CAGE: CIRCULATE IN LIBRARY ONLY: ±"B8T dono" Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from LYRASIS members and Sloan Foundation http://www.archive.org/details/vorlesungenberbaOObary ! VORLESUNGEN ÜBER BACTE R I E N VON A. DE BARY PKOFESSOR AN DIB UNIVERSITÄT STRASSBURG. ZWEITE VERBESSERTE AUFLAGE. MIT 20 FIGUREN IN HOLZSCHNITT. LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1887. Alle Rechte vorbehalten. V o r w o r t. Die vorliegende Schrift ist ihrem Hauptinhalte nach die kurze Zusammenfassung einer Anzahl Vorträge, welche theils in zusammen- hängender Reihe, als »College theils als gelegentliche Einzelvorträge gehalten worden sind. Dieselben sind hie und da in der Form ge- ändert, entsprechend dem Unterschiede zwischen schriftlicher Dar- stellung und mit Demonstrationen verbundenem freiem mündlichem Vortrag. Einzelnes ist weggelassen, anderes auch hinzugefügt worden, zumal einige allgemein bemerkenswerthe Dinge, welche erst nach Schluss jener wirklichen Vorlesungen publicirt oder mir bekannt geworden sind. Die Vorlesungen suchten die Aufgabe zu lösen, Zuhörer verschie- denster Fächer, Mediciner und Xichtmediciner, einzuführen in dieKennt- niss dessen, was man derzeit von den vielbesprochenen Bacterienfragen weiß und meint. Sie hatten daher eine Uebersicht zu geben in einer Form, welche für Jeden verständlich ist, dem die Elemente natur- wissenschaftlicher Bildung nicht fremd sind, und hatten insbesondere die von Bacterien bekannten Erscheinungen in ihrem Zusammenhange mit den von anderen Gebieten her bekannten darzustellen. Ein Ueberblick der vorhandenen, umfangreichen und fast von Stunde zu Stunde mehr anschwellenden Litteratur des Gegenstandes zeigt nun zwar viele verdienstliche und manche vortreffliche Arbeiten, aber auch viele Missverständnisse und Unklarheiten ; der wissenschaft- liche und halb wissenschaftliche Tagesverkehr, wenn ich so sagen darf, wird von diesen beherrscht: und wenn ich mich nicht täusche, haben dieselben ihren Hauptgrund in dem Mangel einer allgemeinen, auch auf benachbarte Gebiete Rücksicht nehmenden Uebersicht und Orientirung, darin dass man den Wald vor Bäumen nicht sieht. Ein Versuch, eine solche Uebersicht zu geben, dürfte daher keine überflüssige Vermehrung der vorhandenen Litteratur sein, und diese Erwägung war mir und wohl auch Jenen, welche die äußere Anregung dazu gaben, für die nachträgliche Niederschreibung und Veröffentlichung der Vorlesungen entscheidend. IV Vorwort. Mau wird hiernach in diesem Schriftchen nicht eine »Bacteriologicv< erwarten dürfen, welche auch nur referirend und aufzählend eingeht auf alle Einzelheiten, die gegebenen Falles Interesse und Wichtigkeit haben können: es soll vielmehr nur Anleitung gegeben werden, sich in solchen Einzelheiten zurecht zu finden. Vielen Lesern, welche für dieselben näheres Interesse haben, wird die darauf bezügliche Litteratur oder wenigstens Hinweisungen auf dieselbe zur Hand sein, wenn oder schon bevor sie die vorliegende Schrift benutzen. Für Andere, welche etwa auf dem umgekehrten "Wege den Details näher treten wollen, und auch um die von mir neben eigener Untersuchung benutzten hauptsächlichsten Quellen zu nennen, sind am Schlüsse dieser Schrift einige Litteraturangaben zusammengestellt und im Texte jedesmal durch eingeklammerte Ziffern (1) die Hauptstellen bezeichnet, auf welche das mit gleicher Ziffer versehene Citat sich bezieht. Soviel zur Einführung dieses Schriftchens. Möge dasselbe einiges beitragen zur Klärung der Anschauungen und zur Ueberleitung der Bacterienforschung aus dem gegenwärtigen Stadium des Stürmens und Drängens in die Bahnen ruhigen fruchtbringenden Arbeitens und Lernens.« Das ist, mit einer kleinen Weglassung, der Wortlaut der im Juli 18S5 geschriebenen Vorrede zur ersten Auflage dieses Buches. Die freund- liche Aufnahme, welche dasselbe gefunden hat, kann keinen andern Grund haben, als dass in ihm die zur Erreichung des angegebenen Zweckes geeignete Form der Darstellung getroffen war. Neues stand ja kaum darin. Für die nunmehr nothwendig gewordene zweite Auflage ist daher die Form und die Ausdehnung vorgeschrieben : sie muss der ersten möglichst gleich bleiben. Das ist auch geschehen ; der ursprüng- liche Rahmen ist unverändert. Auch innerhalb desselben steht vielfach noch das Alte. Andererseits aber sind in der seit Entstehung der ursprünglichen Arbeit verflossenen Zeit manche Fortschritte gemacht und manche neue Anschauungen begründet worden, welche berück- sichtigt werden müssen. Man wird daher in den Einzeldarstellungen der neuen Auflage nicht nur redactionelle Verbesserungen, sondern mehrfach wesentliche Veränderungen der ersten finden. Für die am Schlüsse stehenden Citate gilt das oben Gesagte, mit dem Hinzufügen, dass ich denselben diesmal etwas mehr kritische und erläuternde Anmerkungen als bei der ersten Auflage eingeschaltet habe. Straßburg, October 1886. A. de Bary. Inhaltsübersicht. Seite I. Einleitung. Bacterien oder Schizomyceten und Pilze. Bau der Bacterien- zelle \ II. Zellformen, Zellverbände und Gruppirungen 8 III. Entwickelungsgang. Endospore und arthrospore Bacterien M IV. Die Species der Bacterien. Negation distincter Arten. Unzureichende Begründung derselben. — Untersuchungsmethode. — Verwandtschaf- ten und Stellung im System 20 V. Herkunft und Verbreitung der Bacterien 31 VI. Vegetationsprocesse. Aeußere Bedingungen : Temperatur und stoffliche Beschaffenheit der Umgebung. — Nutzanwendungen für Cultur, Des- infection, Antisepsis 40 VII. Verhältniss zu dem Substrat und Einwirkung auf dasselbe. Saprophyten und Parasiten. — Saprophyten als Erreger von Zersetzungen und Gäh- rungen. — Eigenschaften der Gährungerreger 53 VIII. Wichtigste Beispiele von Saprophyten. Orientirung über die Nomencla- tur. — Die characteristischen Saprophyten der Gewässer : Crenothrix, Cladolhrix, Beggiatoa; Spirillen und andere Wasserbewohner ">9 IX. Gährungerregende Saprophyten. Harnstoffgährung. Nitrification. Essig- gährung. Schleimgäh'rungen. Milchsäurebildung. Kelir. Amylobacter. Eiweißzersetzungen. Bacterium Termo 68 X. Parasitische Bacterien. — Die Erscheinungen des Parasitismus 87 XI. Harmlose Parasiten der Warmblüter. Darmbewohner. Sarcina. Lepto- thrix. Micrococcus, Spirillen, Kommabacillus der Mundschleimhaut. 94 XII. Milzbrand und Hühnercholera 99 VI . Inhaltsübersicht. Seite XIII. Ursächliche Beziehungen parasitischer Bacterien zu den Infections- krankheiten der Warmblüter überhaupt. Einleitung 117 Bückfalltyphus 123 Tuberculose 123 Gonorrhoe 127 Asiatische Cholera 129 Wundinfectionskrankheiten 135 Erysipele 137 Trachom und Xerosis; Pneumonie, Lepra, Syphilis. Thierseuchen 138 Malaria 138 Unterleibstyphus und Diphtherie 1 39 Infectionskrankheiten, für welche der Nachweis des Contagium vivum fehlt 141 XIV. Bacterienkrankheiten der niederen Thiere und der Pflanzen. Insectenkrankheiten 141 Pflanzenkrankheiten 144 Litteraturangaben und Anmerkungen 146 Namen-Begister 1 57 Einleitung. Bakterien oder Schizomyceteu und Pilze. Bau der Bacterienzelle. (I) Der Zweck dieser Vorlesungen ist, eine Uebersicht dessen zu geben, was man derzeit von den Wesen kennt, welche unter dem Namen Bacterien zusammengefasst werden. Auf das vielseitige Interesse, welches sich an dieselben knüpft, braucht heutzutage nicht weiter hin- gewiesen zu werden. Wird doch tagtäglich dem gebildeten Publikum nicht viel weniger vorgehalten , als dass ein gut Theil allen irdischen Heils und Unheils Bacterien zu verdanken ist. Wenn uns nun hierdurch der übliche Theil der Einleitung, welcher dem Zuhörer die Wichtigkeit des Gegenstandes einer Vorlesung ans Herz legt, erspart wird, so bleibt es um so nothwendiger, die Kehrseite der Sache gleich am Anfang hervorzuheben. Ich meine damit, dass darauf aufmerksam gemacht werden muss, wie die gestellte Aufgabe nur gelöst werden kann durch möglichst allseitige ruhige wissenschaftliche Betrachtung der in Frage kommenden Objecte. Und solche Betrachtung bringt mehr des Trock- nen als des Spannenden und nach dem üblichen Sprachgebrauch Inte- ressanten. Dadurch darf sich nicht abschrecken lassen, wer sich wirk- lich einige Kenntniss aneignen will. Die Eintheilung unserer Betrachtung ergibt sich nach der gestell- ten Aufgabe von selbst. Es handelt sich darum, zuerst zu sehen, was die Bacterien sind, mit anderen Worten kennen zu lernen ihre Gestaltung, ihren Bau, ihre Entwickelung und an letztere an- knüpfend ihre Herkunft. Sodann haben wir zu fragen, was sie thun, was für Heil und Unheil sie anrichten, das heißt ihren Lebens- process zu betrachten und die Wirkungen nach außen, welche derselbe zur Folge hat. Wir beginnen mit der ersten Frage und beschäftigen uns zuerst einen Augenblick mit dem Namen. de Bary, Bacterien. 2. Aufl. t 2 I. Vorlesung. Die Bacterien, das sollte heißen Stabthierehen oder Stabpflänz- chen, nach der Stabform vieler derselben, werden auch Spaltpilze, Seh i z om yceten genannt. Beide Ausdrücke sind, streng genommen, nicht gleichbedeutend. Das Wort Pilze wird nämlich in zweierlei Sinne gebraucht. In dem einen bedeutet es diejenigen niederen, blülhenlosen Pflanzen, welche des grünen Laubfarbstoffes, des Chlorophylls entbehren und hiermit bestimmte Eigentümlichkeiten des Ernährungsprocesses zei- gen. Von diesen wird später ausführlicher zu reden sein. Hier sei nur vorläufig bemerkt, dass alle chlorophyllfreien Organismen als Ernäh- rungsmaterial bereits vorgebildete organische Kohlenstoffverbin- dungen erfordern und ihren Kohlenstoffbedarf nicht aus zugeführter Kohlensäure decken können. Die Verarbeitung dieser ist an das Chlorophyll und analoge Körper gebunden. Die Pilze in diesem Sinne sind also eine durch bestimmte phy- siologische, an dem Merkmal des Chlorophyllmangels erkennbare Eigentümlichkeiten charakterisirte Gruppe, etwa wie Vögel und Fledermäuse als Flugthiere in eine Gruppe zusammengefasst werden könnten. In dem andern Sinne, jenem der beschreibenden, classiticirenden Naturgeschichte bedeutet der Name Pilze eine durch bestimmte Cha- raktere des Baues und der Entwickelt! ng ausgezeichnete, in Form der Schwämme und der Schimmel Jedem anschauliche Gruppe niederer Gewächse. Die Angehörigen dieser sind allerdings thatsächlich alle chlorophyllfrei, sie brauchten es aber, um zu der Gruppe zu gehören, ebensowenig zu sein, als ein Vogel nothwendig einen Flugapparat haben muss, um als solcher anerkannt zu werden. Zu diesen n a tu r ge- schichtlich und nicht einseitig physiologisch charakterisirten Pilzen gehören die Bacterien nach Bau und Entwicklung ebensowenig wie die Fledermäuse zu den Vögeln. Und zwar um so weniger, als es eine, freilich geringe, Anzahl von legitimen Bacterien gibt, welche Chlorophyll und Chlorophyllfünction besitzen, also keine Pilze in dem physiologischen Sinne sind. Aus diesen Gründen reden wir hier correcter von Bacterien als von Spaltpilzen. Bleibt man sich übrigens klar über den verschiedenen Sinn der Worte, so ist es gleichgültig, welches derselben man an- wendet. Gestaltung, Bau und Wachsthum der Bacterien sind, wenn wir zunächst von bestimmten Fortpflanzungserscheinungen absehen, also nur die vegetativen Zustände berücksichtigen, sehr einfacher Art. Einleitung. Bacterien und Pilze. Bau der Bacterienzelle. i; Die Bacterien treten auf als Zellen von runder oder cylindrisch- stabförmiger, selten spindelförmiger Gestalt und sehr geringer Größe. Der Durchmesser der runden oder der Querdurchmesser der stabför- örigen Zellen beträgt bei den meisten etwa 0,00 1 Millimeter (= I Mikro- millimeter = \ u) oder noch weniger. Die Länge der stabförmigen Zellen geht bis auf das 2 — i fache des Querdurchmessers, selten mehr. Erheblich größere Formen sind nicht zahlreich. Sieht man ab von den später genauer zu betrachtenden Formen aus der Gruppe von Beggia- toa, Crenothrix u. s. w., welche sich auch in anderer Hinsicht einigermaßen abweichend verhalten, so ist die größte Breite, welche derzeit beobachtet ist, 4 //, bei den stabförmigen Zellen von Bacillus crassus van Tieghem. Zellen hat man diese kleinen Körper zu nennen, weil sie wie Pflanzenzellen wachsen und sich theilen und weil nicht minder das, was man von ihrem Bau erkennen kann , mit den entsprechenden Er- scheinungen bei Pflanzenzellen übereinstimmt. Freilich erlaubt die geringe Größe hier vorläufig nicht, tiefer in die Details des Baues ein- zudringen. Zellkerne zu finden ist z. B. noch nicht gelungen — was übrigens auch von vielen kleinen Zellen anderer niederer Gewächse, zumal von Pilzen gilt, und vor nicht sehr langer Zeit von allen Pilz- zellen galt. Man lernt eben bei fortgesetzter und successive vervoll- kommneter Untersuchung mit der Zeit mehr kennen. Die Bacterienzelle wird ihrer Hauptmasse nach gebildet aus einem Protoplasmakörper, welcher bei den kleineren Formen und auch bei den meisten größeren als eine völlig homogene, trüb durchscheinende Masse erscheint, bei größeren jedoch auch öfters feinkörnige oder an- dere, später noch zu beschreibende Structur zeigt. Er besteht, wie Nencki (2) für eine Anzahl Fälle gezeigt hat, der Hauptmasse nach aus eigenartigen und nach Species verschiedenen eiweißartigen Verbin- dungen (Mycoprotein, Anthraxprotein), und stimmt mit den Pro- toplasmakörpern anderer Organismen im Allgemeinen überein in dem Verhalten, welches er bei Anwendung der gewöhnlichen empirischen Reagentien zeigt: der Gelb- bis Braunfürbung durch Jodlösungen, der Aufspeicherung von, resp. intensiven Tinction durch Carminpräparate und Anilinfarbstoffe. Im Einzelnen kommen mancherlei specifische Differenzen in dem Verhalten zu diesen färbenden Reagentien vor. Dieselben liefern in bestimmten, bei späteren Veranlassungen zu er- wähnenden Fällen sehr brauchbare diagnostische Merkmale. Wie schon vorhin angedeutet, ist der Protoplasmakörper einiger, von Engelmann und van Tieghem beschriebener Bacterien. z. B. Ba- 4 I. Vorlesung. cillus virens v.T., durch Chlorophyllfarbstoff gefärbt, und zwar gleichförmig blass laubgrün. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist er farblos; die meisten Bacterien erscheinen nicht nur einzeln unter dem Mikroskop, sondern auch in Massenanhäufung rein- oder schmutzig-weiß; übrigens in letzterem Falle mit verschiedenen Nuancen nach grau, gelblich u. s. w., welche für den Geübteren selbst zur Art- unterscheidung brauchbar sein können. Andererseits gibt es nicht wenige Bacterien, deren Massenanhäufungen lebhafte Färbungen zeigen : je nach Einzelfall Gelb, Roth, Grün, Violett, Blau, Braun etc. Schröter hat eine ganze Anzahl solcher Fälle zusammengestellt. Inwieweit diese Färbungen dem Protoplasmakörper angehören oder seiner — nachher zu besprechenden — Umhüllung, der Zellmembran, oder beiden, ist in den meisten Fällen nicht sicher zu entscheiden, weil die einzelne Zelle für sich allein ihrer geringen Größe halber überhaupt keine Färbung erkennen lässt. Bei manchen, relativ großen Formen, z. B. den von Zopf unter B egg iatoa roseo-persicina zusammengefassten, lässt sich allerdings sehen, dass der lebende Protoplasmakörper an der — hier hellrothen — Färbung mindestens Theil nimmt. Die Farb- stoffe, um die es sich hier handelt, sind zum Theil etwas näher unter- sucht, auch mit besonderen Namen benannt worden, wie Bacterio- purpurin u. a. m. In ihrem optischen Verhalten zeigen sie, wie ja schon der Name der Farbe andeutet, mancherlei Aehnlichkeit mit Anilinfärb- stoffen. Auf eine analoge chemische Zusammensetzung darf aber hier- aus nicht geschlossen werden. Von anderen öfters auftretenden Structur- oder Inhaltserschei- nungen des Protoplasmakörpers ist von allgemeinerem Interesse das Auftreten von Stärkereaction. Bacillus Amylobacter, Spi- rillum amyliferum van Tiegh. zeigen in bestimmten Entwickelungs- stadien die Eigenthümlichkeit, dass ein Theil des Protoplasmakörpers, von dem übrigen durch etwas stärkere Lichtbrechung ausgezeichnet, in wässeriger Jodlösung indigoblaue Farbe annimmt, gleich Stärke- körnern oder richtiger der dieselben großentheils aufbauenden Gra- nulöse. Die Verhältnisse, unter welchen dieses eintritt und wiederum verschwindet, werden unten näher besprochen werden. Auch E. Han- sen's Micrococcus Pasteurianus und meistens Leptothrix buc- calis zeigen Granulose-Reaction. Das Vorkommen körniger Ausschei- dung von Schwefel in Beggiatoa sei hier, unter Verweisung auf die VIII. Vorlesung, noch kurz erwähnt. Der Protoplasmakörper der Bacterien ist umgeben von einer Membran, Zell haut. Diese hat, soweit bekannt, bei einer unter- Bau der Bacterienzelle. 5 suchten Art, der Sarcinaventriculi (vgl. Vorl. XI), die Eigenschaften typischer pflanzlicher Cellulosehäute, ist fest, allerdings dünn und nimmt durch Einwirkung von Jod in Chlorzink die charakteristische violette Farhe an. In den meisten Fällen trifft letzteres nicht zu, die Membran zeigt keine charakteristische Cellulosefärbung. Sie erscheint bei einzeln in Flüssigkeit zerstreuten Exemplaren unter dem Mikroskop als zarte Linie, welche die freie Oberfläche umzieht und etwa aneinander- stoßende Zellen von einander abgrenzt. Durch Reagentien, welche den Protoplasmakörper gleichzeitig stark contrahiren und färben, die Mem- bran aber nicht, z. B. alkoholische Jodlösung, kann dieselbe an größe- ren Formen auch von dem Protoplasmakörper getrennt zur Anschauung gebracht werden. (Vgl. Seite 13, Fig. I, p.) Ebenso tritt sie bei der S. 14 zu beschreibenden Sporenbildung deutlich hervor. Diese, dem Protoplasma dicht anschließende Membran ist wenigstens bei bestimm- ten Formen, wie Beggiatoen, Spirochaeten, sehr dehnbar und elastisch, denn man sieht sie Krümmungen folgen, welche der lang- gestreckte Körper macht, und bei denen der Protoplasmakörper allein activ sein kann. Die erwähnte, das Protoplasma direct umkleidende Membran ist aber wohl in allen Fällen nur die innerste, festere Schicht einer gelatinösen Hülle, welche den Körper umgibt. An nicht wenigen Formen sieht man dies bei aufmerksamer Untersuchung mit dem Mi- kroskop direct, auch wenn die Zellen oder kleinere Verbände derselben einzeln in Flüssigkeit liegen. Massenanhäufungen von Bacterien sind bei hinreichender Befeuchtung immer mehr oder minder gelatinös oder schleimig. Bei der Theilung der Zellen kann man das gelatinöse Auf- quellen jeweils äußerer Membranschichten successive verfolgen. Wir können daher fast allgemein den Bacterienzellen gelatinöse Mem- branen mit dünner, relativ fester Innenschicht zuschreiben. Die Con- sistenz der Gallerte, ihre Quellbarkeit in Flüssigkeiten ist, wie alsbald näher besprochen werden soll, von Fall zu Fall gradweise sehr ver- schieden. In dem Besitz solch gelatinöser Membranen stimmen die Bacterien überein mit vielerlei anderen niederen Organismen, von denen Nosto- caceen und manche Spross- und Fadenpilze beispielsweise ge- nannt sein mögen. Wie bei diesen Gewächsen hat sich die Gallert- membran für eine Anzahl untersuchter Formen als aus einem der Cellulose nahestehenden Kohlehydrat bestehend erwiesen; so speciell für das Bacterium der Essigmutter und das Froschlaich-Bacte- rram der Zuckerfabriken, Leuconostoc. Dem gegenüber fand Nencki, dass die Membranen nicht näher bestimmter Fäulnisbacterien« gleich (5 I. Vorlesung. dem zugehörigen Protoplasma zum größten Theile aus dem oben ge- nannten Mycoprotein bestehen. Endlieh ist hier noch eine Angabe Neisser's (66) anzuführen, welcher für das Bacterium der Xerosis con- junctivae, nach dem Verhalten zu Reagentien, vermuthet, dass die Membran oder »Hülle« erheblich fetthaltig sei. Weitere Untersuchungen Über diese Dinge sind jedenfalls wünschenswerth. Die Membranen der wasserbewohnenden Cladothrix und Grenothrix sind oft durch eingelagerte Eisenverbindungen braun gefärbt. Viele Bacterien sind in Flüssigkeit frei beweglich. Sie rotiren um ihre Längsachse oder schwingen pendelartig und bewegen sich oft lebhaft vor- und rückwärts. Man hat in Folge dessen nach Be- wegungsorganen gesucht und es werden als solche angegeben Cilien oder Geißeln, sehr dünne fadenförmige Anhänge, bei stabförmigen Bacterien den Enden einzeln oder zu zweien ansitzend. Solche Cilien finden sich an vielen nicht zu den Bacterien gehörenden, nach Art dieser in Flüssigkeit frei beweglichen, relativ großen Zellen — z. B. den Schwärmzellen , Schwärmsporen zahlreicher Algen und mancher Pilze. Sie schwingen hier, so lange die Bewegung dauert, lebhaft im Sinne der Drehung um die Längsachse und können in Folge hiervon für die activen Bewegungsorgane gehalten werden. Diese Cilien der Algenschwärmzellen sind Fortsätze, Ausstülpungen gleichsam, der Oberfläche des Protoplasmakörpers. Sie gehören also diesem an. Wo er von einer Membran umgeben ist, treten sie durch Oeffnungen dieser ins Freie. Von solch charakteristischen Structurverhältnissen ist bei den Bacterien nichts beobachtet. Zarte fadenförmige Fortsätze werden an den bezeichneten Orten allerdings manchmal gefunden, und zwar an gefärbten, der Eintrocknung ausgesetzt gewesenen Exem- plaren. Dass sie in Wirklichkeit da sind und nicht, wenigstens nicht immer in der Phantasie des Beobachters, wird durch die Thatsache gezeigt, dass sie in der Photographie wiedergegeben werden. Allein in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle findet man sie an noch so beweglichen Bacterien schlechterdings nicht, auch nach Tödtung und Färbung und mit den besten optischen Hülfsmitteln. Und wo sie sich finden, da sind sie, wie van Tieghem hervorhebt, nicht Fortsätze des zugehörigen Protoplasmakörpers, sondern gehören, ihrem Verhal- ten zu Reagentien nach, der Membran an, sind also wohl als faden- förmig ausgezogene Theile der weich gelatinösen Membranschichten aufzufassen. Mit den Cilien der Algenschwärmer haben sie hiernach nichts gemein und als Bewegungsorgane sind sie dann auch nicht an- zusehen, da diese Function nur aus der Analogie mit jenen Algencilien Bau der Bacterienzelle. Theilung. 7 erschlossen war. So verhält es sich wenigstens für die überwiegende Mehrzahl der Arten. Ob es Ausnahmsfälle gibt, ist durch fernere Untersuchungen zu entscheiden. Es ist hier hinzuzufügen, dass es zum Theil relativ stattliche niedere Gewächse gibt, z. B. die mit den Bac- terien, wie unten noch zu besprechen sein wird, nach den vorhandenen Kenntnissen nahe verwandten Oscillarien, welche ähnliche Be- wegungen zeigen, ohne dass bei ihnen Cilien oder andere distincte Be- wegungsorgane hätten nachgewiesen werden können. Die Auffindung von Cilien bei den Bacterien ist also auch kein durch die Analogie ge- fordertes Postulat. Die vegetirenden Bacterienzellen vermehren sich durch succes- sive Theilung in je zwei Tochterzellen. Hat die Zelle eine bestimmte Größe erreicht, so sieht man in ihr einen zarten Querstrich auftreten, welcher die Zelle in zwei Hälften zerlegt und sich nachmals durch gelatinöse Aufquellung als Anfang einer Zellmembran erweist. Das stimmt überein mit den von Theilungen größerer Pflanzenzellen bekannten Erscheinungen, und es steht der Annahme nichts im Wege, dass auch die Einzelheiten des Theilungsprocesses wie bei jenen ab- laufen. Directe Beobachtung derselben wird durch die Kleinheit der Objecte derzeit unmöglich gemacht. Es muss sogar hinzugefügt werden, dass die bei der Theilung auf- tretende Querwand anfangs "oft so zart ist, dass sie der Beobachtung leicht entgeht und erst zur Anschauung kommt, wenn Reagentien, welche das Protoplasma stark färben und zum Schrumpfen bringen, eingewirkt haben, zumal alkoholische Jodlösung. Das ist zu beachten, wenn es sich um die Bestimmung von Zellenlänge handelt. Die successiven Zweitheilungen erfolgen, je nach Einzelfall, ent- weder alle in gleicher Richtung, die Querwände stehen also alle pa- rallel; oder, seltener, sind letztere wechselnd nach zwei oder drei Raumesrichtungen gestellt, sodass sie sich dementsprechend successive schneiden, thatsächlich rechtwinklig kreuzen. II. Vorlesung. IL Zellformen, Zellverbände und ftrappirnngen. Die Einzelzellen der Bacterien, deren einfacher Bau in Vorstehen- dem betrachtet wurde, können nun in sehr mannigfacher Weise auf- treten, theils nach ihrer und ihrer einfachsten Verbände Gestalt, theils nach ihrer Vereinigung oder NichtVereinigung zu größeren Verbänden und den Eigenschaften dieser. 1. Nach der Gestalt der Einzelzellen und ihrer einfach- sten genetischen Verbände unterscheidet man rundzellige Formen, gerade und schraubig gekrümmte Stabformen. Eine Billardkugel, ein Bleistift und ein Korkzieher veranschaulichen diese drei Hauptformen aufs Genaueste , sodass hier Niemand nöthig hat , zu seiner Belehrung kostspielige Modelle, wie sie zum Kauf angeboten werden, zu benutzen. Zur Veranschaulichung verweise ich hier einst- weilen auf die in den späteren Vorlesungen näher zu besprechenden Figuren. Im Laufe der Entwickelung unserer Kenntnisse haben diese Ge- stalten verschiedenerlei Namen erhalten. Die runden sind heutigen Tages als Kokken am bekanntesten (s.Fig. 3,4, S. 19,20); je nach ihrer Größe redet man von Mikrokokken, Makrokokken; von Diplo- kokken, wenn sie nach einer Zweitheilung noch paarweise zusam- menhängen; Monaden hießen sie, nebst manchen heterogenen Din- gen, bei den älteren Autoren. Die geraden Stab formen (Fig. 1, 2, S. 13, 17) haben von den älteren Autoren speciell den Namen Stäbchen, Bacterien erhalten. Kurzstäbchen, Langstäbchen und andere 'Worte sind anschauliche, sonst werthlose Bezeichnungen für untergeordnete Besonderheiten der Gestalt. Die Schrauben- oder Korkzieher formen (Fig. 8) heißen Spirillen, Spirochaeten. Nur wenig, d. h. nur in einem Theil eines Schraubenumgangs gekrümmte, also Mittelformen zwischen den beiden letzten Kategorien sind, im Anschluss an ältere Schriftsteller, von Cohn Vibrionen genannt worden. Es ist wichtig, ein für alle- mal zu merken, dass diese und andere, gleich zu nennende Namen thatsächlich nichts anderes bezeichnen, als bestimmte Gestalten. Besser wäre es freilich, diese einfach anschaulich zu benennen, also von Kugel, Schraube u. s. w. zu reden; und es ist auch zu hoffen, dass Zellformen, Zellverbände und Gruppirungen. 9 das gegenwärtige, zumal in der medicinischen Litteratur blühende Rothwälsch allmählich einer vernünftigen Terminologie Platz machen wird. Den Kokken- und Stäbchenformen kommt manchmal eine eigen- thümlich abweichende Gestaltung zu, insofern zwischen den in einer der angegebenen typischen Formen verbleibenden, einzelne Zellen zu voluminösen, die typischen Zellen um ein mehrfaches an Größe über- treffenden breit spindeligen oder runden oder ovalen Blasen anschwellen. Bei Bacillus-Arten, Cladothrix u. a., besonders häufig bei dem Micro- coccus der Essigmutter ist dieses beobachtet. Es wird wohl nicht ohne Grund angenommen, ist aber doch noch zu prüfen, dass diese ge- schwollenen Formen die Producte krankhafter Entwicklung, die An- zeichen einer Rückbildung, einer Involution sind. Daher werden sie Rückbildungsformen, von Nägeli und Buchner Involutionsfor- men genannt. (Vgl. Fig. 9.) 2. Nach der Art des Verbandes oder Nichtverbandes ist zuvörderst zu unterscheiden zwischen solchen Formen, deren gene- tische Verbindung und Anordnung nach den successiven Zweithei- lungen erhalten bleibt, und anderen, bei denen sie getrennt oder ver- schoben wird. In dem Falle des Vereintbleibens im Zusammenhang derTheilungs- folge erhalten wir a) Reihenweise Anordnung der Zellen bei gleicher Richtung der successiven Theilungen. Ihrer fadenförmigen Gestalt nach nennt man solche Zellreihen (Fig. 2 u. a. ) nach altherkömmlicher Terminologie Fäden (Trichome); einer seltsamen Begriffsverwirrung verdanken sie auch den Namen Scheinfäden, soll heißen Dinge, die Fäden zu sein scheinen, aber keine sind. *• Es ist nach dem bisher Besprochenen selbstverständlich, erstens dass die Gestalt solcher Fadenreihen, je nach runder oder anderer Form der Einzelzellen, ungleich ausfallen muss, und dass zweitens die Länge der Fadenverbände, nach Gliederzahl gerechnet, sehr ver- schieden wird sein können. Speciell von den Stab- und Schrauben- formen mag hervorgehoben sein, dass die Zellen meist zu kurzen Reihen derart verbunden bleiben, dass das Stäbchen oder die Schraube thatsächlich aus mehr als einer Zelle besteht und dann, nach einer bestimmten Vermehrung der Gesammtlänge und Gliederzahl, an der ältesten Theilungsstelle in zwei getrennt wird. — Die Worte Lepto- thrix, Mycothrix und andere bezeichnen die längeren Fadenformen. b) In einer Fläche und nach drei Dimensionen genetisch geordnete 10 II. Vorlesung. Zellverbände sind nach dem oben Gesagten seltener; für erstere ist z. B. Zopfs Bacterium merismopoedioides zu nennen; für letz- tere die würfelförmigen Zellpackete der Sarcina-Arten. (Vgl. unten Fig. 13.) * Neben diesen Erscheinungen des 'genetischen Verbandes und mit ihnen mannigfach combinirt treten eine Reihe von Gruppirungen, wie man kurz sagen kann, auf, welche ihre Ursachen haben einmal und zum guten Theil in der Menge , der Cohäsion und sonstigen speci- fischen Eigenschaften der jedesmal gebildeten Gallertmembranen, so- dann, hiermit wiederum combinirt, in den verschiedenartigsten speci- fischen Eigentümlichkeiten, welche nicht allgemein kurz definirt wer- den können und ihre Erklärung, allerdings leider nur zu geringem Theile, bei der späteren Betrachtung der Lebensprocesse finden wer- den. Weiter ist dann die Beschaffenheit, zumal der Aggregatzustand des Substrats eventuell von Einfluss auf die Gruppirung. Geringe Mächtigkeit der Gallerthülle und höchstgradige, bis zum Zerfließen gehende Quellbarkeit derselben wird Trennung der Zellen oder einfachsten Verbände von einander zur Folge haben, wenn sie in Flüssigkeit wachsen. Mächtige Entwicklung und eng begrenzte Ouellbarkeit der Gallerte wird in der gleichen Flüssigkeit die Zellen zu compacten Gallertmassen zusammenhalten. Das sind die Extreme, welche sich thatsächlich finden, nebst allen Abstufungen zwischen denselben. Die festeren Gallertmassen (vgl. Fig. 3, S. 19) werden mit dem alten Namen Palmella oder mit dem jetzt üblichen neueren Zoogloea benannt; minder scharf umschriebene Zooglöen, um kurz zu reden, kann man anschaulich Schwärme nennen. — Je nach ihrem specifischen Gewichte schon wird eine Zoogloea oder ein Sehwarm in der gleichen Flüssigkeit an der Oberfläche schwimmen oder zu Boden sinken. Je nach weiteren specifischen Eigenschaften werden sich dann ihre Gesammtform und die Gruppirung der Einzel- verbände in ihr gestalten. Um dies nur an einigen Beispielen einstweilen zu erläutern, stehen hier drei Kolben mit der gleichen, 8 — 1 0procentigen Lösung von Trau- benzucker und Fleischextract in Wasser. In dem einen ist die Flüssig- keit ziemlich gleichförmig getrübt von den kurzen, beweglichen Stäb- chen des Bacillus Amylobacter. In dem zweiten ist die Ober- fläche der wenig trüben Flüssigkeit bedeckt von einer weißen, runz- ligen oben trockenen Haut, welche dem B. s üb Ulis, dem sogenannten Heubacillus angehört. In dem dritten bilden die Fäden des dem letz- teren sonst ähnlichen Milzbrand-Bacillus, B. Anthracis, einen Zellformen, Zellverbände und Gruppirungen. 1 1 flockigen Bodensatz in der klaren Flüssigkeit. Diesen Bodensatz kann man kaum Zoogloea nennen, eher Schwärm, wenn man will. Jene Heubacillus-Decke ist schon eine Zoogloea von charakteristischer Spe- cialgestalt. Mehr oder minder ähnliche Bildungen findet man oft genug in Flüssigkeiten, welche zersetzbare organische Körper enthalten. Höchst charakteristische, in Flüssigkeit entwickelte Zooglöen sind der sogenannte Froschlaich in Zuckerfabriken und der Kefir. Ersterer ein rundzelliges Bacterium, Leuconostoc, mit massiger, compacter Gallerthülle, welches als froschlaichähnliche Masse ganze Bottiche er- füllen kann. Es wird noch später besprochen werden. Kefir-Körner nennt man Körper, welche von den Bewohnern des Kaukasus benutzt werden bei der Bereitung eines säuerlichen, kohlensäurereichen Ge- tränkes aus der Milch. Die Kefirkörner sind im frischen lebenden Zu- stande weiße Körper von meist unregelmäßig rundlicher Form. Sie erreichen die Größe einer Wallnuss und darüber. Ihre Oberfläche ist kraus lappig, stumpf-höckerig und gefurcht, blumenkohlähnlich. Sie sind von fest und zäh gelatinöser Consistenz — nach dem Austrocknen bei gelblicher Färbung knorpelig spröde — und bestehen ihrer Haupt- masse nach aus einem stabförmigen Bacterium. Die Stäbchen dieses sind großentheils zu Fäden verbunden, welche in zahllosen Zickzack- biegungen eng durcheinander geflochten und mittelst ihrer zähen Gal- lertmembranen fest vereinigt sind. Hinzugefügt muss hier werden, dass die Bacterienfäden nicht die einzigen Formbestandtheile des Kefirkornes sind. Zwischen ihnen eingeschlossen finden sich vielmehr, zumal in der Peripherie, zahlreiche Gruppen eines (bierhefeähnlichen) Sprosspilzes, welcher mit dem Bacterium gemeinsam wächst und gemeinsamen Haushalt führt; er steht jedoch dem Bacterium an Masse beträchtlich nach und ist bei der Zoogloeabildung nur passiv be- theiligt. Wachsen Bacterien anstatt in Flüssigkeiten auf nur nassem oder feuchtem, festem Boden, so tritt die Gruppirung zu Zooglöen auch bei solchen Formen leicht ein, welche innerhalb größerer Flüssigkeits- menge durch die Zerfließlichkeit ihrer Gallerthüllen auseinandergehen. Die auf dem nur feuchten Substrat beschränktere Wasserzufuhr lässt die Gallerte dann nicht bis zum Zerfließen aufquellen. Auf getödteten Kartoffeln, Buben u. dergl. sieht man oft Gallertklümpehen von weißer, gelblicher und anderer Färbung auftreten, welche derartige Bacterien- anbäufungen sind. Im Wasser zerfließen sie. Einen Specialfall hier- von stellt z. B. die vielbeschriebene Erscheinung des Blutwiinders dar, des Micrococcus prodigiosus (Monas prodigiosa Ehren- 12 IH- Vorlesung. berg). Auf stärkereichen Substanzen, wie gekochten Kartoffeln, Brot, Reis, Oblaten erscheinen blutrothe feuchte Flecke, die sich manchmal schnell und weil ausbreiten. Ihre Blutfarbe hat, wo sie unerwartet in Gegenständen menschlichen Haushalts erschienen, zu allerlei Aber- glauben Anlass gegeben. Sie bestehen aus einem der oben erwähnten farbstoiTbildenden Bacterien, welches den genannten Namen führt. Entsprechend der oben angegebenen, nach den ungleichnamigen Formen ungleichen Gruppirung in der gleichen Flüssigkeit sind auch die Gestaltungen der Zooglöen auf festem Boden vielfach für ungleich- namige Formen verschieden. Aus allen diesen auf die Gruppirung bezüglichen Thatsachen er- gibt sich , dass dieselben sehr werthvolle Merkmale für Charakterisi- rung und Unterscheidung der Formen abgeben können; um so werth- voller, je schwieriger bei der geringen Größe die mikroskopische Unterscheidung der Einzelzellen oft ist. In den Gruppirungserschei- nungen treten specifische Gestaltungseigenschaften, welche an der Einzelzelle zwar vorhanden sein müssen, aber mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln nicht oder nur schwer erkannt werden können, gleichsam angehäuft in größerem Maße hervor. Es ist das aber nichts absonderliches. Von vielen, im Vergleich zu den Bacterien riesen- großen und reich gegliederten Zellen können wir, wenn sie einzeln vorliegen, nicht mit Sicherheit sagen, ob sie einer Lilien- oder einer Tulpenpflanze angehören. In ihrer natürlichen Vereinigung oder Grup- pirung aber bauen die einen immer nur die Tulpe, die anderen die Lilie auf, und hieran erkennt man, dass sie verschieden sind. III. Entwickelungsgang. Endospore und arthrospore Bacterien. Die verschiedenen Gestaltungen und Gruppirungen, von welchen in den vorigen Abschnitten die Rede war, bedeuten zunächst nichts weiter als bestimmte, mit jeweils bestimmten Namen bezeichnete Formen der Erscheinung, so wie sie sich zu irgend einer Zeit der Be- obachtung darbieten, und ohne Rücksicht darauf, woher sie stammen und was später aus ihnen wird. Sie sind Formen der vegetativen Ent- wickelung, Wuchsformen, wie man kurz sagen kann, entsprechend Entwickelungsgang. Endospore Bacterien. 13 jenen, welche wir bei höheren Gewächsen etwa bezeichnen mit den Worten Baum , Strauch , Staude , Zwiebelgewächs u. s. w. Die reinen Gestaltungsformen entsprechen selbst nur einzelnen Gliedern bestimm- ten Wuchses, wie Holzstamm, Ranke, Knolle, Zwiebel u. s. f. Will man wissen, was eine Ranke oder eine Zwiebel in der Kette der Erscheinungen zu bedeuten hat, will man das von irgend einer Erscheinungsform lebender Wesen überhaupt wissen, so muss man die oben angedeutete Frage beantworten , wo kommt sie her und was wird aus ihr, oder nach der üblichen Sprache ausgedrückt, welches ist ihr Entwickelungsgang. Denn jede Form eines lebenden Wesens, die wir zu irgend einer Zeit fixiren, mag sie auch in Millionen Exem- plaren vorhanden sein, ist nur ein Glied in einer Kette periodischer Bewegungen, die mit einem gesetz- mäßigen Wechsel der Formen ein- hergehen. Wenn wir daher die Bacterien näher kennen lernen wollen, müs- sen wir jetzt nach ihrem Entwicke- lungsgang fragen. Soweit die jetzigen Kenntnisse reichen, ist derselbe nicht bei allen ganz gleich. Man muss vielmehr zwei Gruppen unterscheiden, deren eine die endosporen, die andere die arthrosporen Bac- terien genannt worden ist. Fig. 1. Bacillus Megaterium. a Umriss einer lebhaft vegetirenclen und beweglichen Stäbchenkette, 250mal vergr. Die übrigen Figuren nach GOOfacher Ver- größerung, b lebhaft vegetirendes bewegliches Stäbchenpaar, p ein vierzelliges Stäb- chen dieses Zustandes nach Einwirkung alkoholischer Jodlösung, c fünfzelliges Stäb- eben, in der ersten Vorbereitung zur Sporenbildung, d- -/ successive Zustände eines sporenbildenden Stäbchenpaares, d um 2 Uhr Nachmittags, e etwa 1 Stunde später, feine Stunde später als e. Die in /'angelegten Sporen sind gegen-Abend reif; andere wurden nicht gebildet, die in der drittobern Zelle von dund e anscheinend angelegte verschwand vielmehr; die in /'nicht sporenführenden Zellen waren um 9 Uhr Abends abgestorben. r viergliedriges Stäbchen mit reifen Sporen. — gx fünfgliedriges Stäb- chen mit 3 reifen Sporen, nach mehrtägiger Eintrocknung in Nährlösung gebracht. M Uhr 30 Mittags, g- dasselbe Exemplar um i Uhr 30, iß dasselbe um 4 Uhr. —h\ zwei eingetrocknete und dann in Nährlösung gebrachte Sporen mit ihren Mutterzellmem- branen, um \\ Uhr 45. h% dieselben um 12 Uhr 30. »', k, l spätere, im Texte, Seite 17, erklärte Keimungsstadien. — m Ein in Quertrennung begriffenes Stäbchen, aus einer vor 8 Stunden in Nährllüssigkeit gebrachten Spore erwachsen. 14 III. Vorlesung. Die erste Gruppe umfasst eine Anzahl gerader Stabformen, die hier speciell mit dem Namen Bacillus bezeichnet werden soll, und einige schraubige Spirillen. Bei beiden sind die Erscheinungen, so- weit bekannt, wesentlich die gleichen. Sie sollen hier für Bacillus näher beschrieben werden. Vergl. Fig. 1. Die Bacillen sind auf der Höhe der Vegetation stabförmige oder kurz cylindrische Zellen von den vorhin beschriebenen Eigenschaften, einzeln oder zu wenigzelligen »Stäbchen« oder längeren Fäden im Ver- bände bleibend, beweglich oder bewegungslos, in lebhaftem Wachs- thum und Theilung (Fig: 1 , a — c). Diese erlöschen schließlich und nun beginnt die Bildung eigenartiger Beproductionsorgane, Sparen. So- weit man diesen Vorgang verfolgen kann, fängt er an mit dem Auf- treten eines relativ sehr kleinen punktförmigen Körnchens in dem Pro- toplasma einer bisher vegetativen Zelle. Dasselbe nimmt an Volumen zu und erweist sich bald als ein länglicher oder runder, stark licht- brechender, scharf umschriebener Körper, der schnell, manchmal schon in wenigen Stunden seine definitive Größe erreicht und dann die fertige Spore darstellt ((/ — /"). Diese bleibt immer kleiner als ihre Mutterzelle. Protoplasma und sonstiger Inhalt letzterer schwindet in dem Maße, als die Spore wächst, wird also ohne Zweifel zu Gunsten letzterer verbraucht, bis schließlich die Spore innerhalb der zarten Membran der Mutterzelle nur mehr in wasserheller Substanz suspen- dirt erscheint (r, ht). Im Einzelnen finden bei diesen Vorgängen mancherlei diagnostisch werthvolle Verschiedenheiten statt, zumal in der Gestaltung. Bei Ba- cillus Megaterium, Anthracis, subtilis z. B. ist die Gestalt der sporenbildenden Zelle nicht von jener der vegetirenden verschieden, die fertige Spore aber bei den beiden letztgenannten viel kürzer, bei B. Anthracis kaum schmäler, bei B. subtilis oft etwas breiter als die Mutterzelle; bei B. Megaterium wenig kürzer als die relativ kurze Mutterzelle, aber viel schmäler (vgl. Fig. I und Fig. 2 S. 1 7). Andere Arten zeigen die Sporen immer nach allen Richtungen viel kleiner als die Mutterzelle und diese schon vor oder während der Sporenbildung von den cylindrischen vegetativen dadurch ausgezeich- net, dass sie zu spindel- oder eiförmiger Gestalt dauernd anschwellen, sei es in ihrer ganzen Ausdehnung, sei es an dem Orte, wo die Spore liegt und welcher sich dann gewöhnlich an einem Ende befindet. In dem letzteren Falle sowohl, als dann, wenn einer ganz angeschwol- lenen Mutterzelle noch cylindrische einseitig anhängen, kommt die Erscheinung zu Stande, welche früher als Köpfchenbacterien be- Entwickelungsgang. Endospore ßacterien. 15 schrieben worden ist: cylindrische Bacterien mit einer (kopfartigen) sporenführenden Anschwellung am Ende. Beispiele dieser Art sind Bacillus Ainylobacter (Fig. 12 unten), B. Ulna u. a. m. Bei dem B. Ainylobacter und dem Spirillum amyliferum van Tieghem's geht die oben (S. 4) beschriebene Granulosebildung dem Auftreten der Spore voraus und der Ort, wo letzteres beginnt, ist durch Mangel der Granulöse ausgezeichnet. Er erscheint in Jodlösung als ein blassgelber, ein Ende einnehmender Ausschnitt in dem übrigen blau werdenden Stäbchen, ist übrigens auch schon ohne Reagens durch schwächere Lichtbrechung unterschieden. Mit dem Heranwachsen der Spore schwindet die Granulöse. Nach Prazmowski ist dieselbe übri- gens auch bei B. Ainylobacter nicht immer vor der Sporenbildung vor- handen. Bei anderen Bacillen, z. B. den drei vorhin erstgenannten, findet sie sich nie; das Protoplasma ist hier vor der Sporenbildung nicht verändert oder höchstens etwas undurchsichtiger, bei größeren Formen deutlicher feinkörnig. Eine Mutterzelle bildet in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle nur eine Spore. Das ist fast immer mit Sicherheit nachzu- weisen und die wenigen, in den vorliegenden Beschreibungen enthal- tenen Angaben, nach welchen anderes, nämlich die Bildung von zwei Sporen in einer Zelle, stattfände, sind unsicher, weil sie keine Garantie gegen das etwaige Uebersehen von Zellgrenzen oder sonstige Irrungen enthalten. Allerdings muss ich hinzufügen, dass mir neuerdings eine Ausnahme von der herrschenden Regel vorgekommen ist: eine dem Bac. Amylobacter (vgl. Vorl. IX) nahestehende Species, welche ge- wöhnlich der Regel folgt, manchmal aber auch in einer breit spindel- förmig angeschwollenen Zelle zwei Sporen enthält. Die Entwickelung dieser Zwillinge konnte noch nicht genauer beobachtet werden. In den Gulturen findet die Sporenbildung gewöhnlich statt, wenn das übrige Wachsthum deshalb stille steht, weil das Substrat zu seiner Unterhaltung ungeeignet geworden ist, sei es, dass sein Gehalt an Nährstoffen aufgebraucht, erschöpft ist, wie man zu sagen pflegt, sei es dass die Menge beigemischter Zersetzungsproducte der vegetativen Entwickelung hinderlich wird. Die Sporenbildung erstreckt sich dann rasch über die Mehrzahl der Zellen und Specialverbände einer reich- lich vorhandenen Form. Einzelne dieser bleiben wohl davon ausge- schlossen, in manchen sieht man auch wohl Sporenbildung beginnen, aber nicht zu Ende geführt werden. Alle diese an der normalen Sporenbildung nicht theilnehmenden Zellen sterben dann ab und zer- fallen, wenn sie nicht rechtzeitig in frisches Substrat gebracht werden. 16 III. Vorlesung. Bei anderen Bacillen, z. B. B. Amylobacter, verhält sich das aber anders. Die Sporenbildung beginnt hier in einzelnen Zellen und erstreckt sich nach und nach auf immer mehr derselben, während zahlreiche andere fortfahren zu wachsen und sich zu theilen. Man darf daher das Ungeeignetwerden des Substrats für die Vegetation nicht für die allgemein bestimmende Ursache der Sporenbildung halten. Sporen nennt man allgemein solche Zellen, welche von einer Pflanze abgegliedert werden, um unter geeigneten Bedingungen wie- derum zu einem neuen vegetirenden Pflanzenkörper heranzuwachsen. Der Beginn dieses letzteren Vorgangs wird Keimung genannt. Dem entsprechenden Verhalten verdanken die Körper, welche uns beschäf- tigen, den Namen, unter welchem sie eingeführt wurden. Sind sie völlig erwachsen, reif, so wird die Mutterzellmembran nach und nach verquollen oder aufgelöst, die Sporen hierdurch befreit. Sie behalten ihre oben beschriebene Beschaffenheit: je nach Species runde , eiförmige , stabförmige , selten anders gestaltete Körper, dunkel contourirt und gewöhnlich farblos, aber mit eigenthümlich bläulichem Glänze, bei Bac. erythrosporus, nach Gohn, röthlich. Um den dunkeln Gontour erkennt man oft eine sehr blasse, augenscheinlich weich gelatinöse Hülle, welche die Spore entweder ringsum gleich- mäßig überzieht oder an beiden Enden stärker und zu Fortsätzchen ausgezogen ist. Dass die Spore eine von dünner aber recht derber, durch den dunkeln Contour innerhalb der Gallerthülle angegebener Membran umgebene Zelle ist, zeigt sich bei der Keimung. Diese tritt ein, wenn die reife Spore in die zur Vegetation der Species geeigneten Bedin- gungen, Zufuhr von Wasser, geeigneten Nährstoffen und günstige Tem- peratur gebracht wird. Sie beginnt damit, dass die Spore die starke Lichtbrechung, den Glanz und dunkeln Umriss verliert, das Ansehen einer vegetirenden Zelle annimmt, und gleichzeitig heranwächst zu dem Volumen und der Gestalt der vegetativen Zelle , welcher sie den Ursprung verdankt. In dem Maße, als sich dies vollzieht, tritt bei den locomobilen Arten die Bewegung ein. Dann folgt Wachsthum, Theilung, Gruppirung, wie sie für die vegetirenden Zu- stände oben beschrieben worden sind und mit abermaliger Sporenbildung zuletzt ihr Ende erreichen. Oft vergehen nur wenige Stunden zwischen dem ersten merkbaren Beginn der Keimung und lebhaftem vegetativen Wachsthum. Vgl. oben, Fig. I, h — m. Wenn die erste Streckung begonnen hat, so sieht man oft eine Entwickelungsgang. Endospore Bacterien. 17 aufgerissene Membran von der Außenfläche der wachsenden Zelle sich abheben, augenscheinlich abgehoben werden durch eine, die neue Membran der Zelle umgebende quellende gelatinöse Außenschicht. Je nach der Species geht der Riss durch die Membran der Länge nach oder quer über die Mitte. Ersteres ist nach Prazmowski bei Bac. Amylo- bacter der Fall und kommt auch bei anderen Arten vor. Letzteres findet z. B. statt bei B. Megaterium (Fig. 1) und B. subtilis (Fig. 2ß); der Querriss geht dabei entweder ganz durch, so dass jedem Ende der Zelle eine Membranhälfte als Kappe aufsitzt; oder die Hälften bleiben an einer Seite zusam- menhängen, so dass die wachsende Zelle aus einem klaffenden Spalt hervortreten muss (vgl. Fig. 1 , h- — /). Die aufgerissene Membran ist meist zart und blass. Nur bei Bac. subtilis behält sie anfangs den Glanz und dunkeln Umriss der unge- keimten Spore, so dass wahrscheinlich wird, dass diese Erscheinungen von der Membran her- rühren. Früher oder später verquillt die aufge- rissene Membran und entschwindet der Beobach- tung. Von sehr frühzeitiger Verquellung rührt es wohl her, dass man manchmal, z. B. bei Bac. Megaterium, A.mylobacter, an den einen keimenden Sporen keine deutliche Membranab- hebimg sieht, während sie bei anderen vorhan- den ist; und dass man bei anderen Arten, z. B. Bac. Anthracis, überhaupt keine Membran- abhebung findet. Das Längswachsthum der ersten Zelle bei der Keimung hält immer die gleiche räumliche Richtung ein , welche die Längsachse der Spore resp. der Mutterzelle dieser hatte. Dies gilt auch für Bacillus subtilis (Fig. 8) , welcher sich auf den ersten Blick anders zu verhalten scheint. Fig. 2. Nach 600facher Vergr. gezeichnet. A Bacillus Anthracis. Zwei, theilweise in vorgeschrittener Sporenbildung stehende Fäden, oben zwei reife frei gewordene Sporen. Aus einer Objectträgercultur in Fleischextractlösung. Die Spo- ren sind bei der Ausführung etwas zu schmal geworden ; sie füllen die Mutterzelle der Quere nach nahezu vollständig aus. li Bacillus subtilis. /Fadenfragmente mit reifen Sporen. 2 Beginn der Sporenkeimung; Außenwand quer aufgerissen. J Junges Stäbchen in der gewöhnlichen Querstellung aus der Sporenwand hervor- sehend. { Keimstäbchen in Hufeisenkrümmung eingeklemmt, das eine später mit einem Ende befreit. S Mit beiden Enden eingeklemmt gebliebene und schon stark herangewachsene Keimstäbchen. de liary, Bacterien. 2. Aufl. ± 18 HI. Vorlesung. Aus dem klauenden Querriss der Sporenmembran tritt hier nämlich die stabförmige erste Keimzelle gewöhnlich so hervor, dass ihre Längs- achse jene der Spore rechtwinklig kreuzt. Das rührt aber nicht von einer entsprechenden Divergenz des Längswachsthums, sondern daher, dass hier die Keimzelle, wenn sie einige Länge erreicht hat, eine Schwenkung um 90 Grad macht und hierdurch nach einer Seite, recht- winklig zur Sporenlängsachse, aus dem Membranriss hervorsteht. Augenscheinlich wird die Keimzelle zu der Schwenkung veranlasst durch den Widerstand, den die hier sehr elastische und immer nur einseitig aufgerissene Sporenmembran der Längsstreckung entgegen- setzt. Bei sehr schnellem Wachsthum können beide Enden des jungen Stäbchens in der Membran stecken bleiben und die Mitte krümmt sich alsdann bogig aus der Oeffnung hervor. Erst später, wenn Theilung und Zergliederung in Theilstäbchen eingetreten ist, strecken sich diese wieder gerade. Die beschriebene endogene, d. h. im Innern der bisher vegeta- tiven Zellen stattfindende Sporenbildung unterscheidet die endosporen Formen scharf von den übrigen Bacterien, welche wir arthrospore genannt haben. Der Name soll bedeuten, dass hier losgetrennte Glieder des Verbands oder der Generationsreihe vegetativer Zellen unmittelbar, ohne vorherige endogene Neubildung, Sporenqualität annehmen, d. h. zu Ausgangsgliedern neuer vegetativer Generationen werden können. Bei einer Anzahl hierher gehöriger Formen kann man einen mehr oder minder scharfen morphologischen Unterschied zwischen vegetativen Zellen und Sporen finden. Bei anderen ist, nach unseren derzeitigen Kenntnissen, ein solcher überhaupt nicht vor- handen. Einfache Beispiele hierfür liefern zunächst der oben schon er- wähnte Froschlaich, Leuconostoc, und das Bacterium Zopfii Kurth. Ersterer (Fig. 3) besteht nach van Tieghem's Beschreibung aus gekrümmten, rosenkranzförmigen Beinen runder Zellchen, welche von festen Gallerthüllen umscheidet und in großer Zahl zu den erwähnten Zooglöen vereinigt sind («, b). Zu Ende der Vegetation, nach Er- schöpfung des Nährsubstrats, stirbt ein großer Theil der Zellen ab. Einzelne regellos vertheilte Glieder der Beihen werden dagegen etwas größer als die übrigen, schärfer contourirt, also wohl derbwandiger, ihr Protoplasmakörper dunkler (c). Sie werden schließlich frei da- durch, dass die Gallerthüllen zerfließen; und sie haben auf den Namen Sporen Anspruch, weil sie, in frische Nährlösung gebracht, zu neuen, den mütterlichen gleichen Bosenkranzreihen heranwachsen [d — //). Entwickelungsgang. Endospore und arthrospore Bacterien. 19 Bacterium Zopfii hatKurth ursprünglich im Darm von Hühnern gefunden und dann cultivirt, theils in Gelatine, theils in geeigneten wässerigen Lösungen. In dem frischen Substrat vegetirt das Bacterium zuerst in Stäbchenform. In der Gelatine bleiben die Stäbchen zu großen, oft knäuelig gekrümmten Fäden verbunden, in der Flüssigkeit werden nur bei einer Temperatur von über 35° kurze und zwar be- wegungslose Fäden gebildet; bei '20° trennen sich die Fäden in beweg- liche Stäbchen. Am Ende der Vegetation, wenn das Substrat »erschöpft' ist, zerfallen die Stäbchen in kurze rundliche Glieder und diese können wiederum Sporen heißen, denn in frischem Substrat wachsen sie zu Stäbchen resp. Fäden aus. Fig. 3. Wenn auch reicher und mannigfacher gegliedert, so schließt sich doch auch hier an der Entwickelungsgang von Crenothrix, Clado- thrix, Beggiatoa, wenn seine von Zopf gegebene Beschreibung richtig ist. Derselbe wird weiter unten (VIII) besprochen werden. Fig. 3. Leuconostoc mesenterioides. Nach van Tieghem, Ann. sc. nat. 6. S£r. Tom. 7. a Skizze einer Zoogloea, natürl. Größe, b—i Vergr. 530. b Durch- schnitt durch eine erwachsene Zoogloea, welche vor Beginn der Sporenbildung steht, c Fäden mit Sporen aus einem älteren Exemplar, d isolirte. reife Sporen. e—i successive Keimungsproducte der in Nährlösung ausgesäten Sporen. Entwicke- lungsfolge nach den Buchstaben. In e zeigen die beiden unteren Exemplare die Stücke der geborstenen Sporenhaut auf der Außenfläche der Gallerthülle durch dunkle Striche angedeutet, i Stück eines aus h hervorgegangenen, in kurze Glieder zertheilten Gallertkörpers, dessen einzelne Glieder durch Druck von einander ge- trennt sind. 20 IV. Vorlesung. Beispiele der anderen, einfachsten Art sind, nach unseren heutigen Kenntnissen, die als Micrococcus beschriebenen Formen. Vgl. Fig. 4. Jede vegetative Zelle kann jederzeit eine neue Vegetationsreihe be- ginnen, ein Unterschied zwischen speeifisch reprodne- | 6© tiven Sporen und vegetativen Zellen ist nicht vorhanden. Die ganze Unterscheidung zwischen endosporen und arthrosporen Bacterien ist durch den heutigen Stand un- seres Wissens gefordert. Ob und wieweit sie von Dauer Fig. 4. ist, muss abgewartet werden. Die Kenntnisse sind der- zeit noch so unfertig, dass man einerseits die Auffindung endogener Sporenbildung bei Formen, an denen sie noch unbekannt ist, selbst, wie ich zur Beseitigung von Missverständnissen hinzufügen will, bei den einfachsten Mikrokokken für möglich halten oder erwar- ten, andererseits nicht wissen kann, ob nicht mit der Zeit Thatsachen sich herausstellen werden, durch welche jene scharfe Abgrenzung hin- fällig wird. IV. Die Species. Negation distiueter Species. Unzureichende Begründung derselben. — Untersuehungsuiethode. — Verwandtschaften und Stel- lung der Bacterien im System. Nachdem wir den Entwickelungsgang der Bacterien in seinen Hauptzügen kennen gelernt haben , kommen wir zu der vielfach dis- cutirten Frage, ob und wieweit es unter den Bacterien im Sinne der Naturbeschreibung speeifisch unterscheidbare Formen, Species, Arten gibt. Die Species werden unterschieden nach dem Entwicke- lungsgang. Die Gesammtheit der Einzelwesen und Generationen, welche während der zu Gebote stehenden Beobachtungszeit den glei- chen, periodisch wiederholten Entwickelungsgang — innerhalb empi- risch bestimmter Variationsgrenzen — zeigen, nennt man Species. Wir beurtheilen den Entwickelungsgang nach den successive in ihm auftretenden Gestaltungen. Diese bilden die Merkmale für die Er- kennung und Unterscheidung der Species. Bei höheren Pflanzen und Fig. 4. Micrococcus Ureae Colin aus faulendem Harn. Einzelzellen und Reihenverbände (= Streptococcus;. Vergr. moo. Die Speciesfrage. 21 Thieren ist man gewöhnt, die Merkmale vorzugsweise von einem Ab- schnitte des Entwickelungsganges herzunehmen, nämlich von dem, in welchem sie möglichst scharf hervortreten. Man erkennt den Vogel hesser an den Federn«, als z. B. an den Eiern. Dieses abgekürzte Unterscheidungsverfahren ist zweckmäßig, wo es einen solch prägnan- ten Ent wickelungsabschnitt gibt, der die Berücksichtigung anderer überflüssig macht. Das geht aber nicht überall. Je einfacher die Ge- staltungen eines Organismus sind, desto größer muss die zur Charak- terisirung und Unterscheidung nothwendige Entwickelungsstrecke wer- den, desto mehr hat man zur Unterscheidung nöthig, den ganzen Entwickelungsgang der Arten, von dem Ei der ersten bis zum Ei der nächsten Generation, wenn ich bei dem Bilde bleiben darf, zu ver- gleichen. Gelingt es auf diesem Wege, irgend ein brauchbares Einzel- merkmal zu finden, so ist das sehr angenehm; man darf sich aber auf diese Auffindung nicht allzusehr verlassen. Die Erfahrung hat gelehrt, dass verschiedene Species sich bezüg- lich der in ihrem Entwickelungsgang successiv auftretenden Gestal- tungen sehr ungleich verhalten können. Bei den einen kehren immer die gleichen successiven Gestaltungen mit relativ geringen individuellen Schwankungen oder Variationen wieder. Man kann sie gleichför- mige Species nennen. Die meisten gewöhnlichen höheren Pflanzen und Thiere sind Beispiele hierfür und nicht minder viele niedere, ein- fachere. Man kann sie bei einiger Erfahrung leicht unterscheiden, seihst nach einzelnen aus dem Entwickelungszusammenhang getrenn- ten Stücken. Jedes einzelne abgerissene Blatt genügt z. B., um eine Rosskastanie zu erkennen. Die anderen Arten sind vielgestaltig, pleomorph, sie können selbst in den gleichnamigen Entwicklungsabschnitten unter sehr un- gleichen Gestalten auftreten, theils nach der Einwirkung bekannter und experimentell willkürlich zu ändernder äußerer Ursachen, theils nach inneren Ursachen, welche der Analyse derzeit nicht zugänglich sind. Im Gegensatz zu der erwähnten Rosskastanie bildet z. R. der weiße Maulbeerbaum, ohne feste Regel der Aufeinanderfolge, sehr un- gleiche Laubblätter, die einen einfach herzförmig, andere tief gebuchtet und gelappt. Nach einem der letzteren kann man die Species nicht er- kennen, wenn man zufällig vorher nur die herzförmigen gesehen hat. Bei niederen Pflanzen, sie brauchen noch lange nicht wie dieBacterien zu den einfachsten und kleinsten zu gehören, tritt dieses oft noch in viel höherem Maße hervor. Viele größere Pilze. z.H. die Mueor-Formen, grüne Algen, wie llydrodictyon und das merkwürdig pleomorphe Bo- 22 IV. Vorlesung. trydium granulatum l), zeigen solche Erscheinungen in der auffallend- sten Weise, zumal wenn das bei solchen Gewächsen häufige Verhalten hinzukommt, dass die successiven Entwickelungsglieder nicht mitein- ander in länger dauerndem Zusammenhang bleiben, wie die Laub- blätter des Maulbeerbaums, sondern sich von einander trennen und einzeln für sich vegetiren. Findet man dann die einzelnen gesonderten Dinge, und ist man nach der Erfahrung mit der Kastanie gewöhnt, nach der Einzelform jedesmal eine Species zu unterscheiden, so geräth man in Irrthümer, deren die Geschichte genug aufzuweisen hat. Sieht man aber zu, wie jede Einzelform sich weiter entwickelt und wie sie ent- standen ist, so ergibt sich für alle der gleiche Gang und die Herkunft von und das Zurückkehren zu den gleichen Anfängen resp. Entwicke- lungszielen. Die pleomorphen Species sind also von den relativ einförmigen nur verschieden durch den mannigfaltiger gestalteten und gegliederten Entwickelungsgang, die Qualitäten der Species aber kommen ihnen nicht minder zu, wie jenen anderen. Für die Species der Bacterien sind nun zwei im Extrem sehr ver- schiedene Ansichten ausgesprochen worden. Nach der einen verhält es sich mit ihnen wie mit den Nicht- bacterien, d. h. allen übrigen Pflanzen und Thieren, sie sondern sich also in Species, wie diese. Das galt als selbstverständlich für die älteren Beobachter, seit der ersten Entdeckung der Bacterien durch Leeuwenhoek (3) .bis zu der im Anfang der siebziger Jahre von Ferd. Gohn (4) begonnenen intensiveren und ausgedehnteren Bearbeitung dieser Wesen. Im Anschluss an seine älteren Vorgänger, zumal Ehren- berg (5), suchte Cohn die ihm und Anderen bekannt gewordenen For- men übersichtlich zu classificiren. Es galt, in das vorhandene, der Durcharbeitung bedürftige Material einmal provisorische Ordnung zu bringen, und dabei durfte oder musste von der — allerdings noch zu beweisenden — Annahme ausgegangen werden, dass eine bestimmte Form, wie bei den obigen relativ gleichförmigen Arten, jedesmal eine Species characterisirt. Die Species wurden daher nach Gestalt, Wuchsform, und mit Zuhülfenahme ihrer Wirkungen auf das Substrat unterschieden und dann weiter classificirt. Die oben für bestimmte Wuchs formen, wie Baum und Strauch, angewandten Namen Coc- 1) In der Vorlesung wurden diese Dinge zum Theil demonstrirt ; hier muss auf die botanische Literatur verwiesen werden, z. B. Göbel's Grundzüge d. systemat. Botanik. Die Speciesfrage. 23 cus, Spirillum, Spirochaete etc. wurden zur Bezeichnung be- stimmter naturhistorischer Gattungen, wie Birke, Kastanie u. s. w. angewendet, Formgattungen, wie wir nach diesem That- bestand sagen können. Ob diese Formgattungen und Formspecies wirklich in allen Punk- ten mit Gattungen und wirklichen Arten der Naturbeschreibung sich deckten oder nicht, ließ Cohn ausdrücklichst dahingestellt und fernerer Untersuchung vorbehalten. In Gegensatz zu der in Cohn's provisorischer Classification aus- gesprochenen Anschauung traten andere, welche in ihrer extremsten Fassung distincte Species unter den Bacterien überhaupt in Abrede stellen. Die Formen, welche beobachtet werden, sollen wechselsweise auseinander hervorgehen, die eine in die andere umzüchtbar sein durch Wechsel der Lebensbedingungen; mit diesem Wechsel soll dann auch, was streng genommen nicht in die gegenwärtige Betrachtung gehört, eine Veränderung in der Wirkung auf das Substrat eintreten können. Einen prägnanten Ausdruck erhielt diese Anschauung 1874 in einem großen Buche von Billroth (6), welcher alle von ihm untersuchten Formen, und es sind ihrer zahlreiche und mannigfaltige, in eine Spe- cies zusammenfasst, die er Coccobacteria septica nennt. Die gleichen Anschauungen vertreten Nägeli (7) und seine Schule seit 1877. Nägeli drückt allerdings seine Meinung auf der einen Seite vor- sichtig und mit Vorbehalt aus, indem er sagt, er finde keine Nöthigung, die Tausende von Bacterienformen, welche ihm vorgekommen, auch nur in zwei Species zu sondern; es sei jedoch gewagt, auf einem noch so wenig durchgearbeiteten Gebiet eine bestimmte Ansicht auszusprechen. Andererseits geht er aber bis zu dem Ausspruch: Wenn meine Ansicht richtig ist, so nimmt die gleiche Species im Laufe der Generationen abwechselnd verschiedene morphologisch und physiologisch ungleiche Formen an, welche im Laufe von Jahren und Jahrzehnten bald die Säuerung der Milch, bald die Buttersäure- bildung im Sauerkraut, bald das Langwerden des Weins, bald die Fäulniss der Eiweißstoffe, bald die Zersetzung des Harnstoffs, bald die Rothfärbung stärkemehlhaltiger Nahrungsstoffe bewirken, bald Ty- phus, bald recurrirendes Fieber, bald Cholera, bald Wechselfieber er- zeugen. Gegenüber diesem Satze erfordern schon die practischen Interes- sen, über die in Rede stehende Speciesfrage eine bestimmte Ansicht zu gewinnen, denn für die medicinische Praxis z. B. ist es gewiss nicht gleichgültig, ob ein in saurer Milch oder anderen Nahrungsmitteln 21 IV. Vorlesung. r überall unschädlich vorhandenes Bacterium zu irgend einer Zeit in eine Form umgewandelt werden kann, welche Typhus oder Cholera erzeugt, oder ob es sich nicht so verhält. Das wissenschaftliche Inter- esse fordert auf alle Fälle eine Entscheidung über die Frage. Fortgesetzte Untersuchung hat nun schon jetzt, wie wohl be- hauptet werden darf, die Entscheidung geliefert und zwar dahin, dass es sich auf dem in Rede stehenden Gebiete mit den Species und ihrer Unterscheidung nicht anders verhält, als auf anderen Ge- bieten der Naturbeschreibung. Die Species lassen sich unterscheiden, sobald man sorgfältig genug den Entwicklungsgang verfolgt. Manche der durch Brefeld, van Tieg- hem, Koch, Prazmowski näher bekannt gewordenen sind relativ gleich- förmig; sie treten in den vegetativen Abschnitten der Entwicklung in der Regel in den gleichen Gestaltungs- oder Wuchs- und Gruppirungs- formen auf. Andere sind in dieser Beziehung mannigfaltiger; sie zeigen in verschiedenem Grade die Erscheinungen der Pleomorphie. Von den oben beschriebenen endosporen Bacillen ist zumal B. Mega- terium für Gleichförmigkeit ein gutes Beispiel. Aus der Spore er- wächst ein bewegliches Stäbchen, aus dessen Wachsthum successive gleiche Stäbchengenerationen hervorgehen, bis es in diesen wiederum zur Sporenbildung kommt. Vgl. Fig. I, Seite 13. B. subtilis verhält sich, bei normalem Gedeihen in Flüssigkeit, insofern etwas anders, als aus der Sporenkeimung successive Genera- tionen kurzer, in der Flüssigkeit beweglicher Stäbchen (Fig. 2, ß5, S. 1 7) hervorgehen,'die aus diesen erwachsenden späteren Generationen aber zu langen Fäden verbunden bleiben, bewegungslos und auf der Oberfläche der Flüssigkeit zu der S. 10 erwähnten Zoogloeahaut grup- pirt sind. In diesem Zustande bilden sie dann wiederum Sporen. Hier ist also schon eine geringe Viel-, man kann sagen Zwei- oder, wenn die Sporen mitgerechnet werden, Dreigestaltigkeit vorhanden, und zwar in jedesmal regelmäßig von einer Sporengeneration zur anderen wiederholter Folge. Auch die speciellen Gestalt- und Größenverhält- nisse bleiben dabei innerhalb bestimmter Schwankungsgrenzen jedes- mal die gleichen. Schwankungen in der bezeichneten Richtung kommen allerdings hier vor, wie überall in den organischen Reichen. Auch Krüppelformen können vorkommen. B. Megaterium z. B. sah ich in ungünstigen Ernährungsverhältnissen öfter in seine ohnehin schon kurzen Glieder sich theilweise trennen, diese sich abrunden und auf diese Weise Kokken, wenn man so sagen will, darstellen. Auch an- dere ungewöhnliche Formen traten daneben auf. Sporenbildung trat Speciesunterschiede. 25 nicht oder kaum ein. Günstige Ernährungsverhältnisse führten diese Krüppelformen wieder in die normale über. Für pleomorphe Species liefern die oben erwähnten arthro- sporen Gattungen Crenothrix, Beggiatoa besonders auffallende Beispiele, wenn die über sie vorliegenden Angaben richtig sind (vgl. VIII). Es ist jedoch gerade bei diesen Formen der Entwicklungsgang, wie schon oben hervorgehoben wurde, noch nicht so vollständig ver- folgt und klar gestellt, dass die Möglichkeit ausgeschlossen ist, die scheinbar regellose Pleomorphie habe hier ihren Grund in der Ver- mengung von jeweils mehreren minder vielförmigen Species. Uebrigens sind, auch wenn man sehr extreme Angaben anerkennt, die viel- gestaltigsten Bacterien noch höchst einförmig im Vergleich zu den oben (S. 21) genannten niedern Pflanzen, wie Botrydium, Hydrodictyon und viele andere. Wer den einschlägigen Gegenständen und Untersuchungen ferner steht, wird nun fragen, wie es zu solch einschneidender Meinungs- differenz, wie zwischen Negation und Anerkennung von Species, kom- men kann. Die Antwort lautet, dass die Differenz ihren Grund hat in Verschiedenheiten, und auf der einen Seite in Fehlern der Unter- suchungsmethode. Ich verstehe dabei unter Methode nicht, wie der- zeit üblich, praktische Hand- und Kunstgriffe bei der Untersuchung, sondern den Gang der Fragestellung und der Beurtheilung der beob- achteten Erscheinungen. Die Species ist, wie bekannt und oben auseinandergesetzt worden ist, nur bestimmbar durch den und nur erkennbar an dem Entwicke- lungsgang und dieser besteht in der successiven Entwicklung von Formen, einer aus der anderen. Die später vorhandenen Formen entstehen aus den früheren, als Theile dieser, sie stehen daher mit denselben zu irgend einer Zeit in lückenloser Continuität, auch wenn sie später von ihnen abgetrennt werden. Der Nachweis des Zu- sammengehörens in einen Entwickelungsgang kann daher nur erbracht werden durch den Nachweis dieser Continuität. Jeder andere Versuch, denselben zu erbringen, z. B. durch noch so sorgfältige Beobachtung an dem gleichen Orte nach einander auftretender Formen, Construc- tion einer hypothetischen Entwickelungsreihe durch noch so genaue und geistreiche Vergleichung dieser, enthält einen logischen Fehler. Wir unterscheiden eineWeizenspecies nach ihrem Samen, ihrem Halm und Laub, ihren Blüthen und Früchten, und wissen, dass diese wechsels- weise aus einander hervorgehen. Letzteres wissen wir aber nur durch die Beobachtung, dass und wie das eine dieser Glieder als Theil eines 26 IV. Vorlesung. der anderen entsteht. Das Weizenkorn gehört uns zur Weizenpflanze nur aus diesem Grunde, gleichviel ob es irgendwo an dieser sitzt, oder abgefallen am Boden oder ausgedroschen auf dem Speicher liegt. Dass der Halm und das Laub zu dem Korn gehören, wissen wir aus der Be- obachtung seines Entstehens alsTheil des Korns; nicht aus jener, dass da, wo Weizen gesäet ist, später Weizenpflanzen wachsen. An dem- selben Orte kann ja auch Unkraut wachsen. Diese Betrachtung klingt trivial; jeder wird sie für selbstverständ- lich halten und sie ist es auch. Aber sie kann nicht oft genug wieder- holt werden, denn gegen die Logik, welche sie veranschaulichen soll, wird fort und fort gesündigt und eine Masse Confusion verdankt diesen Verstößen ihre Entstehung. Das kann zunächst wieder an der Hand unseres Beispiels selbst gezeigt werden, denn noch in den 40er Jahren wurde die Entstehung von allerlei Unkräutern aus dem Samen des Weizens behauptet und von sonst sehr gebildeten und verständigen Leuten (8) für möglich gehalten, weil besagte Unkräuter an den Orten aufgingen, wo Weizen gesät worden war. Wer aber am richtigen Platze nachsieht, der findet, dass aus dem Weizenkorn entweder Weizen oder gar nichts, dass das Unkraut nur aus dem Samen der jeweiligen Un- krautspecies erwächst, und dass, wo diese statt des Weizens oder mit ihm aufgeht , ihr Same auf irgend eine Art an den Ort der Aussaat ge- kommen ist. Aehnliche Anschauungen und Irrthümer wie in dem Weizenbei- spiel haben sich wiederholt für kleinere Objekte, Algen, Pilze, größere sowohl wie mikroskopisch kleine. Die einzelnen Species wurden mangelhaft erkannt, verschiedene mit einander in genetischen Zusam- menhang gebracht, weil die Continuitätsbeobachtung versäumt oder mangelhaft ausgeführt und die Beobachtung der zeitlichen Aufeinander- folge am gleichen Orte oder die Vergleichung der bei einander vor- kommenden Formen an ihre Stelle gesetzt wurde. Je kleiner und je einfacher gestaltet die Formen sind, desto größer ist allerdings die Schwierigkeit, unserer logischen Forderung zu ge- nügen, desto mehr Aufmerksamkeit gehört dazu. Bei so kleinen, aus getrennten, wenig characteristisch gestalteten Zellen bestehenden For- men, wie manche niedere Pilze und die Bacterien sind, muss man schon sehr aufpassen , ob die Aussaat Anfänge einer Species enthält oder mehrere gemengt. Letzteres ist erfahrungsgemäß sehr oft der Fall. An den Orten, von denen das Untersuchungsmaterial genommen wird, kommen oft verschiedene Arten bei- und durcheinander vor; während der Untersuchung können in das Material nicht gewollte For- Methode der Speciesunterscheidung. 27 men mit Staubtheilchen hineingelangen, und wenn auch scheinbar ganz reines Material vorliegt, so kann doch eine kleine Menge — sagen wir wieder mikroskopischen Unkrauts — beigemengt sein. Wächst nun Alles in gleichem Schritt, so lassen sich die Dinge noch relativ leicht auseinanderhalten, das Gemenge wird offenkundig. Es kann aber auch anderes eintreten, und tritt erfahrungsgemäß oft ein. Die eine Art wächst unter den gegebenen Bedingungen gut, die andere schlecht oder gar nicht; die geförderte erhält die Oberhand über die minder begünstigte und verdrängt sie, bis zur völligen Ver- nichtung. Sieht man dann nach, so ist eventuell Unkraut anstatt des Weizens aufgegangen. Das kann sehr schnell geschehen. Wir werden später sehen, dass z. B. manche Bacterien unter günstigen Bedingungen binnen weniger als einer Stunde ihre Zellenzahl verdoppeln. Solche, welche sich in ungünstigen Verhältnissen befinden, kann man, bei an- haltender Beobachtung des einzelnen Exemplars, in wenig Stunden völlig schwinden , aufgelöst werden sehen. Haben sich derartige Er- scheinungen combinirt, so hat sich binnen kurzem ein etwaiges Ge- menge total verändert. Es ist klar, dass solche Schwierigkeiten unser Postulat nicht auf- heben, sondern im Gegentheil verschärfen. Die radicalen Species- leugner, Billroth und Nägeli an der Spitze, haben nun in der That eine directe Beobachtung der Entwickelungs-Gontinuität nirgends unter- nommen, ihre Species-Negation entbehrt daher der Berechtigung. Bill- roth hat die Formen genau angesehen und verglichen , Veränderungen eines Präparats oder einer Gultur aber nie ununterbrochen, sondern immer nach so langer Zeit controlirt, dass während des Unterbrochen- seins der Beobachtung mancherlei passirt sein konnte. Nägeli hat sich, soweit wenigstens aus seinen Publicationen zu entnehmen ist, die For- men überhaupt nicht näher angesehen, er gründet seine Schlüsse, auch morphologische, auf nicht morphologische Beobachtungen über Zersetzungserscheinungen im Großen. Ein Beispiel für das Verfahren mag hervorgehoben werden. Nägeli bemerkt, dass ungekochte Milch beim Stellen sauer wird, gekochte aber bitter (9). Die Säuerung ist ihm als Wirkung eines Bacteriums bekannt. Das Bittermachen ist ihm die in Folge des Kochens veränderte Wirkung desselben Bacte- riums — eine »Umwandlung der bestimmten Hefenatur eines Pilzes in eine andere«. Hierbei ist vorausgesetzt, dass in der rohen Milch eine Bacteriumspecies enthalten ist; ob nicht vielleicht mehrere, von denen die einen etwa vor, die anderen nach dem Kochen die Oberhand erhalten, und ob nicht hieraus die differenten Veränderungen der Milch 28 IV. Vorlesung. sich erklären, wird nicht gefragt. Ans den neueren Untersuchungen von Hueppe aber geht hervor, dass ein solches Verhältnis* wirklich stattfindet (1 0). Von den mancherlei B(' — -(>() Temperatur und Luftzutritt. Nicht nur das Wachsen und Keimen sind von den Vegetations- bedingungen direct abhängig, sondern, bei den mit Eigenbewegung versehenen Arten und Formen, auch diese Bewegungen selbst. Ins- besondere wird das Stattfinden und die Richtung der Bewegung be- st immt durch die Einwirkung von Nährstoffen und des Sauerstoffs. Bringt man eine solche Form, z. B. Bacillus sub tilis, in bewegungs- fähigem Vegetationszustand, in einen Tropfen guter Nährlösung zwi- schen Objectträger und Deckglas, so sieht man alsbald die beweglichen Stäbchen sich um den Rand dieses ansammeln, wo der Sauerstoff der Luft unbegrenzten Zutritt hat. Die relativ wenigen in der Mitte des Tropfens zurückbleibenden und hier vom atmosphärischen Sauerstoff abgesperrten verlangsamen und verlieren die Bewegungen. Aerobion- tische Formen, mit chlorophyllführenden Algen in einen sauerstoff- freien Wassertropfen eingeschlossen, bleiben zunächst in Ruhe. Sobald man aber durch Lichteinwirkung eine Sauerstoffausscheidung seitens der Chlorophyllzellen hervorruft, gerathen sie, wie Engelmann (32-) ge- zeigt hat, in lebhafte Bewegung, und diese richtet sich nach den Orten der Sauerstoffabscheidung. An diesen sammeln sich die Bacterien. Dieselben lassen sich hiernach als feinstes Reagens auf Sauerstoff- mengen von fast unvorstellbarer Kleinheit benutzen. Die häufige Grup- pirung sauerstoffsuchender Formen zu Decken oder Häuten auf der Oberfläche von Flüssigkeiten hat in der in Rede stehenden bewegungs- richtenden Wirkung jedenfalls theilweise ihren Grund. Während nun die bisher erwähnten Formen sich der Quelle at- mosphärischen Sauerstoffs möglichst nähern, gibt es, wie Engelmann (27) für ein Spirillum fand, andere, welche dieses nur auf eine be- stimmte Entfernung thun. Letztere nimmt ab mit Verminderung des Sauerstoffgehalts der zugeführten Luft. Diese Beobachtung zeigt das oben hervorgehobene Vorkommen von Intermediärfallen zwischen den extremen Aerobionten und Anaerobionten. Pfeffer (33) hat nun weiter gezeigt, dass chemische Reize, welche durch andere, und zwar gelöste Körper ausgeübt weiden, auf locomo- ie Bary, Bacterien. 2. Aufl. 4 50 VI. Vorlesung. torisch bewegliche Zellen und Organismen der verschiedensten Art Bewegung beschleunigend und richtend einwirken können und dass Specialfälle dieser allgemeinen Erscheinung von den Bacterien geliefert werden. Die chemischen Körper, von welchen dieses für die Bacterien gilt, sind solche, welche oben als deren Nährstoffe bezeichnet wurden. Die Richtung der Bewegung wird, wie Pfeffer zeigt, bei einseitigem /Altritt der Lösungen durch Diffusionsströme verursacht, in deren Richtung die Drehungsachse der Zelle orientirt wird und gegen welche die Locomotion fortschreitet. Nach Qualität des gelösten Körpers und Goncentration der Lösung ist die Wirkung caeteris paribus verschie- den; und es ist besonders festzuhalten, dass nicht jeder Diffusions- strom, sondern nur der von jedesmal specifisch bestimmten Lösungen richtend wirkt. Aus diesen Daten erklärt sich die häufig beobachtete Erscheinung, dass Schwärme von Bacterien sich in Wasser ansammeln um feste Körper, welche lösliche Nährstoffe allmählich abgeben, wie todte Pflanzentheile, Fleischstücke u. s. f. Die Nutzanwendungen, welche von dem über die Bedingungen und Erscheinungen der Vegetation Gesagten, in Verbindung mit den Erfahrungen über die Keime und ihre Verbreitung gemacht werden können, sind im Grunde selbstverständlich, wenn man jedesmal genau beachtet, worauf es ankommt. Das ist immer die Hauptsache : eine be- stimmte Summe positiver Kenntnisse und sorgfältige Erwägung dessen, was man erreichen will und auf bestimmtem Wege wirklich erreichen kann. Nur in aller Kürze seien daher die Nutzanwendungen hier zu- sammengefasst. Bezüglich der Cultur von Bacterien ist zunächst nur ganz wenig zu sagen. Reine Auszüge aus thierischen und pflanzlichen Körpern, auch die käuflichen Fleischextracte, Bouillons, Fruchtsäfte, nach Be- darf neutralisirt, in nicht zu concentrirten (etwa bis 10%) wässerigen Lösungen oder in Gelatine gelöst, sind nach den mitgetheilten allge- meinen Erfahrungen der Regel nach günstige Nährböden; die specielle Wahl ist von Fall zu Fall auszuprobiren. Von französischen Beobach- tern wird frischer Urin vielfach mit Erfolg angewendet. Sehr geeignet, und für Culturen mancher parasitischer Formen fast allein brauchbar, hat sich Blutserum erwiesen, zumal wenn es nach dem von Koch an- gegebenen Verfahren durch Erwärmen auf 60 — 70° zum Erstarren ge- bracht ist. Herstellung der Reinheit der cultivirten Species, der Abwesenheit nicht beabsichtigter Beimengungen, worüber oben (S. 28, 34) einiges Handgriffliche mitgetheilt ist, und genaue Controle des Reinbleibens Vegetationsprocesse. Aeußere Bedingungen. Nutzanwendungen. 51 sind in allererster Linie zu postuliren. Die Möglichkeit gegenseitiger Verdrängung differenter Species wurde oben erörtert (S. 27). Zur Reinhaltung einer Cultur sowohl als zu anderen practischen Zwecken handelt es sich weiter oft um gänzliche Zerstörung, Tödtung vorhandener Keime. Speciell bei den Culturen können diese den anzuwendenden Apparaten, Gefäßen, Nährstoffen anhängen und müssen zur Vorbereitung reiner Cultur getödtet werden. Mit einem von der Fasteur'schen Schule eingeführten Ausdruck nennt man diesen Zerstörungsprocess S t er il isirun g. Allgemein für Protoplasma giftige Körper, wie Säuren, Sublimat u. s. w., werden, in gehöriger Concentration, den gewünschten Erfolg dann bringen, wenn es sich nur um die Zerstörung handelt. Freilich unter der einen Voraussetzung, dass sie auch in das zu tödtende Pro- toplasma einzudringen vermögen. Für die meisten Gifte trifft das zu, aber nicht für alle. Absoluter Alkohol ist ein sofort tödtliches Gift für Protoplasma, er muss daher auch das Protoplasma der Sporen endo- sporer Bacillen tödten, wenn er es erreicht. Nichtsdestoweniger blei- ben die Sporen von Bac. Anthracis, wie Pasteur fand, und sicher auch die anderer endosporer Arten nach mehrwöchentlichem Aufent- halt in absolutem Alkohol lebendig. Macht man dasselbe Experiment mit unversehrten reifen Samen der gewöhnlichen Gartenkresse (Le- pidium sativum), so erhält man das nämliche Resultat: nach 4 Wochen aus dem Alkohol genommen, gewaschen und ausgesät keimen sie. Die Bacillussporen und die Kressesamen haben mit einander ge- mein, dass sie von einer Gallertmembran rings umgeben sind, und in die Gallerte dringt der Alkohol nicht ein; darum bleibt das Proto- plasma, welches sonst bei dem Kressekeim ganz sicher sofort getödtet würde, unbehelligt. Bei den Culturen ist aber die Anwendung von Giften zur Sterili- sirung mit großen Uebelständen verbunden in allen den zahlreichen Fällen, wo jene, um nicht der Cultur selbst zu schaden, wieder entfernt werden müssen. Beim Abwaschen der Gefäße u. dergl. können ja wie- der neue Verunreinigungen kommen. Das bei weitem practischere Verfahren zur Sterilisirung bestellt daher in der Anwendung extrem hoher Temperaturen , die , wenn es sich um eventuelle Tödtung von Sporen handelt, über 100° gehen müs- sen; — bei trockenen Gefäßen geht man am besten auf 120 — 150°. Handelt es sich um Sterilisirung von Flüssigkeiten, so kann eine Er- wärmung auch auf nur 100° eventuell aus practischen Gründen unzu- lässig sein, a. B. wenn die Gerinnung von Eiweißkörpern, welche in der 52 VI. Vorlesung. Flüssigkeit gelöst sind, vermieden werden umss. Da die meisten vege- tircnden Zellen schon bei •'><) — 60° getödtet werden, führt hier das von Tyndall (34) angegehene Verfahren meist zum Ziel, welches darin be- steht, dass man die Flüssigkeit stehen lässt, bis die etwa darin enthal- tenen Keime zu wachsen anfangen, dann auf 00 — 70° erwärmt, und dieses ein paar Tage hintereinander wiederholt. In den meisten Fällen wird die Flüssigkeit alsdann bacterienrein sein — sauberen dichten Verschluss des Gefäßes selbstverständlich immer vorausgesetzt. In dem practischen Leben endlich handelt es sich meist nur darum, etwa vorhandene Keime unschädlich zu inachen, dadurch dass man ihre Weiterentwickelung verhindert, gleichviel ob sie deren fähig bleiben oder nicht. Radicale Zerstörung wäre ja auch hier das beste und wünschenswertheste ; allein die Anwendung der ineisten Gifte in der sicher tödtenden Goncentration oder die Anwendung sicher tödtender Hitzegrade würde hier gewöhnlich auch zur Zerstörung der Dinge führen, welche vor den Bacterien geschützt werden sollen. Man muss sich daher auf die erreichbare Abschlagszahlung beschränken. Wenn, wie nicht zu bezweifeln ist, die günstigen Erfolge derzeit angewendeter Desinfectionen, die großartigen der Antisepsis in der Chirurgie ihren Grund haben in dem erreichten Schutz vor zer- störenden Bacterien, so ist wiederum kaum zweifelhaft, dass dieser Schutz — neben dem Fernhalten der Keime durch die mittelst dieser Proceduren jedenfalls erhöhte Reinlichkeit — vorwiegend durch Entwickelu ngshinderung, weit weniger durch Tödtung der Keime zu Stande kommt. Die ausgedehnten Versuche von Koch (14, I. 234) zeigen, dass unter den Desinfections- und Antisepsis-Mitteln, in der zu- lässigen Goncentration resp. Verdünnung, nur Quecksilber-Sublimat, Chlor und Brom keimtödtend wirken. Körper wie Salicylsäure, Car- bolsäure n. s. w. in den anwendbaren Verdünnungen, Rohrzuckerpulver können im allgemeinen nicht anders als durch Wachsthumshemmung günstig wirkend gedacht werden. Höchstens wäre noch näher nach etwaigen specifischen Empfindlichkeiten verschiedener Bacterienarten zu fragen. Ein Eiter- oder Erysipel-Micrococcus könnte sich zu den Antisepticis anders verhalten, als der von Koch bei den genannten Versuchen vorwiegend studirte Bacillus Anthracis. Verhältniss zu dem Substrat und Einwirkung auf dasselbe. 53 VII. Verhältniss zu dem Substrat and Einwirkung auf dasselbe. Saprophy- teu und Parasiten. — Saprophyten als Erreger von Zersetzungen und Währungen. — Eigenschaften der Oähruugerreger. Der Vegetationsprocess von Organismen, welche organische Verbin- dungen als Nahrung verbrauchen, muss schon durch diesen Verbrauch auf das Substrat, welchem er die Nahrung entzieht, verändernd ein- wirken. Zu diesen Veränderungen kommen andere, näher mit dem Athmungsprocesse zusammenhängende Einwirkungen, durch welche aas organische Substrat tief eingreifende Umsetzungen erleidet. Das gilt für Organismen der bezeichneten Lebensweise überhaupt, also für alle chlorophyllfreien: Infusorien und Pilze sowohl wie Bacte- rien. Speciell Pilze im engeren Sinne, Sprosspilze, Schimmel u. s. w. haben, als relativ leicht dem Experiment zugänglich, die besten und meisten Aufschlüsse über die in Rede stehenden Erscheinungen gege- ben und wir werden sie im Folgenden manchmal als Beispiele heran- zuziehen haben. Das Interesse, welches sich den chlorophyllfreien Bacterien zu- wendet, beruht vorwiegend in ihren Einwirkungen auf ihr Substrat. Wir haben diese daher, nach der bisherigen Vorbereitung, jetzt zu be- trachten und durch Hervorhebung der wichtigsten bekannten Einzel- fälle zu veranschaulichen. Je nachdem das organische Substrat ein lebender oder ein todter Körper ist, unterscheidet man zwei Haupt-Kategorien chlorophyllfreier Organismen. Parasiten, Schmarotzer nennt man diejenigen, welche auf oder in lebenden Mitgeschöpfen ihren Wohnsitz haben und von ihnen leben; Saprophyten die anderen, von todten Körpern lebenden. Verschiedene Species sind der einen oder der anderen Vege- tationsweise thatsächlich verschieden angepasst : die einen kennen wir sowohl als Parasiten wie als Saprophyten ; andere nur in der ersteren oder in der letzteren Eigenschaft. Wir werden auf diese Unterschiede und Abstufungen später, spe- ciell bei den Parasiten, näher einzugehen haben. Vorerst genügt es, sie kurz zu merken. Die specielle Betrachtung hat, der einfachem Verständlichkeit wegen, mit den Saprophyten zu beginnen. In den Körpern, welche von diesen bewohnt werden, finde! Spaltung der vorhandenen organi- 54 VII. Vorlesung. sehen Verbindungen in einfachere statt. In dem weitest gehenden Falle gänzliche Oxydation, Verwesung, mit den Endproducten Kohlensäure und Wasser für die stickstofffreien Kohlenstoffverbin- dungen; in anderen Fällen partielle, nicht bis zu den letzten Ver- brennungsprodueten fortschreitende Oxydationen, »Oxydation s- gährungen«, wie z. B. bei der Essiggährung, d. h. der Oxydation von Aethylalkohol zu Essigsäure. Seltener treten Reductionen auf, wie bei der nachher zu besprechenden Spaltung von Sulfaten durch Beg- giatoen. Endlich jene mit anderen als einfachen Oxydationsproducten abschließenden Spaltungen, welche als Gährungen zusammengefasst werden und von welchen die Alkoholgährung, die Spaltung der Zucker- arten in Aethylalkohol und Kohlensäure das in jeder Hinsicht bekann- teste Beispiel ist. Finden solche Spaltungen mit übelriechender Gas- entwickelung und speciell an stickstoffhaltigen Verbindungen statt, so redet man von Fäulniss, ein derzeit mehr populärer und anschau- licher als wissenschaftlich streng definirter Ausdruck. Auf die chemischen Vorgänge bei diesen Processen, auf die rein chemische und physikalische Seite der Gährungstheorien näher einzu- gehen, ist hier nicht unsere Aufgabe. Und auch die allgemeine Ge- schichte dieser Theorien sei hier nur insoweit berührt, als erwähnt wird, dass seit etwa dem Jahre 1860 feststeht, dass die ganze Reihe der erwähnten Erscheinungen von Verwesung und Gährung Folgen der Vegetations-, der Lebensprocesse von niederen Organismen, insonder- heit Pilzen und Bacterien sind. Es ist das ganzeigene Verdienst Pas- teur's, diese vitalistische Gährungstheorie im Gegensatze zu anderen, welche den lebenden Organismen keine oder andere ursäch- liche Beziehungen zuerkannten, fest hegründet und auf alle hierher ge- hörigen Erscheinungen ausgedehnt zu haben; allerdings nachdem die gleiche vitalistische Theorie für die Alkoholgährung schon seit Cag- niard-Latour (1828) und Schwann (1837) klar ausgesprochen war, ohne aber zu allgemeiner Aufnahme zu gelangen. Der Vegetationsprocess lebender Organismen ist also die directe Ursache der Gährungen; letztere finden nicht statt, wenn jene getödtet sind. Man nennt solche Organismen daher Gäh runger reger, Fer- mentorganismen, schlechthin Fermente nach der Terminologie der Pasteur'schen Schule; Hefen in der von Nägeli angewendeten Terminologie. Je nachdem dann der Gährungerreger ein Sprosspilz, oder ein Spaltpilz d. h. Bacterium, oder ein fadenförmiger Pilz ist, wird kurz von Sprosshefe, Spalthefe, Fadenhefe geredet. Die französische Terminologie schränkt die Anwendung des französischen Verhältniss zu dem Substrat. Gährungerreger. 55 Wortes levure, welches ursprünglich das deutsche Hefe bedeutet, auf die Sprosspilze, welche Gährungerreger sind, ein. Es ist zum Verständniss der Literatur wesentlich, auf diese Anwendungen des Wortes Hefe in ganz verschiedenem Sinne aufmerksam zu sein. Und es muss hinzugefügt werden, dass dasselbe Wort nicht nur für Gäh- rungerreger schlechthin oder für die bestimmte gährungerregende Sprosspilzform angewendet wird, sondern in oft recht unnöthiger Con- fusion auch noch für die Sprosspilzformen, gleichviel ob sie Gäh- rungen erregen oder nicht. Von dem verschiedenen Sinne des Wortes Ferment wird nach- her noch die Rede sein. Da die Vegetation der Organismen die Gährung in Gang setzt, so muss das zu vergährende Substrat die sämmtlichen für den Vegetations- process nöthigen Nährstoffe enthalten. Eine reine Zuckerlösung gährt nicht, wenn man lebende gährungerregende Pilze oder Bacterien eben- falls rein in kleiner Menge zugibt. Der Zucker ist zwar, wie wir sahen, ein guter Nährstoff für diese. Er deckt aber nur den Bedarf an Kohlen- stoff, Wasserstoff und Sauerstoff und genügt daher nicht für die Ernäh- rung. Erst wenn man der Lösung die oben bezeichneten Stickstoff und Aschenbestandtheile liefernden Verbindungen zusetzt, wird sie £ülirungsfähig; und die Gährung kommt in Gang, sobald im übrigen die günstigen Vegetationsbedingungen gegeben sind. Die im natürlichen Verlaufe der Dinge oder in der menschlichen Praxis vergährenden Körper, wie Most und Maischen, sind solche für die Gährungerreger ernährungstüchtige Gemenge. In jedem Gährungsprocess findet nun erstens, auf Kosten der zu vergährenden Substanz, ein Wachsen, eine Vermehrung des erregen- den Organismus statt. Das kann man direct sehen, wenn dieser im Anfang in minimaler Menge zugesetzt war, und durch Wägung genau bestimmen. Der Rest des Gährmaterials wird in Folge der mit der Vegetation verbundenen Umsetzungsprocesse — deren nähere Betrach- tung, wie oben schon gesagt, hier unterbleiben muss — in die Gäh- rungsproducte gespalten. Das bestbekannte Beispiel hierfür ist die, allerdings nicht streng in unsere Bacterienbetrachtung gehörende Al- koholgährung des Zuckers durch den Bierhefe-Sprosspilz, Saccharo- myces Cerevisiae. Nach Pasteur's Angaben werden, in geeigneter Lösung, von 100 Theilen Zucker verbraucht ohngefähr 1,25 zur Bil- dung von Hefesubstanz, 4 — 5 zur Bildung von Bernsteinsäure und Glycerin, der Rest, also 94 — 05 %, zerfällt in Alkohol und Kohlen- säure. 56 VII. Vorlesung. Das Beispiel zeigt, dass der Spaltungsprocess ein complicirter ist, und nicht einlach im Zerfall allen Zuckers in Kohlensäure und Alkohol besteht. Letztere sind aber der Menge nach und auch nach ihrer Be- deutung für die menschliche Praxis die hervorragendsten Producte der betreifenden Gährung. Man unterscheidet hiernach, sowohl in dem vorliegenden als in den übrigen Fällen, Hauptproducte und Ne- benproduete derGährungen und benennt den Gährungsprocess nach einem characteristischsten Hauptproduct. Für die Bacteriengährungen weiß man, dass ihr Gang jenem des angeführten Beispiels im allgemeinen analog ist. Für die meisten der- selben ist aber bis jetzt der Spaltungsprocess minder genau, für viele sind nur die Hauptproducte qualitativ bekannt. Unter letzteren tritt auch hier vielfach Kohlensäure auf. Weiteres wird unten bei den spe- cialen Beispielen zu erwähnen sein. Hier sei nur noch kurz auf- merksam gemacht auf die bei Bacteriengährungen nicht selten auf- tretenden Farbstoffe, von denen schon oben (S. 4) die Rede war, und nach denen wohl auch von Pigmentgährungen die Rede ist. Manche, nicht alle Gährungerreger scheiden in der Flüssigkeit gelöste Stoffe aus, welche die Eigenschaft haben, in der minimalen Menge, in welcher sie ausgeschieden werden, in dem Substrat andere, als direct zum Gährungsprocess gehörige Veränderungen hervorzu- rufen. Analoge und analog wirkende Ausscheidungen finden vielfach auch anderwärts statt, bei nicht gährungerregenden Pilzen z. B., und an bestimmten Organen oder in den Zellen höherer Organismen, auch chlorophyllführender Pflanzen. Der Bierhefepilz z. B., Saccharo- my ces Cerevisiae, scheidet einen Körper aus, welcher den Rohr- zucker in Lösung invertirt, wie man sagt, d. h. unter Wasserauf- nahme spaltet in Glycose und Laevulose (Traubenzucker und Fruchtzucker). Der Bacillus Amylobacter spaltet durch eine solche Ausscheidung Gellulose in in Wasser lösliche Umsetzungsproducte. Die Zellen keimender Samen produciren einen Körper, Diastase, welcher Stärkekörner in Dextrin und Maltose zerlegt. Stoffe dieser Kategorie werden zusammengefasst unter dem Namen Enzyme oder ungeformte, unorganisirte Fermente, auch wohl schlechthin Fermente in der deutschen Terminologie. Die zumal von Duclaux consequent durchgeführte Terminologie der französischen Schulen nennt sie allgemein Diastase n und bildet dann für die Einzelerschei- nungen besondere Worte mit gleicher Endung, wie Am y läse, Sac- charase (»Sucrase«!), Gasease u. s. w., während sie, wie wir sahen, das Wort F e r m e n t für die gährungerregenden lebenden Organismen Verhältniss zu dem Substrat Enzyme. 57 selbst reservirt. Die Enzyme sind, wie schon angedeutet, ihrerseits nicht organisirte oder bestimmt geformte Körper, in Wasser löslich, ihrer chemischen Beschaffenheit nach wohl sämmtlich den eiweiß- a i-l igen Verbindungen anzuschließen. Man kann sie von den Organis- men, welche sie produciren, trennen, ohne dass dabei, bei geeigneter Behandlung, ihre Wirkung verloren geht. Das Gharacteristische dieser besteht allgemein darin, dass sie chemische Umsetzungen, Spaltungen hervorrufen, ohne selber in die Endproducte dieser mit einzugehen und hierdurch ihre Wirksamkeit einzubüßen. Die Wirkungen sind von Fall zu Fall specifisch ungleich, man unterscheidet hiernach, wie in den genannten Beispielen, invertir ende, Zucker bildende u. s. w. Enzyme, und zu diesen sind diejenigen hier noch zu nennen, welche, wie das Pepsin des thierischen Magensaftes, eiweißartige Kör- per unter Wasseraufnahme in leicht lösliche Peptone umsetzen, — peptonisirende Enzyme. Nach dem Gesagten braucht kaum mehr hervorgehoben zu wer- den, dass jedem Gährung oder Zersetzung hervorrufenden Organismus eine specifische Thätigkeit in den bezeichneten Richtungen, eventuell auch specifische Enzymbildung zukommt. In der gleichen Zucker- lösung wird von der einen Species Alkoholgährung erregt, von an- deren Milchsäure- resp. Buttersäuregährung u. s. w. Nach den Haupt- producten gleiche Gährung kann ferner auch von ungleichnamigen Species unter sonst gleichen Verhältnissen erzeugt werden, allerdings in quantitativ ungleichem Maße: Alkoholgährung der Zuckerlgsungen z. B. sowohl von einer Anzahl Saccharomyces-Arten als auch von bestimmten Species der Mucorinen- Gruppe. Die gleiche Species kann ferner in ungleichem Substrat ungleiche Zersetzungen hervor- rufen. Die Essigbacterien oxydiren den Alkohol in verdünnter Lösung zu Essigsäure; letztere dann, wenn der Alkohol fehlt , zu Koh- lensäure und Wasser. Der Bierhefe -Saccharomyces vergährt Traubenzucker direct zu Kohlensäure und Alkohol; Rohrzucker wird nicht vergohren, sondern durch das oben erwähnte Enzym erst »inver- tirt« und der aus Glycose und Laevulose gebildete »Invertzucker« in dem Maße, als er entsteht, vergohren. Fitz1 Butylalkohol-Bacillus(B. Amylobacter, vergl. diesen unten, IX.) vegetirt in Nährlösungen von Milchzucker. Kivllnü . weinsaurem Ammoniak, milchsauren, apfelsauren, weinsauren Salzen u. s. w., ohne in diesen characteristische Gährungen zu erregen: er vergährt Gly- crriii. Mannit, Rohrzucker, mit den Hauptproducten Kohlensäure, But- tersäure, Blutylalkohol; und kleinen Mengen von Milchsäure u. a. als 58 VII. Vorlesung. Nebenproducten, jedoch sehr ungleichen Mengen der Hauptproducte je nach dem Gährmaterial. Die Verhältnisszahlen der Buttersäure- menge z. B. sind unter gleichen Gährbedingungen 17,4 für Glycerin; 35,4 für Mannit; 42,5 für Rohrzucker. Aehnliche Beispiele sind in den Gährungsarbeiten viele zu finden. Auch die Enzymabscheidungen können bei der gleichen Form nach der Qualität des Substrats wechseln. Wortmann (35) fand für ein nicht näher bestimmtes Bacterium, dass es ein Stärke lösendes Enzym ausscheidet und Stärke löst, wenn ihm der Kohlenstoff nur in Form von Stärkekörnern gegeben ist. Wird der Kohlenstoff in Form eines in Wasser leicht, löslichen Kohlehydrats, z. B. Zucker, oder in Weinsäure gegeben, so bleiben gleichzeitig gebotene Stärkekörner intact. Ana- loges gilt jedenfalls von dem Bacillus Am y lob acter, welcher (nach van Tieghem), mit Glycose ernährt, gleichzeitig dargebotene Cellulose intact lässt, letztere dagegen zersetzt und als Nährstoff aufnimmt, wenn keine leichter assimilirbare Kohlenstoffquelle zu Gebote steht. Endlich kann, auch bei gleichbleibender Qualität des Nährmate- rials, durch Wechsel der äußeren Bedingungen innerhalb der Vegeta- tionsgrenzen, eine bestimmte Gähr- oder Zersetzungsthätigkeit einer bestimmten Species bis auf Null herabgesetzt werden. Die andeutungs- weise schon erwähnten Mucorinen, auch die Saccharomyces-Arten, von Bacterien z. B. Bac. Amylob acter, liefern Beispiele hierfür. Bac. Amylobacter verliert nach Fitz die Gährtüchtigkeit, ohne die Vege- tationsfähigkeit einzubüßen, wenn er hoher Temperatur ausgesetzt wird ; z. B. nach 1—3 Minuten dauerndem Kochen der Sporen in einer Trau- benzuckerlösung; oder nach 7stündiger Erwärmung auf 80°; oder aber, wenn man ihn durch viele Generationen unter reichlicher Sauerstoff- zufuhr in einer Nährlösung cultivirt, in welcher er keine Gährung zu erregen vermag. Die Mucorinen treten hierbei, je nach dem Wechsel der Bedingungen, in sehr verschiedener, für den jedesmaligen Fall jedoch ganz bestimmter Gestaltung auf. Für Saccharomyces und die darauf näher untersuchten Bacterien findet ein solcher Gestaltwechsel nicht oder in unerheblichem Grade statt. Dass die äußeren Bedingun- gen jeglicher Art auf die Gestaltung letzterer in gewissem Maße ein- wirken werden, ist allerdings a priori anzunehmen und aus den S. 24 erwähnten Erscheinungen direct ersichtlich. Es ist daher auch höchst wahrscheinlich, aber noch bestimmten Nachweises bedürftig, dass der Gestaltwechsel stark pleomorpher Bacterien (vgl. S. 21) durch den Wechsel der äußeren Vegetationsursachen zum guten Theil bestimmt wird. Wichtigste Beispiele von Saprophyten. 59 In dem natürlichen Verlaufe der Erscheinungen gehen die Ent- wickelungs- und Zersetzungsprocesse, von denen die Rede war, selten, kaum je, rein und glatt von Anfang bis zu Ende vor sich. Viele der in Rede stehenden Organismen sind so häufig, dass ihre Keime mit oder rasch nacheinander in eine Nährlösung oder ein sonstiges zersetzungs- i'ühiges Substrat gelangen. Sie entwickeln sich dann entweder gleich- zeitig und ihre Zersetzungswirkungen treten neben einander auf; oder die einen finden zunächst günstigen Boden, verändern diesen durch ihre Vegetation, schaffen dieser hierdurch Hindernisse, während sie anderen den günstigen Boden bereiten; verschiedene Entwickelungen und Zersetzungen treten daher in demselben Substrat nach einan- der auf. Beispiele für solche Combinationen und Successionen von Gäh- rungs- und Zersetzungsproducten finden sich überall in dem natür- lichen Verlauf der Dinge und in den einschlägigen Gegenständen des menschlichen Haushalts. Ich brauche auf dieselben hier um so weniger einzugehen, als eine Anzahl derselben in den folgenden Einzelbeschrei- bungen Erwähnung zu finden haben. VIII. Wichtigste Beispiele von Saprophyten. — Orientirung über die Nomen- clatnr. — Saprophyten der Gewässer: Crenothrix, Cladothrix, Beggiatoa ; andere Wasserbewohner. Wenn wir jetzt übergehen zu der speciellen Betrachtung einiger saprophytischer Bacterien, so ist noch dreierlei vorauszuschicken. Erstens kann es sich nicht handeln um die Aufzählung aller in dieser Richtung beschriebenen Erscheinungen. Wir beschränken uns auf sokhe, welche derzeit am besten bekannt und gleichzeitig von allge- meinerem Interesse sind. Mit der Zeit werden diesen voraussichtlich noch viele hinzugefügt, an den derzeit geltenden Anschauungen auch mancherlei Aenderungen vorgenommen werden. Wir stehen derzeit noch sehr im Anfangsstadium der bezüglichen Kenntnisse und Unter- suchungen. Zweitens gehen wir auch hier nicht näher ein auf die Details der chemischen Processe bei der Zersetzungswirkung; wir stellen die morphologischen und biologischen Gesichtspunkte in den 60 VIII. Vorlesung. Vordergrund. Hierbei müssen wir uns aber drittens darüber klar blei- ben, dass auch in Bezug auf letztere unsere Kenntnisse derzeit noch sehr im Anfangsstadium, mindestens sehr ungleichmäßig entwickelt sind. Dies ist in dem Maße der Fall, dass von einer consequenten systematisch-botanischen Ordnung und Nomenclatur noch nicht die Rede sein kann. Was einer solchen derzeit gleich zu sehen scheint, ist lediglich vorläufiger Nothbehelf. In solchem Falle bleibt nichts übrig, als für den gegebenen Zeitpunkt sich über eine provisorische Ordnung und Nomenclatur zu verständigen. Es sei daher erstlich bei- behalten die früher (111.) begründete Haupteintheilung in endospore Formen und nichtendospore oder arthrospore. Einzelne besser bekannte Gruppen aus beiden Abtheilungen können und sollen dann als Genera ausgeschieden und mit präcis definirbaren Namen bezeich- net werden. Den Namen Bacillus beschränken wir und dehnen ihn aus auf alle endosporen Formen und Arten mit stabförmigen vegetati- ven Zellen und Zellverbänden erster Ordnung. Von arthrosporen For- men lassen sich einzelne, wie Beggiatoa, Gladothrix, Leuco- nostoc, Sarcina u. a. ausscheiden und durch nachher anzugebende Charactere unterscheiden. Es bleibt dann übrig eine Menge von an- deren, bei welchen wir auf eine oberflächliche Gestaltunterschoidung beschränkt sind und die definitive Classification dahingestellt sein las- sen müssen. Von diesen seien die Schraubenformen als Spirillum zusammengefasst. Eine Anzahl dieser gehört, nach van Tieghem, zu den Endosporen, andere nach vorliegenden Daten zu den Arthro- sporen, für noch andere wissen wir es nicht, die Anschaulichkeit empfiehlt hier die einstweilige Zusammenfassung. Im übrigen seien die nicht als endospor bekannten Stab formen miteinander Bacterium genannt, und die in Kokkenform (S. 8) bekannten Micrococcus. Dass zwischen letzteren und kurzen Stab-Bacterien nicht scharf, son- dern nur. nach Zweckmäßigkeit und Convention unterschieden werden kann, ist selbstverständlich. Auch die Species, welche derzeit unter- schieden werden, sind mit Vorsicht zu beurtheilen. Manche derselben sind sicher rein und klar gesondert bekannt. Für andere kann das nicht behauptet werden, die heutigen Namen bezeichnen aller Wahr- scheinlichkeit nach ja mehr als eine Species, welche einzeln erst noch zu studiren sind. So ist mir ganz unzweifelhaft, dass unter dem Namen Bacillus subtilis mehr als eine bestimmte Species beschrieben wurde. Dergleichen Collectivbezeichnungen — Collectivspecies können wir kurz sagen — sind auf allen Gebieten vorgekommen und nach und nach entwirrt worden. Sie werden auch auf dem in Rede stehenden Wichtigste Beispiele von Saprophyten. Crenothrix. 61 o v ' o o u Dicke, bis etwa 1 cm lang, mit dem einen Ende festen Körpern an- sitzend, völlig unverzweigt, gerade, seltener etwas schraubig gekrümmt. Der Faden besteht aus einer Reihe von cylindrischen Zellen, die halb- bis etwa anderthalbmal so lang als breit sind. Die Außenschichten ihrer Seitenwände fließen zusammen zu einer den ganzen Faden umgebenden zarten Scheide, welche in der Jugend farblos, später oft durch Eisensalze gelb- bis tiefbraun oder braungrün gefärbt ist. Häufig zerbrechen die Fä- den der Quere nach in Stücke, welche dann frei ins Wasser kommen und sich zu flockigen Massen anhäufen. Die Glieder der Fäden können durch fortgesetzte Zweitheilungen in die Form isodiametrischer Zellen übergehen, welche sich abrunden. An den dickeren Fäden erhalten hierbei die Glieder oft erst kurze Scheibenform und theilen sich dann ein- bis mehrmals der Längs- richtung des Fadens nach in rundliche Zellchen (6, c). Letztere wer- Fig. .•>. (Iren o thr ix Kühn i an a. «Gruppe junger, unten ansitzender Fä- den, Vergr. 450. a. b (Vergr. 540] allere Fäden, bei b einzelne Glieder oben aus der geöffneten Scheide austretend, c breiter Faden, oben mit niedrig-scheibenförmigen, in basipetaler Folge der Länge nach in runde Sporenzellchen getheilten Glieder- zellen; die Sporen am obersten Ende aus der offenen Scheide austretend. , 70 IX. Vorlesung. welcher Ammoniakverbindungen mit geringen Mengen organischer Substanz und alkalischer Körper, z. B. Kalksalze enthält. Sie lässt sich künstlich erhalten in Nährlösungen; welche Ammoniakverbindungen enthalten, wenn man eine kleine Menge Ackererde zugesetzt hat, bei geeigneter, mit 37° ihr Optimum erreichender Temperatur und unter andauerndem Luftzutritt. Die Salpeterbildung erfolgt alsdann unter Vegetation der Bacte- rienformen; sie steht still, wenn diese getödtet werden; sie tritt auch dann ein, wenn die gezüchteten Bacterien allein, ohne Erde, in die geeignete Nährlösung gebracht sind. Hieraus ist zu schließen, dass es sich um eine Oxydationsgährung handelt, welche durch die in den Oberflächenschichten feuchten Bodens sehr verbreiteten Bacterien her- vorgerufen wird. Die morphologische Characterisirung dieser. Bacterien steht noch aus. Nach den genannten Autoren handelt es sich um einen sehr klei- nen zarten, etwa dem M. aceti ähnlichen Micrococcus, sodass van Tie- ghem in seinem Lehrbuche den Namen Micr. nitrificans anwendet. Doch lässt die Beschreibung nicht recht verstehen, wie das Ding aus- sieht, und Duclaux redet von einem Gemenge verschiedener Formen. Bei der Wichtigkeit des Processes empfiehlt sich ein genaueres Studium desselben, resp. der Frage, ob die Nitrification ausschließliche Leistung einer bestimmten Species oder von mehrerlei Arten und deren Ge- mengen ist. 3. Essig-Gährung (26, p. 501 ; 41,42,43). Wenn eine Nähr- lösung, welche einige Procent Alkohol enthält und sauer ist, am besten bei etwa 30 — 40° betragender Temperatur an der Luft steht, so bildet sich Essig, d. h. der Alkohol wird zu Essigsäure oxydirt. Zugleich trübt sich die Flüssigkeit mehr oder minder, und ihre Oberfläche bedeckt sich mit einem zarten, farblosen Häutchen. Dieses besteht in den meisten reinen Fällen aus der Essigmutter, Micrococcus aceti, Bacterium aceti (Arthrobacterium aceti; Mycoderma aceti der alten Pasteur'schen Nomenclatur). Pasteur hat vor 25 Jah- ren gezeigt, dass dieses Bacterium von den in der Lösung enthalte- nen organischen und Mineralstoffen lebt und wächst und, unter Sauer- stoffabsorption aus der Luft, den Alkohol zu Essigsäure oxydirt. Der präeise Nachweis hiervon wird geliefert dadurch, dass man reinen Nährlösungen von den S. 50, 55 angegebenen Eigenschaften einige (bis etwa 4) Procent Alkohol, 1 — 2% Essigsäure zusetzt und dann eine mi- nimale Menge von einem Essigmutterhäutchen in die Flüssigkeit bringt. In der geeigneten Temperatur und bei freiem Luftzutritt wächst die Essiggährung. 71 Essigmutter zu der beschriebenen Haut heran und in dem Maße, als das geschieht, wird der gelöste Alkohol in Essigsäure umgesetzt. Die verschiedenen in der Oeconomie angewendeten Verfahrungs- weisen der Essigbereitung, die wir hier nicht ins Einzelne verfolgen, sind Culturen des Micrococcus aceti, bei der geeigneten Temperatur und je nach dem speciellen Verfahren verschieden regnlirter Lüftung. Die Essigmischlingen — aus Wein, Bier u. s. w. mit Zusatz von bereits gebildetem Essig — haben die wesentlichen Eigenschaften obiger Nähr- lösungen. Der Essig des practischen Lebens ist verdünnte Lösung von Essigsäure und enthält immer mehr oder minder reichliche Mengen des Essig-Micrococcus. Keime dieses sind auch im übrigen verbreitet und fehlen insbesondere wohl nie in den Gefäßen, welche der Berei- tung und Aufbewahrung alkoholischer Flüssigkeiten dienen. Das Sauer- werden letzterer bei unvorsichtiger Behandlung ist wenigstens zum Theil Wirkung des Essig-Micrococcus. M. aceti ist, gleich dem M. ureae, ein nach den dermaligen Kenntnissen arthrospores Bacterium und in seiner Gestaltung dem Harnstoff-Micrococcus ähnlich (Fig. 1 0). Er besteht gewöhnlich , und wohl in dem nor- mal vegetirenden Zustande, aus cylindrischen Zellchen, welche nicht viel länger als breit werden und einen Querdurchmesser von etwa 0,8 — I jjl haben. Dieselben vermehren sich durch den gewöhnlichen Quertheilungsprocess und bleiben oft zu langen Fadenreihen verbun- den, in älteren Culturen oft aus dem Fadenver- band verschoben, aber durch Gallerte zusam- Fig. 10. mengehalten. Mit dieser kurzzeitigen Micro- coccusform kommen nicht selten Zellenreihen vor, deren Glieder theils lang stabförmig gestreckt, theils nicht nur mehrmals länger wie breit, sondern auch spindelförmig oder blasig angeschwollen sind, der- art, dass ihre größte Breite den Durchmesser der gewöhnlichen Zell- chen um mehr als das vierfache übertreffen kann. Man würde diese blasigen Zellen nie für mit den kleinen zusammengehörig halten, wenn sie nicht meistens mit ihnen — einzeln oder zu mehreren hintereinan- der — als Glieder derselben genetischen Reihen, und durch mancher- lei Zwischenformen vermittelt, vorkämen. Erscheinungen dieser Art Fig. 10. Micrococcus aceti, Essigmutter, einzelne und reihenweise ver- bundene randliche Zellen, und Reihen mit stabförmig gestreckten und spindelig oder flasehenformig angeschwollenen Gliedern; die letzteren aus einer bei 40" ge- haltenen f.ultur. Ver^r. 000, 72 IX. Vorlesung. sind auch bei anderen Bacterien beobachtet; sie sind es, welche wir früher unter dem Nägeli'schen Namen Involutionsformen kennen ge- lernt haben (vgl. S. 9). Ob sie wirklich, wie dieser Name ausdrücken soll, Rückbildungszustände, oder krankhafte Formen sind, möchte ich für den Essig-Micrococcus dahingestellt lassen. Sie kommen allerdings in manchen Culturen gar nicht oder vereinzelt, in anderen dagegen außerordentlich zahlreich vor und in dem letzteren Falle konnte ich nie finden, dass sie »den Eindruck, als seien sie zu weiterer Entwickelung unfähig«, machen. Positive Angaben sind aber derzeit ebensowenig über ihre entwickelungsgeschichtliche Bedeutung als über die Be- dingungen ihres Entstehens oder Ausbleibens möglich. Von E. Chr. Hansen ist ein Micrococcus gefunden und M. Paste u- rianus genannt worden, welcher sich dem M. aceti in allen Stücken gleich verhält, bis auf den — bei successiven Generationen constant bleibenden — Unterschied, dass seine Zellen mit Jod die blaue Stärke- reaction (vgl. S. 4) zeigen, während der gewöhnliche M. aceti durch dieses Reagens gelb gefärbt wird. Diese Thatsache schon zeigt, dass der letztgenannte Micrococcus allerdings die gewöhnliche, aber nicht die einzige essigbildende Species ist. In der That ist auch noch von anderen, hier minder wichtigen Bacterienformen Essigsäurebildung beobachtet worden. M. aceti kann nicht nur als Essigbildner auftreten, sondern auch als Essigverderb er. Nachdem er allen Alkohol einer Flüssigkeit zu Essigsäure oxydirt hat, kann er nämlich, wie Pasteur zeigte, weiter wachsen und letztere weiter oxydiren zu Kohlensäure und Wasser, den Endproducten aller Verwesung. Es ist zwar nicht zur Sache gehörig, aber vielleicht nicht über- flüssig, zu erwähnen, dass nicht jede weiße Haut, welche auf der Ober- fläche einer zur Essigbildung geeigneten Flüssigkeit spontan auftritt, Essigmutter zu sein braucht. Auf abgestandenem Bier oder Wein er- scheint meist die bekannte, weiße, zuletzt runzelige Kahm haut. Sie sieht der Essighaut fürs bloße Auge oft zum Verwechseln ähnlich, un- terscheidet sich aber unter dem Mikroskop sofort dadurch, dass sie von einem relativ großen Sprosspilze gebildet wird, dem Saccharomy- ces Mycoderma. Mit der Essigbildung hat dieser direct nichts zu thun. Er oxydirt vielmehr den Alkohol und andere etwa gelöste Körper zu Kohlensäure und Wasser. Indirect kann er hierdurch allerdings die Essigbildung insofern fördern, als er ein dem Essig-Micrococcus hin- derliches Uebermaß von Alkohol und Säure zerstört, jenem daher einen günstigen Vegetationsboden bereitet. Schleimgährungen. 73 4. Wir kommen nun zu einer Reihe von Beispielen von Gährungs- und Zersetzungserscheinungen, welche durch Bacterien in Zucker- arten und verwandten Kohlehydraten hervorgerufen werden. Wenn wir dabei in Folgendem schlechthin von Zuckerlösungen reden, so ist von diesen immer selbstverständlich vorausgesetzt, dass sie die nöthigen Bestandteile von Nährlösungen mit enthalten. Zunächst ein paar Worte über die sogenannten Schleimgäh- rungen (26, p. 572, 44, 45). Ausgepresste zuckerhaltige Pflanzensäfte, z. B. von Zwiebeln, Rüben, zeigen oft die Erscheinung, dass sie eine klebrige, schleimige Beschaffenheit annehmen. Dabei wird Kohlensäure und oft auch Mannit ausgeschieden. Bestimmte, sogleich zu beschrei- bende Organismen treten in dem Schleime als Bodensatz auf. Bringt man davon eine kleine Portion in geeignete sonst keimfreie Rohrzucker- lösung, so findet in dieser das gleiche Schleimigwerden statt unter W'achsthum der Organismen. Diese sind daher als die Erzeuger der Veränderung zu betrachten. Besagte Organismen sind, nach Pasteur, zweierlei. Erstens ein dem M. Ureae sehr ähnlicher, Rosenkranzreihen bildender Micrococcus; er bildet für sich allein in der Rohrzucker- lösung Schleim und Mannit unter Kohlensäureabscheidung. Zweitens unregelmäßig gestaltete Zellen von etwas beträchtlicherer Größe als die des Bierhefe-Saccharomyces (Seite 80), im übrigen nach den vorliegen- den Beschreibungen von gänzlich unklaren morphologischen Eigen- schaften, aber zu den Bacterien gewiss nicht gehörig; sie sollen für sich allein in der Rohrzuckerlösung nur Schleim, keinen Mannit bilden. Der Schleim selbst, um welchen es sich handelt, ist, nach den vorliegenden Angaben, ein Kohlehydrat von der Formel der Cellulose (C^Hl0O5). Nach diesen, freilich noch der Vervollständigung sehr bedürftigen Daten ist wohl nicht anzufechten, dass die frei werdende Kohlensäure und der Mannit Gährungsproducte sind; der Schleim selber dürfte aber wohl mit größerer Wahrscheinlichkeit in die Kategorie der unter den Bacterien sowohl wie Pilzen so sehr verbreiteten und uns gelegentlich der Zooglöen so oft begegneten schleimig-gelatinösen Zellmembra- nen zu rechnen sein, daher ein Product nicht der Gährung der Nährlösung, sondern der Assimilation des Gährungerregers. Diese Anschauung findet ihre besondere Unterstützung in der von Cienkowski und van Tieghem studirten Entwickelungs- und Vegeta- tionsgeschichte des Leuconostoc mesenterioides, des Frosch- laich-Bacterium der Zuckerfabriken, welcher große Tonnen Zucker- rübensaft binnen kurzer Frist in eine schleimig -gelatinöse Masse verwandeln und hierdurch erheblichen Schaden anrichten kann. — 74 IX. Vorlesung. Diix'in sah einen Holzbottieh mit 50 Hectoliter 1 Oprocentiger Melasse- lösung binnen 1 2 Stunden von einer compacten Leuconostoc-Gallerte erfüllt werden. Die Entwickelung von Leuconostoc wurde schon oben (S. 18) als Beispiel eines arthrosporen Entwickelungsganges erwähnt. Sie sei hier noch etwas eingehender besprochen. Vgl. Fig. 1 1 . Die kugelige Sporenzelle (>/) keimt in der Nährlösung; sie erscheint zuerst von einer, die Dicke der Spore selbst mehrmals übertreffenden Gallerthülle (e) umgeben, aus dem Wachsthum und der successivenQuer- theilung des Protoplasmakörpers geht dann eine einfache Fadenreihe isodiametrischer Zellen hervor, deren Längswaehsthum die Hülle folgt, eine dicke, abgerundet cylindrische Scheide von fest-gelatinöser Con- Fig. 11. sistenz um den Faden darstellend. Auch die Querwände des Fadens werden in den jüngeren Zuständen desselben gelatinös, sie stellen breite wasserhelle Zwischenstücke, welche sich in die außen verlau- fende Scheide fortsetzen, zwischen den Protoplasmakörpern dar (f — i). An älteren Fäden verschwindet letzteres Verhalten, die Protoplasma- körper stehen mit einander in Berührung (b). Mit dem Längenwachs- thum nimmt der einzelne aus einer Spore erwachsene Faden successiv stärkere Krümmungen an, die sich schlingenbildend um einander und um andere Fäden legen. Mit dem Wachsthum ist Trennung der ur- sprünglich langgestreckten Gallertfäden in kürzere, immer umscheidete und in Verband mit einander bleibende Querabschnitte verbunden (/). Fig. 11. Leuconostoc mesenterioides. Erklärung siehe S. 1 9, Schleimgcährungen. Leuconostoc. 75 Es entstehen so dichte Verschlingungen, welche nussgroß und darüber werden können («) und welche jene erwähnten compacten Gallertkör- per darstellen, deren Anhäufungen die Gefäße erfüllen. Durchschnitte durch die älteren Gallertkörper erscheinen von den Grenzen der Schei- den in Kannnern getheilt, in welchen die gekrümmten Zellreihen lie- gen (6). Ist die Entwickelungshöhe erreicht und die Nährlösung er- schöpft, so werden die Gallertscheiden verflüssigt, die Zellreihen zerfallen und die meisten Zellen sterben ab. Vorher schon haben sich einzelne, ohne bestimmte Ordnung in der Reihe stehende Zellen zu distincten Sporen ausgebildet, indem sie etwas größer werden als die übrigen und sich mit einer derben, nicht gelatinösen Membran, der Außenhaut der Spore, umgeben (c). Von diesen Sporen wurde bei vorstehender Darstellung ausgegangen. Außer ihnen kann jedes aus dem Verbände aus irgend einem Grunde losgelöste lebende Fadenstück zu einem neuen Gallertkörper heranwachsen. Die Dicke der vegetiren- den Protoplasmakörper beträgt, nach van Tieghem, 0,8 — 1,2 ji; die ihrer Scheiden 6 — 20 \i; die der Sporen 1,8 — 2 lang«, wie der populäre Name lautet. Auch diese Erscheinungen sind begleitet resp. wohl zweifellos verursacht von 76 IX. Vorlesung. der Vegetation reihenweise verbundener Mikrokokken und der Schleim dürfte auch hier die gleiche Entstehung und morphologische Bedeutung haben, wie die Gallerte des Leuconostoc. Im Vorbeigehen sei hier be- merkt, dass auch andere sogenannte Krankheiten des Bieres und der Weine auf Bacterienvegetation beruhen. Auf dieselben kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. Pasteur, Etudes sur le vin, Paris 1 866, und Etudes sur la biere, Paris 187 2. 5. Die gewöhnliche Milchsäuregährung (26, 16) der Zucker- arten wird nach altem Verfahren eingeleitet, indem man gährfähiger Lösung saure Milch oder Käse zusetzt und dieselbe unter Luftzutritt bei 40 — 50° hält. Zusatz von kohlensaurem Kalk oder Zinkweiß ist ferner nothwendig, um die sich entwickelnde Milchsäure zu binden, weil die Gährung stille steht, sobald der Säuregehalt der Flüssigkeit ein gewisses Maß überschreitet. Pasteur hat zuerst gezeigt, dass mit dem Käse oder der Sauermilch, neben etwaigen anderen Organismen, ein Bacterium eingeführt wird, welches in der Flüssigkeit, zumal dem Bodensatze, vegetirt und als Gährungerreger wirkt. Dasselbe tritt auf in Form kleiner cylindri- scher Zellchen, welche unmittelbar nach der Theilung kaum halbmal länger als breit, und durchschnittlich 0,5 /« dick sind. Nach jeder Theilung trennen sie sich gewöhnlich bald von einander, seltener bleiben sie zu kurzen Beihen verbunden; die Querwandgrenzen sind deutlich und durch eine leichte Einschnürung bezeichnet. Eigenbewe- gung ist nicht vorhanden. Die Species ist nach diesen Gestaltverhält- nissen dem Essigbacterium ähnlich und kann Micrococcus lacticus genannt werden, was von van Tieghem auch geschehen ist. Hueppe gibt jedoch an, dass eine Sporenbildung stattfindet, wenn ich recht verstehe, nach dem endosporen Typus. Bestätigt sich dieses, so ist das Milchsäurebacterium ein sehr kleiner Bacillus in unserem Sinne, und hiernach zu benennen. Dieser Micrococcus oder Bacillus lacticus also ist wohl in aller Milch enthalten; zwar nicht, wenn sie aus der Milchdrüse kommt, wohl aber, sobald sie im Verkehr ist. In den Ställen, den angewandten Gefäßen sind seine Keime derart verbreitet, dass er wohl immer zur Entwicklung kommt. Diese ist die Ursache der Säuerung der Milch, indem sie Milchsäuregährung des darin enthaltenen Milchzuckers er- regt; und wenn die Säurebildung einen bestimmten Grad erreicht hat, findet durch die Wirkung der Milchsäure jene homogen gelatinöse Gerinnung des Caseins statt, welche für gute Sauermilch charakte- ristisch ist, Kefir. 77 Die weiteren physiologischen Eigenschaften des in Rede stehenden Bacteriums sind in Hueppe's sorgfältiger Arbeit ausführlich dargestellt worden und dort nachzulesen. In dem beschriebenen Bacillus oder Micrococcus lacticus lernen wir also ein vorzugsweise verbreitetes und wirksames Milchsäure- ferment kennen, aber es ist keineswegs das einzige. Die Zahl der in Zuckerlösungen resp. in Milch Milchsäure bildenden Bacterienarten scheint vielmehr eine relativ große zu sein. Hueppe allein gibt deren fünf an, und zwar Mikrokokken; der eine derselben ist uns als der M. prodigiosus des Blutwunders (S. II) bekannt. Zwei von jenen Mikro- kokken hat Hueppe als die Erzeuger der im menschlichen Munde gewöhnlich vorkommenden Milchsäure kennen gelehrt, den oben be- schriebenen Milchsäurebacillus fand er dagegen im Munde nur aus- nahmsweise. Nähere Untersuchungen über die meisten dieser Formen und ihre Gährwirkungen sind noch abzuwarten. Es ist aber hiernach klar, dass man zwar überall, oder fast überall, wo Milchsäure in er- heblicher Menge auftritt, einen Fermentorganismus, und selbst ein Fermentbacterium erwarten darf, welches dieselbe producirt, dass dieses aber nicht immer das eine, oben als das der gewöhnlichen Milchsäuerung beschriebene zu sein braucht. Dies möge hier beson- ders hervorgehoben sein mit Rücksicht auf die weite Verbreitung der Milchsäure, z. B. in menschlichen Nahrungsmitteln, die man absicht- lich sauer macht, wie Sauerkraut und dergleichen; oder bei welchen das Sauerwerden Verderben bedeutet, wie sauer gewordene Gemüse, Bier, soweit hier nicht Essigsäure im Spiele ist. 6. Es ist wohl am besten hier am Platze, auf das schon oben S. I I erwähnte Kefir-Bacterium kurz zurückzukommen. Dasselbe ist seit I1SS2 durch E. Kern allgemeiner bekannt geworden (47). Kefir oder Kephir ist der Name eines Getränks, einer flüssigen, moussirenden und etwas alkoholhaltigen Sauermilch, welche die Bewohner des hohen Kaukasus aus Kuh-, Ziegen- oder Schafmilch bereiten; — daher nicht zu verwechseln mit dem uns hier nicht beschäftigenden, von den No- maden der Steppe ursprünglich aus Rossmilch bereiteten Kumys. Die Herstellung des Getränkes erfolgt, indem der Milch die oben als exqui- sites Zooglöen-Beispiel beschriebenen Körper zugesetzt werden, welche ebenfalls den Namen Kefir, oder Kefirkörner führen. Die Kaukasier benutzen hierbei als Gefäße lederne Schläuche; der gebildete Euro- päer bedient sich der minder unappetitlichen Glasgefäße. Das Recept zur Getränkbereitung mit den letzteren lautet in den Hauptzügen fol- gendermaßen. 78 IX- Vorlesung. Lebende, völlig durchfeuchtete Kefir-Körner werden mit frischer Milch angesetzt, so dass auf 1 Volumen Körner etwa 6 — 7 Volumina Milch kommen. Sie bleiben so, bei Zimmertemperatur, 24 Stunden an der Luft stehen, nur durch lockeren Verschluss gegen Staub geschützt, und das Gemenge wird öfters umgeschüttelt. Nach 24 Stunden wird die Milch von den Körnern abgegossen. Diese können von Neuem zu der gleichen Procedur verwendet werden. Die abgegossene Milch aber, wir wollen sie Gährmilch nennen, wird dann mit doppelt so viel frischer Milch gemengt, in Flaschen gefüllt, gut verkorkt und häufig geschüttelt. Nach einem bis mehreren Tagen ist dann in den Fla- schen die mehr oder minder stark moussirende Sauermilch fertig. Sie hat den durch letzteres Wort bezeichneten säuerlichen Geschmack, ist, je nach Temperatur und Gährungsdauer in verschiedenem Maße koh- lensäurereich — bis zu dem Grade, dass die Flaschen platzen oder die Stöpsel explodiren — und enthält, wie schon gesagt, etwas Alkohol; weniger als 1% m den hier untersuchten Fällen, 1 — 2% nach anderen Angaben. Die Veränderungen der Milch zur Erzeugung besagten Getränkes kann man sich nun folgendermaßen, aus der combinirten Thätigkeit von mindestens drei Fermentorganismen erklären. Die Kefirkörner be- stehen , wie S. 1 \ beschrieben , der Hauptmasse nach aus dem fädig- gelatinösen Bacterium, welches Kern Dispora caucasica genannt hat ; zwischen diesem, in die zähe Zoogloea eingeschlossen, sind zahlreiche Gruppen des bierhefeähnlichen Sprosspilzes, Saccharomyces; dazu kommt drittens das gewöhnliche Milchsäurebacterium, welches theils (nebst unwesentlichen Pilzen und sonstigen Verunreinigungen) den Kör- nern anhaftet, theils mit der frischen Milch jedesmal zugeführt wird. Von diesen Organismen oder ihren .nahen Verwandten kennen wir die Fermentwirkungen wenigstens soweit, dass wir über den Gang der beschriebenen Veränderungen plausibele Vorstellung gewinnen kön- nen. Die Säuerung wird dadurch zu Stande kommen, dass das Milch- säurebacterium einen Theil des Milchzuckers in Milchsäure umsetzt. Die Alkoholgährung, d. h. das Auftreten des Alkohols und wenigstens eines guten Theils der Kohlensäure wird einem andern Theil des Milch- zuckers ihr Material und der Gährthätigkeit des Sprosspilzes ihr Zu- standekommen verdanken. In Traubenzucker-Nährlösung bewirkt der Kefir sowohl, wie der aus ihm stammende Sprosspilz allein, Alkohol- gährung, wenn auch schwächere wie der Bierhefe-Sprosspilz. Milch- zucker wird nun aber durch bekannte Sprosspilze nicht als solcher in Alkoholgährung versetzt und, wie der Versuch lehrt, auch nicht durch Kefir. 79 den in Rede stehenden. Um diese Gährung zu ermöglichen, muss er vorher invertirt, in gährungsfähige Zuckerarten gespalten werden. Nach Nägeli (9, p. 12) ist nun die Absonderung eines Milchzucker in- vertirenden Enzyms eine bei Bacterien verbreitete Erscheinung, Hueppe hat dieselbe speciell für seinen Milchsäure-Bacillus wahrscheinlich gemacht; die Rolle der zur Alkoholgährung durch den Sprosspilz ei- forderlichen Inversion wird daher jenem Bacillus, oder dem Bacterium der Zoogloea, oder beiden zufallen. Endlich sehen wir, dass das Getränk flüssig ist; Gerinnung des Gaseins findet zwar statt, aber entweder von Anfang an nicht in der homogen gelatinösen Form der gewöhnlichen Sauermilch, sondern in Klümpchen und Flocken, die in Serum suspendirt sind; oder aber das anfangs manchmal vorhandene gelatinöse Gerinnsel wird bald theil- weise gelöst. Es findet also eine theilweise Verflüssigung (Peptoni- sirung) selbst des schon geronnenen Gaseins statt. Diese muss einem von dem Zoogloea-Bacterium ausgeschiedenen Enzym zugeschrieben werden, da nach den vorliegenden Kenntnissen dem Milchsäure-Bac- terium peptonisirende oder Gasein sonst verflüssigende Wirkungen mangeln. Mit dieser, auch der kurzen Mittheilimg Hueppe's über den Gegen- stand im wesentlichen entsprechenden Anschauung steht in Ueberein- stimmung die bemerkenswerthe Thatsache, dass in der Gährmilch, mittelst welcher das Getränk bereitet wird, zwar immer reichliche und lebhaft wachsende Sprosspilzzellen und Milchsäurebacterien enthalten sind, von dem Zoogloeabacterium aber nichts oder nur zweifelhafte kleine Mengen. Die Körner halten dieses in der Regel fest zurück, wäh- rend sie Sprosszellen an die Milch abgeben. Der Annahme, dass von den Körnern abgeschiedene Enzyme in die Gährmilch übergehen und mit dieser dann weiter einwirken, steht natürlich nichts im Wege. So kann man sich, wie gesagt, die Bildung der Kefirmilch zurecht- legen, und ich hatte dies in der ersten Auflage dieser Schrift gethan, allerdings unter Hervorhebung des Mangels präciser Untersuchungen. Neuerdings fand nun aber A. Levy in Hagenau, dass man das moussirende, alkoholhaltige Kefirgetränk ohne alle Kelirkörner, ein- fach dann erhält, wenn man die sauer werdende Milch häufig stark umschüttelt. Der Versuch überzeugte mich von der Richtigkeit dieser Angabe. Der Schüttelkelir unterschied sich nicht bemerkbar nach Ge- schmack etc. von dem Körnerkeür, und die Alkoholbestimmung, welche Prof. Schmiedeberg auszuführen die Freundlichkeit hatte, ergab für die Proben Schüttelkefir ca. I Volumprocent, für eine Körnerkefirprobe 80 IX. Vorlesung. 0,i Volumprocent Alkohol; für nicht geschütlelte Sauermilch 0 oder zweifelhafte Spur. Unsere frühere Zurechtlegung fällt hiermit weg; eine andere ist vorläufig nicht an ihre Stelle zu setzen; das warnende Exempel jedenfalls lehrreich! Wenden wir uns noch einen Augenblick zu der Lebensgeschichte des Kefirkorns, so mag von dem Saccharomyces kurz bemerkt werden, dass er wächst in der von dem Bierhefe-Saccharomyces bekannten Sprossform, theils Gruppen und Nester bildend im Innern oder an der Oberfläche der Körner, theils von dieser aus in die umgebende Flüssig- keit tretend. Er ist durchschnittlich kleiner und schmäler als jener; seine Gestalt mag jedoch hier durch Reproduction einer Abbildung des sehr ähnlichen Bierhefe-Saccharo- myces veranschaulicht werden (Fig. 12). Von dem Bacterium, aus wel- chem die Körner ganz vorwiegend bestehen, kennen wir, glaube ich, auch nicht mehr als die vegetative Entwickelung. Es sind, wie oben „. schon beschrieben, schlanke Stäb- Flg. 12. chen, in Fadenverband, die Fäden dicht verflochten und durch Gallerte zur Zoogloea zusammengehalten. Der Ursprung der Körner ist nicht weiter zurückverfolgt als bis in die ledernen Milchschläuche der Gebirgsbewohner; woher sie in die- selben zuerst gelangt sind, ist unbekannt. Zu uns kommen sie in getrock- netem Zustande — sie werden in diesem auch in der Heimath aufbe- wahrt; das Trocknen muss rasch geschehen, am besten an der Sonne. Von dem trocken versendeten Material ist, soweit meine Erfahrung reicht, vieles todt. Das aufgeweichte lebende Korn wächst in der Milch lang- sam, wie wir früher (S. 49) sahen, unter gleichförmiger Zunahme und Vermehrung aller seiner Theile. Mit der Größenzunahme trennen sich von Zeit zu Zeit einzelne Lappen verschiedener Größe von dem Gan- zen ab , so dass eine Vermehrung der Körner erfolgt. Nach einzelnen Beobachtungen halte ich für möglich, dass zuweilen Dispora-Glieder aus einem Korn austreten, und dann zu neuen Kefirkörnchen heran- wachsen können , doch ist das nicht sicher. Distincte Sporenbildung kennt man zur Zeit nicht. Kern hat solche zwar nicht nur angegeben, Fig. 11. Saccharomyces Cerevisiae. a Zellen vor der Sprossung. b — d (Entwickelungsfolge nach den Buchstaben) Sprossungen in gährender Zuckerlösung. Vergr. 390. Amylobacter. gl sondern das Kefirbacterium sogar -Dispora danach benannt, dass in einem Stäbchen jedesmal zwei Sporen, an jedem Ende eine, gebildet würden. Ich habe bei wiederholter Beobachtung nie etwas derartiges gesehen, wohl aber sehr oft Bilder, welche den Kern'schen Darstel- lungen entsprechen und zu Stande kommen dadurch, dass ein Stäbchen oder Fadenstück krumm ist und in seinem horizontal liegenden Mittel- theil der Länge nach, an einem oder beiden von der Horizontalfläche abgebogenen Enden aber im Querprofil gesehen wird. Durch solche Erscheinungen hat sich Kern täuschen lassen. Wenn man den Namen Dispora meinetwegen einstweilen auch gebrauchen mag, so ist dabei zu beachten, dass das Merkmal, welches er ausdrücken soll, nicht existirt. 7. Die Reihe der Beispiele von Fermentbacterien, welche charac- teristische Gährungen in stickstofffreien Verbindungen erregen, sei beschlossen mit der Betrachtung einer der verbreitetsten und, ihrer Zersetzungswirkung nach, wichtigsten und vielseitigsten Bacterien- arten, des Buttersäure-Bacillus, B. Amylobacter van Tieghem, B. butyricus, Clostridium butyricum Prazmowski (23, 48, 49), und wie seine Namen noch sonst lauten mögen. Ich glaube auch Fitz' Bacillus butylicus zu dieser Species ziehen zu dürfen, wenn auch nicht zu vergessen ist, dass eben diese heutzutage bestehende Species durch fernere Untersuchung vielleicht in mehrere getheilt werden könnte. B. Amylobacter (Fig. 1 3) ist ein gegen \ (x dicker, gewöhnlich in Form schlank cylindrischer, höchstens zu kurzen Reihen vereinigter, meist lebhaft beweglicher Stäbchen vegetirender Bacillus. Er ist mor- phologisch leicht zu characterisiren dadurch, dass die sporenbildenden Zellen zu Spindelform anschwellen und dann innerhalb des weitest angeschwollenen Theils eine ovale Spore bilden, welche cylindrisch mit abgerundeten Enden, manchmal etwas gekrümmt, von breitem Gallerthofe umgeben, und viel kürzer, meist auch viel schmäler ist, als die Anschwellung, in welcher sie entstand; und ferner durch die früher (S. 15) beschriebene Stärke- oder Granulosereaction, welche die Zellen vor der Sporenbildung meistens zeigen. Habituell kommt hinzu, dass der Amylobacter gewöhnlich weder zu distincten Häuten , noch größeren Zooglöen gruppirt ist, und zur Zeit der Sporenbildung vielfach in Form beweglicher »Köpfchenbacterien« auftritt, von welchen eben- falls bei früherer Veranlassung (S. 14) schon die Rede war. Im übrigen ist B. Amylobacter sehr vielgestaltig; die verschiedensten Specialfor- men der sporenbildenden Zellen kommen bunt durcheinander und in Zusammenhang miteinander vor, wie Fig. 13 veranschaulicht. .1 e Ba r y. Bacterien. l. Aufl. (j 82 IX. Vorlesung. Fig. \ 3. Nach seiner Lebensoinrichtung-ist Bacillus Amylobacter ein Typus der Pasteur'schen Anaerobionten (S. 44), wenn auch die Möglichkeit seiner Vegetation bei Sauerstoffzutritt nicht ausgeschlossen ist. In jener Lebensweise ist er erstlich der Haupt-Erreger der Buttersäure- Gährungen der Zuckerarten, d. h. Gährungen, bei welchen Buttersäure als Hauptproduct auftritt, neben anderen Producten, welche nach dem speciellen Material mannigfach wechseln, wie Fitz' Untersuchungen gezeigt haben. Es darf ferner angenommen werden, dass derselbe Amylobacter die Buttersäure- gährung milchsaurer Salze erregt, wenn auch dem gegenüber ein von Fitz hervor- gehobenes Bedenken noch nicht ganz besei- tigt ist. In dieser Eigenschaft des Buttersäure- ferments spielt der Amylobacter eine wich- tige Rolle in der menschlichen Oeconomie, einmal als Gährungerreger in sauren — hier zumal verderbenden — vegetabilischen Le- bensmitteln; sodann bei der für das Reifen des Käses wesentlichen Buttersäuregährung. Der Amylobacter ist ferner, wie van Tieghem gezeigt hat, bevor- zugt thätig bei der Zersetzung »faulender« Pflanzentheile, indem er die Cellulose der Zellmembran zerstört. Er greift allerdings nicht jede Zellmembran an ; nicht z. B. verkorkte Membranen, Bastfasern, unter- getaucht wachsende Wasserpflanzen, Moose, viele Pilze; vielmehr vorzugsweise die Membranen fleischiger, saftiger Gewebe, wie Laub, Kraut, Rinde, Knollen von Landpflanzen, weicheres Holz u. s. f. Und zwar zersetzt er hierbei zunächst mittelst eines ausgeschiedenen dia- statischen Enzyms die Cellulose in Dextrin und Glycose, welche dann Buttersäuregährung erleidet. Die meisten Stärkekörner werden von ihm nicht angegriffen, wohl aber Kleister und lösliche Stärke. Die Maceration und Zerstörung nass gehaltener Pflanzentheile ist, dem Gesagten zufolge, zu gutem Theil sein Werk, auch in Fällen, welche in die menschliche Oeconomie eingreifen, wie die Maceration, nasse Röttung von Hanf, Flachs und anderen Textilpflanzen zur Gewinnung Fig. 13. Bacillus Amylobacter. Bewegliche Stäbchen, theils cylin drisch und ohne Sporen, theils in verschiedener Specialform angeschwollen und mit Spo- renbildung in der Anschwellung. Vergr. 600. — s, viel stärker vergr., reife, durch Verquellung ihrer Mutterzelle isolirte Spore mit breiter Gallerthülle. Amylobacter. 83 der Bastfasern, oder die Nassfäule schlechter Kartoffeln nach Reinke und Berthold. Nach van Tieghem würde dem Amylobacter bei der Ernährung der Wiederkäuer eine hervorragende Leistung zukommen, indem er in den Pansen dieser Thiere jvegetirt und die Gellulose des Futters in lösliche, resorptionsfähige Zersetzungsproducte spaltet. Van Tieghem hat ferner gezeigt, oder vielmehr wahrscheinlich ge- macht, dass der Amylobacter mindestens seit der Steinkohlenperiode als Cellulosezerstörer thätig ist. Fossile Pflanzentheile, welche in mehr oder minder macerirtem Zustande verkieselt sind, lassen auf Dünn- schliffen dieselbe Progression der Zellwandzerstörung erkennen, welche bei der Maceration jetztlebender beobachtet wird; und dabei die verkieselten Reste eines Bacterium , welches van Tieghem mit B. Amylobacter identificirt. Die Gähr- und Zersetzungswirkungen des in Rede stehenden Ba- cillus erstrecken sich noch über andere als die soeben genannten stickstofffreien Körper, wie die Untersuchungen von Fitz zeigen, von denen früher kurz die Rede war. Die Einzelheiten mögen in den ge- nannten Arbeiten nachgesehen werden. Sein Verhalten zu eiweiß- artigen Körpern wird nachher noch Erwähnung finden. Wenngleich nicht zu bezweifeln ist, dass die überwiegende Menge der Buttersäuregährungen den Amylobacter zum Erreger hat, so ist das doch nicht dahin zu verallgemeinern, dass von ihm alle Gährungen mit Buttersäure als Hauptproduct herrühren. Vielmehr beschreibt Fitz allein als Buttersäurefermente für milchsauren Kalk und für Zucker- arten noch einen großen, runden, kettenbildenden Micrococcus und ein kurzes, nicht endospores Stabbacterium. Seine frühere Angabe, dass Bacillus subtilis Stärkekleister zu Buttersäure vergähre, so zwar, dass diese Gährung eine besonders günstige Methode zur Ge- winnung von Buttersäure darstellte, muss auf einer Verwechselung der Species beruhen. Der typische B. subtilis Brefeld's und Prazmowski's kann hiermit nicht geineint sein, denn Prazmowski gibt für den- selben bestimmt an, dass er in Stärkekleister keinerlei Gährung her- vorruft. Der durch Vandevelde (50) gelieferte Nachweis, dass B. subtilis in Fleischextract, Glycerin, Traubenzucker nach Verbrauch des Sauer- stoffs allerdings schwache Gährwirkung hervorbringt, speciell auch Buttersäure, kann hier schwerlich in Betracht kommen, da es sich da- bei um sehr geringe Mengen vonGährproduct. in der Fitz'schen Angabe um ausgiebige Buttersäuregährung handelt. Da genauere morphologische Angaben fehlen, muss dahingestellt bleiben, was für eine Art der Bacillus subtilis der Fitz'schen Stärke- 84 IX. Vorlesung. m gährung ist. In Bezug auf diese Frage will ich hier nur noch kurz wie- derholen (vgl. S. 60), dass es jedenfalls mehrere saprophytische, endo- spore Bacillusarten gibt, welche dem B. subtilis ähnlich und mit ihm gewiss oft verwechselt worden sind. Ueber ihre Gährwirkungen kann vorläufig nichts bestimmtes ausgesagt werden. Der Brefeld-Prazmows- ki'sche B. subtilis, den ich mit diesem Namen ausschließlich bezeichne, ist von ihnen scharf unterschieden durch die Gesammtheit seiner in früheren Vorlesungen hervorgehobenen Charactere und die Keimungs- form (S. 1 7) , die Gruppirung zu runzelig gefalteten , aus im Zickzack parallelen, zuletzt Sporen bildenden Fäden bestehenden Häuten auf der Oberfläche der Nährflüssigkeit, die ovalen, relativ breiten Sporen selbst. 8. Betrachten wir schließlich noch kurz die Zersetzungen, welche in ei weiß artigen Verbindungen und in Leim auftreten, so ist erstlich außer Zweifel , dass dieselben, insbesondere jene mit Gasent- wickelungen verbundenen, welche gewöhnlich Fäulnissprocesse heißen, von Bacterien hervorgerufen werden. Nach den vorliegenden Daten sind die hier stattfindenden Processe und die Betheiligung der einzelnen Bacterienarten bei denselben begreiflicher Weise sehr man- nigfaltig. Die Unterscheidung der einzelnen betheiligten Bacterien- arten und ihrer specifischen Wirkungsformen steht noch in ihren ersten Anfängen. In erster Linie ist hier aufmerksam zu machen auf die Verflüssi- gung der Gelatine, welche bei Culturen vieler Bacterien, z. B. Bac. subtilis, Megaterium, eintritt, bei anderen nicht. Weiter ist hier wiederum der vielseitige Amy lob acter zu nen- nen. Nach den Arbeiten von Fitz und Hueppe zersetzt derselbe das Gasein der Milch derart, dass es zuerst, und zwar durch von dem Ba- cillus abgeschiedenes Enzym, ähnlich wie bei Labwirkung, zur Gerin- nung kommt, dann verflüssigt, in Pepton und dann in weitere, ein- fachere Spaltungsproducte übergeführt wird, unter welchen Leucin, Tyrosin und schließlich Ammoniak nachgewiesen sind. Die Flüssigkeit nimmt hierbei einen mehr oder minder ausgesprochenen bittern Ge- schmack an. Aehnliche, wenn auch nicht identische Einwirkungen auf das Casein der Milch fand Duclaux für die Bacillen, welche er Tyro- thrix nennt (vgl. S. 43), und welche größtentheils auch morphologisch dem Amylobacter nahe stehen dürften. Für Tyrothrix tenuis z. B. erst Labgerinnung, dann Verflüssigung, ferner Leucin, Tyrosin, valerian- saures Ammoniak, kohlensaures Ammoniak. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass in diesen und sich daran anschließenden Verän- Eiweißzersetzungen. 85 derungen das Wesentliche der Erscheinungen beruht, welche den Reifungsprocess des aus der geronnenen Milch bereiteten Käses darstellen, in welchem die genannten Bacterien nebst anderen enthal- ten sind und aus welchem sie zur Untersuchung gewonnen werden können. Bienstock (51) hat die in menschlichen Fäces vorkommenden Bacterien näher untersucht und gefunden, dass darin, bei Erwachsenen, neben anderen, für die in Rede stehenden Processe indifferenten For- men, ein Bacillus constant enthalten ist, den er für den speeifischen Fäulnisserreger nicht nur der in den Fäces enthaltenen, sondern der Albumin- und Fibrinkörper überhaupt erklärt. Rein cultivirt, zerlegt er für sich allein Eiweiß resp. Fibrin in die bei der Fäulniss sonst nachgewiesenen successiven Spaltungsproducte bis zu den letzten End- produeten, Kohlensäure, Wasser und Ammoniak. Lässt man ihn auf ein bereits vorhandenes Product der Spaltungsreihe einwirken, z. B. Tyrosin, so setzt er die Spaltung in der Reihenfolge der regulären Fäul- nissspaltungen fort. Von anderen Bacterien, welche Bienstock unter- suchte, zeigte keines diese Wirkungen. Casein sowohl wie künstlich dargestellte Alkälialbuminate werden von dem Bienstock'sehen Bacillus nicht in Fäulniss versetzt; vom Casein wird selbst angegeben, dass es völlig unverändert bleibe. Dementsprechend fehlt im Darme von Säug- lingen mit dem Bacillus die speeifische Zersetzung mit dem characte- ristischen Fäcalgeruch. Was die morphologischen Eigenschaften dieses Bacillus der Ei- weißzersetzung betrifft, so geht aus den Beschreibungen des Autors hervor, dass er ein endosporer Bacillus ist, in seiner Gestaltung wenig- stens zur Zeit der Sporenbildung dem B. Amylobacter ähnlich und wie dieser bewegliche Köpfchenbacterien « (vergl. S. 14) bildend, welche der Autor mit Trommelschlägern vergleicht. Er ist jedoch kleiner als B. Amylobacter und selbst B. subtilis. Im übrigen ist es kaum möglich, aus den gegebenen Untersuchungen und Beschreibungen eine klare Vorstellung von dem Entwicklungsgang dieser Form zu erhalten, so dass hierüber weitere Untersuchungen abzuwarten sind. Es ist (einer abzuwarten, in wieweil das Fäulnissmonopol des Trommelschlägers sich bestätigt, Dass dem so sei. ist bei aller Aner- kennung der mitgetheilten Resultate kaum zu erwarten, wenn man sich der Erfahrungen an anderen Zersetzungsprocessen erinnert. An- dere vorhandene Angaben will ich gegen die Exclusivität des Bien- stock'scheia Bacillus nicht als Argumente anführen, weil strengere Formunterscheidungen hier noch zu neuen Datums sind, um den Ein- 86 IX. Vorlesung. wand bei Seite zu halten, der Trommelschläger könne, da wo eine andere Form angegeben wird, unerkannt auch anwesend und der eigentlich wirksame gewesen sein. Es ist aber auf solche andere Angaben hier wenigstens noch referirend einzugehen, insofern die Ansicht ziemlich allgemein be- steht, der gewöhnliche Fäulnisserreger heiße Bacterium Termo. Cohn drückt diese Meinung am entschiedensten aus, wenn er sagt, er sei zu der Ueberzeugung gelangt, dass Bacterium Termo das Fer- ment derFäulniss ist, in ähnlicher Weise, wie Bierhefe das Fer- ment der Alkoholgährung; dass keine Fäulniss ohne B. Termo be- ginnt und ohne Vermehrung desselben fortschreitet, dass B. Termo der primäre Erreger der Fäulniss , das eigentliche saprogene Ferment ist. Wenn man auch diese Sätze jetzt keinenfalls in ihrer ganzen Aus- dehnung aufrecht erhalten kann, und wenn in ihnen der Ausdruck Fäulniss auch gebraucht wird ohne strengere Präcisirung der Spal- tungsprocesse und dessen, was fault; so ist doch einerseits außer Zweifel, dass unter jenem Ausdruck auch das, was man gemeinhin Faulen eiweißartiger Körper, z. B. Fleisch, nennt, mitverstanden ist, und andererseits muss das Bacterium Termo wenigstens ein sehr con- stanter Begleiter solcher Processe sein. Es empfiehlt sich daher einmal zu fragen, was das B. Termo eigentlich ist, um so mehr, als die moderne Bacteriologie selbst den alten Namen so gut wie todtschweigt. Sie hat dazu insoweit Grund, als ja allerdings wohl kaum sicher ermittelt wer- den kann, was Dujardin, Ehrenberg u. A. in den dreißiger Jahren so genannt haben. Was dagegen Cohn 1872 als B. Termo beschrieben hat, ist eine ebenso distinete wie häufige Erscheinung. Man erhält das- selbe, wenn man z. B. Hülsenfruchtsamen in Wasser faulen lässt und dann eine Gultur einleitet in der Weise, dass von der faulig geworde- nen Flüssigkeit ein Tropfen in die sogenannte Gohn'sche Bacterien- Nährlösung ') gebracht wird. Mehrmalige successive Uebertragung eines Tropfens so inficirter Nährlösung in frische führt dann zu an- nähernd speciesreiner Gultur. Die makroskopische Erscheinung des B. Termo ist characteristisch dadurch, dass in den ersten Tagen der Cultur die Nährlösung successive milchig trübe wird und dann an der Oberfläche eine grünliche Schicht erhält. In letzterer ist die in Bede stehende Form besonders reichlich angehäuft. Isolirung durch Gela- 1) Die »Cohn'sche Normallösung« (Eidam in Cohn's Beitr. I, 3, p. 210) besteht ans: Saurem Phosphors. Kali gr. 1,0, Schwefels. Magnesia 1,0, Neutr. Weinsaurem Ammoniak 2,0, Chlorkalium 0.1, Wasser 200,00. Parasitische Bacterien. 87 tineculturen ist nicht ausführbar, weil die Gelatine durch das sich rasch vermehrende Bacterium sofort verflüssigt wird. Die mikroskopische Untersuchung zeigt kleine, stabförmige Zell- chen, nach Cohn's Messung etwa I ,ö jx lang und halb oder dritteis so breit werdend, in lebhafter Zweitheilung und daher oft paarweise, aber kaum je zu längeren Reihen verbunden — ähnlich also dem Micro- coecus lacticus, von ihm aber durch etwas größere Dimensionen und besonders durch sehr lebhafte Eigenbewegung der in der Flüssigkeit suspendirten Individuen unterschieden. Die Bewegung ist oft eine eigenthümlich ruckweise hin und herfahrende. Auf der Oberfläche der Nährflüssigkeit bilden sich ferner zuletzt Zoogloea-Anhäufungen in Form grünlicher schleimiger Häute oder Klumpen, in welchen die Zellen unbeweglich liegen. Den Wechsel dieser beiderlei Zustände hat Colin schon 1853 anschaulich geschildert. Sporenbildung characte- ristischer Art ist bei B.Termo nicht beobachtet, es ist also den Arthro- sporen einstweilen zuzurechnen. Soviel, um das alte Bact. Terrno der erneuten Berücksichtigung zu empfehlen. Wieviel diese von ihm und seiner Reputation als Fäulnisserreger übrig lassen wird, muss sich zeigen. — Ich lasse diese Sätze so stehen wie sie ursprünglich geschrie- ben waren, und füge nur hinzu, dass Haus er seitdem das Cohn'sche Bacterium Termo wohl als Collectivspecies erwiesen, und in drei Spe- cies aufgelöst hat. Nähere Vergleichung ist jedoch noch vorzunehmen (52). Wir schließen hiermit jetzt die Reihe der Beispiele saprophyter Bacterien. X. Parasitische Bacterien. Die Erscheinungen des Parasitismus. Wir gehen nun über zu der anderen, oben S. 53 nach der Lebens- einrichtung unterschiedenen Kategorie der Bacterien, den parasitischen. Parasiten, Schmarotzer, nennt man in der Biologie solche Lebewesen, welche auf oder in anderen Lebewesen Wohnung nehmen und sich von der Körpersubstanz derselben ernähren. Das Thier oder die Pflanze, welche einem Parasiten Wohnort und Nahrung liefert, wird sein Wirth oder Ernährer genannt. Man kennt Parasiten aus sehr verschiedenartigen Abtheilungen des Thier- und Pflanzenreiches und hat über viele derselben gute und sichere Erfahrungen. Ich 88 X. Vorlesung. brauche nur zu erinnern einerseits an die Eingeweidewürmer, anderer- seits an die große Reihe der, zumal in Pflanzen, schmarotzenden echten! Pilze. Die Erfahrung an solchen, der Untersuchung relativ leicht zugänglichen Formen lehrt, dass in der Einrichtung parasitischer Lebensweise eine außerordentliche Mannigfaltigkeit, die verschieden- artigsten Abstufungen von Fall zu Fall, d. h. von Species zu Species bestehen, und zwar einerseits nach der mehr oder minder strengen Forderung parasitischer Lebensweise und andererseits nach den Wechselbeziehungen zwischen Parasit und Wirth. Es würde hier viel zu weit führen, auf die hier stattfindenden Verhältnisse auch nur einigermaßen ausführlich einzugehen. Einige Hauptpunkte müssen wir jedoch zu unserer Orientirung hervorheben. Mit Beziehung auf das Postulat der parasitischen Lebensweise kennen wir erstlich als den von den Saprophyten extremst abweichen- den Fall jenen der obligaten Parasiten, d. h. solcher, welche bei den bestehenden Natureinrichtungen ihren Entwickelungsgang nur in parasitischer Lebensweise, und nicht in saprophytischer durchlaufen können. In aller Strenge, mit Ausschluss jeder saprophytischen Ab- schweifung gilt das, um von Bekanntestem zu reden, z. B. von Entozoen wieBandwürmern, Trichinen; unter den Pilzen von jenen pflanzen- bewohnenden, welche als Rostpilze (Uredineen) bezeichnet werden. Thatsächlich leben diese Wesen nur in ihren lebenden Wirthen und von denselben. Man kann sich ja die Möglichkeit wohl denken , dass auch außerhalb des lebenden Wirthes die Bedingungen für ihre Ent- wickelung eintreten oder künstlich hergestellt werden könnten, und es wäre gewiss ein instructives Experiment, einen Bandwurm in Nähr- lösung aus dem Ei zu erziehen; aber thatsächlich ist das noch nicht geschehen und findet dergleichen in der Natur nicht statt. Es besteht in solchen Fällen ein obligater und zwar ein streng obligater Para- sitismus. Das Adjectiv streng setzen wir darum hinzu, weil es eine Modifi- cation des obligaten Parasitismus gibt, welche darin besteht, dass zur Vollendung des ganzen Entwickelungsganges einer Species zwar pa- rasitische Lebensweise nothwendig, factisch auch oft allein vorhanden ist; dass aber die Fähigkeit besteht, wenigstens in bestimmten Ent- wickelungsstadien saprophytisch zu leben. Aus dem Thierreich fällt mir kein Beispiel hierfür ein ; es wird deren auch geben. Unter den Pilzen gibt es eine Anzahl Arten der Gattung Gordyceps, welche In- secten, zumal Raupen bewohnen, und an denen diese Einrichtung in ausgezeichneter Weise auftritt, Die^aus Sporen auf einer Raupe er- Parasitismus. 89 wachsenen Keime dringen in das Thier ein, entwickeln sich in diesem weiter und tödten dasselbe schließlich, um unmittelbar nach dem Tode den ganzen Thierkörper mit Pilzgewebe zu durchwuchern. Aus diesem wachsen dann, bei günstigen Vegetationsbedingungen, statt- liche, bis mehrere Zoll lange Pilzkörper hervor, welche die Früchte des Pilzes und in diesen Sporen bilden. Von letzteren geht der gleiche Entwickelungsprocess wiederum aus, falls sie wiederum auf ein geeig- netes lebendes Insect gelangen. Findet das aber nicht statt, so ver- mögen die Sporen auch auf todter organischer Substanz, z. B. einer Nährlösung, zu keimen und die Keime hier zu Pilzpflanzen heranzu- wachsen. Die characteristischen Früchte, welche ich vorhin nannte, bilden letztere aber nicht. Sie bilden andere Sporen als die in jenen Früchten erzeugten; dieselben vermögen auch saprophytische Weiter- entwickelung einzuleiten; gelangen sie aber auf das geeignete Wirth- thier, dann kann von ihnen aus die Entwicklung wieder beginnen, welche mit der beschriebenen Fruchtbildung ihren Höhepunkt erreicht. Das sind also Parasiten mit der Fähigkeit, ihren Entwickelungsgang in saprophytischer Existenz zwar nicht bis zur Erreichung des Höhepunk- tes, nämlich die Früchtebildung, aber doch eine Strecke weit zu durch- laufen; man kann sie in Kürze facultative Saprophyten nennen. Drittens gibt es noch facultative Parasiten. Das sind solche Species, welche sich in beiderlei Lebensweise, der saprophytischen und der schmarotzenden, gleich oder doch wenigstens annähernd gleich vollkommen zu entwickeln vermögen. Das »oder« deutet schon an, dass auch innerhalb dieser Kategorie Abstufungen vorkommen, und zwar sind diese, wie zu erwarten, derart, dass die einen in der para- sitischen, die anderen in der saprophytischen Lebensweise die günsti- geren Bedingungen finden, noch andere endlich in dieser Beziehung keinen Unterschied bemerken lassen. Unter den Pilzen gibt es für diese Modificationen des facultativen Parasitismus viele Beispiele. Wir wer- den solche auch bei den Bacterien alsbald kennen lernen. Unabhängig von diesen nach Einzelfall verschieden strengen For- derungen des Parasitismus gestalten sich die jedesmaligen Wechsel- beziehungen zwischen Parasit und Wirth, die Abbängigkeit des einen vom andern, der Nutzen oder Schaden, welchen der eine vom andern hat. Von Fällen wie die Trichinen z. B. ist man gewöhnt, dieses Verhältniss sich als ein einseitiges vorzustellen, derart, dass einerseits der Parasit von dem lebenden Wirth seine ganzen Existenzr mittel erhält, und dass andererseits der Wirth durch jenen nur geschä- digt wird, mittelst der nothwendig erfolgenden Substanzentziehung und 90 X. Vorlesung. mannigfaltiger sonstiger chemischer und mechanischer Störungen. Die Zustände der Störung in dem — jedesmal erfahrungsgemäß festzustel- lenden — normalen Dasein eines Lebewesens nennen wir Krank- heiten; die in Rede stehenden Parasiten verursachen also solche, sie sind krankmachende, Krankheiterreger. Der Parasit kann dann weiter, durch seine Keime, Sporen, Eier und wie die Propa- gationsorgane sonst heißen mögen, von dem durch ihn erkrankten Wirth auf andere übertragen werden, und diese dann auch erkranken machen. Die durch Parasiten verursachten Erkrankungen sind daher von Wirth zu Wirth übertragbar, ansteckend wie der übliche Ausdruck lautet. Diese einseitig schädigenden, krankmachenden Parasiten sind aber nur das eine Extrem der bekannten Fälle. Es gibt andere, bei welchen beide Theile gemeinsamen Haushalt führen mit beiderseits gleichem Nutzen, und zwischen diesen Extremen wiederum alle Abstufungen. Es gibt endlich Fälle, wo ein Parasit einen Wirth bewohnt, ohne diesem weder zu schaden noch bemerkbar zu nützen, höchstens seine Nahrung beziehend von den Abfällen des wirthlichen Stoffwechsels. Im Extrem dieser Fälle, welches selbstverständlicher Weise an der Grenze der Er- scheinungen wirklichen Parasitismus liegt, reden wir dann von Wohn- parasiten. Für sämmtliche nach den angedeuteten Gesichtspunkten unter- scheidbare Kategorien von Parasiten gilt weiter die Jedem mehr oder minder bestimmt bekannte Erfahrung, dass eine Parasitenspecies zwi- schen den Wirthen, welche sie occupirt, eine Wahl treffen kann, wie man anschaulich sagt, d. h. den einen Wirth befällt und in oder auf ihm gut und vollständig gedeiht, andere entweder ganz verschmäht oder in ihnen wenigstens minder gut wächst. Auch in diesen Be- ziehungen bestehen wiederum alle erdenklichen Abstufungen. Erstlich bezüglich der Wahl der Wirthspecies seitens einer Parasitenspecies. Das eine Extrem besteht in engster Einseitigkeit. Ein streng obligater, sehr ausgezeichneter parasitischer Pilz, die S. 32 genannte Laboul - beniaMuscae z.B. wächst ausschließlich auf der Stubenfliege, auf anderen Insecten nicht, wenigstens nach den vorliegenden Unter- suchungen. Andere Pilze und sonstige Schmarotzer sind insoweit viel- seitiger, als sie eine größere Zahl von Wirthspecies, aber zunächst nur solche befallen, welche einem engeren Verwandtschaftskreise, einer Gattung, Familie u. s. f. angehören. So wachsen z. B. von den oben genannten Cordyceps-Arten manche in den Larven der verschieden- namigsten Schmetterlinge und anderer Insecten, Innerhalb eines sol- Parasitismus. 91 chen Wahlkreises bleiben aber manchmal einzelne Wirthspecies, aus Gründen, die wir nicht kennen, von der Wahl ausgeschlossen. Endlich sind obligate und facultative Parasiten bekannt, welche ihre Entwicke- lung in Wirthen der verschiedensten Verwandtschaftskreise gleich gut durchmachen können. Ich brauche da nur wiederum an Trichina spiralis zu erinnern, die in Nagern, Schweinen, Menschen u. s. f. vortrefflich gedeiht. Aus der Pilzreihe ließen sich nicht minder Bei- spiele genug anführen. Aber auch hier kommen in einem Wahlkreise absonderliche Exceptionen vor, derart, dass ohne bestimmbaren Grund manche Wirthspecies von den Parasiten verschont werden. Um nur ein Beispiel zu nennen, so befällt ein nach seiner Vielseitigkeit Phy- tophthora omnivora genannter Pilz die heterogensten Pflanzen, wie Oenothereen und andere Kräuter und Gartenblumen, Sempervivum, die Buche (Fagus) u. s. w., dagegen schlechterdings nicht die Kartoffel- pflanze, in welcher dafür sein Nach- tverwandter, Phyt. infestans, vorzugsweise gedeiht. Es ist bis jetzt kaum möglich, die physiologischen Ursachen dieser Auswahlen präcis anzugeben. Dass es sich dabei wesentlich um che- mische und physicalische Eigenschaften und Unterschiede handelt, ist andererseits selbstverständlich. Wenn nun Auswahl nach Species stattfindet, so muss solche auch, in gewissem Maße, nach Individuen eintreten, denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Species sind von jenen, welche zwischen Indi- viduen einer und derselben Species bestehen, nicht principiell, sondern nur gradweise verschieden. Sie sind geringer wie jene; sie werden da- her bei der Wirthwahl eines Parasiten auch minder scharf hervor- treten, manchmal nicht oder kaum bemerkbar sein; jene Abstufungen von Fall zu Fall, denen wir überall begegnen, mangeln aber auch hier nicht. Drücken wir diese durch die ganze große Reihe der Parasiten gehenden Erscheinungen umgekehrt, d. h. nicht mit Rücksicht auf den Parasiten, sondern auf die Wirthe aus, so sind diese, nach Species und Individuuni, für den Angriff eines Parasiten verschieden geeignet, disponirt, p rädispo ni r t. Wir können reden von Prädisposition einer Species, eines Individuums, verschiedener Zustände, Entwickelungs-, Altersstufen der letzteren. Für solche individuelle Prädispositionen mag noch besonders hervorgehoben werden, dass sie, nicht minder wie die anderen, im Allgemeinen in der jedesmaligen chemischen, physi- calischen, anatomischen Beschaffenheit ihren Grund haben müssen. Für bestimmte pflanzenbewohnende Pilze aus den ( rattüngen Pythiu m , 92 X. Vorlesung. Sclerotinia u. a. lässt sich z. B. zeigen, dass die Individuen derselben Wirthspecies je nach dem relativen Wassergehalt ungleiche Empfäng- lichkeit und Widerstandsfähigkeit für die Angriffe des Parasiten haben. Da in diesen Fällen der relative Wasserreichthum junger Pflanzen größer ist, als der von älteren, so ist hiernach auch eine Altersprädis- position gegeben. Für solche Fälle, wo der Parasit in der erfahrungsgemäß normalen Vegetation des Wirthes eine Störimg, die man Krankheit nennt, her- vorruft, redet man im -Falle einer individuellen Prädisposition gewöhn- lich von krankhafter Prädisposition. Das kann zutreffen, insofern die Prädisposition für den Angriff des Parasiten verbunden sein kann mit Abweichungen von dem Zustande, den man erfahrungsgemäß den ge- sunden nennt. Es muss aber nicht immer zutreffen, denn es ist durch- aus kein Grund vorhanden, dass die Disposition für Parasitenangriff jedesmal einen Zustand anzeigt, welcher auch dann krankhaft ge- nannt werden darf, wenn kein Parasit vorhanden ist. Als Beleg hier- für genügt das angeführte Beispiel der nach Alter wechselnden Prä- disposition. Auch hier muss von Fall zu Fall unterschieden werden, und in der Beurtheilung des einzelnen Falles ist Vorsicht geboten. Ein Beispiel mag das noch etwas mehr hervortreten lassen. Es betrifft einen relativ sehr genau bekannten Fall. Die gewöhnliche Gartenkresse (Lepidium sativum) wird häufig befallen von einem parasitischen, relativ stattlichen Pilz, Gy st opus candidus. Sie zeigt in Folge hiervon starke Degenerationen, Schwellungen, Verkrümmungen des Stengels, oft auch der Früchte, und an diesen Theilen sowohl wie den Laubblättern weiße, später verstäubende Flecke und Pusteln, welche von den sporenbildenden Organen des Cystopus gebildet wer- den, und nach welchen die ganze Erscheinung der weiße Bost der Kresse heißt. Das sind Krankheitserscheinungen, und zwar so auffäl- lige, dass sie Jeder mit bloßem Auge sofort bemerkt. Nun findet man in einem etwa in der Blüthezeit stehenden Kressebeet eine bestimmte Anzahl rostiger Pflanzen, z. B. zwei oder zwanzig. Sie stehen mitten unter den anderen, hundert oder tausend, und diese sind gesund und pilzfrei und bleiben so, bis die Vegetationszeit zu Ende ist. Das verhält sich so, obgleich der Cystopus in den weißen Rostpusteln unzählige Sporen bildet, die verstäuben, die sofort entwickelungsfähig sind, auch die Bedingungen für ihre erste Weiterentwickelung auf dem Kressebeet finden, und durch deren Vermittehing die weiße Rostkrankheit eminent ansteckend ist. Nichtsdestoweniger werden jene hundert oder tausend Pflanzen nicht angesteckt. Alles bisher Gesagte ist streng richtig, und Parasitismus. 93 wenn man nicht weiter sieht, wird man in den beschriebenen Erschei- nungen einen flagranten Fall von individuell verschiedener Prädispo- sition erblicken; wenn man vorschnell urtheilt, vielleicht auch von krankhafter Prädisposition der befallenen Pflanzen, denn sie werden ja krank und die anderen nicht. Trotz alledem verhält sich die Sache an- ders. Jede gesunde Kressepflanze ist für die Angriffe des Cystopus und die durch ihn verursachte Rostkrankheit gleich empfänglich, nur ist die Empfänglichkeit an ein bestimmtes Entwickelungsstadium ge- bunden und hört ein für allemal auf, wenn dieses vorüber ist. Die keimende Kressepflanze entfaltet nämlich zuerst zwei dreilappige Blätt- chen, die Keimblätter oder Gotyledonen. Ist sie ein Stück weiter ge- wachsen und hat mehr Laub gebildet, so welken die Gotyledonen und fallen ab. Es zeigt sich nun, dass die Keime des weißen Rostpilzes in alle Cotyledonen eindringen und sich hier weiter entwickeln können ; und hat letzteres einmal angefangen, so erstarkt der Pilz alsbald in dem Gewebe, in welches er gedrungen ist, und wächst in und mit der heranwachsenden Pflanze weiter und erzeugt die Krankheit. In sämmt- liche übrige Theile der Pflanze vermögen die Keime des Cystopus zwar auch ein kurzes Stück einzudringen, ohne aber im Innern erstarken und weiter wachsen zu können. Die Pflanze ist daher vor den Angriffen des Pilzes ein für allemal geschützt, sobald die Gotyledonen abgefallen sind. Jene zwei oder zwanzig rostige Stöcke in dem Beet sind solche, bei denen der Pilz rechtzeitig die Cotyledonen getroffen hat; hätte er sie an den tausend übrigen auch rechtzeitig getroffen, so wären alle rostig geworden. Sie sind gesund geblieben, weil sie nicht in dem Stadium angesteckt worden sind, in welchem sie ansteckungsfähig, prädisponirt waren. Schon aus dem über die mancherlei Abstufung der Wechsel- beziehungen Gesagten geht hervor, dass der Verlauf und der Ausgang der Krankheit wiederum in der mannigfaltigsten Abstufung verschieden sein muss, je nach den beiderseitigen Species und auch, in geringerem Maße, Individuen. Die landläufigsten Erfahrungen von Trichinen, Band- würmern, Krätzmilben u. s. f. legen das Jedem so nahe, dass es genügen wird, in Kürze daraufhingewiesen zu haben. 94 XI. Vorlesung. XI. Harmlose Parasiten der Warmbitter. Darmbewohner. Sarema. Lepto- thrix, Mikrokokken, Spirillnm, Kommabacillns der Mundschleimhaut. Es schien mir nützlich, obigen kurzen Ueberblick über die Er- scheinungen des Parasitismus und seiner Consequenzen zu geben, weil das, was wir von parasitischen Bacterien wissen, lediglich Specialfälle der überall wiederkehrenden Haupterscheinungen sind; und was wir von ihnen vermuthen , nicht minder. Das Verständniss dieser Dinge wird also wohl durch Anlehnung an alte, längst bekannte Erscheinun- gen gefördert werden. Gehen wir nun über zur Betrachtung wichtigerer Beispiele para- sitischer Bacterien, so wird es sich empfehlen, zuerst und am meisten von den Parasiten der Warmblüter, inclusive der Species Homo sa- piens, zu reden; nachher von denen anderer Thiere und der Pflanzen. Unter den erstgenannten unterscheiden wir für unseren Zweck am besten die specifischen Krankheiterreger von den anderen, nicht oder minder schädigenden. Von diesen zuvörderst einige Worte. Der Verdauungscanal und die Respirationswege, insbesondere ersterer, sind ein reicher Fundort niederer Organismen; wenn wir das Gewürm bei Seite lassen, von Pilzen und Bacterien. Eine ganze An- zahl Pilze benutzt den Darmcanal als regelmäßigen (wenn auch meistens nicht streng nothwendigen) Durchgang, insofern sie, mit der Speise und dem Futter eingeführt, in demselben Wohnung und Nah- rung für ihre erste Entwicklung finden und diese dann auf den ent- leerten Fäces vollenden. Die reiche und merkwürdige Pilz-Flora des Mistes liefert hierfür die Belege. Von Bacterien kennt man das zahlreiche und formenreiche Vor- kommen in dem Darminhalt. Eine eingehendere Sichtung und Son- derung der meisten Arten ist noch vorzunehmen. In dem mensch- lichen Darm hat Nothnagel Bacillus subtilis, Amylobacter und andere nicht näher defmirte Formen unterschieden; Bienstock (51) seinen Trommelschläger. In dem Dai*m von Hühnern fand Kurth sein Bac- terium Zopfii (vgl. S. 1 8). Das nach van Tieghem wesentliche und con- stante Vorhandensein des Bacillus Amylobacter im Pansen der Wieder- käuer (vgl. S. 83) ist hier anzuschließen (53). In dem normalen Mageninhalt, bei Wiederkäuern im Labmagen, Darmbewohner. Sarcina. 95 kann die Säure des Magensaftes das Aufkommen von Bacterien ver- hindern. Koch's nachher zu besprechende Milzbranduntersuchungen haben sogar gezeigt, dass die vegetativen Zustände des Bac. Anthracis durch den Magensaft getödtet werden und nur die Sporen denselben lebend passiren. Für manche, jedoch nicht alle anderen Fälle gilt das Gleiche, und es ist von Wichtigkeit, dass in dieser Weise in dem nor- malen Magen eine Art Sortirung stattfinden kann, vermöge deren von den mit der Nahrung eingeführten Bacterien nur bestimmte lebensfähig in den Darmcanal gelangen. Dass der Magensaft nicht immer schädlich wirkt, sondern auch hier eine Differenz von Fall zu Fall stattfindet, zeigen die Unter- f a b c d Fig. 4 4. Fig. 4 5. suchungen von Miller und W. de Bary (53). Und eine in dem mensch- lichen Magen ganz vorzugsweise gedeihende Species kennt man in der vielberühmten Sarcina ventriculi (Fig. 14). Dieselbe stellt an- nähernd würfelförmige Packete rundlicher Zellen dar, welch letztere in regelmäßige, den Flächen des Würfels parallele Schichten geordnet und durch zäh gelatinöse Membranen in festem Verband gehalten sind. Wie man bei anderen, sehr ähnlichen Species direct beobachten kann (vgl. Fig. \ 5), entstehen die Packete aus einer runden Anfangszelle durch abwechselnd nach drei Bauinesrichtungen erfolgende successive Thei- Fig. 4 4. Sarcina ventriculi Goodsir. Großzellige Form, frisch aus dem Mageninhalt eines Patienten entommen und in weicher Gelatine eingebettet. Re- lativ kleines Würfelpacket. Ansicht einer Fläche; nur links und oben stehen an- dere Flüchen wenig über den Rand jener vor. In der gezeichneten Fläche sind die doppell contourirten Zellen nach scharfer Einstellung ausgeführt. Die einfach con- tourirten kamen mit ihnen nicht zur scharfen Einstellung, weil sie in tieferem Niveau liegen. Vergr. 600. Fig. 4 5. Sarcina minuta. Vgl. unten, Anm. 54. Gelatine-Objectträger- Cultur. a d Successive Zustände desselben Exemplars, welches als Doppelpaar runder Zellen (o) zur Beobachtung kam um 4 Uhr Nachm., I> um 6 Uhr, c 9 Uhr, rf40 Uhr Nachm. In c sind die Tetraden noch einschichtig, in d hat in jeder Zelle eine Theilung in der Ebene des Papiers stattgefunden , aus jeder Tetrade ist ein Szelliges Würfelpacket geworden. f SSzelliges Packet. 96 XI. Vorlesung. langen. Mit dorn Wachsthuni trennen sich die Packete successive in Theilpackete, deren jedes die Nachkommenschaft einer der Zellen früherer Theilungsordnungen enthält, und indem dies sich wiederholt, findet Vermehrung der Packete statt. Weiteres weiß man von der Eiilwickelungsgeschichte der Magensarcina nicht. Sarcina ventriculi ist derzeit nur aus dem menschlichen Magen und Darm bekannt. Bei Krankheiten, zumal Erweiterungen des Magens iindet sie sich in diesem oft in entsetzlicher Menge.. Eine ursächliche Beziehung ihres Vorkommens zu bestimmten Krankheitserscheinungen ist jedoch nicht nachgewiesen, sie kann, caeteris paribus, reichlich oder spärlich oder gar nicht vorhanden sein; letzteres wohl in der überwiegenden Mehrzahl der Mägen, kranker wie gesunder. Die Ur- sachen von alledem sind unbekannt, und woher sie in den Magen kommt, weiß man auch nicht. Ein Vorkommen außerhalb der genann- ten Orte (selbstverständlich mit Ausnahme der entleerten Fäces) ist nicht mit irgendwelcher Sicherheit beobachtet, und die Versuche, die Magensarcina zu cultiviren, sind bis jetzt in allen klar vorliegenden Fällen erfolglos geblieben. Allerdings kennt man eine Anzahl Formen, resp. Species, deren Würfelpackete der S. ventriculi so ähnlich sind, dass sie als nahe ver- wandte Arten neben diese gestellt werden müssen. Dieselben finden sich einerseits außerhalb lebender Organismen, als Saprophyten, an- dererseits im lebenden Thierkörper, auch dem menschlichen. Dass sie nicht gerade allverbreitet sind, wird anschaulich durch die Thatsache, dass die Befunde ihres Vorkommens jedesmal einzeln erwähnt werden. Saprophytische Formen sind zufällig, d. h. ohne absichtliche Aus- saat, von Gohn und Pasteur auf allerlei Nährlösungen gefunden worden, von Schröter auf gekochten Kartoffeln, von mir auf essig- sauer gewordenem Bier und auf geronnener Milch u. s. w. Bei diesen Funden sind die gelben Formen (S. lutea, S. flava) mehrfach be- theiligt (54). Sarcina-Formen, welche den lebenden Thierkörper bewohnen, sind beschrieben aus der Harnblase (S. We Icke ri), der Lunge, dem Munde und anderen Körperhöhlen, selbst aus dem Blute des Menschen, aus den Höhlen und dem Darm anderer Warmblüter. Diese Formen, sowohl die saprophytischen als die parasitischen, sind, soweit die vorliegenden Angaben ein Urtheil zulassen, von der Sarcina ventriculi unzweifelhaft gut verschieden. Leider sind allerdings viele Angaben so mangelhaft, so sehr, kann man sagen, auf das Wort Sarcina beschränkt, dass ein Urtheil über die Identität un- Bacterien der Mundschleimhaut. 97 möglich ist. Für die parasitischen Formen gilt im übrigen auch, was für S. ventriculi hervorgehoben wurde: ihr Vorkommen steht, soweit, die Kenntnisse reichen, nicht in nachgewiesener ursächlicher Be- ziehung zu bestimmten Krankheitserscheinungen, sie sind vorläufig ein- fach als Wohnparasiten zu betrachten (54). Auf Mund- und auch Nasenschleimhaut werden vielerlei Bacterien beobachtet. Von letzterer machte die Angabe einiges Auf- sehen, dass Bacterien bei dem unter dem Namen Heufieber bekann- ten Frühsommercatarrh in dem Nasenschleim constant auftreten. Ich kann, als Besitzer dieses lästigen Uebels, die Angabe von mir selbst bestätigen, wenn auch mit dem Hinzufügen, dass in den 10 — 11 Mo- naten der heufieberfreien Zeit auch Bacterien vorhanden sind. Es sind, soweit ich sie kennen gelernt habe, kurze, dem »B. TermO'< ähnliche Stäbchen. Ob etwa zu verschiedenen Zei- ten specifisch verschiedene Formen vor- handen sind oder vorherrschen, ist nicht untersucht. Besser bekannt ist die üppige Bacte- rienvegetation der Mundschleimhaut. Sie findet sich am reichlichsten am Zahn- fleisch, zwischen und an den Zähnen ; auf der übrigen Fläche und in entleertem Speichel kommen ihre Angehörigen mehr vereinzelt , doch auch noch zahlreich ge- nug vor. Eine Probe des von einem Zahn abgekratzten Schleims zeigt sich zum größten Theile gebildet aus einer Form, welche der alte Name Leptothrix buc- calis Robin bezeichnet (Fig. 16, a). Es sind lange, straffe Fäden, zu dichten Bündeln verklebt, spröde, leicht der Quere nach in Stücke zer- trennbar, von ungleicher Dicke: die stärkeren mit einem Querdurch- messer von über 1 u., andere nur halb so dick. Auch die Glieder- (Zellen-)Länge ist ungleich, den Querdurchmesser einerseits nicht, an- Fig. iß. Fig. iß. B acterien des Z ahn schleims. Aus einem und demselben I'rii- parat, e u. h nach Färbung, die übrigen frisch gezeichnet. Vergr. ßOO. a Leptothrix huccalis. Füllen oder Fadenstärke verschiedener Stärke ; b ein Fadenstück, stärkere Vergr., nach Einwirkung alkoholischer Jodlösung die Gliederung deutlich zeigend; c einerseits stark verschmälertes Fadenstück, ohne Einwirkung von Reagentien, Gliederung deutlich zeigend. ■ - d Lewis' Kommabacillus, d. h. kurzgliedriges Spi- rilluin. - e Spirochaete Colin ii [Spirochaete des Zahnschleims, Colin, Beitr. 1. i. p. ist) u. II. p. \is . m Micrococcushaufen. de Bary, Bacterien. l. Aufl. 7 98 XI. Vorlesung. dcrerseits mehrmals übertreffend. Die Fäden, zumal die kurzgliederigen und dicken, zeigen vielfach Granulosereaction (S. 4), doch kann der- selbe Faden mit Jod streckenweise wechselnd Blaufärbung oder Gelb- färbung annehmen. Rasmussen (55) will aus der Lept. buccalis drei distincte Formen durch Gultur gesondert haben. In wieweit dies rich- tig ist, kann ich um so weniger entscheiden, als mir die Arbeit Ras- mussens nur aus einem Referat bekannt ist. Zweitens liegen in den Leptothrixmassen oft runde »Kokken«, nicht selten zu dichten gelatinösen Haufen unregelmäßig zusammengeballt, gleich den Leptothrixformen bewegungslos (Fig. 10, in). Mehr vereinzelt, und erst nach Zusatz von Flüssigkeit in dieser in der Umgebung der Leptothrixmassen hervortretend findet sich drittens allgemein eine Spirillum-Form, Spirochaete Cohnii Winter (Sp. buccalis oder Sp. dentium), Fäden von äußerster Zartheit ohne deut- liche Quergliederung, in drei bis sechs und mehr steilen und oft un- regelmäßigen Windungen korkzieherartig gedreht, biegsam, in langsam drehender Bewegung oder unbeweglich (Fig. 16, e). Weiter endlich kommt dazu oft, wenn auch nicht immer, ein dünnes, kurzes, bogig gekrümmtes Stäbchenbacterium, der zuerst von Miller, dann von Lewis (56) beschriebene »Kommabacillus« des Mundschleimes; es zeigt in Flüssigkeit meist lebhafte hüpfende Bewegung. Es war von vornherein als sicher anzunehmen, dass außer diesen Formen noch andere Bacterien in dem Mundschleim vorkommen; Mil- ler hat deren nach neueren Mittheilungen 25 gefunden. Schon Hueppe gibt zwei, Milchsäure bildende Mikrokokken aus dem menschlichen Munde an (vgl. oben, S. 77). In größerer Menge scheinen aber andere Formen in gesunden Individuen nicht zur Entwickelung zu kommen. Man kann vielleicht sagen, dass ihre Invasion durch die Gegenwart der genannten characteristischen Mundbewohner verhindert wrird. Ich hebe nochmals hervor, dass ich diese letzteren hier nur als thatsächlich nebeneinander vorhandene Formen beschrieben wis- sen möchte. In wieweit sie zu einander in genetischer Beziehung stehen, soll hier nicht wTeiter discutirt werden. Nach dem Eindruck, den sie machen, und den vorhandenen Untersuchungen, hat die Ansicht die größte Wahrscheinlichkeit, dass mehrere gesellige distincte Species vorliegen. Die beschriebenen Bewohner der Verdauungs- und Respirations- wege, denen sich noch andere, bei Säugethieren gefundene verwandte anschließen, sind, soweit unsere Kenntniss reicht, wohl zum größten Theil unschädliche Gäste, Wohnparasiten, die Mundbewohner vielleicht Milzbrand. 99 selbst nützliche Beschützer gegen die Invasion störender Gährungerreger. Bestimmte Formen machen jedoch hiervon eine unerfreuliche Aus- nahme, insofern sie die Caries, das Hohlwerden der Zähne verursachen. Jeder hohle Zahn ist von Bacterien durchwuchert; und zwar kommen von Fall zu Fall verschiedene Formen oder Arten vor; Miller (56) hat ihrer, bei Untersuchung von Hunderten von Zähnen, 5 isolirt. Für eine derselben, eine Micro co ccusform, hat Miller durch vollständig durchgeführte Versuche gezeigt, dass' dieselbe in Zucker- oder Stärke- haltigem Substrat Milchsäure bildet. Durch die ausgeschiedene Säure werden die in der Zahnsubstanz abgelagerten Kalksalze gelöst, dem Bacterium hierdurch das Eindringen in den Zahn ermöglicht, und un- ter fortschreitender Entkalkung dringt das Bacterium dann in den Ga- nälchen des Zahnbeins vor, um schließlich den ganzen Zahn zu durch- wuchern und zu zerstören. Für die vier anderen Arten Millers ist gleiche Wirkung kaum zu bezweifeln. XII. Milzbrand und Hülinercliolera. Die Erreger der Zahncaries führen uns zu den krankmachenden Parasiten der Warmblüter. Wir werden von denselben, ihrer Lebensweise und ihren Wir- kungen am besten eine anschauliche Vorstellung gewinnen, wenn wir zuerst einige relativ genau bekannte Beispiele betrachten. Als erstes wählen wir die als Milzbrand, Anthrax, charbon, sang de rate bezeichnete Krankheit und deren Erreger, Bacillus Anthracis (57). Der B. Anthracis ist oben schon mehrfach besprochen worden. Seine Beschreibung sei daher hier nur kurz recapitulirt unter Bepro- duction der Abbildung (Fig. 1 7, 1 8). Er besteht aus cylindrischen Zellen, welche etwa I — 1,5 u dick sind und drei- bis viermal so lang werden. Im Blute der Thiere sind dieselben meist zu langen, geraden Stäbchen verbunden (Fig. 1 7, <■) , welche ohne genauere Untersuchung homogen erscheinen, d. h. die Gliederung in Einzelzellen nicht hervortreten lassen. Bei Cultur in todtem Substrat wachsen diese heran zu sehr langen Fäden, welche vielfach geknickt sind, Krümmungen, Schlingen bilden, auch an den Knickungsstellen in stabförmige Stücke durchgetrennt werden, und meist in großer Zahl zu Bündeln oder Gar- 100 XII. Vorlesung. ben vereinigt und umeinander gedreht sind (Fig. 17, a). Die Stäbchen und Fäden sind, mit Ausnahme später zu erwähnender besonderer Fälle, ohne loconiütorische Bewegung. Die Bildung und Keimung der Sporen erfolgt nach dem oben (III.) beschriebenen Modus endo- sporer Bacillen; bei der Keimung findet einfaches Längswachsthum der Spore statt (Fig. 17, 6), ohne Abhebung einer distincten Sporenhaut und öfters unter langsam schwankender Bewegung des jungen Keimstäb- chens. Die reife Spore ist breit ellipsoidisch, so breit, wie ihre cylind- risch bleibende Mutterzelle, aber viel kürzer, und liegt ohngefähr in der Mitte dieser, bevor sie durch Verquellung der Membran frei wird. Ö J* V* Fig. M. Fig. 18. Durch die Bewegungslosigkeit und die Keimungsform ist B. An- thracis von dem meist auch schmäleren, sonst sehr ähnlichen, aber nicht parasitischen B. subtilis mikroskopisch verschieden. Dazu kommt in den gewöhnlichen Fällen der makroskopische Unterschied, dass er, auf der Entwickelungshöhe, in Nährlösungen einen flockigen Fig. 17. Bacillus An thracis. a, b, aus Objectträger-Gulturen in Fleisch- extractlösung. «Stück einer Gruppe kräftig wachsender Fäden; die Gliederung in Zellen ist nicht sichtbar — wohl aber vorhanden. — b drei successive Stadien einer keimenden Spore; daneben, s, reife Spore vor der Keimung. — c Stäbchen aus dem Blute eines inficirten Meerschweinchens, einige Stunden nach dessen Tode, unter Einwirkung von destillirtem Wasser. — Vergr. 6— T00. Fig. is. Bacillus Anthracis und Bac. subtilis. Erklärung siehe S. 17. Milzbrand. 101 Bodensatz bildet, B. subtilis dagegen die trockene Haut auf der Ober- fläche, vgl. S. 10. Von Ausnahmserscheinungen wird nachher die Rede sein. Die Milzbrand-Krankheit befällt vorwiegend Säugethiere. In erster Linie Pflanzenfresser, zumal Nager und Wiederkäuer; von beobach- teten Species sind Hausmaus, Meerschweinchen, Kaninchen, Schafe, Rinder in absteigender Folge empfänglich. In zweiter Linie sind empfänglich Omnivoren, auch der Mensch: in dritter die Fleischfresser; unter den letzteren z. B. Katzen mehr als Hunde. Auch für Vögel wird Empfänglichkeit angegeben, freilich nicht unbestritten; Gibier fand Frösche, Metschnikoff Eidechsen (Lacerta viridis) dann empfänglich, wenn sie bei der ohngefähren Temperatur des Warmblüterkörpers gehalten wurden. Wir lassen, unter Verweisung auf die Speciallitera- tur (57), die Controversen hier bei Seite und halten uns an die sicheren Fälle, speciell Säugethiere. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, ist die Empfänglichkeit für die Erkrankung nach Species verschieden; inner- halb einer Species ist sie es nach Rasse, Alter und Individuum. Der Milzbrand ist eine weit verbreitete Krankheit. Es ist aber eine alte Erfahrung, dass er in manchen Gegenden besonders häufig auftritt, dass solche Milzbranddistricte für das Heerdenvieh besonders gefährlich und von den Viehzüchtern gefürchtet sind. Das klinische Bild der Krankheit ist nach der befallenen Thier- species ungleich; für größere Thiere wird ein relativ langsamer Ver- lauf unter heftigem Fieber u. s. w. und vorwiegend, doch nicht immer tödtlicher Ausgang angegeben. Mäuse und Meerschweinchen erliegen der Krankheit in den beobachteten Fällen so gut wie immer, ohne bis zum Tode besonders auffallende Symptome zu zeigen. Speciell die Meerschweine sah ich oft anscheinend munter, fresslustig, bis sie auf einmal (etwa 48 Stunden nach der Infection) umfallen und nach ganz kurzem Kampfe verenden. Untersucht man ein erkranktes Thier kurz vor oder unmittelbar nach dem Tode, so findet man in dem Blute die vegetativen Stäbchen des Bacillus Anthracis (Fig. 17, c). Bei größeren Thieren, wie Rindern, scheint ihre Häufigkeit, den vorhandenen Angaben zufolge, von Fall zu Fall ungleich zu sein. Ich sage scheint, aus nachher anzu- gebenden Gründen. Gefunden werden sie jedoch immer in den Capillaren innererOrgane. mindestens in der Milz. Bei Kaninchen und Mäusen sind sie. nach R. Koch, in dem Blute nicht zahlreich: um so mehr in Lymph- drüsen und Milz. Bei den Meerschweinchen, welche ich vorzugsweise untersucht habe, ist die ganze Blutmasse von den Stäbchen durchsetzt; 102 XII. Vorlesung. jedes dem bloßen Auge kaum sichtbare Blutströpfchen, welches man aus einer kleinen Wunde in Ohr, Zehe u. s. w. gewinnt, enthält sie; in den kleinen Gefäßen und Capillaren der Leber, Niere, in der Milz u. s. w. sind sie massenhaft enthalten. Auch einige Zeit nach dem Tode bleibt das gleiche Verhältniss bestehen. Später, wenn dieTodten- starre vorüber ist, ändert sich dasselbe oft scheinbar; man kann aus den großen Blutgefäßen, aus dem Herzen des Thieres erhebliche Blut- mengen gewinnen, ohne darin ein Stäbchen zu sehen. Die Stäbchen finden sich aber doch, und zwar in den Fibringerinnseln, in welchen sie oft in Menge eingeschlossen sind, und von welchen man, beiläufig bemerkt, leicht das sauberste Material für die Gultur des Bacillus ge- winnen kann. Es ist wohl möglich , dass Befunde geringer Häufigkeit der Stäbchen in einem Uebersehen der in die Faserstoffgerinnsel ein- geschlossenen ihren Grund hatten, wenn das todte Thier nach erfolgter Blutgerinnung untersucht worden war; das ist bei den oben erwähnten Angaben über ungleiche Häufigkeit zu berücksichtigen. Die Stäbchen sind zuerst, 1850, von Ray er, dann 1855 unab- hängig von diesem von Pollen der gesehen worden. Die causale Be- ziehung des Bacillus , welchem sie angehören, zu der Milzbrandkrank- heit wurde \ 863 von Davaine zuerst bestimmt hervorgehoben und ist, nach mancherlei Widerspruch, derzeit unbestritten. Es ist bestimmt nachgewiesen, dass die Krankheit nur auftritt, wenn der Bacillus in das Blut gelangt ist; und andererseits, dass absichtliche Einbringung desselben in das Blut die characteristische Infection, Erkrankung zur Folge hat. Die Infection erfolgt sowohl, wenn der Bacillus lebend direct in das Blut gebracht wird von absichtlich angebrachten oder nicht beabsichtigten Hautwunden aus: Impf milzbr and, Wund- milzbrand; als auch von der unverletzten Darmschleimhaut aus: Darmmilzbrand. Sie kann geschehen sowohl durch lebende Stäb- chen, als auch durch Sporen, welch letztere dann in dem Blute oder im Darm keimen. In beiden Fällen ist es gleichgültig, ob das zur Infection verwendete Material direct von einem kranken Thiere gewonnen ist, oder von einer der nachher zu besprechenden Cult Li- ren, in welchen jede Spur eines thierischen Krankheits- products fern gehalten ist. Abgestorben, getödtet ist der Bacillus zur Infection untüchtig. Einmal in die Blutbahn des infectionsfähigen Thieres gelangt, wächst und vermehrt sich der Bacillus in der Stäbchenform und ver- breitet sich theils durch sein Wachsthum selbst, theils indem die Stäb- chen mit der Blutbewegimg fortgeführt werden, in der oben erwähnten Milzbrand. 103 Weise. In dem Maße, als dieses geschieht, schreitet die Erkrankung fort bis zum Tode. Eine minimale Menge lebenden Bacillus genügt, um diese Processe hervorzurufen. Ein Meerschwein z. B. stirbt unter den beschriebenen Erscheinungen nach 48 Stunden, wenn ihm eine der Nadelspitze anhaftende, mit der Lupe unsichtbare Quantität Sporen oder Stäbchen durch eine kleine unblutige Stichwunde in die Haut ge- bracht ist. Impf- und Wundmilzbrand werden hervorgerufen durch Ein- bringung sowohl von Sporen als auch von lebenden Stäbchen. Der Darmmilzbrand kommt dagegen, wie Koch und seine Mitarbeiter gezeigt haben, thatsächlich nur durch in den Körper gebrachte Sporen zu Stande. In dem natürlichen Verlaufe der Dinge kann der Bacillus auf die Darmschleimhaut nur gelangen vom Munde aus, d. h. wenn er mit der Nahrung verschluckt wird. Er hat dann den Magen zu passiren, und hierdurch werden die Stäbchen, wohl in Folge der Einwirkung des sauren Magensaftes, wirkungslos; ob vollständig ge- tödtet, mag dahingestellt bleiben. Die Sporen dagegen gehen unver- ändert durch den Magen ; in dem Darminhalt finden sie die geeigneten Keimungsbedingungen , und die aus der Keimung erwachsenen Stäb- chen findet man in die Darmschleimhaut eingedrungen, vorzugsweise wohl durch die Lymphfollikel und die Peyer'schen Haufen. In der Schleimhaut ist dann durch die Capillargefäße der Weg in die Blut- bai in wiederum offen. Nach den Untersuchungen der genannten Forscher sind Wieder- käuer für diese Darminfection empfänglich. Die Experimente wurden mit Schafen angestellt. Die Erfahrungen an nicht absichtlich inficirten Rindern weisen in Uebereinstimmung mit jenen Experimenten auf die Darmempfänglichkeit auch dieser Thiere hin. Sie ergeben ferner das practisch wichtige Resultat, dass die bei diesen Thieren vorkommenden spontanen, d. h. nicht absichtlich experimentell erzeugten Milzbrand- fälle vorwiegend Darmmilzbrand, also durch Aufnahme von Sporen mit dem Futter hervorgerufen sind. Andere Thiere sind für Darmmilzbrand weniger empfänglich; doch gelangen einige der angestellten Infectionsversuche bei Meer- schweinen, Kaninchen und Mäusen; bei Ratten, Hühnern und Tauben blieben alle erfolglos. Nach diesen Erfahrungen fragt es sich vor allen Dingen, woher kom- men die Sporen in ein Thier. Dieselben werden weder in dem leben- den Thiere noch in dem ungeöffneten Cadaver. gebildet, hier findet nur vegetative Entwicklung statt. Der Bacillus kann aber, wie schon bei 104 XII. Vorlesung. früherer Veranlassung gezeigt wurde, auch außerhalb des Thierkörpers nicht nur keimen und üppig vegetiren, sondern er bildet seine Sporen, unter günstigen Bedingungen sehr reichlich, nur außerhalb des Thier- körpers. Die Bedingungen dieser nicht parasitischen Entwickelung sind die oben für Saprophyten allgemein erörterten. Sauerstoffzutritt ist zur vollkommenen Ausbildung erforderlich; die Optimaltemperatur für die Sporenbildung ist 20 — 25°; als Nährstoffe können, wie die Ver- suche lehren, sehr vielerlei organische Körper dienen; nicht nur solche thierischen Ursprungs, Theile des Milzbrandcadavers oder die oft blutigen Ausleerungen der erkrankten Thiere, oder die Fleischextract- lösung, in welcher früher (S. 10) die Cultur des Bacillus demonstrirt wurde; sondern auch die verschiedensten, nicht allzusauren Pflanzen- theile, wie Kartoffeln, Rüben, Samen u. s. w. Auf der feuchten Ober- fläche solcher Theile wächst der Bacillus zu massigen Hautüberzügen heran, welche am Ende ihrer Vegetation unzählige Sporen produciren. Es ist hiernach klar, dass der Milzbrandbacillus in die Kategorie der facultativen Parasiten gehört, wie sie oben (S. 89) characte- risirt wurden. Er ist in erster Linie Saprophyt, denn er vermag als solcher nicht nur seine Existenz zu fristen, sondern bedarf der sa- prophytischen Lebensweise zur Erreichung seiner Entwickelungshöhe, der Sporenbildung. Er hat auf der anderen Seite die Fähigkeit des Parasitismus, wenn er in den geeigneten Wirth gelangt, und wirkt alsdann in der beschriebenen Weise als Krankheiterreger. Die Erscheinungen des Auftretens der Milzbrandkrankheit er- klären sich jetzt aus der Lebensweise des Bacillus in den wesentlichen Punkten vollständig, wenn man seine Existenz, in demselben Sinne wie jene irgend einer anderen Thier- oder Pflanzenspecies als gegeben hinnimmt. Die Thatsache, dass der Milzbrand spontan gewöhnlich als Darmmilzbrand auftritt, zeigt, nach dem was wir kennen gelernt haben, dass er, in Sporenform, aus dem saprophytischen Zustand in den para- sitischen übertritt und dass der Weg hierfür der nämliche sein muss, wie für das vom Thier aufgenommene Futter. Ausgangsorte für diese Wanderung müssen dann die Productionsorte des Futters sein, Wiesen, Weideplätze u. s. w. Es ist einleuchtend, dass auf den todten organischen Körpern, die sich an diesen Orten immer finden, der Ba- cillus die Mittel zu seiner Vegetation, in warmer Sommerszeit auch die für seine Sporenbildung nöthige Temperatur findet, dass' er, einmal vorhanden, an diesen Orten überwintern (vgl. oben S. 42) und so Jahr- aus Jahrein zum parasitischen Angriff bereit bleiben kann. Welches die Gründe sind , warum die einen Gegenden bevorzugte Milzbrand. 105 Milzbrandheerde sind, andere nicht, ist schwieriger präcis zu entschei- den. R. Koch hat dieselben als in den Feuchtigkeits- und Ueberschwem- mungsverhältnissen gelegen plausibel gemacht, insofern diese auf Vegetation und Verbreitung des Bacillus von Einfluss sind. Mir fehlen hierfür die nöthigen Materialien zu sicherer Beurtheihmg. Aus dein parasitischen Dasein, aus dem Körper des befallenen oder getödteten Thieres braucht nach dem Vorgetragenen der Bacillus gar nicht wieder an den Infectionsorten zur saprophytischen Vegetation zu gelangen, denn der Parasitismus muss von ihm nicht durchgemacht werden, er kann, wie die Erfahrung bei Cultur lehrt, unbegrenzte Generationen als Saprophyt durchlesen. Auf der anderen Seite lehrt aber ebenso sichere Erfahrung, dass er aus dem kranken oder todten Thiere wie- derum auf den Weg des Saprophytismus zurückkehren kann. Denn er bleibt in jenem bis lange nach dem Tode lebend und wachsthumsfähig, und er kann thatsächlich wiederum auf den Boden, in saprophytische Bedingungen kommen mit den blutigen Dejecten, welche, den Beschrei- bungen zufolge, schwer milzbrandkranke größere Thiere von sich ge- ben , mit den in Zersetzung übergehenden Gadavern und ihren Aus- flüssen, welche günstiges Nährmaterial für ihn sind. Der Bacillus kann somit auch als Parasit verschleppt, Orte, an welchen milzbrandkranke Thiere fallen oder ihre Cadaver verscharrt werden, können zu Milzbrandheerden werden, wie die Praxis das längst erfahren hat. Aus denselben Gründen kann eine Lokalität even- tuell auch als Milzbrandgegend dauernd erhalten werden. Auch wenn Viehheerden fern bleiben, so können kleine Thiere, speciell die für Milzbrand so empfänglichen Nager, Einschleppimg und Conservation besorgen. Nur ist das alles, wie gesagt, zum Bestehen des Bacillus und der Milzbrandgefahr nicht direct nothwendig, soviel Aufhebens auch über einige hierhin gehörige Verhältnisse gemacht worden ist. Fügen wir schließlich noch, um diese Betrachtung zu vervollstän- digen, hinzu, dass der Bacillus und seine Wirkungen nach dem Mit- geteilten selbstverständlich von lebendem Thier zu Thier übertragbar, die Krankheit durch solche Uebertragung ansteckend ist. Natürlich gehört diese Ansteckung in die oben unterschiedene Kategorie des Impf- oder Wundmilzbrands: Sie kann nur mittelst der vegetirenden Stäb- chen geschehen, weil in dem lebenden Thiere diese allein vorhanden sind, ynd die Stäbchen müssen, wrie wir sahen, direct ins Blut des lebenden Thieres kommen, um sich weiter entwickeln zu können. Hiermit sind die Bedingungen der Ansteckung für unsere Zwecke hin- reichendbezeichnet. Eine wohl übertriebene Bedeutung alsAnsteckungs- 106 XII. Vorlesung. Vermittler wird Stechfliegen und Mücken zugeschrieben, insofern die- selben, wenn sie an einem bacillushaltigen Thiere gesogen ha- ben und dann zu gleichem Zwecke ein gesundes stechen, an diesem eine Milzbrandimpfung in des Wortes strenger Bedeutung vollziehen können. Als Parasit hat der Milzbrandbacillus für die erwähnten Thiere und Fälle krankheiterregende Wirkungen, welche denen eines Giftes einstweilen verglichen, also giftig, virulent genannt werden können. Diese Virulenz kann abgeschwächt werden, gradweise, bis zur völligen Unschädlichkeit selbst für die infectionsempfänglichste Ver- suchsthierspecies, die Hausmaus. Nach Pasteur's Verfahren geschieht dieses, wenn man den Bacillus in neutraler Nährlösung, Fleischbrühe, speciell Hühnerbrühe, unter reichlichem Sauerstoffzutritt, bei 42 — 43° cultivirt. Toussaint und Chauveau erreichen dasselbe bei höherer Temperatur. Das Ende solcher Cultur besteht in Absterben des Ba- cillus. Es tritt, nach Pasteur's Angaben, nach etwa \ Monat ein, wohl auch etwas später. Bis dahin vegetirt der Bacillus, ohne seine mor- phologischen Eigenschaften zu ändern , außer dass die Sporenbildung bis zum gänzlichen Ausbleiben verhindert wird; dass sie immer aus- bleibt, wird von Koch, Gaffky und Löffler auf Grund directer Beob- achtung bestritten. Bevor die Tödtung eingetreten ist, kann sich der Bacillus in neuen Gulturen jederzeit normal weiter entwickeln, auch bei geeigneter Temperatur wiederum normale Sporen bilden. Geht die Temperaturerhöhung weiter, so erfolgt völlige Abschwächung in kür- zerer Zeit: bei 45n sind dafür wenige Tage, bei 47" einige Stunden, bei 50 — 53° nur Minuten erforderlich. Zwischen 42 und 43° ist nach den drei Berliner Beobachtern eine erhebliche Differenz in der zur gänzlichen Abschwächung erforderlichen Zeit nach Temperaturunterschieden von Zehntelsgraden zu bemerken, im Sinne der Beschleunigung durch Tem- peraturerhöhung. Cultivirt man nun zwischen 42 und 43°, so erhält man Material, welches successive unschädlich wird für die Thierspecies in der Reihen- folge ihrer durchschnittlichen Infectionsempfänglichkeit, also z. B. zu- erst für Kaninchen, später auch für Meerschweinchen, zuletzt auch für die Hausmaus. Nach individueller Empfindlichkeit, Lebensalter u. s. f. der Thiere finden, wie zu erwarten, Schwankungen statt. Es wurde schon gesagt, dass die Bacillen nach der Virule,nz-Ab- schwächung jeden Grades vor dem Tödtungstermin zu weiterer Vege- tation fähig sind. Unter den Optimalbedingungen weiter cultivirt wachsen sie in normaler Gestaltung und bilden normale Sporen, die successiven Milzbrand. 107 Generationen behalten dabei aber nichtsdestoweniger, auch aus Sporen erzogen, in der Regel denselben Grad der Abschwächnng bei, welchen die Anfangsgeneration hatte; die einen tödten also z. B. Mäuse und sind für Meerschweinchen unschädlich, andere lassen auch die Hausmaus gesund. Gulturen der letzteren Qualität sind von Koch, Gaffky und Löffler zwei Jahre fortgesetzt worden , ohne dass eine Veränderung, eine Rückkehr zur Virulenz eintrat. Anders verhalten sich die bei höheren, 47 — 50° und mehr be- tragenden Temperaturen rasch abgeschwächten Bacillen; sie erlangen in optimalen Gulturen die Virulenz bald wieder. Rückkehr von dem abgeschwächten zu dem virulenten Zustande ist jedoch auch bei den langsam abgeschwächten Formen nicht ganz ausgeschlossen. Pasteur sagt, wenn man Material, welches erwachsene Meerschweinchen nicht, wohl aber ganz junge, ersttägige tödtet, von einem solchen auf successive ältere verimpft, so wird schließlich die Virulenz erreicht, welcher auch die alten Thiere erliegen. Koch und seine Mitarbeiter haben in ihren Versuchen diese Angaben nicht bestätigt gefunden, und wenn die Anordnung jener von der Pasteur'schen auch etwas abweicht, so geht aus denselben doch hervor, dass die Ge- setzmäßigkeit, welche man nach Pasteur's Angaben vermuthen könnte, hier nicht herrscht. Auf der anderen Seite haben die ge- nannten Autoren in einzelnen, unter einander wenig ähnlichen Fäl- len allerdings Rückkehr zu höherer Virulenz mit Bestimmtheit con- statirt. Sie haben endlich auch constatirt, dass umgekehrt Fälle vorkom- men, in welchen die Virulenz einer Cultur spontan, d. h. ohne nachge- wiesene äußere Ursache, plötzlich sinkt: aus Sporen von Material, wel- ches Kaninchen und Meerschweine tödtete, wurde 8 Wochen später eine Generation erzogen, welche diese Thiere unversehrt ließ, wohl aber Mäuse noch tödtete. In die gleiche Kategorie von Erscheinungen dürfte eine jüngst von Prazmowski mitgetheilte Beobachtung ge- hören, derzufolge Milzbrandbacillus bei Reincultur in Nährlösung ohne nachgewiesene Ursache seine Virulenz vollständig verlor. Ich habe selbst ähnliches oder das Gleiche gesehen. Auf Buchner's hierher zu beziehende Untersuchung kommen wir nachher zu reden. Ich habe vorhin von Gleichbleiben der Gestaltung bei den viru- lenten und abgeschwächten Formen gesprochen. In den Haupterschei- nungen findet das immer statt, einzelne Gestaltungsmodilirationen sind jedoch beobachtet. So geben Koch und seine Mitarbeiter an, dass der nur noch Mäuse tödtende Bacillus die Gapillaren, namentlich der 108 XII. Vorlesung. Lungen, erfüllt in Form langer Fäden, deren Contiimität sich häufig aus den kapillären bis in größere mikroskopische Gefäße verfolgen lüsst, während der virulentere Milzbrand in den Capillaren gewöhnlich in Form kurzer Stäbchen enthalten ist. In der Prazmowski'schen Erscheinung tritt die Verschiedenheit von der virulenten Form ein, dass die Stäbchen Generationen hin- durch beweglich sind, wenn auch z. B. im Vergleich mit dem Heu- bacillus träge, schleppend; und dass sie nicht nur Flocken am Boden der klar darüber stehenden Nährlösung bilden, sondern in dieser auf- steigen, sie trüben und an der Oberfläche »dickliche, schmutzig weiße Decken von schleimiger Beschaffenheit bilden«. Gerade diese Erschei- nung habe ich in Fleischextractlösungen auch beobachtet; die Stäb- chen waren dabei auch noch zur Zeit der Sporenbildung weit weniger zu langen Fäden vereinigt, wie bei der virulenten Form, und in den Decken an der Oberfläche nach allen Richtungen dicht und unregel- mäßig durcheinander geschoben und verfilzt; eine Gruppirung, welche von der des gewöhnlichen Bacillus so verschieden aussieht, dass sie den Gedanken nahe legt, es handele sich um eine dem B. Anthracis zwar ähnliche, aber doch specifisch verschiedene Form, welche den- selben in der Nährlösung nicht hat aufkommen lassen; etwa den des Koch'schen malignen Oedems. Die Unschädlichkeit, auch für kleine Nager, spricht jedoch gegen diese Annahme. Unverkennbar die gleiche Erscheinung hat Buchner beobachtet, indem er den Milzbrand-Bacillus in Nährlösungen (l"/0 Fleischextract mit oder ohne Zusatz von Zucker und Pepton) bei 35 — 37° durch wie- derholte Generationen züchtete und die Culturen, in der Absicht mög- lichst reicher Sauerstoffzufuhr, in einem Schüttelapparat in fortdauern- der Bewegung erhielt. Allmählich nahm sein Culturproduct die Eigen- schaften der Prazmowski'schen Modification an. Da diese, durch ihre Nichtvirulenz, die Deckenbildung und die Eigenbewegung der Stäbchen dem Heubacillus, B. subtilis, ähnlicher ist, als die virulente Form, so behauptete Buchner, es habe sich eine Umzüchtung des virulenten B. Anthracis in den nicht virulenten B. subtilis vollzogen, und erregte damit viel Aufsehen, weil nunmehr scheinbar ein evidenter Fall vorlag von Umwandlung einer für distinct gehaltenen Species in eine andere. Den Beweis dafür ist er aber schuldig geblieben, wie oben (S. 28) schon ausgeführt wurde. Allerdings schlug Buchner auch den umgekehrten Weg ein, indem er unschädlichen B. subtilis in virulenten B. Anthracis umzuzüchten versuchte durch Cultur successiver Generationen in ver- schiedenen, hier nicht einzeln aufzuzählenden Eiweißlösungen. Die er- Milzbrand 109 haltenen Resultate waren aber größtenteils bestimmt negative, und die vereinzelten für positiv angegebenen lassen, auch wenn man auf dem strengen morphologischen Nachweis nicht besteht, so viele Ein- wendungen zu, dass sie für ganz unsicher gelten müssen. Jener mor- phologische Nachweis ist aber auch hier verabsäumt worden. Möglich wäre es ja, dass der gewöhnlich nicht virulente B. subtilis zur aus- nahmsweisen Virulenz herangezüchtet werden könnte. Seine Species- qualität wäre hiernach ebensowenig in Frage gestellt, wie jene des B. Anthracis durch die Abschwächungen ; und dass dieser der gewöhn- liche Erreger der Milzbrandkrankheit ist, auch nicht. Auf Grund anderweiter Erfahrungen, von denen später noch die Rede sein wird, haben Pasteur und Toussaint mit Erfolg versucht, abgeschwächten Milzbrandbacillus zu benutzen für Schutzimpfun- gen gegen virulenten Bacillus. Impft man ein Thier mit dem für das- selbe, d. h. die Species, bis zu gewissem Grade abgeschwächten Bacillus, so erkrankt es nicht, oder leicht und übersteht die Krankheit. Es widersteht dann der Infection mit minder abgeschwächtem Bacillus und bei der nächsten Impfung auch demjenigen, welcher den höchsten Grad der Virulenz besitzt. Die Sicherheit solcher Erfolge und, damit im Zusammenhang, ganz besonders ihre Bedeutung für die Praxis des Thierzüchters wird zwar von verschiedenen Seiten sehr verschieden hoch geschätzt; zumal Koch und seine Mitarbeiter haben sehr wohl- begründete Bedenken gegen die Lobpreisungen der Pasteur'schen Schule vorgetragen. Auf diese Fragen "der Praxis können wir hier nicht näher eingehen. Die Thatsache des häufigen Erfolgs der Schutz- impfung steht aber fest, sie wird auch von den Gegnern der Ueber- schätzung ihrer practischen Wichtigkeit reichlich bestätigt. Wir haben sie daher als eine Erscheinung von hohem wissenschaftlichen Interesse zu merken. Nachdem wir nun alle diese Erscheinungen von dem Bacillus An- thracis und der durch ihn verursachten Milzbrandkrankheit kennen gelernt haben, stellen sich uns die Fragen, wie kommt die krankheit- erregende Wirkung des virulenten Bacillus zu Stande; wie kann man die Abschwächimg der Virulenz und wie die zuletzt besprochene Wir- kung der Schutzimpfung erklären? Nach dem gegenwärtigen Stunde der Kenntnisse kommen wir mit der Beantwortung wohl am hosten vorwärts, wenn wir mit der letzten Frage beginnen, bin ja nicht missverstanden zu werden, will ich aber ausdrücklichst vorausschicken, dass es sich für diese Frage sowohl wie für die anderen gegenwärtig nur um Versuche der Beantwortung 1 10 XII. Vorlesung. handeln kann, welche ihre Bestätigung oder Berichtigung von späteren Untersuchungen abwarten müssen. Wir beginnen also mit der Frage nach der Erklärung der Schutz- impfung und können dieselbe etwas anders formuliren und erweitern, wenn wir fragen, wodurch ist oder wird ein Thier unempfänglich, immun, für die Angriffe des krankmachenden Parasiten. Metschni- koff hat neuerdings Untersuchungen veröffentlicht, welche uns, wenn sie sich bestätigen, dem Verständniss der Erscheinung einen Schritt näher bringen. Ich berichte sie, weil sie glaubwürdig erscheinen; Nachuntersuchung war mir noch nicht möglich. Es ist bekannt, dass in dem Blut der Wirbelthiere, in dem flüssigen Blutplasma suspendirt sind die rothen Blutkörperchen und außer ihnen, in erheblich geringerer Menge, farblose oder w6iße Blutkörperchen oder Blutzellen. Niederen Thieren fehlen die rothen Blutkörper, die farblosen Blutzellen kommen ihnen allein zu. Letztere sind ungefärbte, kernführende Protoplasmakörper. Von ihren mancherlei bemerkens- werthen Eigenthümlichkeiten interessirt uns hier zunächst die, dass sie, gleich vielen anderen Protoplasmakörpern ähnlichen Baues wäh- rend des Lebens stete Gestaltveränderungen ihres weich schleimigen Leibes zeigen, welche als wechselnd wellenförmige Bewegung ihres Umrisses, wechselndes Austreiben und Wiederzurückfließen von Fort- sätzen erscheint (vgl. Fig. 19). Mit dieser, wie man sagt, amöboiden Beweglichkeit ist weiter verbunden das Vermögen, kleine feste Körper, Fetttröpfchen u. dergl. in die weiche Körpersubstanz aufzunehmen, zu verschlucken. Kommt der fremde Körper in Berührung mit der Ober- fläche der amöboiden Zelle , so treibt diese Fortsätze an ihm empor, welche ihn umfassen und allmählich über ihm zusammenfließen, wie die Wogen über dem Ertrinkenden, so dass der Fremdkörper ins Innere der weichen Zellsubstanz zu liegen kommt. Er kann später wieder ausgestoßen werden, kann aber auch im Innern der Amöboidzelle Zer- setzungen erfahren, getödtet werden, schwinden. In Anschluss an solche bekannte Thatsachen, und ferner an die Beobachtung, dass bei einer von ihm untersuchten Erkrankung kleiner Grustaceen durch einen eigenthümlichen, eingedrungenen Sprosspilz die Zellen dieses von den farblosen Blutzellen des Thiers verschluckt und in denselben zersetzt werden, dass, so zu sagen, ein Kampf statt- findet zwischen dem parasitischen Pilze und den Amöboidzellen des Thieres, untersuchte Metschnikoff das Verhalten der farblosen Blut- zellen von Wirbelthieren zu dem Milzbrandbacillus. Er fand, dass die virulenten Stäbchen, wenn sie einem milzbrandempfänglichen Thiere Milzbrand. 1 ] 1 (Nager) eingeimpft sind, nur ausnahmsweise von Blutzellen einge- schluckt werden. Von den Blutzellen immuner Thiere, wie Frösche, Eidechsen, bei nicht künstlich erhöhter Temperatur, werden sie reich- lich verschluckt (Fig. 19) und gehen dann im Innern jener zu Grunde. Das gleiche tritt ein, wenn man zur Unschädlichkeit abgeschwächten Bacillus Anthracis milzbrandempfänglichen Thieren eingeimpft hat. Chauveau hatte schon früher angegeben, dass die abgeschwächten Bacillen bis in Lunge und Leber des Thieres gelangen und dann ver- schwinden. Nach allen diesen Daten muss- man mit Metschnikoff annehmen, dass der Bacillus unschäd- lich ist, weil er von den Blutzellen aufgenommen und zerstört wird, und schädlich, weil dieses nicht stattfindet; oder wenigstens, dass die Unschädlich- keit eintritt, wenn die Zerstörung durch die Blutzellen rascher und aus- giebiger geschieht, als Wachsthum und Fi"- 19 Vermehrung des Bacillus; und umge- kehrt. Wenn diese Vorstellungen richtig sind, und es ist ein sonst viru- lenter Bacillus nach einer Schutzimpfung unschädlich und ohne diese nicht, so muss consequenter Weise weiter angenommen werden, dass die Schutzimpfung den Effect gehabt hat, den Blutzellen für die Auf- nahme und Zerstörung der virulenten Bacillen die vorher nicht vor- handene Befähigung zu geben. Bestimmte Untersuchungen hierüber liegen allerdings nicht vor; allein es ist, wiederum mit Zugrundelegung obiger Vorstellungen, kaum eine andere Annahme möglich, als dass die geschehene Aufnahme von minder virulenten Bacillen die Blut- zellen eines Thieres successive befähigt zur Aufnahme und Zerstörung virulenterer, welche ohne solche Vorbereitung nicht aufgenommen worden wären. Immunität und Infectionsempfänglichkeit eines Thieres für den krankmachenden Parasiten, welcher in das Blut gelangt ist, wür- den hiernach abhängen von der Reaction der Blutzellen gegen jenen; und die Reactionsfähigkeit der letzteren würde verändert werden kön- nen durch die successive Gewöhnung gleichsam an successiv virulen- Fig. 19. a Blutzölle eines Frosches, im Begriffe, ein Stäbchen von Bae. Anthra- cis/.u verschlucken; lebend, in einem Tropfen Humor aqueus beobachtet. I> die- selbe, einige Minuten später; die Gestall Ist verändert, der Bacillus völligeinge- schluckt. Starke Vergrößerung; nach Metschnikoff copirt. 112 XII. Vorlesung. tere Individuen derselben. Eine theilweise Erklärung der Wirksamkeit von Schutzimpfungen mit Material von aufsteigender Virulenz wäre hierdurch gewonnen. Es fragt sich aber nun weiter, warum werden die virulenten Ba- cillen von den Blutzellen eines unvorbereiteten Thieres so gut wie nicht aufgenommen und die abgeschwächten mit Leichtigkeit? Da wir auch in den extrem verschiedenen Fällen morphologische oder ana- tomische Unterschiede der jedesmal concurrirenden Theile nicht fin- den, so bleibt nichts übrig, als die Annahme, dass in stofflichen Diffe- renzen, Unterschieden des chemischen Verhaltens der Concurrenten der Grund des verschiedenen Verhaltens liegt. Und da es sich handelt einerseits um Theile des in seinen Gesammteigenschaften für unsere Wahrnehmung nicht wesentlich veränderten Thieres, andererseits um den bei der Abschwächung in seinen gerade hier in Betracht kommen- den Eigenschaften wesentlich veränderten Bacillus, so müssen die Aenderungen der chemischen Eigenschaften der Hauptsache nach auf Seiten des Bacillus liegen. Auch die Erscheinungen der Schutzimpfung, der Gewöhnung, wie wir sagten, der Blutzellen an die Aufnahme suc- cessiv virulenterer Bacillen stehen damit nicht in Widerspruch. Viel- mehr kennen wir von amöboiden, feste Körper aufnehmenden anderen Protoplasmakörpern (z. B. den Myxomycetenplasmodien), Erschei- nungen der Angewöhnung an die Berührung mit und wahrscheinlich auch an die Aufnahme von Körpern bestimmter chemischer Eigen- schaften, von welchen sie sich im Anfange der Berührung energisch zurückziehen; und es ist auch ohne sonstige Argumente aller Grund vorhanden, für die Blutzellen die gleiche Befähigung anzunehmen, weil sie mit jenen anderen in allen übrigen hier in Betracht kommenden Eigenschaften übereinstimmen. Welcher Art die chemischen Differenzen zwischen virulenten und abgeschwächten Bacillen sind, darüber können präcise Angaben der- zeit nicht gemacht werden, und was darüber zu sagen ist, soll nachher erwähnt werden. Die nächste Ursache der Abschwächung ist, bei dem l'asteur'schen Verfahren, wohl nicht in der Sauerstoffwirkung, sondern in der erhöhten Temperatur zu suchen; das haben Chauveau und Koch und seine Mitarbeiter überzeugend dargethan, indem sie darauf hinweisen, wie, caeteris paribus, Grad und Dauerhaftigkeit der Ab- sei iwächung sowohl wie die zu ihrer Erreichung erforderliche Zeit direct abhängig sind von der Temperatur, selbst von kleinen Schwan- kungen derselben. Ueber die Ursachen der auf anderem Wege als durch das Pasteur'sche Verfahren erreichten Abschwächungen und der Milzbrand. 113 eventuellen Rückkehr zur Virulenz sind wir zur Zeit völlig im Un- gewissen. Gehen wir nun schließlich zu der Frage über, wie die krankheit- erregende Wirkung des Parasiten zu Stande kommt, so ist eine ent- scheidende Beantwortung derselben allerdings nicht möglich. Be- stimmte Thatsachen aber und Analogien führen zu einer an der oberen Grenze der Wahrscheinlichkeit liegenden Vorstellung darüber. Die erste Thatsache ist die Erscheinung des Milzbrandkarbunkels bei Impf- oder Wundmilzbrand am Menschen. An dem Orte, wo die Infec- tion stattgefunden hat, entsteht hier zuerst eine heftige locale entzünd- liche Hauterkrankung, zu welcher erst 1 — 2 Tage später Allgemein- erscheinungen hinzukommen. Dieselbe ist von anderen heftigen Haut- entzündungen specifisch verschieden, so wie die durch ein bestimmtes eigenartig wirkendes Gift hervorgerufenen Localerscheinungen ver- schieden sind von anderen , welche die Wirkung eines anderen Giftes oder anderer Ursachen sind. Hierdurch ist, wie mir scheint, die von mancher Seite geäußerte Annahme ausgeschlossen, der Bacillus wirke als Krankheiterreger durch einfach mechanische Störungen, oder lediglich dadurch, dass er dem lebenden Blute, in welchem er vegetirt, den Sauerstoff entzieht; vielmehr wird die Annahme äußerst wahr- scheinlich, die Wirkung des Bacillus sei eine eigenartige, speci fi- sche Gift Wirkung. Ist das zugegeben, so muss weiter das Gift aus dem Bacillus herauskommen, ausgeschieden werden, denn es könnte nicht wirken, wenn es darin bliebe. In Uebereinstimmung hiermit steht die MetschnikofFsche Beobachtung, dass die gleichen Blutzellen nicht virulenten Bacillus leicht, virulenten so gut wie nicht aufnehmen. An dem virulenten muss etwas sein, und zwar, wie oben wahrscheinlich gemacht wurde, ein Etwas von bestimmten chemischen Eigenschaften, was an dem anderen nicht ist; und zwar muss es außerhalb, wenigstens auch an der Oberfläche des Bacilluskörpers sein, denn wenn es nur im Innern desselben wäre, könnten die Blutzellen bei der Berührung nicht darauf reagiren. Ueber die Natur des hiernach anzunehmenden, von dem Bacillus abgesonderten Giftes wissen wir nichts näheres. Versuche, es zu iso- liren, sind bisher durchaus erfolglos geblieben. Trennt man den im Milzbrandblute enthaltenen Bacillus von der Blutflüssigkeit, was mög- lich ist mittelst Filtration durch Thonzellen, so erzeugt Injection der Flüssigkeit keinen Milzbrand. In diesen negativen Resultaten liegt die Lücke unserer vorstehenden Argumentation. Halten wir unsere An- nahme dennoch aufrecht, so folgt weiter, dass das Gift in sehr ge- ie Bary, Bacterien. 2. Aufl. S 1 1 j XII. Voi lestifig ringer absoluter Menge abgesondert wird und wirksam ist: oder nur, dass es außerhalb des lebenden Blutes rasch zersetzt und unwirksam wird; oder beides. Was die Analogien betrifft, welche zur Unterstützung der vor- getragenen Annahme von Giftabscheidung und Giftwirkung heranzu- ziehen sind, so bestehen dieselben theils in der Thatsache, dass Körper, welche in kleinster Menge heftige Giftwirkung äußern, die Leichen- gifte, Pt omaine, von anderen Bacterien producirt werden — freilich aber aus todter organischer Substanz; anderntheils aber und haupt- sächlich in den Beobachtungen Pasteur's bei der Hühnercholera, einer dem Milzbrand ganz analog verlaufenden, durch ein parasitisches Bac- terium verursachten Erkrankung, von welcher wir alsbald reden werden. Vorher nur noch einmal ein Wort über die Abschwächung der Virulenz. Wenn wir uns vorstellen, dass der Bacillus Anthracis eine distincte Species ist, so erscheint es, nach den gewöhnlichen Erfahrun- gen, in hohem Grade auffallend, dass dieselbe das eine Mal giftig wirkt, das andere Mal nicht. Analoge Erscheinungen sind jedoch nicht selten. Es mag hier nur an das, wenn ich nicht irre von Nägeli zuerst in die- sem Zusammenhang hervorgehobene Beispiel von der süßen und bit- tern Mandel erinnert werden. Letztere ist (in Folge des Amygdalin- gehalts) giftig, wenn auch nicht schlimm für den Menschen; die süße enthält kein Amygdalin und ist nicht giftig. Der süße Mandelbaum ist von dem bittern specifisch nicht verschieden; aus dem süßen Samen kann ein Baum mit bittern Samen erwachsen; bittere und süße Kerne können sogar von einem und demselben Baume erzeugt werden, in morphologisch nicht von einander unterscheidbaren Blüthen und Früchten. Woher das alles kommt, welches die Ursachen sind, davon hat man keine Ahnung. Zur wirklichen Erklärung der uns beschäfti- genden Erscheinung kann daher das Beispiel auch nicht dienen. Es soll nur zeigen, dass wir auch hier nicht zu thun haben mit einer aus- schließlich Bacterien oder einem Bacterium zukommenden Besonder- heit, sondern wiederum mit einem Specialfall einer weit verbreiteten Erscheinungsreihe. Cholera, Typhoid oder Pest der Hühner (58) wird eine Krankheit genannt, welche das Hausgeflügel befällt, und in den Er- scheinungen, welche uns hier interessiren , dem Milzbrand analoges Verhalten zeigt. Beim Huhne tritt sie, nach den Untersuchungen Pa- steur's, auf in einer acuten und in einer chronischen Form. Characte- ristische Symptome für erstere sind ein tiefer Betäubungszustand, So- Hühnercholera. 115 por; das Thier sitzt mit geschlossenen Augen, gesträubten Federn be- wegungs- und theilnahmslos da; sodann Diarrhöen, die in Entzündung und Ulcerationen des Darms ihren Grund haben. Die Section weist weiter Abscesse in verschiedenen Organen, speckige Entartung der Muskeln u. a. nach. Der Zustand endet nach 2 — 21 Tagen meist mit dem Tode ; Genesung ist selten. Die chronische Form zeigt die glei- chen Symptome minder heftig, in bestimmten Fällen nur locale Ab- scesse; ihre Dauer kann sich über viele Wochen erstrecken, Genesung öfter eintreten. Die Section weist in den kranken oder an der Krankheit gestor- benen Thieren im Blute, in den Abscessen, auch auf der Darmschleim- haut, also eigentlich überall große Quantitäten eines kleinen Micro- coccus nach. Die Zellen desselben sind nach Kitt's Angaben rund, 0,3 — 0,5/i groß, oft paarweise zusammenhängend, manchmal auch in größerer Zahl gruppenweise vereinigt. Er hat keine locomotorische Beweglichkeit; distincte Sporen sind auch nicht beobachtet. Der Hühnermicrococcus kann außerhalb des lebenden Thieres leicht gezüchtet werden; nach Kitt auf den gewöhnlichen Culturböden, Gelatine, Blutserum, Kartoffeln; nach Pasteur besonders üppig in neu- tralisirter Hühnerfleischbrühe. Sauerstoffzutritt ist für seine Vegetation nothwendig. Er blieb in Pasteur's Culturflüssigkeit, nach Ablauf der Vegetation und Erschöpfung der Nährlösung zu Boden sinkend, bei Luftzutritt etwa 8 Monate, bei Luftabschluss (in zugeschmolzenem Kolben) länger lebendig und fähig, in geeignetem Nährboden neu zu vegetiren. Frisch aus dem kranken oder todten Thiere, oder aus dessen Ex- crementen, oder aus einer von kranken Thiertheilen absolut freien künstlichen Gultur entnommen und einem gesunden Thiere beige- bracht, ruft eine minimale Quantität des Micrococcus unter ent- sprechendem Wachsthum und Vermehrung wiederum die Krankheit hervor. Die Infection findet statt sowohl durch Impfung in oder unter die Haut, als auch durch Einführung in den Digestionskanal mit der aufgenommenen Nahrung. Außer dem Geflügel konnte Pasteur durch Impfung die Krankheit auch auf Säugethiere übertragen; und zwar auf Kaninchen mit tödtlichem Ausgang, auf Meerschweinchen nur mit Bil- dung von Abscessen an dem Impforte, welche Abscesse den Micro- coccus reichlich enthielten, aber immer begrenzt blieben und aus- heilten. Kitt hat die Versuche, mit ähnlichen Erfolgen, auch auf Mäuse, Schafe, ein Pferd ausgedehnt. Das Gesagte genügt um zu zeigen, dass es sich hier wie bei dem s* 1 1 6 XII. Vorlesung. Milzbrandbacillus um einen specifisch krankheiterregenden facultativen Parasiten handelt, dessen Lehensgeschichte und Lebenseinrichtungen, zumal mit Rücksicht auf ihre saprophytischen Abschnitte, allerdings nicht ganz so klar vorliegen wie für jenen. Pasteur fand weiter, dass die Infectionstüchtigkeit des Hühner- micrococcus mit längerer Aufbewahrung bei ungehindertem Luftzutritt vermindert wird; die Zahl der gelingenden Impfungen und die Intensität der Erkrankung bei denselben nimmt mit dem Alter des angewendeten Impfmaterials ab. Die vorhin erwähnten Fälle leichterer und mit Genesung endigender Erkrankungen sind vorzugsweise Impffälle der in Rede stehenden Kategorie. Es findet also, mit anderen, oben ge- brauchten Worten, mit dem Alter eine Abschwächung der Infections- tüchtigkeit oder Virulenz des Micrococcus statt. Genesene Individuen erwiesen sich nun — in der Regel, nicht immer — gegen neue virulente Infectionen unempfänglich, immun, und hierauf gründete Pasteur die Indicationen und das Verfahren der Schutzimpfung, welches er dann auf den Milzbrand ausdehnte. Wurde aus einer frischen Bouilloncultur die Flüssigkeit von dem Micrococcus abfiltrirt, was durch Papierfilter nicht gelingt, da Bacte- rien durch diese immer mit hindurchgehen, was dagegen möglich ist mittelst Filtration durch Thonzellen, so war die Flüssigkeit nicht im Stande, die Krankheit vollständig hervorzurufen, selbst dann nicht, als die gesammten in 1 20 Gramm Gulturflüssigkeit enthaltenen gelösten Bestandteile einem Thier in das Blut injicirt wurden. Wohl aber trat ein charakteristisches Symptom der Krankheit hervor, der Sopor. Die Thiere wurden nach der Infection schläfrig, wie betäubt, ein Zustand, welcher etwa i Stunden dauerte und dann normalem Wohlbefinden wich. Diese Beobachtung zeigt, wenn sie sich bestätigt, dass hier in der That ein von dem Bacterium trennbares, narcotisch wirkendes Gift ab- gesondert wird, und hierdurch wird die Hühnercholera für die Beur- theilung der krankheiterregenden Wirkungen solcher Parasiten beson- ders lehrreich. Dass die Wirkung des Giftes in diesen Versuchen eine relativ geringfügige und rasch vorübergehende ist, lässt sich erklären aus seiner geringen in der Flüssigkeit enthaltenen Menge und daraus, dass es wie andere Gifte entweder im inficirten Organismus zersetzt, oder auf den Wegen der normalen Secretion aus diesem entfernt wer- den wird. Ist der gifterzeugende Organismus selbst in dem Thiere vor- handen, dann steht, auch abgesehen von den wahrscheinlich günsti- geren Bedingungen für die Production des Giftes, die Sache anders. Ursächliche Beziehungen parasitischer Bacterien zu den Infectionskrankheiten. \\"J Während dasselbe vom Thiere vielleicht auch stets zersetzt oder auf den normalen Secretionswegen ausgeschieden wird, dauert seine Pro- duction durch den Parasiten fort, das ausgeschiedene wird ersetzt, die Symptome der Krankheit müssen dauernder, heftiger, und können dann schließlich auch complicirter werden. Weitere Complicationen durch mehr mechanische Wirkung des vorhandenen Parasiten sind dabei selbstverständlich nicht ausgeschlossen. XIII. Ursächliche Beziehungen parasitischer Bacterien zu den Infections- krankheiten der Warmblüter überhaupt. — Einleitung. — Rückfall- lieber. — Tuberculose. — Gonorrhoe. — Cholera. — Wundinl'ections- krankheiten. — Erysipele. — Trachom. — Pneumonie. — Lepra. — Syphilis. — Thierseuchen. — Malaria. — Abdominaltyphus. Diphtherie. — Infectionskrankheiten, für welche der Nachweis des Contagium vivum fehlt. I . Den beiden Beispielen krankmachender facultativer Parasiten möchte ich wohl eins von einem streng obligaten hinzufügen, finde aber keines, welches mit genügender Vollständigkeit bekannt wäre, um es zu eingehenderer Darstellung geeignet erscheinen zu lassen. Was sich davon anführen lässt, sei daher in der folgenden Uebersicht an- gegeben. Dieselbe soll kurz das Wichtigste zusammenfassen, was man der- zeit weiß von der Bedeutung der Bacterien als Erreger von Infections- krankheiten bei den Warmblütern, insbesondere dem Menschen. (59) Unter dem Namen Infectionskrankheiten fasst man solche Krank- heiten zusammen, welche nur entstehen entweder durch Uebertragung von einer an der jeweiligen Krankheit erkrankten Person auf eine andere, oder deren Entstehung auf Orte bestimmter Qualität beschränkt ist. Erstere nennt man contagiöse, ansteckende: Scharlach. Masern, Pocken sind bekannte Beispiele dafür. Letztere, für welche das Wechselfieber das bekannteste Beispiel ist. heißen miasmatische. Combiniren sich beide Verhältnisse, so kann man von miasmatisch- contagiösen reden, und zwar in zweierlei Sinn: entweder dass eine 1 1 8 XIII. Vorlesung. Krankheit erworben werden kann an bestimmten Orten oder auch durch Ansteckung von Person zu Person, unabhängig von der mias- matisch qualificirten Oertlichkeit; oder aber, dass eine Krankheit zwar contagiös ist, aber nur unter der Voraussetzung vorhandener miasma- tischer Infection der anzusteckenden Person. Hinzugefügt muss eigent- lich noch werden, dass man bis vor kurzem von Infectionskrankheit nur dann redete, wenn das Ding, durch welches die Infection erfolgt, das Contagium oder das Miasma nicht näher bekannt war. Er- folgte die Erzeugung einer Krankheit durch bekannte von Person zu Person übertragbare oder nur an bestimmt qualificirten Orten zu er- werbende Parasiten, z. B. Läuse oder Entozoen, so war nicht von in- fectiösen, sondern von parasitären Krankheiten die Rede. Ueber die allgemeinen Qualitäten der jeweils unbekannten, un- sichtbaren Contagien und Miasmen bestanden selbstverständlich Vor- stellungen und zwar nahm man aus gutem Grunde an, es seien be- stimmte Stoffe, Infections-, Ansteckungsstoffe, in feinster Ver- theilung und minimalster Quantität wirksam. Die Eigenschaften lebender Wesen wurden den Infectionsstoffen oder Contagien, wie wir dafür jetzt allgemein sagen wollen, von Manchen längst zugesprochen; anfangs, in den Zeiten, aus welchen die Namen Contagium vivum oder animatum stammen, in wenig klarer und präciser Weise. Einen präcisen Sinn erhielt das überkommene Wort Contagium vivum 1840 durch Henle, der in seinen »Pathologischen Untersuchungen « klar und scharf entwickelte, dass und warum man die bis dahin unsichtbaren Contagien für lebende Organismen zu halten habe. Seine Argumentation resumirt sich heutigen Tages in Kürze etwa folgendermaßen. Die Contagien haben die nur von Lebewesen bekannte Eigenschaft , unter geeigneten Bedingungen zu wachsen , sich zu ver- mehren auf Kosten anderer als ihrer eigenen Substanz, jene Substanz also zu assimiliren. Die jedenfalls minimale Menge Contagium, welche Einen bei flüchtigem Besuch eines Patienten inficirt, kann sich im Kör- per des Angesteckten ungeheuer vermehren, denn dieser vermag eine unbegrenzte Zahl empfänglicher Gesunder wiederum anzustecken, also wenigstens die gleiche Minimalmenge Contagium, welche er selbst em- pfangen hat, unbegrenzt viele Male wieder abzugeben. Wenn man aber den Contagien die characteristischen Eigenschaften von Lebewesen zuerkennen muss, so liegt kein Grund vor, sie nicht auch für wirkliche Lebewesen, also für Parasiten zu halten. Denn der einzige allgemeine Unterschied zwischen ihrem und der letzteren Auftreten und Wirkung besteht darin, dass man die bekannten Parasiten gesehen hat und die Ursächliche Beziehungen parasitischer Bacterien zu den Infectionskrankheiten. 1)9 Gontagiumparasiten nicht. Dass letzteres in der Mangelhaftigkeit der Untersuchung liegen kann, dafür hestanden schon 1840 die Erfahrungen über die Krätze, deren fast makroskopisches Contagium, die Krätz- milbe, lange wenigstens verkannt worden war. Es war ferner kurz vorher das Achorion, der mikroskopische Pilz, welcher den Favus verursacht, es war der Pilz, der die als Muscardine bekannte Infee- tionskrankhoit der Seidenraupen hervorruft, unerwarteter Weise ent- deckt worden. Nebst anderen analogen Erscheinungen kam später, in den fünfziger Jahren, die Entdeckung der Trichinen als ein ganz eclatanterFall von lange übersehenen Gontagiumparasiten hinzu. Henle wiederholte seine Darlegungen in der »Rationellen Pathologie«, 18.'}:}, fand aber damit, aus Gründen, die wir hier nicht zu untersuchen ha- ben, auf dem Gebiete der thierischen Pathologie zunächst wenig Be- achtung und Anklang. Es war vielmehr das Gebiet der Pflanzenpathologie, auf welcher Henle's Ansichten zunächst weiter entwickelt werden und festeren Fuß fassen sollten. Freilich wussten die mit den Pflanzenkrankheiten be- schäftigten Botaniker von Henle's pathologischen Arbeiten nichts, sie gingen selbständig vor, anknüpfend an einige höchst ausgezeichnete Anfänge aus dem Beginn des Jahrhunderts. Aber thatsächlich kamen sie auf die von Henle vorgezeichnete Bahn und seit etwa dem Jahre 1850 sind in stetem Fortschritte nicht nur alle infectiösen Pflanzen- krankheiten auf Parasiten als ihre Erreger zurückgeführt, sondern die meisten Pflanzenkrankheiten überhaupt als parasitäre Infectionskrank- heiten nachgewiesen. Man kann jetzt allerdings sagen, die Arbeit auf diesem Gebiete war relativ leicht , theils wegen des der Untersuchung relativ leicht zugänglichen Baues der Pflanzen, theils weil die meisten Parasiten, um welche es sich handelt, eigentliche Pilze und erheblich größer sind als die meisten Contagien des Thierkörpers. Theils in mehr oder minder bewusstem Anschluss an diese botani- schen Fortschritte, theils in Folge der ums Jahr 1860 durch Pasteur neu aufgenommenen und belebten vitalistischen Gährungstheorie kam man auch auf dem Gebiete der Thierpathologie wieder zurück auf Henle's vitalistische Theorie der Contagien. Henle selber hatte in sei- nen Darstellungen schon auf die Vergleichspunkte zwischen seiner Theorie und der damals durch Cagniard-Latour und Schwann begrün- deten Gährungstheorie hingewiesen. Angeregt, wie er ausdrücklich sagt, durch Pasteur's Arbeiten er- innerte sich Davaine der von seinem Lehrer Rayer zuerst gesehenen Stäbchen im Milzbrandblute und entdeckte in denselben nun wirklich 1 20 XIII. Vorlesung. den Erreger der Milzbrandkrankheit, die als Typus einer Infections- krankheit gelten kann, sowohl einer contagiösen, als auch, insofern sie wie oben beschrieben von Milzbranddistricten ihren Ursprung nimmt, einer miasmatischen. Hiermit war, im Jahre 1863, ein ganz wesent- licher Fortschritt im Sinne der Henle'schen Theorie gemacht, insofern ein sehr kleiner, auch in der damaligen Zeit noch nicht so ganz leicht zu beobachtender Parasit als Gontagi um* erkannt wurde. Wesent- liche Fortschritte traten zunächst nicht hinzu. Vielmehr führte, zumal in Deutschland, der Uebereifer unreifer Autoren, der durch die Cholera- epidemie des Jahres 1 866 noch besonders aufgeregt wurde, zu einem wüsten Unfug angeblicher Parasitensucherei, welcher ernstere Forscher um so mehr abschrecken musste, als es ihm an Beifall eine Zeit lang nicht fehlte. Heute sind das längstvergangene Dinge geworden, von denen man nicht weiter zu reden braucht. Seit 1 870 etwa richtet sich wieder allgemeinere Aufmerksamkeit auf diese Fragen. Die Zahl der Arbeiten, welche sie behandeln oder be- rühren, wächst rasch an ; sie ins Einzelne zu verfolgen kann hier nicht unsere Aufgabe sein. Gohns und Billroths früher schon erwähnte (1,6) Arbeiten auf der einen, und auf der specieller pathologischen Seite jene von v. Reckling hausen und von Klebs sind als neue, hauptsächlich anregende Anfänge hervorzuheben und ganz besonders ist es Klebs' Verdienst, in ausdrücklichem Anschluss an Henle nicht nur Aufgaben und Fragestellung, sondern auch, bis ins Einzelne gehend, die Wege und »Methoden« zu ihrer Lösung klar hervorgehoben und, wenn auch zu hastig, verfolgt zu haben. Pasteur und seine Schule gingen selb- ständig die gleichen Wege. So gestalteten sich Fragestellungen, Experi- mente und Kenntnisse successive präciser und reicher. Der letzte zu erwähnende Fortschritt beginnt mit der Betheiligung Robert Koch's bei der Arbeit, seit 1876. Sein Verdienst ist es, auf den von seinen Vor- gängern angegebenen Wegen als höchst verständiger Forscher, ohne Ueberstürzung vorwärts gegangen zu sein, mit umsichtiger Benutzung aller Fortschritte der morphologischen Untersuchung, der mikrosko- pischen und experimentellen Technik. Er hat hierdurch als der Erste saubere Resultate für vorher immer noch bestrittene Fälle erhalten, wie die vorstehende Darstellung der Milzbrand-Aetiologie erweist, de- ren Abrundung vorwiegend seinen Untersuchungen zu danken ist; und hat Andern gezeigt, wie man es machen muss, um in solchen Dingen vorwärts zu kommen. Das Resultat aller dieser Bestrebungen ist nun dieses, dass man, ähnlich wie in der Pflanzenpathologie seit 30 Jahren, erstens für eine Einleitung. 1 0 1 Anzahl Fälle sicher constatirte, dass das Contagium in nichts anderm als einem mikroskopischen Parasiten besteht, auch manche Krank- heiten in diesem Sinne als Infectionskrankheiten kennen lernte, deren infectiöse Natur früher bestritten oder zweifelhaft war. Zweitens wurde das Gleiche für andere Fälle wenigstens sehr wahrscheinlich gemacht. Drittens endlich bleibt ein sehr erheblicher Rest, in welchem der ge- suchte Parasit bis jetzt nicht gefunden oder doch ganz zweifelhaft ge- blieben ist. Es hat sich ferner herausgestellt, dass mit einzelnen, zumal Haut- krankheiten und dergl. betreffenden Ausnahmen , bei welchen relativ große, wirkliche Pilze ins Spiel kommen, die bisher sicher ermittelten und die weitaus wichtigsten Contagiumparasiten der Warmblüter Bac- terien sind. Folgen von alledem sind einmal, dass die Henle'sche Lehre zum weitverbreiteten Dogma geworden ist. Dagegen ist nichts einzuwenden, sobald man an Stelle des Glaubens die verständige persönliche Ueber- zeugung setzt, welche allerdings auf eine Anschauung bestimmt ge- richtet ist, aber doch die Möglichkeit, eines anderen belehrt zu werden, nicht von der Hand weist. Dass der durch die Theorie postulirte Parasit nicht gefunden ist, kann keinen Grund gegen das Festhalten an ihr abgeben, denn die Ursache davon kann in einem Ueber- sehen des Parasiten wegen Kleinheit, Lichtbrechung, weil man ihn nicht am richtigen Orte und zur richtigen Zeit suchen gelernt hat, ge- legen sein. Hatte man doch, als Henle seine Lehre 1840 begründete, den Milzbrandbacillus noch nie gesehen, ja selbst die Trichinen zwar gesehen, aber von ihrer krankmachenden Eigenschaft keine Ahnung. Sodann wird in zweifelhaften oder fraglichen Fällen fast aus- nahmslos nur nach Bacterien gesucht. Das ist principiell unrichtig. Practisch mag es ja wohl sein, nach solchen Formen zu suchen, für welche den vorhandenen Erfahrungen zufolge die meiste Wahrschein- keit der Auffindung vorhanden ist. Allein man muss bedenken, dass auch Organismen anderer Art ins Spiel kommen könnten, die man nicht erwartet und von denen man vielleicht derzeit nicht viel weiß. Ist es ja doch noch nicht lange her, dass man auch von den Bacterien nicht viel wusste, noch erwartete. Dass das kein leeres Gerede ist, zeigen manche überraschende Erfahrungen, welche die Pflanzenpatho- logie zu verzeichnen hat, und die unten zu berührende Geschichte der Pebrine. Drittens liegt, wenn die Glaubensstärke die Kritik überwältigt, die Gefahr nahe, auf das Vorhandensein eines Bacteriums sofort den Schluss 122 XIII Vorlesung. zu bauen, dasselbe sei der gesuchte Krankheiterreger. Nach dem, was wir früher (V.) über die weite Verbreitung entwicklungsfähiger Bacterien kennen gelernt haben, wird aber leicht als möglich erkannt werden, dass in einem erkrankten Körper Bacterien vor oder nach dem Tode zur Entwicklung kommen, dass eine bestimmte Form characteristisch, selbst constant und ausschließlich bei bestimmter Krankheit wird vorhanden sein, daher auch hohen diagnostischen Werth haben können, ohne die Rolle des krankmachenden Con- tagiums zu spielen. Um letzteres sicher zu stellen, ist unbedingt erforderlich das saubere Experiment mit klarem positiven Resultat; also saubere Trennung des zu untersuchenden Parasiten von Bei- mengungen, saubere Infection des geeigneten Versuchsthieres mit dem reinen Material, und strengste Gontrole und Kritik des Resultats. Das beschriebene Beispiel vom Milzbrand kann das wiederum illustriren. Ohne das gelungene Experiment hat die Beweisführung immer eine Lücke, welche durch andere Argumente nicht beseitigt werden kann, mögen diese auch noch so geeignet sein, persönliche Ueberzeugung zu begründen. Allerdings kann letztere auch bestehen bleiben ohngeach- tet mangelnden experimentellen Nachweises. Wie oben dargestellt wurde, gedeiht ein Parasit nicht, oder nicht gleich gut in jeder Wirth- species; er kann die eine befallen und krank machen, die andere nicht. Das Experiment kann also im gegebenen Falle darum ohne positiven Erfolg bleiben, weil für dasselbe nicht die richtige, d. h. infections- empfängliche Species von Warmblütern benutzt worden ist. Das ist be- sonders zu beachten für solche Infectionskrankheiten , welche den Menschen speciell betreffen. Wir können, resp. dürfen nicht mit Men- schen frei experimentiren, sondern müssen hierfür andere Warmblüter nehmen, und hierin allein kann der Grund dafür gelegen sein, dass in manchen, unten theilweise zu erwähnenden Fällen, das Versuchsresul- tat derzeit zweifelhaft oder negativ geblieben ist. Das Gesagte wird genügen, um Fernerstehenden im voraus anzu- deuten, welches die Gründe sein können, warum man hier von zweifel- haften Fällen und Angaben eventuell zu reden hat. Gehen wir jetzt über zur Betrachtung der Thatsachen. Unsere Aufgabe ist, wie oben gesagt wurde, Hervorhebung des Wichtigsten, was auf krankmachende Bacterien Bezug hat. Eingehende Besprechung oder auch nur vollständige Aufzählung der Krankheiten selbst, um wrelche es sich handelt, liegt außerhalb unserer Aufgabe ; wir müssen dafür wiederum auf die medicinische Literatur verweisen. Wie die Einzelfälle aber auch beschaffen sind, überall kehren in Einleitung. Rückfalltyphus. 123 den Hauptsachen, die uns beschäftigen, analoge Erscheinungen und Fragen wieder, wie jene, welche oben für Milzbrand und Hühner- cholera etwas ausführlicher discutirt worden sind, und welche sich einordnen in die große Reihe der Erscheinungen und Fragen des Para- sitismus, über die im X. Abschnitte eine gedrängte Uebersicht zu geben versucht wurde. Mit Hinweisung auf diese obigen Auseinandersetzungen fassen wir uns jetzt kurz und beginnen mit der Betrachtung einiger relativ gut be- kannter Fälle. •2. Der Rückfalltyphus, Typhus, Febris recurrens (60), ist eine in Asien und Afrika verbreitete , in Europa in Russisch-Polen und Ir- land endemische, in andere europäische Gebiete zuweilen verschleppte Krankheit. Sie ist ansteckend von Person zu Person oder durch Ver- mittelung von Gebrauchsgegenständen. Fünf bis sieben Tage nach der Ansteckung stellt sich heftiges Fieber mit anderen, hier nicht zu be- schreibenden Symptomen ein, welches meist ebenfalls fünf bis sieben Tage dauert, und dann einer etwa ebenso langen fieberfreien Zeit Platz macht. Dann folgt ein Rückfall in den Fieberzustand und der gleiche Wechsel kann sich mehrmals wiederholen, mit schließlich meist günstigem Ausgang. Während des Anfalles findet sich in dem oft schwarzrothen Blute des Patienten in Menge ein zartes Spirillum, der Spirochaete Cohnii ähnlich (Fig. I6,e, S. 97), bis 40 fi lang, lebhaft beweglich, 1873 von Ober- meier entdeckt und nach ihm Spirochaete Obermeieri genannt. Während der fieberfreien Intervalle ist von der Spirochaete nichts zu finden. Die Krankheit geht auf Menschen und auf Affen über, wenn man dieselben mit spirochaetehaltigem Blute eines Patienten impft. Wäh- rend der fieberfreien Zeit entnommenes, also von Spirochaete freies Blut ruft nach Impfung keine Erkrankung hervor. Impfversuche an anderen Thieren blieben stets erfolglos. Cultur der Spirochaete außer- halb des Thierkörpers ist bis jetzt nicht gelungen. Nach diesen Daten darf wohl angenommen werden, dass die Spirochaete das Contagium des Recurrens ist, wenn man auch ihre Lebensgeschichte noch sehr unvollkommen kennt; denn man weiß nichts sicheres über ihren Verbleib während der fieberfreien Intervalle, über die Form und den Weg ihres Ueberganges von Person zu Person, über etwaige Sporenbildung oder sonstige Dauerzustände. 3. Eines der wichtigsten Resultate der Erforschung krankmachender Bacterien ist die Entdeckung des Gontagiums der Tuberculose, des 124 XIII. Vorlesung. längst populär gewordenen Tuberkel-Bacillus durch Koch (61). Die Krankheit ist genannt nach einer für sie charakteristischen Neubildung oder Entartung, welche in Form von Knötchen, Tuberkeln, in dem Gewebe der Organe auftreten. Am bekanntesten ist die Tuberkel- bildung in den Lungen, Lungentuberculose, Lungenschwindsucht: im übrigen ist wohl kein anderes Organ von der Tuberkelbildung aus- geschlossen; als bevorzugter Sitz derselben seien nur noch die Lymph- drüsen genannt. Die Tuberculose kann außer dem Menschen Warmblüter aller Art befallen. Das gilt insonderheit für unsere gewöhnlichen Haus- und Versuchsthiere. Die Tuberculose des Rindes ist unter dem Namen Perl sucht bekannt. Nach Species verschiedene Empfänglichkeit tritt allerdings hervor; die Feldmaus z. B. ist in hohem Grade, die Haus- maus wenig infectionsempfänglich. Die primären anatomischen Ver- änderungen bei der Tuberkelbildung sind in allen Fällen die gleichen. Die in der Folge auftretenden und das Gesammtbild der Krankheit können sich sehr ungleich gestalten. In dem Tuberkel, zum mindesten in dem frischen, wies nun Koch und mit ihm etwa gleichzeitig Baumgarten einen characteristischen stabförmigen Bacillus nach. Derselbe kommt den genannten Autoren zufolge stets daselbst vor, wenn auch in nach Einzelfall sehr ungleicher Menge. Er geht über in den Auswurf, das Sputum Lungentuberculöser, und ist in diesem zu finden. Er lässt sich bei gehöriger Sorgfalt rein erhalten und auf erstarrtem Blutserum oder in Fleischinfus durch wiederholte Generationen rein cultiviren. Wird bacillenhaltige Tuberkelsubstanz oder, besser noch, rein cultivirter Bacillus empfänglichen Thieren unter die Haut geimpft, oder in ein Blutgefäß oder eine Körperhöhle injicirt, oder in Wasser sus- pendirt fein zerstäubtes reines Bacillenmaterial zur Inhalation ge- bracht, so erfolgt ausnahmslos — Kochs Versuche erstreckten sich über 217 Individuen empfänglicher Thierspecies (Kaninchen, Meer- schweine, Katzen, Feldmäuse), Controlthiere und Individuen minder empfänglicher Arten nicht mitgerechnet — so erfolgt ausnahmslos Tuberkelbildung mit ihren Gonsequenzen und in den Tuberkeln wurde jedesmal der Bacillus gefunden. Nicht minder entsprach jedesmal der Ort des Auftretens der Tuberkel, ihre Häufigkeit und Verbreitung in und der Gang ihrer Ausbreitung durch den Körper den Erwartungen, welche nach dem Modus der Infection und dem Orte, wo sie angebracht wurde, vorauszusetzen waren. Nach diesen, durch Gontrolversuche noch weiter bekräftigten Resultaten ist die (übrigens schon früher aus Tuberkel-Bacillus. 125 anderen Thatsachen erschlossene) Infectiosität der Tuberculose und die Gontagiumeigenschaft des Bacillus sicher gestellt. Die Untersuchungen des Bacillus selbst lassen, soweit sie mit- getheilt sind, in morphologischer Hinsicht sehr viel zu wünschen übrig. Die Beobachter ließen sich meist mit dem Nachweise seines Vor- handenseins genügen und hierfür giebt sein eigenthümliches Verhalten zu AnilinfarbstofTen ein vorzügliches Mittel an die Hand. Im Gegensatz nämlich zu den allermeisten bekannten übrigen Bacterien nimmt er alkalische Methylenblaulösung oder gesättigte Lösung von Methylviolett langsam und schwer — erst nach mehrstündiger Einwirkung oder bei Erwärmung — auf, hält dann aber die angenommene Färbung fest, wenn jene anderen Bacterien, durch bestimmte Reagentien, z. B. ver- dünnte Salpetersäure, rasch entfärbt werden. An diesem Verhalten, sammt ihrer Gestalt und Größe, sind die Bacillen relativ leicht zu er- kennen und von anderen zu unterscheiden. Sie treten auf in Form schlanker Stäbchen, die manchmal etwas gekrümmt oder geknickt sind, und eine Länge von 1,5 bis 3,5 ft erreichen. Weder im lebenden noch im gefärbten Zustande lassen sie in der Regel eine Quergliederung erkennen. Sowohl in den Culturen als im Körper und in den Sputis Kranker findet man in ihnen endogene Sporen, welche nach Kochs kurzer Angabe denen endosporer Bacillen entsprechen müssen , übri- gens nicht näher beschrieben werden. Nach den Darstellungen sporen- führender Exemplare nun, und unter der Voraussetzung, dass sich diese Species nicht ganz anders verhält wie die übrigen endosporen Bacterien (vgl. S. 13), müssen die Stäbchen ganz ähnliche Gliederung besitzen wie der oben beschriebene Bacillus Megaterium, denn sie werden ab- gebildet mit i — 6 , wie in Fig. 1 r in einer Reihe dicht übereinander stehenden Sporen. Jede dieser muss, wenn unsere obige Voraussetzung und die Darstellung richtig ist, in einer kurzen Gliederzelle liegen. Hiermit steht in Uebereinstimmung, dass man in gefärbten Präparaten die Stäbchen manchmal durch schmale hyaline Querstreifen in eine Reihe von Gliedern zertheilt findet, welche nicht länger als breit sind. wie es Zopf in seiner 3. Auflage abbildet. Diese Glieder Kokken zu nennen ist eine müßige Wortspielerei. — Wenn junge vegetirende Stäbchen langgliedrig sind, so stimmt auch dieses mit B. Megaterium überein. Nach dieser Beschreibung verzichte ich darauf, eine Abbil- dung zu geben; die bildliche Darstellung dessen, was man bis jetzt ge- sehen hat, gäbe sich als einfacher oder unterbrochener schwarzer Strich. Fig. I, b — /'undr, S. 13 entsprechen den derzeitigen Kenntnissen von den Formverhältnissen des Tuberkelbacillus, nur dass die Länge 126 XIII. Vorlesung. der Stäbchen dieses durchschnittlich nicht größer ist. als die Breite der in Fig. I von B. Megaterium dargestellten. Die lebenden Stäbchen sind, nach Koch, ohne Eigenbewegung. Bei der Cultur auf erstarrtem Blutserum bleiben sie, ohne dieses zu verflüssigen, auf der Oberfläche und bilden hier auch bei relativ reich- licher Entwickelung wenig ausgedehnte dünne, trockene Schüppchen, welche sich unter dem Mikroskop als aus wellig gekrümmten Schwärmen und Bündeln von Einzelstäbchen bestehend erweisen. Im Vergleich mit den meisten anderen Bacterien wächst der Tu- berkelbacillus langsam; er ist hierin dem Kefirbacterium ähnlich. In den Culturen auf Serum braucht es 1 0 — 1 5 Tage , bis man mit bloßem Auge ein Wachsen bemerkt. Auch bei denlnfectionen sind 2 — 8 Wochen erforderlich, bis das Besultat hervortritt. Die Cultur außerhalb des lebenden Thieres ist auf anderen als den oben genannten Nährböden nicht gelungen ; für die Vegetationstempe- raturen hat sie die oben, S. 42, genannten Cardinalpunkte ergeben. Gegen äußere Schädlichkeiten hat der Bacillus eine ziemlich hohe Resistenz-, wobei er seine Infectionstüchtigkeit beibehält. Er erträgt hohe, dem Siedepunkt nahe Temperaturen , wenn auch bei Kochen im durchfeuchteten Zustande bald Tödtung eintritt. Austrocknung wurde bis zu 186 Tagen, Aufenthalt in faulendem Sputum 43 Tage ertragen. Die auf die Resistenz bezüglichen Versuche sind überhaupt mit bacillus- haltigem Sputum angestellt worden. Inwieweit die hohe Dauerhaftig- keit auf die Sporen beschränkt oder auch den vegetativen Stäbchen eigen ist, ist nicht streng untersucht, nach den anderweiten Erfahrungen wird sie den Sporen vorzugsweise zukommen. Diese Thatsachen miteinander geben eine befriedigende Erklärung für das Auftreten der Tuberculose als Folge der Infection mit dem Ba- cillus. Die weite Verbreitung der Krankheit ist Jedem bekannt, auch wenn man nur an die Lungentuberculose denkt. Durchschnittlich der siebente Theil menschlicher Todesfälle erfolgt durch Lungenschwind- sucht. In den Abgängen Tuberculöser ist der Bacillus meistens, ent- wickelungsfähig und virulent, enthalten. Auch hier kommt der Aus- wurf, welchen Schwindsüchtige oft Monate und Jahre lang von sich geben, vorzugsweise, doch keineswegs ausschließlich in Rechnung. Von 982 Sputa, welche Gaffky untersuchte, wurde in nur 44 der Ba- cillus vermisst. Es ist klar, dass dieser mit solchen Abgängen reichlich in den Verkehr kommt, und wenn dieselben eintrocknen, mit dem Staub und dergleichen Verbreitung finden muss. Die Gelegenheit zur Infection ist daher innerhalb des menschlichen Verkehrs reichlich ge- Tnberkcl-Bacillus. 127 geben. Ausführlicher brauchen wir hier auf die Sache nicht einzu- gehen, und auch die Behandlung der Frage nach dem Verbreitungs- modus des Bacillus in dem einmal inficirten Körper würde hier zu weit in medicinische Details führen. Dass hier auch die Empfänglichkeit des zu Inficir enden für den Erfolg der Infection mit maßgebend ist. geht schon aus der Thatsache hervor, dass in Krankensälen und An- stalten, in welchen sich Tuberculöse Jahraus Jahrein aufhalten, nicht Jeder mit Erfolg tuberculös inficirt wird. Es steht diese Erscheinung aber auch in Uebereinstimmung mit dem, was wir allgemein über die individuellen oder specifischen Verschiedenheiten in der Empfänglich- keit für Parasitenangriffe kennen. Die vorstehenden Thatsachen und Ansichten werden nicht ge- ändert durch die Angaben von Malassez et Vignal , welche eine mit reichlicher Micrococcus-Vegetation einhergehende Tuberculöse be- schreiben , die sie tuberculöse zoogloique nennen, und bei welcher sie den Bacillus in manchen Fällen auch fanden, in anderen nicht. Koch 's klaren Resultaten gegenüber kann es sich, wenn jene Angaben richtig sind, nur handeln entweder um eine Complication, oder aber um eine der Bacillus-Tuberculose ähnliche, aber ihrer parasitären Ursache nach von ihr verschiedene Krankheit. i. Gonorrhoische Erkrankungen (62) nennt man bestimmte beim Menschen vorkommende eiterige Entzündungen, welche vorzugs- weise die Harnröhrenschleimhaut (Tripper) und die Bindehaut des Auges betreffen. Die Binde- haut-Blennorrhoe der Neugeborenen darf ihnen jedenfalls angeschlossen werden. Zu den characteristischen Eigenthümlich- keiten dieser Erkrankungen gehört ihre hohe In- fectiosität, und es ist längst bekannt, dass die Fig. 20. Ansteckung erfolgt durch das eiterige Secret des Patienten. Die Ansteckung gesunder Menschenaugen geschieht, wie Hirschberg sagt, »mit der Sicherheit eines physikalischen Experiments«. Mit derselben Sicherheit findet man in dem infectiösen Eiter einen stattlichen, von Neisser entdeckten und Gonococcus genannten Mi- Fig. 20. Micrococcus Gonococcus. Aus dem Bindehautsecret eines an Blennorrhoea neonatorum behandelten Kindes. Vier Eiterzellen mit ansitzendem Micrococcus — nach einem mit Methylviolett gefärbten Präparat. Die nur blass gefärbten Eiterzellen sammt ihren Kernen sind in der Zeichnung nur angedeutet, um den Micrococcus mehr hervortreten zu lassen. Vergr. 600. n stärker vergr. Um- risszeichnung einer einzelnen Zelle und eines aus Zweitheilung hervorgegangenen Paares. ]2S XIII. Vorlesung. crococcus (Fig. 20), und zwar vorzugsweise anscheinend aufsitzend auf Epithel- und Eiterzellen, nach neueren Beobachtungen in Wirklichkeit oberflächlich in ihren Körper eingedrungen, weniger zwischen den Ei- terzellen liegend. Es ist übrigens immer [nur eine relativ geringe, von Fall zu Fall wechselnde Zahl der vorhandenen Eiterzellen mit dem Gonococcus besetzt. Die Zellen desselben sind rundlich und ziemlich groß, von etwa 0,8 f.i Durchmesser, oft den Theilungen entsprechend paarweise zusam- menhängend, im erwachsenen Zustand durch hyaline, gallertige Zwi- schensubstanz getrennt und in ziemlich regelmäßigen Abständen über die Oberfläche der Eiterzelle vertheilt. Ob diese Anordnung in die Fläche in successive wechselnd nach zwei Richtungen stattfindender Theilung ihren Grund hat oder nur in entsprechender Verschiebung bei stets gleichsinniger Theilungsrichtung, mag dahingestellt bleiben ; für die erstere Annahme sehe ich in den beobachteten Thatsachen und vorliegenden Beschreibungen keinen nöthigenden Grund. Bei anderen Entzündungen der in Rede stehenden Schleimhäute findet man diesen Gonococcus nicht, und andere Bacterien rufen die gonorrhoischen Erscheinungen nicht hervor. Hiernach wird, wenn man Analogien zu Hülfe nimmt, sehr wahrscheinlich, dass die infectiöse Eigenschaft des gonorrhoischen Secrets in der Gegenwart des Coccus ihren Grund hat, dass dieser das wirkende Contagium ist. Andere Warmblüter als der Mensch sind, soweit untersucht, für die gonorrhoische Infection nicht oder sehr schwer empfänglich; die weitaus meisten Thierversuche mit Augensecret misslangen. Culturen des Micrococcus Gonococcus außerhalb des lebenden Pa- tienten gelingen sehr schwer. Doch werden gelungene angegeben, von Hausmann auf erstarrtem Blutserum für Bindehautsecret von Neugeborenen, von Bockhardt und Bumm für Harnröhrensecret ; die umsichtigen Beobachtungen des letztgenannten Autors schließen wohl jeden Zweifel aus. Infectionen mit dem rein cultivirten Coccus gelangen am Auge neugeborener Kaninchen (Hausmann) und an dem Auge und der Harnröhre von Menschen (Bockhardt, Bumm). Nach den von Bumm an der Bindehaut des menschlichen Auges angestellten Untersuchungen dringt der Micrococcus zwischen den Epithelzellen ein, bis in den Pa- pillarkörper der Schleimhaut, an diesen Orten, später auch im eiterigen Secret sich vermehrend und ausbreitend, schließlich durch Regenera- tion des Epithels und Eitersecretion in weiterem Vordringen gehindert und entfernt. Bockhardt's Fall zeigte complicirtere Erscheinungen. Für die Einzelheiten sei auf Bumm's vortreffliche Monographie verwiesen. Gonorrhoische Erkrankungen. 129 Rückfallfieber, Tuberculose und Gonorrhoe habe ich, so verschie- denartig sie auch sind, zusammengestellt, weil sie, wenn man die theil- weise noch bestehenden Lücken in der Kenntniss bei Seite lässt und Wahrscheinliches für gewiss nimmt, Beispiele darstellen für thatsäch- lich obligat parasitische Bacterien. Streng obligat ist für unsere derzeitige Kenntniss Spirochaete Obermeieri, insofern sie, ohne saprophytische Digression, nur von Person zu Person übertragbar ist, und dazu nur auf Menschen und Affen eingeschränkt. Der Tuberkelbacillus und der Gonococcus können allerdings in saprophytischer Lebensweise cultivirt, facultativer Saprophytismus kann ihnen nicht ganz abgesprochen werden. Thatsächlich kann diese Eigenschaft aber für sie kaum in Betracht kommen. Für den Tuberkelbacillus, wie Koch urgirt, darum nicht, weil die Bedingungen seiner saprophytischen Vegetation derart beschaffen und eingeschränkt sind, dass sie sich kaum je anders als in ad hoc eingerichteten Appa- raten finden werden. Für den Gonococcus aus denselben Gründen; dies folgt ohne weiteres aus den Erfahrungen im Großen; aus diesen folgt dann ferner, dass die Resistenz des Gonococcus eine sehr geringe ist, seine infectiöse Verbreitung z. B. durch den Staub nach Austrock- nen gar nicht in Betracht kommen kann. Denn die gonorrhoischen Er- krankungen sind der Tuberculose an Häufigkeit gewiss nahestehend; ihre Secrete kommen in den Verkehr, mit ihnen der Gonococcus. Wäre dieser, unter gewöhnlichen natürlichen Verhältnissen, saprophytischer Vegetation fähig, so wäre kaum denkbar, dass nicht zuweilen wenig- stens Infection auf anderem Wege als von Person zu Person stattfände. Das ist aber, ganz zweifelhafte vereinzelte Angaben abgerechnet, nicht der Fall. 5. Den relativ gut bekannten Infectionskrankheiten, welche uns hier beschäftigen, kann jetzt auch wohl die Asiatische Cholera (76) zugezählt werden. Schon Anfang der SOer Jahre glaubte Pacini ein Contagium vivum dieser Krankheit gefunden zu haben, und zwar in den Bacterien, oder Vibrionen wie er sie nennt, welche er in Darm und Ausleerungen beobachtete. Später (1867) hat Kl ob den Darminhalt und die Entleerungen von Opfern und Patienten der asiatischen Cho- lera untersucht, in denselben ebenfalls stets erhebliche Mengen von Bac- terien gefunden und, von der Annahme, dass dieselben Zersetzungswir- kungen ausüben, ausgehend, als wahrscheinlich hingestellt, dass jene Bacterien im Darm und von diesem aus die Krankheit erregen. Die Kenntnisse von den Bacterien waren zu jenen Zeiten nicht soweit de Bary, Bacterien. '.'. Aufl. (I 130 XIII. Vorlesung. entwickelt, dass eine schärfere Unterscheidung und Trennung der man- cherlei Formen, welche in Darm und Dejecten gefunden wurden, hätte vorgenommen werden können. Die Extravaganzen, welche dann, in den 60er Jahren, von anderer Seite gemacht wurden, um das Choleracon- tagium, einschließlich der Bacterien, auf gewöhnliche Schimmelpilze und hypothetische Parasiten der Reispflanze zurückzuführen, und die Thatsache, dass Untersuchungen Nichtcholerakranker scheinbar ganz ähnliche Bacterienbefunde in dem Darm ergaben wie die Klob'schen, ließ diese und die ganzen auf das Contagium vivum in diesem Falle ge- richteten Bestrebungen wieder in den Hintergrund treten. In Indien, der ständigen Heimath der Seuche, nachmals angestellte Untersuchun- gen englischer Aerzte ergaben auch kein positives sicheres Resultat. Die Kenntnisse von den Bacterien und von der Realität der Con- tagia viva waren dann beträchtlich vorgeschritten, als 1883 die in Aegypten ausgebrochene Epidemie Veranlassung zu erneuter Wieder- aufnahme der Frage gab. R. Koch, der bewährteste Forscher auf dem Gebiete, untersuchte in Aegypten und in der ständigen Cholera-Hei- math, und brachte die Kenntniss einer bestimmt characterisirten Bac- terium-Form mit zurück, welche sich im Darm frischer Cholerafälle findet, einmal auch in einem Wassertümpel eines Choleradistricts beob- achtet wurde, und in welcher er das specifische Contagium oder Miasma der indischen Seuche vermuthete. Dieselbe sei hier einstweilen Spi- rillum genannt. Nach den gegenwärtig bekannten Thatsachen kann kaum bezwei- felt werden, dass Koch's Spirillum das Contagium vivum der Asiati- schen Cholera wirklich ist. Erstens ist das, man kann sagen constante Vorhandensein desselben im Dünndarm, resp. den Entleerungen der Cholerakranken von allen Seiten, auch von Koch's Gegnern, derzeit bestätigt. In frisch zur Section gekommenen Fällen findet es sich manchmal fast als »Reincultur« im Darmschleim; anderemale allerdings minder rein und reichlich. In den exceptionellen Fällen, wo es nicht gefunden wurde, war theils eingestandenermaßen genaue Untersuchung nicht vorgenommen worden, anderntheils konnte es, zumal nach vor- geschrittenem Krankheitsprocess, übersehen oder wirklich verschwun- den — also früher dagewesen — sein. Bei anderen Krankheiten als der Cholera asiatiea wird das Koch'sche Spirillum nie im Darm oder sonst wo gefunden. Wie nachher noch besprochen werden soll, ist das Choleraspirillum als Saprophyt leicht rein zu cultiviren. Mit solch reinem lebenden Material an Thieren angestellte Infectionsversuche ergaben anfangs Asiatische Cholera. 131 immer negative oder im besten Falle unsichere Resultate. Besonders gilt dieses für jene Experimente, bei welchen die Infection mit der Nah- rung versucht wurde. Es zeigte sich, dass die Spirillen durch den sau- ren Magensaft getödtet, oder aus anderen Gründen unwirksam wur- den. — Abänderung der Versuchsanstellung führte aber zu positivem Erfolge. — Nicati und Rietsch und van Ermengem brachten das Spiril- lum, mit Ausschluss der Magenpassage, durch Injection direct in den Dünndarm. In van Ermengem's Versuchen erhielten Meerschweinchen in Fleischbrühe oder Serum cultivirtes Spirillum in das Duodenum in-, jicirt, und zwar 1 1 Thiere kleine Quantitäten — I Tropfen oder viel woniger von dieser Flüssigkeit. Von denselben verunglückte eines bald nach der Operation. Neun starben 2 — 6 Tage nach der Infection. Das I I.. welches »etwa y56 Tropfen« erhalten hatte, erholte sich nach kur- zer Erkrankung. Die Krankheitserscheinungen und der Sectionsbefund entsprachen nach der Darstellung van Ermengem's in allen wesentlichen Punkten jenen der asiatischen Cholera, soweit das bei der Verschiedenheit von Mensch und Meerschwein erwartet werden kann. In dem Darm der inficirten Thiere vegetirte das Spirillum stets reichlich, entweder rein oder mit anderen Bacterien gemengt. Ein Tropfen der spirillumhaltigen Darmflüssigkeit der Thiere brachte nach Injection in das Duodenum gesunder bei diesen die gleiche Erkrankung hervor. Endlich ergaben Controlversuche mit Injection andere Bacterien enthaltender Flüssig- keiten in das Duodenum keine Cholerasymptome, meist überhaupt keine Erkrankung. Ich habe diese Versuche hier vorangestellt, weil sie sich am ein- fachsten kurz resumiren lassen. Andere, insonderheit Koch und Doyen, erreichten dasselbe positive Resultat, indem sie die Spirillen mit dem Futter eingaben , nachdem der Mageninhalt durch Einführung alkali- scher Flüssigkeit entsäuert war, und ferner indem sie auf Grund einer Beobachtung Koch's die Prädisposition der Thiere für die Infection durch Eingeben von Opium und von Alkohol erhöhten. Wir müssen uns hier auf diese Andeutungen zur Constatirung der gelungenen In- fectionsversuche beschränken und für die Einzelheiten auf die Special- Literatur verweisen. Wie aus dem Mitgetheilten hervorgeht, vegetirt das Cholera- Spirillum constant im Darm der Kranken, sowohl in dem Darmschleim, als auch nach einigen Beobachtern in die Gewebe der Schleimhaut eindringend. In anderen Organen der Choleraleichen findet es sich nach Koch und den meisten anderen Beobachtern nicht, andere Baute- •J32 XIII. Vorlesung. rien ebensowenig. — Doch gibt Doyen sein Vorhandensein in Niere und Leber an und van Ermengem fand es in dem Blutstrom dreier sei- ner Versuchsthiere vor oder unmittelbar nach dem Tode. Auf Grund der Beobachtung des alleinigen Vorkommens im Darm nimmt man mit Koch wohl allgemein als sehr wahrscheinlich an, dass das Spirillum dort ein kräftig wirkendes Gift producirt, das dann, vom Darm aus resorbirt, die schweren Allgemeinsymptome der Cholera her- vorruft. Falls sich die Verbreitung des Spirillum durch den Blutstrom bestätigen sollte, müsste jene Annahme wenigstens eine Modification erfahren; jedenfalls bedarf sie noch des bestimmten Nachweises. Was die Gestaltung betrifft, so stellt das Koch'sche Cholera- contagium im Falle besterhaltener Gliederung schraubig gewundene Stäbe oder Fäden dar, wesentlich von der Form der S. 67 abgebilde- ten Spirillen und von sehr ungleicher Länge und Windungszahl. Die Dicke des Fadens beträgt etwa 0,5 tu — ganz genaue Angabe darüber ist nicht möglich; — die Weite der Schraubenwindungen ist der Fa- dendicke ohngefähr gleich oder kleiner; die Steilheit der Windungen individuell ungleich. Der Faden ist aufgebaut aus Gliedern oder Glie- derzellen, welche etwa die Länge eines halben Schraubenumlaufs er- reichen, daher einzeln mehr oder minder gekrümmte Stäbchen darstellen. Eine Trennung der Glieder von einander findet thatsächlich in der Regel bald nach jeder Theilung statt, wenn das Spirillum in gelatinösem Nährsubstrat (Gelatine, Agar) oder auf der Darmschleimhaut lebhaft vegetirt; das Bacterium tritt daher an diesen Orten auf in Form einzel- ner oder zu kurzen Reihen vereinigter Krummstäbchen, welche Koch ihrer Gestalt nach anschaulich mit einem Komma verglichen, daher Kommastäbchen, »Kommabacillen« genannt hat. In guten Nähr- lösungen, Z.B.Fleischbrühe, und in alten Gelatineculturen bleiben die Glieder häufiger lückenlos zu langen und anscheinend ungegliederten Schrauben vereinigt. In beiderlei Form ist das Spirillum beweglich, die Einzelstäbchen lebhafter als die längeren, zumal in den alten Gelatineculturen erwachsenen Schraubenfäden. Hueppe hat in alten Culturen eine weitere Erscheinung beobach- tet, welche als Sporenbildung und zwar Arthrosporenbildung zu be- zeichnen ist. Die Schraubenfäden theilen sich nämlich, von intercala- ren Orten aus beginnend, eine Strecke weit in kugelige Glieder, welche wenig dicker wie die vegetirenden, stärker lichtbrechend und durch wenig mächtige Gallerthüllen von einander getrennt resp. zusammen- gehalten werden. Dieselben theilen sich in dieser Form nicht, können aber später bei Zufuhr frischer Nahrung wieder zu Kommastäbchen Asiatische Cholera. I33 auswachsen und sich hierdurch als Sporen legitimiren. Sporen der gleichen Art scheinen schon von früheren Beobachtern gesehen, jedoch nicht richtig erkannt worden zu sein. Mit denselben haben nichts zu thun die Bildungen, welche Ferran beschrieben hat. Siebestehen da- rin, dass in älteren Gulturen die Schraubenfäden unregelmäßig und unförmlich, oder an den Enden rund-blasig anschwellen und in dieser Form, wie spätere Beobachter übereinstimmend gefunden haben, ab- sterben. Sie schließen sich also einfach jenen unter den Bacterien ver- breiteten, oben (S. 9) erwähnten Bückbildungs- oder Involutions- formen an. Ferraivs sensationelle Beschreibungen dieser Dinge sind jedem vernünftigen und halbwegs fachlich gebildeten Menschen unver- ständlich. Sie haben keine andere Bedeutung als die eines warnenden Beispiels für die Tollheiten, zu welchen Einer kommen kann, wenn er schlechte Beobachtungen durch unverstandene Namen und Kunstaus- drücke sich und Anderen wichtig zu machen bestrebt ist. Was die biologischen Eigenschaften des Choleraspirillum anlangt, so braucht nach dem Mitgetheilten nicht mehr ausdrücklich auf seinen facultativen Saprophytismus hingewiesen zu werden. Seine sapro- phytische Vegetation erfordert reichliche Sauerstoffzufuhr. Mit dieser auf geeignetem feuchten Suhstrat cultivirt, entwickelt es sich unter Verdrängung etwaiger Mitbewerber rasch und reichlich; nach einigen Tagen nimmt aber die Wachsthumsenergie wiederum rasch ab' — viel- leicht in Folge störender Einwirkung der eigenen Zersetzungsproducte. Am auffallendsten wurden diese Erscheinungen constatirt bei Cul- turen auf feuchter Leinwand, welch letztere aus practischen Gründen angewendet wurde. — Die optimale Vegetationstemperatur ist, wie schon S. AI erwähnt wurde, die des Warmblüterkörpers, ca. 37", doch genügen 20 — 25° zu noch guter Entwicklung. Bei 50 — 33° erfolgt in Flüssigkeit sichere Tödtung. Abkühlung auf oder unter den Gefrier- punkt tödtet das Spirillum nicht, wenn sie auch mehrere Stunden dauert. Völliges Austrocknen tödtet das vegetirende Spirillum binnen 24 Stunden. Die Arthrosporen bleiben dagegen, nach Hueppe's directer Beobachtung, auch nach dem Austrocknen bis 4 Wochen keimfähig. Da nun anderseits beobachtet ist, dass aus eingetrockneten Culturen nach längerer Zeit, bis fast 1 0 Monaten, wiederum neue, kräftig vegetirende Generationen hervorgehen können, so vermuthet Hueppe mit gutem, wenn auch nicht zwingendem Grunde, dass diese jedesmal aus Arthro- sporen erwachsen und letztere den specifisch resistenten Dauerzustand des Choleraspirillum darstellen. — Ueber den Nahrungsbedarf sind in Obigem die hier nöthigen Andeutungen ausreichend enthalten, und auf 134 XIII. Vorlesung. die ungünstige und selbst tödtende Einwirkung saurer Reaction der Substrate sei nur als Wiederholung nochmals hingewiesen. In den beschriebenen Lebenserscheinungen des Spirillum finden die hauptsächlichsten Erfahrungen über die Cholera als Infections- krankheit ihre Erklärung; speciell ihr Indigenat in den indischen Hei- mathsdistricten, ihre Einschleppung in andere Länder und Welttheile und in den Hauptzügen ihre Ausbreitung daselbst. Unerklärt bleibt freilich noch manches, z. B. die örtliche Immunität, die Thatsache, dass eine Epidemie in Europa nach einer bestimmten Zeitdauer völlig erlischt u. s. f. Gegen die festgestellten Erklärungen kann aber kein Einwand dadurch begründet sein, dass noch der oder jener Punkt un- aufgeklärt bleibt; ebensowenig hier wie auf anderen Gebieten mensch- lichen Wissens. Andere Einwendungen, welche bis in die neueste Zeit allerdings gemacht wurden, richteten sich direct gegen die Bedeutung des Koch- schen Spirillum als specifisches Gholera-Contagium. Soweit sie sich auf das Misslingen der Infectionsversuche mit reinem Spirillum grün- deten, sind sie durch die nunmehr vorliegenden positiven Resultate solcher Versuche beseitigt, wenn diese richtig sind. Anderseits stellten sie in Abrede, dass Koch's Spirillum ausschließlich bei Erkrankung an Cholera asiatica vorhanden sei. Finkler und Prior1 fanden ein dem Koch'sehen höchst ähnliches Spirillum bei der als einheimische Cho- lera, Cholera nostras bekannten Darmerkrankung. Lewis und nach ihm Klein wiesen auf das Komma -Spirillum des Mundschleims (vergl. S.97, Fig. 16 d) hin, welches in gesunden Menschen verbreitet und dem Koch'sehen, einzeln betrachtet, ebenfalls so ähnlich ist, dass es für identisch gehalten werden könnte. Weitere Untersuchungen haben je- doch zwischen diesen sowohl als auch anderen, hier nicht zu nennen- den ähnlichen Formen und dem Koch'sehen sichere, zumal bei der Cultur im Großen hervortretende Differenzen jetzt außer Zweifel ge- setzt; von dem Lewis'schen Mundspirillum sind sogar alle Versuche saprophytischer Cultur bis jetzt ohne positiven Erfolg geblieben. In wie weit Finkler und Prior's Spirillum seinerseits speeifischer Erreger an- derer Krankheit als asiatischer Cholera sein mag, ist hier nicht weiter zu discutiren. Den weitest gehenden Einwand aber macht Emmerich, seeundirt von H. Buchner, indem er statt des Koch'sehen ein anderes Bacterium als specifisches Cholera- Contagium hinstellt: ein kurzes, bewegungs- loses Stabbacterium, welches unter dem vorläufigen Namen des Neap- ler Bacillus in der Literatur figurirt. Cholera. Wundinfectionskrankheiten. J 35 Emmerich fand sein Bacterium bei der Untersuchung von Cholera- leichen in Neapel und zwar inGelatineculturen,bei denen in die Nähr- gelatine mit aller Vorsicht frische Stückchen der Darmwand, der Nie- ren und anderer innerer Organe, auch Blut von Choleraleichen oder -Kranken gebracht worden waren. Das Vorhandensein des Bacteriums in diesen Organen wurde aus dem Besultate der Gelatinecultur er- schlossen ; es wuchs in der Cultur, in den Organen selbst war es nicht direct nachgewiesen worden. Ein Jahr später in Palermo angestellte Untersuchungen ergaben dann, dass in den inneren Organen, Leber, Milz, Niere, und im Herzblut bei den meisten acuten Cholerafällen kein Bacterium nachzuweisen war, ebensowenig in dem klebrigen Exsudat der Peritonealhöhle. In einem Falle nur konnte aus der Leber der Neapler Bacillus herausgezüchtet werden. Dagegen fand sich jetzt im Magen- und Darminhalt der Neapler Bacillus in den meisten Fällen reichlich; — allerdings wohl nicht mit Sicherheit derselbe wie früher, denn die Entscheidung über die Identität wird weiterem Studium vor- behalten. Und ferner wurde der Neapler Bacillus in den meisten Fäl- len reichlich aus Bronchien und Lunge gewonnen. Auf der andern Seite bestätigen Emmerich und Buchner für ihre Fälle das so gut wie constante Vorhandensein des Koch'schen Spirillum im Darm. Emmerich hat nun weiter mit Beinmaterial seines Bacillus Infec- tionsversuche an Thieren angestellt und damit positive Besultate, d. h. Erkrankungen mit unzweifelhaften Cholerasymptomen erhalten. Solche Krankheitsbilder erhält man aber, wie Virchow bei der zweiten Ber- liner Choleraconferenz hervorhob, bei der Infection der Thiere mit den verschiedenartigsten fauligen und bacterienhaltigen Substanzen. Sie können daher für sich allein nichts entscheiden. Dieser Einwand richtet sich allerdings auch mit gegen die oben erwähnten positiven Erfolge der Infection mit Koch's Spirillum. Allein für dieses stimmen derzeit alle vorliegenden Beobachtungen und Versuchsresultate, auch die Beobachtungen der Widersacher überein im Sinne seiner Bedeu- tung als specifisches Cholera-Contagium. Emmerich's Befunde von Nea- pel und Palermo stehen dagegen sowohl mit denen aller anderen Beobachter, als auch unter sich in Widerspruch; das entwerthet, auf Grund der Virchow'schen Erfahrungen, seine Versuchsresultate. Nach den vorliegenden Materialien kann meines Erachtens der unbe- fangene Beurtheiler in Emmerich's Angaben keinen stichhaltigen Ein- wand gegen die Anschauungen Koch's und seiner Schule finden. 6. Zu den Erkrankungen , welche durch Bacterien-Contagien ver- ursacht werden, gehören weiter die in den Einzelsymptomen mannig- 1 3(3 XIJX Vorlesung. faltigen Wundinfectionskrankheiten, einschließlich jener des Wochenbettes, und jene, die mit Bildung von Eiterheerden, Abscessen der Haut und innerer Organe verbunden sind, von localen Hautabscessen, Furunkeln, Schwären, bis zu schweren Erkrankungen (63). Man findet bei diesen Erkrankungen an den inficirten Wund- flächen, in dem Eiter u. s. f., mit Ausnahme seltener, aus ganz be- stimmten Gründen exceptioneller Einzelfälle, Bacterienformen; und nach den gegenwärtigen Grundanschauungen liefert schon der eminente Erfolg der von Lister eingeführten antiseptischen, d. h. auf Fernhaltung und Unschädlichmachung von Zersetzungerregern gerichteten Wund- behandlung den indirecten Beweis dafür, dass jene als Zersetzung- erreger zu den Erkrankungen in causaler Beziehung stehen. Diese kann von zweierlei Art sein. Einmal kann das Contagium an dem Orte, wo es sich befindet, Eiterung, Abscessbildung u. s. w. local verursachen ; sei es dass es an der empfangenden Wundstelle bleibt, sei es dass es von dieser aus in den Blutstrom und mit ihm in entfernte Organe gelangt ist. Oder aber es werden an dem Infections- orte, als Producte der Vegetation des Gontagiums, nicht organisirte giftig wirkende Körper gebildet, Ptomaine (vgl. S. 11 4) oder diesen ver- gleichbare Substanzen, und diese dann, im «Blute vertheilt, dem Körper zugeführt, um hier Vergiftungserscheinungen zu bewirken. Ferner ist denkbar, dass beiderlei principiell verschiedene Processe combinirt vorkommen. Das kann hier nur angedeutet, für die Details muss auf die bezüg- liche umfangreiche medicinische Literatur verwiesen werden, die ich selber nur unvollkommen kenne. Ich beziehe mich hier besonders auf Rosenbach's in der Anmerkung citirtes Buch über die Contagien der Wundinfectionskrankheiten. Hinzugefügt sei nur noch, dass neuerdings eine sehr beachtenswerte Reihe von Versuchen vorliegt, in welchen, auf alleinige Einwirkung der differentesten und stärksten chemischen Reize, zwar Entzündung aber keine Eiterung eintrat, wenn die Mit- wirkung von Bacterien ausgeschlossen war; ein Resultat, gegen dessen Verallgemeinerung allerdings von anderer Seite (Passet) Widerspruch erhoben wird. Was die Bacterien selbst betrifft, welche hier in Betracht kom- men, so sind deren mehrerlei gefunden worden. Rosenbach allein gibt 4 differente Bacillen oder wenigstens Stabformen an; vorzugsweise aber Mikrokokken, von denen besonders drei Arten verbreitet sind; die übrigen mögen hier bei Seite bleiben. Dieselben sind ihren Einzel- zellen nach mikroskopisch nicht sicher zu unterscheiden: kleine, runde. Wundinfectionskrankheiten. Erysipel. 137 nur wimmelnd bewegliche Zellchen ohne distincte Sporenbildung. Sie unterscheiden sich aber durch ihre habituelle Gruppirung und durch die Form und Färbung, in welcher sie bei Culturen im Großen, auf der Oberfläche von Agar-Gallerte auftreten. Der eine hält seine Zellchen in Reihenverband, ähnlich dem Micr.Ureae,|S. 69, was Billroth Strepto- coccus genannt hat. Bei den anderen lösen sich die Zellen nach der Theilung aus dem Reihenverband und bilden Anhäufungen, welche Ogston mit Weintrauben verglichen und zur Bildung des Namens Sta- phylococcus benutzt hat. Auf Agar-Gallerte bildet von letzteren der eine orangegelbe, der andere weiße gelatinöse, einem Flechtenthallus ähnliche Ausbreitungen, daher St. aureus und albus. Aus den Ab- scessen und Eiteransammlungen entnommen und in Reincultur isolirt, behält jeder dieser Mikrokokken seine Eigenschaften constant bei; in jenen Krankheitsproducten kommt theils nur eine, theils zwei Species zusammen vor; am häufigsten und verderblichsten sind nach den vor- liegenden Angaben der Streptococcus und der Staph.aureus. Impfungen und Injectionen vom Menschen gewonnenen Reincultur-Materials haben Rosenbach mehrfach bei Thierversuchen positive Resultate, d. h. wie- derum Abscesse mit dem angewendeten Parasiten ergeben; allerdings, wenn ich die Darstellungen richtig auffasse, bei Anwendung gar großer Mengen Impfstoff. Die in Rede stehenden Bacillen und Mikrokokken sind facultative Parasiten , sie lassen sich leicht und reichlich als Saprophyten culti- viren. Ueber ihre saprophytische Verbreitung in der Natur ist für die meisten Näheres noch nicht bekannt, doch dürften sie, schon den Er- fahrungen im Großen zufolge, überall und besonders an Orten mensch- lichen Verkehrs zu fürchtende Feinde sein ; zwei derselben (Staph. aureus und albus) konnte Passet in der That in Spülwasser resp. faulem Fleische nachweisen. 7. Sowohl der Gestaltung als dem facultativen Parasitismus nach schließt sich hier, und zwar als kettenbildender Streptococcus, der Micrococcus an, welcher, in die Lymphgefäße der Haut dringend, das Contagium des gewöhnlichen Erysipels, des Rothlaufs ist (64). v. Recklinghausen und Lukomsky haben denselben schon früher kennen gelehrt. Feh leisen hat ihn neuerdings rein gezogen und mit Erfolg verimpft. Auch die zwar ungefährliche, aber unangenehme, als Finger-Erysipeloid, Köchinnen-Rothlauf, Erythema migrans bekannte Hauterkrankung an den Händen, welcher Personen, die mit rohem Fleisch hantiren, ausgesetzt sind, ist von Rosenbach auf ein Micrococ- cus-Contagium zurückgeführt worden (63). 13S XIH- Vorlesung. s. Ein specifischer, cultivirbarer und durch Impfung, unter Produc- tion der characteristischen Krankheit, übertragbarer Micrococcus ferner ist nach Sattler's (65) Untersuchung das Contagium des Tra- eh oms, der granulösen Bindehautentzündung des menschlichen Auges, unter dem Namen der ägyptischen populär bekannt. Und es mag hier hinzugefügt werden, dass eine andere, Xerosis conjunctivae genannte Bindehautkrankheit einem kleinen Stabbacterium als Erreger zuge- schrieben wird (66). Streng specifische Wirkung als Contagium der acuten fibrinösen Lungenentzündung soll nach Friedländer ein in derben breiten Gallerthüllen kurze Reihen bildender, in characteristischer Form auf Gelatine cultivirbarer Micrococcus haben (67). Ein specifischer, dem Tuberkelbacillus in jeder Beziehung nahe- stehender Bacillus ist durch Hansen's und Neisser's Untersuchungen als Erreger der Lepra, des Aussatzes, erwiesen. Ueber den Bacillus, welchen Lustgarten als wahrscheinliches Contagium der Syphilis entdeckt hat, schwebt derzeit die Discussion. (68). Specifische Ba- cillen, oder wenigstens Stabformen, in ihrer Lebensweise denen des Milz- brands näher stehend, sind ferner gefunden und großentheils genauer studirt worden als die Contagien einer Reihe von Thierkrankheiten, wie Koch's »Mäuse-Septicämie«, Koch und Gaffky's malignes Oedem (69), Rotz (70), Rauschbrand (71), Seuche oder Rothlauf der Schweine (72), Löffler's Diphtherie der Tauben und des Kalbes (75). 9. Der Typus miasmatischer Infectionskrankheiten ist die Malaria- krankheit (73), Wechselfieber und verwandte Zustände. Die Infection ist gebunden an bestimmte Gegenden mit sumpfigem Boden, stagniren- dem Wasser; Ansteckung von Person zu Person findet unter gewöhn- lichen Verhältnissen nicht statt. Nach Analogie bekannter Fälle, z. B. des Milzbrandes, liegt daher die Annahme äußerst nahe, dass in dem Boden und dem Wasser der Malariagegend ein Contagium-Orga- nismus vorhanden und dass diesem die Infection zu verdanken sei. Klebs und Tommasi Crudeli haben auf Grund solcher Annahme Bodenproben und Wasser von exquisiten Malariagegenden untersucht und in ihnen Bacterien reichlich gefunden ; speciell eine fädenbildende Stäbchenform, welche sie Bacillus Mala riae nennen. Sie haben durch Injection von solchen Erdproben sowohl wie von Culturmaterial ihres Malariabacillus an Thieren Symptome von Malariafieber erzeugt, Milz- schwellung, intermittirendes Fieber. Cuboni und Marchiafava, Lanzi, Perroncito, Ceci, Ziehl haben dann im Blute aus der Haut, den Venen, der Milz von Menschen, welche an Intermittens litten, zumal in dem Malaria. Abdominaltyphus. 139 Froststadium des Fieberanfalls, Bacterienformen gefunden. Cuboni und Marehiafava haben auch an Thieren, denen sie Blut von Menschen, welche an Wechselfieber litten, injicirten, Symptome erhalten, die ihnen Malaria -Infection wahrscheinlich machen. Inwieweit nun jene an Versuchsthieren nach der Infection beobachteten Krankheitser- scheinungen als sichere Malariasymptome betrachtet werden dürfen oder müssen, mag ich nicht beurtheilen. Dagegen ist klar, dass die Injection von einigen Cubikcentimetern Flüssigkeit, welche Erdtheilchen oder Bacilluscultur enthält, nicht der in Wirklichkeit eintretenden Malaria -Infection entspricht, bei der es sich um Aufnahme, Impfung oder Inhalation von jedenfalls minimalen Contagiummengen handelt. Und was die Beschreibungen betrifft, welche in den verschiedenen Arbeiten von den in Betracht kommenden Bacterien gegeben werden, so lässt sich aus ihnen zum mindesten nicht objectiv entscheiden, ob jedesmal eine Bacteriumspecies vorgelegen hat oder mehr als eine, und ob die Formen, welche der eine Autor im Blute beobachtete, die nämlichen oder der nämlichen Species ange- hörigen waren, welche Andere aus Bodenproben erzogen. Eine präcise Entscheidung über die Natur des Contagium oder Miasma vivum der Malaria scheint mir daher nicht vorzuliegen, vielmehr erst auf Grund der fleißigen Vorarbeiten und mit Sichtung derselben in Angriff genommen werden zu müssen. — Dass diese in der ersten Auflage dieses Buches gemachten Bemerkungen wohlbegründet sind, zeigen die neuesten, zumal von Marehiafava und Celli herkommenden Angaben, nach welchen das Contagium der Malaria kein Bacterium, sondern ein amöboider, in die rothen Blutkörper eindringender kleiner Organismus wäre. Klar abschließende Untersuchungen über denselben sind abzuwarten. — 1 0. Weiter sind die Kenntnisse über die ursächliche Beziehung von Bacterien oder Parasiten überhaupt zu dem Unterleibstyphus und der Diphtherie des Menschen, trotz der mustergültigen Arbeiten Gaffky's und Löffler's, bis jetzt unsicher geblieben. Der Abdominaltyphus ist eine ausgesprochen miasmatische, manchmal auch contagiös werdende Infectionskrankheit. Causale Be- ziehungen zwischen seinem Auftreten und bestimmten Oertlichkeiten, dem Genuss verunreinigten Wassers sind seit lange evident. Es liegt daher auch hier sehr nahe, einen facultativen Parasiten als nächste Ursache der Krankheit anzunehmen. Auch hatte schon 1 87 I v. Reck- linghausen in Typhusleichen Bacterien, speciell Micrococcus-Colonien gefunden. Spätere Untersuchungen, die in Gaffky's Arbeit (74) aus- führlich angegeben sind, haben weitere nicht immer übereinstimmende UO XIII. Vorlesung. Bacterien- und Pilzbefunde ergeben. Gaffky hat dann neuerdings die Sache einer sorgfältigen Untersuchung unterworfen und in den inneren Organen, Mesenterialdrüsen, Milz, Leber, Nieren der Typhusleichen als fast constante Erscheinung — 26 mal unter 28 Fällen — einen wohl characterisirten endosporen Bacillus gefunden, und zwar jedesmal den nämlichen. Derselbe wächst in characteristischer Form auf Gelatine, Blutserum, Kartoffeln an der Luft und wurde auf diesen Substraten aus- giebig gezüchtet. Der Beschreibung Gaff ky's, auf welche hier verwiesen sei, zufolge ist seine Gestaltung jener des Amylobacter (S. 82) nicht unähnlich, die Größe jedoch erheblich geringer: die Einzelstäbchen etwa 2,5 « lang, die Breite etwa l/3 der Länge. Entgegen den nach dem immer wiederkehrenden characteristischen Befund an der Leiche berechtigten Erwartungen ergaben Gaff ky's ausgedehnte, an Thieren (auch Affen) angestellte Infectionsversuche nur völlig negatives Resultat. Die Causalfrage muss also als unentschieden betrachtet werden. In wieweit aus neuester Zeit stammende Angaben über positive Infections- erfolge diesen Ausspruch abändern, kann ich noch nicht beurtheilen. — Ein spontanes Vorkommen der Typhusbacillen außerhalb des Organis- mus, speciell in dem zu Typhusepidemien in Beziehung stehenden Trink- und Gebrauchswasser, ist bis jetzt auch nicht nachgewiesen worden. 11. Ueber die Diphtherie verdanken wir Löffler (75) ausgedehnte und umsichtige Untersuchungen. Eine ausführliche Discussion der An- gaben seiner Vorgänger ist in seiner Arbeit enthalten, aufweiche daher verwiesen sein möge. Ein bekanntes characteristisches Symptom der Diphtherie beim Menschen sind die weißen Beläge der Rachenschleim- haut, zumal der Tonsillen, und es ist nachgewiesen, dass durch diese Beläge Uebertragung der Krankheit auf Gesunde stattfinden kann. Die hiernach auf die Beläge gerichtete Untersuchung hat in denselben, neben allerlei accidentellen Befunden, ergeben erstlich massenhafte Anhäufungen von Mikrokokken und zweitens in vielen, nicht allen un- tersuchten Fällen, wie Klebs zuerst urgirte, kleine Stäbchen. Löffler fand diese Befunde bestätigt und unterwarf die genannten Organismen der Reincultur und der experimentellen Prüfung ihrer krankmachenden Wirkung. Der Micrococcus bildet in der Reincultur Ketten, jenen des Erysipels sehr ähnlich. In dem Patienten findet man ihn von den Be- lägen aus in die Gewebe dringend , durch die Lymphgefäße in die ver- schiedensten innern Organe gelangend und hier Heerde bildend. Rein auf Versuchsthiere verimpft, zeigte er das dementsprechende Verhalten, bewirkte auch Erkrankungen, .aber keine für Diphtherie characteristi- Bacterienkrankheiten der niederen Thiere. 14 j sehen Symptome. Dem Micrococcus ist hiernach wohl die Erzeugung von Complicationen, nicht aber die Bedeutung des speeifischen Conta- giums der Diphtherie zuzuschreiben. Die Stäbchen gedeihen auf Blutserum gut, sind im übrigen schwer zu eultiviren ; die einzelnen erreichen etwa die Länge und die doppelte Dicke des Tuberkelbacillus: von diesem sind sie durch hier nicht ausführlich zu reproducirende Merkmale gut unterschieden. In den Belägen der diphtheritischen Schleimhaut finden sie sich haufen- weise gruppirt in den unter der Oberfläche gelegenen Schichten. In den inneren Organen der Kranken sind sie nicht nachzuweisen. Impfungen auf Versuchsthiere ergaben den Diphtherie-Symptomen sehr ähnliche Erkrankungen. Löffler hält es daher, jedoch unter umsich- tiger Hervorhebung der Gegengründe, für sehr wahrscheinlich, dass die Stäbchen das Contagium der Menschen-Diphtherie sind. 1 2. Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass für eine ganze Anzahl gerade der häufigsten Infectionskrankheiten die Auffindung eines bestimmten krankmachenden Bacteriums oder eines anderen mikrosko- pischen Parasiten bis jetzt nicht gelungen oder gänzlich unsicher ist. Das gilt für Ruhr, Flecktyphus, gelbes Fieber, Keuchhusten; für die acuten Hautexantheme, wie Scharlach, Masern, Mensch en- und Thierpocken. Für die Pocken besteht sogar das bekannte Schutzimpfungsverfahren ; und für die Hundswuth wendet Pasteur sein Aufsehen erregendes Verfahren zur Abschwächung des Contagiums, zur Schutzimpfung und zur Heilung Inficirter an, während der even- tuelle Gontagiumorganismus sich bisher mindestens der Beobachtung entzogen hat. Es braucht wohl nicht nochmals hervorgehoben zu wer- den, dass, gegenüber solchen negativen Resultaten der Aufsuchung des Contagium vivum, die Postulate Henle's unverändert bestehen bleiben. ] 42 XIV. Vorlesung. XIV. Bacterieiikrankheiteii der niederen Thiere und der Pflanzen. I . Es ist wohl anzunehmen, dassBacterien auch als krankmachende Parasiten nicht warmblütiger Thiere eine bedeutendere Rolle spielen, als derzeit bekannt ist. Was man davon jetzt weiß, betrifft vorzugs- weise Insecten (77). Die Faulbrut der Bienen, welche in kurzer Zeit den Bienen- stand ganzer Landstriche vernichten kann, ist das Werk eines (endo- sporen) Bacillus, B. melittophthorus Cohn, wohl identisch mit dem von Cheshire und Cheyne ausführlich studirten B. alvei. Die Krankheit der Seidenraupen, welche Schi äff sucht, Flacherie, genannt wird, hat nach Pasteur ihren Grund in den Wirkungen eines Bacillus und eines dem M. Ureae (Fig. i, S. 20) ähn- lichen,Ketten bilden denMicrococcus,M. Bombycis Cohn, welche mit dem Futter eingeführt werden und in diesem, im Darm, Zersetzungen hervorrufen, deren Folgen zunächst Verdauungsstörungen und dann das Absterben des Thieres sind. Dieses wird erst träge, appetitlos, schlaff, um dann rasch zu sterben. Die Leichen sind weich, erhalten bald dunkel braune, schmutzige Färbung und zerfließen — unter dem Auftreten von Fäulnissbacterien — großentheils zu missfarbiger stin- kender Jauche. Eine Reihe anderer contagiöser , epidemisch auftretender Krank- heiten von Lepidopteren-Raupen ist neuerdings von S. A. Forbes auf die Invasion von Micrococcus- und Bacillusformen zurückgeführt worden. Von der gegenwärtig vorherrschenden Schlaffsucht der Seiden- raupen sind sehr verschieden erstens die Muscardine, Calcino, und die Flecksucht, Pebrine. Die Muscardine, seit vorigem Jahr- hundert bekannt, herrschte in den ersten Decennien dieses Jahrhun- derts in den Seidenculturen Europas verderblich, und soll seit Mitte der fünfziger Jahre fast vollständig aus denselben verschwunden sein, während sie bei uns die im Walde lebenden Insecten fortwährend häufig befällt. Sie wird, wie ausführlich nachgewiesen ist, durch einen Pilz ver- ursacht, gehört daher nicht in den Kreis dieser Bacterienbetrachtung. Die Pebrine (Gattine, Petechia, Maladie des corpuscules) war schon in früheren Jahrhunderten bekannt und seit den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts bis vor ungefähr 10 Jahren in Europa höchst ver- derblich. Sie heißt Flecksucht nach den dunkeln Hautflecken, welche Bacterienkrankheiten der niederen Thiere. 143 ihr Auftreten in dem matt und träge werdenden Thiere anzeigen: sie wird nicht minder hervorgerufen durch einen mikroskopischen Para- siten: Panhistophyton ovatum Lebert = Nosema Bombycis Nägeli. Dieser ist bekannt unter der Form unregelmäßig ovaler, nur etwa 0,i ii langer, farbloser, stark lichtbrechender Körperchen, früher die C o r n a 1 i a'schen Körperchen genannt, welche in den Präparaten einzeln oder paarweise oder zu mehreren zusammenhängend erscheinen, und in allen Organen des Thieres, nicht nur der Raupe, sondern auch des Schmetterlings und selbst in den Eiern vorkommen, aus letzteren dann wieder in die junge Raupe übergehen können. Sie finden sich oft in ungeheuerer Menge, das ganze Thier erfüllend. Dass diese Körperchen einem Parasiten angehören, welcher in die Thiere eindringt und sich auf deren Kosten, Krankheit erzeugend, vermehrt, hat besonders Pa- steur gezeigt. Werden sie mit dem Futter in den Darm einer gesunden Raupe eingeführt, so findet man sie nachher in die Darmwand ein- gedrungen, hier erst vereinzelt, dann vermehrt und in die übrigen Organe sich ausbreitend. Die gleichen oder ähnlichen Körperchen sind von verschiedenen Beobachtern in mancherlei anderen Insecten und anderen Glieder- thieren gefunden worden. Wie aus der vorstehenden kurzen Beschreibung hervorgeht, gleichen die Cornalia'schen Körper einem kleinen Bacterium, speciell einem Micrococcus, und als solcher sind sie vielfach betrachtet worden. Nägeli hebt in seiner ersten Mittheilung die Verwandtschaft mit M. aceti hervor. Dieser Auffassung lag neben der Gestaltähnlichkeit besonders die Beobachtung der öfteren paarweisen Vereinigung zum Grunde, welche als ein Anzeichen von Vermehrung durch successive Zwei- theilung betrachtet wurde. Direct beobachtet war letztere nicht, auch später nicht, und dass paarweiser Zusammenhang auch auf anderen Wegen zu Stande kommen kann, ist selbstverständlich. Es war also zwar experimentell gezeigt, dass, aber nicht wie die Körper sich ver- mehren. Der Micrococcus -Vermuthung gegenüber begründeten dann Cornalia, Leydig, Balbiani, auch Pasteur die andere, dass es sich hier um einen Organismus handle, welcher von Micrococcus und Bacterien durchaus verschieden ist; dass nämlich jene Körperchen Psorosper- mien sind, d. h. Zustände eigenthümlicher niederer Wesen, Spo- rozoen oder Sarcosporidien. Metschnikoü' hat nun neuestens diese Ansicht bestimmt bestätigt: er gibt kurz an, dass der Pebrine- parasit besteht aus amöboid (d. h. nach Art der S. 110 beschriebenen farblosen Blutzellen) beweglichen, später gelappten Protoplasma- ] 44 XIV. Vorlesung. gebilden, in welchen die Körperchen durch endogene Bildung ent- stehen. Nach Analogie mit anderen, bekannteren Sporozoen würden hiernach die Körperchen Sporen sein, aus ihrer Keimung die amöboi- den Protoplasmakörper hervorgehen und die Sporen in diesen in grös- serer Anzahl gebildet werden. Die große Zartheit solcher amöboider Protoplasmakörper erklärt zur Genüge, warum sie, zumal wenn sie in die ebenfalls protoplasmatischen Gewebe des Thierkörpers ein- gedrungen und eingedrängt sind, so lange nicht deutlich unterschieden werden konnten. Der Pebrineparasit muss hiernach auch von der Bacterienbetrach- tung ausgeschlossen werden. Er würde daher hier auch nicht etwas ausführlicher besprochen worden sein, wenn er nicht ein lehrreiches Beispiel dafür wäre, nicht nur dass es bei thierischen Infectionskrank- heiten sehr kleine Contagium- Parasiten gibt, welche keine Bacterien' sind, sondern dass es sich selbst bei Vorhandensein von Bildungen, die Bacterien sehr ähnlich und mit solchen leicht zu verwechseln sind, doch um Wesen ganz anderer Art, anderer Gestaltung, anderer Lebens- weise handeln kann. 2. Als Contagien von Pflanzenkrankheiten (78) endlich kom- men , nach den vorliegenden Erfahrungen , parasitische Bacterien nur wenig in Betracht. Die meisten Contagien der zahlreichen Infections- krankheiten der Pflanzen gehören anderen Thier- und Pflanzengruppen an, größtentheils, wie schon S. 1 1 9 bemerkt, den eigentlichen Pilzen. Von hierher gehörenden Erscheinungen sei zuerst genannt die von Wakker studirte gelbe Krankheit, durch welche dieHyacinthen- pflanze zerstört wird. Wakker fand, dass die characteristischste Er- scheinung bei dieser Erkrankung in dem Auftreten eines stabförmigen Bacteriums besteht, welches 2,5 f.i lang wird, und vierteis bis halb so breit ist. Dasselbe ist zu schleimigen gelben Massen angehäuft, und diese erfüllen während der Vegetationsruhe die Gefäße und das Ge- webe der Gefäßbündel in den Zwiebelschuppen. Zur Blüthezeit steigen sie auch in die Blätter hinauf, hier nicht nur auf die Gefäßbündel be- schränkt bleibend, sondern von diesen aus in die Intercellulargänge und die Zellen des Blattparenchyms dringend, jene erfüllend, die Zellen zer- störend und schließlich durch die berstende Epidermis ins Freie tretend. Gut gelungene Infectionsversuche und genaue Verfolgung der Lebens- geschichte des Bacteriums sind noch abzuwarten. J. Burrill in Urbana, Illinois, beschreibt eine mit dem vieldeutigen Namen blight bezeichnete Krankheit der Birn- und Apfelbäume, deren Ursache er auf Invasion eines Bacteriums zurückführt, und zwar XIV. Vorlesung. Bacterienkrankheiten der Pflanzen. 145 eines länglichen Micrococeus, M. amylovorusBurr., von etwa I u Zel- lenlänge. Die Krankheit besteht in einem Absterben der Kinde, welches anfangs eng localisirt ist, sich aber weiter ausdehnen, den befallenen Zweig oder Stamm rings umgreifen und alsdann tödten kann. An den befallenen Stellen fand Burrill den Micrococeus in die Zellen einge- drungen und hier, in dem Maße als er sich entwickelt, die normalen Inhaltsbestandtheile, zumal die Stärke schwindend — unter Entwicklung von »Kohlensäure, Wasserstoff und Buttersäure«. Zahlreiche Infections- versuche, ausgeführt durch Einbringen des Micrococeus in kleine Ein- schnitte oder Einstiche in die Kinde gesunder Birn- und Apfelbäume ergaben das positive Resultat der Krankheitübertragung. Arthur hat Burrills Beobachtungen bestätigt und näher gezeigt, dass derBurrill'sche Micrococeus ein speeifisch wirkender, im übrigen facultativer Parasit ist. — In Europa ist die Burrill'sche Birnbaumkrankheit meines Wissens nicht bekannt oder doch nicht näher beachtet worden. Nach einigen ganz kurzen Angaben BurriH's kämen auch an dem Pfirsichbaum , der italienischen Pappel und der amerikanischen Aspe Bacterienkrankheiten vor. Prillieux gibt eine kurze Beschreibung von einer zuweilen vor- kommenden Veränderung der Waizenkörner, welche sich durch rosenrothe Färbung zu erkennen gibt und mit der Entwickelung eines Micrococeus einhergeht, der die Stärkekörner, die kleberhaltigen In- haltsmassen der peripherischen Zellschichten und theilweise auch die Zellmembranen zerstört. Desorganisirende Wirkungen des Micrococeus liegen hiernach unzweifelhaft vor. Seine Bedeutung als Krankheit- erreger ist nach der kurzen Angabe nicht sicher zu beurtheilen, er könnte eventuell nur seeundär, in Folge anderweitiger Schädigungen, als Saprophyt auftreten. Letztere Vermuthung gründet sich zum Theil auf die von Reinke und Berthold näher studirte Erscheinung der Nass faule der Kar- toffel. Aus den Beobachtungen dieser Autoren geht hervor, dass die Erscheinung ihren nächsten Grund hat in der Entwicklung von Bacterien, und zwar, wie aus den Beschreibungen zu erkennen, des Bacillus Amylobacter, vielleicht auch anderer. Gewöhnlich betrifft die Nass- fäule solche Knollen, welche vorher durch einen exquisit parasitischen Pilz, Phytophthora infestans, »krank«, d. h. theilweise zerstört sind. Sie betrifft hier allerdings das Gewebe, welches von diesem verschont und noch lebendig ist, sie stellt aber nichtsdestoweniger eine seeundäre Er- scheinung dar. Auf der anderen Seite kommen nassfaule Kartoffeln ohne Phytophthora vor, wenn auch als Ausnahmen ; und es ist genann- de Bary, Bacterien. 2. Autl. | Q 146 XIV. Vorlesung. ten Beobachtern auch gelungen, durch Einimpfung ihrer Bacterien die Erscheinung der Nassfäule an gesunden KartofTelknollen hervorzurufen. In Uebereinstimmung hiermit steht ein Versuch von van Tieghem, dem die totale Zerstörung lebender KartofTelknollen durch Amylobacter gelang, wenn er diesen ins Innere der Knolle einführte und dieselbe in hoher Temperatur (35°) hielt. Auch mit Bohnensamen, Gacteen- stämmen u. a. wurden ähnliche Resultate erhalten. Anders ausgedrückt lauten diese Thatsachen: der Regel nach saprophytische Bacterien können unter besonderen Bedingungen als facultative Parasiten auch lebende Pflanzengewebe befallen, krank machen und zerstören. Der obige Satz, dass Bacterien als Contagien von Pflanzenkrankheiten nur wenig in Betracht kommen, wird hierdurch nur bestätigt. — Litteraturaiiffiiben und Anmerkungen. 1) Allgemeine Quellenlitteratur vgl. in de Bary, Morphologie u. Biologie der Pilze, Leipzig 1884; und W. Zopf, Die Spaltpilze, 3. Aufl. Breslau 1884. — Als allgemein grundlegend sind hier besonders hervorzuheben die dort und zum Theil nachstehend noch genannten Arbeiten von Pasteur, F. Cohn, v. Nägeli, van Tieghem, R. Koch, Brefeld, A. Praz- mowski, Fitz. — Duclaux, Chimie biologique, Paris 1883, gibt eine geschmackvolle Zusammenstellung der Anschauungen und Methoden der französischen, speciell Pasteur's Schule; F. Hueppe, Die Methoden der Bacterienforschung (3, Aufl. 18*6), gibt Anleitung zur Untersuchung nach dem insonderheit von R. Koch ausgebildeten Verfahren. — Allge- meine Morphologie und Systematik: F. Hueppe, Die Formen der Bacterien etc., Wiesbaden 1886. — J. Schröter, in d. Kryptogamen- flora v. Schlesien, ed. F. Cohn, Band III, 2. Lieferung S. 136 — 172. Diese Arbeit gibt eine gute Classification und Beschreibung der meisten bekannten Formen. Sie ist mir erst während des Druckes des Textes zugekommen, konnte daher für diesen kaum mehr benutzt werden. — Von den zahlreichen allgemeinen Bacterien-Lehrbüchern der neueren Zeit seien noch genannt: C. Flügge, Fermente und Mikroparasiten, in v. Pettenkofer und v. Ziemssen , Handb. d. Hygieine. — 2. Aufl. u. d. Titel: Die Mikroorganismen. Leipz. 1886 während des Druckes dieser Schrift erschienen). — E. M. Crookshank, Introduction to practica] Bacteriology. London 1886. — Ausführliches Lehrbuch für krank- machende B. : Cornil u. Babes, Les Bacteries et leur röle dans l'anatomie et riiistologie pathologiques des maladies infectieuses, 2. Edit. Paris 1886. — Hieran schließt sich der Jahresbericht über die Fort- schritte der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen von P. Baum- garten, Erster Jahrg. 1885. Braunschweig 1886, welchen ich viel benutzt habe und auf welchen ich für neuere Einzellitteratur ein für allemal verweise. 2) Nencki u. Schaffer. Journal f. pract. Chemie. Neue Folge. Bd. 20. — Nencki, Berichte d. D. Chem. Gesellsch. Jahrg. XVII, p. 2605. 3) Leen wcnhoek. Experimenta et contemplationes. Delft 1695, besonders p. 42, die Bacterienformen aus Speichel. 4 F. Cohn . Unters, über Bacterien. In : Beitr. zur Biologie d. Pfl. seit 1 872 Bd. t, Heft II. 127 fortgesetzt. 5 C. G. Ehren berg. Die Infusionsthiere als vollk. Organismen. Berl. 1838. fol. 6; Billroth, Coccobacteria septica. Berlin 187 4. fol. in ■ 148 Litteraturangaben und Anmerkungen. 7j v. Nägeli, Die niederen Pilze. München 1877. — 8) Hörn schlich, in Flora od. Bot. Zeitg. Regensburg 1848. 9 v. Nägeli. Niedere Pilze, 1877, p. 21. 10) F. Hueppe, Unters, über d. Zersetzgn. d. Milch. Mittheil, aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt. II. 1884. II C. Vittadini, Della natura del calcino. Giorn. Istitut. Lombardo T. III. (1852). 12) E. Klebs, Beitr. z. Kenntn. d. Mikrokokken. Archiv f. exp. Pathologie Bd. I. ^873). 13) L. Pasteur, Examen de la doctrine des genörations spontanes. Ann. de Chimie 3. Ser. Tom. 64. — Annales des Sc. naturelles, Zoologie, 4. Ser. Tom. 16. — Meissner 's hervorragende Versuche sind berichtet von Rosenbach, Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie, Bd. 13, p. 344 ff. Neuere Arbeiten u. Controversen vgl. in Baumgarten's Jahresber. 14) Mittheilungen aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt, I, p. 32. Hesse, ibid. II, 182. 15) Annuaire de Tobservatoire de Montsouris. Seit 1877; specieller seit 1879. — 16) Vergil, Georgica Lib. IV, 281 ff. 17) A. Bechamp, Les Microzymas dans leurs rapports avec l'heterogenie. l'histio- genie, la physiologie et la pathologie, Paris 1882. In diesem Bande fasst B. seine successive, zumal in den Comptes rendus der Pariser Academie vorgetragenen Ansichten zusammen. 18) A. Wigand, Entstehung und Fermentwirkung der Bacterien. Marburg 1884. 20) 0. Brefeld, Botan. Untersuchungen über Schimmelpilze IV. 21) E. Eidam, in Cohn's Beitr. z. Biol. der Pflanzen, Bd. I, Heft 3, p. 208. 22) A. Fitz, Berichte d. Deutschen Chem. Gesellschaft. 9 Aufsätze in den Jahr- gängen 1876 — 84. 23) Frisch, Sitzungsber. d. Wiener Academie. Mai 1877. 24) P. van Tieghem in Bulletin de la Soc. Botan. de France Tom. 28 (1881). p. 35. 25) E. Duclaux, Etudes sur le lait. Annales de l'Institut National Agronomique No. 5. Paris 1882, p. 22—138. 26) Id. Chimie Biologique; Encyclop. Chimique publiee par M. Fremy. Tom. IX. Paris 1883. 27) W. Engelmann, Bot. Zeitg. 1882, p. 321. 28) v. Nägeli, Ernährung der niederen Pilze. Sitzungsber. d. Münchener Acad. Juli 1879. 29) I d. Unters, über, niedere Pilze aus dem Pflanzenphysiol. Institut zu München. München 1882. 30) W.Engel mann, Bacterium photometricum. Unters, aus d. Physiol. Labora- torium zu Utrecht, 1882. 31) Cohn u. Mendelssohn, in Beitr. z. Biol. d. Pflanzen Bd. III. 32) W. Engelmann, Bot. Zeitg. 1881, p. 441. 33) W. Pfeffer, Untersuchungen a. d. Botan. Inst, zu Tübingen, I. Heft 3. 34) J. Tyndall, Philosophical Transactions ofthe Boyal Society, London. Vol. 166 (1876), 167 (1877). In letzterer Abhandlung speciell die Angaben über fractionirte Sterilisirung. 35) J. Wortmann, in Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. VI, p. 287. 36) Ich bleibe auch jetzt noch bei der an Cohn's Eintheilungen anlehnenden pro- visorischen Systematik und Namengebung. Es ist besser, Unfertiges als unfertig zu behandeln, als ihm den Schein des Fertigen zu geben und hierdurch sich und dem Anfänger Zustände vorzutäuschen, die in der Litteraturangaben und Anmerkungen. 149 That nicht bestehen. Das möge auch gesagt sein zur Kritik mancher neuester Verbesserungsbestrebungen, deren eingehende Besprechung hier nicht am Platze wäre. — Zur Begründung eines wirklichen Fortschrittes in der Systematik fehlt es derzeit an der unerlässlichen Grundlage, nämlich einer einigermaßen consequenten morphologischen Durch- arbeitung der Einzelspecies, — ich meine nicht aller existirender, sondern nur solcher, welche derzeit für »beschrieben« gelten, — mögen es auch Collectivspecies oder »schlechte« Species sein. Eine solche Durch- arbeitung ließe sich bei dem jetzigen Material schon machen , sie ist aber noch nicht gemacht. 37] W.Zopf, Zur Morphologie d. Spaltpflanzen, Leipz. 1884. 4». — Ders., Ent- wickelungsgeschichtl. Unters, über Crenothrix polyspora, die Ursache <1. Berliner Wassercalamität. Berl. 1879. — Ders. in Monatsber. d. Berliner Acad. 10. März 1884. 38) E. Warming, Om nogle ved Danmarks Kyster levende Bacterier; in Vidensk. Meddelelser fra den naturhist. Forening; Kjöbenhavn I 8 7 ö . — A. Engler, D. Pilzvegetation d. weißen od. todten Grundes d. Kieler Bucht; in IV. Bericht d. Commiss. z. Erforschung d. deutschen Meere. 39 P. van Tieghem, Sur la fermentation ammoniacale. Compt. rend. T. öS 1864), p. 211. — v. Jacksch, in Zeitschr. f. physiolog. Chemie Bd. V, p. 395 1881). Leube, Ueber d. ammoniakal. Harngährung. Virchow's Archiv. Bd. 100, p. 540. '.0 Selilös sing u. Müntz, Compt. rend. T. 84, p. 301, T. 89, p. 91, 1074. 41) Pasteur, Compt. rend. T. 54, p. 265, T. 55, p. 28. Etudes sur le Vinaigre. Paris 1868. 8". 42) C. v. Nägeli, Theorie d. Gärung. München 1879. 43 E. C. Hansen. Beitr. z. Kenntniss d. Organismen, welche in Bier u. Bierwürze leben. Meddelelser fra Carlsberg Laboratoriet. Bd. I. Kopenhagen 1882. 4 4 Pasteur, Compt. rend. T. 52, p. 34 4. 45) van Tieghem, Leuconostoc. Ann. Sc. nat. 6. Ser. T. VII. '»r, F. Hueppe, Unters, über d. Zersetzung d. Milch durch Mikroorganismen. Mittheil. a. d. k. Reichsgesundheitsamt II, 309. Hier ausführliche Ge- schichte u. Litteratur. 47j E. Kern, Ueber ein Milchferment aus dem Kaukasus. Bot. Zeitg. 1882, p. 264. Bulletin de la Soc. d'hist. nat. de Moscou 1882. — Vgl. ferner F. Hueppe, Ueber Zersetzungen d. Milch etc. In Börner's Deutscher Med. Wochen- schrift 1884, No. 48 ff. — W. Podwyssotzki Sohn). Kefyr. kaukasisches Gährungsferment u. Getränk etc. Aus d. Russischen nach d. 3. Aufl. übers, von Moritz Schulz. St. Petersbg. 1884. — W. N. Dimitrijew. Kefir oder Kapir, echtes Kumyss aus Kuhmilch. Aus d. Russ. übers, v. E. Rothmann. St. Petersbg. 1884. — Alexander Levy. Die wahre Natur des Kefir. Deutsche Medicinal-Zeitung 1886 p. 783. Levy's Ver- fahren besteht darin, dass man zu 8 — 10 Theilen kalter, gekochter Milch 1 Theil gewöhnliche Sauermilch zufügt und dann, bei etwa 12°, das Gemenge öfters umschüttelt. 48) P. van Tieghem, Sur le Bac. Amylobacter etc., Bull. Soc. Bot de France T. 24 (1877), p. 128. — Sur la fermentation de la celjulpse, Ibid. T. 26 (1879), p. 25. 150 Litteraturangaben und Anmerkungen. ;\> A. Prazmowski, Unters', über Entwickclungsgesch. und Fermentwirkung einiger Bacterien-Arten. Leipz. 1880. 50) Vandevelde, Studien z. Chemie d. Bacillus subtilis. Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. VIH. 367. ..) Bien stock. Ueber die Bacterien derFaeces. Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. VIII. :\i Colin, Beitr. I. Heft 2. p. 169. — G. Hauser, Ueber Fäulnissbacterien und deren Beziehung zur Septicämie. Leipz. 1883. Ich bin auf diese Arbeit im Texte darum nicht näher eingegangen, weil ich das Morphologische derselben ohne Nachuntersuchung nicht hinreichend verstehen kann. Die ganzen »Pleomorphismus«-Erscheinungen, auf Grund deren der Verf. seine Formen mit dem jedenfalls unannehmbaren besonderen Gattungs- namen Proteus bezeichnet, scheinen mir, wenn ich die Abbildungen vergleiche, die Benennung kaum zu verdienen. Die Abbildungen aber sind zur Beurtheilung der morphologischen Verhältnisse, soweit es sich um mehr als Gruppirungshabitus handelt, unbrauchbar; ich habe mir wenigstens vergebliche Mühe gegeben, daraus z. B. über die Gestaltung der beschriebenen Spirillenformen eine klare Anschauung zu er- halten. Die Photographie ist bei mikroskopischen Arbeiten gewiss ein nützliches Hülfsmittel, ich bediene mich desselben seit 25 Jahren; aber es gibt auch für ihre Leistungsfähigkeit eine Grenze, die Details, auf welche es hier ankommt, sind in den Hauser'schen Bildern nicht wieder- gegeben. Unter aller Anerkennung des durch die Hauser'sche Arbeit gewonnenen Fortschrittes möchte ich Vorstehendes gesagt haben . um meine kurze Behandlung zu rechtfertigen. 53 H. Nothnagel, Die normal in d. menschl. Darmentleerungen vorkommenden niedersten pflanzt. Organismen. Zeitschr. f. klin. Medicin. Bd. III issi . — Kurth. Bacter. Zopfii. Bot. Zeitg. 1883, 369. — Miller. Ueber Gährungsvorgänge im Verdauungstractus etc. Deutsche Med. Wochen- schrift, 1885, TNo. 49. — W. de Bary, Beitr. z. Kenntniss der niederen Organismen im Mageninhalt. Archiv f. Experim. Pathologie u. Pharma- colog. Bd. XX. — 54 Die Sarcina-Litteratur ist sorgfältig zusammengestellt bei Falkenheim, Ueber Sarcina. Archiv f. Experiment. Pathologie Bd. 19 p. 339. Die Sarcina-Arten, welche ich beurtheilen kann, characterisiren sich folgen- dermaßen: 1. S. ve n tr iculi Goodsir Fig. 1 4, S. 95.) Große, sehr vieigliedrige, d. h. meist aus 64 — i096 Zellen bestehende Würfelpackete. einzeln im hellen Gesichtsfeld des Mikroskops bräunlich - grau . in Masse im reflectirten Lichte für das bloße Auge schmutzig grauweiß. Einzelzellen 3 — -4 /n groß, durch Chlorzinkjod schmutzig violett gefärbt. In größeren Mengen Materials aus dem menschlichen Magen finde ich ge- wöhnlich zwei distinete Formen neben einander, eine großzellige, welche oben in Fig. 1 4 dargestellt ist. und eine andere, deren Zellen kleiner [2 «; und minder hell durchscheinend sind. Ueber die genetischen Beziehungen beider Formen kann ich nichts angeben.) 2. S. Welckeri Bossmann. Welcker in Heule u. Pfeufer's Zeitschr. f. raf. Med. Bd. V. -199 . Kleine, höchstens 64 zellige Würfelpackete. ganz farblos. Einzel- zelle etwa 1 f.i groß, Membranen durch Chlorzinkjod nicht, Protoplasma gelb gefärbt. Litteratnrangaben und Aumerkongen. 151 In der Harnblase des lebenden Menseben; mebrfaeb bei Patienten gefunden. leb kenne die Species von einem jungen Manne, der sie seit Jahr und Tag nach seiner eigenen Beobachtung1' mit dem Harn entleert, in wechselnder, oft sehr großer Menge. Der Harn ist meist abnorm reich an Pbnspbaten. Patient im übrigen gesund. Auf Gelatine und Agar wuchs mir die Sarcina nicht; einmal zweifel- haft und jedenfalls- nicht reichlich in sterilisirtem Harn bei 35 °. Die meisten Culturversucbe in Harn gaben negatives Resultat. 3. S. flava. Kleine, etwa 16 — 32 zellige Packete, in Mehrzahl entweder zu regelmäßigen größeren Würfeln oder zu unregelmäßigen Haufen vereinigt; einzeln im hellen Gesichtsfeld des Mikroskops farblos, in Masse, im reflectirten Licht, schön hellgelb. Einzelzellen 1 — 2 u groß. Jodreactionen wie bei No. 2. Wäcbst gut auf Gelatine, die sie rasch verflüssigt, auf Agar u. a. — Scheint relativ häufig zu sein; wird in den Laboratorien eultivirt und beschrieben ohne Angabe der Herkunft. Vgl. C.rookshank 1. c. Mein Material stammt aus dem Greifswalder Patbolog. Institut, wo die gelbe Sarcina spontan, als eine Einzel- colonie erschien in einer Gelatinecultur von erbrochenem Mageninhalt, in welchem S. ventriculi nicht gefunden worden war. Von Schröters S. lutea jedenfalls durch die Gelatine-Verflüssigung verschieden. 4. S. minuta, n. sp. ad interim. Vergl. Fig. 15 S. 95. Kleine, etwa 8 — 16 zellige Würfelpackete, in Mehrzahl zu unregelmäßigen Haufen, seltener zu regel- mäßigen größeren Würfeln vereinigt; ganz farblos. Einzelzellen ca. 1 u groß. Jodreactionen wie No. 2. Einmal, spontan aufgetreten in einer Objectträgercultur von saurer Milch. Auf Gelatine und in Fleischextract -Zuckerlösung gut, aber langsam wachsend, in der Lösung die regelmäßigeren Würfel, auf der Gelatine die unregelmäßigen Haufen bildend. Mikroskopisch der Welckerschen S. sehr ähnlich. 5. S. fuscescens. Kleine, 8 — 64 zellige Würfelpackete. leicht in kleinere Gruppen Tetradeni oder Einzelzellen zerfallend. Einzelzellen ca. 1.5 « groß. Jodreactionen wie No. 2. Bildet auf den zu nennenden Substraten bräunliche Schüppchen oder Kahmhäute. Diese Form wurde von Falkenheim in Gelatine- culturen von S. ventriculi enthaltendem menschlichem Mageninhalt erhalten, ohne dass ein genetischer Zusammenhang mit der Magensarcina ersichtlich ge- wesen wäre. Sie wuchs in zusammenhängender Packetform auf Heuin fus; auf den anderen üblichen Nährsubstraten Gelatine, Kartoffeln etc.) erfolgte die erwähnte Trennung in Einzelzellen und kleinere Zellgruppen. — Vorstehende Beschreibung nach Falkenheim 1. c. zusammengestellt, aus eigener Anschauung ist mir die Form oder Species nicht bekannt. Hierzu kommen als wohlunterschiedene und beschriebene Arten: S. intesti- nalis Zopf, Spaltp. 3. Aufl. p. 55. aus dem Darm von Hübnern; S. lutea Schröter Krypt. Fl. v. Schlesien) Saprophyt, in Pilzculturen erscheinend; und die Sumpf- wasser bewohnenden Arten S. rosea und S. paludosa Schröters. Anscheinend andere Sarcina-Formen werden noch erwähnt in J. Eisenberg, Patbolog. Diagnostik, jedoch ohne eigentliche Beschreibung, daher mit den vor- stehend beschriebenen zunächst nicht vergleichbar. — Eine »Sarcina in Mund und Lungen« hat ferner H. Fischer behandelt Deutsches Archiv f. Klin. Medicin. Bd. 36. p. 344), aber so beschrieben, dass nicht einmal darüber Klarheil vorliegt, ob die Zellen, resp. Theilungen nach 2 oder nach 3 Dimensionen geordnet sind; die Möglichkeit einer Vergleichung mit den anderen ist daher auch hier nicht gegeben. 152 Litteraturangaben und Anmerkungen. In die Bacterien - Litteratur sind ferner auf Abschreibewegen gelangt die Namen Sarcina littoralis Oersted, S. hyalina Kützing und S. Reiten- bachii Caspary (auch verdruckt in Reichenbachii). Die Quelle, aus welcher diese Namen zunächst stammen, ist Winter's Pilzflora v. Deutschland etc. Hier sind Merismopoedia littoralis Rabenhorst, M. hyalina Kg., M. Reitenbachii Casp. in die Gattung Sarcina gestellt; wie ich glaube mit Unrecht, weil, wieder Name Merismopoedia angibt, die Zellen, ihren Theilungsriclilungen entsprechend, luer nicht mehrschichtige Packete, sondern einschichtige Tafeln bilden, und weil, wenigstens für die beiden letzten Formen nicht sicher ist, ob ihnen nicht Chloro- phyll, resp. Phycochrom zukommt, welches andere Merismopoedien , z. B. M. punctata besitzen. Die genannten Formen gehören daher nicht hierher. Sie sind, gleich den anderen Merismopoedien, Bewohner von Sumpf- und Meerwasser. 53) Rasmussen, Ueber die Cultur von Mikroorganismen aus dem Speichel (Spyl gesunder Menschen. Dissert. Kopenhagen 1883. Mir nur bekannt aus einem Referat im Botan. Centralblatt 1884, Bd. 17, p. 398. 5fi) W. Miller, Der Einfluss der Mikroorganismen auf d. Caries d. menschl. Zähne. Archiv f. Exp. Pathologie XVI, 1882. Id. Gährungsvorgänge im mensch- lichen Munde, in Beziehung zur Caries d. Zähne etc. Deutsche Medic, Wochenschrift, 1884, No. 36. — T. Lewis, Memorandum on the comma- shaped Bacillus etc.; The Lancet, 2. Sept. 1884. 57) Aeltere Litteratur des Milzbrandes (bis 1874] s. bei 0. Bollinger, in Ziemssen's Handb. der speciellen Patholog. u. Therapie Bd. 3; auch das reiche Material bei üemler, Experimentelle Beitr. z. Milzbrandfrage. Archiv f. Thierheilk. Bd. II — VI. — Erste Entdeckung des Bacillus: Rayer, Memoires de la Societe de Biologie, T. II, annee 1850 (Paris 1851), S. 141. — Pollender, Casper's Vierteljahrsschr. Bd. VIII (1855). Von den sehr zahlreichen Arbeiten aus neuerer Zeit seien genannt: Pasteur, in Compt. rend. T. 84 (1877), p. 900. T. 85 (1877), p. 99. T. 87 ;ls7s, p. 47. T. 92 (1881), p. 209, 266, 429. — R. Koch, Die Aetiologie d. Milzbrandes, in Colin, Beitr. z. Biolog. d. Pfl. Bd. II, 277. —Derselbe in Mittheil. a. d. Reichsgesundheitsamt I, und, mit Gaffky u. Löffler. ibid. II. — H. Buchner, in 29 (s. oben). — Chauveau. Compt. rend. T. 91 (1880), p. 680. — Ibid. T. 96 (1883), p. 553, 612, 678, 1471 ; — Ibid. T. 97 (1883), p. 1242, 1397. — Ibid. T. 98 (1884), p. 73, 126, 1232. — Gibier, Ibid. T. 94 (1882), p. 1605. — E. Me tschnikoff, Die Be- ziehung der Phagocyten zu den Milzbrand-Bacillen, in Virchow's Archiv Bd. 97 (1884). — A. Prazmowski, Biolog. Centralblatt 1884. 58) Pasteur, Compt. rend. T. 90 (1880), p. 239, 952, 1030; T. 92 (1881). p. 426. — Semmer, Ueber die Hühnerpest. Deutsche Zeitschr. f. Thiermedicin Bd. IV (1878), p. 24 4. Die von Perroncito, Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkunde Bd. V (4 879), p. 22 beschriebene Krankheit dürfte wohl nicht hierher gehören. — Kitt, Exper. Beitr. zur Kenntniss des epizoo- tischen Geflügeltyphoids. Jahresber. d. k. Thierarzneischule in München für 1883 — 84, Leipz. 1885 p. 62. Diese vorzügliche Arbeit bringt erstlich genaue Angaben über die Gestaltung des Micrococcus und sein Ver- halten in den Culturen und zweitens experimentelle Untersuchungen über die Infection und über die Krankheitserscheinungen, welche durch dieselbe hervorgerufen werden. Wenn sie auch Pasteur 's Angaben in Litteraturangaben und Anmerkungen. 1 53 manchen Punkten ausdrücklich bestätigt, so ist sie doch geeignet, gegen andere dieselben Zweifel zu begründen, schon darum, weil sie im höch- sten Grade wahrscheinlich macht, dass P. nicht mit reinem, von andern Bacterien freiem Material gearbeitet hat. Der soporösen Zustände er- wähnt sie nicht. Bei den Thieren, welche der Krankheit überhaupt erlagen, speciell dem Geflügel, erfolgte der Tod meist schon nach 24 Stunden und plötzlich. Möglich, dass Pasteur überhaupt eine andere . Infectionskrankheit untersucht hat als Kitt. Nach den durchaus Ver- trauen verdienenden Darstellungen des Letzteren bedürfen Pasteur's Angaben jedenfalls einer kritischen Nachuntersuchung. Wenn ich sie der Hauptsache nach einstweilen im Texte stehen gelassen habe, so geschah das mit diesem Vorbehalt und vor allem wegen ihrer Bedeu- tung für die Entwicklung der Lehre von den Contagia viva, welche Be- deutung sie auch im Falle theilweiser Incorrectheit behalten. 59) Unter Hinweis auf die medicinische Litteratur, insonderheit Liebermeister's Einleitung zu den »Infectionskrankheiten« in Ziemssen's Handbuch Bd. II, seien zu diesem Abschnitte speciell angeführt: J. Henle, Patholog. Untersuchungen. Berlin 1840, I. — Sodann die unter 57) citirte Littera- tur. — de Bary, Die Brandpilze, Berlin 18.53, u. Recherches sur le developpement de quelques Champignons parasites. Ann. sc. nat. Bo- tanique, 4. Ser. T. XX. Ferner die Zusammenstellung in Frank, Die Krankh. d. Pflanzen, Breslau 1880, u. de Bary, Morphol. u. Biologie d. Pilze. Leipz. 1884. de Bary, in Jahresber. über d. Leistungen u. Fort- schr. d. Medicin, herausgegeben von Virchow u. Hirsch, II (1867), 1. Abth.. p. 240 ff. Id. Ueber einige Sclerotienkrankheiten etc. Bot. Ztg. 1886. — v. R e c k 1 i n g h a u s e n . Berichte d. Würzburger Phys.-med. Gesellsch., 1871. — E.Klebs in zahlreich. Schriften, zumal Archiv f. Experiment. Pathologie u. Pharmacologie Bd. I (1873). — v. Nägeli, Die niederen Pilze etc. (7). — 60) 0. Obermeier, Berliner Klin. Wochenschr. 1873. — Colin, Beitr. z. Biolog. d. Pfl. I, 3, p. 196. — v. Heydenreich, Unters, über d. Paras. d. Rückfall- typhus, Berlin 1877. — R. Koch, Mittheil. d. k. Reichsgesundheilsamts I. 61) R. Koch. Die Aetiologie d. Tuberculose. Mittheil. d. Reichsgesundheitsamts II. — Malassez et Vignal, Tuberculose zoogloique. Compt. rend. Acad. Sc. T. 97 (1883), p. 1006. — Ibid. T. 99 (1884 , p. 203. 62) N ei ss er, Centralblatt f. d. med. Wissensch. 1879. und Deutsche Med. Wochen- schrift 1882, No. 20. — Bockhardt, Beitr. zur Aetiologie u. Pathologie d. Harnröhrentrippers. Sitzgsber. d. Phys.-med. Gesellsch. zu Würzburg 1883. p. 13. — E. Bumm. Der Mikro-Organismus der Gonorrhoischen Schleimhaut-Erkrankungen. Wiesbaden 1885. — Vgl. im Uebrigen Nagel, Jahresbericht etc. d. Ophthalmologie. — 63) Von der höcbst umfangreichen Litteratur über d. Wundinfection citire ich hier nur: F. J. Rosenbach, Mikroorganismen bei d. Wundinfectionskrank- heiten d. Menschen. Wiesbaden 1884. — J. Passet. Unters, über d. eitrige Phlegmone d. Menschen. Berlin 1885. Weiterer Litteratur - nachweis in diesen Büchern und Baumgarten's Jahresbericht 64) v. Recklinghausen u.Luckomsky , Virchow's Archiv Bd. 60. — Fehl eisen. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie, Bd. 16, p. 391. — Koch, Reichsgesund- heitsamt I. 154 Litterattirangaben und Anmerkungen. 65 Sattler, Die Natur d. Trachoms etc. Bericht über d. 1 8. Versamml. d. ophthal- molog. Gesellsch. zu Heidelberg, 1881, p. 18. — Ibid. 1882, p. 45. — Michel. Sitzgsbor. d. Würzb. Phys.-med. Ges. Ins»;. 66) Kuschbert u. Neisser. Deutsche Medic. Wochenschrift 1884, No. 24. — Schleich. Zur Xerosis conjunctivae. In Nagel's Mittheil, aus d. ophth. Klinik zu Tübingen Bd. II, p. 145. 67 C. Friedländer, Ueber den Schizomyceten b. d. acuten fibrinösen Pneu- monie. Virehow's Archiv Bd. 87 ;1882), p. 31 9. — Ders. in Fortschritte d. Medic.,1, 4883. Neuere, bestätigende Angaben vgl. i. Baum garten'sJahresb. <>s Lepra, vgl. Neisser. in Ziemssen's Handb. d. spec. Pathol. u. Therapie, Bd. XIV. Neuere Lepra- Arbeiten v. Unna u. A., vgl. bei Baum garten, 1. c. Desgleichen die Discussionen über den Syphilis-Bacillus. 69 Mittheilungen d. Beiehsgesundheitsamts I. vti Bollinger, in Ziemssen's Handb. Bd. III. — Löffler u. Schütz, Deutsche Med. Wochenschrift 1882, p. 707. — 0. Israel, Berliner Klin. Wochen- schrift, 1883. p. 455. — Kitt, im Jahresber. d. k. Thierarzneischule München, Leipz. 1885. 74 Bollinger u. Feser, Deutsche Zeitschr. f. Thiermedicin . 1878 — 1879. — T. Ehlers, Unters, über d. Bauschbrandpilz. Diss. Bostock 1 884. — Kitt, 1. c. 72 E. Klein, Virehow's Archiv Bd. 95 (1884), p. 468. Löffler, Lydtin und Schottelius; Schütz, vgl. Baumgarten. Jahresbericht p. 101. 73 Klebs und Tommasi Crudeli. Studien über d. Ursache d. Wechseliiebers und über d. Natur d. Malaria. Archiv f. experimentelle Pathologie Bd. XI. — Cuboni u. Marchiafava, ibid. Bd. XIII. — Ceci, ibid. Bd. XV u. XVI. — Ziehl, Deutsche Medicin. Wochenschrift, 1882. p. 647. — Marchiafava u. Celli, N. Unters, über die Malaria-Infection etc. (1885). Vgl. Baumgar ten, Jahresber. p. 153. Ich kenne diese Arbeiten nur aus letztgenanntem Bericht. Das in diesem citirte BuchLaverans kenne ich nicht. — Eine Kritik der Angaben der Italienischen Beobachter, so wie sie mir vorliegen, zu geben, dürfte hier nicht am Platze sein, nur möchte ich denselben rathen, sich die zoologisch -botanische Litteratur des Gebietes, auf welches ihre Arbeiten sich begeben, auf- merksam anzuseilen, bevor sie sich selbständig darauf bewegen, und Namen anwenden wie »Plasmodium«, welches Wort in präcisester Weise ein Stück Entwicklungsgeschichte bezeichnet, das die Verf. in ihrem Falle nicht beobachtet haben. 74 Gaffky, Zur Aetiologie d. Abdominaltyphus. Mittheil, aus dem k. Beichs- gesundheitsamt II, 372. Hier d. ausführliche Litteratur. 75 Fr. Löffler, Unters, über die Bedeutung der Mikroorganismen für die Ent- stehung der Diphtherie beim Menschen, bei der Taube u. beim Kalbe. Ibid. p. 421. 76 J. M. Kl ob, Patholog. Anatom. Studien über das Wesen des Choleraprocesses. Leipz. 1867. B. Koch, Berliner Klin. Wochenschrift 1884, No. 31— 32a. Verband!, d. 2. Conferenz zur Erörterung der Cholerafragen; in Berlin. Klin. Wochenschr. 1885, No. 37 a. E. van Ermengem, Becherches sur le Microbe du Cholera asiatique, Paris et Bruxelles 1885, 8°. Litteraturangaben und Anmerkungen. 155 F.Hueppe,Ueber d. Dauerformen der sogenannten Kommabacillen. Fort- schr. d. Medicin, 4885, Bd. 3, No. 19 n. D. Med. Wochenschr. 1885. No. 44. Nicati u. Rietsch, Doyen, Watson Gbeyne, Babes u. A.. vgl. die Citate in Raumgarten's Jahresbericht 1885. Finklcr u. Prior, Tagebl. d. 57. Vers. D. Naturf. u. Aerzte z. Magdeburg. p. 216 ff. — Iid. Forschungen über Cholerabacterien, im Ergänzungs- heft, z. C.entralblatt f. allg. Gesundheitspflege Bd. I. Emmericli, Vortr. im Aerztl. Verein z. München. Ref. Berlin. Klin. Wochen- schrift, 1885, No. 2. Id. Archiv f. Hygieine. Bd. III. H. Büchner. Ibid. — Emmerich u. Buchner, Die Cholera in Palermo. Münchener Med. Wochenschrift, 1885, No. 44. — von Sehlen, Bemerkungen über das Verhalten d. Neapler Bacillen in d. Organen etc. Ibid. 1885, No. 52. J. Ferran, Die Morphologie des Cholera-Bacillus und die Schutz-Cholera- Iinpfung. Nach Dr. Ferran. Von Dr. Max Breiting. Deutsche Medicinal- zeitung IV (1885), p. 160, und Ueber die Morphologie des Komma-Bacillus. Zeitschr. f. klin. Medicin, herausg. v. Leyden, v. Bamberger u. Nothnagel, Bd. IX. p. 375, Taf. XI (1885). Cholera: Inquiry by Doctors Klein and Gibbes, and Transactions of a Committee convened by the Secretary of State for India in Council. 1885. — Vgl. auch E. Klein, in Proceedings of the Royal Soc. London. Vol. 38, No. 236, p. 154. — T. Lewis, The Lancet, 1. c. s. oben, An in. 56. Die im Texte gegebene Darstellung gründet sich auf die vorliegende Litteratur, und ist vor allem beeinflusst durch van Ermengem's vor- treffliches Buch. Die botanische Beschreibung der Choleraspirillen gründet sicli theüs ebenfalls auf die zahlreichen Beschreibungen und Abbildungen, auch einige gefärbte Präparate, anderntheils auf die eigene Untersuchung der Finkler-Prior'schen Form. Ich musste mich hierauf beschränken, weil meine Bitte um eine Probe lebenden Materials des Cholera-Spirillum an competentester Stelle abschlägig beschieden wurde, und meine anderweite Beschäftigung die Möglichkeit der Cholera nach- zureisen ausschließt. Spiril.lum habe ich die Koch'schen und ähn- liche Formen lediglich der Kürze und Einfachheit halber auch jetzt noch genannt. Hueppe hat dafür den Namen Spirochaete in Vor- schlag gebracht, Schröter Microspira als Gattungsnamen für die arthrosporen Schraubenbacterien. Ich habe hiergegen nichts ein- zuwenden, als dass mir auf diesem Gebiete Namensänderungen und -Verschiebungen derzeit wenig nützlich und erwünscht zu sein scheinen. Die einzelnen Species sind hier noch so ungleich bekannt, dass jeden Augenblick neue Verschicbungen eintreten können, und deshalb begnügt man sich am besten für einen Einzelfall mit einem einfach verständ- lichen Ausdruck und wartet den Zeitpunkt ab, wo die vorhandenen Kenntnisse eine correcte, einigermaßen dauerhafte Nomenclatur ein- zuführen gestatten. 77) Vgl. die Zusammenstellung in .lud ei eh u. Ni Ische. Lehrb. d. mitteleurop. Forstinsectenkunde. — Pasteur, Etudes sur la maladic des vers-ä-soie. Paris 1870. Dort weitere Litteratur. — Frank B. Cheshire and W. Watson Cheyne, The Pathogenic History and History under Cultivation of a new Bacillus 'B. alvei), the cause of a disease of the Hive Bee 156 Litteraturangaben und Anmerkungen. liitherto known as Foul Brood. Journ. of R. Microsc. Society Ser. II, Vol. V. — S. A. Forbes, Studies on the Contagious diseases of Insects. Bulletin of the Illinois State Laboratory of Nat. Hist. Vol. II (1 886). — Ferner Me tschnikoff, in Virchow's Archiv, Bd. 96, p. 178. 78) J. H. Wakker, Onderzoek der Ziekten van Hyacinthen. Harlem 1883/84. Auch Bot. Centralblatt, Bd. 14, p. 315. — T. J. Burrill, Anthrax of fruit trees; or theso-called fire blight of pear, and twig blight of apple- trees. Proceed. of Americ. Assoc. for the advan- cement of Sc. Vol. XXIX (1880) — Id. Bacteria as a cause of disease in plants. The American Naturalist. Jul. 1881. — J. C. Arthur, Pear Blight; in Annual Report of the New- York Agricult. Experiment Station for 1884 and 1885. — Botanical Gazette 1885. American Naturalist 1885. E. Prillieux, Corrosion de grains de Ble etc. par des Bacteries. Bull. Soc. bot. de France, Tom. 26 (1879), p. 31, 167. — Reinke u. Berthold, Die Zersetzung der Kartoffel durch Pilze. Berlin 1879. — van Tieghem,Developpement de l'Amylobacter dans les plantes ä l'ötat de vie normal. Bull. Soc. bot. de France, T. 31 (1884), p. 283.— Namen-Register Achorion 1 1 9. Amylobacter 65. 81 IT. 440. Arthrobacterium aceti 70. 14; Bacillus 60. alvei 1 VI. - Amylobacter 4. 10. 1".. 16. 17. 28. 32. 41. 4 3. 4 4. 48. 56. 57. 58. 81 ff. 84. 94. 145. Anthracis 10. 13. 14. 17. 28. 41. 42. 43. 44. 48. 52. 95. 99. ff. butylicus 43. 81. — butyricus 81. crassus 3. - erythrosporus 1 6. lacticus 76. Malariae 138. - Megaterium 13. 14. 17. 24. 32. 42. 48. 84. 125. melittophthorus 141. subtilis 10. 13. 14. 17. 24. 28. 32. 41. 43. 44. 46. 49. 83. 84. 100. 108. Ulna 14. ureae 69. ■ virens 4. Bacterium aceti 70. chlorinum 45. merismopoeclioides 10. - — photometricum 47. Termo 41, 43, 65, 86, 97. Zopfii 18. 43. 94. Bandwürmer 88. 93. Beggiatoa 3. 4. 19. 25. 54. CO. 64. 65. alba 65. arachnoidea 66. mirabilis 66. - — - roseo-persicina 4. 47. 66. Bierhefe-Saccharomyces 57. 73. 80. Botrydium granulatum 22. 25. Buttersäure-Bacillus 81. Butylalkohol-Bacillus 47. 57. Calothrix 63. Choleraspirillum 130. Cladothrix 6. 9. 18. 23. 60. 62. 64. dichotoma 62. Clalhrocystis roseo-persicina 66. Clostridium butyricum 81. Coccobacteria septica 23. Cordyc.eps 88, 90. Cornalia'sche Körper 142. Crenothrix 3. 6. 19. 25. 61. 62. 64. Kühniana 61. (lystopus candidus 92. Diplokokken 8. Dispora 81. Dispora caucasica 78. Eiter-Micrococcus 52. Erysipel-Micrococcus 52. Essig-Bacterien 57. 76. Essig-Micrococcus 46. 70. Essigmutter 5. 66. 70. Eurotium 32. Fadenhefe 54. Fagus 91. Froschlaich 11. 18. Froschlaichbacterium 73. Galeobdolon luteum 39. Gartenkresse 51. 92. Gonococcus 127. 129. Harnstoff-Micrococcus 68. 71. Heubacillus 11. 108. Hülmermicrococcus 115. Hydrocharis 39. Hydrodictyon 21. 25. Kehr 11. 47. 65. 77. Ketir-Bacterium 45. 47. 77. 81. 126. Keür-Körner 11. 77. Köpfchen-Bacterien 81. Komma-Bacillus 132. Kniiiniabacillus d. Mundschleimhaut 9J Krätzmilbe 93. 119. Labiaten 39. Laboulbenia Muscae 32. 90. Lacerta viridis 101, 158 Namen-Register. Lepidium sativum 5t Lepra-Bacillus 138. Leptothrix 9. 91. buccalis 4. 97. - ochracea 03. Leuconostoc 5. 11. 18 mesenterioides 92. . 19. 28. 19. 74. 60. 73. 74. Merismopoedia hyalina 151. littoralis 151. punctata 151. - Reitenbachii 154. Micrococcus aceti 44. 70. 71. 135 amylovorus 144. der Diphtherie 140. ■ Bombycis 134. Gonococcus 127. der Hühnercholera 115. lacticus 28. 76. 84. nitrificans 70. Pasteurianus 4. 72. ■ prodigiosus 11. 31. 42. 77. - Ureae 20. 32. 69. 4 37. 4 42. - der Zahncaries 99. Microspira 155. Mikrozymen 38. Milchsäurebacillus 77. 79. Milchsäurebacterium 79. Milzbrandbacillus 108. Monaden 8. Monas prodigiosa 1 1 . Mucor 24. Mucorinen 46. 57. 58. Mycoderma aceti 70. Mycothrix 9. Myxomyceten 112. Neapler Bacillus I34. Nosema Bombycis 142. Nostoc 30. Nostocaceen 5. 29. 30. 63. Oenothereen 9 1 . Ophidomonas 64. Oscillarien 7. 30. 65. 66. Palmella 10. Panhistophyton ovatum 142. Penicillium glaucum 32. 46. Phytophthora infestans 91. 145. omnivora 91. Proteus 150. Pythium 91. Rostpilze 88. Saccharomyces 57. 58. 73. 80. Cerevisiae 55. 56. 80. Saccharomyces Mycoderma 72. Salvia glutinosa 39. Saprolegnieen 32. Sarcina 5. 10. 96. flava 96. 150. fuscescens 150. - hyalina 154. intestinalis 150. littoralis 1 5 1 . lutea 96. 150. der Lungen 150. minuta 95. I50. - paludosa 150. Beichenbachii 151. Reitenbachii 151. — rosea 150. - ventriculi 5. 95. 96. 149. Welckeri 96. 149. Schizomyceten 2. Schizophyten 30. Sclerotinia 91. Scytonema 63. Sempervivum 91. Spaltalgen 30. Spalthelfe 54. Spaltpflanzen 30. Spaltpilze 2. 30. Spirillum 8.21. 41. 49. 60. 97. 98.4 23.4 30. amyliferum 4. 15. tenue 67. Undula 67. Spirochaete 5. 8. 21. 155. Cohnii 97. 98. 123. buccalis 98. dentium 98. Obermeieri 123. 129. Sprosshefe 54. Staphylococcus 137. albus 137. aureus 137. Streptococcus 20. 137. Syphilis-Bacillus 4 38. Trianea bogotensis 39. Trichine 88. 91. 93. 119. Trommelschläger-Bacillus 85. 86. 94. Tuberkel-Bacillus 42. 124. 129. 138. Typhus-Bacillus 140. Tyrothrix 43. 84. filiformis 43. tenuis 43. 84. Ulothricheen 66. Uredineen 88. Vibrionen 8. 129. Zoogloea 10. Druck von Urcitkoiif k Härte] in Leipzig. Date Due — Y$>CtY y u.ec1