Von 8Zütrmern des ſuͤſſen und ſalzigen Waſſers, mit Kupfern. SS are N Udo Dae ar Aufıl 21 A K 2 e ele. simul, | Bon Otto Fridrich Müller, Koͤniglichem Kanzley- Rath, der Roͤmiſch. Kaiſerl. Schwediſch. und Bayer. Akademien der Wiſſenſchaften, wie auch der Norweg. Turin. und anderer Geſellſchaften Mitglied. Kopenhagen, 1771. Verlegts Heineck und Faber. Gedruckt in der Hof⸗Buchdruckerey bey Nicolaus Möller. . 22 . Au Seine Majeſtaͤt Chriſtian Siebenten, Koͤnig zu Daͤnnemark und Norwegen. Allerdurchlauchtigſter, Grosinächtigiter Allergnädigſter König und Herr! ; 1 Deſchaͤftiget mit dem Gluͤck der Voͤlker: umringet von allem „ was die Kunſt einnehmendes darzuſtellen ver- mag, gönnen dennoch Ew. Majeſtaͤt den unbemerk⸗ teſten Wirkungen der mannichfaltigen Natur Ihre Aufmerk⸗ ſamkeit. Auch der Wurm / den der verachtet, der ihn nur obenhin anſiehet, ft Ew. Majeftät ein Gegenſtand der Bewunderung. Dieſe Zuͤge einer groſſen Seele veranlaſſeten gegenwaͤrtige Geſchichte einiger beſondern Wurm⸗ Arten des 03 Waſſers. Waſſers. Sie iſt der huld⸗ reichen Zufriedenheit, mit welcher es Ew. Majeſtaͤt in den abgewichenen Jahren gefallen, meine Arbeiten in der Natur⸗Geſchichte anzuſehen, ihr Daſeyn ſchuldig. Dieſer gnaͤdige Beyfall war mir eine kraͤftige Auf, munterung meine Zeit auf die Unterſuchung der Natur ferner zu wenden, bis Hoͤchſt Dieſelbe mir ernſtere Geſchaͤfte in Ihren und des Vaterlandes Dienſten anzuweiſen geruhen würden. Moͤgten Ew. Majeſtaͤt groſſe Abſichten zum Wohl Ihres Volkes, und die Wuͤnſche Ihrer Unterthanen für den beſten Koͤnig alle völlig erreichet werden! Ich erſterbe in tiefſter Ehrerbietung Ew. Majeftät Kopenhagen, den 2 Marz, 1771. 5 allerunterthänigßer ie rs Otto Fridrich Müller. die Gewuͤrme haben bisher vor allen Thieren das Schickſal ge: habt, nicht nur uͤberſehen, ſondern gar verabſcheuet zu werden. Nichts deſtoweniger find fie hoͤchſt merkwuͤrdig; man wird an ihnen ſolche Eigenſchaften wahrnehmen, die uns ſo viel mehr befremden, da wir ſie an andern ſo genannten vollkommenen Thieren vergebens ſuchen. So bald der Menſch zu ſeinem Gluͤcke annahm, was Vernunft und Er⸗ fahrung ihm abzwingt, daß alle natürliche Gegenſtaͤnde feine Mitge⸗ ſchoͤpffe find, erhielt auch der Wurm ein Recht auf unſere Betrachtung; man verließ den falſchen Satz der zweydeutigen Zeugung, welcher den aͤltern Naturforſchern die Augen zuhielt, und nun entdeckt man taͤglich neue Wunder der Erhaltung, Fortpflanzung und Begattung dieſer bisher verachteten Geſchoͤpfe. Unter die den Alten wenig bekannten gehoͤren auch die ſo ge⸗ nannte Nereiden. Ariſtoteles, Plinius, und ihre Ausſchreiber bis guf den Jonſton, erwehnen zwoer Arten derſelben, allein was ſie A davon 2 * D- davon ſagen, iſt ſo allgemein und fabelhaft, daß das wenige wahre von Maͤhrchen erſticket wird. Dieſe Thiere haben vieles vor den uͤbrigen Wurm ⸗ Gattungen voraus, und find eben fo vollkommen mit duffern Gliedmaſſen und verſchiedenen Sinnen verſehen, als viele der andern Thier⸗Ordnungen. Sie koͤnnten mit gleichem Rechte einen Platz in der Claſſe der Inſekten fordern, als ſie unter den Wuͤrmern ſtehen. Sie haben ſo wohl Augen, Fuͤhlhoͤrner, Fuͤhlſpitzen, einen aus Gelenken zuſammengeſetzten Leib, und Fuͤſſe als wie jene; und obgleich dieſe Glieder in ihrem Baue von den Inſekten verſchieden ſind, ſo thun ſie doch gleiche Dienſte, ja die Nereiden oder Tauſendfuͤſſe des naſſen Elements kommen im ganzen den Vielfuͤſſen der Erde ſo nahe, daß ſie beym erſten Anblick nicht nur zu einer Ordnung, ſondern zu einem Geſchlechte, zu gehoͤren ſcheinen. Dieſer Aehnlichkeit wegen nannten die Alten fie Meer ⸗Naſſel (Scolopendra marina), und Ariſtoteles jagt; fie find den Erd- Affen dem Anſehen nach gleich, etwas kleiner, und haben zaͤrtere Fuͤſſe. Doch wird eine genauere Betrachtung ihrer einzelnen Theile zeigen, daß ſie von dieſen ſo verſchieden ſind, als der Ort ihres Aufenthalts, als Waſſer und Erde. Die Bewohner der Erde haben (nur etwas zu erwehnen) gegliederte Fuͤhl— hoͤrner und Fuͤhlſpitzen; die Einwohner des Waſſers hingegen, unge⸗ gliederte und zugeſpitzte. Die Fuͤſſe jener find aus unter ſich aͤhn⸗ lichen Gelenken zuſammengeſetzt, dieſer hingegen viel kuͤnſtlicher und mannigfaltiger. Der Ritter von Linne iſt der erſte, welcher die Tauſendfuͤſſe der Gewaͤſſer von den Vielfuͤſſen der Erde unterſchieden, und dieſen die Nahmen- Scolopendra und Julus vorbehalten, jene aber Nereis und Aphrodita genannt hat. Er ſucht die Nereis von andern Würmern dadurch zu unterſcheiden, daß fie einen laͤnglichen, geraden (lineare) kriechenden Dee. 3 kriechenden Koͤrper haben, daß fie an der Seite mit pinſelfoͤrmigen uͤber den Mund mit fedrichten Fuͤhlfaden beſetzet, daß der Mund am Ende des Koͤrpers, und mit Klauen verſehen ſey. Dieſe caracteriſtiſche Zuͤge haben den Mangel *) daß fie theils nicht genug beſtimmt find, und nur auf wenige Arten ſeines angenommenen Geſchlechts paſſen, theils daſſelbige nicht von dem Geſchlechte der Aphrodita unterſcheiden. Als ich daher die naͤchſtfolgende theils wenig, theils gar nicht bekannte Waſſerwuͤrmer zu beſchreiben gedachte, unterſuchte ich genau diejenige Linneiſche Nereiden, welche mir zu Geſichte kamen, und fand, daß ſie verſchiedene Geſchlechter ausmachen. Ich zweifle gar nicht, daß der Beobachtungs Geiſt, welcher unſerm Jahrhundert ſo eigen iſt, noch manche Arten derſelben aus der Tiefe der Meere herauf holen werde. Ehe ich aber den Caracter meiner neuen Geſchlechter beſtimme, iſt es noͤthig darzuthun, daß der Linneiſche weder voͤllig angemeſſen, noch zulaͤnglich ſey. Der Leib ſoll laͤnglich (oblongum) ſeyn, beſſer heiſt es lang, ausgeſtreckt (elongatum). Der Mund ſoll Klauen haben (angviculatum) dieſes fin- det ſich wenigſtens bey feiner cirrofa, viridis, und maculata nicht. Die Fuͤhlfaden (tentacula) ſollen befiedert (plumoſa) fen und uͤber dem Munde ſitzen; keine der angefuͤhrten, ſo viel man aus den citirten Figuren und aus der Beſchreibung ſehen kann, haben der— gleichen; ſie ſind vielmehr bey den meiſten einfache, von einander | A 2 ſtehende, ) Die Anfahrung des mangel⸗ und fehlerhaften in den Beobachtungen des Hrn. von Linne, bitte ich auf die Rechnung der Wahrheit, und nicht einer wenigern Achtung für die groſſen Verdienſte dieſes vortreflichen Mannes zu ſchreiben. 4 ee ſtehende, zugeſpitzte Hörner, und ſitzen hinten an beyden Seiten des Kopfs; dem lacuſtri fehlen fie gaͤnzlich, wenn man nicht feinen Ruͤſſel fir einen Fuͤhlfaden anſehen will. Die Borſten und Fußglieder, die laͤngs dem Koͤrper an den Seiten oder unter denſelben ſitzen, nennet der Ritter auch Fuͤhlfaden und dieſe ſollen pinſelfoͤrmig ſeyn. Wir werden gleich ſehen, daß ſie nicht Fuͤhlfaden genennet werden koͤnnen, ſondern wahre Schwimmfuͤſſe ſind, und, wenn auch dieſen bey vielen wegen der daran ſitzenden Haarzoͤpfe der Nahme pinſelfoͤrmig zukaͤme, ſo machen doch feine lacuſtris, die eine einzelne, und feine cirrofa, die nur zwey Seiten: Borften hat, davon eine Ausnahme. Der ſpecifiſche Caracter iſt nicht gluͤcklicher gewaͤhlt: es hat der Ritter denſelben bey mehrern von der Zahl ihrer Gelenke herge— nommen; ich habe lange geargwohnet, daß dieſe nicht beſtaͤndig einerley ware, und die Bemerkungen, die unten bey der bunten Nereide vorkommen werden, haben meinen Argwohn beſtaͤtiget. | Haͤlt man gleichfalls den generiſchen Caracter der Aphrodita des Hrn. von Linne gegen feine /quamata und imbricata,. wird man finden, daß auch dieſer nicht wohl paſſend und wenig unterſcheidend ſey. Der Koͤrper ſoll oval ſeyn; er iſt laͤnglich. Die Fuͤhlfaden ſollen um den Mund ſitzen, und borftenartig ſeyn; fie ſizen am Vorder-Ende oder am Kopf, ſind geringelt, und laufen aus einem dicken Anfang almaͤhlig ſpitzig zu. Der Mund ſoll feine Zaͤhne oder Nägel haben (os-inerme) er hat derer vier. Ueberhaupt paſſet ſich, wenn man das nicht allgemein richtige Kenn⸗ zeichen von oval und laͤnglich ausnimt, der Caracter des einen Geſchlechts ONIERMENTERF 5 Geſchlechts fo gut zu den Arten des andern als zu fernen eigenen Arten. Hr. Pallas, ein vortreflicher Beobachter, merkte bald das unbeſtimmte in dieſen caracteriſtiſchen Merkmalen, und verſuchte einige der Linneiſchen Nereiden unter das verwandte Geſchlecht Aphro- dita, und einige der Linneiſchen Serpzla unter das Geſchlecht Nereis zu bringen. Allein auch hier werden wir eben ſo wenig befriediget; wir finden kein generiſches Kennzeichen, das allen Arten gemein, und dem Geſchlechte eigen iſt. Um nur einige zu erwaͤhnen ſoll ſeine Aphrodita eine vierfache Reihe borſtiger Fuͤſſe und Öranchtas haben; feine /guamata, lepidopta und cirrhofa hat keines von beyden; fie ſoll an jedem Fuß einen fleiſchigten Stachel Haben, dieſer fehlt der Jamamata. Seine Nereis ſoll eine gegen den Schwanz an Breite abnehmenden Leib haben, Fuͤhlfaden u. ſ. f. dieſes kann auch von ſeinen Aphroditen geſagt werden. Zwar ſind die ſichtbare Branchie ein deutliches Unterſcheidungs Merkmal, fie. finden ſich aber bey vielen ſeiner Aphroditen nicht. Meines Erachtens werden die mit aͤuſſeren branchiis verſehene ein eigenes Geſchlecht ausmachen, fo wie ſich auch die Serpulæ oder in Schalen gehuͤllte noch in mehrere zer— theilen laſſen. Ueberhaupt kann ich nicht einſehen, mit welchem Recht man die Schal Thiere (Zeffacea) in ein Geſchlecht mit den nackenden (mollufca) verbindet; wenn auch gleich der Einwohner der Schale mit dem unbedeckten viele Aehnlichkeit hat, bleibt doch der Bau ſeiner Schale immerhin was weſentliches, und ſetzet bey ihm ſolche eigene Werkzeuge voraus, die die nackende weder haben, noch beduͤrfen. Es iſt auch nicht bewieſen, daß jene ihre Schale ver: laffen, was auch Plaucas und die Alten davon ſagen mögen, B 3 Der 6 ER e geg. Der bloſſe Anblick der Wurm Gattungen, die Hr. von Linne und Hr. Pallas Nereiden und Aphroditen nennen, zeiget, daß fie nicht, ohne der Natur Gewalt anzuthun, unter zwey Geſchlechtern ver⸗ bleiben koͤnnen. Die von mir unterſuchte laſſen ſich fuͤglich in vier vertheilen, davon drey zu einer Familie gehoͤren. Des vierten Geſchlechts wuͤrde ich hier nicht gedacht haben, wenn nicht der Hr. von Linne die buſchichte Art deſſelben ſeinen Nereiden unrichtig beyge⸗ fuͤget haͤtte, und ich erwarten duͤrfte, daß auch ihre Beſchreibung nebſt noch einer andern unbekannten Wurm-Gattung den Freunden der Natur: Geſchichte nicht unangenehm ſeyn wuͤrde. Ich habe in der Beſtim⸗ mung des Caracters dieſes letzten Geſchlechts nicht die aͤuſerſte Strenge beobachten koͤnnen, weil ich ihre Arten nur aus der Abbildung und einer kurzen Beſchreibung kenne. Das erſte Geſchlecht mag Nats heiſſen; das zweyte Nereis, das dritte Aphrodite und das vierte Amphitrite. Das erſte gehoͤret den ſuͤſſen Waſſern, die übrigen dem Meere. Erſtes Geſchlecht. Nais. Koͤrper: kriechend, lang. Fuͤſſe: einfache Borſten. Fuͤhlfaden: keine. Augen: zwey. 1. Die EUREN 7 * Mit einzelnen Seiten: Borſten. 1. Die Nc Naide mit langem Ruͤſſel. 13 + 3. 4. * wm Die Die Die Die Die Die Die Die Die Die Die zungenloſe Naide obne Ruͤſſel. geſchlaͤngelte Naide mit erhabnem Kopfe. * Mit gehaͤuften Seiten⸗Borſten. baͤrtige Naide mit raußem Bauche. kothige Naide mit glattem Leibe. Zweytes Geſchlecht. Nereis. Koͤrper: kriechend, lang. Fuͤſſe: mit Borſten verſehen. Fuͤhlfaden: einfache. Augen: vier. » Mit genageltem Munde. bunte Nereide mit dem langen rothen Strich. warzige Nereide mit erhabenem Ruͤcken. geperlte Nereide mit fadenaͤhnlichem Leibe. faſerige Nereide mit linſenfoͤrmigen Platten. *Mit gezuͤngeltem (proboſeideus) Munde. grüne Nereide mit ſpitzen Platten. gefleckte Nereide mit eckigten Platten. dicke Nereide mit walzenfoͤrmigem Ruͤſſel. Drittes 8 Duc Drittes Geſchlecht. Aphrodite. Koͤrper: kriechend, laͤnglich, mit Schuppen bedeckt. Fuͤſſe: mit Borſten verſehen. Fuͤhlfaden: geringelte. Augen: vier. 1. Die ſtachlichte Aphrodite mit glaͤnzenden Haren. 2. Die geduͤpfelte Aphrodite mit rauhen einfaͤrbigen Schuppen. 3. Die flache Aphrodite mit glatten zweyfaͤrbigen Schuppen. Viertes Geſchlecht. Amphitrite. Körper: ausgeſtreckt, in einer Roͤhre. Fuͤſſe: warzenfoͤrmige. Fuͤhlfaden: Häufig an einander (conferta). Augen: keine. »Mit zwirnfoͤrmigen Fuͤhlfaden. 1. Die buſchichte Amphitrite mit gerundetem Leibe und dreyfachen Haar⸗Locken. * Mit fedrichten Fuͤhlfaden. 2. Die nierenfoͤrmige eee mit gerundetem Leibe und einfachen Freß⸗-Spitzen. 3. Die beſenfoͤrmige Amphitrite mit en Schilde und kolbichtem Ruͤſſel. 4. Die faͤcherfoͤrmige Amphitrite mit warzigtem Leibe ohne Nuͤſſel. Zum SDA N NN | 9 Zum deutlichen Verſtande der Beſchreibungen iſt nothwendig, daß die Kunſt⸗Woͤrter ihre beſtimmte Bedeutung haben. Man hat einmal die Hoͤrner, die ſich an dem Kopfe der Thiere, deren Koͤrper aus Ringen zuſammengeſetzt iſt, befinden, als ein unterſcheidendes Merkmahl der Inſekten angenommen, und felbige Fuͤhl⸗Hoͤrner (antenne) genennet: man wollte dem zufolge nicht gerne, daß es Wuͤrmer gaͤbe, die auch am Kopfe mit Hoͤrnern verſehen waͤren; es fanden ſich doch einige, und da man ſie aus anderen Gruͤnden nicht aus der Ordnung der Wuͤrmer nehmen und unter die Inſekten ſetzen konnte, ſo entſchloß man ſich dieſen Hoͤrnern den Nahmen tentacula, Fuͤhl⸗ faden zu geben. Fuͤhlfaden alſo heiſſen die Hörner an dem Kopfe 2) der Wuͤrmer, die vermuthlich gleiche Beſtimmung mit den Fuͤhlhoͤrnern haben, wenigſtens iſt mir beyder wahrer Gebrauch gleich unbekannt. Die Fuͤhlfaden ſind einfacher in ihrem Baue, aber gemeiniglich mehr an der Zahl. Bey den Inſekten iſt die Zahl der Hoͤrner auf zwey einge⸗ ) Es gehoͤret unter die Sonderheiten unſers Jahrhunderts, daß Hr. von Linne noch immer dabey bleibt den Würmern den Kopf abzuſprechen. Was iſt dann der hervorſtehende Theil, den die Natur bey den Nereiden und Schnecken mit Augen, Mund, Fuͤhlfaden und anderen organiſchen Werkzeugen verſehen hat? Warum will man diejenige Theile, die ſichtbar find, laͤugnen, und das, was man nicht anders als aus der Uebereinſtimmung mit andern thieriſchen We— ſen bey den meiſten Wurm-Arten vermuthen kan (wovon uns die Beobachtung doch oft eine Ausnahme zeiget) für allgemein gegenwärtig annehmen. Kopf und Fuͤſſe ſollen fie nicht haben, aber doch alle mit Feugungs⸗Gliedern Amen. acad. vol. 4., p. 371. verſehen ſeyn, und nun unterſtehe ſich niemand ſeinen Augen zu trauen; hier hat er ſein Urtheil: Fallunt & falluntur, qvis enim unqvam caput in vermibus diſtinctum vidit, Amen. ac vol. 5. p. 134. Man frage die Natur und nicht die Einſchraͤnkungen willkuͤhrlicher Syſteme; fie zeiget uns Wuͤrmer ohne FJeugungs / Glieder, und andere mit unlaͤugbaren Köpfen. B Io DNN eingeſchraͤnkt, bey den Würmern hingegen iſt fie unbeſtimt. Viele haben keine, die Schnecken zwey oder vier, die Nereiden ſechs und acht, und die Polyp⸗Arten ſechs, acht, zehn bis ins: unzaͤhlbare, und, damit keine Regel ohne Ausnahme ſey, hat eine der Naiden ein einzel: nes bekommen. Sie vertreten die Stelle der Fuͤhlhoͤrner, oder find viel⸗ mehr wahre Fuͤhlfaden, daher hat der H. v. Linne nicht wohl gethan denen Gliedern, die bey den Nereiden die Dienſte der Fuͤſſe thun, eine gleiche Benennung mit den Hoͤrnern oder Fuͤhlfaden ) zu geben. Wer wird dieſe an dem Ort der Fuͤſſe r Doch die Natur behauptet ihr Recht, und laͤßt ſich in die Schranken nicht zwingen, die wir ihr nach unſerm kurzſichtigen Blick ſetzen wollen. So gerne der Hr. von Linne den Nereiden und Aphroditen zugleich mit den uͤbri— gen Wuͤrmern die Fuͤſſe entziehen will, ſo ſchwer faͤllt es ihm ihre Ge— genwart ſeinem Syſtem zu Gefallen zu verkennen; es entfahren ihm, ungeachtet dieſes Zwangs, ſolche Ausdruͤcke, die ihr eigenthuͤmliches Recht zu Fuͤſſen darthun; dahin gehoͤret der gefuͤßte Leib (cor pus pedatum) die fußgleiche Buͤndel (Faſciculi pediformes) wodurch er ihnen wider ſeinen Willen Fuͤſſe einraͤumet. Sie ſollen den Nahmen, der ihren Gebrauch ſo wohl ausdruͤckt, behalten; ſie ſitzen nicht nur zur Seiten eines jeden Gelenkes des Thieres, ſondern dienen ihm auch darzu ſich von einem Orte zum andern zu bewegen. Nennet doch der Ritter die einfache Borſte bey der gezuͤngelten Naide einen Fuß, von der es nicht ausgemacht iſt, daß ſie eine ſolche Beſtimmung hat, ) Ueberhaupt hat in dem Geſchlechte Ne reis, Syft. n. ed. 12. reform. der Ausdruck tentacula eine vierfache Bedeutung: 1.) Die wahre Fuͤhlfaden. 2.) Der ganze Borſten⸗Fuß. 3.) Die Seiten- Warzen der Gelenke. 4.) Die Seiten: Faden; und bey der N. pelagica ſtehet vermittelſt eines nicht bemerkten Druck- Fehlers tentacula ſtatt tubercula. Wer wird ſich bey dieſer ſchwankenden Bedeutung aus den Worten tentaculorum faſeiculis tiplici ordine; und tentsculis articulo— rum corporis ſupra tentacula pediformia, ein unterſcheidendes und verftändliches Bild machen koͤnnen? und doch iſts die ganze Beſchreibung zweyer Arten. ET II hat, zu gleicher Zeit als er den wahren und aus vielen Organen zuſammengeſetzten Fuͤſſen den Nahmen Fuͤhlfaden beyleget. Bey den Nereiden zeigen ſich vornen an dem vorderen Rande des Kopfs einige kleine Spitzen, die ich, wenn ſie aufrecht ſtuͤnden, kleine Hörner nennen wuͤrde, weil fie aber ausgeſtreckt find, mögen fie lieber Kopf⸗ Spitzen heiſſen. Unter dem Kopfe vor der Oefnung des Mundes erblickt man bey den genaͤgelten Arten zwey ſtaͤrkere Koͤrper, die das Vermoͤgen haben ſich auszuſtrecken und ſich zuruͤck zuziehen. Ihre Bildung giebt ihnen das Recht Dutten (mazuille) zu heiſſen, ob fie gleich andere Dienſte thun. Alle Fuͤſſe der drey erſten Geſchlechter ſind mit Borſten ver— ſehen, die gemeiniglich aus einer Scheide hervorkommen; ſie koͤnnen mit Recht Borſten-Fuͤſſe heiſſen. Von den Fuͤſſen der genaͤgelten Nereiden hangen ein oder zwey fleiſchigte Faden herab, die ich Seiten⸗Faden nenne. Die Aphroditen, nur die geduͤpfelte nicht, haben an ſtatt des Seiten— Faden einen kurzen fleiſchigten Stachel, und ſind (die ſtachlichte ausgenommen) rings umher mit einem ihnen eigenen Organe gezieret: es ſind bewegliche kugeltragende Faͤden. Einige Nereiden haben an den Fuͤſſen aufrecht ſtehende, oder nach einem ſchiefen Winkel gebeugte, oben und unten flache Se perchen, die ich nach ihrer Geſtalt 1 nenne. 8 2 Die 12 Oe Die Naiden find mit beweglichen Seiten ⸗Borſten auſſer ihren Fuß⸗Borſten verſehen. Dieß ſind die Benennungen, davon ich geglaubt habe eine kurze Erklärung geben zu dürfen; die übrigen, fo wie auch ſelbſt die angefuͤhr— ten bekommen ihre beſte Erlaͤuterung aus dem Zuſammenhange der Geſchichte, und den beygefuͤgten Kupfern. Sie ſind von der Hand meines Bruders, ohne deſſen Unverdroſ— ſenheit mir mit eignen Augen nachzuſehen, meine Schrift bey dem groſſen Mangel an brauchbahren Kuͤnſtlern in dieſem Fache einen nicht geringen Theil ihrer aͤuſſern Zierde vermiſſen wuͤrde. Es iſt nichts ge⸗ meiner als Augen haben, und nichts ſeltener, auch unter den Malern, als ſehen zu koͤnnen. Dieſes muß man lernen, und das macht Muͤhe, jenes aber hat man umſonſt. Von Von den Maiden Rerum nature ſacra ſua non fimul tradit; habet ſua initiamenta, ſuos profectus & — — — — complementum. B 3 Die Mee Anden cr den Die gezuͤngelte Naide. Erſtes Kupfer. Erſte Figur: in natuͤrlicher Groͤſſe. a. Der Leib. 5. Der Nuͤſſel. Zweyte Figur: durchs Mikroſkop geſehen. a. Der Ruͤſſel. 3. Die Roͤhre deſſelben. c. Vorragungen des Kopfs. d. Die Augen. e. Der Schlund. F. Die Puls: Ader. g. Die eyförmige Erweiterung. 5. Die laͤngliche Erweiterung. z. Der Maſt⸗ Darm. xk. Das gvillende Blut. 1. Der After. m. Einzelne Seiten- Borſten. n. Doppelte Seiten⸗Borſten. A. Der Mutter⸗Wurm. B. Die erſte Zeugung. 9. Anfang der Vorragungen des Kopfs. C. Die zweyte Zeugung. ' D. Die dritte Zeugung. 2 E. Die vierte Zeugung. 1. Anfang einer neuen Zeugung von der erſten. 2. Anfang einer neuen Zeugung von der zweyten. Dritte DNN 15 Dritte Figur: der Kopf und Hals, vergroͤſſert, von der Seite geſehen. .Der Ruͤſſel. Die Roͤhre deſſelben. Der haarigte Rand der Vorragungen des Kopfs. Das linke Auge. . Der Mund. Die Puls-Ader. Die Blut⸗Ader. Die Fuß⸗Borſten. Vierte Figur: ein Stuͤck des Leibes, ſehr vergroͤſſert. . Der Schlund. . Die eyfürmige Erweiterung. Bewegliche Kuͤgelchen. Die Puls: Ader. . Der Maft: Darm. F. Das netzförmige Gewebe. g. Seiten⸗Gefaͤſſe. 5. Seiten: Borfien. ia nn no u 5 ana mr De Wuͤrmer des ſuͤſſen Waſſers, welche ich einiger Aehnlichkeit wegen mit den Nereiden, die ſich im Meere aufhalten, Naiden nenne, ſind den Naturforſchern weniger bekannt als ſie verdienen. Hr. von Reaumur fand die gezuͤngelte in Frankreich, Hr. Trembley in Holland, Hr. Miles in Engelland, Hr. Roͤeſel in Teutſchland, und neulich ſoll ſie auch in Schweden gefunden wor— den ) ſeyn. Hr. Bonnet entdeckte die baͤrtige um Genf, Hr. ) Es heißt zwar in dem Syft. Nat. p. 1085. daß die Ne reis lacuftris ſich in Schweden haͤufig finde, die Beſchreibung aber und die Synonymen verwirren die gezuͤngelte und kothige unter einander, die doch ganz verſchieden ſind. Die zwey erſten Synonymen gehören dem ſpecifiſchen Nahmen oder der gezuͤn⸗ gelten das dritte der Beſchreibung oder der kothigen. Dritte Figur: der . m S8S Vierte Figur: ein De Wuͤrmer des ſuͤſſen Die Puls⸗ Der Maſt⸗ F. Das netzfoͤrnds g. Seiten⸗Gefaͤ 5. Seiten: Bor a b c. d e Kopf und Der RNuͤſſel. Die Roͤhre .Der haarigt Das linke A Der Mund. * EN 0 TAB.I Die Duls : 19. 3. . Die Blut : Die Sub: Bp Stuͤck des Der Schlun . Die eyfürmi Bewegliche ! wegen mit den Nereide , „ \ nenne, ſind den Naturforſcher 5 Hr. von Reaumt Hr. Trembley in Holland, in Teutſchland, und neulich fi den ) ſeyn. ) Es heißt zwar in dem Syft Schweden häufig finde, die die gezuͤngelte und Fothr Die zwey erſten Synonym . gelten, das dritte der 1 Hr. Bo 16 DNN Hr. Roͤeſel die geſchlaͤngelte um Nürnberg, und Hr. Schaͤffer die kothige um Regensburg. Die zungenloſe erſcheinet hier zum erſten— mal, wie auch die Abbildung der baͤrtigen. Wenn man die gezuͤngelte ausnimt, ſind die uͤbrigen nur von einer Perſon bisher gefunden worden; ſie werden daher billich als wenig bekannte angeſehen. Mir ſind ſie, die geſchlaͤngelte und kothige ausgenommen, in den Waſſern um Fridrichsdal nicht ſelten vorgekommen. Bereits vor dreyſſig Jahren zeigten die gezuͤngelte dem Hr. Trembley ) und die baͤrtige dem Hr. Bonnet )) die ſonderbahrſten Erſcheinungen. Man hat nicht wenige Urſache ſich zu wundern, daß keiner der vielen Naturforſcher, die ein ſolcher Zeitraum in ganz Europa hervorgebracht, dieſe ſchoͤne, und alles Erwarten uͤbertreffende Verſuche mit gleichem Fleiſſe und Gluͤcke unternommen habe. Der einzige Roͤeſel, *) dieſer aufmerkſame Kuͤnſtler, und vortrefliche Beobachter ſuchte zehn Jahre darauf die genauere Bekanntſchaft der bildenden Natur, und fie machte auch ihn zum Zuſchauer einiger ihrer verborgenſten Geheimniſſe. Augen⸗Zeuge ſeyn, daß ein Thier durch freywilliges oder unge faͤhres Zertheilen ſeines gleichen hervorbringt: daß aus einem jeden Stuͤcke ein vollkomnes Thier wird: daß ein zweyter Kopf mit Ruͤſſel und Augen ſich in der Mitte des Koͤrpers eines bereits vollſtaͤndigen Thieres bildet, und mit den hinterſten Gelenken dieſes Thieres davon geht; daß ein gleiches in kurzem dem entlauffenen wiederfaͤhrt; oder wie meine neuere Beobachtungen zeigen: Thiere vorzufinden, deren ) Polypes d’eau douce; tom. 2., memoire 3. Mille Pie à dard. ) Inſedologie; tom. 2., obſ. 21. Anguille hlanchäzre. ) Inſekten-Beluſtigung; Zter Theil, ſ. 367 — 18. t. 92. Mercursſchlaͤnglein. OERFUNERS 17 deren Leiber aus ihren Jungen von verſchiedenem Alter zuſammenge⸗ ſetzt ſeyn: die, beyde Mutter und Jungen, einen Mund und einen After gemeinſchaftlich haben. Entweder gehoͤret dieſes in die Ge: ſchichte der Feen, oder es verdient geſehen, und mit aller Aufmerk⸗ ſamkeit wiederhohlt zu werden. Es ſind nicht aus einer weichen Maſſe gleichfoͤrmiger Kuͤgelchen beſtehende Polypen, die dieſe faſt unglaublichen Auftritte darſtellen; es ſind Thiere, die aus Organen verſchiedener Art beſtehen, und in denen man die periſtaltiſche Bewegung ihrer innern Theile deutlich wahrnimt. Erwaͤhnte Maͤnner haben ſolche Erſcheinungen wahrgenom⸗ men, und ich habe das Vergnuͤgen ihre Bemerkungen richtig zu fin⸗ den; darf ich noch wagen zu ſagen, daß dieſe gluͤckliche Beobachter nicht genug geſehen haben. Ich weiß, was es koſtet ihnen zu folgen; ich bin aber auch uͤberzeugt, daß das Immer weiter in der Natur⸗ Geſchichte keine Graͤnzen habe, und hoffe, daß meine Entdeckungen der Art dieſer ſonderbahren Fortpflanzung: des Kreislaufes des Blutes: des beſonderen Ganges der Nahrung: des Mundes und der Vorſten⸗Fuͤſſe zeigen werden, das die gezuͤngelte Naide ), ob fie gleich die bekannteſte von denen Wuͤrmern, die ich hier vorſtelle, iſt, die genaue Aufmerkſamkeit, die der Hr. Trembley im Jahre 1741. auf ſie zu wenden verſprach »), noch im 177 1 fen verdiene. Die ) Trembley fur le polypes d'eau douce, plan. 6. Baker Beytraͤge zum Ge⸗ brauch des Mikroſkops, ſ. 411 — 17; t. 12., f 24. Roeſel Inſekten⸗ Belu⸗ ſtigung Zter Theil, ſ. 483., t. 78., f. 16, 17. und t. 79., fr: das Waſſer⸗ ſchlaͤnglein mit dem langen zungen⸗aͤhnlichen Fuͤhl⸗Horn. Cedermüller mikroſko⸗ piſche Gemuͤths⸗ und Augen⸗Ergoͤtzung t. 82., f. g. h. Nereis lacuſtris Linnæi Syſt. p. 1085. ) Polypes d'eau douce, Tom. 2. p. 155. € 18 Ded. cx. Die Natur leget uns in dieſem Wurme das offenbahr vor Augen, was ſie mit ſo vieler Sorge bey den groſſen Thieren verhehlet. Wohin das Auge des Zergliederers mit Eiſen und Stahl auf Koſten vieler Leben kaum gedrungen iſt, das ſiehet der ruhige Beobachter der kleinern Thiere, ohne feinem Herzen wehe zu thun, durch Huͤlfe einer Linſe. Er belauſcht die ſchwangere Natur in den Vorſaͤlen ihrer geheimen Werkſtaͤten, und die Kleinigkeit ihrer Kinder verbirgt ſie vergebens vor ſeinem forſchen⸗ den Auge. Hr. von Reaumur ſahe, daß ein jedes Stück dieſes zertheilten Wurmes ein vollkomner Wurm wurde. ) Ver⸗ muthlich ſind alle ſeine Schnitte, ſo wie auch des Hrn. Trembley, daß ich mich des Ausdruckes des Hrn. Bonnet von einer gleichen Operation bey einem andern Wurme bediene, Kaiſer⸗ Schnitte ge: weſen; und alſo ſcheinet das wunderbahre nicht darinn zu beſtehen, daß aus den Stuͤcken ganze Wuͤrmer geworden, ſondern daß die Stücke ganze Würmer enthielten, die durch die ſchneidende Hand des Beob⸗ achters in Freyheit kamen. Ich ſehe, daß aus einem Wurm ohne Zerſchneiden, durch natuͤrliches Zertheilen, mehrere werden. Hr. Trembley zerſchnitt ihn in zwey Stuͤcke, und nach einer halben Stunde ſahe er, daß auch das Schwanzſtuͤck einen Kopf hatte. Es hatte ihn bereits, ehe es abgeſchnitten wurde, welches er auch bey genauerer Betrachtung wahrnahm. Ich ſahe, ſagt er, viele, welche nicht ein Wurm allein, ſondern zwey an einander geſetzt zu ſeyn ſchienen. Der Kopf des einen war ein wenig in den letzten Ring des andern eingeſchoben, und ſein Pfeil ſtund oben aufwaͤrts #) Memoires für les inſe ges, Tom. 6. dans la preface p. 30. eg 19 — — — nn auſwaͤrts gerichtet. Ein Wurm, der nicht doppelt iſt, kann es in wenigen Tagen werden; auf zwey Drittel der Laͤnge bildet ſich ein Kopf; man ſieht den Pfeil deutlich in die Höhe wachſen; die ſchwarzen Puncte zeigen ſich an den Seiten des Kopfs, und der neue Tauſendfuß, welcher nichts anders iſt als der hintere Theil desjenigen, aus welchem er entſtan⸗ den, ſcheidet ſich von demſelben. — — Man wird aus dem jetzt geſagten urtheilen, daß dieſe Thiere ſehr verdienen genau beobachtet zu werden, allein, da ich es nicht zu meiner Sache gemacht habe, ſie mit Achtſamkeit zu betrachten, werde ich es nicht unternehmen die Art, wie ſie ſich durch Zertheilen vermehren, zu beſchreiben. Nichts deſtoweniger verſpricht er im Anfange derſelben Periode dem Verfahren dieſes Wurmes mit Achtſamkeit zu folgen, und einige Sei⸗ ten weiter zuruͤck ſagt er, daß er es ſchon gethan habe; ein ſolcher an⸗ ſcheinender Widerſpruch laͤßt ſich nur durch die verſchiedenen Stuffen der Achtſamkeit heben. Im Jahre 1762 kuͤndigte Hr. Bonnet noch⸗ mals dieſen Vorſatz feines Freundes an, ) und reizte ihn zur Aus: fuͤhrung; es iſt aber, ſo viel ich weiß, noch nichts erſchienen. Hr. Roͤeſel, mag ſich wohl nicht auf die Bemerkung des Hrn. Trembley beſonnen haben, da er ſich folgender Geſtalt ausdruͤckt: Vielmals findet man zwey derſelben alſo an einander hangen, daß das bintere in das vordere hinein zu kommen ſuchet, und zwar auch ſo, daß öfters das hintere dem vordern bis uͤber die Hälfte im Leib ſtecket. Ob ſie in dieſem Falle mit einander Freunde ſeyn, oder einander feindlich verfolgen, weiß ich zur Zeit nicht anzuzeigen, vielmals aber habe ich geſe— ben, daß, wenn ich ſelbige von einander geſondert, ſolches weder dem einen noch dem andern nachtheilig geweſen, indem keinem etwas an Muns C 2 terkeit ) Confiderations fur les corps organiſes, Tom. 2. p. 72. 20 D N u e N terkeit gemangelt, noch auch eines irgend einen Schaden lten, sondern beyde wieder, wie vorhin, fortſchwammen; ja, wenn fie hierauf einan⸗ der wieder bekamen, biengen fie ſich von neuen, wie vorher, an einander. Das nicht richtige in dieſen Bemerkungen wird unten vorkommen. Eine genauere Beobachtung wuͤrde beydes Freundſchaft und Feindſchaft, den uͤber die Haͤlfte im Leibe ſteckenden Wurm, und das gantze luſtige Spiel verſchwinden gemacht haben. Die Zierde unſers Jahrhunderts, der vortrefliche Hr. Bonnet, hat bereits aus der bloſſen Anzeige des Hrn. Trembley die Art der Vermehrung dieſes Wurms durch natuͤrliches Zertheilen alſo zu erklaͤren verſucht ): Gleich wie ſich am Vorderende eines Wurms oder Polyps ein Kopf ent⸗ wickelt, ſo entwickelt ſich ein ſolcher am Hinterende des pfeiltragenden Tau⸗ ſendfuſſes; anſtatt aber daß die Entwickelung des erſten durchs Zerſchneiden oder einen ähnlichen Zufall veranlaſſet wird, geſchieht fie bey den letztern nach dem Laufe der Natur, der es gefallen hat die Mittel der Vermehrung gleich wie die Caractere, Geſtalten, und Farben abzuaͤndern. Es bildet ſich alſo ein neuer Kopf gegen das Hinterende dieſes Tauſendfuſſes; man ſieht, daß ein neuer Pfeil ſich nach und nach auf dem Ruͤcken des Inſekts erhebet. Organen, welche nicht ſchienen da zu ſeyn, fangen an merklich zu werden. Die Gefaͤſſe, welche das Hinterende mit dem übrigen des Thieres verbanden, zergehen in Verhaͤltniß der neuern Entwickelung. Vermuthlich druͤckt ſie der neue Kopf, und verſchließt ihnen die naͤhrenden Saͤfte. Dieß iſt dasjenige, was man am wahrſcheinlichſten errathen kann. So bald alle Verbindung zerriſſen iſt, ſcheidet ſich das mit einem Kopfe verſehene Hinterende von dem Tauſendfuß, und iſt nun bereits ein 9) Confiderations ſur les corps orgänis. artiele 179. ein kleiner Tauſendfuß, der nur wachſen darf. Dieſes ſonderbahre Ju⸗ ſekt iſt uns noch nicht binlaͤnglich bekannt; das wenige was Hr. Trembley davon ſagt, iſt nicht genug, uns uͤber die Art und Weiſe, wie dieſe natürliche Vermehrung durchs Zertheilen geſchehe, zu befriedigen. Baker, Ledermuͤller, Hr. von Linne, die auch die⸗ ſen Wurm geſehen, haben dieſes Wunder der thieriſchen Haushaltung das auſſer dem Geſchlechte den Naiden ohne Beyſpiel iſt, nicht wahrgenommen. | Aus dem angeführten erhellet die Wichtigkeit der Unterſuchun⸗ gen unſerer gezuͤngelten Naide, und aus dem bisherigen Schweigen des Hrn. Trembley moͤchte ich befuͤrchten, daß ich eine Arbeit unter nommen, die über meine Kraͤfte wäre, Ich will daher nur die Beob— achtungen, welche ich nicht ohne Geduld und viele Anſtrengung meiner Augen oft wiederhohlet habe, anfuͤhren, und die Betrachtungen und Folgerungen, die aus ſelbigen flieſſen, den raiſonnirenden Philoſophen uͤberlaſſen. Ehe ich meine Leſer in die innere Werkſtaͤte der bildenden Na⸗ tur einfuͤhre, muß ich ihnen erſtlich die aͤuſſere Geſtalt dieſes wunder⸗ bahren Gefchöpfes darſtellen. Es erſcheinet dem unbewaffneten Auge als ein feines Faͤſerchen zerriſſener Wurzeln, oder als ein getrenntes Stuͤck der Wurzeln der Meer⸗Linſen. Wenn man auch weiß, daß man dieſe Naide im Glaſe hat, bedarf man noch eines guten Geſichts, ſie ge— wahr zu werden, und eines noch beſſern ihren Ruͤſſel zu bemerken. Nur die ſchlaͤngelnde Bewegung verraͤth ſie. Doch giebts eine andere 3 unbekannte 22 eee N u unbekannte Wurm⸗Art *°), die eine ſehr Ähnliche Bewegung hat, und die man beym Nachſiſchen ſo lange fuͤr die Naide anſehen wird, bis uns das Suchglas ein anders zeiget. Viele Larven der kleineren Mücken⸗ Arten wird man auch für unſere Nalden anſehen, bis man ſich die Verſchiedenheit ihrer Bewegung merket. Die Larven der Muͤcken bewegen Schwanz und Kopf wechſelsweiſe; die Naiden hingegen den gantzen Leib vom Kopfe bis zum Schwanz ſchlangenweiſe. Ohne Huͤlfe der Vergroͤſſerungs⸗ Glaͤſer wuͤrde man nicht ein- mal ihre wahre aͤuſſere Geſtalt erkennen. Der Gebrauch derſelben laͤßt ſelbſt ihre innere Theile bemerken. Der Leib iſt weiß und durchſichtig, lang und ausgeſtreckt; oben und unten platt. Die Laͤnge iſt ſehr verſchieden, drittehalb bis vier Linien. Hr. von Reaumur giebt dieſem Wurm ſieben bis acht Linien, welches nichts weiter beweiſet, als daß er die aus mehrern zuſammengeſetzte fuͤr einfache gehalten hat; die, welche aus drey oder vier „) Dieſer Wurm iſt fünf Linien lang, und hat den ſechsten Theil einer Linie in der Breite. Er beſtehet aus zwoͤlf aͤhnlichen, cylindriſchen Gelenken, die in ihren Verbindungen ſtumpf zugerundet, und der laͤnge nach von einem braunen Gedaͤrme durchzogen ſind; da ſie hell und durchſichtig ſind, ſtellen ſie dem Auge eine Reihe criſtallner Perlen an einen Faden gezogen dar. Der Kopf iſt ein gelblicher, hornartiger, und undurchſichtiger Cylinder, ſchmaͤhler und kurzer als die Gelenke. Die Spitze deſſelben iſt braun, und hat oben faſt in der Mitte vier kleine ſchwarze Punkte, in zwey Reihen geſtellet. Sie ſind ohne Zweifel Augen. Der Schwanz endiget ſich in ſechs bis acht ſteife Borſten. Ich habe einige zwey Sommer im Waſſer aufbewahret, um zu erfahren, ob fie ſich verwandeln würden; ich habe aber meines Zwecks verfehlt; ſie ſind verſchwunden, ob es durch den Tod oder durch eine Verwandelung geſchieht, weiß ich nicht. ER cx 23 vier beſtehen, haben die von ihm angegebene Lange Der Seiten⸗ Rand des Leibes bis an die Erweiterungen iſt bey vielen gruͤnlich. Der Kopf iſt nach hinten etwas breiter als vornen, und mit einer rothgelben Maſſe angefuͤllt. Vorn ſtehen zwey ohrenfoͤrmige Vorragungen hervor, und zwiſchen dieſen ein langer, weiſſer, durch⸗ ſichtiger Ruͤſſtl, welcher am Grunde durch eine gelbe Membrane mit den Vorragungen verbunden iſt, und gegen das Ende zuſehens ſchmaͤh⸗ ler und ſpitziger wird. Durch die Mitte gehet vom Grunde bis an die Spitze eine helle Röhre. Dieſen Ruͤſſel kann der Wurm, wie er will, nach allen Seiten bewegen, gerade ausſtrecken oder das Ende in eine Spirale beugen. Er iſt ſehr zerbrechlich, und ich vermuthe, daß eine feine Feuchtigkeit durch die Roͤhre flieſſet, ob ich ſie gleich weder in dem unbeſchaͤdigten wahrgenommen, noch aus dem zerbrochenen ausflieffen geſehen habe. So oft er ſich von ohngefehr zerbrach, verlohr ſo wohl das abgebrochene als noch anhaͤngende Stuͤck feine Steifigkeit, wurde ſchlaff und gerunzelt. Die Länge des Ruͤſſels wied von den Beſchreibern verſchie⸗ dentlich angegeben, nachdem ſie einen zerbrochnen oder ganzen, einen jungen oder ausgewachſenen vor ſich gehabt, oder ihn gegen einen ein⸗ fachen oder aus mehrern zuſammengeſetzten Wurm berechnet haben. Wenn er vollkommen ausgewachſen und unbeſchaͤdiget iſt, haͤlt er die Laͤnge von zehn Gelenken des Thieres. In den Benennungen dieſes Organs iſt man nicht weniger frey⸗ gebig; bald heißt es Horn, Schwanz, Pfeil, Zunge, bald Fuͤh⸗ ler, Fuͤhlhorn, Nüffel Die erſten find ganz unſchicklich und ruͤh⸗ ren von einer uͤbereilſen Vergleichung und ſelbſt erfundenen Zweck der Natur⸗ Naturforſcher her. Hr. v. Reaumur laͤßt die Naide mit ihrem Ruͤſſel kleine Inſekten fangen, die ihr zur Nahrung dienen ſollen. Ich habe dieſen Gebrauch des Ruͤſſels nie wahrnehmen koͤnnen, und wir werden unten ſehen, daß ſie ſich weder von Inſekten, noch von mi- kroſkoſpiſchen Thierchen ernähren. Die letztern Benennungen find zweck maͤſſiger, weil man deutlich ſiehet, daß die Naide mit dieſem biegſamen Organ die Gegenſtaͤnde beruͤhret; ich würde es daher lieber Fuͤhlfaden als Ruͤſſel nennen, wenn nicht der Mangel deſſelben bey den uͤbrigen Naiden mich bewogen hatte den generiſchen Caracter von der Abwe— ſenheit der Fuͤhlfaden herzunehmen. In der Mitte des Kopfs gegen den Rand an jeder Seite be— merket man einen ſchwarzen laͤnglichen Punkt. Man darf nicht zwei⸗ feln, daß dieſe zwey ſchwarze Punkte Augen ſeyn. Sie finden ſich ſonſt nirgends an dem ganzen Leibe, und alle Naiden bekommen ſie in gleicher Zahl und Stellung, ehe ſie die Mutter verlaſſen. Un⸗ ter Hunderten, die ich betrachtet habe, iſt mir eine vorgekommen, der dieſe Punkte fehlten; fie war übrigens in allen Theilen vollſtaͤndig, gleich ihren Geſchwiſtern. Von den Augen bis zum Anfang des Maſtdarms oder des Schlundes, in einer Weite von zwey Gelenken oder Zwiſchenraͤumen der Seitenborſten, erſtrecket ſich die rothgelbe Maſſe; in derſelben liegt die Zunge des Thieres verborgen; fie iſt kaͤulenfoͤrmig und wird ſo wie der Mund ſichtbar, wenn der Wurm ſich auf die Seite drehet, oder auf dem Ruͤcken lieget. Letzteres geſchieht ſelten, und iſt mir bey vielen Beobachtungen nur zweymal, als faſt kein Waſſer mehr vorhanden war, vorgekommen. Unter dem Kopfe erſcheinet der Mund in der Geſtalt eines Einſchnits; die erwaͤhnte Zunge wird aus demſel⸗ ben Dees 25 ben herausgeſtoſſen, und wieder eingezogen, ſo oft das Thier Waſſer ſchoͤpfet; bey jedem Einſchlucken habe ich das Waſſer gleich einem Strohm in den Leib einfahren geſehen. Keiner der vorigen Beobachter hat den Mund und die Zunge bemerket, denn was Roeſel fuͤr den Mund anſiehet, ſind die zwey erwaͤhnte ohrenfoͤrmige Vorragungen, die ohne alle Oeffnung ſind. Zu beyden Seiten des Leibes ſtehen lange, ausgeſtreckte, ein: fache Borſten; ſie ſind dreymal ſo lang als der Leib breit iſt, und dem bloſſen Auge ihrer Feinheit wegen unkenntlich. Sie ſtehen einander gegen uͤber, machen gemeiniglich einen rechten Winkel mit dem Koͤrper, und koͤnnen vor und ruͤckwaͤrts gebogen werden. Bey dem erwachſenen Thiere ſind ſie einander voͤllig gleich, und meiſtens eintzeln, ſo wie ſie die Verfaſſer vor mir geſehen haben. Sehr oft ſitzet neben der eintzel⸗ nen eine zweyte, die doch nie mehr als die halbe Laͤnge der Haupt⸗ Borſte hat. Beyde zerbrechen und verlieren ſich nicht ſelten. Nur eine Naide hatte an dem erſten Borſten-Gelenke drey von ungleicher Laͤnge. i Die Kenner unſerer gezuͤngelten Maide halten ihre Borſten für Fuͤſe. Roͤeſel will dieſe Benennung nicht gelten laſſen; er wuͤr— de Recht haben, wenn er die wahren Fuͤſſe endeckt Hätte bis dahin konnte man ihnen, da ſie ſich in ihren Bewegungen dem Auge als Schwimm⸗Fuͤſſe darſtellen, dieſen Nahmen laſſen. Die wahren Fuͤſſe der Naiden find Samlungen kurtzer Borſten; vier machen einen Fuß, und die Zahl der Fuͤſſe iſt der Zahl der Seiten⸗Borſten bis auf drey oder vier gleich; dieſe vier ſitzen bey den erwachſenen, unter dem Vordertheil des Körpers, oder an dem Halſe, D wo o6 De. wo die Seiten⸗Borſten mangeln. Alſo vierzehn bis vier und vierzig Paar Fuͤſſe, oder Borſten-Sammlungen. Sie ſind ſechs bis acht— mal kuͤrtzer als die Seiten-Borſten, und ſcheinen ſich von einander aus— zubreiten, indem die Flaͤche, an der ſie ſitzen, ſich in eine kleine Wartze erhebet. Der Wurm braucht dieſelben ſich damit feſte zu halten, und im Schlamm und auf andern Gegenſtaͤnde umher zu kriechen. Man hat ſich nicht zu wundern daß ſie den ſcharfſichtigſten Beobachtern ent— gangen ſind: ſie ſitzen an der Unterflaͤche, ſind ſehr klein, und werden nur alsdan ſichtbahr, wenn die Naide auf einen Augenblick den Rand ihrer Unterflaͤche dem Auge darbietet. Wenn man erſt weiß, daß ſie da ſind, kann man ſie auch vom Ruͤcken als kleine Striche bemerken, die von unten durchſcheinen, und ſich beym Fortruͤcken des Wurmes bewegen. Die Zwiſchen⸗Raͤume der Borſten, oder die Gelenke des Koͤrpers (denn ob ſie gleich nicht durch Einſchnitte von einander geſchie— den ſind, gebuͤhret ihnen doch dieſer Nahme) ſind bey den erwachſenen Wuͤrmern unter ſich gleich, an der Zahl aber verſchieden; ich zaͤhle bey den einfachen zehn bis vierzig; bey den zuſammengeſetzten, oder aus mehrern beſtehenden, meiſtens unter vierzig. Dieſe anomaliſche Er⸗ ſcheinung ſcheinet unſeren Maiden eigen zu ſeyn, und hat ihren Grund in einer neuen Art der Auswickelung, die ich hernach naͤher beruͤhren werde. Der Schwantz, oder das hinterſte Gelenk iſt der wichtigſte Theil der gantzen Natide. Es endiget ſich in eine ſtumpfe Spitze, in welcher ein kleiner Einſchnitt und eine Membrane, die durch ihre Er— hebung eine kleine Oefnung bildet, ſo bald fie von dem Unflath gereitzet wird. Dieſes Gelenk verdienet unſere gantze Aufmerkſamkeit, und | wird EIER ERD ar — EN 7 wird uns noch oft unterhalten; in ihm entwickelt ſich die Verlaͤngerung des Wurmes, und Wuͤrmer gleicher Art; in ihm geſchieht die heftigſte Bewegung des Blutes, und die Ausleerung. Der Uuflath iſt erdigt, gemeiniglich dunkel, bisweilen hell⸗ gruͤn; oft haͤnget er ſo lang an einander, als der Wurm ſelbſt iſt; in dieſem Falle machet die hintere Zeugung allerhand Bewegungen ſich dieſes Anhangs zu entledigen. Wir kommen auf die innere Theile unſerer Naide, welche uns die Durchſichtigkeit ihres Koͤrpers zu erkennen erlaubet: Zunaͤchſt an dem Kopfe, wo die gelbe Maſſe aufhoͤrt, oder wo die Seiten⸗Borſten angehen, zeiget ſich ein blas = grünes darm⸗ ähnliches Gefaͤß, das ſich durch den gantzen Körper bis an den After in ungleichen Windungen ſchlaͤngelt. Es ſcheinet aus kleinen grauen Punkten zu beſtehen, oder iſt vielmehr mit dieſen kleinen Cirkeln be— ſtreuet, wird in der Mitte eines jeden Gelenkes durch einen hellen Doerftrich getheilet, und an zwey Stellen merklich erweitert. Es it nicht, wie man geglaubt hat, ein bloſſer Darm, fondern enthaͤlt beydes den Maſtdarm und die Puls-Adern. Ich nenne den Theil deſſel⸗ ben, welcher ſich von der gelben Maſſe bis an die eyfoͤrmige Erweite— rung in einer Weite dreyer Gelenke erſtrecket, den Schlund. Alles was der Wurm durch Hülfe feiner Zunge einzieht, gehet durch denſelben | in die eyfoͤrmige Erweiterung. Dieſe wurde von Roͤe ſeln für den Magen angeſehen; allein, um dieſen Nahmen zu behaupten, muͤſte daſelbſt die Nahrung laͤnger als in dem uͤbrigen Darm verweilen; ich ſehe aber nicht nur, daß die Nahrung hier eben ſo geſchwind als im uͤbrigen Maſtdarm durchgehet; ſondern, fie koͤmt nicht einmal in die Erweite⸗ D 2 rung rung ſelbſt, fondern in einen Kanal, der ein Theil des Maſtdarms iſt, und mitten durch die Erweiterung gehet. Gleich hinter der eyfoͤrmigen Erweiterung wird das darm-aͤhnliche Gefaͤß ſchmaͤhler, dehnet ſich aber bald in eine laͤngliche Erweiterung aus, nimt endlich die ſchmahle Geſtalt wieder an, und ſcheinet durch helle Qverſtriche gleichſam in Ab: ſaͤtze zertheilet, bis es ſich am After verlieret. Die Syſtole und Die ſtole, deren Grund man in dem Hertzen ſuchet, iſt an dieſem Gefaͤß ſehr kentlich; man wird es daher ohne Muͤhe für eine groſſe Puls: Ader halten; doch ſcheinen meine Wahrnehmungen zu zeigen, daß es aus zwey Puls-Adern und einem in der Mitte liegenden Maſtdarm beſtehe. Es iſt hier nicht meine Sache auszumachen, ob die Puls— Adern der Wuͤrmer aus lauter Hertzen zuſammengeſetzet ſeyn, oder nicht; dennoch mag es bey einigen ſich ſo verhalten; nennet man aber den Punkt, wo das Blut ausſtroͤmet, und die Gefaͤſſe in Bewegung ſetzet, das Hertz, ſo trift man es hier in einer nicht vermutheten Mach: barſchaft an. Dicht an dem After hat man einen der angenehmſten Anblicke, den je ein Phyſiolog haben mag. Man ſieht die circulirende Feuchtig⸗ keit gleich einem rieſelnden Bache, oder einem ſtillen See, den der Weſt— Wind am Sommer-Abend runtzelt, in unzaͤhlbaren ſilbernen Wellen flieſſen. Sie qvillen mit einer Gewalt hervor, als hatten fie einen Wir derſtand zu uͤberwinden, ergieſſen ſich in ein breites Bett, und zertheilen ſich alsbald in zwey Arme. Es ſind zwey Puls-Adern, die in dem darm = ähnlichen Gefaͤſſe zur Seite des Maſtdarms bis zu dem Kopf hinauf lauffen. Der deutliche und heftige Fluß verlieret ſich in einer kleinen Entfernung in eine bloſſe Syſtole und Diaſtole eines jeden Ab- ſatzes erwähnten Gefaoͤſſes. Bisweilen halt der Strohm auf einige Augenblicke e eng. 29 Augenblicke inne; es ſcheinet aber, als geſchaͤhe es, um aufs neue ſtaͤrker zu flieſſen. Ein ſo heftiges Ergieſſen **) ſetzet einen ſtarken Zufluß vor⸗ aus; ich habe mir Mühe gegeben, dieſe zufuͤhrende Kanaͤle, oder Blut— Adern zu entdecken, bin aber hierinn bey den Naiden weniger gluͤcklich geweſen. Zwar habe ich geſehen, daß eine helle Feuchtigkeit in der Naͤhe des Kopfes in gegengefegter Richtung des Strohmes bey dem After an den Seiten des darm aͤhnlichen Gefäfles einſtroͤmte; aber die Seltenheit dieſer Erſcheinung und anderes verbiethet fie für eine Wirkung des na— tuͤrlichen Umlaufes anzuſehen; ich halte ſie vielmehr fuͤr eine Ergieſſung des Waſſers durch den Mund in das netzfoͤrmige Gewebe! ich ſahe auch mehr als einmal, daß ein ſolches Ergieſſen auf ein jedesmaliges Ausſtoſ— ſen und Zuruͤckziehen der Zunge erfolgte. Wenn ſich die Naide auf die Seite legte, erblickte ich zunaͤchſt an den Fuͤſſen einen der Laͤnge nach cken feinen Canal, der ſich vom Kopfe bis an den Schwantz D 3 | erftreckt; 22) Ein ähnliches Wimmeln bemerket Hr. Bonnet in feinen obſerv. fur des vers d’eaur douce pag. 15., bey feinem langen Wurm, und iſt nicht weit entfernt zu glauben, daß es von dem Waſſer, welches durch die Oefnung des Afters einſtroͤhmen koͤnnte, herruͤhre. Allein, nicht zu gedenken, daß dieſes Wimmeln bey meinen Naiden auſſer dem Zeit-Punkt des Ausleerens geſchiehet, ſehe ich die ſtroͤhmende Feuchtigkeit ſich aus einem breiten Bette in zwey Arme vertheilen, und, wie es mir ſcheinet, in die Seiten: Canäle des darmaͤhnlichen Geſaͤſſes, oder in die Puls- Ader zu flieſſen. Der Strohm verliert ſich in einiger Entfernung von dem After oft in den zertheilten Stücken des Unflaths, und erſcheinet jenſeits derſelben, wo der Maſtdarm leer und durchſichtig iſt, aufs neue, gleich denen Fluͤſſen, die ſich wiederhohlt unter die Erde verbergen, und wieder hervorkommen. Hierzu koͤmt noch, daß dieſer Strohm durch den deutlichen Rand des Körpers der Naide von einer Gemeinſchaſt mit dem Auf fen Waſſer abgeſchnitten iſt, und daß in dieſem nicht die geringſte Spuhr einer Be wegung zu merken, welche doch, ſo wie an der Muͤndung aller After-Polypen ſichtbar ſeyn muͤſte, wenn der Strohm oder das Wimmeln von einer aͤuſſern Uhrſache, oder vom Einfluſſe des Waſſers herruͤhren ſollte. 30 ee an erſtreckt; ich hielt ihn einige Zeit fir die Blut⸗Ader, allein bey vielen konnte ich ihn nicht gewahr werden. In der Mitte des darm⸗aͤhnlichen Gefaͤſſes, oder zwiſchen den zwey Puls-Adern ſtreichet von dem Munde bis an den After ein Kanal, welcher die Nahrung annimmt, zertheilet und abfuͤhret. Es ſcheinet, daß die Natur, die ſich zur Erhaltung dieſes dreyfachen Zweckes in den thieriſchen Koͤrpern Organen von verſchiedener Beſchaffenheit bedienet, bey den Wuͤrmern nur ein einfaches gebrauchet. Das, was der Ma— gen und die Gedaͤrme zuſammen ausrichten, das thut hier ein bloſſer Maſtdarm; in dieſem werden die Speiſen aufgeloͤſet, das feine und ſlüſſige in das Blut geleitet, und das grobe ausgeleeret; der Lieber: gang ins Blut iſt kurz, da der Nahrungs-Kanal von den Kanaͤlen des Umlaufes eingefaſſet iſt. Ein ſcharfes Auge ſieht ihn wenn er leer iſt, als einen hellen Strich die Mitte des ganzen darm-aͤhnlichen Gefaͤſſes durchſtreichen, und kaum den achten Theil deſſen Breite einnehmen; er unterſcheidet ſich leicht durch den Mangel der Punkte, oder kleinen Cirkel, die dem uͤbrigen Theile des darm-aͤhnlichen Gefaͤſſes anſitzen. Durch ein anhaltendes Anfchauen wird man ſehr deutlich gewahr, daß ſelbſt in der eyfoͤrmigen Erweiterung nur dieſer ſchmahle Raum mit ſchwarz⸗gruͤnem Unflath erfuͤllet, und durch die periſtaltiſche Bewegung abgefuͤhret wird. Nur bey zweyen habe ich den Maſtdarm mit einer Reihe groſſer in der Mitte durchſichtiger Moleculen ausgefuͤllt gefunden; ſie waren weiß, und hatten die unbeſtimmte Geſtalt der Sand-Koͤrner. Obgleich dieſer Nahrungs-Kanal in dem leeren Zuſtande enge ſcheinet, laͤßt er ſich doch von den Maſſen des durchgehenden Unflaths dergeſtalt ausdehnen, daß er an den ausgefuͤllten Stellen faſt die ganze Breite des darmaͤhnlichen Gefaͤſſes einnimt. Im Maſtdarme muß eine ſtarke Verdauungs⸗Kraft vorhanden ſeyn, da ein oder zwey Wuͤrmer innerhalb wenig Tagen das reine Waſſer ganz mit Roth erfuͤllen. Selbſt unter meinen Augen haben ſie Waſſer eingezogen, und in weniger als ſieben Minuten die erdigte Theile deſſelben ausgeleeret. Ich hoͤre, daß man mir einwendet, wie ich habe wiſſen koͤnnen, daß die ausgeleerten Theile Ueberbleibſel des neulich eingezogenen und nicht eines vorher genoſſenen Waſſers ſeyn? allein, ich habe mehr als einmal geſehen, daß bey jedem Einſchlucken ein Kuͤgelchen in der Geſtalt kleiner Luft-Blaſen in den Schlund hinein⸗ fuhr, und auf ſolche Weiſe eine Blaſe nach der andern gleich Perlen durch die periſtaltiſche Bewegung bis zum After gefuͤhret wurde. Ich hielt ſie anfangs fuͤr Luft-Blaſen und verfolgte ſie in ihrem Laufe mit den Augen, um zu ſehen, wie ſie nach vollendeter Reiſe, indem ſie aus den After treten wuͤrden, erſcheinen möchten. Sie behielten die kuge— lichte Geſtalt bis an den After, ſtieſſen den ganzen Lauf hindurch an keine dem bewafneten Auge kenntliche Unreinigkeit, mit der fie ſich hätten ver— einigen koͤnnen, ſchienen aber almaͤhlich kleiner und dunkeler zu wer⸗ den; bey dem Austreten aus dem After ſahe ich, ſtatt Luft- Blaſen und Kuͤgelchen, ungeſtalteten erdigten Unflath. Dadurch wurde ich über: zeugt, daß der Wurm Waſſer⸗Kuͤgelchen verſchluckt habe, daß die fei- nern Theile derſelben in die Blut-oder Nahrungs-Gefaͤſſe des Koͤrpers vertheilet worden, und die grobere Materie ſich abgeſondert hatte. Allgemein geſchieht die Verdauung nicht ſo geſchwind, auch gehen die ernaͤhrende Theile nicht allgemein in der Geſtalt von Kugeln gleich dem Mercur durch den Maſtdarm, denn ich ſehe oft, daß der ganze Darm von ungeſtaltetem Unflath ausgedehnet und erfuͤllet iſt. Jener Fall ſcheinet nur zu erfolgen, wenn die Naide in fo wenigem Waſſer auf dem Rücken lieget, daß fie im Verſchlucken ein ungleich groͤſſere Portion von der aͤuſſern Luft als von Waſſer einziehen, Un⸗ 32 b mee Unter dem groſſen darm-aͤhnlichen Gefaͤſſe liegt der ganzen Laͤnge nach eine ſehr feine, weiſſe und durchſichtige Haut; ſie nimmt faſt die ganze Breite des Koͤrpers ein und hat an aller Erweiterung und Verengerung der Puls- Ader Theil; man ſieht es wohl nicht mit Unrecht, fuͤr das netzfoͤrmige Gewebe an. In daſſelbige gehen aus den Puls-Adern kleine helle Gefaͤſſe oder Kanaͤle verſchiedener Geſtalt, und wir haben bereits oben angemerkt, daß das Waſſer ſich bisweilen von auſſen in daſſelbige ſtrohmweiſe ergieſſet. Die ausnehmende Klar: heit und Kleinigkeit der hellen Gefaͤſſe lieſſen nichts flieſſendes in denſel⸗ ben bemerken. Die Geſchichtſchreiber unſerer Naide erwaͤhnen, daß fie ihr Speiſe gegeben, und ſie Hunger haben leiden laſſen, ohne daß ſie der Art der Nahrung gedenken, noch ſelbſt den Mund des Wurms gekannt haben. Keines von beyden iſt in meiner Gewalt geweſen. Aus der erwaͤhnten Beobachtung, daß das von allen ſichtbahren Theilen leere Waſſer in allen Gefaͤſſen, darin ich meine Naide aufbehalten, in wenigen Tagen mit ihren Erevementen erfuͤllet worden, und das eingeſchluckte Waſſer in erdigten Unflath verwandelt und ausgeleert worden, iſt es klar, daß. fie ihre Nahrung aus den mit dem Waſſer vermiſchten unſichtbaren er⸗ digten Theilen *) erhalten. Die 12) Dieſe find die Nahrung und der Unterhalt vieler Inſekten und Würmer. Ich habe, zum Beweiß, Waſſerſpinnen, Eingugen, Waſſerſchnecken u. a. m. länger als ein Jahr mit bloſſem Waſſer erhalten, ja in mehr als ſechs Monathen das Waſſer nicht erfriſchet, und doch ſind ſie nicht nur lebendig geblieben, ſondern haben auch, vorzuͤglich die letztern, zuſehens das Waſſer verſchluckt und haͤufigen Unflath von ſich gelaſſen. Man ſage nicht, daß mikroſkopiſche Thiere ihre Speiſe geweſen; oft ſuchte ich verge— bens eins zu finden. Es iſt alſo die Meynung des Hrn. Bakers und anderer, daß kein Geſchoͤpf ſich vom Waſſer allein erhalten koͤnne, wenig gegruͤndet. NENNE 33 Die Art ihrer Bewegung iſt nach ihren Beduͤrfniſſen ver⸗ ſchieden: wenn ſie ſich in die Hoͤhe begiebt, geſchieht es durch ein ge— ſchwindes Schlaͤngeln; will fie in die Tiefe zuruͤck, ſtreckt fie fich in eine gerade Linie faſt wagrecht aus, und ſenkt ſich langſam und ohne einen Theil des Leibes zu bewegen hinab. Auf dem Boden ſelbſt liegt ſie aus— geſtreckt, hebt den Vorderleib bis an die eyfoͤrmige Erweiterung ein we: nig empor, und bewegt ihn und den langen Ruͤſſel langſam hin und her. Ihr Kriechen geſchieht durch ein heftiges Ausſtrecken des Vorderleibes und ein geſchwindes Nachruͤcken des Hinterleibes; zugleich ſchließt ſie ihre Seiten-Borſten parallel an dem Leibe ruͤckwaͤrts, und ſtreckt ſie wieder in einen rechten Winkel aus. Sie liebt die Geſellſchaft, und, wenn ihrer mehrere beyſammen ſind, ſchlaͤngeln ſie ſich um einander in einen kugelichten Knoten gleich den Faden-Wuͤrmern. Iſt man auf die mannichfaltigen Geſchaͤfte und Wirkungen der Natur bey den Thieren und Pflanzen aufmerkſam, wird man bald gewahr, daß die Erhaltung der Arten der Punkt iſt, darauf fie ſich be— ziehen. Die allgemeine und den Alten bey den Thieren allein bekann— te iſt die Vermiſchung zweyer Geſchlechter; die Neuern kennen mehrere, unter welche vornemlich die Vermehrung durchs Zertheilen und das Vermoͤgen ohne vorhergehende Begattung zu gebaͤhren gehoͤret. Bey: des hat uns mein ſehr wehrter Freund Hr. Bonnet bewieſen: Seine Verſuche mit den Blat Laͤuſen und mit den langen Würmern haben die Probe gehalten; erſtere haben verſchiedenen groſſen Maͤnnern ein gleiches gewieſen, und letztere, welche niemand *) nach Hr. Bonnet gefunden zu haben ſcheinet, haben ſich auch unter meinen Augen *) Man wird dieſe einem jeden Naturforſcher wichtige Würmer in den Verzeichniſſen der natürlichen Gegenſtaͤnde vergebens ſuchen, und in jedem Sumpfe finden. E 34 DDD. Augen durch natuͤrliches und kuͤnſtliches Zertheilen vermehret, das heißt, die zertheilten Stuͤcke haben neuen Kopf oder neuen Schwanz auch bey— des zugleich bekommen. Unſere Naiden thun noch einen Schritt weiter; ſie bekommen nicht nur neuen Kopf und neuen Schwanz, wenn ſie mit Fleiß oder von ohngefehr zerreiſſen, ſondern ihr Koͤrper, der vor Kurzem einen Wurm ausmachte, entwickelt ſich in drey bis ſechs an einander hangende, welche ſich in kurzem von einander trennen. Dies wunderbahre Verfahren iſt ſeit einiger Zeit der Vorwurf meiner Auf— merkſamkeit, und ich werde die Stunden, welche ich darauf verwandt, nicht verlohren achten, wenn ich ſo gluͤcklich bin meinen Leſern einen Theil des ſtillen Vergnuͤgens und der Anbetung, welche mein Herz dabey empfunden, mitzutheilen. Reaumuͤr erzaͤhlet vieles von dem kuͤnſtlichen Schwanz der weiblichen Papilionen, wieſſe durch Huͤlfe deſſelben ihre Eyer geſchickt zu legen und zu verhuͤllen wiſſen; ich habe bereits oben erinnert, daß der Urſprung des Kreislaufs des Blutes in dem After-Gelenke der Naiden ſey; hier iſt auch der Entwickelungs Ort aller dieſer Wuͤrmer. Eine einzelne Naide, oder, wenn man mir den Nahmen erlaubt, eine Jungfer Naide beſtehet oft aus ſechszehn und meh— reren Borſten-Gelenken, von gleicher Groͤſſe, oder aus zwanzig und mehreren Borſten-Fuͤſſen; ft man auf dieſelbe achtfam, wird man bald gewahr, daß das After-Gelenke laͤnger als die uͤbrigen geworden; nach wenigen Tagen entdeckt man in der Mitte deſſelben, zehn, zwoͤlf und mehrere Qverſtriche; bald bemerkt man, daß dieſe Striche An— faͤnge kuͤnftiger Gelenke ſind; daß ſich zur Seite eines jeden innerhalb der aͤuſſern Haut kleine Spitzen oder Borſten zeigen. In einem jeden dieſer ent⸗ Dre 35 entſtehenden Gelenke wird die Bewegung der Puls-Ader deutlich; der Unflath macht ſich einen Weg durch dieſelben; die inwendige Borſten dringen durch die Haut des alten After-Gelenkes, doch nicht auf ein⸗ mal, ſondern ſo, daß die vom After entfernteſten erſt herausſtechen, darauf die folgende in Verhaͤltnis ihrer Entfeenung; die neuen Gelenke erweitern ſich allmaͤhlich; die Fuß-Borſten entſtehen; die Seiten— Borſten erhalten ihre völlige Laͤnge, und die Jungfer-Naide hat an Gelenken anſehnlich zugenommen. Indem ſich ſolchergeſtalt in den Gelenken des Afters neue Ge— lenke mit ihren innern Theilen auswickeln und ſichtbahr werden, zeiget ſich jenſeits der Mitte des After-Gelenkes ein ſchwaͤrzlicher Qverſtrich, der die ganze Breite einnimmt, und von den oben erwaͤhnten Anfangs— Strichen der neuen Gelenke ſehr verſchieden iſt; in Kurzem wachſen die Winkel, welche der Qverſtrich mit den Seiten des After- Gelenkes machet, in Vorragungen hervor; aus der Mitte neben dem Qver— ſtrich ſchießt ein kleiner beweglicher Ruͤſſel, welcher taͤglich groͤſſer wird, von oben oder unten heraus; und endlich erſcheinen innerhalb des Qverſtriches zwey ſchwarze Punkte, die die Augen vorſtellen. Auf dieſe Weiſe wird unſere Jungfer Naide Mutter. Eine Weile ſchwimmt fie noch mit ihrer jungen Tochter umher, und in dieſem Zu: ſtand hat Roͤeſel fie angetroffen und geglaubt, daß die eine in die andere gekrochen waͤre, und Trembley und Reaumur haben ſie zerſchnitten und aus einer zwey erhalten. Bey dem erſten Fortgang der Auswickelung dieſer angefang— nen Zeugung, noch ehe ſich die Anfaͤnge der Borſten zeigen, wird man in der obern Halfte des ausgedehnten After-Gelenkes der Mutter die Anzeige kuͤnftiger Gelenke einer zweyten Zeugung nicht ſelten gewahr. E 2 Dieſe 36 Sexe Dieſe entwickelt ſich allmählich wie die erfte, und zugleich mit ihr, doch alſo, daß die Aeltere vielmehr an Laͤnge und Vollkommenheit der Theile zunimmt als die Juͤngere. Es bleibt nicht dabey: Die zweyte Zeugung hat kaum die Laͤnge zwey vollſtaͤndiger Gelenke erhalten, fo erblickt man ſchon bey einigen Naiden noch in demſelben After-Gelenke vor der zweyten Zeugung die Anfaͤnge einer dritten, die ſich in gleichem Verhaͤltnis, das iſt mit wenigerm Fortgang entwickelt. Ja bey einer Naide habe ich ſo gar deutliche Anzeige einer vierten Zeugung beobachtet, welches doch uͤberaus ſelten iſt, daher ich ſie in beygefuͤgtem Kupfer abbilden laſſen. Es kann alſo eine Naiden Mutter auf einmal mit vier Toͤchtern von verſchiedenem Alter ſchwanger ſeyn. Und dieß iſt nicht genug: Selbſt die Toͤchter zeigen neue Zeugungen, ob ſie gleich noch der Mutter anhangen, von ihr ernaͤhret werden, und mit ihr einen Körper ausmachen. In den After-Gelenken der aͤlteſten und der zwey⸗ ten Tochter zaͤhlet man bereits Gelenke neuer Zeugungen. Folglich kann eine Naide mit Kindern und Kindes-Kindern auf einmal ſchwanger ſeyn. Nach dem gewoͤhnlichen Laufe der Natur wuͤrde man vermuthen, daß die Zeugungen aus einander wuͤchſen, dergeſtalt, daß a den Wurm 5, und m den Wurm hervorbraͤchte, und daß nach dieſer Rechnung die Mutter- Nalde Uhr-Großmutter, und der entfernteſte Wurm der juͤngſte wäre. Allein es iſt hier das Gegentheil: F iſt der aͤlteſte, fo wie er der entfernteſte von der Mutter und der vollenkom⸗ menſte iſt, und ſo ruͤckwaͤrts. So KINDER TPINERS 37 So viel ungewöhnliches uns diefe Art der Fortpflanzung dar: bietet, fo viel wunderbahrer iſt noch das Folgende der thierifchen Haus— haltung dieſes Wurms. Alle ſieben Zeugungen haben nur einen Mund und einen After, nur einen Zufluß der Lebens: Säfte und einen Maſt— darm, u. ſ. w. alſo alles gemeinſchaftlich. Die Mutter hat nichts als den Mund und die Zunge voraus, womit ſie ihren Kindern die Nah— rung hohlet; ihrer aͤlteſten Tochter hat ſie ihren After, und die Quelle des Blut: Laufes uͤberlaſſen **), und unter alle hat fie das letzte Ge⸗ lenk ihres Leibes getheilet, ohne ſelbſt dabey zu verlieren. Zur Ver⸗ geltung ſchickt die aͤlteſte Zeugung ihren Geſchwiſtern und ihrer Mutter nicht wenigern Zufluß der ſtroͤhmenden Feuchtigkeit zu, nimmt allen Unflath der ganzen Familie auf und fuͤhret ihn aus. Man ſiehet deut: lich und nicht ohne Bewunderung, wie das Blut durch das darm-aͤhn⸗ liche Gefaͤß vom Hinterende bis zum Vorderen, oder vom After bis zum Kopf, welche beyde der Mutter eigentlich gehören, durch alle Zeu⸗ gungen hinauf lauft, und wie in der Mitte deſſelben der Miſt der Mut: ter vom Kopfe bis zum After durch die Koͤpfe und zwiſchen den Augen der Toͤchter hinab faͤllt, und ſich ausleeret. Wenn die aͤlteſte Zeugung ihren voͤlligen Wachsthum und Ausdehnung erhalten hat, und man ſie an nichts von der Mutter unter⸗ ſcheiden kann, als an der wenigern Länge des Ruͤſſels, reißt fie ſich los. Das Losreiſſen geſchieht durch eine unterbrochne Bewegung der Mutter E und ) Aus dieſer ſonderbahren Erſcheinung ſolget eine nicht weniger ſonderbahre Wahrheit, daß nemlich der After und der Punkt des Kreis-Laufes derjenigen Walde die aus der Hand des Schoͤpfers unmittelbar gekommen, annoch in ſelbiger Staͤrke daſeyn, und bis ans Ende der Dinge fortdauren koͤnnte und muͤſte, wenn nicht eine Urſache von auſſen, oder die im Folgenden zu erwaͤhnende Krankheit ſie zerſtoͤrte; und, daß es Naiden, After gebe, die, ob ſie gleich einige tauſend Jahre alt find, Leis bern, welche ſeit wenigen Tagen entſtanden, die gewöhnlichen Dienſte thun⸗ 38 —— und der Tochter; es ſcheinet doch, daß die Mutter zu dieſer Trennung das meiſte beytraͤgt, weil fie den hintern Theil ihres Koͤrpers oft und ſtark hin und her ſchlaͤget. Man ſiehet zu beyden Seiten zwiſchen dem Kopf der Tochter und dem Hintern der Mutter oder der Geſchwiſter, an dem er unmittelbar haͤnget, einen Einſchnitt entſtehen; die Winkel entfernen ſich und nur in der Mitte iſt noch ein Punkt der Vereini⸗ gung da. Endlich reißt auch dieſer ab. Die erſte Verrichtung der losgelaſſenen Tochter iſt, den noch in ihrem Leibe uͤbrigen Unflath der Mutter auszuleeren. Wenige Augenblicke danach verſchwinden im Kopfe die Spuhren des Maſtdarms, und der Ruͤſſel verlaͤngert ſich. Die vollendete Naide ſchluckt zum erſten mal Waſſer in ſich, ſchwim⸗ met umher und fuͤhlt ſich in Freyheit. Da ſie wirklich und nach dem Buchſtaben mit dem After und der Blut⸗Qvelle der Mutter und ihrer Geſchwiſter davon gehet, iſt man mit Recht dieſer letztern wegen beſorgt, allein die Natur, die ihre Geſchoͤpfe mit allem, was zu ihrer Erhaltung nothwendig iſt, verſiehet, hat in das letzte Gelenk der zweyten Zeugung, oder in das halbe After— Gelenk der Mutter das Vermoͤgen geleget einen neuen After zu bilden, und dem herabflieſſenden Blute befohlen ſich daſelbſt zu ſammeln, und wie vorhin ſich in die Puls-Ader zu ergieſſen, und alſo den Verluſt ge— ſchwind zu erſetzen. Die naͤchſtfolgende Zeugung entwickelt ſich jetzt geſchwinder als vorhin, und naͤhert ſich mit ſtarken Schritten ihrer Vollendung, und fo die ganze Nachkommenſchaft. Dieß iſts was ein aufmerkſames und geduldiges Auge erfolgen ſiehet. Dieſe Entwickelung der Zeugungen aus dem After-Gelenke iſt die gemeinſte Art der Fortpflanzung der Naiden; es giebt eine an⸗ dere, die beym erſten Anblick von dieſer verſchieden zu ſeyn ſcheinet, im Grunde aber dieſelbe iſt. Anſtatt THRMENIRR 39 Anſtatt daß man insgemein, noch ehe das After: Gelenk von dem Aufſchwellen der Zeugung in die Laͤnge zweyer vollkommen Borſten— Gelenke ausgedehnet worden, den ſchwaͤrzlichen Qverſtrich, der den Ort der kuͤnftigen Trennung andeutet, wahrnimmt, geſchieht es nicht ſelten, daß ſich ein neuer Zuwachs mit allen Gelenken und Borſten bis in die Laͤnge eines Drittels des Mutter-Wurms ohne mindeſte Spuhr des Qverſtriches entwickelt; Lange habe ich dieſe Entwickelung, da keine Anzeige eines kuͤnftigen Kopfes vorhanden, fuͤr eine bloſſe Ver— laͤngerung der Mutter⸗Naide anſehen muͤſſen, und wunderte mich. nicht wenig, Naiden zu finden, die ohne alle Zeugung aus dreyſſig, vierzig und mehr Gelenken beſtunden, da doch die meiſten ſelbiger Art, die nur zehn bis zwanzig Gelenke hielten, mit zwey und mehr Zeugungen beladen waren. Ich folgte taͤglich dem Fortgang dieſes Zuwachſes und als ich glaubte einen Wurm von mehr als vierzig Gelenken zu beſitzen, verlängerte ſich eins der mittelſten in die Länge zweyer, der entſchei— dende Qverſtrich wurde ſichtbar, ein Ruͤſſel wuchs hervor, zwey Augen erſchienen, und meine Naide trennete ſich faſt in der Mitte in zwey. Hier haben wir den Auſſchluß des oben erwähnten Raͤthſels, und zugleich die Erklaͤrung der Ausdruͤcke der vorigen Beobachter: Daß ſich der Kopf in der Entfernung zweyer Drittel vom vorderen Ende bilde, und daß der neue Tauſendfuß nichts anders fen, als der bintre Theil des Alten, Dann, nach der gemeinſten Art der Fortpflanzung bildet ſich der Kopf und entwickelt ſich zugleich mit dem uͤbrigen Leibe des neuen Wurms in dem After⸗Gelenke; hier aber erſcheint er, oder die Anzeige der Einf: tigen Trennung, erſt alsdann, wann der übrige Theil des Leibes faſt die völlige Groͤſſe erhalten hat. Dieſem Dieſem Verfahren der Natur, den Beobachter, der ſich eines einzeln aus vielen Gelenken beſtehenden Wurmes verſichert glaubt, und die Vervielfaͤltigung deſſelben durch neue Zeugungen in dem After: Gelenke erwartet, durch einen neuen Meiſter-Streich zu hintergehen, habe ich lange nachgeſonnen; Die Verſuche aber, welche ich in dieſer und anderer Abſicht unternommen hatte, wurden durch einen mir hoͤchſt⸗ſchmerzlichen Todesfall *) unterbrochen. Wenden wir unfere Gedanken auf alle uns bekannte Gegen: ſtaͤnde der beyden Natur-Reiche, fo findet ſich kaum ein Beyſpiel unſerer Naide. Es ſcheinet daß es dem Schoͤpfer gefallen habe, alle Mittel der Vermehrung bey dieſem Wurme zu gebrauchen: Die Thiere verpflanzen ſich durch Eyer und Junge, die Pflanzen durch Saamen und Schoͤßlinge: Afterpolypen und Baͤume vervielfaͤltigen ſich durch Knoſpen und durchs Zertheilen: Polypen und lebendig ge baͤhrenden Pflanzen wachſen ihre Jungen am Leibe, und trennen ſich im Kurzen von der Mutter; Andere Wuͤrmer und Pflanzen ver⸗ mehren ſich durchs zerſchneiden: Eydechſen und Froͤſche ergaͤnzen ihre abgeſchnittenen Schwaͤnze und Fuͤſſe, und Schnecken bekom⸗ men neue Koͤpfe, und alle Zeugungen geſchehen aus einander und neben einander, das iſt in abſteigender und Seiten-Linie. Dieß alles fin⸗ det ſich auch bey unſerer Naide, allein kein anders mir bekanntes Geſchoͤpf iſt mit jungen und altern Töchtern, mit kleinen und erwach⸗ 26) Der Frau Geheime⸗Raͤthin Gräfin von Schulin, gebohrnen von Moeſting, Gemahlin des vor zwanzig Jahren zu fruͤh verſtorbenen und um Daͤumark unſterblich verdienten Staats⸗Miniſters, Grafen von Schulin. Ihren holden Blicken und Wißbegierigem Geiſte hat mein Vaterland dasjenige, was ich zur Ausbreitung deſſen natürlichen Geſchichte beygetragen, und die Liebhaber und Kenner das Vergnuͤ— gen, welches meine Bemühungen ihnen etwa auf einige Augenblicke machen koͤnnen, einzig zu verdanken. DNN 41 erwachſenen, mit Kindern und Kindes-Kindern auf einmal ſchwanger, u. ſ. f. wie wir bereits von dieſem ſonderbahren Wurme gehoͤret haben. Es iſt klar, daß die beſchriebene Art der Vermehrung der Naiden von der bekannten Eigenſchaft anderer Wurm⸗Arten 1) ſich durch freyes und gewaltſames Zertrennen zu vervielfältigen verſchieden iſt; hier entwickelt ſich ein ganzer, vollkomner und der Mutter in allem gleicher Wurm, noch ehe er ſich von der Mutter trennet; dort muß ein natuͤrliches Zerſpringen, oder ein Zufall, oder die Hand des Naturforſchers den Wurm zertheilen, und alsdenn erſt entſtehen neue Würmer, durch die Erneuerung (Reproduction) gleicher und fo vieler Theile und Gelenke als verlohren find. Dieſes ſchaͤtzbahre Vermoͤgen der Erneuerung iſt auch den Naiden zu Theil geworden; allein bey ihrer Kleinigkeit und der erwaͤhnten Eigenſchaft einen Leib zu haben, der aus ihren erwachſenen Jungen zuſammengeſetzt iſt, müffe der Schnitt nicht ſelten in den Punkt der Vereinigung treffen, und man wuͤrde da eine Erneuerung glauben, wo nichts entwendet worden. Daher iſts geſchehen, daß ich mich erſt nach vielen Verſuchen von der Wirklichkeit dieſer Wiederherſtellung habe uͤberzeugen koͤnnen. Roͤe— ſeln, der es auch verſuchet hat, iſt es nicht gelungen. Ehe : ) Wenn man die langen Würmer des Hrn. Bonnet, die zum Geſchlechte der Regen: Würmer (Lumbrici) gehören, in Glaͤſern aufbewahret, wird man bald an ihnen den Schwanz vermiſſen; ſelbſt in ihrem natürlichen Aufenthalt trift man wenige unbefchä- digt an; die meiſten ſind im Begriff einen neuen Schwanz, andere einen neuen Kopf, noch andere beydes zu entwickeln. Hr. Bonnet iſt geneigt zu glauben, daß dieſes Zertheilen von einer aͤuſſern Urſache, von dem Wiederſtande der Erde, in welche ſie hinein kriechen, herruͤhre. In meinen Glaͤſern war keine Erde; und unter meinen Augen zerſprang ein Wurm, den ich auf den Tiſch legte, gleich darauf in drey Stucke. Demnach ſcheinet dieſes Zertheilen Be natürlich zu ſeyn, und vwirkeicht das Mittel der Erhaltung ihrer Art. 5 | Ehe es mir völlig gluͤckte, fand ich auf einmal drey gezuͤn⸗ gelte Naiden, denen der ganze Vordertheil bis an die eyfoͤrmige Erweiterung mangelte; die Wunde war zugerundet und geheilet, und von hinten hatten ſie zwey bis drey Zeugungen. Dieſer Anblick wies mir, daß die Naiden ſolchen Gefahren ausgeſetzt ſind, da ihnen zur Erhaltung ihrer und ihrer Jungen Leben der Vorzug einer Erneue— rung der verlohrnen Theile nothwendig wird, und ließ mir faſt keinen Zweifel an der Wiederherſtellung ') ihrer Koͤpfe. Nach drey Tagen hatten ſie auch in der That neuen Kopf und Ruͤſſel bekommen. Man wuͤnſchet noch zu wiſſen, ob ſich dieſe Thiere bey der drey— fachen Art der Vermehrung, auch durch den allgemeinen Weg der Begattung verpflanzen. So viele Aufmerkſamkeit ich in dieſer Ab— ſicht angewandt habe, iſt mir nicht die mindeſte ſichere Spuhr von Zeugungs⸗Gliedern, oder einer Vermiſchung vorgekommen. Zwar verwickeln ſich die Maiden oft, und hangen durch ihre viele Borſten feſt an einander; man muß ſich aber huͤten, daß man nicht, wie einige Naturforſcher gethan haben, ein jedes an einander hangen *) der Inſekten und der Würmer für eine Begattung halt. Unter Hunderten habe 12% Man darf ſicher ſchlieſſen, daß diejenige Thiere, an denen wir das Vermögen die ver, lohrne Glieder durch neue zu erſetzen, bemerken, ſolche manchmal durch einen oder andern Zufall verlieren; ſo wie man Uhrſache hat zu vermuthen, daß die man bey zerſtümmelten Gliedern noch am Leben findet, ein ſolches Vermögen beſitzen. Ich habe einige der Arten, welche auf Koſten ihrer Glieder den unerſaͤtlichen Geiſt unſe⸗ rer Naturforſcher unterhalten, in ihrer Freyheit und ohne daß Menſchen-Haͤnde es haͤtten thun koͤnnen, zerſtuͤmmelt gefunden: Eydechſen die den Schwanz, Schnecken, die das eine Horn, Regen : Würmer, die den ER und Naiden die den Kopf vermißten. ) Selbſt jungen Froͤſchen habe ich ſtundenlang in der Stellung, die 3 zur Zeit der Begattung giebt, zugeſehen, und bin doch gewiß, daß es keine Begattung geweſen iſt. ec 43 habe ich nur an dreyen zur Rechten des Schlundes eine Maſſe gelber Moleculen wahrgenommen, die vielleicht einen Eyerſtock verrathen moͤgen. Ich ſahe auch im Waſſer zunaͤchſt an dieſem Theil ihrer Körper einige zerſtreute, platte und ſcheiben-foͤrmige Kuͤgelchen; fie waren gelb, mehr oder weniger durchſichtig, und hatten inwendig eine unordentliche Zeichnung; weil ich ſie aber nicht habe aus dem Leibe des Wurms heraus kommen geſehen, noch weiter verfolgen koͤnnen, bleibt es hoͤchſtens nur eine wahrſcheinliche Vermuthung, daß fie Eyer ſeyn. Nachmals habe ich ſie, und zwar nicht ſelten, in den Waſſer— Tropfen, die ich unter das Mikroſkop gebracht, einzeln angetroffen, ohne weitere Gewißheit zu erhalten. Bey zwey Naiden ſahe ich zu beyden Seiten laͤngſt dem Schlund und der eyfoͤrmigen Erweiterung ein uͤber einander gehaͤuftes gelbes Eingeweide; die uͤbrigen alle waren an erwaͤhnten Stellen leer und durchſcheinend. Zur Beſtaͤtigung desjenigen, was ich von der ſonderbahren Haushaltung dieſes Wurms geſagt habe, will ich meinen Leſern einige meiner neueſten Verſuche vorlegen. Sie betreffen den Wachsthum und die natuͤrliche Vermehrung, die kuͤnſtliche Vervielfaͤltigung und Erneue⸗ rung der gezuͤngelten Naide in ihrem dreyfachen Verhaͤltniß als Tochter, oder ſo lange ſie noch mit der Mutter vereiniget iſt, als Jungfer, wann ſie ſich ſelbſt gelaſſen, und noch nicht Mutter gewor⸗ den, und als Mutter, wenn ſie ſchwanger iſt. Verſuche uͤber den Wachsthum und die natuͤrliche Vermehrung der gezuͤngelten Naide. J. Den zoſten May. Gegenwaͤrtige Naide war aus dreyen zuſammengeſetzt, nemlich aus dem Mutter⸗Wurm, und zwey Zeu⸗ F 2 gungen. 44 D gungen. Der Mutter⸗Wurm a hatte 17 Borſten an jeder Seite, und die juͤngere Zeugung e die Laͤnge zweyer Zwiſchen⸗Raͤume der Seiten⸗Borſten, oder zweyer Gelenke; in derſelben zaͤhlte ich die Anfaͤnge von 12 Gelenken, davon bereits die 6 vorderſten ihre Seiten-Borſten, doch in abnehmendem Verhaͤltniß ihrer Laͤnge, auſſer dem Körper ausge⸗ ſtreckt hatten. Die ältere Zeugung! beſtand aus 28 Gelenken, oder aus 28 zu beyden Seiten ausgeſtreckten Seiten-Borſten, davon die 8 letztere allmaͤhlich an Laͤnge abnahmen; der Ruͤſſel dieſer Zeugung hatte bereits die halbe Laͤnge des vollſtaͤndigen, und ragte von oben hervor; die Augen waren noch nicht zu ſehen; in dem Schwanz waren Spuhren zukünftiger Gelenke, aber kein Qverſtrich merklich. Beyde Zeugungen zuſammen genommen hielten die Lange des Mutter: Wurms. Den 2rſten. Die juͤngere Zeugung war zu der Laͤnge des Drittels eines Gelenkes angewachſen; demnach ſo lang als drey Zwiſchen⸗Raͤume der Seiten⸗Borſten; alle 12 Seiten⸗Vorſten wa⸗ ren herausgekommen, und alle Fuß ⸗Borſten ſichtbar, doch in ab» nehmendem Verhaͤltniß. Die ältere Zeugung hatte ſich auch ver- laͤngert, und Augen, die dicht an dem Qverſtrich ſaſſen, bekommen. Die⸗ ſer machte bereits mit der Seiten-Linie des Koͤrpers einen hervorſte— henden Winkel, das iſt, er bildete die Vorragungen. Auch war ihr Ruͤſſel länger geworden. 31 Seiten-Borſten ſtunden heraus. Den 22ften Die jüngere Zeugung hatte ein Drittel der Länge des Mutter - Wurms und 21 Seiten-Borſten ohne Spuhr des Ruͤſſels, oder der Augen. Die aͤltere Zeugung ! hatte ſich loß gemacht, und ſchwamm in ihrer Freyheſt aher; ſie war 3. Linien lang. Den ere 45 Den 24a ſten. Die Zeugung es hielt zwey Drittel der Länge des Mutter-⸗Wurms, und hatte 23 Seiten-Borſten. Dieſe hatten noch nicht die voͤllige Entfernung von einander, (d. i. die Gelenke hatten noch nicht ihre völlige Groͤſſe) ob fie gleich ihre völlige Laͤn⸗ ge hatten. Den 2 5ſten. Die Zeugung c hatte 28 Seiten- Borſten ohne Ruͤſſel und Augen. Den 2 8ſten hatte fie Augen und Ruͤſſel bekommen, und war faſt ſo lang als die Mutter, doch waren die Seiten-Borſten noch nicht ſo entfernt, als bey dieſer. In dem durch den Qverſtrich zertheilten After⸗Gelenke der Mutter, vornen an der Zeugung, wurden Spuh⸗ ren zukuͤnftiger Gelenke wahrgenommen. Den zuſten. Die Zeugung c hatte ſich losgeriſſen, und war vollkommen ausgewachſen. In dem After-Gelenke der Mut⸗ ter waren 8 neue Gelenke mit ihren Seiten-Borſten und Fuͤſſen in ab: nehmendem Verhaͤltniß ſichtbahr. Da ſich kein Qverſtrich zeigete, durfte ich dieſen Zuwachs fuͤr eine eigentliche Zeugung nicht anſehen, ſondern hielt es für eine bloſſe Verloͤngerung der Naide. Den sten Junii. Auſſer den erwahnten 9 neuen Gelenken waren noch 8 andere in gleichem Verhaͤltniß mit ihren ausgeſtreckten Seiten: Borften hervorgekommen. Ganz eigen war es, daß die vorder- ſten Borſten vom 3 ı fen May noch nicht, die hinterſten aber vom sten Junii bereits ihre ko Länge hatten. Dieſes war gegen die allgemeine Ordnung der Auswickelung, nach welcher die vorderſten und erſtge⸗ 1 den e und ſpaͤtern vorgehen. Es gab zwar dieſe merkliche F 3 Ver⸗ 46 ARTNET Verſchiedenheit der Laͤnge der Borſten das Anſehen ziwener Zeugungen oder kuͤnftiger Wuͤrmer; es aͤuſſerten ſich noch darzu Anfänge neuer Bor⸗ ſten einer dritten Zeugung; der Mangel aber des Qverſtriches und die gleiche Groͤſſe der Mittel-Gelenke dieſes dreyfachen Zuwachſes hinderte fie für etwas anders als bloſſe Verlaͤngerungen der Mutter-Naide zu halten. Ich zaͤhlete an jeder Seite 32 deutliche Seiten- Borſten. Den gtem Alle Seiten- Borſten hatten gleiche Länge bekommen; ich zaͤhlte 44 an jeder Seite; die Borſten der drey Verlaͤn— gerungen waren alſo voͤllig ausgewachſen, doch hatten ihre Gelenke nicht die völlige Länge der alten Mutter. Wieder alles Erwarten zeigte ſich zwiſchen der 2 1ſten und 2 2ſten Borſte der zertheilende Qverſtrich, und dieſes Gelenk war laͤnger geworden als die andern; Es aͤuſſerte alſo die Natur mit dem erwaͤhnten dreyfachen Zuwachs einen doppelten Zweck, die Verlaͤngerung der alten Mutter und die Erzeugung kuͤnftiger Würmer. Die Mutter hatte 21 Seiten: Borften und alſo einen Zuwachs von fuͤnf Gelenken bekommen; die erwachſene Tochter hatte 23, doch war bey dieſer, ob ſie gleich die voͤllige Breite und zwey Drittel der Laͤnge der Mutter hielt, annoch keine Anzeige von Augen oder Ruͤſſel. In dem After Gelenke der Tochter, und in dem Stücke des zertheilten Ge— lenkes, das der Mutter gehörte, waren entfernte Spuhren neuer Gelenke. Beyde zuſammen waren 5 Linien lang. Ich muſte mich auf vierzehn Tage in die Stadt begeben, und als ich am 2 sften Junii nach meinen Naiden ſehen wollte, waren ſie nicht zu finden. II. Den zoſten May. Dieſe Naide war der vorhergehenden in allem gleich. Den Den 2ıften hatte ſich die aͤltere Zeugung getrennet. Die juͤngere war zu meinem Erſtaunen ſo ſehr angewachſen, daß ſie die Hälfte der Länge des Mutter-Wurms erreichte, und 21 Borſten zu je⸗ der Seite völlig heraus waren. Den 22ſten war die Zeugung etwas laͤnger geworden, das iſt, die Zwiſchen-Raͤume der Borſten hatten ſich erweitert. Den 24ſten war der Ruͤſſel zu ſehen; er hatte ein Viertel der Laͤnge des völlig ausgewachſenen, und ſchien ſich zu bewegen. Den 2 5ſten. Die Zeugung war faſt fo lang als der Mutter⸗Wurm, und prangete mit 23 langen und vollſtaͤndigen Seiten⸗ Borſten, davon viele gedoppelt waren. Am Mutter-Wurm hatte ſich eine neue Auswickelung zwiſchen ihr und der aͤltern Tochter angeſetzt, von der Laͤnge anderthalb ſeiner Gelenke; acht Seiten-Borſten waren bereits in der erſten Halfte der Laͤnge in abnehmendem Verhaͤltniß herz ausgekommen, ſtunden aber, wie in dem kleinen Raume nothwendig, ſehr dicht an einander; in der zweyten Haͤlfte lagen die Borſten noch innerhalb der Haut. Den 28ſten. Die ältere Zeugung hatte Augen bekom— men und ſich getrennet; die neue Auswickelung war verlängert wor: den und machte mit dem Mutter-Wurme ein Thier von 31 Seiten Borſten aus, ohne Anzeige eines Qverſtriches oder Spuhren neuer Zeugungen; es iſt aber nicht zu zweifeln, daß beyde ſich, wie im vorher⸗ gehenden Verſuch, einfinden werden. Bald darauf gieng ſie verlohren. | III. Den z oſten May. Der Mutter⸗Wurm hatte 24 Seiten⸗ Borſten. Die Zeugung 22 zu jeder Seite; dieſe hatte zwey Drittel der Laͤnge des Mutter Wurms; beyder Laͤnge war drittehalb Linien. ö Den 48 Dos Den 2 rſten. Die Zeugung hielt nur eilf Seiten -Borften in gleichem Abſtand, als bey dem Mutter-Wurm; ich weiß gar nicht, wie es zugegangen, daß ich den zoften zwey und zwanzig zu jeder Seite gezaͤhlet, und ſie jetzt fehlen; es war keine Spuhr der mangelnden im Waſſer zu finden. Den 22ften. Die Zeugung hatte einen Ruͤſſel bekommen, welcher unten in der Mitte ſtand. Den 24ſten. Der Mutter -Wurm zeigete zwiſchen ſich und der Zeugung eine neue Auswickelung von der Laͤnge zweyer Gelenke; vier Paar Seiten-Borſten und Fuͤſſe waren bereits herausgekommen. Die Zeugung hielt kaum die Haͤlfte der Laͤnge der Mutter, und hatte nur eilf Seiten-Borſten; der Ruͤſſel war laͤnger worden, und die Augen deutlich zu ſehen. Zwiſchen dem Qverſtrich und dem erſten Paar Seiten: Borften ſahe man Spuhren der Vorderfuͤſſe. Den asften. Die Zeugung hatte ſich getrennet. Der Mutter⸗Wurm hielt 28 Seiten: Borſten, davon vier, nebſt entfernten Spuhren zukuͤnftiger, der neuen Verlaͤngerung gehoͤrten, hatte aber beydes Kopf und Hals verlohren; die Wunde war vorne zugerundet, wo die Seiten-Borſten unmittelbahr anhiengen. Dieß befrembdete mich ſehr, und ich hoffte zu ſehen wie die Natur dieſen Verluſt des Kopfes, welcher von keinem lebendigen Thiere herruͤhrete (denn die Naide war das einzige lebendige, was im Glaſe ſichtbahr war) er— ſetzen werde. Allein den 28ſten ſelbigen Monats war fie mit keiner Kunſt und Mühe zu finden, 2 2:7 Tabelle uber | A Wachschuin und Le Haturliche ech rung Der / MAIDEN Mar; 55 * 85 Mar; — v— —5 E & ZO. — Bi BL — 27 25 27 28. ZI Kerr er Web) N 5 27 22 = 2 i 47 22 2 28 22 Aa 22 6 22 — 2 LE 17 217 4 FERNE S 2 — —— Si . e 55 25 ] . 18° 287° 2838 — 2 ec 2 2 8 ; 27 z8 32. 8 * 3 4 ; 23 & 7 e F Ben 2 h 2 8 ” * 4 N. 5 5 o 8 ,, WE 2. NAEREHR 4 "A . - 2# 22 F 5 8 ; == i Br 2 5 5 5 5 C/LLIZLLL- == 7 m 5 ee «7 2 232 — —ä—E— ne 2 20 2 2# 4. N “2 I u 2 c 2 FE 25 2& $ + . SS on Age: 28 2 — — — NEN N: U = pe: % “ u, = . 225 3 * ** 1 8 * 5 5 — — ©. — 5 75 * ch „ > — vd 7 : 28 . irn 18 ET. e N 49 Die zwey angefuͤgte Tabellen dienen darzu, daß man die Ber: ſuche, den Zuwachs der natuͤrlichen und kuͤnſtlichen Verpflanzung, ſo wie die Geſchwindigkeit der Erneuerungen unſerer Naide betreffend, mit einem Blick uͤberſehe. Sie veranlaſſen verſchiedene nicht unerheb— liche Folgerungen, die meine Leſer, wenn ſie die Tabellen mit den Verſuchen zuſammenhalten, leicht machen, und mir deshalb nur einige anzufuͤhren erlauben werden. Aus den vorhergehenden Verſuchen; ſiehe die Erſte Tabelle: Die Geſchwindigkeit der Auswickelung der ganzen Naiden verhaͤlt ſich, wie ihre Naͤhe zu dem gemeinſchaftlichen Herzen oder zu dem Punkt, wo die Bewegung der circulirenden Feuchtigkeit am merk⸗ lichſten iſt. Die Theile derſelben entwickeln ſich nach entgegengeſetz⸗ tem Verhaͤltniß. Die flieſſende Feuchtigkeit wirket die Entwickelung; man ſiehet das Streichen derſelben durch die zarten Glieder, und den erfol— genden Wachsthum augenſcheinlich. Zehn bis zwoͤlf Tage ſind der Zeit⸗Raum, welcher zwiſchen dem erſten merklichen Punkt der Entſtehung, oder Entwickelung ei⸗ ner Naide und ihrer voͤlligen Groͤſſe vergehet. | Alle fünf oder fieben Tage gebiehret die Naiden- Mutter ein Junges. 5 Die ploͤtzliche Entſtehung eines Naiden Kopfs in der Mitte einer einzeln Naide, und die Zertheilung derſelben, hat ihren G Grund 50 Ae Ne N Grund in den Beduͤrfniſſen dieſer Würmer. Sie ſcheinen von dem all⸗ gemeinen Geſetze der Begattung ausgenommen zu ſeyn, und ſich bloß durch Entwickelungen neuer Zeugungen aus dem After-Gelenke fort zu pflanzen. Mit jeder Zeugung verlieret die Mutter, die hoͤchſtens aus vier und zwanzig Gelenken beſtehet, die Hälfte oder ein Drittel des letz tern; folglich muͤßte fie vorlaͤngſt erſchoͤpft ſeyn, und aufgehoͤret haben, wenn nicht die Meiſter⸗Hand des guͤtigen Schöpfers dieſem Unfall durch ein neues Mittel das eben fo vorzüglich als unerwartet iſt, vor— gebeuget haͤtte. So bald die Mutter durchs Kinder-Zeugen die Zahl ihrer Gelenke bis auf ſiebenzehn oder funfzehn vermindert hat, ent— wickelt ſich eine Menge neuer Gelenke; wenn dieſe ihre voͤllige Groͤſſe erhalten haben, werden fie unter der Mutter und einer plöglich entſtehen⸗ den Tochter alſo getheilet, daß die Mutter, wie im erſten Verſuche, fünf, und die Tochter drey und zwanzig erhält. Dadurch wird die Mutter, wenn man auf jedes Gelenke drey Zeugungs-Keime rechnet, aufs neue in den Stand geſetzt, funfzehn Zeugungen hervorzubringen, ehe fie einer neuen Erſetzung bedarf. Wir erwehnten oben ) des Alters der Naiden- After; unter gleichen Bedingungen, und zu⸗ folge dieſer Erſetzung muß es Naiden⸗ Köpfe von gleichem Alter geben. Verſuche uͤber die kuͤnſtliche Vermehrung der Mut⸗ ter⸗Naiden und die Erneuerung ihrer verlohrnen Theile. 1. Den zoften May fehnitt ich eine Mutter⸗Naide, die der im erſten Verſuche völlig. ahnlich war, unterhalb der Erweiterung des 3 g darm⸗ 20) Seite 37, in der Anmerkung. Does 51 darin ⸗aͤhnlichen Gefaͤſſes qver durch. Das Border. Stück behielt fünf Seiten⸗Borſten an jeder Seite. Das hinterſte Gelenk war durch die Gewalt des Schneidens auf beyden Seiten zerdruͤcket worden, und die Materie deſſelben war in helle Kuͤgelchen ausgetreten; innerhalb ſechs bis acht Minuten waren ſie verſchwunden; die Wunde wurde gerundet, und bekam einen Rand. Einige Minuten nach dem Schnitt war keine Bewegung zu merken, bald aber zuckte es den Kopf, als ſchluckte es etwas in ſich, und der Pulsſchlag wurde in der Erweite— rung merklich. Dem Hinter-Stuͤcke des Mutter-Wurms blieben zwoͤlf Seiten-Borſten uͤbrig; es bewegte ſich wie gewoͤhnlich; der Pulsſchlag gieng wie zuvor, ohne daß er durch dieſe Gewaltſamkeit unterbrochen worden, durch den entkoͤpften Wurm und ſeine Zeugungen. Den 2 1ften war das Stuͤck, welches den Schwanz verlohren hatte, nicht zu finden; das ohne Kopf war unveraͤndert, lebendig und mit ſeinen Zeugungen in voller Bewegung. Die aͤltere Zeugung b hatte ſich mit Ruͤſſel, Augen, und drey und dreyſſig Borſten-Gelenken losgemacht, und hielt die Laͤnge und Groͤſſe einer vollkomnen Naide. Die Juͤngere c war länger als der gekoͤpfte Wurm geworden, und hatte zwoͤlf Borſten⸗Gelenke ohne Anzeige eines Ruͤſſels. Den 22ſten. Das Stuͤck ohne Kopf mit feiner Zeu⸗ gung unverändert. Die Bewegung der Puls-Ader ſehr unmerklich; erſt nach anhaltender Betrachtung von einer halben Stunde wurde ich derſelben gewiß, und blieb im Zweifel, ob es das Leben erhalten wuͤrde. Den 23ſten hatte ſich die Zeugung c von der geloͤpften Mutter getrennet; beyde zeigten wieder Vermuthen Kopf und Rüſſel, doch noch nicht voͤllig gusgewachſen. Die Augen waren noch | G 2 nicht „ is. 52 ee nicht zu bemerken, welches mich bey der Zeugung befremdete, weil dieſe gemeiniglich Augen zu bekommen pflegen, ehe ſie ſich von der Mutter losmachen. Den 2 fſten; im vorigen Zuſtand ohne Augen. Den 2 8ſten; beyde verſchwunden. Wie es zugegangen, weiß ich nicht; es geſchieht nicht durch die im folgenden zu beſchreibende Krankheit, denn ſo muͤßte ich die wolligte Maſſe gefunden haben; vielleicht kriechen fie wie einige Waſſer - Schnecken und andere Wuͤr⸗ mer an die trockne Wand des Glaſes und verdorren. II. Den ten Juni. Zwey Mutter Naiden qper durch— geſchnitten. 4 hielt achtzehn und ihre aͤltere Zeugung zwey und zwanzig Sorften: Gelenfe; dieſe hatte bereits Augen und Ruͤſſel, und in ihrem After: Gelenfe Spuhren vieler kuͤnftigen; von einer jüngeren Zeugung zeigten ſich in der erſten Halfte des After-Gelenkes der Mut: ter bereits zwoͤlf Gelenke. B hielt zwanzig und ihre Zeugung eine gleiche Zahl vollſtaͤndiger Borſten-Gelenke; dieſe hatte faſt die Laͤnge der Mutter, aber keine Spuhr von Ruͤſſel und Augen, auch nir— gends einer kuͤnftigen Zeugung. Das Kopfſtuͤck A behielt ſechs, und das Schwanzſtuͤck zwoͤlf Borſten- Gelenke und die Zeugungen. Das Kopfſtuͤck B behielt fuͤnf, und das Schwanzſtuͤck funfzehn und die Zeugung. Den TERM ENIMN 53 Den roten hatten beyde Kopfſtuͤcke neue After: Ge lenke, und beyde Schwanzſtuͤcke neue Koͤpfe erhalten. Der Ruͤſſel war bey beyden fünfmal kleiner als gewohnlich. Die altere Zeugungen hatten ſich losgemacht, und die juͤngere war mehr ausge⸗ wickelt worden. Den 2 sften hatten die Ruͤſſel ihre völlige Laͤnge. III. Den roten Julii wurde eine Mutter ⸗Naide qoer durch⸗ geſchnitten. Sie hielt neunzehn Borſten-Gelenke, und eine Zeugung von der Laͤnge zweyer Gelenke. Sie hatte das merkwuͤrdige, daß ihr beydes Ruͤſſel und die ohrenfoͤrmige Vorragungen fehlten, ohne irgend eine Anzeige, daß fie jemals vorhanden geweſen wären, und daß das erſte Paar Seiten⸗Borſten dreyfach war. Dem entſchwaͤnz⸗ ten Stücke blieben zehn, und dem gekoͤpften neun Borſten-Gelenke übrig. Dieſes hatte neben den zwey vordern Gelenken an jeder Seite eine Wunde, oder einen tiefen Einſchnitt, von dem erſten mislunge⸗ nen Schnitt des Meſſers erhalten. Den 1 sten Julii hatte das entſchwaͤnzte Stück einen kleinen Ruͤſſel bekommen; der Rand, wo es von dem Schwanze getrennet worden, war nicht mehr ſcharf, ſondern zugerundet, doch war noch kein neuer After angewachſen. Dem gekoͤpften Stuͤck war ein neuer Kopf und Ruͤſſel gewachſen; jeder hatte die Laͤnge eines Borſten⸗Gelenkes, und war weiſſer und heller als die alten Glieder. Die Augen und die gewoͤhnliche gelbe Maſſe konnte man noch nicht bemerken. Die durch meine Ungeſchicklichkeit verurſachte Seiten⸗ G. 3 Wunden 54 rice Wunden waren voͤllig geheilet, und die Zeugung diefes gekoͤpften Wurmes hatte ſich ſo ſehr ausgewickelt, daß ſie jetzt neunzehn Gelenke hielt; doch war noch keine Spuhr einer kuͤnftigen Theilung vorhanden. Anmerkungen bey dieſen Verſuchen, ſiehe die zweyte Tabelle. Das Entkoͤpfen der Mutter hat keinen merklichen Einfluß auf die Entwickelungen der Toͤchter; ſie wachſen und trennen ſich, wenn auch gleich die Mutter aus Mangel des Kopfes ihnen in einigen Tagen keine Nahrung reichet; waͤhrend der Zeit, daß der Mutter ein neuer Kopf waͤchßt, dienet ihnen die in ihrem Maſt-Darme noch vorhandene Nahrung zum Unterhalt; endlich leeren ſie auch dieſen aus, und wenn ſie nicht bereits ſo weit ausgewachſen, daß ſie ſich von der enthaupteten Mutter trennen koͤnnen, muͤſſen ſie in Gedult den Anwachs des neuen Kopfs ihrer Mutter erwarten; bisweilen entwickelt ſich der natuͤrliche Kopf der Tochter, eben ſo geſchwind als der durch die Kunſt bewirkte der Mutter, wie im erſten Verſuch. Es ſcheinet, daß ſich in den Zeugungen, deren Mutter den Kopf verlohren, wenigere Gelenke entwickeln; die Zeugung c der per: theilten Mutter (ſiehe die erſte Tabelle) vermehrte ſich wie c der zer— theilten (ſiehe die zweyte Tabelle) in vier und zwanzig Stunden mit ſechs Gelenken; dieſe trennte ſich nach vier Tagen ohne mehrere Gelenke zu bekommen, jene aber ſetzte mehrere Gelenke an und wurde erſt nach acht Tagen los. Die entkoͤpften Mutter- Naiden erhalten in drey bis vier Tagen einen neuen Kopf. Der Der unterbrochne Lauf des Bluts in dem entſchwaͤntzten, und die am 22ſten erfolgte Schwäche des Pulsſchlages in dem ge koͤpften Stuͤcke waren natuͤrliche Folgen der grauſamen Trennung der ganzen thieriſchen Haushaltung, da jenes von der Qvelle des Blut— Fluſſes, und dieſes von der Zufuhr der Nahrung abgeſchnitten worden. Der kleine Reſt der aus den Puls-Adern in die Blut-Adern ftieſſenden Feuchtigkeit muſte ſich aus dieſen in jene in dem Hintern des entſchwaͤnz⸗ ten Stuͤckes einen neuen Weg bahnen, und der Mangel neuer aus der Nahrung erzeugten Lebensgeiſter ſcheinet in dem gekoͤpften Stuͤcke den Lauf des Bluts gemindert zu haben. Die Natur laͤßt ſich in der Auswickelung der Glieder einer Tochter⸗Naide, durch die Nothwendigkeit der Mutter einen neuen Kopf zu bilden, nicht ſtoͤhren; ſie weiß drey ſo verſchiedene Geſchaͤfte: Wunden zu heilen, einen Kopf hervorzubringen, und ein Thier zu zeugen, in einem Dinge und auf einmal auszufuͤhren. Wie will man dieſes erklaͤhren ohne in allen Theilen dieſer Wuͤrmer Keime verſchiedener Art anzunehmen, die von ſolchen Zufaͤllen in den Stand geſetzet werden durch den Trieb des Blutes, oder eines andern feinen Saftes ſich auszuwickeln. Verſuc he uͤbe die kuͤnſtliche Vermehrung der Tochter: Naiden, und die Wiederentſtehung ihrer verlohrnen Theile. I. Der Mutter Wurm hielt 1; Seiten- Borſten, und eine neue Auswickelung zwiſchen ſich und feiner Tochter von der Laͤnge zweyer Gelenke, daraus fuͤnf Seiten⸗Borſten herausſtunden; die Zeugung hatte 56 DN Nee hatte faſt die Laͤnge der Mutter und 33 Seiten-Borſten; der Ruͤſſel war gebildet aber keine Augen merklich. Ich ſchnitt den 26ſten May, Morgens die Zeugung qver durch. Das Vorder-Stuͤck das der Mutter anhieng, behielt 1 5, und das Abgeſonderte 1s Seiten-Borſten. Den 28ſten Morgens hatte das Vorder-Stuͤck der Zeugung von 15 Borſten ſich mit Augen und Ruͤſſel von der Mutter getrennet; der After ſchien noch nicht völlig gebildet; auch war kein Unflath im Leibe. An dem abgeſchnittenen Ende des Hinter - Stüdfes zeigte ſich ein heller weiſſer Anwuchs von der Laͤnge eines halben Gelenkes, in welchem das darm ähnliche Gefäß noch nicht merklich war; an dem After » Gelenke waren zwey Borſten hervorgetreten, alſo 20 Borſten an jeder Seite; in dem Maſt⸗Darm war Unflath, welcher ohne Zweifel von der Mutter hergekommen. Die neue Auswickelung war bis an die halbe Länge des Mutter⸗ Wurms angewachſen, und hielt us Seiten-Borſten und Fuͤſſe, alſo der ganze Mutter: Wurm 33 Seiten-Borſten, und 36 Paar Fuͤſſe. Der After war voͤllig geſtaltet. Den zıften. Nachmittags, das entſchwaͤnzte Stuͤck der Zeugung hatte einen neuen und vollkomnen After bekommen, doch ohne eine Spuhr zukuͤnftiger Gelenke; und gab ſeinen Unflath von ſich; es war drittehalb Linien lang. Das zerſtuͤmmelte Hinterſtuͤck hatte ſich von Unflath ausge⸗ leert, war ſonſt ohne Veraͤnderung, und merkliche Bewegung. Die $ ; ART, Dc 57 Die Mutter hatte, die neue Auswickelung mitgerechnet, 33 Seiten-Borſten, war alſo um drey Gelenke gewachſen; dieſe hatte noch nicht die Laͤnge der Alten; es war nirgend eine Spuhr zukuͤnftiger Zeu- gung; doch ließ das ohne Borſten in der Laͤnge zwey vollſtaͤndiger Ge⸗ lenke ausgeſtreckte After » Gelenfe eine bevorſtehende neue Auswickelung vermuthen. Sie war vier Linien lang. Den sten Junii Nachmittags. In dem entſchwaͤnzten Stuͤcke zeigete das verlängerte After⸗Gelenke die Anfänge vieler neuen Gelenke und zukuͤnftiger Borſten. Das zerſtuͤmmelte Hinterſtuͤck war noch ohne Anzeige des Kopfs oder der gelben Maſſe, hatte auch keinen Unflath im Leibe; die Bewegung der Pulsader war deutlich. Die Auswickelung, die ich den 3 ıften May in dem After⸗Ge⸗ lenke des Mutter⸗Wurms vermuthete, fieng an ſich zu zeigen; man ſahe haͤufige Anfaͤnge neuer Gelenke. Den gten Juni Nachmittags. Das entſchwaͤnzte Stuͤck, oder die losgelaßne Zeugung war Mutter worden; ſie ſelbſt hielt 17 Seiten⸗Borſten, und ihre Tochter 21; die Gelenke welche den sten nur in der Ferne ſichtbahr waren, hatten ſich ausgewickelt, und die Borſten, die damals im innern halb verborgen lagen, waren durch die Haut gedrungen, und zeigten ſich völlig ausgeſtrecket auſſer derſelben. Ob dieſe neue Zeugung gleich die Haͤlfte der Laͤnge der Mutter hatte, war doch der Qverſtrich, oder der Ort der kuͤnſtigen Theilung kaum merklich. 5 Die Die nunmehrige Groß⸗Mutter, oder der alte Mutter Wurm hielt jetzt 48 Seiten-Borſten an jeder Seite, oder 51 — 52 Paar Fuͤſſe. Das Gelenk zwiſchen der 2 oſten und 2 ıften Borſte war laͤnger als die uͤbrigen, und der theilende Qverſtrich fieng daſelbſt an merklich zu werden, demnach eine bevorſtehende Scheidung oder ei— nen neuen Wurm anzukuͤndigen. Dieſer hatte faſt die Laͤnge der Mut⸗ ter, und 28 Seiten-Borſten, keine Spuhr von Augen oder Ruͤſſel; alle Borſten waren vollſtaͤndig, doch ſtunden ſie weniger entfernt als bey der Mutter. Es iſt Anmerkungs⸗wehrt, daß die Spuhr der Thei— lung ſich ſo ſpaͤt zeiget; und zwar in einem Gelenke, das vor einigen Tagen nichts vor allen den andern voraus zu haben ſchien; ſollte etwa ein jedes Gelenk ſich verlaͤngern, und die eine Haͤlfte einen Schwanz, die andere einen Kopf geben koͤnnen? Das entkoͤpfte Stuͤck hatte vollkomnen Kopf mit Augen und Ruͤſſel bekommen. Der Kopf warn heller als bey den unbeſchaͤdigten; die Maſſe des Gehirns war nicht wie bey jenen gelb, ſondern weiß; die Augen kleiner als bey den Zeugungen und ſchwer zu bemerken; der Ruͤſſel hatte die Laͤnge dreyer und der neue Anſatz des Kopfes zweyer Gelenke; der neue Theil des Darm: ähnlichen Gefaͤſſes war von gleicher Breite ohne eyfoͤrmige Erweiterung. II. Die Mutter⸗Naide hatte vier und zwanzig und die Tochter eben ſo viel Borſten- Gelenke; dieſe hatte die halbe Laͤnge der Mutter, aber weder Ruͤſſel noch Augen; beyde zuſammen waren vier Linien lang. Den En 59 Den 26 May zerſchnitt ich die Tochter in zwey Stuͤcke. Das der Mutter anſitzende Stuͤck behielt ſechs, und der abgeſchnittene Schwanz achtzehn Borſten an jeder Seite, ohne ſein After-Gelenke, das ſo lang war als zwey vollſtaͤndige Gelenke, und die Anfaͤnge vier kuͤnftiger Borſten zeigte. Den 2 fſten hatte das Schwanzſtuͤck am Vorder⸗Ende einen Zuwachs von der Länge eines halben Gelenkes bekommen, und war zus gerundet; es war der Anfang eines neuen Kopfs, der ſich von dem uͤbrigen Koͤrper durch ſeine groͤſſere Durchſichtigkeit unterſchied; er war ganz weiß ohne mindeſte Spuhr des darm aͤhnlichen Gefaͤſſes; auch war in dem Maſt⸗Darm kein Unflath vorhanden. Die entſchwaͤnzte, der Mutter anhangende Zeugung hatte ein helles Stuͤck von der halben Laͤnge eines Gelenkes hinten angeſetzt, in welchem am Ende ein kleiner Einſchnitt gleich dem After zu ſehen war; die Puls- Adern aber waren in dieſem Zuwachſe noch nicht merklich. In dem Mutter⸗-Wurme dicht an dem Kopfe der zerſchnittenen Zeugung erſchienen Spuhren kuͤnftiger Gelenke. Den zrſten. Das abgeſchnittene Stuͤck hatte hinten an jeder Seite zwey Borſten hervorgeſchoſſen, ſich alſo mit zwey Gelenken vermehret. Der neue Kopf mar noch nicht völlig gebildet, daher auch Fein Unflath im Maſtdarme vorhanden. Uebrigens war der Zu wachs wie den 2 8ſten, und beyde Stuͤcke bewegten ſich ſehr. Den zten Junii. In dem vorderen Anwuchs des Schwanz Stückes war weder Ruͤſſel noch Augen zu merken. Das entſchwaͤnz⸗ te Stuͤck hatte ein neues und vollkomnes After ⸗Gelenke bekommen; 60 D NS. in demſelben waren bereits Spuhren kuͤnftiger Gelenke, oder einer neuen Zeugung; der After war ſehr deutlich. Den sten Junii. Das Schwanz. Stück hatte völligen Kopf und Ruͤſſel bekommen; im Schwanze ſelbſt hatten ſich neue Gelenke ausgewickelt; und zeigten ſich Spuhren vieler kuͤnftigen. Das entſchwaͤnzte Stuͤck beſtand jetzt aus vier und zwanzig Gelenken, und hatte ein Drittel der Laͤnge des Mutter⸗-Wurms. Anmerkungen, ſiehe die zweyte Tabelle ** Die zerſchnittene Tochter Naide braucht um einen neuen Kopf zu ſetzen mehr, und um einen Schwanz zu bekommen weni⸗ ger Zeit als die Mutter-. Naiden. Bey jener iſt der Schwanz in fuͤnf bis ſieben, und der Kopf in zehn bis vierzehn Tagen fertig; bey dieſer aber bedarf die Erneuerung des Schwanzes zehn, und des Kopfs drey Tage. Man hatte Urſache das Gegentheil zu erwarten, da der Trieb der flieſſenden Feuchtigkeit vom Schwanze nach dem Kopf gehet; ſieht man aber auf die mehrern Beduͤrfniſſe, welche Zweifels ohne die Regel des Alltweiſen und guͤtigſten Weſens bey der Schöpfung war, muſte ſich bey einer zertheilten Tochter⸗Naide zur Erhaltung der Mutter, der Schweſter, und ihres entſchwaͤnzten Leibes ein neuer After geſchwinder bilden, als ein neuer Kopf. Anders iſt es bey der entföpften Mutter⸗Naide, wo die geſchwin⸗ de Erneuerung des Kopfs der Mutter und ihren Toͤchtern nothwen— dig iſt, und daher auch in drey bis vier Tagen erfolget. Die groſſe Verlängerung der Mutter» Naide von funf— zehn bis acht und vierzig, alſo mit drey und dreyſſig Gelenken, ehe die | Natur DNN 61 Natur eine Trennung aͤuſſerte, iſt ſehr merkwuͤrdig; die Urſachen habe ich oben angegeben. | Nicht weniger verdienet der Reichthum, mit welchem der Schoͤpfer den verlohrnen Schwanz erſetzet, angemerket zu werden. Im zweyten Verſuche bekommt die entſchwaͤnzte Tochter nicht nur ein neues After-Gelenk, ſondern in demſelben wird ihr der Verluſt von achtzehn Gelenken mit vier und zwanzig erſetzet; ſelbſt dieſe achtzehn ſind nicht verlohren gegangen, ſondern haben vornen einen neuen Kopf und hinten einen Zuwachs von acht Gelenken erhalten, folglich ſind ſie eine vollkomne Naide von ſechs und zwanzig Ge⸗ lenken geworden. Verſuche uͤber die künſtliche Vermehrung der Jungfer⸗ Naiden, und die Wiederentſtehung ihrer verlohrnen Theile. J. Den 2 8ſten Junii drey Jungfer Naiden qoer durchge⸗ ſchnitten. A hatte dreyſſig Borſten-Gelenke, und behielt am Kopf: ſtuͤcke jehn. B ſieben und dreyßig und behielt am Kopfe funfzehn. C vier und zwanzig, und wurde an zwey Stellen durchſchnitten. Das Kopfſtuͤck behielt zwoͤlf, das Mittelſtuͤck neun, und das Schwanz ſtuͤck drey Borſten⸗ Gelenke. Den zoſten hatten die deey Schwanz» Stücke vollkomnen Kopf mit Augen und Ruͤſſel erhalten; er war durch die Weiſſe der in— wendigen Maſſe, die bey den Alten gelb iſt, bald kennbar. Das Y 3 Kopf: 62 DN NN Kopfſtuͤck A hatte ein neues After Gelenk bekommen „ und in demſelben waren die Anfaͤnge vieler kuͤnftigen Gelenke deutlich; ich ſahe, daß der Unflath durch dieſen neuen After haͤufig abgefuͤhret wurde. An dem Kopfſtuͤcke B war nicht die geringſte Spuhr einer Erneuerung des verlohrnen Schwanzes; der Rand des geſchehenen Schnitts war noch eben fo ſcharf, als am 2 8ſten. Die Urſache dieſer ausnehmenden Verſchiedenheit bey den Kopfſtuͤcken A und, weiß ich nicht hinlaͤng⸗ lich anzugeben. Das Kopf und Mittelſtuͤck C war nicht zu finden. II. Den roten Julii abermals eine Jungfer Naide gver durchgeſchnitten. Sie beſtand aus vier und zwanzig Gelenken, und hatte ſtatt des Ruͤſſels in der Mitte des vorderen Randes einen kleinen Einſchnitt. Dem Kopfſtuͤcke blieben ſieben und dem Schwanz ſtuͤcke ſiebenzehn Borſten-Gelenke. Den 14ten Julii zeigte das Kopfſtuͤck eine ganz unerwartete Erſcheinung: Aus dem vorderen Einſchnitt war ein Ruͤſſel von der Laͤnge des Kopfes und des Halſes hervorgewachſen, hatte aber dieſes auſſerordentliche, daß er ſich in der Mitte in zwey Aeſte, davon der linke ein wenig kuͤrzer als der rechte war, gleich einer Gabel theilte. Es hatte einen neuen und völlig gebildeten After bekommen; das Ge— lenk deſſelben war ſo groß als die alten, aber, wie gewoͤhnlich viel weiſſer und ohne alle Spuhr einer kuͤnftigen Zeugung. Das Schwanz⸗ ſtuͤck hatte einen neuen Kopf und Hals von der Laͤnge eines ausge— wachſenen Gelenkes, und einen eben ſo langen Ruͤſſel erhalten. Die Augen Punkte waren noch nicht vorhanden. Dieſe r — — en reiste STabell 2 d uber | | DicKanfduche Vermehrung. cure Erneuerung, | er NAIDEN, Ser Mustzer- NAIDEN » Der Tochter NALDEN ». der Teingfer-NAIDEN „F | 5 un. 2 * 20. nl, Mais. 26. = zını ZG 36 .@ SP NS * Zn; Fe 5 45 Z TEE. Br . | == le 2. 22. 28 128.8 . —57 2 2 2 S . x 2 2 g j j 22. En ENDE — , 28 2 — 22 Ü „ zo Be. 1 22 esse . — & a Wie =37 nenn ri 2 * 2 N 2 K. 4 sie SUPER ZEN . 5 2 5 Y Cue f. get 5 a 2 3 2 — F 2 7 — — ZE& — 1 2 2 28 u 22 2 zo 52 % 19. — == 75 5 — 3 „ 4 * 3 » ZZ „ 2 2 5 5 y 22 | Zr EE 7 0 2 2 2 . = Bor er Z 3; 2 5 22 Seer 3 2 5 hi . — 8 2 Er; ' 0 4 C. . 5 . #20 12 =? ed 2 K 2 ee 7 1 Tg 27 ee r Be RN A 10 r N 950 Wande 23 Be. | SE e Bee nf Lane! Er Ban . e eng Aue 5 r: ene 8. Kr! = Free ir, wg . " ER Ku, EN De * . aus, * 1 * be ei 3 Nele 2 Dieſe geſchwinde Auswickelung eines neuen Kopfs und Af- ters, oder die Entſtehung zweyer Würmer aus einem, fo wie der ge gabelte Ruͤſſel, machten mir nicht wenig Vergnügen; ich that fie mit Behutſamkeit und in Erwartung neuer Erſcheinungen wieder ins Glas, als ich fie aber den roten beſehen wollte, waren fie verſchwunden. Anmerkungen, ſeehe die zweyte Tabelle *,* Bey den Jungfer⸗ Naiden entſtehet ein neuer Kopf und ein neuer After in gleichem Zeit-Raum, und zwar ſehr geſchwin— de, in weniger als zwey Tagen. Wahrſcheinlich ruͤhret die Geſchwin— digkeit daher, daß die Natur allhier mit keiner Entwickelung von Zeu— gungen, ſondern mit der bloſſen Erneuerung der verlohrnen Theile be— ſchaͤftiget iſt. Die Fünftliche Vermehrung gehet weit geſchwinder vor fich als die natuͤrliche; durch den gewoͤhnlichen Weg der Natur giebt eine Naide in zehn bis zwoͤlf Tagen ein Junges; und durchs Zerſchneiden erhält man in zwey Tagen die Erneuerung des Kopfes und des Schwan— zes, folglich, wenn alles gleich wohl von ſtatten gehen wuͤrde, und die Naiden-⸗Mutter nicht eher mit der zweyten Tochter ſehwanger wurde, als ſie der erſten entbunden worden, wuͤrde die kuͤnſtliche Vermehrung fuͤnf bis ſechs Junge geben, wenn die natuͤrliche eines braͤchte; da aber die ungeſtoͤrte Mutter alle fuͤnf bis ſieben Tage ein Jun— ges gebieret, fo iſt das Verhaͤltniß wie ein zu drey. Ueberhaupt be: ruhet das Zeit-Maaß dieſer Wirkungen viel auf den Jahrs-Zeiten und andern unbeſtimmten Bedingungen. Verſuch Verſuch von der Geſchwindigkeit der natürlichen Vermehrung. Den oten Junii that ich zwey gezuͤngelte Naiden in ein Glas mit Waſſer, welches von allen ſichtbahren Thieren leer war. Als ich den 19ten ſelbigen Monats nachſahe, fand ich ſtatt zwey, ſieben vollkomne und getrennete Naiden. Dieſe Vervielfaͤltigung war einzig durchs natuͤrliche Zertheilen geſchehen; ich hatte wirklich in den zwey Wuͤrmern zugleich ſechs hineingeſetzt; denn jeder beſtand aus einem Mutter-Wurm von achtzehn Gelenken, und ihrer erwachſe— nen Tochter von vier und zwanzig, die in ihrem Schwanze Spuhren einer kuͤnftigen Zeugung zeigete. Dieſe Toͤchter mit ihren Zeugungen waren in zehn Tagen vollkomne und vor ſich beſtehende Naiden ge— worden, alſo an der Zahl ſechs; weil ſich aber ſieben fanden, davon zwey mit neuen Zeugungen ſchwanger waren, muß eine der Mutter— Naiden drey, und die zweyte vier Zeugungen hervorgebracht haben. Zwey Naiden gaben demnach in zehn Tagen fuͤnf losgelaſſene, und zwey noch an den Muͤttern hangende, und wurden in der kurzen Zeit Uhr-Gros Mütter. Ich wollte ihre fernere Vermehrung beobachten, allein fie waren den 2 fſten Junii alle verſchwunden. Zur Erläuterung der thieriſchen Haushaltung dieſer Wir mer verdienen annoch einige ſonderbahre Erſcheinungen angemerkt zu werden. Um ſieben Uhr Abends hatte ich eine junge Naide alſo durch: jvſchnitten, daß das Vorderſtuͤck ur und das Hinterſtuͤck 17 Seiten: Boiſten behielt; ob ich gleich im Schneiden ſcharf und lange angehalten hatte, blieben doch die Stuͤcke in einem Punkte an einander hangen; uͤbrigens Sede UNE 65 übrigens war das darm-aͤhnliche Gefaͤß, oder die Puls-Ader und der Maſt⸗Darm zerſchnitten, und die Stuͤcke deutlich von einander getrennet. Um eilf Uhr ſchien es als waͤre der groſſe Canal wieder zuſammen ge— wachſen, ich ſahe die Bewegung der Puls-Ader in den beyden getren— neten Enden unmittelbar auf einander folgen, und blieb nach langem Beſchauen noch ungewiß, ob jedes der getrenneten Stuͤcke ſeinen eigenen Kreislauf habe, oder das Blut, wie gewoͤhnlich, aus dem hinteren in das vordere trete. Ganz fremd kam mir die Ergieſſung des Blutes in der Vereinigung der beyden letzten Gelenke des Vorderſtuͤckes vor; indem ſich die Puls-Ader verengete, ergoß ſich der Saft oder geſchah die Bewegung nach vornen und hinten, in entgegengeſetzter Rich tung zugleich. Ich ſahe es zu lange, und mit zu vielem Mistrauen, als daß ich irren konnte; der gewoͤhnliche Trieb von hinten aufwaͤrts gieng inzwiſchen längs dem darmaͤhnlichen Gefaͤß immer fort. Daß die halb— zertrenneten Naiden ſich wieder vereinigen, haben mich bereits andere Beobachtungen uͤberzeugt. Als ich drey Uhr Nachmittags eine dreyfache Naide aus der Schuͤſſel auf den Vergroͤſſerungs Teller legte, geſchahe es, daß die ältere Zeugung die bereits Augen, Ruͤſſel und 25 Seiten-Borſten hatte, ſich von der juͤngern trennete, und von mir wider Willen alſo zerriſſen wurde, daß der Vordertheil von fuͤnf Borſten nur in der Mitte dem Hintertheile anhieng. Es ſchien als beſtrebte ſich das Vorderſtuͤck ſich von dem losgeriſſenen zu entledigen, und nach einer viertel Stunde ward es deſſelben los. Ein Gelenk war bey dem Zerreiſſen in kleine Mole— eulen ganz zerdruͤckt. Dieſer gewaltſame Zufall gab folgende nicht un— erhebliche Bemerkung bey der juͤngeren Zeugung; ſie hielt 15 Seiten— Borſten ohne Ruͤſſel und Augen; an der Mitte des hintern Randes, welcher mit dem Kopfe der aͤltern Zeugung verciniget geweſen, ragten * zwey 66 DN NDS zwey helle gerundete Warzen hervor; ſie waren klar und durchſichtig, und ich ſahe in denſelben eine flieſſende Bewegung einer inwendigen Feuchtigkeit, und auswendig an ihren Raͤndern eine wellenförmige Bewegung, den ſpielenden Augen-Haͤrchen der Afterpolypen nicht unaͤhn— lich; dergleichen wurde nie um den After der vollkomnen Natden, oder deſſen Seiten-Vorragungen geſehen. Dieſe helle Warzen waren mit den Puls⸗Adern, in welchen die Syſtole und Diaſtole ſehr deutlich zu ſehen, verbunden, und ich konnte ſie fuͤr nichts anders anſehen, als Fortſetzungen derſelben, die in dem Kopfe der aͤlteren Zeugung geſteckt hatten, und durch die ſchleunige Trennung entbloͤſt worden waren. Oft glaubte ich etwas flieſſendes innerhalb des aͤuſſern Randes der War: zen herab, und des innern hinauf fahren zu ſehen. Was kann wohl dieß anders ſeyn als die aus der Blut-Ader in die Arterie einſtroͤhmende Feuchtigkeit? In der Mitte der Warze wurde ich keines Fluſſes gewahr, allein ich beſinne mich ganz wohl, daß der Strohm in dem After-Gelenke der unbeſchaͤdigten und vollkomnen Naide auch in der Mitte auf einige Augenblicke aufhoͤrte, und doch an den Seiten fortgieng; ich ſchlieſſe daraus, daß die Arterie aus vielen neben einander laufenden Canaͤlen beſtehen, und daß das Spielen am aͤuſſern Rande von einem ſolchen Canale herruͤhre, deſſen aͤuſſere Wand zerriſſen worden. Das Waſſer auſſen umher war ganz ſtille, und es floß nichts in ſelbiges hinein. Die hef— tige Bewegung oder vielleicht eine oelichte Beſchaffenheit mag gehindert haben, daß es ſich nicht dem Waſſer mittheilete. Als ich die Warzen eine halbe Stunde betrachtet hatte, ſchienen ſie von der anliegenden Haut bedeckt, und kuͤrzer zu werden; es ſpielten noch immer die Wellen als Augen-Haͤrchen um den aͤuſſern Rand, und um Mitternacht war noch keine Veraͤnderung geſchehen. Es Dec 67 Es giebt Misgebuhrten unter den Naiden wie unter den Menſchen und andern Thieren; ich habe von der gezuͤngelten Art blinde, und einaͤugigte vorgefunden, andere, die ohne Ruͤſſel und ohne Vorragung des Kopfs, auch mit geſpaltenem Ruͤſſel gebohren worden. Nichts deſto weniger zeugen dieſe mangelhafte, ſo ſicher als blinde und einaͤugigte Eltern, ſehende und zweyaͤugigte Kinder; ihre Zeugungen hatten ſo, wie ſie haben ſollten, zwey Augen; doch iſt auch dieſe allgemeine Regel ſo ſehr es uns auch befremden wuͤrde, daß eine einaͤugigte Mutter einaͤugigte Kinder zur Welt braͤchte, nicht ohne Ausnahme. Ich habe voll gewachſene Naiden der gezuͤngelten Art angetroffen, denen der lange Ruͤſſel und die ohrenfoͤrmige Vorra—⸗ gungen gaͤnzlich mangelten, und zwar nicht durch einen Verluſt, ſon— dern von der Gebuhrt an. Es war der Kopf vorne gleichſam nach einer Linie ſcharf abgeſchnitten ohne die geringſte Spuhr eines je geweſenen Ruͤſſels oder Vorragungen. Eine ſolche Naide ließ unter meinen Augen ihre voll gewachſene Zeugung von ſich, der ſo wie der Mutter Ruͤſſel und Vorragungen fehlten. Nach der gemeinen Analogie ſollte es freylich nicht ſo ſeyn, es war aber doch andem. Man will, daß die mangelhafte Mutter eine mit allen Gliedern verſehene Geburt bringen ſoll, und dieſem Ausſpruch thun auch unſere Naiden ein Gnuͤge: Eine Mutter ohne Ruͤſſel und Vorragungen trug eine Zeugung mit deutlichem Ruͤſſel und Vorragungen; und wie wir neulich bemerkten, eine blinde ſehende Zeugung. Bey einer Naide, die ich mitten durchgeſchnitten, ſahe ich, daß das netzfoͤrmige Gewebe des Schwanz-Stuͤckes mit dunkeln Ki: gelchen von verſchiedener Groͤſſe erfüllet wurde; ich halte fie für Euft- Kuͤgelchen, die bey dem Schnitte durch die Wunde eingedrungen find; das Stück ſchwoll auf und ward dicker als gewöhnlich; noch nach drey J 2 Tagen 68 DAs Tagen waren die Kuͤgelchen in demſelben ſichtbar; dieſe Winde muͤſſen ihm nicht wenig Ungemach veruhrſachet, und vermuthlich die Ernene: rung, davon noch keine Spuhr vorhanden war, gehindert haben. Die Organen einer entſtehenden Naide werden gemeiniglich in folgender Zeit-Ordnung ſichtbar: Die Puls Ader, der Maſt— Darm (doch dieſe werden zum Theil zugleich mit dem After der Mut— ter entzogen) die Gelenke, die Seiten-Borſten, die Fuß Borſten, der Ruͤſſel, die Vorragungen, die gelbe Maſſe, die Augen, der Mund. Doch findet fich auch hier, obgleich ſelten, eine Aug: nahme. Ich habe Naiden gefunden, die ihre Muͤtter verlaſſen, ehe ſie Ruͤſſel und Vorragung erlanget hatten, und dieſe erſt, nachdem ſie Zeugung mit Ruͤſſel und Vorragung hervorgebracht, bekommen haben. Ich muß noch einer beſondern Erſcheinung erwaͤhnen, der ich nicht ohne NRuͤhrung habe zuſehen koͤnnen. Es iſt im engſten Verſtande eine Aufloͤſung aller Theile der Naide bey voͤlligem Leben; eine Krankheit, die wohl die graͤßlichſte, die ſich denken laͤſſet, und vielleicht die einzige Urſache des natuͤrlichen Todes dieſer Wuͤrmer iſt. Von vier Naiden, die ich den 26ſten May Morgens unter: ſuchte, war eine etwas von einander geborſten. An dem Ort des Riſſes hieng eine Maſſe weiſſer Materie, die gleich einem Schaum aus un— zaͤhlbahren, weiſſen und durchſichtigen Kuͤgelchen beſtand; daneben lag ein gröfferer Klumpen gleiches Weſens. Ich war zweifelhaft, ob es ein aus der Wunde getretener Saft waͤre. Am Abend erſtaunte ich nicht wenig, als ich fahe, daß der Wurm ſich in eine ſolche aufgeblasene Materie verwandelt hatte; es war keine Spuhr der vorigen Geſtalt vor— handen; Leib, Fuͤſſe, Schwanz, After, Maſt-Darm, Arterie, alles war SD 69 war ein Schaum, demjenigen nicht ungleich, den die ſchaͤumende Cikade anfeget, aber unendlich kleiner. Nur der Kopf lag noch ganz da, allein fo erweitert, daß er wenigſtens dreymal groͤſſer war, als im geſunden Stande; die innere gelbe Maſſe war roth⸗braun und bereits von der freſſenden Krankheit angeſteckt. Ich verlangte zu ſehen, wie fie allmählich um ſich greifen, und dieſen letzten Theil des Wurms ver zehren wuͤrde. Es war in dem Kopfe eine ſtarke Gaͤhrung, oder ge⸗ waltſame Bewegung vieler kleiner Kuͤgelchen; fie fuhren nicht nach eis ner gewiſſen Richtung, ſondern unordentlich umher. Man bemerkte vorzuͤglich drey Punkte der Bewegung oder Wirbel: zwey kleinere in der Mitte hinter den Augen, und einen groſſen etwas von dieſen ent— fernt zunächft am Halſe; die Kuͤgelchen jener bewegten fich mit der groͤ— ſten Geſchwindigkeit, und zwar beyder einwaͤrts alſo in gegengeſetzter Richtung, dieſer aber drehten ſich langſam. Die Bewegung der Kuͤ⸗ gelchen hoͤrte almaͤhlich an den Stellen auf, denen ſich die Krankheit naͤherte, und nach Verlauf einer Stunde war auch der Kopf ganz auf— geloͤſet. Es blieb nichts unverzehrt, als die langen Seiten- Borften, die in ihrer gewoͤhnlichen Stellung aus der weiſſen Maſſe heraus ſtun— den, um mich zu uͤberzeugen, daß der feine Schaum oder dieſe Wolle ein Ueberbleibſel meiner Maide wäre Eine zweyte, der am Morgen nichts fehlte, war auch am Abend angegriffen. Die Schaum: Hauffen der ausgedrungenen Materie fallen hie und da am Leibe zerſtreut, und in der Mitte war ſie ganz zerfreſſen und in das wollenaͤhnliche Weſen verwandelt. Nichts deſtoweniger war die criſtalne Feuchtigkeit in dem After: Gelenke in vollem Flieſſen, (wovon ich den Grund ſchwerlich einſehe), und zwar in einem fallenden Strohme, ſo ſtark als ich denſelben bey einem vollkomnen und geſunden Wurm je geſehen habe. Sie floß mit vieler Gewalt und vertheilte ſich J * bald bald durch die beyden Candle der Puls-Ader, die den Maſt⸗Darm ein⸗ ſchlieſſen, in zwey kleine Stroͤhme. Ich ſahe ihnen mehr als eine Stunde zu, und konnte es nicht ſatt werden, weil ichs nicht begreiffen konnte. Da alle Verbindung mit dem Vordertheil oder Kopf durch die geſchehene Aufloͤſung des mittlern Koͤrpers unterbrochen war, und ich, ſelbſt in dem noch nicht angegriffenen Theile der Puls-Ader, keine Syſtole und Dia— ſtole mehr merkte, konnte der Kreislauf zwiſchen dem Kopf und dem After⸗Gelenke nicht mehr Statt haben, und doch war der Abfluß in voller Staͤrke. Ich ſchloß daraus, was ſich durch aͤhnliche Bemerkungen bey den zerſchnittenen Stuͤcken der Naiden zu bewaͤhren ſcheinet, daß zwiſchen den Arterien und Venen in jedem Gelenk ein Communications Canal ſey, der von dem Strohm, ſo lange dieſer auf keinen Gegenſtand ſtoͤſſet, welcher ihn hindert in gerader Linie fortzuflieſſen uͤbergangen wird. In dem Kopf ſahe ich eine gleiche Bewegung, als ich bey den vorhergehenden beſchrieben habe. In den Schaum-Kuͤgelchen war keine Bewegung zu entdecken, weder in denen, die in Hauffen verei— nigt waren, noch in den einzeln, hie und da zerſtreuten. Endlich hörte das Wirbeln im Kopfe und das Ströhmen im Schwanze auf, und die Krankheit ſiegte. Hr. Bonnet 2) erwaͤhnet einer Krankheit, welche die zer— ſchnittenen Stuͤcke ſeiner langen Wuͤrmer verzehrte. Er vergleichet ſie dem kalten Brande. Es iſt ohne Zweifel dieſelbige wie die beſchrie— bene. Zur Geſchichte der gezuͤngelten Naide gehören ein Paar Afterpolypen, die den eibern einiger derſelben, doch nicht haufig, anſitzen; ſie ſind ſo klein, daß die groͤſte kaum den zwoͤlften Theil eines Gelenkes 2) Obferv. des vers d' eau douce. p. 139. N Ng. 71 Gelenkes der Naide bedecken kann, und folglich auf immer den bloſſen Augen unſichtbar. Beyde ſind weiß, durchſichtig wie Kriſtall und mit kuͤglichten Eingeweiden erfuͤllet. Der Koͤrper des groſſen ſteht aufrecht an ſeinem Stiel, und hat, wenn er ausgeſtreckt iſt, die Geſtalt einer Birn, im Zuſammen⸗ ziehen aber gleichet er einer Eitrone. In der Mitte der Muͤndung ſiehet man eine Erhabenheit gleich einem Deckel, und an jeder Seite ſcheinet man ein Wimperlein wahrzunehmen; vielleicht ruͤhret das Anſehn eines Wimperleins einzig von dem ſtarken Wirbel her, welchen dieß Thierlein im Waſſer erreget. Der Stiel ift viermal kuͤrzer als der Koͤrper. Das den Afterpolypen gewoͤhnliche Zuruͤckfahren geſchieht hey dieſer Art nicht im Stiele, ſondern in der Mündung, welche ſich in eine ſumpſe Spitze ſchließt und wieder oͤfnet. Der Koͤrper des kleineren iſt vornen abgeſchnitten, und ſo ab— haͤngig, daß er mit dem Stiel einen ſpitzigen Winkel machet. Der Stiel iſt zweymal kuͤrzer als der Koͤrper, und die Bewegung beſte— het in einer Annaͤherung des Körpers zum Stiel, oder in der Vermin— derung des Winkels. Zum Beſchluß will ich einige der Schwierigkeiten, die ſich bey Anſtellung der Verſuche eraͤugnen, und die Mittel ſelbige zu vermindern anführen. Nur die ganz beſondern Erſcheinungen, welche die Naide dem geduldigen Naturforſcher darbietet, geben Muth genug jene zu uͤberwinden. Es Hält ſchwer fe zu finden, wenn man fie haben will; ich bin lange von einem Waſſer zum andern gegangen, und habe aus allen ge» ſchoͤpft, 72 NN ſchoͤpft, und jedesmol das Glas mit dem geſchoͤpften Waſſer, um dieſen feinen Wurm bemerken zu koͤnnen, gegen die Sonne oder das Tages— Licht gehalten, und auch denn noch, als ich einen Teich gefunden, darinn ſie ſich aufhielten, viele vergebliche Zuͤge gethan. In dieſem Teich fand ich fie bisweilen einzeln an faulen Linden-Blaͤttern; endlich fiel ich darauf mir ganze Eymer Waſſer aus dem Teiche bringen zu laſſen, und es lang— ſam in ein weiſſes Gefaͤß auszugieſſen; hier verrieth ſich gemeiniglich die Naide alsbald durch ihr geſchlaͤngeltes Schwimmen an den Waͤnden des Gefaͤſſes. Dies geſchah im May und Junius; im Julius und Auguſt war auch dieſes Mittel umſonſt. Man bringt fie durch Huͤlfe eines zarten Pinſels aus einem Ge: faͤß ins andere, oder unter die Vergroͤſſerung. Man wird ſie ſchwerlich an dem Pinſel erkennen, weswegen man ihn ſo lange im Waſſer bewegen muß, bis der Wurm ſich aus den Pinſel-Borſten wickelt, und durchs Umherſchwimmen ſichtbar wird. Um den taͤglichen Wachsthum der Naiden an zu geben, muſte ich ihre Gelenke zaͤhlen koͤnnen; dieſe aber haben keine Einſchnitte und laſſen ſich nur durch die einander entgegenſtehende Seiten-Borſten und Fuͤſſe bemerken; ich nannte daher die Zwiſchen-Naͤume der Borſten Gelenke, und beſtimmte dieſer Zahl nach der Zahl jener. Im Zaͤhlen aber ermuͤdet die alle Augenblick geſchehende Bewegung des Thiers das Auge des Beobachters uͤber die Maaſſe, auch wenn man ihm faſt alles Waſſer entzieht; da noch darzu das Thier laͤnger iſt als der Diameter des Brenn-Punkts und man deswegen, wenn man den ganzen Wurm ſehen will, den Teller hin und herruͤcken muß, wuͤrde es gaͤnzlich unmoͤglich ſeyn, wenn man ſich nicht einige Oerter auf dem Wurm in Gedanken auszeichnete, wo man in dem Augenblick der Bewegung im Zaͤhlen auf⸗ Dee 73 aufhoͤret, um nach der Bewegung fortzaͤhlen zu koͤnnen; die Erweiterungen des darm⸗aͤhnlichen Gefaͤſſes, und beſonders die Stellen, wo die Borſten verlohren, abgebrochen, oder auch gedoppelt ſind, kommen hier gut zu ſtatten. Nichts deſtoweniger iſt man genoͤthiget vielmal von neuem an⸗ zufangen, ehe man die Reihe durchzaͤhlen kann, und, um ſeiner Zahl gewiß zu ſeyn, die Zaͤhlung zu widerhohlen. Die ganzen Wuͤrmer erkennet man mit dem bloſſen Auge; die zerſtuͤckten hingegen wird man ſchwerlich von ihrem Unflath, der ſich in dem Waſſer ſammelt, darinn ſie aufbehalten werden, unterſcheiden. Bey jedem Nachſehen gieſſet man das Waſſer in eine Unterſchaale der gewöhnlichen Thee-Taſſen, ſuchet durch Huͤlfe der Loupe die zerſchnit— tenen Stücke auf, und bringt fie an den Pinfel in einem Waſſer-Tropfen unter das Mikroſkop. Die Numern vier und drey der einfachen Ver- groͤſſerung waren zu meinen Beobachtungen hinlaͤnglich. Man muß das Glas, darin man die ganze, oder zerſtuͤckte Wuͤrmer aufbehaͤlt, wohl nachſpuͤhlen, weil fie oft an den Waͤnden deſſelben, oder in einem kleinen Tropfen am Boden zuruͤck bleiben. Wenn man ſie wiederum in das Bewahrungs-Gefaͤß hineinthut, haͤlt man ſelbiges gegen das Tages⸗Licht, damit man ſiehet, daß ſich die Naide von den Borſten des Pinſels losmachet und ins Waſſer faͤlt. & Die * DNN ee Ne Die zungenloſe Naide. Zweytes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Graoͤſſe. Zweyte Figur: mit dem Such-Glaſe gefeben. a. der Kopf. 5 b. der Schwantz. Dritte Figur: durchs Mikroſkop geſehen. a. der Mund. b. die Augen. c. die Seiten-Borſten. 4. der After. e. der Schlund. J. das darm aͤhnliche Gefaͤß. g. die helle Haut. | Vierte Figur: ein Stück des Leibes von der Seite geſehen, ſehr vergroͤſſert. a. die Borſten- Fuͤſſe. 5. das darm: aͤhnliche Gefaͤß. e. die helle Haut. (9% wie der Nahme, mit welchem ich die vorhergehende Nalde genannt habe, von ihrem zungen aͤhnlichen Ruͤſſel hergenom— men worden, ſo laͤſt der Mangel deſſelben nicht lange fragen, wie die gegenwaͤrtige heiſſen fol. Im gleichen Verſtande heiſt fie die zun⸗ genlofe als jene die gezuͤngelte. Die Trivial⸗Nahmen erfuͤllen ihren Zweck, wenn ſie gleich dem Gedaͤchtniſſe bloſſe Aehnlichkeiten darſtellen. Dc 75 darſtellen. Nur der genaue Beobachter entdecket, daß einem andern Organ der Nahme Zunge zukommt, und daß dieſes den Naiden hoͤchſt nothwendige Werkzeug keiner derſelben fehlet; er begnuͤget ſich dieſes anzuzeigen, ohne die bereits gewoͤhnlichen Bilder durch neue zu verwirren. Die zungenloſe Naide iſt fo klein, und inſonderheit fe ſchmahl, daß wir ſie in einer dreyfachen Verfaſſung betrachten muͤſſen, wenn wir ſie hinlaͤnglich kennen wollen. Das bloſſe Auge ſiehet nichts, als einen ſo viel moͤglich duͤnnen Faden, vier bis fuͤnf Linien lang, in beſtaͤndiger ſchlaͤnglen⸗ der Bewegung. Durch Huͤlfe der Loupe entdeckt man einen weiſſen durch— ichtigen langen Koͤrper von gleicher Breite, in deſſen Mitte der Laͤnge nach ſich ein gekraͤuſeltes, dunkeles darm ⸗aͤhnliches Gefäß zeiget. Zn dem vorderſten Ende bemerkt man zwey kleine ſchwarze Punkte, welche die Augen vorſtellen. Die Seiten- Borſten find ihrer Feinheit wegen noch nicht ſichtbar; ſo wie man ſchwerlich mehr ſehen wird, als das erwaͤhnte dunkle Gefaͤß, weil die aͤuſſere weiſſe Haut ſo durchſichtig als Waſſer iſt. Unter der einfachen Vergroͤſſerung No. 4. bemerket man, daß das darm-aͤhnliche Gefaͤß, welches den ganzen Körper in wellen— foͤrmigen Windungen durchlaͤuft, mit einer Klarheit umgeben ſey. An den Seiten dieſes durchſichtigen Weſens, oder der Haut des Koͤrpers, ſtehen einzelne feine Borſten in gleichem Abſtand von einander, und unter derſelben ſitzen die kleine Borſten-Fuͤſſe, fo wie bey der gezuͤn⸗ K 2 gelten EL NN darſtellen. Nur der genaue Beoba Organ der Nahme Zunge zukommt hoͤchſt nothwendige Werkzeug keiner dieſes anzuzeigen, ohne die bereits ge verwirren. | Die zungenloſe Naide il ſchmahl, daß wir fie in einer dreyfac wenn wir ſie hinlaͤnglich kennen wolle Das bloſſ e Auge Hin 0 5 der Bewegung. Durch Huͤlfe der Loupe en ichtigen langen Körper von gleicher 2 nach ſich ein gekraͤuſeltes, dunkeles In dem vorderſten Ende bemerkt me j welche die Augen vorſtellen. Di Feinheit wegen noch nicht ſichtbar; ſehen wird, als das erwaͤhnte dunkle Haut ſo durchſichtig als Waſſer iſt. Unter der einfachen Vergr daß das darm-aͤhnliche Gefäß, meld foͤrmigen Windungen durchlaͤuft, mi den Seiten dieſes durchſichtigen We ſtehen einzelne feine Borſten in gleie unter derſelben figen die kleine Borſte K gelten Naide. Die Zahl der Fuß- und Seiten » Borften ift auch bey dieſer unbeſtimmt. Das darmaͤhnliche Gefaͤß iſt gelblich, ſehr beweglich, und macht eine Beugung zwiſchen jedem Paar Borſten; es fängt ſich am vordern Ende an, gehet in gerader Linie mitten zwiſchen den Augen durch, und ſchlaͤngelt ſich zwiſchen den Seiten-Borſten bis an den After. An dem Leibe ſind ſo wenig als an der gezuͤngelten Glieder, oder Ringe zu unterſcheiden; nur zeiget ſich bey der Bewegung deſſelben da, wo die Borſten ſitzen, bisweilen eine kleine Erhebung gleich einer kleinen Warze. Der Kopf iſt vornen ſtumpf und zugerundet. Der Mund und die Zunge ſind wie bey der gezuͤngelten. Der Schwanz iſt gleichfalls ſtumpf, und hat auf der ei— nen Seite nahe am Ende einen kleinen Einſchnit, welcher der After iſt; ich habe gruͤnlichen Unflath daraus flieſſen geſehen. Aus dem Mangel der Infuſions-Thierchen in dem Glaſe, darinn ich die zungenloſen Naiden aufbehielt, und aus der gruͤ— nen Farbe ihres Auswurfes vermuthete ich bereits, daß fie ſich gleich— wie viele andere Waſſer-Thiere von den ſehr kleinen erdigten Theilen, die ſich in allem Waſſer befinden, ernaͤhre. Meine oben angefuͤhrte Bemerkungen haben es nachher auſſer allen Zweifel geſetzt. Die innern Theile dieſer Naide ſind in allem von gleicher Beſchaffenheit als bey der vorhergehenden, die Erweiterungen des darm— ähnlichen Gefaͤſſes ausgenommen, die ſich hier nicht finden. Auch ver: mehret und ergaͤnzet ſie ſich, wie jene; ich habe gleiche Verſuche mit ihr angeſtellt, und vollkommen gleiche Erſcheinungen erhalten. Ich halte | es Dee 77 es daher uͤberfluͤſſig, da fie ſich in nichts weſentlichem von jenen unter: ſcheiden, ſelbige anzufuͤhren. Nur zwey Erſcheinungen moͤchten noch allhier eine Stelle verdienen; die erſte betrift den Augenblick der Tren— nung der Mutter und Tochter, und die zweyte eine ſeltene Verſtellung der Tochter. Eine zungenloſe Mutter- Naide, die mit fünf Töchtern von verſchiedenem Alter ſchwanger war, oder die aus ſich ſelbſt und fuͤnf ihrer Zeugungen zuſammengeſetzt war, wurde den 22 May der Ge— genſtand meiner Betrachtung. Ich beſchrieb alle Veraͤnderungen, die ſich bey ihr von Tag zu Tag aͤuſſerten, bis auf die dritte Woche, da meine ae ngen unterbrochen wurden; dieſes Verzeichniß war mir damals meer Abiicht nothwendig, jetzt wuͤrde es meine Leſer ermuͤden. Die game 5 N . rat de war zu jeder Seite mit neun und funfzig deutlichen Borſten verſehen, und in den juͤngſten Zeugungen waren auſſerdem die Anfänge zwoͤlf kuͤnftiger Borſten merklich. Die ältere Tochter, welche auf dem Punkt ſtand ſich zu trennen, hatte funfzehn Seiten-Borſten. Die drey Paar Vorder-Fuͤſſe, über welchen keine Seiten-Borſten ſitzen, und die Augen waren ſehr deutlich. Der Vorder-Rand des Kopfs der Tochter lag oben auf dem aͤuſſerſten des Schwanzes der Mutter, und zwar fo los, daß ein Zwiſchen-Raum zu ſehen war. Bey andern ſchien er unten zu liegen. Er war uͤber die Stelle des kuͤnftig ſichtbahren Afters der Mutter hinausgewachſen, und hieng nur noch in einem Punkt, der von dem Rande etwas entfernt war, an der Mutter. Da der Mund ſich in eben der Entfernung zeiget, iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß dieſer Punkt mit dem Munde eins iſt. Um los zu werden drehte der neue Wurm ſeinen Kopf wechſels weiſe auf die eine und auf die andere Seite. Ich erwartete alle Augenblicke die voͤllige Trennung. Das Blut konnte jetzt nicht mehr aus der Tochter in die Mutter lauffen, oder die K 3 Nahrung 78 D e Nahrung aus dieſer in jene gehen; alle Gemeinſchafft war aufgehoben; ich glaubte, dieß wuͤrde einen Stilſtand im Lauf des Blutes bey der Mutter verurſachet haben, allein in jeder war ein eigner Kreislauf, die Syſtole und Diaſtole, merklich, ob ſie gleich noch an einander hiengen. Endlich zerriß auch dieſer Vereinigungs-Punkt; die losgelaſſene Naide ſchoͤpfte dreymal Waſſer, undſſchwam in Freyheit, um auch Mutter zu werden, oder vielmehr ſie war es ſchon, denn ſie fuͤhrte ihre aͤltere Tochter von eilf vollkommen ausgeſtreckten Seiten— Borſten, und eine juͤngere von acht, die noch innerhalb der Haut verſteckt lagen, mit ſich. Ehe die Trennung vor ſich gehet, reiniget ſich der Maſt⸗Darm von allem Unflath; dieſe Vorſicht ſcheint deshalb nothwendig, weil die Zeugung mit dem After der Mutter davon gehet, und einige Zeit verſtreichet, bis dieſe einen neuen After erhaͤlt; hicr vergiengen zehn Minuten, ehe ich die geringſte Spuhr eines neuen Afters bemerken konnte, und nun wurde der Einſchnitt deſſelben kennbar. Die den 22ſten May getrennete Tochter⸗Naide, hatte den 27ſten ihre Zeugung von ſich gelaſſen, und war den sten Junii fo verſtellt und unkenntlich, daß man ſie beym erſten Anblick fuͤr eine andere Naiden Art haͤtte annehmen können. Ihr Koͤrper hatte alle Klar: heit verlohren, und war nicht mehr durchſichtig; er war an beyden Enden zugeſpitzt und in der Mitte dick und erhaben; alle Seiten-Gefaͤſſe waren mit einer grauen Materie erfuͤllet, und an den Borſten ſaſſen hin und her kleine Kuͤgelchen, gleich denen After-Polypen; es waren aber nicht ſolche. Ich hofte durch fortdaurende Aufmerkſamkeit zu erfahren, ob diefe Kuͤgelchen etwa Eyer wären, die aus der traͤchtigen Mutter aus gelaſſen waren, allein nach einigen Tagen war der Wurm verſchwunden. Dieſe SD NN N | 79 Dieſe Naide wurde durch folgende Anleitung entdeckt, ich hatte im May 1768 ein kleines ſauberes Glas mit reineſtem und von allen fremden Theilen leerem Waſſer aus dem Bache gefuͤllet. Im Junio merkte ich, daß eine Conferva fish in kleinen einzelnen Faden hie und da im Waſſer zeigete; nach und nach erfuͤllte ſie dergeſtalt das Glas, daß es nicht nur ganz gruͤn, ſondern ſo gar undurchſichtig wurde. Als ich einmal dieſe nicht vermuthete Vegetation genauer betrachtete, ward ich auf dem Boden des Glaſes zwiſchen den Faden der Conferva kleine weißliche Wuͤrmer gewahr, die den Vordertheil ihres Leibes in die Hoͤhe an den Waͤnden des Glaſes empor ſtreckten, und ſich hin und her bewegten; die naͤhere Unterſuchung dieſer Würmer gab das beſchriebne Waſſerſchloͤnglein, oder die zungenloſe Naide. Dieſe Erfahrung weiſet aufs neue unſtreitig, daß das klareſte Waſſer, welches wir trinken, und die Luft, die wir einathmen, bey: des Saamen von Pflanzen, und Eyer von Wuͤrmern enthalten, ob ſie gleich dem ſchaͤrfſten Auge entgehen. Ich veraͤnderte das Waſſer nicht, und es ſchien, als befaͤnden ſich beydes die Conferva und die Wuͤrmer wohl dabey; die muntere Bewegung der letzten, und der vermehrte Wachsthum der erſtern ließ nicht daran zweifeln. Anfangs im October als ich in die Stadt zog, waren ſie noch wohl auf, und mitten im Januar 1769, als ich ſie kurz vor dem ſtarken Froſte be⸗ ſuchte, lebten ſie noch. Im Jahre 1770 im May und Junius, habe ich die zungen- loſe Naide in dem klaren Waſſer an den Ufern der Suͤmpfe fuͤnf oder ſechsmal gefunden, ſie iſt ſeltener als die gezuͤngelte, und iſt mir nie mit dieſer zugleich, oder in einem Waſſer vorgekommen. ERLITT Die 80 ERINNERT 2 77 ‘ Die baͤrtige MAD, .., Iaesie. Drittes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Groͤſſe. Zweyte Figur: unter der Loupe geſehen. a. der Kopf. b. der Schwantz. Dritte Figur: unter dem Mikroskop ſtark vergroͤſſert. 4. die Augen. 5. der Bart. c. die gehaͤufte Seiten-Borſten. 4. die Borſten- Fuͤſſe. e. der After. F- das darmaͤhnliche Gefaͤß. Dieke baͤrtige Waſſerſchlaͤnglein hat die Groͤſſe der zungenloſen Naide, fuͤr welche man es anfangs anſehen wird; es ſtellt ſich dem bloſſen Auge als ein duͤnner Faden dar; durch Huͤlffe der Loupe entdeckt man einige Borſten, und unter der Vergroͤſſerung No. 4., ſieht man es folgender Geſtalt: Der Vordertheil oder Kopf iſt vornen ſtumpf und hat die Laͤnge von zwey Gliedern ohne Borſten. In der Entfernung eines vierten Theils der Laͤnge in der groͤſten Breite ſitzet an jeder Seite ein hellſchwarzer Punkt, welcher die Augen vorſtellt. Das Eingeweide faͤngt unmittelbar bey den Augen an, und geht in einer ſchlaͤnglenden Bewegung den ganzen Leib durch. Der Deuces. 81 Der Leib beſteht aus 31 Gelenken oder Zwiſchen⸗Raͤumen der Borſten; die Borſten ſind nicht einzeln wie bey den vorhergehenden Naiden, ſondern gemeiniglich vier, ſelten drey neben einander, doch von ungleicher Laͤnge; ſie ſind beweglich und ſtehen bald zur Seite aus— gebreitet, bald in die Hoͤhe gekehret, oder liegen faſt parallel mit dem Leibe. Unter dem Bauch entdecket man noch drey bis vier ſehr kurze Borſten, die von gleicher Laͤnge find, und ſich bald einzeln, bald zuſam— men, nach dem ſich das Thier wendet, dem Auge des Beobachters darbieten. Dieſe dienen den Wuͤrmern ſich damit feſt zu halten, ob ſie gleich unbeweglich ſcheinen, und ſind die Fuͤſſe, oder Fußhaken der baͤrtigen Naide. Es ſcheinet nicht, daß die Seiten. Borſten ihr zum Schwimmen dienen, denn man ſieht, daß ſie gleich andern Wuͤr— mern durch die gewoͤhnliche wurmfoͤrmige Bewegung fortkriechet. Vornen unter dem Kopf erſcheinet ein Klumpen kurzer Borſten gleich einem Barte; fie find etwas länger als die Fuß-Borſten. Der Schwantz iſt ſtumpf, wie der Kopf. Anfangs war ich zweifelhaft, ob fie nicht irgend eine karve ſeyn moͤchte; allein die groſſe Aehnlichkeit mit den andern Naiden, ſo wie der Mangel aller Verwandelung, laſſen das Gegentheil vermuthen. Ich habe ſie im Junio 1768. haͤuſig in den Waſſer-Graͤben der Gehoͤlze, oft in Geſellſchaft der zungenloſen Naide gefunden, und ſie viele Wochen in meinem Zimmer lebendig erhalten. Sie ſchlaͤn— gelt ſich gern um die kleinen Schnecken-Haͤuſer. In den Jahren 1769. und 1770. als ich meine Verſuche mit den Naiden anſtellete, iſt mir die baͤrtige niemalen vorgekommen, L daher er enn Der Leib beſteht aus 31 Gelenk Borſten; die Borſten ſind nicht einzel Naid en, ſondern gemeiniglich vier, ſe von ungleicher Laͤnge; ſie ſind beweglich N gebreitet, bald in die Hoͤhe gekehret, ode Leibe. Unter dem Bauch entdecket man Borſten, die von gleicher Laͤnge find, und men, nach dem ſich das Thier wendet darbieten. Dieſe dienen den Wuͤrmer fie gleich unbeweglich ſcheinen, und ſind baͤrtigen Naide. Es ſcheinet nicht, zum Schwimmen dienen, denn man ſieht mern durch die gewoͤhnliche wurmfoͤrmige 5 a 3 Vornen unter dem Kopf erfchein gleich einem Barte; ſie ſind etwas laͤng. e. Schwantz iſt ſtumpf, wie der Kopf. Anfangs war ich zweifelhaft, oT” 7 mochte; allein die groſſe Aehnlichkeit n wie der Mangel aller Verwandelung, laſſe Ich habe ſie im Junio 1768. der Gehoͤlze, oft in Geſellſchaft der z und fie viele Wochen in meinem Zimmer I gelt ſich gern um die kleinen Schnecken⸗ In den Jahren 1769. und 17 den Naiden anſtellete, iſt mir die b L 82 DN * daher habe ich auf fie nicht die Achtſamkeit wie auf jene wende n koͤnnen g nichts deſto weniger bin ich aus ihrer Uebereinſtimmung mit den andern Naiden, und aus den Erfahrungen des Hrn. Bonnet verſichert, daß ſie dem Beobachter, der ſie kuͤnftig findet, und Neigung hat ihre Haushaltung zu ſtudieren, gleiche Erſcheinungen zeigen wird. Dieſer vortrefliche Verfaſſer der philoſophiſchen Palingeneſie iſt der Erfinder der baͤrtigen Naide -); ſchon in ſeiner erſten Jugend bemerkte er ſie, und ihr Verfahren legte in ihm den Grund zu den drey unſterblichen Werken, die er der Welt geſchenket, oder gab den erſten Faden her, aus welchem ſein metaphyſiſcher Geiſt die dem Herzen ſo ge— faͤllige Wiederhervorbringung zuſammengewebet hat. Er zerſchnitt ſie in zwey Theile, und nach drey Tagen hatte das zweyte Stuͤck einen x vollkom⸗ 2) Inſectologie, Tom. 2. Obſ. 21. Er nennet fie den weißlichen Aal, und die Beſchreibung derſelben, die am Leibe zerſtreute Haare, die Stellung der Augen, das dicke Gedaͤrme, die Erweiterung eines unbeſtimmten Gelenkes (ich habe in der Geſchichte der gezuͤngelten Naide angezeiget, daß dieſe Erſcheinung eine neue Zeugung ankuͤndiget) und die kleinen Fuß - Saken laſſen nicht wohl zweifeln, daß fie nicht eine ley mit uaſerer baͤrtigen Naide ſey. Wenigere Aenlichkeit hat ſie mit den Würmern des Eſſigs, und keine mit ſeinen langen Wuͤrmern, auch wird letzteres in denen Conſicerations fur les corps organ. Tom. 2. p. 18. wieder; ruffen. Er meynet ferner, daß dieſer Aal einerley waͤre mit demjenigen, den er in feinen Obſ. 17. und 18. aus dem Leibe feines langen Wurmes hervorkommen ge: ſehen zu haben glaubte, allein der Saar- Buſch am Schwantze, die kennbahre und leicht zu zaͤhlende Ringe des Leibes, die Art des Schwümmens ſchlieſſen ihn beydes aus dem Geſchlechte der Maiden und der langen Würmer aus. Es iſt viel— mehr die. Larve einer kleinen Mucke, die vermuthlich in dem Augenblick da der Schnitt geſchehen, an dem Leibe des langen Wurms aͤuſſerlich angeſeſſen, oder von der Mutter, gleich den Schlupf: Weſpen in den Raupen, in dieſem Wurme aus— gebruͤtet worden. Anders laͤſt ſich die fonft unbegreifliche Niederkunft (accouche— ment) der Stuͤcke des zerſchnittenen Murmes mit ſolchen Wuͤrmern ſchwerlich denken, da alle Erfahrung darthut, daß auch jeder Wurm ein ihm aͤhnliches Ding zeuget. SERIEN 83 — > vollkomnen Kopf, und nach ſechs Wochen zählte er in ſeinem Glaſe ſtatt eines Wurms ſechzig von gleicher Dicke. Dieſe Vermehrung war nicht durch Zeugung, ſondern durch natuͤrliches Zertheilen geſchehen. Eine ſolche Erſcheinung wurde eine reiche Qvelle der Betrachtungen; ſie brachte ihn auf die Keime, und in dieſen ſieht er den Stof der jetzigen und kuͤnftigen Geſchoͤpfe. So lehret ein unbemerkter Wurm den Philoſophen die wahrſcheinlichſte Art der Fortdauer ſeines und anderer Weſen. 2 2 Die E 84 Die geſchlaͤngelte Na ide. d eee, Viertes Kupfer. Erſte F Figur: in natürlicher Groͤſſe an einer Waſſer-Linſe. 4. das Blat der Waſſer-Linſe. J. der Stiel derſelben. c. die um den Stiel geſchlaͤngelte Na ide. Zweyte Figur: durchs Mikroſkop geſehen. a. die Augen. b. die Zunge. „die ſchwarzen Qverſtriche. das darmaͤhnliche Gefaͤß. e. der Maſt⸗Darm. F. die Borſten⸗Fuͤſſe. g. der After. Dritte Figur: ein neuer Kopf und Hals vergroͤſſert. . 8 a. die Augen. b. die gelbe Maſſe ohne Flecken. der Schlund. d. das darmaͤhnliche Gefaͤß. Vierte Figur: ein neuer Schwantz vergroͤſſert. A. das alte Stuck. 4. das darmaͤhnliche Gefaͤß. b. die Borſten-Fuͤſſe. B. das neue Stück. a. das darmaͤhnliche Gefäß. 5. die Borſten-Fuͤſſe. r. die Spuhren kuͤnſtiger Gelenke. d. der After. Hr. TERMINEN 8 8 r. Roͤſel, der einzige, welcher dieſe ſchoͤne Naide bisher ge— H funden, hat uns eine ſo gute Beſchreibung und ſo muͤhſame Ver⸗ ſuche von der Art ihrer Vermehrung nebſt beygefuͤgten Figuren nachge— laſſen, daß ich nur weniges beyzufuͤgen finde. Ich verweiſe daher den Leſer auf feine Nachricht 2), und werde nur dasjenige anfuͤhren, was erwaͤhnter Naturforſcher nicht bemerket hat, oder ich anders gefun— den habe. Dem bloſſen Auge iſt ſie dem an einander hangenden Unflath der kleinen Waſſerſchnecken ſo aͤhnlich, daß ſelbſt geuͤbte Augen eines fuͤrs andere annehmen werden; betrachtet man ſie aber mit dem Vergroͤſſerungs-Glaſe, welch ein vortrefliches, organiſirtes, lebendes und empfindendes Weſen! Sie iſt neun bis zehn Linien lang, und eine viertel Linie breit, hat achzig bis neunzig Gelenke, alſo hundert und ſechzig bis hundert und achzig Fuͤſſe zu beyden Seiten, oder fuͤnf hundert vierzig kleine Borſten. Sie ſchlaͤngelt ſich in ſechs bis zwoͤlf Spiralwindungen um die Stiele der Waffer - Linfen, deren grünes Weſen fie mit der Zunge abnaget. Roͤſel vergleichet das darmaͤhnliche Gefäß, oder die brau⸗ nen Eingeweide, wie er es nennet, mit einem Band, das um einen Stab gewickelt iſt. Man kann ſich fuͤr dem Eindruck der erſten Aehnlich⸗ keit der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde mit andern vorhergeſehenen Dingen nicht genug in acht nehmen; ſie verfuͤhret gar zu leicht, und hinterlaͤſt faſt allemal bey dem Leſer, nicht ſelten beym Verfaſſer ſelbſt, ein falſches Bild. Die Idee eines Bandes machte, daß dieſer ſonſt genaue Zeichner uns anſtatt des gewoͤhnlichen Bildes eines Eingeweides ein Band, in der 3 Lage 23) Inſecten-Beluſtigung, 3. Theil, ſ. 567 — 578. Tab. 92. TAB. IV. W r. Roͤſel, der einzige, wel H funden, hat uns eine ſo gut ſuche von der Art ihrer Vermehru laſſen, daß ich nur weniges beyzu Leſer auf feine Nachricht 2), was erwaͤhnter Naturforſcher nicht den habe. | Dem bloſſen Auge iſt fie der kleinen Waſſerſchnecken ſo eines fuͤrs andere annehmen werd Vergroͤſſerungs-Glaſe, welch ein und empfindendes Weſen! wi Sie iſt neun bis zehn Liß hat achzig bis neunzig Gelenke, al | achzig Fuͤſſe zu beyden Seiten, od Sie ſchlaͤngelt ſich in ſechs bis)) a (fr. der Waſſer⸗Linſen, deren grü “= | Roͤſel vergleichet das nen Eingeweide, wie er es nenn. Stab gewickelt iſt. Man kann ſi keit der natürlichen Gegenſtaͤnde nicht genug in acht nehmen; fie % faſt allemal bey dem Leſer, nicht fi Bild. Die Idee eines Bandes uns anſtatt des gewohnlichen Bild 23) Inſecten-⸗Beluſtigung, 3. Theil, ſ. * 86 . De . Lage hinmahlet, in welcher es unſerm Auge, wenn es vom Stock abgezogen, noch feine Windungen behielte, erſcheinen würde; ja, dieſes Eingeweide bekommt zufolge des Begrifs vom Bande noch zwey platte Seiten, davon die obere caffe braun, und die untere weiß ſeyn fol. Die Natur zeiget es gantz anders. Es hat nicht einmal ein gleichfoͤr⸗ miges Anſehen, ſondern iſt, wie in meiner Figur, an einigen Stellen ſchmahl, an andern dick, bisweilen in ausgeſtreckte Vierecke, oft in erha⸗ bene an einander gedraͤngte Knoten abgetheilet. Mitten durch daſſelbe laͤuft ein durchſichtiger feiner Strich, welcher der eigentliche Maſt⸗Darm iſt. Die Unreinigkeit iſt in demſelben deutlich, und wird oft ausgeleert. Die weiſſe Unterflaͤche des Roͤeſelſchen Bandes iſt durch ſehr kleine, faſt unmerkliche, blaſſe Qverſtriche, die bey allen Naiden das darm⸗ aͤhnliche Gefaͤß in viele kleine Stuͤcke zu zertheilen ſcheinen, veranlaſſet worden. Sie iſt nicht hin und her mit kurtzen Haaren beſetzt, ſondern unterſcheidet ſich vielmehr dadurch von den andern Naiden, daß ſie gar keine Seiten: Haare oder Seiten⸗Borſten 2“) hat. Die einzelne, kurtze Haare des ſel. Roͤeſels find wahre Fuͤſſe dieſes Wurms; fie ſitzen unter dem Bauche an jeder Seite in einer Reihe und in einer beſtimmten Entfernung; erſt bey einer ſtarken Vergroͤſſerung, und wenn die Naide ſich drehet, werden ſie ſichtbar. Auch ſind ſie nicht eintzeln, ſondern drey⸗ 24) Die zwey erſten Bogen dieſer Schrift waren ſchon abgedruckt, als es mir gluͤckte die geſchlaͤngelte Naide zu finden; ich hatte fie bereits in meinem Verzeichniß der Maiden ſ. 7. auf das Zeugniß des Hrn. Noe ſels aufgenommen, ob ich fie gleich noch nicht in der Natur gefehen hatte; ich glaubte dieſes feinen Bemühungen ſchuldig zu ſeyn. Er uͤberſah die Fuͤſſe und meynte Seiten- Borften zu ſehen, daher wurde ich verleitet fie unter die mit Seiten- Borften verſehenen zu ordnen; allein meine eigene Augen zeigen mir, daß fie eine neue Unter- Abtheilung machet, nemlich Naiden ohne Seiten » Borſten, und daß die drey ſchwartzen Qverſtriche am Halſs ein beſtaͤndiges und deutliches Merkmal jdiefer Art ſeyn. SN D N 0 87 dreydoppelt; es kommen wuͤrklich aus einer Warze oder Erhebung drey einfache ſilberne Borſten, die an ihren Enden in ein Haͤkgen gekruͤmmet zu ſeyn ſcheinen hervor. Gleich den Haͤkgen des Ephen, das in aͤhnlichen Windungen um die Staͤmme der Baͤume kriechet, dienen fie dem Wurme vorzuͤglich darzu ſich um den Stiel der Waſſer-Linſe feſt zu klammern. Ich ſage mit Fleiß vorzuͤglich, denn fie haben noch einen weyten Gebrauch; durch Huͤlfe derſelben kann der Wurm, obgleich mit einiger Beſchwerlichkeit auf dem flachen Boden umher kriechen. Auch kann er ſich in gerader Linie ausſtrecken, und in dieſer Stellung fortruͤcken. Er ſuchet alsbald eine Faſer oder des gleichen, um ſich die Spiral⸗Stel⸗ lung, die ihm am naͤtuͤrlichſten iſt, zu geben; oft geſchieht es, daß zwey oder mehrere ſich um einander, oder um die Stiele der Waſſer-Linſen ſchlaͤngeln, und den Stab des Mercurs vorſtellen, daher Roͤeſel ihn das Mercur⸗Schlanglein nennet. Dieſes Schlaͤngeln macht, daß man ihn beym erſten Anblick von den andern Naiden unterſcheidet. Er kann nicht ſchwimmen. Es iſt nicht nothwendig, daß man dieſem Wurm alle Tage friſches Waſſer, und friſch Futter gebe; ich habe die meinigen ohne das Waſſer zu veraͤndern laͤnger als acht Wochen lebendig erhalten. Die Roͤeſelſchen Verſuche zeigen, daß auch dieſe Naide ſich durch natuͤrliches und kuͤnſtliches Zertheilen vermehret; eine hat ihm durch wiederhohltes Zerſchneiden in vier bis ſechs Wochen drey und zwantzig gegeben; er hat aber die Art und Weiſe, wie dieſes geſchieht, nicht genau beſtimmet. Ob mir gleich andere Beſchaͤftigungen nicht er⸗ laubet haben auf dieſen Wurm die gehoͤrige Achtſamkeit zu verwenden, haben mir doch die wenige Verſuche, die ich unternommen, die Richtigkeit der 88 DN der Roͤſelſchen Beobachtungen beſtaͤtiget; ſelbige laſſen mich auch mit Grund glauben, daß die Natur allhier nach eben den Regeln als bey den vorhergehenden dieſes Geſchlechts verfahre. Ich brauche desfalls nur einen Verſuch beyzufuͤgen. Den Sten Julius zertheilete ich eine geſchlaͤngelte Naide in drey Stuͤcke. Den roten hatte bereits jedes beſchaͤdigte Ende einen neuen Zuwachs von der Laͤnge anderthalb Gelenke angeſetzt; er war hell und klar, und dadurch ſichtbarlich von den alten Stuͤcken unterſchieden. Keine Spuhr des darmaͤhnlichen Gefaͤſſes war in den neuen Schwaͤntzen zu bemerken, und in den neuen Köpfen, die etwas zugeſpitzet waren, fehlten noch die Augen und die ſchwartzen Qverſtriche. Unten gab ein feiner Qverſtrich den Ort des kuͤnftigen Mundes zu erkennen. Den raten war der neue Kopf und Hals (ſiehe die dritte Figur) am Schwantzſtuͤck völlig gebildet; fie hatten die Laͤnge dreyer Gelenke; die Augen, der Mund, die gelbe Maſſe und der Nahrungs-Canal waren ſehr deutlich; nichts mangelte als das gewoͤhnliche ſchwaͤrtzliche um die Augen, und die ſchwartzen Qverſtriche zum Beweis der neulichen Entfte: hung des Kopfs. Der neue Schwantz des Kopf-Stuͤckes war auch laͤnger geworden; das darm⸗ aͤhnliche Gefaͤß, die Fuͤſſe und der After waren vollkommen; auch gab der Wurm unter meinen Augen den Unflath durch den neuen After von ſich, und das Blut floß bereits durch die Anfaͤnge kuͤnftiger Gelenke, 5 durch ſehr feine Qverſtriche an der linken Seite kenntlich waren. Das Mittel⸗Stuͤck, welches den roten beydes den Anfang eines neuen Kopfs und neuen eee zeigte, war verſchwunden. Der KINDERN EA 8 9 Der Auffenthalt der geſchlaͤngelten Naide iſt an den Stielen oder Wurtzeln der Waffer- Linfe, welche die Oberfläche der Suͤmpfe, Teiche und Graͤben haͤufig bedecket, doch nicht an allen; ich habe ſie zwey Sommer vergebens zu Fridrichsdal geſucht, und als ich alle Hofnung ſie zu finden aufgegeben, gewaͤhrte mir ein Teich des Koͤniglichen Roſenburger Gartens in Kopenhagen meinen Wunſch. M Die Die blinde Nai de. Fuͤnftes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Groͤſſe. a. Der Kopf. b. Der Schwantz. Zweyte Figur: durchs Mikroſkop geſehen. Dritte Figur: a. Der Kopf. 5. Das darmaͤhnliche Gefaͤß. c. Die Blut- Ader. d. Die Seiten: Borſten. e. Die Enden des After-Gliedes. F. Vorragungen der kuͤnftigen Enden. g. Anfaͤnge einer neuen Zeugung im Mutter: Wurm, A. Die erſte Zeugung. a. Der kuͤnftige Kopf. a b. Anfänge einer Zeugung von der erſten. B. Die zweyte Zeugung. 4. Der künftige Kopf. 6. Anfänge einer Zeugung von der zweyten. das After: Glied, ſtark vergroͤſſert. a. Die fingerfoͤrmige Enden. 5. Die Warzen. c. Die Blut⸗-Kuͤgelchen. 4. Der Silber -Strohm. Das Das Blumen - Thier. Vierte Figur: in natürlicher Groͤſſe. a. Der Blumen: Kopf. b. Der Stiel. c. Die an dem Stiel gehäufte Erde. Fuͤnfte Figur: durch die Loupe geſehen. A. Von vornen. B. Von hinten. 4. Die ausgeſtreckte Blumen, Blaͤtter. b. Die ausgebreitete Kelch: Blätter, e. Die mittlere Fläche. d. Der Stiel oder der Leib. e. Der herabfallende Unflath. F. Der Maſt⸗ Darm. g. Die Blut: Ader. 5. Die Averſtriche. > 7. Die gehäufte Erde. Sechſte Figur: ein dicht an der Erde ausgebreiteter Blumen» Kopf, a. Die Blumen- Blaͤtter. 6. Die Kelche Blätter. c. Der Stiel. Die Siebende Figur: ein im Auswickeln begriffener Blumen: Kopf, a. . d. Wie in der fechften Figur. e. Der Maft: Darm. F. Die Blut- Ader. g. Die Ringe. L war ich mit mir uneins, ob ich dieſen Wurm unter die Naiden zaͤhlen ſollte; die Bejahungs⸗ und Verneinungs-Gruͤnde ſchienen von gleicher Wichtigkeit; die erſten waren die Gleichheit des Koͤrpers, NM 2 | der LAB D Das Bl Vierte Figur: in natuͤrlicher Gr a. Der Blumen-Kop 5. Der Stiel. c. Die an dem Stiel i TAB. V. Fuͤnfte Figur: durch die Loupe gefeh A. Bon vornen. B. Vo a. Die ausgeſtreckte Bl b. Die ausgebreitete 6. Die mittlere Fläche, d. Der Stiel oder der e. Der herabfallende U F. Der Maſt⸗ Darm. g. Die Blut- Ader. b. Die Averſtriche. Die gehaͤufte Erde. 2 Sechſte Figur: ein dicht an der Er, , a. Die Blumen- Blaͤt 6. Die Kelch-Blaͤtte c. Der Stiel. 2 Die Siebende Figur: ein im Aus 4. b. d. Wie in der fü e. Der Maft: Darm. F. Die Blut- Ader. g. Die Ringe. gas war ich mit mir uneins, o zaͤhlen ſollte; die Bejahungs von gleicher Wichtigkeit; die erſt | 92 CHR ELERN der Wege der Verpflantzung, der Seiten: Borften — die letztern der Mangel der Augen, der gefingerte Schwantz, das rothe Blut-Gefaͤß, und die LebensArt. Da es aber darauf ankam, entweder gegen meine eigene Regeln, oder gegen die eigenthuͤmliche Caractere der Gattungen zu ſuͤndigen, konnte mir die Wahl nicht ſchwer werden. Die Grentzen unſers Verſtandes und unſers Gedaͤchtniſſes find von einem zu engen Umfang, als daß wir auch nur eine kleine Zahl der Vorwuͤrfe des buͤr— gerlichen Lebens oder der Gegenſtaͤnde der Natur ohne Hülfe allgemeiner Beziehungen ſollten uͤberſehen koͤnnen; daher entſtehen alle moͤgliche Arten Eintheilungen, die man mit dem ſtoltzen Nahmen Syſtem zu belegen fuͤr gut findet. Dieſe Wirkungen eines Geiſtes, der gerne die gantze Natur begraͤntzen moͤchte, und doch bey jedem Schritt unabſehbahre Auſſichten erblicket, laſſen uns wenigſtens eine Verwandſchaft und Beziehung aller Geſchoͤpfe auf einander bemerken, ob wir gleich gemeiniglich die wahren Beziehungs- Punkte verkennen; wir ſehen eine unendliche Kette der Dinge, davon einige mehr oder weniger entfernte Glieder in einem hellen Lichte ſchimmern, obgleich die Zwiſchen-Raͤume derſelben noch in Nebel verhuͤllet ſind. Nur Der, welcher alles nach Maas und Gewicht geordnet, ſiehet das Werk ſeiner Hand durch alle ſeine Gaͤnge. Er hat das Licht ſeines Antlitzes und den Schatten ſeines Gewands uͤber alles verbreitet, und aus dieſer weiſen Vermiſchung haben alle Bilder der Natur das Gepraͤge ihres unerſchoͤpflichen Meiſters, eines Meiſters, dem es gefallen alle in ſeinem ewigen Verſtande moͤgliche Ideen wirklich zu machen, auf daß er alles mit feiner Güte erfülle, Ein aufmerkſamer Buͤrger des Erdbodens bemerket bald eine Stuffen⸗ Folge unter den Geſchoͤpfen, und ſchreibt die Luͤcken, die ihm aufſtoſ⸗ D NN NN | 93 aufſtoſſen, dem engen Bezirke feiner Erkenntniß zu. Je mehr dieſe er: weitert wird, je weniger werden jener, und je ſtaͤrker die Vermuthung ihrer gaͤntzlichen Ausfuͤllung aus andern Welt-Gegenden. Er zeichnet ſich die allgemeinen und beſondern Züge eines jeglichen Vorwurfs aus; jene nennet er Claſſen, Ordnungen, Familien, Geſchlechter, u. ſ. f. Dieſe nennet er Gattungen. Letztere haben ihren beſtimmten und un— veraͤnderlichen Stand von dem Schoͤpfer erhalten; erſtere aber find willkuͤhrlich, und verändern ſich nach dem Geſichts-Kreiß eines jeden Beobachters. Daher werden die ſpecifiſche Beſchreibungen eines kurtzſichtigen Verfaſſers generiſche Merkmahle desjenigen, der mehrere und genauere Beobachtungen machet. Die Natur braucht keine Geſchlechter, Ordnungen und wie ſie Nahmen haben moͤgen; ſie ſtellet nur beſtimmte Theile eines Gantzen, oder Gattungen dar, die der Menſch nach ſeiner Einſicht unter einem ihm begvemen Geſichts- Punkt zu vereinigen ſuchet. Man hat ſich bemuͤhet natuͤrliche Geſchlechter der Thiere und Pflantzen zu erfinden, und man hat kuͤnſtlichen dieſen Nahmen gegeben. Es iſt nur ein natuͤr⸗ liches Geſchlecht, welches alle Geſchoͤpfe durch alle moͤgliche Schattirun— gen in ſich faſſet. Die methodiſche Eintheilungen ſind das Werk unſers Geiſtes, immerhin willkuͤhrlich und unvollkommen, und doch koͤnnen wir ihrer nicht entbehren. Wenn wir nach unſerer Erkenntniß zwey Geſchlechter am beſten beſtimmt zu haben glauben, findet ſich eine neue Gattung, die mit gleichem Rechte zu beyden gehoͤret. | Wir haben oben geſehen, daß die Feuchtigkeit, welche in den Adern unſerer Naiden flieſſet, weiß iſt; es giebt im ſuͤſſen Waſſer andere Wurm Gattungen, deren Blut roth iſt, denen aber die Augen M 3 und 94 CHRISTEN und Fuͤſſe mangeln ). Dieſes ware hinlaͤnglich fie von den Naiden zu unterſcheiden, wenn ſich die blinde Naide nicht ins Mittel legte. Sie hat wie jene rothes Blut und keine Augen; wie dieſe lange Seiten— Borſten und Borſten-Fuͤſſe. Noch mehr: fie lebet wie jene in der Erde, oder genauer in dem Bodenſatz des Waſſers, und verpflantzet ſich, wie dieſe; von beyden unterſcheidet fie ſich nicht nur durch die Verei⸗ nigung beyder Eigenſchaften in einem Dinge, ſondern durch einen ihr gantz eigenen Schwantz. Dieſer wuͤrde auf ein eigenes Geſchlecht Anſpruch machen, das zwiſchen der Naide und dem Erdwurm feinen Platz einnehmen muͤſte, wenn ein eintziges verſchiedenes Glied hinlaͤnglich waͤre ein neues zu machen. Allein ich vermuthe, daß ſich noch Wuͤrmer finden werden, die durch den bloſſen Mangel der Augen von den Naiden abgehen, und andere, die ſich nur durch wuͤrkliche Augen von dem Erd— urm entfernen. Dieſe Mittel-Arten wuͤrden in jenem Fall auch neue Geſchlechter erfordern, und ſolcher Geſtalt wuͤrden wir ſo viele Geſchlechter als Gattungen erhalten. Dieſem zu entgehen thut man wohl, da doch die Geſchlechter nur Huͤlfs- Mittel find, ſolche Mittel- Arten zu den naͤchſt Verwandten zu bringen, und, wenn ſie, wie im gegenwaͤrtigen Fall, ſo vieles mit den benachbarten gemein haben, daß eine Colliſion entſtehet, den Habitum entſcheiden laſſen. Aus dieſer Urſache 25) Unter dieſe gehören die lange Würmer des Hrn. Bonnet, der Waſſer⸗Aal des Hrn. Schaͤffers u. m. den letztern hatte ich aufs Wort feines Erfinders, daß er zwey Augen habe, in dem Verzeichniß der Naiden unter dem Nahmen der kothigen angefuͤhret, und zugleich mich erklaͤret, daß ich ihn nie gefunden hätte. Als ich nachgehends in dem Bodenſatz der ſtehenden Waſſer einige Würmer fandt, die den Schaͤfferſchen in allem gleich, die gehaͤufte Borſten ausgenommen, die bey den meinigen vornen eintzeln, hoͤchſtens zwiefach, und hinten ſehr kurtz waren, bin ich durch wiederhohlte Betrachtung uͤberzeugt worden, daß die kleine vom Hrn. Schaͤffer fuͤr Augen angeſehene Seiten-Knoten nichts als Erhebungen ſind, die durch die Bewegung des Wurms entſtehen. Auch iſt ihre Art der Verpflantzung nicht wie bey den Narden; das iſt, fie verlängern ſich nicht in neue und ſich trennende Wuͤrmer; demnach gehoͤren ſie nicht zu gegenwaͤrtigem Geſchlecht. Urſache habe ich, meines generiſchen Caracters ungeachtet, dieſes Wuͤrm⸗ lein und das Roͤſelſche WaſſerSchlaͤnglein 6), obgleich bey dem erſten die Blut- Ader roth iſt, und beyden die Augen fehlen, meinen Naiden beygezaͤhlet. Unſere blinde Natde iſt oben und unten plat, und von blaſſer Farbe; fuͤnf Linien lang und eine Sechſtel Linie breit. Das Maas iſt von der Mutter - Jraide genommen, die das Kupfer darſtellet, und an der man zwey erwachſene Toͤchter wahrnimmt; man kann alſo fuͤr die Jungfer Naide nicht wohl eine gröffere Laͤnge als von zwey Linien annehmen. Der Schwantz, die Blut. Ader und der Kopf ſind diejenigen Theile, durch welche ſie ſich von den andern Naiden unterſcheidet. Ich werde des Schwantzes oder des After⸗ Gelenkes zuerſt erwaͤhnen, nicht nur weil es auſſer dem allgemein merkwuͤrdigen des Naiden— After: Gliedes noch etwas neues und ungewoͤhnliches zeiget, ſondern, weil ein jeder, der dieſe Naide in ihrer gewoͤhnlichen Stellung ſiehet, es fuͤr den Kopf anſehen und halten wird. Es zertheilet ſich in ſechs lanzenfoͤrmige, platte Enden, zwey nemlich an jeder Seite und zwey am Ende; innerhalb der letztern be— merket man eine kleine Warze, die der Anfang eines neuen Endes zu ſeyn ſcheinet. Sie beſtehen aus gleichem Weſen als der übrige Leib und ſind nicht aus Koͤrnern zuſammengeſetzt wie die Gabelſpitzen des Roͤe— ſeſſchen Wurms; fie find wahre Branchid, und ſtehen gemeiniglich 8 N auf: 0) Inſekt. Beluſtigung 3. Th. ſ. 581., T. 93. F. 8. — 16. das geſchmeidige Waſſer⸗ Schlaͤnglein mit zwey Gabelſpitzen. Ich nenne dieſes die augenloſe Naide mit gegabeltem Schwantz, und jenes die blinde Nai de mit gefingertem Schwantz. 06 2 aufrechts, bisweilen beugen ſie ſich ein wenig einwaͤrts. In ihrer Mitte iſt der After. Ich vermuthe, daß ſich die Leſer des ſilbernen Strohms im After- Gelenke, deſſen ich S. 28. gedacht, noch erinnern; eine gleiche Erſcheinung giebt die blinde Naide, allein was noch ange— nehmer zu ſehen, iſt der ſtarke Abfluß des Bluts in allen Enden; man ſieht die Blut⸗Kuͤgelchen, eins dem andern auf gleiche Weiſe als in den Branchiis der jungen Froͤſche und Eydechſen mit der groͤſten Ge— ſchwindigkeit folgen, und ſich in dem Silber: Strohm verlieren. Die Blut- Ader, die wir wahrſcheinlich wegen der Weiſſe und Durchſichtigkeit des Blutes bey den uͤbrigen Naiden zu finden weniger gluͤcklich waren, iſt bey der blinden Naide und andern Wuͤr— mern des ſuͤſſen und geſalzenen Waſſers leicht zu bemerken; fie iſt bey dieſen Wuͤrmern roth und ihre Windungen gemeiniglich zahlreicher als bey der Puls- Ader, bey einigen liegt fie in der Mitte des Koͤrpers längs der Unterflaͤche, bey andern ſchlaͤngelt ſie ſich zwiſchen den Windungen des darmaͤhnlichen Gefaͤſſes einher, ſo daß ſie wechſelsweiſe oben und unten ſichtbar iſt; bey der blinden Nai de liegt fie an der einen Seite des erwaͤhnten Gefaͤſſes, und iſt beydes oben und unten zu ſehen. Es iſt gantz befremdend, daß hier die eirculirende Feuchtigkeit in der Puls: Ader weiß und in der Blut-Ader roth erſcheinet. Man hat lange gefragt, ob ein Unterſchied zwiſchen dem Blut der Arterien und der Venen waͤre; hier iſt er offenbahr. Ich werde mich nicht in Un— terſuchung der phyſiologiſchen Uhrſachen dieſer Farben-Veraͤnderung, die doch nur auf bloſſe Vermuthungen hinauslauffen wuͤrden, einlaſſen. Man wird leicht fertig, wenn man annimmt, daß der Canal der Blut- Ader rother Farbe ware, allein, ich muͤſte alsdenn nicht geſehen haben, daß der Canal der Puls-Ader, welche mit dem Canale der Blut⸗ ch NN 07 Blut: Ader ein Continuum machet, bey denen Würmern, die rothes Blut haben, bey jedem Austritt der Feuchtigkeit weis und leer, und bey jedem Eintrit roth und erfuͤllet erſchien. Die Bemerkung einer Stuffen-Folge auch in den Beſtimmun⸗ gen der innern Theile der Geſchoͤpfe iſt unſerm Geiſt angenehm, da er gewohnt iſt ſelbige an den aͤuſſern wahrzunehmen. Bey allen bisher bekannten Thieren war das Blut roth oder weiß, und man glaubte daß dieſe Verſchiedenheit hinlaͤnglich waͤre die Inſekten und Wuͤrmer von allen andern Thieren zu unterſcheiden; nichts deſto weniger giebt es, wie ich bereits erwaͤhnet habe, und in der Folge ſagen werde, Wuͤrmer, die rothes Blut haben, und ſelbſt der Abſtand zwiſchen dem rothen und weiſſen wird durch unſere blinde Naide, die weiſſe Arterien und rothe Venen hat, ausgefuͤllet. Der Kopf iſt etwas zugeſpitzt, von gelber Farbe, und ohne alle Spuhr einiger Augen, auch wird die Lebens-Art dieſes Wuͤrmleins zeigen, daß Augen ihm unnuͤtz ſeyn wuͤrden. An der Unterflaͤche des Kopfs wird man eine Qver⸗ritze gewahr, die die Oefnung des Mundes iſt. Der Leib, die Fuͤſſe, das darmaͤhnliche Gefaͤß, der Maſt— Darm, die Puls-Ader ſcheinen in nichts von der zungenloſen Naide verſchieden zu ſeyÿn. Die Seiten⸗Borſten ſind kuͤrtzer als die Breite des Leibes. Dieſe Naide verpflantzet ſich, wie die andern ihres Geſchlechts, durch Schoͤßlinge oder durch Keime, die ſich in vollkomne Wuͤrmer auswickeln, und ſich von der Mutter los machen. Wir ſehen im gegen- N waͤrtigen 98 e waͤrtigen Kupfer an dem Mutter⸗ Wurm zwey, die faſt die Laͤnge der Mutter haben, und auſſer dieſen die Anfaͤnge von drey kuͤnftigen. Bey der Erzaͤhlung des Wachsthums der gezuͤngelten Naide erinnerte ich, daß die Winkel des ſcheidenden Qverſtrichs in Vorragungen auswachſen; dieſe waren die innern Winkel, oder diejenigen, die der Tochter gehören; bey der blinden Naide hingegen thun es die aͤuſſern, oder die der Mutter gehoͤren. Der Grund des Unterſchieds liegt in dem ver— aͤnderten Bau des Kopfes und des Schwantzes: dort ſollen ohrenfoͤrmige Vorragungen des Kopfs, und hier lungenartige Enden des Schwantzes gebildet werden; dort hat die Natur am Kopfe, hier am Schwantze mehrere Organen zu bearbeiten, daher find fie auch >”) wie dort vor der Tren- nung des neuen und alten Wurms ihrer voͤlligen Auswickelung nahe. Die Lebens- Art der blinden Naide iſt von der andern gaͤnzlich verſchieden. Sie lebt in dem Bodenſatz des ſuͤſſen Waſſers. Der Kopf und ein Theil des Vorderleibs ſteckt beſtaͤndig im Schlamm, und komt nicht zum Vorſchein, es ſey dann, daß der Wurm durch eine ge: waltſame Bewegung des Schlammes aus ſeiner natuͤrlichen Stellung ver— ruͤcket wird; alsdenn liegt er ganz und geſchlaͤngelt auf der Oberflaͤche, und ſcheinet nicht zu vermögen ſich wieder in den Schlamm hinein zu bohren. Ich habe ihn in dieſer Verfaſſung einige Tage ſein mattes Leben zubringen geſehen. Der Hinterleib mit dem gefingerten Schwantz ſtehet im Waſſer aufrechts, doch ein wenig gekruͤmmet. So bald er eine ungewoͤhnliche Bewegung im Waſſer empfindet, ſchlieſſet er die Schwantz-Enden an einander, und zieht ſich mit vieler Geſchwindigkeit in den Schlamm hinein, 17) In der 11. Figur des Roͤeſelſchen Waſſerſchlaͤngleins kan man ſehen, wie der neue Schwantz der Mutter faſt völlig fertig iſt, obgleich die Tochter demſelben noch an— hanget; fo wie der ſaſt vollendete Kopf der gezaͤngelten Tochter mit Augen und Nuͤſſel ihrer Mutter anklebet. Siehe das erſte Kupfer F. 2, 0. hinein. Da ſein Leib nicht von der Beſchaffenheit iſt, daß er ihn nach Willkuͤhr verkuͤrzen oder verlängern kann, muß man in dem Schlamm eine im voraus von ihm gemachte Oefnung, darinn er ſich bey dem geringſten Anſchein einer Gefahr begiebt, vermuthen. Die Entdeckung dieſes Wurms lehret, wie unſicher der Natur⸗ forſcher aus gleichen Erſcheinungen auf gleiche Urſachen ſchlieſſet. Ich hatte drey Jahre zuvor ein ſeltſames Ding im friſchen Waſſer gefunden. Es war ganz hell und durchſcheinend, und den Gewaͤchſen ſo aͤhnlich, daß, wenn man nicht eine heftige Bewegung wahrnehme, man es fuͤr eine Pflanze mit Stiel und Blumen⸗Blaͤttern halten muͤſte. Es ſtund aus dem Boden des Waſſers aufrechts: Der Stiel ſchien gerundet, in der Mitte ein wenig gebogen und mit Ringen gleich denen, die man an der Iſoetes ſiehet, umgeben. Er war vier bis fünf mal fo lang als der Blumen: Kopf; dieſer beſtand aus einer mitlern Flaͤche, die mit Enden von zwiefacher Geſtalt umringet war, oder um bey dem Bilde der Pflanze zu bleiben: aus dem Behaͤltniß, (receptaculum) acht lanzen⸗ foͤrmigen Blumen und vier tellerfoͤrmigen Kelch-Blaͤttern. Alle Blätter waren ſtark aus einander gebreitet, wie bey den Blumen in ihrem Flor. So weit gieng es gut mit dem erſten Bild einer Pflanze. Ich ſahe zwar, daß ſich die Blumen = Blätter in einen Bündel ſammelten, von den Blaͤt— tern des Kelchs eingeſchloſſen wurden, und ſich wieder ausbreiteten 5 dieß aber habe ich auch bey vielen Pflanzen geſehen. Allein, als ich in dem Stiele zwey Canaͤle wahrnahm, einen rothen und einen ſchwaͤrz⸗ lichen, und durch dieſen erdigte Moleculen aufſteigen, und ſich durch eine Oefnung der mitlern Fläche ausleeren ſahe, trat das Bild eines Thiers in die Stelle der Pflanze. Auf einmal verſchwand beydes Pflanze und Thier, und war nicht mehr zu ſehen. Es hatte ſich mit einer ſolchen Heftigkeit in die Erde zurück gezogen, daß ich den Ruͤckzug N 2 nicht * nicht bemerket hatte. Nach und nach ſchob es ſich wieder hervor, erhob den Kopf, und breitete deſſen Enden allmählich aus. Die Excremente fiengen wiederum an gleich dem Waſſer eines Spring- Brunnens zu ſpielen, und bey jeder Bewegung des Waſſers, oder wenn die Enden von irgend einem der ſich in dem Waſſer aufhaltenden Inſekten und Wuͤrmern beruͤhret wurden, ſchloß es dieſe in einen Buͤndel und fuhr in die Erde. Was iſt es nun wohl anders als eine Art neuer Polypen? die Empfindlichkeit der Enden, das Samlen derſelben, und das Zuruͤck— fahren des Stiels ſind ſolche Eigenſchaften, die die bekannte Polyp— arten caracteriſiren; die Enden muͤſſen alſo Fuͤhlfaden heiſſen; der neue Polyp ſammelt ſie um ſeinen Raub zu erhaſchen, und verſteckt ſich in die Erde um denſelben in Ruhe zu verzehren. Dieß alles will die ſtrengſte Analogie. Es ſchien auch als wären in der mitlern Fläche zwey entge— gen geſetzte Ritzen vorhanden, und was ſind dieſe anders als der Mund und der After? An dem letztern war nicht zu zweifeln, da der Unflath ſichtbarlich aus demſelben herausfloß. Es war umſonſt, daß ich mich bemuͤhete dieſes ſonderbahre Geſchoͤpf aus der Erde unter das Mikroskop zu bringen; ſein ſchleuniges Verſchwinden bey jeder fremden *°) Bewegung des Waſſers vereitelte meine Bemühungen, und die Geſtalt des Endes, das in der Erde ſteckte, blieb 28) Dieſe und andere Würmer fürchten ſich wie alle Blinde bey einer jeden Bewegung, von deren Unſchaͤdlichkeit fie noch nicht durch wiederhohlte Erfahrungen gefichert find. Sehr viele und mannichfaltige Arten von Bewegungen, welche verſchiedene im Waſſer lebende hier: arten erregen, haben keinen merklichen Einfluß auf dieſe ſchuͤchterne Waſſer⸗ Würmer; fie find berſelben gewohnet, und ziehen ſich nicht zuruͤck, wenn ſie nicht unmittelbahr von dieſen Mitbürgern angeſteſſen werden. Sellſt der unbekannten Erſchütterungen gewöhnen fie ſich; für eine gleiche Bewegung ziehen fie ſich jedes mal weniger zuruͤck, werden dreiſter, und endlich ſicher. Dieſes gilt auch von den langen Wuͤrmern des Hrn. Bonnets, die ſonſt aͤuſſerſt ſchuͤchtern find, und auch die Ge: wohnheit haben den Schwantz auſſer dem Schlamm im Waſſer aufrecht zu halten. run 101 blieb mir ein Geheimniß. Die Idee eines Polyps machte auch dieſe Neugier unnothwendig; man weiß einmal, daß dieſes Thier mit ſeinem Stiel den Gegenſtaͤnden plat anſitzet. Ich ſahe in dem Stiel eine zwie⸗ fache Bewegung: eine feine Materie, die hinab floß und eine groͤbere die hinaufſtieg, und ſich ausleerte; was war wahrſcheinlicher als daß die erſtere das einflieſſende Waſſer, fo wie letztere der Unflath war. Nichts deſto weniger ſind dieſe Begriffe bis auf die Ausleerung falſch, und die Erfindung der blinden Naide, die ich durch Huͤlfe des Mikroſkops unterſuchet habe, hat gezeiget, daß die Blaͤtter oder Fuͤhl⸗ faden Lungen des Schwantzes, daß der rothe Canal die Blut. Ader, daß die feine herab flieſſende Materie das in der Puls- Ader bewegte Blut ſey, und daß der Kopf des Thierleins in der Erde verborgen liege. Der Polyp verſchwindet, und wir ſehen einen Wurm, der nach allem Anſchein unter die Naiden gehoͤret. Ob er gleicher oder verſchiedener Art mit der blinden Naide ſey, getraue ich mir nicht zu beſtimmen. Als ich dieſe unterſuchte, wollte es mir ſo wenig als nachher gluͤcken jenen wieder zu finden. Der kenntlichſte Unterſchied moͤchte etwa der Mangel der Seiten- Borften, die Ringe, und die groͤſſere Zahl der finger - und tellerfoͤrmigen Enden ſeyn. Es iſt aber wahrſcheinlich, daß die Loupe zu Wahrnehmung der Seiten- Borſten nicht hinreichet, daß die Ringe von den hellen Qverſtrichen, die man nicht ſelten an dem Koͤrper der Naiden be— merket, herruͤhren, und daß die Enden, wenn der Wurm aus ſeiner natürlichen Stellung kommt, ſchlaff werden und ſich verengen. Aus dieſen Urſachen habe ich kein Bedenken getragen, ihn der blinden Naide beyzufuͤgen, und ihm bis zu völliger Entſcheidung den Rahmen Blumen. Thier gegeben. | N 3 Auf Auf dem Boden ſiehet man erdigte Theile in unbeſtimmter Höhe dieſen Wurm umgeben; es ſcheinet als wäre es eine Scheide, in die ſich der Wurm zurück ziehet; es iſt aber nichts anders als eine Haͤuſung der ausgeleerten erdigten Moleculen, die von der perpendiculairen Hoͤhe des Wurms herabfallen 2). 9) Es giebt eine andere Gattung Mürmer, die gleich wie die blinde Walde ihren Kopf im Schlamm verſtecken, und den Schwantz im Waſſer erheben. Auch dieſe findet ſich bey dem Hrn. von Linne nicht; die Hrn. Bonnet und Trembley haben ihrer im Vorbeygehen gedacht, und eine Figur derſelben gegeben; Obferv. fur les vers d’eau douce, pl. 3. f. 9. 10. Memoir. fur les polypes, pl. 7. f. 2. Bey dieſer Gelegenheit kann ich nicht unterlaſſen den naturforſchenden Leſer auf ein Schauſpiel zu bringen, welches ihnen der unbekannte Boden des ſuͤſſen Waſſers in dieſen Würmern darbietet. Man thue ein wenig des Bodenſatzes der Moraſte, Waſſergraͤben oder Fluͤſſe in ein Glas mit Waſſer, und laſſe es eine weile ruhig ſtehen. So bald ſich die erdigte Theile geſenket haben, und das Waſſer klar worden, wird man die Oberflaͤche des Bodenſatzes mit einem Wald von durchſichtigen weiſſen und roͤthlichen Roͤhren verſchiedener Lange beſetzt ſehen; fie werden ſich hin und her ſchlaͤngeln, und bey der kleinſten aͤuſſern Bewegung verſchwinden; bey einiger Ruhe werden ſie wieder aus der Erde ſteigen; der Zuſchauer wird aufmerkſamer werden, und erdigte Theile durch die Noͤhren aufſteigen und in einen Bogen herab fallen ſehen. Dieſe bewegliche Roͤhren ſind Wuͤrmer aus dem Geſchlechte des Erdwurms. Sie fieben den Bodenſatz der ſuͤſſen Waſſer unaufhörlich durch ihre Leiber, und halten ihn locker. Zwiſchen ihnen wird die graue Oberflaͤche gleich einem Acker, in dem die erſten Sproſſen der Saat hervorſchieſſen mit kleinen, theils weiſſen, theils grünen länge lichen Körpern uͤberſaͤet erſcheinen. Dieſe find Würmer von der einfachſten Art, ohne alle auch dem bewafneten Auge ſichtbahre Organiſation. Von on den 9 behind + — — qparum pars natare videtur Pars in mole ſedens, virides ſiecare capillos, Pifce vehi qvedam, facies non omnibus una, Non diverfa tamen, qvalem decet eſſe Sororum. 104 Duma Die bunte Nereide. Sechſtes Kupfer, Erſte Figur: in natürlicher Gröfe, Die Fühlfaden, Die Kopf ⸗Spitzen. Die Dutten. .Der Hals. Die Borſten⸗Fuͤſſe. Die Schwantz⸗Spitzen. Der After. o X 2 m a Zweyte Figur: der Kopf und Hals von oben vergroͤſſert. a. Die Fuͤhlfaden. b. Die Kopf⸗Spitzen. c. Die Dutten. d. Der Hals. e. Die Augen. Dritte Figur: der Kopf und Hals von unten mit eingezogenem Schlunde, vergroͤſſert. 4. Die Fuͤhlfaden. 5. Eine Kopf: Spitze. c. Die Dutten. 4. Der eingezogene Schlund. e. Die Freß⸗Zangen im ofnen Munde. f Der Hals. Vierte Vierte Figur: der Kopf mit ausgeſtrecktem Schlunde, von oben, vergroͤſſert. a. Die Fuͤhlfaden. b. Die Dutten. c. Die Kopf- Spitzen. d. Der ausgeſtreckte Schlund. e. Rauhe Punkte des Schlundes. F. Die Freß⸗Zangen. Fünfte Figur: drey Gelenke des Körpers mit ihren Fuͤſſen vergroͤſſert. a. Der rothe Ruͤcken⸗ Strich, oder die Puls- Ader. 5. Kleine rothe Adern. c. Der Haupt- At des Fuſſes mit feinen Borſten. d. Der Seiten-Aſt mit ſeinen Borſten. Sechſte Figur: ein einzelner Fuß, ſtark vergroͤſſert. a. Der Haupt- Ait. b. Die Puls = Aber. . Kleine Adern. . Eine einzelne Borſte. .Der Haken des Haupt- Aſtes. Eine Warze mit Haaren beſetzt. Der Seiten- Aſt. Lange ſchwarze Borſten. Ein ausgebreiteter Fächer kurzer Borſten. Soo nn 2 ». De Nereiden ſimd bereits den aͤlteſten Schriftſtellern der Natur— Geſchichte bekannt geweſen; fie nannten fie Meer⸗Skolopendren. Selbſt Ariſtoteles erwaͤhnet ihrer, und ſaget ganz richtig: daß ſie das Anſehen der Land-Skolopendren haben, allein von roͤtherer Farbe, und mit mehreren Fuͤſſen verſehen wären, und, daß ſie ſich an ſtei— nigten Stellen des Meeres aufhielten. Die Ausdrücke dieſes groſſen Man: nes, fo wie des Rondelets, Gesners, Aldrovands und O Jonſtons 10 DR Jonſtons ſind zu allgemein und unbeſtimt, als daß man die Arten dieſer Tauſendfuͤſſe daraus ſollte erkennen koͤnnen; Ihre Figuren hingegen laſſen keinen Zweifel, daß ſie die bunte Nereide gekannt haben; man vergleiche mit der unſrigen die zweyte und dritte Figur der XXV. Tafel des Jonſtons, und die erdichtete Schlange der XVIII. Tafel; in den beyden erſtern er ſcheinet fie im groben, fo wie fie im Waſſer zerſtuͤmmelt und ohne Kopf ausſieht, und in der letzten hat es dem Mahler gefallen, ihr den Kopf eines Widders mit Zwey Hoͤrnern anzuſetzen; uͤbrigens iſt der Leib ſo, wie man denſelben auſſer dem Waſſer ſiehet, wenn ihre Fuß-Borſten zuſammen gefallen ſind, und an einander kleben. Der Hr. von Linnefand fie am Seeſtrande in Weſt⸗Gothland 1746 und beſchreibt fie folgender Geſtalt; Dieſes kleine Infekt, fo kaum einen Qverfinger lang iſt, iſt ſo zart, wie ein Faden, hat ſchwartze Augen, viele weißliche Fuͤſſe, und einen dergleichen Leib, auf welchem laͤngs dem Ruͤcken hin eine vörhliche Linie gehet; der Sehwantz beſtehet aus einem abgerundeten Gliede. Es ſcheinet demnach hi der Ritter lauter junge Nereiden gefehen, und ſolche, die ihre S Dihwantz⸗Spitzen mochten verlohren haben; es iſt gar kein Zweifel, daß fe von felbiger Art wie meine bunte Nereide ſind, ob ihnen gleich ein fadenzarter Leib gegeben wird; der Leib der Jungen, die ich gefunden, hatte wenigſtens die Breite dreyer nicht zarter Faden. In der Schwediſchen Fauna, die ſonſt mit der Weſtgothiſchen Beute pranget, wird ihrer nicht gedacht. Loͤfling, ein Schuͤler des Schwediſchen Naturforſchers, traf ſie auf ſeiner Reiſe nach Spanien im Canal an, und erinnerte ſeinen Lehrer ihrentwegen; und nun Fam fie in der zwoͤlften Aus⸗ gabe fg . N e . . 107 gabe des Syſtems ) doch nicht gar wohl, (da fe unter die Wuͤrmer und nicht unter die Inſekten gehoͤret,) zwiſchen den Skolopendern zu ſtehen. Wenig überlegt wird fie für die Urſache des Roͤdaats oder fir den Roͤdaat der Norweger, und die Speiſe der Heringe an gegeben. Der Schaden, den dieſer Wurm den Heringen verurſacht, iſt fo betraͤchtlich, und der Irrthum, daß er die bunte Nerei de ſey, ruͤhret von ſo guten Naturforſchern her, daß wir, um dieſe Sache in ihr gehoͤriges Licht zu ſetzen, unſere Nereide auf einige Augenblicke ver— laſſen muͤſſen. Man findet, daß der Bauch der Heringe im Fruͤhjahr, doch nicht in jedem Jahr, roth ſey; und daß dieſe rothbauchige Heringe ſehr geſchwind faulen; die Urſache dieſer Roͤthe meſſen die Norwegiſchen Fiſcher einigen kleinen Wuͤrmern bey, die fie in dem Bauche der Her ringe gefunden haben, und ihnen den Nahmen Roͤdaat geben. Des anſehnlichen Verluſtes wegen, welchen dieſe Wuͤrmer dem ſo wichtigen Herings⸗Fang zufuͤgen, iſt durch eine Koͤnigliche Verordnung befohlen worden, daß die rothbauchigen Heringe (Aat-Sild) ein Paar Tage, nachdem ſie gefangen worden in dem Garne verbleiben ſollen, damit ſie, wie es heiſt, in der Zwiſchen⸗Zeit die Wuͤrmer von ſich geben möchten. Allerdings verdient dieſe Plage eines ſo nutzbaren Fiſches, daß man ſie naͤher kennen, und zu heben ſuche; man hat auch Urſache zu erwarten, daß die Glieder der Drontheimiſchen Geſellſchaft dieſes zu einem Gegenſtand ihrer Bemuͤhungen machen werden. O 2 Derr 30) Scolopendra marina pedibus utringve..., corpore pallido: lines dorfali rufa. Corpus rubrum (unde Redaat) Norvegis freqventiſſimum, Clypearum Harengarum efca, unde abdomen piſcium rubefcit & corpus brevi ꝓutreſeit. 108 D Der verdiente Hr. Stroͤm iſt der eintzige, welcher auf die Kenntniß dieſes Wurms einige Muͤhe verwendet hat, er geſtehet aber ſelbſt, daß er denſelben nicht geſehen habe, und vermuthet, daß der Roͤd— gat vielleicht die Linneiſche Skolopendra 5) das iſt unſere bunte Nereide ſey. Hier ſind ſeine Worte: Roͤdaat iſt ein kleines Gewuͤrm, welches in gewiſſen Jahren in dem Bauche der Heringe gefunden wird, und macht, daß fie uicht nur am Bauche ein rothes Anſehen haben, ſondern auch ſchleunig in Faͤulniß gehen; Bis hieher iſt er mir nicht zu Geſichte gekommen, doch, ſollte eine Vermuthung ſtatt haben, dürfte vielleicht der Roͤdaat die kleine Scolopendra, plana pallida, linea longitudinali rufa ſeyn, von der Einneus in der Weſtgoth. Reiſe, S. 19 1. ſaget, daß fie im Nordiſchen Meere in groſſer Menge ſey. Dieſe Vermuthung wird um ſo wahrſcheinlicher, da ich beydes aus dem Nahmen Roͤdaat, und aus anderer Beſchreibung ſchlieſſe, daß der Wurm roth ſey, und auf vieler Verſicherung glauben muß, daß er ſich in unſeren Meeren haͤufſig findet. Sollte ſich wohl auf dieſe fo eingeſchraͤnkte Vermuthung eine Gewißheit bauen laſſen? kann man aus den Eigenſchaften roth ſeyn und ſich im Meere haͤufſig befinden dieſen Schluß fuͤr ſicher ausgeben, daß die rothe Bauche und die Faͤulniß der Heringe daher entſtehen: Wenn im Meere keine andere rothe Wuͤrmer als dieſe Nereide, und keine rothe Gewaͤchſe ſich faͤnden, wuͤrde es ſich etwa hoͤren laſſen, allein derer giebts noch eine Menge andere, und noch darzu iſt dieſe Nereide nicht einmahl roth, den Ruͤcken-Strich ausgenommen. Indeſſen ) In dem Soͤndmoͤr, 1 Th. S. 162, 5 und S. 199. 2.) wird ganz kurz einer Skolopender erwaͤhnet; dieſe iſt unſere bunte Nereide, nicht der Roͤdgat, wie aus dem folgen⸗ den erhellen wird. — 9 Indeſſen giebt doch der Ritter von Linne feine Meer. Sko⸗ lopender für den Roͤdaat aus, und dieſes bloß auf die fo misliche Stroͤmiſche Vermuthung; er fuͤgt, vermuthlich aus einem Misverſtande der Daͤniſchen Sprache, noch hinzu, daß ſie die Speiſe der Heringe ſey; denn Hr. Stroͤm ſaget nur, daß der Nahme Aat don Ara oder Eta herſtamme, welches etwas freſſendes bedeute — — es wird daher ſehr wahrſcheinlich, daß die Norweger durch den Nahmen Roͤdaat nichts anders als eine um ſich freſſende Roͤthe haben andeuten wollen, ſo wie der um ſich freſſende Eiter im Daͤniſchen vom ſelbigen Stamm ⸗Vorte herruͤhret, und Edder und Roͤde heiſſet, und daß in der Folge die Wuͤrmer, die man in dem Bauche der faulen Heringe gefunden, daher alſo ſind benennet worden. Es iſt zwar nicht daran zu zweiffen, daß die Heringe den Roͤdaat verſchlucken; er iſt aber deshalb ſo wenig ihre gewoͤhnliche Speiſe, als er die Linneiſche Skolopender iſt, obgleich der Preſident der Drontheimiſchen Geſellſchaft, Hr. Biſchoff Gun nerus °*) denſelben auch dafuͤr haͤlt, wie es ſcheinet, bloß auf die erwähnte Stroͤmiſche Vermuthung, ohne ihn geſehen zu haben. Iſt es wohl im geringſten wahrſcheinlich, daß keiner von vielen Fiſchern, bey welchen der Hr. Stroͤm nachgefragt hat, falls der Roͤdaat ein Tauſendfuß wäre, eines einzigen Fuſſes follte gedacht haben? ein ſolcher Bericht Hatte den Hr. Str oͤm aus feiner Verlegenheit in An- ſehung des wahren Geſchlechts geſetzt. Was mag alſo der Roͤdaat fuͤr ein Wurm ſeyn? Die Wuͤr⸗ mer welche unſern Leibern und den Koͤrpern des Thier— Reiches einen beträchtlichen Schaden zufügen, muͤſſen nicht unter den Lar— ven der Inſekten, nicht unter den Molliiſcis, nicht unter den vollkomneren, oder aus vielen organiſchen Theilen zufammen: 9 3 geſetzten 0 Keems Beſkrivilſe over Finmarkens Lapper S. 312. Kiobenh. 1767. IIo D ſammengeſetzten Wurm Arten geſuchet werden. Wenn wir die Inſekten ausnehmen, ſo iſt der Fall nicht oft, daß die uͤbrigen Thiere von dieſen geplaget werden. Man wird jene unter den einfachſten und aus ſehr wenigen organiſchen Theilen beſtehenden Wuͤrmern finden. Dieſe ſind durch eine wunderbahre Einrichtung des Allerhoͤchſten die Zerſtoͤhrer der Lebendigen und der Todten. Der harte Stein, das gefällte Holz, die Erde, auf die wir treten, der Boden unſerer Waſſer, der Hering, den wir genieſſen, alles bis auf unſere Leiber, todt und le— bendig, ſind dieſen nagenden Wuͤrmern unterworfen. Ich fand in den ſandigen Ufern der Oſtſee, inſonderheit in dem Schlamme zwiſchen den Steinen und aufgeworfenen Meer⸗Graͤſern, da wo ſie die Kopenhagener Waͤlle beſpuͤhlet, eine Art rother Würmer in einer unzaͤhlbaren Menge wie Sand am Meere. Sie waren klum⸗ penweiſe in einander geſchlungen, ſo wie unſere fein gekochte Nu⸗ deln, und machten einen ſcheuslichen Wurm Brey aus. Aller Schlamm war faſt eine bloſſe Maſſe von Wuͤrmern. Ich habe einige derſelben in zwey Wintern mit mir nach Hauſe genommen, und in Meer⸗Waſſer aufbehalten. Ihr Körper iſt ſehr einfach ohne irgend einige Glieder, Abſaͤtze oder Ringe, acht bis zehn Linien lang, und eine halbe Linie breit, fadenfoͤrmig, glat, gerundet überall von gleicher Breite, und ſich in allem gleich. Ihre Farbe iſt weislich und blaß, oft fällt fie ein wenig in das roth-braune, bisweilen iſt fie ganz roth; durch die Mitte des ganzen Koͤrpers ſchlaͤngelt ſich ein ſehr deutliches ziegelrothes Gedaͤrme; dieſes iſt in allen beſtaͤndig und ſichtbar; in einigen aber iſt es ſtark roth, in andern blaſſer, in einigen dick, in andern ſchmal; ſo wie ich es auch bey wenigen im Schwanze in kleine Stuͤcke zertheilet gefunden habe. Unter EIER SAN III Unter der Vergroͤſſerung erkennet man nichts mehr, als was das bloſſe Auge ſiehet, doch ſcheinet es, als wenn der Vordertheil bey der Bewegung des Wurmes an beyden Seiten einige kleine Einſchnitte gleich | den Zähnen einer Säge zeigte. Der Vordertheil iſt vom Hintertheile nur durch die Bewegung zu unterſcheiden. Oft drehet ſich der Schwanz ſchraubenfoͤrmig. Er gehöret alſo zu dem Geſchlechte Gordius, und iſt eine neue Art deſſelben, die ich den blaſſen Faden⸗Wurm mit dem roth. braunen Ruͤcken⸗ Strich ) nennen würde. Vergleicht man jetzt dasjenige, was die Naturforſcher von dem Roͤd⸗Aat ſagen, mit unſerm Faden⸗Wurm und den gewoͤhnlichen Wirkungen der Faden— Wuͤrmer, ſo wird es ſehr wahrſcheinlich, daß dieſer oder einer ihm ſehr nahe verwandter, und nicht die Skolopender des Hrn. von Ltune, der Roͤd⸗Aat ſey. Letztere iſt unſere bunte Nereide, die von jenem himmel: weit, oder mit den Syſtematikern zu reden, ſpecie, genere und ordine verſchieden 0 Der Fall iſt Höchft ſelten, und noch nie bewieſen, daß eine Sko⸗ lopender oder Nereide irgend einen thieriſchen Koͤrper innerlich oder aͤuſſerlich angegriffen, oder an demſelben ſich aufgehalten habe. Die Faden⸗Wuͤrmer hingegen ſind den Fiſchen, ja ſelbſt den Menſchen fürchterlich und toͤdtlich. Man wird oft zu ungelegener Zeit uͤberzeugt, daß dieſe ſich in den Fiſchen befinden. In den wohlſchmeckenden Zungen, Schollen und mehrern ſind ſie leicht zu ſehen; und ein jeder Fiſch-Eſſer verzehret, ſo wenig er es weiß, manche derſelben. | Ihre ) Gordius pallidus Ines longitndinali rufa, Ihre grauſame Wirkungen in den menfchlichen Keibern ſind auch zum Theil unzweifelhaft. Es iſt bekannt, wie viel Unheil der Faden ⸗ Wurm in den heiſſen Laͤndern anrichtet: fo bald er ſich in die bloſſe Fuͤſſe hineingedraͤngt, hat er Fieber, heftige Schmerzen, ja oft den Tod zum Gefolge. Der Faden Wurm unſerer kalten Laͤnder iſt nicht weniger ſchrecklich, obgleich nicht fo allgemein. Nach dem Bericht der Schwediſchen Provincial-Aerzte ſoll er oft mit dem Waſſer getrunken werden, und viele Menſchen unter Zuckungen dahin reiſſen; ſein Biß ſoll den Wurm am Finger verurſachen. Weniger gewiß iſt das Vorgeben, daß die Qveiſe, ein Faden— Wurm des ſalzigen Waſſers, die Urſache des Auſſatzes der Norweger, oder der Elephantiaſis ſey, fo ſehr auch der Ritter von Linne darauf beſtehet, und ſeine Schuͤler dieſen Ausſpruch verbreiten. Die Sache verdienet, daß wir uns dabey aufhalten. Wenn man ſich die Mühe giebt die citirten Stellen“) nach- zuſchlagen, und ihre Gruͤnde zu erwegen, wird man finden, daß alles auf bloſſer Vermuthung beruhet, dafür es auch der Hr. Prof. Murrays“) anzuſehen ſcheinet. Es iſt daher nicht wenig beſonder, daß Hr.von Linne bey dieſer Meynung bleibt, und noch neulich dieſe hoͤchſteus nur wahr— ſcheinliche Vermuthung, für eine ausgemachte Warheit ausgiebt, und zwar auf das Anſehen meines ſchaͤtzbaren Freundes des Hrn. Stroͤms, welcher in ſeinem Soͤndmoͤr nach der einmuͤthigen Auſſage der Fiſcher fuͤr gewiß ſagen ſoll, daß dieſer Auſſatz von der Qveiſe wuͤrklich und allein berrübret.°°) Der Soͤndmoͤr des Hrn. Stroͤms wird 34) Stockholmiſche Abhandlungen, 1760; Li nnæi diſſert. de Lepra piſcatorum & de rarioribus Norvegiæ. 35) De Vermibus in Lepra obviis. 36) Lepram a Gordie vere ac unice provenire. EURO 113 wird dabey citirt, aber nicht die Stelle dieſes Ausſpruchs; ich habe vergebens ſein Buch durchgeblaͤttert; und finde, daß er unter der Ru⸗ briqve Qveiſe fo wenig des Auſſatzes, als da wo er des Auſſatzes gedenkt, der Qveiſe erwaͤhnet. Zur Erkenntniß dieſer merkwuͤrdigen Krankheit und zur Zer⸗ nichtung dieſer wenig gegruͤndeten Meynung wird es hoffentlich meinen Leſern nicht unangenehm ſeyn, eine Ueberſetzung des Stroͤmiſchen Berichts allhier zu ſehen; ſ. 541: Insgemein ſind die Bewohner der Kuͤſten nicht von ſo gutem Ausſehen, Geſundheit und Kräften, als die Einwohner des hohen Landes. Die Urs ſache muß man nach meinen Gedanken, groſſen Theils in der feuchten Meer s Luft ſuchen und in den vielen Fiſch-Speiſen, dem beſtaͤndigen Aufenthalt auf dem Meere, und der daraus flieſſenden unordentlichen Le— bens⸗ Art; da fie weder zu rechter Zeit ſchlafen noch eſſen und trinken koͤnnen. Auſſer dem behaupten unſere See-Leute, daß die See eine wunderbare Kraft beſitze den Körper des Menſchen zu entfräften, und verſicheren aus eigener Erfahrung, daß ſie, wenn ſie gleich in dem Boot muͤßig liegen ohne zu rudern oder etwas mühfames vorzunehmen, dennoch matter werden, als wenn ſie in eben der Zeit die ſchwerſte Arbeit zu Lande verrichteten. Aus der Urſache aͤuſſert ſich auch an der Kuͤſte eine und andere Krankheit, welche man an den Meer: Buſen oder im Lande nicht kennet; Beſonders eine Art von Auſſatz, der darin beſteht, daß der Leib, (doch vorzuͤglich das Geſicht) ſchwillet und voll von Geſchwuͤren wird, wobey ſich zugleich eine ſtarke Heiſerkeit einfin⸗ det. Dieſe Krankheit iſt gemeiniglich erblich, und verpflantzt ſich von den Eltern auf die Kinder; andere hingegen, ſelbſt Ebeleute, werden vom Umgange der Auſſaͤtzigen nicht angeſteckt. Solche Auffägige ver: laſſen nicht gerne ihre Heimath, fie bleiben fo lange bey den Ihrigen, als P ihr ihr Umgang dieſen nicht zu laͤſtig wird; wenn aber dieſes geſchieht, und ſie zu eigenem oder anderer Nutzen nichts ausrichten koͤnnen, werden ſie ins Spital Reknees bey Molde hingebracht, welches eine reiche und wohl eingerichtete Stiftung iſt fuͤr einige und dreysſig Glieder, ob ſich gleich ſelten uͤber die Haͤlfte da findet, wovon doch Soͤndmoͤr die 06 Zahl liefert. Wo iſt hier die Rede von einem Wurm als der Urſache des Auſſatzes? ganz andere, weniger neue, aber wahrere Veranlaſſungen werden angezeiget. Es ſcheinet eben ſo falſch zu ſeyn, daß die Qveiſe den Auſſatz, als daß die bunte Nereide, den Roͤdaat ver- urſachet, oögleich Hr. von Lin ne gleichfalls jenes auf das Anſehen des Hrn. Stroͤms, den ſelbſt dieſes befremdet, zu behaupten ſuchet; letz terer ſchrieb mir unter andern in einem Brief vom 23 Decembr. 1769 Ich ſehe in einer Dſſertation de rarioribus Norvegiæ etwas, das ich nicht erwartet haͤtte, nemlich daß der Auſſatz von der Qveiſe, dem Gori, herrͤhren ſoll, welches jemand in den Schwediſchen Aetis ſoll bewieſen haben. Ich beſttze dieſes Stuͤck von den Aetis nicht, und wünfche deshalb zu wiſſen, auf welchen Gruͤnden und Erfahrungen dieſe Auſſage beruhet, zuförderit weil mein Anſehen zur Bekraͤſtigung deſſelben angefuͤhret wird, welches doch unrichtig iſt. | Auch die Colik hat dieſer Faden Wurm ſeit der Ausgabe der Laplaͤndiſchen Flora 1736 bis zur Erſcheinung der erwehnten Streit Schrift 1768 den Laplaͤndern zuwege gebracht; der Hr. von Linne, ſagt einer feiner Schuler, errieth es damals, und ich wurde im Jahre 1750 durch die Wahrnehmungen der Laplaͤnder, welche den Faden-Wurm oft und vor⸗ ſichtig aus ihren Ware gez zogen hatten, gantz gewiß davon. Mr. Dana | | aus 37) Linn i amænit, Acad, Vol. 2. p. 265, nune mihi certo certius conſtitit. D cn ITS aus Turin bemerkte 1766 in den u Waſſern, die von den Italieniſchen Alpen hinab flieſſen eine Egel, und erfuhr zugleich, daß fie den Be: wohnern, welche dieſes Waſſer haufig trinken, vielen Schmerzen verur— ſachet; er erzaͤhlte mir dieſe Entdeckung, ſchrieb eine Abhandlung 8) davon, die ich dem Hrn. von Linne mittheilete, und nun wird dieſe Alpiſche Egel der obigen Gewisheit ungeachtet fuͤr die Urſache des hef— tigen Magen: Srampfes der Schwediſchen Lappen angegeben. Wahr: ſcheinlich iſt ſie es, doch iſt es nicht weniger fonderbar, daß man gegen den obigen Ausſpruch der in Lapland geweſenen Schweden ſich auf das Zeugnis eines Piemonteſers beruft.) Um meiner Vermuthung, daß der Roͤdaat ein Faden⸗Wurm und keine Skolopender ſey, eine Gewisheit zu geben, ſchrieb ich dem Hochehrwuͤrdigen Hrn. Stroͤm folgendes: „ Ich wuͤnſchte einen Zweiffel gehoben zu ſehen, den ich mir „wegen ihres Roͤdaats Soͤndmör I. ſ. 160 und Linnzi Scolopendra „ Pallida, linea longitudinali rufa gemacht habe; Sie aͤuſſern zwar die „Vermuthung, daß dieſe einerley waͤren, geſtehen dennoch, daß fie dieſel— „ben nicht geſehen haben; der Hr. von Lin ne eitirt im Gegentheil „ihr Anſehen nicht als eine Vermuthung, ſondern als einen Beweis, „ daß der Roͤdaat feine Scolopendra ſey, und der Hr. Gunnerus „ ſaget ein gleiches, vermuthlich auf Ihr Wort. Dennoch kann ich der „Auſſage dieſer Männer ungeachtet (fo lange mein Freund nur ver: „ muthet) nicht wohl einfehen, daß der Roͤdaat eine Skolopender „ſey, ſondern bin nicht weit entfernet zu glauben, daß er der P 2 kleine 8) Ad. Taurin Vol. 3. p. 199. t. 6. f. 1. — 6. %) Lin. Amen. Vol. 7. p. 494. hzc Lapponibus, ut Ad. Taur. Tom. 3. teftatur ex parvula faſciola oritur. „kleine Wurm ſeyn mag, deſſen Abbildung hiebey Folge. Sollten „Ew. Hochehrw. ſeit dem Gelegenheit gehabt haben den Roͤdaat zu „ehen, fo verbinden fie mich dadurch, daß fie mir hievon eine Gewis— „heit geben., Ich erhielt darauf folgende Erläuterung vom 23 De: cember 1769. Ich habe zu verſchiedenenmahlen Mödaat in den Heringen betrachtet, und, obgleich ſelbiges groͤſtentheils das Anſehen eines rothen Schlammes hatte, fand ich doch in demſelben einige Koͤrper, welche denen rothen Wuͤrmern voͤllig aͤhnlich waren, die ich unter dem Nahmen rother Egeln 4) im Soͤndmoͤr ſ. 162 beſchrieben habe, ob ſelbige gleich nicht ſo vollkommen waren, daß ich es mit voͤlliger Gewisheit behaupten kann. Scolopendræ waren fie ſicher nicht. Da nun ihre abgebildete Wuͤrmer den vorerwehnten fo ſehr gleichen „ und wenigſtens zu ſelbigem Geſchlechte gehoͤren, fo iſt mir ihre Meynung hoͤchſt wahrſcheinlich. Das eintzige, darin ſie ſich von den Ihrigen unterſcheiden, iſt, daß ſie ein wenig dicker und gemeiniglich Blut⸗ rother find, ob ich fie gleich auch blaß gefunden habe, ja ſo gar weiß. Unter den vorderſten Theilen des Koͤrpers haben fie eine Oefnung oder Ritze der Laͤnge nach. So kennbare Iuteſtina, als ihre Abbildung zeiget, habe ich nicht wahrgenommen, welches doch wohl hätte ſeyn konnen, wenn ich die kleinſten betrachtet hätte, Sonſt haben fie ihren Aufenthalt im Sand und im Schlamm zwiſchen den Steinen am Meer- Ufer. Die Nachricht, die der Verfaſſer der Natur⸗Geſchichte von Norwegen von dem Möͤdaat giebt, ſtimmt völlig überein mit der Beſchreibung meines Faden⸗ Wurms; Seite 81 heiſt es: In allen Mecr- Buſen des Weſt⸗Meers finder ſich in gewiſſen Jahren eine unbeſchreibliche Menge kleiner faſt unſichtbarer Würmer, Roͤeaat genannt. Sie ſind dem Anſehn nach einem 40) Dieſe haben auch eine Oefnung unten am vorderſten Theile des Koͤrpers, und ſchwarz Puncte zur Seiten, durch welche fie fi) von meinem Gordio unterſcheiden. Dec cd 117 einem feinen ſeidenen Faden gleich, und kaum halb fo lang als eine Stecknadel; an Menge aber fo unzaͤßlbar, daß das Waſſer bisweilen von ihnen roth zu ſeyn ſcheinet, und man in einer Kanne Waſſer viele Millionen zugleich muͤſte auf⸗ ziehen koͤnnen. Wuͤrde er ſich anders ausgedruͤckt haben, wenn er meine Würmer am Ufer der Oſtſee um Kopenhagen wuͤrde geſehen haben? Es iſt demnach ausgemacht, daß der Roͤdaat keine Skolopen⸗ der ſey, und aus der Vergleichung der Stroͤmiſchen neuen Nachricht und der jetzt gedachten Pontoppidaniſchen Beſchreibung mit meinem Faden⸗Wurm wird es nicht wenig wahrſcheinlich, daß dieſer der den Heringen ſo ſchaͤdliche Roͤdaat iſt. Im May 1770 ſchrieb ich nochmals dieſes Zweifels wegen an meinen erwähnten ſchaͤtzbaren Freund, und erhielt den 25 September folgende Antwort: Ich bekam ihren Brief, als ich eben zu verreiſen im Be⸗ griffe war, das eintzige, was ich am Strande noch vor meiner Abreiſe fand, waren die rothen Würmer, die ich für den wahren Roͤdaat der Heringe gehalten babe; ſie ſind in ſolchem Ueberfluß da, daß man ganze Glaͤſer damit anfuͤllen koͤnnte; ich würde es alfo nicht werth geachtet haben fie ihnen zu ſenden, wenn ich nicht auf meiner Reiſe waͤre uͤberzeugt worden, daß ſie der wahre Aat der Heringe find. Hr. Krag in Sandfiord, den ich beſuchte, hatte einige, die er vor acht Wochen aus den Heringen genommen, in Weingeiſt aufbewahret; als ich keinen weſentlichen Unterſchied zwiſchen dieſen und den meinigen wahrnehmen konnte, hielte ich es der Muͤhe wehrt Ihnen Proben von beyden zuzuſtellen. — Ich bin erfreut, daß ich noch vor dem Abdruck des gegenwaͤrtigen Bo⸗ gen dieſen Brief erhielt, und die geſandte Würmer unterſuchen kann. Die Kragiſchen ſind von dem Weingeiſt ſo verſtellt, daß nichts zu unterſcheiden iſt; ſie ſind von gleicher Dicke, und haben die rothe Farbe P 3 gaͤnzlich 118 CHAUNTFENENR ‚gänzlich verloren. Die Stroͤmiſchen hingegen find unberhädiget, und haben einige Aehnlichkeit mit den Wuͤrmern ) die Hr. Pallas an den Ufer von Suͤſſer gefunden. Ich darf hoffen, daß die Abbildun⸗ gen des Stroͤmiſchen Wurms, und meines oberwehnten Faden. Wurms, die etwa der Roͤdaat ſeyn koͤnnen, meinen Leſern nicht misfallen, ob ſie gleich in gegenwaͤrtiges Werk nicht gehoͤren. Die Dritte Tabelle. Der Stroͤmiſche Roͤd⸗Aat. Erſte Figur: in natuͤrlicher Groͤſſe. 4. Seiten: Ritze des dickern Endes. Zweyte Figur: das dicke Ende, von der Seite geſehen, vergroͤſſert. 4. Die Ritze. 5. Eine Vertiefung. Dritte Figur: Das dicke Ende von unten geſehen, vergroͤſſert. a. Die Seiten⸗ Ritzen. 4. Das Waͤrzgen. Der Faden⸗Wurm. Vierte Figur: in natuͤrlicher Groͤſſe. Fuͤnfte Figur: vergroͤſſert. Die Stroͤmiſchen waren nicht mehr roth, ſondern roth— braun, und von ungleicher Groͤſſe, in der Laͤnge ſechs bis zwoͤlf, und im groͤſten Durchſchnitt eine halbe bis anderthalb Linien. Der Körper 41) Miſe. Zoolog. T. XI. F. 7. —9, e 11 9 Körper iſt gerundet, wird gegen das eine Ende ſchmaͤhler, und beſtehet aus unzaͤhlbaren, dem Mikroſkop faſt unmerklichen Ringen. An dem dicken Ende, welches ein wenig ſpitz zu gehet, zeiget ſich an jeder Seite eine Ritze gleich der Oefnung eines Mundes, oder der Lippen. Unter der untern Lippe iſt bey einigen in der Mitte eine kleine Warze, bey andern an der Stelle des Waͤrzgens eine kleine Vertiefung zu ſehen. Es kan ſeyn, daß dieſe Ritzen den After, und das Waͤrzgen die Zeugungs Glieder darſtellen; Hr. Stroͤm, der ſie lebendig geſehen, gedenket nichts davon. Sie ſind alſo keine Faden⸗ Wuͤrmer, ſondern gehören zu dem Geſchlecht der Spuhl⸗ Würmer Ob fie aber der wuͤrkliche Roͤdaat ſeyn, bin ich noch nicht voͤllig uͤber⸗ zeugt, ſo groß auch die Wahrſcheinlichkeit ſeyn mag; denn, einmal hat mein Freund ſie am Strande und nicht in den Heringen ſelbſt gefunden, zweytens war keine Spuhr einer ſpeclfiſchen Aehnlichkeit an den verſtell⸗ ten, aus den Heringen genommenen, uͤbrig; drittens ſaget zwar HE Stroͤm, daß er keinen wefentiichen Unterſchied habe bemerken Finnen, allein die weſentliche Unterſcheidungs⸗ Zeichen dieſer ſo wenig organiſir⸗ ten Thiere fallen ſelten ſo gleich in die Augen. Gewiß iſt es, daß der Roͤdaat, deſſen die natürliche Geſchichte von Norwegen gedenket, und die mit meinem Faden⸗Wurmuͤbereinſtimmet, von dem neuen Stroͤmiſchen gaͤnzlich verſchieden iſt; es iſt daher zu glau⸗ ben, daß der Nahme Roͤdaat, Wuͤrmern verſchiedener Art von den Bewoh— nern der Norwegiſchen Kuͤſten beygeleget wird. Vielleicht iſt der Roͤdaat den Heringen, gleich wie die Leber Egel den Schaafen, allein eigen, und findet ſich wie dieſe,“«) kaum auſſer den Thieren. Kuͤnftige Beobach— tungen werden es entſcheiden. \ Wir 45) Der Hr. von Linne und andere ſagen zwar, daß ſich die Leber- Egel in den ſuͤſ, fen Waſſern fände, und durch Trinken in die Schaafe kaͤme; allein ich habe daſelbſt ſeit e Nie 120 DD Wir kommen wieder zu unferer bunten Nereide, nachdem wir fie von der Nachrede ein fo ſcheusliches und ſchaͤdliches Thier als der Roͤdaat zu ſeyn, gerettet haben, und wir werden ſehen, daß fie wegen ihrer Schönheit, des beſonderen Baues ihres Körpers und ihrer ſehr merkwuͤrdigen Natur⸗Triebe ein Recht auf unſere Auſmerkſamkeit und Zuneigung habe. Ich werde erſt die verſchiedenen ſichtbaren Theilen ihres Koͤr— pers beſchreiben, und alsdann ihre Geſchichte erzaͤhlen: Der Koͤrper iſt oben und unten platt, und beſteht auſſer Kopf, Hals und Schwanz-Knoten, aus fuͤnf und achtzig Gelenken, die zu beyden Seiten Fuͤſſe haben; Durch den ganzen Leib laͤngs dem Rücken und dem Bauch hinab läuft ein dunkel- rother Strich, wodurch ſich dieſe Art von den andern mir bekannten unterſcheidet. Bey den Todten und in Weingeiſt aufbewahrten iſt er nicht ſo merklich, doch bleibt gerne eine ſchwache Spuhr deſſelben uͤbrig. Der Leib ſelbſt, welchen das Thier auf mehr als die Haͤlfte verlängern und zuſammen ziehen kann, iſt gegen den Kopf am breiteſten, und nimmt gegen den Schwanz allmaͤhlich ab. Dieſe Abnahme iſt ſo merklich, daß zunaͤchſt dem Schwanze kaum die Spuhr der Gelenke und ihrer Fuͤſſe kenntlich bleibet. Aus dem kleinen runden Knoten des Schwanzes, der gemei- niglich grun iſt, ſtehen zwey ſteife weiſſe Faden, die die Länge von ſechs der benachbarten Gelenke zuſammen genommen haben, in einem ſpitzigen Winkel ſeit einigen Jahren viele Egel- Arten gefunden, niemals die Leber- gel. Man haͤlt gar zu leicht verſchiedene Gattungen dieſer einfachen Würmer für eine. Ich werde anderswo Gelegenheit haben dieſes zu beweiſen. Se 121 Winkel von einander; ſie koͤnnen nach Gefallen ihre Richtung veraͤn— dern. Am Ende des Schwanzes zwiſchen dieſen Faͤden iſt der After. Die Farbe der vorderſten Glieder faͤlt etwas ins ſchmutzig— grüne, und fo weit ſpielen auf den rothen Mittel-Strich, wenn man ihn mit dem Such-Glaſe betrachtet, die abwechſelnden Farben des Re— genbogens; der uͤbrige Theil iſt weis-gelb mit ſehr ſchmahlen rothen Dover : Streifen, die oben über die Fuͤſſe hinab lauffen. Der Kopf beſteht aus vielen einzelnen Theilen; die Stirne iſt hornartig, oben ein wenig plat, und zur Seiten gerundet. Vornen an derſelben ſitzen drey kurze pfriemen foͤrmige Spitzen, die ich Kopf: Spitzen nenne, ſie ſind ſteif und unbeweglich; Unten zur Seiten be— wegen ſich zwey kegelfoͤrmige Koͤrper; fie ſind durchſichtig und ha: ben an ihrem aͤuſſerſten Ende eine braͤunliche Kugel; dieſe Warzen: för: mige Koͤrper, die ich ihrer Geſtalt wegen Dutten nenne, werden bis— weilen unter den Kopf verſteckt, welches inſonderheit geſchieht, wenn das Thierlein ruhig iſt; wenn es ſich bewegt, ſtreckt es ſie hervor, und bewegt ſie bald zur Seite, bald auf und nieder; ſie ſind wahre Sucher oder Fuͤhlſpitzen; alles wird damit befuͤhlt; es ſcheinet daß die Kugel beweglich ſey, und ſich aus und ein ſchieben laͤſſet. Zur Seiten des Kopfs, wo er ſich dem Halſe anſchlieſſet, ſieht man vier hornartige Spitzen (Fuͤhlfaden) von verſchiedener Länge; fie ſtehen wie ſteife Borſten vier an jeglicher Seite, und bewegen ſich hin und her. Der Laͤngſte iſt dem Halſe am naͤchſten, und hat die Laͤnge dreyer Ringe des Koͤrpers, die zwey nebenſtehende haben zwey drittel der Laͤnge des erſtern, und der unterſte ein drittel deſſelben; fie kommen Q alle 122 e ND = alle aus einem erhabenen braunen Grunde, gleichſam als aus einer Scheide hervor, und find am Ende zugeſpitzt. Der Augen find an der Zahl vier; fie zeigen ſich an der Stir⸗ ne paarweiſe in gleicher Entfernung als ſchwarze Punkte; ich habe ſie bey allen wahrgenommen. Bey den Juͤngern und Kleinern dieſer Art ſind alle vier ſehr deutlich zu ſehen; bey den groͤſſern und aͤltern aber habe ich fie an einigen erſt am dritten Tage durch Huͤlfe des Such: Gla- ſes unterſcheiden koͤnnen; es ſchien als hatte ſich bey manchen eine ge— ſchwollene Haut uͤber die Augen geleget. Der Hals oder das erſte Glied naͤchſt dem Kopfe iſt ein wenig laͤnger als die folgende Glieder oder Ringe, allein nicht vollig ſo breit; es unterſcheidet ſich von den übrigen nur darin, daß es mit keinen Fuͤſ— ſen beſetzt iſt, und auch nicht den rothen Strich hat, der, wie geſagt, ſonſt den ganzen Körper durchlaͤufet. Vornen hat es zwey kleine Ein biegungen und zwiſchen denſelben eine kleine hervorragende Spitze. Unten hingegen iſt es erhaben, gerundet und dicker als die andere Glie— der, welches daher ruͤhret, daß hier der Sitz des Mundes, feiner Ha⸗ ken und uͤbrigen Freß⸗Geraͤthes iſt. Der Mund ſteckt unter dem Halsſchilde; die Oefnung deſſelben iſt eirkelrund; darin liegen zwey krumme ſchwarze Haken verborgen; er wird mit Gewalt unter dem Kopf und den Fuͤhlſpitzen hervorgetrieben, ſo oft das Thier etwas verſchlucken will, und zieht ſich geſchwind zuruͤck; dies iſt der Augenblick in welchem man die beyden einander gegen uͤberſtehenden Haken bemerken kann. Auch im Tode ſchieſſen einige den Schlund und dieſe Freß⸗Zangen ſo weit heraus, daß ſie beyde ſehr ſichtbar werden; letztere find hornartig, braun, gegen einander gekruͤmmet, und amEnde ſehr geſpitzt; ihre De. 123 ihre innere Seite iſt in kleine ſaͤgefoͤrmige Zaͤhne ausgeſchnitten. Sie kommen aus einem dicken fleiſchernen Koͤrper heraus, welcher aus zwey Gelenken beſtehet, und der Schlund iſt. Da, wo dieſer an der untern Floͤche des Kopfes ſitzet, iſt er oben zwiſchen den Kopf Spitzen und den Dutten mit ſehr kleinen ſchwarzen Punkten gezeichnet; eine Samm⸗ lung ſolcher feinen Puͤnktgen ſiehet man auch in einer mondfoͤrmigen Stellung an der Wurzel der Freß-Zange beydes oben und unten. Bey den groͤſſern haben dieſe Punkte eine kleine Spitze. Die folgende fuͤnf und achtzig Glieder oder Gelenke, daraus der Koͤrper beſtehet, ſind einander voͤllig gleich, ausgenommen, daß ſie gegen den Schwanz immer kleiner und von hellerer Farbe werden. Ein jedes Gelenk iſt von den anliegenden an den Seiten durch einen tiefen Einſchnitt unterſchieden, oben und unten gelb, zur Seiten zwiſchen den Fuͤſſen grün, und in der Mitte mit einem roͤthlichen gebogenen Striche bezeichnet; dieſer laͤuft zu beyden Seiten bis an die Spitze der Fuͤſſe hinab; auf ihm ſitzet oben am Anfange des Fuſſes ein kleines rothes Puͤnktlein, und hinter demſelben ein anderer gruͤnlicher Punkt. Der rothe Strich der den ganzen Körper der Laͤnge nach durch— laͤuft, kruͤmmet ſich in viele faſt unſichtbare Windungen; wenn man auf denſelben ſehr aufmerkſam iſt, ſieht man die Roͤthe vom Schwanze bis an den Kopf wechſelsweiſe verſchwinden und wieder erſcheinen, die ſo genannte Syſtole und Diaſtole, ja durch Huͤlfe des Such- Glaſes kan man das ſtarke Fortſchieſſen des Blutes vom aͤuſſerſten des Schwanzes bis an den Kopf durch alle Gelenke verfolgen. Q 2 Alſo 124 e N S N Alſo iſt es unſtreitig eine groſſe Puls Ader, aus welcher ſich zu beyden Seiten in jedes Glied kleinere vertheilen, und ſich in den Fuͤſ— ſen verlieren; ſelbſt dieſe kleine Adern zeigen durch Huͤlfe des Such— Glaſes faſt unmerkliche Spiral-Windungen, und in ſelbigen die Bewe— gung des Blutes gleich wie in der groſſen. Die Phyſiologen find bey den Würmern nicht einerley Mey: nung über dies Gefäß, welches ſich uns hier unter dem Bild eines lan: gen rothen Canals, deſſen Feuchtigkeit in einer wellenfoͤrmigen Bewe— gung iſt, darſtellet. Es fen eine Puls- Ader, ein einzelnes Hertz, oder eine Kette von Herzen. Wir ſehen das Blut in demſelben flieſſen, und ſich über die Fuͤſſe in Neben- Aeſte ergieſſen. Malpighi hielt die groſſe Puls- Ader der Inſekten und der Wuͤrmer für eine Reihe von Herzen; Hr. Bonnet, dem dieſes auch alſo vorkam, iſt doch mehr geneigt zu glauben, daß in den Wuͤrmern und Raupen nur ein einziges den ganzen Leib durchſtroͤmendes Gefäß beſtimmet ſey das Blut fortzutreiben. Zwar ſieht er es ein, daß die Reitzbarkeit des Blutes ſich in einem ſo langen Raum, als es in ſeinem Wurme durchzulauffen hat, vermindern muſte, nimmt aber deswegen an, daß die Natur bey jeder Vereinigung der Gelenke eine Klappe an— gebracht habe, wodurch der Trieb des Blutes immer neue Kraͤfte erhal— ten ſoll. Ich daͤchte, daß das anhaltende Leben in den zerſchnittenen Würmern, und die Entſtehung eines ganzen Wurmes aus jeglichem Stücke des zerſchnittenen ſich beſſer aus dem in jedem Gelenke noch uͤbri— gen ganzen und unbeſchaͤdigten Herzen, als aus einer zerſtuͤckten Ader, erklaͤren laſſen. €3 Dre 125 Es kan ſeyn, daß die Klappen, die ſich Hr. Bonnet den ket, wirklich da ſind; allein es laͤſt ſich ein erneuerter Trieb des Blutes auch ohne Klappen begreiffen. Man nehme an, daß der kleine Theil des Canals in jedem Gelenke bey der Aufnahme des Blutes weit, und bey dem Abfluß enge ſey, ſo wird es bey jeder Ausfahrt aus dem engen Behaͤltniß, das iſt bey jeder Einfahrt in das benachbarte Gelenke, mit neuer Kraft flieſſen; oder, daß der vordere Theil des Canals mehr nachgiebt und erweitert wird, als der folgende, ſo wird ſich das Blut vor dem engern ſtemmen, und ſich in den engen Raum hinein draͤngen. Und dieſes habe ich vorzuͤglich bey den langen Wuͤrmern des Hrn. Bonnet deutlich und praͤchtig geſehen, und malen laſſen. Die Bewegung des Blutes in dem oben beſchriebenen Faden— Wurm iſt von anderer Beſchaffenheit; ich ſehe das Blut in der Puls— Ader nicht durch einzelne Gelenke, ſondern durch vier bis ſechs auf ein— mal klumpen-weiſe durchfahren, und die verlaſſenen eine weile leer blei— ben, bis daß ein friſcher ankommender Blut-Klumpen auch dieſe in ei— nem Augenblick erfuͤllet. Doch iſt dieſe Art des Blut-Laufes ſo we— nig allgemein, und Malpighi hat ſo wohl geſehen, daß ich auch bey den Verſuchen die ich mit dem Bonnetſchen Wurme unternommen habe, bin uͤberzeuget worden, daß das Stück der Puls- Ader eines jeden Ge— lenkes ein eigenes Gefaͤß ausmachet, das fuͤr ſich beſtehet, und auch ohne Daſeyn der andern lebet, und ſich in einen ganzen Wurm erneuert. Man hat den Kreislauf des Blutes aus den Puls-Adern in die Blut⸗ Adern und aus dieſen in jene erwieſen, daher laſſen ſich erſtere nicht ohne den letztern gedenken: dieſe aber find bey vielen Wurm - Ar- ten ſchwehrer zu bemerken als jene, und den erwaͤhnten ſcharfſichtigen Q 3 Beob⸗ 126 ———— —— Beobachtern entgangen.“). Hr. Bonnet vermuthete eine groſſe Blut- Ader laͤngs dem Bauche feines langen Wurms; fie iſt auch wuͤrk— lich vorhanden; mit einiger Muͤhe wird man ihrer endlich gewahr. Bey unſerer Nereide iſt die Blut-Ader ſehr deutlich und von groͤſſerer Breite als die Puls-Ader, welches ungewoͤhnlich iſt; fie ſchlaͤn⸗ gelt ſich längs der Mitte des Bauches durch alle Gelenke bis an den Af— ter⸗Knoten; ihre Windungen ſind viel groͤſſer und mannichfaltiger als bey der Puls- Ader, daher fie wohl doppelt fo lang iſt als jene. Hier geſchiehet die Bewegung des Bluts vom Kopfe nach dem Schwanz hinab, und iſt weniger merklich als bey der Puls-Ader. Wenn man die Nereide anruͤhret, oder in Bewegung ſetzet, werden alle Adern ſtaͤrker angefuͤllt und roͤther. Um die Inſekten und Wuͤrmer von andern Thieren zu unterſcheiden, hat man angenommen, daß ſie weiſſes Blut haben ſollen; hier iſt es kalt und roth genug wie bey den Fiſchen und Amphibien. Der Maſtdarm, welcher bey dieſem Wurme, wie bey vielen anderen nur einen Canal bildet, lieget der Laͤnge des Koͤrpers nach, zwiſchen der Puls = und der Blut-Ader; wenn er mit dem ſchwarzen Auswurf erfuͤllet iſt, wird er erſt zu bey den Seiten der Puls- Ader ſichtbar, und ſcheinet dreymal fo breit als die Puls⸗Ader zu ſeyn. Nach vier 43) Man weiß noch nicht, wie das Blut in die groſſe Puls- Ader gebracht wird; ihre Hanpt⸗ Aeſte, und die Canale, die die Stelle der Blut- Adern vertreten, find gleichfalls unbekannt. Bonnet Betracht. der Natur, 8. Th. 4. Cap. Beydes zeiget uns gegenwaͤrtige Nereide: der Haupt: Aeſte oder der kleinen aus der groſſen in die Fuͤſſe fi ver: £heilenden Puls⸗ Adern habe ich oben erwaͤhnet, und die Blut: Ader iſt hier offenbahr. DD n 127 vier Tagen ſahe ich ſchwarze zerſtreuete Klumpen in demſelben liegen, fie wurden von Zeit zu Zeit nach dem After getrieben; und ihr Durchmeſſer war noch vor den zwey letzteren Gelenken dreymal ſo groß als der Knoten mit den Schwanzſpitzen, oder der After. Dieſer letztere hat das Ver, moͤgen ſich alſo zu erweitern, daß er den groſſen Auswurf durchlaſſen kann. Jedes Gelenke iſt zu beyden Seiten in einen dreyeckigten Koͤr— per ausgewachſen, der einen Theil der Fuͤſſe ausmacht, ſolchergeſtallt füllen die Fuͤſſe den ganzen Seiten: Kaum der Gelenke aus, und laſſen einen engen Platz oder tiefen Einſchnit;wiſchen ſich. Die einzelnen Theile eines jeden Fuſſes ſind etwas ſchwer zu unterſcheiden: man ſiehet einen fleiſchernern Koͤrper, der da, wo er an dem Leibe anſitzet, dick und auf⸗ geblaſen iſt, und ſich in zwey Aeſte zertheilet: der obere oder Haupt⸗Aſt iſt ſtark, kegelfoͤrmig und an der Spitze geſpalten, an der obern Seite deſſelben, etwas von der Spitze entfernet, raget der den Nereiden gewoͤhnliche Seiten Faden hervor; er iſt kurz, fleiſchigt und ſitzet bey einigen an einem gold glänzenden Qverſtrich; dieſer Strich iſt dem bloſ⸗ ſem Auge nicht merklich. Dem Seiten-Faden gegen uͤber an der untern Seite ſieht man eine kleine Warze, die mit kurzen Borſten beſetzt iſt. Unter dem Haupt⸗ Aſte, da wo er an dem Leibe fißet, ſchieſt der kleinere Aſt hervor, der am Ende mit mehreren und laͤngeren Borſten beſetzt iſt. Dieſe find von verſchiedener Farbe und Laͤnge; die mittelſten ſind kurz und breiten ſich im Schwimmen wie ein Faͤcher aus; die Seiten: Borſten ſind laͤnger und ſchwarz, und von dieſen ſind die an der obern Seite am laͤngſten, fo wie fie auch weiter gls der fleiſcherne Theil des Fuſſes hervorſtehen. Man 128 DD Man kann dieſe mit Borften verſehene Fuͤſſe, als ſo viele Ruder, womit das Thier langſam und geſchwinde fortſchwimmet, be— trachten. Die Bewegung eines einzelnen Fuſſes geſchiehet dergeſtalt: er breitet ſeine Borſten aus einander, und ſchiebt, indem er ſich nach dem Schwanze hin bewegt, das Waſſer von ſich, ſchließt bald darauf die Borſten zuſammen und bewegt ſich zuruͤck nach dem Kopfe. Die gemeinſchaftliche Bewegung der Fuͤſſe iſt ganz ſonderbar; man wird fange glauben, daß ſie auf gleiche Weiſe geſchehe als wie bey den bekannten Vielfuͤſſen; wo die dem Kopfe am naͤchſten ſind ſich zu erſt in Bewegung ſetzen, und darnaͤchſt die folgenden in ihrer Reihe; allein, braucht man alle mögliche Aufmerkſamkeit, wird man fehen, daß fie ſich in der entgegen geſetzten Ordnung von unten hinauf bewegen und zwar haufenweiſe. Wegen der Geſchwindigkeit iſts dem Auge nicht moͤglich weder die Zahl der Haufen noch der Fuͤſſe eines jeglichen zu beſtimmen; ich glaube auch, daß ihre Zahl nach der Wilkuͤhr des Thieres veraͤnder— lich ſeyn. Es ſeyn alſo acht Haufen an jeder Seite, und jeder habe zehn Fuͤſſe; nun faͤngt ſich die Bewegung von der rechten Seite an, und zwar von dem Fuſſe, welcher der zehnte von dem Kopfe iſt, und laͤuft in dieſer Ordnung durch die uͤbrige neun bis zum erſten; wenn dieſe ihre Bewe— gung vollfuͤhrt haben, ſo bewegt ſich der entgegen geſetzte Zehnte der lin— ken Seite und die folgenden ſeines Haufens bis an den erſten; alsdann der zweyte Haufen rechter Hand in gleicher Ordnung, von dem zwan— zigſten Fuß bis zu dem zehnten; darauf der zweyte Haufen linker Hand; der dritte Haufen rechter Hand von dem dreyßigſten Fuß an, und alſo die folgende bis zum aͤuſſerſtem Schwanze; dieſes wiederholt das Thier nach Belieben; auch fängt fich die Bewegung bald in der Mitte des Koͤr- pers, bald naͤchſt dem Kopfe, bald am Schwanze an, wie es ihm zu feinem Zweck am beqvemſten iſt; und geht alſo die ganze Reihe nach ein— ander oe 129 ander hinauf, doch nicht alſo, daß die erſtere lin Ruhe erwarten, bis die ganze Reihe ſich beweget hat, ſondern ſie wiederholen alsbald ihre Be⸗ wegung; und dieß bisweilen mit einer ſolchen undenklichen Geſchwin⸗ digkeit, daß keiner von den vielen Fuͤſſen zu unterſcheiden iſt, ſondern der ganze Wurm die Geſtalt einer ſchlangenfoͤrmigen Maſſe hat. Man wird glauben, daß ein Thier mit 170 Rudern wie ein Pfeil fortſchieſſen muͤſſe; dieſes wuͤrde auch geſchehen, wenn ſie alle auf einmal wuͤrkten, allein, da ſie ſich nach einander bewegen, ſo kann auch ihre geſchwindeſte Bewegung es nur durch krumme Linien fortbringen, und alſo durch weite Umſchweife einen kurzen Weg in langer Zeit. Deſto wunderbarer iſt der Mechanismus und die mannichfaltigen Federn, welche dieſe Fuͤſſe in einem Augenblick in Bewegung ſetzen; um ſich ein Bild der ſchnellen Wirkſamkeit dieſer Organen zu machen, gebe man der geſchwindeſten Bewegung des ganzen Wurms den Zeitraum ei⸗ nes Augenblickes oder einer Secunde; in dieſer bewegen ſich hundert und ſiebenzig Fuͤſſe nach einander; alſo wird der Zeitpunkt der Bewegung eines jeden Fuſſes s einer Secunde, und in dieſem unmerklichen Zeitraum muß nicht nur der Fuß beweget, ſondern auch viele Borſten aus ihren Scheiden hervorgeſtoſſen und zuruͤck gezogen werden; giebt man jedem Fuß wie bey der faſerigten Nereide nur vier ſolcher Schei⸗ den, fo müffen im ſelbigen Augenblicke noch 680 Borften- Büfchel in eine doppelte Bewegung gebracht werden, alſo find 1700 auſſerliche Bewegungen in einer Secunde um einen Schritt zu vollfuͤhren. Ueberdenken wir nun die unzaͤhlbaren Muſkeln und Sehnen, die dieſe aͤuſſere Glieder beduͤrfen, um in Bewegung geſetzt zu werden, und die groſſe Menge der Nerven, die der Wurm gebrauchet, um nach Willkuͤhr einen, mehrere oder alle Fuͤſſe zu bewegen, fo weiß ich nicht, R was 130 eh uch SEND, was am meiften zu bewundern, die Menge und Geſchmeidigkeit der Be wegungs-Geraͤthe, oder die blendende Geſchwindigkeit, mit welcher fie wirken 5). Welch eine ſcheinbare Verſchwendung der Mittel ſeinen Zweck zu erreichen? der ſo ſehr angeprieſene Grundſatz: Der Schoͤpfer braucht nicht zwey Mittel, wo eins hiureichet; welches die groͤſten Natur⸗Lehrer zum Eckſtein ihrer Hypotheſen angenommen haben, ſchei— net nicht immer von der Erfahrung unterſtuͤtzet zu werden. Auch die verſchiedene Mittel der Fortpflanzung der Wuͤrmer und der Gewaͤchſe belehren uns vom Gegentheil. Viele Wuͤrmer vermehren ſich nicht nur durch Eyer, ſondern auch durch Keime und Zerſtuͤckung; die Pflanzen nicht nur durch Saamen in erſtaunender Menge, ſondern auch durch Knoſpen, Ableger und Zertheilung, ja beyder ganzes Weſen und ein jeder moͤglichſt kleiner Theil deſſelben ſcheinet von Abdruͤcken des ganzen, die nur den gluͤcklichen Augenblick erwarten ſich im groſſen auszuwickeln, vollgepfropft zu ſeyn. Ein armer und kluger iſt aus Noth ſparſam; ein reicher und weiſer fragt nicht erſt, ob man mit wenigern auskommen kann; er erfuͤllet alles mit ſeinem Ueberfluß. Wenn unſere Nereide die Eigenſchaft hätte, die man uͤber⸗ haupt dieſer Gattung von Gewuͤrmen beyleget, im Finſtern zu leuchten, fo würde fie uns ein ſilbernes Lauf- Feuer darſtellen; ich habe mich oft nach dieſem Schauſpiel im dunkeln umgeſehen, allein fie hat nicht leuch⸗ ten wollen oder koͤnnen. Be⸗ 44) Wie ſehr gilt das, was Aristoteles von den Eydechſen ſaget, von unſeren NRereiden: illam corporis miram agilitatem, non tantum, qvoniam faciles ad flexum & cartilagineas produxit vertebras, ſed qyia etiam multiplicia motus loca- lis inſtrumenta muſeulos fabrefecit, provida erum parens, Natura eonſecuta fuit. ee 13 I Bereits im December 1767 hatte ich einige kleinere Nereiden unter einer rothen ſeidenaͤhnlichen Conferva, die gemeiniglich auf dem Fucus filum waͤchſet, bey einem ſtarken Sturm hinter dem Caſtell ange— troffen, die, obgleich ſie an der Zahl der Gelenke und der Laͤnge der Fuͤhl— faden von der groſſen jetzt beſchriebenen, verſchieden find, dennoch keine beſondere Art ausmachen. Wir wollen nur dasjenige anfuͤhren, darin ſie ſich unterſcheiden, damit man nicht hinfuͤhro das, was bey ihnen nur zufaͤllig iſt, fuͤr Beſtimmungen der Arten annehme, ſo wie es mit der Zahl der Gelenke geſchehen iſt. Erſtlich hatten fie nur 30, 36 bis 56 fußtragende Gelenke, alſo 60 bis 112 Fuͤſſe. Zweytens waren ihre Fuͤhlfaden weit laͤnger, als bey der groſſen von 85 Gelenken, und zwar in dieſem Verhaͤltniſſe; zwey waren von gleicher Laͤnge, der dritte noch einmahl ſo lang, und der vierte viermahl ſo lang. Drittens waren vornen an der Stirne nur zwey pfriemenfoͤrmige Spitzen. Viertens hatte die eine nur eine Schwarz: Spige, die ſich auch unter meinen Augen verlohr, viele gar keine, wenige zwey. | Die verſchiedene Zahl der Gelenke machet alfo keine Verſchieden⸗ heit der Arten, und gehoͤret nicht in die fpecififche Benennung, wo Hr. von Lin ne fie bey ſechs feiner Nereiden angebracht hat. Ich habe auch dieſe Verſchiedenheit in der Zahl der Ringe bey einem unbekannten Vielfuß bemerkt, davon ich junge mit 16 und 32 Ringen, aͤltere mit R 2 42 und 132 ONE UNE 42 und 46 angetroffen 5). Alſo vermehren fich die Gelenke mit dem Alter, allein die Art und Weiſe dieſer Vermehrung iſt das, was man zu wiſſen wuͤnſchet. Der aufmerkſame Hr. Bonnet wurde bereits vor dreyßig Jahren durch die Verſuche, welche er mit feinen langen Würmern un— ternahm, veranlaſſet zu fragen: Geſchiehet der natürliche Wachsthum dieſer Würmer durch neue Gelenke oder durch Ausdehnung der alten 469? Die Frage iſt bisher, fo viel ich weiß, auch in Abſicht der andern Wurm-Arten unbeantwortet geblieben; doch würde die Aufloͤſung dem erfolgten Ser: thum aus der Zahl der Gelenke die Arten zu beſtimmen vorgebeuget haben. Er wuͤrde ſie ſelbſt aufgeloͤſet haben, wenn er nicht darzu mehr erfordert haͤtte, als in meinen Gedanken nothwendig iſt. Eine Vergleichung der Zahl der Ringe einiger dieſer Wuͤrmer wird uns der Muͤhe uͤberheben, ſie um die Frage zu beantworten von ihrer Gebuhrt an bis zum voͤlligen Wachsthum zu erziehen. Doch iſt dieſes Mittel ſo leicht und gering, daß ich faſt ehe an der Hinlaͤnglichkeit deſſelben zweifeln moͤchte, als daß es dieſem ſcharfſichtigen Manne ſolte entgangen ſeyn. Indeſſen war er nicht ungeneigt zu glauben, daß ihr Wachs— thum beydes durch neue Gelenke und Ausdehnung der alten geſchaͤhe; meine Beobachtungen beſtaͤtigen vollig dieſe Muthmaſſung. Ich zaͤhlte die Zahl der Gelenke feiner langen Würmer, und fand fie wie bey mei- nen Nereiden verſchieden. Dieſe Ungleichheit, die allmaͤhliche Abe nahme der Groͤſſe der Gelenke (und ſelbſt der Fuͤſſe meiner Nereide) bis an den After, ſo wie die Wahrnehmung faſt unmerklicher Anfaͤnge entſte⸗ 45) Er hat noch mehr merkliches als dieſes; ich habe ihn vier Jahre beobachtet, und nenne ihn: den weiſſen Vielfyß (Julus) mit rothbraunen Seiten: Flecken. 46) Obferv. für des vers d’eau douce p. 34. ENERTENENRI 133 entſtehender Gelenke zunaͤchſt am After, und ihre zunehmende Auswicke⸗ lung nach der Maaſſe, wie die aͤlteren ihre voͤllige Ausdehnung erhalten, ſetzen dieſe vermuthete Art des Wachsthums auſſer Zweifel. Allgemein aber iſt ſie nicht, wir werden in der Folge ſehen, daß ſie ſelbſt bey Gat⸗ tungen eines Geſchlechts verſchieden ſey. Die Länge der Zühlfaden und die Zahl der pfriemenförmigen Kopfſpitzen iſt bey dieſer Art verſchieden; ſo wie ſie im Gegentheil bey einigen andern obgleich verſchiedenen Arten von gleicher Beſchaffenheit, Stellung, Zahl und Laͤnge angetroffen werden. Es wird uns auch nicht wenig befremden, daß dieſe Fäden bey den juͤngern länger als bey den Altern, find; das Gegentheil wäre uns eher faßlich geworden, in— dem wir dieſe Erſcheinungen aus ihrem Wachsthum mit dem Alter wuͤr— den erklaͤrt haben; und man kann nicht annehmen, als waͤren ſie etwa bey den Alten abgebrochen worden, da ſo wohl die kurze als lange am Ende zugeſpitzet find, ich auch bey einigen jüngern von ſechs und dreyßig Gelenken kurze Fuͤhlfaden angetroffen habe. Die Menge, welche der Ritter von Linne auf der Weſtgothiſchen Reiſe geſehen, ſind alle der Schwanzſpitzen beraubet geweſen. Nur bey zweyen nemlich bey der beſchriebenen groſſen von 8; und einer klei— neren von 36 Gelenken habe ich die Schwantzſpitzen in vollkommenem Stande geſehen. Es iſt demnach wahrſcheinlich, datz jene durch einen Zufall ihre Schwanz⸗Borſten verlohren hatten, und daß ſelbige, da wo fie an den After geheftet find, leicht abbrechen koͤnnen; dieſe Wahrſchein— lichkeit wird zur völligen Gewisheit durch das Exemplar der kleinen Nereide, welche die eine Borſte ſchon verlohren hatte, und an der die andere fo ſchwach auhieng, daß fie unter meinen Augen abriß, und gar keine Spuhr ihres Anſatzes nachlies. Inzwiſchen behielt doch meine S N 3 groſſe groſſe Nereide, fo vielerley ich auch mit ihr vornahm, ihr ganzes Leben durch, ihre Schwanzſpitzen unbeſchaͤdigt. Was die Haushaltung unſerer Nereide anbetrift, ſo habe ich wenig bemerken koͤnnen, ob ich gleich die kleine laͤnger als zwoͤlf Wochen und die groſſe den Winter durch lebendig in einem Glaſe mit See: Wafjer bey mir erhalten habe. Ein unvermutheter Zufall veran⸗ laßte einen Verſuch, der mir nur zum Theil gelungen iſt. Eine der Nereiden mit 56. Fuͤſſen, die ich den 9. December 1767. erhielt, hatte den 10 Morgens das Ungluͤck, daß ihr, in dem ich den Pfropf in die kleine Flaſche, darinn ſie war, ſetzen wollte, ein groſſes Stuͤck des Schwanzes abbrach. So unangenehm mir dieſer Zufall war, fo hofte ich doch aus demſelben die Zeit zu beobachten, in welcher die zer— trennte Stuͤcke noch das Leben erhalten wuͤrden, und vielleicht die Sorg— falt der Natur zu bemerken den zerſtuͤmmelten Stuͤcken ihren Verluſt zu erſetzen. Das Stuͤck, daran der Kopf war, hatte 36 Glieder; das Stück des Schwanzes hingegen die übrige 20 in beyden blieb der rothe den ganzen Koͤrper durchlaufende Strich vorhanden. Wir wollen jetzt, was ſich mit dieſen beyden Stuͤcken zugetragen, mit wenigen Worten berühren. Das groſſe Stück von 36. Gelenken kroch alsbald nach der im Glaſe vorhandenen braunen Conferva, zog die dünne Zweige derſel— ben an ſich, machte ſich daraus eine Art eines Neſtes, und zog ein ſchleimichtes duͤnnes und durchſichtiges, weißliches Gewebe um ſich; die Materie deſſelben glich dem Gewebe der Haus Spinne, und umgab der Länge nach den ganzen Körper der Nereide. Ich gab mir ver- gebens Mühe die Art und Weiſe zu bemerken, wie fie dieß Gewebe ver- fertigte, oder die Stelle, woraus ſie die Materie deſſelben hervorzog. Das Das Gewebe ſelbſt ließ fich nach dem Körper in die Laͤnge und Breite ausdehnen. Viele Tage ſaß es ſo in ſeinem Neſte ohne merkliche Be— wegung. Dieſe Ruhe war nicht eine Folge ſeiner Verwundung, oder eine Wirkung der an ſeiner Herſtellung arbeitenden Natur, welches aus folgendem erhellet; eine unverletzte Nereide wickelte ſich zugleich in das Neſt der Verwundeten, bauete ſich ein eigenes Geſpinſt, wurde ihre treue Geſellſchafterin und verhielt ſich in allen Stücken wie jene; wenn ſich die Kranke ausſtreckte, that die Geſunde ein gleiches, und wenn ſich jene bewegte, bewegte ſich auch dieſe. | Sie ſchlaͤngelten ſich, eine jede in ihrem Geſpinſt, langſam von einer Seite zur andern; bey dieſer wellenfoͤrmigen Bewegung legten ſie ihre Fuͤſſe wechſelsweiſe an ihren Koͤrper nach dem Kopfe hinauf gekehrt, dergeſtalt, daß, wenn ſie ſich nach der rechten Seite ſchlaͤngelten, die Fuͤſſe der rechten Seite wagrecht ſtunden, und der linken vertical, und umgekehrt. Dieſe Uebung wiederholten ſie oft mit kleinen Zwiſchen— Pauſen. Duͤrfte ich hier eine Muthmaſſung wagen, die den Trieb der Thiere zu ihrer Erhaltung zu erhoͤhen ſcheinet? hier iſt ſie: Das Meer, der natuͤrliche Aufenthalt unſerer Nereide, iſt die meiſte Zeit in einer wellenfoͤrmigen Bewegung, und alſo dieſe Wuͤrmer, die in den Confervis hangen in einer gleichen. Bey mir iſt das Waſſer in dem Glaſe in einer immerwaͤhrenden Ruhe. Die Nereiden beduͤrfen einer wellenfoͤrmi— gen Bewegung; ſie bekommen ſie nicht von auſſen her, alſo erſetzen ſie ſich dieſen Verluſt durch ein ſelbſt gemachtes Schlaͤngeln. Es kann ſeyn, daß dieſes einen anderen Grund hat, allein ich weiß ihn nicht. Den 30 December gab ich ihnen friſch Waſſer, und bemerkte, daß ihr Schlaͤngeln viel ſeltener war als zuvor. Den 2. Jenner 1768 hatte ſich die Geſunde von der Kranken entfernet, und aus der Conferva ſich ſich ein eigenes rundes dichtes Neſt gemacht, darinn fie verborgen lag. Die Kranke hingegen hatte ihr ſchleimichtes Geſpinſt wieder an der Wand des Glaſes ausgedehnet, darinn ſie ſich bisweilen auf und nieder ſchob, und ſich itzt in der Figur eines Winkel- Hakens zur Ruhe ge: legt hatte. In dieſer Verfaſſung blieben ſie bis den 2 Maͤrz bey voͤlligem Leben ruhig; damals hatte ich Gelegenheit aus dem von Eiſe befreieten Canal friſch See- Waſſer zu erhalten; ich freuete mich es meinen Nereiden, die ſo lange nichts friſches erhalten hatten, mittheilen zu koͤnnen, und, damit es ihnen, da ſie ſo lange des natuͤrlichen kalten Waſſers nicht gewohnt waren, nicht ſchaden moͤchte, ließ ich es eine Weile in der warmen Stube ſtehen; dem ungeachtet verlohren ſie wieder alle Vermuthung gleich nach Empfang des friſchen Waſſers ihr Leben, und ich die Hofnung zu bemerken, ob ſich neue Glieder anſtatt der mit dem Schwanze getrenneten anſetzen wuͤrden. Nun das Schickſal des kleinen Schwanzſtuͤckes von 20 Ge⸗ lenken; an dem erften Tage feiner Trennung vom Kopfſtuͤcke machte es verſchiedene kleine Bewegungen, und am Abend ſchien es als haͤtten ſich zwey Knoten neben einander an der Wunde angeſetzt; die folgende Tage bis den 16 December war die Bewegung gering, ohne wenn es an— geruͤhrt wurde, jetzt aber bewegte es ſich munter, hurtig und geſchwind von einem Orte zum andern, als wenn ihm weder Kopf noch 36 Ge— lenke gemangelt haͤtten, und blieb bey dieſer Munterkeit alle Tage bis den 2. Jenner 1768. Die ganze Zeit hatte ich keine Veraͤnderung an ſelbigem bemerken koͤnnen, als daß die zwo kleine Erhoͤhungen an der Wunde verſchwunden waren, und daß an ihrer Stelle binnen der durch— ſichtigen Haut der Wunde, ſich zwo ſchwaͤrzliche von einander abſtehende Punkte D be 137 Punkte zeigten; dieſe ſchoben ſich wechſelsweiſe hervor, und wieder zu: ruͤck, und ſchienen dadurch zu beweiſen, daß ſie das aͤuſſere Ende der Puls⸗Ader ſeyen. Den 18 Jenner ſtarb dieſes Schwanz -Stuͤck. Man haͤtte wohl nicht glauben ſollen, daß ein Thier ohne Kopf und zwey Drittel ſeines Koͤrpers noch fuͤnf Wochen und vier Tage ſein Leben haͤtte friſten Fönnen, oder ohne Schwanz und einen Drittel des Körpers noch drey Monathe lebendig bleiben, wenn es die Erfahrung *7) nicht bewaͤhrte. Eine andere Beobachtung veranlaſſete die groſſe Nereide; ich hatte ſie bereits einige Tage im Waſſer aufbehalten, und in der Zeit hatte ſie ſich nie zur Ruhe begeben, ſondern kroch ohne Aufhoͤren auf dem Boden umher, als wenn ſie Nahrung ſuchte, ohne ſich wie jene in die Conferva zu verwickeln, noch mit Geſchwindigkeit zu ſchwimmen, auſſer wenn ſie ſtark angeruͤhret wurde. Auf einmal bekam ſie den Leib voll Speiſe; der Maſtdarm, der bisher nicht zu entdecken geweſen, wurde nunmehr ſichtbar, und lag langs unter dem rothen Ruͤcken— Strich ſchwarz und ausgefuͤllt da; es iſt mir aber nicht moͤglich mit Gewißheit anzugeben, wo ſie ihre Nahrung her bekommen hatte. Zu verſchiedenen malen hatte ich ſie aus dem Glaſe gehoben, und auf dem umgekehrten Boden einer Unterſchale der gewohnlichen Thee⸗Taſſen in weniges Waſſer gelegt, damit ich ihre einzelnen Theile durch Huͤlfe des Such: Glafes um ſo viel beſſer betrachten koͤnnte; fie war mir nie aus 5 dem 47) Der von vielen Seiten groſſe Ariſtoteles hat bereits Bemerkungen von der Fortdauer des Lebens in den zertheilten Inſekten angeſtellet, ſelbſt an den Vielfuͤſſen: Diutius ea vivunt divulſa, qribus corpus longum, pedes multi, Ariſt. H. anim. L. 4. c. 7. Meine Schnecken, denen ich den Kopf abgeſchnitten, haben 10, und 11 Monathe, ja Aber ein Jahr ohne Kopf und in beſtaͤndigem Faſten gelebet. NS 138 ENT ERERE * dem Waſſer gekrochen, und ich konnte es auch nicht vermuthen, daß fie es je thun wuͤrde. Auf einmal verſuchte ſie in ein neues ihr nach aller Wahrſcheinlichkeit unbekanntes und nie verſuchtes Element uͤberzugehen; das wenige Waſſer, was kaum ihren Ruͤcken bedeckte, muß fie vermuth⸗ lich in Hofnung einen groͤſſern Ueberfluß anzutreffen zu dieſem Entſchluß vermocht haben. Ihr Verfahren war mir ſehr bemerkenswuͤrdig, und die Weiſe, auf welche ſie ihr Vorhaben bewerkſtelligte, ſchien mir ſo viele Ueberlegung voraus zu ſetzen, und wurde mit fo vieler Vorſicht be: gleitet, daß unſerer Vernunft in gleichem Falle nichts uͤbrig bleibt. Man muß zum voraus bedenken, daß dieſe Thierlein nie aus dem Meere aufs trockne kommen, daß ſie ſich eigentlich in der Tiefe und auf dem Grund des Meeres aufhalten, und nur durch einen Zufall an die Ober— fläche deſſelben oder ans Ufer hingefuͤhret werden, daß alſo dieſer Einfall ſich in ein anders Element zu begeben, wenigſtens ein ganz neuer und nie zudor gehabter Natur⸗Trieb war. Meine Nereide ſtreckte den Kopf und die Gelenke des Körpers allmaͤhlich aus dem Waſſer heraus, fühlte immer vor ſich, und ſchlaͤngelte ſich über die ſchiefliegende Flache der Schale mit ihrem ſtark ausgedehnten und verlaͤngerten Leibe hinab, alſo daß der Kopf den Tiſch berührte, doch ſo daß der hintere Theil des Leibes noch immer oben in der Schale im Waſſer ſtill liegen blieb. Bey jedem weiteren Hervorruͤcken aus dem Waſſer, zog ſie ſich wieder zuruͤck auf dieſe Weiſe, wenn z. E. vier Gelenke ins trockne gebracht waren, zog ſie alsbald aus Furcht zwey derſelben wieder ins Waſſer hin— ein, bis nur noch die aͤuſſerſten Glieder des Schwanzes im Waſſer waren. Wie ſie nichts als trocknes vorfand, zog fie ſich ruͤcklings voͤl— lig in ihr gewoͤhnliches Element zuruͤck, in dem fie die ausgedehnten Ge: lenke ſtark zuſammen zog. Sie kroch daſelbſt ein wenig umher, und endlich that ſie den verwegenſten Schrit, den je eine Nereide gethan; ſie kroch geſchwind und mit voller Zuverſicht vollends aus dem Waſſer hilf ER RENERE 139 auf den Tisch herab, entfernte ſich wenig von der Schale, und wie fie das was ſie ſuchte, nicht fand, gieng ſie an ſelbiger Stelle der Schale wieder vorwaͤrts hinauf, wo ſie herab gekrochen war. Ich kann nicht laͤugnen, daß dieſes Schaufpiel mich fo ſehr befremdete als vergnuͤgte. Ich ſuchte gleich ihren Wuͤnſchen ein Gnuͤge zu thun, und that fie in ein volles Glas hinein. Ich habe zwar bey anderen Arten aus der Klaſſe der Wuͤrmer, die ſich im Waſſer aufhalten, bemerket, das ſie ſich oft alſo an den Rand des Gefaͤſſes hinſetzen, daß der halbe Theil ihres Koͤr— pers uͤber dem Waſſer iſt, der andere halbe Theil darin ſtecket, dieſen iſt es alſo ſehr leicht, ſich wieder völlig hineinzuſenken; andere haben ſich auch aus dem Naſſen ins trockne gewagt, weil es ihre Natur mit ſich brachte einige Zeit auf dem trocknen zu ſeyn, andere, wie ich vermuthe, weil das Waſſer ihnen nicht mehr friſch genug war; die letztere haben ihre Verwegenheit, da fie nicht wieder zuruck finden koͤnnen, mit dem Leben gebuͤſſet. Wenn man umſere Nereide aus dem Waſſer hebt, und wieder hinein thut, oder auf andere Weiſe beunrnhiget, werden ihre Farben heller, beſonders die ſchoͤne rothe Puls- Ader. Ihr Auffenthalt iſt in der Oſt- und Nord See, wo fie an den ſandigten Ufern aufgeworfen wird; ich habe fie im December, Januar und April bey ſtuͤrmiſchem wie bey ruhigem Wetter zwiſchen Meermooſe, und unter Steinen, von welchen ſich das Waſſer zuruͤck— gezogen hinter dem Kaſtell, und in der Entfernung von einer Meile nach Oſten und Weſten von Kopenhagen, oft gefunden. Sie graben ſich bisweilen tief in den naſſen Sand hinein, nnd man wird ſie ſo lange fuͤr Regen⸗Wuͤrmer anſehen, bis ihre Fuͤſſe von dem anklebenden Sande entbloͤſſet, ſichtbar werden. Auch find fie mir in den leeren holſteiniſchen Auſterſchalen vorgekommen. S 2 : Die 2 140 2 22. dT Die warzige Nereide. Siebentes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Groͤſſe. a. Die Kopf⸗ Spitzen. 5. Die Dutten. c. Die Fuͤhlfaden. d. Der Hals. e. Die Fuͤſſe. F. Gelenke ohne Fuͤſſe. g. Die Schwanz: Faden. Zweyte Figur: zwey Gelenke mit ihren Fuͤſſen, von unten, vergröffert. a. Die erhabene Seiten der Unterflaͤche. Eine Vertiefung. Der Warzen: Fuß. Die Fuß⸗ Faden. „ ans u Kurze Borſten. F. Lange Borſten. Dritte Figur: zwey Gelenke mit ihren Fuͤſſen, von oben, vergroͤſſert. | a. Der erhabene Ruͤcken. Das uͤbrige wie in der zweyten Figur. Die cylindriſche Nereide ſcheinet beym erſten Anblick mit der bunten einerley zu ſeyn, haͤlt man ſie aber gegen einander, wird man ſolche Merkmale erkennen, die hinlaͤnglich ſind ihr einen eigenen Platz anzuweiſen. Ein gerundeter, oben erhabener Koͤrper, eine ſtarke Entfernung der Fuͤſſe von einander, und beſonders der verſchiedene Bau der Fuͤſſe, heben allen Zweifel. Aus zehn Stuͤcken, die ich unterſuchet habe, iſt die folgende Beſchreibung entſtanden. Nur zwey waren ganz, die übrigen hatten einen Theil des Schwanzes verlohren. 2 3 er 1 J Er 141 Der Rörper iſt blaß⸗ roth, etwas braͤunlich, gegen das Licht gekehrt regenbogen-farbig, oben rund und erhaben, unten etwas plat, doch alſo, daß die Mitte der Unterflaͤche bey den lebendigen gleich einem Kiele hervorraget; bey den Todten aber iſt an ſtatt des Kieles eine tiefe Furche zu ſehen, und die Seiten ſind etwas erhoͤhet. Er hat die Groͤſſe und Dicke eines gemeinen Regen⸗Wurms, und iſt wie dieſer der Laͤnge und Breite nach ſehr verſchieden; einige hatten die Breite einer Linie, andere drittehalb Linien, ohne die Fuͤſſe zu meſſen. Die vollkomne und unzerſtuͤmmelte waren dritthalb Zoll lang, und hatten ſiebentzig fußtragende Gelenke, einige der verſtuͤmmelten hatten bey der Laͤnge von drey Zoll funfzig; von vier Zoll ſechs und funfzig Ge⸗ lenke, alſo funfzehn Gelenke als die Mittel⸗Zahl auf einen Zoll der völlig ausgewachſenen gerechnet, wuͤrde ihre hoͤchſte Kaͤnge auf fuͤnf Zoll ſetzen. Der Hals, oder das dem Kopfe naͤchſte Glied, iſt unten und oben gerundet ohne Fuͤſſe wie bey der bunten Nereide, doppelt fo breit als die uͤbrigen Gelenke. Unter dieſen zeiget ſich der Mund; er iſt eine dicke aufgeſchwollene in der Mitte gerunzelte Haut, die ſich willkuͤhr⸗ lich ausdehnen oder einziehen laͤſſet; die Oberlippe hat einen Einſchnit, und zu beyden Seiten deſſelben ſchwarze erhabene Punkte oder ſehr kleine Warzen, die an der Zahl veraͤnderlich ſind. Die Unterlippe iſt gerundet, oben mit wenigen Streifen und Punkten bezeichnet. Der Kopf iſt der bunten nicht unaͤhnlich. Die Stirne iſt kegel⸗ foͤrmig, oben etwas plat, unten breit, am Ende ſpitz mit zwey grünen pfriemenfoͤrmigen Kopf: Spitzen. Gegen den Anfang find zwey groſſe ſchwarze Punkte zu jeder Seite von gleicher Groͤſſe, die die Augen vorſtellen. Zur Seiten unter der Stirne ſitzen zwey Dutten, es ſind coniſche Koͤrper, die weiter hervor ſtehen als die Stirne, durch⸗ ſcheinend und von hor naͤhnlicher Farbe; An ihrer Spitze ſitzet eine kleine S 3 Kugel unse Der Koͤrper ift blaß⸗ roth, gekehrt regenbogen- farbig, oben ru doch alſo, daß die Mitte der Unte einem Kiele hervorraget; bey den eine tiefe Furche zu ſehen, und die hat die Groͤſſe und Dicke eines geme dieſer der Länge und Breite nach fe Breite einer Linie, andere drittehalb Die vollkomne und unzerſtuͤmmelte wa ſiebentzig fußtragende Gelenke, eint der Laͤnge von drey Zoll funfzig; vu lenke, alfo funfzehn Gelenke als die M ® ausgewachſenen gerechnet, wuͤrde ihre N Der Hals, oder das dem - oben gerundet ohne Fuͤſſe wie bey de breit als die uͤbrigen Gelenke. Unter eine dicke aufgeſchwollene in der Mitte lich ausdehnen oder einziehen laͤſſet; ? und zu beyden Seiten deſſelben ſchwar Warzen, die an der Zahl veraͤnder gerundet, oben mit wenigen St Der Kopf iſt der bunten nicht un foͤrmig, oben etwas plat, unten grünen pfriemenfoͤrmigen Kopf S zwey groſſe ſchwarze Punkte zu jeder Augen vorſtellen. Zur Seiten unte es ſind coniſche Koͤrper, die weiter ſcheinend und von hornaͤhnlicher Farb =) NN N N N Nen . 2 WIE EI RE: ik 2 n 5 142 DD Kugel von gleicher Farbe. Da, wo ſich der Kopf an den Hals ſchlieſſet, ragen an jeder Seite vier Fuͤhlfaden als ſteife Borſten hervor; doch ſind ſie biegſam und hornartig; die drey unterſten ſind faſt von gleicher Laͤnge; der oberſte, der etwas laͤnger iſt, hat doch kaum die zweyfache Länge des Hals⸗Schildes, oder von vier Gelenken. Wann der Mund ſich öfnet, werden die Lippen in einen erhabenen Cirkel aufgeblaſen, in deſſen Mitte zwey gerundete fleiſcherne Koͤrper mit ſtumpfen Spitzen ſich zeigen; ſo habe ich es wiederholt bey den lebendigen geſehen; bey den todten aber, denen ich das Maul aufgeriſſen, zeigen ſich, wie bey der bunten Nereide, zwey gegen einander gebogene ſpitzige Haken. Sie ſind braun, hornartig, hart und durchſichtig, an dem aͤuſſeren Rande glat, und gerundet, an dem inneren gezaͤhlet (ich zaͤhle ſieben Zaͤhne an jedem) von der Groͤſſe einer Linie, und kommen aus einem breiten Anfang. Es find wahre Freß-Zangen des Wurms. Die Gelenke haben an jeder Seite einen warzigten Fuß, und werden gegen den Schwanz allmaͤhlich kleiner. Jeder Fuß beſtehet aus vier in einer Qverlinie dicht an einander geſtelten kegelfoͤrmigen Warzen, von gleicher Groͤſſe. Gegen die Spitze der aͤufſeren ſitzet ein weicher, ſpitziger, und durchſichtiger Faden, der biegſam, in der Mitte gleichſam zer: brochen, und zweymal ſo lang als die Warze iſt; ein gleicher aber kuͤrzerer Faden raget aus dem Anfang der untern Warze hervor. Zwiſchen der erſten und zweyten Warze, vom Ruͤcken ab gezaͤhlet, ſtehen einige ſehr kurze Borſten hervor, und an der einen Seite der dritten ein Buͤſchel laͤngerer und golbglaͤnzender. Die Stellung der Fuͤſſe iſt ganz anders als bey der bunten Nereide. Sie nehmen nicht die ganze Seite des Gelenkes ein, ſon— dern nur die Mitte deſſelben, und dieſes ſo wohl als die groͤſſere Breite der Gelenke macht, daß ſie weit von einander ſtehen, und ſolcher Geſtalt den Dee 1 43 den Gelenken gleichſam angewachſen zu ſeyn ſcheinen. An dem aͤuſſerſten des Schwanzes ſind drey oder vier kleine Gelenke, deren Fuͤſſe noch nicht ſichtbar ſind; Es iſt nicht zu zweifeln, daß dieſe mit zunehmendem Alter Fuͤſſe bekommen werden. Der Schwanz endiget ſich in zwey ſehr ſpitze Faͤden, die die Laͤnge von zehn oder zwoͤlf Gelenken haben. Die Zahl der Fuͤſſe bey meinen vollkommenen war 140. Dieſe Nereide gehoͤret Bi Oſt⸗ und Nord-See; und iſt den daturforſchern nicht unbekannt! Hr. Baſter hat fie beſchrieben und eine ertraͤgliche Figur davon gegeben. Er giebt ihr einen rothen Strich laͤngs dem Ruͤcken gleich unſerer bunten Nereide, allein fo viel ich derſelben geſehen habe, iſt mir keine mit einem rothen Strich vorgekom— men; Seine Beſchreibung der Fuͤſſe laͤßt nicht zweifeln, daß er unſere Nereide gemeinethat; und es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Erwähnung des rothen Strichs daher ruͤhre, daß er unſere bunte Nereide auch ge⸗ funden, und ſie fuͤr einerley mit der gegenwaͤrtigen angeſehen. Er haͤlt nur die zwey hinterſte Punkte am Kopfe fuͤr Augen, weil ſie ihm ſchwaͤrzer und glaͤnzender vorgekommen; mir ſind alle von gleicher Beſchaffenheit. Hr. Stroͤm giebt auch eine kurze Beſchreibung dieſer Nereide, und zaͤhlet 160. Fuͤſſe. Hr. von Lin ne erwaͤhnet ihrer unter dem Nahmen Nereis pelagica, und mag fie verſtuͤmmelt geſehen haben, da er ihr vierzig bis vier und vierzig Gelenke giebt, und ihrer Schwanz- Spitzen nicht gedenket. Er wuſte nicht, daß die Zahl der Gelenke mit dem Alter groͤſſer werden, daher zweifelt er, daß die Baſteriſche von ſiebenzig Ge⸗ lenken einerley mit der feinigen fey. Ich habe fie im Anfang des Fruͤh⸗ lings unter den esbaren blauen Meer-Muſcheln, die man von Stevens Vorgebirge zu Markte bringt, im Jahre 10 gefunden. 144 DNN Die faſerige Nereide. Achtes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Graoͤſſe. 2. Die Kopf: Spitzen. 6. Die Dutten. Die Fuͤhlfaden. .Die Augen. .Die Fuͤſſe. Gelenke ohne Fuͤſſe. Die Schwanz: Fäden, wen an Zweyte Figur: zwey Gelenke mit ihren Züffen, von oben, vergroͤſſert. a. Die Fuß: Faden. b. Die obern Platten. c. Die Scheiden. d. Die Borſten. Dritte Figur: zwey Gelenke mit ihren Fuͤſſen, von unten, vergroͤſſert. » Die Fuß: Faden. Die obern Platten. Die untern Platten. Die Scheiden. . Die Borſten. 28 2 * A dieſe Nereide hat ſo viele Aehnlichkeit mit der Bunten, daß man dem Anſehen nach ſie immerhin fuͤr einerley halten wird, ſo lange man ihre Fuͤſſe nicht genau unterſuchet; dieſe unterſcheiden ſie von allen mir bekannten, und machen ſie zu einer neuen Art. Wenn EUER 145 Wenn man fie durchs Such: Glas betrachtet, wird man bald einige kugelichte Körper gewahr, die den Fuͤſſen anfigen, und die Auf: merkſamkeit erregen; es koſtet aber etwas mehr Muͤhe, um die Fuͤſſe ſo zu ſehen, wie ſie wuͤrklich ſind, und von ihrem wahren Bau gewiß zu werden. Ich habe fie viele Stunden von allen möglichen Seiten be trachtet, und bin erſt nach verſchiedenen Misgriffen zur völligen Gewiß— heit von der Zahl und Stellung ihrer Theile gelanget. Als ich aber ihre wahre Verhaͤltniſſe einmal inne hatte, ſahe ich ſie allemal ſo, und nicht anders als ſie wirklich waren, und bin gewiß, daß es jetzt dem kuͤnftigen Unterſucher leicht werden wird, die Theile gleicher Geſtalt zu ſehen. Ich kann bey dieſer Gelegenheit nicht umhin die Beobachter der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde zu bitten ſich ja mit ihren Augen nicht zu über- eilen, noch ihre Erſcheinungen nieder zu ſchreiben, bevor fie ihren Bor: wurf in jedem Lichte betrachtet haben. Haͤtte ich die Fuͤſſe, fo wie ich ſie das erſte, zweyte und dritte mahl ſahe, zu verſchiedenen Zeiten geſehen und zeichnen laſſen, wuͤrde ich wider meinen Willen neue Arten ange: geben haben, die nur in meiner uͤbereilten Vorſtellung ihren Grund hatten; Es ſind zwey Klippen, die der Natur- Beſchreiber mit gleicher Sorgfalt zu vermeiden, ſich bemuͤhen muß; das nicht genug ſehen, und das nicht richtig ſehen. Erſters vermindert die Werke des Schoͤpfers und das Er— kenntniß derſelben, indem es Arten und Geſchlechter, die der Schoͤpfer von einander unterſchieden, unter einander wirft, und zu Abaͤnderungen machet; und dieß iſt freylich das gemaͤchlichſte; fo haben es die Natur: forſcher bis auf unſere Zeiten vornehmlich in der Geſchichte der kleineren Thiere gemacht, und bey den Inſekten und Wuͤrmern, die mehr als eine gewoͤhnliche Aufmerkſamkeit fordern, thun ſie es noch. Es & | kann Wenn man fie durchs Sud einige kugelichte Koͤrper gewahr, die merkſamkeit erregen; es koſtet aber ei ſo zu ſehen, wie ſie wuͤrklich ſind, un werden. Ich habe ſie viele Stunde trachtet, und bin erſt nach verſchieden heit von der Zahl und Stellung ihrer I wahre Verhaͤltniſſe einmal inne hatte, IB. Vl. anders als ſie wirklich waren, und bin I Unterſucher leicht werden wird, die Tl e, 1 RL 2.27, natuͤrlichen Gegenſtaͤnde zu bitten fich eilen, noch ihre Erſcheinungen nieder wurf in jedem Lichte betrachtet haben. fie das erſte, zweyte und dritte mahl fat .,/, und zeichnen laſſen, wuͤrde ich wider 4, geben haben, die nur in meiner übe Z hatten; Es ſind zwey Klippen, die de⸗ Sorgfalt zu vermeiden, ſich bemuͤhel und das nicht richtig ſehen. Erſters vermindert die Werke kenntniß derſelben, indem es Arten un von einander unterſchieden, unter einat machet; und dieß iſt freylich das geme forſcher bis auf unſere Zeiten vornehmli Thiere gemacht, und bey den Inſe als eine gewoͤhnliche Aufmerkſamkeit T 146 Dee kann z. B. nicht wohl fehlen, daß den vielen Natur-Forſchern unſrer Zeit auch manche meiner neulich bekannt gemachten Einaugen und Waſ—⸗ ſerſpinnen vorgekommen find, Die fie aber gleich mit den Nahmen Puler Swammerdami, Monoculus conchaceus, oder Acarus aqvaticus ab: gefertiget haben, ſo wie die Linneaner alle Faſciolæ der Suͤſſen- und Meer⸗Waſſer unter dem Titel bepatica hingehen laſſen; eine kuͤnftige Bekauntmachung meiner Erfahrungen wird zeigen, daß auch dieſe letztere verfchiedener Art find, und es ſehr zweifelhaft iſt, ob je die Vepatica im Waſſer gefunden worden. 5) Das Zweyte vermehret die Zahl der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde in den Cabinettern und den Verzeichniſſen, macht aus zufaͤlligen Wahr⸗ | nehmungen 48) Ich wuͤrde hier einer ſolchen merklichen Verwirrung meines Staphylinus olens Faun. Fridriehsd. 228. mit dem Staphyl. maxilloſus Linnæi, En. Fridr. 222, nicht er: waͤhnen, wenn es nicht dem Hrn. Ingenieur Mo deer gefallen hätte, mir nicht nur in einem Brief, ſondern auch öffentlich in dem 82 Stuͤck der Stockholmiſchen Almæenna Tidingar, 1770, f. 327, mit beygefügter Erinnerung zu ſagen, daß mein ‚Staphyl. oler:s nebſt ſechs andern Fridrichsdaler Inſekten, die ich als unbe⸗ kannt in meiner Fauna angegeben, und ihm auf Verlangen ed unter anderen Benennungen von dem Ritter von Linne bereits beſchrieben wären. Mein Olens und Maxillofus- folfen beyde, feiner Ausſage nach, des Ritters Maxillofus ſeyn. Hr. Gnofroi und ich hatten zu gleicher Zeit den Staphylinus olens bekannt gemacht, einer ohne des andern Wiſſen; jener ſahe ihn für den Maxilloſus Linnæi an, und ich beſchrieb ihn unter der Benennung totus niger: capite thoraceque ſcabriuſculo; maximus, maxilloſe enim duplo major, als neu, weil ich einen andern gefunden , pubefcens niger, fafciis einereis, maxillis longitudine capitis, der mir der wahre Maxilloſus Lin: zu ſeyn ſchien. Mein Maxillofus iſt einerley mit dem Staphylinus 5 des Hrn. Gnofroi, und der iſten Figur der 20 Tafel der Regensb. Inſekten des Hrn. Schaͤffer, mein Oleus hingegen iſt der Staphyl. 1, T. 7. F. 1. der Parifer Inſe den des Hrn. Gnofroi. Hr. von Linne bringt beyde Figuren, fo ſehr fie auch unterſchieden, ohne fie einmal als Abaͤnderungen anzugeben, unter feinen Maxillo- ſus, Syſt. N. Ed. 12. Mit wie wenigem Recht, zeiget fo wohl der bloſſe Anblick dieſer deutlichen Abbildungen, als die Gnofroiſche Beſchreibungen. Die genauere Beſtimmungen ihrer Verfch'edenheiten, fo wie die Gründe meines Verfahrens mit den oben gedachten andern Fridrichsdaler Inſekten gehören nicht in dieſe Schriſt. S RUND 147 nehmungen weſentliche Eigenſchaften, aus einerſey Thieren verſchiedene Arten, und hat Verwirrung und Ungewißheit zu ſeiner Folge. Das beſte und eintzige Mittel gegen beyderley Ausſchweifungen iſt, der Natur oft und viel in ihren Werkſtaͤtten zuzuſehen, und ſie nicht bloß aus den Todten-Gruben und Bein-Haͤuſern zu beſchreiben. Dem unermuͤdeten Beſucher iſt ſie hold, und macht ihn zu ihrem vertrauten, und dieſer dankts ihr ſo, daß er ihre Kinder oͤffentlich “ran und ſelbige der Welt in ihrem wahren Licht darſtellet. Der Koͤrper unſerer faſerigten Nereide iſt drey Zoll lang, und anderthalb Linien breit, gegen den Schwanz etwas ſchmahler, oben und unten plat; Am Kopfe und den ganzen Leib hindurch bis in die Gegend des Schwanzes iſt fie von gleicher Breite. Die Farbe iſt roth— gelb; die Mitte des Ruͤckens kupfer- blau; eine gleiche Kupfer blaue Furche laͤuft in der Mitte des Bauches durch den ganzen Koͤrper; die Farbe mag ſich in dem Wein-Geiſt veraͤndert haben. Der Kopf mit ſeinen acht Fuͤhlfaden, vier Augen, zwey Kopfſpitzen und zwey Dutten iſt wenig von der bunten und warzig⸗V ten verſchieden. Das naͤchſte Glied am Kopfe mit dem unterliegenden Schlunde unterſcheidet ſich nur darin von der Bunten, daß es oben gerundet, und von gleicher Breite mit den Fußtragenden Gelenken iſt. Der Schwanz endiget ſich gleich wie jener in zwey Faden von der Laͤnge ſieben benachbarter Gelenke. Das letzte Gelenke, woran der After, iſt ohne Fuͤſſe, und an den naͤchſtletzten find fie viel kleiner als an den vor— hergehenden. Ein neuer Beweis, daß ſich die Zahl der Gelenke mit den Alter vermehre, und daß dieſe und ihre Fuͤſſe ſich wi und nach W | K Der 148 Sec Der Bau der Fuͤſſe iſt bey dieſer Art das ſonderbareſte: man ſtelle ſich den Körper in drey Theile getheilet vor; der mittlere, und der dem Schwanze am naͤchſten iſt, hat eben fo tiefe Einſchnitte, als der Rücken breit iſt. An dem Theil hingegen, welcher ſich bis zum Kopf erſtrecket, iſt der Ruͤcken dreymal ſo breit, als die anliegende Einſchnitte, die auch faſt dreymal kuͤrzer ſind als die andern. Die Zwiſchen-Koͤrper dieſer Einſchnitte ſind die Fuͤſſe, welche auch im Verhaͤltniß zu jenen kuͤrzer und Yan: = Ein jeder Fuß beſtehet aus einem vorwaͤrts gebogenen fleiſchig⸗ ten Koͤrper, gleich den Ribben der Schiffe, faͤllt von der Hoͤhe des Ruͤckens almaͤhlich ab, und erhebet ſich wenig gegen fein Ende. Oben auf demſelben naͤchſt an der Spitze raget eine linſenfoͤrmige halb durchſich⸗ tige, weißliche Platte oder Teller hervor, unter welchem ein langer fleiſchigter Fuß Faden heraus hanget. Die Platte ſtehet gegen den Schwanz gekehret, und man wird unter derſelben drey kleine, kegel⸗ foͤrmige und zugeſpitzte Koͤrper gewahr, darinn der Fuß ſich endiget. An ihren Spitzen ſiehet man die Spuhren einiger Borſten. Unten faſt in der Mitte des Fuſſes ſitzet eine gleiche quer ſtehende Platte, wie die obere, und unter derſelben raget ein gleicher, aber kuͤrzerer Fuß⸗ Faden hervor. Die drey erwaͤhnte kegelfoͤrmige Koͤrper ſind auch von unten ſichtbar, und auſſer dieſen noch ein vierter an dem der Platte entge⸗ gen gekehrten Rande von gleicher Beſchaffenheit. Dieſe vier koniſche Fußſpitzen find fo viele Roͤhren oder Schei⸗ den, in deren jeder ein Buͤſchel Borſten bewahrt lieget, davon die Spitzen faſt unmerklich hervor ragen. Die Roͤhren ſind ſo durchſichtig, daß die inwendig liegende Borſten durchſcheinen. Ich habe gar keine Uhrſache zu zweifeln, daß dieſe Borſten beym Schwimmen des Wurms aus Dre 149 aus den Roͤhren ausgeſtreckt werden, und die verſchiedene und unor⸗ dentliche Länge ihrer Hervorragungen ſcheint es zu beſtaͤrken. Welch ei⸗ nen Vorrath von Werkzeugen muß man ſich in dem Leibe dieſes Wurms gedenken, um nach Willkuͤhr dieſe Borſten aus und ein zulaſſen! Mehr als 300 Borſten-Buͤndel in Bewegung ſo bald er ſich don einem Ort zum andern begeben will! Was wuͤrden wir ſehen, wenn uns ein zwey⸗ ter Lyonet den innern Bau derſelben darſtellen wuͤrde; der erſte wird die Naturforſcher, die er durch ſeine genaue Entdeckungen und alles über: treffenden Grab: Stichel in ein angenehmes Erſtaunen geſetzt hat, aufs hoͤchſte verpflichten, wenn er ihnen auch die zwey letzte Verwandlungen der Weiden⸗Raupe, die ich mit gleichem Reichthum und Scharfſichtig⸗ keit bey ihm gezeichnet geſehen, ebenfals ſchenken wollte. Sollen nicht die ſuͤſſen Hofnungen des Danks wirkſamer ſeyn als die nagende Empfindungen des Verdruſſes? Ich entdeckte dieſe Nereide zugleich mit der folgenden unter einer Menge warziger Nereide n die mir die Gewogenheit des Hrn. Zoega zur Unterſuchung darbot; die warzige Nereiden waren aus der Oſt⸗See, und alſo auch dieſe faferige und naͤchſtfolgende geperlte, die ſich wider Erwarten in ihrer Geſellſchaft in eben dem Glaſſe befanden. Die 7. Die geperlte Nereide. Neuntes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Groͤſſe. a. Der Kopf. 4. Die Schwanz: Faden. c. Die Seiten- Faden. Zweyte Figur: von unten, vergroͤſſert. a. Der Kopf. 5. Die Fuͤhlfaden. c. Die Seiten : Fadgit. d. Die Schwanz- Faden. e. Die Borſten⸗Fuͤſſe. Dritte Figur: Der Kopf mit einigen Gelenken, von oben, vergroͤſſert. a. Die Augen. 5. Die Fuͤhlfaden. c. Die Seiten- Faden. d. Die Borſten-Fuͤſſe. Vierte Figur: ein Borſten-Fuß, von oben, ſtark vergroſſert. a. Die durchſichtige Scheiden. 5. Die Borſten. c. Die geperlte Seiten-Faden. Fünfte Figur: ein Borften- Fuß, von unten. a. Die Scheiden. 4. Die Borſten. c. Die Seiten- Faden. enn die Alten geſagt haben, daß ſich in dem Meere gleiche Thiere finden, als auf dem Trocknen, haben fie nach ihrer Art zu ſſehen nicht D . 151 nicht Unrecht. Man ſahe nicht mit unſern durch Uebung und vergroͤſ— ſernde Glaͤſer geſchaͤrften Augen, man war zufrieden mit dem groben Um⸗ riß der Bilder; die feinen Züge und der Colorit, die die Seele des Ge genſtandes und den groſſen Geiſt des Meiſters zeigen, ruͤhrten nicht ihre unbewaffneten Sinne. Vielleicht werden unſere Nachkommen ein gleiches Urtheil von uns faͤllen. Ich habe oben der Gleichheit der Vielfuͤſſe der Erde mit den Tauſendfuͤſſen des Waſſers im allgemeinen gedacht, und jetzt duͤrfte ich den ſcharfſichtigſten Natur-Forſcher auf bieten dieſe geperlte Nereide von der elektriſchen Skolopender ) ohne Gegenwart der letzteren mit bloſſem Auge zu unterſcheiden, falls ihr Auffenthalt im Waſſer ſie nicht verriethe. Anfangs hielt ich fie fuͤr junge der warzigten Nereide, gleich wie mein Freund wahrſcheinlich gethan hat, doch erweckte das gar zu kleine Verhaͤltniß ihrer Breite und Laͤnge einigen Zweifel. Ich betrachtete ſie mit dem Such-Glas, und der Bau ihrer Fuͤſſe, die Zeichnung ihres Ruͤckens m. m. wieß den Platz, welchen ſie in der Reihe der Geſchoͤpfe einnehmen ſoll. Das 49) Ich habe bereits erinnert, daß die Zahl der Gelenke und der Fuͤſſe bey den Viel / und Taufend » Fuͤſſen der Erde und des Waſſers mit dem Alter zunimmt; auch die elektriſche Skolopender bewaͤhret dieſes; daher entſtehet die verſchiedene Zahl der Fuͤſſe, welche die Naturforſcher bey derſelben anmerken. Hr. von Lin ne zaͤhlet 70, Friſch 54, Hr. Solander 46 — 54, Hr. Strom 49, und ich 4 und 52 zu jeder Seite. Selbſt von der gemeinen Skolopender (Forficara) habe ich junge mit Ir und mit 14, und alte mit 15 Fuͤſſen an jeder Seite angetroffen. Was Hr. von inne bey dieſer ſtarke und dicke Vorderfuͤſſe nennet, find keine Füͤſſe, ſondern zwey Freß⸗Jangen; in jenem Falle hätte er 16 Fuͤſſe zaͤhlen muͤſſen. i b- e Ser ee TAB. N. nicht Unrecht. Man ſahe ni ſernde Glaͤſer geſchaͤrften Augen riß der Bilder; die feinen Zuͤge genſtandes und den groſſen Gei unbewaffneten Sinne. Vie gleiches Urtheil von uns faͤllen Vielfuͤſſe der Erde mit den Ta gedacht, und jetzt duͤrfte ich de bieten dieſe geperlte Nereid ohne Gegenwart der letzteren m ihr Auffenthalt im Waſſer fie ı kleine Verhaͤltniß ihrer Breit betrachtete fie mit dem Such = |, Zeichnung ihres Ruͤckens m. 1, Reihe der Geſchoͤpfe einnehmeßß 49) Ich habe bereits erinnert, daß d Tauſend⸗ Fuͤſſen der Erde elektriſche Skolopender bewaͤhr Fuͤſſe, welche die Naturforſcher b Friſch 54, Hr. Solander zu jeder Seite. Selbſt von mit Ir und mit 14, und alte Hr. von Zinne bey dieſer keine Füſſe, ſondern zwey Freß muͤſſen. TAB. NX. Das bloſſe Auge ſiehet einen gelblichen Zwirn-Faden ) mit kurzen einzelnen gleichfoͤrmigen Faſern zu beyden Seiten. Die Laͤnge deſſelben iſt ı 5 Linien, und die Breite einer halben Linie. Das Such ⸗ Glas zeiget fie folgender Geſtalt: Der Koͤrper beſtehet aus Hundert und zwanzig Gelenken, iſt oben gerundet und unten flach. In der Mitte des Ruͤckens der Laͤnge nach, ſiehet man die Spuhren des Maſtdarms, gleich einem dunklen Strich. Ein jedes Gelenke iſt durch einen ſchwaͤrzlichen durchſcheinen⸗ den Qverſtrich unterſchieden; naͤchſt demſelben begegnen ſich von beyden Seiten zwey ſchwaͤrzere Striche, oder liegt ein in der Mitte unterbroche— ner Strich. Zunaͤchſt über den Fuͤſſen ſcheinet ein ſchwarzer Punkt hervor, welcher vielleicht nur das aͤuſſerſte des ſchwaͤrzeren Striches iſt. Dieſe Zeichnung verſchwindet an den Gelenken gegen den Schwanz hin. An jeder Seite eines jeglichen Gelenkes ſitzet ein Fuß, alſo ſind 240 Fuͤſſe. Ihr Bau iſt einfach und der Anblick reitzend. Das, was ſich dem Auge als eine Faſer zeiget, iſt ein gleicher weicher Faden, der gleich einer Perlen: Schnur aus zehn bis zwoͤlf einzelnen in einer Reihe auf einander geſetzten runden und faſt gleich groſſen Kugeln zuſam— mengeſetzt iſt. Die Kugeln ſind zwar mit einer dunklen Materie er— fuͤllet, aber doch durchſichtig; ſelten ſieht man eine, die leer und fo Durch: ſichtig iſt wie Kryſtall. Dieſe Perlen Fäden haben die Länge der Breite des Leibes der Nereide, und machen bald einen rechten bald einen ſchiefen Winkel mit dem Leibe. Unter einem jeden derſelben raget ein dreymal kleinerer kegelfoͤrmiger Koͤrper hervor, welcher an der Spitze so) In der erſten Figur iſt die Tereide etwas breiter vorgeſtellt, als fie natürlich iſt; auch iſt es wieder meinen Willen geſchehen, daß fie in der erſten und zweyten Ft: gur vom Bauche, und nicht vom Nuͤcken erfcheinet. Dee. 153 Spitze abgehauen iſt; aus dieſem ſieht man einige ſehr feine ſilberne Borſten in einem Buͤndel gleichſam aus einer Roͤhre oder Scheide an der Zahl ſechs oder ſieben hervorſtehen. Da dieſe Scheide ein wenig durchſichtig iſt, kann man die geſammelte Borſten bis auf ihre Wurzel bemerken. Dieſes ganze Werkzeug, oder eigentlicher Borſten-Fuß hat viele Aehnlichkeit mit einer kleinen Tubularie “) die dem kno⸗ tigten Meergra ſe anſitzet, vornehmlich in den Winkeln feiner alten Blaſen; die Borſten ſitzen in ihrer Scheide wie die Arme des Polyps in der Roͤhre, ehe ſie ſich nach dem Raube ausbreiten; ſollten die Borſten, wie ich vermuthe, im Schwimmen aus der Roͤhre hervor— geſchoſſen werden, und ſich ausbreiten, ſo iſt die Aehnlichkeit noch viel groͤſſer, und bemerkungswuͤrdiger. Wenn man die Nereide von unten beſchauet, wird man an der Unterflaͤche eines jeden Gelenkes zur Seiten einen dunkeln ſchiefen Strich gewahr; dieſer iſt die erwaͤhnte Roͤhre oder ein Borſten-Fuß, welcher der Unterflaͤche plat anlieget, und ſich etwas auſſer dem Leibe heraus: 5K) Diefe Polypen: Art ſcheinet unbekannt zu ſeyn und wohnet in einer durchfichtigen, kegelfoͤrmigen und aufrecht ſtehenden Roͤhre. An der Spitze derſelben ſtoͤſſet das Thierlein eine weiſſe Borſte hervor, welche ſich nach wenigen Augenblicken zur Sets ten in 8 feinere Borſten von gleicher Laͤnge ausbreitet; dieſe ſtehen gemeiniglich vertical. Mit dem Such- Glaſe bemerket man, daß ſich an der Spitze der Roͤhre ein helles galiertiges Weſen erbebet, aus welchen die Borſten hervortreten. Es bewegt feine Borſten nach Gefallen einzeln oder mehrere zugleich, ſammelt fie paar— weiſe, oder in ein Buͤndel; letzteres geſchiehet, wenn es in die Roͤhre hinein faͤhrt, oder aus derſelben langſam und vorſichtig hervorſchieſſet. Bey einer ſchwachen Be— wegung des Waſſers werden die Borſten nur in den gallertigen Körper zurück gezo⸗ gen, bey einer heftigern aber verſteckt ſich dieſer zugleich mit allen Borſten in die Roͤhre. u SM 0% — 1 ** N 154 — — herausſtrecket; eine Stellung die der geperlten Nereide eigen iſt; ihre Verwandte haben die Fuͤſſe an den Seiten des Leibes. Auch ſitzen die Seiten Faden der letztern an den Fuͤſſen und nicht wie bey der geperlten an dem Leibe. Der Kopf hat die Groͤſſe zwey und eines halben Gelenkes, und iſt vorne in zwey kegelfoͤrmige Körper ausgeſchnitten. Keine Kopf Spitzen, keine Dutten ſind hier zu merken, aber die Kennzeichen ihres Geſchlechts Fuͤhlfaden und Augen ſind zu ſehen. Vier ſchwarze Punkte, davon die vorderen groͤſſer ſind als die hinteren, zeigen ſich gegen dem Hintertheil des Kopfs. Die hinteren ſind nur dem geuͤbten Auge ſichtbar. Ich habe ſie gleichförmig bey allen wahrgenommen. Kann man wohl glauben, daß die Natur Ordnung, Verhaͤltniß, und eine Gleichheit der Zahl in Punkten, die nicht ohne Vergroͤſſerungs— Glas koͤnnen bemerket werden, ohne einen ihrer Sorgfalt wuͤrdigen Zweck beobachten werde? und welcher iſt derſelben wuͤrdiger als die Gabe des Sehens? An jeder Seite des Kopfs gegen dem Leibe, ſitzen drey Fuͤhl— Faden; ſie ſind in allem den Fußfaden gleich, und ebenfalls Perlen— Schnuͤre. Unten hinter dem Kopf raget der Mund als eine dicke ge— ſchwollene Warze in der Laͤnge des Kopfs hervor. Die Kleinheit des Wurms hat mir nicht erlaubt ein Hals-Gelenke ohne Fuͤſſe zu unter— ſcheiden, noch zu erfahren, ob der Mund mit den gewoͤhnlichen zwey Freß⸗Zangen verſehen ſey, welches doch die Aehnlichkeit vermuthen laͤſſet. Der Derne 155 Der Schwanz endiget ſich in zwey lange Faͤden gleich wie bey den meiſten der andern Nereid enz auch dieſe find Perlen-Schnuͤre, un dbeſtehen aus zwanzig an einander in einer Reihe hängenden Kugeln. Die Bemerkung, daß die Fuͤhl⸗Fuß⸗ und Schwanz - Fäden aus Perlen zuſammen geſetzt waren, veranlaſſete eine abermalige Unter— ſuchung dieſer Organen bey den faſerigten und warzigten Nereiden unter dem Vergroͤſſerungs⸗ Glas, und ich wurde beſtaͤrket, daß dieſer Bau der geperlten allein gehoͤre. Jene beſtehen aus einem einfachen weichen und gallerigten Weſen ohne Gelenke oder Ringe, das mit einer durchſichtigen Haut umgeben iſt. Unſere geperlte Nereide machet fo wie die folgenden Aphro- diten eine Ausnahme von dem, was ich gleich Anfangs erinnert habe, daß die Wuͤrmer und inſonderheit die Tauſendfuͤſſe der Waſſer ſich von den Inſekten, und namentlich von den Vielfuͤſſen der Erde darinn unterſcheiden, daß fie ungegliederte Fuͤhlſaden haben. Hier find fie perlenſoͤrmig wie bey den Land. Skolopendern. u Die 156 Dc egg. Die gefleckte Nereide. Zehntes Kupfer. Erſte Figur: in natürlicher Groͤſſe. a. Die Schnauze. D. Die Oefnung des Ruͤſſels. e. Die Fuͤhl⸗ Faden. d. Die Augen. e. Die Schwanz - Faden. Zweyte Figur: die Schnauze vergroͤſſert. g a. Der ſchuppigte Theil. 5. Der gerunzelte Theil. c. Der Ruͤſſel. d. Die Oefnung deſſelben. Dritte Figur: der Nüffel in natürlicher Gröffe, a. Der Kopf. b. Die Oefnung. c. Der Stiel. Vierte Figur: drey Gelenke von oben, vergroͤſſert. a. Der Ruͤcken. b. Die Borſten-Fuͤſſe. c. Die Ruder- Platten. Fuͤnfte Figur: drey Gelenke von unten, vergroͤſſert. a. Der Bauch. b. Die Borſten⸗-Fuͤſſe. c. Die Ruder- Platten. Sechſte Figur: ein Borſten⸗Fuß mit feiner Platte, ſtark vergroͤſſert. Ein Stuͤck des Gelenkes. Der zweyfache Fuß. Die Borſten. 0 d. Die Platte mit ihrem Geaͤder. sun Diefe . D 157 Di und die folgende Nereiden unterſcheiden ſich von den vor— hergehenden durch ein eignes Organ, das in ihrem Munde ver— borgen lieget, und bisweilen weit hervor geſtoſſen wird; Es iſt ihnen anſtatt der Freß⸗Zangen, die wir bey den andern bemerket haben, und kan Ruͤſſel oder Zunge genannt werden. Ich habe keine dieſer ge— zuͤngelten lebendig geſehen, und kenne ſie nur aus ſehr mittelmaͤſ— ſigen Abbildungen und kurzen Beſchreibungen, die mir Hr. Koͤnig, Medicus bey der Königlichen Daͤniſch Misſion in Trangvebar bey ſeiner Abreiſe hinterlaſſen hat. Von der gegenwaͤrtigen wuͤrde ich meinen Leſern eine ſehr un— vollftändige Idee geben, wenn ich nicht ein im Wein-Geiſt aufbewahrtes Stuͤck derſelben, welches der Erfinder aus Island gebracht hatte, von ohngefehr beym Hrn. Zoe ga zu Geſicht bekommen, der mir nach ſeiner bekannten Willfaͤhrigkeit den Gebrauch deſſelben erlaubte. Ich ver: warf den bereits vollfuͤhrten Stich, beſorgte einen neuen, und verbeſ⸗ ſerte die Beſchreibung. Der Körper ift blaß gruͤn, vornen und in der Mitte von gleicher Breite, gegen den Schwanz etwas ſchmaͤler, drittehalb Zoll lang, und eine Linie breit, und beſtehet aus zwey hundert Gelenken, die zu beyden Seiten mit Schwimm ⸗Fuͤſſen und Ruder⸗-Platten verſehen find. Die Gelenke ſind oben ein wenig erhaben, und unten plat, und haben in ihren Zuſammenfuͤgungen einen ſchwarzen Flecken, und zwiſchen dieſen hellgelbe kleinere Flecken; letztere ſind nur dem bewafnetem Auge ſichtbar. Noch gehet zu beyden Seiten naͤchſt den Ruder-Platten ein dunkeler Strich den ganzen Koͤrper hindurch, daher erſcheinet der Ruͤcken gefleckt, der Bauch hingegen iſt weislich. An dem in Wein: Geift aufbehal— 1 3 tenem I und die folgende Nereid hergehenden durch ein eignes borgen lieget, und bisweilen weit h anſtatt der Freß⸗Zangen, die wir b kan Ruͤſſel oder Zunge genannt we zuͤngelten lebendig geſehen, und ſigen Abbildungen und kurzen Beſch Medicus bey der Koͤniglichen Daͤn ſeiner Abreiſe hinterlaſſen hat. Von der gegenwärtigen mol vollſtaͤndige Idee geben, wenn ich nid“ Stück derſelben, welches der Erfinden ohngefehr beym Hrn. Zoe ga zu Gef bekannten Willfaͤhrigkeit den Gebrai warf den bereits vollfuͤhrten Stich, ſerte die Beſchreibung. | | Der Körper ift blaß-grun, v Breite, gegen den Schwanz etwas fü eine Linie breit, und beſtehet aus zwer Seiten mit Schwimm ⸗Fuͤſſen un Die Gelenke ſind oben ein wenig erh in ihren Zuſammenfuͤgungen einen ſch hellgelbe kleinere Flecken; letztere ſind Noch gehet zu beyden Seiten naͤchſt Strich den ganzen Körper hindurch, d der Bauch hingegen iſt weislich. u — Br E E TAB. X. 4 TEE eee tte De 52e —— 158 DNN tenen waren die Farben ganz verſchwunden, und unter dem Bauch an jedem Gelenke vier in die Qver geſtellte eckichte Eindruͤcke zu ſehen. Der Kopf iſt von gleicher Breite und Laͤnge; vornen mit zwey faſt unmerklichen Kopf⸗Spitzen, hinten zu jeder Seite mit vier kurzen Fuͤhlfaden verſehen. Dieſe find pfriemen-foͤrmig und weiß: grau; der hinterſte iſt ein wenig länger als die übrigen. An der Stirne vertreten zwey ſchwarze Punkte die Stelle der Augen. Vornen am Kopfe raget eine dicke, cylindriſche Schnauze, die am Ende abgeſchnitten, und wohl dreymal ſo groß als der Kopf iſt, hervor. Da, wo ſie dem Kopf anſitzet, iſt fie mit vielen Reihen ſehr kleiner, dem bloſſen Auge unficht- bahrer Warzen beſetzt, und oben mit gerunzelten Ringen umgeben. An dem aͤuſſerſten Ende etwas vom Rande nimmt man einen zweyten er habenen und gekerbten Rand, und in der Mitte eine Oefnung gewahr. Dieſes iſt das aͤuſſerſte eines merkwuͤrdigen Organs, das ich ſeiner Oef— nung wegen den Ruͤſſel nenne. Er iſt ſeiner Laͤnge und Dicke wegen ſonderbar. Ich fand ihn im Wein-Geiſt von der Nereide abgeſon⸗ dert und los liegend, und würde bey feiner unverhaͤltnißmaͤsſigen Groͤſſe nicht geglaubt haben, daß er dieſem Wurm gehoͤre, wenn ich nicht einen gleichen Ruͤſſel in der Schnauze des obenerwaͤhnten Stieles ſitzend ange— troffen haͤtte. Er hat die Geſtalt einer Kaͤule, iſt vier Linien lang, oder acht mal laͤnger als der Kopf der Nereide. Der Kopf hat kaum ; der Lange des ganzen, iſt gerundet, voll kleiner Erhebungen gleich dem Chagrin, und am Ende dicker als der Koͤrper des Wurms. Der Stiel iſt ſchmal, biegſam, und glat. Bey der groſſen Laͤnge dieſes Organs, muß es, wenn es eingezogen wird, einen Raum von mehr als zwanzig Gelenken des Koͤrpers einnehmen; und, da es auſſerhalb des Koͤrpers dieſen an Dicke uͤbertrift, und doch in demſelben ver— borgen lieget, muß es, ſo oft es aus dem Schlund geſtoſſen wird, aufſchwel⸗ e * . 159 aufſchwellen, und beym Zuruͤckziehen an Volumen abnehmen. Herr Koͤnig berichtet, daß es aͤuſſerlich weis mit rothen Streifen und in: wendig tief gefurchet ſey, doch ohne Anzeige einiger Zaͤhne, und daß die Oefnung ſo groß ſey, daß man tief hinein ſehen kann. | Die Fuͤſſe dieſer und der naͤchſt folgenden Nereide nähern: fich der Geſtalt der Fuͤſſe der Aphroditen, und haben dieſes beſonders vor den andern ihres Geſchlechts, daß fie Platten, die fie weit an Groͤſſe übertreffen, über ſich haben. Auch durch dieſe Platten nähern fie ſich den Aphroditen, deren Fuͤſſe von groſſen Schuppen bedecket werden, doch ſind dieſe unbeweglich und in einer horizontalen Stellung, wenn jene ſich aufwärts oder hinab bewegen. An dem duffern Rand ei: nes jeglichen Gelenkes ſitzet eine in zwey cylindriſche Koͤrper zertheilte weißliche Warze; aus dieſen kleinen Cylindern ſtehet ein Buͤndel kurzer und durchſichtiger Borſten hervor. Dieſe zwey Cylinder mit ihren Borſten machen einen Fuß. Ueber denſelben ſitzet eine gruͤne, eckichte Platte, die in der Mitte einen grauen Flecken hat. Sie iſt dem Ge⸗ lenke des Koͤrpers alſo angeheftet, daß ſie eine verſchiedene Richtung annehmen kann; iſt das Thier ruhig, bedeckt fie die Borſten-Fuͤſſe; will es fortſchwimmen, muß fie ein Ruder abgeben, und wenn es uͤber die Steine kriechet, wird ſie in die Hoͤhe gerichtet, damit ſie nicht durch ihre Groͤſſe den Gang der Nereide hindere. An der im Wein⸗Geiſt aufbehaltenen ſtanden fie alle in zwey Reihen an dem Ruͤcken in einen ſpitzen Winkel Ziegel-wweiſe aufgerichtet; durch Huͤlfe der Loupe bemerkte man in ihrem inwendigen ein kleines Geaͤder gleich wie in den Blumen-Blaͤttern. | Der Schwanz endiget ſich in zwey weiſe Faden, die doppelt fo lang find als die Fuͤhl⸗ Süden. | Die N S 160 Sue Die gefleckte Nerei de Halt ſich an Islaͤndiſchen Meer⸗Ufern, unter den Steinen, und in derſelben Ritzen und Loͤchern auf. Sie iſt weniger ſelten als die folgende, und hat das beſondere, daß ihre Fühl Faden immer in Bewegung ſind. Bey der uͤberaus groſſen Zahl der Fuͤſſe, mit welcher dieſe Nereide vor allen bekannten Thieren verſehen worden iſt, koͤnnen wir nicht umhin die ſcheinbare Verſchwendung des Schoͤpfers zu bewundern, indem wir die Uhrſache und die Nothwendigkeit dieſer Menge nicht einſehen; vierhundert Fuͤſſe an einem Wurm und mehr als Tauſend aͤuſſerliche und kennbare Organen um denſelben fortzubringen, und bey einem anderen Wurme kein einziger Fuß, kein aͤuſſeres ſichtbares Werkzeug zum fortkommen, nichts als die Aus— dehnung eines einfachen gleich geſtalteten Koͤrpers. Wie groß iſt dieſer Unterſchied? und doch ſehe ich den Ohnfuß “) mit gleicher Geſchwindigkeit ſich im Waſſer bewegen als den Tauſendfuß. Was duͤrfen wir hieraus folgern? Daß es dem Schoͤpfer gefallen alle dem Goͤttlichen Verſtande moͤgliche Ideen wirklich zu machen, und ſie in die ewige Ausdehnung ſeiner Schoͤpfung zu ver— theilen! Wir finden Geſchoͤpfe mit 1, 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 24-40 Fuͤſſen und andere ohne dieſelben. Die Verſchiedenheit iſt unendlich auch nur bey verwandten Geſchlechtern. Wie einfach iſt der Bau der Fuͤſſe bey den Naiden des ſuͤſſen Waſſers, und wie mannigfaltig bey den Nereiden der Meere; drey bis vier Borſten find bey ) Bey den Faden - und Spuͤhl- Wuͤrmern, fo wie bey den Faſeiolæ, findet fich fo wenig als bey den Schlangen die Spuhr eines Fuſſes, daß ich nicht der vielen mi— croſcopiſchen Thierlein gedenke, die ſich in allen moͤglichen Richtungen und oft mit einer Geſchwindigkeit, die das Auge kaum zu faſſen vermag, im Waſſer bewegen, ohne daß die ſchaͤrfſte Vergroͤſſerung das Trieb: Mad dieſer Bewegungen hat wahr: nehmen koͤnnen. — 161 bey jenen 53) hinlaͤnglich; und diefe ſollen unzaͤhlbare an vielen Gliedern eines jeden der 400 Fuͤſſe beduͤrfen. Wo iſt hier das pröneipzum Minima actionis unſerer Philoſophen? Wo die Sparſamkeit der Natur? ich ſehe nichts als eine göttlich reiche Hand, die alle moͤgliche Geſtalten bildet, und aus dem Horne des Ueberfluſſes den ganzen Erdboden mit ihren Guͤtern uͤberſchwemmet. 33) Daß die Würmer keine Fuͤſſe haben, gilt nur von einem Theil derſelben. Bey einigen find fie offenbahr, wie wir an unſern Nereiden geſehen haben; bey andern ſind ſie weniger merklich, weil ſie nicht nur ſehr einfach, ſondern auch ſo klein und verſteckt ſind, daß fie nicht ohne Vergroͤſſerungs Glas, und nur alsdann, wenn der Wurm ſie aus dem Leibe hervorſtoͤſſet, koͤnnen geſehen werden. Auſſer meinen angefuhrten Naiden pranget der gemeine Erd⸗Wurm mit mehr als tauſend Fuͤſſen dieſer Art. Man fühlt ſie, wenn man den Wurm in die Hand leget, und man hört fie, wenn er ſich auf einem Stuck Papier beweget. Millionen Menſchen kennen und ſehen dieſen Wurm; kaum haben fünf feine Borſten-Fuͤſſe wahrgenommen. Willis iſt, fo viel ich weiß, der erſte, welcher ſie bemerket hat; er zaͤhlet ganz richtig eine! vierfache Reihe, Hr. von Linne giebt in der ſpecifiſchen Benennung eine dreyfache, und in ſeiner Beſchreibung eine zweyfache Reihe an; ich finde bey denen, die ich beobachtet habe, ſo wie die Hrr. Willis und Murray vor mir, acht paarweiſe geſtellete Borſten an jedem Ring. Letzterer hat feiner Schrift de lumbrie. ſetis eine ge⸗ naue Abbildung derſelben beygeſüget. Dieſe Borſten mangeln gaͤnzlich dem Spuhl⸗ Wurm, (gleich wie dem Erd- Wurm der dreyfache Knoten des vordern Endes des Spuhl⸗Wurms ) und beſtimmen den wahren Unterſchied dieſer von einigen Natur⸗ Beſchreibern verwirrten Wurm : Arten. Auch der lange Wurm des Hr. Bonnet und ein von mir geſundener kleiner weiſſer Erd- Wurm iſt mit ſolchen Borſten⸗ Fuͤſſen verſehen. 8 Die 162 —̃ — Die grüne Nereide. Eilftes Kupfer. Erſte Figur: in natuͤrlicher Groͤſſe. a. Der Kopf. 6. Die Fuß⸗ Platten. c. Die Schwanz: Faden. Zweyte Figur: der Kopf vergroͤſſert. a. Die Augen. 5. Die Füͤhlfaden. c. Die Kopf: Spitzen. Dritte Figur: der Ruͤſſel vergroͤſſert. Vierte Figur: vier Gelenke, von oben, vergroſſert, 4. Die Borſten⸗ Fuͤſſe. f . Die Ruder- Platten. Fuͤnfte Figur: vier Gelenke von unten, vergroͤſſert. #. Die Borſten⸗ Fuͤſſe. 5. Die Ruder: Platten. Sechſte Figur: ein einzelner Fuß, vergroͤſſert. 3. Das Gelenke. J. Die Ruder : Platten. c. Die Fuß ⸗Borſten. ( ie Länge der grünen Nereide Halt völlig drey Zoll, und ihre RI geöfte Breite eine Linie. Ihre Farbe iſt hoch- gruͤn ohne Flecken oder Punkte. | Der D. DN 163 Der Körper iſt faden- foͤrmig, oben und unten plat, an bey⸗ den Enden ſchmaͤler als in der Mitte, und beſteht aus hundert und dreyßig Gelenken. Der Kopf iſt niedergedruͤckt, vornen ſtumpf, und daſelbſt mit vier pfriemen⸗ foͤrmigen und kurzen Spitzen verſehen; fie ſtehen ſchraͤg in die Hoͤhe gerichtet, und entfernen ſich am Ende von einander. An der Stirne zeigen ſich zwey groſſe ſchwarze Punkte als die Augen des Thieres, und an jeder Seite drey kurze Fuͤhlfaden. “) Dieſe find etwas laͤnger als der Kopf, gegen den Anfang plat gedruͤckt, am Ende zugeſpitzt, und haben folgende Stellung; der erſte ſitzet unter den Au— gen, der letzte und laͤngſte am Anfang des Kopfes, und der mittlere zwiſchen beyden. Unter dem Kopf iſt der Mund, aus welchem es bisweilen einen Ruͤſſel hervorſchieſſet. Dieſer iſt keulen-foͤrmig, ſchmutzig⸗gruͤn, glat, und am Ende faſt dicker als der Koͤrper ſelbſt. Die Gelenke des Koͤrpers find einander völlig gleich, ausge: nommen, daß ſie gegen die Enden des Koͤrpers, an Breite abnehmen, und zwar vorzuͤglich gegen den Kopf zu; ein Verhaͤltniß, das der gruͤnen Nereide eigen zu ſeyn ſcheinet; ein jedes Gelenk hat zwey fuß⸗ aͤhnliche Glieder, alſo bewegt ſich dieſe Nereide auf zwey hundert und ſechzig Fuͤſſen. Der Bau der Fuͤſſe iſt faſt wie bey der gefleckten. Erſtlich ſeht! man eine laͤngliche Platte die ein wenig zugeſpitzt iſt; eine ſolche E 2 iſt ) Es iſt eine beſondere Ausnahme, daß dieſe Nereide nur zwey Augen und ſechs Fuͤhlfaden haben fol. Faſt ſolte ich glauben, daß Hr. Konig zwey Augen Punkte und zwey Fühlfaden uͤberſehen hätte, da es bey ihrer Kleinigkeit leicht geſchehen kann. LAB den Enden ſchmaͤler als in der Mi dreyßig Gelenken. Der Kopf iſt niedergedruͤ vier pfriemen⸗foͤrmigen und kurzen in die Hoͤhe gerichtet, und entfernen der Stirne zeigen ſich zwey groſſe fi Thieres, und an jeder Seite drey etwas laͤnger als der Kopf, gegen d zugeſpitzt, und haben folgende Ste 1 IAB. XV g en ö d er [ etzte und [ an gſt e am An 8 . 8 1 zwiſchen beyden. Unter dem Ko! bisweilen einen Ruͤſſel hervorſchie ſchmutzig⸗gruͤn, glat, und am Ende Die Gelenke des Koͤrpers nommen, daß ſie gegen die Enden und zwar vorzuͤglich gegen den K gruͤnen Nereide eigen zu ſeyn f fuß ahnliche Glieder, alfo bewegt ſig und ſechzig Fuͤſſen. Der Bau der Fuͤſſe iſt faf 1975 man eine laͤngliche Platte die | >*) Es iſt eine beſondere Ausnahme, daß Fuͤhlfaden haben ſoll. Faſt ſolte Punkte und zwey Fuͤhlfaden dee a geſchehen kann. | 16 4 2 —— 2 iſt einer kleinen Warze **) angelenket, die unmittelbar jeglichem Ge⸗ lenke des Koͤrpers anſitzet, und vermittelſt dieſer Gelenkung ſich nach allen Seiten bewegen kann. Neben der Einlenkung ſitzet noch ein anderer kleiner Koͤrper; aus der einen Seite deſſelben kommen zwey kleine cylindriſche Korper hervor, aus welchen kurze hellglaͤnzende Boͤrſtlein hervorſtehen. Dieſe letzteren, als die eigentlichen Fuͤſſe, ſind vielmal kleiner als erwaͤhnte Platte, und werden voͤllig von derſelben be— decket; ſie kann als ein kleines Ruder an den Seiten eines jeden Ge— lenkes angeſehen werden. Es verſteht ſich, daß die Borſten⸗Fuͤſſe und Ruder⸗ Platten an Groͤſſe abnehmen, fo wie die Gelenke des Körpers, an welche ſie geheftet ſind. Der Schwanz verliert ſich in zwey kurze Faden, die wenig länger. als die Ruder-Platten find. Der Aufenthalt dieſer ſchoͤnen grunen Nereide iſt im Meer am Isländiſchen Ufer; wenn zur Zeit der Ebbe das Waſſer die Ufer verlaͤſt, ſo findet man ſie in den Loͤchern der ausgebrannten und vom Hecla ausgeworfenen Steine, darinn noch etwas Waſſer zur Erhaltung ihres Lebens bis zur Wiederkunft der Fluth ſtehen bleibet. Sie kann ſehr ſchnell uͤber die Steine im Meere kriechen, in welchem Falle zu vermuthen iſt, daß fie die langen Ruder- Platten alſo erhebet, daß ſie nicht von denſelben im Gange gehindert werde, und ſich allein der von ſelbigen bedeckten Borſten-Fuͤſſe bedienet; auch wird man nicht zweifeln, daß ſie mit zwey hundert und ſechzig Rudern ſehr 37) Die kleine Warze habe ich an dem in Brandtewein aufbewahrten verftümmelten Stück nicht ſehen können; die Gelenke des Körpers aber waren ſehr deutlich, und die Ruder- Platten etwas aufrechts gekehret. D- 165 ſehr geſchwinde fortſchwimmen koͤnne, falls die Art der Bewegung den Erfolg dieſer vielen Kraͤften nicht hindert. Wenn man ſie beunruhiget, ſtoͤſſet fie ihren keulen⸗foͤrmigen Ruͤſſel hervor, bald aber zieht fie ihn wieder hinein. Hr. Koͤnig fand dieſe und die naͤchſt vorhergehende N ereide auf den Reiſen, die er in Island auf Koͤnigliche Koſten zur Ausbreitung der Natur-Geſchichte in den Jahren 1765 und 1766 unternahm, und theilte ſie mit mehrerm dem Hrn. von Linne mit, welcher ihre Farbe und die Zahl ihrer Gelenke bekannt gemacht hat. | E3 Die 166 De Die dicke Nereide. Zwoͤlftes Kupfer. Erſte Figur: vom Ruͤcken gefeben. a. Der Ruͤſſel. J. Die Kopf- Spitzen. e. Die Fuͤhl⸗ Faden. 4. Die Fuͤſſe. e. Die Schwanz Borſten. Zweyte Figur: vom Bauch geſehen. Die Schnauze. .Die Kopf ⸗ Spitzen. Die Fühl: Faden. Kleine Bauch -Borſten. e. Die Fuͤſſe. F. Die Schwanz : Borften. u u. Dritte Figur: die aftige Borſten der Füffe, vergroͤſſert. No nur die Oſt⸗ See und das Atlantiſche Meer ernaͤhret ihre beſonderen Nereiden, auch die Oſt indiſche Gewaͤſſer haben ihre eigene Arten. Mein neulich erwaͤhnter Freund ſandte mir im Jahre 1769 aus Trangvebar eine gemahlte Abbildung derjenigen, die ich hier in Kupfer vorſtelle, nebſt einer kurzen lateiniſchen Beſchreibung. Aus der Vergleichung derſelben mit der Zeichnung iſt folgender Bericht entſtanden. Der Koͤrper iſt ausgeſtreckt vier Zoll lang, und fuͤnf Linien breit, faſt von gleicher Dicke, den Schwanz ausgenommen, wo er almaͤhlig almaͤhlig abnimmt; oben und unten etwas flach gedrückt, und beſtehet aus vierzig Gelenken. Ein jedes derſelben ſcheinet auf dem Ruͤcken mit einem ſchmutzig gelben und einem dunkel- blauen, auf dem Bauch hingegen mit einem hellgelben und einem grauen Bogen- Strich gezieret zu ſeyn. Nach der Beſchreibung ſoll einem jeden Gelenke an den Seiten des Ruͤckens eine kegel-foͤrmige aufrechts ſtehende Warze angewachſen ſeyn, deren Spitze mit einem Buͤndel aufrecht ſtehender Borſten beklei⸗ det iſt. Zwiſchen den Warzen ſollen ſich faden foͤrmige, aͤſtige und buſchigte Locken zeigen, die laͤnger als die Warzen, an den Spitzen blut⸗ roth, und an der Wurzel himmel: blau find, Die Abbildung zeiget nichts davon. An dem Bauche zeigen ſich gegen beyden Seiten eines jeden Gelenkes kleine kurze Borſten, derer die Beſchreibung nicht gedenket; ſie ſagt blos, der Bauch ſey glaͤnzend, mit ſehr kleinen War⸗ zen beſtreuet. Die Spitze des Schwanzes iſt mit feinen, gerade aus⸗ geſtreckten, pinſel⸗ foͤrmigen Borſten von ungleicher Laͤnge beſetzt. Die Fuͤſſe ſitzen an den Seiten des Koͤrpers, und ſind an der Zahl achtzig, zwey an jeglichem Gelenke. Sie beſtehen aus einem blut⸗ rothen kegel⸗ foͤrmigen Körper, deſſen Spitze ſich in einen aſtigen Buſch endiget. An der untern Flaͤche derſelben neben der Spitze ragen einige kleine Knoten hervor, an denen man keine Borſten wahrnimmt. Der aſtige Buſch verdient vorzüglich dieſen Nahmen, indem, wie die vergroͤſſerte Fi zur zeiget, die feine Borſten-Haare ſich in viele kurze und lange, dicke und duͤnne Aſte vertheilen. Der Kopf iſt kleiner als bey den anderen Arten dieſes Geſchlechts und oben mit zwey 5°) kleinen ſchwarzen Punkten beſetzt, die die Stelle der Augen vertreten. Zu jeglicher Seite des Kopfes | ſitzen 36) Ich vermuthe ſehr, daß die zwey kleinere Augen dem Beobachter entgangen find, almaͤhlig abnimmt; oben und un aus vierzig Gelenken. Ein jed mit einem ſchmutzig gelben und ei hingegen mit einem hellgelben und zu ſeyn. Nach der Beſchreibung des Ruͤckens eine kegel-foͤrmige a ſeyn, deren Spitze mit einem Bü = det iſt. Zwiſchen den Warzen 1 buſchigte Locken zeigen, die lim, u n&lL blut⸗ roth, und an der Wurzel Ba Ä zeiget nichts davon. An dem W eines jeden Gelenkes kleine kurze 7 | gedenket; fie ſagt blos, der Bauch. 1 = sh | Me? a ch SL zen beſtreuet. Die Spitze des geſtreckten, pinſel⸗ foͤrmigen Ber Die Fuͤſſe figen an dnn Zahl achtzig, zwey an jeglichem! blut⸗ rothen Eegel: förmigen Koͤr Buſch endiget. An der untern I einige kleine Knoten hervor, an Der aſtige Buſch verdient vorz vergroͤſſerte Fizur zeiget, die fei und lange, dicke und duͤnne Aſt Der Kopf iſt kleine Geſchlechts und oben mit zwey die die Stelle der Augen vertre 60) Ich vermuthe ſehr, daß die zwey 168 Un NINE figen vier Fuͤhl Faden die von gleicher Länge find; fie erfcheinen in der Abbildung viel dünner und kuͤrzer als bey den übrigen dieſes Geſchlechts, und nur kleine Borſten zu ſeyn, da ſie aber die gewoͤhn— liche Stelle der Fuͤhl-Faden einnehmen, habe ich ihnen dieſe Benen— nung gelaſſen. An der Stirne ragen zwey rothe Kopf Spitzen hervor, die länger und dicker find als die Fuͤhl- Faden. Dieſes iſt eine beſondere Abweichung von dem algemeinen der Nereiden, bey welchen die Fühl⸗ Faden gewoͤhnlich laͤnger und dicker find als die Kopf Spitzen. Der Erfinder dieſer Nereide nennet zwar die an der Stirne ſitzende Spitzen Fühl- Faden, und vielleicht verdienen fie auch dieſe Benennung, da er aber nichts von ihrem Gebrauche oder Bewe— gung erwaͤhnet, wird der einmal angenommene Ausdruck fuͤglicher beybehalten. Der Müffel fallt feiner Groͤſſe und Dicke halben ſehr in die Augen, und hat viele Aehnlichkeit mit dem Ruͤſſel der flachen Aphro— dite. Er iſt ein walzen-foͤrmiger Koͤrper, der aus einer glatten auf— geblaſenen Membrane zu beſtehen ſcheinet, und vornen ſcharf abgeſchnit— ten iſt. Er haͤlt zwey und eine Drittel Linie im Durchſchnit und fuͤnf Linien in der Laͤnge. Das Thier kann denſelben nach Belieben ein— ziehen und unter ſeinem Kopfe verbergen, oder in die Laͤnge ausſtrecken; im letzteren Falle, wie es aus der Abbildung ſcheinet, fuͤllet es ſelbigen mit Luft als wie eine Blaſe; im erſten aber leeret ſie denſelben von der eingelaſſenen Luft aus, und faltet ihn unter dem Kopfe zuſammen. Dieſe wegen der Verſchiedenheit ihrer Farben, ihrer blut⸗rothen Fuͤſſe und ihrer aſtigen Borſten bemerkungswuͤrdige Nereide lebet in Geſellſchaft der Seyllea in dem ſchwimmenden Meer⸗Graſe des groſſen Welt-Meeres. Von on den Aphroditen. Res — queque fuo ritu preſedit: & omnes Fzdere nature certo diſerimina ſervant. a m mn — — — — tn U 9 Die 170 UND INERN Die gedüpfelte Aphrodite, Dreyzehntes Kupfer. Erſte Figur: von oben. a. Die Kopf: Faden. b. Die Fuͤhl-Faden. e. Der Kopf- Spitzen. d. Die Seiten Faden. e. Die Schwanz: Faden. F. Die Augen. g. Die Schuppen. Zweyte Figur: von unten. a. b. c. d. e. wie in der vorhergehenden Figur. F. Der Mund. g. Die Borſten⸗Fuͤſſe. Dritte Figur: das Vorder-Ende, von oben; vergroͤſſert. a- G. c. d. e. f. g. wie in der erſten Figur. Vierte Figur: das Hinter⸗Ende, von oben; vergroͤſſert. Die Seiten = Faden. Die Schwanz: Faden.- Die Schwanz: Spitzen. . Die Schuppen. uee u» * Fünfte Figur: eine einzelne Schuppe; vergroͤſſert, a. Die Franzen oder Faſern. 5. Die kleinen kugelichten Korper. Sechſte S De 171 Sechſte Figur: das Hinter⸗Ende, von unten; vergroͤſſert. a. Die Schwanz: Faden. | b. Die Schwanz: Spitzen. c. Die Borſten-Fuͤſſe. d. Der jüngere Borſten- Fuß. e. Der kugel- tragende Faden deſſelben. J. Die Schuppen. Siebende Figur: ein einzelner Vorſten⸗Fuß; ſtark vergroſſert. a. Der geſpaltene Kegel. 6. Die glänzende Borſten. 3 Anfang des Merz fand ich zwiſchen zwey Auſter-Schalen ſtatt des Bewohners einigen Schlamm, und in dieſem eine bunte Ne— reide und die gegenwärtige Wurm: Art. Sie war bereits todt, und ich bemerkete bald, daß fie zu dem Geſchlechte der Aphrodite der Natur⸗ Beſchreiber gehoͤre, weil ich ſie aber nie zuvor geſehen, und die Lin; neiſche Beſchreibung kurz und unzulaͤnglich, die Pallaſiſche *) zweifel⸗ haft, und die Baſteriſche ) Figuren ſchlecht und unvollſtaͤndig wahr: nahm, auch ungewiß war, ob ich ſie je lebendig ſehen wuͤrde, entſchloß ich mich eine beſſere Abbildung zu beſorgen, und meine Bemerkungen nieder zu ſchreiben. Obgleich erwaͤhnte Beobachter ſie einmuͤthig die ſchuppigte nennen, ſehe ich mich doch genöthiget, da die Trivial-Namen nicht ganz willkuͤhrlich ſeyn muͤſſen, eine Benennung, die dem ganzen Geſchlecht (die ſtaͤchlichte ) nicht ausgenommen) gemein iſt, zu verlaſſen, und eine Y 2 andere 1) Mife. Zoolog. p 92,93; T. 7, F. 14, a.— d. 2) Opufe. ſub — fee. Vol. 2. p. 66, T. 6, F. 5. a. — d. 3. B. an einer Seite eilf, an der andern dreyzehn, und auf dem RMuͤcken liegend zwanzig Fuͤſſe, auch heiſt es in der Er⸗ klaͤrung der Figuren zwoͤlf, ſtatt vier und zwanzig. 2) Der Hr. Pallas hat ihre ſchoͤne Schuppen, die unter der Haut des Ruͤckens liegen, und allen feinen Vorgängern entgangen find, entdeckt, und mit mehrerm in oben er— waͤhntem Werk ſauber ſtechen laſſen. LAB. VII. Nm * Sechſte Figur: das Hinter Ende, a. Die Schwanz: Fa b. Die Schwanz: © .Die Borften = Fü . Der jüngere Borſt Der kugel- tragen J. Die Schuppen. Siebende Figur: ein einzelner Bo a. Der geſpaltene Key 6. Die glänzende Bo An 2-; 3˙ Anfang des Merz fand ich Erle Bewohners einigen Schlaf 8 retde und die gegenwaͤrtige Wu ich bemerkete bald, daß fie zu denk | Beſchreiber gehöre, weil ich fiel‘ neiſche Beſchreibung kurz und un haft, und die Baſteriſche ) Fi nahm, auch ungewiß war, ob ich ich mich eine beſſere Abbildung nieder zu ſchreiben. . 8 Obgleich erwaͤhnte Be nennen, ſehe ich mich doch genoͤth 9 5 willkuͤhrlich ſeyn muͤſſen, eine 2 (die ſtaͤchlichte ) nicht ausgeno ) Mife. Zoolog. p 92,93; T. 7, F. 2) Opufe. ſub — fec. Vol. 2. p. 66, T andern dreyzehn, und auf dem Nik klaͤrung der Figuren zwölf, ſtatt vi 3) Der Hr. Pallas hat ihre ſchoͤne und allen ſeinen Vorgaͤngern entga waͤhntem Werk ſauber ſtechen laſſen. 172 LERNEN? andere von einer dieſer Art eigenen Eigenſchaft herzunehmen, und dieſe finde ich in ihren punktirten Schuppen. Sieht man alſo dieſe geduͤpfelte Aphrodite vom Ruͤcken an, iſt fie dem Keller-Wurme nicht unaͤhnlich, vom Bauche aber wird man ſie beym erſten Anblick fuͤr ein abgeriſſenes Stuͤck einer Nereide halten. Sie iſt eilf Linien lang und drittehalb Linie breit, an beyden Enden ſtumpf; uͤberall von gleicher Breite. Das Vorder-Ende iſt dem hintern ſo aͤhnlich, daß man Muͤhe haben wird, ſie von einander zu unterſcheiden. Beyde beſtehen aus einem den uͤbrigen Gliedern des Koͤrpers aͤhnlichem Gliede, und aus beyden ragen Ähnliche weiſſe Faden hervor. Nur der Mund, welcher an der Unterflaͤche hervorſtehet, verraͤth dem bloſſen Auge den Ort des Kopfes. Durch Huͤlffe des Such-Glaſes wird man an dem einen Ende zwiſchen den zwey erſten Rüden: Schuppen vier ſchwarze Punkte gewahr, zwey an jeglicher Seite, die mit einander einen ſchieſen Winkel machen, und die man nicht ohne Grund fuͤr die Augen anſehen kann; demnach iſt der Ort des Kopfes beſtimmt. Vorne ſtehen neun Fäden von verſchiedener Lange und Geſtalt hervor. Der mittelſte, und die beyden aͤuſſeren an jeglicher Seite, alſo fuͤnf an der Zahl, ſind den Seiten Faden des Koͤrpers in allem gleich; der aͤuſſerſte allein unterſcheidet ſich darinn, daß er kuͤrzer if. Es find weiſſe durchſichtige Roͤhren, von der Laͤnge einer Ruͤcken⸗Schuppe, die an ihren Enden mit einer kleinen Kugel oder Knopf, der ſich in eine ſcharfe Spitze endiget, verſehen find. An dem Knopfe find durch Huͤlffe des Such ⸗Glaſes zwey ſchwaͤrzliche Flecken merklich. Sie ſind den zierlichen Garten⸗ Stecken, an denen man Blumen oder junge Baͤume befeſti⸗ D . 173 befeſtiget, oder lieber den honigfuͤhrenden geſtielten Druͤſen der Droſera nicht unaͤhnlich. Zwiſchen den mittleren und zweyten dieſer kugel⸗ tra⸗ genden Faden zeigen ſich die Fuͤhl⸗ Faden des Wurmes; fie find etwas länger als jene, und an der Wurzel wohl viermal fo dick; fie werden allmaͤhlich duͤnner, am Ende ſpitzig; ſind weiß und durchſichtig, aus unzaͤhlbaren und faſt unmerklichen Ringen zuſammengeſetzt. An der Stirne zwiſchen den mittleren kugel⸗tragenden Faden und den Fuͤhl⸗Faden ſieht man zwey kleine Spitzen, welche nur halb fo lang, und ohne Kno— ten oder Gelenken find; dieſe kommen mit den Kopf ⸗ Spitzen der Ne— reiden uͤberein, und verdienen dieſen Nahmen. Glieder oder Gelenke find an dem Körper ſchwer zu unterſchei— den; er ſcheinet durchgaͤngig aus einem Stuͤcke zu beſtehen, welches oben mit Schuppen und zur Seite mit Fuͤſſen verſehen iſt, nur ein wieder: holtes Anſchauen durchs Vergroͤſſerungs-Glas laͤßt Spuhren einiger Qver⸗Linien wahrnehmen. Die Mitte des Ruͤckens iſt der Laͤnge nach nackt und bloß, die Seiten deſſelben find mit gerundeten Schuppen bedeckt. Dieſe beſtehen gleich den Fiſch⸗ Schuppen aus einer ſteifen halbdurchſichtigen Haut, haben faſt die Geſtalt eines Mahler Brettes, find weiß⸗gelb mit ſchwaͤrz⸗ lichen erhabenen Punkten beſtreuet, deren einige in der Mitte gehaͤufet dem Auge die Geſtalt eines ſchwarzen Cdarſtellen. Es ſind vier und zwanzig, zwoͤlf an jeder Seite, von gleicher Groͤſſe und Bildung; die letzten ausgenommen, welche an denen einander zugekehrten Raͤndern etwas eingebogen find. Unter dem Vergroͤſſerungs⸗ Glaſe ſiehet man, daß ſie an dem Rande, welcher den Fuͤſſen anliegt, mit Franzen beſetzt find; es find faferigte Faͤden, die zum Theil eine kaͤulen-foͤrmige Geſtalt haben. Die Schuppen ſelbſt laſſen ſich leicht von dem Leibe abſondern, N 3 indem indem fie demſelben los anliegen, und nur mit der Seite, woran die Faſern ſitzen, in etwas angeheftet find. Der Hr. Baſter ſagt zwar ’ daß fie durch kleine Zaͤhne an den entgegen geſetzten Raͤndern der Haut des Ruͤckens hangen, und hat dieſe Zaͤhne am Rande einer Schuppe abgebildet, allein von dieſer Seite laſſen ſie ſich ohne Widerſtand auf⸗ heben und die Vergroͤſſerung No. 3 zeiget den Rand ganz eben ohne eine Spuhr von Einſchnitten oder Zaͤhnen; nur zu naͤchſt an den Faſern ent⸗ deckt man einzelne kleine kugelichte Koͤrper, gleich denjenigen die ſich an dem ganzen Rande der Baſteriſchen Schuppe zeigen, und die er fuͤr Zaͤhne haͤlt; da ſie aber an der meinigen allein naͤchſt an den Faden zu ſehen ſind, iſt es klar, daß es keine Zaͤhne ſind, ſondern entweder der Anfang zukuͤnftiger Faſern, oder vielmehr kleine Polypen, dergleichen ich oft an andern Waſſer-Thieren gefunden. Unter den Schuppen iſt der Leib fo wie der Ruͤcken⸗ Strich nackt und bloß. Zwiſchen einer jeden Schuppe und dem darunkerliegenden Paar Fuͤſſe ſtehet ein folcher kugel⸗ tragender Faden hervor, als ich oben beſchrieben habe; er ſcheinet unmittelbar aus dem Leibe heraus zu kommen, und iſt demſelben alſo angelenket, daß er bald gerade aus, bald gleich lauffend mit dem Leibe ſtehen kann. Der Schwanz endiget ſich in vier weiſſe und durchſichtige Faden, davon die beyden mittelſten zweymal fo lang, als die aͤuſſern, übrigens fo wie dieſe, von eben der Geſtalt wie die kugel- tragenden Seiten-Faͤden des Koͤrpers ſind. Naͤchſt an dieſen Faͤden erblickt man an jeder Seite einen juͤn— gern Fuß, der, ob er gleich zehnmal kleiner iſt, als die anderen vier und zwanzig, dennoch den Einſchnit der Spitze, und die aus ſelbiger herausſtehenden Borſten zeiget. Zwiſchen denſelben, und dem naͤchſt anlie⸗ EDER DU 175 anliegenden erwachſenen Fuß raget ein kugel- tragender Faden hervor, der nicht zu der naͤchſt liegenden Schuppe gehöret, denn ſie hat ihre eigene. Der Bauch oder die Unterfloͤche des Koͤrpers iſt glat, eben ohne Ringe oder Gelenke, und hat einen Glanz wie Perlen⸗Mutter. Gegen das Ende, welches wir den Kopf nennen, iſt eine ſtarke runz⸗ liche Erhoͤhung, in welcher eine Oefnung zu ſehen, die der Mund iſt. Zu jeder Seite laͤngs der ganzen unteren Flaͤche ſitzen vier und zwanzig voͤllig gleiche Fuͤſſe, in allem alſo acht und vierzig. Die aͤuſſern find ein wenig kleiner. Ein jeder Fuß hat die Laͤnge eines Drittels der Breite des Fei- bes, iſt fleiſchern, weiß und kegel⸗foͤrmig, an der Spitze geſpa ten, aus: dieſer Spalte ſtehen kurze, ſteife, braunlich- gelbe, glaͤnzende Borſten don verſchiedener Laͤnge hervor; unter der Vergroͤſſerung ſind ſie weiß, durchſichtig und rohr⸗foͤrmig. *) Diefer ) Wenn man unſere Aphrodite mit der Linneiſchen Sqvamata, und den Figuren des Hrn. Baſters vergleichet, bleibt freylich wenig Zweifel uͤbrig, daß ſie nicht eben dieſelbe ſey, allein, nichts hindert, daß fie auch die Aphrodira ſcabra und die imbricara der Linneiſchen Beſchreibung nach ſeyn koͤnnte. Um dieſes darzuthun, muß ich dem. Beſchreibungen dieſer Natur: Forſcher einige Anmerkungen beyfuͤgen. Obgleich beyde Verfaſſer ſich auf einander beruffen; und ihre Sqvamata für einerley annehmen, ſind ſie doch in ihren Beſchreibungen verſchieden. Die Schuppen liegen nach dem Hrn. von Linne der aͤuſſern Seite des Leibes feſt an, nach dem Hr. Bafter gehen fie gleichſam aus der Mitte des Ruͤckens he wor. Nach dem letzteren find fie mit ſehr kleinen Knoten beſetzt, und ſtehen wech⸗ ſeisweiſe gegen einander, nach dem erſtern find fie glat und entgegen geſetzt. Dieſes wird freylich in der zwoͤlften Ausgabe des Syſtems nicht ausdruͤcklich geſagt, es folget aber 176 ODERMUNEMN Dieſer Beſchreibung will ich noch aus einem dreyfachen und faſt gleichlautenden eigenhaͤndigen Aufſatze dasjenige beyfuͤgen, was der fleißige aber aus dem ſpecifiſchen Karakter der naͤchſt vorhergehenden und folgenden Ap hroditen, ſo wie es auch in der zehnten Ausgabe heiſſet: mit glattem Ruͤcken. Der kugel⸗ tragenden Faͤden, welche unter den Schuppen heraus ſtehen, und die Hr. Baſter nicht wohl borſtige Haare nennet, da ſelbige ganz kahl und ohne Borſten find, er: wehnet der Ritter nicht. Da die Schuppen dem RNuͤcken fo los anliegen, daß fie ſich leicht von einander entfernen, und näber anruͤcken laſſen, fo erhellet hieraus der wahr— ſcheinliche Grund der Verſchiedenheit dieſer beyden Beobachter. Die Fuͤſſe, deren im Baſterſchen Kupfer A und in der Erflärung deſſelben nur zwoͤlf zu jeder Seite unrichtig unter dem Nahmen von Warzen angegeben werden, nen net Hr. von Linne mit Nägeln verſehen, (ungviculata) und beym Baſter kommen die Borſten derſelben aus drey kleinern Warzen. Jener mag vielleicht die Spitzen der Spalte für Nägel angeſehen haben, und dieſem mögen fie durchs Mikroſkop von der Seite angeſehen als Waͤrzlein vorgekommen ſeyn. In den Suhl» Faden find dieſe Beſchreiber fo verſchieden, daß wenn man nicht einen Mangel der Genauigkeit voraus ſetzte, man eine Verſchiedenheit der Arten vermuthen moͤchte. Die Baſteriſche Aphrodite hat ſechs hervorſtehende Suhl» Faden, davon zwey viel laͤnger ſind als die uͤbrigen; (in ſeinen Figuren aber ſind ſie hoͤchſtens einmal fo lang, und einfach) die LEinneiſche aber nur zwey, ſehr kurze, und in zwey Theile zertheilete. Es iſt klar, daß Hr. Baſter die vorderſten kugel tragenden Faden und Rof- Spitzen mit den wahren Fuͤhl-Faden verwirret; und ihren un⸗ terſcheidenden Bau nicht wahrgenommen hat. Die in zwey Theile geſpaltene Lin, neiſche Fuͤhl⸗ Faden, finden ſich nicht bey der meinigen. Wenn wir jetzt die ſpecifiſche Karaktere der neuen Arten des Hrn. von Linne anſe— hen, fo werden wir Mühe haben etwas zu finden, worinn ſie wirklich von der Sqvamata verſchieden find, Scheinbar iſt die verſchiedene Zahl der Schuppen oder der Füffe, welche ſich bey allen gedoppelt zu den Schuppen verhalten. Die Scabra ſoll an jeder Seite 10, die Sqvamata 12, und die Imbricara 18 Schuppen haben. Die Schuppen ſollen bey der erſtern rauh und abwechſelnd, bey der letztern glätter, und loſer, (decidus) als bey der Sqvemata ſeyn; und dieß iſt alles. Die Anzahl der Schuppen würde ich nicht für eine ſpeciſiſche Verſchiedenheit ange: ben dürfen, meine Bemerkungen bey den Ringen des Viel fuſſes und Tauſend⸗ Fuſſes Derr 177 fleißige Hr. Koͤnig, welcher dieſe Aphrodite in Island gefunden, von der lebendigen anmerket, und ich an meiner Todten nicht habe wahrnehmen koͤnnen. Der Fuſſes verbieten ein ſolches, der wuͤrklich, obgleich im kleinen gegenwaͤrtige fuͤnf und zwanzigſte Fuß, und der vollkomne kugel » tragende Faden ohne Schuppe deren ich oben gedacht habe, laſſen nicht ohne Grund eine moͤgliche kuͤnftige drey— zehnte Schuppe erwarten, und alſo die Vermehrung der Schuppen und der Fuͤſſe mit dem Alter. Nichts kann dieſe Vermuthung wiederlegen als eine wiederhohlte Erfahrung, daß alle Seduͤpfelte Aphroditen auf jeglicher Seite fuͤnf und zwanzig Fuͤſſe haben. Der Hr. Pallas giebt auch unſerer Aphrodite fünf und zwanzig Fuͤſſe, merkt aber nicht an, daß der fünf und zwanzigſte kuͤrzer als die übrigen ſey, woher der Zu: wachs der unfrigen beftärfet wird. Der Karakter rauh und mehr oder weniger glat, fo wie die Linneiſche und Bafte riſche Bedeutung des Ausdrucks abwechſeind, iſt fo unbeſtimt, daß jener, wie wir geſehen haben, die Schuppen für gegenſeitig und gise hält, die dieſer wechfeifeitig und rauh (tybereulis minutiſſimis obfitæ) nennet. Daß die Schuppen leicht abfal⸗ len iſt auch kein Merkmal der Verſchiedeuheit, denn bey unſerer geduͤpfelten oder der Sqvamata, laſſen fie ſich auch leicht und in einem Augenblick durch Unterbringung einer Nadel abziehen. Noch eins: was will der Nahme des Hrn. Baſters ohne Citstion ſeines Werkes neben der Aphr. ſcabra ſagen? hat er vielleicht, dieſen Wurm dem Ritter zugeſchickt? Vergebens habe ich die Opulevlo fubcefivs , um auch dieſen zu finden, bey ihm durchge— e Wenn dem alſo iſt, iſt es ſehr wahrſcheinlich daß es eben dieſelbe ſey, welche Hr. Baſter nachher unter dem Nahmen Apbrodita Sqvamata beſchrieben hat, da er dieſer wie jener wechfeisfeitiie und rauhe Schuppen giebt, und daß Hr. von Linne aus derſelben zwey Arten gemacht hat; gewiß iſt es, daß die angegebene Merkmale aller dreyen zur ſpecifiſchen Verſchiedenheit unzulaͤnglich ſind. Wegen der ſchuppigten Aphrodite des Hrn. Pallas habe ich bereits einigen Zweifel geaͤuſſert. Er gedenket zweyer Varietäten; die eine wird nur mit wenigen Worten beruͤhret, und dieſe iſt Zweifels ohne meine gegenwärtige; nur die kleinen Faſern an den mittlern kugel- tragenden Faden finden fich nicht bey der meinigen. Die andere welche 2 178 Dee Der Mund iſt eine runzliche Oefnung, aus welcher bisweilen ein cylindriſcher Ruͤſſel bervorſchieſt, der fo lang als ein Achttheil des ganzen Körpers iſt. Er beſteht aus einer glatten weißlichten, und duͤnnen Haut, und hat am Ende eine groſſe Oefnung. Oben am Rande derſelben ſitzen zwey groſſe Zaͤhne neben einander, und dieſen gegen uͤber zwey andere etwas niedriger; fie find ſichel- fürmig, hornigt und ſchwaͤrzlich glänzend, Der Rand ſelbſt iſt rings umher mit feinen und kurzen Faͤſerchen bebraͤmt. Die Anzahl der Borſten jeglichen Fuſſes iſt gegen dreyßig, und jede derſelben beſtehet aus feinen dicht an einander gewachſenen Härchen 5 ) welches man wahrnimmt, wenn man eine einzelne Borſte betrachtet. Der Baueh iſt roͤthlich, glat⸗glaͤnzend, wie Perlenmutter, und etwas runzlich. Wenn das Thier ſich in Gefahr bemerket, ſchieſſet es, auch gemeiniglich im Tode, ſeinen Ruͤſſel hervor. Unter einer geſammelten Menge, die auf dem Tiſche hin geworfen waren, und eine Weile trocken lagen, beugten ſich einige, die auf dem Ruͤcken lagen, hin und her, und zerſprungen mit einem knirſchenden Geraͤuſch in einige Stuͤcke; die Stuͤcke lebten dennoch lange. Dieſe Art findet ſich am ſeltenſten; ſie lebt unter Steinen und koͤmmt am wenigſten dem Ufer nahe; in der Farbe iſt ſie ſich immer und in jedem Alter gleich. Dieß Zerſpringen der trocken gewordenen Aphroditen des Hrn. Koͤnigs erinnert mich an eine Bemerkung bey dem gemeinen Pfahl⸗ welche er umſtaͤndlicher beſchreibet, und von der er eine Abbildung liefert, hat wie die Linneiſche geſpaltene Fühl Faden, darinn fie wie durch ihre kleinere und haͤufigere Vorder- Schuppen von der Baſterſchen und der meinigen abgehet. Vielleicht ſind ſie verſchiedenes Sexus. 3) er unter der einfachen Vergröfferung habe ich keine Spuhr dieſer Haͤrchen entdecken koͤnnen. IDERDIAENR 179 Pfahl⸗Wurm „). Ich hatte einige in eine Schachtel gelegt, und fand fie nach wenigen Tagen todt und zerſprungen. Der Kirchen-Vater Auguſtin hatte in Ligurien eine aͤhnliche Erfahrung mit einem langen vielfuͤßigen Erd-Wurm, wobey ihn ſeine Schuͤler in eine nicht kleine Verlegenheit ſetzten. Es iſt klar, daß der Wurm des Auguſtins ein Pfahl- Wurm geweſen, und ſehr wahrſcheinlich eben unſer gemeiner; die Beſchreibung iſt viel zu deutlich, als daß es eines Erweiſes ') beduͤrfte: es fen kein Polyp geweſen. Ich habe den Verſuch der Schuͤler des Auguſtins mit dem Schreib— Griffel nach gemacht, und er hat mir eine gleiche Erſcheinung ge— geben. Der Pfahl. Wurm ob er gleich nicht dem Waſſer ge: hoͤret, liebt doch feuchte Oerter, als faule Blaͤtter und faules Holz, und ſcheuet die Sonne, und trockne Luft; ſeine und der Aphro diten Fibern und Muſkeln muͤſſen die Eigenſchaft haben, daß ſie in Ermangelung der aͤuſſern Feuchtigkeit ſproͤde werden, und zerreiſſen. 6) Julus terreſtris. 7) Hanovs Seltenheiten der Natur. 3 Band. S. 192. 3 2 Die 180 SL Die flache Aphrodite. Vierzehntes Kupfer. Erſte Figur: von oben, in natürlicher Groͤſſe. a. Die Fuͤhl⸗ Faden. b. Die Kopf: Spitzen. Die Augen. Die Schuppen. Die Borſten-VFuͤſſe. Die Seiten: Faden, Die Schwanz: Faden. Die Kopf: Faden, ea un un Zweyte Figur: von unten. Der hervorgeſtoſſene Ruͤſſel. Die Oefnung deſſelben. Die Borften = Füffe. Die fugel : tragende Faden. .Die Schwanz: Faden. s Dritte Figur: der Ruͤſſel vergroͤſſert. a. Die kleine Platten. b. Die Freß: Haken. Vierte Figur: eine Schuppe mit unterliegenden Fuͤſſen und Seiten: Faden. Die erhabene Punkte. Der helle Flecken. „Der geſpaltete Borſten-Fuß. Der kugel- tragende Faden. no m a * Fuͤnfte D ND 181 Fünfte Figur: ein Borſten⸗Fuß, ſehr vergroͤſſert. a. Der obere Aſt. 6. Der untere Aſt. c. Die ſteife Borſten. d. Die fleiſchigte Spitze. e. Der fleiſchigte Stachel. 5 Nie von der vorhergehenden ganz verſchiedene und wenig bekannte Aphrodite kenne ich nur aus einer mittelmaͤsſigen Zeichnung, die ich von dem Hrn. Koͤnig erhalten, und aus drey in Wein-Geiſt aufbewahrten und beſchaͤdigten, die mir der Hr. Zoega guͤtigſt mitgetheilet hat. Die beygefuͤgte Abbildung und folgende Beſchreibung iſt aus der Unterſuchung derſelben entſtanden. Gleich bey dem erſten Anblick unterſcheidet ſie ſich durch die deutliche Abnahme des Koͤrpers an Breite gegen den Schwanz, durch die Glaͤtte ihrer Schuppen, und den Bau ihrer Fuͤſſe. Der Koͤrper iſt oben und unten plat, auf dem Mücken mit ſechs und dreyßig Schuppen, die an Groͤſſe gegen den Schwanz abnehmen, in zween Reihen bedecket. Die Länge des Körpers, den ausgeſtreckten Ruͤſſel unberechnet, iſt acht, zehn bis zwanzig Linien, und die Breite, die Vorſten-Fuͤſſe mitgerechnet, zwey, dritte-halb bis fuͤnf Linien. Ungeachtet dieſer Verſchiedenheit der Groͤſſe war doch die Zahl der Fuͤſſe und Gelenke ei— nerley. Ich zaͤhlte bey jeder ſechs und dreyßig Gelenke und eben ſo viele Fuͤſſe an jeder Seite, und ich zweifle gar nicht, daß, wenn nicht ein groſſer Theil der Schuppen abgefallen waͤre, die voͤllige Zahl von ſechs und dreyßig zu fehen geweſen. | 33 An TAB. XU D Fünfte Figur: ein Borſten⸗Fuß, ſeh a. Der obere Aſt. 6. Der untere Aſt. c. Die ſteife Borſten. e e TAB. an gr von der vorhergehenden ga Aphrodite kenne ich nur die ich von dem Hrn. König erhal aufbewahrten und beſchaͤdigten, De. mitgetheilet hat. Die beygefuͤgte Al iſt aus der Unterſuchung derſelben enk Gleich bey dem erſten An deutliche Abnahme des Körpers an 2; die Glaͤtte ihrer Schuppen, und dei iſt oben und unten plat, auf dem Nuͤc die an Groͤſſe gegen den Schwanz ab Die Laͤnge des Koͤrpers, d iſt acht, zehn bis zwanzig Linien, mitgerechnet, zwey, dritte-halb bi Verſchiedenheit der Groͤſſe war doch nerley. Ich zaͤhlte bey jeder ſechs u Fuͤſſe an jeder Seite, und ich zwei groſſer Theil der Schuppen abgefi ſechs und dreyßig zu ſehen geweſen 182 III 7 An dem Vorder- Ende oder dem Kopf über dem Mund un⸗ terſcheiden ſich zwey lange fleiſchigte Fuͤhl⸗ Faden, die almaͤhlich an Dicke abnehmen, und aus unmerklichen Ringen zu beſtehen ſcheinen. Zwiſchen den Fuͤhl⸗Faden ſieht man wie bey der geduͤpfelten Aphro⸗ dite zwey kleine Kopf Spitzen, in deren Mitte fo wie zur aͤuſſeren Seite der Fuͤhl⸗Faden die Spuhr anderer abgeriſſenen Faden merklich iſt. Ueber den Kopf- Spitzen vereiniget ſich eine ſehr kleine horn⸗ artige bleyfaͤrbige Platte mit dem erſten Gelenke des Koͤrpers. Sie iſt vorne in zwey erhabene Klumpen zertheilet, und mit vier ſchwarzen Punkten bezeichnet, die ich die Augen nenne: die vorderſten ſitzen an den aͤuſſerſten Spitzen der Klumpen, und find ſchwer zu bemerken. Die Gelenke ſind an dieſer Art mit dem bloſſen Auge zu un— terſcheiden, und haben auf dem Ruͤcken naͤchſt den Fuͤſſen eine kleine Warze, die oben eine Oefnung hat; jede zweyte Warze iſt viel kleiner als die benachbarte; fie ſcheinen ſo viele Sauge-Roͤhren zu ſeyn. Die Schuppen bedecken gaͤnzlich den Ruͤcken, und liegen gleich Dachziegeln mit dem oberen Ende wechſelsweiſe uͤber einander, ſo daß ſie ſich in der Mitte durchkreutzen. Sie ſind oval, an der Kante gerundet, oben und unten plat, an dem Seiten-Rande, der gegen das Vorder— Ende des Koͤrpers gekehrt iſt, ein wenig eingebeugt, und daher etwas nieren-foͤrmig, glat, ohne erhabene Punkte, durchſichtig, gleich einem Pergament. Nur an dem Rande, welcher nach dem Schwanz gekehret, ſiehet man einige braune erhabene Punkte; die Schuppen ſind nicht mit dem aͤuſſern Rande dem Koͤrper angeheftet, ſondern faſt in der Mitte der groſſen oben erwähnten Warze aufgelegt; die flache Spitze derſel— ben wird von einem cirkel— foͤrmigen Rande der Schuppe umgeben. Ein 0 DN 183 Ein hellerer Flecken in der Mitte der Oberflaͤche bemerket den Ort, wo die Schuppe von unten der Warze angeheftet iſt. Ein jeder Fuß iſt an der Spitze in zwey fleiſcherne Aeſte gethei— let, davon der obere kurzer als der untere; aus beyder Spitze gehen ſteife gelbe Borſten hervor, und neben demſelben eine kleine fleiſchigte Spitze; die Borſten des oberen Theils ſcheinen in drey Reihen ſtuffen-weiſe zu ſtehen, ſechs in jeder, am unteren Theile find fie länger und ſcheinen ſelbſt den Zwiſchen-Raum dieſer Theile auszufuͤllen. Ein fleiſchigter kurzer Stachel, gleich denen, die ſich an der Unterflaͤche der Fuͤſſe bey der ſtachlichten Aphrodite befinden, iſt auch hier deutlich zu ſehen. Dieſer Stachel hat zwar viele Aehnlichkeit mit dem unteren Seiten— Faden einiger Nereiden, iſt aber dicker, kuͤrzer und weniger gallertig. Die zwey Paar vorderſte und hinterſte Fuͤſſe find kürzer als die uͤbrigen. Der Ruͤſſel, welchen das Thier bey Erſaufung im Wein— Geiſt ganz ausgeſtrecket hatte, iſt im Verhaͤltniß des Leibes groß und dick. Ich habe denſelben ganz uͤbereinſtimmend befunden, mit dem, was ich aus der Handſchrift des Hrn. Königs, bereits von dem RNuͤſſel der geduͤpfelten Aphrodite angefuͤhret habe. Doch muß ich anmerken, daß die vier Zähne in der Oefnung ſitzen, und einwaͤrts gebogen find, und daß der Rand der Oefnung nicht mit Faͤſerchen, ſondern aͤuſſerlich mit einer Reihe kleiner runder Platten beſetzt iſt. Der After iſt deut⸗ lich am Ende des Schwanzes zu ſehen. | Die Farben hatten ſich, fo wie alle kugel tragende Faden in dem Wein⸗Geiſt verlohren; Nach dem Bericht des Hrn. Könige hat dieſe Aphrodite gleich der geduͤpfelten unter jeder Schuppe einen, an dem Vorder⸗Ende neun (drey nemlich zwiſchen den Fuͤhl Faden, und 184 S ecdg. me 5 und drey an jeglicher Seite deſſelben) und am Schwanze fuͤnf kugel⸗ tragende Faden; unter den Schwanz-Faden ſoll der mittelſte der laͤngſte und dickeſte ſeyn. Es iſt klar, daß er die beyden Kopf Spitzen in der Zahl der kugel- tragenden Faden des Kopfes gezaͤhlet hat. Die Farbe der Schuppen ſoll ſehr veraͤnderlich ſeyn; man findet ſie blau, gelb, roth, braun, ſchwarz, nebſt einem helleren Flecken auf jeder Schuppe, ſelten aber haben ſie mehr als zwey Farben zugleich. Die Schuppen ſollen ſich ſehr leicht und bey der geringſten Beruͤhrung abſtoſſen laſſen; die meiſten derſelben waren auch von den im Wein- Geiſte aufbehaltenen abgefallen, doch muſte ich viel mehrere Gewalt gebrauchen, eine der noch anſitzenden abzuheben, als bey der geduͤpfelten Art.“) Diefer Wurm hat feinen Aufenthalt beydes in der Nord⸗See und in der Dſt⸗See, Hr. König hat ihn unter den Steinen der Islaͤndiſchen Ufer haͤufig gefunden, und Hr. Zoega zwiſchen den Holſteiniſchen Muſcheln. Die Islaͤnder nennen ihn Blau⸗Gane, weil er oft ganz blau gefunden wird. Ich habe ihn von ſeinen uͤberaus platten Schup— pen die flache Aphrodite genennet, weil die Trivial-Nahmen zımbricata, lepidopta, cirrhofa das Andenken ſolcher Eigenſchaften erwecken, die vielen Arten des ganzen Geſchlechts zukommen. Bemer⸗ 5) Die Aphrodita lepidopta und Cirrhoſa des berühmten Hrn. Pallas haben unter ſich und mit unſeren flachen ſo viel gleiches, daß ich Muͤhe habe in ſeinen Beſchreibungen und Figuren etwas zu finden, das ſie hinlaͤnglich unterſchiede. Kaum wird der ſpitzige Jopf der Fuͤſſe bey der übrigen voͤlligen Gleichheit eine verschiedene Art zu beſtimmen hinreichen. Das unbeſtimmte Verhaͤltniß der Schuppen zu den Fuͤſſen bey der Aphrodite des Hrn. Pallas iſt mir eine nicht vermuthete Ausnahme von dem, was ich bey den meinigen wahrgenommen, und die bekannte Genauigkeit dieſes Beob— achters laͤſt keinen Zweifel zu, obgleich die Figuren hierinn dem Text nicht völlig entſprechen. Nero 185 Bemerkungswuͤrdig iſt die ſeltene Wahrnehmung, welche uns dieſe Aphrodite darſtellet; daß nemlich die Natur ſelbſt in den naͤchſt verwandten Geſchlechtern nicht gleiche Art des Wachsthums oder der Auswickelung beobachtet. Die Natur-Forſcher haben ſo ſehr geglaubt, daß ein jedes Thier mit der vollen Zahl der ihm gehoͤrigen Glieder gebohren wuͤrde, und daß der Wachsthum des Koͤrpers nur in der Ausdehnung derſelben ohne einen neuen Zuſatz zu bekommen beſtehe, daß einige gar mit Verſchlieſſung ihrer Augen behauptet haben, die Schaalen der Schnecken haͤtten bereits im Eye die ganze Zahl ihrer Windungen. Die Band- Würmer befremdeten die Beobachter durch die Vermehrung ihrer Gelenke, und um ſich aus ſeiner Verwir— rung herauszuſetzen verwieß der Philoſoph, der alles ſeinen erfundenen Regeln unterwerfen wollte, dieſe Art Würmer unter die Thier⸗Pflanzen. Dieſer zweyte Nahme gefiel den Wißbegierigen, indem er ihnen neue Ausſichten eroͤfnete, und nun war eine jede befremdende Erſcheinung ein Mittelding von Pflanze und Thier. Allein, ſo ſehr man es auch glaubt, fo wenig iſt es noch bewieſen, daß es eigentliche Thier Pflanzen gebe. Ich habe oben in der Geſchichte der bunten Nereide angezei⸗ get, daß ſie nicht nur durch Ausdehnung ihrer Glieder, ſondern auch durch Vermehrung derſelben wachſe; ich ſagte auch daſelbſt, daß ich dieſes bey dem Tauſend⸗ Fuß ) und der Skolopender bemerket hätte, und bes wieß 9) Dieſes gilt auch von dem Julo complanato; ich habe einige gefunden, die acht und zwanzig; andere die ein und dreyßig Fuͤſſe zu jeder Seite hatten, alſo uͤber und unter der Zahl, die Hr. von Linne als ihren ſpeciſiſchen Caracter angiebt; noch ſonderbarer iſt die Bemerkung der veraͤnderlichen Eintheilung der Fuͤſſe an den Gelenken; bey einigen hatte das erſte, dritte und vierte Gelenke nur einen Fuß, das zweyte keinen, und die Übrigen zwey zu jeder Seite; bey andern das erſte, zweyte, dritte und ſechſte nur einen, die übrigen alle zwey Fuͤſſe. Hr. von Linne zähle bey dem ſeinigen an dem drit⸗ ten, vierten, achtzehnten und neunzehnten nur einen, an den Übrigen zwey Fuͤſſe. Aa 186 ERS UNE wieß daraus, daß die Zahl der Gelenke Feine Art beſtimmet. Man wird es hinfuͤhro bey mehreren Arten bemerken. Dieſe Erſcheinungen haben eben den Grund als das ungezweifelte Hervorwachſen der den Schnecken abgeſchnittenen Glieder, wovon ich mich mehr als einmal uͤberzeuget habe, und laͤſt ſich eins aus dem andern erklaͤren. Das Beyſpiel eines Philoſophen, der Hr. Bonnet bringt uns auf die Spuhr dieſes Meiſter Werks der unerſchoͤpflichen Natur, und feine Gedanken verdienen eben ſo ſehr ſtudirt zu werden, als man ſie gerne lieſet. Es war natuͤrlich zu vermuthen, daß die Natur nach dieſer neuen Regel mit allen Nereiden, und den ihnen verwandten Gefchlech- tern verfahren wuͤrde, allein unſere flache Aphrodite richtet ſich nach der alten Regel; die Zahl ihrer Glieder iſt einerley, fie hat nicht weni: ger Gelenke, nicht weniger Fuͤſſe — wenn ſie acht Linien, als wenn ſie zwanzig lang iſt; ſie ſchwimmet nicht mit mehreren Fuͤſſen im Alter als in der Jugend. Ganz beſonders waͤre es, obgleich nicht be— fremdender, wenn unſere geduͤpfelte Aphrodite, wie ich zu muth: maſſen gewaget habe, gleich jener Nereide durch Anſetzung neuer Gelenke wachſen ſollte. Welche Extremen bey Arten einerley Geſchlechts! *). 20) Wenn ich noch meine Wahrnehmung an der Indianiſchen SEolopender(Scolop. morfitans) anführe, fo haben wir bereits die Erfüllung dieſes Wunders: ich habe viele geſehen, die zwey, drey bis vier und einen halben Pariſer Zoll hatten, und dennoch nicht mit mehr oder wenigeren Füͤſſen als zwanzig verſehen waren; das Gegentheil von dieſem, die Vermehrung der Fuͤſſe und der Gelenke des Koͤrpers, denen ſie anſitzen, iſt bereits durch drey Beyſpiele bey den andern Skolopendern erwieſen worden. P JQ ˙ A 1 — ̃ ! —— — Von Amphitriten. — — — nee brachia longa, Margine terrarum porrexerat Amphitrite. Aa 2 Die 188 r Die buſchigte Amphitrite. Funfzehntes Kupfer. Erſte Figur: vom Ruͤcken geſehen. Die Fühl : Faden, Die Locken. . Die Borſten. .Die Warzen = Füfle. .Der Schwanz. . % m 38 Zweyte Figur: vom Bauche geſehen. a. Die Fuͤhl⸗Faden. 6. Die Locken. c. Der Mund. d. Die Bauch : Warzen. e. Die Furche. F. Die Warzen⸗Fuͤſſe. g. Der Schwanz. Hr Meer- Nymphe fand der oft erwähnte Hr. König am Islaͤndiſchen Ufer. Er ſahe fie für ein neues Geſchlecht an, und gab ihr den Nahmen Spzo cirrata; er ſandte fie dem Hrn. von Linne, welcher fie unter feine Nereiden ſetzte, und ihr anſtatt des Roͤ⸗ miſchen Beynahmens Cirrata, den weniger lateiniſchen Cirro/a beylegte. Hält man dieſen Wurm gegen die Abbildungen und Beſchrei⸗ bungen der Nereiden, wird man bald gewahr, daß er in keiner Ver— wandſchaft mit denſelben ſtehet; auch hat er nicht, wie der Linneiſche Geſchlechts Caracter der Nereis will, pflaum-fedrige Fuͤhl⸗Faden oder einen genägelten Mund. Er iſt vielmehr dem Kaͤhleriſchen Waſſer⸗ Poly TER UNHCR 189 Polypen ), aus welchen der Ritter in der zwoͤlften Ausgabe des Syſtems ein eigenes Geſchlecht gemacht hat, und dem Schnecken— Sammler des Hrn. Pallas “ aͤhnlich, und koͤnnte fuͤglicher bey ihnen ſtehen. Alle drey lieſſen ſich mit mehreren leicht unter einem Geſchlecht vereinigen, wenn man die Seiten-Buͤſche oder Branchien als ein generiſches Merkmal annehmen wollte. Bis dahin habe ich ihn mit dem folgenden unter den Nahmen Amphitrite geſetzt. Die Wuͤrmer der Hrr. Kaͤhler und Pallas ſtimmen ſo ſehr uͤberein, daß man in Verſuchung geraͤth ſie fuͤr einerley Art anzuſehen, inſon— derheit da Hr. Pallas bemerket, daß der Schnecken Sammler feine Roͤhre bisweilen verlaͤſſet. Der gegenwaͤrtige entfernt ſich, fo viel aus den Abbildungen und Nachrichten des Erfinders erhellet, von beyden, vornehmlich durch die nicht aſtigen und nicht ungleich langen Seiten⸗Buͤſche, und durch die groͤſſere Lange der Stirn: Faden. Das ganze Thier iſt uͤberall roth, mit verſchiedentlich veraͤn⸗ dertem Grade, bald dunkel- roth, bald fleiſch- farbig. Der Koͤrper iſt drey bis vier Zoll lang, hat am Vorder-Ende die Dicke einer Schwanen⸗Feders, wird allmählich ſchmaͤler und en⸗ diget ſich in eine ſtumpfe Spitze. Er iſt aus Ringen zuſammengeſetzt gleich den Erd⸗Wuͤrmern, von denen die vorderſten mit kurzen Borſten an beyden Seiten beſetzt ſind. Aa 3 Man 2) Schwed. Abhandl. 166. T. 3. A, — F. Terebella lapidsris. Es ſcheint nicht, daß dieſer Wurm die Steine durchbohre, ſo wenig als die Arten des Oniſeus und des Cancer, die ich nebſt prereiden und anderen Gewuͤrmen oft in den durchloͤcherten Stei⸗ nen des Meers angetroffen habe, obgleich Hr. Waͤhler und Hr. von Ein ne dieſer Meynung ſind; Auch zweifelt der Hr. Pallas daran. 2) Miſe. Zoolog. p. 131. T. 9, F. 14 — 20. Polypen ), aus welchen Syſtems ein eigenes Gefchled Sammler des Hrn. Pallas ihnen ſtehen. Alle drey lie Geſchlecht vereinigen, wenn m als ein generiſches Merkmal a LAB. XV. ihn mit dem folgenden unter de | Würmer der Hrr. Kaͤhler daß man in Verſuchung geraͤt . derheit da Hr. Pallas bem\ Sn feine Roͤhre bisweilen verlaͤſſet⸗ „ viel aus den Abbildungen und Bi beyden, vornehmlich durch die Seiten: Büfche, und durch die Das ganze Thier iſt uͤ dertem Grade, bald dunkel⸗ Der Koͤrper iſt drey ° die Dicke einer Schwanen ⸗F diget ſich in eine ſtumpfe Spitz gleich den Erd⸗Wuͤrmern, von an beyden Seiten beſetzt ſind. | *) Schwed. Abhandl. 166. T. 3. A, dieſer Wurm die Steine durchboh Cancer, die ich nebſt Nereiden un nen des Meers angetroffen habe, Meynung ſind; Auch zweifelt der 2) Miſe. Zoolog. p. 131. T. 9, F Man findet nichts, das man eigentlich einen Kopf nennen dürfte, Feine Augen, Kopf Spitzen oder Dutten, wie bey den Nereiden. Nur an der unteren Fläche des dicken Worder: Endes wird man einer groſſen Oefnung gewahr, die man mit Recht den Mund nennen kann. Die Oefnung iſt ey-foͤrmig, mit dicken und auf geſchwollenen Lippen umgeben, ohne Zaͤhne. Die Oberlippe raget etwas hervor, und iſt an ihrem oberen Rande mit langen in die Laͤnge ausgeſtreckten Faden beſetzt. Sie find fleiſch-farbig, glat, ſchleimig, zerreiſſen leicht, und haben die halbe Länge des Körpers; in einigen Entfernung von ihrer Wurzel breiten ſie ſich in verſchiedene Kruͤm— mungen aus einander, und ſammeln ſich an ihrem Ende wieder wie in einen Zopf. Oben zu beyden Seiten des Ruͤckens ſitzet eine Reihe anderer kurzer Faden in der Weite von ſieben Ringen; ſie ſind von jenen darinn unterſchieden, daß ſie viel kuͤrzer, mehr gekraͤuſelt, zur Seite ausſtehend, dicker, am Ende zugeſpitzt, weniger ſchleimig, dunkel- roth und gegliedert ſind. Eigentlich beſtehet jede Reihe aus drey Zoͤpfen oder Samlungen in einander geſchlungener Faden, die et⸗ was laͤnger, als die groͤſte Breite des Koͤrpers ſind; jeder Buſch entſte— het aus einem einzigen Stamme, der ſich in Zweige oder Faden aus— breitet; durch Huͤlffe einer Nadel kann man die Buͤſche von einander abſondern, und zugleich ihren Zwiſchen-Raum und eigenen Stamm gewahr werden. ). Der Ruͤcken iſt rund, erhaben, und glat; der Bauch hin— gegen plat und voller Runzeln. Die Ringe oder Falten des Koͤrpers ſind an der Zahl ſechzig bis fuͤnf und ſechzig, und nehmen vom Munde bis ) Der Hr. von Linne beſtimmt die Zahl der Faden an jeglicher Seite auf zehn, ich habe keine Zahl derſelben in den zerſtreueten Aufſaͤtzen des Erfinders vorgefunden, auch zeiget die Zeichnung keine beſtimmte Zahl. NIEREN 191 bis an das aufferfte des Schwanzes almaͤhlich an Groͤſſe ab. Nach der verſchiedenen Bewegung dieſer Ringe, bekommt der Koͤrper eine Einbeugung, die ſich bald an einer bald an der anderen Stelle deſſel— ben zeiget. Zu beyden Seiten der Ringe ſieht man einige Theile, die nur uneigentlich Fuͤſſe genannt werden; ſie ſind vielmehr kleine Warzen oder Erhoͤhungen. Naͤchſt an dem Munde ſind zwey kleine Falten oder Runzeln, die dergleichen nicht haben. Die folgende ſiebenzehn haben an den Warzen zwo qver ſtehende kurze Borſten, die den uͤbri— gen gaͤnzlich mangeln. Unter dem Bauche an den zwoͤlf erſten mit Borſten verſehenen Ringen ſitzen groͤſſere und erhabnere Warzen, die breiter als lang ſind, und im Verhaͤltniß ihrer Entfernung vom Munde an Groͤſſe abnehmen. Die zehn erſten ſind hell, die zwey folgende dunkel. Neben dieſen fängt ſich eine Furche an, die den ganzen Bauch in der Mitte bis ans Ende durchlaͤufet. Die lange roͤthliche Fuͤhl⸗Faden ſitzen an der Stirne, und dienen dem Wurme darzu, daß er mit denſelben ſeine Nahrung ſuchet, und ſeinen darin verwickelten Raub in den Rachen bringet; man ſieht ihn mit denſelben eine ſanfte, kriechende Bewegung machen, und wenn er etwas fremdes oder eine Gefahr vermuthet, ſie alsbald zuruͤck ziehen. Sie ſcheinen inwendig hohl zu ſeyn und verdicken ſich bis— weilen an den Enden. Die Faden der Seiten⸗Locken ſchieſſen ſchnell hervor und ziehen ſich in Windungen zuſammen. Unſere 1 92 a DA moese . Unſere rothe Amphitrite lebet in ſandigtem Boden unter den Steinen am Ufer des Islaͤndiſchen Meeres, und bauet ſich aus dem Sande eine Roͤhre, die zwar dick, aber doch leicht zerbrechlich iſt. Die Roͤhre hat vollkommen die Laͤnge des Einwohners und ra⸗ get mit dem Vorder: Theile zur Seiten des Steines hervor; mit dem Hinter» Theil aber verliert fie ſich im Grunde unter den Steinen. Gemeiniglich ſtehen die langen Stirn» Faden aus der Roͤhre heraus. Wenn ſie ſich in Gefahr befindet oder angegriffen wird, zieht ſie ſich bald in ihr Gehaͤuſe hinein, und läffet einen rothen Saft von ſich, wo: durch das Waſſer in ihrem Bezirke roth und undurchſichtig wird. Gleicher Saft flieſſet aus ihrem Leibe, wenn ſie zerriſſen wird. Der Hr. Koͤnig will einmal einen Ruͤſſel bemerkt haben, den das Thier aus dem Munde hervorgeſtoſſen gleich erwaͤhnter gruͤnen Nereide, den es ihm aber zu geſchwind zuruͤck gezogen. Zu Anfang des April hat er auch zwiſchen ihren Stirn-Faden eine Menge kleiner runder Koͤrper wahrgenommen, die er ihre Eyer zu ſeyn glaubet. Die anatomiſche Unterſuchung, welche Hr. Pallas bey feinem Schnecken Sammler angeſtellet hat, macht dieſen Gedanken wahrſcheinlich. Er fand in demſelben einen weiſſen, niedergedruͤckten Körper, welcher den muſkuloͤſen Qver-Baͤndern des Bauches anlag, und ſich hinten in zwey an Breite abnehmende Theile erſtreckte. Das ganze Weſen deſſelben beſtand aus Moleculen von der Groͤſſe der Sand— Körner, und laͤſt nicht zweifeln, daß es der Eyer-Stock ſey. Er ſiehet eine zuſammengezogene Ritze, die ſich vornen unter dem Kopf befindet, und mit jenem in Verbindung ſtehet, fuͤr die Oefnung des Eyer-Stockes an. Demnach iſt es wohl nicht anders möglich, als daß die Eyer bey dem Austreten zum Theil in die langen Kopf: Faden unſerer buſchigten Amphitrite verwickelt werden, und ihrem DNN 193 ihrem klebrichten Weſen zur völligen Ausbruͤtung der jungen Wuͤrmer anhangen. ). ) He. Stroͤm hat in feinem Soͤndmoͤr S. 188 einen kleinen Meer: Wurm, den er Lumbricus marinus 'cirris longiſſimis nennet, zuerſt bekannt gemacht. Da er von dem Ritter von Linne in ſein Natur-Syſtem nicht iſt aufgenommen worden, und einige Aehnlichkeit mit der buſchichten Amphitrite zu haben ſcheinet, ol er gleich der Art und dem Geſchlecht nach verſchieden iſt, will ich der Stroͤmiſchen Beſchreibung noch dieſes beyfuͤgen. Die langen Faden deſſelben haben das beſon— dere, daß ſie beydes in der Zahl und dem Ort des Anſitzens veraͤnderlich ſind. Bey einigen zählte ich am Vorder -Ende nur drey, bey andern mehr als vier und zwanzig; ſie ſind aus Ringen zuſammengefetzt, und ſitzen nicht ſelten am ganzen Leibe hin und her zerſtreut. Sonderbar waͤre es, wenn ſie dem Thiere nicht eigen, ſondern eine paraſitiſche Wurm-Art wäre. Ich habe fie nur im Wein-Geiſte auf: behalten in der Sammlung des Hrn. Foega geſehen. In den Handlungen der drontheimiſchen Geſellſchaft, 4 B. Tom. 14. Fig. 7 ſtehet eine Abbildung dieſes Wurms; die Schwanz-Spitzen und ein dem Vorder-Ende anhaͤngender dicker Koͤr⸗ per, die ich nicht an dem Uhrbilde finde, noch ſeibſt der Beſchreiber anmerket, hät: ten wahrſcheinlich wegbleiben ſollen. Bb Die 194 — — — — — —— — Die nieren⸗foͤrmige Amphitrite. Sechzehntes Kupfer. Erſte Figur: der Wurm auſſer der Roͤhre. a. Der Feder : Buſch. 6. Die Kopf: Spitzen. c. Die Seiten : Borſten. d. Die Seiten- Warzen. e. Der ſpitzige Schwanz. Zweyte Figur: der Kopf, vergroͤſſert. Eine einzelne Feder. Die Haken. .Die Beulen. Die Freß⸗ Spitzen. .Die Seiten- Borſten. 8 . 2 22 Dritte Figur: die Wurm⸗Roͤhre. Sie giebt der buſchichten Amphitrite an Schoͤnheit nichts nach, indem die Stellung ihrer Feder-Buͤſche und die Feinheit der Fe dern alles uͤbertrift, was man von der Art ſehen kann. Der Körper iſt hell- roth und aus vielen Ringen zuſammen. geſetzt; die Kaͤnge deſſelben iſt drey Zoll, und die Breite eine Pariſer Linie. Der — — En N. 105 Der Kopf oder das Vorder-Theil iſt die groͤſte Zierde des Thieres. An dem erſten Ringe des Koͤrpers ſieht man zwey runde hervorſtehende Beulen; zwiſchen dieſen an dem oberſten Rande gehen zwey Haken hervor, die ſich auſſerhalb der Beulen in einen halben Cirkel beugen, ſo daß ihre aͤuſſerſten Spitzen einander gegen uͤber ſtehen, ohne ſich zu beruͤhren. Dieſe zwey Bogen haben die Groͤſſe einer halben Linie, und ſind mit vielen Pflaum-Federn dicht an einander beſetzt; da ſie vornen, wegen der Entfernung der Bogen-Spitzen von einander eine Oefnung oder Einſchnit bilden, und hinten gegen den Ruͤcken des Thieres ſich naͤhern, ſo machen alle Federn zuſammen eine nieren-foͤrmige Geſtalt. Es find acht und zwanzig ſolcher Federn; vierzehn au jedem halben Cirkel; die aͤuſſerſten ſind die kuͤrzeſten, und ſie werden almaͤhlich laͤnger, ſo wie ſie ſich dem Ruͤcken naͤhern, wo ſie am laͤngſten ſind. Die Federn beſtehen eigentlich aus bloſſen Fahnen ohne Kiel. Der Schaft (Rachis) iſt von beyden Seiten mit ſchief ſtehenden Faſern verſehen. Die Farbe einer jeden Feder iſt vierfach abwech— ſelnd, weiß und roth in ungleicher Weite. So wohl die Stellung als die ſanfte Farbe giebt dieſem Feder-Vuſch ein gar Fichliches An— ſehen; ſie ſchieſſen als Strahlen aus ihrem ofnen Mittel - Punkte heraus, machen an ihren Spitzen eine Beugung, und werden als von vier concentriſchen weiſſen und rothen Baͤndern durchſchnitten. In dem Mittel-Punkte des Feder-Buſches ragen zwey dunkel- braune Fuͤhl-⸗ Spitzen hervor, die aus dem Halfe zu kom— men ſcheinen; ſie ſind zugeſpitzt und viel kuͤrzer als die Federn. Bbe Der FABIBET. un Der Kopf oder das Thieres. An dem erſten Mi hervorſtehende Beulen; zwiſch zwey Haken hervor, die ſich Cirkel beugen, fo daß ihre A ſtehen, ohne ſich zu beruͤhre Groͤſſe einer halben Linie, un an einander beſetzt; da ſie Bogen- Spitzen von einander und hinten gegen den Ruͤcket alle Federn zuſammen eine n Es find acht und od halben Cirkel; die aͤuſſerſten fin] ö länger, fo wie fie ſich dem R Die Federn beſtehen eigentl% Der Schaft (Rachis) iſt v. 2 Faſern verſehen. Die Far ſelnd, weiß und roth in unglk als die ſanfte Farbe giebt die Be ſehen; fie ſchieſſen als Straß, heraus, machen an ihren von vier concentriſchen weiſſen In dem Mittel: P. dunkel braune Fuͤhl⸗ Spitz men ſcheinen; ſie ſind zugeſpi 196 UNTERE " Der Körper, welcher gegen den Schwanz unmerklich ab⸗ nimmt, ſcheint aus achtzig bis neunzig Ringen zu beſtehen, und endi— get ſich in einen ſpitzen und ungegliederten Schwanz. Zu beyden Seiten der Ringe ſind ſehr kleine Erhoͤhungen, davon die zwanzig erſteren mit kurzen Borſten verſehen ſind; dieſe Erhoͤhungen koͤnnen nur uneigentlich Fuͤſſe genannt werden; es hat auch gar nicht das Anſehen, daß ſie bey dieſer oder der vorhergehenden Amphitrite als ſolche ſolten gebraucht werden; es ſcheint vielmehr, daß dieſe beyde Meer-Nymphen ſich nie aus ihren Rohren begeben, und daß die Warzen: ähnliche Erhebungen ihnen nur darzu dienen, ſich damit in ihren Roͤhren feſte zu halten. Durch die Ringe gehet ſo wohl laͤngs dem Ruͤcken als dem Bauch eine ſchmahle und tiefe Furche. Die Roͤhre, in welcher dieſer Wurm wohnet, iſt vier Zoll, und vier Linien lang, alſo ein Zoll und vier Linien laͤnger als der Einwohner; ſie iſt einfach, roth wie der Wurm, von lederner und zaͤher Beſchaffenheit. Bey hellem Wetter ſpielet er mit ſeinen fedrichten Fuͤhl- Faden um den Raub zu erhaſchen, und zieht nach Gefallen die Feder-Buͤſche in ſein Gehaͤuſe hinein. Man findet dieſe Wurm⸗Art unter den Steinen im Meer-Grunde bey Beſſeſted im Holms⸗Fiord in Island, hauffenweiſe bey einander. So viel erhellet aus der mir von Hr. Koͤnig ertheilten Beſchreibung und Abbildung dieſes Wurms; man ſiehet gleich, daß er unter die Meer- Pinſel gehoͤret, ſchwehrer iſt es zu beſtimmen, ob er neu und unbekannt ſey. Es iſt nicht leicht aus kurzen Be: ſchreibungen, ſelbſt wenn ſie von nicht ganz ſchlechten Figuren erlaͤu— tert werden, die Verſchiedenheit zweyer Gegenſtaͤnde mit voͤlliger Gewiß⸗ Gewißheit zu entfcheiden, ohne einen derjelben in Natur zu ſehen. Die ungleiche Einſichten der Beſchreiber, ihr verſchiedener Geſichts— Punkt und ihre ſchwankende Ausdrucke, die groͤſſere oder geringere Geſchicklichkeit der Maler, die eigene Abaͤnderungen, welche vom Alter, dem Ort des Auffenthalts, der Geſundheit, dem Leben und dem Tode des Thieres herruͤhren, haben gar zu vielen Einfluß auf das Bild, das ſie uns darſtellen. Ich habe die Verfaſſer, welche der Meer— Pinſel erwaͤhnen, zu Rathe gezogen, kaum haben ſie mir aus der Ungewißheit geholfen. Fabius Columna, der ſchon ſeinen Vorgaͤngern die nicht genaue Beſchreibung und Abbildung der Pinſel vorwirft, giebt eine gute Figur?) eines ſolchen Wurms; er nennet ihn feines langen und kolbichten Ruͤſſels wegen, dadurch er ſich beym erſten Anblick don dem unſrigen und den folgenden unterſcheidet, e ντνν“νỹð. Sein Feder: Bufch beſtehet aus unzaͤhlbahren unter einander gemiſch⸗ ten Federn; ſie ſcheinen tief aus der vorderen Oefnung zu kommen, ſind roth und mit gelben Flecken gezeichnet. In der Mitte des Feder— Buſches zeiget ſich ein kaͤulen⸗foͤrmiger Ruͤſſel; der die völlige Laͤnge der Federn, oder die Laͤnge eines Zolles hat. Der Stiel deſſelben iſt weiß und roͤhricht; die Kolbe roth und geſtreift. Der Koͤrper iſt über zwey Zoll lang, und hat die Dicke einer Schreib- Feder. Durch den ganzen Ruͤcken gehet ein ſchwarzer Strich bis an den Schwanz; auf dem Vorder-Ende lieget ein groſſes Schild; welches an jeder Seite mit ſechs Stacheln beſetzet iſt. Er findet ſich auf den Sand-Baͤnken um Napel. Seine Roͤhre iſt entweder ganz gerade oder gebogen, weiß, feſt und glat. Bb 3 Der *) Aqvat. & terreſt. Cap. II, p. 22. 198 Des . Der Meer s Pinfel des Hrn. Ellis ) Hat feinen Feder: Buſch in zwey Arme getheilet, davon der rechte viel kuͤrzer als der linke iſt, und beyde mit einer doppelten Reihe Federn beſetzet ſind; doch ſiehet man nur eine einzelne Reihe in den Figuren. Der Koͤrper iſt mit Qver-Strichen gleichſam in Ringe getheilet, und zur Seiten mit kleinen Spitzen verſehen. Hr. Ellis haͤlt dieſe fuͤr Fuͤſſe, und zaͤhlet mehr als hundert und funfzig an jeder Seite. Die Roͤhre iſt aͤuſſerlich leimicht, aſchfarbig, und mit Cirkel— Strichen umgeben, inwendig mit einer hornigten und durchſcheinen— den Haut bekleidet; ihre Geſtalt iſt kegel- foͤrmig. Die Beſchreibung und Abbildung ſind nach einem in Wein-Geiſt aufbewahrten Wurm gemachet worden. Man hatte ihn in der Mittellaͤndiſchen See um Maltha gefunden. Der Pinſel welchen Hr. Baſter “) abbildet, iſt ous der Nord-See; feine Federn find von gleicher Laͤnge und vermiſchter Farbe, roth, grau und blau. Er ſagt zwar auch, daß ſie aus Armen herauskommen, und daß er keinen Unterſchied ihrer Groͤſſe habe bemerken koͤnnen; allein ſeine Figur zeiget einen gerundeten Kopf, aus deſſen vorderem Rande die Federn hervorſtehen, und nichts, das man einen Arm nennen koͤnnte. Der Beſchreibung nach iſt der Koͤrper in kleine Vierecke getheilet; die Seiten ſind eiſen— grau, die Mitte des Ruͤckens weiß: gelb; mehr als hundert Fuͤſſe an jeder Seite, davon die dreyzehn vordern von den hintern im Bau etwas verſchieden find. Die Figur hingegen zeiget auf dem Ruͤcken des Pin— ſels zwey Reihen kuglichter Warzen oder gerundeter Platten, welche den Fuͤſſen anliegen. Die Fuͤſſe ſcheinen aus einem warzigen, gerin— gelten ) Hiſt. Naturelle des Corallins, p. 107. T. 34. Corallina Tubularia Nelitenſis. ”) Opuſc. ſubſec. p. 77, T. 9., Fig. A, B. Scolopendra Tubnlaria, gelten Körper, der ſich in einen Haken endiget, zu beſtehen, und die vordern find den hintern völlig gleich. Die Roͤhre iſt auswendig braun, aſchfarbig, hautig, inwendig ſehr glat, unten offen, zehn bis zwölf Zoll lang; Vornen hat ſie die Dicke eines kleinen Fingers, hin: ten einer Gaͤnſe⸗Feder. Hr. Pallas giebt auch die Figur eines Pinſels, allein man vermiſſet bey derſelben die Genauigkeit, wodurch ſich feine andere Figu— ren ruͤhmlichſt ausmerken; er behauptet, daß die Geſchichte dieſes Thie⸗ res bereits hinlaͤnglich und aufs beſte von Hr. Ellis und Baſter beſchrieben ſey. Es ſcheinet, daß er hier der Wahrheit aus Achtung für feine verdienſt⸗ volle Freunde etwas vergeben habe; halt man das was oben von beyden Natur-Forſchern angefuͤhret worden, gegen ein⸗ ander, ſo iſt klar, daß die Beſchreibungen ſo wohl unter ſich ſelbſt als mit den Figuren eines jeden nicht genug uͤbereinſtimmen; letzteres haben wir bereits angemerket, und jenes wird ein jeder Leſer, der ſie mit ein— ander vergleichet, bald einſehen. Es bleibt alſo annoch unentſchieden, ob die Elliſiſche und Baſteriſche Pinſel einerley Art ſeyn, unerachtet Hr. Pallas und Hr. von Linne ſie unter einen Nahmen bringen, ich habe fie mit dem Nahmen des fücher foͤrmigen S. 8 angedeutet, den Napolitaniſchen aber nenne ich den beſen foͤrmigen, und den Is— laͤndiſchen den nieren foͤrmigen; Benennungen, welche von der Stellung ihrer Kopf-Federn hergenommen ſind. In der That gehoͤren dieſe Wuͤrmer unter die ſchoͤnſten des Welt⸗Meers. Wie viel iſt der Auſmerkſamkeit des Natur-Forſchers aufbehalten, der ſie lebendig zu betrachten, ihre Vermehrung, Wachs— thum und Natur: Triebe zu unterſuchen, einſt das Glück haben wird; ſelbſt unſere eigene Kuͤſten, wo wir ganz fremd ſind — — nelle 200 Dee neue Welten wuͤrden ſie uns darſtellen, was kein Auge geſehen, kein Ohr gehöret, und in keines Menſchen Herz gekommen — — wir wuͤrden bey jedem Schrit und bey jedem Anblick neuen Anlaß finden, die Weißheit des Unendlichen zu bewundern. Unfehlbar ſind ſie da, daß ſie von vernuͤnftigen Geſchoͤpfen betrachtet werden, und, da dieſer Endzweck nicht in dem tauſendſten Theil vom Menſchen erfuͤllet wird, muß es andere 8) Beſchauer geben, oder dieſe verborgene Schaͤtze unſerer Erd⸗Kugel muͤſſen feinem zukuͤnftigen Zuſtand vorbehalten ſeyn. Moͤch⸗ ten doch die groſſen dieſer Welt und andere die Muſſe haben, ſchon hier eine Beſchaͤftigung anfangen, ohne welche ihnen vielleicht eine kuͤnftige lange Weile drohet. Die Daͤniſchen und Norwegiſchen Kuͤſten reichen den Akademien der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften und einem jeden Verehrer der Werke des Schöoͤpfers uͤberſtuͤſſigen Stof dar; ſollte nicht der Beyfall unſers Chriſtiaus auch hierin einen unaufhaltbaren Trieb nuͤtzlich zu werden erwecken? 8) Denke nicht, wenn keine Menſchen wären: So ſehlt es Gott an Lob, dem Himmel an Beſchauern. Es wandeln unſichtbar viel Tauſend geiſtge Weſen, Die alle ſehn ſein Werk mit nimmer ſtillem Preis Bey Tag und Nacht, Zeit an. Wilton. In 7 N) y 7 Nl 4 A. N 2 * EV, 2 KIN RK, 1 e . Nee 4