsamer Bedächtig- keit plötzlich in beschleunigtes Angriffstempo über- ging. Voll zum Gefecht entfaltet, drang die 2. Di- vision gegen die acht Bataillone vor, welche die deutsche Führung ihr auf der Strecke Sombref- Point du Jour entgegenstellen konnte nebst acht Batterien. Dies Umschwenken nach Norden hatte natürlich Zeit gekostet, und die Ordnung war kaum notdürftig hergestellt, als der französische Massen- stoss erfolgte. Das Gelände war aber dem An- greifer nicht günstig. Jene hohen Kornfelder, die damals bei der Ligny-Schlacht den Plänklerschwär- men Unterschlupf gewährten, standen heut noch nicht in Halmen und würden gegen moderne Shrap- nelbestreuung auch wenig gefruchtet haben. Über die glatte Ebene gegen den Windmühlenhügel von Brye und die Abhänge westlich davon avancierend, litten die Franzosen bedeutend. Auch bekamen die
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vierzehn Batterien dieser Kolonne — ausserdem zwei reitende beiWagnel6 — mit ferneren vier Batterien zu tun, die als zweite rückwärtige Etage des an- steigenden Geländes ihre frühere Stellung auf dem Höhenzug, Front nach Westen, bewahrten und von hier aus nordwestlich hinüberschossen, ohne dabei die Ufer des Lignybachs zu ihren Füssen aus den Augen zu verlieren. Gegen diese richtete sich er- neuter Vorstoss der 4. Division, bei welcher dies Eingreifen der linken Hauptkolonne, durch umher- reitende Offiziere in ihren Reihen verkündet, den erloschenen Elan neu entfachte. Etwa um viertel- sechs Uhr brachen die fünf Bataillone ihres linken Flügels erneut gegen die ihnen bis La Haye nachge- folgten zwei rheinischen Bataillone vor, unbeküm- mert imi die drohende Haltung der deutschen Rei- terei. Da gleichzeitig die bei Wagneid zurückge- lassene 9. Brigade (der 2. Division bei der linken Kolonne attachiert) flankierend anrückte, die Avant- gardenreiterei der linken Kolonne sich vorbewegte und das Feuer ihrer zwei reitenden Batterien die 'deutsche dortige Artilleriegruppe zum Aufprotzen zwang, so konnte der Widerstand dort nicht von langer Dauer sein. Nach zwei vergeblichen Re- gimentsattacken zog die deutsche Reiterei, in deren langen Linien das Lebelgewehr ohnehin manchen Sattel während stillhaltender Deckung der Geschütz- gruppe leerte, auf Sombref ab. Die beiden Ba- taillone wichen, auf die Hälfte geschmolzen, bis hinter Ligny, wo zwei NachbarbataUlone sich gegen
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eine ganze Brigade hielten. Das Einrücken der 15. Division in die von der nordwärts abmarschierten 31. Brigade verlassene Stellung südöstlich von Ligny hatte Aufenthalt verursacht. Nun aber stürm- ten dort die fast noch frischen Achtundzwanziger, die Helden von Sappignies, mit unbeugsamer Kraft vor und rollten die französische Linie im ersten An- stosF auf, gleichzeitig mit den Fliehenden in lan- gem Dauerlauf die Höhenwellen von Fleurus er- steigend. Die völlige Umrennung der Franzosen hing auch damit zusammen, dass die Divisionsartillerie niedergekämpft und grösstenteils gefechtsunfähig geworden war, während die deutsche aus ihrer über- höhenden Stellung nach wie vor ihren Granathagel schleuderte. Es war sechs Uhr. Die bisher sieg- reich nördlich von Ligny durchbrechende Linke der 4. Division, deren drei reitende Batterien mit grosser Bravour zum „Tome de Ligny", einem alten Hünen- grab, bis ins Kleingewehrfeuer vorfuhren, musste HaL machen, sah sich rechts überflügelt, imd die Verwirrung von dorther teilte sich ihr mit. Flanken- feuer der Besatzimg aus Ligny und volle batterie- weise Granatsalven der Höhenbatterien dahinter be- wogen sie vollends zu schleuniger Umkehr. Dagegen blieb die frische 9. französische Brigade im Avan- cieren auf Brye, warf die am dortigen Hohlweg Kehrt machende frühere Besatzung von St. Amand vollends in Trümmer und fiel dem jetzigen Zentrum der 16. Division in den Rücken. Eine Krisis trat ein. Opfermutiger Todesritt einer Ulanenbrigade ret-
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tete mit Mühe ihre hinterm Hohlweg wieder ab- protzenden reitenden Batterien, nur zwei Stücke und ein liegengebliebenes demontiertes ohne Bespannung fielen in französische Hände. Da gleichzeitig die 2. Division mit dreizehn Bataillonen die deutsche Nordfront erschütterte, drangen die Franzosen unter gellendem Geschrei „ Victoire, Victoire T' von vom und hinten in Brye ein. Die ganze 16. Division ausser den zwei in Ligny ausharrenden Bataillonen flutete entmutigt und erschöpft auf Sombref zurück. Nur die Artillerie, die sehr hart durch Gewehrfeuer litt, drängte sich auf dem Höhenzug zusammen und hielt durch verzweifeltes Schnellfeuer das Nachstossen des Gegners in Schranken, der auch mehrere abge- schnittene Kompagnien als Gefangene einheimste. Die französische Kavallerie hieb wiederholt ein, die deutsche musste zur Deckung des Rückzugs ge- spart werden. Es schien unmöglich, Sombref lange zu halten. Zwar hatte der deutsche Kommandierende nun Kunde vom vollen Erfolg der 15. Division, doch erleichterte dies vorderhand nicht die schwie- rige Lage der 16. Bei weiterem Vordringen der Franzosen musste auch die brave Besatzung von Ligny preisgegeben werden, die bereits durch fran- zösische Artillerie vom „Tome de Ligny" und aus Brye grässlich zusammengeschossen wurde. In die- sem Augenblick — es ging auf halb sieben Uhr — kam unerwartet Hilfe. Das rheinische Korps hatte bei seinem schleunigen Abmarsch seine noch nicht ganz fertigen vierten Reservebataillone nicht mit-
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führen können, sie folgten erst später per Bahn. Da aber die Strecke Lüttich — Namur, vom Feind teilweise absichtlich, weil er noch an eigenen spä- teren Vormarsch glaubte, nur sehr unvoUkoirunen zerstört, von der Tag und Nacht arbeitenden Kisen- bahnabteilung wieder fahrbar gemacht wurde, trafen vormittags dreieinhalb dieser Bataillone und eine Reservebatterie bei Namur ein und marschierten spornstreichs dem Kanonendonner zu. Bei Point du Jour durch entgegeneilende Adjutanten aufgenom- men rückten sie sofort in die mürbe Schlachtlinie ein, wo ihr Anblick ein ungeheures Hurragebrüll entfesselte. Zwei begleitende frische Patronenwagen kamen besonders zu statten, da viele Bataillone sich fast ganz verschossen hatten xmd der Ersatz durch Munitionskolonne schon rar wurde.
Der französische Kommandierende, mittlerweile per Automobil nach Wagnel6 geeilt, erfuhr dort die Niederlage der 4. Division, deren Chasseurbataillon soeben auch aus Fleurus vertrieben. Er beeiferte sich, eine neue Front zu bilden, hielt das Gelände- dreieck Le Hameau-La Haye- St. Amand besetzt und liess der ganz zerschlagenen Rechten nur empfehlen, langsam auf die Chaussee nach Charleroi zu wei- chen, wenn sie müsse: der grosse Sieg bei Brye werde die Verfolger ohnehin bald ablenken. Inzwi- schen hatte aber die 1. Division Chatelet gänz- lich aufgeben imd exzentrischen Rückzug längs des jenseitigen Ufers auf Charleroi antreten müssen, mühsam gedeckt durch zwei noch einigermassen
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kampffähige Batterien am jenseitigen Ufer. Das diesseitige Sambreufer war also den Deutschen zu- gefallen, fernere Offensive nach Belgien hiermit aus- sichtslos. Übrigens kapitulierte die ganze Nachhut dieser Division an der Stadtbrücke von Chatelet. Etwa sieben Bataillone der 15. Division sammelten sich bei Fleurus, wohin immer neue Teile nacheinan- der den Achtimdzwanzigem gefolgt waren, der Rest lagerte später jenseits der Sambre, wo die Artillerie mit Femfeuer verfolgte.
Gleichzeitig erhielten aber die Deutschen bei Sombref noch unerwartetere Hilfe von zwei verschie- denen Windrichtungen. Das westfälische Korps und die belgische Mecheln-Division begannen den Vor- marsch über die Dylte in breiter Front Wavre- Ottignies - Limale - St. Lambert, die zahlreiche Rei- terei auf dem rechten Flügel. In Brüssel mit dump- fem Schweigen aufgenommen, überschritt sie mit lautem Jubel das alte Siegesfeld Waterloo-Plancenoit, wobei Ansprachen von Regimentskommandeuren die historische Erinnerung als siegverkündend betonten und den Belgiern gegenüber auf „Belle Alliance" anspielten. In der Hoffnung, die linke feindliche Kolonne noch einzuholen, hatten dreizehn Schwa- dronen und zwei reitende Schnellfeuerbatterien einen Gewaltmarsch darangesetzt und langten so vor sechs Uhr bei Quatrebras an, wo der Kanonendonner der Schlacht ein Rückwärtsgehen der Deutschen zu mel- den schien. Man rastete eine Stunde mit den ziem- lieh ausgepumpten Pferden und fütterte, so gut es
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ging. Bei Piraumont fand man eine Tränke und am Bossuwald eine schattige Lagerstelle. Aber der Schlachtlärm von Süden schien jetzt siegreiches Vor- dringen der Deutschen längs der Sambre zu ver- bürgen, und im Osten raste jedenfalls die Schlacht noch weiter.
„Aufsitzen r* Die Trompeten bliesen. Offiziere feuerten an: „Leute, drüben stehen Kameraden in schwerem Kampf. Wir müssen das Letzte aus Mann und Ross herausholen." So ging es im Trab durch die Dämmerung vor. Eine schwache Lagerabtei- lung bei Trois Barrettes, die nach leidiger französi- scher Gewohnheit keine Vorposten aussetzte, stob schreiend auseinander, halbwegs Marbais fuhren die Geschütze auf. Ihre Granaten prasselten mit gros- ser Sicherheit in die deutlich sichtbaren Linien der 2. französischen Division.
Die Wirkung dieses Rückenfeuers war ausser- ordentlich. Selbst der bravste Soldat verlangt von seinem Feldherrn, dass er ihm den Rücken frei- hält, und bekanntlich ist niemand für Panik im- pressionabler als der sonst so tapfere Franzose. An- fangs glaubte man an ein Fehlschiessen der eig^enen rückwärtigen Batterien, erkannte aber schnell» dass Granaten in die hinter der französischen Artillerie niederkauernden Soutiens einschlugen, bemerkte die fernen weissen . Wölkchen im Rücken. Ein heftiger Ansturm gegen Sombref um sieben Uhr zerschellte soeben am Feuer der frischen Reservebataillone, und nun tauchte auch von Nordosten ein neuer Geg-
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ner aut Die Vorhut der Hessendarmstädter näm- lich, dem rheinischen Korps seitwärts folgend, sah sich nicht auf Fussmarsch angewiesen, wie das westfälische Korps von Wavre aus, sondern fand eine unzerstörte Zweigbahn bis in Gegend von Gern- bloux, wo sie nachmittags eintraf. Der heftige Ka- nonendonner von Südwesten trieb den Abteilungs- chef zu raschem Vorgehen an, auf seinem Wege fand er nichts als kleine Marschtrümmer der Mittel- kolonne imd erfuhr durch aufgegriffene Marodeure den ungefähren Stand der Dinge, dass die 4. Di- vision bei Sombref oder Fleurus stehe. Die .Chaussee bis zur Gabelimg Point du Jour zu benutzen, wäre zwar das einfachste gewesen, führte aber hinter die Front der dort fechtenden Deutschen. Der Hesse beschloss daher, von dem Ernst des Kampfes immer mehr durchdrungen, je näher er kam, von der Chaussee Löwen- Wavre-Gembloux-Point du Jour et- was früher abzubiegen und querfeldein auf die Namurer Chaussee loszumarschieren, die dorthin von Quatrebras quer durchschneidet. Dauernde Beobach- timg der Dampflinien lehrte, dass man so die linke Flanke der von Marbais kommenden Feinde umwickele. So erschienen deim just nach sieben Uhr drei Darmstädter Bataillone, eine Batterie und vier Schwadronen unmittelbar in der französischen Flanke vor Marbais. Das Aufblitzen neuer Schüsse von dort gab den Franzosen den Rest. In wilder Un- ordnimg wälzte die Masse der 2. Division sich seit- wärts auf Wagnel6, wobei sie unterm Feuer der
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beiden reitenden westfälbchen Batterien Spiessruten lief. Nur der Aufopferung eines Chasseiui>ataillons, das sich rasch nach Marbais hineinwarf, und zweier anderen, die in Brye die Zähne wiesen, hatte man zu verdanken, dass nicht die ganze Division sich in fliehende Banden auflöste. Die französische Artillerie machte im Halbkreis nach drei Seiten Front und feuerte bis zur äussersten Möghchkeit. Die 9. Bri- gade warf sich südlich von Brye den Deutschen entgegen, die jetzt unter lauten Klängen des Sturm- marsches und Avanciersignals von den Höhen herab- stürmten. Die Reservebataillone erreichten in einem Zuge die Mulde von Ligny und befreiten die dortige brave Besatzung, drängten gleichzeitig auf Brye und westwärts über den Bach. Die Franzosen fochten hier noch stark, in heller Wut, sich den scheinbar sicheren Sieg entrissen zu sehen. Als aber jetzt eine Attacke von zwei Reiterbrigaden aus Sombref und der Ge- schwader aus Trois Barrettes erfolgte, war kein Halten mehr. Die Hessendarmstädter, denen sich bei Nacht das tapfere Franzosenhäuflein in Marbais ergab, drängten von Nordosten, die Rheinländer von Osten und Südosten, gleichzeitig griffen die bei Fleu- rus versammelten Teile der 15. Division die Stellung bei Le Hameau von Süden an, die bei Trois Bar- rettes angelangten Geschwader und Geschütze ver- folgten seitwärts den regellosen Rückzug auf Wag- nel^, der noch dadurch erschwert wurde, dass die linke Kolonne ihren Train noch nicht von Frasnes nach Marchienne abgeleitet hatte. Die drei braven
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reitenden Batterien am „Tome de Ligny" xmd zwei andere am Hohlweg von Brye wurden zuerst von der preussischen Reiterei weggenommen, zwei fer- nere unterhalb Marbais zusammengehauen, noch neim Geschütze bei Wagnel^ erbeutet. Ausserdem fand man auf der Charleroichaussee noch zehn de- montierte Stücke ohne Bespannimg und viele Muni- tionswagen. Nur unterm Schutze der Nacht rettete sich das auf die Chaussee zusammengedrängte Heer nach Charleroi und durch diese volkreiche Arbei- terstadt über die Sambre, wobei es zu wüsten Szenen mit der heulenden Arbeiterschaft der nahen Gruben- werke kam. Völlige Erschöpfimg lähmte weitere Verfolgung, die Sieger lagerten todmüde bei ihren mehrfach zerschossenen Fahnen. Am anderen Mor- gen trafen Teten der Westfalen und Belgier über Gentinnes imd TiUy ein. Sie fanden auf der Wal- statt sechstausend deutsche, etwas mehr franzö- sische Tote und Verwundete, aber ausserdem fünf- tausend Gefangene und im ganzen vierundsechzig eroberte Geschütze der Franzosen. Ein grosser Teil des Trains und Geschützparks ging ihnen gleich- falls verloren. Die „provisorische Nordarmee" als solche hörte auf zu bestehen, da ihre Körper jeden taktischen Wert verloren. Noch grösser war der strategische imd moralische Erfolg für die Deut- schen in dieser kleinen Anfangsschlacht: Belgien blieb ihnen sicher, der Nimbus ihrer Unbesiegbar keit gewahrt.
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Die fünf noch fehlenden Brigaden der Nord- armee hatten inzwischen Sedan erreicht und bei Cari- gnan die aus Luxemburg vertriebene Vorhutreiterei aufgenommen. Die verfolgende deutsche befand sich daher bald vor überlegenen Massen, die energisch gegen das 11. Thüringer Korps vorgingen, das soeben Luxemburg durchzog. Es kam daher am 24., 25., 26. Mai zu hitzigen Gefechten, bei welchen die Franzosen die Oberhand behaupteten. Nur der Sambreübergang des Rheinischen Korps über Mar- chienne und Charleroi bewog sie zum Ausweichen in den Sperrfortrayon der Nordgrenze zwischen Mont- m6dy und Mdzi^res. Der geschlagene und demo- ralisierte Hauptteil der Nordarmee zog sich westlich davon nach Flandern zu, wohin bereits vier andre Armeekorps, noch teilweise inkomplett, aus der Zone Le Mans-Rennes-Rouen im Transport begriffen waren. Bei Dünkirchen, Lille, Cambrai, Douai bil- deten sich grosse Freilager von Territorialreserven der Nordregionen Flandern, Picardie, Cötes du Nord. Eine Eskadre des atlantischen Nordgeschwaders lag bei Le Havre als Küstenschutz, während das Gros der Schiffe sich aus Cherbourg und Brest nach der Nordsee durch den Kanal vorbewegte. Eine eng- lische Division hatte bei Calais und Boulogne landen sollen, doch entschuldigte sich das War Office, man müsse dies auf später verschieben, da augenblick- lich alle Kräfte zur Besitzergreifung der Niederlande vonnöten seien. Darüber, als eine bombastische Aus- rede, spotteten weidlich die Pariser Boulevardiers
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und rissen schnöde Witze, in denen die innere Zärt- lichkeit der Franzosen für die Roastbeafesser recht drastisch zum Ausdruck kam. Denn mit der Prome- nade durch Holland und Belgien, von der man eng- lischerseits geträumt, sah es gar nicht nobel aus. Am 22. abends erschien das Kanalgeschwader vor Antwerpen und forderte Übergabe, am 23. begann das Bombardement und die Ausschiffung einer Divi- sion auf der Insel Walcheren, der alten Fieberstätte berüchtigten Angedenkens, wo so viele Gebeine briti- scher Soldaten modern. Am 24. verstummten die von belgischen Truppen schwach genug verteidigten Festungswerke, die Kanoniere liefen meist davon, ein Teil des Hafens xmd Arsenals imd anstossender Strassen brannte nieder. Nach dieser humanen Grosstat erzwang die Flotte die Landxmg zahlreicher Schaluppen und Boote, denen unterm Schutz der Schiffskanonade grosse Abteilungen von Blaujacken und Kakis, untermischt mit Rotröcken — die vor- nehmsten britischen Regimenter behielten noch den roten Paraderock der bisher üblichen Uniform bei — mit lautem Hurra entstiegen und sich auf die bel- gische Besatzung stürzten. Nach kurzer Füsillade zog diese eilig ab, Antwerpen gehörte am 25. abends den Briten. Desgleichen hatte ein anderer Teil des Kanalgeschwaders West-Zuydersee am 24. heimge- sucht, aber die entronnene holländische Marine nirgendwo auf Texel-Reede entdeckt, daher aus Arger Handelshäfen Harlem-Muiden von Nordseeseite bom- bardiert, da Holland das Betreten seiner Strandgewäs-
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ser für Kriegsfall erklärte und dem britischen Gesand- ten seine Pässe zustellte. Bei Nieuwe Waterweg, nächtlich Forts überrumpelnd« landete englische Division, die von dort Delft und Haag besetzte.
Aber die Bestürzung der Holländer und Vlamen über diese Ereignisse nahm bald ein Ende, da das Hannoversche Korps bereits in vollem Anmarsch gegen Vlissingen, das Westfälische gegen Antwer- pen war. Dies konnte den Briten trotz ihrer zahl- reichen Spione im Lande nicht mehr rechtzeitig be- kannt werden, da sie erstens mit der Schnelligkeit deutscher Märsche nicht rechneten, daher nach dem ihnen verratenen ursprünglichen Standort der deut- schen Korps sie viel zu entfernt annahmen, zweitens direkte Verbindung mit der französischen Nordarmee am 24. aufhörte, und deren Oberleitimg aus falscher Scham Rückzug und weiteren Misserfolg zu spät meldete. Die Briten wussten daher sowohl bei Antwerpen als Helder und Hoom, wo die Zuyder- see-Eskadre drei Marinebataillone ausgeschifft und eine Strandbatterie von Schiffsgeschützen errichtet hatte, nur von französischer Einnahme Brüssels, glaubten sich daher gegen immittelbaren Angriff gedeckt. Die eigenen Erfolge blies die Londoner Presse gewaltig auf, und als dort durch Privatde- peschen von Kriegskorrespondenten die Niederlage der Nordarmee bekannt wurde, ersparte man den Verbündeten nicht verletzendes heuchlerisches Bei- leid und prahlerische Tröstung, dass britische Un- überwindLchkeit alles wieder gutmachen werde. Man
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kann sich denken, mit welch dankbaren Gefühlen dies in Frankreich aufgenommen wurde. Pariser Blätter erwiderten scharf, dass die im Transvaalkrieg so nett bewährte britische Soldateska erst abwarten solle, bis sie mit Deutschen zusammenstosse. Zum A^rger gesellte sich freilich der Neid, da man den britischen Erfolg in Holland für gewiss hielt. Um so grösser die teils freudige, teils im allgemeinen Interesse peinliche Überraschimg, als bald darauf das französische atlantische Geschwader, das zur holländischen Küste hinaufdampfte, die schlechtesten Nachrichten auch über die britische Aktion depe- schierte.
Das Westfalenkorps hatte am Morgen nach der Schlacht von Fleurus die bedrohliche Lage Antwer- pens erfahren, stellte daher jeden Weitermarsch nach Süden ein und schwenkte nordwärts von der Niveller Chaussee hinüber. Nur eine Reiterdivision streifte jen- seits bis Mons-Maubeuge weiter, um Telegraphen und Bahnen auf französischem Grenzgebiet zu zerstören, Unruhe dort zu verbreiten und vor allem die deut- schen Absichten zu verschleiern, die vorerst noch nicht Vorstoss nach Nordfrankreich ins Auge fassten, ehe nicht Belgien und Holland völlig gesichert. Dies entsprach einer gesunden Methodik, andrerseits konnte man der französischen Leitung nicht ver- denken, dass sie an sofortige Ausnutzimg des deut- schen Sieges glaubte, ihrerseits nun Feinde überall sah, vor vereintem Vorstoss der deutschen Nord- armee sich in Defensivbereitschaft setzte und nicht
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etwa sofortige erneute Offensive zur Entlastung der Briten für nötig hielt. Man hielt sich im Festungs- und Sperrfortgürtel der Nordgrenze zurück, bis die erwarteten Massen aus Nordwestfrankreich einge- troffen.
In der Mitte, wo das Hauptwaffenlager Chalons- Rheims die Versammlung der Hauptkräfte an sich zog, ruhten bisher anfangs im wesentlichen die Waffen. Den beiden sofort mobilisierten deutschen Grenzkorps der Reichslande standen 6. Chalons 20. Korps (11. Div. Nancy, 39. Toul) nebst .den sofort ausgehobenen Territorialdivisionen dieser wichtigen Region, 2. K. Div., Kürassierdivision von Lun^ville entgegen. Da die Deutschen hier einen leichten Mobilisierungsvorsprung erzielten, obschon französischerseits diese Grenzkorps seit lange auf Kriegsfuss unterhalten wurden, verletzten zwar an- fangs kavalleristische Streifzüge das französische Ge- biet, verbreiteten Schrecken und zogen Aufklärimg über feindliche Stellungen ein. Dies vergalten aber schleunigst französische Ausfälle auf deutsches Ge- biet. So verstrichen drei Tage. Am 24. bewegten französische Massen sich ostwärts, und es kam am 25. zu einem heftigen Zusammenstoss auf dem alten Schlachtfeld von Mars la Tour-Vionville. Die Küras- sierdivision warf die entgegenprallende deutsche Ka- vallerie in grimmigem Choc bei Puxieux, musste aber vor einer starken Batterie am Marienstandbild hinter Tronville ausbiegen und erhielt scharfes Feuer aus Tronviller Busch, wo sich 4. 10. Jäger (Bitsch)
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einnisteten. Umgekehrt wurden fünf französische Reiterregimenter, die längs der Mulde von St. Mar- cel gegen die Rezonviller Chaussee anritten, von deutscher ziemlich gleich starker Reitermasse ge- worfen, imd eine Batterie vom Vionviller Kirchhof- hügel bestrich verderblich die Römerstrasse, bis wo- hin feindliche Infanteriemassen vordrüdcten. Diese bewahrten jedoch eine gute Haltimg imd schwärmten seitwärts ins Rezonviller Tal aus, Vionville von Osten umfassend, während eine grosse Artillerielinie von Westen das von deutschem Fussvolk dichtbesetzte Dorf unter Schuss nahm und eine andre Kolonne den Tronviller Busch angriff. Nach wütendem zweistün- digem Kampf, wobei die Käppiträger einen wilden Elan entfalteten, mussten die Deutschen beide Stütz- punkte fahren lassen. Im überaus heftigen Artillerie- duell hatten die deutschen Rohrrücklaufgeschütze, mit deren verbessertem Material dieser Teil des deut- schen Heeres bewaffnet, doch einen schweren Stand gegen die Schnellfeuerbatterien, deren Schöpfer, Ar- tilleriedirektor General Deloye, als Zeuge beim Drey- fushandel so weise und sachkundig von der aus- ländischen Presse als trottelhaft verkinschter Simpel- greis, der sich nicht zu helfen weiss, verschrien wurde. Auch schössen die französischen Kanoniere ausgezeichnet, und eine im berüchtigten „Borde- reau" berührte und damals vielerörterte Einzelheit bewies ihren Wert in der Emstprobe. Von den Un- geheuerlichkeiten der einstigen Schlacht von Re- zonville, wo zwanzig Batterien nach geringem Ge-
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Schossverbrauch das Schlachtfeld verliessen, um sich zu „ravitaillieren'*, und dann gar nicht mehr er- schienen unter dem Vorwand, dass sie keinen Auf- marschraum mehr fänden, fiel heut kein Fall vor. Doch im Gegenteil litten Artillerie und Infanterie der Franzosen unter massloser Geschossverschwen- dung, während die Deutschen mit festerer Feuer- disziplin sparsam haushielten. So konnte es denn nicht fehlen, dass zuletzt beim Gegner unverkenn- barer Munitionsmangel eintrat, während Munitions- kolonnen aus Metz ständig eintrafen und dem deut- schen Feuer so allmählich eine grosse quantitative Überlegenheit sicherten. Obschon hinter und mit ihren Panzerschilden der Batterieständer oft greu- lich zusanunengeschossen, bewahrten die deutschen Batterien auf dem Höhenzug zwischen Vionviller Waldecke und Gorzer Plateau sowie auf der Südwest- kuppe von Rezonville ihren festen Stand. Neu ein- treffende Haubitzbatterien, die weiter vorwärts keinen Raum fanden, fuhren rückwärts beim Weissen Hause auf, wo damals bei entgegengesetzten und grund- verschiedenen Stellungsverhältnissen deutscherseits so viel Blut floss, und richteten ein wirkimgsvoUes Femfeuer auf Massen, die über die Chaussee zwischen Vionviller Wald und Rezonville anliefen und sich nordöstlich von Rezonville gegen Grave- lotte ausbreiten wollten. Ein feindliches Detache- ment, aus 2., 4. Chasseurs ä pied 12. ä cheval imd reitender Artillerie bestehend, das in kühner weiter Umgehung hier am Bois des Ognons flankieren wollte,
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stiftete zwar grossen Schaden, sah sich aber zuletzt durch eine von Ars und Bois de Vaux vorrückende deutsche Kolonne exzentrisch abgedrängt. Ein ande- res starkes Streifkommando, das über Chambley den Gorzer Hohlweg beunruhigen wollte, wich später gleichfalls südwärts aus. Denn die früher bei Puxieux geworfene deutsche Reiterei bog jetzt, verstärkt aus der bei St. Marcel früher siegreichen imd nachher zurückgegangenen Masse, hinter der Tronviller Mulde ab, sobald Angriff frisch angelangter Bataillone er- neut den Tronviller Busch forcierte,- und zwang die unterm verstärkten Feuer deutscher Batterien auf der Chaussee hinter Mars la Tour haltende Kürassier- division des Generals Pistor (Lxm^ville) durch Flan^ kierung über Mariaville Ferme, die Chaussee freizu- geben. Hiemüt wurde fernere Bedrohung der deut- schen Linken aussichtslos, und die französische Rechte sah sich ihrerseits durch eine über Amanwei- 1er vorgehende Division des Metzer Lagers im Rücken bedroht. Infolgedessen stellte der Feind den schon ermatteten und erlahmten Angriff gegen Re- zonville eiligst ein und trat den Rückzug auf Don- court-Etain an, eine Nachhut in Vionville opfernd, St. Marcel und das Bruviller Plateau noch längere Zeit festhaltend. Die deutsche Kolonne aus Aman- weiler vertrieb zwar rasch eine bis Vemeville vorge- schobene Territorialbrigade, kam aber vor Doncourt abends zum Stehen, das eine Ani^regarde zähe ver- teidigte. Die über Gravelotte herangeströmten deut- schen Verstärkungen nahmen die Verfolgung auf,
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an Stelle der mürben Schlachthaufen, die bis Rezon- viUe zurückgedrückt, und stiessen schräg über die Römerstrasse gegen St. Marcel, das wie BruviUe vom Feind endlich geräumt wurde. Die vereinte deutsche Reiterei ritt auf der alten Walstatt von Ville sur Yron an, während die ihr folgenden Ba- taillone sich wohl hüteten, die Todesschlucht des Fond de la Cuve (in deutscher Historie irrtümlich Grey^e- schlucht getauft) unseligen Angedenkens noch- mals frontal zu berennen, und nur längs des Tron- viller Busches in der vorgeschobenen Parzelle gegen den Ostrand der Schlucht und BruviUer Höhe tirail- lierten. Die französische, hier gleichfalls grösstenteils vereinte, Reiterei wartete den Choc nicht ab, son- dern überschritt die tiefe Geländerinne in ihrem Rücken (westlich des Fond de la Cuve), gedeckt durch Salven ihrer reitenden Batterien bei Greyfere Fenne. Die deutsche reitende Artillerie erklomm zwar das Yronplateau und bearbeitete die Ferme und Bruviller Höhe flankierend, ihre Granaten folgten den Staub- wirbeln der abziehenden feindlichen Reitennassen. Aber ehe die Deutschen ihrerseits die Geländerinne überschreiten konnten, wobei abgesessene Häuflein französischer Reiter aus Yronwäldchen und Ferme La Grange so lange verderblich mit ihren Repetier- karabinern schössen, bis sie sich abgeschnitten er- geben mussten, und einige Chasseurkompagnien aus der Grey^e Ferme vorgelagerten Holzparzelle gleich- falls ein böses Flankenfeuer entsandten, bis sie mit den reitenden Geschützen das Weite suchten, brach
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die Dunkelheit herein. Ja, den Ehrgeiz, weiter auf Jamy zu verfolgen, erstickte die französische gutge- führte Kavallerie im Keim, indem sie sich jenseits nochmals zur Attacke formierte und die mit Über- schreiten der Schlucht nicht fertige und in Unord- nung geratene deutsche Reitermasse vor der For- mation überraschte. Nur das Eingreifen der eiligst bis zum früheren französischen Geschützposten am Pachthof Grey^re vorgerasselten deutschen Artillerie setzte durchschlagendem Erfolg dieser scharfen Attacke ein Ziel. Doch verlor die teilweise bis zur und in die Geländerinne zurückgetriebene deutsche Reiterei dabei Gefangene und sogar eine Standarte. Bei solcher Bewandtnis konnte man auch den so lange als möglich hinter Bruville und Doncourt feuernden Nachhutbatterien keine wirklichen Tro- phäen abnehmen, nur acht total demontierte Stücke blieben am Wege liegen. Am anderen Morgen war das französische Heer in Richtung auf Verdun ver- schwimden, wo der Festimgsgürtel dieses Sperrlagers sie aufnahm. Der äussere Sieg war recht teuer er- kauft, an Toten, Verwundeten, Vermissten, Gefan- genen verlor man achttäusendachthundert, der Geg- ner neuntausend Mann, der Verlust glich sich beider- seits aus, zumal der deutschen Artillerie nicht we- niger als vierzehn Geschütze unbrauchbar zer- schossen und viele andere beschädigt. Obschon na- türlich beide Parteien nach gewohnter Sitte von „grosser Übermacht" des Feindes fanfaronierten, ohne zu bedenken, dass man damit der eigenen
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Führung ein Armutszeugnis ausstellen würde, über- wog die französische Streiterzahl nur unbedeutend. Es fochten deutscherseits drei mobüe Divisionen und eine Lothringer Landwehrbrigade, die gegen ihre frü- heren Landsleute soldatisch ihre Pflicht tat, weshalb einige in Gefangenschaft gefallene Lothringer von wütenden Franzmännern beschimpft und malträtiert wurden. Ausserdem achtundvierzig Schwadronen, zwei- hundertdreissig Geschütze. Französischerseits 6. Korps 146. 153. 156. Rgt. des 20., inkomplettes Territorial- korps, zweiundfünfzig (8. 9. 12. Drag. 5. Hus. 5. 17. 18. Chass. 6. Kav. Brig. Kür. Div.) Schwadronen, zweihundertzwanzig Geschütze 8. 39. Art. R.
Durch die Schlacht bei Fleurus konnte der Wahn entstehen, als ob vier deutsche sieben fran- zösische Brigaden vernichtend aufs Haupt geschlagen hätten, wie die deutsche Presse jubiüerte. Man vergass ganz, dass dort die 1. Division, sobald sie seitwärts über die Sambre geworfen, für das Ge- fechtsfeld ganz ausfiel, dass sechseinhalb frische Ba- taillone die Deutschen zuletzt verstärkten und die Krise von sechsundzwanzig deutschen gegen zwei- unddreissig schwächer formierte französische Batail- lone, zweiundzwanzig deutschen gegen zwanzig (sieben der 1., 4. Division schon gefechtsunfähig) franzö- sische Batterien, einundvierzig deutschen gegen zwei- unddreissig französische Schwadronen durchkämpft wurde, dass vor allem nur die wackere selbständige Initiative der drei Detachements aus Namur, Qua- trebras, Gembloux die 16. Division vor gänzlichem
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Erliegen rettete. Die französische Führung zeigte sich allerdings nicht tadelfrei, nachlässig in Siche- rung ihrer Flanken, aber kühn und tatkräftig. Sol- datisch liess sich nur grössere Kaltblütigkeit imd bessere Feuerdisziplin der Deutschen erkennen, da- gegen die altbekannte Gewandtheit des französi- schen Tirailleurs und hoher persönlicher Mut. Die Sünden im Aufklärungswesen der weiland kaiser- lichen Kavallerie fielen gleichfalls weg, die Ar- tillerie betätigte ihr besseres Material und schoss fast gerade so treffsicher wie die preussische, nur mit Administration imd Munitionsersatz haperte es immer noch. Scharfäugige folgerten aber hieraus und aus der zäheren Ausharrungsfähigkeit der min- der nervösen deutschen Infanterie die Wahrschein- lichkeit, dass im Laufe des Feldzugs die Franzosen langsam, aber sicher niedergerungen würden, so- bald erst deutsche Übermacht in ihr Recht trete. Für die Mittelarmee, bei der erst in nächsten Tagen die norddeutschen Korps erster und zweiter Staffel erwartet wurden, verbot sich jede Fortsetzimg der Offensive. Nur galt es, Montm^dy zu isolieren, wo die Rechte der feindlichen Nordarmee anschloss. So rückte denn am 26. aus Diedenhofen die 59. 60. 85. Brigade der Metzer Grenzarmee dorthin vor, indes die 67. 68. 86. Division von Doncourt über St. Pri- vat nach Briey marschierte, wo eine frische Terri« torialdivision stand. Diese ward zwar in nicht uner- heblichen Gefechten lun Montois und Aubou6 zum Abmarsch genötigt, dagegen behielt das 20. fran-
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zösische Korps südlich von Montm^dy die Ober- hand. Am 29. lagerten die Korps von Bourges und Clermont Ferrand im Lagerring von Verdun, deut- scherseits langten Brandenburger und Magdeburger vollzählig mit allen Reservebataillonen an, die bei- den kgl. sächsischen Korps überschritten bei Cour- Celles, Comy, Nov^ant, Pont k Mousson die Mosel. Da aber Mohtmddy gut verproviantiert und stark mit „Bedeckungstruppen" (separiert vom sonstigen Korps verband der Grenzkorps) garnisoniert, überliess der Generalissimus Hagron die kleine Festung vor- erst sich selbst imd etwaiger Deckung durch Vor- stösse der Nordarmee imd bereitete sich zu starrer Abwehr in der Maaslinie vor. Aber auch deutscher- seits musste man vorerst Offensive ausschliessen, solange nicht die niederländische Aktion gegen die britische Landung geklärt und die dortigen deutschen Streitkräfte für die Nordarmee verfügbar geworden, um dann konzentrische Operation gegen Rheims zu beginnen. Und obschon soeben überaus erfreuliche Nachrichten von dorther die Gefahr einer dauernden Flankierimg der deutschen Linie von der Kanalküste her beseitigt zeigten, fesselten ausser traurigen Mit- teilungen von deutscher Nordküste vor allem den be- sorgten Blick an der Mosel weniger die Ereignisse an Scheide und Maas, als an der südlichen Rheing^renze. Dort fiel schon am 20. eine gemischte Truppe aller drei Waffengattungen aus Beifort aus, überfiel Freibiurg, brandschatzte das Breisgau und streifte im Schwarzwald. Badische Dragoner und schon
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früher auf Kriegsfuss gesetzte drei Bataillone, so- fort aufgeboten, machten zwar diesem Unfug in einem hitzigen Gefecht am Schwarzwalddefilee bei Badenweiler ein Ende, doch die Garnison von Kol- mar koimte nicht hindern, dass die heimlich vor Kriegsausbruch auf drei Divisionen der aktiven Ar- mee angeschwollene Besatzung von Beifort sofort nachrückte imter geschickter und tätigster Beihilfe ihrer starken Pontonier-, Sappeur- und Eisenbahner- sektionen, die alles längst hierfür vorbereiteten. Die Linie der Elsässer Festimgen war hiermit im Rücken gefasst, in Strassburg entstand Panik, gegen Brei- sach schwärmten schon auf der anderen Seite fran- zösische Vedetten imd reguläre Franctireurs, aus Forestiers und Douaniers zusammengesetzt. Da alle Kräfte der beiden Grenzkorps eiligst gegen die Strecke Nancy-Toul bei Metz zusammengezogen wurden zur Deckung der vorderen Vogesenpässe, blieb der El- sass dem französischen Einfall offen. Dies Hessen sich Chasseurs ä cheval, Hussards, Velozipedsek- tionen der Fussjäger und andere Freitruppen nicht zweimal sagen und spielten innerhalb der nächsten Woche eine eigentümliche Befreierrolle, indem sie die „geraubte Bruderprovinz" nach Kräften plagten. Es entstand hier bis Ende des Monats ein reger Kleinkrieg, insofern die Garnisonen von Pfalzburg, Breisach, Kolmar sich in häufigen Ausfällen übten, um diesen Raids und Razzias vorzubeugen. Eine Infanteriedivision aus Epinal und Remiremont mit hierfür bereitgestellten Bergbatterien überstieg zu-
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letzt die Vogesengrenze an geeigneter Stelle und marschierte querdurch auf Strassburg, wohin sich eine andre Division aus Langres über Beifort her- anschob, um gemeinsam Zemierung zu beginnen. Sobald die Bahngeleise bis dorthin repariert, sollte mit Heranschaffung genügender Festungsartillerie nicht gezögert werden, wofür ja Beifort selber ein schier unerschöpfliches Reservoir bot. Gründliche Beschiessung des deutschen Strassburg sollte die einstige des französischen vom jenseitigen Kehlufer heimzahlen, und das Belfortkorps hoffte seinerseits Kehl zu erreichen, um von dort (die dritte Division des badischen 14. Korps, zum Teil aus Elsässem imd den rheinischen Fünfundzwanzigem in Rastatt bestehend, blieb im Elsass) die unglückliche Stadt unter zwei Feuer zu bringen. Ihm trat jetzt am 23. abends das badische (deutsche Nr. 14) Korps mo- bilisiert mit der Freiburger und Karlsruher Divi- sion entgegen. Doch an diesem Tage wälzten sich bereits drei Korps aus Dijon, Langres, Lyon, zwar noch inkomplett, doch durch die Ostkompagnie mit Windeseile befördert, in noch gefährlicherer Rich- tung vor. Diese Bahngesellschaft, die schon im ein- stigen Feldzug aus ihrem Zentraldepot Nancy an- erkennenswerten Eifer betätigte, nutzte diesmal das Bahnnetz umsichtig aus, und der Coup war seit lange vom fleissigen Generalstab vorbereitet worden. Korpschefs Lacroix und Mathis übten vorher. Ehe man sich's versah, merkten die Schweizer Grenzposten eine solche Fülle von Streitkräften bei
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Delle, Montb^liard, Pontarlter vor sich aufgestapelt, dass vier hinter und längs Elsassgrenze vorbrechende Alpinbataillone von Jurassiers und Jurafreischützen nebst drei mit Maultieren bespannten Bergbatte* den die unbefestigten Jurapässe überkletterten und freimachten, ehe das Fribourger und Neuchateller Füsilierbataillon sich von ihrem Staunen erholten. Natürlich trug der Bemer Telegraph sofort den Mobilmachungsbefehl an die schon vorbereitete Schweizer Milizarmee, was aber doch mit mancher- lei Unzuträglichkeiten beim „Feind im Land" ver- bunden war und mit mehr Überstürzung durchge- führt werden musste, als man voraussah. Unauf- haltsam marschierte das Burgunder Armeekorps querdurch nach Schaffhausen, die übrige Masse durch Kanton Baselland, indem sie das sonst tiefeinge- schnittene Rheintal an der schmakten Stelle, Zu- sammenfluss von Rhein und Aar, rasch überbrückte. Requirieren beim Durchmarsch geschah über- all schonungslos. In Mülhausen, das dortige Ula- nen schon zu Anfang räumten und dessen Bevölke- rung die „Befreier" mit donnerndem „Vive la France I" empfing, sehnten die reichen Industriellen sich in nächsten Wochen nach deutschem Regime zurück, durch das ihre Einkünfte wahrlich nicht litten. So inbrünstig man dort immer nach Paris schielte, so rührend die Pariser die Bildsäule der trauernden Schwesterprovinzen mit Blumen zu krän- zen pflegten, machten hier die Ansprüche der fran- zösischen Heeresverwaltung keinen Unterschied und
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zogen die biedern Mülhausener emsig zu Kontri- butionen heran, welche diese ja als milde Gaben patriotischen Opfermuts auffassen mochten!
Die Ereignisse rollten sich jetzt blitzschnell ab. Am 27. früh überschritt die Rechte der Invastons- armee den Rhein bei Laufen und blieb von Süden im Vorrücken auf Singen, Stockach und Osterach, die alten Schlachtfelder der Republikanerzeit. Das Zentrimi, Basel als Etappenort einrichtend und die schon im Rücken gefassten deutschen Befestigung gen bei Hüningen zu Fall bringend, drohte von Osten nach Stuttgart hinüber, die Linke marschierte auf Lahr-Pforzheim-Durlach. Die ganze französische Masse überschwemmte also unverfroren das östliche Rheinufer und übte so auf deutschen Aufmarsch bei Metz moralischen Druck. In Süddeutschland hatte man sich auf so schnelle Invasion nicht gefasst ge- macht, daher die Mobilmachung in aller Ruhe be- trieben, wobei für Bayern noch in Betracht kam, die Route von Passau und Kufstein für österreichi- schen Truppentransport freizuhalten. Sein drittes Korps (deutsche Nr. 22) war noch bei Regensburg und Ingolstadt, das zweite (deutsche Nr. 21) kon- zentrierte sich zwischen Würzburg und Ulm, nur das erste (deutsche Nr. 20) setzte sich schon nach Speier in Marsch. Das württembergische (deutsche Nr. 13) Korps, am vierten Tage fertig, befand sich im Vormarsch auf Singen, um zur Rettung^ der Residenz eine Schlacht zu wagen. Am 28. berührten sich allerorts die Vorhuten. Die württembergische
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ward von überlegenen Kräften zurückgedrückt, die badische desgleichen. Am 29. gingen drei Divisio- nen gegen das badische Korps und zwangen es durch Umfassung zum Rückzug, der am 30. bis hinter den Neckar fortgesetzt werden musste. Die Württemberger erwehrten sich an diesem Tage kraft- voll des Burgunder Korps; als aber das Beifort- korps, das in der Mitte schon Württemberg durch- querte, mit völliger Umfassung drohte, wichen die Württemberger bis Heilbronn. Baden und Stuttgart waren also preisgegeben, und die süddeutsche Be- völkerung schrie zum Himmel, dass man sie ohne Teilnahme der Norddeutschen dem Feind überlie- fere. Die oberste deutsche Heeresleitimg handelte aber nach Moltkes bekanntem Wort: „Hineinkom- men mögen sie, doch schwerlich wieder herauskom- men." Denn fetzt wurde das Schweizer Aufgebot auf der französischen rückwärtigen Flanke fühlbar, das von Speier ausgewichene bayrische Korps be- drohte gleichfalls die Flanke, die andern bayrischen Korps kamen in höchster Eile auf Ulm heran, und ein österreichisches Korps debouchierte bereits mit Einwilligung des Schweizer Bundesrats auf der Vor- arlbergbahn über Bux-Vaduz-Chur- St. Gallen, ein an- dres berührte aus Passau schon München, ein drittes kam via Linz-Innsbruck gleichfalls dorthin.
Nachgerückte Staffeln der drei Südostkorps und rasch zusammengeraffte Territorialtruppen, während die Alpins die Jurapässe bewachten, deckten zwar die Etappenlinie Delle-Basel-Olten-Schaf fhausen. Ver-
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schiedene Vorstösse des 1. Schweizer Armeekorps in dieser Richtung scheiterten am vorzüglichen Feuer der französischen Artillerie aus umsichtig gewählter Stellung. Aber der Punkt Schaffhausen erwies sich doch so empfindlich, dass das Burgunder Korps staf- felförmig zwischen Singen und Schaffhausen zurück- fiel, das Belfortkorps sich mit prahlerischer Beset- zung von Stuttgart-Ludwigsburg, die entferntere Hauptmasse mit triumphierendem Einzug in Karls- ruhe und Bedrohung Heiddbergs begnügte, ohne die militärische Operation offensiv weiterzuführeiL £s hätte nahegelegen, die bei Mainz anlangen- den Truppentransporte für die deutsche Mittelar- mee dort anzuhalten und über Mannheim den Fran- zosen entgegenzuführen. Doch überwog Rücksicht auf die allgemeine militärische Lage, da Schwächung der Mittelarmee auch die entscheidende Aktion der Nordarmee in Frage stellte und erneute Offensive des Gegners durch Luxemburg und Belgien ge- stattet haben würde. Die Norddeutschen blieben also nach ihren ursprünglichen Bestimmungsorten instradiert, und die Klage des Darmstädter Hofs, dass man die Truppen des Grossherzogtums, das nunmehr an die Reihe zu kommen schien, nach Belgien abgab, fand taube Ohren. Es liess sich auch ertragen, dass die schönen Frankfurterinnen, denen ihr Portemonnaie es gestattete, Extrazüge rhein- abwärts nach Ems und Koblenz bestiegen und die Frankfurter Börse ihre Werte wegen Nähe des Feindes sehr tief notierte, überhaupt deutsche Reichs-
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anleihe um zehn Prozent im Kurs sank trotz der aus Belgien gemeldeten Erfolge.
Nur die Landwehr ward allerorts ordnungs- gemäss zu den Fahnen berufen. Aus Baden imd Württemberg, wo ihre Sammlung natürlich gestört, schlössen sich viele komi>agnieweise mit Waffen und Gepäck den abrückenden Mobiltruppen an, und die Bezirkskommandeure arbeiteten ruhig bis zum letz- ten Augenblick, als wäre nichts geschehen.
Der französische Konunandant der Südarmee begründete sein tatloses Verweilen bei Stuttgart und Karlsruhe mit dem Ruhebedürfnis seiner durch rast- losen Transport, Marsch und Kampf erschöpften Truppen. Die in sein Lager wandernden Jubel- hymnen der Pariser Zeitungen, die sein sogenanntes „Genie" bis in den Himmel erhoben, schmeichelten ihm wenig. Denn der bärbeissige alte Herr sah voraus, dass diese P6kins ihm später mit gleicher Sachkenntnis ihr uneingeschränktes Misstrauens- votum erteilen würden. Eingedenk der Erfahrungen des Bourbakizugs betrieb er eifrig den Intendanz- nachschub imd „regelte die Verpflegung" oder „ordnete die Verwaltung" der zeitweilig eroberten Landesteile, d. h. fouragierte sie bis aufs Blut. Am 31. fand er seine strategische Lage schon recht im- behaglich, obschon seine weit vorausgeschickte Reiterei ihn gut bediente und ihn zu seinem Er- staunen belehrte, die norddeutschen Truppentrans- porte dauerten nach wie vor westwärts fort. Sah er sich aber der befürchteten Gefahr überhoben, dass
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diese Masse von Norden auf ihn fallen werde» wur- den die Depeschen und Telegraphenrapporte von Süden immer bedenklicher. Gegen die externe Stap- penlinie längs der Nordschweiz zog sich das Unheil inmier dichter zusammen. Am 1. Juni erfolgte ein neuer Angriff der Schweizer Milizen mit Überlegrenen Massen, vor dem Ölten geräiunt werden musste, indes das Burgunder Korps bei Schaffhausen nach Osten und Süden Front machte. Die vorgeschobene Stel- lung konnte unmöglich innegehalten, die Basis musste wieder nach Beifort zurückverlegt werden. Auf Linie Bruchsal-Rottweil trat die französische Armee gestaffelten Rückzug an, die besetzten Resi- denzstädte räumend. Nur Umschliessung von Strass bürg auf der Kehlseite ward beibehalten, zumal jenseits am Westufer des Rheins schon Belagerungsgeschütze der Langress- Division dröhnten, vor deren Donner- stimme alle legendären Störche des Markts das Weite suchten.
Zur Deckung dieser sonst völlig aussichtslosen Zernierung eine Schlacht zu liefern, schien ang^ängig. Als daher die Badenser und Württemberger, imi Landwehren verstärkt, neuerdings den Neckar über- schritten und die ganze bayrische Armee sich süd- lich davon vorbewegte, kam es am 3. Juni zu einer zusammenhängenden Reihe von Treffen in weitem Umkreis. Die Süddeutschen, durch die Leiden ihrer Heimat in Harnisch gebracht, fochten mit erbitterter Wut, und das Lyoner Armeekorps am linken fran- zösischen Flügel glitt, an mehreren Stellen gesprengt.
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aufgelöst in die Schwarzwalddefileen zurüde. Da- gegen schirmten die ausgewählt guten Truppen des Belfortlagers die französische Rechte gegen die Bayern, die ihre Massen noch lange nicht alle heran- brachten. Jedenfalls n^usste Zemierung von Strass- bürg auf der Kehler Seite sofort aufgegeben werden» und dem Burgunder Korps, durch Bayern, Schweizer, Österreicher gleichzeitig bedroht, blieb nichts übrig, als sich mit raschem Entschluss die Grenze entlang auf Basel Bahn zu brechen. Dies gelang mit be- merkenswerter Energie, wobei aber eine Nachhut unterging, die erst den Rheinfall mit ihrem Blute färbte, dann in den Kanton Zürich durchbrach, wo die unbekannt gebliebene Befestigung des Buch- bergs sie mit weittragenden Kanonensalven be- g^rüsste, hier endlich im Kanton Aarau vor den Schweizern kapitulierte. Das österreichische Korps, auf verschiedenen Routen über Winterthur, Pfäffikon, Zug, Thalweil befördert, folgte den Schweizern die Grenze entlang, die nunmehr mit aller Macht auf Basel losgingen, die Etappentruppen hinter Ölten vor sich hertreibend. Der französische Armeechef sah seine jetzige Lage für so bedrohlich an, dass er einen Nachtmarsch daransetzte, um sich zwischen Freiburg und Basel zu konzentrieren. Doch am 5. früh erschien auch diese Stellung so unhaltbar, da die Schweizer mit grossem Zorn den Angriff auf Basel begannen und die Rheinbrücke bei Hüningen stürmten, dass der Abmarsch auf Beifort angeordnet wurde. Dies konnte trotz aller Emsigkeit der Pon-
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tonneurs und aller Tapferkeit der verschiedenen Ar- ri^regarden nicht ohne erhebliche Einbusse ge- schehen, und so erreichte das so siegesstolz ausge- rückte Heer sein befestigtes Ausfalltor in recht be- schädigter Verfassung. Dort fand es freilich ein frisches Korps aus Aix-Arles und zwei inkomplette Territorialkorps vor, auch riesige Magazine in aus- reichendem Verpflegungszustande, und die unge- meine Stärke der Befestigungen bannte die Gegner vorläufig in ihrer Offensive fest, ehe sie dies Boll- werk niederbrechen konnten. Doch standen ja hierfür nun ganz gewaltige Massen bereit: fünf deutsche, drei österreichische, zwei Schweizer Korps.
So schwand denn fortan jede Gefahr einer fran- zösischen Invasion, und obschon ein Vergleich mit Bourbakis fruchtlosem Zug nicht am Platze und imrühmliches Ende jener Bourbakiarmee hier wahr- lich nicht in neuer Auflage erschien, durfte Frank- reich mit dem so fröhlich ausposaunten Anfangs- erfolg wenig zufrieden sein. Allerdings, man fügte Deutschlands Land und Leuten erheblichen Schaden zu, man errang einen nicht zu unterschätzenden mo- ralischen Erfolg, dessen vorübergehende Wiikung aufs Ausland auch eine für Deutschland tmange- nehme Folge herbeiführte als Beeinflussung Italiens und Spaniens, man erwischte einige kriegerische Lor- beeren xmd schnitt wenigstens nicht mit allzu schwe- rem Misserfolg ab, man legte die deutsche Mittel- armee für einige Zeit lahm. Gleichwohl hatte man umsonst seit lange hohe Hoffnungen auf diesen ge-
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heimen strategischen Plan gesetzt, für dessen Aus- führung man gern die Feindschaft der Schweiz in den Kauf nahm. Die verachtete Schweizer Miliz, die man mit einem Fusstritt beiseite zu schleudern meinte, erwies sich kräftig genug, und der Unwille über mutwillige Schädigung des Schweizer Länd- chens beim rücksichtslosen Durchmarsch erledigte nun auch die Frage, ob man die Miliz offensiv ausser Landes verwenden dürfe. Mit Ausnahme der So- zialisten und einiger französischer Schweizer, die jedoch wegen eines scheiternden Überrumpelungs- versuchs auf St. Maurice, das uneinnehmbare Fort der Genfer Grenze, von ihrer Gallierzuneigung bald zurückkamen, stinmite der Bundesrat dafür, dass bei solchen 2^itläuften die Schweiz nicht in Neu- tralität zurückfallen, sondern sich der deutschen Armee anschliessen müsse, da ihre Existenz bei Frankreichs Sieg in Gefahr schwebe. Nur Landsturm und ältere Jahrgänge der Landwehr dürften nicht ausser Landes marschieren. Doch deren Schonung erwies sich bald als verfrüht, denn ein frecher Ein- bruch Italiens in den Kanton Tessin zwang zu all- gemeiner Einstellung der Waffenfähigen. Mit aner- kennenswerter Entschlossenheit ging aber die Eid- genossenschaft von ihrer Absicht, die zwei mobilen Milizkorps Deutschlands zur weiteren Verfügung zu stellen, trotzdem nicht ab. Nur eine Brigade ver- stärkte die Gotthardbesatzung, da man ganz Tessin räumte und die Landwehr für hinreichend hielt, die beherrschenden Alpenpässe gegen das bisschen
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Italiener zu verteidigen. Der Geringschätzung: d^ Schweizer Volks für den südlichen Nachbarn trug diese Verteilung der Kräfte Rechnung. Für streng- sten Anschluss an Deutschland sprach noch der ökonomische Beweggnmd mit, dass bei Italiens und Frankreichs Feindschaft nur durch Deutschland- österreichs Bundeshilfe genügende Zufuhr für die Schweiz gewährleistet sei, die bei Aufrechterhaltung ihrer Wehrmacht auf Kriegsfuss erst recht nicht ihre Bevölkerung aus eigenen Hilfsquellen ernähren konnte.
Während so im Süden das Gleichgewicht wie- derhergestellt, setzte man schon früher dem briti- schen Dünkel im Norden einen Dämpfer auf. Der Befehlshaber des Expeditionskorps in Antwerpen, Sir Redvers Buller, den trotz seines Tugelafiasko eine hohe Konnexion aus seiner Versenkung wieder her- vorholte, hielt Brüssel noch für verbündeten Besitz und trat daher, wofür ihn kein Vorwurf trifft, den Vormarsch dorthin an. In Antwerpen blieb nur eine Marineabteilung nebst ausgeschifftem Schiffsge- schütz für die zertrümmerten Forts, deren Repa- ratur und Neuarmierung sogleich begonnen werden sollte. Den Einwohnern der volkreichen Stadt gab man strenge Verhaltimgsbefehle, ihre Ruhe zu be- wahren. Bei weiterem Vormarsch staunte Sir Red- vers nur über völliges Ausbleiben von Nachrichten aus Brüssel, beruhigte sich aber damit, dass die belgischen Truppen bei ihrer Flucht aus Antwerpen
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alle Telegraphendrähte zerschnitten haben möchten und dass ihm via Lille sicherlich Nachricht aus Antwerpen nachgeschickt werden würde. Die hel- lsehe Division erreichte die Vorposten der West- falen in jammervollem Zustand, nachdem sie mehr als die Hälfte an Ausreißsem imd Nachzüglern, ver- lor. Letztere verkündeten überall im Lande: „Wir sind vom König verkauft I Die Allüerten werden die Deutschen zu Paaren treiben, wenn die über- haupt sich herwagen I" Doch in den vlämischen Dörfern, wo man bereits Durchzug deutscher Trup- pen in bester Manneszucht und von stattlichem Aus- sehen erlebte, ward gelassen erwidert : „Warten wir's abl'' Die überraschende Freudenpost, die sich am 26. wie Lauffeuer durch ganz Belgien verbreitete, dasb die Franzosen völlig aus Belgien hinausge- -worfen seien, verwandelte Niedergeschlagenheit und Bestürzung der Truppen und Einwohner in auf- atmende Zuversicht; selbst die Wallonen freuten sich, dass man fortan nicht mehr Kriegstheater abgebe, zumal die französischen Befreier und Freunde bei ihrem Vormarsch recht viel zu wünschen übrig Hessen und Belgien als Feindesland behandelten. Die Beschiessung und Wegnahme von Antwerpen, dessen Übergabe an England früher belgische Politiker offen empfohlen, erschien jetzt auf einmal als schnö- der Übergriff. Die Mechelndivision und ihre vier Reiterregimenter gingen daher zur Rechten der West- falen kampflustig mit, selbst die demoralisierten Reste der Antwerpendivision brachte man halbwegs
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von Brüssel zum Stehen. Bei weiterem Vormarsch fand Sir Redvers die Dörfer meist verlassen, da die Landleute es vorzogen, dem zu erwartenden Gefecht nicht beizuwohnen. Von Gutwilligkeit auf- gegriffener und ausgefragter Einwohner war wenig zu bemerken, sie schnitten saure Mienen luid graben mürrisch unklaren Bescheid. Zwar sickerten Ge- rüchte durch, die Deutschen ständen in Brüssel, es sei irgendwo eine Schlacht geschlagen, doch mass der englische Kommandierende dem keine Bedeu- tung bei, da er in diesem Fall sicher von französi- scher Seite diesseits der Sambre um Kooperatioii angegangen sein würde. Die Möglichkeit, die Fran- zosen seien schon jenseits der Sambre ausser Spiel, dämmerte ihm natürlich nicht. So zog sich ein Netz um ihn zusanunen. Am 27. mittags meldeten die Scots Greysdragoner und die Walliser Füsi- liere, die seine Vorhut bildeten, man sehe auf der Ebene grosse Staubwolken aufsteigen wie von Marschsäulen. „Das müssen Franzosen sein, die Verbindung mit uns aufsuchen I" entschied sich BhI- 1er sorglos und liess den Vormarsch nicht einstellen, nur näher aufschliessen und Fühlung seiner Bri- gaden unter sich aufnehmen. Auf den Flanken, seiner Meinung nach sicher durch französische Stel- lungen gedeckt, pürschten nur wenige ,SGOuts' das Gelände ab. Doch eine halbe Stunde später krönte sich der Horizont mit weissen Wölkchen, imd ein Adjutant, im Automobil heransausend, meldete er- regt, die Vorhut bemerke Feindesaufmaxsch. £s war
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die 14. Division, die den Briten unmittelbar frontal entgegenkam, nebst der auffahrenden Korpsartillerie, deren Granaten schon allenthalben zwischen und in die tiefen Glieder der Marschkolonne einschlu- gen. Nach einem Augenblick der Konfusion ent- wickelten diese sich rasch zum Gefecht, sich mög- lichst auseinanderziehend, was im Bereich der deut- schen Kanonade natürlich viele Opfer kostete. Man war förmlich überrumpelt und nicht imstande, noch Schützengräben aufzuwerfen und sich ordnungsge- mäss einzubuddeln. Doch nahmen die Briten den aufgedrungenen Kampf mit ruhiger Fassung an, an Rückzug dachte niemand.
„Das ist eine von Brüssel abgedrängte Kolonne, die man uns franzosischerseits zutreibt, oder ein deutsches Manöver, ims am Eingreifen in eine Feld- schlacht bei Brüssel zu hindern," lautete Bullers Urteil. „Dann wollen wir für ein neues Waterloo die damalige Rolle des Marschall Blutscher (Blücher) spielen. In jedem Fall vorwärts 1" Die Schützen schwärmten aus, die gutbediente Feldartillerie er- widerte die deutschen Eisengrüsse nach Noten. Jene lächerlich falsche Vorstellung, die man sich auf dem Kontinent vom britischen „Söldner" und seiner angeblichen taktischen Unfähigkeit im Transvaalkrieg gebildet — bei absonderlich aus- sichtslosen Kämpfen gegen meisterlich gedeckte Mei- sterschützen, die jeder Annäherung immer femer auswichen — schwand hier gar bald. Das nie- derdrückende Gefühl, einem unsichtbaren, wenig
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mutigen Feind, der sich nie aus Deckungen vor- wagte und bloss retirierte, als Scheibe dienen xa müssen, hatte damals britische Truppen mit Ver- lust von ntu* zwölf Prozent zum Weichen gebracht Jetzt aber zeigte sich, dass die Zeiten' von Albuera und Waterloo, wo unter Verlust der Hälfte und von zwei Dritteln der Streitbaren die Briten das Feld behaupteten, durchaus nicht vorüber waren. Auch fochten die britischen Schützenschwärme gewandter als man erwartete, ihre Rifles schössen ebenso sicher und gut wie ihre Maxims und Geschütze. Gleichwohl stellte sich die gründlichere militärische Ausbildung und bessere Erfahrung iQi grossen Feldkrie^ auf deutscher Seite so bald heraus, dass schon nach einstündigem Schützengefecht Sir Redvers seine Re^ serve, die schottische Hochlandsbrigade der altbe- rühmten Regimenter Gordon und Cameron, vorholen musste, um in sogenanntem „Bajonettangriff* das wankende Vordertreffen mit vorzureissen und dem stehenden Feuerkampf gegen vorteilhaftere Aufstel- lung der deutschen Linie ein Ende zu machen.
Pibrochs der Dudelsackpfeifer gellten, die grün- roten Tartans flatterten im Wind. Mit unübertrefflicher Tapferkeit drangen die Highlanders mehrfach zwi- sehen die deutschen Linien ein, nahe an die Bat- teriestände heran. Ein dröhnender Cheer: ,Scotland for everl Hurra for Old England!" der ganzen» vor- stürzenden britischen Infanterie schien das kernige Hurra der Westfalen ersticken zu wollen. Zum ersten Male prallten hier die beiden kriegerischen Germanen-
OPERATION DER SUDARMEEN.
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Stämme gegeneinander, mit Kelten gemischte Anglo- sachsen gegen ihre wahren Altvordern und näch- sten Stammverwandten, die Niedersachsen. Eine Zeitlang schwankte der Kampf. Obschon aber in Betracht kam, dass sich sehr viele Veteranen aus Transvaal und Sudan in den englischen Reihen be- fanden, während die deutschen Rekruten sämtlich zum ersten Male Pulver rochen, machte sich die grössere Gewandtheit und straffere militärische Er- ziehung der deutschen Volksmannen bei ebenbürtiger kaltblütiger Standhaftigkeit zuletzt geltend. Das überlegene Feuer der deutschen Artillerie mähte die Briten reihenweise nieder, deren Maxims und Nordenfeldts allerdings auch mörderisch spielten. Als Buller eben Abbrechen des ungleichen Kampfes erwog, meldeten ihm schreckensbleich her- ansprengende Scouts, dass schon hinter seinen beiden Flanken bedeutende Massen ständen: hinter der rechten die 13. Division, hinter der linken die Belgier. Ausser sich, schrie der englische General verwirrte Befehle und suchte seine engagierten Trup- pen aus dem Frontalgefecht herauszuziehen. Aber die Westfalen packten fest zu, Kanonendonner von beiden Seiten verkündete die Umfassung imd bei allem angeborenen Löwenmut konnten die britischen Truppen sich nicht dem Eindruck entziehen, dass sie verloren seien. Die zum Teil noch intakte Ma- rinebrigade, Bullers Elitedivision attachiert, besetzte eine Hügelwelle nach Westen, um so lange wie mög- lich die 13. Division abzuwehren, in der Front opferte
Völker Europas . . . ! II
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sich die britische Kavallerie in einem Todesritt, der die waterlooberühmten Scots Greys und jenes bei Omdnrman so glänzend fechtende Lancerreg^ent vom Erdboden vertilgte. Die Masse der fast um- zingelten Division, unwillkürlich in dichte Kolomie zusammengeballt, durchbrach die Belgier und zog längs ihrer und der nachstossenden 14. Division langer Feuerfront nach Nordosten ab, mit eiserner Entschlossenheit allen damit unausbleiblich verbun- denen Blutverlust verbeissend. In wildem Gewalt- marsch, während die Marines und die als Nachhut ausharrende »Schwarze Wache* der Welsh Fusi- leers, so gut wie vernichtet, samt fünf sich opfernden Batterien imd zahlreichen Maxims endlich die Waffen streckten, wurden bei Ende der Nacht die Aussen- forts von Antwerpen erreicht. Todmüde sanken dort ganze Haufen zu bleiernem Schlafe nieder. Kaum graute der Morgen, als die Vorposten der Deutschen erschienen, deren Kavallerie im Verein mit der bei- gischen noch viele Nachzügler und sonstige Gefan- gene aufgriff, den ganzen Train imd Geschützpark nebst zwei bespaimten Batterien erbeutete. Die noch nicht genügend ausgeflickten und kaum annierten Forts boten keinen Stützpunkt. So signalisierte Vize- admiral Sir Charles Drury auf die Schreckenskunde dem verzweifelten und ganz gebrochenen General Buller, dessen John BuU-Stiernackigkeit zum zweiten Male englische Truppen ins Verderben brachte, er werde Deckung sofortiger Einschiffung übernehmen. Es entspann sich nun ein eigentümlicher Kampf.
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insofern die deutschen Feldbatterien zwar im Um- kreis den Hafen beherrschten, aber die grösstenteils ausserhalb auf hoher See schwimmenden Panzer nicht zu erreichen vermochten, deren furchtbare so viel weiter reichende Dreissigzentimeter nach der Karte schössen und in jeder zu weit vorgewagten Feldbatterie grauenhafte Verheerung anrichteten, jede geschlossene Formation des andrängenden Fuss- volks vor den Forts verboten. Als aber nach ver- zweifeltem Widerstand der nachhutbildenden Gor- don Highlanders die von Breschen klaffenden Forts in deutsche Hände fielen und die dort zur Neuar- mierung eingefügten Schiffsgeschütze, deren Marine- kanoniere sämtlich tot und verwimdet am Boden lagen, ohne ihre Stücke vorher alle vernageln zu können, teilweise herumgedreht und gegen ihre eigenen Panzerschiffe gerichtet wurden, stiegen deutsche Schützenlinien überall zum Hafen herab und eröffneten auf die enteilenden Schaluppen der britischen Einschiffung ein entsetzliches Schnellfeuer. Zwei ankernde Panzerkreuzer, ,Latona', ,Sutlej*, behaupteten freilich heldenmütig ihren Standort und fügten den aufgelösten deutschen Schützenlinien noch grosse Verluste zu, bis sie durch konzentrisches Hau- bitzfeuer der Feldgeschütze und der eigenen Schiffs- kanonen der Forts buchstäblich in die Luft flogen. Auf Fort Bath schon ausgeschiffte Artillerie schleuderte gleichfalls Shrapnels und Granaten her- über, so dass dauerndes Besetzen des Strandes zu- letzt unmöglich wurde und die Reste der unglück-
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liehen Division nach Walcheren und von da aui ihre Transportdampfer entkamen. Ein Teil blieb jedoch abgeschnitten zurück, viele Schaluppen sanken unter Granattreffern, an Bord der anderen führte man noch viele frische Tote und Verwundete mit während die Masse aller früher Verwundeten mit den Ambulanzen in Gefangenschaft fiel. Der Sehen kostete den Engländern im ganzen siebentausend Tote und Verwundete, dreitausend unverwundet Ge- fangene, sechsundfünfzig Feldgeschütze und die g& samte sonstige Ausrüstung, ausserdem siebzehn Schiffsgeschütze in den Forts. Die Deutschen be- zahlten den erstaunlichen Erfolg mit viertausend Mann, die Belgier wollten auch tausend verlorer. haben.
Die vom ,Figaro* einst denunzierte friedliche Teutonisienmg durch Handelseinfluss . trat jetzt hervor: Da der ^ britische Admlral bei seinem Bombardement natürlich auch die Stadt nicht schonen konnte und dort mehrere Feuersbrünste aus- brachen, schlug die vorher apathische Stimmung Antwerpens ins Gegenteil um. Man jubelte den Deut sehen aufs herzlichste zu. Das Ansinnen, selbständige Bürgerwehr fortan zum Schutz der Forts zu stellen, ward bereitwillig entgegengenommen. Am 28. abends gehörte Antwerpen dem am 26. in Brüssel ernannten „Generalgouvernement der deutschen Okkupations armee", das „im Namen Sr. Majestät des Königs der Belgier" das Land militärisch administrieren sollte. Natürlich schwand ja für Antwerpen selber keines-
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wegs die Gefahr, da das britische Geschwader, bei dem bald darauf auch ein französisches eintraf, die Blockade beibehielt und am 30. ein neues grausam.es Bombardement eröffnete. Man hatte die Hafenvor- stadt eiligst ausgeräumt, so dass sie, in Flammen aufgehend, wenigstens nicht mobiles Eigentum und Leben der Bewohner begrub. In die eigentliche Stadt fielen riesige Sprenggeschosse genug, töteten auch fünfzig Einwohner, was aber nur die Erbitterung vermehrte und für künftig verstärkte verbesserte Löschvorrichtungen der Pompiers verursachte. Die Forts litten wieder nicht wenig und wurden von Besatzung geräumt, da die teilweise noch nicht ent- nagelten Geschütze den Kampf doch nicht fortsetzen konnten. Doch jeder Schuss der schweren Schiffs- rohre kostet nicht nur eine hübsche Sunune, sondern bringt auch die Rohre selber dem Springen näher, ein Ende, das bei zu üppiger Verwendung jedem modernen Geschütz schwersten Kalibers droht. Dieser Gesichtspunkt, den man bei Furcht vor dauernden Bombardementwiederholungen viel zu wenig im Auge behält, bewog Sir Charles Drury, von fernerer Be- schiessung so lange abzulassen, bis die britische Oberleitung ,einen neuen Landungsversuch verfüge. So behielt man Zeit, Antwerpen in besseren Ver- teidigungszustand zu setzen. Tag imd Nacht arbeitete die zum Kriegsdienst herangezogene Zivilbevölkerung an Ausbesserung und weiterer Verstärkung der Forts, für welche Festungsgeschütz aus Wesel imd Deutz in nächster Woche herbeigeschafft wurde. Ausser-
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dem legte man am Strande leichte Feldbefestig^ungen und Batteriebestände an, da Erfahnmg lehrte, dass Erdaufwürfe, Papierrollen, Baumwollenballen dem Geschosshagel besser widerstehen, als feste Gegen stände aus Stein und Holz. Als Garnison blieb nur die 27. Brigade zurück nebst drei Genie-, neun Festungsartilleriekompagnien. Das übrige sollte die von deutschen Unteroffizieren täglich gedrillte Na- tionalgarde besorgen. Schon am 5. Juni standen die übrigen drei westfälischen Brigaden und sämtliche belgische Reguläre nebst der vereinten Kavallerie bereit, als Rechte der Nordarmee weitere Offensive nach Frankreich über Gent-Courtray hineinzutrageit (72. Lothr. Brig. früher von Paderborn nach Metz.; Noch schlimmer erging es dem andern britischen Expeditionskorps. Der kommandierende General Lord Methuen, gleichfalls aus dem Burenfeldzug be< kannt, früher Militärattache in Berlin, auch beim Niedermetzeln der Ägypter Arabi Paschas vor Alexandrien als Brigadechef bekannt geworden, be- fand sich soeben, am 27. nachmittags, im Vorrücken auf Amsterdam, kaum dass er sein Hauptquartier im königlichen Palais des Haag genommen. Funken- telegraphie meldete ihm den ,Erfolg* der Zuydersee- Eskadre, die auf Nordsee Harlemkanal nicht femer beschiessen wollte, um die Holländer nicht unnütz zu erbittern. Friedliche Besetzung der grossen Han- delsstadt durch Methuen von der Landseite schien richtiger, rasche Beschlagnahme ihrer reichen Hilfs- quellen erwünscht. Dort läuteten alle Sturmglocken.
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Zerstörung vieler holländischen und fremden Schiffe im Kanal, deren Ladung zwar grösstenteils noch rechtzeitig an Land gelöscht, imd Verbrennung der Hafenanlagen von Texel und Harlingen hatte anfangs bei den in trägem Wohlleben erstickenden Mynheers, deren obere Schichten sonst von hervor- ragendem Büdtmgsstand, Wehklagen über die Regie- rung erregt, die Holland nicht dem Schutz des übermächtigen England anvertrauen wolle. Doch danüt mischte sich Empörung über das schonungs- lose Verfahren Englands, das doch freundlich mit Glacehandschuhen die zu friedlichem Empfang be- reite Stadt hätte anfassen sollen. Neben Patrioten, die daran erinnerten, dass im Grunde England immer Hollands Erbfeind gewesen und durch brutal neidi- sche Rivalität dessen einstige Grossmacht ruinierte, erhob sich der Pöbel mit teils unklar patriotischem Gebrüll „Tod allen Fremden 1", teils mit sozialisti- schen, teils mit einfachen Plünderungsgelüsten. Die Trommeln der Bürgerwehr, die sich organisierte, wirbelten durch alle Grachten. In dies Tohuwabohu platzte die doppelte Kunde hinein, dass die Briten schon im Haag ständen, dagegen grosse deutsche Massen nebst der holländischen Streitmacht von Utrecht unterwegs zum Entsatz seien. Dazu ein Auf- ruf der Königin an ihr treues Volk, Amsterdam so lange zu halten, womöglich mit Barrikadenbau, bis die Deutschen da seien, deren Flankenmarsch die britische Landungskolonne mit Untergang bedrohe. Die Stadt erhob sich wirklich. Als die ersten engli-
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sehen Schwadronen und Velo-Riflemen herannahten, fanden sie alle Schlagbäume und Schleusentore ge- sperrt, die Kanäle unter Wasser, Schüsse fielen aus den nächsten Vorstadtvillen. Die britische Vor- hut machte sich zum Ang^riff fertig. Doch was war das? Zunehmende Füsillade vom jenseitigen Rand des Amstellcanals in ihre Flanke verriet, dass dort wirkliche Soldaten angelangt seien. Tatsächlich lang- ten die Spitzen der 20. Division noch rechtzeitig an, holländische Kavallerie ritt in die Stadt und verkün- dete, dass von der Landseite die Gefahr vorüber sei. Lord Methuen, in Britenzom über die Frechheit der fremden Stadt, sich dem Einzug britischer Welt- gebieter zu widersetzen, befahl sofortiges Femfeuer der Artillerie nach Amsterdam hinein und entwickelte sich zum Angriff im Gewirr der Kanäle, an deren feuchten Wiesen und sumpfigen Rändern allmählich immer mehr deutsche Schützen auftauchten. Aus dem satten Grün blitzte es überall, obschon das rauchschwache Pulver nirgendwo den Standort deut- lich erkennen liess. Mit schlagenden Trommeln und dem Spiel der Pfeifer stürzten die Briten sich vor, erstürmten die nächsten Pachthöfe, Windmühlen und Villen, erhielten aber so zunehmendes Feuer, nun auch von verdeckten Schnellfeuerbatterien, dass sie atemschöpfend stillhielten. In diesem Augenblick erhielt Methuen, während sein zweites Treffen noch aus dem Haag debouchierte, eine so merkwürdige Kunde, dass er sich betroffen eines besseren besann und überall Halt machen liess. Um seine Basis
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Waterweg war er nämlich um so weniger besorgt, als er dort Ankunft seiner zweiten Division in Bälde erwartete und ein Ausgreifen deutscher Kräfte dort- hin, deren Vormarsch Arnhem-Emmerich er bisher nur vernahm, gänzlich unmöglich schien. Jetzt aber kam telephonischer Rapport, dass die schwachen vor Rotterdam landwärts vorgetriebenen Posten sich grrossen Massen gegenübersähen, die aus Nordosten herabkämen imd deren etwaiges Eingreifen aus Süd- osten gegen Methuen befürchtet werden müsse. In der Tat hatte die 19. Division in einem Gewaltmarsch, der an ihre Leistung bei Mars la Tour erinnerte, längst den Briten die Flanke abgewonnen imd griff immer mehr in deren Rücken aus. Die deutsche und holländische Kavallerie ging ihr voraus und streifte bald die Küste entlang, die Verbindung mit dem Haay unterbrechend. Auf Dünenknicks hoben sich vor den ankernden englischen Transportdampfem im Waterweg-Hafen ferne Reiterstandbilder ab, die hernach lebendig wurden und frohlockend Karabiner- schüsse mit der spärlichen Bemannimg austauschten. Als sich Methuen über seine Lage klar wurde, dass er weder bei Leyden-Harlem zur Zuydersee durch- brechen, noch wahrscheinlich Waterweg wieder er- reichen könne, blieb ihm nur die Wahl, die Trans- portflotte nach der Scheveninger Gegend herzurufen und sich im Haag so lange zu halten, bis er dort an unsicherem Strande, die Dampfer hinter sich, eine wahrscheinlich nur per Boot mögliche Einschiffung versuchen könne.
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Gleichzeitig setzte er sich mit dem Zuyder-Ge- schwader in ununterbrochenen Verkehr durch draht- lose Telegraphie, sofortige Unterstützung durch die Flotte erbittend. Betroffen antwortete Rearadmiral Neville: ,,Sende sofort Hälfte memer Eskadre zur Deckung, mache mit der andern starke Demonstra- tion gegen Amsterdam, um Aufmerksamkeit abzu- lenken." £r hielt für angebracht, nördlich die aus- geschiffte Strandbatterie Feuer eröffnen zu lassen« fuhr tiefer in die Bucht östlich, legte westlich sich quer vor Y-Muiden, wo weder Minen noch Tor- pedos die Kanalforts unterstützten. Dies Fem- feuer hatte nur den Erfolg, Amsterdam in einen Taumel patriotischer Wut zu versetzen, mit lautem Geschrei über die völkerrechtswidrige Behandlung einer offenen Handelsstadt. Königin Wilhelmine, soeben inmitten einer Schw^ron schwarzgelber Braunschweiger Husaren einfahrend, steigerte durch ihre anmutige Erscheinung diese Stimmung. Von allen Firsten und Simsen der violett und kaffeebraun angestrichenen Häuser oder ziegel- roten Backsteintürmchen, von allen Wipfeln der matt- grün rostfarbigen Baumalleen der Kanalgrachte winh pelte die rotgelbe Nationalflagge. Das Volkslied ,Oranje Boven' entstieg unzähligen Kehlen, von un- zähligen Oranjebitters und anderen Kolonialschnäpsen begossen. Ein Caf ^besitzer zeigte in Saandam das Loch seiner Porzellanwandmalerei, wo ein Bombensplitter hineintraf und einen Bambusstuhl zerspellte, und for- derte zur Rache für solche Untat auf. Die Amster-
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damer Extrablätter über britische Barbarei wanderten durchs kleine Ländchen zwischen Rhein und Scheide, die Deutschen als Retter in der Not feiernd. Der deutsche Korpskommandant liess sich übrigens nicht beirren, auch nicht, als ein Marinekommando am alten Arsenal landete, sondern warf nur in die von Bürger- miliz wimmelnde Stadt das Braunschweiger Infanterie^ regiment nebst einer Haubitzbatterie, die sich gegen die Strandbatterie eingruben und allmählich vor- schoben. Mit drei deutschen und vier holländischen Regimentern, die seitwärts der Stadtenceinte defi- lierten, drängte er Methuen imablässig nach, dessen ^Eilmarsch rückwärts bereits die Scheveningen be- rührende Kavallerie von Südosten her belästigte. Bei der 19. Division traf per Feldtelegraph die Kunde vom Sieg der Westfalen und bevorstehender Einnahme Antwerpens ein und erhöhte die Spannkraft. Mit Auf- bietimg aller Kräfte marschierte man küstenaufwärts, nur zwei Bataillone und eine Batterie nach Water- weg entsendend, um dort den Landeplatz für weitere britische Transporte zu sperren. Doch erreichte man erst abends Flanke und Rücken der britischen Auf- stellung am Haag.
Dort setzte sich bisher der energische Methuen mit Umsicht zur Wehr, die Seinen fochten mit fin- sterem Ingrimm. Jeder Tommy Atkins kennt die fabelhafte Mär von Sir John Moores Rückzug nach Corufia, mit britischer Prahlerei ausgeschmückt, und schmeichelte sich, es jenen Ahnen gleichzutun und die Verfolger bis zum Eintreffen der Transportfahr-
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zeuge noch vorher tüchtig durchzuwalken, wie falsche britische Historie es darstellt. Doch lässt sich nicht leugnen, dass auch hier Beispiele von unbeug^samem Mannesmut sich zeigten, wie sie uns das schlichte Tagebuch des Korporals Harris über den Moor eschen Rückzug verewigte. Nichtsdestoweniger liess äch nicht ändern, dass vor Tagesschluss alle Aussen- stellungen nacheinander genommen wurden und die britischen Truppen durch die Avenuen des schmucken Residenzstädtchens zum Strande rückwärts ström- ten. Die Badeanlagen von Scheveningen bildeten schon ein Trümmerwrack, und dem deutsch^i Par- lamentär trug Methuen auf, Kapitulationsaufforde- rung hochmütig ablehnend : „Sagen Sie Ihrem Chef, dass ich eventuell den Haag niederbrennen werde, um Feuerschranke zwischen mir und dem Feind zu errichten. Ich bin zu allem entschlossen, bri- tische Truppen ergeben sich nicht, gewiss nicht un- ter meinem Kommando." In deutscher Sprache fügte er hinzu: „Eure Berliner Zeitimgen haben mich da- mals genug beschimpft, ,Maggersfontain' wie eine feige Feldflucht verhöhnt. Ihr werdet sehen, was von euren Dummheiten wahr ist." Wirklich liessen sich die um Pardon winkenden weissen Taschen- tücher, womit laut deutschen und französischen Be- hauptungen ganze Abteilungen im Burenkrieg beim ersten Verlust die Waffen streckten, nirgendwo sehen, auch nicht, als der deutsche Kommandierende trotz Erschöpfung seiner marschmüden Truppen er- neuten Nachtangriff beschloss. So wollte man den
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Feind zur Strecke bringen, ehe die Einschiffung sich vollzog, da man telephonisch aus Waterweg <ias Abdampfen der Transportflotte erfuhr, deren Lichter auch schon draussen auf See gesichtet wur» den. Mit dem Niederbrennen des Haag hatte es gute Weile, da das jähe Eindringen der Deutschen, die jetzt selber jede Artillerieverwendung aus Rück- sicht auf die Holländer vermieden, ein regelrech- tes Anzünden immöglich machte. Doch litten viele Palais imd Villen grausam unter dem grausen nächt- lichen Strassenkampf, von schwachen Bränden fahl beleuchtet. Als der Morgen anbrach, war kein Brite mehr im Haag, alles zur Küste hinabgewor- fen, wo die Transportdampfer bei hohem Seegang sich nicht nahe herantrauten, sondern nur eine Menge Boote aussetzten. Gleichzeitig hoben sich aber die Panzerimgetüme der Zuyderflotte aus der Flut und öffneten den glühenden Mund ihrer Stückpforten gegen die rechte Flanke der Bedrän- ger, die hier etwas auswichen und somit der Ein- schiffung Raum geben mussten. Da aber die Schiffe bald nur langsam und bedächtig feuerten, um nicht das im Meemebel undeutlich verschwimmende Ein- schiffungsgewimmel der eigenen Truppen zu gefähr- den so fuhren die deutschen Batterien bald sehr nahe an der Düne auf und richteten ihre Geschosse gegen die Transportdampfer. Mehrere kenterten, gingen imter, in den Grund geschossen, ihre Masten und Raen umspielten auflodernde Flammen. Auf der weithin bestrichenen Meerfläche sank ein
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Boot bach dem andern, Schwimmer und Ertrunkene füllten die Wellen. Eine Schaluppe und ein ^osses viereckiges Floss, mit Fahrzeugoi und Protzen be- laden, schlugen um tmd entleerten ihre kostbare Last in die Tiefe. Ununterbrochenes Schnellfeuer der „verbesserten" deutschen Gewehre neuster Ver- vollkommnung entmannte endlich die verzweifelt den Strand haltenden Streiter, der Union Jack senkte sich nieder. Der Hauptteil der schönen Division mit dem verwundeten Lord Methuen selber, dessen hochgewachsene stolze echtbritische Erscheinun^r, ein Vorbild ritterlichen Mutes, jetzt in finsterem Missmut abseits stand tmd Beileidsbezeugung ihm privatim be- kannter deutscher Generale nur durch herablassendes Kopfnicken beantwortete, wanderte gefangen zum Haag zurück. Von dem Rest auf den Booten rettete sich nur ein Teil unter Beihilfe bemannter Dampf- pinassen der Panzerschiffe, ilie mit Rifles tuid Re- volverkanonen kaltblütig den Strand unter Schuss nahmen. Da jetzt die Granatkolosse der Kriegs* flotte wie Feuerdrachen heransausten, mehrere Feld- geschütze sofort zertrümmerten, eine Batterie mit Mann und Maus wegputzten imd auch die hanno- verschen Bataillone übel mitnahmen, zogen die Sie- ger sich ausser Schussbereich bis hinter den Haag zurück. Von zwölftausend Mann, mit denen Me- thuen ausgerückt, kehrten nur zweitausend nach England heim. Die ganze Artillerie ging verloren. Dazu kam der Schaden an Transportdampfem imd Booten. Die Deutschen, todmüde auf ihren Lor-
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beeren ausruhend, verloren noch nicht zweitausend, die Holländer vierhundert Mann.
Als am 28. mittags die neue Transportflotte mit Methuens zweiter Division von Waterweg ge- meldet wurde, ging der allgemeine Wunsch dahin, auch diese Truppe ruhig landen zu lassen, um sie dann gleichfalls aufzuheben. Lieut. General Knox schien aber Unrat zu merken und setzte nur ein paar Boote ans Land, um sich nach Ver- bleib der anderen Transportflotte zu erkundigen. Ob- schon die dort postierten zwei Bataillone auf eilige Instruierung durch den Feldtelegraph sich zurück- zogen und auch ihre Batterie sich nicht zeigte, er- schien dem Engländer dies Abdampfen der früheren Transportmittel so verdächtig, dass er sich von der Küste langsam entfernte, wobei ihm die rasch vor- trabenden Geschütze einige gutsitzende lange Schüsse nachsandten. Durch den Funkentelegraph benach- richtigt, vereinte sich der frische Transport mit den Trümmern des ersten tmd hielt sich fortan im Schutz der Panzer auf hoher See. Waterweg wurde fortan durch ein Detachement und zwei Batterien in auf- geworfenen E^tfibefestigungen gesperrt, auch eine Mine im Hafen und eine Flattermine weiter draussen angelegt, ebenso längs der Küste am Haag ein Fostenkordon mit einer Batterie verteilt. Um Amster- dam von fernerem Überfall zu sichern, veranlasste man am 30. früh einen Handstreich gegen die Strandbatterie, die der Gegner immer noch nicht einziehen wollte. Die gesamte schwere Artillerie
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des Regiments ,Schamhorst* ging zur westlichen Halbinsel ab und beschoss die Landzunge aufs hef- tigste, während eine rasch per Bahn zurückg^eführte Brigade im Innern den Uferrand umging. Da nun bald die Einschliessenden in förmlichen Laufg^^äben die Batterie immer näher einkreisten und die Be- dienung von den Erdwällen hertmterschossen, nahir der herandampfende Geschwaderchef die Besatzung auf, die sich noch retten konnte. Ein Bergen der acht schweren Schiffskanonen gelang aber nicht mehr, so emsig die Geschosse der Panzer den Strand ab- suchten, da jede zur Bergfung landende Abteilung unterm Gewehrfeuer unsichtbar in der Düne ver- grabener Schützen zusammenbrach, auch ein nacht- licher Versuch missglückte, da die Deutschen rasdos Wache hielten und ihr Scheinwerfer, auf der bleichen Düne hin und herschimmemd, jedes Aussteigen aus den Booten verriet. Murrend fügte sich der dortige Commodore in das harte Los, auch seinerseits seine ,glorreiche* Unternehmung nüt einem Verlust ab schliessen zu müssen. Die stehengebliebenen Stücke wurden später im Triumph nach Amsterdam zurück- geschafft und mit ihnen und anderen Festungsstückeu ein Batteriestand an anderer Stelle errichtet, von wo man besser die Einfahrt beherrschte. Verteidigungs- werke bei Kampen und Harderwyk auf Ost seit e und am Muidenkanal, wo Destroyers, Brander, leichte Kreuzer noch etwas Tiefgang fanden, machten weitere Heimsuchung zu zwecklosem Beginnen. Die britische Eskadre verliess die Zuydersee.
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Die holländische Regierung musste sich dazu bequemen, während ihre Truppen sämtlich per Bahn nebst der 20. Division zur französischen Grenze ab- S^eschoben wurden^ nun ihrerseits die Einsetzung eines deutschen Generalgouvemeurs zu genehmigen, der Holland militärisch organisierte. „Im Namen Ihrer Majestät der Königin der Niederlande" wurde ent- sprechende Aushebung von Mannschaften angeord- net, die nichtsahnend zu ihren biederen Bürgerkom- mandanten strömenden Milizbataillone ohne weiteres in die Ordre de Bataille der aktiven holländischen Armee aufgenommen oder als Ersatzbataillone mit älteren aktiven Cadres verschmolzen. Die gleiche Massregel führte man in Belgien durch, dessen Heer so auf viier Divisionen verdoppelt wurde, das hollän- dische desgleichen. Dass dies nicht ohne grollen- den Widerstand abging, verstand sich von selber. In Rotterdam, Lüttich, Brüssel und Charleroi kam es zu blutigen Aufständen, die jedoch von. der deutschen Militärbehörde um so leichter niedergeschlagen wur- den, als die Bürger bald den sozialistischen Charakter dieser Bewegung witterten und daher die Truppen, oft mit bewaffneter Hand, imterstützten.Doch musste man zur Unterdrückung der Grubenarbeiterempö- rung in Charleroi, so nahe an der französischen Grenze, die alte belgische Mecheln-Division zu Hilfe nehmen, die dies, seit dem* Tag von Ant« werpen auf deutsche Waffenbrüderschaft stolz, mit Eifer besorgte. Die Redensarten der Brüsseler Ra- dikalen, dass man so den Bürgerkrieg entfesselt
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habe, blieben ebenso ohnmächtig, wie der fromme Trost in Paris und London, dass Belgien und Hol- land, unterm Joch fremder Zwingherren seufzend, nur darauf brennten, es abzuschütteln. Beide Lander beruhigten sich damit, dass der schnelle Sieg^eslauf der deutschen Nachbarn sie wenigstens binnen acht Tagen davon erlöst habe, lange als Kampfplatz für die anderen Nachbarn zu dienen, von deren Liebens- würdigkeit man auch unangenehme Begriffe bekom- men hatte. So taten denn die niederländischen Trup- pen, einmal im eisernen Band der deutschen Heeres- ordnung eingekeilt, vor dem Feind das Ihre, was sie konnten und mussten. Die Ruhe in Holland imd Belgien war eine so völlige, zumal man an Heeres- lieferungen auf den deutschen Etappenlinien über Köln und Lüttich reichlich verdiente, dass Cnde Juni sogar die 19. Division und 27. Brigade von zwei westfälisch-niederrheinischen Landwehrdivisionen ab- gelöst werden konnten, die fortan Küstenschutz und Etappendienst im Verein mit der Miliz allein übernah- men. 20 000 deutsche Einwohner sicherten Antwerpen. Den deutschen Erfolg versüsste noch der Zank zwischen beiderseitigen Militärs und ein sich täglich mehr vergiftender Federkrieg der Londoner und Pa- riser Presse, wo jede Partei der anderen die Schuld an solchem Missgeschicke zuschob. Dem gerechten Vorwurf Bullers, dass man ihn auf die Vorgäng^e in Belgien nicht auf dem laufenden erhielt, hielt man französischerseits entgegen, dass die britische Expedition einen Tag später als vereinbart in See
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stach, und bezeichnete dies als Probe mangelhafter Kriegsvorbereitnng. Da man im übrigen die Mit- schuld nicht entkräften konnte, warf man sich mit hämischer Schadenfreude auf den Methuen-Zug, den man als hirnlosen Tollhäuslerstreich imd Probe für Unfähigkeit britischer Generale brandmarkte. Die englische Lesart: .bekannte gallische Unzuverlässig- keit, Neuauflage von Sedan' beantworteten freund- liche Winke: .bekannte britische Perfidie, Neuauf- lage von Colenso und Spionskop'. Das imnatürliche, nur auf gemeinsamem künstlich geschürtem Hass ohne sonstige Sympathie und Interessengemeinschaft gegründete Bündnis hatte schon jetzt einen Riss bekommen. In London wagten sich Stimmen her- vor, da Englands maritime Obmacht an anderer Stelle wichtige Erfolge errang, dass man Krieg gegen Deutschland besser allein bloss zur See geführt haben würde. In Paris wurden gar Bemerkungen laut, dass man am Ende noch Deutschlands Feindschaft Englands Freundschaft vorziehe. Da wurde der erheblich gesunkene Barometer der öffentlichen Mei- nung wieder nach oben geschnellt durch einen Macht- zuwachs: Italiens Eingreifen. —
Trotzdem das Land offen Krieg gegen Österreich verlangte, auf den man sich schon jahrelang heim- lich gerüstet, und aus voller Sympathie für die Alliierten kein Hehl machte, so dass die stets im französischen Fahrwasser segelnden ,Corriere della Sera' und ,Secolo*, die beiden verbreitetsten Blätter,
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täglich enthusiastische Kundgebungen vor dem fran- zösischen Konsulat in Mailand verzeichnen durften, und der französische Botschafter am Quirinal sich massloser Zärtlichkeit der ^^lateinischen Brüder'^ kaum erwehren konnte, entsprach es nicht den Absichten der italienischen Politik, sich so bald für eine Seite zu erklären. Der heimlich befreundete russische Hof gab zweideutig unklare Direktiven, die img^efähr bedeuteten, Russland werde Besetzung Albaniens wohlwollend begrüssen, Krieg gegen Österreich we- der abraten noch empfehlen, stehe im übrigen dem Werdegang der Dinge gleichgültig gegenüber. Auch kam es dem ehrliebenden begabten jungen König schwer an, eine flagrante Verletzung der Bundes- treue sofort vom Zatme zu brechen, da er weder Grund noch Neigung hatte, sich mit Deutschland zu verfeinden. Dagegen tat ein Hirtenbrief des Vati- kans, der im Gegensatz zu Italiens kirchlicher Indif- ferenz das klerikal gläubige Osterreich pries, diesem Staate einen schlechten Dienst und machte Kampf wider diesen Bundesgenossen des Papsttums erst recht in den Augen der Italiener zu einem heiligen Krieg. Die Putsche der Irredenta in Triest und Trentino brachten die Aufregung zum Siedepunkt, und gleichzeitig flog die Post vom französischen Siegeszug nach Karlsruhe und Stuttgart herein, von der in Italien allein gelesenen tmd massgebenden Pariser Presse ungeheuerlich vergrössert. Ein wahn- sinniger Begeisterungstaumel ergriff Italiens Gaue. „Jetzt oder nie! Befreiung der italienischen Brüder!"
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johlten riesige Volksmengen von Venedig bis Nea- pel, von Genua bis Palermo. Republikaner, Soziali- sten, Anarchisten fragten überall drohend, ob man eine so vaterlandslose Monarchie noch länger dulden solle. Victor Emanuel sah wirklich die Monarchie in Gefahr, dabei selber vom übertriebenen Sieges- geschrei der Franzosen betäubt, von der Glorie mög- licher Eroberungen geblendet. Dass die nach Al- banien entsendete Streitmacht, wegen deren Oster- reich schon Vorstellungen erhob, dort wahrschein- lich bald neben den Türken auf österreichische Bei- hilfe stossen werde, schien gewiss. Als daher eine drohende Note nach Wien, dass Italien wegen bru- taler Misshandlung italienischer Stammesgenossen Entschädigung und Entschuldigung verlange, kurz und schroff abgelehnt wurde, stellte man dem Bot- schafter am 12. Juni seine Pässe zu. Sein deutscher Kollege ward vertraulich instruiert, dass der Zwist mit dem Donaustaat keineswegs Bruch mit dem andern Kaiserreich nach sich ziehen solle. Nach geheimer Verständigung mit dem österreichischen Kabinett gab sich Deutschland damit zufrieden, da es nicht im Interesse Österreichs lag, wenn die italienische Flotte ihr Gewicht gegen Deutschland in die Wagschale warf, und Deutschlands Aufrecht- erhaltung am besten den Bestand Österreichs ver- bürgte. Man würde nachher schon gemeinsam die Rechnung begleichen. —
Die französische Niederlage in Belgien kam nur in abgeschwächter entstellter, die englische freilich
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in voller Form zur Kenntnis des italienischen Pu- blikums, wofür die Polemik in der Pariser Presse schon sorgte. Später musste auch notgedrungen das Zurück- weichen auf Beifort eingestanden werden, alles Dinge, die solch nichtgewollte Überstürzung der Partei- nahme bereuen machten. Es war zu spät, wieder einzulenken. Doch gleichzeitig brachte die Bestä- tigung vieler Berichte, die deutsche Marine sei von der britischen angeblich mit Stumpf und Stil aus- gerottet, den Kriegstaumel der heissblütigen Süd- länder zur Siedehitze. Unter gellendem ,Abasso gli Tedeschil Evvivaltalia Unital* wälzten sich die beiden lombardischen Korps von Ala gen Riva. Als es wirk- lich ans Schlagen ging, zeigten sich freilich die Süd- italiener minder davon erbaut. Tausend Nachlässig- keiten, Unterschleife, Widerwüligkeiten verzögerten dort die Mobilisierung so sehr, dass man anfangs nur das toskanische, venetische, umbrische Korps bereit hatte, die sich alsbald gegen die Julischen und Kamischen Alpen wendeten, um auf Triests „Befreiung" loszuziehen. Zahlreiche Freiwilligen- scharen nach Garibaldinischem Muster begleiteten die Armee, während das romagnesische imd apulische Korps schon in Albanien landeten und nun die ge> samten Eskadres von Spezzia, Maddalena, Neapel, Brindisi auf Höhe von Korfu sich vereinten. Die türkische Antwort auf die albanesische Expedition, die Türkei betrachte sich im Kriegszustand mit Italien, erregte in Monte Citorio lautes Gelächter« Ja, der Übermut stieg so sehr, dass man sofort in Tessin ein-
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rückte, um gleich ein für allemal mit allen irredentisti- sehen Aspirationen reinen Tisch zu machen, sie alle miteinander zu befriedigen. Die Schweiz nahm die machiavellistische Ausflucht, dass die Eidgenossen- schaft neutralitätsbrüchig sei imd Italien deshalb seine Grenzen schützen müs^, mjit verächtlichem Gleichmut entgegen. Das erste piemontesische Korps, das in dieser Richtung abmarschierte \md sich vor allem der Simplonbahn bemächtigen wollte, kam dort übel an. Den ganzen Juni durch fielen täglich Bergscharmützel vor, in denen zwar die Italiener viel Mut und Gewandtheit, die Schweizer aber ihre phy- sische Überlegenheit und ihr unvergleichlich bes- seres Schiessen zur Geltung brachten. Ein Hand- streich auf Domo d'Ossola scheiterte unter bösem Verlust der tapfem Bersaglieri. Bellinzona, wo die zum Gotthard abziehenden Tessiner Milizen noch aus Kaserne und Castello lebhaft feuerten und gar keine Lust verrieten, zu den steuerbelasteten monarchischen Sprachgenossen überzulaufen, ward zwar feierlich mit rotweissgrüner Fahne geschmückt, und im weiten Tal zwischen Luganer See und Lago Maggiore breiteten die Piemontesen sich aus. Doch ihr ernstlicher Versuch am 21. Juni, über Faido das Fort Airolo zu berennen und seitwärts über den Luck- manier gegen Rheintal und Oberalpsee zu umgehen, scheiterte vollständig. Den grossen Tunnel zu spren- gen, fand der Schweizer Gotthardkommandant nicht der Mühe wert, er wurde nur im Innern verschüttet und gesperrt, und nach der italienischen Seite über
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die brausende grünlichschäumende Reuss hinüber sausten die Geschosse der Andermatter Forts mit vernichtender Wirkung, da sämtliche Ziele markiert und genau bekannt waren. Die Landwehr der Ur- kantone und der Luzemer Reservedivision unter Oberst Segesser verlachte alle Anstrengungen, drei- undzwanzig Sturmversuche auf Fort Airolo schlug der Komnumdeiu: Hardoren imter Beihilfe der Goti- hardartillerie blutig ab. Oberst von Tschamer und der aus Zürich hergeeilte frühere Gotthardchef Oberst Professor Affolter, eine der grössten artil- leristischen Autoritäten, leiteten die Verteidigung des Berges mit solcher Umsicht, dass die Italiener fortan von jedem weiteren Wagnis abstanden. Dem früher offengelassenen, seither verhauenen Pass von Domo d*Ossola brachte man bei nächtlichem Überfall rasch Hilfe über den Kreuzlipass, und ein weiterer Ver- such am 25. aus Chiavenna, den Splügen zu for< eieren, ward von der Landwehr von Ander und einer Artilleriekompagnie hohnlächelnd abgewehrt. Mächtig rollte hier das Knattern der trefflichen Gewehre des Schweizer Modells die steilen Ab- grundwände der Via Mala entlang. Ferneres Be- mühen, aus dem Veltlin zum Malojapass emporzu- klinunen, scheiterte an seiner eigenen Lächerlichkeit. Alldieseenergisch angepackten, aber gänzlich un- fruchtbaren Operationen entsprangen dem kindlichen Heisshunger Italiens, sich als wahre Grossmacht abzurunden und sichere Alpengrenze zu gewinnen, auch das romanische Engadin als italisches
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Sprachgebiet auffassend, sowie dem sehr praktischen Bestreben, die Simplon- und Gotthardbahn ganz in die Hand zu bekommen, sich den Ausgang der AI- bulabahn zu erwerben. Bei dem allen waren aber die Augen grösser als der Magen, man machte die Rechnung ohne den Schweizer Wirt 1
Als das zweite piemontesische Korps von Ber- gamo nach Venezien als Reserve der Hauptarmee vorrücken wollte, kamen ihm schon allerwärts flüch- tende entscharte Haufen entgegen; denn das Schick- sal des Feldzugs entschied sich im Handumdrehen. Im österreichischen Heere begrüsste man die Kriegs- erklärung mit fröhlichem Jubel. Die traditionelle Geringschätzung des italienischen Volkes und Staa- tes in österreichischen Kreisen kam hier dem Heer- bedürfnis entgegen und unterstützte die Kampflust. Man beklagte nur, dass man nicht schon den Jah- restag von Custozza auf gleicher italienischer Wal- statt festlich begehen könne. Die Verletzung des ungarischen Grenzzipfels, als die italienische Armee unter fortwährenden Gefechten am Pradilpass, bei Fontebba, im Val Isonzo und am Tagliamento sich über Fiume imd Aquileja ins Triestinische wandte, brachte Ungarn und Kroaten so in Zorn, dass drei Honveddivisionen verlangten, ausserhalb ihrer in- ländischen Dienstpflicht ins Feld nach Italien ge- führt zu werden. Es wurden wirklich eine Reihe Landwehrdivisionen in den Alpenlanden imd dem Grenzerbezirk aufgeboten, sonst nur ein aus Linz nach Innsbruck gelangtes Korps, das zum Boden-
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See weiter sollte, sistiert und über den Brenner geleitet. Die schon früher gegen Italien an der Grenze aufgestellten Streitkräfte schienen sonst aus- reichend, es blieb alles beim alten.
Die kleinen veralteten Sperrforts bei Nago imd Mori mussten nach braver Gegenwehr ge^^en die Lombarden kapitulieren, indes eine Flottille kleiner gepanzerter Fahrzeuge den Gardasee entlang: fuhr, Torbole in Asche schoss und in Riva Truppen landete. Unter massigem Gefecht, aber Schritt für Schritt wich die in Südtirol postierte ,Truppendivision* nach Bozen und von da bis .Franzensfeste, wo eine Kärntner Landwehrdivision auf der bekannten Schnellzuglinie Villach — Franzensfeste sich aus- schiffte. Das Innsbrucker Korps überstieg schon den Brenner. Durchs Tal von Brixen und Trient, wo der Einzug des Herzogs der Abruzzen mit Läuten aller Glocken gefeiert wurde, ergossen sich die lom- bardischen Korps, fest entschlossen, auch den Bren* nerpass zu stürmen. Büchsen des Landsturms von Passeier gaben ihnen seitwärts durchs Meraner Teil das Geleit und fäit>ten die Wellen der £isack und Etsch mit italienischem Blute. Als die Sonimer- sonne des 19. Juni auf den Mauern von Franzens- feste schimmerte, sahen die siegesgewissen Lombar- den eine statdiche Streitmacht breit das Tal über- spannen. Aus den Waldbergen sprühte Feuer von Tiroler Schützen. Unter lautem ,Evviva Italial La libertäl Sempre avanti, SavoiaT nahmen die Käm- pen Italiens beherzt den Kampf an, man kann es
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nicht anders sagen. Drei Stunden wogte der Kampf liin und her. Doch das überwältigende Feuer ihrer skXi Material und Bedienung weit überlegenen Ar- tillerie, ihres alten Ruhmes eingedenk, die schreck* liehe Treffsicherheit der Tiroler Kaiserjäger und die weitere Zone des verbesserten Mannlicher- gewehrs verschafften den Österreichern einen ra* sehen Sieg, den ihre in altem Landsknechtgeist sol- datisch erzogene und von Natur kriegerische Mann- schaft vollauf verdiente. Zuerst wankte das Korps Alessandria, dann das ostlombardische von Lodi, zuletzt wich alles in regelloser Auflösung, die sich in folgenden Tagen unter Verfolgung der Tiroler Freischützen zu heller Flucht steigerte. Bald weh- ten wieder schwarzgelbe Banner auf den Forts von Nago, an deii schroffen glatten Bergrücken, Über- resten einstiger Gletscher, und am Wasserfall des Gardasees auf der gegenüberliegenden Seite troff noch viel Blut herunter, ehe die Geschlagenen unter Zuhilfenahme der Seeflottille Desenzano erreich- ten. Dort aber am Ossario (Knochenhaus) von San Martino, der geweihten Stätte der für Italiens Einheit Gefallenen, am freskengeschmückten Turm- denkmal, am Torre di Solferino und dem düstem Zypressenhain der mit Vignen, Feigenbäumen und Maulbeerpflanzungen bedeckten Landschaft fluteten ihnen schon Trümmer der Schwesterarmee entge- gen. In einer Kette von Kämpfen zwischen 18. und 23. Juni hatte das mit stürmischer Frische an- drängende kaiserliche Heer die Italiener allerorts
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übei die Grenze zurückgeworfen und stiess durdi Friaul bis zum Mincio nach.
Auf der alten Walstatt von Solferino, die natcr- gemäss zur Schlacht einladet, weil die linke Flanke auf italienischer Seite durch den Gardasee gedeckt kam es am 26. zu erneuter Entscheidung, da die Italiener wenigstens die Etschlinie halten wolltoi Diesmal aber mit umgekehrter Rollenverteilung. Denn heut hielten die Italiener als Verteidiger dk Höhen von San Martino, von denen sie erst spät das österreichische Artilleriefeuer vertrieb, da hie: nur hinhaltendes Gefecht wogte. Dagegen erfolgtr ein Gewaltstoss der Österreicher gegen Solfenno. dessen Zypressenhügel hier wieder den SchauplaQ wilden Gemetzels abgab, und sie brachen gerade dort nun atn Campo di Medole durch, wo damah Mac Mahon ihr Zentrum durchbrach. Oie nach hartem Kampf aus Guidizzolo und Rebecco verjag ten Venezianer eilten fluchtartig auf Verona zurück, das eine kaiserliche Seitenabteilung schon bedrohte Die italienische Mitte bog exzentrisch nach Süden aus, die Linke zog in gerader Richtimg westlich auf Brescia ab. In Verona, dem früheren Hauptquar- tier des Königs Victor Emanuel, gouvemierte schon am 27. ein Feldmarschalleutnant, das von jeder Hilfe abgeschnittene Venedig kapitulierte kampflos bald darauf, da die Aufopferungsgründe der Manin* Zeit heut vorüber. Übern Markusplatz fluteten die lustigen Weisen kaiserlicher Musikkapellen, in den Gondeln fuhren flotte Offiziere zur Isola della Sa-
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lute hinüber, alle Kauffahrer flüchteten vom Lido und der Riva degli Sciavoni auf hohe; See. Wieder- uhi hatte man die verhassten Tedeschi im Lande, ^ro früher die schwarzblauen Waffenröcke mit weissen und roten Wollenschnüren und grauen Ho- sen der heimischen Infanterie, die Federbüsche tief- blauer Bersaglieri den Rialto füllten. Ihre hellblauen und grauen Uniformen mit den hohen schwarzen Tuchmützen der Offiziere spiegelten sich in den grünlichen Gewässern der Lagimen, den hellen des Alpone, den himmelblauen des Gardasees. Nur die heimischen Tauben schnäbelten sich noch an Seuf- zerbrücke und Flügellöwe, als verhöhne die Natur das Hin und Her menschlicher Besitzrechte. —
Was half da der Trost, dass wenigstens Ita- liens Fk)tte durch riesige Übermacht gesiegt 1 Schon am 18. erschien auf dem blauen Meer zwischen Pola und Triest die prachtvolle Reihe der Panzer : „Dandolo", „Lepanto", „Italia", „Duilio", „Andrea Doria", „Francesco Morosini", „Ruggero di Lau- ria", „Regina Margarita", „Benedetto Brin", „Em- manuele Filiberto", „Admiral St. Bon", „Umberto", „Sicilia", „Sardegna", „Vittorio Emmanuele", „Re- ^na Elena", umgeben von leichteren Panzerkreu- zern wie „Etriuia" und „Lombardia". Die grossen, zu Kreuzern umgeschaffenen Transportschiffe „Euri- dice" und „Varese" führten Truppen zur Landung mit. Die kleine österreichische Marine vermochte gegen solche Übermacht nichts weiter, als tapfer zu sterben. Während einige ihrer veralteten Kor-
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vetten, Monitore, Fregatten von zweitausend Tonnen in Bai von Ragusa, Sebenioo, Bocche di Cattaro blieben, wurde trotz sechzig Forts mit fünfzig Mes- sern der Kriegshafen Poia in zwölf stündigem Feuer- kampf von Grund aus zerstört, „Habsburg", „Baben- berg**, „Arpad**, „St. Georg" als Wracks zum Flagge- streichen gezwungen. Die alte Niederlage von Lissa war gerächt, doch wie unrühmlich 1 Wenn auch de Geist Tegethoffs nicht mehr über den Wasseni schwebte, und ein Rammen mit Holzschiffen heut ins Reich der Fabel zu gehören schien, so suchte der österreichische Admiral doch den ungleichen Kampf damit glorreich zu Ende zu führen, dass er „Karl VI.", „Rudolf, „Theresia", „Elisabeth" heran- brachte, bis seine „mittlere" Artillerie gegen die 43 Zentimeterrohre der Barbettetürme auf den itaÜe- nischen Panzern durch Nahfeuer aufkomm^i konnte. So hatte er wirklich „Lepanto" imd „Sardegna" ausser Gefecht gesetzt, „Umberto" durch einen Kemschuss zum Explodieren und Sinken gebracht, eh er mit dem Rest seiner Helden den Untergang fand.
Den Hafen von Triest hatte man sofort blockiert, alle fremden dort liegenden Handelsschiffe, darunter auch deutsche, als Prisen weggeschleppt, Marine- truppen in die vom österreichischen Militär lang- sam geräumte meuterische Stadt am 21. einrücke lassen. Doch nicht lange freute man sich dieser Beute, die man durch gleichzeitige Mitwirkung der Landarmee hätte behaupten können. Sobald aber diese nach Friaul zurückgeworfen, kam von Görz
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eine Landwehrdivision nebst einer aktiven Brigade, drang sofort in die von Barrikaden starrende Stadt und liess sich von der draussen auf See »^schwingen* den*' Fk)tte nicht einschüchtern, die doch nicht ihr geliebtes brüderliches Triest bombardieren durfte. Immer mehr österreichische Truppen häuften sich bis Ende Juni hier an, die gelandeten Marine- mannschaften hatten längst ihren Bord wieder auf- suchen müssen. — Obschon 24. ArtilL-Rgt. bei Sol- f erino sich nicht ohne begeisterte Hingebung schlug cKler todesmutiges Einsetzen 21. Reiterregiments Pa- dova nebst Corrazzieri und Carabinieri der könig- lichen Leibwachen gegen verfolgende ungarische Falatinalhusaren sich allgemeine Achtung erzwang, zeigte das italienische Militär sich dem österreichi- schen nirgends gewachsen. —
Aus Albanien verlautete auch nichts Gutes. Nach allerlei Hin- und Hermärschen auf der unwirtlichen Hochfläche und nach wertlosen Scharmützeln kam es auf der bergumgebenen Ebene von Janina zu einer offenen Feldschlacht, in welcher die Italiker sich zwar behaupteten und zwei sizilianische Schnellfeuer- batterien sich gerade so brav hielten wie bei der abessinischen Niederlage von Adua, aber doch aus Emährungsgründen wieder zur Küste abzogen. Mon- tenegriner links und Griechen rechts auf den Flanken richteten trotz aller Tapferkeit nichts aus. Serben, Bulgaren, Rumänen rührten sich nicht, aus Ungarn und Rumelien scharf militärisch überwacht, in der Hoffnung, doch noch von der russischen Sphinx zu
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erfahren, was sie dazu sage. Aber diese gab sich und andern Rätsel auf und rollte sich selbst in den Abgrund, da erneute Revolutiönchen in jedem Gou- vemement aufflammten. Da das bosnische Korps nunmehr den Türken schleunige Hilfe zusag^te, blieb den Italienern nichts übrig, als sich allmählich auf ihre Schiffe zurückzuziehen. Die Expedition war schmählich gescheitert, die Lage Italiens verzweif- lungsvoll, da man nun auch für die Eritrea-Gefahr alle Kräfte brauchte und doch so wenige mehr hatte. Natürlich schlug die Stimmung der wankelmütigen Nation derart um, dass man die Regierung, die man selbst zum Kriege gehetzt, kopfloser Abenteuerlich- keit beschuldigte und alle Niederlagen nicht der eigenen Schwäche masslosen Grossmachtkitzels, son- dern der Dummheit in die Schuhe schob, die lauter Lamarmora und Baratieri (ganz tüchtige Männer, die nur Unglück hatten) an erste Posten stelle. Hilfe für Eritrea lehnten übrigens die Allüerten mit höf- lichem Hohne ab, da man selber in Afrika »alle Hände voll zu tim habe, Italien aber auf eigene Faust Krieg führe und übrigens sich ja gar nicht gegen Deutschland, den eigentlichen Feind der Alliierten, erklärt habe. Wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu sorgen. Da plötzlich, als gegen Mitte JuU die Lage sich immer drückender gestaltete, machte der deutsche Botschafter erstaun- liche Eröffnungen und Anerbietungen, die auf ein- mal Lichtblicke zeigten und bewiesen, dass Italien doch noch etwas Wertvolles besitze: seine Flotte.
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Italien griff hier mit beiden Händen zu, als ihm Wiedereintritt in den Dreibund freigestellt und sogar ein Gewinn verheissen wurde, und damit trat auch diese Angelegenheit in eine neue Phase. —
Vor Konstantinopel hatte die Malta-Mittelmeer- eskadre sich recht johnbullig ausgetobt, Stambul verheert, türkische Marine zernichtet, Galatabrücke und Dardanellenforts niedergelegt, ohne aber ändern zu können, dass die besseren Türkenschiffe sich ins Schwarze Meer an russische Ufer flüchteten, wo sie angeblich abgetakelt wurden. Russland durch Verfolgen auf russisches Gewässer zu verletzen, lag nicht in Englands Interesse, ebensowenig lohnte es sich, Pera und Galata zu bombardieren, wo man die Europäer schonen musste. Die Eskadre patrouillierte also nur Bosporus und Marmarameer ab, kontrollierte den Hafen von Smyma, nahm deutsche und öster- reichische Schiffe weg und amüsierte sich mit De- monstration vor Salonichi. So trieb sie es den ganzen Juni durch, bis sie plötzlich andern Auftrag erhielt. Die Gibraltar-Hälfte der Mittelmeerflotte hatte ebensowenig wie das französische Toulongeschwader die Säulen des Herkules umschiffen dürfen, um die maritime Macht in der Nordsee zu verstärken, da die Franzosen ihre afrikanischen Küstenstädte, die Eng- länder jetzt auch Suez, Port Said und Alexandria behüten mussten, wo die islamitische Gefahr immer brennender wurde. Den Franzosen ging es Mitte Juni gar schlecht. Kaum rückte General de Torcy aus, als in Nordalgeria ein wilder Aufstand empor-
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glimmte, vom imversöhnlichen Feind im Mittel- sudan, dem Emir von Hadrisia, angestiftet. Eine gegen ihn in Kano, sechs Tagemärsche von Hadiisia, aufgebrochene Strafexpedition schickte er mit bluti- gen Köpfen heim, und die Tuaregs ritten in dichten Schwärmen durch die Wüste auf Timbuktu. Neger- stämme ergriffen die Waffen^ Viele Kolonisten fluch- teten auf die kleine vulkanische Insel Rachgoun, zwölf Stunden von Gibraltar, wo Frankreich Scbanz- bollwerke für eine Kohlenstation errichtete.
Denn zahllose Reitermassen der marokkanischen Kabylen überfluteten schon die Küste im Rücken des französischen 19. Armeekorps, das mit Hitze und Durst noch mehr als den wilden Scharen des Sultans Mohammed Said zu ringen hatte. Die Oasen Tafilet, Gouraca, Touat, die Marokko an Frankreich hatte abtreten müssen, überschwemmten schon flüchtige Reiterwolken ritterlicher Wüstenräuber, die beson- ders im Kopfabschneiden eine von den Vätern vererbte und pietätvoll gepflegte Virtuosität ent- wickelten. Die spanischen Hilfstruppen erlitten am 18. Juni eine greuliche Niederlage, kaum hielt sich Tanger selbst gegen Überfall, nur mit Hilfe des grossen Panzerkreuzers ,Guichen' (8000 Tonnen. 25 000 Pferdekraft), der als Schildwache die Meer> enge abfuhr. Am 21. kehrte das Algerische Korps in abgerissenem, zerfetztem Zustand nach Constan- tine heim, um wenigstens Algier selbst zu retten. Mittlerweile flackerte der Aufstand der Islamiten weiter. Aus dem Sudan erhob sich ein neuer Mahdi
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wie ein Samum, der alle Oasen verschüttet. Die Bahn in Biskra musste verlassen werden, in Tunis und Tripolis gab es nächtliche Massacres, wobei viele Europäer unter Lanzen, Dolchen und Flinten der Araber fielen. Überall predigten die Mullahs vom Minarett den heiligen Krieg, bald blieben die Städte Tunis, Biserta, Tripolis die letzten Bollwerke der europäischen Herrschaft. Jetzt ging es auch den Briten ans Leder. Aus dem Niltal stiegen mäch- tige Schlachthaufen von Arabern und Negern herauf, brachen in Nubien ein und schnitten Kartum zu Lande und Wasser ab. Die kleine britische Be- satzung wehrte sich auch dann noch bis ziun letzten Mann, als die angewori>enen Sudanesen zum Feinde übergingen. Bei Assuan kam es zu einem Treffen, ruhmvoll für britische Eichenstärke, wo britische Vierecke den AnpraU rasender Fanatiker abschlugen, sich aber längs der Bahnstrecke nach Ägypten retten mussten, weil man ihnen das Trinkwasser der Brunnen zu verschütten drohte. Nildampfer mit briti- schen Sportsmen und Touristen, die zu den Vic- toriafällen reisen wollten, mussten halbwegs ange- halten werden und gelangten nur unter grosser Müh- seligkeit, auf beiden Ufern von wüsten Schwärmen imter Kugel-, Pfeil- und Lanzenhagel begleitet und nächtlich von bewaffneten Barken halb geentert, nach Oberägypten zurück. Bald schwemmten entfesselte Horden auch dort den Widerstand weg. Dturch die Ruinen der alten Totenstädte von Luxor trabten Bar- baren, vom schwärzesten Afrika ausgespien. Und
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nun kam die bitterste Gefahr. Denn die türkischen Regulären, vereint mit beutegierigen Beduinen- haufen, marschierten ohne weiteres in Ägypten ein. Lord Cromer lieferte zwar am 28. Juni in der Ge- gend des alten Pelusium eine Schlacht, worin er den Türken Respekt vor den nordischen Herrenmenschea lehrte, doch die wachsende Übermacht wurde zu gross. Der Suezkanal musste geräumt werden, nur das Erscheinen der Panzer „Empress'*, „Implacable'\ „Revenge**, „Berwick*', „Bulwark" vor Port Said und Alexandria schirmte diese wichtigsten Verkehrs- punkte. Eine Mitte Juni aus England hergeschaffte Division, meist Militia und Volunteers, vermochte den Fall von Kairo nicht aufzuhalten, wo ein grau- samer Aufstand der Fellachen sich an den britischen Zwingherren rächte. Der einziehende türkische Pascha geriet zwar mit dem Mahdi in Zwist, der gleichfalls Ägypten für sich beanspruchte und alle Ungläubigen nüt der Schärfe des Schwertes vertilgen wollte. Aber der gemeinsame Hass wider die Euro- päer hielt sie beisammen und trieb sie vorwärts zur Berennung von Alexandria, die jedoch am 3. Juli unterm Feuer der englischen Linienschiffe xer- scheUte. Die Panzerkreuzer „Suffolk" und „Le- viathan" (von der sogenannten „Kent"-Klasse) hielten den Suezkanal frei und säuberten die Ufer, mussten aber später zum Schutz von Kassala abdampfen, gegen welche britische Kolonie ein neuer furcht- barer Gegner pochte. Menelik stieg von seinen Ber- gen herab, liess den Engländern und Italienern durch
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seinen Minister Ilg sagen, er sei ein Verbündeter des deutschen Kaisers, mit dem er in besten Be- ziehungen stehe, und bitte sich schleuniges Verlassen des ihm von Rechts wegen gehörenden Territoriums aus. So kam er der ihm von England für später zugedachten Expedition zuvor. Ras Alula drängte die italienischen Truppen mit riesiger Übermacht nach Massauah hinein, das sich jedoch halten konnte, obschon diesmal sämtliche Ascaris zu denAbessiniem überliefen, wie nach und nach alle Sudanesen und Fellah-Bataillone den Briten Gehorsam aufkündigten und ihre von England gelieferten Waffen gegen ihre britischen Offiziere kehrten. So konnten sich England und Frankreich überlegen, was es hiess, einen Weltbrand anzünden und sich einbilden, er werde sie selbst verschonen. Nachdem gemeinsam britische und französische Garnisonen den Kongo- staat überfielen, trieb eine aus Zentralafrika auf- schäumende Springflut der Niggerstänmie sie selbst hinaus der Küste zu. — — — — — -»- — Auf der langen Nordostfront Frankreichs von Seille und Meurthe bis Scheide und Sambre ver- strichen zehn Tage in völliger Untätigkeit. Zweifel- los hätte ein Vorstoss aus Flandern noch am 1. Juni, wo man mit drei frischen Divisionen der aktiven und vier der Territorialarmee dazu imstande gewesen wäre, die Sphäre des westfälischen Korps gestört und Durchführung der Militärorganisation in den Niederlanden gehemmt. Doch man erfuhr zu spät die Volksaufstände gegen die Wehrpflicht, wollte
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überhaupt volle Defensive bewahren, weil man über deutsche Absichten im unklaren blieb und die bri- tischen Niederlagen zu abschreckend wirkten. Nach- richten von britischen Seeerfolgen, die später ein- trafen, hoben zwar die Zuversicht, doch besann sich die französische Kavallerie erst langsam auf ihre Pflicht, jene sdt dem 26. Mai keck südlich der Sambre streifende deutsche Reiterei zu vertreiben. Dies geschah durch 21. Dragons, 13. Curassiers, die Vorbewegung stockte aber gleich wieder. Bis die volle Mobilisierung ausgereift, sollte nichts gewzgt, überhaupt der deutsche Angriff innerhalb der Sperrfortlinien von Dünkirchen bis Toul abgewar- tet werden. Sei dieser abgeschlagen, hatten die Deutschen sich die Köpfe blutig gerannt, solle der Gegenstoss eintreten. Eine Diversion zugrmsten der Belfortarmee schien unnütz, da die räumliche £nt- femung leinen richtigen Überblick der Lag^e ver- bot. Geradeaus gegen Metz würde jede Offoisive ja doch zum Stehen kommen. Die Rechte der Nord- armee tastete aus Carignan mehrmals imsicher hin und her, was zu kleineren Zusammenstössen mit dem 11. Korps und der Darmstädter Division fährte. An der nördlichen Maas alles stül. Die bei M^- zihres stehenden Geschlagenen von Fleurus, durch ein neues Chasseurbataillon „1 bis** aus dessen Depot Troyes und noch fehlende Batterien ergänzt, rührten sich nicht vor dem rheinischen Kori>s. Anfangs hatte nur die sogenannte „Ostarmee" (1., 2., 6., 7., 20. Korps) ihre Mobilisierung ganz vollendet, wäh-
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rend der jetzigen Südarmee bei ihrer überstürzten Invasion noch manche nötigen Bestandteile man- gelten. Jetzt befanden sich jedoch die Korps von Rennes, Le Mans, Ronen in komplettem Zustand im Norden und auch die Korps von Toulouse, Limo- ges, Bordeaux auf dem Transport nach Rheims. Deutscherseits war bei Metz auch das Pommer- sehe Korps der zweiten Staffel eingetroffen. Eine hes- sische Landwehrdivision erschien in Luxemburg und übernahm beim allgemeinen Vormarsch die Zer- nierung von Montm^dy und Bewachung der Mosel- gegend. Die deutsche Mittelarmee zählte jetzt fünf- zehn Infanterie-, fünf Kavalleriedivisionen, die fran- zösische neun aktive, acht territoriale Divisionen nebst zwölf Reiterbrigaden, dahinter fünf aktive Di- visionen zweiter Staffel. Im Norden hatten die Fran- zosen von Lille bis Carignan zwölf aktive, sechs territoriale Divisionen nebst zehn Reiterbrigaden, wobc^i jedoch zu bemerken, dass alle Territorial- truppen nicht in etatmässiger Stärke zur Stelle waren. Dagegen hatten die Deutschen dort siebzehn xmd fernere drei aus Belgien nachrückende Infanterie-, elf Reiterbrigaden, dazu sechzehn belgisch-hollän- dische nebst sechs Reiterbrigaden. Der letzteren soldatische Minderwertigkeit Hess sich nicht leugnen, ward aber viel zu niedrig angeschlagen, man vergass, wie brav die Holländer in Garde und Linie Napo- leons sich schlugen, wie damals Belgier zu Fuss und zu Pferd ihren französischen Kameraden nicht nach- standen, sogar die eingestellten Nationalgarden der
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Departements Scheide und Jemappes bei Lützen und Leipzig sich hervortaten, dass nur englische Prahl- und Selbstsucht das angebliche Fliehen der Belgier bei Waterloo erfunden hat.
Es war also töricht, dass man französischer- seits diese Bundesvölker als ganz unebenbürtig be- trachtete und dabei übersah, dass man bereits, um den deutschen Massen die Spitze zu bieten, sechs Territorialkorps zweiten Aufgebots ins Feld stellte, während die Deutschen ausser ihren „vierten" Re- servebataillonen nur Truppen erster Klasse in der Schlachtlinie hatten. Da bei den deutschen Kavalle- riedivisionen die Korpskavallerien nicht mitgezählt, besassen sie auch bei der Mittelarmee ein Überge- wicht an Reiterei, das freilich für das bevorstehende Ringen um Befestigungen nicht ins Gewicht fiel dafür aber einen stärkeren Aufklärungsschleier vor den Heeresbewegungen gestattete. Ausserdem waren die deutschen Divisionen wegen ihrer vierten Bataillone und der stärkeren Formation der Ba- taillonskörper den französischen durchschnittlich um dreitausend Mann überlegen. Die Ausstattung an Geschütz war ungefähr gleich, das französische Mate- rial besser, die Unterstützung durch schwere Ge- schütze der Sperrforts gesichert, zu deren Bekämp- fimg auch schwerkalibriges Geschütz aus Metz vor- wärtsgeschafft wurde. Die Gewehrqualität war eher etwas besser auf deutscher Seite. Es standen im Zentrum ungefähr 250 000 deutsche Streitbare (ohne Artillerie und Train) gegen 200 000 französische mit
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einer Reserve von 60 000 Mann, also vollkommen gleiche Kräfte, dagegen im Norden 200 000 französi- sche gegen 125 000 deutsche nebst ferneren 20 000 Reserve via Antwerpen und 100000 belgisch-hollän- dische Streitbare.
Die schwierige Ernährung so grosser Massen drängte nun beiderseits endlich zu entscheidender Aktion. Am 6. Juni hatte das beiderseitige Beob- achten ein Ende, und es erhob sich ein langes blu- tiges Ringen auf der ganzen Linie. Es fiel dabei der bisher schon so bewährten deutschen Nord- armee die Aufgabe zu, die französische Zentralstel- lung bei Rheims durch allmählichen Druck auf Laon zu umfassen, indes die Mittelarmee erst die Maaslinie frontal überwältigen und bei Verdun durch- brechen musste.
Etwa am 8. Juni war auch die Südarmee mit notwendigen Truppenauseinanderziehungen so weit fertig, dass der Angriff auf die gewaltige Belfort- stellung beginnen konnte, wo vorerst nur 170 000 Franzosen gegen 250000 Verbündete standen, bei- derseitige Verluste abgezogen. Es überschritten hier- bei die Badenser und Württemberger den Rhein bei Kehl, worauf die beiden Divisionen Langres und Epinal, die Zemierung Strassburgs aufgebend, den Abmarsch in die Vogesen antraten. Das Elsass zu säubern war an sich verlockend, doch hätte man ein Nachstossen über die Vogesen gern für Her- anziehung aller Kräfte gegen Beifort geopfert, wenn nicht strategisch in Betracht kam, dass ein Forcieren
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der unteren Maaslinie die Verbindung zwischen der feindlichen Mittel- und Südarmee zerschnitt und da- her letztere nach Einnahme der BelfortsteUun^r vom Innern Frankreichs zum Rhonegebiet abdrängen konnte. Auch mochte ein Hineinstossen über die Maas die weiteren Truppentransporte nach Rheims stören und zu weitem Ausbiegen über Paris ver- anlassen. Schon befanden sich hier eine starke Elite- division algerischer Tirailleurs und Zuaven nebst berittenen ,Goums' und »Zephirs' und zwei Briga- den Chasseurs d'Afrique und Spahis aus Marseille unterwegs, die man trotz des marokkanischen Kriegs aus Algier herbeizog, um sich dieser auserlesenen Mannschaft nicht für den Entscheidungspunkt zu berauben. Diese Truppen schlössen sich nachher dem Korps von Orleans an und erreichten mit ihm zusammen Rheims am 17. Juni, verbunden mit zwei- Territorialdivisionen des Departements Hautes-Pyre^ n^es, der Cevennen und des französischen Navarra, die als trotzige Montagnards besondere soldatische Eigenschaften aufwiesen. Für die Südarmee war eine aus aktivem und territorialem Aufgebot ge- mischte Korsendivision im Marsche, die aus Pono Vecchio übergeführt und mit einer ähnlich gemisch- ten Division Savoyer und einar Division Bouches-du- Rhöne vereint wurde. Dagegen sah man sich bald ge- nötigt, eine Menge Territorialtruppen der Regio- nen Toulouse, Lyon, Marseille, gemischt mit an- deren Depotcadres Provence und Dauphin^, nach Algier überzuschiffen, wo das 19. Korps mit seinen
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andern dort stationierten Hilfstruppen und den Garnisonen von Biserta und Tunis für die afrikani- schen Angelegenheiten nicht mehr ausreichte.
Frankreich war hiermit schon ziemlich an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angekommen, da die weiter auszuhebende Million Ersatzreserven schon be- denklich dem glich, was man in Deutschland Land- sturm oder Ersatzreserve IL Klasse nennen würde. Zur Besetzung der Pariser Forts standen zwei Terri- torialkorps in Reserve, zwei weitere bretonische sam- melten sich an der Loire. In Morbihan, Beauce, C6te d'Or und Puy de D6me erstanden grosse La- ger für Mobilgarden, deren Ausrüstung man fie- berhaft betrieb. Von seinen achtunddreissig akti* ven Divisionen hatte Frankreich schon alle und die afrikanische Elitedivision ia Bewegung, von eben- soviel territorialen schon neunzehn am Feinde, sieben eingereiht in Reserve, den Rest in Ausrüstung, während deutscherseits nur zwei Landwehrdivisionen in Holland, eine vor Montm^dy und zwei süddeut- sche, die Mitte Juni ins Elsass nachrückten, das Kriegstheater betraten. Da man jedoch an der Nord- imd Ostseeküste sowie als Ersatz der als letzte aktive Reserve von der russischen Grenze nach Metz abgehenden drei Divisionen im ganzen fer- nere zehn Reservelandwehrdivisionen unter Waffen hielt, betrug die Zahl der deutscherseits im Feld beteiligten Streitbaren schon rund eine Million, mit Garde und 9. Korps und drei aktiven Divisionen an der Ostgrenze und drei noch in Holland-Belgien
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stehenden Aktivbrigaden über anderthalb Millionen, Artillerie und Train inbegriffen. Französischerscits nicht weniger. Die phantastischen Ziffern, mit de- nen man theoretisch sonst um sich warf, wonach beide Parteien etwa sieben Millionen unter Waf- fen halten könnten, konnte man im Ernstfall kaum aufrechterhalten. Derlei kam nur in Betracht, wenn man nach Vernichtung ganzer Armeen im eigenen Lande die ausgemusterte Ersatzreserve II. Klasse und teilweise Landsturm bewaffnete. Auf dem Pa- pier hatte Frankreich unter Gambettas Diktatur zwar übei drei Millionen unter Waffen, aber dabei alle Nationalgarden inbegriffen und unter Ausrüstungs- beihilfe von England und Amerika, was heut weg- fiel, da Englands Werkstätten jetzt für eigene Sache tätig und Amerika desgleichen. Mehr als achthun- derttausend wirkliche Feldtruppen, trotz der angeb- lich allein sechshunderttausend Bewaffneten in Pa- ris, brachte Frankreich auch damals mit Levde ec masse nicht auf. Die Ernährung so ung^eheurer Armeen, wie sie jetzt im Felde standen, durch dreihunderttausend Niederländer, Schweizer, Öster- reicher — später noch mehr — auf den JFlankec vermehrt, fiel aber wegen der seither so mächtig angewachsenen Bevölkerung noch schwerer als frü- her^ wollte man nicht der Zivilbevölkerung über Gebühr Nahrungsmittel entziehen. Handel und Wan- del stockte ohnehin genug, weitere Aushebimg aUer Männer musste zu gänzlicher Aufhebung des Er- werbslebens auf unbestimmte Frist führen. Und
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während allerdings Besitzergreifung des reichen Bei ^ien und Holland bedeutende Hilfsquellen erschloss, auch die früher für »Krieg auf zwei Fronten* ge- fürchtete Absperrung nach Osten nicht vorlag und Südrussland wie Ungarn grosse Getreidelieferungen beistellte, machte sich die Blockade der deutschen Küste, die völlige Unterbindung des Seehandels, doch bald fühlbar. Alle Lebensmittel in Deutsch- land schlugen auf, die unteren Volksklassen litten stark» trotz aller Fürsorge und peinlicher Genauig- keit der Verwaltung drohte an mehreren Punkten förmliche Hungersnot. Diese Krisis nahm freilich erst seit 1. Juli ihren Anfang, aber sie drückte dann genug auf die EntSchliessungen an höchster Stelle. Erst um diese Zeit begannen auch sogenannte Hungerrevolten und kleine sozialistische Putsche, die freilich um so weniger Gefahr brachten, als die wehrfähige Arbeiterschaft sich zu zwei Dritteln in Reih imd Glied befand, aber allerlei lichtscheuem Gesindel den Vorwand zu Gewalttätigkeiten boten. Strengste Repressalien der Behörden schreckten zwar ab, immerhin blieb der Notstand im Lande eine Tatsache.
In Frankreich, das sich angeblich „aus sich selbst ernähren kann** und ein Drittel weniger hun- grige Mäuler zu speisen hat, quälte die Magenfrage etwas weniger, zumal Amerika zwar Ausfuhrverbot für alle Heeresgegenstände erliess, aber Cerealien und Konserven nicht als Kriegskontrebande be- trachtete. Da aber England, das Zufuhr so viel
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nötiger hatte, auch viel besser bezahlte, floss all- mählich nur ein Zehntel amerikanischer Sendungen nach Brest, alles übrige nach Liverpool ab. Femer stellte schon Ende Juni die Dampferlinie Algier- Marseille ihre gewöhnliche erspriessliche Tätigkeit für die Pariser Markthallen ein, da die überraschende Ausdehnung des Aufruhrgebiets in Afrika den Kreis der Lebensmitteldarbietung immer mehr verengte, zudem die dortigen französischen Truppen selber starke Bedürfnisse hatten, die natürlich an Ort und Stelle allem vorgingen und aus Spanien und Portugal, die durch Ausbleiben des gewöhnlichen Imports aus Frankreich und England gleichfalls litten, nicht ge- deckt werden konnten. So wuchs die Unzufrieden- heit auch in Frankreich, die Anti-Militaristen und gewerbsmässigen Sans-Patrie erhoben ihr Haupt, in Creuzot und St. Etienne bemächtigten sich Sozialisten und Anarchisten vorübergehend der Eisenwerke und der Munizipalgewalt, die Arsenal- und Hafenarbeiter der grossen Küstenstädte forderten höhere Löhne und drohten mit Gewaltstreik, wenn man nicht alle Forderungen bewillige, im üandrischen Grubengebiet und Rochefort gab es allerlei heissblütige Tumulte, wobei die Befestigungswerke der Insel d'Aix einmal beinahe von Anarchisten in die Luft gespren^^t wur- den. In Nizza und Mentone jammerte man Stein und Bein über Ausbleiben der Fremden, die Spielbank in Monte Carlo drohte ihre Zahlungen einzustellen, nachdem Frankreich das Fürstentümchen nüt riesi- ger Kontribution belastet.
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In Italien, das politisch schwere Sorgen hatte, gresellte sich ebenfalls die ökonomische Not hinzu. Der Export beschränkte sich auf Frankreich, der Import blieb ganz aus, die liederliche Kriegsadmini- stration frass Unsummen, die Finanzen gerieten nach einem Monat in solche Unordnung, dass das ohnehin schon so masslos mit Steuern geplagte Volk noch eine ausserordentliche Kriegssteuer bezahlen sollte. Die Eintreibung dieser ausgeschriebenen Taxe führte in Sizilien, Bari, Forli, Reggio, Amalfi zu blutigen Unruhen, wobei Maffia imd Camorra ihren Schnitt machten. In der Romagna gab es anarchistische Attentate und Überfälle, die sogar den Transportde- pots für Albanien und Istrien, Ravenna und Ankona, irefährlich wurden. Die süditalischen Armeekorps wurden durch all solche Störungen paralysiert, und obendrein musste man noch der Kolonie Eritrea massenhaft aushelfen, sobald diese in harte Bedräng- nis geriet. Der wandelbare Sinn der Italiener schrie Ende Juni schon nach Frieden.
In Spanien wurde das Stocken des Weltverkehrs übel empfunden. Die Kaufleute besonders in Malaga beschwerten sich über den Ausfall des einträgUchen Handels mit Deutschland, für sie war Hamburg mindestens so wertvoll wie London. Die spanische unabhängige Presse beklagte schon während der Konferenz von Algesiras, dass man Frankreichs Ge- schäfte auf Kosten spänischer alter Prärogative in Tanger besorge und die Regierung durch dick imd dünn mit den Westmächten gehe, obschon Deutsch-
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lands Standpunkt der einzige für Spanien erfreuliche sei. Aus Rücksicht auf des jungen Königs englische Ehe hatte man den beweglichen Vorstellungen Ge- hör geschenkt, Spaniens Finanzen gestatteten nicht tätige Teilnahme und Parteiergreifen im Weltkrieg. Bald forderte aber Frankreich in arrogantem Ton mehr Truppenaufwand gegen Marokko, wozu sich ja Spanien verpflichtet habe. Auch hierin zeigte König Alfonso, der ganz und gar im britisch- französischen Fahrwasser segelte, sich gehorsam und willfährig. Aber als nun in Marokko die spanischen Hilfstruppen furchtbar zugerichtet, gjng das Murren der Spanier in offene Auflehnung über. In Barcelona und dem alten Anarchistennest Carthagena kam es zu offener Empörung gegen die bewaffnete Macht. In naiver Unkenntnis der po- litischen Ohnmacht Spaniens, im Aberglauben an Spaniens Grösse erzogen, wollte es der Bevölkerung durchaus nicht in den Kopf, dass man willenlos zu jedem Machtgebot aus London und Paris Ja und Amen sagen müsse. Drohende Leitartikel von Pariser Nationalistenblättern, dass man Spaniens Armee als Reserve der französischen nördlich der Pyrenäen bedürfe, gössen Öl ins Feuer. Und endlich kam ein ,Untoward Event', wie die Briten es so passend nennen, das von weittragendsten Folgen werden sollte. Seinem alten gedeihlichen Grundsatz gemäss, dass England, wenn die Kontinentalmächte sich auf dem Festland rauften, irgendwo bei Neutralen, wenn nicht beim Feinde, sich gute Beute als ^Kompensation*
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seiner Kriegskosten holen solle, spähte die Meerbe- herrscherin umher, wo es etwas zu rabuschern gebe. Mit Gibraltar und Malta hatte es früher die ein- zigen Schlüssel des Mittelmeerbeckens, seither wuchs aber Biserta zu gleicher Bedeutung empor. Schade, dass man die Gelegenheit nicht benutzen konnte, es durch Überfall dem französischen Verbündeten abzugaunern! Doch da war ja noch ein anderer Punkt von eminenter Wichtigkeit für Flottenstrategie, eine in englischen Händen uneinnehmbare Station, von der man gleichzeitig Barcelona und Toulon unter den drohenden Schatten des Union Jack bringen konnte: Fort Mahon auf den Balearen. Schon ein- mal hatte England dort im achtzehnten Jahrhundert seine Flagge gehisst, ein britisches Regiment prunkte mit Ruhmannalen seiner Verteidigung von Majorca und Minorca. Das damals wieder Verlorene jetzt wieder einzubringen, schien an der Zeit. Seinem edeln System getreu, telegraphierte das Foreign Of- fice ans Blockadegeschwader von Konstantinopel, es solle unverzüglich in See stechen und in Höhe von Ajaccio den versiegelten Befehl eines entgegen- gesandten Schnelldampfers einnehmen. Gleichzeitig lief eine Transportflotte von Gibraltar aus, wohin man schon zuvor vier Regimenter geschickt hatte, angeblich um die Garnison zu verstärken. Dies schien mit Bedrohung Tangers zusammenzuhängen und er- regte daher kein besonderes Aufsehen. Auffällig wurde erst, dass diese Transportflotte nach Norden abfuhr. Unterwegs mit dem Panzergeschwader ver-.
Völker Europas . . . ! I4
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einigt, stiegen die britschen Landtruppen sofort auf den Balearen ans Land, ohne sich um erstaunte Fragen der Inselbehörden zu künunem, das Ge> schwader forderte Fort Mahon zur Übergrabe auf und zwang das ganz vernachlässigte Felsnest nach wenigen Salven, die Flagge zu streichen. Die Ba- learen gehörten den Briten, ehe noch die ersteo Depeschen des Inselgouvemeurs nach Barcelona, ob sich denn Spanien über Nacht im Kriegrszustand mit England befinde, eine Antwort erhielten. Denn gleich nachher wurde der dortige Kabeldraht mit dem Festland sowie ein Apparat drahtloser Tde- graphie vorsorglich vom Eroberer unbrauchbar ge- macht. Eine Note des britischen Gesandten in Madrid notifizierte, dass die feindliche Stinomung der sx)anischen Bevölkerung, mit wachsender Be sorgnis und befremdender Trauer in London beob- achtet, leider diese Vorsichtsmassregel nödg mache,
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um Spanien in wohlwollender Neutralität zu halten und sich eventuell der jetzt nötig werdenden wirk- lichen Bimdeshilfe zu versichern. Dem wild in Spa- nien aufbrausenden Sturm konnte der König nicht widerstehen, wenn er nicht Anarchie hervorrufen wollte. Mit knapper Not entrannen der britische Gesandte und Generalkonsul in Madrid einem Lynch- gericht der rasenden Volksmenge, an anderen Orten wurden die Konsuln misshandelt, mehrere Eng- länder und auch Franzosen niedergestochen. Ge- nugtuung musste der König verweigern. Dies war der Krieg.
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England rechnete damit. Die auf der Reede von Ferrol liegende schwache spanische Marine sah sich zi^ei Tage später von einem, aus der nicht mehr in voller Stärke benötigten Kanalflotte und zweiten Reserveeskadre imter Admiral Sir Wilson vorsorglich zusammengesetzten, fliegenden Geschwader über- fallen und von Gnmd aus zerstört. Spanien konnte sich nicht anders rächen, als dass es Frankteich verantwortlich machte und einerseits an den Pyrenäen mobilisierte, was die Franzosen zwang, alle nach dem Osten von dort in Marsch gesetzten Truppen- transporte anzuhalten, andrerseits dem Sultan von Marokko spornstreichs mitteilte, dass es jede Feind- seligkeit gegen ihn einstelle und gemeinsame Sache gegen die Franzosen machen wolle. Dieser Zustand der Dinge am 2. Juli kam allerdings erst am 6. zu deutschen Ohren, da Spanien selbst von jeder Kom- munizierung mit Europa abgeschnitten: nämlich aus Marokko die afrikanische Küste entlang nach Kairo und von dort via Konstantinopel. Mittlerweile hatte Kaiser Wilhelm aber schon eine merkwürdige un- klare Haltung zweier ohne ersichtlichen Grund unter einem Vorwand vor ihtn erscheinender französischer Parlamentäre wahrgenommen. Und hiermit trat die überraschendste Wendung des Weltkriegs ein. —
Die bayrische Armee hatte in der Gegend von Kolmar, die österreichische (vorerst nur drei Korps) bei Hüningen, die schweizerische bei Basel den Rhein überschritten. Da das uneinnehmbare Bei- fort mit seinen weittragenden Kanonen die französi-
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sehe Linke deckte, schienen General Deckherr's 13. 14. 41. Division genügend, um sich in Festung und Sperrforts gegen neun bayrische zu halten. Das übrige Heer bedeckte in festen, verschanzten Linien beide Ufer der Lisaine, ihr erstes Treffen auf der einstigen Stellung Werders, nur weiter nach rechts verlängert und nach Nordosten gekehrt, das zweite auf den Waldbergen, von denen Bourbaki nieder- stieg. Da zahlreiche Übergänge beide ' Ufer ver- banden, konnte man nach Verlust der ersten Stel- lung zwanglos die zweite besetzen. Am 8. Juni er- hob sich riesige Kanonade auf der ganzen Front, da man deutscherseits ausser den Haubitzen der Feldbatterien alles mögliche Wurfgeschütz aus den Elsässer Festungen und Landau herbeiführte, um die Sperrforts zum Schweigen zu bringen. Unter beiderseitigen schweren Verlusten an Menschen und Material, natürlich grösserem auf Seite des minder gedeckten Angreifers, donnerte dies Ungewiiter bis tief in die Nacht. Am anderen Morgen meldeten jedoch die Fesselballons der Verbündeten, dass die Forts sehr bedeutend beschädigt seien imd offenbar tiefe Bresche klaffte. Das als Zitadelle ausg^ebaute Schloss Montbeliard stand in Flanunen, die blutrot durch die Nacht leuchteten und auch den Frühnebel der Flussufer mit Reflexen färbten. Beifort selbst litt wenig, an seinen Felsbastionen prallten Mörser- bomben ab oder brachten das Gestein nur zum Bröckeln. Dass man hier nur durch Umfassung der französischen Stellung Herr werden könne, lag
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auf der Hand. Generalinspekteur Prinz Arnulf schob daher während des Tages die bayrische Armee immer mehr rechts südwestlich an Beifort vorbei, wobei die Kanonen des Waffenlagers diesen Vor- beimarsch zwar in weiter Femzone auf acht Kilo- meter belästigen, aber die Schwäche der Besatzung g^egen solche Übermacht einen Offensivausfall zur Störung der Bewegung verbot. Die bayrischen Ingenieure hoben seit dem 9. früh Trancheen vor Fort Salbert, Bessoncourt, Roppe aus, Batterien und Truppen gruben sich so gut wie möglich ein. Man konnte hier mit keinem Sturmangriff Über- raschung erzielen, nur langwierige förmliche Be- lagerung mit Laufgräben fruchtete. Am 10. stand das 1. (20. deutsche) bayrische Korps schon im Rücken von Beifort und griff weiter aus, die franzö- sische Vorderstellung bei Chenebier und schon die Flanke der zweiten Linie am südlichen Lisaineufer bedrohend. Vorerst freilich nur platonisch, denn das. heftige dorthin gerichtete Rückenfeuer der Festung bannte jede unmittelbare Annäherung in ehrfürchtige Feme. Man setzte daher den Flanken- marsch noch weiter fort. Am 11. stand schon das 3. (22. deutsche) bayrische Korps am vorherigen Aufmarschpunkt des l.^das seinerseits nachmittags in weitem Bogen die zweite französische Linie um- f asste und aufs heftigste angriff. . Der französische Armeekommandant bildete zwar eine starke Haken- flanke, indem er immer mehr Brigaden des zweiten Treffens nach links abmarschieren und herum-
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schwenken liess, entblösste aber so seine erste Linie jenseits der Lisaine von nötigen Reserven. Heut fiel General Pau, Kommandant von Beifort aus, behelligte . das 3. und warf anfangs das frontal verbliebene 2. (21. deutsche) Korps zurück, viele Laufgräben zerstörend. Nach überaus blutigem Ringen musste er aber über Les Perches ins Lager zurück. Inzwischen hatten am 9. wiederholte glän- zende Sturmläufe der Österreicher gegen das feind- liche Zentrum nur wenig Terrain gewonnen und schwere Opfer gekostet, doch wütete auch ihr vor- treffliches Geschützfeuer in den französischen Reihen. Dagegen machten die Schweizer auf der linken Flanke der Verbündeten in Richtung auf Moni- b^liard gute Fortschritte, und trotz der beklemmen- den Enge des Raums zwischen Beifort und Basel welche dem Schlachtaufnuursch besondere Schwie- rigkeiten bereitete und zu ünzweckipässiger tiefer Massierung zwang, gelang es am 10., sich breiter zu entfalten, indem die Schweizer senkrecht zur fran- zösischen rechten Flanke einschwenkten. Ein star- kes Landwehraufgebot der Kantone Bern tmd Basel- land hatte inzwischen die als Flankenschutz immer noch die Jurapässe haltenden Alpinbataillone und Franctireiurs seit zwei Tagen angegriffen und mit un- widerstehlicher zäher Tapferkeit, wobei auch eine Guidenschwadron mit Maxims auf halsbrecherischem Pfad sich auszeichnete, die Känune erstiegen. Dem Armeekorps des Oberst Wille sich anschliessend, drängten diese Kräfte nun schon am IL gegen die
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lange Etappenlinie des Feindes im Ognonstal, wo infolge der Bahnverhältnisse die Zufuhrbasis pa- rallel zur französischen rechten Flanke lief. Zum Schutz der aufgestapelten Materialbahnzüge musste daher auch dort eine möglichst starke Hakenflanke gebildet werden, die freilich im tiefeingeschnittenen Doubstal gute Stellung fand und sich am ganzen Tag behauptete. Gleichwohl war mit dieser Um- fassung beider Flanken der zweiten Linie die Sache entschieden. Die erste, von allen Reserven entblösste Stellung konnte tmmöglich langer gehalten werden, wollte man sich nicht einer Katastrophe aussetzen. Unter überaus furchtbarem Feuer vom Mont Vaudois, das die vordringenden Österreicher in Schach hielt, räumten die Franzosen das nördliche Lisaineufer, was im wesentlichen ohne grosse Einbusse gelang. Wenigstens erreichten die Oster- reicher Chagny und das Ufer weiter abwärts erst, als der Gegner schon jenseits hinterm Eisenbahn- damm lag. Der k. k. Feldzeugmeister drängte hin- £^egen nördlich von Montböliard, sobald die Massen- batterie vom Mont Vaudois verschwand, so eifrig nach, dass die Regimenter Deutschmeister und Kö- nig der Belgier in das Städtchen gelangten, ehe noch die Nachhut hier abzog. Von Südosten her durch die Schweizer umzingelt, musste dieser Teil die Waf- fen strecken. Dem erneuten Angriff des 1., 3. bay- rischen Korps am 12. von Norden und Nordwesten setzten die Franzosen keinen nachhaltigen Wider- stand mehr entgegen, der Feind zog allmählich auf
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Villersexel und Besangon ab, die drei Belfort-Di- visionen ihrem Schicksal überlassend. Von wirk- licher Niederlage konnte keine Rede sein, die Ver- bündeten verloren in den fünf Schlachttag^en fünf- undzwanzigtausend, die Franzosen einundzwanzig^u- send Mann, wovon viertausend Gefangene. Das wohl verproviantierte Waffenlager war ja stark genüge, sich lange zu halten und zahlreiche deutsche Kräfte zu beschäftigen. Am 13. begann Einschliessung des Belfortrayons durchs 2., 3. bayrische Korps, Öster- reicher und Schweizer folgten auf Besangon, wäh- rend das 1. bayrische Korps den beschwerlichen Marsch auf Langres antrat, um dortige Neuansamm- lung von Territorialmassen an diesem geeigneten Punkte zu stören. Die Badenser und Württemberger erreichten, nach Wiederherstellung des halbge^ sprengten grossen Vogesentunnelf, die südliche Mosel- strecke und erzwangen am 16. unter hefti^^en Ge- fechten den Flussübergang hinter Remiremont. Ihre Gegner, die beiden aus Elsass vertriebenen Divi- sionen nebst ihren zahlreichen Freitruppen und ,Vogesen Jägern*, hatten wiederholt kehrtgemacht mid sich brav entgegengestemmt. Doch der schwache Kranz der Sperrforts an dieser Stelle bot dem Durch- bruch keine besonderen Schwierigkeiten, sie zogen sich langsam ins Innere Frankreichs zurück, Maas- Depotpunkt Neufchateau und Marne nacheinander räumend. In Montargis und Chatillon sur-Seine ent- standen Freilager von Mobil- und Nationalgarden. Der Kommandeur der französischen Südarmee
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hatte in vollem Masse seine Schuldigkeit getan, als er unter die Kanonen von Besangon zurückfiel und sich auf Dijon basierte. Verbindung mit Nordfrank- reich musste er aufgeben und sich auf Verteidigung Burgunds beschränken. Verstärkungen über Lyon trafen nicht sehr reichlich ein, aus früher ange- gebenen Gründen. Die Operationen kamen jetzt zum Stillstand. Nachhaltige Verfolgung blieb aus, da die Schweizer mm genug getan zu haben glaub- ten, was der Oberkommandant Oberst Bleuler un- umwunden zu verstehen gab. Die Milizarmee hatte sich besonderes Lob erworben, ihre Leistung war musterhaft. Der österreichische Feldzeugmeister er- wartete Eintreffen zweier anderer, bisher wegen italienischen Feldzugs zurückgehaltener, jetzt frei- gewordener Korps, um Operative über Nuits auf Dijon zu veranlagen. Er hatte begreiflicherweise kein rechtes Herz zu der Sache, die ja eigentlich Osterreich selbst nichts anging, und gedachte seine Truppen möglichst zu schonen. Die Verpflegung, obscbon nun das von französischer Invasion aus- gesogene Elsass wieder freistand, machte in diesen rauhen steinigen Gegenden der Franche Comt^ und Bourgogne, wo nur der Wein gedeiht, beiden Par- teien Schwierigkeiten. So verging der Junimonat ohne weitere Schläge, nur Vorpostengefechte und Aufklärungstmtemehmungen hielten beide Gegner etwas in Atem. Die Belfortdivisionen, die sich stets hervorragend schlugen und am 11., 12. durch seit wärtigen Vorstoss auch den Österreichern zu
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schaffen machten, unterhielten eine tätige Vertei digung, doch rückten die deutschen Laufgräben näher, und eine Thüringer Landwehrdivision nebst einer aus dem Elsass entsandten konnten den Stand des 3. bayrischen Korps einnehmen» das jetzt von Langres abwärts sich neben den Österreichern auf- stellte. Wiederaufnahme der Operationen begann schwach am 4. Juli, und dann traten Veränderungen der politischen Lage ein, die allen weiteren Taten ein Ende machten. —
Die süddeutsche Kavallerie überschwemmte Lothringen, wo sie in Nancy schon preussischen Ulanen die Hand reichte, streifte längs Maas und Marne bis Chaumont, schnitt so die französische Mittelarmee von Verbindimg mit dem Süden ab. Am 20. Juni unternahmen die Badenser und Württem* berger einen Vorstoss auf Brienne, Troyes, Arcis snr Aube, kombiniert mit der Riesenschlacht, die auf der Linie Laon-Chalons im Gange war und sich bis Vitry fortsetzte. Dies führte zu zwei sehr lebhaften Treffen bei Guilloti^re und Bar am 21., 22., worin die Franzosen, meist Territorialtruppen, zwar endlich geschlagen wurden, aber dem Gegner grosse Ver- luste zufügten und sich im Delta zwischen Seine und Aube bei M^ry erneut setzten. Da aus Nogent bedeutende Verstärkungen eintrafen, gingen die Süd deutschen bis östlich von Troyes zurück. Auch hier unterbrach eine bis Anfang Juli herrschende Waffen- ruhe bald die Feindseligkeiten. —
Die Augen der ganzen Welt richteten sich im
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Juni nach der nördlichen Maas, wo die Ent- scheidungsschlacht des grossen Ringens der beiden Kultumationen sich abspielen musste. Und hier hob jener denkwürdige Kampf an, dessen Umfang die Völkerschlacht von Leipzig und die Schlacht von Mukden weit hinter sich licss. Die Verpflegungs- frage legte beiden Teilen nahe, raschere Entschei- dung zu suchen, infolgedessen die drei Korps und zwei Territorialdivisionen der äussersten französi- schen Linken sich gegen Belgien in Bewegung setzten, um günstigenfalls eine Diversion gegen Ant- werpen zu vollziehen. Umgekehrt hatte das belgisch- holländische Heer, 7. Korps und 20. Division den Auftrag, diese Streitmacht nach der Nordküste abzu- drängen und am Eingreifen in die Entscheidungs- kämpfe zwischen Aisnes imd Maas zu hindern. Auf blitzschnellen Vormarsch der Deutschen überTour- nay, unter Zurückwerfimg des normannischen Korps und zahlreicher Reiterei am 7. und 8. Juni, fasste die ,Armee von Flandern* bei St. Quentin Posto, von wo man sowohl die Route nach Cambrai nord- östlich als nach Laon südwestlich beherrscht.
Faidherbes altes Schlachtfeld war hier nach jeder Himmelsgegend erweitert, wie es den grösseren Massen entsprach, und der deutsche Angriff erfolgte keineswegs wie .einst unter Goeben auf beiden Ufern der Somme aus Westen und Südwesten, sondern diesmal von Osten und Südosten. Da es der ober- sten deutschen Heeresleitimg nicht darauf ankam, die Franzosen von ihrem nördlichen Festungsvier-
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eck und ihrer Küstenbasis abzudrängen, sondern umgekehrt von ihrer Verbindung mit Südosten, lag hier am 9. der Schwerpunkt des Angriffs. Wäh- rend die belgische Armee nördlich gegen die Chaus- see nach Cambrai auf Belle Eglise, die holländische gegen den Bahnhof von St. Quentin ihre Angriffs- richtung nahm, schwenkten die deutschen fünf Bri gaden und Reitermassen so herum, dass sie S^rau- court erreichten und von dort, wie in jener früheren Schlacht, gegen Castres, Giffecourt, Grugy vordran gen. Die Reiterei schwärmte weiter aus, aufs West- ufer der Somme, und sperrte dort die Richtung nach Laon. Da man französischerseits die deutsche Absicht nicht erkannte, sondern dieser den Gesichts- punkt beimass, den Gegner von Cambrai wegzu- stossen, häufte sie im Nordosten ihre Hauptkräfte an, die denn auch den Belgiern schwere Stunden bereiteten und sie nachmittags gänzlich zurückwar- fen. Der hoUändische Angriff auf St. Quentin schritt auch nicht derart vor, um hier einen Erfolg erken- nen zu lassen. Dagegen wurden die Franzosen im Süden von Westfalen und Hannoveranern von Stel- lung zu Stellung getrieben und gerieten nach Mittag so in die Enge, dass die Stadt unhaltbar wurde. Der gegnerische Führer ordnete daher Rückgang in die Linie Savy-Selency-Francilly an, der aber bereits längs des Sommekanals von Batterien deut- scher Reiterei und zwei Jägerbataillonen flankiert wurde.
Während die Holländer durch St. Quentin nach-
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rückten, gelang es den deutschen Pionieren, so schnell Sommeübergänge herzustellen, dass die deutsche Heerabteilung südlich der Stadt aufs West- ufer gelangte und dort die Flanke der neuen fran- zösischen Stellung bei Roupy und Dallon anfiel. Das Korps von Rennes leistete dort rühmlichen Widerstand. Wieder trank das Savyholz, diesmal von Südosten und nicht von Westen wie damals ange- griffen, viel deutsches Blut. Wieder pfiffen aus der dahinterliegenden Ziegelei, Runkelrübenhaufen und Mergelgruben, unausgesetzt die Kugeln der Chas- seurs. Wieder donnerten die französischen Schnell- feuerbatterien von der Windmühlenhöhe sowie dem Hohlweg bei Contimühle mit sehr viel stärkerer Wirkung als an jenem Januartag des vorigen Jahr- hunderts. Wieder taten es Territorialbatterien der Regionen Arras und Dünkirchen den aktiven gleich, wie damals. Da aber der französische Armee- kommandant an seiner strategischen Vorstellung fest- hielt, räumte er vor Nacht alle südlichen Punkte und bezog mit einer Achtel-, dann Viertelschwenkung eine ganz neue Front mit dem Rücken nach Norden, wie früher nach Westen. Die siegreiche Linke dehnte sich weit nordöstlich über die Cambrai-Chaussee aus, das Zentrum blieb bei Francilly, die Rechte reckte sich nach Westen in die Linie Pouilly-Vermand- Caulaincourt. Die Verbündeten hatten hiermit ihren strategischen Zweck erreicht-, die Chaussee nach Laon völlig in Besitz genommen. Doch schien nötig, den Feind noch weiter aus der südlichen Entschei-
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dungssphäre zu entfernen, weshalb die deutsche Füh- rung für den 10. folgende Disposition ausgab:
„Die belgische Armee erneuert ihren Schein- angriff mit allem Nachdruck, die holländische ht- obachtet nördlich imd westlich der Stadt eine zu- wartende Haltung, die deutsche Heerabteilimg^ brei- tet sich nach Westen aus und nimmt die Höhen von Pouilly, das Kavalleriekorps beunruhi^rt weiter nordwestlich, um den Feind für seine Verbindimg mit Albert-Peronne-Bapaume besorgt zu machen/'
Die Folge dieser ebenso sinnreich-zweckmässigen als einfachen Direktive blieb nicht aus. Zwar wurden die Belgier erneut zurückgeschlagen, wobei sie Ge- fangene und Geschütze verloren, die Holländer warf ein gewaltiger Gegenstoss des Normannischen Korps (Rouen) bis in die Vorstadt St. Martin hinein. Wäh- rend aber die Franzosen hier aus hinhaltendem Ge- fecht zum Angriff übergingen und die Pouilly- Wald- schlucht ihrer Rechten für uneinnehmbar hielten, brachen die Hannoveraner nachmittags den mann- hafter Widerstand der Bretagner bei Caulaincourt
Das Schlösschen des weiland Grossstallmeisten Napoleons sah hier blutige Szenen. Die nicht vollzählig mit Rohrrücklaufgeschützen bewaffnete deutsche ver- mochte freilich die französische Artillerie hinter der Waldschlucht nicht niederzukämpfen. Doch gr^g^ii Abend meldete der Ballon ein massenhaftes Zu- rückgehen leerer Patronenwagen und Protzen auf der Chaussee nach Albert, das feindlrche Geschütz- und Gewehrfeuer ward zusehends schwächer, die Fran-
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zosen verschossen sich wieder zu früh. Nunmehr entwickelte sich die deutsche imix)nierende Reiter- masse auf der Flankte in der Ebene, wohin auch die holländischen Dragoner und Husaren abge- zweigt, und schüchterte die französische schwächere Kavallerie so ein, dass sie kampflos dem Zusammen- stoss auswich. In den so lange fechtenden Reihen des bretonischen Fussvolks zeigte sich infolge der Wamungsrufe „Kavallerie kommt 1** ein Schwanken. Nach höchstgesteigerten Generalsalven auf der ganzen Front, wobei deutsche Infanterie und Hollän- der alle Feuerkraft zusammennahmen und die hanno- versch-westfälische Artillerie ihre alten Verdienste von Mars la Tour imd Gravelotte erneuerte, brachen die westfälischen Bataillone unter betäubendem Hurra, vollständig in Schwärme aufgelöst, in die Wald- schlucht vor und erstiegen den Höhenrand. Da bei der Territorialdivision von Douai jetzt eine Panik ausbrach, und überall die Munition ausging, auch die Umgehung der deutschen Reitermasse ein Ab- schneiden der Etappen nach Peronne befürchten Hess, trat das feindliche Heer nun bei Nacht eiligen Rückzug an, in zwei auseinandergehenden Kolon- nen nach Albert und Cambrai, um „Schiessbedarf zu ergänzen und taktische Ordnung wiederherzustel- len". Manche Nachzügler, doch nur acht Geschütze zurücklassend, hatte dieser wichtige Teil der französi- schen Nordarmee sich somit völlig aus der Nähe von Laon entfernt, stets nur darauf bedacht, die Küsten- und nördliche Festungsbasis zu schirmen. Dort
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störte die Neuversammlung ihrer Kräfte nichts, nur eine deutsche und die niederländischen Reiter divisionen blieben an der Klinge. In der Stellung v: beiden Seiten von St. Quentin, die eiligst befestig! wurde durch Erdschanzen und Verhaue, bewachtt fortar das belgische Armeekorps die Strassen nad Nordosten, Nordwesten und Südosten (Cambrai, AI berl, Laon). Obschon man sich aber auf bundestre-e Zuverlässigkeit der Niederländer jetzt verlasser konnte, da nichts so solide kittet als Waffenbrüder Schaft im Siege, und auch die Holländer sich(durcti ihr Beitragen zum Erfolg zu ..fühlen** beganneo schien doch sicherer, jeder Möglichkeit einer mc- rauschen Schwäche bei etwaigen Rückschlägen vor zub engen und die Bundestruppen später durch die 19. Division und 27. Brigade abzulösen, als diese auf französisches Gebiet übei traten.
Man hatte also deutscherseits hier mit verkehrter Front geschlagen, und unerwarteter Rückenstoss aus der Gegend von Laon wäre schwer zu parieren g^ wesen. Doch die andre Hälfte der französischen Nordarmee auf der Linie M^zi^res-Sedan-Carigna: ward am 9., 10. planmässig durch nachdrückliche Vorstösse des rheinischen, thüringer Korps imd de; Hessendarmstädter gefesselt. Besonders bei Vri^^ aux Bois, St. Menges und Fleigneux, wo die einstigen entscheidenden Stellungen der deutschen Artillerit auf amphitheatralisch überhöhenden Waldberges diesmal von überlegener französischer gekrönt wur den, kam es zu scharfen Kämpfen. Die Franzosen
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schrieben sich einen Defensivsieg zu, doch der Zweck der deutschen Demonstration war erreicht. Schon am 11. abends meldeten vorgeschobene Aufklärungs- abteilungen auf der Strecke Laon-La Fire ein Vor- rücken deutscher Massen aus Norden senkrecht zur Maaslinie, wodurch sich bald dem französischen Generalstab der wahre Sinn der Schlacht bei St. Quentin aufklärte. Gleichzeitig machte sich drohende Vorbewegung des rechten Flügels der deutschen Mittelarmee südwestlich von Montm^dy bemerkbar. Da blieb nichts übrig als sofortiger Abmarsch, wollte man nicht von zwei Seiten abgeschnitten werden, da die französische Hauptarmee beiVerdun sich aus guten Gründen nicht rührte. Zwei Territorialbri- gaden im Lager von M^zi^res und den Sperrforts zurücklassend, gingen die Franzosen am 12. mittags in zwei Kolonnen über Flize, Donchery, Bazeilles und auf Strecke Carignan-Givonne-Lamoncelle über Remilly zurück. Das Passieren der Maasbrücken ver- ursachte jedoch manchen Aufenthalt, und die nach- hutdeckende ArtUlerie musste schon nachmittags in Linie Floing-lUy retirieren, da das thüringer Korps, dem keine so starken Positionen entgegenstanden, der Carignan-Nachhut mit aller Macht nach- und sie ins Bois de la Garenne hineindrängte. Hiermit wurde auch die neue Artilleriestellung am Calvaire d*Illy unhaltbar, und die Nachhuten mussten sich sputen, über die Maas zu entkommen. Nur das kräftige Feuer von der Sedan-Maasschleife und den Grenz- forts her vereitelte sofortiges Nachstossen der Rhein-
Völker Europas ... I 1 5
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länder, deren Artillerie nun aber von den überhöhen den Punkten das Plateau bis zur Nacht unter ver- derbliche Beschiessung nahm. Aus Sedan, dessen Einwohner teilweise flüchteten, leckten schon rote Flammen empor. Da die aiif RemUly dinierten Darmstädter und Kurhessen bereits die Flanke der dort südlich der Maas abziehenden Marschsäulen bedrohten, wichen die noch nördlich der Maas be- findlichen Franzosen am Ufer entlang bis BazeiHes aus und bewerkstelligten, dort von konzentrischem Geschützfeuer erreicht, ihr Entkommen erst bei Flize am 13. mittags unterm Schutz des dortigen Forts.
Dieser Teil der .Nordarmee (drei aktive Korps, zwei Territorialdivisionen) setzte den Abmarsch un unterbrochen bis in die festen Linien von Laon foit. ihre Reserve bei Soissons sollte die algerische Elite- division bilden.
Diese Gesamtoperation der beiderseitigen Nord- armee kostete den Deutschen dreissigtausend, den Verbündeten zwölftausend Mann, wobei dreitausend Gefangene, Ausreisser und Überläufer; den Fraih zosen dreiunddreissigtausend Mann, vierzehn Ge schütze, wovon fünftausend Gefangene. Obschon also der strategische Zweck völlig erreicht, gaben die damit verbundenen Opfer doch sehr zu denken und flössten unwillkürlich Grauen vor der kommenden Hauptentscheidung ein, neben der alles Bisherige nur ein Kinderspiel. —
Bei der deutschen Mittelarmee hatte man ein Vorschnellen der Linken in Richtung auf Toul und
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Commercy unterhalb Verdun in Aussicht genommen. Dies fährte am 6. zu einem grossen Reitergefecht, am 7. zu hitzigem Raufen des deutschen Lothringer Korps mit dem von Clermont Ferrand, am 8. zu verstärktem Kampf, indem das Elsasser und das Korps von Bourges gegenseitig eingriffen. Das blutige Treffen blieb taktisch unentschieden, die Franzosen zogen es aber vor, die Maasforts aufzu- suchen, da das Brandenburger Korps sich gegen ihre Flanke im Vormarsch befand. Am 9. ruhten die Waffen, Toul ward isoliert, nur von Reiterei zemiert, die bei den bevorstehenden Fluss- und Schanz- kämpfen doch keine tätige Rolle spielen und erst jenseits wieder ihre Aufklärungsarbeit antreten konnte. Da die Verdunstellung frontal so ziemlich unangreifbar erschien, musste Druck auf beide Flan- ken das Seinige tun. Vom 10. bis 13. hob daher ein ermüdendes Ringen um die Maassperrforts südlich von Verdun an, Linie Woel-Apremont vor St. Mi- hiel. Allerdings gelang es den Haubitzbatterien und herangezogenen Metzer Festungsgeschützen, die Forts allmählich zum Schweigen zu bringen, doch das Überschreiten des Flusses forderte noch viel Blut, und den Melinitbomben der Sperrforts fehlte es nicht an Durchschlagskraft an geeigneter Stelle. Endlich erlahmte der brave französische Widerstand, an einem Punkte infolge Aufsässigkeit und Verratgeschrei einer mit Anarchisten durch- setzten und von der Antimilitaristen-Propaganda be- arbeiteten Territorialbrigade, und das deutsche 15.,
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16., 3. Korps befanden sich jenseits der Maas unter pünktlich sachverständigem Brückenschlag: mit Be- nutzung notdürftig und ungenügend gesprengter fran- zösischer Übergangspunkte. Inzwischen hatten die starkformierten 6., 20. Korps, eine Division aus Tou- louse und drei Territorialkorps aus Verdun eine Offensive unternommen, da sich Unmut im französi sehen Kriegsrat gegen eine zum Nationalcharakter nicht passende passive Verteidigung laut machte.
Am 8. bei Buzy sah sich die eine sächsische Kavalleriedivision von überlegenem Andrang ver- trieben, am 9. bei Harville die fast völlig (ausser ihres in Berlin verbliebenen Kort)s) auf dem Kriegstheater vereinte Gardekavallerie. Am 10. kam der feindliche Anmarsch vor dem Magdeburger Korps zum Stehen.
Mit fester Entschlossenheit hielten diese alten, seit jeher in preussischer Kriegsgeschichte rühmlich bekannten Regimenter, bei Königgrätz und Beaumont so hervorragend, den ungestümen Angriff aus. Die Halberstädter Kürassiere, die aufs neue ihrem Regi- mentsnamen „Seydlitz" Ehre machten, und die Alt- märkischen Ulanen, ihre Genossen beim weltberühm- ten Todesritt, machten im Verein mit den dunkel- grünen Magdeburger und hellgrünen westfälischen Husaren eine verzweifelte Attacke gegen vorprellende feindliche Geschwader, die mit Zersprengen der 12^ 16. Dragons (Pont ä Mousson, Rheims) 12., 20. Chasseurs (St. Mihiel, Sezanne) nach rasendem Handgemenge endete. Als die Söhne von Magde- burg und Halle (Erfurter Division beim 11. Korps)
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zu erliegen drohten, kam das 12. sächsische Korps rechtzeitig zu Hilfe und deckte den notwendig ge- wordenen Rückzug. Baillouds ausgezeichnete Trup- pen 6., 20. Korps, die besten des französischen Heeres neben denen des Belfortlagers, bewahrten ihre glän- zende Haltung auch am folgenden Tage, wo sie, durch den Sieg begeistert, weiter vordrangen, und man hatte alle Mühe, sie mit dem dritten sächsischen (deutschen Nr. 23} Korps, das frisch in den Kampf trat, abzuwehren. Die schneidigen Sächser des Leipziger Korps fochten glänzend wie immer, doch die kriege- rischen Tugenden der Franken, von Dun-Chamy bis Conflans-Etain-Spincourt vorgeschnellt, überstrahlten heut alles. (Besonders 1. 17. 20. Ch. 26. 79. Regt.) Eine Division von Limoges und die Territorial- division von Epinay wurden dafür durch das kaum angelangte und imverweilt in Marsch gesetzte Pom- mersche Korps nördUch bei Loupy-Stenay gänzlich geschlagen. Am 12. Hessen die Nachrichten aus St. Quentin und M^zi^res schleuniges Zurückweichen in die Verdimlinien rätUch erscheinen. Dort wollte man anfangs Schlacht liefern. Da aber am 14. die Stelltmg sich durch jene schon westlich der Maas entwickelten drei deutschen Korps xmigangen zeigte und ein breites Vordringen der Deutschen über Sedan auf Vouziers auch im Norden die Flusssperre umging, gab ein dreimal berufener Kriegsrat endlich die Stellung auf. Im Verduner Sperrfortnetz drei Territorialbrigaden zurücklassend, rückte die französische Hauptarmee am 15. auf Cha-
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Ions ab, wo ihre grosse Reserve schon in Stellung ging. Dort auf den katalaunischen Feldern, dem so genau bekannten Exender- und Manöverfeld des Camp de Chalons, wo man ähnliche Umgehung vor- erst nicht befürchtete, sollte der letzte Strauss ausge- fochten werden, um dann im Falle des Misslingeos auf Paris zurückzufallen. Die Deutschen folgten über Bar le Puc-Menehould durch Argonnendefilee. — In Paris gab es natürlich grosses Geschrei und eine Pöbelemeute, welche die republikanische Garde und die Nationalgarden der inneren Arrondisse- ments unter ziemlichem Blutvergiessen nieder- schlugen. Klerikale und Radikale bezichtigten sich gegenseitig unterirdischer Manöver, durch die sie das Vaterland auf geheimnisvolle Weise verraten hätten. Redaktionsstab eines obskuren Blättchens „Gil Blas'*, das sich durch sittliche Entrüstung über Verhöhnung deutscher Offiziere im „Simplizissimus" einmal Reklame machte, ward durchgeprügelt. Ein sozialistisches Blatt taufte die französischen Gene- räle ohne weiteres „die Sendlinge des Tyrannen Wilhelm", die „Libre Parole" verlangte, dass samt- liche Juden als preussische Spione aufgehangen wür« den, ein Anarchistenmeeting in Belleville forderte auf, den Montmartre mit gesinnimgstreuen Blusen- männem zu besetzen und ein Observatoriiun zu er- richten, von wo man aus der Vogelperspektive das bevorstehende Auskneifen der Bourgeoise beobach- ten könne. Der „Temps" legte sein offiziöses Amts- gesicht in gravitätische Falten und munkelte von
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russischer Intervention. Die „R^publique Fran- gaise** und „Aurore" wollten die Verantwortlichkeit nicht untersuchen, welche die klerikale Propaganda im jesuitisch erzogenen und verseuchten Offizier- korps an der unleugbaren Tatsache trage» dass bis- her der so lange erträumte Sieg nach flüchtigem buhlerischen Lächeln des Glücks, dieser alten Pa- riser Kokette, die Trikoloren meide. Dass die Bel- f ortarmee, deren erneuter Rückzug in Paris zu wüsten Tumulten vor Börse, Stadthaus und Oper führte, von der in Beifort ansässigen Familie Dreyfus vor- her durch Vermittlung der Bankhäuser Bleichröder und Mendelssohn an Preussen verkauft worden sei, dieser grosse Verrat stand den Nationalisten fest. Ein radikales Blatt erkannte dagegen in dem ehrenwerten Führer dieser Armee die Physiognomie eines neuen Bazaine, während das in der Provinz ungeheuer ver- breitete Organ „La Croix" allen Gläubigen die schaudervolle Enthüllung verabreichte: Lebon, Chef der Nordarmee, sei Freimaurer und ziehe daher die Strafe des Himmels auf ,unser teures Frankreich* herab. Der Erzbischof von Orleans konnte sich nicht enthalten, in diesen Schickimgen eine Prüfimg des imglücklichen Vaterlandes zu erkennen, das sich den Satansdienem mit Haut und Haar überHeferte und der heiligen Kirche den schuldigen Gehorsam verweigerte, sich an Kreuz und Altar mit Todsünde vergriff. Unter schmerzhaften Krokodilstränen flehten Überbleibsel der früheren Kongregationen öf- fentlich den lieben Herrgott an, dass er seine irdischen
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Stellvertreter doch nicht auf solche Weise rächen, Sodom und Gomorrha wegen einiger imsträflicher Gerechter (siebe jene mit Arrest bestraften Offi- ziere, die an Konfiszierung von Kirchengut nicht teilnehmen wollten, die gottgeliebten Märtyrer) Ue- ber verschonen möge. Nur die wackeren Cur^ der niederen Geistlichkeit vergassen allen religiösen Hader, enthielten sich aller Anspielungen und pre- digten auf den Kanzeln völlige Hingabe aller Stände an „La Patrie en danger**, obschon eine einfluss- reiche Banditenrotte, die sich lästerlich „Zentral- komitee Lx)uise Micher* taufte und den Namen dieser edeln verleumdeten Enthusiastin unnützlich im Munde führte, vor allem Teeren und Federn aller Dorfgeistlichen unter Entwendung der Kir- chengefässe (angeblich, um sie als Münze einzu- schmelzen) gebieterisch forderte.
Den Rückzug auf Chalons feierte soleime Kei- lerei des Jockeiklubs mit einer anarchistisch aufge* wiegelten Volksmenge, die ein Liebesmahl und Fest- essen der dort versammelten Jeunesse dor6e zu einem Steinbombardement benutzte, mit dem. hei- sem Geheul: „A bas les Aristosl Ils fönt rigolo, les amis de Tennemil Nous sonmies plante, nous autres Frangaisl" Zur Feier des Tages wurde die Redaktion des „Gil Blas" von strammen Patrioten, die sich jenes aufsehenerregenden Artikels zu Khren deutscher Offiziere erinnerten, nochmals windel- weich geprügelt.
Wichtiger als diese moraUschen Eroberungen
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der Hauptstadt und die psychologischen Tiefblicke der Journalisten fiel dem französischen Oberkom- mando auf die Nerven, dass die neue lange Schlachtlinie Laon-Vitry neuerdings durch den Druck der Bayern und Württemberger auf St. Dizier flan- kiert wurde. Letztere Bedrohung fiel zwar aus, weil die aus dem Elsass zurückgegangenen schwachen Kräfte in dieser Richtung, wie wir sahen, eine lange rühmliche Gegenwehr leisteten und den Deutschen ein weiteres Vorgehen versalzten. Immerhin machte sich am 16. ein Teil der deutschen Reitermassen auf, xmi bis ziun Marnekanal Fühlung zu gewinnen, und das Lothringer Korps langte am 18. vor Vitry an. Trotz der grossen Verluste der Maasoperation, die sich alles in allem wieder auf vierzigtausend Mann bezifferten, beschloss man deutscherseits, die Entscheidung nicht zu verzögern, aus politischen inneren und äusseren und aus Emährungsgründen. Die drei Divisionen der Ostgrenze waren nun gleichfalls bis Metz verladen worden, da jede Beobach- tung Russlands sich imnötig zeigte, imd ersetzten voll- auf die Einbusse. Eine Gardelandwehrdivision, schon frühzeitig mobilisiert, hatte man auch noch kommen lassen, und diese übernahm die Einschliessimg der Maasforts und der Festung Verdim. Die kleineren Forts und Toul liess man unbeachtet liegen, da die abgeschnittenen Garnisonen der ersteren ja doch bald, mangelhaft verproviantiert, dem Hunger erliegen mussten, Toul (20. Geniebat.) wie zemiertes Mont- m^dy im Laufe des Krieges jedenfalls kapitulieren
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würden. Die nördlichen Sperrforts bei Flize imd M^zi^res zu brechen, war allerdings schwieriger, da diese kleine Festung mit genügenden Vorräten ver sehen und die Lage dieser Befestigungen an der belgischen Grenze beklemmend für jede Ctappenlinie, die man in dieser Richtimg aus Belgien anlegen wollte. Das rheinische und ein Teil des thüringer Korps bemühten sich daher bis zum 20., die starkf Territorialbesatzung zu Falle zu bringen, was aber weder ununterbrochener Beschiessung, noch Stunfr versuchen gelang. Immerhin musste das wichtigs:e Fort bei Flize endlich seine sturmfreien Wäile räumen, der Durchgang von der Grenze bis lu: Maas ward genügend freigelegt, zur Abwehr voe Ausfällen aus M^zi^res eine Brigade nebst einigen herangezogenen belgischen Landwehren zurückge lassen, da man die beherrschenden Punkte verschanr und durch entsprechende Batterien gesichert hatte. so dass Ausfälle im Rücken der deutschen Heeres^ Säulen dort wenig Aussicht hatten. Da Montmedy gleichfalls genügend zerniert und der Ring um Verdic durch die bis zum 18. dort lagernden deutschen Hau|^ massen so eng geschlossen war, dass fortwährendf Beschiessung und nächtliche Wegnahme eines Haupc forts des äusseren Rayons die Besatzung ermudetf und demoralisierte, so konnte man zuletzt noch aus der hessischen imd Gardelandwehr eine kombinierte Division als Reserve der Feldarmee nachschiebes Der stärkere Teil .der Landwehr im Verein im" Reiterei besorgte Beobachtung und Zemierung ^'
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Montmddy, Toul, Verdun, da im Fall des Sieges diese französischen Posten doch alle verloren waren, beim Gegenteil ein Verschwenden von Kräften an diese unbeweglichen Objekte ein Fehler gewesen wäre. Den französischen Verlust, um zehntausend Mann geringer, wie es dem Verteidigungsverhältnis entsprach, vermehrte die Zurücklassung fast eines ganzen Territorialkorps in Verdun und M^ziferes als Kräfteausfall. Doch rückten ja nun alle Reserven zweiter Staffel am 20. in die Linie ein. Während die Korps von Bourges und Clermont nebst den übrigen Territorialtruppen dieser Gruppe die lange Strecke südlich von Chalons bis Vitry ausfüllten, standen das 6., 20. Korps bei Chalons imd Sommesuippe, die frischen Korps von Limoges, Toulouse, Bordeaux bei Rheims und im dortigen gewaltigen Fortnetz, das 1., 2., 3. Korps und ihre Bleibsel von Territorial- truppen von Berry au Bac bis Athis und, Laon, da- hinter als bewegliche Reserve das Korps von Orleans, die zwei Territorialdivisionen der Montagnards, die algerische Division (sämtlich ganz komplett und stark formiert) zwischen Soissons und Fismes an der Aisne. Nach allen Verlusten betrug diese Streitmacht noch 375 000 Streitbare (70000 der Nordarmee), rund 450 000 Mann Effektivstand. Die Deutschen, inbe- £rriffen die drei neuen Divisionen und die Landwehr- reserven, zählten gegen die Linie Vitry-Rheims 270000 Streitbare, befanden sich also hier um 35000 Mann in der Minderzahl. Gegen Laon-Soissons, wo die von St. Quentin herabkommenden fünf Bri-
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gaden und die Holländer hinzutraten, nicht weniger als 180000 Streitbare, da am 21. auch die bd St. Quentin abgelösten Belgier als Reserve dn- trafen. Im ganzen nicht viel unter 550 000 Mann Effektivstand (inklusive Artillerie, Train, Offi- ziere usw.). Eine volle Million Kulturmenschen waren alsobeisanunen,um sich nach Möglichkeit abzuwüigea
Um das Zusammengreifen der verschiedenoi deutschen Armeegruppen in der Zerreibungszone zu ermöglichen, musste natürlich deutscherseits ein zeitlicher Unterschied echelonartiger Angriffe ins Auge gefasst werden, um die räumlichen Entfernun- gen auszugleichen. Die Offensive staffelte sich da- her unimterbrochen von links nach rechts, so dass der Kampf auf der äussersten rechten Flanke gt- gen Soissons, räumlich so weit getrennt, erst be- gann, als er schon fünf Tage auf der Linken, drei im Zentrum, zwei am sonstigen rechten Flügel tobte.
Unbeirrt durch lauter trübe Nachrichten des Flottenkriegs, sah die deutsche Heeresleitung der Entscheidung hier mit Zuversicht entgegen. Das Schlinmiste an örtlichen Schwierigkeiten hatte man ja hinter sich, denn das war unstreitig die Maas- sperre gewesen, jetzt brauchte man keinen Fluss mehr unter Kanonen von Forts angesichts des Fein- des zu überschreiten. Die riesige Aktion zerfiel, auf Dauer von vielen Tagen angelegt, in eine Kette getrennter, doch in sich zusammenhängender Ope- rationen. Vom 18. bis 22. Juni mühten das .15., 16. Korps sich auf der Südstrecke ab, ohne viel
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Boden zu gewinnen. Im Gegenteil erlitt man am 21. noch vor Vitry einen erheblichen Misserfolg. Diese so früh begonnenen heftigen Scheinangriffe sollten aber lediglich dazu dienen, die ohnehin schon durch jenes Vorrücken der Badenser und Württem- berger im weiteren Süden erregte Aufmerksamkeit der französischen Oberleitung dorthin abzulenken und ansehnliche Kräfte dort zu fesseln. Dem Vor- gehen des 3.» 4. Korps auf Sommepuis ging eine grosse Reiterschlacht am 19. voraus, imter Eingrei- fen der beiderseitigen Vortruppen. Sie kostete den Franzosen zwar drei Standarten, fünf Kanonen, tau- send Gefangene, den Deutschen aber grösseren Blut- verlust, da man bei dreistem Verfolgen ein fürch- terliches Feuer aus der französischen Hauptstellung empfing. Am 20.- verhielten die Deutschen sich hier planmässig passiv, neckten den Gegner nur durch Gefechte um einzelne Dorfgruppen vor seiner eigent- lichen Front, die er gleichsam als vorgeschobene Vorderbastionen benutzte. In anhaltendem Artille- riekampf von je zweihundertfünfzig Geschützen be- haupteten die Franzosen ein leichtes Übergewicht. Kräftiger packten das 2. Korps und die drei frischen Divisionen die Sache bei Rheims an, die erst an diesem Tage vorgingen, doch die vorderen feind- lichen Linien mit eins in heftigem Anlauf ins Sperr- fortnetz hineintrieben.
Als der Abend sank, verröchelte zwar mancher Mann der Ostsee und Oder auf der weiten Ebene, über welche fern die Türme der herrlichen Käthe-
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drale von Rheims wegragen. Doch in Rheims, 6k- sem Zentraldepot des gesamten Sperrfortsystems und Hauptquartier der französischen Armee, herrschte eine düstere Stimmung. Man leitete eine grosse Offensive ein, wai den dreisten Gegner weit zurückzutreiben. Am 21. früh erhoben die Rheimscr Forts eine betäubende Kanonade, ihre dröhnendE Stimme übertönte das Grollen von sechshundot Feldgeschützen.
Da hier beiderseits frische Truppen sich gegen- überstanden, die grösstenteils zum ersten Male ws Feuer kamen, gestaltete sich das Ringen äusserst lebhaft und hartnäckig mit unverbrauchten Kiif ten. Der Feind hatte am vorigen Tag die Hälfte seiner Masse nicht engagiert, jetzt setzte er alles ein, auch das Korps von Orleans« hinter die Ffod: näher heranziehend. £s war ein grossartiger An- blick, als die Gascogner in imabsehbaren Schlacht häufen zwischen den Forts vorbrachen iind unter Gesang der MarseiUaise mit vollem Elan ihre gut geleiteten, gewandt ausgeführten Angriffe begannei
Die deutschen Linien wurden zidetzt nach insea eingebogen, aber nirgends gesprengt. Natürlich fügte ihr kaltblütiges Feuer dem Angreifer sehr schwere Verluste zu. Immerhin verloren sie eine lange Streckt Boden, imd die im Rheimser Rayon Eingeschnürten fühlten grosse Erleichterung. Ein Versuch der deut- schen Reiterei, das für Attacken so geeignete Blacb- feld von Chalons zu ihrem auf Manövern so b^ liebten und eingeübten Massenritt in tiefer Kolonne
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zu benutzen, brach kläglich unterm Schnellfeuer des 150. 160. (ständige Chalons-Garnison) zusammen, ehe man über Tourbe entferntere Vesleufer erreichte. Zuletzt brach noch die Kürassierdivision von Lun^ville aus der Seitengruppe des 6., 20. Korps seitwärts hervor und brachte die gelichteten Reiter- liarste erst recht auf die Reise, auf Nimmerwieder- sehen. Dies missglückte Unternehmen, zwischen Chalons und Rheims durchzubrechen, fiel mit beider- seitigem Rückzug der Gegner vor der Linie Chalons- Sommepuis zusanunen. Das zur Unterstützung des Rheimser Verstosses vorgebrochene 6. Korps geriet hier auf halbem Wege mit den selber offensiv entgegenkommenden Brandenbiu'gern aneinander. Nach Taten ebenbürtiger verzweifelter Tapferkeit Endete die Affäre damit, dass sozusagen beide Teile Kehrt machten, um sich in früherer Ausgangsstel- lung zu sammeln. Doch Hess sich nicht verkennen, dass Franzosen (37. 69. R. vernichtet) Erschütterung tiefer empfanden, als die unverwüstlichen Märker.
Erst an diesem Tage griffen Hessen, Thüringer (18.» 11. Korps) das 1., 2. französische Korps nördlich imd nordwestlich von Rheims an. Der Kampf war hart bei Athis, östlich von Laon. Die durch pa- triotischen Opfermut von jeher bekannten rüstigen Söhne der Ardennen und des Aisnedepartements, deinen Aushebung eine Territorialdivision ausmachte, Hessen es an Bitavour nicht fehlen. Doch zu schwer hatte 1. Korps in Schlacht von Fleurus gelitten. Ausser dem Einschrumpfen vieler Truppenkörper, wo
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mehrfach je zwei Bataillone in eins hatten ver schmolzen wertien tnüssen trotz neueingestelltem, zum Teil freiwilligem Ersatz der unmittelbaren Heimat, um deren Gau sie hier fochten, sass ihnen Erinnc rung der Niederlage in den Knochen. So konnte es nicht fehlen, dass sie endlich nachgaben und gegen den Weg nach Cfaonne zurückwichen. 1., 33. 124., 127. Regiment halbvernichtet. Hingegen be hauptete das 2. Korps (Isle de France) die Aisn^ ufer bei Berry-au-Bac, Pontau-Vert und Umgegend Die Pariser Regimenter verlangten hier stürmisch weitere Offensive. Dies sollte ihnen auch am 21 gewährt werden, mittlerweile traten aber neue Be- dingungen ein, die das bisherige Aussehen der Ri^ senschlacht änderten.
Am 21. beschränkte sich das durch Detache- ment bei M6ziferes geschwächte rheinische Korps auf aussichtslose Kanonade gegenüber dem Fort System der Felsfeste Laon, von der 6. Division ver- teidigt. Am Nachmittag dieses Tages kamen aber bereits die Westfalen und Holländer auf der äusse- ren Flanke dieser Stellung an und breiteten sicb. gleichfalls ohne etwas Ernstes anzubandeln, lang sam weiter südwestlich in Luftlinie Laon-Soissoss aus. Noch weiter westlich war die Hannoversche Division im Anmarsch, hinter ihr folgten die Bd- gier. Dieser drohenden Waffenlawine, die sid: gegen den empfindlichsten Punkt der endlosen fran- zösischen Schlachtlinie heranwälzte, hatte man dort vorerst nur die 5. Division entgegenzustellen.
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Kriegsministerium, von Paris den Nachschub be- sorgend imd alle Fäden in der Hand haltend, war zwar bereits am 15. sich darüber klar, dass die Deutschen von Norden her herabstossen würden. Doch hielt es die Kühnheit für ausgeschlossen, dass sie gegen die geschlagene, doch immer noch statt- liche „Armee von Flandern" nur so geringe Streit- kräfte belassen würden. Aufforderung seines höch- sten Vorgesetzten, des Kriegsministers, sobald als tunlich die Offensive wieder zu beginnen, beantwor- tete der Chef dieser Armee dahin, dass er sehen werde, was möglich sei, aber mindestens eine Woche brauche, sich zu „ravitaillieren" imd „ralliieren". Auf erneutes Drängen aus Paris tastete er sich am 18. vorsichtig vor, wie im Nebel, den weitgesponnenen Schleier der deutschen Klavallerie nirgends durch- stossend. Da ihm jedoch wiederholte Information zuging, der Feind habe sich von St. Quentin südlich disloziert, machte er energische Auskundung am 19. und begriff, dass der Feind ihn offenbar nur täusche.
Nachricht, dass eine deutsche Kolonne, vonAnt- -werpen kommend, in seiner Flanke durch die Pi- cardie anmarschiere, liess ihn wieder stutzen, und so verlor er einen kostbaren Tag. Erst am 21. ging er von Albert und Cambrai konzentrisch vor, ohne aber die Hauptmasse seiner Armee in Fluss zu brin- gen. Vor St. Quentin, wo die Belgier schon ab- rückten, befand sich ausser zahlreicher Reiterei nur die aus Antwerpen gekonmiene Westfalenbrigade, die hannoversche 19. Division noch östlich der Stadt.
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Mit schneidiger Selbsttätigkeit marschierte siescK fort auf, des schwerfälligen feindlichen Anmarsches gewahr werdend, und griff die Chaussee an. Die Entwicklung der stutzenden Franzosen ward so lange gehindert, dass am 22. früh die gute Stellung Pouilly* Francilly nordwestlich der Stadt besetzt werdcc konnte und die nun energisch ansetzende Über- macht den ganzen Tag über nicht ordentlich vor- wärts kam. Hierzu trug freilich bei, dass die wegen ihres Patriotismus vielgeehrte Stadt von den Fran zosen geschont werden musste, die ihre Beschiessung möglichst von ihr ablenkten. Erst am 23. früh räum ten die drei deutschen Brigaden langsam St. Quen- tin und Umgegend. Obschon ihr Rapport sehr über- trieben vorschützte, man habe drei volle feindliche Korps abgeschlagen, so war \md blieb es doch ein Heldenkampf, bei dem die hannoversche Artille- rie sich so aufopferte wie einst bei Beaune la Ro- lande. Nur zögernd folgte der Gegner, und am 24. erhielt er vollends solche Nachrichten, dass er selbst schleunig Kehrt machte. Denn die Entschei- dimg fiel lange, alles war aus imd vorüber. —
So hatte also die überwältigende Masse, die man in der französischen linken Flanke auf den Hals bekam, genügende Rückendeckung imd konnte am 22. ihr Werk beginnen. Aus Paris sandte man Eisen- bahnzüge über Trilpert und Meaux, La Fert^ und Chäteau Thierry, Sezanne und Montmirail mit eini- gen 'Depotbataillonen und viel Mobilgarden, um bei Neuilly St. Front die Aisnefront zu verlängern. Dit:
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Besatzung von Comi»^gne suchte d^i Vorübermarsch der Belgier zu stören. Dies half aber alles nichts.
In Eile musste die algerische Division vor Sois- sons aufmarschieren, die Montagnarddivisionen da- hinter, um einer so erdrückenden Umschlingung vor- zubeugen. Während am 22. vor Chalons eine Ruhe- pause mit blossem Artilleriekampf eingelegt wurde, gingen das Pariser Korps (Seine-et-Mame) und die drei südfranzösischen zwischen Berry und Rheims nochmals zum Angriff über und schüttelten die Deut- schen in heissem Ringen auch wirklich etwas wei- ter ab, jedoch unter schweren Verlusten. Aber das thüringer Korps trieb das 1. französische immer weiter über Fetieux ins Lettetal bis zu detti Kreide- plateau von Craonne, so dass das 2. aus seiner Offensive bis Corbeny zurückbiegen musste. Wäh- rend in der Front vor Laon nur Artilleriekampf tobte, gingen die Westfalen gegen die ganze Strecke des Ardonbaches vor, wo die 6. Division: den schma- len Sumpfdamm bei Etouvelle und Chivy verteidigte. Nach heftigem Feuerkampf erstürmten die West- falen mit schlagenden Tambours die hohlwegartigen Talengen und warfen den Feind teils rückwärts auf Laon, teils ins Lettetal auf Ailles zurück.* Die Rheim- serChaussee war schon ganz im Besitz der Deutschen, Verbindmig zwischen Rheims und Laon zerschnitten.
Unter diesen Umständen konnte das Rheinische Korps endlich auch Frontalangriff auf den Berg- kegel wagen, wo die Forts drohend ihre eisernen Ballen entluden. Südwestlich umgehend, nahm eine
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Brigade Clacy fort, wo die Linke der Westfalen sich anschloss. Ein Vordringen gegen den Berg und Festungsgürtel wollte trotzdem nicht gelingen. Ge- gen Abend stiessen die Holländer vor Chavignon auf die Algerier, deren auserlesene Tüchtigkeit sich gleich bewährte. Die erste holländische Divistc« ward in die Flucht geschlagen, die zweite in Panik versetzt. Doch dieser Erfolg hob die immer droheo- dere Zerrüttung der französischen Linken nicht auf.
6. Division in Laon war offenbar abgeschnitten, was freilich für diese hier als Festungsbesatzung ge- dachte Truppe nichts Auffälliges hatte, da sie ihr festes Lager nicht räumen sollte und wollte. 5. Di- vision und 1. Korps waren im Lettetal zusammenge- presst, 2. Korps stellte sich in zwei Linien zwischen Berry, Braine, Ronzy auf, um eine starke Seiten- deckung sowohl nach Rheims als nach Craonne zu bilden. Die Rheimser Heergruppe behauptete noch ihre vorgeschobene Stellung, und der französische Oberstratege träumte von dem abenteuerlichen Plan eines Zentrumdurchbruchs nach napoleoni- schem Muster. Da er den Erfolg der Alge- rier in seiner Tragweite überschätzte, hielt er die Stellung von Soissons für gesichert und schob da- her das Korps von Orleans nun vorwärts zwischen Rheims und Chalons.
Der 23. sollte also der Entscheidungstag: wer- den, doch gehörte noch ein weiterer Tag dazu, die französische Zentralstellung zu bemeistem. Mit anerkennenswerter Bravour stürzte sich das Orleans-
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korps, als wolle es hier nahe den Maasgefilden ihrer Heimat den Befreierruhm der Jungfrau* er- neuem, in die Lücke zwischen dem 3. und 2. deut- schen Korps, und sämtliche französischen Schlacht- haufen von Rlieims bis Sommepuis begleiteten zu beiden Seiten dies stürmische Anrennen. Wieder wankten die deutschen Linien, Jäger-zu-Pferd und reitendes Feldjägerkorps des kaiserlichen Hauptquar- tiers flogen mit ängstlichen Befehlen hin und her. Doch in ihren mit dem Spaten ausgehobenen lan- gten Schützengräben eingebuddelt, trotzten die Bran- denburger mit so eiserner Ruhe dem Überrennen, dass die Hochflut der feindlichen Waffenwogen sich an dieser Stelle brach und endlich abends an allen Punkten zurückebbte. An der mittleren Aisne ver- drängten die Daitnstädter zwar das Pariser Korps noch nirgends, dagegen bemächtigten sich die preussischen Hessen von Corbeny aus des Eingangs zum Craonner Plateau, die Thüringer (21. und 38. Division) beherrschten vom Schnittpunkt Fetieux aus die Strassen nach Chavignon und Soissons, so dass sie das 150 Meter hohe Kalksteinplateau im Rücken angreifen konnten. Ein konzentrisches Er- klimmen dieser Stellung ward in Aussicht genom- men, doch zog man es vor, von Corbeny aus Seiten- stösse des 1. Korps zu parieren und ohne ernstere Opfer lieber das Plateau gänzlich im Rücken zu isolieren, bis man bei Chlvy schon den Westfalen die Hand reichte. Mittags war man hier so weit, um imter blosser Beobachtung der im Lettetal ab-
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geklemmtea drei Divisionen gegen Chavignon in die Flanke der Algerier zu drücken. Gleichzeitig begann der Angriff der hannoverschen 20. Division auf Soissons, das die Montagnards-Territorialen mit vielem Mut verteidigten. Als aber abends auch noch die Belgier westlich von Soissons Brücken schlu- gen und die von der Marne hierher eilenden Pa- riser Entsendungen (Mobilgarden und einigte De- potbataillone) vor sich herjagten, brach das ganze Gerüst der französischen Stellung in sich zusammen.
Hinter der französischen Schlachtlinie ein reges wildes Treiben auf Dutzende von Kilometern. Dampf- wölkchen und Zischen von Lokomotiven auf den Bahnsträngen inmitten des Fortrayons, weissliches Glänzen der staubigen Chausseen in der Sonmier- sonne, stählerne Waffenschlangen unterm hellg^rünen Flaum der Pappelalleen, Pfeifen und Schnauben von Transportzügen, Sanitätstrains ,R^nard', für alle Fälle aufgestapelt, unter peinlicher Überwachung der Dynamit- und Pulvervorräte für Bahn- und Brücken- sprengung bei etwaigem Abzug. Weiter vom Klat- schen deutscher Haubitzgranaten gegen dicke Stein- wälle der Forts oder Blindagen von Erdschanzen. Auch als später deutsche Pioniere sich bemühten, regelrechte Minengänge wie zu förmlicher Bela- gerung inmitten dieser neuartigen Riesenschlacht herzustellen, bestanden die Rheimser Forts jede Probe und trotzten auch dem Steilfeuer der Hau- bitzen noch lange, während sie an der Maas sich
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schlechter als ihr Ruf erwiesen. Aus dem Motor- luftschiff in Toul und zwei weiteren bei Rheims mit zerlegbaren Teilen aus Stahlrohren (Firma Le- baudy, Erfinder Juillot) regneten Sprengstoffe, ent- gegen Abmachungen der Haager Konferenz. Das Schiessen gegen dies lenkbare Luftschiff war viel unbequemer als gegen Fesselballons.
Kein Bild einstiger Feldzüge, noch weniger ähnlich Manöver xmd gar deutschem Parade- pomp. Spitzen und Adler der Helme, geputzte Knöpfe und das sonstige so pedantisch gepflegte Metallmaterial der Ausrüstung zogen schon in ersten Gefechten so rasch das Feuer des Gegners an, dass man auf Helmschmuck wie auf sonstige saubere Montur verzichtete, um so mehr der Helm, ob mit oder ohne Bezug, Kopf- verwundungen verschlimmerte, bis man in Feldmütze und auch sonst sehr unvorschriftsmässigem Äussern dem blutigen Ernst der Kriegswirklichkeit sich an- passte. Das so schön schimmernde weissgewichste Riemenzeug, die blitzenden Säbelscheiden und Tres- sen, die nutzlos aufgeschraubten Bajonette beim letz- ten Angriff verschwanden wie eitel Firlefanz. Nur möglichst eingedunkelt konnten Leder imd Messing- beschläge innerhalb der Zerreibungszone geduldet werden. Die Scheiden überzog ein graues Flor- futteral, den Offizierssäbel liess man drinnen stecken. Wozu sollte er dienen, da man unter heutigen Ge- fechtsbedingungen den Säbelwink doch nicht mehr wahrnimmt I Nicht nur die Buntheit der Reiterei
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und ihre unpraktischen zwecklosen Lanzenfähnlein brachten beiden Parteien Nachteile, auch die dunkel- farbigen Waffenröcke mit ihren darauf verstreuten roten Flecken hätten besser einen grauen Ton ge- habt, wie die grauen Offiziersüberröcke, die man aber bei Sommerhitze nicht tragen konnte. Es wurde bei- derseits erst besser, als das Biwakelend im Lehm- matsch Lothringens und auf Kreidehimius der Cham- pagne einen ähnlichen schmutzigtrüben Farbenton herbeiführte, wie beim britischen gelblichgrünlichen Kakistoff.
Das Strahlen des Sonmiertags über dem Schlachtpanorama, dessen Dünensionen alles Dage- wesene weit übertrafen, beleuchtete auf sammetgrüner Flur nur endlose schwarze Schnüre wie wimmelnde Haufen von Wanderameisen: inStrassengräben oder Ackerfurchen eingeschmiegte Schützen, zwischen de* nen der aufgewühlte Boden mit einer Kieselfontäne unter Granatspritzem puffend aufstäubte. Diese un- glückliche Landschaft durchharkte ein eiserner Rie- senpflug. Fern am Horizonte wetterleuchtete es un- unterbrochen mit schwefelgelben kreisrunden Blitzen, selten glitzerten die unabsehbaren Reihen schwän- licher Donnerrohre unter vorüberhuschendem Son- nenstrahl. Bis in abgesessene Reiterharste und Am- bulanzen mit dem roten Genfer Kreuz weit hinter dem Schlachtgewühl rauschten eiserne Bälle nieder. Heranrollende Bahnzüge in weiter Feme, Feldtelegra- phen und Telephonvorrichtungen spürten manchmal die ungeheure Fernwirkung moderner Geschütze
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schweren Kalibers. Überall klatschten Sprengge- schosse in die Marschkolonnen der Reserven hin- ein, einen klebrig-schmierigen Brei zermalmter, ineinander verknäuelter Leiber hinterlassend. Zap- pelnde Pferde mit aufgerissenem Bauch, dass die Eingeweide hervorquollen, schrien markerschüt- ternd in den brausenden Donner hinein, der jedes sonstige Getöse verschlang.
Hunderttausende Gewehre klapperten im Takt wie ein riesiger Maschinenapparat, die knatternden Maschinengewehre wie hartes KIlirren eines hell- klingenden Schmiedehammers. Zwischen der fein- gezeichneten Linie zarten Blaudunstes, wie rauch- schwaches Pulver ihn erzeugt, stoben graugelbe Rauch- wolken empor, aus deren Rand es krachend auf- flammte. Doch diese einschlagenden Granaten fürch- tete man minder als den Sprühregen der Schrapnell- trauben. Nur in nächster Nähe hörte man noch das Rasseln der Schlösser und Einschnappen der Gewehrkammem, das heisere Brüllen der Komman« dos, von Offizieren mit aller Lungenkraft ausge- stossen, das Gellen der Signalpfeifen: alles ging unter in einem blitzenden Orkan. Durchgehende rasende Gespanne, umgeschleuderte Protzen quer hinter sich herschleifend, stampften über Menschen- fetzen weg. Die starren Umrisse der deutschen Bat- terien, die unaufhörlich ihr heulendes Gebell in die Lüfte warfen, wechselten selten die Stellung ihrer Ehrhardtschen Schutzschilde und dampfenden Erd- walleinschnitte. Verschwammen sie in abendlichem
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Dämmer, standen sie meist noch, wo sie zum Him- mel schrien, als die erbarmungslose Sonne greQ auf ihrer Höhe stand und auf stinkendes Leiches- feld schwül herniederstach.
Weder Feldflaschen noch bei Nacht in die Schützenketten vorgeschaffte Ledersäcke mit Wasser reichten aus, um die schier verdurstenden Kämpfer in dieser von Sonnenbrand imd Feuerglut brodelnden Hölle zu laben. Bei Einbruch der Dunkelheit krochen alle Versprengten in den dunkeln Saum der Gebüsche, sich endlich im Schatten zu kühlen. Was in der vorderen Linie aushielt, streckte sich in den Schützengräben zum Schlafe nieder. Brach der Morgen an, fanden beide Parteien wieder lücken- lose Fronten, die in rastloser Blutarbeit sich abwürg- ten. Sprungweises Vorgehen rief stets eine Flut von Schrapnellstücken und eisernen Hagelschlossen der Maschinenbüchsen herbei, jedes Abbauen ein ver- zehnfachtes Schnellfeuer der feindhchen Schützen mit den neuen Kugeln, die eine Schnelle von mehr als achthimdert Metern in der Sekunde besitzen. Hier und da legte man die beliebten Tornisterver- schanzungen an, meist liess man Gepäck aber beim Gepäckwagen zurück, die Franzosen durchweg, de- ren Offiziere übrigens seit lange nicht mehr dec Degen zogen, sondern nur mit einem Kommando^ Stäbchen in der Hand die Ihren zu leiten wussteo.
Die französischen Schnellfeuerbatterien, ur- sprünglich nur ä vier Stück formiert, hatte man schon bei Ausbruch des Krieges auf sechs vermehrt
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-wie die deutschen, um Einheitlichkeit der Leitung zu erleichtern. Bei so ungeheurer Ausdehnung des Gefechtsgeländes erwies sich aber das früher so entscheidende Gruppieren von Massenbatterien nicht mehr so wirksam, imd der Infanteriekampf löste sich sozusagen in Bataillonskämpfe auf, eine selt^ same Erscheinung. Drei Kompagnien in der Schwarmlinie, eine in Reserve, nahmen die Ba- taillone oft eine Front von elfhundert Schritt ein. Die Gewehre verschleimten aber so bald durch das unablässige Knallen, dass manchmal ein Viertel der Kämpfer sie nicht mehr brauchen konnte. Beim Verteidigen fester Punkte wandte man öfters sogar Handgranaten an, eine Kampfweise der guten alten Zeit, die also wieder zu Ehren kam. Beim Angriff, meist unter Benutzung von Rauchschichten» warf man mitgeschleppte Erdsäcke möglichst weit vor, um sich in raschem Lauf wieder hinter ihnen zu decken. Doch es fruchtete selten, Vorderlinien wur- den fast immer aufgerieben. Auf zweihundert Schritt berangekommen, erwies sich der tapferste Angreifer zu schwach, einem dann einsetzenden Gegenangriff zu stehen. Man hatte geglaubt, dass heutige Fern- feuerzone einen Nahkampf unmöglich mache. Schon der japanisch-russische Krieg erwies das Gegenteil» £s kam vor, dass der Verteidiger erst auf drei- hundert Meter sein Feuer losliess, Ergebnis halbe Vernichtung, dennoch Vordringen bis auf zwanzig Schritt, umsonst I
Selbst die festesten Nerven zerfrass dies ma-
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schinenmässige Abdrücken der Mordwaffen, dies Alh geschlachtetwerden von unsichtbarem Gegn^er, der stete Anblick dieser Rauchhügel, wo wellige Gelände ketten über Talsenkungen mit flachem Strich sich wölbten und eine endlose Esse aus unterirdischem Nebelschleier zu qualmen schien, das Schlittern und Stampfen dieser orgelnden Schlachtmaschine, die wie in einem Mörser Zehntausende zerstampfte, dies sausende Hinwirbeln von Dampf und Staub wie von verschüttenden Lawinen.
Von den brennenden Zeltlagern um Rheims bi$ nach Rethel, wohin endloser Wagentross deutsche; Ambulanzen trottete imd mit proviantfassenden Train- kolonnen rumpelnd und polternd sich kreuzte, erscholl millionenfaches Höllenorchester von unaufhörliches Wehelauten, Winunern, Kreischen, Röcheln, Fluchen, Beten ohnmächtiger Menschen, Verstümmelter, Zer- schlagener, Sterbender. Leichenhaufen verkohlten am Wege, aus anderen in Gruben durcheinanderg^ stülpten Kadavern wehte ein Pesthauch schimme- liger Verwesung unterm zersetzenden breiten Licht- strom der Sommersonne. Das Eingraben der Toten beim Vorwärts-Verlassen von Stellungen wollte wäh- rend des Kampfes nicht von statten gehen, nun be- sorgten alle Trainbataillone und gesammelten ver- sprengten Drückeberger hinter der Front dies schaurige Geschäft. Der scharfe Zug des Nacht- windes verbreitete den Geruch von Leichengift, Eimer mit Karbol mussten umhergeschüttet werden. Wie wenn rotbraune Herbstblätter niederrieseln und
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den feuchten Waldboden versinkend bedecken, tropfte es von allen Bäumen und Büschen, breite Blutlachen sickernd zu einem Rosateich verquellend. Zäh und elastisch wie indische Baumwolle hat- ten die französischen, unbeugsam imd biegsam wie stählerne Drahtgeflechte die deutschen Kampf- linien den fürchterlichen Stössen der Kriegsfurie standgehalten. Doch der deutsche Stahl, der Krupp- sche Gussstahl erwies sich zuletzt als das festere Metall, an dem alles glühende Erz der Gallierlanze zersplitterte. Germaniens Brünne blieb undurch- dringlich, der Heerkönig und Herzog aller Deut- schen sah hoch zu Ross über ersiegte Walstatt hin.
Als der 24. Juni anbrach, ohne dass die fran- zösische Oberleitung vollen Überblick gewann, wo die telephonischen Meldungen von Viertelstimde zu Viertelstunde sich drängten und oft widersprachen, war der Ausgang nicht mehr zweifelhaft. Im Zen- trum gewann man zwar deutscherseits kein Terrain, liess sich von der trotzigen über Rheims-Chalons vorgeschnellten kreisförmigen Stellung der hier fech- tenden sechs französischen Korps nicht zu opfer- vollem Angriff verlocken, bis man mittags endlich Abzugsbewegung wahrnahm. Denn die Ereignisse an der Aisne bestimmten den französischen Gene- ralissimus, von starrsinnigem Festhalten der Vesle- ufer abzulassen: das Schicksal von Rheims ward in Laon und Soissons entschieden. Schon vormittags erwies sich der Fehler, das Orleanskorps nicht bei
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Soissons belassen zu haben, iinreparierbar : der wch- tige Ort mit seinem alten Festungswall war gegen Umgehung der Belgier nicht zu halten. Ciner sol- chen Übermacht gegenüber blieb den tapfem Terri- torialtruppen von der spanischen Grenze nichts übrig. als Schritt für Schritt das nördhche Aisneufcr zu räumen und östlich auf Fismes zu retirieren,
In qualvoller Enge zwischen Westfalen, Thü- ringern, Holländern wehrte sich die Algerische Di- vision wie ein verwundeter Atlaslöwe, ihre Turcos und Zuaven fielen so heldenhaft wie bei Wörtk Der Todesritt ihrer Elitereiterei, der Cbasseui? d'Afrique \md Spahis, die in ihrem roten Burnus wie Flamingos über einem Blutteich zu flattern schienen, blieb allen Augenzeugen im Gedächtnis. Nur ihm verdankten die Trümmer dieser glänzen- den Truppen ihr Entrinnen nach Fismes. Ausfälle der abgesprengten Heergruppen inLaon undCraonne fruchteten nicht, sie blieben endgültig abgescbnitteiL Den 100 Meter hohen Felsen von Laon mit Wein- bergen, steilen Abfällen, vereinzelten Kuppen, nas- sen Wiesen imd den kaum ersteigbaren Vorstadtdör- fem Ardon und Semilly von vom oder auch vtm hinten erklimmen zu wollen, wo heut die natürUdie Widerstandsfähigkeit durch Forts mit weiter B^ Streichungssphäre verzehnfacht, dies Vergnü^^en be- reitete man der Besatzimg nicht. Lieber deckte man sich, so gut es ging, gegen die Geschosse der Forts, die weit umher nach Norden, Westen und Süden flogen.
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Aus dem Lettetal gab es für die dortigen Divi- sionen kein Entrinnen mehr, sobald die Darm- städter >endlich Berry-au-Bac einnahmen, die Thü- ringer bei Chavignon einen Riegel vorschoben, und die Belgier von Westen her am jenseitigen Ufer entlang rückten : sie streckten am nächsten Tage die Waffen. Das französische Zentriun trat nachmittags den Abmarsch zur Marne an, wobei die Reste der Linken und das noch verhältnismässig intakte 2. Korps die Flanke zu decken suchten, jedoch am folgenden Tag in Auflösung verfielen. In Rheims wies das Orleanskorps noch die Zähne, während die beiden erprobten Korps der 6. Region (Chalons) in ungebeugter stolzer Haltung die katalaunischen Felder verliessen und die Rechte unbesiegt blieb. Deut- scherseits erfolgte jetzt ein wahres Wettrennen gegen die ganze Strecke Rheims-Chalons. Die alte Krö- nungsstadt der Könige von Frankreich sah ein Schauspiel düsterer schauriger Verwirrung, als die Heersäulen imter der Trikolore, gloiresüchtig wie nur je unterm Lilienbanner, traurig und wutverzerrt vorüberrauschten.
Unmittelbar in den Rheimser Rayon nachzudrin- gen, verbot das Feuer der Forts, die gewichtigen Einspruch erhoben. Als aber die bisher in Re- serve gehaltenen sächsischen 12. 19. 23. Korps und die nun auch als Reserve eingesetzte kombinierte Landwehrdivision zwischen Aisne — Kanal — ^Vesle Mourmelon norwestlich umgingen, musste das Nach- hutkorps sich beeilen, um nicht abgeschnitten zu
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werden, wie die im Rheimser Netz verbliebenen Territorialtruppen, die sich am 27. in ihr Los er- gaben und kapitulierten. Am 25. früh ging die Axri^regarde des Orleanskorps beim Dorfe Bezannes zugnmde. Weitere Hauptteile des innerlich zer- schlagenen Heeres zu umgarnen, glückte nicht, um- sonst machte die ganze Reiterei zur Verfolgung sich auf, setzte eine ganze Strecke in vollem Trabe nach, auf dem alten Reitersiegesfeld von F&re Cham- penoise pflückte sie auch am 27. abends keine Lor- beeren, obschon die Franzosen oft kaum noch eine Patrone im Laufe hatten. Doch die letzte Kugel, die letzte Kartätsche genügt, um Reiteranprall ab- zuschlagen, und je grösser die Reitermasse, desto willkommener das Schussziel. Die Faselei, erschüt- tertes Fussvolk, das sich verschoss, werde einer Attacke nie widerstehen, ist bei heutiger Beschaffen- heit der Feuerwaffen nur zu belächeln. Denn der frühere Wert der Reiterei, nämUch ihre Schnellig- keit, wird durch die Femfeuerzone heut hinfällig: die Kugel trifft eben viel schneller, als die Rosse rennen, und ein völliges Verschiessen aller Patro^ nen ist ein zu seltener Fall, als dass man darauf rechnen könnte.
Der Sieg in solcher Riesenschlacht war mit Einbusse von fünfzigtausend Toten und Verwmide- ten, wovon fast zwei Drittel auf das Zentrum ent- fielen, nicht zu teuer bezahlt. Ausserdem fehlten den Holländern viele Zersprengte bei den Fahnen, Die Franzosen büssten vierzigtausend Tote und Ver-
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wundete, doch ebensoviel Gefangene, Versprengte, Vermisste ein, wenn man die Kapitulanten in Rheims und später Laon hinzurechnet. Ihr moralischer Fak- tor war gebrochen, es trat der psychologische Mo- ment ein, wo die Wagschale seelisch zu Ungunsten des Besiegten in die Höhe schnellt. Aber in die- sem nämlichen Augenblick traf gleichzeitig ein Funke ins Pulverfass der schon aufs äusserste dem eng- lischen „Verbündeten" abgeneigten Volksstimmung, der mit einmal das ganze Bündnis in die Luft sprengte: der freche rechtsbrüchige Raub der Ba- learen, der minder gegen Spaniep als gegen Frank- reich selber gerichtet schien.
In Paris hatte der eigene Seeerfolg Englands gegen Deutschland, für Frankreichs Interessen gleichgültig, ebenso verschnupft, wie das völlige Lahmliegen der vorher so mächtig ausgeprahlten Landungsoperation gegen die Niederlande. Drurys Kanalgeschwader begnügte sich dort fortan mit blosser Blockade, durch so grosse Rückschläge ge- warnt, warf hier und da Granaten iiach Antwerpen undMuidenhafen hinein oder an den Strand bei Water- weg, ohne je wieder mit Landung Ernst zu machen, nachdem ein paar nächtliche Handstreiche an der Wachsamkeit der Küstenposten und der guten An* läge der Strandbatterien, nochmals gescheitert. Bei der völligen Niederwerfung der deutschen Streit- mittel zur See hatte die britische Flotte Ende Juni nichts Besonderes mehr zu tim und erwog allge-
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meine Dislozierung teils ins Mittelmeer, teils nach der Atlantis, wo Alarmnachrichten über die merk würdig schwüle unheimliche Stimmung in den Ver- einigten Staaten vorlagen. Dort hörten Ende ]m wie auf Kommando die tobenden Protestmeetings und Entrüstungsmanifeste der deutschen und irischen Bürger völlig auf, als habe man die anglophoben Elemente geheim beschwichtigt imd sich mit ihnen verständigt. Dagegen spürte man in den britisdKQ Besitzungen heimliche Minierarbeit von Yankefr agenten. Auffälligerweise flaute auch das Schimpfen der Presse gegen Japan, mit dem man seit Anfang Juni in Fehde lag, auf einmal ab. Kaum der ^M zona Kicker" braute noch blutrünstige Anekdoten über chinesische Greuel und möglichste Austiignng aller gelben Leute in Califomien. Infolgedessen stach englische Traiisportflotte nach Montreal und Qud)« in See, die ein halbaktives Milizkorps nach Kanada beförderte. Eine andere ansehnliche Streitmacht niit vielen Volunteers ging nach Südafrika, von wo der Kabel immer bösere Dinge meldete. Ferner brauchte man frische Truppen in Nordafrika, um wenigstffls Alexandria zu halten und von dort Wiedererobening der verlorenen Gebiete anzubahnen. Die Einbusse an Besitz und Prestige in Afrika war wohlgeeignet, den maritimen Siegesrausch zu verbittern. Auchio Ostasien vergällten den Stolz auf Erwerb der hol-
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ländischen Sundainseln die Bedrängnis in Shangair die laue Zweideutigkeit Japans, der zimehmende Boy- kott englischer Waren in Indien und die Gännig
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unter den dortigen Muselmännern. Doch getreu seinem Welteroberungssystem, das aufs Haar dem altrömischen gleicht, gibt England nie einen Posten auf, nie sein Spiel an irgendeinem Punkte verloren, setzt inmitten eigener Verluste seine Übergriffe fort, fest überzeugt, zuletzt das Verlorene zurückzuge- winnen, unterdessen aber neuen Raub dem alten hin- zufügend. Da von Deutschland nichts zu holen, Frankreich leider alliiert war, musste Spanien her- halten. Man konnte sich ja denken, dass Frankreich der Balearenraub sehr bitter kränken würde. Ein bekannter Marineautor hatte („Quadiilat^re Naval Francs") prophezeit: „Ein England, das auch noch Mahon hat, ist nicht bloss vorherrschend im Mittel- meer, es ist dort allein. Das wäre das Ende jeder französrchen Grossmacht zur See. Nie darf man dies erlauben, nie Spanien gestatten, die Balearen abzutreten, das ist eine Frage von Leben und Tod." Aber Frankreich war durch Landniederlagen jetzt ja so geschwächt, sein Toulongeschwader zum Schutz Nordafrikas gegen die Islamiten festgelegt, sein Nordgeschwader hatte man durch rücksichtslose Aus- nutzung in der Nordsee vermindert. Es musste sich wohl oder übel fügen, falls os nicht riskieren wollte, dass der treue AllUerte es beim Friedensschluss ganz fallen liess. Doch hier zum erstenmal verrechnete sich das kluge Inselreich, es rechnete nicht mit der nationalen Empfindlichkeit und mit dem nur eingeschläfert unter der Asche glinunenden Briten- hass, nicht mit der schon hochgesteigerten Verstim-
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mung in Paris. -Auf Remonstrationen, warum Eng- land nicht neue Diversion an der niederländischen Küste unternehme, antworteten Naval Department und Lords der Admiralität unverfroren: „Dte an- dauernden französischen Niederlagen machten dies unnütz, ja sogar gefährlich, auch habe England kein Interesse daran, mit Rücksicht auf den Friedens- schluss die Niederländer noch mehr zu erzürnen, es brauche vidmehr all seine Regimenter an andern Punkten für die eigene Wohlfahrt." Auf herzbeweg- liche, dann drohende Mahnungen, das versprochene Armeekorps endlich nach Boulogne-Calais zu senden, gab es ausweichende Ausflüchte. Erst Ende Juni landete wirMich eine Division, zusammengerafftes Volk, zu spät, um noch mitzuwirken. Zum Schutz französischer Interessen in Nordafrika trug die bri- tische Flotte oder die Besatzung von Gibraltar nicht das mindeste bei. Nun aber brachte der gegen Ma- hon geführte Streich, ein Todesstreich gegen Frank- reichs Bedeutung im Mittelmeer, den Kelch zum Überlaufen. Die hochgehenden Wogen der Ent- rüstung sänftigte kein Ol diplomatischer Umschweife. Das Marineministerium erklärte sofort öf f entlick dass Mahon der strategische Punkt für alle kombb nierten Bewegtmgen der Routen Toulon-Algier und Toulon-Korsika-Biserta sei, 580 Seemeilen (40 Fahrt- stimden) von Malta, 430 Meilen (siebenundzwanzig Stunden) von Gibraltar entfernt. Dies würde ein strategisches Dreieck ergeben, das die drei fran- zösischen Flottenstationen Portovechio in Korsika«
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Rachgoun in Afrika, Port' Vendres in Roussillon völlig annullierte. Kategorisch forderte der Quai d'Orsay soforäge Räumung der Balearen, erwiderte Spaniens kriegerische Note ftiit der Versicherung, dass es Englands zynisches Attentat gleichzeitig als unfreundlichen Akt gegen Frankreich betrachte, und Hess aus Perpignan und Cästres Truppen nach Port- Vendres abgehen, um auf den transatlantischen Pa- ketbooten ,Touraine' und ,Braganza' nach Minorca übergesetzt zu werden und so wenigstens Gemein- samkeit der Besetzung zu erzielen. Doch der schaden- frohe Spott in London über die neuen Misserfolge der französischen Heere beeinflusste die hochmütig kühle Antwortnote, während das Jubilieren über diesen neuen Triiimph imperialistischer Arglist im britischen Publikum kein Ende nahm und der Pu- blizist Stead nebst dem Abgeordneten Labouch^re öffentlich im Hydepailc insultiert wurden, weil sie den Bruch des Völkerrechts zu denunzieren wagten. „Frankreich möge sich um seine eigene gefährdete Lage kümmern. Was die naive Zumutung betreffe, französische Truppen in Minorca aufzunehmen, so bedaure man, sagen zu müssen, dass der britische Gouverneur Instruktion habe, jede solche Annähe- rung als Feindseligkeit zu behandeln. England habe bisher vom französischen Bündnis wenig gehabt, alle [Erfolge allein besorgen müssen, die Marokkoaffäre habe seine eigehen afrikanischen Lande zum Abfall grebracht, es müsse daher sich selber Kompensationen suchen.**
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Es war genug xrnd übergenug. Nach einem ausserordentlichen Konseil im Palais Luxembourg, während Volksmassen tinter dem Rufe »»Friede mit Deutschland, Krieg mit England I" an den Fensten vorübertobten, erschienen plötzlich aus dem fran- zösischen Heere, das aus der Champagne in^ Departe- ment Seine>et-Mame wich, von den Deutschen nur langsam gefolgt, zwei hochgestellte Generale und ein Zivildelegierter des Präsidenten bei den deut- schen Vorpost^i. Sie erbaten Unterredung mit St. Majestät dem Kaiser in ultrasekreter Mission. Die Zusammenkunft ward gewährt. Auf Präliminarien der vorsichtigen Anfrage, was man von Englands Übergriff denke, und der ehrerbietigen Erkimdigung, ob es wahr sei, dass England über Separatfrieden mit Deutschland geheime Offerten mache, lautete die Antwort sehr offen: auf erstere achselzuckend, man sei derlei von England gewohnt, auf letztere bejahend nach einiger zögernden Überraschung^.
Es war Schuss ins Blaue der französischen Diplo- matie gewesen, entsprach aber den Umständen. Eng- lands Angebot, Deutschland möge sich an Frank- reich schadlos halten, dürfe Belgien annektieren, müsse aber auf jede oranische Erbschaft verzichten, alle holländischen und deutschen Kolonien an Eng- land überlassen, ausserdem Antwerpen an KngUi^ als Pfand ausliefern, würde der Kaiser selbst dann als Unverschämtheit abgewiesen haben, wenn nicht die furchtbare Erbitterung des deutschen Volkes gegen England, ohne jedes Übelwollen gegen Frank-
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reich, ein Paktieren mit ersterem ohnehin ausser Frage gestellt hätte. Jetzt aber rückte Frank- reich seinerseits mit Vorschlag eines Separatfriedens heraus. Vom 8. bis 13. Juli währte diese geheime Verhandlung, während auf getroffene Verabredxmg eine durch Vorpostengeplänkel maskierte Waffen- ruhe herrschte. Vorposten tranken sich traulich zu, Parlamentäre verkehrten kordial miteinander.
21. Lancers und Westminster Volunteers, die anstandshalber Promenade nach Boulogne wie einen Holidaytrip von Sommerausflüglem unternahmen, meldeten feindselige Stimmung der Bevölkerung. 1. Kav. Brigade Scobell (1. Dragoon Guards 5. Irische Lancers 8. Ir. Hussars 21. 22. Mounted Infantry) sistierte daher Einschiff mig, dito Oxfordmiliz-Königin- leibhusaren (Chef König Eduard) und Yorkshire Dragoons.
Gleichzeitig spielte der Telegraph unablässig zwischen Berlin und Paris nach Wien, Rom und Madrid. Am 14. wurde ratifiziert, am 15. die Welt durch ein welthistorisches Schriftstück über- rascht, mit dem eine neue Epoche der Mensch- heit anhob.
Der bekannteste Admiral Beresford, Comman- der-in-Chief of the Mediterranian, hiess jetzt, vor Kriegsausbruch versetzt, Commander in tbe Gennan Ocean. Unter ihm Admiral Pearson, Commander at the Nore, Vizeadmirale Adair, Douglas, Mann.
•Die Absicht, etwa dem britischen Nordseege- schwader entgegenzugehen oder das westliche Ka- nalgesthwader offensiv aufzusuchen, ehe sich die britischen Streitkräfte mit dem französischen Nord- geschwader und dem heimischen Reserves^eschwader vereint, liess die deutsche Admiralität sofort faOen. Wo waren die Zeiten hin, als man in naiver lUusioa über Verrottung der britischen Marine sich wiegte und ein Schiff wie „Kaiser Wilhelm" für fähig hielt allein schon grosse Dinge auszurichten! Heut stand man unterm Zeichen des furchtbaren „Dreadnought", dessen Stapellauf in England solches Entzücken er- regt imd mit zum Kriegswunsch beigetragen hatte!
Freilich wussten Einsichtige längst, dass jenes un- vernünftige Geschrei unwissender Bierbankpolitiker und Pressestrategen über einstigen Umtausch von Deutsch-Sansibar gegen die ,Nussschale Helgoland. als ob man eine Erstgeburt um ein Linseni^ericht verhandelt habe, gerade so fehlging, wie manche andere unberufene Kritik gegen Massnahmen des neuen Kurses. Nein, der Erwerb von Helgoland war
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nötig, England unter damaligen Flottenverhältnissen töricht, darauf verzichtet zu haben. Wieviel leichter würde sich der Angriff auf Hamburg gestalten, ja sofortigen unwiderstehlichen Überfall ermöglichen, wenn Helgoland noch britische Station wäre! Mit den Helgoländeü Batterien hat beiderseitige Flotten- strategie stark zu rechnen. Aber anderseits, wie schmolz der Wahn dahin, als ob diese Festung als Ausfallpforte für Torpedoflottille uneinnehmbar sei, wie ein beredter Marineschriftsteller es noch vor fünfzehn Jahren dargestellt I Damals lag bei Eng- lands Marine wirklich noch manches im argen, seit- her hatte Lord Beresfords Reformbill alles. geändert. Wenn zu Nelsons Zeit die Seekönigsorlogs den fran- zösischen, so wenig dies bekannt, an Bauart und Ausrüstung oft unterlegen waren und nur durch höhere nautische Gewandtheit ihrer unbesieglich tapferen Bemannung siegten, so hatte England heut einen Vorsprung nicht nur an Zahl, welche die vier stärksten anderen Flotten zusammen nur eben er- reichten, sondern auch an Qualität in jeder Be- ziehung. Die Prahlereien französischer Marineschrift- steller noch vor wenigen Jahren, dass man durch Sous- Manns das britische Übergewicht in Frage stelle, fielen heut dahin, wo England selbst über hinreichende Unterseeboote verfügte, wovon Japan und Deutschland noch weit entfernt.
Die Phantasie, eine Hochseeschlacht am Ein- gang des Kanals zu wagen, zerrann unter der Er- wägung, dass selbst im Falle des Erfolgs das andere
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britische Geschwader den Rückzug nach dem Nord- ostseekanal abschneiden könne. Als einzige günstige Aussicht blieb, die Blockade den Sombier durdi aus- zuhaken, bis im Herbst hoher Seegang ein Forderen der Eibmündung und anderer wunder Punkte un- sicher machte und nicht mehr helle Nächte Torpedo^ angriffe erschwerten. Ein Vorspnmg der Mobili- sierung, wie ihn Deutschland auch hier durch ^' herige geheime Vorbereitung erzielte, fiel kaum ins Gewicht, da man*s nicht offensiv ausnützen konnte Die feindliche Übermacht war ganz ungeheuer. Von den 70 (früher 55) Linienschiffen Englands (immer nur moderne, nicht Küstenpanzer gerechnet, nicht ältere oder im Neubau begriffene), be- fanden sich 7 in Ostasien, 6 in Portsmouth, 5 in der Atlantis, 12 im Mittelmeer, dazu im ganzen 53 grosse Kreuzer von über 5000 Tonnen und un- zählige kleinere. Frankreich mit 27 Linienschiffen, 33 Kreuzern (früher 25 und 30, ausserdem 400 Tor- pilleürs und 27 kleine Kreuzer, deren Zahl auf eng- lischer Seite Legion) hatte in Asien und andern Weltteilen 5 Linienschiffe, 5 Kreuzer, im Mittehneer 11 Linienschiffe und 15 Kreuzer. Inmierhin blid)e9 für Nordoperationen 40 britische, 11 franzosisdte Linienschiffe, 57 britische, 13 französische Kreuzer, denen Deutschland nur 26 und 17 (früher 22 und 14^ entgegenzustellen hatte, auf verschiedenen StatioDO sonst befindliche 55 Kreuzer abgerechnet, die nö8 britischerseits, weil teilweise zu schwach und ver- altet, zur Reserve - Rumpelkammer ausrangi^
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verächtlich als „Kuriositäten aus Wilhelms Marine- museum*' verlachte. Eigentlich beruhte die Haupt- hoffnung auf zwanzig Divisionen von Torpedo- booten. Die Kreuzer, worunter acht von anstehn- licher Stärke, bildeten verhältnismässig den Kern der Flotte. Wie es aber erst werden sollte, wenn Italien endgültig abfiel oder gar seine elf grossen Schiffe mit dem Gibraltar- und Toulongeschwader vereinte und der grössere Teil dieser 34 Linien- schiffe, 47 Kreuzer sich gleichfalls zur deutschen Küste wendete, liess sich nicht absehen. Vor letzterer Möglichkeit blieb Deutschland freilich durch die rasche Entwicklung anderweitiger Weltereignisse be- hütet, gleichwohl schien auch ohnedies Atissicht auf glücklichen Widerstand nicht vorhanden.
Strandforts bei Friedrichsort, Cuxhaven, Helgo- land usw., Minensperren, Sperrwachen, Leuchttürme waren in gutem Stande, der Kaiser Wilhelm-Kanal im Belagerungszustand, die strategisch so bedeut* same Anlage (eins der grössten Verdienste des Kaisers) durch sofortige Vereinigung des Ostseege- ^hwaders aus Kiel mit dem Nordseegeschwader gut benutzt worden. Letzteres enthielt die besten Schiffe: drei neueste, fünf der Witteisbach-, zehn der „Kaiser"- imd „Deutschland"-, „Braunschweig"- klasse, zu welchen drei der Schwabenklasse und zwei der Wörthklasse stiessen, nebst zehn grossen Panzer- kreuzern und sechs Torpedodivisionen. Abgenutzte Doppelzylinderkessel ersetzte man überall durch neue Wasserrohrkessel (Schulz). Wasserdichte Innenver-
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bände, neue Einbauten, erhöhten die Dampf stärke und Schwimmfähigkeit Der Rest blieb bei Kid. dem eigentlichen Zentraldepot der kaiserlichai Marine, deren Reservisten schon alle pünktlich zur Stelle waren, ebenso tausend Schiffsjungren, ausser den jährlich eingestellten achthundert. Wie vide dieser Knaben gingen sicherm Tode entg^egenl Bd Kiel lagerten sieben Mecklenburger Bataillone. Am 22. Mai wurde bei diesen Generalmarsch geschlagen sie defilierten im Präsentiermarsch am Grossadmiral Prinz Heinrich vorbei und nahmen ihre vorausl^ stimmten Plätze längs der Küste bis zum Kanal eto. Hinter Cuxhaven lagen das Lauenburger Jägeita- taillon, die Schleswig-Holsteiner Division bei Altotia, die Hanseatenbrigade imd das Oldenburger Regi- ment weiter nach Ostfriesland. Der Norddeutsche Lloyd stellte natürlich seine Schleppdampfer in Dienst für Bergung havarierter Kriegskörper, die bei Brunsbüttel durch ein dort verankertes Schwimm- dock repariert werden konnten.
Ausser den anständigen Bauten modemer Kon- struktion besass man noch dreizehn alte Linicc schiffe der „Sachsen"- und „Siegfried"-Klasse von 4000 — 7400 Torinen und einer Geschwindigkeit von nur 15 Knoten, die man mit ihren 21 cmrGescbützeo allenfalls im Belt verwenden konnte. Die hierbei mitgezählte „Oldenburg" und im^iigebaute „Württem- berg" hatte 24 cm in letzter Stunde erhalten.
Helgoländer Signalmast und Funkspruchamt nach Kiel meldeten bis zum 24. abends nicht«
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vom Feind. Sehr begreiflich, weil das allein schon heimlich fertiggestellte Kanalgeschwader den Angriff auf Antwerpen, Amsterdam, Truppentrans, port auf Vlissingen vorbereitete. Das von seiner Basis Rosyth am Firth of Forth (Südostschott* land) am 25. endlich teilweise ausgelaufene Nord« Seegeschwader liess auf sich warten, einige in Nähe von Helgoland gesichtete Kreuzer rekognos- zierten die Fahrstrasse, wo sie nach Entfemimg aller Feuerschiffe und Tonnen ohne sichere Piloten keinen Anhaltspunkt fanden, um Flottenbewegimgen ein- zurichten. Die Gesamtmobilisierung der britischen Marine erforderte übrigens zwölf Tage, das Reserve- geschwader in Chatam passierte erst am 1. Juni den Medwaykanal nach Sheerness, die Transport- flotte von dort folgte erst am 3. zur etwaigen Lan- dung m Ostfriesland, während die dem Nordsee^ geschwader attachierte Landungsdivision am 30. in Höhe von Helgoland eintraf. Da das Kanalgeschwa- der 12 Schiffe, 20 Kreuzer, das Reservegeschwader 9 und 11 zählte, besass das eigentliche Offensivge- schwader Rosyth selbst 19 und 26, dabei befand sich ausserdem aber der gefürchtete ,Dreadnought*. Das französische Nordgeschwader passierte erst am letzten Maitag die holländische Küste, durch Streitigkeiten mit dem britischen Admiral erst vor Antwerpen, dann vor Texel aufgehalten, da infolge der schweren briti- schen Landungsmisserfolge in den Niederlanden hin und her beraten wurde, ob nochmalige Versuche mit Hilfe des französischen Admirals gemacht und etwa
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ein französisches Landungskorps dorthin gewoifeo werden solle. Die französische oberste Heereslei- tung verbot dies aber, weil man die Nordarmee nicht schwächen und sich, gewarnt durchs Beispiel des britischen Unfalls, nicht ähnlichem aussetzen wollte. Die damalige Zeitspanne, in welcher die Alliierten sich gegenseitig ihre Niederlagen in die Zähne warfen, fiel daher auch für kombinierte Of- fensivmanöver der Flotte aus. Endlich einigte man sich, dass die Franzosen nunmehr nach Osten geges Wilhelmshaven weitersteuem, das Kanalgeschwadei vorerst die Niederlandsküste weiter blockieren solle.
Diese Verhältnisse, die sich zum Teil voraussehen liessen, weil Operationen von Verbündeten selten richtig zusammenklappen, verminderten die sons: mögliche erdrückende Übermacht in der Nordsee auf lange Zeit und verzögerten den Erfolg desRosytb- geschwaders. Bemannung der Riesenflotte hatte allerdings auch grosse Schwierigkeiten gemacht, doch nicht solche, wie französische Marineschriftsteller, gegenüber dem unerschöpflichen Reservoir breto- nisch-normanhischerKüstenbevölkerung, es früher ans- malten. Obschon sowohl Wehrpflicht als einstiges Mittel des .,Pressens' fehlten, ersetzte dies massea- hafte Anwerbung von Ausländem, meist Nor wegen und Handelsmatrosen.
Est am 28. hatte Admiral Beresford seine Strdt- macht vereint, bis dahin Aufklärungsvorposten kld nerer Kreuzer umherstreuend, eines TorpedoangriHs auf hoher See gewärtig, der jedoch wegen m hellefi i
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Mondwetters ausblieb. Als braune und schwärzliche Rauchwolken am Horizont sich kräuselten, beob- achtete man vom Helgolander Fels, dessen Abend- schatten sich breit auf die Wasserfläche senkte, während der folgenden Nacht die bimten elektri- schen Signallichter der feindlichen Flotte. Die deutsche lag mit wohlgefüllten Kohlenbunkern klar zum Gefecht. Notgednmgene Defensivtendenz, zu- mal man über des Gegners Kriegsplan gar nicht und über seiüe schon vorhandene Stärke nur un- vollkommen unterrichtet, legte nahe, den Kampf nur im Bereich der Helgoländer Forts aufzunehmen und den Feind in deren Feuerkreis hineinzulocken. Dass vier holländische Küstenpanzer nebst elf mehr oder minder tüchtigen Kreuzern imd veralteten Korvetten sich in den Jahdebusen gerettet hatten, vermehrte die taktischen Einheiten der von dort zwischen Bremerhaven und Emden patrouillierenden und gegen den Kanal aufklärenden sechs Linien* schiffe und fünf Kreuzer allerdings quantitativ. Man bedurfte deshalb auch keiner Abzweigung deutscher Küstenpanzer von Kiel dorthin. Gefechtswert der Holländer war freilich gering anzuschlagen, immer- hin kamen sie für Verteidigungszwecke in Betracht. Kriegsboote, mit der vom Grossherzog von Olden- burg erfundenen „Niki-Schraube" ausgerüstet, wag- ten sich als Aufklärer weit vor. Da der Telegraph aus Holland über dortige Vorgänge dauernd auf dem laufenden erhielt und endlich sicher schien, dass das Kanalgeschwader vorerst an westliche Wasser
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gefesselt bleibe, so entschloss sich der deutsche Vizeadmiral im Jahdebusen nach Norden auszokim- den, sich weiter von der Küste entfernend« Der kühn aufklärende Tender „Fuchs" hatte nichts vom Feinde bemerkt.
Für den bevorstehenden VerzweiflungskampC ei* füllte es denn doch mit einiger Zuversicht, dass die deutsche durchgängige Ausbildung der Mann- schaften besser sein müsse, als die der vielen frisdi Angeworbenen oder eingestellten Freiwilligen der englischen Marine, und eine viel grössere Fülle gt- dienter Reservisten durch das Wehrpflichtsystem verbürgt werde. Letzteres traf unbedingt zu, bei er- sterem liess man jedoch ausser acht, dass es für Nordsee- und Mittelmeergeschwader nicht zutraf, weil diese Marinekorps stets auf halbem Kriegsfusser- halten und möglichst mit altgedienten Mannschaften gefüllt wurden. Ausserdem zeigte der Ernstfall, dass zur See noch mehr alszu Lande heutzutage die Technik regiert, also stärkere Geschütze und Panzer den Ausschlag geben. Admiräl Togos Tagesbefehl be- tonte zwar, ein kaltblütig todesverachtend zielender Kanonier richte mehr aus, als hundert unsichere und erschreckte, doch solcher Unterschied galt nur für die russische elende Tschuschima-Flotte, bei eng- lischen imd deutschen Matrosen lässt sich nur gleiche Todesverachtung voraussetzen.
Da ein mittleres Schiff für hundert Tage Seekrieg durchschnittlich pro Tag 50 Toimen Kohle brancbt ein grösseres natürlich mehr, bedurften Reserve-
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und Nordseegeschwader mit so zahlreichen Kreuzern jeder Grösse, ,Destroyers* (Torpedozerstörern) und Torpedos ungefähr 900000 Tonnen für solche Zeit. Da man so viel unmöglich bei sich führen konnte, wurden mit einer starken Reserve von Kohlenschiffen etwa 300 000 Tonnen verladen, nach deren Verbrauch man auf weitere Kohlentransporte per Schiff an- gewiesen, wollte man nicht auf die Basis Rosyth ziuückfallen und dort neuen Bedarf fassen. Daraus er- gibt sich, dass die moderne Seestrategie noch mehr als die Landarmee mit der Eisenbahn, mit dem rein materiellen Objekt des Kohlenersatzes zu rechnen hat, der sozusagen das tägliche Brot der Schiffskörper bedeutet. Lang fortgeführte Operationen fem von der Basis verbieten sich also von selbst, ist dieser Ersatz nicht unbedingt gesichert, und alles drängt somit zu rascher Entscheidung noch mehr als im Landkrieg*
Colonel Maurice von der englischen Artillerie rühmt in einem Buche mit Stolz, dass unter 106 Kriegen Englands nur 10 nüt vorheriger Kriegs- erklärung erfolgten, sonst England stets mitten im Frieden das Völkerrecht bracht Das Grossartige dabei ist weniger die Tatsache selber, als ihr offenes Anpreisen I Hier wird der Cynismus zur Majestät, die Naivität zur Genialität. Die Majestät des British Empire thront über allen Gesetzen, sie hat nur ein Gesetz: Plus, ultra I Immer weiter I
Hier zum erstenmal war eine Fremdmacht dem englischen Überfall halb zuvorgekommen, indem Deutschland auf französische Provokation so schnell
Völker Europas . . . t l8
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zum Aussersten griff, wie man nicht erwartete. Doch unglücklicherwebe blieb ganz ausgeschlossen, dass man des Mobilisierungsvorsprimgs einzig natürlicbea Vorteil daraus zog, nämlich die Offensive. Eis macht sich am grünen Tisch und auf dem Papier schon, die innere Linie zwischen zwei feindlichen getrenn- ten Massen ausnutzen. Aber wenn jede dieser Mas- sen fast ebenso stark als die gesamte eigene Macht, so ist dies Unterfangen zur See noch gefährlicher als zu Lande, weil man dort eine so schmale Basb in der eigenen Küste hat und, davon abgeschnittoi. wegen Kohlenmangels hilflos wird. Die Phanta- sie einiger Marinestrategen, sofort auszulaufen und das Kanalgeschwader anzufallen, hätte unstreitig in Wirklichkeit umgesetzt werden können, xmd die geg- nerischen Massnahmen ermöglichten den Erfolg so- gar noch mehr, als zu hoffen, weil das Kanalge- schwader getrennt vor Amsterdam tmd Antwerpen kreuzte, ersterer Teil also möglichenfalls erdrückt werden konnte. Wurde er aber nicht eingeholt, sondern lockte die Deutschen in den Kanal sich nach, so gewann das stärkere Rosythgeschwader Zeit, der deutschen Flotte in Flanke und Rücken zn fallen, ihre Basis Hamburg zu zerstören. Selbst im günstigsten Falle bezahlte man kurzen blendenden Anfangserfolg mit nachherigem Untergang. Bei je> der Offensive musste man sich darauf gefasst machen, dass die ganze deutsche Schlachtflotte zum Teufel ging, nur strikte Defensive taugte. Schon der Auf- klärungsausfall der Eskadre von Wilhelmshaven fid
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aus diesem Rahmen heraus und erwies sich durch die Probe als verfehlt.
„Die Engländer sind rücksichtslos und sehr tüch- tig," äusserte man sich im AdmiraUtätsrat, „gegen sie hat man nur einen Helfer: die Zeit. Das Unter- brechen der Einfuhr, bloss auf Amerika angewie- sen, muss die unfruchtbare Insel auf die Dauer er- schöpfen. Die richtige Taktik wäre daher, den Krieg in die Länge zu ziehen, Defensive ä outrance. Zu lange Blockade unsrer Küsten nutzt ihre Maschinen ab, braucht ihre Kohlen auf, ruiniert ihr furchtbares Geschützkaliber, für dessen Schonung sie von sel- ber auf stetes Bombardement verzichten müssen. Da uns der Nordostseekanal stete Ausfälle erleich- tert, wird man oft die Blockade brechen und mit Kaperkreuzem die englische Handelsmarine belästi- gen können. Der von französischen Fachleuten so oft empfohlene Kaperkrieg steht auch uns zu Ge- bote, wenn wir alle Schnelldampfer und grossen Faketboote des Norddeutschen Lloyd, der Trans- atlantischen, Ostafrikanischen, Ostasiatischen Linie, in armierte Kaper umwandeln. Schade, dass uns nicht, wie in solchem Fall den Franzosen, die Dro- hung einer Landung übrig bleibt, die wir höchstens von Holland her versuchen könnten auf viel weitere [Entfernung, während die. Franzosen den Kanal La Manche an schmälster Stelle überraschend passie- ren können. Ein Glück übrigens, dass Lord Wolse- ley sich dem Kanaltunnel widersetzte, denn der Transport britischer Truppen nach Frankreich wäre
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dann ein Kinderspiel, und wir wären dann doch ge- nötigt gewesen, anfangs in den Kanal zu laufen, um diese Möglichkeit zu hindern, mit Torpedos den Tunnel zu zerstören. Ein Glück, dass wir zu so gewagten Abenteuern jetzt nicht gezwungen sind. Die Eibmündung und Helgoland zu halten, wird g^ lingen, und wir brauchen nichts weiter." . .
Am 29. erhob sich plötzlich ein dichter Rauch- schleier vor der britischen Flotte, braun und un- durchdringlich. Mit rauchstarkem Pulver und aller- hand übelriechenden Explosivstoffen wurde dieser dicke Flor verbreitet, der bei windstiller Atmosphäre und leichter Brise den ganzen Tag anhielt. Man konnte sich deutscherseits diese Massregel nur sc erklären, dass der Feind irgendeinen Überfall untenn Schutze dieser Verschleierungswand vorbereite. Mar verdoppelte daher die Wachsamkeit auf der gamen Linie, besonders spähten die Torpedos aus und be- wachten mit nervenaufreibender Spannung die Ge- gend der Flatterminen, ob dort Unterseeboote plötz- lich die Flut aufwühlen würden. Aber nichts regte sich. Erst im Laufe der Nacht löste sich das Rät- sel auf traurig überraschende Weise.
Sobald nämlich Beresford am vorigen Frühmor gen durch Aufklärungskreuzer erfuhr, dass aus Wil helmshaven eine Eskadre nordwärts laufe, beschloss er auf der Stelle, die deutsche Hauptmacht vor sieb zu täuschen und mit Vizeadmiral Mann seitvräns diese Beute abzufangen. Vizeadmiral Fische! izn Jahdebusen wusste nur aus Helgoland, dass don
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die ganze britische Nordseeflotte gesichtet, glaubte also mit Kurs nach N.N.W, höchstens auf et- waige Aufldärungskreuzer des Kanal- oder Reserve- geschwaders zu stossen, deren Verbleib er feststel- len wollte. Er legte daher kein Gewicht darauf, als ausser ein paar vor ihm ausweichenden und am Horizont fliehenden kleinen Kreuzern plötzlich ein Linienschiff sechs Meilen vor Backbord gemeldet wurde. Bald darauf tauchten aber Rauchwolken, dann Mäste und Schlote von immer mehr feindlichen Panzern am Horizonte auf, die unter Volldampf mit äusserster Kohlenverschwendimg auf ihn losfuhren. Entfernung von der Küste war schon zu be- trächtlich, um ohne Kampf entrinnen zu können, auch sträubte sich dagegen das Selbstgefühl der deut- schen Marine. Die Linienschiffe „Kaiser Fried- rich", „Wettin", „Elsass", „Weissenburg", „Wörth", „Hessen", die Kreuzer „Prinz Adalbert", „Friedrich Karl", „Gazelle", „Medusa", „Niobe", „Pfeil" stell- ten sich in Schlachtordnung, die Hochseeboote vor- aus, deren Torpedolauf die passende Schussdistanz (einst 400 Meter) rasch zu erreichen suchte, gedeckt von einer Halbdivision Torpedojäger. Auf 4000 Me- ter begann das Geschützduell, auf 2000 Meter rückte es zusanmien. Überall Aufzucken gelber, weisser, roter Strahlen, kein grauweisser Rauchschleier wie vordem, der erbarmungsvoU Schrecken der Verwü- stung verbirgt. Aus dem Meerschlimd spritzten schäu- mende Wassergeiser. Diese Springbrunnen ver- schluckten untergehende Torpedoboote, Ladekam-
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mer und gefüllte Kammerschleuse in die Tiefe ent- leerend, als sie mit rasender Geschwindigkeit des nötigen Zwischenraum durchmassen. An einigen Stellen kam es zum Rammen und halben Entern, wobei die kleineren Kreuzer die blauen Wölkchen ihrer Revolverkanonen verstreuten. Zerdrückte Pan- zerschilde, mit der Lafette über Bord geschleuderte Stücke, schiefgepresste Schotten und vomüberhan- gende Schornsteine, blutige Menschenknäuel auf dem Achterdeck unter Überschwemmung platzender Gra- naten, Fortstieben von Panzerbrüstung der Koat mandobrücken, hellgellendes Zerkrachen von Me- tall unterm Heulen der flammenden £isenmäulef, Pfeifen von Maschinengeschossen durch umgemahte Bemanntmgsreihen, brennende Kessel mit ruckwei- sen dumpfen Entladungen, bis heisser Dampf aos allen Luken aufzischte und die Heizer verbrühte, endlich schwimmende Wracks, die wie kleine Insel* Vulkane ihren Qualm ausstiessen und dann spur- los im gähnenden Meeresschlund sich begruben, schwarze Pünktchen verzweifelter Schwimmer, denen ausgesetzte Boote des Siegers rettende Seile uik! Taue zuwarfen, — so sah dies grause Bild eine Stunde lang aus.
Am ,Wettin' waren alle Deckbauten verschwinh den, dem .Friedrich* fehlten die Schornsteine, ak beide das Weite suchten. ,Elsass' kenterte unter mehreren Volltreffern des britischen ,Cäsar\ Die einst so vielgenannte populäre ,Gazelle* sank in sieb zusammen. Die Halbdivision Torpedojäger, vor
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dreifacher Übermacht der Destroyers eingeschnürt, erlag. Nach Ausscheeren der havarierten beiden Linienschiffe iind der kräftigen Kreuzer „Adalbert" und „Friedrich Karl", die ziemlich unversehrt den Kampf abbrachen und entschlüpften, war von der deutschen Eskadre nichts mehr zu sehen, alles andere vernichtet, was vor Fort Meppens morgens so fröh- lich „Klarschiff" schlug und mit Radwelle des Pater- nosterwerks seine Geschossaufzüge füllte. Doch auch den Briten war die Sache nicht leicht geworden, von ihren acht Panzern waren zwei schwer, fünf leicht beschädigt, wovon freilich vier noch völlig gefechtsfähig, zwei Kreuzer gesunken. D-Torpedo- flottille „Emden" hatte ihre Pflicht getan. Umsonst bedeckten die Destroyers diese blitzschnell her- ansausenden schlanken Windhunde mit Schüssen ihrer Schnellfeuerkanonen, umsonst verschwanden sieben Flankenboote, wie aufgesogen vom Ab- grund, umsonst flog die Heizmaschine des achten in Stücke, die andern setzten ihren Weg unaufhalt- sam fort. Die Whiteheads auswerfend, erzeugten sie riesige Schaumgarben, Wassersäulen von dreissig Metern Höhe, die sofort zwei schwarze Schiffsleiber in die Luft hoben, bis sie, wie von Axthieb mitten- durchgebrochen, zerrisseti zurücksanken und im kräuselnden weiten Schaumkreis für immer nieder- gingen. Nur grünes Gerinnsel und weisser Trich- ter mit quirlenden Blasen verriet eine Weile, wo das deutsche Meer den befleckenden Feind ver» schlang. Zwei der Torpedoboote, die so kühn unsre
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Niederlage rächten, entkamen. Dem S. 38 setzte schon in Nähe der Emsmündung, während vor der Jahde bei Rotesand-Turm Tender ,Otter* wie eine Ratte ersoff, ein Schuss die Maschine in Unordnung. Doch , Alice Roosevelt* kehrte mitten imter Windsbraut tob Geschossen um, nahm den Kameraden ins Schlepp- tau, und beide erreichten wie durch ein Wunder, ohne zu kentern, das schützende Gestade. Ein Ta- gesbefehl der Marine rühmte mit Recht die Helden- tat, alle überlebenden Offiziere erhielten den Pour- le-Merite, hernach auf Segeljacht ,Tilly 8* von Prinz Heinrich zur Tafel geladen und durch besondere Ansprachen ausgezeichnet. —
Lord Beresford war zwar fest überzeugt, dass deutsche Schiffe der „Kaiser"- und selbst der „NVit- telsbach"-Klasse dem „Dreadnought" gegenüber keine andere Wahl hätten, als sich zu ergeben oder zu sinken. Obschon er also nüt dem vor Helgoland gebliebenen Rest seiner Schiffe^ das furchtbare Riesenschiff in der Hand, noch stark genug schien, um der an blosser Zahl dann weit überlegenen deut- schen Flotte die Spitze zu bieten, hielt er dennoch für angezeigt, jene Rauchwand zwischen sich und den Gegner zu bringen, um ihm das Zusammen- schrumpfen der frontal übrigbleibenden Macht ZQ verstecken. Ursprünglich beabsichtigte er, sein sieg- reiches Seitengeschwader zu sich zurückzurufen. D^ aber alles so gut ging, entschied er sich dafür. i& der Teilung zu verharren, befahl V.-A. Mann weiteren Vorstoss gegen Ems- imd Wesermündung. Frontal
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fiel er unterm Winde ab und entfernte sich etwas nach Westen, indem er durchschlagenden Angriff auf Helgoland und Cuxhaven bis zur Ankunft des Reservegeschwaders verschob.
Deutscherseits glaubte man bei Cuxhaven während des Seegefechts im Westen dumpfen Kanonendonner in der Feme zu hören. Ein aufstei- gender Nebel verdickte jedoch die Luft und dämpfte den Schall, so dass man sich damit beruhigte, es handle sich wohl nur tun Vorpostenscharmützel. Um so peinlicher die Überraschung am andern Morgen. Angesichts der numerischen Minderzahl des jetzt in Sicht befindlichen britischen Restgeschwaders sprachen sich mehrere Stimmen für sofortigen An- griff aus. Doch die begründete Furcht vor dem ,Dreadnought' überwog, und es blieb dabei, dass man nur in Verbindung mit den Helgoländer Forts und den Küstenbefestigungen sich auf Kampf ein- lassen wolle.
Eigentlich konnten nur drei letztgebaute Panzer- kreuzer von 15000 Tonnen und 25 Knoten, welchen sich in letzter Sttmde noch drei soeben fertig gewordene Schlachtschiffe von 18000 Tonnen an- schlössen, sich als ebenbürtig neben den besten bri- tischen Schiffen sehen lassen. Alles übrige — Linien- schiffe von 10—13 200 Tonnen, 16—18 Knoten, Kreu- zer von 9 — 11 500 Tonnen, 19 — 22,5 Knoten — blieb hinter dem besseren Teil der britischen Schiffsbe- stände zurück. Dagegen Hess sich nicht verkennen, dass die deutsche Flotte mit 22 Schlachtschiffen
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I. Klasse der französischen an wirklichem Gefecbts- wert überlegen gewesen wäre, da diese zwar ausser lieh einen weit überlegenen Tonnengehalt der G^ samtmasse besass (schon früher inkl. bewilligter uitd im Bau begriffener Schiffe etwa 700000 Tonnen zu 435 000 deutscherseits, wovon 353 000 der Unies- schiffe, 82 200 der grössten Kreuzer), aber nur 19 wirkliche moderne Schlachtschiffe I. Klasse den jetz: 22 deutschen dieser Gattung entgegenzustellen hatte, obschon die unzureichende Artillerie der »»Kaiser"- und „Wittelsbach*'-Klasse dies Missverhältnis dniger massen ausgUch. Da selbst die so übermässig xogt- schwollene japanische Marine nur einen TonneIlg^ halt von 427 000 in ihrer Neuformation erreichte und hiervon nur die neuesten sechs Schiffe einen (aller- dings sehr hohen und allenr deutschen individuell weit überlegenen) besonderen Gefechtswert hatten, so konnte Kaiser Wilhelm mit Befriedigung auf sein Werk blicken, dass Deutschland bei aller Sparsam- keit und einer weit geringeren Nationalschuld als Frankreich und England in so kurzer Frist dennoch zur gefechtsmässig zweitstärksten Seemacht empor- wuchs. Wenigstens in Europa.
Doch im fernen Westen erhob sich ein neuer gewaltiger Gegner: die Vereinigten Staaten brachten ihre Marine in rasendem Tempo auf eine Höbe von 650 000 Tonnen, wovon 371 900 für 28 Schlacht schiffe, 215 700 für grosse Kreuzer, und es schien, als ob in aller Heimlichkeit neue ungeheure An strengungen gemacht wären, um die erst für das
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zwölfte Jahr des zwanzigsten Jahrhunderts vorge- sehene Vollendung einer Tabelle von 33 modernsten Schiffen, 20 Panzerkreuzern in die Wirklichkeit um- zusetzen. Dagegen hätte Deutschland erst im zwan- zigsten Jahr, beim schleifenden Tempo seines durch Budgetnörgeleien des Reichstags gehemmten Aus- baus, über 38 kaum ähnlich gute Schlachtschiffe (ausserdem 17 Küstenpanzer), 20 nicht so starke Kreuzer verfügt. Bbher gelang aber nur, 5 der 17 ältesten Schiffe, wovon nur 4 der „Brandenburg"- Klasse überhaupt Linienschiffe genannt werden konn- ten, durch vollwertige zu ergänzen. Man hatte den 233 000 Tonnen der besseren 19 Linienschiffe nur etwa 50000 von neuen drei beifügen können, den Kreuzern etwa 45000 Tonnen, während die fran- zösische Marine in gleichem Zeitraum nur um 60000, die britische um 150000 Tonnen sich ver- mehrte.
Aus diesen Vergleichen ergibt sich 1., dass die Franzosen zu Wasser gerade so wie zu Lande gegen Deutschland den kürzeren ziehen mussten, daher im Anschluss an England logisch handelten, so lange sie eben törichterweise die deutsche Allianz verschmähten; 2., dass die amerikani- sche Flotte schon jetzt die zweitstärkste war imd im Verein mit der jetzt 540 000 Tonnen zählenden deutschen wohl den Kampf gegen England auf- nehmen konnte, das von seinen 1900000 Tonnen ein Viertel zur Deckung seiner weitverstreuten Be- sitzungen abziehen musste; 3., dass also die Ent-
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Scheidung bei einem Weltkrieg dort lag, wo- hin sich Amerika neigte. Aller Augen in der seemannischen Welt richteten sich zur westlichen Hemisphäre mit unbehaglichem Vorgefühl. Weder England noch Deutschland, trotz seines politisch vom Kaiser so richtig gedachten, aber fruchtloses Liebeswerbens, konnten sich eines freundschaftlichen Einflusses in Washington rühmen. Der Yankee blieb kühl bis ans Herz hinan, zugeknöpft in seiner so- genannten Neutralität, und seine herzliche Teilnahme drückte sich nur in der edeln Unverschämtheit aus, mit welcher zwei rasch gebildete ,Trusts' alle Kri^- führenden mit gleicher UnparteUichkeit versorgtes, nur natürlich dem Bestzahlenden — und das war England — die meiste Kriegskonterbande zuschanz- ten. Diese biedere Bevorzugung fasste man auf den britischen Inseln naiv als brüderliche Liebe der trans- atlantischen Vettern auf, nur die Wissenden erwehr- ten sich nicht eigentümlicher Ahnung. Für sie hing der Himmel Englands nicht ganz voll Geigen, und man machte sich auf scharfes Makeln, womöglich auf Waffengang, mit späterer amerikanischer Inter- vention beim Friedensschluss gefasst, ohne freilich an früheres Eingreifen des westlichen Riesen m denken, so seltsam konvulsivisch er seine Glieder reckte.
Es begreift sich daher, dass ein weitsichtiger Patriot wie Admiral Beresford nicht nüt übermütiger Triumphzuversicht an seine für England wichtigste Aufgabe herantrat, sondern Lorbeeren leichten See-
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siegs über Deutschland nur als Erfolgvorschuss für spätere Verwicklungen einheimste, daher nicht mit nachlässiger Siegesgewissheit, sondern mit unermüd- lichem Ernst ans Werk ging. Den Anfangssieg liess er durch Verfolgung nach Borkum ausbeuten, während er es darauf ankommen liess, ob man ihn selber westlich von Helgoland angreifen werde.
Das Flaggschiff „York" der Kreuzer -Auf- klärungsdivision (Konteradm. Schmidt) zog im allge- meinen richtige Erkundigungen ein, und es kam der Vorschlag zur Beratung, ob man nicht Beres- fords Taktik wiederholen, ihn frontal hinhalten und seitwärts zur Deckung von Bremerhaven ausfallen solle. Konteradmiral Flachte, Vorsitzender des Schiffsbesichtigungsausschusses, bekräftigte, die Schlachtflotte sei von oben bis imten, vom Turm bis zur Torpedoächraube, in bestem Zustand, und mehrere Kapitäne-zur-See drangen in den Gross- admiral, er solle dies Wagnis versuchen. Doch die Chefs der Küstensperren beteuerten, dass man ohne Beihilfe sämtlicher beweglicher Streitkräfte die Eib- mündung und Helgoland nicht halten könne, wenn der Feind das Abdampfen der deutschen Flotte rechtzeitig bemerke und zu Handstreich benutze. lEs blieb also alles beim alten. Aus der Ostsee mel- dete der Küstenpanzer „Ägir", dieser vielberufene schläfrig schwerfällige Meergreis, durchaus nicht Herr der Fluten, dass von Dänemark her kein Feind in Sicht sei.
Zwei verladbare zerlegbare Torpedovedetten von
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18 m Länge 2 m Breite, 18 Knots schnelle GasoHn- motorboote voraus, begann die siegreiche britische Eskadre die Forcierung der Wesermündung. DicTor- pedovedetten hatten je zwei Lanzierrohre, eins in der Achse, eins um 200 Grad drehbar, ihr schmaler Kielgang von nur 1 m erlaubte ihnen, sehr nahe am Ufer entlan'g zu streifen und sich so zu verheim- lichen. Da die britischen Kriegsknechte sich durch lebhaften Appetit auszeichnen, so folgte eine Pro- viantkolonne von drei Kauffahrteischiffen, damit Tommy Atkins ausser blauen Bleibohnen doch auch Beefsteaks imd Konserven zu schmecken bekomme. Seit die englische Firma Yarrow in französischem Auftrag das erste Torpedofahrzeug von 27 m Lange im Gewicht von 30 Tonnen baute und gegen zu hohen Seegang dieser Massstab auf 35 m 50 Tonnen erhöht werden musste, später auf 37 m 87 Tonnen, die sich inmier noch nicht von der Küste entfernen konnten, hatten sich die neukonstruierten Hochsee- boote von 46 m Länge 150 Tonnen aufwärts (zwölf deutsche ä 530 Tonn. 30 Knoten) in Angriffsinstru- mente verwandelt. Zwar gaben bisherige Seekriege — japanisch-chinesischer, amerikanisch-spanischer, ja- panisch-russischer — noch keine rechte Vorstellung davon, da in ersteren diese Waffe entweder fehhe oder schlecht gebraucht wurde, doch zeigten ja- panische Torpedos vor Port Arthiur schon ihre Furchtbarkeit; In eigentlichen Hochseeschlachten waren sie aber noch nicht in Masse verwendet wor- den. England nahm verhältnismässig spät diese von
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Frankreich lanzierte Waffe an, nutzte sie aber dann mit vollendeter Sicherheit aus.
Den zur Wesermündung entsendeten Kriegs- schiffen waren drei riesige Transportdampfer nach- geeilt: die jOceana* der White Star-Linie von 215 m Länge, die »Campania* und ,Lucania' der Compagnie Cunard, letztere 159 m lang, 20 m breit, alle von 13 m Kieltiefe, so dass sie nicht nahe an den Strand herangehen konnten. Nur „Lusitania" und deutsche Doppelschraubendampfer „Auguste Victoria" und „Amerika" übertrafen sie weit an Grösse. Letztere bis 25000 Tonnen Gehalt und 42 500 Tonnen Eigen- gewicht (Wasserverdrängung), 17200 Pferdekraft, die 4000 Menschen fassten, 6 — 700 Fuss Länge, 74 bis 77 Breite, 54 Tiefe und eine Fahrgeschwindigkeit von 18 Meilen pro Stunde hatten. Immerhin fassten die drei britischen Kolosse etwa sechstausend Mann Soldaten, eine starke Brigade zur Besetzung Borkums imd der Flussufer, nebst Transp.-Sch. „Dufferin".
Sich einen festländischen Brückenkopf für wei- tere Operationen zu sichern, diesem Bestreben der Engländer mussten auch deutsche Landtruppen zu begegnen wissen. Es blieb aber ein Übelstand, dass 9. (Itzehoe), 24. ,Lewinski', während 33., 34. Feld- artillerieregiment in Metz schon früh das Rohrrück- laufgeschütz erhielten und nach dem bekannten Scharfschiessen in Hagenau das 14. wie das 15., 16. Korps, dann das 8., 13.» 18. damit sofort ausgestattet wurden, nur teilweise diese vervollkommnete Waffe erhielt und die zum Küstenschutz aufgebotenen
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Landwehrdivisionen nur veraltete Artillerie besassen. Dem französischen Geschütz gegenüber, dem es im Feststehen ähnlich sah, besass der Mechanismus des deutschen Nachteil grösserer Empfindlichkeit und versagte leichter. Doch konnte es die senkrechte und wagrechte Ebene wechseln, ohne zum Verrücken der Lafette gezwungen zu sein, war leicht zu heben, von grosser Treffsicherheit und für die Kanoniere äus- serst bequem, da sie beim Schiessen ruhig hinter den Schutzschilden auf dem Geschütz sitzenbleiben konih ten, ohne durch den Schuss irgendwie belästigt za werden. Die längst ausgearbeiteten Übungs- und Schiessvorschriften hatten die Artilleristen in ihren Kasernen schon vorher theoretisch unterrichtet, in- dem man ihnen, besonders denen der Garde in Span- dau, ein Verschlussmodell in Holz imd Metall und Übungslafetten überwies, die den Gesamtmechanis- mus, insonderheit der Glyzerinbremse, enthielten. Den Rohrrücklaufbatterien hatten die Briten nichts Ebenbürtiges entgegenzustellen, ihr bei 26. 28. Brig. neueingeführter 18-Pfünder mit automatischem Fuse- Setter unhandlich für Felddienst, doch strotzte ihre Ausstattung an Überfülle von Maxims.
Das zur Verwertung technischer Neuerungen gegründete „Ingenieurkomitee" war mit Geschäften der Küstenverteidigung überlastet. Auf Strandbat- terien und Minen an den Weser- imd Emsmündungess war kein Verlass, während auch die holländischen dort postierten Küstenschiffe meist armselige Kasten waren, die nur acht Knoten liefen und je zwei
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100 Millimetergeschütze hatten. Ein Vorstoss zu Lande, nachdem sie die Küstenanlagen zerstörten, schwebte den Briten freilich vor, da ihre Selbstüber- hebung nichts für unausführbar hält und das Wort „unmöglich" in ihrem Dictionary nicht vorkommen soll. Aber nach Abzug der gegen Holland bestimmten 4 Divisionen hatten sie nur 3 für Landungsversuch in Deutschland anfangs vorrätig, nur durch weitere Ein- stellimg von Freiwilligen und Milizen konnte diese Zahl verdoppelt werden. Nim waren allerdings die zweiunddreissig kriegsstarken Bataillone des Alto- naer Armeekorps (mit vierten Bataillonen komplet- tiert) auf weite Strecke verteilt und hatten wei- terhin in Pommern nur vier Bataillone als Flanken- deckung, so dass überraschende Landung der Bri- ten an irgendeinem Punkte wohl anfangs mit über- legenen Kräften geschehen konnte. Da aber die Landwehren der Nord- und Ostseedistrikte über- all aufgeboten, ausserdem die Garde als allgemeine Reserve bei Berlin stand, konnte man jedem Versuch gelassen entgegensehen. Neue Instruktion für „ge- öffnete Ordnung", „zerstreutes Gefecht" machte mit zeitgemässer Ausgestaltung modemer Grundsätze die deutsche Infanterietaktik sicher der britischen über- legea.
Das deutsche neue Infanteriegeschoss, S- Mu- nition für Modell 98, übertraf ausserdem das bri- tische bedeutend. Dies neue Vollmantelgeschoss, in Mantel und Kern von demselben Metall wie das frühere ältere, zerlegte sich beim Verlassen der Ge-
Völker Europas . . . ! I9
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wehrmündung in einen zylindrischen verhältnismäs- sig kurzen Bodenteil und einen steilkegrelförmigen scharf zugespitzten langen Vorderteil. Seine unTtr- änderliche Form bei durchschlagendem Widerstände wirkte auf 800 Meter noch mit solchem Überschuss lebendiger Kraft, dass sie stärkste Knochen glatt durchriss und bei Körperlängsschüssen grosse Ein- dringungstiefen erzielte. Schusskanäle bis 460 Milli- meter in fester Muskulatur, bis 600 in Rippen und Weichteilen, auf solche Entfemimg blieben auf 1350 Meter noch 130 und 400 Millimeter tief. Die Ver- wundfähigkeit, obschon an sich etwas geringer als bei schwereren Spitzgeschossen, war also an sich immer noch sehr erheblich, vor allem konnte aber dies S-Geschoss noch auf Distanzen wirken, die sonst jenseits des gewöhnlichen Infanteriegefechts liegen, also gegen weit entfernte Batterien und rückwärtige Reserven. Dies machte sich beim Landfeldzu^ gegen Frankreich wiederholt geltend, koimte aber selbst hier gegen zu tief in Flussmündimg einfahrende Schiffe durch Bestreichung des Oberdecks etwas leisten. —
Am 30. begann Manns Angriff gegen Weser und Oster-£ms, die Batterie auf Borkum koimte nicht widerstehen, die Reste der deutschen Eskadre und die holländischen Küstenpanzer durften keinen Ab- wehrversuch an dieser Stelle mehr wagen. Die noch gefechtsfähigen fünf britischen Panzer, sieben Panzerkreuzer scheuten minenverseuchte Einfahrt, doch kleinere Gefechtseinheiten gingen in der Ems
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vor Anker, wo sie Kohlenvorräte und Proviant an- sammelten, Truppenlandmig auch in der Wester- Ems deckten. Zwei Bataillone Royal Marines imd die Regimenter 1. Suffolk und Leicester gingen ans Schanzen. Der Telegraph von Borkum hatte zwar die Hanseatenbrigade rechtzeitig alarmiert, doch die lokalen Verhältnisse verboten Landangriff angesichts der englischen nahen Flottenlinie.
Auch die Briten nord-, nordwestlich von Helgo- land bereiteten sich jetzt zur Schlacht vor. Kohlen waren genug vorhanden, etwa 25 Tonnen für Torpedo- boote, etwa 2000 Tonnen an Bord grosser Kreuzer, die diese Masse rund um ihre Maschinen aufschich- teten, als elastischen Schutz gegen Granattreffer. Bei vielen wurde Petroleum angewendet, das doppelt 90 viel mechanische Kraft als Kohle besitzt und das man für diesen Bedarf besonders in Magazin^i ablagert und präpariert, so dass es nur bei hoher Temperatur entzündbar wird. Die Erfindung des französischen Colonel Renard, einer Gelatine von Alkohol als Brennstoff für Schraubenmaschine, war noch unbekannt.
Besondere Schnellfeuervorrichtungen für drei neue kolossale Turmgeschütze von 34, 40, 42 Zentim. mit Granaten, die 800 Kilogramm wogen und fast iV« Meter Durchmesser hatten, wurden auf dem ,Dreadnought' untersucht und in richtigem Zustand befunden. Telephonapparate, deren Empfiadlichkeit das Schnarren der Torpedoschrauben auf weite Ferne verrät, wurden ün imteren Schiffsraum aufgestellt.
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Lydittbomben, Brandgranaten, sowie zur Sprengung von Minensperren die Portsmouther Lyditt-Petardefl von fünf Unzen (hiindertfünfzig Gramm), wurden in Fülle angehäuft oder in die Geschossaufzüge ein- gehängt, Streuminen in Bereitschaft gehalten. Win- zige Boote mit Pilzankem als Fahrwasserzeichen, Werkstattdampfer mit Bojen für Tonnenlegung, Spezialfahrzeuge wie Dampfer „Sanderson", um Ha- varierte aus dem Feuer der Schlachtlinie zu schleppen, lagen bereit. Ebenso Feuerschiffe und grosse rote Signaltonnen, die man später aussetzen .wollte, wo früher die jedem Reisenden bekannten Helgoländer lagen. Die zwei im Seetreffen so schwer mitgenonh menen Panzer waren bereits unterwegs nach Chatam zur Reparierung. Von dort meldeten ununterbro- chen Funksprüche, eine Trainschifflinie ent- lang quer über die See: das Reservegeschwader könne erst am 2. abends vollzählig eintreffen, zum grossen Missvergnügen Beresfords, der nun auch vom Londoner Admiralitätsamt die schweren Lan- dungsmisserfolge in Holland imd Belgien erfuhr. Von entscheidender Diversion des Kanalgeschwa- ders und Landungsexpedition, durch deren glück- liches Vordringen man eventuell später Ostfri«- lands Küste im Rücken bedrohen könnte, war also keine Rede mehr. Beresford lud den ihm unter- stellten Admiral Drury ein, ihm Panzer „Hibemia*, Kreuzer „Devonshire" zu senden. Hier in der Nords« lag das entscheidende Schlachtfeld. „Hawke", „Ed- gar", Kadettenschiff „Isis" erhielten mit anderswo
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gebrauchten Kollegen „Arthur", „George**, „High- flyer** jetzt wenigstens Panzergürtel, doch vom besseren Typ (12000 Tonnen, 21 Knoten, zwei 23,5 cm-, sechzehn 15,25 cm-Geschütze, sechszöUiger Panzer) fehlten ihm „Euryalus", „Sutlej", „Hogue**. Ob- schon er nach Abzweigung der Weser-Eskadre nur über zehn Panzer, siebzehn grosse Kreuzer verfügte, allerdings seine stärksten, nebst ,Dread- nought', dessen Gefechtswert man auf mindestens drei feindliche Schlachtschiffe anschlug, sah seine Flotte infolge der massenhaften kleineren Gefechts- körper noch so gewaltig aus, zumal seine Kreuzer sich nicht wie die deutschen durch schöngeschweif- ten Bug von Linienschiffen unterschieden und su den Beschauer täuschten, dass auch am 30. der deutsche Grossadmiral sich nicht rührte. Er zog nur zwei Schiffe „Brandenburg"-Klasse, die trotz je sechs 28 cm-Kajionen in Doppel turm mit zehntausend Tomien kaum mehr taugten als Sachsen-, Siegfriedklasse, durch den Wilhelmskanal an sich. Doch blieben sie vorläufig zwischen Brunsbüttel und Helgoland, um gegen etwaige Überraschungen von dieser Seite den Kanal zu sichern. Auf dessen Ostseite und weiter nach Kap Skagen vorgeschoben patrouillierten zwei Kreuzer und „Oldenburg** (Übergangstyp zwischen Sachsen- und Siegfriedklasse). Die Küstenpanzerdi- vision und starke Torpedoflottille blieben in der Kieler Föhxde, da man nicht wissen konnte, ob der Feind sich nicht in Nacht und Nebel davonmachen und Überfall von Kiel früher als Vorstoss auf Hamburg
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planen werde. Auch wusste coan gar nichts über Ver- bleib des Reservegeschwaders, obschon man über die Rolle des Kanalgeschwaders ja nun im klaren war. Welche britischen Kräfte am 29. und heut am 30. im Westen fochten, blieb imgewiss; eine irrige Meldung des „Friedrich Karl" hatte Schiffe des britischen Reservegeschwaders dort im Gefecht feststellen wollen. Gleichwohl wirkte die Kunde vod den grossen Erfolgen an Scheide imd Sambre so erhebend, beim Parolebefehl heut früh verlesen und mit kräftigem Hurra von allen Marmschaften be- grüsst, dass der „Admiral" (so nennt man die Haupt- flotte) wenigstens einen Vorstoss zu unternehmen beschloss, um der drückenden Ungewissheit Hen zu werden. Die unerfreuliche Meldung aus Wil- helmshaven hatte doch insofern ihr Gutes, als sie das FestUegen bedeutender Feindeskräfte dort kon- statierte. Jetzt oder nie war der Augenblick, noch etwas zu wagen imd dem Feind zu Leibe zu gehen, ehe er sich ganz vereint. Aber als man am 31. früh vorrückte, fand man nichts als Wasserfläche und fem am Horizont die langen Rauchschwaden der britischen Hauptmacht, die bis tief in die Nacht durch ostentatives Manöverieren mit Scheinwerfern und eine lange Postenkette von nun geschickt aus- weichenden Destroyers und Scouts ihren Abzug ver- schleierte. Man hatte das Nachsehen, und das höhnische Schimpfen der braven deutschen Blau- jacken, dass John Bull feige ausrücke, befriedigte wahrlich nicht den Missmut der Offiziere.
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Der ebenso kühne und gewandte als vorsichtige britische Seestratege bedauerte zwar, dass er den Eindruck jener britischen Niederlagen nicht durch sofortigen grossen Seeerfolg abschwächen und ins Gegenteil veikehren dürfe, auch bisher seine Kohlen nutzlos verbrauche. Doch er hielt am einzig richtigen Grundsatz fest, dass man zur Entscheidung möglichst alle Kräfte vereinen müsse, rief daher sogar zwei Panzer, zwei Kreuzer der Weser-Eskadre wieder zu sich, die im Laufe des 1. Juni auf seinem rechten Flügel eintrafen, und befahl dem verspäteten Re- servegeschwader strenge, seinen Marsch zu beschleu- nigen. Für den Fall, dass sich Gelegenheit fände, die Operation weiter ostwärts zu verschieben und vielleicht Helgoland vom Nordosten zu umgehen, wurden britische Handelskapitäne, seit Jugend an diese Wasser befahrend, als Lotsen instruiert, vor- ausfahrend durch Raketensignal gefährliche Un- tiefen im Wattenmeer anzuzeigen und dort Kähne als Marksteine festzumachen, damit man nicht un- versehens auf Grund gerate.
Um aber das heimliche Grollen seiner eigenen Mannschaften, die in britischem Hochmut ein Aus- weichen vor dem Kampf nicht begriffen imd bisher von der deutschen zahmen Defensive eine schlechte Meinung bekamen, zu besänftigen und das mora- lische Gleichgewicht wiederherzustellen, das selbst bei der eisernen britischen Flott^idisziplin nicht ver- nachlässigt werden durfte, machte er am 1. Juni eine Wiedervorwärtsdrehung von 15® nach Süd-
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Osten. Lockte er den Feind hier sich nach, so bot dieser dem im Westen heraneilenden Rese^veg^ schwader die linke Flanke. Dies taten die Deutseben zwar nicht, sondern versagten ihre Linke, vom gleichen Fleck manövrierend und nach Westen aus- lugend, behielten aber mit der Rechten Fuhlnng. Auf weite Distanz erhob sich eine heftige Kanonade ohne sonderliche Wirkung.
Der britische Vizeadmiral in der Ems batte am 30. die Angriffsschlachtparole „Duncan" ai& gegeben : sei es, dass er in echt britischer Umrissen heit Ostfriesland für holländisch bevölkert hielt und angesichts der so kläglichen geflüchteten holländi- schen Marine an Duncans Sieg bei Kamperdo«» über eine damals noch immer ansehnliche hollän- dische Seemacht erinnern wollte, sei es, dass er seinen eigenen Panzer „Dimcan", auf den Namen jenes alten Siegers getauft, ehren wollte» der in der Seeschlacht sich allein ganz unversehrt erhielt B war kein Geringes und sollte sich noch mehnnab wiederholen, dass England gegen jede fremde Flotte imd auf jedem Meer das Gedächtnis steter Siege heraufbeschwören konnte. So flatterte denn auf Beresfords Flaggschiff ,Dreadnought* (zu deutsdi: , Fürchte nichts*) das Schlachtsignal heut und an den folgenden Tagen: „The glorious first of June^r wie im englischen Volksmund jene bittere Se^ Schlacht des greisen Lord Howe heisst, wo die ,Königin Charlotte* und der ,Brunswick* dem fran- zÖ3ischen Riesenschiff ,Montagne* imd dem ,AcbiUe'
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den Garaus machten. Gegen die jüngste europäische Seemacht, die deutsche, konnte man sich freilich noch nicht solcher Siegesannalen rühmen, doch das Gefecht von neulich gab einen guten Anfang und versprach noch mehr für diesen neuen „ersten Juni" 1
Die Deutschen, eine Falle witternd und bei der Femkanonade gegen das überlegene britische Kaliber im Nachteil, fielen langsam in die Linie Wangeroog-Helgoland zurück. Die von der Weser herangezogene Flottendivision, dabei der erfolgstolze „Duncan", ging nachmittags vor, ward aber durch frühere Manöverflottille (Kapt. Maass), Schulflottille (Korv. K. Nordmann), Panzerkreuzer „Roon" genügend abgefertigt. In der Nacht zum 2. imternahm eine unterm Schutz des Kreuzers „Kaiserin Augusta** nach Sylt abgeschwenkte Torpedodivision einen Vorstoss gegen die rückwärtigen Verbindungen der feind- lichen Linken, der anfangs glücklich verlief. Mehrere Kohlendampfer wurden gesprengt, der Kreuzer „The- seus" bekam ein kleines Leck, das er jedoch bald reparieren konnte, einige Torpedos und Scouts kamen durch Ineinanderstossen in der Nachtverwir- rung zum Sinken. Schliesslich mussten bei klar- werdendem Tageslicht die deutschen Nachtfrei- beuter, strahlenförmig auseinanderschiessend, jeder für sich verbergende Schatten suchen, als Destroyers auf sie Jagd machten. S 117, 118 sahen sich dabei weit hinter die britische Schlachtlinie verschlagen.
An der Ems und vor Weser und Jahde ver- änderte sich nichts, als dass herangeführte deutsche
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Feldartillerie die britischen Erdschanzen an der Ems ohne sonderliche Wlrioing beschoss. Der Feind landete alle seine Truppen dort und auf Bor* kxun. Um ihn beim Ausräumen deutscher Flatter- minen und Ausstreuen eigener Minen vor der Jahd^ mündung zu stören, brachen in der Nacht zum 2. die noch frischen achtzehn Torpedoboote dieser Sta tion und zwei Körper der mit Gottes Hilfe (eod- lichl) in diesem Jahr fertiggestellten Unterseeboot division aus Jahdebusen und Weser heraus, während die zwei noch sehr kampffähigen Kreuzer „Adal- bert" und „Friedrich Karl" (die schweren Paniff „Wettin" und „Friedrich" gingen in Reparatur nad Wilhelmshaven) drei in den Fluss weit vorgeschobeoe britische Kreuzer überraschend anfielen.
Den dumpf aufstossenden Takt der Mascfaines- kolben, als die Torpedos mit einer Schnelle tqd 27 Knoten die wogende Wasserfläche durchschnitten, vernahmen die britischen vermoorten Werkstatts^ schiffe durchs Getöse ihrer eigenen Arbeit erst, als es zu spät war. Sie wurden in die Tiefe geschleudeit, einem bewachenden grösseren Kreuzer der Bauch aufgeschlitzt. Dies unfreiwillige Harakiri traf audi einen unversehens aus dem Halbschlaf geweckten Destroyer. Die beiden Unterseeboote fanden vtf* schiedene Ziele. Das eine rannte von unten das riesige Paketboot „Oceana" über den Haufen, das andere wirbelte mehrere verankerte Kohlenschiffe durcheinander und rannte unterhalb einen schon
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früher leicht beschädigten Panzer nieder.
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Dagegen hielten die drei Kreuzer im Weser- fluss guten Lugaus, ihre Wachtposten riefen recht- zeitig: „Feind in Sicht 3 Strich voraus": auf Hom- signale, gellende Pfiffe, Läuten der Schiffsglocken, die eben noch „Four Beils" angezeigt hatten, strömte die Mannschaft an Deck. Scheinwerfer kreuzten ihre Garben, im sekundenraschen bleichen Licht sah man die Silhouetten der ansegelnden beiden „Prinzen"-Kreuzer, ihre drei schlanken Schlote kräu- selten Dampf in die Morgendämmenmg. Es kam sofort zu heftigem Nahkampf, in welchem „Adal- bert" zwar so ziemlich abgeschossen wurde und wenig fehlte, dass er nicht den Namen des einstigen ersten deutschen Admirals mit sich in die Tiefe nahm. „Friedrich Karl" ging aber mit einer seines Namens würdigen Schneidigkeit drauf und richtete den einen Briten so übel zu, dass sein Deck schon schräg lag und einige Salven von. Maschinengewehren die schreienden umkippenden Menschen förmlich wie Ameisen über Bord fegten. Auch ein andrer Brite legte sich auf Backbord etwas über, man hörte Klirren von splitterndem Metall, und er suchte mit dem dritten eiligst das Weite zur Mündung. Aus Furcht vor den Unterseebooten, gegen welche so- gleich drei britische vom Meere draussen aufgeboten wurden, gab die ganze Blockadeflotte den Eingang der Weser und Jahde frei. Die Deutschen zogen sich zurück, als der Feind mit Macht von der See- linie draussen andrang. Sie konnten mit dem Er- gebnis zufrieden sein, das ihnen nur zwei havarierte
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und nicht mal gekenterte Torpedoboote und dn Unterseeboot kostete, von einem feindlichen in grau- sem unterseeischem Kampfstrudel mit sich in die Tiefe gezogen. —
Hiermit verstrich aber nun vollends die letzte Frist, innerhalb welcher ein dreistes Vorgehen deutscherseits auf Nicht Versammlung der feindUchen Macht hoffen konnte. Denn am 2. meldeten überall die noch brennenden Leuchttürme und hochgelegene Telegraphenleitungen das Ansegeln einer neuen mächtigen Flotte im westlichen Meer, deren um- fangreiche Schlote dicke Ballen schwerlastenden wol- kigen Rauches in die Luft warfen. Das Reserveg^ schwader betrat das flüssige Wellengelände des un- geheuren Schlachtfelds. An diesem Tage bewegte sich die britische Linke in Richtung auf HomsriS, eine Flottille kundschaftete nach Sylt und Ammn aus, beobachtete auf Höhe von Pellwoim die Heveitnündung, zu. welcher sich übrigens heut die abgeschnittenen Torpedos S 117, 118 durch schlugen, in weitem Bogen den Destroyeis ent- schlüpfend. S 119, einst auf Strecke Pawlowsk-Wm- dau beim russischen Kriegshafen Libau bös havarieit erlitt diesmal seine letzte Havarie: man sah es nk wieder. „Kaiserin Augusta" imd Brandenburgklasse hielten Linie östlich von Helgoland und wichen affl3- früh südöstlich dahinter, nach unwirksamem Feuer- gefecht gegen die heranwogende Übermacht da Schutz der Inselbatterien begehrend. Schulschüf „Ulan" und Vermessungsschiff „Hyäne" hielte»
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ihnen den Eingang zum Kanal als Rückzugspforte frei. Die Vorhut des Chatamgeschwaders lief am 2. mittags in die britische Schlachtlinie ein, und Be- resford hätte gewünscht, schon heut konzentrisch anzugreifen. Die Maschinen des Reservekorps, auf äusserste Kraft gestellt, seit zwölf Stunden unter Dampf, konnten aber keiner besonderen Leistung mehr genügen. So verschob der britische Admiral die Entscheidungsschlacht auf den folgenden Tag. Er hatte Dreadnought, 21 Schlachtschiffe, 30 grosse Kreuzer und eine Unzahl kleinerer Gefechtskörper beieinander, denen die Deutschen nur 18 (neue , Bundesrat', ,Friedrich d. Gr.*, ,Ersatz Kurfürst*) einigermassen gleichwertige, 2 minderwertige Linien- schiffe, zwölf grosse Kreuzer und erschreckende Min- derzahl kleinerer Einheiten entgegenzustellen hatten, wobei nur sechs Torpedodivisionen und eine Division Torpedojäger einigen Trost gewährten. Nur Beihilfe der Inselbatterien konnte dies Missverhältnis etwas ausgleichen. Dort sahen die Festungskanoniere, jetzt di« einzigen Bewohner des winzigen Eilands, schlicht und dunkel mit ihren schwarzen Kragen und Auf- schlägen sich vom hellen Gestein abhebend, finster dem drohenden Ungewitter entgegen. Von der Falm- Brüstung koimten die Offiziere durchs Görzglas deut- lich erkennen, ohne des grossen Femrohrs vom Beobachtungsstand zu bedürfen, wie die feindliche Linke sich von Norden nach Osten fast senkrecht auf die Nordostecke niedersenkte und von dort all- mählich von Südost nach Nordwest entlangrollte.
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Der Abstand wurde immer geringer, und schon aus 4500 m lässt sich die Insel von draussen überblickeiL
Die Panzerkuppehi im Oberland blinkten matt im Abendschein. Vom verödeten Marinepier hatte sich die sonst dort angebundene Torpedoflottille langst losgewunden und die freie See gewonnen, da bd Bombardement und Einkreisung der Insel ihre Ver- nichtung unvermeidlich gewesen wäre. Man war gam allein xmd konnte nun erproben, was Duell zwischen Flotte imd Strandbatterie bedeutet, die so oft er- örterte theoretische Frage lösen. Von Osten war man blockiert, nur den Westrand deckte die deutsche Flotte.
Da die Insel nach Nordost abfiel, bot sich von dort das beste Schussfeld gegen das Quadrat von 500 m Durchmesser im eigentlichen Innern der In- sel. Die um je 500 weitere Meter von dort zu baden Seiten ausgedehnten Ränder der Längenerstreckung brauchte man nicht unter Schuss zu halten. Schon aus weiter Feme wäre ein so breites feststehendes Ziel leicht zu treffen gewesen, obschon Oberland 500 m über Wasser lag. Hielt also nicht Bei- stand der eigenen Flotte die feindliche den Insd- batterien einigermassen vom Leibe, war ihr Scliiti- sal auf die Dauer besiegelt. Die ruhige See er- laubte bisher, statt in der Eibmündung zu warten und die Kohlen zu schonen, sich seit fünf Tagen draussen neben Helgoland zu halten. Inmierfain blid> es ein peinlicher Zwang, dass man einerseits diesen wichtigen Posten nicht opfern diurfte, andrerseits
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sich seiner Mitwirkung beim Entscheidungskampf auf offener See versichern wollte, die allein noch eine Chance für Kräfteausgleich gab, und deshalb gleich alles auf eine Karte setzen, die Hauptschlacht annehmen musste. £s war wohlüberlegt, dass Be- resford nicht zuerst gegen Eibmündung und Cux- haven avancierte, wo ein leichterer Vorteil winkte, sondern gleich das Schwerste erledigte, indem er durch Beschiessung von Helgoland den Feind zur Schlacht zwang.
Die riesigen Drahtnetze des Systems Bullivan spannten vor den Panzerriesen ihre feingesponnenen Maschen aus, um vor Torpedoangriff zu sichern, während die besten Destroyers ,Ardent*, »Dragon*, »Boxer* als geborene Feinde der Torpedoboote vor der Front lauerten. Es gab hier keine älteren Mo- delle, mit gepanzertem Blockhaus überm Spardeck, zwei Barbettetürmchen und Panzerredouten. Diese hohen Aufsätze, deren Bau Italien ins Masslose übertrieb, verwarf man lange als unpraktisch. In den modernsten Schiffen war nichts „for show", alles einfach solide aufgebaut vom Zellensystem bis zum Unterwasserbodenpanzer. Auch vom Typ Col- lingwood, zwei Drehtürme in der Achse über einer birnförmigen und einer rechtwinkligen Redoute, sah man kein Exemplar, dagegen drei Typ Majestic zwei Sovereign mit ihren wenig komplizierten Ober- bauten, den paarweise nebeneinandergestellten Schornsteinen, kreisförmiger Doppelbastion am Un- terende der tiu-martigen Mäste, während die frühe-
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ren Typs nur am Misenmast eine hatten. Sonst nui Schiffe neuester Konstruktion, Typ Triiunph oder Edward VII., über alle ragte ,Dreadnought' hervor. Diese Ungetüme von fünfzig Metern Tiefe und mindestens fünfzehntausend Tonnen Schwere, mit achthundert Mann Besatzung oder von noch grösse- rem Deplacement, bewegten sich in Peloton-Tri- angeln, jedes folgende Peloton, je drei und drei, genau im Kielwasser des andern. Zwei Seemeilen hinter der Schlachtflotte ausser Schussbereich stand unbeweglich der Mastenwald der Transportdampfer, mehrfach Kolosse der Compagnie Cunard. Auf den Flanken verstreute sich eine Wolke von Destroyers und Torpedobooten, sozusagen als Kavallerie und leichte Infanterie. Was die Jäger, nämlich die Tor- pedos, nicht erraffen konnten, das mochte den Todesritten dieser Meerreiterei zum Opfer fallen*. Fahrzeugen von fabelhafter Schnelle, wie der ^Ancl' der dreissig Knoten machte, »Albatros*, der sich bis zu zweiunddreissig aufschwang. Hinter diesen schlanken kleinen Eisenfischen der Torpedoier- störer, von dreihundert Tonnen, schwammen halb- gepanzerte Kreuzer II. Klasse von dreitausend Ton- nen, meist im Typ ,Proserpina* und ,Magician' gc halten, die neunzehn bis einundzwanzig Knoten liefen Die Hälfte lief zwanzig, bei einem Gevricht von dret tausendvierhundert Tonnen (zehntausend Pferdfr kraft) und 275 Personen Bemannung. Weiter rück wärts kamen die grossen Panzerkreuzer mit drei oder vier Schornsteinen. (Neuste ,Defence*, »Shan^
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non* vom Typ ,Natal' noch imvoUendet.) Unge- schützte panzerlose Kreuzer I., II. Klasse breiteten sich auf den Seiten aus, III. Klasse Scouts als Vorposten ausgestellt.
Im dritten Peloton des Zentrums lag der ,Dreadnought' etwas abseit in einsamer Majestät, vde ein geflügelter Drache, der im Gedränge der andern Potwale, Hai- und Schwertfische sich ruhig sein Opfer wählen will, seiner Unwiderstehlichkeit sicher und unverwundbar in seiner harten Lind- wurmhaut. An seinem riesigen Hauptmast, wo das Gewirre von Stahldrähten mit Telegraphen- und Telephonleitungen wie ein bleich schimmerndes Ge- rippe in den Himmel hing, ging eine rote Kriegs- flagge empor. Lord Beresfords Disposition be- stimmte, dass die zwei hinteren Pelotons abschwen- ken und die Helgoländer Batterien der östlichen Uferseite zu Fall bringen sollten, erst hernach die der Nordseite, immer ihr Feuer gegen einen Punkt vereinend. Die übrige Flotte sollte unterdessen den Kampf im Westen gegen die beweglichen taktischen Einheiten des Gegners nähren, sich ausserm Be- reich der Helgoländer Batterien haltend. Die na- türlich nicht sichtbaren Unterseeboote lauerten auf Gelegenheit, zwischen der deutschen Flotte durchzu- schlüpfen und entweder dort Unheil anzurichten oder rückwärts die Eibsperren zu sprengen.
Vom Inselchen Neuwerk aufsteigend, suchte Par- sefalsches Luftschiff und Ballons, mit aeronautischem Quadrant des Libellenquadrants ausgestattet, die ver-
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sammelte britische Streitmacht genauer festzasteUen, während drüben der Ballon Vivienne III des Pro- fessors Huntingdon über den Wassern schwebte
Lord Tweedmouth, Erster Lord der Admiralität, der rastlos vor Kriegsausbruch auf der Admiiafitäts- jacht „Enchantress" die Docks befuhr, hatte gute Arbeit gemacht. Admiral Pearsons Nordseegesdiwa- der bestand aus Linienschiffen ,,Captain", „Glas- gow", „Triumph", „Valiant", ,Active", „Thunderer", „Courageous", „Glory", „Renown", „Remarquable", „Majestic", erstere sieben I. Klasse, ru welchen zuerst in Friedenszeit noch „Duncan", später „Fonni- dable", „Venerable", „Hood", „Cäsar" der Mittel meerflotte stiessen, Vizeadmiral Adair schickte „Re Solution", „Queen" der Reserveflotte. Dies Versetien von Schiffseinheiten, dies Umformen der Ordre de Bataille in letzter Stunde geschah absichtlich, um den Gegner über die bisher bekannte Zusammen- setzung zu täuschen. Ausserdem „Dreadnougbt*. der nicht in der gewöhnlichen Liste geführt wurde,
1. Kreuzerdivision: der ganz neue „Minotaur" als Flaggschiff des hierher von Korfu mit seinem früheren Flaggschiff „Drake" versetzten Rearadmi- rals Prinz Battenberg, „Glouoester", „Polyphcm", „Olympia", „Londonderry", „Powerful", »Aurora", „Argyll", „Achates", „Lancaster", „Roxburgb", „Hampshire", „Kent", „Spartiate", „Forth", „Invin- cible". 1. Permanente Flottille unter Rearadmiial Winsloe: Kreuzer „Pembroke", „Saphire" (Flagg- schiff dieser Hilfswaffen), „Theseus", Destroyen
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„Ariel", „Albatros", „Flying Fish", „Contest", „Dove", „Teazer ", „Checr<«rell", „Carry", „Vulture", „Ribble", „Recruit", „Gipsy", „Foam", „Boxer", „Griffin", „Ardent", „Dragon", „Busy", die letzteren sechs von Mittelmeerflotte, kleineren Kreuzern wie „Circe", „Proserpina", „Magician**, Torpedo- divisionen, worunter grosse Torpedogunboats wie „Speedy", „Wizard", und Submarinbooten von der Klasse B. S. 5. Kreuzerdivision „Fox", „Hawke", „Edgar", „Duke of Edinburgh", „Brilliant", „Im- perieuse" nebst kleinen Scouts wie „Pathfinder", „Forward", „Skirmisher". R. Adm. Henderson.
Von obigen Schiffen waren „Valiant", „Active" beim neulichen Treffen ausser Gefecht gesetzt, „Lon- donderry", „Argyll" gesunken, ausserdem durch letzten Torpedoangriff ,,Courageous", „Gloucester" gesunken, „Achates", „Pembroke" beschädigt. „Cäsar", „Resolution", „Queen" lagen vor der Weser, auch Kreuzer „Aurora" wartete dort bei jedem Mor- genrot auf neuen Kampf neben dem starken „Forth".
Adairs Reservegeschwader zeigte Prachtschiffe „Edward VII.", „Ocean", ,Albion", „Colossus", „Ca- nopus", „Royal Oak" (vormals Malta, später Kanal- geschwader), „Victory" und zwei neue Monstreschiffe „Flying Dutchman", „Executioner". 6. Kreuzerdivi- sion xunfasste hier „Talbot", „Blenheim", „Argo- naut", „Abukir", „Vindictive", „Isis", „Dido" Getztere zwei weggezogen schon früher von Malta), „Mi- nerva", „Research", „Thetis" (früher Port Said), die 2. Permanente Flottille „Natal", gedeckte Kreuzer zweiter
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Klasse, wie „Hebe", „Halcyon'* (früher Malta), die Destroyers ,, Rother", „Salmon", „Sunfish", „Hasty", „Wolf, „Greyhound", , Swonifish", „Ure", ,,Wcar" „Myrmidon", „Bat", „Mennaid**, „Dee", „Ex-". „Star", „Lynx", „Chelmer". Rearadmiral Fidd.
In den Dodcyards von Chatam und Sheemess blieb nur der als Mechaniker-Schulschiff ausrangierte „Indus", während der ihm neuerdings dienstlich at tachierte Kreuzer „Wallaroo" der australischen Sta- tion nach Sandwich Islands zurückkehrte. Ebenso hatte Kreuzer „Sutlej", der früher Destroyers „Myr- midon", „Bat" unter schwerer Sturmhavarie nad England bugsierte, nach seinem Posten Singapore zurückkehren sollen, hatte sich aber bei Kriegsaus^ bruch der 4. Kreuzerdivision (Neville) der Kanal- flotte anschliessen müssen und sank vor Antwexpeo. Femer verblieben dort die im Umbau begriffenen veralteten Schiffe „Asia", „Bellerophon**, „Northum- berland", „CoUingwood", ruhmiunwobene Schiffs^ namen, die an Navarino, Abukir, St. Helena, Tra- falgar erinnerten. Torpedoschulschiffe „Vcmon'\ „Hekia" (früher Suez), Küstenwachen (Coastguardsl, wie „Julia", sog^iannte Surveying Vessels, vie „Triton". Trotzdem der englischen Mobilisienmgi wie überhaupt dem gesamten heutigen Leben Eng lands inklusive Industrie, Handel imd Kauf fahr- teischiffahrt, viel Langsamkeit, Schlendrian, l's* genauigkeit, Unpünktlichkeit, ja geradezu Unfleiss und völliger Mangel an Selbsttätigkeit anhaftete und das Stagnieren der veraltet zurückgebliebenen
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schlechtorganisierten Aktionsformen in England gar keinen Vergleich mit der deutschen Organisation aushielt, war die materielle Macht an Schiffen, Geld, Kredit eben immer noch erdrüdcend. Hinter 1 950 000 imd 700 000 Tonnen, welche englische und amerikanische Marine in ihrer Neugestalt umfassen sollten, fehlten beiden nur je 50 000, der deutschen von geplanten 588000 noch 50000. Zählte man die Kanalflotte unter Sir Bowen-Smith, die Mittelmeerflotte unter Vizeadmiral May und Rearadmirals Sir Percy Scott, Bridgeman, Chichester, ostasiatische und austra- lische Eskadre unter Admiral Moore (früher Henry Seymour), Vizeadmiralen Poe, Wilmot Fawkes, das Northamerica-Westindies- and Particular Service Ge- schwader der Atlantis unter Volladmiral Sir Bosanquet imd Vizeadmiral George Egerton und afrikanische Kreuzerflottille unter Rearadmiral Dumford hinzu, so musste es sonderbar zugehen, wenn Grossbritannien nicht seine Seeherrschaft behaupten konnte! —
Deutscherseits suchten die Minendivision imd das Schulschiff für Küstenzwecke „Grille" das Strandgewässer vor- und rückwärts ab, ob etwa hin- durchgeschlichene Destroyers Minen verstreut hätten. Schlepper Beowulf, Fairplay, Olga, Kiehn setzten sich in Bereitschaft ziun Wegholen Hava- rierter. Artillerieschulschiff „Schwaben" berechnete Feuerdistanzen. Konteradmiral Zeye mit dem früheren Schulgeschwader: „München'*, „Lübeck", „Berlin", „Nymphe" (detachiert „Prinz Adalbert") rekognoszierte zur Linken.
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In glänzende rauschende Schanmstreifen lu bei- den Seiten des Bugs teilte sich das deutsche Ge Wässer, als die britischen Stahlwälle mit stöhnenden Blöcken, knirschendem Gestänge und schlangenhaf- tem Zischen der Ventile Dampf aufnahmen und den Salzozon mit ihrem Qualmausblasen verpesteten.
Beschiessung Helgolands begann schon bei Nacht nach genau erkundeten Zielen. Da die bri- tischen Schiffe ihre abgeblendeten Lichter löschten und mehrfach ihren Standort wechselten, wenn Wogenstösse zu wuchtig an Anker und Schiffswand zerrten und pendelnde Schwingungen sie hin und her warfen, konnte das deutsche Feuern nach dem Gehör und ungefähren Überblick gegen beweglich wechselnde Ziele unmöglich viel ausrichten. Die einstige Theorie, wahrscheinlich durch das alte Ge- fecht bei Eckemförde gegen die dänischen Oriogs ,Christian' und ,Gefion' entstanden, dass verschanzte Strandbatterien im Vorteil seien, erwies sich bei heutiger stärkerer Panzerung und dem Riesenkaliber der Schiffsgeschütze als längst überholt. Als morgens das laufende Feuergefecht in rasendes Kettenfeuer überging, schmolz die Bedienung schon bedenklieb. Unterm schrecklichen Prall der Riesengeschosse die am Helgoländer Felsengestein aufschlugen, schot- terten die eingemauerten Geschützrohre, der Rücklauf der Lafetten beimSchuss warf oft durch Luftdruckdie Umgebimg zu Boden. Kaum sekundenlang wahrteo die Pausen im endlosen Gebrüll dieser Kanonade, von der selbst der Meeresboden zu erdröhnen schien.
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Noch zuckten Feuerstrahlen über den Wall- brüstungen, doch die Riesengranaten der Schiffe, von zwölf Unzen, gleich vierhundert Kilo, mit Cordit ge- füUt, richteten unablässige Verwüstung an. Nur vier massiv eingebettete Strandgeschütze brüllten noch, zwei davon hatten jedoch nur Ausblick gegen die unmittelbare Meerenge südwestlich. Sie stellten ihr Feuer ein und verdankten diesem Umstand, dass das britische Bombardement nachliess und aufhörte, da man glaubte, kein Geschütz stehe mehr heil auf seinem Aufsatz. Der britische Verlust an Menschen war nicht imerheblich, an Material gering, nur die Panzerkuppel des ,Renown' durchschlug ein Voll- treffer. Mittlerweile unterhielten die deutschen Schiffe draussen auf See einen Femfeuerkampf gegen die britische Deckungseskadre, der natürlich nicht zu ihrem Vorteil ausschlug, weil ihre stärk- sten 28 cm-Geschütze vom britischen Kaliber über- troffen wurden.
Ein französisches Manöver bei Hy^res und der Ernstfall auf Kuba, wo Admiral Simpson umsonst das Fort Moro beschoss, sowie die NuU-Wirkimg der japanischen Flotte gegen innere Bucht und Inselforts bei Port Arthur, erweckten den Glauben, dass solches Verhältnis sich gnmdsätzlich wieder- holen müsse. Aber erstens fiel dort ein solches materielles Übergewicht fort, während hier sechs Linienschiffe, zwölf grosse Kreuzer mit fast hundert Geschützen schwersten Kalibers, ohne noch zwei- hundert Schnellfeuergeschütze zu zählen, den un-
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natürlich engen Raum des Hdgoländer Inselchens von oben bis unten abfegten. Und obschon die Geschützbettungen an sich genügenden Schutz boten, ermöglichte die lokale Gestaltung, eine Partie nach der andern unter gemeinsames Feuer zu nehmen. Zweitens standen hier die englischen Panzerkolosse fast auf gleicher Stufe der Unverwundbarkeit, wie die Batteriebefestigungen, und die häufige Ab- irrung des Zielens infolge der Schiffsbewegungen wurde durch die abnorme Kompaktheit der schma- len Zielscheibe aufgewogen, wo auch ein Fehlschuss immer noch Objekte in so zusanmiengedrängter Be- festigung traf. Drittens konnte man bei voller Frei- heit der Bewegung auf angemessene Entfernung das Relief der Strandbatterien unter einem verhaltois- mässig schwachen Schiesswinkel halten, und vienens konnte imbegrenzter Zufluss von Reserven und Muni- tion, wie er bei Strandbatterien möghch ist, hier auf dem abgetrennten Eiland nicht nachhelfen. Der Kommandant tröstete sich damit, dass er in Eile mit Proviant und Munition für ein Jahr versehen worden sei.
Umsonst hatte in voriger Nacht ein Kapitän- leutnant seine Torpedoflottille ermuntert: „Wir sind die Vorhut Deutschlands, die Nacht ist unsere Rache.'* Die Briten waren in guter Hut. Sobald man sich näherte, durchschossen weisse Licht- strahlen den mächtigen Raum, blendend übergössen sie vom hohen Meer den Helgoländer Fels mit ihren elektrischen Garben, photographierten gleich-
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sam im Hintergrund das Eiland mit seinen Terras- sen, Gärten, Badeplätzen, den Pylonen des Kur* hauses, schnitten die Wasserfläche nach beiden Sei- ten ab wie schwarzen Karton auf Photographenplatte und bildeten einen Lichtsektor von fünfzig Grad auf der Strecke, von wo das verdächtige Geräusch der Torpedoschrauben durch kurze Pause des Ge- schützdonners hörbar. Die Meeresfinstemis dahinter schien noch schwärzer als vorher, obschon es aus ihr donnerte und blitzte. Doch in der Lichtzone tanz- ten schwarze Pünktchen: Schwärme von Aufklä- rimgsbooten rund mn die schwinmienden Zitadellen, vor denen wie grössere Schatten die Profile von Destroyers und Torpedofahrzeugen sich ausbreiteten. Zwei rote Zünder signalisierten nach N.N.W. zur Hauptflotte, die ihrerseits aus mächtiger Laterne von rotem Glas ein Glühlicht am Mast des ,Dread- nought' aushängte, der wie eine dominierende Ba- stion auf der Flanke des weiten Mastenwalds vor- sprang. Dort suchten sofort gleiche Scheinwerfer die schäumende Tiefe ab. Bald tauchten breite Wasserflächen in diese blendende Lichtbrandung ein, bald spritzte weisser Schimmer wie aus einer Giesskanne über blinkende Decks. In diesem weis- sen Licht, aus dem in der Ferne Hunderte von Masten und düstem Panzertürmen schwarz empor- ragten, schien eine arktische Schneelandschaft hin- gezaubert, am Rande von Tannenwaldung umrahmt, Schaumspritzer rieselten als Schneeflocken, ja der grelle Lichtkegel selber wuchs als schillernder Eis-
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berg empor. Dazwischen funkelten grüne Glühpunkte, wie Augenblitze einer unsichtbaren, fabelhaften See- schlange : grüne Signalfunken über schwarzer Meeres- tiefe, rotgestrichenem Schornstein grauer Rümpfe.
Als in der Morgensonne das tiefe Grau der Was- serwüste sich zu Graugrün abtönte, machte die bri- tische Schlachtordnung eine Schwenkung nach vom. Die Helgoländer Batterien schienen nüttags so völ- lig niedergekämpft, dass man an ihnen entlang ma- növrieren konnte, die hinteren Pelotons von dort eingehend. Die deutsche Flotte erhob ein tobendes Feuer, um diese Entwicklung zu stören.
Durch das brausende Donnerwetter rauschten drei Granaten von ungeheurer Grösse, nüt achtzig Kilo- granun Cordit geladen. Eine verfehlte den ,Kaiser Karr und peitschte das Meer zu einer Welle auf, als sei ein indischer Taifun losgelassen. Die zweite schlug einen Panzerturm des »Wilhelm 11/ von oben bis unten durch, die Bemannung unter den Trümmern begrabend, zwei Geschütze umknickend. Die dritte, zu hoch gezielt, brach einen Mast des ,Zahringen* in der Mitte durch, schnitt das Oberende eines Schornsteins ab und quirlte hinterm Stern das zer- wühlte Salzwasser wie in einem Trichter zusammen. Dies war der freundliche Wink, mit dem ^Dread- nought' sich ankündigte. Ein neues Riesenge- schütz von Gussstahl, 405 Millimeter, spendete die milde Gabe.
Doch während die deutsche halbmondförmige Schlachtlinie langsam zurückwich und Beresford mit
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dem Senkblei das Kielwasser nordwestlich von Helgo- land sondieren Hess, um dort an den schweigenden Strandbatterien vorbeizufahren, standen die wieder aus den Kasematten hervorgekrochenen deutschen Kanoniere noch fest an ihren vier unversehrten Rohren, die Granaten um sich aufgeschichtet, die Distanzen an dieser Stelle genau bekannt. Als die britische Flotte mit „Volldampf voraus" ansetzte, regnete ihr von Türmen, Brücken, Decks, Mast- körben ein Schauer von Geschossen entgegen, und plötzUch öffneten die vier noch intakten Festungs- geschütze auf Helgoland, insbesondere die auf den Durchgang nach Cuxhaven eingerichteten, nochmals ihre Schlünde. Unter markerschütterndem Schmet- tern klirrten die Eisenmassen des „Venerable", unter Stössen der eigenen Batterieentladungen bis zum untern Torpedoraum gleichzeitig erzitternd. Das Hämmern seiner Maschine setzte aus, als stocke der Herzschlag des Riesen unterm Panzergürtel, die elektrischen Lampen erloschen, Kurzschlussbrand des verwundeten Kabels frass sich durch schauriges Dunkel der Unterwasserkanunem.
Jetzt begann die eigentliche Seeschlacht des 3. Juni mit unbeschreiblicher Furchtbarkeit. Das Re- servegeschwader nahm seinen Kurs nach Süd-Süd- osten, nach Backbord abfallend, und suchte einen Halbkreis um die deutsche Linke zu schliessen. Der „Duncan" und die „Glory** mit vielen Kreuzern setzten diesen Kreis in schräger Richtung, Bug nach Südosten, fort, und das übrige Nordseegeschwader
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krümmte sich mit Front nach Süden und Sud- westen, umschrieb eine krumme Bogenlinie mit der linken Flanke an Helgoland. Dass es hier nur mit grossen Opfern den Durchweg erzwingen konnte, lag auf der Hand.
Das Reservegeschwader in Starbord-Linie drehte fünf Strich nach Südost, was unouttelbar unten Bugspriet der deutschen Linken bringen sollte, wäh- rend es zugleich zur Minenstreuimg in Richtung von Wangeroog Destroyers aussendete und „Picked Boats" ihrerseits nach Minen pürschten. Dagegen hatte das Nordseegeschwader, anfangs Stellung n Starboard, dem plötzlichen Signal Beresfords zu ge horchen: „Steam to portI Fast aheadi Speed inoea- sed 16 knotsl"
Da Dreadnought drei Knoten schneller lief als alle anderen, wurde er mit Recht anfangs zurück- gehalten, um erst beim Entscheidungsstoss seine Schnelle wie seine sonstige Kraft auszunützen. Hin- ter der Front traf man Anstalten, Munition havarier- ter Schiffe überzuladen. Rearadnural Winsloe sig- nalisierte den leichten Fahrzeugen: „Drift astemC „Abaft the fore-turret 1", indem einzelne Destroyers und Torpedoboote längs dem Vorderteil der Linien- schiffe entlang gUtten, um gegen jähen Torpedo- anprall des Gegners zu decken. Dieser hielt jedoch seine eigenen Torpedoflottillen vorerst zurück, wäh- rend Fernfeuer der grossen Geschütze schon bald anhob. Im Zentriun gaben die sogenannten Range- Finders (Distanzbestimmer) auf der Fire-Control-Sta-
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tioh des „Captain", Flaggschiff des Sir Archibald Douglas (Commander der Station Portsmouth), an- fangs an: „11000 Yards i" Auf solche Entfernung konnte nur Dreadnought ordentlich feuern, dessen unheimlich lange vier Turmgeschütze drohend vor- lugten. Überall auf den hoch überm Wasser auf- ragenden Brücken und im Conning-Tower der Kom- mandanten goldbordierte Mützen beobachtender Offiziere. Rearad. Campbell löste den ersten Schuss.
„6000 Yards!" Da erdröhnten Elf- und Zwölfpfünder, unter Umdrehung der Turbinen schössen die Schiffe vor, einander immer näher, bis zuletzt Siebenpfüoider und' sogar Dreipfünder zur Wirkung kamen. All die riesigen Türme rauchten und blitzten, indes alle Pumpen spien, das Deck dauernd unter Wasser setzend, imi vor Bränden zu schützen. Auf den befeuchteten Dielen spürte man bald noch andere Schlüpfrigkeit: rotes Nass quoll gleich aus aufgerissenem Panzerdeck innerhalb der Zitadelle des „Triumph", auf der „Glory" fiel ein Mast nut dumpfem Krachen van und erschlug mehrere Be- diener der Forward-Works. Die zwei Schornsteine der Linienschiffe — nur Dreadnought und zwei neue Monstreschiffe des Reservegeschwaders hatten de- ren drei — boten in dieser Hinsicht weniger Schussziel, als die drei der Kreuzer oder gar vier bei den grössteUy wie bei dem gesunkenen „Gloucester".
Es dauerte denn auch nur kurze Zeit, dass „Drake" über den einen Schornstein meldete : „Dropp- ed astem after the military mastl" Die schöne
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,,01ympia'', die so hochmütig und leidenschafdich los- fuhr wie des makedonischen Welteroberers Mutter, nach der sie vielleicht benannt war, verlor gleich Kamm und Krone: Militärmast und zwei Schom- steine über Bord. Auf dem „Captain", der als Haupt- mann in den Feind führte, um seinem Namen Ehre zu machen, ward die Fore-Barbette (7,5 in.) zertrüm- mert, am Fore-Turret des „Triumph" verkrümmte sich ein mittleres Geschütz (9,2 in.), am Rondel des Militärmasts ein anderes (7,5 in.) durch böse Treffer. Von Triumph spürte man also noch nichts!
Prinz Ludwig Battenberg, der auf der vorge- bogenen Rechten der unregelmässigen Sdüachtlicie kommandierte imd .sein neues Flaggschiff „Mino- taur" wieder für sein früheres mitgebrachtes „Drake" vertauschte, signalisierte besorgt: »Schwerer, un- gleicher Kampf.'* Doch Beresford gab gleichmütig zurück: „Reservegesdiwader bringt Entscfaeidmig."
Der hessische, englischnaturalisierte Prinz, ge- gen seine Landsleute fechtend, war natürlich des gleichen Geistes Kind, wie der deutschenglische Ge- neral Graf Gleichen in der Emsmündung, der nach der San Francisco-Katastrophe den Yankeesoldaten das treuherrige Kompliment machte: „Nicht mal eng- lische Soldaten hätten sich besser benommen, da- mit habe ich das Höchste gesagt 1 1" Bei Angehörigen keiner anderen Nation als der deutschen wäre solch hebevolles Aufgehen in fremdem Ghauvinismus mög- lich. Der deutsche Prinz hätte hier heimhchen Stcdz empfinden sollen über die ausgezeichnete Haltung
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seiner Blutsgenossen, denn die Deutschen schössen und manövrierten durchweg gleichmässig gut, die Engländer nur teilweise erstklassig, oft mangelhaft wegen imordentlicher Ausbildung. Das grosse Hospi- talschiff „Maine", als fliegendes Lazarett hinter der Front, füllte sich schon bedenklich.
Natürlich ging es bei diesem ersten Verwickeln auch deutscherseits nicht ohne Verluste ab. Auf einem der drei Hauptkreuzer, welche gleich anfangs die 1. und 5. britische Kreuzerdivision anfielen, zer- splitterte förmlich das Fundament des Kommando- turms, furchtbarer Schlag gegen den Aussenpanzer tötete den innen an der Wand lehnenden Kapitän durch blossen Luftdruck. Doch litten die Deutschen, kühn die Femfeuerzone der Briten unter Volldampf durchmessend und nahe beidrehend, anfangs be- deutend weniger, eben infolge ihres besseren Schies- sens. Das änderte sich freilich, als der Flanken- druck des Reservegeschwaders begann und der „Waldersee" als Flaggschiff dieser Abteilung die Kreuzerdivision hinter die Linie zurückführte.
Der Lärm schwoll jetzt so an, dass Telephone unhörbar wurden, Signalrohre (voice pipes) nicht minder, automatische Melder versagten. Com- mander Cowan des Scout ,,Skirmisher" überbrachte mündlich Beresfords Befehl zu rücksichtslosem Vor- gehen ans Reservegeschwader, der als Tender der „Victory" dienende Destroyer „Star" schoss wie Sternschnuppe pfeilschnell dahin, um den Befehl weiterzugeben.
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Stolz wehte in allen Toppen die Flagge des Deutschen Reiches, ein schwarzes Kreuz auf weissem Grunde, wie es einst die Ordensritter geführt. Stol- zer noch blähte sich drüben Nelsons altes Sieges- zeichen, das Rote Kreuz, das schon Blakes Puh« tanem auf Bahn zur Weltherrschaft vorange- leuchtet. Überall rasselten Maschinentelegraphen- klingeln, scharrende Schaufeln hantierten zwbchen rotweisser Kesselglut, die Ventüe summten unter höchster Dampfanspannung, Kohlen glitzerten wie schwarze Koboldaugen. An den Heckgeschutzen standen die Kanoniere, die Ärmel am nackten Arme hochgestreift, wild tanzten die Panzergiganten durch den gurgelnden Sprudel der grauen Wassennassen, deren helle Schaumstreifen sich hinterm Wellea- brecher sekundenschnell in perlige Blasen auflösten. Eine Bewölkung verdunkelte das Meer, hochaufran- sehende Wogen brachten alle leichteren Fahrzeuge ins Schwanken. Gegenüber den hellgrauen Schiffsleibeni der Deutschen umsäumten die düster-schwarzen dtr Briten selbst wie Wettergewölk den Horizont.
Das vorderste dreieckige Peloton der britischen Linkoi, aus „Renown", „Formidable", „Venerable* bestehend, glitt unterm toten Winkel der Helgolän- der Batterien vorbei, geriet aber in einen wahren Höllenrachen, als es auf der Westseite pfeüschneD voranschoss. Vom Inselfels wie von „Karl der Grosse", „Zähringen**, „Kaiser Wilhelm H." mit Ge- schossen überschüttet, unterm Vibrieren wasser- peitschender Schrauben erzitternd, da sie in dieser
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qualvoll fürchterlichen Enge mit voller Maschinenkraft nach vorwärts zum Rammen strebten, Hessen die Britenschiffe ihre glatte nackte Eisenwand, schwarz- grau und nass von über Bord schrägenden Wogen- Spritzern, nahe vor den Deutschen erdröhnen. Doch, den Rammstoss verfehlend, das Feuer ihrer Mittel- artillerie den Feinden ins Gesicht prustend, trieben ,,Formidable" und „Venerable** bald darauf ent- mastet durch die deutsche Linie. Glänzende Wasser- strahlen buchten schon die geschwärzten Heizer heim, die wie dunkle Rachegeister im HöUenschlimd dämonisch arbeiteten und in ihrem engen Räume ein- i^epfercht ruhmlosen feuchten Erstickungstod fanden. Im Zentrum fochten „Mecklenburg", „Schwa- ben", „Lothringen", „Wilhelm der Grosse" mit aus- nehmender Tapferkeit, während zur Linken „Deutschland", „Ersatz Kurfürst", „Witteisbach", „Braunschweig", Kreuzer „Roon", „Yoric", „Zieten", und „Prinz Heinrich" ausdauernd sich gegen immer höher anschwellende Übermacht zur Wehr setzten. Linienschiffe „Hannover", „Ponmiem", „Schlesien"» „Preussen" als Zentrumechelon. Grösste Kreuzer „Wal- dersee", „Ersatz Moltke", „Bülow", femer „Bis- marck", „Gneisenau", Neubauten „Hertha" („Ari- adne", „Frauenlob" auswärtig), „Hamburg"-Klasse ,,Arkona" als zweites Treffen, hinter das sie anfangs vorm Andrang der britischen Schlachtschiffe aus- wichen. Sie brachen jetzt erneut vor und warfen sich auf die anschliessende Linke des Reserve- Geschwaders und die 5. Kreuzerdivision.
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Nach halbstündigem Nahkampf neigte sidi und sank „Gneisenau" tiefer ins Wasser imd trieb sün- wärts ab, manöverunfähig, obschon seine Eingeweide unversehrt blieben. Auf „Bismarck", „Freya", „Ham- burg" fielen zwei der drei Schornsteine, so dass infolge mangelnden Luftzugs der Kohlenvcrbraüch wahnsinnig stieg. Etwas seitwärts bestanden „Irene". „Leipzig", „Bremen", „Nymphe", „Heia" nebst den sechs Torpedojägern für sich allein ein scharfes Gefecht gegen eine Wolke von Destroyers und klei- nen Kreuzern, um nicht die deutsche linke Flanke umwickeln zu lassen. Selbst das alte Schulschiff „Mars"., dessen ständige Besatzimg von dreihundeit- siebenunddreissig Köpfen meist durch Übungsstand der Artillerieschüler auf fünfhundert stieg, licss hier Flagge und Konunandozeichen sehen, mit übenahb- gen Fähnrichen imd Deckoffizieren an Bord. Hinter Linke und Mitte lauerten je zwei Torpedodivisionffl, je zwei auf Südwestseite von Hdgoland. Liniensdiifi „Barbarossa" bildete Echelon der äussersten Red- ten, „Amazone",. „Heia", „Gefion", „Greif", Avisos „Blitz", „Jagd", „Panther" d«r äussersten Linken.
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Obschon jene Granaten des ,Dreadnought' vte der drei starken Schiffe auf der deutschen Recfata so übel begrüsst, hatten diese doch vermocht, das erste Peloton des britischen Angriffs vernichtend abzuschlagen. Aus der gesprengten gell aufschhich zenden Maschine des ehrwürdigen alten Riesen, der sich „Veneiable" nannte, durch schmale eiserne Schotttüren und Wallgänge alle Heizer und durch
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den Ventilator auch den dunstig niedern Steuer- bordstorpedoraum verbrühend, ergoss sich ein heisser Dampfstrom. Das Stampfen des Schiffsbaus ging in Hin- und Herschleudem über, schrecklicher Krach warf Matrosen und Kanonen gegeneinander in er- stickendem Knäuel. Dann ein träges Schlendern, dann ein wirbelnder Kreisel um sich selber, dann nichts als Wassemacht. Offiziere in ölmänteln, Ma- trosen in Korkwesten trieben auf der Flut, Wrack- trümmer umklammernd. Was den zerknitterten Stahl rahmen der Unterschiffskammer nicht mehr auf* stossen konnte, sah sich vom Wasserscbwall in sticki- ger Nacht erwürgt, ohne je wieder des Himmels Blau zu schauen. Kein Rettungsboot fischte Er- trinkende auf, Freund und Feind hatten etwas an- deres zu tun, als sich um Bergung verzweifelnder Schwimmer zu kümmern. Vom Steuerbordtorpedo des „Zähringen" glatt durchschnitten, von Festungs- bomben aus Helgoland in die gähnende Tiefe hin- ^bgedrückt, schlug der britische Koloss um, als wolle er auf dem Kopfe stehen. Die rotangestrichene Platte seines metallenen Rumpfes, auf der wie schat- tenhafte Gespenster die von oben nach unten hinauf- kletternden Mannschaften hinhuschten, färbte sich röter von Blut, da immer noch Geschosse herab- regneten, Glieder zerfetzend und Knochensplitter ins Metall hineinkerbend. Eine Minute später verdeckte das grause Bild die gurgelnde, gähnende Tiefe.
Der ebenso scharf angebende »,Formidable" ^ing nicht in die Tiefe, sondern hielt sich flott,
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obschon sein Hauptmast über Bord stünte, der zweite auf Deck zusammenschlug, der dritte qaer über die Kommandobrücke seine Drahtseile nieder- senkte, sein Vorderschomstein durchbohrt, seine Backbordmaschine durchlöchert. Wie ein Betrun- kener hin und her schlingernd, erwies er sich fonni- dabel genug, dem „Karl dem Grossen" vom auto- matisch drehenden Panzerturm noch verderbliche Geschosse zuzusenden. Dann schor er seitwärts nacb Südost hinaus, zerschossen zum Wrack, unkenntlich für den eigenen Kommandanten, statt der Schlote ein paar brennende Stümpfe, entfernte sich schwer- fällig vom Schauplatz seiner Taten und scheiterte plump an Südwestecke von Helgoland.
Der „Renown" mit unklar gewordenen Schrau- ben, schon früher durch die Inselkanonade versehrt, drehte rückwärts, sein Achterdeck schwamm io Blut, überfüllt von Sterbenden und Verstümmelten, die in untere Gelasse über die senkrecht steüea schmalen Schiffstreppen hinabkrochen und die eiser nen Sprossen mit rosigem Lebensnass färbten. Sdn Renommee war heut nicht sonderlich berühmt 1 Aber „Venerable" xmd „Formidable" hatten sich nicht lunsonst geopfert: eine Lücke war gebrochen, dem Bereich der zwei Helgoländer Eckgeschütze etvas entrückt, imd durch diese brach jetzt der furchtbare ,Dreadnought* herein. Ihm folgten ,Reniarquable', ,Majestic' mit Volldampf, die grossen Kreuzer ,Pover- ful', „Minotaur*' und .Lancaster*.
Diesem Ansturm vermochten die drei deutsches
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Hauptschiffe zur Rechten mit Kreuzerumgebung ,Schamhorst*, ,Stein', »Ersatz Meteor' nicht standzu- halten. Wo alle Oberbauten des „Zähringen*' über Bord gingen imd die durch Reelingsluken hineinplatschen- den Wellen des hohen Seegangs schon ihre Schaum- tropfen in rosigen Champagner zu verwandeln schie- nen, mit klebrig geronnenem Blut vermischt, feuerte die Mannschaft heldenmütig weiter, dem gewissen Tode ins Auge schauend. Der ,Fürchtenichts* konnte hier lernen, dass auch deutsche Männer nur Gott fürchten und sonst nichts auf der Welt. Doch am grauen Leib des stählernen Lindwurms drüben brach sich jeder sausende Eisenschlag, es war, als klatsch- ten die bestgezielten Granaten fruchtlos ab. Maje- stätisch wühlte das britische Riesenschiff sich durch die Flut, dass sein Heck einen Maelstromsprudel aufzuwirbeln schien und der imgeheure Rumpf doch alle emporschäumenden Wogen abschüttelte wie ohn- mächtige Flocken. Ein erschütterndes Gebrüll — der Feuerdrache schlug seine Fänge ein — durch ein imstopfbares Loch, das wie eine Höhle aus der Backbordwand hervorgähnte, brodelte aufquellender Dampf der hereinpolternden Salzflut entgegen — in zwei Stücke zerrissen, ging „Zähringen" mit wehenden Flaggen und todesstolzem gellendem Auf- schrei unter: „Hurra, es lebe der Kaiser 1"
Das Schiff, das den Namen Wilhelms H. trug, warf dem ,Majestic' eine so feurige Kusshand zu, dass er seitwärts im Kurs abfiel imd lieber den schon schleppend matteren ,Karl den Grossen' berannte.
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Auch dieser hohe Herr zeigte bereits an gerissenen Ku£:eliöchem die gelben garstigen Flecken, welche Lyditgranaten als Beleg hinterlassen.
».Gefecht abbrechen/' signalisierte Flagge mit zwei gekreuzten Marschallstäben das Kommando des Grossadmirals. Langsam wichen „Kaiser Karl" und ,, Wilhelm II." südwärts, wo Brandenburg- Schiffe schwerfällig, schlechtgepanzert, ihr bisschen Kraft einsetzten. Ebenso ging jetzt der „Barbarossa" ins Feuer. Sofortiges Einsetzen dieser drei Schiffe verbot bisher das enge Wellengelände westlich der Insel Es konnte nur noch ein Schein sein, die Schlacht aufrecht zu erhalten. „Schamhorsts" acht 21 cm ver- sagten gegen sechs 23 vier 19 des Typs „Natal".
Im Zentrum und zur Linken tobte inzwischen das fürchterliche Getümmel weiter.
Vom Reflex gelber Feuerzungen imd aufflam- mender roter Lichter umspielt, unter flatternden Rauchschleiern der Schlote und bläulich-weisslichem Pulverdampf, den sausender Seewind, in die Wette mit den Geschossen pfeifend, seewärts rollte, be lebten die kämpfenden Schiffe auf der langen Fiodi die unendliche Meerfläche, dies Spiegelbild der Ewigkeit, in dem alle Flotten spurlos versinken. Dort krochen langsam Angeschossene dahin, dort schüttelten noch Kampfbereite mit ihren Lenzpumpen das Sturzbad einer Lecköffnimg ab und wippten wieder auf schaumgekrönter Woge wie weissbe- schwingte Möwen. Dort barsten schwere Elisenge- wichte krachend zusammen, dort bejubelten wütende
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erhitzte Kanoniere einschlagende Treffer, wenn sie ihren Mordmaschinen den ehernen Mund öffneten.
Die modernsten britischen Schiffe bemühten sich, dem Feind nur ihre Vorderseite mit der schwer- sten Turmartillerie zuzuwenden, so gleichzeitig die schmälste Zielscheibe bietend. Doch bei allmäh- licher Auflösimg in Einzelkämpfe liess sich dies nicht durchführen, und bei unwillkürlichem Still- liegen unter zeitweiligem Versagen der Schrauben bot manches Schiff die verwundbare Breitseite, welchen gefährlichen Augenblick die deutschen gut geleiteten Panzerbrecher regelmässig benutzten.
Im Zentrum stand die Schlacht, während der Grossadmiral vom Flaggschiff „Wilhelm IL** den Kampf leitete. Des Auslands Fachleute urteUten über den deutschen Schiffbau, dass er ohne Ori- ginalität nüt Vorliebe fehlerhafte fremde Typen nach- ahme. Aber wenn die britischen Schiffe kriegs- mässiger imd praktischer organisiert, so hatten sie doch auch ihre NachteUe. Da nämlich ihre älteren Typen am eigentlichen Vorder- und Hinterteil am schwächsten gedeckt, legte ihnen dies die Kampf- weise mit der Breitseite auf. Als sie daher hier in dichter Kolonne, ein Schiff genau in Kielraum und Wasserlinie des andern, nordnordwestlich der Insel durchbrechen wollten, tat das noch bis dahin reichende Flankenfeuer der Insel ihnen rückwärts, das Frontalfeuer am Vorderende grossen Schaden. Sie evolutionierten sich daher in die Quere, was ihre Geschwindigkeit sehr verlangsamte, und defilierten
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so in langer Reihe an der deutschen Linie auf und ab, zuerst von links nach rechts, dann wieder von rechts nach links, fortwährend ihre starken Breit- seiten dem Gegner darbietend. Dies verminderte zwar ihren Verlust, aber auch ihre Manövrierfähigkeit.
Die ,Glory* wankte rückwärts und strandete später bei Helgoland, wie jeder Gloiresucht zu wün- schen wäre. Der Konmiandierende ihrer Heckbat- terie war pulverisiert, wie einst der Batteriechef des „Matsushima" in der Yaluschlacht, man fand von ihm nur noch sein Fernglas. Die Brücken des „Hood" und „Triumph" waren mit der Mannschaft wegrasiert. Eine aus der Mitte vorbrechende deut- sche Torpedodivision wurde allerdings durch Bul- livannetze und ^mobile Estacade' abgewehrt» zwei Boote verwickelten sich darin imd fehlten mit dem Lanzierrohr. Zwei andere, die nordwärts umbogen, um einen verwundbaren Punkt dieser schwimmenden Festungen zu finden, sahen sich binnen einer halben Stunde von Destroyers erjagt, durch Schnellfeuer in die Maschinerie gesprengt, ehe sie auf Torpedo- schussweite gelangten. Umsonst klebte des Füh- rers Hand am Hebel, umsonst drückte er auf Knopf des Signalapparats, um ,,Achtungl Los!" elektrisch auf dessen Glasscheiben zu schreiben. Das ver- grösserte S 132 tauchte jedoch, weiter links ans Re- servegeschwader herangeratend, dicht vor der zacki- gen Wand eines Schiffsriesen auf und grub ihm, mit aufspritzender Wassersäule wie aus Walfischnuster. ein solches Loch, dass der gigantische Gegner, nach-
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dem er glatt über das Boot wegfuhr, beim Über- holen im Seegang nach Steuerbord ausschor und sich durch jene eigens dazu hergerichteten Spezial- dampfer abschleppen Hess. Der Torpedo hatte nicht genau genug getroffen, doch inunerhin so sehr, dass der mit ausnahmsweise dünnem Panzergürtel ausge- stattete „Glasgow** einen Wasserballast an Backbord nahm, der ihn zum Verlassen der Schlachtreihe nötigte.
Kreuzer „Thcseus" kenterte: Schiffsname aus Abukirschlacht in britischen Annalen berühmt. Auch der Kreuzer „Hawke", den gleichzeitig das sechste Torpedoboot und ein schwerer Treffer des deutschen Kreuzers „Roon" in der Wasserlinie zum Sinken brachten, erinnerte an einen ruhmreichen Sieger iilter Zeit. Aber gleichzeitig brachte die englische Rechte, obschon ,, Schamhorst", „Stein** von rechts Lücke stopften, deutsche Schlachtlinie der Linken zum Weichen. „Kurfürst** ging nieder, „Stein** plumpste ins Wasser, von den Kreuzern „Halcyon** und „Hebe** umkreist, die hier weder halcyonische Windstille noch ambrosischen Nektar kredenzten. Ob der Geist des grossen Kurfürsten, des ursprüng- lichen Anregers deutscher Flottenmacht, traurig über den Wassern schwebte?
Wie eine Eiche stand der ,Royal Oak* mit seinen Platten von 30 Zentimetern Dicke, seine Turmge- schütze entsandten schreckliche Schüsse. Eisen brach wie Blech vor ihm entzwei: ganzer „Schamhorst**!
Auf den „Meerstaub*', wie die britische Marine die neue Torpedobooterfindung bei ihrem Ursprung
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verächtlich nannte, um sich gleich darauf dies Zer- störungsmittel vervollkomnmet anzueignen, stäntea sich die Destroyers wie Seegeier. Zwar schlingcnc der schwergetroffene ,Foam* im Meeresschanm seit- wärts, aber „Griffen' liess keinen Raub, den er an- packte, aus seinen Greifkrallen, ,£amest' meinte es ernst, ,Dragon' leckte seine glühende Drachenzunge, ,Ardent* züngelte heiss nach Beute, ,Boxcr* boxte sich durch die hintere deutsche Schlachtreihe. Ihr Hauptgeschütz von 76 Millimetern und die andeiD fünf von 67 hielt alle Torpedoboote fem, sobald sie nicht unbemerkt heranschleichen konnten, und man hatte die Zahl der Destroyers nicht zweddosauf hundertfünfzig Stück, jedes von zweihundertfünfzig Tonnen, erhöht. Die Schrauben ihrer windschneilen Maschinen fauchten unheilverkündend durch den tiefen Bass der Panzerriesenstimmen.
Den „Braimschweig" holte nach mannhaftem Todeskampf der Teufel in Gestalt des „Executioner" und „Flying Dutchman", zwei ganz neuer briti- scher Monstreschiffe. Deutscherseits hatte mas durchweg die verschiedenen neusten vier Panitr- klassen durcheinandergemischt, was nicht vorteübaf: ausfiel. Vizeadmiral Graf Baudissin führte hier.
Der kleine Kreuzer „Leipzig** erlag in dieser neuen Völkerschlacht; „Prinz Heinrich" wurde genommen, nachdem der wütend um sich beissende „Panther" zerfleischt und Schulschiff „Mars" voc der britischen „Minerva" brüllend heimgeschickt vie in der Iliade. Die Briten brachen in ein Triumph
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geschrei aus, als sie den Namen des Höchstkom- mandierenden der Reichsmarine auf dieser Prise lasen. Fisdiereikreuzer „Zielen" erwies sich als flinker Husar, bis man ihn weidgerecht anschoss und in Gefangenschaft schleppte.
Gleichzeitig ereignete sich aber beim Verstoss der linken deutschen Torpedodivision, der gleich dar- auf erfolgte, ein eigentümlicher und deutscherseits erhebender Vorfall. Im Seetreffen vor fünf Tagen waren „Elsass", „Wörth", „Weissenburg", „Gazelle'* g^esunken, „Hessen", „Pfeil", „Niobe", „Medusa" erobert, erstere beiden halbe Trümmer, eiligst als Prisen und Siegeszeichen nach Chatam abgeführt, wo eine mit Extrazügen aus London herbeiströmende Menge sie mit Tücherschwenken und brausendem Hiphiphiphurra empfing. „Niobe", „Medusa" hin- gegen hatten sich, förmlich geentert, zwar in völlig gefechtsunfähigem Zustand ergeben, aber noch mit ungeschmälerter Fahrbarkeit. Man hatte sie daher auf See belassen, hinter die Front geschickt, um sie später für eigene Schlepp- oder Administrations- zwecke einzurichten. Ja, teils aus nachlässigem Hoch- mut, teils um die Gefechtsstärke bei der bevor- stehenden Schlacht nicht im mindesten zu schwä- chen, übertrug man auf sie nur ein paar Mann Prisenbesatzung unter zwei jüngsten Maats, die mit der entwaffneten Bemannung kordial und human verkehrten, da der Brite wie der Franzose nach dem Siege, sobald seine Eitelkeit gesättigt, äusserst gemütlich wird. Als aber nun bei vorübergehendem
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Weichen des britischen Zentrums und verzweifel- tem Ausfall der beiden Torpedodivisionen allge- meine Verwirrung hinter der Front entstand und die britische Linie an vielen Stellen dünne wurde, überfielen die Deutschen ihre wenigen Wächter, be- mächtigten sich ihrer Schiffe wieder, rissen die Hebel ihrer noch klaren Maschinen zur höchsten Spannung herum und erreichten in fliegender Hast, weit hinter der britischen rechten Flanke südöstlich herumbiegend, die Eibmündung im nämlichen Augenblick, wo die deutsche Flotte im Schutze der Nacht dort wieder einlief. —
Im Zentrum hatte die eine Weile stehende Schlacht sogar eine günstige Wendung für die Deut- schen genommen. Da gleichzeitig Signale von der Helgoländer Seite lauteten: „Hier alles gut, feind- licher Angriff abgeschlagen," so schien der Kampf unerwartet erfreulich für die Deutschen zu stehen, die sich beglückwünschten, in Gemeinschaft mit den Inselbatterien das Feuer aufgenonmien zu habai. Doch so kühn „ Witteisbach'* den „Duncan" be- drängte, hielt doch der hartleidende „Hood" mit der Pflichttreue jenes schlichten Seemanns der Nel- sonzeit, der diesem Schiff den Namen lieh, das Gefecht aufrecht. Sein Telegraphenkommando trate unaufhörlich, Hess im dumpfen Torpedoraum drun- ten „Readyl FireT* in elektrischen Glühlettem er- strahlen auf weiss gestrichener Wand. Bei dem heldenmütigen Naheherangehen der deutschen Schiffe, um den Unterschied der überlegenen briti-
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sehen Fernfeuerzone auszugleichen, wäre es den Briten schlecht bekommen, wenn sie wie die Japs ihre mittlere Artillerie abgeschafft hätten, was nur gegen so miserable Marine wie die russische ange- bracht scheint. Aber wenn die Deutschen auch dem furchtbaren Gegner diese Überlegenheit entwanden, so blieb doch nach wie vor das Geschossgewicht selber. Gegen 24 Zentimeter, nur je zwölf 27, je vier 28 Zentimeter Kaliber der Braunschweigklasse spielten durchweg 30,5 Zentimeter, dem nur die Fortgeschütze Helgolands und Cuxhavens ent- sprachen, hier und da sogar 40 Zentimeter, 42 auf einigen Barbettetürmen. Den 15 und 21 Zenti- metern der deutschen Kreuzer standen meist 23, nicht selten 25 Zentimeter der britischen entgegen. Dies musste auf die Dauer die Risse der Schusslöcher zu Ungunsten der Deutschen verschieben.
Mittlerweile erwies sich Adairs Andrang nüt Reservegeschwader unwiderstehlich. Dessen Flagg- schiff „Edward VII." fuhr so stolz einher, als wolle er die Nordsee gerade so dem Herrscher Britanniens unterwerfen, wie seine Kollegin „Empress of India" das Mittelmeer. Der „Ocean" fegte den Ozean, als gehöre er ihm erb- und eigentümlich. „Albion" be- arbeitete „Deutschland", als gelte es, den Vorrang zwischen beiden Nationen durch Duell ihrer Namens- vertreter zu entscheiden. Unaufhörlich pochten bri- tische Brisanzgranaten einfahrend und zerschlagend an die Panzerhaut des deutschen Alligators. Es klang, als ob Zyklopen Felsblöcke gegeneinander rieben.
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Bei der Auflösung in Einzelkämpfe, in braunen Dunst gehüllt, war an geordnetes Sanuneln nicht mehr zu denken. Flaggsignale des deutschen Gross* admirals wurden meist nicht mehr verstanden. Die Umwicklung der linken Flanke nach Untergang der „Nymphe" und des „Leipzig" durch die pfeifende Wolke der Destroyers und kleineren Kreuzer, die hier dem Auge äusserlich eine wahrhaft erdrückende Übermacht darstellten trotz ihres spezifisch geringen Gefechtswerts gegen grössere Panzerkreuzer, iicss sich nicht wieder gut, der jetzt durch Eingreifen des „Dreadnought" auch am rechten Flügel ein- reissende Rückschlag durch Festhalten des Zen- trums nicht wett machen. Vordringen der Briten auf beiden Flanken brachte die höchste Gefahr nahe, umzingelt und von der Elbe abgeschnitten zu werden, so dass nur Durchschlagen gradaus nach Norden noch übrig geblieben wäre. Der Grossad- miral gab daher durch vorher vereinbarte gelbe Raketensignale das Zeichen zu allgemeinem Rück- zug. In seiner höchsten Not beorderte er auch noch seine gesparte Reserve heran: die zwei jüngsten, erst kürzlich fertiggewordenen Einheiten der Reichs- marine, grösste Panzer „Bundesrat" (mit drohender Anspielung auf jenen bekannten beigelegten Zwisdies- fall, den britischer Übermut nüt dem Postdampfo gleichen Namens aufgespielt) und „Friedrich der Grosse", nebst Kreuzer „Ersatz Blücher". Man hatte sie, jetzt ohne Besorgnis für Kiel« durch den Kanal im Laufe des Morgens herangezogen.
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Das Signal ,, Kampf sofort abbrechen'* kam auf dem linken Flügel zu spät. Unter wildem „Hurra, hochl" der bis zum letzten Mann imd letzten Augenblick heroisch ringenden Besatzung ging „Deutschland'* unter. Hinein und hinaus aus ein- gerissenem Doppelboden quoll es feucht, wie Blut aus Todeswunde verströmt. Umsonst liessen die Briten ihre Marineboote zu Wasser, die an ber- stende Rumpfplanken geklammerte Mannschaft wollte sich nicht ergeben. Noch beim Sinken schob ein Kanonier ein letztes Geschoss von blutbeschmier- ter Ladeschale ins russige, heut früh so blank ge- putzte Rohr. Als ein sterbender Reservist mit brechen- der Stimme „Deutschland, Deutschland über alles" anstimmte, nahmen die dem Tode Geweihten herzhaft aus voller Brust den Gesang auf, sich staunende Bewunderung vom stolzen Gegner erzwingend. Der quellende Wogenschwall wusch Blut und Leichen von zerstampften Decksplatten nüt fort, als das Vaterlandslied in Röcheln erstarb.
„Sie sterben wie Briten 1" rief Kommandeur Pelham des „Albion", ehrfurchtsvoll das Haupt ent- blössend. Seine Leute murmelten: „Diese Dutch- men wären wert, Briten zu sein 1"
Wie ein achtimgsvoUer Salut überm noch offenen Grabe eines ruhmvoll gefallenen Kriegers, sollte eine letzte Salve des „Ocean" über der „Wittclsbach" hin» die soeben, alle eingebrochenen Innentreppen am Vorder- und Hinterturm mit Leichen vollgestopft, den Wellentod fand auf dem Feld ihrer Ehre. „And
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let him alone with his glory!" zitierte ein romanti- scher junger Midshipman des siegreichen Briten- Schiffs den populären Vers aus dem Grabgesang auf Sir John Moore. —
Was waren Tschuschima und Trafalgar, Le- panto und Salamis gegen diese grösste Seeschlacht der modernen ZeitI
Ach, die gute alte Zeit, wo man nur alle vier Minuten einen Schuss aus grobem Geschütz lösen konnte! Heut zwanzig bis zweiundzwanzig in der Minute I Die mittlere Schnellfeuerartillerie der Eng länder rasselte unaufhörlich. Dazwischen erscholl als Schnellfeuer im eigentlichen Sinne das Knatteni der automatischen Maxims, die es bis auf hundert und sogar zweihundert Schuss in der Minute bringen. Die Hotchkiss-Revolverkanonen liessen auch nicht mit sich spassen. Man hörte sie aber kaum, wenn Kanonen von 47 imd 67 Toimen Kraftgewicht ihre brüllende Stimme erhoben. Selbst bei kleinerem Kaliber durchbohrt ein Geschoss bei einer Scbnellig keit von 800 m durchschnittlich 10 cm Stahl 55 mm Eisen. Noch auf viertausend Meter reisst es ein Torpedoboot in Stücke.
Die Whitehead- Torpedos raschelten dahin mit einer Schnelligkeit von dreissig Knoten, indem die komprimierte Luft von 90 Graden den Motorappara! schwingen liess, als die doppelte linke Flügeldivisicm sich in Bewegung setzte, die endlich umwidcelte deutsche Linke herauszuhauen.
Nach heftigem Kampfe gab „York" gegen brül-
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lende Übermacht nach. In ungleichem Ringen der Kreuzer „Nymphe" und „Thetis" tauchten die deut^ sehe Nymphe und die britische Meergöttin beide ins Wellengrab. (Die deutsche „Thetis und die sagenumsponnenen alten Kreuzerkorvetten „Lore- ley", „Nixe" umspülte fast gleichzeitig der Meer- grund an femer Küste.) Man bedurfte hier nicht der schwimmenden Särge der Siegfried- und Sachsen- klasse aus der Zeit Stosch und Caprivi, deren Ausfallcharakter für jedes Hochseeengagement man längst feststellte. Denn wahrlich, auch bessere see- tüchtige Typen riss hier der Strudel hinab. Selbst die kleine „Amazone" wehrte sich ritterlich, ihr tötender Achill war hier der „Thunderer", der auch den „Blitz" mit seinem Donnerkeil begrub.
Dies Zentrumschiff war hier bis zum äussersten Südende der beiderseitigen Schlachtlinie durchge- brochen: Beweis, wie verschlungen hier alles drüber und drunter ging, denn umgekehrt machte „Walder- see" trotzig die Runde entlang der britischen Front von Süden nach Norden hin und her, als wolle er den gebietenden Weltmarschall spielen. Und wohl passte auf ihn der Nibelungenvers : „Da fiel vor seinen Händen gar mancher Recke zu Tal." Der trotzige Korsar und Weltumsegeier Francis Drake hätte keine Freude daran gehabt, wie hier „Drake" misshandelt wurde. Der Menschenfresser „Poly- phem" bekam eine Ladung in seine starrenden Bat- teriekiefern, dass ihm die Zähne ausfielen, auch sah er schon einäugig genug aus mit seinen weggeputzten
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Schornsteinen. „Saphire" tauchte Hals über Kopf in die nichts weniger als saphirfarbene Flut.
Blauer Sommerhinunel formte hier keinen blauen Farbenschmelz der Gewässer, aber auf dem grün- grauen Meeresplan zeichnete sich ein Gürtel von hellem Smaragd und glitzernden Schaumperlen ab. wenn das Drehen der Schiffe im Halbkreis die Flut zerschnitt oder ein sinkendes Fahrzeug seine schauer- lichen Kreise zog.
Torpedo S 32, zum Übungsgeschwader des „York" in Friedenszeiten gehörig, machte sich, um seinen Kameraden zu retten, an den Kreuzer ,Kent' heran, den er, selber in den Gnmd g^ebolut lebensgefährlich verwundete. Zvdschens Torpedo- netz hineingleitend, hatte er an den Rumpf gepocht und siehe da, es ward ihm aufgetan. Dafür tötete die gebieterische „Imperieuse", diese stolze Lady voll französischem Chic, die schlichte schwächere ,^Hertha", „Irene". „Research" fand denschlingemdca „Gneisenau" heraus und suchte sein zerschossenes Gerippe mit Schüssen ab, bis er auf immer dem Oberlicht Valet sagte. Auch „Hamburg**, ,»Arkona' sanken, vom kühnen „Argonauten" und gehässiges „Vindictive" eingeholt. „Blenheim", „Talbot", ^b^ kir" wollten englische Siegesfeste erneuern, kamen je- doch beim „Moltke" übel an. „Herzog von Edinburgh hätte als Thronfolger von Coburg deutsche Art besser lernen sollen, wenn er glaubte, „Berlin" werde vor ihm die Flagge streichen. Diese Schiffe un linken Zen- trum entkamen, ebenso „München", Turbinenkr. „Lü-
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beck", „Prinzess Wilh/*, „Vict. Luise", einsamer Überrest der Linken ,,Bremen"» Dagegen machte ,Invincible*, der Unbezwingliche, ein Ende, ge- meinsam mit menschenfressendem ,,Minotaur", der durchs Labyrinth dieser Seeschlacht wie toU hin und her rannte. „Bülow" bekam von „Victory", der Neugeburt des historischen Flaggschiffs von Trafalgar, den Todesstoss und endlich trug auch „Waldersee'* ein Angebinde zum Nelson-Andenken von „Victory" heim, dass er bei Wittsand schei- terte. Doch wieder passte auf ihn der Nibe- lungenvers: „Es hatten seine Hände wohlvergolten seinen Tod." Denn Kreuzer „Brilliant" sah gar nicht mehr brillant aus, „Spartiate" hätte beinah ein Thermopylengiab gefunden, Destroyer „Dove" hatte zerzaustes Gefieder, geknickte Schwingen. Das deutsche Zentrum, unmittelbar in der Flanke be- droht, schwamm langsam ab, trotzig wiederholt drehend und dem Verfolger die Stirne bietend.
Der neue Ersatzkreuzer „Pfeil" (nicht zu ver- wechseln mit dem älteren gleichen Namens), der nach „Ersatz Meteor" auf kaiserlicher Werft in Danzig seine Kielstreckung erhielt, und das von der Ger- maniawerft gebaute Hochseeboot G 137, mit Tur- binenmaschinen und 570 Tonnen Wasserverdrang bei einer Geschwindigkeit von dreissig Knoten, opferten sich heldenmütig für den „Roon", der mit biedrer umsichtiger Tüchtigkeit, seines Namens würdig, die unvermeidliche Rückzugsdeckung or- ganisierte. All seine Deckbauten, Masten, Schom-
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steine gingen zum Teufel, mittschiffs loderten seine Kesselfeuerungen offen durchs zerschlagene Ded, doch erst unmittelbar vor der Eibmündung gab das tapfere Schiff den Kampf auf und strich die Flagge, von drei Seiten eingeholt. Unterm Schutz des Tor- pedovorstosses entrann das Zentnun, nur „Schwaben" erlag, förmlich geentert nach markigen Schwaben- streichen. „Wilhelm der Grosse'*, nach Schamhöm ab gedrängt, stiess mit „Wilhelm IL" zusammen und setzte mit ihm die Rückfahrt zur Elbe fort. Einai Augenblick begrüssten sich nahe die vier Kaisei. dann bog „Barbarossa" nach Vogelsand aus.
Noch reckten sich droben am Helgolander Fds die Kanoniere hinter ihren Donnerrohren im Abesd^ grauen, wie selber versteinerte Bildwerke, von dunk- ler Bronze überzogen. Doch wie ein spukhaftes Geisterphantom der Wasserwüste jagte der „Drcad- nought" dahin, den Fliehenden nach, ein Fügender Holländer modemer Zerstörungskunst. Die öeot sehe Reservedivision hatte sich ihm entgegenge worfen, während gleichzeitig auch die doppelte Tor- pedodivision vom Südrand Helgolands vorstürzte. um sich zu opfern. „Barbarossa" machte dem „Dread- nought" ehrerbietig Platz und machte sich etva» verfrüht davon, nur massig heimgesucht. Die Bras- denburgklasse und „Kaiserin Augusta" schössen sich schon wirkungslos mit „Majestic" imd den dro grossen Kreuzern herum, da sie trotz ihres nicht g^ ringen Kalibers sich möglichst ausser Bereich des Fernfeuerzone hielten, ein nahes Herangehen wegcsi
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ihrer schwachen Panzerbeschaffenheit nicht wagen konnten. Dagegen war die Kampfenergie der deut- schen Marine so unverwüstlich, dassdie zur Hevermün- dung imd nach Sylt verschlagenen Torpedoboote, noch vier an der Zahl, trotzdem sie von ihrem vorigen nächtlichen Ausflug noch arg strapaziert, noch- mals ausliefen. Sie richteten östlich von Helgo- land, wo sich bereits eine Menge Scouts, ungedeckte Kreuzer II. Klasse und sogar Transportschiffe straf- los unterhalb der dort schweigenden Helgoländer Batterien herumtrieben, heillose Verwirrimg an, ohne freilich ernstlichen Schaden zu tun.
„Remarquable*", unterm weittragenden Flanken- feuer des „Brandenburg** und des Genossen seiner Klasse den Vormarsch ruhig fortsetzend, wollte sich heut auch bemeikenswert machen. Er trieb den leicht havarierten „Karl den Grossen" vor sich her, während ,Dreadnought' allein die Reservedivision überwältigte, die nach Passieren der noch übrigen neun Panzer, indes „Meteor** meteorgleich versank, noch zur Deckimg den Kampf fortsetzte, während „Barbarossa" und die drei minderwertigen Schiffe der äussersten Rechten noch heil zum Wilhelms- kanal abschwammen, weil Weg zur Elbe verlegt.
Die deutsche Linke war vollständig vernichtet. „York**, mit verbissenem Yorkschen Isegrimm bis zuletzt aushaltend, brannte im Wattengnmd hinter Baake nieder, auf Strand gesetzt. „Lancaster** der britischen Linken schnitt ihm so hitzig den Rück- zug ab, als gelte es die alte Fehde York-Lancaster
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noch einmal aufzuwärmen. Nach allen Seiten sein entsetzliches Feuer speiend, riss „Dreadiiought" deo „Bundesrat" um, dessen Masutreservoir durch klaffen- den Bodenraum zwischen die hämmernden Kdben- Stangen der Kessel tropfte, so dass bald überm ganzen prachtvollen Fahrzeug verzehrende Lohe zn- sanunenschlug. Die Mannschaft hatte zu wählen zwischen Flanunen- imd Wassertod. Den „Friedrieb den Grossen" schleuderte der brüllende Feuerdrache von Nordergatt auf Klotzenloch, wo er wie ein Klotz lange festsass, bis die Briten ihn als Prise flot: machten, selbst die weisse Innenwand des Torpedo- raums klaffend mit Blut bespritzt. Sein ars^es Leck hatte er nur durch Treffer in den Vorderturm d€< verfolgenden „Majestic** rächen können, wo die riesige Kanone umfiel mit zerschmetterten Rädern und die zu spät entspringende Bedienung zu Brei zerquetschte. Das Schiff sah daher auch nicht mehr majestätisch aus, als es die Verfolgung einstdite, Deutsche Torpedos griffen an, Verschlüsse schnappten zu, herumgerissene Hebel klappten, das Geschoss glitt ins Rohr und von da durchs Wasso. doch rasendes Getöse und brüllendes Drohnen ver schlang jeden Lärm da unten, verschlang auch die Schiffchen. Dem ,Dreadnought' hatte das vereintif Feuerspeien der Geschützpforten sämtlicher zu An^ fang oder zu Ende die deutsche Linke bildendec Panzer nichts anzuhaben vermocht. £r scbüttelie auch Torpedoschwärme ab, als wolle er den Vexs des Nibelungenlieds illustrieren : „Er ging vor seinen
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Feinden, als wie ein Eberschwein zu Walde geht vor Hunden." Und wenn Stachelschweine selbst die Klapperschlange nicht fürchten, so zerbrach dieser Feuerdrache allen Schwächeren die Eisen- stacheln. —
Auf der Eibreede fand man unerwartet „Oldenburg" in Aufnahmestellung. Als Küstenpanzer verächtlich ausrangiert, hatte er sich nicht nehmen lassen, auf eigene Hand durch den Kanal zum Kanonendonner hinzustreben, und erreichte noch rechtzeitig die Elbe. Die grosse Entscheidung war gefallen. Mit dem alle Streiche parierenden ,, Blücher" und den überraschend sich vorstellenden tragischen Damen „Niobe", „Medusa", die sogar ihre englischen Gefangenen mitbrachten, sammelten sich in der Eibmündung noch neun Panzer, mehr oder minder hart mitgenommen, acht Kreuzer des- gleichen. Von vierzig eingesetzten Torpedobooten noch zehn, meist unverletzt. Der letzte Angriff der rechten Flügeldivision hatte die Verfolgung, von rechts nach links dazwischenfahrend, allerdings gehemmt, ihre Hälfte verschluckte aber das nun stillgewordene Meer. Das hatte die Mittelartillerie des ,Dreadnought' getan, ehe noch Destroyers ihr Werk begannen. Die linke Division war, mit Aus- nahme von G 137, völlig zugrunde gegangen, sich opfernd. Von der mittleren, deren Angriff vorschnell zu Ausnutzung angeblichen Sieges im Zentrum er- folgte, kehrten zwei Boote heim. Desgleichen ein Torpedojäger. Die vier Unterseeboote hatte man
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zurückgehalten, doch hatte eins sich hinreissen las- sen, dem jDreadnought' die Weiche abzugewinnen, der jedoch unerschütterlich den Anprall wie ein Fels überstand und den unglücklichen Untersee- feind einfach in den Grund fuhr. Die kleineren und ungedeckten Kreuzer sah niemand wieder, die Tiefe verschlang sie für immer.
Die deutsche Flotte war als Offensivkörper end gültig zerstört. Britischerseits waren drei Panzer, drei grosse Kreuzer gesunken, ausserdem neulich ein Panzer, ein Kreuzer vor der Wesermündung. Schwer zerschossen waren vier Panzer, vier Kreuzer: ein Kreuzer („Kent") gebrauchsunfähigr gewordoi. ebenso ein Kreuzer vor der Wesermündung. Sieben Torpedoboote, sechs Destroyers, zwei kleine, drei un- gedeckte Kreuzer wurden im ganzen vemiisst. Femer .zwei Kreuzer gesimken, zwei Panzer schwer beschä- digt beim Seetreffen vor fünf Tagen. Im ganzen demnach genau vier Panzer und acht Kreuzer ver loren. Die havarierten sechs Panzer, vier Kreuzer gingen eiligst mit Schlepp nach Sheemess zurück wo unablässig an ihrer Wiederherstellung gearbeitec wurde, sechs leichtverwundete Panzer, drei Kreuzer flickten ihre Schäden nachher gleich an der £ms ans
Die einundzwanzig aktiven Unterseeboote jung !sten Stils. hatten am Kampfe nicht teilgenommen, waren auch bei. Ems- Angriff und Weser-Blockade nur nut wenigen Exemplaren vertreten. Die übrigen neunundzwanzig älteren Datums lagen meist als Ver-
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teidiger an britischen Küsten, nur wenige waren dem Mittelmeer- und Kanalgeschwader zugeteilt, wo sie sich sehr wenig bemerkbar machten. Die Engländer teilten durchaus nicht das Vertrauen, das die Franzosen in die von ihnen erfundene Waffe setzten. Die französische Erfindung des Torpedo hatte sich freilich bewährt, bezüglich der Sous-Marins sah es aber so aus, als ob man sich irre und un- angenehmer Enttäuschung aussetze. Der Aktions- radius dieser neuen nautischen Bauten blieb wenig genügend, ihr Sehvermögen ganz ungenügend, so- wohl sicheres Navigieren als sicheres Torpedieren fast ausschliessend. Doch so skeptisch ablehnend sich Deutschland zu dieser Neuerung verhielt, während die alles nachäffenden Italiener schon sehr früh in Spezzia ein solches Fahrzeug in Dienst stell- ten, konnte es sich dem Zuge der Zeit nicht ent- ziehen und schuf sich vor zwei Jahren das erste Unterseeboot, dem jetzt endlich fünf fernere von der Germaniawerft gelieferte folgten. Zur Küstenvertei- digu^g war dies auch unbedingt nötig, da es mora- lisch deprimierend wirkt, wenn der Feind irgend- welche neuen Hilfsnuttel besitzt, die der eigenen Marine unbekannt blieben. Man kannte die Hand- habung nun und fürchtete sie nicht. Leider teilte Lord Beresford nicht dies hoffnungsvolle Urteil. Denn so wenig er vom Gefechtswert der Untersee- boote für offene Seeschlacht hielt, gab er sich doch keineswegs damit zufrieden, sie als Staffage zu be- nutzen, sondern schob sie ins Vordertreffen für
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Sprengung der Hauptflusssperren an Elbe und Weser, was er sofort in Angriff nahm.
Auf der Kieler Werft arbeitete man vor Aus- bruch des Krieges und seither täglich fieberhaft. So gelang es, noch drei frische Torpedodivisionen von Stapel zu lassen, nebst einer Division Torpedo- jäger, die man bisher in der Kieler Föhrde zurück hielt. Die Mehrzahl dieser Schiffe legte sich vor Brunsbüttel zum Schutz des Kanals, andere sollten per Bahn nach Cuxhaven verladen werden. Deno ein Versuch, am 5. Juni vom Kanal die Küste ent lang dorthin zu schleichen, missglückte durch die hochgesteigerte Wachsamkeit der schon weit ai& gespannten Blockadekette. Lord Beresford schob eine gemischte Abteilung von drei Panzern, dm grossen Kreuzern, sieben ungedeckten, acht Tor pedos, sechs Destroyers, zehn Scouts nach Südosten« um den Kanaleingang zu beobachten und ein Aas^ laufen der dorthin verscheuchten sechs noch heilen (,Ulan*, ,Hyäne' inbegriffen) Schiffe m^ liehst zu verhindern. Mit den noch übri^^en zwäf Panzern, zwanzig grossen Kreuzern und den Ueinerec Körpern bewegte er sich sofort gegen Weserfons und Cuxhaven, ohne jedoch schon das Bombarde ment zu beginnen. Er wollte erst die sehr vcr schossene Munition und Kohlenbedarf gn^ündlich er ganzen, die für 6. Juni angemeldeten „Hibemia' „Devonshire" des Kanalgeschwaders an sich ziehec und für den 7. die Ankunft der französischen Brest Eskadre abwarten, die sich endlich hierher aufg^
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macht hatte. Nicht ohne geheimen Widerwillen, den Briten ihr Werk erleichtern zu sollen, während diese durch ihre Dummheiten die für Belgien versprochene Hilfsleistung unmöglich machten und so für fran- zösisches Bundesinteresse ganz ausfielen«
Nachdem die deutsche Flotte niedergekämpft, konnte kein Steilfeuer der Mörserbatterien Helgo- land vor Übergabe retten. Am 4. liess Beresford das Signal am Topmast wehen: ,,Glorreicher Sieg*', Musikkapellen stimmten „Rule Britannia" und „God save the King'* an. Matrosen gröhlten mit heisem Kehlen den ulkigen Refrain: „The Queen Victoria, the Queen Victo — oria, the Que — en Victoria and Empress of India," wohl weil die Worte ,Victory' und ,Victoria' gut zusammenpassten. Diesen Spek- takel hörte die abgeschnittene Inselbesatzung traurig mit an Am 5. begann erneute heftige Beschiessung in West, Nordost, Südwest aus erheblicher Ent- fernung, wobei die 30 Zentimeter natürlich nicht den Standort der 45 Zentimeter erreichen konnten. Die sogenannten neuen „Petroleumgranaten", die ein phantasiereicher britischer Autor, das Gespenst einer deutschen Invasion seinen Landsleuten an die Wand malend, als kommende deutsche Erfindung prophe.- zeit hatte, waren jetzt nur brittscherseits vorhanden, ohne übrigens gegen andere als wehrlose Stadt- Objekte das ihnen gespendete Lob zu bestätigen. Am 6. gab es kaum noch Bedienung, da die wenigen Überlebenden durch keinen Machtspruch der Offi- ziere aus ihren Kasematten herauszubringen waren.
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Zwei Geschütze waren ins Wasser geworfen, eins halb von der Lafette gerollt, dem vierten das Lad^ podest verbogen und die Mündung angesengt. Insel und Forts glichen einem durcheinandergewürfeltai Trümmerhaufen. Das Monstreschiff ,,Dreadnoaght" brauchte nur seine Eisenmäuler aufzutun, um jede Deckung wegzuputzen. Die Panzerkuppeln flogeii wie Glas auseinander. Am Abend kapitulierte der Kommandant, nachdem seine Mörser noch dem m- dringlich näherfahrenden „Albion" einen derben Denkzettel erteilt und dem Kreuzer „Talbot" ciq Stück Panzer weggerissen hatten. Er übergab auch Proviant und Kartuschen in teilweise verbranntem zerfetztem Zustande, durch Ausgabeluks getroffen. —
Nach dem- glücklichen Ausfall der Deutscbai im Jahdebusen beschränkte sich das durch Entsen- dung und Verluste auf drei Panzer, zwei Kreuzer geschmolzene Blockadegeschwader auf blosse Be* obachtung der Wesermündung. Deutscherseits wollte man aus lauem Zuwarten gegenüber der unwillig geduldeten Landung heraustreten, aktive Vertdifi- gung gegen die Emsstellung vornehmen, mit Land- streitkräften offensiv werden, da es mit maritimen nicht ging. Überall waren deutscherseits Leucht- türme, Telegraphen- und Telephonstationen in voller Tätigkeit längs der Küste, englischerseits arbeitete man init Heliographen und einem eigens bei Nor- derney aufgebauten Semaphor. Das Reservege* schwader hatte während des Schlachtanmarscbes seine mitgeführten Truppentransporte südwärts zoi
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Ems befördert, und es stak jetzt dort und in Borkum alles voll Rotröcken und Kakis. Auf eigens hierzu eingerichteten Fahrzeugen \\nirden fünf Festungs^ Monstregeschütze eines neuen Typs ausgeschifft, jedes vierzig Fuss lang, ausserdem zwölf Elfzoll- Schnellfeuergeschütze und sechs Pompom-Mörser. Dies sollte sowohl zur Armierung der Trutzschanzen als Beschiessung der Weserforts wohl genügen, und man bedauerte nur, dass man sie vor Helgoland nicht hatte verwenden können. Auf 15000 Yards Distanz berechnet, mussten solche Schüsse alles vor sich niederbrechen.
Es wäre ja hübsch gewesen, wenn man deutscher* seits den ollen ehrlichen „Agir" als Typ einer neuen pompösen Ersatzklasse von acht Nununem neu bauen und die Sachsen-Klasse durch vier Dreadiioughts hätte ersetzen können, wie die erfindimgsreichen Herren Le Queux- Wilson ihren Lesern es so üppig auftischen. Leider liess sich dieser sensationelle Un- sinn einer deutschen Invasion imd überlegenen deut- schen Flotte nur harmlosen Ahnungslosen einreden, und niemand ergötzte sich an solchen Trugbildern mehr, als die britische Blauwasserschule, gegen welche die Verfasser die Armeereform Lord Roberts* mobil machten. Fürs erste schien die Seeniacht, „die so lange von einem rein aufgeblasenen Re- nommee gelebt hat," wie diese Prediger in der Wüste ihren Landsleuten vorausverkündeten, noch gründ- lich ausreichend, um England vor jeder Invasion zu schützen I Die Knauserigkeit des deutschen Reichs-
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tags machte jede berechtigte Flottenagitation ni schänden. Drüben aber bewilligten gehdme Paria mentskommissionen, ohne der Öffentlichkeit Rechen- schaft abzulegen, Hals über Kopf in letzten zwei Jahren ausserordentliche Kredite, die in der Bud* getliste mit undeutlichem Gemurmel unter der von allen Auguren wohlverstandenen Rubrik „für all- gemeine vaterländische Zwecke" übergangen wur- den. Da durfte nicht wunder nehmen, dass aQc Novitäten kostspieliger Zerstörungskunst nur im bii tischen Warenlager geführt wurden.
Für die Truppentransporte bildete die sogt nannte „Division von Colchester" den Kern, für die Artillerie das Artillerielager Shoeburyness an der Themsemündung, wo nahe beim Seebad Southend das Einschiffen der ElfzöUer unter wildem Jubel eines fashionablen Publikums von statten ging. Die Trans- porte des Reservegeschwaders kamen teils per Bahn. teils auf den zwei Flüssen Crouch und Blackwater bei Maldon ans Meer, aktivierte Milizen von Essex und Suffolk und Metropolitan- Volunteers als Um^ rahmung der Garnisonen von London, Brightoa Canterbury. Während so sechzig Kilometer v» London diese Einschiffung sich voUiog, sammelteo sich in Norfolk bei Norwich die Milizen des Nor- dens und Ostens, wo einst Cromwells ,£astem Asso^ ciation' ihre Eisenseiten fand, und stiessen bei Yai- mouth vom Lande ab. Ein dritter Transport, für den man schon lange Material auf Insel May an^ sammelte, brachte MobiUsierte von Berwick und
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Newcastle bei Gateshead, Sunderland, Tynemouth an Bord, wo der so lebhafte Schiffsverkehr der mit Forts umstandenen Tynemündung und die Eis- wick-Werke der weltberühmten Waffenfirma Arm- strong die Ausrüstung erleichterten. Tatsächlich la- gerten jetzt zwei aus Regulären, Reserve, Yeomanry, Volunteers buntgemischte Divisionen an der Ems unter Befehl des im Burenkrieg bewährten Gene- rals French. General Haig, der sich als Oberinspek- tor indischer Kavallerie seine Sporen erwarb, fun- gierte als ,Direktor der Militärerziehung im Haupt- quartier*, ein wichtigster Posten, den früher Beau- champ-Walker, als Militärattache von Königgrätz bis Paris deutsche Siegeszüge begleitend, lange ein- nahm. Bei der seltsamen Organisation der briti- schen Home Army, angeblich hundertachtzigtausend Mann, wovon aber stets Abzüge für die Kolonien, brachte Haig nur ein bunt zusammengewürfeltes Ex- peditionskorps zustande. Sir John French (jüdischer Herkunft) übernahm als Kommandierender des 1. Armeekorps (Aldershot) die Leitung. Da gab es ausser den ganzen Regimentern Northumberland, Shropshire, Durham, 1., 2. Liverpool (zwei Regimen- ter), Northhampton, 1. Suffolk, Leicester, Somerset, schottische Carmarthenshire Füsiliere imd der Rifle Brigade die verschiedensten Einzelbataillone: 1., 3. Border, 2. Süd Lancashire, 4., 6. Lancaster Fus. 7. Kings Royal R. L. 4., 5. Middlesex 3., 4. Norfolk 3. Loyal North Lancaster 12. erstes Yorkshire 1., 4. zweites Yorkshire 1. Wiltshire 1. Royal Bercks l.Dor-
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setshire 1. West Riding 1. Leinster 6. Warwid 4. Essex 4. Stafford 4. Bedford 2. Gloucester 2. Lin- coln 2. Cheshire 6. East Surrey 1., 2. Antrim R. O.A. 1. Guemsey L. I. 1. Doaegal R. R. G. 1. Coro- wall and Devon Miners 1., 2. Berkshire I. Y. 8. V> lunteer Suffolk. Femer wurden die R^^enter Royal Highlanders, 1. Scots Guards 2. SeaforthHigfa- landers nebst 3. King's Own Yorkshire Light lo* fantry mit den Buffs und Coldstreamguards zu dner Gardebrigade vereint, wobei 4. Reitende 49. Fuss brigade des Aldershot-Artillerielagers begleiteten dazu 10., 18., 20. Batterie. Den fünftausend lüm in Ägypten, Irische Inniskillings und Sussd Regiment Füsiliere (früher Kreta), Irische Inniski- lingsdragoner, Lancashire Füsiliere imd Worcester regiment imd U-Batterie Christchurch schon ml gerechnet, schob man seit lange auf Prince Line; Dampfern wie „City of Athens*', die tausend Maos fassen, zahlreiche andere Bataillone obengeoaimter Regimenter nach. 1. Arg>'ll und Sutherland Hlgb^ landers 1. Seaforth 2. Scots Guards sandten je ein Bataillon nach Kapstadt, 2. Argyll und andere Halb^ regimenter, nach Canada. Von der Imperial Yeoi (Maj. Gen. Hay, CoUings) berief man vorerstnurdicvffi Royal Devon, Hamshire, Buckingham, Oxfordshirc eiß Deutscherseits waren ausser der Hanseatcfr brigade und einem Holsteiner Regiment bcrtte sämtliche Landwehrbataillone des siebenten und <üe niederrheinischen des achten Korps zur Stelle {^^ des zehnten und achtzehnten in Holland eingerück:
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die des neunten in Holstein). Die Artillerie war, wie schon gesagt, nicht ganz auf der Höhe,, aber zahlreich. Da „Friedrich" xmd „Wettin" keine Un- terwasser- und Maschinenhavarie, sondern nur starke Überwasserbeschädigung erlitten hatten, so ent- leerten sie wieder volle Kohlenladung in ihre Bun- ker wie am Mobilisierungstag, flickten notdürftig Takelwerk, Masten und Schornsteine wieder zu- recht, fassten scharf Munition und machten sich klar zum Gefecht. Natürlich auf jede Gefahr hin, da sechstägiges Hämmern bei Tag und Nacht ihre demolierten Oberdeckungen und demontierten Ge- schütze nicht ersetzen konnte. Schnelldampfer des Bremer Lloyd, auf Werften mit dortigen Beständen ausgerüstet, sollten als Flusskanonenboote dienen. „Friedrich Karl" war wieder zu jeder tapfern Mbse- tat geneigt, nur ,,AdaIbert" lag siech danieder. Panzer- K.-B, jViper*, ,Wespe*, »Brummer* hielten sich bereit. Sobald die Feldregimenter durch Landwehr auf neuer gradliniger Vollbahn Emden — ^Aurich und Ems — Jahdekanal verstärkt, ward sofortiger Sturmangriff auf die Emser Schanzen beschlossen. Die Briten, denen man törichterweise völlige Un- kunde militärischer Einrichtungen andichtete, hat- ten bereits Drahtgeflechte weitimiher gezogen und waren am 6. eben dabei, ein breites Minenfeld herzu- richten, dessen Dynamiteruption ganze Kilometer des Erdbodens aufreissen sollte. Im Beginn dieser er- quicklichen Arbeit störte sie aber hochgesteigertes Shrapnelfeuer. Deutsche Schützen schwärmten im
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Laufschritt vor, scharfes Knallen und Knattern des Kleingewehrfeuers ging bald in nie abreissendes rol- lendes Prasseln über, das jedem Befehlsträger das Wort im Munde abschnitt. Die Briten hatten m ihrer neuen bösen Zwanzigpfünder, vier ElfzöUer mit unsäglicher Mühe in Stellung gebracht und bc&entöi sich verbotener Explosivstoffe. Völkerrecht? Makn- laturwert! In die heranflutenden, abschwenkenden, wellenförmig sich auseinanderbiegenden Abteilungea geschlossener deutscher Soutiens platzte dies Ver- derben hinein, konische Splitter runder Bälk chronometrisch pünktlich umherschmeissend, ^'^ der Sämann ein Feld bestreut. Bis zum Train reichte die weite Zerreibungszone. Der Hensdiia? stockte schaudernd beim Anblick dieser fliegende Glut- und Eisenlawine. In den deutschen Bam rien sah. es bald übel aus. Zerkrümmte Lafener. gekrümmte verstümmelte Leiber. Doch die übrig? britische Artillerie taugte nicht viel, ihre Treffsicbei heit stand der deutschen nach. Schon knisterten die Dachsparren der Blockhäuser in den Erdschanz^ knirschte und knackte das verbogene Hokwcrkde: Palisaden. Wo man am Strande etwas unvoiski^ tig Heu und Stroh für die Pferde in Bauemwags angehäuft, stieg schwelender, augenzeibeissöKlff Rauch auf und wirbelten Funken in die lAift- ^^ imd gelb frass der Flammenschein weiter, Glut übe? all. Zu nahe verankerte Proviantschiffe frass t' dernder Brand, man musste alle dort liegenden Tni:^ port- und Verpflegungsschiffe vom Anker lösen ch«:
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nach Borkum hinüberlotsen, um sie nicht in rau- chende schwarze Ruinen verwandeln zu lassen. Bren- nende Holzscheite stoben übers Gewässer, Feuer- werk zerstiebender Raen. Das blendende brausende Feuermeer im Rücken der Schanzen knatterte wie kleinkalibriges Pelotonfeuer und machte die Briten stutzen. Dazu schwüle Sommerhitze, die Luft von einem braunen Staubnetz umspannt.
Aus der deutschen Ballongondel berichtete maa die Unordnung hinter der britischen Front. Das einige Zeit schwächerwerdende deutsche Haubitz- feuer nahm jetzt noch zu, ein Donner wütete los wie nie zuvor. Man hatte vom Arsenal in Wilhelmshaven zwei 30 Zentimeterstücke herbeigeschafft, die jetzt erneute Beschiessimg aufnahmen. Ihre sechs ge- waltigen Geschütze neuster Konstruktion hätten den Briten gegen feste Objekte ein erschütterndes Über- gewicht verschafft, hier aber gegen Schützen- schwärme und oft die Stellung wechselnde Batterien versagte ihre Wirkung grösstenteils. Je dichter hin- gegen die Briten in den Rayon ihrer Erdschanzen hineingedrängt, desto mörderischer musste die kon- zentrische Umgürtung wirken. Die holsteinische Feldhaubitzabteilung ergoss ein steiles indirektes Feuer mit neuer Elevation auf nur 2500 Meter, in- dem sie in rasendem Galopp bis zur nächsten vom Feind geräumten Erdwelle vorging. Wohl strau- chelten viele getroffene Pferde, Kanoniere purzelten mit zerschellter Hirnschale kopfüber in den Staub. E>och, das Abprotzen einmal gelungen, hielten
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die Holsteiner so zähe aus, wie einst vor Aman villers.
„Zu faul zum Weglaufen," brummten westfälische Landwehrleute, die diese phlegmatischen humorloscc Halbfriesen nicht leiden konnten. Frisia non ob- tat, doch der Schlachtgesang dieser von Holstä nem und Ostfriesen bemannten Feld- und Laod- wehrbatterien gellte dem Feinde noch lange im Ohr.
Mit strammem Schritt lösten neu anrückende Briten ihre niedergemähten Vorderreihen auf ds Schanzwällen ab. Ununterbrochen während des Ta ges wurden vom Borkumer Lager her Truppen rr Verstärkung gelandet. Die Lage glich ungefähr de Düppeler Schanzen mit der vorgelagerten Insd A! sen. Die Briten versuchten natürlich von Anfan; an, sobald ihre Vorposten zurückgetrieben, sich mfe liehst weit vor imd seitwärts der Erdwerke lu est falten. Doch das selten abflauende und stets vei stärkter anschwellende Geschütz- imd Gewehrfcucr der Deutschen, deren Waffe sich ebenso überlege erwies wie ihre Gewandtheit im DeckungsucbcL machte besonders den unausgebildeten Milizen o^- Freiwilligen den Aufenthalt im freien Felde c- möglich. Es gereichte ihrer starren britischen ^ fahrverachtung nur zur Ehre, dass sie so lang*' aushielten und nach Kräften kaltblütig schosses. Durchs Baubaubunrni-bängbäng-tiktiktaknunnun ^ Geschütze, Maxims und Rifles tönte das scharfe blecherne preussische Avanciersignal. Nach \^^
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ihre Schützengräben abbauend, stürzten die Stür- mer auf die vorderste Eckschanze los.
Die Bewohner der Nordsee haben von jeher etwas gegen die Engländer gehabt, über deren Hochmut und Rücksichtslosigkeit allerlei Mären von Mund zu Mund gingen. Die bekannten ältesten Leute konnten sich nicht erinnern, dass ein bri- tischer Handelssegler je vor deutschen in deutschen Gewässern höflich ausgewichen sei. Erbitterung über diesen ruchlosen Überfall, wie sie es auffassten, machte die Hanseaten, Friesen, Holsteiner, West- falen wütend wie rasende Berserker. Über Batterie- ruine im Innern der Schanze, über grimmig mit Kolben und Säbel zum Schädelspalten ausholende oder beim Bajonettstich Rache suchende Verteidiger brach die Sturmwelle herein. Es sah in Schanze und Seitengräben aus, wie im Dorf Endiolulu, als die Regimenter Morschansk und Zaraisk das 133. japanische Regiment mit dem blanken Stahl ab- würgten. Mit leeren Patrontaschen flohen Reste der Metropolitan Volunteers, deren selbstgewählte Offi- ziere, vielfach Noblemen von hoher Familie, mit dem gespannten Revolver die regellose Feldflucht zu stauen suchten. Gut gezieltes Geschützsalven- und richtig eingestelltes Fernfeuer der neuen deutschen S-Munition hatte hinter der britischen Front die Munitionskolonnen femgebannt, auffliegende Pul- verkarren vermehrten dort den höllischen Kreis der Feuersbrünste. Es schien, als ob dies Loch sich nicht stopfen Hesse. Gewannen die Deutschen eine
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Seitenstrasse zum Strande, so war es um die Briten geschehen. Doch mit grösster Hingebung brach eine gelandete Brigade sich seitwärts durch eine SenkuDg über den Dünenkamm und einige brombeerbewacb sene Knicks Bahn und stand wie eine dichte Wand vor den aufgelöst nachdrängenden Deutschen. Mit lautem Feldgeschrei und unwiderstehlicher Tapfer keit, die reissende Bresche der Schlachtordnung füllend, rollte sie die losen feindlichen Schwänner linien auf. Wohl riss das Kleinkaliber grosse Ludet in ihre eigenen Reihen, doch die Schamartillen? bekam wieder Luft, die Elfzöller brüllten mit lieber hafter Hast los, obschon dem einen gleich dan:i: der Verschluss zerfetzt und zwei VierzöUern dsi Ladepodest glatt weggefegt wurde.
Das waren nach früherer historischer Benennung Regimenter 71 Leichtes, 95 Hochländer, zwei altbe rühmte schottische, die mit solcher Energie dr Gefecht wiederherstellten. Die verlorene Vorder schanze wurde vom Regiment Leicester buchstäbl- mit dem Bajonett zurückerobert, freilich hatte ef dann zu bestehen aufgehört, Mann an Mann gefalle-
Tobender Waffenlärm erfüllte wieder dengniD-:^ Saatenhang abwärts von den Schanzen. Da f- eine Mine auf, die man früher noch rechtzeitig e- gelegt und deren sich jetzt ein vorstürzender trr tischer Korporal erinnerte, die Zündschnur mit cin*^
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Pistolenschuss entladend. Erde und Eisen ^ glühende Steine begruben eine westfälische KcC' pagnie vollständig, durch dies Chaos wüster Gro-
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und, Knäuel stürmten die Briten weiter vor, die Deutschen vor sich hertreibend in allgemeinem An- lauf zu beiden Seiten der Strandwerke über das dampfende Blachfeld.
Da kamen mit jankenden knarrenden Sätteln und flatternden Mähnen der Streitrosse zwei Schwa- dronen Oldenburger Dragoner und eine Reservisten- schwadron der Krefelder Tanzhusaren herange- sprengt, die einzige Kavallerie, die man westlich von Hamburg in deutschen Landen an der Küste beliess. Pferde, die so lange im Kanonengebrüll mit hängenden Ohren schnobernd imd zitternd den Boden scharrten, griffen jetzt wie Hirsche auf Treib- jagd mit den Hufen aus, in einem Gemisch toller Angst und grässlicher Verzweiflung von Sporn und Zügel ins Verderben gehetzt. Mit Blitzesschnelle funkelte ein starres Lanzenbündel zwischen den Feind, wie von einem Orkan über den Boden fortgetragen. Der englische Vorstoss zersplitterte an diesem un- vorhergesehenen Gitter. Die Briten fluteten wieder in ihre Lehmschanzen zurück, aus deren Scharten der winzige Lauf des „Short Rifle" kaum sichtbar hervorlugte, bei welchem Visier, Abzugbügel, Ma- gazin so eng zusanmiengerückt, dass es an glatten Flächen ziun Anfassen fehlt.
Müde ruhten Hanseaten und Landwehren bei ihren Fahnen, denen beim Morgenappell an vier- tausend Kameraden fehlten, tot \md verwundet vor den Schanzen liegend. Der britische Verlust war grösser. Durch die blutrot erglühende Sommernacht,
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wo Flammen der Blockhäuser, Werkstätten, Güter- schuppen und Schiffe ins Meer hineinbrandeten, als stehe die Salzflut wie ein Naphtasee in Flammen. klang der herzerhebende Klang des deutsden Zapfenstreiches zu ihnen herüber.
Wie am blutigen Abend gab es auch am Morgen nichts zu essen, auch die Feldflaschen leer, nirgends andere Flüssigkeit als Blut. In quälendem Durst tranken viele Inselsöhne aus der geliebten Meer flut, das Salzwasser peinigte vollends den ledueDden Gaumen. Die Proviantschiffe suchten zwar mite Schutz einiger kleiner Kreuzer anzulegen, doch das weit über gewöhnlichen Gewehrschuss YmxjSr reichende neue Geschoss der Deutschen bestrick die Decks. Letztere hatten abends zwar auch vra noch Patronen im Brotbeutel, am Morgen erhicltcs sie aber reichliche Atzung. Die Gefahr jeder Lafr düng, von ihrer Verpflegsbasis abgeschnitten t& werden, drängte sich dem General French deramg auf, dass er beschloss, seine Hauptmasse nach Bo: kum zurückzunehmen. Die durcheinandergewiihlte Erdwerke hielt er am 7. noch. Seine Schützen, vc<r den Schanzen eingebuddelt, mussten wieder aus df^ Erde empor und ins innere Viereck der kaum mehr Deckung gewährenden Werke zurück. Da jedoc- ein Panzer nahe am Strande Posto fasste und ein Kreuzer seitwärts in der Ems die Flanke dedte. dessen scharfes Feuer freilich unterm HinschmelxK seiner Bedienung durch ununterbrochenen Gcschosr regen schwächer imd schwächer wurde, nahmen &
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Deutschen Abstand von erneutem Sturm. Schon während des Tages nahmen Transportschiffe weit unten am Strand die meisten Truppen auf, die in Borkum wieder Proviant fassen sollten. Niederge- halten in seinen Stellimgen, nicht ohne neuen er- heblichen Blutverlust bei gegenseitiger Kanonade bis in die Nacht hinein, räumte French um Mittemacht das deutsche Festland. Nur ein Bataillon Royal Mar. Light Inf. liess Lieut. General Kent auf Posten zurück, mit den vorerst untransportabeln sechs Geschützkolossen, von denen jetzt die Hälfte gebrauchsunfähig. Die beiden Kriegsschiffe, in ziem- lich gedeckte Lage zurückgehend, sollten durch ihr Bestreichen der Düne weitere Annäherimg an die Schanztrümmer vorläufig hindern. Da man am Morgen die Dampfsäulen und Segel der Transport- schiffe auf See nach Borkum zu bemerkte und der Fesselballon die wirkliche Lage auskundete, so fühlte man deutscherseits kein Bedürfnis, den schwachen englischen Posten zu vertreiben, was angesichts der beiden britischen Kriegsschiffe doch wohl unnütze Opfer gekostet hätte. Man begnügte sich, Batterie- stände zu errichten imd den Meerarm nach Borkum so zu beherrschen, dass Proviantschiffe von dort bei Tage nicht ungestraft nahen konnten. So hoffte man den britischen Posten auszuhungern, dem je- doch jede Nacht neue Zufuhr aus Borkum zuging. Hauptsache blieb, dass fortan ernstliche Be- drohimg des Festlands hier unmöglich, Ansammlung von Landenden zu Offensivzwecken undenkbar
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wurde. Die brirische Operation endete also in Ost friesland weit schlechter, als es anfangs den An- schein hatte.
Mittlerweile errang der Feind aber wescntfiche Vorteile an der Weser, was auf die fortan bloss beob- achtende Haltung der deutschen Landtruppen an der Ems nicht ohne Einfluss blieb, auch ihre sonst verfügbare Übermacht schwächte. Schon am 6. mittags zog man das hierher detachierte Holstemer Infanterieregiment aus dem Feuer und sandte es nach Bremen, wohin auch seine Landwehrbatafflooe, auf dem Weg zur Ems Gegenbefehl erhaltend, ab- marschierten. Sobald nämlich der französische K^ miral auf Höhe von Texel auf Marconische Ait ao Beresford meldete: „Stelle mich zur Dispositioii''. überlegte sich der Brite, dass er beim voraussieb: lieh leicht zu erwerbenden Lorbeer an der Elbe französischen Ruhmanteil nicht brauchen könne, und lud den Franzosen ein, lieber Kurs zur Weser n halten, wo der dortige britische Eskadrechef ibn näher orientieren werde. Gesagt, getan. Deutsche Leuchttürme meldeten am 6. früh Erscheinen bcai artiger Flotte mit wunderlich hohen Obcrbaulcc Glichen schon unter deutschen Schiffen nur ät neuesten Typs „Friedrich der Grosse", „Bundesrat „Ers. Kurfürst" schmucklos einfacher Kri^^smassig keit der oben so kahlen britischen neueres Sdis welche ihre Bemannung scheinbar minder schütztet dafür aber dem Feind keine schnell zu treffende- festen Zielpunkte boten, so bauten die Fraxuoses
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Brücken über Brücken, Türme über Türme, worin sie nur noch von der italienischen falschen Me- thode übertroffen wurden.
Die französische Marine war jedoch guten Mutes, die alte Rivalität mit der englischen durch ebenbürtige Taten auszufechten. Diesmal sollte aus deutscher Haut das Leder gegerbt werden, aus dem diese antienglische Rivalität sich Riemen schnitt. £s klang den Deutschen als seltsames Omen, dass der erste britische Kreuzer, dem sie begegneten und der ihnen vorausfahrend den Weg in die Weser wies, „Cressy" hiessl Warum nicht gar „Poitiers", „Azincourt", „Vitoria", „Waterloo" I Auch „Abukir", „Trafalgar" hätte nicht übel geklungen!
Mit ,Hibemia', ,Devonshire' gingen nämlich auf freiwillige Weisung Sir Bowen-Smiths noch fünf andre Panzerkreuzer der Kanalflotte, ,Cressy*, ,Dia- dem*, ,Endymion*, ,Antrim* (1. KL), ,Undaunted* zu Beresford ab, da es in der Zuydersee gar nichts mehr zu tun gab, wo Schlachtschiffe und grosse Kreuzer nicht verwendet werden konnten, die nur anfangs holländische Strandbatterien niederrangen, später Scharmützeln zu beiden Seiten des Meerbusens oder im Ymuiden-Kanal den Destroyers überlassen mussten. ,Cressy', ,Diadem', unterwegs angehalten und zur Jahde beordert, trafen dort frühere vornehme Kollegen, die Schlachtschiffe ,Queen*, ,Resolution*, die sich jedoch wenig resolut zeigten und „for the Queen'* keine Rittertat vollbrachten. Kapitäne Bailay und Hayes-Saddler folgten geheimer Weisung, sich
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zu schonen und lieber die faulen f ranzösbch^ Bim- desbrüder sich opfern zu lassen I
Torpilleurs und Kontre-Torpilleurs stromanfwiits sendend, die das Fahrwasser von Minen säuberten, wobei freilich mehrere Fahrzeuge beschädigt wurden, wartete die französische Flotte auf Ebbe und warf dann auf wirksame Schussweite vor den Vordcrforts Brinkamahof und Langlütchen Anker. Diese b^ Sassen immer nur noch teilweise Geschütze ans älterer Zeit, deren Bereich schon auf 7000 m endete. Gegen britische Kanonade wären sie schon mitugs kampfunfähig geworden, gegen französische, deren Mittelartillerie ganz ausgezeichnet war, deren scfaveic aber nicht auf gleicher Höhe stand, hielten sie scb bis gegen Abend. Da lagen endlich Panzertünne und Geschütze in Trümmern. Panzer „Amiral Jan- r^guiberry", Kreuzer „Gambetta" und „Cham)*, diese Revanchemahner der Marine, machten jedoch verdriesslich mürrische Gesichter — auch Schiffe haben nach Gefecht einen besonderen Ausdruck für sachverständige Augen — , als hier und da Fcur in ihren ungepanzerten Unterräumen ausbrach umi Bombensplitter viele Mannschaften zerrissen. Na« Konferenz mit dem britischen Eskadrechef wurdca nun Boote ausgesetzt, die mit Werkzeugen und ass^ gelegten Konterminen unter Beihilfe zahlreicher Tor- pedoboote die erste Minenflusssperre ausräumten un^ durch treibende Flösse die zweite Flusssperre fest
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stellten. Am 7. früh gaben die Franzosen Volldampt und wandten sich gegen die Innenforts, noch schlcch*
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ter armiert als die vorderen. Um sie zu entlasten, trab- ten zwei Feldhaubitzbatterien am Westufer entlang vor, und „Friedrich Karl" griff den Vorposten stehen- den engUschen Kreuzer „Diadem" an, indes die noch frische Doppel -Torpedodivision „Wilhelmshaven" und die halbreparierten „Kaiser Friedrich" und „Wet- tin" aus Jahdebusen ausliefen.
Die schlechten Batterien der Weserforts und die so imgleichen Kampf versuchenden Feldhaubitzen trafen wenigstens gut. Die beiden Heckgeschütze (pi^ces de chasse) des ,Amiral Aube* verstununten, er musste den Bord drehen, um mit seinen Seiten- geschützen (pi^ces de retraite) den Kampf fortzu- setzen. Der Kriegsmast des „Jaur^guiberry" senkte sich ganz und gar über die Schiffsbrücke, so dass er das Feuer seines Reduit einstellen musste. Der etwas modernisierte „Amiral Baudin" und der ,, Magen ta", zur Sicherung der Flanke vor Jahdebusen geschoben und dort alsbald heftig angegriffen, be- haupteten sich zwar gegen „Kaiser Friedrich", „Wet- tin", die sich ihnen jedoch an Geschwindigkeit über- legen zeigten, wie schon der Chefkonstrukteur Bertin bezüglich „Kaiser"- und „Witteisbach" -Klasse pro- phezeite.
Die Vorlage des Marineministers Thomson, acht- iindzwanzig erstklassige Schlachtschiffe zu schaffen, war nicht durchgegangen und das Bewilligte nur zum Teil durchgeführt. Die sechs Schiffe vom Typ „R6publique" und „Patrie" konnten an Gesamtge- fechtswert den zehn ähnlichen der „Braunschweig"-
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und ^eutschland'-Klasse natürlich nicht entfernt verglichen werden. Die alten französischen Schiffe vom Typ „Hoche", der noch früher im vorigen Jahr- hundert vom Stapel lief, sanken durch die Ver- bessertmgen der heutigen Technik bis zum unter- geordneten Range ausrangierter Küstenpanzer herah. Die Torpilleurs trugen zwar meist den neuen Crcusot Typ, einige blieben jedoch altmodisch hinter neueE Anforderungen zurück, liefen nur sechzehn Knoten bei einer Maschinenkraft von hundertzwanzig Pfer- den und mit acht Mann »Equipage*. Dagegen bradt ten es die »Torpilleurs de haute mer' vom Schlage des ,Forban* bis auf einunddreissig, ,Aquilon' gar bis auf dreiunddreissig Knoten. Ihre Kielspur b^ trug nur zweieinhalb Meter, und ihre zwei Rohre vorn und hinten, die von beiden Borden pointieit werden konnten, umspannten bis zu dreihundert Grad den Horizont. Die älteren Küstenboote von 27—37 Metern, in 1., 2., 3. Klasse geteüt, blieben zwar in Brest und Cherbourg, die neuen ,der hohen See' zeigten aber sehr verschiedene Typen: die Klassen jOuragan*, ,Agile*, ,Argonaute', ,Cyclone*, ,Forban' hatten sämtlich ihre so betitelten Typschiffe zur Stelle. Übrigens waren auf den Panzern die Bel]^ villekessel und die Geschütze der Systeme Canft und Bange in gutem Stande. Zur Stelle waren auch zwanzig der besten Unterseeboote (Sous-Marins) ^tJ^i Typ Gustav Z6d6 Nr. 3, Morse, Lutin, Combet Frank reich besass deren nicht weniger als sechsund>ier zig und wollte weitere fünfundachtzig — man höre
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und staune i — haben, wozu es aber noch nicht kam, solange es mit nur 130 Millionen Francs jährlich sein Marinebudget bestritt, Deutschland mit 180. Von 49 Sous-Marins zur Verteidigung, 82 zum An- griff, die bis zum zwanzigsten Jahr des 20. Jahrhun- derts bereit ^ein sollten, hatte Flottille de TOc^an 28 und 50. Die grösseren Einheiten der kombinierten Nordeskadre bestanden aus den Linienschiffen „Jdna", „Magenta", „Amiral Baudin", „Karl Mar- ter*, „Justice", „Jaur^guiberry", „Charlemagne", „Gaulois", „Neptune", den Panzerkreuaem „Cond6", „Jeanne d'Arc", „Chanzy", „Amiral Aube'*, „Victor Hugo", „L6on Gambetta", „Gloire", „Dupetit- Thouars", „Isly", „Chateaurenault", „Entrecasteaux", „Sfax", „Kleber". Manche gehörten eigentlich xur Touloneskadre, man hatte aber die tüchtigsten Schiffe vom Mittelmeer hierhergezogen, ganz wie englischerseits geschah, auch hier nahen Krieg vorher ins Auge fassend.
Doch bliebea die neuesten Schiffe, „Mirabeau", „Danton" („Vergniaud", „Condorcet", „Voltaire", „Rousseau", Kreuzer „St. Just"* „Robespierre" im Bau), Kreuzer „Michelet", „Renan" bei Holland zu- rück, da man inmier noch davon träumte, vor Rotter- dam, wo noch sehr grosse Schiffe genügenden Kiel- gang finden, einen Schlag zu führen. Hatten doch beim ersten englischen Angriff Ymuiden-Befesti- gungen wenig geholfen und Kapitän Warren vom „Exmouth" die Forts bei Waterweg niedergelegt. Sprach aber vielleicht bei diesem Sparen der besten
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französischen Gefechtskörper auch heimliche Be- rechnung mit, möglichst wenig zu Englands Seesieg beizutragen? —
Der Kampf gegen solche Übermacht konnte natürlich nicht lange dauern. .Friedrich* und ,Wet- tin' in ihrem Rekonvaleszentenzustand mussten sofort ihr Feuer einstellen, als ,Karl Martel' dem »Ma- genta' und ,Baudin' zu Hilfe kam« Nur Furcht vor der starken Torpedodivision »Wilhelmshaven*» deren sechzehn Boote sich wacker mit einer sich fort- während mehrenden Unzahl französischer Hocfase^ boote herumschlugen und bereits den beiden deut- schen Panzern erlaubt hatten, ihre überlegene Ge- schwindigkeit gegen die sonst überlegenen, veO völlig heilen, französischen manövrierend tvsr zunutzen, hemmte die Verfolgtmg. Die deutschen Panzer waren erneut gehörig beschädigt, drei Tor- pedos gesunken, vier verletzt. Dagegen zeigte anch „Magenta", der hier keineswegs Mac Mahons Ma- gentaroUe nachahmen durfte, breite Schussrisse, und „Karl Marter* hatte sich, wie jener alte frankisdie Hammerheld gegen Araberschwärme, andringen<ier Torpedoschwärme kaum erwehren können. Den Ver such, ,Kaiser Friedrich' mit sich in die Tiefe n ziehen, hatten zwei der französischen Torpiüenn, die sich aus Scheu vor Flatterminen heut recbt ängstlich benahmen und ihre Übermacht gegen dje paar Deutschen nicht richtig verwendeten, mit ihrem Untergang bezahlt. Inzwischen schoss zwar »»Frkc rieh Karl" dem „Diadem** sein ganzes Diadem voi;
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Masten und schmalem Oberbau weg, musste aber stromaufwärts überHoheweg-Leuchtturm abdampfen, als auch „Victor Hugo" seine pomphafte Rhetorik mit hochtönendem Donnergepolter gegen ihn los-. Hess und „Chancy", dem offenbar ein Friedrich Karl höchst imsympathisch war, ihn seitwärts abschneiden wollte. Fort Langlütchen I sah schon aus, wie ein mit Dynamit gesprengter Steinbruch, die eine Feld- haubitzbatterie lag in ewiger Todesstarre niederge-* streckt, über den treuen holsteinischen Kanonieren und Fahrern hielten ein paar überlebende Gäule mit traurig hängenden Köpfen die Leichenwache, ohne in stummer Pflichterfüllung von ihrer Heimat, der Batterie, weichen zu wollen.
Auch holländische Panzer „Ewertsen", „de Wett" („Piet Hein" in Y vor Amsterdam verblieben) deckten brav Rückzug der deutschen Schiffe.
Auffällige Sucht der französischen Marine, ihr bestes Material ängstlich zu schonen, bei Vizeadm. Gigon aus Rivalitätsneid im Hinblick auf künftige Komplikationen, hatte rechtzeitige Massenerdrückung der beiden deutschen Panzer und des tapfem Kreu- zers gehindert. Dafür musste man freilich die Be- leidigung einstecken, dass nach französischer Aufräu- mung der zweiten Sperre und der dritten vor Bremer- haven der britische Eskadrechef mit seinen schwachen Kräften vorauskam, Kai und Schiffsgehalt des Bre- merhavener Bassins selbst zerstörte und einige Pri- sen fortführte. Er begründete dies trocken damit, dass der endliche Erfolg lediglich den vorherigen
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Leistungen der britischen Eskadre zuzuschreiben sei. daher ihr auch allein die Siegesbeute zukcHnme!
Jubelnde Leitartikel der englischen Presse „Weserforts und Bremerhaven von der britischen Flotte erobert" erregten natürlich in Frankreich leb^ haften Unwillen. Traurig sah der Kreuzer ,Jeanse d'Arc" zu, wie der brutale Erbfeind wieder mal seinen Raub einsackte, denn Franzosen sind ja sonst auch sehr für so was, keine Kostverächter! Übrigens telegraphierte jetzt Beresford an den französisches Kollegen, dass er dringend seiner Mitwirkung b Osten bedürfe. Dieser quittierte aber über bisheiige Dankbarkeit der Bundesgenossen damit, dass er nur einen Teil schickte, das übrige ausserhalb emsit: Aktion in Blockadedienst vor Ems, Jahde, Weser verteilte. Der englische Admiral machte gute Miene zum bösen Spiel, stellte sich an, als verstehe c: nicht, imd erklärte sich einverstanden. Immerhin verhinderte Anwesenheit der französischen Eskadre endgültiges Vertreiben des britischen Landposteos an der Ems, der unterm Schutz der Schiffskanonade, welche die deutschen Batterien zu weiterem Zurud- biegen zwang, seine Erdwerke wieder aufrichtete und so wenigstens deutsche Landkräfte dort fessdu
Da aber die kleine Insel Borkum so viel Trup- pen nicht fassen konnte und wegen Mangels an Trink* wasser bei Ernährung durch Konserven und Pökel fleisch Skorbut auszubrechen drohte, befürchtete Ge^ neral French ein neues Walcheren von anno daiu mal und verlegte sein durch Krankheit und beson*
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ders Gefechts Verlust fast auf die Hälfte geschmol- zenes Korps wieder teilweise auf die Transport- dampfer, die es auf seinen Vorschlag nach den Belten in die Ostsee beförderten, wo Beresford einen Schlag gegen Kiel versuchen wollte. Das Ansinnen, etwa noch Wilhelmshaven anzugreifen, verwarf der französische Admiral durchaus: er wolle nicht ris- kieren, von den dortigen ausnahmsweise starken Forts abgeschmettert zu werden ohne Aussicht auf Erfolg. Die dortigen Werftanlagen blieben also in voller Arbeit ungestört und vermehrten die Zahl der Hochseeboote, setzten Handelsdampfer und kleine oder ungedeckte Kreuzer in Kriegszustand. Zwei bisher ungebrauchte Torpedo-Divisionen älte- rer, für Offensive heut kaum mehr in Frage kommen- den, wurden in Weser und Jahde verteilt, die Flot- tille „Emden" durch Verladung über Land auf zehn Boote gebracht. Die vier lädierten Panzer und Schlachtkreuzer lagen in Reparatur. An offensives Sprengen der Blockade war natürlich nicht zu den- ken, da der Feind die Mündungen mit Streuminen sperrte und vor den zertrümmerten Weserforts „Gam- betta" und „Chancy** vor Anker legte, so dass Neu- etablierung von Batterien unmöglich wurde. Weser- aufwärts bewachten Kontre-Torpilleurs. Andrerseits verwehrten das flache Wasser und Versenkung alter mit Zement beladener Schiffe in den Flüssen wei- teres Vordringen, und der Feind hinderte auch nicht das Aufwerfen deutscher Feldbefestigungen gegen- über Borkum. Besetzung Bremens, die French an-
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f angs ins Auge f asste, erwies sich untunlich, da die Holsteiner Fünfundachtziger und das eigene Bre- menser Infanterieregiment die Stadt besetitcn, und das weitreichende neue Gewehrgeschoss auch Br^ merhaven beherrschte. So verstrich hier die ganz^ lange Zeit bis Mitte Juli ohne jedes Ereignis, sor unter anstrengendem Blockadedienst für den Be- lagerer, unter minder aufreibender Vorpostentätigkeil der Blockierten. —
Indessen nahm die Entwicklung der Dinge an der Elbe ihren Gang. Das Minendepot hatte fi:r reichliche Minensperren oberhalb Cuxhavens ^ sorgt, unterhalb aber davon abgesehen. Denn naa hielt an der Auffassung fest, die in der Elbmäodun^ eingeschlossenen siebzehn Kriegsschiffe (die „Oldeß bürg" durfte man dafür kaum mitrechnen) mussten freie Bewegimg für Ausfall behalten. Man rechuc« darauf, dass die zwei gutarmierten Cuxhavener Forts sich halten würden, hielt auch das gefährliche Falir wasser der Watten und vor der Mündung fürsdi«*' passierbar ohne Lotsen. Allein, Beresford besass ein so vorzügliches Vermessimgspersonal nüt y^^ ständigen Seekartenmappen und in den gedungen« Handelskapitänen so kimdige Piloten, dass er schoc am 7. quer vom viereckigen Leuchtturm Neuw«"^ der seine Funktionen für deutsche Seite einsteD« hiusste, sich entwickelte. Ausbojung und Betoc mmg schritten so weit vor, dass er elbauf warts k^ gehen durfte. Für deutsche Oberleitung fiel ^ schwerend ins Gewicht, dass der so hohe strategisch
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Wert des Nordostseekanals augenblicklich versagte, da die deutsche Elbflotte in zwei Teile auseinander- gesprengt und der minderwertige schwächere Teil bei Brunsbüttel schwerlich Flankenangriff versuchen konnte. Die noch intakten britischen Schiffe waren durchweg die stärksten und besten der gesamteii britischen Armada. Ausserdem schmeckte man das Grundübel jeder Defensive, dass man sich über des Feindes Angriffsrichtung und Konzentrationspunkt im imklaren befindet. Denn die Möglichkeit, dass Beresford sich mit Besitz von Helgoland begnü- gen, Forcierung der Elbstellung auf gelegene Zeit verschieben, dafür sich unvermutet auf Kiel wer- fen könne, seinen Abmarsch durch starke Vorposten verschleiernd, während man nach Fall von Helgo- land jede Fühlung mit ihm verlor, fesselte die acht Schiffe der Siegfried-, vier der Sachsenklasse dau- ernd an die Kieler Föhrde. Mochte ihr Gefechts- wert noch so unbedeutend sein, schon ihr äusserer Anblick vermehrte imponierend die Schiffszahl, und etwas Feinde konnten sie doch immerhin auf sich abziehen. Gewiss wären sie in der Helgoländer See- schlacht sämtlich vernichtet worden, dafür aber viel- leicht drei deutsche Linienschiffe mehr intakt aus dem Kampfe geschieden. Doch freilich, dürfte man diese letzte Reserve des Küstenschutzes opfern? Rücksicht auf Kiel gebot ihre Schonung.
Vor Hamburg ' lagen also die Reste der deut- schen Flotte stromaufwärts verteilt. Kämpfte der Feind die Cuxhavener Forts nieder, war längerer
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Aufenthalt längs der Eibmündung verboten, uul man musste weiter zurückgehen. Nur das v<hi Kiel schon früher hierher verpflanzte Schulschiff j^^ kan", das durch seine geringe Grösse vielleicht dem Feinde nicht auffiel, sollte an der zweiten Sperre im Flussbassin liegen bleiben, nebst Torpedobooten um die feindlichen Anstalten zur Sperrefreüegung zu überwachen. Den Elbschlepper „Hamburg" awi den kleinen kupfernen Lotsendampfer „Karpfanger". dessen Dienste man ja leider nicht mehr benötigte versenkte man in der Mündung und fragte, li« wohl der Feind diese vor Port Arthur so bedcutsaß gewordene Sperre beseitigen werde. Man wkftc sich zudem in falsche Sicherheit über Dauerhaft!^ keit der Forts. Da der feindliche Angriff von Tag zu Tag ausblieb, entwickelte sich am Kai der Reede ein ganz gemütliches Treiben.
Hohe Offiziere des Marinestabs, kenntlich « ihren breiten hellblauen Aufschlägen am langem schwarzblauen Überrock, gingen plaudernd spazl^ ren, den Tubus wieder ins Futteral steckend, «na am Horizont noch immer keine Rauchwolken g^ sichtet. Elegante junge Maats aus vornehmer F^ milie, auf einstündigen Urlaub in Cuxhaven^ ^ zierten bei „Alte Liebe" mit ihrer Hamburger i^- herum, schmiegsam sehnige Gestalten in knapp a:^ liegender Jacke mit dem zierlichen Dolch an ^ Hüfte, das feine Trieder-Binocle in vorschriftsmässf weissbehandschuhter Rechten, Vollmatrosen, für A^ Zeichnung in der Schlacht schon mit der jung^
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gestifteten „Marinemedaille" dekoriert, benutzten dienstliche Sendung nach St. Pauli zu kurzem Schar- muzieren mit ihren Schätzen.
Da plötzlich am 8. Juni früh scholl der General- marsch und alles strömte zu den Waffen. Dem er* regten Debattieren zu schmauchender Tonpfeife und dampfendem Grog in den Schifferkneipen machte bald dröhnender Kanonendonner ein Ende, der vom Meere hereinschlug und in Cuxhaven alle Fenster er- klirren, später vom Luftdruck zerspringen Hess ....
Der Morgen des 8. Juni brach trübe an, ein Strichregen stob dahin, später klärte sich das Wetter. Um die grünen Erdtraversen der Cuxhave* ner Forts Kugelbaake und Grimmerhöm schlang sich ein flimmernder Faden, die antretende Besatzung von Cuxhaven schob ein glänziges Waffenband van das Städtchen, dessen Ausräumen für die flüchtenden Sinwohner besorgend. Während braune Fischer- boote, rotbraime Kutter, schlanke schwarze Briggs tmd weissangestrichene Dampfer der Handelsma- rine in unkenntlichem Gewimmel stromaufwärts fuh- ren oder sich hinterm Neuen Hafen zusammendräng- ten, schwebte eine lange, düstere Linie am Hori- zont heran. Die Luft war mittags klar und sichtig, frische Brise wühlte schäumige Wellenhügel vor dem kantigen Bug der britischen Ungetüme auf.
Ein paar deutsche Torpedoboote, als Vorposten ausgestellt, fielen nach hinten ab und wurden zur £lbe einbezogen. Die massive endlose Mauer der briti- schen Flotte, die aus der Feme dunkel schillerte,
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wie aus schwarzem Marmor zusammengefügt, rüdcte allmählich in Dwarslinie auseinander. Hinter späterem Halbkreis versteckten sich Torpedos und Untersee- boote, um sich, vom Lande unsichtbar, erst dasn hervorzustürzen, wenn Einfahrt in die Elbspema ihre Tätigkeit forderte. Die Kreuzer wichen see- wärts auf den Flanken aus, weniger um gegen dai Nordostseekanal oder die Weser zu .sichern — denn was hatte man jetzt noch zu fürchten 1 — als um sich, dem Feuerbereich der 30,5 Zentimeter -Ge^ schütze der Forts zu entziehen, ^egen welche vsn die eigenen schwersten Kaliber ihr schauriges Hofa^ lied von Englands Unüberwindlichkeit b^innen koimten.
Ehe IV. Matrosenartillerie der vorderen Forts, Ku£:elbaake und Kaiionenbatterie, in das Schveie des heutigen Kampfes eintrat, hatte sie schon aus- führlichen Bericht über die ebenso schweren Kämpft die sich gestern und vorgestern an Ems und Weser abspielten. Die eine Kunde hob die Zuversicht, die andere drückte sie nieder. Und der Taiu ging los.
Zu hoch gehende Granaten platzten sogldch aoi Dächern und Kirchturm von Cuxhaven, bald vim merten dort alle Feuerglocken, während dide Mauern bröckelnde Wucht ins unruhig broddtKic Strandgewässer entluden. Aus dem Bahnhof, wo ge- rade ein Truppenzug der Vienmdachziger rangierte, flüchteten die Lokomotiven mit grellem Angstpfi^ eine stiess ein Piepsen aus wie ein schluchzendes Kini ein Sprengstück zerschmiss ihr Ventil und Bremst
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Adjutanten und Ordonnanzen flogen hin und her nach dem Kriegshauptquartier Altona. Ein Mel- dereiter kam das Ufer entlang bis ,^lte Liebe" mit verhängtem Zügel, die Hufe seines Pferdes klirr- ten hart auf der glatten Chaussee, er meldete dem Grossadmiral einen Gruss vom konunandierenden General: „18. Division bereit, etwaige Landung ab- zuwehren." Selbst solches unverschämte Wagnis traute man den Briten schon zu. Ein breites Ballon- fahrzeug gab unten durch Radfahrer die Meldung weiter, die von droben das Schallrohr per Seil ver- mittels Telephondrahts vermittelte. Die Funkspruch- abteilung liess ihre Drahtbündel spielen, überall klingelten die elektrischen Apparate, ohne je etwas Gutes berichten zu können.
Den Kanonieren in „Kugelbatterie" sausten schon die schwersten Kugeln um die Ohren, mit denen schwarze Erdschollen herimiflogen: aufge- i¥Ühlte abgerissene Traversenteile. Am nach vom abfallenden ebenen Strand dröhnte tausendfältig der Boden, ärger als unter Reiterschlacht hochaufstei- Spender Gäule. In diesem Gewittersturm der gellen- den, brüllenden Seeschlacht schollen die heulenden Sirenenpfiffe der Signale schauriger als rollende Trommelwirbel und schmetternde Homfanfaren der r^mdschlacht. Auf die braimen Fahnen der hin- stiebenden Rauchwolken stickten die gelben Blitze der Feuerschlünde brokatene Embleme oder eine fortlaufende goldschillernde Kette elektrischen Feuer- werks.
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Anfangs suchten die notdürftig gefüdten deutschen Panzer, in Kiellinie hintereinander ad- inarschierend, ihr Feuer mit dem der Forts zu vereinen. Wo sich ihnen leichtes Dampf- gewölk mit flotten blauen Ringeln aus niedenn Schlot britischer Hochseeboote entgegenkräuseltc, die schon jetzt pfeilschnell und tollkühn wider die erste Minensperre bei Alte Liebe anrannten, ging manches der kleinen Ungeheuer in die Tirfe. Doch als „Kugelbatterie" zu schweigen begann vd nur einsilbig noch mitredete, schoben sich ciüe fenct- sprühenden Linien der britischen Panzer langsam näher und zwangen sie, ihre Stellung stromauf- wärts des Neuen Hafens zu verlassen und aniser Bereich des so viel stärkeren feindlichen Kab'bets zu ankern. Hier wurde die Fahrrinne schon sehr schmal imd für Linienschiffe unbequem, bei weiteran Zurückgehen war aktive Beteiligung sehr eingt schränkt. Die britischen Schiffsbatterien nahmeo nunmehr von Meer und Fluss her die drei Strand- batterien in die Zange. Sie drängten sich in engere: Halbkreis mit der für Schutz und Trutz starksreB Vorderseite zusanmien und erschütterten schon vc^ ihrem Gebrüll allein die Forts in ihren Gnmdfcsten. Die gefallene Mannschaft von „Kanonenbatterie" musste zweimal ersetzt werden. Von den früheres schöngeschwungenen Formen der Traversen sah noß nichts mehr, ihr Grün ging in schmutziges Gran über, wie von mächtigen Maulwurfshaufen, voa Spaten oder Tiertatzen zerkratzt.
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Eine Weile, nachdem auf 9000 m der „Albion" das Feuer eröffnet, das dann alle andern Schiffe aufnahmen und weitertrugen, schien es, als werde der Angriff abgeschlgigen. Dem „Remarquable" setzten mehrere Treffer mittschiffs die Mittelartil- lerie ausser Gefecht. Dem „Captain" zerstörte eine senkrecht durchkrepierende Granate alle Tele- graphen- und Signalleitungen am Kommandoturm. Aber innerhalb der dreihundert Meter Abstand zwischen den einzelnen Schiffen spritzten immer mehr Fontänen empor wie von spielenden Walen und Delphinen: immer unsicherer wurden die Fort- schüsse, da ihre Entfernungsmesser abgeschossen und das eine Bastionsgeschütz linken Flügels der Ka- nonenbatterie unter brechender Lafette sein Rohr schräg in die Luft streckte, das andere plötzlich schwieg, weil sein Bremszylinder kaputtging. Einem dritten verstopfte ein aufquirlender Wirbel von Sand und Gestein die Liderung. Auf die Mittelbatterie von Kugelbaake schössen sich „Edward VIL" und „Hibemia" mit mathematischer Unfehlbarkeit ein, siebentausend Meter vor ihr sich aufpflanzend. Denn obschon solche Geschütze 15 km weit reichen, sind Bereich und richtige Zielzone etwas Verschiedenes.
Auch die Erdböschungen von Fort Grimmerhörn pflügte Geschoss nach Geschoss wie mit eisernen Harken, hinter ihm verschwand der Turm der Gami- sonkirche, wie eine spitze Nase bisher durch den branstigen Qualm herausguckend, unter einem Wirbel von Mörtel und Steinschutt. Lagerhäuser und De-
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pots umwogte eine Feuerbrandung, deren Flacker- schein die pulverschwarzen verzerrten Gesichter der Kanoniere gespenstig überhauchte. Die letzte I> | düng ins überhitzte Rohr schiebend, über den Leichen ihrer Kameraden mechanisch weiter- arbeitend, sahen sie die Schiffe frontal in dnem Schaumberg bis auf fünftausendzweihundert Meter heranrauschen. Daim in ununterbrochenes Doft nern im allergröbsten Ton: »»Dreadnought" wollte wieder mal zeigen, dass er sich vor gar nichts fürdte.
Sein elftes Geschoss sprengte die bombensicheie Munitionskammer von Kugelbaake, dass ae mit Ladimg und Karren in die Luft flog, lo^ noch einmal zuckten jähe Zünder durchs Kas6 matt des Pulvermagazins der Kanonenbatterie, wo letzte Mörserschüsse eben ausgegeben werden sollten. Auch diese Traverse jetzt ein einziger Trümmerhaufen. Die in Höhe des Mittelgrunds lu Anker gegangenen „Colossus", „Albion**, J^can'^, die Kreuzer „Powerful**, „Invincible" schickten aA nun an, Grimmerhöm vollends abzutun, was abends gelang. Das Fort gab kaum noch einen Schuss ab.
Nur die schon vorher beschädigten beiden Panzer,
von deren Zentrumslage sich das Fortfeuer unwüi kürlich angezogen fühlte, erlitten neue Verluste tffid Havarien. Dem „Remarquable" zermalmten hinter einander drei Treffer zuerst die Stahldecke des Vorderturms, zwischen die Spanten ihre Sprengstückc hineinklemmend, dann die gesamte Bemannung its Turminnem, sie wie; in einem Mörser zerstampfend.
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Dann wurde auch noch die eiserne Plattform, welche am Mast dieser Kriegsschiffe die Stelle umschliesst, wo sonst nur ein Reif den Mast umklammert, mit ihrer kreisförmigen Lunette und den Mast-Mitrail- leusen kurz und klein geschlagen, in fliegende Bruch- stücke auseinandergestäubt, die vielen Mannschaften den Tod brachten. Dem „Captain** ging zuerst sein Backbordkessel in Fetzen, dann Versehrte Entzün- dung freiliegender Kartuschen die Steuerbordma- schine. Endlich riss ihm auch der durchschossene Anker, und er schor aus. Um ihn nicht bis zum Treiben konunen zu lassen, liess ihn Beresford eiligst abschleppen. Dies hatten die Mörser vermocht, die im neuen Fort »Thomsen* nicht hinter blossen Sandhaufen, sondern Panzerkuppeln standen und ihre steilen Blitze aufs Deck der bis in ihren Nahbereich gekommenen Feinde niederflanmien Hessen. Auch auf anderen Schiffen fielen Verletzungen vor, die Schlachtordnung verwirrte sich unwillkürlich durch unvorhergesehene Bewegungen, die beinah Zu- sammenstösse herbeiführten. Doch dies war der Augenblick, wo Mr. Dreadnought als echter John Bull nicht säumte, gebieterisch seine Stimme zu er- heben, vor der wie unter Jerichoposaunen die dichten Stahlmauem der Mörser einstürzten.
Als die Nacht ihren Flor auf den steinernen Uferdanun breitete, lagen Sandhaufen und Panzer- kuppeln, aus denen so lange lichte Lohe emporschoss, virüste und leer vor dem rotbeleckten Qualm der breimenden Hafenstadt. In der Ferne sah es so
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aus, als sei hier ein Panzerreptil der Vorzeit g^ strandet, dem man die Haut abweidete. Das dunkle Meer schien ein ungeheurer Sarg der GefaBeoai, der Brand eine düstre Katafalkfackel über gloties- den Totenaugen. Gelbliche und weisse Lichter seö- ten Abendschein und Mond auf die blasse Düne, die wie vor Grausen erbleichte. .Wie geharnischte Reitermassen wogten die dunkeln, zackig behebe ten Umrisse der schwimmenden Geschwader in der Ferne, wo der leichtbreimende Mastturm des „CaB> pus" rot erstrahlte wie eine Purpurstandarte.
In der Nacht, während Cuxhavens Brand mX tanzenden zuckenden Feuerschlangen langsam in sid zusammensank, nahm das Rondeboot der Vorpostea anscheinend keine verdächtigen Bewegungen ^^' Kaum setzte aber am Morgen des 9. Juiu die Flut ein, als die britischen Unterseeboote, jetzt zu ihrer wahren Aufgabe vorgeführt, mit verzweifeltem Todes- mut sich opferten, um nüt Konterminen und Qg^ nem Hineinstossen die äussere Minensperre bei der Oste zu vernichten, Wildauf schäumende Wasser- säulen zeigten an, wie da imten auf dem Grunde des Meeres unbekannte und bald vergessene Heide ihr junges Leben wie Wasser hingossen für äß Vaterland. Wahrlich, was der moderne Kultar mensch leistet, was von ihm als verdammte Schul- digkeit verlangt wird, davor wäre ein alter Röoscr zurückgebebt. Die von Fachleuten bestrittene Mög lichkeit, mit Submarines Minen zu sprengen, i^"- freilich nur denkbar bei äusserster Entschlossenheil
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und auch etwas Glück, denn ein Teil der Untersee- boote stiess in Gegend von Feuerschiff Elbe III auf Minen, ohne die eigene Kontermine entzünden zu können. Über die offene gerissene" Lücke, wo un- schädliche Minen mit losen Ankern umhertrieben, soweit sie nicht durch Explosion zersprengt, stürm- ten die windschn^Uen Turbinen-Torpedoboote her- ein, ihre ganze Schnelligkeit von dreissig Knoten und mehr entfaltend. Die Flotte, ankeraufgehend, segelte an Norderplatte vorbei, indes gelandete Ma- rineinfanterie Cuxhaven und Grimmerhörn besetzte. Rattern der Ladekräne, Pfeifen der Dampfpinassen, Klatschen von Rudern und Flossstangen schuf hier gemütlichen Lärm wie im tiefsten Frieden, als ge- höre die deutsche Küste den Briten.
Die deutschen Panzer wichen weiter elbauf- wärts, nachdem die deutschen Torpedoboote nach grimmem Gefecht, worin die kleinen Seeraubtiere sich gegenseitig wie Marder zerfleischten, von er- drückender Übermacht der britischen im Verein mit Unterseebooten verjagt, die Beresford rücksichts- los in Masse einsetzte. Der endlos breite Fluss füllte sich mit umgekippten Booten, über zwanzig Torpedo- und neun Unterseeboote kostete der An- griff, doch er drang so weit durch, dass man erst unmittelbar vor der zweiten wichtigsten Sperre bei Krautsand oberhalb Glückstadt Halt machte. Spreng- und Bojendetachements arbeiteten sofort, Feuer- schiffe bezeichneten die Bahn parallel zum Ufer.
Da Hochwasser eine noch zehn Meter tiefe Fahr-
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rinne bis zur Stadt gewährte, zweifelte Beresford nicht daran, dass er nach Überwältigung der zwei- ten stärkeren Sperre so weit an Hamburg heias- dringen werde, um den unermesslichen dortigen Ma* terialbesitzstand grösstenteils zu zerstören. Die Ge- fahr war näher, als man ahnte. Die hinter die Sperre herangezogenen Panzerkanonenboote hm ten daran nichts ändern, die Torpedobootsdivisianea hatte der heftige Kampf, was nicht zusaImDeng^ schössen und weggenommen, stromauf- und -ath wärts zersprengt, wobei das mit durchschossener Kette nicht mehr am Anker schwingende Vorhutschiff de: englischen Flottensäule sie ungestraft passierendem Den bei Steinsriff lavierenden „R. Oak" trieb ea glücklich angebrachter Torpedoschuss seitwärts, so dass er in die klaffende Sperre und dort auf die pn- zige noch nicht explodierte Ufermine lief . Die.Kwügs- eiche* fiell Doch was wog dieser eine Verlust! Von Medem bis Krummendeich britische Sphäre 1
Am zehnten wälzte sich eine neue Masse tob Torpedos und Unterseebooten geg^i die nrote Sperre heran. Ihr Stahlnetz hielt nicht, was es versprach. Zwar glückte kein richtiger Oberfall, da Funken aus einem Torpedoschlot warnten iJ&* Scheinwerfer wie auf den Schlag eines Zauberstais die Morgendämmerung in lichten Tag verwandeltes.
Doch Schnellfeuer der Panzerkanonenboote virkie nur einen Augenblick. Während Detonationen v« unten her Luft und Wasser erschütterten, wo Unter seeboote um den Preis eigener Vemichtimg völlig«
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Sprengung der Minen und versenkten Schiffe be- sorgten, hing sich ein Turbinenboot, mit äusserster Kraft angerannt, ins Spermetz, zusammengekettete Eisengewichte zerrissen die Drahttaue und stäub- ten das ganze hängende Geflecht auseinander. Zwar verwickelten sich einige Boote mit den Schrauben, sassen fest und wurden abgeschossen. Doch das Schwergewicht der nachstossenden hinüberlaufenden Fahrzeuge trieb die völlig gerissene Sperre zur Seite. Weit voraus blitzten die Scheinwerfer der deutschen Panzer kurz auf, doch das Heranschnau- ben der wilden Jagd feindlicher Torpedoboote, das unheimliche Quirlen des Wassers unterm Stoss der Unterseeboote, das eilige Flüchten des einzigen noch nicht umgerollten Kanonenboots verkündeten so nahe Gefahr, dass man sich bis unterhalb Schu- lau dem Kampfplatz entzog. Nur der arme alte „Pelikan" lag mit abgeblendeten Lichtem still, weil er den Turbinenbooten doch nicht mehr hätte ent- -wischen können, imd die gleichfalls zu langsame „Oldenburg" verblieb am rechten Ufer, da fron- tales Standhalten ihr minder unfehlbaren Tod ver- bürgte, als von Verfolgung rückwärts eingeholt zu werden. K, B. „Basilisk", „Natter" gesunken.
Diesmal gingen zehn Torpedo-, zwölf Untersee- boote drauf, teils gesunken, teils leck, der Rest zog sich ausser Bereich des Haubitzfeuers vom linken Ufer, dessen Einschlag ins Wasser tatsächlich zwei Unterseeboote durchs blosse Gewicht erstickte. Frei lag aber nun das Wasserfeld vor den Briten, um
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die Anlagen bei Schulau und die Eibdörfer zu zer- stören. Ein Veloziped-Zyklist erschien in voller Fahrt: „Sie kommen, sie sind drini" Zwei Mddeidtei jagten verbängten Zügels heran mid wiesen mit der Hand seitwärts: „Da sind siel"
Kaum brachen Marine* Winkelriede mit dos eigenen Körper freie Bahn zwisdben die Spenrn ab mit Windeseile der Kretizer „Undaunted" durdi dif Lücke fuhr, gefolgt von „Petroleum", in dessen ^ spur noch „Endymion" und „Fox" hineinglitten. Da: alte Schulschiff „Pelikan" hätte bei seiner Langsai& keit — nur zehn Knoten Lauf — ohnehin nicht a^ kommen können, es schoss noch rasch mit seme^ zwei Hundertmillimetergeschützen, um im nächst«) Augenblick von Schüssen gänzlich durchlöchert n werden. Der arme alte Rappelkasten ohne ?va& neigte sich nach Steuerbord und begann unterzotaQ eben. Doch er war unter Dampf und vennoduc noch eine letzte Bewegung zu machen. BeSen eine am linken Ufer aufgefahrenen FeldhaubitzbatteiK und Schnarren von Maschinengeschützen machte at die britischen Schiffe keinen Eindruck, noch veo:- ger das wohlgenährte Gewehrfeuer auf achthunde^ Meter Entfernung von den Ufern her, das gegen t Oberdeck klatschte. Die deutschen Offiziere k(*3- ten durch ihre Krimstecher die Schiffsnamen s goldenen Lettern lesen, die sich leuchtend vom ^ kein Grund der Bugfarbe abhoben. Mit Mühe )ai man die Mannschaft in ihren Laufgraben fest, ^ diese so furchtbar donnernden Panzerdracheo ^
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sie selber heranzufliegen schienen, als wollten sie alles in Grund und Boden rennen.
Diese Kreuzer hatten jeder (nur „Petro- leum" war kleiner) Maschinen von fast neun- tausend Pferdekraft, vier Torpedo -Lanzierrohren, fast fünfhundert Mann Besatzung, alle schmalen leichten Kielgang von nur siebeneinhalb Me- tern und eine Schnelligkeit bis über zwanzig Knoten, was sie zu ihrer Aufgabe hier beson- ders befähigte. Umsonst summten Tausende von Gewehrkugeln wie Moskitoschwärme um sie her, sie prallten ab wie von einem Eisengitter, am Bug- spriet aufspringend. Kein Matrose zeigte sich auf den Brücken, während aus den Panzerpforten das dröhnende Feuer lohte und ihre SchneUfeuermitrail- lausen von Turm und Mast das Ufer fegten. Wie von Piloten geleitet, weil so genau vorher durch Spione imd Seekarten aufgeklärt, fuhren sie weiter und warfen die „Oldenburg" auf ihrem Wege nie- der. Dieser alte Küstenpanzer (fünftausendzweihun- dert Tonnen, vierzehn Knoten), seit so langer Zeit vom Stapel gelaufen, hatte zwar ausnahmsweise 24 Zentimetergeschütze, seine leichtbeschwingten Geg- ner aber ausser „Petroleum" solche von 9,2 Inches und einen Panzergürtel von beträchtlicher Dicke. Gleichwohl nahm das deutsche Schiff beherzt den Kampf auf und liess auch seine Revolverkanonen spielen. Sein schwerfälliger Oberbau verschwand binnen einer Viertelstunde als Trünmierhaufen, des- sen mnherstiebende Eisensplitter viele blaue Jun-
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gen zerfetzten. Doch die Geschütze bliebeii merk würdigerweise unversehrt und ersetzten durch ihn kaltblütige Bedienung, was ihnen an Kaliber ab^ ging. Dem »»Petroleum", so explosiv und geßhrlid er sich gebärdete, wurde am Heck seine ganze Bat terie in Stücke gerissen, starre Tote, ächzende Vei wundete lagen umher. Noch schlimmer erging es dem eleganten ,»£ndymion'\ der seine Schönheit so eitel im Mondlicht zu spiegeln schien : eine Sprengbombe, mit Schiessbatunwolle gefüllt, traf ihn am Vorder- steven, eine andre weiter am Rückenrumpf, stoppte seinen Servomotor und öffnete eine Bresche bb ins untere Zellengewebe, in welche sich sofort das Wasser durch alle Sparren ergoss. Er machte eben Sprung und neigte sich nach Backbord, taudte daim rückwärts mit dem HinterteU .imd verliess den Kampf, um am Anker aufziüaufen. Gleichzeitig brach aber vorm Turm der „Oldenburg" eine hohe rote Lohe aus, die man innütten so harten 0^ fechts nicht löschen konnte und dessen Glut die Kanoniere am Zielen hinderte. Der wackere Schiffe Veteran zog sich daher seitwärts zurück, ehe nodi die 37-Millimeter-Revolverkanonen des „Fox** ^ ner Bemannung den Rest gaben. Die engliscbea Kreuzer warfen jetzt, dieses Gegners ledig, viel Gra naten von grosser Explosivfähigkeit auf Schaiai^ Inzwischen führte aber der tödlich getrofteot „Pelikan" ein Manöver aus, das völlig das Schick sal wendete. Noch unter Dampf mit richtig laufet der Maschine» schleppte er sich mit gesenkttii Ma-
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sten wie ein flügellahmer Vogel in die offene Kraut- sandsperre. Dort halbversenkt im Wasser, das schon seine Brücke bespülte, schwankte er hin und her, bis eine Explosion Misenmast und Brücke zerbrach und den Rumpf unbeweglich im Wasser festpflanzte. Der Kommandant hatte einen Torpedo, den er an Bord führte, entzündet, und bald darauf explodierten auch die vom Wasser erreichten Maschinenschrau- ben. Die Mannschaft rettete sich schwimmend. Das versunkene Schiff, dessen einer Mast noch aus der Flut ragte, schloss unwiderbringlich den Eingang, sperrte die vier Kreuzer wie in einer Mausefalle ein. Ein nach vom sich verengendes, hinten ge- sperrtes Flussbecken mit zwei feindlichen Ufern 1
Dieser „Pelikan" hatte sich in Wahrheit die Brust aufgerissen, wie in der Sage mit dem eigenen Herzblut seine Jungen nährend I Was half*s, dass zwei englische Panzer jenseits, die Gefahr erkennend, den Schiffsleichnam mit ihren Geschossen plump zerfetzten 1 Sie Hessen nur eine ohnmächtige Rache aus, und die gierigen Kreuzer raimten luiruhig mit wilder Hast hin und her, wie eingeschlossene Marder, die mit verzweifelter Sprungkraft ihrer eisernen Sehnen noch die Falle hinter sich mitschleppen oder selbst das eingeklemmte Glied im Losreissen am- putieren !
Anfangs behielten die Kapitäne ihre britische K xltblütigkeit und trösteten ihre ,Boys' mit der Er- klärung, sie hätten hier im Fluss keinen Feind zu fürchten und müssten ruhig warten, bis die Passage
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wieder freigeräumt werde. „Fox" machte sich audi sogleich an die Arbeit, setzte Boote mit Geratscbaftes und Torpedos aus, um unterm Wasser wie im Fndis- bau, seinem Namen gemäss, sich einen Gang zu wühlen. Doch was von Haubitzbatterien noch heu war, richtete sofort, telegraphisch benachrichtigt, seine schweren Geschosse nach diesem genau mar- kierten Ziel, wo jeder Schuss traf. Ehe er mit Auf- räumen begann, erhielt „Fox", von dem ungewiss, ob er nach dem Tier oder dem berühmten Staatsmann benannt sei, eine Ladung durch beide Masdüno- kanunem. Einen Augenblick huschte er wie eio Fuchs auf Treibjagd im Zickzack hin tmd her, dam blieb er fest liegen nahe dem Ufer. Die Mamisdiaft rettete sich teilweise auf den „Endymion", das Schiff tauchte zwölf Meter tief unter. Ein doo- nemdes Hurra der Deutschen begrüsste diesai Erfolg.
„Undaunted" und „Petroleum" suchten sich jcti möglichst ausser Schussweite der Ufer zu halten, höher am Fluss hinaufgleitend, wo sie mit wahrer Wut umherfeuerten und mehrere zur Reparatur z& rückgegangene Torpedoboote in zerlumpte Lappeo verwandelten. Die Flotte draussen erhob erneut eis furchtbares Bombardement, das fast alle Feld-Panzer Schilde zertrümmerte, viele Menschen tötete, doch ^ Haubitzen noch immer nicht ganz zum Schwdgen brachte. So sank die Nacht herein. Mit verzweifelter Unerschrockenheit, ihrem Schiffsnamen ,Der Ua^ erschrockene' gemäss, arbeiteten die Mannschaften
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des ,Undaunted' bis zum andern Morgen, um den gesunkenen .Pelikan' zu heben, während .Petroleum* sich abmühte, »Endymion* wieder flottzumachen, dessen Lage den rückwärtigen Wasserlauf der ab- geschnittenen Kreuzer blendete. Doch am Morgen zeigte sich nicht nur die .Oldenburg* wieder, die ihre Flammen an Bord gelöscht und ihre Turm- geschütze wieder gerichtet hatte, sondern eine Reihe Feldhaubitzen gruben sich an beiden Ufern in sichern Ständen ein und bereiteten mit neuem Tages- licht den Eingeschlossenen ein hartes Willkommen. Femer hatte man mit einem Spezialzug zwei frische Turbinenboote verladen und ins Wasser gesetzt. So- bald sie ihr natürliches Element unter sich spürten und ihr Feuer anzündeten, war das Explodieren des ,Petroleum' entschieden.
Dieser hatte bei Nacht, in deren sternenklarer Stille der ruhige breite Fluss nur leise plätscherte, ein grelles Tageslicht durch Scheinwerfer auf alle verdächtigen Schatten verbreitet, zugleich durch laut- lose Strahlensprache aufsprühender Raketen sich mit der Flotte draussen beredend, deren Antwortsignale übers Meer emporschössen. Gegen Morgen liess aber seine Wachsamkeit nach, und ein Sektor der Wasserkante blieb im Schatten. Dorthin glitten die Torpedos. Der ,Endymion* bewegte sich um einige Spannen, der noch ganz unversehrte .Undaunted* hatte wirklich einen schmalen Durchgang eröffnet. Konnte ,Endymion\ den man wohl nicht ohne weiteres im Stich lassen wollte, heut seine Havarien ausbessern.
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setzte »Undaunted* seine Befreiungsarbeit fort, so konnten die Kreuzer sich retten oder gar ihre Std* liing behaupten unter Nachfluss von VerstäikungoL Schon kreuzten jenseits draussen vor Krautsand ,Dido* und ,H6he\ Doch es war zu spät
Während die Haubitzen ein Steilfeuer aufDedß und Türme richteten, um die Geschosse der Krciaer von den Toipedobooten abzuziehen, dröhnte das wohlbekannte Rollen submariner Eacplosion zweimal hintereinander imd verlor sich im weiten Raum, das Echo der Ufer wachrufend, als peitsdie ein unter- seeischer Vulkan die Tiefen zu einem Orkanfi aii Beide Torpedos trafen den »Petroleum* zu Tode. Ohne einen einzigen Schuss auf seine unsichtbaren Gegoei abgeben zu können, die mit gelösten Trossen und arbeitendem Hebel des Maschinentelegrai^en aufs Konunando „Los!" ihre schreckliche Waffe durdis Gewässer klatschen liessen, sank das schöne Schiff in wenigen Minuten, seine Feuer und Lichter m- löschten in aufschäumendem Wasserbeig. Seine Boote ins Wasser setzend, indes der rekonvaleszente ,£ndymion' rasch die seinen entgegenschickte, noch in seinem halbinvaliden Zustand die Regel befolgend, maskierte der sinkende ,Petroleum' die Udnefi unheimlichen Feinde, die sich dies zunutie machten.
Aufs neue flogen zwei blanke metallene Zunder, und indes die Boote wie Spukgespenster im bleiches Dämmer verschwanden, scheiterte ,Endymion\ xnitt Schiffs in Höhe der Heizmaschinen zerrissen. Nor
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die Mastkörbe beider Schiffe, gefüllt mit wütend schimpfenden Matrosen, hoben sich noch überm Wasserspiegel, die ausgesetzten Boote schlugen um. Doch der ,Undaunted' war nicht gewillt, dies trübe Los vor Augen, zu streichen. Britische Schiffe, erfüllt von starken Traditionen und Hochgefühl bri- tischer Überlegenheit, ergeben sich nicht. Während Haubitzbomben und Vollgranaten eines Strandge- schützes sein Deck zertrünmierten, manövrierte der »Unerschrockene* mit erstaunlicher Gewandtheit durch den schmalen Eingang \md gewann das Freie, während seine wenigen noch aufrechten Kanoniere unverdrossen ihr Amt verrichteten. Der letzte Schuss, den sie lösten, machte noch eine Haubitze unbrauchbar. Zwei Drittel der Mannschaft fielen bei dieser todesverachtenden Rettungsarbeit, wo die Seeleute, ohne aufzusehen und sich um irgendwelche Deckung zu kümmern, ihre nautische Meisterschaft wie auf einem Manöver bekundeten. Das kaum ernst- lich havarierte Schiff, dessen Maschinenventile und Kanonenverschlüsse fast unversehrt, sah für ein Laienauge wie eine Ruine aus, da sein Oberteil iflatt weggeputzt. Aber das liess sich in Bälde repa- rieren. Als der ,Undaunted' ins Dock nach Chatam kam, grüsste ihn vieltausendköpfige Menge mit don- nerndem Hurra, wie die Flottenbesatzimg, unter deren Ehrensalut das Heldenschiff ins Hintertreffen I>assierte, wo ein Schleppdampfer aus St. Katherine- docks seine ehrenvolle Begleitung wurde.
Nichtsdestoweniger erlitt England heut einen
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Schaden von 30 Millionen Mark, dreier Gefechts- einheiten im Wert von 32 000 Pferdekräften, 16O0O Tonnen, da „Endymion", „Fox" m besten Kiefr zern IL Klasse zählten und an Gewicht die Uitte zwischen den früher das Höchstmass bezdd nenden Kreuzern von 5000 Tonnen und den heutig^) allergrössten hielten. Fünf schweren Kalibers, W- undzwanzig „mittlere", fünfzig SchnellfeuergeschütK. über tausend Seemänner gingen verloren.
Linderndes Pflaster auf deutsche Wundca ^ ohne Vernarben noch lange offenstanden. Wcnnnan bedenkt, dass schon ein gutes Torpedoboot fast m halbe Million kostet, kann man sich den Scbad® ausrechnen, den Deutschland allein an Schiffen aus- stand, ohne von zerstörten Befestigungen, Anlagen und Privateigentum zu reden. Bedenkt man andrei- seits, dass jeder Schiffsschuss viel Geld kostet, jeder aus englischen Riesengeschützen aber ungehewr viel, so begreift man, warum Lord Beresford eis Bombardement von solchem Umfang nicht zu wieder holen wagte, in Sorge um sein Material, da vid« Rohre schon zu verschleimen anfingen und eiiült zu springen drohten, was im Laufe des kiirzeo Khe^ ges tatsächlich nicht nur mehrfach, sondern massen haft vorfiel.
Von Interesse war übrigens, dass der IcidKtfc „Fox" nach der Flottentabelle auf Linie Sucz-Adtf lief, die drei anderen Kreuzer ursprünglich tfsc Maltageschwader gehörten. England traf eben A^s lese unter den besten Schiffen jeder Gattung und y&
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pflanzte die geeignetsten nach Norden: neuer Be- weis, dass es sich seit lange mit dem Plan eines Nordseekrieges trug und einen Überfall auf deutsche Küsten plante, die stramme deutsche Kriegserklärung also nur zu richtig zuvorkam. Doch alle Übermacht Englands brachte trotz der schneidigsten Führung kein durchschlagendes Ergebnis. Dass die deutsche Flotte kampfunfähig gemacht werden würde, liess sich voraussehen, und man hatte Bremen und Hamburg so viel Schaden getan als möglich. Aber ein Zerstören der Häfen hatte doch nicht gelingen wollen. Als sein Generalquartermaster immer mehr Rohrkrepierer der 30,5 Zentimeter-Geschütze fest- stellte und meldete, dass viele bis zu neunzig Schuss abarbeiteten, während die äusserste Leistungsfähig- keit nur hundert Schuss beträgt, gab sich Lord Beresford seufzend darein, dass fortan nur noch Blockade fruchten könne.
Natürlich stellte die englische Presse den Un- fall als nebensächlichen Zufall, das Ganze als gross- artigen Sieg dar. Beresford war anderer Meinung und gab es auf, Hamburg zu berennen. Jetzt noch- mals die versenkten Schiffe wegräumen, kostete Zeit, die Deutschen holten aus den Etablissements von Krupp und Ehrhardt neues Material herbei, um neue Batterien in Erdaufwürfen am Ufer bei Schu- lau hochgelegen zu errichten. Um Ritzebüttel schlang sich ein Schützenkordon, weiteres Vor- dringen gefährdend. Schon sah sich die Besatzung von Cuxhaven durch Gewehrfeuer belästigt, doch
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unterband die Drohung, Glückstadt zu bombardieren, jede weitere Fortsetzung einer Offensive, um dk Briten ins Meer zu werfen. Am 15. nahm der hm sehe Seestratege sogar seine Vorpostenkette bis Hei goland zurück, da das Wetter bewegter wurde iiihi er für Kohlenversorgung dem auf der Insel ge stapelten Depot nahe sein wollte. Ein streng« Be^ wachen der Eibmündung war nach Einnahme vtr Cuxhaven unnötig, da die in ziemlich flaches Wi^ ser getriebenen deutschen Panzer doch keinen Aifr fall mehr versuchen konnten. Immerhin gelangen so dem „Kaiser Karl", sich bei Nacht und Neb^' nach Brunsbüttel durchzuschleichen, wo er sei« schon halbvernarbten Schlachtwunden in'der Sdil» senkammer nochmals pflegte, um sich dann fri^ und gesund dem Kieler Geschwader anzuschliessa Ihm folgten „Blücher", „Berlin", „München", ,M beck", „Bremen".
Dies erachtete man nötig, um einem dort geahnter Überfall doch wenigstens ein richtiges Uniensdun entgegenstellen zu können. „Karl" traf dann P^ seits auf der Ostseeseite den „Kaiser Barbarossa", <i«^ den dortigen Eingang bewachte, während der Kre> zer „Vineta", bisher in Kieler Werft, an StcDe (kr „Augusta" nach Kap Skagen auskundete. Ein ^^^ such, am 18. die Sperre bei Osteriff-Bnmsbü:-?^ zu passieren, misslang aber den Briten nichtt ^ man gehofft, die sich hierbei auch der Taucher bc^ dienten. Tore, Molen, Schleusen wurden ^^^ schössen, doch schien Durchfahren des Kanals odff
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Landung nicht erspriesslich. Diese Demonstration und das Festkleben der Hauptflotte, durch die ein getroffene französische Eskadre vermehrt, vor der Elbe sollte nur die Aufmerksamkeit von dem Plan ablenken, den man gegen Kiel entwarf. Doch die Luftschifferabteilung, im Wattenmeer beobachtend, meldeteam22. rechtzeitig ferne graue Schatten überm blaugrünen Gewässer der jütischen Küste, am 23. sogar, dass der gewöhnliche Platz des „Dreadnought" leer sei, an diesem Tage gewann „Vineta" schon Fühlung und wich durch den Sund längs der Schwe- dischen Küste, dicht gefolgt vom Gegner. Infolge- dessen fuhren die im Kanal versanunelten Schiffe aus und vereinten sich nüt den zwölf Küsten- panzern von Kiel, da Prinz Heinrich Bom- bardement des Kriegshafens möglichst lange fernhalten und lieber Hochseeschlacht wagen wollte. IIL Matr.-Art. (Lehe) ward alarnüert.
Da kam es herauf aus schwermütiger Pracht der blauen Einsamkeit, wie ein bleigraues Stahlgebirge, aus dessen Schoss dicker, schwärzlicher, schmutziger Rauch quoll wie aus einem Vulkan. Und bald öff- nete sich wirklich ein unterirdischer Krater auf die- sen stählernen treibenden Inseln. Gelbe Flammen wehten aus winkeligen Stockwerken, aus eckigen Deck- aufbauten, aus Turmöffnungen und Stückpforten und Brücken der etageweis übereinandergetürmten phan- tastisch verschnörkelten Hochbauten französischer Panzerschiffe. Auf langgestreckten Decks der Croi- seurs gruppierten sich vorn und hinten um den
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Signalmast je zwei Paar niedriger Schornstdne. Neben diesem überladen bombastischen Aufragn nahmen sich die niedrigen graubraun angestricfaeDes Britenschiffe fast unansehnlich aus, recht vie nebec ritterlichem Kavalier auf gezäumtem pesigem Streit ross ein garstiger finsterer Buschklepper.
Das am 25. bei Fehmam anrennende allüene Geschwader war auf doppelte Täuschung beredmei so klein, dass seine Wegnahme aus der Blockade- linie unbemerkt bleiben konnte, so auserlesen nach Ausrüstung und Schnelligkeit, dass Überfall voc Kiel wohl glücken mochte. „Charlemagne", ,Jöu" „Gaulois", „Neptune", die Kreuzer „Isly", „Gloiic" hatten den rechten Flügel, der „Dreadnought" ußd die Kreuzer „Devonshire", „Dido", „Isis", ,f^ serpina", „Magician", die besten Destroyers „Arit". „Albatros" den linken. Den Franzosen folgten x«i gemischte Divisionen von Torpilleurs, Konter-Tor pilleurs und Sous-Marins, den Briten dcsgleichc- Die Deutschen stellten sich in Schlachtordnung: „Karl", „Barbarossa", „Brandenburg"-Klassc, ^ rahmt von Kreuzern „Lübeck", „Berlin", «Mdö- eben", „Ers. Blücher", „Bremen" links. „Siegfried'. „Odin", „Hagen", „Beowulf", „Fritjof", Kreiöä „Augusta", „Vineta" rechts, die übrigen Schiffe der Siegfried- und Sachsenklasse dahinter in Resent> Minenschulschiff „Rhein" hinterm rechten Flöge- der einzige Kreuzer, den man in Kiel nodi auftn^- Äusserlich schienen also die Deutschen in bedeu- tender Überzahl, in Wahrheit waren nur »Kai^
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yyB^barossa", „Blücher", allenfalls ,,Augusta" eben- bürtige Gegner. An Torpedos führten die Deutschen nur drei Divisionen, keine Unterseeboote. Die neu- i^ebildete 4. Kompagnie der 3. Torpedoabteilung blieb in Kiel bei dem Restmaterial und den noch nicht in Dienst gestellten Neubauten.
Die wartenden deutschen Schiffe wendeten, machten Dampf auf, lenkten hinaus zum Nahkampf bis auf dreitausend Meter längs Markelsdorferhuk.
Der Kampf zur Linken entbrannte mit grösster Wut. Zufällig stiessen „Karl der Grosse" und „Charle- magne" aufeinander, doch die deutsche Auslegung dieser historischen Erscheinung blieb Meister. Man hörte Töne wie von reissendem Metall, als der fran- zösische Carolus auf französisch ohne Adieu Ab- schied nahm, peinlich am Rudermechanismus und an der Mast-Plattform verletzt. Dem „J6na" gelang es nicht, Preussen aufs Haupt zu schlagen, denn der alte deutsche „B^barossa" zeigte sich so frisch, als käme er gerade aus dem Kyffhäuser. Man musste früh aufstehen, um ihm etwas vorzumachen. Aber sein fliegender Bart, das Takelwerk, war rot von tropfendem Blut und wuchs, wie in der Sage durch den Tisch, ins Dedc hinein, mit lautem Gepolter durch wiederholte zu hoch gehende Schüsse her- untergeworfen. Dem „Gaulois" setzte „Blücher" so hart zu, als gelte es, dem Typ eines Chauvin die Hosen auszuklopfen. Die „Gloire" ward von „Bre- men" so grimnüg angefallen, als wolle er die gleich- namige Patenstadt an ihren Bedrängern rächen.
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„Isly" kam durch das zweite Treffen, die Bran denburgklasse, so ins Gedränge, dass seinSigoabnast, den er, wie Henri Quatre seinen Helmbusch bei Ivry, als Merkzeichen des dichtesten Getümmels ans^ steckte, wie ein geknicktes Rohr und sein Schorn- stein wie ein russiger happen herunterbing. Der „Neptune" glich bald einem Rauchhügel, wie ein Kohlenmeiler oder Lavahaufen, von allen Setta durch Granaten und Torpedos getroffen. Duicb Splitterwirkung der abgeschossenen hohen Aufbameo wuchs der Verlust. Plötzlich steckte „Nq>tune'* die Steuerbordsreeling ins Wasser. „Blücher" gab ikm den Rest, er sank. Wie vergrabene Maulwürfe ans Erdlöchem, vom Hamster aufgescheucht, kroch dk hinter Deckungen niedergedrückte Besatzung aus ihren Winkeln herauf, doch alles spülte die Flu: hinweg. Wüstes Gemenge wehrloser Meosdes schwanun auf den Wogen. Der Meergott Neptus verlor seinen Dreizack vorm Feuergott Pluto der Unterwelt und dem Blitzstrahl Jupiters, plumpstt wie ein Stein ins feuchte Element. Die Framosea machten sich aus dem Staube oder richtiger aus des Pulver.
Doch inzwischen ging es der deutschen Rechta schlimm. Dort traf noch der von australischer Sta tion vor Kriegsausbruch nach Kapstadt und von doit nach Plymouth berufene Kreuzer „Prometheus** cit vorsorglich als Reserve nachgeschickt, gerade aJs sein Kollege, der grosse „Devonshirc", die deutsche Linie durchbrach. Die trauervollen Wtwen «ttdo'
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und „Isis** weinten um ihr Herzeleid allzu feurige Trä- nen, die düstere „Proserpina" flocht tödliche Kränze von blauem bleiernem Mohn, die „Magierin" verstand sich auf teuflische Künste, „Albatros", der nie auf Land rastende ruhelose Meervogel, stürmte wild da- hin, „Ariel" wiegte sich unverwundbar auf den Wellen. Und „Dreadnought" fuhr unter die Küsten- panzer wie ein Leu unter eine Hammelherde. Da sank „Siegfried", von seinem Tatzenschlag ins Rück- grat getroffen, wahrlich kein Drachentöter vor diesem Lindwurm 1 Da flog dem grinunen „Hagen" das Haupt vom Rumpf: Mäste, Schornsteine, Türme, Geschütze I „Odin" zuckte umsonst den siegbringen- den Speer auf diesen Fenriswolf wie in der Götter- dämmerung: der feuerspeiende Rachen verschlang ihn. Langsam senkte er sich in die Wogen und schwand für inuner. „Frietjof" war kein so schnei- diger Holmgänger und Wiking, dass das Ungeheuer ihn nicht ereilte und in Stücke riss. Der sturm- kühne Recke Meister „Hildebrand" entrann nut knapper Not, wie dem Hagen Tronje im Nibelungen- lied mit böser Wunde: sein Heck ihm abgesägt. Altvater „Rhein", der soeben den fliehenden Wel- schen einen letzten nachbarlichen Fusstritt ver- setzen wollte, deckte nut den beiden stärkeren Kreu- zern rechten Flügels eilige Flucht nach Kiel, die nur dadurch noch glückte, dass „Blücher" diesmal eine WaterlooroUe gegen die Briten spielte. Er packte „Dido" tmsanft von hinten bei den Haaren, bis ihr springender Kessel janmiervoll aufschrie,
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und stiess den luftigen „Ariel" kopfüber in die Wellen.
Zwar musste „Rhein" die Flagge streichen „Bremen'* stranden, elf Torpedos bezahlten ihre Hin gebung mit dem Untergang, doch die Masse erreichte den Kieler Hafen. Nur „Barbarosäa" bog seitwärts abgedrängt zum Heiligenhafen aiLv
Vier deutsche Küstenpanzer waren gesunkai zwei krochen matt wie flügellahme Fliegen in des Kieler Hafen, ihre Deckborde bis zum Rand mit Leichen gefüllt. Sir Charles Campbell drängte rasd nach, in Richtung auf Bülcker Leuchtturm, später gefolgt von den in Scham und Zorn wieder keim machenden Franzosen. Das Bombardement begann unverzüglich. Der brandroten Färbung des Abcifr himmels mischte sich bald braunrotes Glühen vcc Bränden. Über Kiel lagerte in Richtung des Arsenals eine rote Wolke mit tanzenden sprühenden Lichiern Dampfspritzen, Spritzendampfer arbeiteten, Panier K.-B. ,Biene\ ,Hummer, ,Mücke* halfen den Fom
Und während die Alliierten ihr Gebrunam «^ gereizte Grizzlybären vor den Hafenforts anhober. zog erst die eigentliche Gefahr herauf. Die Lut: Schiffer vom Kanal meldeten zu Ende der Schlacb^ dass man fem am Horizont im Grossen Belt ein© starren Mastenwald bemerke, der im Dunst o^ wärts verschwand. Eine grosse britische Transpon flotte, begleitet von einer Menge kleiner ungedeckter Kreuzer und Scouts, schlängelte sich bei Nacht durcc die dänischen Mittelgewässer mit dreister Verletnü^
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der Neutralität, zumal frühere Abgrenzung der Kü- stenzone auf dreitausend Meter naiverweise trotz Er- weiterung der Schusszone noch heut bestehen blieb. Teils westlich von Laaland, teils östlich von Fünen bei Marstallbucht (Langeland) schlich sie in die Hohwachtbucht herein.
Boote, Flösse, Pinassen legten in aller Heimlichkeit an, in Schaluppen entluden die grossen Dampfer eine Menge Radfahrer- und Automobil-In- fanterie, auch Artillerie ward nach und nach ausge- schifft. 14. 18. Hussars erachtete man unnötig, da Autos für Aufklärungszwecke genügten. Die abgeschnitte- nen deutschen Strandwachen schössen ihre Gewehre ab, um Alarm zu geben, doch dicker Frühnebeldunst erstickte den Ton, verhing auch den Beobachtungs- stationen und dem Leuchtturm von Friedrichsort die Femsicht. Als vom Hohenstein, später Bungs- berg, Hügel nordöstlich von Eutin, endlich das Unheil bemerkt wurde, kam das Klappern des Feld- apparates zu spät: alle Telcgraphenleitungen längs der Küste hatte die vorausgeschickte Automobil- Infanterie unterbunden.
In Kieler Hafen teilte man bei Nacht den An- kerplatz in bestimmte Scheinwerfer-Sektoren für je- den der noch übrigen sieben Küstenpanzer, die Brandenburgklasse, das Linienschiff „Karl" und die noch übrigen drei Kreuzer, die im Treffen von Feh- mam tapfer genug ihren Mann standen, doch teil- weise arg zerzaust waren. Schwimmende Balken und netzumflochtene Drahttaue sperrten den Zugang,
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dahinter Rondeboote. Zwanzig Torpedoboote warea noch im Dienst, in fünf Rotten geteilt. Depesden nach Rendsburg, Flensbuiig, Eutin, Plön, PrcettteütcD dem Küstengouvemement die Notlage mit, und pünktlich genauer Betrieb auf allen BahnstatioDea verbürgte rechtzeitige Unterstützung. Doch auf sc schnelle Landung bedeutender Massen hatte wsl sich nicht gefasst gemacht. In Kiel herrschte Panit als Flüchtige meldeten, dass schon durch I^ steierhagen britische Automobilprotzen rasselten, dd^ bald darauf starkes Geschützfeuer gegen die Fom Schönberg und Stosch seitwärts im Rücken ertönte
Kasernen von Friedrichsort am Eingang def Föhrde leuchteten nicht mehr weiss, sondern g^ in Brand geschossen. Gegen die vorderen Hate^ forts gewann der weitreichende Geschosshagel de: Allüerten bereits die Oberhand. Griff Land- uwi Seeangriff siegreich zusanmien, war Kiel valoia^
Dass den Unterseebooten, falls sie sich opfertm Sprengimg der Sperre gelingen werde, wusste ime von der Elbe her. Prinz Heinrich befahl dabff schweren Herzens den versammelten Panzern, iQ der Frühe Anker auf zu gehen und aus dem Hafes becken Kurs auf Schleimünde zu setzen, um ^ Belagerungsflotte auf jede Gefahr hin so lange vk
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möglich fernzuhalten, ihren eisernen Ring veoig stens auf einige Stimden zu durchstossen, bis ^ Lande Luft geschafft sei. Es galt, lieber die akti ven Verteidigungsmittel zu opfern, um den ^^ auszuräumen und die Stadt zu retten, wo sdf^
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Verzweiflungsrufe der Einwohner zu den Kasernen der 1. (2. Wilhelmshaven) Werftdivision herauftönten. Von Schraubenumdrehung gerüttelte Trossen und gezerrte Anker wurden losgeworfen, unter schrillen Glockenzeichen setzten sich die Stahlleiber am 26. früh erneut in Bewegung, T. B. ^Sleipner', »Car- men* voraus.
Als der auf Wache befindliche „Isly", seit- wärts auch den Transportblocus deckend, beim Spie- len des Scheinwerfers das Heranstürmen so vieler Schiffskörper bemerkte, hielt er sich nicht mit Deckung auf, sondern rettete sich selbst in Sicher- heit. Der herbeieilenden „Gloire" machten Schüsse des „Blücher" die Schrauben unklar, so dass sie langsame Fahrt machen musste. Es wäre aus mit ihr gewesen, wenn nicht „Proserpina" und „Al- batros" pfeilschnell herangeeilt und dem Gegner herzhaft zu Leibe gegangen wären, dem sich jetzt auch „Charlemagne" in den Weg warf. Die Vor- postenkette der Torpilleurs, an einer Stelle über- rannt, schloss sich wieder zusammen, imd es ent- spann sich lebhaftes Scharmützel mit der 3. deut- schen Torpedodivision.
Sobald zur Rechten die bisher am meisten ge- schonten und daher jetzt ins Vordertreffen gestell- ten Schiffe der Sachsenklasse (siebentausendvierhun- dert Tonnen, fünfzehn Knoten, „Württemberg" stär- ker armiert) die feindlichen Vorposten hinter sich hat- ten, griffen sie unverzagt mit Todesverachtung die schnelleren stärkeren britischen Kreuzer in Nahkampf
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an. Diese schon früher in Marinekommissiona) empfohlene Taktik ergriff das einzige Mittel, bei ungenügender Armierung und Schnelligkeit aus den veralteten Typen noch Nutzen zu ziehen. Natur lieh zählte man dabei auf äusserste Hingebung der Mannschaften gegen bessere Geschütze und Panier. Man verrechnete sich darin nicht. „Württemberg' vorauf, durchbrachen die Küstenpanzer den über raschten Feind, der seine Femfeuerzone tatsädilid nicht ausnutzen konnte. Das Führerschiff ramnö! die ,,Dido'* durch und durch, als ob man mec Fechter den Degen durch den Leib rennt, obsd«£ deren Artillerie die deutsche Bemannung hauf& weise niederriss. „Lass, o Königin, uns nidit dö Schmerz erneuern," Witwe Dido hatte ihr Teil, nas hörte nie fürder etwas von ihr. Die „Magiena brachte nacheinander alle ihre Geschütze und Bof torpedos zum Schuss, musste aber mit zerbrochenem Vordersteven ausscheren. Der „Prometheus", ät Treffen von Fehmam als Reserve geschont, erwies sich hingegen als Himmelstürmer von titanisches: Ursprung und betätigte seine Liebe zum Menscbßi^ geschlecht, indem er „Bayern" aus der Schlacht- linie heraus weit zurück bis in die Hafensperre trieb. wo „Bayern" führerlos treibend imtersank und ^■ bei die Sperre verunreinigte. Seine Hintennäiu»? „Baden" und „Sachsen" nahmen „Isis" aufs Kon^ die sich ihrer kaum erwehrte mit Beihilfe der op- tischen gemischten Torpedodivisionen. Nach Re- gerem Gefecht lief ihnen der Vorderraum des Decfc
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voll Wasser, und da sie keinen Unterwasserboden- panzer besassen, war damit ihr Schicksal entschie- den. Sie wichen nach rechts zum Hafen aus, woll- ten festmachen, zu Anker gehen, vermochten dies nicht und setzten sich daher am Ufersande auf, um Sinken zu vermeiden. Die Mannschaft verliess ihre Schiffe, weil schutzlos dem Feuer preisgegeben, und verteilte sich tirailleurweise am Strande. Nur ein paar standhafte Kanoniere bedienten noch die halb- zertrümmerten Geschütze und hielten sich den Feind etwas vom Leibe. Inzwischen hatte „Dreadnought** den zwei noch übrigen Schiffen der Siegfriedklasse „Heimdair*, „Ägir" mit Leichtigkeit allein den Gar- aus gemacht und „Augusta**, „Vineta" in den Ha- fen getrieben. „Württemberg** kehrte noch recht- zeitig um und entkam dem Ungeheuer, obschon sein einkrachender Kommandoturm den Kommandanten in seinem Sturz begrub. Inzwischen ging auf Sig- nale der linke Flügel gleichfalls unter die Forts zu- rück, nachdem er alle Franzosen in die Flucht schlug. Der wieder rückzugdeckende „Blücher*' und „Lübeck**, von „Jona** und „Gloire** eingekeilt, woll- ten offenbar keine neue Lübecker Kapitulation an dieser Ostseeküste unterzeichnen und schlugen sich durch, indem „Blücher** unterwegs dem „Isly** mit einer furchtbaren Salve den Boden aufriss, aus der es deutlich klang: „Herunter muss er dochT* Doch v^rurden „Brandenburg** und „Berlin**, landsmann- schaftlich Seite an Seite fechtend, auf dem Rückzug noch von Fernschüssen des „Devonshire** ereilt imd
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misshandelt, bis sie ausser Sicht waren. „München'* teilte das gestrige Schicksal des „Neptunc", durd ein Unterseeboot durchbohrt und gleichzeitig tod Granaten niedergeschlagen. Britischersdts wiegte sich nicht der fröhliche „Albatros" im Morgenrot wippend auf der heiligen Salzflut, sondern fand m- term Meeresschaum, gar manchen Faden tief, doe endliche Schlaf- und Ruhestatte.
Beide Seetreffen, die den Franzosen zwei Schiffe gesunken, zwei schwer havariert, den Briten dm gesunken, eins schwer havariert, den Deutsches sechs Schiffe gesunken, drei gestrandet, vier schv? havariert kosteten, während die Deutschen fünbehB und die Alliierten zehn Torpedoboote verloren, nr ren nicht umsonst durchfochten. Bombardement und Unterstützung der Landung hatte so lange eingestdk werden müssen, ausserdem ermöglichte es dem,,Bai- barossa" erneutes Auslaufen aus Heiligenhafen, der Kurs unterm Winde längs der Küste nahm vd gerade im rechten Augenblick in Flanke der Tiass- portflottille ein Wörtchen mitsprach. —
Von der Landungsbrücke Bellevue, Bmnswict Neimiühlen bis zu den Holtenauer Kanalscfaleoses, über Cronshagen, Seewarte, ergoss sich ein Sti«£ alarmierter deutscher Feldtruppen, Landwehren, Ma rinebataillone längs der Kieler Föhrde. Die Laoen burger Jäger meldeten: „Konmie Bahn Rastari** bei Gaarden in Nähe der bedrohten Germaniaverft marschierte man. Doch die Briten hatten sich sd»® weit in den Dörfern der Probstei ausgebreitet, viele
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Haubitzen mit Automobilprotzen vorgeschafft und griffen frontal die Forts Stosch und Schönberg, die Seeforts Königen iind Heikendorf von der Landseite schon im Rücken an. Sie hatten die. Chaussee Lütjenburg-Kiel inne und stiessen noch weiter süd- westlich vom Selenter See. Allwärts brüllte jetzt der Schlachtendonner auf Meer imd Land, vom Meer zum Lande, vom Lande zum Meer. Immer neue Transportdampfer vollzogen die Ausladung ihrer bewaffneten Passagiere bei Kolberger Heide. French leitete. Mit hoher Bravour drangen die Briten aus der besetzten Hohenfelder Halbinsel ge- gen Kiel vor, nahmen neugebautes Fort Schönberg mit Sturm, brachten andere Forts in Bedrängnis. Wenn Tommy Atkins früher für „die Witwe" (Queen Victoria) in allen tropischen Zonen sein Blut verspritzte, warum sollte er*s nicht jetzt im Nor- den für den dicken liebenswürdigen Falstaffkönig, der so geschickt als angestellter Croupier der grossen Spielhölle British Empire die Karten mischtet
Die bis halbwegs Preetz im Süden vorgerückten Abteilungen warfen holsteinische Landwehren und vertrieben die Mecklenburger nachSchönhorst-Oppen- dorf unter Befehl des Generals Franklyn, indem sie so dem weiter nordwestlich gelandeten Korps als Aussenring Flanke und Rücken deckten. Div. Paget xuiter Majorgenerals Hamilton, Barton, rückte hinter Franklyn herum umnittelbar auf Kiel und die Forts nach Südwesten. Als aber Lauenburger Jäger und spä- ter Holsteiner Vierundachtziger am Selenter See ein-
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griffen, pommersche Landwehr auf Lütjenburg losging, wich Franklyn allmählich nord- und Strand- wärts zurück, und das Gefecht setzte sich seitwärts fort, so dsLSs Franklyn die britische Linke bildete, die Rechte mit verkehrter Front nach Möltenort- Dietrichsdorf vordrang. Landung der letzteren bei Kolberger Heide hatte man deutscherseits anfangs hindern wollen. Nur eine Seemeile fem lagen, 1 orpedoavisos, Torpedo jäger, kleine Kreuzer, denen ihre schwache Kielspur Annäherung an den Strand gestattete. Ihr Feuer antwortete einer hinter Dünen versteckten deutschen Rohrrücklaufbatterie, die auf siebzehnhundert Meter den Strand unter Feuer hielt. Auf das Signal eines Kanonenschusses in hoher See zuckten Blitze aus Hunderten schmaler Geschützmündungen die Schiffslinie entlang: nicht die erschütternden Schläge der geharnischten Gi- ganten, sondern das harte, trockene Bellen der Schnellfeuerartillerie leichter Schiffe erscholl. Und, merkwürdig I ein dichter Rauch verhüllte bald darauf alle Fahrzeuge, kräuselte sich überm Meer, klebte wie ein schmutziger ÖUappen an seiner Ober- fläche fest und wurde durch die Dunstballen, welche die leichten Schiff sgeschülze krachend ausspien, dicht über den Strand hinaufgestossen 1
„Verdammte Kanaillen!" rief ein Offizier laut. „Sonst rauchloses Pulver, jetzt eins, beson- ders angefertigt, schwärzer als das alte Pulver, um ihre Schliche zu verbergen!" In der Tat sah man nichts mehr vom Meer. „Sie können uns die
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Nase in den Topf stecken, ohne guten Tag zu sagen 1'*
Gleichzeitig zündeten Granaten hoch in der Luft, schlugen mit schütterndem Stoss im harten Sande auf. Cruiser ,Velox', Kontretorpilleurs ,Bar- berousse*, ,Carabine' karabinerten wie auf Treib- jagdanstand. „Dort links schleicht was im Nebel T' schrie ein scharfäugiger Freiwilliger, der einen hohen Baum erkletterte. Bald darauf schrie er: „Platte Fahrzeuge, reihenweise, mit roten und grauen Flecken darin." Fluchend und wetternd riss der Infanteriekommandeur seine Leute nach links herum, wo er sich umgangen sah, doch die Landenden hatten ja den geraden Weg vom Wasser her zum ausgewählten Punkt, während der Verteidiger in Kreismarsch parallel zum Strande tiefen Sand durchwaten musste. Ausserdem wandten die Briten, um eine unerhörte Schnelligkeit der Ausschiffung zu erlangen, ein neues, wimderbares Mittel an. Ihre Schaluppen wurden nicht von Dampfschiffen geschleppt, sondern besassen rück- wärts einen Petroleummotor und rollten wie Automo- bile in die Brandung. Da sie am Stern eine Winker- Maxim-Mitrailleuse führten, legten sie auch das Ge- stade vor sich her von Feinden frei. Den um- g^angenen Küstenwachen machte brave Attacke dreier Landwehrschwadronen und zweier Zügel6.blauer Hu- saren Luft, die mit eingelegter Lanze, ihre Offiziere voraus den Schwertarm zum Meere ausstreckend, sich auf dichte britische Knäuel stürzten, die noch
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nicht als Kolonne formiert oder als Schütten vss^ geschwärmt waren. Dieser Anprall wirkte anfangs überwältigend, zumal die Mitrailleusen der Sdu luppen auf das Gewühl nicht zu schiessen vagteo, um nicht ihre eigenen Leute zu treffen. Zdetit ertrank aber das Reiterhäuflein in einer Flut immer dichterer ausgeschiffter Massen, das Blau xemna unter Kakifarbe, nach wütendem Gemetzel kamei nur fünfzig meist verwundete Reiter mit verhängten Zügel zurück. Ihr Heldenritt hatte die Ausschiffung sehr verzögert, viele Briten bedeckten tot und fff wundet den Strand. Aber als das deutsche Fos^ volk, atemlos herankeuchend, sich auf dies in wiUe Unordnung geratene Menschengewimmel sttoß wollte, wo Feldgeschütze unangeschirrt am Meere standen und Maschinengewehre achtlos umherlage&. schlug ihnen, kaum dass sie auf tausend Meter heran waren, ein vernichtendes Feuer von der änsserta Postenkette der alliierten Kreuzer entgegen, die jcot wo klüglich die Hexenküche ihrer Verschlaenmgs^ pose nicht mehr rauchte, freies Schussfeld hatten Man musste den Rückzug antreten, auch die Düoefi batterie bis zur nächsten kleinen Bodenerheboflg Aber die Funksprüche der Forts knatterten nidit imisonst. Je drohender 4. Division Franldyn sich ai& breitete, je mehr Batterien 9., 24. Feldartfllerioegi^ ments und des 2. Pommerschen Landwehr-Küsttfr korps rasselten heran, und ihre genau markierte Be> Streichung riss grosse Lücken. Freilidi litten and ^ Deutschen imterm nun heftig entbrennenden Feoer
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der Schiffe, obschon das Landungskorps Paget, je weiter es sich vom Strand entfernte, desto mehr des Schutzes dieser Kanonade entbehrte. Gleich- wohl setzte es seinen Flankenmarsch bis zum näch- sten Bahndamm fort, unbekünmiert imi das Fern- feuer verschiedener längs des Weges aus Hasel- hecken und Buschgestrüpp aufgescheuchter Posten. Gesamtzahl gelandeter Briten schätzte man deut- scherseits sehr richtig auf elftausend Mann.
Die erbsgrünen Erdschanzen der inneren See- forts lagen noch auf 3000 m fem, als rechts Bartons' Kolonnen auftauchten. Über dem Braim eines hüge- ligen Ackers hoben sich ein paar rote Tirailleure wie wackelnde Truthähne ab. Möltenau-Batterie hielt sich bereit am Hafenrand, um den Feind beim Nieder- steigen in eine Vertiefung von zehn Metern zu be- streichen, etwa 2000 m fem. Die Briten schwenkten jedoch links ab und brachten eine mit Gehölz be- standene Geländewelle zwischen sich imd dies Flan- kenfeuer. Mancher einstige Burenfresserheld von Transvaal, der sich durch Deportation von Frauen und Kindern in die sogenannten Konzentrationslager einen ebenso grossen Namen machte wie der arme General Macdonald, den einige perfide Presseban- diten durch Aufdeckung seiner erotischen Helden- taten im Burenlande zum Selbstmord trieben, be- trachtete die Schanzen als Bagatelle. Von Schiffs- kanonade schon hart mitgenonmden, würden sie breschelegenden Achtpfündem nicht widerstehen. Lieut. General Paget ging in drei Kolonnen vor.
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Die 1., 2. und Coldstreamgarden bildeten die Linke, die, Kieler Hafen unmittelbar angreifend, das Ar- senal zerstören sollte, während die Rechte, 28^ 44., 57., 93. Regiment, lauter in Englands Kiiegs^ annalen berühmte Truppen, die Schanzen stünnt?. 2. Scots Guards, Royal Scots und Buffs folgten al- zweites Treffen mit Seaforth und Yoritshirt Leichte Leib-Infanterie (King's Own) und Riik brigade nebst etwas Mounted (berittener) Infantry Die Mittelkolonne blieb als Artilleriebedeci ung und Reserve bei Dietrichsdorf und sollte ii die Stadt Kiel einrücken. Paget erwies sich, w^e die meisten englischen Generale, keineswegs so ud fähig, wie die falsch ausgelegten Vorgänge des Burenkriegs eine törichte Legende verbreitet hatto Die Energie und Gewandtheit seines blitzschncßai Vormarsches Hessen nichts zu wünschen übrig. ausserdem würden so sehr in Brennerei gecbtc Transvaalveteranen das Brandstiften in Kid gewi^' sehr fleissig und umsichtig besorgt haben.
Doch er rechnete nicht mit dem alten Spruch: .AVu mich umgeht, ist selbst umgangen." Während ^ Mecklenburger Brigade nach Kiel zurückwich, hatte die Bahn eine nach Elmschenhagen herangeiogcne Gardebrigade auf Wellingdorf-Schönkirchen Z^ rade in seine rückwärtige Flanke geführt. Auf tele graphische Weisungen eilte diese im Gewaltmanct dem Kanonendonner zu, zuletzt in Laufschritt über gehend, als Herold eine Batterie vorausschickeni Des Feindes ansichtig werdend, der in dieser Ri^
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tung sich keines Übels versah, ruhten die Garden eine Viertelstunde. Dann setzten sie den Vormarsch mit entfalteten Fahnen fort, mit solcher Verachtung des Gegners, dass sie wie auf dem Exerzierplatz marschierten. Gerade als die Briten sich zum Sturm gegen die Schanzen anschickten, wo man sie schon hart genug empfing, warnten Schüsse ihrer ausge- setzten Wachtposten in Flanke und Rücken.
In Position rückwärtsstehende Batterie liess sofort vom Bearbeiten der Schanzen ab und eröffnete her- umdrehend ihr Feuer gegen diese wie aus der Erde emporgewachsene Kolonne. Doch ihre zu fernen Salven hielten den Marsch der Garde um so weniger auf, als deren eigene Batterie kühn vorausgaloppierte, in freiem Felde abprotzte und den britischen Kol- legen durch schräge Geschossgrüsse ein solches Will- kommen bereitete, dass sie auf Nimmerwiederkehr verschwanden. Die aufgelöst ausgeschwärmten zwan- zig Kompagnien des ersten Treffens überschütteten auf 600 m die rückwärts ausweichende britische In- fanterie mit einem Kugelhagel, unter dem sie zu- sammenbrach. Auf 300 m in einem Ruck heran- rennend, schleuderten die Garden eine förmliche Ge- neralsalve, welche von Lee-Enfields standhaft, so gut es gehen wollte, erwidert wurde, warfen sich dann buchstäblich mit dem Bajonett auf den Feind. Denn was anderen Truppen gegenüber, russische und türki- sche Barbaren ausgenommen, heut überflüssig, war gegen solche steif nackigen Briten nötig. Mietlinge oder nicht, sie starben wo sie standen. Auch bei
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den Iren schwieg jeder sonstige Stammeshass, ging es fürs British Empire gegen den Feind. Die 57. betätigten wieder ihren alten unübersetzbaren Spitz- namen : ,Diehards' (etwa : ,Nicht umzubringen')- Dod die Schanzen und die Mecklenburger Gewehre timt ten von vom auf. Jeder Widerstand unnütz, fast alle Offiziere gefallen, lösten die Briten sich fliebesd in zusanunenhanglose Gruppen. Auf Kid g^ worfen, wo ein heftiger Strassenkami^ zwisdia Mecklenburger Jägern und I. Seebataillon gegcs die britischen Garden und die Spitze der Bibttd^ kolonne tobte, trugen diese Trümmer Unordnung ic Hamiltons Reihen, in deren Rücken der unerbitt liehe Flankenstoss der deutschen Garden hineinfahr
Alles bog jetzt seitwärts zum Selenter See aus, während die Deutschen imunterbrochen ihre Linie verlängerten und immer weiter lunfassten. Zvai leisteten die englischen Garderegimenter und ^ Batterien noch, drei Kilometer vom EmbaikatioBs^ punkt, mannhafteste Gegenwehr, um dem zeitruD^ merten Gros die Einschiffung zu decken. Do<^ als der bisher maskierte „Barbarossa" übennStiand^ winkel zwischen Hohwacht und Heide auf den Dübcd dichte feindliche Haufen sah, liess er auf 2500 Q^ einen Strom von Eisen und Sprengstoffen los. Audi die Coldsteamgarde stob jetzt zum Strand bii^^
Nur das betäubende entsetzliche Feuer des „Drcad^ nought" und der übrigen jetzt die deutsche TcrW genden alliierten Flotte rettete vor völligem Arf reiben der Division Paget, die alle Gcschüw
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tausend Gefangene, dreitausend Tote und Ver- wundete hinter sich zurückliess. •
Diesmal wehten wirklich oft genug als Zeichen der Ergebung die bekannten weissen Taschentücher des Transvaalkriegs. Entscharte entledigten sich ihrer Tornister und oft der Waffen, oder kehrten die Kolben um, als Signal des Gewehrstreckens, das bekannte britische „Hände hochl" für schussbe- drohte Waffenträger in bedrängter Lage nach- ahmend. Kolonie Franklyn vollzog ruhiger ihre Ein- schiffung, obschon „Barbarossa" hier die Transport- flotte in grosse Unordnung brachte, auch sie verlor zweitausend.
Als die letzten Schaluppen und Kähne hinter den weiter draussen schwimmenden Paketbooten ver- schwanden imd die Panzer dem Kieler Hafen ein donnerndes Lebewohl sagten, nahm John French für immer Abschied von dem Traum, sich Kiels durch Landüberfall zu bemächtigen, die Deutschen am eigenen Herde heimzusuchen. Zu Lande hatten gegen sie britische Truppen nun mal kein Glück 1
Plötzlich verschwanden daher die Transport- riesen der Cunard Compagnie aus den nordischen Gewässern und tauchten nachher zur Verblüffung der Spanier imd Franzosen jenseits der Säulen des Herkules auf. Was wollten sie denn im Mittelmeer, da sie mit ihren dreizehn Metern Kielwasser doch iinmöglich den Suezkanal passieren konnten? Man erfuhr es bald genug, als sie ihre Truppenladung auf den Balearen löschten 1
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Die Blockadeflotte ging nach MarstaQbucht n- rück unter Anker oder kreuzte unter dänischen In- seln in neutralem Gewässer, ohne sich zu genieren. Noch ein drolliger Vorfall ereignete sich, um Eng- lands souveräne Nichtachtung aller geschriebena Vertrage zu verdeutlichen. Nach dem Text des Se^ rechts darf ein Kriegsschiff aus neutralem Hafa erst vierundzwanzig Stunden nach Abfahrt eines feindlichen dort weilenden Schiffes auslaufen, dod England lacht nur über solche Paragrai^engerippe.
Die vorpostenstehende „Kaiserin Augusta"* md Schulschiff ,,Delphin" waren, bei plötzlichem Nebd aus dem Skagerak ins Kattegat, vom Sund weit abg^ konunen und hielten seitwärts auf Fünen, «o in der Bucht die um Seeland herumgedampften Kremei „Prometheus" und „Isis** neben ihnen Anker warieft Als aber die deutschen Schiffe am Morgen demSoiKi wieder zustrebten, waren ihnen die Engländer ohne Zögern unverweilt auf den Fersen, und nur einigen derben Winken der 15 cm-Granaten der „Augosu", da das 10 cm-Kaliber des kleineren „Delphin" lü^ gar nichts ausrichten konnte, verdankte sie ihr En^ kommen hinter der britischen Blockadelinie. Docb wturde sie von Eckernförde ab in den Wilhebnsbnil gedrängt. Übrigens dampften die Franzosen eigen- willig nach Helgoland zurück. —
Durch den Nordischen Bergungsverein hatten die havarierten deutschen Schiffe sich einis^ermassen «i^ der herausgefüttert imd sahen wieder ganz anseho- lich aus. Bei einem nächtliclien Ausfall innerhalb
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der Eibmündung, nachdem man die versenkten Schiffe wieder hob und neue Minen anlegte, führte „Lothringen" dem ,,GauIois" sogar nachdrücklich zu Gemüte, dass an Rückgewinnung Lotharingiens nicht zu denken sei. Auch „Niobe" und „Medusa** kehrten dem Feinde wieder ihr starres Antlitz zu, als wollten sie ihn versteinern. Doch verboten in Cuxhaven aus- geschiffte Elf- und Vierzöllei den Deutschen jedes erneute Ausfallen. Die zerstörten Forts liess Beres- ford nicht wiederherstellen, um dem niederge- rungenen Gegner, an dessen baldiges Separat-Kapitu- lieren vor England durch Friedensschluss man glaubte, nicht für später den Neubau zu erleichtern. Auch die vier wackern Havarierten des Weser- geschwaders befanden sich wieder in erträglichem Stande, so dass Deutschland, die isolierten Körper in Kiel und am Kanal inbegriffen, noch zwölf Linienschiffe und neim grössere Kreuzer besass. Sin anderer Kreuzer ging freilich verloren. D^m ein britisches fliegendes Geschwader in der Ost- see, das einige Bomben nach Weichselmünde hineinwarf und bemannte Boote aussetzen wollte, was bei Küstentruppen des 17. Korps nur einen Heiterkeitserfolg errang, belästigte die Berliner Badegäste in Heringsdorf und Mistroy, die un- bekümmert um den Seekrieg ihre altgewohnte Sommerfrische aufsuchten, schmiss im Vorübergehen ein Fort bei Swinemünde um und überfiel das ver- ödete Rügen. Diese Gewässer hatte man auf jener berüchtigten Übungsreise hübsch ausbaldowert, wo
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in »Sveinemönde* britische Maats so freundschaftkh mit schönen Stettinerinnen kokettierten und der Bür- germeister von Danzig eine so devote Verbrüdenmgs^ rede hielt, die von dem überaus kühlen Antworttdt gramm des Kaisers an den britischen Anrempelungs- Adnüral gar merkwürdig abstach. Der Kaiser wahrte hier wahrlich allein die Würde Deutschlands gegea diese augenfällige Provokation. Bei Rügen nun ward ,,Vineta" abgefasst und nach heldenmütiger G^co: wehr abgeschossen, sie suchte jetzt da unten das versunkene Vineta. Ihr Manövrieren und Feditcn gewährte aber die nötige Frist für jede Vorsidtsr massregel, Stettin mit der kostbaren Vulkanverft vor Berührung zu sichern. —
England hatte alle für fremde Staaten in Af& rüstung begriffenen Schiffe der heimischen Pri^ werften ohne weiteres für eigenen Staatsdienst g^ presst, zu Zwangspreis abgekauft, und sonoit Beres- fords Gesamtverluste einigermassen gedeckt. SchÜBt mer stand es aber mit der verbrauchten ArtiDcrie und vor allem dem Maimschaftsersatz. Yidt beste Offiziere und Vollmatrosen lagen tot und verwundet darunter elf Kapitäne erster Klasse und ein Rear* Admiral, während deutscherseits zwei Konteradmt rale, drei hohe Offiziere des Marinestabs und vs^ gesamt dreiundfünfzig Kapitäne und Kapitanleot nants von Kommandantenrang ihr Blut vergossen
Hier zeigte sich die Überlegenheit des ded sehen Systems, insofern die Lücken schnell ersetzt Schon zu Friedenszeiten stieg die Zahl der Fremdei
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in der britischen Handelsmarine auf ein Viertel, und beim übrigen befanden sich fast fünfzigtausend so- grenannte Lascaris, nämlich Indier und sonstige Far- bige. Diese konnte man höchstens als Heizer ein- stellen, für den eigentlichen Mannschaftsverbrauch fiel hingegen der Ersatz schwer, so viele Freiwillige sich meldeten. Hatten sich also bei Mobilisierung alle Schwierigkeiten ziemlich spielend gelöst, so häuften sie sich jetzt.
Einen Strich durch die Rechnung machte auch das halsstarrige Verhalten der französischen Admi- ralität, die in der ersten Juliwoche peremptorisch das Brestgeschwader abberief, weil die flandrische Nordküste eines Schutzes bei Vordringen der deut- schen Armee bedürfe. Infolgedessen konnte Beres- ford zwar noch bis Mitte Juli eine mehrfach recht lockere Blockade von Swinemünde bis Borkum unter- halten, musste aber den jetzt ungenügend gedeckten Cms-Posten endlich Hals über Kopf räumen, wobei die Elf- und Vierzöller stehenblieben. Bei Cuxhaven barg man sie noch rechtzeitig, als imvorhergesehene Ereignisse das Aufgeben auch dieser Zwingburg ge- boten. Das Ende der Geschichte lautete also gar nicht so schön wie der Anfang, die harte Nuss war nur zur Hälfte geknackt, Deutschland schwer, aber nicht tödlich getroffen. Nichtsdestoweniger jubilierte man in England. Das Königspaar samt Prince und Princess of Wales fuhr auf der Hofjacht „Victoria- Albert", während die kaiserliche Luxusjacht „Ho- henzollem" längst den sauren Lustfahrten des
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Sanitätsdienstes sich hingab, als Seekönigs- familie herum, um sorglose Meerherrschaft zu mai kieren.
Die innere Solidarität der germanischen Volk« deren gemeinsames Rassegefühl leider noch lange nicht lebendige Wirklichkeit, sprach sich in dei ehrlichen Hochachtung aus, die man britischcrsciß dem Heldenmut der deutschen Marine zollte. Mas erzählte sich mit Bewunderung, dass in Tsingtaa, i^ die schmucke ,Thetis' wie eine schmachtende Nymp*" in ihr Element für immer versank, die Mannsdaü bis zuletzt mit lautem Gesang auf Deck blieb, ohne die Flagge zu streichen, einstiges Beisiriel des nnt« gehenden »Iltis* wiederholend. „Kein Märchen ^ beim legendären »Vengeur* der französischen Rc^ volution, sondern Wirklichkeit", betonten britische Offiziere, die ihre Geringschätzimg französisdiei Prahlerei nie verbergen, dabei freilich zu allen Prab lereien ihrer eigenen heimischen Glory ein Auge n drücken.
Man hatte deutscherseits nun möglichst aflc fp^ sen Handelsdampfer zu Kapern amüert : Vom Nori^ deutschen Lloyd fielen „Bayern", „Roon",„Koblcn2* „Darmstadt", „Sigmaringen", „Wittekmd", Jen- Phos", „Lübeck", „Albert", . Prinzess Alice" in bri> sehe Hände, „Prinzess Irene", „Kassel", „Wünbnif' „Preussen", „Karlsruhe", „Kronprinz", „Kaiser . „Schwaben", „Prinzregent", „Hannover", „WeGt gunde", „Willehad" lagen in neutralen Häfen, ^ gegen wurden der prächtige „Prinz Heinrich'*, ,.^-
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heim der Grosse", „Friedrich der Grosse", „Neckar", »,Roland", „Barbarossa", „Prinz Eitel" kriegerisch umgeschaffen. Von der Hamburg-Südamerika- Dampfschiffahrtsgesellschaft lagen „Asuncion", „Mendoza", „Paulo" in Hamburg parat. „Argentina", „Peroambuco" in Brasilien zurüdcgehalten, Nach- richt fehlte von „S. Cruz", „C. Blanco", „Santa Rita", „Kap Frio", „Santos", „Rio Grande". Die Ostafrika- Linie hatte „Feldmarschall" verloren, „Kronprinz", „Admiral", „Prinz Regent" waren nach Südamerika ausgebogen, „Kaiser" und „Kanzler" lagen kriegsbe- reit, dito „Ottensen", „Altona", „Augsburg" der Australischen Gesellschaft, deren „Magdeburg", „Berlin" später in Kopenhagen abtakeln mussten. „Chemnitz" verloren. Von der Hamburg-Amerika- Linic hatte man „Meteor", „Sevilla", „Schaumburg", „Poseidon", „Hoerde", „Albingia", „Pontos", „Moltke", „Prinz Oskar", „Gordon", die schon früher zu Truppentransporten benutzte „Borussia", vor allem die beiden Riesenschiife „Amerika", „Auguste Victoria", während „Navarra", „Liberia", „Lugano", „Abessinia", „Georgia", „Allemannia", „Laeisz", „Ga- licia", „Pennsylvania", „Pisa", „Macedonia", „Skan- dia", „Caledonia", „Karthago", „Armenia", „Bris- £:avia", „Thessalia" in neutralem Gewässer sich aufhielten und „City of Lucknow", „Teutonia", „Ra- pallo", „Prinz Joachim", „Kronshagen" von Briten, „Saxonia", „Barcelona", „Borva", „Artemisia", „Gra- nada", „Antonina", „Dacia", „Rhenania", „Samba", „St. Jan" von Franzosen gekapert. Die nach
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neun Töchtern Woermann und Bohlen gfr tauften Dampfer der Oceanischen Woennana- Linie schwammen irgendwo in neutralen Wassern, „Sommerfeld", „Solingen**, „DuisbuiBT*, „Bei- der Australischen Gesellschaft. „Flensburg", „Rostock", „Offenbach" widerrechtlich in AI- bany zurückgehalten. „Weimar", „Gndsenau", „Nor demey", „Bremen", „Frankfurt" (Lloyd), „Segovia'. „La Plata", „Dalmatia", „Bismarck", „SchwanbuiT^. „Bethania", „Senegambia", „Prinz Adalbert", pPrö zess Vict. Luise" (Hamburg-Amerika), „Entrms"' (Südamerikanische), „Harburg", „Varzin" (Austiali sehe), „Bürgermeister", „Markgraf" (Ostafrikanh sehe), „Lothar Bohlen", „Kurt Woermann", „Hol^ satia", „Vandalia", „Sparta", „Pallanza", „Patrida . „Acilia", Marcomannia", „Blücher" an afrikanisd^ Küste gejagt. „Verbrenne!" „Versenke!" der einsti- gen versiegelten Flottenordres britischer Seeräubei- Politik erwies sich noch heut in Kraft. „Marburg. „Bonn", „Königin Luise" (Lloyd), „Kronprinicss Ca cilie", „Hellas", „Suthonia", „Christiania", „Hif«»Dia . „Bulgaria**, „Batavia" (Hataburg-Amerika), „Saa Nicolas", „Rhaetia", „Paranajua", „Birtioswalir (Südamerikanische), hatten sich nach Walfischbai gfr flüchtet, „Linden", „Meissen", „Bergedorf*, ,^ Sigismund", „Prinz Waldemar", „Lothringen" i^ Simpsonhafen. „Gera", „Stuttgart" in Triest intö niert. Manche dieser Schiffe beschädigt, einige g^ strandet. „Zieten" (Lloyd) ausserdem im Ymfäit^ kanal in den Grund gebohrt. „Wittenberg'*, ,M^
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(Lloyd), „Guabyba", „Bahia'* (Südamerika) blieben verschollen, Reichspostdampfer „Schamhorst**, „Her- zog** meldeten sich erst beim Friedensschluss aus ihrem Versteck. Die Seekadettenschiffe „Charlotte", und „Stosch** besorgten bei Nachlassen der Blockade den Postdienst zwischen den Flotten- stationen draussen. Da die Briten ihre Ostsee- sperrung zuletzt ganz aufhoben, zirpte die in Kiel reparierende, jetzt kriegsfertige, kleine „Grille" zwi- schen Rügen und Bomholm ihr Lied.
Im allgemeinen konnte Beresford der deutschen Marineleitung Anerkennung nicht versagen. So war z. B. sehr richtig, dass man „Bremen**, „Panther** von aussereuropäischer Station, wo sie verloren ge- wesen wären, zur Nordsee berief. Station Wilhelms- hafen und dortige Werftarbeit überwachten Konter- admiral Wodrigimd Kapitän z. S. Poschmann fleissig. Indessen Hess Ausfall des erst errichteten Tur- binenboots S 125 bei Spikeroog den Schaden dieser Anlage neben besserer Feuersicherheit, Kompass- ruhe, leichter Bedienung, Unterhaltung, erschütte- mngslosem Betrieb erkennen, nämlich grösseren Kohlenverbrauch und schwierigere Stoppung bei Rückwärtsfahrt, als bei Kolbenmaschinen. Letzteres hatte viele britische Turbinenboote zu Fall gebracht. Dagegen bewährte sich die eingeführte Parabellum- Selbstladepistole (System Luger- Borchardt) beim Kieler Gefecht.
Verstärkung der Flusssperren erreichte man, in- dem man patentierte Erfindung der Firma Schnei-
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der in Fulda ausnützte, den für drahtlose Tdc- graphie geläuterten sogenannten »Fritter' zum AnffiK- gen von Minen aus der Entfernung, ohne Benutzung einer Leitung, zu verwenden. Durch Beebflussung elektrischer Wellen wird die Füllmasse, das Frit- pulver, zu einem guten Leiter und erringt unter B& mischung von Sprengstoff, eines schlechten L& ters, einen hohen elektrischen Widerstand, der s& nerseits durch Einschaltung eines stärkeren deto sehen Stroms überwunden wird. Von der Fnnkefr gebestelle her wird nun in der entfernten Mioe die Frittermasse glühend und zum Aufflie^ %^ bracht. Eine solche in Glut geratene Flattenuii». offensiv aus der Eibmündung losgelassen, besda- digte drei neu eingetroffene Reservepanzer ,J*riDce Consort", „Princess Maud**, »»Alexandra" sdir crast lieh. Die holde „Maud** weinte bittere salzige Led tränen, ihre Lenzpumpen schöpften dies Danaidcfr fass kaum aus. Dagegen erwies sich die AnnabnK man könne vom Fesselballon den dunkeln Schatter der Unterseeboote am hellen Meeresgrund dkcnn* auch bei flachen Gewässern als falsch. Dazn s^ hörte ein besonders glücklicher Zufall.
Die von hundertfünfzig auf hundertacfatzig Noa mern angeschwollenen Torpedoboote, von denen er Drittel die Ostseehäfen bewachte, schmolzen t^ sehr. Doch machten sie bis zuletzt den Briten t^ schaffen. So sackte S 105 nachts bei stdfer Bc unterm Bug des „Albion" weg bis zur wieder ati^ gelegten wei$sen Helgolandtonne: zerstörte dortig
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Kohlendepot, sich selbst zur Eider durchschlagend. £s kommt beim Torpedoboot eben alles auf die Führung an, denn die holländischen bei Texel imd Terschelling erlagen den britischen sofort.
Über den hohen Grad von Schlagfertigkeit, wel- chen ihre Neuorganisation der britischen Flotte ver- lieh, nährte man ebensowenig mehr frommen Kinder- wahn, wie über die Möglichkeit, mit den wenigen Kreuzern und Kapern dem britischen Seehandel hart zusetzen zu können. Von einem „hypnotischen Bann", wie jemand geweissagt hatte, der während der Blockade den übermächtigen Feind in Defensive rücken werde, merkte man auch nichts. Dagegen trat allerdings der vorausgesehene Fall ein, dass die Vereinigten Staaten, gestützt auf Paragraph 4 der Pariser Konvention, die britische Blockade nicht als effektiv betrachteten und die Schiffe unterm Ster- nenbanner sich vom Schmuggel zu höchst ungenier- tem Abladen von Kriegskonterbande in den deut- schen Gewässern aufschwangen. England schwieg still dazu, lun der im Hintergrund lauernden Gross- macht keinen vielleicht erwünschten Zwischenfall für Interventionsgelüste zu schaffen.
Übrigens widerlegte oder bekräftigte bisherige Entwicklung alle früheren falschen oder richtigen Prophezeiungen. Es war ja ein grober Buchstabe gewesen, Landungsversuch bei Kiel, und zwar natür- lich auf der allein angreifbaren Ostseite zu weis- sagen, da eine tatkräftige Führung wie die britische sich mindestens solchen Versuch nie entgehen lassen
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würde. Ebenso selbstverständlich, dass die Biiten von Langeland nach Hohwachtbucht die geradeste Linie wählen würden. Aber dies alles war nur mög lieh bei vorhergehendem Seesie^r im Belt, wie tat- sächlich geschah, nicht wenn dieser Flottenangiifi „abgeschlagen**, wie jener Autor es dargesteDt, iini vor allem nicht zu Anfang des Krieges, da der Fdod sich natürlich hütete, seine Streitkräfte zu tdkn. ehe nicht vor der Elbe die Entscheidung fid. Ebenso hatte ein anderer Autor nur Selbstverständliches an^ genommen, als er Besetzung von Borkum und Ems- mündung britischerseits annahm. Denn solche Mass- regel drängte sich schon im Hinblick auf kombiDiff- ten britischen Angriff aus Holland auf. Aber dan£ fehlte viel, dass man sich dort bequem und ,Juik^ lieh** einrichten konnte 1 Deutsche Landtruppen und Flussminen hatten doch auch ein Wörtchen mit zureden. ÜberfüUtes Lager Borkum-Emden mosste zuletzt schon an Emährungsschwierigkeit scheitta falls eben nicht ein anderes Korps aus Holboc die Hand reichte. Andrerseits machte ein gege: jene anderen Autoren bissig polemisierender Se^ offizier sich nur lächerlich, wenn er Minen für ao^ reichend hielt, den Briten Eintritt in die Weser, den Deutschen ebendort Ausfälle zu verbieten. Letz- tere kannten die Fahrrinne genau, erstere hane:i emsige Minensucher. Stände es so imfehlbar nct Minengefahr, dann hätte kein Schiff je vor Port Ar thur operieren können I Nein, mit Wehrlosigkcit voc Bremerhaven und Weserforts hatte es seine Ricbtis-
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keit, wohlgemerkt aber auch hier erst nach Nieder- werfung der mobilen Streitkräfte und ohne die zer- störten Punkte selbst behaupten zu können. Tempo und Zeitfolge der Ereignisse waren daher in jenen Prophezeiungen völlig verfehlt. Ganz abgesehen vom unsinnigen Einfall des einen, die Kanalflotte zu sofortiger Schlacht „aufsuchen" zu wollen, oder des andern, sofortigen Torpedoangriff gegen den vorsichtig auf hoher See operierenden Feind vorzuspiegeln, was ersterer dann später durch glücklichen Torpedoüberfall der britischen Ostsee- flotte noch übertrumpfte, als ob britische Marine weder Vorposten noch Destroyers kenne, konnte überhaupt an Forcieren der Elbe und Weser eben- sowenig wie an Überfall von Kiel gedacht werden, ehe nicht deutsche Schlachtflotte tmd Helgoland überwunden. Dass verfrühtes Bombardement von Cuxhaven keinen Erfolg haben würde, liess sich leicht berechnen: Beresford hätte also ein Narr sein müssen, nüt Helgoland in Flanke und Rücken das gefährliche Fahrwasser zu passieren, wo ihm die deutsche Flotte übel mitspielen konnte. Andrer- seits gebot aber Rücksicht auf Helgoland den Deut- schen, wie schon mehrmals betont, unter allen Um- ständen dort mit BeihUfe der wichtigen Strand- batterien die Schlacht anzunehmen und mit die- sem Hauptereignis endete also nicht der Ent- scheidungskampf, sondern begann damit Dass aber nachher Helgoland und Cuxhaven fallen müssten, verstand sich wieder von selbst. Nur irrige Voraus-
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Setzung über Wert von Strandbattehen konnte lu an- derem Schlüsse führen. Ob Beresford je wirklich an Hamburg hätte herandringen können, lässt sicli schwer beurteilen. Jedenfalls beherrschte scmc Cui havener Batterie die Wasserwege so weit, dass ar aktive Verteidigung nicht zu denken war, falls jeoe vier Kreuzer sich damals bei Schulau festgesetzt ihm! für weiter nachfolgende noch weiter Bahn gebiodta hätten.
Beresfords: „Schlachtschiffe sind billiger als Krieg", auf Bankett der Navy League gesprochen in Friedenszeit, enthielt eine Wahrheit, die Dcutsd- land nun am eigenen Leibe erprobte. Der Landkrieg kostete binnen vierzig Tagen über zweiemhalb Mil- liarden, der Seekrieg sicher nicht weniger, wenn man all seine Schädigungen in Betracht zog, vom Stocke des Handels und sonstiger riesiger Einbusse an NV tionalvermögen noch ganz zu schweigen. Den Fraa^ zosen kam ihr Kriegszustand zu Wasser und zs Lande nicht billiger, zu Lande noch viel teurer zc stehen, was bei ihrer schon früher schwebenden enormen Nationalschuld drückender ins Gewicht ^ Die Engländer arbeiteten ohnehin sehr kostspielig, da ihre Mannschaften besoldet werden und die Land miliz vorläufig ganz nutzlos unter Waffen stand. H^ bilisierung und Instanderhaltung einer solchen Ri^ senflotte auf Kriegsfuss verschlingt Unsummen. N«! kamen bald noch hinzu die schweren Veriusic ß China tmd Afrika, welche entschieden die doitigtc deutschen überwogen, und das naturgemässc Anr
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saugen französischer Landesteile durch deutsche Be- setzung. Der Verlust an lebendigem Eigentum, d. h. an Menschen, war gleichfalls auf Seite der Alliierten entschieden grösser, Gefangene und Versprengte ein- gerechnet. Kein Wunder, dass die Völker den Krieg von Herzen satt hatten.
In England freilich blieb alles beim alten wie im tiefsten Frieden. 1. Ayr-Galloway-Volunteers übten Scheibenschiessen im neuen Kriegshafen In- vergordon. Manchesterregiment hielt Parade vor In- spektor-General Duke of Connaught und Marschall Evelyn Wood, dessen Sohn, Major in Bengalen stehender Royalsdragoner, betrübte Briefe schrieb, dass Royais nicht gegen Regimentchef Kaiser Wil- helm fochten. Regiment Essex auf Malta gab einen Ball, obschon die früheren Kameraden 4. Worcester in Suez von achthundertfünfzig auf dreihundert Mann schmolzen, wie der als flinke Hinde hin imd her laufende Destroyer ,Stag* meldete. Italiens Miss- £:eschick amüsierte, dessen Animosität gegen Deutschland sich ja schon beim Flottenbau zeigte, indem man lieber Armstrong als Krupp Geld ver- dienen liess. Dass dem Unglückskreuzer „Puglia" der Tarantowerft wieder mal 20,3 cm-Geschütze ent- zweisprangen, machte Armstrongs schlechte Ware nicht besser. Russlands neue Panzer ,Makarof\ , Gertzog Edinburgsky' übten friedliche Spazierfahrt neben schwedischen Korvetten ,Freia', ,Saga' im Sund. Nur noch Frankreich hatte respektable Flotte, dessen Admirale Maigrot und Caillard plötzlich die
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deutsche Küste verliessen. Hier hatte man aDes Tourellegeschütz durch Reformen in ,räontö des m^canismes du pointage* und ,hausses optiques* ver bessert. Die neue vom Ordonnanzoffizier des Ma^in^ ministers, lieutenant de vaisseau Petit, erfundene U nette versprach viel.
Britische Rekonvaleszenten ,Valiant*, ^ctive'. wollten neurepariert sich rüstig und aktiv idgea ,Courageous', von Tauchern gehoben, ward courag« geflickt, ,Britannia* ging völlig umgebaut mit 12- ^ 6zölligen Kanonen, 76 Millimeter-Granaten nadi OsJ^ »President* mit dem neuen »B^ll^roP^on' und Sub^ marindepotkreuzer ,Bonadventure* nach Westinäcn ab. An ihre Stelle traten, neben dem als Knsieß wache vor Dartmouth liegenden Kreuzer ,Espieöf die Kreuzerdamen ,Doris*, ,Hermione*, der undurcb^ dringlich gepanzerte ,Impregnable*. Obschon kleinere Kreuzer wie ,Speedweir, ,Acheron* im deuiscba Meer keine gute Fahrt machten und in acherontiscb« Tiefe stürzten, hatte man noch so viele wie .Sinus. feinen ,Hyacinth* zum Etappendienst. Rearadffi Gamble und Gross (Devoni)ort und PortsmouthR^ serve), Superintendent Sir. A. Barry zogen Schladi'- schiffe ,Russer, ,Cornwallis*, ,Mars*, ,Prince George ,Centurion' zusammen, wo Conunodore Tynoffi- sein ,broad i>ennon* flattern liess, mit 40 Cardin Colliers, Dampfer Torridge allein mit 6000 Tonne rauchloser Kohle. Torp.-Schulschiff ,Vemon* berat Lieb Vaterland, kannst ruhig seini
Von seinen Kolonien erfuhr Deutschland seit lange nichts mehr. Man blieb für Ostasien auf Nachrichten des sibirischen Telegraphen (Kabel Nagasaki- Wladiwostok) angewiesen, der jedoch nur Unsicheres mitteilen konnte, da die Japaner scharfe Zensur übten und auch chiffrierte Depeschen aus Amerika nicht mehr durchliessen. Nur der deut- sche Gesandte in Washington bekam Kunde von den östlichen und sonstigen Ereignissen, konnte aber auf dem Kabel New York-Azoren nur anfangs einiges nach den afrikanischen Kolonien berich- ten. Als dann Anfang Juni plötzlich Krieg zwi- schen Japan und den Vereinigten Staaten ausbrach, hörten natürlich alle Berichte nach Europa auf, und auch von Vigo (Azoren) liess Portugal keine Depe- sche nach Deutsch-Afrika mehr durch. (Die letzte besagte, dass Ninkwa und der Runhaübergang bei Kidatu in Ostafrika noch vom Bezirksamtmann Rode i^egen Häuptling Ameri gehalten werde.) Dieser Kleinstaat hatte sich zwar für Kaiser Wilhelm bei dessen Besuch begeistert, weil man für die Delagoabai bangte, die England schon längst okkupieren wollte. Doch an alte Vasallenschaft seit Wellingtons Zeit
Völker Europu . . . ! 28
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demütig gewöhnt, beugte man sich jetzt den Macht Verhältnissen und trat aus der Zone wirklicher N» tralität gerne zu Gunsten Englands heraus, wenn es nur nicht aktive Teilnahme am Kampfe verlangte Ungeniert nahmen englische Schiffe auf allen por tugiesischen Seestationen Kohlen ein, portugiesiscbe Besatzungen in Afrika zeigten den Deutschai das sichtbarste Übelwollen. Doch auch dies gehörte ä schon der Vergangenheit an, Portugiesen hattesi nichts mehr zu tun oder zu unterlassen, übefaü vom Erdboden vertilgt. In Ademaua (Südkamöiffi/ trieben die Akwas frei ihr Unwesen, wo einst PuR kamer, Brauchitsch, Dominik gewaltet. In Kä«» Lukoliro, Iringa, Moragoro, Kilossa an der Ost küste herrschte die Ruhe des Grabes. —
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Sichere Kunde von den Vorfällen in Ostasi« erhielt man in Deutschland sehr spät, und i^ erst nach dem plötzlichen Abschluss des Friedes» mit Italien. Dem Kreuzer ,,Condor" gelang es näifr lieh, von seinem Stationsort Australien zu entkonuDCE imd in kühner abenteuerlicher Fahrt um Singapor« herum an Ceylon vorüber den Indischen Ocean. dann den Persischen Golf imd das Rote Mecrie durchkreuzen, indem er bei Nacht mit gelöschteß Lichtem an Aden vorüberfuhr, wo ein vercuiieHes britisches Stationsschiff lag. Alle übrigen britisdie Schiffe waren damals im Gelben Meer und vor Ja^ zusammengezogen, so dass die Gewässer bis Sofl freilagen. Dort hatte der „Condor** anfangs die Mcff* enge durchs Meerungeheuer „Leviathan" gcspcnt
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gefunden. Als dies und „Suffolk" aber südlich nach Kassala die Anker lichteten, passierte ,,Condor" bei Nacht unbemerkt, da die von den Islamiten bedräng- ten Garnisonen von Suez und Port Said etwas an- deres zu tun hatten, als sich um fremde Schiffe zu kmnmem. Durchaus unktmdig der europäischen Ereignisse, durchlief der deutsche Kreuzer nun- mehr die Syrte und wandte sich nach Tarent, um das befreundete Triest zu erreichen, da man sich bei Italien in befreundeten Gewässern glaubte. Auf der Höhe von Brindisi angehalten, konnte man aus dem seltsamen Betragen der Italiener nicht klug werden, die zwar bedauerten. Einfahrt nach Triest nicht gestatten zu können, aber sich in Höflich- keiten erschöpften. Es war die Zeit Anfang Juli, wo Italien nicht aus noch ein wusste. Zur Beschlag- nahme deutscher Handelsschiffe im Triester Ha- fen, neben „Körber" auch Touristendampfer „Thera- pia" der Levantiner Linie, hatte der deutsche Bot- schafter anfangs wohlweislich geschwiegen, nach den italienischen Niederlagen aber in drohendem Tone Rechenschaft gefordert. Dies schon aus tieferen di- plomatischen Gründen, um Italien durch solchen Kriegsvorwand einzuschüchtern, sollte es wegen An- schlusses an die geheime Allianz kontra England Schvaerigkeiten erheben. Natürlich wxurden die deut- schen Schiffe sofort in Freiheit gesetzt, man habe sie mit Fahrzeugen des österreichischen Lloyd ver- -wechselt. Man erschöpfte sich in Entschuldigungen, und Mitte Juli erhielt der unter politischer Qua-
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rantäne im Meerbusen von Tarent bewachte „Con dor" feierlichen Besuch des italienischen Adnmals, der sich mit vieler Devotion .als neuer Waffenbruder des allgewaltigen Deutschland vorstellte. Der Koo- mandant des „Condor" hatte jetzt folgendes nad Hause zu berichten. (Er hatte übrigens noch unter wegs den Engländern einen schweren Schaden » gefügt. Bei Lloyds imd auf dem Marineamt in L^ don herrschte Bestürzung, dass Nachricht aus b- dien ausblieb : die Kabelleitung Aden-Bombay ^ von „Condor" auf einige Zeit unbrauchbar gtm^ worden. Erst auf der Kabellinie Valcnda-Ainerib erhielt man aus Batavia und Pago-Pago, ^ ^ amerikanische Kabel nach Oceanien endet, B^ schwichtigung, dass in Indien nichts Neues vorfiek „Auf Samoa-Islands Vermessungsschiff f^ am 1. Juni umzingelt und zmn Flaggstreichen r zwungen, Apia vom Feind besetzt. Laut Bericht de Reichspostdam^fers ,Schamhorst\ seither gleichW^ vermisst, auch Vermessimgsschiff ,Komef bri Bcrfc Abas im persischen Golf abgefangen. S. M. Krcuie? ,Cormoran* auf Fahrt nach Tsingtau am 28. M« von feindlichem Panzerkreuzer eingeholt und vc: senkt. S. M. Kreuzergeschwader (,Thetis*, ,N«* ,Undine*, »Elisabeth*, »Geier*, K. B- .Luchs'. ,1^ vor Tsingtau 4. Juni nach tapferer Gegenwdr ^ englisch-französischer Übermacht vemichteL Am? Strandbatterien in Tsingtau zxmi Schweigen gfb^'^ Kiautschou von englischen Marinemannschafteo os kupiert. Am 31. Mai ein englischer Truppcntra35^
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port von der Indischen Armee in Hongkong ver- sammelt und nach Batavia in See gegangen. Am 3. Juni holländische Flottille auf Reede von Batavia abgetan, die Stadt von britischen Matrosen besetzt. Aufstand der Javaner im Innern. Landimg des anglo- indischen Truppentransports. S. M. S. ,Condor* dort reparaturbedürftig, aus Freemantle (Südwest- australien) in Batavia eingelaufen, von dort ent- kommen." —
In London wusste man natürlich mehr. An- nexion von Sawai und Upolu verlief kampflos, ob- schon die fremden Arbeiter aus Tahiti und Neuen Hebriden (Kanaken) in den ehemals Godefroyschen Pflanzungen nicht übel Lust zeigten, sich auf Seite der deutschen Behörde zu schlagen, von der sie besser behandelt werden, als sonst von englischen Kopra-Makers. Am Brotfruchtbaum-Hain des öst- lichen Vorgebirgs Saluafata in Nähe von Vailili, wo einst viele deutsche Seeleute im samoanischen Bürgerkrieg den Tod fanden, sowie an der mit Taro- pflanzen bestandenen Fagaloabucht musste man Gra- naten zwischen drohende Haufen von Polynesiern werfen, und an der steilen Südküste wollten die rauhen kriegerischen Dörfler von Falealili, der volk- reichsten Ortschaft nächst Apia, in Nähe der fran- zösischen Missionsstation sich auf ein Gefecht ein- lassen. In die Brackwassersümpfe vor Apia floss auch einiges Blut von Deutschen und Samoanem. Alle bedachten sich bald eines Bessern. Mit dem „Planet" wurden hier auch der Dampfschoner „Sa-
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moa", beim Bismarckarchipel der Lloyddampfer „Lü- beck" (früher Sidney-Apia) gefangen.
Mit bitterm Neid blickten die Briten auf die Hawaünseln, deren riesigen Zuckerbandel (ndist Pulu-Pflanzenfamwolle, Baumschwämmen, Kiikn> nussöl, Rindstalg, Perlmuscheln, gelben Federn d6' Inselvögel) man sich so gern angeeignet hätte, da man doch mal im Zuge war. Leider verbot Ruck- sicht auf Amerika diese Vergnügimgsfahrt Lieb- licher Duft der Hawaischen Blumenzucht, wo nur die Rosen geruchlos, ward von balsamischen Lüften Oceaniens gen Nordwesten getragen, als sollte die Blumenliebhaberei eines andern Inselvolkes da drü- ben auf Nipon begrüsst und eingeladen werden!
Hingegen konnte England sich nicht versaga Aimexion von Samoa auch auf die unabhängiges Tongainseln auszudehnen. Dem drolligen „Könige mit seinen drei Ministem, vierzig Kanmierdeputiei ten, fünfhundert Leibgarden, nebst dazugehörig® Reichswappen, ward mitgeteilt, dass die sechs deci sehen Ansiedelungen seines „Reiches" Bedenken e: regten, daher fortan Handel mit Netzen, Körbei, Elfenbeinschnitzerei nur noch unter oigtischc' Flagge erlaubt sei, die man auf dem PalmU^tt dach der hohen Kirche von Nukualofa alsbald aufzog.
Nicht mal das bisher im Iimem gegen den tu den Arfakstanmi unerforschte Neuguinea li^s nun den Deutschen. Nachdem im holländischen ^^ teil das Fort Dubus und Pfahldorf Dor6 von eiti
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gen Blue-Jackets besetzt und dem Sultan von Tidore mitgeteilt, dass fortan Tribut von Papua-Muskat- nüssen, Massoirinde, Paradiesvögeln an den Gou- verneur von Queensland (gegenüberliegendes australi- sches Festland) zu zahlen sei, nahm man Kaiser- A^helmsland in Angriff, das allerdings im Verhält- nis zu Holländisch- und Britischneuguinea sich schon einer gewissen Blüte erfreut. Die deutsche Neu- guineacompagnie mit ihren Tochtergesellschaften „Kaiser Wilhelms-Plantagen" und „Astrolabe" hatte uiit Tabak und Baiunwolle sehr guten Erfolg gehabt, nutzte den Pflanzenreichtimi von Yam- und Taro- wurzeln, Areka- und Sagopalmen, Brotfrucht-, Mus- katnuss-, Gewürznelkenbäumen, Bambus, Ingwer, Ne- gerhirse, Sorghum, Betelpfeffer gut aus, führte Me- lonenbäume, Tamarinden, Limonen, ölpalmen und europäische Gewächse, Liberiakaffee aus Java, Kaut- schuk-, Guttapercha-, Kapokpflanzen, Maniok, Coca, Bixa (für Farbrinde) ein. Dieser Herrlichkeit wollte nun ein englischer Überfall ein Ende machen. Ob- schon aber die Dampfer „Ysabel" imd „Ottilie", Segelschiffe „Senta", „Esmeralda" und Friedrich- wilhelmshafen selber leicht genommen wxurden, be- kam eine Ausschiffung einem Marinepikett schlecht. Auch grössere Landungen schickte die Schutz- truppe, aus miokesischen Insulanern imd den we- nigen Deutschen bestehend, mit ihren umgeänderten Chassepots unverrichteter Sache heim. Denn die angeworbenen viertausend Arbeiter von den deut- schen Inseln, die weit gerechter behandelt wurden
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als irgendwo sonst die unglücklichen Kanaken, fübl- ten kein Bedürfnis, die Regierung zu tauschen, und standen treu zum Landeshauptmann. So blodoerte der britische Admiral nur die Küstenrander und verschob ernste Okkupienmg des Pflanzergebicts auf später, wozu ihm jedoch auch bezüglich der Salo- monen und des Bismarckarchipels eine baldige Um* gestaltung der Weltlage keine Zeit liess. Wie gene hätte man die »Deutsche Handelsgesellschaft der Südsee* und die Firma Hemsheim von Matapi ver- drängt und der britischen Firma Forsayth auf Neu- pommem ein Monopol unterm Union Jack versdafft für Kopra, Tripangsäcke, Perlmutterschalen l Dod einem raschen Streifzug gelang nur die Agentur Mioko zu zerstören und die Gazellehalbinsel su b^ unruhigen, doch der Reichskonunissar liess sich noch nicht von Herbertshöhe verdrängen. Auf den ii^ völlig unbesiedelten Salomonen, wo nur ein Amen- kaner Macdonald und ein Händler der Finna Farell eine Zeitlang die einzigen Weissen waren und nnr ein bisschen Elfenbeinnüsse ausgeführt werden. machte ein britischer Kreuzer der Tausendsdiiff- bucht kurzen Besuch, dampfte dann nach den Mar Schallinseln, wo er die deutsche Hauptstation, defl Sitz der Jaluitgesellschaft, leicht genug bcsctttc, da unter der Handvoll Weisser nur ein Viertd Deutsche.
Übrigens wurden auch die wertlosen Karoöncu. Marianen, Ladronen, wo der spanische Schiendrias alle günstigen Keime austilgte, mit einer Besatzong
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in Ponap^ bedacht, weil auch hier der deutsche Han- delseinfluss tonangebend, daher zu inhibieren sei.
Französisches 2. Geschwader ,des mers de Chine' half naiverweise beim Bewältigen der Sundainseln, wo alle holländischen Faktoreien und deutschen Han- delsniederlassungen auf Bomeo und Sumatra in bri- tische Hände fielen. Französische Kameradschaft wurde sogar für den Kleinkrieg mit den holländi- schen Kolonialtruppen auf Java und zur Zähmimg der Malaiensultane auf Sumatra in Anspruch ge- nominen, das 1. Tonkinesische Infanterieregiment treuherzig vom Gouverneur Beau (Indochina) den Briten zur Verfügung gestellt. Die problematische Herrschaft Hollands auf Sumatra und Bomeo wurde so binnen einem Monat durch die beiden europäi- schen Grossmächte erweitert. Malaien und java- nische Mischlinge sahen sich mit trauriger Über- raschung ganz andern Kräften gegenüber, als das kleine Holland sie jemals aufbringen konnte, und es wurde recht deutlich, dass die so unendlich wert- vollen Sundainseln, von denen eigentlich nur Java völlig Holland gehörte und deren unermessliche Schätze im Innern noch meist ungehoben liegen, nur in der Hand einer Grossmacht für Europa wirk- lich auszunutzen seien. Die holländischen Mietlings- truppen, meist Deutsche, kapitulierten, um sich nicht den angeblich laut Multatulis Anklagebüchem so lange gepeinigten, in Wahrheit nur tückisch treu- losen Eingeborenen ergeben zu müssen.
Der Freude in England über diesen neuen, so
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lange begehrten Besitz tat es auch kernen Eintrag, dass die beiden andern Mächte des Stillen Oieaos, Japan und Amerika, sich unterdessen in den Haaren lagen. Es kam ja nicht unerwartet. Japan, dss sich mit höflicher Kühle von der britischen Razsa auf deutsche Kriegs- und Handelsschiffe fernhiei hess alle noch nicht nach San Francisco und Panam auf rechtzeitige chiffrierte Vorherwamung ans Ham- burg, entronnenen Dampfer des Lloyd ruhig Ae Jokohama entwischen, sah dem raschen ÜbeifaD ^ rührigen kleinen Kiautschougeschwaders auf ^ tisch-französische Kauffahrer (vom 20. Mai lis 2. Juni) gemütlich zu. Dass es gleich anfangs soae ganze Flotte mobilisierte und auf Fonnosa drd 1^ sionen landete, während in Korea und den nod b^ setzten Punkten der Mandschurei eine OkkupatioQf armee nach dem Amur hinüberschielte, als wölk sie Russland einen Wink mit dem 2^unpfahl g^ sich nicht zu rühren, blieb den Amerikanern ^^ kein Rätsel. Der von japanischen Emissären g^ schürte erneute Aufstand der Philippinos, durdi n^ Niedermetzelung der ,Moros' samt Frauen und Kii^ dem über Yankeezivilisation belehrt, an allen Or» der Inselgruppe zwang zu ununterbrochener Sa- düng neuer Regimenter, doch die winzige rcgii&« Armee der United States erwies sich v^Ug unfife selbst unter Anschluss eines hochbezahltoi F^ willigenkorps, die nötige Aufgabe zu erfüllen. ^ verschiedenen Bestandteile der Philippinos (SpiK^ Mestizen, Neg^ritos und malaiische Ta^en) «i«
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eins im Hass wider die Amerikaner. Von der in letzten Jahren fieberhaft vermehrten Flotte lag nur ein kleinerer Teil bei Manila, der grössere blieb auffälligerweise bei Cuba, angeblich zum Schutz der wahrlich nicht bedrohten Neutralität der atlantischen Gewässer.
Dass die von Spanien vernachlässigten Inseln mit ihrem Reichtum an Reis, Zucker, Manilahanf, Manilazigarren, Kaffee, Farbholz, Fellen, Bataten, Bananen, Mangos, Ananas, Kokospalmen, Kerbau- büffeln, Wildschweinen, Entenzucht am Pasigfluss, Schwalbennestern, Perlenfischerei» Kupfergruben der Igorotten am Monte Data und Goldminen in Nord- luzon, Tapisstoffen aus Seide, Stickereien und Matten aus Ananasfasem, wie die Visayer sie anfertigen, Bootzimmerei der Catalangonen, den Yankees in die Nase stachen, begreift sich. Nicht aber die Mischung von Gemeinheit und Dummheit, mit der sie ihr angebliches Befreieramt als pures Ausbeu- tungsrecht auffassten und für jeden spanischen Miss- brauch zehn neue amerikanische einführten. Schon die einst so berüchtigte Schreckensherrschaft der Piraten auf den südlichen Suluinseln hätte doch vor dem wilden Kriegerinstinkt der Malaien warnen sollen. Auf der südlichsten Insel Mindanao setzten die mohanmiedanischen Eingeborenen des Westens im Kampf gegen die neuen Nordlandseindringlinge einfach ihre altgewohnten Seeräubereien fort. Selbst in den rechtwinklig regelmässigen Strassen von Ma- nila waren einzelne Americanos bei Nacht kaum
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ihres Lebens sicher, die zahlreichen Chinesen ver- mehrten die GänmfiT» wozu noch fanatische Predig ten gegen die nordischen Ketzer in den Jesuitea' kirchen beitrugen. Die noch unvollendete Balut strecke nach Dagupan ward jede Nacht Yon Insor genten beschädigt. Den Hafen Cotabato übeifiela Tagalen in zahlreichen Dschunken und wüteten isi Kriss-Dolch unter amerikanischen Strandwachen.
Grössenwahn, cynische Gleichgültigkeit geg« Menschenrechte, schrankenlose Habgier und Kw ruption bilden eben ein so unausrottbares Gazus im plutokratischen Milliardarunwesen der gior reichen Vereinigten Staaten, denen allein die Zt kunft neben dem altersschwachen Europa gebör^ dass diese pöbelhafte Pseudodemokratie des Knote tums ihren jungen Imperialismus so zur Schau tmg: wie ein reichgewordener Hausknecht den Grani seigneur spielt. Diese protzigen Profitwüterichc, (fe selbst ihre angeblich ideale Abschaffung der SkU verei nur aus niedrigsten GeschäftskonkunenzgnX' den in Szene setzten und denen auch die leises» Ahnung wahren vornehmen Freiheitsgefühls i^ geht, deren vorlaute naseweise Frauenzimmer dab^ ganz logisch jedem lumpigen Adelstitel als plebci sehe Snobs nachrennen und sidi an jeden ,,adeligec^ Auswürfling Europas verschachern, hatt«i aber aa den Erfahrungen mit Cuba und Manila noch nicb' genug. Nur inmier hübsch weiter die Welt befreie
Am 1. Juni erschien plötzlich Admiral Toff> ^ Bereich der Philippinen nebst grosser Transportfloc:^
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und bemächtigte sich durch jähen Überfall einer wichtigen Küstenstrecke auf Panay bei dem Städt- chen Il<?IIo. Als Begründung führte Japan trocken an, dass Formosa durch den steten Kriegszustand auf den Philippinen beunruhigt werde und Anwesen- heit der Flotte des Admirals Dewey eine Gefahr für Japans Neutralität bedeute, ausserdem Genug- tuung für Ausweisung und Misshandlung japanischer Staatsangehöriger angemessen sei. Mit dem ganzen Hochgefühl des zukunftstolzen Amerika lief zwar der Sieger von San Jago dem weltberühmten Sieger von Port Arthur und Tschuschima entgegen. Seine Mannschaften fochten unerschrocken genug, seine guten Geschütze modernster Konstruktion schössen vortrefflich. „Boston**, „Princeton", „Chicago", „Mar- blehead", das eigentliche frühere Pacificgeschwader, „Wisconsin", „Lancaster" (früheres Flaggschiff der American-Asiatic-Squadron) hielten sich im Zentrum grut unter Adm. Macalla. Mit Panzern und Kreuzern „Cleveland", „Denver", dem neuen „Ohio" (vormals Linienschiff von neimzig Kanonen), „Alabama", „Chattanoga", „Galveston", „Eagle", „Concord", „Tacoma", „Ranger", „Monadnok" und anderen klei- neren durchbrach teils Vizeadmiral Sigsby an einer Stelle die Japaner zwischen den Inselchen Corre- gidor, Freyle, Monja» teils suchte Rearadmiral Cjood- rich leewards die Windflanke abzugewinnen. Vom Commander mit goldener Laubstickerei des einge- stickten Blatts auf der Achsel bis zum Enseign mit der Ankerstickerei am Ärmel taten alle Offiziere ihre
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Pflicht unterm Stemenbanner g^erade so dfrig, vi^ drüben die Gelben in der schwarzen Marineomfoim Doch schon nach scharfem einstündigem Kampfe, wobei die auf der Werft von Yohusuka gebaut „Satsuma" und die in Kure verfertigte ,^" ^ die Panzerkreuzer „Ikoma" und „Tsukubo" allein r.- sammen siebenundsechzigtausend Tonnen repräsc tierten und die japanische neue Schiffsbaukunst ver herrlichten, zeigte sich das japanische Frontalis schwader, das mit Segel am Mast manÖTrierte ^ die „mittlere" Artillerie ganz abg^eschafft hatte - sinnreiche Vereinf achimgsreform ? — , tcduusdi « weit überlegen, dass Dewey, als ihm plötzlich durd nahen Inselsund von Luzon das Flankengeschvader unter Admiral Kamamura in den Rücken dampfte vor solcher Übermacht an Zahl und Gefechts«- schleunigst die Flucht ergriff. Ein Drittel sdrie Geschwaders ging verloren, das übrige war so Itf^ mitgenommen, dass es seine Havarien im Panaou kanal ausbessern ging. Japanischerseits sank ^ der „Minoshima", wie einst der „Hu^shima",dageg£^ trugen „Okinoshima" und der vormals rvsäsdi „Tsugaru" nur leichte Verletzung davon. Umgekcfc: schoss man der sauberen „Marblehead" ihr schönes Haupt vom Rumpf, das leider nicht von Manuor war, dem „Eagle" ward für immer die Schwing« ^ stutzt, der „Ohio" des Far West fand im fem« Osten sein Grab, „Ranger" durfte nie mehr Schoss- Range suchen I Flaggschiff „Katori" rammte ,X^ caster" nieder. (864 Mann, Capt. Sakamoto.)
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Die Philippinen, nun völlig blockiert und iso- liert, waren für Protektorat Japans fast ohne Schwert- streich gewonnen, da die Amerikaner, um nicht der grausamen Rache der Philippinos ins Garn zu lau- fen, für freien Abzug mit eins kapitulierten. Dies geschah am 5. Juni.
Japanische Firmen bemächtigten sich sofort des Handels mit Manilahanf seilen, Pinatuch imd Brome- liafasem und Pine-Apples. Zahllose Dschunken mit den eigentümlich viereckigen halbgefärbten Segeln füllten schon den koreanischen Kanal auf Fahrt nach dem eroberten Archipel, durch Simosendd Strait an Tschusimas altem Zaubereiland vorbei, dessen mimosenumflüsterter Strand mit altersgrauen Tempeln und Dschungeln voll bunter Pfauen sich auf kristallklarem Wasser spiegelt. Goldbrokat, Da- mast, Rips von Kiriu, Webereien von Kioto, die ganze keramische und Seidenindustrie Japans über- flutete die Phihppinen. Im altersgrauen Schloss der Shogune unter Schiebwänden undRindendächem von Chinokiholz kicherten die Geister der Ahnen wohl fröhlich über solche Annexion malaiischer Brüder.
Japanische Transportschiffe mit Parlamentär- flagge setzten am 20. die Kapitulanten in kali- fornischer Bai ans Land, Hessen dort gleichzeitig ein paar gewiegte Diplomaten aus Marquis Itos Schule zurück, die in Washington dem Präsidenten einen Besuch abstatteten. Während des WutgebrüUs von Oregon bis Alabama über die japanische Frech« heit und verschiedener Lynchgerichte über arme
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der Spionage verdächtige Chinamen begann im Weissen Hause ein geheimnisvolles Trdben.
Beim noch immer massgebenden Roosenit gingen Senatoren ein mid aus, um geheime Bc» tungen zu pflegen. Das noch nicht voUatisgenstete Reservegeschwader, einige noch im Bau begrifi» Panzer, die Strandbatterien und Minensperren bc New Orleans und Manhattan-Bai wurden mit fid^c- hafter Eile aus allen Beständen der Werfte crgiÄ vollendet, bemannt, Kohlenvorräte angehäuft Ot- zielle Notizen verschleierten zwar, dass diese Hai' über Kopf ins Grosse hinaufgeschraubte Rästung natürlich nur Krieg mit Japan betreffe. Aber des britischen Botschafter fiel auf, dass der deutsd^ Gesandte sehr zufrieden aussah, dass auch in W^ poLnt eine grosse Regsamkeit herrschte und im Hsk von Newyork Massregeln von Verteidigungsbcre: Schaft getroffen wurden, vor allem, dass die sst reiche japanische Flotte in rätselhafter Untätigl^ verharrte, nach einigem Hin- und Herkreuzen *ic^ im Chinesischen Meer auftauchte imd langsam ssc wärts statt ostwärts fuhr. Das kanadische Gc' vemment bekam Nachricht von Geheimbefdl^ an Milizen der Grenzterritorien, sich ausrücknof^^ bereit zu halten. Und währenddessen setzten f^' setzliche imerwartete Nachrichten aus China «^ Gemüter in Spannung: die alliierten Geschwader« belten nach London und Paris den jähen Ansbni^ einer allgemeinen chinesischen Erhebung und Free tenaustilgung am nämlichen Tage, dem 25. ]^
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Es war die Zeit, wo in Europa die Landentschei- dung fiel, daher die gegenseitige Blutentziehung und Entkräftung der weissen Teufel den höchsten Grad erreichte. So genau und pünktlich hatten die chi- nesischen Diplomaten in Europa mit ihrem schel- misch feisten Unschuldslächeln nach Hause berich- tet. Natürlich meldeten die Gesandtschaften aus Peking nichts als korrekteste Haltung des Yamen, dessen fester Wille jede Boxerei zu Paaren treiben werde, übrigens herrsche völlige Ruhe in China.
Ominöse Ruhe vor dem Sturme konnten die gesellschaftlich so reizvollen Ambassaden, die leider ihren Beruf verfehlen, so recht gemessen, als plötzlich die Schildwachen vor ihrem verschanzten Viertel überfallen und niedergemacht wurden, unab- sehbare heulende Massen tigerhaft gereizter Gelber gegen ihre Mauern brandeten. Im Innern alle Europäer mit bestialer Grausamkeit umbringend, peitschten die Gelben ihre ungeheure Menschen- woge bis zur Küste. Ein paar halbtote Flüchtlinge aus Hankau brachten nach Shangai die Schreckens- kunde, wo das Fremdenviertel sich sofort be- waffnete, ebenso in Hongkong. In Kanton kam dies schon zu spät, nur ein Teil der Fremden konnte von englischen Marinebooten aufgenommen werden. Da man törichterweise das Internationale Schutzkorps in Tientsin wegen der europäischen Wirren bedeu- tend schwächte und am liebsten ganz aufgelöst hätte, konnte es den Gesandtschaften keine Hilfe bringen, die nach verzweifelter Gegenwehr am
Völker Europas ... I 29
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1. Juli erlagen. Die Gesandten selber wanderten als Geiseln in chinesische Gefangenschaft, alles übrige ward hingemordet. Hier gab es viele „Briefe» <& ihn nicht erreichten"!
Auf Hilfeschrei hatte die kaiserlich chmesisdif Regierung mit der trockenen Aufforderung geaot wortet, sofort Befehl zur Übergabe der Taku-Fom zu erteilen; dann werde man sehen, was sich nsi lasse, und die Gesandten nebst ihren Familiea u europäischen Schiffen eskortieren. Selbst wess Stolz imd Ehrgefühl dies nicht verboten hätten, vobe noch zweifelhaft, ob der Kommandant von Ta^ ohne ausdrückliche Weisung der heimischen R^ gierung dem Ansinnen entsprochen hätte, kanst^ man chinesische Arglist zu gut, um nicht anc: hierin eine Falle zu vermuten. Man schlug alx dies Anerbieten aus, auf Entsatz hoffend, da dod die alUierten Flotten und Japan furchtbare ^^ nehmen würden. Doch das schien die Chinese wenig zu kümmern. Statt der Boxerbanden drängt« ein wohlexerziertes gutbewaffnetes Heer cbinesiscber Regulären, das gleichzeitig von der Mandsdicici und von Nanking heranrückte, die SchutztruppeDai:^ Tientsin und blockierte die Taku-Forts. Ober Kact schon schlug eine heulende Empörerbrandung ^ sammen. Noch lagen im Hafen die Wracks derdcit sehen Schiffe, von .^Thetis" ragten nur die Mas» noch aus den Riffs imd Sandbänken hervor, nodi be^ fanden sich Gouverneur imd III. Seebataillon gi<^^ tenteils in englischem Gewahrsam, als Briten de^-
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Deutsche, Eroberer und Gefangene sich gleichmässig dem Verderben gegenübersahen. Alles kann man den Briten als Politikern und Kriegführenden vor- werfen, nur nicht Mangel an Energie und Mut. Der Okkupationsposten der gelandeten Marinemann- schaften leistete die mannhafteste Gegenwehr, auf Antrag der Deutschen gab man ihnen die Waffen wieder, und die europäischen Rivalen verteidigten hier Schulter an Schulter das weiland kaiserlich deutsche Gouvemementsgebäude und Arsenal. Sich eine Beute von einem Wolfsrudel aus den Zähnen reissen zu lassen, zieu;t nicht dem britischen Wap- penleopard, der sich auch gerne Löwe taufk
Mit Volldampf kam das ganze Ostasiatische Ge- schwader von den Sundainseln heran, seine Kano- nen bestrichen Kiautschou landeinwärts auf weiteste Distanz, so dass die Chinesen hier abliessen. Die Schantungbahn, jährlich 300 000 Tonnen Frachtgüter befördernd, und das so wertvolle Kohlenlager, Deutschlands wertvollsten Kolonialbesitz, wollte Eng- land jedenfalls nicht fahren lassen. Die den Jang- tsekiang hinaufgeflüchteten Flussschiffchen „Tsing- tau" imd „Vaterland" hatte man in Shanghai ent- waffnet, ebenso die von Kiukiang und Tungtingsee landeinwärts entronnenen Kanonenboote „Vorwärts", „Tiger", „Jaguar", jetzt mussten sie dort wieder Dienst tun, die deutschen Matrosen schlössen sich wie die einstige Schutztruppe von Kiautschou den Briten an, tun die Mongolen abzuwehren. Doch der An- drang ward immer unerträglicher, die Marine-
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mannschaften reichten nicht aus, als neben den unvollkommen armierten Volksmassen auch regs läres chinesisches Militär mit Kanonen und Maxims anrückte, die teils ihre Herkunft aus Deutschland, teils aus Armstrongschen Werkstatten verrieten: sc dunmi hatte die europäische Profitwut die Fdnk der weissen Rasse selber mit Zerstörungsmittck versehen.
Die chinesischen Gesandten waren plötzlich obei Nacht aus Europa verschwunden, jeder hatte Pisse auf verschiedenen Vorwand erhalten, alle tanchfö in New York wieder auf und richteten unterwegs gemeinsamen Funkspruch an England, Deutschlasd Frankreich, des Inhalts, dass China endlich Räa^ mung seines himmlischen Reichs von europüsdier Befleckung heische, alle abgetretenen Provirnenin- rückverlange, jede Pachtung annulliere! Wkeniä dies gemeint, zeigte das plötzliche Auftaudien dtf berüchtigten Schwarzflaggen in Tonkm mit 6dxs wahren Teipingwut, während ein andres cfainessdie Heer von Regulären aus Nangtschang und Jännas. japanisch gedrillt und geführt, die Einwohner tm Indochina, längst zuvor durch japanische Agente: bearbeitet, zu allgemeinem Aufstand reizte. Aod Siam, alter Zankapfel zwischen England und Fias^ reich, regte sich unfreundlich, sein eupopäisdi be fimisster König benahm sich sonderbar, der '^ Siams weissem Elefanten verkörperte Buddhagesu^^ flüsterte offenbar keine Lehre von Frieden ^ Versöhnung. Zwischen Bangkok und Rangun «^
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tete geheimnisvolles Einvernehmen, die Prachtpago- den von Mandale schienen das britische Residenz- gebäude feindselig anzustarren: In Britisch-Birma gab es plötzlich Unruhen. In Singapore hatte man Auflauf an der Kanalkettenbrücke, wüsten Aufstand im Chinesenviertel und überall in den Straits-Settle- ments lärmende Malaien, die wie ausser sich ,Amok* liefen. Denn überall in Asien schien die Stunde der Befreiung gekommen, wie Japans Sieg über den weissen Zaren es den Völkerschaften von Merw bis zum Hoangho zugeflüstert. In Indien hielten zwar die mit Victoriakreuzen gezierten Raissadars der Gourkas, die Shikoffiziere und mit Baronet- titeln geschmückten Radschas zum , Kaiser von Hind', die Maharadschahs im Norden fahndeten auf japa- nische und russische Agenten, die man aus Tibet über den Himalaja schmuggelte, da Lord Curzons imperialistischer Raubzug unter Oberst Yoimghus- band die Hochländer von Lassa zu unversöhnlicher Feindschaft aufstachelte. Einen Aufruhr in Allahabad und Residentschaft Bombay schlug Cav. Insp. Gen. Beatson mit eiserner Hand nieder, doch dies alles beeinträchtigte die Fähigkeit, nach Afrika, China, Oceanien Hilfe aus anglo-indischer Armee zu schicken.
Das französische Geschwader hatte natürlich nichts Eiligeres zu tun, als Saigun und Hanoi zu bewachen, das englische bei Hongkong blieb sich selbst überlassen, und nun kam die bitterste Ent- täuschung. Japan, das man mit Feldzug gegen Ame-
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rika beschäftigt wähnte, erklärte plötzlich, dass es Chinas Forderung für berechtigt halte und keines- falls mit Waffengewalt dagegen auftreten mcnic: In Hongkong, wo die unpraktisch nach eng lischem Muster gebaute Fremdenstadt die schied- liehe Hitze nicht abwehrt und steiler Granitfels über der Stadt in so sengender Sommerglut ungesuD(k Miasmen aushaucht, litten die dorthin gesandten Cfy Ion-Schützen an Ruhr, weil obendrein durch gü tigen chinesischen Branntwein Samshu berauscbL Die Forts von Canton (Dutch Folly, French FoBy Red Fort, Napier) befanden sich in verwahrlostes Zustande, nur das stärkste Fort Napier behenschte noch die Gegend. Die alten verfallenen Bog«' forts auf Tigerinsel am Eingang des Perlflusscs ^ melten schon von chinesischen Banden. Wie fofc wären die Briten gewesen, wenn man noch ^ deutsche Ostasiatische Brigade im Lande gehabt hätte ! Im alten Piraten- imd Schmugglemest Tung shau und am tatarischen Wachttiirm von YcDow Point blinkten allnächtlich Papierlatemen ^oo Dschunkenflottillen, die wohlbewaffnete Boxeibandcfi ans Land spieen. Das Opiumschiff „Lady Mai} Wood" hatten Piraten schon überfallen und g^ plündert, die Mannschaft zu Tode gemartert. So
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mancher chinesische Grosskaufmann imdSchmugg^ millionär, der seine amerikanischen Geschäftsfreunde und Mitbetrüger im ,Chinesenrestaurant' v<m S^fl Francisco opulent zu bewirten pflegte, frass seßtf Haifischflossen, Schildkrötensteaks und Vog^
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nester mit doppeltem schnalzenden Behagen m Aus- sicht auf reiche Beute in Canton imd Hongkong.
Kanonenboote „Bramble", „Lapwing", „Brito- inart", „Thistle", SIoop „Clio" vor Shanghai waren froh, als die entwaffneten deutschen Kanonenboote wieder in Dienst gestellt wurden. Admiral Sir Arthur Moore hatte bisher leichtes Spiel gehabt, Despatch- Vessel „Alacrity" meldete Sieg auf Sieg. Seinen Schlachtschiffen „Royal Sovereign", „Malta**, „Han- nibal" (aUe früher Malta), „Zeeland", „Goliath", „Dominion", Kreuzern unter Vizeadmiral Poe „St. Ge- orge", „Terrible", „Hermes" (Flaggschiff), „Inde- fatigable", „Perseus", „Andromeda", „Vivid", „King Alfred", „Thames", „Asträa" konnten die hollän- dischen vom Schlage des „Graveling" vor Batavia keinen Widerstand leisten. Jetzt aber schien es, als ob man mehr zu tun bekonmie. Der mit dem amerikanischen Dichter gleichnamige Sir Edgar Poe — ein echter britischer Mann kann keinen Yankee leiden, doch seinen Namen trägt er gern — freute sich schon, als es hiess, man werde vielleicht mit den Yaidcees in Bruch geraten. Australische Kreuzereskadre „Psyche", „Pioneer", „Challenger", „Wallaro", „Taulanga", „Äolus", „Pandora", ,,Am- phitrite", „Amazon" u. a. zogen sich gegen Hawai zusammen. Doch Japans Haltung veränderte alles.
Als englische Schiffe vor Taku erschienen, um die Forts zu schützen, fanden sie dort über Nacht ja- panische ankern, deren Haltung eine seltsam zwei- deutige schien. Unter solchen Umständen kabelte
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der britische Admiral nach Hause: „Dass Japans offenbarer Verrat ihm keine Wahl lasse, als vor- läufig Taku, Shanghai, Hongkong zu räumen, m wenigstens Truppen und Ansiedler zu retten. Spä- ter werde man ja blutige Rache nehmen und köone dann auch mit Japan abrechnen, das man ^' läufig nicht reizen dürfe. Hoffentlich beschnnke sich dessen Niedertracht auf diese passive Umef- Stützung Chinas 1*' £s hatte etwas Tragikomtsdies, wie England, das doch nie an moraltschen Skru- peln litt, jetzt die Perf idie der Mongolen als etwas Unerhörtes vorm Richterstuhl der Geschichte ver- klagte. Vorderhand schwieg die englische Prcse freilich von den Gefühlen des britischen PubükuiK gegen den lieben Alliierten in Tokio, ebenso W kein Wort über die verdächtigen Allüren des Vetter Sam, der einen Coup „im Stile des transatlantisdia Meisters", wie ein beliebter Ausdruck der SchaA weit lautet, vorzubereiten schien. In drohender Üb- gewissheit pflegt man unwillkürlich Vogri-StraBSS« Politik, will das Schlinmiste nicht sehen, ehe es unabwendbare Tatsache. An die ärgste Möfi^chkeii dachten selbst Pessimisten in London nicht. So fuhr denn dreifache Schreckenskunde, jede uner- warteter als die andere, wie ein Blitz zwar nicbt aus heiterm, aber massig bewölktem Himmel nieder, der sich über Nacht mit rabenschwarzen Wolken der furchtbarsten je dagewesenen Gefahr bedecken sollte Ein japanischer Marineattach^, dem wegen frü herer kollegialer Intimitäten im preussischen Heere
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ein Begleiten des deutschen Hauptquartiers gestat- tet wurde — er veri^ändete sein Ehrenwort, nie die kleinste Notiz über Truppenbewegungen nach London zu verraten, und es konnte Deutschland nur lieb sein, wenn man im neutralen Japan den günstigen Stand der Dinge beim deutschen Land- heer erfuhr — , verschwand am 10. Juli auf ge- heinmisvolle Weise. Nun kabelte der japanische Bot- schafter in London, bei dem ein Landsmann in Zivil am 11. auftauchte, bis zum 13. mit Tokio hin und her, ehe er seine gepackten Koffer an Bord einer heimlich gemieteten amerikanischen Jacht brachte. Der Marineattach6 hatte mit dem unvergleich- lichen angeborenen Spionagetalent des Jap schon Lunte gerochen, als die militärischen Operationen in Frankreich auf eine Weise stockten, die sich nie- mand erklären konnte. Er brachte in Erfahrung, dass der deutsche Reichskanzler in Chaumont eintraf, wo abseits die Delegierten der kontinentalen Mächte ver- handelten, dass Italien und Spanien dort gleichfalls vertreten seien. Aus dem allen zog er einen Schluss, der in Tokio mit dem blitzschnellen Scharfblick der Buschido-Schulung sofort gewürdigt wurde. Dies beschleunigte den Aufbruch des schon völlig rei- fen Geschwürs: der Verschwörung gegen das Bri- tish Empire.
Am 15. mittags sass der Minbterrat in Downing- street beisammen unter Zuziehung einer parlamen- tarischen Kommission, in welcher sowohl das ein-
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flussreichste jugendliche Mitglied der libeiaka Par- tei, Winston Churchill, als die Führer der Oppo- sition, Balfotir und Chamberlain, vertreten waro. Die Häupter der Primrose-League gewannen ihreji früheren Einfluss schon zurück, Englands Politik stand wieder unterm Zeichen des seligen Beacoos^ field, des Primelnliebhabers imd Imperialismusgrisr ders, der mit dem Titel ,£mpress of India' die s^ lige Victoria für seine Zwecke g^eködert und ök Greater Britain- Victoria auf dem ganzen Eidennfl^ eingesegnet hatte.
Soeben beendete der Premier seinen lichtvoDa Vortrag : „Der Ministerrat hat also einmütig be schlössen, was nach meinem Gefühl dringend ge- boten und einzig richtig, unsre abgelehnten Forde rungen an Deutschland bedeutend zu ermissiges. Der entscheidende Landsieg Kaiser Wilhelms nach: ihn zimi Herrn des Kontinents, und wir müssende schnell wie möglich mit ihm zu Rande konunöL Anspruch auf seine Kolonien, die ja zurzdt sovcii uns als ihm abgenonmien, gewähren wir gern, vci ziehten auf Antwerpen, lassen ihm völlig freie Hani auf dem Festland."
„Auch bei etwaiger Annexion von Holland ^ Belgien?" wandte Balfour missmutig ein«
„Auch danni Wie könnten wir's jetzt binden- Darüber wird sich später schon reden lassen Tmter neuen Konstellationen, sobald die amerikanische (^ fahr zerrann. Wir behalten natürlich die hoBifr dischen Kolonien. Dies und die Balearen entscbir
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digt uns vollauf, nebst langer Konkurrenzbeseitigrung Deutschlands für Schiffahrt und Marine. Vorgestern hat die Regierung dieses Landes denü deutschen Reichskanzler unsre neuen Anträge gemacht, Sir Frank Lascelies' Bericht steht noch aus. Er meldet nur, er sei höflich, aber kühl aufgenommen. Un- streitig wird aber Deutschland unter so günstigen Bedingungen mit uns abschliessen, um- seine ganze Macht zur Zermalmung Frankreichs zu ver- wenden."
„Frankreich ist glücklicherweise noch nicht zer- malmt, kann den Widerstand in Paris und an der Loire noch lange fortspinnen," bemerkte Chamber- lain trocken. „Uns soll's recht sein, wenn die Kon- tinentalen sich noch etwas länger die Hälse brechen. Was Italien betrifft, so ist's ja wohl finanziell rui- niert tmd wird eiligst Frieden schliessen, obschon sein Botschafter einen imklaren Bescheid gab, nicht wahr?"
„Italiens Klarheit oder Unklarheit kommt nicht in Betracht," zuckte der Kriegsminister die Achseln. „Spanien wird vor uns wohl oder übel zu Kreuze kriechen. Die Franzosen nehmen ihm sonst alle marokkanischen Presidios weg, und es kann finan- ziell Handelsabsperrung und Blockade zwischen den Westmächten keine Woche aushalten."
„Und die Balearen? Und der spanische Na- tionalstolz ? Sie denken wie immer sehr optimistisch," fiel Winston Churchill spitzig ein. „Ich warnte schon bei Ausbruch des Krieges vor übertriebenem Opti-
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mismus, und mindestens in vielen Punkten behielt ich recht."
„Aber Sic rechnen nicht mit der engÜschoi Heirat des jungen Königs," lächelte eio Minister malitiös. Alle schmunzelten unwillkürlich. £r.g lands Töchter, wenn ins Ausland verheiratet, \kt ben auch dort stockenglisch bis in die Knochea nehmen niemals die Nationalität ihres Gatten «i:k lieh an, was ihnen im Grunde nur zur Ehre gereicb Es wäre hübsch, wenn deutsche Frauen in ähniicbö Fällen auch so dächten. Aber dass sogar die ix Ausland geborenen Töchter solcher britischen Prx zessinnenmütter gemütlich schwatzen: ,Bei uns i: England' imd als geborene Deutsche, wenn EJt hohen Personen des Auslands vermählt, antideutsche: britisches Interesse vertreten, geht denn doch n weit. „Mich interessiert weit mehr die unvcriceo bar abtrünnige Gesinnung imsrer französischem Alliierten."
„Ich gebe zu," räusperte sich der PrcBUt' „dass dies nicht unbedenklich. Doch darauf warec wir ja gefasst bei Wegnahme der Balearen bd^ eskomtierten im voraus eine neue Niederlage Fraiü reichs gegen Deutschland, was ja auch nicht aar blieb. Was soll denn Frankreich anfangen? ^^^ uns auch noch den Krieg erklären? Sich ^ Deutschland aussöhnen? Deutschland wird nani: lieh demütigende Friedensbedingungen steilen, ^^ man in Paris vorderhand noch nicht annehmen bß^ Dass man nach dem Kriege uns schweren Oa^
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bewahren wird, darauf müssen wir's ankommen lassen. Die Herzensgefühle unsrer Nachbarn waren diesem Lande stets gleichgültig, Gott sei Dank, auch wird der Groll gegen Deutschland überwiegen."
„Ich teile Ihre Ansicht," pflichtete Balfour bei, „und ich muss im Namen der Oi^x)sition jetzt der Regierung dieses Landes ein Vertrauensvotum er- teilen, der geschickten Leitung ein Zeugnis der Hochachtung ausstellen. Tatsächlich haben wir Deutschland und Frankreich beide so geschwächt, den Alliierten so gut wie den Feind, dass wir sie auf lange los sind. Russland ist ausser Spiel gesetzt, jetzt bleibt nur Amerika als Stein des Anstosses auf unserm Wege. Doch auch darüber wird er hinwegrollen, der glorreiche Jaggemautwagen an- gelsächsischer Weltherrschaft."
„Das sehr ehrenwerte Mitglied des Hauses schlägt hohe Töne an," butterte Winston Churchill seinen Verwandten spitz ab, „worin ich ihm nicht folgen mag. Um zum Praktischen zurückzukommen: wie steht's um Canada?"
„Hier zeigen sich natürlich die Früchte der Manchesterschule gegen meine Schutzzolltheorie," ritt Chamberlain sein altes Steckenpferd. „Die dor- tige Missstimmung der Kolonie — "
„Ich bitte, Sie unterbrechen zu dürfen I" rief der Premier scharf. „Ist dies der Augenblick, um in die alte Finanzdebatte einzutreten? Nur die nüli- tärischen Autoritäten dieses Landes haben heut das Wort."
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„Canada ist durch Truppensendung gesidert," betonte der Kriegsminister. „Natürlich müssten lir grössere Anstrengungen machen, wenn die Union ihr Milizsystem ausbeutet wie beim Seiesaonskneg^ Doch wird die Flotte auch hier den Ausschlag gcbta Würde man es darauf ankonmien lassen, dass rlr die Häfen von Baltimore und New Oricans & sammenschiessen» den Panamakanal zerstören? N^^ glaube ich nicht an ernstliche Böswilligkeit Anci^ kas. Wenn aber, dann um so besser. Ergreifen *t^ die günstige Gelegenheit, dem Panama-Spektakel e2 Ende zu machen, durdi den sich Amerika als Viä macht etabliert und proklamiert 1'*
„Ich habe den Admiralen unsrer drei Gesdi«> der im German Ocean schon versiegelte Brfdjlc zugehen lassen, die ein Vereinen der schon langsam dislozierten Flotte auf Höhe der Sheüands is Auge fasst, um eventuell den Angriff gegen Nf york zu eröffnen," verlautbarte sich der Leiter de Marine-Departements gewichtig. „Unser Mittelmft- geschwader wird endlich vereint die Suezenge fr» legen, Alexandria befreien. Sofort nach Tnti^ schluss mit Deutschland werden auch die freiwcrd«5^ den Truppentransporte dorthin abgehen."
Es klopfte, ein Schriftstück mit amtlicbcm s»^ gel ward überreicht, das der Premier mit ernste Miene durchflog.
„Und Japan?" fragte Churchill unterdessei „Was droht von dort?"
„Gar nichts. Was Sie nur immer mit ]^
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haben I" fuhr Balfour auf, unter dessen Amtszeit die japanische Allianz fiel und der sich dafür verantwort- lich fühlte. „Ich gebe zu, dass sich nicht jede Hoff- nung erfüllt, die wir daraiif setzten. Doch Solidari- tät der gelben Rasse war ja vorauszusehen. Wir werden später darauf zurückkommen, ob Japan nicht eine derbe Lektion verdient. Zurzeit aber nützt es uns prächtig als Bundesgenosse gegen Amerika, das von Westen und Osten erdrückt wird. Ich wünschte, es wäre schon so weit und die Union hätte sich erklärt."
Der Premier erhob sein Haupt. „Dies Vergnü- gren können Sie haben. Der amerikanische Gesandte erfreut uns mit folgender Note." Und er las ein längeres Schriftstück vor, voll verlogener Klagen über Schädigung des Weltmeerverkehrs durch diesen grausamen Krieg, der auch das humane Gefühl der amerikanischen Bevölkerung tief verletze und im übrigen eine konunerzielle Stockung jenseits des Ozeans herbeiführe. Ausserdem bedrohe Vernich- tung der deutschen Seemacht das allgemeine Gleich- g^ewicht zur See. Um Kompensation zu erlangen, sehe man sich daher gezwungen, wenigstens zu Hause reinen Tisch zu machen und die Monroe- doktrin in vollem Masse durchzuführen. Eine Bot- schaft des Präsidenten auf Senatsbeschluss habe Mo- bilisierung der Flotte und Einberufung aller Mi- lizen verfügt und fordere England auf, Canada und die Antillen zu räumen, widrigenfalls Amerika binnen drei Tagen die Okkupation beginnen werde.
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Ein Aufschrei der Entrüstung beantwortete diese Unverschämtheit. „Keine Kriegserklärung, nichts er widern I Den japanischen Botschafter sofort is Kenntnis setzen, um gemeinsamen Kriegsplan lu I^ raten I" drängten sich die Vorschläge.
„Vor allem sofort sich mit Deutschland m ständigen 1 Womöglich noch weiter mit Bedingongc henmtergehenl Damit nur völlig Transpoitflocß imd Kriegsflotte parat sindT'
Aber nach einer Stunde, während die Telepbcg klingeln ununterbrochen anschlugen und alle Vc: kehrungen in die Wege geleitet wurden, lief eb Depesche ein, die der Premier zornig aus der Hasi warf: „Der japanische Botschafter, auffalligerwcs^ in hoher See, setzt sich mit mir per Harconisdic Apparat in Verbindung: Friedensschluss mit Ainerb für Abtretung der Philippinen! Auch diese Hn- zu Wasser geworden!"
„Und auch hier sage ich: um so besser!" Bai four sprang ungestüm auf. „So behalten wir frae Hand für nachherige Abrechnimg mit diesen p^ f iden tückischen Gelbhäuten. Die gelbe Ge^ ^ len sie uns bezahlen I" Aber der bittre Kelch g^ noch nicht zur Neige. Abermals nach dner Süs^' erhielten der Kolonial- und Marineminister D^ sehen aus dem fernen Osten, die sie anfznckzs machten. Nach Austausch der verhäognisv^ Blätter sahen sie sich mit finsterm Schweigen a& die anderen Herren sahen betroffen auf sie.
„Ich bedaure, den sehr ehrenwerten Gentle»*
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mitteilen zu müssen," brach der Kolonialminister mit gepresster Stimme das Schweigen, „dass die japa- nische Regierung imser Ostasiatisches Geschwader wissen liess, dass sie weitere Beunruhigung des Stillen Ozeans im Interesse der Schiffahrt nicht dulden könne und daher für alle Fälle Java be- setzen werde."
Diese hochgradige Frechheit hinimterzuwürgen, war freilich für den Britenstolz eine bittere Pille. „Sie haben Glück mit Ihren Zukunftshoffnungen I'* nickte Mr. Winston hämisch Balfour zu. „Rechnen wir also schon jetzt ab! Aber wie? Sind wir denn Japan gewachsen, wenn es Truppenmassen landet?"
„Sie scheinen sich über das Unglück Ihres Lan- des zu freuen I" wehrte Balfour barsch ab. „Im übrigen muss Frankreich dort seiner Bundespflicht genügen, schon im eigensten Interesse seiner asiati- schen Besitztümer, wider Japans Unersättlichkeit."
Es schien, als schwebe dem jüngeren Parla- mentarier ein beissender Witz auf der Zunge, da der Begriff Unersättlichkeit im Munde eines britischen Imperialisten eines rührenden Beigeschmacks nicht entbehrt. Doch er imterdrückte seine Heiterkeit, sagte fest und bestimmt: „Dies sind Lagen, die alle Briten, welcher Partei und Meinung auch immer. zu einigem Zusammenhalten zwingen. Selbstverständ- lich darf von Nachgeben keine Rede sein, imser Prestige steht auf dem Spiel. Ich werde im Haus der Gemeinen das Wort ergreifen in diesem Sinne. Alles kommt jetzt darauf an, mit Deutschland han-
Völker Europaa ... 1 30
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delseins zu werden. Dann mögen Japan und Ame- rika sich beide in acht nehmen. Auch um Ägypten ist mir nicht bange, und wenn Deutschland er- ledigt, werden auch Frankreich und Spanien v^ gen der Balearen nicht mucksen. Wo bleibt deon Sir Lascelles ? £r hätte doch längst Bescheid bric^ gen sollen.'*
Als die fieberhafte Unruhe des Premienninisters über Ausbleiben jeder Nachricht ihren Gipfel er reichte, atmete er hoch auf: die erwartete DepesdK traf ein, von ungemeinem Umfang. £r las, ent färbte sich, sank totenbleich in den Sessel zurück und starrte seine Kollegen mit hohlen Augen an, ^ ihm beisprangen, einen Ohnmachtsanfall befürch tend. Aber der Minister ermannte sich, stand auf üdc sagte leise und gemessen : „Das Haus tagt soeben Wollen Sie gütigst telephonisch ankündigen, ^^ die Regiertmg eine Mitteilung von ungewöhnliche' Tragweite zu machen hat." . . .
Das Parlament füllte seine Bänke sehr vc- zählig. Die .Einpeitscher* (Whippers-in), die s(»s: nur bei wichtigen Abstimmungen ihr VertraucDsans besorgen, möglichst viel Mitglieder zur Stelle ß schaffen, hatten diesmal Erfolg gehabt. Mit ateo- loser Spannung lauschte das Haus zuerst der &■
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regten Auseinandersetzung des Kolonialministers, a^ dessen Ressort die Fragen Canada und Java ßdö- über Amerikas und Japans unerhörte PratensioDcs. Dann erhob sich der Staatssekretär und sprach 20 eintönig tonloser Stimme:
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»Den ehrenwerten Mitgliedern wird das Sprich- wort bekannt sein : Ein Unglück kommt nicht allein. Ich habe die Ehre, diesem hohen Hause das AUer- schwerste zu unterbreiten. Unser soeben von Deutschland abgereister Unterhändler teilte vorhin mit, dass in sämtlichen Hauptstädten Europas heut morgen Extrablätter amtlich verbreitet werden, mit dem Text folgenden vollzogenen Vertrages." Er las aus der Depesche ab:
„I. § 1. Die Regierungen von Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien, Spanien, Holland, Belgien, Schweiz verbanden sich zu einer unkünd- baren, unverbrüchlichen, unteilbaren Allianz in der Form einer gemeinsamen Zollunion unter dem Titel „E uropäischer Bun d".
§ 2. Die besagten Staaten garantieren sich ihren gegenseitigen Besitzstand gegen jede Einmischung des Auslands, nur mit Modifizierung durch folgende neue Verträge.
II. Der Friede zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich ist derart geschlossen:
§ 1. Frankreich erkennt nochmals und ein für allemal die Grundlagen des Frankfurter Friedens an, verzichtetauf jeden Einwand ausdrücklich und formell. § 2. Es erklärt sich mit allen sonstigen Ver- änderungen und Erwerbungen einverstanden, die Deutschland für gut befinden wird, und zahlt eine Kriegsentschädigung von 5 Milliarden, ausserdem von 1 Milliarde an die Schweiz zur Ausgleichung der Neutralitätsverletzung.
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§ 3. Hierfür garantiert Deutschland das kok> niale Territorium Frankreichs in vollem Bestände und Einsetzung einer französischen kommenielie:i und politischen Verwaltung in Ägypten und Nubiei
III. Der Friede zwischen Österreich und ItalicE ist derart geschlossen:
§ 1. Italien erkennt ein für allemal das öste: reichische Besitzrecht auf Triest, Fiume, Gorz,Istii«r. Dalmatien an und zahlt eine Milliarde Kriegsect Schädigung.
§ 2. Es räumt den Kanton Tessin und zai!: 300 Millionen Entschädigung an die Schwcii. D^ gleichen 200 Millionen an die Türkei und venichte: ausdrücklich auf Albanien.
§ 3. Dagegen übergibt Österreich, um bered tigten alten Aspirationen Rechnimg zu tragen und de imerquickliches Streitobjekt aus der Welt ru sclui fen, an Italien den italienischen Teil von Südtirc-. nämlich den Bezirk von Riva und die Bistöinff Trident und Brixen.
§ 4. Die Kolonie Eritrea (Massaua) wird Italic garantiert und ihm Kassala, sowie Tripolis in er weitertem Umfang als neuer Besitzstand zo|^ sprochen.
IV. Der ^Europäische Bund* vereinbarte mit ^^ Hohen Pforte:
§ 1. Ägypten tritt unter die legitime Souvfias-' tat Sr. Majestät des Sultans ziuiick, jedoch unter Massgabe des französischen Einflusses. Ausser dtf kaiserlich osmanischen Truppen haben die fr^
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zösischen das Recht, bei allen Wirren in Nord- afrika das Niltal zu durchziehen oder zu besetzen. Kartum und die Zitadelle von Kairo erhalten fran- zösische Besatzung, desgleichen der Bezirk des Suez- kanals. Alexandria als Bundeshafen für die Ge- samtinteressen der Europäischen Union wird von französischen und türkischen Truppen gleichmäs- sig besetzt.
§ 2. Albanien und Thessalien werden der Tür- kei garantiert. Dagegen tritt sie ganz Mazedonien mit Saloniki an Osterreich ab.
§ 3. Die Dardanellen stehen unter Protek- torat des »Europäischen Bundes', der sowohl Pera und Galata als den Bosporus als extraterritoriales Bundesgebiet übernimmt. Die türkische Schiffahrt untersteht dem Tarif der Europäischen Zollunion, die ihre Douane im Hafen von Smyrna auf- schlägt.
§ 4. Die deutsche Bagdadbahn und die Mekka- bahn werden unter Beaufsichtigung des Deutschen Reichs mit Aufbietung aller Kräfte gefördert. Deutschland erhält einen Kohlenhafen auf Kreta, einen auf Rhodus, Frankreich einen solchen an der syrischen Küste. Der gesamte sonstige Be- sitzstand des osmanischen Reiches wird von dem »Europäischen Bund' garantiert.
V. Frankreich befindet sich im Friedenszustand mit Marokko unter Vemüttlung Sr. Majestät des deutschen Kaisers. Casablanca und Mogador wer- den deutsche Stationen, die kommerzielle Interessen-
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Sphäre fällt an Frankreich und Deutschland lu gi« chen Teilen.
VI. Diese Verbindlichkeiten zu erfüllen, vti pflichten sich aUe Kontrahenten, wenn es sein mus mit Waffengewalt. Sollte durch Einspruch andere Mächte dieser Fall eintreten, so behalten die hohes Kontrahenten sich vor, obigen Garantien des ef> gen Friedens und einer gesunden RechtsordnuDg in Europa einige Erweiterungen hinzuzufügen." -
Der Minister hatte geendet, düstere Stille > gerte über der Versammlung. Chamberlain hat d« Sprecher ums Wort.
„Es braucht kaum gesagt zu werden, Mt Speaker, dass diese sogenannte Allianz, wobd Eng lands Alliierter sich über seinen Kopf weg ^■ dessen Feind verbündet, ganz einfach Koalition g^ gen England bedeutet. Da hätten wir sie also die äusserste Gefahr, von welcher so lange schwan- sehende Patrioten geträumt, deren Verhinderung sei einem halben Jahrhundert das Werk unserer F^ litik. Und mehr als europäische, eine Weltkoabiio= bedroht uns, wie niemand je sie ahnte. Ich n»i heut nicht untersuchen, ob Englands frühere js^' zende Isolierung* uns vor dieser abschüssigen Balc behütet hätte. Vom Standpunkte der Opposition -
Zurufe : „Die uns gerade das französische Bön* nis und den Angriff auf Deutschland bescherte
„Ganz recht, ich will unsern Fehler nicht ^ schönigen, wenn es ein Fehler ist. Aber die !§'> lierung hätte andrerseits wohl auch solche Kca^^
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tion beschleunigt unter Beitritt Russlands, weil es sich eben hier um unversöhnliche Interessengegen- sätze handelt. England muss gross sein wie das alte Rom, oder es kann gar nicht sein. Bisher ging ja alles gut, unsere Meerherrschaft ist stärker denn je, wertvolle Neuerwerbungen sind gewonnen. Die Eingeborenenbewegung in Nordafrika und China Hess sich nicht voraussehen — "
Zurufe: „O doch, wenn man europäische Hän- del anfingt"
„Ich spreche hier lediglich als früherer Kolo- nialminister, dem man ja auch vorwarf, die Frei- staaten am Oranjeriver dem britischen Zepter un- terworfen zu haben. Nun, ich bin stolz darauf — "
Zurufe: „Wir schmecken die Früchte 1"
„Und beglückwünsche meine Nachfolger zu ihrem patriotischen Schachzug gegen Sundainseln und Balearen. Heut glaubt Europa uns schachmatt zu setzen. Ich mache das Haus aufmerksam auf die deutUche Drohung im Schlusspassus dieses er- staunlichen Schriftstücks, dessen politischer Meister- schaft ich übrigens meine Bewimderung nicht ver- sagen kann. Das sogenannte .Garantieren' läuft hier auf souveränes Schalten und Walten mit fremdem Kigentum hinaus. Mit Ägypten springt man um wie mit herrenlosem Gut. Immerhin könnte man darauf eingehen, wenn wir nur Alexandria imd Suez behal- ten. Mich tröstet, dass von den Simdainseln ge- schwiegen wird. Gleichviel! Einer so wohlüber- legten Naivität gegenüber gibt es nur eine Taktik:
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den Ball auffangen und zurückschleudem wie bdm Fussballspiel. Übrigens wird nichts so häss g^ gessen wie gekocht. Vielleicht lasst sich Dod Se paratabkommen mit Kaiser Wilhelm treffen. Mdce Motion geht dahin, sofort gegen diese NeugrönduDg Protest einzulegen und vor allem zuerst Italien dnrcb kräftigen Hieb zur Besinnung zu bringen. Eine Euro- päische Union ohne England ist kein Europa mehr. sondern ein Fabrikat ,in Deutschland gemacht', ^i: müssen Aufnahme in den Bund verlangen. Das übrige findet sich." Wohl erhob sich Beifall, docb von den Bänken der Arbeiterpartei, der Radikal« imd Iren erscholl Murren: „Sie wollen uns ia neuen Krieg stürzen. Die Industrie leidet sdwo lange genug."
Der Vertreter von Bradford bat unis Wort: „Meine Wähler haben mir das Mandat erteilt, ia ihrem Namen auf Einstellung der Feindseligiaiiäa gegen Deutschland zu dringen. Die sogenannte Kod^ kurrenz ist nur wohltätiger Umsatz von Tausch»« ten. Unsre Bradforder Garn-Manufaktur und die ganze Textilindustrie weiss davon ein Lied »i singen."
Arbeiterführer Fenwick rief zwischen die im Lä^ des Hauses unverständlich werdende Rede hineo' „Und die zunehmende Arbeitslosigkeit ? Das Stocken vieler Branchen, weil unser deutscher Export feh^^' Und das Steigen aller Lebensmittel durch Import- mangel und Profitauf schlag der Yankees? Frieto Frieden I"
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Der Attomey - General begann Auseinander- setzung, dass Frankreich kontraktbrüchig und sein Vertrag null und nichtig sei, weil es der Präzedenz seiner Verpflichtung gegen England nicht gedacht. Doch das Geschwätz ging in allgemeinem Lärm und Gelächter unter, so dass der Premier unter- brach: „Mein gelehrter Freimd sollte den juristi- schen Standpunkt fallen lassen.'*
Da erhob sich Balfour : „Die ehrenwerten Gentle- men, die soeben gesprochen, müssen nicht glauben, dass wir kein Herz für die Leiden der gewerb- treibenden Bevölkenmg haben. Wir sind ein Volk von Handelsleuten und handeln danach, richten uns danach. Aber gerade deshalb müssen wir auf dem betretenen Wege fortfahren. Ganz richtig ist von Ausnutzung unsrer Notlage durch Amerika ge- redet worden. Um so mehr müssen wir uns mit bewaffneter Hand dagegen verwahren, dass unsre Handelssuprematie, nachdem wir Deutschland ge- dämpft, durch Amerika vollends in die Brüche geht. Bisher hatten nur Amerika und Japan kommerziellen Vorteil von diesem kurzen Kriege, wir müssen auch hierin das Verlorene mit Gewalt zurückerobern. Nur ein Verräter kann die amerikanische Drohimg ver- söhnhch diskutieren, doch auch von schweigendem Verschlucken der japanischen Insulte kann keine Rede sein. Die Leute meinen es ernst, diplomati- sche Erörterung würde unnütz Zeit vertrödeln. Ich stimme für schärfste Ablehnung solcher unerhörten Zumutung, dagegen für nochmaligen Versuch bei
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Kaiser Wilhelm, auf erträglichen Friedenshiss m Europa zu kommen, ohne unser Prestige leistöre zu müssen. Die Idee meines ehrenwertoi Freun des Chamberlain entspricht auch meinen Intaitk^ nen. Verhandeln wir über die Balearea und Djc- teilung Ägyptens ! Sonst bleiben wir fest und w«dje keinen Fussbreit!"
Kaum aber legte sich der Beifallssturm ^ diesen Worten, als sich Winston ChurdriB crhcc^ sein Monokle eingeklenunt und nonchalant wie i^ mer. Unmutig stiessen die Oppositionellen ad ^ einige Iren und Radikale begrüssten ihn wann.
„Ich bedaure, mit dem sehr ehrenwcrteß ^'^ redner nicht übereinstimmen zu können/* (Beö- bei der äussersten Linken, ironische Zurufe derb^ servativen Opposition: „NatürHch nicht I KanniE:- denken! Nur inmier hübsch das Gegenteil sage* Eine imdeutliche Stimme näselte vemehmbai „Das ist ein Mann, der das Reich ins ^^ derben brachte, voll christlichem Mitldd ftr g^- Johannesburger Kulis I") „Mn Balfour spricht^- Verhandeln und Ausgleich, von scharfer Ablehacn: und derlei diplomatischen Künsten. Doch idi nis5- sagen, zum Manövrieren ist nicht mehr Zeit, sf<^ dem zum Handeln auf Tod und Leben." (T*^ Stille. Vereinzelte Cheers, Aufhorchen der Kcoj^' vativen.) „Der Edle Lord, der ims das AktensrJ?:^ vorlas, scheint nicht allen deutlich vcmehmter r wesen zu sein, und das hochehrenwerte MitgW^- Birmingham, das so treffend diese geniale Macte*
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tion als ein Meisterstück bezeichnete, dürfte den vollen Sinn nicht begriffen haben." (Lautes „hört, hörtl" auf allen Bänken.) „Sehen Sie sich die ein- zelnen Teile näher an, so bedeutet dies nichts an- deres als Ausschliessung Englands vom Schwarzen und Mittelmeer, Sperrung der Suezroute für In- dien. Das sogenannte ,Garantieren' heisst nichts anderes, als dass man Balearen und Sundainseln unter allen Umständen uns nicht etwa abhandeln, sondern abnehmen will. Ich teile nicht den Trost, dass von den Simdainseln nicht die Rede sei. Das ist im Tenor der Abmachungen schon impliziert: , Besitzstand*! Antrag um Aufnahme in den ,Bund' würde nur als Sprengungsversuch ausgelegt werden. Ich verspreche mir gar nichts davon, denn man will England ausschliessen. Die Benutzung der Türkei, um ims in Vorderasien jeden Einfluss abzuschnei- den, und die schon betonte Manier, Ägypten zu ver- schachern, die unser berühmtes Mitglied für Bir- mingham sehr richtig als souverän bezeichnete, lässt klar erkennen, dass es dem »Europäischen Bund* überhaupt nicht ums Verhandeln zu tun ist. Die Zukunftsdrohung am Schlüsse, wenn wir uns nicht gutwillig fügen, kann alles mögliche meinen: Malta, Cypem, was weiss ichl Das Ganze ist eine plan- mässige Insulte, ein Schlag ins Gesicht, ein An- spucken 1" (Tobender Applaus bei den Konservativen, Zustimmung bei den Liberalen, Schweigen bei den Radikalen, Unruhe bei den Iren.) „Dass Europa von dem gleichzeitigen Attentat der Transatlantier und
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Ostasiaten Kenntnis hatte, wie vielleicht einige arg wohnen, glaube ich nicht. Um so verfänglicher die schon von Mr. Chamberlain hervorgehobene Dn> hung am Schlüsse, werm irgendwer gegen solche Paragraphen d. h. Beraubung Englands etwas diixs^ wenden habe. Von diplomatischen Schritten t-e- Kaiser WilheUn sehe ich nichts ak DemütigiSj voraus, denn man hat dort keinen guten W^- zum Frieden. Und den Passus, dass Frankrei- allen Neuerwerbungen Deutschlands bebtiin» deute ich mir sogar bezüglich Südafrikas. Dff? lehrte Herr Attomey-General sprach uns von 'y^ schem Recht, doch selbst moralisches Recht gut nii- im Völkerleben. Ich komme daher zum Schlüsse, ö^ der sogenannte Europäbche Bund gar kdnc Defe sive, sondern Offensive beabsichtigt, sich auch c Ägypten und Rückgabe der Balearen und Sia-* inseln nicht begnügen würde, sondern uns do^^ solche Insulte zmn Kampfe reizen will. Nunw)- sie soUen ihn haben!" (Wüder Beifall. DerRedn^' steht kühl und unbewegt.) „Ich war für Tempons:^ ren, so lange es möglich. Jetzt ist's zu spat, y— Integrität unsres Reiches, sondern Sein oder N.o sein steht auf dem Spiel. Noch beherrscht e<' Flotte das Meer, Truppentransporte nach Kapso^ und Quebec, Suez und Gibraltar sind nur ^^ Frage der Zeit. Ich beantrage, durch ausscrordes: liehe BUl die gesamte Müiz von GrossbritaBßJ« auszuheben und unter gleichzeitigem Flotfcnaßs- an Europa, Amerika, Japan den Krieg ta erkUr*
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Auch Russland ist von diesen Vereinigten Staaten von Europa ausgeschlossen, als Dank für seine laue Hinterhältigkeit: £s macht vielleicht mit uns ge- meinsame Sache. Doch auch allein ist England stark genug, um einer Welt in Waffen die Stirn zu bieten. Auf imsrer Insel kommt uns niemand bei, unsre Flotte ist immer noch stark genug, um die getrennten Flotten der Feinde niederzuhalten. De- fensiv gegen Japan, offensiv gegen Amerika imd Frankreich, Deutschland kann uns nichts mehr scha- den. Meine Herren, ich lege Ihnen allen ans Herz: nicht nur unsre Würde gebietet, der Provokation nicht mit schwächlichem Zögern, sondern unbeug- samem Stolz zu begegnen, sondern auch unsre Zu- kunft und Sicherheit. Es ist ein Aufwaschen: früher oder später hätten wir doch einmal mit Amerika imd Frankreich zu tun bekommen, geschweige mit den Japs. Wir werden es ihnen allen besorgen I Heut, wo wir auf der Höhe unsrer Macht stehen, Deutschland zur See und Russland für Indien nicht zu fürchten haben, kann eine letzte gewaltige An- strengung uns für immer aller Feinde entledigen. Australien und Canada werden in dieser Not ihr Mutterland nicht vergessen, die ganze jahrtausend- lange Kraft dieses Landes muss sich zusammenraffen. Meine Herren, erklären Sie auf der Stelle imsem übermütigen Bedräuem den Krieg I"
Rasender Beifall, Schreien, Stampfen, Hüte- schwenken, Stöckeschwingen. Der Sprecher befahl die Abstimmung. „Division, Division I" (Abstim-
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muns:!) schrie es durch alle Gänge des Hauses, ob vielleicht noch ein verspätetes Mitglied fehlt Man hat dies Parlament oft recht unzeitgemäss mi: dem römischen Senat verglichen, heut gab es wci- lieh eine Ähnlichkeit. Jeder dieser Manner fühlte. dass diese schwere Stunde manche Verschuldung und Ungebühr der Vergangenheit strafe, aber da» man nüt britischem Starrkopf die Sünden der L* Oberergeschichte tragen und nie irrewerden den«? an Englands historischer Rolle. Hannibal tot des Toren? Ceterum censeo, Carthaginem esse delc- dam I Mit allen Stinmien gegen einige der Iren er klärte Englands Reichstag zur Verteidigung seiD&' Grösse an alle Welt den Krieg.
Sofort nach Abschluss der Europaischen Vi»'' ward der Sultan Abdul Hamid verständigt, dass e sich dem Bündnis anzuschliessen und danach ß halten habe. Wiedereinsetzung des Kbedivc unter türkischer Souzeränität ward ihm zugestandeOf ^ gegen habe er an Stelle der Briten nunmehr ^ Franzosen als europäische Schutzherren des N^ tals anzuerkennen, ihnen die spätere Neuvcrwaltoai zu übertragen. Gegen Persien, das unter heimiid»^ Anstiftung Russlands einen schiitischen Glaubecs^ krieg gegen Mesopotamien begann und seine Kuri* als Wüteriche hausen Hess, ward dem Sultan glo^ zeitig Hilfe zugesagt, der Schah verwarnt, dass ff sofort Entschädigung zahlen und für Veigci«^ räubereien türkischer Baschibozuks keine fordet
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dürfe. Ebenso ward dem Sultan Albanien erneut garantiert, ihm sonst promi>te Ausfühnmg der Oster- reich zugesprochenen Gebietsabtretung anempfohlen. Seine Armee in Ägypten und seinen Einfluss habe er sofort einzusetzen, um die Ruhe in Französisch- Afrika wiederherzustellen. Letzteres, mit allem übri- gen einverstanden, fiel dem Sultan sehr sauer. Doch die Erwägung, dass weitere Ausbreitung des Mah- dismus imd dauerndes Festsetzen der wilden Wüsten- stänune an der ganzen Küste und womöglich im Niltal selber sein eigenes Prestige schmälere imd wirklichen Wiedergewinn von Ägypten in Frage stelle, bestimmte ihn denn doch, als oberster Kalif der Gläubigen sofortige Rückkehr der Sudanhorden in ihre heisse Heimat zu befehlen. Die Giaum seien nun von Allah genug gezüchtigt, der in seiner un- endhchen Barmherzigkeit weiteren Gnadenaufschub gewähre. Berennung von Alexandria werde sein Ghazi (Marschall) Muktar allein übernehmen.
Das war natürlich in den Wind gesprochen für diese Horden, die wie die gefürchteten Heu- schreckenschwärme Algiers die Küste bedeckten. Der Mullah, des Islam afrikanischer Papst, der grünbeturbante Scheich der Wüste, umgeben von Se- nussi-Priestem, stieg inmitten einer unermesslichen Horde von seinem Kamel, breitete sein Lammfell als Gebetsteppich gen Mekka zum heiligen Kaaba- stein und belehrte alle Rechtgläubigen, dass der Kalif seine sogenannte Stellvertreterschaft Allahs durch Schwäche verwirkte. Was Aufschub I Die
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Bekehrung der Giaum werde nie erfolgen, sie seien von Anbeginn durch Eblis, den Übeln TeufeL zo-' Verstocktheit verflucht, und ,Dschejad* (Glauben^ krieg) dürfe nur mit Vertilgung aller Heiden nac Ketzer enden. Er, der Mullah, entbinde alle A:^ hänger des Mahdi, auf den gottlosen Kalifoi i: hören. Er exkommunizierte sozusagen mit eber Bannbulle alle Irrlehrer und predigte so würderc. wie einst der heilige Augustin, Bischof von Hi;? an gleicher Stätte, hier wo die Kathedrale des Ki' dinals Lavigerie und die Kapelle zum Gedächn des heiligen Königs Louis unter Palmen, Orange und Bananen auf Ruinen von Byrsa und Reliqu^ feld des einstigen Karthago soeben vom Wiistcx gesindel in Asche gelegt. Zur Feier des Tage E> er dann noch in herrlichem Autodafe einige h^-' lische Missionare und im verödeten Tripolis ^ wischte Italiener lebendig verbrennen, Fraücn c- Kinder in die Sklaverei verkaufen.
Dieser begeisterten Kundgebung des von Oo: erleuchteten geistlichen Würdenträgers huldigte x türkische Haki Pascha, Konunandeur des 5. Kcr?" imd jetzt der ganzen ägyptischen Annee, nut e^ orientalischer Arglist, indem er nicht etwa is^ den Mauern der alten Alexanderstadt sich auf Kas? mit den Mahdisten einliess, sondern ostentativ 5« | Lager aufhob und nilabwärts gegen die Ruck:=^ Strasse der Wüstenmänner marschierte. Natürf» benutzten die belagerten Briten dies zu wutaw^ Ausfall, in welchem die Mahdisten eine ^^'
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liehe Niederlage erlitten, zu Tausenden von der Schärfe des Schwertes noch bei der Verfolgung hin- gemäht. Sie wollten sich jetzt sengend und brennend ins Niltal hinüberwerfen, sahen sich aber hier all- seits von türkischen Geschützen und Gewehren empfangen, die kurzen Prozess machten. Die ganze ungeheure Horde floh auf Kartum zurück, die Küste freigebend, während die Türken umkehrten und die Briten erneut nach Alexandria hineintrieben. Auch genehnugte der Padischah Abgabe eines osmani- schen Korps zu weiterer Säuberung von Französisch- Afrika und beschied den Sultan von Marokko in solchem Sinne. Daraus hätte dieser sich wenig ge- macht, das Geheiss unbeachtet gelassen, wenn ihm nicht aus Tanger, wo das spanische Presidio sich immer noch hielt, der deutsche Geschäftsträger am marokkanischen Hof die Beschlüsse der Kon- ferenz von Chaumont mitgeteilt hätte. Da ihm hiernach Integrität seines Besitzstandes unter Deutschlands Präsidium verbürgt, fügte er sich gut- willig. Der Krieg hörte auf, obschon Kabylen- schwärme noch längere Zeit beutesuchend in Algier streiften. Der Sandschak-Sherif, den als Angebinde der Padischah selber aus Stambul geschickt, ward wieder eingerollt. Das algerische Armeekorps konnte wieder seinen alten Gamisonfunktionen nachgehen, der Aufruhr in Nordalgerien erlosch nach und nach, man hatte Müsse, in Constantine und Oran sich gegen englischen Anprall zu schützen.
Dem Negus Menelik ward angesagt, dass Italien
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jetzt unter deutsch-franzosischem Schutz stehe, ik daher weiteres Belastigen Massauas untexsagt seL Auf die bittre PUle dieser Verwarnung streatc man aber das Zuckerplätzchen einer pomphaften ^^ und Trutzallianz gegen England, vor dessen r- planter Vergewaltigung jetzt Abessinien ein für aD^ mal durch die neue Ordnung Ägyptens behüu' werde, wobei die Europäische Union besondeß It: haft an Meneliks Wohl gedacht habe. Die Scte chelei, seinen Titeln noch den eines „Veibi deten des grossen Negus im Norden" vor de getreuen schwarzen Bergvolke beifügen und so s doppeltem Lichte eines Kulturfreundes strahlen r. köimen, rührte diesen afrikanischen Peter ^ Grossen so sehr, dass er zu allem Ja nnd Ais^^ sagte, das zu Fall gebrachte Kassala an Italiffl i^ ausgab, sich aber nicht dazu verstand, geassm- mit den heidnischen Türken gegen England zu ^ rieren. Um daher seinem beute- und kriegdüstenis Heere eine andere Richtung zu geben, das er du-* zu baldige Heimkehr nicht erzürnen wollte, ^ geisterte er die rechtgläubigen Christen und Sa- folger des sagenhaften Priesters Johannes, ach ^• christlicher Liebe der Mahdisten anzunehmen. D*^ grinune Raubzug in den Rücken Nubiens, ins W-^ des heidnisch-islamitischen Zentralafrika führte '^ fröhlichem wechselseitigem Niedermetzehi der A: bänger Christi imd Mohanmieds, fügte Meneliks Fe^^ herrnlorbeeren ein neues Blatt und tüchtige Gcök^ erweiterung hinzu, erleichterte aber spater aoQ^-
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seits den Türken und Franzosen die erneute Erstür- mung Kartums. Das früher britische Somaliland hatten schon nach dem Tode von Ras Makönnen die abessinischen Grenzstämme gebrandschatzt, jetzt liessen sie esnicht mehr los. Engl. Hafen Portsuden fiel.
Solange Lesseps nicht umsonst gelebt und der Kanal im allgemeinen europäischen Interesse keine Verschüttung durch Dynamitexplosionen zu befürch- ten hatte, war natürlich den Verteidigern von Is- maila und Port Said nicht beizukommen. Die vom Wüstenstreif Akaba, wo ein deutsches Konsortium ein Kohlenlager unterhielt, bis Fort Nakhl ausge- baute Bahn beförderte umsonst Truppen auf Trup- pen. Hilfe aus Indien sollte baldigst eintreffen. Untenb Schutze der Flotte hielt sich auch Alexandria mit echtenglischer Unerschütterlichkeit. Hatte doch sogar ein Häuflein engUscher Sportsmen und Tou- risten, die' sich, ihre fellachischen Heizer im Zaume haltend, noch rechtzeitig zur grossen Nilbrücke von Kairo und von dort ins kleine Fort auf der Fels- schröffe des Mokkatam gegenüber der Zitadelle ge- rettet hatten, Winchestergewehre und Elefanten- büchsen so treffsicher gehandhabt, dass der ein- ziehende Haki Pascha ihnen Leib und Leben gegen mahdistische Grausamkeit ritterlich zusicherte.
Die Lancashire Füsilirs, frühere Kairo -Gar« nison, mussten übrigens auf Truppenschiff „Del- wara" nach Malta zurück, wo ein Nucleus (Kadresdepot) von Matrosen schon zwei alte Küstenpanzer armierte, weil der Kommandant
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Major- General Stokes einen Überfall der italiau- sehen Flotte befürchtete.
Inzwischen hatte am entgegengesetzten ^ des Kontinents längs der Westküste der Simum da losgelassenen Neger und Araber alle framöstsdssi Posten weggefegt. Kanoes mit bewaffneten Wilde: fuhren bis zur Senegalmündung hinauf, sdbst Dr Icai* wurde eingeäschert, nur St. Louis hidt t Gouverneur von Senegambien mit aUen geretteis Europäern und der tapferen Besatzung von »Senesi schützen*. Doch nach Vertreibung der Mahdistz und Einschläferung der Marokkaner glätteten §cü die empörten Wogen immerhin so weit, dass vm mit Gewissheit voraussah, wie Frankroch aÜisahlc: alle verlorenen Posten zurückgewinnen und sein air> kanisches Reich sich vermehrt durch Neuerweib t ganzen ägyptischen Interessensphäre, dieser ali^ Sehnsucht französischer Politik, als Phönix aas de Asche erheben werde. Gleichwohl mahnten Ris^ fünfzigjähriger Kulturerobererarbeit daran, wie c vernünftig Frankreich durch Anschhiss an EngUsc um nur ja Deutschland keinen Anteil am nonbf^ kanischen Absatzgebiet zu gönnen, seine wahre ^ kunft aufs Spiel setzte« Solche Erkenntnis trivi^ neues Gift in die schwärende Wunde des lasflüit Britenhasses, der alle Schichten der französis^ Gesellschaft durchdrang.
Während in ganz Guinea die lange im Teibor? nen glimmende Flamme afrikanischer Rachsucht s^ Stätten europäischer Zivilisierung verwüstete undci'
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holde Zankapfel des Kongostaats, den man Bel- gien aus den Zältnen riss und über den Briten und Franzosen sich geldgierige Blicke zuwarfen, bald nur noch den Eingeborenen gehörte, auch im Osten die englische Uganda- und deutsche Dar-es-Salam-Bahn ihre Trümmer vermischten und Flüchtlinge aller europäischen Nationalitäten in holder Eintracht das gamisonentblösste St. Helena füllten, hielt die un- gewöhnliche deutsche Waffenmacht in Südwestafrika allein noch die Überflutung aller europäischen An- siedelungen auf. Die Portugiesen, in Loanda und ganz Angola niedergemetzelt, riefen den Schutz derselben Deutschen an, denen sie vordem auf Kommando Englands eine so feindselige ,Neu- tralität' bezeugten. Hereros und Hottentotten hatte der frühere Feldzug doch derart geschwächt und entwaffnet, dass Swakopmund, Windhuk, Keetmans- hop in keine ernste Gefahr gerieten, Pequema und Lüderitzland von Verheerung freiblieben. Gern hätte England, ehe der grosse Wüstensturm ausbrach und man in aller Gemütlichkeit nur die deutschen Kolo- nien abzufassen hoffte, dieHereros wieder mit Waffen, Munition und Proviant versehen. Doch Sympathie für diese verehrlichen Menschetibrüder hielt der Besorgnis nicht Stich, dass das Umsichgreifen des Aufstandes auch den kaum niedergehaltenen Schwarmgeist der bösen eigenen Schwarzen in Natal wieder wachrufen könne. Alle anderen deutschen Kolonien und schwachen Seestreitkräfte an der west- und ostafrikanischen Küste hatte der unersätt-
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liehe Rachen des englischen Haifischs m schlungen.
Das vor Durban kreuzende Stationsschxff .Spokr' ,Schwalbe*, ,Seeadler*, WolP, .Bussard* suchten i? Sansibarischen Stationen Dar-es-Salam, BagaiKP und Tanga zu halten, wurden aber durch Pan»^ ,Hindostan' und Kreuzergeschwader aus Aden i^ Sinken gebracht, das gleichzeitig eine indis'Ä^ Gourka-Brigade überholte und die kleinen Häfen fe Victoriasees in britische Gewalt brachte. In BerLt liquidierte die Kilimandscharo-Pflanzungsgesdlscbi. für Plantagen von Kautschuk, Agave, Baumwolle ndir- obligatem Zebrafang. Vor Kamerun lieferten die lifl beorderten ,Frauenlob*, ,Ariadne*, ,Falke* (Staä' Westindien) französischen Kreuzern von sta^»^- Deplacement ein letztes Gefecht und retteten sich, c schädlich gemacht, die Küste entlang bis Lüderit^
Kamerun und Togo hatten schon englische M* rinebesatzung, als senegambische Franzosen ^ rücken wollten und so das Nachsehen bekamen, ^* jeder, der mit England ein Teilgeschäft machen **- Reste der deutschen Schutztruppen in ihren gra'^' ben Röcken und flotten Schlapphütoi vcrsch^^ im Innern, auf beiden Küsten Mittelafrikas Tom ^ maliland bis zum Kamerunfluss wehte jetzt emog"^ Rotkreuzflagge. Aber nicht lange. Denn urptötti sahen die behaglich eingenisteten Kolonialraubers riesigen Massen von Schwarzen gegenüber, die t^ ter entschlossenen Häuptlingen den Briten in ^ merun und Dar-es-Salam ein schauriges Ende ber^
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teten. Alles, was sich nicht auf die Schiffe flüchten iconnte, ward niedergemacht. Den eigenen früheren Besitzungen wie Mombas ging es nicht besser.
Die allgemeine Lage in Afrika war schwer zu überblicken. Bei Wadi Haifa, Suakin, Berber herrsch- ten die Türken; in Dongola, Darfur, libyscher Wüste hausten noch Mahdisten, in Kordofan und bei El Obeid pflanzte der Negus sein Banner auf, im Tune- sischen, wo die Türkei schon früher Frankreich durch Besetzung von Kanem am Tschadsee angerempelt hatte, wirtschafteten noch fanatische Marabus mit ihren Banden unterm Kaid von Tabor. Lord Cromers Kulturarbeit in Gezireh zwischen Blauem und Weis- sem Nil, die Bewässerungspläne von Sir W. Garstin in Oberägypten, alles verloren und verwüstet! Gegen das türkische Lager bei £1 Arish, wo die Os- manen längst alle ägyptischen Grenzpfähle nieder- rissen, hielt sich noch tapfer die Besatzung von Fort Said. Besonders ein Bataillon Border von der schottischen Grenze und die wilde irische Inniskillings-Infanterie taten Wunder von Tapfer- keit, vor dem gellenden ,Kill killT der Inniskillings- Dragoner erzitterten die wüstesten Baschibozuks und Tscherkessenreiter. — In Natal stand es schlecht. Die Polizeitruppe und Border- und Umvoti Moun- ted Rifles unter Oberst Mansel, die Carabineers unter Oberstleutnant Mackay und die irregulären Roy- ston's Horse nebst Zululand-Schützen behaupteten nur noch Umgegend von Durban unter ihrem Führer Colonel Mackenzie gegen den früher heuchlerisch
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jeden Abfall verschwörenden Häuptling Diniioli Die in England angeworbene Freischar des Lord Cardigan schmolz schon bedenklich. Die Buren- kommandanten Emmet und Grobelaar zeigten iw^i^ deutige Haltung, wie der Gouverneur Sir Höht Maccallum berichtete. — Aus Nigeria retteten sk" nur zwei Offiziere des Southern Nigeria Rcgimeoi Emir Hadija herrschte unumschränkt in Sokoto nr: Kano. — Von Kairo aus erliess der frühere dortige Oberkommissar des Sultans, Marschall Mukthar h scha, der schon ziu: Friedenszeit die ungeba^dig^!l^ Sprache gegen England führte, den Befehl an ai' Gläubigen Afrikas, unter Oberhoheit des Kalifen n rückzukehren. Doch so befriedigt die OsmanenTc: der Hassanmoschee und der Citallenmoschee, dere: Alabaster in violetten Farbentönen abends schillere ihren Gibilitabak schmauchten, fehlte doch viel 3^ Vollziehung dieses grossherrlichen Mandats. Inte asiatischen Türkei hatte man manchen Nasenstüber Englands einstecken müssen« Wohl erfreuten i^ Norden gegenüber Kars und Oli, wo die Russen s>^ nicht rührten, Erzerum und Bajaset, dessen zcnisseB^ Kalkfelsen und grellrote Marmorwande mit Sv^"-^ Murads Burgterrasse und armenischen Klöstern hi • Islam und Christlichkeit gleichmässig umrahme: oder das aus dunkelm Gestein erbaute düstre Di^^ bekr in Kurdistan und der Seehafen Trapezunt neb?' Bahnlinie Skutari-Ismid-Angora sich tiefster Ri^^- Hingegen hatte Sir Percy Scott bei seiner Raoü ^ türkischen Gewässern ;nicht nur Chios, Kos, ^
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mos, Rhodus besetzt, sondern auch auf East India Steamern ,,Atalanta'\ „Phlegeton", „Malta", „Ma- lakka" verschiedentlich Truppenkommandos (Regi- ment Sussex) aus Cypern und Kreta längs der Küste verstreut und Adana, Schlüssel der cilicischen Pässe, besetzt. Wo überm Hellgrau der Beirut-Küste das Rotbraun des Libanon und Schneepyramide des Her- mon in wechselnden Farben schwimmen, wo Da- maskus lächelt aus duftgeschwängertem schillern- dem Meer wasserdurchrauschter Gärten, Kuppeln, Minaretts, hinter sich das rötliche Violett der gros- sen syrischen Wüste, und wo weissrosafarbene Säu- lenreste des Sonnentempels von Palmyra zu düster- ernster Kreuzfahrerburgruine aufschauen, überall scholl Verwünschung über die Frechheit der Giaurs. Aus Sana in Yemen, wo auf dimkle Gassen weiss- getünchte Kuppel der Bakilimoschee herabblickt, rüsteten Araberbeduinen einen Raubzug gegen Aden, der missglückte. Dagegen tröstete man sich in unein- nehmbarer Felsfeste Mardin, aiif hohen Terrassen von Mosul über Ruinenhügeln Ninives und grün- blau glasiertem Ziegelschutt Babylons, dass kein Ungläubiger hierher den Fuss je setzen werde. Doch inzwischen ging Bau der Bagdadbahn unter deut- scher Überwachung ruhig weiter bis zu den Euphrat- kanälen, wo zahllose Pahnenkronen auf dicken, heis- sen farbigen Dünsten und blaugrauen Nebeln zu schwimmen scheinen, wo Goldknäufe des Mauso- leums von Musa wie glühende Kuppeln leuchten, wo Flamingos und Pelikane über Durrahpflanzungen
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und Reisäckem des Oshashkanals wie imipaiBe. scharlachne, orangegelbe und weisse Blumen in Lüf- ten schweben. Auch in Cypems sonnveibranster Ebene, aus der Nicosias Palmen und OrangegäitGi als Oase aufragen, bestellten die Ungläubigen g^ lassen die Seidenkultur, nur mit dem Untersdied dass der sonst stipulierte Jahrestribut aus Faioj- gusta ausblieb. Früher krönte der Halbmond rr. dem Rossschweif gotische und altveneaankcbe Bauten, heut flatterte dort frech die RotkreuzbhK.
Übrigens beschäftigte sich Wadschid-Pasda Präses der Grenzuntersuchungskonmüssion, mit Ab^ wehr der Perser am Fort Passwah, während Ptk Izzed in Albanien kommandierte. Stambul — ^Sbttr. — Gallipoli war wieder frei, selbst die alten Stalioas^ schiffe „Imogen", „Petrel", „Sesia" (englisch, fn> zösisch, italienisch) befleckten nicht mehr die Daica^ nellen. Deutsche „Loreley", österreichische „Tannj?" von den anderen Christenhunden zerschossen: mod ten sich doch alle Giaurs so untereinander le?- fleischen ! Der „Sultan" (früher Clyde-Division) bare sich hier so lästerlich aufgeführt, als wolle er <k5 geheiligten Sultan selber am Barte zui^en. —
Das afrikanische Kreuzergeschwader des Mie admirals Dumford, Panzer ,Africa' hinzu, bcstas'i aus „Crescent", „Forte", „Pelorus", „Ariadne". Letz- tere von der vierten Kanal-Division insgeheim dorthiü detachiert, um diese ohnehin schon starken Krecie^ I. Klasse noch gründlicher zur Beraubung deutsd^ Kolonien auszurüsten. Man blockierte die von franic-
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sischen verjagten deutschenKretizer III. Klasse und die wie eine zitternde Lämmerherde in Walfischbai zusammengedrängten flüchtigen deutschen Kauf- fahrer oder patrouillierte vor Kapstadt. Ausserdem ereilte die trauernde „Ariadne" ihre schwächere deutsche Namensschwester, die vor Swapokmund unterm Winde lief, und bereitete ihr das Schicksal des ungetreuen „Theseus" bei Helgoland. Was halfst In Nordkamerun, wo eine halbe Million wil- der Neger vegetiert, gab es unter ölpalmen und Kobabäumen bei Babanki, Babungo, Gaschaka heut ebensowenig Briten mehr als Deutsche, alles ge- meinsam abgewürgt. Doch deckte Dumford die briti- schen Enklaven der Nordwestküste, Bathurst mit Fort St. James in Senegal, Freetown und Insel Sherbore in Sierra Leone. Sonst aber regierten von Wadai und Bomu bis Liberia und Kumassi die Schwarzen unter Führung der Aschanti und des Sultans von Dahomey, dessen Amazonenleibwache sich bei Pfählung der Kriegsgefangenen hervortat. Arabische Karawanen trieben wieder schwung- vollen Menschenhandel, Elfenbeinhändler und Ele- f antenzahnjäger wurden wieder löbliche Sklavenhalter wie in der guten alten Zeit, am Kongo kehrte man zur schönen pietätvollen Sitte der Menschenfresserei zu- rück. Im Osten überfluteten die Wilden ganz Rho- desia, Fort Salisbury fiel, von Mozambique bis Lo- renzo Marques bluteten die Portugiesen, von Lindy bis Witu warfen die Araber das fremde Joch ab, nur Sansibar selbst schützte Kreuzer ,Terpsichore*.
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Die Prophezeiung des bekannten anonymen deni- schen Autors über allgemeinen Aufstand in Aiiib hatte sich, freilich nur durch Mitwirkung der aussei acht gelassenen Faktoren Türkei-Abessinien, bvcb- stäblich erfüllt, weil sie auf selbstverständlicher Iß^ beruhte. Vielmehr machten seither die Natalunnibes, die Gärung in Ägypten, Tunis, Nigeria dies Waii scheinliche noch ins Auge springender, wie es daa tatsächlich geschah.
So hatten die Briten wenig Vergnügai vonihrefl kurzen Raube gehabt, und in England schüttelte man bedenklich den Kopf, was vollends ans des wertvollsten Besitz Südafrika werden solle, ^ dem im Norden jetzt über den halbmondförmiges elektrischen Glühlichtem unter den Minaretts t® Kairo der türkische Halbmond wehte. Als Türke bis Oase Siwah und Abessinier bis Faschoda «ff* drangen, also eine einheimische Macht noch v^ ter ausdehnten, schoben sie dem grossen Plan tos Cecil Rhodes für lange einen eisernen ^egd ^
Sollte ganz Afrika für Britannien verlorengeht- Es sah so aus. Denn Lord Milner, den nach kor zer Absetzung durch die liberale R^crung ^^ öffentlicher Desavomerung nimmehr Sir Edward Grey und Morley selbst wieder auf seinen alten ?^ sten beriefen als geeignetsten Mann: für diese Stunde, telegraphierte in einem fort nach London und CaP cutta, und was er zu sagen hatte, klang übd.
Schon sein interimistischer Vorgänger, Lord S* borne, hatte als letzte Amtshandlung militärisd«
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Besetzung des Distrikts Fort Yolland anordnen müssen. Dort tanzten heut Neger über Trümmern. —
Militärdiktator in Indien, Lord Kitchener, aus seinem Zwist mit der Zivilautorität des nicht minder berühmten früheren Vizekönigs Lord Curzon siegreich hervorgegangen und von der liberalen Kegierung in allen Amtsbefugnissen seiner unum- schränkten Diktatur trotz aller gegenteiligen Par- lamentsanträge bestätigt — ein neuer schlagender Beweis für innere Solidarität der Imperialisten und Liberalen dem Ausland gegenüber und für die Auffassung der Reichslage aus rein, kriege- rischen Gesichtspunkt^! — sandte zwar mit Paketbooten der Anchor Line vom Schlage der ,,City of Rome" (9000 Tonnen) und Dampfern der Orient Line wiederholt Verstärkungen via Co- lombo: Bataillone und Schwadronen von Sikhs und Gouikas aus Nepal, eine andere Seapoy- brigade und drei nationalbritische Bataillone. Aus dem Mutterlande vermochte man aber nach Ab- sendtmg eines früheren Truppentransports sich keine neuen Streitmittel vom Mimde abzusparen, und Milner blieb auf sich selbst angewiesen.
Basutos und Zulukaffern brachen aus ihren Krals hervor, die Buren meuterten, die Afrikander der Kapkolonie wurden schon lange schwierig, auf die Landmiliz war also ausserhalb der Nationaleng- länder kein Verlass. Aus der Walfischbai meldeten die britischen Kreuzer plötzlich den Anmarsch eines deutschen Korps, das die Kolonialbahnen von Wind-
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buk und Otavi zu weiterer Schienenl^uiig benvue. Diese Möglichkeit war längst zuvor im Depeschen- wechsel mit dem Berliner Kolonialamt bis ins est zelne erörtert worden : sie galt mit Recht als eine beste Trumpfkarte, wo sonst im Vabanquespidgeg«Q Englands Unerreichbarkeit aUe Chancen versagte Hier allein konnte man England deutscheiseis treffen, nur hier gab's eine verwundbare Achüks- f erse der Meeresriesin. Natürlich nahm dksex scbcQ Ende Mai mit dem grösseren Teil des deatscha Schutzkorps unternommene kühne Zug viel Zeit a Anspruch, erst Ende Juni erreichten die Deutscbcü das vielberufene Mafeking. Mittlerweile arbeitete ihren Anstrengungen aber eine unheimliche En^»- rung der törichterweise von stumpfer Profitwut oad Johannesburg geladenen sechzigtausend Chinescfi- kulis vor. Diese, in innerem Zusammenhang ^ dem neuen Boxertimi in China, nahm bald sc^ chen Umfang an, dass der einstige Oranjefretstaat von Majorgeneral Montgommery geräumt, Bef schuanaland den Basutos preisgegeben wurde xd alle britische Macht sich ntur noch in der Kapkdo nie konzentrierte. Die Buren standen in hellen Ha':- f en auf, das ehemalige Polizeikonunando von Fr^ toria bildete sich, die alten ,Comets' traten an die Spitze berittener Freischützen, Britenfeind Beyes führte den Deutschen ein geschlossenes Ueines Heer zu. Die aufsässigen chinesischen Minenarbe^ ter, die sich mit allerlei Unfug und Greueln auf da: Farmen amüsierten, begriffen sehr bald, dass ciit
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den Deutschen nicht gut Kirschen essen sei, und hielten sich abseits wie scheue Schakale, wenn, der Löwe vorbeijagt.
Aber das Gebrüll deutscher Geschütze und Ma- schinengewehre drang noch nicht zu Ohren der Kaffem im Südosten, die sich mordend auf britisches Gebiet ergossen. Der berüchtigte Häuptling Bamato schürte die sogenannte äthiopische Bewegung imd schloss Greytown ein, Durban sah sich bald ab- geschnitten. Eine gehamischte Warnung des deut- schen Generals aus Bloomfontain wurde verlacht, sein Abgesandter in Stücke gerissen, sein Kopf als Antwort von frech herangeschUchenen Mordgesel- len ins deutsche Lager geworfen. Als Ende Juli der Vormarsch über Colesberg und Colenso gegen Kapstadt beginnen sollte imd die Burenmiliz am Oranjeriver den schwarzen Horden mannhaft ent- gegentrat, liess Milner anfragen, ob man nicht die Entwicklung der europäischen Lage abwarten wolle. Das gemeinsame Schicksal aller Weissen, wenn Ne- ger imd Chinesen sich dies gegenseitige Vernichten der Eiuropäer zu nutze machten, lege ihm den Vor- schlag einer Waffenruhe zwischen den kriegführen- den Zivilisierten nahe, um vorerst die Waffen ver- eint gegen das Barbarenpack zu richten. Der deut- sche General ging darauf ein. Bis Ende August säuberte er ziur Einöde gewordene Fluren, in hundert Einzelgefechten die schwarzen Gesellen an weiteren Mordbrennereien hindernd. Über Makala und Cette- veiograb wehte der Vierideur. Die Kulis, die sich
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an den Deutschen vorbeischlichen und den Sdivar zen gesellen wollten, jagte ein verabredetes Kcssd- treiben von Deutschen, Briten und Af rikandennDixeii zur Südwestecke Afrikas zurück, wo ihre Küsten Wirtschaft unter scharfer Kontrolle britischer Kreuze stand. Bei den Schwarzen flaute aber die Energie der Kriegführung auffällig ab, weil Menelik, ne man später erfuhr, seinen im Kaffemland madi- gen Priestern der seltsamen äthiopischen Chnstc: kirche aufs Gewissen band, nichts gegen seine de^ sehen Freunde zu unternehmen, und hierdurch asd das Befehden der Briten unterbunden wurde. £s^ lieh kam aus Europa erlösende Kunde, die nakc Entsatz und Rachevergeltung für ganz Süd- lac Mittelafrika in Aussicht stellte, freilich dem l^ perialisten Lord Milner das Herz brach.
England klopfte zwar sofort in Petersburg ^ und suchte dort Anschluss, fand aber keine Gego liebe. Russland hütete sich wohl, sein letztes na nenswertes Geschwader, das von Wladiwostok, gcga Japan, das obendrein Sibiriens weitverbreiteten Auf- ruhr benutzen konnte, und seine meuterische Ar mee gegen Deutschlands nun unbestrittene MiÜti' hegemonie aufs Spiel zu setzen, zumal eine pc^^ sehe Revolution aufs neue sich ankündigte. Ro^ lands einzige Kraft blieb noch die vis inertiae und dse bisher trügerische Hoffnung auf gegenseitige Schvi- chung von Deutschland und England, die wiedenss als Stärkste den Weltkrieg überlebten.
In Ostasien Hess sich der britische AdmirJ
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bei Abfahrt von Hongkong zuerst durch absicht- lich ausgesprengtes Gerücht düpieren, die japani- sche Hauptflotte liege wieder bei Sasebo, um Re- paraturen vorztmehmen. Anschluss des australischen Überlandtelegraphen an Kabel Singapur-Batavia ver- sagte plötzlich. Bald darauf brachte der britische Postdampfer ,,Kawau" von Samoa Islands die Kunde, dass er auf Fahrt nach Tutuila zwei Kriegsschiffe in der Feme bemerkte, die japanischen Ursprungs schienen. In der Tat ankerten bald die neuen in London gebauten Schlachtschiffe „Katori" und „Ka- schima" und die Kreuzer „Naniwa" und „Soya" (frü- her russischer „Warjag") vor Apia und manövrier- ten zwischen den Korallenbanken mit erstaunlicher Sicherheit, die auf Lotsenkenntnisse einer Voraus- spionage schliessen liess. Bald verjagten sie die in Oceanien patrouillierenden britischen Kreuzer, da sie auch eine Torpedoflottille mitbrachten, die so- fort Jagd auf alle europäischen Kauffahrer machte. Der hier noch stationierte amerikanische Kreuzer „Wilmington" sah mit Yankeephlegma zu, wie die Japs mit affenartiger Geschwindigkeit Samoa und Fidchi Islands mit Truppenkommandos besetzten und einen vorbereiteten Aufstand von chinesischen und polynesischen Kulis und japanischen Dockarbei- tern in Hawai ihren Zwecken dienstbar machten. Amerikanisches Hoheitsrecht? Natürlich, sie schütz- ten bloss Hawai für die amerikanischen Freundet Gegen das grosse Kriegsschiff „Katori", dem sich bald noch zwei andre stark armierte und schnell-
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fahrende Panzerkreuzer „Mikasa'* und „Aso"undAd- miral Shimamuras Freiwilligenflotte geselltai, vcr mochten die vor Australien zurückgelasseneii paar englischen Kreuzer nicht aufzukommen. Hawais un- vergleichliche Riesenvulkane mit Flammenkaskadö und Feuersee sahen noch nie solche Kriegseruptki wie jetzt über Tropengrün und Schlingpflanzen vca Hilo imd dem Signalberg Diamond Head. Jetr stellte sich auch heraus, weshalb japanische Spioce in Australien beim Abzeichnen der Buchten, Hafe> kais und spärlichen Befestigungen ertappt «urdesi Die Japaner manövrierten überall wie auf bekanntä:: Gelände. Ein auf der japanischen Dampferlinie N^ gasaki-Honolulu und von da auf der nun iffiic brochenen neuen Route New Westminster-Vancom^^ via Honolulu nach Sidney ins Tasmanischc Me^' beförderter ansehnlicher Truppentransport landet« unvermutet in Neuseeland und setzte sich dort a£ einer geeigneten Stelle fest, die Maoris zu oßec kannibalischen Befreiungskrieg einladend.
So sah denn Oceanien seine künftigen Herren. die kleinen gelben Kerle in der neuen KhakiöJ^ form, nur durch Aufschläge nach den WaffengaJt^J gen unterschieden: rot bei der Infanterie, grünbr. der Kavallerie, gelb bei der Artillerie, kannosc bei den Pionieren, dunkelgrün beim Sanitatspen^^ nal, grau bei der Intendantur, schwarz bei der Gä^ darmerie. Die aktiven Regimenter mit einer an- sehen Ziffer des betreffenden Truppenteils auf ^- Kragen, die der Landwehr mit einer römische:^
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die des Landsturms mit je einer arabischen und römischen. Als Gradabzeichen nur Achselklappen mit Sternen, die bei den Streitbaren nebst den Knöp- fen gelb, bei den Nichtstreitbaren weiss sind. Nur aie Garde durch Kirschblütenzweig imterm Stern der Mütze und Chrysanthemum auf den Knöpfen ausgezeichnet. Alles so schmucklos und so prak- tisch wie möglich. Diese nach Java und Austral- inseln abgesandten Truppen hatten Nagasaki, den schönsten Hafen der Welt, und Hakodate unter wil- dem Jubel der Bevölkerung etwa so verlassen, wie römische Legionen, die zu Triumphatorzügen mit der Gewissheit ausziehen, jeden Feind unters kau- dinische Joch zu beugen. Die vierundachtzig Türme der heiligen Felsfestung Golconda können den In- dem nicht so felsenfest erscheinen, wie diesen Misch- lingsabkommen malaiischer Seeräuber die Eisen- türme ihrer Panzerschiffe.
Auf Höhe von Aukland Hessen am 24. Juli die „Psyche", „Challenger", „Pegasus", „Pioneer", wäh- rend „Kangaroo" gleich anfangs davonhüpfte und „Calliope" ihr Sternbild sinkend verlöschen liess, sich auf ein Gefecht ein. Ihre je sechs meist nur 10 cm -Geschütze imd Maschinenkanonen erlagen aber dem schweren Kaliber der Japaner. Explo- dierende Backbordkessel heruntergeschossenen Flü- gelrosses „P^asus", meterbreite Risse im Rumpf der zarten „Psyche", ein übers Heck und die Reeling herüberhängender Mast des „Herausforderers", wo Mannschaft dutzendweise hinter Panzerschilden in
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ihrem Blute la^ und die Pumpen ein Leck auszu- schöpfen suchten, zeigten die Wiikung japanischer Granaten. Nur der Bahnbrecher .^Pioneer" ging als Sieger aus dem Kampfe, indem er ein Freiwilligen- schiff rammte, einem andern das Torpedorohr zer- trümmerte, einem dritten die eine Seite mitsamt dem Fallreep und Steuerbord wegschor und einem heransausenden Torpedoboot knai^ entging, indem er mit rückwartsschlagender Maschine stoppte. Die Japaner litten also auch erheblich. Die havarierten britischen Kreuzer fuhren bekümmert, „Aolus" wahrlich ohne günstigen Wind, in Häfen des australischen Kontinents, wo Musterung von Frei- willigen stattfand, um dem Mutterland Hilfe zu bringen. Jetzt rief der Alarm alles zum Küsten- schutze, in den senkrecht abgeschrofften Blaubergen hinter Sidney warf man Schanzen auf gegen ge* fürchtete japanische Landung. Diese blieb natür- lich aus. Dagegen setzten die Japs tatsächlich auf Sumatra und Britisch-Bomeo Truppen ans Land und beschossen die Strandbatterien von Batavia. Das noch dort befindliche tonkinesische Regiment erbat freien Abzug, von Japan über die Lage in Europa in Kenntnis gesetzt, was die Japs höflich gewährten. Die schwache indobritische Brigade, aus Hongkong, wo alle Weissen an Bord der Schiffe geflüchtet und der schöne Gianitbau des deutschen Germania- klubs in Asche sank, als Garnison nach Java gelegt, vermochte dies nicht zu hindern, denn sie reichte kaum hin, Batavia selber zu decken. Dagegen ver-
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weigerte das beranbrausende ostasiatische Geschwa- der das freie Geleit nach Tonkin für die französi- schen Kapitulanten und lieferte dem Admiral Togo vor Batavia am 26. Juli eine Angriffsschlacht mit dem Erfolg, dass die Japaner, den Strandbatterien entgegengetrieben, bedeutend litten. Britischerseits sanken zwei Kreuzer und ein Kriegsschiff zweiter Klasse vom Typ Majestic. Die Panzergürtel der Japaner aber zeigten manche klaffende Wunde. „Asahi", „Fuji", „Shikishima", die älteren Schiffe, kamen besser davon, als die gehobenen weiland russi- schen, heut „Iwami", „Hizen**, „Sugami", „Suwo", „Tango"* Heil blieb die neugebaute „Yaschima". Nationalheld ,King Alfred* bekam von ihr Schläge. Im Ganzen konnte Sir Arthur Moore zufrieden sein, die Übermacht geschwächt und den japanischen Hochmut etwas gedämpft zu haben. Er verlor nur die von Australien herberufene „Amphitrite", die als Meergöttin sich ihrem heimischen Element ver- mählte, und „Pandora", die aber noch sterbend für „Suwo" verderbliche Gaben in ihrer Büchse trug, und den ungeschlachten „Goliath". Dagegen schien „Malta" stolz Batavia als neues Malta in Anspruch zu nehmen, „Hannibal" schien für ein Cannäaufgelegt, „Britannia", „Sovereign", „Dominion", „Zealand", „Terrible" deuteten ihre Namen, dass England als schrecklicher Souverän seine Oberherrschaft auf allen Meeren behaupten wolle. Flaggschiff „Hermes" zeigte sich als flinker Götterbote, „Asträa" als Schlachtstern, „Perseus" und „Andromeda" erlegten gemeinsam
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den mongolischai Drachen der Tiefe, „Indefaügabk ' und „Vivid" machten ihrem AdjektivPrädikat leb haft Ehre, „St. George" schlug sich ab ritterficiier Schutzpatron Altenglands, „Thames" vertrat würdig im fremden Meer den weltberühmten Fluss derHdnia^
Wirklichen Entsatz Batavias brachte die See Schlacht aber nicht. Auf Java versah der früheic Versöhnungsstatthalter von Korea, General Hasa gawa, emsig die Geschäfte der Padfierung, iw^ Generalmajor Murata und Kapitän z. S. Miyaob gleichfalls an solchen Dienst gewöhnt. Okkupaücc der Philippinen und Gewürzinseln überwachten.
Die französische Flotte am Strand von Chin> indien rührte sich nicht, weder gewillt, ihren Schs^ posten zu verlassen, noch auch den Japanern i' Handwerk zu erleichtem. Die britische Flotte ^ sich zwischen die Sunde der verschiedenen Inst gruppen zurück und zwang die Japaner zu steten As passen. Batavia und einige andre Faktoreien, «^• das befestigte Kota Radjah in Nordsumatra, Fois de Kok und Valdman im Osten, wmrden behaupif* da sich etwas ähnliches wie in Kiautschou wiede' holte, nämlich die Reste der früheren niederlaßt- sehen Kolonialtruppe bei England lieber Diai^t- nahmen, als die Insel den Mongolen zu übeilassci Der Krieg zog sich auch hier bis Mitte Augrist öi: scheidungslos in die Länge, bis Befehl aus EoroP^ zwar sicheren späteren Entsatz Batavias, doch r: gleich das Entlassenwerden der Sundainseln ans ^ tischen Krallen in Aussicht stellte.
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Die durch Schriften des holländischen Autors Multatuli fälschlich genährte Vorstellung, Holland treibe Misswirtschaft in Oceanien, beruht freilich auf schnöder Verkennung, da man im Gegenteil dem „Rat von Indien** das ehrendste Zeugnis ausstellen muss. Unter seiner klugen Verwaltung hat Java seine Einwohnerzahl fast verfünffacht, Batävia seine Reis- und Surabaya seine Tabakausfuhr jährlich erhöht. Wohl aber vermag ein Kleinstaat wie Hol- land niemals genügende militärische Mittel aufzu- bringen, um ein von kriegerischen Rassen besiedeltes Inselreich richtig zu besitzen. Ausserhalb Javas blieb Hollands Herrschaft nur eine nominelle kaufmänni- sche. Und doch steckt hier glänzendste Zukimft für Kolonisierung.
Die unerhört gleichmässige Wärme und Un- veränderlichkeit des Klimas auf den Sundainseln, wo die Differenz der Temperatur zwischen wärmstem und kältestem Monat nur einen Grad beträgt, würde diese herrlichen Lande, ein Kolonialjuwel ersten Ran- ges, für Europäer gerade so gesund machen, wie für die Eingeborenen, wenn nicht die holländische Nachbildung der heimischen Grachte und Kanäle sowie die unvernünftig unenthaltsame Lebensweise der Weissen za Fiebern Anlass böte. Das alles mnss von Grund aus geändert werden unter deutscher Zucht, sollen die Sundainseln je wirklich das für Europa leisten, wozu sie berufen sind. Der Südost- passat an der Javaküste und der zum Gebirg hinauf- wehende Westmonsiun stellen ein Gleichgewicht zwi-
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sehen Feuchtigkeit und Trodcenheit her, wie es nicht angenehmer gedacht werden kann.
So fanden es auch die genügsamen Japs, die in Surabaya sich schon häuslich niederliessen und mög liehst mit den malaiischen Javanesen und den An bem fraternisierten. Die früheren Malaienr^imecte; in holländischen Diensten, die zuerst gegen ^ Holländer imd jetzt auch gegen die neuen engliscbs Herren gemeutert hatten, wollten dies Spiel acd gegen die Japs wiederholen, als diesen em Über fall gegen die liebliche Villenstadt Buitenzoig, Ba- tavias Gesundheitsstation, schwer missglückte. Deni die Ureinwohner gingen von dem gesimden Grimd^ satz aus, dass die Fremden alle miteinander tms^^ werden müssten und man sich imter ihnen m^^ nur dem zur Zeit Stärksten unterzuordnen bnuche.
Die freundUchen Japs hatten viel Verständnis fc solche Auffassung und versprachen den Meoteien: goldene Berge, worauf sie die in Täuschang ^ wiegten plötzlich umstellten und mit Maxims so lange gemütlich mitraillierten, bis sie winselnd ud Gnade baten. Dies Gemetzel stellte das moialisdie Ansehen Japans sogleich wieder her. Audi die Araber in Palembang auf Ost-Sumatra noacbten ein* fürchtig Salaam vor so bösen Männern, und die Chinesen in Padang auf West-Sumatra, hinter ihre Kalkmauem vor dem Banner der aufgehenden Soo^- zitternd, beugten ihre Zöpfe in den Staub. Die Hänpt* linge der Atjeh in Nord-Sumatra, so lange Holla» trotzend und dessen Kolonialbudget mit stetem D^
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izit belastend, wollten mit Japans falschem Lächeln lichts zu tim haben und stellten Geiseln mit der Ver- sicherung, dass sie den Herrn Mikado für den mäch- igsten aller Tiger hielten. Kurz, es liess sich vor- aussehen, dass der neue japanische Eroberer bald gründlicher auf den Sundainseln Meister sein werde, lis Holland im Laufe von Jahrhunderten. Padang, Benkulen, Telok Betong auf Südwest-, Hafen Oleh- eh auf Nord-Sumatra hatten schon japanische Gar- nisonen, und in Dorf-Kampongs des Innern zwischen Reisfeldern imd Kokospalmen, wohin noch nie ein Elolländer den Fuss setzte, streiften tmgestört japa- nische Automobilvedetten, Tribut fordernd und Mar- ken für künftige Eisenbahnen absteckend. Auf der deinen Nebeninsel Banka richtete jener Marineoffi- zier, der ein einheimisches System drahtloser Tele- ^raphie für Kriegszwecke erfand, seiue Apparate ein. InPretianak, Haupthafen in Westbomeo und Sitz iiolländischer Residentschaft, und Samarindo der Südöstküste nahmen japanische Armeelieferanten rreundlichst den ganzen Handel mit Schildpatt, Schildkröteneiem, Trepang, Vogelnestern, Bienen- nrachs und Guttapercha aus den Händen der chine- sischen Kaufleute und errichteten ein japanisches Einfuhrmonopol. Vor dem Palast des Sultans von Kutei, weiss angestrichen mit galvanisiertem Eisen- dach, spazierten japanische Schildwachen und grinsten höflich den braunschwarzen Fürsten an, der auf seiner Veranda wehmütig seiner bisherigen halben Unabhängigkeit gedachte. Die im Rückgang
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befindliche Diamantgrube von Martapura untersodh
ten bereits japanische Ingenieure. Andere Expedr
tionen mit Fachleuten sollten unaufgescUosseDc
Bodenschätze von Eisen und Kohle mit der Wiat
schelrute ihrer mongolischen Findigkeit entdcdffi
Im Hauptsitz des Pfefferhandels, der auf PßUc
erbauten oder auf dem Wasser schwimmendeiiHafe&
Stadt Bandjermassin, wo malaiischer und holläodr
scher Wasserbaustil ihre seltsame Vcrwandtsda.*'
bekimdeten, schlug schon ein eigens »nannter W
gouvemeur sein Quartier auf. Im europ^schenAie^
tel der Sumpfinsel Tattas, wo die Holzhäuschen ba
niederem Wasserstand als Strasse nur einea Sasif
graben und bei Hochwasser einen Kanal haben.
zwischen Läden und Wechselbanken des Chinese
vierteis und im malaiischen Hauptteil dieses oicsd^
sehen Venedig, wo sonst von Haus zu Haas c^
kleinen Tambanganskähne den täglichen Maiktre:
kehr mit Kokosnüssen, Obst, getrockneten Fisch«
vermittelten, patrouillierten jetzt Rondeboote wx J^
panischen Zoll- imd Steuerbeamten. Die vortreß-
liehen grossen Sampangs-Boote aus Eisenhok, ^'•
Lagerhäusern am Strande ankernd, requirierte ^
für Militärtransportzwecke.
Mit dem üppig aufgeblühten Britisch-Nordbonif'
ward gleichfalls kurzer Prozess gemacht Die vti zig Millionen Tonnen Bauholz an den Flussuf«^ beim Hafen Sandakan waren ein gefundenes Fress^a^ nicht minder der mächtige Vorrat von Sago, G<^''^ Zinnober und vor allem Kohlen, von welchen altJ
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schon die kleine Nebeninsel Labuan unerschöpf- lichen Abbau gewährt. Die fünfundzwanzig Handels- häuser in Kudat und Elopura an der Sandakanbai waren übrigens mit der Annexion nicht ganz unzu- frieden, da sie, vaterlandslos wie der richtige Kauf- mann denkt, gleichgültig, unter wessen Regienmg er gute Geschäfte macht, sich viel von japanischer Rücksichtslosigkeit für Erschliessen der ungeheuren Holzmassen der Innenwälder versprachen. Die Chi- neseneinwanderer der Stadt Kutjing in Provinz Se- rawak, wo das fruchtbare Radjangtal ausser Boden- früchten und Fischfang noch Eisen, Antimon, Queck- silber, Kohle, Gold, Edelsteine gewährt, begrüssten ihre schlitzäugigen Mongolenbrüder mit ungeheu- chelter Zärtlichkeit. Weniger erbaut davon zeigten sich die zahlreichen Malaien, die von gleichfalls einst vorhandener Verwandtschaft nüt der japani- schen Bastardrasse nichts wussten und über despo- tische Neigung dieser gelben Fremdlinge argen Ver- dacht schöpften. Infolgedessen unterstützten die halbzivUisierten Dajaken heimlich und offen die bar- barischen Punanstämme im Innern, die allen fliehen- den Briten ein Obdach gewährten und aus ihren Urwäldern einen zähen Guerillakrieg gegen die japanische Küstengarnison eröffneten. Mit Ausnahme dieser Punkte beherrschte aber Japan nun ganz Borneo. Dagegen blühte ihm bisher geringer Erfolg gegen Celebes. Dort widersetzte sich die den Euro- päern geneigte Bevölkerung, die ihren Wohlstand dem holländischen Regierungssystem verdankte, tat-
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kräftig der japanischen Beglückung. Die ganz g^ ringen europäischen Streitkräfte an dieser Stdk, englische und ehemalige holländische Kolomalsci^ daten (meist Deutsche) untermischt, ergänzte dne tüchtige Aushebimg von Minahassa-EingeboreDSs, zivilisierte imd zum Christentimi übergetretene Aas- nahme-Malaien von lichterer Hautfarbe. Die g^ radezu musterhafte Leistung der holländischen Kl* lonialverwaltung in diesem Nordgebiete der freoi- baren Insel trug also ihre Früchte in Zeit der Not Der kriegerische und im Verhältnis zu Negern mä Mongolen ritterliche, ehrenhafte Charakter des Ma- laien macht ihn, wenn gut behandelt und durd Anhänglichkeit an den Europäer gefesselt, zu das wertvollsten Eingeborenenstamm, den irgendeise Ko lonie der Welt besitzt. Die einheimischen Kcs- troUeure der mächtigen Kaffeepflanzungen bevacb- ten nach wie vor rechtschaffen die Arbeit im Innern an der Küste verhinderten Europäer und malaäsclä Milizen gemeinsam die Landung bei Menado, der reinlichen Garten- und Villenstadt auf der ^'^ westlichen Landzunge. Nur bei Gorontalo auf ^^ nordöstlichsten Landzunge setzte das japanische (j^ schwader Truppen ans Land, die sich dort verschal ten. Das britische Geschwader war auch noch start genug, die Südküste zu schirmen, wo die Bugi ^" Mangkassaren, Mohammedaner wie alle Malaien ai;3 ser den Minahassa, gleichfalls den Europäern tre:i blieben und den chinesischen Geschäftsleuten ^ Aufpassen über Spionage das Leben sauer machteü
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Im reinlichen Mangkassar, wo Meerebbe täglich allen Unrat fortspült, ging der Trepangfang unge- stört fort, alle Sunda-Postdampfer suchten dort Zu- flucht. Von der südlich liegenden Viehzucht-Insel Soleijer brachte man imgestört die hochgeschätzten kleinen Pferde nach Celebes, wo eine Postenkette von g:ut Berittenen die Küsten garnierte.
Das politische Verhältnis auf Celebes war eigen- tümlich, da die Briten bei ihrer kurzen Besitzergreifung der Sundainseln zwar denNordteil im ersten Schrecken sich unterwarfen, aber noch nicht richtig Fuss fass- ten, weil die Eingeborenen durchweg mit den hol- ländischen Behörden im Fort Mangkassar sympathi- sierten. Jetzt gegenüber der japanischen Fremdherr- schaft handelten Engländer, Holländer, malaiische Häuptlinge gemeinsam, Erledigung des Hoheitrechts auf später verschiebend. Südlich von Celebes, öst- lich von Java, sassen holländische Behörden immer noch auf der Insel Flores, wo am Fusse des Vul- kans Larantuka eine Holzkirche mit Dächern von g^rauem Alang-Gras das einzige Merkmal europäischer Kultur in zwei malaiischen Fürstentümern bedeutet. Ebenso in der Ansiedlung Adenara auf der sonst kvenig erforschten kleinen Südwestergruppe, auf dem fruchtbaren vulkanischen Eiland Sumbama, während britische Detachements auf Lombok und Bali, un- mittelbar östlich neben Java, angelegt hatten, wo lie heftige Brandung der Hafenbucht Ampanam iedoch ein längeres Verweilen von Flottenstationären iusschloss. Da Bali noch dem einst hier allmäch-
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tigen Brahmanismus huldigt und mit geschnitzten Tiergestalten seiner wohlerhaltenen Tempel und dei Form seiner Bambushütten an Indien erinoert, de- gleichen Lombok vom Radjah von Bali im wwr zehnten Jahrhundert erobert und zum Brahmanismiß bekehrt wurde, so dass in der BaumaDee von Ma taram das mit roten Backsteinpfeilem gcäen^ Schloss des Oberbrahminen gleichfalls incfisch an mutet, so fiel es den gelandeten Anglo-Indcrn nici^ schwer, den Radschah als Stammverwandten c- Glaubensgenossen anzusprechen und ihm erdichtete Grüsse des Radschah von Nepal und Nizam von
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Hydrabad zu überbringen. Reis, Tamarinden tmö Rinder von Bali, oder Tabak, Mais, Yam, Zucker röhr von Lombok sind nicht zu verachtende Güter. ebensowenig Sandelholz und Pferdezucht der sud liebsten Insel Sumba, Kaffeebau in Kupang auf ^ südöstlichsten Insel Timor, wo Mischlinge von Cb nesen, Weissen, Eingeborenen noch ein beschäm liches Dasein führen : all diese von Holland wemf beachteten Gebiete eröffnen einem stärkeroi köi tigen Kolonisator ein ergiebiges Feld. Im ganz vtf nachlässigten Ostteil der Insel, den Portugiesen is^ mer noch nominell zugehörig, hatte übrigens der britische Admiral mit edler Unparteilichkeit gle<^ falls den Union Jack gehisst, so wie er freilK-' umgekehrt die vorm Chinaaufstand flüchtenden Ec wohner der Portugiesenstadt Macao unter seinem Schutz nahm.
Der grosse Banda-Sund zwischen Celcbcs tff-
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Neuguinea bildete gleichsam eine Wasserscheide zwischen Japans und Europas Macht. Denn die auf dessen Südostseite liegenden und überm Arafura- Sund mit Australien in naher Verbindung stehenden Koralleninselchen wie Goram, Kei- und Tenimberin- inseln betrat noch kein Japaner. Doch befanden sich nur wenige Europäer dort, ausser einigen deutschen Ansiedlern. Kokosöl, Muskatnüsse, Teakholz, Segel- matten wurden auf den von Kei-Insulanem verfer- tigten Prauen (grossen Booten) noch ungestört ver- handelt, und der hier beginnende Einschlag austra- lischer Papuaneger veränderte nicht die malaiische Antipathie gegen die gelben Zähnefletscher.
Dagegen hatte man die so wertvollen Molukken mit ihrer Vorherrschaft in Gewürznelken, Sago, Muskat und Pfeffer schon der japanischen Eroberung ab- treten müssen. Schlitzäugige Handelsagenten aus Jokohama ergingen sich schon in den Gewürzhainen des Vulkans von Ternate, im fruchtbaren Ostwald von Ceram fesselten Mango und Mangustan und andere Tropenfrüchte die Aufmerksamkeit. Nach Besetzung der grossen Molukken bekamen auch die Banda-Inseln japanische Einquartierimg. Nur zur Verteidigung von Amboina, Hauptverkehrspunkt im Osten des malaiischen Archipels, traf man anfangs Vorkehrungen, wollte aber dann den unter Palmen und Hecken blühender Sträucher vergrabenen Ort nicht der Zerstörung aussetzen. Bald nahm hier ein Haupt teil japanischer Flotte im trefflichen Anker- grund der Amboinabai Station.
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Übrigens wollte Japan auch nach Westen seine Machtsphäre erweitem, die wegen Mattenfabrikatioa bekannte Nikobarengruppe im Bengalischen Meer- busen westlich der Malakka-Meerenge wegnehmes, was auch für Tschaura und Kar Nikobar gebcg Auf Kamorta umgürteten sich aber die dort stets & ternierten vierhundertfünfzig britischen Sträfling? unter Amnestieerlass bewaffnet, mit dem gan^ Stolze ihres Albion und drehten den Japs eine lang? Nase, wobei ein paar gebildete Frechlinge höhnk- Lieder aus Sullivans »Mikado* anstimmten. Dagegri bemächtigte Japan sich später der französische: Pulo-Condor-Inseln vor dem Mekongdelta, strat^t wichtig.
Das Bombay Staff Corps lachte nur über a"r ländische Träume von neuem Meutereikrieg. »' denn auch russischer Einfall aus Pamir längst du'^ strategische Bahnen zu den verschanzten Himab:^ passen unmöglich gemacht. Kitcheners scharfe Zcii liess ihrer nicht spotten.
Riesenbananen Singapores, wie sie dnst E*^ in seiner ,Sketcher's Tour* gezeichnet, trugen necf Früchte : Gehangene. Die vier Bahnlinien der Sta' Settlements, Malakkas Zinnschätze ausbeutend, os^ die Pfahlbaustadt Pulo Penang (Georgetown) uiitc: hohen Waldbergen blieben noch unbelästigt. I' Indien gärte es «zwar entlang der monotonen, schait^ umbrandeten Palmenküste der Präsidentschaft M> dras, wo von graublauem Hintergrund, saftigem Gn<£ von Gummibäumen und braungelbem Sand hcl^*
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Strandstädtchen sich abheben, mit weissrotgelb ge- tünchten. Häusern oder ungepf lästerten rotange- strichenen Strassen wie in Cochin, wo Vasco de Gamas Gebeine schlummern. Tanjore, Sitz des reinsten Brahminentums mit dem berühmten Tempel, ward schwierig. Doch die starke Besatzung der Festung Trichinopoli hielt strenge Wache, ebenso Fort St. Georg im Süden von Madras und der strate- gische Posten Bellary an Bahnstrecke Goa-Madras, Handel mit Kokosöl, Pfeffer, Ingwer ging ebenso ruhig weiter, wie der mit Erdöl in Birma, wo eine Art Streik in Rubingruben von Mogok rasch nieder- geschlagen wurde. Aus dem Tempel von Mandale mit hinmielanstürmenden Pyramiden und ausge- bauchten Kuppeln voll wunderbarer Ornamentik, Goldspitzen mit faustdicken Rubinen und Smaragden, kunstvollen Skulpturen der Wände stierten feind- selige Birmanenaugen hervor. Doch es blieb bei nächtlicher Ermordung einzelner britischer Schild- wachen. Im tieferen Indien, wo die , Nationalliga* der Hindus seit lange wühlte, kam es zu Aufruhr gegen das Salzmonopol, doch nur hier imd da. Im Pandschab blieb Labore ruhig, in seinen roten Sand- stein- und Marmorbauten mit Mosaikfussböden lebte man träge wie immer. Im Mahavedatempel mit Goldkuppeln und Glockentürmen zu Amritsar am Teich der Unsterblichkeit, der heiligen Stadt der Sikhs, betete man sogar für englische Siege. Weniger in der arabischen Dschemna- Moschee von Delhi, vor deren breiter Freitreppe imd schlanken Mina-
Völker Europas ... I 33
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retts die Moslem ihre Gebetknickse machten. Unta roten palmblattbedeckten Lehmhütten von Mysort schärfte man verborgene Waffen. Am grossamgc Grabdenkmal Tadsch in Agra, wo sonst im blto prangenden Park nur Rosen» Lilien, Zypressen, P> tanen über sprudelnden Bassins ihre GehemmsK flüstern, flüsterten Verschwörer. Durchs hodJg^ wölbte Portal mit schwarzen arabischen Inschnftes. wo den majestätischen Kuppelbau des wö& marmornen Wunderwerks vieredelgeforaiteMinareni flankieren, daneben zwei kleine Gebetmoschecn sc rotem Sandstein, schritten finstre Männer cm ^ aus zu geheimer Zusammenkunft. Doch ruhig g^ man im stufenweise vom heiligen Ganges aufstelle den Benares den Geschäften nach, über Golkonda: Diamantgruben wachte die englische Besatiung - Haiderabad. Touristen besuchten nach wie ?or (^ Grottentempel Ellore mit Pfeilerreihen voll steincro:' Elefanten und Löwen. Der hindostamsche U» ward nicht lebendig I Kalkutta mit seinen Forts ^ Süden und Norden lag im tiefsten Frieden. >- mindc» Jeypore, Indiens schönstes Juwel mit Nanöü museum, rosabemalten Palästen indischen Stils. P ziert mit weissen Ornamenten, mit rosafarbc:'- Zinnen und teppichbelegter Säulenhalle des Mi- radschaschlosses, grellen Tempelmalereien, ^' zenen Stadttoren. Nur die berühmten Tänierii^ der Parsenkolonie Surat tanzten heimliche Mcoter- und die Parsi in Bombay warfen in ihre ,Tünne v^' Schweigens*, kreisrunde niedrige Mauerwerke un"
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Zypressen, wo Geier die ausgesetzten Leichen ske- lettieren, auch heimlich ermordete Briten.
In Aden bewachte das von Madras schon früher dorthin verpflanzte 2. Regiment Suffolk das Rote Meer im Verein mit „Hindostan**, „Ganges*', „Niger".
Auf Kohlenstation Tschagosinseln, auf den Lak- kadiven, wo Kaurimuscheln verhandelt werden, auf Ceylon, wo Tee- und Kaffeekultur ihre Ernte ruhig betrieb, dachte man an keine Japaner. Nur einmal hatte ein kleiner Kreuzer mit dem japanischen Sonnenwimpel die weisse Brandung, den dunkeln Kokoswald von Colombo begrüsst. Unter senkrecht herabfallenden Sonnenstrahlen, die blitzende Reflexe auf Deck und Mäste malten, machte er aber kehrt und verschwand. Denn fem am Horizont entdeckte er den britischen Kreuzer „Indef atigable" (Station Singapore, in Herrn Le Queux' Invasionsphantasie allen Ernstes als Schlachtschiff der Clyde-Division aufgezählt !), der wirklich ,unermüdlich* das Indische Meer absuchte.
Als man „Prometheus" von seiner Station Sidney zur Nordsee abberief, um möglichst viel starke Kreuzer zur Blockade an Ort und Stelle zu haben, ahnte man freilich nicht, dass auch Australien ge- fährdet werden könnte. Wohlfeiler Spott, warum deutsch-englische Fehde notwendig einen Weltkrieg entzünden müsse, blamierte sich eben gründlich. Denn diesbezügliche Prophezeiungen übertraf die Wirklichkeit, da man bei solcher Phantasie törichter- weise Amerika, Japan, Türkei, Abessinien aus-
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schaltete, die in solchen Strudel ohnehin xmthiBdD- gezogen sein würden, selbst wenn sie nicht gewclt hätten. Ähnlich irrig erwies sich der ausgesprochai^ Zweifel, ob Österreich seiner Bündnispflicht genüge: werde, was durch Italiens Haltung und dea Alto sehen Konflikt sich von selber bejahte. Man «: gass bei solchen Zweifeln, dass die Interessen-^ «^ Politik heut zu viel Eisen im Feuer hat, um Kau? wirklich erstklassiger Grossmächte — als welche Ites nur noch England, Nordamerika, Deutschland gä^ dürfen — lokalisieren zu können.
. . . Indessen erlebten die Franzosen auch eis; schlimme Zeit. Dass er Pondichery und die vjer anderen französischen Städte in Vorderindien c geschoren liess, durfte man Kitchener nicht lumstsJi Doch bestand eine Art Waffenstillstand stillschws genden Übereinkommens zwischen Briten und Fiai: zosen, den neueingetretenen Kriegszustand so larx- zu ignorieren, als die gemeinsame Auf ruhrgef abr .^ tens der Asiaten obwaltete. Auch an Goa und I - beschloss Kitchener sich später schadlos zu haltet da so schwache Leute wie die Portugiesen ^'- nicht erlauben sollen, unsichere Kantonisten ^-' unklarer Färbung zu sein.
Cochinchina litt schwer durch Aufhören sdn- Reisabsatzes nach China, Kambotscha konnte sg^^ Gumnü nicht los werden, Annam nicht Sac- Zucker, Ölkuchen, Häute, Hörner. Auf veröden Messen und Märkten wehklagte man überAusbleii»^" von Tee und Opium. Doch sass der Resident nc^
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ruhig in der Festungshauptstadt Hue mit Fort Tuanan. Nur die Moi und Laos im Gebirge zogen die Gelbflagge der Empörung auf, die Annamiten verhielten sich tatlos. —
Den Deutschen gegenüber verfuhren die Japa- ner so : begrüssten sie als Befreundete, schützten an- scheinend ihre Schiffe, Niederlassungen, Handels- häuser, leiteten aber den Handel Mikronesiens, der jetzt ganz den Deutschen gehört haben würde, mög- lichst in die eigene Tasche. Vorstellimg des deut- schen Konsuls, dass in Apia wieder deutsche Flagge g^ehisst werden möge, blieb unbeachtet. Mit der gleichen Methode geheimen gegenseitigen Misstrau- ens behandelten sich Franzosen und Japaner. Es war den Briten natürlich unmöglich gewesen, mit ihren jetzt so schwachen Kräften etwas gegen Fran- zösisch-Oceanien zu unternehmen, wo Frankreich so ungeschickt ein übertriebenes Militär- und Beamten- personal unterhielt und durch riesige Sträflingskolo- nien jede selbständige Entwicklung der freien Ko- lonisten unterband, ausserdem die ursprünglich sehr zahlreichen Eingeborenen unzweckmässig sogar mit katholisch-klerikalen Zwangsbekehrungen schika- nierte. Unbegreiflicherweise hat die spottschlechte Verwaltung von Neukaledonien und Tahiti noch Lobredner gegenüber dem britischen System gefun- den, während man die in Neuguinea und Kiautschou musterhafte und selbst in Afrika, wo man den preussi- sehen Leutnant und Referendar statt des Kaufmanns Lind praktischen Kolonisten nach Schema F pedan*
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tisch-schneidig walten lässt, noch immerhin leidlide Kolonisierungsarbeit der Deutschen mit Schimpf und Schande bedeckte. In Wahrheit ist Französisch-Oct- anien augenblicklich das schwere Geld nicht wtit das es kostet. Hätte man auf Neukaledonien nicht wenigstens einige Originalartikel der Hobaosfiib (Akazie, Kolonialfichte, Tamanu), Gummi vom N:- aulisbaum und guten Viehstand (sogar Wettrciöc für Pferdestüterei), so stände es agrikulturdl hinter allen Kolonien weit zurück, auch die „Soci^te c* Nickel" am Mont d'Or bringt nichts Ordentlichti Guano von den Chesterfieldinseln wenig. Für rxll tausend Deportierte bei Numea, auf der FichtcmiL^ und anderswo sind allerdings elfhundert Soldate Bewachung nicht zu viel, aber dass auch ncumcb hundert Aufseher und dreitausendf ünfhundert Kö?.*- eines Beamtenstandes mit Frau und Kindcm ^ Budget belasten, ist trostlos. Wallisinsehi habt etwas Koprahandel, Australinseln gar nichts. A:^ Tahiti, den Gesellschafts- und Untermwindinseln P-' duziert man trotz prachtvollsten Bodens nur ä«^ weisse Baumwolle und ausserdem OrangeRiiro '- vier Fabriken, sonst liegt der Handel gam in bn^ tisch-amerikanischen oder, wie in Teavania, <if-' sehen Händen. Dies wäre eine Kolonie für Dentsv landl Das von hundertfünfzig Marineinfanterist^ in der Kaserne von Popiti geschützte Artillericarsr nal für Stationsschiffe lockte immerhin als B«ctf mehr als die Berge von Blumen und Früchtai i der Esplanade vor den Pariser Kaffeehäusern
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ci
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auf der östlicheren Paumotii- und Gambiergruppe, die schon durch Raubbau erschöpften Perlenbänke oder die ruinierten Sandelholzbestände der Marque- sas. Auch auf diesen Inseln regiert tatsächlich der deutsche Kaufmann, nämlich die deutsche „Soci6t6 conmierciale de l'Oc&mie" unter französischem Na- men. Dieser Zustände eingedenk, verachteten die Japaner und Briten das französische Gut als zu un- bedeutend, um erst noch ein Gefecht mit Fort Phae- ton und einem Stationsschiff vor Tahiti für so zwei- felhafte Erwerbung riskieren zu sollen. Die Fran- zosen hatten also im ganzen noch Glück mit ihren vogelfreien Kolonien, da Mauritius unangegriffen blieb und General Trentinian nebst Kreuzer ,Alger* Aufstand in Madagaskar niederschlug. Nur Neue Hebriden, diesen angenehmen Sommeraufenthalt in- ternierter politischer Sträflinge, hatte eine von Austra- lien in der Sidney- Werft gerüstete Kaperflottille grebrandschatzt. Die englischen und französischen Missionare, Kopra-Makers (Kokosnusskemtrockner) und Kanaken (Lohnarbeiter) feierten dies Ereignis durch wechselseitige Keilerei.
Auf Tonkin, wo halbwilde Laos und ,Tirailleurs chinois' von Quangtschauwan mit den Chinesen gemeinsame Sache machten, später seine Hand zu legen, behielt England sich vor, falls alles gutgehe: man würde es dann den Chinesen wieder abjagen. Diese erlitten soeben bei Laokai eine empfindliche Niederlage, womit die Franzosen ihre eigene einstige Schlappe bei Langson rächten.
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Noch wehrten die fünfundzwanzi^ausend Soldatei Beaus sich brav, obschon sie Frankreichs bem"Ei- dernswerte neue Südchinabahn preisgaben und Fiebe beim schlechten Zustand ihrer Hospitäler dicRöbea lichtete. Ausser dortigem Grenzkrieg, der imSongb- delta zwischen Haiphong und Hanoi hin und hrr wogte, und Hinauffahren chinesischer Flusskanonct- boote sank China in seine alte Lethargie zurück, ve: sorgte nur Japan mit Proviant und Kohlen und b^ förderte auf Japans Drängen eine Truppenabteilxii nach der Halbinsel Malakka, wo sich erneut Malak: und chinesische Ansiedler unnütz machten. A\.k „Redbreast" bekam rote Brust, blutiger CbertiL Kitchener war aber gleich bei der Hari und ein schreckliches Strafgericht brach über i- Aufrührer herein, nachdem die gelandeten Chineser von einer per Bahn rasch aus Birma herangefühni: angloindischen Division ins Meer getrieben. I • kleine chinesische Kriegsflotte, die zur Deckung naii'- vor Anker gegangen war, ergriff schon vor Fe!- artillerie schweren Kalibers die Flucht. Vom &^ strandeten Kreuzer „Pao" (vom Stettiner y\i&si gebaut) retteten die Engländer zwar die Mannsdi- vorm Ertrinkungstode, aber nur, um sie Mann tV Mann vor Kanonenmündungen zu binden und nac' beliebter Sitte des alten mdischen Meutereikri.^- »wegzublasen*. Diese feierliche Exekution roao' auf die Eingeborenen den Eindruck, dass die Engla: der doch grosse und gottgesegnete Männer seien, *^ solchen orientalischen Herrschaften nur Grausami
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imponiert. Der Krieg nahm überhaupt einen so grässhchen Charakter rachsüchtiger Vertilgung an, dass bald sämtliche aus Kanton als Geiseln mitge- führten chinesischen Notabein hoch an den Raaen britischer Schiffe baumelten, dass dito ein Befehl des australischen Parlaments alle auf australischem Boden betroffenen Japaner ohne Untersuchung auf- zuknüpfen verordnete, dass Japaner gegen Malaien mit Feuer und Schwert wüteten, alle Dschunken im Sundasund ohne Erbarmen niederrannten, einerlei, ob Seeräuber oder nicht. Den über ganz Indien verhängten Belagerungszustand fasste Kitchener so auf, dass jeder Distriktskommissar ohne weiteres, ohne Kriegsgericht, jeden Verdächtigen niederknal- len durfte. Drei einheimische Professoren am Hin- doo-CoUege wurden bloss wegen zweideutiger Re- den nacheinander suspendiert, arretiert, füsiliert. Durch solch drakonische Strenge brachte man aber die riesige Menschenwoge Hindostans, kaum dass sie etwas emporzuwellen sich anschickte, zum Ver- sanden. Kitchener konnte ungestört den „Omrah" (10 000 Tonnen) der P. & O. Line, als Kriegsdampfer mit Vickersgeschützen von 76 Millimetern und einem Rücklaufgeschütz von 57 ausgerüstet, nebst anderen Paketbooten der Peninsular Oriental Line nach Suez entsenden, um dort eine starke Brigade mit Maxims auszuschiffen. Die Ankunft dieser Verstärkung, bald fühlbar durch beherztes Vordringen längs der Küste, um Alexandria von der Landseite zu entsetzen, und schleunige Neuverproviantierung der bedrängten
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Feste von der Seeseite, war um sp nötiger, als jetit sämtliche britische Schiffe in der Nacht MmlSji] die Anker gelichtet und sich geheim gebliebeECii Ziele zugewendet hatten. Am Frühmorgen des 19. wusste man in Biserta, wohin sie ihr Stcocmu herumgerollt 1 —
Das sogenannte Wiedererwachen Chinas, ^ neuerdings bewaffnete Massen längs der Langai Mauer entlangwälzte und Tschungusenbanden ^' eine Avantgarde neuer mongolischer VölkcrwaiKk^ rung in die Mandschurei vorschickte, deröi Bi5 man bis Charbin spürte und mehr fürchtete ü^ die Rudel verhungerter Amurtiger, dieser nngcahs^' Wellenschlag am Stillen Ozean warf seine Ersehet* rung bis Irkutsk. Schon verglich man auch '' Saigun das französische Indochina mit dem Mect von Juarez und Bazaine, unsicher, unfruchtbar. Eit zu vielem Blute gedüngt, voll schauriger Hintff halte, aus dem man sich bald davonschleichen müssf
Es schien klar, dass eine Einzelmacht sich it'- mehr lange werde in Ostasien behaupten konJ^i nur das vereinte Europa die chinesische Flut ec dämmen könne, doch kein Europa ohne Engi*^- und seine Flotte. Im übrigen spielte sich das chit- sische Leben, kaum dass es alle Europäer vcrsclüa:^ wieder so unbeweglich ab wie seit Jahrtauscn«^ Unendliche Geduld, unglaubliche Verschlagenli^ philosophische Ruhe seiner Institutionen vcricä^ dieser unverrückbaren Masse eine träge Starr die nicht der japanische Ansporn, nur die Hung^'
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peitsche aufstacheln kann. Die chinesischen An- leihen auf europäischem Markt, auf deren guten Kursstand und fünfprozentige Zinsen besonders das deutsche Privatpublikum hereinfiel, genossen als Börsenpapier jetzt Makulaturwert. China grinste ver- gnügt über den Trost der Käufer, dass die britischen Zollwächter Sir Robert Hart undDetring ja stets übers Eingehen der verpfändeten Küstenzölle wachen wür- den, und die rechtzeitig in japanische Wasser ge- flüchteten chinesischen Handelsschiffe machten den weissen Teufeln eine lange Nase. Die Ostasiatische Bank stellte ihre Zahlungen ein, mehrere grosse Banken Europas gerieten in Deroute. Diese Dinge berücksichtigte man in London und Berlin gar sehr für den täglich stärkeren Wimsch, lieber Einigkeit Europas bezüglich Chinas herbeizuführen. — —
Am 15. Juli hatten selbst auf den Alpenstationen Scheidegg, Rigi, Gotthard, Simplon die Marconi- schen Funken die frohe Post des Festlandfriedens weitergetragen. In Europa begann der Kampf gegen England damit, dass man die so oft vom perfiden Albion geübte mala fides ein wenig nachahmte. Die aus Boulogne landeinwärts gesandte 17. Inf. Brigade Dawson (Belfast) nebst 7. Prinzess Royais Dragoons sah sich, als man gerade auf Ordre aus Harwich hastig die eigenen Transportschiffe aufsuchen wollte, von allen Seiten zerniert und nach kurzem Kampf zur Waffenstreckung gezwimgen. Die sofort aus den deutschen und holländischen Gewässern abberufenen britischen Flotten rächten dies damit, dass sie in
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ununterbrochenem Vorüberdampfen durch den Kanal von Ost nach West sämtlich das offene Bodogcc mit einem Granatsegen bedachten, der die ganze Unterstadt (Basse Ville) in Asche legte. Dafür iräg ten deutsche Torpedoboote einen Überfall bei Wiad und Wetter eines dichten Kanalnebels auf den Med waykanal, dessen Eingang sie rechtzeitig durch Vtr senkimg eines steinebeladencn Fahrzeuges speirtti und den Kriegshafen Shemess, wo sie versckr denes Unheil anrichteten. Daim schlichen ae e Nebel wieder durch die englische Kreuarposia kette zurück, die zwischen Portsmouth, Plymoia Milesend, Gravesend allein noch die englische Sekf des Kanals bewachte und auf der Südostküste l%- lands Sicherheitsposten ausstellte, um etwaige dr-t sehe Angriffsversuche zu beobachten. Die britiso? Flottenstrategie räumte nämlich die ganze Nori^« nur die Humbermündung und Rosyth durch Stiast batterien tmd Torpedos bewachend, um ihre p^^ Masse in höchster Eile teüs nordwestlich auf Art« rika, teils südlich auf Frankreich zu werfen.
Deutscherseits konnte an eigentlichen Setkre: kaum gedacht werden, man musste hierbei die\^- bündeten ihrem Schicksal überlassen. Dagegen vc liess man sich noch auf so viel Gefechtskraft ^'- eigenen Flottenreste, dass man diesmal emsu: das Projekt einer Landung auf englischen Boci ins Auge fasste. Es lag die Idee eines Erfinc^ vor, Kriegsboote aus Aluminium herzustellen, ä'-' einanderzunehmen, stückweise zusammenges:*-
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ähnlich dem Typ neuester britischer Kanonenboote aus dem oberen Nil. Setzte man auch alle Öfen der heimischen Metallurgie in Tätigkeit, so würde dies freilich viel zu lange gedauert haben, um für fünf Armeekorps mit Pferden und Material das Nö- tige zu bauen. Wohl aber konnte man binnen einem Monat genug Boote, und zwar von Eisen, nicht von Aluminium, herstellen, um wenigstens die Avant- E^arde den Transportschiffen vorauszusenden. Es kam auf den Versuch an. Ausser HuU und Yarmouth, die sich von selbst als Landungsstellen darboten, warf man Augenmerk auf Lowestoft und Weyboume, wo das Meer bis an den Strand fünfundzwanzig Fuss :ief ist, also dichtes Herannahen der Schiffe ermög- licht. Selbst wenn eigentlicher Überfall misslang jnd unter gutsitzenden Kugeltreffem der Küsten- ivachen manches Boot nach Steuerbord ausschor, iess sich jedenfalls Landung erzwingen, solange iie britische Hauptflotte fem. Nur huldigte man licht mehr dem kindisch überschwenglichen Traum- bild, dass dann die Deutschen widerstandslos Eng- and von einem Ende zum andern durchziehen könn- en. Man wusste sehr genau, dass britische Yeo- nanry, britische Volunteers zu fechten und zu ster- ben wissen, dass die ganze Masse des stolzen Vol- ces zu den Waffen greifen werde.
Mittlerweile bombardierte schon die früher vor Antwerpen kreuzende Eskadre nach Herzenslust die iVerke der Insel Aix bei Rochefort. Das submarine iCabel von Brest nach St. Pierre auf Martinique riss
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schon, nachdem es noch eben gemeldet, Q\a^ loupe sei von Jamaika aus überfallen und geplünds: worden. Offenbar rissen dort England imd Amerib sich um die Beute als Alleinherrscher in West Indien, dortige französische und hollandische Ko* nien erkannte man überhaupt nicht mehr an. D^' früher am Zuydersee belassene Blockadegeschwadi: nahm jetzt die gleiche Rolle vor Brest auf, wo Föh Tolinguet bald die Marke von Lyditbomben tr^i Beide £skadres vereinigten sich dann vorCheihoa^ wo sie auf vier Seemeilen Entfernung beilegten 32u bis ins Arsenal feuerten, jedoch aus Furcht vcs Unterseebooten nicht tiefer hineinsteuerten. SoOif doch hier nur Blockade unterhalten, der Feind ^ neckt und etwaige Transportflotten im Hafen g^ fesselt werden. Denn das Gespenst einer Landur? auf Irland ging schon unheimlich um.
Ausser grösseren und kleineren Kreuzern beliessc- die vier ,Lords der Häfen*, die ein Verteidigtii4> committee bildeten, nur 12 Linienschiffe zur Dcd^ Englands und Beunruhigung der franzoäsciie: Nord- und Westküste, indes das zweite Reserre?^ schwader von Ferrol nach Gibraltar abdampfte,-^ die Balearenflotte zu verstärken. Hatte Frankreci doch wegen der afrikanischen Unruhen schon U^ Juni die Hälfte des Nordgeschwaders dorthin r sandt, die sich von Cadix eben nach Biscrta wenv.- wollte, als sie telegraphisch erst den Befehl ^ Haltmachen empfing beim Beginn des Balearc^" konflikts, dann, als die Geheimverhandlung in ^^*
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mont sich zuspitzte, zum Abdampfen gegen Fort Mahon. Kaum über den »Europäischen Bund' unter- richtet, sah sie dort alsbald die englische Okku- pationsflotte am 16. abends vorbrechen. Das Lon- doner Marineamt hatte schon am 15. über Gibraltar, den noch funktionierenden Kabel nach Valencia be- nutzend, welchen dort ein britischer Kreuzer be- wachte, Geschwaderchef Scott in Kenntnis gesetzt, dass sofortiges Losschlagen ohne Kriegserklärung g^egen Frankreich beschlossen sei. Die gleiche In- struktion erhielt das Geschwader bei Alexandria, während Wilsons Ferrolgeschwader ungehindert unter Gibraltars Kanonen an Ceuta vorüberglitt und so- fort von rückwärts auf das Franzosengeschwader vor den Balearen Jagd machte. Durch einen schnellen Torpilleur aus Corsika, der drei »Zerstörern* des Alex- ajidriageschwaders entkam, welche soeben alle Ver- bindungslinien zwischen Italien und Afrika unterbra- chen, erhielt das zwischen Algier undBiserta lagernde Toulongeschwader erst am 17. abends Kenntnis von den Vorgängen in Europa. Es eilte sofort in nord- östlicher Richtung vor und vereinte sich an den kleinen Hy^reinseln mit Maigrots Nordeskadre» die sich mit Verlust des ,Bouvet*, gesunken, und des prachtvollen Kreuzers ,Guichen*, Flagge gestrichen, aus den Balearengewässern rettete. Ferrolgeschwader, /on Südwesten in Flanke und Rücken erschienen, zwang zu eiliger Flucht.
Sir George Warrender des ,Camarvon* bewährte lier sein Schiffsmotto : ,The red dragon leads the way.*
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Vom Juan-Golf abgeschnitten, steuertedicTcrfolgte Minderzahl um Corsika herum, dessen Küstenläag: von hundertneunzig Kilometern ein lustiges Trei> jagen gestattete. Der alte Turm von Bonifado,Lei:dr türm von Pertusato, die kleinen Inseln Laveza Piana, Ratini, Cavallo, Golf von Santa Manzo, Ber^' von Cagna über Sartena schwanden nacheinander vor dem Blick der Verfolger, die sich angelegen x^ Hessen, den Achtmeilenkabel von Bonifacio nach ^•^ Teresa auf Sardinien und die einzige Verbind.^ Corsikas mit dem Festland, das Kabel Macinagg^ Livomo, zu sprengen. Da die italieniscbc Fkc- soeben erst vom adriatischen zimi tyrrhenischcnMet' aufbrach, fanden die Briten auf ihrem dreisten Zw die ganze Küste leer, wo man in Spezzia und Ma«^ dalena wie im korsischen Porto Vecchio in to-f- Schrecken überhastete Vorkehrungen traf. Ja, ^ mächtig war der Eindruck dieser britischen wilcr: Kühnheit, da man schon die ganze Mittekneerlbttr vereint wähnte, dass der französische Adcsr«- Touchard den Hafen von Toulon aufsuchte, ohi- Schlacht anzunehmen. Vizeadmiral Bellue war dafc
Doch am 20. Juli abends entschloss er siC dem Drängen der öffentlichen Meinung nachgebcr.- in hohe See dem übermütigen Feind entgcgeiu*: fahren. Konteradmiral Mancetons 2. Div. vörii:^
In Toulon herrschte grosse Erregung, ^i^"- die Vaubanstrasse und über den Freiheitsplatz wT'e ten dichte Menschenmassen. Statt der bengatsci^- Beleuchtung und der orangegelben BallcAs, ^
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denen man den Friedensschluss von Chaumont und das Frontmachen gegen £ngland begrüsste, löschte man möglichst die Lichter und bewunderte nur draussen im Hafen die Illuminierung durch elek- trische Scheinwerfer der Forts und des Toulonge- schwaders, in drei Linien auf weniger als eine See- meile Umkreis. Von den Forts Rouge und Croix am Mont Faron im Westen, fünfhundert Meter über der Stadt, klangen Homsignale, von anderen auf den Forts Mourillon imd Grande-Tour im Osten erwidert. Das vorgeschobene Fort £guilette, ,Klein- gibraltar' im Volksmund, wo einst die ,Batterie der Furchtlosen' des Hauptmanns Bonaparte gedonnert, bewachte und beleuchtete die Grosse Reede, wei- terhin Kais, Magazine, Arsenalateliers und Bassins der ,Darse de Castigneau' mit ihrer geometrisch abgemessenen scharfen Enceinte.
Der Marinepräfekt arbeitete mit dem General- stab der Flotte, am Grossmast des Flaggschiffs fun- kelte das Weissfeuer des Admiralsignals, wo am Tag die Trikolore vom Pavillon wehte. Gegen Mor- gen präsentierten die Funktionäre der Schiffsleitem und -treppen, als der kommandierende Adnüral seine Panzerbrücke betrat, vom Pavillonkapitän, dem zwei- ten Leutnant und dem Stab des Quarterdecks emp- fangen, indes der Quartermeister durch heulenden Sirenenpfiff den anderen dreissig Kapitänen und fünf Konteradmiralen ein verabredetes Signal gab. Allsogleich stieg an allen Signalmasten die Schlacht- parole der Winkflaggen auf, an jenen kleinen, ein-
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zigen Seesieg über England zur Nelsonzdt erinnenü „Algesiras.** O biedre Algesiras-Konferenzl
Die englische vereinte Flotte schob ihre Inift seeboote seitwärts vor, einen Ring gegen die tdn:^ liehen bildend, die sich jedoch vom Hochsecgcfed wohlweislich zurückhielten, wofür ihre RoUe nk^^ taugt. Sie zwang den Feind zur Schlacht dm- das einfachste Mittel von der Welt: Bombardeicö: von Marseille. Das Balearengeschwader, unte^^-p die Bahngeleise von Comiche durch gelandete )^ trosen zerstörend, lief den Meerbusen entlang ^ eröffnete am 18. abends überraschend sein Fes: auf die Insel Ratonneau, sieben Kilometer vor Mi* seille. Die dortigen Batterien und die von Pba:^ Nikolas, Endoume erwiderten timsonst mit m^^ gern Erfolg. Brandgranaten und aus Kanonen ^ 47 und 67 Tonnen Gewicht neue Riescngescfes^ von besonderer Explosivkraft setzten alsbaW d? Douanegebäude und ganze Entrepots amQuaüJo!i'^- in Flanmien, die auch vom Bahnhof und der l^ Publikstrasse aufloderten. Am 19. demonstrierte d^ englische Admiral so gewandt, Landungs- undSnii^ versuche vorschützend, dass aus Nfmes Territory. truppen auf der Bahn abgelassen wurden, derHi-^ schrei Marseilles aber die Toulonflotte bcwog, ^^ Entsatz zu konunen. Auf solche Reizung rtds^ man englischerseits. Sobald man Aufbrucfasbe^- gung deutlich wahrnahm, dampfte das Blocks* geschwader vor Marseille bei Nacht ab und ^' einte sich am 20. früh mit Wilsons Ferrolgeschwac?*
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Admiral Wilson übernahm das Kommando der lier vereinten Flotte. Da von Alexandria „Em- )ress of India", „Revenge", „Devastation", „Bul- vark'*, „Nile** nebst kleinem Kreuzern, wie „Scylla**, ,Fortress'*, „Fearless** unter Rearadmiral Chichester camen, waren hier nur zur Stelle von Mittelmeer- ichiffen „Prince of Wales** (Flaggschiff), „Ra- nillies**, „Anson**, „London", „Camperdown**, „Irre- istible** (Flaggschiff des Rearadmirals Bridge- nan), „Sultan** (Flaggschiff des Rearadmirals Sir ^ercy Scott), „Implacable**. 2. Kreuzerdivision „Mon- nouth**, „Black Prince*', „Comwall**, „Gibraltar**, ,Cumberland**, „Orlando", „Narcissus**, „Barham**, I. Kreuzerdivision „Camarvou**, „Berwick", „Venus**, ,Egmont**, T. G. B. „Salamander**, „Hasard**. („Suf- olk**, „Leviathan** der 3. bei Suez, „Lancaster**, Minerva**, „Blenheim** der 3. und „Drake**, „Un- launted**, „Hebe**, „Halcyon**, „Dido** der 2. nach •forden abgegangen). Destroyers wie „Mallard", ,Bruizer**. Das Ganze unter Rearadmiral Lambton.
Dazu von Kanalflotte V. A. Howes Linienschiffe .Excellent** (L Klasse, wie „Wales**, „Sultan**), „lUu- trious**, „Albemarle** (Schiessschulschiff), „Ex- nouth**, „Swiftsure**, „Jupiter** und 4. Kreuzerdivi- ion „Good Hope** (Flaggschiff des Rearadmirals ^eville), „Europa**, „Juno**, „Niobe**, „Diana**, Thamar**, „Essex**, „Agamemnon**. („Latona**, „Sut- 5J" vor Antwerpen gesunken, „Endymion** vor Ham- burg, „Antrim", „Devonshire**, „Cressy**, „Diadem", Undaunted" bei Beresford, „Bedford**, „Leicester-
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shire" im Kanal verblieben nebst „Euryalus" ^ „Hogue"). Dazu kleinere von Leutnants gcfit' Kreuzer, wie „Robin", „Moorhen".
Übrigens führte man bezeidmcnderwose ^- einheimischen Gouverneur von Alexandria, Id^-^ Pascha, als Geisel mit an Bord. „Juno", „Vea:? wurden entsendet, um die Eskadre Chidwstcr anir. suchen, die man bei Suda-Bai vermutete. "
Französischerseits befanden sich die ncKs:^ Schiffe zur SteUe, „Danton", „Mirabean" (BestüäA 79, 2 unterseeisch), glänzender „Jules Mid^ hervorragender Kreuzer „Emest Renan", die c lichenKreuzertyps „Marseillaise", „Forbin",„Cosv: die nebst „Amiral Aube" eigenthch Wcstii«üädr- Geschwader ausmachten, jetzt aber unter Ko- • admiral Campion nach Eiuopa berufen, vorbei ]■ doch bekanntlidi zur Nordsee. Es hatte etwas r« zeichnendes für den Kulturrang der framoasu^ Nation, dass nur in ihrer Marine bedeutende Sa auf den Namen reingeistiger Kapazitäten Vols: Hugo, Renan, Michelet, Condorcet getaufti Be^^^ lieh hingegen, dass Schiffe wie „Couronne" ^'' holt im Touloner Hafen reparieren musstcn^voo'^ fällen mitten im Frieden betroffen infolge W'^ lieber Schmierölung. Britischerseits wutde die :- Reparatur nach Chatam geschickte „Aurora" so^^' mit Ausbesserung fertig, dass sie schon frob^ ' Gibraltar das Alexandriageschwader verstärkte^ der Nordsee entbehrlich geworden . . .
Vor den Flanken lagen Destroyers, um i^
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Forpilleurs und Contre-Torpillcurs die eigene Tor- >edoflottille zu decken. Gegen achtzehn Linienschiffe, leunzehn grosse Kreuzer rannten vierzehn imd neun- sehn britische, an Torpedobooten waren die Fran- zosen, an Torpedojägem die Briten überlegen. Stolz latterte das Schlachtsignal: „Nelson und Hawke", \n jene siegreichen Admirale mahnend, die einst /or Toulon die Rotkreuzflagge hochhielten. Fran- sosenkreuzer ,Montcalm' fürchte neues Quebec!
Am Heck der Vorderschiffe schäumte das azur- 3laue Meer von den ersten Granaten auf, die eine ^rünweisse Spur wie ein schillerndes hingeschlän- ^eltes Seidenband schnitten. Dann öffnete sich die FlöUe der Stückpforten, Breitseiten und Turmka- nonen spielten gleichzeitig, dumpfe Einzelschläge gin- g^en bald in unimterbrochenes Rollen über, vom Donner furchtbarer Explosionen wie im Auftakt »ines Refrains begleitet. Planken und Eisensplitter stoben mit menschlichen Gliedmassen umher . . .
„Irresistible" zeigte sich unwiderstehlich gegen „Patrie", bis die „Marseillaise" tobend dem Vater- iand-in-Gefahr half, „Dupleix" mit Revolutionselan.
Vizeadm. May brachte den „Michelet" in arge Not, dem „Prince of Wales" tat es sein einstiger Plantagenet-Vorgänger, der ,,Schwarze Prinz", gleich. Schwimmende Feste „Gibraltar" brachte den Kreuzer „Gueydon" gleich anfangs zum Sinken. „Impla- cable" erwies sich »unversöhnlich* im Hetzen der Franzosen. Der Ehrenwerte Sir Lambton durch- brach des Feindes rechten Flügel und fuhr tief hinein.
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T. Dep. „Vulkan" spie Flammen, „Orlando raufte ü richtiger Furioso in einem tempo iH'estissimo, „Säk mander" fühlte sich wohl im feiirigcn Eenc:: Doch riss Zufalltreffer dem „Hasard" die Badben: maschine entzwei, und „Narcissus" konnte sein Si- allzu selbstverliebt im Wasser beschauen, als er i:: dem Heck tief einsank. Eine Weile ging es für c- Franzosen wieder gut. „Renan" zeigte sich als enk-' Kritiker britischer Panzerplatten, als er dem Ji^ cellent" scharf bewies, dass nichts so exzelleDt y- um einem gutgezielten Nahfeuer zu widcrsteb: „R^publique" riss mit halb vorbeigehendem Ran:^ stoss dem „Sultan" die Brust auf, als wolle >'■ Abscheu vor Monarchen bekunden, „K16ber*\ S^- Cond6* wollten britische Siegesnamen wie .,R^ lies" und Trafalgarerinnerung des „Si^iftsure" n- gelten lassen. Doch „London" hielt den Ruhm -^ • Weltmetropole aufrecht, „Jupiter" schlug dreiu i* richtiger Jupiter tonans. Als die weidfrohe „Dijt* und Heerfürst „Agamemnon" seitwärts Kontcra:' Grimonet (Reserve) anfielen und gegen das neue Ti Toulon in Rücken der Franzosen kreuzten, g^- ihre Linke in Unordnung. Rearadmiral Ne\il'.f " wickelte sie, Lord „Essex" wetteiferte mit -' „Black Prince" am andern Flügel, und „Good H > war guter Hoffnung, die feindliche Nachhut :- zuheben. Der Honourable Lambton gab der A^ rönne" einen so unhöflichen Rippenstoss» dassi^' Krone in die Tiefe taumelte, sie entmastet d^^ - trieb. Destroyer „Bruizer" (Beuler) stiess den '^
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tretorpilleur „Dunquerque" so erbittert nieder, als solle der Zwist wegen der niederländischen Grenz- ereignisse hierher verlegt und ausgefochten werden wie ein Gottesgericht. „Danton** polterte, als wolle er brüllen ,toujours de Taudace*, „Mirabeau** wollte nur ,den Spitzen der Bajonette' oder Rammspome weichen. Doch „Vergniaud" parlierte nicht mit Giron- distenpathos, „Condorcet" hielt nicht chemische Vor- lesimg mit Brisanzgranaten und Melinit: noch im Bau! Der neue „Camperdown** wiederholte die Kata- strophe des früheren gleichnamigen Schiffs. Nach- dem seine Maschinenschrauben zerschmettert und grosse Teile seiner Panzerbekleidung in ganzen Stücken von ihm losgerissen, ging er zuletzt unter Torpedoknall mit Mann und Maus imter. Der fran- zösische „Brennus", dessen früherer Kapitän Campion dem Namen des alten streitbaren Gallierkönigs imd seinem eigenen (auf deutsch: Kämpe) Ehre machte, flog zum Teil in die Luft, während der Rumpf sank: ein seltsam schauriges Doppelschauspiel. Zwei französische Unteradmirale fielen auf ihrer Kom- mandobrücke. „Anson", vielfach getroffen, schwankte in horizontaler Lage zwischen „Cond6** und „Hoche", die nach Backbord überlagen. Der ver- altete „Swiftsure" schrammte am Flaggschiff „Amiral Duperr6" vorbei und stiess ihm ein Loch, sein eige- nes baldiges Untersinken teuer erkaufend. Zuletzt entwirrten sich die Einzelkämpfe, die britische Re- serve machte eine schwungvolle Wendung nach Steuerbord und gewann dem Gegner imter günsti-
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gern Seegang durchweg die Flanke ab. Langsam pendelte die französische Schlachtreihe zurück, ehe Weile lag sie eingeschnürt wie ein Block inmi'tr: konzentrischen Feuers, dann löste sie sich auf uii floh unter den Schutz der Touloner Forts, de Kurs eine Meile vom Lande längs der Küste hal tend und von Destroyers in fliegender Fahrt wr folgt. Der „Suf f ren" als Nachhut führte den ausskbtr losen Widerstand ehrenvoll durch his nim bine.-: Ende, bis sein Vorschiff mit dem ausnahmswe?« vollgepanzerten Oberdeck hochemporgebäumt sec Heck niederdrückte und dann alles unter Wasser verschwand. Auch dies Schiff machte seinem Ta'^ namen Ehre, der Geist des alten Seehelden c- Englandhassers konnte daran wehmütige Fm:- haben. Der verfolgte „Mass^na" stoppte vsa^ massig, rannte an einem Riff auf und blieb di-t vorm Eingang des Hafens liegen, wo sem -^^ stossen eine lange Springwelle an den Strand schil- derte. Sein Namenstaufpate, der sogenannte Sc^ des Sieges und einstiger Gouverneur von Toui^ konnte sich im Grabe umdrehen bei diesem Sk; von Toulonl Die Franzosen hatten sieben ü^ schiffe, fünf Kreuzer, zahlreiche kleinere Tdhns^ verloren, die Briten erkauften ihren Sieg n"^ ^■ Linienschiffen, zwei Kreuzern und einer Menge T- pedos. Dagegen war ihr Blutverlust so schwer^- der französische, die britische Mannschaft hatte e«^ - wie in alter Ruhmeszeit durch eiserne Todcs^'^^av tung ihre kaltblütige standhafte Ruhe bewahrt. ^^-
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mochte der verzweifelte französische Admiral aus- rufen: „Unser Erbfeind von Jeanne d'Arc bis Na- poleon heisst England. Pas de chancel*' . . .
Sobald sich seit Ende Juni die Wogen des Afri- kaneraufstands verliefen, riss in Algier und Tunis eine schläfrige Geniächlii:hkeit ein. Ermüdet von den vielen Schreckenswochen, hielt der Rest von Französisch-Afrika eine gemütliche Siesta. Araber- scheichs, durch jüdischen Wucher ausgepowert, hielten sich wieder an die Verheissungen des anti- semitischen Deputierten Lasies und nahmen den Bakschisch »öffentlicher Regierungsunterstützung für die Notleidenden des Krieges' an der Banque d'Al- g^rie in Empfang. Das früher so lebhaft gesponnene Spionagenetz des britischen Informationsoffice zer- flatterte, man verlor die Fäden aus der Hand. Doch nicht so sehr, dass nicht der britische Geschwader- chef vor Alexandria wichtige Nachricht über Dienst- nachlässigkeit in Biserta empfangen hätte. Die Nähe von Malta, wo die drohenden Kanonen des imein- nehmbaren La Valette weithin das Meer bestreichen und das Felsobservatorium noch weiteren Rundblick gestattet, machte unbeacht*ite Annäherung der ita- lienischen Flotte längs des Südrands von Sizilien unmöglich. Vielmehr gebot sich dem italienischen Admiral äusserste Vorsicht, da er ohne jede Aus- kunft über Verbleib der Briten war und diese im Schatten von Malta in der Paulsbai lauem konnten, um sich unversehens auf die Marschsäule der ita- lienischen Flotte zu stürzen. Auf den Inselchen
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Pantellaria und Zambra war ein Relais von Appania drahtloser Telegraphie über Gozzo und Roten Tunn zwischen Malta und der britischen Flotte gelegt, s dass Rearadmiral Chichester sicher sein konnte, völlig rechtzeitig über Bewegungen in seinem Rücken tis Osten her unterrichtet zu werden. Da Funksprüche aus Norden ihn belehrten, dass die Franzosen scf Toulon wichen, so hatte er auch hier nidiB n befürchten. Ein Handstreich auf Biserta hatte als: Aussicht auf Erfolg ohne jede Störung, «imal sie zurzeit kein einziges Unterseeboot dort befand.
Beim Kap Bon französisches Gewässer dnröh furchend, langten die Destroyers, Torpedos ce Cruisers der Vorhut am 19. früh vor BiserU aL wo sich niemand ihres Kommens versah.
Dies „afrikanische Toulon", Schöpfung des be^ rühmten Admirals Aube, liegt nahe der einscgö Stelle des römischen Utica, am vorderen Ende cm- breiten Halbinsel, zwischen welcher und einer g^ überliegenden schmaleren Landzunge ein Kanal t;: ansehnlicher Länge imd Breite in den sogenanntes Lac de Bizerte hineinführt, der im Grunde gar kes „See", sondern ein gewaltiger Meerbusen von f^ zehn Kilometern Durchmesser und fünfzehn Meter Tiefe ist. An dessen südwestlichem Ufer Üegt ^ eigentliche Stadt des Bezirks, Ferryville, mit ^ Arsenal und den Docks, während „Bizerte" seltt* nur die Forts umfasst, welche in letzten Jal^"- neuvermehrt waren, ohne dass irgendeine Karte q^ über Aufschluss gab. Den allgegenwärtigen bn-
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sehen Spionen, da der goldene Sovereign immer Nehmer findet, blieben aber diese geheimgehaltenen Befestigungen nicht verborgen: der britische Ad- miral bedurfte keines Lotsen, genau über alle lo- kalen Punkte orientiert. Ein schmaler Wasser- streifen von neun Kilometern Länge, an dessen Süd- westende der kleine Hafen La Goulette mit den Schuppen der Compagnie Transatiantique lag, ver- band den Kanal mit dem Meer. Dort sollte im Kriegsfall eine „Estacade" errichtet und eine Tor- pedolinie aufgepflanzt werden. Durch einen merk- würdigen Zufall hatte man aber den seit einigen Tagen bestehenden, tatsächlich aber erst vorgestern im Mittelmeer greifbar gewordenen Kriegszustand mit England erst gestern überhaupt erfahren. Das Stationsschiff Kreuzer „Dunois** begab sich nach Tunis zum Präfekt Anthouard. Von Arsenalbassins bei Sidi-Abdallah vollendete man nur 1 und 4, halb 3, während Nr. 2 für grosse Schiffe im Anfangs- stadium. Da die bisher allein dort als Feinde vor- handenen Afrikaner ja nur zu Lande kamen, dachte kein Mensch in Biserta an Ausführen der Kriegs- artikel. Bei Ferryville und in den Forts kampierte die Besatzung, am kleinen Binnensee von Djebel- Iskeul westlich der Bahnlinie das 4. Zuavenregiment. Bei Dar-Hussein hatte Roux, Kommandant der Militärdivision, noch drei algerische Tirailleur- bataillone und ein Regiment Chasseurs d'Airique, welche die Bahn von Tunis rasch an den ,See' bis Station Ound-Tindja spedieren konnte. Dass eng-
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lische Schiffe von Gibraltar aus vor Mcts^-KcIbi demonstrieren würden, erschien möglicL Dass aber von Osten her, wo man die britischen SdüffciEit Verteidigung Alexandrias beschäftigt wusste, ök Gefahr drohen solle, fiel niemandem ein. Man hatte höchstens einen ,Bluff vermutet. Das Arsenal eat hielt 100 000 Tonnen Kohle und bedeutenden Pe- troleumvorrat, vom Generalkonmiissär des Adnüa^ strationsdienstes, vom* Direktor der hydraulischö Arbeiten und vom Hafeninspekteur gemeinsam Tcf waltet. Drei rote horizontale Signallichter draussea auf See hatten die Fischer der »Compagnie du P«tf, deren riesiges Fangnetz am Eingang des Kaial» sich vor jedem passierenden Schiff heben und scs ken muss, nach der kleinen ,Bucht ohne Namen. wo Torpedos, zwei Kanonenboote, Sousmaiin \^ tin* der »Defense Mobile* lagen, vor Morge gemeldet. Man zerbrach sich wenig den Kopf ^ über. Alles war still, das Seewasser strömte nc: einer Schnelligkeit von zwei Knoten durch den Kan^ zum Meer. Der S6maphore entdeckte beim Morgfs^ grauen drei Schiffe unbekannter Herkunft und nei sie mit Signalen an. Keine Antwort.
Plötzlich tauchte eine ganze Flotte von d' Seiten her auf, entwickelte sich aus Osten, Noruet Westen mit fabelhafter Schnelle und überschürj^ in sofortigem Vorwärtsdampfen die Batterien \'on *-* biod und Zebla, das geschlossene Fort Demmaundu Redoute von Rada, die eine Landung iwischoi i* Bizerte und Cap Blanc verbot, mit ununterbrochene:
Bombardement. In wildem Alarm liefen dort Ka- noniere und Besatzung zu ihren Posten, letztere musste aber schon bald rückwäns herausgezogen werden, am nicht samt den Kasematten zermalmt zu werden. Das neue Fort Espagne am Stadtwall und der alten Zitadelle schoss jedoch mit guter ■Wirkung, die Decksplatten des Vorderschiffs in dieser Kichtung „Empress of India" schwammen in Blut, Gleichwohl rückten die Briten, ursprüngUch auf vier Seemeilen Distanz feuernd, immer weiter auf aller- wirksamste Schussnähe vor. „Revenge" und „Bul- wark", Malta-Stationäre, bearbeiteten die Ostforts, bis sie schwiegen, „Aurora", „Charybdis", „Scylla", Suez- Stationäre, warfen dem Fort d'Espagne solche (glühenden Kusshände zu, dass fast alle Geschütz- bedienung in dieser feurigen Umarmungstarb und die Besauung wie von Flanunenschlangen erdrückt. Wäh- rend die Fortswälle in Trümmern lagen, notierte man auf den Schiffen nur geringfügige Beschädigung, als der Wind den leichten Pulverqualm niederdrückte. Auf der „Empress" war der Scheinwerferapparat in Unordnung mit verbogenen Eisenstäben, auf der ,, Revenge" der PeÜkompass umgeworfen, dem „Bul- wark" bei sonst intakter Maschine der Verschluss des Kohlenraums verletzt.
Jetzt mussten auch die Forts Roumadia, Salem und Remel daran glauben, ihr Feuer ward schwächer und schwächer. Von acht Torpilleurs kamen sechs und Sousmarin ,Lutin' zum Sinken, ehe sie dem Kreuzer „Aurora" nahten, ein Teil der Mann-
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Schaft rettete sich auf Canots von saturierton Lei wandsegeltuch, die auf diesen Fahrzeugen üblid, üi die Bai von Cebra. Nur Sousm. ,Gnom*, JCorrigiD schlechtgepanzerte Kanonenboote blieben nodi n: Verteidigung des Kanals, denn die andere TorpeikH division (acht Boote, nicht sechs wie bei der deutschen Marine) begleitete den Aufbruch der Schlachtflott'. Der M^ecin - Major (Oberstabsarzt) der 4. Zuavs hatte schon alle Hände voll zu tun, in der >>-■ Stadt wurden die Ambulanzen auf der Terrasse der Zollkontrolle, in der Schule und im Zollao: von Lyditbomben erreicht, später auch das pocn pöse Hospital, wo der Oberschiffschirurg die rici^ tigsten , Fälle* erledigte. Das Geschrei der Amr* tierten durchschnitt die vibrierende Luft. Die H^ bis 120 Meter überm Meer ihr Relief erhd)en(ie: Nordforts waren ebenso schnell niedergekämpft, ^' die andern, nur 70, ja 49 Meter überm Meeresspieg^^ Die Altstadt brannte auch, das Dock der Compaq- du Port brannte nieder, alles rollende Material derEaiiJ B6ne-Guelma floh bis zur Fischereistation. Als (t- Mittagssonne auf dem Zergoun-Berg glänzte, wäre' nur noch die rückwärtigen Redouten Kebir .:r- Sidi-Yaya zur Deckung des Arsenals von Fcrr>v. - imstande. Am Bord des Kanals lagen bei Bt' Nego, Sidi Kassem und Ras Sallam die Zuaven hin: ^ Erdaufschüttungen. Man fürchtete Landung ^^ Truppen westlich von Oued Damous, wo die D J^ bei schöner Jahreszeit leichtes Aussteigen enrö*; lichte. Statt dessen hätte man lieber den Kanal ci"
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Schaluppen verstopfen sollen, vermied dies aber, um nicht etwa hierher flüchtenden französischen Schif- fen dies Asyl zu sperren, verliess sich auf zwei , schlaf ende Torpedominen. Da zerriss ein Hagel bri- tischer Granaten, mit genauer Präzision nach diesei Richtung entsendet, da die britische Admiralität seit Jahren das Innere Bisertas durch Spione aus- kundschaftete, den Leitungsdraht und die Minen ver- pufften unschädlich. Allsogleich flammte von einem Ballon, der aus dem britischen Flaggschiff über den Kanal aufgestiegen war, ein Raketensignal empor. Da sah man das erstaunliche Schauspiel, dass zwei britische Kreuzer sich mit Volldampf in den langen Wasserstreifen vor dem Kanal, dann in diesen selber stürzten und mit aller Maschinenkraft in den See hineinfuhren. Das Kabel Tunis-Marseille hatte ein Torpedoboot, an Ras Zebib und Hundeinsel vor- überstreifend, während der Nacht gesprengt: in Frankreich konnte man also nichts von Biser- tas Gefahr hören, bis alles vorüber. Die Mobile Kolonne von Tunis, aus 4. Turkos und einem Ba- taillon Fremdenlegion bestehend, kam noch nicht bis zum Arsenal von Ferryville, von wo noch 25 Kilometer bis zum Meerstrand. Während bei der Colonne am See Akjel und der Furt von Dada noch sechzig Patronen pro Mann von den Maultieren abgeladen wurden, erdröhnten schon Schüsse gegen das unschätzbare Arsenal. Während die Zuaven am Strand bei Ras Sebla, Engola, Hemhir-es-Sael, Djebel-Soumeur, Ben Hassen und Sidi Sliagroum
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umsonst auf britische Landung und Chasseon d*Afrique längs der Schlucht von Kabd und Om Krenzir auf ein Attackenobjekt dieser Art lauentru war in ihrem Rücken das Unheil schon gesdfe
„Scylla" raste den See entlang, ohne sich ume paar verlorene Schüsse des Forts Kebir lu kümnier- und vernichtete im Vorüberfahren Bord an Bor: die zwei Kanonenboote gründlich mit allenücbs:^: Breitseite. Aus Scylla in die ,Charybdis*! Sidep Torpedos 103, 106, die am hellen Tag aus ßf ,Namenlosen Bai' ausfallen woUten, mit d&e: Salve nieder, beide Kreuzer legten 1200 Metern dem Kai des Arsenals an. Als sie nach einer ?t>^- Stunde den See wieder verliessen und langsam dcrc den Kanal zurückfuhren, stand hinter iimea ü-^ in Flammen : Arsenal und Docks und Kohleadepc- nur das leere Bassin blieb übrig Auch in FötvvL' liess sich der Brand erst am andern Tage loschc^
Umsonst wirbelten alle Tronmieln der l^^ kaseme Alarm im oberen Biserta, umsonst pfiff ^ Schnellfeuer der Lebelgewehre vom westlichen ^ und Kanalufer, es prallte unschädlich an den PaE^'^ wänden ab, und eine einzige Salve des „Rewog- der jetzt dreist und ungehindert dicht am äussere Strande entlangbirschte, riss die stanze Kaserne^ vielen himdert Zuaven nieder, tunherfliegende Ba»=^ und Steinfetzen töteten sogar mehrere als Orf. nanzen verzweifelt herangaloppierende arabix-'^ „Zefyrs" und „Goums".
Rearadmiral Chichester hatte erreicht, ^'^
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er wollte: nicht auf Besitzergreifung, sondern Zerstörung Bisertas kam es an. Da aus Malta das Nahen der italienischen Flotte gemeldet wurde, so lichtete er noch vor Abend die Anker und steuerte nach Nordosten, indem er zugleich mit seinem Commandeur vor Tou- Ion per Funkspruch konferierte. Schon am Nach- mittag des 21. durfte er seiner eigenen Eskadre die Signalbotschaft hissen: „Grosser Sieg der Kame- raden vor Toulon," während er gleichzeitig den dort befehligenden Admiral der Nordeskadre einlud, ihm für morgen eine Schiffsdivision Verstärkung zu senden, da er auch den Italienern den Garaus machen wolle. Admiral Canevaro, der auch Herzog von Aosta an Bord hatte, getraute sich nicht, Fort Manuel auf Malta zu berennen, wo zurzeit nur zwei ausrangierte ältere Panzer, „Deukalion", „Dädalus** lagen. Er misstraute seinen eigenen Panzerplatten, da die von Untersuchungskommission entlarvten Schwindeleien der Temi-Gesellschaft, wobei korrupte Verwaltung mit Zolldefraudation Hand in Hand arbeitete, noch immer nicht ganz beseitigt und Ka- nonen aus Gusseisen statt aus Erz noch nicht überall ersetzt waren, trotz Adm. Mirabellos Versicherung. Als am 22. früh der Italiener seine Auf- klärungsschiffe vorschob, bereitete ihm „Aurora", i^om Biserta-Triimiph gebläht, eine blutige Morgen- röte. Der noch ganz frische Kreuzer „Liguria", ier an der Triest-Operation nicht teilnahm, ward kurz und klein geschossen, „Etniria** und „Lombardia"
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gaben eiligst Konterdamirf. Vier Panier, Admiril Aubry, sechs Zerstörer, trafen erst spater ein. Da Adm. Gresets Schiffe sich trotzdem in beträcbtiicher Übermacht sahen, wollten sie ihre Waffenehrc nicbi durch sofortiges Feldräumen gefährden, so wemg es im Interesse Italiens lag, sich für seine rwangswessi neuen Verbündeten zu opfern. Das EngagenÄt wurde allgemein. Die italienische schwere ArtificrK von 43 Zentimetern, die schwerste aller Marina. wirkte natürlich scharf. Dem „Ramillies" wurds alle Mäste und Schornsteine über Bord gcsdunissa der „Bulwarck" entsprach seinem Namen hier nkt: und bot kein Bollwerk gegen solche Panzerbrechaif Aber umgekehrt durchschlugen die britiscae; Granaten glatt die ungeschirmten Bordwände der iJJ^ liener, wüteten zwischen den ungedeckten BarbetI^ türmen. Der „Revenge" nahm arge Rache. ,J)^ Station" machte ihrem Namen „Verwüstung" *^' Die beiden Damen „Juno" und „Venus", zweiKiew«:' göttinnen, führten böse Tänze auf. Aus den D^ luken des „Dandolo" brachen zischende Stia^'- dampfender Kesselexplosion, dem „Morosini" ^-
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„Andrea Doria" flog der ganze phantastische &F^ putz ihrer unförmlich grotesken Oberbauten 3 Stücke. Alle drei Namensvertreter berühmtester ö lienischer Seehelden aus alter Zeit, da der H^t- mond nicht stehen durfte, wo der FlügeDöwc S£ Marcos hintrat, hissten die weisse Flagge. Dena^^ tauchten plötzlich, von Toulon mit Volldampf ^^^ keuchend, Panzer „Swiftsure", „Illustrious", M^
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don", Kreuzer „Thamar", „Hope", „Egmont" überm Horizont empor, und bei diesem Anblick neuer Hilfe erschien am Admiralsmast Chichesters jenes be- rühmte Signal, das zugleich ,Nahkampf' und ,Sieg' bedeutet, weil dem Briten beides zusammen- fallen soll. Das abnorme Kaliber der italienischen Geschützkolosse ist eben darauf berechnet, dass man den Feind fernhalten und vorher zusammenschiessen werde: tritt dies nicht ein gegenüber so starker Panzerung imd auf so weite Entfernung, so hat man der „mittleren" Artillerie nichts entgegenzustellen und ist bei der eigenen Bordschwäche wehrlos dem beherzten Gegner ausgeliefert, der nahe auf den Leib rückt. Auch Aubrys Reserveeskadre begab sich auf die Reise. „Fearless**, „Hussar" furchtlos hurtig zur Verfolgung! „Fortress" wies als kleine unnahbare Wellenfestung alle Künste der „Königin Margareta" ab, mit dem Nahfeuer alle zu weiten, Schüsse der spröden Schönen vereitelnd, die ihren Gegner nicht abschütteln konnte, wie eine Bärin eine englische Dogge, bis sie vor dem stolzen Mr. „lUustrious" die weisse Flagge neigte. „Königin Elena" musste froh sein, dass nicht auch sie vom rauhen Sieger un- sanft gestellt und ungalant in Sklaverei geschleppt wurde. Ein Teil der Italiener erreichte Kap Miseno und Gaeta, ein andrer die Reede von Neapel, der Hauptteil ward in die Meerenge von Messina getrieben, wobei Unterseeboote ,Squalo', ,Glauco* um- kamen. Beschiessung der offenen Stadt Neapel unter- liess Sir Chichester, obschon es ihm in allen Fingern
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juckte ; man wollte ja Italien eher mürbe machs: als zur Verzweiflung treiben. O Garibal<ül Ad „Capreras** Kommandobrücke der Union JackI Dit Prisen nach Malta abliefernd, unterhielt man nur schwache Blockade, die Hauptkraft zur Blockade Tot Ions sammelnd, um Herausbrechen der Franai^si zu hindern. England war mm Herr im Mittelmeer.
Das Trockendock in Bremerton am Puget-Sjri und das noch kostspieligere grosse SchwimnMkKk an der Atlantischen Küste hatten vollauf zu tn gehabt. Wellingtonia, Douglastanne, Riesem«icf der Pacifischen Kordilleren wurden dem Sterce: banner dienstbar als Mäste und Kiele. Da die Ar beitslöhne in Amerika viel höher als anderswo t2» an Stelle jedes militärischen Dienstzwanges nur A:^ Werbung die nötige Mannschaft liefern konn'f kostete der Neubau dieser Flotte, die zur Zeit de Kubakriegs nur fünf veraltete Linienschiffe, J^ Panzerkreuzer, zehn unfähige Monitors zählte, ni türlich ein unglaubliches Geld. Seit aber Marina Sekretär Bonaparte seine bekannte Etatvorlage dura drückte, wuchs die amerikanische Marine auf dreis?^ moderne Linienschiffe, zwanzig grosse Kreuier, c- stere mit einem Gehalt von 10 — 18000 Tonne letztere von 8—16 000, wobei die Schnelligkeit oer ersteren 16—20, der letzteren 21 und 22 Knotts betrug. Die Linienschiffe repräsentierten einen i^ halt von 400 000, die Kreuzer von 250 000 Tonnen so dass diese Flotte es allein im Notfall mit dcs
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in Betracht kommenden giösseren modernen Ge- fechtseinheiten Deutschlands und Frankreichs (4300004-350000) oder gar einer dieser Mächte im Verein mit Japan (250000 modernste) aufnehmen konnte.
Ältere ausrangierte Körper, mit denen Dewey und Schley die jämmerliche spanische Marine zerschos- sen, dienten als Küstenpanzer, Die zahlreichen Moni- tore, Avisos, Kanonenboote älteren Datums bewach- ten die Flussmündungen. Auch hatte man noch eine Menge kleinerer Kreuzer geschaffen und vier wei- tere Linienschiffe, eins darunter von 20000 Tonnen, andere noch im Bau oder in endgültiger Aus- rüstung, so dass der Gesamtgehalt der aktiven ameri- kanischen Marine 720 000 Tonnen betrug für den Anfang, was sich in Bälde auf 800 000 steigern konnte. Dazu kam noch, dass alle neuen Schiffe über- haupt kein Geschutzkaliber unter 30,5 Zentimetern führten. Allerdings hatten die Kosten, vom Dollar in Mark umgerechnet, seit drei Jahren 1'/» Milliar- den betragen, während Deutschland im gleichen Zeitraum nur 800 Millionen ausgab, ausserdem hatte man noch eine halbe Milliarde extra für Docks, Strandbefestigungen, Reserveersatz heimhch im Etat durchgeschmuggelt. Ein so blitzschnelles Anwach- sen von Flottenmacht war noch nie dagewesen und erinnerte an jene drei Millionen gutequipierter treff- lich bewaffneter Soldaten, welche die Nordstaaten bei damals sehr geringer Bevölkerungsziffer im Se- zessionskrieg ihrem Milizsystem abgetrotzt hatten.
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Eia ausserordentlicher Kredit für die Landannee, deren regulären Bestand man durch Anwerbimg «- nigstens auf 150000 Mann brachte, und Masscfr ausrüstung der Miliz ward anstandslos und dn mutig vom Kongress bewilligt.
Ausser einiger Franzosenschwarmerei desSdbst herrschers Mr. Benett im „Newyork Heiald" a>^ sentimentalen Vorträgen auf des ebenso allgcwaltigo Presseautokraten Pulitzer origineller Joumalistcnisfr versität »Columbia* über das Thema ,Blut ist dkka als Wasser* verfolgte das nationalamerikamsd: Publilomi den europäischen Krieg mit spöttisckr Gleichgültigkeit, Ein geistvoller deutscher Professc^' in Boston versicherte seinen neuen Landslccta und Gönnern, dass sie ein Volk von Idealistai sdcü was man mit beifälligem Schmunzeln entgegennafcs. und ein deutscher »ausgetauschter* Professor in Ha: vard College tauschte mit seinem .umgetauschrca amerikanischen Kollegen in Berlin fettgedruckte Verbrüderungsmanifeste in der Presse ans, ^'' über der famose Milliardär Rockefeller, g: geborener Schwabe, einen ErstickungsanfaU ^ Lachen bekam. Die Kuhssen waren also s«! fältig zusammengeschoben, bis die plötilK^ Szenenverwandlung aufs Stichwort des Regisscö^ der immer noch Roosevelt hiess, vor sich und de Vorhang zur tragischen Komödie auf gehen konn-'^
Geschwindigkeit ist keine Hexerei für amcnss^ nische Technik. Nachdem noch Vanderbildt, Ast^'-. Morgan, Gould junior als höchste kommerzielle Oia»'
in aiversen imervrews Descnemigi, aas „neurrau- tätsgeschäft" lasse sich sehr „f«n" an und werfe fetteste Dividenden ab, während zwei neue Exem- plare von „Erieprinz" und „Bonanzakönig" sich im Gebiet der heimischen Armeelieferungen über Nacht auf taten und in Wallstreet amerikanische Bahn- aktien einen fabelhaften Schwindelkurs erzielten, stickten die Damen der Fünften Avenue pompöse Seidenbanner für die Milizen. Romantisch phantasie- reiche Federmänner im geschwollenen Stil des Oberst Savage Tmd mit selbstgegebenen Offizierstil ein vom Schlage des Bret Harteschen „Oberst" StarbotEle teilten dem American Citizen mit, was er schon wusstc: dass die Milizen von Wisconsin, Tennessee, Kentucky, Ohio, die soeben Canadische Grenze über- schritten, gerade so wie die von Florida, Louisiana, Georgien, Carolina, Virginien, die im Lager von Tampa lagerten, sicherlich Cäsars zehnte Legion, Cromwells Eisenseiten, Friedrichs Grenadiere und Napoleons alte Garde miteinander windelweich ge- prügelt haben würden. Der Rummel ging los, die Fräsidentbo tschaft entzündete eine wenig nach Tem- perenzlertum riechende Begeisterung unter obliga- tem Indianergeheul, Englands stolze Antwort er- regte mitleidiges Achselzucken.
Schon am 17. schob die Pacificbahn Milizen zur Küstenverteidigung ab, am 18. besetzten ein paar Freiwillige, die mehr wie Freibeuter aussahen, von Panama aus das Küstengebiet British-Honduras. Am gleichen Tage begann der Vormarsch in Canada,
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am 19. landeten 50 000 Re^äre auf Cuba. das Pacificgeschwader, vom Panamakanal ai& laufend, blockierte Kingston auJf Jamaika, indes dis zwei Drittel der Flotte umfassende Atlantische Gt schwader von CharlestonSavanna und Chesapeäk bai her der von Liverpool erwarteten britischen Set macht entgegenging. Dort hielten sich zwar ^ schon blockierten und beschossenen grosaitigea Festungswerke der britischen Bermudasinseto, dcd wie lange nochl —
In Schottland sammelten sich die Clyde-V^ufr teers und 1., 2. Lothian Volunteer Brigade bei Edx bürg. Schlachtschiff „President" lag dort urspräng lieh vor Schottland, gleichzeitig als Schulsdüff n2^1 Küstenpanzer, ging aber seither ziu* Atlands a^ Die vernachlässigten Strandforts bei Leith ^^ Queensferry wurden ausgebessert, unterhalb der\i€r ten Brücke im Forth eine tüchtige Sperre vorg^ sehen, ebenso im Mersey Minen gelegt. Zas Schutz von Liverpool arbeitete dort die Royal Nä^ Volunteer Reserve. Kohlenlager von Cardiff, r^ troleumdepots bei Berry, Kynochs Patronenfabrit: lieferten alles Nötige fürs Volunteer Artilleo' ^^ von Balsall Heath bei Birmingham. Die omiiäs« offene Landungsstelle bei Weyboum Gap wur« verschanzt, Torpedos dorthin verladen. Torp^öc- Schulschiff „Actäon" in Sheemess hatte viel w ^ förmlich abgehetzt wie sein Namensvetter ?on ^^ Meute stündlicher dringender Anforderungen "'^ Reservedivisionsflottille Devonport. Die T. B. 25, ^
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6t>, liid Dracnten aortnin Alarm, aass aeutsctie Kreu- zer sich schon auf Höhe von Ameland längs Nord- ostholland zeigten. Die sonst bei Dartmouth als Schulschiff Iagemde„Britannia"waj inzwischen, neu- armiert, nach Östasien abgegangen. Während des See- kriegs gegen Deutschland hatte eine Kreuzerreserve, bestehend aus „Euryalus", „Leicestershlre" (Rosyth), i.Hogue" (Sheerness), „Bahama" (früher Gibraltar), sich anfangs vor Harwich, später im Georgskanal aufgehalten und von dort mit Teilen der Kanalflotte den Streich gegen Ferrol geführt. Nach Erledigung der spanischen Marine dampften sie jedoch in die Atlantis westwärts, als Beunruhigung wegen Ame- rikas Umtrieben eintrat. Man behielt also, da auch sechs der Kanalschlachtschiffe nach dem Mittel- meer abgingen, augenblicklich zum Küstenschutz nur reparierte Verwundete des Nordgeschwaders: „Ac- tive", „Valiant", „Remarquable", „Hood", „Renown", „Duncan", „Captaiu", Kreuzer „Polyphem", „Spar- tiate", „Drake", „Olympia", während „Kent" rui- niert blieb und „Glasgow" sich noch nicht erholte, ebensowenig „Prinzess Maud" des Reservegeschwa- ders, dessen zwei andere letztgesandte Neubauten nebst einem neu in Dienst gestellten „Vanguard" mit den noch intakten acht älteren noch eine stattliche Masse von elf Schlachtschiffen bildeten. Hierzu gegen Amerika sieben intakte Schiffe der Clyde- division nebst Reserveschiff .Prince George", noch übrige sechzehn (fünf entsendet) grosse Kreuzer 1., 5., 6. Division, entsprechende kleinere Einheiten.
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Unter Destroyers hatten deutsche Schosse dbc Minen gehörig aufgeräumt, der „Bittcm" iffifl „Gipsy" war ein bitterer Hexentrank gebraut wor- den, „Blackwater" geriet in allzu finstres Wasser auf Meeresgrund, „Success", „Contest" fanden mä. Erfolg im Ringen, „Teazer" neckte umsonst, t« „Ribble" blieb selbst nur eine Schaumblase ab leöie Spur, „Recruit" zog in seinen ersten und Icctea Feldzug, „Flying Fish" und „Salmon" entgiagc nicht dem tödlichen Angelhaken. Doch es \^ ben inmier noch genug übrig und vertdlten ssdi jetzt : teils an der Küste, wie „Boyne" am iriscbet Boynefluss und „Swordfish", der im irischen Si- nai jedem Eindringling sein Schwert einbobre wollte, oder „Bat", die rastlos wie eine Fledcrfflä® zwischen Clyde und Humber hin und her kreiste, cüsi „Mermaid", die lockend und tückisch auf den Wc^ gen schwebte; teils aufs neue Atlanticgesch«<^' wo „Wolf", „Greyhound", „Hasty" sich hastig ass Beutejagen machten und „Myrmidon" aflc ked^ Myrmidonen des Westens in die Schranken fordet?
Der Kreuzer „Prometheus" befand sich auf de: Weg zum irischen Kanal. Die am Kap Verde b^ zende „Ariadne", welche dort unhöflich V«^ Wechsel im Verhalten der portugiesischen Kri'^r' schiffe „Gama" und „Carlos" bemerkte, ^^• Marschorder, Lissabon anzidaufen und Cornla ^ beobachten. Ausser sieben reparierten li^ schiffen des Nordgeschwaders ward auch „Iß^ bei Davenport wieder in Dienst gestellt, der '^
^^cnuiscnui Disner mcm ausuei. „Kepuise , „kc- sistance" sollten Abwehr und Widerstand leisten, wie ihr Name besagte, „Defiance", „Redoutable" sich trotzig und furchtbar zeigen, wenn dn dreister Feind Kap Lizard passiere, „Cambridge" sich für Altenglands Kulturstätten schlagen. Admiral Sir Bowen-Smith übernahm Gcsamtleitung der Vertei- digung und wurde ihm nach den Mittelmeersiegen schleunige Rücksendung der 4. Kreuzerdivision tmd femer zehn Schlachtschiffe von dort in Aussicht gestellt. Ausser den neunzehn Schlachtschiffen, die Beresford in Richtung auf Baltimore sammelte, gab es noch das frühere Atlanticgeschwader des Admirals Bosanquet. Dies bestand aus Linienschiffen ,, Commonwealth", „Magnificent", „Barfleur", „Rüs- sel", „Vengeance" (vorher Kanal), und dem soeben neu vom Stapel laufenden „Bellerophon", während das nach „Dominion" Canada benannte Schiff nach Ost- asien abging, damals ungestört in Friedenszeit den Panamakanal benutzend. Das ursprünglich allein im Atlantic stationierende Kreuzergeschwader „Royal Arthur", „Highflyer", „Cambrjan", „Flora", „Cam- berlan", „Amethyst", „Arrogant", „Thome" war zu- erst um „Tenedos", „Rinaldo", „Bonadventure", „Donegal", „Furious" vom Kanal, „Bahama" vom Mittelmeer, dann um neue Umbaukreuzer „Vestal", „Spider", „Oberon" vermehrt worden. Die einsti- gen Fünf zigkanonenf reg atten „Raleigh", „St. Jean d'Acre" wurden in geschützte, „Grecian", „Petrell" (Paketbootkreuzer in Südamerika) und sogar Paket-
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boot „Express", Dampfloop „Alecto** in ungededie Kreuzer umgewandelt. Letztere hatten in bra- silianischen Gewässern zu tun. Dort benahmen sid aber die Regierungsgewalten in Rio de Janeiro vdc Pernambuco unterm Druck Nordamerikas sowie E:: fluss der zahlreichen deutschen Ansiedler (Blumemi Petropolis) schon geradezu feindselig. N tg drungen verschob Admiral Bosanquet eine Züch: gung so gotteslästerlicher Meuterei wider die g • liehe Ordnung der Britenhegemonie. Sein Fiau"; schiff im Frieden, den schönen alten Kreuzer „Rf-^ Arthur", verliess er für Schlachtschiff „Furio-:? indes sein Unterchef Sir G. Egerton den ^^'' geance** bestieg. Dies sah symbolisch aus, cer- „wütende" „Rache" an dem perfiden transatlanc^i- Vettern schwor man sich zu. Despat ch-Vessel (D^r schenfahrzeug) „Surprise" brachte Befehl des nun rr Grossadmiral erhobenen Beresford, unverzüglicfa ^ Westindien den Kampf aufzunehmen. Bei Can "^ blieben nurdieSurveying-Vessels „Egeria", „Sv^ doch erschienen dort eüig „Duke of Edinbui;^- und „Brilliant" (Nordgeschwader) auf ihrem frühe: ' Stationsposten Neufundland. Da nun auch „HofJ^ in sein altes Standquartier Westindien zurückke^-' „Leicestershire", „Bedford" und der neue rrj.' tige Kreuzer „Euryalus" gleichfalls Bosanquet y-- stärkten, so mochte er die Aktion getrosten M- ' beginnen. Zum Überfluss sandte ihm Beresford ai noch die beiden von der Ministersgattin Lady Cr:'- getauften Schiffsgeburten, mit denen England r-
Zeit der Algesiraskonterenz schwanger ging: den gleich anfangs verbrauchten Kreuzer „Minotaur" in Begleitung des „Powerful" und das Linienschiff „Hi- bemia", welch letzteres am Schluss des deutschen Krieges nur als Etappen deckung zwischen Texel und Rosyth auf und ab fuhr, obscbon bei den zwölf Linienschiffsnummem der Wilsonschen Kanalflotte mitzählend. Durch eine Menge kleiner Kreuzer „Keslrell", „Cormorant", „Diamond", „Dryad", „Zephyr", „Vullure", „Arun", Panzer „President" schwoll die äussere Stärke dicker Westindja-Squadron noch mehr an. Mit sieben Linienschiffen, fünfzehn grossen Panzerkreuzern und so vielen II. Klasse war diese „Fleet in being" freilich Deweys Pacific- ge schwader gewachsen.
Sobald Commander Smith des Kreuzers „Ta- coma" das Nahen der Briten auskundete, rüstete Dewey sich zur Schlacht. Er hatte nach früheren Verlusten — gesunken oder noch reparaturbedürftig — „Boston", „Chicago", „Gloucester", „Potomac", „Denver", „Princeton", die neuen Schiffe „Minnea- polis", „Minnesota", Kreuzer „Tacoma", „Paducah", ,,Marietta", „Dubuque", „Swetara", prunkvoll fertig- gestellte „Constitution". Die Hauptflotte unter den Admiralen Sampson und Schley, den Unteradmiralen Coghlan, Bradford, Cowles, Davis sammelte sich an der mittleren Ostküste und vereinte sich mit Konteradmiral Bronson, der mit seiner Division „Pennsylvania", „Colorado", „Westvirginia", „Mary- land" vor Tampa kreuzte. „Maine", „Iowa", „Ben-
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nington", Kreuzer „Porter", „Rodgers", „Duponr. „Blackeley", „Nicholson" unter Vizeadmiral Enrs erhob vor Halifax fruchtlos wütendes Bombardemat. O, an noch unversehrte zwölfzöllige Panzer britischff Orlogs würden überall neue Explosivgcscbosa pochen, prahlte man mit Stolz, Wie Krieg^an^ Taubenpost, Kraftwagen, sogar Schneeschuhli£f' für Nordcanada in Fülle bereitgestellt, so für See^ krieg unterseeische Kohlenlager grössten Mas^ Stabs, eine nur teilweise von den britischen .Ticr Lords der Häfen' eingeführte Neuerung. Dasnes Riesenschiff „Delaware" von 20 000 Tonnen ^ 12 Riesengeschützen von 45 cm bildete den Keit einer Gruppe von funkelnagelneuen Meistcrsdiifi- „Columbia", „Sevem". „Newark", Kreuzer Jtm See". Ältere: „Kearsarge", „Independance**, .X"^ souri", „Constellation", „Florida", „Texas", ß- nois", „Brooklyn", „Indiana", »»Massachusetts", »Kc tucky", die Kreuzer „Dolphin", „Mayflower", S^ Moines'*, „Justin", „Charleston'*, „Nashvillc**, „See: pion", neue Taufnamen „Lincoln", „Grant", ,3^ kershill", „Franklin", „Jefferson", „Georgia", ,X^"- siana", „Rhode Island", „Connecticut", „Virginia' Kreuzer „Newyersey", „Washington**, „Raleigh*' u«^ wobeiTonneimiassstab nurw«iigvoneinanderabsad Von diesen dreissig Schlachtschiffen (abiügi- der Verluste) zwanzig neu, zwölf erstklassig, »D^ wäre" dem „Dreadnought" mehr als ebenbi'tc von neuen Kreuzern drei anscheinend so got. ^^ kaum eins der britischen Marine. Zwei n«sf
Jackson", vier Kreuzer, „Sherman", „Sheridan", „Gates", „Stuart", befanden sich im Bau. Vor Fort Sumter (Charleston) lagen auf ,waiting Orders' ausrangierte ältere Schiffe „Oregon", „Culgoa" „Ter- ror", Drydodt-Kreuzer „Dewey", der gleichfalls zur Disposition gestellte Rearadmiial Diddns übernahm Küstenschutz. Den BaUondienst nahm der bekannte Major Hersey, drahtlose Kriegstelegraphie nach eigenem System der bekannte de Forest in die Hand, Für Forts Wadsworth und King William bei New- york hatte man zwei 50 cm-Kanonenkolosse fertig- gebracht. Bei den Torpedoflottillen befanden sich Motorboote, wie sie Deutschland schon einführte und Konteradmiral Breusing sie auch bei Verteidigung von Tsingtau anwandte, in reichlicher Zahl. Schon wagten sich armierte Revenue-Cutters (Zollkutter) oder Walfischfahrer, wie z, B. „Picagune" den eng- lischen Schoner „Ogilvie" und Brigg „Pilot" frech haipunierte, als Kaper bis in die Südsee, wo das Kreuz des Südens vom Sternenhimmel auf manch dreiste Freibeutertat niederstrahlte, wo französischer- seits sich nur noch die umgearbeitete alte Korvette „La Belle" und als Monitor renovierter Dampfaviso „Caton" tmter Führung eines Fregattenkapitäns (ver- alteter Titel dieser Marine) herumtrieben. In Battery Point, Sidneys Vorhafen, und auf Thursday Islands, dem Befestigungswerk von Queensland, untersuchten Delegierte der Federal Defence ängstlich den Küsten- schutz. Früher hatte man kriegsmässigen Ausbau
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des Simpsonhafens in Deutsch-Australien und äcg reiche Konkurrenz der zwei DoppelschraubendaiEpfe „Waldemar'* und „Sigismund" im mdanesschen Archipel als »Bedrohung* denunziert: heul emjrfasi man ernstere Bedrohung I Auch Canada hatte mii der angelsächsischen Verbrüderung eigenartig n rechnen. Den Generalen Porter und Elliot iGrri- und Funston befehligten das Truppenlager k Tampa) stellte Indiana Steamer Company all üb^ Fahrzeuge zum Militärtransport, darunter den ncsea Schnelldampfer „Roosevelt" zwischen Chicago iß^ Michigan City, der vierundzwanzig englische Mela in der Stunde lief. Drüben m Canada hatten aatc lieh Dampfer Victorian und Virginian, femer die iwfl neuen der Empress-Klasse ihre Fahrten einstcDe: müssen, nicht minder Allan-Linie und United Adaoa^ Mail, White Star Liner „Teutonic", ,^abic"-
Ja, kaum verliess der Unionsgesandte in LocQ^ sein pomphaftes Palais Dorchester House, nach^ er noch Schadenersatzklage eines gewissen r^ rican Citizen* Whitehouse auf fünf Milüoncn Dc^ lars wegen angeblichen Kontraktbruches durch br^ tische Okkupation von Ägypten feierlichst eirg^ reicht, als sich die anglosächsische Verbindung g^-^ herrlich offenbarte. Da stellte sich auf ein::^ heraus, was jene hochtrabenden Reden wert va.*^ die Sir W. Laurier und der illustre Gast Ani-?« Carnegie im Canadian Club, Toronto, austausditci^ Der prominente American Citizen und ehcnßt?' Schotte hatte freilich Ausfälle auf Trans^aalkn^^
una zane winKC uoer rneaiicne Annexion v^anaoas nicht gespart, indem er den sbinreicheo umgekehr- ten Vergleich zog, Canada (d. h. ein selbständig unabhängiges) werde einst die Vereinigten Staaten ebenso annektieren, wie das kleine Schottland ge- wissermassen das grosse England durch Thron- folge annektiert habe. Recht geschmackvoll und schmeichelhaft, wobei wirklich die lächelnden Zu- hörer nicht das Gift der Zuckerpille, den wahren Sinn dieser Andeutung schmeckten. Gegenseitig aber stellten die Herren sich als „Rasse- Imperialisten" vor, nur meinte jeder etwas anderes, jeder von seinem Standpunkt aus, Und welche Dienste leistete jetzt der prominente Gast seinen canadischen Freunden ? Car- negie-Stahlcompagnie arbeitete fieberhaft 1 Das war die friedliche Annexion 1 Die Briten schienen wirk- lich mit Blindheit geschlagen. Gegen wen baute denn der Yankee-Imperialismus für zehn Millionen Dollars den „Delaware", drückte die Naval Appro- priation Bill glatt durch, einen Tag nach der San Francisco Katastrophe ? Dem stolzen Patriotismus des genialen Roosevelt, eines geistig und ethisch gleich hochstehenden R^lidealisten, wird niemand gerechte Bewunderung versagen, um diesen wahrhaft bedeu- tenden Mann muss man Amerika beneiden; doch sein altruistisches Wohlwollen für alle Welt, be- sonders den deutschen Michel, war rein platonisch, amerikanische Weltherrschaft sein wahres Ideal. — Nur einige berufsmässige Pessimisten meinten, es sei nicht alles Gold, was glänzt. Man habe bei
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Marinearmierung zu viele ,smart fellows* Gdd ver- dienen lassen, es seien vermutlich kolossale unter- schleife vorgekommen, manche Ausrüstungsgegcn stände nicht in Ordnung. Die Intendantur im Lagtr von Tampa berüchtigten Angedenkens werde foi^ auch diesmal ihre Aufwartung machen. Aber soldi vaterlandslosen Gesellen entgingen mit Mühe docß Lynchgericht des öffentlichen Unwillens.
Da die transatlantische Republik natürlidi ver brief te Rechte auf Unverfrorenheit beatit und ^^ nicht scheuen darf, selbst England etwa wie i«. scherifische Majestät den Maghzen von Manfe zu mtassregeln, so musste der gotteslästerlidie Fr^ yel strenge geahndet werden, dass der Gowerasr von Jamaika auf den Räximungsbefebl trodcn s: wortete: „Der Vertreter Sr. Britannischen MajcsBt hat Räubern nichts weiter mitzuteilen." D^ ^ alle amerikanischen Bürger auf der Insel auswö, ihr Eigentum mit Beschlag belegte, nnveiÄ^c^ auf das Sternenbanner des Linienschiffs „GIoocöK^ feuern liess, machte das Mass voll. AllerdiDgsp& sierten dem vom Mexikanischen Golf auslarföt^e Geschwader gleich kleine UnannebmlichkeitciL D^^^ „Minnesota" brach die Schraube am Steacib:r<- dem „Boston" versagten auf einmal alle Masd^- die „Illinois" zeigte sich an verschiedenen Stö^^ reparaturbedürftig. Die Pessimisten sollten ^^^ nicht recht behalten, imd Dewey setzte seincß ^^
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stoss fort, obschon ihm Nähe einer britischen- kadre am 21. gemeldet wurde.
Waffenbrüder vor Toulon vernichteten zehn im Ge-
- Wässer der Caraibeninseln erscheinende britische Schiffe das schwache westindische Geschwader der Franzosen. Zwischen ihnen und den Briten herrschte grosse Erbitterung, da beide sich des Verrats be- schuldigten. Auf die Kunde von Frankreichs Ab- trünnigkeit nahm ein alter Comtnodore die Mütze ab, blickte fromm lum Himmel und betete: „Ich nehme Gott zum Zeugen, dass Frankreich sich ent- ehrt hat. Mögest du, o Herr Gott, die Meineidigen
- strafen I" Dass England selber durch cynische . Selbstsucht den Bundesgenossen reizte und mit ihm
umsprang wie mit einem dummen Jungen, begriff natürlich nicht das grogbegossene Gemüt der biedern Bruder Theer, in deren dicken Seebärenschädel ja nichts hineingeht als ,Rule, Britatmia'. So fiel man denn beim Inselchen Aves, westlich von Gua- deloupe-Martinique, mit wahrer Wollust über das französische Häuflein her, das nur aus dem Linien- schiff „St. Louis", dem „Redoutable", dem Kreuzer „Jean Bart", dem Sous-Marin „Hollande" und einigen Torpedos bestand.
Ais die französischen Kanoniere von ihren ge- reinigten und sauber geputzten Rohren die Schutz- kappen abnahmen, konnten sie mit einem Blicke sehen, dass Widerstand unnütz sei. Der „St. Louis" focht eine Weile ritterlich wie der alte Franzosen- könig, bis imter Detonationen, die seine eine Schiffs- wand halb entzweirissen, ein Wassersturz sein Hinter- 36»
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deck überschäumte. Dann strich er die Trikolore und wurde als Prise ins Schlepptau genommen, da sein Leck noch zu stopfen war. Das Untersedwot, von unten wie ein Schwertfisch heraufbohrend, tö mochte die wasserdichten Schotten des briüschcs Panzers „RusseF* nicht zu durchstossen, dessen Kfe den unsichtbaren Feind überrannte. Der „Redi^ table", ein Schiff klang^voUen Namens, das an fr» zösischen Heldenkampf bei Trafalgar erimierts, zog sich mit dem sehr geknickten Kaperhclden Jo^ Bart" spornstreichs nordwestlich in MonaAVassff Strasse von Portorico nach St. Dominique, wo D? weys Panamageschwader herandampfte.
Da Frankreich in keinem Bündnis mit der l'ni^'^ stand, die doch auch an Frankreichs Antiflen ^ höhnischen Räumimgsbefehl erteilte, so hiess fcsct Übertritt einfach Abtakeln und Abrüsten. Zwiscbcs zwei übermächtigen Feinden eingeklenomt, frag ^ Franzose, schon in neutralem Gewässer, durch ^^^ nal bei dem Yankeeadmiral an, ob er ihm fres Durchfahrt gestatte. Dieser verneinte schroff <2e Union dulde keine europäischen Kriegsschiffe in *- amerikanischen Atlantis. Der frantösische komsi" dierende Kapitän kämpfte einen schweren hk^*^ sehen Kampf: sich zwecklos abschlachten lassen 1^' die brave Bemaimung* und die Schiffe opfern, ^ sie für Frankreich zu erhalten, Erfi^ebung war nöc? aber an wen ? Dann machte er kehrt nüt GegeEfc-*^ und lief mit weisser Flagge den Briten in die M^
An Bord des Admirals Bosanquet g^"
weil ich mich doch noch lieber Europäern aus- liefere als Amerikanern. Die sind unser aller Feind. Vielldcht versteht man nicht, dass ich aus Pflicht nach bestem Ermessen handele, doch ich werde dies nicht mehr hören." Sprach's und schoss sich blitz- schnell eine Kugel vor den Kopf, so dass sein Gehirn seine goldnen Epauletts und die grünen Wollepau- letts seines begleitenden ,Commandant' überspritzte. Die englischen Offiziere nahmen diese merk- würdige, durch den Tod besiegelte Erklärung einiger- massen betroffen auf und versanken in Nachdenken. Jedenfalls waren es alles eher als gemischte Ge- fühle, mit denen sie sich jetzt unmittelbar zur See- schlacht rüsteten: ausschliessliche rechtschaffene Wut gegen die Yankees im Herzen. Am Signalmast des Flaggschiffs „Furious" stieg die Parole auf: ,,Rodney und St. Dominique", jenes alten grimmen Sieges über die Franzosen gedenkend, zu einer Zeit, wo England und Frankreich sich noch um die Ob- macht in Amerika stritten. Längst verlor Frankreich die Südstaaten, Canada, St. Domingo, längst aber auch England seine einstigen Kolonien, die heut zu nie geahnter Grösse emporwuchsen. Welche Wen- dung durch Gottes Fügung 1
Die Pacificflotte hatte ihren Verlust in der Philippinenschlacht seither nur teilweise durch Aus- besserung und Wiedereinstellung notdürftig ge- flickter Havarierter ersetzt, schwächte sich jetzt noch mehr durch Zurücklassung des nach Cuba ver-
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schleppten „Boston". Die äussern taktischen Ein- heiten waren daher fürs blosse Auge ungeßhr gleich bei beiden Parteien, doch überwog der Tonnengehalt bei weitem auf Deweys Seite, England hatte, seine Hauptmacht in der nördlichen Atlans zusammenziehend, nur die ursprüngliche Atlandscbc Eskadre hauptsächlich von schnellen Kreuzern bcasf tragt, Kingston zu entsetzen. Die Amerikaner s heller Erbosung, dass ihnen Fang der franiösiscbce Schiffe entging, denen sie eine unschädliche Ladi2s nachschickten, griffen mit wildem Übermut sofcft an, da es ihnen gegen die meist kleineren engÜscb^ Kreuzer nicht fehlen könne. Doch die heutige Feeer technik, wo man auf acht Seemeilen das Fcrnfecsf eröffnen imd den Emstkampf auf drei Seemele einfädeln kann, wie zu Nelsons Zeit auf sechshuDdc Schritt, ist einer unausgebildeten kriegsunerfahieoc jungen Flotte erst recht nicht günstig. Eo« ^ mannimg, deren Kern aus früheren, Handelsmatrosa die erst seit wenigen Jahren den Bodai ihies be- stimmten Schiffes unter den Füssen hatten, ^ deren Masse aus Neulingen imd obendrein oft A«^ ländem bestand, konnte unmöglich mit dntf vc: hohem Väterlands- und Ehrgefühl geschweBten, ^ heitlicher zusammengesetzten und durchgebildete von mralten nautischen Traditionen getragenen,)«^-' obendrein durch monatelange Kriegserfahnnig S*^ stählten Marine konkurrieren.
„Wir sind mit den Deutschen fertig ge^idft die ganze Kerle sind, und sollten die Yankees ni^
^
ziere ihren Leuten zu. Schon nach der ersten halben Stunde Fernfeuers bemerkte man Zeichen von Ner- vosität in den Bewegungen der Yankeeschiffe, die nicht gewohnt waren, ihr Feuer sachgemäss auf einen Punkt zu vereinen, und daher vielfach ins Blaue schössen. „Powerful", der grosse britische Kreuzer, erwies sich in der Tat mächtig. Seine unablässigen genauen Treffer verscheuchten die Be- dienung zweier amerikanischer Panzer von den Lade- podesten, nachdem wahre Leichenhügel um die Bat- terien aufgeschichtet. Überhitzte Stahlrohre sprangen in der Glut von Explosionen, das Material der Trust-Lieferanten zeigte sich nicht zweifelsohne. Manche Eisenplatten wurden allzu rasch wie ein Sieb durchlöchert. Die gewaltige „Minneapolis" be- kam Treffer unter der Wasserlinie, ins Vorder- und Hinterschiff zugleich, so dass sie zu schwanken schien, ob sie zuerst ihr Vorkastell in die Luft bäumen oder nach hinten überholen solle.
So ging ihr der schmucke neue „Euryalus" zu Leihe. „Hochflieger" breitete seine Feuerschwingen, ,,Hibemia" prüfte ihre junge Kraft, als wolle sie Irlands (Hibemias) Loyalität verbürgen, „President" schien den Yankee-Präsidenten zu verlachen. Der kriegerische „Bellorophon" wollte Drachen erlegen. Der „Königliche Arthur" schlug sich wie ein Paladin von König Artus' Tafelrunde, „Flora" holte aus, als wolle sie bis Florida in einem Ruck durchbrechen, ,,Raleigh" stürmte unerschrocken, als gelte es, noch-
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mals Virginien zu entdecken, „Bahama", als lolk sie ihre hiesigen Taufinseln schirmen, „Rinaldo" war ein Rinaldini, „Bonadventure" ging auf glück- liche Abenteuer aus, „Oberon" führte wirbligen Elfen- tanz auf, „Spider" reckte sich als Seespinne, Äe „Vestalin" lehnte jede Feindesberührung spröde ab. „Cormorant** sauste als gieriger Seerabc dalün. „Commonwealth" schlug sich fürs Gemeinwohl, das britische wohlverstanden, als Panzer 1. Klasse
„Gloucester" traf der Rammsporn des „Furiocs' durch und durch, ein Wasserberg grub sich in das gerissene Loch nach, so dass der Amerikaner naca Steuerbord sich querlegte imd die pustenden Schno- ben den Kiel nach oben drehten. Der funkfh
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nagelneue Prachtkreuzer „Constitution", als Emtz
der alten gleichnamigen Fregatte, eines historisoi
nationalen Inventarstücks pietätvoll gedacht, machte
einen Sprung, stand still, drehte sich xmi sich sdbsi
und legte weit über. Diese Katastrophen traten oß,
als die Briten auf zweitausend Meter und noch nähff
[ herangingen und das Donnergepolter ihrer küt
r berechneten Salven den Yankees unmittelbar as
f Deck schleuderten. Ihre zahlreichen kleinen Krcc-
zer, wobei mehrere ungepanzerte sich heroisch opf« ten, neckten und fesselten die Flügel, wo Destroyen und Torpedoboote schwere Verwirrung anrichtctcß^ In dieser Branche betätigte die junge amerikanisch« Marine eine rührende Unerfahrenheit. Die grosso Torpedos „Pluton" und „Furor", hochfahrend so getauft nach den bei San Jago untergegangenen Boo^
geschickt, wie diese, liefen erst später an, statt sofort hinter den Kreuzern sich versteckt zu halten, und wurden so abgeschossen. Als nun noch „Minne- sota" und „Illinois" durch das schlechte Funktio- nieren ihrer Maschinen den Rückzug behinderten, konnten die Vankees von Glück sagen, dass sowohl die Nacht als Unwetter mit hohem Seegang herauf- zogen und die Briten nötigten, Anker auszuwerfen und zu „schwingen", statt rastlos zu verfolgen. Den Japs gegenüber hatte die Verachtung der gelben Ras']e den eingebildeten Mannen des Sternenban- ners ein moralisches Rückgrat gegeben, den Briten gegenüber konnten sie das Empfinden eines un- gezogenen Sohnes nicht loswerden, der von seinem Vater gezüchtigt wird. — —
... So grossen Enthusiasmus all diese fast gleichzeitig gemeldeten Siege in England erweckten, furchten doch Sorgen die Stirn der Staatsmänner. Trotz Kitcheners Strenge gab es neue Anzeichen der aus Konstantinopel seit lange geschürten pan- islamitischen Bewegung unter den indischen Musel- manen, die einmal fünfzehnhundert Buddhisten des Dorfes Likianeh durch Hinweis auf nationale Be- freiung zum Islam bekehrton und eine rührende Vorliebe für die angeblich stammverwandten Japa- ner schon bei deren letzter Himgersnot bekimde- ten. Die von zwei japanischen Professoren Motoda und Harada, Politikern in der Toga des Gelehrten, Geistlichen und obendrein Christen, durch ihre Vor-
träge über Japans vorbildliche Grösse in Kilhmi gestreute Saat ging üppig auf. Dass diese Bidd' greise als Vertreter der „Japan National Comd of the Young Men Christian Association" in äi: Lande pilgerten und das Evangelium wm jx}^ Zukunft auf diesem nicht mehr ungewöhnüdia Heilspfad verbreiteten, gab solcher .chrisllicliHi' Fw paganda einen pikanten Beigeschmack. Ob der L verpooler Mob die Redaktionsstube des orifflufisted subventionierten Journals .Crescent', das einen mo- sehen Halbmond als Devise trug, und Croniion einer allen Ernstes dort im Bau begriffenen w schee gleichzeitig demolierte, konnte den F^'
Übergewicht in Oceanien bitlere Früchte tragen.
Atif Fidchi Islands betrieben schon japanische Finnen den bedeutenden Handel mit Baumwolle, Kopra, Melasse, Angorahaar, Walfischöl, Perlmutter. Deutsche und britische Häuser hatten das Nach- sehen, ebenso die „New Guinea Colonization Asso- ciation" für Sagopalmen und Töpferei.
Die Südinsel von Neuseeland mit Fjorden, al- pinen Schneegipfeln, dem Riesengletscher des dach- förmigen Mount Cook, der Eisnadel und Fimtreppe des Mount Tasman, mit dem Goldfeld von Otago und der vomehmen Hauptstadt Dunedin, die sich eines Museums, Hospitals, botanischen Gartens, einer Universität und Bibliothek rühmt, behauptete man noch teilweise unter schweren Opfern an Eigen- tum. Doch wandelten schon imter den Trauerweiden des Heathcoteflüsschens und vor Kathedrale und Staatsbank von Christchurch japanische Wacht- posten, und vor der bedeutenden Werft der Krater- bucht von Lyttelton lagen japanische Kreuzer. Natür- lich standen überall Sägewerke, Seifensiedereien, Eisengiessereien, Brauereien der betriebsamen Dop- pelinsel still, ebenso Flachsbau und Förderung der Braun-, Pech- und bituminösen Kohlen. Nelson an der Cookstrasse, die sonst völlig von Japans Schiffen beherrscht, hielt sich wegen des ungünstigen Haf«i- eingangs. Am herrlichen Alpensee Pukaki nahm ein Maori-Raubzug ein blutiges Ende. Dagegen besass Japan schon völlig die Nordinsel mit ihrai Aschen-
kegeln, Vulkanen, Geisern, dampfenden Sprint bninnen und kochenden Quellen des Waikno, Schlämmkessela, rosigen Kieselsinterterrassoi am türkisblauen Becken, Wasserfällen des Taoposte, weissen Bimssteinklippen, der wunderbaren ]imi- säule des Springspnidels Piori, der Ueblichkst in Mount Egmont, eines erloschenen, und der düüEni Erhabenheit des Tarawera, eines noch aibetioni« Vulkans, dessen letzter grausiger Ausbruch iffl ganzen Warmen See mit Sinterufero und Waffl Dampfwolken des Tatarafaspnidels verschlang. Z«i sehen schwarzen Basaltmauem und grünen tla- hecken der Landsitze von Aukland unienn pjn diesischen Mount Eden, sowie in Wellington, N)f«ti, New Plymouth gingen japanische Zivilbeamte ^ zieren. Selbst die Seelöwen. Robben, AlbanwK. Papageien, Sturmtaucher. Pinguine der südlid S<» Seeland hingelagerten unbewohnten Inseln wuident« japanischen Bootexpeditionen aufgestört, an der *iit dersamen steilen Tuffküste der .Antipoden' er''* sich eine Flottenstation für Funkspruch. Die Sc thern Fisher Company musste hier ebenso auf ^^ fischfang verzichten, wie die Phönix Guano Cio pany auf Guanoverladuog der Sporaden-Phöini'' ninginseln mit phosphorsaurem Kalk.
Sogar malaiische Freibeuter unter japaiuscW Offizieren unterstanden sich jetzt, lustige Aosfl^' aufs australische Festland zu unternehmen. In *" retonbai wie im Strandbaff des Murray bei G<»l*^ ja selbst auf der Kängunihmsel von Adelaide c
brennend, um straflos wieder zu verschwinden. Der Seeverkehr in Australien litt auch schon unge- mein. Die British India Steam Navigation konnte ihre „Queensland Mail" nicht mehr durchbringen. Viele Schiffe der Union Steamship of New Zealand, Australasian United und Tasmanian Navigation Com- pany fielen in japanische Hände, andere der Linie Vancouver-Sidney in amerikanische. Nur die ameri- kanische Oceanic Steamship Company hatte davon den Vorteil. In Levuka auf Ovalau und Suwa (Fid- schiinseln), dem Anlegeplatz der Pacific Mail Steam- ship, stauten sich Dampfer verschiedener Linien, die sich nicht auf hohe See wagten, ebenso die Segelschiffe des Hauses Tandonnet von Bordeaux. Zwischen Karolinen und Marschallsinseln stellten die spanischen Postdampfer ihre Fahrt ein. Nur die furchtlose Schiffahrt der Polynesier auf ihren Ein- bäumen oder zusammengestellten Doppelkanoes währte fort. Beide Kabel von Süd-Java nach Pal- merston-Port Darwin und nach Roebukbai zer- schnitten die Japaner, ebenso die Kabel Sidney- Wel- lington (Neuseeland) und Melhoume-Dalrymphle (Tasmanien). Selbst der grosse Überlandtelegraph zwischen Spencer-Golf, Georgssund und Roebukbai und der andere von Palmerston nach Eyre-See schienen Störungen unterworfen, die Drähte zwischen den Goldfeldern Halls Creek im Kimberleydi strikt und den Küstenhäfen funktionierten nicht mehr, von Chinesen oder Papuas in japanischem Sold verletzt.
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Auf der schönen Kunststrasse von Hobart auf Tasmanien mit den nebenherlaufenden Bahnstiängöi gab es unerklärliche Dynamitexplosionen bö Laua- ceston. Auf Neuseeland erstieg em japanisdier Posten den Arthurspass und unterbrach die Bahn- strecke Greymouth-Christchurch. Bei Nelson und Hellwellyn rissen Maoris bei Nacht die Schienen auf. Selbst im australischen Festland veranlasste nervöse Besorgnis vor kecken Anschlägen der Japs und ihrer chinesischen oder eingeborenen Spiessgesellen stän dige Bewachung empfindlicher Bahnpunkte, wie de Brücke bei Blackwood und über den Hawkesbcry. Die Diggers (Goldgräber) fragten, wie sie ihre Nug gets (Klumpen), die Squatters (Pächter) auf dea Runs, wie sie ihre Schafwolle und gefrorenes Fleisci oder ihr Eukalyptusholz und Heu vom FitffO)^!-': loswerden wollten, wenn diese Unsicherheit des Sec^ Verkehrs andauere. Die sozialistische Tendern de Australier zeigte bei den Bushmen bedenkliche >t gung, ins Kommunistische überzugehenuntermDroci der beginnenden Geschäftskrise, die selbst Damp*' (Brot aus Weizenmehl und Wasser) verteuerte. Grosse Dürre trotz der artesischen Brunnen und Benes^ lungsfelder am Darling und Murray, so dass d«: Lehmboden in roten wirbeligen Staub zerfiel, w^ senhaftes Auftreten von Dingos xmd Heuschredui quälte den Ackerbau. Die kleinen Besitier *'^ freigewähltem Boden (Freeselectors) litten am e* sten, und die besten Farmer des Landes, nanu: - die Deutschen in Südaustralien, hatten es sch^^*
eaormea Ausgabea und Schuldenlasten der einzelnen Provinzen (vometmilicb Queenslands und Neusee- lands) machten die Lage besonders drückend. Hier konnte man erkennen, was selbst nur ein Monat Kriegszustand mit Kiistenblockade einem unfertigen Staate kostet. In den Coolgardie- und Murchison- goldfeldem Westaustraliens, in den Kalkstein-, Koh- len-, Jaspis-, Achat- Grube n ; auf den subtropischen Reisfeldern und Roma-Weinbergen, Eisfleischfabri- kcn von Brisbane, Gympin-Woolgar-Morgangold- schachten, den Kupferbergwerken von Clermont, Percy, Concurry und Kohlengruben von Rockbamp- ton und Darling Downs, den Essen und Stampf- mühlen in Nordaustralien; in den Orangemarmelade- fabriken, Goldseife- und Quarzriff Wäschereien bei Batburst, Silberbergen von Broken Hill, den Lagern von gasreicher Kokskohle und Biandschiefer zu Pe- troleimibereitung bei Newcastle und Hartley in Neu- siidwales. den Fleiscbkonservefabriken und Zucker- mühlen von Sidney, den Fruchtkonservefabriken, MaulbeerpflanzuQgen von Adelaide, Kupferschmel- zen von Wallaroo; den Goldminen Castleniain, Bal- larat, Sandhurst, Beecbworth in Victoria, in den Ree- dereien des prachtvollen Melbourne, einer Wunder- leistung eigener Schaffenskraft dieser grossen ein- stigen Verbrecherkolonie Australien — überall stag- nierte die Arbeit. Auf der Südinsel Tasmanien stellte die New Golden Gate Mining Company ihren Be- trieb ein. Das Netzwerk von Bleierzgängen im sUu-
Erschliessung der Otavigruben und KiöHnang des Bergbaus sich wegen der sogenannten Ovambofrage und im Amboland demütig nach Englands Billigung, nach Wohlwollen der portugiesischen Behörden um- sahen I Das allmächtige England und ohnmächtige Portugal schwanden gleichmässig in Afrika von der Bildfläche, und bei ihrer Stellung in Südafrika und ihrer Begünstigung durch Menellk liess sich die Sacbr 90 an, als ob jetzt nur noch die Deutschen Rechte in Afrika hätten I
Übrigens tet Portugal schon Busse. Es bettelte untertänigst um Aufnahme in den „Europäischen Bimd". Der Gouverneur von Madeira stattete dem deutschen Humboldthaus auf Spanisch-Teneriffa Be- such ab und hielt eine feierliche Staatsrede über die glühende Zuneigung der Nachkommen Ema- nuels des „Grossen", Albuquerques des „Grossen", Camoens des „Grossen" — bei diesen Gemegrossen beisst alles Eigene „gross" — für das ideale Volk der Dichter und Denker. Dieser Appell an den Idealismus verhallte ungehört. Solche Züge tiefer Unterwürfigkeit vor dem Präsidium des Europabun- des verrieten aber ein böses Symptom für Englands schlechtstehende Aktien: die Ratten verlassen das sinkende Schiff. —
In Amerika hatte man zwar den Antillen Luft geschafft, Barbados, Trinidad und das den. Nieder- ländern abgenommene Surinam gedeckt, das fran- zösische Martinique am 23. Juli durch Marinetrup-
VClker Europu . . . ! 37
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pen besetzt. Aber aus Canada häuften sidi bis Ende des Monats die trüben Nachrichten. Zwar xeigte die Bevölkerung, auch die haibfranzösische der alten Kolonistenfamilien und die indianische, keineswegs Bereitwilligkeit, sich von den Segnungen axneiikanF scher Freiheit beglücken zu lassen, da sie zur G^ nüge wusste, was darunter zu verstehen sei ic^ dass man in der britischen Monarchie weit mehr persönliche Freiheit und sicher mehr anstandigt ini bestechliche Beamtenordnung genoss. Aber vids schwebte wenigstens Autonomie der grossen K> lonie von britischer Bevormundung vor, man woDt? sich aus London nicht mehr am Gängelband füfars lassen. Die canadischen MUizen führten den Kaicr bisher ziemlich lau, die amerikanbchen über schwenunten weithin das Land, und es liess sich ttn hersehen, dass die britischen Regulären, ob vcc so verstärkt, auf die Dauer bis an den Lawrence Strom zurückgedrängt werden würden, wenn d>* Union Ernst machte und ihre riesigen MensdieC' mittel in Fluss brachte.
Mit Zentralamerika sprang sie schon gam oa^ Beheben um. Costarica erhielt Ausfuhrverbot t: seine Patronen- und Eisenbahnfabriken, Brettschc^ dereien und Gerbereien, die sich sämtlich der Un^^ zur Verfügimg stellen mussten, natürlich zu Zwange preisen. Kaffee- und Bananenhandel sowie Perier. fischerei blieben innerhalb Amerikas gestattet, uc-^ Aufsicht eines treuherzigen Yankeekonsortiums. X^ caragua, das noch mehr als Costarica unter As^
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hören des Ausfuhrhandels mit Deutschland gelitten hatte, durfte auf Ausfuhr von Schwefel und Eisen- vitriol der Chontales-Minen, von Gelbholz und Häu- ten verzichten. Honduras lernte, dass Zedern und Mahagoni wegen Schiffsbaus Konterbande seien. Dagegen zeigte Uncle Sam sich geneigt, eine neue Hondurasbank gesegneten Pariser Schwindelange- denkens zu stiften. Honduras-Krach, dieser Name sagt genug wohl schon. Salvador wurde wegen In- digo belästigt, Guatemala wegen Silberdollars und Bleis von Mataquescintla. Kaffee, Cochenille, Pfeffer, Zimt, Rami6 (Gespinstpflanze), Sassaparille wurden freigegeben, da man die Finanzen dieser gutfun- dierten Staaten für spätere Annexion schonen wollte. Auf beiden Seiten des Isthmus blockiert, hing wirt- schaftliches wie politisches Fortbestehen natürlich ganz von Laune der Union ab. —
Als Preis des Sieges über das Pacificgeschwa- der hatten die Briten sich Portoricos rasch bemäch- tigen wollen. Doch der schwer zugängliche stark- befestigte Hafen der Hauptstadt San Juan, auf einem Inselchen gegenüber dem Inselfestlande, gab sich nicht so leicht. Über Salzlagimen der sechs kleinen holländischen Inseln, wo Phosphatlager und Coche- nillezucht den allgemeinen Niedergang nicht auf- halten und Anschluss an eine Grossmacht als ein- ziges Mittel zur wirklichen Ausbeutung von Kolonial- besitz ebenso deutlich wird wie in Surinam nüt seinen halbverhungerten Maniokfressem, wehte zwar der Union Jack. Auch über roten Dächern und
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Kokospalmen des steilfelsigen danischen St. Thomas, wo gleichfalls die Zuckerrohrplantagen dahin^edieQ. Dies neutrale Gebiet eignete man sich efligst an unter dem Vorwand, dass diese drei Jungfcmmsdr heimlich von Dänemark schon an die Unioa fcr kauft seien. Kakao, Angostura-Likör und Asfiat von Tobago, wichtige Kohlenstation Port Castries auf den Windward Islands, Riun von Barbados, b digo und Arrowroot der Leewaxd Islands, dieDocfe von Antigua, Docks, Telegraphenkabel imd hc^ dertfünfzehn Zuckerfabriken von Demaraia, die Vi^ Zucht auf den Virgin-Inselchen xmd Barbuda, ^ Kronlehen der Seemannsfamilie Codrington, das & folgedessen die britische Marine mit besonderer Zart lichkeit betrachtet, blieben noch gedeckt und ^ versehrt. Doch die nordwestlich der Antülen «kc Festland vorgelagerten Bahamainseln, die als Hei:: aller Blockadebrecher während des Sezesacoskriep eine so historische Rolle spielten, fidei ^ Schwammfischerei, Schildkrötenfang, Handd c- Perlmutter, Schildpatt, Guano, Farbholz, Anaiai Bananen, Limonen, Melonen als wertvolle Brc^ schon den Yankees zu. Eine Transportftotte ^ Tampa her trug das Sternenbanner nach Nasst Harbour, das schon ohnehin seit lange als IdisQ^ scher Kurort dem Dollar gehörte. Die DamFv:' der spanischen Compafäa transatlantica, Herreraliii:' wurden natürlich ebenso ungeniert weggcnonöa* wie die von Liverpool fahrenden der Firma VCi'X- Forman & Co., der Harrison- oder Westindia- s^
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Pacific-Line oder Royal Mail-Steamer. Ausser zahl- reichen von Staats wegen ausgerüsteten Kapern mach- ten noch eine Menge schamloser Freibeuter den Stil- len und Atlantischen Ozean unsicher, die ihr Privat- konto im Auftrag eines prominenten Trusts der grössten Reedereien mit patriotischem Sternenban- ner zudeckten imd diesen Mantel christlicher Liebe über jeden Raub breiteten, den sie ohne amtlichen Kaperbrief aufbrachten. Die Regierung drückte gern ein Auge zu, da es doch ihr eigener Stolz und Ge- winn, wenn American Citizens gute Geschäfte machen. Den südamerikanischen Staaten ward ohne weiteres insinuiert, dass die Monroe-Doktrin bis Kap Hörn gelte, dass die Union sich also in Kriegszu- stand mit allen Europäern befinde, die noch in Südamerika Besitzungen hätten. £s sei den Süd- amerikanern anheimgestellt, ob sie sofort zu Schutz und Trutz sich unters Protektorat der Union stellen wollten, jedenfalls werde neutrales Wasser nicht an- erkannt. Ein Recht auf Schiffahrt besitze über- haupt nur noch die amerikanische Linie Newyork- Rio-Montevideo. Die britische Liverpool-Callaolinie der Pacific Steam Navigation Company sei vogelfrei, einerlei wo ihre Güter betroffen würden. Die fran- zosische Compagnie G6n^rale Transatiantique unter- falle gleichen Bestimmungen auf ihrer Linie St. Na- zaire-La Guaira, ebenso Havre-Valparaiso und die unter spanischer Flagge segelnde Gesellschaft Campo von Bordeaux. Was die Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft nach Venezuela oder
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Warendampfer der Gesellschaft „Kosmos" betreffe, sowie belgische und italienische Dampfer nadi Rio. behalte man sich weiteres vor, bis die Stellimg zn Deutschland als etwaigem Verbündeten geklärt. Die amerikanische Pacific Mail Steamship Company, bisher nur von San Francisco bis Panama laufend werde von jetzt ab allein den Verkehr an der Wes küste von Südamerika übernehmen, wofür die dük^ nische Regierung natürlich die bisher der britische Navigation Company gewährte Subvention dorthE zu übertragen habe. Die chilenische Conqjania Sc americana de vapores nach Panama habe ihre Schiffe für Truppentransport zu stellen. Die fbcb^ gehenden, nur mit Holz geheizten und ein einägcs Schaufelrad am Hinterteil führenden britisda Dampfer auf dem Magdalena imd Orinoko sdct als herrenloses Gut zu betrachten, die Fahrt acf dem Amazonenstrom sei nur im Innern gestacd die brasilianische Amazon Navigation Company vac die peruanische hatten während Kriegszeit jedes Passieren der Mündimg einzustellen, da Ausfol^ verbot gegen Europa von der Union erlassen se Dasselbe gelte für paraguayische Beschiffung des La Plata. Da Französisch-Guyana sich in Spent befinde und demnächst von der Union anneköer^ werde, dürfe kein dort den Verkehr unterhaltcades Curare (indiaiusches Rindenkanoe) die Grenze pa^ sieren. Den Indianern von Peru und Bolivia sß gnädigst gestattet, auf ihren Balsas (spitzzipfeiig^ Schläuchen von Seehundsfellen, mit Ocker r5üiö
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angestrichen) Spionagebotschaften nach neuen Hafen Chiviqui (United Fruit Company) zu bringen.
Diesen dreisten Anordnungen in gebieterischem Tone, die über den ganzen Erdteil als selbstverständ- lich den Belagerungs- imd über Europa den Zufuhr- Blockadezustand verhängten, fügten sich die braven südamerikanischen Raubstaaten anfangs ohne Mur- ren, teils aus eigener liebenswürdiger Animosität gegen die ordnungsliebenden Europäer, teils aus Angst vor der Union, die nach Bau des Panama- kanals sie ohnehin in drohender Abhängigkeit hielt. Brasilien erklärte, seine Fazendas-Besitzer mit Aussicht auf Steigen der Kaffeepreise vertröstend, Kaffee, Früchte, Gummi, Vanille für Kriegskonter- bande und schloss den Hafen von Rio, stellte seine kleine Marine der Union zur Verfügung. Uruguay tat desgleichen für Vieh, Paraguay für Mat^-Tee, Argentinien für Fleischkonserven, Weizen, Mais, Chile für alle Cerealien und Gemüse, vor allem für Kohlen und Salpeter. Schwimmdocks und Hafen- dämme von Valparaiso hatten zurzeit für die XJnionsmarine als etwaiger Reparaturort keinen "Wert, da im Juli dort Nordwinde unerträglich wü- ten. Ecuador durfte Kakao und vegetabilisches El- fenbein, dagegen nicht Häute imd Medizinalpflan- zen ausführen, nicht einmal seinen erstklassigen Ka- kao. BoliviasPotosiminen mussten ihr Silber, die von Coroooro und Characilla ihr Kupfer, Zinn und Blei, für Kriegszwecke brauchbar, als Ausfuhrartikel ver- bieten, selbst Chinarinde sollte Europa so lange
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entbehren. Die Bewohner des Titikakasees mtss- ten froh sein, dass nicht auch noch AlpakawoQe. Tabak, Pfeffer als Kriegskonterbande galten. Fem unterlag den gleichen Verboten, besonders für Stein- kohlen von Ancachs und Quecksilber von Huan cavelica. Die vergeudeten Guanolager kamen niclR mehr in Betracht. Das wehrlose verwahrk)Stc La^i geriet durch die Nötigung „zu rüsten" bald in solde Geldnot, dass man wieder mal Goldplatten der LiiD3^ Kathedrale, wie früher die Silbersaulen des Ho6 altars, einschmelzen musste.
Columbia, wegen Panama und Colon sdKSi gänzlich in unionistischen Händen, empfing ät Weisung, jetzt bei Kriegszustand sich völlig unter Yankeeverwaltung zu stellen. Schlechter konnte es ja dort nicht werden, wo Waldfrevel den Chinarind^ Handel abschnitt und infolge schlechten Verieb es sich nicht mal lohnt, Kartoffeln auf den Maib zu bringen. Der Goldgruben von Antioquia, Toto Choco. und Smaragdgruben von Muzo nahm ea „Ring" sich gleich liebevoll an. Eisen, Kohlea. Agavefasem (für Seile, Stricke, Hängematten), Baö (für Armeehüte) wurden zur Kriegskonterbandc er nannt. Vom Donünikanerkloster in Panama r^eite ein ausserordentlicher Konmiissar das Land iß fröhlichsten Flibustierstil von anno dazumal, wo ecs* lische Seeräuber dort auf spanischem Boden vnt* schafteten oder später der famose Räuberhauptnunfi Walker in Nicaragua den byronischen Koisarea spielte. In Cartagena de las Indias, einst eine de:
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grössten Festungen der Welt und Sammelpunkt der spanischen Silberflotten, baggerte man den ver- sandeten Hafenkanal gehörig aus. Hier und in Puerto Columbia und dem Flussdampf er- Abladeplatz Baranquilla schlug die „Naval Administration for National Defence" ihr Hauptquartier für West- und Südküste auf. In kapellengeschmückter Hochland- hauptstadt Bogota mit ihren luftgetrockneten Ziegel- bauten fristete der sogenannte Präsident noch ein Schattendasein nüt hoher obrigkeitlicher Erlaubnis. Dagegen standen Tabakpflanzung Ambulema und Steinkohlenlager Zipaquira schon unter unionistischer Staatsaufsicht.
Mit Venezuela verfuhr man glimpflicher, teils aus Scheu vor dem rauhbeinigen Spitzbuben im Prä- sidentensessel, der sich durch erfreulichen Trotz ge- gen Englands und Deutschlands Gläubigerdrohun- gen den Beifall jedes gesunden Transatlantiergemüts erwarb, teils, weil man wegen unklarer Beziehung zu Deutschland die dort tonangebende deutsche Kaufmannschaft schonen wollte. Der Kaffeehandel blieb unbeschränkt, ebenso das Goldwaschen in Do- rado und Yuruari, nur das Bleierz von Carupano und Kohlen von Naricual erhielten Ausfuhrverbot. Da grosse Vorräte vonTonkabohnen,Dividivischoten, braunem Zucker, Kopaivabalsam, Fischleim, Kokosöl, Ziegenfellen für das Riesendepot in Panama ange- kauft wvu-den, ergaben sich die Einwohner und an- fangs auch die in Maracaibo und Carabobo lebenden Deutschen in ihr Los, dass La Guaira mit seiner
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schlechten offenen Reede und die fortgesdiotzte Halbinsel Puerto Cabello mit ihrem zageschutteta Meeresarm ohne weiteres von Unionsmarine b^ setzt wurden. Die Zigarrenfabriken in Yaritaguaund Barinas erhielten unversehens lauter willfährige Ak- tionäre unter einem Aufsichtsrat von bravoi Man nem aus dem Norden.
Bolivars Bildsäule auf Plaza von Caracas und Konkordienplatz von Maracaibo sah so trübselig drein, als halte der „B^fi'^er*' das dort heimisck gelbe Fieber für minder ungesund, als diese lixDtff- wäldlerische „Sanierung" republikanischer Unab- hängigkeit.
Als schönen Zug gesunder nationaler Eigesan muss man es gelten lassen, dass eine sinnig hunasc Aktienkompagnie von Yankees den Cocui-BnuuitweiD aus Agavensaft für zu unsittlich und gesu]idhd& schädlich hielt, deshalb angeblich geschmuggeltem „echten" Jamaika-Rum (amerikanisches Gewächs) n Zwangspreisen eines Staatspatentmonopols in ^^ nezuela einführte. Ein physikalischer Versuch, iß ein erstaunliches nekromantisches Ergebnis lödste: nämlich die leeren Privattaschen der Staatsräte ia Caracas mit lauter blanken Silberdollars füllte vsi ausserdem das heimische Bankkonto der umonisQ- schen Intendanz- und Zollbeamten geheimnisvoD ff- höhtelMan muss im Leben oft ein Auge zudrücken, b6 sonders wenn man mit Silberdollars dem andof» Auge den Star besticht I
Mit Französisch-Guayana, dieser Musterkoloni^
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aller Erbärmlichkeit, nahmen sich inzwischen die Briten urgesunde Freiheiten heraus, indem sie mit einer Miliz einrückten, nach kurzer Gegenwehr der Handvoll Franzosen die Sträflinge in Cayenne be- freiten und das internationale Gesindel von India- nem, indischen Kulis, Anamiten, Buschnegem, Ara- bem, Mulatten, Chinesen als Ersatzheizer und son- stige Diensttuende für die Flotte pressten oder zur Küstenschutzarbeit nach Demarara verpflanzten.
So ging es also in Südamerika lustig her, und die Union hielt es gar nicht mehr nötig, mit Einzel- staaten zu verhandeln, sondern erliess eine Washing- toner öffentliche Botschaft an ganz Südamerika, wonach Ausfuhr von Pferden, Kohlen imd jeder Art von Nutzhölzern, Blau- und Braunhartsholz in- begriffen, für die ganze Kriegsdauer verboten. Um jedoch mit gleicher ungeschminkter Unparteilich- keit auch die Europäer Mores zu lehren, erklärte eine väterliche Präsidentbotschaft das ganze be- wegliche Privateigentum der englischen Besitzer ame- rikanischer Eisenbahnprioritäten bis auf weiteres für sequestriert, jede Zinszahlung ohnehin für inhibiert: ein dem britischen Nationalvermögen zugedachter Streich, dessen gar nicht zu beziffernder Schaden das britische Kapital halb ruinieren musste, wenn je ernstlich durchgeführt.
Die meist in südamerikanische Häfen geflüch- teten deutschen Handebschiffe hatte man teilweise üoch verständigen können vermittels des wieder 'unktionierenden von Portugal eiligst zur Verfügung
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gestellten Kabels von Vigo: „Wegen veränderter politischer Lage möglichst auslaufen. Route nach Lissabon-Bordeaux frei." Einem Teil gelang es, von südamerikanbcher Ostküste zu entkommen, die an- dern sahen sich im Hafen zurückgehalten oder inir- den später von unionistischen Kapern höflich, aber entschieden, in „neutrale" amerikanische Gewässer zurückgescheucht. Ahnlich erging es denen, die n späterer Periode aus nordamerikanischen Häfen sid wegzustehlen suchten, nur wenige entwischten. Dass die britischen fast sämtlich gekapert wurden, ver- stand sich von selbst . . . Inzwischen r^nete es Granaten zwischen die Melonenbäume, WacboWff, Königspalmen, Zedern, Oleanderbüsche, Zwiebel- na^ Tomatenfelder der Bermudischen KoralleninseliL Doch die von ihrer ständigen Tausendmann-StäA^ längst aufs Dreifache erhöhte Garnison der Fesnmg^ docks von Hamilton hielt tapfer den Platz, troa meuterischen Aufruhrs der Mulatten, Neger be- Deportierten. Zur Deckimg dieser wichtigsten Koh^ len- und Flottenstation musste voraussichtlich Lori Beresford eine Schlacht wagen.
In dem Bestreben, ein für allemal mit alles schwebenden Fragen ins reine zu kommen, solang? sich Europa nicht dazwischenmengen könne wie fso^ beim mexikanischen Abenteuer Louis Napoleon hatte die Union schon vorher das wirtschaftlii abhängige Mexiko eingeschüchtert. Ein schwad^ gefügter Föderativstaat von elf Millionen Einwc^ nem, von denen kaum zwanzig Prozent wirkücbf
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Weisse und Kreolen, alles andere Mestizen und Indianer, konnte in seines Nichts durchbohrendem Gefühle zu allem nur Ja und Amen sagen. Die fünf Kanonenboote imd den Hafen von Vera Cruz lieh sich die Union freundlichst für die Kriegszeit aus und verlangte Angliederung der mexikanischen Armee von 161 000 Mann Kriegsstärke zmn Küsten- schutz des Golfs und des Pacific. Das kleine Bahn- netz von Yucatan ward für strategische Transport- zwecke mit Beschlag belegt. Zur Regelung der Aus- fuhr ward Mexiko zum Eintritt in die Zollunion gezwungen. Silbererzgang £1 Doctor und Veta Madre, Opalfundstätten San Juan imd Eisengiesserei Zimapan, Baumwollwebereien von San Miguel, Berg- bau für Kohlen und Erze in Sonora, Baumwoll- tücher von Tenancingo imd sogar die Hanfkultur soll- ten während des Kampfes gegen Europa ausschliess- lich für Bedürfnisse der Union arbeiten. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, berief man schon frühzeitig die Milizen von Kalifornien, Texas, Arizona, Alabama, Mississippi zu den Fahnen und es fiel Mexiko nicht ein, ohne jede Möglichkeit einer auswärtigen Anlehnung den Gehorsam zu verweigern. Im Lande der Tornados, Blizzards, Hurricanes, der wahnsinnigen Temperaturstürze, geht alles mit abnormer Überhastung und Schnelle. Aus den 2170 Offizieren, 25 220 Mann des regulären Bimdes- heers waren über Nacht 150 000 Angeworbene ge- worden. Die 36 Schiffe mit 10000 Mann Besatzung der früheren Flotte bildeten nur noch die Reserve
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der neuen modernen Schlachtflotte von 55 Sdiiffea (einige noch im Bau) mit 50 000 Mann Besatzung. Was die MUizkörper betraf, so rechnete man mit ungezählten Millionen Menschen und hatte Aus- rüstung für übergenug, xun Canada mit einer mhien Völkerwanderung zu beglücken. Viehhöfe md Schlächtereien (Armour & Co.) in Chicago besorgtes Verpflegung im grössten Stil. Eisenindustrie mid Maschinenfabrikation entsprachen willig jedem höchstgesteigerten Wunsch des Yankee-Impcriate- mus. Die schwimmenden Paläste der riesigen Tlassr dampfer auf dem Mississippi, Ohio, Hudson, die Riesenfähren bei New York, New Orleans, Detroit Portland beförderten ununterbrochen Kri^^smatemi und Truppen zur Küste, wo die Bahnen nicht as- reichten. Die Connecticutkanäle in Nähe der Had* bey. und Tumerfälle, der Middlesexkanal bei Boston. der £rie- und Hudsonchamplainkanal dienten des Lagern der neuenglischen Milizen gegen Ostcanada. Die unvollendeten Ohio-Kanäle von Georgetown und Richmond erleichterten inunerhin Anlage emes Zcß- tralproviantdepots bei Pittsburgh. Der Susqucban- na-Kanal Reading-Middletown, die Kohlentranspai^* kanäle von Philadelphia und Alleghany-Eriesee i-ti mittelten Ansanmilung grosser Kohlendepots fcr Flotte imd Armeebahnen. Der Cleveland-Mians (Cincinnati)-£vansvillekanal machte Tnippcn^'e^' Schiebungen gegen Canada zwischen Ohio und den Grossen Seen leicht, zu welchen der MichigankaB^l auch Ersatztransporte sogar vom Mississippi ernw?'
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lichte. Endlich waren St. Mary- und St. Clairkanal an den Seen, Morriskanal zwischen Hudson und Delaware, Raritan- und Merrimackanal dem Auf- stellen einer Panzerflottille günstig, die zum Einbruch in das canadische Gebiet des Lawrencestroms und jedenfalls zur Verteidigung diente. Über die hölzerne Bahnbrücke der New York-Eriebahn bei Portago rasselten ununterbrochen Militärzüge. Bei Knoten- punkten wie Buffalo, Atlanta, Chattanooga, Mem- phis, Vicksburgh, Nashville, Corinth, Louisville, De- catur stapelte man imgeheure Vorräte an. Nord-Süd- Padfic, Union and Central-Pacific, Atlantic and Pa- cific Railway Hessen endlose Transportzüge rollen. Die riesige Eisenbrücke der Denverbahn dröhnte kaum mehr von Wagenlast, als die gigantischen Hängebrücken bei Pittsburgh, Clifton, St. Louis, Quincy, Kansas City, Omaha, Evansville, Albany vom Marschtritt der Milizregimenter. Selbst die Brooklyner E^striverbrücke musste zeitweilig zu Kriegstransportzwecken herhalten, für sonstigen Ver- kehr stundenlang gesperrt.
Im Norden boten Deutsche und Iren neben den unkriegerischen Yankees einen guten Fundus und Hauptstock militärischen Milizwerts, bei beiden machte sich Nationalhass gegen England scharf geltend. Die Deutschen von Milwaukee und Cin- cinnati schworen laut, Zerstörung von Cuxhaven und Bremerhaven imd jede Unbill des „alten Vaterlands" als amerikanische Bürger zu rächen. Die anglophile „gelbe" Presse, früher so mächtig
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und mit britischem Gelde subventioniert, mosste den Mund halten. Sie tat ihn erst auf b» sehr veränderter Weltlage, um neuerdings Frieden Bad Bündnis mit England behufs Weltherrschaft Tff einten Angelsachsentums 2u empfehlen. Doch c spät, mn England, selbst wenn die Union dac willens gewesen wäre, den plötzlichen Cbeiti. und die dann vielleicht niu: aufgeschobene dauerßd« Bedrohung Canadas und Westindiens vergessen e machen. Eins aber liess sich schon jetzt über sehen: dass keine einzelne europäische Mac:* imstande sei, gegen Amerika das Feld zu halr«t falls es ein wirtschaftliches Aushungern Lvjo^ bezweckte, dass vor allem Canada sicher von Eo; land allein nicht behauptet werden konnte.
Die sechs Industriestaaten von NeuEngl^- hatten ihre Milizlager zwischen Vermont und Ccn cord. Hier im Nordosten gegenüber Montreal ^' hielt man sich vorerst defensiv. Im allgcoen:: taten die Nordstaaten schon genug, indem sie »i^ ihren Siebzigprozent-Beitrag zum Gesamtstcucrwc: der Union von siebzehn auf fünfundzwanzig Mil&s« Dollars im Jahresbudget während der Kriegsei* ^ höhten. Die am dichtesten bevölkerten drei nutJe-ö atlantischen Küstenstaaten New York, New Veisc~ Pennsylvanien besetzten mit ihren Milizen teils «: Zugänge der Grossen Seen bei Rochester und cö: befestigten Oswego und den Lorenzstromhafen^t densburg, teils Long Island, um für die Hafenfö- der New York-Bai bei der Hand zu sein. In denl-
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versitäten Harvard, Yale, Comell, dem Chautauqua- Institut lind dem College von Syracuse hielt man Gratisvorlesungen vor einem Monstre-Auditorium über die Zukunft des Imperialismus und das über- legene militärische Genie der amerikanischen Rasse von Washington bis Lee imd Grant, auf der techni- schen Hochschule von Hoboken über neue Kriegs- technik und Edisons Dynamitkanonenproblem I
Harrisburgh (Pensylvania) wmrde Hauptquartier einer Mittelarmee, die vor allem Belästigung PhUa- delphias durch etwaige Landimgen in der Delaware- bai hindern sollte. Aber das schien unnötig, da die Flotte schon der britischen Meister gehen würde. Wichtiger und zeitgemässer schien das Problem, wie man einen offensiven Massentransport von Truppen nach Irland werfen könne.
Die beiden Nordstaaten des Ohiobeckens (Ohio und Indiana) und die Uferstaaten der Grossen Seen (Michigan, Illinois, Wisconsin) hatten die Offensiv- kraft gegen Canada zu stellen. Die Staaten des Nord-Mississippiufers (Minnesota, Iowa, Missouri) bil- deten eine Reservearmee zwischen St. Louis und Jefferson City für die Südostküste, insonderheit das angreifbare Baltimore.
Von den südlichen atlantischen Küstenstaaten sandten Nord- und Südcarolina, Georgien, Florida ihre Milizen nach Tampa für Transport nach West- indien, während die von Delaware, Maryland, Vir- ginisL (nebst dem Bundesdistrikt Washington-Colum- bia) vorerst für Küstenverteidigung der Linie Balti-
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more-Wilmington in Betracht kamen. Die streitbare Miliz von Virginia, eine der besten m der Umon, zwischen Charlottesville und den Appotoinaxfillöi ihr Lager aufschlagend, bedauerte nur, dass sie ihn vorzüglichen Pferde nicht zur Anwendung bring« konnte wie zu Stuarts Zeiten. Vom HauptqaartiG Richmond aus geschah alles, um die Chesapeak6 Bai in Verteidigungszustand zu setzen, wobei dk verödete Marineakademie von Annapolis, deren K^ detten sämtlich aktiv einrückten, an einer «{tt Seitenbucht besonders ins Gewicht fiel. Das g^ waltige Baltimore, an einer Verzweigung der Bt gelegen, können freilich nur Schiffe von sechs Meten Tiefgang erreichen, doch genügte dies ja ßr brh tische Torpedos, Destnoyers, Unterseeboote, falk^i* amerikanische Flotte verjagt, deren grosse Sdiife« sich ja ihrerseits nicht in den Hafen hier znrüdflckcs konnten. Bei der Tragweite britischer Mmsö^ geschütze würde Beschiessung von drausscn her ad weite Distanz auch schon Verderben bringen, sc dass Hopkinscollege und Peabodyinstitut wohl ^ ihre Sicherheit fürchten mochten. Den Bahnb»^ punkt Hagerstown sowie Cumberland am OhicvBafe morekanal schützten starke Batterien.
Von den Golf Staaten gab Louisiana seine Miliic zum Konzentrationslager von Tampa ab, wähi«^ die von Alabama und Texas, den beiden Haflp Baumwolleproduzenten, anfangs am Rio Grai^ gegen Mexiko, später zwischen Galveston und N^ Orleans sich verteilten. Die gewaltigen KoUeobf*^
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von Alabama, kaum hinter denen von Michigan zu- rückstehend, boten für alle Fälle einen Stützpunkt des Antillengeschwaders, zum Ausfuhrhafen Mobile schaffte man mächtige Vorräte aus Tuscaloosa den Black Warrior River entlang. Texas, in Rinder- und Schafzucht ebenso obenanstehend wie im Baum- wollbau, speicherte herdenweise Fleischverpflegung auf. Natürlich gebot Schutz des so hochbedeutenden New Orleans besondere Rücksicht. Seit durch Eads* Regulierungswerk der mittleren Mississippimündung das Delta der Schilf- und Zypressensümpfe für die grössten Ozeandampfer freigelegt, steht der Ein- fahrt von Kriegsschiffen hier nichts im Wege. Die schleichenden Wasserläufe (Bayous) und künst- lichen Schutzdämme (Levees) waren jedoch der Landverteidigung günstig, die Forts Philipp und Jackson beherrschten den Fluss, von Sümpfen um- geben. Vorerst ging man in den Salzwerken von Iberia und bei der immensen Zucker- und Reis- emte dieses tropischen Staates der gewohnten Arbeit nach, als sei ein Anprall britischer Geschwader un- denkbar. Jedenfalls gab die Miliz der Staaten Mis- sissippi und Arkansas eine Reserve für diese Küsten^ strecke ab, die bei Jackson imd Fort Smith ihre Sammelpunkte haben sollte.
Von den Südstaaten des Ohiobeckens konnte das grosse Kohlenland West-Virginia eine Milizreserve für Baltimore ausscheiden, dagegen beförderte man unablässig streitbare Landwehr von Tennessee und Kentucky nach Norden, um mit der von Ohio imd
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Wisconsin den Einfall in Canada zu betroben. Auf der Tennesseer Vanderbilt-Universitat zu NashTÜk bildeten sämtliche Studenten ein Frawilligenkoips, kokett ausstaffiert. Im Pferde- und Tabakstaat Kentucky entwickelte sich auf den Hauptmärktes Lexington und Louisville ein buntes kriegenscks Treiben. Über das merkwürdig^e Blaugras da Kert tückischen Heideprärie trabten flotte Schwadronen prachtvoll beritten, Rough Riders.
Die inneren Weststaaten Kansas, Montana, Söd Dakota, Wyoming, Idaho, Nevada, samt dem Mor* monen-Territorium Utah und Indian Territory ar Red River, brauchten nicht zu mobilisieren. Ac »Salzsee* und in den Silbergruben von Carsoo giog man ebenso gleichgültig der gewohnten Besdöf tigung nach, wie fashionable Kiirgäste in BadeoUff Saratoga imd Hot Springs im Osten und Sode oder Vergnügungsbummler im Montanischen Yel lowstonepark sich herumtrieben. Dagegen stdhes sich Milizen von Nebraska und Nord-Dakota w sehen Lincoln und Bismarck auf, um Einmarsch is Canada mit Richtung auf Winnipeg-See zu erzwiQ9& Eine auserlesene Brigade von Bergwerksarbehess schob sich bei Coeur d'Al&ne aus Idaho vor, er Vancouver, die heut so zukunftsreiche Hafcostac von British Columbia, zu; bedrohen. Die Rocky Mocr tains von Colorado erfüllte nur gewohnter liz^ der Erzhütten von Pueblo und Leadville, der Gract sehen Schmelzwerke von Denver. Nur die Zögü&S^ der Bergakademie von Golden hielten es für am«
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santer, die Tour nach Canada mit den Arbeitern bei Coeur d'Al^ne anzutreten.
Die abenteuerlichen Elemente von Kalifornien, Arizona, Neumexiko fanden es gar nicht übel, längs der mexikanischen Grenze zu paradieren und statt des geliebten Revolvers einmal Büchsen in Reih und Glied zu führen. Als dies hinfällig wurde, be- schäftigte man sich in San Franzisco und Stockton wie zuvor mit Liefenmg von so und so viel Busheis Weizen oder Barren Quecksilbers von New Idria. Am Fährplatz Oakland errichtete man eine Schanze, vor Universität Berkeley einen Batteriestand, auf Sternwarte Mount Hamilton ein Observatorium für weite Beobachtung des Stillen Ozeans. Dagegen nahmen die Nordweststaaten Oregon und Washing- ton tätigen Anteil am Kriege. Von Portland-Astoria liefen armierte Kauffahrer und Transportschiffe gegen Vancouver aus, ebenso aus Olympia am Pugetsund und den breiten Seehäfen Seattle und Townsend. Von Spokane FaUs, dem Pferdemarkt, streifte Reiterei über die Grenze ins Dominion of Canada. Das wilde oder halbwilde Verbrechervolk von Alaska verpasste natürlich nicht die schöne Gelegenheit zu einem patriotischen „Raid", zu deutsch: zum Morden und Plündern, scharmützelte über Klondyke und zwi- schen Meer und Eliasberg herein.
. . . Die französischen Fischereistationen St. Pierre und Miquelon bei Neufundland, klägliche Reste des französischen Kolonialreiches von Mont- real bis Neworleans, hatte man aus St. Johns und
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Harbour Grace, den Neufundländer Häfen für Stock- fisch-, Hering- und Seehundsfang, eiligst in Bcsa genommen. Darüber lachte die Union nicht wenig: sparte Arbeit für später. In der irisch gciiüsci> ten Bevölkerung von Neufundland gärten übrigcas auch schon irisch-antienglische Neigungen. In La- brador zu beiden Seiten der Hudsonbai, sowie de: weiten Urwald-Fels-Sumpf-Wasserwüdnisscn der cia stigen Hudsonbaigesellschaft am MacJcenaef^'' gegenüber Alasca im äusserst en Nordwesten, « Bären, Biber, Hermeline, Bisams, Otter die Pehjäg^ versorgen, versahen sich die Blockhaus-Forts ^ojt Churchill, Sevem am Westrand der Bai, sowie aa Bärensee und Mackenzie die Forts Simpson, Ne- man, Good Hope Franklin mit Proviant und Mis> tion. (Weiter im Innern die Forts Enterprisc, ^ Reliance — südlicher Chippeway, Du Lac.) D<>- kräuselte sich noch kein Rauch amerikanische Kreuzerkaper über dem düstem arktischen Gewisse: Dagegen erschienen solche bald vorKapBret- und in der Northumberlandstrasse und längs <i>' Fundybai, den Küsten der Provinzen NeuschottlaE^ und Neubraunschweig. Es kamen immer mehr n» füllten den St. Lorenz-Golf und beschossen Cka: lottetown, den Exporthafen der Prince Edward Insel, deren haferbauende schottische KokKflstö durch Fanale dem Festland ihre Not anzeig^^i Nur zwei armierte Küstendampfer , Marquis ofLo^ und jPrincess Louise' befanden sich im Golf. ^ jedoch herzhaft die Mündung des mächtigen Loret
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Stroms verteidigten. Seit 18. Juli begann eine £s- kadre von Boston her ihre Operation, suchte die tiefeingeschnittene Meerenge zwischen Neuschott- land und Neubraunschweig ab, blockierte die Häfen St. John und Moncton, sperrte den St. Johnsriver, indes eine Milizdivision von Massachusetts vom Land her sich diesem Flusse näherte und die Holzhändler von Fredericton in Angst setzte. Doch vermehrten dort die blocküberstreuten, mit Glacialschutt imd Torfmoor gefüllten Bergtäler ein lebhaftes Vorschrei- ten, und auch in Neuschottland wagte die Eskadre sich nicht an die Flotten- und Militärstation Hali- fax heran, deren auch im Winter eisfreien Fjord man wohlgeschützt fand. Diese wegen ihrer be- deutenden Kohlen- und Erzförderimg für die briti- sche Marine, wegen ihrer Fischereien für den Han- del wichtigste, aber kleinste Provinz konnte man für gesichert halten mit Ausnahme der Kap Breton- Insel, wo die nur vier Kilometer breite Meerenge yGut of Canso', den St. Peterskanal und die Inter- kolonialbahn auf der schmalen Chingnacto-Landenge Blockadegeschütze beherrschten.
Umgekehrt lag das Tief- und niedrige Tafelland der Provinz Quebec zu beiden Seiten des Lorenz- stroms dem Einfall von Norden zur See und von Süden zu Lande offen, der ihren Holzhandel, Vieh- stand imd Industrieverkehr bedrohte. Noch mehr galt dies für Provinz Ontario, Canadas Kornkammer. In der Tat landeten fortwährend unterm Schutz von Panzerflottillen Regimenter von Wisconsin und Ohio
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auf der canadiscben Nordostseite des Oberen Sees, während andere von Michigan und Tennessee über den Michigan- in den Huronensee einbogen und zu- gleich die weit vorgestreckte Grenzhallnnsd Oota- rios mit der Hauptstadt Toronto vom Eriescc a umfassen suchten. Dies ungemein reiche Land, io Getreidekultur (Weizen, Hafer, Gerste, Erbsen) seflÄ die gesegnetsten Unionsstaaten übertreffend, in Vie^ zucht imd Forstbestand obenan in Britischameiila, mit Aussichten zu fabelhafter Kupfeiprodukdcm nflu dabei nicht arm an Petroleum, Salz und Nickel, m. der regsten Industrie verbunden, liess sich böD mehr halten. Victoria-Rifles und Reguläre taten, «s sie konnten, schnell armierter Dampfer „Tunistan" nebst einigen Kanonenbooten birschten die Se^ ufer ab, solange wie möglich. Doch das Aufgebot der unionistischen Machtmittel war zu erdrückend.
Sobald längs der ganzen Nord- und Ostküste des Oberen Sees die Landimg erzwungen, wurde aud das Nordwestufer des Huronensees allmähücb »■ haltbar. Eine von Albany aufbrechende neu«iglis<^ Milizdivision bedrohte Kingston, während amexib- nische Reguläre mit einer Panzerflottille den Zugani aus dem Erie- und Ontariosee erzwangen und o^ heftigem Gefecht im Nordostwinkel letzteren kws- sten Sees landeten. Die Torontohalbinsel m«ss» nun, allseits lungangen, geräumt werden.
Am 23. rückten die Unionisten unter botess Singen und Pfeifen des „Heil, Columbia** ^ „Yankee Doodle" in die grösste canadische Industtie-
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Stadt Toronto ein. Auch Ottawa schien nicht mehr sicher, die Bundeshauptstadt. Aus dem gotisch prächtigen hochgelegenen Parlamentsgebäude und den sonstigen grossartigen Regierungsbauten ver- legte das Zentralgouvernement seinen Sitz nach Montreal, das trotz seiner Grenzlage vermöge seines Kanalnetzes, mit der zur Verteidigung verschanzten unterminierten Victoriabrücke, einem Wunder der Baukunst, besser zu decken schien. Auch Universi- tät Ottowa wanderte zur Montrealer Mac Gill-Uni' versity aus. Von Kingston, wo alle Kadetten der canadischen Militärakademie als Fähnriche einge- reiht wurden, machte eine englische Kolonne einen derben Ausfall, der die neuenglischen Yankeemilizen in wilde Flucht jagte. Hinterm gekrümmten Ottawa- fluss und dessen Chaudi^rewasserfällen bezogen die Briten starke Stellungen, gegen welche am 27. ein mit Ungestüm unternommener Angriff von Ten- nessee-Milizen und Regulären unter starkem Verlust scheiterte. L. Gen. Douglas' London Scottish und Scots Guards fochten gut.
So kam hier der Feldzug längere Zeit zum Stehen, zumal die Hitze dieses „canadischen Italien" sogar im Herbst während des ,Indian Summer' Märsche in diesem durchschnittenen Waldgelände sehr beschwerlich macht. Dagegen wehte leider schon überm Ontariohafen Hamilton, Huronhafen Goderich und Obererseehafen Port Arthur, den De- :roit- und St. Clair-Flussübergängen Windsor und Samia. das Sternenbanner. Petroleumquellen von
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Samia, Salzquellen von Goderich, Kupfcrmincii m Sudbury wurden ohne weiteres mit Beschlag bdegt. Den Niagara besass man schon bei Clifton, öa Welhindkanal bei St. Catharines, die canadisd« Pacificbahn durch ihren Gabelpunkt Sudboiy. Ak man den Produktenmarkt London im Namca de Vereinigten Staaten annektierte, bejubelte man m dieses Namens Vorbedeutung, als liege aud schoß die Welthauptstadt des Britentums überwunden dff Union zu Füssen!
Inzwischen beschoss die um Kap Breton hensfr gebogene und in den meerbreiten Lorenßtrom ö^ gelaufene Eskadre das am linken Ufer hochgelegen Quebec, das „canadische Gibraltar"*, ohne sät liehen Erfolg. Dagegen brachte weit im Westen der Provinz Ontario das Milizkorps von Kentod?«^ Fort William zu Fall, seine trefflich berittene ft vallerie streifte bis Winnipeg und Portage la Pi^ Allerdings machen die zahlreichen Stronasdindlö im Gewirr von Flüssen imd grossen Seen ^ getreidehaltigen Buschprärien der Westprovini ^ nitoba die Märsche imd Wasserübergänge schwien? Immerhin wurde die grosse Bahnlinie, wdche u nada quer von Ost nach West jetzt darchschncni«''^ bei Selkirk erreicht, vom Aufgebot von Nord-DaJ^*^ sogar bei Brandon westlich von Winnipeg und ^ noch westlicher bei Regina, der kleinen Hanpoo»
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der drei separaten Nordwestterritorien, von ^ Q*^
Zweigbahn weiter nördlich nach Prince Albert i^
Grosse Entfernungen bis zum Wumip^g- ^
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Manitobasee wollten erst zeitlich durchmessen sein. Aber die Müllereistadt Winnipeg selber musste, von Westen und Osten umgangen, den Eindringlingen überlassen werden, hiermit der Knotenpimkt für die dort einmündende Nebraska-Zweigbahn, so dass nun- mehr von Bismarck her Proviant und sonstiger Nachschub regelmässig auf die canadische Bahn- strecke überführt werden konnten. Von letzterer besassen die Briten Ende Juli nur noch die Ost- strecke Callander-Montreal-Halifax. Denn auch die äusserste Weststrecke Calgary-Vancouver befand sich* schon in amerikanischen Händen. Es war ein unheilbares Missgeschick für Canada, dass die Bodenbeschaffenheit und die Städtelage zum Bahn- bau so nahe und parallel zur Grenze gezwungen hatten. Sobald der Feind diese Bahn sich aneignete, unterband er dem grossen Lande die Lebensader. Ende Juli kam es noch zu hitzigea Gefechten bei Fort Alexander am Ostufer des mächtigen Win- nipegsee, bei Fort Pellye westlich vom Manitoba- see, in welchen die schwache Landmiliz imd vier reguläre nationalenglische Bataillone sich wacker be- haupteten. Doch ein Seitendetachement der Miliz von Nebraska hatte sich westlich ausgedehnt, die Bahnlinie entlangmarschierend, und Calgary über- rumpelt, wohin bereits Teile der Bergmannsbrigade von Coeur d*Al^ne und Teile der Oregonmiliz un- terwegs waren. Diese imd die Seetransporte von Olympia erreichten ziemlich gleichzeitig am 22. die Gegend von Vancouverfluss zu Land und See. Diese
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über die Massen zukunftsreiche und blitzschnell cm- porgreblühte Stadt, Endpunkt der Canadianbafan i]nd Abfahrtspunkt für neue Dampferlinien nach Ost- asien imd Australien, hatte als geringen Schatz seiner schönen tiefen Bucht nur die vorgelagerte Vat couverinsel mit einigen Batterien imd der MaiiiM- Station Esquimault, in der jedoch, nur drd kidse ungedeckte Kreuzer sich befanden. Nach «ncm scharfen Gefecht, wobei die armierten Handds- dampfer von Oregon durch ein Geschwader alterer ausrangierter Kriegsschiffe unterstützt wurden, ver- lor Britisch-Columbia die Insel, die Hauptstadt Vk- toria nahe der Südostspitze, endlich Vancomrer selber. Die genommenen britischen Kreuzer, dcrcß Bemannung fast Mann für Mann fiel, schleppte maii laubbekränzt in Triimiphatorzug in den Unionskriefs- hafen am Pugetsund.
Weiterer Vormarsch ins wilde HochgeUig^aJ^ des Moimt Hooker und der KüstenkordiUeren ver- bot sich aber von selbst, die streitbaren Hochländer konnten dort Schritt für Schritt ihre Pässe mit des Forts Edmonton, George, nördlicher Forts MacLeod, St. John, verteidigen. (Dahinter noch, von Süden nach Norden, die Forts Vermillon, Halkett, liard, Providence.) Das durch Sägeholz, Kohlen, Fisdh fang wohlhäbige und vielleicht einst durch Silber- ausbeute reiche Columbia konnte also die Unio- nistengier vorerst ebensowenig an sich raffen, aB die sehr abbauwürdigen Kretazeenkohlen-Prairiefi und Steppen in den Nordwestterritorien, wo dö
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sogenannte Felsgebirgs - Park (mit den heissen Quellen von Banff) einen Mittelpunkt der zweiten Verteidigungslinie abgab, nachdem Calgary, wo die Canadian Pacific Railway ins Hochland aufsteigt, von Norden und Westen gleichzeitig genommen imd die weit südlich davon liegende Grenzgamison von Fort Hamilton abgeschnitten. Da die bei Calgary ver- einten Milizen von Oregon und Nebraska nunmehr, das Bergland links lassend, durchs ebene Tal auf Prince Albert marschierten, mussten die Briten das vordere Seerevier ganz räumen und in die Linie Fort Pitt-Fort la Come, La Roche, La Rouge zurückfallen. So stand es Ende Juli in Canada. —
. . . Das Pacificgeschwader schlug sich ja bei St. Dominique nicht sonderlich gut, obschon die Berufsoffiziere und die Freiwilligen aus vornehmen Familien natürlich grosse persönliche Bravour ent- falteten. Doch das Atlantische Geschwader des Ad- mirals Sampson, in jeder Beziehung die Hauptmacht, lag noch unbezwungen.
Und mm brachen Schlag auf Schlag über Eng- land noch schwerere Besorgnisse herein. Die dro- hende Zusanmienziehung deutscher Truppen an der holländischen imd ostfriesischen Küste verhinderte ausreichende Heeresentsendung nach Canada. Den Resten der deutschen Flotte half man durch frische Torpedoflottillen nach, die seit Beginn des Krieges rastlos auf kaiserlichen Werften verfertigt wurden und deren eine mit erstaunlicher Kühnheit die jetzt
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freie Nordsee durchflog, bei Nacht in den Firth &f Forth einfuhr und die grosse Flottenbaas Ros>ih zu sprengen suchte. Dies misslang zwar sogar jetzt obschon ein britischer Tendenzschreiber, um Ro- berts' Armeereform durchzudrücken, seine Zukuofts Phantasie über „Deutsche Invasion'* mit deutsches glücklichem Torpedoangriff auf Rosyth begann; eine Unsinnigkeit, die ungefähr auf grleicher Stufe m den Ausführungen in deutschen Weltkri^^noases stand, die Indien von den Russen erobern und die britische Flotte von der deutsch-französisd» allein ruinieren Hessen. Doch selbst der misslungeoe Versuch verbreitete Schrecken, man hörte allcrf^ Fabeln über neue Transportvorrichtungen der Dcd sehen und befand sich in ähnlicher Stimmung ^ einst bei Napoleons Camp de Boulogne. l8<^ mitten in diese imklaren Befürchtungen platzte v.t eine Bombe lakonisches Teleg^ramm aus Dublin hinein: „28. Juli. 8,35 a. m. Französische Trai& porte bei Cork und Limerick gestern nacht gelande Aufstand in Ulster." — —
Das submarine Brester Kabel nach Amerib hatten britische Schiffe allerdings zerstört, docü nicht so früh, dass nicht noch zuvor eilige Depescfaa des Fenier-Zentralkomitees aus New York an irische Gesinnungsgenossen ins französbche Asyl durchge schlüpft wären, gefährliche Verschwörer und Ver bannte wie jener im Burenkrieg bekanntgewordesc und wegen Hochverrats zum Tode verurteilte Obers: Diese hatten noch knapp Zeit, sich mit dem g^
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heimen Revolutionskomitee in Belfast in Verbin- dung zu setzen und der französischen Regierimg geeignete Vorschläge zu machen. Die Erinnerung an Hoches gescheiterte Expedition imd die ,Armee des Ozeans' unterm Direktorium, die gleichen Zweck verfolgte, war noch so lebendig, dass man in der Rue Bourgogne (Marineministerium) mit Gier den Plan aufgriff, Landung in Irland zmn Zweck der Rebellierung des Grünen Erin zu versuchen, dessen katholisch-keltische Ureinwohnerschaft von jeher neben dem Sachsenhass zärtliche Neigung für die französischen Stanmi- und Religionsgenossen nährt. Kanalblockade bis Kap Lizard konnte Viceadm. Howe nach Abschiebung von vier Fünfteln der Linien- schiffe auf andere strategische Punkte unmöglich so strenge durdiführen — zumal Ausfälle von Untersee- und Torpedobooten imter V.-A. Bayle die Blockade in Spannung hielten — , dass nicht Schmuggler von Jersey Islands, seit Jahrhunderten an dies Handwerk gewöhnt, Vereinbarungen hin und her trugen. Man kam überein, dass am 25. oder 21. ein Expeditionskorps landen werde. Da die ame- rikanischen Fenier die trügerische Zusicherung einer Landung amerikanischer Transporte gaben, wozu mmerhin erst Niederkämpfung der britischen At- antisflotte gehört hätte, so waren die phantasie- -eichen turbulenten „Polen des Westens" bereit, so- gleich Erins altes Wappen, das grüne unsterbliche <leeblatt und die Harfe, als Panier der Befreiung iufzupflanzen. Offenbar konnte die Expedition nur
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mit kleinen Kräften ausgeführt werden, da die fra^ zösische halbierte Nordeskadre zu geringe Stärke besass, um gegen die britischen Blockadesdüffe die hohe See zu halten. Doch eine kleine aoserlesese Macht genügte ja, um dem Aufstand in Irland mili- tärisch Kern und Stütze zu verleihen.
Man verlud daher im Hafenstädtchen St. Nazaire auf dem »Caledonien* und andern geräumigen Ind3> china-Schiffen der Messa^^eries Maritimes, 90w% Kriegsschulschiff „Dugay Trouin" imd der as Algier geflüchteten , ViUe de Barcelone' vier Chassecr bataillone, 1., 2. Zuaven, 3. Algerische Tiiaiüeiirs. 2. Chasseurs d'Afrique. Zur Deckung dieser Sdutej^ dampfer bestimmte man fünf „Torpedo-Kreuzer" (Zerstörer), jeder mit 5 Kanonen ä 10 Zentiinefer. 6 ä 47 Millimeter, 11 ä 37 MiUimeter „ä tir rapide 5 Tuben des Lanciertorpedo ausgerüstet. „Condo: . „Egervier", „Faucon", „Vautour" liefen sechieb^ „Condor" neunzehn, „Claymore" gar dreissig Knoteü Nur letztere gepanzert, mit 154 Mann Besatzong von einem Fregattenkapitän kommandiert. Hiem: kam noch der schnellste Torpedofahrer „Aquiloa ein Eisenfisch von 44 Metern Länge, 34 Mann ^ einem Kiosk von Eisen, nebst Torpedobooten 180 202. Die Sousmarins Goubet, Gynmote, Naival folgten ihrem Chef, dem neuen Mustezmode*! „Loutre**, einem stählernen Karpfen von 45 Meten: Länge, 11 Metern Höhe, 5 Metern Breite, mit z^c. Canons, ä 37 Millimeter. Nach dem System Nor- mand für Torpilleurs wurde zuerst der „Narwal ,
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Schöpfung des bekannten Erfinders Laubreuf, dann jedes andere dieser leichten Fahrzeuge statt mit Kohlen mit Petroleum ^reladen, um die Schnelligkeit zu erhöhen. Den Offizieren wurde eingeschärft, dass es nicht darauf ankomme, ob sie alle sich opferten, wenn nur der Truppentransport Festland unter die Füsse bekomme. Bisher hatte die französische Ma- rine schlecht abgeschnitten, sich auch bei Toulon nicht mit Ruhm bedeckt, doch die Niederlagen im Mittelmeer verstärkten nur die Erbitterung. Die aus- erlesene Besatzung der kleinen Eliteschiffe, von Pierre Loti so treffend gezeichnete Bretonen, brannte darauf, sich hervorzutun, imd so gelang denn der Streich über alles Erwarten.
Die drohende Bewegung der deutschen Armee und Flotte lenkte gerade in diesem Augenblick den britischen Blockadedienst ostwärts ab, eine Verdün- nung und Linksschiebung der Vorpostenlinie fand statt. Begünstigt von dimkler Nacht, erreichte der Truppentransport an zwei Pimkten die irische Küste, durch Fanale der f enischen Aufrührer und entgegen- gesandte Lotsen gelenkt. Erst im Frühdämmer des 27. spürte Kreuzer „Prometheus" die als langsamste nachhutbildenden „Faucon" und „Vautour" auf. Doch diese Raubvögel fassten mit den Krallen ihrer 44 Geschütze so scharf zu, dass ihm sein Panzer nichts half.
Seine Kessel versagten unter Treffern, der Panzergürtel riss, wo er hinterm zweiten Mäste auf- hört, durch Torpedos, die kleinen kecken Gegner
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feuerten von ihren zehn Tuben fünf hinterdnande: ab, dass Stahlbalken sich auseinanderbogen, die Reeliog wie dürres Pergament zusammenrollte. De Falke stiess zu, der Geier schlug den Schnabel eis. dem „Prometheus** sein Feuer stehlend, dessen Ma schinen stoppend erloschen. Die zu schmalen Zfö Objekte der kleinen beweglichen Schiffe madts den britischen Kanonieren beim Schwanken od' Schlingern des Rumpfes genaues Bemessen ^ Schüsse immöglich, unschädlich klatsditen Granats^ in die Wasserzwischenräume. Um das noch o»^' lecke wertvolle Schiff zu retten, strich der Kai«^ die Flagge, wofür er nachher zu Hause infam kassc. wurde : ein britischer Seemarm hat an nicbzs ^ denken, als an Sieg oder Vernichtung, schwädiBdi Kompromisseln widerspricht dem Seekoniggeist --•' Rule Britannial Mit der Prise im Schlepp, bBC die beiden Raubvögel mit kaum zerzausten ^^ knickten Schwingen bei ihren Genossen wieder i^ von frenetischem Applaus begrüsst. Auf der Koc^ mandobrücke des „Prometheus" wehte überm hcio tergeholten Union Jack die aufgepflanzte Trikok^ Zu neuer Überschiffung nach Quccnsto«ii jc- Cap Clear bei Cork, wo der Dampfer „Sabrina der Irish Company weggenommen und für 7^ port irischer Freischaren eingerichtet wurde, sta- der Unterchef des Grossen Generalstabs, G«^ Zimmer, in Pallice, Lorient. RueUe, Indrct, GoffiP^ Quiberon aus verschiedenen Armeekorps beiötw? 2., 41-, 47., 102., 114., 144. Regiment (GranviDe.R*
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nes,.St. Malo, Chartres, Maixent, Bordeaux). „Stella Maris" und „Alg^rie" stachen bereits mit der Vor- hut in See. Wohl mochte der Lord-Leutnant von Irland, Lord Aberdeen, telegraphieren: „HiH« drin- gend nötig. Hab^ hier nur drei Bataillone Royal Irish, Dublin City R. G. A., Royal Dublin Fusileers, North of Irland." General Lord Grenfell depe- schierte: „Mangel an Pom-Poms und Nordenfeldts."
Doch Angstwut der City-Pfeffersäcke, feiger Krämersinn einer Nation of Shopkeepers, der alles schnuppe ausser ,business*, kam nur als schmutzige Blase an die Oberfläche. Darunter wogte gewaltig der alte normannische Conquistadorengeist, verdutzt genug, dass er nicht mehr erobern, sondern sich verteidigen solle.
Der Überwachungsausschuss der Territoryal Army tat, was er konnte. Der Duke of Bed- ford sandte Hampshire Carabineers, Lords Bingham und Chesham 13. Middlesex Rifles, Viscount Har- dinge andere Milizen nach Bristol zur Überschiffung nach Irland, während Marquis TuUibardines be- rittene yScottish Horse' und Lord Lovats Schützen ,Lovats Scouts* die bisher bei Motherbank ge- moorten Transportschiffe Medusa, Rinaldo, Phi- lomel flottmachten, besetzten und um Orkneys und Hebriden herum zur irischen Westküste absegelten. General Leach benutzte schiffbaren Firth öf Clyde. An Stelle des gefangenen Officer General the Lord Methuen, Commander-in-Chief of the Eastem Com- mand, übernahm Major-General Stopford das Kom-
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mando der Ostküste. Wenn Oberst Cuthbert, Stabs- chef in Afirypten, meldete, dass von 15 Offizieren 564 Mann Irischer Dragoner 9 und 315 tot und verwundet seien, so bot diese soldatische Treue noch keine Bürgschaft für Gesinnung anderer Iri- scher Truppenteile. In Amerika berieten schon Kriegsstaatssekretär Taft, Rearadmiral Converse, Vorsteher des Bureau of Navigation, Mr. Newberry, Acting Secretary of the Navy, ob man nüt den Auxiliary Transports Brutus, Cesar, Glacier imd dem riesigen Drydock ,Dewey' unter Schutz der neuer- dings als Reserveeskadre vereinten Linienschiffe »Kearsarge*, ,Potomac\ »Rhode Island', »Charleston', der Kreuzer ,Dubuque*, ,Raleigh', »Marietta*, »Tal- bot' nach Irland durchkommen könne während der erwarteten heissen Seeschlacht vor Baltimore. In Voraussicht solcher Dinge sandte Lord Tweedmouth daher, während Kreuzer »Hampshire*, »Roxburgh*, »Topaze* der Clydereserve sich im topazfarbigen Wasser des Firth of Forth spiegelten und Schottland bewachten, ,Centurion*, Kreuzer ,Havock*, ,Terror', ,Gladiator' vom Solwayfirth nach Lough Foyle und Sligobucht, von wo sie Zerstörung und Schrecken den Fremden entgegenschleudem oder sich wie römische Centurionen für die neue Roma opfern, in der Arena als Gladiatoren fallen sollten: Te mori- turi, Britannia, salutant. Und da auch dies noch nicht genügend schien, ordnete Beresford an, dass ,Colossus.' sich kolossal aufpflanze, ,Canopus' als Tropenstem mit seinen Lichtern und Scheinwerfern
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das Karaibenmeer beleuchte: Rückenechelon nach Südwesten, um auch dort Durchschlüpfen feindlicher Transporte zu hindern. Drahtlose elektrische Tor- pedoträger, bisher nur wenig eingeführt, wurden an die irischen Küstenwachen verteilt. Auch rächte Kreuzer ,Blake* tagsdarauf den gefesselten Pro- metheus,'indem er , Justice* und ,Galil6e* allein toll- kühn anfiel und ihnen ein solches Gefecht lieferte, dass die ,Gerechtigkeit' in Dampfexplosionen ihr Haupt verhüllte und niemand vor diesem Apostata ausrufen konnte: Galiläer, du siegst I Wohl musste britischer Kreuzer ,Hogue* bedauern, dass er nicht dabei war, als vom Kap La Hogue her ein neuer Feind in Sicht kam. Doch der Geist des alten puri- tanischen Seehelden Blake, dessen Milizflotte zuerst Englands Seeherrschaft begründete, schien über sie gekonunen, als die Briten hier unter rauhem Trotz- gelächter: ,Damn these foreign chaps, down with all the foreignersl' dem wenig stürmischen Panzer ,Temp6te*, einem Umbau früherer altmodischer Fre- gatte, unter der Nase davonfuhren und, auf fran- zösisch ohne Adieu Abschied nehmend, die beiden französischen Panzerhelden als Invaliden zurück- liessen. So geschehen zwischen Scilly- und Channel- Islands, wo die Fremden auf ungünstigem Ge- wässer lavierten und Untiefen bei Eddystone scheuten. Dagegen wurde am gleichen Tage ,Re- pulse' nur mit Mühe seinem Namen gerecht, zwi- schen Weymouth und Insel Wight gegen den düstem ,Rousseau\ der von ragenden Oberbauten donnernde
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,lettres de la montagne* spie. Heut landete aucli ein deutsches Kriegsboot bei Sandmile Fiat nntexhalb Hüll und fuhr, nachdem Küstentelegraph »mön, unbehelligt wieder ab. Mit Entsetzen meldöfs Scouts, dass der angeblich schnöde Rest deutscher Marine jetzt schon allein mit dem britischeii dt- fensivgeschwader fertig werden kömie. Die Mann- schaft war dort überall vollzählig ergänzt. Bedurft« man auch leider nicht mehr der achthundertsechiig Köpfe Bemannung für die zwei grössten Neubaaia ,Bundesraf, »Friedrich der Grosse* L^^^ Sachsen*, »Ersatz Bayern*), so trugen doch c^ andern grössten Schlachtschiffe wieder ihre äeböh hundertdreissig Mann, der entkommene grosste Kreuzer siebenhundertneunzig, Rest der »Schaifr horst'-Klasse siebenhundertvierzig, Rest d& ,Rooo Klasse sechshundertzwänzig, ein Neubau der vff nichteten ,Ersatz Meteor'-Klasse, soeben auf Stap- gelegrt, dreihundertzehn, die ,Hamburg*-KIassc dre,- hundert, die Torpedos rund siebzig, wie insgemes wegen verstärkter Bewaffnung und MaschiDO- leistung die Besatzungsziffer schon vor dem Kneg« erhöht.
Doch der soliden Organisation des monarch^ sehen Deutschland entsprach eine zwar flüchtige^ aber noch grossartigere Improvisienmg und Selbst Organisierung der Yankeerepublik. Gewiss, er gf- bärdete sich nicht gerade anmutig, etwas scbnoddcni Bramarbasierendes und heisshungrig Tolpatsclflfö haftete dem transatlantischen Riesen an. undHeoß
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kränkender Vers von den »Gleichheitsflegeln* tönt noch heute. Nichtsdestoweniger konnte man sich achtiingsvollen Staunens nicht bei dem Anblick er- wehren, wie diese Urdemokratie ohne jeden zen- tralistischen Regierungsapparat ihre ungeheuren Kräfte aus eigenem Antrieb der gesamten selbst- regierenden Massen gleichsam aus dem Handgelenk hinschleuderte. Union und Deutschland vereint — das wäre Finis Britanniael
Ein Truppenzusanmienzug von Royal Fusileers (City of London), Prince of Wales' West Yorkshire Rgt., The Queen's Own West Kent, Duke of Cam- bridges Own Middlesex, Milizen 3. Welsh, Königs- regiment Shropshire, 2. Duke of Comwallis, Sunder» land, nebst Lancashire Nr. 3 battery, Lancashire und Northumberland Hussars, marschierte bei Sheffield. Im Norden standen Milizen 2. Glamorgan 1. New- castle 1. Argyll und Bute 3. Dumfries, Prinzess Louisa*s Argyll, Duke of Albany's Ross Buffs am Tay und Tyne. Die irischen Connaught Rangers und Munster Fusileers hatte man schon früher nach Ja- maica befördert, wo Westindia-Regiment nicht aus- reichte. Die Arbeit der freiwilligen Submarine Miners im Solent bewachte Panzer ,Comwallis' jede Nacht mit zwei ,streaming lights' am Fore- und Mainmast, wie es Board of Admiralty längst für alle britischen Schiffe angeordnet. In der R. Nav. Gunnery School erteilte Professor Ewing, Director of Naval Educa- tion, täglich Reifezeugnisse für Kadetten. Nur solche
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Knaben-Offiziere sah man auf „Victorious", Kren^ zern „Wildfire", „Roebuck", „Medusa", „IpMgaüa'* (ursprünglich Spezial Service beim „Venion"), D^ stroyers „Quail", „Ostrich", „Ferret", „Horact", (& man auch noch zur Deckung Südirlands heraund indes „Antrim*' gleichnamige Nordprovini abfuhr. Die wackeren Jimgen schwuren sich zwar za. ihre Wildfeuer siegreich schnell wie Wiesel, Hör nissen, Rehböcke, Strausse, zähe wie Knbbec laufen zu lassen, ein MedusenschUd dem FeiDd entgegenzustrecken imd sich wie Iphigenia acf dem Altar des Vaterlandes zum Ojrfer zu bringea. Auch das auf Troopship „Cestrian" der irischcnLcr landlinie eingeschiffte Freiwilligenkorps der Urt versitäten Cambridge und Dublin freute ädi vi kriegerische Studentenstreiche. Doch jugendlidiff Leichtsinn veikannte den Ernst der Lage. Seit Frank- reich endlich die kaum vollendeten Panzer „Voltaire „Rousseau" ins Wasser gesetzt und diese RevolutioBy Prediger ihre Aufruhrstimme nach Irlands Gestade trugen, seit Danziger Schichaü»Werft, Schöpfer der Klasse „Ersatz Meteor", sich daran machte, necc Klasse „Ersatz Wörth" in Angriff zu nehmen, da die frühere leider nur ein Wörth und Wcissenbas im umgekehrten Sinne am eigenen Leibe eriebtc. seit die deutsche Restflotte in neuen Veibandffl sich rüstig einfuhr, mochten noch so viele )äea^ Kreuzer zur Küstenverteidigung stossen, wl«^ musste der Ring durchbrochen werden. Was bß es Deutschland darauf an, fünfzigtausend Soldaten
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zu opfern, wenn man so viele in zehn Abteilungen landen und mit jäher Razzia allen Veikehr in Eng- land auf Wochen unterbinden konnte, wie schon General French vor dem Kriege prophezeite! Der ritterliche Britenhasser ,Dunois' von Biserta hatte schon etwas Rache genonmien, indem er den Kabel Valencia im Rücken der britischen Sieger sprengte, die zerschossene ,Justice' tröstete sich mit Gam- bettas Phrase von immanenter Gerechtigkeit der Dinge, denn sie legte jetzt auf Scillyinseln Beschlag. Wahrlich, Englands Wehrmacht glich einem schon vom tief eingesunkenen und zu langsam gehenden Boot, indes von allen Seiten ein Rudel wütender Walrosse mit fletschenden Hauern heranschwanmi. Von Ost, Süd, West machten die Bedränger sich auf. Es schien, als ob die ganze Welt sich im Innern des britischen Reiches ein Stelldichein geben wolle. Jetzt brauchte bloss noch Russland vor In- diens Toren sich einzustellen. Genickfang, Hallali, sin Schlag aufs Herz, auf die britischen Inseln selber, dann sai&en alle Glieder des Kolonialbaus craftlos zusammen.
. . Der zerrüttete deutsche Seehandel schöpfte vieder Hoffnung. Z. B. konnte man Hafentransit md Bahnnetz Siams, früher ganz in deutschen Hän* len, worauf jetzt schon Japan begehrliche Blicke /arf, mit französischer Hilfe zurückerwerben. Leider ilieben Amerika und Australien verschlossen.
Die Reichsflotte lief wie zur Friedenszeit in wei Schlachtgeschwadern. Das erste unter Vize-
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admiral Graf Baudissin, wo auch jetzt Grossadmraiy flagge mit zwei gekreuzten Marschallstiben rä- pelte, zählte die noch vollzählige Kaiscrklasse, lab- rend die etwas grössere, hauptsächlich durch besseres Schutz des Vorderturms unterschiedene Wittelsbacih klasse nur noch durch zwei Körper vertreten. Ot schwinde Manövrierfähigkeit und reichliche MW artillerie (je achtzehn 15 cm, zwölf 8 cm, x«nag leichte Stücke) liess sich diesen sieben Schiffen nidfl absprechen. Dies glich aber unzureichende Pan«^ rung der Kaiserklasse (30 cm älterer Methode tot Erfindung des Kruppschen Härtungsverfahrens} b»- geringe Schwerartillerie beider Klassen (nur je riff 24 cm) nicht aus. Das zweite Geschwader des Vi»- admirals Fischel zeigte dagegen noch fünf Über lebende der durchaus tüchtigen Schwabcn-Braufr Schweigklasse, in der grossen Seeschlacht genug«» erprobt, nüt ihren 22,5 cm dicken Härtungsplatto allen Kappgeschossen trotzend, mit drri SchcKX- steinen, je vier 28 cm, je zwölf 27 cm, je \ier2ehn 17 cm, vierzehn 8 cm. Auch die zwei angeschk»s^ nen Brandenburgtyps hatten vorm ersten Geschwader stärkere Artillerie voraus, nämlich je sechs 28 csa in Doppeltürmen. Die sich aus Fachkreisen b«f vorwagende Behauptung, unser 28 cm sei dem 3ö.i der Briten völlig ebenbürtig, erwies sich zwar über trieben, immerhin gab dies Kaliber dem feindliches wenig nach und entschied hierbei nur die Zahl, ^ nur (inkl. Wörthklasse und der Neuklasse „&sau Kurfürst", welche je acht 28 cm trug) 84 dieses
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Kalibers (nebst 150 von 27 cm) gegen 165 britische von 30 und 9 von 34, 40, 42 cm vorhanden ge- wesen waren. Da aber Brandenburg- Wörth-Klasse eine noch schlechtere Panzerung der Schiffsgefässe (40 cm alter tmgehärteter Gattung bloss am Ober- teil) und vollends mittelmässige Geschwindigkeit be- sass, hatte sie nicht viel ausrichten können. Ein Wunder, dass sie vor Kiel gegen die Franzosen so gut ihren Mann stand. Dagegen befanden sich Reserveschwimmkraft vermöge wasserdichter Zellen sowie innere Panzerwand bis zum Schiffsboden hin- ter der Aussenhaut bei Schwaben-Braunschweig- klasse in so solidem Zustand wie bei den besten britischen Schiffskörpern.
Am meisten Schmerz und Befremden erregte es in Deutschland, dass die drei jüngsten Typs von 18 000 Tonnen in der Seeschlacht so schnell zu- grunde gingen, ohne dem Feind entsprechenden Schaden zu tun, wie dies wenigstens die grossen neuen Kreuzer vermochten. Die Presse machte dem „Konstruktions-Departement" ungerechte Vorwürfe, als ob es zu schwach gegen Spreng- und Panzer- granaten gebaut habe. Doch man vergass, dass „Ersatz Kurfürst" gleich mit erdrückender Über- macht zu tun bekam und beim Wirrwarr allgemeiner Umwickelung auf der umklammerten Linken in qualvolle Enge geriet, so dass er seine Kraft nicht ausnutzen konnte. Für „Bundesrat", „Fried- rich d. Gr." traf dies in erhöhtem Masse zu, da sie eine Zeitlang den Kampf ganz allein fortsetzten
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und daher tatsächlich nicht nur mit dem individoell überlegenen ,Dreadnought\ sondern mit dncm «a allen Seiten losbrechenden Feindesorkan zu ringcs hatten, was sie bald ins ungünstigste Fahrvaser trieb. Nichtsdestoweniger hatte ihr Widerstand döi Feind so lange aufgehalten, um die übrigen Panzer zu retten, und Schiffe von geringerer Grösse hättcfl dies nicht fertig gebracht. Der Einwand, man habe sie lieber gleich anfangs ins Vordertreffen schicken sollen, erledigte sich schon damit, dass der Gegn& genau so verfuhr, seine drei grössten Schiffe eist zur Entscheidung einsetzte. Hätte die deutsche Flotte bei ihrem Zusanunenbruch nicht noch diese löitc starke Reserve gehabt, so wären doppelt so viel Panzer verloren gegangen. Trotzdem liess sich nicb: verkennen, dass zwar diejenige Marineschule (J^^ Ecole des seligen Admiral Aube) unrecht hatte, die von Linienschiffen überhaupt nichts mehr wissen wollte und nur Unheil (wie noch der Friedensapostel Baron d'Estournelles, übrigens selbst ein Mitarbeiter Bisertas, vor der neuen Dantonklasse warnte) v^ steten Wachstum der Schiffsmassstäbe prophezeite. Doch auch diejenigen Theoretiker behielten mch' recht, die alles Heil ausschliesslich vom materielle:. Faktor solcher Ungetüme erwarteten. Die zwei ^ ziehentlich fünf neuen Monslreschiffe des britiscbec Reservegeschwaders leisteten an sich nicht mehr »^^ die anderen Panzer und ,Dreadnought* nur deshalb so viel, weil er teils nur beim Entscheidungöföss gegen schon mürben oder (Kiel) gegen gam minder-
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wertigen Gegner eingesetzt wurde. Sonst hätte jeder der drei grössten deutschen Typs ein Einzelduell gegen .Dreadnought' nicht zu scheuen brauchen, selbst um den Preis eigener Vernichtung ihn trotz seines muster- gültigen Panzers wohl schwer beschädigen können. Der letzte Schlusskampf bei Helgoland musste also unter solchem Gesichtspunkt beurteilt werden.
Die grossen Kreuzer, während Splitterdeck und Korkdamm in der Wasserlinie die kleinen natür- lich nicht vor baldigem Sinken schützte, bewährten sich gut. Gleichwohl hatte „Schamhorst" (11 500 Tonnen, acht 21 cm) sofort den kürzeren gezogen, als er sich feindlichem Linienschiff entgegenwarf, die etwas schwächeren „Roon", „York** Oe vier 21 cm, zehn 15 cm) hielten sich hingegen lange gegen Kreuzerübermacht.
Von denen I. Klasse schwamm „Ersatz Moltke" mit vier Schornsteinen, die man als Drehungspivot im Auge behalten konnte, vor „Adal- bert", „Friedrich Karl", „Berlin" (je drei Schorn- steine), „Ers. Blücher" (Typ. Schamhorst) vor „Mün- chen", „Lübeck", „Augusta". Die kleinen „Niobe", „Delphin", „Hyäne", „Ulan" führte die gefällige Flottenschönbeit „Medusa", die leider ihre Rivalin „Ariadne" vermisste, wie denn auch der hübsche „Frauenlob" fern in Afrika der bösen britischen Lady „Africa" kein Loblied sang, die ihm jüngst vor Walfisehbai wie eine keifende Xanthippe hart zusetzte. Man ergänzte diese Kleinkreuzerflottille durch früher ausrangierte neuarmiert in Dienst ge-
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stellte „Hai", „Meteor", „Möwe", „Reiher", grosse „Hansa" (früher Tsingtau wie „Niobc", „Leipzig". von dort ebenso heimbenifen wie die übcrseciscbei: „Bremen", „Panther"), Schulschiffe „Moltke. „Blücher", Spezialschiff „Kaiseradler" (bishcrDaimg Kanonenboot „Eber", uralte Hafensduffe „Kaiser" „Alexandrine". Schon befand sich Ersatz im Bau ia „Luchs", „Iltis", die ein schärferes Gebiss ak vorden wetzen sollten. Auch der alte Freiherr, deutscher Eis heit Grund- und Eckstein „Stein" wollte wieder ab Ersatzschiff auferstehen. Ja sogar für Waffensdun:^ Schamhorst („brach die schönste Hddenlanie plante man erneut Ersatz, schon jetzt im Kric» machte man sich an Neubaubeginn für oächstt Jahre. Selbst Hafenschiffe „Saturn", „Uranus" gi gen nebst armierten Handelsdampf em „Montevideo „Ed. Woermann" auf Kaperei aus. Dcstrove: jTrasher*, der sich auskimdend zu weit vorwa^*- erhielt von ihnen selber Wichse, statt andre diircb^ zuhauen, wie sein Name prahlte. Bei Ncuinstafia- setzten der Torpedoflottille, wo die auf 4000 m er höhte Schussweite bisher nirgends in Sccschiaclfi und nur in Ausfallgeplänkel vorkam, zog "^ Dampfturbinensystem Zoelly noch mehr als bishö zu Rate. T. G 132 mit 5,2 Schnellfcuergcscbä': von 55 cm Rohrlänge machte schon Falmooih csu Milfordhaven unsicher. G 110 verwundete den erst klassigen Kreuzer „Roxburgh" . vor Rosyth, ehe e unterging, vereinzelt wie „Taku" und S. 90 in fal- schem Kampf vor Tsingtau. Doch S 81, als Tcoöe:
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des ,31ücher'* dienend, legte dafür Destroyer „Seal** auf den Grund. Dagegen stiess der muntre „Del- phin", weder bei Helgoland noch Kiel im Feuer, früher vor Danzig patrouillierend, unfreiwillige Wasserspritzer aus, vor Humbermündung vom Meer- beduinen „Arab" verscheudit.
Admiral v. Bendemann, Chef der Nordseestation, leitete den Zusammenzug der Truppentransport- dampfer für etwaigen Landungsversuch, sowie fran- zösischerseits General Armagnac, Kommandierender des 8. Korps (Bourges), Teile von 14. 15. Korps und von 17. (Toulouse), vermehrt um 4. 24. Kolonial- regiment, als Reserve nach Toulon beförderte, Art« Gtn, Oudard Küstenschutz gegen britische Hand- streiche übernahm. Ebenso stellte General Pendezec, Membre du Conseil Sup^rieur de la Guerre, bei Port-Fama (Ostfront von Biserta) Artillerietransport nach Ceuta zu etwaiger späterer Berennung Gi- braltars. Der gewaltige ,Danton', in der Seeschlacht bei Toulon noch ärgere Niederlage verhindernd, brach jetzt nebst T. 327, 362 und Torpilleur-Di- visionär der 1. M^diterrande-Flottille ,Cyclone* die ^geschwächte Blockade, fuhr mit „Cyclop**, „Go- liath", „Tourbillon" aus, sobald England die Es- kadre Wilsons nordwärts heranziehen musste. Der von Tonkin herberufene, bloss gedeckte (prot^g^). Dicht vollgepanzerte Kreuzer „Friant" dampfte nüt „Kleber** verwegen nach Alexandria ab, als ob ersterer wieder Alte Garde sein und Narben wiq kein anderer riskieren, letzterer mit Löwenstimme so
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wie jener hünenhafte Recke bei Heliopolis ät Briten aus Ägypten verscheuchen «oQe!
Die Irische Küsteneskadre unter Admiral Sil Harris, während Admiral Cyprian Bridge SchottlanG verteidigen sollte, verlor Kreuzer ,Cyntbu' ,Cygnet*, von Devonport weggezogen, bei d^ lichem Angriff des Konteradmirals K^raudroi x: 2. Kreuzerdivision der 3. tun aus Krcuxern b^ stehenden Eskadre. „Jeanne d'Arc" rächte ter Frankreichs Leid, „Dupuy de Lome'* imd Konter torpilleur „Tromblon" schnitten der holden Cynüt: so die Cour, dass sie sich ergab. Von der 1. u^' Vision waren „Montcalm", „Gunydon", von 2. L*^ kadre „Gloire", „Condd" und der kleinere „Gra\*« früher ausser Gefecht gesetzt, von 1. 3. Edoc:- taten sich die noch frischen „Jules Ferry"f J^ petit-Thouars" hervor, letzterer wollte nicht 12& sonst an den sterbenden Helden von Abukir i^ mahnt sein und dem Erbfeind zu Leibe gebet Reservepanzer „Amiral Baudin", „Formidabic, „D6vastation" (Brest) wehrten schon friUicr t^ Inselchen Quessant und Gap de la Ch^vre, Küstöi panzer „Henri IV." „Tr^houart", „Bouvines*' (Cb«^ bourg) am Inselchen Pelld, Obertorpüleur ,fi^' barde" zwischen Inseln GKron und K€ (Rochefon nächtlichen Vorstoss ab, den einige verwegene I^^ plare der neuen Klasse C. S. uater See vcrsachies^ Der Ring von Naval Gonstruction Firms in Ga^ gow (Fairfield, Brown, Laird, Clydebank) baute näs lieh Submarines von fünfhimdert Tonnen statt (k:
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früheren A. B. S. (zweihundert, dreihundert). Nebst e^rösserer Form Torpedo vedelten, die früher mit nur 120 Pferdekraftmaschine nur 16 Knoten liefen, führten die Franzosen auch statt der „coup de 240*' »,de 22 tonnes" grösseres Kaliber der Strandbatte- rien ein, so dass man von Port d*Aill6 (Dieppe), F6camp, Cap d'Antifer, Cap de la Hfeve (Le Havre) bis Point de Barfleur die ganze Seine-Bai beherrschte. Freundliche Besuche wie in alter britischer See- königszeit waren also ganz ausgeschlossen.
Auch die Yankees waren guten Mutes, obschon Rearadm. Mason, Chef der Navy Ordnance, Stein Lind Bein über Administrationslodderei klagte. Dewey, der volkstümliche Rede-Admiral, versicherte laut: Batterie des ,Missouri', weil von lauter jungen V^oUblut-Amerikanern bedient, werde genau so viel Treffer machen, wie früher als Preissieger imSchiess- wettkampf. Übergrosse Unterseeboote der Firma Late erregten Jubel. Es schien, als ob Karl Schurz' Prophezeiung, nur Krieg gegen England werde je in Amerika populär sein und man ergötze sich bloss über Naivetät der Briten, immer von „lieben Vettern jenseits des Meeres'* zu schwärmen, sich bewahr beite. Wozu taufte man denn sonst ein Holzschiff von dreissig Metern Länge, bei Manöver vor Neu- yrork probeweise in die Luft gesprengt, damals .Dreadnought* ! Das klang deutlich genug.
Längs der Küste war schon Vorhutkrieg im Gange. Die bisher nicht engagierten Kreuzer ,Leander*, ,Sappho*, ,Bachante' vom Caraibenmeer geschickten
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»Arrogant', der sich den Frenchmen g^enübcr wak- lich arrogant benahm, teilte Reserveadnural Sir Lewis Beaumont (Commander-in-Chief der Staöoo Davonport) der 1. Permanenten Flottille lu, die 2. Destroyer-Flottille erhielt wieder wie im Friöte den „Forth". Beide, gewöhnlich nur auf je did Scouts zwölf Destroyer berechnet, wurden neuer dings vermehrt um .Wizard*, ,Racehorsc\ .Tigcr' ,Zebra*, ,Hunter*, ,Locust', .Syren*, ,Conßkt\ ,Sprightl/, ,Gala', ,Bullfinch\ .Snipc*, .Onrcll ,Itchen*, ,Usk*, ,Crane*, ,FoyIe-, ,Teviof, »^'idgeoE ,Spanker', ,Doon*, ,Rivaz*, ,Derwent', ,Nith', .Ness ,Waveney*. Diese Rennpferde, Zebras, Tiger, Jag^ himde in voller Gala ihrer Neurüstung trabten die Küste Neuenglands ab und trieben ihr Handwes destroyermässig als zerstörende ,Hexeninöste:, brachten dreiste Yankeekaper auf und gingen aas jedem .Konflikt* heil hervor, als unfassbare Heu schrecken davonhüpf end, kam ein zu starker Gegnö in Sicht.
Dagegen fürchtete Admiral Fournier, Obercbct inCherbourg, dass man dem neuestenTypderKüstcs- Destroyers nicht beikommen werde. Sein cßtfc Exemplar ,Gadfly* (hundertsiebzig Fuss lang, acbeU" undzwanzig Knoten, Parsons Turbinenmaschinenc^ Thomycroft- Wasserrohrkessel, zwei Zwölfpfüß^^ ,quick fire*, drei Torpedos) begann seme Tätigkeit o: Verein mit herbeordertem Panzer »Jupiter* undtg» ,Leda* durch feurig vernichtende Umarmung irzn^ scher Kontertorpilleurflottille, die mit Liebkoscsi
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von Jupiterschwänen ä la Leda wenig Ähnlichkeit hatte. „Argus", „Vigilant" wachten scharfäugig. Die genannten grösseren Kreuzer zwangen sogar Rearadm. Melville, der mit neuarmiertem älterem Jahrgang ,Trenton*, ,Hancock*, »Baltimore*, Kreuzern ,Wolverine*, ,Wabash*, ,Don Juan d'Austria' auslief, zur Umkehr nach Neuyorkbai. Hier empfingen Forts Hancode und Hamilton auf Long Island freilich die Verfolger so übel, dass ,Sappho* schlimme Neigung zeigte, sich am Vor- gebirg Montauk Point zur Flut abzustürzen, und , Leander* keine Schwimmfahrt durch solche Meer- enge wagte, ,Bachante* wie betrunken davontaumelte. In Canada verliess man sich umsonst aufs neue, angeblich dem Lee-Enfield überlegene Ross-Ge- wehr. Panzer ,Trafalgar*, Destroyers »Patrol*, ,Sen- tinel*, ,Lively*, ,Fawn*, ,Cheerful*, Wachtschiff ,Sphinx', Scout ,Adventure* patrouillierten imi- sonst als Schildwache früher zwischen Puget-Sund und Behringsstrasse hin und her. Ihnen war nicht ,munter* und ,lustig* zumute, ihr ,Abenteuer* endete mit einem Trafalgar in umgekehrtem Sinne. Solche britischen Bruizer, wie sie im Mittelmeer so derb geboxt, konnten hier froh sein, wenn ihnen Meer- boxerei nicht lebenslängliche lebensgefährliche Quet- schungen eintrug. Nur ,Sphinx' entrann der bösen Sphinx Amerika. Da von siebenundsiebzigtausend Regiilären des Service-Abroad so viele nach allen Windrichtungen verteilt werden mussten, blieb zur Behauptung Canadas zu wenig übrig, und
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die Union drohte immer ungestümer nack Norden hinüber.
Als Kreuzer ,Circe', »Europa*, auf die als Kapei schwärmende United State's tug ,Niiu' Jagd machend, vom Unterseeboot .Purpoise* bösen Sttchei^ gruss bekamen, grüsste man das Omen, dass Girre Europa ihre Buhlkunst verschwende und ein frdes Amerika nicht in ihren Schweinekofai sperren könse das vielmehr als borstiges Stachelschwein sich sträube. Ähnlich riss ein japanischer Wäigengel unter See das River-Ship ,Kinsha', Sloops ,Ca: mus', ,Clio' vor Schanghai in Stücke, als solle Cii: ein neues Geschichtsblatt aufschlagen : es gdit n Ende mit Europas Obmachtl An neuen Prcnkr* minister Australiens, dem Japan auch gutwillige Ib.- düng der jetzt so sehr zu passe kommenden neoffi Dampferlinie nach Neuseeland verdankte, ergifie lockende Aufforderung, doch jetzt Unabbangigke^ zu erwerben, Europas Bevormundung für immer ab- zuschütteln, wie einst die Vereinigten Staaten. Gen<k das berechtigte Misstrauen gegen Japan, das frihcr Senator Dawson Einladung des Admirals Sbiin^ mura ablehnen liess, da Japans Flotte nur ris Spionieren solche Höflichkeitsvisite mache, t-A Australien den Yankees in die Arme.
Auch die sogenannte Calvolehre, köstliche Fort bildung der Monroedoktrin, wonach nämlich Eukh» keine Schulden auf amerikanischem Boden eintreibe dürfe, fand Anklang in Australien, leuchtete als oacb- ahmenswert ein. Schon Porfirio Diaz, erleuchtete'
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Präsident von Mexiko, fand sich hierin ganz einig und seelenverwandt mit den Americanos del Nord auf gemeinsamem idealem Rechtsboden I
Dies war also das Endel
Das hatte man sich nicht träumen lassen, als man in London die famose Begeisterungskomödie vor den deutschen Bürgermeistern aufspielte. Viel- leicht hier und da ehrlich gemeint in spon- taner Autosuggestion des Augenblicks, beiläufig mit netter Gleichgültigkeit für die Gefühle der noch eben erst umarmten Alliierten an der Seine. Hauptsäch- lich aber berechnendste Heuchelei, neues Atten- tat auf deutsche Interessen zu maskieren. £s war köstlich, wie plötzlich über Nacht der »majestätische Genius Deutschlands* ,unsre teutonischen Stammes- brüder* Schlagworte eines Verhimmlungsrummels wurden, der natürlich diese braven deutschen Michels völlig benebelte, damit sie daheim verkünden möchten beim unentwegten liberalen Bürgertum: britische wie deutsche Liberale (lies Handeltreibende) fürchten nur Gott Merkur» und sonst nichts auf der Welt, daher nichts so sehr als handelstörende Händelsucht. Konkurrenz? Die Erde hat für alle Raum, rief Winston Churchill pathetisch, besonders wenn jeder gute Fleck Erde schon von Briten be- legt. Die Deutschen mögen wie Schillers Dichter bei Zeus im Hinmiel wohnen, das soll ihnen un- benommen sein. So grossmütig ist das edle Eng» landl Nur eine Kleinigkeit wünscht es für all die
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zarten Aufmerksamkeiten, deutsche Tafelreden (ks Kriegsministers imd deutsches Tiscfagd)et des Bischofs von London, nebenbei einzuhandeln: Koo- trolle der deutschen Bagdadbahn. Von Leuten, ät im selben Augenblick, wo er ims endgültig auf däi Isolierschemel gedrückt, König Eduard als ,trei^ sten wärmsten Freund Deutschlands' hochleböi lassen, darf man ja kein Erröten beansprucha:. Aber es hiess die Schamlosigkeit doch etwas vd: treiben, wenn ehrerbietige Hochachtung vor aBem Deutschen als Normalzustand des gebildeten Briten ausposaunt wurde, während in jedem englische Roman ein vorkommender Deutscher stets den Hans- wurst oder den ethischen Prügeljungen abgibt. Ji von verträglichster Gemeinsamkeit der Interesses fabelte man im selben Atemzug, wo man mit Russ^ land ein Unterbinden der deutschen Bahn zwischen Bagdad und persischem Golf verabreden wollte, (N»^ türlich nur mit Reservatio mentalis, Vorbehalt be- liebiger Kündigung, beiderseits vorgeschützt.) Di« ganze Verbrüderungsfarce war nur in Szene gesetr, teils um dies Vorhaben zu bemänteln, teils um Deutschland einige Zeit bezüglich der Türkei laho zulegen. Die auffallende Feindseligkeit des SuIuds lehrte ja, was man für Ägypten zu erwarten hatte, falls die britische Flotte nicht mehr vollzählig x°i^ ihrem Apparat im Piräus demonstrieren konnte, weil durch Deutschland gefesselt. Also hübsch Sand i:i die Augen streuen I In allem gross, sind Britea nicht umsonst auch Meister der Heuchelei. ^^»^
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Marokkofrage für Frankreich, bot eben Bagdad- bahn für England unvermeidlichen Zankapfel, es konnte und wollte sie nicht im Vollbesitz der Deut* sehen Bank dulden. Den vom Zaim gebrochenen Akabakonflikt nahm man ja nicht ohne gewichtige Gründe so ernst, obschon damals gelungene Ein- schüchterung die unterdrückte Wut der Islamwelt noch mehr reizte. Verbindung Suez -Indien auf Land- weg blieb strategisch-politisch-ökonomisches ZieL Zwischen Ormuzstrasse, wo Bahreininsel Kischem britische Flagge trug, und neuem Kriegshafen Fa- magusta (Cypern), von wo man Iskanderbai imd Alexandrette beherrscht, direkte Verbindung zu legen (Bolanpass — Quetta — Seistan — Südpersien — Bagdad), schwebte schon Disraeli vor.
Während alle Schichten dieser politisch wunder- bar geschulten Nation die Deutschen bei der Bürger- meistervisite mit Eiapopeia phrasenhafter Wiegen- lieder einlullten, hielt im selben Augenblick Ad- miral Campbell im R. Un. Service Institute einen Vortrag, dass Kriegserklärung stets mit schon er- folgter Vernichtung des Feindes durch rohen Über- fall zeitlich sich decken müsse 11 Sapienti sat.
Den Weltkrieg an sich hatte ununterbrochene Steigerung der Rüstimgen imvermeidlich gemacht, da der sogenannte bewaffnete Frieden angesichts der drohenden sozialen Revolution die Steuerlast allmählich unerträglich machte, besonders in Eng- land, wo man pro Kopf der Bevölkerung für Kriegs- zvtrecke doppelt so viel als in Deutschland veraus-
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gabte, und es doch niemand mit Abrüsten enut meinte. Da aber trotzdem gerade in England de anderswo lahmende Befürchtung sozialistisdier Ein- pörung wegfiel und nur England wiiidiche k^eg^ rische Absichten hegte, weil Deutschlands Koobn- renz bei friedlichem Wettkampf bald unviderstEih lieh werden musste, so liess sidi mindestens ses Angriff gegen Deutschland, ob mit oder ohne fnD- zösische Allianz^ eines Tages sicher erwarten. Diese Angriff konnte jedoch nie isoliert bleiben, musste unweigerlich Weltkrieg nach sich ziehen. Hierba wäre andre Konstellation der Mächte nur dann mög- lich gewesen, wenn Russland in wahnwitziger Ve- kennung eigenster Interessen an ernstliche Ai& söhnung mit England dachte, statt bisher nur das^ zu kokettieren, und als Alliierter Frankrdcbs des Degen zog. Solcher Selbstmord wäre der jetit gaßi zerfahrenen russischen Politik wohl zuzutrancn g^ wesen, doch spielten zu viel andre Faktoren nÄ. um Ausführung einer Tripleallianz gegen das iso- lierte Deutschland zuzulassen. Zu viele Militärs io Russland dachten an neuen Krieg gegen Japan, iisi* gekehrt gab Japan weitere Aspirationen keinesvc^s auf, so dass schon auf diesem Umweg Rnsslaini sich England erneut feindlich gegenübersah. Selbst in diesem Falle wäre übrigens der Landkrieg inuser noch zu Deutschlands Gimsten entschieden worden,
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da die verrottete und revolutionär verseuchte rasa- sehe Armee kein Gewicht in die Wagschale warf, bib eine dann bestimmt vorauszusehende Erhebung Poleos
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und sonstiges Neuerwachen der Gesamtrevolution wettzumachen, falls Deutschland seine ungeheure Kriegsorganisation vollständig ausnutzte. Frank- reichs innerpolitische Zustände, die jeden Augen- blick sozialistische Unruhen gewärtigen lassen, schwächten seine äusserlich so stattliche Militär- macht so sehr, dass Deutschland heut Krieg. auf zwei Fronten nicht zu scheuen brauchte, zumal es gegen Russland sicher die Türkei zur Seite gehabt hätte, selbst ohne Österreichs Beihilfe. Letztere aber konnte nicht ausbleiben, weil nur Niederlage Russ- lands den Bestand Österreichs sicherte. Andrerseits streute die Erklärung Guicciardinis, Italien habe mit Österreich über alle schwebenden Fragen das freundlichste Abkommen getroffen, nur grünen Neu- lingen Sand in die Augen. Selbst wenn Österreich mit Italiens Fussfassen in Albanien einverstanden wäre, bUebe ja immer die Irredenta als stete Drohung. Es kam also in Wirklichkeit so, wie Reali- tät es forderte, nicht wie Versöhnungsphrasen es bemäntelten. Andrerseits hätte Frankreich an sich gern auf jedes Duell mit Deutschland verzichtet, von dessen Ausgang immer nur der treue Sekundant England den Hauptvorteil zu erwarten hätte; doch Armexion Marokkos wurde durch die grosse islamiti- sche Bewegung, die Algier und Tunis in schwerer Unsicherheit hielt, gebieterische Notwendigkeit. Da ausserdem mächtige Finanzgruppen auf diese An- nexion lossteuerten, war über kurz oder lang kriege« rische Aktion gegen Marokko vorauszusehen. Dies
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durfte Deutschland nicht dulden, wollte es okht sda Prestige färimmerverlieren und die wichtJgeBvndesgt
nossenschaf t der islamitischen Welt aufs Spiel setzea. Ferner lajg: auf der Hand, dass Japan sid nicht nehmen lassen würde, bei Weltwirren ein Wörtcbe: mitzureden. Was es aber vor allem braucht, sitc die Philippinen imd womöglich die Sundainseln. Nsn wäre allerdings möglich gewesen, dass die Un»^ ihre ganze Macht gegen Japan gewendet und des- halb der Krieg in Ostasien eine andre Wendung genommen hätte. Allein, da unterschätzt man äe Emsicht des Yankee-Imperialismus. Europas Kneg^ zustand erheischte aus wirtschaftlichen Gründen aß merksame Selbstbereitschaft der Union, um da^^ möglichsten Vorteil zu ziehen : Vertust der ohnchk unhaltbaren Philippinen kam daneben wenig in B^ tracht. Übrigens arbeitete man auf Einverständnß mit Japan schon lange los, wie denn bezeichnender- weise japanische Hilfsgelder für San Francisco aas- nahmsweise angenommen wurden. Niederwerfna? Deutschlands hätte Englands Macht so geschwdi. dass Absichten auf Canada und Westindien, dertt britischer Besitzstand doch nun mal mit Monio^ doktrin unvereinbar, vielleicht für inuner illusorisch geworden wären. Unter solchen Umständen vff stand sich von selber, dass die Union sich wer;* um Japan, sehr um Europa künunerte und »^ Eingreifen dorthin lauerte. Was sowohl B«^- als Deutschland von amerikanischer FreundschaK hofften, beruhte auf naiver Unkenntnis. Am ^*
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ligsten sahen freilich Träume eines deutsch-ameri« kanischen Bündnisses aus. Ein Blick in die ameri- kanische Presse, im wesentlichen wahre Volksstim- mung widerspiegelnd, konnte eines besseren be- lehren. Doch auch das sonst so kühle England liess sich durch äusseren Schein bitter täuschen. Allerdings mochte die ,Times* über deutsche Un- wissenheit lächeln, wenn man dort mit Britenhass einer ausgestorbenen Yankee-Generation rechnete, nur vergass England, dass Deutsche und Iren ein so wichtiges Element der Vereinigten Staaten bilden und dort alle Volkskreise Einfluss haben. Wenn also Yankees altenghscher Herkunft als Gesandte in London laute Verbrüderxmgsreden hielten, wie z. ß. beim Bankett des Königlichen Literarischen Unter- stützungsvereins, oder wenn man während des Buren- kriegs ostentativ Hospitalschiff „Maine" als milde Freimdschaftsgabe schenkte, so entsprach dies noch keineswegs der allgemeinen Gesinnung. Unzweifel- haft fühlte die herrschende englischredende Rasse Amerikas sich zu England hingezogen, ihr eigener Hochmut sättigte sich mit an Englands Muttermacht, doch waren dies eben Gefühle einer selbst sehr ein- gebildeten und unabhängigen Tochter. Damit, dass der Brite nur den Yankee und der Yankee nur den Briten als ebenbürtig anerkennt und tausend Gemein- samkeiten beide verbinden, ist noch nicht gesagt, dass ihre realen Interessen eins seien. Es gibt auch in Familien feindliche Brüder, die einander im Wege stehen. Beiden gaukelt das Phantom tat-
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sächlichster Weltherrschaft vor, beide können es g^ meinsam xücht erreichen. Ks kränkt den amenkan sehen Dünkel genug, dass wenigstens äusseiüch Eng- land noch bei weitem mächtiger, dass es auchfinamieL die Unionsstaaten als Provinz in Abhängigkeit bilt wie der geistvolle Karl Peters einmal dokumenur belegte. Bei ununterbrochenem Wachsen der Bc völkerung und gleichmässiger industrieller Übopr^' duktion muss die Union, will sie nicht soziale R^ volution heraufbeschwören, weiteres Absatzgebiet de« Weltmaiktes suchen: dafür ist ihr Deutschlani recht unbequem, England aber noch weit mehr, un^ Ausschaltung Deutschlands würde Englands kccb merzielles Übergewicht auf lange hinaus entscheidei Kaltrechnender Yankeeverstand wird sich daher mn Bezug auf ,01d Home* England nie von sentimefr talen Rücksichten leiten lassen, sondem im S^ gebenen AugenbUck ,reckon* und ,calculate\ <la» maii jetzt feste zugreifen und dem Konkurrenten ec Bein stellen müsse, öffentliches Abschwören 'f^ Annexionsgelüsts gegen Britisch- Amerika ist also m in den Wind geredet, und die Briten sind scbör. dumm, darauf hereinzufallen. Stellungnahme äc Union im Weltkrieg konnte deshalb keine ander? sein, wie sie tatsächlich sich entwidceltc, Logik <k' Dinge zwang dazu.
Aber die nämliche eiserne Logik brachte l^ ropas Unvernunft endUch zur Einsicht, dass es sei gemeinsam gegen Amerika imd Ostasiea weLta müsse. Denn bei Abhängigkeit von überscciscirt
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Cerealien, Reis, Kaffee, Tee, Tabak, Fleischkon- serven und Eisfleisch, bei dringender Notwendigkeit» amerikanische und asiatische Märkte für europäische Industrie offenzuhalten, würde Europa sowohl indu- striell als agräulturell einfach an Aushungerung ersticken, wenn Amerika und Ostasien sich absperren und ihren Willen d&tieren. Lächerliche gehässige Torheit der Europäer untereinander, die sich wie kläffende Köter um jeden Knochen rauften, während der Fuchs ihnen den wahren Braten davontrug, legte ihnen die blutige Strafe auf, dass erst ent- setzliche Opfer eines Weltkriegs sie auf den rich- tigen Pfad brachten. Und zwar durch unerwartetes Mitspielen von ,imtoward events', die freilich in solchem Falle immer zu erwarten sind, weil imma- nente Logik der Entwicklung unbeirrt weiterwandelt, hocherhaben über kindische Intermezzi von Augen- blickspolitikem oder Parteikuhhandel der Parlamente mit ihrem Wahlmodus für wohlhabende Unfähige oder pfiffige Streber. Nur Englands Kurzsichtig- keit verschuldete dies alles. Seine Perfidie und Brutalität in allen Ehren, denn in Politik gibt*s keine Moral, und Briten wie Yankees haben das gute Recht, Konsequenzen ihres Weltherrschafts- dusels zu ziehen mit schonungsloser Vergewalti- gung der Schwächeren. Doch Englands antideut- sche Gehässigkeit war nach Talleyrands Bonmot schlimmer als ein Verbrechen, es war ein Fehler. Gewiss würde volle Niederwerfung Deutschlands er- neut Englands Handelsmonopol begründet haben.
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wie aber stände es politisch? Nur durch KosL tion aller Mächte, unter untätigem ZuschaM Österreichs, was ganz ausgeschlossen, wäre Deotso lands Besiegung zu Lande denkbar, obsdxm ci- wahrscheinlich : daraus hätten aber Frankreich m^ Russland den grössten Vorteil gezogen, waren sr erstailct, dass sie nun mit Ernst ihre antienglischei: Interessen wahrnehmen konnten. Die von Köe$ Eduards Staatsklugheit verhinderte KoalitiDn g^ England wäre dann einfach zehn Jahre später erfolg: England hätte sich dann durch unversöhnlicbes Deutschland und notwendig immer antipodisd» Frankreich-Russland den Dolch selber geschliffc der ihm den Garaus machte. Doch Völker wenka wie Menschen nicht von Vernunft, sondern Leüe Schäften gelenkt. Englands toUe Selbstübcrhebunf wie sie sich in Chauvinistenbüchem eines Rcvere?: Fidgett ein dauerndes Denkmal des Grössenwalc:-* setzte, bedurfte nicht alberner Hetzbücher, wie .,12 vasion" und „The enemy in our midst", wdch letztm Infamie die armen harmlosen Deutschen inncrißä Englands dem rohen Mob auslieferte und Utsaci. lieh zu einem Deutschenmassacre in Whitecha;* führte. Denn allgemeiner Volkswille hetitc schc- selber auf Bruch mit Deutschland los. Wie hebt? man über Sympathiemeetings einiger Inteflekttidl' oder Interessenten, deren Privatkonto durch t^ zweiung mit Deutschland litt I Unverkennbare G^ hässigkeit verleidete sogar schon deutschen Haiiö^' reisenden und Touristen den Aufenthalt: spräche:
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sie in Restaurants laut deutsch, forderte man sie auf, das Lokal zu verlassen. Schlaue Abrüstimgsfarce als Antrag neuer Haager Konferenz im Augenblick, wo England stärker gerüstet denn je, sollte nur Deutschland als Störenfried anschwärzen. —
Doch freilich, eins hätte Englands sogenannte Friedensliebe sich nicht einbilden dürfen: dass Deutschland untertänigst um jeden Preis Frieden halten, d. h. die weiterwiikenden Segnungen der Ära Balfour-Chamberlain eskomptieren werde, wo- nach England nach Gottes unerforschlichem Rat- schluss auch noch Arabien, Abessinien, Kongo in die Tasche stecken imd Deutschland überall das Nachsehen lassen würde. Solcher Friede könnte den Briten passen, und ihre Dreistigkeit geht so weit, dass ein Abrüstungsredner im House of Commons klagte, das böse Deutschland habe nicht mal durch grossmütige Abtretung Helgolands sich erweichen lassen, als ob England nicht damals einfach Sansibar dafür eingehandelt hätte. Nein, so hatte man nicht gewettet: Deutschlands wahre Patrioten hatten be- stimmte Zukunftsabsichten, die sie für wirkliche ,Saturierung' unsrer gewaltigen Rasse für nötig er- achten. Die Flinte ins Korn zu werfen imd vor angelsächsischer Weltherrschaft ohne weiteres die Waffen zu strecken, lag keine Veranlassung vor. Das seefahrende Deutschland, dessen Zukunft nach des Kaisers genialem Wort wirklich auf dem Wasser liegt, wünscht gerade so gut sein Expansionsbedürfnis zu befriedigen, wie Briten und Franzosen, und würde
— er- sieh mit seiner unablässig vermehiten Vdksmasse — schon gibt es fast achtzig Millionen dcmsd redende Menschen in Europa, fast gerade so viel viz Briten und Franzosen zusammen oder wie die pol> glotte Unionsbevölkemng — zu seinem Recht m holfen haben, ob so oder so. Wollte Sribstsud: der andern Europäer dies nicht zulassen, bäiunte sie sich nur gegen unerbittliche Logik der Wirk lichkeit auf, die man nie ungestraft vcrktit. Das langduldende, geduldig arbeitende, nrit alicr Zähigkeit neuverjüngte Tatkraft einstiger deutsche: Kaiser- imd Hansaherrlichkeit verschmebcnde, ati allen geistigen und praktischen Gebieten führende unvergleichlich organisierte, wohlhabende, waffc starke Deutschland, das binnen so kuner Spanat Zeit seit dem Frankfurter Frieden als Industrie und Schiffahrtsstaat die grösste Leistung der We.i geschichte in unerhörtem Aufschwung vollbrachte, woran der initiative Einfluss Wilhchns IL eincQ nur vom Ausland richtig gewürdigten Anteil trug " dies Deutschland, wahrhaft friedliebend, wäre ja doch zuletzt zum Weltkri^ gezwungen worden, sote neidische Eifersucht und frecher Eigendünkel sc mit der Tatsache einer deutschen Weltmacht nidi abfinden wollte. Nur deutsch-englische Alliam, *•' Ähnlichkeit von Rasse und Weltanschauung sie vor schreibt und wie sie der weiten Welt Oeseiif geben, weder Amerika noch Asien fürchten würde hätte das Unheil verhindert. Doch erst grininJ eigene Not brachte England zur . Besinnung.
Das House of Commons „tagte" in ausserordent- licher Sitzung um Mitternacht des 29. Juli. Überall bleiche erregte Gesichter. Auf Interpellation des Abgeordneten Redmond, ob Belagerungszustand über Irland verhängt sei, gab der Kriegsminister den trockenen Bescheid:
„Die zarte Fürsorge des ehrenwerten Herrn für Irlands Sicherheit mag sich beruhigen. Von Seiten der Regierung dieses Landes ist der Lage ent- sprochen worden. Eine reguläre und eine Miliz- division übersetzen soeben den Georgskanal, um den Lordleutnant von Dublin zu unterstützen. Das fran- zösische Expeditionskorps ist an sich unbeträchtlich. Wir verzichten auf Beunruhigung der loyalen Ein- wohner und werden Belagerungszustand nicht ver- hängen!" Nur immer altrömisch I Hannibal vor den Foren, doch Cato baut Rüben.
Der Sprecher: „Es steht zur Erledigung der Dringlichkeitsantrag von Mr. Keir-Hardie und Ge- lossen namens der Arbeiterpartei über die innere N^otlage."
Der Arbeiterführer verlas ein Programm der Parteioberhäupter Bums und Hyndman, wie in so- dalistischem Sinne durch ausserordentliche Aus-
VÖIker Europas . . . ! 41
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nahmegesetze die drohende Hungersnot gdind«: werden solle, und verbreitete sich über das plöa liehe Stocken jeder nennenswerten Schiffahrt Eag land sei von seinen Kolonien abgeschnitten, der letzte Weizenkonvoi aus Indien und Australien vor vierzehn Tagen angelangt, die Nordsee ?on den Deutschen beherrscht, die Westküste GrossbritaL niens von französischen und amerikanischen Kapcm belästigt.
Der Premier gab eine kühle amtliche Erw derung. Man sah ihm an, dass ganz andere Sorg^ ihn drückten, und das Haus hatte beim Anblick der vollzählig besetzten Ministerbänke den Ein druck, als ob wieder etwas Wichtiges beForstcbe
„Der ehrenwerte Vorredner mag überzeugt scffi dass Sr. Majestät Regierung alles aufwenden wir«^ die arbeitende Bevölkerung zufriedenzustellen. Ik übrigen verbietet die vorläufige Verteilung unsrer Streitkräfte zur See, die Deutschen aus der Noni see zurückzuwerfen, solange nicht die volle Herr Schaft im Atlantischen Ozean gewonnen."
„Ich möchte erfahren, Mr. Speaker," wandte skii Chamberlain an den Sprecher, „weshalb unser \ei trafuensmann Lord Beresford noch immer nicht rc: Rettung Canadas aufbrach, obschon sein 2^^- notwendig die Kohlenvorräte der Flotte angreift
Der Marinestaatssekretär erhob sich. „Das seh- ehrenwerte Mitglied für Birmingham dürfte seic nautischen Kenntnisse wohl dem fachmännischem Urteil ynsres grossen Admirals unterordnen." i^
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lächter.) ,,Sehr treffend bezeichnete er ihn, Lord Beresford ist in der Tat der Vertrauensmann dieses Landes in der schwersten Krise, die es je bestand. , Nicht aufbrach' ist inkorrekt. £s war unmögUch, früher alle verfügbaren Kräfte nach der Atlantis zu konzentrieren. Dies geschah am 26. d. M., imd von da an verlor der Admiral keine Zeit, den Feind zu stellen. Die beiden gegnerischen Flotten sind einander in Sicht auf Seehöhe von Baltimore. Unser Stratege hält Zerstörung des Hafens von Baltimore und später der Manhattan-Forts der Newyorker Reede für das würdigste Kampfobjekt. Unsre Felsforts vor Quebec können sich selber schützen. Die am 24. dort vor Anker gegangene feindliche Eskadre wird wahrscheinlich jetzt ab- dampfen zur Vereinigimg mit ihrem Gros, was uns unlieb wäre, jedenfalls aber Quebec auf der See- seite befreit. Mr. Chamberlain möge übrigens nicht ausser acht lassen, dass es sich heut nicht sowohl um Rettung seines geliebten Canada, das wir mit Gottes Hilfe behaupten werden, sondern des eigenen Mutterlandes handelt.'*
Unter tiefer Stille, die dieser scharfen Abferti- gung folgte, erkundigte sich ein irischer Nationalist mit unverkennbarer Schadenfreude und heuchleri- schem Pathos, von boshafter Ironie durchbUtzt, nach dem Bestand gegenseitiger Streitkräfte im fernen Westen, was ihm Beklenmiung einflösse. Aller Blicke richteten sich nach der Minbterbank, imd [iian erwartete Ablehnung der indiskreten Frage.
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Doch nach kurzem Getuschel gab der Marincmmister gelassen Auskunft, allerdings mit einem nieder schmetternden Blick auf den heimlichen Reidis\tr räter :
„Das patriotische Mitglied, das soeben gespro chen, berührt mit der ihm eigenen wannherage: Vaterlandsliebe eine offene Wunde. Ich will hi r nichts verschleiern. Trotz unglaublicher Ans::e: gungen in den Docks für Wiedereinstellung havanf: ter Körper und Neuaufbesserung der vielfach ru nierten schweren Artillerie erreicht die neue Ok kupationsflotte vor dem nordamerikanischen Kf»^ tinent* nur eine Stärke von 24 Linienschiffen. :. grossen, 42 kleineren Kreuzern nebst den dazu S' hörigen kleineren Einheiten, das Ariantische Ck schwader in Westindien natürlich inbegriffen. Des gegenüber verfügt die Union nach Abzug iJ'J Verluste bei Manila und St. Dominique und wahr scheinlichen sonstigen Abzügen über mindestcDs . Linienschiffe, grössere Kreuzer, während die Zifj ihrer kleineren Nebenwaffen — kleine Kreuzer" der Klasse, Destroyers — allerdings hinter der un* rigen sehr zurücksteht, die Torpedozahl sich wo: ungefähr ausgleicht. Dazu treten noch des Gegr-t-- Küstenpanzer. Der Redner mag also um seine ajrr rikanischen Freunde unbesorgt sein, sie sind s'Xi genug."
Ein eisiger Hauch schien durch das Hau? *- wehen. Aber ,Okkupationsflotte* klang gut. Nor i3 mer hübsch römisch I Ja, noch gab's nichts r:^
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Okkupieren, doch schon nahm man*s als selbstver- ständlich vorweg!
Mit einem Anklang von Wehmut in der Stimme frug Balfour: „Was beabsichiigt Se. Lordschaft der Admiral zu tun?**
„Das kann ich mit wenigen Worten sagen: bei Misserfolg das Westindische Geschwader an sich zu ziehen und in einer neuen Entscheidungsschlacht Englands atlantische Seite zu decken, bei Erfolg die schon früher angeführten Pläne auszuführen, 5 ich dann südwärts zu wenden, um im Verein mit Jeni Atlantischen Geschwader die Sperrforts von Mew Orleans niederzulegen und eventuell die Ameri- kaner zu einer neuen Schlacht bei Cheasepeak-Bai :u zwingen. Ich bedaure betonen zu müssen, dass ier Edle Lord momentan nur über 17 Linienschiffe, L6 grosse, 25 kleine Kreuzer verfügt, der Feind un- mittelbar gegenüber vor Fort Monroe und Kap Hat- eras über 22 Linienschiffe, 11 grösste und etwa 25 kleinere Kreuzer, doch sämtlich neugerüstet, A^ährend unsre schwere Artillerie kaum zur Hälfte ein anges Gefecht bestehen kann. Trotz dieser un- i^ünstigen Chancen meldete der Edle Lord soeben durch Funkspruch, dass er morgen, den 30., den Feind angreifen werde, ehe dessen Quebec-Eskadre leran, die man auf 4 Linienschiffe, 3 grosse Kreuzer schätzt. Die Gebete jedes echten Briten begleiten len Helden auf seiner schweren Fahrt.'*
Wieder tiefe Stille. „Ich möchte den Kriegs- ninister fragen**, krächzte ein Radical mit Grabes-
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stimme, „was zur Verteidigun^r dieses Landes geges Invasion geschehen ist."
„Ich wüsste nicht, warum ich verschveigec sollte," gab dieser kalt zurück, „dass wir rnsd 450 000 Mann innerhalb der britischen Inseln unter Waffen halten, wobei ein Teil der Miliz in aktive Feldtruppen umgewandelt. Nach Canada konntec wir nach und nach seit Mai 63000, nach Kapstadt 12000 Mann werfen. In Kapland, Gibraltar, Mala Alexandria, Suez stehen sonst noch etwa lOOOC 6000, 8000, 23000 Mann, auf den Balearen 3(XK Macht ein Total von 572000 Mann unter Waffea während die angloindische Armee weitere Truppen nach Suez, Batavia, Neuseeland entsenden wird. Is Australien und Canada haben wir ausserdem die Landesmiliz. Dies System ermöglicht uns genügend« Defensive, natürhch keine Offensive zu Lande/'
„Mit welcher die famosen britischen Truppes ja auch schönes Fiasko machten, siehe Antweipec Nieuwe Waterweg, Boikum, Kiel!** brummte esaiß den Reihen der Iren.
„Unser Vertrauen beruht auf der Flotte", rief Balfour von seinem Sitze aus. „Wie aber konnte dies Durchschlüpfen nach Irland glücken? Ein Geruch' geht um, S. M. S. »Prometheus* habe die Flagg? gestrichen. Ich beantrage Todesstrafe für der Kapitän, der solche Schande überlebte." Nor in: mer altrömisch I
„Ein Kriegsgericht wird die verschiedenen ^^ antwortlichkeiten feststellen**, kam es gleichmiitig
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von der Ministerbank zurück, wo gelangweilte Mienen zu verraten schienen, dass man all diese Redereien als blosses Geplänkel vor einer bevorstehenden Hauptschlacht betrachte. Wieder raunten mehrere sich zu, dass dort sich offenbar etwas vorbereite. Schwüle Stimmung lagerte über dem Hause.
Der Generalstaatsanwalt (Attorney-General) Lawson- Walton erhob sich: „Mr. Speaker, sowohl im Namen meiner politischen Freunde, als auf sehr hohe Anregimg von seiten der Krone, beantrage ich, unserm ruhmreichen Admiral Lord Beresford die nämliche Staatsdotation zu verleihen, wie den Ge- neralen Lord Kitchener und Lord Roberts." Nur immer altrömisch I Noch am Rand des Abgrundes verleiht man goldene Bürgerkronen, Kränze von Lorbeer und Eichenlaub, Imperatortitel für Kon- suln und Prokonsuln I
Ungestüm sprang der Arbeiterdeputierte Shak- leton auf, unter allgemeinem Gemmmel imd Un- ruhe, teUs Beifallsscharren, teils Murren: „Sie wäh- len gut den Augenblick, das Budget mit Verschwen- dung öffentlicher Gelder zu belasten. Im Namen des notleidenden Volkes, insbesondere der Trade- Unions, die sich weitere Protestmeetings vorbehal- ten, erhebe ich Einspruch, dass — "
Doch der Speaker erhob seinen Stab: „Genug, Sirl Der Antrag Lawson- Walton ist zu den Akten genommen, und der gelehrte Herr Mr. Attorney- General wird morgen seine Motion begründen. Für heute schliesse ich die öffentliche Sitzung, verfüge
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sofortige Räumung der Galerien. Alle Fremden mtx auch die Vertreter der Presse haben den Saal zu verlassen, da Sr. Majestät Regierung dem hoher. Hause eine ultrasekrete Eröffnung zu machen hai.°
Nachdem die Clerks den Fall zu den Akttc nahmen, während die Konstabier ihn ausfühnec erhob sich unter erwartungsvollem Schweigen ku anderer als Winston Churchill. Er war bleich una sein Auge schweifte einen Augenblick über die gahr nende Leere der Galerien hin, als blicke er ins Weite. Dann begann er mit fester Stimme:
„Es ist mir von meinen Kollegen der ehren volle, doch eines schmerzlichen Stachels nicht en: behrende Auftrag geworden, die wahre Lage n entschleiern und diejenigen letzten Beschlüsse zt erörtern, zu welchen das Ministerium sich leide: gezwungen fühlt." (Hört, hört, hörti) „Da die>' Beschlüsse jede Heimlichtuerei ausschliessen. hahe-. wir alle Anfragen betreffs Sicherheit des Reichs m' möglichster Offenheit unbefangen beantwortet. Ic muss jedoch deutlicher werden. Als Regierungsu: treter für die Kolonien habe ich vielleicht den we: testen Überblick und erlaube mir daher, den G<r samteindruck wiederzugeben. Lassen Sie uns Pc sten für Posten durchgehen 1 Unsere Position in Cb: asien ist verloren, unsere Lage in Oceanien mind. stens nicht gut. Ich zweifle, ob wir Batavia unc Neuseeland noch lange halten können. Die jap^ nische Übermacht, nicht zufrieden, uns aus dtc Stillen Ozean verdrängt zu haben, belästigt Au5tra
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lien und erregt dort Unfrieden. Schon äusserten sich soziahstische Mitglieder des australischen Par- laments dahin, man möge mit Japan ein Abkommen treffen und den Kontinent neutral erklären, d. h. sich der Pflichten gegen das Home Government entledigen, ein neuer Schritt auf dem Weg zur Un- abhängigkeit." (Unruhe, Chamberlain zieht unmutig seinen Zylinder tief in die Stirn, einge andere nehmen den Hut ab und trocknen sich die Schläfe, als sei ihnen heiss.) „Über Indien urteilt Generalissimus Kitchener nicht übermässig hoffnungsvoll. Der Edle Lord hält einen neuen Meutereikrieg für möglich, falls China französisch Indochina überschwemme und Japan Truppen lande, woran es beim Übergewicht seiner maritimen Mittel in dortigen Meeren kaum gehindert werden kann. Bei langer Fortdauer des Krieges würde auch Verlust des Indischen Ozeans für uns auf dem Spiele stehen." (Steigende Bewe- gung, jedoch ohne laute Äusserungen.) „Steht es so im Osten, so noch schlimmer im fernen Süden. Alle Mitteilungen Lord Milners besagen, dass bei gemeinsamem Handeln von Deutschen, Boers und Eingeborenen Kapstadt unbedingt verloren geht oder, um eine andere sehr bezeichnende Wen- dung zu brauchen, gegea*^^ingeborene und Afri- kander nur zu halten ;Äjäre durch Beihilfe der Deutschen.'* (Vielhunömfaches ,Hört, Hört, HörtI* in gespannter Erregung ^eigt dem Redner, dass seine von ihm eigentümlich unterstrichenen Worte ver- standen worden sind. Einige Schlaue spitzen die
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Ohren und nicken sich bedeutungsvoll zu.) ,Jat sächlich gehört uns von Afrika nichts mdir ab Alexandria und Suez. Nun glaube ich zwar verbürgen zu dürfen, dass keine Macht der Welt diese Stütz punkte unserer Mittelmeermacht britischen EidieD herzen entreissen wird." (Matter Beifall.) ,^iiinal unsere brave Marine dort völlig alle Gegner aus dem Felde schlug. Der ehrenwerte Mr. Hudson hat uns neulich mit einer sozialistischen Diatribe b^lückt über den güldenen Danaeregen von Bathorden, ^ü^- toriakreuzen, Medaillen, der aufs Offizierkorps ät- ser in unserer Geschichte für immer unstcrbüdicD Geschwader niedergegangen sei. Well, ihren He.- dentaten allein verdanken wir, dass England nicht als Bittender mit entblössten Händen dazustehen biandit wenn ihm einfallen sollte, mit seinen europäisdieD Feinden zu verhandeln." (Brausender Bdfall, der sich jedoch bei den nachfolgenden Worten legt vd wieder düsterer StiUe weicht.) „Auch im fernen ^^ sten hatten wir einen schönen Erfolg zu vcneichner. Westindien bleibt vorläufig unser. Doch wie lange = In Canada würden Quebec und Montreal sich na dann noch lange halten, wenn wir genügende Kräfte vom Mutterland senden könnten. Doch Sk alle kennen unsre Bedrohung durch deutsche In vasion bei augenblicklicher notgedrungener EntWf*^ sung unserer Ostküste, und Hilfssendung nach der anderen Hemisphäre müsste aufhören, falls unsen Flotte nicht mehr den Ozean beherrscht. Wer aber bürgt dafür, dass Lx)rd Beresford morgen Sieger
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bleibt, — und wenn, ob er nicht dabei verblutet, ^e das Heer seines Ahnherrn bei Albueral"
Tiefe bedrückende Stille. Einige ältere Mit- glieder schluchzten laut, ein paar jüngere knirsch- :en mit zusammengebissenen Zähnen. Sie sahen in hres Geistes Aug' den Helden, angetan mit Stern ind blauem Band des unlängst verliehenen ,Star- md-Garter* (Hosenbandorden), auf blutüberströmtem Quarterdeck seines Flaggschiff es, und wünschten mit labei zu sein, wo man für England stirbt.
„Nun noch diese irische Bedrohung am eigenen Herd! Ja, man würde ihrer Herr werden, ich zweifle nicht daran, unter Strömen von Blut, doch welch neue unheilbar nach innen eiternde Wunde J Und woher sollen wir uns erholen, neue Kräfte schöpfen 3ei solcher Depression aller Geschäfte und Indu- strien? Unser Kredit auf dem Weltmarkt, bisher LinermessUch, wird ganz zu nichte. Unsre bislang Festen imd sogar gestiegenen Konsols sanken mit sinem Ruck, selbst die ,Bank von England' ist er- schüttert. Kurz, jene Gefahr, mit der uns einst Na- poleons Kontinentalsperre bedrohte, sie ist nun wirk- lich da, heut, wo Grossbritannien äusserlich mäch- tiger und reicher denn je. Wenn damals angesehene Firmen fallierten und die Komtaxe wirkliche Him- gersnöte erzeugte, um wie viel mehr dann jetzt bei solcher Übervölkerung! Damals beherrschten wir das weite Weltmeer überall, Amerikas Zufuhr stand uns frei : beides fällt heut weg. Unsre sogenannten un- erschöpflichen Hilfsquellen versiegen durch solche
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Feindesflammen von allen Seiten, unsre fesiestm Bollwerke schrumpfen zu Asche ein. Wolle Gon. Lord Beresford möge morgen ein Trafalgar feier. Doch selbst dies risse uns kaum aus der Not D.r Yankees sind zähe und unverwüstlich, wenn sie i.':':. mal auf ein Geschäft versteiften, und es sind d^rr Feinde zu viele. Viele Hunde sind des Bären Tod Dauert dieser Stand der Dinge noch viele Monate so siecht Englands Volk dahin, und nichts bleu*. uns am Ende, als willenlose Kapitulation oder. i:h zittre es zu sagen, völliger Zusammenbruch des Reiches, ruhmloser Untergang.** (Wilde erregte Zu rufe. Viele Mitglieder ballen die Faust gegen die Iren. Die Erregung wächst.) „Da bewog ein Mit glied der Regierung seine Kollegen, unter zwei Übeln das kleinere zu wählen. Mit Amerika auf ab- ständiger Basis zu verhandeln, ist unmöglich, mi: Japan ebenso. Beide wollen uns Dinge abschröpfer*, die wir vorerst noch in Händen haben und nicht güi willig hergeben. Doch der Europäische Bundkönr. uns nur abverlangen, was wir ohnehin fahren lasse: müssen: die eroberten Sundainseln, das fast schtc verlorene Südafrika, Ägypten. Freilich, werden «i* ganz erdrückt, so würde man noch Gibraltar, Malta irische Unabhängigkeit von uns heischen und Go:i weiss was für andere Demütigungen. Jemand erb": sich, unmittelbar an Se. Majestät den deutschen Kaiser zu appellieren, dass er das Schwert in c\^ Scheide stecke. Ich schäme mich nicht, zu s^i;?- dass ich dies Regierungsmitglied, dass ich dieser ]e
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nand bin, und werde die Verantwortung* keinem Indern in die Schuhe schieben. Ich übernehme und rage sie." (Schwüle Pause der Erwartung.) „Ich jestatte mir, dem Hause unter Diskretion den Brief :u verlesen, den ich an Se. Majestät zu richten vagte. Ein ungewöhnliches Abweichen von allen liplomatischen Usancen, so ungewöhnlich wie die Lage selber.
„Sire ! Der Grossadmiral von England, Lord Charles Beresford, hat den Befehl, die Vereinigten Staaten- Flotte vor Baltimore anzugreifen und zu schlagen, [ndem er erwartet, dass jedermann seine Schuldig- rceit tue, wird er das Signalwimpel flattern lassen: Briten, ihr fechtet heut nicht nur für Englands, sondern Europas Unabhängigkeit.' Sollte Europa dies undankbar verkennen, so wird die Zukunft leh- ren, worüber der Ausgang dieses Kampfes entschei- det. Englands Zusammenbruch zieht nach sich das Ende der europäischen Hegemonie. Der Europäi- sche Bund wider uns spielt, ohne es zu ahnen, nur Amerikas Spiel und der Gelben Rasse Spiel. Beide Gefahren hatte Ew. Majestät Tiefblick schon Frühe erkannt, Sie werden auch jetzt durch äusseren Schein die Wahrheit erkennen. Vielleicht kam Ew. Majestät zu Ohren, dass der französische Komman- dant in Westindien sich im letzten Augenblick lieber uns als den Amerikanern ergab: ,Das sind unser aller Feinde.* Mögen diese Worte einen Wider- hall in Ihrem kaiserlichen Herzen finden! In Wür-
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digung der allgemeinen europäischen Gefahr ki die königlich britische Regierung die Ehre, sich an die kaiserlich deutsche mit dem Angebot sofortiges: Friedensschlusses zu wenden, falls die uns auferleg ten Opfer nicht allzuschwere.**
„Meine Herren, diese Depesche erging am 25. Schon abends traf höflichste Rückantwort du, dass Deutschland sich mit Frankreich verständigai müsse. Am 26. langte die schriftliche NonnieniBg der Bedingungen an. Wir haben abgemarktet, vas zu markten war. Die irische Affäre ist nur - ich will nicht sagen der letzte Nagel zum Saigt denn Gott sei Dank ist Englands Grösse noch unbt erdigt, doch das letzte Zünglein auJ der Wagt der letzte Tropfen, der den Kelch überlaufen madt Es bleibt keine Wahl. Die Regierungen sind einig. wir haben die Bedingungen angenonunen, wenn das Parlament sie genehmiget."
Die tragische Stille brach Balfours sehne dende Stimme : „Und was sind diese Bedingungen*
„Vor vierzehn Tagen wiu'de von dieser Stae die Akte des Europäischen Bundes verlesen. Heut empfangen Sie dazu die Ergänzung. — Zum Ver ständnis eines Paragraphen schicke ich voraus, dass Holland, Luxemburg, Belgien in staatsrechtliches Verhältnis als Bundesstaaten in das Deutsche Reich eintreten, demnach auch Hollands Kolonien dem Protektorat des Deutschen Kaisers anheimfa^ len." (Unruhe. Rufe: „Aha! Die oraniscfic Erbschaft!")
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„I. Zwischen den hohen Regierungen des Europäi- schen Bundes und der Regierung Sr. Majestät des Königs von Grossbritannien und Irland, Kaisers von Indien, ist der Frieden geschlossen auf folgender Grundlage :
§ 1. England zahlt eine Entschädigung von 10 Milliarden Mark an Deutschland für die ihm zugefügten schweren Verluste." (Stöhnendes „O, o V* von Nationalökonomen des Hauses.) „Frankreich verzichtet auf Geldentschädigung für Zerstörung Bi- sertas, in Anrechnung der bestehenden eigentüm- lichen Verhältnisse." (Ein Ruf ,Judas verzichtet auf seine Silberlinge I" Verächtliches Lachen.)
§ 2. England gibt an Spanien die Balearen zu- rück und räumt Ägypten nach Massgabe der frühe- ren Bestimmungen des Europäischen Bundes." (Ver- schiedene Rufe „Nimmermehr I") „Doch behält es Port Said und Suezkanal." (Allgemeines freudiges „Ahl") „Es gibt die Sundainseln an Holland unter deutschem Protektorat zurück und tritt die ehe- maligen Burenrepubliken, Rhodesia, Nordgrenze von Kapland imd Hafen Durban an Deutschland ab." (Rufe „Unverschämt! Wir wollen nichts mehr hö- ren I") Dagegen behält es die eigentliche Kapkolo- nie und Natal." (Wieder befriedigtes „Ahl" Höhni- sche Rufe der Iren: „Das für Jameson, und Maju- bal" Ein Radikaler: „Nicht mal bei Gladstone konn- ten die Buren ihr Recht finden, als Sir Bartle Frere ihnen den ,Rand* und Kimberley stabil Immanente Gerechtigkeit der Dinge!")
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„II. England tritt der Zollunion Europas fürsiä und seine Kolonien bei, natürlich unter voller \\ ab rung seiner sonstigen politischen Unabhängigkeit. (Unbestimmte Aufnahme.)
„IIL Der Europäische Bund garantiert den: Britischen Reich ein für allemal seinen gesamten sonstigen Besitzstand. Was verlorengegangent aussereuropäische Besitzungen betrifft, so trin der Status quo wie vor dem Kriege wieder ein, wobc. die Kontrahenten sich verpflichten, jedermann n seinem früheren Rechte zu verhelfen." (Rauschen des „Hört, hört!*' Beifälliges Murmeln.) „Von dit ser Abmachung ist Portugal ausgeschlossen, das der Europäischen Bund nicht angehört. Madeira und di Azoren fallen an Deutschland, alle übrigen Kolonia. besitzungen Portugals an England." (Zunehmende freudige Bewegung. Man machte also doch noch ein Geschäft I)
„IV. Wie aus dem Tenor dieser Abmachung he: vorgeht, ist in der Garantierung des britischen ^' sitzstandes zugleich involviert, dass der Europäiscß^ Bund zu Wasser und zu Lande mit allen ihm lu Gebote stehenden Mitteln gegen die Übergriffe Anie rikas und Japans den britischen Interessen zur Seite steht. Jeder einseitige Friedensschluss der KonTc henten mit den genannten Mächten wird ausdrückbc:. und feierlich ausgeschlossen."
Meine Herren, ich sehe, dass Sie den Sni dieses Schriftstücks voll erfassten. Wir behalte: Suez und Kapstadt, mehr können wir nicht verlangf^
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vexui wir damit unser Gesamtreich für alle Zukunft lecken. Ich habe nur noch hinzuzufügen, dass nach Ihrer Genehmigung des Vertrages der deutsche Bot- »cliafter an Japan wegen der Sundainseln, der fran- lösische an die Vereinigten Staaten wegen der fran- :ösischen kleinen Antillen, beides Bestandteile der Bimdesgemeinschaft, den Krieg erklären wird im Mamen des Europäischen Bundes."
Einstimmig, sogar unter Teilnahme der Iren, interzeichnete das Abstinunungsvotum des briti- schen Parlaments eine Uikunde, welche für immer ias Aussehen des Erdballs ändert, die verdiente und durch jahrtausendlange Kulturarbeit verbriefte Suprematie Europas für ewig begründet, die Streitaxt zwischen europäischen Brudervölkern begräbt und der gelben wie der transatlantischen Weltgefahr ein jähes Ende bereitet.
Das walte Gottl Die Vereinigten Staaten von Europal
Ende.
Völker Europas . . . ! 42
Anhang.
Tabelle der britischeii Flotte 1906.
Im Text ist kriegsmässige Zasammensetzong unter mannigfachem Austausch von Schiffen zwischen den ver- schiedenen Geschwadern angenommen. Verschieboc: von Teilen der Mittelmeerflotte nach Norden kann 12 vielen Fällen schon jetzt festgestellt werden. Die ix Text ausserhalb der tatsächlich schon bestehenden Schi^e angefahrten Schiffsnamen sind erfunden for isneriuib nächster Jahre zu bauende Reserveschiffe, gerade «c wie far deutsche etwaige Neubauten erfundene Name: geboten werden mussten. Im ganzen dürften deutsche Marinekreise bisher keine ähnlich vollzählige Ordre de Bataüle britischer Seemacht besitzen. Die mit eines Stern versehenen Namen sind im Text anderem V^lr- kungskreis zugeteilt
Mittelmeer (Malta und Gibraltar) Admiral Lere Beresford. Vizeadmiral Maj. Sc hl achtschiff di^ > sionen: Rearadmiral Sir Chichester (Gibraltar). Rer- admiral Bridgeman (Malta). Reserve: Rearadmiral S- Percy Scott (Malta). Kreuzerdivision en: Rearadmin Prinz Ludwig Battenberg. Rearadmiral Hononiable S- Hepworth Lambton.
„Prince of Wales** (Admiralsflaggschifl% gRamillit?" (Flaggschiff), „Anson**, „Bulwark** (Flaggschiff), .Rcvengt*. „Empress of India**, „Irresistible" (Flaggschiff Biidgemacf „Implacable**, „Camperdown**, „Devastation", JSalta:*. „London***, „Queen*** (vom Kanal wieder zurückbeordft. „Hood"*, „Cäsar***, „Excellent"*, „Venerable«* .Fcm- dable*** „Defiance***, «Repulse***, „Royal Oak*** ^Hanr- bal*** „Malta***, „Royal Sovereign«*. (,,Cäsar*^ seh n Kanal, Kreuzer „Niobe**, heut Flagpchiff Gambiers. R(^' serve, „Repulse*« „Oak**, „Defiance**). ^Nüc**, «Trafen
2. Kreuzerdivision (Korfu): „Drake** (Flac-- schiff), „Comwall**, „Cumberland**, „Bahama**, ^.BiäK Prince**, „Berwick**, „Niobe**. II. Klasse: „Thesexis' „Dido***, „Hebe***, „Scylla** (heut Chatam), ^Gibralrnr.
3. Kreuzerdivisin (Port Said): ^Xeviathi:^* (Flaggschifi). „Lancaster***, „Suffolk", „Camarvon**, -Moc- mouth** (z. Z. Colombo), „Egmont**, ••Minerva'*. IL KIa5?f : „Venus**, „Orlando", „Narcissus**, „Undaunted*^. -B^'*
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ham^\ Kleinere Kreuzer: „Hasard^S „Saiamander^S „Scylla", „Charybdis", „Hossar^S „Fortress**, „Fearless" usw. Destroyers: „Bmizer**, „Foam***, „Boxer***, „Ar- dent***, „Griffon***, „Dragon***, „Mallard**, „Banshee***, „Stag** usw. Mnnitions- und Torpedovorratsschiff „Vul- kan**. Despatch - Vessel „Surprise**. Hospitalschiff: „Maine**. Torpedodepotschiff „Hekla** (Port Said). 26 Schlachtschiffe, 24 grosse Kreuzer (12 L Klasse).
Kanal (Pl3rmouth, Portsmouth) : Admiral Bowen-Smith, Adm. Wilson. Vizead. Howe, Drury. Rearad. Gross, Neville. (Wilson aktiver Admiral, wie Adair bei Reserve.)
„Exmouth** (Flaggschiff Wilsons), „Jupiter** (früher (Malta), „Swiftsure**, „Resistance**, „Redoutable**, „lUustri- ous", „Victorious***, „Barfleur***, „Cambridge**, „(Goliath***, „Triumph** (früher Clydedivision, Schlachtschiff I. Klasse 1904)» „Hibemia** (dito 1906), „Indus**, „Britannia**, „Pre- sident** (ersteres 1906 als Schulschiff, letzteres als Kästen- panzer bei Dartmouth und Schottland ausrangiert), „Maje- stic***, „Glory***, „Albemarle**, „Rüssel***, „Cornwallis**.
4. Kreuzerdivision: „Good Hope** (Flaggschiff Nevilles), „Devonshire**, „Euryalus**, „Sutlej** (früher China), „Essex**, „Donegal** (alle I. Klasse neuesten Typs).
„Hawke**, „Edgar**, „Latona**, „Juno**, „Ariadne***, „Endymion**, „Europa**, „Research***, „Argus***, „Blake**, „Impregnable**, „Terrible** (Flaggschiff Cross*)*, „Hermi- one**, „Thames***, „St George***, „Pembroke**, „Wallaroo** (bis 1906 Australien), „Furious***. Kleinere Kreuzer: „Le- ander**, „Terror**, „Gladiator**, „Topaze**, „Petroleum**. Destroyers: „Havock**, „Boyne**, „Ouse**, „Colne**, „Kaie**, „Lee**, „Success**, „Blackwater**, „Bittem**, „Gipsy**, „Roebuck**. („Hawke**, der jedoch stets als grosser Kreuzer galt, „Edgar**, „St George** angeblich noch unge- panzert). 20 Schlachtschiffe, 24 grosse Kreuzer ( 10 L Klasse). K. B. „Dryad", „Blazer**, „Bustard**, Shoreship „Reggis**.
Nordsee (Ros3rth, Clyde) Admiral Sir H. L. Pearson, Höchstkommandierender im Norden. Vizead. Mann, Rearad. Campbell, Henderson, Winsloe. „Captain**, „Valiant**, „Active**, „Thunderer**, „Glasgow**, „Coura- geous**, „Duncan** (früher Malta), „Remarquable**, „Re- nown**, „Dreadnought** (Kapitän Bacon vom „Irresistible**).
42*
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I. Kreuzerdivision: »Jnvincible»* (Typ oberstes Ran|3[e8), „Natal**, „Minotani**, «.Gloncester (aDc Tkr allererster Klasse), »J-eicestershire***, „Olympia-, «Lös- dondeny**, „Imperieuse^, „Polyphem'*, ^chater. J^ gyll", ^partiate", „Powerful" (Typ L Klasse), ^trim-. „Roxburgh", „Hampshire^ „Gräften**. Transportmanoe- schoner „Philomela**, Riesendampfer „LnsitaDJa** (3S00: Tonnen, 25 Knoten). Depotschifl „Tyne", Spcc ,.Heani-
1. Permanente Flottille: ,;Saphii**. KreBier. Flaggschiff Winsloes. Kleinere: ,,Siiias% «Hyamtii". „Circe**. Destrojers : „Gossamer**, , Jason**, „Flybig Fish-. „Contest**, „Doon**, „Teazer**, »,Chee^weIl^ ,.Garn-. „Vulture**, „Ribble**, »Jtecruit**, „Dee^ „Exe**. -Sör. „Brazen", „Eden«, „Vixen", ,,Ferret",„Da8her*,,Siiapper. „Hörnet«, „Racer«. Scouts: „Pathfinder«, .Forward* ns». IG Schlachtschiffe, 18 Kreuzer (12 L Klasse).
Reserve (Sheemess^Chatam- Devonport). Admiri Beaumont Rearad. Adair (früher Malta) und GamHe „Resolution*** (Flaggschiff), „Albion^ „Colossns-, ^CaD> pus**, „Ocean**, „Magnificent**», „Dominion***, „Mair.^a ward VIl.**, „Vengeance** (reformiert, 19 Knoten)*. S\^- tory**, „Commonwealth***, „Prince Geoi^e", „Ccntorior
2, Permanente Reservedivision undFlottiUc Kreuzer „Talbot", „Argonaut**, „Abukii**, „Vindictire- „Bedford**, „Hogue** (bis 1906 Westindien). TL Klasse „Doris**, „Thetis** (bis 1906 Port Said), J[phigellia^ Jsr (bis 1906 Malta, Kadettenschiff), „Blenheim^ ,3achani " „Cynthia**, „Cygnet**. Destroyers: „Opossum«, S^okv. ,Lynx**, „Chelmer**, „Greyhound**, Swordfish-, -Mj^* midon**, „Bat**, „Ure**, „Wear**, „Mermaid^ Jto>- „Wolf*, „Sunfish**, „Rother**, „Salmon**. Toipcdoscha.- schiff „Actäon**. „Bonadventure** (früher Kreuzer in Cto Depot for Submar. „Vivid***. Surveying Vessei ^Tritor Scout„Skirmisher**, „Foresight«. Panzer „Hindostan-.-N^* Zealand**, „Afiica** entsendet Kreuzer „Forth- br Destroyers. 17 Schlachtschiffe, 17 Kreuzer (7 1 1^^^
Atlantic (4. Cruiser) Squadron (Kingston. Ber- mudas, Halifax, Newfoundland Fishery). Admiral >^ Bosanquet Rearad. Sir Egerton.
Kreuzer „Royal Arthur« (Flaggschiff, früher Kani«
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^Highflyer^ (früher Kadettenschiff, Kanal), „Brilliant^, ^Dakeof fidinbnrgh** (Neafandiand), „Camberlan*', ^^lora", ..Arrogant**. — „Amethystes „Sappho*' (Neafandiand, deta- chiert nach Chatam), „Diamond''. Sarveying Vessels: „£geria'', ^Sphinx^ („Arthar", „Highflyer" angeblich noch angepanzert}. Nenerdings „Earyalas*' Flaggschiff„Thamar^.
AsiaticandEast-India-Sqaadron. Vizeadmirale Sir Edgar Poe and Sir A. Moore. Kreazer „Hermes** (FlaggschifiF), „Indefatigable** (Singapore, arsprünglich zar 4. Division gehörig), „Perseas^ (East-India), „Andromeda" „Asträa«, „King Alfred« (FL-Sch. Moores), „Kent*** „Fox«* (Aden), „Proserpina", K.B. „Robin*% „Redbreast**, „Thistle**, „Britomart**, „Bramble**, „Lapwing** (Shangai), „Dwari**. Despatch Vessel: „Alacrity**, Sloops „Clio**, „Cadmas**.
Aastralien. V.-A. Sir Wilmot Fawkes. „Prometheas** (Sidney)*, „Calliope", „Challenger" , „Pioneer** (beide Melboame), „Taalanga** (Melanesien), „Kangaroo**, „Psyche**, „Pegasas**. Kleinere Kreazer: „Pandora**, „Am- phitrite**, „Amazon**, „Äolas**. Sloop„Shearwater"(Victoria). Heat „Powerfiil**, Flaggsch., „Äolas**, „Amphitrite** Kanal.
Cape of Good Ho pe-Sqaadron (Kapstadt). Rear- admiral Damford. „Crescent** (FlaggschiilO , „Peloras»*, „Forte**, „Niger**, „Ganges**, „Terpsichore** (Sansibar), Wachtschiff „Goldfinch** (Dakar).
Fern. Kreazer: „Cochrane", „Magician**, „Medasa**, „Agamemnon**, „Fireqaen**, „Cressy**, „Diadem**, „Diana", „Kestrell**.— „ Vigilant**, „Sylvia**, „Zephir**, „Rinaldo**, „Val- tare**, „Aran**, „Daneddin**, „Rivaz", „Thorne**, „Tene- dos**, „Cormorant**. Scoats „Adventare**, „Attentive**, De- stroyer „Indastry**, „Ettrick**, „Eme**, „Spanier**, „Weiland", „SeaguU**, ,Jad**, „Falcon**, „Kennet**, „Osprey**, „Affrid".
Nene Schliffe von 1906: Monstreschiff „Dread- noaght**, vier andere gleichen Typs beschlossen. „ H i b e r - nia", Kreazer „Minotaar**, „Forth**, „Natal** (14 000 Tons). 1905 : „ E a r y a 1 a s **, 6 Typ „Devonshire**, 9„Kent**. Klasse „Edward VII.**, „Dominion**, „Common- wealth**, „Hindostan**, „New-Zealand**.
Alte Schiffe: „Britannia**, „CoUingwood** , „Asia**, „Inconstant**, „Northamberland**, „Bellerophon** als aas- rangiert, wahrscheinlich za Küstenpanzem amgeformt
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In Auktion verkauft als Schiffe UL Klasse: ,^apeit'. ,,Amphion^S„IronDnke*% Kreuzer ,4>anae^, ,4-eda**,«Piir „Vincent^, „Ringaroma*^ und 5 Kanonenboote L Klasse.
Kustenpanzer: ,Julia** (Clyde), z.Z. auch .J^rcs- dent«" (Schottland), „Britannia'SKreuzeT^Espiegle^ (Kanal.
Im glänzen zuizeit 73 oder 70 Linienschiffe (eikh- sive ,Jndu8^, „President^, „Britannia*'), ixo grosse Kies* zer von 5— 14000 Tonnen. Angabe in nenen deatsches Fachwerken 55 Linienschiffe, 82 grosse Kreuzer, 1720Q00 Tonnen ist schon heut veraltet, überholt BemanDuiu: dürfte mit 95 000 für Linienschiffe und grosse Kreoie:. S5000 für alle kleineren Einheiten nicht zu hoch bemessec sein. Nach neuester Verordnung haben nur die Schlacb:- schifle I. Klasse („Triumph«, „Edward VU.'O imd Kiea zer I. Klasse Detachements der Royal Marine Aitüleiy. alle anderen bedient von Royal Marine Light Isfaniry. während früher erstere nur f^ Schlachtschiffe, letztere für alle Kreuzer in Betracht kam. Viele neue Kreoiei mit 4 und noch mehr „power-worked*'- Geschützen tob mindestens 9,2 Zoll sind stärker als ältere Schlachtschid^e daher obige Umwandlung. Wenn man bcdenkti d^s nach neuester Berechnung jeder englische Infanteris: jährlich, in deutsches Geld umgerechnet, 1150 Hark da- heim, 1500 in Indien kostet, jeder Kavallerist 1260 qs<^ 1650, jeder Pioneer 1550, jeder Fuss- und reitende Ar- tillerist 1 180—1300, 1600— 1740 Mark, so mache man sich von den unerschwinglichen Kosten einen Begriff, die em englische See- und Landmobilisiemng erfordert
Bei ,Dreadnought* und seiner Klasse (19000 Tonnen sind statt zehn 30 cm von uns je ein 34, 40, 42 cm angenom- men, was gesteigerter Anforderung besser entspricht ose durch Wegfallen von fünf 30 cm ausgeglichen werden kans- Jedes Geschütz Afterturret wiegt angeblich 100 Tonnen Rotgestrichener Schornstein (war-paint) z. B. ,ßtdhT^'
Commander of Portsmouth: V. Ai Douglas. Super- intendent of Dockyards: R. Ad, Barry. Deputy-Adja; Gen. of R. Marines: Lieut Gen. Wright Inspectoi 0 Target Shooting: R. Ad. Scott Überzählige Aäsm^ Sir Seymour, Harris, Bridge, Fitzgerald, Frecmantk Pensioniert: R. Ad. Barrow,Bearcroa, Mac GiU Cochnue.
iS
t
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Nea ernannt: R. Ad. Field, Tudor, Inglefield. Controller of the Navy: Capt Jackson. Chief Officer of Coastguard: Blackmore. Constmctive Manager: Crocker. Depot: Commodore Fisher. Oberintendant Barlow.
Schiessrecord : bei „Drake^^ Record in Coaling: „Ar- gonaut*^ (53 Tons per Stande, normal 23 „Resolution*'). Kohlenbedarf för Manöver: 600000 Tons. Instraktions- schiff : „Renown" (Commodore Tyrrowith) statt „Revenge**. Dolmetscher för deutsch: Major Kappy bei „Eurya- lus" usw. Drahtlose Telegraphie : „Garry** usw. Torpedoschul- schiff: „Vemon''. Portsmouth: Forts Noman, Blockhouse, Coaldepot C. 1. Sheemess: Schiessschulschiff „Cam- bridge". (Auch „Defiance", „Endymion".)
Gescheitert: „Montague** (14 200 Tonnen, 1 9 000 Pferd e- kraff , Kosten 30 Millionen, Bauzeit 5 Jahre). Schiffbau- statten: Yarrow's Poplar Works usw. Neueste Typs: Coastguard-Destroyers „Gadfly". Scouts mit iVa Zoll Panzer, zehn 12-, acht 8-Pfundem, zwei Untertorpedo- ausstossrohren, 25 Knoten. Im Bau: Kreuzer „Shannon^, ,.Defence", 27000 Pferdekraft, 6— 10 -zölliger Panzer^ 14 Barbettegeschätze, 18 Zwölfpfander „quick fire*'. 5 Maxims.
Neueste französische Schilfe 1906.
„Michelet^S „Renan'S grosse Kreuzer. Im Bau: „Danton'* (18000 Tonn. 19 Knot 4 ä 30, 12 a 24 cm, 1 6 Schnellfeuergeschütze). Zum Bau befohlen : „Voltaire". ..Mirabeau", „Condorcet**, „ Vergniand". Letztgeschaffenes Torpedoboot: 362 („Flottille de l'Oc^an, Flottille des Mer de Chine"; 1902 erst 200 Torpilleurs). Gesunken „Farfadet".
Spezialitat: Avisotorpilleur „Rance", Mission Hydro- graphique^Madagascar. Bassin far Schiffsmodelle, schwim- mende. Schiessscheiben. Telemeter des Major G^rard-
Ameiikasische Marine.
„Boston**, „Chicago" , „Princeton", „Marblehead", „Lancaster**, „Galveston", „Chattanoga", ..Denver**, „Ala- bama". — „Charleston", „Oeveland", „Missouri**, „Flo- rida", „Texas**, „Bennington". — „Independance**, „Con- stellation", „Maine**, „Massachusetts", „Brooklyn**, „Po- tomac**, „Iowa**. — „Westvirginia", „Pensylvania**, „Mar}'- land", „Colorado**. — „Illinois", „Indiana", „Kears- arge**, „Gloucester", ..Kentucky". „Minneapolis**, „Tren-
»» «»
664
ton**. Kreuzer „Concord**, „Tacoma**, «Monadnok' ,JEagle*', ,,Raleigh**, ,»Marietta*S „Dolphin**, „Jusrir. „Mayflower**, „Porter**, „Nicholson**, JBlakelef*, ^Dg- pont**, „Rodgers**, „Des Moines**, „Dubuqne^, Diydock Dewey**, „Don Juan d' Austria« „Talbot", „Ranger**. Koste : Nashville**, ,3tockton'*, „Oregon-, „Culgoa", ^Terror. Hawai: „Wisconsin**, „Ohio**. — „Baltimore**, „Haa- cock**, Kreuzer „Wolverine", „Wabash**. Neu: „Rhode Island^ „Connecticut**, „Virginia**, ,J-uisiana^ Kreiuer „Washington**, „New Yersey**, „Tennessee**, Im Ban: „Delaware** (allerersten Ranges), „Newark**, ,3eveni-. „Columbia**. Ganz neu: „Greorgia**, 26 Knoten. Amdlian Transports: „Brutus**, „Cäsar**, „Glacier*. DestroTers: „Dixie**, „Rainbow**, ,3aiTy**, Bainbridge**,„Scncca-, „Nm- gehow**, „Preble", „Perry**, „Arkansas**, ,,Na>ada"„JLoois^ Experts drahtloser Telegraphie : Lieut Commaoders Kaiser und Robinson. Neue Flottenstation: Ca>ite. Patriotische Neuerung: Ehrenbezeugung jedes SchiSs, das Mount Vemon (Washingtons Haus) passiert.
Neueste Vorlage: Nur ELreuzer in Asien, alle Schlachtschiffe „als enorme Flotte** im Atlant Meer zusammenziehen, alsogegenEuropaü Warum wohl :.
Verhältnis für 1908: 50 englische Schiffe nid: älter als 16 Jahre. 32 erstklassig gegenüber 13 Deutsch- land, 8 Frankreich, angeblich 19 Amerika.
Ital. Marine. Im Bau: „Roma**, „Napoli**, „Marco**, „Giorgio", 20 Torpediere Typ „Orione", „Pegaso", ^CigBö-. „Alcione", Subm. Typ „Otaria**, „Tricheco**, .»NarraJoi^. Ausrangiert: „StromboH", „Messaggcxo", ,,Archiinc<ic''- Österreich. Küstensch. K. B. „NautUuA*', ^Albatros" usw. Schweden. Panzer „Dristigheten** usw. JUmemBxt Kreuzer „Hekla** usw. Norwegen« K. B. »«Sleipoer".
Anmerkung. Bezüglich des französischen £in^^ in Kanton Basel ist die neue strategische Elsaß -Bahn Cemay-Dannemarie gegenüber Delle mitberechnet
Rhein. Jäger sonst Schlettstadt, Mecklenb. Colmar. Hessendarmstadter (S. 116} als wiederformiert ange- nommen. (S. 143 Z. 26 lies „Brigade** statt „Division' „Ers. Wacht**, „Danzig**, „Königsberg** im Text aiKio^ getauft
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RAMON DE DALMAU Y DE OUVART MARQUES DE OLIVART
Received December 31, 191 1
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