a b5 ER IS RT 0 IT; BZ ht Po Kisıss, ser wer u a ka Teen ern er a TE TE Te . x = > a z De es n Ze a a - v ie - re 2 j 5 “ “ ” 19 Bas ner FEAR Rzi N a ae nn I mka ER, <ı- | P] 2 ’ a, & ® ; L- IRB’ R 24 R » > DEIN 1 VG un ji: ‘u 2 5) ri Pte 61399 yM i Narr ER ER Az 108 > i D = = na — m 7 4 v Wiıesner- Festschrift Im Auftrage des Festkomitees redigiert von K. LINSBAUER Mit 56 Textfiguren und 23 Tafeln WIEN 1908 .Verlagsbuchhandlung Carl Konegen (Ernst Stülpnagel) IV 2 We4 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien Ill. Erdbergstraße 3, MAR 2 0 1908 JULIUS WIESNER anläßlich der Vollendung des 70. Lebensjahres überreicht von FREUNDEN UND SCHÜLERN. WIEN, am 20. Jänner 1908. Die vorliegende Festschrift soll vor allem ein Zeichen der Verehrung und Anerkennung der Verdienste sein, die sich der Jubilar in rastloser und unermüdlicher Arbeit als Lehrer und For- scher erworben. Mit der Vollendung des 70. Lebensjahres ist aber auch gleichzeitig die Erreichung eines bedeutsamen Lebens- abschnittes verbunden, insoferne als das Scheiden, wenn nicht von der wissenschaftlichen Forschung, so doch vom Lehrberufe nahe gerückt erscheint, von der Stätte längst gewohnten Schaffens und Wirkens, von der Stätte, an welche der gefeierte Gelehrte als erster in Österreich berufen war, Pflanzenphysiologie zum selbständigen Lehrgegenstand zu erheben und Generationen die Wege der Forschung zu weisen. So ist diese Festschrift auch ein Abschiedsgruß an den Scheidenden, eine Gabe, mit der Jünger und Freunde das Beste bieten, was sie zu geben haben: dem geistig schaffenden Manne Resultate eigenen Forschens. Wenngleich es — aus äußeren Gründen — nur wenigen ge- gönnt war, in dieser Festschrift zu Worte zu kommen, so haben sich an deren Zustandekommen doch viele Freunde und Schüler des Meisters im In- und Auslande betätigt. Aber auch Männer der Praxis und eine Reihe von Korporationen haben sich an dieser Ehrung beteiligt, der Festfeier auf diese Art ein charakteristisches Gepräge verleihend. Sie haben dadurch, daß sie beigesteuert haben, zum Ausdrucke gebracht, daß sie Wiesners Einfluß erkannt und anerkennend und dankbar gewürdigt haben. Und so ist Wiesners stetes Bestreben, die Wissenschaft der Praxis dienstbar zu machen, sowie sein Trachten, über die engen Grenzen der Spezialforschung hinaus den Gedankenflug in Nach- bargebiete der Wissenschaft zu nehmen, wiedergespiegelt in den Namen und Beiträgen der Männer, deren Zusammenwirken diese Festschrift ihre Entstehung verdankt. a LIBRARY NEW YORK BOTANICAI GARDEN Inhaltsverzeichnis. Seite AmbronnH,, Über die Veränderungen des chemischen und physikalischen Verhaltens der Zellulose durch Einlagerung von Schwefielzink ... 193 Burgerstein A., Vergleichende Anatomie des Holzes der Koniferen . 101 Chamberlain H. St., Goethe, Linn und die exakte Wissenschaft der Batur:. . . . IE 2 20) Czapek Fr., Beronismie San! Dieter hle:. : 92 Darwin Fr., On the Localisation of Geoperception in the Condor = Sarghum Be, 125 Figdor W,, omenlle San dber die er onfktane Eopimdich‘ keit der Pflanzen . 237 Fritsch K., Über das a erehan von Geikihsn is) in ee 412 Goebel K., Über Symmetrieverhältnisse in Blüten 151 Grafe V., Studien über das Gummiferment . Sr 28 Haberlandt G. Zwei Briefe Hugo von Mohls an ar Less A U E 48 Hanausek T. F., Neue Mitteilungen über die sogenannte Kohleschicht der en SE Fri Bel Heinricher E., Beeinflussung eb Sn enkimind) Ach be Diet er 0203 Höhnel Fr. v. und Litschauer V., Österreichische Corticieen . . . 56 Jen£i@ A. Mikroskopische Untersuchung altägyptischer oe Helzer ...... .. 497 Kammerer P., Sansase Sn Oedog beein lan En Wasser: jungferlarven . .. EINER? 239 Käarzel.R., Die han der langen os nselisn ee al) Koorders S. H., Über Wiesneriomyces, eine im Jahre 1906 in Java ent- .deckte Gattung der Tubereulariaceae- Mucedineae-Phragmosporeae . . 329 Krasser F., Kritische Bemerkungen und Übersicht über die bisher zu- tage geförderte fossile Flora des unteren Lias der österreichischen Dralpen- . .-. u. 5437 Linsbauer K., Über Ten ecknheken Ad re, Bei Mimosa pudica . . . 396 LinsbauerL., Über nEstachemische ke bei de Aulhokyanbildaug 421 Litschauer V., siehe Höhnel Fr. v. Bopriore G. Zwilllngswurzeln .. ... 535 Möbius M, Über ein eigentümliches el dnmen: von en in der Epidermis und den Bau des Blattes von Callisia repens . . . 81 Mikosch C., Über den Einfluß des Reises auf die Unterlage .. . .. 280 Molisch H., Über eiioe angeblich leuchtende Pilze... .. ».». 19 — VN’— N&ömec B., Einige Regenerationsversuche an Taraxacum-Wurzeln Nestler A, Das Haufgilt' der Cypripedien, 2 sure Portheim L. v. und Samec M., Orientierende Untersuchungen über die Atmung gesunder und infolge von Kalkmangel erkrankter Keim- linge von Phaseolus vulgaris .. . .. 2... Przibram H., Wiederaufnahme des Wachstums von Se der Beriie sempervirens Endl.. : 5 25. eo ne enge Raciborski M., Coreopsis tinetoria var. pr ifien: eine unzwe Mutation Reinke J., Kritische abe: Richter ©. Über die Notwendigkeit des Be ir eine Harbid Meeresdiatomee Samec, siehe Portheim. Schiffner V., Ökologische Studie über die sogenannten »Knieholzwiesen« des Isergebirges Senft E, Über das Vorkommen von a (Hesse) —= »Parietin« (Thomsor, Zopf) in den Flechten und den mikrochemischen Nach- weis desselben. . s Skraup Zd. H., Über das en, aus ee Solla:R,, Die oe. der Phytopathologie in den en Jahre und deren Beziehung zu den anderen Wissenschaften Stoklasa J., Die Atmungsenzyme in den Pflanzenorganen Strakosch S., Die Ernährungsphysiologie der Pflanzen in ihren Bee hungen zur Volkswirtschaft . Strasburger E., Einiges über Characeen Di ee ! Strohmer F., Über Aufspeicherung und Wanderung des Rob (Saccharose) in ‚der Zuckerrübe (Beta vulgaris) . PreleaseıW.; Variegation in the Agaveae . Tschirch A. Grundlinien einer piysiologischen Chemie de Dildee: lichen Behreie Wegscheider R. Über die Vene eL er Weinzierl Th. v., Zur Mechanik der Embryoentfaltung be a Get mineen Wettstein R. v., Über sprungweise Zunahme der Fertilität bei Ba- staı den Wilhelm K., Über einen ern Baie Zickes H., Über das Bacterium polychromicum und seine Farbsteifpior duktion Seite 207 200 113 525 417 11 167 452 Grundlinien einer physiologischen Chemie der pflanzlichen Sekrete von A. Tschirch (Bern). Eingelangt am 21. Juni 1907. Als ich im Jahre 1888 an das Studium der pflanzlichen Sekrete, speziell der Harze, herantrat, waren es pflanzenphysiologische Gesichtspunkte, die mich leiteten. Ich hatte die Tatsache ermittelt, daß es Pflanzen gibt, die normalerweise kein Sekret enthalten oder bilden und erst nach Verletzungen zur Bildung von Sekretbehältern schreiten. Es eröffnete sich hier die Aussicht, durch vergleichend- chemisches Studium einerseits der normalen sekretfreien Rinde des Baumes, anderseits des Harzes der Entstehung des Sekrets auf die Spur zu kommen. Die Ergebnisse der Untersuchungen entsprachen nicht den Erwartungen. Außer den weitverbreiteten Bestandteilen wurden bei Styrax Benzoin keine besonders charakteristischen Substanzen, bei Myroxylon Pereirae nur Kumarin gefunden, das zu den Bestandteilen des Perubalsams zwar direkte Beziehungen zeigt, aber keineswegs als ein einfacherer Körper wie jene und demnach auch nicht als ein auf dem Wege zu ihnen liegender Körper zu betrachten ist. Ganz im Stiche ließen mikrochemische Untersuchungen. Die Frage mußte daher am anderen Ende angefaßt, es mußte versucht werden, durch ein genaues Studium der Sekrete zu Rück- schlüssen auf deren Aufbau zu gelangen. Dieses eingehendere Studium der Sekrete habe ich denn auch in Angriff genommen und bin nun nach fünfzehnjähriger Arbeit zu einigen allgemeineren Resultaten gelangt, die als ein Anfangeinerphysiologischen Chemie der Sekrete betrachtet werden können. Zunächst zeigte es sich, daß sich die Harzsekrete — und nur mit diesen (mit Einschluß der Milchsäfte) habe ich mich beschäftigt — Wiesner-Festschrift 1 DE nicht alle unter einen Hut bringen lassen, daß sie so mannig- faltig sind, daß man sie zunächst einmal in besondere Klassen bringen und diese gesondert betrachten muß. Es zeigte sich ferner, daß eine oftmals sehr klar hervortretende Beziehung zwischen der chemischen Zusammensetzung des Sekrets einerseits und der Pflanzenfamilie, zu der die das Sekret erzeugende Pflanze gehört, anderseits besteht. In vielen Fällen läßt sich geradezu aus der chemischen Be- schaffenheit eines Sekretes ein Rückschluß auf die Pflanzenfamilie ziehen. Die Sekrete der Umbelliferen, der Burseraceen, der Koniferen, Konvolvulaceen, Sapotaceen besitzen so viele Besonderheiten, so viele charakteristische Züge, daß man auch chemisch sie sehr wohl als besondere Familien betrachten kann. Das ist nun zwar im allgemeinen die Regel. Doch gibt es auch Ausnahmen und gerade diese Ausnahmen bieten vielleicht einige Fingerzeige, wo die Gesetze der Harzbildung zu suchen sein werden. Die Benz- harze!) zum Beispiel zeigen zwar unter sich Familienähnlichkeit, gehören aber sehr verschiedenen Pflanzenfamilien an, die im System oft weit voneinander entfernt stehen. Leguminosen, Styraceen, Balsamifluae, Liliaceen und Palmen stehen zum Beispiel im System so weit voneinander wie möglich und doch zeigen ihre Sekrete viel Übereinstimmendes. Das gleiche gilt von den Kautschuken, die ziemlich ähnlich sind, obwohl sie aus mindestens sechs, keines- wegs im System benachbarten Familien stammen, nämlich den Euphorbiaceen, Artokarpeen, Apocyneen, Kompositen, Loranthaceen und Musaceen. Es läßt sich also eine Einteilung der Harzsekrete nach den Pflanzenfamilien nur in beschränktem Maße durchführen. Wollen wir Grundlagen für eine physiologische Chemie der Sekrete ge- winnen, so müssen wir die wesentlichen und gemeinsamen Züge, in der chemischen Physiognomie der Sekrete aufsuchen. Und da läßt sich nun folgendes als das Wesentliche aus der er- drückenden Fülle der Einzelerscheinungen herausschälen. Die erste Gruppe bilden die Tannolharze, Harzsekrete, welche die Ester von Resinotannolen und aromatischen, zur Benzo&säure- und Zimmtsäurereihe gehörenden Säuren enthalten. Mit der Auffindung dieser Klasse von Harzen war !), Ich setze die Kenntnis der Ergebnisse meiner Sekretstudien als bekannt voraus und verweise auf mein Buch »Die Harze und die Harzbehälter«. Il. Aufl. Berlin 1906. = der Beweis erbracht, daß auch viele Harze — gerade wie die Fette — Ester sind. Es darf als eine der größten Überraschungen der an Überraschungen doch so reichen Sekret- studien betrachtet werden, daß man gerade hier auf Glieder der Gerbstoffgruppe stieß. Gerade diese Substanzen hatte ich hier am wenigsten erwartet, obwohl ja schon mehrfach früher von einer »Entstehung der Harze aus Gerbstoffen« gesprochen worden war, freilich ohne für diese Vermutung etwas anderes anzuführen, als daß in der Nähe von Sekretbehältern Gerbstoffe im Gewebe vor- kommen. Aber Gerbstoffe sind ja überhaupt so häufige Bestandteile von Pflanzenteilen, ja gerade solcher, die niemals Harze bilden und treten anderseits gerade besonders reichlich in den Organen von Pflanzen auf, die Sekrete erzeugen, welche keine Resinotannole enthalten (Koniferen), daß hierauf sich jedenfalls eine Harzbildungs- theorie nicht gründen ließ. Wirkliche Beziehungen zwischen Harzen und Gerbstoffen sind erst durch die Entdeckung der Gruppe der Resinotannole in den Benzharzen und Harzen der Umbelliferen aufgedeckt worden. Daß die Resinotannole aromatische Phenole sind, unterliegt keinem Zweifel. Schon ihr Verhalten zu Eisensalzen läßt dies er- warten und das Auftreten von Pikrinsäure bei der Einwirkung von Salpetersäure bestätigt es. Einige, wie die Tannole der Akaroide, gehen sogar hierbei glatt in Pikrinsäure über. Auch das Auftreten von Benzol, Toluol, Styrol bei der Zink- staubdestillation stimmt hierzu. Sind es aber aromatische Phenole, so treten sie zu den Harzester (Resine) bildenden aromatischen Säuren, die wir mit ihnen gepaart finden, in nächste Beziehung. Diese Säuren gehören zu zwei Gruppen. Die eine Gruppe ist die der Benzo&säure und Salizylsäure, die andere die der Zimtsäure und der Oxyzimt- säuren (Parakumarsäure, Kaffeesäure, Ferulasäure, Umbelliferon). Um die Entstehung dieser Harzester von .aromatischen Phe- nolen und aromatischen Säuren zu verstehen, brauchen wir also nur anzunehmen, daß in der lebenden Zelle durch Ringschließung ursprünglicher Kohlenstoffketten aromatische Kerne gebildet werden, die sich nach verschiedenen Richtungen weiter bilden. Ganz anders verhält es sich mit den Resinolsäuren (Harzsäuren) und den Resinolen (Harzalkoholen). Den Harzsäuren der Koniferen -— den typischen Vertretern der Resinolsäuren — deren Zahl zurzeit eine ziemlich große ist, die sich aber wahrscheinlich auf wenige Typen werden zurück- 1? ee führen lassen, liegen sicher keine aromatischen Kerne zugrunde. Wo man versucht hat, doppelte Bindungen nachzuweisen, wurden überall nur eine oder zwei in dem großen Molekül gefunden, die Mehrzahl der Kohlenstoffatome ist nicht doppelt gebunden, sondern einfach wie bei den aliphatischen Verbindungen. Allerdings dürfen wir auch bei ihnen Ringschluß annehmen. Aber ihr ganzes Ver- halten zeigt, daß sie zu den hydroaromatischen Verbindungen ge- hören. Ihre große Resistenz gegen Reagenzien, ein Umstand, der den Harzen, die sie enthalten, ja gerade ihre Bedeutung für die Praxis der Lackindustrie gibt, stellt sie zu dieser Gruppe, die den Übergang bildet zwischen den aromatischen und aliphatischen Körpern. Hier kann der Ringschluß im Stoffwechsel der Zelle ursprüng- lich gebildeter aliphatischer Körper noch einfacher sich gestalten. Es ist mir nun geglückt, den Kern, der wenigstens einigen dieser Harzsäuren zugrunde liegt, aufzufinden und ihre Ableitung aus demselben wahrscheinlich zu machen. Bereits 1909 habe ich gezeigt, daß bei der Destillation von Koniferenharzsäuren Reten auftritt und daß im Harzöle hydrierte Retene sich finden und gleichzeitig darauf hingewiesen, daß der zum Reten gehörige voll- ständig hydrierte Kohlenwasserstoff, der Fichtelit, sich vielfach an den Stellen in alten, der Zersetzung anheimgefallenen Nadelholz- lagern findet, wo ehedem Harz lag, das heißt an den Orten der Sekretbehälter. Später sind auch Vesterberg und Easterfield auf Reten gestoßen. Ich will mich an dieser Stelle nicht auf eine Diskussion der Reten- und Fichtelitformeln, die noch nicht ganz feststehen, einlassen, sondern einmal die Bambergersche Formu- lierung zugrunde legen und auch den (wie wir sogleich sehen werden) im Reten steckenden Terpenkern nicht diskutieren. Wir er- halten dann folgende Reihe: B,.H GH En, Bu Ga 2 Big 2 \- Bi | C—C. H H (CC =Ü =C 24 N 44 R f N * % H,C BER CH, HC 0226 CH x EL Rx = N Ya Q L —Ü C—C C—C c—C ZEN NEN 4 x 2 N 7. Bu Ce Me H ER CH; vi SE Hi H.H Perhydroreten = (,; H3s Reten = (5; Hıs (Fichtelit) Sa Zwischen beiden läge ein Dekahydroreten: HB, B GH, HA, | | | N 2 AR . H,C ae; CH, 7 N / N, eig IE ee —— N 0 H CH, 2 ei Dekahydroreten = Cj; Has und von diesem ließe sich dann z. B. die Pimarsäure durch Ersatz des einen Wasserstoffatoms durch CH,, eines anderen durch die COOH-Gruppe ableiten (Stellung dieser beiden Gruppen willkür- lich gewählt): OOOTBI, M,, 06H, H, I, N 2 RE 0==0.,H —- 0 2 4 % x C U CH, N 2 74 graz ll | EN & BEN le a 6 C=—=( EICH: | | | HE ...C.H Pimarsäure = (sy Hs, Oo Weitere Gründe, warum ich diese Formel oder eine ähnliche für wahrscheinlich halte, sind, daß sich in der Tat zwei doppelte Bindungen nachweisen lassen und man bei der Spaltung der Säuren der Pimar- und Abietinsäuregruppe entweder Naphthalin, bezw. Methylnaphthalin oder Terpene erhält, nicht beide gleichzeitig, also entweder: SER ER Bene" 7 N oder v n% % ad CH, run Mit der Annahme eines Terpenkernes in ihnen treten die Koniferenharze aber in nahe Beziehungen zu den Terpenen, die sie so oft begleiten und man darf wohl für beide eine gemein- same Muttersubstanz annehmen. Welche diese ist, ist allerdings noch ganz unklar, da wir über Beziehungen der Terpene, z. B. zu Kohlehydraten nichts wissen. Müssen wir nun aber auch hier Kohlehydrate, die ja allerdings im Stoffwechsel der Zelle die Hauptrolle als Muttersubstanzen spielen werden, zum Aus- gangspunkt nehmen? Gibt es nicht noch andere weit verbreitete Zellinhaltsbestandteile? Ich habe schon 1894 darauf hingewiesen, daß das Phyto- sterin (Cholesterin) ein ganz regelmäßiger Bestandteil der Pflanzen ist und wahrscheinlich keiner Zelle fehlt. Richtiger wird man wohl von Phytosterinen sprechen dürfen, denn es gibt deren offenbar mehrere, es handelt sich um eine Gruppe. Ich habe dann auch darauf hingewiesen, daß sie wahrscheinlich der Schlüssel sein werden zur Aufklärung zahlreicher Stoffwechselprozesse.. Wenn wir erst ihre Konstitution kennen werden, wird — daran zweifle ich nicht — auf vieles ein Licht fallen, was jetzt noch dunkel ist. Leider ist die Konstitution des Phytosterins noch nicht ganz auf- geklärt. Einige der Formeln zeigen Beziehungen zu den Terpenen, eine wird von einem reduzierten Picen abgeleitet. Aber etwas Sicheres wissen wir noch nicht. In Beziehungen zu den Terpenen und den Koniferenharzsäuren wurden die Cholesterine auch schon von Liebermann und Walitzky gebracht. Eine Andeutung, daß solche Beziehungen bestehen, haben wir in den ähnlichen Farbenreaktionen und ich habe daher im Laufe von zehn Jahren alle Glieder der Harzsäurereihe, die meine Schüler isolierten, mit den üblichen Cholesterinreagenzien geprüft. In vielen Fällen, z. B. bei der Abietinsäure, bekommt man ganz ähnliche Reaktionen, in anderen tritt die Ähnlichkeit nicht klar hervor. Daß «-Cholesterilen, « und b-Cholesteron, Kampfer und Ter- pentinöl mit Salzsäure und Eisenchlorid dieselbe Reaktion wie Cholesterin geben, ist längst bekannt (Weyl). Aber auch wenn wir das Cholesterin ausschalten, können wir von verhältnismäßig einfachen Körpern in die Nähe der Koniferenharzsäuren gelangen. Lawrence bekam nämlich durch Oxydation der $-Isopro- pylelutarsäure Terpenilsäure und bei der Oxydation dieser Terebin- säure, die man ja bekanntlich sowohl aus Pinen wie auch durch wet e Oxydation des Kolophoniums, d. h. der Abietinsäure, erhalten kann. Die Glutarsäure (normale Brenzweinsäure) ist aber eine ver- hältnismäßig einfach gebaute, mit der Weinsäure verwandte Substanz. Daß man beim Abbau von Koniferenharzen und Koniferenharz- säuren Glieder der Terpenreihe erhält, ist schon oben erwähnt, auch die den Koniferenharzen verwandten Amyrine, die sehr ausge- sprochene Phytosterinreaktionen geben, liefern solche, denn die Amyrilene (Vesterbergs) dürfen zu den Terpenen gerechnet werden. Ja sogar eines der von uns isolierten Resinotannole, das Galbaresinotannol (aus Galbanum), führt uns in die Nähe des Pinens, denn es liefert bei der Oxydation mit Salpetersäure Kampfer- säure und Kamphoronsäure. En En C C \ | NS REN HO0C COOH ER ZN | | H,;0 COOH HC 7 Che : | | OH;-C- CH; \CH3-U-OR, | CH;,-C-CH;, H,C OOo EO- OH H;C | COOH a a N Is S17 N C C C CA; CH; OB; Kamphoronsäure Kampfersäure. Pinen. Wenn wir auch heute noch nichts Bestimmtes über die Kon- stitution der Koniferenharzsäuren aussagen können, so ist es doch sehr wahrscheinlich, daß sie zu den hydroaromatischen Verbindungen gehören, von einem hydrierten Reten sich ableiten und sowohl zu den Terpenen wie den Phytosterinen in Beziehung stehen. Aber ich möchte nicht die Hypothese aufstellen, daß sie aus ihnen her- vorgehen. Das Phytosterin ist offenbar selbst ein viel zu kompli- zierter Körper, um Muttersubstanz der Koniferenharzsäuren sein zu können, aber auch die Terpene der Formel C,, H;, sind wahrschein- lich nicht die Muttersubstanzen, wenigstens nicht in der Art, wie man es bisher immer meinte. Denn aus der Tatsache, daß Terpen- tinöl leicht verharzt, hatte man, seit Rose sein Harzradikal auf- gestellt, stets geschlossen: also geht die Abietinsäure aus dem Ter- pentinöl hervor. Untersucht man jedoch die bei der Verharzung des Terpentinöls entstehenden - Verbindungen, so zeigt sich, daß sie keine Abietinsäure oder Pimarsäure sind, sondern hauptsäch- lich aus Resenen bestehen. Diese sind offenbar Substanzen, die era ee viel nähere Beziehungen zu den Terpenen zeigen und ich glaube nicht weit von der Wahrheit entfernt zu bleiben, wenn ich sie als Oxypolyterpene anspreche. Allerdings entstehen bei der Verharzung des Terpentinöls auch saure Verbindungen, wöhl Peroxyde oder etwas dergleichen, aber keine der bekannten Harzsäuren wurde bisher gefunden. Doch gibt es ein Harz, dessen Bestandteile, wie es scheint, vorwiegend aus dem ätherischen Öl stammen: die Myrrhe, aber auch kein Öl verharzt so leicht wie das Myrrhenöl. Vielfache Verwandtschaft mit den Harzsäuren zeigen die Harzalkohole oder Resinole. Auch bei einigen von diesen treten Beziehungen zu den Cholesterinen und Terpenen hervor. Ihr Studium erscheint mir als besonders aussichtsreich für den weiteren Ausbau einer physiologischen Chemie der Harze. Denn bei einigen von ihnen treffen wir auf die interessante Tatsache, daß sie sich in verschiedenen Pflanzenfamilien finden, so z. B. das Amyrin in Burseraceen und Rutaceen, Resinole der Formel Os Io6 9 in Styracaceen und Balsamifluae. Da einige dieser Ver- bindungen sehr gut kristallisieren, wird ihr weiteres Studium er- leichtert. Denn das ist bei den Harzkörpern so unangenehm, daß man so oft auf amorphe Körper stößt, die durch kein Mittel zum Kristallisieren zu bringen sind. Eine Gruppe von Resinolen verhält sich dagegen ganz anders. Es sind dies die Resinole des Guajakharzes. Wir haben es bei ihnen offen- bar mit Kondensationsprodukten zwischen aliphatischen Substanzen (Tiglinaldehyd) und aromatischen Phenolen (Guajacol, Kreosol) zu tun. Aber auch Vertreter der aliphatischen Reihe selbst sind in Harzen gefunden worden. Die Aleuritinsäure des Stocklack ist ein Beispiel hierfür und auch das Konvolvulin enthält neben Zucker- resten auch aliphatische Säuren. (Methyl-aethylessigsäure, «-Methyl- £-oxybuttersäure) Und ganz neuerdings hat ja Harries die Kautschugutta vom Lävulinaldehyd abgeleitet und sie als 1'5 Dime- thyl-cyklooktadi@n betrachtet der Formel: | | HOCH EICH, OH552:0 2E I,.20 D.C ] | d. h. als ein Vielfaches der Pentadi@nyl-Recten (0; H,), ähnlich wie Zellulose und Stärke Multi-Anhydride des Traubenzuckers sind. Harries denkt sich die Bildung der Kautschugutta in der Bee Weise verlaufend, daß der Zucker (Pentosen) zu dem Reste (, I/; reduziert und dann in statu nascendi zum Komplex (C;, He) kon- densiert wird. Daß die Zucker zum Lävulinaldehyd und der Lävulin- säure Beziehungen besitzen, ist ja bekannt. Hier wäre also die Genese eines Harzkörpers direkt bis zum Zucker, der wohl als die Quelle der meisten Zellinhaltsbestandteile zu betrachten ist, zu verfolgen. Überschaut man das Gesagte, so läßt sich vorläufig nur das eine sagen, daß die Harze überhaupt keine chemisch einheitliche Gruppe sind, sondern sich aus den verschiedensten Körperklassen rekrutieren, für die eine gemeinsame Muttersubstanz vorläufig nicht erkennbar ist. Nur in wenigen Fällen gelang es bisher, plausible Hypothesen über ihre Bildung zu entwickeln. Aber Andeutungen finden sich allenthalben. Dies gilt von den Bestandteilen des eigentlichen Harzkörpers, des Reinharzes. Nicht viel mehr wissen wir über die »Beisubstanzen«, d. h. die Substanzen, welche den Harzkörper begleiten. Aller- dings können wir sie oftmals in Beziehung bringen zu dem Harz- körper. So finden wir nicht selten unter den Beisubstanzen die Spaltlinge der Harzester sowohl der Tannolreihe wie der Resinol- reihe, dann bei Harzen mit aromatischen Harzestern andere Körper der aromatischen Reihe (Ester, Säuren und Aldehyde), bei den Koni- ferenharzen, die man früher direkt als »Terpenharze« bezeichnete, Terpene. Ganz unklar war bisher das ganz regelmäßige Auftreten von Bitterstoffen unter den Beisubstanzen, bis es uns neuer- dings gelang, von einer nicht bitteren Harzsäure des Sandarak zu einem Bitterstoff zu gelangen, so daß wir wohl jetzt annehmen dürfen, daß auch diese Substanzen zum eigentlichen Harzkörper in Beziehung stehen. Als ganz aufgeklärt betrachte ich dagegen das Auftreten gummiartiger Körper neben den Harzen, zum Beispiel in den sogenannten Gummiharzen. Da die Sekretbildung in der resinogenen Schicht erfolgt, diese aber aus Gummi-, respektive Schleimsubstanz besteht, wird in allen den Fällen, wo die resinogene Substanz lange erhalten bleibt und weich ist (Umbelliferen), beim Anschneiden des Organs das Harz mit dem Gummi zusammen ausfließen (Umbelliferengummiharze); während überall dort, wo die resinogene Schicht frühzeitig zugrunde geht oder derb ist (Koniferen), eine Beimischung von Gummi zum Harz nicht beob- achtet wird (Koniferenharze). Daß diese also der resinogenen Schicht ee. entstammende Gummisubstanz stets Enzyme (Gummasen) enthält, - ist interessant und vielleicht eine Andeutung, daß die Umbildung der von den sezernierenden Zellen gebildeten resinogenen Sub- stanzen in das Sekret unter Mithilfe von Fermenten erfolgt. Denn bei der resinogenen Schicht befinden wir uns am Herde der Sekret- bildung, im Laboratorium der Harzerzeugung. Ich kenne übrigens kein Ferment, daß nicht mit einer Gummisubstanz vergesellschaftet wäre. Unwillkürlich wird man daher zu der Auffassung gedrängt, daß es sich hier um Verbindungen und nicht um Mischungen handelt und daß die pflanzlichen Fermente möglicherweise Zwischen- stufen sind zwischen Eiweißkörpern und Hemizellulosen. Alle geben die Pyrrol- und die Furfurolreaktion. Daß es eine zur Membran zu rechnende Schicht ist, die als resinogen funktioniert, ist besonders interessant. Denn bekanntlich wurde die Membran der pflanzlichen Zelle in ihren Leistungen bisher meist verkannt und wenn es sich um die chemischen Leistungen der Pflanzenzelle handelte, auf Kosten des plasmatischen Zellinhaltes hintangesetzt. Es unterliegt ja keinem Zweifel, daß sich die hauptsächlichsten Stoffwechselprozesse im Zellinhalte ab- spielen, aber daß auch die Membran zu chemischen Leistungen befähigt ist, zeigt gerade die resinogene Schicht. Diese liegt nun aber an Stellen, wo sich sonst die sogenannten »Auskleidungen der Interzellularen« befinden und sie tritt damit zu der sogenannten Interzellularsubstanz überhaupt in Beziehung, die, wie ich durch neuere Untersuchungen einwandfrei zeigen konnte, in erster Linie auch bei der Schleimbildung der Algen und der Pektinbildung der Früchte in Betracht kommt. Da Pektin aus der Interzellularsubstanz hervorgeht, betrachte ich letztere chemisch als ein Protopektin und bezeichne sie jetzt mit diesem Namen. Daß auch die Schleime der Phanerogamen Membranschleime sind, habe ich schon früher nach- gewiesen. Aber es ist hier die sekundäre Membran welche aus Schleim besteht. Daß wir dort, wo die Sekretbildung vor sich geht, stets Glieder der Gruppe der Hemizellulosen finden, führt uns aber wieder auf die Kohlehydrate als die letzten Quellen der Sekrete. So beginnt sich allmählich das Dunkel zu lichten und wir - sehen doch schon einige Aussicht, auch der physiologischen Chemie der Sekrete auf die Spur zu kommen und damit ein interessantes Kapitel der chemischen Physiologie der Zelle aufzuklären. Kritische Abstammungslehre von J. Reinke (Kiel). Eingelangt am 2. Juli 1907. Wenn in der philosophischen Literatur der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts der Ruf: Zurück auf Kant! ein so erfolgreicher war, haben wir dies dem Umstande zuzuschreiben, daß Kant einst die Philosophie aus dem dogmatischen Schlummer weckte, indem er die Berechtigung ihrer Lehren unter die kritische Lupe nahm. Selbstkritik der Wissenschaft sollte seit Kant Grundsatz nicht nur der Philosophie, sondern auch aller übrigen Wissenschaften sein, und seine Nachfolger, wie zum Beispiel Hegel, sind zum großen Teil daran gescheitert, daß sie es an der erforderlichen Selbstbe- schränkung fehlen und ihre reichen Ideen ungezügelt davonflattern ließen. Auf keinem Gebiet der zeitgenössischen Naturwissenschaft ist eine kritische Selbstbesinnung so nötig wie auf dem der Ab- stammungslehre. Diese setzt sich aus relativ wenig empirischen und aus desto mehr spekulativen Elementen zusammen. Die Ab- stammungslehre ist eine Idee, wenn man will, eine naturphilo- sophische Idee, für deren allgemeine Geltung sich wenig erfahrungs- mäßige Tatsachen anführen lassen und die hauptsächlich durch die theoretische Erörterung von Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten gestützt wird. Sie ist in erster Linie Deutung der Tatsache, daß die Lebewesen in einer so ungeheuren Vielgestaltigkeit auftreten, und der Versuch, den Grund dieser Vielgestaltigkeit durch Nach- denken zu finden und wahrscheinlich zu machen. Sie ist nicht Wissen, sondern eine Forderung und ein Wunsch unseres Verstandes. Daß die Abstammungslehre bis in die Einzelheiten des Zu- sammenhanges der Lebewesen hinein einen dogmatischen Ton angeschlagen hat, ist vor dem Forum wahrer Wissenschaft nicht en zu rechtfertigen. Wir müssen deshalb dafür kämpfen, daß die Ab- stammungslehre, soweit sie dogmatisch ist, durch eine kritische ersetzt werde. f Ich selbst habe einst den Abstammungsgedanken für ein Axiom der modernen Biologie erklärt und ich tat dies, indem ich die Abstammungstheorie als Idee, nicht als Ausdruck erfahrungs- mäßig festgestellter Tatsachen gelten ließ. In Übereinstimmung mit der Ausdrucksweise der Mathematik verstehe ich dabei unter Axiom ein Postulat unseres das Wissen der Gegenwart berücksichtigenden Verstandes, das weder direkt bewiesen noch widerlegt werden kann. Diese Abstammungsidee hat sich belebend und befruchtend für die biologischen Wissenschaften erwiesen; darin sind alle einig, und sie bildet einen Leitstern für zahlreiche Einzelforschungen. Als Ganzes aber bleibt sie Idee, Postulat und damit für ihre ent- schiedensten Anhänger Axiom; in diesem letzteren Sinne ist sie nicht Gegenstand des Wissens, sondern des Glaubens. Daß die Kritik nicht nur gegenüber den einzelnen Beob- achtungen und den aus ihnen gezogenen Folgerungen einzusetzen hat, sondern auch die Idee selbst zu ihrem Objekt machen muß, versteht sich von selbst. Auch diese allgemeine Idee ist das Er- gebnis des Zusammenwirkens von Argumenten, die sich auf Tat- sachen stützen, und von Hypothesen. Wie vor der Kritik das, was wir eine Tatsache nennen, als gut oder als minder gut beglaubigt erscheinen kann, so wird man auch gut begründete und schlecht begründete Hypothesen unterscheiden dürfen. Sehen wir uns einmal die Tatsachen an, mit denen die Ab- stammungsidee zu rechnen hat. Da ist zunächst die Tatsache der Kontinuität des Lebens oder genauer ausgedrückt, der Zusammen- hang der einzelnen Lebensformen oder Individuen in der Fort- pflanzung. Der Satz: omne vivum ex vivo hat allein Anspruch darauf, als biogenetisches Grundgesetz bezeichnet zu werden. Dazu kommt als zweite Tatsache die Entwicklung der höheren Pflanzen und Tiere aus wenigzelligen Vorstufen und schließlich aus einer einzigen Keimzelle. Dieser sichergestellten Ontogonie der Einzel- wesen gegenüber steht das Unternehmen der Phantasie, unter An- wendung eines Analogieschlusses die höheren Lebensformen durch Umbildung aus niederen und schließlich aus einzelligen Formen entstehen zu lassen. Das nennt man Phylogonie, und es kommt nun darauf an, ihre Richtigkeit und Zulässigkeit am Maßstabe der Erfahrung zu prüfen. I Der Erfahrung eröffnen sich hier meines Dafürhaltens nur zwei Gebiete von Tatsachen, das Verhalten der uns umgebenden, als historisch geworden vorausgesetzten Organismen und die Er- gebnisse der paläontologischen Forschung; will man auch die ver- gleichende Morphologie und Entwicklungsgeschichte herbeiziehen, so begibt man sich damit wieder auf das Gebiet der Spekulation. Die Paläontologie lehrt uns, daß ein kleiner Bruchteil der heute lebenden Typen schon im Kambrisch und im Silur existiert und sich unverändert durch alle geologischen Perioden hindurch erhalten hat. Die Mehrzahl der uns heute umgebenden Typen von Lebe- wesen existierte früher noch nicht und die meisten der uns im fossilen Zustande bekannt gewordenen Typen sind in der Gegen- wart ausgestorben. Es ist aber von größter Bedeutung, daß im Tertiär nicht nur die Reste zahlreicher Arten noch heute lebender Gattungen aufgefunden sind, sondern daß auch viele tertiäre Arten mit den heute lebenden übereinstimmen, und zwar um so mehr, je jünger die Tertiärschichten sind. Dagegen kennen wir kein Bei- spiel dafür, daß nach Ausweis fossilen Materials sich ein Pflanzentypus (ich verstehe hier darunter Gattungen und Familien) in einen andern im Laufe der Erdgeschichte allmählich umgewandelt habe. Eine solche Umwandlung der Typen ineinander, insbesondere in auf- steigender Linie, von unvollkommeneren zu vollkommeneren Formen besteht für die Wissenschaft bislang nicht in der Erfahrung, sondern nur in der Idee, und diese Idee selbst läßt sehr verschiedene Mög- lichkeiten des Geschehens zu. Zwei Möglichkeiten sind es, die hier vornehmlich in Betracht kommen. Entweder führen alle Ab- stammungslinien der Organismen auf einige wenige Urformen, viel- leicht auf eine einzige zurück, aus der nach dem Prinzip der Divergenz, einem der wichtigsten Bestandteile von Darwins Theorie, sich die uns heute bekannten Pflanzen und Tiere ent- wickelt haben sollen. Damit würde von einer Blutsverwandtschaft der meisten, wenn nicht aller Typen von Lebewesen untereinander die Rede sein können und die Ähnlichkeit der Arten einer Gattung, der Gattungen einer Familie würde auf gemeinsame Vorfahren zu- rückweisen. Oder aber man nimmt an, daß ursprünglich, also lange vor dem kambrischen Zeitalter, sehr zahlreiche, vielleicht Millionen von Urwesen gegeben waren, die sich in lauter einzelnen Stamm- linien bis zu den Typen der Gegenwart fortgebildet haben, während zahlreiche Stammlinien im Laufe der Erdgeschichte erloschen und uns .nur zum geringen Teil als Versteinerungen erhalten geblieben sind. Will man sich für die eine oder andere Annahme entscheiden, so wägt man nur Möglichkeiten gegeneinander ab und gelangt zu Wahrscheinlichkeiten, die mehr oder weniger subjektiv ausfallen werden. Mir persönlich zum Beispiel erscheint der polyphyletische Ursprung der Organismen auf unserem Planeten wahrscheinlicher als der monophyletische und ich räume mit Friedmann ein, daß die Ähnlichkeit vieler Typen einer Konvergenz der Stammlinien, einer Annäherung der Formen aneinander unter dem Einfluß ähn- licher Lebensbedingungen zugeschrieben werden kann (Fische, Wal- fische). Anderseits glaube ich aber, daß viele Typen sich durch Divergenz auseinander abgezweigt haben, so daß man die Prin- zipien der Divergenz und der Konvergenz wird beide berück- sichtigen und kombinieren müssen. Zugunsten der Divergenz sprechen die Beobachtungen, die wir bei Aussaat der einer einzigen Pflanze entnommenen Samen- körner machen. Trotz Übereinstimmung in den typischen Merk- malen unterscheiden sich alle aus solcher Aussaat hervorgegangenen Individuen sowohl von der Mutterpflanze wie untereinander. Das ist die Variation. Schon Linn& sagte: Es gibt so viele Varietäten als verschiedene Pflanzen aus dem Samen der gleichen Art auf- gegangen sind; Varietäten aber sind Pflanzen derselben Art, die durch eine zufällige Ursache verändert wurden. Daß Varietäten erb- lich sein können, wußte auch Linne. Sofern die Varietäten sich in der nächsten Generation wieder ausgleichen, spreche ich von einer oszillierenden Variation; ich halte den Ausdruck für besser als »fluktuierende« Variation, weil man unter Fließen eine progressive Bewegung versteht. Andere als sprungweise Variationen lassen sich meines Erachtens überhaupt nicht wahrnehmen; es kann sich nur darum handeln, ob die Sprünge größer oder kleiner sind. Wenn sich Varietäten in der Fortpflanzung konstant erhalten, so ist das eine stabilisierte oder stabile Variation, ein Ausdruck, der sich wohl so ziemlich deckt mit de Vries’ Mu- tation; das Wort Mutation ist in der Paläontologie längst in anderem Sinne verwendet worden. Die stabilen Variationen können fast un- merklich gering, die oszillierenden nicht selten beträchtlich sein, die Größe der Abweichung ist kein brauchbares Merkmal, um beide Arten der Variation zu unterscheiden; nur auf die Erblich- keit kommt es an. Sind die erblichen Abweichungen erheblich, das heißt sind bei einer Aussaat neue stabile Varietäten entstanden, die sich durch mehr oder weniger augenfällige Merkmale aus- — B- — zeichnen, so sprechen wir von neuen Rassen oder Unterarten (Sub- spezies). Es widerspricht nach meiner Meinung dem historischen Sinn, der Zweckmäßigkeit und der Pietät, wenn man den Artbegriff anders als im Linnöschen Sinne verwenden will; nach dem Art- begriff richtet sich der Begriff der Varietät, Rasse, Unterart. Nach meinem Dafürhalten ist uns bei allen Kulturversuchen nichts anderes geglückt, als neue erbliche Rassen zu erzielen, nicht aber Arten, geschweige denn Gattungen oder Familien. Mit dieser Tatsache hat eine kritische Abstammungslehre vor allem zu rechnen. In dieser Auffassung begegnet sich mein Urteil mit dem- jenigen J. Wiesners, das dieser kürzlich in seinen vortrefflichen Bemerkungen »Das Beharrungs- und Veränderungsvermögen der lebenden Wesen« !) ausgesprochen hat. Wiesner betont hier mit Recht, daß man über die Grenzen der »guten« Arten im Experi- ment nicht hinausgekommen ist, das heißt über die Arten im Sinne Linnes; jede Weiterführung der Evolutionslehre erklärt Wiesner für spekulativ und hypothetisch, dem Geiste exakter Naturforschung wenig entsprechend. Damit wird Wiesner den hohen Wert der Versuche über Bildung neuer Unterarten so wenig bestreiten wollen, wie ich es tue. Die wichtigsten dieser Beobachtungen sind die von de Vries über die Entstehung neuer erblicher Rassen von Oenotlera Lamarckiaxa und die von Wasmann über die Umwandlungen von Käfern mitgeteilten Tatsachen. Gerade die Arbeiten von de Vries aber scheinen mir ein Bei- spiel dafür zu sein, wie leicht gut beobachtete Tatsachen zu Speku- lationen ins Unbegrenzte hinein verleiten. So halte ich es für eine reine Hypothese, aus der beobachteten Tatsache, daß bei der Aus- saat der Samen von Oenothera Lamarckiana stabile, das heißt in der Fortpflanzung sich konstant verhaltende Rassen in größerer Zahl hervorgehen, den Schluß ziehen zu wollen, daß Oenothera Lamarckiana sich gegenwärtig in einer »Mutationsperiode« befinde, nachdem sie eine vielleicht auf Jahrtausende zu veranschlagende Periode der Konstanz durchgemacht habe. Noch viel weiter geht die zweite Hypothese, die einen Analogieschluß aus jener ersten Hypothese darstellt, daß sich alle übrigen Arten ebenso verhalten, daß sie eine lange Periode der Konstanz durchlaufen, um dann in einer relativ kurzen Periode der »Mutation« gleichsam zu ex- plodieren und durch diese Explosion zahlreiche neue »Arten« aus- .) Festschrift für A. Lieben. Leipzig, Verl. Winter 1906. Ar zustreuen. Das ist reine Spekulation, bloße Hervorhebung einer Mög- lichkeit, der sich andere Möglichkeiten gegenüberstellen lassen. Betrachten wir Oenothera Lamarckiana als eine gegebene Art, über deren Ursprung wir nichts wissen, so frage ich: wer bürgt mir dafür, daß diese Art nicht von Anbeginn ihres Bestehens, sobald äußere Umstände dafür günstig waren, »mutiert« habe, daß die meisten ihrer »Mutanten« aber bald wieder ausgestorben sind unter dem Einflusse der in der freien Natur herrschenden Verhältnisse und nur der mit dem Namen Oenothera Lamarckiana belegte »Mu- tant« sich erhalten hat? Ich glaube, daß diese Hypothese mit den vielen Erfahrungen der gärtnerischen Praxis über Neubildung erb- lich konstanter Rassen ebensogut übereinstimmt, wie die Hypo- these von de Vries über den Wechsel von Konstanzperioden und von Mutationsperioden. Gegenwärtig tut der Wissenschaft viel mehr not eine strenge kritische Sonderung dessen, was in der Deszendenzlehre Tatsache und was Hypothese ist, als das Ersinnen und Auftürmen immer neuer, wenn auch noch so geistreicher Hypothesen. Diese Lehre sollte man auch der oben erwähnten Darlegung ]J. Wiesners ent- nehmen. Statt dessen sind die meisten ‚neueren Arbeiten auf dem Gebiete der Deszendenztheorie weniger kritisch gestimmt als die des Altmeisters Darwin. Immer wird man diesem volle Anerkennung dafür zollen müssen, daß er seine eigenen Hypothesen als Ver- suche einer Erklärung hinstellt und selbst die ihm aufsteigenden Einwände dagegen vorbringt. Welche Bescheidenheit tritt uns in allen seinen Werken entgegen und mutet uns so sympathisch an im Gegensatz zu den Dogmen späterer Adepten. Wenn trotzdem seine Selektionstheorie kein glücklicheres Schicksal gehabt hat, als sie es in der Gegenwart erleben muß, so zeigt dies nur, welche Gefahren beim Beschreiten des schwankenden Steges der Hypo- thesen auf dem Gebiete der Naturforschung drohen. Dennoch ent- halten Darwins Werke die Keime zu einer kritischen Abstammungs- lehre, wie ich sie fordere, und ihr wissenschaftliches Niveau ist weit höher als das, von dem aus eine Allmacht der Naturzüchtung verkündet wird oder aus dem der Ausspruch herstammt, eine sichere historische Tatsache sei die Erkenntnis, daß der. Mensch von einer Affenart abstammt. Eine Konstruktion von Stamm- bäumen der Tiere und Pflanzen hat in meinen Augen nur einen schematischen Wert, zumal Physiker, Astronomen und Geologen ihr Urteil so sehr auseinandergehen lassen, daß es zweifelhaft er- RENT: scheint, ob unser Planet seit zwölf Millionen oder seit einer Milliarde von Jahren Organismen trägt. Der speziellen Phylogonie scheint mir nichts so sehr not zu tun als der Zweifel, soll die Wissen- schaft Fortschritte machen, die als wirklicher geistiger Besitz der Menschheit angesehen werden dürfen. Auf den Ursprung des Lebens gehe ich hier nicht ein; mit Wiesner betrachte auch ich das Leben als etwas für den Naturforscher Gegebenes. Dem Gebiete unseres Wissens gehört es ar, daß einst andere Arten und Gattungen von Pflanzen die Erdoberfläche bevölkerten als in der Gegenwart und daß gegenwärtig unter unseren Augen neue erbliche Rassen zu entstehen vermögen. Alles übrige im Bereiche der Abstammungslehre ist Gegenstand unseres Glaubens, nicht unseres Wissens, sobald wir die Sonde strengster Kritik an- legen. Wenn dieser Glaube in mancher Beziehung zur unerschütter- lichen Überzeugung wird, so kann eine solche Überzeugung einer gleich strengen Kritik gegenüber immer nur den Wert subjektiver Gültigkeit beanspruchen. Sie stützt sich nicht auf Beweise wie das Wissen, sondern auf Argumente. Aber solche Argumente können einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, daß unsere Überzeugung tatsächlich richtig sei, herbeiführen. Dies gilt zum Beispiel von den Anpassungen, das heißt den festen Beziehungen der Gestalt und Lebensweise von Organismen zu ihren äußeren Lebensbedingungen. Daß die Entstehung neuer Rassen mit erneuten Anpassungen Hand in Hand gehen kann, zeigen besonders die Beobachtungen Was- mans über die Umbildung der als Ameisengäste bekannten Käfer. Doch auch aus dem Pflanzenreiche ist eine Reihe von Fällen bekannt geworden, wonach Abänderung und Anpassung an neue Vegetationsbedingungen zusammenfallen. Unter die berechtigten Analogieschlüsse stelle ich daher den, daß wir in vielen Fällen die Neuentstehung von Anpassungen annehmen dürfen, auch wenn wir die Entstehungsgeschichte der betreffenden Arten nicht kennen. Als Beispiele nenne ich die neuholländischen phyllodinen Akazien, die sukkulenten Euphorbien, die insektivoren Gewächse, die ganze Klasse der Flechten. Die Wissenschaft würde bis zur Öde ver- armen, wenn man die Hypothese verbieten wollte, daß solche be- sonders augenfällige Anpassungsformen von Pflanzen abstammen, die anders organisiert waren, jene spezifischen Anpassungen nicht besaßen. Aber auch hier müssen wir uns dessen bewußt bleiben, was tatsächliches Wissen und was Hypothese, was erfahrungs- mäßig beweisbar und was Analogieschluß ist. Die angeführten Wiesner-Festschrift 2 N Beispiele zeigen aber auch, daß wir in der Wissenschaft der Hypo- thesen gar nicht entbehren können; wir sollen nur die Hypothesen mit Vorsicht und nach gewissenhafter Abwägung aller denkbaren Möglichkeiten aufstellen und stets neben unserem bewiesenen und beweisbaren Wissen als Hypothesen und Deutungen bewerten. Wir bedürfen heute dringend einer streng kritischen Betrach- tung und Sichtung der Abstammungslehre, um sie von den dog- matischen und phantastischen Träumen zu befreien, die sich viel- fach wie Nebelschleier über sie gelagert haben. Wir müssen Ernst damit machen, die Grundlagen festzustellen, auf denen eine wissen- schaftliche Abstammungslehre überhaupt möglich ist. Wir müssen völlige Klarheit darüber gewinnen, was wir tatsächlich wissen und was wir nur vermuten, zumal die Vermutungen vielfach durch den Wunsch nach Abrundung unserer Vorstellungsbilder eingegeben werden. Wir müssen unterscheiden zwischen Problemen, deren Lösbarkeit dem Menschengeist möglich erscheint, und Fragen, von denen wir heute nur sagen können, daß eine Antwort auf sie uns in die Ferne des Endlosen gerückt zu sein dünkt. Bei Darwin war die Abstammungslehre bereits kritischer behandelt als bei fast allen seinen Nachfolgern, Nägeli nicht ausgenommen; dennoch haben wir in seiner Hypothese von der Rolle der Selektion ein beredtes Beispiel dafür, wie bedenklich es ist, die ungeheure Mannigfaltig- keit der Lebewesen der Hauptsache nach aus einem einzigen Prinzip heraus »erklären« zu wollen. In der Natur dürften durchweg die Vorgänge unendlich viel verwickelter sein, als eine zu Vorurteilen neigende Schulweisheit sich träumen läßt. Über einige angeblich leuchtende Pilze von Hans Molisch (Prag). Eingelangt am 7. Juli 1907. In meinem Buche über »Leuchtende Pflanzen« '!) habe ich unter anderem eine Übersicht über die bis heute bekannt gewordenen Leuchtpilze gegeben, gleichzeitig aber betont, daß in der Literatur gewissen Hyphomyzeten bis auf den heutigen Tag die Fähigkeit zu leuchten zugeschrieben wird, obwohl hiefür ein exakter Nach- weis nicht erbracht wurde. Ein sicheres Urteil, ob das Myzel eines im Holze wuchern- den Pilzes leuchtet, läßt sich erst dann geben, wenn der Pilz in Reinkultur vorliegt. Auffallenderweise hat man die Methode der Reinkultur, die auf dem Gesamtgebiete der Mikrobiologie so große Erfolge aufzuweisen hat, auf die höheren Pilze relativ selten an- gewendet und doch können gewisse physiologische Fragen, wie die nach der Lichtentwicklung mit Sicherheit doch nur auf dem Wege der Reinkultur beantwortet werden. Nehmen wir an, es fände jemand ein Stück faules, leuchten- des Holz, das mit Xylaria” Hypoxylon besetzt ist, und er schlösse aus dem Vorkommen dieses Pilzes auf dem Holze, daß die Nylaria das Leuchten bedingt, so ist dieser Schluß nicht ohne weiteres berechtigt. Ein derartiges Holz kann neben der Aylaria noch zahl- reiche andere Myzelien enthalten und in der Tat wird man wohl selten im Walde verwesendes Holz finden, das nur einen einzigen Pilz enthält, gewöhnlich läßt sich eine ganze Pilzflora darin erkennen. Erst wenn der in Frage kommende Pilz auf verschiedenen Substraten und auch auf dem natürlichen rein gezogen wurde, wird man be- urteilen können, ob er leuchtet oder nicht. ') Molisch H., Leuchtende Pflanzen. Eine physiologische Studie. Jena 1904; S. 83, H* p + a Von diesem Gesichtspunkte habe ich den Hallimasch, Aga- ricus melleus, das Myzelium x und andere Pilze studiert, ihr Leuchten beobachtet und meine Ergebnisse darüber in meinem erwähnten Buche veröffentlicht. Daselbst wurde auch schon darauf hingewiesen, daß eine Reihe von Pilzen, wie aus der Literatur hervorgeht, leuchten sollen, daß aber eine genauere Prüfung derselben noch aussteht. Hierher gehören Trametes pini Fr., Polyporus sulfureus F'r., Poly- porus citrinus (= caudicinus) (Schaef.) Schröt,, Heterobasidium annosum, Agaricus (Collybia) longipes Scop., Cortieium coeruleum (Schrad.) Fr. — Auricularia phosphorea Schr. und Xylaria-Arten. Ich habe die Sache seither fortwährend im Auge behalten von einzelnen dieser Pilze Reinkulturen gemacht und erlaube mir nun die erhaltenen Resultate mitzuteilen. Xylaria Hypoxylon Pers. und Xylaria Cookei. Obwohl ich bereits früher!) den Beweis erbracht habe, daß den beiden Xylaria-Arten die Fähigkeit, Licht zu entwickeln, voll- ständig abgeht, wird selbst in der neuesten Literatur immer noch die alte Fabel von dem Leuchten dieser Pilze von neuem auf- getischt. Ich habe die beiden Pilze seit sechs Jahren auf Brot und Holz in ständiger Reinkultur, habe aber niemals auch nur die geringste Lichtentwicklung bemerkt. Xylaria Hypoxylon und Xylaria Cookei sind daher aus der Reihe der Leuchtpilze zu streichen. Trametes pini Fr. Die Angabe, daß dieser Pilz leuchtet, finde ich bei Ludwig.’ Nachdem er die Vermutung ausgesprochen, daß noch unter den Rhizomorphabildnern Leuchtpilze gefunden werden dürften, schreibt er: »So erhielt ich zu einer meiner ersten Arbeiten über Phosphores- cenz aus Thüringen (Forstbezirk Fischbach bei Schleusingen) frisches Wurzelholz mit Rhizomorphen aus einer mit Trametes pini be- fallenen Gegend, welches intensiv leuchtete, aber von dem später untersuchten Hallimaschholz und Xylariaholz sich wesentlich unter- schied. Das Spektrum fing hier erst beim Hellblau an und er- streckte sich weit in das Violette und schien nicht völlig konti- nuierlich zu sein.« (Vergl. über die spektroskopische Uhnters. 1) Molisch H, 1. c. S. 40—44. ®) Ludwig F., Lehrbuch der niederen Kryptogamen etc. Stuttgart 1892, $. 528—529. photogen. Pilze, Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie 1884, p. 186.) Ludwig stellt zwar Tirametes pini nicht bestimmt als leuchtend hin, allein nach dem Wortlaut scheint er doch geneigt zu sein, ihn für einen Leuchtpilz zu halten. Um die Sache zu entscheiden, kulti- vierte ich den Pilz seit drei Jahren auf Brot und Holz in reiner Form. Der Pilz wächst besonders leicht an, wenn man kleine Stückchen des jungen, noch energisch wachsenden Fruchtkörpers auf das feuchte Nährsubstrat legt. Das weiße, mitunter reichlich Flüssigkeit auspressende Myzel, welches in allen meinen Kulturen steril blieb, zeigte niemals eine Spur von Licht. Von strangartigen, an Ähizomorpla erinnernden Myzelien habe ich gleichfalls nie etwas bei diesem Pilze gesehen. Nebenbei sei bemerkt, daß ich durch zwei Jahre hindurch auch Trametes radieiperda in Reinkultur auf Brot und Holz gezogen habe, an diesem Pilze aber weder Rhizomorphabildungen noch Lichtentwicklung konstatieren konnte. !) Polyporus sulfureus Fr. Von diesem Pilze ist gleichfalls behauptet worden, daß er leuchte, allein schon Ludwig?) bemerkt, daß dies der Bestätigung bedürfe. Man erhält Kulturen des Pilzes leicht, wenn man kleine Stückchen des jungen, noch wachsenden Hutes als Impfmasse ver- wendet. Solche Teile treiben bald Myzelfäden aus, die allmählich das ganze Nährsubstrat als eine gelbliche, weichflockige, duftige Masse überziehen. Fruchtkörper erhielt ich während vierjähriger Kulturen nie, hingegen fand ich, daß das Myzel stets eine so un- geheure Zahl von runden Konidien entwickelte, daß es wie von einer staubigen Masse bedeckt war. Unter den Hymenomyzeten ist dieser Pilz durch diese Art der Nebenfruktifikation besonders aus- gezeichnet, was eine besondere Untersuchung verdienen würde. Wenn man das konidientragende Myzel mit absolutem Alko- hol behandelt und mit einem Deckglas bedeckt, so entsteht nach einigen Minuten eine große Anzahl von verschieden gestalteten farblosen Kristallen und sternartige Aggregate von nadelartigen Formen, prismaartige, bi- und plankonvexe Gestalten und andere. Ihre chemische Natur habe ich nicht erforscht. Hingegen habe ich !) Herrn Prof. Dr. Freih. v. Tubeuf bin ich für die liebenswürdige Be- schaffung des Ausgangsmaterials zu großem Dank verpflichtet. EyEuawigr., |. ec S. 529. ee IR mich überzeugt, daß dem kultivierten Myzel sowie den im Freien erwachsenen Fruchtkörpern die Fähigkeit zu leuchten, vollständig abgeht. Collybia eirrhata Pers. Agaricus (Collybia) tuberosus Bull, der auf faulenden Blätter- pilzen, besonders der FAussula nigricans und Lactarius piperatus vorkommt, und Agaricus (Collybia) eirrhatus Schum., der mit Vor- liebe auf den alten Fruchtkörpern des Schwebelkopfs Hypholoma Fascieulare Huds. lebt, leuchten nach Ludwig.!) »Bei beiden Arten leuchten die Sklerotien an den Stellen, wo junge Fruchtkörper ent- springen und die damit zusammenhängenden Moosstücke, faulende Grashalme, Zweige, Birkenstöcke etc. sehr deutlich.« *) Das Leuchten soll viel schwächer als beim Hallimasch sein. Im Herbste 1905 fand ich bei Prag im Walde auf faulenden Blätterpilzen eine kleine weiße Collybia, die ich aus Sporen rein züchtete. Wenn das Myzel auf Brot eine gewisse Größe erreicht hatte, so schickte es sich an, an einzelnen Stellen, die sich durch eine starke Tropfenausschei- dung (Guttation) zu erkennen gaben, Sklerotien zu bilden. Die Sklerotien wurden in ungemein großer Zahl erzeugt, die ganze Brotmasse wurde nach und nach sozusagen in Sklerotiensubstanz umgesetzt. Sie waren erbsen- bis haselnußgroß, rund, knollenartig, glatt oder höckerig, wabig vertieft und von hellbrauner oder ocker- gelber Farbe. Weder an dem Myzel noch an den Sklerotien noch an den Fruchtkörpern war jemals eine Lichtentwicklung wahrzu- nehmen. Von Zeit zu Zeit sproßten aus den Sklerotien 1—2 cm lange und 1—2 mm dicke Fruchtstiele hervor, die an deı Spitze einen 2—-3 mm breiten scheibenförmigen Ansatz zu einem Hute aufwiesen, der aber in seiner Weiterentwicklung stecken blieb und sich wahrscheinlich wegen der nicht ganz natürlichen Kultur- bedingungen nicht weiter ausbildete. Auch wenn solche unvoll- kommene Fruchtkörper hervorsproßten, konnte ich an den Sklerotien Leuchten niemals beobachten. Herr Prof. Dr. v. Höhnel, dem ich den Pilz in einer Rein- kultur sandte, hatte die Güte, ihn zu bestimmen und ist geneigt, ihn für Collubia eirrhata (Pers) zu halten. Ich kann daher bestimmt sagen, daß diese von mir in Kultur genommene Collybia nicht ° !) Ludwig F., l-xe= SE53k ‘) Derselbe: Uber einen neuen einheimischen phosphoreszierenden Pilz, Agaricus (Collybia) tuberosus Bull. Bot. Zentralbl.,, XII. Bd., 1832, S. 104—106. EIS leuchtet und aus diesem Grunde wird es sich empfehlen, auch die verwandten Arten, insbesondere Agaricus (Collybia) tuberosus Bull. in Reinkulturen auf Lichtentwicklung zu prüfen, um festzustellen, ob nicht die Angaben über das Leuchten dieser Art auf einem Irrtum beruhen. Das wichtigste Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen läßt sich kurz in folgender Weise zusammenfassen: BDiecbisher in der Literatur als leuchtend ange- führtenPilze:XylariaHypoxylonPers,XylariaCookei, Bnetes pini Fr, Polyporus suliureus und -Collybia Beerata Pers, sind aus derListe der Leuchtpilze zu Streichen. Einiges über Characeen und Amitose von Eduard Strasburger (Bonn). Eingelangt am 7. Juli 1907. Mit Tafel 1. In dem histologischen Teil unseres Lehrbuches der Botanik glaubte ich die vorherrschende Ansicht über die Bedeutung der »direkten Kernteilung« bei den höher organisierten Pflanzen am besten wiederzugeben, indem ich sie als einen Vorgang bezeichnete, »der sich meist erst in älteren Zellen oder auch solchen einstellt, deren Inhalt alsbald desorganisiert werden soll.<') Es entsprach diese Fassung im wesentlichen der Ansicht, die sich seinerzeit W. Flemming?) über Amitose in den Geweben der Wirbeltiere »und auch recht vielen Wirbellosen« gebildet hatte und für die im besonderen sich gleich darauf H. E. Ziegler?) erklärte. Als wir in diesem Frühjahr von unserem Verleger mit der Nachricht überrascht wurden, daß trotz der: wesentlich größeren Zahl von Exemplaren, in welchen unser Lehrbuch im vorigen Herbst erschien, eine neue Auflage wieder vorzubereiten sei, sah ich mich veranlaßt, den Abschnitt über direkte Kernteilung umzu- gestalten. Daß die bisherige Fassung nicht für alle Fälle genüge, wurde mir besonders bei Abfassung des historischen Berichtes über »Die Ontogenie der Zelle seit 1875« im Progressus rei bota- nicae®) klar. Für die in unserem Lehrbuch als Beispiel angeführten ') Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. VIII. Aufl., 1906, S. 75. ?) Über Teilung und Kernformen bei Leukozyten und über deren Attrak- tionssphären. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXXVII, 1891, S. 290, 295. >) Die biologische Bedeutung der amitotischen (direkten) Kernteilung im Tierreich. Biol. Zentralbl., Bd. XI, 1891, S. 374. 4) Bil. 1,1906, S. 22, 24,85 ft. Internodialzellen von Characeen konnte keinesfalls gelten, daß sie die direkte Teilung ihrer Kerne im senilen Zustand, ja nicht ein- mal, daß sie sie in älteren Zellen ausführen; ob die Zellen von Gewächsen einer noch höheren Organisationsstufe dies in allen Fällen erst unter solchen Umständen tun, empfahl sich auch zur Nachprüfung. Die Characeen sind so merkwürdige Gewächse, daß es nicht zu verwundern ist, daß sie von jeher die besondere Aufmerksam- keit der Forscher auf sich lenkten. Ihre Stellung im System ist der- maßen unsicher, daß sich Oltmanns, bei Ausarbeitung seines Algen- buches, die Frage stellte, ob er überhaupt die Characeen darin be- handeln solle. In der Tat drängt sich jedem, der die Characeen eingehend untersucht, der Eindruck auf, daß die Unterschiede der Characeen von allen jenen Pflanzengruppen, die unter der Gesamt- bezeichnung »Algen« zusammengefaßt werden, meist größer als die Übereinstimmungen sind. Ja, bei eingehenderer Erwägung bleibt von jenen vermeintlichen Übereinstimmungen eigentlich wenig übrig, im wesentlichen nur die grüne Färbung, die zum Anschluß der Characeen an die Chlorophyceen verleitet und der zellige Aufbau, der weniger weit von jenem der Algen als dem der Archegoniaten sich zu entfernen scheint. Um es gleich auszusprechen, so halte ich die Characeen für eine Gruppe von Organismen, deren Ursprung in algenähnlichen Vorfahren gelegen haben mag, die in ihren jetzigen Repräsentanten aber die Endglieder einer Reihe darstellt, deren phylogenetische Entwicklung kaum kürzer gewesen sein dürfte als jene, die in den Bryophyten gipfelte. Auf die Länge dieses Weges schließe ich aus dem Umstande, daß er hinreichte, um die karyokinetischen Vor- gänge auf dieselbe Höhe zu bringen, welche sie bei den Arche- goniaten erlangten und die für Kern- und Zellteilungen der höher organisierten Pflanzen sowie für die Kernteilungen der höher or- ganisierten Tiere charakteristisch ist. Es hatte bereits B. Debski in zwei im Bonner botanischen Institut ausgeführten sorgfältigen Untersuchungen auf diese Tatsache hingewiesen und in dem Satze zusammengefaßt, daß: »Die Karyokinese bei Chara!) viel mehr Übereinstimmung mit den höheren Pflanzen als mit den Algen !) Beobachtungen über die Kernteilung bei Chara fragilis, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXX, 1897, S. 227, und Weitere Beobachtungen an Chara fragilis. Da- selbst, Bd. XXXII, 1898, S. 635. Be zeigt.«!) Ich habe nun ebenfalls sehr eingehend die Kern- und Zellteilungsvorgänge bei Chara fragilis und Nitella syncarpa studiert und kann wohl behaupten, daß sie in der beobachteten Form sich ebenso bei einer phanerogamen Pflanze vollziehen könnten. Es ist das ein Fall mehr, welcher zeigt, wie weitgehende Übereinstim- mungen sich in dem Gang der phylogenetischen Entwicklung, aus den allgemeinen Eigenschaften des Substrats heraus, einstellen können, wenn eine bestimmte Entwicklungsstufe erreicht ist. Ich brauche nicht viel Figuren hier beizufügen, da ich auf die von B. Debski veröffentlichten hinweisen kann. Auch beschränke ich mich auf die Vorführung von Xitella syncarpa, welche die Bilder von B. Debski, die sich alle auf Chara fregilis beziehen, entsprechend ergänzen sollen. Fixiert wurden meine Objekte in Chromosmium- essigsäure, gefärbt mit Eisenhämatoxylin oder dem üblichen Safranin- gentianaorange. Das Cytoplasma der Nitella- und Charazellen stellt ein Waben- werk dar, das die jungen Zellen dichter, die älteren lockerer aus- füllt und in welchem, wenn es einer Internodialzelle zufällt, alsbald Vacuolen auftreten, die mit fortschreitendem Wachstum dieser Zeile zu deren großen Saftraum sich vereinigen. In dem Cytoplasma der Gewebezellen finden sich Körnchen verteilt, deren Verhalten, wie schon Debski nachwies 2), mit jenem der Kernkörperchen überein- stimmt. In dem Cytoplasma der Zellen spermatogener Fäden fehlen sie. Das Gerüstwerk der ruhenden, zu mitotischer Weiterteilung befähigter Kerne gehört jenem Typus an, der nicht Waben, sondern Fäden aufweist. Diese Fäden lassen sich unschwer auf längere Strecken hin verfolgen (Fig. 1, 2, 4, Taf. I) und es unterhes keinem Zweifel, daß sie Körnchen führen, die wirklich distinkte Körperchen sind und nicht etwa nur Anschwellungen oder Ver- dichtungen in den Kanten eines Maschenwerkes darstellen. Sie zeichnen sich durch stärkere Tingierbarkeit aus. Von ihnen ver- schieden sind vereinzelte, darunter wesentlich größere Körner, die wie Nukleolarsubstanz reagieren. Den sich mitotisch teilenden Kernen der Gewebezellen kommt meist nur ein Kernkörperchen zu; mehrere kleinere trifft man vorwiegend in den Zellen der sper- matogenen Fäden an. Das Gerüstwerk der Gewebekerne bekommt . !) Im ersten Aufsatz S. 245; diese Übereinstimmung war betreffs des Zellteilungsvorganges schon M. Treub aufgefallen, Notice sur les noyaux des cellules vegetales. Arch. de Biologie, Bd. I, 1880, S. 402 ?) Erste Abhandlung, S. 233. a man sehr häufig geschrumpft zu sehen. Es ist das, wie schon Debski zeigte, eine Folge des Präparationsverfahrens.'!) Eine solche Schrumpfung wird in unseren Figuren 2 und 3 vorgeführt. Nicht alle Kerne neigen zu ihr in gleichem Maße, vielmehr, wie ich an- nehmen muß, vornehmlich solche, in welchen eine neue Teilung nicht rasch der vorhergehenden folgt. Demgemäß bekam ich der- artige Kontraktionen in den spermatogenen Zellen nie zu sehen; nur ganz ausnahmsweise traf ich den Kern der Scheitelzellen ver- ändert in den Präparaten an, sehr häufig dagegen die Knotenkerne, auch solche, die sicher noch weitere mitotische Teilungen ausge- führt hätten, außerdem den primären Kern der Internodialzelle vor seinem Eintritt in das amitotische Stadium. Meine Figur 2 führt zwei Schwesterkerne eines Segments vor, auf welches die Scheitel- zelle folgte, Trotzdem die beiden Kerne denselben Präparations- einflüssen ausgesetzt waren, zeigte sich der obere, somit primäre Knotenkern nur wenig kontrahiert, der untere, somit primäre Inter- nodialkern hingegen stark geschrumpft. Der in Fig. 5 dargestellte, einem spermatogenen Faden ent- nommene Kern war in Prophase getreten. Ich habe in das Bild nur das eingetragen, was bei einer einzigen, annähernd mittleren Einstellung, die das Kernkörperchen auch in sich faßte, sichtbar war, Debski konnte in solchen Stadien noch keine Fadenenden unterscheiden, was dadurch bedingt war, daß die Chromosomen mit ihren Enden tatsächlich zunächst verbunden bleiben. Das Aus- sehen eines etwas späteren Zustandes der Prophase suchte ich in der Fig, 6, die auch einem spermatogenen Faden entstammte und mit Safraningentianaorange gefärbt worden war, wiederzugeben. Die Aneinanderreihung von Chromatinscheiben in den Lininfäden tritt nur mäßig deutlich bei diesem Objekt vor. Doch war sie Debski auch schon aufgefallen, ebenso wie die Zerlegung der Chromatinscheibchen in zwei Körnchenreihen auf nächstfolgendem Zustand.?) Sobald aber dieser Teilungsvorgang der Scheibchen vollzogen ist, hört die weitere Möglichkeit ihrer Unterscheidung auf. Da anderseits die Längsspaltung der Chromosomen als helle, sie durchziehende Linie, sich erst nach diesem Unkenntlichwerden der Körnchenreihen markiert, so ruft sie den Eindruck einer Spaltung in einer homogenen Masse hervor. Die beobachteten Erscheinungen !) Vergl. dessen Figur 4, Taf. IX, der ersten Abhandlung. . ”) Erste Abhandlung, S. 231. a RE machen hingegen auf mich den Eindruck, als wenn die Aufgabe der Substanzsonderung in den Chromosomen mit vollzogener Tei- lung der in den Chromatinscheibchen eingeschlossenen Erbein- heiten vollzogen wäre und die färbbare Substanz sich nunmehr gleichmäßig in der Grundsubstanz des Chromosoms verteilt hätte, In dem Stadium, kurz vor Anlage der Kernspindel, das ich in Fig. 7 abbildete, sowie in den fertiggestellten Kernplatten, die in Fig. 8, 9 und 10 zu sehen sind, lassen sich Substanzsonderungen innerhalb der gespaltenen Chromosomen durchaus nicht mehr wahr- nehmen. Debski!) hat schon hervorgehoben, daß die Orientierung der Kernspindeln in den sich teilenden Characeenzellen nur durch die morphologischen Forderungen des Aufbaues bestimmt wird und sich unabhängig zeigt von dem jeweilig größten Durchmesser des Protoplasten. In sehr kurz gewordenen Zellen der spermatogenen Fäden zwingen aber die Raumverhältnisse unter Umständen diesen Kernspindeln eine schräge Lage auf. So ist es in meiner Fig. 8, die gleichzeitig dadurch lehrreich erscheint, daß die Spindelfasern vor ihrer gegenseitigen Vereinigung die Hautschicht erreichen, Jede Spindelfaser schließt sich ihr mit einem kleinen Knötchen an, in ähnlicher Weise wie ich dies früher für die fein ausgezogenen Enden ganzer Spindelenden zu schildern Gelegenheit hatte. 2) Übrigens kommt es auch vor, daß in hinlänglich langen Zellen der sperma- togenen Fäden der Characeen die Kernspindeln sich schräg stellen. Es kann nämlich diese Stellung auch durch eine zu große Breite der Kernplatte bedingt sein. In allen Fällen wird aber innerhalb solcher spermatogener Zellen derPhragmoplast später richtig orientiert, so daß die Scheidewände rechtwinklig zu dem Verlauf des Fadens zu stehen kommen. Auch für die Characeen sind Zentrosomen angegeben worden’), was Debski aber bereits zurückwies. So viel steht jetzt unter allen Umständen fest, daß Zentrosomen bei höher organisierten Pflanzen, und mit diesen stimmen die Characeen auch in diesem Punkte überein, bei Anwendung der jetzt üblichen Fixierungs- und Tinktionsmittel sich nicht nachweisen lassen. Wer somit den Stand- !) Erste Abhandlung, S. 243. ?) Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Zentrosomen und Cilienbildner im Pflanzenreich. Histol. Beitr., Heft VI, 1900, S. 147. ») Otto Kaiser, Über Kernteilungen der Characeen. Bot. Zte., I. Abt., 1896, S. 69. Bro, punkt etwa einnimmt, Zentrosomen müßten auch bei höher organi- sierten Gewächsen vorhanden sein und ihr Nachweis sei bisher nur nicht gelungen, der hätte diesen Nachweis mit ganz neuen Hilfsmitteln zu erbringen. Dann nur ließe sich die Frage mit ihm von neuem diskutieren. Über besser fixierte und tingierte Präparate wie sie V. Gr&egoire und mir zur Untersuchung vorliegen, dürfte kaum jemand verfügen; in unseren Präparaten sind aber individuali- sierte Zentrosomen bei höher organisierten Pflanzen nicht zu sehen. Ich schalte dabei aus der Erörterung die Frage nach der Natur der Blepharoplasten aus, über die ich mich wiederholt geäußert habe und die ich auch nicht für Zentrosomen halte, um mit einigen Worten Inhaltskörper der Zelle zu berühren, die in bestimmten Fällen sich zugleich mit dem Zellkern teilen und in Beziehung zu ihm zu stehen scheinen Mit diesen Gebilden hat sich W. Mar- quette neulich befaßt; eine auch bei Chara crinita zu beobachtende Erscheinung läßt sich ihnen anschließen. In den Zellen junger Isoetesblätter, die Marquette untersuchte, eilt die Verdopplung einer stärkehaltigen Cytoplasmamasse der Kernteilung voraus. Die beiden Cytoplasmamassen ordnen sich polar an und scheinen eine gewisse Beziehung zur Bildung der Spindelfasern zu verraten. Daß man sie mit Attraktionssphären nicht vergleichen dürfe, hebt auch Marquette hervor.!) Sie erinnern vielmehr an die Teilung des Chromatophors in den Sporenmutterzellen von Anthoceros, welche mit der Bildung von vier sich tetraedrisch verteilendenChromatophoren abschließt, denen weiterhin die Teilungsprodukte des Kerns sich anlagern.”?) Erinnert sei daran, daß ich seinerzeit?) ganz ähnliche Vor- gänge auch für die Makrosporenmutterzellen desselben /soötes angab, auf dessen Blätter die Marquettesche Schilderung sich jetzt bezieht. Marquette stellt ähnliche andere Fälle aus der Literatur noch zusammen, aus welchen immer nur wieder hervorgeht, daß auch in Pflanzenzellen, die keine Zentrosomen besitzen, polare Gegen- sätze sich äußern und daß es in solchen Zellen unter Umständen gesonderte Inhaltkörper gibt, deren Teilung sich an die Kern- ') Manifestations of polarity in plant cells which apparently are without centrosomes. Beihefte zum bot. Zentralbl. Bd. XXI, 1907, S. 237. ?) E. Strasburger, Zellbildung und Zellteilung, III. Aufl., 1880, S. 161; Bradley M. Davis, The Spore-mother cell of Anthoceros. Bot. Gazette, Bd. XXVII, 1899, S. 89, 3) Über Zellbildung und Zellteilung, I. Aufl, 1875, S. 144, III. Aufl., 1880, S. 168. 2a, Ze teilung hält, wie denn ja auch in einkernigen Zellen Kern- und Zellteilung ineinander greifen. Die stärkehaltige Plasmaan- sammlung, die Marquette in den Sporenmutterzellen von Mar- silia quadrifoliata bemerkt und die sich an derselben Seite wie das synaptisch kontrahierte Gerüst des Mutterkerns befindet, ist mir in den Sporenmutterzellen der Marsilien ebenfalls aufgefallen. Ich habe auch in der Figurenerklärung auf sie hingewiesen. '!) Auf die Spindel- pole verteilt sich diese Ansammlung weiterhin dort nicht?); man erblickt sie vielmehr an den Seiten der Mutterspindel?) und später zwischen den beiden Tochterspindeln.*) Bei Chara crinita verhält sich die Sache noch anders. An einem Material, auf das ich später zurückkommen werde, zeigten die Scheitelzellen der in Entwick- lung begriffenen Kurztriebe (Blätter) und Rindenlappen eine dichtere, an extranuklearen Nukleolen reiche Cytoplasmaansammlung über ihrem Kern. Dort verharrte auch diese Ansammlung während der Kernteilung, so daß sie, wie Fig. 14 und 15 zeigen, dem neuen Scheitelzellkern zufiel, während sein Schwesterkern, der Segmentkern, leer ausging. Die Zahl der Chromosomen habe ich in den noch mitotisch tätigen Kernen der Triebe von Nitella syncarpa auf 12 bestimmen können (Fig. 10, Taf. I. Dieselbe Chromosomenzahl führen auch die Kerne der spermatogenen Fäden dieser Pflanze. Letztere ist somit in allen ihren Teilen haploid. Demgemäß habe ich auch in keiner der mir vorliegenden polaren Ansichten ihrer Kernplatten etwas von einer paarigen Anordnung der Chromosomen erkennen können, so wie ich sie vor kurzem für diploide Kerne, insbesondere die der Erbsenwurzel, geschildert habe.) Die in Fig. 10 dargestellte Anordnung der Chromosomen in einer Kernplatte, bei polarer An- sicht, gibt das gewohnte Verhalten für XNitella syncarpa wieder, Bei Chara fragilis zählte ich in allen Teilen der Pflanze 18 Chromosomen. Zu dieser Zahl gelangte ich freilich erst nach ganz bedeutender Häufung der Einzelbeobachtungen. Diese waren einerseits deshalb notwendig, weil die Zählung sich nur sehr schwer ausführen ließ ') Apogamie bei Marsilia, Flora, Bd. 97, 1907, S. 189, Fig. 53, S. 190, Fig. 73. , a a 2) A a. 0, Pi8.073: .N.2..0,Eig. 74a. 5) Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybridenfrage, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIV, 1907, S. 491 ff. ee und daher sehr schwankende Resultate ergab, anderseits weil Debski 24 Chromosomen für Chara fragilis angegeben hat. Die Zahl, bei der ich schließlich stehen blieb, stimmt hingegen gut zu der von Georg Goetz!) angegebenen, 16—18, die wohl der Chara foetida abgewonnen wurde. Da Debski äußerst sorgfältig seine Unter- suchungen durchführte, so muß ich mich fragen, ob wir dieselbe Chara Spezies vor uns hatten. Ich bat den Kollegen W. Migula, die Bestimmung meiner Spezies zu kontrollieren. Da er sie auch für ©. fragilis erklärte, so ist an der Richtigkeit des Namens nicht zu zweifeln. Ich muß hinzufügen, daß ich auch bei meinen an Ohara fragilis vorgenommenen Zählungen oft genug über 20 Chromo- somen hinauskam, schließlich aber zu der Überzeugung gelangte, daß dies durch die Schwierigkeit bedingt sei, die Grenzen des einzelnen Chromosoms sicherzustellen. Die Chromosomen von Chara fragilis sind verhältnismäßig lang, verschiedentlich umgebogen, sie greifen vielfach in- und übereinander, werden nicht selten durch den Schnitt zerlegt, und das alles wirkt zusammen, um die Sicherheit der Zählung zu beeinträchtigen. Wenn ich dessenungeachtet hier länger bei der Zahl verweile, so ist es, weil sie für weitere Unter- suchungen, im besonderen beim Auffinden der Reduktionsteilung, in Betracht kommen wird. Zunächst kann ich aber bestimmt be- haupten, daß auch bei Chara fragilis die Zahl der Chromosomen in den Gewebezellen und den Geschlechtszellen übereinstimmt und eine Reduktionsteilung in den Entwicklungsvorgang der zur Beobachtung vorliegenden Generation an keiner Stelle eingreift. Darin stimmen die Ergebnisse meiner Untersuchungen mit jenen von B. Debski und G. Goetz überein. Die Zellplatte wird bei den Characeen in einem Phragmoplast durch Anschwellung der Verbindungsfäden, also abweichend von den Algen, hingegen genau so wie bei den höher organisierten Pflanzen, ausgebildet. Zuvor bewegt sich dorthin, wo die Zellplatte später entstehen soll, wie so oft auch bei höher organisierten Pflanzen, Nukleolarsubstanz und bildet in der Äquatorialgegend extranukleare Nukleolen, die bei Chara fragilis relativ groß werden, deutlich zwischen den Verbindungsfäden liegen und durch ihre starke Färbung dem Auge sich aufdrängen. Diese Gebilde hat denn auch Debski schon geschildert?), der zugleich darauf hinweist, daß sie nicht, wie ) Über die Entwicklung der Eiknospe bei den Characeen. Bot. Ztg. 1399, eabt, S: 9. 2) Erste Abhandlung, 5. 238, zweite Abhandlung, S. 643. a ME E. Zacharias für die Rhizoiden von Chara das wollte !), der Zell- platte den Ursprung geben, daß letzte vielmehr erst verhältnismäßig spät in Gestalt körnchenförmiger Anschwellungen der Verbindungs- fäden in die Erscheinung tritt. Von besonderem Interesse ist es, zu verfolgen, wie nicht nur die Stellung, welche die Kernspindel in einer sich teilenden Characeen- zelle erhält, sondern auch die Richtung, die später die Zellplatte zeigt und die Gestalt, die sie aufweist, durch ererbte Gesetze ge- regelt werden. Dabei liegt es mir fern, behaupten zu wollen, daß pflanzliche Scheidewände bei ihrer Bildung nicht jenen allgemeinen physikalischen Gesetzen der Oberflächenspannung unterliegen, die L. Errera?) als erster eingehend begründete und daß sie nicht das Bestreben haben, diejenige Form anzunehmen, welche eine ge- wichtslose Flüssigkeitslamelle unter denselben Bedingungen zeigen würde. Die Zellteilungen von Chara lehren nur, wie das lebendige Protoplasma, kraft seiner spezifischen Organisation und der durch sie bedingten Leistungen, in diese rein physikalischen Vorgänge eingreift und sie nach Bedarf regelt. So zeigt sich, wenn eine von der Scheitelzelle abgegrenzte Segmentzelle sich in eine obere Knotenzelle und eine untere Internodialzelle teilt, die Zellplatte gleich so weit abwärts verschoben, daß die entstehende Scheide- wand eine ganz niedrige untere Zelle, von einer weit höheren oberen trennt.’) Zugleich erfährt, besonders bei Chara, der untere, für die Knotenzelle bestimmte Kern eine starke scheibenförmige Abflachung. Bei ihrer ersten Teilung wird eine Knotenzelle genau senkrecht halbiert, dann rücken aber beide Kerne in eine äußere, morphologisch genau bestimmte Stellung; die Zellplatte, die in den Verbindungsfäden zwischen ihren Tochterkernen entsteht, um je eine peripherische Zelle abzutrennen, ist demgemäß nach außen verschoben, zeigt anderseits diejenige Krümmung, die ihr nach physikalischem Gesetze zukommt und trifft die älteren Wände unter rechtem Winkel. So auch, wenn aus räumlichen Gründen, wie zuvor schon erwähnt wurde, in Zellen der spermatogenen Fäden eine Kernspindel sich schräg stellen mußte (Fig. 8, Taf. I), entsteht die Scheidewand stets rechtwinklig zu den Seitenwänden der Fäden, weil wohl physikalische Ursachen dem Phragmoplasten die erforderliche Lage- aufzwingen. ) Über Kern- und Zellteilung. Bot. Ztg. 1888, S. 55. *) Über Zellenformen u. Seifenblasen. Biol. Zentralbl., Bd. VII,1887— 88, S.728. ») Vergl. hierzu auch B. Debski, erste Abhandlung, S. 244, a Ganz eigen ist die Art, wie die ungesonderte Kernteilung oder Amitose in den Entwicklungsgang der Characeen eingreift. B. Debski hat sich sehr eingehend mit diesem Vorgang in seiner zweiten Ab- handlung befaßt !), so daß ich mich auf diejenigen Punkte beschränken kann, die mich besonders interessierten. Der primäre Internodial- kern ist bestimmt, sich nie mehr mitotisch zu teilen. Während die Internodialzelle an Höhe zunimmt, rundet er sich ab und beginnt eine Strukturänderung durchzumachen. Diese besteht darin, daß sein Gerüstwerk dichter wird und die Körnchen in ihm sich immer weniger markieren. Tatsächlich bleibt sein Bau aber dauernd ein iadenförmiger, nur daß bei der dichten Zusammendrängung der Fäden und ihrem stark geschlängelten Verlauf es nicht mehr möglich ist, sie auf gewissen Strecken zu verfolgen. Daß es sich überhaupt in solchen Kernen um ein fadenförmiges Gerüstwerk und nicht um ein sehr englumiges Wabenwerk handelt, läßt sich nur auf den dünnsten Mikrotomschnitten erkennen. Debski beschreibt nun, wie bei Chara fragilis der zur amitotischen Teilung sich vorbereitende Kern auch seine Nukleolen verändert, wie diese an seine Peripherie wandern und dort sich sichelförmig strecken. Bei Nitella syncarpa fällt ein solcher Vorgang nicht als typisch auf, vielmehr nur eine be- deutende Vermehrung der Nukleolen, die zugleich unregelmäßige, vielfach gestreckte Formen annehmen und deren Tinktionsfähigkeit wächst. Auf die dann folgende Streckung des Kernes, seine und seiner Nachkommen innerhalb der Internodialzelle sich vollziehende, auf Durchschnürung beruhende Vermehrung, gehe ich nicht weiter ein, da diese seit Fr. Johow°), als im wesentlichen bekannt, gelten kann. Es möge genügen, daß ich hier auf meine Fig. 2 hinweise, in welcher bei « ein primärer Internodialkern kurz nach seiner Abrundung und tiefer bei d, mit Überspringung eines Knotens, der Kern der zweiten Internodialzelle, noch vor seiner amitotischen Teilung, für XNitella syncarpa dargestellt sind, sowie auf meine Fig. 11, welche die Struktur eines älteren, aus wiederholter Amitose hervorgegangenen Kernes vorführt. In dem primären Internodial- kern nimmt, mit wachsender Verdichtung des Gerüstes, auch dessen Tinktionsfähigkeit zu. Reichtum an Nukleolen, Dichte des Gerüst- werkes und dessen verhältnismäßig starke Färbung bleiben die charakteristischen Kennzeichen der sich amitotisch vermehrenden !) Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. XXXII, 1898, S. 645 ff., dort auch die ältere Literatur. ?) Die Zellkerne von Chara foetida, Bot. Ztg., 1881, S. 729. W iesner-Festschrift 3 BE LER Characeenkerne. — In Fig. 12, Taf. I, habe ich einen solchen Kern im cytoplasmatischen Wandbeleg eines älteren Internodiums von Nitella syncarpa abgebildet, um die Zustände auch im Wandbeleg anschaulich zu machen. Die Hautschicht des Cytoplasmas hat eine merkliche Dicke und erscheint auch nach innen zu ziemlich scharf abgesetzt. Die Chlorophylikörner haften unmittelbar der Hautschicht an und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als wenn die Hautschicht dort schwache Verdickungen aufwiese, wobei freilich die Möglichkeit einer optischen Täuschung nicht ganz ausgeschlossen erscheint. Die Hautschicht, durch welche das Cytoplasma gegen jeden Kern abgegrenzt ist, entspricht in ihrer Stärke der äußeren Hautschicht, während die Vakuolenwandungen wesentlich dünner sind. Dieses Verhalten soll noch im besonderen durch unsere Fig. 13, in db, vorgeführt werden, in der ich mich bemüht habe, auch den Bau, wie ihn das fixierte Cytoplasma zeigt, getreu wiederzu- geben. Diese mit b bezeichnete Teilfigur von 13 stellt den stärker vergrößerten oberen Abschnitt von a vor, welcher letztere uns bei schwächerer Vergrößerung über eine größere Strecke des Wand- belegs, in einer noch verhältnismäßig jungen Internodialzelle, orientieren soll. — Die Übereinstimmungen, welche Hautschicht und Kernwandung bei Charen zeigen, hat bereits Debski hervor- gehoben !), ihm gelang es auch in einigen der Dreifärbung unter- worfenen Präparaten, die Hautschicht und die Kernwandung blau tingiert zu sehen, während das übrige Cytoplasma sich braun ge- färbt hatte. Ich versuchte es, mir durch Reagenzien eine Vorstellung über die Änderung in der stofflichen Zusammensetzung der zur Amitose übergehenden Characeenkerne zu bilden. Ich hielt mich an die aus fixiertem Material hergestellten Mikrotomschnitte, die auf Objekt- trägern haftend, der Wirkung des Reagens ausgesetzt und dann in üblicher Weise tingiert wurden. Bei diesem Verfahren konnte ich alle Einzelheiten der Wirkung feststellen, freilich aber nur bei solchen Schnitten, die ich entsprechend lange der Einwirkung konzentrierter rauchender Salzsäure aussetzte, da sonstige Mittel versagten. Hingegen widerstanden die mit Chromosmiumessigsäure fixierten Bestandteile der Chara- und Nitellaprotoplasten, welche ja außerdem alle die sonstigen Manipulationen, welche der Befestigung am Objekt- träger vorausgehen und ihr folgen, durchgemacht hatten, dreitägiger !) Zweite Abhandlung, S. 661. IE an en Einwirkung von Pepsinsalzsäure und Pankreatinsalzsäure sowie Gemischen beider bei Brutwärme. Schließlich wurden bei dieser Behandlung die Schnitte von dem Objektträger losgelöst und damit eine noch weitere Ausdehnung des Versuches vereitelt. Ein Auf- enthalt von 24 Stunden in der für Chromatinlösung üblichen, aus vier Teilen konzentrierter Salzsäure und drei Teilen Wasser be- stehenden Lösung blieb auch olıne die erwünschte Wirkung. Diese wurde erst erreicht, wenn Nitellapräparate 10 bis 12 Stunden, Chara- präparate noch etwas länger, in rauchender Salzsäure verweilt hatten. Das Chromatin war dann aus den Kernen entfernt, die Chromo- somen der Teilungsfiguren erschienen nur noch als blasse, auf ihr Linin beschränkte Gebilde. Das Linin des Gerüstwerkes ruhender Kerne war erhalten, so auch die Nukleolen. Zugleich konnte fest- gestellt werden, daß das Gerüstwerk der amitotischen Kerne keine merkliche Veränderung erfahren hatte, ebensowenig wie deren Nukleolen. Daraus konnte ich den für meine Aufgabe zunächst genügenden Schluß ziehen, daß in den zur Amitose übergehenden Kernen die Substanz, die man hergebrachterweise als Linin be- zeichnet, dauernd zunimmt, und so auch die Nukleolensubstanz, nicht aber das Chromatin. Die im Vergleich zu den mitotischen Kernen stärkere Tingierbarkeit des Gerüsts der amitotischen Kerne, die sich auch naclhı der geschilderten Salzsäurebehandlung erhält, dürfte somit auf einer Imprägnierung des Gerüsts dieser Kerne mit Nukleolarsubstanz beruhen. Die in Amitose eintretenden Kerne büßen ihre gestaltenden Funktionen in der Characeenpflanze ein und haben allem Anscheine nach nur noch ernährungsphysiologischen Aufgaben obzuliegen. Da ist die Feststellung, daß eine Vermehrung des Chromatins in diesen Kernen aufhört, wohl nicht ohne Interesse. Legt es uns doch unser eingehendes Studium der mitotischen Vorgänge nahe, das Chromatin in Beziehung zu den Trägern der erblichen Eigen- schaften in den Kernen zu bringen. Ergänzend sei hinzugefügt, daß auch die extranuklearen Nukleolen und die Chlorophylikörner, sowie auch bei Nitella die bekannten Stachelkugeln, der geschilderten Salzsäurebehandlung ver- hältnismäßig gut widerstehen.!) An lebenden Rhizoiden von Chara fragilis konnte ich mich von der schaumigen Struktur des in Rotation befindlichen Cyto- =) »Über die Natur der Stachelkugeln und der ihnen homologen Gebilde« vergl.-E. Overton, Bot. Zentralbi., Bd. XLIV, 1890, S. 2. 3a SE plasmas bei Anwendung hinreichend starker Vergrößerungen direkt überzeugen. Besonders kenntlich wird dieser Bau an Orten, wo der Strom sich staut, er tritt auch vorübergehend deutlicher hervor, wenn das Präparat zu leiden beginnt. Wo die Waben im Cyto- plasma sichtbar werden, lassen sich auch ihre. fortdauernden De- formationen in der strömenden Masse feststellen. Ich setzte zu wieder- holtenmalen Chromosmiumessigsäure den Präparaten, während ich sie beobachtete, hinzu, und konnte unmittelbar konstatieren, daß jenes Wabennetz, das mir in den fixierten Objekten zuvor vorgelegen hatte, tatsächlich einer Momentaufnahme des lebenden Zustandes entsprach. Es stellteB.Debski bereits fest!), daß dieselben Veränderungen, welche die für Amitose bestimmten Internodialzellen der Chara durchmachen, sich auch in den Kernen anderer Charazellen ein- stellen, die außer Teilungsfähigkeit gesetzt werden ‘sollen. Die Änderung der Kernstruktur beruht in einer Verdichtung des Gerüst- werkes, der Steigerung seiner Tinktionsfähigkeit, einer Zunahme der Nukleolarsubstanz und Abnahme des Chromatins. Von dieser Änderung bleiben nur ausgeschlossen die Kerne der spermatogenen Fäden, der Eier und bestimmter Knotenzellen. Bei denjenigen Characeenkernen, welche die angegebene Änderung erfuhren, gelingt es nicht, sie rückgängig zu machen. Diese Kerne sind ein für allemal aus der mitotischen Teilungsfähigkeit getreten und zugleich mit ihnen büßten auch die Zellen, denen sie angehören, ihre Teilungsfähigkeit ein. Dieses Verfahren, eine Mehrzahl lebendiger Zellen, denen eine ganz bestimmte Beteiligung an dem Aufbau des Körpers zukommt, frühzeitig von jeder weiteren Bildungs- tätigkeit auszuschalten, steht ganz vereinzelt im Pflanzenreiche da und weist mit zahlreichen anderen Merkmalen den Characeen eine ganz isolierte Stellung im Pflanzensystem an, Denn auch den Antheridien der Characeen ist nichts ähnliches sonst zur Seite zu stellen, und der Versuch von G. G oetz?), Analogien zwischen der Entwicklung der Oogonien der Characeen und der Archegonien der Laubmoose aufzustellen, ist alsbald bei K. Goebel°) auf be- rechtigten Widerspruch gestoßen. !) Zweite Abhandlung, S. 645 ff. ?) Über die Entwicklung der Eiknospe bei den Characeen, Bot. Ztg., 1899, LENDE 8.211, 3) Morphologische und biologische Bemerkungen, 11. Über Homologien in der Entwicklung männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane, Flora, Bd. 90, 1902, S. 283. era Diejenigen Zellen der Characeentriebe, welche ihre ursprüngliche Kernstruktur behalten und damit auch die Fähigkeit zu Neubildungen besitzen, sind auf die Knoten beschränkt und zeigen dort, wie be- sonders aus den Untersuchungen von B. Debski hervorgeht !), eine ganz bestimmte Verteilung. Sie bilden Gruppen kleiner plasma- reicher Zellen, die sich ausschließlich an die obere Hälfte des Knotens halten und nur an seiner Oberfläche befinden. Aus ihnen gehen alle Rhizoiden, nacktfüßige Zweige und Zweigvorkeime hervor. Daß die Richtung des Plasmastromes für jede Zelle eines Characeentriebes fest bestimmt, somit erblich fixiert ist, wissen wir seit Alexander Brauns eingehenden Untersuchungen.?) Durch ihn wurde auch bekannt, daß die Bildung der Kurztriebe (Blätter) und Achıseltriebe (Achselsprosse) an der Seite der aufsteigenden, der Rhizoiden an der Seite der absteigenden Ströme gefördert wird: die erstere scheitelwärts, die letztere grundwärts. Es erinnert das an manche Erscheinungen der Polarität bei höher organisierten Ge- wächsen, Erscheinungen, dieK. Goebel auch mit der gewohnheits- mäßigen Richtung des Nahrungsstromes in Verbindung bringen möchte.?) — Bei der Chara fragilis, mit der wir experimentierten, zeigte sich die Rhizoidbildung auch stets an derjenigen Seite eines Knoten gefördert, die der Seite des absteigenden Stroms in dem darüber befindlichen Internodium entsprach. Freilich blieb diese Flanke in der Rhizoidbildung bevorzugt auch an Knoten, die zuvor isoliert worden waren. Denn die Rhizoiden entsprangen auch dann derjenigen Knotenseite, die den beiden ältesten Kurztrieben (Blättern) und den aus ihren Achseln entwickelten Trieben gegenüber lag. Der polare Gegensatz mußte solchen Knoten somit zuvor schon induziert worden sein. Nicht anders verhielten sich solche Knoten, über und unter welchen wir den Plasmastrom abgebunden hatten, während andere, von welchen wir nur den oberen, nicht den unteren Strom abstauten, in die Rhizoidbildung nicht eintraten. Die Ab- !) Zweite Abhandlung, S. 656, vergl. dazu auch J. Richter, Über Re- aktionen der Characeen auf äußere Einflüsse, Flora, Bd. 78, 1894, S. 403 ff. und K. Giesenhagen, Untersuchungen über die Characeen, in Flora, Bd. 82, 83, 85, 1896-1898 und in einem besonderen Hefte 1902. ®2) Über die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Characeen. Monatsber. d. Berl. Akad. d. Wiss., Math.-physik. Klasse, 1852 und 1853. Vergl. dazu auch G. Hörmann, Studien über die Protoplasmaströmung bei den Characeen. Jena 1898. ®) Organographie, 1898, S. 38; Allgemeine Regenerationsprobleme, Flora, Bd. 95, 1905, S 397 ff. a bindung der Ströme wurde mit einem Seidenfaden vollzogen. Daß dieses Verfahren wirklich zum Ziele, den Strom zu unterbrechen, führte, wurde an einigen Objekten durch nachträgliche Fixierung sichergestellt.) Die Versuche, in welchen den Internodien je eine obere und untere Ligatur angelegt wurde, verfolgten vor allem den Zweck, wenn tunlich, die Internodialzelle seibst oder Zellen ihrer Rinde zu Neubildungen anzuregen. Das gelang aber in keinem einzigen Falle. Ebenso finden sich in den Versuchen, die J. Richter?) »über Reaktionen der Characeen auf äußere Einflüsse« anstellte, nur Angaben über Rhizoidbildung, über Entstehung von nacktfüßigen Zweigen und Zweigvorkeimen aus Knotenzellen, niemals aus Inter- nodien. Also ist es eine ganze Summe von Eigenheiten, welche den Characeen eine isolierte Stellung im Pflanzensystem anweist, in welchem sie am besten nach den Algen, getrennt von ihnen, doch nicht minder auch von den Bryophyten, zu behandeln wären. Eine diploide Generation fehlt den Characeen ganz oder ist, wenn man will, auf den Ruhezustand der Zygote beschränkt.. Es war Debski nicht gelungen, die technischen Schwierigkeiten zu überwinden, die sich einer erfolgreichen Untersuchung der ersten Vorgänge ent- gegenstellten, die sich in einer keimenden Zygote vollziehen. Ich kann kaum daran zweifeln, daß gleich der erste Teilungsschritt des diploiden Zygotenkerns eine Reduktionsteilung darstellt. Man wüßte sonst wirklich nicht, wo sich eine Reduktionsteilung in die weiteren Entwicklungsstadien einfügen ließe. Bekanntlich wird von der keimenden Zygote eine vordere, kleinere Zelle zunächst abgetrennt. In dieser tritt eine Scheidewand auf, die sie in eine rechte und linke Hälfte zerlegt, worauf die beiden Zellen sich schlauchförmig aus dem gesprengten Scheitel der Zygotenhülle hervorwölben. Sie geben dem Vorkeim und einem Rhizoid den Ursprung, deren Ent- wicklungsgang schon ganz unter die Norm der haploiden Gene- ration fällt. Eine Möglichkeit für die Annahme, daß irgendeine diploide Generation den Characeen zukommen sollte, die sich mit dem Sporogon der Bryophyten vergleichen ließe, sehe ich zunächst nicht ein. !) Daß der Strom bei Nitella sich durch Einschnürung in getrennte Kreis- ströme zerlegen läßt, ist schon lange bekannt. Vergl. Wilh. Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle, 1867, S. 51. Dort die noch ältere Literatur. ®) Flora, Bd. 78, 1894, S. 399. I erge Wenn aber, wie ich annehmen muß, eine Reduktionsteilung sich beim ersten Teilungsschritt einer Characeenzygote vollzieht» so würde Parthenogenesis, wie sie für Ohara crinita angegeben wird auf nicht allzu große Schwierigkeiten stoßen. Es braucht nur die Reduktionsteilung bei der Keimung der Azygote ausgeschaltet zu werden. Für die auszubildende haploide Generation wäre ja die erforderliche Zahl von Chromosomen da. Es ist über allen Zweifel erhaben, daß Chara crinita ohne Befruchtung keimfähige Zygoten liefert.) Daraus konnte seinerzeit ohne weiteres auf Parthenogenesis geschlossen werden. Heute gilt es auch die Frage sich aufzuwerfen, ob nicht etwa die Reduktionsteilung in geschlechtlich erzeugten Zygoten von Chara crinita einst ausgeschaltet worden sei und diploiden Pflanzen den Ursprung gegeben habe. Wir wissen heute, daß haploide Generationen bestimmter Pteridophyten und Angio- spermen die doppelte Chromosomenzahl, ohne andere Gestalt- änderung als etwa Größenzunahme der Zellen, vertragen, während eine haploide Entwicklung der diploiden Generation nicht gelingt. Auch bei Dictyota kam ohne Gestaltänderung eine diploide Generation zustande.?) Also lohnte es sich immerhin, die nur in weiblichen Exemplaren bei uns existierende Chara crinita auf die angeregte Mög- lichkeit hin zu prüfen. Lebende Pflanzen von Chara crinita ver- mochte ich mir zur Zeit nicht zu beschaffen, doch hatte mein Kollege G. Karsten die Güte, mir sein Material zu überlassen, das er bei Kiel vor längerer Zeit gesammelt und mit Sublimateisessig fixiert hatte. Es gelang, mitotische Kernteilungen in den hergestellten Schnitten in hinlänglicher Anzahl aufzufinden und festzustellen, daß die Zahl der vorhandenen Chromosomen keine andere als bei Chara Fragilis ist. Die Teilungsbilder entsprachen jenen der anderen Chara- art und auch die Zählungen der Chromosomen ließen sich nicht leichter ausführen. Ich gelangte zu der Zahl 18, wie bei Chara fragilis, nur durch Häufung der Beobachtungen. Aus den Skizzen, die ich von den Scheiteln der beiden Arten ausführte, ergab sich weiter, daß sie in der Größe ihrer Zellen und ihrer Kerne überein- stimmen. Da ich bei meiner Untersuchung von Marsilien hatte fest- ’) Vergl. hierzu: Alex. Braun, Parthenogenesis, Abh d. Berl. Akad. d. Wiss., 1856, S. 337; A. de Bary, Zur Keimungsgeschichte der Charen, Bot. Ztg., 1875, S. 379; W. Migula, Die Characeen in Rabenhorsts Kryptogamen- flora, Bd. V, 1897, S. 358. »)J. Lloyd Williams, Studies in the Dictyotaceae, Ann. of Bot., Bd. XVII, 1904,. S. 141 und ebenda S. 193. or Mn stellen können !), daß die diploiden Eier und Eikerne ihrer apogamen Arten wesentlich größer als jene der haploiden bei den sexuellen Arten sind, so suchte ich auch Vergleichungspunkte zwischen den Oogonien von Chara fragilis und Chara cerinita zu gewinnen. Es stellte sich, wie vorauszusehen war, heraus, daß auch die Oogonien der beiden Arten, auf gleichem Entwicklungszustand, dieselbe Größe zeigen. Nachdem die Wendungszelle angelegt ist, wachsen die Eikerne zu ihren vollen Dimensionen aus, die um das Mehrfache die der vegetativen Kerne übersteigen. Unsere Fig. 16, Taf. I, führt einen Eikern von Chara fragilis noch vor Beginn der Stärkebildung im Ei vor und Fig. 17 einen entsprechenden Eikern von Chara erinita. Die Übereinstimmung zwischen beiden fällt unmittelbar auf. Somit darf wohl auch die oogonientragende Generation der Chara erinita als haploid gelten. Bei den Characeen stellt die amitotische Teilung der Kerne in den Internodialzellen nicht einen senilen Vorgang dar, vielmehr nur ein Mittel, um gewisse Bestandteile der Kernsubstanz im Ver- hältnis zu der Massenzunahme des Cytoplasmas zu vermehren. Dabei kommt es allem Anschein nach nicht an auf die fortgesetzte Halbierung der Träger der erblichen Merkmale, die auf diesem ein- fachen Wege der Durchschnürung des Kernleibes auch gar nicht zu erreichen wäre, sondern auf die Vermehrung der übrigen Kern- komponenten, denen somit vornehmlich vegetative Funktionen im - Protoplasma obliegen müssen. In den Geweben einer Tradescantia, wo amoebenartige Kernformen und Kerndurchschnürungen be- sonders in älteren Internodien schon vor Zeiten auffielen, lag es zunächst nahe, an eine senile Erscheinung zu denken. Dennoch ist es in Wirklichkeit auch dort nicht so. Ich habe Trradescantia virginica nunmehr von neuem, und zwar Anfang Juni, zu Beginn ihrer Blütezeit, im Zustande ihrer kräftigsten Lebensäußerung unter- sucht und trotzdem fehlten die Kerndurchschnürungen in ihr nicht. Sie ließen sich bis in die jüngsten Internodien hinein verfolgen, wenn auch ihre Zahl in den älteren Geweben größer war. Ich konnte sie auch in den Stengelknoten antreffen und sie zeichneten nicht etwa in ihrer Ausbildung benachteiligte, vielmehr besonders gut ernährte Zellen aus. Sie fehlten nur in der Epidermis und meistens auch in den hypodermalen Zellschichten. Das ganze innere Gewebe der von mir untersuchten Pflanzen war auffallend ') Apogamie bei Marsilia, Flora, Bd. 97, 1907, S. 160 if. ZISAN stärkereich; die Siebteile führten viel Eiweiß und diese kräftige Nahrungszufuhr mochte es sein, die eine gewisse Hypertrophie der Kerne veranlaßte. Letztere hielt sich übrigens in sehr bescheidenen Grenzen und bestand vornehmlich in einer Zunahme der Nukleolen- zahl. War diese aber eingetreten, so neigte der Kern dazu, seine Teile um die einzelnen Nukleolen abzurunden und solchermaßen gelappte Formen anzunehmen. Unter Umständen schnitt eine Trennungslinie scharf in den Kernkörper von außen ein, sich in gleicher Entfernung von zwei Nukleolen. haltend. Daß die gegen- einander sich abgrenzenden Teilstücke stets nur einen Nukleolus führen müßten, ist übrigens nicht notwendig. Die Einschnürung braucht auch nicht bis zur Trennung der Teilstücke fortzuschreiten ; sie kann es aber tun und eine selbst ansehnlichere Zahl getrennter Kerne in derselben Zelle liefern. | Daß entsprechende Kernvermehrungen auch in den Geweben anderer Pflanzen vorkommen, hatte Fr. Johow!) schon vor Jahren, im besondern für Monokotylen, festgestellt. Er sah sie sich voll- ziehen in durchaus noch lebenskräftigen Zellen, und zwar zeigte der Vorgang »keine Anomalien, die auf eine stattgehabte Des- organisation hingewiesen hätten«. Somit sind es auch in den Gewebezellen der Tiradescantia und wohl auch anderer Phanerogamen, lebenskräftige Kerne, die sich amitotisch teilen, doch mit dem Unterschied von den Inter- nodialkernen der Characeen, daß es bei ihrer Durchschnürung sich um einen sekundären und nicht um einen primären, in den Ent- wicklungsgang hineingehörenden Vorgang handelt. In pflanzlichen Zellen, die in symbiotische Beziehung zu anderen Organismen treten, pflegt der Kern sich hypertrophisch zu ver- größern und amitotisch zu vermehren. Dabei sind, so weit ich sehen kann, die Änderungen, die sein Bau erfährt, ganz ähnlich denen, die ein zur Amitose sich vorbereitender Characeenkern durchmacht. Besonderes Interesse erweckten in mir die zu Knöllchen umgestalteten Seitenwurzeln von Podocarpus, deren primäre Rinde von einer endotrophen Mykorrhiza erfüllt ist. K. Shibata°) der diese Gebilde eingehend untersucht hat, gibt an, daß in den !) Untersuchungen über die Zellkerne in den Sekretbehältern und Paren- chymzellen der höheren Monokotylen. Bonner Dissertation 1880, S. 37 ff. und Die Zellkerne der Chara foetica, Bot. Ztg. 1881, S. 746. ?) Cytologische Studien über die endotrophen Mykorrhizen, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVII, 1902, S. 643. re die Pilzhyphen aufweisenden Wirtzellen das Cytoplasma sich ver- mehre und feinkörnig werde. Der Zellkern gewinne an Größe, er- halte unregelmäßige Gestalt, strecke sich und schnüre sich endlich durch, worauf die Teilstücke meist dasselbe zu wiederholen pflegten. Während dieser Vorgänge nehme die Tinktionsfähigkeit der Kerne zu, so daß es zuletzt schwer falle, deren Bestandteile zu unterscheiden. Bei Betrachtung der Shibataschen Tafel!), dem Vergleich der Figuren), die er von den normalen und den sich einschnürenden Kernen der Podocarpusknöllchen entwirft, fällt die große Ähnlichkeit mit meinen Characeenbildern sofort in die Augen. Es ist dieselbe Verdichtung des Gerüstwerks, dieselbe Steigerung seines Tinktions- vermögens, dieselbe Zunahme der Nukleolen. Dreijährige Topfexemplare von Podocarpus chinensis aus dem Dresdener botanischen Garten, die seinerzeit T. Nobbe und L. Hiltner?) untersuchten, hatten ihnen zahlreiche, in zwei Längs- reihen angeordnete, Seitenwurzeln vertretende Knöllchen vorgeführt. Sie fanden auch die Pilzhyphen in den Zellen dieser Knöllchen vor. Es war also nicht zu verwundern, daß auch alle Topfexemplare von Podocarpus in unserem botanischen Garten mit Knöllchen. an den Wurzeln versehen waren. Ich ließ nun diese Wurzeln in eben- solcher Weise wie die Characeentriebe fixieren und färben, fand die von K. Shibata geschilderten Zustände in den Rindenzellen der Knöllchen vor und konnte mich von der großen Überein- stimmung im Aussehen der Kerne mit meinen Characeenbildern unmittelbar überzeugen. Ich untersuchte Podocarpus chinensis Wall. und Podocarpus macrophylla Don. verzichte aber auf weitere Schilderung, da sie nur eine Bestätigung der Shibataschen Angaben brächte. Wie K. Shibata angibt‘), wird in den Knöllchenzellen weiterhin das Pilzmyzel verdaut und wenn dieser Prozeß seinem Ende naht, runden die vorhandenen Zelikerne sich wieder ab, büßen ihre starke Tinktionsfähigkeit ein und nehmen ein normales Aus- sehen an. Man trifft sehr oft solche Kerne in gegenseitigem Kon- takt, auch wohl nur einen »ungemein hypertrophierten« Kern an. Ein solcher kann gleich darauf in mitotische Teilung eintreten und liefert 12 Chromosomen, die nämliche Zahl, die somit auch den I) A,.a.0.AFaL ra IV, °) Fig. 2a und Fig. 3—7. ») Die endotrophe Mykorrhiza von Podocarpus und ihre physiologische Bedeutung. Die Landwirt. Versuchsst., Bd.LI, 1899, S. 241. NE8723:.0..8..6147. Ag Le normalen Gewebezellen von Podocarpus zukommt. Also liegt tatsächlich bei Podocarpus der Fall vor, wo tiefgreifende Änderungen im Kern, die zu seiner Massenzunahme und amitotischen Teilung führten, rückläufig in die normalen Bahnen zurückgeleitet werden können und den ursprünglichen Zustand wieder herstellen. Wie die fortschreitende Veränderung die Amitose, so veranlaßt die rück- läufige eine Vereinigung der getrennten Teile, wobei selbst die Chromosomen sich wieder intakt einfinden. Wo die zur Amitose führenden Veränderungen erblich- festgelegt sind, gelingt es nicht, in rückläufiger Bewegung die Mitose wieder herzustellen; anders wenn, wie in den Knöllchen von Podocarpus, eine von außen kommende Ursache, welche die sich einstellenden Vorgänge aus- löste, anderweitigen Einwirkungen ihrerseits weichen muß. Zur normalen Spindelfaserbildung, der Ausgestaltung eines Phragmoplasten und zu einer Zellteilung bringen es übrigens auch jene Protoplasten der Podocarpusknöllchen, die einen normalen Kern zurückerhielten nicht. Sie sterben vielmehr alsbald ab, wie zuvor schon ihre Nach- barı, und es wird das Knöllchen bis auf seinen Zentralzylinder, aus dessen Spitze neue Knöllchen hervorwachsen, desorganisiert. Mir haben Zustände von Podocarpusknöllchen mit nachträg- lichen Mitosen bisher nicht vorgelegen, so daß ich meinen Bericht nur auf Shibatas Angaben stütze. Daß in anderen Fällen, wo Amitosen in Pflanzenzellen durch die Reizwirkung fremder Organismen veranlaßt wurden, eine Wieder- vereinigung der Teilkerne und Rückkehr zur Mitose erfolgt sei, darüber finde ich keine Angaben. Hingegen werden Vorgänge der Amitose öfter als Folge solcher fremder Einwirkungen angegeben und finden sich bei Shibata zusammengestellt.) Daß aber eine amitotische Kernvermehrung nicht in allen Objekten sich dann ein- zustellen braucht, geht aus dem Umstand hervor, daß J.M.Janse?) nur bei einer Art unter den 76 javanischen Mykorrhizapflanzen, die er untersuchte, sie aniraf. Wo sie nicht erfolgt, scheint zugleich, wie ich aus Janses Aufsatz entnehmen möchte, die Veränderung, die der Kern der befallenen Zelle durchmacht, nicht so tiefgreifend zu sein. Damit anderseits eine solche Rückkehr zum Normalen wie bei Podocarpus sich vollziehen könne, ist wohl nötig, daß die Ein- flüsse, welche die hypertrophische Ernährung der Kerne bewirken, EA. a: 0.8; 650: ?) Les Endophytes radicaux de quelques plantes Javanaises, Ann. de Buitenzorg, Bd. XIV, 1897, S. 178. 5 nicht eine bestimmte, sonst dauernde Schädigung bedingende Grenze überschreiten. Eine andere Veränderung als die, welche die Kerne in den Knöllchen von Podocarpus aufweisen und die so nah sich jener in den Characeeninternodien anschließt, zeigen die Kerne in den von Werner Magnus!') als Verdauungszellen bezeichneten Zellen der Wurzeln von Neottia Nidus avis und in den Verdauungszellen des Rhizoms von Psilotum triguetrum, die K. Shibata?) untersuchte. Da bilden sich Klumpen in den hypertrophierenden Kernen aus, die auf Ansammlungen von Chromatinkörnchen zurückgeführt und als »Chromatinballungen« bezeichnet werden. Sie erinnern an ähnliche Gruppierungen des Inhalts in gefütterten Drüsenzellen von Drosera°®). So veränderte Kerne nehmen bei Neottia amöben- artige Formen an, die aber in den seltensten Fällen bis zur Frag- mentatiorı getrieben werden.‘) Über ähnliche Gestaltung der Kerne berichtet auch Shibata bei Psilotum; eine Kernverdopplung sah er nur ausnahmsweise ihr folgen. Die in solchen Fällen sichtbar werdenden Änderungen sind es somit nicht, die eine amitotische Vermehrung der Kerne besonders fördern. In den Knöllchen, die an den Wurzeln von Circea lutetiana durch Heterodora radieicola verursacht werden und die Gallen dieses Wurmes darstellen, konnte G. Tischler’) vielkernige Riesenzellen nachweisen. Er fand, daß sie aus Zellen des Pleroms hervorgehen, die bald nach dem Einwandern des Parasiten zu wachsen anfangen und durch mitotische Teilung mehrkörnig werden. Weiterhin soll die Kernvermehrung. auf amitotischem Wege sich vollziehen. Die Struktur der Kerne zeigt sich dann gleichzeitig verändert. Dabei gibt G. Tischler eine bedeutende Zunahme der Nukleolarsubstanz an, »so daß oft das gesamte Kerninnere, mit Ausnahme eines ziemlich schmalen Saumes, von einem Nukleolus eingenommen ist«.°) So rücken die hier zu beobachtenden Erscheinungen wieder näher an jene heran, die wir bei Characeen und Podocarpus betrachtet hatten, ') Studien an der endotrophen Mykorrhiza von Neottia Nidus avis., Jahrb. 1. wiss. Bot, Bd.-XXVW, 'S. 223. 2) A. a: OMSH050. ») O.Rosenberg, Physiol.-cytol. Unters. über Drosera rotundifolia, Medd. . f. Stockhölms Högsk., 1899, S. 55. *) Werner Magnus a. a. O. S. 242. 5) Über Heterodoragallen an den Wurzeln von Circea lutetiana L. Ber. d. Deutsch. bot. Gesell., 1901, S. 98. 2) 9.09.75 102, A ER Veränderungen, durch welche eine amitotische Kernvermehrung ge- fördert wird. Bevor die Riesenzellen der Heterodoragallen zugrunde gehen, stellt sich an ihren Kernen ein als chromolytisch bezeichneter Zer- fall in Stücke ein, den G. Tischler!) allein »Fragmentation« nennen möchte.?2) Dieser Vorschlag ist gerechtfertigt und ich habe es meinerseits auch vermieden, dort, wo es sich nicht um den Zerfall eines Kern in Stücke, sondern um seine wirkliche Teilung, wenn auch ohne innere Sonderung, handelte, nicht von Fragmentation zu sprechen. Es ließe sich in der Tat bei der direkten Kernteilung zwischen Kernvermehrung durch Zerfall in Stücke, d. h. Kernzer- klüftung oder Fragmentation und der Kernteilung ohne mitotische Sonderung oder Amitose unterscheiden. Auf andere Beispiele chromolytischen Kernzerfalls, als zu meiner Aufgabe nicht gehörend, gehe ich hier nicht ein. Ebensowenig habe ich »Pseudoamitosen« an dieser Stelle zu be- handeln, welche durch chemische oder physikalische Einwirkungen künstlich gestörte Mitosen darstellen, die übrigens auch in der freien Natur unter dem Einfluß vorwiegend pathologischer Reize sich ein- stellen können. Eine Zusammenstellung der diesbezüglichen Literatur gab ich in dem Progressus rei botanicae ?) erst im vorigen Jahr. Ebenso hatte ich die betreffende Aufgabe, wenn auch enger umgrenzt, in meinem letzten Aufsatze »über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybridenfrage« *) zu behandeln. Was endlich die Frage anbetrifft, ob phylogenetisch die Mitose aus der »Amitose« hervorgegangen sei, so müßte diese Frage heute wohl etwas anders gefaßt werden. Mit zunehmender Arbeitsteilung im Organismus und steigender Sonderung in seinem Bau dürfte auch die Teilung der Träger der Erblichkeit, der Kerne, ent- I A.2.0, S. 104. ?) Eine ähnliche Aufeinanderfolge von Vorgängen, wie sie Tischler in diesen Riesenzellen beschreibt, waren mir vor Zeiten in den Suspensoren von Orobus vernus entgegengetreten. »Einige Bemerkungen über vielkernige Zellen und über die Embryogenie von Lupinus, Bot. Ztg., 1880, S. 850.« 3) Bd. I, S. 86. Vergl. auch die seitdem veröffentlichten Histolog. In- vestig. of Intumescences, von E. Dale, Philos. Transact. Roy. Soc. London, Ser. B, Vol. 198, 1906, S. 244 und die soeben erschienene Zusammenstellung: Neue Ergebnisse auf dem Gebiet der pathologischen Pflanzenanatomie, durch E. Küster, in den Ergebnissen der allg. Path. und pathol, Anatomie von Lubarsch und Ostertag, XI. Jahrg. 1907, S. 416 ff. *) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd, XLIV, 1907, S. 482. Be sprechend kompliziertere Vorgänge verlangt haben. Ja, es läßt sich annehmen, daß es eine übereinstimmende Steigerung der An- forderungen an die Leistung der Kerne war, die es veranlaßte, daß auf einer korrespondierenden Höhe der Organisation die nämlichen karyokinetischen Vorgänge sich einstellten. Die ursprünglichste Teilung eines Kerns, bei einem mit Kern schon versehenen, doch mit nur wenigen spezifischen Merkmalen erst ausgestatteten Orga- nismus, brauchen wir uns nicht viel komplizierter als die Durch- schnürung eines Chlorophylikorns in zwei gleiche Hälften vorzu- stellen. Von solchen Teilungen bis zu den ausgeprägt mitotischen mögen alle Zwischenstufen durchlaufen worden sein. Einfachere Kernteilungsvorgänge primitiverer Art dürften aber keinesfalls Ami- tosen genannt werden, weil das Wort doch eigentlich den Verlust der mitotischen Teilungsart aussagt. Man sollte sie als ursprüng- liche Kernteilung, Protokaryokinese, bezeichnen und den Ausdruck Amitose auf sie nicht mehr anwenden. Figurenerklärung. Sämtliche Figuren nach Mikrotomschnitten. Nur die Fig. 16 und 17 von Objekten, die mit Sublimatessig- säure fixiert waren, die übrigen aus Chromosmiumessigsäurematerial. Nur die Fig. 6 und 9 mit Safraningentianaorange, die übrigen mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Die Fig. 1—13 zu Nitella syncarpa, 16 zu Chara fragilis, 14, 15 und 17 zu Chara crinita. Alle Figuren 1600mal vergrößert, ausgenommen 13a, 14 und 15, deren Vergrößerung nur 400 beträgt. Fig. 1. Kern einer Knotenzelle im Ruhezustand. Fig. 2. Drei Kerne, von denen der oberste der primäre Kern einer Knotenzelle, der mittlere der primäre Kern einer Internodialzelle, der untere derebenfallsnoch ungeteilte Kern derzweiten Internodialzelle. Fig. 3. Geschrumpfter Kern einer Knotenzelle. Fig. 4. Kern einer Zelle des spermatogenen Fadens in Rulıe. Fig. 5. Kern einer Zelle des spermatogenen Fadens in den ersten Stadien der Prophase. Fig. 6. Ein nächstfolgendes Stadium der Prophase aus einer ebensolchen Zelle. Fig. 7. Stadium des lockeren Knäuels aus einer ebensolchen Zelle Fig. 8. Kernspindel und Kernplatte aus einer ebensolchen Zelle. Fig. 9. Kernplatte in Polansicht aus einer ebensolchen Zelle 2 Fig. 10. Kernplatte in Polansicht aus einer Knotenzelle. Fig. 11. Stück eines amitotischen Kerns aus einem Internodium. Fig. 12. Stück des cytoplasmatischen Wandbelegs aus einer Internodialzelle, nebst amitotischem Kern. Fig. 13. Teile des cytoplasmatischen Wandbelegs aus dem oberen Ende einer Internodialzelle, in « schwächer, in b stärker vergrößert. Fig. 14 und 15. Endzellen von Rindenlappen. Fig. 16 und 17. Eikerne aus gleichaltrigen Oogonien. Zwei Briefe Hugo von Mohls an Franz Unger mitgeteilt von G. Haberlandt (Graz), Eingelangt am 8. Juli 1907. Unter den zahlreichen Briefen, aus denen der handschriftliche Nachlaß Franz Ungers') zum größten Teil besteht, befinden sich auch 14 Briefe von Hugo von Mohl, die in den Jahren 1853 bis 1869 geschrieben worden sind. In jedem von ihnen spricht sich die herzliche Freundschaft aus, welche die beiden so verschieden veranlagten Forscher verbunden hat. Der kraftvolle, wenn nötig rücksichtslose und dabei doch wieder vorsichtig-kritische Botaniker der Tübinger Hochschule fühlte sich mächtig angezogen von dem impulsiven, geistsprühenden, sensitiven Pflanzenphysiologen des Grazer Joanneums und später der Wiener Universität; und dieser wieder war dem um fast fünf Jahre jüngeren schwäbischen Freunde in fast schwärmerischer Verehrung zugetan. Wie hoch und selbstlos Fr. Unger die wissenschaftlichen Verdienste H. v. Mohls ein- schätzte, geht aus dem offenen Briefe hervor, den er anstatt eines Vorwortes in seiner 1855 erschienenen »Anatomie und Physiologie der Pflanzen« veröffentlicht hat. Unger widmet das Buch seinem Freunde Hugo von M ohl, als »dem Begründer der neueren Pflanzenanatomie« und schließt mit folgenden Worten: »Und so nimm denn, lieber Freund! dieses Buch als ein schwaches Zeichen der Huldigung, welche ich Dir im Namen der Wissenschaft bringe, freundlich auf. Lasse dem bescheidenen Schiffchen den Schmuck Deines Namens, den ja ohnehin jede Seite verkündet, gefallen. Mir aber lasse den Trost, daß ich es nicht !) Derselbe befindet sich im Besitz des bot. Instituts der Universität Graz. Vgl. Briefwechsel zwischen Franz Unger und Stephan Endlicher, herausgegeben und erläutert von G. Haberlandt, Berlin, 1899, Vorwort. ran. vergeblich gezimmert, und daß ich dabei meine schönsten Tage des Lebens nicht unfruchtbar vergeudet habe, denn was bliebe mir sonst übrig, als — um das Gleichnis festzuhalten — in die elegischen Worte des großen römischen Lyrikers, selbst anklagend, einzustimmen: O navis, referent in mare te novi Fluctus? O quid agis? fortiter occupa Portum. — — —. In den an Unger gerichteten Briefen kommt die von A. de Bary in seinem Nachruf!) so anziehend geschilderte Persönlichkeit H. v. Mohls prächtig zum Ausdruck. Dies gilt insbesondere von nachstehenden zwei Briefen, dem ersten und dem letzten der oben- erwähnten Sammlung. I. Mein lieber Freund! Herzlichen Dank für Deinen Brief vom 13. N. und die ihn be- gleitenden Abhandlungen ?), aus denen ich sehe, daß Du in Wien eine Art experimental. Institut errichtet hast, eine Sache, die ich schon längst hier tun wollte, zu der ich aber nicht kam, da gar zu vielerlei Geschäfte auf mir ruhen. Hätte ich gewußt, daß Du nach Graetz im Sommer gegangen bist, so hätte ich Dich dort besucht; allein ich kam von diesem Plan ab, da ich in einer Wiener Zeitung die Notiz las, daß Du aus- nahmsweise von den übrigen Professoren die Ferien in Wien zu- bringst. Ich hätte vom Pustertale, wo ich im Sommer war, nur einen Sprung nach Klagenfurt und Laibach gehabt und dort die Eisenbahn getroffen. Ich hatte mich schon gefreut, die beata ruris otia in Deiner Gesellschaft genießen zu können und bereue nun, nicht an Dich geschrieben zu haben. Du fragst, warum ich ins Traubenland gegangen bin? Nun ich war im Winter drei Monate lang sehr übel auf; ich war von > Bat.; Zio.e,, 1872, Nr. 31. ?) Im Jahre 1853 hat Unger in den Sitzungsberichten und Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften nachstehende Arbeiten veröffentlicht: Notiz über ein Lager von Tertiärpflanzen im Taurus. Ein fossiles Farnkraut aus den Osmundaceen; von llia bei Chemnitz; nebst vergleichenden Skizzen über den Bau des Farnstammes. Die Pflanze und die Luft (Festvortrag). Ver- suche über Luftausscheidung lebender Pflanzen. Welchen Ursprung hat das von den grünen Pfilanzenteilen abgeschiedene Stickgas? Nachträgliches zu den Versuchen über Aufsaugung von Farbstoffen durch lebende Pflanzen. Einiges über Organisation des Blattes von Victoria regia. Jurassische Pflanzenreste. Wiesner-Festschrift 4 a der Grippe, die hier arg hauste, ergriffen, fiel aus einem Katarrh in den anderen und wurde so elend und mißvergnügt, daß ich auch nicht mehr das kleinste Geschäft vornehmen konnte. Unter diesen Umständen war längere Ruhe und Befreiung von den Amts- geschäften durchaus nötig, zugleich hielt ich es für passend, in ein warmes Klima zu gehen. Ich ging daher im Mai nach Venedig; ich wollte dort mich mit Algen beschäftigen, allein immerwährender Wind und tägliche Gewitter machten das Meer zu unruhig, um sammeln zu können. Nach einem Monat wurde mir das Amphibien- leben zur Last und ich ging nach Bozen und als es mir dort zu warm wurde, ins Pustertal und von da im Herbst nach Meran. Der vielfache Aufenthalt in freier Luft, Mangel an geistiger Überarbeitung und Ärger, die hier vielfach mein Los sind, ließ mich meine Gesundheit wieder finden, und zwar in höherem Grade, als ich zu hoffen gewagt hatte, denn wenn mir im Winter einer gesagt hätte, ich würde im Sommer in Hemdärmeln auf den Alpen herumlaufen und wieder meinen alten Ruhm, kein schlechter Bergsteiger zu sein, aufs neue erwecken, so hätte ich ihm einfach ins Gesicht gelacht. Ganz hatte ich mich zwar nicht aufgegeben, allein ich zog mit schwerem Herzen über die Alpen, Über die Traubenkrankheit werde ich keine Schrift herausgeben ; wohl noch einen Aufsatz in der »Bot. Zeitung<'), in der ich nachweisen werde, daß das Oidium Tuckeri eine Erysiphe ist, allein weiter habe ich nichts zu sagen. Leider traf ich bei meiner Rückkehr die Krankheit auch hier. Mir scheint jedes Mittel gegen dieselbe vergeblich zu sein. Daß ich bis zur Naturforscherversammlung nicht hierher kam, wirst Du natürlich finden. Einmal wollte ich nicht mit meiner noch nicht ganz befestigten Gesundheit mich zu Tode plagen, andern- teils wollte ich auch nicht die Vorstandschaft übernehmen, nach- dem ich die Vorbereitungen nicht hatte treffen können, da wäre schön über mich räsoniert worden, ich wolle mir keine Mühe geben, sondern diese den andern überlassen, aber die Ehre von der Sache haben usw. Doch kam ich damit aus dem Regen in die Traufe, denn ich höre, es sei in der »Bonplandia« ein fulminanter Artikel gegen mich erschienen ?), der mich moralisch tot machen !) Über die Traubenkrankheit, Bot. Ztg., 1854, pag. 137 ff. 2?) In demselben wird behauptet, Mohl habe die Tübinger Naturforscher- versammlung zu hintertreiben versucht und sei, nachdem ihm dies nicht ge- ungen, eine Krankheit vorschützend, nach Italien abgereist. In einer Erklärung (Bot. Ztg., 1854), die mit den Worten beginnt: »Es hat alles seine Grenzen«, weist Mohl diese Anwürfe ebenso würdig als scharf zurück. RT ee soll. Gelesen ‚habe ich ihn noch gar nicht, es ist mir die Sache ziemlich gleichgültig, denn ich weiß recht gut, von wem Schultz [unleserliches Wort], von dem der Artikel ist, zu demselben auf- gehetzt wurde (nämlich von Fichte!) und aus welchen miserablen Motiven die Sache geschah. Hätte ich einen juridischen Beweis für diese Autorschaft von Fichte, so sollte er erfahren, ob in Württemberg eine Justiz ist, allein an diesem fehlt es. Die Mise- rabilität dieses Volkes ist aber so groß, daß sie, seitdem ich wieder da bin, kein Wort zu sagen wagen, allein dazu haben sie nicht den Mut trotz aller Intrigen, die sie während meiner Abwesenheit ange- sponnen haben, denn sie wissen, daß ich etwas grob dreinschlagen kann und auch beim Ministerium mehr gelte als sie alle miteinander. Du siehst, daß meine kollegialische Stellung auf diese Weise nicht die brillanteste ist, was mir übrigens ganz gleichgültig ist. Ich lege niemand etwas in den Weg, lasse mich in keine Intrige ein und kümmere mich um die anderen nicht; ob sie über mich schimpfen, ist mir einerlei. Ich habe die wenigen Wochen, die ich wieder hier bin, haupt- sächlich damit zugebracht, daß ich die Bücher, die im letzten Jahr erschienen sind, durchgelesen habe. Nun soll’s wieder an eigene Arbeiten gehen. Vorerst werden uns die Franzosen wohl noch in Ruhe lassen; wie es freilich im nächsten Jahr stehen wird, weiß Gott; wenn die Kanonen übers Pflaster rumpeln und das Haus voll Einquartierung liegt, möchte dann leicht aus dem ruhigen Arbeiten nicht viel werden. Du befürchtest, euer Unterrichtswesen werde wieder in den früheren Zustand zurückkehren. Offen gestanden finde ich mich in euren Zuständen nicht zurecht; euer ganzes Unterrichtswesen, von den Gymnasien an, die von Franziskanern etc. geleitet werden, bis zur Universität ist so total von unseren Einrichtungen verschieden, daß mir jeder Anhaltungs- und Vergleichspunkt fehlt. Bei uns iet die größte Hörfreiheit insofern, als jeder Studierender Kollegien bei jedem Lehrer und zu beliebiger Zeit hören oder auch nicht hören kann, wie ich z. B. nie in meinem Leben ein botanisches Kollegium hörte?), es ist ferner insofern Lehrfreiheit, als jeder ') Hermann Fichte (1797-1879), Professor der Philosophie in Tübingen. Sohn des Philosophen Joh. Gottlieb Fichte. ?2) Mohl studierte an der Universität Tübingen fünf Jahre lang Medizin. Als Botaniker war er, wie aus obiger Bemerkung hervorgeht, vollständig Autodidakt. . 4* ee Lehrer außer seinem Nominalfach, über welches er lesen muß, lesen kann, über was er will. Ob ein Lehrer Christ oder Jude, Protestant oder Katholik ist, darauf nimmt ferner der Staat keinerlei Rücksicht. Das alles ist gewiß schön und gut, allein das Resultat ist, wie die Prüfungen ausweisen, eines, welches mich wenigstens nicht be- friedigt. Ich bin nach und nach an die Sache gewöhnt, allein ich erinnere mich sehr wohl, wie mich vor 18 Jahren, als ich hierher kam !), nichts so sehr frappierte als die Erfahrung, daß die Mediziner, die ihr Examen machten, gar wenig wußten. Machten solche, die auf fremden Universitäten studiert hatten, ihre Prüfungen hier, so war oft genug die Sache noch trauriger. Die Sache war mir oft widerwärtig und seit Jahren suchte ich einen anderen Studienplan einzuführen, nämlich eine Verordnung, nach welcher ein Mediziner gehalten werden sollte, zuerst die Naturwissenschaften zu studieren und alsdann, ehe er zum Studium der Medizin zugelassen würde, eine Prüfung in diesen zu erstehen. Dann, aber erst nach gründ- lichem Examen in den Naturwissenschaften, sollte ihm erlaubt werden, medizinische Kollegien zu hören, nach diesem sollte er ein Examen theoreticum in der Medizin erstehen, in dem er zeigen sollte, daß er etwas gelernt hat, und später ein praktisches Examen vor dem Medizinalkollegium am Krankenbette und am Sektions- tische, in dem er zeigen sollte, daß er zu handeln versteht.?) Die Sache wird nun wohl eingeführt werden; Gott gebe es, daß es praktisch ist und die Leute zwingt, etwas Rechtes zu lernen. Ich wünschte schon längst auf anderen Universitäten bei einigen Prüfungen anwesend sein zu können, um zu sehen, wieviel von den Kandidaten verlangt wird. Unser Kliniker, der ein Bayer ist, sagte mir, wir verlangen in den Naturwissenschaften weit mehr, als in Bayern verlangt werde, dagegen in der Medizin weit weniger. Es mag sein, unser System ist aber gewiß daß richtigere. Denken und beobachten lernen muß ein Mediziner an den Naturwissen- schaften, wenn auch nicht, wie Liebig meint, bloß an der Chemie. Ich schwatze Dir jedoch damit allerlei Zeug vor, was Dich nicht interessieren kann, indem es bloß für unsere lokalen Ver- hältnisse von Interesse ist. !) Mohl wurde im Frühjahr 1835 nach Schüblers Tod aus Bern, wo er ein Jahr lang Professor der Physiologie war, als Professor der Botanik nach Tübingen berufen. ®) Diesen Vorschlägen entsprechen, wie man sieht, alle neueren medi- zinischen Studien- und Prüfungsordnngen. Mehr interessieren wird es Dich wohl, daß ich mit einem jungen Optiker (Kellner in Wetzlar) in Verkehr getreten bin, von dem ich für das Mikroskop sehr viel erwarte. Daß von Plößl nichts weiter zu erwarten ist, hast Du mir schon vor Jahren ge- schrieben. Die Sonnenfinsternis, nach welcher er mir Objektive machen wollte, ist längst vorüber, die Objektive aber nicht gemacht. Nun, ich muß mir das gefallen lassen, er ist ein alter Mann. Ich denke aber, es wird bald von Wetzlar aus ein neuer Fortschritt ausgehen.!) Ich habe heute von Willkomm zwei Abschnitte vom Stamme von Phoenix bekommen, die 1!/; Zentner wiegen. Ich will sehen, was damit zu machen ist; viel Neues werde ich wohl nicht sehen. Wäre ich nur ein paar Jahre in Brasilien! Es ist längst mein Wunsch zu diesem Behufe Urlaub zu nehmen, es läßt sich aber in meinen Verhältnissen schwer ausführen. Ich will allerdings, wie Du, eine Wallfahrt nach Upsala machen, bisher zog es mich aber immer in den Süden, trotz Skorpionen, Flöhen etc. etc. Grüße Fenzl und wenn Du etwa zufälligerweise mit einem Oberst Marienni [?]J, der Vorstand des topographischen Bureaus ist, bekannt bist, auch diesen. Er ist ein alter freundlicher Herr, mit dem ich in Tirol viel zusammen war und der mich freundlich eingeladen hat, ihn in Wien zu besuchen. Daß aber ein Besuch in der Kaiserstadt anderen Leuten gilt, weißt Du. Dein Tübingen, den 30. Nov. 1853. Hugo Mohl. 11. Lieber Freund! Es ist mir von Eurem steiermärkischen Verein das Diplom als Ehrenmitglied und eine Reihe von Heften der Verhandlungen zugekommen. Natürlicherweise bist Du der Urheber der Ernen- nung und ich sollte eigentlich an Dich die Danksagung richten; da ich aber nicht weiß, wer der Vorstand ist, so will ich das offi- zielle Schreiben an Dich einschließen mit der Bitte, dasselbe an seine Adresse gelangen zu lassen. Jedenfalls aber danke ich Dir dafür, daß Du mir dadurch Gelegenheit verschafftest, wieder einmal an Dich persönlich zu !) Karl Kellner, dessen Mikroskope sehr gelobt wurden, ist schon drei Jahre später, 1856, gestorben. Sein Nachfolger war Fr. Belthle. En GA schreiben. Du wirst mich längst wenigstens zu den Halbtoten gerechnet haben, denn es sind neun Jahre vergangen, seitdem ich mich in der »Bot. Zeitung« nicht mehr habe hören lassen. Leider fühle ich, daß ich nicht mehr die frühere Arbeitskraft habe, doch habe ich die Hände nicht ganz in den Schoß gelegt und die nächsten Monate werden wohl ein und den anderen Aufsatz von mir bringen, ich habe wenigstens eines und das andere vorgearbeitet. Das letzte Jahr war für mich ein schweres. Nicht wegen körperlicher Leiden, sondern weil es ein paar Lücken in den Kreis meiner Bekannten gerissen hat, die mir zum Teil sehr schmerzlich waren. Nun ist auch Martius gestorben! Ich kann zwar nicht sagen, daß ich seine geistige Begabung sehr hoch gehalten habe, oder auch seinen Charakter besonders schätzen zu lernen Gelegen- heit gehabt hätte, allein ich persönlich hatte, als ich ein junger Mann war, alle Ursache, ihm vielfach dankbar zu sein, was bei anderen, namentlich dem armen Zuccarini, nicht der Fall war.!) — Soweit hatte ich geschrieben, als ich durch eine mir nicht mehr erinnerliche Veranlassung gehindert wurde, den Brief zu vollenden. Dann blieb er vollends ganz liegen, bis ich durch eine neue Zusendung von Dir an meine Pflicht erinnert wurde. Ich habe mit großem Interesse Deine »Geologie der europäischen Wald- bäume“ ?) gelesen und habe vor allem Deinen Mut bewundert, mit dem Du eine solche diffizile Sache in Angriff genommen hast. Doch hast Du recht gehabt, ein Anfang muß gemacht werden und Du wirst die Richtigkeit des Satzes an Dir erproben: »Wenn ihr euch nur selbst vertraut, vertrauen euch die anderen Seelen.« Es war immer meine Überzeugung, daß vor allem die Paläontologie die Data zur Entscheidung über die Darwinsche Lehre liefern muß, nur hatte ich nicht erwartet, daß ich es noch erleben würde, daß Data, die uns weiter helfen würden, gefunden würden. Das scheint nun aber doch mehr und mehr durch die Untersuchungen der tertiären Floren zu geschehen. ') Nach Vollendung seiner medizinischen Studien hielt sich M oh | mehrere Jahre lang in München auf, wo er mit Schrank, Martius, Zuccarini und Steinheil verkehrt hat. (Vgl. de Bary, |. c. pag. 564.) ?) »Geologie der europäischen Waldbäume«, Teil I, Mitteilungen des naturw. Vereins für Steiermark, 1869; Teil II, ebenda, 1870. Unger versucht in dieser Arbeit, die Phylogenie der europäischen Laub- und Nadelhölzer fest- zustellen und namentlich die Abstammung der rezenten Arten von den tertiären klarzulegen. Er Ich für meinen Teil gestehe übrigens, daß mir die natural selection keineswegs genügend erscheint, die Veränderungen, welche die organische Natur im Laufe der Zeit erlitten hat, zu erklären; sie allein scheint mir ungenügend zu sein, einen ausreichenden Grund für die im Tier- und Pflanzenreiche parallel fortschreitende Entwicklung zu höheren Organisationsstufen zu liefern. Hier ist die Äußerung eines bestimmten Gesetzes, welches nicht auf Zufall beruhen kann. So lange wir überhaupt von den Kräften, die im lebenden Körper wirken, so gut wie nichts wissen, so können wir uns noch viel weniger eine Vorstellung von dem Grunde einer solchen fortschreitenden Entwicklung und Metamorphose des Ganzen machen.') Mich nimmt nur wunder, daß uns die Theologen so in Ruhe lassen. Sie haben freilich gegenwärtig genug vor ihrer eigenen Tür zu kehren. Namentlich bei uns wird in dieser Beziehung in nächster Zeit unter den Katholiken der Kampf in hellen Flammen ausbrechen und ich erwarte gar nichts anderes, als daß unsere hiesige katholische theologische Fakultät abgeschlachtet wird. An und für sich kann ich als Protestant der Sache ruhig zusehen, allein ich würde es tief bedauern, wenn damit ein für uns sehr notwendiges Bildungszentrum zerstört würde.?) Höheren Ortes wird es an der nötigen Einsicht und Energie fehlen, um diesem Treiben entgegen- zuwirken. Meine Überzeugung ist aber die, daß trotz Syllabus und allem, was daran hängt, unsere Kultur nicht untergehen wird, wenn sie auch teilweise geschädigt werden wird. Du kannst von Deinem Tuskulum?) aus solchen Kämpfen mit großer Ruhe zusehen und daß Du es auch in voller Gesundheit tun mögest, wünscht Dein treuer Freund Tübingen, den 25. April 1869. Hugo Mohl. !) Mohl stelltsich hiermit auf denselben Standpunkt, den Un ger schon 1852 in seinem »Versuche einer Geschichte der Pflanzenwelt« eingenommen hat. Schon damals, sieben Jahre vor Darwin, hat Unger den Satz ausgesprochen: »Eine Pflanzenart muß aus der anderen hervorgegangen sein.« Dabei erblickt er im Auftreten neuer Typen, wie später Naegeli, die Wirksamkeit einer inneren Entwicklungstendenz. ®) Die von Mohl befürchtete Aufhebung der katholisch-theologischen Fakultät zu Tübingen ist bekanntlich unterblieben. ®) Unger gab 1868 seine Wiener Professur auf und zog sich nach Graz zurück. Österreichische Corticieen von Franz v. Höhnel und Viktor Litschauer. Eingelangt am 16. Juli 1907. Wenn schon Pilz-Standortsverzeichnisse im allgemeinen mit Vorsicht betrachtet werden müssen, so gilt dies in ganz besonderem Grade von den Corticieen, da diese von den wenigsten Mykologen genügend gekannt sind. Es geht dies nicht nur daraus hervor, daß selbst hervorragende Mykologen wie Schröter (s. Ann. mycol. IV, S. 288) auch häufige Arten verkannt und verwechselt haben, sondern insbesondere aus unseren Revisionen der ausgegebenen käuflichen Corticieen-Exsikkaten, welche ergaben, daß der größte Teil derselben falsch bestimmt erscheint. Nachdem wir uns nun durch mehrjährige Studien der Corticieen, denen unter anderen auch eine große Zahl von Original- Exemplaren von Arten zugrunde lagen, die von Bresadola, P. Hennings, Schröter, Karsten, Patouillard, Maire und vielen anderen Autoren aufgestellt wurden, eine eingehende kritische Kenntnis der Corticieen verschafft haben, waren wir in der Lage, die von uns in den letzten zehn Jahren in Österreich gesammelten Arten derselben kritisch zu revidieren und ihre Bestimmungen völlig sicher zu stellen. In der folgenden Arbeit geben wir zunächst eine analytische Übersicht der nunmehr bekannten europäischen Corticieen-Gattungen. In dieser Übersicht haben wir auch die Gattung Tulasnella (= Pachy- sterigma Bref.) aufgenommen, da die nahe Verwandtschaft derselben mit Corticium zweifellos ist und wir nicht der Ansicht Juels sind, der sie in eine eigene Familie stell. Zwischen den eiförmigen Sterigmen einiger Tulasnella-Arten und den pfriemenförmigen von Corticium kommen alle Übergänge vor. De Vertreter der Gattungen Aldrigea, Scopuloides (Massee als Sektion von Peniophora) und Hypochnella haben wir nicht gesehen und daher diese drei Gattungen nur provisorisch in die Tabelle aufge- nommen. Sie bedürfen der Revision. Hypochnella (1888) unterscheidet sich von Ooniophorella (1889) nur durch die Färbung der Sporen und dürften daher beide zusammenfallen, da auch bei Tomentella (Hypochnus Karsten, Bresadola) sehr verschieden gefärbte Sporen vorkommen und eine Trennung der Arten nach der Sporenfarbe untunlich ist. Die Gattung Vuilleminia ist nach Maires Unter- suchungen wohlbegründet und von uns daher beibehalten. Hin- gegen fällt die Gattung Prillieuxea Sacc. et Syd. (Karstenia Britzel- mayr nec Fries) mit Tomentella zusammen. Bei den einzelnen Arten wurde nur die neuere, vornehmlich von uns selbst festgestellte Synonymie angegeben. Im ganzen wurden 135 Arten gefunden, von etwa 1000 Stand- ortert. Nachdem eine richtige systematische Anordnung der Arten innerhalb der Gattungen nur unvollständig durchführbar gewesen wäre, wurde die alphabetische "Reihenfolge gewählt. Übersichts-Tabelle der europäischen Cortieieen-Gattungen. I. Sterigmen blasig oder blasig kegelig. A. Ohne Gloeozystidan . . . » 2 2. Tulasnella Schroeter. B. Mit Gloeozystiden . . . . . Gloeotulasnella v. H. et Lit. ll. Sterigmen pfriemenförmig. A. Gewebe mit fester Mittelschicht; Sporen hyalin; Pilz oft hut- artigo vom Substrate abstehend. 1. Hymenium ohne Zystiden und Setulae . . Stereum Fries. 2. Hymenium mit Zystidn . . . . .. . .Lloydella Bres. 3. Hymenium mit Setulae . . . . . . Hymenochaete Lev. b. Gewebe locker, Pilz meist resupinat. a) Sporenmembran hyalin. x) ohne Gewebszotten. 1. Hymenium ohne Zystiden oder Gloeozystiden. Pilz, wenigstens anfangs, schüssel- oder scheiben- anne.) de Oytidia Quel. Pilz immer ausgebreitet. Pilz unterrindig, Basidien aus dem Grunde hervor- kommend, nicht palisadenartig ange- OROMEESRe a u Selena: Vuilleminia Maire. Pilz oberrindig, Basidien palisadenartig an- geordnet. Gewebe mit sparrig verzweigten, spitzendigen Hyphen . .-. . . Asterostromella v. H. et Lit. Gewebe normal . . . 2.2.2. „ Cortieiim Bags: 2. Hymenium mit Gloeozystiden Gloeocystidium Karsten. 3. Hymenium mit Gloeozystiden und Peniophora- zystiden . . . . .. Gloeopeniophora ©. ser 4. Hymenium nur mit Peniophorazystiden. Zystiden einzeln . . ...". . .Peniophore es: Zystiden gebüschelt. . . . . Scopuloides Massee. 5. Hymenium mit Pseudophysen oder Dendrophysen oder mit beiden . . . . Aleurodiscus Rabenhorst. ß) mit stachelartigen Gewebszotten. 1. Gewebszotten aus Dendrophysen be- stehend... 20.2... :. Dendrothele or SE 2. Gewebszotten aus parallel verwachsenen Hyphen be- stehend... . .... 2.20. 2 0. Zoihelen ) Sporenmembran gefärbt. 1. Sporen glatt. «) Hymenium ohne Zystiden. Sporen olivengrün, Pilz gallertig . Aldrigea Massee. Sporen gelb bis braun . . .... Coniophora F'ries. £) Hymenium mit Zystiden. Sporen gelb bis braun . . Coniophorella Karsten. Sporen violett . .. .„ . .. Zypochnella Schroeter. 2. Sporen rauh bis stachelig. 1. mit Zystiden . . „3:.. 0" Dementellina vB 2. ohne Zystiden ... ....... 0... Tomenieeur a 1. Tulasnella fuseo-violacea Bres. Fung. Trid. II, S. 98. Auf morschem Weißbuchenholz, Wiener Wald, Pfalzau. Auf Fichtenrinde, Wechsel, Aspanger Klause. 2. Tulasnella pinicola Bres. Fung. polonieci, S. 114. Auf morschem Rotbuchenholz, Wiener Wald, Paunzen. i 3. Tulasnella Tulasnei (Pat.) Juel. Bihang t. Sv. Vet. Akad. Handl. B. XXIII. Afd. III. Nr. 12, S. 21. (0. roseolum Karsten.) Auf morscher Laubholzrinde und morschem Rotbuchenholz am Saag- berg bei Unter-Tullnerbach im Wiener Wald. eher Auf faulem Laubholz, Wiener Wald, Weg Rekawinkel—-Kronstein. Auf morschem Rotbuchenholz, Wiener Wald, Pfalzau. Auf morschem Nadelholz, Böhmerwald, Kubany. 4. Tulasnella violacea (Joh. Ols.) Juel. Bihang. T. Sv. Vet. Akad. Handl. Bd. XXIII. Nr. 12, S. 22. Auf morschem Weißbuchenholz und einem morschen Eichenzweig. Wiener Wald: Bieglerhütte und Buchberg bei Neulengbach. 4a. @loeotulasnella hyalina v. H. et L. n. sp. An Tannenrinde, bei Rekawinkel, Juli 1907. 4b, Stereum frustulosum Fr. An Eichenholz, Georgenberg bei Purkersdorf, 1907. 5. Stereum gausapatum Fries. Elench. Fung 1. S. 171. (St. eristu- latum Que; St. spadiceum Fries non Pers.) Nur auf Laubholzstämmen. Nicht häufig. An Stämmen von Acer campestre, Wiener Wald, Hinterbrühl. An Weißbuchenstümpfen, Wiener Wald, Aggsbachtal bei Kniewald. An Rotbuchen, Wiener Wald, am Saagberg bei Unter-Tullnerbach. An Baumstümpfen, Wiener Wald, bei Mauerbach. An einer morschen, am Boden liegenden Eiche im Lainzer Tiergarten. An verschiedenen Laubbäumen und Sträuchern bei Aspang und Mariensee, im niederösterreichischen Wechselgebiet. 6. Stereum hirsutum (Willd.) Pers., Syn., S. 572. Gemein und allgemein verbreitet und nur auf Laubbäumen und Sträuchern (Carpinus, Fagaus, Betula, Corylus, Prunus Laurocerasus etc.), auch in Formen welche Übergänge zu St. insiynitum Quel. und St. ochroleueum Fries darstellen, 7. Stereum insignitum Quel. Jur. et Vosg. XVII. Suppl. 6 hirsutum Willd. var. elegans Dres; St. versicolor Fries; St. versi- color var. illyrieum G. d. Deck.) Nur auf Laubbäumen, Sträuchern, morschem Holz, nicht häufig. Wiener Wald: Kellerwiese im Deutschen Wald, Georgenberg bei Purkersdorf. Salzburg: bei Alm; Bosnien: bei Jaize, Schedinac; Böhmerwald: Kubany. 8. Stereum ochrolencum Fries. (Hym. Eur. S. 639. (St. ochraceo- flavum Fries.) Auf Laubholzästen. (Fagus, Betula etc.). Selten. Wiener Wald: Saagberg bei Unter-Tullnerbach. Niederösterreich. Wechselgebiet: Hügel bei Aspang. Böhmerwald: Kubany. 8«. Stereum odoratum Fries. Auf morschem Fagus-Holz, Sattelberg bei Preßbaum, Juli 1907. 9. Stereum Pini Fries. Epicrisis. S. 553. Auf Holz und Rinde von Koniferen. Wiener Wald: Rekawinkel und Preßbaum auf Tannen. Nicht häufig. 2 In 2 10. Stereum purpureum Pers. Obs. Myc. Il., S. 92. An verschiedenen Laubbäumen (Fopulus, Alnus, Fagus, Carpinus, Tilia, Ailanthus etc.). Allgemein verbreitet und häufig. Die Varietät: lilacinum Pers. Seltener. Wien: Schönbrunner Park. 11. Stereum rugosum Pers. Disp. meth. Fung., S. 30. (St. sangui- nolentum Kindermann, Österr. bot. Zeitschr. LI. 1901, S. 32.) Am Grunde alter Laubbäume, morscher Baumstrünke u. dgl. Allgemein verbreitet. Niemals auf Nadelholz. Besonders häufig auf Weißbuchenstrünken. 12. Stereum sanguinolentum (Alb.etSchw.) Fries.Epicrisis, S.549. Nur an Nadelholzrinde (Pinus, Abies, Larix etc.). Allgemein verbreitet. 13. Stereum (Cystostroma)tubereulosum Fries.Hym. Eur., S. 644. An Tannenholz. Selten. Böhmerwald: Kubany. 14. Lloydella Chailletii (Pers.) Bres., in Lloyd, Mycol. Not.Nr.6., S. 51. (Trichocarpus ambiguus Karsten.) An Rinde und Holz von Nadelbäumen. Nicht selten. Wiener Wald: Preßbaum, Gelber Berg bei Purkersdorf, Pfalzau, Steinbachgraben bei Unter- Tullnerbach. Niederösterreich. Waldviertel: Allensteig. Niederösterreich. Vor- alpen: Haselrast. Tirol: Hochfilzen, Westendorf, Welsberg. P. Strasser fand am Sonntagsberge in N.-Ö. auf glatter Ahorn- rinde eine eigentümliche, abweichende Form mit zylindrischen 6 bis 7-25 u. großen Sporen, die von Bresadola zu Li. Chailletii ge- zogen wurde. 15. Lloydella fusca (Schrad) Bres., in Lloyd, Mycol., Not. Nr. 6,, S. 51. (St. bicolor Fries.) An einem Tannenstumpf. Wiener Wald: Pelzergraben bei Heitzawinkel,. An morscher Rotbuchenrinde, am Sattelberg bei Preßbaum. Selten. 16. Lloydella spadicea (Pers.) Bres., in Lloyd, Mycol. Not. Nr. 6., S. 51. (St. venosum Quel;, St. retirugum Cooke; Hymenochaete Boltonii Aut. pl. non Fries.) An Laubholzstämmen. (Fagus, Querceus etc... Wiener Wald: Unter- Tullnerbach, Rekawinkel. Sehr selten. 17. Lloydella striata (Schrad.) Bres. in Lloyd, Mycol., Not. Nr. 6,., S. 51: (Chaetocarpus glaucescens Karsten.) Auf morschem Nadelholz. Nicht häufig. Niederösterreich, Schneeberg- gebiet: Payerbach. Ober-Steiermark: Pfaffenschneide ober dem Fröschnitzgraben. Niederösterreich. Waldviertel: Dürrenberg bei Melon. Böhmerwald: Kubany. 18. Lloydella subpileata (B. et C.) v. H. et L. Sacc. Syll. VI., S. 585. (L. insignis Bres.; Hymenochaete tjibodensis P. Henn.) An alten Baumstrünken. (Qxerecus etc.). Selten. Wiener Wald: Wurzbachtal, Mauer. Ne 19. Hymenochaete cinnamomea (Pers.) Bres. Hym. Kmet., S 46. (Hymenochaetella laxa Karsten?; Hypochnus fulvescens Sacc.) Selten. An morschem Weißbuchenholz. Wiener Wald: Pfalzau. An Zweigen von Prunus avium bei Puchberg am Schneeberg. 20. Hymenochaete ferruginea (Bull.) Bres. Hym. Kmet., S. 45. (Stereum rubiginosum Fries.) An morschen Laubholzstämmen. Nicht gemein. Wiener Wald: Wurzbach- tal, Wassergespreng, Kaufberg bei Laab, Rehgrabenberg, Pfalzau,.... Nieder- österreich. Schneeberggebiet: Kuhsteig, Krummbachgraben. Görz: Panowitzer Wald. 21. Hymenochaete fuliginosa (Pers.) Bres. non Lev. Fung. polonici, S 93. (Hymenochaetella fusca Karsten.) An morschem oder noch festem nackten Nadelholz. Nicht selten. Wiener Wald: bei Pfalzau, im Saubachtal bei Preßbaum. Niederösterreich, Schneeberg- gebiet: Kuhsteig, Krummbachgraben. Böhmerwald: Kubany. 22. Hymenochaete Mougeotii (Fries) Cooke. Grevillea VII, 5u141. Auf Nadelholzrinde. Niederösterreich Wechselgebiet: bei Mönichkirchen. Böhmerwald: Kubany. Selten. 23. Hymenochaete tabacina (Sow.) Lev. Ann. Sc. Nat. 1846 = 152. An Ästen von Laubbäumen (Populus, Fugus etc). Wiener Wald: Wurz- bachtal. Prater: Donauauen. Selten. 24. Cytidia flocculenta (Fries.) v. H. et L. Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI., Abt. I. (Lomatina floceulents (Fries) Lagerheim ; Cortierum Jlocculentum Fries.) An Weiden und Pappelzweigenr. Tulln: Langen-Schönbichler Auen. Prater bei Wien. Scheint im Wiener Wald zu fehlen. 25. Cortieium albo-eremeum v. H. et L. nov. sp. Pilz aus- gebreitet, von reinweißer bis fast cr&megelber Farbe; dünn- häutig, dem Substrate fest anliegend; Rand mehlig, krümmelig oder fast gleichartig; Hymenium geschlossen, glatt, frisch wachs- artig, trocken nicht zerrissen. Basidien zylindrisch bis keulen- förmig, 5 —7 u. breit; Sterigmen 4, pfriemenförmig, etwas ge- bogen, 5—7 u. lang. Sporen breit oval oder fast kugelig, nach unten stets etwas zugespitzt, 7-10 ». lang, 5-65 „. breit, meist aber 7:5 u. groß, farblos; Membran zart, glatt, Inhalt mit 1 oder mehreren Öltröpfchen. Subhymeniales Gewebe des Te Pilzes ganz dicht mit Kristallen von oxalsaurem Kalk erfüllt; basales Gewebe beinahe kristallfrei. Hyphen. sehr unregel- mäßig, 8—12 vu. dick, kurzgliedrig, die einzelnen Glieder oft tonnenförmig erweitert, zartwandig, glatt, schwach gelblich gefärbt, mit Schnallen an den Septen. Auf feuchtliegendem Tannenholz. Am Sparbach bei Neuweg. Wiener Wald. 14. VII. 1902 leg. v. Höhnel. Diese Art ist dem Aussehen nach der Peniophora suberemea v. H. et L. äußerst ähnlich. Die fast runden Sporen des Pilzes, ferner die breiten Hyphen desselben, vor allem aber die kristall- haltige subhymeniale Schicht und das Fehlen der Zystiden lassen jedoch eine Verwechslung mit derselben ausgeschlossen erscheinen. 26. Cortiecium Aluta Bres. in Herb. (teste Bresadola.) (Stereum Alneum Bres. (non Fries) Hym. Kmet., S. 44. Corticium portentosum Berk.? C. grammicum P. Henn. ; C. diminuens (Berk. et Curt.); C. effuscatum Curt. et Ell.). Auf der Rinde einer Schwarzpappel in der Hauptallee des Wiener Praters. (Steril.). Sehr selten. Ein mehrjähriges, dickes, deutlich geschichtetes Stereum-artiges Exemplar auf einem alten Corylus-Stock bei Gams in Obersteier- mark. Steril. 27. Corticium alutaceum (Schrad.) Bres. Hym. Kmet., S. 46. (©. radiosum Fries; C. pellicula Karsten; C©. pelliculare. Karsten.) Auf morschem Laub- und Nadelholz. Im Wiener Wald sehr verbreitet, oft weit ausgedehnte Überzüge bildend. 28. Cortieium atrovirens Fries. Epicrisis, S. 562. (Hypochnus chalybeus Schroeter (an Pers?), Corticium caerulescens Karst.) An morscher, feucht liegender Laubholzrinde und auf humusreichem Boden. Wiener Wald: Dombachtal bei Purkersdorf und bei Rekawinkel. Selten. 29. Cortiecium bombyeinum (Sommerf.) Bres. Hym. Kmet., S. 47. (©. granulatum Bon. sensu Karsten ; C. oosporum Karsten; C, serum Fries non Pers.) Auf morscher Laubholzrinde und morschem Eichenholz. Selten. Wiener Wald: Woltersberg bei Hütteldorf, Wurzbachtal. 30. Cortieium botryosum Bres. Ann. mycol. I. Fung. polonici, . S. 99. An morscher Nadelholz-, hauptsächlich Tannenrinde. Nicht häufig. Wiener Wald: Wilhelmshöhe, Au am Kraking, Rekawinkel, Großer Stiefelberg. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krummbachleithen. EA eu 31. Corticinm byssinum (Karst.) Massee, Monogr. of the Theleph. 1% 52.133. Auf morschem Laub- und Nadelholz. Selten. Wiener Wald: Saagberg. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Puchberg. 32. Cortiecium centrifugum (Lev.) Bres. Fung. polonici, S. 96. (C. arachnoideum Berk.; Tomentella fugax Karsten in sched.; Fusi- sporium Kühnü Fekl., Scelerotium lichenicolum Svends.) An lebenden, flechtenbewachsenen Laubholzstämmen. Flechtenschmarotzer. Häufig, oft steril Wiener Wald: Hütteldorf, Hinterbrühl—Eichberg. Prater bei Wien. Tulln: Langen-Schönbichler Auen. 33. Cortiecium eonfluens Fries. Epicrisis, S. 546. (©. caesio-album Karsten; C. padineum Karsten; Xerocarpus levissimus Karsten ; ©. gilvescens Bres.; C. tephroleueum Brres.) Auf Rinde und Holz verschiedener Laub- und Nadelbäume. Häufig. Wiener Wald: Hainbachtal, Saubachtal bei Preßbaum, Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Heitzawinkel, Sauerbrunnleithen bei Rekawinkel. Laxenburg: Park. Tulln: Langen-Schönbichler Au. Botanischer Garten in Wien: Auf Caragana arborescens. Hof der Technik in Wien: Auf Liaustrum vulgare. Ober-Steier- mark: Am Stuhleck. 34. Cortieium coronatum (Schroeter) v. H. et L. Sitzungs- berichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXV., Abt. I., S. 1586. (Cortieium pruinatum Bres.) An Rinde und Holz, morschen Zweigen und Ästen von Laub- und Nadelbäumen. Nicht selten. Wiener Wald: Haltertal bei Hütteldorf, Saubachtal bei Preßbaum, Großer Steinbachgraben bei Purkersdorf, Sattelberg bei Preß- baum, Rekawinkel, Viehoferinwald bei Preßbaum. Böhmerwald: Kubany. 35. Cortieium Corenilla v. H. et L. in Annales Myc., vol. IV., 1906, S. 291. Auf Eichen- und Schwarzföhrenholz. Sehr selten. Wiener Wald: Mödling, Jakobsquelle bei Kaltenleutgeben. 36. Cortieium eremeo-album v. H. et L. nov sp. Pilz aus- gebreitet; zarte feinkrümmelige bis dünnhäutige, 60 — 80 ı. dicke, dem Substrate fest anliegende Überzüge von reinweißer bis fast cr&megelber Farbe bildend. Rand mehlig, dann ganz all- mählich verlaufend oder fast gleichartig, nie faserig. Hymenium geschlossen, glatt, frisch fast wachsartig, trocken nicht zerrissen. Basidien dickkeulenförmig, 6—9 v. breit; Sterigmen 4, pfriemen- förmig, gebogen, 7—9 ». lang. Sporen fast zylindrisch, an beiden Enden breit abgerundet, gegen die Basis zu etwas verschmälert, hier mit feinem seitlichen Spitzchen, 10—14 v. lang, 55 bis m ee 6°5 „u. breit. Membran zart, glatt, farblos. Inhalt stets mit einem oder wenigen Öltropfen. Subhymeniales und basales Gewebe sehr dünn; Hyphen unregelmäßig, zartwandig, glatt, farblos, 4—6 v. dick, mit spärlichen Schnallen an den Septen. Auf morschem Nadelholz. Am Sattelberg bei Preßbaum im Wiener Wald. 2..X.. 101 lee. v..Höhnel. Der Pilz ist dem Aussehen nach dem Cortieium albo-cremeum v. H. et L. und dem Gloeoeystidium praetermissum (Karsten) Bres. äußerst ähnlich. Von ersterer Art ist er jedoch leicht durch die zarteren Hyphen und die größeren, mehr länglichen, niemals fast kugeligen Sporen zu unterscheiden. Mit letzterer Art kann erbei mikroskopischer Untersuchung wegen der fehlenden Gloeozystiden nicht verwechselt werden. 37. Cortieium croceum (Kze.) Bres. Hym. Kmet,S. 48. (Ü. sul- phureum Fries.) An Tannenholz und Rinde. Selten. Wiener Wald: Viehoferinwald bei Preßbaum. 37a. Cortieium decipiens v. H. et L. n. sp. Auf morschem Kirschbaumholz. Georgenberg bei Purkersdorf, Juli 1907. 38. Cortieium flavescens (Bon.) sensu Fekl. in Symb. Myc. App. I., 5:1291. Auf morschem Holz und morscher Rinde. Selten. Wiener Wald: Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Großer Steinbachgraben bei Purkersdorf, bei Reka- winkel. 39. Cortieium geogenium Bres. forma lignicola v. H. et L. Bresadola, Fungi polonici, S. 98. Auf einem Stück morschen Weidenholzes. Sehr selten. Tulln: Langen- Schönbichler Au. 40. Cortieium inerustans v. H. et L. Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV,, Abt. I, S: 16022 An morschem Rotbuchenholz, auch Moose inkrustierend. Bosnien: Jaize, Schedinactal. 41. Corticium laeteum Fries. Epicrisis, S. 560. (Ü. calotrichum Dres.; ©. tuberculatum Karsten; 0. Letendrei Karsten.) An Holz und Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Verbreitet. Wiener Wald: Weidlingau, Greifenstein, Saagberg bei Unter-Tullnerbach, Rehgraben- berg bei Purkersdorf, Wassergespreng bei Mödling, Rekawinkel, Preßbaum, Pfalzau, Lainzer Tiergarten, Eisernes Tor. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang. Tulln: Langen-Schönbichler Au. BE an ER 42. Cortieium laeve Pers. Disp. S. 30. Cortieium -evolvens Fries; Thelephora intermedia Desm.; Thelephora laxa Pers.) ‘An Holz und Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Verbreitet. Wiener Wald: Sophienalpe bei Neuwaldegg, Kleiner Pfalzberg bei Preßbaum, Au am Kraking, Buchberg bei Wurzbachtal usw. Niederösterreich. Schneeberg- gebiet: Puchberg. Bosnien: Jaize. Herzegowina: Jablaniza. Tulln: Langen- Schönbichler Au. Donau-Au bei Aspern. 43. Cortiecium minutissimum v. H. et L. n. sp. Pilz stets sehr kleine länglich rundliche oder unregelmäßig begrenzte, bis 2:5 mm lange und bis 1'5 mm breite, dünnhäutige, selten flach gewölbte, dem Substrate fest angewachsene Fruchtkörper bildend; Rand gleichartig, stets scharf; Hymenium geschlossen, glatt, von schmutzig gelbgrauer Färbung, stets aber mit einem deutlichen Stich ins grünliche. Basidien keulenförmig, 8— 12 v. breit; Sterigmen meist 2, selten 1 oder 3 (4 niemals beobachtet), walzig oder spitz kegelförmig, gerade, selten etwas gebogen, 8--12 u. lang, an der Basis 2—4 u. dick; Sporen eiförmig bis fast kugelig, 10-16 u lang, 8-12 y. breit; Membran zatt, farblos, glatt; Inhalt gleichmäßig oder feinkörnig; Hyphen un- deutlich, sehr unregelmäßig, 3—5 v. dick, zartwandig, farblos und glatt. Schnallen nicht gesehen. Pilz mit Kalkoxalat schwach inkrustiert. An der Rinde verschiedener Laubbäume (Acer, Ulmus). Im Prater bei Wien häufig. Eine durch ihre kleinen Fruchtkörper und ihre stets etwas ins grünliche spielende Färbung sehr charakteristische Art, welche, was die Struktur betrifft, am nächsten mit Cortieium commixtum v. H. et L. verwandt ist, sich von dieser Art aber auch durch die größeren, mehr rundlichen Sporen unterscheidet. Der Pilz, welcher wohl auch sonst nicht selten sein dürfte, wurde bisher wahrscheinlich stets für junges unentwickeltes Aleurodiscus acerinus (Pers.) v. H. et L. gehalten. 44. Corticium mneidum (Schroeter) v. H. et L. Annal. Mycol., vol. IV, 1906, S. 288. Auf morschem Laubholz. Selten. Wiener Wald: Gelber Berg bei Purkers- dorf-Kellerwiese. 45. Gorticium niveo-cremeum n. Sp. Auf morschem Eichen- und Rotbuchenholz. Selten. Wiener Wald: Wasser- gespreng bei Mödling, Saagberg bei Unter-Tullnerbach. Wiesner-Festschrift I Be er 46. Corticium ochroleucum Bres. Fung. Trid. II, S. 58. Auf morschem Laub- und Nadelholz. Selten. Wiener Wald: Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Großer Stiefelberg bei Preßbaum. Niederösterreich. Voralpen: Schacherwald auf der Reisalpe. 47. Corticium roseum Pers. Disp., S. 31. (Aerocarpus polygonioides Karsten.) Auf verschiedenen Laubholzzweigen (Salix, Rosa etc.) dann an der Rinde eines lebenden Apfelbaumes, an Stengeln von Artemisia vulgaris usw. Wiener Wald: Heitzawinkel, Wurzbachtal. Prater bei Wien. Bosnien: Jaize. Dalmatien: Selenika. Ober-Steiermark: Gams. Tulln: Schönbichler-Donau-Au. 48. Cortieium serum Pers. Syn., S. 580. (©. Sambuei Fries. Ü. sphaerincolum Karsten; Ü. niveum Bres.) Auf morschem Laubholz, vornehmlich auf Ästen von Sambucus. Verbreitet. Wiener Wald: Hainbachtal, Haltertal, Bieglerhütte, Sauerbrunnleithen—Pelzer- graben, Knödlhütte, Wurzbachtal, Wolfersberg-Kolbeter. Prater bei Wien. Botanischer Garten und Schwarzenberggarten in Wien. Tulln: Langen-Schön- bichler Au. Laxenburg: Park. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Wiesberg bei Puchberg. 48 a. Corticium sphaerosporum (R. Maire) v. H. et L. Auf morschem Holz (Fagus). Am Sattelberg bei Preßbaum und bei Rekawinkel. Juli 1907. 49. Cortieium subcoronatum v. H. et L. in Sitzungberichte d. k. Akademie d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl., Abt. I, Bd. CXVI (©. Greschikii Sydow, M. march. 4105.) Auf morschem Nadelholz. Wiener Wald: Heitzawinkel, Rekawinkel. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Puchberg. 50. Cortieium submutabile v. H. et L. Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch in Wien, Mathem -naturw. Kl., Abt. I, Bd. GRUL: Auf morschem Rotbuchenholz. Wiener Wald: Pfalzau. 51. Cortieium sulphurellum v. H. et L. nov. sp. Pilz ausgebreitet; sehr zarte, dünnhäutige, dem Substrate festanliegende, am Rande gleichartige bis allmählich verlaufende, schwefelgelbe bisschwach erünliche Überzüge bildend; Hymenium glatt, geschlossen, Basidien keulenförmig, 5—7 v. breit; Sterigmen 4, pfriemen- förmig, gerade, 4—5 v. lang; Sporen kugelig, farblos, zartwandig, glatt, 3—4 u im Durchmesser habend; Inhalt stets mit einem deutlichen Öltropfen; Hyphen undeutlich, sehr unregelmäßig, rn dünnwandig, farblos, glatt, 3—5 w. dick, mit Schnallen an den Scheidewänden. Am Holze und auf der Rinde morscher Eichen-, Weißbuchen- und Fagus-Äste. Niederösterreich: Rehgrabenberg bei Purkersdorf im Wiener Wald. VII. 1900. Kolbeter, Hadersdorf, 6. VII. 1902 v. Höhnel. Haltertal, 22. VI, 1902 v. Höhnel. Niederösterreich. Wechselgebiet: Tal von Aspang nach Mariensee. 19. VIII. 1902 v. Höhnel. 52. Cortieium tomentelloides v. H. et L. in Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl., Abt. I, Bd. CXVi. Auf Laubholzrinde. Wiener Wald: Dombachtal bei Purkersdorf. 53. Corticium viride Bres. Österr. bot. Ztg. 1904. W. 12; Sitzb. Wnr. Ak., Math.-nat. Kl, Bd. CXVI (1907). An am Boden liegender Weidenrinde. Tulln: Langen-Schönbichler Au. 54. Vuilleminia commedens (Nees) Maire. Bull. d. I. Soc. Myc. XVII, fasc. IV., S. 81. (Ü. nigrescens Schrad.?) An Laubholzästen und Stämmen. Nicht selten an Quercus, seltener auf Alnus, Carpinus. Wiener Wald: Wurzbachtal, Preßbaum etc. Niederösterreich. Waldviertel: Allensteig. Tulln: Langen-Schönbichler Au. 55. Gloeoeystidium argillaceum (Bres.) v. H. et L. Fung. Trid. II., S. 63. (Peniophora argillaces Bres. = Kneiffia argillacea Bres.) Auf morschem Laubholz. Selten. Wiener Wald: Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Rehgrabenberg bei Purkersdorf, Pfalzau. Diese Art ist frisch schön rosa bis fast morgenrot gefärbt. Bei Berührung wird sie an der gedrückten Stelle ockergelb bis orange, Bresadola, der den Pilz als bräunlichgelb beschreibt, hat offenbar nur alte Exemplare in der Hand gehabt. Im Gewebe dieses Pilzes findet man, zwischen den Hyphen eingebettet, gelbe Klümpchen eines Körpers von ölig-harziger Natur. Größere tropfenförmige Massen desselben sitzen auf den Zystiden oder erfüllen stellenweise dieselben. Der Pilz ist daher richtig als ein Gloeocystidium anzusehen. Die Zystiden des Pilzes sind nicht, wie Bresadola in der Diagnose desselben angibt, zugespitzt, sondern im Gegenteil meist zylindrisch und stumpf oder seltener stumpf kegelförmig, wie die genauere Untersuchung des Originalexemplares und der von v. Höhnel gesammelten Exemplare des Pilzes ergeben haben. Der: in Rede stehenden Art sehr ähnlich ist das @loeoeystidium pallidum (Bres.) v. H. et L. Auch im Gewebe dieses Pilzes kann man bekanntlich (siehe 5* Be dazu: v. Höhnel und Litschauer, Beiträge zur Kenntnis der Corticieen, in Sitzungsberichte d. k. Akad. der Wissensch. in Wien, Math.-naturw. Kl., Bd. CXVlI. Abt. I. 1907) zahlreiche rundliche, allerdings mehr rotbräunliche Klümpchen beobachten. Diese sind hier jedoch gegen verdünnte Milchsäure, beziehungsweise verdünnte Lauge sehr resistent; sie lösen sich nicht und werden bei Ein- wirkung dieser Reagenzien nur etwas heller gefärbt. Die Sporen von Gloeocystidium pallidum (Bres.) v. MH. et L. (9--10 : 35-45 1) stimmen in der Form mit jenen von Peniophora argillacea Bres. überein; sie sind bei letzterer jedoch etwas länger (10- 13:3—4°5 1). Der vollständige Mangel von vorstehenden Zystiden bei ersterer Art schließt eine Verwechslung beider Pilze aus. In die Verwandtschaft dieser zwei Arten gehört auch Peniophora carneolu Bres., die vielleicht auch ein Gloeocystidium ist. 56. Gloeocystidium elavuligerum v. H. et L. in Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. Kl., Abt. I., Bd. CXVI, S. 1603. Peniophora elavigera Bres. scheint ein ähn- licner Pilz zu sein. Auf faulenden Ästen von Populus tremula. Wiener Wald: Kolbeter bei Weidlingau. Auf Tannenrinde bei Rekawinkel 1907. 57. Gloeoeystidium coroniferum v. H. et L. in Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. KlI., Abt. I., Bd. CXVl. Auf morschem Holz und morscher Rinde von Abies excelsa. Wiener Wald: Bartberg bei Preßbaum. 58. Gloeoeystidium furfuraceum (Bres.) v. H. et L. Bres. Fung. Trid. IL, S. 97. -Fung. polonici, 'S. 107; Saccardo, .SylEa S. 196. (= Hypochnus furfuraceus Bres. 1. c.) Auf morschem Holz und morscher Rinde von Nadelbäumen. Wiener Wald: Viehoferinwald bei Preßbaum. Niederösterreich. Wechselgebiet: Hügel bei Aspang. Die Sporen dieser Art sind, wie das Originalexemplar zeigt, nicht echinulat, sondern nur etwas rauh, fein punktiert. Die Zystiden sind nicht septiert, sondern zylindrische oder schwach keulige mit gelblichem Inhalte versehene Gloeocystiden. 59. Gloeocystidium lactescens (Berk.) v. H. et L. in Sitzungs- berichte der k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. MmwAbt: 1; Bd. CXVI. An morschem Weidenholz. Selten. Wiener Wald: Haltertal bei Hüttel- dorf. Prater bei Wien. Tulln: Langen-Schönbichler Au. 2 100 60. Gloeoeystidium leucoxanthum (Bres.) v. H. et L. in Sitzungs- berichte der k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. RI Abt. I Bar. EXVI. An einem morschen Tannenast. Wiener Wald: bei Preßbaum. 61. Gloeoeystidium luridum (Bres.) v. H. & L. in Sitzungs- berichte d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.-naturw. "ir Abt. |, Bd. CAV. Auf morschem Rotbuchenholz. Wiener Wald: Viehoferinwald. 62. Gloeoevstidium oleosum v. H. et L. Sitz. Wnr. Akad., Matlı.- naturw. Kl., Bd. CXVl. An morschem Föhrenholz. Wiener Wald: Hagenbachklamm bei St. Andrä- Wördern, Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Rekawinkel. 62«. Gloeoevstidium pallidum (Bres.) v. H. et L. Auf Nadelholz, bei Rekawinkel, August 1907. 63. Gloeveystidium polygonium (Pers.) v. H. et L. Pers. Disp,, S. 30. (©. polyyonium Pers. ; Uryptochaete polygonia (Pers.) Karsten.) Nur auf Ästen und Zweigen von Z’opulus sp. Nicht selten. Wiener Wald: Beerwartberg, Preßbaum, Rekawinkel usw. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang, St. Corona. Niederösterreich. Waldviertel: Allensteig. Das Gewebe dieser Art enthält nach Romell, Bot. Not. 1895, S. 70, und Karsten, Krit. Övs. S. 407, eigentümiliche rundliche bis ovale blasenartige Schläuche; diese sind aber, wie die Untersuchung frischer Exemplare lehrte, nichts anderes als eine Art (rloeoeystiden. 64. Gloeoveystidium praetermissum (Karsten) v. H. et L. Sitz. Wiener Akad., Mathem.-neturw. Kl., Bd. CXV, S. 1565. (Cortieium pertenue Karsten, Gloeoc,stidium guttaliferum Karsten. C. myxo- sporum Dres. non Karst:n.) Auf morschem Holz von Alnus, Fraxinus, Carpinus, Fayus, Quereus, Pinus, Abies etc. Allgemein verbreitet. Wiener Wald: Wassergespreng, Glas- kogel, Saagberg, Steinbachgraben Großer Stiefelberg, Pfalzau, Gelber Berg bei Weidlingau, Deutscher Wald bei Kellerwiese, Rehgrabenberg bei Gablitz, Saubachtal, Wurzbachtal, Dombachgraben bei Purkersdorf etc. Niederöster- reich. Wechselgebiet: Hügel bei Aspang. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Puchberge, Krummbachgraben. Niederösterreich. Voralpen: Steinapiesting, Gutenstein--Reisalpe. Niederösterreich. Waldviertel: Allensteig. Laxenburg: Park, Prater bei Wien. Salzburg: Stubachtal. 65. Gloeveystidium stramineum Bres. Brinkmann, Westfälische Bilze Nr. 18. An morschem Laub- und Nadelholz (von Fagus, Carpinus, Quereus, Abies etc.). Verbreitet. Wiener Wald: Paunzen, Pfalzau, Sauerbrunnleithen, Großer = ae Stiefelberg, Preßbaum, Georgenberg bei Purkersdori, Speichberg bei Purkers- dorf, Sattelberg bei Preßbaum etc. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krumm- bachleithen. Salzburg: Stubachthal. 66. Gloeoeystidium tenue (Pat.) v. H. et L. Pat. Rev. Myc. 1885, S. 152. (Cortieium tenue Pat.) An morschem Holz und morscher Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Nicht selten. Wiener Wald: Heitzawinkel, Pfalzau, Saagberg bei Unter-Tullner- bach, Sattelberg bei Preßbaum, Gelber Berg, Glaskogel, Saubachtal etc. Nieder- österreich. Voralpen: Altenmarkt a. d. Triesting. Junge frische Exemplare zeigen deutliche Gloeozystiden, die spä- ter leer werden und dann meist auf der Spitze eine Oxalatdruse tragen. 67. Gloeopeniophora incarnata (Pers.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl. Bd. CXVI. (Cortierum incarnatum (Pers.) Fr., Peniophora aemulans Karsten.) Auf Holz und Rinde von Laub- und Nadelbäumen, Sträuchern usw. Ganz allgemein verbreitet. 68. Peniophora Aegerita (Hoffm.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl.., Bd. CXVl. (Corticrum lacteum Fuckel nec Pers.) An morschen, feuchtliegenden Holzstücken (Fagus, Salix, Alnus) in Wäldern. Die Aegerita candida-Form sehr häufig, die Peniophora-Form sehr selten. Die letztere wurde von uns nur einmal bei Pfalzau im Wiener Wald gefunden und von Fuckel bei Ostrich am Rhein. 69. Peniophora aurantiaca (Bres.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad,, Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI, S. 1583. Mit Sicherheit nur auf Alnus-Zweigen, besonders auf Alnus viridis. Nicht häufig. Alpin. Niederösterreich. Wechselgebiet: Hügel bei Mönichkirchen, Aspang. Ober-Steiermark: Schöneben bei Mürzzuschlag, Knittelfeld. Kärnten: Hüttenberg. Tirol: Tumpen im Ötztal, Vahrn bei Brixen. 70. Peniophora byssoidea (Pers.) v. H. et L. Annales Mycol. vol. IV, 1906, S. 290. (Hypochnus setosus Schroeter, Hypochnus muscorum Schroeter, Kneiffia tomentella Bres. Coniophorella byssoidea (Pers.) Bres.; Tomentella obducens Karsten.) Auf morschem Holz, morscher Rinde von Laub- und Nadelbäumen, trockenen Blättern, Humus usw. Nicht häufig. Wiener Wald: Saagberg— Steinbachgraben. Niederösterreich. Wechselgebiet: Hügel bei Aspang. Tirol Hochfilzen. Böhmerwald: Kubany. 71. Peniophora carneola (Bres.) v.H. et L. (Kneiffia carneola Dres.) An Nadelholz. (Pinus, Abies.) Wiener Wald: Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Rekawinkel. Diese Art ist am nächsten dem Gloeocystidium argillaceum (Bres.), Fung. Trid. Il, S. 63, t. 173., f. 1 verwandt. So wie bei dieser findet man auch bei ihr im Gewebe des Pilzes eingebettet zwischen den Hyphen oder an den Zystiden haftend, gelbe bis gelbbraune Massen eines Körpers von ölig-harziger Natur, welche in verdünnter Milch- säure und Kalilauge größtenteils löslich sind. Auch stimmen beide Pilze, was Form und Größe der Zystiden und Basidien betrifft, wie der Vergleich der Originalexemplare ergab, fast vollkommen überein. Ein gleiches gilt betrefis der Beschaffenheit, Dicke und Ver- zweigungsart der Hyphen. Ein wesentlicher Unterschied beider Arten besteht nur in der Form und Größe der Sporen. Dieselben sind bei @loeocystidium argillaceum zylindrisch, gekrümmt, zartwandig, glatt, immer farblos und 10—13 : 3—4°5 vu. groß; bei Peniophora carneola (Bres.) dagegen mehr oder weniger oval, an einer Seite ab- geflacht, zum Teil fast mandelförmig, ebenfalls zartwandig und glatt, aber nur anfangs farblos, später dagegen mit schwach. gelblichem Inhalt und endlich nur 6-8 » lang und 35—45 ı. breit. Peniophora carneola ist daher vielleicht auch ein Gloeoeystidium, was aber nur ganz frische Exemplare lehren könnten. 72. Peniophora chaetophora (v. H. et L.) Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVI (1907). (Hypochnus chaetophorus) ” KHliöhnel.) Auf morschem Nadelholz. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krumm- bachleithen. 73. Peniophora chordalis v.H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.- Aatırw. Kl. Bd. CXVI, S. 1598: Auf morscher Rinde (Pinus?). In der großen Klause bei Aspang in Niederösterreich. Wiener Wald: Georgenberg bei Purkersdorf. Bei diesem Exemplar fehlen die fertilen Hyphenstränge, sonst stimmt es völlig mit dem Original überein. 74. Peniophora cinerea (Fries) Cooke, Grev. VII, S. 20. (Xylo- lobus tumulosus Karsten.) An Holz und Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Sehr häufig in vielen Formen. Wiener Wald: Rekawinkel, Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Flössel- berg bei Kaltenleutgeben, Rehgrabenberg bei Purkersdorf, Zigeunersteig bei Purkersdorf, Preßbaum—Lawies, Viehoferinwald bei Preßbaum, Beerwarthberg, Unter-Tullnerbach, Wilhelmshöhe— Au am Kraking, Mödling, Schöffelwarte etc. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang, Großes Piestingtal. Prater bei Wien. Tulln: Langen-Schönbichler Au. Mähren: Eisleithen bei Hardegg. Salz- burg: Schneideralm, Stubachtal. Bosnien: Jaize a. d. Pliwa. Dalmatien: Selenika, Bocche. Herzegowina: Jablanitza. 75. Peniophora coceinea v. H. et L. nov. sp. Pilz Holz und Rinde karminrot färbend, anfangs unter dem Periderm, später durch Rindenrisse hervortretend; Hymenium des Pilzes sich nur an Rißstellen entwickelnd; Mycel in Rinde und Holz weit ausgebreitet, hyalin oder rosa, sehr zart und undeutlich. Frucht- körper unscharf begrenzte, kleine, zarte, mehlige bis dünn- häutige, am Rande allmählich verlaufende, hell karminfarbige Flecken bildend ; Hymenium geschlossen, anfangs rötlich, dann rötlich grau bestäubt, aus Basidien und Zystiden bestehend; Basidien schmal, bauchig, fast phiolenförmig, bis 14 u. lang, 35—5 ». dick; Sterigmen 2 (bis 4 ?), pfriemenförmig, gerade, 2 v. lang. Zystiden lang und schmal kegelförmig, mit stumpfer Spitze, dünnwandig, glatt, farblos, 8-17 y. lang, 3—5 ı. dick, meist sehr weit über das Hymenium des Pilzes hervorragend. Sporen stäbchen- oder meist keilförmig, farblos, zartwandig, olatt, 3-5 u. lang, 1-15 ». breit, beidendig stumpf; Inhalt homogen; Hyphen undeutlich, farblos bis schwach rosa, glatt, 2—3 u. dick; Schnallen nicht gesehen. An Zweigen von Fagus silvatica. Böhmerwald: Kubany im Urwald. 76. Peniophora cortiealis (Bull) Cooke. Grev. VII. S. 20. (Cortierum quereinum (Pers.) Fries.) Häufig auf Zweigen und Ästen verschiedener Laubbäume, besonders von Quereus. Wiener Wald: Hainbachtal, Wurzbachtal, Sparbacher Tiergarten, Gelber Berg, Bürgerspitalwald, Gießhübel—Wassergespreng usw. 77. Peniophora eremea (Bres.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad,, Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXV, S. 1586. An morschem Laub- und Nadelholz. Nicht selten. Wiener Wald: Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Kelierwiese und Deutscher Wald, Beerwarthberg, Glaskogel, Rekawinkel, Haltertal bei Hütteldorf, Niederösterreich. Voralpen: Rohr—Roßbachklamm, Wiesenbachtal—Reisalpe, Stuhleck. Nieder- österreich. Schneeberggebiet: Weichtalgraben, Krummbachleithen. Tulln: Langen- Schönbichler Au. 78. Peniophora erystallina v. H. et. L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVl. An morschem Laubholz. (Acer, Fagus, Alnus etc.) Der Pilz ist im Wiener Wald häufig: Großer Stiefelberg, Bihaberg bei Preßbaum, Sattelberg bei Preß- baum, Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Glaskogel, Speichberg bei Purkersdorf. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krummbachleithen. Salz- burg: Stubachtal. Dickere Formen dieses für gewöhnlich äußerst zarten Pilzes, sind oit Odontia-artig entwickelt. 79. Peniophora gigantea (Fries) Massee. Monogr. ofthe Theleph. I, S. 142: An Nadelholzstümpfen, hauptsächlich von Föhren. Nicht selten. Wiener Wald: Mauer. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krummbachleithen. Nieder- österreich. Waldviertel: Allensteig, Schrems. Niederösterreich. Wechselgebiet: Mönichkirchen. Tulln: Langen-Schönbichler Au. 80. Peniophora glebulosa (Fries) Sace. et Syd. Saccardo, Syll. XVI, S. 195. (Peniophora gracillima E. et Ev.) Auf morschem Holz und Rinden von Laub- und Nadelbäumen. Nicht häufig. Wiener Wald: Rekawinkel—Kronstein, Purkersdorf. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krummbachleithen. 81. Peniophora laevis (Fries) v. H. et L. f. Bres., Fung. polonici, S. 99. (Kneiffia laevis (Fries) Bres.; ÜC. calotrichum Karsten.) Auf morschem Laub- und Nadelholz. Nicht häufig. Wiener Wald: Biha- berg bei Preßbaum, Brentenmaistal, Rehgrabenberg bei Purkersdorf, Großer Stiefelberg, Glaskogel, Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach, Sauer- brunnleithen—Pelzergraben. Niederösterreich. Wechselgebiet: Hügel bei Aspang. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Krummbachleithen. 82. Peniophora longispora (Pat.) v. H. Annales Myc. Ill, 1905, 2325, Auf morscher Rinde, faulendem Holz, Ästen, trockenen Pflanzen- stengeln, Blättern u. dergl. Nicht selten. Wiener Wald: Glaskogel, Haltertal— Bieglerhütte, Pfalzau, Preßbaum, Große Einöd bei Baden, Großer Stiefelberg, Eichberg bei Purkersdorf, Sparbacher Tiergarten, Pelzergraben bei Heitzawinkel, Sauerbrunnleithen bei Rekawinkel, Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullner- bach. Niederösterreich. Voralpen: Wiesenbachtal (Reisalpe). Tulln: Langen- Schönbichler Donauan. Ist häufig äußerst zart, spinnwebig und kaum sichtbar. Gut ent- wickelt bildet sie oft weit ausgedehnte, reinweiße dünne, weich- fleischig-häutige Überzüge, die bei Verletzung gelb werden. 83. Peniophora Lycii (Pers.) v. H. et L. (Peniophora caesia Bres., Cortieium vamosissimum Pass. ©. Bupleuri R., Thelephora Friesii Grognot; ©. Passerinti Sacc.) Auf morschem Laubholz. Prater bei Wien. Dalmatien: Cattaro. Herzego- wina: Jablanitza. 84. Peniophora ımutata (Peck.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1580. An Ästen und Zweigen von Laubbäumen und Sträuchern (Tilia, Salix, Ihamnus etc.). Wien: Park von Schönbrunn. Tulln: Langen-Schönbichler Au. TE 85. Peniophora nuda (Fries) Bres. Hym. Kmet., S. 50. (Penio- phora Syringae Karst.; Peniophora violaceo-livida Massee ; Corticium mutabile Karst. in sched.) Auf Rinde, Holz, Ästen und Zweigen verschiedener Laubbäume. (Tilia, Fagus, Carpinus, Quercus, Aesculus, Corylus, |Prunus). Nicht selten. Wiener Wald: Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Wassergespreng bei Mödling, Wurzbachtal, Gelber Berg bei Kellerwiese, Hohe Wand bei Hainbach. Nieder- österreich. Wechselgebiet: Aspang. Istrien: Pola. Herzegowina: Jablanitza Tirol: Bruneck. 86. Peniophora poloniensis (Bres.) v. H. et. L. Annales Myc. vol. IV (1906), S. 292. (Hypochnus paraphysatus Schroeter in sched.) Auf morschen Laubholzstücken. (Fagus, Carpinus.) Selten. Wiener Wald: Buchberg, Mauerbach, Wurzbachtal. 87. Peniophora pubera (Fries) Saccardo, Syll. VI, S. 646. (Penio- phora puberula (Karsten) Sacc.; P. flavido-alba Cke.) Auf morschem Holz von Laub- und Nadelbäumen. Nicht selten. Wiener Wald: Wurzbachtal, Sattelberg bei Preßbaum, Anninger bei Mödling, Sophien- alpe. Wien: Prater, Botanischer Garten. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang. Dalmatien: Selenika. 88. Peniophora purpurea (C. et M.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI. (Lloydella scabriseta (Cke.) v. H. et L.?) Auf morschem Laubholz. Selten. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 89. Peniophora Molleriana (Bres.) Sacc. 1891, Fl. myc. lusit. S. 7. (Corticium Roumeguerü Dres.) Auf morschem Föhrenholz. Selten. Niederösterreich. Schneeberggebiet: Puchberg, Hauslitzsattel. 90. Peniophora sanguinea (Fries) v.H. et L. (©. glabrum Berk. et Curt.) Auf Föhrenästen. Selten. Wiener Wald: Tafelberg bei Weidling. (Steril.) 91. Peniophora serialis (Fries) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl. Bd. CXVl. (©. Martianum Berk. et Curt.?) Auf morschem Tannenholz Selten. Wiener Wald: Ober-Aggsbachtal bei Kniewald. 92. Peniophora setigera (Fries) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad._ Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1555. (C. mywosporum Karsten non Bres. F. pol.; CO. Chusqueae Pat.; P. trachytricha Ell, et Ev.) An Holz und Rinde verschiedener Laubbäume. Nicht selten. Wiener, Wald: Kolbeter, Hainbach, Glaskogel, Wurzbachtal, Pfalzau, Preßbaum, Wolfers- EN berg bei Hütteldorf, Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach. Nieder- österreich. Wechselgebiet: Aspang, am Wechsel. Niederösterreich. Schneeberg- gebiet: Krummbachleithen, Hauslitzsattel bei Puchbereg. 93. Peniophora sordidella v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI, S. 1605. (Peniophora sordida (Schroeter) v. H. et L., Hypochnus sordidus Schroeter.) Auf morschem Eichen- und Tannenholz. Selten. Wiener Wald: Schöffel- warte, Rekawinkel. 94. Peniophora sphaerospora v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1600. Auf nackter, lehmiger Erde. Wiener Wald: Pfalzberg bei Preßbaum. 95. Peniophora subalutacea (Karst.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1560. Auf morschem Rotbuchenholz. Wiener Wald: Großer Steinbachgraben bei Unter-Tullnerbach. 96. Peniophora subtilis (Schroeter) v. H. et L. Annales Mycol. vol. IV, 1906, S. 290. An morscher Laubholzrinde. Wiener Wald: Sauerbrunnleithen—Pelzer- graben. Rekawinkel, Sattelberg bei Preßbaum. 97. Peniophora velutina (D.C.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad,, Mathem,-naturw. Kl, Bd. CXV, S. 1553. (©. decolorans Karst.; Xerocarpus alneum Karsten; Peniophora Karstenii Massee ; Cor- tieium Wichlerianum Bes.) Auf Holz und Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Nicht gerade selten. Wiener Wald: Gelber Berg bei Kellerwiese, Saagberg bei Unter-Tullnerbach, Rekawinkel, Wassergespreng bei Mödling, Glaskogel, Ober-Aggsbachtal bei Kniewald, Sattelberg bei Preßbaum. Wien: Lainzer Tiergarten. 98. Aleurodiseus amorphus (Pers.) Rabenh. Sitzb. Wiener Akad,, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVl. An Stämmen und Zweigen von Tannen und Fichten. Allgemein ver- breitet. Wiener Wald: Pelzergraben bei Heitzawinkel, Schöffelwarte, Preßbaum, Rekawinkel. Böhmerwald: Kubany. 99, Aleurodiseus acerinus (Pers.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad, Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI. (Stereum platani Roumeguere.) An der Rinde, selten auch am Holze vornehmlich von Acer campestro Acer platanoides, Ulmus, Salix-Arten u. a. m. Allgemein verbreitet. ee 100. Aleurodiseus aurantius (Pers.) Schroeter. Die Pilze Schlesiens, S. 429, (Thelephora Rubi Libert.) An Zweigen von Rosa- und Rubusarten. Selten. Wiener Wald: Schöffel- warte. 101. Aleurodiscus diseiformis (D. C.) Pat. Bull. de la Soc. Mycol. 1894, X, S. 80. An der dicken Borke von Eichen. Allgemein verbreitet. Wiener Wald: Wurzbachtal, Wolfsgraben, Sattelberg bei Preßbaum, Weidlingau, Knödlhütte, Kiental, Anninger bei Mödling. 102. Aleurodiseus griseo-canus (Bres.) v. H. et L. Bres. Fung. Trid. II., S. 58. Die Stellung dieser Art bei Aleurodiscus ist nicht sichergestellt. Auf Holz und Rinde von Pıunica Granatım. Selten. Dalmatien: Cattaro. (Steril.) 103. Dendrothele papillosa v.H.et L.Sitzb. Wiener Akad., Mathem.- naturw. Kl., Bd. CXVl. An der Rinde verschiedener lebender Laubbäume. Nicht selten im Prater bei Wien. Diese Art wurde wahrscheinlich bisher mit Aleurodisceus acerinus Pers.) v. H. et L. verwechselt. 104, Coniophora arida Fries. Hym. Europ. S. 659. (Tomentella brunnea Schroeter ; Coniophora lurida Karsten , Coniophora subeinna- momea Karsten.) Auf morschem Föhrenholz. Wiener Wald: Kirchberggraben, Anninger bei Mödling. Niederösterreich. Wechselgebiet: Aspang. 105. Coriophora cerebella (Pers.) Schroeter. Die Pilze Schlesiens, S. 430. (©. puteana Fries.) An Rinde und Holz verschiedener Laub- und Nadelbäume. (@nercus, Almus, Prunus, Pinus, Abies.) Nicht selten. Wiener Wald: Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Haltertal bei Hütteldorf, Kiental, Anninger bei Mödling. Wien: Garten auf der Türkenschanze. 106. Coniophora eradians Fries. Hym. Eur, S. 658. An einem alten Birnbaumstock. Wiener Wald: Mauerbach. 107. Coniophorella olivacea (Fries) Karsten. Finl. Basidsv., S. 438. (Coniophora atrocinerea Karsten, Coniophora leucothrix Berk. et Curt.) An Laub- und Nadelholz. Selten. Wiener Wald: Ober-Rohrbach. Tirol: Sterzing. 2 ge 108. Tomentellina ferruginosa v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad. Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1604. Auf einem vermorschten Tannenstamm. Wiener Wald: Pelzergraben bei Heitzawinkel. 109. Tomentella arachnoidea (B. et Br.) v. H. et L. Bres. Fung. polon., S. 108. (Hypochnus spongiosus Schw. Burt.) An morschen Aststücken von Rhamnus Frangula, an morscher Rinde und morschem Holz von verschiedenen Laubbäumen. Wiener Wald: Saagberg bei Unter-Tullnerbach, Sauerbrunnleithen—-Pelzergraben, 110. Tomentella araneosa v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.- naturw. Kl., Bd. CXVI. An morschem Föhrenholz. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 111. Tomentella atrovirens (Bres.) v. H. et L. Bres. Hym. Kmet,, =.52, An morschem Weißbuchenholz. Wiener Wald: ? 112. Tomentella Bresadolae (Brinkm.) v. H. et L. Bres., Fung. polon., S. 108. An morschen Eichenästen. Wien: Lainzer Tiergarten. 113. Tomentella coerulea (Bres.) v. H. et L. Bres., Fung. polon.,. 8... 109, Auf nackter Erde. Wiener Wald: Wurzbachtal. 114. Tomenteila chalybea (Pers.) v. H. et L. Bres. Fung. polon., 3106. Auf nackter Erde und Pappelrinde. Wien: Prater. 115. Tomentella einerascens (Karsten) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXV, S. 1570. (Hypochnus capnoides Dres. Tomentella asterigma I. Maire.) Auf morschem Holz und morscher Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum, Rekawinkel—-Kronstein. Tirol: Westendorf. 116. Tomentella erustacea (Schum.) v. H. et L. f. Bres., Fung. polon., S. 106. Auf nackter Erde, Moosen, trockenen Stengeln, morscher Rinde, morschem Holz u. dergl. Nicht selten. Wiener Wald: Sparbacher Tiergarten, Neuwaldegg, Wurzbachtal, Vorderer Sattelberg bei Preßbaum, Großer Stiefelberg, Gelber Berg. Niederösterreich. Waldviertel: Allensteig. NEE 117. Tomentella elaeodes (Bres.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVI. (Hypochnus fulvo-cinctus Bres.) Auf morscher Erlenrinde. Tulln: Langen-Schönbichler Donauau. 118. Tomentella ferruginea (Pers.) Schroeter. Die Pilze Schlesiens, S. 419. (Hypochnus obscuratus Karsten pr. p.) Auf morschem Holz und morscher Rinde. Wiener Wald: Saagberg, Steinbachgraben, Sauerbrunnleithen—Pelzergraben. Tirol: Hochfilzen, Westen- dorf. 119. Tomentella fusca (Pers.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1571. (Hypochnus obseuratus Karsten pr. p-) Auf morscher Rinde und morschem Holz von Laub- und Nadelbäumen. Nicht selten. Wiener Wald: Kolbeter bei Hadersdorf, Kaltenleutgeben, Eich- berg— Wassergespreng, Rekawinkel, Gelber Berg bei Kellerwiese, Beerwarthberg, Sattelberg bei Preßbaum, Pelzergraben, Saagberg—-Steinbachgraben, Großer Stiefelberg, Glaskogel. Niederösterreich. Voralpen: Altenmarkt an der Triesting. Salzburg: Stubachtal. 120. Tomentella isabellina. (Fries.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXV, S. 1570. (Hypochnus argillaceus Karsten; Zygodesmus pannosus B. et ©.; Odontia tener- rima Wettst.) An Rinde und Holz von Pinus sp. Wiener Wald: Vorderer Sattelberg bei Preßbaum. 121. Tomentella macrospora v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad,, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1602. Auf bloßer Erde. Wiener Wald: Wurzbachtal—Buchberg, Sattelberg bei Preßbaum. 122. Tomentella mierospora (Karsten) v.H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXV, S. 1571. Auf faulendem Polyporus. Wiener Wald: Preßbaum — Wilhelmshöhe. 123. Tomentella nigra v. H. et L. nov. sp. Pilz ausgebreitete schwarzblauviolette, filzige, am Rande gleichartige, nicht radial- faserige Überzüge bildend, auf welchen stellenweise das all- mählich verlaufende schmutzig weißliche bis graue dünnhäutige, - mehlig bestäubte Hymenium entwickelt ist; Basidien keulen- förmig oder unregelmäßig keulenförmig, 40—50 v. lang, bis 12 v. breit, mit reichlichem, stark glänzendem Inhalt; Sterigmen 4, pfriemenförmig gebogen, 8-9 ı. lang, an der Basis 2 ». breit; IT + Sporen kugelig oder fast kugelig, grobwarzig bis kurz stachelig, lange farblos bleibend, schließlich tintenblau werdend, 10°5 v. im Durchmesser habend, stets mit großem Öltropfen im Inhalt; basale Hyphen wenig verzweigt, tintenblau, 2—3 v. dick, etwas dickwandig, fast glatt, spärlich septiert, ohne Schnallen. Subhymeniale Hyphen etwas dicker und farblos oder fast farblos. Auf Humus und Föhrenmoder. Niederösterreich: Mödlinger Klause. Von Höhnel. Eine sehr schöne Art, die kaum mit einer anderen Tomentella zu verwechseln ist; an den schön tintenblauen Hyphen und farblosen bis blauen, meist grobwarzigen Sporen leicht zu erkennen. Das Rhacodium nigrum (Link.) siehe Saccardo, Syll. XIV, S. 1189, dürfte wahrscheinlich nichts anderes als der sterile Hyphenfilz dieser Tomentella sein. 124. Tomentella pellicula (Fries.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl, Bd. CXVI. (©. echinosporum Ell.) Auf morschem Laubholz. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 125. Tomentella punicea (Alb. et Schw.) Schroeter. Die Pilze Schlesiens, S. 420. (T'helephora (Tomentella) lateritia Pat.) Auf morschem Holz. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 126. Tomentella punicea (Alb. et Schw.) Schroeter var. bolaris Bres. Fung. polon., S. 107. Auf einem am Boden liegenden Nadelholzstück. Niederösterreich. Wald- viertel: Allensteig. 127. Tomenteila rhodophaea v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVlI. Auf morschem Pappelholz. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 128. Tomentella rubiginosa (Bres.) v. H. et L. Bres., Hym, Kmet., = 52, Auf morschem Laub- und Nadelholz. Wiener Wald: Pfalzau, Saagberg — Steinbachgraben, Sauerbrunnleithen—Pelzergraben, Wurzbachtal, Rekawinkel. 129. Tomentella sulphurea (Pers.) Karsten. Finnl. Basidsv , S. 160. (Phlebia? vaga (F'ries.) Bres.) Auf morscher Rinde und morschem Holz von Laub- und Nadelbäumen. Wiener Wald: Bihaberg bei Preßbaum, Großer Steinbachgraben bei Unter- Tullnerbach. N ee 130. Tomentella tristis (Karsten) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVI, S. 1572. (Hypochnopsis fuscatus Karsten; Hypochnus sitnensis Bres.) Auf morschem Holz. Wiener Wald: Sattelberg bei Preßbaum. 131. Tomentella zygodesmoides (Ell.) v. H. et L. Sitzb. Wiener Akad., Mathem.-naturw. Kl. Bd. CXVI. (Hypochnus tabacinus ‚Bres.) | An morscher Rinde von Laub- und Nadelbäumen. Wiener Waid: Gelber Berg bei Weidlingau, Sattelberg bei Preßbaum. Dalmatien: Zelenika bei Castelnuovo, Bocche. Über ein eigentümliches Vorkommen von Kieselkörpern in der Epidermis und den Bau des Blattes von Callisia repens von M. Möbius (Frankfurt a. M.). Eingelangt am 22. Juli 1907. Mit Tafel II und 2 Figuren im Text. Die aus dem tropischen Amerika stammende Commelinacee Callisia repens L. findet sich häufig in unseren Gewächshäusern. Sie hat einen sehr ähnlichen Habitus wie Tradescantia repens hort. (= T. fluminensis Arrab.), unterscheidet sich aber, abgesehen von dem anderen Blütenbau, worauf der systematische Unterschied zwischen den Gattungen Callisia und Tiradescantia beruht, sogleich durch die nicht glänzenden, mattgrünen Blätter, die sich wie der feinste Sammt anfühlen und dadurch eine dichte Behaarung verraten. Sprossen von der üppig wuchernden Pflanze hatte ich zu meinen Unter- suchungen über momentane Kältewirkung verwendet und dabei hatte ich das Blatt auch anatomisch untersucht. Ich war erstaunt über den eigentümlichen Bau, den die Epidermis dieses Blattes zeigt, und nahm darauf eine genauere Untersuchung vor, deren Ergebnis vielleicht gewürdigt werden dürfte, an dieser Stelle publi- ziert zu werden, als ein Beitrag zur Ehrung des bedeutenden ‚Physiologen und Anatomen, der es selbst nicht verschmäht hat, über solche Einzelheiten histologische Untersuchungen anzustellen. Das ausgewachsene Blatt von Callisia vepens zeigt im Quer- schnitt (Fig. I.) auffallend große Epidermiszellen, besonders auf der Oberseite, auf der die Epidermis stellenweise sogar dicker ist als das ganze, meistens aus vier Lagen bestehende Mesophyll, während die Epidermis der Unterseite kaum halb so dick wie die der Ober- seite ist. Die Haare kommen in zwei Formen vor: die in über- Wiesner-Festschrift 6 Re wiegender Menge vorhandenen bestehen aus zwei Zellen, und die untere, kegel- oder glockenförmige Zelle sitzt nicht einer großen Epidermiszelle auf, sondern fügt sich zwischen zwei an- einanderstoßende Zellen ein; sie trägt auf ihrem gewölbten Scheitel das eigentliche, etwa 1'’5 mm lange Haar, das eine mäßig dicke Wand besitzt und in eine scharfe Spitze ausläuft. Diese Verhältnisse sowie die Lage der Zellkerne in den beiden Haar- zellen ergeben sich aus der nebenstehenden Textfigur und Fig. 15 Fig. I. Querschnitt durch das Blatt von Callisia repens. der Tafel. Zwischen diesen dicht stehenden Haaren treten verein- zelt andere auf, die aus einer kurzen Basalzelle und zwei lang- gestreckten Zellen bestehen, am Ende aber nicht zugespitzt sind. Ferner fällt dem Beobachter auf, daß bei manchen Epidermiszellen die äußeren Membranen besonders stark verdickt zu sein und in kleinen Hohlräumen runde, stachelige Körperchen zu enthalten’ scheinen: die Erklärung dieses Bildes wird uns später beschäftigen. Die Unterseite zeigt wesentlich dasselbe Aussehen, nur sind die Epidermiszellen, wie schon erwähnt, hier niedriger, sie enthalten auch teilweise prismatische Kristalle und Kristallkonglomerate von Fe er oxalsaurem Kalk. Außerdem treten hier Spaltöffnungen auf, die der Oberseite ganz fehlen. Die Schließzellen der Spaltöffnungen sind, ebenso wie bei T’radescantia, von vier Nebenzellen umgeben, die bedeutend niedriger als die anderen Epidermiszellen sind, die Schließzellen selbst ragen etwas über das Niveau der Epidermis vor, wie es in Fig. I. zu sehen ist. Der Rand des Blattes ist da- durch ausgezeichnet, daß hier die Epidermiszellen viel niedriger sind und daß die Haare so angeordnet sind, daß zwei Haarleisten Fig. Il. Ein Stück Epidermis von der Oberseite des Blattes von Callisia repens. entstehen, die eine schräg nach oben, die andere schräg nach unten gerichtet. Das Mesophylli besteht am Rande nicht aus Parenchym- zellen mit Chlorophyll, sondern seine Stelle nimmt ein Sklenchym- strang mit sehr dickwandigen Zellen ein. Von der Fläche gesehen (Fig. II) haben die Epidermiszellen auf beiden Seiten des Blattes polygonale Gestalt und verschiedene Größe und sind nicht in Reihen angeordnet. An der Oberseite treten an Stelle einer großen Epidermiszelle manchmal zwei bis vier kleinere auf, man erkennt aber, daß sie durch Teilung aus einem oberen Abschnitt einer Epidermiszelle von gewöhnlicher Größe entstanden 6” ER sind, deren unterer Abschnitt ungeteilt unter dem Komplex der kleineren Zellen wahrnehmbar ist. Die Fußzellen der Haare er- scheinen von oben gesehen fast kreisförmig und ihre Mitte liegt über dem Punkte, wo drei oder vier Epidermiszellen zusammenstoßen. Außerdem sieht man nun, daß regellos zwischen Epidermiszellen mit glatten Wänden solche mit punktierten Wänden verteilt sind, d. h. solche, in deren äußeren Membranen runde Körperchen ein- gelagert scheinen, was schon bei der Betrachtung des Querschnittes bemerkt wurde. Bei stärkerer Vergrößerung sehen wir, daß die Räume, in denen die runden Körperchen liegen, durch Kanäle miteinander in Verbindung stehen (Fig. 7). Gewöhnlich gehen diese Kanäle von einer zentralen Höhlung allseitig nach den Rändern aus und erweitern sich stellenweise zur Aufnahme der runden Körperchen; manchmal ist nicht ein einheitliches Kanalsystem vor- handen, sondern neben einem größeren treten noch abgeschlossene kleinere auf. Es galt nun vor allen Dingen, die chemische Natur jener Inhaltskörper und die Entstehung des Kanalsystems zu er- mitteln. Was den ersteren Punkt betrifft, so zeigt es sich, daß sie weder von Säuren, Flußsäure ausgenommen, noch Alkalien, weder von Alkohol noch von Ölen oder einem der sonst angewandten organischen Lösungsmittel aufgelöst werden, auch nicht bei längerer Einwirkung oder Erwärmung. Von Flußsäure dagegen werden sie aufgelöst, und zwar schon nach kurzer Anwendung. Daraus ist also zu schließen, daß sie aus Kieselsäure oder einer anderen Siliciumverbindung bestehen, und ihre Feuerbeständigkeit beim Glühen der Schnitte bestätigt die Annahme, daß wir es hier mit sogenannten Kieselkörpern zu tun haben. Die größten und am besten ausgebildeten haben kugelige Gestalt und eine rauhe, etwas stachelige Oberfläche (Fig. 8), wodurch sie an kleine Drusen von Kalkoxalat erinnern.!) Die größeren messen 3—4 u. im Durch- messer, viele sind auch kleiner und manche sind aus 2, 3, oder 4 zusammengesetzt, ähnlich den zusammengesetzten Stärkekörnern. Das Vorkommen von Kieselkörpern, noch dazu in Epidermiszellen, kann schon als eine auffallende Erscheinung betrachtet werden. Noch eigentümlicher aber ist die Art ihrer Einlagerung und die Entwicklung der sie enthaltenden Zellen. Das Studium der Ent- ') Ihrer äußeren Form nach gleichen sie am meisten den Kieselkörpern von Thrinaw eleyuus in den Stegmaten, wie sie Kohl in Fig. 52 auf Taf. VII seines Buches über Kalksalze und Kieselsäure abbildet. a ge wicklungsgeschichte nämlich ergibt, daß sie nicht in der verdickten Außenmembran der Epidermiszellen liegen, sondern in flachen Zellen, die von dem oberen Ende der Epidermiszellen abgetrennt werden, wie jene kleinen Zellen, die uns bereits bei der Betrachtung des Flächenschnittes aufgefallen sind. Wenn wir die Entwicklung des Blattes auf Querschnitten durch die Endknospe untersuchen, in der die Blätter ineinander- gerollt sind, so sehen wir zwischen der Epidermis der Ober- und Unterseite vier ziemlich gleichartige Schichten des Mesophylis. Im jüngsten Zustande sind die Epidermiszellen der Oberseite alle gleich, doppelt so hoch wie breit, und zwar etwa so hoch wie die darunterliegende Mesophyllschicht (Fig. 1). Im nächsten Stadium wölben sich viele Epidermiszellen nach außen vor, diese papillen- artige Vorwölbung wird durch eine Wand abgegliedert und gibt die Anlage des Haares, dessen Entwicklung aber besser auf Längs- schnitten untersucht wird. Ferner sieht man natürlich in der Epi- dermis der Unterseite die Spaltöffnungen entstehen. In dem Stadium, in dem die Mutterzelle der Schließzellen noch nicht geteilt ist, treten in einzelnen Epidermiszellen, die keine Haaranlagen tragen, auf der Ober- und Unterseite perikline Wände auf, durch die ein kleines oberes Stück von einem viel größeren unteren abgeschnitten wird. Es hat dann den Anschein, als ob die obere kleinere Zelle durch antikline Wände geteilt würde und in diesen kleinen Zellen die Kieselkörperchen abgelagert würden. Wie es sich aber in Wirk- lichkeit verhält, kann uns nur die Oberflächenansicht lehren, die allerdings bei so jungen Blättern sehr schwer zu erhalten sein würde. Hier kommt uns nun der Umstand zu Hilfe, daß die Stammepidermis ebensolche Zellen mit Kieselkörpern besitzt, und wir vom Stamm größere Epidermisstücke in jungem Zustand leicht gewinnen können, wenn wir uns an den Teil des jungen Internodiums halten, der noch von der Blattscheide umschlossen ist. Ein Flächenschnitt vom Stengel an der Grenze der Blattscheide zeigt uns auf einer 1—2 mm langen Strecke die ganze Entwicklung der Kieselzellen in denkbar schönster Weise, nachdem wir vorher festgestellt haben, daß diese Kieselzellen durch perikline Wände oben von den Epi- dermiszellen abgetrennt sind. Zuerst werden kleine Körnchen sichtbar (Fig. 2). Während sie an Zahl zunehmen, rücken sie mehr an die Peripherie der Zelle, in deren Mitte der große Zell- kern liegt. Nun bilden sich Membranfalten vom Rande der Zelle her zwischen den Kieselkörpern, in ähnlicher Weise wie in den SEERETEE Epidermiszellen gewisser Blumenblätter, und wie dort, so sind hier an der Stelle, wo die Falte ins Zellinnere vorspringt, die Wände etwas eingeknickt (Fig. 3). Die Falten durchsetzen, wie wir schon auf dem Querschnitte gesehen haben, die ganze Höhe der niedrigen, oberen Epidermiszelle. Sie bestehen anfangs aus Zellulose, wie die Reaktion mit Chlorzinkjod ergibt, später aber tritt eine Art Verschleimung ein: sie werden von Chlorzinkjod nicht mehr blau gefärbt, wohl aber von wässeriger Anilinblaulösung. In noch älterem Zustande sieht man, daß die Membranfalten innen aus einer schwächer lichtbrechenden Substanz bestehen und außen von einem stärker lichtbrechenden Häutchen überzogen sind. Es wachsen also die anfänglich kleinen Zellulosezapfen nach dem Innern zu, sich gleichzeitig an ihren vorderen Enden verbreiternd, so daß sie die Kieselkörper isolieren und mehr oder weniger umschließen; dadurch macht es den Eindruck, als ob eine dickflüssige Masse sich vom Rande her zwischen die Räume, in denen die Kieselkörper liegen, ergieße und diese Räume gewissermaßen umfließe (Fig. 4 und 5). Unterdessen kanı aber offenbar auch die Zahl der Kieselkörper vermehrt werden, ihre Zahl wird besonders in den breiten Blatt- zellen sehr groß und in den Kanälen, die von den unvollkom- menen Trennungswänden eingefaßt werden, liegen sie manchmal reihenweise hintereinander, in der Mitte aber bleibt häufig ein erößerer Raum, in dem mehrere Körperchen liegen (Fig. 7). Der Zellkern geht unterdessen zugrunde, wenigstens ist es mir nicht gelungen, ihn in älteren Kieselzellen nachzuweisen. Doch bleibt in den Kanälen, wo sie breiter sind, stellenweise noch ein plas- matischer Inhalt zurück, manchmal auch eine homogene, mit Jod sich bräunlich färbende Masse. Trocknen die Schnitte aus, so füllen sich die Kanäle älterer Kieselzellen mit Luft, die aus ihnen durch Alkohol wieder verdrängt werden kann. Hinzuzufügen ist noch, daß die von gegenüberliegenden Stellen entspringenden Membran- leisten beim Weiterwachstum aufeinandertreffen und verschmelzen können, wie man in Fig. 6 sieht, und daß dadurch dann die Zelle in mehrere Räume, resp. Kanalsysteme getrennt wird. Eigen- tümlich sieht es bei der Ansicht von oben aus, daß die Kiesel- körper noch über die Grenzen der anstoßenden Zellen hinwegzu- gehen scheinen, was sich bei der Querschnittansicht dadurch erklärt, daß solche Kieselzellen außen breiter als innen sind, also einen niedrigen, umgekehrten Kegelstumpf darstellen (Fig. 9). Fassen wir nun noch einmal kurz die Entwicklung der Kieselzellen zu- eg sammen, so ergibt sich folgendes: Die Epidermiszellen beginnen frühzeitig sich senkrecht zur Oberfläche zu strecken, so daß sie doppelt so hoch wie breit werden. Von einigen dieser Zellen wird ein oberer, flacher Teil durch eine perikline Wand abgegrenzt und dieses Stück wird zur Kieselzelle. In ihr entstehen kleine, dann größer werdende Körnchen aus Kieselsäure, zwischen diesen bilden sich von der Membran aus Leisten ins Innere der Zelle, und so entsteht ein Kanalsystem, in dessen Kanälen die Kieselkörper liegen. Ganz ähnlich wie die Kieselzellen werden von den großen Epidermiszellen obere Stücke abgeschnitten, die gewöhnlich durch eine oder mehrere antikline Wände geteilt werden, aber keine be- sonderen Inhaltstoffe führen. Während also die Entwicklung dieser schon oben erwähnten Zellen höchst einfach ist, muß noch einiges über die Entwicklung der Haare nachgetragen werden. Diese bilden sich, wie in den meisten Fällen, so auch hier sehr frühzeitig aus und stehen an den jungen Organen außerordentlich dicht. Die langen Haare müssen sich dabei an den dicht ineinander- gerollten, jüngeren Blättern oder auf den von der Blattscheide umhüllten Internodien der Oberfläche nach oben zu anlegen und dies geschieht durch eine Krümmung in der Basalzelle des Haares. Man untersucht deswegen die Entwicklung der Haare am besten auf Längschnitten durch die Endknospe. Man sieht dann, daß die die Anlage des Haares bildende, papillenförmige Vorwölbung der Epidermiszelle nicht in der Mitte der Zelle, sondern an ihrem akro- skopen Rande entsteht und sich gleich vom Anfang an nach oben wendet (Fig. 10). Darauf wird sie durch eine schräg von der äußeren Wand nach der akroskopen Querwand der Epidermiszelle verlaufende Wand abgegrenzt, wie Fig. 10 zeigt, die Wände bilden also hier einen auffallend spitzen Winkel. Die Papille wächst nun schräg nach oben weiter und es entsteht die zweite Wand, die die Basalzelle von dem eigentlichen Haar abgrenzt (Fig. 11). Jetzt kann man nun schon die zweierlei oben erwähnten Haare unterscheiden. Die einen haben eine kleine Basalzelle und ein langes, dickes Haar, das sich noch in zwei Zellen teilt; in diesen beiden Zellen bleibt Zellinhalt und Kern länger erhalten und am oberen Ende ist die Membran stumpf abgerundet und wenig verdickt (Fig. 13). Werden diese Haare älter, d. h. untersucht man sie an älteren Blättern, so findet man sie häufig in dem Zustande, den uns Fig. 14 zeigt: die obere Zelle ist abgestorben und an der Membran unter der abgestorbenen Zelle hat sich eine sehr starke Verdickungs- masse abgelagert. Bei den anderen, häufigeren und typischen Haaren wächst die Basalzelle gleich anfangs ziemlich stark und wird blasenförmig; die obere Zelle bleibt ungeteilt, wird lang und spitz, und an der Spitze verdickt sich die Membran so weit, daß nur ein feiner Kanal erhalten bleibt, der Zellkern und das Plasma also ganz unten an dem breiteren Grunde liegen müssen. Die blasen- förmig aufgetriebene Basalzelle zeigt anfangs auf der inneren, der Blattfläche zugewandten Seite eine deutliche Einknickung, eine schwache Einknickung ist aber auch auf der gegenüberliegenden, stark vorgewölbten Seite bemerkbar (Fig. 12). Erst später, wenn das Blatt sich ausbreitet und in die Fläche wächst, dehnt sich die An- satzstelle des Haares aus und die Basalzelle erhält dann die schon erwähnte, flach gewölbte Form (Fig. 15). Ihre Membran nimmt nach dem Scheitel hin an Dicke zu und auch die Membran des Haares ist da, wo das eigentliche Haar der Basalzelle aufsitzt, ganz besonders verstärkt. Mit Chlorzinkjod färbt sich die Membran an der Spitze des Haares selbst und an der Basalzelle in den ver“ dickten Teilen lebhaft gelb. Die Entstehungsweise der Haare erklärt uns nun auf das einfachste, warum sie nicht in normaler Weise einer Epidermiszelle aufsitzen, sondern auf dem Querschnitt zwischen zwei benachbarte eingekeilt erscheinen, von oben gesehen aber über den Grenzwänden stehen. Beim Studium der Entwicklungsgeschichte des Blattes ergab sich noch eine Eigentümlichkeit in der Ausbildung des Mesophylis, die bei dieser Gelegenheit erwähnt werden möge. Während sich nämlich die Zellen in der obersten und. den beiden untersten Schichten durch zahlreiche antikline Wände teilen, treten in der zweiten Zellschicht von oben solche Wände viel seltener auf, und die Zellen folgen hier der Vergrößerung der Blattfläche durch Quer- streckung (Fig. 1). Aus diesen quergestreckten Zellen aber bilden sich dann teilweise die Queranastomosen der Gefäßbündel aus, indem besonders Wände in der Längsrichtung der quergestreckten Zellen auftreten. Die Zellen, die nicht zu Queranastomosen werden, teilen sich dann auch durch antikline Wände und werden zu ge- wöhnlichen Mesophylizellen. Zum Schluß wird noch die Frage aufzuwerfen sein, welche Funktionen den verschiedenen Gebilden der Oberhaut zukommen. In den großen, weiten Epidermiszellen können wir offenbar eine Art von Wassergewebe erblicken, das teils den Mesophylizellen gegen zu starke Besonnung Schutz verleiht, teils ihnen bei ein- a 2 tretendem Mangel Wasser abgibt, denn wir sehen an trocken werden- den Blättern die antiklinen Wände der Epidermiszellen in der be- kannten Weise harmonikaförmig zusammengeknickt. Das Haarkleid dürfte auch im allgemeinen als ein Schutzmittel gegen zu starke Transpiration aufzufassen sein, wenigstens gilt dies für die spitzen Haare. Den zweizelligen, stumpfen, plasmareichen Haaren könnte man eher, wenigstens solange sie noch frisch sind, die Funktion zuschreiben, Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen. Bei der Vergleichung mit einigen äußerlich ähnlichen Arten ver- wandter Gattungen ergibt sich, daß die stumpfen, dreizelligen Haare regelmäßiger als die spitzen gefunden werden: so kommen bei Zebrina pendula Schnitzl. nur die ersteren vor, bei Tradescantia genicu- lata Jacqg. kommen neben ihnen noch spitze Haare vor, deren spitzer Teil aber zweizellig ist, Commelina benghalensis L. verhält sich der vorigen ähnlich, zeichnet sich aber dadurch aus, daß die Spitze hakenförmig zurückgekrümmt ist, T. Auminensis schließlich scheint ganz haarlos zu sein. Bei den anders gebauten Formen fehlen dagegen die stumpfen Haare; wenigstens fand ich sie nicht bei T. irideseens Lindl., deren Blatt nur am Rande mit Haaren ver- sehen ist: diese sind spitz, bestehen aus zwei kurzen Basal- und zwei langen, oberen Zellen. Bei 7. virginica L. finden sich auch nur am Blattrande Haare, die denen von Callisia ähnlich, aber viel kürzer und derber sind, bei Rhoro discolor Hance fand ich gar keine Haare. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, da wir ja die Haare hier nur nebenbei behandeln. Die gewölbten Basalzellen von Callisia erinnern an die von Haberlandt beschriebenen Lichtsinnesorgane gewisser Blätter, besonders der von Fittonia Verschaffeltii, und der bekannte Linsen- versuch Haberlandts läßt sich auch bei Cr/lisia mit bestem Erfolg ausführen. Ob aber jene Zellen wirklich als Lichtsinnesorgane fungieren, wollen wir dahingestellt sein lassen, denn es wäre doch sehr merkwürdig, wenn in ihnen zwei so verschiedene Funktionen vereinigt wären, sowohl als Vermittler des heliotropischen Reizes als auch als Träger der Borstenhaare zu dienen. Nicht weniger schwierig zu deuten sind die Kieselkörper und Kieselzellen: ist doch ein analoges Vorkommen von Kieselkörpern in der Epidermis überhaupt noch nicht bekannt. Der Form nach ähnliche Kieselkörper kommen ja sonst, aber immer einzeln, in den kleinen als Stegmata bezeichneten Zellen bei Palmen, Orchideen u. a. vor, wobei ihnen Kohl in seinem bekannten, obenerwähnten En Werke die Funktion einer Ventileinrichtung zuschreibt. Aber ab- gesehen davon, daß die Richtigkeit dieser Deutung noch keines- wegs erwiesen ist, so liegt doch hier ein ganz anderes Struktur- verhältnis vor; auch ist es mir nicht gelungen, Porenkanäle in der Membran unterhalb der Kieselkörper wahrzunehmen. Eher könnte man daran denken, daß die Kieselzellen zur Festigung des Blattes oder zum Schutze gegen die Angriffe von Tieren, besonders von Schnecken, dienen. Doch sehen wir sonst die Verkieselung zu solchen Zwecken in anderer Form auftreten, nämlich es sind ent- weder die Membranen selbst verkieselt, wie bei Gräsern und Schachtelhalmen, oder der ganze Inhalt der Zelle wird mit Kiesel- säure ausgefüllt, wie bei Podostemonaceen u. a. Übrigens fraßen Weinbergschnecken die ihnen vorgelegten Callisiablätter ohne weiteres auf. Wenn wir nun auch nicht sagen können, welche Bedeutung die Kieselkörper haben, so können wir uns doch schon eher erklären, warum sie in der oben beschriebenen Weise von Membransubstanz eingeschlossen werden: offenbar nämlich sollen sie dadurch in ihrer Lage festgehalten werden und über die Fläche der Zelle verteilt bleiben, denn sonst würden sie bei ihrer Schwere wie die Statolithen-Stärkekörner sich auf der jeweils nach unten geneigten Zellwand anhäufen und damit einen wahrscheinlich stören- den Druck ausüben. Unter den obengenannten, zur Vergleichung herangezogenen Commelinaceen ist es nur Tradescantia geniculata, die ebenfalls Kieselzellen besitzt; diese sind auch in derselben Weise gebaut wie bei unserer Callisia, kommen aber nur auf der Unterseite des Blattes reichlicher, auf der Oberseite ziemlich spärlich vor. Die anderen drei Arten der Gattung Callisia, die noch bekannt sind, habe ich leider nicht untersuchen können, weiß also nicht, ob bei ihnen dieselben Eigenschaften auftreten, die das Blatt von Ü. repens auszeichnen und mir einer besonderen Beschreibung wert er- schienen sind. Erklärung der Tafel. 1. Querschnitt durch ein junges Blatt: Epidermis noch ohne Haare, in der zweiten Mesophylischicht die quergestreckten Zellen. 2. Epidermiszellen des jungen Internodiums von oben gesehen, mit den Anfängen der Kieselkörper. 3. Stengelepidermis wie bei 2 aber etwas älter: die Kiesel- 2.07 .& körper sind größer geworden, die Vorsprünge der Wände nach innen werden angelegt. 4. Etwas älterer Zustand als 3: die Vorsprünge sind größer und deutlicher. 5. u. 6. Kieselzellen des Stengels von oben gesehen. 7. Eine Kieselzelle von der Oberseite des Blattes von oben gesehen: von der Mitte scheinen zahlreiche Kanäle auszugehen, in denen die Kieselkörper liegen. 8. Ein Stück des Kanalsystems mit drei Kieselkörpern, stärker vergrößert. 9. Querschnitt durch die Epidermis des Blattes, oben eine größere Kieselzelle. 10. Die Epidermis des jungen Blattes im Längsschnitt, um die Entstehung der Haare zu zeigen. 11. Etwas älterer Zustand als 10: die spitzen Haare sind alle zweizellig geworden. 12. Noch älterer Zustand: die Basalzelle der spitzen Haare zeigt die Anschwellung und Einbiegung, in den anderen Epidermis- zellen treten antikline Wände auf. 13. Ein dreizelliges Keulenhaar im ähnlichen Stadium wie in 12 14. Älteres Keulenhaar, dessen oberste Zelle abgestorben ist, und dessen mittlere Zelle oben eine starke Membrankappe ge- bildet hat. 15. Unterer Teil eines spitzen Haares. Frankfurt am Main, Botanischer Garten, 1907. Geotropismus und Pflanzenform von Friedrich Czapek. Eingelangt am 29. Juli 1907. Mit 1 Textfigur. Die Einwirkungen von Licht und Schwerkraft auf die Organi- sation der Landpflanzen bieten für die experimentelle Morphologie ein weitaus größeres Feld als die Wirkungen anderer physikalischer Reizfaktoren, weil sich mit der stetigen Beeinflussung durch die Reizursache die Zahl der bleibend induzierten Veränderungen im Orga- nismus vermehrt. Aber auch Photomorphosen und Geomorphosen zeigen, jede Gruppe für sich, manche Besonderheiten, welche ihr Studium für einzelne Zwecke besonders instruktiv und unentbehrlich macht. Die Beleuchtung erzeugt in ihrem täglich wiederkehrenden Wechsel, in der Variabilität mit dem Standort, ferner in ihrer Be- deutung für die photochemischen Prozesse in der Pflanze Wirkungen, welche vielfach den funktionellen, transitorischen Charakter sehr stark an sich tragen. Die Photomorphosen sind deshalb häufig noch an der Grenze transitorischer und bleibender Formverhältnisse und bieten für das Studium der ersten Stadien der Fixierung ge- staltender Einflüsse äußerer Reizkräfte eine Reihe dankbarer Objekte. Je länger und je gleichmäßiger in ihrer Intensität die Reizkraft ein- wirkt, um so mehr muß sich der formative Einfluß mit zahlreichen anderen Vorgängen im Organismus korrelativ verknüpfen und wir werden uns nicht wundern, gerade in den Geomorphosen, welche durch die unveränderliche gleichgerichtete und allgemein einwirkende Schwerkraft in der Pflanze hervorgerufen worden sind, die besten . Beispiele für streng erbliche Eigentümlichkeiten zu finden, welche jedoch aus gewichtigen Gründen wenigstens hypothetisch auf äußere Einflüsse zurückzuführen sind, selbst dort, wo die experi- mentelle Begründung auf Schwierigkeiten stößt. So ist es kaum zweifelhaft, daß die Gesamttracht des Vege- tationskörpers der Landpflanzen häufig in erster Linie durch die Schwerkraftwirkung bestimmt wurde und daß speziell in der Aus- bildung des Verzweigungssystems der Schwerkraft eine größere induktorische Bedeutung zukommt als dem Lichteinflusse. Doch liegen die Verhältnisse nicht immer so einfach. Betrachten wir das rein monopodiale Verzweigungssystem der Hauptwurzeln oder vieler Koniferen. Die akropetale Erzeugung von Seitensprossen in schraubiger oder quirliger Anordnung an dem unbegrenzt fortwachsenden Hauptstamme ist gewiß eine phylogenetisch sehr alte Ausbildung des Sproßsystems und mag ursprünglich mit der Erreichung einer gleichmäßigen Verteilung und ungestörten Entwicklung der Seiten- organe in Zusammenhang gebracht werden. Das Vorkommen monopodialer Verzweigung bei flottierenden Wasserpflanzen läßt vermuten, daß bei der Entstehung solcher Verzweigungstypen der Schwerkraftreiz keine Rolle gespielt haben mag. Mit der Annahme einer fixen Stellung beim Übergange zum Leben auf dem festen Lande (oder selbst schon beim Leben in ruhigem stehenden Wasser wie bei Chara) muß jedoch die Schwerkraft ihre Bedeutung als richtender und gestaltender Reizfaktor erhalten haben und es war die geotropische Reaktion auf eine gewaltsame Richtungsänderung des Sproßsystems das einfachste Mittel, um den früheren Zustand wieder herzustellen. Hier tritt also der Geotropismus in seine Rechte. Das Endziel aller dieser Reaktionen ist es, die frühere Form und Lage des Verzweigungssystems wieder herzustellen. Einige einschlägige Vorkommnisse gehören entschieden in den Rahmen des Begriffes »Regeneration«, wenn wir mit Goebel!) als Regene- ration die an abgetrennten Pflanzenteilen oder verletzten Pflanzen auftretende Neubildung von Organen oder Geweben definieren. Eine solche Regeneration ist die bekannte Ersatzbildung des Haupt- triebes von Fichten durch Aufwärtskrümmung eines Seitentriebes im jüngsten Wirtel; ebenso auch die analoge Ersetzung der Haupt- wurzel durch eine vertikal abwärts wachsende Nebenwurzel, sobald man, wie Bruck?) zeigte, innerhalb der Wachstumszone der Haupt- wurzel amputiert. Derselbe Erfolg tritt aber unter verschiedenen Bedingungen auch noch dort ein, wo das Hauptorgan erhalten blieb. ') K. Goebel, Biolog. Zentralbl., Bd. XXII (1902), pag. 386. ?) W. Fr. Bruck, Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd. !II (1904), pag. 504. a So macht Goebel!) darauf aufmerksam, daß man bei Fichten den Gipfeltrieb so einknicken kann, daß er erhalten bleibt und sogar später eine geotropische Aufkrümmung zeigt; daß aber dann trotzdem einer der Seitenzweige sich vertikal aufrichtet. Als ich es versuchte, durch andauernde Verdunklung des Haupttriebes während der Zeit lebhaftesten Wachstums Richtungsänderungen an den Seitenzweigen der Fichte zu erzielen, konnte ich jedoch eine solche Erscheinung nicht wahrnehmen; nach Verlauf von einigen Wochen waren vielmehr alle Zweige des jüngsten Wirtels um 5—6 cm in ihrer normalen Richtung weitergewachsen, während der in einem lichtdicht abgeschlossenen Glasrohr fortwachsende Hauptsproß völlig etioliert war. Weitere Versuche werden nun zu entscheiden haben, welche Bedingung in Goebels erwähntem Versuche die wirk- same war. Bei Wurzeln gelingt es durch Eingipsen der Spitze der Hauptwurzel und durch die hierdurch gesetzte Wachstumshemmung, die analoge Ersatzbildung durch eine Seitenwurzel zu erhalten; zweifellos werden sich die Verzweigungssysteme der Koniferen ebenso verhalten. In der erwähnten Arbeit von Bruck findet sich bereits der Hinweis, wie die erwähnten Ersatzbildungen allgemein in das Gebiet der Regenerationserscheinungen fallen, respektive im Sinne der Pfefferschen Begriffsfassung °) im speziellen als »Reproduktions- vorgänge« zu gelten haben, wenn es sich um Ersatz durch Aus- wachsen von Anlagen an Stelle des verloren gegangenen Triebes handelt. Die angeführten Fälle zeigen auch, wie schon Funktions- störung in manchen Fällen genügt, um denselben Effekt zu veran- lassen. Wir können aber noch weiter gehen und selbst die geo- tropische Reaktion an Haupt- und Seitenwurzeln nach einer Lage- änderung des Verzweigungssystems als eine korrespondierende Erscheinung ansehen. Auch sie läuft ja darauf hinaus, die normale Form und Tätigkeit des Verzweigungssystems wieder herzustellen. In seiner rein morphologischen Fassung paßt der Begriff »Regeneration< oder »Reproduktion« nicht reclıt auf dergleichen Erscheinungen. Vielleicht wäre es aber möglichıh, von»morphotischen« und »kinetischen« Regenerationen zu sprechen, um damit auszudrücken, daß die ursprüngliche Form. sowohl durch Auftreten neuer Bildungen als auch durch Wachs- !) Goebel, Resum. scient. du Congres Internat. de Botanique Vienne, 1905, pag. 230 (1906). ®) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. II, pag. 204 (1901). en On tumsbewegungen wieder hergestellt werden kann. Es wird noch eingehender zu untersuchen sein, wie weit die verschiedenen mono- podialen Zweigsysteme zu morphotischen und kinetischen Re- generationen befähigt sind. Wurzelsysteme sind zur kinetischen Regeneration ganz ausnehmend geeignet. Ich konnte bisher keine anderen regenerativen Vorgänge hier auffinden. Hingegen scheint bei Koniferen nach Sachs unter Umständen nach Umkehrung der Pflanze eine morphotische Regeneration durch Adventivbildungen einzutreten. Bei den geotropischen Reaktionen an Wurzelsystemen tritt bekanntlich in hohem Grade die Tendenz zutage, die normale Schräglage der Seitenwurzeln und die normale Vertikalrichtung des Hauptorgans unter allen Verhältnissen beizubehalten und so nach beliebigen Lageveränderungen stets die normale Form zu resti- tuieren, Die Reaktionsmodi von Haupt- und Seitenwurzeln sind genau korrelativ verknüpft. Ist nun aber diese Verknüpfung eine abänderliche Form des Zusammenwirkens der Einzelorgane oder ist Haupt- wie Seitenwurzeln die Art der Reaktionsfähigkeit ein für allemal mitgegeben ? Dieser Frage suchte ich in folgenden Versuchen näherzutreten, die zum Ziele hatten, Seitenwurzeln möglichst vom Mutterorgan zu isolieren, ohne ihre Wachstumsfähigkeit zu stark zu beein- trächtigen. Die Hauptwurzel wurde zur Zeit des Hervorbrechens der Seitenwurzeln auf eine kurze Strecke durch einen medianen Längsschnitt gespalten und nun, wie nebenstehende Figur zeigt, knapp unterhalb- oder oberhalb einer jungen Seitenwurzel eine Längshälfte quer durchschnitten. Alle Wundränder wurden durch er ot dünne Glimmerblättchen vor einer Wiedervereinigung geschützt und die operierten Objekte ıgroßsamige Varietät von ZFuba) in Sägemehl oder im feuchten Raume weiter kultiviert. Die an dem künstlichen Stumpfende isolierten Seitenwurzeln zeigten bis auf wenige (offen- bar mißglückte) Fälle stets ansehnliches Wachstum und ließen nie eine Abweichung von der normalen Richtung erkennen. Die Störung des normalen Zusammenhanges war eine so hochgradige, daß man an eine Fortdauer korrelativer wechselnder geotropischer Beziehungen nach der Operation schwer denken kann. Ich halte es für das wahrscheinlichste, daß die Seitenwurzeln im Moment der Operation bereits die bleibende Induktion ihrer geotropischen Eigenschaften hatten. Dies stimmt auch mit anderen Erfahrungen überein. So konnte Sachs!) geotropische Krümmungen an ganz jungen noch im Muttergewebe eingeschlossenen Seitenwurzeln beob- achten. In demselben Sinne ist auch die Erfahrung von Bruck?) zu deuten, daß die im Oipsverbande angelegten Seitenwurzeln auf eine nach der Entfernung des Gipsmantels ausgeführte Dekapi- tierung der Hauptwurzel hin ihre normale Richtung nicht ver- ändern. So kommen wir zu dem Ergebnis, daß die Seitenwurzeln von ihrer ersten Anlage her ihre geotropischen Eigenschaften unverändert beibehalten. Dasselbe gilt nach Versuchen an Koni- feren (Piceca), an Aesculus und einigen anderen Holzgewächsen, die ich genau nach der obigen Methode an im Freilande wurzeln- den Exemplaren anstellte, auch für die Seitenäste monopodialer Stammverzweigungen. Eine nachträgliche Änderung der Zweig- richtung trat nach der oben beschriebenen Operation niemals ein. Dabei zeigte das Wachstum des isolierten Zweiges nur eine vorüber- gehende Hemmung und nach Verlauf von acht bis zehn Wochen war die Wachstumsdifferenz gegenüber den normalen Zweigen ausgeglichen, Dementsprechend dürften die Zweiganlagen bei monopodialen Systemen schon in den frühesten Stadien allgemein mit den charakteristischen geotropischen Eigenschaften ausgestattet werden und es müssen sich die geotropischen Qualitäten von Haupt- und Seitenwurzeln schon im embryonalen Gewebe ausbilden Der Geotropismus hängt mithin in allen Organen auf das innigste mit ° den vererbten formativen Eigenschaften zusammen und man muß !) J. Sachs, Arbeit. d. botan. Inst. Würzburg, Bd. I, pag. 615 (1874). Bruck Ise!pag:'510. a vorläufig darauf verzichten, physiologische Beziehungen zwischen positivem und Seitenwurzelgeotropismus anzunehmen. Am besten betrachtet man den letzteren tatsächlich als einen dem positiven und negativen Geotropismus koordinierten »Transversalgeotropismuss«, Erwähnung brauchen aber noch die verschiedenen Fälle, in denen die Seitenwurzeln unter dem Einflusse von physikalischen Faktoren (steigende Temperatur, Lichtzutritt, vielleicht auch Feuchtig- keitsänderung, sodann Verwundungseffekte) steiler nach abwärts wachsen als sonst. In allen diesen Fällen kann man die Abwärts- biegung in jedem wachstumsfähigen Stadium der Seitenwurzeln hervorrufen und es handelt sich um nichts anderes als um einen gewissen Grad der Grenzwinkeländerung, ohne daß die Seiten- wurzeln aufhören, transversalgeotropisch zu sein. Faktisch wird in keinem Falle die vertikale Stellung erreicht, und es ist fast zu weit gegangen, hier von »Umstimmung« des geotropischen Verhaltens zu sprechen. Ich wäre geneigt, nur bei der korrelativen, zu Regenerations- zwecken erfolgenden Änderung des Geotropismus bei neu entstehen-., den Seitenwurzelanlagen an dekapitierten Wurzeln von »Reizstim- mungsänderung« zu sprechen,wenn nicht dabesser angenommen wird, daß der positive Geotropismus schon von den ersten Gewebebildungs- prozessen an der jungen Ersatzwurzel innewohnt. Übergänge von transversalem zu positivem Geotropismus gibt es anscheinend nicht. Der Vergleich von Wurzelsystemen, die sich während der Rotation der Pflanze auf dem Klinostaten ausgebildet haben, mit normal erwachsenenWurzelsystemen zeigt ohne weiteres, wie wenige Unterschiede der Wegfall der einseitigen Schwerewirkung für die Form des Zweigsystems hervorruft. Geringe oft kaum sicher kon- statierbare Änderungen des Winkels mit dem Mutterorgan sind alles, was die Seitenwurzeln als Klinostatenwirkung zeigen. Ich habe aber bereits in früheren Studien mehrfach gezeigt, daß mit Aus- schaltung der normalen Schwerkraftrichtung für die Wurzelsysteme auch jeder formregulierende Faktor wegfällt, so daß man Haupt- und Seitenwurzeln durch vorgelegte Hindernisse nach jeder be- liebigen Richtung auf dem Klinostaten zum Wachstum veranlassen kann. Im normalen Leben spielt also bei diesen monopodialen Zweigsystemen die Reizbarkeit durch die einseitige Schwerewirkung weniger die Rolle als gestaltender Faktor als als gestaltregulierendes Moment und die Einzelregulationen werden in allen Wurzelanlagen unveränderbar spezifisch bestimmt und festgelegt. Vielleicht entsprechen auch die korrelativen Beziehungen im Wiesner-Festschrift 7 ee geotropischen Verhalten zwischen horizontalen Rhizomsprossen, welche der vegetativen Vermehrung dienen, und den vertikalen Laubsprossen der diesjährigen Vegetationsperiode ähnlichen Ver- hältnissen, wie wir sie an monopodialen Zweigsystemen kennen gelernt haben. Nach Goebel!) tritt bei Circaea, Achimenes und anderen derartige Ausläufersprosse bildenden Pflanzen nach Ab- schneiden des Hauptsprosses eine Aufwärtskrümmung an einem Rhizomsproß auf. Es bleibt hier noch zu entscheiden, bis zu welchem Zeitpunkt in der Entwicklung der Rhizomsproßanlage eine solche korrelative Umstimmung möglich ist. Ein Gegenstück zu den geotropischen Reaktionen der mono- podialen Wurzel- und Sproßsysteme, welche mehr regulative als formative Faktoren darstellen, bietet eine Reihe von Abwärtskrüm- mungen an Laub- und Blütensprossen (nickende oder nutierende Sprosse), welche die Eigentümlichkeit zeigen, daß sie in ihrer Entstehung an die normale Angriffsweise der Schwerkraft gebunden sind. Bekanntlich ist dies nicht bei allen »nutierenden Sprossen« der Fall und die Abwärtskrümmung des Hypokotyls von Helianthus- keimlingen bietet ein gut gekanntes Beispiel für das Auftreten solcher Krümmungen auf dem Klinostaten.) Wie Vöchting°) jedoch für Papaver-Blütenknospen, Fritillaria Meleagris und eine Reihe anderer Blütensprosse, Scholtz‘*) für Ampelopsis Zweigspitzen gezeigt hat, strecken sich viele dieser nutierenden Sprosse auf dem Klinostaten rotierend gerade, was fast allgemein zugunsten der zuerst 1868 von Frankö) geäußerten Meinung gedeutet wurde, daß wir solche Sprosse als »positiv geotropisch« aufzufassen hätten. Diese Objekt haben sämt- ich die gemeinsame Eigenheit, daß in einem bestimmten Entwick : lungsstadium eine spontane Geradestreckung des Sprosses erfolgt. Sehen wir uns die einschlägigen Erscheinungen an einem geeigneten Objekte, etwa Sedum ıupestre L., welches wegen seiner großen Widerstandsfähigkeit gegen die Eingriffe des Experiments hierzu sehr empfehlenswert ist, näher an, so stellen wir leicht folgende Tatsachen fest. Werden die Pflanzen (einfach mit Korken in wassergefüllten Probierröhrchen befestigt) horizontal gelegt, so daß der Blütenstand abwärts gekrümmt ist, so ist in dem Stengelteil !) K. Goebel, Botan. Ztg. 1880, pag. 813 ff. ®) H. Vöchting, Beweg. d. Blüten und Früchte (1882), pag. 92. Vochting,l::c., pag. 187. 4) M.Scholtz, Cohns Beitr. z. Biolog. d. Pflanzen, Bd. V, Heft 3 (1832). >) A. B. Frank, Beiträge z. Pilanzenphysiol. (1868), pag. 49 u. 87. 7:90 — unterhalb der Nutationsbiegung nach 24 Stunden eine rechtwinklig aufwärts gerichtete geotropische Krümmung eingetreten, wodurch der Status quo wieder hergestellt wird. Die entsprechende negativ geotropische Reaktion stellt auch nach einer seitlichen Lage der Nutationsbiegung die alte Gleichgewichtslage wieder her. Hat man an den horizontal liegenden Pflanzen die Stellung so gewählt, daß die Nutationskrümmung nach aufwärts sieht, so wird als Resultat der Reaktion wieder die Einstellung der nickenden Lage des oberen Sproßteiles durch negativen Geotropismus erreicht. Ebenso sieht man endlich an umgekehrten Sprossen nach etwa 48 Stunden eine Aufwärtskrümmung im mittleren Teil des Stengels eingetreten. Man müßte daher eigentlich sagen, daß der obere Sproßteil »positive, der mittlere »negativ geotropisch« reagiert, eine Bezeichnungsweise, welche mir bei näherer Überlegung der richtigen Auffassung des negativen und positiven Geotropismus zu widersprechen scheint. Viel besser ist es, mit Pfeffer!) von einer geotropischen Beein- flussung der Nutationsbewegung zu sprechen und wenn Wiesner?) von Epinastie spricht, so trifft dies in mancher Richtung mit dieser Auffassung zusammen, Auf dem Klinostaten rotierend, strecken sich nun die Blütensprosse von Sedum rupestre binnen 24 Stunden gerade, Diese Reaktion trifft nicht mit der normalen Gerade- streckung im Entwicklungsgange des Blütensprosses zusammen, da es gelingt, bei ruhigem Vertikalstehen an den gerade gestreckten Sprossen die Nutationskrümmung neuerlich zu erhalten. Papaver Rhoeas zeigt nach meinen Erfahrungen genau dieselben Erscheinungen. Nach meiner Auffassung ist also das Nicken der Blütensprosse bei allen diesen Pflanzen eine Wachstumskrümmung, welche nur dann vor sich geht, wenn die Schwerkraft die Pfanze in normaler einseitiger Weise affiziert. Es ist dies weder echter Geotropismus noch eine echte Geonastie (weil immerhin richtende, nicht nur krümmende Wirkungen entfaltet werden), sondern eine physiologische Schwerkraftwirkung, die etwa dem Geo-Nyktitropismus zu ver- gleichen ist. Wie A. Fischer?) nämlich zeigte, finden bei einer Reilıe von Pflanzen die nyktitropischen Bewegungen nur bei normaler einseitiger Beeinflussung durch die Gravitation statt und werden auf dem Klinostaten eingestellt. Ebenso ist für die »Geo-Nutation« ') W. Pfeffer, Pflanzenphysiol., 2. Aufl., Bd. Il, pag. 391 (1901). ?) J. Wiesner, Schwerkraft und Richtung der Pflanzenorgane. Sitzungs- bericht d. Wien. Akad., Bd. CXI, Abt. I, Oktober 1902, pag. 755. ») A. Fischer, Botan. Zeitg. 1890, pag. 672. — 10 — die normale Angriffsweise der Schwerkraft Vorbedingung und die Gravitation entfaltet hier einen wesentlich formbildenden Einfluß. Diese formative Wirkung ist allerdings nicht inhärent, sondern dauert nur so lange an, als die Pflanze dem normalen Angreifen der Schwere ausgesetzt bleibt. Vererbt wird nur die Fähigkeit, auf den Gravi- tationsreiz in der beschriebenen Weise zu reagieren. Von der- artigen vorübergehenden Induktionen durch den Schwerkraftreiz kennt man nicht viele Fälle. Nähere Nachforschungen dürften aber immerhin noch eine Reihe von morphologischen Charakteren auf- decken, welche sich nach kürzerer oder längerer Zeit bei Elimi- nierung des normalen Angreifens der Schwere ändern, welche somit als transitorische Geomorphosen zu deuten wären. Zum Schlusse möchte ich noch eine Erscheinung aus dem Gebiete des Monopodial-Geotropismus berühren, welche mir an den verzweigten blühenden Sprossen einer Reihe von Pflanzen auf- gefallen ist. Wenn man z. B. die blühenden Stengel von Delphinium elatum horizontal legt (durch Umbiegen der Sprosse von Freiland- pfanzen), so daß auch einige der Seitensprosse genau horizontal gerichtet werden, so beobachtet man regelmäßig, daß die geo- tropische Aufrichtung nicht nur beim Hauptsproß in der Vertikal- stellung endigt, sondern auch bei den Seitensprossen. Letztere nehmen also nicht ihre frühere klinotrope Lage wieder an (wie dies Seitenwurzeln unter allen Verhältnissen tun), sondern werden in vertikaler Stellung aufgerichtet. Da ich die analoge Erscheinung in gelegentlichen Versuchen noch bei Asclepias Cornuti, Angelica silvestris, Oentaurea phrygia, Ilemerocallis fulva feststellen konnte, so vermute ich, daß es sich um eine sehr verbreitete Eigentümlichkeit im geotropischen Verhalten blühender Seitensprosse handelt. Ver- mutlich haben wir es hier mit einem »Stimmungswechsel« im geo- tropischen Verhalten zu tun. Voraussichtlich wird diese Um- stimmung nicht erst durch die Veränderung der Orientierung der Pflanze im Experiment gesetzt, sondern war latent schon früher da und verrät sich erst durch das eigentümliche Verhalten in der geo- tropischen Reaktion. Eine Stütze würde diese Auffassung erhalten, wenn man das so häufig zu beobachtende bogenförmige Aufsteigen normal wachsender Seitensprosse gleichfalls als Effekt einer geo- tropischen Umstimmung deutet, welche im Verlaufe des normalen Entwicklungsganges des Sprosses vor sich geht. Auch diese Art von formativen Schwerkrafteinflüssen bedarf noch genauerer Er- forschung. Vergleichende Anatomie des Holzes der Koniferen von Alfred Burgerstein (Wien). Eingelangt am 5. August 1907. Seit Jahren bin ich mit xylotomischen Arbeiten beschäftigt; insbesondere glaube ich die Holzanatomie der Koniferen auf Grund eigener Anschauung eines reichhaltigen Materials ziemlich gut kennen gelernt zu haben. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen sind mit gleichzeitiger Verwertung einschlägiger Resultate der Unter- suchungen anderer Autoren in Form einer Bestimmungstabelle der Koniferengattungen hier zusammengestellt. ') Im ganzen habe ich zirka 250 Holzproben, die 175 Arten, verteilt auf 31 Gattungen, umfassen, mikroskopisch geprüft. Von Actinostrobus, Phyllocladus und Sawegothea stand mir leider kein Untersuchungsmaterial zur Verfügung. Xylotomisch gut charakterisiert und daher nach dieser Richtung relativ leicht erkennbar sind die Gattungen Araucaria, Cedrus, Dac- rydium, Torreya, Taxus, Cephalotaxus, Tsuga, Pseudotsuga, Seiado- pitys. Von den Pinus-Arten sind jene, deren Quertracheiden als Zackenzellen deutlich ausgebildet sind, sowie jene Arten, die bei glattwandigen Quertracheiden an der Radialwand der Markstrahl- parenchymzellen nur je einen, fast das ganze Kreuzungsfeld ein- nehmenden Tüpfel führen, als zu Pinus zugehörig, leicht zu er- kennen; diese zusammen bilden die überwiegende Mehrheit (gegen 70 Arten) der Gattung. Allein es gibt einzelne Pinus-Arten, zum ') Es lag ursprünglich in meiner Absicht, in der vorliegenden Festschrift eine Abhandlung physiologischen Inhaltes zu veröffentlichen. Die zu diesem Zwecke begonnenen experimentellen Untersuchungen konnten jedoch nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. — 102 — Beispiel P. Pinea, deren Markstrahlparenchymzellen in der Tüpfel- bildung auffallend an Abies oder an Picea erinnern. Von Abies sind diese Pinus-Arten sofort durch das Vorhandensein der Quer- tracheiden, von Picea mehr oder weniger leicht durch die Dünn- wandigkeit der Epithelzellen der Markstrahlharzgänge unterscheidbar. Für andere Genera der Koniferen sind xylotomische Eigen- tümlichkeiten, die als diagnostische Merkmale verwendet werden könnten, schwer zu finden. So zeigen Abies, Keteleeria und Pseudo- larix, anderseits Picea und Larix, endlich Cupressus, Juniperus, Biota und Thuja einen so übereinstimmenden Bau des Holzes, daß wenigstens nach meinen Erfahrungen, die Feststellung der Gattungs- zugehörigkeit einer Holzprobe in den meisten Fällen entweder sehr schwierig oder überhaupt unmöglich ist. Für die Kenntnis der xylotomischen, auch für praktische Zwecke verwendbaren Charakteristik von Koniferen sind ins- besondere die Arbeiten von J. Wiesner (Rohstoffe des Pflanzen- reiches, 1. Aufl, 1873), Nakamura (Unters. a. d. forstbotan. In- stitut München, 1883), H. Mayr (Waldungen von Nordamerika, 1890), K. Wilhelm (in Wiesner, Rohstoffe, 2. Aufl, 1903) und Fl. Tassi (Bull. del Labor. ed orto botan. Siena, 1906) wichtig. Verläßliche Daten findet man ferner unter anderen bei B. Eßner, H. Fischer, T.F. Hanausek, R. et Th. Hartig, A Klieeeıse L. Kny, H. v. Mohl, H. Nördlinger, P! Pfurtsemenz LE. Piccioli, G; de Saporta, ]J, Schneider, J. Scherer Ei0Strasburger. Auf eine Besprechung der Literatur (eine reichhaltige Zu- sammenstellung derselben findet man bei Tassi, ]. c.) gehe ich nicht ein; nur einen Fall möchte ich berühren. Gothan hat (Abh. d. kgl. Preuß. geolog. Landesanstalt, 1905) holzanatomische Merkmale angeführt, nach denen »die Unterschiede zwischen Larix und Picea ganz einfach und handgreiflich sind«. Ich habe aber klar und deutlich dargetan (Ber. Deutsch. bot. Ges., XXIV. Bd., 1906), daß die Angaben Gothans als diagnostische Merkmale von Larix und Picea unbrauchbar sind. Beachtenswert ist ein Befund von Schroeder (Das Holz der Koniferen, Dresden 1872): »Die Wände (der Quertracheiden) sind bei der Fichte meist glatt, ohne Ver- . dickungsspitzen und nur hin und wieder sieht man dieselben um den Tüpfelkanal der kleinen behöften Tüpfel. — Bei der Lärche findet man meist keine Verdickung und wo selbe vorhanden ist, da ist sie schwach und läuft nicht wie bei der Fichte in eine — 18 — Spitze aus.« Tassi (l. c.) gibt an den Quertracheiden von Picea (excelsa und Morind«a) »piccole dentature sporgenti verso l’intorno«, bei Larix (europaea, leptolepis, dahurica und sibirica) »pareti interne lisce« an. Ich fand folgendes: Untersucht man Radialschnitte von Picea excelsa bei einer mindestens 350 maligen Vergrößerung, so findet man meist erst nach längerem Suchen eine oder die andere Quertracheide, deren äußere Wand stellenweise sehr kleine und feine, nach innen gerichtete Vorsprungsbildungen besitzt, was bei Larix nicht der Fall ist. Ob indes die erwähnte Eigentümlichkeit bei allen Arten von Picea vorkommt, ist nicht ausgemacht; bei P. Omorica konnte ich sie nicht sehen. Ein besonderes Augenmerk ist bei xylotomischen Unter- suchungen darauf zu richten, daß diese an richtig determiniertem Material vorgenommen werden. So kann ich mir verschiedene grobe Irrtümer von Gregor Kraus, der z. B. die Existenz der schraubigen Verdickungsleisten in den Längstracheiden bei Pseu- dotsuga Douglasii (in einem ungerechtfertigten Angriff auf die rich- tigen Angaben Schroeders) in Abrede stellt, der ferner in den Markstrahlen von Abies balsamea Quertracheiden angibt (die allen Arten von Abies fehlen), nur dadurch erklären, daß dem genannten Autor unrichtig bestimmte (sogar anderen Gattungen zugehörige) Holzproben vorlagen. Solche Täuschungen sind nahezu ausge- schlossen, wenn man selbst reichere Erfahrungen auf xylotomischem Gebiete gesammelt und Gelegenheit hat, von derselben Gattung oder Art mehrere Holzproben verschiedener Provenienz zu untersuchen. Die in der folgenden Zusammenstellung angeführten Zahlen, z. B. »Höhe der Markstrahlzellen 13-19 u« (Mikromillimeter) be- deuten nicht Grenzwerte, sondern Mittelwerte aus einer größeren Anzahl von Abmessungen. Unter »Kreuzungsfeld« ist jenes Revier gemeint, welches am Radialschnitt durch Kreuzung einer Mark- strahlzelle (Parenchymzelle) mit einer Längstracheide des Frühholzes gebildet wird. Wo es möglich war, habe ich angeführt, ob sich die Angaben auf Schaftholz oder auf Astholz beziehen. Bestimmungstabelle der Koniferengattungen nach xylotomischen Merkmalen. 1a, Alle Strangtracheiden mit kräftigen, sich deutlich abhebenden, schraubig verlaufenden (als »tertiäre Verdickungsschicht« -der Innenhaut angehörenden) Verdickungsleisten . . . 2 1b. 2a. 20: — 14 — Die Strangtracheiden, in allen Fällen die ersten Frühtracheiden (des Schaftholzes), ohne derbe, schraubenlinige Verdickungs- leisten der Innenwand. An der Tracheidenwand des Astholzes nicht selten zarte, schraubenförmige (der sekundären Schicht angehörende) Vorsprünge, die als sehr nahe beieinander stehende, parallele Streifen erscheinen .. 2 2 27 Vesgse Markstrahlen nur aus Parenchymzellen bestehend, einschichtig, öhne' Harzgang'.. .; ". 2. 7 nu u 2 en. Markstrahlen aus Parenchymzellen und Quertracheiden zu- sammengesetzt, einschichtig oder partiell (in der Mitte ihrer Höhe) zweischichtig; Markstrahlharzgänge (nach Fichtenart) vorhanden . ER # . Verdickungsleisten an den Strangtracheiden zu 2—4 grup- Diemtin. . e, a ea nee 1 (T. californica Torr. — T. nucifera 8. et Z.) 3b. Verdickungsleisten in nahezu gleichen Abständen voneinander entfernt. (nicht gruppenweise) ... . .. 2... Aa. Holzparenchym Tehlend - ... .._... ..... ee 4b; Holzparenchym vorhanden :-.u.%. „1. 0. See 5. Frühtracheiden mit einreihigen (im Schaftholze stellenweise zweireihigen) Tüpfeln. Markstrahlzelltüpfel scheinbar behöft, hie und da auch hoflos erscheinend. Markstrahlen einschichtig; Markstrahlzellhöhe 18—-19 vw. .. 2 x. . 2 „ woraus (T. baccata L. — T. cuspidata S. et Z.) Das vorhandene Holzparenchym bisweilen reichlich entwickelt‘ Markstrahlen einschichtig (bei ©. drupace« auch partiell zwei- schichtig), viele nur 1—3 Zellen hoch, mit 1—2 Tüpfeln im Kreuzungsfeld. Markstrahlzellhöhe 18°5— 205 v. Gephalotaxus (C. drupacea S. et Z. — €. Fortunei Hook. — O. pedunculata 8. et Z.) Frühtracheiden im Schaftholze im Mittel 40-50 », mit 1—2 Reihen elliptischer Tüpfel an der Radialwand. Holzparenchym. sehr spärlich, mit harzigem Inhalt, besonders im Kernholz - Markstrahlen 1-3sschichtig, bis 20 Zellen hoch. Quertracheiden schmal, wenig hervortretend. Parenchymzellen 19—21 y. hoch mit 1—3 einfachen Poren im Kreuzungsfeld . Pseudotsuga (P. Douglasii Carr. — P. japonica Maxim.) Sa. 10a. 100. lla. 1 12 «. 12:0. 130. 13 b. 14. zu, Scheiben der Tüpfelschließhäute der a zierlich ZERE ee Er Dar PD 2 Te 0 . Tüpfelschließhäute glatt, nicht gr DAB Ar re a che ee AR Tüpfel an den Frühtracheiden ein- oder partiell zweireihig. Holzparenchym sehr spärlich und nur an der Außengrenze des Spätholzes auftretend. Markstrahlen nicht selten 20, mit- unter 30 Zellen (selbst darüber) hoch, einschichtig (sehr selten ein Zellenpaar in der Mitte der Höhe), ohne Harzgang. Parenchymzellen der Markstrahlen 20—23 p hoch, mit meist 1--2 einfachen (ab und zu scheinbar behöften) Tüpfeln im Kreuzungsfeld. An den Kanten der Markstrahlen stellenweise Quertracheiden . . . . 2.2 ie EG EruS (©. atlantica Manetti — CO. Be Loud. — 0. Libani Barr.). Markstrahlen nur aus Parenchymzellen bestehend . . . 11 Markstrahlen aus Se und Quertracheiden zu- Stmmengeseizt . . . . ee a ee) strahlen typisch einschichig . -. . »—.. . .... 12 Neben einschichtigen Markstrahlen auch partiell zweischich- ee Er y. Die horizontalen Markstrahlzellwände dünn oder mitteidick, glatt oder mit wenig ausgesprochener Tüpfelung (Kupressineen- en ee en ne ab ea kei aa Die radialen Markstrahlzeilwände reichlich und auffallend ge- Ze läbietineentüpfelung)” .". .. a 2 wenn 133 An der Radialwand der Markstrahlzellen nur ein sehr großer (oder zwei große) vierkantige oder elliptische (augenlied- muse) Tüpiel in der Zellweite . -. . 2. ..:.14 15 Markstrahlzellen mit ein bis mehreren kleinen, einfachen oder Bnneitipielle ren ren ee 10 Strangtracheiden mit einreihigen, oft gekreuzten Hoftüpfeln. Spätholz wenig entwickelt; Holzparenchym nicht vorhanden. Markstrahlen bis 05 mm hoch und bis 30 zellig. Markstrahlzellen dünn- bis mitteldickwandig, 18—19 ». hoch; die großen rhom- boidischen Markstrahltüpfel 15—20 p lang und 8—15 y. BR... 5.0, ee. 0. Daerydium (D. Franklinüi Hook. m — D. cupressinum Sol.) 15. 16a. 165. 17.@. 11. 17%; 18. 19. 20. Be Frühtracheiden relativ englumig, im Mittel 30 »., mit einreihigen Tüpfeln. Tangentialtüpfel vorhanden; Holzparenchym spärlich. Markstrahlen höchstens 10zellig; Markstrahlzellen im Mittel 23 » hoch; deren große, elliptische oder augenliedförmige Tüpfel in der Früholzzone 22-32 » X 12—16 ». Sceiadopitys (5. vertieillata S. et Z.) Markstrahlzellen über 20 w hoch .». .... 2 MS zer Markstrahlzellen höchstens 20 » hoch . . . . . 25-31 Tüpfel an der Radialwand der Frühtracheiden in 1—3 (stellen- weise auch 4) Reihen . "N. Wr. 2 Ve Radialwand der Frühtracheiden 1—2reihig getüpfelt . 21, 22 Tüpfelung der Tracheiden einreihiig . .’. . . ss Frühtracheiden im Schaftholz 40—60 „ und darüber. Hof- tüpfel an der Radialwand der Frühtracheiden in 1—3, stellen- weise auch 4 Reihen und wenn mehrreihig, dann die Tüpfel gegenseitig polygonal abgeflacht. Tangentialtüpfel reichlich, stellenweise auch zweireihig. Holzparenchym nicht vorhanden. Markstrahlzellen dünn oder sehr dünnwandig, im Mittel 24—32 ı hoch, mit 1— 10 kleinen Scheinhoftüpfeln im Kreu- zunesteld N a ER A. Bidwillii Hook, A. brasiliensis A. Rich, A. Cunninghamii Sıveet, A. excelsa R. Br., A. imbricata Pav., A. Rulei Fr. Muell. Frühtracheiden im Schaftholz 30—45 „. Tüpfel an deren Radialwand häufig zwei-, stellenweise dreireihig und wenn mehr als einreihig, dann gegenseitig polygonal abgeflacht. Der innere Tüpfelhof schmal, fast so lang als der Durch- messer des äußeren Tüpfelhofes und mit jenem an der gegen- überliegenden Tracheidenwand liegenden sich häufig kreuzend. Markstrahlzellen glatt und zartwandig, im Mittel 26-30 u. Is Lofer (Damara australis Lamb.) Radiale Lichte der Frühtracheiden im Schaftholz 60-70 u, im Astholz 25—35 », mit im Schaftholz zwei- bis dreireihigen, stellenweise vierreihigen, im Astholz ein- bis zweireihigen - Tüpfeln. Diese 24-28 „ lang, 19—22 „. breit, an der Be- rührungsstelle meist einseitig (nicht polygonali abgeflacht. Holzparenchym spärlich. In den Markstrahlen oft 20 Zellen übereinander. Markstrahlzellen 22—24 » hoch, mit 1—4 (meist 21. 22: 23; 24. 25. 26. — 107 — 2-3) Scheinhoftüpfeln im Kreuzungsfeld. Im Kernholz reich- Bchshlarzausscheidung‘ I... „1. 2. . 0: Taxedium (T. distichum Rich.) Frühtracheiden mit einer, an den weitlichtigen mit meist zwei Tüpfelreihen. Tangentialtüpfel vorhanden. Holzparenchym fehlend. Markstrahlen aus wenigen, auffallend häufig nur aus 1—2 (nie über 10) Zellen zusammengesetzt. Markstrahlzellen dünn bis sehr dünnwandig, 22—26 » hoch, mit 1-6 Schein- hoftüpfeln im Kreuzungsfeld. Im Mark Harzkanäle . Ginkgo (Ginkgo biloba L.) Frühtracheiden im Astholz einreihig, im Schaftholz ein- bis zweireihig getüpfelt. Holzparenchym spärlich. Markstrahlzellen 19—21 ». hoch, mit 1—4 (zumeist 2) einfachen, 6—9 ı. langen, 4—6 ». breiten Tüpfeln im Kreuzungsfeld . Cunninghamia (Cunninghamia sinensis R. Br.) Tüpfel der Strangtracheiden häufig gekreuzt erscheinend. Markstrahlen meist nicht über 15 Zellen hoch; diese dünn- wandig, im Mittel 21 » hoch, mit 1—4 (häufig 2) kleinen, einfachen oder scheinbar behöften, schmallanzettlichen Tüpfeln im Kreuzungsfeld. Holzparenchym reichlich . . . . Frenela (F. [Callitris] eupressiformis Vent.) Frühholztracheiden nur etwa 16—23 ». weit. Markstrahlen bei L. tetragona nicht über 10, bei L. decurrens bis 20 Zellen umfassend; diese 21-22 vw hoch, mit 1—-5 (meist 1—2) Scheinhoftüpfeln.. Holzparenchym ziemlich reichlich vor- es ar wer kr Liboeedrus (L. decurrens Torr. — L. tetragona Endl.) Tracheiden einreihig getüpfelt; an den Spätholztracheiden auch Tangentialtüpfel. Lichte der Frühtracheiden im Spätholz etwa 30 ı. Markstrahlen nicht über 15 (meist nicht über 10) Zellen umfassend. Markstrahlzellen 18-19 », mit 1-2 kleinen Tüpfeln im Kreuzungsfeld. Holzparenchym vorhanden, zumeist een. 0.000, 20.0 2 ke Öryptomeria (C. japonica Don.) Tracheiden einreihig getüpfelt, in den Frühholzzellen von Ch. Lawsoniana (Schaftholz) ca. 35 ıw. weit. Tangentialtüpfel vor- handen. Spätholzzellen oft fein gestreift. Markstrahlzellen 27. 28. 29. 30. 3. — 108 — 15—20 1 hoch, mit kleinen, scheinbar behöften Tüpfeln, deren meist 1—2 im Kreuzungsfeld. Holzparenchym vor- handen... =. u Dr is u. 2 ee Abba Ch. Lawsoniana Parl. — Ch. obtusa 8. et Z. — Ch. pisifera 8. et Z. Frühtracheiden einreihig, im Schaftholz ab und zu auch zwei- reihig getüpfelt. Tangentialtüpfel je nach der Gattungsart in ungleicher Größe und Häufigkeit vorhanden. Markstrahlge- webe reichlich entwickelt. Viele Markstrahlen im Tangential- schnitt einzellig erscheinend; einzelne Markstrahlen bei P. dacrydioides über 20, bei D. ferruginea über 30 Zellen hoch, Markstrahlzellen sehr dünnwandig, 15—20 y. hoch, mit 1—2 (meist 1) Scheinhoftüpfeln im Kreuzungsfeld. Holzparenchym vorhanden: . .. ...7 u) „ua 2. 2 er (P. andina Pöpp. — P. dacrydioides A. Rich. — P. Blumei Endl. — P. ferruginea P. Benn. — FP. macrophylla Don. — P. Nageia R. Br. — P. neriifolia Don. — P. nubigena Lindl. — P. spinulosa R. Dr.) Tracheiden schmal, mit einer Tüpfelreihe. Tangentialtüpfel vorhanden. Markstrahlen einschichtig, nicht über 12 Zellen (meist weniger als 10 Zellen) hoch. Markstrahlzellen ziemlich dickwandig, im Mittel 19 „. hoch, mit 1—4 kleinen Tüpfeln. Holzparenchym sehr spärlich . . . ... . „ SEkmampsıs (Th. dolabrata S. et Z.) Frühtracheiden mit einer Tüpfelreihe. Markstrahlen selten aus mehr als 10 Zellen zusammengesetzt. Markstrahlzellen 19—20 u. hoch, mit 1-4 (meist 2) Scheinhoftüpfeln im Kreuzungsfeld. Tangentialtüpfel und Holzparenchym vorhanden. Wellingtonia (WW, gigantea Lindl.) Frühtracheiden mit einer Tüpfelreihe. Tangentialtüpfel reichlich. Markstrahlzellen dünnwandig, 14—15 ı hoch, mit 2—5 sehr kleinen Tüpfeln im Kreuzungsfeld. Holzparenchym vor- handen. EC rav art Ur Br ME Ve (I. patagonica Hook fil.) Frühholztracheiden englumig, 12—30 », häufig fein gestreift, stets einreihig getüpfelt. Markstrahlzellen im Tangentialschnitt fast kreisrund (besonders bei Cupressus) oder elliptisch (be- sonders bei T'huja) ohne Tüpfel oder mit einfachen Tüpfeln 32, 33a. 335. 34. — 1090 — (besonders bei Juniperus); Höhe der Zellen bei Biota und Thuja 15--19 u, bei Juniperus 15—20 y, bei Cupressus 18—20 y.. An der Radialwand 1—2 (häufig 1) Tüpfel im Kreuzungs- feld. Holzparenchym spärlich bis reichlich entwickelt Tangentialtüpfel fehlend oder (bei Juniperus meist) vor ee a 2 ee upressus (C, Benthami Endl. — F. funebris Endl. — 0. glauca Lamk. — C. macrocarpa Hartw. — Ü. sempervirens L. [inklusive pyra- midalis und fastigiata] — ©. Macnabiana Andr.) Juniperus (J. communis L. — J. drupacea Labill. — J. excelsa Bieb. — J. foetidissima Willd. — J. Oxycedrus L. — J. phoenicea L. — J. rigida 8. et Z. — J. Sabina L. — J. sinensis L. — J. vir- giniana L.) Thuja (Th. gigantea Nutt. — Th. plicata Don. — Th. Standishü Carr.) Biota. (B. orientalis Endl.) Frühholztracheiden im Schaftholz 60—70 y. weit, häufig mit zwei Tüpfelreihen; einzelne Tracheiden bis 80 » und hin und wieder mit dreireihigen Tüpfeln; Früholztracheiden im Astholz etwa 40 », mit ein- bis zweireihigen Tüpfeln. Tracheidentüpfel häufig querelliptisch mit den Abmessungen 28--34 u. X24— 26 u. Markstrahlen ein- oder partiell zweischichtig. Markstrahlzellen im Schaft 30 p, im Astholz 20 u, mit 1-7 (meist 2—3) Scheinhoftüpfeln im Kreuzungsfeld. Letztere 12—14 y. lang, 8-9 u breit. Holzparenchym spärlich, mit blutrotem Harz erfüllt. (Von Tazxodium durch die rotbraune Farbe der Herbstholzellwände und die partiell zweireihigen Markstrahlen Beezeheidbar)) me nen. nn nr Dequoin (5. sempervirens Endl.) Holzparenchym fehlend oder spärlich auftretend . . 34—35 Holzpärenchymvreichlich vorhanden °.. .\.. . . =». 36 Frühholztracheiden einreihig; im Schaftholz bisweilen auch stellenweise zweireihig. Tangentialtüpfel vorhanden. Maximale Zellenzahl (tangential) je nach der Art 20, 30, 40. Bei Abies firma neben den für die Gattung Abies typischen einschichtigen 39r 30. BI. 370. 38. 39 u. 39D. 40 a. 40). 41. = Am Markstrahlen hin und wieder auch solche, die in der Mitte zwei- schichtig erscheinen. Markstrahlzellhöhe 16-22 ı„. (häufigster Wert 17—18 u) mit einem bis mehreren, zumeist einfachen Tüpfeln. Holzparenchym fehlend oder sehr spärlich . Abies (A. Apollinis Lk. — 4A. balsamea Mill. — A. cephalonica Lk. — A. eilieica Carr. — A. concolor Lindl. — A. firma 8. et Z. — A. Fraseri Lindl. — A. nobilis Lindl. — A. numidica de Lannoy. — 4. Nordmanniana Lk. — 4A. pectinata DU. — A. Pinsapo Boiss. — A. sacchaliensis Mast. — A. sibirica Ledeb,) Frühtracheiden einreihig, im Schaftholz stellenweise auch zweireihig getüpfelt. Tangentialtüpfel reichlich vorhanden. Mark- strahlen bis 20 Zellen hoch; letztere im Mittel 20 u. hoch, an der Radialwand mit ein— drei (meist 2) einfachen, fast kreis- förmigen Tüpfeln. Holzparenchym spärlich, an der Grenze des Spätholzes auftretend, dickwandig . . . . Pseudolarix (P. Kaempferi Fort.) Im allgemeinen der Bau von Abies . . . . . Keteleeria (K. Fortunei Carr.) Markstrahlen einschichtig, ohne Harzgang . . . . . 38 Markstrahlen entweder einreihig oder in der Mitte ihrer Höhe mehrschichtig und hier einen Harzgang einschließend . 39 Frühholztracheiden einreihig, im Schaftholz stellenweise auch zweireihig getüpfelt. Tangentialtüpfel vorhanden. Markstrahk- zellen 22 —23 u hoch, mit 2—4 kleinen, einfachen oder scheinbar behöften Tüpfeln. Quertracheiden auch im Innern des Mark- strahles. ‚Holzparenchym spärlich" . .. .v.7,. 0. We Se (T. canadensis Carr. — T. Mertensiana Carr. — T. Sieboldü Carr.) Epithelzellen der Markstrahlharzgänge dickwandig, relativ Mein EL N BURN, ER ah re Epithelzellen der Harzgänge dünnwandig, relativ groß . 43 An den Wänden mancher Quertracheiden stellenweise äußerst kleine, nach innen gerichtete spitze Vorsprungsbildungen 41 Wände der Quertracheiden glatt . . . .. 28 Mittlere Weite der Frühtracheiden im Schaftholz. 20—40 ı, im Astholz 15—29 v.; Tüpfel an der Radialwand im Schaftholz in der Regel einreihig; dann die Tüpfelpaare meist vereinzelt 42. 43a. 430. 44. 45. —pAN = auftretend, seltener mehrere übereinander stehend; im Astholz nur einreihige Tüpfel. Durchmesser des äußeren Tüpfelhofes 14—17 ». In den Spätholztracheiden Streifung bis etwa zum 15. Jahresring deutlich wahrnehmbar. Tangentialtüpfel fast immer vorhanden. Mittlere Höhe der Parenchymzellen in den Markstrahlen 17—21 u. Holzparenchym je nach den Arten der Gattung fehlend, spärlich oder reichlich vorhanden . Picea (P. alba Lk. — P. Alkockiana Carr. — P. bicolor Mayr. — P. excelsa Lk. — P. Glehni Fr. Schmidt. — P. hondoensis Mayr. — P. Maximovieziüi Bgl. — P. Morinda Lk. — P. obovata Ledeb. — P. Omorica Panc. — P. orientalis Lk. et Carr. — FP. polita Carr. — P. pungens Engelm. — P. Schrenkiana Fisch. et May. — P. sitchensis Trautv. et May.) Mittlere Weite der Früchtracheiden im Schaftholz 20-60 %, im Astholz 20—30 ».. Tüpfel an der Radialwand im Schaftholz ein- oder häufig zweireihig, im Astholz in der Regel einreihig. Durchmesser des äußeren Tüpfelhofes 14—24 ».. In den Spät- holztracheiden Streifung bis etwa zum 20. Jahresring wahr- nehmbar. Mittlere Höhe der Parenchymzellen 20—24 u. Holz- Beetichym nicht vorhanden. . : ... . u. .,... Larix (L. europaea DC. — L. leptolepis Endl.) Radialwände der Quertracheiden nach innen mit zackenförmigen Vorsprungsbildungen (»Zackenzellen«) . . . . .„. 44—45 Radialwände der Quertracheiden glatt (nicht zackenförmig ee. een a en sein —AB An der Radialwand der Markstrahlparenchymzellen nur ein großer, rhombischer oder augenlidförmiger, fast das ganze Kreuzungsfeld einnehmender Tüpfel. (Hie und da statt eines auch zwei relativ große Tüpfel.) Markstrahlzellen dünnwandig. Im Spätholze Tangentialtüpfel spärlich auftretend oder fehlend Pinus (ex part.) (P. densiflora S. et Z. — P. insularis More. — P. Khasiana Royle — P.lapponica Mayr — P. Laricio Poir, var. austriaca et Pallasiana). — P. Massoniana Lamb. — P. montana Mill, (var, Hughus, pumilio, uncinata). — P. resinosa Sol. — P. silvestris L. — P. Thunbergi Parl. — P. tropicalis Morel.) An der Radialwand der Parenchymzellen des Frühholzes zwei bis sechs mittelgroße, meist elliptische oder eiförmige Tüpfel pro 46. AT. 48. — 12 — Kreuzungsfeld. Markstrahlzellen dünn- oder dickwandig. Tan- gentialtüpfel in der Regel nicht vorhanden. Pinus (ex part.) (P. Altamirani Shaw — P. arizonica Engelm. — P. Banksiana Lamb. — P. canariensis Chr. Smith — P. Caribaea Mor. — P. Chihuahuana Engelm. — P. clausa Vasey. — P. contorta Dougl. — P. Coulteri Lamb. — P. cubensis Griesb. — P. Engelmanni Carr. — P. glabra Walt. — P. halepensis Mill. — P. inops Sol. — P. insignis Dougl. — P. Jeffrey Murr. — P. leiophylla Schiede — P. leucodermis Ant. -—- P. Lumholzii Rob. — P. Mayriana Sudw. — P. Mercusii Jungh. — P. mitis Michx. — P. Montezumae Laub. — P. muricata Don. — P. Murrayana. Bay — P. occidentalis Sw. — FP. oocarpa Schiede. — P. patula Schiede. — P. Pinaster Sol. — P. ponderosa Dougl. — P. Pringlei Shaw — P. Pseudostrobus Lindl. — P. pungens Michxe. — P. pyrenaica Lapayr. — P. rigida Mill. — P. Sabiniana Dougl. — P. sero- tina Michx. — P. Taeda L. — P. Teocote Cham. — P. Torreyana Dougl. — P. tuberculata Gord.) Markstrahltüpfel wie bei Nr. 44. Spätholztracheiden mit (meist zahlreichen) Tangentialtüpfeln . . . . . Pinus (ex part.) (P. albicaulis Engelm. — P. Cembra L. — P. excelsa Wall. — P. flexilis James. — P. Koreensis Sieb. — P. Lambertiana Murr. — P. luchuensis Mayr (ohne Tangentialtüpfel). — P. monticola Dougl. — P. parviflora 8. et Z. — P. pentaphylla Mayr — PT. Peuce Grieseb. — P. refleca Engelm. — P. Strobus L.) Markstrahlparenchym mitreichlich und hochgetüpfelten (dadurch dick erscheinenden) Wänden (»Abietineentüpfelung«). An der Radialwand mehrere kleine kreis- oder linsenförmige Tüpfel im Kreuzungsfeld, dadurch die Markstrahlen an jene der Gattung Picea erinnernd. Tangentialtüpfel . . . . Pinus (ex part.) (P. aristata Engelm. — P. Bungeana Zuee. — P. Balfouriana Jeffr. -— P.edulis Engelm. — P. Gerardiana Wall. — P. monophylla Torr. — P. Nelsoni Shaw — FP. osteosperma Engelm. — P. Parıyana Engelm. — P. VPinea L.) Quertracheiden mit stark und unregelmäßig verdickten Wänden. Parenchymzellen dickwandig, mit mehreren größeren Tüpfeln‘ im Kreuzungsfeld. Spätholztracheiden ohne Tangentialtüpfel. (P. longifolia Roxb..) Pinus (ex part. Orientierende Untersuchungen über die At- mung gesunder und infolge von Kalkmangel erkrankter Keimlinge von Phaseolus vulgaris von Leopold Ritter von Portheim und Max Samec. Mit 1 Textfigur. Eingelangt am 9. August 1907. Anläßlich unserer Untersuchungen »Über die Verbreitung der unentbehrlichen anorganischen Nährstoffe in den Keimlingen von Phaseolus vulyaris» » » 2) » 0:256 » » » 2 » 0'332 » » » 2) » 0'417 » » » 2 » 0175 » » » 2 » 0'212 » » » 2 » 0724 » » » 2 » 0702 » » » 2 » 0265 » » » 2 » 0'045 » Also nach 14 Tagen: 2'182 y Also nach 14 Tagen: 1'978 g Bei der 13. Versuchsreihe wurde zum erstenmal am dritten Tag nach der Aufstellung gelüfte, zum zweitenmal zwei Tage später. Nach weiteren vier Tagen wurde der Versuch abgebrochen. Die 14. Versuchsreihe lieferte folgende Ergebnisse: Ausgeschiedenes (0, bei den gesunden Keimlingen: bei den kranken Keimlingen: Nach 2 Tagen: 0816 y Nach 2 Tagen: 0'632 g > weiteren; > 0:102 » » weiteren 2 » 0'212 » » » 2 » 0'456 » » » 2 » 0'400 » » » 2 » 0271 » » » 2 » 0'219 » Also nach 8 Tagen: 1'645 y Also nach 8 Tagen: 1'463 g Bei den Dunkelversuchen wurde bei der 20. Versuchsreihe jeden zweiten Tag durchlüftet, bei der 21. Versuchsreihe konnte die Durchlüftung nur einmal, und zwar am zweiten Tage nach der Aufstellung des Versuches erfolgen, da die kalkfrei gezogenen Keimlinge schon am dritten Tage erkrankten. Bei der 22. Versuchsreihe wurden die Glocken erst am sechsten Tage nach der Aufstellung des Versuches mit frischer kohlensäurehaltiger Luft gefüllt. An diesem Tage hatten die ober- . irdischen Organe der gesunden Bohnen eine Länge von zirka 12 cm, die der kranken eine solche von zirka 9 cm. Erstere hatten 0'945 g, letztere 0'837 y CO, ausgeatmet. Nach Abbruch des Versuches wurde für die 20 cm langen Normalkeimlinge eine Kohlen- — Di — dioxydabgabe von 1'745 9, für die kalkfrei kultivierten Keimlinge eine soche von 1'739 g ermittelt. Obgleich die kalkfrei gezogenen Keimlinge während der Ent- wicklung manchmal mehr CO, abgaben als die normal gezogenen, war das Endresultat doch stets das gleiche, indem für die ersteren eine geringere Menge von ausgeschiedenem CO, gefunden wurde als für die letzteren. Bei Kultur im Dunkeln war das Trockengewicht der kalkfrei ge- zogenen Bohnen größer als das der Kalkpflanzen; dasselbe war diesmal auch bei drei Versuchsreihen der Lichtkulturen der Fall, nur bei einer Versuchsreihe im Licht, der 13., wog die Trockensubstanz der gesunden Keimlinge mehr als die der kranken. Aus Vorstehendem und aus der Tabelle ist zu ersehen, daß das Gewicht der Trockensubstanz der in normaler Knopscher Nähr- lösung gezogenen Keimlinge von Phaseolus vulgaris im Dunkeln stets kleiner war als das der kalkfrei gezogenen zur Zeit der Er- krankung der letzteren, gleichgültig, unter welchen Vegetationsbe- dingungen die Keimlinge kultiviert wurden. Bei den Lichtkulturen waren die Resultate schwankend. Manchmal waren es die kranken, manchmal die gesunden Keim- linge, welche das größere Trockengewicht aufwiesen. Bei Durchsicht der Tabelle ergibt sich, daß, wenn die Glocken geschlossen blieben, also wenn weder kohlensäurefreie noch kohlensäurehaltige Luft in dieselben geleitet wurde, die gesunden Keimlinge, abgesehen von der 2. Versuchsreihe, bei der die gesunden Keimlinge nicht ge- nügend lang kultiviert worden waren, schwerer waren als die kranken. Es waren dies die Versuchsreihen, bei denen eine Ansamm- lung des Kohlendioxyds während der Versuchsdauer stattfinden konnte. Wurde für eine rasche Ableitung des sich ansammelnden 00, gesorgt, sei es, indem man einen genügend starken Strom COs-freier Luft durch die Glocken leitetete, sei es, daß durch recht- zeitiges Abheben der Glocken wieder Luft mit normalem 00,- Gehalt zu den Keimlingen gelangte, so konnte nach Abbruch des Versuches bei den kranken Keimlingen den normalen gegen- über ein größeres Gewicht der Trockensubstanz konstatiert werden. (Versuchsreihen: 6, 7, 11, 12, 14.) War die Durchlüftung ungenügend, so war das Trocken- gewicht der Normalkeimlinge größer als das der kalkfrei gezogenen. (Versuchsreihen: 8, 9, 10, 13.) 122 Versuchs- bedin- gungen | Versuchsreihe-Nr. Geschloss. Glocken mit CO, n er oODD b,) Geschloss. Glocken ohne CO, n Q0U- CO,-freie Luft durch- streichend durch die Glocken ” n ” HOovoNn Glocken durchlüftet mit C0,- haltiger Luft 12: S 13) R 14 = Geschloss. Glocken mit 00, | ” Geschloss. Glocken ohne CO, C0,-freie Luft durch die Glocken ' streichend Glocken durchlüftet | mit C0,- haltiger Luft ge 22 e “ 8 v Länge der Keim- 3 a linge in em | Ausgeschiedenes 00, Trockengewicht 2 ch gesunde | kranke 34 me = - U ‘ U ‘ “ 13358 5%|5%|5% |gesd. krank.) Diffe- de | kranke | Diffe- ee Keimtinge | ‚renz |? Kenn ee Licht- 25 | 6/19] 7 |18| 3 |2.07311:594+ 0479| 3'948 | 3'810 |+ 0:138 25 4113| 6 |— | — |1:248| — _ 4'764 — -- 25 6 —| — /13| 3 | — 17399 — — 4784 — 0'020 25 8 21] 8 17, 3 2626 2:372-+ 0'254 4250 | 3:884 |+- 0:366 14-15, 11 94 | 8:3 | 8:8] 4511:563 11171 + 0'392) 4053 | 3:882 |+ 0171 15 10) 9 15:8 | 69) 2:3,1°56911’249 + 0'320, 4075 | 3:898 |+ 0:177 25 5115| 76 | 3 11-99111-527 + 0:464| 4331 | 4475 |— 0'144 16 | 9| 10/8156 3 11-983|1-303)+ 0'680 3'663 | 4235 — 0'572 16 11/11'6,10°7 7:21 3:7 11'717|1’431|+ 0'286 4000 | 3:885 |+ 0'115 15 12 15'3 10'3) 79) 3:8 2-402 1890 + 0512| 3'620 | 3:530 + 0'090 15 12 12810°4 8:1 3:83 2-549 11553 + 0'996, 4'274 | 4:230 + 0'040 25 | 6/18| 6 | S | 2 11996114574 0:539| 4'825 | 5'513 — 0:688 14.114136. 781217512182 1.978 + 0204 4033 | 4498 |— 0'465 15 9 73,61|49 3-1.1:442 0962 - 0:480 4352 4152 |+ 0'200 20 | 8, 12| 8 | 7 | 3 |1:645 1'463 + 0182) 4173 | 4.267 |— 0'094 Dunkel- 18 71 —| — | — | — |0:603|0:538/+ 0°065| 3'819 | 4'590 |— 0'771 “ 18 796 91! 4 | 3 06100502-- 0.108 4447 4885 — 0'438 ul 15. 18/| 6 | S 4 119141499 -+ 0'415 4310 | 4565 |— 0'255 BRE | 24 4198 | 8:6 | 351 3:2 1'194 0'908 + 02386 4407 | 5067 — 0660 | 17 6 .11°1| 9:6 | 5°3) 4:4.1'298.0:991+ 0'307| 5596 | 6169 — 0:573 16 6109| 9:1 5:7| 4:110:654.0:499-+ 0:155| 3'952 | 4011 — 0'059 24 | 3 183) 6.3 | 6°8| 3:5 0:782/0:691 + 0:091| 5504 | 6690 |— 1'186 15 9 201 7 /13| 5 11:745/1'739 + 0:006), 4'367 | 4'390 |— 0:023 Die Pluszeichen zeigen an, daß das Gewicht des ausgeschiedenen CO, und das kranken. Ist das Trockengewicht der letzteren größer als das. — 123 — = S Gewichtsab- | ;-2 sal25%8]| Verhältnis des Ss nahme 25=9=|20 87% lausgeschied. CO, CO,-Ausscheidung v = 5 |gegenüb.den 3:3 RE Seas 8 zur Gewichtsab- pro Tag 205 = Samen bei d. AR &-5“| nahme gegen- ing Anmerkungen 2='7| Keimlingen |5> ©". v3 ze über den Samen Vu 0 —— in Bere = BSE ge Su 5| 2,087 |gesunde| kranke | gesd. |krank.| Diffe- E > 5 |sunde|krank. |" 5 3 & |E> 53 Keimlinge Keimlinze renz kulturen 5-32711-37911-517| 1:30 | 1:04 | 150 | 1-05 |0'346 0:266'-+ 0:080|Die kalkfreie Lösung entfärbt mehr KUnO, | als die kalkhaltige 6.186142) — | — 0312 — —_ 6:165| — 11'381 | 0 290/+ 0:022 6400 2150 2:516) 1:11 | 1:09 | 1:22 | 0:94 |0:3280 297|+ 0'031 Die kalkfreie Lösung entfärbt mehr KUnO, als die kalkhaltige ge ee 0:67 01420106 + 0' -E ara 5622156911740 133 | 104 | 1 0:036 5647115721749 126 | 105 | 1 071 |0:1570:125|+ 0'032 588411553 1409 1:30 | 0°97 | 1:28 | 108 10:398,0'305 + 0093 513311470. 0:898| 152 | 0:86 | 1:35 | 1:45 |0:22010:145+ 511411:11411:229| 1:20 | 1:03 | 154 | 116 |0:15610:130 + 5500 1:88011:970 127 | 1:03 | 1:28 | 0:96 [0200/0158 + 0'042 5-93811:66411°703| 1:64 | 1:01 | 153 | 0:91 02120129) + 6587117621074) 1-37 | 0:88 | 1:13 | 1:36 |0:333|0-243 + 560811575 1'110) 1:10 | 090 | 1:39 | 1:78 |0°156,0:141/+- 0.015 5564112121412) 1:50 | 1:05 | 1:19 | 0:68 0°160,.0:107|+ 0'053 5-646|1:473.1-379| 1:12 | 0:98 | 1:12 | 1:06 |0:118,0:105)+ 0'013 kulturen 5-67111:85211:081| 1:12 | 0:83 | 0:33 | 0:50 |0:086/0:077|-+ 0:009 5:540.1:0930:655 1:22 | 0:91 | 056 | 0:76 |0.087/0:072:+ 0.015 6009|1:699 11-444 1:28 | 094 | 1:13 | 1:04 |0:128,0-100 + 0'028 5-84211'435 0775 131 | 0:87 | 083 | 1:16 0'2990 227 + 0:072 7036 1'440. 0°867 1:31 | 0:91 | 0:90 | 1:13 |0:216/0:165| + 0:051 5436114841425 131 | 099 | 0:44 | 0:35 0:109)0:083 + 0'026 723911:735|0:549| 1:13 | 0:82 | 1:26 | 0:66 10'261 .0:230| + 0-031 5 73013631340 1 0:99 | 1:23 1:30 ‚0:194/0:193 + 0:001 Gewicht der Trockensubstanz der gesunden Keimlinge größer ist als das der der ersteren, so wird dies durch das Minuszeichen angedeutet. — 1224 — Aus diesen Befunden für die Versuche im Licht und aus der Tatsache, daß die kranken Keimlinge nur im Dunkeln stets schwerer waren als die gesunden, geht hervor, daß das größere oder kleinere Gewicht der Trockensubstanz der gesunden Keimlinge den kranken gegenüber im Licht abhängig war von der Ansammlung des Kohlen- dioxyds in der Umgebung der Keimlinge und von der dadurch bedingten Beeinflussung der Assimilation. Was das Verhältnis der durch die Kaliapparate festgestellten Kohlendioxydquantität zur Gewichtsabnahme der Trockensubstanz bei den Versuchspflanzen betrifft, so zeigt dasselbe keine absolute Konstanz, selbst bei gleicher Versuchsanstellung sind manchmal größere Schwankungen zu beobachten. Eine solche Konstanz ist nicht zu erwarten, da der dieses Ver- hältnis anzeigende Quotient beeinflußt wird von der zur Verfügung stehenden Sauerstoffmenge, von dem tatsächlich ausgeschiedenen Kohlendioxyd abzüglich des assimilierten CO, und der Gewichts- zunahme, welche durch Eintritt des Wassers in den molekularen Aufbau des Pflanzenkörpers herbeigeführt wird. Unsere Versuche haben trotz der Kompliziertheit der Stoff- wechselvorgänge während der Entwicklung der Keimlinge bei den zur Anwendung gebrachten Versuchsmethoden folgendes ergeben: Die in normaler Knopscher Nährlösung kulti- vierten Keimlinge von Phaseolus vulgaris atmen stets intensiveralsdiegleichalten, infolgevonKalkmanger in der Nährlösung erkrankten Keimlinge. Das geringere Trockengewicht, welches die ge- sunden Keimlinge den gleichaltrigen, im Wachstum zurückgebliebenen kranken gegenüber bei Kultur unter normalen Vegetationsbedingungen im Licht und im Dunkeln aufweisen, ist auf intensivere dissi- milative Vorgänge im Lebensprozesse der normal gezogenen Phaseolus-Keimlinge, insbesondere aufdie stärkere Kohlendioxydabgabe zurückzuführen. Biologische Versuchsanstaltin Wien, im August 1907. On the Localisation of Geo-perception in the Cotyledon of Sorghum by Francis Darwin. Mit 7 Textfiguren. Eingelangt am 10. August 1907. I. Introductory. Some years ago!) Ishowed that, when a seedling of Sorghum or Setaria is supported in a horizontal position by the cotyledon, the hypocotyl does not assume a vertical position under the in- fluence of gravitation, but curves into a series of rings or spirals. This seemed to be explicable only on the assumption that the cotyledon is geo-perceptive and that since it remains horizontal the hypocotyl is stimulated to continuous curvature. Miehe?) has recently suggested that another explanation is possible; other writers having moreover expressed doubts as to the validity of the proof, it seems desirable to supply fresh evidence. Miehe’s chief objection is identical in principle with the doubt expressed in my paper on the localisation of geo-perception in the root-tip >). Miehe points out that the behaviour of the seedlings is explicable with the aid of our knowledge of the intercalary character of the growth of the hypocotyl. Assuming that the hypocotyl is geo- perceptive, each new intercalary zone will bend upwards by its own geotropism and will carry with it the older zones, in this way the hypocotyl may be carried past the vertical. If the power of growth is lost in the older zones with great rapidity, there may be !) Annals of Botany 13, 1899, p. 567. ®) Pringsheims Jahrb. 37, 1902, p. 584. °») F. Darwin. Journal Linn. Soc. 36, p, 272. Ale no possibility of the hypocotyl reversing its curvature and thus returning to the vertical. If this were so there seems no doubt that a corkscrew effect would be produced. It is certain that the region of growth is near the cotyledon, as Rothert showed to be the case!) with Setaria. He marked the hypocotyl at distances of 1!/; mm and found after 23 hrs. that the average growth of the four zones (beginning with the one next the cotyledon) was 465, 120, 28, 5 p. c. !n another experiment he got 127, 55, 8 p. c. In acro- petal growth however it is important to know the distribution of erowth for shorter intervals of time. We therefore made a series of observations on the growth of Sorghum: the hypocotyl was marked at intervals of about 2 mm the distances between which were carefully determined with a horizontal microscope (20 divisions of the micrometer = one millimetre), and again after an interval of a few hours. Table? Zone 1 Zone 2 Zone 3 Zone 4 growing in nm nn „er Neun, re m, un. Time Length P. C.|Length P. C.|Length P. C.|Length P. C. 34h#25. 19 42 10 20 12 33 20 20 3 mm 3rh 25) 50 24 26 30 33 12 31 0 5 mm Aa 240 21 40 50 43 18 32 6 6 mm Huhsils: 50 80 67 49 50 0 6 mm 337 28 21 29 41 25 20 4 mm Note: Zone 1 in next the colytedon. The results are given in Table I. Under the heading »Time« are given the periods of time between marking the seedlings and re-measuring them. Under the heading »Zone 1«, »Zone 2«, etc., are given the original lengths of the zones and the increase ex- pressed as a percentage. In these columns the length is given in terms of micrometer graduations but in the last columm the original length of the region which has shown decided growth is given in millimetres. The experiments given are selected as typical out of a number of similar trials. It is clear that a region of from 3 to 6 mm may at a given moment be growing to a fair amount and that the growth is more evenly distributed than is obvious in Rotherts experiments. These results suggest that reversal of the ı) Cohns Beiträge 7, p. 68. — 2 — curvature may be possible and this I find to be the case to a con- siderable extent. The experiments consist in fixing Sorghums horizontally, either in tubes or in gypsum, until they curve upwards through some 40—50°, they are then reversed, i. e,, the cotyledon, by which they are supported, is rotated through 180°, and they are left in the new position until they have again curved markedly upwards. They are then carefully sketched so as to show the degree to which the first curvature is still visible. The experiments were made in damp air inthe dark at a temperature of 24—25°. Iam indebted to Miss Pertz for making the tracings shown in the accompanying figures. Experiment 1. After 2 hours the seedling had curved upwards through 45°, it was then reversed and after 51/, hrs. it was at R ? 2a io. 1. Kie, 2, Fig” 3 + 40° having curved through 85°. The first curve was still faintly visible (about 5°). Experiment 2. In 6 hours curved to + 40°, then reversed and in 17'/; hrs. curved through 80° (to + 40°). The first curve still visible (= about 12°). Experiment 3. In 3 hours curved to + 40°; reversed and in 24 hours curved to + 45° (i. e,, through 85°). The first curve distinctly visible — about 15°. Experiment 4. Curved through 75° when reversed, and showed a mere trace of the original curve. ‚Experiment 5, fig. 1. May 4, 1907. In 5!/, hours curved through 102°, reversed and in 20 hours curved trough 156°. The first curve is visible (= about 15°). Experiment 6, fig. 2. May 4, 1907. In 51, hours curved through 30°, reversed and in 20 hours curved through 165°. The first curve is visible (= about 12°), — 1238 — Experiment 7, fig. 3. In 51/), hours curved through 65°; re- versed and in 20 hours curved through 115°. The first curve scarcely visible. In all the above experiments the plants were behaving rather sluggishly as shown by the small amount of cur- vature produced per hour. These experiments show thatSorghum has a considerable power of reversing its curvature but that the reversal is not complete, since part of the original curve is generally visible. An opponent may assert that since the whole of the first curvature does not disappear, Miehe’s objection holds good. The value of Miehe’s suggestion depends entirely on the assumption that the upward curvature of the hypocotyl is due to its own geo-perception. The facts given in the present paper are opposed to this view, we may therefore leave Miehe’s objection for the present. I. The method of the bent cotyledon. The method here described is a modification of the well known »glass boot« experiment of Czapek.!) It cannot perhaps be claimed that the results are decisive, although they seem to me only ex- plicable on the assumption that the cotyledon is the seat of geo- perception. In my experiments the cotyledon was forcibly bent, and here we departed from Czapek’s plan, in which the curvature is slowly produced by allowing the root to grow into a bent tube. We used Sorghums which had been grown under a toplight which has the advantage of giving straightly grown seedlings, and what is of especial importance, of giving plants with long cotyledons and short hypocotyls: the short cotyledon of the etiolated seedling does not lend itself to manipulation nearly so well as light-grown specimens. The seedlings are carefully extracted from the flower- pot, the root is cut off, and they are allowed to lie on the table for a few minutes to produce a very slighi withering: this last procedure is useful but not absolutely necessary. The extreme base of the cotyledon is fixed by pins (while do not pierce the tissues) to a plate of cork. The free end of the cotyledon may then be bent in a plane parallel to the cork-plate and fixed to it by pins. !) See Pfeffer, Annals of Botany 1894; Czapek, Pringsheim’s Jahrb. 1895, 27. — 1229 — The steps by which the curvature is produced must be small so that the process of bending should take at least 5 minutes. It is best not to attempt a bend through quite 90°, for even with smaller amounts of curvature the cotyledon often breaks at the bend. The preparation is then floated on water for 5 minutes or so to allow turgescence to be regained. Any gravitational stimulus produced in this way is at right angles to the experimental plane of curvature. The specimens are then placed, the plane in which the cotyledon is bent being vertical, under a bell jarin the moist atmosphere of a dark incubator kept at 24—25". Fig. 4. Position 1. Eie. 5. Position 2. The arrow C shows the direction of curvature to be expected if the stimulus originates in the cotyledon: 4 shows the direction in which the hypocotyl would bend if it were independently geotropic. Two positions were in the first instance employed, as shown in the figures. In both cases it must be understood that the plants are supported by tlıe cotyledons, as in my experiments of 1894. Assuming for the moment that geo-perception resides in the coty- ledon, we may further assume that the curvature will obey the stimulus arising in the apical three-quarters of the cotyledon rather than the stimulus originating in the basal quarter. Therefore on this as- sumption we should expect in Position 1 (Fig. 4) that the hypocotyl would curve downwards in direction €. This is what was found to occur almost without exception. Whereas if tlıe hypocotyl were independently geo-perceptive, the curvature would obviously be upwards in the direction HM. Wiesner-Festschrift 9 — 130° — In the same way in Position 2 the curvature would be in direction C ifthe cotyledon is geosensitive, but upwards in direction H, if the hypocotyl is independently geotropic. But in Position 2 there was no such regular occurrence of curvatures in direction ©, the results were irregular bendings in both directions, This difference between Positions 1 and 2 seems to depend on the fact that in Position 2 curvature © (i. e, the movement which should result from the stimulus of the cotyledon) is in oppo- sition to the direction of the forced bend in the cotyledon, while in position 1, curvature Ü is in the direction of the curve in the cotyledon. Fig. 6. Dositien ‘3. It seemed possible that the artificial curvature in the cotyledon causes a growth-curvature of the hypocotyl in the same direction, We have evidence for this, and there is no inherent unlikelihood, for this is what Wachtel!) observed in his repetition of Czapek’s glass-boot experiment. lf this is so, then in position 1 the cotyledonary stimulus (producing a curve in direction C) acts with the traumatic effect; in position 2 the traumatic effect acts against curve Ü. Therefore we should expect curve © to be more uniform in occurrence and greater in amount in position 1, than in position 2 — and this is so far what is found. When the cotyledons are forcibly bent, not as above described, but by pushing them into bent glass tubes, the traumatic effect seems to be stronger. Thus, out of 6 experiments in position 2, )M. Wachtel, Bot. Zeitung, 1899, p. 223. 5 bent in direction 77 and only one in direction €. Eight experiments in position 1 gave Ü curvatures which in this case is in direction of the traumatic effect. Seven experiments were made with glass tubes in position 3 (Fig. 6). This position is of no special importance since the stimulus arising in ihe hypocotyl produces the same curvature (H) as that originating in the cotyledon (U). The experiments were undertaken to make sure that the weight of the hypocotyl and seed do no- determine the direction of curvature with plants in position 1. Out of the 7 plants, 6 curved up (in direction C and H), the seventh downwards. The experiments are also worth giving for another reason: if the average curvature had not been markedly in direction €, H, the result would have been only explicable as the result of a traumatic effect acting in the opposite direction to the bend in the cotyledon and strong enough to overcome the geotropic effect. To test the theory that forcible curvature of the cotyledon produces a traumatic curve in the hypocotyl a few experiments were made in which the cotyledons were forced into bent tubes, and then kept on a klinostat in the dark for 5 to 6 hours. Eighteen seedlings were so treated, in all of which the hypocotyl curved in the direction of the bend in the cotyledon. The amount of curvature varied from 15° to 70° and gave an average of 39. In conclusion of this part of the inquiry it must be especially noted that though the occurrence of a traumatic effect renders the experiments unsatisfactory, yet the results seem only explicable on the assumption that geo-perception resides in the cotyledon— or at least that the cotyledonary stimulus is stronger than that arising in the hypocotyl. For if the reverse were the case, if the master- stimulus had resided in the hypocotyl, Position 2 should have given a uniform curvature in direction /, since the geotropic and traumatic results would have been superposed. Whereas Position 1 should have given irregular results because geotropism would have been opposed by the traumatic effect. III. Bent cotyledons heliotropically stimulated. In order to test the geotropic results a similar set of ex- periments were made with light as the stimulus. G* — 12 — The cotyledons of the Sorghums were as before cautiously bent and fixed to cork plates. But in the present series the cork plate was horizontal and so arranged that the light struck the cotyledons more or less horizontally. Each preparation was placed on wet sawdust and covered with a crystalising jar which was darkened with black calico except at a narrow interval by which light entered. The jars were placed near a north window where the temperature was between 20° and 30° ©, and the plants were exposed to electric light at night when a long exposure was ne- cessary. Position 1. (See fig. 4, in which the upper arrow gives the line of light.) Ten experiments; in one case no curvature resulted, in the other nine the hypocotyls curved from 20° to 70° in direction (, i. €, in direction due to the stimulation of the cotyledon, Position 2. (See fig. 5, in which the upper arrow gives the line of light.) Fourteen experiments: in one no curvature, in three cases curvature H, in ten cases curvature (. Thus in both positions the curvature was on the whole in the direction (©, i. e, that due to stimulus of the cotyledon. It would appear from the comparison of these experiments with the corre- sponding ones on geotropism that the plants are more sensitive to light than gravity, since heliotropic experiments in position 2 are more sucessful than with geotropism. We had some other reason to suspect that light-grown Sorghums are rather sluggish to gravitation. Heliotropie experiments, with glass tubes. When the forcible curvature is produced by pushing the coty- ledons into bent glass tubes we again found a strong tendency to curve in the direction of the artificial bend in the cotyledon. Thus in five experiments made with position 2 (Fig. 5), the cur- vature was in every case in direction H; and since in the case of heliotropism we know that photo-perception is practically confined to the cotyledon we must believe that the H-curvatures are traumatic, IV. Other Traumatie Curvatures. The following experiments were made to decide whether injuring one side of the cotyledon induces curvature in the hypocotyl. — 133 — The Sorghums were fixed by the lower part of the hypocotyl in a vertical position, the apex being upwards, and after being injured in various ways on one side of the cotyledon, they were kept at a suitable temperature for 21—23 hours in damp air in the dark, when they were examined. In those described as “cut“, two or three minute incisions were made on one side of the cotyledon: the *burnt* ones were touched witlı a hot needle in a few- places: “oiled“ means that one side of the cotyledon was painted with olive oil thickened with animal charcoal, a method which is not very satisfactory owing to the spreading of the oil, in spite of which the results are con- sistent. Table Il. | | Number of | jn; Remained | To injured From in- | At right seedlings alu straight side | jured side | angles 10 | cut 2 6 Br 1 Se Wr burnt 1 7 17 | oiled | 1 16 Totals 35 | | 4 29 1 1 There can therefore be no doubt that injuring the cotyledon tends to produce curvature towards the injured side. This may remind us of the traumatic curves in roots described in The Power of Movement in Plants!) as due to injury to one side of the tip, but in the case of roots the curvature is from the injured side. A few experiments were made to test the combination of the traumatic effect with geotropism. The cotyledons of thirty-seven seedling Sorghums were oiled on one side, nineteen of these were placed horizontally with the injured side of the cotyledon upwards, the remainder horizontally with the injured side below. In both cases the seedlings were supported by the base of the hypocotyl, not, as in so many of our experiments, by the cotyledon. After 22—23 hours the following results were obtained. Of nineteen with the injured side upwards all curved upwards (average angle 53°. Of eighteen with the injured 1) P. 132. The curvatures were at the time believed to be due to contact- stimulus. — 134 ° — side downwards, thirteen curved upwards (average angle 31°), four curved downwards (average angle 15°) and one did not curve. Thus when traumatropism cooperates with geotropism all the specimens curved upwards. When the two tendencies were opposed geotropism was in the majority of cases (13:5) victorious but the curvature was decidedly less than in the first case (31° : 53°). In the four cases in which traumatropism won the curve was smaller than in either of the other classes. The existence of traumatic curvatures may have a bearing on my experiments!) in which continuous curvature of the hypocotyl is produced in Sorghum seedlings supported by their cotyledons. They are usually fixed by being pushed into glass tubes or into grasshaulms, and it is quite likely that injury to the cotyledon may sometimes result. It is impossible that such injury can account for the continuous curvature which is always upwards, but it may be an occasional disturbing cause, especially when the seedlings are in a position of unstable equilibrium. I pointed out?) that Sorghum supported by their cotyledons in a vertical position, the apex being upwards, should theoreticailly show no curvature, but that such curvature occasionally occurs. We have recently confirmed the statement made in 1894 (loc. cit.) that when care is taken to keep the cotyledon strictly vertical the average departure from the vertical is small, but an occasional plant shows strong deviation. Thus out of twenty-nine seedlings so treated two deviated from the vertical by 70° and 135° respectively, While the remaining twenty-seven after the same period of 23 hours only departed from the vertical by an average angle of 137°, It is possible that the two exceptional cases were due to traumatic action. The same thing may be true for the irregularity observed with plants grown in the dark on a klinostat which are referred to in my paper, loc. cit. p. 572. V. Picecard’s Method. We have applied Piccard’s ingenious method °) to the case of Sorghum with some success. In fig. 7, A is the horizontal axis of a Knights machine carrying the disc D; B is a metal cone, the apex of which is ı) F. Darwin, Annals of Botany 13, p. 567. ®) Annals of Botany 13, p. 573. ») Pringsheims Jahrb. 40, 1904, p. 94. = 135 — strictly central; P is a metal plate, the plane of which is at right angles to that of D; P is moveable and can be fixed so that its inner edge is in line with the axis of B!). A Sorghum seedling (5) is fixed by its cotyledon to P by means of gypsum. When the machine is set in motion it is evident that the hypocotyl and the cotyledon being on different sides of the axis of rotation the direction of the resulting curvature will depend on where the gravitational stimulus arises. If geo-perception resides exclusively in the hypocotyl it is clear that the curvature will be in direction H— | a Fiesn towards the axis. But if geo-perception is confined to the cotyledon the reverse will happen by the transmission of a stimulus from the cotyledon. This is the result we have obtained, namely the curvature of the hypocotyl away from the centre. Our experiments do not prove that no geo-perception exists in the hypocotyl, but they do prove that if such sensitiveness exists, it is overcome by the stimulus originating in the cotyledon. !) In practice the plate P is placed so that the cotyledon and not the plate is over the point 3, The arrangement by which P is fixed in the desired position is not shown. — 41850. — Before giving the results, a few details may be noted. In the figure it will be seen that the seedling is oblique to the axis; this arrangement, in which we follow Piccard, is obviously necessary, since if the seedling were at right angles to the axis the geo- stimulus would be theoretically nil, and practically would be very small. I aimed at fixing the plant at 45° to the axis but in practice the angle varied. In Piccard’s experiments, which were made on roots, the seed was fixed and the tip of the radicle projected beyond the axis. He was only able to keep the plants in rotation for one hour, because owing to the growth of the radicle the relative positions of the tip and growing region changed. But in my experiments i could continue the experiment for many hours because if, by its growth, the cotyledon comes to project slightly beyond the axis as shown in the figure, the result is a favouring of the hypocotyl, since its growing region is thus carried further from the axis and in this way subjected to increased centrifugal force. The seedlings were kept moist by a small well-fitting bell jar containing a small quantity of water, and screwed firmly to the disc D. They were subjected to a temperature of 25—30° ©. It was not thought necessary to place the apparatus in the dark as the axis of rotation was parallel to the windows and moreover the cotyledons were darkened by the thick layer of gypsum by which they were attached to the plate. In all but the first three experiments !) the axis of rotation was strictly horizontal, and even had not this been the case it is hard to believe that plants rotating nine or ten times a second could be affected as though they were on Fitting’s oblique klinostat. There is a small difficulty in expressing the centrifugal force to which the cotyledon is exposed since it increases from zero at the base to a value atthe apex depending on the length of the cotyledon and its angle with the axis. If the cotyledon is 10 mm in length and makes an angle of 45° with the axis, the distance of the apex from the axis = 10 X 0'707 — 7'] mm. With a rotation of ten times a second, this will give a centrifugal force equal to 2'8 y at the apex of the cotyledon. It must be remembered that the efficient component of the centrifugal force will be less than this because of the obliquity of the plant. In this case the component !) In these the cotyledons were fixed in glass tubes and not therefore darkened. — 137 — will be 28% 0707 g = 1'97 y; the value of the centrifugal force in Table III is calculated in this way. Table Ill. | ' Angle | Length m Exposure en | to axis | of cot. | ee 5 Exp. 7 Mar. 5, 1907 | 4” Tmm | 45’ | out | 5 1:2 Exp. 8; Mar. 8, 190070 |° 45 Sem | 45. om All | il Exp.12| Mar. 13, 1907 ° 45 9 mm |, 20 | out 1ER; er eirt Exp.15| Apr. 19, 1907 | 40 10 mm | 27 out IE ee Rlel Exp 16| Apr. 20, 19007 | ° ? 9 mm | 42? | out 5 Ki Meet: Exp Apr. 22, 1907 | 45 6 mm | 35 out 4 08 Exp.19| Apr. 24, 1907 43 9 mm | 3 | out | 6'), 18 Exp. 29| Apr. 26, 1907 50 8 mm , 50 | out 7 16 Exp. 21 | Apr. 29, 1907 | 44 Imm , 4 | out, 6 (2,4 NZ Thus in all the experiments the curvature was away from the centre, i. e., in the direction to be expected if geo-perception resides in the cotyledon. There are two other possible explanations of the fact. (1) That the hypocotyl is pros— instead of apogeotropic; this may be dismissed for want of other evidence. (2) That the curvature from the centre is not a growth-curvature but a physical bending, the direct result of the centrifugal force, This theory would be easily disproved if the seedlings had been more actively geotropic when they might have shown the curling up into spirals, or might at any rate have curved well beyond the plane parallel to the disc D. This, however, only occurred in two cases, neither of which were quite satis- factory. There is, however, a simple way of showing that the result is not due to ductility, namely, the repetition of the ordinary Knight’s experiment with Sorghum. The plants were fixed in tubes or by means of plaster of Paris so that the whole plant (which was oblique to the axis of rotation) was from 1'5 to 3 cm from the axis. Thus whether the cotyledon or hypocotyl is the seat of geo- perception the hypocotyl ought to curve towards the centre. — 138 — The results were as shown in Table IV. TablieıV: — — | : Expo- | Centtri- Number Date Angle > | Curve sure. fugal | hours. force ı)Exp. 9| Mar. 9, 1907 | 34 in N 55 9 \)Exp.18| Apr. 23, 1907 55 in 32 Ma) 4 Exp.22 May 2,1907 | 43 in 25 Ar, 44 Exp.23| May 3, 1907 | 3 in 53 Br 47 Exp.24| May 4, 1907 48 in 17 6'/, 34 Exp. 25 | Apr. 30, 1907 45 out 30? 6 7:2 Exp.27| May 7, 1907 49 in 14 6 1:25 Thus with centrifugal forces considerably greater than those given by the Piccard method the hypocotyls curved, as was expected, inwards, i. e, towards the centre, except in Exp. 25. It must be especially noted that this experiment was unsatisfactory, the coty- ledon having been insecurely fixed. Though the experiments are not sufficiently numerous it must be allowed that acomparison of Tables IV and III shows that the results obtained by the Piccard method cannot be due to physical bending away from the centre. We must therefore conclude that the cotyledon is geo-perceptive, and that, if any similar sensitiveness resides in the hypocotyl, it is conquered by the stimulus transmitted from the cotyledon. It is a pleasure to express my thanks to Miss Dorothea Pertz who has given me a great deal of valuable help in carrying out the experiments above recorded, also to Professor Seward, who has been good enough to extend to me the hospitality of the Uni- versity Laboratory. Cambridge, July 23rd, 1907. ') In experiments 9 and 18 the plants were fixed in tubes. Neue Mitteilungen über die sogenannte Kohleschicht der Kompositen von T. F. Hanausek (Krems). Mit Tafel III und IV. Eingelangt am 12. August 1907. Das Vorkommen einer den meisten auflösenden oder zer- setzenden Reagenzien widerstehenden schwarzen (in Jugendzu- ständen braunen) Masse wurde von mir!) bisher in 13 Kompositen- gattungen, und zwar nur im Perikarp festgestellt. Seitdem hatte ich Gelegenheit, die Früchte mehrerer anderer Gattungen zu untersuchen und auch in diesen die merkwürdige, zuerst von mir und später auch von Gerdts?’) als Kohle angesprochene Masse aufzufinden. Darüber wird unten ausführlich berichtet werden. Zunächst muß ich aber die interessante Tatsache feststellen, daß dieschwarze Masse auch in einem anderen Organ einer Komposite und schon vor längerer Zeit beobachtet worden ist. Eigentlich ist dies nicht so überraschend, da nicht einzusehen ist, warum das Vorkommen gerade auf die Frucht be- schränkt sein sollte. Wie ich entwicklungsgeschichtlich dargetan habe, entsteht die Masse durch Umwandlung der Mittel- lamelle, die hierbei nahezu dasselbe Veıhalten zeigt, wie es !) Zur Entwicklungsgeschichte des Perikarp von Helianthus annuus. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellschaft 1902, XX., S. 449—454 (wird als »Hanausek I angeführt). — Die »Kohleschicht< im Perikarp der Kompositen. Sitzbungsber. der kais. Akad. der Wissensch., Mathem.-naturw. Kl, CXVI., Abt. 1, 1907, S. 3 bis 31 (wird als »Hanausek Il« angeführt). ®) Kari Ludwig Gerdts, Bau und Entwicklung der Kompositenfrucht Inaug.-Diss. Bern. (Leipzig 1905.) S. 56-57. a Wiesner!) für den durch Erhitzung herbeigeführten Verkohlungs- prozeß des Holzes nachgewiesen hat. Fast immer sind es die mechanischen Gewebe (Bastfaserbündel, Sklerenchym), an und in denen die Umwandlung der Mittellamelle vor sich geht. Es liegt also sehr nahe, anzunehmen, daß auch in jenen Organen, die die Hauptträger dieser Gewebeformen sind — Stamm und Wurzel — die schwarze Masse auftreten wird. Dies ist denn auch der Fall, Schon im Jahre 1885 hat Hartwich?) in der Wurzel und im Wurzelstocke von Perezia sp. ein interzellulares »Sekret« beobachtet, an dem ihm die außerordentliche Widerstandsfähigkeit gegen Reagenzien aufgefallen war. Die betreffende Stelle in der Arbeit Hartwichs erscheint mir so wichtig, daß ich sie hier zitiere, zumal der Artikel überhaupt nicht leicht zugänglich ist. Sie lautet: »Es lassen sich bereits mit bloßem Auge schwarze Punkte in der Rinde, dem Marke und zwischen den Markstrahlen der Wurzel erkennen, ferner findet sich diese Erscheinung noch ausgeprägter in den Markstrahlen und der Rinde des Wurzelstockes. Diese Flecken und Punkte bestehen in der Wurzel aus Gruppen von 1 bis 6 Sklerenchymzellen, deren Querschnitt rundlich ist. Im Wurzelstock bestehen diese Gruppen aus viel mehr Zellen und der Querschnitt der einzelnen Zellen ist gestreckt. Auf Längsschnitten sieht man, daß sie in die Länge gestreckt sind und — die eine auf die andere gestellt — die Wurzel auf ziemliche Strecken ununterbrochen durchsetzen. Die Interzellularräume zwischen diesen Zellen sind mit einem dunkelbraunen Sekret erfüllt, welches, wie man nach Behandlung der Schnitte mit konzentrierter Schwefelsäure erkennt, in dünner Schicht auch die einzelnen Zellen trennt. Hin und wieder findet sich dieses Sekret auch in den Zwischenräumen nichtsklerotischer Zellen. Auffallend war mir die außerordentliche Widerstandsfähigkeit dieses Sekrets gegen Reagenzien: Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure, chlorsaurem Kali und Salpeter- säure und Kalilauge lassen es völlig unverletzt und besonders bei dem zweiten Reagens in Form eines zusammenhängenden Netzes erscheinen.«<« Drei Zeichnungen versinnbildiichen das Gesagte. Fig. 3 gibt eine Zellgruppe mit dem Sekret, Fig. 4 eine isolierte 1) Wiesner, Über den mikroskopischen Nachweis der Kohle etc, Sitzbungsber. der kais. Akad. d. Wissensch., Mathem.-naturw. Kl., Cl., Abt. 1, 1892, S. 379 ff. ®) C. Hartwich, Chemikerzeitung, ıCöthen) 1885, S. 1298. a — 141 — Sklerenchymzelle, Fig. 5 eine Zellgruppe mit Sekret aus dem. Wurzelstocke. In den »Neuen Arzneidrogen« von demselben Autor !) wird Bau und Inhalt der Perezia-Wurzel kurz behandelt und auch das Vorkommen der dunklen Masse berührt. Die Droge soll von folgenden Arten der in Mexiko einheimischen Kompositengattung geliefert werden: Perezia oxylepis Gray, P. Schaffneri Gray, P. Parryi Gray, P. rigida Gray, P. nana Gray, P, Wrightii Gray. Sie findet als Purgiermittel Verwendung und enthält die Piptzahoinsäure oder Perezon in besonderen schizogenen Sekretbehältern. Herr Professor Hartwich, der mich auf diese seine Beob- achtungen aufmerksam gemacht hatte, war auch so freundlich, mir einige Muster der Perezia-Wurzel zu überlassen. Ich kann nun auf Grund meiner Untersuchungen seine Angaben durchweg bestätigen. Es ist in der Tat dieselbe schwarze, beziehungsweise braune Masse, die im Perikarp die »Kohleschicht« bildet; sie bleibt ebenso wie die Perikarpmasse nach Einwirkung der alles übrige zerstörenden Chromsäure?) als ein zartes Netz zurück und zeigt in bezug auf das Vorkommen das gleiche Verhalten. Auch hier zeigt sich auf das prägnanteste, daß es die Mittellamelle ist, die sich in die schwarze Masse umwandelt. In bezug auf die Menge und die dadurch bedingte äußere Gestaltung scheint aber ein Unterschied zu herrschen. Die Früchte enthalten eine verhältnismäßig reichliche Menge, die mit der Frucht- reife so zunimmt, daß schließlich dichte Netze oder Platten mit geringfügigen Unterbrechungen vorhanden sind. In der Perezia- Wurzel finde ich aber nur zarte Netzstränge, die gegenüber den großen Sekretbehältern, in denen das Perezon enthalten ist, recht unbedeutend erscheinen; in stärkeren Wurzeln mag allerdings die Menge auch größer sein. Die in meiner letzten Arbeit über diese Masse (Hanausek Il) gegebene Zusammenstellung von Kompositengattungen mit der schwarzen Masse kann nun folgendermaßen erweitert werden: il. Tribus Eupatorieae, 2. Subtribus Ageratinae: Ageratum (1). ') €. Hartwich. Die neuen Arzneidrogen aus dem Pflanzenreiche. Berlin 1897, S. 247—248. — Daselbst noch weitere Literatur über Prrezia. ”, Es ist das von Wiesner in die Pflanzenanatomie eingeführte Gemisch von Chromsäure und Schwefelsäure gemeint. Vergl. Wiesner, Einleitung in die technische Mikroskopie, Wien 1867, S. 38, Anmerkung 1. — 12 — V. Tribus Heliantheae. 3, Subtribus Melampodinae:: Melampodium (2). 4. >» Ambrosinae: Xanthium (3). 6. » Zinninae: Zinnia (4). ih » Verbesininae: Rudbeckia (5). Helianthus (6). Siegesbeckia (7). Sclerocarpus (8). Blainvillea (9). 8. » Coreopsidinae: Guizotia (10). Dahlia (11). Bidens (12). Coreopsis (13). 9. » Galinsoginae: Galinsoga (14. 10. » Madinae: Madia (15). VI. Tribus Helenieae. 4. Subtribus Tagetinae: Taygetes (16). VI. Tribus Senecioneae. 2. Subtribus Senecioninae: Arnica (17). Xl. Tribus Cynareae. 2. Subtribus Carlininae: Xeranthemum (18). 4. » Centaureinae: Carthamus (19). XI. Tribus Mutisieae, 3. Subtribus Nassauwinae: Perezia (20 Wurzel). In dem Folgenden sollen nun die eigentümlichen Formen, in denen die »Kohleschicht« auftritt, beschrieben werden. Drei merkwürdige Tatsachen sind es, die die schwarze Masse vor allem auszeichnen und die meines Wissens keinem anderen in Pflanzen vorkommenden Gebilde zukommen: Die Art der Entstehung, die (allerdings noch nicht aufgeklärte) chemische Zusammensetzung, die die beispiellose Widerstands- fähigkeit gegen Reagenzien aller Art bedingt und endlich die stets sich gleichbleibende, für jede (die »Kohle- schichte führende) Kompositengattung charakte- ristische Form, Gestalt oder Struktur, die die Konstanz eines Gewebes zeigt. a Die Schicht ensteht, wie ich an Helianthus, Tagetes und Xan- thium entwicklungsgeschichtlich nachgewiesen habe, aus der Mittel- lamelle und ist fast immer an sklerotische Elemente, an Bastfasern oder an Sklerenchymzellen (Carthamus, Selerocarpus, Perezia) ge- bunden. Ich kann nun den in meinen früheren Arbeiten beschriebenen Entwicklungsarten nach neuen Untersuchungen an Bidens bipinnatu 1. und an Siegesbeckia noch eine weitere Modifikation beifügen, die das Verhalten der Hypodermazellwände betrifft. Bidens bip. zeigt an den vier Längsseiten der Frucht je 2 oder 3 Längsfurchen, die sich im Querschnitte gewissermaßen als Täler repräsentieren, Unter der kutikularisierten Oberhaut befindet sich ein einreihiges Hypoderma, das nur in den Vertiefungen der Furchen stärker ent- wickelt ist. Die »Kohleschicht« liegt an den Bastfaserbündeln und zeigt wieder jene spitzkegeligen Hervorragungen, die den »Zwickeln« zwischen Hypodermazellen und Bastfasern entstammen. Man kann nun deutlich beobachten, daß sowohl die innere tangential laufende Zellwand als auch die Radialwände der Eypodermazellen noch erhalten sind, so daß die schwarzen Spitzen beiderseits (im Querschnittssinne) von den Zell- wänden eingeschlossen sind; es ist also hier nur die Mittellamelle allein der Umwandlung verfallen, die eigentlichen Zellwände des Hypoderma sind nicht in die Metamorphose einbezogen worden, wie dies z. B. bei Xanthiwum der Fall ist. Wie ich mich nun durch neuerliche umfassende Beob- achtungen überzeugt habe, rühren die kleinen oder sehr kleinen kreisrunden Durchbrechungen der schwarzen Masse fast durch- weg von den Zäpfchen, den Zellwandwucherungen der äußersten Bastfasern — also derjenigen, denen die Masse unmittelbar an- liegt — her und es scheint das Vorkommen dieser Skulptur der äußersten Bastfasern, das ich zuerst an Helianthus (Hanausek |) konstatiert, ein ganz allgemeines zu sein. Die zweite merkwürdige Tatsache, die die schwarze Masse betrifft, ist ihre Widerstandsfähigkeit gegen lösende und zersetzende Mittel. Abgesehen von ganz ge- ringfügigen Einwirkungen heißer Kalilauge oder des Wiesnerschen Chromsäuregemisches, läßt sich keine Veränderung an ihr durch irgendein Reagens hervorrufen; zerstört wird sie nur durch Ver- brennung. Die ersten Stadien der Entwicklung zeigen bekanntlich eine zarte braune Haut — als Überzug der Außenseite der äußersten — 14 — Bastfaserreihe — und darauf sich ablagernde gekrümmte, ver- ästelte, oft sogar gekräuselte oder geknäuelte Stränge, höchst selten rundliche Gebilde (Cartlhamus). Wann immer man auch diese Gebilde beobachtet, niemals kommen sie in einem flüssigen oder etwa teigigweichen Zustand zur ÄAn- schauung; nun müßte man annehmen, daß die Stränge zum mindesten plastische Eigenschaften besitzen, da sie sich schließlich — in der reifen Frucht, am Ende des ganzen Prozesses — zu einer einheitlichen Masse vereinigen. Berücksichtigt man aber die Entstehung, so läßt sich ganz gut die Anschauung vertreten, daß ein Flüssigwerden überhaupt nicht notwendig ist. Denn woraus entsteht die schwarze Masse? Aus der Mittellamelle der Bastfasern und der Hypodermazellen. Die Umwandlung erfolgt schrittweise; ein Stück, ein Streifen der Mittellamelle nach dem anderen wird zuerst braun, dann schwarz, bis endlich der ganze Bezirk in die Metamorphose einbezogen ist. Ein Vergleich dieser Vorgänge mit dem schizogenen oder Iysigenen Entstehungsmodus der Harze ist meines Erachtens nicht gut möglich. Bei der Lysigenese der Harze ist es ein Komplex von Zellen, der der Auflösung anheimfällt, ein Zellge- webe mit seinen Membranen und seinen Zellinhalten; die schizo- genen Harzbehälter besitzen ein ganz bestimmt ausgeprägtes spezifisches Gewebe, das Harzgaugepithel, dessen Funk- tionen nur mit der Bildung und Beherbergung des Harzes zu- sammenhängen. In beiden Fällen wirken ganz andere Prozesse, wie denn auch die Produkte ganz anders geartet sind. Ebenso- wenig läßt sich de Gummi- oder Schleimmembranbildung mit der Entwicklung der schwarzen Masse in Vergleich ziehen. Aus diesen Gründen widerstrebte es mir bisher, die schwarze Masse mit den echten Sekreten in Verbindung zu bringen oder sie als ein Sekret zu bezeichnen. Wo gibt es ein Sekret von gewebe- ähnlicher Struktur, das diese Struktur stets beibehale nur in dieser Struktur auftritt und daher. eines stante Form besitzt? Wenn die Masse wirklich mit der Kohle nahe verwandt ist oder überhaupt durch sehr großen Kohlenstoff- gehalt ausgezeichnet ist, wo gibt es ein ihr auch nur entfernt ähn. liches Sekret? Denn schon die Vorstellung einer kohle- artigen Masse als eines Sekrets erscheint ungereimt. Die wichtigste Aufgabe wäre die chemische Analyse, um die Natur deı Masse genau festzustellen. an An der Hand von Photogrammen !) soll nun die Struktur der »Kohleschicht« einiger Kompositenfrüchte erläutert werden. Xanthium strumarium L. (Fig. 1). (Veror. Hlanatisek-Il, S. 22, und Taf. 2, Fig. 11.) Das Bild zeigt die Hauptschicht, die an den Bastzellen liegt. Die Lücken sind zumeist gestreckt, seltener rund, an den Schmalenden abgerundet, an den Längsseiten eingezogen, häufig paarweise und in Längsreihen angeordnet. Sie entsprechen den Hypodermazellen, die feinen Scheidelinien eines Paares gehören der Mittellamelle der darunter liegenden Bastfasern an; die kleinen Lücken werden durch die Zäpfchen der äußersten Bastfasern verursacht. Xanthium spinosum L. (Fig. 2). Die für Xanthrum typische Struktur der Schicht ist auch in dieser Art ausgedrückt: Doppelreihen der rundlichen Lücken, mit- unter sogar dreireihige Anordnung derselben und kleine Zäpfchen- lücken, Infolge nicht ganz scharfer Einstellung des optischen Apparats sind die Ränder der Lücken verwischt oder in Strichelchen auf- gelöst. Zinnia elegans Jacq. (Fig. 3). Die Regelmäßigkeit der Anordnung der Lücken ist überraschend; es sind fast durchweg Doppelreihen, ausnahmsweise Reihen zu dreien, die zarten, oft nur angedeuteten Zwischenlinien zwischen einem Paar gehören wieder den Mittellamellen der darunter liegenden Bastfasern an. — Zinnia erinnert am Querschnitt an Helianthus. Die Hypodermazellen sind zwei- oder dreimal so breit als die schlanken, mit zarten querlaufenden Porenkanälen versehenen Bastfasern. Das Hypoderma ist ein-, seltener zweireihig, die Radialwände seiner Zellen gehen in die Spitzen der schwarzen Masse über. !) Die Photogramme wurden in der k. k. Graphischen Lehr- und Ver- suchsanstalt in Wien von Herrn Professor Valenta ausgeführt, dem ich für die Sorgfalt, die er hierbei aufgewendet, freundlichst danke. Die Vergrößerung beträgt 230/1. — Von den zirka 12 cm breiten und 17 cm langen Bildern konnten nur kleine Abschnitte hier reproduziert werden. Es sind durchweg Flächen- ansichten der schwarzen Masse, wie diese nach Zerstörung der Kompositenfrucht- schale durch Chromsäure unverändert zurückbleibt. Wiesner-Festschriit 10 — 1460 — Siegesbeckia orientalis L. (Fig. 4). Die Schicht ist sehr mächtig entwickelt, größere, ziemlich un- regelmäßige Lücken, häufig von feinen Strängen (Mittellamellen der Bastfasern) durchzogen, liegen zerstreut im Gesichtsfeld. Mit schwacher Vergrößerung betrachtet, erscheint die Masse in schief und gebrochen verlaufenden Querbändern. Die kleinen Lücken deuten das Vorkommen von Zäpfchen an. Der Querschnitt zeigt folgendes. Unter der kleinzelligen Oberhaut liegt ein aus zwei Zellreihen bestehendes Hypoderma; in den auch an dieser Frucht auftretenden Furchen oder Buchten kommt noch eine dritte Zellreihe hinzu. Dieäußere Hypodermazellreihe führt radialgestreckte und ziemlich breite Zellen, die mit einer zierlichen Netzleistenverdickung versehen sind; die innere Reihe besitzt tangential gestreckte Zellen, an denen wie bei Didens (s. u.) die Zellwände erhalten sind. Die Bastfaserbündel bilden nach außen konvexe Bogen, umsäumt von der schwarzen Masse (in der Längsrichtung hervorragende Striemen); von jedem Bogen der schwarzen Masse ragen stumpfe Kegel — die »Zwickel« zwischen den Zellen — herver. Die großen Lücken in der Flächenansicht entsprechen den Hypodermazellen; die Bastfasern sind schmal, reich getüpfelt und zu 3-5 von je einer Hypodermazelle überdeckt, was auch im Flächenbild durch die feinen Streifen in den großen Lücken seinen Ausdruck findet. An der Außenseite der Bastfasern sind die Zäpfchen sehr reichlich entwickelt. Blainvillea rhomboides Cass. (Eisenmannia clandestina Schultz Bip-) (Fig. 5).) Das Flächenbild zeigt wie Perlen aneinander gereihte kreisrunde Löcher in Einzelreihen, die Absätze bilden oder Schnürchen, wenn ich mich so ausdrücken darf; man sieht sechs und mehr größere kreisrunde Lücken, die an den Enden des »Schnürchens« mit je einem oder mit mehreren sehr kleinen Löchelchen abschließen; jede solche Einzelreihe entspricht der Länge der darunter liegenden Sklereide; die Abstände oder Absätze der »Schnürchen« treten im großen als anastomosierende Querbänder hervor. Das mechanische Gewebe der Fruchtschale besteht ') Für die Unterstützung in bezug auf verschiedene Nomenklaturfragen bin ich meinem verehrten Freunde, Herrn Professor Dr. Günter Beck von Managetta, zum Danke verpflichtet. le = aus gestreckten Sklereiden mit wellenförmig gebuchteten Wänden, die mit den bekannten Oberhautzellen der Hirsespelzen und anderer Gramineenspelzen eine auffällige Ähnlichkeit besitzen. Die Querbänder der Masse entsprechen jenen Stellen, an denen die Schmalenden der Sklereiden zusammenstoßen. Im Querschnitte zeigt die schwarze Masse wie Dornen aussehende spitze lange Kegel, die deutlich und scharf in die Radialwände der Hypoderma- zellen übergehen (vgl. Hanausek II, S. 24, und Fig. 8 von Xanthium). Das Hypoderma hat ähnlich wie Helianthus radial an- geordnete und tangential gestreckte, netzförmig verdickte Zellen, zwischen die die dornenförmigen Fortsätze der schwarzen Masse in radialer Richtung hineinragen; da die Spitzen dieser Fortsätze starr und sehr fein sind, so brechen sie beim Präparieren leicht ab und solche Bruchstücke sieht man hie und da an den Radialseiten ‚der Hypodermazellen freiliegen. Mitunter ist auch die Oberhaut eingerissen und die Spitzen der schwarzen Masse treten dann frei heraus. Dieses Vorkommen der dornähnlichen Spitzen (die sich z.B. auch bei Dahlia in stärkstem Maße vorfinden), bildet eine der eigen- tümlichsten und auffallendsten Erscheinungen, die uns die schwarze Masse in bezug auf ihre Form darbietet. Bidens bipinnata L. (Fig. 6). Für dieses Objekt wäre es vorteilhaft, noch ein zweites Bild, und zwar in etwa 60facher Vergrößerung vorführen zu können, da der Überblick über eine größere Partie, wie sie die kleinere Ver- erößerung ermöglicht, einen ganz anderen Eindruck macht, als ihn ‚das reproduzierte Bild darbietet. Bei 60facher Vergrößerung er- scheint die Masse wie aus fast rektangulären Schuppenplättchen zusammengesetzt, die durch dünne parallellaufende schwarze Fäden zusammengeheftet und verbunden sind. Die Fäden fließen mitunter zusammen und sind dann durch längliche Lücken unterbrochen; .die Schuppenplättchen zeigen auch eine Anordnung in schief laufenden ‚Reihen. 2 In der hier reproduzierten Vergrößerung von 230/1 zeigt das Bild, dem auch einige Ähnlichkeit mit dem von Coreopsis (Fig. 7) zukommt, kurze parallellaufende, breiten Strichen gleichende Lücken, die zu 2—6 nahe nebeneinander gestellt sind und gewöhnlich in ein zartes fadenförmiges Schwänzchen oder mit einer sehr kleinen runden Lücke endigen. Die Längsgrenzlinien der Lücken sind nicht 10* — 148 — gerade, sondern gewunden, so daß daraus die Zusammensetzung der Lücke aus 3—5 runden Löchern (mit reduzierten oder ganz ent- fernten Scheidewänden) ersichtlich wird. Die Lücken entsprechen sonach den Tüpfeln, beziehungsweise den Zäpfchen der Sklereiden. Die Frucht bildet ein vierseitiges Prisma — mit rhombischem Querschnitte — besitzt vier stark vortretende Kantenrippen und auf jeder Seitenfläche zumeist eine, selten zwei Mittelrippen; insgesamt sind 8-10 Rippen vorhanden. Im Querschnitte erscheinen die Rippen selbstverständlich als Bogen, und zwar als Kanten- ‘oder Eck- und Mittelbogen, gebildet von Bastfasersäulen; zwischen ihnen befinden sich tief reichende Buchten. Das von der Oberhaut ge- deckte Hypoderma ist an den Bogen einzelreihig, in den Buchten dagegen enthält es eine reichere Zellage, da sich die Epidermis der tiefen Buchten nicht vollständig anschließt, sondern seicht über die- selben hinwegstreicht. Der Samenquerschnitt bildet einen geo- metrischen Rhombus. Zwischen Hypoderma und den Bastfaserbündeln lagert dıe mächtige schwarze Masse, die wieder mit (kurzen) Zapfen in das Hypoderma hineinragt. Hier muß aber ein besonderes Verhalten der Zellwände der innersten Hypodermazellreihe angemerkt werden. Während bei Aanthium, Zinnia, Siegesbeckia u. a. von derinneren tangentialen Zellwand .der.an dieschwarze Masse stoßenden Zellreihe nichts mehr zu beobachten ist, zeigt sich bei Bidens auch diese Zellwand erhalten, so’daß die schwarze Masse und ihre nach außen vorspringenden ZapfenallseitsvondenZellwänden umschlossen sind. In diesem Falle ist also auch nur die Mittellamelle der Hypoderma- zellen — und nicht auch die übrige (sekundäre) Zellwand in den Umwandlungsprozeß einbezogen worden und in diesem Falle — auch bei Coreopsis ist das gleiche, aber in bezug auf die Epidermis zu beobachten -- kann man von einem interzellulären Vorkommen sprechen. Auch noch eine andere Tatsache ver- dient Erwähnung. Kocht man einen Querschnitt in Kalilauge, so treten alle Gewebeelemente sehr klar hervor: die Epidermis mit stark kutikularisierter Außenfläche, die Hypodermazellreihe, die schwarze Masse und die stark verdickten Bastfasern; von diesen erscheint die äußerste Reihe bräunlich, die nächstfolgende ebenfalls bräunlich, aber heller gefärbt, die dritte dagegen farblos. Sobald ich Gelegen- heit habe, die Entwicklungsgeschichte des Didens-Perikarp zu studieren, werde ich dieser Erscheinung ein besonderes Augenmerk zuwenden. = erg Coreopsis Drumondii Torr. et Gray (Fig. 7). Der Charakter des Bildes der schwarzen Masse in der Fläche ist folgender: Je 3—5 parallellaufende dünne schwarze Streifen — mit Saiten vergleichbar — bilden scharf abgegrenzte Gruppen; sie sind durch verschieden große, fast in regelmäßigen Abständen auf- einanderfolgende Brücken (der schwarzen Masse) miteinander ver- bunden; besonders deutlich läßt sich dieser Typus an jugendlichen Exemplaren erkennen: die schwarzen Brücken sind querbreiter und senden in die (gewissermaßen durchziehenden) Fäden Fortsätze aus, so daß die Brücke gezackt oder querbreit-sternförmig aussieht. Außerdem sind auch sehr kleine Lücken vorhanden, die von den Zäpfchen der Bastfasern herrühren; die Fadenstreifen entsprechen den Mittellamellen der Bastfasern; wem aber gehören die Brücken an? Am Querschnitt der reifen Frucht findet man unter der Ober- haut kein Hypoderma, sondern unmittelbar ihr anliegend die schwarze Masse, die auf der Innenseite von den Bastfasern begrenzt wird. Die Epidermiszellen sind vollständig entwickelt, ihre innere tangentiale Wand ist deutlich als Grenzlinie der schwarzen Masse zu sehen. Von dieser ragen wieder kurze stumpfe Kegel nach auswärts in die Epidermis hinein, wodurch scheinbar die Innenwand der daselbst befindlichen Oberhautzelle vorgedrängt und der Außenwand ge- nähert wird. Das ist der Befund an der reifen Furcht. Die Partien, welche den Zapfen entsprechen, erscheinen am Längsschnitte als Zwickel, also als jene Stellen, wo mehrere Zellen zusammenstoßen und sie sind auch die Brücken, die im Flächenbilde zu beobachten sind. Die auffällige Tatsache, daß der reifen Frucht das Hypoderma fehlt, bestätigt auch Gerdts (l. c. S. 31), der außerdem bemerkt, daß die Entstehung des »Interzellularraumes« ähnlich wie bei Rud- beckia verläuft. Das Perikarp von Rudbeckia besitzt aber ein Hypoderma mit 10— 15 Zellreihen; die Zellwände sind wie bei Siegesbeckia netzig verdickt. Es bleibt sonach zu untersuchen, ob nicht die jüngeren Stadien der Perikarpentwicklung von Coreopsis ein Hypoderma be- sitzen, was mir als sehr wahrscheinlich gilt. Da mir die Beschaffung des nötigen Materials noch nicht möglich war, so muß ich diese Frage offen lassen und behalte mir ihre Bearbeitung vor. Carthamus tinctorius L. (Fig. 8). Das Flächenbild der schwarzen Masse weicht von den bisher betrachteten sehr auffällig ab. Zum Verständnisse desselben muß — 10 — zuerst bemerkt werden, daß die Masse nur innerhalb eines Skleren- chyms auftritt, wie es schon Pfister (vgl. Hanausek II, S. 4) richtig angegeben hat. Wir haben ein solches Vorkommen auch bei Sclerocarpus beobachtet, wo der zweite Entstehungsherd der Masse im Sklerenchym sich vorfindet (Hanausek II, S. 21). Endlich ist in der Perezia-Wurzel das Auftreten der Masse ebenfalls an das Sklerenchym gebunden. Das subepidermal gelegene Sklerenchym von Carthamus!) besteht aus verschieden langen, parallel zur Frucht- längsachse gestreckten porösen Sklereiden mit wellig buchtigen Längswänden, die allmählich in gestreckte faserartige Sklereiden übergehen; in dieser Zone liegt die schwarze Masse. Den Konturen der Sklereiden entspricht nun auch das Flächenbild: an einzelnen Stellen, wo nämlich noch wellig konturierte Zellen vorhanden sind, kann man deutlich den Umriß einer Sklereide mit den mehr oder weniger geraden Kurz- und den gebuchteten Längswänden er- kennen sowie das Vorkommen von Poren. Von Abdrücken oder Lücken der Zäpfchen ist nichts zu bemerken, was ja begreiflich ist, da es sich hier nicht um die Außenseite eines Bastfaserbündels handelt, das an ein dünnwandiges Hypoderma anschließt und da die Masse ja im Innern des Sklerenchyms auftritt. Die unmittelbar an- erenzenden Sklerenchymzellen sind bräunlich gefärbt. Wieso die Masse im Querschnitte die Breite und Mächtigkeit der umgebenden Zellen erlangt, muß erst entwicklungsgeschichtlich festgestellt werden. 1) Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., 1903, 2. Bd., S. 866. Über Symmetrieverhältnisse in Blüten‘) K. Goebel (München). Mit 11 Figuren im Text. Eingelangt am 27. August 1907. Die auffallenden Verschiedenheiten, welche man in den Blüten betreffs der Symmetrieverhältnisse antrifft, mußten zu Versuchen, eine Erklärung dafür zu finden, auffordern. Wir können diese Er- klärungsversuche in zwei Gruppen, die kausalen und die teleologischen einordnen. Beide leiten die dorsiventralen Blüten von den radiären ab, nehmen also eine Symmetrieänderung an. Die kausalen Er- klärungsversuche machten für diese Druckverhältnisse oder die Schwerkraft verantwortlich, die teleologischen weisen auf die An- passung der dorsiventralen Blüten an die Bestäubungsvermittler hin. Die beiden Gruppen von Erklärungsversuchen brauchen ja nicht not- wendig einander auszuschließen, sei es, daß man, auf lamarckistischem Standpunkt stehend, mit Delpino!) annimmt, daß die »finale Ur- sache« für die Ausbildung dorsiventraler Blüten in einem »Nisus formativus«, Instinkt oder Bildungsprinzip begründet sei, welches die äußeren Faktoren nur als Orientierungsreize benutze, sei es, daß man die Symmetrieverhältnisse irgendwie entstanden und dann durch Zuchtwahl in bestimmter Richtung weiter gebildet sich denkt. Die experimentelle Untersuchung hat bis jetzt wenig Anhalts- *) Der Forscher, welchem die Festschrift gewidmet ist, ist einer der wenigen, welcher neuerdings das schwierige Gebiet der pflanzlichen Symmetrie- lehre durch eingehende Untersuchungen gefördert hat. (Vgl. z. B. die »Unter- suchungen über den Einfluß der Lage auf die Gestalt der Pflanzenorgane, I, die Anisomorphie der Pflanze«, Sitzungsber. der k. k. Akad. der Wissensch. in Wien, mathem.-naturw. KlI., Bd. XI, 1892.) Es mag deshalb auch die vorliegende Studie trotz ihrer Unvollkommenheit einen Platz in der Festschrift finden. !) Delpino, Zigomorphia florale e sue cause. Malpighia, vol. I. (1888), 543-117. —. A192, — punkte für die Entscheidung der Frage gegeben.!) Es schien mir aber, daß auch eine kritische Behandlung der Tatsachen selbst An- haltspunkte erggben könne. In dieser Hinsicht wurde früher?) schon darauf hingewiesen, daß die von Darwin und mit besonderem Nachdruck von Delpino aufgestellte Ansicht, daß anemophile Pflanzen keine dorsiventralen Blüten hätten, nicht zutrifft. Delpino z. B. sagt: »Si danno fiori zigomorfi presso le piante anemofile? A priori la risposta non & dubbia. Se la zigomorfia florale & uno speciale adattamento, ad ani- malcoli pronubi, questo carattere dovrebbe cessare in tutte le piante che hanno fiori fecondati per intermezzo del vento.« Sieht man sich aber die Diagramme unzweifelhaft windblütiger Pflanzen wie z. B. Heleocharis palustris®) oder der »typischen» Gras- blüte, der zweinarbigen weiblichen Carexblüten, sodann von »hydro- philen« Pflanzen die männliche Blüte von Zannichellia und Vallisneria an, so sieht man, daß diese Blüten zweifellos dorsiventral oder, wenn man will, »zygomorph« sind. Derartige Fälle sind von den genannten Forschern wohl nur deshaib übersehen worden, weil sie an große auffällige Blüten in erster Linie dachten. Ebenso ist besonders zu betonen, daß bei einer ganzen Anzahl von Blüten sich die Dorsiventralität geltend macht durch etwas für die Bestäubungsverhältnisse meist Gleichgültiges: die Stellung des Gynäzeums. Wir sehen bei einer großen Anzahl von sonst radiären Blüten dann, wenn das Gynäzeum nur aus zwei oder einem Frucht- blatt besteht, dieses in der Medianebene der Blüten orientiert, also die Blüten, wenn man auf das Gynäzeum Rücksicht nimmt, nicht mehr radiär ausgebildet. Schon diese Tatsachen zeigen, wie mir scheint, daß man mit teleologischen Erwägungen nicht auskommt, daß vielmehr andere Gründe für die Orientierung und Stellung innerhalb der Blüten maßgebend sein müssen. Ausgehend von einer Reihe von Erfahrungen wird im folgenden angenommen, daß die Symmetrieverhältnisse bedingt werden durch die Ernährungsverhältnisse, unter denen die Blütenknospe zur Zeit der Organanlegung steht. Sind diese ringsum gleichartig, so ent- stehen radiäre Blüten, sind sie ungleichartig, so entstehen Blüten, bei denen die obere oder die untere Seite gefördert ist [epi- und 1) Vgl. die in Goebel, Organographie, I., S. 111 ff., zitierte Literatur. 2)aA2: 0: 5.115. 5) Eichler, Blütendiagramme I, S. 117 und S. 120. — 13 — hypotrophe !), was bei den einzelnen Kreisen einer und derselben Blüte wechseln kann] oder beide [pleurotrophe] ?) oder eine Flanke [mono- pleurotrophe Blüten]. Da letzterer Ausdruck ein ziemlich schwerfälliger ist, könnte man ihn durch die Bezeichnung »klinotroph« ersetzen, ent- sprechend der von Wiesner angewandten Bezeichnung klinotrop. Im folgenden möchte ich zunächst betonen daß im Verlauf der Entwicklung vielfach eine Änderung der Symmetrieverhältnisse eintritt. Eine solche ist bekannt für manche dorsiventrale Blüten, welche radiär oder bilateral angelegt und im Verlauf der Entwicklung dorsiventral werden, wobei die Dorsiventralitätsebene meist mit der Medianebene zusammenfällt. Sehr wenig oder gar nicht beachtet hat man aber die Fälle, in denen hypotrophe und pleurotrophe Aus- bildung sich vereinigen und die, in welchen eine spirotrophe Aus- bildung, d. h. eine Förderung in einer Schraubenlinie stattfindet. Eine solche findet sich aber nicht nur in einzelnen Blüten, sondern auch in ganzen Blütenständen. Gerade diese Fälle zeigen besonders deutlich, daß es sich dabei um eine Anpassungs- erscheinung nicht handeln kann. Beeinnen wir mit einem verhältnismäßig einfachen Beispiel: Saxifraga. Nach Eichler°) sind die Fruchtblätter hier »median oder in die Ebene von Sep. 1« gestellt, im letzteren Falle ist die Blüte also schräg dorsiventral, was sich bei Formen wie 8. sarmentosa, bei welcher die Dorsiventralität nicht nur in der Stellung des Fruchtknotens, sondern auch in anderen Merkmalen stark hervortritt, besonders ausprägt. Nimmt man einen ganzen Blütenstand von S. granulata auf‘) (Fig. 1), so sieht man, daß die Stellung des Fruchtknotens in be- stimmter Beziehung zu dem Gesamtaufbau des Blütenstandes steht. Es ist eine Endblüte # vorhanden, unterhalb deren die Seitenblüten 1, 2,3, 4, 5 in den Achseln ihrer Deckblätter entspringen. Jede Blüte hat zwei Vorblätter, bei der untersten Blüte 5 steht der Fruchtknoten median. Eine Seitenblüte ist hier nicht entwickelt. Bei den übrigen Blüten, am wenigsten bei 2, ist die Symmetrale des Fruchtknotens !) Entsprechend den von Wiesner vorgeschlagenen Bezeichnungen (J. Wiesner, Untersuchungen über den Einfluß der Lage auf die Gestalt der Pflanzen- organe) (1892), S. 23. ?) Vgl. auch Goebel, Archegoniatenstudien, X, Flora, 96. Bd. (1906), S. 64. >) Blütendiagramme, II, S. 422. +) Die Abbildungen dieser Abhandlung sind mit Ausnahme von Fig. 2, 3, 4, 11 entworfen von Herrn Dr. W. Kuppa. — 154 — nach dem £-Vorblatt hin abgelenkt, statt median zu stehen, wie dies in Fig. 1 bei 1 durch den Pfeil eingetragen ist. Dieses Vorblatt ist zu- gleich dasjenige, welches allein eine Seitenblüte zweiter Ordnung hervorbringt. Falls überhaupt eine solche auftritt, zeigt sich ferner, daß diese Förderung stets auf dieselbe Seite der Blüte fällt, hier die linke. Man kann die 3-Vorblätter in eine den Sproß von links unten nach rechts oben verlaufende Schraubenlinie anordnen, die Richtung der Schraubenlinie kann bei anderen Exemplaren auch eine entgegen- gesetzte sein. Die Gesamtsymmetrie des Blütenstandes prägt sich auch N & ae Bi n Zi Cs PN, ae DE Fig. 1. Diagramm einer Infloreszenz von Sazxifraga granulata. E Endblüte, 1-5 Seitenblüten verschiedenen Alters, «, ß deren Vorblätter, a, db die Vor- blätter der Seitenblüten der Blüten 1-4. in dem Verhalten der Deckblätter speziell im oberen Teil der In- floreszenz aus. Der Blütenstiel (resp. der Stiel der Teilinfloreszenz) steht nämlich nicht vor der Mitte des Deckblatts, sondern mehr dem einen Rand genähert, und zwar ist der geförderte Teil des Deck- blattes der, welcher in der Förderungsrichtung der ganzen In- floreszenz liegt. Analoge Verhältnisse, nur mit viel weiter gehender »Drehung« der Blüten finden wir bei (anna. An der Hauptachse der Infloreszenz stehen hier Blütenpaare. Die Seitenblüte dieser fällt stets auf dieselbe Seite der Hauptblüte. Sie lassen sich also wie bei Saxifraga granulata in einer Spirale — 15 — anordnen und wie dort stehen die Blüten erster Ordnung nicht vor der Mitte des Deckblattes, sondern die Einzelblüten sind hier ganz asymmetrisch. Dies hängt meiner Ansicht nach damit zusammen, daß auch in jeder Einzelblüte eine Förderung, welche in einer Schraubenlinie verläuft, schon sehr frühzeitig eintritt, eine Förderung, welche sich auch in der bekannten Tatsache ausspricht, daß das Staubblatt auf der einen Seite ein petaloides Anhängsel hat (Fig. 2). Dies fällt stets in die Richtung der Auxese in der Blüte und in derselben findet auch die Narbenentwicklung statt. Es findet dabei eine Verspätung in der Entwicklung der mit x und 3 bezeichneten Teile der »Flügel« statt, dadurch gewinnt die Schraubenlinie einen Fig. 2. Querschnitt durch eine Canna-Blüte nach Eichler. Der Kelch nicht gezeichnet. unregelmäßigeren Verlauf, als sie ihn sonst besitzen würde, sie geht nämlich von p, nach ps, p;, dem Staubblatt, dem Labellum ! (welches ungleichseitig ausgebildet ist und eine in der Richtung der Spirale geförderte Seite zeigt), z, %. In der Seitenblüte ist die Spirale, in der die Förderung stattfindet, mit der der Hauptblüte homodrom. Diese Konstruktion gestattet, wie mir scheint, die sonderbare Konfiguration der Canna-Blüte auf einen Vorgang zurückzuführen, welcher auch sonst auftritt. Sehen wir uns zum Beispiel eine Blüte von Finca an, so finden wir bekanntlich die fünf Lappen der Blumenkrone asymmetrisch. Der größere Teil jedes Abschnittes fällt stets auf dieselbe Seite. Die Förderung findet in einer »Spirale« statt, nur beschränkt sie sich hier auf die Blumenkrone, die Blüte ist sonst dorsiventral (wenn man den Fruchtknoten und die beiden — 156 — Drüsen berücksichtigt). Und in der vegetativen Region geht die- selbe spirotrophe Förderung zum Beispiel bei den Pandaneen und vielen Laubmoosen vor sich, sie setzt teils früher, teils später ein. Worin sie begründet ist, wissen wir nicht, ebensowenig wie uns bekannt ist, worauf der »Drehwuchs« vieler Bäume zurückzuführen ist. Es wird aber schon etwas gewonnen sein, wenn wir eine An- zahl von Erscheinungen unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt bringen können. Bei Canna spricht sich die spirotrophe Förderung im Gesamtblütenstand auch darin aus, daß die Blüte erster Ordnung nur auf der geförderten Seite ein Vorblatt hat. Wir würden aber offenbar ein äußerliches Moment in den Vordergrund stellen, wenn wir etwa dem Vorblatt als solchem einen fördernden Einfluß zu- schreiben wollten, wir sahen ja, daß vielmehr eine spirotrophe Förderung der Gesamtinfloreszenz vorliegt. Dies ist im Auge zu behalten bei Beurteilung der Symmetrie- verhältnisse der Blüten in einer Familie, welche für die uns hier beschäf- tigenden Fragen von besonderer Bedeutung ist. Es sind dies die Valerianeen welche uns zu einer Besprechung klinotropher Blüten überleiten sollen. Gewöhnlich führt man diese an als »eines der seltenen Bei- spiele wirklich asymmetrischer Blüten«.') Richtiger hat, wie mir schein, Wichura?°) die Verhältnisse bezeichnet, wenn er sagt: »Während also bei den übrigen unregelmäßigen Blüten die sym- metrischen Ebenen sämtlicher Wirtelkreise zusammenfallen, müssen wir in den Blüten der Valerianeen zwei dergleichen... annehmen, die sich unter rechtem Winkel durchschneiden.«e Sehen wir uns die Verhältnisse näher an. Bekanntlich sind die Blüten typisch fünfzählig. Vom Kelche können wir hier absehen. Die Blumenkrone zeigt bei allen eine mehr oder minder stark hervortretende dorsiventrale Ausbildung, die auch in der bei manchen sich findenden Spornbildung sich ausprägt. Auch in der sonstigen Gestaltung der Blumenkrone tritt die Übereinstimmung mit derjenigen median-dorsiventraler Blüten hervor. Diese spricht sich auch aus darin, daß das median nach hinten liegende Staubblatt verkümmert ist, wie dies z. B. bei den Labiaten, vielen Skrophularineen u. a. der Fall ist. Nicht aber damit Beeirellera.a. 0.1, S. 276. ?) M. Wichura, Beiträge zur Lehre von der Blatt- und Knospenstellung, Flora, XXIX (1846), S. 240. — 157 — stimmt, z. B. bei Valeriana (Fig. 3), die Ausbildung der übrigen drei Staubblätter und des einzigen fertilen, eine Samenanlage tragenden Fruchtknotenfaches. Deren Stellung geht aus dem Dia- gramm Fig. 3 hervor. In der älteren Blüte sind verkümmert die mit A und 5 bezeichneten Staubblätter, 5, weil es auf der Ober- seite steht, 4, weil die Blüte nicht nur hypotroph, sondern auch klinotroph ist. Auf der Seite des £-Vorblattes allein bildet sich auch eines der drei Fruchtblätter fertil aus. Wir sehen, daß eine Förderung der Blüte eingetreten ist auf der dem fruchtbaren Vorblatt & zu- gekehrten Seite. Hier ist das mit 1 bezeichnete Staubblatt ent- wickelt, das dem Vorblatt zugekehrte, 4, dagegen ist verschwunden. Tatsächlich sehen wir also in der Blüte zwei verschiedene »Kräfte« wirken: die eine in der Mediane des Traeblattes, die andere in der Fig. 3. Schema für die Blütengestaltung dreimänniger Valerianaceenblüten, z. B. Valeriana und Valerianella. Kelch nicht berücksichtigt (bei den Seiten- teilen sind die Bezeichnungen «, und £, vertauscht). Richtung des fruchtbaren Vorblattes. Freilich wird man kaum annehmen können, wie Eichler dies tat, daß das £-Vorblatt »fördernd oder doch konservierend auf die ihm benachbarte Blütenseite einwirke«, viel- mehr dürfte, wie oben ausgeführt, beides eine Folge der auf den Blütenvegetationspunkt einwirkenden Verhältnisse sein. Eine teleo- logische Zurechtiegung dieser Erscheinung hat meines Wissens bis jetzt niemand versucht! Schon bei Valeriana Phu sind die drei Staubblätter meist von ungleicher Größe, namentlich das mit 1 bezeichnete tritt an Länge des Filaments zurück gegenüber den beiden anderen, von welchen 3 am größten ist. Bei Fedia cornucopiae ist das bei V. Phu kürzer ausgebildete Staubblatt ganz geschwunden, es sind also nur noch zwei Staubblätter vorhanden. Auch hier aber spricht sich die Förderung der £-Seite darin aus (Fig. 4), daß das hier stehende der beiden Staub- blätter das längere ist; auch seine Anthere ist, wie der Querschnitt — 158 — Fig. 4 zeigt, massiger als die des anderen Staubblattes. Schwindetdieses letztere, so gelangen wir zu Centranthus mit nur einem Staubblatt. Fig. 5 gibt einen Mikrotomschnitt durch einen Blütenwickel von C. ruber wieder. Es geht daraus hervor, daß die sämtlichen Staubblätter ihre Pollensäcke nach außen, ihr Konnektiv nach innen kehren und der ganze Blütenwickel ein durch eine vertikale Teilungs- ebene in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften teilbares Ganze dar- stellt. In diesen Wickeln sind die Sporne alle nach vorn und außen gerichtet, die Staubblätter nach innen und die fertilen Fruchtknoten- fächer desgleichen. Die Medianebene der Blüten macht aber nicht Fig. 4. Fedia cornueopiue. Blüte von oben gesehen (vergr.). Das Staubblatt auf der rechten Seite ist länger als das auf der linken. (Das Filament des Fig.5. Querschnitt eines Blütenwickels letzteren ist zu dick gezeichnet.) von Centranthus ruber, einen Winkel von 90°, wie dies nach dem gewöhnlichen Wickel- schema der Fall sein sollte (und wie dies auch von Eichler a. a. O. Fig. 147 F gezeichnet wird), sondern nur einen von etwa 45". Wir sehen a!so bei den Valerianeen folgendes: 1. Die Symmetrieverhältnisse der Blüten werden von in ver- schiedener Richtung wirkenden Faktoren beeinflußt. 2. Diese Beeinflussung macht sich in verschiedenen Ab- stufungen geltend. 3. Die Blüten ordnen sich so an, daß die einzelnen asym- metrischen oder vielmehr bisymmetrischen Blüten einen Blütenwickel — wenigstens im fertigen Zustand — bilden, dessen Symmetrie- ebene vertikal steht. 4. Teleologisch sind die Symmetrieverhältnisse hier nicht er- klärbar. Ob das fertile Fruchtknotenfach und die Förderung der — 159 — Staubblattentwicklung nach einer und derselben Seite hin fallen, ob die Staubblätter gleichlang sind oder nicht, ist für die Bestäubung der Blüten offenbar ohne Bedeutung. Fig. 6. Schema eines Blütenwickels von Centranthus ruber. 5. Ebensowenig sind die geschilderten Verhältnisse aus der Druckhypothese verständlich zu machen, die ja auch auf die spiro- trophen Blüten keine Anwendung finden kann. Das letztere gilt auch für die Solaneen, für welche die Druck- hypothese zunächst aufgestellt wurde. Die hier sich findenden An- MODS ordnungsverhältnisse mögen an einigen Beispielen hervorgehoben werden. Schwendener!) hat die Vermutung aufgestellt, daß die Schief- stellung des Fruchtknotens zum Beispiel bei Atropa damit im Zu- sammenhang stehe, daß die unterhalb jeder Blüte stehenden »ge- paarten Blätter« auf die Blüte einen Druck ausüben. Die »gepaarten« Blätter £ und «! verhalten sich, weil sie auf gleicher Höhe stehen, wie ein Blatt. Die Symmetrieebene des Druckes erfahre eine Drehung im Sinne der Annäherung an die Mediane dieses einen Blattes und damit drehe sich auch die Symmetrieebene der Blüte. Schon für die Solaneen findet diese Hypothese keinerlei Stütze in der Entwicklungsgeschichte, welche von einer Druckwirkung der Fig. 7. Schizanthus pinnatus-Schema. Blätter & und «! nichts erkennen läßt. Wir sehen außerdem, daß auch bei Saxifraga, wo eine Verschiebung des einen Vorblattes nicht stattfindet, sich die Symmetrieebene verschiebt, die Schwen- denersche Hypothese müßte hier annehmen, daß das «-Vorblatt mit seiner Druckwirkung nicht in Betracht komme. Von Interesse ist aber eine Angabe Schwendeners betreifs Datura. Hier stehen be- kanntlich die Blüten in den Gabeln zwischen zwei Seitensprossen, an denen ihre Tragblätter hinaufgewachsen sind. Schwendener fand, daß, wenn beide Gabeläste gleich stark waren, Medianstellung der Fruchtblätter eintrat, bei Ungleichheit Schrägstellung, freilich fand sich auch in letzterem Falle zuweilen Medianstellung. Bei der Schräg- stellung handelt es sich nun offenbar auch hier nicht um Druck, !) Mechanische Theorie der Blattstellungen (1378), S. 124. — 161 — sondern um Ernährungsverhältnisse, die Ablenkung der Symmetrie- ebene findet nach der geförderten Seite hin statt. Bei den Valerianeen ist die Druckhypothese ohnedies kaum anwendbar. Es mögen für die Solaneen einige Beispiele erläutert werden. Schizanthus pinnatus (Fig. 7). Bekanntlich sind hier in der Blüte nur zwei Staubblätter entwickelt und die Krone ist stark dorsiventral Fig. S. Physalis Alkekengi-Schema. ausgebildet. Die Symmetrieebenen der einzelnen Blüten schneiden sich unter einem Winkel von etwa 120". Wydler sowohl als Eichler nehmen an, daß die Symmetrieebene der Blüten, welche durch das erste Kelchblatt gehe, die Mediane des Deckblattes in einem Winkel von 45° schneide. Dies ist in späteren Entwicklungsstadien auch der Fall, zumal die Blüten sich so drehen, daß ihre Medianebene annähernd vertikal steht. Untersuchung der ersten Entwicklungsstadien ergab aber, dab die Symmetrieebene der Blüten anfangs fast median steht. Jede Blüte.hat zwei Vorblätter, ein steriles und ein fertiles. Die beiden Wiesner-Festschrift 11 — 12 — Vorblätter konvergieren etwas nach der hinteren Seite der Blüte hin. Das erste Kelchblatt, welches die Symmetrieebene der Blüte in sich aufnimmt, steht nun nahezu, wenngleich nicht vollständig dem Deckblatt gegenüber. Daß es nicht vollständig dem Deckblatt gegen- über steht, dürfte darin begründet sein, daß die Blüte zur Zeit der Anlegung des ersten Kelchblattes nicht vor der Mitte des Deck- blattes steht, sie wird durch Entwicklung des Achselsprosses des Vorblattes & nach « hin verschoben. Es steht dieser Fall also dem, in welchem die Symmetrieebene der Blüten median steht, noch sehr nahe. Bei den übrigen Solaneen verläuft bekanntlich die Symmetrie- ebene der Blüten schief zum Deckblatt. Mit Schizanthus stimmt Physalis wesentlich überein. (Fig. 8.) Fig. 9. Schema eines Blütenstandes von Hyoscyamus. (Die auf der Außenseite stehenden Blätter sollten eigentlich nicht quer getroffen sein.) Das Diagramm von Physalis zeigt, daß auch hier die Sym- metrale des Fruchtknotens nur wenig von der Mediane abweicht. Die Symmetrieebenen der Blüten der beiden Reihen schneiden sich unter einem stumpfen Winkel. Die Dorsiventralität ist zuweilen fast nur durch die Stellung des Gynäzeums, in anderen Fällen auch durch das Andrözeum und die Blumenkrone zum Ausdruck gebracht. Wenn man die verschiedenen Formen miteinander vergleicht, so zeigt sich, daß die Blüten entweder auf der schräg nach außen gekehrten Seite gefördert, respektive gemindert sind (wie bei Schizanthus) oder auf der nach innen und vorne fallenden wie .bei Hyoscyamus. Hier ist die Dorsiventralität in Kelch, Blumenkrone und Andrö- zeum ausgeprägt, die beiden hinteren Kelchblätter und die drei — 19 — hinteren Zipfel der Blumenkrone sind größer als die vorderen Teile. Im Andrözeum ist bei der Entfaltung eine (wohl korrative) freilich nicht sehr ausgeprägte Förderung der vorderen Seite wahrnehmbar, die drei vorderen Staubblätter werden länger als die beiden hinteren, das vorderste öffnet sich zuletzt. Die Symmetrieebenen der Blüten stehen hier in dem Blüten- stand, der seinen sympodialen Charakter ganz verloren hat, alle untereinander und mit den Deckblättern annähernd parallel, d. h. sie verhalten sich so, als ob die Infloreszenz keine sympodiale, sondern eine monopodiale wäre und das ist sie auch ihrer Entwicklung nach. !) Fig. 10. Echium reticum, Schema eines Infloreszenzquerschnittes. Schumann?) sagt von den Solaneen: »Ob die Dehnungs- richtung des Blütenbodens mit der vorzüglich in gleicher Richtung stattfindenden Wachstumszunahme des Boragoids im Zusammen- hange steht, wage ich vorläufig nicht zu sagen.« Mir scheint, daß man berechtigt ist, einen solchen Zusammenhang anzunehmen, bei den monopodial wachsenden Wickeln von Hyosceyamus hat die »Drehung« der Symmetrieebene in der Richtung des Boragoids stattgefunden, die Blüten sind in ähnlicher Weise epi-, respektive hypotroph wie bei einem gewöhnlichen Monopodium. Unter den Boragineen finden sich dorsiventrale Blüten unter anderem bekanntlich bei Eehium. Diese zeichnen sich dadurch 3 Von; W. Müller, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Inflores- zenzen der Boragineen und Solaneen (Flora, 94. Bd. [1905], S. 385.) ?).Untersuchungen über den Blütenanschluß, 1890, S. 319. le — 164 — aus, daß die zwei hinteren Blätter der Blumenkrone, in Fig. 10 mit ++ bezeichnet, bedeutend größer sind als die drei vorderen, von denen das mit — bezeichnete das kleinste ist. Analog verhalten sich auch, wenngleich weniger ausgesprochen, die Kelchblätter; das fünfte, am meisten nach innen stehende ist das kleinste, umgekehrt, wie schon aus dem Diagramm hervorgeht, die Staubblätter. Wenn man nur auf die bis jetzt genannten Teile der Blüte Rücksicht nimmt, so erscheint die Blüte dorsiventral und ihre Symmetrie- ebene geht durch das Kelchblatt 4 und das kleinste Blatt der Blumen- krone. Die Symmetrieebenen der einzelnen Blüten schneiden sich aber nicht, wie dies die Wickeltheorie eigentlich verlangt, unter einem rechten Winkel, sondern unter einem solchen von 45%. Der Fruchtknoten dagegen wird durch die Symmetrieebene der Blüte nicht symmetrisch geteilt, er steht annähernd in der Medianebene des Deckblattes der Blüte. Aus dem Diagramm erhellt, daß trotzdem der Blütenwickel eine (vertikal stehende) Gesamtsymmetrieebene besitzt. Es treten hier also deutliche Beziehungen der Ausgestaltung der einzelnen Blüten zur Gesamtsymmetrie des Blütenstandes hervor. Man hat die dorsiventrale Ausbildung der Blüten auch hier teleologisch auszudeuten gesucht. So sagt zum Beispiel Chr. K. Sprengel'): »Die Blüte mußte irregulär sein, weil sie eine horizon- tale Stellung hat und der Saft gegen Regen gesichert sein sollte.« Wenn auch zugegeben sein mag, daß die Hervorwölbung des hinteren Teiles der Blumenkrone als Regenschutz dienen mag, so ist doch zu bemerken, daß der Nektar hier durch die Verengerung des basalen Teiles der Blumenkrone ohnedies schon vor dem Ein- dringen von Regentropfen geschützt ist. Außerdem ist ja nicht nur die Blumenkrone an der dorsiventralen Ausbildung der Blüte beteiligt. Den erwähnten Dikotylen mögen sich noch zwei Mono- kotyle anschließen. Heliconia (Fig. 11). Untersucht wurde eine von Garteninspektor B. Othmer in den Münchner Garten aus Trinidad eingeführte Art, die wohl mit Heliconiu psittacina identisch ist. Nach Eichler (a. a. ©. S. 167) wäre Heliconia »median zygo- morphe«. Ich finde sie ausgesprochen klinotroph (Fig. 11). Das spricht !) Das neuentdeckte Geheimnis usw. (1798), S. 99. ala — sich schon darin aus, daß die erste Blüte nicht vor der Mitte des Deckblattes und ihr Vorblatt (01) schräg seitlich steht, was sich bei jeder folgenden Blüte wiederholt. Die Blüten sind stark dorsiventral Fig. 11. Querschnitt durch eine Infloreszenz von Heliconia psittacina. H Haupt- axe, »p äußeres, p, inneres Perigon, v, v, vo, Vorblätter der Blüten 1, 2, 3. ausgebildet, in Kelch, Blumenkrone und Andrözeum. Das vor das größte Kelchblatt fallende Staubblatt ist nur als Staminodium aus- gebildet, das ihm gegenüberstehende Fruchtblatt ist, wie namentlich die zweite Blüte zeigt, gefördert. Die Symmetrieebene der Blüte macht mit der ihres Deckblattes einen Winkel von etwa 15", sie — 166 — verläuft nahezu parallel mit dem Vorblatt; die Verhältnisse liegen ganz ähnlich wie bei Strelitzia, welche gleichfalls untersucht wurde, indes kann betreffs dieser Pflanze auf das von Eichler gegebene Diagramm verwiesen werden. Commelinazeen. In dieser Gruppe sind alle Übergänge von radiären zu klino- troph-dorsiventralen Blüten vorhanden.!) Besonders ausgeprägt ist die Dorsiventralität bei Commelina ‚und Cochliostemma. Wie schon Clark hervorgehoben hat, ist Eichlers Diagramm von Commelina coelestis (a. a. O. Fig. 70 $) insofern nicht ganz richtig, als das erste Kelchblatt und mit ihm die Symmetrieebene der Blüte nicht nach außen, sondern schräg nach hinten fällt. Es ist eine auffallende Tatsache, daß in den zymösen In- floreszenzen, von welchen oben einige Beispiele gegeben wurden, die einzelnen Blüten sich so anordnen, daß ein der Hauptsache nach symmetrisches Ganze entsteht. Wie weit wir dafür mit Hof- meister?) die Schwerkraft verantwortlich machen können, bleibt zweifelhaft; sicher ist dies zum Beispiel nicht der Fall bei den von Hofmeister angeführten Beispielen von Fumaria und Corydalis. Be- trachten wir einen Doppelwickel z. B. einer Labiate, so liegt in ihm ein deutliches Beispiel von »Exotrophie« vor, d. h. die Blütenbildung findet nur auf der der Hauptachse abgewendeten Seite statt. Das scheint mir das hauptsächlich bestimmende Moment zu sein. Aus ihm ergibt sich dann auch bei klinotrophen Blüten die symmetrische Anordnung von selbst. Es ist ja nicht undenkbar, daß auch bei den klinotrophen Blüten die Förderung der schief seitlich gelegenen Partie von der Schwerkraft beeinflußt sind, etwa vergleichbar der Erscheinung des Lateralgeotropismus. Experimentelle Anhaltspunkte liegen aber dafür so wenig wie für die hypo- und epitrophen dorsiventralen Blüten vor. Hier kam es nur darauf an, zu zeigen, daß die Symmetrie- verhältnisse der Blüten primär weder durch Druckverhältnisse noch durch teleologische Erwägungen erklärbar, sondern auf Verschieden- heiten in den Ernährungsverhältnissen zurückzuführen sind, die sich im Verlauf der Entwicklung von Blüten und Blütenständen ändern können. !) Vgl. J. Clark, Beiträge zur Morphologie der Commelinazeen, Flora, 93. Bd., 1904. ®) Allg. Morphologie, S. 580. Über die Notwendigkeit des Natriums für eine farblose Meeresdiatomee von Oswald Richter (Prag). Eingelangt am 2. September 1907. Seitdem man durch die Anwendung der Wasserkultur die Er- nährungsbedingungen der höheren grünen Pflanzen und die zehn Elemente C, H, O,N, P,S, Ca, K, My und Fe für sie als notwendig erkannt hatte, gewöhnte man sich auch gleichzeitig, dieses Ergebnis zu verallgemeinern und ohne weitere Prüfung anzunehmen, daß auch niedere grüne Pflanzen wie die Algen die gleichen Anforderungen an den Boden stellten. Wie unrichtig und voreilig das war, haben die Untersuchungen von Molisch!) auf diesem Gebiete gezeigt, der durch seine Ergebnisse über die mineralische Nahrung der Pilze?) und den dabei geglückten Nachweis von der Entbehrlichkeit des Ca förmlich dazu gedrängt wurde, auch die Algen nach dieser Hinsicht zu untersuchen. Tatsächlich wies er für viele Algen die Entbehrlichkeit des Ca nach. Ich muß hier absehen von der Fülle von Arbeiten, die sich seither insbesondere angeregt durch die Veröffentlichungen Beijerincks?) und Artaris?) über die C- und N-Nahrung der niederen Grünalgen einstellten und will nur darauf hinweisen, daß sich auch die Diatomeen in vieler Hinsicht als nach dieser Richtung sehr beachtenswert herausgestellt haben. Während sich !) Molisch, H,, I. Die Ernährung der Algen. I. Sep.-Abdr. d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. CIV, Abt. I, Okt. 1895, S. [788] 6. ?) Molisch H., II. Die mineralische Nahrung der Pilze. I. Abhandlung ebenda, Bd. CIII, Abt. I, 1894, S. [554] 1. 3) Vgl. die Literatur bei Richter, Oswald, I. Die Bedeutung der Rein- kultur. Berlin 1907. Verlag von Gebrüder Borntraeger. — 168 — nämlich bei den Grünalgen bezüglich der mineralischen Nährstoffe eine auffallende Genügsamkeit, ein Minus an Ansprüchen ergeben hat, haben die Diatomeen sich gerade viel ungenügsamer gezeigt als die höheren grünen Pflanzen. Nicht genug daran nämlich, daß sie anscheinend alle die Elemente, die die höhere grüne Pflanze braucht, auch benötigen, sie verlangen auch noch 8; in der Nähr- lösung für ein normales Gedeihen. Es war das meines Wissens der erste Fall, wo man die Notwendigkeit der Kieselsäure für eine be- stimmte Pflanzengruppe nachweisen konnte.!) Welche Folgerungen sich daraus möglicherweise für die Equisetaceen und andere 5 O,- reiche Pflanzen ergeben könnten, ist anderorts des genauern an- geführt worden.?) Hier interessiert es uns, daß die Gruppe der Diatomeen einen Vertreter beherbergt, der sich auch dadurch auszeichnet, daß er N« notwendig braucht. Bekanntlich haben die Untersuchungen von Cohn?),Provazek') und insbesondere Benecke°) die Existenz farbloser Meeresdiatomeen zweifellos erwiesen, die entsprechend ihrem Farbstoffmangel eine völlig saprophytische Lebensweise führen. Im März des Jahres 1906 ist mir nun die Reinzucht einer solchen Diatomee, die morphologisch der Nitzschia putrida Benecke am meisten gleicht, geglückt. Indem ich bezüglich der sonstigen Ergebnisse über die saprophytische Ernährung, A&robiose usf. auf die kurze Inhaltsangabe über den in Stuttgart gehaltenen Vortrag verweise‘), möchte ich hier auf das oben bereits angedeutete Ergebnis von der Notwendigkeit des Na für diese Diatomee etwas genauer, jedoch durchaus im be- schränkten Rahmen einer vorläufigen Mitteilung ein- gehen. Insbesondere bezüglich der Tabellen, Tafeln und Photo- !) Richter, Oswald, II. Zur, Physiologie der Diatomeen. (Il. Mitteilung.) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1906, Bd. CXV, Abt. I, Jänner- heft, S. [27] 1. >) Richter, Oswald, 11.1. e.. S. 147] 21. °) Cohn, F., Entwicklungsgeschichte der mikroskopischen Algen und Pilze. Verh. d. K. Leop. Car. Akad. d. Naturforscher 1854, Bd. XV], 1. *) Provazek, S., Synedra hyalina, eine apochlorotische Bacillarie. Österr. bot. Zeitschr. 1900, S. 69. 5) Benecke, W., Über farblose Diatomeen der Kieler Föhrde. Pr. Jb.#. w. Bot., Bd. XXXV, Heft 3, S. 535. Vgl. hier das ausgiebige Literaturverzeichnis. #) Richter, Oswald, III. Über die Physiologie farbloser Diatomeen (mit Demonstrationen). Verhandl. der 78. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Stuttgart 1906, II. Teil, 1. Hälfte, S. 280. — 169 — graphien muß auf die demnächst erscheinende ausführliche Be- arbeitung dieser interessanten Kieselalge vertröstet werden.!) Die gezüchtete farblose Nitzschia stellt gleichzeitig die erste absolut rein gewonnene Meeresdiatomee vor und es war daher nur natürlich, daß gerade der Frage nach der Rolle des CI Na in ihrer Ernährung eine größere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Dabei war zunächst festzustellen, ob das Kochsalz notwendig ist und wenn ja, nachzusehen, ob es lediglich die Rolle eines osmotischen Faktors besitzt oder aber als Nährsubstanz betrachtet werden muß. Es gelang bisher nicht, bei direkter Überimpfung der rein gezüchteten farblosen Diatomee auf kochsalzfreie Nähr- böden auch nur eineSpur von Entwicklung zu erzielen mit der weiter unten angegebenen Ausnahme, wo Na Cl durch Na NO, ersetzt war. Damit war die erste Hauptfrage beantwortet und es fragte sich nun, welche Rolle wohl das (1 N« bei der Ernährung spiele. Doch ehe ich auf die Versuchsergebnisse genauer eingehe, seien die beiden Möglichkeiten von der Bedeutung des UlXa als osmotischer Faktor und der als Nährstoff kurz diskutiert. Was zunächst die zweite Möglichkeit anlangt, so ist bisher weder Na noch (1 je als unumgänglich notwendig erkannt worden. Zwar findet man in Anbetracht der Allgegenwart des ersten Stoffes das Na bei jeder Pflanzenanalyse vor, doch haben die Ernährungs- versuche zweifellos seine Entbehrlichkeit für die höheren und bisher auch für die niederen Pflanzen dargetan.?) Auch läßt sich bei Zusatz nicht allzu großer Mengen des Stoffes keine merklich fördernde oder schädigende Wirkung feststellen. Das Chlor hinwiederum scheint, gewissen Nährlösungen, so der von Sachs, als C!K zugesetzt, sehr geeignete Umsetzungen in der Flüssigkeit zur Folge zu haben, so daß es wiederholt zu diesem Behufe empfohlen worden ist. Als notwendig ist auch das Cl meines Wissens niemals erkannt worden. Ganz anders steht es um die erste Möglichkeit. Man hat sich daran gewöhnt, anzunehmen, daß alle Meerespflanzen Kochsalz als osmotischen Faktor brauchen. Eine Meeresperidinee, in Süßwasser gelegt, stirbt momentan, Leuchtbakterien wachsen als halophile ‘) Richter, Oswald, IV. Zur Physiologie der Diatomeen (I. SUHEllungn Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien 1907/08. ?) Vgl. die Lehrbücher von Pfeffer, W. in, Jost, L., u. a. und Molisch, H,, I. und I 1. c. — 170 — Organismen nicht, wenn man sie in kochsalzfreie Nährlösung über- trägt, gedeihen aber prächtig, wenn man sie statt auf Ol Na- auf OlK-, KNO,;- usf. haltigen Nährböden kultiviert, die einem Cl Na-Nähr- boden mit 3°), ClNa isosmotisch sind. !) Zur Orientierung über die Mengenverhältnisse, in denen das Kochsalz geboten werden muß, um noch ein Gedeihen der farblosen Diatomee zu ermöglichen, sei zunächst der folgende Versuch kurz erwähnt, dem eine große Anzahl gleichartig ausgefallener, mit Agar und Gelatine ausgeführter angereiht werden könnte. Zu einem süßen Agar?) mit 0:1°/, Leuzingehalt wurde Kochsalz in den Mengen von 05, 1, 15, 2, 2:5 und 3°/, zugesetzt und mit dem Stammagar als Kontrolle zu einem großen Versuche verwendet. Die Impfung erfolgte am 10. April 1906. Ergebnis: 0°), zeigt keine, 0'5°/,, 1°/, 1'5°/, usf. mehr oder minder starke Entwicklung, die proportional zur stärkeren Kochsalzzugabe stärker er- scheint. Beachtenswert ist dabei, daß die farblose XNitzschia noch bei 05%), ClNa gedeiht, also an den geringen Cl Na-Gehalt des Nähr- substrats noch viel anpassungsfähiger erscheint als braune Meeres- diatomeen.°) Seinerzeit*) wurde nachgewiesen, daß die Süßwasser- diatomeen Nitzchia Palea (Kütz.) W. Sm. und Navicula minusceula Grun. v. H. ohne vorherige Gewöhnung selbst auf 1'5°/,, beziehungsweise 2°%/, ClNa gezogen werden können und daß braune Meeresformen ohne Schwierigkeit sofort bei 1°/, C1Na wachsen. Jetzt stellt sich heraus, daß man mit der farblosen XNitzschia putrida in den Ol Na- Gaben noch tiefer heruntergehen kann. Es genügen bloß 05%, OlNa für ihre Entwicklung bei direkter Impfung ohne vorherige Gewöhnung an niederen Kochsalzgehalt. Daher mußte es auch ganz interessant sein, nachzusehen, wie weit man in den Kochsalzgaben nach oben gehen konnte und bei welchem Prozentgehalte die Entwicklung unterbleibt. !) Molisch, H., III. Leuchtende Pflanzen, Jena 1904, Verlag von G. Fischer, S. 86. ?) Die Zusammenstellung des Agars lautete: 1000 a dest. Wasser 02 g Ca(NO,), 18 g gewässert. Agar 005 9 Ma SO, 1 g Leuzin Spur Fe SO,.. 020, HPO, SrRichter, Oswald, N. 1..c.’S: [82]'56. %) Richter, Oswald, 1. 1. c. S. [79] 53. — 171 — Am 2. März 1907 wurde deshalb ein Versuch mit Gelatine durchgeführt, der 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10°/, Cl Na zugesetzt worden war. Am 23. März schon war der Versuch völlig eindeutig. Bei 0°], keine Entwicklung, 130, maximale Entwicklung, » 4-50), sehr reichliche Entwicklung, » a; noch immer starke Entwicklung '), » 7—10°/, keine Spur von Entwicklung. Der Versuch wurde photographiert. Die Photographie wird der ausführ- lichen Arbeit beigegeben werden. Auch dieser Versuch beweist eine vorzügliche Anpassungs- fähigkeit der Diatomeen an verschiedene ©l Na-Prozente bei unver- mittelter Übertragung auf sie, Um nun zu erfahren, welche Bedeutung das O!XNa für die farblose Nitzschia besitzt, wurden zunächst eine Anzahl Versuche mit isosmotischen Mengen verschiedener Substanzen durchgeführt. Zu einem Stammagar der angeführten Zusammensetzung wurde hin- zugefügt Cl! KA, Cl, Mg, Cl, Ca, KNO,, Mg SO,, Leuzin, Inulin, Traubenzucker in isosmotischen Mengen mit 3°/,, bei zweinnächsten Versuchen mit 2°/, und 1°/, Cl! Na und mit dem Stammagar als Kontrolle geimpft. Jede Impfung war mit vier Strich- und zwei Stichkulturen in Eprguvetten ausgeführt. Außerdem wurden stets je zwei Ausguß- und zwei Strichkulturplatten von jeder Art hergestellt, so daß das Ergebnis stets eigentlich zehn gleichartigen Einzelergebnissen entspricht. Die verschiedenen Prozentsätze des CINa in den drei auf- einanderfolgenden Versuchen wurden deshalb gewählt, weil dem Einwand begegnet werden mußte, daß vielleicht die absoluten Kon- zentrationen der isosmotischen Mengen gewisser Substanzen bei 3%, beziehungsweise 2°/, O1 Na als Ausgangspunkt zu hoch ge- worden sein konnten. Da nun, wie gesagt, alle Substanzen in isosmotischen Mengen zugesetzt waren, der osmotische Druck also in allen Lösungen der gleiche war, hätte, wenn ÜlNa lediglich als osmotischer Faktor wirken würde, überall eine mehr oder minder gleichartige Ent- wicklung stattfinden müssen. Das war nun tatsächlich nicht der Fall, vielmehr zeigten sämtliche Versuche übereinstimmend nur dort Entwicklung, wo Kochsalz zugesetzt worden war, sonst nirgends. Damit ist zunächst ganz zweifellos erwiesen, daß das UlXNa nicht so sehr als osmotischer wie vielmehralsEr- ı) Damit sind Konzentrationen an Kochsalz, wie sie A. Richter und K. Techet erwähnen, erreicht worden. Vgl. Note 3 und 4, Seite 170. — 12 — nährungsfaktor in Frage kommt.!) Und damit ist sofort die Frage aufgerollt, welches von beiden das 01 Na zusammensetzenden Elementen von der farblosen Nitzschia benötigt wird. Auch darüber bieten die angeführten Versuche einigen Auf- schluß. In den Zugaben CI K, Cl; Mg, Cl, Ca und Cl Na erscheint überall das ©l vertreten. Und doch hat Entwicklung nur im (CI Na stattgefunden. Es kann somit das Chlor nicht das Maßgebende für die Entwicklung gewesen sein. Deshalb läßt sich aus den genannten Versuchen vorläufig der folgende Schluß ziehen: | Das Na des Kochsalzes scheint für die reimsul vierte farblose Meeresdiatomee notwendiges Nähr- elemertizu Sein. Diese Anschauung gewänne natürlich sehr an Wahrscheinlich- !) Einen etwas beunruhigenden Erfolg wies ein Versuch auf, der mit Gelatine durchgeführt worden war. Die Stammlösung wurde mit je 2°/, von ClNa, CIK, Cl, Ca und Cl, My versetzt. Jeder Versuch war mit je drei Strich- und drei Stichkulturen ausgeführt. Die Impfung erfolgte am 15. Dezember 1906. Am 3. Jänner 1907 hatte die Diatomee in 2°, Cl Nain allen sechs Eprouvetten bereits ihr Maximum erreicht, in Cl K war keine, in C1, Ca in einer Eprouvette (Strichkulturen) eine sehr geringe, in Mg Cl, in zwei Eprouvetten spurenweise Entwicklung, in zweien die erste Andeutung eines Wachstums, in zweien aber recht reichliche Entwicklung zu bemerken. Am 15. März hatte sich dann das Bild dahin geändert, daß noch in zwei weiteren Eprouvetten Ca C/, Entwicklung eingetreten war und in Mg Cl, ein recht reichliches Wachstum Platz gegriffen hatte. Dazu muß noch bemerkt werden, daß in Anbetracht der Verwendung von Gelatine von der Benutzung Merckscher Reagentien für die Zusätze abgesehen wurde. Da weitere neue Versuche mit gewässertem und dann erst zum Versuche verwendetem Agar stets die Entwicklung bloß in C/! Na zeigten, bleibt nur die folgende Erklärung für die obige Erscheinung übrig. Zunächst könnte eine Verunreinigung des damals verwendeten Mg Cl, und Ca C!, zur Erklärung herangezogen oder angenommen werden, daß die Gelatine wohl selbst nicht hinreichend Na Cl! enthalte, um allein die Entwicklung zu gestatten, aber doch so viel, um, vorausgesetzt, daß durch Mg Cl, oder Ca Cl, die osmotischen Verhältnisse geregelt werden, eine Entwicklung zu ermöglichen. Jedenfalls lehrt dieser Versuch entsprechende Vorsicht. Exakt kann dieFrage nach der Notwendigkeit des Na für Meeresorganismen nur mit Hilfe gewässerten Agars oder mit Nährflüssigkeiten gelöst werden. Es wären somit von diesem Standpunkte aus die bisherigen Be- funde über die Bedeutung des C/ Na für Meeresorganismen einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Denn immer da, wo Gelatine oder sonst ein relativ komplizierter Nährboden in Verwendung kam, wird der oben angedeutete Ein- wand gemacht werden können. a Ve keit, wenn man nun mit anderen Natriumsalizen auch Entwicklung erzielen könnte. Das ist in der Tat der Fall. Der erste Versuch nach dieser Richtung wurde mit isotonischen Mengen von Natronsalpeter, Natriumazetat, Natriumammoniumphosphat, Natriumkarbonat, doppeltkohlensaurem Natron, Natriumoxalat, Natriumphosphat und Natriumsulfat, 3°, O1 Na als Vergleichsmenge gedacht, ein zweiter mit zweiprozentigen Lösungen von Natronsalpeter, Natriumazetat*, Natriumdisulfit, Natriumthiosulfat, Seignett- salz, Natriumsulfat, Natrinmaluminiat**, Natriumphosphat*, Natriumammonium- phosphat*, Natriumsulfit*, Natriumoxalat““, Natriumbioxalat“*, Natriumbikarbonat‘, Natriumsalizilat und C2 Na durchgeführt. Auch bei späteren, einfacheren Ver- suchen mit Cl Na, Na,SO,, Na NO, wurden stets 2°/, der Substanzen zugesetzt. Der erste war ein Versuch mit Agar, der zweite einer mit Gelatine, die späteren alle Agarversuche. Der erste wurde mit je zehn Einzelimpfungen, der zweite mit je sechs Einzelimpfungen für jede Zugabe durchgeführt. Das Ergebnis fiel übereinstimmend dahin aus, daß nur bei Cl Na- und NaNO,-Zusatz Entwicklung stattfand, sonst nirgends. Dabei erwies sich Kochsalzzusatz als Optimum, indem hier bereits maximale Entwicklung beobachtet werden konnte, wenn bei NaNO, erst eine mittlere Entwicklung zu sehen war. Beim ersten Versuche war noch der Einwand, die zu hohe Konzentration gewisser Salze verhindere die Entwicklung'), berechtigt. Dem wurde im zweiten und den späteren Versuchen vorgebeugt durch die Wahl lauter zweiprozentiger Lösungen. Trotzdem muß es immer noch auffallen, daß eine ganze An- zahl anscheinend sehr passender N«-Quellen keine Entwicklung ermöglichen. Man denke bloß an das Natriumphosphat, Natrium- karbonat usf. Hier liegt die Antwort in dem mehr oder minder großen Alkali- oder Säuregehalt dieser Verbindungen. Um diesen Faktor ersichtlich zu machen, wurden die Substanzen, die starken Alkali- gehalt bedingten, mit einem“, die, welche Säuerung hervorriefen, mit zwei ** Sternchen in der angedeuteten Weise bezeichnet. Da, wie seinerzeit ausgeführt wurde, nur schwache Alkaleszenz ein Ge- deihen ermöglicht, istdie Unmöglichkeit, nach Zusatz der bezeichneten Substanzen zum Nähragar Wachstum zu erhalten, unschwer ver- ständlich. Daß beiden Giften, wie Natriumsulfit usf. keine Entwicklung stattfindet, ist erklärlich, aber auch für das Ausbleiben der Entwicklung auf Na, SO, läßt sich eine plausible Erklärung finden. Bekanntlich sind die Verbindungen, einmal aufgelöst, nicht mehr als solche, .1) So ist z. B. erst 7'29°/, Na, SO, isosmotisch mit 3°/, Cl Na. — 1714 — sondern ionisiert in der Lösung vorhanden. Danach wäre der Schluß berechtigt, daß das Ion SO,, weil Na nach dem Gesagten not- wendiges Nährelement ist, in unserem Falle giftig wirkt. !) Sonach bleibt von allen verwendeten Substanzen auch theo- retisch nur der Natronsalpeter als die dem Na Cl in isosmotischer und ernährungsphysiologischer Hinsicht und in bezug auf Reaktion nächststehende Verbindung allein übrig und tatsächlich gelingt es auf diese Art, farblose Diatomeen auch ohne Kochsalz auf Natron- salpeterböden zu ziehen. Auch der Ausfall dieser Versuche beweist, daß nicht das Chlor, sondern das Natrium für die Ernährung der Diatomeen von Bedeutung ist. Ziehen wir jetzt die früher mitgeteilten Erfahrungen über die direkte Anpassung an verschiedene Kochsalzgehalte der Nährmedien in Betracht, so finden wir erklärlich: 1. daß die Entwicklung auf Cl Na-freiem Agar unterbleibt; 2. daß bei niederem Kochsalzgehalte die Entwicklung mangel- haft erscheint. Es wird eben entsprechend dem niederen Cl Na- auch der Natriumgehalt herabgesetzt und da nun das Na notwendig ist, wird sein Fehlen oder sein geringes Vorhandensein auch das Wachs- tum entsprechend beeinflussen; 3. warum bei höherem Prozentgehalt die Entwicklung unter- bleibt. Denn proportional zur Kochsalzmenge wird die Natriumquan- tität vergrößert. Und es ist ja bekannt, daß jeder Nährstoff in zu großen Mengen schädlich wirkt; 4. warum die Diatomee schon bei 0:5%, ClNa zu gedeihen vermag. Wäre das Kochsalz osmotischer Faktor, so ließe sich diese Erscheinung unmöglich verstehen. Wenn aber Na ein notwendiges Nährelement ist, so ist die Erklärung leicht. 05%, Cl Nu enthält eben schon soviel Natrium, als zur Entwicklung nötig ist. Auch auf die Diatomeenform und dadurch indirekt auf die Kolonieform hat das Na oder besser ein relativ geringer Natriumzusatz einen Einfluß. Doch die diesbezügliche Beweisführung, die ohne Photographien und Zeichnungen unmöglich ist, würde zu weit vom Ziele dieser vorläufigen Mitteilung ablenken, deren Haupt zweck es ja war, zu zeigen: !) Sehr passend lassen sich hier die Erfahrungen Beneckes über die Wirkung von Na, SO,-Lösungen auf Spirogyren zum Vergleiche heranziehen Benecke, W., Über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogyra und ihre Entgiftung durch Kalziumsalze. B. d. d. b. G. 1907, 25. Jahrg., Heft 6, S. 329. an Hera Daß es heute für einen Meeresorganismus und zwar für eine farblose Diatomee, aller Wahrschein- lichkeit nach die Nitzschia putrida Benecke, zweifellos fest- steht, daß sie des Natriums als notwendigen Nähr- elementes bedarf. Über das Vorkommen von „Physcion‘” (Hesse) = „Parietin“ (Thomson, Zopf) in den Flechten und über den mikrochemischen Nachweis desselben von Emanuel Senft (Wien). Mit Tafel V. Eingelangt am 7. September. Die Flechten sind bekanntlich dadurch ausgezeichnet, daß in ihrem Körper eine Anzalıl merkwürdiger Stoffwechselprodukte vor- kommt, welche mehreren chemischen Gruppen angehören. Die meisten von ihnen zählen zu den aromatischen Körpern und be- sitzen entweder Farbstoff- oder Säurecharakter. Dank den rastlosen Arbeiten von Hesse, Paterno, Zopf und anderen Forschern, welche durch zahlreiche Publikationen auf diesem Gebiete die chemische Literatur bereichert haben, wurden ‘) Obwohl über die richtige Benennung des hier behandelten Flechten- stoffes zurzeit noch sehr verschiedene Meinungen herrschen (siehe darüber Hesse, Journal für prakt. Chemie, Bd. 73, S. 151), so wi!i ich mich hier der Hesseschen Bezeichnung »Physcion« anschließen und behalte sie, um die Arbeit einheitlich zu gestalten, durchwegs bei. Die allgemeine Verbreitung der gelben Wandflechte »Theloschistes parietinus« (Xanthoria parietina) brachte es mit sich, daß dieselbe vielfach untersucht wurde. Es ist hier nicht der Ort, die einzelnen Arbeiten zu berühren und es soll diesbezüglich auf die »Geschichte der Lichenologie« von Krempelhuber verwiesen werden, welche alle die älteren Arbeiten auszugsweise mit Angabe der Quelle bespricht. Während die veralteten Bezeichnungen für das Physcion (Hesse) heute kaum mehr in Betracht kommen, findet man in den neueren Büchern mehrere Namen für diesen Körper, so Chrysophansäure (Rochleder und Heldt), Parietin (Thomson und Zopf), Physciasäure (Paterno), Chrysophysecin (Lilienthal). 2 — IM — nicht nur die chemischen und physikalischen Eigenschaften einzelner dieser Körper eingehend bekannt, sondern wir verdanken den genannten Forschern auch eine ganze Reihe von Konstitutions- formeln für die einzelnen Körper. ‘ In welcher Hinsicht diese Stoffe vom biochemischen Stand- punkte in Betracht kommen, ist nicht bekannt und man weiß über ihre Entstehung, ihre Verwertung im Flechtenorganismus oder über ihre sonstige Bestimmung fast gar keine Auskunft zu geben. Man hat sie vielfach als Schutzmittel gegen Tierfraß (Bach- mann, Stahl, Zopf, Zukal) oder als Schutzmittel gegen andere Noxen zu erklären versucht, man kann aber kaum darüber zweifeln, daß ihnen noch eine ganze Reihe von anderen Bestimmungen zu- kommt. Während die meisten Autoren die Flechtensäuren und andere Flechtenstoffe als Schutz gegen Tierfraß verallgemeinern, bemerkt Zopf!), daß manche Flechten von gewissen Tieren gefressen werden und daß für diese die geringe oder übermäßige Ausscheidung von Flechtensäuren keineswegs einen Schutz gegen die Angniffe der Tiere bedeutet. So konnte Zopf Il. c. bei der gelben Wandflechte Theloschistes parietinus (Xanthoria parietina) sowie auch bei anderen physcionhaltigen Flechten beobachten, daß gerade die am meisten Physcion führenden oberflächlichen Teile zuerst und mit beson- derer Vorliebe gefressen werden. Für diese Beobachtung Zopfs, welche Stahl?) in seiner neuesten Arbeit durch Versuche bestätigt, finde ich in dem überaus reichen Herbarmaterial, welches mir zur Verfügung steht, viel- fache Bestätigung. Bei sehr vielen Exemplaren der gelben Wandflechte, die sehr intensiv, manchmal fast zinnoberrot gefärbt sind, findet man an manchen Stellen die ganze obere Rinde abgelöst und ein Blick in das Mikroskop zeigt deutliche Fraßspuren. Ein besonders interessantes Objekt liefert ein von Jelinek) gesammeltes Exemplar. Auf diesem haben die Tierchen reichliche Kotstückchen deponiert, welche aus Hyphen, Algenzellen und Phys- ') W. Zopf, Zur biologischen Bedeutung der Flechtensäuren. Biolog. Zentralblatt, Bd. XIV, 1896, S. 594 u. ff. ?) E. Stahl, Die Schutzmittel der Flechten gegen Tierfraß. Festschrift zum siebzigsten Geburtstage von Ernst Haeckel. Jena 1904. ®») Expedition Novara. Kap der guten Hoffnung. Am Tafelberg. Wiesner-Festschrift 12 — 118 — cion bestehen, welch letzteres sich durch Einlegen der Kot- partikelchen in Kalilauge intensiv rot färbt. An dieser Stelle will ich auch noch die Frage berühren, ob das Physcion, ebenso wie die Flechtensäuren, eine gewisse anti- septische Wirkung ausübt, durch welche die lange Lebensdauer der Flechten zu erklären ist. Schwarz!) will diese Vermutung der antiseptischen Eigen- schaften der Flechtensäuren dadurch nicht bestätigt finden, daß eine wässerige Abkochung von Lecanora schon nach einigen Tagen (bei Sommertemperatur) von Bakterien wimmelte. Der Versuch Schwarz’ ist aber entschieden nicht einwand- frei und überzeugend, um diese Frage endgültig zu erledigen, da dabei nicht die Verhältnisse eingehalten wurden, wie sie tatsächlich in der Pflanze selbst vorkommen. | Viel überzeugender und die Annahme, daß den Flechtenstoffen eben eine konservierende Wirkung zukommt, geradezu bestätigend sind die jüngsten Versuche Stahls?), welche gezeigt haben, daß die durch Extraktion der Flechtensäuren befreiten Exemplare der Flechten viel rascher durch Bakterien zersetzt werden als solche, aus denen die Flechtensäuren nicht entfernt wurden. Die zahlreichen Arbeiten, welche über die Flechtenstoffe er- schienen sind, zeigten, daß in dem Flechtenkörper ganz tiefgreifende physiologische Prozesse vor sich gehen müssen und daß diese von der Einwirkung verschiedener Faktoren abhängig sind. Hesse?) zählt in den Schlußbemerkungen seiner großen Arbeit über Flechtenstoffe einige dieser Faktoren auf. Die langjährige Untersuchung auf diesem Gebiete hat Hesse gezeigt, daß diese Körper in einer und derselben Pflanze nicht immer vorzukommen pflegen. Bis auf einige Ausnahmen hat es sich gezeigt, daß die Jalıres- zeit auf dieselben so viel wie gar keinen Einfluß ausübt, welcher Umstand Hesse zu dem Schlusse führte, daß die meisten dieser Stoffe, wenn nicht alle — nicht als Reservestoffe, sondern als Ex- krete aufzufassen sind. ') Schwarz, Chemisch-botanische Studien über die in den Flechten vor- kommenden Flechtensäuren. Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. III, Breslau 1880. 2EStahlılae ®) Hesse, Beitrag zur Kenntnis der Flechten und ihrer charakteristischen Bestandteile. 3. Mitteilung. Journal für praktische Chemie, Bd. 58, 1898, S. 550. — 1719 — . Von großem Einflusse auf die Produktion dieser Körper sind nach Hesse das Substrat, die klimatischen Verhältnisse u. a., welche nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität bedingen. Als treffendes Beispiel kann hier gleich das Physcion, welches den Gegenstand dieser Abhandlung bildet, angeführt werden. Die gewöhnliche Wandflechte Theloschistes parietinus (Xan- thoria parietina) produziert, ob sie auf Pappeln, Weiden, Obst- bäumen, Brettern, Felswänden o. dgl. wächst, überall das Physcion, welches in und auf der oberen Rindenschicht in Form von kleinen gelbgefärbten Körnchen abgelagert wird und welches der Flechte die charakteristische gelbe Farbe verleiht. Allein, wenn diese Flechte auf Pinien übersiedelt, läßt die Produktion des Physcions nach, die Flechte erscheint dementsprechend mehr oder weniger grün und bildet nun Atranorin (Hesse). Ich habe wiederholt beobachtet, daß bei der auf Akazien wachsenden Wandflechte ebenfalls das grüne Kolorit vorwaltet und glaube, daß auch die Lichtintensität für die Produktion von Physcion von großer Bedeutung ist. So konnte ich ebenfalls wiederholt beobachten, daß Exemplare von T'heloschistes parietinus, welche dem intensiven Lichte ausgesetzt waren, eine intensiv gelbe Farbe besaßen, und andere, welche da- gegen wenig Licht bekamen, mehr weniger grünlich oder grau waren. Dieses Vorkommnis, welches meist auch mit einer Umgestaltung der Thallusläppchen (die breiter sind als gewöhnlich) vor sich geht, führte De Notaris!) zur Aufstellung der Varietät »lividus«, welche folgend charakterisiert ist: »Thallus livido-virescens vel plumbeus, late lobatus.« Hierher gehören auch zwei Exemplare von Theloschistes parie- tinus, welche ich unter den Flechten des Wiener Hofmuseums vor- fand und die als var. virescens Nyl. bezeichnet sind.?) Ebenfalls hierher gehören die in derselben Sammlung befind- lichen, von Harmand auf Akazien gesammelten ?) Exemplare der Th. par. var. chlorina Chev. Die Thalli der soeben angeführten Flechten sind so wie die von mir an jungen Akazien gesammelten grau oder graugrün ge- färbt und nur der äußerste Rand ist intensiv gelb umsäumt. !)DeNotaris, Framentilichenograficidiunlavoro inedito. Gior. bot. ital. 1346. ?) Diese wurden von Schweinfurt auf Citrus Limonum in Gärten bei ‚Damiette (Ägypten) gesammelt. :) Harmand, Lichenes Lotharingiae Nr. 357. — 10 — Durch Kalilauge!) färben sich die Thalli gar nicht, nur der gelbe Rand wird dadurch rot gefärbt. Die ungleiche Verteilung des Physcion kann man übrigens, wie schon Schwarz |, c. bemerkte, auch bei den typisch gelben Exemplaren von T'heloschistes parietinus beobachten; so pflegten beispielsweise der Thallusrand sowie die Stellen, wo ein’ junges Apothezium entwickelt wird, sehr intensiv gefärbt zu sein, wogegen die vom Rande mehr entfernten Stellen sowie das Exzipulum der älteren Apothezien in trockenem Zustande grau erscheinen und beim Befeuchten dann das Grün der Algenzellen durchschimmern lassen. Diese Erscheinung kann man aber nicht nur bei der gelben Wandflechte, sondern auch bei vielen Caloplacen (Sect. Amphi- loma und Sect. Gasparrinia) beobachten. Während man allgemein annimmt, daß die Ausscheidung der Flechtensäuren und anderer Flechtenstoffe zumeist auf die obere Rinde (seltener auf das Mark) lokalisiert ist und in der unteren Rinde äußerst selten oder gar nicht vorkommt, ist Schwarz |. c. der Meinung, daß das Physcion ursprünglich an beiden Seiten vorhanden ist und durch die Reibung der äußeren Teile der Thallus- unterseite am Substrat schon frühzeitig entfernt wird. So konnte Schwarz |. c. bei der gelben Wandflechte, welche auf faulem Holze wuchs, »wo also die Reibung weniger wirken konnte« (?), auch auf der Unterseite die Anwesenheit von Physcion nachweisen. !) Die Kalilaugelösung spielt in der Lichenologie als Reagens eine große Rolle. Insbesondere bei den Flechten mit gelbem Kolorit, wie Theloschistes Caloplacen (Sect. Amphiloma, 5. Gasparrinia, S. Callopisma) wird sie direkt sozu- sagen als Hilfsmittel zur Differentialdiagnose herangezogen. Die wichtigsten gelb gefärbten Flechtensäuren und andere Flechtenstoffe sind, um sie hier kurz zu nennen: Calicin (Hesse), Chrysocetrarsäure (Hesse)=Pinastrin- säure (Zopf)=Oxypulvinsäure (Hesse), Rhizocarpsäure (Zopü), Vulpinsäure (Spiegel)=Methylpulvinsäure (Zopf), Callopismin- säure (Zopf); diese besitzen nicht die Eigenschaft, sich mitt XOH unmittel- bar rot oder violett zu färben. Diese Eigenschaft kommt allein dem Physcion (Parietin) zu und man kann daher bei den Flechten mit gelbem Kolorit die Kalilauge fast als ein spezielles Reagens auf Physcion ansehen. Andere in reinem Zustande wohl auch gelb oder rot gefärbte Flechtenstoffe, wie Fra- gilin (Zopf), Solorinsäure (Zopf) und Nephromin (Hesse) färben sich zwar mit KOH ebenfalls recht charakteristisch, sie wurden jedoch bis jetzt in den Flechten mit gelbem Kolorit noch nicht nachgewiesen. — 181 — Die Meinung Schwarz), daß sich das Physcion ursprünglich auf beiden Seiten der Flechte befand, durch mechanische Reibung aber von der Unterseite entfernt wurde, stimmt mit meinen Be- obachtungen durchaus nicht überein. Im heurigen Frühjahre sammelte meine Frau in Ragusa eine auf Moosen wachsende Abart von T’heloschistes parietinus. Es war eine sehr schmallappige Form der Varietät ectaneus Ach. fallax Hepp. Bei dieser Flechte kann von einer mechanischen Reibung auf der Unterseite keine Rede sein, da sich die Pflanze durch Rhizinen auf dem einen Moosästchen festklammert und dann von beiden Seiten frei in der Luft hängend weiterwächst, bis sie wieder eine passende Anheftungsstelle für die Rhizinen findet, was mitunter Zwischenräume von 1 cm Länge und mehr ausmacht. Auch bei dieser Pflanze kann man ausschließlich auf der Thallusoberseite und bloß am äußersten Rande der Unterseite die Färbung verfolgen. Die Unterseite selbst ist bei allen Exemplaren vollkommen farblos. Unter dem Herbarmaterial des Wiener Hofmuseums finde ich einige Exemplare von Th. par. var. ectaneus, welche tatsächlich, wie Schwarz. c. bemerkte, eine intensiv gefärbte Unterseite haben. Auch fast sämtliche Exemplare der Varietät »aureolus« Mass., deren Thalli durchweg überaus intensiv orangegelb bis orangerot gefärbt sind, sind durch eine mehr oder weniger gelb gefärbte Unterseite charakterisiert. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Schwarz eine solche auf der Unterseite typisch gelb gefärbte und auf Holz wachsende Ab- art Th. p. ectaneus oder aureolus untersuchte. Gerade also bei den auf Steinen wachsenden Abarten Th. p. ecianeus und aureolus, wo man tatsächlich von der Reibung der manchmal ziemlich am Substrat anliegenden Thallusläppchen sprechen kann, findet man fast regelmäßig eine intensiv gefärbte Unterseite. Die auffallende rote Färbung der physcionhaltigen Flechten kommt nicht selten vor, so 2. B. bei vielen Caloplacen (Set. Gasparrinia). Ein typisches Beispiel findet man bei der (©. (Sect. Gasparrinia) murorum, var. miniata Th. Fr., die durch eine intensiv ziegelrote Farbe gekennzeichnet ist, u. a. Es ist sehr interessant, daß das aus solchen intensiv gefärbten Flechten gewonnene Physcion, wie es Hesse!) aus Gasp. elegans !) Hesse, Beiträge zur Kenntnis der Flechten und ihrer charakteristischen Bestandteile. II. Mitteilung. Journal f. prakt. Chemie, Bd. 57, S. 446. — 12 — dargestellt hat, im reflektierten Lichte mehr rot erscheint als das aus normal gelb gefärbten Exemplaren gewonnene Hessel.c. glaubt, daß dieser Farbenunterschied durch den verschiedenen Ge- halt an Protophyscion bedingt ist. Um einwandfreie chemische Analysen der Flechten in bezug auf die Flechtensäuren oder andere Flechtenkörper durchführen zu können, ist vor allem ein ansehnliches Quantum an zu unter- suchendem Material nötige. Wenn auch die Flechten zu den all- gemein verbreiteten Pflanzen gehören, so ist es — wenige ganz allgemeine Spezies ausgenommen — außerordentlich schwer, in den meisten Fällen sogar vollkommen ausgeschlossen, eine zu solchen Untersuchungen ausreichende Quantität zusammenzubringen. Überall dort, wo man für die makrochemische Analyse keine zureichende Quantität des Materials aufbringen kann, insbesondere dort, wo man in die physiologischen Verhältnisse der Pflanze einen Einblick gewinnen will oder aber, wo es ssich gar um einen lokalen Nachweis des einen oder anderen Körpers in der Pflanze handelt, nimmt man zur Mikrochemie Zuflucht. Diese vereinigt in sich zwei unschätzbare Eigenschaften. Sie bedarf ein Minimum an Material unter Anwendung von kürzester Zeit. Die Notwendigkeit des mikrochemischen Nachweises der Flechten- körper wurde schon früher erkannt und so haben Bachmann !) und Zopf?) bei ihren Studien einigemale den mikrochemischen Nachweis in Betracht gezogen. Daß für die mikrochemischen Untersuchungen die bereits für die rein dargestellten Flechtenkörper bekannten Reaktionen in erster Linie zur Anwendung kommen, ist natürlich. Diese müssen jedoch häufig erst diesem Zwecke angepaßt werden, anderseits müssen für diesen Nachweis manche neue Verfahren ersonnen werden. Durch mehrjährige Versuche habe ich die Überzeugung gewonnen, daß sich der mikrochemische Nachweis für die ver- schiedensten Flechtenstoffe in vielen Fällen mit gutem Erfolge benutzen läßt und ich zweifle nicht, daß es mit der Zeit gelingen wird, einen analytischen Gang zum Nachweise der häufigsten Flechtenkörper auszuarbeiten. ') E. Bachmann, Mikrochemische Reaktionen auf Flechtenstoffe als Hilfsmittel zum Bestimmen der Flechten. Zeitschrift f. wissensch. Mikroskopie, Bd. II. ’) W. Zopf, Zur Kenntnis der Stoffwechselprodukte der Flechten. — 1893 — Die mikrochemische Untersuchung von Flechtenkörpern wird auch in vielen Fällen dort gute Dienste leisten, wo die Menge der aus einer Flechte bereits rein dargestellten Substanz derart klein ist, daß sie sich für die allgemeine chemische Untersuchung nicht verwenden läßt. Bei dem mikrochemischen Nachweise solcher Körper in der Flechte selbst wird man allerdings denselben Schwierigkeiten be- gegnen, welche sich auch dem mikrochemischen Nachweise von verschiedenen Körpern in den höher organisierten Pflanzen in den Weg stellen. Man hat es hier wie dort mit keinen reinen Körpern, sondern mit ganzen Komplexen zu tun und so muß schon von vori:herein darauf aufmerksam gemacht werden, daß die mikro- chemische Untersuchung der Flechten vorerst nur einen orientierenden Wert besitzt, daß sie aber in den Händen eines geübten Lichenologen von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein kann. Von großer Wichtigkeit für den mikrochemischen Nachweis von Flechtensäuren sowie anderen Flechtenkörpern erscheinen folgende Eigenschaften: 1. daßbeidebis aufwenige Ausnahmen in-Wasser so gut wie unlöslich sind; ardabrdie meisten: mit'gewissen.Lösungsmitteln, wie Azeton, Alkohol, Äther, Ligroin, Benzol, Chloro- form,Schwefelkohlenstoffu.aleichtextrahiert werden können; 3. daß die meisten sehr leicht kristallisieren, und zwarindenhäufigstenFälleninganzcharakteristischen Formen. Man kann also die für solche Untersuchungen bestimmte Flechte, um sie schneiden zu können, ruhig im Wasser aufweichen und auch die Schnitte aus derselben im Wasser aufbewahren, ohne fürchten zu müssen, daß gewisse Stoffe ausgelaugt werden. Weiter kann man dort, wo die Schnitte vermöge des zu kleinen Gehaltes unmittelbar zur Untersuchung nicht taugen, die Flechte mit geeigneten Lösungsmitteln!) extrahieren und erhält dann nach !) Hesse verwendet in der letzteren Zeit (siehe 11. Mitteilung seiner Beiträge im Journal für praktische Chemie, Bd. 76, S. 2) zur Extraktion Flechten, wie sie die Natur liefert, ohne sie vorher zu zerkleinern, welches Verfahren in doppelter Hinsicht schätzenswert ist. Erstens bleiben dabei die Flechtenexemplare unbeschadet und es können später die extrahierten Flechten als Analysenbelege — 184 -- dem Verdunsten des Lösungsmittels am Wasserbade eine hin- reichende Menge Stoffes. Bei diesem Verfahren resultiert entweder ein amorpher Rück- stand oder wohl eine kristallinische Masse, mit der weiter aber nichts anzufangen ist — man sieht eben nur, daß es Kristalle sind. Unbrauchbare Kristalle zu erhalten, ist ein Lösungsmittel nötig, aus welchem die Flechtensäuren langsam auskristallisieren können, ohne daß das Lösungsmittel selbst verdunstet. Als ein solches kann man, wie ich mich überzeugte, vorteilhaft irgendein fettes Öl benutzen. Am besten ist hierzu seiner Farb- losigkeit wegen das Knochen- oder Paraffinöl geeignet. Sehr viele Flechtensäuren sowie andere Flechtenkörper lösen sich in heißem Öl auf und kristallisieren dann beim Abkühlen des Präparats meist in sehr charakteristischen Formen wieder aus. Es sei noch ausdrücklich bemerkt, daß sich dazu nicht nur die rein dargestellten Körper sowie auch die Abdampfrückstände, welche bei dem Auslaugen der Flechten (siehe Anmerkung auf S. 183) gewonnen wurden, eignen, sondern daß man hierzu, was besonders vorteilhaft ist, auch unmittelbar die kleinsten Mengen der zer- kleinerten Flechte, ja selbst Schnitte aus derselben verwenden kann. Im letzteren Falle allerdings nur dann, wenn der Gehalt an dem zu suchenden Körper nicht gar zu gering ist. Dieses Verfahren habe ich in meinem jüngsten Vortrage !) genau geschildert und verweise, um nicht wiederzuholen zu müssen, auf denselben. Anderseits läßt sich zum mikrochemischen Nachweis von Flechtensäuren auch das Sublimationsverfahren verwenden, welches recht häufig ganz charakteristische Anflüge liefert. Zu diesem Zwecke bringt man etwas des bereits rein dar- gestellten Körpers oder des vollkommen trockenen Abdampfrück- standes (welchen man durch Ausziehen der fraglichen Flechte mit geeignetem Lösungsmittel und Verdunsten des letzteren am Wasser- dienen, zweitens werden dabei die Flechtensäuren, welche zumeist auf der Thallusoberseite vorkommen, zuerst ausgelaugt, wogegen die in tieferen Lagen befindlichen amorphen Stoffe nicht so leicht extrahiert werden; dadurch lassen sich Extrakte gewinnen, die, verhältnismäßig arm an verunreinigenden Körpern, sich viel leichter reinigen lassen. !) 79. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Dresden, 13. Ab- teilung: »Über ein neues Verfahren zum mikrochemischen Nach- weis der Flechtensäuren.« 1907. — 15 — bade gewonnen hat) zwischen zwei Objektträger, welche etwa 2 mm (nicht mehr!) voneinander entfernt sind, erhitzt den unteren lang- sam so lange, bis der Körper zu schmelzen beginnt und etwas darüber, hält die Gläschen eine Zeitlang außerhalb der Flamme und beobachtet, ob sich auf dem oberen Gläschen bereits ein Anflug gebildet hat. Sollte der Anflug noch nicht zustande gekommen sein oder ist er nur sehr schwach, so erhitzt man das Präparat wiederholt und läßt jedesmal auskühlen so lange, bis sich ein genügend dicker Anflug gebildet hat. Ein zu weit gehendes Erhitzen ist nicht ratsam, da dabei manche dieser Körper zersetzt werden. Wenn auch die Anflüge manchmal nicht kristallisiert sind, so können sie trotzdem in manchen Fällen zur Ausführung mikro- chemischer Reaktionen gebraucht werden. Wir werden später auf die Physcionsublimate!) zurückkommen. Wenn ich mir in dieser Arbeit vorgenommen habe, den mikro- chemischen Nachweis des Physcion zu liefern, so kann ich nicht umhin, auf einzelne Punkte der Hesseschen Arbeit über Phys- cion zurückzukommen, und zwar deshalb, weil sich manche Re- aktionen, welche Hesse für den makrochemischen Nachweis des Physcion aufstelite, mit Vorzug auch für den mikrochemischen Nachweis adaptieren lassen. Als Material zur Darstellung von Physcion benutzte Hesse die allgemein bekannte gelbe Wandflechte T’heloschistes parietinus (Parmelia parietina Ach. Physcia parietina Schaer). Aus derselben erhielt er neben Physcion noch zwei andere Körper, nämlich das PhyscianinundPhysciolneben einer wachsartigen Substanz. ?) Auf das Physcianin und Physciol, Körper, welche nach Hesse beide ursprünglich in der Flechte nicht erhalten waren, sondern durch die chemische Behandlung aus dem in der gelben Wandflechte vor- handenen Atranorin entstanden sind, soll hier nicht eingegangen werden. Bezüglich der Darstellung des Physcion verweise ich auf die Abhandlung von Hesse, |. c. ') Die Eigenschaft der Oxymethylanthrachinone, zu sublimieren, benutzte vor kurzem Mitlacher, um in emodinhaltigen Drogen das Vorkommen der- selben durch Sublimation nachzuweisen. Siehe Pharmazeutische Praxis 1906, Heft 11: »Zur Mikrochemie einiger Emodindrogen.« 2) Hesse, Über einige Flechtenstoffe. Liebigs Annalen der Chemie, Bd. 284, 471895; S. 177 u. ff. — 8 Hesse stellte für das Physcion Z,, die Formel auf: GB It 9 HOCH,): Das Physcion kristallisiert aus heißem Benzol, Alkohol oder Eisessig in glänzenden, ziegelroten Nadeln, welche bei 270° schmelzen. Höherer Temperatur ausgesetzt, zersetzt sich dasselbe unter Bildung intensiv gelb gefärbter Dämpfe, eines dunkelbraunen Öles, eines geringen Sublimats. In konzentrierter Schwefel- säure löst es sich unzersetzt mit tiefroter Farbe und wird daraus durch Wasser gefällt. Mit Jodwasserstoff geht es beim Kochen unter Abspaltung von JodmethylinProtophyscion,mitSalpetersäureinMono- und Dinitrophyscion über. In heißer Natron- oder Kalikarbonatlösung löst es sich beim Kochen spurenweise mit roter Farbe und scheidet sich beim Erkalten wieder ab. Etwas stärker, und zwar mit dunkelroter Farbe löst es sich in heißem Ammoniak. Mit Kali- oder Natronlauge entsteht eine dunkelkirschrot gefärbte Lösung, während sich gleichzeitig ein dunkelblauer amorpher Niederschlag abscheidet. In bezug auf die anderen aus Physcion erhaltenen Produkte verweise ich auf die früher zitierte Originalabhandlung von Hesse. Mikrochemischer Nachweis. l. Versuche mit reinem PIiysc10r Das reine Physcion, welches ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Hofrates Dr. Hesse zu verdanken habe, stellt unter dem Mikroskop dünne zitronengelbe, rechteckig abgestutzte Blättchen dar (Abb. 1). 1. a) Wenn man auf dasselbe unter dem Mikroskop 10°, Kali- lauge einwirken läßt, so löst es sich mit prachtvoll kirschroter Farbe auf!', unter gleichzeitiger Bildung eines flockigen kristalli- !) Wie schon früher erwähnt wurde, besitzt von den gelb gefärbten Pro- dukten der Flechten mit gelbem Kolorit das Physcion allein die Eigenschaft, sich mit KOH oder NaOH rot zu färben. Zopf (Zur Kenntnis der Stoff- wechselprodukte der Flechten, S. 14) hat gezeigt, daß dem Calycin eine be- sonders charakteristische Reaktion zukommt. Löst man nämlich das Calycin in Chloroform und schüttelt diese gelbe Lösung mit Kali- oder Natronlauge, so entsteht aus dem Calycin ein rot ge- färbter Körper, der von den emulsionsartig verteilten Tropfen der Alkalilösung sofort aufgenommen wird, während sich das STE nischen Niederschlages. Bei starker Vergrößerung, etwa *0°/,, sieht man, daß sich das Physcion durch die Einwirkung der Lauge in sehr schöne, überaus dünne rotviolette, dicht aneinandergruppierte und zu Büscheln angeordnete Schüppchen umgebildet hat (Abb. 2). Diese sind meist breit spindelförmig oder elliptisch und dann an einem oder an beiden Enden zugespitzt oder auch an den Enden rechtwinklig oder schief abgestutzt. b) Diese Verbindung ist nicht beständig. Etwa in einer halben Stunde oder auch später verschwinden diese Blättchen und an ihrer Stelle entstehen sehr schöne, fast gleich große zarte, etwa 1v. dicke und 7—30 ». lange, zu beiden Enden scharf zugespitzte Nadeln, welche die Farbe des Kaliumpermanganats besitzen (Abb. 3). Diese Verbindung ist nun beständig. 2. In konzentrierter Schwefelsäure löst sich das Physcion mit schön purpurroter Farbe auf. Allmählich verblaßt die Färbung und nach ungefähr einer halben Stunde bilden sich im Präparat kurze, gelbe, dünne, stark gebogene oder spiralig gedrehte, un- gemein dünne Kristallfäden (Abb. 6«), welche sich später mehr oder weniger aufrichten und sich zu Büscheln gruppieren (Abb. 65). Die Form der Kriställchen ist überaus charakteristisch. 3. In rauchender Salpetersäure löst sich das Physcion in der Siedehitze mit gelber Farbe auf und kristallisiert daraus beim Abkühlen in Form von dünnen und sehr langen, geraden oder etwas gebogenen, gelben Nadeln einer Nitroverbindung aus (Abb. 5). 4. Der Sublimation unterworfen, bildet das Physcion auf dem Gläschen einen dichten gelben Anflug. Dieser ist zuerst pulverig, amorph, später wird er in derbe gelbe Nadeln umge- wandelt, welche entweder vereinzelt vorkommen oder meist zu Rosetten gruppiert sind (Abb. 7). Es ist wünschenswert, das Präparat bei der Sublimation nicht längere Zeit über die nötige Temperatur zu erhitzen, da sich sonst das Physcion zum größten Teil zersetzt. Mit dem Sublimat Chloroform entfärbt. Diese schöne Reaktion wird von Zopf auch für den mikrochemischen Nachweis des Calycins gebraucht. Nur sei hier aufmerksam gemacht, daß man bei solchen Untersuchungen zuerst die Einwirkung von Kali- oder Natronlange allein beobachten muß und erst dann, wenn sich der Körper oder die fragliche Flechte mit Laugen nicht färbt, zu der Chloroformreaktion schreiten darf, da Physcion in Chloroform gelöst mit Laugen eine ganz ähnliche Reaktion liefert und damit das Calycin vortäuschen könnte. — 188 — können die sub 1, 2, 3 angegebenen Reaktionen ausgeführt werden. !) ; 5. Aus heißem Öl kristallisiert das Physcion beim Aus- kühlen des Präparats und längerem Stehen in gelben Nadeln und dünnen Blättchen (Abb. 8). Die ersteren gruppieren sich häufig zu Oarben und Büscheln, welche denjenigen des Phenylglykosazons nicht unähnlich sind. ?) ') Von den gelb gefärbten Substanzen, welche in den Flechten mit gelbem Kolorit vorkommen, liefern bloß Calycin und Pinastrinsäure kristalline Beschläge, welche denjenigen des Physcions einigermaßen ähnlich sind, insofern sie beide ebenfalls nadelförmige Kriställchen liefern. Bei genauerer Besichtigung kann man aber beide von dem Physcion- beschlage leicht unterscheiden. Die Pinastrinsäure (Abb, 10) liefert einen intensiv gelben Anflug, der an der Peripherie rasch kristallisiert. Es sind dünne, selten über 1. breite und 20—100 u und darüber lange, an beiden Enden abgestutzte oder auch zu beiden Enden verjüngte, meist vollkommen gerade (seltener gebogene), zitronen- gelbe Nadeln. Außer diesen kommen auch kleine vier- oder mehreckige Täfelchen vor, Das Calycin liefert rasch einen dichten gelben Anflug (Abb. 9). Dieser ist zuerst pulverig, amorph, später wird er in derbe orangegelbe Nadeln umge- wandelt, welche entweder vereinzelt oder zu Rosetten und Büscheln geordnet vorkommen. Manche Kriställchen stellen sich mehr oder weniger senkrecht auf das Gläschen auf und erscheinen dann nur als Punkte. In Laugen löst sich das Physcionsublimat mit kirschroter Farbe auf die Pinastrinsäure und Calycin färben sich mit Laugen nicht. Das Calyein ist durch die Zopfsche Reaktion — Färbung der Chloro- formlösung, Lauge rot — der Pinastrinsäure gegenüber charakterisiert. Die Sublimate der Callopisminsäure,VulpinsäureundRhizocarp- säure sind von denjenigen des Physcions derart verschieden, daß sie hier gar nicht in Betracht kommen. Die ersten zwei liefern Anflüge, welche aus gelben Tröpfichen bestehen, die sehr schwer erstarren, Rhizocarpsäure liefert dagegen Anflüge von sehr schönen, unregelmäßig sechsseitigen Täfelchen. ®) Von den gelb gefärbten Substanzen, welche in den Flechten mit gelbem Kolorit vorkommen, kristallisiert aus heißem Öl in Nadeln die Pinastrin- .säure und Calycin. Sie sind jedoch beide von Physcionkristallen leicht auseinanderzuhalten. Das Calycin kristallisiert aus heißem Ölin gleichmäßigen, dünnen, beiderseits zugespitzten, vollkommen geraden oder schwach gebogenen, orange- gelb gefärbten Nadeln aus, welche meist nur einzeln vorkommen (selten-zu lockeren Rosetten gruppiert sind). Häufig kommen auch Verwach- sungen von zwei nebeneinanderliegenden Nadeln nach der Längsachse vor. Die Pinastrinsäure kristallisiert in zarten, gleichmäßigen, meist — 19 — 6. Mit alkalischen Erden (Kalk, Baryt, Strontium) färben sich die Physcionkristalle nach längerer Einwirkung (etwa einigen Stunden) prachtvoll purpurrot. Diese Verbindung ist in Wasser unlöslich und die Kristalle des Physcions verlieren dabei weder ihre Form noch die Doppelbrechung. Aus diesem Grunde wurde schon von Schwarz!) das Kalk- und Barytwasser zum mikro- chemischen Nachweis von Physcion empfohlen. Da man bei mikrochemischen Untersuchungen der Flechten meist mit unreinen Körpern arbeitet, so ist es notwendig, sich davon zu überzeugen, wie weit sich die für den chemisch reinen Körper angewendeten Reaktionen auch bei Gemischen (Roh- produkten) verwerten lassen. Zu diesem Zwecke bereitete ich mir rohes Physcion durch Extrahieren der gelben Wandflechte mittelst Äther, welcher dann am Wasserbade zur Verdunstung gebracht wurde, Dabei resultierte eine orangerote pulverige Masse, welche unter dem Mikroskop dünne gelbe Blättchen in schmieriger, wachs- artiger Masse zeigt. Diese Masse wurde nun zur Durchführung der mikrochemischen Reaktionen verwendet I Versuche mit rohem Physeion. Diese ergaben, daß sich alle die oben für das reine Physcion angeführten Reaktionen mit wenigen Ausnahmen auch zum Nach- weis desselben in rohem Zustande verwenden lassen. 1. Bei Zusatz von 10°, Kalilauge zu dem Abdampfrückstand tritt eine prachtvoll kirschrote Farbe auf unter gleichzeitiger Bildung eines amorphen Niederschlages. Die sub I, 1a angeführte, vor- übergehende Bildung von rotvioletten Schüppchen unterbleibt und es kommt bald zur Bildung des sub I, 15 angeführten Körpers, welcher aber nun nicht in Nadeln, sondern in kleinen Prismen oder rechteckigen kleinen, häufig an den schmalen Seiten mit einem mehr oder weniger tiefen Einschnitt versehene Täfelchen kristallisiert (Abb. 4). an beiden Enden scharf zugespitzten, intensiv zitronen- oder gold- gelb gefärbten Nadeln, die zumeist zu dichten Büscheln oder Rosetten gruppiert vorkommen. !) Schwarz, Chemisch-botanische Studien über die in den Flechten vorkommenden Flechtensäuren. — Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, HI. 'Bd., S. 250. — 19 — 2. Die Schwefelsäurereaktion verläuft, wie bei I, 2 angegeben. 3. Auch die Salpetersäurereaktion ist derjenigen sub I, 3 an- geführten gleich. 4. Das Sublimat ist nicht so schön wie bei reinem Physcion, kann aber vorteilhaft zur Durchführung der unter I, 1a und b an- gegebenen Kalilaugereaktion verwendet werden, welche genau unter Bildung von Blättchen und schließlich Umbildung dieser zu Nadeln verläuft. 5. Aus heißem Öl kristallisiert es, wie bei II, 5 angegeben. 6. Die Reaktion mit Kalk- oder Barytwasser, siehe I, 6, kann auch bei rohem Physcion vorteilhaft verwendet werden. I: Nachweis von Physcion in den Flechten SelszE Der Nachweis von Physcion unmittelbar in den Flechten selbst kann in der gepulverten Flechte oder in den Schnitten nur dann mit Erfolg durchgeführt werden, wenn die Menge des Physcion eine recht bedeutende ist. Bei geringerem Gehalte müssen eben, wie unter II angegeben wurde, die Abdampfrückstände eines Chloroformauszuges der be- treffenden Flechte verwendet werden. Bei unmittelbarem Nachweis (in der gepulverten Flechte oder in Schnitten) verläuft bei genügendem Gehalte an Physcion die Reaktion folgendermaßen: 1. Durch Zusatz von KOH erfolgt die Reaktion, wie unter I, 1 angegeben, nur mit dem Unterschiede, daß der Niederschlag meist amorph bleibt. 2. Durch Zusatz von konzentrierter 7,50, erfolgt die Reaktion, wie unter I, 2 angegeben. Bei reichlichem Gehalte an Physcion bilden sich insbesondere am Rande des Gläschens gerade, etwa 4—14 v. lange und kaum 0'5 ». breite, an beiden Enden zugespitzte, farblose Nadeln, welche zu Rosetten gruppiert sind. 3. Aus heißer Salpetersäure kristallisiert Physcion ebenfalls in geraden, gelben, gleichfalls zu Rosetten vereinigten Nadeln. 4, Die Sublimate (siehe I) kann man vorteilhaft zur Ausführung der unter I, 1 angegebenen Reaktion gebrauchen, welche prachtvoll gelingt. 5. Aus heißem Öl kann aus der gepulverten Flechte oder selbst aus den Schnitten (vorausgesetzt, daß der Gehalt an Physcion recht groß ist und die verwendete Menge des Materials — 191 — im Vergleich zu der benutzten Menge Öles nicht zu gering) das Physcion, wie unter I, 5 angegeben, gewonnen werden. 6. Die von Schwarz |. c. angegebene Reaktion mittelst Kalk- oder Barytwasser kann zum mikrochemischen Nachweis des Physcion in Schnitten mit Vorzug verwendet werden. Da es notwendig ist, die Reagentien längere Zeit (wenigstens einige Stunden) einwirken zu lassen, wobei durch Einwirkung der Kohlen- säure der Luft alsbald ein reichlicher Niederschlag von kohlen- saurem Kalk, beziehungsweise kohlensaurem Baryt abgeschieden wird, wodurch das Präparat vollkommen getrübt wird, so empfehle ich, dasselbe vorher mit einem Vaselinring zu umgeben. Sollte trotzdem die Ausscheidung von kohlensauren Salzen stattfinden, so ist es ratsım, bei vollkommen offener Blende das Präparat zu besichtigen, wobei die rot gefärbten Physcionkörnchen außerordentlich scharf hervortreten. Bisher wurde das Vorkommen von Physcion in folgenden Flechten mikrochemisch nachgewiesen: Theloschistes parietinus = Xanthoria parietina Th. Fr. (Hesse, Journ. fur prakt. Chemie, Bd. 57, 1898, S. 436). Th. Iychneus = Xanthoria Iychnea (Ach.) Th. Fr. (Hesse, dortselbst, S. 439). Th. Iychneus var. pygmaeus (Messe, dortselbst, S. 439; Zopf, Annalen der Chemie, Bd. 336, S. 67). Th. Iychneus var. fullax Hepp. und Th. Iychneus var. polycarpus Th. Fr. (lesse 1. c. S. 439). Th. chrysophtalmus (Tornabenia chrysophtalma) (Hesse, Journ. für Biakt Chemie, Bd. 76, S. 38). Th. flavicans (Sw.) Müll. Arg. (Hesse, I. c. S. 44; Zopf, Ann. d. Chemie, Bd. 340, S. 300). Th. flavicans var. acromelus (Pers.) (Hesse, |. c., S. 39). Th. flavicans var. croceus Ach, (Hesse, I. c., S. 39). Calloplaca (S. Amphiloma) elegans (Zopf, Ann. d. Chemie, Bd. 336, S. 69). Calloplaca (5. Amphiloma) sympagaea (Zopf, I. c., Bd. 340, S. 299). Sämtliche hier genannten Flechten habe ich bei meiner Arbeit als Versuchsobjekte für die Brauchbarkeit der hier angegebenen mikrochemischen Reaktionen auf Physcion verwendet und es gelang mir, in allen mit dieser Reaktion das Vorhandensein von Physcion nachzuweisen. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 1 — 12 — Zum Schlusse erfülle ich eine angenehme Pflicht, indem ich den Herren Hofrat Dr. Hesse und Professor Dr. Zopf für- die gütige Überlassung der Physcionproben und für die brieflichen Mitteilungen und Herrn Kustos der botanischen Abteilung des Wiener Hofmuseums Doktor Alexander Zahlbruckner für die Erlaubnis, das Herbarmaterial studieren zu dürfen, meinen ergebensten Dank ausspreche. So pwm — oO00 Erklärung der Tafel V. . Kristalle von reinem Physcion . . 2 . Kristalle einer unbeständigen Kalium- Piysionvenee „5100071 . Kristalle einer beständigen Kalium-Physcionverbindung . . . 1000/1 . Kristalle einer beständigen Kalium-Physcionverbindung . . . 1000/1 . Kristalle einer Nitroverbindung von Physcion . . 100/1 . Kristalle, gewonnen durch we von kon e Schwefelsäure auf Physcion . . ee . Physcion aus heißem Öl seen Re... . Physcionsublimat ". .. =. u an. wa ne ee . Calyeinsublimat 2 20.2 00 en Pinastrinsäuresublimat .: . ... m... 2 a Über die Veränderungen des chemischen und physikalischen Verhaltens der Zellulose durch die Einlagerung von Schwefelzink von H. Ambronn (Jena). (Mitteilung aus dem Institut für Mikroskopie an der Universität Jena.) Eingelangt am 9. September 1907. Die Verschiedenheiten im chemischen : und physikalischen Verhalten der pflanzlichen Zellmembranen festzustellen und ihre Ursachen genauer zu erforschen, ist eine Aufgabe, deren Lösung nicht nur für die Physiologie und Anatomie der Zelle, sondern auch für viele Fragen der Technik große Bedeutung hat. Es war dabei vor allem nötig, sicher wirkende Reagentien aufzufinden, die eine möglichst scharfe Unterscheidung der verschiedenen Arten von Membranen gestatteten. Die großen Verdienste Julius Wiesners um die Ausarbeitung solcher Reaktionen sind so allgemein anerkannt, daß ein besonderer Hinweis auf die einzelnen Ver- öffentlichungen an dieser Stelle wohl unterbleiben kann. Auch viele Schüler Wiesners haben auf diesem Gebiete bekanntlich mit guten Erfolgen weitergearbeitet. Aber nicht bloß das Aufsuchen und Ausarbeiten solcher Reaktionen war das Ziel dieser Unter- suchungen, sondern auch vor allem die Erörterung der Fragen über die Ursachen des Eintretens oder Ausbleibens der charakteristischen Färbungen. Wiesner war einer der ersten, der mit Entschiedenheit darauf hinwies, daß sich das verschiedene Verhalten gegen Re- agentien keineswegs immer auf Umwandlungen der Zellulose in andere Körper zurückführen lasse, daß es sich vielmehr in zahl- reichen Fällen um Einlagerungen handle, die nicht als Umwandlungs- 13 Wiesner-Festschrift a produkte der Zellulose, sondern als nachträglich in das Zellulose- gerüst der Membranen eingeführte Körper anzusehen seien. Es war eine naheliegende Annahme, daß solche Infiltrationen oder Inkrustationen die charakteristischen Zellulosereaktionen erschweren oder ganz verhindern und daß sie ferner auch das physikalische Verhalten der Fasern wesentlich beeinflussen. Von den merkwürdigen Eigenschaften der mit Kalk- oder Kieselverbindungen inkrustierten Membranen soll hier ganz abge- sehen und nur auf das Verhalten der verholzten und ver- korkten oder kutikularisierten hingewiesen werden. In beiden Fällen bleibt die Violettfärbung mit Chlorzinkjodlösung aus und auch das Brechungsvermögen und die Doppelbrechung zeigen gegenüber dem Verhalten der reinen Zellulosemembranen charakteristische Verschiedenheiten. Wenn auch über die chemische und physikalische Natur der hierbei in Betracht kommenden Einlagerungen keineswegs volle Klarheit herrscht, so ist es doch kaum zweifelhaft, daß in der Tat solche Einlagerungen vorhanden sind. Wenn es nun gelingt, chemisch und physikalisch gut bekannte Körper in die Fasern hineinzubringen, so können die Veränderungen, die infolge der Einlagerung sowohl gegenüber chemischen Reagentien wie auch im optischen Verhalten eintreten, auf besserer Grundlage untersucht werden. Im Anschluß an meine früheren Untersuchungen !) über das optische Verhalten der Kutikula und der verkorkten Membranen hatte ich schon vor langer Zeit versucht, wachs- oder fettartige Körper in Zellulosemembranen einzulagern oder darin zu erzeugen. Leider waren aber diese Versuche durchweg erfolglos; es gelang in keinem Falle, ähnliche Verhältnisse herzustellen, wie sie in den kutikularisierten und verkorkten Membranen vorliegen. Immerhin scheint es mir keineswegs ausgeschlossen, daß ähnliche Versuche doch noch gelingen, wenn nur eine geeignete Methode zur Er- zeugung solcher Körper innerhalb der Membran gefunden wird. Dagegen gelang es R.Hegler?), Baumwollfasern mit verschiedenen Körpern zu infiltrieren und an den so veränderten Membranen sowohl das Ausbleiben der Zellulosereaktionen wie zuch das Auf- treten anderer für die eingelagerten Stoffe charakteristischen Färbungen nachzuweisen. Die von Hegler benutzten Stoffe waren hoch- zusammengesetzte organische Verbindungen. Es würde ohne Zweifel die Deutung solcher Versuche noch beträchtlich erleichtern, wenn 1) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. VI, 226—230, 1888: VI, 103—114, 1889. ®) Flora, N. R. XLVII, 47 u. 48, 1890. — 195 — es gelänge, anorganische Körper einfachster Zusammensetzung oder auch Elemente selbst in die Fasern einzulagern und nunmehr an den so veränderten Membranen wohlbekannte Reaktionen der anorganischen Chemie auszuführen. Nach dieser Richtung sind neuerdings sehr beachtenswerte Versuche von Emich und Donau angestellt worden, über deren Resultate in einer kleinen Mitteilung: »Über die Anwendung von Gespinstfasern in der mikrochemischen Analyse anorganischer Stoffe« !) berichtet wird. Es wurde, um die große Empfindlichkeit solcher Reaktionen nachzuweisen, in Fasern von Schießwolle oder Baumwolle Schwefelzink eingelagert, indem die Fasern abwechselnd in etwa l5prozentige Lösungen von Schwefelnatrium und Zinksulfat eingetaucht, danach immer gut ab- gepreßt, zuletzt abgespült und getrocknet wurden. Der Hauptzweck der Untersuchungen war, das eingelagerte Schwefelzink als Reagens auf andere Metalle zu benutzen und dabei die Empfindlichkeit dieser Reaktionen zu prüfen. Es ergab sich dabei, daß die bekannten Reaktionen, die auf der Entstehung von Metallsulfiden beruhen, durch die Anwendung dieser Schwefelzinkfasern oder »Sulfidfaden:« zu einer überraschenden Empfindlichkeit gesteigert werden können, Die genaue Prüfung des Eintrittes der Reaktion hat unter diesen Umständen natürlich mittels des Mikroskops zu geschehen. Da die Reaktionen fast durchgängig mit sehr intensiven Färbungen ver- bunden sind, so war es leicht, die für die einzelnen Metalle charakteristischen Farben nachzuweisen. Außerdem wurden auch noch Versuche angestellt, um die Sulfide nach ihrer Fällung in den Fasern in andere charakteristische Verbindungen überzuführen. Es lag nun nicht in meiner Absicht, diese interessanten Ver- suche von Emich und Donau nach der rein chemischen Seite hin fortzusetzen, es war aber für mich von besonderem Interesse das optische Verhalten der mit Schwefelzink infiltrierten Fasern etwas genauer zu prüfen. Ich habe bei meinen Versuchen fast ausschließlich Nesselfasern benutzt, und zwar von Bochmeria, tenacissima, die sich durch sehr gleichmäßigen Aufbau und durch eine außergewöhnliche Länge auszeichnen. Die Erzeugung von Schwefelzink innerhalb der Membranen erfordert allerdings eine gewisse Vorsicht, wenn man die Sicherheit haben will, daß dieser Körper wirklich innerhalb des Zellulosegerüstes, und zwar in allen Teilen möglichst gleichmäßig eingelagert werden soll. Die ersten . *) Festschrift für Adolf Lieben, 651—663, 1906. — 196 — Versuche stellte ich in der Weise an, daß ich ganze Bündel von Fasern abwechselnd in die beiden Salzlösungen eintauchte; sie zeigten mir bald, daß unter diesen Umständen zwar auch eine Einlagerung innerhalb der Membran, aber nicht gleichmäßig, erfolgt, daß aber gleichzeitig eine starke Auflagerung von Schwefelzink auf der Oberfläche der Fasern eintritt. Bei der mikroskopischen Unter- suchung ergab sich sofort, daß viele Fasern mit deutlichen Krusten überzogen waren. Auf diese Weise konnten natürlich Versuchs- ergebnisse über die Einwirkung der Einlagerung auf optisches Ver- halten und chemische Reaktionen wesentlich gestört werden. Es blieb deshalb nichts anderes übrig, als mit einzelnen Fasern zu arbeiten, was gerade bei diesem Material gar keine Schwierigkeiten bietet. Um mit den einzelnen Fasern leichter operieren zu können, wurden sie an dem einen Ende in kleine Wachskügelchen gedrückt, die auf dem Rande der Schalen, in denen sich die Lösungen von Schwefelnatrium und Zinksulfat befanden, aufgelegt werden konnten. In jeder Lösung blieben die Fasern etwa 10—15 Minuten. Um die Bildung von oberflächlich aufliegenden Krusten zu vermeiden, wurde jede Faser sofort nach dem Herausnehmen aus der Lösung mit Fließpapier oder mit einem reinen Leinenlappen sorgfältig abge- trocknet. Das abwechselnde Eintauchen wurde in der Regel dreimal wiederholt, nachdem sich bei Vorversuchen gezeigt hatte, daß dies genügte, um eine starke und auch gleichmäßige Einlagerung von Schwefelzink in der Membran zu erhalten. Es war zunächst von Interesse, ob die auf diese Weise her- gestellten Sulfidfasern in ihrer Lichtdurchlässigkeit gegenüber den gewöhnlichen Fasern irgendeine Einbuße erlitten hätten. Im ge- wöhnlichen Tageslicht waren sie ebenso durchlässig wie die normalen Fasern. Da aber das Schwefelzink als undurchlässig für ultraviolettes Licht von kurzer Wellenlänge bekannt ist, so war zu erwarten, daß auch die damit infiltrierten Membranen dieselbe Eigenschaft zeigen würden. Während die normale Faser für ultra- violettes Licht von 280 „u. Wellenlänge keine merkbare Absorption zeigt, sind die Schwefelzinkfasern für diese Wellenlänge vollkommen undurchlässig, wie in dem von A. Köhler konstruierten Mikroskop für ultraviolettes Licht sofort festgestellt werden konnte. Man könnte also auch sagen, daß die Fasern durch Schwefelzink für ultra- violettes Licht intensiv dunkel gefärbt werden. Da ferner das Schwefelzink einen sehr hohen Brechungs- exponenten — fast 2'4 — besitzt, so war auch anzunehmen, daß el bei genügender Einlagerung eine beträchtliche Erhöhung des Brechungsvermögens der Membran eintreten werde. Es hat sich nun in der Tat ergeben, daß die Sulfidfasern einen wesentlich höheren Brechungsexponenten besitzen als die normalen Fasern Man kann dies, wenn auch nicht quantitativ, so doch qualitativ sehr leicht erkennen, wenn man die Fasern in Kanadabalsam ein- schließt. Stellt man die Präparate in der Weise her, daß man eine gewöhnliche Faser dicht neben eine Sulfidfaser legt, so sieht man unter dem Mikroskop ganz deutlich, daß die Sulfidfaser noch mit scharfen dunklen Konturen sichtbar bleibt, während die gewöhn- liche Faser fast völlig verschwindet. Eine genauere quantitative Bestimmung der Erhöhung der Brechungsexponenten durch die Ein- lagerung von Schwefelzink muß weiteren Untersuchungen vor- behalten bleiben. Man kann aber schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß der Brechungsexponent durch die Einlagerung jedenfalls um mehrere Einheiten in der zweiten Dezimale ge- steigert wird. Eine andere Frage von prinzipieller Bedeutung war, ob durch die Einlagerung die Stärke der Doppelbrechung erhöht würde. Schwefelzink kristallisiert allerdings im regulären System, aber es ‘wäre trotzdem nicht ausgeschlossen, daß die in der Faser ein- gelagerte Substanz eine nicht reguläre Modifikation des Schweiel- zinks darstelle. Bei den Untersuchungen, die auf die Feststellung der Stärke der Doppelbrechung hinausliefen, konnte allerdings keine merkbare Veränderung der Interferenzfarbe zwischen ge- kreuzten Nicols beobachtet werden. Allein dieses negative Re- sultat würde noch nicht viel beweisen, denn die Interferenzfarben der normalen Fasern liegen meist in der zweiten oder gar dritten Ordnung der Newtonschen Farbenskala. Wenn man bedenkt, daß diese Farben ‘wegen kleine Änderungen wenig empfindlich sind und daß es sich doch jedenfalls nur um eine äußerst geringe Gesamtdicke der eingelagerten Substanz handeln kann, so wäre es sehr wohl möglich, daß eine geringe Änderung in der Doppel- brechung sich infolgedessen der Beobachtung entzöge. Es wird eine weitere Aufgabe sein, an wesentlich dünneren Fasern, bei denen Farben der ersten Ordnung auftreten, diese Frage noch ge- nauer zu prüfen. Von besonderem Interesse war nun noch, das Verhalten der mit Schwefelzink imprägnierten Fasern gegenüber der gebräuch- lichen Zellulosereaktion mit Chlorzinkjodlösung zu untersuchen. — 198 — Während die normale Faser sofort nach der Einwirkung der Chlor- zinkjodlösung eine tiefviolette Färbung mit den charakteristischen Eigenschaften des starken Pleochroismus annimmt, war die Sulfid- faser jedenfalls viel widerstandsfähiger. Es dauerte oft stunden- und tagelang, ehe sich die Faser überhaupt färbte und die schließ- iich eintretende Farbennuance wich von der an der normalen Faser zu beobachtenden stark ab, die Membran erhielt mehr einen braun- violetten Ton. Die Differenz in dem Verhalten der normalen und der Sulfidfaser zeigt sich am schönsten, wenn man beide Fasern in demselben Präparat mit Chlorzinkjodlösung behandelt. Es ist also durch die Einlagerung des Schwefelzinks in den Interstitien der Zellulosemembran eine bedeutende Erschwerung, wenn nicht gar eine Verhinderung für das Zustandekommen der normalen Zellulosereaktion eingetreten. Weitere Versuche über den Einfluß der Einlagerung des Schwefelzinks auf Reaktionen und Färbungen wurden bisher noch nicht ausgeführt, ich beabsichtige jedoch, die zahlreichen sich hieran anknüpfenden Fragen noch eingehender zu verfolgen. Die Untersuchungen, die Emich und Donau mit den Sulfidfäden über die Reaktionsfähigkeit gegenüber anderen Metallen angestellt haben, legten es nahe, ähnliche Versuche, allerdings nur nach der qualitativen Seite hin, mit den Nesselfasern vorzunehmen. Im Anschluß an das Vorstehende will ich hierüber noch kurz be- richten. Es genügen sehr geringe Mengen, um die charakteristischen Färbungen hervorzurufen. Bringt man zum Beispiel die Fasern in eine ganz schwache Lösung von Goldchlorid, so tritt in kurzer Zeit eine dunkelbraune Färbung ein, die von Schwefelgold her- rührt. Diese Färbung zeigt einen starken Pleochroismus dunkel- braun-hellbraun. Es ist nun interessant, daß, wie auch schon Emich und Donau beobachtet haben, bei dieser Färbung das Schwefelgold leicht durch Erhitzung reduziert werden kann. Die Membran erscheint dann in der reinen Goldfarbe, die ich früher schon beschrieben habe, mit starkem Pleochroismus rot-grünblau.!) Benutzt man eine Lösung von Platinchlorid, so wird die Sulfid- faser ebenfalls bald dunkelschokoladebraun gefärbt und zeigt einen ähnlich starken Pleochroismus. Auch bei dieser Färbung ist eine Reduktion durch Erhitzen möglich und die Faser erhält dann die- selben Eigenschaften, als wenn sie direkt mit Platinchlorid be- ı) Ber. d. Sächs. Ges. d. Wiss., XLVIII, 612 - 628, 1896. — 19 — handelt worden wäre. Etwas anders verhalten sich nach dieser Richtung die Sulfidfasern bei Einwirkung von Silber- und Kupfer- salzen. Zwar werden auch hierbei die Sulfide dieser Metalle sehr rasch in der Faser erzeugt und die Färbungen zeigen starken Pleochroismus, aber eine Reduktion durch Erhitzung läßt sich nicht erreichen. Nimmt man an, daß die Färbungen mit den reinen Metallen dadurch entstehen, daß innerhalb der Membranen kolloidale Modi- fikationen dieser Metalle erzeugt werden und daß infolgedessen die durch den Pleochroismus angezeigte optische Anisotropie der eingelagerten Substanzen erklärt werden könne, so würde wohl auch noch die weitere Annahme gemacht werden dürfen, daß die in den Sulfidfasern entstehenden Schwefelmetalle ebenfalls kolloi- dale Modifikationen dieser Verbindungen seien. Daß viele Schwefel- metalle in kolloidalen Modifikationen auftreten können, ist ja auch schon mehrfach nachgewiesen worden. Auf diese und ähnliche Fragen soll jedoch hier nicht weiter eingegangen werden. Ohne Zweifel bietet aber die Einlagerung derartiger gut charakterisierter anorganischer Körper in die Membranen von Pflanzenfasern manche Aussicht, nicht bloß über die bei der Färberei in Betracht kommen- den Verhältnisse, sondern auch über die molekulare Struktur der Fasern selbst wichtige Aufschlüsse zu erhalten. Das Hautgift der Cypripedien A. Nestler (Prag). Eingelangt am 9. September 1907. »In der Familie der Orchidaceen sind drei Arten von Frauen- schuh, nämlich Oypripedium spectabile Salisb., ©. pubescens R. br. und 0. parviflorum Salisb., mit Drüsenhaaren versehen und haben da, wo diese Pflanzen wild wachsen, wie namentlich in den Staaten der Union, schon zu vielen Erkrankungen geführt. Nach Mac Dougals Versuchen an neun Menschen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß wir hier analoge Verhältnisse wie bei den Gift- primeln vor uns haben.« Diese Bemerkung in Koberts Lehrbuch der Intoxi- kationen!) veranlaßte mich nach meinen Untersuchungen über das 'Primelhautgift), nicht allein jene drei genannten Spezies, sondern auch andere Cypripedien, namentlich unser einheimisches Oypri- pedium calceolus L. in Beziehung auf eine eventuelle hautreizende Wirkung, den Sitz und die Eigenschaften des Giftes zu prüfen. Als Mac Dougal?) seine Untersuchungen und Experimente mit den oben genannten Cypripedien ausführte, war von der haut- reizenden Wirkung der Primula obceonica Hance und Pr. sinensis fast nichts bekannt; daher erwähnt er diese Primeln auch nicht bei der Aufzählung jener in Minnesota wild wachsenden oder kultivierten Pflanzen, bei denen eine hautreizende Wirkung mehr oder weniger !) R. Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen, 2. Aufl., 1906, Bd. II, S. 523. ®) A. Nestler, Hautreizende Primeln. Berlin, Borntraeger, 1904. ») D. T. Mac Dougal, I. On the poisonous influence of Cypripedium spectabile and ©. pubescens. Minnesota Botanical Studies, 1894, Nr. 9. Il. Poisonous influence of various species of Cypripedium. Min. Bot. Stud., 1895, Nr. 9. — 201 — sicher erwiesen war und die er, um jedem Zweifel zu begegnen, bei seinen Experimenten vollständig fernhielt. Obwohl also doch die Möglichkeit besteht, daß während der Ausführung seiner Ver- suche hautreizende Primeln in der Nähe waren, zweifle ich nicht an der Richtigkeit seiner Resultate, zumal die Giftwirkung jener Cypripedien, namentlich des COypripedium speetabile bereits durch andere Erfahrungen bekannt war. Dagegen sind die Angaben Mac Dougals über dieses Haut- gift selbst und die Art seiner Wirkung überaus gering. Nach Jesups!) Versuch scheint die Wirkung dieses hautreizenden Giftes mitunter eine sehr heftige zu sein: Ein kräftiges Exemplar — C. spectabile — wurde nahe der Basis des Stengels abgebrochen und mit den Blättern leicht über den linken Oberarm gestreift. Vierzig Stunden später war der Arm stark geschwollen von der Schulter bis zu den Fingerspitzen. Die Fläche des von der Pflanze berührten Hautteiles betrug ungefähr 50 cm?. In zehn Tagen erhielt der Arm seine frühere Form wieder, aber die Wirkung war noch einen Monat bemerkbar. — Mac Dougal war anfangs über die eigentliche Ursache der hautreizenden Wirkung vollkommen im unklaren. Er bezeichnete zunächst einen fadenartigen Pilz, »schein- bar ein Dematium, das seine Fäden in alle Zellen sendet, nament- lich im Köpfchen der Drüsenhaare sich verzweigt«, als die Ur- sache jener Giftwirkung. Dann spricht er auch die Möglichkeit aus, daß die neben den Drüsenhaaren vorkommenden konischen Haare in die Haut eindringen und durch ihren »sauren Inhalt« eine Dermatitis hervorrufen können. Später bezeichnet er »das Sekret der Drüsenhaare« als die eigentliche Ursache jener haut- reizenden Wirkung, nachdem er folgende Versuche gemacht hatte: »Proben der spitzigen und der Drüsenhaare, die auf der ganzen Pflanze (©. spectabile) vorkommen, werden der Pflanze entnommen und damit die Haut berührt. Es zeigte sich, daß die reizende Wirkung der Sekretion der Drüsenhaare allein zuzuschreiben ist.« ?) Von diesem Sekret gibt Mac Dougal nur an, daß es in »Alkohol löslich sei und wie eine ölige Substanz reagiere« (l. c., II, S. 451). Ich bemerke hierzu, daß eine mechanische Wirkung der konischen Trichome, die allen von mir untersuchten Cypripedien nebst den Drüsenhaaren zukommen, von vornherein vollkommen ausge- Zuge Donmwal, l. c., 1,-S.35. »). Mac Dougal, Il, S. 450 und 451. — 202 — schlossen ist, da sie sehr weich sind. Die Gegenwart eines Pilzes auf den oberirdischen Organen war gewiß eine nur zufällige Er- scheinung, möglicherweise begünstigt durch einen sehr feuchten Raum, in dem die abgeschnittenen Exemplare gehalten wurden. Es blieb daher für meine Untersuchungen, da es sich bei der Infektion um bloße Berührung der oberirdischen Organe handelt, nur das leicht übertragbare Sekret der Drüsenhaare übrig, mit welchem einwandfreie Experimente vorzunehmen waren. Aus meinen Untersuchungen will ich an dieser Stelle nur jene über ÜUypripedium spectabile hervorheben, zumal sich nur diese Spezies bei mir als wirksam erwies, womit durchaus nicht gesagt sein soll, daß die beiden anderen Arten, Ü. pubescens und ©. parvi- forum nicht auch hautreizend sein können, da das Sekret ihrer Drüsenhaare mit dem bei C. spectabile übereinstimmt. Ich muß aber bemerken, daß auch das Sekret der gleichfalls von mir unter- suchten €. acaule, ©. montanum und ©. calceolus in den wesent- lichen Eigenschaften dem von Ü. spectabile gleich erscheint. Cypripedium spectabile Salisb. Sehr gut entwickelte Exemplare '), die aber leider nicht zur Blütenentwicklung kamen, so daß es mir versagt war, zu prüfen, ob, wie Mac Dougal angibt, das Sekret zur Zeit der Bildung der Samenkapseln das Maximum seiner Wirkung erreiche. Stengel: sehr stark behaart, überwiegend Köpfchenhaare, 0:3 bis 15 nm lang, aus drei bis sieben Zellen bestehend; mit- unter fast ausschließlich solche Drüsenhaare und nur in sehr ge- ringer Menge konische, mehrzeliige Trichome, letztere bis 2 mm und darüber lang. — Laubblätter: Oberseite: überwiegend Köpfchen- haare; Unterseite: überwiegend konische Haare, namentlich auf den Nervenbahnen; Blattrand: konische und Köpfchenhaare ungefähr in gleicher Menge, mitunter überwiegend konisch. Der Zellkern der birnförmigen Köpfchenzelle zwei- bis vier- mal größer als der der Stielzellen, sonst kein auffallender Inhalt in derselben; sie erscheint, in Luft oder Wasser untersucht, niemals becherförmig eingestülpt. Eine solche Einstülpung erfolgt erst nach Zusatz gewisser Substanzen, zum Beispiel Chloralhydrat; nach ungefähr fünf Minuten stellt sich dann die ursprüngliche ') Bezogen von Haage und Schmidt und kultiviert im Garten des pflanzen- physiologischen Instituts der deutschen Universität Prag. — 203 — Form wieder her. Das Sekret dieser Drüsenzelle, schon mit freiem Auge, besser mit einer Lupe sichtbar, ist entweder farblos oder hell- bis dunkelbraun; mitunter auch an den Stielzellen größere Sekretmassen; auch kommt es vor, daß das ganze Drüsenhaar von einer mächtigen Sekretmasse eingehüllt ist; also ganz analoge Er- scheinungen wie bei Primula obconicu. Wenn man den Stengel oder die Oberseite eines Laubblattes mit einem reinen Objektträger sehr schwach berührt, um kein Trichom zu verletzen, so erhält man überaus zahlreiche, farblose, seltener schwach gelblich oder bräunlich gefärbte Sekretmassen, die sich für weitere Untersuchungen sehr gut eignen. Die Eigen- schaften derselben sind ganz andere als die des Primelsekrets: sie sind fettartig, vollständig homogen; selbst nach vielen Tagen zeigen sich keine Veränderungen, keine Kristallbildungen. Mikrochemische Eigenschaften des Sekrets. In Wasser: unlöslich; die früher strukturlose Masse er- scheint von zahlreichen winzig kleinen glänzenden Körnchen durch- setzt; sehr leicht löslich in: Alkohol, Äther, Petroläther, Benzol, Schwefelkohlenstoff; nach dem Verdunsten dieser Substanzen keine Kristallbildungen;, Osmiumsäure (04 ',,ig): sofort bräunlich, später dunkelbraun bis schwärzlich; — Eisen- ehlorıd in Wasser (1:10): zunächst keine Reaktion, später gelbbraun bis rotbraun; — Chlorzinkjod: zunächst gelb, später rotbraun; — Jodwasser: gelb bis gelbbraun; ]Jod- Jodkalium: schmutziggelbbraun; — Anilinblau, schwache, wässerige Lösung: das Sekret speichert sofort den Farbstoff, so daß jedes kleinste Teilchen desselben gefärbt erscheint; die Mitte der Sekretmasse stark blau und wie von zahlreichen kleinen Körnchen durchsetzt, der Rand dagegen schwach blau und strukturlos; — Safranin, schwache Lösung in Wasser: ebenfalls rasche Speicherung des Farbstoffes; — bei Zusatz von 04°/, oder 02%, Kalilauge oder stark verdünntem Ammoniak Bildung schöner Myelinformen, welche bei gleichzeitiger Anwesenheit von Anilinblau oder Safranin schön gefärbt erscheinen. Aus dieser Eigenschaften des Sekrets der Drüsenhaare von Uypripedium spec- tabile geht hervor, daß es von anderer chemischer Beschaffenheit ist als das der Drüsenhaare von Primula obconica, es zeigen sich unter keinen Umständen Kristallbildungen; sehr charakteristisch ist seine. Eignung zur Bildung von Myelinformen bei Anwesenheit 2 verdünnter Kalilauge oderverdünnten Ammoniaks, woraus geschlossen werden kann, daß hier (wenigstens teilweise) eine Fettsäure (Ol- säure ?)!) vorhanden ist. Denn »ohne Fettsäuren keine Myelinformen«.?) Hautreizende Wirkung des Sekrets. Da speziell von dieser Art durch Erfahrung und Experiment die hautreizende Wirkung bewiesen zu sein scheint, wurden die entsprechenden Versuche mit besonderer Sorgfalt durchgeführt und zwar zu verschiedenen Zeiten mit Pflanzen, die im Kalthaus und im freien Gartenbeet standen. Diese Orchidee entwickelt, wie man schon mit einer Lupe, noch besser durch an Blatt oder Stengel sanit angedrückten Objektträger erkennen kann, augenscheinlich die meisten Sekretmassen unter allen untersuchten Cypripedien. Versuche im April 1907. Einreiben der Innenseite des linken Unterarmes mit der Oberseite eines gut behaarten Blattes (aus dem Kalthause); Einreiben der Haut an der Innenseite des Mittelfingers der linken Hand mit dem stark behaarten Stengel; Festhalten eines größeren Blattstückes auf der Innenseite des rechten Unterarmes durch fünf Stunden. — Alle diese Versuche hatten nicht den ge- ringsten Erfolg. Versuche im Mai 1907 mit Pflanzen aus dem freien Gartenbeet. 8. Mai, 8 Uhr 30 Minuten vormittags: Einreiben der Innen- seite des Mittelfingers der linken Hand mit einem Blatte; 5 Uhr nachmittags: ein deutliches Jucken fühlbar, sonst nichts sichtbar. 9, Mai, vormittags: eine schwache Rötung an der infizierten Stelle. ab und zu deutliches Jucken. Dieser Zustand bleibt bis zum 12 Mai. 12 Mai: 16 kleine Bläschen von dem Aussehen der durch Primelgift verursachten Infektion: jedes Bläschen im Zentrum etwas dunkler, wässerig aussehend; kein weiteres Gefühl. Die Bläschen verschwinden in den folgenden Tagen allmählich. 20. Mai: der letzte Versuch an einem anderen Finger wieder- holt, jedoch ohne jeden Erfolg. 30. Mai: Versuch mit einem sehr gut entwickelten Exemplar des Kalthauses. ') A. Nestler, Myelin und Eiweißkristalle in der Frucht von Capsicum annuum L. Sitzungsb. d. k. Akad. 1906, S. 5. ®) Em. Senft, Über die Myelinformen bildende Substanz in Gingkosamen. Sonderabdruck aus der Pharm. Post 1907, Seite 20 (des Sonderabd.). — 2097 Sekretmassen der Blätter und des Stengels werden zuerst durch sanfte Berührung auf Objektträger übertragen, mikroskopisch untersucht und dann auf jene Innenseite des Mittelfingers der linken Hand gebracht, die bereits früher infiziert worden war. Es wurden auf diese Weise bestimmt große Sekretmassen auf eine verhältnismäßig kleine Hautstelle übertragen. 1. Juni, 8 Uhr vormittags: einige kleine Bläschen; die infi- zierte Stelle schwach gerötet; kein Jucken. 2 Uhr nachmittags: zwei größere und einige kleine Bläschen, deutliches Jucken. 2. Juni, 8 Uhr vormittags: in der verflossenen Nacht stärkeres Jucken an der infizierten Stelle; diese ist auf einer Fläche von ungefähr 15 cm? deutlich gerötet; außer den beiden größeren Bläschen noch viele kleine, alle von demselben Aussehen wie bei dem ersten erfolgreichen Versuch. 2 Uhr nachmittags: heftiges Jucken, die Bläschen treten durchweg deutlicher hervor. 3. Juni: dieselben Erscheinungen wie am vorhergehenden Tage; keine weitere Ausbreitung. An den folgenden Tagen: Eintrocknen der Bläschen und leichtes Abschuppen der Haut. Es sei noch erwähnt, daß durch tagelanges Arbeiten mit den oberirdischen Organen dieser Orchidee niemals die geringste In- fektion bemerkt werden konnte; ferner daß, wie direkte Versuche mit aus Blättern und Stengel ausgepreßtem Zellsaft zeigten, eine mechanische Wirkung der Raphiden oder vielleicht ein Übertragen eines Giftstoffes durch diese Nadeln vollkommen ausgeschlossen erscheint. Jene zwei erfolgreichen Versuche lassen jedoch meines Er- achtens keinen Zweifel zu, daß das Sekret der Drüsenhaare von Cypripedium spectabiletatsächlich hautreizend wirkt. Wenn die Wirkung desselben bei mir im Vergleiche zu anderen Erfahrungen sehr gering war, so kann das verschiedene Ursachen haben. Erstens ist der Umstand zu berücksichtigen, daß dieses Haut- gift nach Mac Dougal erst während der Bildung der Samen- kapseln das Maximum seiner Wirkung erreichen soll. Da meine Pflanzen, wie gesagt, überhaupt nicht zur Blüte gelangten, konnte ich jene Behauptung auch nicht überprüfen. Dann ist es möglich, daß ich für dieses Hautgift überhaupt wenig empfänglich bin oder zur Zeit meiner Versuche sehr wenig empfänglich war. — Daß — 2060 — manche Personen gegenüber diesem Hautgift überhaupt immun sind, geht aus den Bemerkungen von Kunze und J. Nervins Hyde!) hervor, welche die giftige Wirkung der Cypripedien überhaupt be- zweifeln. Mac Dougal selbst vermutet, daß diese Orchideen von der Mehrzahl der Menschen ohne Schaden berührt werden können. So viel steht fest, daß dieses Hautgift wie bei den hautreizenden Primeln von Drüsenhaaren produziert wird, aber von ganz anderer chemischer Beschaffenheit ist wie das Primelhautgift. Mac Dougal erwähnt schließlich, daß speziell Cypripedium spectabile (und ©. pubescens) durch das giftige Sekret der Drüsen- haare, ferner durch die Raphiden in den oberirdischen Organen unangenehm für das weidende Vieh sei. Es sei wiederholt bemerkt worden, daß eine große Anzahl dieser Pflanzen auf Weideplätzen im Walde unberührt gefunden wurde, während das umgebende Gras kurz abgefressen war. Dieser Behauptung kann ich, was zunächst das Sekret der Haare anbelangt, nicht beistimmen, da dieses Gift, auf die Haut des Menschen übertragen, nicht sofort in bemerkenswerter Weise wirkt, sondern erst nach einiger Zeit. Wenn dieses Sekret den weidenden Tieren augenblicklich beim Fressen der Pflanzen sehr unangenehm werden würde, dann wäre wohl diese Ursache ihrer Abneigung verständlich. Das ist aber durch nichts erwiesen. Wir wissen auch nicht, wie dieses Hautgift auf dem Gaumen des Menschen wirkt. Und was die Raphiden anbelangt, so ist ihre Menge doch zu gering, um als Schutzmittel gegenüber größeren Tieren angesehen werden zu können. Ich erinnere daran, daß wir beim Genusse von Ananas, Spargel, Weintrauben u. a. nichts von der Anwesenheit der Raphiden merken.) Wenn jene Orchideen tatsächlich von den weidenden Tieren unberührt gelassen werden, so wird wohl die Annahme näher liegen, daß ihnen diese Pflanzen einfach nicht schmecken, ohne daß für diese Abneigung Sekret und Raphiden maßgebend sind. ) Mac Dougal, ]. c., !, Seite 34. °) L. Lewin, Über cie toxikclogische Stelluns der Raphiden. Berict te der deutsch. bot. Ges. 1990, S. 55. Einige Regenerationsversuche an laraxacum- Wurzeln von B. Nemec (Prag). Eingelangt am 15. September 1907. Mit Taraxwacum -Wurzeln wurden schon zahlreiche Regenerations- versuche angestellt. Diese Wurzeln stellen nämlich ein sehr ge- eignetes Material vor, wenn es sich darum handelt, den Einfluß von äußeren Faktoren auf die Polarität bei der Kallusbildung so- wie bei der Anlage von Adventivsprossen zu demonstrieren. Für gewöhnlich bilden sich nämlich an Wurzelstücken von Taraxacum offieinale Adventivsprosse nur am basalen Pole, am apikalen ent- steht bloß ein unbedeutender Kallus, der spärliche Wurzeln ent: wickeln kann. Doch bilden sich Adventivwurzeln auch am api- kalen Pole sowie neue normale Seitenwurzeln an der Hauptwurzel, ohne daß man in ihrer Verteilung eine Polarität feststellen könnte. Die regenerative Sproßbildung an Wurzelstücken von Tar«- zacum gewann ein erhöhtes Interesse, als Wiesner (1892, S. 112) seine Beobachtungen über den Einfluß des Lichtes auf die Polarität veröffentlichte. Er sah nämlich an Wurzelstücken, die am Licht kultiviert wurden, manchmal an beiden Polen Adventivsprosse entstehen. Diese Erscheinung, die sich leicht und häufig auch in meinen Versuchen feststellen ließ, wird von Goebel (1906, S. 234) so erklärt, daß hier die Polarität nicht umgekehrt wurde, sondern daB da bloß eine Lichtwirkung vorliegt. Das Licht begünstigt nämlich die Sproßbildung, es begünstigt dieselbe also auch am apikalen Ende, so daß trotz der vertizibasalen Polarität auch an diesem Pol zuweilen Adventivsprosse entstehen können. Die Pola- rität wird also bloß verdeckt. — 208 — Wurzelstücke von Taraxacum weisen auch eine Polarität in bezug auf die Kallusbildung auf. Wenn die beiden Enden (Küster, 1903, S. 170 ff.) in feuchter Luft gleichen Bedingungen ausgesetzt werden, so erscheint der Kallus am basalen Pole viel früher als am apikalen Ende. Setzt man jedoch die Wurzel immer mit dem basalen Pole ins Wasser oder in den Sand, so daß sich der apikale Pol in feuchter Luft befindet, so bildet sich der Kallus am apikalen Pole, der basale Pol kann ganz kallusfrei bleiben. Ähnlich gelingt es auch, die Polarität in bezug auf die Sproßbildung zu verdecken. »Bei inverser Einstellung in Wasser, Sand oder Gips bildet auch der apikale Pol Kallus und Adventivsprosse von gleicher Üppigkeit. Ja es gelingt auch ohne weiteres, diejenigen Wurzelstücke, die bereits am Sproßpol Kallus und Adventivtriebe gebildet haben, durch umgekehrte Einstellung in Wasser, Sand oder Gips nach- träglich noch zur Bildung eines zweiten Kallus und einer zweiten Serie von Vegetationspunkten zu bringen, so daß man auf diese Weise Wurzelstecklinge erzielen kann, die auf beiden Schnittflächen Adventivtriebe entwickeln.< Daß man durch mechanische Hemmung (Gips, Siegellack) die Bildung von Adventivsprossen am apikalen Pole erzielen kann, fand auch Goebel (1902, S. 385; 1906, S. 234). Die Versuche mit Taraxacum-Wurzeln lassen sich am besten im Frühjahr, vor ihrem Treiben ausführen. Ich lasse die Wurzeln im Spätherbst aus dem Boden ausheben und im feuchten Sand über den Winter aufbewahren. Man hat zu jeder Zeit im Winter Material. Die Wurzeln sind stark turgeszent, reich an Reserve- substanzen und lassen sich sehr gut schneiden. Adventivsprosse werden schon in einigen Tagen gebilde. Nach dem Treiben schrumpfen die Wurzeln stark zusammen, werden weich und faulen leicht. Die von Wiesner festgestellte Tatsache, daß einige Zentimeter lange Wurzelstücke am Licht auch am apikalen Pole Adventivsprosse bilden, konnte ich mehrfach bestätigen. Zunächst erschien immer der Kallus an dem Basalpol, hier werden auch die ersten Adven- tivsprosse angelegt. Auch traten dieselben am basalen Ende in größerer Zahl auf und wuchsen üppiger. Wurden die Wurzeln durch parallele Längsschnitte in 2—3 cm lange Lamellen zerlegt, die 1—2 mm dick waren, und auf feuchten Sand gelegt, so traten . häufig Adventivsprosse in der ganzen Länge der Lamellen auf, immer war, was die Zahl und Üppigkeit der Adventivsprosse betrifft, die beleuchtete Fläche bevorzugt. An manchen Lamellen äußerte — 20090 — sich jedoch die vertizibasale Polarität darin, daß die Adventivsprosse an der basalen Hälfte der Lamellen in größerer Zahl auftraten. Wir sehen also, daß schon an Längslamellen die Polarität teilweise verwischt werden kann, und zwar ohne daß man äußere Faktoren, z. B. das Licht als die entscheidende Ursache annehmen könnte. Denn auch an Lamellen, die im Dunkeln regenerieren, trifft man häufig Stücke, welche in ihrer ganzen Länge am entblößten Kambium einen Kallus und Adventivsprosse bilden. Als ich über die Ursachen dieser Erscheinung nachgedacht habe, glaubte ich annehmen zu können, daß hier Störungen von Korrelationen zwischen Zellverbänden, welche radiär in der Wurzel angeordnet sind, mitwirken. Diese Korrelationen werden durch jeden Längsschnitt aufgehoben oder verändert. Tatsächlich genügt schon eine einfache mediane Längsspaltung eines einige Zentimeter langen Wurzelstückes,um zuerreichen, daß Adventivsprosseauch unter dem basalen Ende, bis zu einer gewissen Entfernung von demselben an der durch den Längsschnitt gebildeten Fläche erscheinen. Doch tritt im ganzen die vertizibasale Polarität auch hier ganz deutlich auf, da für gewöhnlich an den dem apikalen Pole genäherten Teilen der Wundfläche keine Adventivsprosse erscheinen. Seltener trifft man Wurzelhälften, an deren Wundflächen die Adventivsprosse ganz unregelmäßig verteilt sind, ebenso wie an dünnen, durch zwei parallele Längsschnitte gewonnenen Lamellen. Da sich nun gezeigt hat, daß die Polarität desto weniger zum Vorschein kommt, je dünner und kürzer die Lamellen waren, stellte ich Versuche an, die mir zeigen sollten, welchen Einfluß die Länge, respektive Dicke der Wurzelstücke auf die Polarität ausübt. Es wurden Ende Februar, im März und anfangs April gesunde Wurzeln von Turaxacım in verschieden dicke Querscheiber zerschnitten und weiter kultiviert. Sie wurden auf mäßig feuchten Sand gelegt und die Kulturen unter große viereckige Glasstürze gebracht und am Fenster mäßiger Beleuchtung ausgesetzt. Ähnliche Versuche hat schon Rechinger (1894) ausgeführt, um die Grenzen der Teilbarkeit ohne Verlust der Regenerations- fähigkeit zu erkennen. In meinen Versuchen befanden sich die Wurzel- stücke in einem ungeheizten Zimmer, wo die Temperatur zwischen 11° und 16° C. schwankte. Der relativ niedrigen Temperatur sowie dem Umstande, daß sich die Wurzelstücke nicht in ganz dampf- gesättigter Atmosphäre befanden, schreibe ich es zu, daß dieselben gesund blieben und ziemlich selten faulten. Sobald irgendwelche Wiesner-Festschrift 14 — 20 — Wurzelscheibe abzusterben begann, wurde sie entfernt und eventuell konserviert. Was die Polarität betrifft, so lassen sich die Hauptresultate folgendermaßen zusammenfassen. Auch Wurzelscheiben, die 05 mm dick waren, bildeten Adventivsprosse, je. dünner jedoch die Scheiben waren, desto geringer war ihre Anzahl, desto schwäch- licher wuchsen sie. An Wurzelscheiben, die 05—075 mm dick sind, erscheinen Adventivsprosse nur an der beleuchteten Fläche, mag es die basale oder apikale sein, an dickeren Scheiben (1— 175 mm) entstehen Adventivsprosse sowohl an der beleuchteten als auch an der nicht beleuchteten Wundfläche. An noch dickeren Scheiben (2—5 mm), deren basales Ende beleuchtet wurde, entstanden nur an diesem Adventivsprosse; an solchen, die sich in inverser Lage befanden, so daß das apikale Ende beleuchtet wurde, entstanden Adventivsprosse an beiden Polen. Wir sehen also, daß sich die Polarität an den dünnsten Scheiben gar nichtäußert, der Ort, an weichem Adventivsprosse zum Vorschein kommen sollen, wird durch das Licht bestimmt. Das erhellt auch aus dem Umstande, daß vertikal gestellte dünne Scheibchen (05—0'75 mm), welche also an beiden Wundflächen beleuchtet werden, häufig an beiden Seiten kümmerliche Sprosse bilden. Wenn sie dies zuweilen nur an einer Seite tun (mag es die basale oder apikale sein), so wird wohl die geringe, in den Scheibchen ent- haltene Menge von Reservesubstanzen schuld daran sein; die Knospen sind ja zunächst recht kümmerlich und entstehen, wie schon hervorgehoben, in geringer Anzahl. Daß in Scheiben von mittlerer Dicke (1 — 1:75 mm) die Polarität gar nicht zur Äußerungkommt, kann wohl dem Einfluß des Lichtes nicht zugeschrieben werden, denn es entstehen Adventivsprosse auch dann, wenn der apikale Pol dem Sand angedrückt ist, also im Dunkeln sich befindet. Ver- “suche mit dünnen Scheiben im Dunkeln sind nicht gut gelungen, weil da ihr Gewebe sehr leicht abstirbt und fault. Um die kurz angedeuteten Resultate zu belegen, will ich hier einen Versuch speziell beschreiben. Am 30. März wurden kräftige, gesunde Taraxacum-Wurzeln in Scheiben zerlegt, deren Dicke 05, 0:75, 1, 15, 175, 2, 255 und 10 mın betrug. Absolut genau sind diese Zahlen nicht. Die Scheiben wurden dann auf feuchten Sand entweder in normaler Lage (basaler Pol frei) oder invers (apikaler Pol frei) gelegt. Schon am 11. April ist an den beleuchteten Wund- flächen meist ein deutlicher grüner Kallus zu beobachten, an den — 2lii — am Sand liegenden Flächen ist er viel schwächer entwickelt, was auch mit der größeren Feuchtigkeit, der dieselben ausgesetzt sind, zusammenhängen wird. Von den invers gelegten Scheiben besitzen die dünnsten (0°5, 075 mm) keinen Kallus, die dickeren besitzen einen solchen an beiden Polen, am basalen ist er jedoch schwächer. Normal gelegte Scheiben besitzen alle am basalen Pol einen Kallus, und zwar auch die dünnsten; am apikalen Pol besitzen bloß die 2—10 mm dicken Scheiben einen Kallus, obzwar derselbe sehr schmächtig ist. Am 16. April besitzen alle normal gelegten Scheiben an der basalen Wundfläche Adventivsprosse, an der apikalen keine. Von den invers gelegten Scheiben besitzen die dickeren (2—5 mm) an beiden Polen Sproßanlagen, die dünneren bloß am apikalen, beleuchteten Pole. Am 23. April sind an allen invers gelegten Scheiben an den apikalen Wundflächen Adventivsprosse zu sehen; 0:5, 0:75 und 1 mm dicke Scheiben besitzen solche bloß am apikalen (beleuchteten) Pole, die dickeren (1'5—5 mm) auch am basalen Pole, wobei die Adventivsprosse entweder an beiden Polen gleich stark wuchsen oder an dickeren (25 —5 mm) Scheiben am apikalen Pole in geringerer Zahl auftraten und schwächer wuchsen. Scheiben, die sich in normaler Lage befanden, besaßen alle am basalen (beleuch- teten) Pole Adventivsprosse; es war deutlich zu sehen, daß die- selben an dünneren Scheiben in geringerer Anzahl auftreten und schwächer wachsen. Dünnere Scheiben besitzen Knospen bloß am basalen Pole, dickere (15—5 mm) auch am gegenüberliegenden Ende, und zwar auch dann, wenn dasselbe in den Sand stark ein- gedrückt ist. Unterdessen begannen einige Scheibchen abzusterben, dieselben wurden entfernt und eventuell fixiert. Am 8. Mai war an den gesund gebliebenen Scheibchen nachfolgendes zu beobachten: 4. Scheiben in normaler Lage. 0:75 mm dicke Scheiben besitzen 1—3 Adventivsprosse und zwar nur an der apikalen Wundfläche. Eine 1 mm dicke Scheibe besitzt an der oberen Wundfläche 3 Adventiv- pflanzen, deren größte Blätter 1°5, 3, 45 cm lang sind. An der unteren (apikalen) Wundfläche besitzt sie 2 Adventivpflanzen mit 15 und 3 mm langen Blättern Eine 1:5 nm dicke Scheibe besitzt an der oberen Wundfläche 4 Adventiv- pflanzen (die größten Blätter 2, 2-5, 4, 45 cm lang), an der unteren (apikalen) einige (etwa sechs) ganz kleine Sproßanlagen. Eine 2 mm dicke Scheibe besitzt an der oberen Wundfläche 6 Adventiv- pflanzen mit 2—9 cm langen Blättern, an der unteren Wundfläche keine Knospen. Eine andere ähnliche Scheibe besaß an der unteren Wundfläche einige winzige 14* — 22 — Sproßanlagen. Eine 25 »ım dicke Scheibe besaß an der oberen Wundfläche 12 Adventivpflanzen, deren Blätter 2—-12cm lang waren. Auch eine 5 mn dicke Scheibe besaß bloß am basalen Ende Adventivsprosse. B. Scheiben in iinverser Lage. Eine 0:75 mm dicke Scheibe besitzt an der oberen (apikalen) Wundfläche 2 Adventivpflanzen, mit 2—5 mm langen Blättern; am anderen Pole gibt es keine Pflanzen. Eine 1 mm dicke Scheibe besitzt an der oberen (apikalen) Wundfläche 3 kleine Adventivpflanzen, an der basalen (dem Sand zugekehrten) Wundfläche auch 3 Pflanzen mit fünf 2—6 mm langen Blättern. Eine 15 mn dicke Scheibe besitzt am beleuchteten (apikalen) Pol 6 Ad- ventivpflanzen mit 1—1’5 mn langen Blättern, am basalen Pol 7 Pflanzen mit 15—25 cm langen Blättern. Eine 2mım dicke Scheibe besitzt am apikalen Pol 2 kleine Adventiv- pflanzen mit 05—1'’5 mm langen Blättern, am basalen Pol 3 Sproßanlagen mit 05 mm bis 3 cm langen Blättern Eine 5 mm dicke Scheibe trägt am apikalen Pol 4 Adventivpflanzen mit 1 mm bis4 cmlangen Blättern, am basalen Ende, das stark in den Sand eingedrückt war, 8 winzige Sproßanlagen. Es ist wohl ein Zufall, daß in diesem Versuche dünne Scheiben, welche an beiden Polen etwa gleich stark entwickelte Sproßanlagen gebildet hatten, früher abzusterben begannen, sonst sieht man ganz gut, daß auch bei normal gelegten Scheiben, deren basales Ende beleuchtet war, am apikalen Pole Adventivpflanzen angelegt werden können, wenn die Scheibchen eine bestimmte mittlere Dicke be- sitzen. Und das ist das interessanteste Ergebnis unserer Versuche. Denn der Umstand, daß in inverser Lage befindliche Scheiben am apikalen, beleuchteten Pole Adventivsprosse bilden, läßt sich gut begreifen und durch den Einfluß des Lichtes erklären. Tatsächlich begünstigt das Licht die Sproßbildung am apikalen Pole, wie das noch anderen Versuchen zu entnehmen sein wird. Anders könnte man es vielleicht auch so ausdrücken, daß das Licht die Faktoren aufhebt, welche die Sproßbildung am apikalen Pole unter gewöhn- lichen Bedingungen hemmen. An ganz dünnen Scheibchen (05—075 mm) läßt sich dieser Einfluß des Lichtes sehr schön demonstrieren, denn da werden Adventivsprosse nur an den beleuchteten Wundflächen angelegt. In dickeren Scheibchen (1—2'5 mm) kommt die Polarität ent- weder gar nicht zum Vorschein oder sie erscheint sehr ab- geschwächt. Denn es können an beiden Polen Adventivsprosse in gleicher Art zum Vorschein kommen oder es unterscheidet sich der apikale Pol vom basalen nur durch die geringere Zahl der zu2l3 > Sprosse sowie durch ihr schwächeres Wachstum. Est ist eine dem Verhalten von dünnen Längslamellen analoge Erscheinung. Es fragt sich, wie man dieses Zurücktreten der Polarität er- klären soll. Zunächst wäre es möglich, daß auch hier das Licht den ausschlaggebenden Faktor vorstellt. Die Scheibchen befanden sich ja am Licht und wenn auch eine Wundfläche dem Sand zu- gekehrt oder in denselben eingedrückt war, so könnte das Licht durch das Scheibchen durchdringen und die Bildung von Adventiv- knospen an der nicht direkt beleuchteten apikalen Wundfläche auslösen. Aber es spricht dagegen der Umstand, daß von längeren Wurzelstücken, deren beide Wundflächen direkt beleuchtet sind, bloß einige wenige auch am apikalen Pole Adventivsprosse bilden, obzwar derselbe direkt beleuchtet war und der Einfluß des Lichtes sich hier viel deutlicher äußern sollte als an Scheibchen die bloß einseitig beleuchtet sind. Weiter muß der Wundreiz in Erwägung gezogen werden. Zwar sind längere Wurzelstücke und dünne Querscheibchen in gleicher Weise verwundet, aber es ist wohl möglich, daß zwei nahe aneinander liegende Verwundungen einen anderen Erfolg haben, als wenn sie in größerer Entfernung an der Pflanze angebracht werden. Es kann sich dann der Wundreiz beider Verwundungen kombinieren und es ist bekannt, daß der Erfolg irgend eines Reizes nicht proportional mit seiner Größe steigen muß, ja daß ungleich starke Reizursachen derselben Qualität qualitativ verschiedene Er- folge haben können. Es könnte auch in unserem Fall eine Über- reizung eingetreten sein, die ein Zurücktreten der Polarität zur Folge haben könnte. Das Scheibchen wäre gewissermaßen durch die traumatische Überreizung in bezug auf die Organbildung desorientiert. Es wäre dann auch gut erklärbar, warum mit der steigenden Dicke der Wurzelscheibchen diese Desorientation ver- schwindet. Der Wundreiz pflanzt sich ja nur auf eine bestimmte Entfernung von der Wundfläche fort, wobei auch seine Intensität allmählich sinken kann (N&mec, 1901). Obzwar diese Erklärung für unsere Versuche ausreichend ist, so muß doch zugegeben werden, daß sie nicht zwingend ist. Es ist nämlich auch möglich, daß Korrelationen bei der Polarität mitspielen. Vöchting ist auf Grund zahlreicher Beobachtungen zum Schluß gekommen, daß sich die Polarität bis auf einzelne Zellen erstrekt, d. h. daß schon jede einzelne Zelle inhärent polar differenziert ist, was natürlich bloß für polare Organe Geltung hat, — 214 — Daß dem so sein kann, hat durch einen sinnreichen Versuch Miehe (1905) für eine Cladophora-Art bewiesen. Aber es könnte sein, daß in anderen Fällen die Polarität erst durch die gegen- seitigen Beziehungen von mehreren Zellen zustande kommt, welche entweder durch ihr Alter sich unterscheiden oder bestimmt orien- tierte Beziehungen zu anderen Teilen des Pflanzenkörpers auf- weisen, oder in denen bestimmt orientierte physiologische Prozesse vor sich gehen. In diesem Sinne ließen sich auch die Resultate unserer Versuche mit Taraxacum-Wurzeln deuten. Es könnte sein, daß die Polarität nur durch die gegenseitige Wechselwirkung einer bestimmten Anzahl von Zellen in bestimmter Richtung zustande kommt. Hier müßte dies wohl die Längsrichtung sein. Da wir je- doch gesehen haben, daß auch dünne Längslamellen keine strenge Polarität äußern, scheint mir diese Auffassung nicht ohne weiteres annehmbar zu sein. Eher wird sich die Sache so auffassen lassen, daß in dünnen Scheiben oder Lamellen die Polarität durch eine traumatische Überreizung verloren gegangen ist. Aus den schon angeführten Versuchen von Wiesner, Goebel und Küster erhellt, daß das Licht, die Feuchtigkeit der Atmosphäre, der Kontakt mit Wasser und die mechanische Hemmung einen bedeutenden Einfluß auf die Regeneration ausüben. Was die Feuchtigkeit der Luft betrifft, so kann man schon bei der Kallus- bildung feststellen, daß höhere Feuchtigkeit die Kallus- und Knospen- bildıng hemmt oder verzögert. Man kann sich davon überzeugen, wenn man mehrere Zentimeter langeWurzelstückein das Loch im Boden eines Blumentopfes steckt und die Töpfe dann über feuchten oder trockenen Sand umstülpt. Wenn sich der basale Pol unte dem umgestülpten Topf, der apikale Po! am Licht befindet, so kann man bedeutende Unterschiede in bezug auf die Kallus- und Sproß- bildung feststellen, je nachdem sich der basale Pol in feuchter oder in trockener Atmosphäre befindet. Im zweiten Fall bildet sich der Kallus am basalen, verdunkelten Ende viel früher als im ersten, doch entstehen dann Adventivsprosse etwa zu gleicher Zeit an diesem Wurzelende, Aber bei Wurzeln, deren basales, verdunkeltes Ende sich in feuchter Luft befindet, bilden sich häufig auch am apikalen, beleuchteten Pol Adventivsprosse; bei Wurzeln, deren basaler Pol in trockener Luft sich befindet, wurden am apikalen Pol in meinen Versuchen keine gebildet. Man kann also sagen, daß in jenen Fällen, wo sich der basale Pol in trockener Luft befand, am apikalen keine Adventivsprosse entstanden; wo der — 25 — basale Pol in feuchter Luft war, entstanden auch am apikalen Pole bei einigen Wurzeln Adventivsprosse. Befindet sich der basale Pol im Wasser, sobildet er keine Adventivsprosse, mag er auch beleuchtet sein; dieselben entstehen bloß am apikalen Pol. In allen Fällen, wo Adventivsprosse an beiden Polen gleichzeitig entstanden, erwiesen sich entweder schon vom Anfang an oder später die am basalen Ende befindlichen üppiger und stärker. Wie schon Goebel (1906) ausdrücklich hervorgehoben hat, handelt es sich in diesen Fällen, wo an beiden Polen Sprosse zum Vorschein kommen, um keine dauernde Umkehrung der Polarität. Denn wenn tan genügend lange Wurzelstücke zum Versuche anwendet und nach der scheinbaren Umkehrung der Polarität die mit Adventivsprossen versehenen Enden abschneidet und die Wurzelstücke von neuem so regenerieren läßt, daß die beiden Pole im Dunkeln gleichen Bedingungen ausgesetzt sind, so bilden sich Adventivsprosse bloß am basalen Ende, wodurch die ursprüngliche vertizibasale Polarität wieder zum Vorschein kommt. Werden Wurzel- stücke am basalen Pole in Gips verschlossen, so entstehen früh am apikalen Pol Adventivsprosse. Zuweilen schrumpft unterdessen die Wurzel ein wenig, dadurch wird auch am basalen Pol das Kambium frei und es werden hier Adventivsprosse angelegt. Man kann auch vor dieser Schrumpfung an genügend langen Wurzeln an beiden Polen neue Wundflächen herstellen und dieselben frei lassen, wobei wiederum die ursprüngliche Polarität zum Vorschein kommt. Literaturverzeichnis. Goebel, K., 1902, Über Regeneration im Pflanzenreich. Biolog. Ctbl. XXIII, S. 385. Goebel, K., 1906, Allgemeine Regenerationsprobleme. Wiss. Erg. d. intern. bot. Kongr. Wien 1905, Jena 1906. Küster, E., 1903, Pathologische Pflanzenanatomie. Jena 1903, S. 170 ff. Miehe, H. 1905, Wachstum, Regeneration und Polarität isolierter Zellen. Ber. d. d. bot. Ges. 1905. N&mec, B. 1901, Die Reizleitung und die reizl. Strukt. d. Pfl., Jena 1901. Rechinger, 1894, Unters. über die Grenzen der Teilbarkeit im Pflanzen- reich. Verh. zool.-bot. Ges. Wien 1894. Vöchting, H., 1884, Über Organbildung im Plans enteieh Bonn 1878 u.1884. Vöchting, H.‚1892 ‚ÜberTransplantation am Pflanzenkörper. Tübingen 1392, Wakker, 1885, Onderzoekingen over adventive Knoppen. Amsterdam 1885. Wiesner, J., 1892, Die Elementarstruktur etc. Wien 1892, S. 112. Die Atmungsenzyme in den Pflanzenorganen von Julius Stoklasa (Prag). Eingelangt am 15. September 1907. Wie aus meinen zahlreichen Untersuchungen über die Isolierung der glykolytischen Enzyme aus dem Pflanzenorganismus, welche in unserer Versuchsstation unter Mitwirkung meiner Assistenten binnen fünf Jahren ausgeführt worden sind, deutlich hervorgeht, sind in den Pflanzenzellen Atmungsenzyme vorhanden, welche eine Milch- säure- und alkoholische Gärung hervorrufen.t) Wir haben bis jetzt, was ich mit voller Sicherheit behaupten kann, zweierlei Arten von Atmungsenzymen vor uns, und zwar: die im Protoplasma sich abspielenden primären Prozesse werden 1. durch die Enzyme, welche die Milchezusz bildung hervorrufen, wahrscheinlich duremssıze Zymase, und 2. durch die Enzyme, welche die Alkohole Kohlendioxydbildung verursachen, wahrscheinlich durch die Lactacidase, hervorgerufen, und zwar, was speziell erwähnenswert ist, wie wir uns genügend überzeugt haben, ohne jedwede Bakterienwirkung,. Die von uns aus den Pflanzenorganen isolierten Enzyme sind also in vieler Hinsicht der Zymase und Lactacidase ähnlich. !) Siehe: »Der ana@robe Stoffwechsel der höheren Pflanzen und seine Be- ziehung zur alkoholischen Gärung« von Julius Stoklasa, Joh. Jelinek und Eugen Vitek; »Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie«, Zeitschrift für die gesamte Biochemie, herausgegeben von Franz Hofmeister, Bd. III, Heft 11, Braunschweig 1903; ferner: »Alkoholische Gärung im Tierorganismus und die Isolierung gärungserregender Enzyme aus Tiergeweben«, erster Teil, von Julius Stoklasa unter Mitwirkung von F. Cerny, Joh. Jelinek, Eugen Simätek und Eugen Vitek, Archiv für die gesamte Physiologie, Bd. 101, Bonn 1904. — 217 — Unsere weiteren Forschungen haben ferner ergeben, daß bei Gegenwart von Sauerstoff die Abbauprodukte durch weitere Degra- dation in Essigsäure, wahrscheinlich in Methan, in Ameisensäure und schließlich in Wasserstoff umgewandelt werden. Die gebildeten Spaltungsprodukte, soweit sie noch oxydierbar sind, werden sodann durch den hinzutretenden Sauerstoff der Luft zu Kohlendioxyd, eventuell zu Wasser verbrannt. Daß die hier in Rede stehenden Enzyme in den Pflanzen- organen tatsächlich existieren und sich selbe auch isolieren lassen, haben wir in unseren unten angeführten Arbeiten!) zur Genüge bewiesen. Es ist uns in der Tat gelungen, in dem Preßsafte der frischen und jungen Pfanzenorgane neben der Zymase und Lactacidase ein Enzym zu isolieren, welches die Essigsäurebildung hervorruft. Bemerkenswert ist ferner, daß sich auch durch die Gefriermethode die Enzyme in den Pflanzenorganen mit Leichtigkeit konstatieren lassen. Überhaupt ist die Abtötungsmethode durch niedrige Tem- peratur von W. Palladin, S. Kostytschew, Fräulein T. Kras- nosselsky usw. eine vorzügliche Methode, welche wir bei ver- schiedenartigen Pflanzenorganen sowie auch bei Bakterien wie zum Beispiel Azotobacter chroococcum und Bact. Hartlebi behufs Konstatierung jener Enzyme, welche eine Milchsäure-, Alkohol- und Kohlendioxydbildung verursachen, mit Erfolg angewendet haben. Im nachstehenden will ich über neue Versuche über die Konstatierung der Atmungsenzyme, welche ebenfalls unter Benutzung der Gefriermethode angestellt worden sind, referieren. Nachdem unserer Überzeugung gemäß alte Organe ein schlechtes Material zur Konstatierung der Atmungsenzyme liefern, benutzten wir hierzu nur frische und junge Pflanzenorgane. Was unsere Versuchsmethoden anbelangt, so verfuhren wir hierbei in folgender Weise: In einen großen Zylinder von einem Liter Inhalt wurden die abgewogenen, frischen, reinen, ganzen (nicht zerriebenen) Pflanzen- organe gebracht, mittels Kautschukpfropfen verschlossen und in einem Gefäß mit Kältemischung 24 Stunden belassen. Die durch- !) Siehe Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky: »Über die glykolytischen Enzyme im Pflanzenorganismus«, Hoppe-Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 50, Heft 4 und 5, 1907, und Bd. 51, Heft 1 und 2, 1907. Dieselben: »Über die anaerobe Atmung der Samenpflanzen und über die Iso- lierung der Atmungsenzyme«, Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft, Bd. XXIV, Heft 10, 1906, Bd. XXV, Heft 1, 1907, Bd. XXV, Heft 3, 1907. — 218 — schnittliche Temperatur während der vorerwähnten Zeit betrug — 20° bis — 25° C. Der Frierprozeß verlief in einem kalten Zimmer einer Prager Eisanstalt. Die erfrorenen Pflanzenorgane wurden sodann in andere sterile Zylinder von gleichem Inhalt geschafft und mit 15—20 4 Toluol benetzt. Den hohen Zylinder von 7—8cm Durchmesser schließt ein gut dichtender Kautschukpfropfen, der 4 cm tief in den Zylinder hineinragt. Durch den zweimal gebohrten Pfropfen führen zwei Glas- röhren, von denen die zuleitende bis zum Boden des Zylinders reicht, während die ableitende des Liebigschen Kühlers den unteren Rand des Pfropfens um 5 cm überragt. Die Pfropfen der Zylinder wurden durch Übergießen mit geschmolzenem Paraffin völlig undurchlässig gemacht. Die Gase passieren nach dem Austritt aus dem Zylinder zuerst einen Winklerschen Absorptionsapparat, welcher sich in einem eiskalten Gefäß befindet, um die Toluoldämpfe, welche sich in dem Liebigschen Kühler nicht kondensiert haben, aufzufangen, ferner zwei 25 cm hohe, 2:5 cm weite U-Röhren mit Kupfervitriolbimsstein, weiters ein drittes U-förmiges Rohr, welches Chlorkalzium enthält, das häufig erneuert wird. Das völlig getrocknete Kohlendioxyd passiert zuerst eine U-Röhre, welche mit ausgeglühtem Natronkalk gefüllt ist, sodann den mit Kaliumhydroxyd gefüllten Geißlerschen Apparat. Um die aus diesem entweichende ganz unbedeutende Menge Wasser und CO, aufzufangen, sind weiter mit festem Kaliumhydroxyd und Kalziumchlorid gefüllte U-Röhren vorgelegt. Weiter rückwärts befindet sich noch ein U-förmiges Schutzrohr, dazu bestimmt, in der Luft enthaltenes Kohlendioxyd (und Feuchtigkeit) abzuhalten. Es ist mit Kalziumchlorid und Kaliumhydroxyd gefüllt und mit dem Aspirator verbunden. Die oben erwähnten U-Röhren.sowie der Geißlersche Apparat wurden vor und nach dem Durchleiten der Gase gewogen. Natürlich wurde bei der anaeroben Atmung der Wasserstoff aus den Absorptionsapparaten durch CO,-freie Luft ausgetrieben. Um den Nachweis zu liefern, daß in dem Absorptionsapparat keine Toluoldämpfe vorhanden waren, wurde nach Abwiegen des- selben ÜO,-freie Luft durch die Absorptionsapparate durchgeleitet und sodann die Apparate nochmals abgewogen. Durch den Zylinder wurde pro Stunde 1 Liter keim- und kohlendioxydfreie Luft oder eventuell reiner Wasserstoff hindurchgeleitet. Nach Beendigung — 219 — des Versuches wurde sowohl aus dem Wasser als auch aus den Pflanzenorganen durch Destillation Alkohol ausgetrieben. Zu dem Kolbeninhalt, bestehend aus dem Brei der Pflanzenorgane und aus dem Wasser, in welchem sich die betreffenden Pflanzenorgane be- fanden, wurde Kaliumkarbonat bis zur alkalischen Reaktion zuge- setzt und hierauf der Alkohol abdestilliert. Nach Austreibung des Alkohols wurde sodann die Lösung mit Phosphorsäure angesäuert und die flüchtigen Fettsäuren mit Dampf ausgetrieben. Nach Austreibung der flüchtigen Fettsäuren mit Dampf wurde hieraufin dem Kolbeninhalt die MilchsäurenachA.Partheilbestimmt. Nun gelangen wir vorerst zur Bestimmung des Alkohols. Den- selben bestimmten wir nach der ana@roben und a@roben Atmung in den Pflanzenorganen in der Art, daß wir durch mehrfache Destillation und durch den Scheidetrichter das Toluol abtrennten. Hierauf wurde das fünfte, beziehungsweise sechste Destillat in dem gut kalibrierten Pyknometer von Reischauer-Aubry gesammelt und sodann die Menge des gebildeten Alkohols aus dem spezi- fischen Gewicht ermittelt. Bemerkt sei hier noch, daß wir die Destillate mit Alkohol}, welche, wie ich bereits schon früher erwähnt habe, einer mehr- fachen Destillation unterworfen worden sind, vor der Destillation immer entweder schwach angesäuert oder schwach alkalisch gemacht haben. Zur Ansäuerung des Destillats wurde !/;, Normalschwefel- säure, zur Alkalisierung dagegen Kaliumkarbonat verwendet. Zur Identifizierung des Äthylalkohols bedienten wir uns der Methode Berthelot und der Jodoformprobe von Müntz. Um den Äthylalkohol weiters qualitativ nachweisen zu können, benutzten wir noch folgende Reaktionen: Es wurde die zu untersuchende Flüssigkeit mit 77,50, und K,0rO, in bestimmtem Verhältnis versetzt, destilliett und das Destillat in Fraktionen aufgefangen.DieOxydationsprodukte sammelten wir sodann in mittels Eis gekühltem Wasser unter Berücksichtigung der entweichenden Kohlensäure, welch letztere in Absorptions- apparaten aufgefangen wurde. Die Produkte der Oxydation des Alkohols, und zwar Aldehyd, Essigsäure und Kohlendioxyd wurden sodann qualitativ nachgewiesen. Zur Bestimmung des Aldehyds verwendeten wir eine ammonia- kalisch-alkalische Silberlösung, welche schon von Spuren von Aldehyd reduziert wird. — 20 — Wir benutzten noch andere Methoden zum weiteren Nachweis des Aldehyds, und zwar: 1. die Bildung von Aldehydharz durch Erhitzen mit konzen- trierter NaOH; 2. die Reaktion mit Nesslers Reagens nach Crismer und 3. die Jodoformprobe nach Lieben. Was die quantitative Bestimmung des Alkohols betrifft, so bedienten wir uns hierzu jener Methoden, welche in unserer in Hoppe-Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 50, Heft 4 und 5, 1907 erschienenen ausführlichen Arbeit »Über die glykolytischen Enzyme im Pflanzenorganismus« deutlich ge- schildert sind. Behufs Feststellung der aliphatischen Säuren untersuchten wir die Pflanzenorgane, ob selbe Milch-, Essig- und Ameisensäure enthalten. Zum Milchsäurenachweis benutzten wir die vorzügliche Methode von H. Behrens, und zwar durch Bildung von Kobalto- Baryumlaktat. Weiters wurde zum Nachweis der Milchsäure auch das Uffelmannsche Reagens zur Anwendung gebracht und die neueste und gute Methode von R. ©, Herzog (Zum chemischen Nachweis einiger physiologisch wichtiger Stoffe, Annalen der Che- mie 1906) benutzt. Die Reaktion von Herzog kann tatsächlich mit Erfolg zum Nachweis minimaler Mengen Milchsäure angewendet werden. Auch die geringen Mengen von Acetaldehyd, welche sich bei vorer- wähntem Prozeß bei der aäroben Atmung entwickeln, können erkannt werden. Am besten läßt man die Reaktion in einem kleinen Kölbchen oder Reagensglase bei Gegenwart von etwas Alkohol vor sich gehen, aus dem durch ein Knierohr die Reaktionsprodukte, Kohlensäure und Acetaldehyd, in wenig Wasser (etwa in einem Reagensglase) geleitet werden. Hier weist man Aldehyd durch etwas Nitroprussidnatrium und Piperidin nach. (Blaue Färbung, die auf Zusatz von einem Tropfen Natronlauge violett, rot, gelb wird.) Was die Bestimmung der Essig- und Ameisensäure betrifft, so sind wir hierbei in folgender Weise vorgegangen. Wir haben die konzentrierte Flüssigkeit erwärmt und sodann hierzubis zur ganz neutralen Reaktion fein gepulvertes kohlensaures Bleioxyd zugesetzt. Hierauf wurde die Lösung bis zur Trockene auf einem Wasserbade abgedampft und der Rückstand mit kaltem Alkohol digeriert. Im Alkohol löste sich bloß Bleiacetat, Bleiformiat blieb jedoch in unlöslichem Zustande. Die Lösung wurde sodann u 22 — durch ein mit Alkohol angefeuchtetes Filter filtriert und hierauf die Essigsäure festgestellt. Letztere wurde in der Weise bestimmt, daß der Alkohol abgedampft und die feste Substanz mit Alkohol und konzentrierter Schwefelsäure behandelt und erwärmt wurde. Bei Vornandensein der Essigsäure entsteht Essigsäureester, der sich durch seinen angenehmen Geruch auszeichnet. Zur Feststellung der Ameisensäure zersetzten wir Bleiformiat mit verdünnter Schwefelsäure und erhitzten hierauf dieses Gemisch. Die in Freiheit gesetzte Ameisensäure erkennt man an einem Stück Papier, das man mit salpetersaurem Silberoxyd tränkt und über die Mündung der Eprouvette legt. Was die quantitative Bestimmung der Milchsäure anbelangt, haben wir, wie bereits erwähnt, die Methode Partheil benutzt, welche, wie wir uns überzeugten, verläßliche Daten liefert. Bei der Bestimmung der Essigsäure gingen wir in nach- stehender Weise vor: Die Essigsäure wurde aus den Lösungen, welche mit Phosphor- säure angesäuert wurden, mit Wasserdampf abgetrieben und dann im Destillat als Silberacetat, und zwar in farblosen Kristallen aus- geschieden. Die jedesmal vorgenommene Silberbestimmung ergab zwischen 62°0—65/, Ag. Die Theorie verlangt 6464", Ag im (, H,O, Ag. Nun folgen die Resultate unserer neuen Versuche. Anaerobe Atmung in Toluoldämpfen: a) ganze Pflanze vom Maiglöckchen (Convallaria majalis) Beyond 2 LEERE A u BE 1% 5 es Versuches ... . . 2 202 0.0.0.5 75'Stunden Esser der gebildeten Milchsäure . . . » 2.2.2...683 ng Bedes sebildeten Alkohols . . . 2-2. ..0..1435 mg!) Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . . : 1243 mg. !) Es ist hier noch zu erwähnen, daß wir die kleinsten Mengen Alkohol, welche sich vor dem Versuche in den Pflanzen, und zwar im Maiglöckchen und in der Einbeere, sowie in den Früchten von Pisang und Gurke vorfanden, bei der ana&roben und a&roben Atmung von der Gesamtmenge des Alkohols abgezogen haben. Ich führe hier die Mengen von Alkohol, welche wir in den einzelnen Pflanzenorganen gefunden haben, an: In 1 %g frischer Substanz von der Gurke wurden 235 my Alkohol gefunden, in 1 kg Früchte von Pisang waren . . . . . . 37.8 mg Alkohol vorhanden, in 1 kg der ganzen Pflanze vom Maiglöckchen sowie in der von der Einbeere konnten wir bloß Spuren von Alkohol nachweisen. —_— 22 — b) Ganze junge Pflanze von Einbeere (Paris quadrifolia) im (Gewichesvon >... 2 DER Eee 2 Trockengewicht #7. 2m u ER FEN Dauer des Versuches . . . et RE REIS Menge des gebildeten Alkolols ee: 0: Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . . .130'6 mg Milchsäure wurde quantitativ nicht bestimmt. c) Abgeschälte grüne Früchte vom Gemeinen Pisang (Musa paradisiaca) im Gewichte won ame, 2. ae 2 See Trocekensewicht. . = 22 2.0.2 AA MINE Dauersdes Wersuelies I... en en TORE Menge des gebildeten Alkohols Ne 22 225 SS Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . . . 2883 mg Milchsäure wurde quantitativ nicht bestimmt. d) Abgeschälte junge frische Früchte von Gurken (Uucumis sativus) im Gewichte von u... u en EN Re Trockengewicht 217 u 20 ES Fr Dauerıdes>Versuches 7... % ee MMS Menge der gebildeten Milchsahre Ev SE Me Meuge ‚des gebildeten Alkohols 1... . u... 2.00, vrBAE Be Menge des gebildeten Kohlendioxyds ... . . 2.» 2202 07: Atrobe Atmung in Toluoldämpfen: a) ganze Pflanze vom Maiglöckchen (Convallaria majalis) im Gewichte von. . 7. a ul A Be Trockensewicht . . % 8 ur a an mn Pauerhdes. Versuches... . . ee OB Menge des gebildeten Alkohols ER N Menge .des gebildeten Kohlendioxyds . . . . „7 252Bm07 Menge der gebildeten Essigsäure . . . 0.0 Te Milchsäure wurde quantitativ nicht en v) Ganze junge Pflanze von Einbeere (Paris quadrifolia) iu: Gewichte von... 48 aa 2.08 eu Wr Brockengewicht =". 14:2). 5. zw. aus an a Bye a Baner des Versuches’. Cr nk: er TOO Menge der gebildeten Milähsslhren N ee 2 Menge des gebildeten Alkohols . . . . .«- . . Spuren Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . . . 284.3 mg Menge: der gebildeten Essigsäure ..... » 2° 2... Tasse — m — c) Abgeschälte grüne Früchte vom Gemeinen Pisang (Musa paradisiaca) ee vo EN er 219° ig me ee 37 ig des Versuches . 2. u 22. 2.0. 70 Stunden Menge der gebildeten Milchsäure . . . . . . . . ‚Spuren Menge des gebildeten Alkohols . . . . . . . . Spuren Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . ...893 ung Menge der gebildeten Essigsäure . . . . EIIOTT EMO, d) Geschälte junge frische Früchte von fiken (Cueumis sativus) Bee won.‘ 2... 20 Nenn bg eich : 2. nenn. SIG Dauer des Versuches . . EN SB OSRSTHIREIEN Menge der gebildeten ans BE EEE SINE, Menge des gebildeten Alkohols . . . . . . . . Spuren Menge des gebildeten Kohlendioxyds . . . . . ..933°7 mg Beeder sebildeten Essigsäure . » ». 2... . 112 me. Bei der aöroben Atmung konnten wir bei allen Versuchen bloß minimale Quantitäten von Ameisensäure konstatieren. Lenken wir nun jetzt unser Augenmerk auf die Resultate unserer Versuche, welche bei Sauerstoffabschluß ausgeführt wurden, so erkennen wir, daß die anaörobe Atmung der erfrorenen Organe der höheren Pflanzen eine alkoholische Gärung ist, die durch die Enzyme, welche der Zymase und Lactacidase ähnlich sind, ver- ursacht wurde. Bemerkt sei hier nur noch, daß wir nur diejenigen Versuche angeführt haben, wo wir mit untrüglicher Sicherheit uns durch Gelatineplattenguß') sowie durch Impfung mit der Platinöse in Zuckerbouillon überzeugt haben, daß sie unter völligem Ausschluß von Mikroben durchgeführt wurden. Auch hinsichtlich der ana@roben Bakterien haben wir uns nach allen möglichen Methoden von ihrer völligen Abwesenheit überzeugt. Ich kann daher mit absoluter Bestimmtheit erklären, daß bei der an- a&roben Atmung die Bildung der Milchsäure, des Al- kohols und des Kohlendioxyds, bei der aä@roben Ät- mung die Bildung der Milchsäure, des Alkohols, des !) Zur Gelatine wurde etwas Glukose und dann auch Extrakt von den betreffenden Pflanzenorganen, welche wir zu unseren Versuchen benutzten, zugesetzt. BR ee Kohlendioxyds und der Essig- und Ameisensäure nur durch die Enzyme hervorgerufen wurde. Durch die Anwendung der Gefriermethode wurden die ein- zelnen Pflanzenorgane getötet, die in ihnen befindlichen Enzyme wurden jedoch nicht zerstört. Das Bestehen in voller Aktivität der Zymase und Lactacidase, sowie der Enzyme, welche die Essig- und Ameisensäurebildung verursachen, ist bei den erfrorenen Organen so kurz, daß sie aus dem Preßsaft nach unseren mehr- fach beschriebenen Methoden nicht mehr isoliert werden können. Uns ist es bisher noch nicht gelungen, aus den erfrorenen Pflanzen- organen das Rohenzym Zymase und Lactacidase zu isolieren. Die Isolierung der soeben jetzt erwähnten Enzyme kann nur aus dem Preßsaft der jungen und frischen nichtgefrorenen Organe vor- genommen werden. Goethe, Linne und die exakte Wissenschaft der Natur von Houston Stewart Chamberlain (Wien). Eingelangt am 16. Sept. 1907. Das Jahrhundert gehtaufrechten und falschen Wegen nach allen Seiten in die Breite, so daß eine unschuldige, Schritt vor Schritt sich bewegende Naivität, wie die meinige, vor mir selbst eine wundersame Rolle spielt. GoeTk er(1317), Goethe den Naturforscher erblicken wir heute in einer anderen Perspektive als früher; erst durch die Weimarer Ausgabe ist es möglich geworden, diese Seite seiner Tätigkeit hinlänglich zu über- schauen. An dem in die Betrachtung des Kosmos versenkten Goethe ist es hinfürder unmöglich, achtlos vorüberzugehen; denn die unvergleichliche kulturelle Bedeutung des Verfassers von »Wilhelm Meister« und »Faust« wurzelt in seinem Verhältnis zur Natur. Und da hat denn eine so ungestüme Reaktion Platz gegriffen, daß wir in derjenigen Goethe-Biographie, die als die klassische gepriesen wird und die sich in der Tat durch eine gewisse — dem Meister abgeguckte -- gravitätische Zurückhaltung auszeichnet, folgende Worte lesen: »Man darf sagen, daß erst unser Dichter die Botanik und mit ihr zugleich die Zoologie zum Range einer wirklichen Wissen- schaft emporgehoben hat«!). Derlei unbesonnene Urteile finden wir in den meisten neueren Lebensschilderungen und auch in den Gesamt- ausgaben mit Kommentaren, welche, wie die Hempels und Kürschners und wie Cottas Jubiläumsausgabe, durch den wissenschaftlichen Charakter der Herausgeber das Vertrauen ernster Leser erwecken?). !) Bielschowsky: Goethe II, 422, in dem von Prof. S. Kalischer (Berlin) verfaßten Kapitel: »Goethe als Naturforscher«. 2) Schulrat Heynacher z. B. macht in der »Philosophischen Bibliothek« Goethe zum »hervorragendsten Vorgänger Darwins« — eine Ungeheuerlichkeit, Wiesner-Festschrift 15 — 226 — Zu der kritiklosen Anpreisung von Goethes Leistungen gesellt sich, um den Eindruck zu erhöhen, eine systematische Geringschätzung der großen empirischen Forscher. Jedoch nicht allein Goethe-Philo- logen, sondern auch berufsmäßige Naturforscher sind bereits von dem Taumel ergriffen. Im Jahre 1904 erfuhr man mit Erstaunen aus dem Goethe-Jahrbuch, Linnes Philosophia botanica sei »kaum als Botanik« zu betrachten; zwei Jahre darauf war die Erkrankung des gesunden Urteils so weit fortgeschritten, daß uns an derselben Stelle versichert wurde, »die mit scholastischen Kunststücken heraus- geputzte Pflanzenregistratur, in welcher Linne sich eingebildet hatte, eine ebenbürtige Wissenschaft begründet zu haben«, sei nichts weiter als »geistloses Handwerk«. Auf diese Weise und in diesem Tone glaubt ein Fachbotaniker einen Goethe zu ehren! Wäre doch der Meister selber da, um es sich zu verbitten! Als einmal ein Anfänger es sich herausgenommen hatte, wegwerfend von Linne zu reden, weist ihn Goethe zurecht: »Wenn du weiter vorwärts in dem Felde der Naturgeschichte kommst, wirst du anders von Linne denken und seine unsterblichen Verdienste kennen lernen.< Und 1817, als fast siebzigjähriger Mann, zurück- blickend auf die Entstehung seiner Ideen über die Pflanzenwelt, schreibt er: »Ich fühlte immer mehr Ehrfurcht für diesen einzigen Mann« !). Goethe wäre nicht Goethe, wenn er nicht so gedacht und gesprochen hätte. Seine eigenen wahren Verdienste um die Erkenntnis der Natur liegen an anderem Orte; zwar berührt er sich mit Linne, doch, wie er selber sagt, nur um die Ergebnisse der herkulischen Lebensarbeit dieses Forschers »symbolisch zu benutzen« und sich daraus »ein Organ« zu erschaffen, mit dem »sich viel tun läßt«?). Goethe benutzt also die exakte Wissenschaft, geht aber selber andere Wege. Und so hören wir denn Alexander von Humboldt fast mit denselben Worten berichten, durch die Berührung mit Goethes Naturansichten sei er »gewissermaßen mit neuen Organen ausge- stattet worden«. Sich und den anderen neue Organe erschaffen; wahrlich, das ist keine geringe Leistung; jeder denkende Natur- forscher wird sie mit Humboldt verehren und sich einzuverleiben trachten, ohne darum die Verdienste der großen Empiriker, denen die wohl nur der fachmännisch gebildete Naturforscher recht würdigen kann (»Goethes Philosophie aus seinen Werken«, S. IV. u. 30). !) Briefe, 13, 8, 86, und »Zur Morphologie« I, XXIX (vergl. Weimarer A., 2. Abt., 6, 394). :) Brief an Zelter, 14, 10, 16. — 227 — allein wir die exakte Wissenschaft der Natur verdanken, geringer zu schätzen, und ohne sich selber in den Methoden exakter Forschung irreleiten zu lassen. Die Verwirrung, die heute in bezug auf Goethes Verhältnis zur exakten Wissenschaft herrscht, geht nun zum nicht geringen Teil auf Goethe selbst zurück; keiner vermag es, sich selber historisch zu erfassen; einzig eine sachgemäße Kritik kann Klarheit schaffen. Dies wird im folgenden versucht. Der knapp zugemessene Raum zwingt aber, lediglich das Verhältnis Goethes zu Linne zu behandeln und auch hier nur einzelne Punkte herauszuheben, die als Leitgedanken anregen sollen. Die Polemik dient bloß als Sprung- brett. Oft schon Gesagtes zu wiederholen, ist tunlichst vermieden worden, Trotz der ciceronischen Künste, die auf den Nachweis des Gegenteils verwendet worden sind, bleibt die Tatsache bemerkens- wert, daß die erste Ausgabe der Pflanzenmetamorphose einen wesentlich anderen Titel trägt als die beiden folgenden, die Goethe noch selbst veranlaßt hat; es drückt sich hierin eine geänderte Auffassung der eigenen Leistung aus. 1790 heißt es: »Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären«; 1817: »Die Metamor- phose der Pflanzen«; 1831: »Versuch über die Metamorphose der Pflanzen«. Der bloße Titel genügt zum Nachweis, daß 1790 Goethe den Begriff »Metamorphose der Pflanzen« als bekannt voraussetzte und sich lediglich vornahm, diese Metamorphose »zu erklären«. Zahlreiche Stellen aus seinen Schriften und Briefen bestätigen dies. In einer der Skizzen zu seiner Abhandlung notiert er z. B.: »Botaniker selten, welche die Metamorphose merkwürdig genug fanden« (13, 30'), und im $ 4 der Metamorphose lesen wir: »Die geheime Verwandtschaft der verschiedenen äußeren Pflanzen- teile... . ist von den Forschern im allgemeinen längst erkannt . . und man hat die Wirkung, wodurch ein und dasselbe Organ sich uns mannigfaltig verändert sehen läßt, die Metamorphose der Pflanzen genannt.« Also, beides ist schon da, die Beobachtung und der Name?). Und wenn auch Goethe von den Forschern im all- 1) Alle Zitate ohne nähere Angabe beziehen sich auf die 2. Abteilung der Weimarer Ausgabe. 2) Das Wort »Metamorphose« war in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts ein Modewort. Voltaire sagt in seinem Dictionnaire Philosophique: »La terre est couverte de Metamorphoses« (ungefähr 1755); man braucht nur 15% — 228 — gemeinen spricht, im Sinne hat er jedenfalls speziell den einen Linne. Den Gedanken der morphologischen Identität aller Seiten- gebilde der höheren Pflanzen und den Namen für den Gedanken: beides verdankt er Linne. Wenn er z.B. am 18. August 1787 an Knebel schreibt: »Durch meine Harmonia plantarum wird das Linneische System aufs schönste erleuchtet«, so deutet er hiermit gewiß auf Linnes Metamorphosis vegetabilis; das künstliche Sexualsystem kann unmöglich gemeint sein, und Linnes Versuch eines natür- lichen Systems überstieg weit Goethes sehr beschränkte Kenntnisse; meines Wissens hat er es kein einzigesmal erwähnt!), Da nun Goethe erzählt, Linnes »Philosophia botanica« sei sein »tägliches Studium« gewesen (6, 104), daeres mit sich in die IImenauer Einsamkeit nimmt, um es »in der Folge« durchzustudieren (Bf. 8, 11, 85), und Bücher von Linn& später in Italien seine ganze naturwissen- schaftliche Reisebibliothek ausmachen, so dürfen wir wohl voraus- setzen, die in der Philosophia knapp ausgesprochenen, in anderen Schriften Linnes näher ausgeführten Beobachtungen und Gedanken über die Metamorphose seien ihm nicht nur bekannt, sondern auch interessant gewesen. Und so sehen wir denn, auch nach Italien, daß Goethe, als er an die nähere Ausarbeitung seiner inzwischen gereiften Ideen über die Pflanzen geht, nichts Eiligeres und Dringen- deres weiß, als sich noch weitere Werke Linnes zu bestellen (Bf. 28, 9, 88). Die erste Ausgabe der »Metamorphose« ziert dem- entsprechend ein langes Motto von Linne, das in der zweiten Aus- gabe verschwand und in der dritten durch ein griechisches und ein biblisches ersetzt wurde. Hat nun Goethe bei der 2. Ausgabe das Motto fortgelassen und in der 3. Ausgabe schöne Stellen aus der zweiten über Linne gestrichen oder abgedämpft (vergl. z. B. 6, 394 mit 6, 116 ff.) und pflegte er — wenn wir uns auf Ecker- mann verlassen dürfen — in späteren Jahren zu sagen: »Ich ent- deckte das Gesetz der Metamorphose« (1, 2, 27) oder: »Ich habe die Metamorphose der Pflanzen erfunden« (20, 12, 26), sollte er wirklich — in direktem Widerspruch zu jenem oben zitierten 8 4 — Johannes Falk gegenüber geäußert haben: »Ich stellte als erster die Idee von der Metamorphose der Pflanzen auf« (Goethe, $. 32), in einem beliebigen Briefwechsel jener Zeit zu blättern, um dem Worte zu begegnen (öfters z. B. bei Galiani in den siebziger Jahren). ') Die Worte 6, 109 über »Linnes fromme Wünsche« wären ein so un- würdiger Spott auf Linnes Verdienste um eine natürliche Systematik, daß man sie nur als Flüchtigkeit einschätzen könnte. — 2299 — so müssen wir als unparteiische Beurteiler der Dokumente aner- kennen: erstens, daß Goethe wohl von Anfang an sich nicht recht ver- gegenwärtigt hat, wie sehr viel er Linnes Anregungen verdankte, woraus begreiflich wird, daß bei zunelımendem Alter die Erinnerung hieran immer mehr verblaßte, zweitens, daß seine eigene Auffassung seiner eigenen Metamorphosenlehre im Laufe der Zeit eine sehr bedeutende Verschiebung erlitten hat — was ja auch zur Genüge aus der Tatsache hervorgeht, daß er erst durch Schillers Einwürfe (also von 1794 ab) begreifen lernte, was er hier lehre, sei Idee und nicht Erfahrung, wogegen er früher, wie er sich ausdrückt, »in einem steifen Realism und einer stockenden Objektivität be- fangen gewesen war (Bf. an Schiller 13. 1. 98). Mehrere Jahre vor Goethes Geburt finden wir Bernard de Jussieu und Linne in brieflichem Verkehr über die von Linn&e entdeckte Pelorienbildung bei Linaria; Jussieu neigt dazu, sie als »Metamor- phose« der normalen Blüte aufzufassen, wogegen Linne gern darin eine plötzlich »durch Transmutation einer Art in eine andere neu ent- standene Art« erblicken möchte; Experiment und fortgesetzte Beobach- tung sollen dasWeitere entscheiden!). Diese Tatsache erwähne ich anek- dotenhaft nebenbei, nur um zu zeigen, wie plastisch lebendig sich alles in den Köpfen bedeutender Forscher gestaltet, und wie bitteres Un- recht Gelehrte begehen, die ruhig zusehen, wenn Halbwissen und Unwissen ihre großen Vorgänger bis zur Karikatur degradieren — wie das heute bei Linn& der Fall ist. Solange uns Linne nur in einem Zerrbild bekannt ist, bleibt es unmöglich, das Verhältnis Goethes zu Linne historisch objektiv zu beurteilen. Dies leitet nun zu der Frage über: Waren Linnes Vorstellungen über die Metamorphose des Blattes so geartet, daß sie Goethe zu seiner Lehre die Anregung geben konnten? Die Beantwortung dieser Frage ist nicht so einfach, wie man zuerst wähnen möchte, denn sie setzt eine eingehende Kenntnis der wissenschaftlichen Vorstellungen im 18. Jahrhundert voraus, und zwar in ihrem historischen Zusammenhang. Zum Glück besitzen wir hier ein Urteil, welches uns aller weitläufigen Diskussion enthebt. Joseph Dalton Hooker, der frühere Präsident der Royal Society, der durch seinen ebenso berühmten Vater (geb. 1785) die Tradition des voraus- gegangenen Säkulums als Kind einsog, ist ein so anerkannt tüchtiger Botaniker, dazu ein Mann von so umfassenden wissenschaftlichen !) Man schlage in dem von J. S. Smith (London, 1821) herausgegebenen Briefwechsel Band 2, S. 214 u. 375 nach. — 230 — Kenntnissen, von so reifem, überlegtem Urteil, daß wir ihm sicher trauen dürfen; man kann sich auch schwerlich vorstellen, Charles Darwins intimster Freund und Ratgeber, der einzige Vertraute des noch werdenden »Origin of Species«, sei durch Parteilichkeit für Linne geblendet; und er nun spricht sich kategorisch folgender- maßen aus: »Linn& zeigt nacheinander, daß Brakteen, Kelch, Krone, Staubgefäße und Griffel, ein jedes metamorphosierte Blätter sind, und gibt für alle diese Metamorphosen viele Beispiele, die er sowohl aus monströsen Bildungen wie auch aus normalen Charakteren der betreffenden Organe entnimmt.« Nachdem Hooker noch des großen Brown Zeugnis angerufen und die Genauigkeit, das Geschick, den Erfindungsreichtum an Linnes Beobachtungen gepriesen hat, fährt er fort: »Einmal über das andere behauptet Linne von allen diesen Organen und von einem jeden im besonderen, sie seien Blätter... Man lasse die spekulativen Beigaben beiseite und man wird bei Linn& keinen einzigen Irrtum finden, weder in der Beob- achtung, noch im Urteil) Daß diese Anschauung nicht vereinzelt dasteht, beweist mir eine Arbeit, von J. Grüss, mit der ich leider erst nach Abschluß des Manuskripts durch die Abhandlung von W. Ruhland: »Zur Physiologie der Gummibildung bei — 254 — Gummilösungen eine Substanz nachzuweisen ist, dieGuajakharzlösung: bläut wie ein Ferment, die den Gummilösungen so wie gewisse Eiweißkörper die Fähigkeit des Schäumens verleiht, die durch _ Erhitzen der Gummilösung unwirksam gemacht wird und welche schließlich die merkwürdige Eigenschaft besitzt, Stärkekleister bis zu Dextrin zu verarbeiten ohne Traubenzucker daraus zu produ- zieren. Später entschieden sich auch Lutz')und Garros°) für die Annahme eines solchen Ferments. Wiesners Folgerungen blieben übrigens nicht unwidersprochen. F. Reinitzer°) bemühte sich Wiesners Folgerungen zu widerlegen, ohne jedoch in seiner Arbeit stichhaltige Gegenargumente gegen Wiesmers AÄnschau-- ungen vorbringen zu können. Da ich mich in letzter Zeit mit der betreffenden Frage beschäftigt habe, möchte ich zunächst auf die letztgenannte Arbeit eingehen. Reinitzer bemängelt vor allem den Amygdaleen«, Ber. d. d. bot. Ges., Bd. XV, H. 6 (1907), pag. 302, bekannt wurde. (J. Grüss: »Über Lösung und Bildung der aus Hemizellulosen bestehen- den Zellwände und ihre Beziehung zur Gummosis«, Bibl. bot. Heft 39, Stutt- gart 1896.) Grüss geht vom Traganthgummi aus und findet, daß bei Acacia, Astragalus etc. eine Lamelle aus Hemizellulose als Membranverdickung fungiere, die beim Austreiben der Bäume durch diastatische Fermente in Hemmizellulose- gummis umgewandelt wird, die entweder als solche auswandern können oder durch weitere Fermentwirkung in Zucker übergehen. Namentlich durch Oxy- dation könne eine Veränderung dieser Hemizellulosegummen erfolgen, derart, daß sie nicht weiter verwendet werden, sondern als Exkrete gelten können. Dabei wirken Sauerstoffüberträger mit und gerade das stimmt mit der unten erwähnten Doppeleigenschaft des »Gummiferments«, gleichzeitig amylolytische und oxydierende Eigenschaften zu zeigen, überein. Es ist sehr wohl möglich, daß das »Gummiferment< aus Oxydasen und diastatischen Fermenten besteht, welche aus der Zelle mit in das Exkret gegangen sind. Je nach dem gegenseitigen Mengenverhältnis würde sich auch die verschiedenartige Wirkung verschiedener Gummen erklären, das Ausbleiben der amylolytischen Reaktion bei gleichzeitigem Eintritt der Oxydationswirkungete.Ruhland bestreitet allerdings dieGrüssschen Ausführungen bezüglich der Hemizellulosemembran, aber auch er konstatiert die wichtige Tatsache, daß beim Gummifikationsprozeß die eigentlich zur Querwandbildung der sich sonst teilenden Zelle bestimmten, allerdings unbe- kannten Kohlehydrate in Gummi übergehen. Zu derselben Ansicht kommt auf Grund anatomischer Beobachtungen Mikosch (»Untersuchungen über die Entstehung des Kirschgummis«, Sitzungsber. d.k. Akad. d. Wiss., Wien, Bd. CXV, 1906, pag. 911-961). !) Contrib. a l’etude chimique et botanique des gommes (These de Paris 1895), zit. n. Wiesner: »Rohstoffe des Pflanzenreiches«, II. Aufl., Bd. I, pag. 73. ?) Bull. soc. chim. (3), Tome VII, pag. 625 (1892). 3) F. Reinitzer, »Über die wahre Natur des Gummiferments«, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XIV, pag. 453 (1890). — 235 — die Annahme, daß ein einziges Ferment aus Zellulose so ganz ver- schiedene Gummi- und Schleimarten erzeugen soll. Darauf ist zu entgegnen, daß diese Körper chemisch — soweit man sie über- haupt näher untersuchen konnte — gar nicht so verschieden sind. Die Gummen geben alle bei der Hydrolyse Arabinose (oder die isomere Xylose) und Galaktose, ferner die untereinander isomeren Gummisäuren. Cerasin zeigt, von den gebundenen Basen befreit, große Ähnlichkeit mit einer unlöslichen Modifikation des Arabins, der Metarabinsäure, welche ebenso wie Cerasin selbst leicht in lösliches Arabin umgewandelt wird. Durch Einwirkung von Salpeter- säure entsteht Schleimsäure etc. Ganz ähnlich bezüglich der Hydra- tationskohlehydrate verhalten sich Schleime und Pektine. Daß da- bei je nach Art der Aneinanderlagerung dieser Kohlehydrate, je nach ihrem gegenseitigen Mengenverhältnis und schließlich je nach Maßgabe von begleitenden Stoffen anderer Art wie Gerbstoffe, Zucker, Farbstoffe etc., die aus nebenherlaufenden Prozessen her- rühren, verschieden charakterisierte Substanzen entstehen, ist selbst- verständlich. Übrigens ist bei der gewiß sehr komplizierten Genese dieser Umwandlungsprodukte aus Zellwandbestandteilen durchaus nicht gesagt, daß das Gummiferment ein einheitlich wirkendes Enzym vorstellt, sondern es mag sich in dem Endresultat sehr wohl die Wirkung einer ganzen Reihe von Fermenten ausprägen von denen jedes eine spezifisch verschiedene Tätigkeit hat, so wie wir ja auch in neuerer Zeit gelernt haben, in der Zerlegung der Stärke zu Glykose durch die Diastase die kombinierte Arbeit mehrerer Enzyme zu sehen. Der Typus des Gummiferments zeigt eben als charakteristische Eigenschaften oxydierende und gleich- zeitig amylolytische Wirkung, wobei sich erstere in der Bläuung von Quajaktinktur und Oxydation von Pyrogallol zu Purpurogallin, letztere durch Verflüssigung von Stärkekleister äußert, Eigenschaften, die Wiesner gerade studiert hat. Ebenso hinfällig ist der Ein- wand, daß es ja nicht gelingt, Zellulose durch das Ferment in Gummi zu verwandeln. Die vorerwähnten Forschungen haben uns Polysaccharide unter den echten Gerüstsubstanzen kennen gelehrt, welche im Lebensprozeß der enzymatischen Hydratisierung unter- worfen sind. Auch die Stärkezellulose ist zweifellos ein solches Zwischenglied, was die schwerere oder leichtere Spaltung anbe- langt. Es ist gerade interessant, daß der Prozeß der Umwandlung der Stärkezellulose in Granulose, welcher bekanntlich sonst nur bei Behandlung mit Alkalilauge und nachfolgendes Kochen bewirkt — 2565 — wird, durch das Ferment schon in ganz kurzer Zeit sich vollzieht. Wir kennen jetzt also genau die Wirkungssphäre des Gummi- ferments. Zellulose gegenüber noch nicht wirksam, vermag es hemizelluloseartige Körper und Stärke bis zu Dextrin abzubauen, nicht aber weiter zu Monosacchariden. Das letztere ist durch meine später zu besprechenden Versuche sichergestellt, bezüglich des ersteren möchte ich mich heute noch nicht bestimmt äußern, da die entsprechenden Versuche mit typischen Hemizellulosen, welche allerdings die geäußerte Anschauung bis jetzt stützen, noch nicht abgeschlossen sind. Reinitzer bemängelt ferner die aus den - Wiesnerschen Experimenten hervorgehende Tatsache, daß durch die Tätigkeit des Gummiferments kein Zucker gebildet werde, sondern der Abbau der Stärke nur bis zu Dextrin fortschreite, und stützt sich bei seinen gegenteiligen Beobachtungen, welche stets die Gegenwart eines Fehlingsche Lösung reduzierenden Körpers ergeben, auf den Umstand, daß Gummi ja an und für sich schon kleine Mengen Zucker enthalte. Er unterzog eine ganze Reihe von Gummiarten daraufhin der Untersuchung, fand überall das Vorhandensein von Zucker und behauptete nun, diese wichtige Tatsache müsse Wiesner durch einen Versuchsfehler entgangen sein. DabeihataberReinitzer übersehen, daß diese von ihm neuerdings konstatierte Tatsache Wiesner offenbar schon früher bekannt gewesen ist, denn schon in der ersten Auflage seiner »Rohstoffe des Pflanzenreiches«, also vor der Entdeckung des Gummiferments, gibt Wiesner den Zucker- gehalt der Gummen an!). Es wäre infolgedessen richtiger gewesen anzunehmen, daß der verwendete Gummi vorher von Zucker befreit worden war, was so selbstverständlich ist, daß es in Wiesners Publikation nicht eigens Erwähnung fand?). Was nun den Einwand betrifft, die Reichlsche Probe mit Orcinsalzsäure zeige im Gummi nicht das Ferment, sondern die Kohlehydrate an, so besteht derselbe wohl zweifellos zu Recht, denn man kann bei dem Gehalt des Gummi an Pentosanen nicht annehmen, der positive Ausfall der freilich sehr empfindlichen Probe rühre von den aus dem Eiweiß des Ferments abgespaltenen Kohlehydratgruppen her. Dieser Einwand ist aber nur bei jenen Versuchen von Gewicht, welche bloß mikro- skopisch lediglich mit der Orcinreaktion durchgeführt wurden, die ') »Die Rohstoffe des Pflanzenreiches«, Versuch einer technischen Roh- stofflehre des Pflanzenreiches, Leipzig 1873, Engelmann. ®) Nach einer mündlichen Mitteilung Hofrat Prof. Dr. J. Wiesners. — 297 — meisten anderen wurden ja durch die Guajak- und namentlich durch die Stärkekleisterprobe erhärtet!). Um das Wesen des Ferments zu studieren, wurden zunächst die Wiesnerschen makrosko- pischen Versuche mit reinstem?) Akaziengummi wiederholt und vollkommen bestätigt gefunden. Um die Fähigkeit einer Gummi- lösung, Stärke zu zerlegen, ohne dabei Zucker zu bilden, prüfen zu können, mußten zunächst Mittel und Wege gefunden werden, die Reaktion vollkommen steril durchzuführen, eine Maßnahme, welche Reinitzer völlig außer acht gelassen hat, denn wenn die Gummilösung mit »dem Stärkekleister gemischt unter Baum- wollverschluß 24 Stunden stehen gelassen wurde«, so ist das wohl keine sehr geeignete Methode, eine Probe steril zu erhalten, und ich glaube, die Zuckervermehrung, die Reinitzer der Enzymtätig- keit zuschreibt, neben der hier ganz unzulänglichen angewandten titrimetrischen Methode, vornehmlich auf Rechnung der unsterilen Arbeitsweise setzen zu können. Erhitzen der Gummilösung mußte das Ferment unwirksam machen oder wenigstens schwächen. Eine ungünstige Wirkung scheint auch das sonst sehr verwendbare Toluol und Chloroform auszuüben. Letzteres hat überdies die Eigen- schaft die Jodstärkereaktion zu verhindern wie eine Reihe von Körpern anorganischer und organischer Natur, wie arsenige Säure, Phenole etc. Ich fand, daß auch Sublimat diese Wirkung ausübt. Man könnte nun daran denken, daß auch Gummi selbst ähnlich reaktionshemmend wirke. Wenn man nun aber Stärkekleister mit Gummilösung versetzt und fügt einige Tropfen verdünnter Säure (Mineralsäuren, Essigsäure) oder Kupfersulfatlösung hinzu, so tritt nach jener Zeit, in welcher ohne diesen Zusatz die Stärke durch die Gummilösung so weit verändert ist, daß bei Jodzusatz keine Bläuung auftritt, mit diesem Reagens augenblickliche Blaufärbung ein. Die Wirkung des Ferments ist also durch die Säure etc. offenbar !) Dabei sei nebenher ein Irrtum Reinitzers berichtigt, welcher acht verschiedene Methylfurfurole, vier vom «- und vier vom $-Furol annehmen zu müssen glaubt. Nun sind aber im ganzen wohl nur sechs möglich, und wenn Maquenne (Comptes rend. T. 109, pag. 571, 603) vier Derivate als von der «-Form möglich denkt, so meint er natürlich nicht vier echte Methylfurole, sondern sagt ausdrücklich: »Le: premier, (compose derivant du furfurane) que ’on pourrait appeler aldehyde furfurethylique, ne contiendrait dans sa mol&cule qu’une seule chaine laterale, d@rivde de l’Ethanc, les trois autres, veritables homologues du furfurol, renfermeraient un methyle non substitu& en 2, 3 ou 4 par rapport au groupe CHO=1.« 2) Gummi Acaciae purissim. von G. Fritz u. Co., Wien. Wiesner-Festschrift 17 — 258 — verhindert worden. Wenn man ferner zu Stärkekleister Gummilösung fügt, wird Jodlösung gebläut und erst nach längerem Stehen, am besten bei der optimalen Reaktionstemperatur der Fermente, tritt keine Färbung mit Jodlösung mehr ein, nachdem intermediär die rote Erythrodextrinreaktion Platz gegriffen hat. Die erwähnten Sub- stanzen aber wirken meist augenblicklich, mit der Schnelligkeit einer Ionenreaktion hemmend auf die Jodstärkeprobe ein. Behufs Sterilisierung hat es sich am zweckmäßigsten erwiesen, die Gummilösungen durch sterile Pukhallfilter zu ziehen. In dem zum Auffangen bestimmten, in Kubikzentimeter geteilten Gefäße befand sich von Fall zu Fall der durch Kochen sterilisierte Stärkekleister, zu welchem die entsprechende Menge der Gummilösung dazu- filtriert wurde. Dieses Gemisch wurde dann mit sterilisierter Watte verschlossen und unter allen Kautelen der Asepsis im Ostwaldschen Thermostaten bei 30—35° C stehen gelassen. Es sei noch erwähnt, daß durch wiederholte Versuche die Anwesenheit eines stickstoff- haltigen Körpers im Gummi durch die Lassaignesche Probe qualitativ nachgewiesen wurde. Um den Zuckergehalt des ver- wendeten Gummi zu bestimmen, wurde die gewichtsanalytische Methode und nicht die maßanalytische gewählt; denn wer jemals mit Gummilösungen gearbeitet hat, weiß, wie geradezu unmöglich es infolge der starken Schäume solcher Lösungen dem Experimentator gemacht wird, eine zum Ablesen in den Büretten oder sonstigen Maßgefäßen auch nur halbwegs brauchbare Genauigkeit, besonders bei so subtilen Messungen mit den minimen Mengen der zu be- stimmenden Substanz zu erreichen. Durch die mikrochemische Phenylhydrazinmethode!) konnte ich den vorhandenen Zucker als Glykose diagnostizieren. Die Forderung bezüglich des einprozentigen Gehaltes der Lösung an Zucker bezieht sich wohl eher auf das Zuviel als auf das Zuwenig, und so zeigten denn drei Kontroll- proben, welche zur Bestimmung des ursprünglichen Zuckergehaltes des Gummi angestellt wurden, befriedigende Übereinstimmung. In der betreffenden Vorschrift heißt es ausdrücklich, daß die Zucker- lösung nicht mehr als 1°/, Zucker enthalten darf. Im übrigen wurde die Regel mit peinlicher Genauigkeit befolgt; besonderes Augen- merk mußte dem Umstande zugewendet werden, daß bei einer 10pro- zentigen Gummilösung leicht Gummi am Boden der Porzellan- schale festklebt und beim Kochen zu unliebsamen Erfahrungen ‘) E. s enft, Über den mikrochemischen Zuckernachweis durch essigsaures Phenylhydrazin, Ber. der k. Akad. d. Wiss., Wien CXIlIl, Abt. I, Februar 1904. — 259 — Veranlassung geben kann. Deshalb mußte das Zufließenlassen der Gummilösung zu der kochenden Fehlingschen Lösung unter fort- währendem Rühren geschehen. Aus der dabei erfolgenden Farben- veränderung kann man qualitativ über Vorhandensein oder Nicht- vorhandensein von Zucker nichts aussagen, da auch völlig vom Zucker befreite Gummilösungen Fehlingsche Solution gelblich färben. Der entstehende Niederschlag wurde im Asbestfilterröhrchen sofort ab- gesogen, gewaschen, getrocknet und im Wasserstofistrom reduziert. Es wurde darauf geachtet, daß das Absaugen nicht zu langsam vor sich ging und im Filtrat neuerlich die Fällung versucht. Jeder der Versuche wurde wiederholt. Die bedeutenden Fehlerquellen, welche die maßanalytische Methode für den Fall der Zuckerbe- stimmung in Gummilösungen in sich birgt, erscheinen auf diese Weise ausgeschaltet und eine tunlichst genaue quantitative Bestimmung ermöglicht. Die sich ergebenden Zahlen zeigen deutlich, daß bei steriler Arbeitsweise eine Zuckervermehrung nicht eintritt, das Ferment also nicht durch Zuckerbildung tätig sein kann. AÄnderseits zeigt das Ergebnis der nicht sterilen Probe, daß wohl der meiste Zucker, der sich in Reinitzers Versuchen als Ergebnis der Fermenttätig- keit darstellte, in Wirklichkeit auf die mangelhafte Sterilisierung und wohl auch auf die Ungenauigkeit der maßanalytischen Methode zurückzuführen ist. Die Vergleichsproben wurden in folgender Weise vorge- nommen: 15'1021 y Akaziengummi wurden unter häufigem Um- schütteln in mäßiger Wärme in 150 cm? destillierten Wassers gelöst und von dieser zirka zehnprozentigen Lösung genau 100 cm? in fünf Partien in der oben beschriebenen Weise durch Pukalls zu je fünf Kubikzentimeter 5 prozentigen Kartoffelstärkekleisters zufließen gelassen. Nach viertägigem Stehen wurden die fünf Proben auf Zucker untersucht, indem sie vereinigt, die Gefäße mit wenig Wasser und darauf mit der in Verwendung gelangenden vorschriftsmäßigen Kupfer- sulfatlösung nachgespült wurden. Gleichzeitig war auf dieselbe Weise eine sterile Probe behufs Durchführung der Jodstärkereaktion, eine Stärkekleisterprobe ohne Gummi und schließlich eine nicht sterilisierte Gummilösung aus 10°0681 y meines Akaziengummis in 100 cm? Wasser nebst 25 cm? eines 5prozentigen Stärkekleisters in einem Kolben unter Watteverschluß dieselbe Zeit hindurch aufgestellt worden. I. In 10'0681 y Gummi, entsprechend 100 cm? der Lösung, ursprünglich vorhanden: 009867 y Traubenzucker — 0'1924 y Cu—= 098 PI,. 17* — 260 — Nach viertägigem Stehen mit Stärkekleister: 0'1005 y Traubenzucker, entsprechend 0:1960 y Cu. Die nicht steril gehaltene Probe ergab: 0'1896 y Trauben- zucker, entsprechend 0°3593 y Cu. Die Blaufärbung mit Jodsolution trat nicht ein, die Stärkekleisterprobe ohne Gummi gab sofortige Bläuung. . In 98666 4 Gummi, entsprechend 100 cm? einer Lösung von 147999 g Gummi in 150 cm? FH,0 sind ursprünglich vor- handen: 00957 Traubenzucker —0'1879 y Cu = 0:97%],. Nach viertägigem Stehen mit Stärkekleister: 0'0976 g Traubenzucker, entsprechend 0'1905 y Cu. Die nicht steril gehaltene Probe ergab: 022464 Trauben- zucker, entsprechend 0'4203 y Cu. Sonst alles wie bei I. II. In 99436 y Gummi, entsprechend 100 cm® einer Lösung von 149154 y Gummi in 150 cm? H,O sind ursprünglich vor- handen: 0'1094 y Traubenzucker — 02128 9 Cu — 1'1°),. Nach viertägigem Stehen mit Stärkekleister: O'1111g Traubenzucker, entsprechend 0'2161 9 Cu. Die nicht steril gehaltene Probe ergab: 0:2299 g Trauben- zucker, entsprechend 0'4292 g Cu. Sonst alles wie vorher. Aus diesen Versuchen darf wohl geschlossen werden, daß durch das Ferment kein Zucker gebildet wird, denn die geringen Differenzen zwischen Gummizucker und Reaktionszucker können wohl auf die unvermeidlichen Fehlerquellen, ferner auf den Umstand bezogen werden, daß ja auch Dextrine, wenn auch in vielschwächerem Maße und bei richtiger Kochdauer ohne wesentlichen Einfluß auf das Resultat, Fehlingsche Lösung reduzieren. Noch durch eine andere Versuchsreihe aber konnte ich das genannte Resultat befestigen. Es gelingt nämlich auf folgende Weise ein zuckerfreies Gummipräparat ohne Schädigung des Fer- ments zu erhalten: wenn man eine etwa 1l5prozentige Gummi- lösung mit 52prozentigem Alkohol fällt, so wird der Gummi niedergeschlagen, während der Zucker in Lösung bleibt. Freilich muß diese Fällung einigemale wiederholt werden, bis das gewünschte Resultat eintritt und in einigen Fällen trat mit diesem Gummi die Stärkeverarbeitung nicht mehr in der entsprechenden Weise ein, wahrscheinlich weil auch etwas von dem Ferment dabei mit in Lösung bleibt. — ni —- 261 — Das Hauptgewicht muß auf ein rasches Absaugen und Trocknen des gefällten Gummis bei möglichst niedriger Temperatur gelegt werden. Mit einem gelungenen derartigen Präparat konnte ich nach- weisen, daß weder vor der Behandlung mit Stärkekleister noch nachher unter sterilen Bedingungen Zuckerbildung eintrat. Die Arbeitsweise war mit diesem Gummi natürlich genau dieselbe wie früher. Nur in einem Falle war nach längerem Stehen der redu- zierten Probe ein rötlicher Niederschlag in Spuren zu sehen, wobei aber offenbar ein Versuchsfehler bei Herstellung des Präparats sich eingeschlichen hatte. Ich möchte noch erwähnen, daß ich auch versucht habe, den Zucker mittels Phenylhydrazinchlorhydrat-Natrium- azetat vom Zucker zu befreien, jedoch mit unbefriedigendem Er- gebnis bezüglich der Wirksamkeit des Ferments. Isolierungsversuche des Gummiferments blieben bisher ziemlich erfolglos. Mit den gewöhnlichen Enzymfällungsmitteln Alkohol, Magnesiasulfat, Ammoniumsulfat usw. wurde entweder der ganze Gummi mitgefällt oder es erfolgte überhaupt keine Fällung. Einen gewissen Erfolg ergab folgendes Verfahren: Akaziengummi wurde in wässerigem Glyzerin auf mäßig warmem Wasserbad mehrere Stunden hindurch digeriert und hierauf unter fortwährendem Rühren des Gummis mit 52prozentigem Alkohol ausgefäll. In diesen Glyzerinextrakt wurden unter denselben Modalitäten wiederholt neue Gummimengen (der Gummi wurde in allen Versuchen wie auch früher fein pulverisiert verwendet) eingetragen und wieder entfernt. Dieser Glyzerinextrakt gab, wenigstens in einigen Fällen, die Reaktion auf Guajak ziemlich intensiv und verarbeitete auch Stärkekleister in kürzerer Zeit als Gummi selbst, während der aus- gefällte Gummi diese Reaktionen verzögert oder sehr geschwächt zeigte. Es scheint also das Ferment, wie dies schon Cunning für Fermente angibt, in den Gilyzerinextrakt gegangen zu sein, ich möchte das aber nicht als zweifellos hinstellen, da ja immerhin Gummiteilchen mit in das Glyzerin übergegangen sein und dort die Reaktion bewirkt haben können. Bezüglich der Resistenz des Fer- ments sei noch erwähnt, daß Gummi im trockenen Zustande auf 150° durch vier Stunden erhitzt, das Enzym noch im wirksamen Zustande enthält und daß erst Erhitzen auf 200° durch sechs Stunden seine Wirksamkeit vernichtet. Viel empfindlicher ist das gelöste Ferment, aber auch da genügt bisweilen halbstündiges Kochen über dem Drahtnetz noch nicht, um das Ferment zu zerstören. Es hängt das, wie ich beobachten konnte, sehr von der Konzentration der — 262 — Lösung und der Provenienz des Gummis ab. Wenn Gummi in lufttrockenem Zustande etwa eine Stunde auf 150° erhitzt und dann in den gewöhnlichen Verhältnissen mit Stärkekleister zusammen- gebracht wird, so zeigt es sich bisweilen, daß bei Anstellung der Jodprobe nicht die Färbung, wie bei der Bildung von Achroodextrin, ausbleibt, sondern daß Erythrodextrinrot sich einstellt, welches manchmal nach einiger Zeit wieder verschwindet. Wenn man Gummi längere Zeit unter Rückfluß mit Äther extrahiert, dann fil- triert, den Äther verdampft und nun den extrahierten Gummi sowohl als auch den mit Wasser aufgenommenen Ätherextrakt (besser ist es, den Ätherextrakt in Alkohol zu lösen, diesen abzu- dampfen und nun erst den Rückstand mit Wasser aufzunehmen) bezüglich seines Verhaltens gegenüber Stärke prüft, so findet man, daß beide die Erythrodextrinreaktion geben. Es macht den Ein- druck, als wären im »Gummiferment« zwei Enzyme enthalten, welche für sich einen noch beschränkteren Wirkungskreis haben als den Abbau der Stärke zu Achroodextrin, indem das eine, welches scheinbar widerstandsfähiger ist, nur bis zum Erythrodextrin, das andere von da zum Achroodextrin abbaut!). Wie dem auch sei, es ist sichergestellt, daß wir es in der Wir- kung des Wiesnerschen Gummiferments mit einer amylolytisch wirkenden Enzymreaktion zu tun haben, durch die wohl Stärke ab- gebaut, nicht aber Zucker daraus gebildet wird. Diese Ferment- reaktion zuerst erkannt und ihre Wirkung in völlig richtiger Weise erschlossen zu haben, ist trotz aller gegenteiligen Behauptungen eines der vielen Verdienste Wiesners um die Pflanzenphysiologie. !) Bisweilen bleibt nach Erhitzen des Gummi auf 150° die Stärkereaktion aus, während die Guajakprobe noch positiv ausfällt. Beeinflussung der Samenkeimung durch das Licht von E. Heinricher (Innsbruck). Eingelangt am 24. September 1907. In einer vorläufigen Mitteilung !) habe ich bekanntgegeben, daß die Samen von Veronica peregrina eine sehr auffällige Beschleunigung der Keimung bei Lichtgenuß zeigen und habe speziell hervor- gehoben, daß diese Lichtwirkung mit chemischen Umlagerungen bei der Reaktivierung der Reservestoffe im Zusammenhang stehen müsse, gewiß aber nicht die Folge der durch das Licht ermöglichten Assimilation sei. Meine ausgedehnten Versuchsreihen mit den Samen von Veronica peregrina, die mehrere Jahre umfassen, gelangten nicht zur Veröffentlichung und das ziemlich weit vorgeschrittene Manu- skript mit den tabellarischen Belegen liegt seit 1903 unvollendet. Die damals angetretene Studienreise nach Java hat das verschuldet und auch seit meiner Rückkehr fand ich nicht Muße, die umfang- reiche Arbeit wieder aufzunehmen. In einer anderen kleinen Abhandlung?) brachte ich weitere Beispiele stärkerer Beeinflussung der Samenkeimung durch das Licht, und zwar Fälle, die sich den schon bekannten und Veronica peregrin« im Verhalten anschlossen, d. h. nur eine Beschleunigung der Keimung durch das Licht betreffen, anderseits aber auch solche, wo, wenigstens unter sonst gewöhnlichen Verhältnissen, das Licht zum Vorsichgehen der Keimung unentbehrlich ist — im Dunkeln Keimung !) Ein Fall beschleunigender Wirkung des Lichtes auf die Samenkeimung. (Vorläufige Mitteilung), Berichte der D. botan. Ges., Bd. XVII, 1899 pag. 308—311. ?) Notwendigkeit des Lichtes und befördernde Wirkung desselben bei der Samenkeimung. (Beihefte zum Botanischen Zentralblatt, Bd. XIII, H. 2, pag. 164 bis 172; 1902.) — 264 — überhaupt nicht erfolgt (Pitcairnia maidifolia, Drosera capensis). Endlich glaubte ich in der Bromeliacee: Acanthostachys strobilacea eine Pflanze gefunden zu haben, bei der umgekehrt das Licht einen schädigenden, die Dunkelheit einen fördernden Einfluß auf die Keimung ausübt. Allerdings erwähnte ich diesen Fall mit sehr viel Rückhalt und verwies darauf, daß sich »eine weitere Prüfung desselben empfehlen dürfte«. In den nachfolgenden Zeilen sollen alle diese drei Kategorien der Beziehung des Lichtes zur Samenkeimung zur Sprache kommen. Beschleunigende Wirkung des Lichtes auf die Keimung. Im Frühlinge 1903 verschaffte ich mir die Samen einiger Saracenia- Arten (5. variolaris, 5. purpurea, 8. flava) sowie die von Darlingtonia californica. Die Samen der erstgenannten beiden Saracenien konnten über- haupt nicht zur Keimung gebracht werden, wohl aber diejenigen von S. flava und Darlingtonia. Die zur Verfügung stehenden Samenmengen waren zwar geringe, doch war das Resultat immerhin so klar, daß dieser Umstand nicht zu sehr ins Gewicht fällt. Die nachfolgende kleine Tabelle gibt über den Versuch Auf- schluß. Die Aussaat erfolgte am 2. März 1903, und zwar einerseits auf frisches Sphagnum (Sph. in der Tabelle), anderseits auf Torf- mull (TM). Die Kulturen standen in der warmen Kiste des botanischen Gartens, die Verdunkelung der »Dunkelkulturen« erfolgte durch innen und außen geschwärzte, übergestülpte Blumentöpfe. Darlingtonia californica licht dunkel licht dunkel | f N 7 1 Saracenia flava | | | Sph.|TM. Sph. TM.\Sph. TM. Sph.TM. Zahl der ausgelegten Samen . . . | 10 Be | 9 1315 | 11 | 14 | 16 | | Zahl der gekeimten Samen 1 ann s 10 1..0,1,.121,7,|,,0 | 50 | 0 102. Mail 38 | 10 | 'o) 3] 7| o oem Die beschleunigende und begünstigende Wirkung des Lichtes auf die Keimung tritt klar zutage. Am 15. April!) waren von !) Die Keimung am Lichte war jedenfalls schon früher eingetreten; die Vorbereitungen für die Javareise ließen mich zu einem genaueren Verfolgen der Kulturen nicht kommen. — 205 — Saracenia flava am Lichte von 22 Samen 18 gekeimt, während im Dunkeln von 20 Samen erst 1 Keimling vorhanden war. Die Zahl der Keimlinge am Lichte nahm weiterhin nicht mehr zu, während die der Dunkelkultur bis zum 22. Mai auf drei anwuchs'). Von Darlingtonia californica waren von 27 Samen der Licht- kultur bis zum 15. April 7 Samen gekeimt, während von den 31 Samen der Dunkelkultur kein Keimling erzielt wurde. Ja, in der Dunkelkultur erfolgte, wie nach meiner Abreise nach Java der Universitätsgärtner feststellte, bis 11. Oktober 1903 keine Keimung. An diesem Tage setzte der Gärtner die bisher verdunkelten Kulturen dem Lichte aus und stellte dann fest, daß in Kürze, nämlich am 17. Oktober, Keimlinge in den früher verdunkelten Kulturen auftraten. Bei Darlingtonia californica war im Dunkeln während sieben Monaten überhaupt keine Keimung erfolgt. Es ist daher möglich, daß die Samen dieser Pflanze nicht wie die von Saracenia flava in die Kategorie jener gehören, die durch das Licht nur eine Be- schleunigung in der Keimung erfahren, sondern daß sie der Gruppe jener Samen sich anschließen, die ohne Licht unter gewöhnlichen Bedin- gungen überhaupt nicht zu keimen vermögen. Doch scheint mir der einzelne und mit einer relativ beschränkten Samenzahl ausgeführte Versuch nicht geeignet, dieser Annahme schon volle Sicherheit zu verleihen. Versuche mit Veronica peregrina. Abhängigkeit der Resul- tate vom Alter der Samen. Meine vielen Versuchsreihen mit den Samen von Veronica peregrinaeinerseits,mit denen von Poanemoralis anderseits, zeigten weit- gehende Schwankungen in der retardierenden Wirkung der Dunkel- heit auf den Keimungsbeginn und auf das Keimprozent. In ersterer Beziehung betrug die Verzögerung des Eintritts der ersten Keimung in der Dunkelkultur gegenüber der Lichtkultur im Minimum einen Tag, im Maximum acht Tage. Ähnliche Schwankungen ergaben die Bestimmungen der Keimprozente, von denen ich hier nur andeutend hervorheben will, daß die Keimprozente in den Dunkelkulturen meist ganz erheblich höher befunden wurden, als die Angaben früherer Autoren besagten. Keimprozent im Dunkeln 0 oder 1 oder 3 und ähnliche Werte, welche für Gräser, wie Poa-Arten wiederholt ') Noch sei erwähnt, daß die Samen von Saracenia flava gar nicht besonders klein sind; dies mit Rücksicht darauf, daß man befördernde Wirkung des Lichtes besonders Pflanzen mit sehr kleinen Samen zuschrieb, — 206 — zu finden sind, sind nur auf die zu kurze, den Dunkelkulturen zugewendete Beobachtungszeit zurückzuführen. Die mangelnde Übereinstimmung der Resultate führte ich wesentlich auf das ungleiche Alter des verwendeten Saatgutes zurück und erkannte die Notwendigkeit, das Alter jedes Saatgutes genau zu kennen. So entschloß ich mich, mit bestem, frisch geernteten Samenmaterial von Veronica peregrina neue Versuchsreihen zu be- einnen, den Einfluß des Alters, der Aufbewahrungsweise des Samen- materials, ob am Lichte oder im Dunkeln eingelagert, zu verfolgen. Auf den Einfluß, den das Alter der Samen ausübt, hat meines Wissens zuerst Jönsson!) hingewiesen. Er betonte, daß nicht nur Wärme, Feuchtigkeit und atmosphärische Luft bei der Keimung eine bedeutende Rolle spielen, sondern auch die verschiedene Reife der Samen, die Jahreszeit?), in der die Versuche angestellt werden usw. In jüngster Zeit hat Laage den wesentlichen Einfluß nach- gewiesen, den das Alter des betreffenden Sporenmaterials auf die Keimung nicht nur der Osmunda-Sporen, sondern auch sämtlicher anderen Farnsporenarten im Dunkeln ausübt°). Die mit dem erwähnten Saatgut der Veronica peregrina ge- wonnenen Ergebnisse führten zur Aufdeckung einer interessanten Tatsache, daher ich drei dieser Versuchsreihen schon hier be- sprechen will. !) Lunds Univ. Arsskr., T. XXIX, 4°, pag. 47; Lund 1893. Leider konnte ich nur das ausführliche Referat im Justschen Jahresb., Jahrgang 1893, 1. Bd,, pag. 28 u. ff,, benützen. Ich übersah diese Arbeit und kannte sie nicht, als ich meine vorläufige Mitteilung schrieb. Kollege Jönsson war so freundlich, mich auf dieselbe aufmerksam zu machen. Sie enthält eine Reihe vortrefflicher Beob- achtungen. ?) In den Fällen, die Jönsson behandelt, scheint mir aber das, was er unter den Einfluß der Jahreszeit zusammenfaßt, eigentlich auf Rechnung des Alters der Samen zu fallen. Für die vom Lichte bei der Keimung geförderten Samen kenne ich, wenn etwaiger Einfluß der Temperatur beseitigt wird, keine weitere Wirkung der Jahreszeit (zu der die Aussaat stattfindet) auf den Keim- erfolg. Vorgetäuscht wird eine solche allerdings, doch liegt das geänderte Aiter der Samen als Ursache vor! Rätselhaft und noch nicht durch andersartige Einwirkung bezwungen ist der Einfluß der Jahreszeit auf die Keimung der Samen einiger Rhinanthaceen (vgl. meine Studien über »Die grünen Halbschmarotzer« in den Jahrbüchern für wiss. Botanik), wie Euphrasia, Alectorolophus, bei denen die Keimung im Spätsommer oder Herbst nicht erzielbar ist. ®) Bedingungen der Keimung von Farn- und Moossporen. Beiheite zum Botan. Zentralblatt. Bd. XXI, H. 1, pag. 76-115. — ,267 — Dieses Samenmaterial von Veronica peregrina wurde am 27. Juni 1901 frisch geerntet. Mit je 120 Samen, in Töpfchen auf sterilisierten Flußsand ausgesät, wurde sofort eine vergleichende Kultur am Lichte wie im Dunkeln begonnen, worüber die erste der folgenden Tabellen berichtet. Das übrige, in großer Menge ge- wonnene Saatgut wurde durch einige Stunden an der Sonne getrocknet (um eine spätere Verpilzung möglichst hintanzuhalten), dann in zwei Partien geteilt. Die eine Hälfte wurde in einem Stoffhälter am Südfenster aufgestellt, wo sie häufig dem intensivsten Sonnenlichte ausgesetzt war, die andere, gleichfalls in einem Stoff- hälter aufgesammelte, wurde in eine Pappschachtel gesteckt und weiters in einem Schranke, also ohne Lichtzutritt, aufbewahrt. Es sollte bei den künftigen Versuchen auch die Frage Beachtung finden, ob für die Keimung die Art der Aufbewahrung der Samen, im Lichte oder im Dunkeln, von Einfluß sei. Diese Frage, beschränkt auf den Einfluß, welchen die Sonnenstrahlen auf die Keimungs- fähigkeit trockener Samen ausüben, ist von Tine Tames!) kurz vorher behandelt worden. Auf Grund ihrer Ergebnisse kam die Genannte zu dem Schlusse: »daß die Sonnenstrahlen weder be- günstigend noch schädlich auf die Keimungsfähigkeit von trockenen Samen wirken, welche denselben längere Zeit ausgesetzt werden«. Der in der beiliegenden Tabelle gegebene Verlauf der Kulturen mit dem frisch geernteten Saatgut ergab die Bestätigung einer schon früher von mir gewonnenen Erfahrung, nämlich, daß Samen frischer Ernte von Veronica peregrina, auch amLichte, erst machseiver längeren, bis zweimonatlichen Ruheperi ode keimen. Bei den mit abgelagerten Samen ausgeführten früheren Versuchsreihen stellte sich die Keimung am Lichte am dritten bis achten Tage nach der Aussaat ein. Der Versuch lehrte ferner, daß das am 27. Juni gewonnene Saatgut als solches bester Qualität bezeichnet werden konnte. Das Keimprozent stellt sich im Mittel auf 95. Sen war das Ergebnis, daß bei Verwendung solch frisch geernteten Saatgutes die Zahl der Keim- linge in der Dunkelkulturnichthinter jener derKeim- linge in der Lichtkultur zurücksteht. Die Anzahl der Keimlinge war in der Dunkelkultur sogar etwas höher (116:113). ) »Über den Einfluß der Sonnenstrahlen auf die Keimungsfähigkeit von Samen.« Landwirtschaftl. Jahrbücher, Bd. XXIX, 1900, pag. 467--482. ln Eine Retardierung in der Keimung im Dunkeln war auch hier be- merkbar; die Pause zwischen dem Erscheinen der ersten Keimlinge in der Lichtkultur einerseits, in der Dunkelkultur anderseits, betrug mindestens drei, wahrscheinlich aber fünf Tage !). Tabelle I. Samen frischer Ernte (27. Juni 1901) von Veronica peregrina werden am gleichen Tage (27. Juni) auf sterilisierten Flußsand, je 120 Stück pro Topf, angebaut. Kultur im Lichte. | Kultur im Dunkeln.) Ten. Datum Zahl Zahl N || peratur der Keimlinge der Keimlinge | | | 26. August 0 0 | 22-4 Di an 69 0 |: 20:2 EL IETIRERRE 87 | 0 20:0 1. September 91 | 0 | :.d9:0 2 b 93 | 16 20:2 3: ei | 93 | 33 I 180 4. i 93 | 35 \ı 184 5 E 94 | 38 178 6 e 97 | 57 |:.,174 a: | 103 | 72 180 9. h | 106 106 | 204 10. ; | 108 | 108 | Sa | it $ 110 | 108 1.192 | 12. : | 111 | 108 190 14. r 113 | 110 | 190 16. b 113 | 112 ; 18. i | 17:0 | 20. L | 18:6 | 23. i | 115 | ai2f8:69888) | Dan fh | | 116 | 196 | | 30, rn | : RG 1. Oktober | Kulturen kassiert. | Mit den am 27. Juni 1901 geernteten, sofort getrock- neten Samen wurden nun weitere Versuchsreihen durchgeführt, von denen ich zwei in den folgenden Tabellen vorführe, die erste in ausgedehnter, die zweite in gekürzter Form. 1) Die Keimung dürfte in der Lichtkultur schon am 27. August einge- treten sein. Am 27. und 28. August war eine Revision leider unterblieben. 269 Tabelle Il. Veronica peregrina; Samen, geerntet am 27. Juni 1901, angebaut am 10. September 1901. Vier Töpfe, gefüllt mit es Flußsand, belegt mit je 120 Samen. Kulturen am Lichte | - Kulturen im Dunkeln Datum RG | B. | Ar | B. sur | F 5 } : peratur Samena. Lichte Samen i. Dunk.|Samen a. Lichte! Samen i. Dunk. |) aufbewahrt aufbewahrt aufbewahrt aufbewahrt 18. Sept. 1 170 19: , 4 2) 170 20 7 6 18°6 lege 17 20 190 DD =: 23 29 1 19:0 DIE; 25 38 1 18:6 DA 31 44 1 20:0 a, 34 49') 1 19-6 PIE ER 39 53 2 20:0 DS 41 59 2 19:6 DSw 44 66 2 20:8 Bus; 46 66 2 20:0 SD. mn 50 71 > 20:0 1. Okt. 52°) 76 Auen 20-0 DE | 58 s1 4 20°5 IE. 58 81 4 20:0 rer 61 87 4 20°4 Se 64 89 4 20°4 Hape. 74 97 4 | 170 Sbrie 78 99 | 4 174 107 «; 83 | 4 13-8 12. „ 95 101 | 5 13-8 147 °7; 100 103 6 150 dx; 102 103 13 1 160 O4 102 104 | 40 26 14:6 Om. 102 104 | 91 85 16:0 20. , 102 105 107 97 14:4 22: 102 105 107 99 166 DI > 102 105 | 108 99 16:6 Dil 102 105 | 109 99 168 3le= 103 105 109 99 12. Nov 103°) 105°) 109%) 99:) 19:5 109 100 2 112 100 !) Die höhere Keimungszahl hier scheint dadurch bewirkt, daß der Topf der Kultur B besser Wasser aufsaugt als jener in A. ?) Wegen bemerkbar schlechten Saugens des Topfes der Kultur A wird von nun ab oberflächlich auf die Sandschichte vorsichtig Wasser aufgetragen. ») Die beiden Lichtkulturen werden an diesem Tage kassiert. ») Die beiden Dunkelkulturen werden am 12. November ans Licht gesetzt und am 22. November vom Fenster weg in die Nähe des Ofens gebracht. — 270 — Die beiden Versuchsreihen wurden am 10. und 12. Septem- ber 1901 angesetzt, also als die Samen ungefähr 2!/, Monate alt waren. Bei der ersten Versuchsreihe verwendete ich sowohl im Lichte als im Dunkeln aufbewahrte Samen. Im Lichte setzte die Keimung nun schon am achten und neunten Tage nach der Aussaat ein, in der einen Dunkelkultur (mit den dunkel aufbewahrten Samen, Rubrik B) erst nach 35 Tagen. Hier kommt ein Retardierungsintervall in der Keimung von 25 Tagen zum Vorschein mue es frühere Versuche nie aufzuweisen hatten?) Auch in der zweiten Dunkelkultur (mit im Lichte aufbewahrten Samen, Rubrik A) setzt die Keimung energischer ebenfalls erst so verspätet ein; die einzelnen früheren Keimungen sind sehr wahr- scheinlich auf die Aufbewahrung dieser Samen am Lichte zurück- zuführen. Daß nur einzelne Samen in der Keimung hier vorauseilen, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Samen im Stoffhälter in dicker Schichte, über 1 cm mächtig, gehäuft lagen und daher sehr ungleichmäßig vom Lichte getroffen wurden. Um die Frage des Einflusses der Aufbewahrung des Samens am Lichte oder im Dunkeln auf die Keimung zu entscheiden, die aus diesen Versuchen keine klare Antwort findet, wird es notwendig sein, neue Versuche mit in dünner Schichte dem Lichte ausgesetzten Samenmengen vorzu- nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, daß die in der Dunkelkultur A vereinzelten, verfrühten Keimungen mit der Aufbewahrung der Samen am Lichte zusammenhängen, wird durch die folgende Versuchsreihe (Tabelle II) gehoben, wo nur im Dunkeln aufbewahrte Samen zum Versuche herangezogen wurden und bei der die Verzöge- !) Auf ein gleiches Verhalten weist vielleicht die folgende Angabe von W. Kinzel: »Über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung«, Ber. d. Deutsch. botan. Ges., 1907, pag. 272, hin: »Soviel aber geht daraus unzweifelhaft hervor, daß frische Poa-Samen, die am Lichte bei genau 20° schon in zehn Tagen zu 95°/, keimen, im Dunkeln unter vollkommen gleichen Bedingungen (auf sterilem Filterblock in Petrischale) bei 20°, ebenso wie Apium zu 0°/, keimen.« Ver- mutlich tritt Keimen im Dunkeln auch hier mit ähnlicher, bedeutender Retar- dierung, wie bei Veronica peregrina ein. Auch die Tabelle, die Jönsson von Poa pratensis gibt, um den Einfluß der Jahreszeit auf die Keimung darzutun, beginnt mit der Angabe: Aussaat 7. Oktober 1891, im Lichte 88°/,, im Dunkeln 1°/, Keimungen. In beiden Fällen (Kinzel und Jönsson) sind die Dunkelkulturen nur zu kurze Zeit beobachtet worden. — 271 — rung in der Keimung der Samen beider Dunkelkulturen eine gleich- mäßige ist!). Die näheren Aufschlüsse gibt die in gekürzter Form gegebene nachfolgende Tabelle. Tabelle. Ill. Veronica peregrina,; Samen, geerntet am 27. Juni 1901, angebaut am 12. September 1901; nur solche, die nach der Ernte im Dunkeln aufbewahrt worden waren. Drei Kulturen, jede beschickt mit 120 Samen. Auf Asbest Auf Filterpapier Datum Am Lichte | Im Dunkeln an peratur A. B. | (& 23. Sept. 2 | | na 3. Okt. 32 | 20:0 | A, 82 1 | 15:0 NE 98 4 | 1 16.0 Be, 100 20 | 16 146 12. Nov. 100°) 104°) | 92°) 11:6 19: 5 10€ 107 129 22, 106°) 109*) 6. Dez. | 106 110 15-4 Die Frage nach der Einwirkung des Substrats auf die Kei- mung, die, wie in anderen Versuchsreihen auch in dieser mitge- prüft wurde, ergab, wie nebenbei hier bemerkt sei, im allgemeinen ein negatives Resultat’). Auf sterilisiertem Asbest und ebensolchem Filterpapier verlief die Keimung wesentlich gleich. Natürlich gilt dieser Ausspruch nur so lange, als von der Beigabe gewisser Reiz- 1) Auch ist darauf hinzuweisen, daß, wie Jönsson in einer Versuchs- reihe, in der Kulturen nur eine halbe Stunde täglich oder eine Stunde, und ferner zwei Stunden pro Tag dem Lichte ausgesetzt wurden, zeigte, daß schon kurze Belichtung weitgehenden Einfluß auf die Beschleunigung der Keimung ausübt; ebenso darauf, daß ich (in der ersten der zitierten Mitteilungen) fest- stellte, daß schon geringe Lichtintensitäten einen merkbaren Einfluß im gleichen Sinne erkennen lassen. ®) Diese Kultur wurde kassiert. >) Die beiden Kulturen werden an das Licht gestellt. 4) Die beiden Kulturen vom Fenster in die Nähe des Ofens gebracht. 5) Ich hatte ein solches für die Dunkelkulturen in meiner vorläufigen Mitteilung über Veronica peregrina auf Grund der Ergebnisse eines Versuches angenommen. (Vgl. a. a. O. pag. 310, Punkt 4.) — 272 — stoffe abgesehen wird, wie z.B. Laage in ihrer Wirkung auf die Farnsporen kennen gelehrt hat und wie solche die nachfolgend zitierte Arbeit A. Fischers nachweist. Die Einwirkung dieser auf die Keimung der Samen von Veronica peregrina und ähnlich sich verhaltender anderer bleibt gesondert zu prüfen. Die erste Keimung in der Lichtkultur erfolgte am 11. Tage, in den Dunkelkulturen am 32. und am 33. Tage; die Retardierung des Keimungsbeginnes war also in den Dunkelkulturen hier nahezu gleichmäßig, für die eine 21, die andere 22 Tage. Der Keimungs- beginn ist somit bei den 2!/, Monate seit der Ernte lagernden Samen auch im Dunkeln schon ungefähr um die Hälfte früher ein- getreten als bei der Aussaat ganz frisch geernteter Samen, aber der Aussaat am Lichte gegenüber ist das Verhalten so, als-ob die Samen-ihre nötige Ruheperiodemoct nicht vollends durchlaufen hätten. Offenbar befördert das Licht die chemischen Umsetzungen in den Reservestoffen, die sich im Dunkeln wohl auch, aber viel langsamer abspielen. Je jünger das nach der Ernte gleich getrocknete und dunkel aufbewahrte Saatgut,um so weniger sind dieseUmsetzungen bereits erfolgt, um so stärker äußert sich daher der retardierende Einfluß der Dunkelheit auf den Keimungsbeginn. So resultieren bei jungem Saatgut in den Dunkelkulturen Retardierungen im Keimbeginn von 21—25 Tagen gegenüber Lichtkulturen, während bei älterem Saatgut diese Retardierungen im allgemeinen einen beträchtlich geringeren Wert, Retardierungen von 3—8 Tagen er- reichen. Ganz verschwindet der beschleunigende Einfluß des Lichtes auf die Keimung nie. Insbesondere ist es eine aus vielen Versuchsreihen gewonnene Erfahrung, daß, wenn in der Dunkel- kultur Stillstand im Keimen eingetreten ist, dadurch, daß diese Kulturen ans Licht gebracht werden, nun noch eine Nachkeimung einzelner Samen erfolgt. Auch die in der letzten Tabelle vorge- führten Kulturen wurden am 22. November ans Licht ge- bracht. Kultur B hatte bishin 104, Kultur C 92 Keimlinge im Dunkeln ergeben. Das ans Lichtbringen der Kulturen erhöhte die Zahl der Keimlinge in B auf 106 (um 2), in C auf 110 (um 18). Offenbar enthalten einzelne Samen oder bilden jene Substanz (vermutlich handelt es sich um ein Enzym), welche die Reaktivierung der Reservestofie veranlaßt, im Dunkeln in zu geringer Menge, während das Licht noch eine genügende Energie entfaltet, diese Umsetzungen in der nötigen Weise zu vollführen. 9 Ich betonte oben, daß die starke Retardierung bei der Keimung im Dunkeln nur dann hervortritt, wenn die frisch geernteten Samen sofort getrocknet werden. Auf diesen Einfluß weist der Unterschied der Ergebnisse unserer Tabelle I gegenüber jenen in den Tabellen II und III hin. Nur in den letzteren finden wir die starke Retardierung bei der Dunkelkeimung, während sie bei der ersten Versuchsreihe das gewöhnliche Maß nicht überschreitet. In dieser sind die frisch geernteten Samen sofort ausgesät worden. Die Keimung erfolgt nach dem Verstreichen der notwendigen Ruheperiode, nur mit geringer Verzögerung (3—5 Tage) auch im Dunkeln. Hier haben sich die Umsetzungen der Reservestoffe im Dunkeln weitgehend vollzogen, während bei den folgenden Versuchen (gleich nach der Keimung trocken gelegte Samen) diese Umsetzungen nicht so weit gediehen sind. Daraus sieht man, daß bei genügender Feuchtigkeit die Pro- zesse zur Reaktivierung der Reservestoffe weitgehend auch im Dunkeln erfolgen. Bei trocken aufbewahrten, frischen, dann nach 2--3 Monaten ausgesäten Samen erzielt das Licht diese Umsetzung sehr rasch, im Dunkeln spielen sich aber die Prozesse langsam ab — woraus die beträchtliche Retardierung im Keimen resultiert. Auch das schnellere oder langsamere Trocknen des Saatgutes, ferner ob dieses am Lichte oder im Dunkeln erfolgt, die größere oder geringere Luftfeuchtigkeit am Aufbewahrungsorte, werden auf den Ausfall der Keimungsresultate von Einfluß sein. Im ganzen geht aus diesen Versuchen hervor, daß die Ergeb- nisse bei der Keimung lichtempfindlicher Samen (gemeint ist hier die Kategorie jener, die durch das Licht eine Förderung in der Keimung erfahren) vom Alter des Saatgutes, von der Schnelligkeit des Trocknens nach der Ernte, davon, ob dieses am Lichte oder im Dunkeln erfolgt, ferner wahrscheinlich von der Art der Auf- bewahrung, ob im Lichte oder im Dunkeln, im ersteren Fall ob locker gelagert oder in mächtigeren Schichten, endlich von der Luftfeuchtigkeit des Aufbewahrungsortes abhängen. werden. Es zeigt sich, wie kompliziert die Verhältnisse liegen und wie vergleich- bare Resultate nur unter genauer Berücksichtigung aller dieser Faktoren erzielbar sein werden. Samen, die nur im Lichte keimen. Wie schon vorausgehend erwähnt, habe ich solche Samen in jenen der Bromeliacee Pitcairnia maidifolia und in Drosera sapensis kennen gelernt und darüber in der zweiten, eingangs er- Wiesner-Festschrift 18 — 274 — wähnten Mitteilung berichtet. Dabei muß betont werden, daß dieser Satz nur Gültigkeit hat, solange gewöhnliche Keimungsbedingungen vorliegen. Ob einen Ersatz für die Wirkungen des Lichtes gewisse Reizstoffe zu bieten vermögen, bleibt fernerhin zu untersuchen !). Ich gab in der erwähnten Mitteilung dem Gedanken Ausdruck, daß sich Samen, deren Keimung vom Lichte beeinflußt wird, wahr- scheinlich bei Pflanzen, die an hohe Lichtintensitäten angepaßt sind, in zahlreicheren Fällen nachweisen lassen dürften und daß des- halb auch unter den Epiphyten solche zu suchen wären. Auf meiner Studienreise nach Java beabsichtigte ich der Sache näher zu treten, mußte aber dann erfahren, daß die Beschaffung des nötigen Samenmaterials von Epiphyten seine Schwierigkeiten hat; vor allem genügt aber auch ein dreimonat- licher Aufenthalt nicht, um solche Fragen zu erledigen. Mit den Samen zweier Epiphyten konnte ich aber die Versuche vornehmen. Der eine war die Myrmecodia echinata. Über das Verhalten der Keimlinge dürfte ich an anderer Stelle eine Notiz veröffentlichen; hier genügt die Angabe, daß die Samen der genannten Ameisen- pflanze sowohl am Lichte als im Dunkeln sehr rasch keimen. Der andere Epiphyt war das schöne Rhododendron javanicum, das in der höheren Bergregion Javas, so am Pangerango und Gedeh, nach dem Zurücktreten des Baumwuchses, auch als Bodenpflanze vorkommt. Im Berggarten zu Tjibodas fanden sich als Bodensträucher kultivierte Exemplare, die zu Zeiten meiner Anwesenheit dort aller- dings keinen Samen trugen. Ich erhielt aber durch gefällige Ver- mittlung Professor Treubs, dem an dieser Stelle noch bestens gedankt sei, solchen in ausgezeichneter Beschaffenheit am 25.April 1904 nach Innsbruck zugesandt und wurden am gleichen Tage zahlreiche Samen in 4 Töpfen, gefüllt mit sterilisierter Moorerde, angebaut. Zwei der Töpfe wurden in der Warmkiste aufgestellt, zwei im Warmkasten der Warmkiste; überall blieb einer der beiden Töpfe dem Lichte ausgesetzt, der zweite wurde sorgfältig verdunkelt. Am 19. Mai waren in beiden Lichtkulturen zahlreiche Keimlinge auf- gegangen, in den Dunkelkulturen hingegen keiner. Auch bis 18. juni war in den Dunkelkulturen keine Keimung erfolgt. An diesem Tage wurden sie dann dem Lichte ausgesetzt, worauf ') Ich verweise hier auf die interessante Mitteilung von Alfred Fischer: »Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize« (Ber. der D. bot. Ges., 1907, pag. 108) und die schon früher angezogene Arbeit von Laage. rg = zwischen dem 5. Juli und 10. Juli auch in diesen Kulturen schon Keimlinge sich vorfanden, Die Samen des Rhododendron javanicum haben die so häufigen Kennzeichen der Samen epiphytischer Pflanzen: große Leichtigkeit, die durch den Besitz eines Luftsackes gefördert wird. In wenig variierter Weise sind sie vielen Epiphyten eigen. Die Rhododendron javanicum-Samen gleichen in den Hauptzügen jenen von Pitcairnia maidi- difolia, oder denen von Nepenthes, von welch letzteren Göbel in seinen pflanzenbiologischen Schilderungen, Bd. Il, pag. 98, eine Abbildung gegeben hat. Das Ergebnis des Versuches mit Rhododendron javanicum legte nahe, auch seine europäischen Verwandten in bezug auf die Samen- keimung und ihre Abhängigkeit vom Lichte zu prüfen. Aus den. Vorräten des botanischen Gartens wurden 1903 geerntete Samen von Ichododendron ferrugineum, Rhododendron hirsutum und Khodo- thammus Chamaecistus zu Versuchen herangezogen. Am 24. Mai 1904 erfolgte die Aussaat zahlreicher Samen auf ausgekochte Moorerde in je zwei Töpfe, von denen einer als Lichtkultur, der andere als Dunkelkultur gehalten wurde. Die Samen von Rhodothamnus Chamae- cistus haben nicht gekeimt, die unserer beiden anderen Alpenrosen nur in den Lichtkulturen. Am 5. Juni waren in beiden Keimlinge vorhanden, bei Ih. ferrugineum spärlicher, bei Ah. hirsutum sehr zahlreich. Im Dunkeln waren am 23. Juni noch keine Keimlinge vorhanden; die nun ans Licht gebrachten Kulturen ergaben dann Keimlinge zwischen dem 5. und 10. Juli. Die Samen unserer Rhododendron-Arten, obwohl keine Epi- phyten, verhielten sich demnach gleich dem Rhododendron javanicum ; auch sie werden durch das Licht im Keimen gefördert, ja die Keimung scheint vom Lichte direkt abhängig zu sein. (Die Keimung von Rh. javanicum am Lichte trat nach 30 Tagen ein, im Dunkeln hat auch nach zwei Monaten keine Keimung stattgefunden; hier ist die Notwendigkeit des Lichtes zur Keimung ziemlich sichergestellt. Die Dunkelkulturen von Rh. ferrugineum und Kh. hirsutum waren aber etwas zu kurze Zeit beobachtet, um auch hinsichtlich dieser die Notwendigkeit des Lichtes mit voller Sicherheit behaupten zu dürfen.) Das verschiedene Verhalten der Bromeliaceensamen bei der Keimung, das nicht nur zwischen den Angehörigen verschiedener Gattungen, sondern auch bei Arten der gleichen Gattung ( Dyckia z. B.) hervortrat, ließ mich in der angeführten zweiten Mitteilung Be- 15* — 2706 — ziehungen zwischen den biologischen Eigentümlichkeiten der Arten und ihren Keimungsbedingungen vermuten. Allerdings mußte ich schon dort hervorheben, daß nicht alle Pflanzen, die ein großes Lichtbedürfnis besitzen, eine Abhängigkeit ihrer Samen vom Lichte beim Keimen zeigen. So wurde darauf hingewiesen, daß Mesem- brianthemum-Samen, ferner die von Stapelia variegata, ausgesprochenen Lichtpflanzen angehörig, im Dunkeln ebensogut keimen wie im Lichte. Über meine Veranlassung hat im Jahre 1903 stud. phil. Hans Bär vergleichend 30 Arten von Veronica in betreff des Ver- haltens der Samenkeimung zum Lichte studiert. Die unveröffent- licht gebliebene Studie!) ergab im allgemeinen, daß die ökologisch unter sehr verschiedenen Verhältnissen lebenden Arten sich alle ‚gleich verhalten und so wie Veronica peregrina durch das Licht eine Förderung in der Keimung erfahren. Soscheinen füreingleiches Verhalten der Samen gegenüber Licht und Dunkelheit mehr dierssyarr matischen Verwandtschaftsverhältnisse als die bio- logischen Eigentümlichkeiten der betreffendenArten entscheidend zu sein. Ein verschiedenes Verhalten der Epi- phyten war übrigens von vornherein schon von dem Gesichts- punkte aus zu erwarten, als auch zu den Epiphyten einerseits solche, die hohe Lichtintensitäten beanspruchen, anderseits solche, die mit recht bescheidenen ihr Auslangen finden, zählen. Samenkeimung durch Dunkelheit begünstigt. In der schon eingangs erwähnten, zweiten Mitteilung berichtete ich auch über Versuche mit den Samen der Bromeliacee: Acanthostachys strobilacea.. Von am 30. Juni 1902 einerseits am Lichte (25 Stück) anderseits im Dunkeln (21 Stück) angebauten Samen keimten bis 7. Juli am Lichte drei, im Dunkeln 20 Samen. Dies Resultat bewog mich, allerdings mit Reserve, für diesen Fall eine begünstigende Wirkung der Dunkelheit anzunehmen; daß eine Nachprüfung wünschenswert sei, wurde hervorgehoben. Auf meine Anregung unternahm eine solche Herr Privatdozent Dr. Ad. Wagner im Winter 1904 mit größeren, aus verschiedenen botanischen Gärten bezogenen Samenmengen. In Summa hatte er 195 Samen zur Ver- fügung. Die Versuche, deren Statistik und Ergebnisse mir Dr. Wagner 1!) Sie enthält immerhin Ergebnisse, die eine Veröffentlichung berechtigt erscheinen lassen. — 277 — zur Verfügung stellte, ergaben jedenfalls kein, meine Vermutung be- stätigendes Resultat. Die Variationen, unter denen sie stattfanden, bringen anderseits auch keine Klärung über die Ursachen der Divergenz. Diese zu finden, müßten neue Versuchsreihen begonnen werden, in denen zum Beispiel auch Alter der Samen, Jahreszeit und anderes Berücksichtigung fänden. Um die Unterschiede in unseren Ergebnissen zu beleuchten, führe ich nur eine Versuchs- reihe Dr. Wagnersan. Am 2. März wurden mit je 16 Samen zwei mit sterilisiertem Flußsand gefüllte Töpfe beschickt, der eine Topf im Lichte belassen, der andere dunkel gestellt. Bis 7. April keimten in der Lichtkuitur 11, in der Dunkelkultur 7 Samen. Im Gegensatze zu meinem Versuche, hier also eine günstigere Keimung im Lichte! Im ganzen ergaben die Versuche keine großen und weitaus keine so auffälligen Verschiedenheiten zwischen der Zahl der Keimlinge in den Licht- und Dunkelkulturen, wie es bei meiner Kultur der Fall gewesen war. Ich führe diese Berichtigung hier an, weil meine mit Reserve gegebene Vermutung über eine begünstigende Wirkung der Dunkel- heit auf die Samenkeimung von Acanthostachys strobilacea bereits in ein Lehrbuch Aufnahme gefunden hat. Demnach verbleibt als einziger beglaubigter Fall ersichtlicher Beförderung der Keimung durch Dunkelheit oder doch durch schwache Lichtintensitäten derjenige, der durch W. Remer!) bei Phacelia tanacetifolia Benth. gefunden und bekanntgegeben wurde. Zusammenfassung. 1. Die Samen von Saracenia flava und Darlingtonia californica werden in ihrer Keimung durch das Licht wesentlich gefördert; diejenigen von D. californica keimten im Dunkeln während sieben Monaten überhaupt nicht, doch trat, als sie dann ans Licht gebracht wurden, sehr rasch Keimung ein. Die folgenden Punkte 2—9 beziehen sich auf die Unter- suchungen mit Veronica peregrina. '!) W. Remer: Der »Einfluß des Lichtes auf die Keimung bei Phacelia tanacetifolia Benth.« Ber. d. D. botan. Ges., 1904, Bd. XXII., pag. 328 f.) Zahlreiche Fälle, wo wenigstens unter bestimmten Bedingungen eine sehr bemerkenswerte Förderung der Keimung durch die Dunkelheit sich ergibt, teilt Kinzel in seiner kürzlich erschienenen, vorn zitierten Arbeit mit. Einen genaueren Einblick in die Sache wird erst die angekündigte ausführliche Ver- öffentlichung ermöglichen. — 278 — 2. Der frisch geerntete Same von Veronica peregrina, sofort ausgesät, keimt auch am Lichte erst nach zirka zwei Monaten. (Abgelagerter nach drei bis acht [zehn, wenn erst zwei bis drei Monate alt] Tagen.) Das frische Saatgut braucht also eine un- gefähr zweimonatliche Ruheperiode. Die Verzögerung im Keim- beginn der Dunkelkulturen beträgt bei sofortigem Anbau frischer Samen nur drei bis fünf Tage. 3. Bei durch das Licht im Keimen beförderten Samen ist das Alter des Saatgutes sehr zu beachten. 4. Das Keimprozent ist bei frisch geernteten und sogleich ausgesäten Samen, bei Licht- und bei Dunkelkultur gleich hoch. 5. Frisch geernteter Same, durch einige Stunden an der Sonne getrocknet, dann verdunkelt aufbewahrt und nach zweieinhalb Monaten angebaut, keimt im Lichte um 22—25 Tage früher als im Dunkeln. SolcherSame verhält sichbei Dunkel- kulturso,alsobseineRuheperiodenochnichtgänzlich durchlaufen wäre. 6. Ein Einfluß des Substrats auf den Keimungsverlauf, den ich früher auf Grund eines Versuches angenommen habe, existiert nicht. (Abgesehen natürlich von dem Falle, wo bestimmte Reizstoffe beigegeben werden oder im Substrat sich befinden.) 7. Das Licht übt eine fördernde Wirkung auf die Reakti- vierung der Reservestoffe oder auf das Entstehen solcher Stoffe (Enzyme), die jene vollführen. Auch im Dunkeln geht der Prozeß der Reaktivierung vor sich, aber im ganzen langsamer und begünstigt offenbar ein gewisser Wassergehalt der Samen den Vorgang. 8. Ganz verschwindet auch bei abgelagertem Saatgut die be- schleunigende Wirkung des Lichtes nicht. Auch scheinen in manchen Samen die zur Keimung führenden Stoffumsetzungen im Dunkeln nicht genügend zu erfolgen; solche Samen können, wenn in den Dunkelkulturen das Nachkeimen aufgehört hat, dadurch, daß die Kultur durch einige Tage dem Lichte ausgesetzt wird, zum Teil noch zum Keimen gebracht werden. 9. Im ganzen weisen die Versuche darauf hin, daß die Er- gebnisse beim Keimen von solchen Samen, die durch das Licht darin gefördert werden, abhängen vom: Alter des Saatgutes, von der Schnelligkeit des Trocknens desselben nach der Ernte, ferner sehr wahrscheinlich davon, ob dieses im Lichte oder im Dunkeln erfolgte; desgleichen von der Art der Aufbewahrung, ob die Samen , im Lichte oder im Dunkeln, im ersteren Falle, ob in einfacher Lage — 279 — oder in mächtigen Schichten liegen. Endlich dürfte auch der Feuchtig- keitsgehalt der Luft am Aufbewahrungsorte von Einfluß sein. Es zeigt sich, daß die Verhältnisse außerordentlich komplizierte sind und daß Übereinstimmung von Versuchsergebnissen nur unter Be- rücksichtigung aller dieser Faktoren zu erwarten ist. 10. Die Samen des epiphytischen Ahododendron javanicum keimten nur im Lichte. Die Dunkelkultur, einen Monat nach der in der Lichtkultur erfolgten Keimung dem Lichte ausgesetzt, ergab auch ihrerseits Keimlinge. Wie die Samen des Kh. javanicum ver- hielten sich aber auch diejenigen des Rh. hirsutum und Rh. ferru-: gineum,. Die Abhängigkeit der Keimung vom Lichte geht also mit dem Epiphytismus nicht parallel. 11. Dies ergaben auch die Samen von Myrmecodia echinata, die sowohl am Lichte als auch im Dunkeln keimten. 12. Wie ausgedehnte (nicht veröffentlichte) Untersuchungen meines Schülers Hans Bär, 1903, ergeben haben, verhalten sich die verschiedensten Veronica-Arten, die ökologisch zum Teil unter recht ungleichen Verhältnissen leben, insoweit gleich wie Veronica peregrina, daß allgemein eine Förderung der Samenkeimung durch das Licht festzustellen ist. So scheinen für ein gleiches Verhalten der Samen gegenüber Licht und Dunkelheit, wenigstens vielfach, mehr die Verwandtschaftsverhältnisse als die ökologischen Eigen- tümlichkeiten der betreffenden Arten entscheidend zu sein. 13. Es wird auf Grund einer ausgedehnteren, durch Privat- dozenten Dr. A. Wagner vorgenommenen Nachprüfung festgestellt, daß die von mir für die Bromeliacee: Acanthostachys strobilacea, an anderer Stelle vermutungsweise ausgesprochene Förderung der Samenkeimung durch Dunkelheit sich nicht bestätigt. Über den Einfluß des Reises auf die Unterlage von Carl Mikosch (Brünn). Eingelangt am 24. September 1907. Die von E. Strasburger im Jahre 1885 mitgeteilte Beobach- tung, daß in den Knollen einer mit Datura Stramonium verbundenen Kartoffelpflanze Atropin, wenn auch nur in minimalen Quantitäten sich nachweisen lasse!), bildet den Ausgangspunkt zweier von ver- schiedenen Forschern: V. Grafe, K. Linsbauer?), A. Meyer und E. Schmidt?) angestellten Untersuchungen, womit die Frage über die wechselseitige Beeinflussung von Edelreis und Unterlage, insbesondere was die chemischen Veränderungen in den beiden Symbionten betrifft, neuerdings zur Diskussion gestellt wurde. Die Untersuchungsresultate der oben erwähnten Beobachter widersprechen sich: auf der einen Seite stehen Strasburger, Grafe und Linsbauer, die in der Unterlage nach der Pfropfung ein Alkaloid (Atropin-Nikotin), beziehungsweise eine Zunahme der in der Unterlage vorhandenen Alkaloidmenge nachgewiesen haben; auf der anderen Seite behaupten Meyer undSchmidt auf Grund ihrer Versuche, daß die Frage, ob Alkaloide (Hyoscyamin) aus dem Pfropfreis in die Unterlage wandern, einstweilen im negativen Sinne beantwortet werden müsse. Erwähnt sei hier noch, daß der Atropin- nachweis Strasburgers, der übrigens nicht von ihm selbst, ') E. Strasburger: »Über Verwachsungen und deren Folgen«. Ber. der Deutsch. bot. Ges. 1885, pag. 39. ») V.Grafe und K. Linsbauer: »Über die wechselseitige Beeinflussung von Nicotiana tabacum und N, affinis bei der Pfropfung«. Ber. d. D. bot. Ges. 1906, pag. 366--371. ») A. Meyer undE.Schmidt: »Die Wanderung der Alkaloide aus dem Pfropfreise in die Unterlage«. Ber. d. D. bot. Ges. 1907, pag. 131—137. — 281 — sondern von Dr. Klinger ausgeführt wurde, auch von Linde- muth, beziehungsweise Lewin angezweifelt wird !). In Anbetracht der widersprechenden Angaben sowie um einen tieferen Einblick in die uns noch unbekannten Vorgänge, die sich nach der Pfropfung in den beiden Symbionten abspielen, zu ge- winnen, führte ich einige Versuche durch, welche ich jedoch keines- wegs als abgeschlossen betrachte, um eine endgültige Schluß- folgerung daraus zu ziehen, deren Resultate ich aber schon jetzt mitteilen will, da ich diesen, wenn auch keine ausschlaggebende Bedeutung beimessend, doch einiges Interesse nicht absprechen kann. Vielleicht können bei weiterer Fortführung der Versuche meine Beobachtungen mit etwas beitragen, das Dunkel, das noch über den Vorgängen der gegenseitigen Beeinflussung herrscht, einigermaßen aufzuhellen. Von Molisch wurden in der Epidermis und in dem knapp unter der Epidermis liegenden assimilierenden Parenchym der flachen Laubsprosse verschiedener Epiphyllum-Arten eigentümlich gestal- tete Inhaltskörper eiweißartiger Natur aufgefunden, die von ihrem Entdecker als Reservestoffe erklärt werden?). V. Chmielewsky bestätigt die Entdeckung von Molisch, stimmt letzterem, was die Eiweißnatur dieser Körper betrifft, bei, betrachtet diese jedoch nicht für Reservestoffe, sondern als Exkrete®),. Ähnliche Inhaltskörper konnte ich in der Epidermis von Oncidium mikrochilum beobachten !). Wakker beschreibt für die Amaryllidee: Tecophilaea cyanocrocus ähnliche Bildungen’) und Heinricher gibt für das Rindenparenchym des Rhizoms von Nepenthes melamphora spindelförmige Eiweißkörper als Inhalt an.‘) 1) Lindemuth: »Über angebliches Vorhandensein von Atropin in den Kartoffelknollen infolge von Transplantation und über die Grenze der Ver- wachsung nach dem Verwandtschaftsgrade«. Ber. d. D. bot. Ges. 1906, pag. 428 bis 435. ®) Molisch: »Über merkwürdig geformte Proteinkörper von Epiphyllume«. Ber. d. D. bot. Ges. 1885. 5) V.Chmielewsky: »Eine Bemerkung über die von Molisch beschrie- benen Proteinkörper in den Zweigen von Epiphyllum«. Bot. Zentralbl. XXXI, p. 117. #) Mikosch: »Über ein neues Vorkommen geformten Eiweißes«. Ber. d. D. bot. Ges. 1890. 5) Wakker: »Ein neuer Inhaltskörper der Pflanzenzelle«. Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot., XXIII. Bd. 1892. ®) Heinricher: »Zur Biologie von Nepenthes, speziell der javanischen N. melamphora«. Reinw.: Extrait des Annales du jardin botanique de Buitenzorg. 2. Ser., Vol. V, 1906, pag. 282. — 232 — Die in unseren Gewächshäusern kultivierten Zpiphyllum-Arten werden auf eine andere Kaktee, nämlich Peireskia aculeata gepfropft und letztere von den Gärtnern, soweit mir bekannt, nur zu den Zwecken der Pfropfung gezogen. Ich habe im Oktober 1906 zu Demonstrationszwecken Epiphyllum truncatum untersucht, inwelchem die Molischschen Körper massen- haft auftraten. Bei dieser Gelegenheit wurde die Pflanze 1 cn unterhalb der Pfropfstelle dekapitiert und der stehengebliebene Stammstrunk von Peireskia bei gewöhnlicher Temperatur im Zimmer belassen. Nach fünf Wochen entwickelte der Stamm einen Seitensproß und Laubblätter von normaler Gestalt, doch sehr geringer Größe, was sich aus den im Arbeitszimmer herrschenden ungünstigen Vege- tationsbedingungen und dem dadurch verlangsamten Wachstum erklären läßt. Die anatomische Untersuchung dieser Blätter ergab zu meinem größten Erstaunen in der Epidermis das Auftreten von Inhaltskörpern, die in ihren Gestalten, in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften mit den von Molisch beschriebenen Epiphyllum-Körpern vollständig übereinstimmten. In dem normal ausgebildeten, ziemlich großen Blättern einer Peireskia, die, wie mir von seiten des Gärtners versichert wurde, in gar keiner Verbindung mit Epiphyllum gestanden war, suchte ich nach den charakteristischen Inhaltskörpern vergeblich. Auch Molisch konnte diese Körper in anderen Kakteen, darunter Peireskia, außer Epiphyllium nicht beob- achten (l. c. pag. 196). Es wurden nun Ende Oktober fünf Exemplare von Epiphyllum truncatum in der gewöhnlichen Weise auf Peireskia gepfropft und ins Warmhaus gebracht. Die Laubblätter der Peireskien waren, wie die Untersuchung lehrte, frei von den oben erwähnten Inhalts- körpern. Ebensowenig konnte ich in den Stammgeweben weder im Mark noch im Rindenparenchym irgendwelche charakteristische Proteinkörper auffinden. Einige Tage nach der Pfropfung lösten sich die noch an der Unterlage vorhandenen Blätter los. Nach sechs Wochen konnte eine Weiterentwicklung des Reises bemerkt werden, ein Beweis, daß die Verwachsung nach der Pfropfung überall stattgefunden hatte. Im Mai 1907 hatten die Epiphyllum-Reiser zwei bis drei neue Flachsprosse ausgebildet, in deren Epidermis sich konstant die Molischschen Körper beobachten ließen. Nun wurden an drei Pflanzen die aufgesetzten Reiser unmittelbar unterhalb der Ver- wachsungsstelle abgenommen und die Unterlage weiter im Warm- — 283 — hause stehen gelassen. Nach drei Wochen entwickelten sich an diesen FPeireskia-Stämmen Seitensprosse mit normal gestalteten Laubblättern, deren Größe nicht viel von solchen Blättern diffe- rierte, die an einer nicht gepfropften Peireskia zur Entwicklung kommen. Alle an dem dekapitierten Stamm zur Entwicklung ge- kommenen Blätter führen in ihrer Epidermis die charakteristischen Proteinkörper mit denselben Gestalten und denselben sonstigen Eigenschaften, wie sie Molisch für Epiphyllum beschreibt. Auch in den Stammgeweben dieser Sprosse, und zwar im Mark und dem Rindenparenchym, in letzterem in der Nähe des Phloemringes konnte ich vereinzelt spindelförmige und ringförmige Körper beobachten, während letztere in den an das Hautgewebe sich anschließenden Partien der Rinde durchweg zu fehlen scheinen, Ich hatte mir auch ein Kpiphyllum-Exemplar verschafft, an welchem neben wohlentwickelten Flachsprossen die Unterlage nach der Pfropfung einen Seitensproß mit Laubblättern gebildet hat. Auch dort führte die Blattepidermis die Molischschen Körper; in den Stammgeweben hingegen konnte ich in diesem Falle die in Rede stehenden Inhaltskörper nicht beobachten. Die zwei noch übriggebliebenen Zpiphyllum-Individuen, deren Reiser von der Unterlage nicht entfernt wurden und wo diese auch keine Seitensprosse gebildet hatten, verwendete ich zur Unter- suchung des Stammes. Mark und Rindenparenchym sind reich an Stärke, einzelne Zellen sind jedoch stärkearm oder ganz frei von Stärkekörnern und von diesen Zellen ließ sich stets in jeder ein spindelförmiger Proteinkörper nachweisen. Behufs Fortsetzung der Versuche bezog ich das weitere Pflanzen- material von Haage und Schmidt in Erfurt und trachtete von dort auch keimfähige Peireskia-Samen zu erhalten, da ich be- greiflicherweise bestrebt sein mußte, aus Samen gezogene Peireskia- Individuen auf das Vorkommen der mich interessierenden Inhalts- körper zu untersuchen. Meinem Verlangen konnte Haage und Schmidt leider nicht entsprechen, da infolge einer vorjährigen Mißernte Samen nicht vorhanden waren. Aus Erfurt erhielt ich zehn kräftig vegetierende FPeireskia- Pflanzen; in acht derselben führte die Epidermis der untersuchten Laubblätter die verschiedensten Gestalten der Epiphyllum-Körper: Spindeln, Ringe, stabförmige und schleifenförmige Bildungen. Nur in zwei Pflanzen — ich habe die Epidermis aller Blätter derselben an den verschiedensten Stellen untersucht — konnten nirgends irgendwelche charakteristische En Inhaltskörper gefunden werden. Auf einean Haage und Schmidt bezüglich der Herkunft der Pflanzen gerichtete Anfrage hin wurde mir mitgeteil, daß die mir gesandten Peireskien wahrscheinlich von Pflanzen abstammen, die früher einmal mit Zpiphyllum gepfropft “waren. Erwähnen will ich hier, daß ich versuchte, Epiphyllum auch mit Peireskia Bleo zu verbinden. Vier dieser Versuche mißlangen vollständig, bei dem fünften fand wohl eine Verwachsung statt, doch ging das Epiphyllum-Reis bald zugrunde. Wenn ich die bisher mitgeteilten Beobachtungen zusammen- fasse, so ergibt sich folgendes: Peireskia aculeata enthält weder in den Geweben des Laubblattes noch in jenen des Stammes Inhalts- körper, die mit den von Molisch in Epiphyllum entdeckten Protein- körpern übereinstimmen. Wird jedoch Epiphyllum auf Peireskia ge- pfropft, so treten in den nach der Pfropfung zur Entwicklung gekommenen Blättern Inhaltskörper auf, die in jeder Hinsicht mit den Molischschen Zpiphyllum-Körpern identisch sind. In den Geweben des Feiresiia-Stammes ließen sich diese Körper nur dann in erheblicher Menge nachweisen, wenn die Blattentwicklung unterblieben ist. Es scheinen also die Laubblätter vorzugsweise der Ort zu sein, wo die in Frage stehenden Körper entstehen, beziehungs- weise die Substanzen, aus welchen die Körper bestehen, sich zu den charakteristischen Gestalten organisieren können. Bevor mir kein einwandfreies Untersuchungsmaterial zur Ver- fügung steht, kann ich nicht endgültig entscheiden, ob FPeireskia aculeata nicht schon von vornherein die Fähigkeit besitzt, Inhalts- körper in gewissen Geweben zu bilden, die den bei Epiphyllum vorkommenden gleich sind. Soviel kann ich aber sagen, daß das Auftreten dieser Körper in Peireskia durch deren Verbindung mit Epiphyllum begünstigt wird. Es kann entweder eine Wanderung der diese Körper aufbauenden Verbindungen — ob diese Eiweißsub- stanzen sind oder nicht, weiter ob sie physiologisch eine Rolle spielen, also Reservestoffe sind (Molisch), oder ob sie als Ex- krete (Chmiliewsky) betrachtet werden können, lasse ich dahin- gestellt — aus dem Epiphyllum-Reis in die Peireskia-Unterlage und eine in letzterer vor sich gehende Organisation der Substanz zu den eigentümlichen Körpern stattfinden, oder es macht sich die Beeinflussung des Reises auf die Unterlage derart geltend, daß durch die Verbindung die Unterlage selbst befähigt wird, die betreffenden Körper neu zu bilden. Für eine Wanderung der chemischen Ver- bindungen und spätere Organisation derselben zu bestimmt ge- 0,253 stalteten Körpern mit spezifischer Struktur und spezifischen physi- kalischen Eigenschaften, welcher Vorgang vorzugsweise in den Blättern sich abspielen dürfte, spricht der Umstand, daß die Inhalts- körper in der Stammunterlage, vorzugsweise in der Nähe der Leit- bündel auftreten, daß sie in beblätterten Sprossen gepfropfter und nachher dekapitierter Individuen in den Blättern in großer Zahl, in den Stämmen solcher Sprossen entweder gar nicht oder nur in geringer Menge auftreten. Allerdings steht der Annahme einer Wanderung die beobachtete Tatsache entgegen, daß das aufgepfropfte Reis in keinem Falle ärmer an diesen Körpern wird; es lassen sich dort stets diese Körper nachweisen, so daß also eine sichtbare Abnahme infolge von Wanderung sich nicht konstatieren läßt. Wohl wäre denkbar, daß der durch Wanderung erfolgte Verlust durch eine Neubildung der Substanz und Organisierung derselben zu den Körpern im Reis, das jaseine Lebenstätigkeit nicht unterbrochen hat, ersetzt wird. Zugunsten einer Neubildung der in Frage stehenden Körper in der Unterlage, ange- regt durch die Verbindung mit Epiphyllum ließe sich die Tatsache an- führen, daß die Inhaltskörper auch in Individuen auftreten, die möglicher- weise schon mehrere Generationen hindurch von ihren Mutter- pflanzen, das heißt mit Epiphylium gepfropften Peireskien, getrennt sind. Es würde daher in diesem Falle die Fähigkeit, Ypiphyllum-Körper aufbauende Substanzen zu bilden und letztere zu charakteristischen Gestalten zu organisieren, von Epiphyllum auf Peireskia übertragen worden sein, oder wenn die Untersuchung absolut reinen Materials ergeben sollte, daß Peireskia von vornherein diese Körper bilden kann (was nach Molisch’ und meinen Beobachtungen nicht wahr- scheinlich ist), würde diese Fähigkeit bei Peireskia durch die Ver- edlung gesteigert werden, in ähnlichem Sinne wie Grafe und Linsbauer die vermehrte Nikotinbildung in der Unterlage durch die Wirkung des nikotinreichen Edelreises erklären. Nach Vöchting, dem wir die eingehendsten Untersuchungen über die bei der Pfropfung sich abspielenden Vorgänge verdanken !), macht sich der gegenseitige Einfluß der beiden Symbionten keines- wegs so weit geltend, daß die ihnen eigentümliche Natur geändert würde. »In allen genau beobachteten Verbindungen war das allgemeine Verhalten ihrer spezifischen Natur entsprechend.« (L. c. pag. 110.) Jene tief eingreifenden Einflüsse, deren Existenz andere Beobachter erschließen, bezeichnet Vöchting, soweit sie nicht Täuschungen sind, als Infektionseinflüsse und stellt diese als dritte Gruppe den -!) Vöchti ng: »Über Transplantation am Pflanzenkörper«. Tübingen 1892. — 266 — verschiedenen anderen Einflüssen, welche die Symbionten tatsächlich aufeinander ausüben: den Ernährungs- und korrelativen Einflüssen, gegenüber. Nur wenn ein tatsächlicher Beweis für die Existenz solcher Einflüsse, die so tief eingreifend sind, daß sie eine Um- änderung in der morphologischen oder systematischen Form hervor- rufen, gebracht ist, müßte man noch eine vierte Gruppe aufstellen, welche Vöchtingalsspezifische bezeichnen will. (L. c.pag. 112.) In später ausgeführten Versuchen, bei welchen der inulinhältige Helianthus tuberosus auf den inulinfreien Helianthus annuus gepfropft wurde, führte Vöchting den Nachweis, daß in die Unterlage keine Spur von Inulin eingedrungen sei, obwohl die Stämme des Reises von Inulin strotzten. Mit Bezug auf eine weitere Beobachtung, der zufolge sich auf Helianthus annuus nach der Pfropfung keine Knollenbildung einstellt, zieht Vöchting den Schluß, daß beide Pflanzen in der Verbindung ihre spezifische Natur bewahren und keine von der anderen einen ihren Artcharakter verändernden Einfluß erfährt?). Ich bin mir wohl bewußt, daß meine Beobachtungen und Versuche keineswegs einwandfrei sind. Die Kürze der Zeit, innerhalb welcher die Versuche ausgeführt wurden, die relativ geringe Zahl der untersuchten Individuen und der Mangel eines aus Samen gezogenen Untersuchungsmaterials bieten Einwände genug, um meine Beobachtungen auf mögliche Täuschungen zurückzuführen. Nichtsdestoweniger halte ich an der Richtigkeit meiner Beob- achtungen an dem von mir verwendten Material fest und muß, wenn ich auch Vöchting als Autorität ersten Ranges, insbesondere was die im obigen besprochenen Vorgänge betrifft, mit Über- zeugung anerkenne und ich die großen Erfahrungen und das um- fangreiche Wissen Vöchtings auf diesem Gebiete nicht besitze, der Annahme Ausdruck geben, daß das Auftreten von Epi- phyllum-Körpern nach der Pfropfung in den Laub- blättern der #Peireskia-Unterlage durch einen spezi- fischen Einfluß verursacht wird. Ich habe die Versuche in den Glashäusern der Stadt Brünn ausgeführt und erfülle die angenehme Pflicht, dem städtischen Gartendirektor in Brünn, Herrn A. Zenzinger, für seine freund- liche Unterstützung den wärmsten Dank auszusprechen. !) Vöchting: »Über die durch Piropfen herbeigeführte Symbiose des Helianthus tuberosus und Helianthus annuuss. Sitzungsber. d. k. preuß. Akad. d. Wissensch., XXXIV, 1894. Experimentelle Studien über die heliotropische Empfindlichkeit der Pflanzen Wilhelm Figdor (Wien). Eingelangt am 26. September 1907. Wiesner ist gelegentlich seiner Untersuchungen über den ° Zusammenhang zwischen Lichtintensität und den durch diese ver- ursachten heliotropischen Erscheinungen zu dem Resultat gelangt, »daß die heliotropischen Effekte unter den Bedingungen des Wachs- tums bei einer gewissen Intensität des Lichtes ihr Maximum erreichen; von hier an werden die heliotropischen Wirkungen sowohl bei Abnahme als Zunahme der Lichtstärke kleiner und erreichen endlich den Wert Null«!). Eine heliotropische Reaktion stellt sich dem Ge- sagten zufolge immer nur innerhalb einer bestimmten Helligkeits- zone, welche von zwei Punkten begrenzt wird, ein. Der eine liegt für verschiedene Pflanzen bei einer verschieden niedrigen, der andere bei einer verschieden hohen Lichtintensität, welche gerade noch eine heliotropische Reaktion auszulösen imstande ist (untere und obere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit). Bei einer noch niedrigeren Lichtintensität bleibt jede heliotropische Bewegung aus; diesbezüglich sind sich alle Forscher einig; betreffs des Ver- haltens von Pflanzen bei einer noch höheren Intensität des Lichtes liegen jedoch einander widersprechende Angaben vor. Die untere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit wurde zuerst von Wiesner für verschiedene Organe einiger Pflanzen bestimmt und habe ich später Versuche nach gleicher Richtung hin für eine Reihe von Keimpflanzen durchgeführt?). Wiesner hat !) J. Wiesner: »Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche«. Eine physiologische Monographie. Bd. I. Denkschriften der mathem.-naturw. Kl. der kais. Akademie der Wiss. in Wien. Bd. 39, pag. 173 ff. Bd. Il ebendaselbst Bd. 43. ®) Figdor: »Versuche über d. heliotropische Empfindlichkeit d. Pflanzen. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-naturw. Kl., Bd. 102, Abt. I (1893). Die einschlägige Literatur ist ebendaselbst erwähnt. — 28 — hierauf, da von ihm seinerzeit nachgewiesen worden war, »daß bei niederen Lichtintensitäten alle Pflanzenorgane, selbst sehr licht. empfindliche, welche bei größeren Lichtstärken auch auf rot-orange reagieren, nur im stark brechbaren Lichte heliotropisch werden«!), für die vorliegenden Untersuchungen als Maß jener Lichtstärke, welche eben noch Heliotropismus hervorruft, die sogenannte »chemische Intensität« des Lichtes genommen und dieselbe in Bunsen-Roscoeschen Maßeinheiten für einige Fälle ausge- drückt ?). Nicht so ausführlich wie über die untere Grenze der helio- tropischen Empfindlichkeit sind wir über die obere informiert. Außer Wiesner, welcher auch letztere für die epi- und hypocotylen Stengel- glieder einiger Pflanzen sowie auch für die etiolierten Sprosse von Salix zahlenmäßig®) festgestellt hat, verdanken wir Oltmann s diesbezüglich interessante Angaben. Während Wiesner mit Gaslicht gearbeitet hat*®), studierte Oltmanns den Einfluß eines Bogenlichtes (einer Projektionslampe) auf die Bewegungserscheinungen der Fruchtträger eines Pilzes (Phycomuces) und der Coleoptilen, respektive der Hypoco- tyle von der Gerste und Kresse. (Die beiden Phanerogamen wurden im normalen und etiolierten Zustande untersucht.) Derselbe Forscher fand, daß die Sporangienträger des Phycomyces bei einer Intensifät von 14.000 bis 25.000 Hefnerlampen 5), die Hypocotyle der etiolierten Kresse bei einer Intensität von 400.000 bis 500.000 H.-L., die Coleop- tilen von Hordeum (auch im Dunkeln erzogen) bei einer noch etwas höheren Lichtintensität, nach annähernder Schätzung bei 5—600.000 Lichteinheiten gerade wachsen; die beiden letzterwähnten Keim- pflanzen führten bei diesen Intensitäten manchmal auch ganz schwache positiv heliotropische Krümmungen aus, jedoch kamen außerdem, und zwar gar nicht selten, schwach negative Ausschläge zur Be- obachtung, welche nach einigen Stunden (5—6) gewöhnlich in positive übergingen ®). Bei einem Lichte von noch größerer Intensität, welche bezüglich des Phycomyces oben angegeben wurde, wandten ) Wiesner, ]l. c. 1. Teil, pag. 190. ”) Wiesner: »Versuch einer Bestimmung der unteren Grenze der helio- tropischen Empfindlichkeit usw«. Öst. bot. Zeitschrift Jahrg. 1893, pag. 2 und 3 des Separatabdr. Daselbst die weiteren Literaturangaben. ») Wiesner: Die heliotrop. Erscheinungen etc. 1. c., I. Teil, pag. 180. SrWwiester, 1. c.;/1.’Teil, ‚pag, 175; 5) Oltmanns: »Über positiven und negativen Heliotropismus«. Flora od. Allgem. bot. Ztg., Bd. 83 (1897), pag. 5 des Separatabdruckes. ,Oltmanns, 1..c., pag..17 und 21. — 289 — sich die Fruchtträger dieses Pilzes stets von der Lichtquelle weg, sie zeigten negativ heliotropische Krümmungen !). Oltmanns vertritt auf Grund dieser und anderer Beobach- tungen ?) die Ansicht, daß ein jedes Organ je nach der Lichtintensität, welcher es ausgesetzt ist, positiv oder negativ heliotropisch ist und es demnach eine Intensität geben muß, bei welcher jede heliotropische Reaktion ausbleibt, also ein Indifferenzzustand erreicht ist (nach Oltmanns Ausdrucksweise liegt daselbst das »Optimum«°), während Wiesner diesen Punkt als »obere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit« bezeichnet‘). Für die normalen, grünen Pflanzen gelang es Oltmanns »nicht mehr die optimale Helligkeit fest- zustellen, weil diese viel höher gestimmt sind als die etiolierten; es läßt sich auch kaum erraten, wo hier die Lichtintensität zu suchen wäre, bei welcher positive wie negative Krümmungen aufhören, ja es kann sogar fraglich erscheinen, ob es jemals gelingen wird, Licht von hinreichender Intensität ohne Störung der Wärmestrahlen zu erzielen«°). Die Angaben Oltmanns betreffis der Lichtintensität, bei welcher die »obere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit« liegt, divergieren absolut genommen ganz beträchtlich von denen Wiesners. Letzterer zeigte daraufhin, daß die bei verschiedenen Lichtquellen erhaltenen Kardinalpunkte untereinander nicht ohne weiteres vergleichbar sind ®). Obwohl die seitens der beiden erwähnten Forscher gemachten Erfahrungen aus verschiedenen Gründen nicht besonders ermutigten, einer Bestimmung der Lage jener Zone, innerhalb welcher ein Indifferenzzustand herrscht‘), eventuell der »oberen Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit« näherzutreten, unternahm ich dies doch, indem ich an die Beobachtung Wiesners anknüpfte, daß die an der Grenze von violett und ultraviolett liegenden Strahlen für die heliotropischen Bewegungen die wirksamsten sind®). Es 2 Oltmanns, 1. c., pag.'6. ») Vgl. auch Oltmanns: »Über die photometrischen Bewegungen der Pflanzen«. Flora od. Allgem. bot. Ztg., Jahrg. 1892, pag. 183 ff. 5) Oltmanns: »Über positiven und negativen Heliotropismuss, I. c., pag. 20. *) Wiesner: »Die heliotropischen Erscheinungen etc.«, 1. c., pag. 177. Oltmanus, 1. c., page. 22, %) Wiesner: »Über die photometrische Bestimmung heliotropischer Konstanten«. Bot. Zentralbl., Bd. 69 (1897), Nr. 10. ‘) Der Kürze halber werde ich in der Folge nur von der »Indifferenzzone« reden, nicht etwa von einem »Indifferenzpunkt«, daes einen solchen schon infolge der individuellen Variabilität der Keimpflanzen meiner Meinung nach nicht geben kann. ») Wiesner: »Die heliotropischen Erscheinungen etc.«, 1. c., pag. 190, Wiesner-Festschrift 19 =... 290 — gelang mir, wie ich vorgreifend mitteilen will, ein Licht, und zwar das der in letzter Zeit konstruierten Quarzglasquecksilberlampe aus- findig zu machen, welches besonders reich an violetten und ultra- violetten Strahlen ist!) und auch die Intensität desselben zahlen- mäßig zu bestimmen, bei welcher die Keimachsen von verschiedenen normal kultivierten Pflanzen wie gewöhnlich negativ geotropisch wachsen, ohne irgendwelche besondere vom Lichte abhängige Krümmungen auszuführen, also für diese Organe die »Indifferenz- zone« einem Lichtreiz gegenüber ausfindig zu machen. ‘Dasselbe traf auch für die etiolierten Organe derselben Spezies zu, welche in einigen Fällen des Vergleiches halber zu den Versuchen heran- gezogen worden waren. Auffälligerweise ergab sich kein merklicher Unterschied bezüglich der Lage der Indifferenzzone zwischen nor- malen und etiolierten Pflanzen ?). Auch soll hier nur kurz des Auf- tretens von negativ heliotropischen Krümmungen bei einigen sowohl im Licht als auch im Dunkeln herangezogenen Pflanzen und der die Pflanzen schädigenden Wirkungen der ultravioletten Strahlen (von einer bestimmten chemischen Intensität an) Erwähnung getan werden °). Daß bei allen in der Folge zu besprechenden Erscheinungen die ultravioletten Strahlen eine besondere Rolle spielen %), erhellt meiner Meinung nach daraus, daß unter sonst gleichen Verhält- nissen stets positiv heliotropische Krümmungen allein zu beobachten waren, wenn die Wirkung der ultravioletten Strahlen eliminiert wurde, was durch das Einschalten einer reinen, weißen Glasscheibe von der Dicke des Fensterglases’) zwischen der Lichtquelle und den Versuchsobjekten leicht erreicht werden konnte ®). !) Die optische Helligkeit war gering, wie wir noch sehen werden. :) Derartige vergleichende Untersuchungen sollen übrigens noch in größerer Zahl angestellt werden. °) Genauere Angaben hierüber werden an anderer Stelle gebracht werden. J.Loebhatunter dem Eintlusse der Strahlen einer Lampe derselben Art, mit welcher ich gearbeitet, auch negativ heliotropische Bewegungen an Larven von Balanus, ferner Süßwassercopepoden sowie Seewasser-Gammarus beobachtet. (Vgl.J.Loeb: ‚Über die Erregung von positivem Heliotropismus durch Säure, insbesondere Koh- lensäure, und von negativem Heliotropismus durch ultraviolette Strahlen«. Pflü- gersArchiv für die ges. Physiologie. «Bd.115 |1906j, pag. 564 [vom 17. Dezember].) *) Vgl. Pfeifer, »Pflanzenphysiologie«, Bd. 2 (1904), pag. 579. °, Dasselbe absorbiert alle Strahlen, deren Wellenlänge kleiner als 320 PP. ist. Nach freundlicher Mitteilung des Privatdozenten Dr. Haschek. %) An eine Ablenkung der verschiedenen Organe von der normalen Wachs- tumsrichtung durch die infolge des Brennens der Lampe erzeugten Gase ist wohl nicht zu denken. — 201 — In den folgenden Zeilen möchte ich der Übersichtlichkeit halber voneinander getrennt die Versuchsanstellung sowie einen Auszug aus meinen Versuchsprotokollen und schließlich die Ergebnisse der Experimente zusammengefaßt mitteilen. Versuchsanstellung. Sämtliche Angaben beziehen sich, dies sei ein für allemal gesagt, nur auf die hypocotylen Stengelglieder von Drussica oleracea, Amaranthus melancholieus ruber (Hortorum), Iberis amara, Lepidium sativum, Raphanus sativus, Sinapis alba, Lunaria biennis, Papaver paeoniflorum, Helianthus annuus, Uentaurea Uyanus, Impatiens Balsamia, auf die Epicotyle von Fieia sativa und die Coleoptilen (Keimscheiden) von Avena sativa und Phalaris canariensist). Die Vorbereitung des Untersuchungsmaterials erfolgte in der Weise, daß Blumentöpfe (der Durchmesser dieser betrug zirka 6cm) bis an den obersten Rand hinauf mit guter Gartenerde gefüllt?) und in dieser Dünnsaaten von den Pflanzen mit kleinen, zarten Samen hergestellt wurden. Die Samen von jenen Arten, welche stärkere Keimachsen besitzen, ließ ich nach dem Quellen in Wasser in Sägespänen ankeimen und dann reihenweise (schachbrettförmig) unter Berücksichtigung der Nuta- tionsebene (Ficia®) in Töpfe (6—10 Indiv. in jedem) pikieren, so daß !) Mein Bestreben war darauf gerichtet, durchaus mit denselben Arten zu experimentieren, für welche ich vor Jahren die untere Grenze der heliotropischen Empfindlichkeit bestimmt hatte, so daß eventuell zwei Kardinalpunkte zahlen- mäßig bestimmt vorliegen würden. Leider konnte ich mein Vorhaben für manche Spezies infolge eines zu niedrigen Keimprozents trotz zahlreicher Versuche mit Saatgut von den verschiedensten Bezugsquellen nicht durchführen. Den Samen von Vicia sativa L. habe ich den interessanten Beobachtungen von Richter zufolge (vgl. OÖ. Richter: »UÜber den Einfluß verunreinigter Luft auf Heliotropismus und Geotropismus«. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-naturw. Kl., Bd. 115, Abt. 1, März 1906)vonHaage & Schmidt in Erfurt bezogen; Kollege Dr. Richter hatte die Freundlichkeit, mir diese Firma brieflich bekanntzugeben, da in dessen Abhandlung bezüglich der Pro- venienz des Saatgutes, mit welchem er gearbeitet hat, nur »aus Deutschland« (l. c., pag. 274) angegeben ist. Der Samen der von derselben Firma gelieferten Vieia villosa Roth., mit welcher ich auch gern gearbeitet hätte, keimte so schlecht, daß ich keine Versuche einleiten konnte. ?) Um eine direkte Belichtung der verschiedenen Organe der ganzen Länge nach zu ermöglichen. ’) J. Wiesner: »Die undulierende Nutation<. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-naturw. Kl., Bd. 77, Abt. 1, Jänner 1878. Bezüglich der Avena-Coleoptilen sei erwähnt, daß stets die Flanken belichtet wurden. Vgl. Rothert: »UÜber Heliotropismus«. Cohns Beiträge, Bd. 7 (1894), pag. 25. 19* — 292 — mehrere Pflanzen gleichzeitig dem Einflusse des Lichtes ausgesetzt werden konnten. Die normalen Kulturen wurden in großen, luftigen, sehr hellen, mit Oberlicht versehenen Räumen gehalten, in welchen annähernd dieselbe Temperatur und der gleiche Feuchtigkeitsgehalt der Luft herrschte wie in der später zu beschreibenden Dunkelkammer, in welcher die Versuche durchgeführt wurden. Um möglichst gerade Individuen zu den Experimenten verwenden zu können, umgab ich die am Lichte heranwachsenden Pflanzen, obwohl das meiste Licht, wie schon erwähnt, von oben kam, noch mit einem aus schwarzem Blech oder ebensolcher Pappe gefertigten Mantel von quadratischem Querschnitt (die Länge einer Seite betrug 60cm, die Höhe zirka 75cm). Auf diese Weise wirkte das Licht und die Schwerkraft in demselben Sinne ein und konnte ich die Zuhilfenahme eines Klino- staten vermeiden, welcher unvermeidlich Erschütterungen mit sich bringt?!) und infolge dieser die Sensibilität der Keimpflanzen be- einflussen kann. Auch die Dunkelkulturen wurden in den eben erwähnten Räumlichkeiten unter großen Zinkblechstürzen gehalten; Licht konnte in diese von den Rändern aus nicht eintreten, da der Boden mit feuchtgehaltenem Sand bedeckt war, in welchen die Stürze eingerieben erschienen. Die heliotropischen Versuche selbst wurden in einer 10°5 m langen, 2'25 n breiten und 3m hohen, innen grauschwarz (geruch- frei) angestrichenen Dunkelkammer ausgeführt; an der der Eingangs- tür gegenüberliegenden Seite ließ ich vom Fußboden ausgehend eine 0:75 ın lange und ebenso breite Schubtür anbringen, so daß der Raum vor der Versuchsanstellung durch Gegenzug gründlich gelüftet werden konnte; zudem ist ebendaselbst im Plafond eine kreisrunde Öffnung mit einem Durchmesser von 10 cın ausgeschnitten, welche stets offen gehalten wird. (Der Zutritt von Tageslicht ist durch ein der Öffnung aufgesetztes zickzackförmig gebogenes Rohr ausge- . schlossen.) Die konstante Durchlüftung des Raumes war insbesondere deshalb notwendig, weil sich gleich nach dem Inbetriebsetzen der Lampe im Raume Ozon durch seinen charakteristischen Geruch bemerkbar machte. Gasauslässe befinden sich keine in der Dunkel- kammer, die Erwärmung des Raumes wird, wenn notwendig, durch eine Niederdruckdampfheizung bewerkstelligt. Ich erwähne all dies ') Vgl. Harreveld: »Die Unzulänglichkeit der heutigen Klinostaten für reiz-physiologische Untersuchungen«. Recueil des Travaux Bot. Neerlandais. Vol. II, pag. 173 (1907). —en03, — deshalb, um darzulegen, daß die bei gewissen physiologischen Ver- suchen sicherlich aufgetretenen Fehlerquellen, welche wir durch die ausführlichen Untersuchungen von Richter!) kennen gelernt haben, nach Tunlichkeit ausgeschaltet erscheinen. Die Lufttemperatur im Versuchsraume schwankte zwischen 17 und 22°C, dieselbe war nach einstündigem Brennen der Quarz- glasquecksilberlampe in einer Entfernung von 20cm vom Leucht- rohre um 4 bis 45°C höher als die der Umgebung. Die berußte Thermometerkugel zeigte eine nur um ein weniges höhere Temperatur an als wie die gewöhnliche. Betreffs des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft sei ganz allgemein erwähnt, daß derselbe eher niedrig als hoch war. Als Lichtquelle, deren Einfluß auf die Wachstumsbewegungen der Keimpflanzen studiert wurde, diente bei einigen Experimenten’) anfangs eine elektrische Bogenlampe, in deren Kohlen mit Eisen- salzen durchtränkte Dochte eingeführt worden waren. Das Licht dieser ist verhältnismäßig reich an violetten und ultravioletten Strahlen. Da jedoch ein derartiger Beleuchtungskörper nicht konstant mit derselben Intensität brannte und außerdem in der Nähe des Lichtbogens eine große Wärmeentwicklung, welche die Unter- suchungsobjekte schädigte, stattfand, arbeitete ich in der Folge mit einer von W.C. Heraeus in Hanau konstruierten Quarzglas- quecksilberlampe, die für 220 Volt Netzspannung eingerichtet war und unter den verschiedenen Konstruktionen am reichsten an ultra- violetten Strahlen ist’). Wenn beim Zünden der Lampe ca. 35 Ohm Widerstand vorgeschaltet werden, beträgt nach Bildung des Licht- bogens die Elektrodenspannung ca. 25Volt, die Stromstärke 55 Ampere. Überläßt man die Lampe sich selbst, so steigt mit der allmählichen Er- wärmung des Quecksilbers infolge Steigerung des Dampfdruckes die Spannung auf ca. 80 Volt, die Stromstärke sinkt auf ca. vier Ampere ®). \ !) Richter: vgl. pag. 291. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, daß meine Versuche »über Heliotropismus und Geotropismus der Gramineen- keimlinge« (Ber. d. Deutschen bot. Ges., Bd. 23 [1905]) stets in gut gelüfteten Räumen (auch in der unten bezeichneten Anstalt) ausgeführt wurden. Die Fußnote 1 auf Seite 311 der Richterschen Arbeit veranlaßt mich zu dieser Bemerkung, ?®) Dieselben wurden schon im Frühjahre 1905 seitens des Herrn stud. tech. Rind unter meiner Leitung durchgeführt. ®) Die Gleichstromanlage wurde seitens der Internat. Elektrizitäts- gesellschaft in Wien hergestellt und danke ich diesbezüglich speziell Herrn Ingenieur Karl Satori bestens für seine Bemühungen. *) Diese Angaben sind der der Lampe beigegebenen Beschreibung von W.C. Heraeus entnommen. — 294 — Näheres betreffs der elektrischen Charakteristik des Beleuchtungs- körpers erfährt man aus den Untersuchungen von Küch und Ret- schinsky'), hinsichtlich der von der Lampe erzeugten Strahlen verweise ich der Kürze halber auf den »Atlas der Emissions- spektren der meisten Elemente« von August Hagenbach und Heinrich Konen (bei Fischer, Jena 1905) sowie auf die Arbeiten von Exner und Haschek?). Was die mittlere räumliche Lichtstärke anbelangt, so sei erwähnt, daß dieselbe bei einer Elektrodenspannung von 180 Volt und ca. vier Ampere ungefähr 2600 Hefnerkerzen beträgt®). Ich habe mich nicht damit befaßt, die optische Helligkeit obiger Lampe für die Spannung und Stromstärke, bei welcher ich gearbeitet habe, in einer gewissen Entfernung bei einem bestimmten Punkte zahlenmäßig festzustellen, da dies halbwegs genau durch- zuführen aus verschiedenen Gründen sehr schwer möglich, fast unmöglich ist*). Eine Bestimmung der optischen Helligkeit war um so weniger erforderlich, da wir durch Wiesner wissen, daß an dem Zustandekommen der heliotropischen Krümmungen hauptsächlich die stark brechbaren, chemisch wirksamen Strahlen beteiligt sind. Ich habe nur die Intensität dieser bestimmt, und zwar nach der von Wiesner in die Wissenschaft eingeführten modifizierten Bunsen-Roscoeschen Methode’). Es wurden im ganzen zur Zeit, während welcher Versuche liefen, an verschiedenen Tagen zwölf Reihen von Bestimmungen gemacht, und zwar bildet jede Reihe den Durchschnitt von fünf Bestimmungen. Die chemische Intensität schwankte im äußersten Falle bei einem Meter Entfernung von der Lichtquelle zwischen 0'055 und 0'077 Bunsen-Roscoeschen Ein- heiten und ergab, im Durchschnitte genommen, ebendaselbst eine chemische Intensität (i) = 0'065. Nach dem Satze, daß die Inten- sitäten umgekehrt proportional sind den Quadraten ihrer Entfernung, !) Küch undRetschinsky: »Photometrische und spektralphotometrische Messungen am Quecksilberlichtbogen bei hohem Dampfdruck«. Ann. der Physik, Bd. 20, vierte Folge 1906, pag. 563. Daselbst finden sich auch einige andere die Lampe betreffende Einzelheiten mitgeteilt. ®) Exner und Haschek: »Wellenlängetabellen für spektralanalytische Untersuchungen«. Deuticke 1902. °) Nach Angaben von W. C. Heraeus. *) Vergl. K. Satori: »Untersuchungen auf dem Gebiete der Photometrie«. Elektrotechnik u. Maschinenbau, Org. d. elektrotechn. Vereines inWien1906 (Heft12). °) Vergl. diesbezüglich Wiesner: »DerLichtgenuß der Pflanzen«. W. Engel- mann, (Leipzig) 1907, pag. 10 ff. Den Einserton, mit welchem ich gearbeitet habe, verdanke ich der Güte des Herrn Hofrat Wiesner. — 205 — wurden sodann für die verschiedenen Entfernungen die Intensitäten in Bunsen-Roscoeschen Einheiten berechnet; es betrug dem- nach die chemische Intensität (i) in einer Entfernung von 20 cm vom Leuchtrohr (I) 1'625 Bunsen-Roscoesche Einheiten But, 3 (ID 0'722 f £ ; A», ä (III) 0'406 h h : Be, 2 (IV) 0'180 2 ? 3 ion: , 3 (V) 0:065 ; h ; 150°, „ : (VD) 0'028 2 R 3 wenn man von einer Absorption der chemisch wirksamen Strahlen durch die Atmosphäre absieht. Der Einfachheit halber werde ich in der Folge, anstatt die chemischen Lichtintensitäten selbst anzugeben oder zu sagen »in einer Entfernung von 20 cm, 30 cm etc. von der Lichtquelle<, nur die römischen Zahlen I—VI gebrauchen. Wenn die Lampe eingebrannt war!), wurden die Licht- und Dunkelkulturen nach dem Ausschneiden von trotz der angewendeten Vorsichtsmaßregeln eventuell krummgewachsenen oder auch zu dicht stehenden Keimlingen?) bei Lichtabschluß rasch in die Dunkel- kammer getragen und die Mittelpunkte der Töpfe in den angegebenen Entfernungen dem Leuchtrohr gegenüber derart aufgestellt, daß dasselbe und die halbe Höhe der Keimpflanzen sich annähernd in einer Horizontalen befanden). Da Vorversuche gezeigt hatten, daß die Keimlinge in den meisten Fällen schon infolge einer ein- stündigen Bestrahlung eine deutliche Reaktion aufwiesen, erstreckte ich die Versuchsdauer nur auf die erwähnte Zeit (ungefähr), um gleichzeitig auch einer Änderung in der »Lichtstimmung« *) der Versuchsindividuen möglichst vorzubeugen. Nach Abbruch der Belichtung blieben sämtliche Pflanzen in der Dunkelkammer und wurden nach einer Zeit, welche aus den Versuchsprotokollen zu er- sehen ist’), neuerlich beobachtet, um eventuelle Nachwirkungserschei- nungen kennen zu lernen; diese allein waren für mich maßgebend für die Bestimmung der Indifferenzzone bei den einzelnen Arten. ') Küch und Retschinsky, |. c., pag. 566. ”) Um eine gegenseitige Beschattung auszuschließen. ®») Die einzelnen Töpfe wurden des Schattens halber schachbrettförmig aufgestellt. #) Oltmanns: »Über die photometrischen Bewegungen der Pflanzen«. Flora od. Allgem. bot. Zeitung, Jahrg. 1892, pag. 190. °) Wenn nichts anderes angegeben ist, nach 24 Stunden. == 290. Versuche. Lepidium sativum. 1. Versuchsreihe. Höhe der Keimlinge 2—3cm. Beginn des Versuches 10 Uhr 26 Minuten a. m. Nach 6 Minuten bei I vorne!), Beginn der negativen Krümmung. Nach genau einstündiger Be- lichtung ?) I negativ (X 40 — 45°, rückwärts X 40°), II negativ (X 309), rückwärts schwach positiv (wohl infolge der durch Beschattung hervorgerufenen geringeren Lichtintensität), III schwach positiv oder negativ gekrümmt oder gerade. Bei IV, V und VI alle Pflanzen in verschieden starkem Maße positiv heliotropisch. 24 Stunden später: I teils zugrunde gegangen’), teils negativ (X 45°), II negativ (X 45°), rückwärts schwach positiv, III schwach positiv gekrümmt oder gerade, IV, V und VI wie tags zuvor. Nach weiteren 2 Tagen waren sämtliche Keimlinge bei I und bei II vorn zugrunde gegangen; alle anderen Pflanzen zeigten ein gesundes Aussehen und normales Wachstum. Indifferenzzone zwischen II und Ill. 2. Versuchsreihe. Höhe der Keimpflanzen 1'6—2 cm. Beginn der Belichtung 11 Uhr 1 Minute a. m. Bei I nach 7 Minuten vorne deutliche negative Krümmung (X 10—15°). Nach 65 Minuten an- dauernder Bestrahlung I negativ (X 50°), rückwärts war die Krüm- mung etwas schwächer, II negativ (X 30°), in der rückwärtigen Hälfte des Blumentopfes schwach negativ oder gerade, Ill teils schwach positiv, teils schwach negativ oder gerade). Nach 23 Stunden bei I vordere Keimpflanzen zugrunde gegangen, rückwärtige negativ !) Da die Keimlinge in ein und demselben Topfe nicht selten ein ver- schiedenes heliotropisches Verhalten zeigten, sollen zur näheren Angabe die in der der Lichtquelle zugewendeten Hälfte der Kulturgefäße befindlichen Versuchsobjekte mit »vorne«, die in der abgewendeten mit »rückwärts« be- zeichnet werden. Wenn Gegensätze zu bemerken sind, werde ich das »vorne« der Kürze halber gar nicht erwähnen. ®) Es wurden gewöhnlich von 15 zu 15 Minuten (ungefähr) Beobachtungen über den Verlauf der heliotropischen Krümmungen angestellt, jedoch glaube ich dieselben hier nicht besonders anführen zu müssen. ’) Vergl. diesbezüglich E. Hertel: »Über Beeinflussung des Organismus durch Licht, speziell durch die chemisch wirksamen Strahlen.« Vergleichende physiologische Untersuchungen. Zeitschrift für allgem. Physiologie, Bd. 4 (1904), pag. 1. ») Um nicht zu breit zu werden, werde ich hier wie auch bei allen folgenden Versuchspflanzen die positiv heliotropischen Krümmungen, welche bei einer niedrigeren chemischen Lichtintensität, als sie innerhalb der Indifferenz- zone herrschte, stets naturgemäß in verschiedenem Grade zu bemerken waren, nicht mehr erwähnen. (X 45%), bei II negativ (X 30—40°), bei III schwach positiv oder negativ gekrümmtoder gerade. Zwei Tage später waren die Pflänzchen bei I nahezu alle, bei II nur vorne abgestorben, alle übrigen ge- sund. Indifferenzzone bei IIl. 3. Versuchsreihe. Beginn derselben 10 Uhr 53 Minuten a. m. Höhe der Versuchsobjekte 2, 2—3 cm. Nach 1 Stunde bei I vordere Keimpflanzen negativ (nahezu parallel zu den einfallenden Licht- strahlen, rückwärtige unter einem Winkel von 45°), II teils gerade, teils schwach positiv oder negativ, III schwach positiv gekrümmt oder gerade. Um 10 Uhr a. m. des nächsten Tages I sämtlich negativ (die vorderen geschädigt), II teils schwach negativ, teils gerade, Ill gerade, einige auch schwach positiv gekrümmt. Indifferenz- zone zwischen II und Ill. 4. Versuchsreihe. Höhe der Keimlinge 15—2 cm. Beginn des Versuches 10 Uhr 25 Minuten. Bei I nach 8 Minuten Eintritt der negativen Krümmung. Eine Stunde später I negativ (X 60—70°, rückwärts 15— 30°), II noch schwächer negativ, manche gerade, III teils gerade, teils schwach positiv gekrümmt. Nach 24 Stunden nahezu dasselbe Bild, bei I waren die vorderen Keimlinge zugrunde gegangen. Indifferenzzone zwischen II und Ill. Von der Publikation einer weiteren Versuchsreihe, welche ganz dasselbe wie die letzt- erwähnte lehrte, sehe ich ab. Dunkelkulturen. 5. Versuchsreihe!). Höhe der Keimlinge 2—-3 cm. Erst nach 18 Minuten bei I vorne Beginn der negativen Krümmung (). Ähnliches scheint für die Knöllchen an den Wurzeln der Erlen ‘ und der Elaeagneen der Fall zu sein. Nach Hiltner verleihen nur die Knöllchen der Erle in hohem Grade das Vermögen, den freien atmosphärischen Stickstoff zu assimilieren. Björkenheim fand in den Wurzelknöllchen der Erlen im Sommer zweierlei Pilz- hyphen in scheinbarem Zusammenhange. Die im primären Infektions- stadium dicken Hyphen werden mit dem Wachsen der Knöllchen immer feiner und bilden Bläschen. In den infizierten Zellen waren keine, in den nicht infizierten reichlich Stärkekörner. — Schon vor langer Zeit wurden die von der Tierwelt den Pflanzen zugefügten Schäden beschrieben. Die eingehenden Be- —. 316 — schäftigungen mit denselben führten in den letzten Jahrzehnten zu mancher wichtigen Errungenschaft auch auf dem Gebiete der Zoologie. Namentlich sind es biologische Momente aus dem Tierleben, welche in ein besseres Licht gestellt, beziehungsweise erweitert "wurden; viele Arten, die man für unschädlich hielt, erwiesen sich als Feinde der Pflanzenwelt: so mehrere karnivore Laufkäfer, welche phytophag auftraten (1884), so die Beschädigung der Obstkulturen durch Pentatoma und andere Wanzen (1884). Das Vorkommen der Haus- milbe auf Äpfeln, besonders in den Vorräten, ist für einen großen Teil von Deutschland, Frankreich, England und die Niederlande zu einer Wohnungsplage geworden, die Miterkrankung der Bewohner selbst verursachend. ) Eine nähere Aufmerksamkeit wurde den Wechselwirkungen zwischen Tieren und Pflanzen gewidmet: Schnecken, Lurche als Verbreiter von Pilzen (Wagner, Voglino 1896!%; die als Mykozoozezidien bezeichnete Symbiose von Pilzen und niederen Tieren an höheren Gewächsen (in Hanfstengeln, in Capparis- Blüten u. dgl.); die Tötung von Larvenstadien der Insekten durch Pilze, usw.!5) sind neuere Beobachtungsergebnisse. Auch die Kenntnisse über einzelne Tierarten und über den Entwicklungskreis anderer wurden erweitert. Es sei auf die Studien Franceschinis am Winterei der Reblaus hingewiesen, auf Rileys Beobachtungen über den Generationswechsel von Phorodon humult, auf Cholodkovskys Kenntnis der Chermes- und Lachnus-Arten und deren Parthenogenese, wobei er »physiologische Rassen« auf- stellt. Weitgehende Untersuchungen wurden an Nematoden an- gestellt. Voigt beweist durch Zuchtversuche, daß Heterodera Schachtii sich von H. radiecicolu (entgegen anderen Autoren) spezifisch unterscheide; erstere Art bildet niemals Gallen. Ebenso fand Liebscher,daßH.Göttingiana, die Erbsennematode, auf verschiedenen Leguminosen, nie aber auf Gräsern und Kreuzblütlern schmarotzt, während H. Schachtii auf Hülsengewächsen nicht vorkommt. Nach Mitteilungen von Vuillemin und Legrain findet sich A. radieicola in Gemüsegärten in der Sahara, in den Wurzeln von Runkelrüben, Eierpflanzen, Tomaten, Sellerie und bedingt daselbst eine eigen- artige Symbiose. Die Pflanzen vermögen dadurch hinreichende Wassermengen in den Wurzeln zurückzuhalten. Aus der Abhandlung von Vanha und Stoklasa (1896) erfahren wir, daß es nicht eine Rübennematode gibt, sondern wir lernen darin sechs Dorylaimus-, 20 T'ylenchus- und noch andere Arten kennen. Vanha beschreibt — 317 — auch die mit Hollrungs »Rübenschwindsucht« identifizierte Ne- matodenkrankheit näher !%); an den faulenden Rübenteilen fand Ver- fasser keine Pilze. Auch der vielen anatomischen Untersuchungen über den Bau von Gallen und der Versuche, diese experimentell hervorzurufen (vel. Beijerinck u. A.) wäre hier zu gedenken, allein eine Berück- sichtigung von Gallengebilden bleibt, wie jene von Mißbildungen, grundsätzlich hier ausgeschlossen. — Eine nähere Beschäftigung mit den phanerogamen Schmarotzer- pflanzen ebnete den Weg zur Erkenntnis des Verhaltens der Samen vieler derselben bei der Keimung, über die Entwicklung der Hau- storien und ihrer Vereinigungsweise mit den Gefäßbündeln der Wirt- pflanze. (Vgl. Koch 1883 und 1887 und die biologischen Studien von Heinricher 1893 ff.) Die Mehrzahl der die Landwirtschaft treffenden Krankheiten wird wohl von Pilzen verursacht; naturgemäß befaßte sich die Pathologie am eingehendsten mit diesen. Dadurch trug die Phyto- pathologie zur Bereicherung der Kenntnisse in der Mykologie wesentlich bei. Es können hier aber nur die allgemeinen Umrisse dieser Einwirkung angedeutet werden. Über die Art und Weise, wie sich die Pilze der Wirtpflanze bemächtigen, wie sie sich darin entwickeln usw. erfahren wir viel Neues durch Marshali Ward. Alles deutet auf die Existenz von Enzymen oder Toxinen oder von beiden in den Zellen des Pilzes und von Antitoxinen oder ähnlichen Substanzen in den Zellen der Wirt- pflanze hin; nur sind bis jetzt solche Substanzen nicht isoliert worden. Die Resultate liefern einen Beweis, daß latente oder ruhende Krankheitskeime in den Pflanzen selbst nicht existieren, sondern daß jeder Pilzfleck von einer bestimmten infektionsstelle seinen Ausgang nimmt. Auch Laurent behauptet, auf Grund seiner Untersuchungen an der Kartoffelkrankheit, daß die Pflanzenparasiten der Mitwirkung von Diastasen bedürfen, um in die Gewebe einzudringen, indem diese die Interzellularsubstanz auflösen. Starke Stickstoffdüngung vermindert die Widerstandsfähigkeit der Kartoffeln gegen Phytophthora; Kalk, die Nitrifikation im Boden befördernd, scheint indirekt einen ungünstigen Einfluß dadurch auszuüben. Cladochytrium pulposum, Parasit der Zuckerrüben, besitzt nach Vuillemin einen Saug- apparat aus nacktem körnigen Protoplasma, mit vielen Kernen und Fibrillenbündeln. Jener korrodiert die Zellulosemembran und bildet .enge Löcher oder breite Öffnungen, bald ohne Hypertrophien ur SB hervorzurufen, bald die Zellen zu einem Riesenwachstum reizend. Smith beschreibt!) das Verhalten der Erysipheen: An der Be- rührungsstelle der Wirtpflanze mit Erysiphe communis geht eine Ver- dickung der Epidermiswand voraus. Es bildet sich ein ins Lumen vorspringender Membranzapfen, den die junge Hyphe durchwachsen muß, um in das Zellinnere zu gelangen, wo sie zum Haustorium wird. Dieses enthält nur einen Zellkern; die Scheide, die es umgibt, besteht aus modifizierter Zellulose und der Plasmahaut der Epidermis- zelle. Bei Uncinula läßt die lebhafte fermentative Wirkung, die von den Hyphen ausgeht, die Scheide in den Epidermiszellen nicht auf- kommen, sondern erst in den subepidermalen oder noch tieferen Gewebeschichten wo die Fermentwirkung der Hyphen schon empfindlich abgeschwächt sein dürfte. Daß ein gesundes Oberhaut- gewebe nicht leicht von Hyphen durchbrochen wird, bewiesen Wehmer an Kartoffeln (1898) und Zschokke an Äpfeln und Birnen (1897); Aderhold fand dagegen an den letzteren, daß je länger die Organe durch Witterungsverhältnisse in den Jugend- stadien erhalten werden, desto schwächer bleiben sie und werden für die Infektion von Fusicladiwm zugänglicher. Zu einer eigen- artigen Auffassung gelangt Eriksson, dem wir eine Reihe inter- essanter Studien an Rostpilzen verdanken. In dem peripheren Ge- webe von Getreidekörnern kommen Myzelien und Teleutosporenlager vor, jedoch in dem Keimling läßt sich keine Pilzspur finden. Der Pilz, welcher vordem ein latentes Leben geführt und im Korn ge- wissermaßen einen mykoplasmatischen Zustand durchgemacht hatte, erscheint, sobald die Anfänge des Rostes sich zeigen, in Form von kleinen plasmatischen Körpern, welche die Wandung durchbohren und einen interzellularen Myzelfaden bilden, dessen Haustorium in der Zelle verblieben war. Wohl erklärt Marshall Ward die Auf- einanderfolge der Entwicklungsstufen von Eriksson für völlig verkehrt aufgefaßt und dessen corpuscules speciaux als von den Hyphen erzeugte Haustorien '®), und Lindau sagt »solange nicht streng wissenschaftlich erwiesen wird, daß das Mykoplasma im Ge- treidekorn sitzt, wie es hineinkommt und sich mit den Zellen teilt, und wie das nackte Plasma zum Myzelstadium übergeht, wird man das Mykoplasma in das Reich der haltlosen Hypothesen verweisen müssen«. Mit großer Klarheit legt Wakker die Tätigkeit dar, welche die Pilze in den Geweben ihrer Wirte vollziehen; er führt viele typische Fälle vor und weist dabei auf manche Abweichung von den aufgestellten Typen hin. — 319 — Über die Ernährungsbedingungen der Pilze sagt Brefeld, daß bei Brandpilzen die Nährpflanzen ohne Stickstoff nicht existieren können; die Brandpilze vermögen keinen freien Stickstoff zu liefern. Carleton findet, daß Schwermetallverbindungen und starke Säuren dem Wachstum der Uredineen schädlich sind ; Alkaloide sind schädlich ; Kaliumsulfid und Natriumhyposulfid (sonst fungizid) sind gegen Rostpilze vollkommen wirkungslos. Clark experimentierte mit Schimmelpilzen in verschiedenen Salzlösungen, selbst giftigen (Strychnin, Blausäure) und in Säuren, bezüglich ihres Verhaltens in diesen Medien. Inwieweit die Entwicklung von Pilzen von Tempe- raturgrenzen abhängig sein kann, hat Thiele (1896) für Schimmel- pilze angegeben und Eriksson findet bei seinen Uredineenstudien, daß Abkühlung bis in die Nähe des Nullpunktes häufig die Keim- fähigkeit ihrer Sporen in auffallender Weise steigert. Interessant ist auch das Wahlvermögen der Pilze für ihren Wirt. Plowright beweist, daß die Phytophthora-Krankheit der Kartoffelknollen nur einer örtlichen Infektion durch aufgespülte Sporen zuzuschreiben sei. Damit würde übereinstimmen, was Lawson nach langjährigen Beobachtungen sagt: die nahe der Oberfläche gelegenen Kartoffeln, dünnschalige Varietäten und solche mit großzelligem Grundgewebe erkranken leichter als deren Gegen- sätze. Die Versuche von Stäger ergaben, daß einzelne Gräser- arten bei Übertragung von Olaviceps völlige immun bleiben, während andere erkranken. Daraus wurden die im Freien auf jenen Arten vorkommenden Mutterkörner für biologische Arten angesprochen. Behrens gibt an, daß zur Erkrankung der Reben bei Wurzel- schimmel eine hochgradige Disposition vorhanden sein müsse und Sorauer fand, daß die Früchte von gepfropften Apfel- und Birnen- reisern leichter der Fusieladium-Invasion anheimfielen als das Obst des ursprünglichen Stammes. Durch ein eingehendes Studium der Pilzarten wurden mehrere, die nur als Entwicklungsformen bekannt waren, als metagenetische Formen bereits bekannter Arten richtig gestellt. Tubeufs Unter- suchungen bewiesen, daß verschiedene Arten von Gymnosporangium auf dieselbe Wirtpflanze mit verschiedenem Erfolge übertragbar sind und Hartig fand, daß die verschiedenen Melampsora-Arten nur durch die Natur der Wirtpflanze ausschließlich bedingte Formen einer Art sind. Falk seinerseits vermochte durch Kulturen des Hausschwammes zwei Merulius-Arten zu unterscheiden. Erikssons Studien ergaben, daß die früheren drei Getreiderostarten in zwölf — 320 \— verschiedene zu zerlegen sind. Aus Herzbergs kritischen Unter- suchungen geht hervor, daß Ustilago Carbo in Kulturen in fünf Arten aufzulösen ist. Noch weitere derartige Spezialisierungsfälle ließen sich anführen, wobei noch auf die »biologischen Rassen« von Rostrup, d: i. morphologisch identische Formen, ursprünglich Parasiten einer Art, welche sich später besonderen Pflanzenarten oder -varietäten allmählich angepaßt haben, und auf Salmons »über- brückende Arten« aufmerksam gemacht werden möge. Mit dem letzteren Ausdrucke bezeichnet man Arten, weiche auf zwei spezifisch verschiedenen Wirtpflanzen erst nach Zwischenkulturen auf einer dritten verschiedenen Art sich übertragen lassen. Auf die von Frank aufgestellte Mykorhizatheorie kann nur vorübergehend hingewiesen und dazu ergänzt werden, daß Ka- mienski Mykorhiza bei den meisten Pflanzen für eine Krankheits- erscheinung hält. Ebenso möge des Parasitismus von Bakterien hier nur insoweit gedacht werden, als, entgegen den noch vor wenigen Jahren geltenden Ansichten, von Sorauer, Smith, Bolley u. A. nahezu übereinstimmend nachgewiesen wurde, daß viele Pflanzenkrankheiten von Bakterien verursacht werden !?). Auch wird die Wirkungsweise dieser Organismen dahin charakterisiert daß sie das Protoplasma zerstören, die Zellwände lösen, Stärke- körner scheinbar aber nicht angreifen, wobei der Saft der erkrankten Teile eine ausgesprochen alkalische Reaktion annimmt. Die nachteilige Einwirkung der Umgebung auf die Gewächse ist mehrfach aus physiologischen Untersuchungen bekannt; umge- kehrt erwuchs aber aus den Beobachtungen an kranken Pflanzen auch für die Wissenschaft ein Vorrat von verwertbaren Erfahrungen. Schimper bezeichnet als Raumparasitismus den Kampf der Ge- wächse in den Beständen um Luft und Licht. Müller-Thurgaube- obachtete, daß Sonnenbrand an Trauben am meisten dann sich zeigt, wenn naßkalte Witterung den heißen Tagen vorangeht. Er erklärt dieses einerseits durch den größeren Wassergehalt der Beeren und anderseits durch die geringere Verdunstung und demgemäß auch geringere Abkühlung in feuchter Luft. Dagegen fand Sorauer, daß die Pflanzen zur Zeit herabgedrückter Assimilationstätigkeit bei Lichtarmut einen Reiz durch erhöhte Wärme bei verhältnismäßig über- reicher Wasserzufuhr erlitten haben und darauf durch Zellstreckung auf Kosten des vorhandenen Zellinhaltes antworten. Es bilden sich auf Blät- tern und Zweigen korkige Intumeszenzen, zurückführbar auf Paren- chymzellen, welche dieOberhaut zunächst emporheben, dann sprengen. say Die Luft in der Nähe von Hüttenwerken, Fabriken usw. ist reich ann verschiedenen Gasen, deren nachteilige Wirkung auf die Vegetation von mehreren Autoren erkannt wurde. Eingehend hat sich mit der Frage auch Brizi in den letzten Jahren beschäftigt. Schwefeldioxyddämpfe bewirken Kontraktion des Plasmas, Faltung der Wände, Vergilben und starke Quellung der Chloroplasten. Bei lederigen Blättern treten diese Verhältnisse langsamer ein. Salzsäure- dämpfe setzen den Zellturgor nicht herab, die Wände bräunen sich, ohne Falten zu bilden, die Chloroplasten werden bei unveränderter Form hyalin, die Stärkekörner werden braun, ohne aufzuquellen, Fluorwasserstoffdämpfe bedingen, daß die Blätter die Transpirations- fähigkeit verlieren. Die Wasserentziehung ist energisch, und zwar desto rascher, je schwächer die Cuticula ausgebildet ist. Plasmolyse wurde niemals beobachtet. Das Zellplasma bleibt lange undurch- lässig und löst sich kaum von der Wand los; die Chlorophyll- körner werden gelb, quellen nicht auf; ebenso nicht die Stärke- körner. Nach Wielers Ansicht liegt die Sache so, daß in den Rauchschadengebieten die Verschlechterung des Bodens — gleich- viel ob durch schweflige oder durch Salzsäure bedingt — die chronischen Beschädigungen der Bäume bewirkt, daß hierbei die Verarmung des Bodens an Nährstoffen die Verfärbung der Buchen- blätter und der Fichtennadeln hervorruft, während die veränderte physikalische Beschaffenheit des Bodens, namentlich hinsichtlich der Wasserkapazität und des Gehaltes an Humussäure, durch die erschwerte Wasserversorgung bei Buchen und Eichen das Absterben der Bäume vom Wipfel aus veranlaßt, bei der Fichte den Verlust der älteren Nadeljahrgänge herbeiführt. Allgemein wurde bei einer Aschenanalyse der beschädigten Blätter und Nadeln gefunden, daß der Kohlendioxydgehalt bedeutend geringer war als unter normalen Umständen. Auch der Salzgehalt der Luft am Meeresstrande bräunt die Kiefernadeln (Anderlind 1898). Ausströmendes Leuchtgas führte in einer Ulmenallee Wurzel- vergiftung herbei (Wehmer); Azetylengas im Boden bewirkt Erstickung der Wurzeln, in feuchtem Boden rascher als in trockenem (Brizi). Die elektrischen Entladungen der Atmosphäre verursachen an den Pflanzen die mannigfachsten Veränderungen, welche als »Blitz- schläge« allgemein zusammengefaßt werden ?®®). Doch sind diese Fälle noch gar nicht unter einem gemeinsamen Gesichtspunkte vereinigt worden; die Literatur begnügt sich von Braun (1869) und Wiesner-Festschrift 21 RE... Colladon?:!) ab meist mit der Schilderung der Wirkung des Blitzes auf die Bäume. Räthay (1891) und später Ravaz und Bornet (1900) haben die Folgen der elektrischen Entladung am Weinstock eingehend anatomisch verfolgt. Die Veränderungen er- strecken sich auf Holz und Rinde; das junge Holzgewebe wird braun, seine Zellwände verdicken sich nicht, das Lumen ist leer. Die beschädigten Rindenpartien werden von Kork und Holz insel- artig eingeschlossen. Das Kambium hört eine Zeitlang auf, normales Holz zu bilden, dadurch schiebt sich eine unregelmäßige Gewebe- schicht (ein Kallus) zwischen das alte und neue Holz. Ravaz und Bornet haben auch künstlich mit Funkenelektrizität den Wein- stock behandelt, während Tubeuf elektrische Funken von einem mittelgroßen Induktor auf Nadelhölzer überspringen ließ. In beiden Fällen war ein Vertrocknen der Triebe, beziehungsweise eine Gipfel- dürre die Folge?) davon. Nach Stone fügen Wechsel- und direkte Ströme der elektrischen Anlagen unserer Städte den Baumpflanzungen den größten Schaden durch örtliche Verbrennungen zu, welche bei trockenem Wetter gering sind und erheblich werden, wenn die Rinde naß ist. Die geringste Widerstandsfähigkeit zeigen das Kambium und die benachbarten Gewebe. Erdentladungen bei Gewittern können Bäume verstümmeln und töten. Weniger sind wir über die Wirkung des Hagels unterrichtet und finden sich nur entgegengesetzte, selbst sich widerstreitende Ansichten in der Literatur vor; namentlich über die Natur der Um- gebung, mit Rücksicht auf die Häufigkeit der Hagelschläge. Das strichweise Niedergehen des Hagels hat eine geniale Idee herangereift, nämlich das sogenannte Wetterschießen ?’) als Abwehrmittel gegen jene schädliche meteorische Erscheinung zu üben. Die ersten SchieB- versuche sollen in Nordamerika vorgenommen worden sein, später in Steiermark, hierauf in Italien. Auf dem Kongresse zu Casale wurden die in Piemont erzielten günstigen Erfolge gepriesen (Dufour 1900), aber heute schaut man mit skeptischem Auge auf die gelungenen ersten Versuche zurück. Der Physiker Blaserna erklärte (1906) in einer Akademiesitzung der Lincei, daß die in Italien systematisch angestellten und durchgeführten Experimente eine Unhaltbarkeit der Schießtheorie dargelegt haben. Über Frostwirkungen äußert sich Sorauer: Die leichten Be- schädigungen durch Frühfröste sind vorzugsweise mechanischer Natur; die chemischen Wirkungen des Frostes treten dabei in den Hintergrund. In noch weichen Trieben holziger Stämme bilden sich — 23 — kleine Zerklüftungen in äußerlich gesund aussehenden Regionen, ohne daß eine Verfärbung des Gewebes stattfindet. Bei rasch ein- tretenden starken Frösten überwiegt sofort die mit Bräunung und Tötung des Gewebes verbundene chemische Wirkung. Wachsende Pflanzen sind nach Galloway frostempfindlicher als ruhende, weil sie mehr Wasser enthalten. Ein trockener Sommer und ein nasser Herbst erzeugen ungünstige Bedingungen. Als »Winterbrand« bezeichnet Breitenlohner das Vertrocknen von Pflanzenorganen bei vorzeitiger Erweckung der vegetativen Tätigkeit infolge eines schneearmen, warmen, fast niederschlaglosen Winters. Als Folgen von Spätfrost stellen sich bei Bäumen Doppelringe ein (Hartig); Frühjahrsfröste erzeugen zuweilen Frostblasen auf der Unterseite der Blätter (Solereder) und bedingen selbst Schorfbildung an Apfel- und Birnstämmen (Sorauer). Auch auf dem Gebiete der Pathologie wurden Untersuchungen über das Gefrieren und Erfrieren der Pflanzen vorgenommen, Ex- perimente angestellt. Es braucht aber diesbezüglich nur auf die Handbücher der Physiologie hingewiesen zu werden. (Vgl. die maßgebenden Arbeiten von Müller-Thurgau und die Unter- suchungen von Molisch.) Abgesehen von den biologischen Momenten, welche sich an die Vorgänge des Gefrierens der Gewächse knüpfen, stellen sich bei den Pflanzen unter dem Einflusse niederer Temperaturen im Freien zahlreiche Erscheinungen ein, welche pathologische Zustände bei jenen veranlassen. Auer be- richtet, daß an Aesculus-Blättern nach einem Frühjahrsfroste ganze Gewebspartien abgestoßen wurden, so daß die Blätter durch- brochen aussahen. Das vom Froste nicht verletzte Gewebe bildete ein Wundperiderm aus. Die Assimilationsenergie eines gesunden und eines angefrorenen Blattes zeigte sich für gleich große Blatt- flächen gleich stark. Die chemischen Analysen von Strohmer und Stift bei Zuckerrüben nach einem Gefrierprozeß ergaben, daß die Gesamtheit der Stickstoffsubstanzen nicht verändert, ebenso- wenig gegen das Verhältnis zu Eiweiß verschoben wird. Auch der Gehalt an Fetten, Pentosen und Mineralstoffen erfährt keine Änderung. Die stickstoffreien Verbindungen der Rohfaser werden für Säuren und Alkalien löslicher gemacht; sie gehen in den Saft über und bedingen eine Erhöhung des Nichtzuckergehaltes. Saccharose bleibt unangegriffen, Invertzucker wird nur wenig reduziert der Säuregehalt nimmt zu. Auf die Tragweite der Schäden durch Gefrieren übt die Natur und die Bearbeitungsweise des Bodens 212 — 324 — nach Voglino einen bedeutenden Einfluß aus. Matruchot und Molliard schließen aus der Gleichheit der Erscheinungen, daß der Tod durch Erfrieren ein Vertrocknen ist. Moebius beobachtete, daß Pflanzen auch durch Erkältung leiden, und zwar werden die Folgen davon in einem Verwelken der ganzen Pflanze oder ihrer empfindlichen Teile sichtbar. Schroffe Wechsel des Luftmediums, extreme Unterschiede in den Temperaturgrenzen des Tages, heftige Winde bedingen nach Nobbe reichlichen Laubfall (bei Erlen im Sommer). Diese Erscheinung kann jedoch unter Umständen auch von Schädigung der Wurzeln durch stagnierende Bodennässe oder Verwundung (Molisch) bedingt werden; ein intensiver Laubfall an Ölbäumen (Herbst 1893 bis April 1897) wird nach Bracci auf Mangel an Kalk im Erdboden zurückgeführt. Sorauer bezeichnet vorzeitigen Laubfall bei Kirschen als Ursache der »Lohkrankheit«. Dadurch war die Verdunstung herabgedrückt, der Turgor in den jugendlichen Geweben gesteigert und eine Lentizellenwucherung die Folge dieses lokalen Wasserüberschusses. — Seitdem die Abwehr von Pflanzenkrankheiten nicht mehr empirisch betrieben, sondern auf wissenschaftlicher Grundlage geübt wird, gelangte man zur Kenntnis von manchen Einzeiheiten, welche auf das Leben der Pflanze Bezug haben: von den für die Chemie und für die Praxis erzielten Erfolgen gar nicht zu reden. Ge- legentlich der Bekämpfung des Oidium Tuckeri wies Mach ein chemisch verschiedenes Verhalten des feingemahlenen Schwefels im Gegensatze zu Schwefelblumen mikroskopisch nach, und Anderling fand, daß jede Abweichung der Luftwärme über oder unter 25 bis 31°C einen unsicheren Erfolg von dem Schwefeln liefert. Be- kannt sind die Behandlungen von Getreidekörnern zur Tilgung der daran haftenden Brandsporen; Interesse erweckten die Versuche von Griffiths, welcher Sporangien von Phytophthora infestans mit Gips und Kalk fein gemahlen monatelang bei 35° C erhielt, ohne daß jene die Keimfähigkeit verloren hätten. Erst eine Austrocknung von zehn Monaten tötete die Sporen. Bei Berührung des Pilzes oder seiner Sporen mit 0'1/, Eisenvitriollösung findet eine sofortige Zer- setzung der Zellmembran statt. Wüthrich faßt die Wirkung fungizider Lösungen folgendermaßen zusammen: Sie wirken in doppelter Beziehung auf die Pilzsporen nachteilig ein; 1. durch ihre von der Konzentration abhängige osmotische Tendenz, wodurch der Turgor vermindert wird; 2. durch eine von der Natur der ge- lösten Substanz abhängige spezifische Giftwirkung. Die Sporen ver- = 325 = schiedener Pilze zeigen ungleiche Widerstandsfähigkeit. Die Ver- suche, den Pflanzen Gifte (Kupfersulfat, Zyankalium, Alkaloide etc.) einzuimpfen oder solche durch die Wurzeln aufsaugen zu lassen, um die Gewächse gegen Pilze zu immunisieren und selbst Blatt- läuse und ähnliche Feinde von ihnen fernzuhalten, können vor- läufig keine befriedigenden Erfolge aufweisen. Wohl behauptet Mokrzecki, daß eine innere Therapie der Pflanzen in der Praxis gut verwendbar ist und bei weiterer Ausbildung günstige Resultate erwarten läßt; er selbst findet aber, daß der unmittelbare Gebrauch von Giftstoffen bis jetzt keine positiven Ergebnisse geliefert hat. Die äußere Behandlung der Pflanzen mit Kupfersalzen belehrte uns über manche Mitwirkung des Metalls auf den lebenden Organismus und über den verschiedenen Widerstandsgrad der pflanzlichen Zellen, Eine begünstigende Wirkung des Kupfers auf höhere Pflanzen wurde , in keinem Falle beobachtet. Die energische Inangriffnahme eines theoretischen Pflanzen- schutzes bereitet die Grundlage vor, auf welcher derselbe als ein eigener Zweig der Wissenschaft erstehen wird. Kommt dazu eine genaue Bearbeitung der Statistik der Pflanzenkrankheiten, wie sie immer mehr angestrebt wird, dann wird sich aus ihr erst eine Pflanzenhygiene heranbilden können. Die strenge Durchführung eines Pflanzenschutzes hat auch in soziale Verhältnisse vielfach eingegriffen. Es sei nur auf das Verbot der Berberitzenkultur in der Nähe von Weizenfeldern hingewiesen. Ähnlicher Art sind die Gesetze, welche zur Einschränkung der Reblausschäden und des Umsichgreifens von Blackrot die Versendung von Weinstöcken nicht gestatten; ebenso die Einfuhrverbote von amerikanischem Obst zur Hintanhaltung der Apfelschildlaus usw. Daß solchen Maßregeln mitunter viel mehr Nachteile gegenüberstehen, als unter Umständen von ihnen ein wirksamer Erfolg zu erwarten sei°*), möge hier un- erörtert bleiben. Soziologisch wichtig ist aber die nähere Kenntnis manches Pflanzenfeindes, besonders der verschiedenen, das Bau- und anderes Werkholz zersetzenden, allgemein als »Hausschwamm« bekannten Pilzarten. Fragen wir zum Schlusse, wie weit im Laufe der letzten Jahr- zehnte die Pflanzenpathologie an sich gediehen ist, so begegnen wir hier grundlegenden Gesetzen, welche man noch vor wenigen Jahren nicht geahnt hätte. Es ist nicht die Erscheinung der Krankheit als solche, auch nicht deren Erreger das allein Maßgebende; die Aufmerksamkeit der Pathologie richtet sich zunächst auf die Pflanze Ba selbst, dann auf ihre Umgebung und zieht erst in zweiter Linie die Ursache der Krankheit mit den Nebenumständen in Betracht, um danach eine richtige Abwehr des Übels in Angriff zu nehmen und ein weiteres Umsichgreifen desselben zu verhindern. Man wendet sich derzeit mehr der Pflanzenpflege zu. Die Frage wird sein: Wirt- pflanze und Schädling in den gegenseitigen Abhängigkeitsverhält- nissen abzuändern. Chemische und physikalische Untersuchungen werden neben den mikroskopischen einen breiten Raum einnehmen müssen. Sorauer sagt, daß einzelne Spezies oder Varietäten unter denselben Vegetationsverhältnissen nmebeneinander stehend schwer erkranken, andere gar nicht. Diese Wahrnehmung weist mit Notwendigkeit darauf hin, daß sowohl im Bau als auch in der Entwicklung der Arten und oftmals der Individuen Verhältnisse zu ‚finden sind, die ausschlaggebend für die Infektionsfähigkeit werden. Damit begründet er seine Ansicht über eine Prädisposition der Pflanzen zu den Krankheiten, welche Ansicht von vielen geteilt und durch Beobachtungen näher befestigt wurde. Diese Prädisposition muß nicht eine konstante sein, sondern sie kann sich im Laufe der Zeit aus inneren oder äußeren Ursachen ändern. Jickeli vertritt in seinem Versuche einer neuen Deszendenztheorie (1902), welche Sorauer”) als »pathologische« bezeichnet, einen eigenen Stand- punkt, der vielfach ein verkehrter ist. Für ihn ist die Unvollkommenheit des Stoffwechsels, also ein Schwächungszustand der Pflanze, die Veranlassung zu mannigfaltigen Erscheinungen, so Laubfall, Ver- wachsung der Gewebe bei Baumveredlungen, Krebsbildungen an Bäumen u. dgl, welche nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen eher auf Steigerung der Stoffwechselvorgänge beruhen, statt um- gekehrt. Während diese eigenartige Auffassung hier nur gestreift wird, sei zur Charakterisierung des heutigen Standpunktes auf die Er- gebnisse der Kongresse zu Paris und Rom hingewiesen: die Ver- breitung der parasitären Krankheiten hängt nicht von der Häufigkeit der Parasiten allein ab, sondern auch von der Konstitution und dem Gesundheitszustande der Pflanze. Anmerkungen. !) Die Zitation der Literatur muß aus Verlagsgründen unterbleiben. — Ich bemerke noch, daß ich in einen guten Teil der herangezogenen Abhand- lungen selbst Einsicht genommen habe, aber daß ich viele derselben nur aus den Rezensionen kenne. — 327 — 2) Vel. Wiesner in Botan. Ztg. 1885, woselbst auch pathologische Fälle berücksichtigt werden. >) Wakker meint, die Gummosis der Hyazinthen sei nicht von Organismen verursacht, aber sie prädisponiere wohl die Pflanze zu anderen Krankheiten. *) Auf Bras Behauptung (Compt. rend. Paris 1399), daß der »Krebs« an Bäumen sehr nahe verwandt sei mit dem Krebs des Menschen, sei nur vorüber- gehend hingewiesen. Vgl. auch Feinberg in Deutsch. medizin. Wochen- schrift 1902. 5) Auch die »Mosaikkrankheit« des Tabaks gehört hierher. 6) Zeitschr. für Pflanzenkrankh. XV (1905). ’) Eine wässerige Eisenvitriollösung dem Boden zugesetzt, bedingte über einen gewissen Konzentrationsgrad hinaus eine Schädigung des Fruchtansatzes der Zerealien, ohne das vegetative Wachstum stark zu schädigen (Mayer im Journ. f. Landw., Bd. 40). ne °) Vel. Loew und May in U. S. Depart. Agric., Bull. I, °) Coupin gibt in Compt. rend. Paris (1898) eine Tabelle der geringsten Kupfermengen, welche Getreidepflänzchen in Wasserkulturen zu töten ver- mögen. Benecke (1895) hatte gefunden, daß Zinksulfat in hinreichender Ver- dünnung das Wachstum der Pilzvegetation fördert, Kupfersulfat jenes von grünen Pflanzen. 1, Sorauer erwähnt, daß reichliche Düngung Efeupflanzen für eine Phoma-Epidemie empfänglich machte und möglicherweise auch üppige Flieder- triebe für eine Bakterieneinwanderung prädisponierte. Hennings findet da- gegen, daß mehrere Stauden durch kräftige Ernährung den Angriffen von Parasiten (Uredineen, Ustilagineen) gegenüber widerstandsfähiger wurden. 11) S, Blätter f. Rübenzuckerbau, 1901. 2), Vol. Brizi in Annuar. Ist. agrar. Ponti; Milano 1905 u. 1906. 1253) Nach Vuillemin und Legrain (1894) fehlen den Leguminosen in der Sahara die Wurzelknöllchen infolge der Trockenheit des Bodens. 14) Rudow behauptet, daß Exoascus Prruni auf Prunus-Arten und Roestelia auf Pomaceen erst durch Rhynchoten und Milben übertragen werden. De Bary war es nicht gelungen, Exoascus selbständig zu übertragen und zur Entwicklun g zu bringen. 5) Cuboni und Garbini erwiesen einen Zusammenhang zwischen den die Schwarzfleckigkeit der Maulbeerblätter erzeugenden Bakterien und der als Schlafsucht bekannten Seidenraupenkrankheit (1890). Peglions Versuche (1898) streiten das entschieden ab. 16) In Zeitschr. f. Zuckerrüben-Ind. in Böhmen, XVII. 17) In Botan. Gaz., 1900. #) Klebahn (1898) meint: »Die Resultate zahlreicher Versuche sind ge- eignet, die Theorie von Eriksson zu erschüttern; doch sind die Versuche noch nicht zahlreich genug, wie Verf. selbst hervorhebit.« 1%) Migula (Semerang 1892) gibt einen Überblick der pathogenen Bak- erien, die er in echte, wahrscheinliche und zweifelhafte einteilt. 20) Vgl. Klein, Das Gewitter, 1871. 1) In Ann. Phys. et Chim. XXI. Vgl. Andre, Les arbres paraton- neres (1884). — 328 — ®) Moeller erwidert, daß in den meisten Fällen der Gipfeldürre die Bäume von Tieren beschädigt worden waren. 23) Daß durch Kanonendonner Gewitter verscheucht wurden, findet man aus früheren Zeiten (1680 und später) angegeben. Ende des 18. Jahrhunderts war das Wetterschießen in Österreich außerordentlich verbreitet. >) Vgl. Sorauer in Verhdlig. 15. Skandin. Naturf.-Vers., Stockholm 1899 25) S, die Rezension in Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., XIV. Über Wiesneriomyces, eine im Jahre 1906 in Java entdeckte Oattung der Tuberculariaceae- Mucedineae-Phragmosporeae von S. H. Koorders (Utrecht). Mit einer Textabbildung. Eingelangt am 26. September 1907. Wiesneriomyces, Koorders in Botanische Untersuchungen über einige in Java vorkommende Pilze, besonders über Blätter be- wohnende, parasitisch auftretende Arten in Verhandl. Koninkl. Aka- demie v. Wetenschappen Amsterdam, Tweede Sectie, Deel XIII (1907), No 4, pag. 246, Abbild. 57. — Sporodichia pulvinata, sessilia vel rarius basi coarctata et stipitata, fusca, subfragilia, non gelatinosa, amphigena, plerumque hypophylla, superficialia, basi setis numerosis, curvatis, fuligineis, septatis, erectis ornata. Conidiophora brevissima, cylindracea, hyalina, simplicia. Conidia cylindracea, curvata, basi et apice attenuata, levia, 3—8-septata, mox in articulos cylindraceos, trun- catos 4—9 secedentia, hyalina, in capitulum laxe aggregata. Diese neue Gattung wurde von mir benannt nach Herrn Hofrat Professor Dr. J. Wiesner in Wien. Die Gattung zeigt viel Übereinstimmung mit Chaetostroma Corda (Lindau in Engler-Prantl Natürl. Pflanzenfam. I, 1, pag. 513), jedoch sind die Conidien von Wiesneriomyces, wie aus obiger Diagnose hervorgeht, nie einzellig. Wiesneriomyces Javanicus Koorders in Verhandl., Kon. Akad. Amsterdam |. c. und in Notizblatt d. Kgl. botan. Gartens und Museums zu Berlin Nr. 40 (Sept. 1907), pag. 300 und 309. — Sporodichia basi setis 150—170 X 5 u. ornata. Hyphae steriles repentes vel endophyllae, setis maximis numerosissimis, sparsis, 350—500 y. longis, obscure fuligineis, basi dilatatis. Conidia 50—80 X 31/,—41/s ı. in articulos 10—12 X 31/,—4!/, v. secedentia. Wiesneriomyces Juwvanieus Koorders. — 1. und 2. Habitus des Pilzes auf einem Blatt von Ficus elastica Roxb.; Borsten tragende Conidienlager und große Borsten an sterilen Hyphen. — 3. Conidienlager mit einigen schon abgefallenen und zum Teil schon in Fragmente zerfallenen Conidien. — 4. Conidienträger und Conidien. — Für die Größen der Figuren wird hingewiesen auf die Maßangaben im Text. (Reproduziert nach der oben zitierten Abbildung in Verhandl. Kon. Akad. Amsterdam.) Auf abgefallenen, abgestorbenen Blättern von angepflanzten Bäumen von Ficus elastica Roxb. bei Penunggalar in der Provinz Kedu in Mitteljava am 24. April 1906 von mir beobachtet. Die von — 331 ° — mir gesammelten und dem Kgl. botan. Museum in Dahlem-Berlin geschenkten Herbarspecimina und mikroskopischen Präparate sind ° hier unter Nr. 114, 119 und 330. Serie 12, konserviert. In Reinkultur erhielt ich in Purworedjo (Java) in Nährlösung aus den Conidien ein reich verzweigtes, blaß gefärbtes, septiertes Myzel mit zahlreichen acusfruchtähnlichen Bildungen. Neue Conidien wurden in der Nährlösung nicht gebildet. Durch meine Abreise nach Europa mußte ich leider die Reinkultur abbrechen, als diese Bildungen noch nicht reif waren. Es sei hier noch bemerkt, daß die Conidien in großen Massen in auffallendem Licht eine schöne blaß rötliche Farbe zeigen, jedoch einzeln in durchfallendem Licht ganz hyalin sind. Z. Z. Kegel. botan. Museum in Dahlem-Berlin. Variegation in the Agaveae by William Trelease (Missouri Bot. Garden). Mit Tafel VI-XII und 11 Textfiguren. Eingelangt am 28. September 1907. Introductory. As a rule, botanists have taken little interest in variegated plants, regarding them as horticultural curiosities rather than com- ponents of the Vegetable Kingdom. The result is that they find scant mention in botanical literature where they are usually uncri- tically disposed of in the fewest possible words when they receive any notice at al. On the other hand, horticultural writers, when such plants possess commercial value, are likely either to record facts or express opinions without adding descriptions by which others may recognize them, or to characterize them as species, at once emphasizing the abnormality to which their decorative value is due and ignoring, failing to grasp, or stating with loose inaccu- racy their normal differentials. Concerning some of them, practically nothing has been printed aside from a record of the names under which they have received exhibition awards, or the offer of specimens in the catalogues of dealers. The more popular or easily multiplied kinds are well known in collections and usually have been more written about than the rarer or less sought forms, knowledge of which has sometimes rested with the introducer and the few gardeners or amateurs who have had the good fortune to see them at exhibitions or in private collections where they have remained all but unique. The purpose here is to enumerate the variegated forms of Agave and Fureraea that the writer has seen or found mentioned in print; to attempt such arrangement of their synonymy as is possible; to give an account of a median-striped form of a species not hitherto reported as variegated; and to indicate the nature and — 33 — seeming origin of such variegations — their catısation being un- known: — all, with a view to the conciseness of the present volume, in the briefest possible terms. Normal Markings. Generally speaking, the leaves of Agaveae are of a fairly uniform green on both faces or somewhat paler beneath. The ground color differs much in shade in different species and is often masked by a glaucous bloom. Frequently this vanishes in transverse bands which then are more distinctly green than the parts on which the bloom persists, — a fact of which the camera takes more cognizance usually than the eye. 4. marmorata owes its specific name to such marking. Abrasion of the bloom also gives rise to a variabie striate appearance in some cases (e. g. Fureraea Barilletti, Agave Vera, Cruz), and the impression made by the margins of contiguous leaves in the bud frequently brings into relief crenated patterns'). In A. Victoriae Reginae and the typical filiferous Littaeas, the cuticle is commonly torn in long strips from young leaves in the bud and adheres to those against which they have been pressed so as to produce a permanent and often decora- tive white or gray marking of the latter. Occasionally the leaves are more or less evanescently pur- plish when grown in strong light. In A. Karatto the edge of young leaves is usually narrowly margined with bright red, and in a considerable number of species it is translucently white (e. g. A. sisalana, some forms of 4. pendula) in the young leaves ?), either assuming the usual green color when older (A. sisalana), becoming partly or wholly dry and papery (A. Karatto, A. albicans), persisting of a subcartilaginous texture (A. tequwilana) or developing into a sclerenchymatous, brown or gray, usually easily detachable horny strip connecting the prickles, as in the so-called marginate Littaeas. The upper face is normally marked by a rather wide paler green longitudinal band down the middle in many of the marginate Littaeas (strikingly so in A. lophantha univittata and A. Peacockit), in some of the filiferous Littaeas, and in forms of A. pendula. In the marginate species it is also not uncommon for the lower, dorsal, ‘) Misinterpretation of an unsuccessful effort to depict these in color has led to an erroneous surmise that A. antillarıım was originally figured as variegated. ”) Koch (Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau 1865: 112) mentions a white-margined variety of the normally so-marked 4. (Manfreda) reroluta. — 34 — surface of the leaf to be paler than the upper, or ventral, except for interrupted narrow lines of dark green. The name A. multilineata has been used to designate one such case in the common “Lechu- guilla”, where, however, the often nearly white under surface assumes a much deeper tone under certain conditions of growth even in the same individual. Rarely, the Littaeas are mottled with whitish, purplish or bronzed blotches on one or both surfaces (A. Rovel- lianı or Terraccianoi), a state that is quite common and sometimes characteristic in the annual-leaved facemose species which have been properly segregated under the generic name Manfreda. Types of Variegation. None of these normal markings are included in the following consideration of variegations, which are abnormalities, comprising, in these genera, brilliant types of contrasting coloration though aside from green this is limited in nature leaves to white and yellow, a shade of rose color being sometimes superadded in young leaves. Essentially, the variegated forms are of two types, (1) with the margin white or yellow, and (2) with the margin of the normal green. In both, the marginal coloration is variably more or less decurrent into the central part in lines or bands of different width, and in the yellow-centered forms isolated lines of bright or pale green — the latter best seen when the leaf is held to the light — are not infrequent. When the intrusions of green are long and numerous, and equal or exceed the white or yellow in width, they form of the median-banded a seeming third form, that of striation. The limits between the contrasting colors are usually very sharp, though it sometimes happens that a bright green margin or stripe is flanked by a zone of paler green. One Linnaean species, Agave americana, epitomizes these types. Classification and Nomenclature. Horticultural nomenclature is attended with difficulties peculiar to itself. Botanists have never given much heed to suggestions such as Bossin’s'), that the more fixed forms receive binomial or trinomial Latin designation quite apart from that of their known or supposed wild prototypes; but the more comprehensive and ') Bull. Congr. Intern. de Bot. et d’Hort. Amsterdam. 352 (1866). — 355 — constant types of such forms as these variegated Agaveae are not adequately designated by the customary vernacular additions to the generic name or the specific binomial, as are transient florists’ forms. Where fairly definite types of variegation occur in a genus, and are given Latinized denomination, there is great advantage in having this uniformly applied to equivalent forms under its several species. Though some little violence is done thereby to priority rules, in the following enumeration (aside from the uncollocated Agave picta) the forms in which the etiolation is (1) marginal, (2) median, or (3) in numerous stripes or lines, have been designated respectively by the names (1) marginata, (2) medio-picta and (3) striata: but the synonymy under each is chronological, as to the first use of each name. Though the marginal and median variegations appear not to intergrade, difficulty will be found in differentiating the median and striate variegations, and both dealers and purchasers should understand the former of these to have the variegation fairly constant, averaging at least twice as broad as the green border at either side, and with less than one-half of its own width occupied by intruded stripes of green. Where the variegation ranges in color from nearly white to a deep golden yellow — the latter being more blanched when the plants are grown in insufficient licht — the color extremes, when really marked, deserve distinction, and in one case have been indicated by the undesirable additional expletives alba and «aurea: but these color forms appear to inter- grade completely, different as the extremes are. The species known to occur in variegated forms may be separated by the following key ’'): Leaves without end spine, at most ending in a short hard button . . Fureraea. Bsspisehlanı strong and. sStoutsi2 nn 0. aa at en rs Agave. Fureraea. Leaves repand-toothed, rough on back: stem tal. .». . 2.2.2.2... 'Selloa. Leaves usually entire and smooth: nearly stemless . . . ». 2... F. gigantea. Agave. Imilorescence-openly paniculate. - . . . 2 m WEN nn Euagave. usrescence/spicately. contracted . . . 0... an Numsrains Littaea. ') It is obvious that restricted keys of this sort may be used only for the separation of ihe forms they are actually based on. — 330 . — Euagave. End spine decurrent for a considerable distance (Submarginatae). Leaves long, thick, concave, upcurved, long-attenuate, rather evenly toothed. +5... an... lalre ll te We 1 22 RE 1 077 20 Leaves broad, thinner, convex in the middle, recurved, acute, very repandly and unevenly toothed.. . . . . ... 2, ArsHobimer: End spine not or scarcely decurrent on the leaf margin. Leaves thick and fleshy, elongated, mostly recurving at end, gray-glaucous (Americanae). Spine stout, recurved (1:4or5) . 2.20... 03, TAEEIERE Spine‘ slender, 'siraieht 4210) Fr st PRRERR 2 NP TALTDIBER: Leaves thinner but fleshy, broad, ty ee a at end, green (Soboliferae)!'). Variegation green-yellow - . . „2... ,2 0.07... AussobBluen Variegation bright. yellow. . . . 2... „00.0.0207 HE Leaves fibrous when mature, stiffly spreading (FTeigidae). Leaves very long, gray, slightly repand: stem tall . 4. foureroydes. Leaves short, greener, not repand: low . . . . .„ 4. angustifolia. Littaen. Leaves soft-fleshy, at most papery-margined: prickles very small and erowded ' Sue. 2 2a me ren a De a Leaves fibrous, horny-margined (Marginatae). Smooth, prickles rather small . 2 . . ....... 0. 2 A. Iophaniı Rough on back, prickles very large . . . . . . „4A. zylonacantha. The following key may serve to differentiate the forms, prima- rily by their variegation characters: — Variegation marginal. Leaf withoutend spine, at most with a short button. Furcraea Selloa marginata, End spine present (Agave). Leaves not horny-margined. Leaves fleshy, often concave. End spine long-decurrent: leaves upcurved Aendse.® sun .on en. 0. F. atrovirens marginata, End spine little if at all eh Leaves glaucous, gray, narrow, mostly recurved at end. Spine short and stout -. -. - . 2 2.2... 4. americana marginata. Spineislenders, 72 er - Leaves deep green, broader, eh: en at end Variegation gereenish . . .». 2» 2 .2.2.2..0.4. sobolifera margınata. Variegation yellow . . . . 2 2.2.02... 4. Morrisii marginata. !) Though apparently offering flower, fruit or panicle differentials, the species of this group seem scarcely separable as yet by foliage characters. = 930 Leaves fibrous, dagger-shaped, straight . . A. angustifolia marginata. Leaves with continuous horny margin . . 41. lophantha marginata. Variegation median (passing into the next). Leaf without end spine or with a short horny Bisktor: a nee na „ ‚Purcraea giganten' medio-picta: End spine present (Agave). Leaves not horny-margined. Leaves fleshy: plants stemless. Large, coarsely repand, withlarge distantteeth . A. americana medio-pieta, Small, not repand: prickles close and very aa ea Arralbicans- medso-picka. Leaves fibrous: plants with a trunk . . . A. foureroydes medio-picta. Leaves with continuous horny margin connecting the very larserteeih ©... 21.2... wenn. A. zylonacantha medio-picie. Variegation striate (passing into the preceding): end spine present (Agave.) End spine stout, scarcely decurrent, shallowly grooved: leaves thick, elonwated, Slattcous . ... . .. 2.2... „A: dmericana- sirigia. End spine slender, decurrent, deeply channeled: leaves thinner, with thin edges, broad, green when mature . . . 4. Hookeri striata. Synonymic List. Under each genus, the arrangement of species follows chronologi- cally the ascertained first appearance of a variegated form of each. but all variegations of one species are placed together. Many of the references cited are too indefinite to be located with certainty under a given form: such citations are grouped collectively under the species or its more generalized variegation type. No doubt some of the synonyms under Agave americana marginata and A. pict« should be transposed, but if so this can be secured only through thus calling attention to the uncertainty in the hope that the unrecorded knowledge of the few living gardeners who have authentic specimens bearing the doubtful names may be brought to a record. Though accessible dealers’ catalogues have been care- fully searched, it is certain that many really important items in these ephemeral publications have escaped notice. Agave americana L. 4. americana [variegated. Schlechtendal, Linnaea 5: 490. (1830). — Wallis, Belg. Hort. 1879: 198. — Gard. Chron. n. s. 20: 294. (1883). — Card. & Forest. 6: 300. (1893). A. americana variegata. Steudel, Nom. 2. ed. 36. (1841). ?? A. umbellata aureo-picta. De Cock, Cat. 4: 49. (1869— 70). Wiesner-Festschrift m [56) — 338. A. americana pieta. Terracciano, Primo Contributo ad una Monografia delle Agave. 41. (1885). — This includes all of the variegated forms of americana and also A. ornata and A. pieta. Except for well-drawn but very peculiar figures _ published in Marnock’s Floricultural Magazine in 1840 as representing a nearly white-margined form of this species, it might be said that all references to varie- gated Agaves before 1859 could be safely ranged under americana, — as has usually been done. Though the leaf illustration in the plate referred to shows americana passably well except for the very minute terminal spine, the flowers and buds are rather those of one of the sobolifera series, though not exactly those of any that I have seen, and the habit sketch y> might represent a plant of the same series rather than americana. The foregoing references can hardly be placed under either of the following A. americana. Varieties, A. americana marginata. A. variegata, Dietrich, Neues Lexic. 1, 110 (1825). — Schultes, Syst! 012:722. (1829), z Steudel, Nom. 2 ed. 37. (1841). Leiroy, ‚Bor Bermuda. 116 (1884). — Gardiner, Proc. Phila. Acad. 1889. 356. A. americana variegata. ?Tineo, Cat. Panorm. 15 (1827). — Roemer, Famil. Synops. Ensatae. 288. (1847), as to the marginal forms. — Garden. 4: 206. (1873); 40:297. (1891). — Gard. Chron. n. s. 4: 238, 366. (1875). — Nardy, Belg. Hort. 1875: 87. — Peacock, List. 1 (1878). — ?Tornabene, Hort. Bot. Catania. 211. (1887). Nicholson, Dict. 1: 33. — Journ. Hort. III. 23: 408. (1891). — Cameron, Cat. Bangalore. 2 ed. 198. (1891). — Kew Hand List Tend. Monocot. 107. (1897). — Lebl, Neubert’s Gart. Mag. 50: 15. (1897). — Rose in Bailey, Cyclop. 1: 34. (1900). 4. americana fol. variegatis. Seitz, Flora. 1856: 163. — Belg. Hort. S: 294. (1858). — Hamburger Gart.- und Blumenzeit. 31: 477. (1875). — Pana- telli, Malpighia 15: 378. (1901); 16: 502, 508. (1902); 17: 48, 94. (1903); 19: 56, 60. (1905); Zeitschr. f. Pflanzenkr. 15: 7. (1905). 4. americana [with marginal variegation]. Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. 1862: 59. Variegation marginal, from yellowish white ranging to deep golden yellow. Though there is ambiguity concerning the localization of the variegation in the earliest references, the fact that Jolyclerc in 1779, Merrem in 1811 andHaworth in 1812 knew only marginal variega- tions makes it improbable that either the striate or median-banded form had earlier attracted attention, but both, in several modifications, — 339 — were known to Salm in 1834. A writer in the Journal of Horticulture (III. 19: 229.—1889) states that the green form of americana was introduced into England about 1640 (the year in which Parkinson’s Theatrum was published), the variegated form preceding it by 40 years; but he does not make clear the reason for this belief. The foregoing references can hardly be placed under either of the following color extremes. A. americana marginata alba (1690). Aloe, Americana foliis ex albo & viridi. eleganter variegatis. Kiggelaer, Hort. Beaum. (1690). — Miller, Dict. (1731, 1741, 1748). Agave americana muricata.fol. marg. albo. Risler, Hort. Carlsr. 3. (1747). Fide Schultes, Syst. 7!: 722. (1829). 4. americana |[Silver-striped]. Mawe, Dict. (1778). A. americana [white margined|. Bosse, Handbuch. 1: 204. (1840). A. americana marginata. Regel, Gartenflora. 7: 311. (1858). 2? A. americana elegantissima. Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. 1862: 301. ? A. albo-marginata. Terracciano, Primo Contr. 41. (1885). ? 4. americana argenteo-marginata. Voss u. Siebert, Vilmorins Blumen- eärtn. 1037. (1896). ? A. americana albomarginata, Kew. Hand List Tend. Monocot. 107. (1897). — Bull. N. Y. Bot. Gard. 1: 378. (1900). A. elegantissima. Hort. A. mexicana fol. var. Hort. A. mexicana variegata. Hort. Variegation marginal, white with at most a sligeht creamy tint; sometimes a little shaded with rose in young leaves. A. americana marginata aurea (1747). A. americana muricata fol. marg. luteo. Risler, Hort. Carlsr. 3. (1747). Fide Schultes, Syst. 7!: 722. (1829). A. americana [gold striped|. Mawe, Dict. (1778). A. aurea. Jolyclerc, Syst. 1: 268. (1799). A. americana aurea. |Merrem)], L., Vollst. Pflanzensyst. 1: 159. (1811). A. americana fol. marg. late eleganterque luteis. Haworth, Synops Succ. 70. (1812). A. americana fol. marg. luteo. Maycock, Fl. Barbad. 133. (1830). 4. americana fol. viridibus luteo-marg. Salm, Hort. Dyck. 7. (1834). - Kunth, Enum. 5: 821. (1850). — Martius, Fl. Bras. 3': 184. (1855). -- Jacobi, Verzeichnis. 11. (1855); Versuch. Nachtr. 24. (1867). 4. americana fol. variegatis. Hooker, Curtis’s Bot. Mag. II. 12. pl. 3654 (1838). Allgem. Gartenzeit. 6: 198. (1838). — Lowe, Pl. Feuill. color. 2. pl. 24. (1870). — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenk. 5: 69. (1895). II% DZ — 340 — A. americana [yellow margined]. Bosse, Handbuch. 1: 204. (1840). — Garden. 12: 397. (1877). A. americana luteo-marginata. Il. Hort. 3. Misc. 92. (1856). -- Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenk. 5, 69. (1895). A. americana fol. viridibus ad marg. luteis. Salm, Bonplandia. 7: 86. (1859ı. A americana fol. luteo-marg. Jacobi, Versuch. 16. (1864); Nachtrag. 5. (1867). — Belg. Hort. 21: 117. (1871). — Andrö, Ill. Hort. 19: 149. (1872). A. revoluta. Regel, Gartenflora. 14: 265. (1865). A. revoluta fol. eleganter marg. De Smet, Cat. 5. 15. (1869). A. americana variegata. Garden, 3:415. (1873); 37: 235. (1890). — Weber in Bois, Dict. 51. f. 29 (1893). — Harris, Rept Mo. Bot. Gard. 37:7 [287% (1906). — Cooke, Fl. Presidency of Bombay. 2: 754. (1907). A, americana fol. marginatis. Danielli, Nuovo Giorn. Bot. Ital. 17: 70. (1885). A. Iuteo-marginata. Terracciano, Primo Contr. 41. (1885). A. americana aureo-variegata. Gard. Chron. Ill. 3: 174. (1888). A. americana ornata. ?Baker, Kew Bull. 1892: 4; Add. Ser. 2: 220. (1901). — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenk. 5: 69. (1895). A. americana marginata. Münster, Monatsschr. f. Kakteenk. 3. 115. (1893). A. americana aureo marginat«. Voss und Siebert, Vilmorins Blumen- gärtn. 1037. (1896). 4A. americana revoluta. Hort. Variegation marginal, bright yellow to greenish yellow. The commonest and best-known variegated Agave. From A. pieta, with which it is usually confounded, it differs in shorter, wider, and grayer leaves, short curved end-spine, and usually greener-yellow variegation. A. americana medio-pieta. (1834). A. americana fol. luteis viridi-marginatis. Salm, Hort. Dyck. 7 (1834). — Kunth, Enum. 5: 821. (1850). — Martius, Fl. Brasil. 3': 184. 11855). — Jacobi, Verzeichnis. 11. (1855); Versuch. 16. (1864) & Nachtr. 5 (1867). A. americana fol. Iuteis viridi-striatis. Salm, Hort. Dyck. 7. (1834). — Kunth, Enum. 5: 821. (1850). — Martius, Fl. Brasil. 3': 184. (1855). A. americana fol. luteis ad marg. viridibus. Salm, Bonplandia. 7: 86. (1859). 4. americana fol. medio luteis. Cels, Cat. 1861: 18. A. americana [yellow leaves margined or interrupted with green]. Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. 1862: 59. A. laetevirens. Koch, Wochenschr. Verein Beförd. Gartenbau. 5: 325. (1862); 8: 186. (1865). A. falcata. Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. 5: 326. (1862). A. americana medio-pieta. Regel, Gartenflora. 14: 265. (1865) — Garden, 3: 415. (1873); 12: 395. (1877); 39: 12. (1891). — Peacock, List. 1. (1878). — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 69. 1895). — Lebl, Neubert’s Gart.-Mag. 50: 14, (1897). 4. americana fol. medio-pictis. Van Houtte, Cat. 123: 32. (1868). — Belg. Hort. 21: 117. (1871). — Andre, Ill. Hort. 19: 149. (1872). A. medio-lutea. Linden, Cat. 1SS0 : 86. — 341 — A. medio-piet«. Terracciano, Primo Contr. 41. (1885). A. lutea viridi-marginata. Ladenberg, Monatsschr. f. Kakteenkunde, 3: 7. (1893). A. americana fol. var. Weingart, Monatsschr. f. Kakteenk. 5: 30. (1895). A. american lutea viride marginata. Kew Hand List Tend. Monocot. 107. (1897). A. americana [with median yellow stripe]. Gartenwelt. 10: 213. (1906). A. americana pieta. Nicholson, Dict. 1: 33. — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 69. (1895). — Voss und Siebert, Vilmorin’s Blumengärtn. 1037. (1896). — Rose in Bailey, Cyclop. 1: 34. (1900). Variegation median, creamy to rather bright yellow, typically interrupted by few green stripes. The rarest of the americana forms, and one of striking beauty when typical and well grown. A. americana striata (1834). A. americana fol. obsolete striatis. Salm, Hort. Dyck. 7. (1834). — Kunth, Enum. 5: 821. (1850). — Martius, Fl. Brasil. 3: 184. (1855). — Jacobi, Verzeichnis. 11. (1855). A. americana fol. viridibus luteo-striatis. Salm, Hort. Dyck. 7. (1834). — Kunth, Enum. 5: 821. (1850). — Martius, Fl. Brasil. 31: 184. (1855). A. americana variegata [striped form]. Roemer, Famil. Synops. Ensatae. 288, (1847). A. americana fol. plus minusve luteo striatis. Salm, Bonplandia. 7: 86. (1859). A. americana striata. Cels, Cat. 1861: 18. — Garden. 3: 415. (1873); 12: 396. (1877): 39: 12. (1891). — Nardy, Belg. Hort. 1875: 87. — Peacock, List. 1. (1578). — Cameron, Cat. Bangalore. 2 ed. 199. (1891). — Kew Hand List Tend. Monocot. 107. (1897). — Lebl, Neuberts Gart.-Mag. 50: 15. (1897). A. americana fol. luteo striatis. Jacobi, Versuch. 16. (1864) & Nachtr. 5. (1867). — Belg. Hort. 21: 117. (1871). — Andreö, Ill. Hort. 19: 149. (1872). A, striata. Regel, Gartenflora. 14: 265. (1865). A. americana obsolete striata. F. A. Haage, Cat. 1867: 11. A. americana fol. striatis. Van Houtte, Cat. 123: 32. (1868). A. revoluta fol. striatis. Peacock, List. 1. (1878). ?? A. americana fol. variegatis. VonderHeiden, Cat.1879: 4. f.;18S0: 11.f. A. americana fol. luteo-hirsutis. Gard. Chron. n. s. 24: 142. (1885). ? A. faseiculato-aurea. Tornabene, Hort. Bot. Catania. 211. (1887'. ? A. faseiculato-auro-viridis. Tornabene, |. c. ? A. faseieulato-flava. Tornabene, |. c. ? A. lineata. Tornabene, |. cc. ? A. americana elegantissima. Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 69. (1895). A, striata aurea. De Vries, Mutationstheorie. 1: 601. (1901). ? A. mexicana fol. striatis. Haage u. Schmidt, Cat. 1901: 212. ? A. mexicana striata. Hort. Variegation of rather narrow longitudinal creamy or yellow stripes not marginal. ee The least decorative form when most typical, but insensibly passing into the median type and correspondingly brighter, the leaves of a given plant often presenting great differences. Agave picta Salm. (1859). A. pieta. Salm, Bonplandia. 7: 88. (1859); Fl. des Jard. 5: 123. (1862). — Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. 3: 27. (1860). 5: 59. (1862); Belg. Hort. 12: 209. (1862); Fl. des. Jard. 4: 117. (1861). — Cels, Cat. 1861: 19. — F.A. Haage, Cat. 1861: 33. — Jacobi, Versuch. 67. (1865). — Belg. Hort. 21: 117. (1871). — Andre, Ill. Hort. 19: 149. (1872). — Garden. 3: 415. (1873). — Baker, Gard. Chron. n. s. S: 202. (177); Handbook Amaryll. 180. (1888). — Peacock, List. 2. (1878). — Terracciano, Primo Contributo. 41. (1885). — Hemsley, Biol. Centr. Amer. 3: 339. — Berger, Gartenwelt. 8: 337—8. f. (1904) ; Gard. Chron. III. 38: 161. (1905); — Hesdorffer, Gartenwelt. 10: 213. (1906). — Trelease, Pop. Sci. Monthly. 70:208, 210. f. (1907). ? A. americana longifolia variegata. Bull. Cat. 1864—5: 5. etc. A. Tongifolia pieta. Regel, Gartenflora. 14:265. (1865). — Groenewegen, Cat. 18: 28. (1866). — F. A. Haage, Cat. 1867:11. — MVeitch BEE 1876— 7: 56; 1878: 82. A. longifolia arg. var. J. Verschafielt, Cat. 9: 41. (1865 —6). A. mexicana pieta. Cels, Cat. 1865: 18. — Hanbury, Gard. Chron. n. s. 20: 54. (1883). A. lurida pieta. Cels, Cat. 1865. Synoptical Table. A. Milleri pieta. Van Houtte, Cat. 123: 32. (1868). — Nardy, Belg. Hort. 1875: 87. — Roland-Gosselin, Rev. Hort. 71: 254. (1899). ? A. pieta brevifolia. Garden. 3: 415. (1873). A. Milleri fol. arg. marginatis. Von der Heiden, Cat. 1879: 11. A. americana picta. Baker, Kew Bull. 1892: 4; Add. Ser. 2: 220. (1901). — Kew Hand List. Tend. Monocot. 107. (1897). Variegation marginal, white or creamy to rather bright yellow. The general failure to distinguish A. pieta from americana marginata makes it practically im- possible to properly collocate undescriptive refe- rences for the past fifty years, and the garden synonymy of the whitermargined forms, here and under americana, is doubtless confused. Except for rare regressions that Berger has observed on the Riviera, it is questionable if the normal type of the species represented by this variegated form has been seen, and the latter, which is commonly grown on the Mexican tableland and now frequent in gardens elsewhere, may be of even greater antiquity than the comparable form A. pieta, of americana: Were its normal type named, A. pieta ug would well take horticultural rank as a cojor variety under the form name märginata, probably capable of color subdivision as in the case of dmericand. Agave Sobolifera Salm.!) A. sobolifera marginata. (1865). A. ornata. Jacobi, Versuch. 69. (1865). — Dalliere, Cat. 8: 31. (1865 —6). — Belg. Hort. 21: 117. (1871). — Andre, Ill. Hort. 19: 149. (1872). — Baker, Gard. Chron. n. s. S: 202. (1877); Handbook Amaryli. 180. (1888). — Hemsley. Biol. Centr. Amer. 3: 339. — Terracciano, Primo Contributo. 41. (1885). — Kew Hand List Tend. Monocot. 117. (1897). — Nicholson, Dict. 1:38. A. laetevirens. Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Gartenbau. $: 95, 186. (1865). — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 69. (1895). — ?Terrac- ciano, Boll. Ort. Bot. Palermo. 1: 26. (1897). A. sobolifera laetevirens. Cels, Cat. 1865: 18 & Synoptical Table. A. laetevirens marginata. Jacobi, Versuch. 16,69. (1865); Nachtrag. 6. (1867). — J. Verschaffelt, Cat. 14: 75. (1869--70). — Andre, Ill. Hort. 19: 149. (1872). — Terracciano, Primo Contributo. 41. (1885). — Von der Heiden, Cat. 1879: 11: 1880: 12. — Linden, Cat. 1880: 86. A. stolonifera [sobolifera?]. Jacobi, Versuch. 69. (1865). ? A. laetevirens fol. var. Groenewegen, Cat. 18: 27. (1866). A. vivipara fol. striatis. J. Verschaffelt, Cat. 14: 75. (1869—70). A. americana laetevirens. ?Peacock, List. 1. (1878). — Sprenger, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 69. (1895). A. americana ornata. Münzer, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 3: 115. (1893). — ?Kew Hand List Tend. Monocot. 107. (1897). Variegation marginal, yellowish green. Recognized since 1865, when it was found in French and Belgiarı gardens under the name A. laetevirens, which Koch had found applied in 1862 to a median variegation of A. americana, from which this is very distinct in specific characters as well as in its variegation marks. It is one of the least decorative forms, and, apparently never common, appears today to be one of the rarest. Agave angustifolia Haw. A. angustifolia marginata. (1863.) A. angustifolia variegata. Dalliere, Cat. 5: 13. (1863—4)?). A. vivipara variegata. Woodrow, Kew Bull. 1892: 283. — Kew Hand List Tend. Monocot. 123. .(1897). — Wlatson], Gard. Chron. III. 26: 430. (1899). !) Of., also, A. americana fol. var. of Marnock’s Floricult. Mag. 5: 133, 141. f. and pl. 56. (1840). ®)Dr.Franceschi informs me that this name has been in use in European gar dens for the plant for over a century, so that the date of introduction is doubtless far earlier than that here given; but its earlier history seems not to have been recorded. u gan A. vivipara var. nova. Garden. 52: 230. (1897). A. Woodrowi. W[atson], Gard. Chron. III. 26: 430. (1899). — Garden. 56: 509 (1899). A. CookeiW oodro w, Journ. Bombay Nat. 12: 522. (1899). — Fide Cooke Fl. Presidency of Bombay. 2: 754. (1907). A. Wightii. [variegated). Prain, Proc. Agr.-Hort. Soc. Madras. 1904: 130. — Drummond & Prain, Agricult. Ledger. 1906: 92. Variegation marginal, white, somewhat rosy tinted in youth. ' Introduced from India troug'h Kew in 1892, and now one of the commonest and most decorative variegated succulents in tropical gardens. The green type is the vivipara of Wight but not of LinnaeusorLamarck. y It is evidently A. Jacquiniana as based on Jacquin’s A. lurida, and traditions connect it with the otherwise lost angustifolia of Ha- worth wich itself is the narrow leaved Vera Cruz aloe of Commelyn, — that curiously disappears from Miller’s compilations when „ he describes his own entire-leaved 4. rigida er that otherwise would seem to be its earliest A. angustifolia. binomial. IN Agave xylonacantha Salm. Agave xylonaeantha medio-pieta. (1864). A. aylonacantha [variegated]. Koch, Wochenschr. Ver. Beförd. Garten- bau. 1864: 164. A. xylacantha [variegated]. Koch, ]. e. 1865: 109. A. azylynacantha medio-lutea. J. Verschaffelt, Cat. 14: 75. (1869—70). A. zylinacantha mediopicta. J. S. C., Gard. Chron. n. s. 23: 703. (1884) — 1982793.70:111.,.23:1 3101901): Variegation median, in shades of creamy yellow. A large specimen was owned by Van der Vinnen, which passed into the possession of J. Verschaffelt who seems to have propagated other individuals from it, but it has never become common in collections. It flowered in England in 1900, but appa- rently did not seed. Agave Hookeri Jacobi. A. Hookeri striata (1869). ? A. Verschufeltii fol. luteo striatis.J. Verschaffelt, Cat. 1569— 70: 9, 75. A. Mescal fol. striatis. Gard. Chron. 1871: 944. — Flor. & Pomol. 1871: 189. — Hamburg. Gart.- und Blumen-Zeit. 27: 416. (1871). As Mescal. fol. var. Beleg. Hort. 1872: 19. 2 gs. A. Verschaffeltii striata. Peacock, List. 1. (1873). Variegation creamy yellow, in unequal stripes toward the middle. — Merely a stage of the following, comparable in this respect with the less perfect form of A. americana medio-picta, A. Hookeri medio-pieta (1871). A. Verschaffeltii variegata. Florist & Pomol. 1871: 189; 1872: 3. — Hamburg. Gart.- u. Blumen-Zeit. 27: 419. (1871). — Peacock, List. 1. (1878). ? A. Verschaffeltii medio-pieta. Baker, Handbook Amaryllid. 177. (1888). Variegation creamy yellow, median. One of the new importations listed by \ J. Verschaffelt in 1869—70 was called Agave NG Verschafeltii fol. luteo striatis. It is recorded that Bl Brsamly 5,1871, Mr. Peacock received, an award in London for an exhibition plant of A. Verschaffeltii variegata. On the 19the of the same month, Verschaffelt himself exhibited in London a specimen called A. Mescal fol. | ) striatis, which Mr. Peacock is understood to ir have bought subsequently. The list of this gentle- man’s collection, published in 1878, makes no \ mention of A. Mescal but includes a variegata and a striata under Verschaffelti, which seem to correspond to the exhibition plants of 1871, the first of which is noted by one of the jour- nals as having a golden band down the center. Both appear to be of the mediopicta-striata type, Kylonacantha. and the confusion of names under the multiform Verschaffeltiüi makes it probable, in the absence of definite knowledge to the con- trary, that these plants and an A. Verschajfeltii medio picta of De Smet, noted by Baker under A. Scolymus, were of common origin. The name A. Mescal was probably attached by Koch to the second plant in London, on the occasion of his visit to the ex- hibition, for that species appears scarcely to have been known except to him and its collector Roezl, and it was never adequately described though perfectly distinct from Verschajfeltii in several foliage respects, e. g. a thinner leaf margin and involute-grooved nearly straight end spine, in addition to the alternating inequality of its prickles which made its author confuse it at one time with the different species that he called A. inaequidens. The unvariegated form was grown at the Paris Garden as A. heterodon, and called by Cels A. Verschaffeltü inaequidens. Jacobi merged all in his own — 346 — crenata which included furtherthe very different New Mexican species that Engelmann subsequently named A. Parıyı, and seems to have been described from still another form the close relationship of which to the amoena form of potatorum or Verschaffeltüi is recognized by Jacobi. Fortunately some light is thrown on 4. Mescal by material still extant. In the herbarium of the Berlin Garden, through the courtesy of Dr. Engler, I have been able to examine and copy a photograph, evidently of Koch’s time, which represents a well developed plant and is labeled „Agave crenata, sin. A. Mescal.“ This photograph shows the irregular marginal toothing noted by Koch for his Mescal, and also brings out an undescribed but characteristic feature of the broadly oblanceolate recurving leaves, which in their widest part are seen to have the margins sufficiently revolute to make them convex on the upper surface. At Kew is now cultivated a plant under the name A. scolymus crenata, apparently perpetuating in varietal position the specific name given by Jacobi. The leaves of this are somewhat narrower and more gradually acute than in the Berlin photograph, and the largest of the red-brown prickles are connected by a very narrow similarly colored dry border on which stand numerous other unequal but mostly very small prickles. This again, notwithstanding its papery leaf margin, appears to represent erenata as understood by Koch, and to be his A. Mescal, though it is neither of the two other plants called crenafa by Jacobi. The species of his own naming that Jacobishouldreally have conected A. Mescal with, appears to be A. Hookeri, his de- scription of which, though from a larger plant, passably well fits the Berlin photo- graph, and this itself well pictures Hookeri as now grown at Kew. There is also grown at Kew now a g00d specimen under the name A. americana striata which presents the specific characters of A. Mescal, but the leaves of which are marked by heavy irregular broken yellowish lines sometimes confluent into longitudinal median stripes which, except for the inter- vening lines of green, occupy all but a relatively narrow margin A. Hookeri. — 347° — of green on the back of some leaves. This plant, which I have been enabled to photograph through the courtesy of the late Director of the Kew Gardens, Sir W. T. Thiselton-Dyer, may be one of the London exhibition plants of 1871. There is no indication of its existence elsewhere. Asave atrovirens Salm. A. atrovirens marginata (1371). / A. atrovirens fol. var. Belg. Hort. 1871: 117. — | | Andre, Ill. Hort. 1872: 148. A. Salmiana fol. aur. var. Garden, 7: 456. (1875). A. Salmiana aureo-variegata. Veitch, Pl. Cat. 1876— 7: | 1,1878: 82, A. Salmiana variegata. Steiner-Pfersdorff, Cat. 1877: 29. A. atrovirens fol. aur. variegatis. Sprenger, Monats- schr. f. Kakteenkunde. 6: 34. (1896.) A. Salmiana [variegated|. Roland-Gosselin, Rev. Hort. 71: 255. (1899). Variegation marginal, of a rather greenish yellow becoming golden in the best forms, with lines intruding into the center. Rather common on the Riviera, where it has flowered, and to be found also, now, in botanical collections. A . atrowirens. Agave albicans Jacobi. A, albieans medio-pieta (1874). A. mieracantha pieta. Gard. Chron. n. s. 1: 674. (1874). — Flor. & Pomol. 1574: 135. — Belg. Hort. 1875: 43. — Kew Hand List Tend. Monocot. 117. (1897). A. mieracantha variegata. Peacock, List. 2. (1378). A. Ousselghemiana alba-pieta. J. S. C., Gard. Chron. n. s. 23: 703. (1885). ?? A. densiflora. Roland-Gosselin, Rev. Hort. 71: 255. (1899). A, albicans variegata. Münzer, Monatsschr. f. Kak- teenkunde. 3: 116. (1893). A. albicans [variegated]. Baker, Handbook Amaryll. 191. (1888). — Nicholson, Dict. Suppl. 1: 27. (1900). Rose in Bailey, Cyclop. 1: 35. (1900). A. Ousselghemiana pieta. J. C., Gard. Chron. Ill. 38: 346. (1905). Variegation milk white, as a broad median stripe. Apparently rare in collections. It is said to have flowered in England. No record of its A. albicans. vYNvnmv — 348 — source has been found, and the plants at tlıe Berlin and St. Louis gardens — the latter due to the kindness of Dr. Engler — are of Kew origin, and all are probably from Peacock’s original. Agave Morrisii Baker. A. Morrisii marginata (1333). | A. Morrisii [variegated!. Baker, Handbook Amaryll. 184. (1888). A. Morrisii variegata. Voss & Siebert, Vilmorin’s Blumengärtn. 1037. (1896). — Kew Hand List Tend. Monocot. 117. (1897). — Garden. 53: 94. (1898). Variegation marginal, yellow, differing much in bril- liancy from the related A. sobolifera marginata. Collected wild in the Blue Mountains of Ja- maica and sentto Kew by Sir Daniel Morris. Aside from this superb specimen, which the late Director, Sir W. T. Thiselton-Dyer permitted me to photo- graph, it is known only in a less cleanly varie- gated small plant in the Hope Gardens at King- ston, and large garden specimen in the suburbs A. Morrisii. of the same city, — both, like the type, said by Mr. Fawcett to have come from the mountains. A comparable plant seems to be grown in Bogotä. (Werckl&, Monatsschr. für Kakteenkunde. 17: 122. — 1907). \ 4 Agave lophantha Schiede. [ A. lophantha marginata. (1893). A. univittata var. Gard. Mag. 36: 521. (1893). A. univittata variegata. Nicholson, Dict. Suppl. ( 1: 28. (1900). Variegation marginal, white (in addition to the normal median stripe of light green). A seedling raised by Kellock and exhibited in 1893, probably now at Kew. Apparently not otherwise known. A. lophantha. Agave fourcroydes Jacobi. A. foureroydes medio-pieta (1905). Variegation median, white, lightly tinged and finely striped with green. — 340 2 It is possible that certain of the the plants of common origin with this, noted below, may develop later into striat« and even margin«ta variegations of the same coloration. In 1905 a specimen of the gray sisal, — the henequen form most cultivated for fiber in Yucatan, flowered at the Missouri Botanical Garden, and later produced several thousand bulbils in the inflorescence. The parent plant, like a number of others of the same kind raised from seed twenty-five years or more ago, was of the typical coloration and showed no observed sign of variegation. Among its bulbils planted at the Garden, however, one or two were seen to have dingily variegated leaves, and an examination of about 425 bulbils, which remained of the original number, revealed traces of variegation in 18. It is probable that similar variegations were present in some of the remainder, of which a few had been distributed to botanical gardens, though the larger part were sent to a Brazilian correspondent for experi- mental planting. Of the plants in which the variegation was observed, the larger number have one or mostly a few narrow lines of greenish white running longitudinally as in the more obscurely striated form of A. americana, sometimes confined to one surface, but often with corresponding lines on the other side of the relatively thick young leaves. Sometimes these pale lines are observably sunken below the general leaf surface. Two specimens have an uneven marginal band of the same pale color on some of their leaves. One, only, of the bulbils retained shows on both faces a defined median stripe of greenish white, occupying as large a proportion of the width of the leaf as in the median-banded form of american«a, like which, it has this band somewhat interrupted by lines of green. One other specimen has a less perfect development of the same type of variegation. So far as I know, no variegation of this species has before been reported’). The nomenclature of its unvariegated form is rather involved. It is commonly called Ayave rigida elonyata, Baker; A. rigida longifolia Engelmann is an earlier name for it, and A. fureroydes. !) An incipient ray of etiolation may, however, have been indicated by Roland-Gosselin, under the name 4. Zxtli, in 1899, —. 350 — this varietal name has also been used for its specific designation There is little reason to question Engelmann’s surmise that A. foureroydes Jacobi is a still earlier name, or the frequently expressed opinion that it has no specific connection with the entire-leaved A. rigida described by Miller or the spiny-leaved Commelyn precursor of the latter in his Dictionary. Furcraea Selloa Jacobi. F. Selloa marginata. (1868). Fourcroya Lindeni. K., Gard. Chron. 1869: 5897. — Andre, Ill. Hort. 21: 167, pl. 186. (1874). — Belg. Hort. 1875: 44. — Baker, Gard. Chron. n. s. 11: 624. (1879. — Linden, Cat. 18850: 88. — Henze, Möllers Deutsch. Gärtn.-Zeit. 17: 547. f. (1902). Foureroya Lindenii. Jacobi, Versuch. Nachtr. 2. 79. (1870—1). — Hesdörffer, Gartenwelt. 10: 212—213. f. N (1906). — Peters, Gartenwelt. 11: 135—6. f. (1906). Agave cubensis striata. Peacock, List. 2. (1878). 3% Agave (Fourcroya) Lindeni. Von der Heiden, Cat. VA 60: 11. (1879); 63: 12. (1880). Fureraea Lindeni. Baker, Handbook Amaryli. 199. (1888). — Franceschi in Bailey, Cyclop. 2: 620. (1900). — Drummond, Rept. Mo. Bot. Gard. 18: 29, 54, 75. (1907). x Furcraea eubensis Lindeni. Kew Hand List Tend. Mono- Re cot. 141. (1897). [ Fureroeagigantea var. W 0 0d, Gard. Chron. Ill. 23: 227. f. \ 54. (1898). Variegation marginal with intruding stripes, bright | \ yellow. | > .Said to have been discovered wild in the a mountains ofthe Cauca valley, Colombia, by Wallis: N now one of the commonest of varie- gated Agaveae in cultivation, and \ F Selloa. universally known under the name \ I’, Lindeni commemorative of its introducer., Fureraea gigantea Vent. l F. gigantea medio-pieta (1875). Agave (Fourcroya) variegata. Garden. 7 :456. (1375). | Fourcroya variegata. Peacock. List. 3. (1878). / Fureraea gigantea variegata. Kew Hand List Tend. Mo- / nocot. 141. (1897). — Franceschi in Bailey, Cyclop. 2: 620. / (1900). / Furcraea Watsoniana. Gard. Chron. 11. 23: 242-3. Ff. 90. (1898). — Drummond, Rept. Mo. Bot. Gard. 18: 58.(1907). F. gigantea, — 35 — Fureraea gigantea Watsoniana. Drummond, Rept. Mo. Bot. Gard. 15:59. (1907). Variegation creamy-white, median, interrupted by stripes of green. Apparently the Kew specimen is now unique. structure The variegations that have been observed in Agaveae are primarily etiolations of the normally green subepidermal parenchyma, producing a greenish white or milk white effect according to its completeness or the depth of its penetration below the epidermis which itself is deprived of chloroplasts except for the sunken guard cells of the stomata. Yellow or juvenile rosy recolorations of the etiolated parts result respectively from the rather sparing development of a plastid or cell-sap pigment. A section across a thick leaf of the americana type shows to the naked eye that its normal coloration is mainly confined to a deep-green zone scarcely exceeding 1—15 mm in thickness on the upper surface, and noticeably thinner on the lower surface when this is turned from {he light. Though a tissue of markedly elongated pali- sade cells is absent, the nearly isodiametric cells of this green zone are arranged in regular series perpendicular to the epidermis. Under this, the shade of green is much paler, either throughoutthe blade when this is not very thick or fading away toward its center in the thicker or basal part, with a persisting tinge immediately about some of the fibro-vascular bundles. The darker coloration appears to mark the effective depth of penetration of actinic light through the chlorophyllI-charged tissue; and the disappearance of all coloration, the ultimate limit of its pene- tration. In variegated leaves, on the other hand, it is noticeable that fully colored green bands may immediately underlie the etio- lation or even be found at all depths in the mesophyli under the translucent windows afforded by large median blanched stripes. The direct cause of the marked differences in the green coloration lies in the plastid contents of the cells. In the outer deep-green zone the chloroplasts are numerous and commonly large, often measuring 7—10 ». in diameter: below it they become ab- solutely and relatively less numerous and less pigmented, and they are smaller, scarcely reaching 4 ». in diameter, — a condition that has been attributed by Zimmermann to variegation-blanching in general, — 32 — In the case of variegated leaves, the etiolation lies in the subepidermal zone that is normally colored deep-green and may extend entirely through it, though in cases where the variegation is less brilliant there remains athin and sometimes unequal under- Iying stratum of green. The etiolated parts are usually very abruptly differentiated from the adjacent green, and in cross section appear like squarely inlaid pieces in mosaic work. Narrow green lines intruded into the light part, or white lines intruded into the green, may consist of only one or two rows of cells, but these, like the wider bands of either color, pass into the leaf at right angles to its surface. Where a greenish-white stripe flanks more brilliant variegation, this com- monly results from the pigmentation of the inner part of the green zone, only the outer part of which is then etiolated, sometime in a step-like way, and the transition of such paler and brighter strips is likely to be less angularly limited than usual, while the intrusion of mesophyli green into marginal variegations may be irregular or rounded. Sometimes the etiolated parts are sunken below the general leaf surface and they usually shrink more rapidly, so as to become sunken, in wilting leaves. In clear white markings there is all but complete suppression of recognizable plastids: but a tinge of green which such markings often show is caused by small chloroplasts, comparable with those of the normal light green mesophyll, and a proper light intensity causes such variegations to become nearly obliterated temporarily through increase in this pigmentation. The variable and rather elusive yellow pigmentation of etiolated parts seems not to result from the conversion of large chloroplasts into brilliant chromo- plasts, but to reside in the coarse granules of the cytoplasm, which are doubtless of plastid nature. The normal paler ventral median band, and the general dorsal light color of the leaves of many of the marginate Littaeas are also due to an etiolation, apparentliy comparable with that of variegated leaves, but less complete and usually involving fewer layers of cells which are underlaid by chlorophyli-bearing tissue that more gradually reaches the surface at the sides of the paler A. americana medio-picta. —.: 353 — parts instead of abruptly stopping to a considerable depth. The darker dorsal vittae of such leaves are merely parts in which this fully pigmented green tissue reaches out to the surface. Origin and Transmission. The physiological reason for the frequently marked pale ventral stripe and conspicuous dark dorsal vittae shown by some species in nature has not been ascertained. On the lava-beds of Naulingo, where the type of the first named marginate Littaea (A. lophantha) was observed, the typical form, nearly destitute of a ventral stripe, and its striped form (4. univittata) occur intermingled. A. Lecheguilla presents a pale form with very marked dorsal striation, and the more deeply colored form in which the vittae are but little darker than the rest of the leaf, without demonstrated relation to environment, though the plants of a given locality may produce the impression of uniformity; and the paler form has been observed to assume the darker coloration under lessened northern light intensity. It might have been supposed that the normally though imper- fectly striped Littaeas, like these marginate species and 4A. pendula, would have furnished most of the horticultural variegations. As a matter of fact, however, aside from wnivittata, A. zylonacantha is the only one of either series that seems to have developed such variegation, and in the former this is marginal while im the latter species, though dorsal green lining is evident, normal ventral banding is practically absent. The variegations, therefore, are apparently of causation in- dependent of such normal beginnings, and this is no less obscure than for the latter. Professor De Vries, considering leaf variegations in general as at once among the commonest and least understood of plant anomalies, holds them to be subject to environmental influence, and liable to great variation and continued reversion into green or redevelopment from this normal coloration, both by seeds and buds. As Korschinskyt) has pointed out, the transmission of variegations by seed, in Agave, has been too little tested to warrant very general inferences. Roland-Gosselin?°) found not a single variegation in thousands of seedlings raised from 4. Milleri picta !) Flora. 89: 304. (1901). 2) Rev. Hort 71: 254. (1899). Wiesner-Festschrift Bu [A. picta]. On the other hand, the same writer speaks') of A. densi- flora |A. albicans mediopieta?] as producing variegated plants both by seeds and suckers. Of the comparably variegated forms of Yucca aloifolia, it has been stated?) that seedlings are green; but Viviand-Morel?’)speaks of a few variegated seedlings among some fifty green ones, raised from a variegated Yucca. These statements, if accurate, slıow that in some cases variegation in these genera is seminally transmissible: if so, it is unsafe to say that the character may not lie dormant in any or all of the green seedlings of variegated parentage, awaiting development in themselves or their offspring by favoring environment, like the latent image on a photographic plate. It is to this extent, only, that environment appears to work in this class of variations, which in this respect seem comparable with certain fasciations *). Variegated plants in these groups as a rule seem to transmit their characters true to suckers, and this is the common mode of propagating them in gardens. Morren?’) states that the long- established /marginal?] variegation of A. americana is always trans- mitted true in this way. No observations appear to have been recorded on the bulbils of such plants, but the abundant variegated forms of Furcraea Selloa and Agave angustifolia ought to afford ready evidence on this point in the warm parts of the world. Though the broadly striated and median-banded forms of variegation, which appear to be only extremes of a single type, seem to interchange when vegetatively propagated, and the latter has even been seen to give origin to entirely greenish-white, white, or yellow suckerstoo far etiolated to be capable of independent existence®), there is as yet no recorded evidence that the marginal and median types of variegation are so interchangeable, and no median variegations have been reported during the forty or fifty years in which Fureraea Selloa marginata and Agave picta have been commercially pronagated. However it may have originated and whatever its unseen 1) 1. c. 255. ®2) Gard. Chron. n. s. 18: 245: 407. (1882). ®) Lyon Horticole. 1893. 144. *) Cf. Hus, Rep. Mo. Bot. Gard. 17: 149: (1906). 5) Bull. Acad. Belg. II. 19: 234. (1865). °) Weingart, Monatsschr. f. Kakteenkunde. 5: 30. (1895). — Roland- Gosselin, Rev. Hort. 71: 254. (1899). — The latter writer finds that at least one-eighth of the leaf-surface must be green to enable the plant to live after separation from the parent plant. — 355 ° — history as a reversion, variegation as a latent possibility in Agave appears to be indicated to a close observer now and then in the presence of an occasional isolated, sometimes very short, etiolated ray on otherwise green leaves of species in which other variegation is unknown. Such lines have been recorded by M. Roland- Gosselin') for 4. applanata, A. attenuata, A. ferox, and A. Ixtli [foureroydes?/. A small plant of a rough-leaved species doubtfully referred to A. usperrima, from Chalchihutes, Mexico, recently received at the Missouri Botanical Garden, shows on one leaf an impressed white dorsal line at one side of the middle, which is of this character, and most of the 18 bulbil-plants of 4. foureroydes to which reference has been made above show such lines now and then. x From the behavior of the foureroydes variegation it may be anticipated that variegated ofisets will sooner or later be secured from any of these individuals. The recorded occurrence of occasional seedlings perpetuating other variegated Agaves and Yuccas also suggests that some of the green seedlings of such plants may be expected later to sport into pronounced variegations. These incipient variegation marks, as they appear to be, are sometimes disconnected from the base of the leaf; but the fact that they are occasionally found on more than one leaf of the plant suggests their real origin in the cauline meristem, as is the case with variegated pears (Verlot) and, conspicuously, with Ficus Parcelli. The occurrence of a number of bulbils with such markings on one plant of 4A. fourcroydes, which had not been observed to have even these slight variegations (though such could easily have been overlooked), prompts the question whether the bulbils were indiscriminately scattered through the panicle or came from one of its branches only, — a question which cannot be answered now; but it strengthens the assumption of a cauline origin for the etiolation. The observation of a single line of this character only, on a single leaf, therefore warrants the hope that has been expressed of its reappearance, perhaps in a more marked form, later in the life of the individual, or in its descendants, either vege- tative or seminal. M. Roland-Gosselin, speaking of A. americana, has suggested that suckers from a plant with variegated leaves will be Rev. Hort. 71255. (1899). — 356 — green, particolored or entirely etiolated according to their origin respectively opposite a green part of the leaf, astride the intersection of green and white, or entirely opposite the latter. The constancy of A. picta, A. americana marginata, etc., however, seems to show that except in incipient variegations, in which this may perhaps occur, the meristem initials of the etiolated parts are so inherently fixed in distribution as to perpetuate with general constancy the ancestral type of variegation. St. Louis, Missouri, U. S. A., August 31, 1907. Fxplanation’or Plates. VI. Agave americana. — Above: Three thick sections, at different disfances from the base, of var, striata. — Below: Sections, near the base, of var. marginata and var. medio-picta, — the middle figure representing the more striate form of the latter. (All X 2). VII. Agave americana marginata, at right, and A. picta, at left. Very young plants, but well contrasted. (X !/a). VIII. Agave angustifolia marginata. Cultivated in the Botanical Garden, Dominica. (X !/.ı). IX. Agave Hookeri striata. Cultivated at the Royal Gardens Kew. (X !J;). X. Agave albicans medio-picta. Cultivated at the Royal Gardens, Dahlem, near Berlin. (X !/,). XI. Agave Morrisii marginate. Cultivated at the Royal Gardens, Kew (X !ji5). XI. Agave fourcroydes medio-picta. Cultivated at the Missouri Botanical Garden. A two-year-old bulbil plant, not yet showing the mature characters of the species. (X Vs). Exp lanation.of Hounresin.thevkext The spine and marginal teeth are of natural size. — The cross section of a leaf-fragment of Ayave americana medio-picta SHOWS the abrupt cessation ofthe chlorenchyma at the edge of the variegation- band (X 100). Über das Bacterium polychromicum und seine Farbstoffproduktion Heinrich Zikes (Wien). Eingelangt am 6. Oktober 1907. Im Jahre 1902 hatte ich in den Mitteilungen !) (X. Heft) der Versuchsstation für Brauindustrie ein Bakterium beschrieben, welches dem in Mac&s Mikrobiologie beschriebenen Bacille polychrome ziemlich nahe verwandt ist, aber doch in manchen Eigenschaften, so namentlich in Gestalt und Größe sowie auch in der Farbstofi- produktion, prägnante Unterschiede zeigte. Dieses Bakterium, welches ich Bacterium polychromicum (Zikes) nannte, erwies sich, wie ich damals mitteilte, trotz aller aufgewendeten Mühe zur Weiterzucht auf den üblichen künstlichen Bakteriennähr- böden so wenig geeignet, daß es sehr bald, namentlich was die Bildung von Farbstoffen anlangt, degenerierte und schließlich ganz einging. Es war mir nur möglich, eine kurze morphologische Be- schreibung desselben zu geben sowie ziemlich oberflächlich auf seine Wachstumsbilder auf einigen Nährböden hinzuweisen. Die Untersuchung der Farbstoffe dagegen war durch die rasche Degenerierung unausführbar. Vor einiger Zeit gelangte ich unter eigentümlichen Umständen neuerdings in den Besitz eines sich in bezug auf Morphologie und Farbstoffproduktion ganz gleich verhaltenden Mikroben. Derselbe wurde zuerst in Form einer Kolonie auf einer Peptongelatineplatte entdeckt, die zu dem Zwecke gegossen wurde, um die Sterilität einer ziemlich stark alkalischen Zuckerlösung festzustellen. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob derselbe wirklich aus der Zuckerlösung stammte oder als Luftinfektion zu betrachten war. Denn bei einer neuerlichen Untersuchung der Zuckerlösung konnte zwar der Organismus durch Aussaat auf Peptongelatine nicht mehr zur Entwicklung gebracht werden, doch erwiesen Züchtungsversuche, — 358 — welche ich mit demselben auf verschieden alkalisch gemachten Peptongelatinen durchführte, eine immerhin ziemlich hohe Festigkeit desselben gegenüber Alkalien. Bei dem Studium des Bakteriums, welches sich gerade im Gegensatz zu dem im Jahre 1902 gefundenen auf den verschiedensten Nährsubstraten als sehr lebensfähig erwies, stellte ich durch öfteres Umzüchten des Organismus auf Peptongelatine vor allem völlig einwandfreie Reinkulturen her. Diese Kulturen wurden auf Kartoffelscheiben weitergeführt, doch wurde nicht außer acht gelassen, dieselben zeitweise durch Aussäen auf Peptongelatine auf ihre Reinheit nachzuprüfen. Dieses sich durch eine ziemlich stark hervortretende Polymorphie auszeichnende Bakterium entwickelt in Nährbouillon kurze Stäbchen von 2 » Länge, 1 ı. Breite, in Hefewasser kokkenartige Stäbchen von 1 u. Länge, fast ebensolcher Breite, in Peptonwasser Stäbchen von 0°5 u. Breite und kaum 1». Länge, die häufig Coenobien von Fadenform bilden. Auf Dextroseagar und Glyzerinagar ist die kokkenarlige Form, auf Kartoffel, in Milch, in Heudekokt die Stäbchenform die vorherrschende. Nach Gram wird der Organismus nicht entfärbt; sämtliche Formen sind unbeweglich und gelang es auch nicht durch die ent- sprechenden Färbungsversuche Geisseln nachzuweisen. Züchtungs- versuche, welche auf Weizenagar, Kartoffel, gelber Rübe vorgenommen wurden, ergaben die Unfähigkeit des Organismus, Sporen zu bilden. Da ich in meiner früheren kurzen Arbeit infolge der geringen Lebens- fähigkeit des damals gefundenen Mikroben nur ganz ungenau das Wachstum auf den verschiedenen üblichen Bakteriennährböden schildern konnte, will ich vorerst sein Verhalten in dieser Richtung einer genaueren Beschreibung unterziehen. Die Kolonien desselben auf Peptongelatine verflüssigen langsam zuerst tellerförmig, später trichterförmig. Die Bakterienmasse selbst besitzt eine gelbgrüne Farbe; die Gelatine erhält bei 5—6 Tage alten Kolonien bis zur Entfernung eines Millimeters von denselben einen gelbgrünen, weiter entfernt einen blauvioletten bis blauroten Farben- ton, welcher je nach dem Alter der Kolonie um die gelbgrüne Zone einen 4— 10 mm breiten Hof bildet. Bei ganz jungen Kolonien schließt sich diese Farbe ohne Übergang nach grüngelb dicht an die Kolonie an und wird erst später durch die grüngelbe Farbe verdrängt. Die bereits verflüssigten Teile der Gelatine besitzen eine sattgrüne Farbe. — 359 — Bei 60facher Vergrößerung erscheint die Bakterienmasse dicht zu- sammenhängend am Boden der verflüssigten Einsenkung. In der- selben sind bald größere, bald kleinere blaugrüne Farbstoffausschei- dungen sichtbar, welche entweder die Kugelform aufweisen oder zu drusenförmigen Gebilden angeordnet sind. Auch in der die Kolonien umgebenden Gelatine finden sich zartere Farbstoffausschei- dungen von ähnlichen Formen, und zwar in nächster Nähe derselben von blaugrünem, in weiterer Entfernung von blaurotem Farbenton. Auf Dextroseagar ensteht ein zarter gelber Belag unter violett- rosa Färbung des Nährsubstrats. In Stichkulturen beginnt die Färbung dieses Nährbodens im obersten Teile, also an der Ober- fläche, schon am dritten Tage; zur Zeit der höchsten Farbstoff- entwicklung (etwa nach acht Tagen) hat man von oben nach unten alle Farbenübergänge vom sattesten Blauviolett bis zum zartesten Rosa. In umgekehrter Weise treten die Farben in der Stichkultur auf. Der in den Agar diffundierende Farbstoff färbt den Nährboden im untersten dicksten Teile blauviolet, um dann allmählich nach oben in eine schwache Rosafärbung überzugehen. Der Einfluß der Temperatur auf die Farbstoffproduktion macht sich in ähnlicher Weise bemerkbar wie bei vielen anderen Pigment- bakterien. Als die günstigste Temperatur für die Farbstoffbildung wurden 20° erkannt; bei 25° ließ die Farbstoffproduktion schon be- deutend nach und hörte bei 28° vollständig auf. Nährbouillon wird anfänglich getrübt, dann tritt Klärung unter Deponierung eines staubigen Sediments ein, welches sich schlieren- förmig aufwirbeln läßt. In dieser Nährflüssigkeit ergibt die Prüfung auf Schwefelwasserstoff ein negatives Resultat. Dieses Nährmedium wird farblich nicht verändert. In Peptonwasser findet wieder Farbstoffbildung statt. Die Farbe ist blauviolett und geht bei Behandlung mit Säuren in einen mehr rötlichen Farbenton über; durch Spodium ist es möglich, eine vollständige Entfärbung zu erzielen. Milch wird unter alkalischer Veränderung zersetzt. Der oberste Rand dieses Nährbodens färbt sich im vorgeschrittenen Stadium der Kultivierung intensiv violett . und kommt es dann zur Ausscheidung von kleinen blauviolett ge- färbten Kristalldrusen. Auf der Kartoffel bildet das Bakterium einen überaus kräftigen sattgelb gefärbten Belag; der Nährboden selbst färbt sich von der Impfstelle aus intensiv indigoblau. Diese satte Färbung erstreckt sich schließlich über den ganzen Nährboden. Er erscheint dann wie in eine konzentrierte Indigolösung getaucht. — 2.300, Das Innere der Kartoffelstücke hat zu dieser Zeit eine bald stärkere, bald schwächere blauviolette Färbung angenommen. Bei einer schwächeren Vergrößerung erscheinen die Endospermzellen schwach blau gefärbt. Es wurde daher anfänglich vermutet, daß der Or- ganismus Jod oder eine diesem ähnliche Substanz zur Ausscheidung bringe, welche die Granulosereaktion ergibt. Bei stärkerer Ver- gerößerung wurde jedoch wahrgenommen, daß der Farbstoff nicht diffus im Nährboden verteilt, sondern an bestimmten Stellen in Form blaugefärbter Kristallite ausgeschieden ist. Dieses Wachs- tumsbild ist das häufigste. Die Blaufärbung der Kartoffel scheint aber sehr von der Zusammensetzung, namentlich von der Art ihrer Stickstoffsubstanzen ?), abzuhängen. So wurden hie und da Kartoffelstücke angetroffen, welche nur einen schwach violetten oder sogar einen rötlichen Farbenton annahmen. Auch auf gelber Rübe schwankte die Farbstoffproduktion, sehr häufig blieb dieser Nährboden durch das Bakterium farblich ganz unbeeinflußt, bald wurde er schwach violett gefärbt. Der chromgelbe Farbstoff aber, welchen das Bakterium inner- halb der Kultur selbst zur Ausscheidung bringt, ist in Art und In- tensität der Farbe stets der gleiche. Derselbe ist, wie vorauszusehen, nicht direkt in den Bakterienzellen selbst eingelagert, sondern findet sich außerhalb derselben in Form von gelbgefärbten Kristalldrusen ausgeschieden. Das Bakterium gehört demnach nach Beijerincks Nomenklatur zu den chromoparen Spaltpilzen. Um die Identifizierung des gelben Farbstoffes durchzuführen, wurden Kartoffelkulturen in größerem Maße angelegt. Dieselben befanden sich in großen, am Boden mit feuchtem Filtrierpapier ausgelegten und hierauf sterilisierten Petrischalen, welche in ein weites, am Grunde mit Wasser bedecktes Gefäß übereinander gestellt wurden. Durch Überdecken desselben mit einem Glassturze wurde eine feuchte Kammer geschaffen. In dieser hatten die Or- ganismen stets die genügende Menge Feuchtigkeit und konnten zu kräftigen Kulturen auswachsen. Schon nach 8—10 Tagen hatten die . Bakterienbeläge eine derartige Mächtigkeit erlangt, daß sie bei einiger Vorsicht leicht in ihren oberen Partien abgehoben werden konnten, ohne daß Fragmente des blaugefärbten Nährbodens selbst zu dem Untersuchungsmaterial kamen. Der dicke, rein gelb gefärbte Bakterien- brei wurde gesammelt und in 96%, Alkohol eingetragen, welcher alsbald nach mehrmaligem Umschütteln eine intensiv gelbe Farbe annalım. — 861: — Diese alkoholische Lösung wurde dann von den Bakterien- leibern zuerst durch Filtration mittels sehr dichten Filterpapieres, später mittels eines völlig keimdichten Pukallfilters befreit und vor- sichtig abgedunstet. Es hinterblieb eine fettartige Masse, welche die Akroleinreaktion ergab. Da aus dieser Reaktion ersehen wurde, daß die gelbe Farbe höchstwahrscheinlich ein Lipochromfarbstoff, also Lipoxanthin ist, wurde der hinterbliebene Rückstand am Rück- flußkühler mittels alkoholischer Natronlauge verseift, worauf sich nach dem Abkühlen eine geringe Menge einer seifenartigen Sub- stanz auf der Oberfläche abschied, während die Flüssigkeit selbst die gelbe Farbe in gleicher Stärke wie zuvor behalten hatte. Die Flüssig- keit wurde durch Filtration von der ausgeschiedenen Seife getrennt und kräftig mit Petroläther ausgeschüttelt. Hierbei ging die Farbe zur Gänze in den Petroläther über. Ein Teil der Petrolätherlösung wurde dann weiter bis zur Trockne eingedampft, wobei eine gelb- gefärbte Masse hinterblieb, die, mit konzentrierter Schwefelsäure befeuchtet, sofort eine dunkelblaue Färbung annahm. Der zweite Teil der Petrolätherlösung, welche zirka 1 Teil des Farbstoffes auf 100 Teile Lösungsmittel enthielt, wurde zu einer spektroskopischen Untersuchung verwendet. Hierzu bediente ich mich des Vergleich- spektroskops von Quincke, welches mir von der Firma Zeiss, Jena, zur Verfügung gestellt wurde. Die spektroskopische Unter- suchung ergab zwei Absorptionsbänder, von welchen das eine zwischen 46°3 bis 473, das zweite zwischen 43 bis 437, also das erste nahe bei F', das andere nahe bei @ lag. Aus beiden Untersuchungsergebnissen ist zu ersehen, daß der gelbe Farbstoff, welchen das Bakterium in seinen Kulturen selbst ausscheidet, Lipoxanthin ist. Der Farbenumschlag von gelb nach blau bei Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure ist für Lipoxanthin ebenso typisch, wie die Lage der Absorptionsbänder, welche auch die Lipoxanthinfarb- stoffe von Bacterium chrysogloea, Bacterium egregium und Staphylococeus pyogenes aureus genau an denselben Stellen im Spektroskop auf- weisen. Hält man nun den gelben Farbstoff in der Bakterienmasse selbst dem dunkelblauen Farbstoff in der Kartoffel entgegen, so er- scheint es anfangs naheliegend, an irgend einen genetischen Zu- sammenhang beider Farbstoffe zu denken. Ich konnte mich anfänglich dem Gedanken nicht verschließen, daß der gelbe Lipoxanthinfarbstoff durch gewisse in die Kartoffel == ..302. 4 ausgeschiedene Substanzen ähnlich farblich i. e. chemisch verändert, werde, wie durch Schwefelsäure, Ich nahm die Versuche in dieser Richtung auf, indem ich aus der Kartoffel den blauen Farbstoff mittels Alkohols, in welchem er sich leicht löste, auszog. Zu diesem Zwecke wurden nur jene Teile der Kartoffeln verwendet, welche intensiv blau gefärbt waren und keine Spur der gelbgefärbten Bakterienmasse enthielten. Die alko- holische Lösung wurde in gleicher Weise behandelt, wie sie bei der Reindarstellung des Lipoxanthins angegeben wurde. Die einzelnen Operationen konnten ungestört bis zu dem Punkte gebracht werden, wo es sich um die Verseifung des blauen Farbstoffes durch alkalische Natronlauge handelte. Bei dieser Behandlung verschwand aber plötzlich der blaue Farbstoff, die Flüssigkeit hatte einen schwach gelblichen Farbenton angenommen und der zum Ausschütteln ver- wendete Äther war natürlich farblos geblieben. Wäre Lipocyanin vorhanden gewesen, so hätte dieser Farbstoff allen Operationen in gleicher Weise wie Lipoxanthin standgehalten und wäre schließlich an der Blaufärbung des Petroläthers erkannt worden. Durch das schnelle Verschwinden des Farbstoffes bei Be- handlung mit alkoholischer Natronlauge wurde aber meine Auf- merksamkeit nach einer anderen Richtung gelenkt. Es war nach dem Gesagten anzunehmen, daß der Farbstoff sehr labil sei und leicht Leukoverbindungen bilde, also sich ähnlich verhalte wie Indikan- farbstoffe. Bestärkt wurde ich hierin noch dadurch, daß der Farb- stoff, welcher aus der Kartoffel mittels heißen Alkohols am Rück- flußkühler extrahiert wurde, nach längerem Erhitzen gleichfalls ver- schwand, aber während einer nachfolgenden Filtration des Lösungs- mittels, bei welcher der Farbstoff mit dem Sauerstoff der Luft in innige Berührung kam, wieder erschien. Auch konnte beobachtet werden, daß tieferliegende Stellen der blaugefärbten Kartoffelstücke, welche weniger blau gefärbt waren, sobald sie mit der Luft in Be- rührung kamen, sofort eine intensivere Blaufärbung annahmen. Ich ging dieser Erscheinung daher weiter nach und fand, daß eine wässerige Lösung des Farbstoffes durch Aluminiumamalgam entfärbt wurde, daß dagegen eine farblose Lösung durch Zusatz einer geringen Menge von Wasserstoffsuperoxyd wieder ihre Farbe annahm. Auch auf rein biologischem Wege konnte ich eine Reduktion des Farbstoffes hervorrufen. Ich infizierte nämlich einen durch Extraktion mittels Wassers aus den Kartoffeln erhaltenen Auszug, lie welchem eine geringe Menge Traubenzucker und Pepton zugefügt wurde, mit Kolonbakterien (der Nährboden war durch Zusatz von Äther und nachherigem Verjagen des Äthers im Vakuum bei 30° sterilisiertt worden). Das Kolonbakterium bildet aus Kohlehydraten unter anderen Ausscheidungsprodukten, wie Säuren, eine reichliche Menge von Gasen, welche etwa zu !/, aus Kohlensäure, zu ®/, aus Wasserstoff bestehen. Die Wirkung dieser Ausscheidungen, speziell des Wasser- stoffes in statu nascendi, trat bei meinem Versuche bald zutage. Die Flüssigkeit verlor immer mehr an Farbe und nahm schließlich einen unausgesprochen gelblichen Farbenton an. Nur die knapp unter der Oberfläche befindlichen Flüssigkeitsanteile blieben gefärbt, nahmen aber infolge der vom Bacterium coli ausgeschiedenen Säuren eine mehr rötlichviolette Farbe an. Interessant war hierbei, daß die Farbe, welche nach jedesmaligem Schütteln der Flüssigkeit verschwand, sich nach kurzer Zeit an der Oberfläche wieder ein- stellte. An dieser Stelle wurde der Farbstoff durch Zutritt von Luft- sauerstoff eben wieder regeniert. Wie aus allen diesen Versuchen hervorgeht, ist der durch das Bakterisım in der Kartoffel abgeschiedene Farbstoff tatsächlich äußerst empfindlich. Er bildet leicht Leukoverbindungen, läßt sich aber unter Umständen wieder leicht regenerieren. Um denselben näher zu identifizieren, wurde zunächst sein Verhalten im Spektroskop untersucht. Es wurde zu diesem Zwecke die alkoholische Lösung vorerst durch sehr dichtes Filterpapier, hierauf durch ein Pukallfilter filtriert und der spektroskopischen Analyse unterzogen. Bei derselben zeigte sich ein Absorptionsband zwischen 52 und 62, also von b über E bis fast nach D. Dieses Absorptionsband hat große Ähnlichkeit mit dem Spektrum einer Indigoblaulösung, welches durch ein nach rot scharf abgegrenztes Band zwischen D und b charakterisiert ist, Ferner wurde eine Reindarstellung des Farbstoffes versucht. Es mußte die Lösung zuerst von allen gelösten Fettanteilen der Kartoffel, dann auch von den Spuren etwa gelöster Eiweißkörper befreit werden. Die vollständig blank filtrierte alkoholische Lösung wurde zu diesem Zwecke solange mit neutralem Petroleumäther ausge- schüttelt, bis nach dem Verdunsten desselben kein fettartiger Rück- stand hinterblieb. Die alkoholische Lösung wurde hierauf mit einer konzentrierten völlig neutralen schwefelsauren Ammonlösung versetzt, ra um auch die etwa vorhandenen Eiweißspuren zu fällen. Nachdem dies geschehen, wurde die filtrierte Flüssigkeit im Vakuum über Schwefelsäure so lange belassen, bis die Masse nahezu trocken geworden war und diese hierauf wieder in Alkohol gelöst. Leider hatte der Farbstoff den abschließenden Operationen nicht standgehalten und war sichtlich verändert worden, indem der zur Lösung benutzte Alkohol sich nur schwach rosa färbte. Die Versuche wurden in dieser Richtung vorläufig sistiert, dagegen das Verhalten des Farbstoffes gegenüber Säuren und Alkalien tiber- prüft. Verdünnte Schwefelsäure verändert die blauviolette Farbe der wässerigen Lösung in rotviolett, beim Erhitzen verschwindet die Farbe vollständig; ebenso verhält sich Salzsäure. Durch Salpeter- säure wird der ursprüngliche Farbenton direkt in violett verwandelt. Auch Essigsäure ruft einen Umschlag nach violett hervor, doch verschwindet diese Farbe im Gegensatz zur Behandlung mit anor- ganischen Säuren auch nach dem Erhitzen nicht. Mit Sodalösung versetzt, nimmt die Lösung einen ausgesprochen blauen Farbenton an, welcher nach dem Erhitzen nicht wieder zurückkehrt. Ammoniak endlich ruft eine Veränderung der Farbe nach blaugrün hervor. Die Lösung nimmt nach dem Erhitzen und Wiederabkühlen eine dunkelgrüne Farbe an. Ferner wurde noch festgestellt, daß die Farbe in Chloroform und Benzol unlöslich ist, daß sie mit Zink und Schwefelsäure sofort in die Leukoverbindung übergeht. Der rotviolette Farbstoff, welchen das Bakterium in Gelatine und Agar erzeugt, dürfte mit dem blauen Farbstoff, welchen es in der Kartoffel zur Ausscheidung bringt, nahezu identisch sein, da einzelne Reaktionen, so namentlich auf Reduktion und Oxydation, sowie auch die durch Säuren und Ammoniak hervorgerufenen Re- aktionen die größte Ähnlichkeit dieser Farbstoffe ergeben. Die Un- möglichkeit, größere Mengen derselben vorläufig zu beschaffen, behinderte mich, noch genauer auf dieselben einzugehen. Die allmähliche Verwandlung des blauroten Farbstoffes auf Peptongelatine in einen grünen erklärt sich dahin, daß der Organismus auf diesem Nährboden Ammoniak bildet, welches Ausscheidungs- produkt ich direkt in den verflüssigten Gelatineanteilen nachweisen konnte. Vergleicht man hiermit die früher angegebene Reaktion von Ammoniak auf den durch Alkohol ausgezogenen Farbstoff, welche einen Farbenumschlag nach grün ergibt, so kann man sagen, daß — 308 —- der Organismus selbst die Anwesenheit von Ammoniak in seinen Peptongelatinekulturen anzeigt. Über die Art der bereits beschriebenen blauen und violetten Bakterienfarbstoffe ist mit wenigen Ausnahmen nicht viel Nennens- wertes bekannt. Fast alle hierher gehörenden Farbstoffe sind eigentlich nur hinsichtlich ihres Verhaltens gegenüber Säuren und Basen etwas genauer beschrieben. So entwickeln Bacterium violaceum und Bacterium janthinum nach Schneider’) und auch nach Lehmann®) ein violettes Pigment, welches in Alkohol leicht lösbar, dagegen in Wasser, Äther, Benzol und Chloroform un- löslich ist. Im trockenen Zustand wird es mit konzentrierter Schwefelsäure gelb, mit Kalilauge versetzt, smaragdgrün gefärbt. In alkoholischer Lösung wird seine Farbe durch alle starken Säuren und Ammoniak nach grün bis blaugrün verändert. Mit Zink und Schwefelsäure tritt Entfärbung ein. Dieser Farbstoff, welcher von Lehmann?) Janthin genannt wurde, unterscheidet sich von dem beschriebenen, abgesehen von seiner großen Beständigkeit hauptsächlich durch die Unlöslichkeit in Wasser und die ganz ver- schiedenen Farbstoffveränderungen bei Behandlung mit Säuren. Ferner wurde von Claeßen‘) der blaue Farbstoff des indigoblau wachsenden Bacterium indigonaceum untersucht. Dieser Farbstoff ist nach Angaben des Autors in den üblichen Lösungsmitteln un- löslich. Gleichfalls verschieden von dem beschriebenen ist ferner das blaue Pigment, welches vom Bacterium syncyaneum neben Bacteriofluorescein gebildet wird und welches Lehmann Syn- cyanin nannte. Dieser Farbstoff wird von Thumm') als sehr unbeständig bezeichnet; Säuren färben ihn stahlblau; bei schwacher Azidität des Nährbodens ist er blauschwarz, bei neutraler Reaktion desselben schwarz, bei alkalischer Beschaffenheit braun bis braun- schwarz. Scholl°®) hält ihn für eine Ammoniakfettsäureverbindung. Das aus den Kulturen von Bacterium pyoeyaneum abscheidbare Pyocyanin?), ein prachtvoll blauer kristallinischer Körper, ist in Chloroform löslich und läßt sich hierdurch von dem gleich- zeitig gebildeten gelben Farbstoff, dem Bacteriofluorescein 1°) trennen. Auch mit diesem Farbstoff, welcher als eine den Ptomainen nahe- stehende stickstoffhaltige Base aufgefaßt wird, läßt sich der be- schriebene in keiner Weise vergleichen. Einigermaßen Ähnlichkeit in bezug auf sein Verhalten gegen Säuren und Basen besitzt aber ein im pflanzenphysiologischen Institut!) zu Breslau aus Kulturen des Mierocoeeus pseudocyaneus —:.366 — gewonnener blaugrüner Farbstoff, welcher durch Säuren rot, durch Ammoniak grün gefärbt wird. 1 Ziemlich ähnlich scheint auch das Pigment eines Bacillus poly- chromogenes genannten Mikroben, von Chamot und Thiry®) beschrieben, zu sein. Sie äußern sich über dasselbe folgendermaßen: »Die hellblauen, mit dem Pigment dieses Organismus er- . haltenen Lösungen ergeben im Spektrum einen deutlichen Ab- sorptionsstreifen, der in der Nähe der Linie D gelegen ist. Der Zusatz einer Säure vermehrt die Intensität der Absorption, welche sich gegen violett hin verschiebt, während der Zusatz eines fixen Alkalis ein fast vollständiges Verschwinden des in der Nähe von D gelegenen Absorptionsstreifens bewirkt und der Lösung eine grüne Farbe verleiht.« Der von Voges!?) beschriebene Bacillus coeruleus produziert einen blauen Farbsteff. Derselbe läßt sich durch Wasser und Alkohol extrahieren, löst sich aber nicht in Benzin, Terpentinöl, Äther und Chloroform. Durch Kochen wird seine Lösung in Wasser und Alkohol nicht verändert. Mit Ammoniak behandelt bleibt aber die Farbe erhalten, ebenso kommt es durch Versetzen mit Essig- säure nicht zu einem Farbenumschlag nach rot, sondern die blaue Farbe nimmt einen unansehnlichen grauen Farbenton an. Smith!#) beschreibt ein Bacterium coeruleum, dessen blauer Farbstoff sich an- geblich in den Zellen selbst befindet und weder in Wasser noch in Alkohol und verdünnten Säuren löslich ist. Ein weiterer gleichfalls von Voges!’) beschriebener Bazillus, Bacillus indigoferus, produziert einen indigoblauen Farbstoff, welcher durch Schwefelsäure unter brauner Färbung, durch Salpetersäure unter Gelbfärbung, durch Salzsäure unter geringem Abblassen des blauen Farbentones verändert wird. Ward Marshall H.!‘ beschreibt einen violetten Farbstoff eines von ihm im Themsewasser gefundenen Bazillus. Derselbe ist nicht in den Zellen, sondern zwischen den Zellen im Bakterien- schleim ausgeschieden. Er diffundiert nicht in die Nährsubstrate und färbt nur »etwas« die Kartoffelscheiben,. Er ist in Wasser un- löslich, im Alkohol löslich. Natronlauge verwandelt den ursprüng- lichen Farbstoff in grün, Säuren stellen die ursprüngliche Farbe her. Essigsäure »bleicht« den Farbstoff, gelborange bis grünblaue Strahlen werden absorbiert. Alle erwähnten Bakterienfarbstoffe unterscheiden sich, wie man aus diesen knappen Angaben ersehen kann, teils untereinander, — 01 — teils von dem beschriebenen, welchen ich wegen seiner eigentüm- lichen Farbenmischung von rot und violett Erythrojanthin nenne, Diese Mischung von rot und violett tritt sowohl mit einem Übergang nach blau in dem Gelatine- wie rein im Agarnährboden und auf Milch, wie auch in der alkoholischen Lösung des in der Kartoffel ausgeschiedenen blauen Farbstoffes auf, indem sie im durch- fallenden Lichte sehr schön diese Mischfarbe erkennen läßt. Nach der Filtration einer gesättigten Lösung behält auch das hierzu verwendete Filterpapier, wie schließlich bemerkt sein soll, sehr lange diesen rotvioletten Farbenton. Obwohl in vorliegender Arbeit die chemische Natur von Erythrojanthin noch in keiner Weise aufgeklärt wurde, so hat sie doch den Beweis erbracht, daß von einer Bakterienart auf ein und demselben Nährsubstrat mehrere chemisch verschiedenartige Farb- stoffe produziert werden, Literatur. !) Zikes: »Zur Kenntnis der chemischen und biologischen Schwan- kungen im Gehalte der Brunnenwässer«, pag. 46—48 (X. Heft). 2) Sullivan M., Brown University: »Die Chemie der Bakterienpigmente«. 3) Inauguraldissertation Basel 1894. *) Lehmann: »Bakteriologische Diagnostik«, 2. Aufl., pag. 55. 5) ibid., pag. 55. 6) »Zentralblatt für Bakteriologie«, 1. Teil, VII, pag. 13. ') »Zentralblatt für Bakteriologie«, Il. Teil, I, pag. 580. ®) »Fortschr. Mediz.« 1889, pag 801. °) Charrin-und Roger »Compt. rend. soc. biol.«, 1887, pag 596; Wasserzug: »Annal. Inst. past.« Tome Il, pag. 531. 1%) Gessard Compt. rend. 1890, pag. 418. 11) »Kryptogamenflora Schlesiens«, 1886, pag. 145. 12) »Compt. rend. du Congres des societes savantes d. 1902<, pag. 297. 15) »Zentralblatt für Bakteriologie«, Bd. XIV, pag. 303. 4) Ref. »Zentralblatt für Bakteriologie«, Bd. Ill, 1888, pag. 401. 15) „Zentralblatt für Bakteriologie«, Bd. XIV, pag 307. 1) »Annals of Botany« 1898. Über sprungweise Zunahme der Fertilität bei Bastarden von R. v. Wettstein (Wien). Eingelangt am 8. Oktober 1907. Seit mehr als zehn Jahren bin ich mit einer monographischen Bearbeitung der vielgestaltigen und in systematischer Hinsicht recht vernachlässigten Gattung Sempervivum beschäftigt. Mich be- stimmte zu dieser Untersuchung dasselbe Programm, das mich bei früheren monographischen Arbeiten!) leitete, nämlich der Wunsch, durch detaillierte Studien über polymorphe Gattungen Material zur induktiven Beantwortung der Frage nach dem Vorgange der Arten- bildung zu gewinnen. Speziell die Gattung Sempervivum erschien für Studien dieser Art sehr geeignet, da schon eine flüchtige Be- schäftigung mit derselben zeigt, daß hier neben geographischer Gliederung (zum Beispiel bei dem Formenkreise des S. montanum oder bei dem des S. tectorum sens. lat.) und Mutation (zum Beispiel bei der Gruppe des . alpinum) auch Bastardierung eine große Rolle spielt. Viel weniger die Schwierigkeiten, welche die Feststellung der einzelnen Sippen, ihrer Beziehungen zu einander und ihrer geographischen Verbreitung bereitet, haben den Abschluß meiner Untersuchungen verzögert, als vielmehr die Notwendigkeit, auf ex- perimentellem Wege Aufschluß über das Wesen zahlreicher Formen zu erhalten. Bei diesen experimentellen Untersuchungen hat sich schon eine Fülle interessanter Tatsachen ergeben; über eine derselben möchte ich hier in Kürze berichten. Die Gattung Sempervivum ist — wie seit langem bekannt — ausgezeichnet durch die große Leichtigkeit der Entstehung von ') »Monographie der Gattung Euphrasia«, Leipzig 1895. — »Die Arten der Gattung Gentiana, Sekt. Endotricha«. Denkschr. d. kais, Akad. d. Wissensch., Wien 1896 — 369 — Hybriden. Wenn irgendwo an einem natürlichen Standorte zwei Arten derselben Gattungssektion !) zusammentreffen, kann man mit ziemlicher Sicherheit auf die Auffindung hybrider Pflanzen rechnen; die Kollektionen der meisten Gärten stellen ein Gemisch der mannig- faltigsten Bastarde dar. Ich habe zur Sicherstellung der hybriden Natur vieler solcher Formen im Laufe der Zeit zahlreiche Bastarde durch künstliche Kreuzung erzielt und auch bei diesem Anlasse die Leichtigkeit der Bastardierung konstatieren können. Das nicht selten massenhafte Vorkommen von Formen, welche nach ihrem morphologischen Baue auf hybride Herkunft schließen lassen, führt ebenso zur Vermutung, daß in dieser Gattung Hybride sexuell fortpflanzungsfähig sind?) und bei Aus- bleiben von Spaltungen zum Ausgangspunkt neuer Typen werden können’), wie besonders die Existenz einiger Formen, welche bisher ganz allgemein als Arten angesehen wurden, die aber in morphologischer Hinsicht dem Kenner der Gattung den Eindruck von Hybriden hervorrufen. Als ein Beispiel der letzteren Art möchte ich nur das viel- genannte, in neuerer Zeit durch die experimentell-morphologischen Studien Klebs’!) zu einem allgemeineren Interesse gelangte S. Funckii nennen und kurz besprechen. Was als 5. Funckii zu bezeichnen ist, das läßt sich — im Gegensatze zu den meisten anderen Sempervivum-Formen — leicht und sicher entscheiden. Die Pflanze wurde von Koch in der »Flora« (XV. Bd., pag. 1, 1832) gutbeschrieben und abgebildet, und zwar auf Grund von Exemplaren, die ihm F. Braun schickte. Braunsche Originale finden sich heute noch in mehreren Herbarien (zum Beispiel im Herbarium des Wiener Hofmuseums, des Budapester Nationalmuseums, im Herbarium A. Schwarz in Nürnberg _etc.). Danach kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß es sich um dieselbe Pflanze handelt, die unter dem Namen S. Funckii heute noch in vielen botanischen Gärten kultiviert wird. Morphologisch ist die Pflanze sehr merkwürdig und systematisch ein Rätsel; sie !) Eine Ausnahme machen die Arten der Sektion Jovrisbarba. °) Allerdings kommt dabei auch die starke Fähigkeit der vegetativen Fortpflanzung durch sich loslösende Seitensprosse und sogar durch einzelne abgelöste Blä:ter in Betracht. ») Vgl. auch meine Ausführungen in Ber. d. Deutsch. bot. Ges., XIII. Bd., pag. 190, 1900. ‘) Klebs G.: »Über künstliche Metamorphosen«. Abh. d. Naturf.-Ges. zu Halle, XXV. Bd., 1906. Wiesner-Festschrift 24 — 30 ° — fügt sich keinem der Formenkreise der Gattung ein, sondern ver- bindet mehrere derselben, so den Formenkreis des S. montanum mit jenem des S. arachnoideum und dem des „S. teetorum“!). Bei dem Versuche, die Pflanze in systematischer Hinsicht zu klären, fallen zunächst zwei weitere Tatsachen auf, nämlich die relativ große Sterilität und die zweifelhafte Herkunft. Was die Fruchtbarkeit der Pflanze anbelangt, so ist die- selbe zweifellos herabgesetzt. Pflanzen des Wiener botanischen Gartens, die daselbst seit langer Zeit kultiviert werden, zeigen nach zahlreichen Einzelbeobachtungen in den Blüten 42—50°/, sterilen Pollen 2), Pflanzen des Prager botanischen Gartens, die ich von 1894 bis 1898 alljährlich untersuchte, wiesen rund 50°/, sterilen Pollen auf; in den Blüten von Exemplaren, welche ich aus dem botanischen Garten in Karlsruhe erhielt, konnte ich 1907 46°], sterilen Pollen, bei Pflanzen aus dem Petersburger botanischen Garten 62°, sterilen Pollen nachweisen. Eine so weit gehende Herabsetzung der Fertilität des Pollens konnte ich bisher bei keiner Art der Gattung konstatieren. Auch die Samenbildung ist bei S. Funckii bei Bestäubung mit eigenem Pollen eine sehr geringe. In bezug auf die Herkunft der Pflanze läßt sich in Kürze °) fol- gendes sagen: Koch erhielt die Pflanze von F. Braun in Bayreuth, der sie angeblich auf den Mallnitzer Tauern in Kärnten gesammelt hatte. Auch die schon erwähnten Braunschen Originalexemplare tragen zumeist die Fundortsangabe »Mallnitzer Tauern«. Sonst konnte ich bisher kein S. Funckii mit einer sicheren Standortsangabe finden, obwohl ich die Semperviva zahlreicher Herbarien studiert ı) Wenn ich die Formenkreise so bezeichne, so sollen damit keine systematischen Namen geschaffen sein; ich will die Formenkreise nur durch Anführung je einer recht bekannten Art kenntlich machen. ?) Ich bemerke, daß hier, wie bei allen im folgenden gemachten An- gaben über die Fertilität des Pollens, die Werte in der Weise gewonnen wurden, daß je zehn Proben mikroskopisch untersucht wurden und das Mittel aus den Einzelzählungen gewonnen wurde. Bei Sempervivum sind die sterilen Pollenkörner an ihrer Schrumpfung und an dem rel. Mangel eines plasmatischen Inhaltes leicht zu erkennen. Ich habe mich bei Beginn meiner Untersuchungen im Jahre 1896 durch Versuche davon überzeugt, daß diese geschrumpften Pollenkörner wirklich steril sind. Über die Methode der Bestimmung der Sterilität der Pollen bei Bastarden vgl. insbesondere Jencic A. in Österr. bot. Zeitschr, L. Bd., 1900; Kupffer K. R.: »Kölreuters Methode der Artabgrenzung« in Acta horti Univ. imp. Jurjevensis, Tom. VI, No. 1, 1905. °) Ausführliche Darlegungen behalte ich mir für meine Monographie vor. — 31 — habe. Sicher steht es, daß Apotheker Funck die Pflanze in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundertes in seinem Garten in Gefrees im Fichtelgebirge kultivierte; woher er sie hatte, ist ungewiß, daKoch darüber nur mitteilte, daß sie aus Tirol und Kärnten stammte. Das Vorkommen des 8. Funckii bei der Ruine Berneck im Fichtelgebirge kann sicher mit dem Funckschen Garten in dem nahen Gefrees in Beziehung gebracht werden; ursprünglich wild war dort die Pflanze gewiß nicht. Die einzige bestimmte, mir bekannt gewordene Fundortsan- gabe für 5. Funckii ist demnach die Braunsche'). Bei dem Ver- suche, die Pilanze aufzuklären, war mir begreiflicherweise nun darum zu tun, die näheren Umstände des Vorkommens kennen zu lernen. Ich entsendete daher zunächst 1897 den bekannten Pflanzen- sammler und Pflanzenkenner Th. Pichler in die Mallnitzer Tauern, der eifrigst nach der Pflanze suchte, sie aber nicht fand. Ebenso er- eing es 1899 dem Garteninspektor A. Wiemann. Ich selbst suchte 1900 nach der Pilanze, ohne sie zu finden; auch bei Jägern und Hirten, denen ich Rosetten vorzeigte, konnte ich keinen An- haltspunkt über etwaiges Vorkommen erhalten. Schließlich konnte mir auch Dechant Pacher, der bekannte Florist und Bearbeiter der Kärntner Flora, der lange Zeit am Fuße der Mallnitzer Tauern in Ober-Villach lebte, keinerlei Auskünfte über ein sicheres Vorkommen der Pflanze geben. Danach möchte ich das Vorkommen des 5. Funckii in den Mallnitzer Tauern zum mindesten als höchst unsicher bezeichnen. Ich habe mir die Meinung bilden müssen, daß entweder — da ich doch die Angaben Brauns nicht ohne weiteres als irrtümlich bezeichnen kann — das Vorkommen der Pflanze in den Mallnitzer Tauern ein ganz lokales oder vorübergehendes war oder daß die Pflanze in einem Garten (die der Beschreibung Kochs zugrunde liegenden Exemplare stammten aus einem Garten!) entstanden ist, wobei es ganz gut denkbar erscheint, daß an der betreffenden Gartenstelle ursprünglich ein Sempervivum aus den Mallnitzer Tauern stand, so daß Braun seine dann irrtümliche Angabe ganz bona fide machte. Inbergen Lallen würde die fHerkunit der Pflanze !) Für S. Funckii finden sich in den verschiedensten die europäischen Alpen betreffenden Florenwerken zahlreiche Standortsangaben. Sie alle beziehen sich — soweit ich sie kontrollieren konnte — auf Pflanzen, die irrtümlich als 8, Funckii bezeichnet wurden. 24° — 32 — in Verbindung mit ihrer morphologischen Zwischen- stellung und der relativen Herabsetzung ihrerFertili- tätfüreinehybrideAbstammung!) derselbensprechen, wenn sie auch heute dem Fernstehenden ganz den Eindruck einer wohlausgeprägten Art machen muß. Wir finden also in der Gattung Sempervivum Erscheinungen, welche dafür sprechen, daß hier — nebenanderenFaktoren — auch Bastardierung bei der Formneubildung eventuell eine Rolle spielt. Damit scheint nun die Tatsache im Widerspruche zu stehen, daß zweifellose Hybriden in hohem Grade steril sind ?). Ein paar Beispiele mögen dies beweisen. Ich beschränke mich auf Angaben über die Beschaffenheit des Pollens, da die Erzielung halbwegs ähnlich sicherer Angaben für die Samenanlagen methodisch unmöglich ist?). a) Sempervivum arachnoideum X montanıum. Im Jahre 1896 bestäubte ich S. montanum (Fundort: Simming- gletscher im Gschnitztale, Tirol) mit dem Pollen von S. arachnoideum (Fundort: Laponesalpe im Gschnitztale, Tirol). 1897 erzielte ich 24 Exemplare des Bastardes. Von diesen kamen in den Jahren 1899 1) Über die ihr zugrunde liegende Kombination möchte ich mich derzeit — solange meine diesbezüglichen Versuche nicht abgeschlossen sind — noch zurückhaltend äußern. Ich möchte nur bemerken, daß mir einmal eine Pflanze unterkam, die Herr L. Keller bei Mauterndorf in Salzburg in Gesellschaft von S. arachnoideum, montanum und Wulfenii sammelte und welche dem 8. Funckiüi sehr ähnlich sah. Diese Pflanze, welche ich heute noch lebend in Kultur habe, vereinigte die Merkmale der drei genannten Arten und erwies sich als zweifellose Hybride. Ich nahm zunächst Abstand, sie als Trippelbastard zu erklären, da mir die Existenz solcher überhaupt als nicht genügend bewiesen erschien. Ich nahm deshalb 1898 eine Kreuzung zwischen $. montanum, S. Wulfenii 2 (Fundort: Navistal in Tirol, leg. Stolz) und S. arachnoideum <& (Fundort: Samaden im Engadin, leg. Candrian) vor und erzog aus den Samen 1899 vier Pflanzen, welche vollkommen mit der bei Mauterndorf gesammelten übereinstimmten. Da demnach die Existenz von Trippelbastarden in der Gattung Sempervivum erwiesen ist, erscheint es mir nicht ausgeschlossen, daß S. Funckii einen solchen der genannten oder einer ähnlichen Kombination darstellt, um so mehr, als alle drei dabei in Betracht kommenden Artengruppen auf den Mallnitzer Tauern vertreten sind. ®) Daß selbst dann, wenn die Hybriden ganz steril sind oder bei Ver- mehrung derselben eine Aufspaltung der Charaktere eintritt, in Anbetracht der starken vegetativen Fortpflanzung der Semperviva hybride Formen sich stark verbreiten und leicht lange erhalten können, mag hier nur nebenbei erwähnt werden. °) Vgl. Tischler in Beih. z. Bot. Zentralbl. 1903, pag. 408. — 313. — und 1900 mehrere zur Blüte und zeigten vollständig sterilen‘!) Pollen. Die Resultate der Untersuchung mehrerer anderer Pflanzen derselben Kombination aus meinen Kulturen zeigt fol- gende Tabelle: | Sterilität des Pollens, Herkunft der Pflanze Jahr der | ausgedrückt durch die Untersuchung Zahl steriler Pollen- körner vom Hundert Bas Tiol; les, Hüter ...:. . : 1897 98%), Blatzerberg, Tirol; leg. Huter .. 1897 99°, Bappach, Tirol; leg.-Trefier .. 1897 100°, Habicht, Tirol; leg. Wettstein . 1897 99;",, Ötztal, Tirol; leg. Wettstein . . 1897 100°), Mortaratsch, Engadin; leg. Wett- LE er Eee Er 1900 98°, Original des S. barbulatum Schott ex Belvedere 1897 100 °/, Als „S. fimbriatum“ aus Erfurt be- LEN ea ae I 1895 94°), Silser Alpe, Engadin; leg.Nickerl°) 1897 98°, Als „S. Delusori“ von Erfürt bezogen ?) 1897 90°, Unter dem Namen „S. longobardum* kultiv. im alten Prager bot. Garten?) „18973 97°, Unter dem Namen „S. helveticum“ en | kultiv. im alten Prager bot. Garten ?) 1897 973% b) Sempervivum Wulfenii X arachnoideum. 1897 bestäubte ich S. arachnoideum (Fundort: Samaden, Schweiz ; leg. Candrian) mit Pollen von S. Wulfenii (Herkunft unbestimmt, Pflanze der Kulturen des Prager botanischen Gartens). 1898 erzog ich aus den Samen 26 Exemplare des Bastardes. 1900 kamen 12 Exemplare davon zur Blüte und zeigten 99—100"/, sterilen Pollen. !) In methodischer Hinsicht möchte ich bemerken, daß es nötig ist, den Inhalt eben sich öffnender Antheren zu untersuchen, wenn man verläßliche Resultate erzielen will. Nach dem Öffnen der Antheren fallen die normalen fertilen Pollenkörner, besonders wenn Insektenbesuch stattfindet, leicht heraus und es bleiben insbesondere die kleinen sterilen Körner zurück, so daß die Sterilität leicht überschätzt wird, wenn der Inhalt halb entleerter Antheren zur Untersuchung verwendet wird. .2) Aus der Sammlung des Herrn Dr. O. Nickerl (Prag) stammend. 374 Außerdem untersuchte ich folgende Pflanzen, die ich in Kultur hatte: a a Dial | Jahr der Sterilität des Untersuchung Pollens Stilfserjoch, Tirol; leg. Wettstein 1897 100°), ‚ Lappach, Tirol; leg. Treffer 1897 99°, Als „S. eximium“ aus der Sammlung Be ı Dr. O. Nickerl (Prag) stammend 1897 98°, c) Sempervivum montanum X Wulfenü,. Herkunft der Pflanze | Jahr der Sterilität des | Untersuchung Pollens | ; \ 1897 92% Luttach, Tirol; leg. Trefier . f 1900 96 °7, Kals, Lesacherwiesen; leg. Huter .| 1897 90°), Kals, Tauschnitz; leg. Huter | 1897 97% d) Sempervivum Gaudini X arachnoideum. 1897 bestäubte ich S. Gaudini (Fundort: Chavanix, Wallis; leg. Wolf) mit Pollen von 5. arachnoideum (Fundort: Gschnitztal, Tirol; leg. Wettstein). Von den im Jahre 1898 aus den Samen erzogenen 21 Exemplaren des Bastardes blühten 1900 sieben Exemplare, welche 98°/, sterilen Pollen zeigten. Überdies untersuchte ich folgende Exemplare meiner Kulturen: Herkunft der Pflanze Bender Sterlilalunge | Untersuchung Pollens Chavanix im Cognetal; leg. Prof. Wilczek Al erlagr 1898 98°, Als „S. Blasii“ aus dem Berliner bot. | arten bezogen‘)... Yen 1897 | 98°), Als „S. Delusori“ aus dem Berliner | bot. Garten bezogen '). 1897 96°), ‘) Aus der Sammlung des Herrn Di. O. Nickerl (Prag) stammend. — 35 — Die angegebenen Beispiele dürften genügen, um meine Be- hauptung betreffend die Sterilität der meisten Sempervivum-Bastarde zu beweisen !). Der Widerspruch zwischen dieser Tatsache und der aus dem Studium der Morphologie sich aufdrängenden Überzeugung, daß in der Gattung Bastardierung bei der Artbildung mit eine Rolle spielt, wird teilweise nun durch die von mir sichergestellte, auch abgesehen von diesem Spezialfalle ganz interessante Tatsache behoben, daß beiHybriden der Gattung Sempervivum sich mitunter ganz plötzlich dieFertilitätbedeutendhebt. Die Fälle, in denen ich dies zweifellos feststellen konnte, sollen etwas ausführlicher besprochen werden. Im Jahre 1897 gelangte in den Kulturen des Prager botanischen Gartens ein Sempervivum zur Blüte, welches derselbe von Herrn Dr. ©. Nickerl erhalten hatte, der es wieder seinerzeit aus Paris bezogen hatte, Die Pflanze gehörte zweifellos dem Formen- kreise des wohlbekannten 5. Pittonii an, unterschied sich aber von diesem u. a. durch rosenrote Blüten?) und Büschel krauser langer Haare an den Blattspitzen. Schon 1870 hatten die Pflanzen nach freundlicher Mitteilung des Herrn Dr. Nickerl in seinen Kulturen in Wysocan bei Prag und 1871 im Prager botanischen Garten rosenrot geblüht, weshalb sie Herr Dr. Nickerl als S. Pittoniüi roseum bezeichnete. Die morphologische Betrachtung brachte mich zur Anschauung, daß ein Bastard zwischen S. Pittoni und S. arachnoideum vorlag, der sich in einem Garten?) (vermutlich in Paris) gebildet hatte. Die Vermutung wurde später bestätigt, als es mir gelang, im Jahre 1898 durch künstliche Bestäubung des S. Pittonii mit 5. arachnoideum drei Exemplare des Bastardes zu ı) Ab und zu finden sich allerdings auch Exemplare mit größerer Fertilität; es ist in der Regel nicht zu entscheiden, ob dieselben von allem Anfang eine so hohe Fertilität besaßen oder ob diese erst im Laufe der Zeit erworben wurde; im letzteren Falle schließen sich diese Vorkommnisse dann an jene an, die in dieser Abhandlung ausführlicher besprochen werden. Es gibt auch einige Sempervivum-Hybriden, die — soweit ich dies verfolgen konnte — konstant ziemlich fertil sind; dazu gehört zum Beispiel S. montanum X alpinum, dessen Pollen durchschnittlich nur 20—50°/, sterile Körner enthält. Es erscheint mir dies um so bemerkenswerter, als die beiden Arten durchaus nicht nahe verwandt sind. ?) 5. Pittonii besitzt konstant gelbe Blüten. 3) Meines Wissens gibt es keinen spontanen Standort, an dem S. Pittonii mit S.arachnoideum zusammentrifft. — 316 — erzielen, von denen eines 1900 zur Blüte gelangte. Ich benannte diese bis dahin unbekannte Hybride zur Ermöglichung einer kurzen Bezeichnungsweise als 5. Tempskyr. Die Blüten dieses 5. Teinpsiy! waren im Jahre 1897 vollkommen pollensteril, was ja mit der Deutung der Pflanze als Bastard gut im Einklange stand. Die Pflanze wurde vegetativ aus den Rosetten der Seitensprosse vermehrt, so daß im Jahre 1898 8 Pflanzen zur Verfügung standen. Im Jahre 1900 gelangten 3 davon zur Blüte, die ich abermals in bezug auf den Pollen untersuchte, den ich nunmehr zu meiner Überraschung nur zu 56-—60/, steril fand, da 40—44°%, der Pollenkörner sich als vollkommen normal ausgebildet erwiesen. Eine ganz ähnliche Fertilität (45%,) zeigte ein Exemplar der- selben Herkunft, das 1903 zur Blüte kam. Seither habe ich die Pflanze in meinen Kulturen leider verloren. Ein ganz analoges Verhalten zeigte ein Exemplar des Bastardes S. arachnoideum X montanum, dessen normale Pollensterilität aus den früher mitgeteilten Beobachtungen hervorgeht. Ich kultivierte im Prager botanischen Garten eine Pflanze, welche aus der Samm- lung des Dr. ©. Nickerl stammte und die dieser 1869 aus dem Berliner botanischen Garten unter dem Namen »8. trichophorum« erhalten hatte. Im Jahre 1897 untersuchte ich die Blüten der Pflanze und fand den Pollen fast ganz steril. Nur ab und zu fand sich in den zahlreichen untersuchten Pollenproben ein normales Pollen- korn. Ziffermäßig ließe sich die Sterilität etwa mit 98°, ausdrücken. Da ich damals darauf ausging, für meine weiteren Untersuchungen reine Kultursätze zu erhalten, wurden die Seitenrosetten der Pflanze, deren Blüten untersucht worden waren, zur Weiterkultur verwendet, wodurch ich 1898 4 Pflanzen erhielt. Dieselben lieferten auf vege- tativem Wege in den folgenden zwei Jahren eine ansehnliche Ro- settengruppe. 1900 kamen zwei Infloreszenzen zur Entwicklung, deren Blüten untersucht wurden und nur 48°%,, respektive 54%, sterilen Pollen zeigten. 1903 zeigte eine Infloreszenz desselben Satzes 580, sterilen Pollen; seither hat der Satz nicht mehr geblüht. In beiden Fällen war zweifellos eine bedeutende Hebung der Fertilität des Pollens in kurzer Zeit a%5Q@ sozusagen sprungweise eingetreten. Es ist Sache der Auffassung, ob man hierbei annimmt, es sei die Änderung bei demselben Individuum oder in der folgenden — 371 — Generation eingetreten, da die letztere auf vegetativem Wege durch Loslösung der Nebenrosetten gewonnen wurde. Damit erscheint die Möglichkeit erwiesen, daß Hybride der Gattung Sempervivum, die zumeist steril oder nahezu steril sind, gelegentlich auch zur sexuellen Fortpflanzung gelangen. Wie sich die auf diesem Wege entstehenden Abkömmlinge morphologisch verhalten, ob in ihnen der morphologische Bastardcharakter erhalten bleibt, darüber kann ich noch keine Auskunft geben, da meine dies- bezüglichen Versuche noch kein unzweideutiges Resultat ergeben haben '). Nicht ohne Interesse ist es, die Frage aufzuwerfen, ob sich nicht in den besprochenen Fällen für die plötzliche Änderung in der Fertilität eine Ursache ausfindig machen läßt. Da erscheint es mir wichtig, hervorzuheben, daß in den beiden besprochenen Fällen die Steigerung der Fertilität nach einer sehr bedeutenden Änderung der Lebensbedingungen der Pflanzen eintrat. Im Jahre 1899 und 1900 erfolgte bei beiden Pflanzen eine zweimalige Übersiedlung. 1898 wurden meine Sempervivum-Kulturen aus dem feucht gelegenen alten Prager botanischen Garten in den wesentlich trockeneren und der Besonnung weitaus mehr ausgesetzten neuen botanischen Garten der Prager deutschen Universität übertragen; 1899 erfolgte die Überführung der Pflanzen aus Prag nach Wien. Es läßt sich natürlich nicht beweisen, daß diese Änderung der Lebensbedingungen die Änderung der Fertilität bedingte, immerhin würde aber diese Annahme im Einklange stehen mit der Tatsache, daß Änderung der Lebensbedingungen die Fähigkeit sprungweiser Abänderungen über- haupt erhöht oder wenigstens in erhöhtem Maße zur Geltung bringt und mit der bekannten Erscheinung, daß Änderung der Lebensbedingungen speziell auf die Ausbildung ‘und Funktion der Sexualorgane eine Einwirkung, wenn auch in den bisher bekannt gewordenen Fällen im ungünstigen Sinne ausübt). Die gelegentliche Steigerung der Fertilität bei Bastarden, welche in den im vorstehenden beschriebenen Fällen zweifellos nachge- ı) Diese Einschränkung bezieht sich in erster Linie auf die beiden hier ausführlicher besprochenen Bastarde. Bei dem Bastarde S. alpinum X arach- noideum konnte ich 1898 und 1899 feststellen, daß er bei Selbstbestäubung aller- dings sehr wenig Samen liefert, die aber wieder die morphologisch gleiche Form liefern. Es fand keine Aufspaltung der Elterncharaktere statt. Vgl. auch Wettstein, Ref. in Ber. d. Deutsch. bot. Ges., XVII. Bd., pag. 190, 1900. ®2) Vgl. Darwin Ch.: »Die Wirkungen der Kreuz- und Selbstbeir. im Pflanzenreich«. Ges. Werke, deutsch v. Carus, 2. Aufl., X. Bd., pag. 428. = 318, = wiesen erscheint, wurde schon wiederholt indirekt erschlossen und angenommen. Focke bezeichnete es schon 1881) als »wahr- scheinlich, daß unter den Hybriden manchmal einzelne fruchtbare Individuen entstehen, welche sich bei Vererbung dieser Eigen- tümlichkeit unter günstigen äußeren Verhältnissen leicht vermehren können« und H. de Vries?) schreibt an einer Stelle seiner Mu- tationstheorie: »Die Frage, ob es Bastardverbindungen gibt, welche absolut steril sind, dürfte — — — schwierig, wenn jemals zu be- antworten sein, Die Möglichkeit, daß dieselbe Verbindung sich später unter anderen Umständen auch einmal fruchtbar zeigen wird, dürfte kaum auszuschließen sein.«e Die in Gärtnerkreisen vielfach verbreitete Meinung, daß die Fruchtbarkeit der Bastarde in späteren Generationen zunehme ®), welche durch meine Beobachtung eine Be- stätigung erfahren würde, beruht ebensowenig auf genauen Unter- suchungen wie die ältere Behauptung C. F. Gärtners, daß die Fertilität der Hybriden von Generation zu Generation geringer werde. Wechselndes Verhalten in bezug auf Fertilität bei Hybriden derselben Kombination wurde schon wiederholt beobachtet ®). Fasse ich die Ergebnisse der vorstehenden Ausführungen kurz zusammen, so ergibt sich folgendes: Für zwei unzweifelhafte Bastarde der Gattung Sempervivum wurde nachgewiesen, daß sprungweise Hebung der anfangs außerordentlich geringen oder eanz fehlenden Fertilität des Pollens vorkomme ze ist möglich, daß in beiden Fällen diese Änderung mit einer wesentlichenÄnderung derLebensbedingungen der Pflanzen in einem Zusammenhange steht. Durch die festgestellte Tatsache wird die Möglichkeit der durch den morphologischen Befund nahe gelegten Annahmeerhöht,daßindergenanntenGattung— neben anderen Faktoren von größerer Bedeutung — auch Bastardierung bei der Neubildung von Formen eine ?) »Die Mutationslehre«, II. Bd. »Die Bastardierung«, pag. 59, 1902. ®) Vgl. Focke a.a. O., pag. 483. 4) Vgl. beispielsweise die Angaben E. Tschermaks in »Über die gesetz- mäßige Gestaltungsweise der Mischlinge«, Zeitschr. f. d. lJandw. Versuchswesen in Österr., 1902, pag. 68 ff., und in »Weitere Kreuzungsstudien an Erbsen usw.s, a. a. O., 1904, pag. 83 ff., betreffend Phaseolus vulgaris und multiflorus. — Vgl. ferner Fruwirth C.: »Allgem. Züchtungslehre«, 2. Aufl., pag. 116, 1905. Zur Mechanik der Embryoentfaltung bei den Gramineen (ein Beitrag zur Mechanik und Biologie der Keimung) von Th. v. Weinzierl (Wien). Mit Tafel XIII— XVII und 2 Textfiguren. Eingelangt am 9. Oktober 1907. DEimleitune: Schon seit vielen Jahren verfolge ich die mechanischen Pro- zesse bei der Keimung, insbesondere während der Embryoentfaltung, speziell bei den Gramineen, sowie diejenigen Vorgänge bei der weiteren Entwicklung der Keimpflanzen im Boden, welche sich zum Teil schon a priori als mechanische Prozesse darstellen, zum Teil jedoch erst durch folgende Versuche als solche erwiesen worden sind. Die zahlreichen in dieser Richtung gemachten Beobachtungen, wozu auch die alljährlich nach Tausenden zählenden Keimversuche in der Samenkontrollstation mannigfache Gelegenheit darboten, sowie die ausgeführten Experimentaluntersuchungen über diese Fragen, welche nicht nur ein wissenschaftliches Interesse besitzen, da die- selben gewisse mechanische Prozesse bei der Keimung und deren biologische Bedeutung betreffen, sondern auch mit Rücksicht auf die Wertbestimmung des Saatgutes und dessen Unterbringung auf dem Felde, also in praktischer Hinsicht ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen, sollen nunmehr in einigen besonderen Ab- handlungen veröffentlicht werden. Die Vorgänge, auf welche sich meine Beobachtungen und Ver- suche erstrecken, betreffen hauptsächlich die folgenden vier Fragen, und zwar: die mechanische Funktion der Keimblatt- — 30° — scheide bei den Getreidearten (Durchwachsungsversuche), die Mechanik der Radikulaentfaltung bei den Gramineen und Papilionaceen, ferner die abnormale Keimung bei den bespelzten Grasfrüchten und deren mechanische Ursachen, schließlich de mechanische Funktion der Trichome beim Austreten der Coleorhiza. Von diesen soll nun in der vorliegenden Festschrift die erste dieser Arbeiten publiziert werden. Es ist eine altbekannte Erfahrung der landwirtschaftlichen Praxis, daß die Raschheit und Gleichmäßigkeit, mit welcher die Keimpflanze, zum Beispiel des Getreides über die Bodenoberfläche hervorbricht, respektive die Sicherheit des sogenannten » Auflaufens« der Saat in unmittelbarem Zusammenhange steht mit der physi- kalischen Beschaffenheit des Bodens, daß zum Beispiel die bindigen Bodenarten, insbesondere bei mangelhafter Feuchtigkeit den aus- tretenden Keimpflanzen ein großes Hindernis entgegensetzen, ins- besondere wenn Verkrustung der Bodenoberfläche eintritt. Daß diese Erscheinung mit der Saattiefe zusammenhängt, ist wohl einleuchtend und äußert sich hierüber E. Wollny!) in seinem Handbuche hauptsächlich dahin, daß, je oberflächlicher der Same mit Erde bedeckt ist, desto schneller der Keim zum Vorschein kommen kann und desto stärker in der Folge der Stamm wird. Aus seinen Untersuchungen und Angaben geht auch hervor, daß für die Getreidesorten eine Saattiefe von 25 cm am vorteil- haftesten ist, für Weizen speziell eine solche von 4 bis 5 cın. Be- einflussend wirkt natürlich hierbei immer wieder die Qualität des Bodens, ob derselbe ein lockerer oder schwerer Boden ist. Daß die Keimpflanzen eine ihrer biologischen Aufgabe ent- sprechende spezifische Ausrüstung besitzen müssen, um sich den Weg von der Unterbringungsstelle des Samenkornes bis zur Boden- oberfläche zu bahnen, ist bei der Anpassungsfähigkeit der Pflanzen- organe an ihre Funktionen wohl von vornherein anzunehmen. Was die Gräser betrifft, so hat zuerst Gottlieb Haberlandt?) auf die mechanische Funktion des Keimlingssprosses, respektive der Kotyledonarscheide bei der Keimung der Gräser im Boden auf- ') E.Wollny: »Saat und Pflege der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen«, pag. 515, 517—520. ®) Haberlandt G.: »Die Schutzeinrichtungen in der Entwicklung der Keimpflanze«. Wien, C. Gerolds Sohn, 1877. — 7381 — merksam gemacht und dieses Organ als ein Schutzmittel der Keim- pflanzen bezeichnet, welchem als erste Aufgabe das Durchbrechen des Bodens zufällt, wobei ihm auch die keil- oder spatelförmige Gestalt nicht wenig zugute kommt. Aus diesen von Haberlandt ausgeführten Untersuchungen scheint also hervorzugehen, daß dieser Forscher den Vorgang des Durchbrechens des Erdreiches durch die Keimpflanzen als einen mechanischen Prozeß auffaßt. Nach Klebst), der die Keimungsbiologie eingehend studiert hat, entspricht das Hervortreten der beiden Kotyledonen in Form eines Keiles der bei den Monocotylen sehr häufigen Erscheinung, daß die Kotyledonarscheide keilförmig die Erde durchbricht, wie bei den Gramineen und Cyperaceen. Die Frage des Durchbrechens des ersten Laubblattes bei den Litiaceen, Palmen und Aroideen etc. hat in letzterer Zeit Gentner?) genau untersucht und ist zu dem Ergebnisse gelangt, daß diese sogenannten Bohr- oder Vorläuferspitzen nur ein mechanisch wirk- sames Organ zum Durchbrechen des Bodens sind, in zweiter Linie aber auch als Knospenschutz dienen. Wenn also auch aus den derzeit vorliegenden Beobachtungen und Anschauungen über das Hervorbrechen der Keimpflanzen über den Boden wohl kein Zweifel darüber bestehen konnte, daß es sich in allen diesen Fällen um ausgesprochen mechanische Vorgänge handelt, so waren doch bisher die Ansichten nicht vollkommen übereinstimmend, da der eventuelle Einwand, daß bei diesen Vor- gängen, wie zum Beispiel bei der Perforation von Waldlaub, ver- schiedener Rhizome oder Zwiebel etc. doch auch chemische Prozesse wirksam sind, bisher nicht direkt widerlegt worden ist, sondern, wie schon aus der vorhin zitierten Arbeit hervorgeht, nur nach den spezifisch mechanischen Einrichtungen der betreffenden Pflanzen- organe auf den Vorgang als mechanischen Prozeß geschlossen wurde. Meine im folgenden darzulegenden Durchwachsungsversuche zeigen jedoch ganz evident, daß diese in Rede stehenden Vorgänge ausschließlich mechanischer Natur sind, da auf eine andere Art die Durchwachsung von Stanniolblättchen, welche bei diesen Versuchen durchweg verwendet worden sind, nicht erklärlich ist. ') Klebs G.: »Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimungs. Unters. a. d. bot. Inst. z. Tübingen, I. Bd., 1881-1895. pag. 536. 2) Gentner Georg, »Über die Vorläuferspitzen der Monocotylen«, Flora, Bd. XCV. (Erg.-Bd. zu 1905), pag. 327— 383 — 32 — Il. Durchwachsungsversuche. Das Stanniolpapier, welches für diese Versuche in Verwendung kam, bestand aus zwei im Handel erhältlichen Sorten, einem dünneren und einem etwas dickeren. Die Dicke wurde aus dem Gewichte eines Quadratdezimeters berechnet und betrug bei dem ersteren 0:01054 mn, bei dem letzteren 0'01367 mın. Die Versuche wurden zunächst mit den vier Hauptgetreide- arten, nämlich Weizen, Roggen, Gerste und Hafer ausgeführt und kam von jeder dieser Spezies für die ganze Versuchsreihe immer nur auch die gleiche Sorte in Verwendung. Die Getreidekörner wurden vorerst 24 Stunden im Wasser von Zimmertemperatur vor- gequellt und je 50 möglichst gleich große und gleich schwere Körner in die entsprechend vorbereiteten Glasgefäße ausgelegt. Die Gläser, welche hierzu benützt wurden, waren kleine Bechergläser von der Form, wie sie aus den Abbildungen auf Tafel XII, XIV und XV ersichtlich sind. Als Substrat für die Keimung wurde einerseits das an der Samenkontrollstation bei den Keimversuchen verwendete extrastarke Filtrierpapier von Schleichler und Schüll benützt und in die Bechergläser eingefüll, so daß dann der Abstand der keimenden Samen von der Stanniolfläche verschieden eingerichtet werden konnte und betrug derselbe 15, beziehungsweise 20, 25, 30, 40, 50 und 60 mm; anderseits wurde zum Vergleiche gesiebte Gartenerde als Unterlage verwendet. Sobald die Samen soweit ausgekeimt waren, daß bei sämt- lichen Körnern bereits die Plumula und Radicula die Testa gesprengt hatten und deutlich sichtbar waren, was gewöhnlich schon einen Tag nach dem Auslegen eintrat, wurden die Gläser mit Stanniol überspannt. Um verschiedene Widerstände zu schaffen und auch den Einfluß des Lichtes auf die Durchwachsungsenergie kennen zu lernen, wurden einerseits mit den beiden Stanriolsorten durch ein- fache, doppelte oder dreifache Lage derselben wieder sechs ver- schiedene Sorten des Stanniols geschaffen, so daß die Widerstände, welche die Stanniolflächen dem durchwachsenden Keimlinge entgegen- setzten, verschieden groß waren, und zwar in der Reihenfolge, daß der Überzug von einer einfachen Lage des dünnen Stanniols : den geringsten Widerstand entgegensetzte, dann folgten die Gläser mit einfacher Lage des dicken Stanniols, hierauf dünnes Stanniol in doppelter Lage und doppelt gelegtes dickes Stanniol, schließlich Bad dreifach gelegtes dünnes und dreifach gelegtes dickes Stanniol, welch letzteres als Grenze auzusehen ist, da bereits, wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, ein Durchwachsen in diesem Falle nicht mehr ein- getreten ist. Um den Einfluß des Lichtes auf die Durchwachsungs- energie kennen zu lernen, wurde die eine Hälfte der Versuche in der vorhin geschilderten Adjustierung bei Tageslicht, die andere hingegen im Dunkeln gehalten. Diejenigen Versuche, bei welchen es vorkam, daß aus der von einem Keimling geschaffenen Durchbruchsstelle später noch andere Keimlinge herauswuchsen, was meistens nur im Lichte eintrat, wurden stets ausgeschaltet und wiederholt, oder es wurde eine Korrektion in der Weise vorgenommen, daß nur die Zahl der Durchbruchsstellen und nicht die Anzahl der Keimlinge berück- sichtigt wurden. Aus einigen orientierenden Versuchen, bei welchen die Samen ganz in Erde eingebettet waren, also auch der Zwischenraum zwischen den Samen und dem Stanniolüberzug mit Erde ausgefüllt war, hat sich gezeigt, daß die Keimlinge, wie auch vorauszusehen war, in noch größerem Abstande vom Stanniol, zum Beispiel bis 70 mm bei einfacherStanniollage durch dasselbe hindurchwuchsen, da eben zur mechanischen Ausrüstung des Sprosses die denselben umgebende Erde insofern mitgewirkt hat, als ein Ausweichen oder Abbiegen desselben hierdurch verhindert wurde. Da es sich in der vorliegenden Abhandlung bei den hier mit- geteilten Versuchen nur darum gehandelt hat, in erster Linie den Vorgang des Durchbrechens der Keimlinge als einen mechanischen Prozeß experimentell zu erweisen, anderseits die von der Keim- pflanze selbst ausgeübte Perforationsenergie zu ermitteln, wurden vorläufig die Erdversuche, bei welchen eben die mechanische Funktion durch die umgebende Erde alteriert wurde, nicht in Be- tracht gezogen und die Veröffentlichung dieser Versuche für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten. Mit Rücksicht auf den Raummangel in dieser Festschrift mußte von der Mitteilung der einzelnen Versuchsreihen, welche das Be- weismaterial darstellen, Abstand genommen werden. Zum Zwecke einer leichteren Übersicht jedoch möchte ich hier eine tabellarische Zusammenstellung (Tabelle 1) der Haupt- resultate der ausgeführten Durchwachsungsversuche geben und daran eine kurze Besprechung der Resultate anschließen. 384 I | | 9 | | a3 Bo) 29 7A Le er | : 2 Ba a |" 2" pepamp | | | | | joruuelS SaYaIp |m || -|-/-/-/-1-|-|-|-|-|- | — 12 |-1-1-1-1- |) |]: yeyaıp & | | | jotuueIS souunp » — || - - -1- 9 - — _ | a he ee N u aa a ra ee yaddop * | | | | I 1 6 4° omg. sapıp|% lee IELSE er 9 ee enge oddop 8 VER ah | | DR ARE ' ) [lomuejs sauunp 5 ee) Re Fe za LOLANSTE LOB ee ee er ST | GE LIE | le BT-OZ DE yaezum 2 | | | | Ir&alı | | | [plus say2ıp = li DE re Bee all 95 Beil 0£ 90‘ Iı=108198|zE 0#|° ° '. ypezurmm | | | | ea | | | | | | [omurs souunp Een ee ee lee || ee | — yenaıp | _ | | | ei | | el | jojuurg saypıp = zu WEN erteilten Ba a a a a en a yseslp Im | | | | | | use | | jouues sauunp 3 | | ie A 2 a le yjaddop 3, Bear | 8: EEE. | jojuuag saypıp 2 re Re C BES ze 2192, 0ER TE FG ANETANE sddop = | a | | We | joruug}s sauunp 7 1 U SE re 72 a Fe 5 A TEN TE Z ıvE 25 |79|89|| |CG|95 |SS 09 ysejuo |3 | | Keen | Da as | [6 [org saydıp = —I6 19 |21122 9810917 | v1 9119517601 | 81|ZE|9S 95 09 | 2L|o Fr ZI zS'79 9179| ysejus |2| | IE) | | IE = Nee a | a („ [oluue}s sauunp 2 | ee IR.) | | 5) I iu | 09,108 0P 08 5a 02 51109 os 07 | 081° 02 |51 09 08 07 08 sc 09 SI 09 08 OP | 0E 22 | 02 | SI rueisan j9yunp yo [Pyunp | ıu>1] | uassoN uazıa N | "SpejjjoluurIS 19p uUoA uadunu.ıof ug UousparyasI9aA pun usFej[oruur}g UaUapalyss19A 19q adurmmy uoussıpemadypmp A9p uajuazoıdjyez ur Jyonıpadsne IISISUISSUNSIEMUYDANG "T S]IPgeL 385 "ONYDIIT wa "ONYIIGT urn 29E10-0 UOoA (5. ?6010.0 UoN (. | | | | | wa er Fl er ie he ER rt er rei Mad Sz z = = | — | -|1—/— |— | — “ yDdepIaIp | | ee | | N joruueIS sayDIp m aa he, St Fass ig ee | ee en | & | | Igel ER | joruueIsS sauunp »| ia Se acer | u Ken arr r — een yoddop 7 | = ja: | | | jouung sayaıp 2 a RE le ram le er hllgel.), ) es dem er - Soreddapes N | | | He. | joruue]S souunp 5 Be et el EEE le LE Ber) = ade = lg \ZEiTEiere Sem ei IE | jotuueIs sayaıp | Ze El 2) | ee ne | | | | | | | | | joluueJS sauunp SE] ae] | ee az " ypeaap = | | | ı [lomugs sayıp Z ee ee = ee: pesip = | | | [oruueIS sauunp 3 a GR ee | = le = |z pddop =. a NER ee re | | | | | [otmugIs sSayaıp eo ie rei: = 7 0E8n 00 | 1a og adaope |e S | | | | | ı [lomuejs souump = Se le LE EA re | a 0] Kar a a EI 3 ee a Re i yeum 5 | | | [6,10umeIS saypıp 2 © |#ıjprie 01 oa ve |» [0 |v 8 |sıize|z 8 si sızelng dal 1-1 - 2 8 (zılsel TOTER | | | | IE ee] | [G&1oruuegg sauump | 2 09/05 or 08 sz|oz sıoolos or|o | log! Ic | \08|sz [0 | 51 |" Broysgrpopuusg| oe | | E92 |07 st 0909,07 08 ©@ 02 |sI 09 08/07 085608 SL| jap won purisay [ayunp ya [Pyunp yysı] | SORT BaTT SSISEIRONT) m u nn, 25 Wiesner-Festschrift — 36 — Bemerkungen zur Tabellel. Als Maß der Durchwachsungsenergie wurde die Anzahl der von je 100 keimenden Samen durch das Stanniol durchgewach- senen Keimlinge angesehen, so zwar, daß die Keimungsenergie in der Tabelle ausgedrückt erscheint durch das mittlere Zählprozent der durchgewachsenen Keimpflanzen bei der entsprechenden Entfernung einerseits und bei den verschiedenen Widerständen, be- ziehungsweise Substraten anderseits. Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die größte Durchwachsungsenergie der Weizen besitzt, dann kommt Roggen, hierauf Gerste und schließlich Hafer. Weiters ist ersichtlich, daß, je größer die Stannioldicke ist, desto geringer die Durchwachsungsenergie ist. Ein besonders anschau- licher Fall ist auf Tafel XIII nach einer photographischen Aufnahme abgebildet. Die Gläser in Figur 1 und 2 enthalten Weizen bei gleicher Entfernung von der Stanniolfläche. Bei Figur 1 mit einfachen dünnem Stanniol sind nach 6 Tagen 27 Keimlinge, bei Figur 2 mit doppelter Stanniollage hingegen ist kein einziger durchgewachsen. Analoges zeigt der Versuch mit Roggen, Figur 3 und 4. Durch dreifach gelegtes dickes Stanniol ist überhaupt bei keinem Versuche ein Keimling durchgewachsen. In den Abbildungen auf Tafel XIV soll die Beziehung der Durch- wachsungsenergiezurEntfernung vonder Stanniolfläche veranschaulicht werden. In allen vier Gläsern ist Roggen mit gleicher Stanniollage (einfaches, dünnes Stanniol), jedoch bei verschiedenen Abständen von der Stanniolfläche. Dieselbe beträgt bei Figur 1 15 mm, bei Figur 2 20 mm, Figur 3 25 mm und Figur 4 30 mm. Wir sehen bei Figur 1 11 durchgewachsene, bei Figur 2 5, bei Figur 3 2 und bei Figur 4 1, in allen Fällen nach 6 Tagen Versuchsdauer. Zur Veranschaulichung einerseits der durchgewachsenen und nicht durchgewachsenen Keimlinge, anderseits der Längenunter- schiede der Coleoptilen bei gleicher Entfernung von der Stanniol- fläche wurde die Tafel XVI nach photographischen Aufnahmen ange- fertigt und ist aus derselben zu ersehen, daß die Weizenkeimlinge im Licht und im Dunkeln bei 40 mm Entfernung durch das einfache Stanniol durchgewachsen sind; ferner, daß die Coleoptile im Lichte (Figur a) 45 ımın, im Dunkeln (Figur b) 60 mm erreichte, während in Figur ce die typische Deformierung eines ganz in Erde eingebettet gewesenen, bei Verwendung von doppelter Stanniollage nicht — 37 — durchgewachsenen Keimlings veranschaulicht werden soll. Außer- dem ist auf dieser Tafel (XVI) auch noch die Austrittsstelle des Primordialblattes aus der Coleoptile (Figur d und e) ersicht- lich, wie dies an einer weiteren Stelle der Abhandlung näher be- schrieben ist. Aus den Versuchen geht weiter hervor, daß das Filtrierpapier sich als besseres Keimsubstrat erwiesen hat als Erde. Der Einfluß des Lichtes ist in den Abbildungen der Tafel XV veranschaulicht. Die Bechergläser enthalten dieselbe Spezies, nämlich ‘ Roggen bei gleicher Entfernung von der Stanniolfläche (15 mın) und bei demselben einfachen starken Stanniol. Bei den Figuren 1 und 3, im Dunkeln, beträgt die Zahl der nach 6 Tagen durchgewachsenen Keimlinge 7, beziehungsweise 4. Figur 2 und 4 sind im Lichte gehalten worden und beträgt hier die Zahl der durchgewachsenen 5, beziehungsweise 3 Keimlinge. Il. Maß der Perfiorationsstärke. Um auch die Größe der Arbeitsleistung beim Durchbrechen des Stanniols zu ermitteln, habe ich einen besonderen Apparat in Form einer zweiarmigen Standwage konstruiert (Tafel XVII), an welcher die eine Hälfte des Wagebalkens mit der Klemmschraube (X) zur Aufnahme eines Stahlstiftes (5) und mit einem Laufgewichte (!) zur Einstellung des Gleichgewichtszustandes versehen ist; an der an- deren Seite des Wagebalkens ist eine gewöhnliche Wagschale zur Aufnahme der Gewichte (g) angebracht. Die Stahlstifte, welche in die Ösen eingeklemmt wurden, hatten die Form und durchschnittliche Größe der Keimblatt- scheiden der vier zu den Versuchen verwendeten Getreidearten. Oberhalb wurde dann jedesmal ein gespanntes Stanniolblättchen so angebracht, daß die Stiftspitze, welche entsprechend abgerundet war, im Gleichgewichtszustande der Wage die Stanniolfläche gerade berührte. Die Kraft nun, welche notwendig war, um das Stanniol zu durchbohren, wurde durch Auflegen von Gewichten auf die Wagschale ermittelt, In der folgenden Tabelle 2 sind die Durchschnittswerte in Gramm aus mehreren Wägungen angegeben, welche als Maß der Stärke der Durchstoßung der verschiedenen Stanniollagen angesehen werden können. 95* a Perfora 388 tionsstärke Tabelle 2. ausgedrückt in Gramm nach Messungen mit der Perforationswage. | Stift Nr. 1, Hafer | Stift Nr. 2, Gerste Stiftlänge | 1 cm 125 cm, 4 cm | 1 cm 25 cm| 4 cm | | dünnes Stanniol einfach. 1859 ,193g|205y9 11559 1759 .198g dickes Stanniol einfach . . 1284, | 30:4 „32:3. | 18:5, | 20-4 SuzBSE dünnes Stanniol doppelt. 1356. |372,|382,128 '„| 20:0 us dickes Stanniol doppelt. . . .. |511,|6177,|68 „|425,|444,|483, dünnes Stanniol dreifach 588 „162 „|69 „469 ,|476,1502, dickes Stanniol dreifach. : Ira „65:6 „|697 ,11592 „102 1,4680%3 | | | | Stift Nr. 3, Roggen Stift Nr. 4, Weizen | | Stiftlänge | 1 cm 25 em 4 cm | 1 cm 25 cm 4 cm dünnes Stanniol einfach . 129 9,1429 1489| 629 689| 7 9 dickes Stanniol einfach . .1198,|217.,|238,| 97, 106 00 02 dünnes Stanniol doppelt ı237,|265, 127:8,.1135, | 142g ' dickes Stanniol doppelt. 1331 ,|364,|41:8, 1193, 21:1, 72272 dünnes Stanniol dreifach 138 „|406,,426,|195,.|22 „23%, dickes Stanniol dreifach. x 4952,50:85 | 53:5 , 1127272837308 Aus dieser Tabelle geht also hervor, daß die Arbeitsleistungen bei der Perforation des Stanniols bei den vier Hauptgetreidearten sehr verschieden sind und je n den Werten entsprechen: bei Weizen ( Roggen ( Gerste‘, Hlater (92 Der einzelne Keimling kleinste Arbeitsleistung Stift „ „ „ „ ach der Stärke des Stanniols folgen- Nr. 4) 629 bis 31°0 4 BE NE era aaa 08:0, DEE 007 hat demnach beim Weizen die beim Durchwachsen zu vollführen, während der Hafer in dieser Hinsicht am meisten in Anspruch ge- nommen wird. Dementsprechend ist wieder umgekehrt, wie schon aus der Tabelle 1 zu entnehmen ist, die Perforationsenergie oder das Durchwachsungsprozent der Keimlinge bei diesen vier Getreidearten in entgegenge setzter Reihenfolge angeordnet. — 389 — Aus der Tabelle 2 ist weiters ersichtlich, daß je kürzer der Stift ist, desto leichter das Stanniol durchstoßen wird, so daß also die Perforationsstärke der Länge des Stiftes verkehrt proportional ist, Diesem Ergebnis entspricht auch die aus Tabelle 1 ersichtliche Erscheinung, daß bei einem geringeren Abstande der Samen vom Stanniolmehr Keimlinge durchwachsenals beieinem größeren. IV. Zur Anatomie, MorphologieundBiologie derKeim- blattscheide!) (Coleopitile). Die Keimblattscheide oder, wie sie Mirbel?), bezeichnet, die Coleoptile, ist ein anfänglich allseitig geschlossenes, zylindrisches Organ, von zumeist ovalem bis zylindrischem Querschnitte, welches dem Keimsprosse beim Durchbrechen des Bodens als Schutzmittel dient. (Abbildung Figur 1.) Betrachtet man den anatomischen Aufbau etwas näher, so sieht man zunächst nach außen die Epidermis, deren Zellen am Spitzenteile von würfelförmiger Gestalt (siehe Figur 2) sind und gegen die Basis der Coleoptile zu eine mehr langprismatische Form annehmen. Hierauf folgen zwei bis vier Schichten dünn- wandiger parenchymatischer Zellen, an die sich nach innen zu wieder eine epidermisähnliche Zellschicht anreiht. In der Parenchym- schicht verlaufen zwei einander gegenüberliegende Gefäßbündel. Spezifisch mechanische Zellen, wie Bast- oder Collenchym- zellen ?), die beim Durchbrechen des Erdreiches dienlich sein könnten, sind nicht vorhanden, bloß eine bedeutend stärker aus- gebildete Cuticula findet sich namentlich im Spitzenteile der Coleop- tile, welcher hierdurch ein nicht geringer Schutz gegen äußere Ver- letzungen gewährt wird. Allerdings ist aber die Coleoptile an der Spitze mächtiger entwickelt als an den anstoßenden Seiten, ebenso sind die !) Dieser Abschnitt wurde von Herrn Dr. Emanuel Rogenhofer (botanischer Hilfsassistent an der k. k. Samenkontrollstation in Wien), welcher auch bei der Durchführung der zahlreichen Versuche in dankenswerter Weise mitgewirkt hat, bearbeitet und wird von demselben in der nächsten Zeit eine ausführliche Abhandlung über den Gegenstand dieses Abschnittes veröffentlicht werden. ®) Mirbel M.: »Observations sur la germination des gramindes«. Ann. d. Mus. XIIl, pag. 145. - 3) Siehe Haberlandt: »Schutzeinrichtungen«, pag. 67. 2 x .. 8. DES, EL Ye2% (&# Fio. 1: Vergrößerung zirka 500:1. Querschnitt durch die Plumula eines vier Tage alten Roggenkeimlings: © — Coleoptile, ? — Primordialblatt, 4 — vorgebildete Austrittsstelle des letzteren. Epidermiszellen an dieser Stelle in radialer Richtung stärker aus- gebildet als die seitlichen und gewähren in ihrer Würfelform mit dem darunterliegenden dichtzelligen Parenchym eine Versteifung der Spitze, welche als mechanische Ausrüstung anzusehen ist, und zwar insbesondere mit Rücksicht auf die Inanspruchnahme der Coleoptile auf Druckfestigkeit. Bei den zu diesen Versuchen verwendeten vier Hauptgetreide- arten sind im anatomischen Aufbau der Coleoptile keine Unter- schiede wahrnehmbar und deshalb eine Verwechslung untereinander leicht möglich, wenn auch äußerlich morphologisch jedoch die Coleoptilen dieser vier Spezies bei einiger Übung sich leicht unter- scheiden lassen, da schon makroskopisch wahrnehmbare Unter- schiede in der äußeren Form, Länge, Dicke und Färbung vor- handen sind. Bezüglich des morphologischen Charakters der — 391 — Coleoptile stehen sich derzeit zwei Ansichten diametral gegenüber. Die eine, deren Hauptvertreter B. Frank ist, bezeichnet die Coleoptile als Keimblatt; nach der zweiten Ansicht, welcher sich auch die Mehrzahl der heutigen Forscher anschließt, wird das Skutellum als Kotyledon aufgefaßt, während die Coleoptilen selbst wieder verschieden gedeutet werden. Fig. 2. Vergrößerung zirka 500:1. Längsschnitt durch die Plumula eines vier Tage alten Weizenkeimlings: © — Coleoptile, P = Primordialblatt, ct — verdickte Cuticula, w — würfelförmige Epidermiszellen, p — parenchymatisches Gewebe, 9 — Gefäßbündel, A — vorgebildete Austrittsstelle des Primordialblattes. Mit Rücksicht auf das eigentliche Thema dieser Arbeit erscheint es mir nicht von Belang zu sein, hier auch näher auf diese Frage einzugehen, um so mehr, als dieser Gegenstand, wie bereits erwähnt, in einer besonderen Abhandlung bearbeitet werden soll. Was jedoch den mechanischen Vorgang beim Austritte des Laubblattes aus der Coleoptile betrifft, so möchte ich doch noch — 392 — auf eine hierüber von Rothert!) gemachte Äußerung hinweisen, daß der Zeitpunkt des Durchbrechens der Coleoptile durch das Laubblatt von dem Verhältnisse der beiderseitigen Wachstums- geschwindigkeiten abhängt. »Anfangs wachsen beide Organe gleich schnell, dann aber beginnt die Wachstumsintensität ?) des Kotyledons zu sinken, während diejenige des Laubblattes steigt. Infolgedessen füllt das Laubblatt zunächst die Höhlung des Kotyledons vollständig aus, übt auf ihn einen schnell steigenden Druck und durchbricht ihn schließlich am Orte geringster Festigkeit.« Aus diesen Angaben geht allerdings nicht hervor, ob beim Heraustreten des Primordialblattes eine Verletzung der Zellen der Coleoptile stattfindet oder nicht. Nach den bei meinen Versuchen gemachten Beobachtungen tritt nun eine Verletzung der Zellen der Coleoptile nicht ein, im Gegenteil, es wird schon sehr frühzeitig eine Austrittsstelle (A, Figur 1 und 2, sowie Tafel XVI, Figur d und e) vorgebildet, in der Weise, daß nahe unterhalb der mechanisch wirksamen Spitze der Coleoptile sich die sonst drei bis vier Zellagen umfassende Parenchymschicht soweit verjüngt, daß die beiden Epidermiszell- schichten unmittelbar aneinanderstoßen. An dieser dünnsten Stelle nun lösen sich die Zellen an den Radialwänden voneinander los, so daß ein länglicher Schlitz (Tafel XVI, Fig. d und e) entsteht, der dann allerdings durch das rasche Wachstum des heraustretenden Primordialblattes erweitert wird. Schließlich wird die Coleoptile auf der einen Seite gänzlich zerrissen. Daranschließend möchte ich noch das biologische Moment des ganzen Durchwachsungsvorganges etwas erläutern. Die Bedingungen für das Durchbohren des Stanniols hängen natürlich von mehreren Faktoren ab; in erster Linie ist wohl der Einfluß des Lichtes hierbei maßgebend, wie dies auch insbesondere aus den Versuchen in Tabelle 1 hervorgeht. Auch durch die Ver- suche von Rothert?) mit Avena sativa wird dies bestätigt, indem nämlich bei einer im Lichte gehaltenen Kultur die Coleoptile nur eine Länge von 1—2cm erlangte, dagegen die Coleoptilen der im Dunkeln gezogenen Keimlinge bis zu 6cm Länge erreichten. Daß eine Länge von 6cm jedoch nicht die äußerste Grenze 1) Rothert W.: »Über Heliotropismus«. °) Siehe auch W. Pfeffer: »Pflanzenphysiologie«, II. Bd., pag. 891—893. -Rothert:i::c. — 303 — ist, beweist der Umstand, daß bei unseren Versuchen Keimlinge durch einfaches dünnes Stanniol bei einem Abstande von 6cın (siehe Tabelle 1) noch durchgewachsen sind, die Coleoptilen also eine Länge von 6°5 bis fast 7cm erreichten. Daß auch die Längen der Coleoptilen bei verschiedenen Sorten einer und derselben Getreideart verschieden sein können, geht aus den Beobachtungen von L. Hiltner!) hervor, welcher zum Beispiel beim Petkuserroggen eine durchschnittlich kürzere Coleoptile als beim Staudenroggen konstatierte und stets ein schlechtes Auflaufen des Roggens vorfand, wenn das Primordial- blatt zu früh die Coleoptile durchbrochen hatte, ein Fall, der in- sofern für unsere Durchwachsungsversuche von Belang ist, als ein Keimling, bei dem das Primordialblatt bereits aus der Coleoptile herausgetreten war, in keinem Falle mehr imstande war, auch nur die dünnste Stanniollage zu durchbohren. Wie ich schon eingangs erwähnt habe, ist die mechanische Funktion der Coleoptile naturgemäß auch für die Tiefe der Unter- bringung der Saat von biologischer Bedeutung und stimmen auch die Angaben von Wollny über die Saattiefe der Getreidearten mit meinen Durchwachsungsversuchen überein, da auch für Weizen, welcher nach meinen Versuchen das größte Durchwachsungs- prozent aufweist, die Saattiefe am größten ist. Wezusamımeniassung der Hauptresultate. 1. Die Keimlinge der vier Hauptgetreidearten durchwachsen in der Regel schon nach vier bis fünf Tagen das gespannte Stanniol mit verschiedener Energie, welche mit der Dicke des Stanniols und der Entfernung der Samen von der Stanniolfläche abnimmt. 2. In allen Fällen durchwachsen nur solche Keimlinge das Stanniol, bei welchen die Coleoptile vom ersten Laubblatt noch nicht durchbrochen ist. Ist das Primordialblatt bereits aus der Coleoptile herausgetreten, so ist der Keimling (Sproß) nicht im- stande, das Stanniol zu perforieren. 3. Bei den im Dunkeln angestellten Versuchen wachsen die Keimlinge besser durch wie bei den im Lichte vorgenommenen. Am leichtesten wurde das Stanniol von den Keimlingen dann durch- bohrt, wenn der Einfluß des Lichtes (die heliotropischen Krümmungen) ı) Hiltner L.: »Über schlechtes Auflaufen des Roggens«. Prakt. Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz«, IV. Jahrg., 1906, Heft 11. ne vollständig ausgeschlossen war, so daß der negativ geotropische Sproß genau senkrecht die Stanniolfläche treffen konnte. 4. Die Durchwachsungsenergie, das ist der Prozentsatz der durchgewachsenen Keimlinge, ist bei den vier Hauptgetreidearten verschieden groß und läßt sich in folgende Reihe bringen: 1. Weizen, 2. Roggen, 3. Gerste, 4. Hafer; beim Weizen ist dieselbe also am größten und nimmt gegen den Hafer zu an“stärke,ab: Hingegen kehrt sich diese Reihenfolge um, wenn die vier Getreidearten nach der von den Keimlingen bei der Perforation geleisteten Arbeit angeordnet werden. 5. Als mechanisches Organ fungiert bei der Durch- brechung des Stanniols die Coleoptile, und zwar hauptsächlich infolge ihrer großen Turgeszenz, da allerdings keine spezifisch mechanischen Zellelemente in der Coleoptile vorhanden sind, aber eine im Vergleich zum Primordialblatte bedeutend stärker verdickte Cuticula, namentlich an der Spitze, an welcher auch noch durch die besonders mächtig entwickelten würfelförmigen Epi- dermiszellen und das darunter liegende dichtzellige Paren- chym eine mechanische Ausrüstung geschaffen ist gegen- über der Inanspruchnahme der Coleoptile auf Druckfestigkeit. 6. Auch das Hervorbrechen des ersten Laubblattes aus der Coleoptile ist ein rein mechanischer Proz bei welchem das Primordialblatt stets an der schwächsten Stelle der Coleoptile durch Lostrennung der beiden Zellagen aus einem bereits vorgebildeten Schlitz heraustritt. VI. Verzeichnis der benützten Literatur. Gentner Georg: »Über die Vorläuferspitzen der Monocotylen«. Flora, VC. Bd. (Erg.-Bd. zu 1905), pag. 327— 383. GoebelK.: »Ein Beitrag zur Morphologie der Gräser«. Flora, LXXXI. Bd, pag. 17. — »Grundzüge der Systematik und speziellen Pflanzenmorphologies. Leipzig, Engelmann 1882. — »Organographie der Pflanzen«, Jena, G. Fischer, 1898. Haberlandt G.: »Die Schutzeinrichtungen in der Entwicklung der Keim- pflanze«, Wien, C. Gerolds Sohn, 1877. Hanstein Johannes: »Die Entwicklung des Keimes der Monocotylen und Dicotylen«, Bot. Abhandl. a. d. Geb. d. Morph. und Physiol., I. Bd., 1871. Harz C. O.: »Landwirtschaftliche Samenkunde«, Berlin, P. Parey» 1885. Hegelmeier Fr.: »Zur Entwicklungsgeschichte monokotyledoner Keime«. Bot. Ztg. 1874, pag. 660. Hiltner L.: »Über schlechtes Auflaufen des Roggens«. Prakt. Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, IV. Jahrg., 1906, Heft 11. eo Klebs G.: »Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung«, Unters. a. d. bot. Inst. zu Tübingen, I. Bd., 1831—1885, pag. 536. MirbelM.:»Observations sur la germination des gramin&es«. Ann. d. Mus., XII, pag. 145. Pfeffer W.: »Pflanzenphysiologie«, Leipzig, W. Engelmann, 1897—1904. Rothert W.: »Über Heliotropismus«. Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, VII. Bd., 1896. Schwendener $.: »Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monocotylen«, 1874. Strasburger E.: »Lehrbuch der Botanik für Hochschulen«, Jena, H. Fischer, 1906. WollnyE.: »Saatund Pflege der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen«, 1885. Vi. Erklärung der Tafeln. Tafel XIII: Figur 1 und 2 Weizen; Figur 1 einfacher, Figur 2 doppelter Stanniolbelag. | Figur 3 und 4 Roggen; Figur 3 einfacher, Figur 4 doppelter Stanniolbelag. Tafel XIV: Roggen durchgewachsen bei verschiedenen Abständen von der Stanniolfläche. Distanz 15 mm bei Figur 1, 20 mm bei Figur 2, 25 mm bei Figur 3 und 30 mm bei Figur 4. Tafel XV: Roggen: Figur 1 und Figur 3 im Dunkeln durchgewachsene Keimlinge, Figur 2 und Figur 4 im Lichte durchgewachsene Keimlinge. Tafel XVI: a und 5b S-Tage alte Weizenkeimlinge durchgewachsen durch einfaches dünnes Stanniol: « im Lichte (Coleoptile 45 mn lang); db im Dun- keln gehalten (Coleoptile 60 mm lang); ce Roggenkeimling, 8 Tage alt, nicht durchgewachsen bei doppelter Stanniollage in Erde; bei allen drei Versuchen war die Distanz von der Stanniolfläche die gleiche (40 mm); d und e durch- gewachsene Weizenkeimlinge, die Austrittstelle des Primordialblattes aus der Coleoptile darstellend. a, b und c etwas verkleinert, d und e ungefähr achtfach vergrößert. Tafel XVIL: Perforationswage nach v. Weinzierl. Über Reizleitungsgeschwindigkeit und Latenz- zeit bei Mimosa pudica von K. Linsbauer (Wien). Mit 1 Textfigur. Eingelangt am 12. Oktober 1907. Das eingehende Studium der Teilprozesse einzelner Reizvor- gänge und ihrer Abhängigkeit von äußeren Faktoren hat bereits vielfach tiefere Einblicke in das Wesen der Reizerscheinungen eröffnet, wie namentlich die neueren Untersuchungen über Geo- tropismus, Haptotropismus etc, beweisen. Wenn die Analyse der seismonastischen Reizvorgänge heute noch nicht sehr weit vor- geschritten ist, so liegt es namentlich an den großen Schwierig- keiten, welche die gesonderte Untersuchung der einzelnen Glieder der Reizkette bei verhältnismäßig so schnell ablaufenden Reaktionen bietet. Und doch böte gerade in diesem Falle ihre Abhängigkeit von äußeren Faktoren besonderes theoretisches Interesse. Haberlandts') grundlegende Versuche über das reizleitende Gewebe von Mimosa pudica streifen diese Frage nur nebenher; bei ihnen handelte es sich vornehmlich darum, aus dem anatomischen Bau des physiologischen Apparats die Eigentümlichkeiten der Reizleitung und Reizausbreitung zu erklären, wodurch der genannte Forscher zu einer wertvollen Stütze seiner Anschauung über die Mechanik der Reizleitung gelangte. Die Frage nach der Abhängigkeit der Reizleitungsgeschwindigkeit vom Turgeszenzzustand und äußeren Faktoren wurde aber naturgemäß nur nebenbei erörtert. Ob diese tatsächlich nur dadurch die Ausbreitungsgeschwindigkeit beein- flussen, daß sie den Turgeszenzgrad alterieren, oder ob sie auch in anderer Weise auf die Leitungsvorgänge Einfluß nehmen, ist !) »Das reizleitende Gewebesystem der Sinnpflanze«, Leipzig (Engel- mann, 1890). — 397 — keineswegs entschieden, um so weniger, alsman nach den neueren Untersuchungen Fittings!) dem Turgeszenzgrad eine weniger Ausschlag gebende Rolle zuschreiben muß, als es bis dahin auf Grund der Sachsschen Angaben anzunehmen war. Eine genauere Kenntnis der Abhängigkeit der Reizleitungs- vorgänge bei Mimosa von äußeren Faktoren — um nur ein Problem aus dem oben angedeuteten Komplex von Fragen heraus- zugreifen — wäre allein schon von Bedeutung; handelt es sich doch hier, wie wir auf Grund der Untersuchungen von Pfeffer und Haberlandt annehmen, um Leitung einer hydrostatischen Druckdifferenz, also um echte »Reizleitung« im Gegensatze zu den sonst so häufig beobachteten Leitungsvorgängen eines physio- logischen »Erregungszustandes«. Es ist von vornherein wahr- scheinlich, daß diese beiden in ihrem Wesen ganz verschiedenen Reizleitungsprozesse auch in wesentlich verschiedener Weise von äußeren Bedingungen beeinflußt werden dürften. Über die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen diesen und den Leitungsvorgängen bei Stoßreizung geben aber die vorliegen- den Versuche keinen befriedigenden Aufschluß, zumal bei der Mehrzahl der Angaben über Leitungsgeschwindigkeit die Latenz- zeit nicht entsprechend in Rücksicht gezogen wurde. Es ist keines- wegs ausgeschlossen, daß gerade in unserem Falle gewisse Änderungen in den herrschenden Bedingungen die Schnelligkeit der Reizausbreitung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen und die angeblichen Differenzen in der Leitungsgeschwindigkeit auf Rechnung einer beträchtlich modifizierten Latenzzeit zu setzen sind. Wenngleich diese nach einer Angabe Pfeffers weniger als eine Sekunde beträgt — genauere Messungen scheinen nicht vor- zuliegen — so kann die Vernachlässigung dieses Wertes doch bei dem rapiden Ablauf der Gesamtreaktion zu sehr beträchtlichen Fehlern Anlaß geben. Eine genauere Ermittlung der Reizleitungsgeschwindigkeit be- dingt demnach eine eingehendere Berücksichtigung der Latenzzeit- Aus diesem Grunde hat auch Fitting?) bereits auf die Helm- holtzsche Methode zur Ermittlung der Reizleitungsgeschwindig- !) Pringsheim, Jahrb. für wiss. Bot. 1903. ®) Vgl. H. Fitting: »Die Reizleitungsvorgänge bei den Pflanzen«. Ergebn. d. Physiologie, Bd. IV. und V (1905 und 1906), woselbst eine eingehende und kritische Besprechung der einschlägigen Literatur zu finden ist. — 308 — keit verwiesen, welcher sich bereits Bert!) zur Ermittlung der Reiz- leitungsgeschwindigkeit in den sekundären Blattstielen von Mimosa pudica bediente. Ich will an dieser Stelle nur über einige Versuche berichten, die den Charakter einer Vorarbeit an sich tragen und in erster Linie in der Absicht angestellt wurden, verschiedene Methoden zur möglichst genauen Ermittlung der Reizleitungsgeschwindigkeit und Reaktionszeit auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen und eine Vorstellung über die zu beobachtenden Geschwindigkeitsextreme zu gewinnen. Zur Durchführung der nachstehenden Versuche, welche im heurigen Hochsommer ausgeführt wurden, stand mir ein reiches Material in der Wiener biologischen Versuchsanstalt zur Verfügung, deren Leitern ich hierfür zu herzlichem Danke verpflichtet bin. Desgleichen schulde ich Herrn Professor Dr. Kreidl besonderen Dank für die mir in zuvorkommendster Weise zur Verfügung ge- stellten Registrierapparate aus dem Instrumentarium des physio- logischen Instituts. A. Reizleitungsgeschwindigkeit im primären Blattstiel. Als Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Wundreizes bei Mimosa pudica wird in der Regel eine Strecke von 8--15 mm pro Sekunde angegeben, Werte, die auf Beobachtungen Dutrochets?°) zurück- gehen. Die späteren Angaben bewegen sich zumeist gleichfalls innerhalb dieser Grenzen. Daß aber die Leitungsgeschwindigkeit auch beträchtlich höhere Werte erreichen kann, ist zweifellos. So gibt zum Beispiel Pfeffer an, daß sich nach dem Durchschneiden der Spitze des sekundären Blattstiels die Reaktion des primären Gelenkes in 3—4“ einstellt. Nehmen wir an, daß es sich hierbei um ein ausgewachsenes Blatt von etwa 90 mm Gesamtlänge handelte, so berechnet sich die durchschnittliche Leitungsgeschwindigkeit unter Vernachlässigung der Latenzzeit mit 30 mm pro Sekunde. Da aber zweifellos die Leitung im sekundären Blattstiel wesentlich lang- samer vor sich geht — Bert gibt pro Sekunde 6 mm an — SO folgt daraus, daß wenigstens im primären Blattstiele die Leitungs- geschwindigkeit voraussichtlich noch höhere Werte erreichen kann, namentlich dann, wenn die Latenzzeit stärker ins Gewicht fallen sollte. !) »Recherches sur le mouvement de la sensitive«. Mem. de la soc. d. science phys. et mech., Bordeaux 1870. zur, Fıtting, lc. ge Zur Zeitmessung bediente ich mich bei allen meinen Versuchen der Registriermethode. Hierzu benützte ich ein vom Wiener Uni- versitätsmechaniker L. Castagna angefertigtes, durch ein Uhrwerk getriebenes Kymographion von ziemlich großer Umdrehungs- geschwindigkeit, die durch verschieden große Windflügel innerhalb beträchtlicher Grenzen entsprechend reguliert werden kann. Eine durch einen Elektromagneten in Schwingungen versetzte Metall- feder veranlaßte in bestimmten Intervallen eine Stromunterbrechung;; dieser Stromunterbrecher sowie ein »Zeitschreiber« (Z.D), das heißt ein kleiner Elektromagnet, an dessen Anker ein Aluminiumschreiber be- festigt ist, waren in denselben Stromkreis (4) geschaltet, so daß der Schreiber jede Stromunterbrechung auf dem berußten Papier- mantel der rotierenden Trommel des Kymographions in üblicher Weise markierte. DurchVerschiebung.desFixpunktes der schwingenden Feder des Unterbrechers konnte die Schwingungszahl und mithin die Anzahl der Stromunterbrechungen innerhalb weiter Grenzen reguliert werden, so daß das Intervall zwischen zwei Marken 0°5 bis 0:01 Sekunden betrug. Natürlich mußte bei Markierung besonders kurzer Zeitintervalle die Trommel in der oben bezeichneten Weise in schnellere Rotation versetzt werden. Durch einen zweiten, in getrenntem Stromkreis (5) geschalteten Zeitschreiber (Z. ID), wurde knapp unterhalb der »Zeitkurve« der Moment der Reizung und des Reaktionsbeginnes markiert. Diese Registrierung erfolgte teils mit der Hand, indem der jeweilige Strom- schluß durch einen Taster hergestellt wurde, teils automatisch. Die Bestimmung der Reizleitungsgeschwindigkeit beruht auf folgender Überlegung. Die Zeit /, welche vom Moment der Reizung bis zum Reaktionsbeginn verstreicht, setzt sich zusammen aus der Zeit, welcher der Reiz bedarf, um mit einer gewissen Geschwindigkeit « die Strecke (s) von der verletzten Stelle bis zur motorischen Zone zu durchlaufen und der Latenzzeit (!). Wird nun ein Blatt nach voll- ständiger Erholung in geringerer Entfernung (s’) vom Gelenk gereizt, so muß (theoretisch) die Reaktion in der kürzeren Zeit t’ eintreten; vorausgesetzt, daß Latenzzeit und Reizleitungsgeschwindigkeit in beiden Fällen die gleichen Werte erreichen, ergibt sich für die Leitungsgeschwindigkeit ce =... Diese Voraussetzung trifft nun, wie mir zahlreiche Versuche bewiesen, in der Regel nicht zu. Die erste Verletzung alteriert das Blatt so stark, das selbst nach mehreren Stunden, wenn das Blatt — .400 ° — natürlich schon längst Ausdiegangsstellung wieper eingenommen hat, der neuerliche in geringerer Distanz vom Hauptgelenk appli- zierte Reiz unverhältnismäßig spät eine Reaktion zur Folge hat, so daß oft 1‘ größer ist als . Läßt man zwischen beiden Reizungen einen längeren Zeitraum (12 —24 Stunden) verstreichen, so kann sich der Reizzustand der Pflanze infolge der wechselnden äußeren und inneren Verhältnisse wesentlich verändert haben. Ich zog es daher vor, verschiedene Blätter in den Entfernungen s, beziehungsweise s‘ vom Hauptgelenk zu reizen und die dabei erhaltenen Werte von t und t‘ der Berechnung zugrunde zu legen unter Vernachlässigung etwaiger individueller Differenzen zwischen den einzelnen Blättern desselben Individuums. Im nachfolgenden soll die Reizleitungsgeschwindigkeit für drei verschiedenartige Formen der Verletzung besprochen werden. a) Verletzung durch erhitzten Platindraht. In den Stromkreis B wurde außer dem Zeitschreiber ein Feder- taster und ein äußerst dünner Platindraht eingeschaltet, der zwischen den gabelförmig gebogenen Enden des Leitungsdrahtes ausgespannt war. Dieser wurde mit Hilfe einer an einem Stativ verschiebbaren Klemme so auf eine bestimmte Stelle des primären Bilattstieles gesenkt, daß er durch diesen leicht gespannt war. Der Stromschluß bewirkte eine beträchtliche Erhitzung des Drahtes und die auto- matische Markierung des Reizbeginnes durch den Schreiber II. Bei Eintritt der Reaktion wurde der federnde Taster losgelassen, wo- durch infolge der Stromöffnung eine zweite Marke auf dem Kymo- graphion festgelegt wurde!). Da es bei dieser Versuchsanordnung immer längere Zeit währte, bis der Draht sich genug in das Ge- webe eingebrannt hatte, um eine Reizung zu bewirken und die Ver- letzung nur allmählich gesteigert wurde, verstrich bis zum Reaktions- beginn ein verhältnismäßig langer Zeitraum, der sich aber gerade aus diesem Grunde sehr genau ermitteln ließ. Ein — allerdings wohl nur unbeträchtlicher — Fehler ist dabei unvermeidlich, in- sofern die einzelnen Blattstiele untereinander und an verschiedenen Stellen nicht völlig gleiche Dicke besitzen, so daß in den einzelnen Versuchen auch bei gleicher Erhitzung des Drahtes eine verschieden lange Zeit bis zur wirksamen Reizung verstreichen könnte. Diese ') Bei diesen und anderen Versuchen wurde ich von cand. phil.P.Frösche in kollegialer und dankenswerter Weise unterstützt. 401 jedenfalls geringfügige Differenz kann das Resultat nicht wesentlich beeinflussen. Die nachfolgende Tabelle gibt eine derartige Versuchsreihe wieder. 22 September: 7 196° EC. — Rel. Feucht. = 94%). | ; | | | Leitungs- Blatt- u S t | | s! | t geschwindigkeit, Pflanze Nr. ') in mm | in Sek. | Blatt-Nr. in nım| in Sek. e= ler | 3 49 | 13-15 4 5 56 45 A 3 49 | 13:15 | 1 7 405 461 | 4 15 a | in 4:05 Soc - 4 42.1.1098 5 15 ı 36 2:9 ; 2 43 51 5 15... 3:6 18°6 | | | | 3 49 bo | 4 13 2.92 9:12 3 49 66 8 32229 9-32 | A 18 | 32 1.8 80092 10:0 | | | | % | Sa 5071 Tre 2 210: | 2:05 5A er 59 De oz el 53 | | | Sehen wir von der Pflanze 5b ab, bei welcher die beiden ge- fundenen Werte untereinander stark differieren, so ergeben die er- mittelten Zahlen für jede Pflanze eine ziemliche Übereinstimmung. Es berechnen sich daraus nachstehende Mittelwerte für die Reiz- leitungsgeschwindigkeit: en D De—n9D R Ü c=.048 Gesamtmittel aus en allen Versuchen a, Beverletzung durch Einschneiden des Bhattstiekes. Diese Versuche wurden in verschiedener Weise variiert. Zunächst versuchte ich mit scharfem Rasiermesser (Mikrotom- primären ) Die Blätter wurden stets von der Spitze an nach abwärts gezählt. 26 Wiesner-Festschrift — 402 — messer) einen raschen Einschnitt von oben nach unten zu führen, so daß nur eines der kleinen lateralen Gefäßbündel angeschnitten wurde, wobei das Blatt, um Erschütterungen zu vermeiden, während des Schneidens mit der linken Hand leicht unterstützt wurde. Ein Gehilfe besorgte mittelst eines Federtasterss den Stromschluß beim Einschneiden sowie die Stromöffnung bei beginnender Reaktion. Da die erzielten Resultate beträchtlichen Schwankungen unterworfen waren, änderte ich die Versuchsanordnung in der Weise ab, daß das Messer mit dem Taster kombiniert wurde. Auf den isolierten Griff des Messers wurde eine in den Stromkreis ge- schaltete Feder adjustiert, die im Momente des Schneidens durch den Druck des Daumens in Kontakt mit dem Rücken des gleichfalls eingeschalteten Messers gebracht wurde; beim Reaktionsbeginne wurde die Feder losgelassen und dadurch der Strom geöffnet. Die aus jedem einzelnen Versuche ermittelten Zeitwerte sind auch in diesem Falle etwas zu groß, da das Einschneiden bis zur erfolg- reichen Reizung einen gewissen, wenn auch noch so kurzen Zeit- raum beansprucht. Bei Berechnung von ce nach der oben abgeleiteten Formel käme dieser Fehler vollständig in Wegfall, wenn die zum Einschneiden erforderliche Zeit bei jedem Versuche die gleiche bliebe, was natürlich nicht vollkommen erreichbar ist. Immerhin zeigen die gefundenen Werte, wie sich aus der nachstehenden Tabelle ergibt, eine gute Übereinstimmung, was jedenfalls zugunsten der Brauchbarkeit dieser Versuchsanordnung spricht. 28. August vormittags: 7 = 242° C. — Rel. Feucht. = 880),. Pflanze Blatt-Nr. | in rer | in et | | 3 | 47 | 1:3 A 4 | 50 1:15 Ir: 40 2:65 a: Ws Aa 145° | 6 Sl A | 1 48 | 185 | C 2t Ba 5, 11H Eee I Zur Berechnung von ec können die für B und © ermittelten Werte herangezogen werden, indem für s’ und !' (ebenso wie in der ersten Tabelle auf pag. 401) die für die Reizung in geringerer Entfernung vom Hauptgelenk ermittelten, mit * bezeichneten Werte herangezogen werden. ') Es ergibt sich demnach: | ven r | Ss t | | 8: 2 s--8s’/ mm Pilanze | Blatt-Nr. in mm | in Sek. Ina iin mm | in Sek. ° r—r’\Sek. E z | | -— | | B DA 41 | 1:45 2 20 075 30 | | n] 1 48 185 |! 2 Moe Tel 32 Er 8b 3 ZB 0 = I | Ist die Zahl der vergleichbaren Werte auch nur eine geringe, so ergibt sich daraus doch unzweifelhaft, daß bei dieser Art der Verletzung (Einschnitt in den Blattstiel) die Geschwindigkeit der Reizleitung im primären Blattstiel ganz beträchtlich höhere Werte erreicht als bei der sub «) angewendeten Verletzung. ec) Verletzung infolge Durchschneidens des Blatt- Streles: Bei dieser Versuchsserie wurde die denkbar stärkste traumatische Reizung ausgeübt, indem der primäre Blattstiel mit scharfer Schere quer durchschnitten wurde. Eine anatomische Schere wurde zur Vermeidung von Erschütterungen mit ihrer oberen Schneide in einer Stativklemme befestigt und bis zur unmittelbaren Berührung des Blattstieles gesenkt, so daß der möglichst rasch geführte Schnitt von unten nach oben ging. Um die »persönliche Gleichung« verschiedener Beobachter auszuschalten, wurde mit der rechten Hand der Schnitt geführt, mit der linken gleichzeitig der Taster niedergedrückt. Nachstehende Tabelle gibt eine Anzahl von Ver- suchen wieder. !) Während in der Mehrzahl der Fälle die für £ gefundenen Werte innerhalb der oben angeführten Grenzen schwankten, erhielt ich in ver- einzelten Fällen ganz unvermittelt extreme Werte (zum Beispiel einmal für s= 51mm; t — 4Sek., ein anderesmal für s— 16 mm; t—= 2:15 Sek.); ob diese ihre Erklärung in abnorm starken individuellen Schwankungen oder in Versuchs- fehlern finden, ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls halte ich es für geboten, sie nicht zur Berechnung von Mittelwerten zu benützen. 26* — 404 7° — 2. September: 7’= 258° C. — Rel. Feucht. = 87%. | | s t Pflanze | Blatt-Nr. dr re | 5 54 0°6 ee 56 05 3 21 0°6 5 58 05 B 6 26 04 7 58 0:05 9 SM 0°5 C 4 58 | 0:95 1 4 16 0:63 | Bei dem, wie der erste Blick auf die erhaltenen Kurven zeigte, rapiden Ablauf der Reizung können die geringfügigsten Versuchs- fehler!) das Resultat bereits wesentlich beeinträchtigen. Ich will daher vorsichtshalber aus den gefundenen Werten nur das Minimum der Reizleitungsgeschwindigkeit ermitteln, indem ich in die Formel [2 "= nn für den Nenner den größten beobachteten Wert einsetze. Ich lege daher aus obiger Tabelle folgende Werte der Be- rechnung zugrunde: | | | | | Beer Pflanze = s N Dfanse a s t se = N in mm in Sek. ' Nr. |in mm |in Sek. t-t' \Sck. | I! BR Be _ wi var ri | | 58 0656| B 6 | 261,04 128 03) | 4 , 58 [09 | 2 16 | 0:63 131 ‘) Man könnte vielleicht einwenden, daß die Blätter durch das Anschneiden verbogen wurden und daher das Hauptgelenk direkt durch Kompression gereizt wurde, Wie unten ausgeführt werden wird, sind jedoch die Reaktionszeiten bei direkter Reizung im Mittel wesentlich kleiner. °) Ich vergleiche in diesem Falle ausnahmsweise die vierten Blätter zweier verschiedener, aber ganz gleich entwickelter Individuen. — 405 ° — Die über alles Erwarten große Leitungsgeschwindigkeit beträgt demnach sicher über 100 mm pro Sekunde und läßt alle bisherigen Angaben weit hinter sich. Die drei Versuchsserien ergeben mithin folgende Resultate: Serie a) Leitungsgeschwindigkeit im Mittel 747 ("”) „ b) ” „ „ 3172 „ 6) % „ Minim. 100 4 Diese Zahlen lassen deutlich die Abhängigkeit der Leitungs- geschwindigkeit von Art und Grad der Verletzung erkennen und lehren, daß dieReizleitungsgeschwindigkeitim primären Blattstiel von Mimosa unter Umständen ganz wesent- Beneobere- Werte erreichen kann; als man-bisher annahm. B. Reaktionszeit bei direkter und indirekter Reizung des Hauptgelenkes. Zur Ermittlung der Reaktionszeit bei direkter Reizung des Hauptgelenkes, welche bisher meines Wissens niemals genauer unter- sucht wurde, bediente ich mich im wesentlichen derselben Ver- suchsanordnung, nur ersetzte ich den Wundreiz durch einen Stoßreiz. Da die Reaktion bekanıtlich dem Stoß fast unmittelbar nachfolgt, bot es jedoch einige Schwierigkeit, dieses kurze Zeitintervall mit hinreichender Genauigkeit zu ermitteln, weshalb ich mich zu folgender Versuchsanordnung entschloß. Eine Metallfeder (a), welche mit der Batterie in Verbindung stand, lag einer zweiten Feder (b) an, an deren freiem Ende außen ein »Korn« angelötet war. Zu Beginn des Versuches wurde die Vor- richtung auf einem Stativ so an die Unterseite des Hauptgelenkes herangeschoben, daß dieses direkt vom »Korn« berührt wurde. Die Feder b war in leitender Verbindung mit einem an einem Ende verbreiterten und um eine Rolle leicht drehbaren Metalldraht, welcher — nach allen Richtungen auf dem Stativ beweglich — sanft auf das zu prüfende ausgebreitete Blatt aufgelegt wurde, Auf diesem Draht saß ein nach Art der Reiter gebogenes Metallplättchen auf, welches durch einen Kupferdraht mit dem Schreiber 2 in Verbindung stand. Dieser war überdies direkt mit dem zweiten Pol der Batterie verbunden. Vor dem Versuche ist demnach der Stromkreis II geschlossen. Wird nun die Feder « zurückgebogen, so wird, da die basalen Teile beider Federn voneinander isoliert sind, der Strom geöffnet, so daß am m“ Photogr. Wiedergabe einiger Beispiele erhaltener Kurvenbilder. (2 mal vergrößert ) Die jeweilig obere Kurve stellt die »Zeitkurve« dar. (1 Kurvenzacke = '/,, Sek.) — m‘ m" — Reaktionszeit. — 3.Kurvenbild bei vorzeitiger Lösung des Reiterkontaktes. man am Kymographion eine Marke (n) erhält. Trifft die losschnellende Feder «a auf b, so wird das Korn auf das Hauptgelenk gestoßen und gleichzeitig wieder der Strom geschlossen (Marke »‘) und zwar solange, bis mit dem Reaktionsbeginn sich das Blatt und der darauf ruhende Metalldraht sich senken, wodurch der »Reiterkontakt« unter- brochen wird (Marke ..*). Einige Beispiele derartig erhaltener Kurven Aa sind aus nebenstehender Figur zu ersehen. Einige Schwierigkeit bereitete nur der letztgenannte Kontakt zwischen Metalldraht und Reiter, der sich oft schon bei der leisesten Erschütterung vorzeitig löste, was sogleich arı der Form der Kurve erkennbar war (vgl. Fig.3 m‘). Dieser Übelstand wurde dadurch beseitigt, daß an die obere Kante des Reiters eine Spiralfeder aus feinem Messingdraht angelötet und eine entsprechende Einrichtung getroffen wurde, um diese Vorrichtung durch eine Schraube senken zu können; der Reiter wurde nun so tief gesenkt, daß er durch die Feder leicht gegen den Metalldraht gedrückt wurde, so daß infolge der Federung der Kontakt trotz eventueller geringer Erschütterungen erhalten blieb, wovon ich mich vor jedem Versuche wiederholt überzeugte. Die auf diesem Wege ermittelte Reaktionszeit ist daher höchstens etwas zu groß, indem sich infolge der Federwirkung der Kontakt nicht sofort mit Eintritt der Senkung löste. Da ich aber den Reiter stets solange senkte, bis der Kontakt markiert wurde, und hierauf die Schraube noch um zirka einen Umgang anzog, um die erforderliche Federung her- zustellen, betrug der Zeitfehler nur soviel, als das Blatt, beziehungs- weise der Metalldraht benötigte, um sich um die Höhe eines Schrauben- ganges, das ist weniger als 1 mm, zu senken, ein Fehler, der jedenfalls unbedenklich vernachlässigt werden kann. Ich stelle in der nachfolgenden Tabelle die Versuchsergebnisse zusammen. Vorausschickend bemerke ich hierzu, daß sämtliche Ver- suche in einem gut ventilierten, hellen Warmhause durchgeführt wurden; eine direkte Insolation der Pflanzen wurde stets vermieden. | es In | Datum | T(C)s$ Pflanze Blatt-Nr. | @ Se Bemerkungen win (Sek.) 2. August, | heller, heißerTag 4Uhr | | 1 0:07 30 Min. 4 1 0:13 2.mal gereizt is . 3 0:13 2zähliges Blatt a 234 ar | Kane mi D 4 055 | 3.mal gereizt 30 Min. | ala. 1 0:13 p.m 9 wierzablig 2 0:20 REN a 3 0:21 1 0:17 2 : [112 0:15 Pflanze mit 9 | 3 0:10 Blättern, davon | 4 030. 1:045h1j Ei. 2zähliges Blatt 3 vierzählig | 92 | 018 | he | Im Mittel! 0:19 | 408 Sur Re- 2: Ba: Datum.) 2) = Pflanze Blatt-Nr. | MOON | Bemerkungen 5 | |", zeit Kun bi | | (Sek.) 3. August, heller, heißerTag 4 Uhr € bis : 9236| 88 Pflanze mit ! 5 Uhr Seitentrieb; 13 S 015 p. m. Bl., 4 vierzähl. Bl. 1 0:92 am Haupttrieb D I Annähernd 1 0-08 (?)) gleich kräftige 1 en Pflanze mit 9Bl. Kalge ke i Im Mittel ee 5. August, heißester Tag 2 Uhr | E des Jahres bis Pflanze mit 10 | 3Uhr | 264 | 90 | Blättern, davon 3 017 | 30 Min. 4 vierzählig | p- m. | ' | a | Pflanze mit 9 | Blättern, das | jüngste noch 1 0:05 nicht völlig ent- 3 0:17 wickelt, 4 vier- zählige Bl. G | Pflanze mit 8 1 0:10 Blättern,drei- bis 3 0-16 vierzählig j We 2.mal gereizt | Im Mittel 0:13 18. Aug. | | Regentag | 19:4 | 98 Sblätterige 1 0:08 Pflanze 2 0-40 eben ausge- 3 0-14 wachsenes Blatt H 11blätterige 2 0:36 Pflanze % 1.20.25 Im Mittel 0:25 Aus der vorstehenden Tabelle ergibt sich zunächst für die Versuche der drei ersten Tage, welche unter sehr günstigen äußeren Verhältnissen durchgeführt wurden, die überraschend kurze Reaktionszeit von im Mittel 0:19 Sekunden. Die Mimose übertrifft — 409 — auch in dieser Beziehung alle übrigen bisher daraufhin untersuchten Pflanzen. Überdies zeigt sich, daß die Reaktionszeit der Versuchs- pflanzen auffallend geringen individuellen Schwankungen unter- worfen ist. Vergleicht man das Ergebnis des bei ungünstigen Witterungsverhältnissen durchgeführten Versuches vom 18. August mit dem am 5. August erzielten, so scheint daraus hervorzugehen, daß durch ungünstige äußere Faktoren die Reaktionszeit im Mittel erhöht wird (025 Sekunden gegenüber 0:13 Sekunden). Um diese letztere Tatsache genauer zu prüfen, wurde eine Serie von Pflanzen in einen mäßig hellen Gang übertragen, in welchem die Luftfeuchtigkeit einen wesentlich geringeren Grad als im Warmhause erreichte. Nach 24 Stunden ergab sich folgendes Resultat: | | | | Er Me Datum TC) = 8 Pflanze Blatt-Nr. : Bemerkungen DD zeit > 13 (Sek) | ee 5. August, | 9Bl.; die Zältest. fi 0:32 10-12 Uhr) 242 | 72 | verkümmert, 1 0:55 2 mal gereizt a.ım. ' 4 vierzählig 2 0 80 | RK S Bl.; jüngstes | ' unausgewachs., | 2 0:22 4 vierzählig | | L | | 12 Bl.; jüngstes, | noch unent- | ! | wickelt, 3 010 5 vierzählig M 13 Bl.; jüngstes unausgewachs., h die4 ältesten. || 1.0 ı verkümmert | K 1 0:52 254. |. 75 3 0:25 J | 2 Ir 022° | 2.mal gereizt "Im Mittel 035 | ze A Wieder ergibt sich im Mittel eine Verlängerung der Reaktions- zeit auf 0'35 Sekunden. Ein Teil der Pflanzen wurde nun an eine noch dunklere und kühlere Stelle gebracht, an welcher allerdings die Luftfeuchtigkeit in- folge der zahlreichen hier befindlichen Aquarien eine ansehnliche Höhe aufwies. Nach zirka einer Woche hatten die Pflanzen bereits sichtlich stark gelitten; ein Teil der Blätter war mehr oder minder stark vergilbt; die Reizausbreitung ging selbst bei verhältnismäßig starker Verletzung des Endblättchens nur über geringe Strecken “ vor sich und ergriff nie das ganze Blatt. Auffällig war das der Zeit und Stärke nach ungleichmäßige Reagieren der konsekutiven Blättchenpaare, von welchen manche ganz übersprungen wurden. Auch pflegte auf eine erfolgreiche Reaktion nur ein langsamer und ungleichmäßiger Rückgang in die Ruhelage zu folgen. Immerhin gelang es an einigen intakt gebliebenen oder wenig vergilbten Blättern einen Versuch durchzuführen. a1, Do 4 25| aktions- Datum TC) 8353| Pflanze Blatt-Nr. Seit Bemerkungen gu | (Sek) | IN 2 0:25 N 12.-Aug. | 21-0 | sa | 10blättrige 2 0:25 | Pflanze J | 4 0:10 Bl. zu !/, ver- ; \ 5 0:22 gilbt Im Mittel: 021 Leider ist die Zahl der Versuche nicht hinreichend, um ein abschließendes Urteil zu gestatten. Ob die in diesem Falle auf- fällig kurze Reaktionszeit vielleicht auf die stärkeren in Anwendung gebrachten Stöße oder auf andere Verhältnisse zurückzuführen ist, müssen erst weitere Versuche entscheiden. Es bleibt auch zu prüfen, wie sich vom Anfange an unter ungünstigen Verhältnissen gezogene Pflanzen bezüglich ihrer Reaktionszeit verhalten. Zum Schlusse möchte ich in Kürze noch auf die Beziehung zwischen Reaktionszeit bei direkter Reizung des Hauptgelenkes und Latenzzeit hinweisen. Wir bezeichnen mit Latenzzeit jene Zeit- IRA dauer, welche erforderlich ist, um die der Reaktion entgegen- stehenden inneren Widerstände zu beseitigen, die — mit anderen Worten — nach der Übermittlung des Impulses bis zum Beginne der sichtbaren Reaktion verstreicht (Fitting). In diesem Sinne ist die Latenzzeit offenbar identisch mit der Reaktionszeit des Haupt- gelenkes bei indirekter Reizung und es erhebt sich daher die Frage, ob diese mit der Reaktionszeit bei direkter Reizung übereinstimmt. Aus der einleitend auseinandergesetzten Formel f = - 72 Telgt unmittelbar Den Bei der Reizung durch erhitzten Draht setzt sich — es wurde dies eingangs der Einfachheit halber nicht erwähnt — der Wert ! zusammen aus der eigentlichen Latenzzeit /, und dem Zeitraum, welcher verstreicht vom Beginne der Erhitzung bis zur wirksamen Reizung (/,). Je kleinere Werte /, erreicht, desto genauer entspricht I — der Latenzzeit. Dies dürfte annähernd der Fall sein bei den in den Tabellen auf pag. 403 und pag. 404 zu- sammengestellten Werten. Die Rechnung ergibt unter Zugrunde- legung der dort mitgeteilten Daten für / 0:08 | 0:35 ? vel. Tabelle auf pag. 403, 034 | 0:20 | 051 J ” ” b) D) 404, Wie man sieht, schwanken die erhaltenen Resultate durchaus innerhalb derselben Grenzen, zwischen welchen sich auch die Re- aktionszeiten bei direkter Reizung des Hauptgelenkes bewegten, mit anderen Worten: es scheinen die Reaktionszeiten des Hauptgelenkes bei direkter und indirekter Reizung annähernd übereinzustimmen. Über das Vorkommen von Cystolithen bei Klugia zeylanica von Karl Fritsch (Graz). Mit 3 Figuren im Text. Eingelangt am 17. Oktober 1907. Die Zahl der Pflanzenfamilien, bei welchen Cystolithen bekannt sind, ist keine große. Speziell unter den Tubifloren ist in erster Linie die Familie der Acanthaceen durch das außerordentlich häufige Vorkommen von Cystelithen ausgezeichnet. In dieser Familie ist die Mannigfaltigkeit in der Ausbildung und Verteilung der Cystolithen eine so große, daß Hobein!) eine ganze Anzahl von Typen unterscheiden konnte. Der genannte Autor fand, daß bei den Acanthaceen die Cystolithen gute Merkmale zur Gruppierung der Gattungen abgeben. Unter den übrigen Tubifloren sind noch typische Cystolithen bei den Borraginaceen?) und bei Phlox°) be- obachtet worden, während bei einigen Hydrophyllaceen, Verbenaceen und Scrophulariaceen cystolithenartige Bildungen in den Trichomen und deren Nebenzellen gefunden wurden. Unter den Gesneriaceen waren Cystolithen bisher unbekannt. Ich war deshalb sehr überrascht, als mir Fräulein B. Bennesch, welche gegenwärtig unter meiner Leitung über Blattanatomie der Gesneriaceen arbeitet, Präparate von den Blättern der Klugia zey- lanica (R. Br.) Gardn. zeigte, in welchen typische Cystolithen zu sehen waren. Diese erwiesen sich als reichlich mit kohlensaurem Kalk inkrustiert, wie das ja den meisten Cystolithen eigen ist. ı) M. Hobein: »Über den systematischen Wert der Cystolithen bei den Acanthaceen«. Botan. Jahrbücher, V, pag. 422—440 (1884). ?) Mez: »Morphologische und anatomische Studien über die Gruppe der Cordieae«. Botan. Jahrbücher, XII, pag. 526 - 588 (1890). °) Greenish in Pharm. Journ. and Transact. 1891, pag. 839—840 (nach Solereder). a Die Cystolithen sind in allen Blattquerschnitten von Klugia zeylanica reichlich zu finden. Sie kommen in allen Schichten des Blattes vor, jedoch zumeist in unmittelbarer Nähe der Epidermis oder in dieser selbst. Ihre Gestalt ist nicht konstant, aber ge- wöhnlich unregelmäßig knollenförmig, selten so ausgeprägt traubig- warzig wie bei den bekannten Cystolithen der Ficus-Arten. Das Stielchen, welches sie an der Zellwand befestigt, ist meist der Außenfläche des Blattes zugewendet, also bei den in der oberen Epidermis und in der Palisadenschicht vorkommenden Cystolithen nach oben, bei den dem Schwammparenchym der unteren Epidermis eingelagerten nach unten. Jedoch kommen auch seitlich befestigte Cystolithen nicht selten vor. Die beigegebenen Figuren, welche von Fräulein Bennesch gezeichnet wurden, stellen verschiedene beobachtete Fälle dar. Alle gezeichneten Präparate wurden von Alkoholmaterial hergestellt und in Glyzerin beobachtet (also nicht mit Säuren behandelt). Figur 1 zeigt den sehr häufigen Fall, daß der Cystolith zwischen den Eiaur ik Palissadenzellen liegt. Die betreffende Zelle übertrifft die benach- barten Zellen bedeutend an Größe, ist chlorophyllfrei und fast ganz durch den Cystolithen ausgefüllt. Das Stielchen ist gegen die Epidermis gewendet. Die Schichtung des Cystolithen ist keines- wegs immer so’ deutlich zu sehen wie in dem dargestellten Falle. Häufig ist 414 nur eine periphere Schicht von einem stärker licht- brechenden »Kern« deutlich unterscheidbar. Figur 2 stellt einen in der unteren Epidermis liegenden Cystolithen dar. Die betreffende Epidermiszelle ist bedeutend erößer als die übrigen und springt stark nach innen vor, die Zellen des Schwammparenchyms auseinanderdrängend. Hier sind 77 Figur 2. noch zahlreichere Schichten sichtbar. Das Stielchen ist an der Außenwand befestigt. Die Lagerung der Cystolithen in der unteren Epidermis Epidermis ist oft zu beobachten, während ihre Lage in der oberen nur ausnahmsweise vorzukommen scheint. Figur 3. AT Figur 3 zeigt einen im Bereiche des Schwammparenchyms liegenden Cystolithen. Dieser zeigt keine deutliche Schichtung, wie es sehr oft der Fall ist. Das Stielchen ist auch hier wieder nach unten, beziehungsweise außen gewendet. Es ist nicht ohne Interesse, den Befund bei Klugia zeylanica mit den Angaben Hobeins über die Cystolithen der Acanthaceen zu vergleichen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der cystolithen- führenden Acanthaceen finden sich die Cystolithen nur in der Epidermis des Blattes und niemals im subepidermalen Gewebe. (Dasselbe gilt auch von den Borraginaceen.) Bei Klugia dagegen kommen sie in und unter der Epidermis vor. Die Entwicklung der cystolithenführenden Zellen ist allerdings noch nicht untersucht; es ist nicht ausgeschlossen, daß sie trotz ihrer oft subepidermalen Lage doch stets aus dem Dermatogen hervorgehen. Jedenfalls aber liegt in der geschilderten wechselnden Lagerung der Klugia- Cystolithen ein Unterschied gegenüber den Acanthaceen. Übrigens muß erst erforscht werden, ob noch andere Gesneriaceengattungen Cystolithen führen und ob auch bei diesen die Lagerung der Cysto- lithen dieselbe ist wie bei Klugia. Man könnte versucht sein, wegen des Vorkommens von Cystolithen im Blatte von Klugia zeylanica an eine Verwandtschaft dieser Gattung oder der Cyrtandroideen überhaupt mit den Acan- thaceen zu denken. Dafür würde auch die extreme Anisophyllie sprechen, welche sowohl bei Klugia und anderen Gesneriaceen !), als auch bei Acanthaceen (Sfrobilanthes und anderen) vorkommt. Klugia ist außerdem durch eine anomale Anordnung der Gefäß- bündel im Stengel ausgezeichnet), und auch bei Acanthus kommen markständige Gefäßbündel vor). Der ganz verschiedene Bau des Gynoeceums verbietet aber die Annahme einer engeren Verwandtschaft zwischen Gesneriaceen und Acanthaceen. Daß alle Tubiflorenfamilien untereinander Beziehungen haben, ist ja ohnedies nicht zu bezweifeln. Wir kennen jetzt in der Familie der Gesneriaceen dreierlei Arten der Ablagerung von kohlensaurem Kalk. Zuerst wurden von !) Vergleiche Fritsch: »Die Keimpflanzen der Gesneriaceen«, Jena 1904, pag. 98—116. 2) Hollstein: »Über den Gefäßbündelverlauf im Stamme der Gesne- riaceen«. Inaug.-Diss., Halle 1878. 3) Vergleiche J. E. Weiß im Botan. Zentralblatt, XV, pag. 322 - 325 (1883). ee Rechinger!) die eigenartigen Gliederhaare mit starren, sehr stark verdickten Zellwänden genauer untersucht, welche bei Smithiantha und zahlreichen anderen Gesneriaceen vorkommen. Die Uhnter- suchung ergab, daß in diese Verdickungsschichten der Zell- membranen, welche mitunter das ganze Lumen der Endzelle des Haares ausfüllen, hauptsächlich kohlensaurer Kalk und daneben auch Kieselsäure eingelagert ist. Später fand ich ?) bei Monophyllae« Horsfieldii R. Br. Drüsen in der Epidermis, welche kohlensauren Kalk nach außen abscheiden, so daß die ganze Pflanze von Kalk- schüppchen bedeckt wird. Nun kommen als dritte Form der Aus- scheidung von kohlensaurem Kalk die Cystolithen von Klugia zeylanica dazu. Es ist nicht ohne Interesse, daß Klugyia zeylanica, bei welcher der kohlensaure Kalk in den Cystolithen abgelagert wird, Glieder- haare mit ganz dünnen Wänden besitzt. Bei Monophyllaea Horsfieldii haben die Gliederhaare zwar verdickte Membranen, aber sie sind stark reduziert und höchstens zweizellig. Es dürfte hiernach eine gewisse Korrelation zwischen kalkeinlagernden Trichomen, Kalk- drüsen und Cystolithen bestehen. ') K. Rechinger: »Vergleichende Untersuchungen über die Trichome der Gesneriaceen«. Osterr. botan. Zeitschrift, 1899, pag. 89 ff. :) »Keimpflanzen der Gesneriaceen«, pag. 52. Coreopsis tinctoria var. prolifica: eine un- zweckmäßige Mutation von M. Raciborski (Dublany). Eingelangt am 14. Oktober 1907. Coreopsis tinctoria Nutt, eine einjährige nordamerikanische Composite, wird häufig in den Blumengärten gezogen und auch verwildert angetroffen. Sie ist in mehreren Abarten vorhanden; außer der gewöhnlichen, hohen Form mit gelb berandeten Zungen- blüten sind auch Zwergformen, Formen mit braunen Zungenblüten, mit röhrenförmigen Randblüten sowie auch mit zungenförmigen Innenblüten in Kultur. Eine merkwürdige Anomalie der Verzweigung hat bei dieser Art Al. Braun (Verhandlungen des bot. Vereines d. Prov. Brandenburg, 1870) beobachtet und beschrieben, nämlich die Bildung zahlloser Adventivsprosse an den Stengelinternodien sowie auf der Unterseite der Blätter. Unter den Exemplaren, die in Dublany bei Lemberg in den Gärten verwildert auftraten, habe ich schon vor vier Jahren einige solche angetroffen, welche mit den von Al.Braun beschriebenen voll- ständig übereinstimmten. Die Pflanzen waren wegen ihrer epiphylien Sprosse sowie ihrer regellos ohne Anschluß an die normalen Seiten- organe angelegten Adventivsprosse des Stengels einer näheren Unter- suchung würdig, wobei sich herausgestellt hat, daß dieselbe einer erblichen, wenn auch unzweckmäßig gebauten Mutation angehören. Die Samen einer stark anomalen Pflanze von niedrigem Wuchs und mit braunen Zungenblüten lieferten 84 Pflanzen. Von diesen zeigen elf keine adventive Sprosse, während die übrigen zahlreiche der- selben bilden. Zwischen den letzten befinden sich neben niedrigen auch hohe, zwischen den meisten braun blühenden auch gelb berandete. ‚Die Samen einer anderen hohen gelb berandeten Pflanze, Wiesner-Festschrift a! Ba welche nicht besonders viele adventive Sprosse trug, lieferten 420 Pflanzen. Von diesen waren 404 anormal, manche derselben bildeten sehr zahlreiche Sprosse an den Internodien und Blättern, andere dagegen nur sehr spärliche oder kaum deutlich sichtbare. Durch diese Keimversuche ist die Erblichkeit der Anomalie be- wiesen, und wenn nicht alle Samen einer anomalen Pflanze anomale Nachkommen liefern, so hat man es mit einem Vizinismus zu tun, wie solcher in Kulturen anderer Varietäten des Coreopsis bekannt ist (de Vries, Arten und Varietäten, 1906, 121). Auch ohne künstliche Aussaat finde ich unter den verwilderten Exemplaren des Coreopsis in Dublany in den letzten Jahren immer auch anomale. Ich bezeichne der Kürze halber unsere in so hohem Grade teratologische Mutation mit dem Namen var. prolifica. Die normalen Pflanzen konnte ich zur Prolifikation nicht zwingen. Im Jahre 1906 habe ich Coreopsis-Samen verschiedener Pro- venienz (aus etwa 20 verschiedenen botanischen und Handels- gärten) ausgesät, doch keine anomalen Pflanzen dazwischen ge- funden. Auch durch Abschneiden der Blütenstielee durch Ver- wundungen, durch Kultur auf gut gedüngtem Boden ist dieselbe nicht hervorzurufen. Die adventiven Sprosse der Mutanten bilden sich, wie schon Al. Braun beschrieben hat, auf der Unterseite der Blätter und auf den Internodien. Ihre Zahl wie auch ihre Ausbildung wechselt in weiten Grenzen. Es gibt zum Beispiel einzelne Internodien, auf welchen dicht nebeneinander gedrängt Hunderte der kleineren oder größeren Sprosse stehen, es gibt andere Pflanzen, an welchen nur einzelne derselben zu finden sind. Auf den Blättern treten sie ge- wöhnlich an der Mittelrippe der Blattunterseite, weniger häufig auf den Blatträndern, sehr selten auf der Oberseite derselben in der Nähe des Randes auf. Besonders die unteren und mittleren Blätter einer Pflanze tragen die epiphyllen Sprosse und werden dadurch sogar stark zurückgekrümmt und deformiert. Die Bildung der adventiven Sprosse erfolgt später als die der normalen Seitenorgane der Pflanze auf schon bedeutend gestreckten Internodien. Infolgedessen entstehen sie auch ohne gegenseitigen sowie ohne Anschluß an die normalen Primordien der Pflanze. An den betreffenden Stellen fangen die subepidermalen Periblemzellen an sich zu teilen, ihnen folgen die Epidermzellen mit Bildung neuer Radiärwände sowie auch die tiefer liegenden Zellen, welche endlich die zum Anschluß der Gefäßbündel nötigen Zellteilungen a ausführen. Zeitlich sind zuerst die Zellteilungen der subepidermalen Periblemschicht sichtbar, während die zum Anschluß der Gefäß- bündel nötigen der tieferliegenden Zellen erst nachträglich folgen. Die so angelegten Primordien wachsen verschieden stark. Manche, besonders an den unteren Internodien, werden endlich zu großen, reich verzweigten und reich blühenden Seitenästen, andere bilden nur wenige schmale Blätter, andere ohne Laubblätter zu bilden entwickeln sich zu einem gestielten Blütenköpfchen aus, andere endlich bilden weder Blätter noch Blüten, sondern bleiben als schmale 1— 3 mm hohe Emergenzen in der Entwicklung zurück. Zwischen den erwähnten Stadien sind alle Übergänge zu finden, anderseits ist es leicht mit Hilfe der Düngung oder durch Zurück- schneiden der normalen Blütenknospen die jungen Adventivknospen zu üppigem Wachstum anzuregen. In allen der beschriebenen Fälle entwickeln sich die adven- tiven Sprosse ohne Anschluß an die Deckblätter an schon ge- streckten Internodien oder auf der Fläche der Blattlamina, und so erscheinen die adventiven Vegetationspunkte ganz nackt, jeder Bedeckung vor Entwicklung der ersten seitlichen Primordien er- mangelnd. Es ist mir bei den phanerogamen Pflanzenarten sonst kein Fall ähnlich schutzlos wachsender Vegetationsspitzen bekannt. Möglicherweise ist die bedeutende Zahl der ihr weiteres Wachstum sistierenden Emergenzen zum Teil dadurch verursacht; die meisten entwickeln sich jedoch trotzdem freudig weiter. Eine Regelmäßigkeit in der Anordnung der adventiven Snrosse ist weder in der seitlichen oder longitudinalen Richtung zu be- merken. Höchstens kann konstatiert werden, daß dieselben die oberhalb der primären Gefäßbündel liegenden Orthostichen bevor- zugen. In der Bildung der ersten seitlichen Primordien, welche wie gesagt den Mangel irgend eines Anschlusses sehr gut demon- strieren, läßt sich dagegen in den meisten Fällen eine Regelmäßig- keit erblicken, indem die beiden ersten Blattprimordien median und gegenüber, und zwar eines vorn, das andere hinten, gebildet werden. Nicht immer entwickeln sich diese ersten Vorblätter der adventiven Sprosse gleich stark, häufig wächst das hintere etwas stärker als das vordere. Die weiteren Blattprimordien erscheinen schon gewöhnlich regelmäßig, kreuzständig. Mir scheint die beschriebene Mutation unzweckmäßig gebaut zu sein. Zwar sichern die adventiven Sprosse der Pflanze die Bildung der Blütenköpfe auch nach dem eventuellen Verluste der 2 Er 7 normal angelegten, doch erscheinen diese Sprosse zunächst ganz ungeschützt und dabei ganz regellos, häufig in solcher Überzahl, daß es zu einer Raumunmöglichkeit wird, daß alleoder nur wenigstens die Hälfte desselben bis zur Bildung der Blüten fortwachsen können. Die meisten müssen früher zugrunde gehen oder ihr Wachs- tum sistieren, wobei zu häufig die tragenden Internodien verun- staltet und gekrümmt werden. An manchen Stellen der Internodien werden die Zellteilungen sehr spät eingeleitet und in solchen Fällen kommt es trotz intensiver Neubildung der Zellen gar nicht zur Bildung erhobener Primordien, Solche Fälle sind noch insoweit von den früher beschriebenen different, als die Epidermzellen dann nicht nur radiär, sondern auch tangential sich teilen, die Tochterzellen der Peridermzellen wachsen nach erfolgten Teilungen nicht mehr, sondern bleiben klein als dichte Pakete in der nicht vergrößerten Mutterzelle liegend. In solchen Fällen ist, um die anderswo benützte Terminologie zu be- nützen, das Bewegungswachstum sistiert, trotz des induzierten meristischen Wachstums (Raciborski: »Über Schrittwachstum der Zelle«, 1907). Während bei normalen Pflanzen die Zellen der Dauergewebe infolge korrelativer Einflüsse nicht mehr teilungsfähig sind, ist bei der prolifizierenden Mutation dieser hemmende innere Einfluß ab- geschwächt und verursacht die Bildung teratologischer, zum guten Teil unnützer Neubildungen. Da die erwähnte innere Ursache erblich ist, so betrachte ich trotz der bedeutenden Unregelmäßigkeiten in der Anordnung und Zahl der prolifizierenden Sprosse die be- schriebene »teratologische« Pflanze als eine Mutation. Schon vor Jahren habe ich aus Anlaß der Untersuchung einer teratologischen Abart des Lamium album!) geschrieben: »Die Entstehung be- ständiger teratologischer Formen ist der Entstehung der normalen Arten homolog.« Die Samen des Mutanten verteilt der botanische Garten in no bei Lemberg. ) Saint der Akademie in Krakau, Bd. XVII, pag. 19, 1888. Über photochemische Induktion bei der Anthokyanbildung von Ludwig Linsbauer (Wien). Mit Tafel XVII und XIX und 1 Textfigur. Eingelangt am 17. Oktober 1907. Daß ich gerade vorliegende Studie als anspruchslosen Beitrag zu dieser Festschrift publiziere, hängt mit den inneren Beziehungen zusammen, welche zwischen ihr und einem bestimmten Problem bestehen, das der Jubilar selbst vor langen Jahren bearbeitet hat; ich meine Wiesners Untersuchungen über die Entstehung des Chlorophylis (Wien, 1877), in welchen dieser Prozeß in seiner Ab- hängigkeit vom Lichte eingehend nach allen Seiten dargelegt und als photochemischer Induktionsvorgang charakterisiert worden ist. Auch ich habe in den folgenden Zeilen einen photochemischen Vorgang zum Gegenstande des Studiums gemacht, mich dabei aber hier nur auf einen bestimmten kleinen Teil des Fragekomplexes beschränkt, nämlich auf die Abhängigkeit des ersten Eintrittes der Anthokyan- bildung von Beleuchtungsstärke und Beleuchtungsdauer. Daß die im Lichte erfolgende Bildung des roten Farbstoffes bei Fayopyrum- Keimlingen eine Induktionserscheinung ist, daraufhatschon Batalin (in Acta horti petropolitani 1879) hingewiesen, natürlich ohne die Anthokyanbildung vom Standpunkte der Reizphysiologie aus zu betrachten. . Die mir nur sehr spärlich und mit großen Unterbrechungen zugemessene freie Zeit möge zur Erklärung der vielen Lücken der Untersuchung dienen. Ich hoffe, sie in der Zukunft ausfüllen zu können. Ich habe die erforderlichen Versuche in der biologischen Versuchsanstalt in Wien (Prater) durchgeführt und benütze die Gelegenheit, deren Leitern für die Ermöglichung meiner Experimente — 42 — durch Überlassung der Dunkelkammer etc. hiermit auf das beste zu danken. Ich gehe gleich zur Methodik der Versuche über. Die Versuchspflanzen — Dunkelkeimlinge von Fagopyrum escu- lentum — wurden bei Kerzenlicht oder dem Lichte einer entfernt stehen- den Glühlampe!) zu mehreren in einen Topf pikiert und darin bis zu bestimmter Höhe im Finstern anwachsen gelassen. Vor Beginn des Versuches wurden sie auf einem langen Tische in geräumiger Dunkel- kammer in vorher gemessenen Abständen vor einer elektrischen Bogen- lampe aufgestellt, welche später als Lichtquelle zu dienen hatte. Einmal in Tätigkeit hatte diese sich selbst regulierende Bogenlampe ohne Kohlenwechsel eine kontinuierliche Brenndauer von etwa zehn Stunden. Um den schädlichen Einfluß der ziemlich be- deutenden Wärmeentwicklung der Lampe zu eliminieren, wurde eine große Küvette, welche stündlich gewechseltes Wasser in etwa 5 cm dicker Schicht enthielt, vorgeschaltet. Diejenigen Pflanzen, bei welchen Anthokyanbildung nicht an Ort und Stelle, sondern als Nachwirkung beobachtet werden sollte, wurden nach einer be- stimmten Expositionsdauer mit Hilfe eines großen schwarzen Blechsturzes auf einem Nachbartische völlig verdunkelt. Um zu er- kennen, ob bereits Rötung zu beobachten sei, wurden die Pflanzen in sehr schwachem diffusen Tageslichte während einiger Sekunden in bezug auf ihre Färbung geprüft, nötigenfalls mit stets dunkel gehaltenen, also ganz farblosen Kontrollkeimlingen verglichen. Es ist nun oft sehr schwer, den Beginn der Rötung, besser gesagt einer Verfärbung, zu konstatieren, da die Intensität derselben zunächst sehr gering ist und der eventuell zu beobachtende Farben- ton nicht blaßrot oder auch nur rosa ist, sondern einen eigen- tümlichen, etwa gelblichgrauen Schatten darstellt, mit dem der Stengel überhaucht ist. Diese Farbennuance habe ich im folgenden als »Hauch« bezeichnet und habe gefunden, daß man letzteren noch am besten wahrnimmt, wenn man die Keimlingsstengel nicht von vorn, sondern ihrer ganzen Höhe entlang, in 'verkürzter Ansicht von oben her betrachtet. Dadurch schieben sich gewissermaßen die Oberflächenelemente der beleuchtet gewesenen Vorderseiten zu- sammen und die Verfärbung tritt dadurch deutlicher hervor. In besonders zweifelhaften Fällen ist außerdem stets eine farblos, !) Dieses Licht reichte bei weitem nicht aus, Anthokyanbildung zu indu- zieren. —-— 23 — richtiger glänzendweiß gebliebene Kontrollpflanze zum Vergleiche heranzuziehen. Selbstverständlich bedeuten die auf solche Weise, makro- skopisch also, ermittelten Zeitwerte nicht den Beginn der Anthokyan- bildung überhaupt. Näher dem ersten Moment derselben würde man durch spektroskopische Untersuchung einer jeweils viel größeren Anzahl von beleuchteten Pflänzchen gelangen, als ich zu meinen. Versuchen verwendete. Es wird dadurch aber kaum viel anderes erreicht werden, als daß die Grenze für die Präsentationszeiten etwas herabgedrückt würde; für die an sich schon hohen Reaktions- zeitwerte ergäbe sich relativ wohl keine sehr beträchtliche Än- derung und die im nachfolgenden kurvenmäßig dargestellte Ab- hängigkeit der Anthokyanbildung von Beleuchtungsstärke und -dauer dürfte wohl vermutlich in den Einzelwerten, nicht aber im Gesamt- bilde ihres Verlaufes wesentlichere Verschiebungen erfahren. Dazu wäre weiters noch zu bedenken, daß der tatsächlich erste Moment der Anthokyanbildung sich gar nicht notwendigerweise in sicht- baren Stofiveränderungen manifestieren muß, demnach alsFarben- veränderung meiner Meinung nach überhaupt nicht zu sichtbarem Ausdrucke zu gelangen braucht. Wir kennen ja auch in diesem Falle nicht annähernd die Glieder der gesamten Reizkette und die oben erwähnte Entstehung eines schattenähnlichen »Hauches« ist offenbar nur eine der frühesten sichtbaren »Vorstufen« der eigentlichen Anthokyanbildung. Im übrigen darf wohl darauf ver- wiesen werden, daß ja auch z. B. bei helio- oder geotropischen Reizstudien in der Regel makroskopische Beobachtung ausgeübt - worden ist und die daraus abgeleiteten Schlüsse zu sehr interessanten und wichtigen Ergebnissen geführt haben. Die zu meiner Verfügung stehende Bogenlampe entwickelte außerordentlich viel Ozon. Ich kann nun nicht angeben, ob und welchen Einfluß dieses auf die Rötung hatte. Daß eine Einwirkung ozonhaltiger Luft nicht ausgeschlossen ist, daran kann man nach den neueren Untersuchungen über die Wirkungen der Laborato- riumsluft, speziell nach Richters letzten Beobachtungen (Medizin. Klinik 1907, Nr. 34) über die Einwirkung verschiedener Gase auf Anthokyanbildung, kaum zweifeln. Doch konnte ich vorderhand diesen Faktor noch nicht eliminieren. Ich hoffe aber Gelegenheit zu haben, durch Anwendung einer anderen Lichtquelle es zustande zu bringen, Um besser vergleichbare Werte zu erhalten, trachtete ich ver- BR (or ge schiedene Beleuchtungsintensitäten, durch variierte Entfernung der Versuchspflanzen von der Lichtquelle erhalten, zur selben Zeit auf die Pflanzen einwirken zu lassen, um Temperatur- und Feuchtigkeits- verhältnisse und ihre Schwankungen wenigstens für Pflanzen der- selben Versuchsreihe möglichst gleichmäßig zu gestalten. Indessen waren die genannten Faktoren auch in verschiedenen Versuchs- . reihen nicht so stark different, daß sie von ausschlaggebender Be- deutung geworden wären. Die Temperaturschwankungen bewegten sich im Maximum zwischen 20 und 25° C, überschritten aber bei dem einzelnen Ver- suche 3° C nicht. Die Feuchtigkeitsdifferenzen betrugen im ganzen nur 9°%/, und waren im Einzelversuche nicht größer als 3°/,. Die durchschnittliche Feuchtigkeit betrug 65°/,. Die Keimlinge waren etwa 25—5 cm hoch. In der folgenden Zusammenstellung, welche ohne weiteres klar sein dürfte, ist als erster Eintritt der Anthokyanbildung, respektive der Erzeugung des früher erwähnten »Hauches« der Zeitpunkt ange- geben, wo über die Hälfte der jeweilig zum Versuche benützten Pflanzen diese Veränderung zum erstenmal erkennen ließen. Ich habe diesen Modus der Notierung gewählt, um stets zu beobachtende individuelle Empfindlichkeitsschwankungen durch Bildung von Mittelwerten zu kompensieren. Es ist dies übrigens, wie ich später ersehen habe, der- selbe Vorgang, den auch Bach bei seinen geotropischen Unter- suchungen (Jahrb. f. wiss. Bot., XLIV, H. 1, 1907) beobachtet hat. Was die Photometrie der benützten Lichtquelle und die in der folgenden Kurve angegebenen Beleuchtungsintensitäten betrifft, so sind dieselben dort als relative Beleuchtungsstärken zu be- trachten, wobei die in der nächsten angewendeten Entfernung (40 cm vor der Lichtquelle) herrschende Intensität der Beleuchtung = 1 gesetzt wurde. Ich habe allerdings auch versucht, absolute Inten- sitätswerte zu erhalten, wobei ich, wie ich ausdrücklich bemerke, nach Wiesners Lichtmeßmethode nur diejenigen chemisch- wirksamen Strahlen gemessen habe, welche auf das Chlorsilber- papier einwirken. Da diese. absoluten Werte nun zueinander in annähernd demselben Verhältnisse stehen wie die vorhin be- rechneten Werte des Gesamtlichtes und nur in den niedrigeren Zahlen etwas abweichen, so wären diese Daten ziemlich brauchbar und würden einen annähernd geeigneten Ausdruck für das herrschende Gesamtlicht darstellen. Ich will sie daher hier ein für allemal anführen als ungefähres, empirisch ermitteltes Maß der in den = 495, — daneben stehenden Entfernungen der Pflanzen von der Lichtquelle vorhandenen absoluten Lichtintensitäten. Entfernung von der Lichtquelle Absolute Beleuchtungsintensität in em in Bunsen-Einheiten 40 0:127 60 0070 80 0'042 100 0031 120 0'019 150 0°013 180 0008 200 0007 Indessen lege ich auf diese Wertangaben weniger Gewicht. Wichtiger für die Beurteilung des Prozesses erscheinen mir die relativen, im folgenden stets benützten Intensitätsangaben. Wenn im Nachstehenden als Zeitpunkte die Werte > 10 und © angegeben sind, so bedeutet dies, daß die »Hauch«bildung erst nach zehn Stunden, in einem nicht genau bestimmten Zeitpunkte, erfolgte, respektive auch nach 24 Stunden noch immer keine Ver- färbung oder nur bei einigen Keimlingen zu beobachten war, was also praktisch einem Unterbleiben der Anthokyanbildung gleich kam. Ich beschränke mich hier darauf, einige wenige Versuchs- reihen anzuführen. Versuch vom 10. August 1906: | Relative ı Beleuchtungsdauer Eintritt der Rötung | Beleuchtungs- | in | nach stärke Minuten Stunden: 90 | 00) 120 >6 I 240 5 300 5 | 120 10 u: 240 5 Ron 90 0) | 0:25 120 9 | 240 6 | 240 | er 270 | Ti Da 500 7 | 360 8 | er Relative | Beleuchtungsdauer Eintritt der Rötung Beleuchtungs- | in nach stärke | Minuten | Stunden: 0-11 360 RS) mE u 420 | © R | 360 in 9 ne 480 9 E | 480 0%) on: 600 - 10 Relative | Beleuchtungsdauer)| Eintritt der Rötung Beleuchtungs- in nach stärke Minuten Stunden: 15 0) 1 60 >10 90 60) 60 | >10 90 00) en 120 8 240 8 60 00) 05 90 60) > 120 >11 240 > 180 7 210 8 I 270 9), 300 91), 300 >14 u 330 > 141), Ich benütze diese Versuchsreihen, um daraus Reaktionszeiten abzuleiten, welche als Grundlage für kurvenmäßige Darstellung dienen sollen. Ich bemerke dabei, daß einige Werte sich nicht in die sonst deutlich erkennbare Gesetzmäßigkeit einfügen lassen, wohl aber wieder die nächstfolgenden. In diesem Falle habe ich — 427 — diese Werte zwar in der folgenden Übersicht angeführt, aber nicht der Kurvenkonstruktion zugrunde gelegt. Sie sind in der Über- sicht in Klammern gesetzt. Wenn in beiden Versuchswerten nicht übereinstimmende Zahlen vorkommen, so wurde die kürzeste tat- sächlich beobachtete Reaktionszeit eingesetzt. In der Bezifferung der Kurve wurden unter > 10 alle Reaktionszeiten über zehn. Stunden zusammengefaßt, um eine vereinfachte übersichtlichere Linienführung zu bekommen. De Beleuchtungs- | Resultierende Be euchtungs- dauer Reaktionszeit stärke 15 ee) 60 | > 10 1 90 (X) 120 =) 240 5 300 5 60 08 | 90 (2) 0:44 120 S | 240 5 | 60 N Eee 90 | oo 025 120 | 9 | 240 6 Pevea 180 ee 210 8 | 240 7 0:16 270 TuJR 300 1 360 8 300 la. 0-11 | 330 | > 14'), | 360 (8) 2 | 360 oa | 0:07 420 [0 6) | ee gcn Bo 0:05 480 9 Fr 480 n oo 004 600 > 10 — 28 — Aus den vorstehend verzeichneten Daten habe ich *nun ver- sucht, in einer Kurve die Abhängigkeit der Anthokyanbildung, was ihr erstes Auftreten betrifft, von Beleuchtungsdauer und Beleuchtungs- stärke zum Ausdrucke zu bringen und habe dafür eine in physio- logischen Dingen nicht gebräuchliche Art der Darstellung benützt, die eine etwas eingehendere Erläuterung angebracht erscheinen läßt. Wir setzen dabei voraus, daß die Anthokyanbildung, insofern sie vom Lichte abhängt, also ein photochemischer Prozeß ist, von zwei Faktoren wesentlich beeinflußt wird, nämlich von Beleuchtungs- stärke und von Beleuchtungsdauer. Fassen wir den zu studierenden Vorgang als Reizvorgang auf, so sind die genannten Faktoren als Reizintensität, beziehungsweise Reizdauer zu betrachten, Ausdrücke, welche im folgenden abwechselnd mit den ersteren gebraucht werden. Trage ich auf der Abszissenachse die verschiedenen Intensitäten des Reizes (der Beleuchtungsstärke) nach den oben angegebenen Verhältniszahlen auf, auf der Ordinatenachse hingegen die Reiz- dauer (Induktions- oder Beleuchtungsdauer) in Minuten, so erfolgt für eine bestimmte Kombination beider Faktoren ein als beginnende »Hauch«bildung sich äußernder Reizeffekt, dessen Größe als Re- aktionszeit gemessen wird. Ich drücke dieselbe in Stunden aus und schreibe zu dem entsprechenden Punkt eine die Stundenzahl aus- drückende römische Ziffer (zum Beispiel V). Ich verbinde nun alle Punkte, welche mit derselben römischen Ziffer bezeichnet sind, durch eine Linie ((sochrone, zum Beispiel V-er Linie); alle auf dieser Kurve liegenden Punkte haben dieselbe Reaktionszeit, trotzdem sie verschiedenen zusammengehörigen Wertpaaren von Reizintensität und Reizdauer entsprechen. Denke ich mir parallel zur Zeichenfläche Ebenen übereinander gelagert, deren Entfernungen von der Zeichen- ebene zunehmen, so sei die Kurve der kürzesten Reaktionszeit (in unserem Falle die V-er Linie) auf der obersten dieser Ebenen, unserem Koordinatensystem entsprechend, aufgetragen, die Linien der nächst- niedrigeren Reaktionszeiten, VI— ©, auf den allmählich tieferen Ebenen. Auf diese Weise erhalte ich einen Schichtenkomplex mit Linien, deren Projektionen auf die Zeichenfläche im folgenden dar- gestellt sind, also eine Darstellung, wie sie bei der Angabe von Höhenschichtenlinien der Landkarte geübt wird. Ich habe nur noch hinzuzufügen, daß die punktierten Linien den hypothetischen weiteren Verlauf der Kurven bezeichnen, während die durch Sternchen markierten Punkte die durch die Beobachtung ee direkt ermittelten Werte der Reaktionszeiten bedeuten. Alle anderen Kurvenpunkte sind natürlich Interpolationen. Indessen handelt es sich hier nicht darum, aus dem Kurvenverlaufe exakte Werte für solche Zwischenpunkte finden zu wollen, sondern aus der Tendenz desselben die allgemeinen Abhängigkeiten der Anthokyanbildung von Reizdauer und Reizstärke zu erkennen, Diskussion der Kurve. (S. Tafel XVII und XIX.) Das auffälligste Charakteristikum der Kurvenlinien besteht in dem Auftreten zweier ganz verschieden orientierter Äste: der eine läuft mehr oder minder parallel der Abszissenachse, während der andere im allgemeinen der Ordinatenachse parallel ist. Wenn auch im einzelnen Abweichungen zu bemerken sind, die wohl auf Ver- suchsfehler oder individuelle Variation zurückgeführt werden müssen, so ist mit vorstehendem doch die unzweifelhafte Tendenz des Kurvenverlaufes zum Ausdrucke gebracht. Die Umbiegung der einen Kurve in die Richtung der zweiten erfolgt ziemlich scharf. Die Folge davon ist, daß die an den einzelnen Kurven stehenden, die Reaktionszeiten angebenden Ziffern V— © im rechten Teile von oben nach unten, im linken Teile von rechts nach links auf- einander folgen. Gehen wir von dem Punkte « der Kurve V aus nach links. Endpunkt «a liegt auf dieser Kurve selbst; das heißt bei der Reiz- stärke = 1 und der Reizdauer von 240 Minuten tritt erst nach 5 Stunden eine Reaktion, also der Beginn einer Verfärbung ein. Sinkt die Lichtintensität am Versuchsorte bis auf etwa die Hälfte (0:44), so ist die Reaktionszeit noch immer annähernd dieselbe ge- blieben: denn Punkt 5 liegt mit Punkt « auf derselben, zur Abszisse annähernd parallelen Linie V. Wird jetzt die Stärke der Beleuchtung abermals verringert, bis zirka 025, so tritt bei gleicher Beleuchtungs- dauer (von 240 Minuten) die Reaktion erst nach 6 Stunden ein. Die 240 Minutenlinie schneidet dann in noch kleineren Abständen, als ab, be oder cd betragen, der Reihe nach die Kurven VII, VII, IX, >X und o. Es wird also bei geringeren, noch wirksamen Beleuchtungsintensitäten die Reaktionsdauer ver- längert, und zwarviel schneller als bei höherenReiz- intensitäten. BeiSteigerungen der Reizstärke über etwa 0'44 tritt gar keine oder nur mehr eine sehr langsame Herabsetzung der Reaktions- zeit ein (wenigstens innerhalb der Grenzen meiner Versuche). — 430 — Analog verhält sich auch die 120 Minutenlinie; auch die 60 Minutenlinie weist diesen Typus auf. Den Einfluß noch höherer Intensitäten als 1 habe ich nicht untersuchen können. Die Reaktionszeit hängt also, gleich bleibende Dauer der Licht- einwirkung vorausgesetzt, in der angegebenen Weise von der Be- leuchtungsstärke ab. Gehen wir von einem anderen, aber beliebigen Punkte im rechten Teile des Kurvenbildes aus, der einer bestimmten Beleuchtungs- stärke (über etwa 0'30) am Versuchsorte entspricht, so schneiden wir, wenn wir auf der Ordinate dieses Punktes nach oben gehen, Kurvenlinien von allmählich niedrigerer, beim Abwärtssteigen solche von zunehmend höherer Bezifferung. Es können also bei derselben Reizstärke die Reaktionszeiten je nach der Beleuchtungsdauer niedriger oder höher sein. Hieraus ergibt sich eine Abhängigkeit der Reaktionszeit von der Reizdauer als zweitem wirksamen Faktor. Ganz anders liegen diese Verhältnisse aber bei gewissen niedrigeren Intensitäten der Beleuchtung, etwa bei der Intensität 0'16 oder noch geringeren Werten. Bei der (vertikal verlaufenden) 0:16 Linie biegen die Kurvenäste VII und VIII fast rechtwinkelig nach oben um und verlaufen mehr oder minder der Ordinate parallel. Das heißt aber, daß, dieselbe wirksame Lichtstärke voraus- gesetzt, von einem bestimmten Betrage der Beleuchtungsdauer an, eine Steigerung derselben keinen oder keinen wesentlichen Aus- schlag mehr für die Verkürzung der Reaktionszeit gibt; wohl aber bewirken, wie wir gesehen haben, Intensitätsveränderungen des Reizes Verschiebungen in der Größe der Reaktionszeit, indem Erhöhungen des ersteren eine Verkürzung der Reaktionszeit im Gefolge haben, Verringerungen der Beleuchtungsstärke aber eine Verlängerung derselben. Abzusehen wäre dabei nur von den Kurvenstücken zwischen 420 und 480 Minuten Beleuchtungsdauer bei den Linien © und >10; hier scheint offenbar ein Versuchsfehler vorzuliegen, der aber die Ge- samttendenz dieser Kurvenäste nicht zu verdunkeln vermag. Es unter- liegt für mich keinem Zweifel, daß auch die Kurven 5 und 6 dem- selben Gesetze entsprechend eine Umbiegung erfahren müssen; die interpolierten Kurvenstücke deuten diesen Verlauf an. Somit wird also das charakteristische Bild des Kurvenverlaufes von zwei Faktoren beherrscht: im rechten Teile ist die Beleuchtungs- dauer ausschlaggebend, während Intensitätsschwankungen des wirk- — 3 — samen Reizes von weit geringerer Bedeutung sind; die linke Partie steht unter dem überwiegenden Einflusse der Reizintensität, während der Einfluß variierter Reizdauer zurückgedrängt ist. Unter den gezeichneten Kurven sind einige von besonderem Interesse. Die Kurve der kürzesten Reaktionszeit, die in unseren Versuchen 5 Stunden beträgt, braucht nicht notwendigerweise auf die 5-Stundenlinie beschränkt bleiben, da bei höheren Werten der Beleuchtungsstärke oder der Beleuchtungsdauer möglicherweise eine weitere Verkürzung der Reaktionszeit stattfinden könnte. Die Kurve, welche mit >X bezeichnet ist, zeigt durch ihre Entfernung von der Abszisse die kleinste zu Anthokyanbildung nötige, aber auch ausreichende Beleuchtungsdauer an, so daß man mit ihrer Hilfe für jede Reizintensität die Präsentationszeit bestimmen kann. Da die mit > X bezeichnete Linie diejenigen Punkte miteinander verbindet, bei welchen der Eintritt der Rötung mehr als 10 Stunden dauert und da eine verhältnismäßig geringe Herabsetzung der Be- leuchtungsdauer selbst nach 24 Stunden noch keinen erkennbaren Effekt hat, so sind die Präsentationszeiten eigentlich genauer durch den zwischen beiden Kurven liegenden Zwischenraum eingeengt und begrenzt. Obwohl die Kurve >X keine einheitliche ist (sie umfaßt ja Punkte verschieden großer, mehr als 10 Stunden währen- der Reaktionszeit), kann sie doch wenigstens zur Bestimmung der oberen Grenze der Präsentationszeit dienen, während Kurve & deren untere Grenze angibt. Wie der nahe Verlauf beider Kurven ergibt, sind diese Grenzen ziemlich enge gezogen. Der Kurvenzwischenraum, welcher der Präsentationszeit als der kürzesten wirksamen Reizdauer entspricht, wendet sich nun aber wie die übrigen Kurvenlinien an einem bestimmten Wende- punkt ziemlich direkt vertikal nach aufwärts, derselben Intensitätslinie folgend, in deren Verfolg variierte Reizdauer, wie wir sahen, ein- flußlos bleibt; er ist also in seinem weiteren Verlaufe für die Er- mittlung der Präsentationszeit von keinem Werte!). Der genannte Wendepunkt hat dafür selbst eine sehr wichtige Bedeutung: etwa bei der Intensität O'11l hat eineReizung von der Dauer der Präsentationszeit bereits die für diese Reizinten- sität kürzeste Reaktionszeit im Gefolge; eine Steigerung der Reizdauer kürzt für solche niedrige Reizintensitäten die Reaktions- zeit nicht mehr ab. Für höhere Intensitäten der Beleuchtung gilt 3) Man berücksichtige das über das Streckenstück zwischen 420 und 480 früher .Gesagte. A das Gesagte jedoch nicht, so daß dieser interessante Zusammen- hang zwischen Präsentationszeit und Reaktionsdauer, den Bach (I. ce. pag. 79) auch für geotropische Reizung angibt, nur eine sehr beschränkte Geltung hat. Mit Zunahme der Beleuchtungsstärke nimmt die Präsentations- zeit allmählich etwas ab. Zur Ermittlung der Präsentationszeiten aus den Beobachtungs- daten seien hier die kürzesten wirksamen Induktionszeiten dreier Versuche angeführt. Die Zahlen schwanken beträchtlich. Ich glaube berechtigt zu sein, das Mittel der zwei kleinsten Werte zum Ver- gleiche zu benützen und erhalte folgende Zahlen. Präsentationszeiten. Relative Be- | 30 Sept. 1907| 18. Aug. 1006 | 10. Aug. 190060) Mittel leuchtungsstärke | 1 30 60 120 45 0-44 | | 20 | 120 90 0:25 — 60 >20 | 120 rund 100 0:16 | et 210 | 20 | 135 011 > 90 30.,| 360 | rund 210 0:07 — 240 ? >420..| ? 0-05 - — | 360 | 360 0:04 U ae We | co 600 Daß diese Mittelwerte durchaus nicht aus der Luft gegriffen sind, geht daraus hervor, daß sie sich überraschend gut in den zur Ermittlung der Präsentationszeit heranzuziehenden Zwischenraum zwischen den Kurven >X und « einfügen; obwohl, wie ich aus- drücklich hervorhebe, die Kurven ohne Einbeziehung des Versuches vom 30. September 1907 gezeichnet wurden. Nebenbei bemerkt ist dieser Umstand auch ein Beweis, daß der Kurvenverlauf selbst, trotzdem nur relativ wenige Punkte zu seiner Konstruktion ver- wendet wurden, im großen und ganzen gewiß ein ziemlich treues Bild der herrschenden Verhältnisse liefert. Die aufwärts strebenden Äste der «-Kurve und der >X- Linie stellen ebenfalls Grenzlinien dar; erstere läßt die untere, letztere die obere Grenze erkennen, innerhalb welcher diejenige niedrigste Beleuchtungsintensität zu suchen ist, welche gerade noch imstande ist, nach mehr als zehn Stunden Anthokyanbildung zu — 433 ° — bewirken. Durch diesen sehr eng begrenzten Zwischenraum ist aber der Schwellenwert der Reizintensität auffindbar, welcher noch einen Effekt auszulösen imstande ist. Geht man mit der Beleuchtungsdauer aufwärts, so trifft man zwar im rechten Teil der Kurven der Reihe nach stets alle Linien von & bis 5. Nicht aber, wenn die Beleuchtungsdauer bei ge- ringeren Intensitäten als 0'2 gesteigert wird; denn in diesem Falle treffe ich bei einer bestimmten Beleuchtungsstärke nur mehr einen Teil der Kurven. So z. B. läßt sich bei der Reizintensität 0:16 die Reaktionszeit nur mehr bis auf 7—7!/, Stunden herunterdrücken, Je niedriger also die Intensitäten der Beleuchtung werden, desto mehr wird die Länge der Reaktionszeit erhöht und kann schließ- lich auch durch weitgehende Ausdehnung der Beleuchtungsdauer nicht mehr abgekürzt werden, so daß z. B. bei 0'04 bis 0:16 der Reizstärke eine Verlängerung der Beleuchtungsdauer um 3 bis 4 Stunden keinen nennenswerten Effekt mehr hat. Man kann demnach unter den angegebenen Verhältnissen die Reaktionszeit nur bis zu einem gewissen Maße herabsetzen. Bis zu dieser Grenze, dem für die betreffende Beleuchtungsinten- sität minimalen und für sie charakteristischen Wert der Reaktions- zeit, hat die Beleuchtungsdauer einen Einfluß. Hier aber wird eine obere Grenze derselben erreicht, über welche hinaus eine Steigerung der Beleuchtungsdauer fast oder ganz wirkungslos bleibt. Ganz ähnliche Betrachtungen gelten für den Einfluß der Be- leuchtungsstärke: oberhalb einer Beleuchtungsdauer von 240 Mi- nuten hat zunehmende Reizintensität eine ziemlich gleichmäßige Abkürzung der Reaktionszeit zur Folge, bis diese ihren Minimalwert, bei unseren Versuchen 5 Stunden, erreicht hat. Bei weiterem Ab- sinken der Beleuchtungsdauer kann gesteigerte Lichtintensität nur bis zu einem gewissen, für die gegebenen Umstände bezeichnenden, relativen Minimum der Reaktionszeit führen. So beträgt dieses bei 180 Minuten Beleuchtungsdauer 7 Stunden, bei 120 Minuten etwa 8 Stunden, bei 60 Minuten kann die Reaktion nicht unter 10 Stunden eintreten, Aus der bisherigen Darstellung im Verein mit der kurven- mäßigen Festlegung der Verhältnisse ergibt sich aber des weiteren, daß der photochemische Prozeß der Anthokyanbildung zwar von Lichtstärke und Belichtungsdauer abhängig ist, aber dabei durch- aus nicht der einfachen Relation folgt, welche z. B. für den photo- chemischen Prozeß der Chlorsilberreduktion gefunden worden ist Wiesner-Festschrift 25 Fa und innerhalb weiter Grenzen in der Formel e = it zum Ausdrucke kommt, wobei e als Effekt der Lichtwirkung den Schwärzungs- grad, i die wirksame chemische Lichtintensität und £ die Ex- positions- oder Einwirkungsdauer der Strahlen bei der betreffenden Lichtstärke vorstellt. Denn in diesem Falle müßte für jeden Punkt derselben Kurve das Produkt aus zugehöriger Reizintensität und Reizdauer gleich sein, was offenbar nicht zutrifft. Ich kann also nicht einen Punkt einer bestimmten Kurve mit einem beliebigen anderen Punkt einer zweiten vergleichen, wenn ich das Verhältnis der die zugehörigen Reaktionszeiten bedingenden Kräfte, ausge- drückt durch das Produkt der am gegebenen Punkte wirksamen Beleuchtungsdauer und Beleuchtungsstärke, ermitteln wH. Wohl aber kann ich diesen Vergleich vornehmen für die Wendepunkte der einzelnen Kurven. Bildet man für einen bestimmten Punkt, oberhalb der Reizstärke 0:30 zum Beispiel, als Maß der einwirkenden Faktoren das Produkt aus Präsentationszeit oder überhaupt aus wirksamer Beleuchtungs- dauer und Beleuchtungsintensität, so ergibt dasselbe für ab- nehmende Intensitätswerte der Beleuchtung allmählich abnehmende Werte, die sich einem bestimmten Minimum nähern: am Wende- punkt der Kurve angelangt haben wir diesen Minimalwert der einwirkenden Kraft (um uns kurz auszudrücken) erreicht. Es wird also der gleiche Effekt, in unserem Falle dieselbe Reaktionszeit, schon von einem gewissen Minimum der wirksamen Faktoren ausgelöst; Steigerung bloß eines derselben, also nur der Be- leuchtungsdauer oder bloß der Lichtstärke, haben keine, höchstens eine untergeordnete, schwache Wirkung im Gefolge. An den Wendepunkten stellt sich also die mitden gegebenen wirksamen Faktoren kürzest erreichbare Reaktions- zeiten. Wenn eine Zunahme der wirksamen Reizstärke über einen gewissen Betrag hinaus nur mehr einen geringfügigen oder gar keinen Einfluß mehr auf die Verkürzung der Reaktionszeit hat, so gibt sich dafür ein anderer Effekt zu erkennen, nämlich zu- nehmende Intensität der Rotfärbung, so zwar, daß gleich lang be- leuchtete Versuchspflänzchen desto röter werden, je stärker das Licht ist, dem sie ausgesetzt sind. Es kann also gesteigerter Lichtreiz zweierlei Effekte hervor- bringen: einmal verursacht er innerhalb bestimmter Grenzen eine gewisse Verkürzung der Reaktionszeit, sodann aber äußert er sich te) (99) < ‚ur Sunppiqjjiydo1ojygy 31p any uspunyg ur Jonepyaz "mzaq OYAEISSsöunyanaj2g ug Apuey us}y9s1 me pun ualago me uajyez aIq — uaynuyy ur oz »Anyadsaı “uspeyis -uaJussungy>pna[ag uamapaq pun ZunpjiqueAyoyjuy ap ne yaIs uSyaIzaq apuey uayu me pun usısjun we uajyez a1q — (d9uUsaI A Ypeu Jpuydaıag) Zunpjrgqgiydorojyy A9p 19q usaZzsuonyeay A9p 3Aıny "wo — "USNOZSUONE}UaSsEI] A2p SAMY 'Z 47 — uonpnpup A9pusıyem uspnumw OFg Pun yeysusjurziayg A9u9pary9sI9A 199 USNIZSUONNEIAY A9p aAıny ZU 200 00.1 #40 £2.0 90 10 L00:400 D £ 0 [2 03 0% cl 09 277 08 WIRA 008 00€ Dal 09% Alt Och 09 08% 081 oh 002 003 022 - 009% ORG N = 092 an IBRER 40.0 10.0:100.0 200.0 28* Ze in der Bildung offenbar größerer Anthokyanmengen. Ich finde hierin ein ähnliches Verhalten ausgeprägt, wie bei geotropischen Reizvorgängen, bei denen als Maß der Reizwirkung nicht nur die Dauer der Reaktionszeit, sondern auch noch ein zweites Moment, nämlich die Intensität der Krümmung in Betracht kommt. Noch auf eine andere Analogie möchte ich verweisen. Kon- struiere ich (Fig. auf pag. 435) die Kurve der Präsentationszeiten nach den auf pag. 432 angegebenen Werten und die Kurve der Reaktions- zeiten für verschiedene Reizintensitäten und 240 Minuten Induktions- dauer, so verlaufen beide fast parallel: mit zunehmender Reizstärke nehmen Präsentations- und Reaktionszeit anfangs sehr schnell, allmählich immer langsamer ab. Denselben Typus im Verlaufe der Kurve der Reaktionszeiten zeigt auch der photochemische Prozeß der Chlorophylibildung, wenn ich die von Wiesner (l. c. pag. 67 ff.) angegebenen Werte zur Kurvenkonstruktion benütze. Ich habe nach den dort ge- machten Angaben über die Beleuchtungsstärken, welchen die Keim- linge ausgesetzt waren, ungefähr die relativen Lichtstärken be- rechnet. (Die betreffenden Werte sind am oberen Rande der Fig. verzeichnet. Am rechten Rande stehen die zugehörigen Reaktionszeiten in Stunden.) Auch hier ist in charakteristischer Weise der anfangs rapide, später viel langsamere Abfall der Reaktionszeiten mit steigernder Reizintensität deutlich zu sehen. Der photochemische Prozeß der Anthokyanbildung im Lichte ist also nach allem ein typischer Reizvorgang, der in vieler Be- ziehung Analogien zu andersartigen Reizprozessen aufweist. So konnten diverse Berührungspunkte mit dem, einem ganz anderen Wirkungsgebiete angehörigen Geotropismus gefunden werden, welche neuerdings ein Beispiel für den tiefen, in den letzten Ur- sachen offenbar gleichartigen Zusammenhang aller Reizerschei- nungen liefern. Kritische Bemerkungen und Übersicht über die bisher zutage geförderte fossile Flora des unteren Lias der österreichischen Voralpen von Fridolin Krasser (Prag). Eingelangt am 20. Oktober 1907. „Nichts ist oft augenfälliger als der Irrtum und das Fehlen, aber nichts ist zugleich so schwierig als etwas Besseres und Bleibenderes an dessen Stelle zu setzen.“ Franz Unger. Iconogr. plant. foss. (1852), pag. 2. Eine der Hauptaufgaben der Phytopaläontologie besteht in der genauen Erforschung der fossilen Lokalfloren von sicher be- kanntem geologischen Alter. Die Wichtigkeit derartiger Arbeiten liegt klar zutage. Müssen doch sowohl phylogenetische wie pflanzengeographische Studien über fossile Pflanzen in erster Linie auf Material basieren, dessen geologisches Alter unzweifelhaft fest- steht. Dadurch wird aber zugleich auch die sichere Grundlage für die Altersbestimmung von Ablagerungen geschaffen — deren Alter auf stratigraphischem Wege nur unsicher oder gar nicht zu ermitteln ist — auf Grund von in ihnen eingeschlossenen Pflanzen- resten. Speziell die fossilen Floren Österreichs bedürfen ungeachtet der bahnbrechenden Leistungen von Graf Kaspar Sternberg, Corda, Unger und Ettingshausen sowie von Stur noch sehr der Bearbeitung. So möge denn auch der auf den folgenden Blättern in aller Kürze durchgeführte Versuch der Bearbeitung einer Anzahl kleiner Lokalfloren, die durchaus den Grestener Schichten angehören, als ein Beitrag zur genaueren Erforschung der Liasflora unseres schönen Vaterlandes aufgenommen werden. mg 2 Ich war in der angenehmen Lage, insbesondere das ein- schlägige Material der Sammlung der k. k. geologischen Reichs- anstalt benützen zu können. Vor Jahren schon hatte ich das Ma- terial des k. k. naturhistorischen Hofmuseums eingesehen und zum größten Teile determiniert. Beiden Instituten bin ich wärmsten Dank schuldig. In der vorliegenden Arbeit sind folgende fossile Lokalfloren aus typischen Grestener Schichten berücksichtigt: Pechgraben bei Großraming. Grossau, östl. von Neustift. Hinterholz, östl. von Waidhofen a. d. Ybbs. Gresten und »in der Joising«. Bernreuth bei Hainfeld. Alle diese Fundorte liegen im Gebiete der niederösterrei- chischen Voralpen. Die fossile Flora der Grestener Schichten typischer Entwicklung findet sich nur in deren tiefster Abteilung, im Liegenden und Hangenden von Kohlenflözen, die hier in Sandsteinen, Arkosen und Schiefertonen eingebettet sind. Dieser Schichtenkomplex gehört, wie schon Stur!) und neuerdings Friedrich Trauth°) nachgewiesen haben, dem untersten Lias an. Der Kürze der Darstellung halber führe ich die Arten in Form eines Conspectus in systematischer Reihenfolge auf und gebe nur die allerwichtigsten jener Zitate, die zur Begründung der gewählten Nomenklatur erforderlich sind, ferner die Fundorte und kritische Bemerkungen. Beschreibungen der Reste gab ich nur bei den neuen Arten. Bei den Untersuchungen achtete ich besonders auch darauf, die von Stur?°) in die Literatur und in Sammlungen eingeführten Musealnamen aufzuklären. Dies gelang durch das Studium der im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt aufgestellten Ori- ginale. ') Stur D.: »Geologie der Steiermark«, Graz 1871, pag. 463. ’) Trauth F.: Akad. Anzeiger der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, math.-naturw. Kl., Sitzung vom 5. Juli 1906. °) Stur, neben Ettingshausen in der Nach-Ungerschen Periode der Phytopaläontologie, einer der fruchtbarsten Autoren, hat sich vielfach mit der Determinierung eingesendeter Pflanzenreste beschäftigt und war so öfter ge- nötigt, Namen für neue Gattungen und Arten einzuführen, deren Begründung durch eine Publikation aus Zeitmangel unterblieb. 49 I. Historisches. Es genügt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß außer gelegentlichen Bemerkungen älterer Autoren über die in Rede stehenden Liaspflanzen, insbesondere bei Schenk in seinem Werke »Die fossile Flora der Grenzschichten des Keupers und Lias Frankens« (Wiesbaden 1867) eingehendere (l. c. pag. 226 squ.), auf die niederösterreichischen Vorkommnisse bezügliche Angaben sich finden. In der die »Flora der Grenzschichten« beschließenden Tabelle, die sich als eine Übersicht über die damals (1867) be- kannten fossilen Floren des bunten Sandsteines, der Keuper- formation, der rhätischen Formation, des unteren und oberen Lias darstellt, zählt Schenk in der fossilen Flora des »unteren Lias der österreichischen Alpen« folgende Arten auf: Equisetites Ungeri Ett. Baiera taeniata Br. Jeanpaulia Münsteriana Schenk. Sphenopteris sp. patentissimae Goepp. af. Alethopteris whitbyensis af. Pecopteris sp. Sagenopteris rhorfolia Presl var. elongata Braun. Olathropteris Münsteriana Schenl:. Dictyophyllum Nilssoni Goepp. Thaumatopteris sp. (Braunianae «aff.) Laccopteris. Taeniopteris asplenioides Eftt. “ tenuinervis Draun. : vittata Brongn. P sp. (latae Oldh. af.) Zamites distans Presl, Pterophyllum Andraei Stur. a cuspidatum LEtt. n sp. (segmentis latıs). Palissya Drauni Endl. Podocarpites acicularis Andrae. Phlebopteris propinguus Brongn. Schenk hat vor mehr als vierzig Jahren die in den Wiener Sammlungen damals vorhandenen fossilen Pflanzen von österrei- chischen Fundstätten des Lias durchgesehen!) und es beruhen .!) Schenk A.: Die fossile Flora der Grenzschichten . ... 1867, pag. 226. — 440 ° — daher seine Angaben auf Autopsie. In der Tat fand ich in der phytopalaeontologischen Sammlung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums von Schenk selbst determinierte Handstücke!) vor! 1871 gab Stur?) gelegentlich der Darstellung der Lias- vorkommnisse in Steiermark eine Tabelle der fossilen Flora der Grestener Schichten. Aus den voralpinen Grestener Schichten führt er an: Equisetites Ungeri Ett. 3)*Baiera taeniata Br. *Jeanpaulia Münsteriana Presl sp. Alethopteris ıwhitbyensis Goepp. *Sagenopteris rheifolia var. elongata Goepp. *Olathropteris Münsteriana Schenk, Dictyophyllum Nilssoni Goepp. * Thaumatopteris conf. Brauniana Popp. Ctenis asplenioides Ett. sp. * Taeniopteris tenwinervis Brauns. * Zamites distans Presl, Pterophyllum Andraei Stur. *Palissya Braunii Endl, In der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien finden sich als Originale Sturscher Arten der Grestener Flora: Speirocarpus grestenensis Stur. Buchü Stur. tener Stur, * ” ” Thaumatopteris angustissima Stur. Senftenbergia grestenensis Stu. Angiopteridium Hardingeri Stur. Nilssonia Neuberi Stur. Pterophyllum Andraei Stur. inaequale Stur, grestenense Stur. » sequens Stur. » „ SD. Aufgabe meiner Untersuchung mußte es demnach sein die des »k. k. Hof-Mineralien-Kabinetts«. ®) Stur D.: »Geologie der Steiermark«. Graz 1871, pag. 464. »)* Mit der Flora des Rhät gemeinsame Art. Na prüfen, die Sturschen Arten aufzuklären und überhaupt das mir zugängliche Material kritisch zu bearbeiten. Mit Absicht habe ich mich des Vergleiches mit den Arten der fossilen Flora von Steierdorf und Fünfkirchen enthalten und denselben einer mono- graphischen Bearbeitung der fossilen Flora der Grestener Schichten und ihrer Äquivalente vorbehalten. Es schien mir richtiger zu sein, bis zur eingehenden Durcharbeitung der genannten Floren lieber auf immerhin gewagte Parallelisierungen und Identifizierungen zu verzichten, als diese reichhaltigen Lokalfloren nur oberflächlich zu behandeln. I. Die Arten der Grestener Flora der niederösterreichischen Voralpen. Earne. 1. Klukia exilis, Raciborski, Englers Jahrb. XIII (1891), pag. 1. — Pecopteris exilis. Phillips, »Geol. Works«, pag. 148, Tab. VIII, Fig. 16. Die Synonymie siehe bei Seward, »Jur, Flor.« I (1900), pag. 130. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben. Besonders die von Raciborski, »Flor. Krakow«, 1894, "pag. 167 als var. parvifolia beschriebenen und I. c. Tab. XXVI, Fig. 2 abgebildeten Reste aus der Liasflora des Krakauer Gebietes zeigen treffliche Übereinstimmung mit den Abdrücken von Hinterholz. Undeutliche Abdrücke dieser Art von Pechgraben hat Stur mit dem Musealnamen Speirocarpus Buchii Stur versehen. 2. Matonia sp. Fundorte: Hinterholz, Gresten. Nach der Gestalt und Bedeckung der Sori zu Matonia gehörig. Nach Gestalt und Anordnung der Fiederchen steht unsere Art jedenfalls der Laccopteris Goepperti -Schenk') und der L. Münster Schenk?) sowie den von Andrae?) als Andriania baruthiana Fr. Braun beschriebenen Farnresten von Steierdorf sehr nahe. Von 1, Schenk: »Grenzschichten«, 1867, Tab. XXI. 2) ibid. Taf. 24, Fig. 6, 8-10; Taf. 25, Fig. 1, 2a, b. »), Andrae K. J.: »Fossile Flora Siebenbürgens und des Banates«. Abh. d. k. k. geolog. Reichsanstalt Wien, II. Bd., 3. Abt., Nr. 4 (1853), pag. 36, Tab. VII, Fig. 1—3. sad, = den fertilen Exemplaren von Laccopteris Goepperti und L. Münsteri unterscheidet sich unsere Matonia durch die sehr genäherten Fiederchen. Die Andriania baruthina Andrae, die vonder Braunschen Art!) differiert, besitzt im allgemeinen die sehr genäherten Fiederchen unserer Art. Es macht den Eindruck, daß sie dazu gehört. Die Entscheidung kann indes erst nach der Erlangung reichlicheren Materials getroffen werden. Sturs Musealname Laccopteris conf. Goepperti Schenk bezieht sich auf das Grestener Vorkommen. 3. Laccopteris elegans. Presl in Sternberg, »Versuch einer Darstellung der Flora der Vorwelt« II (1838), pag. 115; Tab. XXXIl, Fig. Se, 1, 2, 3787722 — Moeller, »Bidr. till Bornh. foss. flora«. Pteridofyter. Lund 1902, pag. 32, Tab. Ill, Fig. 3-8. — Seward, »On the structure and affinities of Matonia pectinata R. Br. Philos. Transact.<, Roy. Soc. London, Ser. B, Vol. 191, pag. 196, Fig. 8. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben. Unsere Belegstücke für diese Art gleichen besonders den Ab- bildungen, die von Moeller |. c.,, Tab. III, Fig. 3, geboten werden. Die Exemplare von Pechgraben sind die Originale zu Sturs Speirocarpus tener (Musealname). 4. Taeniopteris Haidingert. Ettingshausen, »Beitr. z. Flora der Vorwelt«, Wien 1851. Separatabdr. pag. 34, Tab. XIII, Fig. 1. Fundorte: Hinterholz, Bernreuth. Das in der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt befindliche Original stammt nach dem angeklebten Zettel von Hinterholz. Es ist zugleich das Original von Angiopteridium Haidingeri Stur, 5. Taeniopteris tenuinervis. Brauns, »Der Sandstein bei Seinstedt«, Palaeontogr. IX (1864), pag. 50, Tab. XIII, Fig. 1—3. — Moeller, »Bidr. till Bornh. foss. flora«, Pteridofyter. Lund 1902, pag. 37, Tab. III, Fig. 12 -16. Daselbst auch die Synonymie. Fundorte: Pechgraben, Hinterholz, Bernreuth. ') Abbildung siehe zum Beispiel bei Schenk »Grenzschichten«, Tab. XXL Fig. zung = 6. Taeniopteris sp. Fundort: Bernreuth. In der Schausammlung der k. k. geologischen Reichanstalt be- findet sich der Abdruck eines etwa handtellergroßen Blattfrag- ments, welches am ehesten dem Typus der Tieniopteris musaefolia Oldh. (Mem. Geol. Surv. of India II, pag. 42, Tab. IV, Fig. 1, 2) oder Taeniopteris lata Morris (Oldham, |. c. II, pag. 41, Tab. I, II, Fig. 1; Tab. III, Fig. 2) entspricht. Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, daß es sich um ein mazeriertes Fragment eines großen Blattes von Nilssonia polymorpha Schenk handelt, ähnlich Nathorst, »Bidr, till sveriges foss. Flora.« (Stockholm 1876), Tab IX, Fig. 6. Es ist das Original zu „Taeniopteris sp. (latae Oldh. af.)“ der Tabelle in Schenks Grenzschichten. Das Handstück ist übrigens als „Zuweniopteris gigantea Schenk* signiert. 7. Pecopteris (2?) (Asplenites) lobata. Oldham, »Fossil Flora of the Gondwana System in India« rt 1, (1863), page. 52, Tab. XXXINI, Fig. 1, 29, 30, 36, Fig. 6, 7. — Feistmantel, ibid. Pt. II (1877), pag. 92. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben, Grossau. Von Bindrabun, einem Fundorte der Rajmahalflora, stammen die Originale dieser zuerst von Oldham 1863 beschriebenen und dann von Ottokar Feistmantel (1877) abermals untersuchten Art. Während Oldham die rezente Analogie in der Verwandtschaft von Asplenium suchte und, wie die Bezeichnung: „Pecopteris (?) (Asplenites) lobata“ beweist, selbst in der Zuweisung zu einer‘ der einem Nervationstypus und einer bestimmten Spreitenbildung entsprechenden Hilfsgattung im Zweifel war, konnte Feistmantel nach wiederholter Untersuchung der Belegstücke und nach Ent- deckung der Dicksonia Bindrabunensis (auf Abdrücke fruktifizie- render Exemplare begründet) die Ansicht aussprechen, daß nach den vorliegenden fruktifizierenden Stücken !) Pecopteris lobata der Dieksonia bindrabunensis sehr nahe stehe und überdies eher als Sphenopteris als Pecopteris, geschweige denn als Pecopteris eyutheoides Schimp.?) zu betrachten sei. !) Nach OÖ. Feistmantel ist die Fruktifikation von Pecopteris lobata Oldh. (l. c. Tab. 28, Fig. 1) nicht korrekt gezeichnet, da sich die Sori mehr am Ende der Fiederchen befinden. ?)BeiSchimper »Traite« 1(1869, pag.512) findet sich „Pecopteris (Cyotheoides) lobata* und die Bemerkung, die Oldhamschen Abbildungen gleichen der Pecopteris cyatheoides Schimp. — 44 — Die mir vorliegenden Exemplare aus den Grestener Schichten stimmen habituell vollständig mit den indischen überein. Zweifellos ähnlich sind auch gewisse Formen von Coniopteris arguta L. und H.!), Pecopteris putens Racib.?) sowie Dicksonia Pingelii Barth.®) und Acrostichites princeps Schenk %). Die letztere Art aus dem Rhät hat jedoch wesentlich kürzere Fiederchen. 8. Oladophlebis nebbensis. Nathorst, »Bidr. till Sver, foss. flora» (1876), pag. 16, Tab. II, Fig. 1—6; Tab. Ill, Fig. 1—3. Zeiller, »Flore foss. des gites de charbon du Tonkin», Text (Paris 1903) pag. 45; Atlas (1902), Tab. IV, Fig. 2—4. Pecopteris nebbensis Bronyn. »Hist. veget. foss.» I (1833 oder 1834), pag. 299, Tab. 98, Fig. 3. Die Synonyme siehe bei Zeiller |. c. Fundorte: Hinterholz, Bernreuth, Joising. Sowohl Fragmente mit kleineren Fiederchen, wie sie die Mehr- zahl der als Uladophlebis nebbensis bezeichneten Reste besitzen, als auch solche mit sehr ansehnlichen Fiederchen, wie bei Nathorstl.c. Tab. II, Fig. 1 und Tab. Ill, Fig. 3, sind unter den Belegstücken von Hinterholz vorhanden. Stur hat, wie die Originale seines Speirocarpus grestenensis, die teils von Pechgraben, teils von Hinterholz und Bernreuth stammen, Todites Williamsoni Sew. (die Exemplare von Pechgraben) und Oladophlebis nebbensis Nath. mit großen Fiederchen (die Exemplare von Hinterholz und Bernreuth) konfundiert. 9, Todites Williamsoni, Seward, »The Jurassic Fiora« I (London 1900), pag. 37 squ., Tab, XIV, Fig. 2,5, 7; Tab. XV, Fig. 1—3; Tab. XXI, Fig. 0-78 Fig, 12. Pecopteris Williamsonis Brongn. »Prodrom.« (1828), pag. 57. Die Synonyme siehe bei Seward.c. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben. Die mir vorliegenden Exemplare (insbesondere solche von !) Seward: »Jurassic Flora« I, Tab. XVII, Fig. 4, 5. (Rec. Analogie Davallia Arten). 2) Raciborski: »Flor. Krak.», Tab. XXV, Fig. 2. ®) Moeller: »Bidr. till Bornh. foss. flora. Pteridofyter.« Tab. ], Fig. 2, 4) Schenk: »Grenzschichten«, Tab. VII, Fig. 3--5, Tab. VIII. SEA = Hinterholz) stimmen vortrefflich in allen Merkmalen mit den oben zitierten Abbildungen. Insbesondere sei auf Tab. XV, Fig. 1 (frukti- fizierend) und 2 (steril) hingewiesen. Eng verwandt ist, wie schon Seward bemerkt, Acrostichites Goeppertianus Schenk, »Grenzschichten«, pag. 45, Tab. V, Fig.5, 5 a, und Tab. VII, Fig. 2, 2a. Die Form der Fiederchen ist jedoch anders. Speirocarpus Goepperfianus Stur und ein Teil von Sp. grestenensis Stur (die Exemplare von Pechgraben) gehören zu Todites William- sont Sew. 10. Ztenis asplenioides. Stur, »Geologie der Steiermark«, Graz 1871, pag. 464. Tueni- opteris asplenioides Ettingshausen, »Beiträge zur Flora der Vorwelt«. Haidingers Naturw. Abt, IV. Bd. I. Abt. (Wien 1851), pag. 31 (des Sep.-Abdr.) und Tab. XI, Fig. 1, 2. Fundort: Hinterholz. Das Original im k. k. naturhistorischen Hofmuseum wurde auch von Schenk untersucht, der bereits in der fossilen Flora der Grenzschichten (1867), pag. 226, erklärte, daß Treniopteris asplenioides Ettingshausen eher zu Ctenis gehöre, da die Nerven durch schief verlaufende Queräste verbunden sind. 11. Dietyophyllum Nilsson’. Goeppert, »Gattungen der fossilen Pflanzen«, Lief. 5 und 6 (1846), pag. 119. — Nathorst, »Über Dietyophyllum und Camptopteris spiralise. Kungl. Svenska vetensk. Ak. Handl., Bd. XLI, Nr. 5 (1906), pag. 5. Phlebopteris Nilssoni Brongn. »Histoire de veget. foss.« (1836), 2: 376, Tab. 132, Fig. 2. Die Synonyme siehe bei Nathorst I. c. und bei Moeller, »Bidr. till. Bornh. foss. Fl.« Pteridofyter (1902), pag. 42. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben, Grossau. Von dieser an Formen und Varietäten reichen Art konnte ich in dem Material von Hinterholz bisher konstatieren: Form: genuwinum Nath. ]. c., pag. 5, Tab. Ill, Fig. 4 und 5. (Dietyophyllum Nillsoni var. d genuinum Nath. »Bidr. till sveriges foss. Flora« 1876, pag. 26.) Var.: hoerense Nath. 1 c. pag. 7, Tab. III, Fig. 1. Es ist bemerkenswert, daß die ursprünglich aus der fossilen Flora von Palsjö beschriebene Form genuinum nur von Nathorst AA auch in der Liasflora des Hör-Sandsteines entdeckt wurde. Die var, hoerense begründete Nathorst auf Exemplare aus dem Sand- stein von Hör. 12. Dictyophyllum Bartholini. Moeller Hjalmar, »Bidr. till Bornholms fossile Flora«, Pteri- dofyter, Lund 1902. Fundort: Hinterholz. Diese Art war bisher nur von den nen Vellengsby und Baga auf Bornholm bekannt. 13. Dietyophyllum spec. determinandae. Sowohl von Hinterholz wie von Pechgraben und Grossau sind überdies noch Dictyophyllum-Reste bekannt, die noch ein- gehenderer Beobachtung bedürfen. So dürfte sich unter den Resten, die von »in der Joising« und von Hinterholz stammen, Dictyophyl- lum Münsteri (Goepp.) Nath. sicherstellen lassen. Die T’haumatopteris angustissima Stu dürfte sich als eine neue Dietyophyllum-Art mit sehr schmalen Abschnitten erweisen. Sie ist nur in sehr dürftigen Fragmenten und bisher ausschließlich aus Pechgraben bekannt. Die » Thaumatopteris sp. (Braunianae aff.)« der Schenkschen Tabelle » Thaumatopteris conf. Brauniana Popp.« der Sturschen Übersicht ist nach den Exemplaren in der Samm- lung der k. k. geologischen Reichsanstalt eine neue Art von Dictyo- phyllum aus der Verwandtschaft von Dietyophyllum Fuchsi Zeiller (»Flore fossile des gites de charbon du Tonkin«, Atlas, Paris 1902, Tab. XVII), die auch gewissen Formen von Dictyophyllum Münsteri Nath. (z. B. Thaumatopteris Münsteri var. longissima Goepp.) nahesteht. Spezielldie Vorkommnisse von Pechgraben und Grossau sind in dieser Beziehung bemerkenswert. 14. Protorhipis Bucht. Andrae, »Beitr. zur Kenntn. der foss. Flora Siebenbürgens und des Banates«. Abh. der k. k. geolog. Reichsanst.,, Wien, Il. Bd., 27. Abt, Nr. 4 (1853), pag. 36, Tab. VIN, Bier. Acrostichum Buchii Ettingshausen »Farnkräuter der Jetztwelt«, Wien 1865, pag. 22. Hausmannia Buchii Moeller, Bidr. till Bornh. foss. Fl., Pteridofyter, Lund 1902, pag. 49. — Richter P. B, »Beiträge zur Flora der unteren Kreide Quedlinburgs«, I, Leipzig 1906, pag. 21. ea Fundort: Hinterholz. Bislang liegt nur das abgebildete Fragment vor. Es stellt den basalen Teil der Spreite dar. Marsiliaceen. 15. Sagenopteris rhoifolia. Presl in Sternberg, »Flora der Vorwelt«, II (1838), pag. 165, Taf. 35, Fig. 1, emend. Schenk, »Die fossile Flora der Grenz- schichten des Keupers und Lias Frankens« (1867), pag. 58, und Tab. XIl, Fig. 1—6; Tab. XIII, Fig. 4—10. — Moeller, »Bidr. till Bornholms foss. Flora«, Pteridofyter, Lund 1902, pag. 56, Tab. VI, Eie: 11, 12. Die Synonymie siehe bei Moeller I.c. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben. Die Abdrücke von Sagenopteris liegen in vielen Exemplaren vor. Es sind teils große, teils kleine Blätter. Zu beobachten waren: a) 5. rhoifolia var. elongata Braun. Vgl. Schenk, »Grenz- Sehichtene«, Tab. XII, Fig. 1- 5. b) S. rhoifolia var. pusilla Braun, Vgl. Schenk |. c., Fig. 6; Tab. XIII, Fig. 4, 5. Bezüglich der Abgrenzung von Sagenopteris rhoifolia von den übrigen Sagenopteris- Arten verweise ich auf Seward, »Jur. Flora«< |, pag. 165, und auf desselben Autors »Wealden Flora« I, pag. 132. Equisetaceen. 16. Equisetites Ungert. Ettingshausen, »Beitr. zur Flora der Vorwelt« II: » Mono- graphra Calamariarım fossilium«, Haidingers Naturw. Abh., IV. Bd., Il. Abt, Wien 1865, pag. 90 (Sep.-Abdr., pag. 26), Tab. VIII, Fig. 3, 4. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben und Grossau. Zahlreiche Reste in verschiedenen Erhaltungszuständen liegen vor. Die von Ettingshausen gebotenen Abbildungen beziehen sich auf Exemplare von Hinterholz. Das Original befindet sich im k. k. naturhistorischen Hofmuseum. Ginkgoaceen. 17. Gingko sp. Fundort: Hinterholz. ae Nur ein einziges Blatt vorhanden. Es gehört möglicherweise zu ? Ginkgo sibirica. Moeller, »Bornh. foss. Floras. Gymnospermer, Stockholm 1903, pag. 28, Tab. IV, Fig. 20. 18. Baiera Wiesneri n. sp. Spreite der Bfätter in wiederholt gegabelte Lappen von kaum 1 mm Breite geteilt. Die Lappen sind durchaus ganzrandig und einnervig, stets vielmal länger als breit und parallelwandig. Fundort: Hinterholz. Ähnlich sind kleine Blätter von Baiera Münsteriana Heer (Jeanpaulia Münsteriana Schenk) und Daier« diehotoma C©. F. Braun (Jeanpaulia dichotoma Ung.). Sie sind jedoch durch größere Breite, Nichtparallelität der Lappenseiten und Mehrnervigkeit verschieden. Von der Baiera Lindleyana Schimperi des englischen Oolith ist B. Wiesneri gleichfalls leicht zu unterscheiden, da erstere deutlich zugespitzte Segmente besitzt. 19. Baiera taeniata braun. Fundorte: Pechgraben, Gresten, Bernreuth. Die Belegstücke stimmen mit den von Schenk, Flora der Grenzschichten, gegebenen Abbildungen dieser Art aus rhätischen Schichten gut überein. Cycadophyten. 20. Podozamites lanceolatus (L. et H.) F. Braun, forma distans Heer. Zitate und Synonyme siehe bei Moeller, »Bornl. foss. Fl.«. Gymnospermer 1906, pag. 6. Fundort: Hinterholz. 21. Podozamites Schenkit. Heer, »Beitr. zur Juraflora Ostsibir. und des Amurlandes«, Petersburg 1876, pag. 45. Zamites angustifolius. Schenk, »Flora der Grenzschichten« (1867), pag. 158, Tab. XXXV, Fig. 8. Zitate und Synonymie bei Moeller Il. c., pag. 10. Fundort: Hinterholz. 22. Pterophyllum Andraei. Stur, »Geologie der Steiermark«, Graz 1871, pag. 464. Nomen nudum ! 2 20 Fundorte: Pechgraben, Hinterholz. Identisch mit der von Andrae, »Flora Siebenbürgens und des Banates«, pag. 41, als Pterophyllum longifolium Brong. beschriebenen und Taf. X, Fig. 1 seiner Abhandlung abgebildeten Art, für die er als Fundort unter anderen auch Hinterholz angibt. 23. Pterophyllum conf. crassinerve Goepp. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben. Ein Exemplar von Hinterholz stimmt gut zu der Abbildung von Schenk »Grenzschichten«e Tab. XXXIX, Fig. 6. Damit stimmt wieder in Habitus und Maßen Pterophyllum inaequale Stur von Pechgraben überein. 24. Pterophyllum grestense Stur, Eimdort: Gresten. Nur dürftige Fragmente liegen vor. In den erkennbaren Merk- malen (dünne Rippen, zarte Nerven, Schnitt und Maße der Ab- schnitte) gleicht Pterophyllum grestense Stur vollkommen dem Pfero- phyllum Morrisianum Oldh. von »Bindrabun N. W. of Rajmahal Hills«, der »Foss. Flora of the Gondwanana« System in India, Vol. |, pag. 20, Tab. XV, Fig. I, die eine Endpartie und wie auch das Stursche Belegstück den Abdruck der Oberseite darstellt. 25. Dioonites Carnallianus. Bornemann, »Über organische Reste der Lettenkohlengruppe . Thüringens«, Leipzig (1856), pag. 56. Pterophyllum Curnallianum Goeppert, Jahresber. d. schles. Ge- sellsch. für 1843, pag. 132, Tab. I, Fig. 5. — Schenk, »Flora der Grenzschichten« (1867), pag. 163, Tab. XXXIX, Fig. 4. Fundorte: Hinterholz, Gresten. Das Exemplar von Gresten ist das Original von „Pftero- phyllum sp. Stur“. Die vorläufig nur als Dioonites Carnallianus determinierbaren Reste bedürfen noch weiterer Beobachtung. Dioonites spectabilis Nath. und Pterophyllum irregulare Nath. sind ähnlich. 26. Prilozamites acuminatus. Nathorst, »Floran vid Bjuf« (1879), pag. 62, Tab. XVII, Fig. 1. Fundort: Bernreuth. Stur hat den einzigen bisher zutage geförderten Abdruck, . . KK Wiesner-Festschrift 29 ee der zwei bessere und ein schlecht erhaltenes Blattfragment auf- weist, mit dem Namen Nilssonia Neubert: Stur versehen. 27. Nilssonia polymorpha. Schenk, »Flora der Grenzschichten« — (1867), pag. 127, Tab. XXIX, XXX, Fig. 1—5, XXXI, Fig. 1. — Nathorst, »Bidr. till Sveriges foss. flora« (1876), pag. 40, Tab. VIII, Fig. 2—15, IX—XI. — Moeller, »Bidr. till Bornholms fossila Flora«. Gymnospermer (1903), pag. 21. Weitere Zitate siehe bei Nathorst und Moeller. Fundort: Hinterholz. In der Sammlung des Hofmuseums in schönen Exemplaren und in verschiedenen Entwicklungsstadien der Blätter. 28. Nilssonia mediana (Leckenb.) Fox — Strangways. Fundort: Hinterholz. In den Formenkreis dieser Art oder in ihre nächste Verwandt- schaft gehören Reste eines segmentierten Blattes, die mit der von Seward, »Jurassic Flora« I, Tab. IV, Fig. 4, gebotenen Abbildung von Nilssonia mediana gut übereinstimmen. Das einzige mir bekannt gewordene Fragment ist zugleich das Originalexemplar von „Pterophyllum sequens Stur* (Musealname!). Koniferen. 29. Schizolepis Follini. Nathorst, »Bidrag till Sveriges foss. Flora« (1876), pag. 58, ' Tab. XIV, Fig. 7—12, XV, Fig. 3—12, XVI, Fig. 2. — Pityophyllum Follini.M oeller, »Bidr. till foss.Flora«. Gymnospermer (1903), pag.39, TabMLFr1e.:6, 7. Weitere Zitate siehe bei Moeller. Fundorte: Hinterholz, Pechgraben, Bernreuth. Es liegen bis jetzt ausschließlich die Abdrücke beblätterter Sprosse vor. 30. Pityophyllum alpinum n. sp. Blätter nadelförmig zugespitzt mit einseitig scharf hervor- tretendem Mittelnerv ohne Querstreifen. Fundort: Hinterholz. Von Pityophyllum Staratschini Nath. (aus dem oberen Jura von Spitzbergen), dem unsere Art am nächsten kommt und in der Zu- El spitzung gleicht, durch den Mangel an Querrunzeln leicht zu unter- scheiden. Bezüglich Pityophyllum Staratschini (Heer) Nath. bemerke ich, daß man die maßgebenden Abbildungen bei Nathorst: »Zur mesozoischen Flora Spitzbergens« (K. Sv. vetensk. — Akad. Handb,, Bd. XXX, Nr. 1, 1867, Tab. VI, Fig. 283—30, V, Fig. 32—36, Text pag. 68) findet. Daselbst gibt Nathorst auch der Meinung Aus- druck, daß Pinites Staratschini nicht (wie es Schenk, »Paläophy- tologie«, pag. 345 will) mit Pinus Nordenskiöldi Heer zu vereinigen ist, sondern durch den Mangel einer Rinne auf der Oberfläche davon verschieden ist. Die Staratschini-Blätter scheinen überdies länger und oft etwas sichelförmig gebogen zu sein. 31. Palissya pugio n. sp. Von Palissya Braunü Endi. durch die scharf zugespitzten Blätter verschieden. Fundort: Hinterholz. Schlußwort. Ich versage es mir, an dieser Stelle die Beziehungen der »Grestener Flora« zu den übrigen Liasfloren und den rhätischen und Oolithfloren zu erläutern, da ich der Meinung bin, es müsse zunächst noch an einer kritischen Sichtung der übrigen Lokalfloren der Grestener Schichten gearbeitet werden. Ökologische Studien über die sogenannten »Knieholzwiesen« des Isergebirges von Viktor Schiffner (Wien). Mit ı Textfigur. Eingelangt am 20. Oktober 1907. Das Isergebirge, der nordwestlichste Abschnitt des Sudetenzuges, ist landschaftlich, geologisch und pflanzengeo- graphisch von dem im Westen angrenzenden Lausitzer Gebirge und dem nordböhmischen Berglande (um Böhmisch-Leipa, Zwickau, Gabel) recht scharf unterschieden. In diesen letztgenannten Gebieten sind die niederen Lagen von Quadersandstein und Pläner gebildet, denen hie und da größere alluviale Bildungen und vorzüglich Löß auflagern; sie sind bedeckt mit Kiefernwäldern, Heiden, Wiesen und Kulturland, Moore (meistens Hochmoore) und Erlbrüche fehlen nicht. Die Wasserläufe bilden oft tief eingeschnittene, cafonartige, stets feuchte Schluchten mit grotesken Felswänden und einer überaus üppigen Vegetation hygrophiler Pflanzen. Die Berge dieser Gebiete sind fast durchaus vulkanische Durchbrüche (Basalt und Phonolith herrschen vor‘, die sich entweder über das oben geschilderte Niveau als einzelne, oft prächtig geformte Kegel oder Kuppen erheben, die bisweilen von Burgruinen gekrönt sind, oder sich zu gebirgsartigen Massen mit hübsch gestalteten Spitzen aneinander drängen, wie dies besonders im nördlichen Teile gegen die sächsische Landes- grenze der Fall ist. Diese Berge und Gebirge sind meist mit herrlichen Buchenwäldern oder Mischwäldern bedeckt (Fichten, Tannen, Buchen, denen sich spärlich andere Laubholzarten, wie Ahorne, Eichen, Hain- buche etc.) beigesellen. Alles dieses vereinigt sich zu einem abwechs- lungsreichen Bilde von einer herzerfreuenden Lieblichkeit, wie man dies selten in einer mitteleuropäischen Landschaft vereint finden wird ?). ‘) Um mich als Sohn dieses Landes vor dem Vorwurfe etwaiger Vor- eingenommenheit zu schützen, kann ich mich auf das bekannte Urteil von Al. v. Humboldt berufen. a ABO; Das Isergebirge ist in jeder Beziehung anders geartet. Die Hauptmasse des Gebirges besteht aus krystallinischem Massengestein (Granitit), dem im Norden der Reihe nach Gneis, Glimmerschiefer (wenig) und Tonschiefer angelagert sind; daran schließen sich weiter gegen Norden in der Gegend von Neustadtl und Friedland Ton- schiefer, die vielfach unterbrochen werden von diluvialen Bildungen, Basaltdurchbrüchen und basaltischen Tuffen, jedoch gehört diese letztere Gegend schon nicht mehr zum Isergebirge, sondern zum nordöstlichen Teile des Lausitzer Gebirges. Gegen Westen bildet der Abfall des granitischen Massivs zugleich die Grenze unseres Gebirges und im Süden und Osten reicht das erwähnte Massiv noch weit über die Grenzen des Gebirges hinaus. Von einigermaßen bedeutenderen diluvialen Ablagerungen findet sich nur eine im Be- reiche des Gebirges: längs der kleinen Iser, eine zweite am nörd- lichen Fuße längs der Wittig in der Gegend von Haindorf gehört eigentlich nicht mehr zum Isergebirge, sondern hängt mit den großen diluvialen Ablagerungen von Friedland und Neustadtl im öst- lichen Lausitzer Gebirge zusammen. Der einzige vulkanische Durch- bruch im Isergebirge ist die rundliche Basaltkuppe des Buchberges bei Klein-Iser. Das Isergebirge besteht also im wesentlichen aus Urgestein und dieser geologischen Beschaffenheit gemäß ist auch der Land- schaftscharakter ein ganz anderer als in dem benachbarten, früher kurz geschilderten nordböhmischen Berglande. Die Kegelform der Berge fehlt dem Isergebirge; breit und behaglich strecken sich seine Kämme in sanften Wellenlinien dahin und nur hie und da erhebt sich die Kontur zu einer breiten, flachen Kuppe. Sehr charakteristisch für das Gebirge und dessen landschaftlichen Reiz wesentlich erhöhend sind die burgartigen Felsgruppen, die sich zahlreich über die Kämme erheben!) (zum Beispiel am Käuligen Berge, Sieghübel, Die Beersteine, Das Taubenhaus usw.). Zwischen den Kämmen stürzen in tiefen, oft schluchtartigen Tälern die größeren Bäche herab (Wittig, Stolpich, Desse, Hegebach usw.) und allent- halben sind die finsteren Fichtenwälder durchrieselt von munteren Quellen und schäumenden Bächlein. Der Waldboden ist überall frisch, ja vorherrschend sogar naß bis sumpfig und die enorme Feuchtigkeit des Gebirges wird in unzähligen kleineren und größeren Waldsphagneten wie in einem riesigen Schwamme gespeichert, so ') Ähnliche Erscheinungen im Riesengebirge sind die Mittagssteine, Drei- steine, Mädelstein usw. a daß man das Isergebirge wohl als das wasserreichste Gebirge Mittel- europas bezeichnen kann. Der Vegetationscharakter des Isergebirges ist ein entschieden sudetischer und stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem der niederen Region des Riesengebirges (Fichtenregion) überein. Das Isergebirge ist fast lückenlos mit Fichtenwäldern bedeckt, nur selten mischen sich Buchen und andere Holzarten spärlich ein. Nur der obenerwähnte Basaltkegel des Buchberges weist typischen Buchenwald auf und gleicht physiognomisch ganz den vulkanischen Kegelbergen des nordböhmischen Berglandes. Besonders erwähnt muß noch werden, daß im Isergebirge der Fichtenwald bis auf die Gipfel hinaufreicht (Tafelfichte als höchster Punkt des Gebirges 1122 m), ein Sorbusgürtel, wie sich ein solcher gegen die obere Waldgrenze im Riesengebirge findet, fehlt hier; überhaupt liegt die Fichtenwaldgrenze im Riesengebirge viel tiefer, schon bei rund 1000 ın Seehöhe. Kulturland (Äcker und selbst künstliche Wiesen) fehlen im Isergebirge so gut wie gänzlich und ebenso größere Ortschaften, wenn man von den am Fuße des Gebirges gelegenen (zum Beispiel Weisbach) absieht; es ist ein echtes Waldgebirge, dessen fast allent- halben lückenlos geschlossenen Forste im wesentlichen nur durch die prächtig angelegten, zum Teil sehr kunstvollen Straßen (zum Beispiel die Stolpichstraße) und durch jene Moorflächen unterbrochen werden, welche man dort als »Wiesen« oder »Knieholz- wiesen« bezeichnet. Dieselben sind die eigenartigste und charakteristischeste For- mation des Isergebirges und mit ihnen will ich mich hier nunmehr ausschließlich beschäftigen. Diese »Wiesen« sind Gebirglands- Hochmoore, durchweg den hohen Lagen des Isergebirges angehörig und finden sich im ganzen Gebirge zerstreut in Höhen zwischen 830 bis 1025 m. Es mögen hier gleich die sämtlichen Wiesen mit ihren bei den Forst- leuten gebräuchlichen (respektive in den Revierkarten eingezeichneten) Namen aufgezählt werden unter Beifügung der Seehöhe: . Schöne Wiese (900 m). . Große Iserwiese (830 m). . Kleine Iserwiese oder Sauere Ebene (860 — 865°5 m). . Carr&-Wiese (937 m). . Die Schwarzen Teiche (910 m). o$rwpnNn — ur 6. Knieholzwiese am sogenannten Strittstück an der Landes- grenze (835 —840 m). 7. Große Knieholzwiese (985 m). 8. Kleine Knieholzwiese (967 m) 9. Wiese unter dem Börnelhause (885 m). 10. Knieholzwiese ober der Kneiphütte (1002 ın). 11. Wolfswiese (1020— 1025 ın). 12. Tschihadlwiese (972 m). 13. Knieholzwiesen am Christianthaler Steige und beim Tauben- haus (1000 m). Mit Ausnahme der sub 13 genannten, nach Angabe der Forst- leute ziemlich unbedeutenden Wiesen habe ich alle selbst genau untersucht. !) Der landschaftliche Charakter der beiden größten Wiesen des Gebirges, der Kleinen und Großen Iserwiese, entspricht ziemlich dem der höchstgelegenen Gebirgsmoore des Erzgebirges (bei Gottesgab) und einigen sogenannten »Filzen< des Böhmer- waldes, ja selbst die großen Hochmoorflächen auf dem Kamme des Riesengebirges (z. B. der Koppenplan und die Weiße Wiese) sind stellenweise habituell nicht unähnlich, obwohl ihnen als Hinter- grund die Umrahmung mit Fichtenhochwald fehlt. Diese beiden genannten Wiesen zeichnen sich nicht nur durch ihre große Aus- dehnung in der Längsrichtung, sondern vor allem auch durch ihre sehr unregelmäßigen Konturen und durch reiche Abwechslung in ihrer Beschaffenheit aus. Hier sieht man dichte, dort ganz schüttere dunkle Knieholzbestände, an einer anderen Stelle das in seiner Moos- und Blütenpflanzendecke buntscheckige nackte Torfmoor, dazwischen schwarze Moorpfützen oder prächtig grüne, von weiten eine üppige Wiese vortäuschende Flächen des heimtückischen »schwimmenden Moores«, und mitten durch schneiden sanft ge- wunden die silberglitzernden Bänder der Bäche (die Kleine und Große Iser) mit bald schroffen, bald flachen sandig-schotterigen Ufern. (Vgl. die Abbildung pag. 465.) Ein ganz anderes Bild bietet die Mehrzahl der kleineren Wiesen. Sie haben meistens eine mehr weniger regelmäßige Kreisform; wie kleine Seen liegen sie mitten im Fichtenhoch- !) In Celakovskys Prodromus der Flora von Böhmen sind nur wenige Pflanzen von der Großen und Kleinen Iserwiese, der Tschihadlwiese und einer nicht mit Namen bezeichneten Wiese (vielleicht die Wiese ober der Kneip- hütte?) angeführt. Die übrigen waren bisher botanisch ganz unbekannt. A wald da und die auffallendste Erscheinung ist, daß die Wiese ganz unvermittelt an den Hochwald angrenzt, der sie umschließt, wie eine düstere Mauer. Die Fläche der Wiese selbst ist ge- wöhnlich gleichmäßig mit niederen Knieholzbüschen übersät; bis- weilen treten in den Knieholzbeständen aber größere Lücken hervor, wo die Moorfläche selbst mit ihrer Moos- und Rasendecke zutage tritt und manchmal treten hier die unheimlich tiefen Moor- tümpel auf, welche man im Isergebirge »Teiche« nennt. Wie tief- schwarze Spiegel liegen diese regungslosen, dunklen Wasserflächen in dem bunten Rahmen der Wiese. Das charakteristische Aussehen der Wiesen verrät ganz deut- lich ihre Entstehungsweise. An muldenartigen Stellen im Walde mit undurchlässigem Grunde haben sich die Grundwässer ange- sammelt. Auf der schlammigen Fläche haben sich erst Torfmoose und andere Laubmoose angesiedelt, dann kamen die Rasenbildner dazu, zuletzt die Kleinsträucher und endlich das Knieholz und die Birkensträucher. Der Hochwald kann aber keinen Zoll breit auf diese wenig soliden Flächen vordringen, wodurch sich die scharfen Grenzen erklären, die fast den Eindruck des künstlich Geschaffenen hervorbringen. Die Pflanzendecke der Knieholzwiesen des Isergebirges wird von einer ganz charakteristischen Pflanzengemeinschaft gebildet. Wenn auch auf der einen oder anderen Wiese diese oder jene Glieder der Gesellschaft fehlen, so ist doch die Zusammensetzung auf allen Wiesen im wesentlichen gleich und die Charakterpflanzen kehren allenthalben wieder. Es ist daher möglich, eine Liste der Glieder dieser Pflanzengemeinschaft aufzustellen, wobei die be- sonders charakteristischen Arten durch ein vorgesetztes F ausge- zeichnet werden sollen. A. Holzgewächse (Sträucher und Kleinsträucher). Picea excelsa. — Höhere Bäume fehlen den Wiesen gänzlich, durch welchen Umstand hauptsächlich ihr charakteristisches Aussehen bedingt wird. Die Fichte tritt in kleinen, etwas verkrüppelten Exemplaren, z. B. auf der Großen Iserwiese, auf, aber immer nur an Stellen mit festem Grunde (so am Ufer der Großen Iser), die ihrer ganzen Beschaffenheit nach nicht eigentlich zum Moor ge- hören. Auf der Carrewiese vertritt sie das Knieholz in einer kaum meterhohen Krüppelform. Die Fichte gehört also nicht unter die Charakterpflanzen unserer Pflanzengemeinschaft. = Yon TPinus monlana var. pummlio (= P. pumilio Haenke). — Eine der charakteristischesten Pflanzen der Wiesen! Sie fehlt nur ausnahms- weise. Im Isergebirge gehört das »Knieholz« nahezu ausschließlich den Wiesen an. Mir ist nur eine Stelle im Isergebirge bekannt, wo es auch auf Felsen vorkommt !), nämlich unter dem Gipfel des Sieghübels auf der Nordseite. TJuniperus nana. — Bildet stellenweise ausgedehnte Bestände, » die denen von P. montana habituell ähnlich sind. Dieselben sind rein oder mit Knieholz durchsetzt und gehören zu den eigentüm- lichsten Erscheinungen. Ich erinnere mich nicht irgendwo sonst J. nana unter ähnlichen Verhältnissen gesehen zu haben. In den Nordalpen bildet J. nana z. B. bisweilen Massenvegetation mit Pinus montana, Rhododendron und P. Cembra nahe der Baumgrenze auf trockenem Substrat. Tbetula carpathica. -- Stets strauchig, nirgends dichtere Be- stände bildend (wie z. B. auf einigen Filzen des Böhmerwaldes), meistens nur ganz vereinzelt. Sie kommt in zwei Formen vor, mit behaarten und glatten Zweigen, die beide bisweilen auf derselben Wiese gemeinsam wachsen. Betula nana, — Ist im Isergebirge eine Seltenheit; dasselbe gilt von Salix myrtilloides, die mir nur von der Großen Iserwiese bekannt ist. Salix aurita und 8. repens dürften sich hie und da vereinzelt finden. Ich habe sie nicht verzeichnet, jedenfalls sind sie kein charakteristischer Bestandteil der Gemeinschaft. Salix purpurea. — Auf einigen Wiesen vereinzelte Exemplare. TEmpetrum nigrum. — Fast auf allen Wiesen in großer Menge, aber wenig auffallend, weil stets einzeln die Torfmoospolster durch- setzend. Dasselbe gilt von den beiden folgenden Arten. TAndromeda polifolia und FOxycoceus palustris. + Vaccinium uliginosum. — Sehr charakteristische Pflanze, bildet oft Massenvegetation. Vaceinium Myrtillus und V, Vitis idaea treten nur hie und da an trockenen Stellen, besonders am Rande der Wiesen, auf. Calluna vulgaris. — Nur hie und da ‘und nirgends sehr massenhaft, meistens nicht blühend. 1) Derartiges Vorkommen des Knieholzes ist im Böhmerwalde sehr ge- wöhnlich (z. B. Blöckensteiner See, Arber, Rachel, Lusen etc.). — 458 — B. Rasenbildende Pflanzen. Molinia caerulea. — Häufig, gewöhnlich aber nicht zusammen- hängende Bestände bildend. Deschampsia caespitosa. — Wie vorige, doch weniger allgemein verbreitet. Deschampsia fleeuosa. — Nicht eigentlich der Formation ange- hörend, vom benachbarten Walde gelegentlich herübergreifend. Agrostis vulgaris. — Wie vorige. Agrostis canina. — An mehr wiesenartigen Stellen. Nardus strieta. — Massenhaft nur auf trockenem Moor. rOarex paueiflora. — Auf fast allen Wiesen reichliche Charakter- pflanze. Carex canescens. — An etwas trockenen Stellen besonders häufig. Carex chordorhiza. — Selten (Gr. Iserwiese). Carex vulgaris. — Sehr verbreitet, oft sehr reichlich, Kaupen bildend. Carex echinata. — Wie Ü. canescens, stellenweise wiesenartige Massenvegetation bildend. Carex filiformis. — Selten und nirgends besonders hervortretend. TCarex limosa. — Hervorragende Charakterpflanze der For- mation. Wächst auf von Sphagnum freiem Moor und um die Moor- tümpel. TEriophorum vaginatum. — Einer der wichtigsten Rasenbildner der Formation. Bildet gern Kaupen im tiefen Moor. Eriophorum angustifolium, — Viel seltener, kaum Massen- vegetation bildend !). TTrichophorum cuespitosum. — Wichtigster Rasenbildner und hervorragende Charakterpflanze der Knieholzwiesen. Bildet meistens Kaupen im tiefen Moor. Juncus filiformis. — Verbreitet, aber nirgends sehr hervor- tretend. TJuncus squarrosus. — Wichtiger Rasenbildner, allgemein ver- breitet auf den Wiesen. TScheuchzeria palustris. — Hervorragende Charakterpflanze, wächst wie Carex limosa — und meistens mit dieser gemeinsam, ist auf sehr vielen Wiesen verbreitet, bildet aber nirgends Massen- vegetation. !) Eriophorum latifolium und vielleicht auch E. gracile dürften sich noch nachweisen lassen, sicher sind sie nirgends massig. — 459 — C. Krautartige Pflanzen, die einzeln zwischen Rasen- und Moospolstern wachsen. Chrysosplenium alternifolium. — Selten, an sehr nassen Stellen besonders im schwimmenden Moor. Montia fontana. — Wie vorige. An sehr nassen Stellen bis- weilen in großer Masse. » Viola palustris. — Zerstreut zwischen Moosen, besonders auf sehr tiefem Moor. Drosera rotundifolia. — Auf Sphagnum-Polstern, einzeln oder gesellig; verbreitet. Rubus Chamaemorus. — Große Seltenheit (auf der Gr. Iserwiese nach Wimmer). Tormentilla erecta. — Verbreitet. Epilobium palustre var. hyssopifolium. — Auf der Gr. Iserwiese. Lotus uliginosus. — Stellenweise, meist vereinzelt. Melampyrum pratens. — An nicht sehr feuchten Stellen mit Calluna ; stellenweise. Trientalis europaea. — Nicht überall, jedoch stellenweise nicht selten. Sıweertia perennis. — Ist vom Buchberge angegeben und dürfte sich (spärlich) auch auf der Kleinen Iserwiese finden. Homogyne alpina. — Im Isergebirge sehr häufig und geht bis- weilen auch auf die Wiesen, ohne dieser Formation eigentlich an- zugehören. Gnaphalium norvegieum. — Sporadisch (Große Iserwiese). Gnaphalium dioieum. — An trockeneren Stellen, für die For- mation wenig charakteristisch. Leontodon hastilis. — Gelegentlich auf den Wiesen, nicht selbst der Formation angehörig, Hieracium erocatum. — Selten (lserwiesen). Hieracium aurantiacum. — Nur lokal und selten (Große Iser- wiese). Lycopodium inundatum. — Von Limpricht auf der Großen Iserwiese angegeben (höchster Standort in den Sudeten!). D. Moose und Flechten. Für die Vegetation der Knieholzwiesen sind die Moose vielleicht der wichtigste Faktor, da einige von ihnen Massenvegetation bilden, die auf das Gesamtbild mitbestimmend wirkt. -In erster Reihe stehen in dieser Beziehung die Sphagna. — 40 — TSphagnum Dusenii, bildet wohl die Hauptmasse der Torfmoos- vegetation in und an den Moortümpeln; besonders in den Var. molle Wainst. und aquaticum Warnst., letztere schwimmende Watten bildend in den Moortümpeln (»Teichen«). Sph. recurvum. — Sehr reichlich, Sph. parvifolium. — Ebenso massenhaft. Sph. cuspidatum. — Wie Sph. Duseni, aber unvergleichlich seltener; nur stellenweise. Sph.baltieum.— SüdlichsterFundort dieser zierlichenPflanze!Selten. Sph. riparium. — Nicht auf allen Wiesen (reichlich auf der Groben Iserwiese), häufiger und oft in großen Massen in den Wald- sümpfen rings um die Wiesen. TSph. molluscum. — Nur auf einzelnen Wiesen (beide Iser- wiesen, Schwarze Teiche), aber daselbst reichlich und charakteristisch. TSph. rubellum. — Auf den meisten Wiesen reichlich, mit seinen schönen roten Farbentönen eine wahre Zierde derselben! TSph. fuscum. — Fast für alle Wiesen sehr charakteristisch; oft Massenvegetation bildend. TSph. Girgensohniü. — In größeren Massen längs der Kleinen Iser auf der Kleinen Iserwiese. Gehört kaum der Vegetation der Wiesen als charakteristischer Bestandteil an; ist in den Waldmooren rings um die Wiesen gemein. Sph. rigidum. — Nur wenig. Toph. medium. — Sehr verbreitet, oft ziemlich massenhaft. Sph. papillosum. — Hie und da, auf der Tschihadlwiese eine interessante f. submersa. Dicranella heteromalla und D. cerviculata häufig an Torfgräben. Dieranum scoparium. — An trockenen Stellen, selbst auf Knienolz verbreitet. — Var. uliginosum mihi auf Moorboden stellenweise sehr reichlich. F Die. congestum var. flexicaule. — Auf manchen Wiesen massenhaft (Tschihadlwiese) mit voriger. Die. Bergeri. — Für einige Wiesen höchst charakteristisch. Racomitrium canescens. — Nur auf sehr trockenen Stellen (zum Beispiel Sandbänke der Großen Iser). Splachnum ampullaceum und Spl. sphaeriecum. — Selten auf beiden Iserwiesen. Bryum pseudotriguetrum. — Stellenweise. Mnium pünctatum. — (Besonders in der Var. elatum.) — Vor- züglich auf schwimmendem Moor. = Mn. cinclidioides. -— In Moorlöchern (besonders Große Iserwiese). Aulacomnium palustre. — Reichlich (besonders Rasen bildend zwischen Sphagnumpolstern). Philonotis fontana. — An sehr nassen Stellen verbreitet. Atrichum tenellum: — Große Iserwiese. TPolytrichum strietum. — Meist häufig zwischen Sphagnen. Pol. commune. — Reine Rasen oder zwischen Sphagnen, sehr verbreitet. Pol. gracile. — Sehr zerstreut. Fontinalis gracilis. — In der Iser auf der Großen Iserwiese. Brachythecium rivulare. Nur stellenweise, auch auf schwim- mendem Moor, zum Beispiel Große Iserwiese. Hypnum cordifolium. — Wie voriges. H. stramineum. — Mehr verbreitet, an sehr nassen Stellen. TH. fluitans. — Eine für die Vegetation der Wiesen höchst charakteristische Pflanze, die an sehr nassen Stellen und an Moor- pfützen Massenvegetation bildet (auch die Var. fulcatum) und oft fruchtet. In den großen Moortümpeln (»Teichen«) bildet die Fur. submersum einen Hauptbestandteil der schwimmenden Mooswatten. H. purpurascens. — An sehr feuchten Stellen, sehr zerstreut. H. Rotae, H. ochraceum, H. pallescens, alle drei von der Großen Iserwiese angegeben. +Lophozia inflata. -— Massenvegetation auf Torfboden, an und in Gräben und als Var. läxa große Watten bildend in Moortümpeln. +L. Floerkei. — Massenvegetation an und in Gräben und auf Moorboden (fast durchaus Formen der Reihe squarrosa N. ab E.). L. Kunzeana var, laxa. — Große Iserwiese (ganz isolierter Standort dieser interessanten Pflanze!). L. ineisa. — An Moorgräben hie und da. Anastrepta orcadensis, — Nur selten auf den Wiesen, sonst auf Felsen. TLeptoscyphus anomalus. — Auf den meisten Wiesen verbreitet. Odontoschisma Spagni. — Große Iserwiese. Harpanthus Flotowianus. — Große Iserwiese; stellenweise an sehr nassen Stellen fast Massenvegetation. FCephalozia fluitans. — Schwimmende Watten in einigen Moor- tümpeln bildend, ganz wie die schwimmenden Formen von Loph. inflata (Schwarze Teiche, Schöne Wiese). Bazzania triangularis. -— Große Iserwiese. Wohl kaum der eigent- lichen Wiesenilora angehörend! Be Ptilidium pulcherrimum. — An Knieholz nicht häufig, Ptilidium eiliare. — Auf Torfboden (Knieholzwiese bei den Schwarzen Teichen und beim Taubenhaus!). Von charakteristischen Flechten sind nur zu nennen: Cetraria islandica und Cladonia rangiferina; erstere flüchtet an zu nassen Stellen auf die Äste des Knieholzes, letztere bildet an trockeneren Stellen Massenvegetation. Man kann diese Liste noch weiter ergänzen aus meinen An- gaben über die Moosflora des Isergebirges, die gegenwärtig in der Zeitschrift »Lotos« in Prag erscheinen, hier sind nur die wichtigeren Arten angeführt worden. — Die verschiedenen Schriften von F. Matouschek über die Moosflora des Isergebirges enthalten nur sehr vereinzelte Angaben über die Moose der Knieholzwiesen. Ebenso beziehen sich fast sämtliche Angaben von Limpricht nur auf die beiden Iserwiesen. Spezieller Teil. Da fast jede der »Wiesen« des Isergebirges im Detail ihre ökologischen Sonderheiten aufweist, so will ich im folgenden ver- suchen, von jeder derselben in wenigen Zügen ein möglichst an- schauliches Bild zu entwerfen. Einzelne habe ich in verschiedenen Jahren in bryologischer Beziehung durchsucht und im Sommer des Jahres 1898 verbrachte ich über einen Monat auf dem Wittighause, von wo aus ich ziemlich alle Knieholzwiesen des Isergebirges genauer studieren konnte, wobei ich mich öfters der ortskundigen Führung des Herrn Försters Hub zu erfreuen hatte‘), dem ich auch für manche topographische Angaben zu Danke verpflichtet bin und der mich Einsicht nehmen ließ in die vorzüglich geführten Revierkarten. 1. Die »Schöne Wiese«. Sie ist NO vom Wittighause, etwa 1 Kilometer links von der Iserstraße entfernt gelegen in einer Höhe von 900 m. Sie verdient ihren Namen mit vollem Rechte, denn landschaftlich dürfte sie wohl die schönste der Knieholzwiesen sein und zugleich stellt sie so recht den Typus der Knieholzwiesen dar. Dem Botaniker, welcher nur flüchtig das Isergebirge bereist und doch einen treffenden Ein- ') Einige der Knieholzwiesen liegen mitten im pfadlosen, wilden Forst, so daß ihre Auffindung ohne forstmännische Führung einem mit den topo- graphischen Verhältnissen nicht völlig Vertrauten kaum gelingen wird. Sa druck von der hochinteressanten Formation der Knieholzwiesen gewinnen will,kann der Besuch dieser höchst charakteristischen Wiese sozusagen als Paradigma dienen. Die ziemlich große, fast kreisrunde Wiese mißt etwa 300 X 250 ın und ist mitten im wilden Fichtenhochwalde gelegen, der durch die zahlreichen Ronnen (verfaulende, gestürzte Stämme) und den oft sumpfigen, von Waldsphagneten bedeckten Grund einen fast ur- waldartigen Charakter erhält, Die Grenze des Hochwaldes gegen die Wiese ist so scharf und unvermittelt, dad man durch das letzte Waldesdickicht hindurch einen kleinen See zu erblicken meint. Der Anblick der Wiese ist aber ein höchst überraschender. Auf der vor- herrschend von gelben, grünen, goldbraunen und prächtig roten Torfmoospolstern gebildeten Grundfläche sind herrliche Gruppen von niedrigen (nur etwa 1 m hohen) dichten, schön geformten Knie- holzbüschen verteilt, deren dichte Zweigmassen gleich hoch aufragen, als wären es von der Kunst des Gärtners gezogene Taxushecken eines französischen Parkes. Das parkartige Aussehen wird noch dadurch erhöht, daß einige Schneißen wie Parkwege durch die Knie- holzbüsche geschlagen sind. Zwischen den Knieholzbüschen findet sich ein größerer Moortümpel, sonst tritt der schwarze Moorboden nur selten zwischen den Sphagnen und Cyperaceen zutage. Außer dem Knieholz treten die Phanerogamen hier sehr zurück; nur spärlich mischen sich die für alle Wiesen so charakteristischen Vaccinien, Trichophorum caespitosum, Eriophorum, Carices, Empetrum, etc. zwischen die weitaus vorherrschenden Sphayna, gegen welchen auch die anderen Laub- und Lebermoose physiognomisch wenig zur Geltung kommen. Von den auf der Schönen Wiese be- obachteten Bryophyten sind die charakteristischesten folgende: Sphagnum Girgensohnü var. stachyodes, 5. acutifolium var. versicolor und var. rubrum, S. fuscum (meistens in wenig gebräunten Formen), S. quinqueforium, 8. medium (nicht reichlich, oft nur zwischen 5. fuscum), S. Dusenü, 8. recwrvum var. amblyphyllum, Polytrichum strietum (meist steril zwischen Sphagnen), P. formosum, Hypnum fluitans (oft fruchtend), auch var. falcatum Br. eur. und in dem Tümpel schwimmend var. submersum Schmp., Aulacomnium palustre, Lophozia Floerkei reichlich in verschiedenen Formen, L. inflata (zu- meist laxe bis submerse Formen), mit letzteren auch Cephalozia fluitans, ©. connivens, .Leptoscyphus anomalus, Kantia trichomanis (an trockeneren Stellen) und auf Ronnen und Knieholzstämmen am = Mae Rande der Wiese: Dieranım fuscescens, Lophozia porphyroleuca, Cepha- lozia leucantha, Hypnum pallescens etc. Westlich von der Schönen Wiese liegt ganz nahebei eine zweite Knieholzwiese, die kleiner (zirka 200 X 150m), aber sonst ähnlich gestaltet ist; die freien mit Sphagnum bedeckten Flächen treten hier mehr hervor, das Knieholz ist spärlicher und mehr zerstreut. Die Schöne Wiese ist zugleich Wasserscheide: gegen Norden abfließend das Schöne Wiesefloß, gegen Süden das Querfloß. 2. Kleine Knieholzwiese am sogen. Strittstück. Diese kleine Wiese liegt 835—840 nm hoch und hat eine Breite von etwa 200». Die Landesgrenze schneidet quer durch. Inter- essant ist hier, daß der umgebende Fichtenhochwald nicht scharf gegen die Wiese abfällt, sondern am Rande werden die Fichten niedriger bis fast krüppelhaft und mischen sich unter sie immer reichlicher hohe Knieholzbüsche, bis diese endlich die alleinige Herrschaft erlangen. Auf der Fläche der Wiese selbst sind die Knieholzbüsche niedriger, nur etwa mannshoch und ziemlich gleich- mäßig verteilt. Größere Moortümpel (sogen. »Teiche«) fehlen, doch sind Lachen zwischen den Kaupen reichlich vorhanden, die nur selır wenig schwimmende Sphagna, Lophozia Floerkei und Hypna ent- halten. Die Kaupen sind fast ausschließlich von Ziriophorum vagi- natıım gebildet; sie wechseln mit Sphagnum-Polstern ab, in denen recht viel Andromeda, Oxycoscus und Empetrum wächst. Vaccinium uliginosum bildet stellenweise größere Bestände. Besonders er- wähnenswert ist das reichliche Vorkommen von Calluna vulgaris, die aber niedrig bleibt und nicht blüht. Von der Wiese ziehen sich dann längs der Landesgrenze herab dichte, wüste Kiefernwälder des »Strittstückes« bis zur hier ent- springenden Großen Iser, die dann weiter die Landesgrenze bildet und sich in vielen Windungen durch wilde, kaum durch- dringliche Fichtenwälder hindurchschlängelt, welche viel gefallene, modernde Stämme und ein dichtes Kiefernunterholz aufweisen, wodurch sie einen fast urwaldartigen Charakter erhalten. Endlich tritt die Große Iser aus diesem Dickicht hervor und erreicht die obersten Knieholzbestände der Großen Iserwiese. 3. Die Grosse Iserwiese. Es ist die größte und reichste Wiese des Gebirges; in einer Höhe von im Mittel 830 m von NW. gegen SO. in sanft hügeligen 2,05 — Wellenlinien herabziehend, füllt sie in einer Länge von etwa !/, Kilometer und in wechselnder Breite bis über 1000 ın eine flache Talmulde zwischen zwei langgestreckten Bergrücken aus. Die Große Iser, einer der Quellbäche des Iserflusses, durchschneidet sie der ganzen Länge nach und bildet die Landesgrenze, so daß der westliche Teil der Wiese auf böhmischem, der östliche (linkes Ufer) auf preußischem Boden liegt. Längs der beiden Höhenzüge ist sie von hohem Fichtenwalde begrenzt und zieht sich von dort sanft hügelig gegen die Iser hinab. Allenthalben sind Knieholz- Große Iserwiese. Im Hintergrunde der Fichtenhochwald, im Vordergrunde Knie- holzbüsche und dazwischen freie Moorflächen. (Das Klischee wurde von dem Deutschen Gebirgsvereine für das Jeschken- und Isergebirge in Reichenberg freundlichst zur Verfügung gestellt.) bestände vorhanden, "die gegen die Ränder sehr dicht und hoch sind, gegen den mittleren Teil der Wiese werden die Knieholz- büsche schütterer und niedriger und sie erreichen auf den erhöhten, hügeligen Stellen kaum !/, m. Interessant ist das massenhafte Auf- treten von Juniperus nana in knieholzähnlichen Beständen, besonders längs der Iser und an den kleinen in dieselbe mündenden Bächlein, streckenweise große Flächen in reinem Bestande deckend. In den oberen. Partien der Wiese überragen kleine Bäume von Betula car- 30 Wiesner-Festschrift — 46 — pathica (Form mit klebrigen Zweigen) und einzelne mittelgroße Fichten das Knieholz. Die behaarte Form der Birke tritt nur als kleinerer Strauch und nur vereinzelt auf, ebenso Salic purpurea und Betula nana. Große Moortümpel (»Teiche«) fehlen, kleinere Moorlöcher sind aber reichlich vorhanden und in ihnen wächst hie und da das prächtige Mnium cinchidioides, das ich anderwärts im Isergebirge nirgends gefunden habe. An den von Knieholz und Zwergwacholder freien Stellen wechseln Kaupen von Kriophorum vaginatum und Trichophorum caespitosum (weniger), Carex pauciflora (letztere be- sonders massenhaft in den niederen östlichen Partien) und Juncus squarrosus (sehr reichlich) mit Sphagnum-Polstern ab, zwischen denen Polytrichum strietum, P. commune, Empetrum, Andromeda, etwas Calluna, Oarex vulgaris, Drosera rotundifolia und Viola palustris wachsen. Die Sphagnum-Polster sind wie auf den anderen Wiesen haupt- sächlich gebildet von Sph. recurvum, Sph. medium, Sph. fuscum, Sph. eymbifolium, Sph. rubellum;, stellenweise tritt aber auch das im Gebirge nur noch an wenigen Stellen wiederkehrende zierliche Sph. molluscum in großer Masse auf. An trockeneren Stellen findet sich Carex canescens und ©. echi- nata, letztere stellenweise große Strecken rasenartig bedeckend und dazwischen Tirientalis, Tormentilla, Gnaphalium dioicum, Cladonia rangiferina (oft reichlich) und sogar Leontodon hastilis, Agrostis canina und Deschampsia flexuosa; Üetraria islandica und Dieranım scoparium flüchten aus dem für sie zu feuchten Moor meistens auf die Äste des Knieholzes. Flächen von »schwimmendem Moor« finden sich besonders in den auch sonst sehr nassen unteren (NO) Partien; diese heim- tückischen Flächen sehen für den Unkundigen recht harmlos aus, sie erscheinen wie üppige grüne Wiesen in dem gelblichen Moor. Hier wachsen üppig Mnium punctatum var. elatum, Hypnum strami- neum, II. purpurascens, Drachythecium rivulare, Harpanthus Flotowianus, Montia fontana, Chrysosplenium alternifolium. Am unteren SO Ende der Wiese liegt der ärmliche Weiler Groß-Iser, wo die Häuser schon von ziemlich guten süßen Wiesen umgeben sind, aber zwischen den zerstreuten Häusern des Ortes sieht man noch hie und da Knieholzgruppen oder selbst größere Bestände als letzte Ausläufer der Iserwiese. Schließlich mögen hier noch einige wenige seltene Pflanzen erwähnt werden, die auf der Großen Iserwiese vorkommen, aber en A sonst nicht oder nur sehr vereinzelt noch im Isergebirge gefunden werden: Betula nana, Hieracium aurantiacum, H. crocatum, Gnaphalium norvegieum, Eptlobium palustre var. hyssopifolium, Rubus chamaemorus, Lycopodium inundatum. Von Moosen sind zu nennen: Lophozia Kunzeana var. laxifolia, Chiloscyphus polyanthus var. erectus, Odonto- schisma sphagni, Bazzania triangularis, Splachnum ampullaceum und Spl. sphaericum, Atrichum tenellum, Fontinalis gracilis (in der Gr. Iser), Hypnum Rotae, H. cordifolium. 4. Die Kleine Iserwiese oder Sauere Ebene. In einer Höhe von 860-865 m gelegen, mißt sie 1200 m in der Länge und 800 in der Breite, hat also eine weniger langge- streckte Form. Auch sie bietet ein recht abwechslungsreiches Bild. Sie wird von der Kleinen Iser und von der Straße durchschnitten, welche vom Wittighause nach dem kleinen Orte Klein-Iser führt. Dieser Ort liegt am Fuße des Buchberges, der als stumpfer Kegel den Waldsaum der Wiese überragt. Auf der Fläche der Wiese wechseln große Knieholzbestände mit freien Moorflächen ab. Erstere finden sich besonders gegen die Mitte zu beiden Seiten der Iser- straße. Große offene Moorflächen (zum Teil schwimmendes Moor) liegen, die eine gegen den oberen Rand der Wiese, bis an die Hochwaldlisiere heranziehend, die andere liegt im unteren Teile der Wiese. Auf beiden herrschen mächtige Sphagnum-Polster vor (5. recurvum, Dusenü, medium, seltener papillosum und streckenweise im oberen Teile 5. molluscum, daselbst auch reich fruchtend), Lep- toscyphus anomalus und andere Lebermoose, sowie Aulacomnium pa- lustre, Hypnum stramineum etc. wachsen dazwischen; von Blüten- pflanzen besonders Einpetrum, Andromeda, an trockenen Stellen etwas Calluna und streckenweise viel Vaceinium Myrtillus und V. uliginosum, Besonders nasse Stellen nehmen Kaupen von Trichophorum caespitosum, Eriophorum vaginatum und spärlicher Career echinata und andere Carex-Arten ein. Dazwischen sind Moorpfützen, in denen üppigst Formen von Lophozia Floerkei und L. injlata, sowie Hypnum Aluitans gedeihen. Die beiden genannten Lebermoose habe ich nirgends so massenhaft gesehen als in zahlreichen Moorgräben, die man in dem Teile südlich von der Iserstraße angelegt hatte, um dort versuchsweise die Wiese mit Fichten zu bepflanzen, ein Ver- such, der gänzlich mißglückte!). Auf den offenen Moorflächen 1) Ich glaube, daß die Aufforstung mit Betula carpathica für den Anfang günstig gewesen wäre. 30* a liegen einige größere Moortümpel (»Teiche«), in denen reichlichst schwimmende Formen von Sphagnum Dusenü, Hypnum fluitans, Lophozia inflata und seltener L. Floerkei oft mächtige Watten bilden. Besonders erwähnt muß noch werden das massenhafte Auftreten von ‚Juniperss nana, welcher besonders längs der Kleinen Iser knieholzähnliche Bestände bildet. 5. Die »Schwarzen Teiche«. Von der neuen Straße vom Wittighause gegen die Tafelfichte gelangt man über eine etwas feuchte, mit hohem Gras bestandene, stellenweise sumpfige (daselbst viel Sphagnum riparium, S. Girgensohnii, Polytrichum commune) Fichtenschonung zu der etwa 1 Kilometer entfernten, mitten im Walde 910 ın hoch gelegenen, sehr schönen und charakteristischen Wiese. Am Rande gegen den Hochwald sind die Knieholzbestände sehr hoch und üppig, gegen die Mitte wechseln niedrige, schöne Knieholzbüsche mit freien Stellen ab, die teilweise mit Kaupen von Trichophorum caespitosum, Eriophorum vaginatum etc teilweise mit Sphagnum - Polstern bedeckt sind, in denen Em- petrum, Andromeda, Oxyocceus und Drosera wachsen. Dieranum scoparium Prilidium ciliare und Leptfoscyphus anomalus treten auch stellenweise reichlicher hervor. Besonders zahlreich sind auf dieser Wiese nackte Moorstellen, die bisweilen größere schwarze Lachen zwischen Sphagnen und Cyperaceenkaupen bilden; in denselben wächst reichlich Carex limosa und Scheuchzeria palustris. Inmitten der Wiese liegen zwei große dunkle Moorwasserflächen (»Teiche«), nach denen die Wiese den Namen trägt. Die schwimmenden Mooswatten dieser unheimlich tiefen, düsteren Gewässer werden hier zum guten Teile von der sonst im Gebirge sehr seltenen Cephalozia fluitans gebildet, die hier mit zum Verwechseln ähnlichen Wasserformen von Lopho='- inflata gemeinsam wächst. Der Zwergwacholder fehlt auf dieser Wiese, wie auch auf den meisten anderen gänzlich. 6. Die Wiese am »Uarre«. Diese kleine, auf der höchsten Stelle der Waldgelegenheit »Carr&« (937m) gelegene Wiese von rundlicher Form ist zugleich die Wasserscheide zwischen der Schwarzen Wittig und dem Schindelwasser, Der alte Steig zur Tafelfichte führt darüber. Sie bietet einen ganz anderen Anblick als die bisher geschilderten Wiesen, da auf ihr das Knieholz fehlt. Dafür ist die Fläche = schütter bestanden von niedrigen kaum 1m hohen Krüppelfichten und einzelnen krüppelhaften Exemplaren von Juniperus nana und der behaarten Form der Befula carpathica. Dazwischen Sphagnetum (S. recurvum, 5. Dusenü, S. Warnstorfii etc., aufgefallen ist mir das Fehlen der Cymbifolium-Gruppe) mit Drosera, etwas Calluna, Me- lampyrum pratense und hier auffallend reichlichem Empetrum. Einige Moorpfützen mit schwimmendem Sphagnum Dusenii und Hypnum Auitans, sowie kleinere Schlammtürmnpel, an deren Rand reichlich Scheuchzeria palustris und Carer limosa wachsen, vervollständigen das Bild. Erwähnt möge werden, daß ich-hier die sonst so ver- breiteten Lebermoose: Lophozia Floerkei und L. inflata nicht be- obachtete. 7. Die »6rosse Knieholzwiese«e. Nahe der Stolpichstraße und gegen diese von einem Saum hoher Fichten verdeckt in einer Höhe von 985m liegt diese sehr schöne, runde Knieholzwiese mitten im dichten Fichtenhochwalde. Nur gegen Westen zu liegt ein etwas freieres Sphagnetum, sonst ist die Wiese gleichmäßig mit dichten Knieholzbeständen bedeckt. Von sonstigen Pflanzen kommen spärlich vor: Juniperus nana, Be- tula carpathica, Salix purpurea und sehr viel Vaceinium uliginosum. In dem Sphagnetum herrschen Sphagnum-Massen vor mit Juneus squarrosus, Oxyoccus palustris, Trientalis, Tormentilla !), an trockeneren Stellen Agrostis vulgaris, Gnaphalium dioicum etc. Seltener sind Careı- Büsche und Kaupen von Trichophorum caespitosum. Einige kleine Moortümpel enthalten Formen von Hypnum fluitans (auch sehr schön fruchtend) und schwimmende Lophozia inflata var. laxa, während an den Rändern Carex limosa und Scheuchzeria palustris gedeihen. 8. Die »Kleine Knieholzwiese«. Sie liegt in einer Höhe von 967 m an der Stolpichstraße am Abhange des Sieghübels und zeichnet sich dadurch aus, daß sie nicht unmittelbar vom Hochwald umrahmt ist, erst in weiterer Ent- fernung erhebt sich solcher ?). Westlich steigt eine sumpfige Wald- blöße mit Fichtenjugend an und im Norden und Osten geht die 1) Empetrum habe ich nicht beobachtet. 2) Die Fichtenwälder dieser Gegend stehen auf tiefem Torf, wie man stellenweise an der Straße sehen kann, wo an den Böschungen bis 2 n mächtige Torflager angestochen sind. Diese Torfmassen lassen darauf schließen, daß die Wiesen ehedem eine weitaus größere Ausdehnung hatten als heute. = Wiese allmählich in Waldschlag über; es scheint also hier wenigstens ehedem der für die Wiesen des Isergebirges so charakteristische Hochwaldgürtel auch vorhanden gewesen zu sein. Die Wiese ist ziemlich dicht mit meist hohem Knieholz bestanden. Der Zwerg- wacholder fehlt dieser Wiese. Die kniehoizfreien, tiefen Moor- stellen sind bedeckt mit Sphagnum (besonders 5. recurvum) zwischen dem reichlich Empetrum, Andromeda, Oxgcoceus, Leptoscyphus anomalus usw. wachsen. Kaupen von T'richophorum caespitosum und Eriophorum vaginatım sind an sehr nassen Stellen viel vorhanden, zwischen denen kleine Moorpfützen mit zum Teil untergetauchten Formen von Lophozia Floerkei auftreten. Größere Moortümpel fehlen dieser Wiese. 9. Knieholzwiese ober der »Kneiphütte«. Auch diese 1002 m hoch oberhalb der Waldhütte »Kneipe« gelegene Wiese hat gegenwärtig keinen Hochwaldeürtel, sondern geht ringsum allmählich in Fichtenjugend über. Im unteren Teile finden sich kleine Fichten mit Sträuchern von Sorbus aucuparia dem Knieholz eingemischt. Gegen die Mitte zu ist die Wiese mit meist niedrigen Knieholzbüschen bestanden; dazwischen kleine Sphagnum- Flächen mit reichlichem Empetrum, Vaceinium uliginosum, V. Myrtillus, ein wenig Calluna und Leptoseyphus anomalıs. Außerdem Kaupen von Eriophorum vaginatum, S. Trichophorum caespitosum und auf- fallend viel Carex pauciflora. An den kleinen Moorpfützen wächst reichlich Carex limosa. Große Moortümpel fehlen. 10. Wiese unter dem Börnlhause. Nicht weit unter der Einschicht Börnlhaus östlich vom Wittig- haus liegen auf der Wasserscheide im Fichtenwalde zwischen der Dessestraße und Iserstraße 885 m hoch mehrere kleine Hochmoore !). Das größte derselben ist bedeckt mit Kaupen von Eriophorum vaginatum, Trichophorum caespitosum, (arex vulgaris, dazwischen Moor- pfützen mit Lophozia Floerkei. An anderen Stellen reichlich Sphagnum- Polster (besonders Sph. medium, Sph. fuscum und auch das sonst auf den Wiesen wenig verbreitete Sph. compactum) mit eingemischten: Leptoscyphus anomalus, Andromeda, Vaceinium wuliginosum, Calluna (spärlich), Empetrum (stellenweise reichlich); Drosera rotundifolia, an !) Eigentlich ist die ganze Wasserscheide mehr weniger sumpfig und auch im Fichtenwalde sind reichlich Waldmoore mit Sphagnum Girgensohnii, Harpanthus Flotowianus, Chiloscyphus polyanthus, Polytrichen etc. — 41 — etwas trockeneren Stellen Vaecinium Myrtillus, V. Vitis idaea und Anastrepta orcadensis!). Besonders ausgezeichnet ist diese Wiese, daß auf ihr das Knie- holz fehlt, dagegen ist sie schütter mit zwerghaften Fichten von 1,—1 m Höhe bewachsen. 11. Die Tschihadlwiese. Der Name dieser sehr pflanzenreichen, interessanten Wiese findet sich vielfach verunstaltet: »Tschihanelw.«, »Tschihanaw.« etc.: die obige Schreibweise dürfte die richtige sein und sich der Name von dem tschechischen Worte Cihadlo (der Vogelherd) ableiten. Die ziemlich große fast kreisrunde Wiese liegt bei 972 m Seehöhe etwa 1 Kilometer von der Stolpichstraße entfernt gegen den Neu- wieser schwarzen Berg. In der Lage und Größe ähnelt sie sehr der Großen Knieholzwiese, sie wird aber nur westlich vom Fichtenhoch- walde begrenzt, während sie sonst von Fichtenjugenden umgeben ist. Das Knieholz ist nur in sehr schütter stehenden und meist niedrigen Büschen verteilt und zumeist besteht die Fläche aus offenem Moor, in dem Sphagnum-Polster weitaus vorherrschen. Die Sphagna sind auf dieser Wiese besonders formenreich vertreten; Sph. recurvum, Sph. Dusenü, Sph. fuscum (sehr reichlich), Sph. papillosum, Sph. medium herrschen vor. Dazwischen finden sich die meisten der früher schon öfters genannten Sphagnumbegleiter. Trichophorum caespitosum und Z%rio- phorum vaginatnm und die anderen Rasenbildner treten stark zurück; Carex limosa findet sich nicht häufig an schlammigen Stellen mit Lophozia inflata, Hypnum fluitans (reich fruchtend in verschiedenen Formen) etc. Besonders gegen die Ränder der Wiese bilden Dieranum-Arten in mächtigen, tiefen Polstern Massenvegetation: D. Bergeri, D. Fuscescens var, flexicaule und das mit diesem habituell zum Verwechseln ähnliche D. scoparium var. uliginosum. Die Tschihadlwiese ist besonders reich an größeren und kleineren tiefen Moortümpeln mit scharf abfallenden Rändern (so- genannte »Teiche«). Deren gibt es hier etwa zehn und finden sich in einigen derselben mächtige freischwimmende Watten von Sphagnum Dusenii var. aquaticum, S. papillosum in einer sehr merkwürdigen laxen, blaugrünen, submersen Form, Lophozia inflata var. lawa und sehr viel Hupnum fluitans (oft reichlich fruchtend, die Seten über den Wasserspiegel erhebend). ı) Das Vorkommen ist interessant, da dieses Lebermoos sonst im Iser- gebirge an den Gipfelfelsen auf den Kämmen vorkommt. ep 12. Die Wolfswiese. Die höchstgelegene (1020—1025 m) und zugleich eine der größten und schönsten Wiesen des Isergebirges ist weitab von gangbaren Wegen mitten in ausgedehnten, wilden Fichtenwäldern gelegen. Die sehr regelmäßig kreisrunde Wiese hat nach Süden einen schmalen Saum von Stangenholz (Fichten), sonst ist sie schroff wie von einer dunkelgrünen Mauer mit Fichtenhochwald von fast urwaldartigem Charakter umrahmt. Äußerst üppige, hohe und dichte, ja stellenweise fast un- durchdringliche Knieholzmassen bedecken die Wiese fast aus- schließlich, nur gegen Südwesten und gegen die Mitte sind die Knieholzbüsche etwas niedriger und schütterer, oft prachtvoll ge- formte Gruppen bildend, und dazwischen treten hier kleine Moor- flächen auf mit Sphagnum und dessen Begleitern Empetrum (viel), Andromeda, Vaceinium wliginosum, V. Myrtillus, V. Vitis-idaea und Calluna (letztere drei an etwas minder feuchten Stellen), während Rasen von Trichophorum caespitosum, Eriophorum vaginatum, Carex pauciflora etc. mit dazwischen liegenden Moorschlammpfützen sehr zurücktreten. Größere Tümpel gibt es auf der Wolfswiese nicht. Birken und Zwergwacholder fehlen auf der Wiese, hingegen sind die Moor- flächen von einigen wenigen etwa 3m hohen Krüppelfichten überragt. Ich habe mit vorstehenden Zeilen den Versuch gemacht durch möglichst naturgetreue Schilderung der landschaftlichen und öko- logischen Verhältnisse der interessanten »Knieholzwiesen« auch den Botanikern, welche ähnliche Pflanzengenossenschaften selbst noch nicht zu untersuchen in der Lage waren, ein tunlichst anschauliches Bild von dem Charakter derselben zu entwerfen und diejenigen, welche diese oder ähnliche Verhältnisse selbst kennen gelernt haben, werden vielleicht diese bescheidenen Schilderungen an liebgewordene Eindrücke erinnert werden und möglicherweise finden auch sie in diesen Blättern einige interessante Einzelheiten, die ihnen seinerzeit nicht aufgefallen sind. Über die Verseifung der Fette von Rud. Wegscheider (Wien). Aus denı k. k. chemischen Universitätslaboratorium in Wien. Eingelangt am 22. Oktober 1907. Über die Methoden zur Spaltung der Fette in Glyzerin und Fettsäuren besitzen wir eine umfangreiche Literatur. Dagegen hat man sich der Erforschung des Mechanismus dieser Reaktion erst in der letzten Zeit eifriger zugewendet. Nach der Reaktionsgleichung 0629.04, 739,0 >0H,0,+34c0H, wo Ac ein Säureradikal bedeutet, oder nach der analogen Gleichung für die Verseifung durch Hydroxylion soll der zeitliche Verlauf der Reaktion in homogener Lösung nach dem Gesetze der quadri- molekularen Reaktionen, bei großem Überschuß des Verseifungs- mittels nach dem der monomolekularen Reaktionen erfolgen. Die einschlägigen Versuche sind, soweit wässerige Lösungen in Frage kommen, allerdings nicht mit Fetten, sondern mit den Essigsäureestern des Glyzerins gemacht worden; es liegt aber vor- erst kein Grund vor, die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Fette zu bezweifeln. Die Versuche haben nun ergeben, daß die Verseifung durch Alkalien sowohl in wässeriger!) als auch in alkoholischer) Lösung bimolekular erfolgt. Hinsichtlich der alkoholischen Lösung ist dieses Ergebnis leicht zu erklären®). Henriques*) hat nämlich gezeigt, daß die Fette durch alkoholisches Alkali außerordentlich rasch in Glyzerin und Fettsäureäthylester umgewandelt werden. Die gemessene !) Kremann, »Monatshefte für Chemie«, 27, 615 [1906]. ®) Geitel, »Journ. f. prakt. Chemie«, N. F., 55, 433 [1897]; Kremann, »Monatsh. f. Chemie«, 26, 815 [1905]. ®) Fanto, »Monatsh. f. Chemie«, 25, 919 [1904]. *) »Chem. Zentralblatt« 1898, I, 1074; II, 612. ae Verseifungsgeschwindigkeit ist dann die des Fettsäureesters und diese muß dem Gesetze der bimolekularen Reaktion entsprechen. Für die wässerige Lösung ist eine ähnliche Erklärung nicht möglich; man kann nur sagen, daß die Verseifung nicht in einem Zug vom Triglyzerid zum Glyzerin führen kann, sondern stufenweise erfolgen muß. Das allein genügt aber noch nicht, um den bimolekularen Ablauf zu erklären, da beim Stattfinden mehrerer Reaktionen die Gesetze für den Reaktionsablauf in der Regel eine sehr verwickelte Form annehmen. Die Verseifung in sauren wässerigen Lösungen verläuft, wie auch die chemische Bruttogleichung erwarten läßt, monomolekular ?), da das Verseifungsmittel (Wasser) in großem Überschuß vorhanden ist. Trotzdem ist aus Analogiegründen auch hier anzunehmen, daß die Verseifung stufenweise erfolgt. Ein bimolekularer Reaktionsablauf (in welchem der mono- molekulare bei großem Überschuß des Verseifungsmittels inbegriffen ist) kann bei stufenweiser Verseifung nur zum Vorschein kommen, wenn die Geschwindigkeitskoeffizienten der einzelnen Reaktionen bestimmte Beziehungen zueinander aufweisen. Eine solche Be- ziehung besteht darin, daß nur eine der Reaktionen langsam, die anderen dagegen außerordentlich rasch ablaufen. Aus Analogie- eründen ist dies bei der Verseifung der Glyzerinester äußerst un- wahrscheinlich; für die Verseifung in saurer Lösung ist überdies durch die erwähnten Versuche von Geitel und J. Meyer nach- gewiesen, daß dies nicht der Fall ist. Auf die Spur einer anderen Beziehung zwischen den Ge- schwindigkeitskoeffizienten, welche den bimolekularen Reaktions- ablauf erklärt, hat die Arbeit Geitels geführt. Er fand nämlich, daß die Geschwindigkeitskoeffizienten der Verseifung von Tri- glyzerid zu Diglyzerid, von Diglyzerid zu Monoglyzerid und von Monoglyzerid zu Glyzerin durch Wasser sich wie 3:2:1 verhalten. Abel?) hat dann gezeigt, daß bei diesem Verhältnis der Reaktions- ablauf bimolekular sein muß. Es ist aber bisher nicht berücksichtigt worden, daß bei der stufenweisen Verseifung der Triglyzeride nicht drei, sondern sieben Reaktionen in Betracht kommen: 1) Geitel, »J. f. prakt. Chem.«, N. F., 55, 429 [1897]; 57, 113 [1898]; J. Meyer, »Zeitschr. f. Elektrochemie«, 13, 485 [1907]. ?) »Theorie der Triglyzeridverseifung«, in Ulzer-Klimont. Allg. und physiolog. Chemie der Fette, Berlin, Springer, 1906, pag. 220. ea CH, OAc CH,OH | / CHOH ———> 0HOH | N Tr 08,0% CH, OAe en 02: =“ % » CHOH a) S a EB, 04 .N N re U,OH “CHOAe = CHOAe | | CH, OAec CH, OH Ich habe daher auf Grund der von mir gegebenen allgemeinen Form der Gesetze des Ablaufs von Simultanreaktionen !) neuer- dings untersucht, welche. Beziehungen zwischen den Koeffizienten bestehen müssen, damit die Verseifung eines Triglyzerids im ganzen bimolekular verläuft. Es hat sich ergeben, daß dieser Bedingung durch drei verschiedene Beziehungen Genüge geleistet wird. Zwei von diesen Beziehungen können aber ausgeschlossen werden, weil sie der ebenfalls von Geitel und ]J. Meyer festgestellten Tat- sache nicht genügen, daß auch die Verseiiung der Diglyzeride bimolekular verläuft. Es bleibt somit nur eine Bedingung als brauch- bar übrig. Ihr Inhalt ist folgender: »Die beiden Koeffizienten der Verseifung der isomeren Mono- elyzeride zu Glyzerin müssen gleich sein; der Koeffizient der Ver- seifung des symmetrischen Diglyzerids zum zugehörigen Mono- glyzerid muß doppelt so groß sein als der Verseifungskoeffizient eines Monoglyzerids und gleich der Summe der beiden Ko- effizienten der Verseifung des asymmetrischen Diglyzerids zu den beiden Monoglyzeriden; die Summe der Koeffizienten der Ver- seifung des Triglyzerids zu den beiden Diglyzeriden ist dreimal so groß als der Verseifungskoeffizient eines Monoglyzerids« ?). Somit besteht auch bei Berücksichtigung sämtlicher in Betracht kommenden Reaktionen die Möglichkeit, daß die stufenweise Ver- seiftung zu einem im ganzen bimolekularen Reaktionsablauf führt. Gegen die hieraus sich ergebende Theorie der Triglyzerid- verseifung können zwei Bedenken geltend gemacht werden. Erstens kann man es unwahrscheinlich finden, daß die Werte der Koeffizienten in so einfachen Zahlenverhältnissen stehen, ins- besondere auch im Hinblick auf die geforderte gleiche Verseifungs- geschwindigkeit der beiden Monoglyzeride, von denen doch das 2) »Monatsh. f. Chemie«, 21, 693 [1900]. 2) Die Geitel-Abelsche Bedingung ist, wie sich zeigen läßt, ein spe- zieller Fall dieser Bedingung. — 46 — eine die verseifbare Gruppe in primärer, das andere in sekundärer Stellung enthält. Dieses Bedenken wird durch den Umstand zu- nichte gemacht, daß selbst bei beträchtlichen (bis zu 20°/, gehenden) Abweichungen der Koeffizienten von den geforderten Werten das Gesetz des bimolekularen Reaktionsablaufs immerhin noch genauer zutreffen muß, als es durch die Versuche bestätigt ist. Zweitens kann man sich darauf berufen, daß die obige Be- dingung das Auftreten beträchtlicher Mengen von Di- und Mono- elyzeriden während der Verseifung fordert, während tatsächlich ihr Auftreten nicht nachgewiesen werden konnte. Dem ist entgegen- zuhalten, daß der Nachweis dieser Stoffe bei der Verseifung in homogener wässeriger Lösung überhaupt noch nicht gründlich ver- sucht worden ist. Dagegen kann durch die Arbeiten von Balbiano, Fanto und Marcusson als nachgewiesen gelten, daß bei der Verseifung von Fetten durch Alkalilauge im heterogenen System das ungelöst Bleibende frei von Mono- und Diglyzeriden ist. Das ist aber belanglos. Entwickelt man nämlich die Theorie der hetero- genen Verseifung unter Zugrundelegung der zurzeit wahrschein- lichsten Annahmen, so ergibt sich, daß das Ungelöste von Mono- und Diglyzeriden frei sein muß. . Das Schlußergebnis ist: Die Fette werden stufenweise verseift. Der annähernd bimo- lekulare Reaktionsablauf kommt dadurch zustande, daß die Ge- schwindigkeitskoeffizienten der einzelnen Reaktionen eine (wenn auch nur recht rohe) Annäherung an die im vorstehenden mitge- teilten Bedingungen zeigen. Über das Leucin aus Proteinen von Zd. H. Skraup (Wien). Eingelangt am 23. Oktober 1907. Die Ansichten über die Konstitution des Leucins, welches auch für den Pflanzenphysiologen von Wichtigkeit ist, haben sich im Laufe der Zeit geändert. Während es ursprünglich als das z-Amino- derivat der normalen Capronsäure betrachtet worden ist, hat sich späterhin herausgestellt, daß es nicht von der normalen Capron- säure, sondern der isomeren 2 Methylpentansäure abstammt. Weiter wurde die Sache dadurch wieder verwickelter, daß in neuerer Zeit F. Ehrliclı ein zweites isomeres Leucin, das Isoleuein, in der Rübenmelasse entdeckte, welche von ihm und anderen Chemikern auch unter den Spaltungsprodukten vieler Eiweißstoffe wieder gefunden wurde. Das rohe Leucin, wie man es aus pflanzlichen und tierischen Proteinen erhält, ist, von anderen Aminosäuren ab- gesehen, also ein Gemisch von Leucin und Isoleucin. Durch eine Reihe schöner Untersuchungen, insbesondere durch die Synthese hat Ehrlich festgestellt, daß dieses Isoleucin die Konstitution der 3£-Methyl-Äthyl-z-Aminopropionsäure besitzt. Nach anderen Untersuchungen von Ehrlich sind nun die beiden Leucine jene Substanzen, aus welchen gelegentlich der alkoholischen Gärung zuckerhältiger Pilanzenauszüge Amylalkohol entsteht, und zwar der aktive, das Methyläthiylcarbincarbinol aus dem Isoleucin, der gewöhnliche inaktive Gärungsamylalkohol aus dem gewöhnlichen Leucein. Diese Beziehungen zwischen den zwei Amylalkoholen und -den zwei Leucinarten werden noch nach einer anderen Richtung von Bedeutung. Vor fast dreißig Jahren hat Wischnegradsky bei Untersuchung der Amylene (,H,,, die aus dem rohen Gärungs- amylalkohol erhalten waren, Beobachtungen gemacht, welche am einfachsten dahin zu deuten sind, daß in dem rohen Gärungs- — 48 — amylalkohol außer den zwei schon genannten Alkoholen noch ein dritter, und zwar der normale Penthylalkohol, vorhanden sei. Nimmt man diese Vermutung als feststehend und weiterhin noch an, daß der normale Penthylalkohol bei der Gärung in ähnlicher Art entsteht wie seine beiden Isomeren, dann muß man als seine Muttersubstanz die z-Aminonormalcapronsäure annehmen, für welche früher, wie schon erwähnt, das gewöhnliche Leuein gehalten worden ist. Und es hatte darum einiges Interesse, jener unter den Pro- dukten der Hydrolyse von Eiweißstoffen nachzuspüren. Daß letztere die x«-Aminonormalcapronsäure enthalten, ist aber auch durch eine andere weniger entlegene Beobachtung möglich geworden. Vor einiger Zeit haben Witt und ich gefunden, daß bei der Oxydation von Kasein mit Bromlauge Normalvaleriansäure entsteht. Diese kann nur aus einem Atomkomplex gebildet werden, welcher fünf normal verbundene Kohlenfettatome enthält. Diese Atomkomplexe können natürlich verschiedenster Art sein, sie könnten unter anderen auch im normalen Leucin vorliegen. Bei den großen Schwierigkeiten, Aminosäuren voneinander zu trennen, war es von vornherein wenig wahrscheinlich, durch fraktionelle Kristallisation und ähnliche Operationen im rohen Leucin die vermutete z-Aminonormalcapronsäure aufzufinden. Andeutungen über ihr Auftreten ließen sich aber von der Oxy- dation des Leucins erwarten, welches neben anderen Säuren auch die normale Valeriansäure geben sollte, wenn in ihm die schon oft genannte normale Aminosäure beigemischt wäre. Die Herren Dr. F. Hecikel und Dr. M. Samec haben, “der erste mit Leucin aus Kasein, der zweite mit Leucin aus Nacken- band, solche recht mühsame Versuche ausgeführt, über welche von ihnen an anderer Stelle berichtet werden wird. Es ließ sich in beiden Fällen nachweisen, daß bei der Oxy- dation gewisser Leucinfraktionen normale Valeriansäure entsteht. Man kann deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die ursprünglich aufgestellte Konstitutionsformel des Leucins wenigstens für einen Bestandteil der rohen Verbindung, wie sie aus Eiweißstoffen abzuspalten ist, zutrifft, mit anderen Worten, daß auch die normale z-Aminocapronsäure bei der Hydrolyse von Proteinen auftritt. PO WW, Über Aufspeicherung und Wanderung des Rohrzuckers (Saccharose) und der Zuckerrübe (Beta vulgaris L.) von Friedrich Strohmer (Wien). Eingelangt am 23. Oktober 1907. Unter den Nutzpflanzen der Gegenwart nimmt unstreitig die Zuckerrübe eine hervorragende Stelle ein, wurden doch im Jahre 1906 in Europa allein 1,669.122 Hektar Ackerfläche mit dieser Pflanze bebaut und aus ihrem Ernteergebnisse nicht weniger als 0,685.000 metrische Tonnen Zucker gewonnen. Es ist deshalb auch begreiflich, daß sich die Wissenschaft schon seit langem mit dem Studium der Lebensbedingungen undWachstumsverhältnisse dergenannten Kultur- pflanzen befaßte, um hierdurch der Technik die Basis für eine rationelle Kultur und Verarbeitung derselben zu schaffen. Als einer der ersten und hervorragendsten Forscher, welcher sich mit dem Studium der Zuckerrübe beschäftigte, ist Julius Wiesner zu nennen, auf dessen Arbeiten namentlich die Kenntnis der histo- logischen Verhältnisse der ausgewachsenen Zuckerrübe beruht !) und welche die Grundlage zur Erfindung des Diffusionsverfahrens durch Jul. Robert gegeben haben, eines Verfahrens, ohne welchem die heutige großartige Entwicklung der Rübenzuckerindustrie nicht möglich gewesen wäre. Dem Schreiber dieses sei es deshalb ge- stattet in den nachfolgenden Ausführungen eine die Zuckerrübe be- treffende biochemische Studie der vorliegenden, zu Ehren Julius Wiesners verfaßten Festschrift, beizufügen. Es ist eine nicht mehr zu bestreitende Tatsache, daß der Zucker der Rübenwurzel im Rübenblatte entsteht und aus diesem durch die Blattstiele in die Rübenwurzel transportiert wird. Indem man annahm, daß Rohrzucker (Saccharose) die Plasmahaut nicht durch- wandern kann, hielt man bis jetzt jedoch fast allgemein an der An- ae schauung fest, daß die in der Rübenwurzel angehäufte Saccharose nicht als solche aus dem Blatte einwandere, sondern in Form von Monosacchariden (reduzierender Zucker), welche erst in der Wurzel in das Disaccharid umgeformt werden. Pfeffer?) hat jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß die Eigenschaften der Membranen des Plasmas häufig in regulatorischer Weise wechseln, so daß ein Stoff zeitweilig aufgenommen wird, der unter anderen Umständen nicht in den Protoplasten gelangt. Ferner haben Hanstein?) und Puriewitsch*) die exosmotische Abgabe von Disacchariden beim Endosperm des Maises beobachtet, so daß also die Basis, auf welcher sich die bisherige Anschauung über die Einwanderung des Zuckers in die Rübenwurzel aufbaut, der festen Stütze entbehrt. Auffallend ist auch der Umstand, daß in den Rübenwurzeln, sobald die Pflanze ihr erstes Entwicklungsstadium überschritten hat, fast nie reduzierende Zuckerarten neben Saccharose anzutreffen sind Unter den vielen Hunderten von Zuckerrüben, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, fanden sich nur ganz ausnahmsweise solche Wurzeln, welche geringe Mengen reduzierender Zuckerarten enthielten, und zwar nur dann, wenn die betreffenden Rüben erkrankt oder beschädigt, oder wenn die Pflanzen noch sehr jung waren, wie zum Beispiel in nur einen Monat alten Zuckerrüben. Wenn der Rohrzucker in Form von reduzierendem Zucker in die Wurzel gelangen würde, so sollte man diesen doch häufiger in derselben antreffen, da ja die Umwandlung in Rohrzucker kaum plötzlich erfolgt, sondern der Ablauf dieses Prozesses gewiß auch von der Zeit abhängig sein wird. Auffällig ist auch der Umstand, daß sich Saccharose sowohl in den Blättern als auch in den Wurzeln bereits in den frühesten Entwicklungsstadien der Zuckerrübe vorfindet, wie die Untersuchungen A. Girards°) dargetan haben. Unabhängig von den Arbeiten Girards habe auch ich im Jahre 1888 gelegentlich von Studien über den Verlauf der Nährstoffaufnahme der Zuckerrübe, sowohl Blätter als Wurzeln von Rübenpflanzen, welche unter gleichen Wachstumsbedingungen erwachsen waren, untersucht‘) und gleiche Beobachtungen wie Girard gemacht, indem meine Untersuchungen ergaben: — 481 — —m mm en In den Blättern In der Wurzel Rohr- ER 2 Aeiender Reduzieren- ztieker ZU eralsInvert-| Rohrzucker der Zul re ep, | Am 7. Juni (Rübe 1 Monat alt)... 0:32, | 0:18°/, 070 Spuren EP Juni... .. Bo: DsISP/, 470 hs N. Juli... .. 1:99 | 0:29°/ | 730 | 0:0 Be. Iuli... .». - DR | 0:48 N, 8:00 0:0 Am 16. August ...| 09%, | 0:62°/, | 10:20 | 0:0 13. September . | 08), | 0:70, 11:00 00 Am 27. September . 08°), | 0:81°,, | 12:30 0:0 Girard hat noch die Wahrnehmung gemacht, daß während der Gehalt an Rohrzucker in den Blättern größeren Schwankungen unterliegt, die reduzierenden Zuckerarten eine ziemlich gleichmäßige Zunahme bis gegen das Ende der Vegetation erfahren, was mit unseren hier mitgeteilten Ergebnissen übereinstimmt. Nach den weiteren Studien des zitierten Forschers geht die Bildung der Saccha- rose im Mesophyli des Rübenblattes vor sich, und zwar in einer Region der Blattränder, welche etwa ein Drittel der gesamten Blattfläche beträgt. In jüngster Zeit hat des weiterenS. Strakosch’) gezeigt, daß das Verhältnis von Mono- und Disacchariden durch die Belichtungs- verhältnisse, unter welchen die Rüben wachsen, bedingt zu sein scheint, denn beschattete Blätter enthielten immer mehr Monosaccharide als Disaccharide, Der genannte Forscher fand ferner bei Zucker- rübenblättern, die um 4 Uhr nachmittags gepflückt waren, in wieder- holter Beobachtung folgende Verteilung der Zuckerarten: Dextrose allein im Blattrande, Dextrose und etwas Rohrzucker im Mesophyll der Lamina, Dextrose, Lävulose und Rohrzucker im Medianus, und Rohrzucker, Maltose, Dextrose, Lävulose im Petiolus. Quantitativ steigt der Gehalt an Rohrzucker vom Blattrande angefangen gegen die Blattmitte zu und von dort nach abwärts, um im Blattstiele vor- zuherrschen. Diese Forschungsergebnisse werden noch dadurch er- gänzt, daß M. Gonnermann in Rübenblättern ein Saccharose bildendes Enzym nachweisen konnte°). Alle diese Tatsachen im Verein mit der Beobachtung Girards, daß der Saccharosegehalt der Blätter während der Nacht nahezu zur Hälfte verschwindet, zwingen zu der Annahme, daß der Rohrzucker der Rübenblätter nicht als ein intermediäres Produkt, sondern als der fertige Reserve- 31 Wiesner-Festschrift — 42 — stoff anzusehen ist, welcher als solcher in die Rübenwurzel trans- portiert wird und daß demnach auch der Saccharose die Wander- fähigkeit durch die Plasmahaut zukommt. Daß dies aber auch tat- sächlich der Fall, geht aus Beobachtungen hervor, die ich an mir von H. Briem, Direktor der Wohankaschen Zuckerrübensamenzucht- station in Uholicky, zugesandten Zuckerrübenpflanzen machen konnte. Es waren dies zwei einjährige Zuckerrübenpflanzen, bei denen der Kurzstiel, welcher die Blattrosette trägt, bei der einen Rübe A zu einem 24 cm langen und bei der anderen Rübe B zu drei verschiedenen, und zwar 24 cm, 31 em und 5 cm langen Längs- stengeln ausgewachsen wart). Diese Längsstengel enthielten nun bei Rübe A 4°), Rohrzucker, bei Rübe B 6°/, Rohrzucker. Re- duzierender Zucker war jedoch in keinem der Stengel nachzuweisen. Die dazugehörigen Wurzeln enthielten Rohrzucker bei Rübe A 12°0%/,, bei Rübe B 14°6°/,. Monosaccharide konnten ebenso wie in den Stengeln ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Der hohe Zuckergehalt der Wurzeln zeigt, daß der Blattapparat dieser Rüben trotz seiner von der normalen abweichenden Entwicklung und Stellung in seinem Zuckerbildungsvermögen nicht gestört war. Der Blattapparat war auch in seinem äußeren Aussehen nicht im mindesten von jenem normaler Rüben verschieden. Der in den Wurzeln abgelagerte Zucker hatte bei den untersuchten Rüben nur einen weiteren Weg, und zwar bis zu 3l cm, zurückzulegen als bei Normalrüben, und kann der in den Stengeln in nicht unbedeutender Menge nachgewiesene Rohrzucker nur in dieser Wanderung seine Ursache haben, so daß auch den Bastzellen der Stengel die Eignung für den Transport von Saccharose zuzusprechen ist. Würde redu- zierender Zucker aus dem Blatte durch die Stengel in die Wurzeln wandern, so müßte solcher auch in den Stengeln nachweisbar gewesen sein, was aber nicht der Fall war. Dagegen enthielt der Stengel der Rübe 4 4'00°/,, der Stengel der Rübe % jedoch 6'1%/, Rohr- zucker. Der Rübe BD stand daher ein rohrzuckerreicherer Saftstrom zur Verfügung als der Rübe A und muß daher bei Annahme der Einwanderung dieses Rohrzuckers in die Wurzel, die Wurzel der Pflanze 5b rohrzuckerreicher als diejenige der Pflanze A sein, eine Annahme, welche auch durch die mitgeteilten Untersuchungs- ergebnisse bestätigt wurde. ') Eine photographische Aufnahme dieser beiden Rüben findet sich auf Tafel I der »Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschafts, XXXV. Jahrg. 1906. AB Unsere hier mitgeteilten Beobachtungen stehen auch im guten Einklange mit den Resultaten, die wir bei der Untersuchung von Schoßrüben, d. i. solchen Zuckerrüben, die bereits im ersten Wachstumsjahre Blüten- und Samenstengel treiben, gewonnen haben. Bei im September geernteten Schoßrüben wurden nämlich von uns gefunden: In den Seitenzweigen Im Hauptstengel In der Wurzel Saccharose 0:55, 1.830], 15'359, Invertzucker 028 » 0:31 » 0:00 » Auch hier überwiegt im Saft der Stengel die Saccharose gegenüber den Monosacchariden und war die Wurzel frei von re- duzierenden Zuckerarten. Daß die Stengel der Schoßrüben jedoch neben Rohrzucker auch reduzierenden Zucker enthalten, hat aber darin seinen Grund, daß diese Stengel weit mehr Funktionen zu erfüllen haben als der Kurzstiel der Blattrosette der normalen Zuckerrübe, und auch darin, daß der in den Blättern erzeugte Zucker verschiedene Aufgaben zu erfüllen hat, worauf wir später noch zurückkommen werden. All das hier Mitgeteilte erscheint mir als ein zwingender Be- weis für die Richtigkeit der Anschauung zu gelten, daß die Bildung der Saccharose der Zuckerrübe bereits im Blatte derselben erfolgt und als solche in die Wurzel transportiert wird. Girards Untersuchungen?) haben ebenso wie an anderen Orten mitgeteilte eigene Forschungen !") ergeben, daß das Maximum der Zuckerbildung bei der normalen Zuckerrübe in der Zeit von Anfang August bis Mitte September liegt; ist der Blattapparat der Rübe nach dieser Zeit noch intakt, so zeigt sich aber dann auch noch eine weitere, nicht unbedeutende Zuckerspeicherung, insofern selbstverständlich die anderen Bedingungen (Licht und Wärme) ebenfalls hierfür günstig sind. Girard hat auf Grund seiner hier des öfteren zitierten Ver- suche auch der Anschauung Ausdruck gegeben, daß die in der Rübenwurzel im ersten Wachstumsjahre angehäufte Saccharose dieser bis zu ihrer Ernte erhalten bleibt; eine Anschauung, der von seiten der Praktiker mit Rücksicht auf das häufig beobachtete Schwanken des prozentischen Zuckergehaltes in den letzten Wachs- tumsstadien oft widersprochen wird. Dieser Meinung der Praktiker können wir jedoch nicht beitreten, sondern müssen auf Grund zahlreicher eigener Versuche die Anschauung Girards als vollständig 312 u zutreffend bezeichnen. Zur Begründung derselben seien hier aus meinen vielfachen diesbezüglichen Beobachtungen nur die Unter- suchungsergebnisse, die wir gelegentlich eines in der letzten Zeit zur Lösung einer anderen als der hier in Rede stehenden Frage '!) ausgeführten Versuches erhielten, mitgeteilt. Es wurden gefunden bei Zuckerrübenwurzeln, welche aus am 12. April angebauten Samen gleicher Herkunft und unter vollständig gleichen Vegetations- bedingungen erwachsen waren: Prozentischer Gehalt der frischen Wurzel an Zucker und Wasser: Am 31. Mai 14. Juni 27. Juli 1. Sept. 5. Okt. 29. Okt 723785 Zucker: 1:30 680 16:60 20-60 19-40 2060 18:10 Wasser: 8608 82:23 7488 71:66 12:34 7182 74:16 Gesamtmenge der Wurzeltrockensubstanz in Gramm: Am 31. Mai 14. Juni 27. Juli. 1. Sept. 5. Okt. 29, Ok. 3220 0:06 1:37 56:22 85512 11271 11455 Tan Rohrzuckermenge der Wurzel in Gramm: Am 31. Mai 14. Juni 27. Juli 1. Sept. 5. Okt. 29. Okt: 232Ney 0006 0533 37403 61'899 79539 84'458 84850 Also trotz wechselnden prozentischen Zuckergehaltes ein all- mähliches Ansteigen der Rohrzuckermenge mit fortschreitender Ve- getation. Das Schwanken des prozentischen Zuckergehaltes hat daher nicht in einem Verschwinden der einmal aufgespeicherten Saccharose, sondern in dem wechselnden Wassergehalte, teilweise auch in einer vermehrten Nichtzuckerbildung, seine Ursache. Die kultivierte Zuckerrübe ist bekanntlich eine durch fortgesetzte Zucht zweijährig gemachte Pflanze und ist die am Schluß des ersten Wachstumsjahres in der Wurzel aufgespeicherte Saccharose als Re- servestoff zu betrachten, welche jene, um einen geistreichen Ver- gleich Reinkes !?) zugebrauchen, zu einem Akkumulator von Energie für das zweite Wachstumsjahr ausgestaltet. An anderem Orte habe ich dargetan '’), daß der Rohrzucker der Zuckerrübenpflanze große Wandlungs- und Wanderfähigkeit besitzt und zweierlei Zwecken dient, einmal als Material für die Unter- haltung der Atmung, in welcher er der vollständigen Zersetzung in seine Endprodukte, Kohlensäure und Wasser, welche von den Pflanzen ausgeschieden werden, anheimfällt, dann weiter aber auch als Baustoff bei der Schaffung neuer Organe oder beim Wachstum, wobei er nur einer chemischen Umlagerung seiner Atome unter- worfen wird. Die Verwendung des Zuckers als Baustoff erfolgt jedoch 4 — erst im zweiten Wachstumsjahre !+), die Vorbereitung für diese Ver- wendung setzt, aber wie ich ebenfalls an zitiertem Orte dargetan habe, schon nach der Ernte der Rübenwurzel ein, indem in derselben neben den geringen Mengen Zucker, welche zur Erhaltung des Lebens fortwährend veratmet werden, auch Saccharose anderweitig umgelagert wird, so daß nach der Ernte der Rübenwurzel und während ihrer Aufbewahrung der Zuckergehalt eine fortschrei- tende Verminderung, dagegen der Nichtzuckergehalt eine allmäh- liche Steigerung erfährt und daher der Zuckerrübe keine eigent- liche Ruheperiode zukommt. H. Briem®’) hat ja gezeigt, daß die einjährige Kulturrübe in einem warmen Raume auch im Winter fortwährend neue Blätter treibt und allmählich die ganze Blattkrone erneuert und selbst Samenstengel entwickelt. Dem Verbrauche der in der Rübenwurzel aufgespeicherten Saccharose geht jedenfalls eine Inversion derselben, also eine Um- wandlung in reduzierende Zuckerarten, voraus. Das Vorhandensein invertierender Enzyme in der Zuckerrübenwurzel haben ja Gonner- mann!) wie auch Stoklasa'!”) nachgewiesen. Für diese Annahme sprechen auch Beobachtungen, dieich gemeinschaftlichmitO.Fallada in jüngster Zeit bei Untersuchung von Samenrüben, also bei Rüben des zweiten Wachstumsjahres, machen konnte. Die betreffenden Rüben wurden uns durch Direktor H. Briem von der Wohankaschen Rübensamenzuchtstation Uholicky zur Verfügung gestellt. Dieselben stammten von gleichen am 6. April ausgesetzten Mutterrüben, welche beim Aussetzen 16°2%/, Rohrzucker und 2314°/, Trockensubstanz enthielten, her und waren unter gleichen Vegetationsbedingungen erwachsen. Sie zeigten am 25. April deutlichen Blattansatz, ent- wickelten sich sehr rasch, erreichten am 27. Juli die Blüte und konnte Anfang August die Samenreife konstatiert werden. Die unter- suchten Samenrüben hatten nur einen Hauptstengel getrieben. Bei der Untersuchung wurden nachstehende Resultate gefunden: Am 9. Juni Am 2. August In den Im Seiten- Haupt- Rt zweigen stengel In den Im Im In der Seiten- Haupt- zweigen stengel Kopfe Wurzel frische Substanz Rohrzucker .. 2200, 0:06°),. 6'0°], 0-0 °/, 200° 90.°,.,7137 77 Invertzucker . . 130% 2375: 0.05; 02377030, 0834, "00 , Trockensubstanz Rohrzucker .. 9:1220.04:989/, 21-15"), 70:00 338°), .38°69°; 43:84 °/, Invertzucker.. 1056, 11:19, 000, 079, 101, 135, 000 „ Be Im ersten Stadium des Wachstums im zweiten Lebensjahre, das ist in der Zeit vor der Blüte, hat daher, wie diese Zahlen dartun, - die ausgesetzte Mutterrübenwurzel beträchtliche Mengen Rohrzucker verloren, welche nur zum Aufbau der neuen oberirdischen Pflanzen- teile verwendet werden konnten und aus der Wurzel zurückgewandert sind. Indem der Hauptstengel ebenso wie die Seitenzweige, wie obige Zahlen gleichfalls dartun, reicher an reduzierenden Zucker- arten als an Saccharose waren, so muß angenommen werden, daß die Rückwanderung des Rohrzuckers aus der Wurzel in Form von Monosacchariden erfolgte. Die Umwandlung dürfte im Kopfe der Rübe erfolgen, da in der Wurzel selbst kein reduzierender Zucker nachgewiesen werden konnte. Diese Anschauung wird auch dadurch unterstützt, daß Stan&k!°) nachgewiesen hat, daß in der Rüben- wurzel in der Richtung zum Kopfe und der Oberfläche ein zu- nehmender Katalasengehalt nachzuweisen ist und Katalasen bei der Rübenwurzel im Oberteil und der Rinde derselben am stärksten angehäuft sind. In der Zeit der Samenreife, wo alle oberirdischen Teile bereits ausgebildet sind, findet jedoch keine weitere oder doch nur eine äußerst geringe Rückwanderung von Saccharose aus der Wurzel statt, darum zeigt sich auch in diesem Vegetationsstadium kein Überwiegen des Invertzuckers gegenüber dem Rohrzucker weder im Hauptstengel noch in den Seitenzweigen. Es ist bekannt, daß auch die Blätter der Samenrübe Rohrzucker produzieren; der oft sehr hohe Zuckergehalt einjähriger Schoßrüben ist ein Beweis hierfür. In diesem Umstande ist auch die Erklärung dafür zu suchen, daß in unserem Falle die Wurzel zur Zeit der Samenreife rohrzucker- reicher als in der Zeit vor der Blüte war. Im ersten Wachstumsjahre der Rübe findet also eine Zucker- zuwanderung in der Form von Saccharose aus den Blättern zur Wurzel statt, im zweiten Wachstumsjahre tritt dagegen eine Saccharose- Rückwanderung in Form von reduzierenden Zuckerarten aus der Wurzel zu den neugebildeten oberirdischen Teilen (Stengel und Blätter) ein. Im ersten Wachstumsjahre müssen daher die Sac- charose bildenden Enzyme vorherrschend sein, und zwar in den Blättern, im zweiten dagegen die invertierenden Enzyme über- wiegen, aber nicht in den Blättern, sondern in der Wurzel. Diese Annahme hat keineswegs etwas Gezwungenes an sich, da es ja bekannt ist, daß die Bildung und Menge der Produktion von Enzymen an bestimmte Entwicklungsphasen der Orga- nismen gebunden ist, wie zum Beispiel die Bildung der Diastase, — 4837 — eines der typischesten Enzyme, in den keimenden Gerstenpflanzen beweist. Die Möglichkeit des Vorhandenseins größerer Mengen von Saccharose in der Rübenwurzel am Ende des zweiten Wachstums- jahres und die leichte Wanderungs- und Wandlungsfähigkeit dieses Kohlenhydrats sind auch, wie wir in Gemeinschaft mit H. Briem '°) nachweisen konnten, die Ursache, daß die Zuckerrübe als drei-, ja sogar selbst als fünfjährige Pflanze auftreten kann. Anderseits ist in dem Vorkommen der Saccharose in der noch ganz jugendlichen Wurzel unserer Meinung nach eine der Ursachen des Schossens der Zuckerrübe, durch welche die durch Zucht zweijährige Pflanze wiederum einjährig wird, zu suchen. Hervorragende Vertreter der agrikulturchemischen Forschung erblicken nämlich in einer frühen Bestellung, also in einer Zeit, in welcher Temperaturrückschläge häufig sind, die Verursachung des Schossens der Rübe. Durch Frost oder dem Gefrierpunkt nahe Temperaturen wird in den jungen Pflanzenwurzeln aber die Atmungsintensität eine weitgehendere Herabsetzung als die Wirkung der Enzyme, deren frühzeitige An- wesenheit in der jungen Rübenwurzel A. Mayer nachgewiesen hat und deren Reaktionsfähigkeit von der Temperaturhöhe beein- flußt wird, erfahren, so daß die Produktion an reduzierendem Zucker eine größere ist, als in der Atmung verbraucht wird. Aber auch in den oberirdischen Teilen, den jungen Blättern, wird bei dieser niederen Temperatur das Ineinandergreifen von Atmung und Assi- milation ein anderes sein als bei normalen, der betreffenden Ve- getationszeit entsprechenden Temperaturen und muß hierdurch in jedem Falle das stoffliche Gleichgewicht in der jungen Pflanze ge- stört und infolgedessen das Verhältnis des osmotischen Druckes zwischen Wurzel einerseits und Blätteranlage anderseits, das ja nach L. Maquenne”) im Leben der Zuckerrübe eine so große Rolle spielt, verschoben werden. Überschreitet diese Störung des stofflichen Gleichgewichtes eine gewisse Grenze, welche für die verschiedenen Rüben eine individuell verschiedene sein wird, so muß sich dies auch in dem späteren Wachstumsverlaufe der Pflanze geltend machen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird unter diesen veränderten Verhältnissen der in der Wurzel mehrgebildete, nicht zur Veratmung gelangende, reduzierende Zucker den Vegetations- punkten zugeführt und so durch forcierte einseitige Anhäufung von Baumaterial für die Ausbildung der oberirdischen Teile, in diesen eine die ganze Vegetationsdauer der Rübe verkürzende — 488 — Tendenz geweckt, resp. eine Beschleunigung von Stengel- und Blütenbildung herbeigeführt. Die Bedeutung des Blattapparats für die Aufspeicherung der Saccharose in der Rübenwurzel wurde frühzeitig, und zwar schon von Achard?°!), dem Begründer der Rübenzuckerindustrie, erkannt und vor nicht zu langer Zeit wurde von H. Plahn wiederum dar- getan, daß die Zuckeranhäufung in der Rübenwurzel bei gleichen Belichtungsverhältnissen desto günstiger beeinflußt wird, je höher die Blattprozente sind. Eine Behauptung, welche auch im guten Einklange mit den Beobachtungen steht, die wir an den eingangs dieser Abhandlung beschriebenen, merkwürdigen einjährigen Schoß- rüben machen konnten, denn von den beiden untersuchten Rüben hatte jene mit drei Stengeln, also mit verdreifachtem Blattapparat, auch den höheren Zuckergehalt. Eine Schädigung des Blattaparats wird daher auch immer mit einer Schädigung der Zuckerproduktion verbunden sein. Daß das von der landwirtschaftlichen Praxis des öfteren geübte Ab- blatten der Zuckerrübenpflanzen für die Qualität der Rübe von nachteiligem Einfluß ist, haben zahlreiche Untersuchungen dargetan. Schacht, Bretschneider, Nobbe, Siegert, Peters Pegze Breitenlohner und viele andere konnten nachweisen, daß durch dasselbe eine Verminderung des Saccharosegehaltes der Rübenwurzel herbeigeführt wird, was auch wir durch eigene Be- obachtungen bestätigt fanden. So erhielten wir vom Herrn Direktor H. Briem zwei Proben von Zuckerrübenwurzeln, welche unter den gleichen Bedingungen erwuchsen und Ende Oktober geerntet waren. Bei den Rüben der einen Probe waren jedoch am 8. August sämtliche Blätter mit der Sense abgeschnitten worden, während die Rüben der anderen Probe unberührt geblieben waren. Die entblätterten Rüben hatten bis zur Ernte wieder eine neue Blätter- krone angesetzt. Die Untersuchung der beiden Rübenproben er- gab nachstehende Resultate: Durchschnittsgewicht der Blätter einer Pflanze in Gramm: Blätter unberührt gelassen Blätter am 8. August abgeschnitten 191 140 Durchschnittsgewicht der Wurzel einer Pflanze in Gramm: Blätter unberührt gelassen Blätter am 8. August abgeschnitten 382 297 ae Zuckergehalt der Wurzel in Prozent: Blätter unberührt gelassen Blätter am 8. August abgeschnitten 19:36 1705 Weiters hat Claassen?), welcher sich ebenfalls mit dem Studium dieses Gegenstandes befaßte, dargetan, daß die Ver- minderung der Zuckerproduktion durch Abblättern von der Art des Abblattens abhängig ist, jedoch mit demselben nicht immer eine Verminderung des prozentischen Zuckergehaltes verbunden sein muß, daß aber immer durch das Abblatten die Entwicklung des Wurzelgewichtes herabgesetzt wird, und daher mit dieser Operation stets eine Verminderung des Ernteertrages ver- bunden ist. Wie die Verhandlungen des im Jahre 1906 zu Rom abge- haltenen internationalen Kongresses für angewandte Chemie *») dargetan haben, herrschen aber trotz des hier Mitgeteilten über die Schädlichkeit des Abblattens der Zuckerrübe noch geteilte An- schauungen, weshalb ich mich veranlaßt sah, dem Gegenstande durch in Gemeinschaft mit Direktor H. Briem und O. Fallada ausgeführte Versuche neuerdings näherzutreten. Diese Versuche kamen auf einem uns von Herrn kaiserl. RatJ. Wohanka gütigst zur Verfügung gestellten Felde der Rübensamenzuchtstation Uholicky zur Ausführung. Die Versuchspflanzen entstammten dem gleichen Samen und standen in bezug auf Bodenbeschaffenheit, Düngung, Kultur, Witterungseinflüsse etc. unter vollständig gleichen Wachs- tumsbedingungen. Das Feld war in mehrere gleich große Parzeilen zerlegt. Die Pflanzen einer Parzelle blieben unberührt, die der anderen Parzellen wurden in verschiedenen Zeiten entblättert, gleichzeitig aber wurden von jeder Parzelle immer auch Proben von unentblätterten Pflanzen entnommen, um deren Zusammensetzung zur Zeit der Ent- blätterung feststellen zu können. Das Entblättern geschah mit der Sense, und zwar so, daß von den Blattspreiten nichts mehr an den Pflanzen blieb, sondern nur 5 bis 7 cm lange Stengelreste, Der Anbau erfolgte am 6. April, das Vereinzeln am 6. Juni und die Haupternte am 12. Oktober. Die von uns vorgenommenen Unter- suchungen ergaben die in beistehenden Tabellen verzeichneten Re- sultate: — 490 — Zusammensetzung der Blätter. Nicht entblättert und E Entblättert am een 12. | .30..] 2a 8 12. b30. 1.94 |.15 |. Ju) Ti | As Juli | Juli | Aug. | Okt. | und geerntet am 12. Okt. Durchschnittsgew.i.G.| 330 ı 310 | 317 | 167 109 | 111 100 | 100 Rohrzuckergeh. i.Proz.|spuren | 0775| 20 070] 140| 0770| 1720| 1:50 Invertzuckergeh. „ 053| 106| 1483| 130) 063) 0774| 107| 130 Wassergehalt in ,„ |90' 00, 88:67 | 8413, 8343 | 8540 85-11 | 85'01 | 85°57 In der sandireien Trockensubstanz | | Rohrzucker in Proz. Spuren 871 | 13:23 4-35 10:85) 5:43 9:05 | 11:16 Invertzucker „ ‘ 555 | 959| 983| 8085 4:89 | 574| 807| 967 | Stickstoffsubstanz. „ 1375022 517:02, 13:63 1754| 19 = 21-54 | 24:05 18:70, Mineralstoffe in „ | 19:33 2312 19:98 | 5:72 18:78 | 20-86 1856, 1599 1) Nur die äußeren Randblätter entfernt. Zusammensetzung der Wurzel. Nicht entblättert und Entblättert am gegenteil sam 7.1] Jo Se 12, Juli | Juli | Aug. |Aug.') 30. 24. 12 Juli | Aug. | Okt. | und geerntet am 12. Okt. Durchschnittsgew. i.G.| 130 | 165 | 357 | 692 | 436 | 411 | 530 | 500 Rohrzuckergeh.i.Proz.! 92 | 14:4 | 17:82 1716| 1766 | 16:39 | 1672, 17'93 Wassergehalt in „ 85:06 | 77:22 75.38 | 79'21| 74:33 | 74:89 | 76:00 | 74:68 Rohrzuckerproduktion | pro PflanzeinGramm| 11'96 | 23:76 | 63:62 1118-75 | 77:00 | 67-36 | 88:61 | 89:65 Juli In der sandfreien Trockensubstanz | | | BT Rohrzucker in Prozent| 62:77 wa 7242 | 70:72 69-12. 65:78 71:64 | 72:25 Stickstoffsubst. „ 6:23] 627! 559| 6451 565 185, 6:05 | 656 Mineralstoffei. „ | 372| 3908| 320| 262| 282| 305, 281) 220 !) Nur die äußeren Randblätter entfernt. Die Zahlen dieser Tabelle zeigen, daß sowohl durch ein früh- zeitiges wie auch durch ein Entblättern in einem späteren Wachstums- AP stadium das Produktionsvermögen der Zuckerrübenpflanze in bezug auf die Entwicklung ihres Wurzelgewichtes in jedem Falle geschädigt wird und daß mit dieser Schädigung auch eine Verminderung des Zuckerertrages gegenüber normal entwickelten Pflanzen eintritt. Diese Verminderung der Rohrzuckerproduktion kommt aber nicht immer im prozentischen Zuckergehalte der betreffenden Rübenwurzel zum Ausdruck, indem entblätterte Rüben bei der Ernte oft einen höheren prozentischen Saccharosegehalt der Wurzel aufweisen können als nichtentblätterte Pflanzen. Die Größe der Schädigung des Zucker- gehaltes ist eben vom Zeitpunkte der Entblätterung abhängig, ge- schieht dieses unmittelbar vor jener Vegetationsperiode, in welcher in den Blättern die größte Zuckerproduktion stattfindet, in unserem Falle ist dies und in Übereinstimmung mit dem diesbezüglich bereits früher Gesagten, nach den in der Tabelle mitgeteilten Zahlen der Blätteranalyse, der Monat August, so sinkt auch der prozentische Zuckergehalt der geernteten Wurzeln. Ein Entblättern in diesem Zeit- punkte bringt die größte Schädigung sowohl in bezug auf Wurzel- gewicht als Rohrzuckerertrag mit sich. Geschieht das Entblättern längere Zeit vor der genannten Wachstumsperiode, so daß der Blatt- apparat bis zur Zeit der größten Zuckerproduktion wiederum neu- gebildet ist, so kann der prozentische Zuckergehalt die Höhe des Gehaltes normal erwachsener Wurzeln erreichen und dadurch auch die produzierte Gesamtsaccharosemenge steigern. In diesem Falle bleibt aber die geerntete Zuckermenge immer noch hinter jener normaler Pflanzen zurück und erreicht nicht jenes Quantum, weiche Rüben, die erst nach der Zeit der größten Zuckerproduktion (Ende April) entblättert werden, ergeben. Auch durch ein bloßes Entfernen der äußeren Rübenblätter in dem letztgenannten Zeitpunkte, machte sich in unserem Falle eine Schädigung, wenn auch im geringerem Maße, deutlich erkennbar. Die Assimilation und damit die Zuckerbildung ist an das Licht gebunden und war die Bedeutung dieser Energieform für das Ge- deihen der Zuckerrübenpflanze ebenfalls bereits Achard bekannt). Pagnoul®) und später H. Briem°°) erbrachten dann durch Be- obachtung an Schattenrüben auch experimentelle Beweise für die Schädlichkeit des Lichtmangels während des Wachstums der Rüben- pflanzen, indem durch einen solchen sowohl das Erntegewicht wie die Zuckerbildung herabgesetzt wurde. Ferner hat A. Petermann?‘) durch eine Reihe von Jahren die Beleuchtungsverhältnisse während der: Vegetationszeit der Zuckerrübe beobachtet und gefunden, dab Bi. 2 der Zuckergehalt der Rübenwurzel im geraden Verhältnis zur Stärke der Belichtung während der gesamten Wachstumszeit der Rüben- pflanze steht, und S. Strakosch hat dargetan®®), daß die Zucker- rübe in ausschließlich diffusem Tageslichte, genügende Stärke des- selben vorausgesetzt, wohl zur normalen Entwicklung gebracht werden kann, aber durch das direkte Sonnenlicht eine Förderung der Substanzvermehrung namentlich in den Wurzeln bewirkt wird. Das Fehlen der direkten Besonnung hat ferner nach Strakosch eine namhafte Steigerung der Nichtzuckerstoffe im Rübensafte zur Folge sowie eine Verringerung des prozentuellen Zuckergehaltes. Die Verminderung des prozentischen Zuckergehaltes braucht aber, wie Schreiber dieses beobachten konnte, wegen des schwankenden Wassergehaltes der frischen Rüben nicht auch bei diesen selbst zum deutlichen Ausdrucke kommen, sie macht sich aber stets in der prozentischen Zusammensetzung der Rübentrockensubstanz geltend. Daß durch einseitige Belichtung der Zuckerrübe mittels be- stimmter Lichtfarben die Speicherung der Saccharose in der Rüben- wurzel nicht einseitig befördert werden kann, habe ich an anderem Orte bewiesen °’). Ich habe dort auch gezeigt, daß die Zuckerrübe, ebenso wie dies bereits für zahlreiche andere Pflanzen dargetan wurde, zur Erzeugung ihrer organischen Substanz in erster Richtung der Mitwirkung des gelben Lichtes, also der sogenannten leuchtenden Strahlen, bedarf und für den genannten Prozeß der Mitwirkung des violetten und ultravioletten Lichtes, also der chemischen Strahlen, vollständig entbehren könnte. Auch zur Erzeugung des Zuckers in der Rübe wären letztere nicht notwendig, jedoch ist es nach unseren zitierten Versuchen höchstwahrscheinlich, daß die violetten und ultra- violetten Strahlen im Verein mit den blauen Strahlen die Zucker- anhäufung in der Rübe inlirekt begünstigen und daher diese mit- maßgebend für die Höhe des Zuckergehaltes derselben sind. Da ferner das rote Licht aller Wahrscheinlichkeit nach Aufgaben der Wachstums- regulierung zu erfüllen hat, so bedarf eben auch die Zuckerrübe wie alle bisher in dieser Richtung untersuchten Pflanzen zu ihrem Ge- deihen ausschließlich des gemischten Lichtes, wie es von der Sonne zur Erde gesandt wird. Die Wirkung dieses gemischten Lichtes auf die Entwicklung der Zuckerrübenpflanze macht sich in zweierlei Richtung besonders geltend: Einmal dadurch, daß das Licht, wie Strakosch in seiner obenzitierten Abhandlung nachgewiesen hat, den Bau des Blattes selbst beeinflußt und, wie ferner ©. Vibrans’®") gezeigt, auch hierdurch das Verhältnis des Blattgewichtes zum Wurzel- — 493° — gewicht bedingt wird, und dann anderseits in der Weise, daß der Ver- lauf des chemischen Prozesses der Zuckerbildung selbst unter dem Ein- flusse des Lichtes steht. Auch in letzterwähnter Beziehung verdanken wir S. Strakosch wichtige Aufschlüsse, indem derselbe erst vor ganz kurzer Zeit nachgewiesen hat, daß die Umwandlung der Mono- saccharide des Blattes in Saccharose an das Licht gebunden ist und aufhört, sobald das Blatt verdunkelt wird ®!). In dem zuletztgeniannten Umstande und in der von J. Wiesner nachgewiesenen Tatsache 32), daß die Blätter von Pflanzen, welche unter Ausschluß des direkten Sonnenlichtes gezogen wurden, größere Mengen von Assimilaten enthalten, welche auch weniger rasch verwertet und abgeleitet werden als jene normaier Blätter, möchte ich die Ursache der von allen mit dem Gegenstande sich beschäftigenden Forschern in bezug auf ihre technische Verarbeitung konstatierten schlechteren Qualität von bei mangelndem Lichtgenuß erwachsenen Zuckerrüben erblicken. Da vollständige Analysen von Zuckerrübenwurzeln, welche bei Licht- mangel erwachsen waren, im Vergleich mit Normalrüben, soweit mir bekannt, in der Literatur nicht vorliegen, so will ich solche an dieser Stelle mitteilen. Die betreffenden Rüben waren aus Samen derselben Abstammung gezogen und standen unter vollständig gleichen Vege- tationsbedingungen, nur mit dem Unterschiede, daß zu den einen das Tageslicht vollständig freien Zutritt hatte, während dasselbe bei den anderen durch Baumschatten gehindert war, und zwar bei der einen Versuchsparzelle am Vormittag, bei der anderen am Nach- mittag. Die von mir in Gemeinschaft mit ©. Fallada ausgeführten Untersuchungen ergaben nachstehende Resultate: Versuchsparzelle 4. Versuchsparzelle 2. Freier Vor- Greier Nach- Licht- mittag- Licht- mittag- zutritt schatten zutritt schatten Durchschnittsgewicht der Blätter einer Pflanze in Gamm . . . 160 180 280 185 Durchschnittsgewicht der Wurzel emer Pflanze in Gramm . .. 467 200 440 155 Auf 100 Gewichtsteile Wurzelge- wicht entfallen Gewichtsteile Er 3 90:0 637 1193 Rohrzuckergehalt der Wurzel in en 5 17:16 1705 16:39 16:50 Wassergehalt der Wurzel in Prozent 7606 75:05 11.31 7597 Rohrzuckerproduktion pro Pflanze Benozent. sen Bert 80l 34-1 2a 25.6 er A Zusammensetzung der sandfreien Trockensubstanz. Eiweiß. sh na IE DEE 4:65 4:64 4:93 516 Nichteiweißartige Stickstoffsubst. . 1:46 1:65 133 1:48 I EEE INES 0:14 0:17 0:15 0:16 Röhrzuckeräe re ET 68°97 12:15 69:06 PEentosen ra 8:53 9:23 943 9:44 Nicht näher bestimmte stickstoffreie Extraktivstolfeses al RE ZETE 333 5:40 2:02 4:80 Rohlasersgeyre Sun 6:87 678 675 6:80 Beinssche „Ara m 0 2:49 321 2:62 310 100:00 100:00 100:00 10000 In der hier mitgeteilten prozentischen Zusammensetzung der Trockensubstanz der Schattenrüben kommt durch den verminderten Rohrzuckergehalt und die Erhöhung fast aller Nichtzuckerstoffe die für die technische Verarbeitung mindere Qualität der Schattenrüben gegenüber Normalrüben in beiden Fällen zu deutlichem Ausdrucke. Lichtmangei und Art der Belichtungsverhältnisse sind daher nicht nur von großer Bedeutung für die Saccharosespeicherung in der Zuckerrübe, sondern auch für die Qualität derselben in bezug auf ihre technische Verwendbarkeit. Zahlreichen klassischen Arbeiten meines hochverehrten ehemaligen Lehrers Julius Wiesner verdanken wir die genauere Kenntnis der vielfachen Beziehungen des Lichtes zur Pflanzenwelt; diese Beziehungen (Lichtklima) angewendet auf das Studium der Wachstumsbedingungen der Zuckerrübe könnten uns vielleicht die Lösung der Frage bringen, warum manche Länder und Landesgebiete trotz günstiger Bodenbeschaffenheit und in bezug auf Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse gleicher klimatischer Faktoren sowie derselben Kultur für den Zuckerrübenbau weniger geeignet sind als andere. Derartige Studien durchgeführt, würden gewiß von größter wirtschaftlicher Bedeutung werden und dadurch zu Julius Wiesners bisherigen Verdiensten um Wissenschaft und Technik ein weiteres Ruhmesblatt hinzufügen. Literaturverzeichnis. ') Wiesner J., »Untersuchungen über das Auftreten von Pectinkörpern in den Geweben der Runkelrübe«, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissenschaften, Wien I., 1865. »Einleitung in die technische Mikroskopie«, Wien, 1867. »Roh- stoffe des Pflanzenreiches«<, 1. Aufl., 1873. ?®) Pfeffer, »Pflanzenphysiologie«, I. Bd., 2. Aufl., pag. 76. ») »Flora«, Ergänzungsband, 1894, pag. 419. *) Bericht d. botan. Gesellschaft 1896, pag. 206. — 1.5) 5) A. Girard, Compt. rend., T. 102, pag. 1324, 1489, 1565 uud T. 103, pag. 72 und 159. Siehe auch »Organ des Zentralvereines für Rübenzucker- industrie in der österr.-ung. Monarchie«, XVI. Jahrg., 1837, pag. 701 und 849. 6) F. Strohmer, »Entstehung des Zuckers in der Rübe«, Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXV. Jahrg. 1896, pag. 589. ’) Siegfried Strakosch, »Über den Einfluß des Sonnen- und des diffusen Tageslichtes auf die Entwicklung von Beta vulgaris (Zuckerrübe)s, Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXXV. Jahrg. 1906, pag 1. °) Gonnermann, Zeitschrift des Vereines der Deutschen Zucker- industrie, 48. Band, 1898, II. T., pag. 667. BEA, Girard, loc::cit, 10), F, Strohmer, »Entstehung des Zuckers in der Rübe«, loc. cit. Siehe auch F. Strohmer, H. Briem und O. Fallada, »Beitrag zur Kenntnis des Verlaufes der Nährstoffaufnahme und des Nährstoffverbrauches der Zuckerrübe im ersten Wachstumsjahre«, Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXXVI. Jahrg., 1907, pag. 207. 11) F. Strohmer, H. Briem und O. Fallada, »Beitrag zur Kenntnis des Verlaufes der Nährstoffaufnahme etc «, loc. cit 12) J. Reinke, »Philosophie der Botanik«, Leipzig, 1905, pag. 46. 13) F. Strohmer, »Über die Atmung der Zuckerrübenwurzel«. Österr.- ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXXI. Jahrg. 1902, pag. 933—-1006. 14) F. Strohmer, H. Briem und A. Stift, »Über den Nährstoffver- brauch und die Stoffbildung der Zuckerrübe im zweiten Wachstumsjahre« Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXI. Jahrg. 1892, pag. 244, XXIII. Jahrg. 1894, pag. 240, XXIV. Jahrg. 1895, pag. 279 und 788. 15) Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XVII. Jahrg. 1889, pag 406. 16) Gonnermann, loc. cit. 17) Czapek, »Biochemie der Pflanze«, 1905, 1. Bd., pag. 375. 18) „Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen«, XXXI. Jahrg., 1907, pag. 207, »Österr-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschafts, XXXIl. Jahrg., 1907, pag. 314. 19) F, Strohmer, H. Briem und A. Stift, »Über mehrjährige Zucker- rüben und deren Nachzucht«, »Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft«, XXIX Jahrg. 1900, pag. 5 2. >) Compt rend. de l’Acad. des sciences, CXXI, pag. 834. Chem. Zentral- blatt, LXVII. Jahrg. 1896, I Bd., pag. 337. >) F. C. Achard, »Kultur der Runkelrübe«, Berlin, 1799, pag. 29. ?2) Zeitschrift des Vereines der Deutschen Zuckerindustrie, 1902, 11. T., pag. 843. 3) Bericht über den sechsten internationalen Kongreß für angewandte Chemie, Rom 1906, Beratungen der Sektion V. ?) F. C. Achard, »Kultur der Runkelrübe«, 1799, pag. 35. >) Ann. agronomig, T. Il, Cah. 4, siehe auch Stammers Jahresbericht für Zuckerfabrikation, 1880, XX. Jahrg., pag. 35. — 46 — :$) Organ des Zentralvereines für Rübenzuckerindustrie in der österr.- ung. Monarchie, 1880, XVII. Jahrg., pag. 831. :”) Bulletin de la station agronomique de l’etat a Gembloux Nr. 45, siehe auch Stammers Jahresbericht für Zuckerfabrikation, 1890, XXX. Jahrg., pag. 3. ®) Siegfried Strakosch, »Über den Einfluß des Sonnen- und des diffusen Tageslichtes auf die Entwicklung von Beta vulyarise. Österr.-ung. Zeit- schrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, XXXV. Jahrg., 1906, pag. 1. ») F, Strohmer und A. Stift, »Über den Einfluß der Lichtfarbe auf das Wachstum der Zuckerrübe«, Österr.-ung. Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, Jahrg. 1904, pag. 17. >) Zentralblatt für die Zuckerindustrie, XI Jahrg., 1903, pag 809 u. 829. ») Siegfried Strakosch, »Ein Beitrag zur Kenntnis des Kohlehydrat- stoffwechsels von Beta vulgaris«, Sitzungsber. der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften in Wien, mathem.-naturw. Klasse, Bd. CXVI, Abt. I, Juni 1907. ») J. Wiesner, Sitzungsber. der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Bd. 113, 1904. Mikroskopische Untersuchung altägyptischer Inschriftenhölzer A. Jenci© (Wien). Eingelangt am 23. Oktober 1907. Der reiche Dokumentenschatz aus el-Fajüm, welcher in der k. k. Hofbibliothek in der Sammlung der »Papyrus Erzherzog Rainer« vereinigt ist, enthält verschiedene Arten von Beschreib- stoffen. Die Papyrus und Papiere dieser Sammlung bildeten be- kanntlich den Gegenstand der bedeutenden Untersuchungen Julius Wiesners, welcher in seiner klassischen Studie eine Fülle von für die Geschichte des Papiers wichtigen Tatsachen gefunden hat. Außer Papyrus und Papieren enthält die Sammlung noch Tierhäute, Leder, Pergamente, Gewebestoffe und auch einige Holztäfelchen. Letztere wurden von C. Wessely') 1889 herausgegeben. Später wurden von der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer noch einige andere Holztäfelchen akquiriert, die von Professor Krall auf seiner zweiten ägyptischen Reise angekauft worden waren. Von diesen kommt der griechische Teil von C. Wessely und deren ägyptischer Text von N. Reich soeben in C. Wesselys Studien zur Paläographie und Papyruskunde, Bd. VII, zur Publi- kation. Materielle Untersuchungen derartiger alter beschriebener Täfelchen sind bisher nur in Paris von Decaisne?°) durchgeführt !) Wessely C., »Holztäfelchen der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer«. Mitteilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer. Herausgegeben und red. von Josef Karabacek, V. Bd., pag. 11 ff. ?®) LeBlant. Tablai egyptiennes in der Revue archeologique. N. S. XXVII pag. 244. Nur folgender Satz berichtet darüber: Mon savant confrereM. Decaisne, qui a bien voulu examiner le bois de mes tablettes, y a reconnu celui du pleatane, du sycomore, d’un acacia (4. Nilotica?) et de differents coniferes, le pin, le,sapin et le cedre. Wiesner-Festschrift 32 — 498 — worden. Es war mir daher außerordentlich erwünscht, daß mir Herr Hofrat RittervonKarabacek, Direktor der Hofbibliothek, in entgegen- kommender Weise erlaubte, alle daselbst verwahrten Holztäfelchen zu untersuchen. Es sei mir gestattet, ihm an dieser Stelle dafür meinen herz- lichsten Dank auszusprechen. Ebenso bin ich Herrn Prof. C.Wessely, “ unter dessen eigentlicher Verwahrung sich die Täfelchen befinden, für das rege Interesse, das er meiner Arbeit entgegenbrachte und für die allseitige Förderung derselben zu besonderem Danke verpflichtet. Die unten genauer untersuchten Täfelchen sind sogenannte Mumientäfelchen oder Mumienetiketten, wie sie in neuerer Zeit in größeren Mengen gefunden wurden !). Es sind dies meist recht- eckige Brettchen in verschiedener Weise zugeschnitten. Diese Täfelchen wurden an die Mumie festgebunden und waren dazu bestimmt, die im ganzen uniformen Mumien zu erkennen, entweder während des Transports oder auch in der Nekropole selbst. Während des Trans- ports diente wahrscheinlich das Täfelchen nicht selten gewisser- maßen als Begleitadresse, insofern als darauf der Ort verzeichnet war, wohin die sterblichen Überreste zu überführen waren. Sehr oft finden sich religiöse Texte oder Segenssprüche für den Toten auf den Täfelchen, manchmal auch Geburts- und Todesdaten und der Ort der Herkunft des Toten. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß diese Täfelchen nur einen zeitlichen, provisorischen Zweck zu erfüllen hatten, daher wurde auch auf ihre Verarbeitung und Aus- führung bedeutend weniger Sorgfalt verwendet als auf die Mumien selbst. Von den von mir untersuchten Täfelchen war nur eines sehr schön ausgeführt, die meisten waren äußerlich nur roh be- arbeitet. Allerdings kann man gerade aus diesem Grunde, weil ja die Spuren derjenigen Instrumente, mit denen die Brettchen behandelt worden waren, noch deutlich zu sehen sind, eher einen Schluß auf deren Beschaffenheit ziehen. So unterliegt es keinem Zweifel, daß die Säge fleißig benützt wurde, um die Täfelchen zurecht zu sägen, auch kann man in den meisten Fällen konstatieren, daß das Messer eine große Rolle spielte. Bei mehreren besser ausgeführten Mumienetiketten dürfte schon ein hobelartiges Instrument in Anwendung gekommen sein. Hieratische Holzstücke. Zu den ältesten, auch in der k. k. Hofbibliothek aufbewahrten Hölzern zählen 19 Holzstücke, welche spärlich mit hieratischen ') SpiegelbergW.,»Ägyptische und griechische Eigennamen aus Mumien- etiketten der römischen Kaiserzeit«. Leipzig 1901, pag. 1. a Schriftzeichen bedeckt sind, die bisher nicht entziffert und gelesen wurden. Diese Holzstücke stammen ebenfalls aus Ägypten und wurden an einem heute nicht mehr zu eruierenden Orte Ägyptens von Professor Krall gelegentlich seiner Reise im Jahre 1899/1900 akquiriert und nach Wien gebracht. Die einzelnen Holzstücke sind einander in Form und Farbe sehr ähnlich, sie haben eine Länge von zirka 345 cm, eine Breite von meist 3'3 em, zwei davon nur eine solche von 2'8 cm; die Dicke beträgt in der Regel 22 cm, nur zwei, sonst normal lang und breit, sind 17 cm dick. Es sind Prismen, deren Flächen in den meisten Fällen scharfkantig aneinanderstoßen. Die Färbung der Hölzer ist dunkelbraun, einige wenige scheinen mit einer Farbe angestrichen gewesen zu sein, vielleicht um dadurch eine glattere Oberfläche zu erzielen. An den beiden Enden befindet sich je ein Bohrloch, glatt und ziemlich rund gebohrt. In vielen dieser Löcher befindet sich noch ein Holzzapfen. An den seit- lichen Längsflächen sind noch deutliche Spuren einer primitiven, jedenfalls nur schlecht und langsam schneidenden Säge wahrzu- nehmen. Wie bereits erwähnt, sind die Kanten scharf, in manchen Fällen aber auch abgerundet; ob dies durch den Gebrauch herbei- geführt wurde oder ursprünglich schon so war, läßt sich jetzt um so weniger entscheiden, als man nicht weiß, zu welchem Zweck diese Holzstücke dienten. Es ist wahrscheinlich, daß diese 19 Holz- stücke entweder zu einem oder mehreren Rahmen oder Gestellen zusammengefügt waren. Mikroskopischer Befund. Das Holz besteht aus gleichartigen, mit einer oder manchmal auch zwei Reihen von Hoftüpfeln bedeckten Tracheiden, woraus wir schon mit großer Sicherheit schließen können, daß wir es mit einer Konifere zu tun haben. Bei ein- gehender Betrachtung der Holzstrangtracheiden fällt uns die zier- liche Lappung der Scheiben der Schließhäute auf. Am radialen Schnitt sieht man die Parenchymzellen der Markstrahlen teilweise oder auch ganz mit Harz erfüllt. Die parenchymatischen Mark- strahlzellen zeigen zahlreiche einfache Wandtüpfel (Poren). Am tangentialen Schnitt stellt es sich heraus, daß die Markstrahlen stets einreihig sind; ich habe außerordentlich zahlreiche Schnitte durch- sucht und immer nur dasselbe Resultat gefunden. Ich bin in der Lage, mit großer Bestimmtheit dieses Holz für das der Libanonzeder zu erklären. Insbesondere sprechen die zierlich gelappten Scheiben der Schließhäute für dieses Resultat, denn diese sind außer- 32 — 50 — ordentlich typisch für Cedrus Libani und kommen sonst bei keiner Konifere vor !). Bekanntlich war das Holz der Zeder, das heute nicht mehr auf den Weltmarkt kommt, im Altertum wegen seiner Unverwüst- lichkeit besonders geschätzt’). Die ganz ausgezeichnete Konser- vierung dieser 19 Holzstücke ist ja ein sprechender Beweis für die enorme Haltbarkeit dieses Materials, Mumientäfelchen. Um eine genaue Beschreibung der Mumienetiketten zu er- möglichen und alle Irrtümer auszuschließen, nahm ich die Täfelchen immer so in die Hand, dad die darauf befindliche Schrift richtig zu lesen war; darauf beziehen sich die Ausdrücke oben und unten, rechts und links etc. Hatte das Täfelchen zwei Inschriften, eine demotische und eine griechische, richtete ich mich immer nach dem griechischen Text. Tafeln mit rein demotischen Schriftzeichen sind im nachfolgenden nicht beschrieben. Ich beschreibe zuerst einige von C. Wessely bereits edierte Mumientäfelchen, die nach der Nummer bezeichnet sind, wie sie in der Ausstellung der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer aufgestellt sind. Die mit »Vorl. Nr.« bezeichneten Täfelchen sind jene, welche soeben von Professor Wessely und Dr. Reich ediert werden. Die fehlenden Nummern behalte ich mir vor, in einer späteren Publikation zu beschreiben. Ausstellungsnummer 36. Große Holztafel 155 cm X 14 cm, Dicke zirka 1 cın. Die Mumien- tafel, wohl eine der größten, ist von rechteckiger Form und hat in der Mitte zu beiden Schmalseiten trapezförmige Ansätze, 2'1 cm breit, 4 cm hoch, die Ecken dieser Ansätze sind jedoch ungleich- mäßig und kantig abgerundet. In diesen Ansätzen befinden sich glatte Bohrlöcher, ebenso eines in der Mitte,am oberen Rande. Die bereits von Wessely°) gelesene und edierte Tafel ist auf der mit griechischem Text beschriebenen Seite gut geglättet, weniger schön auf der unbeschriebenen Fläche, an der man noch die Spuren der Säge wahrnimmt. !) Vergl. hierzu Wiesner J., »Rohstoffe des Pflanzenreichess«, I. u. Il. Aufl. ») Blümner Hugo, »Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern«, Leipzig 1879, II. Bd., pag. 255. ") Wessely, loc. cit. pag. 17. — 501 — Aus der Mitte des unteren unbeschriebenen Randes wurde mit Hilfe eines scharfen Skalpells ein für die mikroskopische Unter- suchung genügend großer Splitter von zirka l1cın Länge heraus- geschnitten, und zwar trachtete ich, um das wertvolle Material möglichst wenig zu beschädigen, eine Schnittfläche so zu erhalten, daß sie den radialen Schnitt darstellte, was ja durch die deutlich sichtbaren Markstrahlen leicht gelang. Das Holz, aus dem diese Tafel besteht, ist sehr raschwüchsig, denn die Jahresringe, durch dunkelbraun gefärbte Längsstreifen charakterisiert, sind von ver- hältnismäßig großer Breite. . Das Holz besteht aus gleichartigen Elementen: hofgetüpfelten Tracheiden. Meist sind die Hoftüpfel nur in einfacher Reihe zu finden, ausnahmsweise kommen an den breiten Frühholztracheiden auch zwei Reihen vor; zwischen den einreihig und zweireihig ge- tüpfelten Zellen gibt es auch zahlreiche Übergänge, insofern als einzelne Hoftüpfel aus der Reihe reichlich herausrücken. Die Mark- strahlzellen sind mit einem braunen Inhalt gefüllt und durchweg mit nur einfachen Tüpfeln versehen, was den Schluß zuläßt, daß wir es hier mit einem Koniferenholz zu tun haben, das der Tanne angehört. Diese Vermutung wird bestätigt dürch den Befund am tangentialen Schnitt. Dünne tangentiale Schnitte anzufertigen gelingt jedoch bei diesem etwas humifizierten Holz nur mit Schwierig- keit, denn meist zerfällt der Schnitt schon im Momente seiner Entstehung in die einzelnen Zellen, insbesondere fallen die Mark- strahlzellen leicht aus den Schnitten heraus. Diese Beobachtung konnte ich übrigens auch an mehreren anderen Mumientäfelchen machen, die größere Mehrzahl war allerdings vollkommen intakt. Bei manchen konnte durch Zupfen mit der Nadel oder selbst nur durch leichtes drehendes Drücken am Deckglase eine tadellose Mazeration herbeigeführt werden, wie man sie bei frischem Holz selbst mit Chromsäure in so vollendet schöner Weise nicht erhält. Bei diesem Holz gelangen also nur ganz wenige dünne Schnitte. An diesen konnte ich in keinem Falle einen mehrreihigen Markstrahl finden. Zur genaueren Kontrolle fertigte ich jedoch auch dickere Schnitte an, bei welchen die Markstrahlzellen nicht herausfielen. Wie bereits oben erwähnt, sind die Markstrahlzellen mit einer braunen amorphen Masse gefüllt, aber auch die Wände sind bedeutend stärker braun gefärbt wie die der Tracheiden. Ganz besonders schwierig gestaltet sich die Anfertigung eines Querschnittes bei diesem Holz. Nur dickere Schnitte gestatteten einen Einblick in die — 502 — Strahlen des Holzes und zeigten, daß ein Jahresring aus 75 kon- zentrischen Zellreihen zusammengesetzt ist. Die dünnwandigen Frühholzzellen gehen ziemlich unvermittelt in dickwandige Herbst- tracheiden über und diese sind wieder alle annähernd gleich stark verdickt. Ausstellungsnummer 38. Holztafel mit trapezförmigen Ansätzen rechts und links. Breite der Tafel 275 cm, kürzere Höhe 11'2 cm. Breite eines Ansatzes 27°5 cm, kürzere Parallele des Trapezes 75cm, längere aber äußere 85 cm; in dem Ansatze genau in der Mitte desselben je ein glattes Bohr- loch. Die Tafel ist in der Mitte völlig entzweigesprungen, die beiden Stücke ergänzen sich aber vollständig. Die Tafel ist einseitig mit griechischen Buchstaben beschrieben und bereits entziffert undeediert ?). Die Bearbeitung dieser Mumientafel ist eine ganz vorzügliche. Das Aussägen der Ecken zur Herstellung der trapezförmigen An- sätze erfolgte erst, nachdem sich der Bearbeiter alles mit Strichen, die noch jetzt deutlich erhalten sind, vorliniert hatte. Die vordere, beschriebene Seite ist mit einem guten Hobel sehr gut geglättet und sogar die scharfen Kanten oben und unten, rechts und links, sind abgeschrägt. Die Rückseite zeigt die Spuren der Säge. Der rechte obere Teil des trapezförmigen Ansatzes ist später abgebrochen, da die Tafel nur knapp 1 cm dick ist. Genau die gleiche Sorgfalt wie auf die Bearbeitung wurde auch auf die Schrift verwendet. Nach einer mündlichen Mitteilung des Herrn Professors Wessely ist die Schrift als prachtvoll zu bezeichnen. Zum Beschreiben verwendete man Rußtinte. Auch dieses Holz gehört einer Konifere, und zwar auffallender- weise einer Fichte an. Die Markstrahlen bestehen in ihrem mittleren Teile aus parenchymatischen Zellen, an ihren Kanten aus Tracheiden mit typischen Hoftüpfeln, während die Parenchymzellen einfache Tüpfel aufweisen. Am tangentialen Schnitt finden sich nur sehr ver- einzelt mehrreihige Markstrahlen. Ausstellungsnummer 39. Große, bereits edierte und entzifferte?) Holztafel, 13'2 cm breit, 14 cm hoch, oben mit trapezförmigem Ansatz, dessen Höhe 1'8 cm, dessen kleinere gegen das Täfelchen gerichtete Parallele 93 cm und dessen größere, die Tafel nach außen abschließende Parallele 105 cm Wesselsy C.,.loc.-eit. Pag. 16. 2 WESTERN. loc. cit. Pag. 40. — 5053 — beträgt. In der Mitte dieses trapezförmigen Ansatzes befindet sich ‘ein etwas konisch nach abwärts gerichtetes Bohrloch. Dicke der Holztafel 1'7 cm. Am oberen und unteren Rande ist die Tafel un- geglättet, wohl aber an den beiden seitlichen Flächen, insbesondere die rechte, die auch sehr gut erhalten ist, während die übrigen teilweise vermorscht sind. Über die Art der Bearbeitung ist hier leicht ein Urteil ab- zugeben, weil man die Spuren der Instrumente noch sehr deutlich wahrnimmt. Der trapezförmige Ansatz wurde durch Aussägen der Ecken der Holztafel hergestellt. An der rechten Seite ist das unzweifelhaft festgestellt, da man die Spuren der Säge, die etwas zu tief hineinfuhr, noch deutlich sieht. Die beschriebene Fläche des Täfelchens ist nur ganz primitiv geglättet und die Schrift in etwas eckigen Buchstaben mit Hilfe eines schneidenden Instruments (Messers) eingeritzt. Die Rück- seite der Tafel ist gar nicht geglättet und zeigt noch deutlich die Spuren einer sehr groben Säge als nahezu parallele mehr minder tiefe Einrisse über die ganze Fläche. Die Erhaltung des Holzes ist eine ausgezeichnete, so daß es mir gelang, es unzweifelhaft festzustellen, daß das vorliegende Täfelchen aus Tannenholz verfertigt ist. Es konnten alle für die Tanne typischen Merkmale mit Sicherheit nachgewiesen werden. Ausstellungsnummer 40. 2 cm dicke, fast quadratische Holztafel (10'8 X 8'606 cm) ohne Ansätze, in der Mitte des linken Randes ein Bohrloch, das jeden- falls schon vor der Beschreibung angebracht worden war, weil die Schrift vor demselben zurücktritt. Die obere Längsseite dürfte der Peripherie des Stammes entsprechen, denn man erkennt in der rechten Ecke Spuren der Fraßgänge eines Splintkäfers. Die rechte Querschnittseite zeigt einige Einschnitte mit einem sehr scharfen Messer, die wahrscheinlich viel später als die Beschreibung ange- bracht wurden. In den Vertiefungen der Jahresringe sieht man Spuren einer weißen Masse, die sich unter dem Mikroskop als fein kristallinisch erweist und jedenfalls anorganischen Ursprungs ist. Es ist vermutlich jene Masse, die der Hauptsache nach aus Gips besteht und im alten Ägypten zur Herstellung der sogenannten Mumienkartonagen diente. Die mit Schriftzeichen bedeckte Seite ist etwas geglättet, während die Rückseite, welche nur ein Zeichen trägt, dessen Bedeutung man bisher noch nicht kennt, die Säge- a spuren deutlich aufweist. Es ist dies ein Kreis mit einem einge- zeichneten Durchmesser. Das Instrument, mit dessen Hilfe das Ab- sägen erfolgte, dürfte nur sehr primitiver Art gewesen sein!) und nur langsam zum Ziele geführt haben, da sich der Bearbeiter des Brettchens nicht die Mühe nahm, mit Hilfe dieser schlechten Säge das Holzstück ganz durchzusägen, sondern es, nachdem drei Viertel durchgesägt waren, einfach abspaltete. An dieser Spaltfläche erkennt man, daß das Brettchen annähernd radial aus dem Stamme heraus- geschnitten wurde, Schon makroskopisch fallen die sehr engen Jahresringe des Holzes auf, zumal da das Holz ausgezeichnet erhalten ist. Mikroskopisch erkennt man am radialen Schnitt, daß die Quer- tracheiden an den Kanten der Markstrahlen liegen; ihre Wände sind manchmal schwach gezähnelt. Am tangentialen Schnitt finden sich neben einreihigen auch mehrreihige Markstrahlen vor. Nach all dem halte ich das Holz für das der Fichte. Vorl. Nummer 2. Mumienetikette in der Größe 13:7 X 35 cm; 0'6 cm dick und von rechteckiger Form. jener Teil, in dem sich das schlecht ge- bohrte Loch befindet, ist zugespitzt, indem beide Ecken gleich- mäßig abgeschnitten wurden. Die Bearbeitung ist eine außer- ordentlich primitive und scheinbar nur mit einem Messer zurechtge- schnitten. Um die Beschreibflächen zur Aufnahme der Schriftzüge bevor herzurichten, wurden sie mit einer jetzt lichtbraunen Farbe bestrichen, die sich leicht abblättern läßt und zum größten Teile noch gut erhalten ist. Sie enthält harzige Bestandteile, die sich in Alkohol lösen. Durch diesen Farb- oder sagen wir richtiger Farblackanstrich ist die Schrift sehr deutlich und noch jetzt ganz ausgezeichnet erhalten. Das Täfelchen ist einerseits mit demotischen, anderseits mit griechischen Schriftzeichen beschrieben. Das Täfel- chen ist außerordentlich leicht?). j ') Es dürfte etwa der Form entsprochen haben, wie sie in Egypt. ex- ploration fund, graeco-roman branch. Fayüm towns and their papyriby Grenfell, Hunt and Hogarth, London 1900, auf plate XV, Fig. 15 abgebildet ist. Es ist dies eine Säge, die ebenso wie die Täfelchen in Faylım aufgefunden wurde; sie wurde in der Nähe der Ortschaft Kasr el Banät and Harit gefunden, welche Orte (nach Wessely (Topographie des Faylım [arsinoites nomus]| in griechischer Zeit. Denkschrift. der Wiener kaiserl. Akad. d. Wissensch, phil.-hist. Klasse, Bd. L, pag. 11) dem antiken Euhemeria und Theadelphia entsprecken. — 55 — Mikroskopische Charakteristik. Sehr einfach gebautes Koni- ferenholz. Markstrahlzellen mit zahlreichen einfachen Tüpfeln, meist inhaltslos, nur sehr selten mit gelblichem Inhalt. Markstrahlen durch- weg einschichtig, nur aus Parenchymzellen bestehend. Jahresringe 2 mm breit, Tannenholz. Vorl. Nummer 3. Kleines Mumientäfelchen von dunkelbrauner Farbe in der Größe 122 xX48xX0'. Form rechteckig, jedoch die Ecken an der durch- lochten Seite 3 cm tief, an der Längsseite nur 15 cm, an der Querseite abgeschnitten, so daß eine stumpfe Spitze entsteht. Die Bohrung ist glatt, die Bearbeitung der Täfelchen jedoch eine sehr primitive, auch die beiden anderen Ecken abgerundet, ebenso auch die Längskanten, Die auf einer Seite mit griechischen, auf der anderen mit demotischen Schriftzeichen bedeckten Flächen sind zwar ziemlich glatt, aber uneben, wohl nur mit einem Messer zurecht- geschnitten. Auffallend sind die ganz außerordentlich engen Jahres- ringe, ich konnte auf dem verhältnismäßig schmalen Täfelchen über 40 zählen. Auch dieses Holz stammt von einer Pinus-Art ab, die dadurch charakterisiert ist, daß die Radialwände der Quertracheiden nach innen mit zackenförmigen Vorsprungsbildungen versehen sind. An den Markstrahlparenchymzellen findet sich ein großer rhombischer, fast das ganze Kreuzungsfeld einnehmender Tüpfel. Vorl. Nummer 35. Mumientäfelchen in den Dimensionen 12°3 X 52 X 0°6 cm ; recht- ‚eckig an einem Ende, in der Mitte ein glatt gebohrtes Loch und die beiden gegenüberliegenden Ecken nur um 3 mm abgeschnitten. Beide Seiten schön geglättet und die Längskanten so abgenommen, daß eine zylindrische Fläche entsteht. Auf einer Seite griechisch, auf der anderen demotisch beschrieben. Spätholz braunrot gefärbt. Mikroskopische Charakteristik. Ebenfalls eine Konifere. Die Markstrahlen ein- und mehrschichtig, oben und unten begrenzt von Markstrahltracheiden mit grobzackiger Wandverdickung, Parenchym- zellen mit großen, am radialen Schnitte rhomboiden einfachen Poren. Jahresringe zirka 2 mm breit. Pinus-Holz. Vorl. Nummer 20. Dünnes (zirka !/, cm dickes) Holztäfelchen von ellipsoidischer Gestalt. Größte Länge 17, größte Breite A!/,;, cm. Von allen Seiten — 500 — nur grob zugeschnitten; auch die Beschreibflächen wurden dadurch geglättet, daß mit einem scharfen Messer möglichst gleichmäßig die Oberfläche zugeschnitten wurde. Auf einer Seite mit demotischen Schriftzeichen etwa aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. bedeckt. Auf dem einen Ende ein in sehr primitiver Weise durch seitliches Ausschneiden von Splittern hergesteiltes Loch. Daß es wirklich auf diese Art und Weise fabriziert wurde, ersieht man recht deutlich an der von Schriftzeichen unbedeckten Seite, die zur Zeit der Ver- wendung der Täfelchen nicht sichtbar war, weil es gegen die Mumie gewendet war. Auf dem anderen Ende des Täfelchens befindet sich ein glatt gebohrtes Loch zur Aufnahme des Stoffstreifens, mit dem es an die Mumie festgebunden wurde, Aus der Mitte des unteren Randes entnahm ich an der schrift- losen Seite einen Splitter zur mikroskopischen Untersuchung. Gut gewachsenes Holz einer Konifere. Da die Radialwände der Quer- tracheiden Zackenzellen sind und die Markstrahlparenchymzellen nur je einen großen rhombischen Tüpfel besitzen, gehört das Holz dieses Täfelchens einer Pinus-Art an. Vorl. Nummer 21. Rechteckiges Täfelchen 158 X 41cm groß, 1'3 cm dick. An dem einen Ende, an dem sich auch die glatte Bohrung befindet, wurde rechts und links je ein dreieckiges Stück herausgesägt, so daß ein trapezförmiger Zapfen übrig blieb, dessen Höhe urgefähr 35 em beträgt. Diese Fortsätze, die manchmal auf beiden Schmalseiten an den Täfelchen oder wie hier nur an einer Seite ausge- arbeitet wurden, dienten jedenfalls dazu, um das Täfelchen leichter an die Mumie zu befestigen, denn mit Hilfe der Bohrlöcher gelang dies nur unvollkommen. Statt des Bindfadens bedienten sich die Ägypter schmaler gewebter Bänder, welche uns glücklicherweise noch an einigen Täfelchen erhalten geblieben sind, so daß eine materielle Untersuchung möglich sein wird. Da sich auch in der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer ein solches Täfelchen mit Bindfaden vorfindet, werde ich an anderer Stelle ausführlich darüber berichten. Die Schrift auf dem Täfelchen ist auf einer Seite griechisch, auf der anderen demotisch; unter Berücksichtigung der Lesart der griechischen Schrift findet sich der Zapfen auf der linken Seite des Täfelchens. An der oberen Längsfläche finden sich Reste eines An- striches, der leicht zum Abspringen gebracht werden kann. Da sonst —= 301 5 an dem Täfelchen keine Spur eines Anstriches zu entdecken ist, hat es den Anschein, als ob es ursprünglich einem anderen Zwecke ge- dient und erst dann als Mumientäfelchen Verwendung gefunden hätte. Es ist aber nicht unmöglich, daß das Täfelchen, als es seinem ersten unbekannten Zwecke diente, an allen Seiten mit einem An- strich versehen war. In diese jetzige Form ist es zweifellos dadurch gebracht worden, daß es mit Hilfe eines Messers auf den Schreib- flächen möglichst glatt geschnitten wurde. Die Schriftzeichen sind auf dem braunen Spätholz viel besser erhalten wie am viel breiteren Frühholz. Einfach gebautes Holz einer Konifere vom Typus Abies. Vorl. Nummer 29. Größe des Mumientäfelchens 16‘3X47 cm, Dicke 1 cm. Die beiden oberen Ecken wieder herausgesägt, so daß ein kleiner tra- pezoidischer, 2 cm langer Fortsatz übrig bleibt, in diesen wurde nun das Loch gebohrt. Die schmale Seite des Trapezes schließt an das Täfelchen an, an der Grenze von Fortsatz und Täfelchen befindet sich ein mit einem scharfen Messer geführter rinnenartiger Einschnitt. Die beiden seitlichen Längsflächen sind grob zugeschnitten, jedoch .so, daß jede scharfe Kante vermieden wurde; an der rechten Seiten- fläche Spuren von weißer Farbe. Auf der einen Seite griechisch, auf der anderen demotisch beschrieben. Die mikroskopische Prüfung ist, da das Holz gut erhalten ist, leicht durchzuführen. Ich entnahm zu diesem Zwecke auf der linken Seite des Fortsatzes einen kleinen Splitter, weil gerade da das Holz mit der radialen Fläche freilag. Die Markstrahltracheiden haben grobzackige Wandverdickungen, die ziemlich dünnwandigen Parenchymzellen des Markstrahls große rhomboide Poren. Das Holz besteht aus gleichartigen hofgetüpfelten Tracheiden, die im Frühholz nur schwach, im Spätholz breit behöft sind. Am tangentialen Schnitt fallen jene Markstrahlzellen leicht heraus, welche die Harz- gänge enthalten. Das Holz gehört einer Pinus-Art an. Als ich an die Bearbeitung der Mumienetiketten schritt, trachtete ich mir Präparate von authentisch bestimmtem Material jener Holzarten zu verschaffen, welche in Ägypten nachgewiesener- maßen in Verwendung standen. Ich richtete mich dabei nach den bekannten Werken von Woenig'! und Loret?°) Wie es sich nun 1), Woenig Fr., Die Pflanzen im alten Ägypten, Leipzig 1886. 2) Loret Viktor, La Flore Pharaonique, Paris 1892. — 508 — nachträglich herausstellte, waren die Mumienetiketten, die ich bis- her zu untersuchen Gelegenheit hatte, durchweg aus Koniferen- holz gearbeitet. Da in Ägypten keine Konifere vorkam, so unter- liegt es keinem Zweifel, daß die Ägypter aus anderen Ländern Holz importierten. Nach den paläographischen Befunden stammen die von mir auf ihre materielle Beschaffenheit untersuchten Täfelchen und Holz- stücke aus der frührömischen Kaiserzeit, I., II., II. Jahrhundert v. Chr. Es ist selbstverständlich, daß in dieser Periode Ägypten als ein integrierender Bestandteil des großen Römerreiches mit den ver- schiedensten Teilen desselben im regen Verkehr stand, wissen wir ja doch aus den Polizeipapyrus, die uns noch aus Arsinoe und el Fayüm erhalten sind, daß in den amtlichen Listen Personen als ständig abwesend in Italien und Indien eingetragen waren !). Auch ist uns ein Papyrusbrief erhalten, in dem ein junger Rekrut aus Mittelägypten seine Reise nach Rom mit all ihren persönlichen Einzelheiten schildert °). Zu den ältesten christlichen Monumenten gehört unter anderem ein griechischer Brief, der zwischen 265 und 281 von Rom nach dem Fayüm geschrieben wurde, und in dem eine Zusammenkunft in Alexandrien vereinbart wird °). Es darf uns also auch nicht wundern, wenn Holz, das im Nil- lande ein selır begehrter Artikel war, eventuell auch von weit her geholt und damit ein schwunghafter Handel getrieben wurde. Von den zehn von mir bisher untersuchten Mumientäfelchen gehören vier der Gattung Abies, zwei der Gattung Picea und vier der Gattung Pinus an. Die Tanne (Abies) dringt südwärts bis Korsika, Sizilien, Maze- donien, Bithynien vor und in den Alpen und Pyrenäen ist sie weit verbreitet ‘). Viel nördlicher. liegt der Verbreitungsbezirk der Gattung Picea. Ihre (Picea Omorica Panic) südlichsten Standorte sind wohl ') Wessely C., »Arsinoitische Verwaltungsurkunden vom Jahre 72/73 n. Chr.«. (Studien zur Paläographie und Papyruskunde p. 58 ff.) Zeile 578 f. over! (fzpıror) eb Oplmy Alvurtou Ev ’Iralx y — Ev ’Ivöwfe « nicht zur Epikrisis (Nachweis der Abstammung) gelangt, weil außerhalb der Grenzen Ägyptens abwesend, u. zw. drei in Italien, 1 Person in Indien sich aufhaltend. ®) Berliner Urkunden 423. °) Les plus anciens monuments du Christianisme Ecrits sur papyrus. Textes grecs Edites, traduits et commentes par le Dr. Charles Wessely, »Patrologiu orientalis«, Tome V., Fascicule 2, pag. 135 *) Beissner L, »Handbuch der Nadelholzkunde«, Berlin 1891. — 509 — die Berggegenden des südwestlichen Serbien, Bosnien, Montenegro und Westbulgarien. Von der Gattung Pinus kommen nur die Spezies Laricio Poir. und silvestris in Betracht, da die anatomischen Merkmale nach dem Bestimmungsschlüssel von Burgerstein') nur für diese beiden in Europa und Asien vorkommenden Spezies stimmen. Die Spezies Laricio bildet in den Gebirgen Süd- und Nordeuropas und Westasiens große Wälder. Ihr südlichstes Vor- kommen ist in Korsika zu suchen. Die Spezies silvestris findet sich in ganz Europa bis nach Kleinasien und dem Kaukasus. Die Handelsbeziehungen der Ägypter müssen unter Berück- sichtigung dieser Verbreitungsbezirke sehr weit nach Norden ge- reicht haben. Mögen sie Tannenholz von Sizilien, Föhrenholz etwa von Kleinasien oder Korsika bezogen haben, Fichtenhelz trafen sie erst in Serbien und Montenegro an. Da man Fichtenholz auch zu Mumientäfelchen verwendete, so ist es höchst wahrscheinlich, daß es auch in Ägypten nicht gerade selten zum Verkaufe ange- boten wurde, wenn auch viel seltener wie das leichter zu be- schaffende Tannen- und Föhrenholz. Durch die, wie ich glaube, höchst interessante Konstatierung, daß in Ägypten Fichten-, Tannen- und Föhrenholz zur Verwendung kam, sind der Papyruskunde neue Wege gewiesen. 1) Siehe pag. 111, Punkt 44 Vergl. hierzu auch Burgerstein A., »Der anatomische Bau der Markstrahlen bei der Gattung Pinus«. Verhandlungen der k. k. zool -bot. Ges., Wien 1907, pag. 287 ff. » Die Verholzung der Spaltöffnungen bei Cycadeen von Rudolf Karzel (Wien). Mit 7 Textfiguren. Eingelangt am 24. Oktober 1907. Als man durch die von Wiesner!) in die Mikrotechnik ein- geführten Holzreaktionen (Phloroglucin + Z/C!, Anilinsulfat) in die Lage versetzt wurde, die Verbreitung der Lignifikation, welche eine sehr wesentliche und vielleicht sogar verschiedenartige Rolle im Pflanzenleben zu spielen scheint, zu studieren, hielt man lange die Stomata für ausnahmslos, die Epidermis wenigstens für nahezu regelmäßig unverholzt (Burgerstein°. Um so merkwürdiger mußten daher die Befunde an den Spaltöffnungen von Koniferen und Cycadeen erscheinen, bei welchen Kraus®), Lemanıe, Mahlert’) und andere eine teilweise Verholzung der Schließzellen feststellten. Geneigt, verholzte Membranen für besonders starr zu halten, glaubte man diesen Spaltöffnungen einen geringen Grad von Beweglichkeit zuschreiben zu sollen und brachte diese Ver- mutung in Zusammenhang mit der xerophytischen Ausbildung der Blätter jener Pflanzen. Diese Anschauung hat kürzlich auch Porsch in seinem Werke: »Der Spaltöffnungsapparat im Lichte der Phylo- genie« (Jena 1905) zum Ausdrucke gebracht, indem er das Lignin !) Wiesner, »Über das Verhalten des Phloroglucins ete.«, Sitzungsber. d. Wiener Akad., Bd. LXXVII, 1878. »Anat. und Histoch. über das Zuckerrohrs, in Karsten, botan. Untersuch., I, pag. 120. °) Burgerstein, »Untersuchungen über das Vorkommen und die Ent- stehung des Holzstoffes in den Geweben der Pflanzen«, Sitzungsber. d. Wiener Akad. LXX, I. Abt., 1874. °) Kraus, »Über den Bau der Cycadeenfiedern«, Pringsh. Jahrb. IV, 1866. *) Lemaire, »De la lienification de quelques membranes Epidermiques«, Ann. de sc. nat. Bot. XV, 1883, pag. 297--302. >) Mahlert, »Beitr. zur Kenntnis d. Anat. d. Laubbl. d. Konif. etc.s, Bot. Zentralbl. 1885, Bd. XXIV, pag. 54. — 51 — für eines der Mittel hält, um die Beweglichkeit der Schließzellen, und damit die Transpiration herabzusetzen. Dagegen lassen sich jedoch eine Reihe von nicht unwesentlichen Bedenken geltend machen. Zunächst ist nach Schellenbergs!) Untersuchungen ein durchgreifender Unterschied in den mechanischen Eigenschaften (z. B. Festigkeit, Dehnbarkeit) der verholzten und unverholzten Membran nicht vorhanden. Bei’Xerophyten erstreckt sich ferner die Zunahme der Verholzung keineswegs auf die Schließzellen allein, es erscheinen vielmehr zahlreiche Zellen, bei denen eine Herabsetzung der Beweglichkeit nicht in Betracht kommen kann, gleich- falls verholzt. Bei Oycas revoluta z.B. gibt nahezu das ganze Mesophyll die Holzreaktion. Endlich wurde eine Anzahl Fälle von partiell verholzten Spaltöffnungen auch bei nicht xerophytischen Pflanzen bekannt, wie bei tropischen und einheimischen Lycopodiaceen undFarnen?), wobei allerdings bemerkt werden muß, daß vielleicht eine Untersuchung am Standorte einen geringen Grad von xerophytischer Anpassung er- kennen lassen könnte. Es handelt sich demnach darum, erstens, ob die Verholzung der Stomata überhaupt eine xerophytische Anpassung ist, und zweitens, welche Bedeutung ihr in diesem Falle zukommt. In der Erwartung, vielleicht wenigstens einen Anhaltspunkt zur Entscheidung der zweiten Frage zu gewinnen, schien es angezeigt, die Verteilung der Verholzung innerhalb des Spaltöffnungsapparats in einigen Fällen eingehender zu untersuchen. Die Cycadeen waren hierzu geeignet, weil schon eine flüchtige Beobachtung hier eine größere Mannigfaltiekeit als bei Koniferen erkennen ließ. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle Herrn Privatdozenten Dr. Karl Linsbauer für die freundlichen Ratschläge, durch die er die Arbeit förderte, bestens zu danken. Das Material, das aus den Schönbrunner Gewächshäusern stammte, umfaßte folgende Arten: Oycas revoluta, ©. cireinalis, Stangeria paradoxa, Zamia Roezli, Encephalartos villosus und CeratozamiaKuesteriana. Zum Nachweise der chemischen Beschaffenheit der Membran wurden die allgemein üblichen Reagentien benützt. In einigen Fällen kam folgende Doppelfärbung in Anwendung: Die Schnitte wurden !) Schellenberg, »Beitr. zur Kenntnis der verholzten Zellmembrans, Pringsh. Jahrb. XXIX, 1896, pag. 237—266. ’) Axel Vinge, »Bidrag till kännedomen om ormbrunk. bladbyggnad«, Lund 1889 (cit. nach Porsch, loc. cit. pag. 163 und pag. 181). Linsbauer Karl, »Beitr. zur vergl. Anat. einiger tropischer Lycopodien«, Sitzungsber. d. Wiener Akad., Bd. CVII, Abt. I, 1898. »Zur Verbreitung des Lignins bei Gefäß- kryptogamen«, Österr. bot. Zeitschr. 1899, Nr. 9. — 5l2 — zunächst mit Eau de Javelle behandelt, dann gründlich gewässert, wobei dem letzten Waschwasser einige Tropfen Essigsäure zuge- setzt wurden. Hierauf kamen die Schnitte für einige Zeit (manch- mal auch für !/, Stunde und darüber) in Kernschwarz, wurden sodann oberflächlich mit Wasser abgespült und in eine alkoholische Safraninlösung eingelegt. Nach zirka !/;—!/s Stunde wurden sie mit Alkohol ausgewaschen und durch die steigende Alkoholreihe bis zum Nelkenöl gebracht und in Kanadabalsam eingeschlossen. Die Kutikula blieb ungefärbt, die verholzten Membranen waren rot, die unverholzten schwarz tingiert. Von allen untersuchten Arten weist Cycas revoluta die weit- gehendste Anpassung an xerophytische Verhältnisse auf!) (siehe Fig. I). Auf der Unterseite der Fiedern besteht die Epidermis aus dickwandigen Zellen, welche in den Verdickungschich- ten die Holzreaktion geben. Die Stomata befinden sich am Grunde einer tiefen äußeren Atemhöhle, welche durch stark papillös ausgezogene Epidermiszellen gebildet wird. Die Schließzellen zeigen die bekannte Gestalt des Gymno- permentypus. Ihr Lumen ist am Querschnitt ziemlich schmal, die lange Achse der Querschnittfigur gegen den Porus zu ansteigend. Im folgenden sei stets die an die Epidermiszellen angren- zendeWandderSchließzellen als Außen- wand, die andere, an den Porus gren- zende Wand als Innenwand bezeichnet. Fig.1. Cycas revoluta. Querschnitt. Die Außenwand ist kolossal stark ver- X Kutikula u. kutin. Membran; dickt, bedeutend mehr als die Innen- h verholzte M.; c Celluloselamelle; \yand. Gegen den Porus zu sind die BEE: Schließzellen schnabelförmig vorge- zogen, so daß sie an dieser Stelle einander am meisten genähert sind. Eine Hinterhofleiste wurde nirgends gefunden. ') Es sei hier ausdrücklich hervorgehoben, daß nicht beabsichtigt wurde, eine eingehende Beschreibung der Stomata zu liefern; es werden vielmehr nur die für meine spezielle Untersuchung erforderlichen Tatsachen wiedergegeben, welche in den bereits oben zitierten und einigen anderen bei Porsch ange- führten Arbeiten ihre Ergänzung finden. —. 519 — In die Verdickungsschichten der Außenwand der Schließzellen ist eine. Holzlamelle von linsenförmigem Querschnitt eingebettet, welche von dem Lumen der benachbarten Oberhautzelle durch eine dicke Zellulosemasse getrennt ist. Die Innenwand ist größten- teils verholzt, gegen den Schnabel zu gibt sie Zellulosereaktion. Infolge der außerordentlichen Wandverdickung in den SchlieB- zellen ist die Bewegung derselben, und damit auch die Veränderung der Weite des Porus, durch Volumveränderung des eigenen Lumens jedenfalls eine sehr geringe. Deswegen sieht zumBeispielCopeland!) den einzigen Ort der Beweglichkeit in den Polen der Schließzellen, bei deren Bewegung dann die mittleren Partien der Zellen passiv mitgekrümmt werden. Der Schnitt durch den Pol (siehe Fig. 2) zeigt die beiden Lumina von der Gestalt rechtwinkliger Dreiecke, wobei die Hypote- nuse die Außenwand bildet. Die gemeinschaftliche Wand ist ganz verholzt, die Außen- wand nur teilweise, Es ist möglich, daß das erweiterte Lumen der Pole leichter eine Gestaltsänderung infolge Turgorwechsels gestattet. Dagegen dürfte den Neben- zellen infolge ihrer Gestalt und chemischen Beschaffenheit eine wichtige Rolle bei der Funktion des Spaltöffnungsapparats zufallen. Am Querschnitte sieht man zwischen die oben beschriebenen papillös ausgezogenen Epidermiszellen und die Schließzellen eine Zelle ein- geschaltet, deren Außenwand im Vergleich zu den Wänden der Nachbarzellen außerordentlich dünn erscheint, so daß diese Stelle wohl die Bezeichnung »Hautgelenk« verdient. Interessant ist die auf- fallende Verdickung der Cuticula an dieser Wand, so daß die Zellu- lose ganz zurückgedrängt wird und nur eine dünne Schicht um das Zellumen bildet. Auch die an das Mesophyli grenzende Wand ist dünn und kann jedenfalls bei einer Turgorzunahme nachgeben. Die Gestalt dieser Nebenzellen läßt wohl die Vermutung zu, daß bei einer Dehnung derselben die Schließzellen mitgezogen werden, Fig. 2. COycas revoluta. Polschnitt. ') Copeland, »The mechanism of stomata«, Annals of Botany, Vol. XVl, No. LXII, 1902. Wiesner-Festschrift 33 — 514 — so daß der Porus weiter wird. Einen ähnlichen Typus repräsentiert der Spaltöffnungsapparat von Encephalartos horridus, der sich im wesentlichen nur dadurch unterscheidet, daß mehrere unverholzte Nebenzellen übereinander gelagert sind !). An die Schilderung der Verhältnisse von Üycas revoluta möge die Beschreibung der Stomata von Ü. circinalis, Zamia Roezli, Ence- phalartos villos«s und Ceratozamia Kuestne- riana angeschlossen werden, welche eine weniger weitgehende xerophytische An- passung zeigen (vgl. Fig. 3—6). Die Epi- dermiszellen sind auch bei diesen Formen verholzt. Die Stomata sind jedoch nur wenig vertieft. Die umliegenden Epider- miszellen bilden dort seichte Vertiefungen mit mehr oder minder steil abfallenden Wänden, so daß dadurch kaum ein Schutz gegen zu große Transpiration gegeben ist. Die Form der Schließzellen ist im wesentlichen dieselbe wie bei Cycas revoluta. Die Lignifikation erstreckt sich hier auf verhältnismäßig größere Partien als bei ©. revoluta. Fast die ganze Außen- und Innenwand ist verholzt. Die Holzmasse der Außen- wand ist nur durch eine dünne Zellu- loselamelle von der benachbarten Epi- dermiszelle geschieden, auf der Innen- seite geht die verholzte Partie gegen den Schnabel zu in Zellulose über. Gegen das Mesophyli zu ist das Lumen der Schließzelle mit unverholzten Wand- teilen abgeschlossen. Die Nebenzellen zeigen ähnliche Verhältnisse wie die bei Uycas revoluta. In der Regel eine, bei Encephalartos villosus (Fig. 5) zwei an die Schließzellen angrenzende Epidermis- zellen haben wenigstens teilweise unverholzte und verhältnismäßig dünne Wände, so daß mehr oder weniger deutliche äußere und innere Hautgelenke entstehen. Die Funktion dieser Nebenzellen kann man sich ähnlich vorstellen wie bei ©. revoluta. Fig. 3. Cycas eircinalis. Fig. 4. Zamia Roegli. ') Die Abbildung bei Mahlert (loc. cit. Taf. I, Fig. 23) ist nicht ganz richtig. —,, 915, — Einen eigentümlichen Verlauf zeigt auch bei diesen vier Arten die ® Cuticula, indem sie in dem Winkel, den die Schließzelle mit der Neben- zelle nach außen bildet, eine mächtige _ Verdickung erfährt. Besonders schön - zeigt dies Fig. 4 und 6. In Fig. 4 sieht man, daß die dicke Cuticula den un- verholzten Membranen entspricht, daß dagegen an den Holzwänden die Cu- ticula dünner ist. Der Spaltöffnungsapparat von Stangeria paradoxa bildet endlich einen eigenen Typus für sich (Fig. 7). Die Epidermiszellen sind un- verholzt und die Stomata liegen mit ihnen in gleicher Höhe. Die Schließzellen haben die typische Ge- stalt, die Außenwand ist stark verdickt. Die Verholzung der Außenwand betrifft nur eine kleine Partie derselben, der übrige Teil ist unverholzt. Die Innenwand ist vollständig verholzt. Die Nebenzellen sind unverholzt, dünnwandig; sie spielen anscheinend eine ähnliche Rolle bei der Bewegung des Spaltöffnungsapparats, wie es für die anderen Formen beschrieben wurde. Die Cuticula verläuft ziemlich gleichmäßig über die Epidermis- und Schließzellen bis zum Porus. Überblicken wir die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung bezüglich der Verholzung des Spaltöffnungsapparats bei den untersuchten Cycadeen, so ergeben sich folgende allgemeine Be- funde: Die Lignifikation betrifft Partien der Außen- und Innenwand in verschie- dener Ausdehnung. Die an das Mesophyll angrenzenden Teile der Wände sind unver- holzt. Ganz oder größtenteils unverholzt sind auch die Nebenzellen, deren es eine oder zwei oder mehrere gibt. Trotz der Mannigfaltigkeit im einzelnen sehen wir doch ganz all- 337 Fig. 5. Encephalartos villosus. Fig. 6. Ceratozamia Kuestneriana. Fig. 7. Stangeria paradoxa. — 516 — gemein, daß nur die Verdickungsmassen eine Einlagerung von Lignin zeigen, die dünnen Wandpartien hingegen unverholzt bleiben. Das- selbe gilt aber auch für die Koniferen und Pteridophyten, soweit verholzte Stomata beobachtet wurden. An eine Herab- setzung der Beweglichkeit könnte nur gedacht werden, wenn gerade die dünnwandigen, für die Bewegung maßgebenden Wände verholzt wären und wenn die Verholzung eine Beschränkung der Biegungs- fähigkeit zur Folge hätte. Gerade der Umstand, daß die dünn- wandigen Nebenzellenapparate oder die dünnwandigen Anteile der Schließzellen unverholzt bleiben, spricht dafür, daß die Beweglichkeit erhalten ist. Dazu kommt, daß die stark verdickten Membranpartien schon an sich als verhältnismäßig starr angesehen werden müssen, ganz ohne Rücksicht auf das eingelagerte Lignin, und die verholzte Membran überdies nach den experimentellen Untersuchungen Schellenbergs bezüglich Festigkeit und Dehnbarkeit der Zellu- lose nicht nachsteht. Wenn man aber eine andere Angabe dieses Autors berücksichtigt '), daß nämlich unverholzte Membranen leicht austrocknen und leicht Wasser aufnehmen, daß dagegen verholzte Membranen für Wasser nicht sehr durchlässig sind, also Wasser stark festhalten, so läßt sich die Verholzung gerade derjenigen Wandteile der Schließzellen, welche mit der Luft in Berührung sind (Außen- und Innenwand), ungezwungen verstehen. Indem das Wasser in den verholzten Membranen festgehalten wird, wird die Transpiration herabgesetzt, wodurch der Turgor der Schließzellen erhalten bleibt. So erklärt sich auch, daß die Cuticula an diesen Stellen schwach, an den unverholzten Teilen kräftig entwickelt ist. Von diesem Standpunkt aus kann man auch die Verholzung als Anpassung an xerophytische Lebensweise deuten ?). I, Schellenbere; loc: cit,. pag. 247. :) Bekanntlich nimmt die Verholzung bei Xerophyten zu, vgl. zum Beispiel Warming, »Okologische Pflanzengeographie« (Berlin 1896, pag. 207 f.). Die Ernährungsphysiologie der Pflanzen in ihren Beziehungen zur Volkswirtschaft von Siegfried Strakosch (Wien-Hohenau). Eingelangt am 24. Oktober 1907. »Das Wechselverhältnis der verschiedenen Forschungs- gebiete bringt es mit sich, daß die Wissenschaften sich nicht, wie es die Klassifikatoren wollten, von einander scheiden, sondern im lebendigen Flusse ihre Grenzen ändern und vielfach miteinander verschmelzen zu größeren Einheiten. Immer mehr wird das Endziel klar, das aller- dings wohl niemals vollständig erreicht werden wird, daß alles menschliche Wissen, vor allem alle Naturkennt- nis, zu einer großen Einheit sich verbindet.« (Wiesner, »Die Entwicklung der Pflanzenphysiologie unter dem Einflusse anderer Wissenschaften«.) Immer zahlreicher und stärker werden die Fäden, welche die Pflanzenphysiologie mit den übrigen Wissensgebieten verbinden. Ein Wissenszweig nach dem andern bringt dieser Disziplin, in steter Weiterentwicklung längst erkannter Beziehungen, befruchtende An- regung und wird selbst durch sie neu belebt und gefördert. Das eilt sowohl für theoretische als für praktische Disziplinen, gilt ebenso für Chemie, Physik, Medizin, als für Geographie, Klimato- logie, Pharmakognosie und andere. Neue angewandte Wissens- zweige, wie die technische Rohstofflehre, die verjüngte Landwirt- schaftslehre, nähern Physiologie und Technik, Wissenschaft und Praxis. Aber jede Regung menschlichen Geistes kann erst wirksam werden, wenn sie sich verkörpert. Sind schon die Geisteswissen- schaften an die Beherrschung des Stofflichen gebunden, so setzen die technischen und praktischen Disziplinen noch in weit höherem Maße die Kenntnis sachlicher Güter, deren Gebrauch und Ver- brauch voraus. Der Fortschritt aller Kultur und aller Wissenschaft war des- halb. von altersher mit den Vorgängen und Einrichtungen eng ver- — 518 — knüpft, die wir unter dem Begriffe »Wirtschaft« zusammenfassen und die der Fürsorge für den Bedarf an materiellen Gütern ge- widmet sind. In dem Maße als die Pflanzenphysiologie zu den übrigen geistigen und mehr noch zu den angewandten Wissen- schaften in Wechselbeziehung tritt, mehren sich die Berührungs- flächen mit der wirtschaftlichen Seite des Daseins, wächst der Anteil der Pflanzenphysiologie an den Erscheinungen des gesamten Wirtschaftslebens. In vorliegender Schrift soll jedoch nicht von diesen allge- meinen Beziehungen die Rede sein. Sie gilt vielmehr einer be- stimmten, tief in das Wirtschaftsleben der Nationen eingreifenden Erscheinung, deren Erkenntnis erst durch den Ausbau der physio- logischen Ernährungslehre die notwendige Voraussetzung fand. Wir wissen heute, daß die physiologischen Aufgaben und Ziele, denen die Nährstoffe der Pflanzen dienen, bei den ver- schiedenen Pflanzenarten nicht auf dieselbe Weise erreicht werden. Auf mannigfachen Wegen und in wechselnder Abstufung wird die erforderliche Nahrung aufgenommen, schreitet die Bildung der Pflanzensubstanz vorwärts. Die nötige Betriebsenergie kann durch aufbauende und abbauende chemische Prozesse geliefert, derselbe Körper in ganz verschiedener Weise verwertet und verarbeitet werden. Die Ungleichheit beginnt bei den grünen Pflanzen sofort mit der Herbeischaffung der organischen Nahrung vermittels der photosynthetischen Produktion im Chlorophyllapparat. Die für die Ernährung und die Entwicklung jeder Pflanze so wichtige Assimi- lationsenergie differiert ungemein. Weber!) fand beispielsweise unter gleichen Bedingungen für Phaseolus multiflorus eine Assimilationsenergie von 3'413 g in 10 Stunden, für Helianthus annuus eine solche von 5'559 g. Die re- sultierenden Mengen an gebildeter organischer Substanz weichen jedoch noch weit mehr voneinander ab, weil die verschiedene Blattflächenentwicklung, der ungleiche Substanzverlust durch Atmung als Folge ungleichen Energieaufwandes, sich der ungleichen Assi- milationsenergie zugesellen. Eine Pflanze von Phaseolus hatte nach 48 Tagen 5'836 y Trockensubstanz gewonnen, eine Pflanze von Helianthus 29'806 g. Die Ungleichheit kommt weiter in den quantitativen und quali- tativen Ansprüchen der Pflanzen an die Mineralbestandteile des ') Weber, »Arbeit d. bot. Instituts in Würzburg«, 1879, Bd. II, pag. 350. — 519 — Bodens zum Ausdrucke und weit mehr noch in bezug auf die Stickstoffversorgung. Bei dieser ist bekanntlich nicht nur der Be- darf spezifisch verschieden, sondern auch die Nahrungsquelle selber. Während die meisten Nutzpflanzen geeignete Stickstoffver- bindungen zu ihrer Existenz benötigen, vermögen andere, wie die Leguminosen, in symbiotischem Zusammenwirken mit Knöllchen- bakterien den molekularen Stickstoff zu assimilieren. Und auch hier zeigen sich wieder gewaltige graduelle Unterschiede. Es fehlt wohl an exakten Versuchen, die das zahlenmäßig nachweisen, aber praktische Feldversuche Maerkers!) mit Gründüngungspflanzen ergaben diese bemerkenswerten Resultate: es wurde pro Hektar an freiem Stickstoff gebunden: Durch eine Mischung von Lupinen, Erbsen, Lathyrus . . 4802 ky S H . » Eupmen! Erbsen Wicken 7: 7 81504 f e 5 „ Pferdebohnen, Erbsen, Lupinen 7640 „ e E 3 „ Pferdebohnen, Wicken, Lupinen 12750 „ Aus so viel Ungleichheit in den Ansprüchen an die Nahrung, in deren Beschaffung und Einführung, in dem Komplexe der übrigen Stoffwechselvorgänge, resultiert schließlich eine nicht geringere Un- gleichheit in der chemischen Zusammensetzung der pflanzlichen Endprodukte. Die Physiologie hat mit der Erforschung der Pflanzenernährung der Volkswirtschaft keinen kleinen Dienst geleistet, denn der weitaus größte Teil der sachlichen Güter entstammt den Rohstoffen des Pflanzenreiches und selbst die Nahrungsmittel und die industriell verwerteten Erzeugnisse, die das Tierreich liefert, lassen sich indirekt auf dieselbe Quelle zurückführen. Für sie alle gilt das wirtschaft- liche Grundprinzip, daß die ökonomische Bedeutung der Produktion sich aus der Gegenüberstellung von Aufwand und Leistung ergibt. Indem die Physiologie die Ernährungsverhältnisse der Pflanzen auf- klärt, setzt sie die Volkswirtschaft erst in die Lage, den assimi- latorischen Effekt der verschiedenen Kulturpflanzen zu berechnen und zu vergleichen. Und dieser wirtschaftliche assimilatorische Effekt ist bei den Kulturpflanzen um so verschiedener, als auch der wirt- schaftliche Wert der ungleich beanspruchten und verwerteten Nährstoffe stark differiert. Die Kulturpflanzen benötigen alle neben Kohlenstoff, Wasser- ', Maerker, »Die Versuchswirtschaft Lauchstädt«, II. und III. Bericht, 1899, pag. 415. = 320 stoff, Sauerstoff, Stickstoff, auch Kalium, Magnesium, Phosphor- säure, Schwefel, Eisen und Kalzium. Die ersten drei Elemente sind in unbegrenzter Menge vorhanden, so daß ihnen ein wirtschaftlicher Wert nicht zukommt. Die Beschränktheit der anderen macht es er- forderlich, daß man zum mindesten die dem Boden wieder ersetzt, welche ihm durch die Pflanzen in größeren Mengen entzogen werden. Das sind vor allem Stickstoff, Kalium, Kalzium und Phosphorsäure. Nach den durchschnittlichen Marktpreisen wertet der Stickstoff bei- läufig 4!/); mal so hoch wie das Kalium und 1'/, mal so hoch wie die Phosphorsäure, während das Kalzium einen sehr geringen Markt- wert besitzt. Das Verhältnis, in dem die notwendigen Nährstoffe im Haushalte der Pflanzen verwendet werden, beeinflußt die wirt- schaftliche Bedeutung dieser demnach ungemein. Meine Berech- nungen haben beispielsweise ergeben !), daß der Mais mit einem wirtschaftlich gleichwerten Aufwande an Bodennährstoffen mehr als doppelt so viel physiologisch nutzbare Substanz liefert als der Hafer, daß die Erbse, die ihren Stickstoffbedarf zufolge der Sym- biose mit den Knöllchenbakterien kostenlos ohne Inanspruchnahme des Bodenstickstoffes deckt, sechsmal so viel physisch nutzbare Substanz erzeugt als dieser. Dem Rotklee kommt derselbe Um- stand zustatten, er verwertet die Bodennährstoffe im wirtschaft- lichen Sinne fünfmal so gut als das Thimoteegras, wird aber in der Ökonomie des Bodenkapitals durch die Esparsette noch um ein Drittel übertroffen. Obwohl die physiologischen Grundlagen zur Klassifizierung der Pfilanzenarbeit längst vorhanden waren, wurde erst unlängst auf die volkswirtschaftliche Bedeutung einer solchen aufmerksam gemacht. Die bewußte Ausnützung der spezifischen Ungleichheit der Pflanzenansprüche in der angedeuteten Richtung hat man bisher niemals versucht. Aber die Lehren der Geschichte zeigen, daß durch Zufall oder Verhältnisse bedingte Bevorzugung wirt- schaftlich arbeitsfähiger Pflanzen in einem Lande dessen dauernde Entwicklungsfähigkeit fördert, während der entgegengesetzte Fall, namentlich bei ungenügender Düngung, zur Abnahme der Frucht- !) Strakosch, »Das Problem der ungleichen Arbeitsleistung unserer Kulturpflanzen«, Berlin 1907, Parey. — »Der assimilatorische Effekt verschiedener Kulturgewächse in seiner Bedeutung für Land- und Volkswirtschaft«, Vortrag, gehalten in der Eröffnungssitzung des VIll. Internationalen landwirtschaftlichen Kongresses, Wien 1907, ferner: Referat über dasselbe Thema erstattet auf dem gleichen Kongresse. DNSER barkeit und zur Verarmung des Volkes führt. Roms unökonomischer Pflanzenbau trug viel zum Sturze des Weltreiches bei, dessen Herr- schaft schließlich in den Zeiten des Niederganges dem zufiel, der über die Nahrungsquellen gebot'). Die Verarmung des irischen Volkes zufolge übertriebener Forcierung der, nach meinen Be- rechnungen nicht sehr ökonomisch assimilierenden Kartoffel, ist ebenso ein Beweis dafür, als die merkwürdige Lebenskraft Japans, dem ausgedehnter Leguminosenbau die Möglichkeit gibt, erstaun- liche Dichten der Bevölkerung zu ernähren ?). Es wäre freilich eine Utopie, die gewonnene Erkenntnis so ohne weiteres auf das Wirtschaftsleben übertragen und mit dem Rechenstifte die Anbauverhältnisse eines Landes nach dem assi- milatorischen Effekt seiner Kulturpflanzen regeln zu wollen. Die Wachstumsbedingungen der Gewächse lassen sich nicht in eine mathematische Formel zwängen und die übrigen Erwägungen, die für und gegen die Bevorzugung mancher Pflanzenarten sprechen, auch nicht. Daraus, daß gewisse Pflanzen 8 mal so viel physiologisch nutzbare Substanz bei gleichem wirtschaftlichen Aufwande an Bodennährstoffen wie andere hervorbringen, ist nicht zu folgern, daß man durch entsprechende Wahl solcher Pflanzen die Boden- produktion einfach auf die 8 fache Menge bringen könne. Das neu gewonnene Merkmal pflanzlicher Anbauwürdigkeit ist vielmehr an ein Kompromiß mit manchen anderen Faktoren gebunden. Klima und Lage, die chemische und physikalische Beschaffenheit des Bodens, die Kapitals- und Arbeiterverhältnisse, die gesamten wirtschaftlichen Bedingungen haben ein gewichtiges Wort mitzureden. Der Eintritt der Assimilationsbewertung in das Wirtschaftsleben ist so von allen Seiten eingeengt und behindert, Man will sie vor- erst bei den Futterpflanzen berücksichtigen, wie es in der Absicht der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft liegt und bei der ver- gleichenden Sortenkunde anwenden, wie es Liebenberg an der Hochschule für Bodenkultur in Wien in Anregung brachte. Damit erschöpft sich aber die volkswirtschaftliche Bedeutung der ungleichen wirtschaftlichen Kapazität des assimilatorischen Effekts noch lange nicht. Ein Beispiel soll das veranschaulichen: !) So gewann Vespasian die Herrschaft über Italien durch die Eroberung der ägyptischen Kornflotte (Mommsen, »Römische Geschichtes V, pag. 572). *) In den Gegenden um Tokio, in den Provinzen Bungo, Acki u. a kommt auf jede ländliche Familie nicht einmal ein Drittel eines Hektars. Ota- Nilobe, »Über den japanischen Grundbesitz«, Berlin 1890, Parey, pag. 68. —. 322. — Deutschland, Österreich und Ungarn weisen in den Anbauver- hältnissen ihrer Hauptfrüchte keine besonders ausgeprägten Unter- schiede auf. Deutschland baut relativ mehr Roggen, Hafer und Kartoffel als Ungarn, dafür weniger Weizen und keinen Mais. Gegen Österreich variieren die deutschen Anbauverhältnisse noch weniger. Österreich baut relativ mehr Gerste, Weizen und Zuckerrübe, aber weniger Roggen. Deutschland gewinnt nach meinen Berechnungen !) den wirtschaftlichen Wert der Nährstoffe, die seinen Böden durch die Ernte der erwähnten Früchte alljährlich entzogen werden, im physiologischen Nutzwerte dieser Ernte 4'2mal zurück, Österreich 4'45mal und Ungarn 4'53mal. Der Unterschied in der Verwertung erscheint nicht groß, ergibt aber doch einen namhaften Wertausfall. Die 17.807 ha, welche in Deutschland mit Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Kartoffel, Zuckerrübe bebaut sind, würden bei einer Gruppierung, wie sie die ungarischen Anbauverhältnisse aufzuweisen haben, also bei einem assimilatorischen Effekt in wirtschaftlichem Sinne von 453 — mit dem gleichen Aufwande an Bodennährstoffen — für rund 500 Millionen Mark mehr physiologische nutzbare Substanz produzieren. Der Unterschied in der Verwertung der Bodensubstanz wird übrigens dadurch zugunsten Deutschlands verkleinert, daß dieses mehr Leguminosen baut als Ungarn und sein Defizit an Boden- stickstoff durch ausgedehnte Gründüngung verringert. Es ist auch zu bedenken, daß Klima, Boden und die übrigen Bedingungen in Ungarn und Deutschland verschieden sind. Aber die ungarischen Anbauverhältnisse stellen sicherlich für dieses Land vom Stand- punkte des assimilatorischen Effekts auch nicht das Ideal dar, während Deutschland in seiner hochintensiven Landwirtschaft ge- nügenden Rückhalt fände, um die Erkenntnis von der ungleichen wirtschaftlichen Arbeitsleistung der Pflanzen auszunützen. Bevor indessen Forderungen nach dieser Richtung erhoben werden können, ist vor allem festzustellen, ob Privatwirtschaft oder Volkswirtschaft an dem Lebendigwerden des Gedankens mehr interes- siert sind, und von welcher Seite sich dementsprechend die Initiative zu dessen Einführung in die Praxis erwarten läßt. Um auf diese Fragen eine Antwort zu erhalten, ist es nötig, vorerst aus der ungleichen wirt- schaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflanzen einen anderen Begriff zu entwickeln: den Begriff der Bodenökonomie. !) Die Berechnungsgrundlagen sind in »Das Problem der ungleichen Arbeitsleistung etc.« dargelegt. — 5123 — Der dauernde Erfolg jedes menschlichen Wirkens, verfolge es rein geistige oder praktische Ziele, setzt die Beachtung des Ökonomie- prinzips, das heißt die sparsamste Verwendung aller produktiven Kräfte, voraus. So trägt die wissenschaftliche Forschung dem Prinzip durch die Konzentration des Denkens, durch die weise Beschränkung des Arbeitsgebietes und durch die Arbeitsmethode Rechnung, die wirtschaftliche Produktion durch die sparsamste Verwendung der wirtschaftlichen Produktionsfaktoren. Überall tritt das Streben hervor mit dem geringsten Aufwande möglichst viel zu leisten. Die Beschränktheit und die Unvermehrbarkeit des Bodens löst deshalb den Wunsch nach möglichst großer Produktion aufderFlächen- einheit, der wirtschaftliche Wert der Bodennährstoffe den Wunsch aus, daß diese mit dem geringsten Aufwande an Bodennährstoffen erfolge. Die Klassifizierung der Kulturpflanzen nach ihren wirtschaft- lichen Ansprüchen und Leistungen kommt beiden entgegen, indem sie die Ausdehnung des Ökonomieprinzips auf die Bodenerzeugung ermöglicht. Der Begriff Bodenökonomie!) umfaßt alle Maßnahmen, die dem Zwecke der Vermehrung der Bodenproduktion unter gleich- zeitiger Verminderung des wirtschaftlichen Aufwandes an Boden- nährstoffen dienen. Die Bodenökonomie hat insbesondere die Auf- gabe, die wirtschaftliche Ungleichheit der pflanzlichen Leistungs- fähigkeit bewußt in den Dienst der Bodenproduktion zu stellen und dadurch auch auf die Dauer der Fruchtbarkeit Einfluß zu nehmen. An dem Erfolge der bodenökonomischen Bestrebungen sind demnach Volkswirtschaft und Privatwirtschaft beteiligt. Das volks- wirtschaftliche Interesse wird indessen hier in den Vordergrund treten, weil die Privatwirtschaft ihre Richtung stets durch den un- mittelbaren Vorteil empfängt. Dieser deckt sich nicht immer mit der größeren Produktion, während die geringere Beanspruchung des Nährstoffkapitals des Bodens in ihren Folgen nicht so rasch sichtbar wird. Der weitere Blick der Volkswirtschaft hingegen umfaßt größere Zeiträume und größere Ziele. Ihre Maßnahmen gelten nicht bloß der Gegenwart, sondern auch der Zukunft. Es ist demnach Sache der Volkswirtschaftslehre und der an- gewandten Volkswirtschaftspolitik, den Begriff der Bodenökonomie 1) Strakosch, »Bodenökonomie und Wirtschaftspolitik«, Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung. Wien-Leipzig 1908. Braumüller. —_— 5124 — in das Wirtschaftsleben einzuführen und die Hemmungen und Hindernisse zu mildern, die seine Anwendung auf dem Wege in die Praxis vorfindet. Dabei ist ein Zusammenwirken mit anderen Wissenschaften, vor allem mit der Pflanzenzüchtung, der Pflanzen- baulehre, der vergleichenden Sortenkunde u. a. m., unerläßlich. So führt eine Erscheinung der pflanzlichen Ernährungs- physiologie zur Volkswirtschaft und von dieserzu anderen Forschungs- gebieten und zu den Disziplinen der Botanik zurück, die ihren Aus- gangspunkt bildete: Ein neuer Beweis der lebendigen Wechsel- wirkung unter den Wissenschaften, auf welche die Eingangsworte Wiesners hinweisen. Wiederaufnahme des Wachstums von Strünken der Sequoja sempervirens Endl. von Hans Przibram (Wien). Mit Tafel XX und XXI und 2 Textfiguren. Eingelangt am 26. Oktober 1907. Von der Eisenbahnstation Santa Cruz in Kalifornien führt uns ein Wagen in etwa anderthalbstündiger Fahrt nach den »Big Trees«, welche als Sehenswürdigkeit gezeigt werden. Es sind dies riesige Mammutbäume der Art »Red-wood« (Rotholz), Sequoja semper- virens Endl. angehörig, die sich von der bekannteren Sequoja gigantea durch rote Holzfarbe, flachzweizeilige Anordnung der Nadeln und um die Hälfte kleinere Zapfen unterscheidet. Kerzengerade ragen die einzelnen Stämme im Waldbestande, 90 Meter und darüber, gen Himmel. Öfter sind mehrere Stämme an den Wurzeln vereinigt und divergieren dann etwas an den Wipfeln. Niemals konnte ich jedoch in Manneshöhe an den riesigen Bäumen Seitenzweige wahrnehmen, jedenfalls weil die Sequojen ebenso wie unsere Tannen und Fichten im Walde ihre unteren Zweige beim weiteren Wachstume abstoßen und nicht wieder er- setzen. Gegenwärtig ist das Fällen der Mammutbäume verboten; daß dies jedoch nicht immer der Fall war, dafür zeugen umher- liegende kolossale Baumstämme, deren Querschnitte das vielhundert- jährige Alter an den Jahresringen ablesen lassen. Merkwürdigerweise sieht man aber nur wenige Baumstrünke stehen, welche eine glatte Abholzungsfläche aufweisen. Dafür wurde mein Auge durch einen merkwürdigen Anblick gefesselt: aus einem Stamme, der einen halben Meter im Durchmesser haben mochte, erhob sich ein bedeutend schmälerer Stamm, der selbst. eine an- sehnliche Höhe erreicht hatte. Mit Regenerationsproblemen viel beschäftigt, fiel mir sogleich die große Ähnlichkeit dieser Bildung — 526 — mit Regeneraten, wie sie bei Tieren so allgemein vorkommen, auf. Da ich wußte, daß diese Art des Wiederersatzes bei Pflanzen weit seltener, bei Bäumen überhaupt nicht beobachtet worden ist, traute ich dem ersten Anblicke nicht. Allein immer wieder kamen mir solche Bildungen zu Gesichte. Alle wiesen folgende gemeinsame Züge auf: Auf einem stärkeren Strunke war eine rundliche Kuppe (Überwallungsgewebe) sichtbar, die nichts von der Fällungsebene Fig. 1 Fie. 2 freiließ; doch lief stets eine scharfe Furche (Textfig. 1 und 2 *—*) an jener Stelle um den Stamm, wo offenbar früher die freie Fläche sich befunden hatte. Im Zusammenhange mit der alten Rinde er- hob sich an der einen Seite der Kuppe ein bedeutend schmälerer Stamm, und zwar ging die Kuppe allmählich ansteigend in den- selben über. Wurzeln sind weder an der Ansatzstelle, noch dar- unter am alten Strunke zu sehen, so daß die Deutung des dünneren Stammes als eines auf dem Wundkallus gekeimten zweiten Bäumchens ausgeschlossen erscheint. Auch Seitenzweige kommen —yKBa in der Nähe der Ansatzstelle nicht vor; es dürfte daher auch nicht eine Aufrichtung eines Seitenzweiges zur Wiederherstellung des Wipfels vorliegen, wie es sonst bei Nadelhölzern die Regel ist. Wie bereits erwähnt, tragen die alten Stämme der Sequoja überhaupt unten keine Seitenzweige, was ich auch an anderen Standorten des Rotholzes, zum Beispiel auf dem Tamalpays bei San Franzisko, bestätigt fand. Einmal erhoben sich aus der Kuppe zwei dünne Stämme, an die im Tierreiche häufigen Doppelbildungen erinnernd (Textfig. 2), deren Zurückführung auf echte Regeneration im Pflanzenreiche mehrfach experimentell erwiesen worden ist. Die merkwürdige, bei allen unseren Nadelhölzern und auch bei den anderen kalifornischen Gattungen unbekannte Art des Wiederersatzes gefällter Stämme ist den Einwohnern von Santa Cruz geläufig: »The Red-wood can't be killed« (Das Rotholz kann nicht umgebracht werden), sagt mein Kutscher, auf die eigenartigen Gebilde hinweisend. Ich ließ an Ort und Stelle Photographien an- fertigen und nahm Samen des Rotholzes mit, um eventuell über die Entstehungsweise der Ersatzprozesse Versuche anstellen zu können. Biologische Versuchsanstalt in Wien. Tafelerklärung. Karel xx: Alle Figuren beziehen sich auf Sequoja sempervirens Endl. Fig. A. Gewöhnlicher Wuchs eines einzelnen Stammes. Fig. BD. Gruppe aus einem mittleren dicken Stamme und mehreren dünneren (Wurzelschößlingen) gebildet. Fig. ©. Stamm mit seitlichem Wundkallus. Fig. A— (nach käuflichen Photographien. Man beachte, daß sich nirgends am unteren Teile der Stämme Verzweigungen vorfinden. Tea EIEXXIE Fig. D. Stämme mit Wiederaufnahme des Wachstums nach Fällung. Photographien von William Ashley, Felton, Santa Cruz Co., Kal. Man vergleiche die schematischen Textfiguren, welche sich auf 1 und 2 beziehen. Über einen merkwürdigen Fichtengipfel Karl Wilhelm (Wien). Mit Tafel XXI und 2 Textfiguren. Eingelangt am 28. Oktober 1907. Vor einiger Zeit erhielt ich von der gräflich Razumow sky- schen Forstverwaltung zu Ober-Wigstein in Schlesien das in Fig. 1—5 abgebildete Endstück einer gemeinen Fichte, Picea excelsa. Leider war Näheres über Alter und Standort des betreffenden Individuums nicht zu erfahren, ebensöwenig ob an diesem solche »Miß- bildungen« schon wiederholt beobachtet worden seien. Die Bitte an die Absendestelle, bei neuerlichem Auftreten derartiger Er- scheinungen an Fichten mir möglichst frisches Material zu schicken, blieb bis heute gleichfalls unerfüllt. Unter diesen Umständen konnte ich mich noch nicht entschließen, das interessante Stück einer ins einzelne gehenden morphologischen und anatomischen Untersuchung zu opfern, möchte es aber trotzdem hier kurz besprechen und auf seine schon äußerlich und unmittelbar wahrnehmbaren Eigentüm- lichkeiten hinweisen. Die Fig. 1 und 2 im Texte und Tef. XXIl zeigen das endständige Sproßsystem einer Fichte. Der unterste Ast, etwa 19cm lang, hat die nor- male Ausbildung eines vegetativen Fichtensprosses. An seinem Grunde trägt er unterseits eineschwache Chermesgalle. Dernächsthöhere Zweig verhält sich abweichend, und zwar schon in seiner Wachstumsrichtung;; er strebt in leichter Krümmung aufwärts und stellt sein Endstück ungefähr senkrecht. Nur in seiner unteren, kleineren Hälfte erscheint er normal, von da ab sinkt die Länge der dicht anliegenden Nadein auffällig, diese werden mehr und mehr schuppenartig, wobei ihr Rücken sich schwielenähnlich vorwölbt. Hiermit ändert sich auch die Gestalt des Nadelkissens, indem dieses neben dem Nadelgrunde, etwas unter diesem beginnend, beiderseits eine geringe flügelartige Verbreiterung erfährt. Diese am trockenen Zweige auffällie dunkler Al: 4 dir | re u" Figur 1. Merkwürdiger Fichtengipfel von vorn; der unterste Ast (rechts) normal. !/, nat. Gr. gefärbten Verbreiterungen erscheinen gegen den mittleren Teil des Kissens mehr oder minder deutlich abgesetzt und enden mitunter in ein kleines freies, den Blattgrund überragendes Spitzchen. Seitlich sind diese Kissen gleich dem Grunde der Schuppen selbst be- wimpert. Solche Bewimperung zeigten ab und zu auch schon die normaien Kissen am unteren Teile dieses Zweiges. Weiterhin ver- dicken sich nun zunächst die oberen, länglichdreieckigen Spuren jener Schuppen und schließlich tritt in der Schuppenachsel je ein blatt- artiges Läppchen auf, von unregelmäßiger Gestalt, einfach oder häufiger in zwei, mitunter auch in drei Zipfel gespalten, am Rande mehr oder weniger gezähnelt. Diese Bildungen erinnern sehr an die Samen- oder Fruchtschuppen von Fichtenzapfen — auch jene Wiesner Festschrift 34 — 530 — erscheinen ja mitunter am oberen Ende geteilt — ohne jedoch die normale Form und Größe solcher Schuppen zu erreichen und Samen zu bilden. Der Zweig endet mit einer Knospe, die sich von solchen vegetativer Sprosse nicht wesentlich unterscheidet. Figur 2. Fichtengipfel von der Seite; der unterste normale Ast stehtnachrückwärts ab. '/,nat. Gr. Wie der geschilderte verhalten sich auch die zwei nächstfolgenden Zweige sowie der Gipfeltrieb. An diesem aber ist die Umwandlung in einen Zapfen vollkommen; sein über- gebogenes Ende ohne deutliche Gipfel- knospe trägt wohlausgebildete Schup- pen und Samen. Grüne Nadeln hat er überhaupt nicht mehr entwickelt, an Stelle solcher treten schon an seinem Grunde Schuppen auf gleich den oben erwähnten, doch ohne Rückenschwiele. . Schon über dem ersten Viertel seiner Länge beginnt in der Achsel dieser »Deckschuppen« das Erscheinen von »Fruchtschuppen« und diese zeigen hier eine Strecke weit vorwiegend un- gefähr die Gestalt, wenn auch nicht die Größe normaler. Gegen die Bie- gung zu wird ihre Form dann wieder weniger regelmäßig, zwei bis vier- zipfelig (siehe Fig.3, 5); bei manchen könnte man, wie auch an entspre- chenden Gebilden der Seitenzweige, vermuten, sie seien aus zwei oder mehreren Teilen zusammengesetzt. Am übergebogenen Endstücke selbst aber gewinnen sie rasch das Aussehen normaler Fichtenzapfenschuppen (siehe Fig. 3—5) und tragen wie diese Samen '!). Man hat hier also den meines Wissens noch unbeschriebenen Fall dr Umbildung des Gipfeltriebes einer Fichteiin einen samentragenden Zapfen vor sich. Diese auffällige Erscheinung läßt sich einigermaßen vergleichen !) Die Keimfähigkeit dieser wurde nicht geprüft. — 531 — mit den ann durchwachsenen oder verbildeten Nadelholzzapfen schon so häufig beobachteten und in der Literatur besprochenen, welche Fälle nebst den Deutungen, die sie erfahren haben, hier wohl als bekannt vorausgesetzt werden dürfen !). Der augenfällige Unter- schied besteht aber darin, daß die letzteren »Anamorphosen« von mehr oder weniger normalen Zapfen ausgingen, während in dem hier betrachteten Falle keine »Durchwachsung«, sondern die Um- bildung eines vegetativen Sprosses in einen fertilen vorliegt. Diese Umbildung eingehend zu beschreiben und anatomische Einzelheiten beizubringen, liegt nicht im Plane dieser Mitteilung. Doch möchte ich mir einige Bemerkungen allgemeiner Natur ge- statten, ohne den Gegenstand irgendwie erschöpfen zu wollen. Dürfen wir Vorkommnisse wie das vorliegende heranziehen, um die noch strittige Frage zu klären, was bei den Tannen- gewächsen als weibliche Blüte zu betrachten sei? Die Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit solchen Verfahrens bleibt wohl nach wie vor dem subjektiven Er- messen anheimgestellt. Der vorliegende Fall scheint mir aber immerhin eine gewisse Beachtung zu verdienen, vielleicht mehr als Durchwachsungen oder Vergrünungen. Betrachten wir den Fichten- zapfen entwicklungsgeschichtlich als aus einem vegetativen Zweige hervorgegangen, so ist die Möglichkeit zuzugeben, daß dies auf die nämliche Weise geschehen sei wie an dem besprochenen Fichtengipfel. Sind nun die hinter den »Deckschuppen« auftretenden, an den Seitenzweigen unvollkommen bleibenden am Mitteltriebe normale Ausbildung erlangenden »Fruchtschuppen« Plazentarwucherungen, »Exkreszenzen« jener oder Achselsprosse ? Bekanntlich gehen in dieser Hinsicht die Meinungen aus- einander. Ich fühle mich nicht berufen zum Versuche einer Ent- scheidung dieser Frage, die ja schon unsere bedeutendsten Forscher beschäftigt hat, ohne eine endgültige Lösung zu finden. Aus allen Deutungen, die bisher gegeben wurden und die hier als bekannt vorausgesetzt werden, ist ein subjektiver Rest nicht zu beseitigen. Hieran würde nach meiner Überzeugung auch die genaueste morpho- logische und anatomische Prüfung des vorliegenden Falles derzeit ') Siehe z. B. Celakowsky, »Neue Beiträge zum Verständnis der Fruchtschuppe der Koniferen«, Jahrb. für wiss. Bot., Bd. 35, 1900, pag. 407 ft. — Göbel, »Organographie«, II, pag. 702 if. — v. Wettstein, »Handbuch der systematischen Botanik«, II, pag. 140 u. f. 34* — 532 — nicht viel ändern, denn die bisherige Erfalırung hat gezeigt, daß auf solchem Wege einwandfreie Ergebnisse kaum zu gewinnen sind. Wurden doch in dieser Frage aus den nämlichen entwicklungs- geschichtlichen und anatomischen Tatsachen entgegengesetzte Fol- gerungen gezogen). Überläßt man sich angesichts unseres Fichtengipfels möglichst unbefangen dem äußeren Eindrucke, dann ist allerdings die Vor- stellung, daß es sich da um Achselsprosse handle, die einem be- stimmten Ziele zustreben und dieses am Mitteltriebe auch erreichen, kaum abzuweisen. Die Kleinheit der Deckschuppen und ihre Ähnlichkeit mit den unteren Schuppen normaler Fichtenknospen läßt die Annahme, die weit größere Fruchtschuppe sei eine Wucherung des Deckschuppengrundes, eigentlich etwas gezwungen erscheinen. Man könnte füglich erwarten, daß eine solche »Wucherung« auch die Form und Größe des äußeren Teiles des ganzen Blattgebildes, der Deckschuppe selbst, beeinflussen müßte. Hiervon ist aber im vorliegenden Falle ebensowenig zu bemerken wie bei normalen Fichtenzapfen. Bei Tanne und Lärche, wo zur Blütezeit die Deckschuppe weit größer ist als die dieser dicht angeschmiegte Fruchtschuppe, bereitet die Plazentartheorie der Vorstellung weniger Schwierigkeiten. Für die Lärche hat kürzlich Noll, wie schon vor ihm Celakowsky (I. ec.) durch interessante Beobachtungen an durchwachsenen Zapfen die Auffassung der Fruchtschuppen als Achselsprosse zu stützen versucht). Seine klaren Darlegungen sind sehr einleuchtend, schließen aber meines Erachtens eine andere Deutung der betreffenden Erscheinungen keineswegs aus. Die Annahme, daß die Frucht- oder Samenschuppe der Nadel- hölzer ein Achselsproß sei, liegt wohl bei den Kiefern am nächsten, weil hier ja, abgesehen von den ersten Lebensjahren des Baumes, die gesamte Benadelung an Kurztrieben sitzt, die Bildung solcher also eine ganz normale Erscheinung ist und es eigentlich ver- wunderlich wäre, wenn sie in der Blütenregion unterbliebe. Diese Auffassung scheint mir auch durch den Umstand begünstigt, daß bei manchen Arten, so zum Beispiel bei Pinus halepensis, brutia, rigida .. . Langtriebknospen unmittelbar zu weiblichen Blütensprossen 1) Siehe Celakowsky, |. c., pag. 424. ®) »Über den morphologischen Aufbau des Abietineenzapfens«. Sitzungs- ber. der niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, Jahrg. 1893, Naturwiss. Sekt., pag. 38. Siehe Verhandl. des naturhist. Vereines der preuß. Rhein- lande usw., 51. Jahrg., 1894. — 533 — werden. Auch konnte ich bei Gartenexemplaren der Bergkiefer wiederholt beobachten, wie neben der Endknospe neuer Jahres- triebe an Stelle der sonst hier auftretenden weiblichen Blüten- sprosse normale, also mit Kurztrieben besetzte Langzweigchen zur Entwicklung kamen, die fertile Bildung durch die vegetative ersetzt wurde. Solche Erscheinungen dürften die Vorstellung begünstigen, daß die weibliche, zum Zapfen heranwachsende Kiefernblüte als ein Langtrieb zu betrachten sei, dessen seitliche Kurztriebe eine Änderung zu Fruchtschuppen erfahren haben. Diese weibliche »Blüte« wäre dann eigentlich ein Blütenstand im Sinne Brauns, Strasburgers, Celakowskys, Nolls, v. Wettsteins u. a, jede Fruchtschuppe also strenge genommen eine Einzelblüte und als solche vergleichbar den unbestritten die Stelle von Kurztrieben einnehmenden männlichen Kiefernblüten. Bekanntlich sind die Deck- schuppen an der weiblichen Blütenspindel bei der Kiefer schon zur Blütezeit kleiner und zarter als die hier auffallend fleischigen, mit einem »Kiele« versehenen Fruchtschuppen und schwinden während der Zapfenreife ganz. Bei der Fichte besteht zwischen beiderlei Schuppen zur Blütezeit dasselbe Verhältnis, doch sind am reifen Zapfen die Deckschüppchen, zwischen den Fruchtschuppen versteckt, noch vorhanden. Auch auf Grund dieser Ähnlichkeit zwischen beiden Arten könnte man in der weiblichen »Blüte« der Fichte ein Sproßsystem erblicken; allerdings hätte man hier kein Analogon in der vegetativen Region, da die Fichten wie die Tannen u. a. in dieser nur Langtriebe bilden. Was bei den Kiefern, vielleicht auch bei den Fichten wahr- scheinlich ist, braucht aber meines Erachtens nicht unbedingt für alle übrigen Abietineen zu gelten. Ich fände die Annahme, daB die Fruchtschuppe dieser Koniferen nicht immer den nämlichen »morpho- logischen Wert« habe, durchaus nicht unzulässig. Mir scheint die Vorstellung, daß die Samenanlagen auch bei nahe verwandten Gattungen, wie Abies, Picea, Pinus . .. dort auf einem Auswuchs der Deckschuppen selbst, hier auf einem ungegliederten Achselsproß untergebracht seien, heiße man diesen nun Cladodium, Discus oder Symphyllodium (Celakowsky), keine unüberwindliche Schwierig- keit zu bieten. Die Natur bindet sich nicht immer an Schablonen. Sie läßt zum Beispiel die »Cupula« bei den Corylaceen aus Hochblättern, bei den Fagaceen aus dem Blütenboden hervorgehen. Niburnum Lantana und Cornus sanguineu bilden nackte, Viburnum Opulus und —. 594 — Cornus mas beschuppte Knospen u. del. m. Vielleicht ist auch die Frucht- schuppe der Koniferen nicht überall das gleiche morphologische Gebilde, vielleicht können die Plazentar- und die Sproßtheorie neben- einander zu Recht bestehen. Erklärung zur Tafel XXI. Merkwürdiger Fichtengipiel. Fig. 3. Der Mitteltrieb und zwei Seitentriebe des Fichtengipfels in ihrer oberen Hälfte, von der Seite. °/, nat. Gr. Fig. 4. Der Mitteltrieb und zwei Seitentriebe des Fichtengipfels in ihrer oberen Hälfte, von vorn. !/, nat. Gr. Fig. 5. Der Mitteltrieb nebst einem Seitentriebe des Fichtengipfels in ihrer oberen Hälfte, von rückwärts. °/, nat. Gr. Zwillingswurzeln von G. Lopriore (Catania). Mit Tafel XXI. Eingelangt am 22. Dezember 1907. Es ist ein Verdienst Wiesners, zuerst darauf hingewiesen zu haben, daß die allbekannte Erscheinung der Förderung der Außen- organe sich von äußeren Einwirkungen unabhängig vollzieht und »nur aus der Lage des betreffenden Organs zu seinem Mutter- organ resultiert«. Diese auf »Exotrophie«, d. h. auf Ernährungsunterschiede, zurückgeführte Erscheinung beruht auf anatomischen Ursachen, die meist als ererbte Eigentümlichkeiten aufgefaßt werden. Ein Beispiel einseitiger Begünstigung von Seitenorganen, die mehr durch anatomische als durch Ernährungsverhältnisse bedingt wird, bieten die sogenannten Zwillingswurzeln dar. Diese stellen besondere Fälle kollateraler Bildung dar, die im Vergleich zu den serial verwachsenen oder verbänderten Seitenwurzeln zylindrisch sind und erst durch nachträgliche Verwachsung bandförmig er- scheinen. Die kollateralen Wurzeln bilden sich aus nebeneinander, die serialen aus übereinander enstandenen Anlagen. Bei den ersteren entstehen die beiden Vegetationskegel nahe, jedoch von- einander getrennt und verwachsen erst bei ihrem Hervorbrechen mit ihren äußeren Rindenschichten. Bei den serialen Bandwurzeln entstehen die Vegetationskegel entweder dicht übereinander oder verwandeln sich in eine Vegetationslinie, die sich nach dem Scheitel hin in mehrere Vegetationspunkte auflöst. Ein einziger Rinden- mantel umhüllt die getrennt entstandenen oder die flachen Vege- tationsspitzen, Infolge der verschiedenen Entstehungsweise pflegen die Zwillingswurzeln in die »Synstelie«, die serialen Bandwurzeln in die »Schizostelie« überzugehen. ze s | CE In bezug auf ihre Ansatzweise an die Mutterwurzel verhalten sich kollaterale und seriale Seitenwurzeln verschieden. Die ersteren stellen sich mit ihrer Basis senkrecht zur Längsachse der Mutter- wurzel, die serialen in derselben Ebene der Längsachse und daher senkrecht zu den kollateralen. Hinsichtlich der äußeren Gestalt bieten die Zwillingswurzeln die größte Gleichförmigkeit, jedoch verhalten sie sich bei Mono- und Dicotylen verschieden. Von der Seite betrachtet, sind sie von nor- malen zylindrischen Wurzeln kaum zu unterscheiden, und wenn sie sich auch spalten, sehen die Teilwurzeln wie Wurzelverzweigungen aus. Nur in einem Falle wies das eigenartige Verhalten einer Zwillingswurzel von Vica Faba den wirklichen Tatbestand ihrer Entstehung am deutlichsten auf. Von drei in Längsrichtung sich folgenden Zwillingswurzeln zeichnete sich die mittlere nicht nur durch ihre frühzeitig erfolgte Spaltung, sondern auch dadurch aus, daß sie einen schmalen Rindenstreifen von der Mutterwurzel ab- gesondert und mitgerissen hatte. Offenbar waren die beiden Vege- tationskegel der betreffenden Zwillingswurzel von Anfang an ge- trennt, so daß sie bei ihrem Hervorbrechen den zwischen ihnen enthaltenen Rindenstreifen abgerissen und ihn beim weiteren Wachsen nach Art eines Bogens gespannt hatten. Der so gespannt gebliebene Rindenstreif hatte natürlich die Verwachsung der die beiden Teil- wurzeln umhüllenden Rindenmäntel verhindert und die Trennung von der Basis an bedingt. Die Unmöglichkeit, Zwillingswurzeln in gleicher Weise wie seriale Bandwurzeln experimentell — z. B. durch Dekapitation der Mutterwurzel hervorzurufen — erschwert die gründliche Unter- suchung dieser zufällig auftretenden Gebilde, denn nur eine größere Anzahl derselben kann über ihre wichtigsten Eigentümlichkeiten hinreichende Auskunft geben. Gelegentlich meiner Untersuchungen über bandförmige Wurzeln bot mir das reiche Versuchsmaterial die Möglichkeit, Zwillings- wurzeln aufzufinden und über eine ausreichende Anzahl derselben zu verfügen. Als Versuchsmaterial wurde den Keimwurzeln von Zea Mays unter den Monocotylen, denen von Vicia Faba unter den Dicotylen der Vorzug gegeben. Die betreffenden Kulturen wurden entweder in Wasserkulturen oder im Sägemehl oder endlich im natürlichen Vegetationsboden ausgeführt. Wasserkulturen eignen sich deshalb besser als die im Sägemehl und Vegetationsboden, = 88T da sie gestatten, das freie Wachstum der Wurzeln zu verfolgen und die geeigneten Zwillingswurzeln zu passender Zeit für die Untersuchung zu entnehmen. Nach diesen allgemeinen Erörterungen sollen einige typische Fälle beschrieben werden. Vieia Faba. Van Tieghem, der die Bildung der »radicelles doubles« bei Dicotylen zuerst beobachtet hat, meint, daß sie »un phenomene particulier, accidentel sürement mais non tres-rare« darstellt. In bezug auf ihre Entstehung gilt nach van Tieghem als Regel, daß sie erst dann erfolgt, wenn »deux radicelles appartenant A deux rangees voisines prennent naissance dans le pericycle en m&me temps et au m&me niveau«. Über die anatomischen Verhältnisse teilt van Tieghem nichts Näheres mit, sondern bespricht nur die allgemeinen theo- retisch wichtigen Bedingungen, unter welchen ihre Bildung möglich ist. Wir wollen diese Bedingungen hier kurz zusammenfassen, um sie mit denen zu vergleichen, die wir viel regelmäßiger in der Bildung der Zwillingswurzeln beobachtet haben, Vor allem zeichnen sich die Zwillingswurzeln dadurch aus, daß ihre Symmetrieebene nicht durch die Mitte einer Xylemplatte, sondern durch die mediane Ebene zweier derselben, d. h. durch die Mitte einer Phlo&mgruppe geht. Um den Vorgang kurz darzustellen, bezeichnet van Tieghem durch » die Zahl der zur Bildung einer Seitenwurzel erforderlichen Perikambiumzellen und durch p die Zahl derjenigen, welche zwischen den Mittelpunkten zweier benachbarter Phloömbündeln gelegen sind. Ist » kleiner als p, so sind die zwei Seitenwurzeln selbständig und je einer Xylemplatte gegenübergestellt. Das ist der normale Fall. Ist » gleich », so sind die Seitenwurzeln immer noch selb- ständig, allein sie berühren sich an der Basis. Ist » größer als », so verschmelzen die zwei Bildungskegel mehr oder weniger. Es bildet sich in diesem Falle eine Zwillingswurzel, in welcher die gemeinsamen Zellen durch ihre Teilungen eine mehr oder weniger ausgedehnte, beiden Wurzeln gehörende Gewebezone bilden. Je kleiner p wird, d. h. je größer in der Mutterwurzel die Zahl der Leitbündel ist, desto leichter bilden sich Zwillingswurzeln. Ander- seits spielt die Größe des Zentralzylinders eine wichtige Rolle. Je geringer die Größe des Zentralzylinders ist, desto leichter kann » — 5338 — kleiner als »r werden, mag der Zentralzylinder tetrarch oder gar triarch sein. Die Bildung der Zwillingswurzeln erfolgt auch desto leichter, je kleiner die Deviation ist — unter Deviationswinkel versteht van Tieghem den von den Achsen der Zwillingswurzel und der be- nachbarten Xylemplatte gebildeten Winkel — auf dem Querschnitt der Mutterwurzel betrachtet. Wenn anstatt zweier drei Xylembündel an der Bildung einer Seitenwurzel beteiligt sind, wird diese von van Tieghem als »triple« bezeichnet, gleichgültig ob die drei Leitbündel einen oder zwei Zentralzylinder bilden. Im letzteren Falle nennt van Tieghem die betreffende Wurzel bald double, bald triple. Eine solche Benennung enthält offenbar einen Widerspruch, da bald die Zahl der sich beteiligenden Xylembündel, bald jene der entstandenen Vegetationspunkte als Merkmal der Benennung dient. Bei Mono- cotylen (Mais) wo z. B. nicht selten mehr als drei Xylembündel an der Bildung einer Seitenwurzel beteiligt sind, ist der Übergang von den triplen zu den bandförmigen Wurzeln ein leichter. Diesen allgemeinen, nach van Tieghem erforderlichen Be- dingungen, nach denen die Bildung von Zwillingswurzeln stattfindet, wollen wir einige andere hinzufügen, welche nach unseren Be- obachtungen häufiger vorkommen und in befriedigender Weise die Bildung der Zwillingswurzeln erklären. Nach unseren Beobachtungen erfolgt die Bildung der Zwillings- wurzeln viel regelmäßiger, wenn, eine relativ hohe Polyarchie in der Mutterwurzel vorausgesetzt, die Verteilung der Xylemplatten derart von der normalen abweicht, daß zwei von diesen gegen- einander rücken und dadurch der van Tieghemsche p-Wert ein äußerst kleiner wird. Kommt diese Bedingung zustande, so er- scheinen die Zwillingswurzeln nur an einer Seite und längs zweier Orthostichen der Mutterwurzel. Wir wollen ein derartiges Verhalten näher verfolgen. Der Querschnitt durch die betreffende Mutterwurzel zeigt, daß der pentarche Zentralzylinder etwas abgeflacht erscheint und daß die fünf Xylemplatten eine besondere Verteilung aufweisen: zwei von ihnen sind in der Richtung des Längsdurchmessers, eine in der des Querdurchmessers orientiert und die zwei übrigen sind so zusammengerückt, daß sie mit der oberen, kleineren Platte einen sehr spitzen Winkel bilden. Diese Orientierung wird in der ganzen Wurzellänge beibe- — 53097 halten und tritt gegen die Wurzelspitze besonders deutlich hervor, da hier die zentripetale Entwicklung der Xylemplatten und die Bildung der Sklerenchyminseln noch nicht stattgefunden haben. Demnach scheint die Wurzel von dem radialen in den bilateralen Bau überzugehen und eine Symmetrieebene aufzuweisen, welche durch den kleineren Durchmesser des Wurzelquerschnittes geht. Das Phlo&m zeigt dabei eine entsprechende Entwicklung in tangentialer Richtung, welche an beiden Seiten der kleineren Xylem- platten das Maximum erreicht und von hier ab bis zum entgegen- gesetzten Ende des kleinen Durchmessers des Zentralzylinders ab- nimmt. Ein ähnliches Verhalten zeigen auch die Sklerenchyminseln, welche in derselben Weise und Richtung an Größe abnehmen. An den zwei Enden des kleinen Durchmessers des Zentralzylinders befinden sich also eine kleine Xylemplatte und eine kleine Sklerenchyminsel. Letztere unterscheidet sich von den übrigen Sklerenchymgruppen nicht nur durch die relativ kleine Anzahl ihrer Elemente, sondern auch durch die Orientierung und Streckung der- selben in radialer anstatt in tangentialer Richtung. Diese Gruppe verhindert die Verwachsung beider Wurzeln bis zu ihren Zentral- zylindern, so daß die zwei von der Mutter- zu der Zwillingswurzel übergehenden Xylemstränge etwa bogenartig um die Sklerenchym- insel und gegeneinander biegen. Das ganze Verhalten findet ein Analogon in dem von den Wurzeln der Tecoma radicans. Zwischen je zwei Reihen dieser Wurzeln liegen Hartbastbündel, welche zur Trennung der einzelnen Wurzelreihen ganz besonders beitragen (Franke, I, pag. 315). Die Möglichkeit, daß eine innigere Verwachsung der zwei Wurzeln durch das Vorhandensein von Sklerenchyminseln verhindert werden kann, wird von van Tieghem nicht erwogen, auch nicht der Umstand, daß durch die progressive Verkleinerung dieser Gruppe und das gleichzeitige Konvergieren der zwei Xylemplatten gegen den Scheitel hin die Bildung von Zwillingswurzeln ge- fördert wird. Interessant ist es auch, den Bau der Zwillingswurzeln mit dem der morphotisch ähnlichen, genetisch aber so verschiedenen serialen Bandwurzeln zu vergleichen. Auf dem Querschnitt betrachtet, zeichnen sich die Zwillings- wurzeln durch die regelmäßig konzentrische Lagerung der Rinden- zellen und durch die vorwiegende Tetrarchie des Zentralzylinders aus., Die gemeinsame Rinde erscheint um so mächtiger, je näher = a — der Basis die Querschnitte geführt werden. Auch die Zellen er- reichen hier die größten Dimensionen. Die Querschnittsbilder der wie Zwillingswurzeln aussehenden serialen Bandwurzeln zeigen ein ganz anderes Verhalten. Vor allem erfolgt bei diesen die Teilung nicht wie bei den Zwillingswurzeln durch gleichmäßige Einschnürung. von beiden Seiten, sondern vorwiegend nur von einer Seite. Längs der Ein- schnürungsstelle zeigt sich ein kleinzelliges Rindengewebe, welches um die kleine, im Schwinden fortgeschrittene Stele deutlich her- vortritt. Die Tetrarchie der Zentralzylinder zeigt sich entweder gar nicht oder wenigstens nicht regelmäßig. Wenn auch einige Wurzel- hälften zur Tetrarchie neigen, so zeigen doch die ihnen zugehören- den Hälften kein ähnliches Verhalten. Bei den Zwillingswurzeln kann die Tetrarchie nur ausnahmsweise durch Schwinden einer Xylemplatte und Verschmelzung der zwei an beiden Seiten liegen- den Phlo&mbündel in die Triarchie übergehen. Der Zentralzylinder zeigt bei den kollateralen Zwillingswurzeln meist die zylindrische Form; bei den serialen dagegen stimmt er mit der Form der ganzen Wurzel überein und ist besonders an den Innen-, weniger an den Außenpolen etwas abgeflacht. Nach erfolgter Spaltung gehen die Schizorrhizen der serialen Bandwurzeln erst allmählich in die zylindrische Form über, die von den Zwillingswurzeln schon vor der Spaltung angenommen wird. Auf ein weiteres Merkmal ist hier hinzuweisen. Die Zwillings- wurzeln bilden meist keine Seitenwurzeln. Das Fehlen dieser Bil- dungsfähigkeit ist auf den Umstand zurückzuführen, daß die Zwillings- wurzeln weit von der Basis der Mutterwurzel erscheinen, also dort, wo überhaupt auch bei Seitenwurzeln 1. Ordnung die Bildung von Seitenwurzeln 2. Ordnung fast ganz erlischt. Bei serialen Band- wurzeln erfolgt dagegen die Bildung von Seitenwurzeln 2. Ord- nung in unbeschränkter Anzahl und Zeitdauer. Trotz gleichartiger Bildungszustände verhalten sich die beiden Stelen einer Zwillingswurzel nicht immer gleich. Die eine kann mächtige Sklerenchyminseln besitzen, während die andere ihrer völlig entbehrt. Auch. die vorwiegende Tetrarchie der Stelen bleibt nicht immer bestehen, da die Reduktion einer Stele zu einer triarchen oder ihre Steigerung zu einer pentarchen nicht immer gleichen Schritt mit der anderen hält. — 5411 — In bezug auf die Verflachung und auf die Orientierung zum Umfang verhalten sich die Stelen gleich. Sind diese schief und ab- geflacht, so stehen sie aneinander parallel. Es mag hier hervorgehoben werden, daß Zwillingswurzeln auch aus mehr als zwei Xylemplatten im Perikambium entstehen können. In einem von mir beobachteten Fall traten aus einer hexarchen Hauptwurzel drei Xylemplatten in eine Seitenwurzel über. Diese war aber keine »triple« im Sinne varı Tieghems, sondern eine Zwillingswurzel, deren beide Leitbündelkörper aus einer, be- ziehungsweise aus zwei übertretenden Xylemplatten gebildet waren. Die betreffenden Xylemstränge waren bogig gegeneinander ge- staltet und ließen zwischen sich reichliches Parenchym. Der Querschnitt des Zentralzylinders der Mutterwurzel zeigte, daß die drei an der Bildung der Zwillingswurzel sich beteiligenden Xylemplatten weit in der Richtung der Zwillingswurzel hervor- ragten, so daß der Querschnitt fast birnenförmig erschien und diese Gestalt an der einen Seite der Mutterwurzel, d. h. längs der einen Längshälfte derselben hartnäckig behielt. Das weist darauf hin, daß die einseitige Förderung der Nebenwurzeln durch besondere ana- tomische Verhältnisse begünstigt wird. Zea Mays. Bei Monocotylen ist das Auftreten von Zwillingswurzeln wenig bekannt. Die Erscheinung beansprucht daher eine um so größere Aufmerksamkeit, als der Polyarchie dieser Wurzeln entsprechend nicht ein, sondern meist mehrere Leitbündel zugleich sich an der Seitenwurzelbildung beteiligen. Daß übrigens auch oligarche Wurzeln mit dünnem Leitbündelstrang Zwillingswurzeln bilden können, hat van Tieghem (l, pag. 22) an tetrarchen Wurzeln von Echeandia ternifolia und gar an den triarchen von Bulbine annuum beobachtet. Zwei Fälle sollen näher erläutert werden. Der erste bezieht sich auf eine in der Rinde kriechende Zwillingswurzel kollateraler Bildung, die erst nach ihrer völligen Ausbildung durch die Rinde der Mutterwurzel hervorbrach. Der zweite Fall stellte dagegen eine seriale, wie eine Zwillings- wurzel aussehende Seitenwurzel dar, die aus einer regenerierten Spalthälfte hervorging. Sie wich von dem allgemeinen Verhalten der serial bandförmigen Wurzeln nicht wesentlich ab, nur schien sie in zwei gleiche Hälften sich auflösen zu wollen, ein Verhalten, dem ihr monostelischer Leitbündelkörper nicht folgte, IE 8 Ein Vergleich der beiden Querschnittsbilder zeigte sowohl die verschiedene Entstehung als auch die verschiedene von dieser beeinflußte Ausbildung der Gewebe. Zunächst fiel die verschiedene Querschnittsform beider Wurzeln auf, Die eine hatte die charakteristische Brezelform, die andere die einer S. Die erste Form kommt dadurch zustande, daß zwischen den zur Bildung beider Zentralzylinder erforderlichen Leitbündeln eine fast gleiche Anzahl von diesen in Ruhe verbleibt. Die beiden Wurzeln bildeten mit der nach innen gerichteten Rinde einen rechten Winkel. Längs der Kontaktfläche war der gegenseitige Druck der wachsenden Wurzeln derartig, daß sich diese abflachten und zum Teil verschmolzen. Eine Folge des von der Rinde der Mutterwurzel ausgeübten Druckes ist die Ausbildung einer mechanisch wirkenden Außenrinde in der Zwillingswurzel. Diese erreichte gerade an der Kontaktfläche die größte Mächtigkeit und zeichnete sich auch durch ihre dickwandigen, anders orientierten Elemente aus. Im Gegensatze zu diesem Verhalten entbehrte die andere Wurzel, den verschiedenartigen Wachstumsumständen entsprechend, jeder Andeutung einer mechanisch wirkenden Außenrinde. Die Innenrinde wies dagegen in beiden Querschnittsbildern fast normale Entwicklung auf. Die konzentrische Orientierung der Rindenzellen ist in der Zwillingswurzel regelmäßiger als in der anderen, und zwar an der Außen- regelmäßiger als an der Innenseite. Die Zentralzylinder hatten trotz ihrer exzentrischen Lage fast die gleiche Form des Querschnittes wie die Zwillingswurzel. An der ursprünglichen Seite der Kontaktfläche der Rinde waren sie in- folge des bis zu ihnen sich fortpflanzenden Druckes leicht ab- geflacht. Die große Einförmigkeit der auf ihre Bildung wirkenden Wachstumsverhältnisse äußerte sich in der Gleichheit der Form, Orientierung und Anzahl der Leitbündel. Ein ganz verschiedenes Verhalten zeigte das Querschnittsbild der serial entstandenen Bandwurzel. Zunächst fiel bei diesem das Vorhandensein einer Längsachse auf, in der die meisten weiten Gefäße angeordnet waren und zu der alle übrigen Elemente fast symmetrisch lagen. Die Lagerung dieser Gefäße in der Mediane steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit ihrer Entstehung aus einer einzigen Xylemplatte der Mutterwurzel, die für eine Strecke entsprechender Länge daran beteiligt war. Die gleiche Tendenz der übrigen weiten Gefäße, sich fast parallel zur Längsachse des Quer- schnittes zu lagern und damit die peripherische Lage zu verlassen, Tag würde ebenfalls in Zusammenhang mit ihrer Entstehung aus anderen Xylemplatten stehen, die sowohl zu der Mediane als auch zueinander parallel lagen. Aus dem Vergleiche beider Gebilde geht hervor, daß die typischen Zwillingswurzeln (wie bei Dicotylen) kollaterale Bildung aufweisen und sich wie bei letzteren in senkrechter Richtung zur Vegetationsachse der Mutterwurzel bilden. Unter den serialen band- förmigen Wurzeln befinden sich zwar solche, die den Zwillings- wurzeln ähneln, jedoch keine völlige Übereinstimmung zwischen äußeren und inneren Merkmalen zeigen. Die typischen kollateralen Zwillingswurzeln weisen, in ihrer Gesamtheit betrachtet, eine Symmetrieebene auf, welche durch die Kontaktfläche und durch die Längsachse der Mutterwurzel geht. Diese Ebene teilt die serialen Zwillingswurzeln in zwei Hälften. Außerdem besitzen sie noch zwei Symmetrieebenen, die sich unter einem Winkel von zirka 90° schneiden. Beide Symmetrieebenen fallen in den serialen Wurzeln zusammen. Eine weitere Erläuterung zu dem beschriebenen Verhalten der Zwillingswurzeln bietet der Querschnitt, der gerade durch die Ursprungsstelle der Zwillingswurzel geführt wurde. Es handelt sich um eine Zwillingswurzel, die in der Rinde der Mutterwurzel gleichsam eingekapselt blieb. An der Ursprungs- stelle waren die zwei Wurzeln getrennt. Bei ihrem Weiterwachsen in vertikaler Richtung näherten sie sich einander, bis sie sich be- rührten und an der Berührungsstelle abflachten. Die für die zwei anderen schon beschriebenen Eigentümlichkeiten stimmen auch mit denen dieser Wurzeln überein. Die Epidermis der Mutterwurzel wurde weit nach außen gedrängt und zwischen den zwei Wurzeln in der Richtung der Symmetrieebene der ganzen Figur gespannt, ohne jedoch zersprengt zu werden. Dies war dadurch möglich, daß die Mutterwurzel der mechanischen Außenrinde entbehrte und dem inneren Druck der Zwillingswurzel leicht nachgeben konnte; letztere nahm damit die ganze Rindendicke bis zur Epidermis ein. Die einzige zwischen den beiden Epidermen verbleivende Rinden- schicht — als Hypoderm war sie ihrer Ausbildung nach kaum zu bezeichnen — verschwand allmählich in den scheitelwärts geführten Schnitten, so daß die zwei: Epidermen sich unmittelbar berührten. So gering aber der von der Epidermis ausgeübte Druck auch war, veranlaßte er doch die Bildung der mechanischen Außenrinde an der Außenseite der Zwillingswurzel. Der mechanische Ring bestand in Sn dem oberen Teil aus isolierten, in dem unteren aus dicht gedrängten Elementen, die schließlich einen gleichmäßig dicken Gürtel bildeten. Teleologisch betrachtet leuchtet die Bildung dieses Gürtels nicht ein, denn bei dem Verbleiben der Wurzel unter der Rinde entbehrt sie jeder mechanischen Bedeutung. Demnach kann solche Bildung sich nur unter dem Einfluß des Rindendruckes der Mutter- wurzel vollzogen haben, welche der mechanischen Außenrinde auf- fallenderweise völlig entbehrt. In anderen Beziehungen ist das Verhalten des Zentralzylinders der Mutterwurzel interessant und weist manche Ähnlichkeit mit den von mir früher beschriebenen Erscheinungen auf. (Cfr. Lopriore II, Fig. 6, Taf. 1.) Auf dem Querschnitte zeigt der Zentralzylinder das Bestreben zur Hufeisenform überzugehen, indem die Xylemelemente, besonders aber die weiten Gefäße die peripherische Lage verlassen und gegen die Mitte hinrücken. Diese Gefäße sind in der medianen, zwischen den zwei Wurzeln liegenden Längsebene angeordnet, zeigen un- gleichen elliptischen Umriß und sind meist in der Richtung der Längsebene gestreckt. Nur zwei von ihnen, die größten, haben sich von den übrigen völlig isoliert und senkrecht zur Symmetrieebene gestellt. Das Phloöm behält dagegen die ursprüngliche Lage bei, nur erstreckt es sich bedeutend in tangentialer Richtung. Die von der Mutter- zur Zwillingswurzel übergehenden Bündel- stränge zeigen eine breite Ansatzstelle auf der ersteren und bilden einen mit der Öffnung nach außen gerichteten rechten Winkel. Die Endodermis geht von der Mutter- zur Zwillingswurzel ohne Unterbrechung über und stellt die äußere Grenze des hufeisen- förmigen, die drei Zentralzylinder umfassenden Gebildes dar. Schlußbetrachtungen. Die bis jetzt beschriebenen Fälle verdienen eine kurze Er- örterung. Die Bildung von Zwillingswurzeln an der einen Seite der Mutterwurzel beruht auf anatomischen Verhältnissen, nämlich auf dem Zusammenrücken nach der betreffenden Seite hin zweier oder mehrerer Xylemplatten. Ein gefördertes Wachstum tritt zwar weder regelmäßig ein, noch ist es so ausgeprägt wie die von Wiesner als »Exotrophie« aufgefaßte Außenwendigkeit oberirdischer Organe (z. B. Blüten). Die einseitige Beschränkung der Zwillingswurzeln tritt auch nicht so regelmäßig ein wie die der Seitenwurzeln an gekrümmten —. 595, — Strecken des Mutterorgans (»Morphästesie«), mit deren Bedeutung und Verbreitung uns Noll (l., pag. 406) bekannt gemacht hat. Ein Antagonismus zwischen der anatomisch prädestinierten und der entgegengesetzten Seite kommt also nicht zum Ausdruck. Mit dem anatomischen kommt auch das physiologische, auf Ernährungsunterschieden beruhende Moment in Betracht, welches sich dadurch äußert, daß die die Nährstoffe befördernden Bahnen entsprechend verstärkt werden. In mechanischer Hinsicht tritt aber die Ausbildung der mechanisch wirkenden, für Leguminosenwurzeln charakteristischen Sklerenchym- stränge an der geförderten Seite sehr zurück. In dieser Hinsicht leuchtet es auch nicht ein, weshalb von den zwei Hälften einer Zwillingswurzel die eine, sehr mächtige Bastbelege besitzt, während die andere keine aufweist. Noch mehr als die einseitige Förderung fällt die Eigentüm- lichkeit auf, daß die beiden Seitenwurzeln in gleicher Höhe und zu gleicher Zeit hervorbrechen und daß die resultierenden Zwillings- wurzeln längs der zwei betreffenden Orthostichen wiederholt auf- treten. Daß nun der eine Bildungshügel bald nach seiner Anlage irgendeinen Reiz ausübt, wodurch ein zweiter nebenan entsteht, ist kaum anzunehmen: denn beide Hügel halten in ihrer Entwicklung durchaus gleichen Schritt. Sie entstehen also nicht sukzessiv, son- dern simultan, wenn sich auch an ihrer Bildung anstatt zweier mehr Xylemplatten beteiligen. Richtiger scheint die Deutung zu sein, daß die Xylemplatten bei ihrem Zusammenrücken und gleich- zeitigen Hervorragen Spannungsunterschiede im Perikambium hervor- rufen, wodurch letzteres vor den betreffenden Xylemplatten zu einer größeren Tätigkeit gereizt wird. Die experimentelle, schwer durchzuführende Nachprüfung dieser Annahme könnte vielleicht durch Einwirkung des Druckes herbei- gebracht werden, der nach Wildt (I., pag. 47) die Bildung neuer Gefäßbündel und dadurch die »Heterarchie« der Wurzel an der gedrückten Stelle bedingen kann. Die Einschaltung neuer Gefäß- bündel — infolge deren die normale sternige Anordnung der alten gestört wird — könnte die Bildung von Zwillingswurzeln an der betreffenden Seite hervorrufen. Der van Tieghemsche »„-Wert würde dadurch ein sehr geringer werden. Das Fehlen der Zwillingswurzeln an dem Basalteile der Mutterwurzel und ihr regelmäßigeres Auftreten weit unterhalb des- selben — etwa in dem mittelständigen Drittelteile der Wurzellänge — 35 Wiesner-Festschrift — 546 — beweisen, daß die Zwillingswurzeln dort angewiesen sind, wo ihr Ansatz an der Mutterwurzel eine relativ geringe Breite aufweist. Es ist ferner zu beachten, daß die tangentiale Breite der zwischen den Strahlen des Leitbündelkörpers gespannten Perikambiumbogen an der Wurzelbasis das Maximum erreicht und durch Einschaltung sekundärer Bündel an Ausdehnung gewinnt. Daher können Span- nungsunterschiede keine so große Ausdehnung zeigen, wie es bei geringer Breite der Perikambiumbogen möglich wäre. Ökologisch betrachtet bieten die Zwillingswurzeln keinen Vorteil im Vergleich zu den zylindrischen Seitenwurzeln. Sie können in der Tat das Substrat nicht so gut ausbeuten, als wenn sie ge- trennt verliefen und normal angelegt wären. Literatur. Franke, Beiträge zur Kenntnis der Wurzelverwachsungen. Cohns Bei- träge. II. Bd. Lopriore (I), La fasciazione delle radieci in rapporto ad azioni trau- matiche. Atti Accad. Gioenia, Vol. XVII. Catania 1903. — (MN), Künstlich erzeugte Verbänderung bei P’haseolus multiflorus. Ber. der Deutschen bot. Gesellsch. Bd. XXI, 1904. — (III), Verbänderung infolge des Köpfens. Ib. — (IV), Regeneration von Wurzeln und Stämmen infolge traumatischer Einwirkungen. R&sultats scientifiques du Congres international de Botanique. Wien 1905, Jena 1906. Noll, Über den bestimmenden Einfluß von Wurzelkrümmungen auf Ent- stehung und Anordnung der Seitenwurzeln. Thiels Landwirtschaftliche Jahr- bücher 1900. Van Tieghem (Il), Memoire sur la racine. Ann. des sciences nat. V. Serie, XIII. 1869. - (NM), Sur les racines doubles et les bourgeons doubles des phanero- games. Journal de Botanique, T. I., 1837. Wiesner (I), Über korrelative Transpiration mit Hauptrücksicht auf Anisophyllie und Phototrophie. Vorl. Mitt. in den Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-nat. Kl. Bd. CXIV. Abt. I. Mai 1905. Mit 2 Taf. (II), Die Anisophyllie der Pflanzen. Ibidem, Bd. CI. Abt. 1. 1892. — (ID), Vorl. Mitteilung über die Erscheinung der Exotrophie. Ber d. Deutsch. bot. Ges. Bd. X. 1892. (IV), Über Trophieen nebst Bemerkungen über Anisophyllie. Ibidem, Bd. XIII. 1895. Erklärung der Figuren. Sämtliche Figuren wurden nach photographischen Aufnahmen, die zuweilen auf Grund der mikroskopischen Präparate durch Zeichnung ergänzt wurden, lithographiert. Vergr. 30-40: 1. — 547 — Fig. 1—4: Zea Mays. Fig. 1. Ein an der Ursprungsstelle einer Zwillingswurzel aus der Mutter- wurzel geführter Querschnitt. An der Ursprungsstelle sind die beiden Wurzeln getrennt. Bei ihrem Weiterwachsen in vertikaler Richtung nähern sie sich, bis sie sich berühren und an der Berührungsstelle abflachen. Fig. 2. Querschnitt durch eine brezelförmige, auf vorstehend beschriebene Weise entstandene Zwillingswurzel. Die beiden Leitbündelkörper zeigen diese exzentrische Lage. Fig. 3. Querschnitt durch eine achtförmige, wie eine Zwillingswurzel aussehende, jedoch serial entstandene Seitenwurzel. Die Einschnürung des Leit- bündelkörpers ist schon weit vorgeschritten. Fig. 4. Querschnitt durch eine seriale Bandwurzel. Aus der flachen — in der Figur oberen — Seite brechen in gleicher Höhe und Richtung vier Seitenwurzeln hervor, von denen die zwei in der Mitte liegenden eine Zwil- lingswurzel bilden. Fig. 5—8: Vicia Faba. Fig. 5. Querschnitt durch die Ursprungsstelle einer Zwillingswurzel aus der Mutterwurzel. Letztere zeigt die Neigung, vom radiären in den bilateralen Bau überzugehen. Daher bilden sich die Xylemplatten und die Sklerenchyminseln verschieden aus. In der Richtung der kleinen — in der Figur unteren — Sklerenchym- insel hat sich eine Lücke gebildet, welche die völlige Verwachsung der zwei Hälften der Zwillingswurzel verhindert. Fig. 6. Querschnitt durch eine, wie vorhin erwähnt, entstandene Zwillings- wurzel. Der Bau der Rinde und der zwei tetrarchen Bündelkörper ist in beiden Hälften gleich. Fig. 7. Querschnitt einer wie Zwillingswurzel aussehenden, jedoch serial entstandenen Bandwurzel. Trotz der hantelförmigen, regelmäßigen Gestalt sind die zwei tetrarchen Leitbündelkörper nicht gleich gebaut. Außerdem liegt in der Mitte eine kleine, weit reduzierte Stele. Fig. 8, Querschnitt einer hexarchen Hauptwurzel an der Insertiousstelle einer Zwillingswurzel, in welche drei benachbarte Xylemplatten in gleicher Höhe und Richtung übertreten. - Berichtigung und Nachtrag. Seite 109, Z. 3 v. u. lies nach zweireihig »getüpfelt«. „.. 148, 2..13’v..0: lies »dene statt »der«. „ 154, Z.6v. o. lies »rechte« statt »linke«. „ 157, Figurenerklärung; lies »bei den Seitenblüten sollte das fertile Fruchtknotenfach auf der Seite von ß‘ sein«. Seite 157, Z. 1 v. u. lies »wie ein Querschnitt durch eine junge Blüte zeigt« statt »der Querschnitt Fig. 4<. Seite 163, Z. 2 v. o. lies »Korrelative« statt »Korrative«. „ 166 ist vor dem Schlußabsatze einzufügen: »Schließlich sei noch auf das Verhalten einiger Begonia-Arten hingewiesen, welche sich dadurch aus- zeichnen, daß der dreikantige Fruchtknoten auf einer Seite einen weit vor- springenden Flügel besitzt. Dieser ist, soweit das untersucht wurde, stets der Seite der Pflanze zugewendet, auf der die größeren Blatthälften sich befinden. Die Dorsiventralität der Blüten steht also in Beziehung zur Dorsiventralität der ganzen Pflanze wie bei den Podostemonaceen.« (Vgl. Willis, Studies in the morphologie and ecology of the Podostemonacene. Ann. of the roy. bot. gardens, Peradenya, I., 434.) Seite 258, Z. 17 v. o. lies »Pyrrol« statt »Lassaigne«. Dan. Tu fi I he $ Ahennnnnning, E.laue, Lith. Inst. Berlin. N } ’ ee „ Tafel II. M. Möbius. Aut. del. u ee 2 » a - / —n m en ee . . . Fl a E A > . T. F. Hanausek. ram yilprscein. Tr , b er, ing sr LITE TE I 20 ®; tr $% ed ; ® .. #* RR ©. Y ET WERE EHRT INGT BTTERTIITTET uns & J BI TEEYY s ne .. “x BT ande aisige Baker: : . , er BE EREER 3: u Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien phot. TatelelIT u: IV. "dr DE [7 Ko; De, a > “ . er & “ R B D B Pd “ | WE D « « j 7 F i “ ee en “ = } ie I» u * “ er Fr « we » ’ » ud » FU N m Mg N x h ' % N x age j D . j E 1 2 ern ; 2 | | - \ - e, a SIE Eu 7 “ PR en = A E 3 5 % = N [2 u 8 j Z- FR > Yu Er ra - N u. Z = e Bu - a E > - di . f ge ” u ee = : . sa . - ’ un 2 ü a 2 u r ”e EV » E. Sentt. Über das Vorkommen von Physcion bei den Flechten. Tafel V. Druck v. A. Berger, Wien, VIIL2, W. Trelease. Tafel VI. bi Autor phot. Variegations of Agave americana. ei | = een - er % a D - ER I veRe, RR R Pie = F - - Er x r Bi wen en F f ne SR x ku tk a a 1a F u , ’ u 22 ü Ems { 7} a \ u j ı D * ö Bu De Bu a u - . * =; epid saedvy I yoyd 10nYy TA I9}eL »seajalL M W. Trelease. Tafel vll Autor phot. Agave angustifolia marginata. j= Er 7 a a Se nahen “ -- ER a Re wunel ar rd re a a a a % a [44 it u see A er Te ee Ind W, Trelease. Tatas Agave Hookeri str Autor phot. EN a: epıd-oIpswm suedIgfe JALdY Joyd ıomy "x pe SEI|31L. "MN W. Trelease, Tafel XI. Autor- phot. Agave Morrisii marginata. == " = J* n . | AN nu I EN : RUN J ‘-. art as .. aa aahi m ae y nr ‚. E Re» & L y ' pm - Kr - j "eypId-oıpawm Ss9pÄko.12.1N0.] JALdY yoyd 1oyny 7] 1X IS}e@L 9se9j9l1]L "MM E a Re FF RTe = rg & ad z 314 ron "UaL Ay UI UoNeJs[[Jo.1uLoyNuswes 'y °4 °p 'upny Joyd NT 2 ae J a ne + % « * % 14 4 ir) r 91 g 19 z 14 I 3149 "usı/ N ur uonejsj[ouoyuawes 2 2 'p "uyny oyd "AIX IPRL [19lzula A A UL p 'd14 ge 31 z 214 1 219 "uaryy ur uonejsjjoauoyuswes 'y '4 'p 'uyny J0Ud AX PERL I19IZzU19 A A UL vu Pa a 3 Y & “ a ni Saunen pen ie ET ARE EESE BE ern Ta Zen Eee ur re nn 2 ) "uaı Ur UoNeIsj[joquoyusweg ‘7 7 'p alydeıdogoyg rinnen un 7] ’ RER her ennseinnernerinnalim ine REEL REN. | Fi i TIOIZUIa A A UL at Pe N = z Ka S 2 + % A A E e r v w 2 « “ £ ; Fr z r ” ; , “ ef " 4 > N in “ e ER LT 1 ; * 2 D - Y Sr SE: 38 = N “ - nL $ - ee re nat ug re Da rege I Ab Veen) nee reset da an u m S ” a . i a EEE IT a » 5 2 er fi en De a a “([1aIzura A A YDdeu) JdeMsSuUolm1ohadJ "uaı/yy Ur UONEIS[[OALONUSWEeS 'y 1 'p uyny "Jod 11AX IPeL TIOIzZUroM N Ur Te WER A an PB er Er ne ee en m ie Ludwig Linsbauer. 016 004 005007 01 27 Q Ss > Ss D S Ss S IS) SMOnS = on > a ee ae en NEE Sehe uv 771928 Ho ynPp uf Beleuchtungs- Tafel XVII u. 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