*fe*f

*/!

i

•? '.

fr fr >

>

»

>

>

»

k

I tt '•

'

II

- .'

> ■- m > « t

•*■»*»

J ,»_»*•

.

» » ü e •■

^^^^^^^^^^^^

=0

1 - 1 1

1 m

l\

%*. M

WINKE FÜR DIE ANFERTIGUNG UND VERZIERUNG

DER

PARAMENTE.

ÜH

CS

s-

e pq

cv p

O

3

RT!

- - » -

*•

P

«*'#•»<

'♦»*»<

t '»«§>• M

;':

»».*♦•

?«4

:

f •• i

►•♦*■<

<■

«- tt i r c

*»«•»••

I

WINKE

FÜR DIE

ANFERTIGUNG UND VERZIERUNG

DER

PARAMENTE

VON

JOSEPH BRAUN S. J.

AUT 2 TAFELN UND 74 ABBILDUNGEN IM TEXT.

ERGÄNZUNG ZU DER SAMMLUNG VON

.VORLAGEN FÜR PARAMENTENSTICKEREIEN'

MIT APPROBATION DES HOCHVT. HERRN ERZBISCHOFS VON FREIBURG UND DER ORDENSOBERN.

FREIBURG IM BREISGAU.

HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG.

1904.

ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.

(Juni opus, cui titulus est :

„Winke für die Anfertigung und Verzierung der Paramente", aliqui eiusdem Societatis revisores, quibus id commissum fuit, recognoverint et in lueem edi posse probaverint, facultatem concedimus, ut typis mandetur, si ita iis, ad quos pertinet, videbitur.

In quorum fidem has litteras manu nostra subscriptas et sigillo rauneris nostri munitas dedimus.

Exaeten, 22 Augusti 1903.

L. S.

P. C. Schaeffer S. J.

Prov. Germ. Praepositus.

Imprimatur.

Frihirgi Brisgoviae, die 22 Decembris 1903.

$. Thomas, Archiepps.

Alle Rechte vorbehalten.

Buchdruckeroi der Horderschen Verlagshandlung in Freiburg.

V o r w ort.

Den Anlaß zur vorliegenden Schrift bildete die unter dem Titel „Domine, dilexi decorum domus tuae" 1902 von dem Verfasser in erster Auflage heraus- gegebene Sammlung von Vorlagen für Paramentenstickereien 1. Es war ur- sprünglich seine Absicht, im Text zu den Tafeln mit der Erläuterung der einzelnen Muster eine Besprechung der verschiedenen Stickstiche, Sticktech- niken, Stickweisen und sonstiger für eine Stickerin wissenswerter Gegenstände zu verbinden. Er erkannte indessen nachgerade, daß der Text auf diese Weise einen zu großen Umfang erhalten würde, und beschloß darum, das be- reits verarbeitete Material zu sichten, durch eine Anleitung über die Her- stellung auch der Paramente zu erweitern und in selbständiger Form als eine Art kurzen Handbuches der Paramentik herauszugeben. Die günstige Auf- nahme, welche die Sammlung gefunden hat, konnte ihn dazu nur ermutigen. Die Schrift nennt sich bloß „Winke für die Anfertigung und Verzierung der Paramente". Denn sie will kein weitläufiges Lehrbuch der Paramentik sein, sondern lediglich in schlichter, knapper, wenngleich verständlicher Weise Be- lehrungen über die Herstellung der beim Gottesdienst zur Verwendung kom- menden Paramente und die Ausführung würdiger Paramentenspitzen und Para- mentenstickereien geben. Sie geht demnach ganz in praktischen Anweisungen auf. Gewiß hätte sich noch vieles andere und Schöne über die Paramente und ihre Verzierung sagen lassen. Da indessen die Arbeit gedacht ist als eine Art von Ergänzung zu der Vorlagensammlung, schien es das angemessenste, sie durchaus auf die praktischen Momente zu beschränken.

In vergangenen Zeiten haben fromme Hände Meisterwerke liturgischer Paramente und zumal kirchlicher Stickereien zur Ehre Gottes hervorgebracht. Noch haben sich davon genug Reste erhalten; unsere Museen sind reich daran, wie denn auch mancherorts noch in den Kirchen vieles davon übrig geblieben ist. Bei ihnen, bei dem, was kunstsinnige, für den Glanz des Gottes- dienstes begeisterte Hände einst geschaffen, ist der Verfasser des Büchleins vor allem in die Schule gegangen. Was er da gesehen und gelernt hat, das

1 Domine, dilexi decorum domus tuae. 200 Vorlagen für Paramentenstickereien. Mit 28 Tafeln. Zweite, vermehrte Auflage, Freiburg, Herder, 1904.

Braun, Winke für Paraiuentenanfertigung. a

und nichts anderes hat er in diesem Büchlein niedergelegt. Möge es der Paramentik und kirchlichen Stickkunst zu Nutz und Frommen sein.

Es wäre eine Torheit, zu verschmähen und zu verachten, was unsere Zeit Gutes hervorgebracht hat und hervorbringt. Insbesondere sei bereit- willigst, ja freudig anerkannt, daf3 auf dem Felde der Paramentik Vortreff- liches geleistet worden ist. Allein nur darum ist so viel Herrliches geschaffen worden, weil man sich nach einer Zeit traurigen Verfalles derselben zu den wahien Lehrmeistern , zu den Schöpfungen früherer Zeit, zurückwandte und ihnen die rechten Formen, die rechten Techniken wie die rechte Verzierungs- weise der dem Gottesdienst geweihten Paramente ablauschte. In demselben Maß, in welchem man sich von den Grundsätzen und der Art der Muster früherer Zeiten entfernt, in demselben Malis wird man wieder rückschreiten. Freilich hat jede Zeit, auch die gegenwärtige, ihre Eigenart. Eine Kunst, die lebendig sein will , muß den berechtigten Eigentümlichkeiten der jeweiligen Verhältnisse gebührende Rechnung tragen. Auch in der Paramentik ist heut- zutage manches, was früher in Brauch war, schlechthin nicht mehr angängig, anderes nur mit Beschränkungen zulässig. Was wir indessen von den Meister- werken der Paramentik aus früheren Tagen lernen müssen und nimmer lassen sollen, sind außer der Sorge für solides Material und der soliden Technik die Grundsätze, von denen die alten Meister sich leiten ließen, der Geist, der sich in ihren Schöpfungen ausspricht und die diesen eigene, dem Zweck so angemessene, feierliche, edle, stilvolle Formsprache.

Norm bei Herstellung und Verzierung der Paramente sind vor allem die diesbezüglichen kirchlichen Bestimmungen1 und rechtskräftigen Gewohnheiten. Die Zahl der ausdrücklichen kirchlichen Vorschriften ist indessen nicht groß und der bestehende Brauch hinsichtlich der Paramente sehr schwankend. Es müssen darum in vielen Fällen in Beziehung auf den Stoff, die Form und die Ausstattung derselben die Regeln der Schicklichkeit und des religiösen An- standes, die Grundsätze einer gesunden Ästhetik und die Forderungen der Zweckmäßigkeit den Ausschlag geben. Auf ihnen hat denn auch der Ver- fasser seine Winke überall da fußen lassen, wo eine ausdrückliche Bestimmung nicht vorlag. Freilich will er sich nicht anmaßen, zu behaupten, daß er

1 Es wird auf die einzelnen kirchlichen Bestimmungen in der Schrift gehiihrenden Ortes verwiesen werden. Dabei bedeutet Decr. auth. (Decreta authentica) die 1893 von der Riten- kongregatiön veröffentlichte offizielle Sammlung der liturgischen Dekrete, durch welche die alteren vmii A Gardellini und W. Mühlbauer herausgegebeneu nicht offiziellen Sammlungen der Dekrete der Ritenkongregation jetzt ersetzt sind. Wenn nirgends auf die Bestimmungen des hl. Karl Borromäus hinsichtlich der Paramente und die Angaben Gavantis in dessen „The- saurus rituum", die nur Wiedergabe der Mailänder Verordnungen sind, Bezug genommen wird, so liegt das daran, daß denselben keinerlei verpflichtende Kraft zukommt. Wohl wurden die Vorschriften des hl. Karl in Rom approbiert, allein Rechtskraft haben sie niemals anderswo als im Bereich der Mailänder Kirchenprovinz besessen. Es hat heutzutage um so wenige]- Zweck, sich auf dieselben zu berufen, als sie tatsächlich nicht einmal mehr in Mai- land beobachtet werden.

stets das Richtige oder das Beste getroffen. Vielleicht, daß andere in ein- zelnen Fällen anders denken. Hat doch der Spruch: De gustihus non est disputandum, über Geschmackssachen läßt sich nicht streiten, bis zu einem gewissen Grade seine Berechtigung.

Der Verfasser hat bei aller Knappheit der Darstellung möglichst Voll- ständigkeit erstrebt. Es durften darum auch nebensächliche und an sich leicht verständliche Dinge nicht übergangen werden. Das um so weniger, als die tägliche Erfahrung nur zu sehr beweist, wie auffallenderweise gerade in Bezug auf sog. Kleinigkeiten und selbstredende Dinge gefehlt wird. Was allzu selbstverständlich ist und was als allbekannt vorausgesetzt werden mußte, brauchte natürlich eine Erwähnung nicht zu finden.

Wiederholungen waren in der Schrift unmöglich ganz zu vermeiden. Sie hatten indessen nur da statt, wo der Zusammenhang ein Zurückkommen auf bereits Besprochenes wünschenswert oder nötig machte, dem Leser aber ein lästiges, zeitraubendes Nachschlagen erspart werden sollte.

Es war anfänglich des Verfassers Absicht, der Arbeit Notizen über die Preise der Seidenstoffe , der Stickseiden , des Goldgespinstes , gewebter Be- sätze usw. beizugeben. Er hat es jedoch schließlich für das beste gehalten, davon abzusehen. Bestimmte Preise lassen sich aus mancherlei Gründen, namentlich wegen der schwankenden Preislage des Rohmaterials, der quali- tativen Verschiedenheit der Stoffe und der in den verschiedenen Geschäften wechselnden Bezeichnungen in den meisten Fällen nicht angeben. Mit vagen Preisangaben, wie: Brokatell 8 20 Mark, ist aber zuletzt niemand gedient. Man wende sich im Bedarfsfall um ein Preisverzeichnis an eine der bekannten Krefelder Firmen oder an ein solides Paramentengeschäft.

Es ist ein schönes, ein erhabenes Werk, würdige Paramente für das Haus des Herrn anzufertigen. Einst, da der Heiland noch auf Erden weilte, folgten fromme Frauen ihm auf seinen Reisen durch das Land der Ver- heißung, um ihm zu dienen. Heute geht der Gottessohn nicht mehr von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, wie ehedem, wohl aber weilt er auch jetzt noch in unserer Mitte. Er ist in den Himmel aufgefahren, allein er hat durch ein Wunder seiner Liebe auch hier auf Erden unter uns sein Gezelt aufgeschlagen. Im Gotteshaus, das darum wahrhaftig ein Haus des Herrn ist, wollte er im heiligsten Sakrament wahrhaft, wirklich und wesentlich mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele als Mensch und als Gott zugegen sein, hier wollte er unblutigerweise immer und immer wieder bis zum Ende der Tage das Kreuzesopfer erneuern, hier die Seelenspeise der Seinen werden. Und so können auch jetzt noch fromme, opferbereite Frauenhände in aller Wahrheit dem Heiland nach dem Vorbild jener frommen Frauen Liebe und Dienst er- weisen. Denn wem gilt es zuletzt, wenn sie die heiligen Gewänder herstellen, in denen der Priester als Stellvertreter und in der Kraft des Gottessohnes das unblutige Opfer des Neuen Bundes vollzieht, wenn sie die Opferstätte

und den heiligen Tisch geziemend bereiten, wenn sie das Gezelt , worin das heiligste Sakrament aufbewahrt wird, mit würdigem Schmuck versehen, wenn sie den Lehrstuhl, wo der Diener Christi das Wort des Lebens kündet, und die heiligen Geräte, die den wunderbarsten Verrichtungen dienen, gebührend zieren und dem Bau, der sich hoch über dem Tabernakel wölbt, durch die Werke ihrer Kunst, an den Tagen des Herrn und den hohen Kirchenfesten Glanz verleihen helfen, wem anders als demjenigen, der im Tabernakel weilt, dem Heiland der Welt und Gottmenschen Jesus Christus?

Allen, welche zum Zustandekommen dieser Schrift irgendwie ihre Hilfe liehen, ein herzliches „Vergelt's Gott". Insbesondere benutze ich diese Ge- legenheit, um meinen wärmsten Dank einem Manne auszusprechen, der nicht nur durch das lebhafte Interesse, welches er seit langem meinen Beschäfti- gungen mit der Paramentik alter und neuer Zeit entgegenbrachte, sondern namentlich auch durch die freundlichen Anregungen und Förderungen, welche er dieser Arbeit zu teil werden liefä, in hohem Maße mich sich verpflichtet hat, dem um die Pflege der christlichen Kunst und Paramentik so verdienten hochwürdigen Herrn Domkapitular Professor Dr A. Schnütgen zu Köln.

Ich stelle die Schrift unter den Schutz und Segen des göttlichen Kindes von Bethlehem , unseres Heilandes , zu dessen größerer Verherrlichung sie einzig dienen will.

Luxemburg, am hochheiligen Weihnachtsfeste 1903.

J. Brann S. J.

Inhaltsverzeichnis.

V o r w ort.

Erster Teil.

Die Paramente.

Seite . V

V o r I) e m c r k u n g

1

Erster Abschnitt. Die Paramente im allgemeinen.

Erstes Kapitel. Der Stoff der Paramente 2

1. Die Paramentenstoffe im allgemeinen 2

2. Der Stoff der einzelnen Paramente . 4

3. Die verschiedenen Seidenstoffe. Die Linnenstoffe 5

4. Die Musterung der Paramenteiistoffe 9

5. Qualität der Paramentenstoffe . . II

Zweites Kapitel. Die Ausstattung der Pa- ramente 12

1. Die Ausstattung der Paramente im allgemeinen 12

2. Die Eigenschaften einer guten Ver- zierung 12

3. Das Material der Verzierungen . . 14

Drittes Kapitel. Die Verzierungsmittel . 16

1. Stickereien 16

2. Spitzen 16

3. Zierbesätze 18

4. Fransen 20

5. Borden, Kordel 21

6. Quasten 23

7. Die Futterstoffe 23

Viertes Kapitel. Die liturgischen Farben 24

1. Die fünf Kirchenfarben 24

2. Zwei- und mehrfarbige Stoffe ... 25

3. Die Farbe der Besätze 25

4. Die kirchlichenBestimmungen über die Verwendung der liturgischen Farben 26

5. Praktische Bemerkungen .... 27

Zweiter Abschnitt. Die Paramente im besondern.

Seite

Erstes Kapitel. Die liturgischen (iewiinder 28

1. Das Humerale oder Schultertuch, Amikt 28

2. Die Albe 30

3. Das Cingulum 36

4. Der Manipel 37

5. Die Stola 39

6. Die Kasel, Planeta 41

7. Das Pluviale 47

8. Die Levitengewänder 50

9. Das Superpelliceum und Rochett . 53

10. Die bischöflichen Gewandstncke . 55

11. Das Schultervelum 58

12. Das MelMienerröcklein 59

13. Der Meßdienertalar 59

Zweites Kapitel. Die stoffliche Ausrüstung des Altars und der gottesdienstlicben

Geräte 59

1. Das Altartuch 59

2. Das Antependium 62

3. Die Altardecke 64

4. Das Tabernakelvelum, Conopeum . 64

5. Die Bekleidung des Tabernakel- inneren 65

6. Ausstattung der Expositionsnische . 66

7. Das Expositionsfähnchen oder Sa- kramentsvelum 66

8. Das Korporale 60

9. Die Palla 68

10. Das Purifikatorium oder Kelchtüch- lein '..... 70

11. Das Kelchvelum 70

12. Die Bursa 71

13. Das Lavabotüchleiu 72

14. Das Ciboriummäntelchen oder Cibo- riumvelum 73

15. Das Kommuniontuch 74

16. Die Kredenztischdecke . ... 75

Seite

17. Das Bandtuch 75

18. Das Missalpultdeckchen .... 76

19. Die Lesepultdecke, Lektoriumdecke TU

20. Das Säckchen für das heilige Öl- gefäfi 77

Drittes Kapitel. Sonstige Parameiite . 77

1. Die Kirchenfahnen 77

2. Der Baldachin oder Traghimmel . . 79 8. Der Kanzelhehang 81

4. Die Velen der Kreuze und Bilder . 82

5. Die Betschemeldecke 82

6. Das Bahrtuch, Tumbatuch .... 82

7. Die Kissen 82

8. Wandbehänge und Teppiche ... 83

Dritter Abschnitt.

Behandlung- der Parameiite.

Erstes Kapitel. .Segnung der Paramente. l>as Waschen der Korporalien, Fallen

und Purihkatorien 85

1. Segnung der Paramente 85

2. Behandlung der Korporalien, Pallen und Purihkatorien beim Waschen . 86

/weites Kapitel. Aufbewahrung und Re- staurierung der Paramente .... 86

1. Aufbewahrung der Paramente . . . 86

2. Restaurierung der Paramente ... 89

Zweiter Teil.

Spitzen und Stickereien.

V o r h c m e r k u n g

93

Erster Abschnitt.

Die Spitzen.

Erstes Kapitel. Gestrickte uud gehäkelte Spitzen

1. Die verschiedenen Spitzenarten .

2. Das Stricken der Spitzen . . .

3. Das Häkeln von Spitzen . . .

Zweites Kapitel. Die Maschenspitzen

1. Das Arbeitsmaterial

2. Die Technik der Maschenspitzen

3. Praktische Bemerkungen . . .

Drittes Kapitel. Die Tiillspitzen . .

1. Das Arbeitsmaterial

'_'. Die Technik der Tiillspitzen . .

9-1 94 94 95

97

97

97

103

103 103 104

Viertes Kapitel. Die irischen Spitzen

1. Begriff und Arbeitsmaterial . .

2. Technik der irischen Spitzen

3. Tüll-Litzenspitzen

Fünftes Kapitel. Die Ausnähspitzen

Herstellung der Ausnähspitzen . .

Seite 106

106 106 111

112 112

Zweiter Abschnitt. Stickereien.

Erstes Kapitel. Das Stickinaterial . . 114

1. Stickgrund 114

2. Der Stickfaden im allgemeinen . . 115

3. Die Stickseide 116

4. Gold- und Silberfäden 117

5. Die Stoffe zum Aufnähen .... 117

6. Kordel 118

7. Perlen, Steine, Zierplättchen, Gold- cantille 118

Zweites Kapitel. Stickstiche .... 120

1. Der Kettenstich 120

2. Der Kreuzstich 121

3. Der schräge Stielstich .... 131

4. Der Steppstich 122

5. Der Knötchenstich 122

6. Der Schlingstich 122

7. Der Abheftstich 122

8. Der Überfangstich 123

9. Der gespaltene Stich oder Model- lierstich 123

10. Der untergreifende oder Atlasstich 126

11. Der versetzte Stich oder Köper- stich 128

12. Der Gobelinstich 129

13. Der Plattstich 129

Drittes Kapitel. Sticktecliniken . . . 130

1. Die Durchstechtechnik 130

2. Die Auflieft-, Ablieft- oder Anlege- technik 130

3. Die Aufhähtechnik oder Aufleg- arbeit, Applikationstechnik . . . 133

4. Die Relief- oder Hochstickerei . . 135

5. Die Lasurtechnik, Überfangtechnik 138

Viertes Kapitel. Die Stickarten ... 139

1. Die Umriß- oder Konturstickerei . 139

2. Die Aussparstickerei 141

3. Die Vollstickerei 143

4. Die WeiHistickerei 146

5. Die Goldstickerei (Silberstickerei). 147

6. Die Lasurstickerei 151

Seite

7. Die Mosaikstickerei 153

8. Die Stramin- und Kanevasstickerei

(altdeutsche Linnenstickerei) . . 156

Fünftes Kapitel. Praktische Bemerkungen für die Ausführung von Stickereien . 157

1. Das Zusammenstellen der Vorlage 157

2. Das Vergrößern oder Verkleinern einer Vorlage 157

3. Das Übertragen der Zeichnung auf

den Stickgrund 158

4. Das Aufspannen auf den Stick- rahmen 160

5. Die Wahl der Farben 161

6. Die Wahl der Stickweise ....

7. Das Befestigen der Stickfäden . . S. Das Waschen von Stickereien .

Sechstes Kapitel. Die Stickmuster . .

1. Die Motive der Paramentensticke- reien

2. Eigenschaften einer guten Vorlage

siebtes Kapitel. Restauration schad- hafter Stickereien

Seiti

162

162 163

1G3

103 16S

Anhang. Inschriften Sachregister . .

170 174 185

Verzeichnis der Abbildungen.

Titelbild: Pluviale. zum Ornat des Ordens vom goldenen Vließ in der K. K. Schatzkammer zn Wien gehörend (S. 153).

26.

28

Bild Seite

Erster Teil. Die Paramente.

1. Gewebearten

2. In Perlenstickerei ausgeführte Amiktbesätze aus

der Marienkirche zu Danzig 15

3. Befestigungsweise der Bänder am Schultertuch

4. Der Amikt 29

5. Schultertuch 30

G. Schnitt der Spatelalbe :i-

7. Albenschnitte 33

8. Albe von mittelalterlicher Form und Verzierung 35

9. Ehemalige Bindevorrichtung am Manipel . 3* Aus Bördcben gebildete Kreuzeben für Stola,

Manipel, Bursa und Kelchvelum 39

Zusammensetzung der Stolastreifen .... *0

Kaselformen 4~

Kaselschnitt

Zuschnitt von Kasel und Zubehör 45

Spätmittelalterlicher Kaselschnitt 45

Pluviale 47

Schild eines Pluviales 49

In Deutschland gebräuchliche Dalmatikform 50

Römische Dalmatik 51

Superpelliceum 53

Schnitt eines Superpelliceums 54

22. Handschuh im Münster zu Freiburg . . .

23. Entwicklung der Ultra

Mitra im Dom zu Köln

Antependiumformen

Palla

Formen des Ciborienvelunis 73

Älteste Abbildung von Kirchenfahnen auf einem

Fresko in S. demente zu Rom 77

Typen von Kirchenfahnen 7S

Fahne im Dom zu Köln 79

Baldacliinbehaug-Formen 80

Entwurf zu einem Tumbatuch 83

10.

11. 12.

13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.

24.

Skizze zu einem Wandbehang

-1

Zweiter Teil. Spitzen und Stickereien.

;14. Gestrickte Spitze zu einem Superpelliceum . 95

35 Gehäkelte Spitzen zu einem Superpelliceum 90

:;<'.. l)ie F.leniente der Maschenstickerei .... 98

37. Elemente des Masdienstickens: Zäckcben . . 100

Bild

38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49.

02.

Maschenspitze für ein Altartuch 101

Stern 1»2

FUllmnster für Tüllgrund 104

Aufnäharbeit auf Tüllgrund 105

Irische Spitze in romanischem Stil 107

Elemente der irischen Spitzen 108

Füllstiche n0

Schlingenzäckchen Hl

Technik der Ausnähstickerei 112

Zierstiche H"

Füllung eines Kreises H4

Mit Korallen und Schmelzperlen bestickte Mitra

im Dom zu Halberstadt H*

Mit Zierplättchen besetzte Mitren im Dom zu

Halberstadt n9

Flechtsticharten 121

Der Abheftstich. Geometrische Muster für

Goldgrund 1-3

Sticksticharten 124

Modellierstich: St Johannes Ev 125

Der untergreifende Stich 126

Stickstiche 129

Abheftarbeiten 131

Manipel im Münster zu Aachen 132

Blätter in Applikationstechnik 13:'

Mitra im Dom zu Würzburg mit plastisch aus- geführten Heiligendarstellungen und Gold- stickerei 134

Blätter in Reliefstickerei über einer Unterlage

von Fäden 135

Reliefstickerei auf Kartonunterlage .... 130

63. Palla in Hocbstickerei 137

04. Die Lasurtechnik 138

65. Bordüre für Altartücher, Alben, Superpelliceen 142

66. Mit konzentrischen Kettenstichreihen gefülltes Blatt 143

07. Zwei Pallen in Weifsstickerei 146

68. Technik der Goldstickerei 147

69. Mitra in St Lamberti zu Düsseldorf .... 148

70. Spindel 148

71. Amiktkragen im königl. Kunstgewerbemuseum

zu Berlin 149

72. Goldgrundmusterung in Relief 150

73. Lasurstickerei: St Johannes der Täufer . . . 152

74. Borden. Altdeutsche Leinenstickereien . . . 155

Tafel: Entwürfe zu einer in Aufniih- oder Aussparstickerei auszuführenden Garnitur für einen vollständigen Ornat (S. 158).

Erster Teil.

Die Par am eilte.

Vorbemerkung.

■->•

1. Unter Paramenten versteht man, wenn man das Wort in seiner wei- testen Bedeutung nimmt, alle im Gotteshause gebräuchlichen und den Zwecken des Gottesdienstes irgendwie dienenden stofflichen Ausstattungsgegenstände. Zu den Paramenten in diesem Sinne gehören also z. B. auch Wandbehänge, Kanzel- und Betpultdecken, Kissen und Teppiche.

In engerer Bedeutung bezeichnet das Wort „Paramente" jene stofflichen Gegenstände, die bei der Feier des heiligen Opfers, der Abhaltung der öffent- lichen Andachten und der Vornahme der sonstigen religiösen Verrichtungen, als da sind Prozessionen, Spendung der Sakramente, Segnungen und ähnliches, nach den Anordnungen der Kirche zur Verwendung kommen. Sie bilden die Ausrüstung teils der amtierenden Personen, teils des Altars samt seines Zu- behörs, des Tabernakels, der Kommunionbank und des Kredenztisches, teils endlich der heiligen Geräte und Gefäße.

2. Die Paramente lassen sich nach ihrer Bestimmung in drei Klassen einteilen. Die erste umfaßt die liturgischen Gewänder des Priesters, des Bischofs, der Leviten (Diakonen und Subdiakonen) und der niedern Geist- lichen bzw. der Meßdiener, welche die Stelle der niedern Geistlichen vertreten.

Die priesterliche Gewandung besteht bei der Messe aus dem Schulter- tuch (auch Humerale und Amikt genannt), der Albe, dem Gürtel (Cingulum). dem Manipel, der Stola und der Kasel. Bei andern Amtshandlungen trägt der Priester je nachdem entweder bloß die Stola , oder Stola und Super- pelliceum (Chorrock, Chorhemd) oder endlich Stola, Superpelliceum und Plu- viale (Chormantel, Rauchmantel, Chorkappe). Ferner muß zur Ausrüstung des Priesters das Segens- oder Schultervelum gerechnet werden.

Dem Bischof kommen außer der priesterlichen Kleidung als fernere Ornatstücke zu die Tunicella, die Dalmatik, die Mitra, die liturgischen Hand- schuhe und eine aus besondern Strümpfen und Schuhen bestehende Fuß- bekleidung. Sie finden indessen mit Ausnahme der Mitra nur beim feier- lichen Pontifikalamt Verwendung.

Die liturgische Meßgewandung des Subdiakons setzt sich aus Schultertuch, Cingulum, Manipel und Tunicella, die des Diakons aus Schultertuch, Albe, Cingulum. Manipel, Stola und Dalmatik zusammen. Außer der Messe tragen die Subdiakone bei liturgischen Funktionen gewöhnlich nur das Superpelliceum, die Diakone das Superpelliceum und die Stola.

Braun, Winke für Paramentenanfertigung. 1

2

Die niedern Geistlichen bedienen sich beim Gottesdienst bloß des Superpelliceums.

Die zweite Klasse besteht aus den stofflichen Ausrüstungsgegenständen des Altars, der heiligen Geräte und Gefäße. Zu ihr gehören die Altartücher, das Antependium, der Vorhang des Tabernakels (das sog. Cono- peum), die innere Auskleidung des Tabernakels und das Expositionsfähnchen, wo solche Verwendung finden, Behänge in der Nische, die zur Aussetzung des hochwürdigsten Gutes dient, das Kommuniontuch, die Altardecke, das Kelch- velum, die Bursa, das Korporale, das Kelchtüchlein, das Ciboriumvelum , die Krankenbursa, das Säckchen für das Ölgefäß, das Lavabotüchlein, das Hand- tuch, sowie die Missalpult- und Lesepultdecken.

Zur dritten Klasse von Paramenten zählen die Kirchenfahnen, der Baldachin und die Paramente im weiteren Sinne, d. i. die stofflichen Aus- stattungs- und Ausschmückungsgegenstände der Kirche und deren Mobiliars, der Kanzelbehang, die Betschemeldecken, Teppiche, Wandbehänge und Kissen.

3. Zur Anfertigung der Paramente ist nicht bloß Kenntnis der einzelnen Paramente, sondern auch der Parament enstof f e, der bei Paramenten zur Verwendung kommenden Ausstattungsmittel, der für die Ver- zierung der Paramente maßgebenden allgemeinen Gesichts- punkte und Kegeln und des kirchlichen Farbenkanons erforderlich. Sehr viele Fehlgriffe bei Herstellung der Paramente haben ihren Grund in dem Unistande, daß man über diese Punkte nicht genügend unterrichtet ist.

4. Es soll demnach im nachfolgenden zunächst das Notwendigste über die Paramentenstoffe , die Ausstattung der Paramente im allgemeinen und die Farbe der Paramente gesagt werden. Dann wird eine Besprechung der einzelnen Paramente gemäß der vorhin gegebenen Einteilung folgen. Den Schluß werden zweckmäßigerweise einige praktische Winke über die Auf- bewahrung und Restaurierung der Paramente bilden.

Erster Abschnitt.

Die Paramente im allgemeinen.

Erstes Kapitel.

Der Stoff der Paramente.

1. Die Paramentenstoffe im allgemeinen. Für bestimmte Paramente haben die kirchlichen Bestimmungen ausdrücklich die Verwendung von Seide oder Linnen angeordnet. Für andere bestehen keine derartigen aus- drücklichen Vorschriften, wenngleich dem bestehenden Brauch nach auch bei ihnen Linnen bzw. Seide wenigstens bevorzugt werden sollen. Wieder bei andern ist die Wahl des Stoffes ganz freigelassen, in welchem Falle also lediglich der gute Geschmack und praktische Erwägungen die Entscheidung geben müssen.

Wo seidene Stoffe vorgeschrieben sind , können auch Gold- und Silber- stoffe verwendet werden, halbseidene aber dürfen in diesem Falle nur

3

dann gebraucht werden, wenn die seidene Kette den nicht seidenen Einschuß völlig verdeckt1. Dagegen gelten sie als Ersatz für ganzseidene als un- zulässig, wenn etwa nur die Musterung durch Seide, der ganze Grund aber durch Wolle (sog. Imperialstoffe) oder Linnen (sog. Serolinstoffe) oder gar durch Baumwolle gebildet wird, es sei denn, daß rechtmäßige Gewohnheit die Verwertung solcher halbseidener Stoffe an Stelle ganzseidener gestattet.

Übrigens sollte man, wo Seide zur Verwendung kommen soll, wenn irgend- wie möglich, nur reinseidene Stoffe verwenden. Es ist heutzutage, wo man es versteht, außer der minderwertigen Seide der durchbrochenen Kokons auch die Abfallseide zu verspinnen, nicht mehr schwer, um einen mäßigen Preis gute ganzseidene Zeuge zu beschaffen. Beinseidene Stoffe sind immer die dauerhaftesten. Was man mehr für sie ausgibt, wird daher reichlich durch die größere Haltbarkeit aufgewogen. Und was macht es auch zuletzt aus, wenn man auf das ganze Parament einige Mark mehr verwendet, um einen soliden ganzseidenen Stoff zu erhalten?

Gewarnt sei vor sog. Patentsammeten. Es sind Sammete, bei denen sowohl der Grund wie der Flor aus Baumwolle besteht, die also mit Seide nichts zu tun haben. Sie werden von Paramentengeschäften vielfach zur Herstellung von Chorkappen und Levitengewändern gebraucht oder an- geboten. Es werden aber auch Kasein in den Handel gebracht, die aus ihnen angefertigt sind, obschon es keinem Zweifel unterliegen kann, daß ihre Ver- wendung bei Meßgewändern auf alle Fälle unstatthaft ist2. Sie werden wohl, um mehr Effekt zu machen , in Nachahmung des echten sog. geschnittenen Seidensammets, mit eingepreßtem Muster versehen. Man lasse sich weder durch den schönen Namen „Patentsammet" noch durch eine etwaige derartige Musterung bestechen.

Man prüft einen Stoff am einfachsten auf Baumwolle, wenn man Fäden desselben herauszieht und verbrennt. Baurnwollfäden brennen all- mählich ab und glimmen nach dem Erlöschen der Flamme unter einem eigen- tümlichen scharfen Geruch, wie er bei glimmendem Linnen zu entstehen pflegt. Seidenfäden flammen dagegen schnell auf, glimmen nicht nach, hinterlassen eine feste Asche und verbrennen unter üblem Geruch, wie er beim Ver- brennen von Haar und Wolle auftritt. Eine andere Weise, einen Stoff auf Baumwolle oder Seide zu prüfen, besteht darin, daß man ihn in Kupfer- oxydammoniak, eine dunkelblaue mittelst Ammoniak über Kupferdrehspänen hergestellte Flüssigkeit legt, in welcher sich Baumwolle auflöst. Behält das zu prüfende Zeug seine Stärke, so besteht es lediglich aus Seide; wird es mehr oder weniger zerstört, so war ihm entsprechend Baumwolle bei- gemischt.

Wollstoffe galten bis vor wenigen Jahrzehnten noch vielfach fast ohne jede Einschränkung zur Herstellung aller Paramente als zulässig, wofern sie

1 Entscheidung der Ritenkongregation vom 23. März 1882 (Decr. auth. nr. 3543). - Monitum der Ritenkongr. vom 28. Juli 1881 (Acta S. Sedis XIV 144). Entscheidung vom 22. September 1837 (Decr. auth. nr. 2769).

1*

nur von feiner Qualität waren, also z. B. kein gewöhnliches Tuch oder Zeug zum Überziehen von Möbeln darstellten. Seitdem ist es aber durch verschiedene neuere Entscheidungen der Ritenkongregation außer Frage gestellt worden, daß zum wenigsten aus Wollzeug gemachte Kasein nicht weiter als erlaubt angesehen werden können, und daß demgemäß das Meßgewand auf keinen Fall mehr aus Wollstoffen hergestellt werden darf1. Bezüglich der Leviten- gewänder und des Pluviales liegt ein ausdrückliches Verbot nicht vor. Daß das Kelchvelum nicht aus Wollzeug angefertigt sein darf, erhellt klar aus den Rubriken des römischen Missales2.

2. Der Stoff der einzelnen Paramente. Das Humerale (Schultertuch) und die Albe müssen aus ungemischtem Linnen angefertigt werden. Das Cingulum wird am zweckmäßigsten aus Linnen hergestellt, doch darf es nach einer Entscheidung der Ritenkongregation auch aus Seide oder Wolle bestehen. Die Kasel soll stets aus Seide (Halbseide) gemacht werden, Stola und Manipel, die Levitengewänder und das Pluviale werden am pas- sendsten ebenfalls nur aus Seide hergestellt. Das entspricht jedenfalls am meisten der Anschauung und der Praxis der Kirche, der Harmonie, die zwischen der Kasel und ihrem Zubehör, den Levitengewändern und dem Pluviale herr- schen soll, und den feierlichen Gelegenheiten, bei denen Dalmatik, Tuniceila und Chormantel gebraucht werden. Es ist eine unberechtigte Sparsamkeit, wenn man diese Gewänder aus Wollzeug anfertigt, falls sich irgendwie die Mittel erschwingen lassen, sie aus Seide zu machen. Auf keinen Fall sollen Baumwollzeuge, und wären es selbst gepreßte Patentsammete, zur Anfertigung der Dalmatik, der Tunicella und des Pluviales benutzt werden. Es ist das der allgemeinen Praxis unseres Erachtens durchaus zuwider. Der Chorrock sollte füglich, wie die Albe, als deren Ersatz er dient, aus Linnen gemacht werden ; Baumwollzeug ist für ihn zwar nicht direkt verboten, doch minder an- gemessen. Meßpultdeckchen und Kanzelbehänge, Fahnen, Wand- teppiche u. ähnl. können aus jedem würdigen Stoff hergestellt werden ; das- selbe gilt von der Altardecke, sowie dem Tabernackelvorhang (Co- li opeum). Die Altartücher selbst müssen hingegen reines Linnen sein. Dasselbe gilt von den Korporalien, den Purifikat orien (Kelch tüch- lein) und der Palla3. Handtücher und Lavabotüchlein macht man am besten aus Leinwand; noch mehr paßt sich das für die Kommunio ri- tueller, doch können alle drei zuletzt auch aus Baumwollzeug angefertigt werden. Das Kelchvelum soll immer aus Seide hergestellt werden, wäh- lend solches für die Bursa wenigstens passend ist. Bezüglich des Stoffes der dem Bischof eigentümlichen Gewandstücke, wie der Handschuhe, Mitra, Tunicella, Dalmatik, Po ntifi kaischuhe, gibt es keine kirchliche Bestimmung. Doch raten gleicherweise die Gewohnheit wie die Umstände, unter denen sie gebraucht werden, sie nur aus Seide herzustellen.

1 Monitum der Ritenkongr. vom 28. Juli 1881 (Acta S. Sedis XIV 144). Entscheidung vom 18. Dezember 1877 und 15. April 1880 (B aller ini-Palmieri, Opus morale IV 791), vom 17. Dezember 1888 (Analecta Ord. Caput. VI 102) und 23. Juni 1892 (Decr. auth. nr. 3779).

- Ritas celebr. tit. 1, nr. 1.

3 Entscheidung der Ritenkongr. vom 18. Mai 1819 (Decr. auth. nr. 2600).

5

3. Die verschiedenen Seidenstoffe. Die Linnenstoffe. Von den ver- schiedenen Arten von Seidenstoffen kommen für die Herstellung von Para- menten hauptsächlich in Betracht Taft, Köper, Atlas oder Satin, Damast, Brokatell, Brokat, Sammet und Sammethrokat.

Jedes Gewebe besteht aus der Kette (Zettel, Aufzug) und dem E i li- sch uf3 (Schuß, Einschlag). Damit ein Gewebe zu stände komme, müssen Kette und Einschuß einander binden. Beim Taft, dem einfachsten aller Seidengewebe, hat die Bindung wie bei der gewöhnlichen Leinwand schon bei jeder zweiten Fadenkreuzung statt (Bild la). Setzen sich die Ketten- und Einschußfäden bei einem Taftgewebe aus je zwei oder mehreren Seidenfäden zusammen, so entsteht ein sehr kräftiges und schweres Zeug, das man Gros zu nennen pflegt. So gibt es z. B. Gros de Naples, Gros de Paris. Die Gros dienen vornehmlich als Fahnenstoffe.

Beim Köper (Bild lb und c) hat die Bindung bloß bei jeder dritten, vierten, fünften oder sechsten Kreuzung der Fäden statt, so daß Einschuß und Kette zum größten Teil ungebunden übereinander herlaufen. Das charakte- ristische Merkmal des Köpers sind die schräg über das Gewebe sich hinziehenden Linien. Sie entstehen dadurch, daß die Bindungsstellen

1

d

k

I

H

5T

-

1

| I

m

1

7 1 1

Bild 1. Gewebearten.

a Taftbindung, b Kettenköperbindung (dreischäftig}, ■■ Schußköperbindung (dreischäftig),

d Atlasbindung (achtschäftig).

mit jedem neuen Einschuß um einen Faden weiterrücken. Will man dem Stoff eine Zickzackmusterung oder eine Rautenmusterung geben, so läßt man diese Diagonallinien abwechselnd nach rechts und links gehen. Man unter- scheidet Kettenköper und Schußköper. Beim Kettenköper wird die Kette durch den Einschuß, beim Schlißköper der Einschuß durch die Kette gebunden. Bei ersterem bildet daher die Kette, beim zweiten der Einschuß die Oberseite des Gewebes.

Je nachdem die Bindung bei der dritten, vierten usw. Fadenkreuzung statthat, nennt man den Köper drei-, vier- usw. schäftig. Je näher die Bindungsstellen einander sind, um so solider ist der Stoff.

Taft ist fester, zäher und stärker, aber auch brüchiger, steifer und ein- töniger als das weichere, beweglichere, durch die schrägen Linien angenehm belebte Köpergebilde. Für Paramente eignen sich daher durchweg Seiden- köper in höherem Maße als Seidentaft. Sie haben nicht bloß ein leben- digeres Aussehen, sondern sind auch der Bildung eines gefälligen Faltenwurfs günstiger und dabei viel weniger in Gefahr, zerknittert zu werden.

Beim Atlas (Bild ld) binden sich Kette und Einschuß frühestens bei der vierten oder fünften Fadenkreuzung. Außerdem sind die Bindungs-

stellen bei ihm so über das Gewebe verteilt, daß sie möglichst wenig bemerkbar sind, und die Fäden wie frei nebeneinanderzuliegen scheinen, Wie beim Köper so kann auch beim Atlas sowohl die Kette die Oberseite des Gewebes bilden (Kettenatlas) wie der Einschuß (Schußatlas). Der Atlas zeichnet sich vor allen andern Seidenzeugen durch seinen Glanz und seine Lichteffekte aus. Seine Mängel sind, daß er infolge der spärlicheren Bindungen verhältnismäßig weniger solid ist, daß er bei ungebrochenen Flächen wegen seiner einförmigen Brillanz leicht monoton, bei gebrochenen aber wegen des starken Wechsels von Licht und Schatten leicht zu kontrastreich wirkt, und daß er als Stickgrund durch seinen Glanz die Stickereien nicht immer genügend zur Geltung kommen läßt. Für Paramente benutzt man daher besser die sog. Cötes satinees, ein Mittelding zwischen Köper und Atlas. Sie sind namentlich als Stickgrund von vorzüglicher Brauchbarkeit.

Damaste sind atlasartige gemusterte Gewebe, welche auf beiden Seiten die gleiche Musterung aufweisen, freilich mit dem Unterschiede, daß auf der einen Seite der Grund durch die Kette und das Muster durch den Einschuß, auf der andern aber der Grund durch den Einschuß und das Muster durch die Kette gebildet wird.

Die Bindungsweise ist bei Kette und Einschuß die gleiche. AVenn der Einschuß den Eindruck erweckt, als sei er dichter gebunden, so ist das nur Schein, der seinen Grund in dem Umstände hat, daß zum Schuß ein kräftigerer Faden als zu der Kette gebraucht wird.

An sich können Damaste auf beiden Seiten gebraucht werden; in der Regel aber wird als rechte und als Oberseite nur die Seite bezeichnet, auf welcher die Kette zur Herstellung des Grundes und der Einschuß zu der des Musters gedient hat.

Kette und Einschuß brauchen beim Damast nicht von derselben Farbe zu sein. Sind sie von verschiedener Färbung, ist z. B. die Kette weiß, der Einschlag gelb, so ist das Muster natürlich auf der einen Seite weiß, auf der andern gelb, während der Grund umgekehrt dort gelb, hier weiß erscheint. Die billigen sog. Lampasettestoffe sind ein- oder zweifarbige aus Abfallseide (sog. Chape) gemachte Damaste mit sehr loser Bindung, weshalb sie auf der Rückseite einer Gummierung bedürfen, um die nötige Festigkeit zu erhalten.

Vom Damast unterscheiden sich Brokat und Brokatell dadurch, daß bei ihnen die Musterung außer durch die gewöhnliche Kette und den gewöhn- lichen Einschlag noch durch besondere Schußfäden hergestellt wird. Werden letztere durch eine eigene Vorrichtung am Webstuhl nur da eingeschossen, wo das Muster gebildet werden soll, so heißen die Stoffe broschiert. Gehen sie hingegen wie der übrige Einschlag von der einen Seite der Kette zur andern, indem sie. je nachdem die Musterung das eine oder das andere er- heischt, bald aus dem Gewebe heraus auf die Oberfläche kommen, bald wieder im Grund verschwinden oder auf die Bückseite des Gewebes treten, so be- zeichnet man die Stoffe als 1 an ziert.

Eine zweite Verschiedenheit zwischen Damast und Brokat (Brokatell), die freilich mit der erst erwähnten innerlich zusammenhängt, besteht darin, daß sieb beim Damast das Muster aus dem Gewebe nicht entfernen läßt,

ohne gleichzeitige Zerstörung des ganzen Gewebes selbst , während beim Brokat (Brokatell) eine Zerstörung des Musters z. B. durch Abschleißen nicht auch schon ohne weiteres und in jedem Falle eine Vernichtung und Durch- löcherung des Zeuges an sich zur Folge hat.

Was nun aber den Unterschied zwischen Brokat und Brokatell an- langt, so liegt derselbe nach der richtigeren und gewöhnlicheren Auffassung und Redeweise darin, daß beim Brokatell zur Herstellung der Musterung nur Seide, beim Brokat aber auch Goldfäden (Goldbrokat) oder Silberfäden (Silber- brokat) zur Verwendung kommen. Ob dabei das Gold oder Silber den Fond des Musters oder das Muster selbst bildet, ist an sich gleichgültig, doch ist das letzte am häufigsten.

Man pflegt indessen auch wohl diejenigen lanzierten Stoffe Brokatelle zu nennen, bei welchen der Einschuß teilweise aus Baumwolle besteht. Brokate nennt man dann alle reinseidenen lanzierten Zeuge , gleichviel ob dieselben nur aus Seide oder außer aus Seide auch aus Gold- und Silbergespinst her- gestellt sind. Es ist gut, die verschiedenen Bedeutungen von Brokat im Auge zu halten und vorkommendenfalls beim Ankauf von Stoffen sich zu er- kundigen , was man unter Brokat und Brokatell verstehe , damit man nicht halbseidene Brokatelle unbesehen und in gutem Klauben als ganzseidene Stoffe hinnehme.

Die größere oder geringere Güte oder Haltbarkeit eines Brokats oder Brokatells hängt vor allem von der Beschaffenheit der Kette und des die Musterung bildenden Einschusses ab. Je besser diese sind, um so solider und dauerhafter ist das Gewebe. Leider lassen heutzutage gerade die eigent- lichen Brokate (Gold- und Silberbrokate) manches zu wünschen übrig, da sie infolge der schlechten Beschaffenheit der Gold- und Silberfäden vielfach rasch oxydieren und schwarz weiden. Um diesem Übelstande abzuhelfen, hat man angefangen, statt der Metallgoldfäden, bei welchen ein vergoldetes Silber- oder Kupferriemchen um einen Seidenfaden (Seele genannt) gewickelt ist. den gegen Oxydation völlig sichern sog. japanischen Goldfaden zu verwenden, bei dem das Metallstreifchen durch ein kräftig vergoldetes zähes Papierstreifehen ersetzt ist. Leider hat dieser den Nachteil, daß er leichter zerreißt und gegen Nässe nicht unempfindlich ist. Im Mittelalter wurde zur Anfertigung der Goldbrokate mit Vorliebe ein dem japanischen verwandter Goldfaden gebraucht, den man -- freilich irrig „cyprischen" Goldfaden zu nennen pflegt. Statt eines vergoldeten Papier riemchens war bei demselben ein aus einem vergoldeten Häutchen bestehendes Riemchen um den Faden, der die Seele ausmachte, gewunden. Dieser Goldfaden war ebenso ein Surrogat für den echten Goldfaden, wie es der japanische ist. Er wurde indessen nicht etwa gebraucht, weil auch der mittelalterliche Metallgoldfaden leicht schwarz geworden wäre dafür war im Gegensatz zu unserem modernen, schlecht gearbeiteten Goldfaden kaum Gefahr . sondern weil echte Goldbrokate zu hoch im Preise standen.

Die Eigentümlichkeit der Sam niete besteht in einer haarartigen Decke, welche durch kurze, aus dem Boden des Gewebes hervorragende Fadenenden (Noppen) gebildet wird. Sie wird mit Hilfe einer besondern Kette, der sog. Polkette

8 -

hergestellt, welche über dünne Messingruten dem Boden eingewebt wird. Dadurch, nämlich daß sie über diese Messingstäbchen in den Stoff hinein- gearbeitet wird, bilden sich auf der Oberfläche des letzteren kleine Schleifchen, welche nur aufgeschnitten zu werden brauchen , um die haarartige Decke, den sog. Samnietflor, zu liefern. Bleiben die Schleifchen unauf geschnitten, so nennt man den Sammet Frisesammet. Besteht der Flor in einer ununter- brochenen Decke, so bezeichnet man den Stoff als einfachen oder glatten Sammet. Stellt er ein bestimmtes vom Grund sich abhebendes Muster dar, so heißt man ihn geschnittenen Sammet, freilich ganz unzutreffenderweise; denn die Musterung entsteht nicht dadurch, daß man aus dem Samnietflor alles nicht zum Muster Gehörige herausschneidet, wie man irrigerweise gemeint hat. Sie kommt vielmehr dadurch zu stände, daß infolge bestimmter Ein- richtungen am Webstuhl nur da die Polkette zu Schleifchen verarbeitet wird, wo das Muster solches verlangt, während sie an den übrigen Stellen im Grund verschwindet. Sammetbrokate werden diejenigen Sammete genannt, bei denen der Fond des Musters durch Einschuß eines Goldfadens hergestellt ist, Goldfrise sammete diejenigen Sammetbrokate, denen Goldfäden in Form unaufgeschnittener Schleifchen eingearbeitet sind. Gemusterte Sammete von verschiedener Höhe des Sammetflors erhält man, wenn man den Polfaden über Stäbchen von verschiedener Höhe dem Grund einbindet.

Die Sammete sind entweder ein- oder dreibindig. Bei ersteren, die man auch Polaufsammete nennt, wird der Polfaden nur durch einen Einschußfaden gebunden, bei letzteren umschlingt er drei Einschußfaden, ehe er wieder zu einer Schleife wird. Die einbindigen Sammete sind merklich billiger als die dreibindigen, aber auch viel weniger dauerhaft, weil eine bloß einmalige Bin- dung nicht genügt, um die Fadennoppen, welche den Sammetflor bilden, hin- reichend zu befestigen. Für Paramente, zumal Sammetparamente , die doch lange Zeit zu halten bestimmt sind, soll man nicht auf den Preis sehen, sondern nur dreibindigen Sammet kaufen. Guter Sammet empfiehlt sich für Paramente nicht nur wegen seines satten, weichen Farbentons, sondern auch wegen seiner Dauerhaftigkeit.

Sammete mit langem Flor heißen Plüsche. Für Paramente eignen sich Plüsche nicht, da sie beim Gebrauch leicht leiden und niedergedrückt werden. Einen Ersatz für die feuern geschnittenen Sammete bilden die sog. ge- . preßten Sammete, bei denen das Muster durch teilweises Niederpressen des Flors erzeugt wird. Dieselben sind natürlich bei weitem nicht, was die ge- schnittenen Sammete sind. Gut gearbeitet sind sie immerhin recht brauchbar und auch haltbar, wie Reste alter Sammete dieser Art beweisen, die aus dem 15. Jahrhundert stammen.

Das ausgehende Mittelalter hat die herrlichsten gemusterten Sammete her- vorgebracht. Insbesondere gehören die Genueser, Venetianer und flandrischen Sammetbrokate des 15. und 16. Jahrhunderts, von denen sich noch manche Reste in den Kirchen und Museen erhalten haben, ohne Zweifel zu den glänzendsten Erzeugnissen , welche die kundige Hand des Webers je ge- schaffen hat. In neuester Zeit wurden die prächtigen alten gemusterten Sammete und Sammetbrokate mit viel Glück in Crefeld wieder nachgebildet.

9

Die Nachahmungen können sich bezüglich ihrer Wirkung mit den Originalen vielfach messen und für Prachtornate nur empfohlen werden. Zu wünschen wäre allerdings, daß sie es durch Solidität des Materials und der Technik auch an Haltbarkeit ihren Vorbildern stets gleich täten.

Die Linnenstoffe, welche bei Anfertigung von Parlamenten zur Verwendung kommen, sind Linnentuch (= Taft), auch schlechthin Leinwand oder Linnen genannt, Köper und Damast. Die Webetechnik ist bei ihnen die gleiche wie bei den entsprechenden Seidenstoffen.

Ist für Paramente Linnen als Material vorgeschrieben, wie z. B. für das Korporale, die Albe u. a. , so darf zu ihnen nur reines Linnen, nicht aber ein aus Linnen und Baumwolle bestehender Mischstoff, sog. Halbleinen gebraucht werden. Um zu sehen, ob einem Linnenzeug Baumwolle beigemischt sei , wäscht man ein Stückchen desselben in heißem Wasser gründlich aus, um alle Stärke daraus zu entfernen, trocknet es, bringt es dann je nach der Stärke des Gewebes 1/2 1 Minute in konzentrierte Schwefelsäure, holt es heraus, legt es eine kurze Weile in eine Sodalösung, wäscht es in Wasser unter Anwendung der nötigen Vorsicht gut aus und trocknet es schließlich wiederum. Hat es jetzt noch seine vorige Dichtigkeit, so war die Leinwand rein ; zerfällt es in einzelne Fäden, oder ist es zu einem zarten schleierartigen Gewebe geworden, so war es mit Baumwolle vermischt. Baumwolle löst sich nämlich in konzentrierter Schwefelsäure rasch auf, während Leinwand viel länger intakt bleibt.

Eine andere Leinwandprobe besteht darin, daß man ein an den Rändern ausgefranstes Stückchen Linnen in Fuchsin legt, welches man in Spiritus aufgelöst hat, und dann alsbald herausnimmt und in Salmiakgeist taucht. Die Leinwandfasern behalten darin ihre rote Farbe, während die Baumwollfasern sie verlieren. Bleiben also die Fransen an den Rändern rot, so ist das Linnen ungemischt, verbleichen sie zum Teil, so ist es mit Baumwolle vermengt.

Linnen läuft beim Waschen stark ein. Das Einlaufen beträgt auf den Meter Länge ca 5 6 cm, auf die gewöhnliche Leinwandbreite ca 3 cm. Man muß daher bei Paramenten, bei denen es auf eine bestimmte Länge an- kommt, entsprechend an Stoff zugeben, damit sie nach dem Waschen nicht zu klein sind.

4. Die Musterung der Paraineiitenstofle. Zur Herstellung der Paramente können, nur wenige Paramente wie Humerale, Albe und Superpelliceum aus- genommen, nicht nur glatte (ungemusterte), sondern auch gemusterte Stoffe Verwendung finden. Jedoch eignen sich gemusterte Zeuge nur dann zu Paramenten, wenn ihre Musterung bestimmte vom Zweck und Charakter der Paramente geforderte Eigenschaften besitzt. Es dürften etwa folgende sein:

a) Die Musterung soll nicht auffällig, nicht sonderbar, nicht bizarr sein. Es ist für Paramentenstoffe nicht maßgebend, was die Mode mit ihren ewig wechselnden Launen und ihrer Sucht nach stets neuen Effekten will, sondern was die Heiligkeit und die Erhabenheit des Gotteshauses und des Gottesdienstes erheischt.

b) Die Musterung soll keine Alltagsmusterung sein, d. i. keine Muster darstellen, wie sie uns bei Sofas, Stuhlpolstern, Kleidern,

10

Tischdecken, Handtüchern und ähnlichem begegnet. Nicht als ob solche etwas in sich Verkehrtes wären. Sie können vielmehr bei profanen Gegenständen eine sehr angemessene und schöne Verzierung sein. Indessen liegt auf der Hand, daß nicht alles, was im gewöhnlichen Leben sich hübsch macht und angebracht ist, auch schon zum Haus des Herrn und den dort stattfindenden heiligen Handlungen paßt.

Am besten ist es, für die Paramente Zeuge zu bevorzugen, in deren Muste- rung die religiöse Symbolik zum Ausdruck kommt. Man ist dann sicher, Stoffe zu verwenden, die hinsichtlich ihres Musters mit der hohen Be- stimmung und der tiefen Bedeutung der Paramente in vollem Einklang stehen. Stoffe dieser Art gibt es seit dem Wiederaufblühen der für kirchliche /wecke arbeitenden Weberei eine große Anzahl; es sei z. B. an das Granat- apfelmuster in seinen zahlreichen Ausgestaltungen und Umformungen, an das Hirschmuster, das Löwenmuster u. a. erinnert. Es sind Dessins, die zum großen Teil mittelalterlichen Stoffen entnommen wurden. Mögen sie auch ursprünglich nicht alle symbolische Bedeutung besessen haben, so hat man doch nachgerade mit ihnen eine solche ganz passend verknüpft.

c) Muster und Grund müssen so beschaffen sein, daß sie selbst auf einige Entfernung deutlich ihren Charakter bewahren und als Grund bzw. als Muster wirken. Es ist nicht nötig, daß man von jedem Punkt der Kirche aus das Muster erkennen könne; es wäre das nicht einmal immer schön, da sonst die Musterung in vielen Fällen zu groß und derb sein müßte. Anderseits soll es sich aber deutlich genug vom Grund ab- heben, um noch in mittlerer Entfernung als das, was es ist, genügend erkannt zu werden. Es ist durchaus verkehrt, wenn die Musterung so klein- lich, so winzig und so kraus ist, daß man ganz nahe an das Gewand heran- treten muß, um aus dem Linien- und Farbengewirr, mit dem dasselbe bedeckt ist, eine bestimmte Zeichnung herauszufinden, oder wenn sie in einem Maße überwiegt, daß von einem Grund kaum mehr die Rede sein kann.

(1) Das Muster muß in passendem Verhältnis zur Größe des Paraments stehen. Je größer dieses ist und je weitere Flächen es auf- weist, um so mächtiger darf das Muster sein. Ein Dessin, das für ein Pluviale oder eine Kasel von mittelalterlichem Schnitt angemessen ist, paßt darum nicht auch schon für eine kleine, schmale moderne Kasel, die neben dem Kreuz für ein großes Muster keinen Raum hat.

Die Musterung sollte allzeit derart sein, daß auf dem in Frage kom- menden Parament das ganze Muster, und zwar nicht bloß einmal, sondern möglichst zweimal Platz findet. Die volle Schönheit erhält ein Dessin erst durch die Wiederholung. Ein einziger Rapport mag auch schon schön, ja sehr schön sein, er entbehrt indessen, solange er für sieh allein dasteht, eines für die Wirkung eines Ornaments höchst belangreichen Elements, des Rhyth- mus, und mit ihm des Lebens, des Flusses, des Wechsels. Rhythmus offenbart sich uns aber erst durch die Wiederholung. Auf alle Fälle muß das Muster wenigstens einmal ganz und vollständig auf dem Paramente vorkommen. Es sieh! geradezu häßlich aus, wenn man von demselben überall und an allen Enden nichts als Stückwerk sieht.

11

e) Ein Gewebemuster soll stets den Charakter einesFlach- ornaments haben. Das Dessin eines Stolle- darf keine Zeichnung sein, die uns einen Gegenstand so wie er ist, mit seinen Tiefen, seinen Schatten, seiner Perspektive, kurz plastisch vorführt. Alles dies darf höchstens an- gedeutet werden. Es heißt die Natur eines Gewebes vollständig ver- kennen, wenn man Gewebemuster nach Art eines Gemäldes oder einer Zeich- nung behandelt. Solche Muster entbehren der erforderlichen Ruhe.

f) Die Musterung eines Stoffes, der kirchlichen Zwecken dient, soll Stil haben. Wir wollen sagen, sie müsse einen bestimmt ausgeprägten Formcharakter besitzen, der von den dargestellten Dingen nur das Allgemeine und Typische benutzt und selbst dieses seiner alltäglichen Wirklichkeit entkleidet und nach den Gesetzen der Harmonie, des Ebenmaßes. der rhythmischen Bewegung usw. umgestaltet. Glänzende Beispiele stilvoller Gewebemuster bieten die mittelalterlichen Stoffe in fast unerschöpflicher Fülle. Den Gegensatz zur stilisierten Musterung bildet die naturalistische, bei welcher die das Muster bildenden Motive, z. B. Blumen. Früchte. Bouquets. Guirlanden, Tiere in ihrer natürlichen Erscheinungsweise und ohne jede Umformung ver- wendet sind. Sie wurde auf Paramentenstoffen erst zur Verfallzeit des guten Geschmacks beliebt.

g) Ein letzter Punkt, auf den es bei der Musterung ankommt, i - 1 eine entschiedene, aber harmonische Farbenwirkung. Muster und Grund müssen sich nicht bloß hinsichtlich der Zeichnung, sondern auch hin- sichtlich der Farbengebung klar und bestimmt voneinander abheben. Niemals dürfen sie aber in grellem , das Auge beleidigenden Kontrast zueinander stehen. Auch in dieser Beziehung sind die mittelalterliehen Gewebe durch- weg mustergültig. Was wir an ihnen immer wieder bewundern, ist nicht bloß der ausgesuchte Geschmack in Bezug auf ebenmäßige Füllung des Grundes, die durchsichtige Zeichnung und die bestimmte Fonnsprache, sondern eben- sosehr die ruhige harmonische Färbung, obschon vielfach nur zwei Farben, eine für den Grund und eine für die Musterung, angewandt sind.

5. Qualität der Parauieiiteiistoffe. Die Güte eines Stoffes hängt von der Qualität des zu demselben verwendeten Rohmaterials, der Wert außer von dem Material auch noch von der mehr oder weniger verwickelten, mühevollen und kunstreichen Herstellungsweise ab.

Für Festtagsparamente verwende man nur bessere Stoffe. Ermöglichen es die Mittel , so kaufe man die besten. Für das Haus des Herrn und den Dienst des Allerhöchsten ist auch das Kostbarste noch zu gering. Die Alltagsparamente stelle man aus einfachen Stoffen her. Man wird dann um so leichter die Mittel flüssig machen können, welche die Beschaffung reicher Festtagsornate ermöglichen.

Solid müssen allerdings auch die gewöhnlichen Paramente sein. Schlechtes, minderwertiges Zeug halte man von dem Paramentenschrank um jeden Preis fern. Das verlangt die Rücksicht auf den erhabenen Zweck, dem die Para- mente dienen. Das erheischt zudem die Rücksicht auf den eigenen Vorteil. Gute Stoffe sind auf die Dauer die billigsten, weil die haltbarsten. Was kann es frommen, wenn ein Meßgewand schon nach Verlauf von zwei oder drei

- 12 -

Jahren so abgeschabt, brüchig, abgetragen und verschlissen aussieht, daß es zu weiterer Verwendung untauglich geworden ist.

In Kirchen, in welchen der Verbrauch an Paramenten ein größerer ist, empfiehlt es sich, von den gewöhnlichen Meßgewändern allemal ein Paar aus demselben Stoffe herstellen zu lassen. Bekanntlich verderben die Kasein am ehesten und am meisten auf der Vorderseite, während die Rückseite nur sehr wenig leidet. Hat man nun zwei Kasein von demselben Zeug, so kann man nach Verschleiß der Vorderseiten die Rückseiten ohne Schwierigkeit zu einer neuen noch lange brauchbaren Kasel umarbeiten.

Zweites Kapitel. Die Ausstattung der Paramente.

1. Die Ausstattung- der Paramente im allgemeinen. Es ist von alters her Brauch gewesen, den Paramenten eine würdige Ausstattung zu geben. Man versah sie zu dem Behufe mit Besätzen, umsäumte sie mit Einfassungsborden und fügte, wo es am Platz war, den Säumen Fransen, Quasten und später auch Spitzen an. In manchen Fällen ging man selbst so weit, das ganze Parament mit den herrlichsten Bild- stickereien zu überziehen. Zeugen davon sind die zahlreichen, mit dem edelsten Figurenwerk überstickten Kasein, Dalmatiken , Antependien, Plu- vialien usw., die sich aus dem Mittelalter erhalten haben. In welchem Umfange insbesondere die Bildstickerei zur Ausschmückung der Para- mente verwendet wurde , ersehen wir am besten aus den vielen dem 13., 14. und 15. Jahrhundert entstammenden Prachtpluvialien, die mit figür- lichen Darstellungen, einzelnen Heiligen oder ganzen Szenen, in der kunst- reichsten und edelsten Weise von oben bis unten bestickt sind (Titelbild). Natürlich wurden nicht alle Paramente so behandelt. Man richtete sich nach ihrem Zweck und Charakter, nach den Umständen von Ort und Zeit, nach den zu Gebote stehenden Mitteln und den vorhandenen künstlerischen Kräften.

Was wir an der mittelalterlichen Verzierungsweise der liturgischen Ge- wänder und sonstigen Paramente besonders bewundern, ist der feine Geschmack, den man bis fast gegen Ausgang des Mittelalters dabei an den Tag legte. Dann freilich beginnt bei allen technischen Fortschritten ein rascher Verfall. Es kommen die plastischen Stickereien in Mode, über Werg, Holz, oder Wachs in Hochrelief hergestellte figürliche Darstellungen, und man fängt an, die schmückenden Zutaten in einer Weise zu behandeln, als ob nicht das Parament sondern die Verzierung die Hauptsache ausmache, und als ob das Parament zuletzt fast nur der Verzierung wegen da sei.

l!. Die Eigenschaften einer guten Verzierung. Die erste und notwen- digste Eigenschaft einer guten Verzierung der Paramente besteht darin, daß zwischen dem Parament und den schmückenden Bei- gaben das rechte Verhältnis gewahrt bleibt, daß also die letzteren gleichviel welcher Art sie sind, nur als Mittel zur Hebung und Verschönerung des Paraments dienen. Der Schmuck muß sich in den Schranken eines

13 -

bloßen Schmuckse halten; er darf nie zu einem Stück Parament werden, noch darf dieses jemals in der Verzierung gleichsam aufgehen. Es ist darum bei- spielsweise durchaus verkehrt. Alben oder Superpelliceen mit meterbreitei Spitze, bei der von dem eigentlichen Gewandstoff nur wenig mehr übrig bleibt, auszustatten oder den Besätzen des Meßgewandes eine Breite zu gel >en, daß kaum mehr von einem Gewandstoff die Bede sein kann. Das heißt denn doch nichts anderes als die Hauptsache zur Nebensache und die Neben- sache zur Hauptsache machen.

Zweitens soll man mit den verzierenden Zutaten nicht übertreiben. Man bringe z. B. an ein Altartuch nicht zugleich einen gehäckelten Einsatz, eine rotgestickte Bordüre und eine Filetspitze oder an eine Albe eine Durchbrucharbeit, einen breiten auf Kanevas in Bunt- stickerei ausgeführten Besatz und obendrein noch eine eingekräuselte geklöp- pelte Spitze an. Es ist das schlechthin eine Geschmacklosigkeit. Wahre Schönheit und gefällige Wirkung ist nur bei weisem Maßhalten in der Ver- wendung der Verzierungen möglich. Und doch kommen, wie die Erfahrung zur Genüge beweist, solche und ähnliche Sünden gegen den guten Geschmack keineswegs selten vor.

Drittens darf die Verzierung, mag sie nun in einem Besatz, in Stickereien, in aufgesetzten Zierplättchen oder in sonstigen schmückenden Beigaben bestehen, nicht zu schwer, zu unbeholfen und zu steif sein. Bei einem Behang von der Art eines Antependiums mag es freilich nichts verschlagen, wenn er infolge der ihm zuteil gewordenen Ausstattung der Geschmeidigkeit und Leichtigkeit entbehrt. Indessen trifft solches keineswegs bei allen Paramenten zu. namentlich nicht bei den liturgischen Gewändern. Es ist vielmehr durchaus zweckwidrig, um nicht zu sagen widersinnig, eine Kasel, Levitengewänder oder ein Pluviale durch brettersteife Besätze und Stickereien zum Brett und durch ein Übermaß schwerer Goldstickereien zur förmlichen Last zu machen.

Viertens muß die Verzierung mit dem Parament in gefäl- liger Farbenharmonie stehen. Wohl müssen sich die schmückenden Zutaten, um hinreichend zu wirken, vom Grund abheben. Es kann sogar zweckmäßig, ja notwendig sein, sie durch eine besondere Einfassung oder Kontur ierung kräftiger vom Grunde hervortreten zu lassen, nie aber darf zwischen Grund und Verzierung ein das Auge verletzender, schreiender Kontrast bestehen. Es ist darum z. B. verkehrt, auf einer weißen Kasel ein rotes oder auf einer roten oder schwarzen ein weißes Kreuz anzubringen, es sei denn, daß durch Stickereien der Gegensatz ausgeglichen und der Besatz mit dem Kaselstoff in Harmonie gebracht wird. Kirchliche Bestimmungen gibt es hinsichtlich der Farbe des Ornaments nicht. Um so mehr müssen die allgemeinen Regeln einer guten Farbenwirkung und die Forderungen eines gebildeten Geschmacks für die Farbe der Verzierungen als maßgebende Norm genommen werden.

Fünftens endlich muß das Ornament sowohl seinem Gegen- stand oder Motiv, wie seiner Ausführung nach dem Zweck und der Verwendung der Paramente angemessen sein.

14

Vom Motiv der Ornamente gilt, was früher (S. 9 f) bezüglich der Musterung der Paramentenstoffe gesagt wurde1. Es ist nicht erforderlich, daß die Ver- zierungen auf den besondern Charakter des Paraments Bezug haben, wie- wohl das unzweifelhaft das Entsprechendste und Beste ist, noch braucht überhaupt in ihnen irgend eine religiöse Idee zum Ausdruck zu kommen, nie aber dürfen dieselben gesucht, sonderbar, profan, alltäglich, kurz, der gottes- dienstlichen Funktionen, bei welchen die Paramente zur Verwendung kommen, unwürdig sein.

Hinsichtlich der Ausführung aber müssen die Verzierungen wenig- stens insoweit der hohen Bestimmung der Paramente entsprechen, als sie stets sauber, ebenmäf3ig und schön gearbeitet sein sollen. Kunstwerke brauchen sie nicht darzustellen ; denn es ist nicht jedermann gegeben, mit Kunstwerken die Paramente zu schmücken. Sie können sogar schlicht und einfach sein, wo- fern die Ausführung nur trefflich ist. Niemals aber dürfen sie ein unebenes, unordentliches , mangelhaftes Machwerk sein. Besser keine schmückenden Beigaben als sog. Schund auf den Paramenten anbringen.

3. Das Material der Verzierungen. Während es hinsichtlich des Stoffes der Paramente manche kirchliche Bestimmung gibt, mangeln in Bezug auf das Material derartige Vorschriften. Es steht daher beispielsweise nichts im Wege, Alben oder Altartücher mit Spitzen, die aus Baumwolle gemacht sind, oder mit Bordüren, die in Seide gestickt sind, zu versehen. Ebensowenig kann es als verboten gelten in Wollstickerei ausgeführte Stäbe zur Ausstattung der Kasel zu verwenden.

Selbst wenn die Verzierungen dem Grund des Paraments nicht bloß ein- gestickt oder aufgenäht sind, oder wie kurze Spitzen lediglich eine ornamentale Zutat darstellen, sondern, wie es bei Kaselstäben meist, bei langen Spitzen alier regelmäßig der Fall ist, den Gewandstoff ersetzen müssen, kann es nicht als Pflicht bezeichnet werden, dieselben aus dem für das Parament vor- geschriebenen Material zu machen. Es erhellt das aus zwei diesbezüglichen Entscheidungen der Piitenkongregation. Es wurde bei derselben angefragt, oli, wie es tatsächlich in vielen Kirchen geschehe, Alben bei der Messe ge- braucht werden könnten , die zum größten Teil , d. i. von der Brust an aus baumwollenen Spitzen beständen und ob Kasein und Pluvialien zulässig seien, die auf dem Rücken mit auf Linnen gemalten Bildern verziert seien. Dem eisten Fragesteller wurde geantwortet, er möge sich bei der Entscheidung seines Bischofs der dem Zusammenhang nach die Verwendung solcher Alben gestattet haben muß - - beruhigen2, dem zweiten, Paramente der geschilderten Art seien erlaubt, wofern sie nur aus Seide beständen und im übrigen nach Maßgabe der liturgischen Vorschriften angefertigt seien 3.

Natürlich folgt aus diesen Entscheidungen nicht, daß es völlig gleich sei, welches Material man zu den Verzierungen verwende. Noch lange nicht alles , was geduldet oder gestattet wird , ist darum auch schon das An- gemessenste oder auch nur entsprechend. Es gibt ja, wo ein stricktes Gebot

1 Vgl. auch 2. Teil, 2 Abschnitt, 6. Kap. Nr 2.

= Entscheidung vom 8. März 1879 (B al 1 eri ni-Palmieri , Opus morale IV 792).

3 Entscheidung vom 30. März 1885 (Decr. auth. nr. 3628).

oder Verbot fehlt, noch andere Normen, wie der gute Geschmack und die Rücksicht auf die Bedeutung der Paramente. Diese aber lassen es unzweifelhaft als das Passendste erscheinen, für die Verzierungen möglichst das für die Paramente vorgeschriebene Material zu nehmen, also z. B. für die Alben und Altartücher linnene Spitzen, für die Kasein seidene oder in Seidenstickerei ausgeführte Besätze. Insbesondere sollte man das Meßgewand nie mit einem in gewöhnlicher Wollstickerei hergestellten Kreuz versehen.

Bild 2. In Perlenstickerei ausgeführte Amiktbesätze aus der Marien- kirche zu Danzig. (Nach Hinz.)

Das Material der Verzierungen braucht nicht kostbar zu sein. An sich ist freilich für die Paramente selbst das Beste nicht zu schade. Leider sind nicht überall die Mittel vorhanden, ihnen eine Ausstattung zu geben, wie sie es verdienten. In allen Fällen muß jedoch das Material gut und solid sein. Armseliges billiges Zeug, wertloses Surrogat, bestechender Flitterkram sind nicht nur der Paramente unwürdig, sondern auch weggeworfenes Geld.

Bei reichen Ornamenten können passend Perlen, Edelsteine und vergoldete oder versilberte Metallplättchen als Schmuck ver-

16

wendet weiden. So hat es ja auch die frühere Zeit gehalten. Insbesondere war es im 13.. 14. und 15. Jahrhundert beliebt, die Paramente mit Perlen, edlen Steinen oder reichverzierten Metallplättchen zu besetzen (Bild 2 S. 15). Wurden sie doch damals mit solchen oft genug fast wie besät.

Unter Perlen und Edelsteinen sind natürlich echte Perlen und echte Steine verstanden, nicht Wachsperlen und bunte Glasstückchen. Wer keine echten Perlen und Steine hat, soll auch diese Surrogate von den Paramenten weglassen. Es wäre ja nur falscher Schein. Weniger Beanstandung dürfte sich gegen eine Verwendung der gewöhnlichen Schmelzperlen erheben lassen, da diese nicht ein eigentliches Surrogat bilden. Empfohlen können aber auch sie nicht gerade werden. Jedenfalls muß man sich in Bezug auf den Gebrauch der Schmelzperlen bei Ausschmückung der Paramente große Beschränkung auflegen.

Metallplättchen, die zur Verzierung der Paramente dienen sollen, müssen dauerhaft vergoldet, leicht und mit passendem Muste r versehen sein.

Drittes Kapitel.

Die Verzierungsmittel.

Zur Ausschmückung der Paramente dienen Stickereien, Spitzen. Zierbesätze, Borden, Fransen und Quasten; auch kann zu den Ver- zierungsmitteln der Unterstoff gerechnet werden.

1. Stickereien. Sie werden entweder unmittelbar dem Paramentenstoff aufgestickt oder auf einem besondern Stickgrund ausgeführt und erst nach ihrer Fertigstellung dem Parament aufgenäht. Sie erscheinen bald als fort- laufende Streifen, wie bei Bordüren und gestickten Besätzen, bald bilden sie vereinzelt angebrachte Ornamente, bald überspinnen sie nach Art eines ge- webten Musters den Grund. Als Stickmaterial benutzt man bei seidenen Paramenten Seide und Gold(Silber-)gespinst, auch wohl Perlen, Metallplättchen und edle Steine, bei wollenen Seide oder Wolle. Bei Linnenparamenten nimmt man zum Sticken am besten türkisch-rotes und indigoblaues Linnen- oder Baumwollgarn oder dunkelgraue und dunkelbraune waschechte Seide. Ab- zuraten ist es, zum Besticken solcher Paramente schwarzes Garn zu ver- wenden , selbst wenn sie für Trauerfeierlichkeiten bestimmt sein sollten. Alben, Superpelliceen und Altartüchern, die bei Exequien, feierlichen Toten- messen usw. gebraucht werden sollen, gibt man als Schmuck nur eine ein- fache, bescheidene, weiße Spitze. Das ist nicht bloß das Angemessenste, sondern auch das Wirkungsvollste. Von der Herstellung der Stickereien, den verschiedenen Stichen, Sticktechniken und Stickweisen, den Stickmustern und allem, was sonst noch in dieser Beziehung von Bedeutung ist, wird im zweiten Teil dieser Schrift ausführlich die Bede sein.

2. Spitzen. Sie dienen zur Verzierung der Kirchleinwand. Die Spitzen kamen erst recht spät in Gebrauch; sie haben sich aber dann rasch all- gemein eingebürgert, wobei sie die gestickten Besätze in kurzer Zeit fast ganz verdrängten. Wirklich gute, solide, passend gemusterte Spitzen sind ein vortrefflicher Schmuck für die Linnenparamente.

17

Es gibt mancherlei Arten von Spitzen. Für die Ausschmückung der Paramente kommen von denselben in Betracht die gestrickten, die ge- häkelten, die geklöppelten und die gen übten Spitzen1, ferner die sog. Maschen- oder Filetspitzen, die irischen- oder Litzenspitzen, die Tüllspitzen und die Ausnäh- oder Renaissancespitzen. Am häufigsten finden für diesen Zweck die gehäkelten, die geklöppelten, die Maschen- und die Tüllspitzen Verwendung. Die Tüllspitzen werden heutzutage fast nur mit Hilfe der Maschine hergestellt. Auch die geklöppelten Spitzen sind gegenwärtig zum großen Teil nicht mehr Handarbeit, sondern Pro- dukt der Maschine. Selbst Litzen- und Renaissancespitzen werden schon viel- fach auf maschinellem Wege hergestellt.

Von der Anfertigung der gestrickten, gehäkelten, der Maschen-, Tüll-. Litzen- und Ausnähspitzen wird im zweiten Teil näher gesprochen werden. Hier daher bloß noch einige Worte über die Eigenschaften, welche einer Paramentenspitze zukommen müssen. Es sind etwa folgende:

a) Eine Paramentenspitze muß solid sein, zumal wenn für die Aufbewahrung und die sonstige Behandlung, insbesondere aber die Reinigung derselben, wie es unter Umständen auf dem Lande oder in Missionsgemeinden vorkommen kann, nicht die geeigneten Kräfte vorhanden sind. Andernfalls wird sie unfehlbar bald voller Löcher sein. Namentlich erheischen die Spitzen der Alben und Kommuniontücher große Festigkeit und Dauerhaftigkeit . da sie mehr als die andern in Gefahr sind, zu zerreißen.

b) Die Spitze muß zum Stoff des Paraments, an dem sie angebracht ist, passen. Es ist z. B. für die Beschaffenheit der Spitze eines Superpelliceums keineswegs gleichgültig, ob dieses aus dünnem Battist oder kräftigem Linnen besteht. Ein zarter Stoff erheischt eine zarte Spitze, ein schwererer eine entsprechend schwerere. Wo diese Regel unbeachtet bleibt, kann von einer guten Wirkung der Spitze nicht die Rede sein. Am häufigsten fehlen gegen diese Forderung Tüllspitzen und gehäkelte Spitzen, die einen, weil sie im Verhältnis zum Stoff des Gewandes zu leicht, die andern, weil sie aus zu dickem Garn angefertigt und deshalb zu kräftig sind.

c) Die Spitzen dürfen nicht zu spinn web artig aussehen, nicht zu große Durchbrüche aufweisen, nicht notdürftig zusammen- genähten Fetzen gleichen, weil sie sonst nicht bloß der nötigen Soli- didät entbehren, sondern auch zum Parament in allzustarkem Kontrast stehen. Am leichtesten tritt dieser Fehler bei Litzenspitzen und Ausnähspitzen auf, doch kommt er auch bei Filetspitzen nicht selten vor.

d) Die Spitze darf nicht zu lang sein. Die Spitzen sind nichts als eine schmückende Beigabe, kein wesentlicher Bestandteil der Paramente. Ihr Zweck ist lediglich , diesen am Saum einen gefälligeren , leichteren Ab- schluß zu geben. Sie müssen darum stets von mäßiger Breite sein. Bei Alben sollte diese niemals 25 30 cm . bei Altar- und Kommuniontüchern niemals

1 Die sog. Brüsseler und Venetianer Spitzen sind entweder geklöppelt, d. i. durch Ver- schlingen und Verflechten von Fäden hergestellt, oder genaht, d. i. mit der Nadel an- gefertigt.

Braun, Winke für Paranientenanfertigung. 2

- 18 -

20 25 cm überschreiten. Bei Superpelliceen kann die Spitze etwas breiter sein, doch muß selbst bei ihnen eine Breite von 40 50 cm als Höchst- maß gelten.

e) Die Spitze darf nicht alltäglich, nicht profan aussehen. Man soll darum kein Gardinenzeug zu Spitzen brauchen oder die an Unter- kleider- und Bettspreitenbesätze erinnernden sog. Madeiraspitzen zur Verzierung der Paramente benutzen. Ebenso muß alles Einkräuseln der Spitzen ver- mieden werden. Nicht alles, was sich im Haus, im Salon und Boudoir gut macht, ist darum auch schon dem Heiligtum angemessen.

f) Die Spitzen sollen, womöglich, aus Linnengarn gearbeitet sein. Ist das auch keine eigentliche Vorschrift und darum nicht unum- gänglich notwendig, so ist es doch jedenfalls am passendsten.

Den Spitzen verwandt sind die sog. Einsätze oder Entre-Deux. Sie weiden meistens mittelst Häkeins, Strickens oder Klöppeins hergestellt, doch können sie auch in Filet- und Ausnäharbeit ausgeführt werden. Die übrigen Spitzentechniken eignen sich weniger für Einsätze.

Man kann die Einsätze bei fast allen Linnenparamenten verwerten. Ihre Breite hängt von dem Parament ab, bei dem sie zur Verwendung kommen. Bei Kelchtüchlein dürfen die Entre-Deux nur etwa 2 cm breit sein, bei Altar- und Kommuniontüchern mag sich ihre Breite auf etwa 10 cm, bei Alben und Superpelliceen auf etwa 10 15 cm belaufen. Zu einer guten Wirkung der Einsätze ist unbedingt nötig, daß sie recht dicht sind. Im übrigen gilt von ihnen, was bezüglich der Eigenschaften der Spitzen be- merkt wurde.

Man pflegt die Paramente, die mit Einsätzen versehen sind, wohl auch noch mit Spitzen auszustatten. Es ist das jedoch wenig zu empfehlen, weil dadurch der eigenartige Effekt der Entre-Deux zu sehr gestört wird. Dagegen kann es als zweckmäßig und schön bezeichnet werden, größere Paramente wie Alben und Superpelliceen statt mit einem breiten mit zwei schmalen Einsätzen zu versehen. Neuere Entscheidungen der Ritenkongregation ge- statten, den Spitzen (Einsätzen) der Alben und Kochette einen farbigen Grund unterzulegen '.

3. Zierbesätze. Sie werden entweder durch Stickerei hergestellt oder eigens zu Besatzzwecken gewebt oder aus einem passenden Stoff geschnitten und bald als Bordüren am Saum des Paraments, bald als Kreuze, Stäbe oder Zierstreifen auf dem Parament angebracht.

Betreffs der gestickten Besätze sei auf den zweiten Teil dieser Schrift verwiesen. Es werden gegenwärtig Paramentenbesätze in großer Menge mit der Stickmaschine hergestellt. Leider gibt es unter ihnen ungemein viel minderwertiges Zeug.

1 Entscheidung vom 12. Juli 1892 und 24. November 1899 (Decr. auth. nr. 3780 4048). Frühere Entscheidungen vom 17. August 1833 und 5. Dezember 1868, wodurch es als un- statthaft bezeichnet wurde, die an den Säumen und Ärmeln der Alben und anderer Gewänder angebrachten Spitzen mit einem roten oder sonst einem farbigen Grund zu versehen, sind durch die obigen aufgehoben und darum auch in die neueste offizielle Ausgabe der Dekrete der Elitenkongregation nicht aufgenommen worden.

19

Die mit der Maschine hergestellten Besätze lassen durchweg, sowohl hin- sichtlich der Zeichnung und Farbengebung, wie hinsichtlich der Qualität des benutzten Stickmaterials und der Sauberkeit und Güte der Ausführung manches zu wünschen übrig. Begreiflich, da sie für den Massenvertrieb gemacht werden, bei dem „billig" die Losung ist. Am besten sind noch die im sog. Plattstich ausgeführten Besätze. Sie leiden sogar nicht selten an einer übergroßen, ein- förmig wirkenden Exaktheit, der man ohne weiteres die maschinelle Her- stellungsweise der Stickerei ansieht. Es soll gewiß nicht getadelt werden, daß man die Maschine zur Anfertigung gestickter Besätze zu Hilfe nimmt, nur sollte man sie nicht zum Fabrizieren ganz unkünstlerischer, nur zu oft geradezu unschöner Dutzendware mißbrauchen , die obendrein durch ihre Billigkeit der Ruin wirklicher Kunststickerei wird.

Von den gewebten Besätzen haben sich in neuester Zeit die sog. „Kölner Borden" einen besondern Ruf erworben. Sie sind eine Nach- bildung von Besätzen, die im 15. Jahrhundert, wie es scheint, vornehmlich von Kölner Bordenwirkern angefertigt wurden. Man findet von ihnen noch allenthalben in Deutschland, namentlich aber in der näheren Umgebung Kölns, in Rheinland und Westfalen, manche Überreste.

Die Kölner Borden hatten eine aus Linnen und Seide gebildete Kette. Als Schuß diente teils Seide von kräftiger Farbe, teils Gold. Dieses wurde nur für den Fond gebraucht, jene für Fond und Muster. Bei Seidengrund liebte man, in bestimmten Abständen mit der Farbe zu wechseln. Das Ornament der Borden bestand in reizenden, geometrisch stilisierten Bäumchen, Blumen und Rosetten, kurzen Inschriften, Ranken, Wappenschildchen und ausdrucks- vollen, bald frei, bald unter Arkaturen stehenden figürlichen Darstellungen. Kaselbesätze schmückte man gern mit einer Kreuzigungsgruppe.

Die Kölner Borden gehören zu den wirkungsvollsten Besätzen, welche der Webstuhl geschaffen hat. Die einfache, kräftige Musterung, der warme Ton, das gefällige Farbenspiel, die Solidität der Technik machten sie für die Verzierung der Paramente besonders geeignet. Eben darum hat man auch in jüngster Zeit in Krefeld mit vielem Erfolg begonnen, auf Grund alter Vor- bilder von neuem Kölner Borden herzustellen.

Die einfacheren nur mit rein ornamentalen Mustern versehenen Kölner Borden bedürfen keiner weiteren Arbeit der Nadel. Bei Borden, die mit figürlichen Darstellungen geschmückt sind, muß jedoch die Hand der Stickerin ergänzen, was die Hand des Webers nicht zu schaffen vermochte oder nicht schaffen wollte, die Fleischteile, das Haar, die Gewandfalten, die Musterungen der Gewänder und ähnliches.

Die Kölner Borden können, wenn aus solidem Material und in fester Bindung hergestellt, nur empfohlen werden 1. Für gewöhnliche Paramente sind sie allerdings zu teuer. Eine mit ihrer Herstellung zusammenhängende Eigen- tümlichkeit der Kölner Borden besteht darin, daß sie an beiden Seiten eine Web- kante besitzen. Neuerdings wird indessen eine etwas billigere Qualität auf den Markt gebracht, welche nur an einer Seite mit einer solchen versehen ist.

Zeitschrift für christliche Kunst II 71.

20 -

Einfachen Paramenten, zumal Kasein, die man an Wochen- tagen gebraucht, gibt man am zweckmäßigsten Besätze, die man aus einem passenden zum Grundstoff des Paraments ge- nügend kontrastierenden Stoff zu rechtgeschnitten hat. Dieselben sind von vortrefflicher Wirkung; jedenfalls machen sie sich ungleich besser, als mancher wenig geschmackvolle, plump gemusterte, gewebte Besatz, wie man ihn so häufig auf den Paramenten finden kann. Dabei sind sie nicht bloß billiger als gewebte Besätze, sie haben obendrein den großen Vorteil, daß man sie ohne alle Schwierigkeit ausbessern kann, wenn sie im Gebrauch Schaden gelitten haben. Bei gewebten Besätzen macht das oft nicht wenig Mühe , und es kann leicht geschehen , daß man eine ganze Garnitur vom Gewände lostrennen und beiseite legen muß, weil man nichts Passendes zum Reparieren zu erhalten vermochte. Es kann darum nur empfohlen werden, bei gewöhnlichen, häufig gebrauchten Paramenten die Besätze aus passenden Stoffen zu schneiden. In Italien ist das sehr gebräuchlich. Wenn man dort die Besätze nicht mit Stickereien versieht, was bei besseren Paramenten sehr beliebt ist, oder durch Borden auf dem Parament nachbildet, pflegt man sie regelmäßig aus anderem Stoff zurechtzuschneiden. Eigens als solche gewebte Bordüren und Stäbe kommen in Italien meiner Beobachtung nach kaum zur Verwendung.

Allerdings ist nicht jedes Zeug zur Herstellung von Besätzen geeignet. Immer sind ungemusterte Stoffe, Taft, Köper, Atlas oder Sammet passend. Von gemusterten sind diejenigen am brauchbarsten, deren Musterung sich aus Kreisen, Vierpässen und ähnlichen Gebilden susammensetzt. Auch Stoffe mit dem Granatapfelmuster oder ähnlichen Dessins lassen sich leicht zu sehr brauch- baren Besätzen verarbeiten, wenn die Musterung genügend klein ist. Will man dem Besatz von Meßgewändern, den man aus Stoffen zurechtgeschnitten hat, eine einfache, aber schöne Verzierung geben, so bringe man in der Querung der Balken mittelst Stickerei den Namen Jesu, das Lamm Gottes oder ein ähnliches Symbol an.

4. Fransen. Ihre Aufgabe ist, den Saum der Paramente in gefälliger Weise abzuschließen. Die Kasel und das kirchliche Linnenzeug das Cin- gulum ausgenommen werden nie mit Fransen versehen. Sehr gern werden sie dagegen an den Enden der Stola , des Manipels und des Schulter- velums sowie an dem Schild und Saum des Pluviales angebracht. Regelmäßig kommen Fransen als Randverzierung bei den Fahnen, Decken und Behängen zur Anwendung. Bei der Dalmatik und Tunicella sollte man mit Rücksicht auf das zugehörige Meßgewand Fransen nur den Seiten, nicht aber dem Saum ansetzen.

Man unterscheidet offene, gedrehte und geknüpfte Fransen. Die Woll- fransen , welche sich nur für Paramente aus AVollstoff, wie Tumbatücher, Decken, Wandbehänge und ähnliche eignen, sind in der Regel gedreht, die Seidenfransen bald offen (sog. Cordonnetfransen), bald gedreht (sog. Drill- frausen), bald geknüpft, die Goldfransen stets entweder gedreht oder geknüpft. Von den Seidenfransen sind die Cordonnetfransen die gebräuch- lichsten. Die geknüpften werden kaum anders als bei der Stola, dem Manipel und dem Schild des Pluviales benutzt. Der gedrehten Seidenfransen bedient

21

man sich gewöhnlich nur bei schwereren Behängen und Decken, bei welchen sich Cordonnetfranzen zu leicht ausnehmen würden, sowie zur Verzierung des Saumes des Pluviales. Sie können indessen auch bei Stolen und Manipeln passend zur Verwendung kommen.

An Stelle von geknüpften Seidenfransen gebraucht man auch wohl sog. Quästchenfransen, d. i. Fransen, die aus nebeneinander angebrachten Quästchen bestehen.

Gedrehte Goldfransen, zu deren Herstellung anstatt eines gewöhnlichen Goldfadens sog. Goldbouillon verwendet wurde, heißen Bouillonfransen.

Bei Anbringung von Fransen hat man darauf zu sehen, daß dieselben a) durchaus solid sind, b) eine passende Länge besitzen und c) zur Farbe des Paraments in wirkungsvollem, wenngleich natürlich nicht schreiendem Kontrast stehen.

Immer machen sich Goldfransen gut. Leider sind echte Goldfransen zu teuer, den unechten aber fehlt es an Haltbarkeit. Da wo die Goldfransen wenig Gefahr laufen, beschädigt zu werden, empfiehlt es sich den eleganteren und lebendigeren Bouillonfransen vor den gewöhnlichen Goldfransen den Vorzug zu geben. Von Seiden- und Wollfransen wirken diejenigen am schönsten, in welchen zwei oder mehrere Farben, wie z. B. rot und gelb, rot, grün und gelb oder rot, blau und gelb miteinander abwechseln.

5. Borden, Kordel. Die Borden werden zur Einfassung der Paramente und ihrer Besätze sowie zur Herstellung der Kreuzchen des Manipels, der Stola, der Bursa und des Kelch velums gebraucht. Auch bedient man sich ihrer zur Nachahmung von Besätzen namentlich bei Trauerparamenten , bei Alltagskaseln und gewöhnlichen Pluvialien. Die Borden werden zu dem Ende dem Gewandstoff gerade so aufgesetzt, als ob sie wirkliche Besätze um- säumen sollten. Diese Praxis ist wie die oben (S. 20) besprochene Gepflogen- heit, die Besätze aus passendem Stoff zurechtzuschneiden, besonders für häufig gebrauchte Meßgewänder sehr zu empfehlen.

Am besten verwendet man bei Meßgewändern, Leviten- gewändern und Pluvialien samt ihrem Zubehör bloß Seiden- borden. Mit Metall - (Gold- oder Silber-) borden ausgestattet leiden diese Paramente beim Gebrauch zu leicht. Das gilt namentlich von der Kasel und dem Manipel, bei denen bei einer Verzierung mit Gold- oder Silberborden ein rasches Schleißen kaum vermeidlich ist, zumal wenn billige, rauhe Metall- borden benutzt werden. Bei Paramenten, bei welchen für ein Aneinander- reihen keine Gefahr ist, steht natürlich der Verwendung von Goldborden das angeführte Bedenken nicht im Wege. Jedenfalls soll man, soweit als möglich, nur echte Gold- oder Silberborden zur Ausstattung der Paramente verwerten. Sie sind nicht nur am haltbarsten , sondern haben auch noch Wert , wenn sie durch den Gebrauch schadhaft geworden sind.

Seidenborden sind nur dann solid und dauerhaft, wenn die Seiden- fäden, welche das Muster bilden, d. i. die Schußfäden, nicht zu los dem Grund aufliegen. Freilich sind Borden dieser Art nicht gerade die ansehn- lichsten und brillantesten. Weit mehr fallen solche in die Augen, bei welchen die Schußfäden möglichst wenig gebunden sind. Indessen kommt es ja doch in

erster Linie nicht auf ein glänzendes, glattes Aussehen, sondern auf Halt- barkeit an. Was kann es helfen, wenn die Borden schon nach kurzer Frist abgeschlissen sind und zerfallen?

Was die Musterung der Borden anlangt, so gibt man am besten geo- metrisch, d. i. im Zickzack, in Rauten, Kreisen, Pässen und ähnlich ge- musterten den Vorzug. Die Borde soll eine Einfassung bilden, eine Fläche in geeigneter Weise umrahmen und wirkungsvoll abgrenzen. Je bestimmter und entschiedener daher das Bordenmuster sich geltend macht, und je schärfer es zur Musterung des Gewandstoffes oder Besatzes kontrastiert, um so mehr erfüllt die Borde die ihr eigentümliche Aufgabe. Das aber ist durchweg am meisten bei geometrisch gemusterten Borden der Fall.

Allerdings können auch fortlaufende Ranken auf Borden sehr gut wirken: sie sind dazu aber bloß imstande, wenn sie nicht zu kleinlich ausgeführt sind und wenn sie sich hinreichend kräftig vom Fond der Borden abheben. Die Musterung einer Borde mag an sich äußerst reizend und gefällig sein, daraus folgt aber nicht auch schon, daß diese Borde als Borde ihren Zweck erfülle. Das aber und nicht die Gefälligkeit des Musters an sich ist es, was bei Borden in erster Linie in Betracht kommt. Es empfiehlt sich, diesen Punkt bei Auswahl von Borden im Auge zu behalten.

Wie in Bezug auf das Muster müssen die Borden, um ihrem Zwecke gerecht zu werden, auch hinsichtlich der Farbe sowohl vom Gewandgrund wie dem Besatz, den sie umsäumen, wirksam abstehen. Es darf der Kontrast jedoch nicht zu stark werden, wie es sehr häufig, um nicht zu sagen regel- mäßig bei Verwendung einfarbiger gelber und weißer Borden der Fall ist. Borden dieser Art, zumal breitere, soll man nur mit großer Maßhaltung verwerten.

Ein Fehler, den man ungemein oft begeht, ist das Anbringen allzu breiter Borden. Für die Breite der Borden ist teils die Größe des Paraments, teils die Art der Verwendung, welche sie auf ihm finden, entscheidend. Es ist keineswegs gleich, ob die Borden an einem Meßgewand, einer Stola, einem Manipel, einem Kelchvelum, einer Bursa, einem Pluviale, einem Kanzel- behang oder einem Antependium angebracht werden sollen. Ebensowenig ist es für ihre Breite belanglos, ob sie bestimmt sind, auf dem Parament einen Besatz zu imitieren oder bloß als Einfassung eines Besatzes zu dienen. Bei einem Pluviale und sonstigen größeren Paramenten kann man unbedenklich Bördcnen von etwa 2 cm Breite verwenden. Es würde in diesen Fällen sogar nicht einmal gut aussehen, wollte man schmälere nehmen. Als Ein- fassung eines Kelchvelums, einer Bursa, einer Stola oder eines Manipels machen sich dagegen Borden dieser Breite entschieden unschön. Bei Kasein sollte man breitere Borden am Rande nie, bei dem Kreuz aber nur dann ge- brauchen, wenn es aus einem andern Stoff zurechtgeschnitten wurde oder durch die Borden nachgebildet werden soll.

Es ist merkwürdig, welche Geschmacklosigkeiten man sich nicht selten in der Anbringung der Borden zu Schulden kommen läßt. Geschieht es doch oft genug, daß man ein Kaselkreuz, dem bereits beim Weben eine Borde an- gewebt wurde, obendrein mit einer 2 2,5 cm breiten Borde versieht, obschon das Kreuz dadurch alle Verhältnisse verliert und zur wahren Mißgestalt wird.

23 -

Der Grund, weshalb man gern breite Borden gebraucht, wo nur schmale am Platz wären, liegt beim Meßgewand vielfach in übertriebenen Sparsam- keitsrücksichten. Man möchte aus einer Seidenbreite außer der Vorder- bzw. Rückseite der Kasel noch den Stoff für die Stola gewinnen, auf der andern Seite aber dem Gewand eine genügende Breite geben. Da kommen natür- lich breite Borden wie gerufen. Ob indessen derartige Rücksichten ein hin- reichender Grund sein können, das Parament durch allzu breite Borden zu entstellen ?

Statt der Borden wird man in manchen Fällen zur Einfassung der Para- mente oder Paramentenbesätze besser eine kräftige Seiden- oder Gold- kordel verwenden. Besonders ist das bei bestickten Vesperstolen, bei besseren Bursen, bei gestickten Besätzen auf Kasein und Levitengewändern, bei den sog. Kölner Borden, bei Kasein mittelalterlichen Schnittes, bei besseren Manipeln und Meßstolen sowie bei reicheren Segensvelen angebracht. Farbe und Stärke der Kordel hängen von der Beschaffenheit des Paraments bzw. des Besatzes ab, bei dem sie zu Verwertung gelangen soll.

6. Quasten. Sie finden in der Paramentik nur wenig Verwendung. Hauptsächlich gebraucht man sie zur Verzierung des Baldachins und der Fahnen. Außerdem werden sie hie und da am Chorkappenschild, an den Levitengewändern und am Cingulum angebracht.

7. Die Futterstoffe. Als solche dienen entweder baumwollene, linnene. wollene, halbseidene oder seidene Stoffe. Selbst bei der Kasel und ihrem Zubehör steht der Anbringung nichtseidenen Futters nichts im Wege. Nur beim Kelchvelum sollte man, wenn möglich, stets Seide oder Halbseide (Serge) zum Füttern nehmen.

Von Baumwollstoffen eignet sich als Futter für die Paramente am meisten ein guter Satin. Nie sollte man dazu die billigen, stark appretierten, glän- zenden, steifen Baumwollzeuge gebrauchen; sie passen durchaus nicht für liturgische Paramente.

Ein recht empfehlenswerter Futterstoff ist farbiges, bedrucktes Futter- leinen, vorausgesetzt, daß seine Musterung ruhig, wirksam, stilgerecht und dem Charakter der Paramente angemessen ist.

Besseren Paramenten gebe man ein halbseidenes oder seidenes Futter. Über die Farbe des Futters hat weder die kirchliche Gesetzgebung noch der Gebrauch etwas festgesetzt. Es liegt die Entscheidung demnach beim guten Geschmack. Von jeher sind als Futterstoffe bei den Paramenten mit Vorliebe gelbliche, blaue und rote Zeuge gebraucht worden. Rot, Blau und Gelb sind bei gedämpftem Ton in der Tat die geeignetsten Farben für das Futter. Sie passen fast zu jedem Oberstoff.

Als allgemeine Regel kann gelten, daß Futter und Oberstoff in der Farbe oder doch dem Farbenton hinreichend voneinander abstehen müssen, daß aber das Futter sich nie durch eine schreiende Färbung auf Kosten der Wirkung des Oberstoffes vordrängen darf. Bei gemustertem, einfarbigem Oberstoff erreicht man beides am einfachsten, wenn man ein gleichfarbiges, ungemustertes Zeug als Futter benutzt, bei zwei- oder mehrfarbigem, wenn man für ihn

ie

24

zum Füttern einen ungemusterten Stoff von der Farbe des Grundes oder der Hauptfarbe des Musters nimmt.

Für ungemusterte, farbige Sammete, Atlasse oder Cötes satinees bilden ein sehr geeignetes Futter matte Linnenzeuge, glanz- lose, gleichfarbige Baumwollstoffe oder Heidentafte, da sie sich einerseits von ihnen hinreichend unterscheiden und doch sich ihnen ander- seits aufs glücklichste unterordnen. Weißes Futter ist nie empfehlenswert, weil es zu leicht schmutzt. Das gleiche gilt von rosafarbigen, cremefarbigen und ähnlichen Stoffen. Für weiße Paramente eignet sich außer gelblichem auch rotes und gelbgrünes Futter.

Als Zwischenstoff ist bei liturgischen Gewändern Steifleinen durchaus zu verwerfen, da es dieselben zu Brettern macht. Anders verhält es sich natürlich bei Behängen, wenngleich auch hier das Innenzeug keineswegs lederartig steif sein darf. Sehr brauchbar ist als Einlage der Kasein, Pluvialien usw. ein kräftiges, ungebleichtes Baumwolltuch, das man gewaschen und dann glatt gebügelt hat. Bei Kasein mittelalterlicher Form und Pluvialien kann, ja soll ein Zwischenstoff ganz wegbleiben, so oft sie aus einem starken Brokat, Brokatell, Damast oder Sammet gemacht werden.

Viertes Kapitel. Die liturgischen Farben.

1. Die fünf Kirchenfarhen. Der römische Ritus kennt nur fünf liturgische Farben: Weiß, rot, grün, violett und schwarz. Im Mittelalter gehörten zur römischen Farbenregel auch Gelb (Orange) und Blau (Indigo), sie hatten aber schon gegen Ende desselben praktisch kaum mehr Bedeutung und wurden durch das Missale Pius' V. endgültig aus dem liturgischen Farbenkanon aus- geschieden. Demgemäß sind sie denn auch wiederholt durch ausdrückliche Entscheidungen der Ritenkongregation als für Paramente unzulässig und als Mißbrauch, der ausgerottet werden müsse, bezeichnet worden K Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, weil in neuester Zeit wiederum gelbe Stoffe zur Herstellung von Kasein, Chorkappen usw. in den Handel gebracht werden. Man weise Zeuge, die den kirchlichen Farbenvorschriften nicht gemäß sind, entschieden zurück. Das ist das beste Mittel, die Anfertigung ungeeigneter Stoffe zu ver- hindern und zugleich zur rechten Pflege der kirchlichen Textilkunst beizutragen.

Die aus weißer Kette und gelbem Einschlag oder aus gelber Kette und weißem Einschlag bestehenden Gewebe müssen dann als ungeeignet zur Anfertigung von Paramenten gelten, wenn sie durch die Art der Bindung für das Auge einen gelben Farbenton erhalten haben. Leicht cremefarbige Stoffe dürfen jedoch als weiße betrachtet werden, solange ihr Ton nicht über die gelbliche Färbung hinausgeht, welche ein weißer Seidenstoff im Lauf der Zeit von selbst erhält.

Erlaubt sind zur Herstellung von Paramenten Gold- und Silberstoffe. Paramente, die aus Goldstoff angefertigt sind, können für rote, grüne und

1 Entscheidung vom 16. März 1833, 23. Februar 1839, 26. März 1859, 5. Dez. 1868, 23. Juni 1892 (Decr. autli. nr. 2704 2788 3082 3191 3779).

25

weiße, nicht aber auch für violette und schwarze Paramente gebraucht werden \ Paramente aus Silberstoff dagegen nur für weiße-.

2. Zwei- und mehrfarbige Stoffe. Zwei- und mehrfarbige Stoffe sind weder durch die Natur des liturgischen Farbenkanons noch die Praxis und die kirchliche Gesetzgebung von der Verwendung zur Herstellung der Paramente ausgeschlossen. Sie gelten nur dann als unzulässig, wenn sie erstens überhaupt keine Hauptfarbe oder vorherrschende Farbe aufweisen3, und zweitens die etwa vorherrschende Farbe nicht zu den kirchlichen Farben gehört. Erlaubt sind dagegen zwei- oder mehrfarbige Stoffe, wenn eine Farbe als Haupt- und vorherrschende Farbe deutlich erkennbar ist, die übrigen aber nur in untergeordneter Weise verwendet sind, und obendrein diese Hauptfarbe zu den fünf Kirchenfarben zählt. Daher ist z. B. gegen die Verwendung der heute so beliebten Brokatelle von weißer, roter, grüner oder violetter Grund- farbe und gelbem Muster man denke an das bekannte Hirsch- oder Löwen- muster und ähnliche so lange nichts zu erinnern, als sich die gelbe Zeich- nung nicht ungebührlich auf Kosten des Fonds vordrängt und man den Stoff noch nach gewöhnlichem Sprachgebrauch als weiß, rot, grün oder violett bezeichnen kann 4. In einem gemusterten Zeug gibt in der Regel der Grund des Stoffes den Hauptfarbenton an. Würde aber die Farbe des Musters so entschieden überwiegen, daß diejenige des Grundes neben ihr kaum zur Geltung käme, so erhielte es natürlich liturgisch seinen Farbencharakter von dem Muster, nicht dem Grund. Dabei wird man selbstredend Grund und Muster nicht mit dem Metermaß, sondern nach moralischer Schätzung abzumessen haben.

Ausdrücklich untersagt ist es, Paramente, die aus mehrfarbigem Stoffe gemacht sind, zugleich für verschiedene Farben zu verwenden5. Mit Recht; denn hat der Stoff eine ausgesprochene Hauptfarbe, so können sie nur für diese gebraucht werden. Hat er aber keine vorherrschende Farbe, stellt seine Musterung vielmehr ein bloßes Farbengemisch ohne bestimmten Charakter dar , so ist er zur Anfertigung von Paramenten überhaupt nicht brauchbar.

3. Die Farbe der Besätze. Betreffs der Farbe der Besätze (Stäbe, Kreuze) gibt es keine kirchlichen Bestimmungen. Es genügt, wenn das Para- ment selbst der liturgischen Farbenregel entspricht; die Besätze können von anderer Farbe sein , ja sogar eine nichtliturgiscbe Farbe haben. Es wäre ganz unberechtigt, wollte man auf einer weißen Kasel nur ein weißes, auf

1 Entscheidung vom 28. April 1866 und 5. Dezember 1868 (a. a. 0. nr. 3145 3191).

2 Entscheidung vom 20. November 1885 (a. a. 0. 3646).

3 Entscheidung vom 23. September 1837 (a. a. 0. nr. 2769).

4 Brokatelle mit gelbem sog. goldfarbigem Grund und weißem Muster . wie sie gegen- wärtig wieder fabriziert und angeboten werden, sind unzweifelhaft in allen Fällen unzulässig, in denen der gelbe Grund vor dem weißen Muster vorwiegt, da mau bei ihnen nicht von einem weißen, sondern nur von einem gelben Stoff sprechen kann. Man gibt entgegen der Anschauung der Kirche den goldfarbigen gelben Grund als Ersatz für Goldgrund, der erlaubt ist, aus ; allein wenn Goldstoffe für Herstellung der Paramente gestattet werden , so hat das seinen Grund lediglich in deren Kostbarkeit. Bei gelben Seidenstoffen fällt dieser Grund ganz weg, sie können darum auch kein Ersatz für Goldstoffe seiu.

5 Entscheidung vom 19. Dezember 1829, 12. November 1831, 23. September 1837 (a. a. 0. 2675 2682 2769). In einer Entscheidung vom 23. Mai 1846 (Mühlbauer, Decr. autli. I 322) wurde der Anfragende behufs Dispens an den Bischof gewiesen.

6

26

einer grünen nur ein grünes Kreuz zulassen oder Besätze mit blauem und gelbem Fond, weil angeblich unkirchlich, von der Verwendung auf Para- menten schlechthin ausgeschlossen wissen. Weder der bestehende Brauch, noch irgend eine ausdrückliche liturgische Vorschrift verlangt solches, eben- sowenig ist das durch den Geist und Sinn des Farbenkanons geboten. Oder wer wird den Farbencharakter einer Kasel oder eines Pluviales nach der Farbe des Kreuzes, der Stäbe, des Schildes und nicht vielmehr nach der des Gewandstoffes bestimmen ? Wer eine rote Kasel mit grünem Kreuz als grünes Meßgewand, eine violette Dalmatik mit gelben Stäben als gelbe Dalmatik be- zeichnen? Ist etwa für die Farbe eines Zimmers anstatt der Farbe der Tapete die der Borden entscheidend? Der Besatz ist nur eine bloße Zutat, die zuletzt wegbleiben kann; die Hauptsache, die nie fehlen darf, das Maß- gebende also, ist der Gewandstoff. Es beschränkt sich demnach, was man bezüglich der Farbe der Kreuze, Stäbe und sonstiger Verzierungen der Para- mente zu beachten hat, auf das früher (S. 13) Gesagte.

4. Die kirchlichen Bestimmungen über deu Gebrauch der liturgischen Farben. Die Farbe der Paramente ist teils durch den Charakter des Tages oder Festes teils durch die Besonderheit der Funktionen, bei welchen sie verwendet werden, bedingt. Die diesbezüglichen Regeln sind, soweit sie für den Zweck dieser Schrift von Interesse sind, etwa folgende:

Weiß müssen die Paramente sein am Dreifaltigkeitssonntag, an den Festen des Herrn mit Ausnahme derjenigen, welche das Leiden des Heilandes als solches zum Gegenstand haben, an allen Festtagen der allerseligsten Jungfrau, der hei- ligen Engel und Bekenner, der heiligen Jungfrauen und Frauen, welche nicht Märtyrerinnen sind, am Tag der Geburt des hl. Johannes d. T. und dem Haupt- fest des heiligen Evangelisten Johannes, an den Festen der Ketten- und Stuhl- feier Petri, der Bekehrung Pauli und Allerheiligen, bei der Kirch- und Altar- weihe, am Jahrestag der Kirchweihe, bei der Papstkonsekration und dem Anni- versar der Wahl und Krönung des Papstes sowie der Wahl und Weihe des Bischofs. Desgleichen verlangen die weiße Farbe die Oktaven der angeführten Feste und die Werktage zwischen Ostern und Pfingsten, wofern nicht Feste und Gelegenheiten einfallen, die eine besondere Farbe erfordern, die Votivmessen von Geheimnissen und Heiligen, deren Festen Weiß zukommt, und die Brautmesse.

Ferner sollen weiß sein die Paramente, welche bei sakramentalen Pro- zessionen und bei Andachten vor ausgesetztem hochwürdigstem Gut zur Ver- wendung kommen, dann alle, welche in näherer Beziehung zum heiligsten Sakrament stehen, wie das Ciboriummäntelchen, das Sakramentsfähnchen, der Baldachin, die Bekleidung des Tabernakelinneren und der Expositionsnische, endlich die Paramente, welche beim Begräbnis eines Kindes, das vor erlangtem Vernunftgebrauch starb, getragen werden, sowie die Stola 1, welche der Priester bei Ausspendung der heiligen Taufe, bei Erteilung der heiligen Wegzehrung und bei Einsegnung der Ehe gebraucht2.

1 Bis zur Abnahme des Glaubensbekenntnisses bedient sich der Priester mit Rücksicht auf die Exorzismen (Beschwörungen), die er vornimmt, einer violetten Stola.

2 Spendet der Priester in der Kirche die heilige Kommunion , so kann die Stola auch .Irr Tagesfarbe entsprechen. Entscheidung vom 12. März 1836 (Decr. aut. nr. 2740).

27

Rote Paramente sind vorgeschrieben am Samstag vor Pfingsten, am Pfingstfest und während dessen Oktav, an den Festen des Berrn, an welchen die Erinnerung an sein Leiden begangen wird, wie den Festen der heiligen Leidenswerkzeuge , des kostbaren Blutes, der Auffindung und Erhöhung des heiligen Kreuzes, an allen Apostelfesten mit Ausnahme der wenigen schon genannten Tage, an welchen man sich weißer Paramente zu bedienen hat, an den Festen der heiligen Märtyrer, gleichviel welchen Alters oder Ge- schlechtes sie sind, sowie bei der Messe um eine glückliche Papstwahl. Auch den Votivmessen der genannten Feste und ihren Oktaven eignet die rote Farbe. Am Fest der unschuldigen Kinder bedient man sich roter Para- mente, wenn es auf einen Sonntag, violetter, wenn es auf einen Wochentag fällt. Sein Oktavtag verlangt jedoch stets rot.

Die grüne Farbe haben die Sonn- und Werktage zwischen Epiphanie und Septuagesima sowie zwischen Trinitatissonntag und Advent, an denen kein Fest einfällt. Eine Ausnahme bilden jedoch die in dieser Zeit eintreffenden Vigilien und Quatembertage , denen stets Violett zukommt. Desgleichen machen die Sonntage, welche innerhalb einer Oktav liegen, eine Ausnahme, da sie sich hinsichtlich der Farbe der Paramente nach der Farbe ebendieser Oktav zu richten haben.

Violett erheischen der Advent, die Zeit zwischen Septuagesima und Gründonnerstag, die Vigiltage, welche zugleich Fasttage sind, und die Qua- tembertage, ausgenommen die Vigil vor Pfingsten und die Quatembertage der Pfingstwoche. Ferner müssen violette Pai-amente gebraucht werden bei der Messe der Bitttage , der Votivmesse vom Leiden des Herrn und gewissen Votivmessen von ausgesprochenem Büß- oder Bittcharakter, wie der Messe „in allerlei Nöten", „um Vergebung der Sünden", „um die Gnade, gut zu sterben", der Messe „für Reisende", „für Kranke", dann bei Bittprozessionen, bei der Kerzensegnung am Lichtmeßtag und bei der Taufwasserweihe. Ebenso muß die Stola, deren sich der Priester bei Spendung des Bußsakraments und der heiligen Ölung bedient, violett sein.

Schwarz ist die Farbe für die Totenmesse, die Präsanktifikatenmesse am Karfreitag und die Begräbnisse aller, welche nach Erlangung des Ver- nunftgebrauches gestorben sind.

5. Praktische Bemerkungen. Bei weißen Paramenten machen sich am schönsten und edelsten rein weiße Stoffe, namentlich gute Damaste. Sie haben jedoch ihre Nachteile. Rein weiße Seide schmutzt nicht nur sehr rasch, sondern bekommt auch bei nicht ganz sorgfältiger Behandlung leicht sog. Faul- oder Stockflecken, zumal in feuchten Sakristeien. Es ist daher unter Umständen besser, statt rein weißer leicht cremefarbige oder gelb- gemusterte Stoffe zu nehmen. Namentlich ist das für Alltagsparamente an- zuraten.

Für rote, violette, grüne und schwarze Paramente sind umgekehrt im allgemeinen einfarbige Stoffe am zweckmäßigsten. Farbige Brokatelle wirken, wenn bei ihnen das Muster nicht ganz bescheiden auftritt und sehr delikat be- handelt ist, unruhig, bunt und aufdringlich. Außerdem macht sich bei Stoffen dieser Art leicht ein etwaiges Mißverhältnis zwischen Muster und

28

Grund sowie zwischen der Größe des Musters und der Größe des Paraments in übler Weise bemerklich. Das gilt auch von den neuerdings wieder fabrizierten Sammetbrokaten, so prächtig dieselben auch an sich sind, und so sehr sie es verdienen, für Festtagsparamente verwendet zu werden. Sehr empfehlens- wert sind für farbige Paramente um ihres satten und doch weichen, runden Farbentons willen solide, ungemusterte und namentlich gemusterte, einfarbige Seidensammete.

Zweiter Abschnitt.

Die Paramente im besondern.

Erstes Kapitel.

Die liturgischen Gewänder.

Das Hnnierale oder Schultertuch, Amikt. Das Humerale ist ein recht- eckiges linnenes Tuch1, mit welchem der Priester, ehe er die übrigen Ge- wänder anzieht, Hals, Schultern und Brust umgibt. Seine Länge dürfte am passendsten auf ca 80— 90 cm, seine Breite auf 60— 70 cm anzusetzen sein.

Ist es kleiner, so deckt es die Schultern zu wenig, ist es größer, so wird es unbequem.

Zur Befestigung des Schultertuches dienen Bänder, welche an den Ecken einer der Lang- seiten angebracht werden und so lang sein müssen, daß der Priester sie nach Anlegung des Humerales von der Brust zum Rücken und von da wieder nach vorn führen und hier zusammenbinden kann 2. Eine Länge von ca 1,50 m wird dazu in der Regel genügen.

Es gibt drei Weisen, die Bänder am Schultertuch zu befestigen (Bild 3). Hei der ersten werden sie an die Ecken fest angenäht. In diesem Falle bleiben sie natürlich auch beim Waschen am Humerale. Bei der zweiten schlingt man einen Durchschlupf, mit dem man das eine der Ende der Bänder versehen hat, durch ein in den Ecken des Humerales angebrachtes cordonniertes oder festonniertes Bindloch. Bei der dritten verknüpft man die Bänder mittels des an ihnen vorgesehenen Durchschlupfes mit einer Schnur- oder Bandschleife, die man den Ecken des Schultertuches angesetzt hat. Bei den letzten beiden Befestigungsarten können die Bänder ohne Schwierigkeit vor dem Waschen vom Humerale losgelöst und getrennt für sich gewaschen werden. Alle drei Weisen haben ihre Vorteile und ihre Nachteile. Dem einen sagt die eine mehr zu, dem andern eine andere. Bei den zwei letzten ist es

Bild 3. Befestigungsweisen der Bänder am Schultertuch.

1 Entscheidung vom 15. Mai 1819 (Decr. anth. nr. 2600). Miss. Rom. Ritus celebr. tit. 1. nr. 3.

- 29

zweckmäßig, in allen vier Ecken Bindlöcher bzw. an allen vier Ecken Schleifen zum Durchziehen und Befestigen der Bänder anzubringen. Man kann dann, nachdem man das Humerale eine Weile gebraucht hat, die Bänder losbinden und an den andern beiden Ecken befestigen.

Nach der Vorschrift des römischen Missales soll ein Kreuzchen auf dem Humerale angebracht sein, das der Priester vor Anlegung des Tuches zu küssen hat l. Es befindet sich entweder in der eigentlichen Mitte des Schulter- tuches oder nahe dem oberen Saum in gleicher Entfernung von den Schmal- seiten und ist entweder aufgenäht oder eingestickt. Im Mittelalter wurde seit dem 12. Jahrhundert der Amikt am oberen Rande mit einem breiten, oft äußerst kostbaren Besatz geschmückt, der kragenartig den Hals des Priesters umgab (Bild 4). Herrliche Zierbesätze dieser Art, die man parurae, plicae, collaria, plagulae, deutsch Schilde, Flecken, Brettchen nannte, finden sich noch in reicher Zahl in der St Marienkirche zu Danzig (Bild 2 S. 15).

Diese Verzierungsweise des Hume-

Bild 4. Der Amikt

(a und b mittelalterlicher Amikt, c und d heutiger Amikt).

rales setzte allerdings eine etwas an- dere Anlegung desselben voraus, als sie heute Brauch ist. Während es gegenwärtig alsbald vom Kopf, auf welchen der Priester es zuerst legt, auf die Schultern herabgelassen wird, blieb es ehedem auf dem Haupt ruhen, bis der Priester die Kasel übergeworfen hatte. Erst dann wurde es auf den Nacken herabgezogen. Bei der jetzigen Anlegungsweise hat es keinen Zweck mehr, das Humerale mit einem Zierstück, zu schmücken. Man lasse zum teil- weisen Ersatz dafür dem Kreuz, wel- ches auf dem Schultertuch angebracht

sein soll, eine möglichst reiche Ausführung zu Teil werden (Bild 5 S. 30), be- sonders, wenn es in die eigentliche Mitte zu stehen kommt, weil dann für eine solche Raum genug vorhanden ist. Beispiele von Kreuzen für das Hume- rale finden sich in der Vorlagensammlung des Verfassers auf Tafel II, Nr 5 6 ; VIII, Nr 8; X, Nr 8 10 11; XVII, Nr 4; XXII, Nr 6; XXIII, Nr 2; XXIV, Nr 4a; XXV, Nr 6 7; XXVI, Nr 5 6 7. Größere Kreuze bieten Tafel X, Nr 5; XIH, Nr 3; XVI, Nr 3; XVII, Nr 2; XIX, Nr 3; XXVII, Nr 4. Bei Tafel XVI, Nr 4a, XVII, Nr 2 und XXVII, Nr 4 muß das Monogramm im Inneren natürlich umgestellt werden. Man arbeitet diese Kreuze in Rot-, Seiden- oder Weißstickerei. Daß man das Kreuz des Humerales nicht zu sehen bekommt, wenn der Priester am Altar steht, sollte nicht davon ab- halten, ihm eine reichere Form zu geben. Denn erstens sieht es ja der Priester beim Ankleiden, und dann ist der Schmuck der priesterlichen Ge- wänder zunächst Gottes und der Würde der Gewänder und erst in letzter

1 Ritus celebr. a. a. 0.

30

Reihe der Erbauung des Volkes wegen da. Zur Herstellung der Humerales soll man sich einer genügend starken, feinen Leinwand bedienen.

2. Die Albe. Die Albe ist ein bis auf die Füße wallendes, weites, mit engen Ärmeln versehenes, weißes Kleid; es stammt aus der Alltagskleidung des Altertums. Ursprünglich von Leuten aller Stände, von Männern wie Frauen, im profanen Leben wie beim Gottesdienst getragen, verschwand es allmählich immer mehr aus der gewöhnlichen Tracht, bis es sich zuletzt nur mehr im gottesdienstlichen Gebrauch der Kirche befand.

Die Albe muß aus Linnen gemacht 1 und wenigstens so lang sein , daß sie, wenn der Priester sie angezogen hat, ringsum einige Finger vom Boden absteht. So bestimmt es das römische Missale2. Ist sie länger, so muß sie entsprechend aufgeschürzt werden. Am besten wäre es, wenn jede Kirche einen genügenden Vorrat kürzerer und längerer Alben besäße. Allein das gestatten die Verhältnisse nicht überall. Auch würde es für den Küster eine große Last werden, sollte er jedem eine ihm genau passende Albe aussuchen. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als dem Gewand für

Bild 5. Schultertuch.

gewöhnlich eine Durchschnittslänge von ca 1,55 1,60 m zu geben. Eine solche reicht selbst für Priester von größerer Statur völlig hin. Eine Durch- schnittslänge von 1,80 m, wie eine neuere Anleitung zur Anfertigung kirchlicher Handarbeiten will3, ist in den meisten Fällen des Guten entschieden zu viel. Es sieht häßlich aus, wenn die Albe übermäßig aufgeschürzt werden muß. Man wird das freilich dann nicht sonderlich wahrnehmen, wenn der Priester über ihr die Kasel oder das Pluviale, der Diakon die Dalmatik und der Subdiakon die Tunicella trägt; allein es gibt ja auch Funktionen, welche man ohne diese Obergewänder lediglich in der Albe vornimmt.

Was die Weite anlangt, so muß die Albe einen solchen Umfang haben, daß erstens der Priester ohne alle und jede Beschwerde und in voller Leichtig- keit die vorgeschriebenen liturgischen Ortsbewegungen und Kniebeugungen

1 Entscheidung vom 15. Mai 1819 (Decr. auth. nr. 2600).

2 Ritus celebr. tit. 1, n. 3.

3 (Massen. Anleitung zur Anfertigung kirchlicher Handarbeiten 29.

01 Ol

vornehmen kann, und zweitens bei der Gürtung eine schöne, jedoch nicht übermäf3ige Faltenbildung entsteht. Es hat keinen Zweck, daß sich der Priester inmitten eines Faltenmeeres befindet. Es ist durchaus übertrieben, wenn von Jakob eine Weite von 7 m gefordert wird '. Selbst die 4- 5 m, welche Gerhardy vorschlägt-, gehen noch über das richtige Maß hinaus. Eine Albe, die unten einen Umfang von 3,20—3,50 m hat und das ist die Weite, die man den Alben gegenwärtig zu geben pflegt ist weit genug, um den beiden oben angegebenen Erfordernissen vollauf zu genügen.

Ihrer Form nach gleicht die Albe heutzutage gewöhnlich einem von unten bis oben gleichweiten Sack, welcher an den Seiten mit Ärmeln ver- sehen und oben auf Schulternweite eingekräuselt ist. Bei einer andern modernen Albenart, der sog. Spatelalbe, die leider nicht die Verbreitung gefunden hat, die sie verdient, verengert sich der Rumpf trapezförmig nach oben. Eine Einkräuselung am oberen Saum ist auch hier noch vonnöten, braucht aber nicht mehr in dem Maß vorgenommen zu werden, wie bei der erstgenannten Albenart. Die Spatelalben haben den bedeutenden Vorteil, daß bei ihnen der übergroße Stoffbausch, der sich bei den gewöhnlichen Alben um die Schultern, den Rücken und die Brust legt, merklich vermindert ist, ein Umstand, der sowohl der guten Wirkung des Gewandes wie dem bequemen Tragen nicht wenig zum Nutzen gereicht.

Die Anfertigung der Spatelalbe bietet keine Schwierigkeiten. Man näht zwei Linnenbahnen von der doppelten Länge, welche die Albe besitzen soll, mit einer der Langseiten aneinander und faltet sie in der Mitte zusammen. Die so gebildeten beiden Hälften werden dann, wie die Skizze (Bild 6 S. 32) andeutet, rechts und links abgeschrägt, wobei die Schrägung oben ca 30 cm von der Ecke entfernt ansetzt , unten aber je nach der Breite des Linnens entweder unmittelbar an den dortigen Ecken oder bis zu einer Entfernung von 10 cm von denselben beginnt. Die abgeschnittenen Stücke enthalten den Stoff für die Ärmel und Ärmelzwickel. Nun wird das Zeug an den Seiten von unten bis zu den Ärmeln zusammengenäht und oben der Kopfdurchschlupf ausgeschnitten. Derselbe fängt beiderseits in einer Entfernung von ca 15 cm von der Ecke an und ist sonach ca 70 cm breit. Seine Tiefe beträgt nach der Rückseite des Gewandes zu ca 4 cm, nach der Vorderseite ca 10 an. An den Seiten rundet sich der Durchschlupf, wie die Skizze zeigt, allmählich ab. An die Herstellung des Kopfdurchlasses schließt sich die Anbringung des Brustschlitzes an. Dann wird der Durchschlupf bis zu dem Beginn der Rundung vorn auf etwa 15 cm, hinten auf etwa 10 cm eingekräuselt und mit einem Bördchen eingefaßt. Zuletzt setzt man die Ärmel ein und säumt das nunmehr fertige Gewand, nachdem man es unten nach den Ecken zu ein klein wenig abgerundet hat.

Von ganz anderem Schnitt, als unsere gewöhnliche Albe und die Spatel- albe war die Albe, wie sie im Mittelalter allgemein gebräuchlich war. Der Albenrumpf setzte sich bei ihr ' aus einer von unten bis oben glatten, ca 0,90 1,00 m breiten Mittelbahne und seitlichen, bis etwa unter die Achsel

1 Die Kunst im Dienste der Kirche5 366. - Praktische Ratschläge 237.

:J,2

aufsteigenden Keilstücken (Giren) zusammen , welche häufig oben etwas ein- gekräuselt wurden, damit an den Seiten ein reicherer Faltenwurf entstehe. Eine Einkräuselung des oberen Endes der Albe hatte in keiner Weise statt. Das Gewand legte sich infolgedessen ganz glatt um die Schultern und den Oberkörper herum. Die am Grund sehr weiten, an dem Saum aber engen, also stark abnehmenden Ärmel wurden bald horizontal, bald schräg an den Albenrumpf angenäht. Bild 7 a und b gibt eine Darstellung der Form und des Schnittes der mittelalterlichen Alljen. Es wäre sehr zu wünschen, daß diese Albenart wieder allgemein Eingang fände, da die Vorzüge, welche sie vor der modernen, ja selbst der Spatelalbe voraus hat, nicht unbeträcht- lich sind.

Bild 6. Schnitt der Spatelalbe ('/«o natürl. Grüße).

Der erste besteht in Ersparnis an Stoff, und zwar ohne daß die Bequemlichkeit und Schönheit dadurch litte. Rechnet man Länge und Weite einer gewöhnlichen Albe zu je 1,60 m, so wird sich das Weniger an Material auf ca 1,60 X 0,80 qm belaufen.

Zweitens schließt sich infolge des Wegfalles des überflüssigen Stoffes die Albe besser dem Oberkörper an; zugleich wird bei ihr das bisweilen so unschöne Faltengewühl um Brust und Rücken gänzlich vermieden, welches bei den nach Art eines mit Ärmeln versehenen und oben eingekräuselten Sackes gemachten Alben unvermeidlich ist.

Drittens ist der Faltenwurf, den die Albe beim Anziehen erhält, schon in der Machweise völlig gegeben, und man hat bei ihr nicht nötig, eine Stoffmasse von ca 1,60 m Breite auf dem Rücken zusammenzuschieben, damit die Albe vorn glatt herabfalle.

33

Viertens erfordert die mittelalterliche Albe sowohl bei ihrer Herstel- lung durch das Unterbleiben der Einkräuselung wie beim Waschen und Bügeln infolge des Fehlens der Falten einen merklich geringeren Aufwand von Arbeit und Zeit.

Wendet man ein, daß diese Albenart zu ärmlich und zu kleidähnlich aus- sehe, so ist darauf erstens zu erwidern, daß denn doch zwischen ihr und einem Kleid sowohl nach Schnitt wie nach Wirkung ein großer Unterschied besteht, und daß bei ihr von ärmlichem Aussehen nur die Rede sein kann, wenn man irrig meint, ein Parament sei bloß dann wirkungsvoll, wenn es sich durch ein möglichst mächtiges Faltengewoge hervortue. Am scheusten ist bei einem Gewand allzeit edle Einfachheit und klarer, leichter Fluß der Linien Eigenschaften, die bei der mittelalterlichen Albenform unzweifelhaft in vollstem Maß vorhanden sind.

Dann aber muß darauf hingewiesen werden, daß es doch auch dem Mittelalter nicht an Geschmack und an Sinn für wahre Schönheit gefehlt

Bild 7. Albenschuitte (Y30 natiirl. Größe).

hat, ja daß wir gerade in Bezug darauf bei ihm sehr wohl in die Schule gehen können. Man denke doch nur an die herrlichen romanischen und gotischen Dome, welche es erstehen ließ, an die Fresken, Skulpturen und Glasgemälde, mit welchen es sie aufs reichste und edelste ausstattete, an die ungezählte Menge von Meisterwerken in Gestalt heiliger Gefäße, heiliger Geräte und Kirchenmöbel , welche es hervorgebracht , an die großartigen Paramente mit ihren glänzenden Stickereien, welche damals kunstverständige Hände in größter Zahl angefertigt haben. Die Leute, welche diese Herr- lichkeiten schufen, müssen doch auch wohl die Form der mittelalterlichen Albe für schön und würdig gehalten haben , sonst hätten sie dieselbe nicht Jahrhunderte hindurch beibehalten. Unsere jetzige Albenform stammt erst aus der Zeit des Barocks und der mit ihm rapid zunehmenden Geschmacks- verirrung auf dem Gebiete der Paramentik.

Als Durchschnittsmaße einer Albe von mittelalterlicher Form können etwa folgende gelten :

Braun, Winke für Pararnentenanfertigung. 3

Rumpflänge .... 1,50 1.60»; Halbe Ärmelbreite am

Rumpfbreite .... 0,88 m Saum 0,18 m

Girenlänge 1,00—1,10 m Breite des Halsaus- Halbe untere Girenbreite 0,40—0,45 m Schnittes .... 0,22—0,25 m Halbe obere Girenbreite 0,06 m Vordere Tiefe des

Brustschlitzlänge . . 0,45 m Halsausschnittes . 0,07 m

Ärmellänge .... 0,60 m Hintere Tiefe des

Halbe Ärmelweite am Halsausschnittes . 0,03 m

Rumpf 0,55 m

Die Giren weiden oben etwas in Falten gelegt, was sich mit Hilfe eines kleinen Zwickels leicht bewerkstelligen läßt. Sollte ein Priester von höherer und breiterer Statur als guter Mittelgröße und Mittelbreite sein, so wären die Maße natürlich entsprechend zu vergrößern; für ungewöhnlich kleine Heilen müßten sie passend verringert werden. Im ersten Fall wird man sieh am besten des in Bild 7 b (S. 33) dargestellten Schnittes bedienen, welcher einer mittelalterlichen Albe aus Castel S. Elia bei Nepi (in der römischen Campagna) entnommen ist1. Die Giren müssen in diesem Falle natürlich oben breiter sein als 0,06 cm, wie vorhin angegeben wurde.

Zum Zwecke der Verzierung wird die Albe nach heutigem Brauch am Saum und an den Ärmeln entweder mit Spitzen und Einsätzen oder mit gestickten Bordüren versehen. Die Spitzen können gehäkelt, gestrickt, in Durchzieharbeit hergestellt, geklöppelt oder genäht sein. Auf die An- fertigungsweise kommt es im Grund wenig an, wenn nur die Spitze für die Albe sich eignet. Eine brauchbare Albenspitze soll, wie früher (S. 17) weiter ausgeführt worden ist, weder zu leicht und luftig, noch zu zart sein. Spitzen die zu leicht sind, passen nicht zum Charakter des Gewandes. Zu zarte Spitzen sind nicht genügend solid. Man vermeide darum bei Alben feine Tüllspitzen und für gewöhnlich auch die sog. Venetianer-, Richelieu-, Renaissance- und irischen Spitzen. Noch weniger empfehlenswert sind die sog. Madeiraspitzen mit ihren festonnierten Rändern und ihren Schattenbindlöchern; sie haben einen zu profanen Charakter. Will man den Spitzen einen leicht gelblichen oder graugelblichen Ton geben, so steht dem nichts im Wege2. Es darf das sogar als nicht unzweckmäßig bezeichnet werden, wofern nur der gelbliche Ton sich in bescheidenen Grenzen hält. Daß die Spitzen nicht zu breit sein dürfen, wurde ebenfalls schon früher gesagt; es braucht daher hier nur daran erinnert zu werden. Beliebt es, die Albe statt mit Spitzen mit Einsätzen zu verzieren, so sorge man dafür, daß diese genügend dicht sind. Es macht sich unschön, wenn ein Einsatz zu große Öffnungen aufweist; obendrein mangelt es solchen Einsätzen an genügender Haltbarkeit, um gelegentlich einen ordentlichen Ruck aushalten zu können.

Besondere Empfehlung verdienen die gestickten Bordüren, seien sie nun in Rot- oder in Buntstickerei hergestellt. Man sorge aber dafür,

1 Zeitschrift für christliche Kunst 1899, 350.

2 Nach einer Entscheidung ihr Ritenkongregation vom 12. Juli 1892 (Decr. auth. nr. 3780) ist es zulässig, den Spitzen einen farbigen Fond zu geben.

(laß sie beim Waschen abgetrennt werden und für sieh allein gewaschen werden können, damit sie durch das Waschen weniger leiden. Gewarnt sei vor den in den letzten Jahren immer häufiger werdenden Bordüren, die mittelsl Kreuzstich auf Kanevasgrund angefertigt sind. Abgesehen von anderm muß gegen dieselben eingewendet werden, daß sie durchweg zu schwer für die Alben sind. Was allein für die Herstellung dieser Art von Besätzen spricht, ist, daß sie sehr leicht und ohne besondere Stickkenntnisse auszuführen sind. Indessen sollte die größere oder geringere Leichtigkeit der Ausführung denn doch nicht das entscheidende Moment bilden.

Im Mittelalter war es seit dem Verlauf des 12. Jahrhunderts Sitte, die Al- ben statt mit vollständi- gem Bandbesatz mit Teil- besätzen zu schmücken < { Bild 8). Es waren deren in der Regel vier. Je einer befand sich vorn oben auf den Armein , ein dritter vorn unten am Gewand in der Mitte der Vorderseite, ein wenig oberhalb des Saumes: der vierte wal- dein dritten entsprechend unten an der Bückseite an- gebracht. Diese Teilbesätze, wie die Zierbesätze des

Humerales, Paruren, Schilde und ähnlich ge- nannt, hatten meist eine rechteckige, seltener qua- dratische Form. Bire Maße waren sehr verschieden. Man deutete sie in Ver- bindung mit dem Besatz des Humerales , von dem früher die Bede war, gern auf die heiligen fünf Wunden. Es dürfte sich empfehlen, diese alte Besatz- weise, die im Verlaufe des 16. Jahrhunderts, d. i. seitdem die Spitzenindustrie sich zu entwickeln begann, langsam außer Brauch kam, wieder aufzunehmen. Die Paruren sind ein sehr würdiger, gefälliger und schöner Schmuck der Alben und dabei entschieden weniger kostspielig als Vollbesätze. Man kann nicht nur für dasselbe, sondern selbst für weniger Geld einen vollendeteren, wir- kungsvolleren Parurenbesatz als eine entsprechende Vollbordüre herstellen. Man mache nur einmal den Versuch, und man wird finden, daß die sog. Alben- paruren der Empfehlung wert sind. Nur sollen sie nicht zu klein sein. Man

3*

Bild 8. Albe von mittelalterlicher Form und Verzieiunt (Gearbeitet von Frl. J. Nellessen zu Kornelimünster).

36 -

gebe den Paruren des Saumes eine Länge von ca 50 60 cm und eine Höhe von ca 20 30 cm, den Ärmelparuren eine Länge von etwa 15 cm und eine Höhe von 8—10 cm. Eine Vorlage für Albenparuren findet sich in der Vor- lagensammlung auf Tafel III, Nr 2 (Saumparura) und Tafel XI, Nr 7 (Ärmel- parura). Vollbordüren geben Tafel I. Nr 1 2 4: IL Nr 12; IE Nr 1 2 3; IV. Nr 1 2 7: V. Nr 1: VI, Nr 1; IX, Nr 5; X, Nr 4: XL Nr 6 7a; Xffl, Nr 4; XV. Nr 2; XVI. Nr 4: XIX. Nr 4: XXII. Nr 12 3: XXVI. Nr _': XXVII, Nr 2. Verschiedene dieser Vollbordüren lassen sich leicht zu Paruren verarbeiten, so z. B. Tafel IV, Nr 1 2: VI. Nr 1: XXII, Nr 1 2.

3. Das Cingulum (der liturgische Gürtel). Es dient zum Gürten und, falls solches nötig ist, zum Aufschürzen der Albe und stellt entweder ein Band oder einen Strick dar. Im Mittelalter wurden die bandartigen Cingula sehr häutig zum Zweck des Anbindens an der Innenseite mit einer besonderen Schnur versehen. Das geschah regelmäßig dann, wenn sie aus kostbarem Stoff gemacht oder mit Stickereien verziert waren, weil ein Binden des eigentlichen Cingulums in diesem Falle untunlich war. Gegenwärtig ist diese Einrichtung beim litur- gischen Gürtel nur mehr vereinzelt in Gebrauch, so z. B. in den italienischen Diö- zesen Genua, Siena und Pisa. In Rom kennt man nur strickförmige Cingula.

Bandcingula können gegen die Enden zu mit Stickereien verziert werden. Besonders empfiehlt es sich, ihnen zu diesem Zweck eine passende Inschrift aufzusticken, wie: „Ave Maria gratia plena", oder unter Hinweis auf die Bedeutung des Gürtels: „Praecinge me Domine cingulo puritatis" und ähnliche. Man bedient sich zu den Stickereien am zweckmäßigsten türkischroten oder indigoblauen Stickgarnes. Geometrische oder geometrisch umgeformte Muster führt man mit Vorteil in sog. altdeutscher Linnenstickerei aus. was beim Cingulum um so leichter angeht, als man ja zu ihm ein derbes Linnenzeug zu verwenden pflegt.

Strickförmige Cingula lassen sich leicht mittelst Häkeln aus kräftiger Kordel oder starken Litzen herstellen. Bandcingula macht man entweder aus eigens gewebtem Gurtband oder aus mehrfach gedoppelter, derber Lein- wand. Letzteres empfiehlt sich besonders dann, wenn man die Enden des Cingulums mit Stickereien versehen will.

Die Breite der Bandcingula sollte nicht über 21j2 3 cm betragen, der Durchmesser der Strickcingula nicht über 1 cm.

Die Länge des Cingulums hängt von der Art und Weise ab, wie es umgegürtet wird. Legt man es doppelt um, wie vielfach Brauch ist, so hat es natürlich bedeutend länger zu sein, als wenn man es nur einfach umschlingt. Im ersten Fall muß das Cingulum eine Länge von ca 3,5 bis 4 m, im zweiten eine solche von wenigstens 2,5 m haben. Wird es doppelt um- gegürtet, pflegt man es mittelst eines Schlingknotens zu befestigen, sonst aber mit den Enden in der gewöhnlichen Weise zusammenzubinden.

Das Cingulum kann in stofflicher Beziehung nicht bloß aus Linnen, sondern auch aus Seide1 oder Wolle2 bestehen. Am besten aber wird es, wie eine

1 Entscheidung vom 22. Januar 1701 (Decr. auth. nr. 2067;. '- Entscheidung vom 23. Dezemher 1862 (a. a. O. nr. 8118).

37 -

Antwort der Ritenkongregation sagt, aus Linnen gemacht. Es ist gewöhnlich weiß, doch steht nichts im Wege, auch Cingula von der Farbe der übrigen Paramente zu gebrauchen l.

Um dem Cingulum einen gefälligen Abschluß zu geben, bringt man an seinen Enden Fransen oder Qua st eben an.

Muster zum Besticken der Enden des Cingulums linden sich in der Vor- lagensammlung auf Tafel II, Nr 4; IV. Nr 5: V. Nr 5; VI, Nr 6; IX, Nr 8; XIV, Nr 4 5: XXV. Nr 2 3.

4. Der Manipel. Der Manipel war ursprünglich ein Schweißtuch, das der Priester allerdings mehr des Anstandes wegen und als Ziertuch, denn des praktischen Gebrauches wegen zu einem Streifen zusammengefaltet bei der Messe in der Hand hielt. Dieser Umstand erklärt es, wie es kam, daß sich das Tuch allmählich zu einem förmlichen Streifen umbildete, der dann nicht mehr in der linken Hand, sondern am linken Arm getragen wurde.

Der Manipel soll in der Farbe mit dem Meßgewand übereinstimmen und wie dieses aus Seide (Halbseide) gemacht sein. Es ist nicht notwendig, daß auch die Musterung bei Manipel und Meßgewand die gleiche sei. Unter Umständen kann es sich sogar empfehlen, für Kasel und Manipel verschieden gemusterte, wenngleich natürlich zueinander passende Stoffe zu nehmen oder den Manipel aus ungemustertem Zeug zu machen. Es ist das besonders dann am Platz, wenn das Muster des Kaselstoffes so groß ist, daß nur vereinzelte Linien und unverständliche Stück.- davon auf den Manipel zu stehen kämen.

Der Manipel darf nicht zu kurz sein. Ein kurzer Manipel ist nicht nur unschön , sondern auch unpraktisch , weil man mit seinen Enden leicht über das Korporale streicht. Er sollte daher stets , die Fransen nicht eingerechnet, eine Länge von ca 2X50 cm, im ganzen also von ca 1 m erhalten.

Die Breite des Manipels dürfte auf etwa S 9 cm anzusetzen sein. Er wirkt am gefälligsten, wenn er von oben bis unten gleich breit ist. Das entspricht auch am meisten seinem Ursprung und der vorherr- schenden Praxis im Mittelalter. Unter den zahlreichen Manipeln , welche sich aus dem 14. , 15. und beginnenden 16. Jahrhundert in der St Marien- kirche zu Danzig und dem Dom zu Halberstadt erhalten haben, finden sich beispielsweise keine, die sich nach unten zu verbreitern. Jedenfalls soll eine etwaige Erweiterung nur sehr mäßig sein. Dinge, wie die Taschen- oder Schaufelmanipel des 18. Jahrhunderts sind ebenso häßlich wie sinnlos. Eventuell begnüge man sich damit, wie es auch im Mittelalter wohl geschah. dem überall gleichbreiten Manipelstreifen an seinen Enden ein kurzes, trapez- förmiges Abschlußstück anzusetzen.

Der Manipel soll nicht steif sein. Man soll deshalb jedes Steifleinen aus ihm fortlassen und als Innenfutter höchstens ein weiches Baumwoll- oder Linnenzeug benutzen, wenn man überhaupt ein solches anbringen will. Man klagt nicht selten, daß der Manipel zu lästig sei. Der Grund dafür liegt an

Entscheidung vom S. Juni 1709 (a. a. 0. nr. 2194).

o

- 38

der verkehrten Machweise desselben. Leichte, biegsame Manipel, wie sie in Rom und überhaupt in Italien durchweg in Gebrauch sind, wird man kaum am Arm merken.

Um den Manipel am Arm zu befestigen, versieht man ihn oben mit einem Durchschlupf, indem man ihn zu zwei gleichen Teilen aufeinanderlegt und dann die beiden Hälften in einem bestimmten Abstand von der Mitte ent- weder nur am Rand oder quer über zusammennäht. Es ist das die ein- fachste Weise. Zu beachten ist dabei, daß der Durchschlupf nur so weit sein darf, als nötig ist, um ihn ohne Schwierigkeit über Hand und Ärmel gleiten zu lassen. Andernfalls rutscht er während der Messe leicht in störender Weise auf die Hand hinab. In Frankreich pflegt man oben am Manipel außer dem Durchschlupf auch noch ein Bändchen anzubringen, welches man nach Anlegung des Ornatstückes mit einer Nadel an der Albe festheftet. Die Sitte kann nicht zur Nachahmung empfohlen werden, da bei einer solchen Gepflogenheit die Albe auf die Dauer notwendig Schaden leiden muß.

Anderswo versieht man, um ein Herabgleiten auszuschließen, zum Durch- schlupf hinzu den Manipel mit einer aus einem elastischen Gummiband ge- machten Schleife, die zugleich mit dem Durchschlupf über die Hand und den Arm gestreift wird. Auch diese Weise kann nicht als zweckmäßig bezeichnet werden, da die Gummifäden des Bandes rasch ver- derben und dieses infolgedessen seine Elastizität verliert und zwecklos wird. Ungleich praktischer ist die Methode, wie man nach römischem Brauch verfährt, um den Manipel am Arm zu befestigen. Einen Durchschlupf läßt man vielfach beiseite.

„., , ,, „, Immer aber näht man in der Mitte der Innenseite des Manipels Bild 9. Ehe- . . ...

malio-e Binde- z w e i Bänder an , mittelst deren der Ministrant ihn am

Vorrichtung Arm des Priesters festbindet. Von Nachteil ist, daß man bei am Manipel. dieser Befestigungsweise notwendig auf die Beihilfe anderer an- gewiesen ist.

Auf eigentümliche Art band man ehedem den Manipel zu Trier, Augsburg und auch wohl anderswo in Deutschland am Arm an. Es wurden die beiden Bänder oder Schnüre nicht in der Mitte der Innenseite, sondern etwa 15 cm von ihr entfernt, und zwar nur auf einer der beiden Hälften angesetzt (Bild 9). In der andern Hälfte waren zwei Löchlein angebracht, durch welche die Schnüre durchgeführt waren. Die Befestigung des Manipels erfolgte in der Weise, daß man ihn oberhalb der Schnüre über den Arm streifte und dann die letzteren nach Bedarf anzog und zusammenband. Lästig war, daß auch hier der Priester stets der Unterstützung durch einen Zweiten benötigte.

Die einfachste und bequemste Weise, den Manipel am Arm zu be- festigen, ist unseres Erachtens die ersterwähnte, wie sie in Deutschland ge- bräuchlich ist.

Will man den Manipel mit einer Einfassung versehen, was aus mehr- fachen Gründen, insbesondere im Interesse einer längeren Erhaltung desselben und eines schöneren Aussehens sehr zweckmäßig ist, so verwende man dazu stets schmale, nie breite Bördchen. Bei besseren Manipeln bediene man sich zur Umsäumung des Randes einer seidenen Schnur.

39

In der Mitte desManipels muß ein Kreuzchen angebracht sein' (Bild 10). An den Enden sind Kreuze nicht unbedingt nötig, doch allgemein gebräuchlich, weshalb man nicht unterlassen soll, deren auch hier welche vorzusehen. Die Kreuze brauchen keineswegs gleicharmig zu sein, wie man wohl gesagt hat. Immerhin ist in der Mitte ein gleicharmiges Kreuz am passendsten und am schönsten. Sind die Besätze der Kasel. zu welcher der Manipel gehört, be- stickt, so sollten auch die Kreuzchen des letzteren stets in Stickerei hel- gestellt sein. Es sieht nicht gut aus. wenn das Meßgewand ein gesticktes Kreuz aufweist, die Kreuzchen des Manipels aber aus einfachen Bördchen gemacht sind. Vorlagen für gestickte Manipelkreuzchen enthält die Vorlagen- sammlung des Verfassers Tafel XIII, Nr 6 7; XVII, Nr •'■ 6; KVIII, Nr 1. Andere finden sich bei den Entwürfen zu gestickten Stolen.

Bild 10. Aus Biirdclien gebildete Kreuzchen für Stola, Manipel, Bursa und Kelchvelum.

Die Enden des Manipels versehe man mit Fransen oder Quasten, welche viel zu einer guten Wirkung des Ornatstückes beitragen und deshalb auch von jeher bei demselben gern angewendet wurden. Jedenfalls sollten sie bei besseren Manipeln nie fehlen.

5. Die Stola. Die Stola ist entweder Priester- oder Diakonstola. Der Unterschied zwischen beiden liegt nicht sowohl in der Form, als in der Tragweise. Die Priesterstola wird dem Nacken aufgelegt und von da über die Schultern nach vorn geführt, wo ihre beiden Streifen entweder frei herab- hangen oder sich überkreuzen. Die Diakonstola ruht auf der linken Schulter und zieht sich nach Art einer Schärpe von da schräg über Brust und Rücken zur rechten Seite, wo die beiden Streifen unterhalb des Armes miteinander, sei es durch Vernähung oder sonst in einer Weise, verbunden sind.

1 Ritus celebr. tit. 1. nr. 3.

40

Nach den Gelegenheiten, bei denen die Stola zur Verwendung gelangt, unterscheidet man die Meßstola, Vesper- (Prozessions- oder Predigt-) stola, Beichtstola, Versehstola und Taufstola. Ein wesentlicher Unterschied be- steht zwischen diesen verschiedenen Arten der Stola nicht. Die Beichtstola muß von violetter Farbe sein. Versehstola und Taufstola sind in der Regel sog. Doppelstolen, d. h. sie sind auf der einen Seite aus weißer, auf der andern aus violetter Seide gemacht und hier wie dort mit Kreuzen versehen, sodaß sie beim Gebrauch gewendet und bald als weiße bald als violette Stola verwendet werden können.

Bezüglich des Stoffes, der Ausstattung und der Form der Stola gilt im wesentlichen dasselbe, was in dieser Beziehung hinsichtlich des Ma- nipels gesagt wurde. Die beiden hauptsächlichsten Punkte, durch die sich Stola und Manipel unterscheiden sind die größere bzw. geringere Länge und das Fehlen bzv. Vorhandensein einer Befestigungsvorrichtung. Im Mittelalter war die Stola gewöhnlich sehr lang; sie hatte aber schon gegen Ende des- selben an Länge verloren. Noch kürzer wurde sie dann im Verlauf der Neu- zeit, zumal im 18. Jahrhundert. Eine bestimmte Länge ist für sie nicht vorgeschrieben. Sie sollte indessen stets bis zu den Knien reichen, also vom Nacken bis zu den Enden ca 1,30 m, d. i. im ganzen ca 2,60 m lang sein. Um bei den Tauf-, Verseh-, Beicht- und namentlich Vesperstolen, welche stets vorn frei herabhangen, ein zu weites Auseinandergehen und ein Herab- gleiten von der Schulter zu verhüten, bringt man wohl über der Brust zwischen den Streifen ein Band oder eine in Ringen gehende, an den Enden mit einer Quaste geschmückte Gold- oder Seidenkordel an.

Als Breite der Meßstola genügen 8—9 cm; die Vesperstolen macht man etwas breiter, doch sollte selbst bei ihnen die Breite in keinem Fall 10 bis 11 cm überschreiten. Wie dem Manipel, so gibt man auch der Stola am besten von oben bis unten die gleiche Breite. Jedenfalls sollte man sie sich nur um ein Geringes nach oben zu verjüngen lassen. Um im Nacken ein bequemeres Sitzen der Stola zu ermöglichen, fügt man die beiden Stolahälften oben unter einem stumpfen Winkel von etwa 125° an- einander (Bild 11). Die Ecke, welche dabei an der Verbindungsstelle nach außen zu entsteht, kann man , abrunden; doch ist das keineswegs nötig, da die Stola der stolastreifen. auch ohne das gut aussieht. Man pflegt auch wohl, um ein besseres Anliegen des Ornatstückes zu erzielen, die Streifen sich am oberen Ende verschmälern zu lassen oder ihnen daselbst unter unnötigem Stoffverbrauch eine Krümmung zu geben. Der erstgeschilderte Weg ist indessen der zweckentsprechendste und empfehlenswerteste.

Am Rand umsäumt man die Stola mit einem schmalen Bördchen oder einer kräftigen Schnur. Das Unterlassen einer Umbordung ist nicht besonders ratsam. Zu reich verzierten Vesperstolen paßt nur eine Schnureinfassung.

Die Fransen oder Quast chen, welche des Abschlusses halber an den Enden der Stola angebracht zu Averden pflegen und namentlich bei besseren Stolen niemals fehlen sollten, dürfen nicht zu kurz sein. Andernfalls ist es vorzuziehen, sie ganz wegzulassen, da sie sieh, wenn zu kurz, unschön ausnehmen.

41

Der Innenstoff kann bei der Stola etwas dicker und schwerer sein. als beim Manipel ; wenigstens gilt das bezüglich bestickter Stolen.

Die Kreuzchen, deren nach heutigem Gebrauch regelmäßig drei auf der Stola angebracht werden1 je eines an den Enden und in der Mitte können sowohl aus Bördchen gebildet (Bild 10 S. 39), wie durch Stickereien her- gestellt werden. Letzteres sollte, wie das ähnlich bezüglich der Kreuzchen des Manipels bemerkt wurde, allzeit dann geschehen, wenn das Kaselkreuz mit Stickereien verziert ist.

Auf Meßstolen werden heute selten mehr Stickereien angebracht. Dagegen werden die Vesperstolen sehr gern mit solchen versehen, mehr fast noch, als es im Mittelalter geschah. Ranken, Spruchbänder, geometrische Gebilde und ähnliches sind dabei die beliebtesten Motive. Die Stickereien wirken dann am besten, wenn sie die Stola gleichmäßig von unten bis oben füllen. Läßt man sie sich, wie das oft geschieht, verjüngen und schon um die Mitte der Streifen herum enden, so sehen sie wie ein fremdartiges Element aus, das sich wie zufällig auf die Stola verirrt hat. Beliebt es, figürliche Darstellungen der Stola aufzusticken , so begnüge man sich mit Halbfiguren in Medaillons. Ganzfiguren müßten zu klein werden.

Eine Anzahl von leicht ausführbaren, wirkungsvollen Zeichnungen für ge- stickte Stolen bietet die vom Verfasser herausgegebene Vorlagensammlung auf Tafel XI, Nr 4; XII, Nr 1 2 3 4: XIII, Nr 5, XXIII. Nr 4 5 6; XXIV, Nr 4 5. Als Vorlagen zu gestickten Stolakreuzchen können die Zeichnungen zu Manipel- kreuzehen verwendet werden, auf die oben S. 39 hingewiesen wurde.

Als Futter sollte bei etwras besseren Vesperstolen stets Seide oder wenigstens Halbseide verwendet werden, da bei dem geringen Quantum des Stoffes der Preisunterschied zwischen seidenem (halbseidenem) und gewöhn- lichem Futter wenig belangreich ist.

Zum Schutz der Stola versieht man sie in der Mitte, wo sie dem Nacken aufliegt, gern mit einem linnenen Kragen. Es ist das in der Tat sehr zu empfehlen, nur muß dieser öfters gewechselt werden. Man verziert solche Stolaschoner entweder mit einem soliden Spitzchen oder einer leichten Rot- stickerei, für welche die Sammlung auf Tafel IV, Nr 5; VI. Nr 5c 6; X, Nr 6 7; XIII, Nr 8 9; XIV, Nr 4 5; XVII, Nr 8 9 10; XXII. Nr 4 5; XXV, Nr 2 3 4 Muster bietet.

6. Die Kasel, Plaueta. Das Hauptmeßgewand ist die Kasel. Ehedem ein weiter, glockenförmiger Mantel (Casula = Hüttchen) ist dieselbe seit dem 13. Jahrhundert nach und nach zu einem skapulierartigen Überwurf geworden. Bild 12 (S. 42) gibt eine Übersicht über die Entwicklung der Kasel.

Man hat, um dem Meßgewand ein würdigeres Aussehen zu verleihen, in neuester Zeit ihm vielfach wieder die Form gegeben, welche es im späten Mittelalter hatte. Von einer Wiederaufnahme der ursprünglichen Glockenkasel , wie sie bis ca 1250 gebräuchlich war, konnte unter den be-

1 Auf jeden Fall muß in der Mitte, wo der Priester die Stola l»'im Anlegen küßt, ein Kreuzeben angebracht sein, wie aus den Generalrubriken des Missales (Ritus celelu-. tit. 1. n. ?>) hervorgeht.

42

stehenden Verhältnissen keine Rede sein ; es war aber auch zu dem gedachten Zweck völlig ausreichend, zur Form zurückzukehren, welche das Meßkleid im 14., 15. und selbst noch im beginnenden 16. Jahrhundert besessen hatte, da es trotz aller Zustutzung damals noch immer ein schönes, durch edlen Falten- wurf ausgezeichnetes und dem Körper sich gut anschmiegendes Gewand war. Es sind das die Kasein, welche man als Borromäus- und Bernardus- kaseln bezeichnet, Namen, von denen freilich der erste wenig Sinn hat, der zweite aber geradezu falsch ist: denn zur Zeit des hl. Bernard war das Meßgewand noch eine förmliche Glocke und die sog. St Bernarduskasel im Münster zu Aachen, von der Dr Bock seiner Zeit die fragliche Bezeichnung

Bild 12. Kaselformen i ',',„ natiul. Größe). a— d i terne Formen (a b deutsche, c römische d spanische), e Form des 15., f des 13. und 14. Jahr- hunderts, g Form vor ca 1250.

herleitete, stammt auf keinen Fall in ihrer heutigen beschnittenen Form vom hl. Bernard her.

Anfangs stieß das Vorgehen zu Born auf große Schwierigkeiten1. Eine Weile schien es sogar, als sollte es von der Ritenkongregation verurteilt werden, jedoch ist es nicht so weit gekommen. Gegenwärtig können Kasein spät- mittelalterlicher Form ohne Bedenken als zulässig gelten 2. Eine andere Frage ist indessen, ob es auch praktisch sei, zum früheren Schnitt des Meßgewandes zurückzukehren. Hier sind die Ansichten sehr geteilt. Daß die frühere

1 Braun, Die priesterlichen Gewänder des Abendlandes 1 74. Caeremoniale episc. t. 2, c. 8, nr. 19 (edit. typ. 1886, 150).

43

Kaselform schöner und würdiger ist, als die gegenwärtige, unterliegt keinem Zweifel. Was man gegen sie namentlich einwendet, ist erstens ihre geringere Bequemlichkeit, und dann der Kostenpunkt.

Über die Frage hat sich seiner Zeit einmal der jetzige hochwürdigste Herr Bischof von Rottenburg, Wilhelm von Keppler, in lehrreicher und licht- voller Weise in einem Aufsatz des „Archiv für christliche Kunst" ausgesprochen1. Man kann den darin gegebenen Ausführungen voll und ganz zustimmen. Die größere Kaselform. wie sie im 14. und teilweise noch im 15. Jahr- hundert gebräuchlich war, glaubt der hochwürdigste Herr nur Kathedral-, Stifts- und reichen Stadtkirchen, nicht aber gewöhnlichen Kirchen, und zwar selbst jenen nur für die Festtage, nicht für den gewöhnlichen Gebrauch emp- fehlen zu sollen. Die etwas kleinere und engere Borromäusform. d. i. die Form, wie sie seit etwa der zweiten Hälfte des 15. bis gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts dem Meßgewand gegeben wurde, möchte er dagegen wegen ihrer festlichen Art allgemein wieder für die Sonn- und Feiertags- kasein eingeführt sehen. Für den Alltagsgebrauch empfiehlt er die römische Form. Gehe derselben auch viel von der Würde, der Feierlichkeit und ästhetischen Schönheit der alten Kasein ab , so könne sie doch - - bei genü- gender Breite natürlich weder ein unschönes noch würdeloses Gewand genannt werden und erfülle immerhin noch die ursprüngliche Bestimmung der Kasel, den Körper des Priesters zu umhüllen.

Wenn der hochwürdigste Herr Bischof für Alltagskasein die römische Form vorschlägt (Bild 12 c), so hat das seinen Grund in dem Umstand, daß man gerade zu Born bis auf die heutige Zeit am treuesten an würdigen Maß- verhältnissen des Meßgewandes festgehalten hat. Am schlimmsten hat man es in Spanien mit dem Zustutzen der Kasel getrieben, wo man derselben zuletzt fast Birnenform gab (Bild 12 d). Aber auch in Deutschland und Frankreich war das Gewand bis zum 19. Jahrhundert überschmal geworden. Waren doch die Kasein dort schließlich vielfach kaum mehr als 60 cm breit. In Rom bewahrte das Meßgewand eine Breite von durchweg 73 75 cm. Es begreift sich deshalb auch, warum man zu einer Wiedereinführung der mittel- alterlichen Kaselform daselbst keine Veranlassung zu haben glaubte. In Rom war eine Reform des Meßgewandes bei weitem nicht so dringend wie anderswo, wo die Kasel zur Baßgeige oder zu einem Schurz geworden war.

Wie die Verhältnisse nun heute einmal liegen, ist in der Tat kaum daran zu denken, die mittelalterliche Kaselform wieder allgemein und ausschließlich zur Einführung zu bringen, nicht einmal in Deutschland, wo doch die Um- stände dafür am günstigsten sind. Die von dem hochwürdigsten Herrn Bischof seinerzeit in dem erwähnten Aufsatz ausgesprochene Ansicht dürfte also durch- aus die richtige Mitte halten.

Man mache demnach für die Sonn- und Festtage möglichst Kasein vou der Art und den Maßen, die das Meßgewand etwa zwischen 1450 und 1550 hatte. Stehen genug Mittel zur Verfügung, so fertige man für die -höchsten Festtage Kasein von den Maßverhältnissen an, wie sie dem Meßgewand im

Jahrg. 1888, Nr 4 ff.

44

(Bild 13 a)

(Bild 13 b)

Länge der Rückseite .

. 1,35 m

1,25 m

Vorderseite

. 1,20

1,10

.. auf der Schulter

. 0,70

0,55

Größte Breite . . .

. 1,50 .,

1,20

14. 15. Jahrhundert eigneten. Für den gewöhnlichen Gebrauch gebe man dem Ge- wand nach römischer Sitte eine Breite von ca 73—75 cm. Auf keinen Fall aber sollten die Kasein unter 70 an breit sein. Es kann nicht genug beklagt werden, daß das Meßgewand nach einem guten Anfang vielfach wieder fast auf dieselben Maße gekommen ist, welche ihm vor der Reform eig- neten und die Freunde einer würdigeren Kaselform eben zur Reform veranlagten. Als Abmessungen der Kasel empfehlen sich für die

größere kleinere .. ,

° , , , .. , rumische lorm

mittelalterliche mittelalterliche

(Bild 13 c) 1,15—1,20 m 1,00 m 0,30

0,73—0,75 Es ist zweckmäßig, der Vorder- seite des Meßgewandes in ihrem unteren Teil eine etwas geringere Breite zu geben, als die Rückseite sie dort hat. Insbesondere gilt das hinsichtlich der dritten Kaselart, weil bei ihr der Ausschnitt für die Arme auf diese Weise an Auf- fälligkeit verliert. Zu einer mo- dernen Kasel von 73 75 cm Breite braucht man, alles Zubehör, Ma- nipel, Stola, Velum und Bursa eingeschlossen, bei richtigem Zu- schnitt nicht ganz 3 1/2 m Stoff, die Länge des Gewandes auf 1,15 bis 1,20 m angesetzt; es liegt also gewiß kein Grund vor, sich mit Kasein von nur 65 oder gar 62 cm Breite zu begnügen, wie sie tat- sächlich oft genug wieder gemacht und von den Händlern angeboten werden. Um aus dem genannten Stoffquantum eine Kasel von der angeführten Breite und Länge zu machen, empfiehlt es sich, den Stoff zuzuschneiden, wie es nebenstehende Abbildung zeigt (Bild 14). Da nach diesem Zuschnitt die für die Vorderseite bestimmten Stücke eine etwas geringere Breite haben, wie die für die Rückseite be- stimmten, so müssen vor den Schultern rechts und links kleine Zwickel an sie angesetzt werden, um den Übergang zur Breite der Rückseite zu ver- mitteln. Macht man zwei Kasein von demselben Stoff, so lassen sich die Stolen leicht aus nur zwei Stücken, die Manipel aber aus einem Stück her- stellen. Man schneidet zunächst vom Stoff ab, was für die beiden Kasein und das Kelchvelum vonnöten ist. Der verbleibende Rest hat dann Stolalänge.

Bild 13. Kaselschnitt (V20 natürl. Größe).

Von jeder der drei Kaselarten ist die Hälfte der Vorder-

imd Rückseite dargestellt.

4.".

Eine mittelalterliche Kasel kleinerer Form erheischt , das Zubehör mit- gerechnet, ca 5,50 in Seide gewöhnlicher Breite, eine solche größerer Form ca 6,50 7,00 m. Bild 15 zeigt das Zusammensetzen der Stoffbahnen bei diesen Kasein. Bei der großen Form muß man da, wo die punktierten Linien sind, Stücke anfügen, um die nötige Breite zu bekommen, bei der kleineren genügt rechts und links je eine Seidenbreite.

I

Bild 14. Zuschnitt von Kasel und Zubehör.

I Bückseite, II Vorderseite des SleOgewandes , III Bursa, IV Kelchvelum, V Mai.ipel und Stola.

ab = 1,15—1,20 i»; fli = 0,95 bis 1 m; af = 0,29 m; fg = 0,25 im; cd 0,50 im; de = 0,55—0,50 im.

Das über die Form des Meßgewandes. Nun einiges über seine Be- schaffenheit. Bezüglich des Stoffes, des Futters und einer etwaigen Einlage sei auf die früheren Ausführungen über den Stoff usw. der Para- mente (S. 2 ff 23 ff) verwiesen. Insbesondere beachte man, was über die Einlage gesagt wurde. Die Kasel ist nun einmal ein Gewand, kein Futteral, keine Schabracke, kein Panzer. Man lasse also alles aus ihr heraus, was sie

Bild 15. Spätmittelalterlicher Kaselschnitt ('/so natürl. Größe).

Zusammensetzung der Stoffbahnen.

zu einem steifen Brett macht. Meßgewänder mittelalterlichen Schnittes be- dürfen überhaupt keines Zwischenstoffes; er ist für sie nicht einmal zweck- mäßig und empfehlenswert. Man wird sich darum auch bei Kasein aus dem Mittelalter vergeblich nach einem Zwischenfutter umsehen. War der Seiden- stoff an sich kräftig genug, so ließ man sogar häufig jedwedes Futter fort, daher sie denn auch trotz ihrer Weite leicht und bequem genug blieben.

46

Was die Ausstattung der Kasel mit Besätzen anlangt, so hält man sich am besten am bestehenden Herkommen und Brauch. In Deutsch- land ist es. wo nicht nachgerade die römische Verzierungsweise in Aufnahme gekommen ist, seit Jahrhunderten eingebürgerte Sitte, die Rückseite des Meßgewandes mit einem Kreuz, die Vorderseite aber bloß mit einem Vertikal- besatz zu versehen (Bild 12 ab S. 42). In Rom und überhaupt in Italien schmückt die Rückseite nur ein Stab oder, wie man sagt, eine Säule, die Vorderseite eine Art von Kreuz (Bild 12 c), wozu ein breiter Besatz um den Kopfdurchlaß kommt. In Spanien pflegt man vorn wie rückwärts bloß einen senkrechten Streifen anzubringen (Bild 12 d), während in Frankreich ein Mittel- ding zwischen deutschem und römischem Brauch vorherrscht, bei dem die Kasel auf der Rückseite wie der Vorderseite mit einem Kreuz und um den Halsdurchschlupf mit einer breiten Borde versehen wird. Kasein mittelalter- lichen Schnittes statte man entweder mit geradbalkigem Kreuz und Stab oder mit zwei sog. (labelkreuzen, d. i. Kreuzen mit schräg aufsteigenden Armen aus (Bild 14 a S. 44).

Ein häufig vorkommender Fehler ist, daß man den Kasel- besätzen eine zugroßeBreite gibt. Dieselben sollten höchstens 13 bis 15 am breit sein. Breitere Besätze nehmen sich schwer und plump aus, weil sie in keinem Verhältnis zu den Maßverhältnissen des Gewandes stehen. Es ist geradezu widersinnig, wenn man sie fast ein Drittel der Gewandbreite einnehmen läßt. Erst recht unschön werden aber, wie schon gelegentlich gesagt wurde, breite Kreuze, wenn man sie obendrein noch mit breiten Borden umgibt. Breite Borden dürfen überhaupt nur dann zur Anwendung kommen, wenn sie beim Fehlen gestickter oder gewebter Kreuze die Aufgabe haben, die Besätze auf dem Gewand zu markieren und zu imitieren. Wirkliche Kreuze aber soll man nur mit einer ganz schmalen Borde oder besser mit einer kräftigen Seidenkordel einfassen, und zwar nicht nur die Gabelkreuze, die immer etwas schmaler als die querbalkigen sein müssen, sondern auch die querbalkigen. Es ist unbegreiflich, was für Sünden gegen den guten Geschmack in Bezug auf die Umbordung der Kreuze nicht selten gemacht werden.

Gabelkreuze müssen, wie bemerkt, immer etwas schmaler sein als querbalkige. Ihre Breite sollte einschließlich der Einfassung nicht über 12 12V2 cm hinausgehen. Niemals verwende man Gabelkreuze bei der gewöhnlichen römischen oder deutschen Kaselform. Sie passen nicht dazu. Geradezu häßlich aber ist es, wenn man dieselbe mit einem (iabelkreuz versieht, dessen Arme gekrümmt nach oben aufsteigen. Man sollte Gabelkreuze dieser Art nicht einmal bei Kasein mittelalterlicher Form anwenden. Gehörten sie doch im Mittelalter, wenn sie überhaupt gemacht worden sind, zur Ausnahme. Derartige Abnormitäten gehen übrigens meist von sog. Anstalten für christliche Kunst aus. Es ist merkwürdig, was man in ihren Katalogen gelegentlich alles zu lesen und zu sehen bekommt.

l>ic Einfassung der Kasel sollte stets nur in einem schmalen Bördchen oder in einem Kördeichen bestehen. Sie ganz fehlen zu lassen, kann nur für Kasein mittelalterlicher Form empfohlen werden, hier aber ist das aller- dings ganz zweckmäßig.

47

Von der Herstellung gestickter Kaselbesätze wird im zweiten Teil dieser Schrift ausführlich die Rede sein. Was die dabei zur Verwendung kommenden Motive betrifft, so sind ohne Zweifel solche am passendsten, welche in irgend einer Weise, und wäre es auch nur in der Sprache der Symbolik, auf das hochheilige Sakrament, das heilige Meßopfer, das heilige Kreuzesopfer und überhaupt den Heiland hinweisen. Es können aber auch Darstellungen der Gottesmutter und der Heiligen auf den Kaselstäben einen Platz finden. Verwendet man zur Verzierung des Kaselkreuzes geometrische Gebilde, Banken oder sonstige der symbolischen Bedeutung entbehrende Mo- tive, so empfiehlt es sich, wenigstens in der Querung der Kaselbalken ein passendes Symbol, z. B. den Namen Jesu, das Lamm Grotb und ähnliches an- zubringen. Inschriften lassen sich auf Kaselbesätzen kaum anders wie in Form von sog. Spruchbändern verwerten. Gruppen dar st eilungen eignen sich nur wenig für Kaselkreuze, weil sie durchweg eine größere Breite des Besatzes erheischen, als gerade schön ist.

Wird das Kaselkreuz durch Borden nachgebildet oder aus ungemustertem Stoff gemacht, so ist es, wie schon gelegentlich gesagt wurde (S. 20), sehr anzuraten, die Kreuzung der Balken mit dem Monogramm des Namens Jesu, einem Kreuz, einem Pelikan oder ähnlichem, in einem Medaillon oder ohne alle Umrahmung, zu schmücken.

Vorlagen für Kaselkreuze bietet die Vorlagensammlung auf Tafel XIII. Nr 1: XIV, Nr 1 2: XV. Nr 1: XVI. Nr 1: Wll. Nr 1: Will. Nr 1 2; XIX, Nr 12: XX, Nr 1 2: XXV. Nr 5 12; XXVI, Nr 4: XXV1I1. Nr 19.

7. Das Pinviale, auch Vespermantel, 1! auchmantel, Chorkappe und Chormantel genannt. Es kam um die Wende des ersten Jahrtausends in den gottesdienstlichen Gebrauch und hat im Gegensatz zu anderen Gewändern

im Laufe der Zeit nur sehr jj=j g=j^

wenige Veränderungen er- litten. Die hauptsächlichste, fast die einzige , besteht darin, daß die Kapuze, mit der das Gewand anfänglich versehen zu werden pflegte. seines praktischen Zweckes entkleidet und zum bloßen Zier schild wurde.

Das Pluviale stellt aus- gebreitet einen Kreisab- schnitt von ca o,10 Länge und 1,50 m Höhe dar, also fast einen vollen Halbkreis (Bild 16). Man macht es am entsprechendsten aus Seide (Halbseide), nicht aus Wollstoff oder Baum wollzeugen, unter welchen glän- zenden Namen diese auch angepriesen werden mögen. Eine Einlage soll man im Chormantel nur dann anbringen, wenn die Beschaffenheit des Ober- stoffes eine solche nötig oder wenigstens zweckmäßig macht. Sie muß aber in jedem Falle leicht und schmiegsam sein. Kein Parament darf weniger einem Brett gleichen als das Pluviale. und bei keinem kommt es mehr als

Bild 16. Pluviale (740 natürl. Grüße).

48

gerade hei ihm auf einen schönen, leichten Faltenfluß an. Als Unterfutter nimmt man für gewöhnliche Pluvialien guten wollenen oder baumwollenen Satin oder mit stilgerechter Musterung bedruckte Leinwand, für reichere aber solide Halbseide (Serge) oder Futterseide. Den Saum des Pluviales versieht man entweder mit einem Bördchen oder mit kurzen Fransen.

An der Vorderseite des Chormantels wird den Rand entlang ein Zier- lies atz angebracht, welcher natürlich breiter sein darf, wie die Kaselstäbe. Immerhin sollte seine Breite nie über 20 <:»t hinausgehen, weil breitere Besätze schwer und steif und darum unschön wirken.

Im Nacken schmückt den Chormantel als Ersatz für die ehemalige Ka- puze ein schildförmiges unten rund oder im gedrückten Spitzbogen ab- schließendes Zierstück von ca 50 cm Höhe und Breite, der sog. Schild. Man setzt ihn am besten unmittelbar dem Saum des Gewandes an. Wird der Besatz der Vorderseite, wie es freilich oft genug geschieht, auch über den Nacken geführt, und dann der Schild statt an den Saum an den unteren Rand des Besatzes angereiht, so hängt er zu tief über den Rücken herab.

Schild und Besatz mache man bei gewöhnlichen Pluvialien entweder aus dem Stoff, aus welchem das Gewand selbst besteht, oder zweck- mäßiger aus einem zum Gewandstoff gefällig kontrastierenden Zeug. Für bessere Chormäntel nehme man eine solide gewebte Garnitur. Pluvialien, die zum Gebrauch an hohen Festen dienen sollen, versehe man mit gesticktem Schild und Besatz. Von allen liturgischen Gewändern ist von jeher das Pluviale gern mit Stickereien bedacht worden; begreiflich, weil Schild und Besatz dafür vielen Raum bieten.

An passenden Darstellungen zum Besticken des Schildes und des Besatzes des Chormantels ist kein Mangel. Alle Motive, die überhaupt in der Paramentenstickerei verwendbar sind 1, können bei geeigneter Verarbeitung mit Vorteil zur Verzierung des Pluviales verwertet werden. Insbesondere eignet sich der Besatz und namentlich der Schild sehr zu größeren figürlichen Darstellungen (Bild 17).

Bei Pluvialien, die ausschließlich oder doch vorwiegend bei sakramen- talischen Feierlichkeiten wie Segensandachten und Sakramentsprozessionen gebraucht werden, empfiehlt es sich, solchen Motiven den Vorzug zu geben, welche an das heiligste Sakrament oder den Heiland erinnern.

Entwürfe zu Pluvialstickereien enthält die Vorlagensammlung auf Tafel XXI, Nr 2 2a; XXII, Nr 1 ; XXIII, Nr 1 ; XXVI, Nr 1 2; XXVII, Nr 1 2 3.

Um den Rand verziert man den Schild mit ca 7 8 cm langen Fransen oder Quästchen.

Behufs Befestigung der Chorkappe bringt man an den Säumen der Vorderseite in einer Entfernung von beiläufig 30 35 cm von der Mitte zwei mit Haken und Ösen versehene Laschen an. Minder praktisch ist es, nur die Ösen an eine Lasche , die Haken aber an den Saum anzunähen , weil in diesem Fall das Pluviale beim Gebrauch leicht leidet. An der Stelle von Haken und Ösen können auch Schließen gebraucht werden. Will man, wie

1 Siehe 2. Teil. 2. Abschn. Kap. 6, Nr 1.

49

es wohl geschieht, die Laschen durch Kettchen ersetzen, so muß man dafür Sorge tragen, daß sie sehr solid angesetzt werden, damit der Saum des Gewandes nicht einreiße oder sich doch nicht ziehe.

In Frankreich und Belgien ist eine Form des Pluviales aufgekommen, bei welcher dieses oben mit einem halbrunden Ausschnitt für den Hals ver- sehen ist. damit es sich besser den Schultern anlege. Die Mode sucht sieb in neuester Zeit auch nach Deutschland zu verpflanzen. Wir möchten jedoch

Bild 17. ;Scliilil eines Pluviales. (Gestickt Ton den Schwestern vom armen Kinde Jesu zu Simpelveld.)

vor ihr entschieden warnen. Es sind nur leidige Bequemlichkeitsrücksichten, welche zu ihr geführt haben, dieselben Bequemlichkeitsrücksichten, welche im Laufe der Zeit einen so wenig heilsamen, um nicht zu sagen so verhängnis- vollen Einfluß auf den Wandel in der liturgischen Gewandung ausübten. Das Pluviale hat bis jetzt im Laufe der Jahrhunderte die wenigsten Veränderungen erlitten. Man belasse es darum auch fürderhin bei der Form, welche es bisher besaß. Wenn sie den vergangenen Zeiten recht und bequem genug war. dürfte sie das auch jetzt noch sein.

Braun, Winke für Paramentenanfertigung. *

50

Das zu einem Pluviale erforderliche Stoffquantum ist nach den Um- ständen verschieden. Ist das Zeug, das zur Verwendung kommen soll, ungemustert, und sollen Gewand, Besätze und Schild aus demselben Stoff gemacht werden, so kommt man mit ca 8 m Seide gewöhnlicher Breite aus. Bei Abrechnung der Besätze und des Schildes wären in diesem Falle etwa (j—ß^o m nötig. Bei gemusterten Stoffen reicht ein solches Quantum jedoch häufig nicht hin. Weil nämlich die einzelnen Bahnen so aneinandergelegt werden müssen, daß Muster zu Muster stimmt, ist ein Verlust an Stoff unvermeidlich, wenn nicht zufällig die Wiederholung des Musters, der sog. Kapport, in der Länge der Bahnen ohne Rest aufgeht. Bei gemusterten Stoffen ist daher in der Regel eine größere Menge an Zeug, als vorhin angegeben wurde, nötig. Bei kleingemusterten Geweben mag dieses Mehr ca 0,50 1,00 m, bei Stoffen mit mittelgroßer Musterung ca 1,00 1,50 m betragen. Genaueres läßt sich darüber nur auf Grund einer Ausmessung der einzelnen Muster bestimmen.

8. Die Leviteiigewänder. Das Obergewand des Diakons ist die 1 ) a I m a t i k , das des Subdiakons die Tuniceila. Auch der Bi- schof trägt beim feierlichen Pon- tifikalamt unter der Kasel Dal- matik und Tunicella.

Ehedem war zwischen Dal- matik und Tunicella ein Unter- schied. Die Tunicella war enger und kürzer, namentlich aber mit engeren Ärmeln versehen als die Dalmatik. Im Lauf der Zeit hat sich indessen dieser Unterschied verwischt.

Dalmatik und Tunicella stell- ten ursprünglich ein Gewand nach Art der Albe dar, nur daß die Ärmel weiter waren, als es bei dieser der Fall ist. Später fing man an, sie an den Seiten aufzuschlitzen, um so das Anziehen zu erleichtern. Der Schlitz war anfangs kurz; er wurde aber allmählich immer länger, bis er gegen Ende des Mittelalters schon fast bis zu den Armein reichte. Im 1(3. Jahrhundert kam er dann wirklich bis zu den Armein. Dabei blieb es in Italien bis auf den heutigen Tag, während man in Frankreich, Deutschland, Spanien den letzten Schritt nicht scheute und auch die Ärmel aufschlitzte, so daß Dalmatik und Tunicella das Aussehen eines Skapuliers, die Ärmel aber die Form von bloßen Lappen erhielten.

Es gibt sonach gegenwärtig zwei Hauptformen der Dalmatik und Tunicella, die römische oder italienische und die außerrömische (Bild 18). Eine Nebenform, die bei der Reform der Paramentik um die Mitte des /origen Jahrhunderts viel empfohlen und angefertigt wurde, hat Ärmellappen statt wirklicher Ärmel, doch sind an den beiden Längsseiten dieser Lappen

Bild 18.

In Deutsehland gebräuchliche Dalmatikform

( ',.,„ natürl. Größe).

Haken oder Bänder angebracht, mittelst deren man sie nach Anlegung des Gewandes zu einer Art von Ärmeln zusammennesteln oder zusammen- binden kann.

Am empfehlenswertesten ist die römische Dalmatik (Bild 19). Sie ist am schönsten und nähert sich am meisten der alten Form des Gewandes, ohne dabei unbequem und unpraktisch zu sein. Indessen ist auch die erwähnte Nebenform aller Empfehlung wert. Sie ist recht praktisch und zugleich un- gleich schöner und passender, als die skapulierartige Dalmatik mit ihren von den Schultern auf die Arme herabbaumelnden Lappen. Dalmatiken mit Ärmel- lappen wirken nur dann gut, wenn die Lappen eine solche Länge haben, daß

Bild 19. Römische Dalmatik.

sie über die Mitte der Unterarmes reichen, und eine solche Breite, daß die Arme unter ihnen völlig verschwinden. Auch sollten sie wenigstens am oberen Ende der seitlichen Schlitze eine Schließvorrichtung besitzen.

Die Levitengewänder müssen mit der Kasel . zu der sie gehören, zum wenigsten in der Farbe übereinstimmen. Am angemessensten ist es jedoch, daß sie auch hinsichtlich des Stoffes (Seide, Halbseide) und dessen Musterung dem Meßgewand folgen. Für die Dalmatik und Tuniceila des Bischofs ist das geeignetste Material ein solider Taft, Köper oder Damast von der Farbe der Kasel.

Wie der Oberstoff, so sollte sich der Harmonie halber auch das Futter der Levitengewänder nach dem des .Meßgewandes lichten. Was die Ein-

4*

52

Schaltung einer Einlage betrifft , so vergleiche man , was darüber bei Be- sprechung der Kasel und des Pluviales ausgeführt wurde. Um keinen Preis verwende man dazu bretterhaftes Steifleinen. Je leichter und flotter die Levitengewänder um den Körper flieüen, um so würdiger und wirkungsvoller sind sie. Bei der bischöflichen Dalmatik und Tuniceila läßt man sowohl Zwischenstoff wie Futter völlig fehlen, damit die Gewänder für den Träger nicht zur ungefügen Last werden.

Die Länge der Levitengewänder sollte zum mindesten 1,15 m betragen.

Die Ausstattung besteht bei der römischen Dalmatik (Tuni- ceila) außer in einem Zierstreifen, welcher den Rand der Ärmel umzieht, in zwei schmalen Besätzen, welche vorn und rückwärts von der Schulter zum Saum herabsteigen und in der Mitte des Gewandrumpfes sowie nahe dem unteren Ende durch zwei gleichfalls schmale Querbesätze verbunden sind (Bild 19 S. 51).

Auch bei der in Deutschland gebräuchlichen Dalmatik (Bild 18 S. 50) umgibt gewöhnlich ein Besatz den vorderen Saum der Ärmellappen; ebenso ziehen sich bei ihr über der Vorder- und Rückseite des Gewandes von oben bis unten zwei Parallelstreifen. Es sind jedoch diese Vertikalbesätze in der Regel zum wenigsten drei oder viermal so breit als die Vertikalstreifen der römischen Levitengewänder. Ferner besteht der Querbesatz bei der deutschen Dalmatik statt aus zwei schmalen, aus einem breiten Streifen. Auch ist derselbe nicht unten am Gewand, sondern auf der Brust und dem Rücken angebracht.

Außer zweistäbigen Dalmatiken kommen übrigens bei uns in neuerer Zeit hie und da Levitengewänder vor, die nur mit einem Vertikalbesatz versehen sind. Von einem Querbesatz kann bei denselben selbstverständlich nicht die Rede sein. Sie sind natürlich billiger als zweistäbige Dalmatiken, dafür aber auch weniger schön. Man tut am besten, bei den zwei Vertikalbesätzen zu bleiben, mögen solche auch etwas größere Auslagen erheischen.

Die Breite der Vertikalbesätze sollte niemals 1 2 cm übersteigen ; die Quersteifen können 15 18 cm breit sein.

Für größere Figurenstickereien bieten die Besätze der Dalmatik mit Ausnahme des Querbesatzes keinen Raum. Man beschränke sich daher, wenn man auf ihnen figürliche Darstellungen anbringen will, auf kleinere Einzelfiguren oder Halbbilder (Brustbilder).

Ornamentale Stickereien der Besätze können eine verkleinerte Wieder- gabe der Stickereien sein, welche sich auf den Stäben der Kasel, zu welcher die Levitengewänder gehören, finden. Notwendig ist das indessen keines- wegs. Immerhin sollten im Interesse einer harmonischen Wirkung auf dem Meßgewand, der Dalmatik und der Tunicella zum wenigsten gleichartige Motive bei der Verzierung der Besätze zur Verwendung kommen : Einheit in der Mannigfaltigkeit. Es sieht nicht gerade gut aus, wenn beispielsweise das Kaselkreuz eine Kankenmusterung, die Zierstreifen der Levitengewänder aber eine geometrische Musterung aufweisen, oder wenn der Rhythmus, der das Kankenmuster der Kaselstäbe beherrscht, ein ganz anderer ist, wie bei dem Elankenmuster der Dalmatikbesätze.

53

Einfache aber wirkungsvolle Vorlagen für Dalmatikbesätze enthält die Sammlung auf Tafel XXI. Nr 3; XXIV. Nr la 2 3 3a 3b; XXV. Nr 8 9 10 11 12: XXVI, Nr i.

Das zu einer Dalmatik erforderliche Sfcoffquantum ist teils durch ihre Maßverhältnisse bedingt, teils hängt es wie beim Pluviale davon ab, ob man einen gemusterten oder ungemusterten Stoff verwenden will, und ob im letz- teren Falle das Zeug mit kleiner oder mit größerer Musterung versehen ist. Für zwei Palmatiken gewöhnlicher Größe dürften an ungemustertem oder kleingemustertem Stoff etwa 6,60 //' Seide ausreichen, an größer gemustertem aber ca 7 m erforderlich sein. Zwei größere, sog. gotische erheischen im ersten Fall etwa 7,00 tu im zweiten ca 7,50 m Seide.

9. Das Superpellioeum und Rochett. Das Rochett ist der Form nach ein der Albe ganz nahe verwandtes Gewandstück. Es unterscheidet sich von ihr nur durch die geringere Länge, da es nach gegenwärtigem Gebrauch höchstens bis zu den Knien reicht. Es ist kein eigent- lich gottesdienstliches Ge- wand, sondern ein auszeich- nendes Chorkleid der Kano- niker und Prälaten. Darum wird es denn auch gewöhn- lich aus besserem Stoff ge- macht. Das angemessenste Material ist zartes Linnen ; doch sind feine Baumwoll- stoffe keineswegs unzulässig.

Es ist Brauch, das Ro- chett mit Spitzen oder ge- stickten Bordüren zu ver- zieren. Bei Spitzen liegt die Gefahr nahe, daß man zu breite verwende. Es sei des- halb betont, daß selbst beim Rochett ihre Breite niemals über 0,45 0,50 m hinausgehen und der größere Teil des Gewandes stets aus festem Stoff bestehen sollte. Gibt es darüber auch keine Vorschrift, so liegt das doch in der Natur der Sache. Daß in keinem Fall an den Ärmeln des Rochetts breite Spitzen oder Bordüren angebracht werden dürfen, braucht kaum ge- sagt zu werden. Es verbietet das der gute Geschmack.

Das Superpell iceum (Bild 20) ist der Albe weniger ähnlich. Es unterscheidet sich von ihr nicht bloß durch seine Länge, sondern auch durch die Bildung der Ärmel. Statt wie sie enge Ärmel zu haben, ist es nämlich bald bloß mit Schlitzen zum Durchstecken der Arme, bald mit aufgeschlitzten Ärmeln, bald endlich und das ist das Gewöhnlichere mit weiten Ärmeln ausgestattet. Mit engen Ärmeln darf das Superpelliceum nicht versehen sein, da es dann zum Rochett würde. Am schönsten sind die weitärmligen Super- pelliceen.

Bild 20. Superpelliceum.

54

Die Länge des Superpelliceums (einschließlich etwaiger Spitzen) sollte mindestens etwa 1 m betragen , der Umfang der Ärmel ebenfalls ca 1 m

Es ist nicht ratsam das Gewand überreich zu fälteln. Vernünftiges Maß- halten ist das Beste.

Bild 21 gibt ein Schnittmuster für Superpelliceen, bei welchem alle über- mäßige Fältelung vermieden ist, ohne daß die Weite dadurch Einbuße erlitten hätte. Es lehnt sich an das in Bild 6 (S. 32) dargestellte Albenschnittmuster an. Man näht an eine ca 88 cm breite Linnenbahne der Länge nach einen Streifen von ca 44 60 cm Breite an, faltet das Ganze genau in der Mitte zusammen und schrägt die beiden Hälften an den Schmalseiten von oben, d. i. von der geschlossenen Seite, nach unten um ca 10 cm ab. Dann bringt man oben den Ausschnitt zum Durchlassen des Kopfes, an der Vorderseite einen Brustschlitz von ca 35 40 cm Länge und an den Schrägseiten die Ärmel an, kräuselt den Ausschnitt für den Kopfdurchschlupf ein. umbordet ihn und versieht schließlich das Gewand mit einer Spitze oder Bordüre. Der Ausschnitt zum Durchlassen des Kopfes ist seitlich ca 13 15 cm von den Ecken entfernt, hinten ca 3 cm, vorn aber ca 10 cm tief, an den Seiten halbrund, im übrigen

Bild 21. Schnitt eines Superpelliceums ('/20 natürl. Größe).

aber gerade. Eingekräuselt wird nur der gerade Teil des Ausschnittes, so daß sowohl rechts wie links etwa 15 cm uneingekräuselt bleiben. Die Ärmel sind ca 8G cm weit und unten etwa 15 cm länger wie oben. Unter den Ärmeln können Zwickel angebracht werden, doch ist das angesichts der Weite und der schrägen Stellung der Ärmel nicht gerade notwendig. Die Länge des < u'wandrumpfes und der Ärmel hängt von der Länge der als Besatz in Aussicht genommenen Spitze oder Bordüre ab. Ein besonderer Vorteil dieser Superpelliceumform besteht darin, daß der Saum unten überall gleich tief herabhängt, und daß bei ihr einem Aufziehen des Superpelliceums infolge. Aufhebens der Arme gänzlich vorgebeugt ist 1.

Wie das Rochett braucht auch das Superpelliceum nicht notwendig aus Linnen angefertigt zu werden. Immerhin ist das wie am passendsten so auch am praktischsten. Bezüglich der Verzierung des Gewandes erinnern

1 Ein verwandtes Schnittmuster wurde von Maler Stummel zu Kevelaer in der „Zeit- schrift für christliche Kunst" 1902, 281 ff veröffentlicht.

55

wir an das. was in dieser Hinsicht vom Rochett gesagi wurde. Nur sei bemerkt, daß beim Superpelliceum nichts im Wege steht, an den Ärmeln dieselben breiten Bordüren oder Spitzen wie am Saume anzubringen.

Vorlagen zu gestickten Bordüren für Rochette und Superpelliceen finden sich in großer Zahl in der Vorlagensammlung des Verfassers, so Tafel 1. Nr 12 3 4; II, Nr 123; III, Nr 1 2; IV. Nr L 2; V, Nr 1 6; VI. Nr 1 2 3; VII, Nr 4; IX. Nr 4 5; XI. Nr 6: XV. Nr 2 4; XIX. Nr 4; XXI, Nr 2b; XXII. Nr 1 2: XXVI. Nr 2; XXVII. Nr 2.

11. Die bischöflichen Gewand stücke. Die besondern bischöflichen Ge- wandstücke, deren Gebrauch andern nur kraft eines eigenen Privilegs zu- steht, sind die P o n t if ik als c h u he. die Pontifikalstrümpfe, die bischöf- lichen Handschuhe und die Mitra. Wenn es auch seltener zur Herstellung dieser Ornatstücke kommen wird, dürfte es doch zweckmäßig sein, das eine oder andere, was von Interesse ist, darüber zu sagen.

Die Anfertigung der Pontifi kai- schuhe, Sandalen genannt, ist natürlich Sache des Schusters. Sache der Stickerin ist es nur, den Oberstoff, ehe derselbe zu Schuhen verarbeitet wird, in würdiger Weise mit Stickereien zu verzieren. Am meisten eignen sich dazu stilisierte Ranken. In Deutschland ist es Brauch, den bisehöf- lichen Schuhen ein Kreuzchen aufzusticken. Vorlagen zu solchen Kreuzchen enthält die Sammlung des Verfassers Tafel II, Nr 5 6 ; VIII, Nr 8; X. Nr 11; XXII, Nr 6; XXVI. Nr 7. Für die Pontifikalschuhe gilt die liturgische Farbenregel. Es gibt da- her weiße, rote, grüne und violette San- dalen.

Besondere Pontifikalstrümpfe sind in Deutschland nicht mehr in Ge- brauch. Als Ersatz dafür gelten die ge- wöhnlichen, violettseidenen bischöflichen Strümpfe. Wo sich, wie in Italien, die Bischöfe noch besonderer liturgischer Strümpfe bedienen, werden diese aus schmiegsamem, weißem, rotem, grünem oder violettem Seidenstoff zu- sammengenäht, Eine Verzierung erhalten sie nicht. Sie werden über die ge- wöhnlichen Strümpfe angezogen und unter dem Knie mit Bändern, die oben am Saume befestigt sind, angebunden.

Die bischöflichen Handschuhe wurden ehedem häufig nach Art unserer Glacehandschuhe aus Stoffstücken zusammengenäht. Es gab aber schon früh auch mit der Nadel gearbeitete Pontifikalhandschuhe. Gegenwärtig pflegen

Bild 22. Handschuh im Münster zu Freiburg.

- 56

die liturgischen Handschuhe stets aus Seide gewirkt zu sein. Die Aufgabe, welche der Stickerin ihnen gegenüber bleibt, beschränkt sich demnach darauf, ihnen eine passende Verzierung zu geben.

Als solche empfehlen sich ein Kreuz oder das Monogramm des Namens Jesu auf dem Handrücken und eine Bordüre rings um den Einschlupf. Die Stickereien werden bei roten, violetten und grünen Handschuhen am besten in Gold, bei weißen in Gold und farbiger Seide ausgeführt. Statt eines ge- stickten Kreuzes oder Monogrammes kann man auch nach mittelalterlicher Verzierungsweise dem Rücken der Handschuhe ein kostbares, mit einem Kreuz, dem Lamm Gottes oder dem Namen Jesu (in Email, Gravierung oder Relief) geschmücktes Zierplättchen aufnähen. Gehen die Handschuhe, so wie sie vom Weber kommen, nicht über das Handgelenk hinaus, so bringe man an ihnen mit Stickerei verzierte kurze Stauchen oder stulpenartige Ansätze an, da- mit sie auf diese Weise ein würdigeres Aussehen erhalten (Bild 22 S. 55). Vorlagen für die Verzierung der Handschuhe finden sich in der Vorlagen- sammlung des Verfassers Tafel II. Nr 5 6; X, Nr 11: XVIII, Nr 4; XXII,

■III

Bild 23. Entwicklung der Mitra.

Nr 6; XXVI, Nr 7 (Kreuzchen); XVIII, Nr 6 7 (Monogramme); IV, Nr 5; V, Nr :>; VI, Nr 5 6; X, Nr 6 7: XVI, Nr 5; XVII, Nr 7 9 10; XXV, Nr 12 3 4 (Borden).

Die Mitra, welche stets von weißer Farbe sein muß, es sei denn, daß sie aus Gold- oder Silberstoff gemacht sei, war ursprünglich eine weiche, spitz zulaufende, dann oben abgestumpfte Mütze. Ihre Umbildung zur mo- dernen Mitra vollzog sich in folgender Weise. Zunächst bildeten sich an den Seiten über den Schläfen zwei Bausche, welche bald die Form einer Spitze erhielten. Dann drehte man die Mitra auf dem Kopfe so, daß diese Spitzen oder Hörner nicht mehr an die Seiten, sondern über Stirn und Hinterhaupt zu stehen kamen. Sie erhielt dadurch im wesentlichen die Form,' die sie jetzt besitzt. Noch war sie aber so niedrig, daß die Breite die Höhe merklich übertraf. Allmählich änderte sich aber auch dieses; die Mitra wuchs immer mehr nach oben, bis sie um den Beginn des 17. Jahrhunderts das, was sie jetzt ist. geworden war. Bild 23 stellt die Entwicklung der Mitra vom 11. Jahr-

57

hundert bis zur Gegenwart dar. Der kirchliche Gebrauch unterscheide! drei Arten der Mitra1. die .kostbare", die „mittlere", gewöhnlich „auriphry- giata" genannt, und die „einfache" Mitra. Der Unterschied betrifft bloß die Ausstattung, nicht die Form. Unter der .kostbaren" Mitra versteht man eine Mitra, die mit Juwelen und Plättchen von Gold und Silber verziert ist. Die .mittlere" soll der Edelsteine und Zierplättchen entbehren und höchstens mit etlichen kleinen Perlen geschmückt sein. Sie darf auch aus Goldbrokat und Goldtuch hergestellt sein, muß jedoch alsdann ohne Perlenschmuck sein. Die .einfache" Mitra soll unter Beiseitelassung aller Verzierungen aus einfarbigem, weißem Seidenstoff oder aus weißem Linnen gemacht sein. Die beiden an der Hinterseite der Mitra angebrachten Behänge, zwei ca 50 cm lange manipel- artige Streifen, haben sich in Bezug auf Stoff und Ausstat- tung nach der Mitra. an der sie angebracht sind, zu richten. Die Fransen, mit welchen sie am unteren Ende besetzt wer- den, sollen bei der einfachen Mitra von roter Farbe sein. Die moderne Mitra hat eine beträchtliche Höhe und Weite. Sie ist pompös, man kann aber nicht gerade be- haupten, daß sie auch schön sei. Dafür ist sie zu riesen- haft. Man ist deshalb seit etwa der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland. Frankreich, Belgien und den Niederlanden wieder zur Form zurückgekehrt, welche die bi- schöfliche Kopfbedeckung im 14. und 15. Jahrhundert be- saß (Bild 24). Es schien eine

Zeitlang, als sollte dieses Vorgehen von Koni verboten werden: doch ist es dazu nicht gekommen.

Bei der Herstellung der Mitra wird man am besten in der Weise ver- fahren, daß man zuerst die beiden Schilde völlig fertigstellt, dann dieselben seitlich zusammennäht, hierauf zwischen ihren Schrägseiten den Stoff einfügt, der die Hörner verbinden und die Mitra oben abschließen soll, und endlich die Behänge ansetzt.

Zur Versteifung der Schilde denn versteift müssen sie werden be- nutzt man dünnen aber zähen Pappdeckel, etwa von der Art, wie man ihn wohl beim Glanzbügeln gebraucht, als Futter solide Seide. Die Behänge ver-

Bild '24. Mitra im Dom zu Köln. iNeucre Arbeit nach Art der mittelalterlichen Mitren.)

1 Caeremoniale episc. 1. 1, c. 17.

58

sieh! man mit mittelstarkem Zwischenstoff. Als Höhe der Mitra dürften 30 cm vollauf genügen.

11. Das Scliulterveluni. Es gibt drei Arten von Schultervelen, das Segens- velum, mit welchem der Priester bei dem sakramentalischen Segen und der theophorischen Prozession die Monstranz anfaßt, das Velum, mit welchem der Subdiakon nach römischem Brauch beim feierlichen Amt von der Opferung an bis nach dem Pater- noster die Patene trägt, und das Scliulterveluni, mit dem der Akolyth beim Pontifikalamt die Mitra halten soll. Ein wesent- liclier Unterschied besteht übrigens zwischen diesen verschiedenen Arten von Schultervelen nicht, so daß an sich das eine statt des andern gebraucht werden kann.

Das Segensvelum soll stets etwa 2,.r.O m lang und ca 50 cm breit sein; das Scliulterveluni der Subdiakone und besonders das der Akolythen kann etwas kürzer und schmaler sein.

Das Segensvelum muß nach verschiedenen Entscheidungen der Riten- kongregation stets weiß sein1. Das Scliulterveluni, dessen sich der Subdiakon bedient, hat der Farbe der Messe zu entsprechen. Das Scliulterveluni des Akolythen ist mit Rücksicht auf die Mitra am passendsten weiß, doch kann man es sich auch der Farbe der übrigen Paramente anschließen lassen.

Alle drei Arten von Schultervelen müssen aus Seide gemacht2 sein, und zwar soll man zu ihnen stets ein weiches Seidengewebe benutzen. Un- biegsame Stoffe, wie z. B. schwere Brokate, eignen sich nicht für sie. Als Futter gebraucht man gleichfalls nur einen leichten schmiegsamen Stoff, am besten haltbare Futterseide. Um ein zu rasches Abnutzen des Schultervelums zu verhüten, bringt man wohl an seiner Innenseite nach den Enden zu Taschen oder Lappen an. um mit diesen statt unmittelbar mit dem Oberstoff die Monstranz bzw. die Patene oder Mitra zu halten. Lappen sind nicht em- pfehlenswert. Gegen Taschen wüßten wir indessen nichts einzuwenden, wenn sie nur von Seide sind.

Damit das Velum besser auf den Schultern sitzen bleibe, pflegt man es wohl über der Brust mittelst Schließen (Krampen, Haften) oder Bändern zu befestigen.

Das Scliulterveluni des Akolythen soll stets einfach sein. Man bringe daher bei ihm höchstens an den Enden Fransen an. Dem Velum des Sub- diakons mag man schon etwas mehr Schmuck zukommen lassen, etwa eine die Schmalseite entlang laufende Bordüre. Dagegen ist es ganz angemessen, dem Segensvelum mit Kücksicht auf den /weck, welchem es dient, eine reichere Ausstattung zu geben, indem man es außer mit Bordüren an den Schmal- seiten auch noch mit einer Verzierung in der Mitte versieht. Man nimmt dazu möglichst Darstellungen, welche auf den Heiland oder das hochheilige Sakrament hinweisen, wie das Brustbild Christi, das Kreuz, das Lamm Gottes,

1 Entscheidung vom 9. Juli 1678. 16. Dezember 1828. 21. Juli 1855. 26. März 1859 (Decr. auth. nr. 1615 2669 3031 3086).

2 Caerem. episc. 2, 23, 3: 1, 10, 5; 2, 8, GO: 1, 11, 6.

59

den Namen Jesu, das Monogramm Christi, den Pelikan und ähnliches, sym- bolisches Blumen- und Blattwerk, wie Ähren, Weinranken, Passionsblumen. Rosen, Lilien u. a. Für die Saumverzierung eignen sich vorzüglich in kräf- tigen Buchstaben ausgeführte Inschriften wie z. B. „Venite f adoremus f et f procidamustantefDeum" oder „Gloria, f laus f et f honor f sedenti f super f thronum f et f agno" oder „Laudate t Dominum f omnes f gentes, f laudate f eum f omnes f populi" und ähnliche. Verschiedene passende Entwürfe zur Ver- zierung des Segensvelums finden sich in der Sammlung des Verfassers auf Tafel X, Nr 1 2 3 ; XI, Nr 1 2 3; XXVI, Nr 3. Durch Vergrößerung lassen sich auch die Vorlagen Tafel XIII, Nr 2 3; XVI, Nr 2; XVII, Nr 2; Will, Nr 2; XXV, Nr 13; XXVI, Nr 5 und XXVII, Nr 4 zu Mittelstücken von Schultervelen verwenden. Ebenso können die Medaillons Tafel VIII, Nr 2 ; IX, Nr 3 4; XV, Nr 1: XXVI. Nr 1 und XXVII, Nr 1 dazu gebraucht werden.

12. Das Meßdienerröckleiii. Da die Mefädiener die Stelle der niedern Kleriker vertreten, soll man zum Vorbild ihrer Rock lein nach Form und Beschaffenheit das Superpelliceum , nicht das engärmlige Rochett nehmen. Festtagsröcklein statte man mit einer Spitze oder einer gestickten Bordüre aus. Zeichnungen zu solchen Bordüren enthält die Sammlung auf Tafel 1. Nr 3 4; II, Nr 2; IV, Nr 6 7: V. Nr 6; VII, Nr 4; X, Nr 4; XI, Nr 5 6; XIV, Nr 3; XVI, Nr 4; XVII, Nr 3; XXVI, Nr S 9: XXVIII, Nr 18.

13. Der Meßdienertalar. Die Melkliener vertreten, wie schon bemerkt wurde, die Stelle der niedern Kleriker. Es ist daher angemessen, daß sie bei ihrem Dienst in ähnlicher Weise wie diese gekleidet sind, also Talar und Röcklein oder doch wenigstens einen Talar tragen.

Derselbe soll eine passende Länge haben und darum etwa bis zu den Knöcheln, nicht aber bloß bis oben über die Kniee reichen. Im Rücken näht man ihn von oben bis zum Kreuz ein, damit er sich besser dem Oberkörper anlege und kein unschönes sack- oder kittelartiges Aussehen habe. Den Talar an der Vorderseite von unten bis zur Körpermitte zuzunähen, kann im allgemeinen nicht angeraten werden. Tragen die Meßdiener einen Schulter- kragen, so empfiehlt es sich, denselben am Talar zu befestigen.

Zu vermeiden sind die sog. Ministrantenröcke, unterrockähnliche Dinge, die an Gurten getragen werden. Sie sind nichts als ein armseliges Surrogat eines Talars, nicht aber ein Talar. Obendrein ist der Preisunterschied zwischen diesen Ministrantenröcken und vollständigen Talaren zu unbedeutend, als daß ein Grund vorläge, sich mit Röcken an Stelle eines richtigen Talars zu begnügen. Für die Werktage macht man den Talar aus schwarzem, für die Sonn- und Feiertage aus rotem Wollstoff. Blaue Talare sind wenig passend, teils weil Blau keine kirchliche Farbe ist, teils weil sie zu bunt wirken.

Zweites Kapitel. Die stoffliche Ausrüstung des Altars und der gottesdienstlichen Geräte.

1. Das Altartucli. Nach der Vorschrift des Missales soll der Altar mit drei Tüchern aus reinem Linnen (Flachs oder Hanf) bedeckt sein1.

Rubr. gen. p. 1, tit. 20.

60

Die unteren kann man aus derber Leinwand machen , das obere fertige man aus feinem Linnen oder aus Linnendamast an. Nur nehme man dazu keinen Ilamast, wie man ihn im gewöhnlichen Leben zu Hand- und Tischtüchern oder ähnlichen Zwecken gebraucht. Es ist nicht schwer, passend gemusterte Damaste zu bekommen.

Die beiden unteren Tücher, welche übrigens durch ein doppelt zusammen- gefaltetes ersetzt werden können, sollten stets so groß sein, daß sie die ganze Altarplatte bedecken. Das empfiehlt sich zur Genüge, von anderem abgesehen, allein schon im Interesse des oberen Tuches. Es ist nicht zweckmäßig, wenn dieses unmittelbar dem Altartisch aufgelegt wird, da es da, wo es ihm direkt aufliegt, durch Staub und Feuchtigkeit leicht leidet1.

Das oberste der drei Altartücher soll an beiden Seiten so weit über die Altarmensa herabhangen, daß es bis nahe an den Boden reicht, wie das Missale sagt2. Natürlich gilt das nur da, wo der Altar freisteht. Ist er, wie das wohl vorkommt, mit einer Seite an die Wand gelehnt, so kann man hier selbstredend das Tuch nicht bis zum Boden hangen, weil nicht einmal überhangen lassen.

Eine genaue Länge läßt sich für die Altartiicher nicht angeben, weil die Länge der Altäre eine sehr verschiedene ist. Aus einem ähnlichen Grunde läßt sich auch die Breite derselben nicht allgemein festsetzen. Man hat sich in Bezug auf beide ganz nach den einzelnen Altären zu richten, für welche die Altartücher bestimmt sind. Die Breite wird für gewöhnlich zwischen 70 90 cm schwanken. Über den vorderen Rand der Mensa läßt man das Altartuch nur mäßig herüberfallen. Ruht die Altarplatte auf Säulchen, so ist es am besten, vorn es bloß so weit herabhangen zu lassen, daß es die Front der Platte verhüllt.

Es ist Brauch, das oberste Altartuch mit einer geeigneten Verzierung zu versehen 3. Dieselbe kann in Stickereien , in einem durchbrochenen Ein- satz und in Spitzen bestehen und sowohl an den Schmalseiten wie an der vorderen Langseite angebracht werden. An den Schmalseiten darf sie in- dessen, um von guter Wirkung zu sein, nur mäßige Breite haben und darum 10 15 cm nicht überschreiten. Der Besatz der Langseite kann etwas breiter sein, doch sollte er, gleichviel, ob er in einer Spitze oder einer gestickten Bordüre besteht, über eine Breite von 25 cm in keinem Fall herausgehen.

1 Es empfiehlt sich, die Altarplatte zunächst mit dem sog. Chrisinale zu bedecken, einem mit Wachs getränkten oder bestrichenen groben Linnentuch, welches bei der Altar- weihe zum Schutz der mit dem heiligen Chrisam gesalbten Stellen auf die Mensa gelegt wird. Dasselbe schützt die Altartücher vor Feuchtigkeit und ist darum besonders angebracht, wenn die Kirche feucht ist und die Altarplatte aus Granit oder sonst einem stark schwitzenden Steine besteht.

-' Rubr. gen. p. 1, tit. 20. Der hie und da herrschende Brauch, das Altartuch nicht bis zum Boden gehen zu lassen, darf nach einer Entscheidung der Ritenkongregation vom 9. Juni L899 nicht beibehalten werden (Decr. auth. nr. 4029).

3 Caerem. episc. 1, 12, 11. Es ist hier zwar nur von gewebten oder bestickten Zier- streifen oder Behängen die Rede, die oben an dem Altar angebracht werden könnten. In- dessen sind ja 'li> Spitzen und Bordüren, mit denen das Altartuch geschmückt wird, im Grunde nichts anderes als eben derartige Behänge.

Gl

Einsätze dürfen auch au der Langseite nur ca 10 1"> cm breit sein. Sind auch die Schmalseiten mit einer Verzierung versehen, so bringt man den Besatz an der Langseite nur vor der Altarmensa. nicht aber an den über- hangenden Teilen des Altartuches an.

Wenn die Besätze, welche die Vorderseite des Altares zieren sollen, besserer Art sind, so ist es zweckmäßiger, sie nicht an das Altartuch, son- dern an einen besondern Linnenstreifen zu uähen . den man . wenn nötig, beim Gebrauch mit einigen Nadeln am unteren Altartuch anheftet, damit man nicht gezwungen sei, den Besatz allemal abzutrennen, wenn das Altartuch gewaschen werden muß. Durchsichtige Tüllspitzen, sog. Madeira- oder feston- nierte Spitzen, weitmaschige Renaissancespitzen, gardinenähnliche Spitzen, kurz alles, was in den Salon oder ans Fenster paßt, soll man vom Altar so fern wie nur möglich halten . zumal wenn die Spitzen 40 50 cm oder mehr breit sind. Alles, was zum Schmuck des Altares dient, muß einen gewissen Ernst und eine gewisse Würde an sich tragen.

Der Motive, welche zur Verzierung der Altartücher Verwendung finden können, gibt es eine ungemein große Zahl: am geeignetsten sind solche, welche auf das hochheiligste Sakrament oder den Titel des Altares hinweisen. So können z. B. bei einem Sakramentsaltar zur Ausschmückung des Altartuches passend dienen: Weinranken. Ähren. Passionsblumen. Kosen- ranken. Epheuranken . die heiligen Monogramme IHS und /ff. das Lamm

Gottes, Kreuze, die Rechte Gottes, Kelch und Hostie, der Pelikan, der Hei- land als guter Hirt, der Heiland mit Kelch und Hostie, das Jesuskind, der Auferstandene, die Hochzeit zu Kana. die wunderbare Brotvermehrung, das letzte Abendmahl, Christus und die Emausjünger, das Manna in der Wüste. der Schaubrotetisch, Elias vom Engel gespeist und ähnliches, endlich In- schriften, die auf die hochheiligste Eucharistie Bezug nehmen.

Für einen Kreuzaltar würden sich eignen: Passionsblumen, Distelranken. Rosen, die Leidenswerkzeuge, das Lamm Gottes als Opferlamm auf dem Kreuz ausgestreckt, Christus als Ecce homo, Christus am Kreuze. Christus auf dem Schöße seiner heiligen Mutter, die eherne Schlange, das Opfer Abrahams. Inschriften, welche an den Kreuzestod des Herrn erinnern und ähnliches.

Motive für das Altartuch eines Herz- Jesualtar es wären etwa Rosen, Passionsblumen, Stechpalmen, der Name Jesu, das Herz Jesu, der Heiland mit dem hochheiligsten Herzen, Christus beim letzten Abendmahl. Christus am Kreuz, Inschriften, in welchen die Liebe des Erlösers zu uns Menschen zum Ausdruck kommt, oder das hochheiligste Herz Jesu angerufen wird usw.

Zur Verzierung eines für einen Marienaltar bestimmten Altartuches dürften zu empfehlen sein: Rosen, Lilien, das Monogramm des Namens Maria, Sj-mbole der allerseligsten Jungfrau (Morgenstern, Turm Davids, geistliches Gefäß, verschlossener Garten, versiegelter Brunnen, mit Früchten beladener Ölbaum, Pforte des Himmels, Sitz der Weisheit u. a.), Darstellungen der Mutter Gottes, z. B. Maria als Immaculata oder das Jesuskind auf den Armen, die Verkündigung, die Geburt Christi. Marias Aufnahme, Inschriften, welche von

- 62

Maria handeln; für ein Altartuch, das einen Altar der schmerzhaften Mutter schmücken soll, auch Passionsblumen, Disteln, Maria von sieben Schwertern durchbohrt, Maria mit dem Leichnam ihres göttlichen Sohnes auf dem Schoß, Maria begegnet dem Heiland auf dem Kreuzweg, Maria mit Johannes unter dem Kreuze u. a.

Ein Altartuch, das für einen Altar des hl. Joseph dienen soll, könnte Lilien und Rosen, den Namen Joseph, den hl. Joseph mit dem Jesuskind oder mit Säge oder Lilie als Symbolen seines Standes und seiner Reinheit, die heilige Familie, auf den hl. Joseph oder die heilige Familie bezügliche In- schriften und ähnliches aufweisen. Bei Altären, die Engeln geweiht sind, dürften lobsingende oder musizierende Engel in Medaillons oder einem Ranken- werk eingearbeitet ein prächtiger und sinnreicher Schmuck sein. Bei H ei- ligen alt ären bringe man auf dem Altartuch das Bild oder doch den Namen des Heiligen, seine Attribute, ein die Tugenden des Heiligen symbolisierendes Pflanzenornament oder eine passende Inschrift, z. B. eine Lobpreisung oder Anrufung des Heiligen, an.

Bei Spitzen lassen sich natürlich Motive wie die angeführten nur zum geringsten Teile verwerten. Sie sind vielmehr ihrer Mehrzahl nach bloß für gestickte Altartuchbordüren brauchbar. Bei Spitzen hat man sich ihrer Technik entsprechend mit symbolischem Rankenwerk, das in den meisten Fällen, um gut zu wirken, eine geometrische Umformung erhalten muß, mit einfachen Symbolen und passenden kurzen Inschriften zu begnügen.

Über das Material der Spitzen und Bordüren bestehen keine Vorschriften. Man vermeide indessen tunlichst Spitzen aus Baumwolle. Für Festtage sind mit Seidenstickerei geschmückte Besätze aus weißer Seide sehr empfehlenswert. Bis vor nicht langer Zeit war es durch eine Entscheidung der Kitenkongregation verboten, den Spitzen der Altartücher rotes oder blaues Zeug unterzulegen. Neuerdings ist das aber als zulässig bezeichnet worden 1. Nichtsdestoweniger ist es nicht besonders ratsam, den Altarspitzen einen far- bigen Grund zu geben. Es läßt sie leicht zu schwer und zu unruhig er- scheinen und sieht obendrein etwas gewöhnlich aus.

Entwürfe für gestickte Altartuchbordüren bietet die Vorlagensammlung auf Tafel I, Nr 2 3; II, Nr 3; III, Nr 1 2 3: IV, Nr 12 6 7; V, Nr 1 6; VI, Nr 1; VII, Nr 2 4; IX, Nr 1 5; X, Nr 4; XI, Nr 5 6; XIII, Nr 4; XIV, Nr 3; XV, Nr 2; XVI, Nr 4; XVII, Nr 3; XIX, Nr 4; XXII, Nr 1 2; Will, Nr 3; XXV, Nr 14; XXVI, Nr 2: XXVII, Nr 2.

-. Das Autependiiun. Nach dem Missale soll der Altar mit einem Vor- hang geschmückt werden, und zwar soll dieser, soweit das angeht, bezüglich seiner Farbe sich nach der liturgischen Tagesfarbe richten, mit andern Worten, es soll der Altar mit einem Antependium versehen sein (Bild 25). Über die Beschaffenheit des Antependiums bestimmt das Missale nichts. Das Caere- moniale der Bischöfe schreibt lediglich vor, es solle an Festtagen beim bischöflichen Pontitikalamt aus Gold- oder Silbertuch oder aus Goldbrokat gemacht sein.

1 Entscheidung vom 12. Juli 1892 und 24. November 1899 (Decr. auth. nr. 3780 4048).

63

Die Antependien sind in neuerer Zeit vielfach außer Gebrauch gekommen oder besser dadurch überflüssig gemacht worden, daß man dem Altartisch selbst eine reichere und kostbarere Ausschmückung mittelst Bildhauerarbeiten, Malereien und Mosaiken gab. Immerhin kommen auch jetzt deren noch zur Verwendung, so daß einige Winke bezüglich der Anfertigung eines zweck- entsprechenden Antependiums gewiß am Platz sind.

a) Das Antependium allemal der jeweiligen Tagesfarbe anzupassen, ist nicht immer ausführbar '. Man trage indessen möglichst Sorge, daß wenig- stens für besondere Zeiten, z. B. die Passionszeit und die Festtage, zumal die höchsten Festtage, eigene dem kirchlichen Farbenkanon gerecht werdende Antependien vorhanden sind, wo solche angewendet werden.

b) Man soll zur Herstellung der Antependien stets einen soliden Stoff nehmen. Wertvoll braucht er bei einfachen Antependien nicht zu sein, wohl aber muß er stets nach Material und Farbe dauerhaft sein.

c) Festtägliche Antependien schmücke man mit Figurenstickereien. Kein Parament ist für solche geeigneter, als gerade das Antependium mit seiner ungeteilten, glatten Fläche. Es ist daher auch von alters her Brauch gewesen, dasselbe mit Bildwerk zu besticken. Recht zweckdienlich ist hierzu die Applikationstechnik. Als Gegenstand der Darstellungen können empfohlen

c_

- 3r .

1, .

;■;• , !■..„;,. :':;;.

*

' ......

min

Bild 25. Antependiumformen.

werden das Bild des Gekreuzigten, die Trinität, der gute Hirt. Christus beim letzten Abendmahl, der Heiland mit dem heiligsten Herzen, Christus als Weltenrichter und ähnliches, Maria mit dem Jesuskind, Engel, die Heiligen, denen der betreffende Altar geweiht ist. Einfachere Pesttagsantependien versehe man mit Symbolen, umgeben von Rankenwerk und Spruchbändern, d) Das bischöfliche Caeremoniale gibt an, es solle das Antependium auf einen Holzrahmen gespannt werden, damit es nicht runzlig und faltig, sondern geziemend glatt aussehe2. Man hat daraus geschlossen, es sei schlechthin unstatthaft, das Antependium in schönem Faltenfluß auf- zuhängen. Ob eine solche Folgerung zutreffend ist, möge auf sich beruhen bleiben. Die Sache indessen praktisch genommen, kann es nur empfohlen werden, sich an der Anweisung des Caeremoniales zu halten. Vorhänge mit Faltenwurf erhalten sehr leicht ein weltliches . alltägliches , portierenartiges Gepräge. Außerdem beweisen die Kunstdenkmäler aus dem Mittelalter, daß glatt herabfallende Altarbehänge mindestens ebenso gewöhnlich waren wie in Draperien gelegte. Bei Antependien, die Bildwerk trugen, war eine Falten-

1 Rubr. gen. miss. p. 1, tit. 20. Man beachte, daß die Rubriken ausdrücklich sagen „quoad fieri potest (soweit solches geschehen kann)".

2 L. 1. c 12, nr. 11 16.

- 64 -

bildung sogar von vornherein ausgeschlossen. Endlich aber lassen sich selbst bei Anwendung eines Holzrahmens die Antependien ohne alle Mühe so ein- richten, daß man von dem Rahmen durchaus nichts bemerkt. Man braucht zu dem Ende nur folgendermaßen zu verfahren. Man spannt über den Rahmen zunächst einen Unterstoff etwa aus kräftigem Baumwollzeug. Auf diesen näht man dann glatt den Oberstoff, welcher das Antependium bilden soll, in der Weise auf, daß man den Unterstoff oben und unten eine kleine Strecke frei läßt. Den unteren freien Raum bedeckt man durch aufgenähte längere Fransen, den oberen durch einen von einem Bördchen und kürzeren Fransen eingefaßten kurzen Überhang (Bild 25 a S. 63). Will man noch etwas mehr tun, so kann man außerdem noch wie es Bild 25 b und c zeigen, nach spät- mittelalterlichem Brauch zwei Streifen unter diesem Überhang hervortreten lassen oder an den Schmalseiten einen Vertikalbesatz anbringen. Bei einer solchen Herstellung des Antependiums wird es nicht auffallen, daß es sich über einem Rahmen befindet.

e) Das Antependium muß dem Alter durchaus angepaßt sein, und zwar soll es stets unter der Altarplatte endigen.

3. Die Altardecke. Zum Schutz der Altartücher pflegt man den Altar außerhalb der gottesdienstlichen Funktionen vielfach mit einer Decke zu ver- sehen. Vorgeschrieben ist eine solche nicht, wenn nicht etwa durch besondere Diözesanstatuten. Sie kann aus jedem angemessenen Material und in jeder passenden Farbe angefertigt werden. Am besten machen sich grüne, rote oder leichtgraue Decken; ungeziemend sind schwarze. Verwendet man zur Herstellung der Altardecken , die man auch wohl Vesperdecken nennt, gemusterte Zeuge, etwa zweifarbige Linnen- oder Baumwolldamaste, wie sie gegenwärtig vielfach fabriziert werden, so hat man darauf zu sehen, daß das Dessin der Bestimmung, welche die Decke hat, entspricht. Decken, die für Wirtstische gemacht sind, gehören nicht auf die Altäre. Es ist besser, die Altardecken aus einem ungemusterten Stoff herzustellen, denn aus einem Stoff mit einem Muster, wie es sich im Restaurant auf der Kaffeetischdecke findet.

Man läßt die Altardecken vorn und an den Seiten nur wenig, höchstens eine Spanne, über die Altarplatte herüberhangen. Am Saum kann man Fransen anbringen. Festtägliche Altardecken schmückt man mit einer ge- webten oder gestickten Bordüre, für welche die Vorlagensammlung des Ver- fassers auf Tafel III, Nr 3; V, Nr 6; VII, Nr 3 4; VIII, Nr 4, IX, Nr 5 und sonst manche empfehlenswerte Beispiele enthält.

4. Das Tabernakel oder Conopenm. Nach dem römischen Rituale1 soll das Tabernakel mit einem Behang verhüllt sein, der sich entweder, und so ist es römische Sitte, bezüglich seiner Farbe nach der Tagesfarbe richtet, oder mit Rücksicht auf das heiligste Sakrament allzeit von weißer Farbe ist -'. Nach einer ausdrücklichen Entscheidung der Ritenkongregation ist es keineswegs notwendig, ihn aus reiner Seide zu machen, es können vielmehr auch halbseidene, wollene, linnene, ja selbst baumwollene Zeuge

1 De Euchar. Sacram.

2 Entscheidung vom 21. Juli 1855 (DeCr. auth. nr. 3035).

65

zu ihm verwendet werden. Immerhin ist Seide am passendsten '. Auch über seine Form besteht keine Bestimmung. Es kann daher das Conopeuni sowohl in Falten als auch glatt um das Tabernakel herabhängen. Man ver- meide indessen im ersten Falle aus Schickliclikeitsrücksichten eine alltägliche, an Gardinen erinnernde Drapierung; im zweiten empfiehlt es sieh, den die Vorderseite des Tabernakels bedeckenden Teil mit einem entsprechenden Monogramm oder Symbol zu besticken. Ist die Tabernakeltür zweiteilig, so sollte es der Bequemlichkeit halber auch die Vorderseite des Conopeums sein. Am unteren Saume des Behanges bringt man kurze Fransen an, am oberen Ringe oder Schleifen, um ihn an einem Draht verschiebbar aufhängen zu können.

Der Tabernakelbehang ist in Deutschland wenig gebräuchlich. 5. Die Bekleidung des Tabeniakelimieru. Das Tabernakel, die Wohn- stätte des im heiligsten Sakramente verborgenen Gottmenschen, soll im In- nern angemessen geschmückt und deshalb an den Innenseiten entweder ver- goldet, mit vergoldeten Platten belegt oder mit Seide (Gold- oder Silbertuch) bekleidet werden-. Die Seide muß von weißer Farbe sein.

Das Auskleiden kann in verschiedener Weise vorgenommen werden. Man kann den Stoff fest den Wandungen aufnageln, man kann ihn, nachdem man ihn oben befestigt hat, glatt oder in Falten frei über die Wände sich herabziehen lassen, man kann ihn an Stäbchen oder Drähten verschiebbar und abnehmbar aufhängen, man kann ihn endlich auch an einem besondern Ge- rüst, sei es gespannt, sei es in Form einer losen Drapierung, anbringen und dann das so zubereitete Gerüst ins Tabernakel hineinsetzen. Für die Wahl der einen oder andern Weise sind vor allem maßgebend die örtlichen Verhältnisse. Ist die Kirche trocken, so kann man sich mit der ersten oder zweiten Weise begnügen, ist sie jedoch und das dürfte häufig genug der Fall sein feucht, so empfiehlt es sich, die Bekleidung so einzurichten, daß sie ohne Mühe herausgenommen und gelüftet werden kann, damit die Bildung von Stockflecken, welche im geschlossenen Tabernakel sehr leicht auftreten, verhindert werde, also in der dritten oder vierten voranzugehen. Führt man die Bekleidung in Form von Behängen aus, so tut man gut, den unteren Saum mit einer schmalen Bordüre und Fransen oder wenigstens mit Fransen zu besetzen. Zeichnungen zu gestickten Bordüren enthält die Vorlagen- sammlung des Verfassers auf Tafel X, Nr 6 7; XVII. Nr 7 8 9 10; XXV. Nr 1 2 3 4 u. a.

Hinter der Tabernakeltür bringt man, um bei geöffneter Tür den Einblick in das Innere zu verhindern und zugleich, um das Tabernakel auch an dieser Seite passend zu schmücken, einen Behang an. Es ist am zweck- mäßigsten, denselben in zwei Teile zu zerlegen, selbst wenn die Tür ein- flügelig ist. Jedenfalls soll er, damit der Priester ungehinderter die heiligen Gefäße aus dem Tabernakel herausnehmen und wieder hineinsetzen kann, ver-

1 Ebd.

2 Entscheidung vom 7. Aug. 1871, 5. Juni 1889 und 20. Juni 1899 iDecr. auth. nr. 3254

3709 4035).

Braun, Winke für Paramentenanfertigung. 5

66

schiebbar eingerichtet und darum mittelst Ringen an einem Messing- stäbchen aufgehängt werden. Will man dem Behang eine besondere Ver- zierung geben, so sticke man ihm an den Säumen eine schmale Bor- düre und in der Mitte den Namen Jesu, das Lamm Gottes oder anbetende Engel auf.

6. Ausstattung der Exnositionsnisclie. Es ist sehr empfehlenswert, auch die Nische, in welcher das heiligste Sakrament zur Anbetung ausgesetzt wird, mit Seide zu bekleiden, und zwar ist es auch hier am besten, die Bekleidung so einzurichten, daß sie leicht heruntergenommen werden kann, also in Ge- stalt von Behängen. Man macht sie aus weißer Seide bzw. aus Brokat und Brokatell mit weißem ((rund und versieht sie mit Stickereien, Orna- menten, Symbolen, Monogrammen, welche sich auf das heiligste Sakrament beziehen. Will man sie mit figürlichen Darstellungen ausschmücken, so nehme man dazu nur Engel gestalten, nicht aber Heilige. Den unteren Saum besetzt man mit Fransen.

7. Das Exuositionsfähuclien oder Sakrameutsvelum. Wird während der Aussetzung des Allerheiligsten eine Predigt gehalten, so muß es nach kirch- licher Vorschrift in das Tabernakel zurückgesetzt werden. Da solches aber bisweilen mit Schwierigkeiten verbunden ist, hat sich vielerorts der Gebrauch gebildet, bei Beginn der Predigt das heiligste Sakrament mittelst eines vor- gesetzten fahnenartigen Velums zu verhüllen. Dasselbe muß eine solche Länge und Breite haben, daß es im stände ist, seinem Zweck gemäß das Allerheiligste ganz zu verdecken ; es soll also ca 1 m lang und 0,5 m breit sein. Wegen seiner erhabenen Bestimmung soll man es aus Seide anfertigen und geziemend ausstatten. Man versehe es daher in der Mitte mit einer auf das heiligste Sakrament hinweisenden Verzierung, am unteren Saum mit Fransen und oben mit einem schmalen , am Rand gleichfalls mit kurzen Fransen besetzten Überhang. Bei einfachen Expositionsfähnchen mag es ge- nügen, in der Mitte ein Kreuz oder den Namen Jesu anzubringen, bei besseren kann man dort in mehr oder weniger reicher Umrahmung das Lamm Gottes, einen Kelch mit Hostie, Engel mit einem auf das Allerheiligste sich beziehenden Spruchband , den Heiland mit dem heiligsten Sakrament in den Händen und ähnliches darstellen. Auch auf dem Überhang kann man eine Stickerei anbringen , z. B. eine Rebe oder sonst eine Ranke , Ro- setten und ähnliche Motive ; insbesondere empfiehlt sich für ihn eine pas- sende Inschrift.

Als Vorbilder für die Form von Expositionsfähnchen können die in Bild 29 (S. 78) skizzierten Fahnentypen dienen, als Mittelverzierung die Medaillons auf Tafel VIII, Nr 2; IX, Nr 3 4; XV, Nr 1; XXVI, Nr 1 und XXVII, Nr 1 der Vorlagensammlung des Verfassers, als Bordüren die meisten der in dieser enthaltenen schmaleren Borden wie Tafel I, Nr 3; III, Nr 3; IV, Nr 6 7 ; V, Nr 6 u. a. Um die Entwürfe zu einer Pallaverzierung Tafel XHI, Nr 2 und XVII, Nr 2 als Mittelstück gebrauchen zu können, muß man sie etwa aufs Doppelte vergrößern.

8. Das Korporale. Es ist das Tuch, auf welchem in wie außer der Messe Christi Leib (corpus) ruhen muß. daher denn auch sein Name corporale.

67

Das Korporale muß aus durchaus ungemischtem Linnen gemacht werden1. So ist es die ausdrückliche Vorschrift der Kirche. Das Linnen soll fein aber zugleich dicht und fest sein, damit nicht, wenn der Priester das Korporale mit der Patene vor dem Genuß des heiligsten Blutes reinigt, etwa vorhandene Partikeln in den Stoff hineingepreßt werden oder sich Fasern von diesem loslösen. Das Korporale ist unter allen Paramenten das ehr- würdigste, so einfach es ist, weil mit ihm der hochheilige Leib des Herrn in unmittelbare Berührung kommt.

Gegen Ausgang des Mittelalters war es vielfach Brauch, das Korporale reich zu besticken, wie eine Anzahl aus jener Zeit noch vorhandener Korpo- ralien beweist. Da konnte man auf ihm in farbiger Seide und Gold gestickt die heiligste Dreifaltigkeit, Christus am Kreuz, Engel, ja Apostel, Heilige und ähnliches sehen. Das römische Missale hat solches mit Recht verboten, es ist also eine derartige Verzieningsweise des Korporales jetzt nicht mehr statt- haft2. Dagegen scheint es auch heute noch zulässig, in Kot- oder Bunt- stickerei um den Saum oder in den Ecken ein bescheidenes Ornament und in der Mitte der Vorderseite hart am Rand ein kleines Kreuzchen an- zubringen. Jedenfalls steht nichts im Weg, das Korporale mit einer schmalen Spitze einzufassen oder es in Weites tick er ei um den Rand herum und in den Ecken zu verzieren, zumal mit Hilfe von Linnengarn. Nur muß dann, wie übrigens auch selbstverständlich ist, jedes starke Relief und noch mehr jedes Durchbrechen des Stoffes vermieden werden.

In neuerer Zeit werden vielfach linnene Damaste, welche mit einer auf das Allerheiligste bezüglichen Musterung versehen sind, zur Herstellung von Korporalien verwendet. Sie sind, wenn genügend fest, dazu recht brauch- bar, es wird indessen unseres Empfindens in der Wahl der Darstellungen nicht immer der rechte Takt beobachtet. So scheint es z. B. nicht gerade passend, in der Mitte, also da, wohin der Kelch zu stehen kommt, die Figur des Heilandes anzubringen. Das angemessenste wäre unseres Erachtens, die Stellen, auf denen der Kelch und die heilige Hostie ihren Platz finden, von jeder Musterung frei zu lassen. Daß man unter keinen Umständen zur An- fertigung von Korporalien Damaste, wie sie zu Servietten genommen werden, gebrauchen soll, bedarf kaum der Erwähnung.

Hinsichtlich der Maße des Korporales fehlt es an einer Vorschrift. Für das Korporale, welches bei der Messe zur Verwendung kommt, dürften etwa 50 cm im Geviert die geeignetste Größe bilden. Überschreitet es dieses Maß, so wird es beim Gebrauch unbequem, ist es namhaft kleiner, so vermag es nur mangelhaft seinem Zweck zu genügen. Übrigens richten sich seine Maßverhältnisse einigermaßen nach der Tiefe des Altars. Je tiefer die Mensa ist, um so größer kann das Korporale sein.

Für das Korporale, welches als Unterlage des Ciboriums in das Tabernakel gelegt oder bei Aussetzung des hoch würdigsten Gutes,

1 Entscheidung vom 18. Mai 1819 (Decr. auth. nr. 2600).

2 Das Missale sagt (Ritus celebr. tit. 1, nr. 1): Corporate ex lino tantum esse debet, uec serico vel auro in medio intextum sed totum album. Diese Worte scheinen nur zu besagen, daß in der Mitte des Korporales keine Verzierung in Gold oder Seide angebracht werden dürfe.

5*

6S

bei Austeilung der heiligen Kommunion und hei Versehgängen benutzt wird, genügen als Maß etwa 35—40 cm im Geviert,

Damit das Korporale in der Bursa Platz finde, muß es zusammengefaltet werden. Es geschieht das in der Weise, daß man es sowohl der Länge wie der Breite nach zu gleichen Teilen dreimal übereinanderlegt. Zuerst schlägt man das vordere Drittel über das mittlere, dann das hintere, hierauf das rechte und zuletzt das linke. Von den neun Quadraten, welche infolgedessen auf dem Korporale entstehen, bezeichnet das in der Mitte liegende den Platz für den Kelch.

Muster zur Verzierung von Korporalien finden sich in der Vorlagen- Sammlung auf Tafel II, Nr 5 6; IV, Nr 5; VIII, Nr 5 6 7 8; IX, Nr 7; X, Nr 9; XIII, Nr 8 9; XIV, Nr 4 5; XVIII, Nr 1 8 9 19; XXII, Nr 4 5; XXV, Nr 23.

9. Die Palla. Sie ist ein quadratisches, gedoppeltes Stück Leinwand, mit welchem der Priester in der Messe den Kelch bedeckt. Ur- sprünglich bediente man sich zu diesem Zwecke eines Endes des Korporales, das man über den auf dem Korporale stehenden Kelch heraufschlug. Später und so geschah es vielfach schon im 12. Jahrhundert führte man zur Bedeckung des Kelches ein besonderes Korporale ein, welches man zusammen- gefaltet über die Kelchöffnung legte. Aus ihm entwickelte sich dann all- mählich unsere Palla.

Die Palla ist demnach im Grunde nichts anderes als ein Korporale. Darum hat denn auch die Kirche ausdrücklich bestimmt, sie müsse wie dieses aus reinem Linnen angefertigt werden1. Doch ist gestattet, die Ober- seite der Palla mit Gold- und Silberstoff oder Seide gleich- viel ob weiß oder von der Farbe des Meßgewandes zu bedecken2. Aus- genommen ist nur schwarze Seide ; auch ist verboten, auf der Oberseite Sym- bole des Todes, z. B. einen Totenkopf, Totengebein und ähnliches, darzustellen.

Die Größe der Palla hat sich nach der Weite der Kuppe des Kelches zu richten. Je weiter die Kuppe ist, eine um so größere Palla erfordert sie. Im allgemeinen soll diese so groß sein, daß sie um etwa 2 3 Fingerbreiten den Rand des Kelches überragt. Dazu wird es in den meisten Fällen ge- nügen, wenn sie 20 cm im Geviert mißt. Allzu kleine Pallen sehen, weil zu winzig, unschön aus. Damit die Palla die nötige Steifheit besitzt, muß sie entweder kräftig gestärkt, oder, was entschieden vorzuziehen ist, mit einer Einlage versehen werden. Man nehme dazu einen Karton von weißer Farbe. Hat man nur grauen oder braunen zur Hand, so lege man ihn zwischen ein weißes Blatt Papier. Der Karton soll nur so dick sein, als sein Zweck es verlangt, also nicht brettartig schwer.

Den Rand der Palla mit einem Spitzchen zu versehen, kann nicht be- s lers empfohlen werden, weil dieses beim Gebrauch der Palla bald knit- terig wird und dann häßlich wirkt. Außerdem erinnern mit Spitzen besetzte 1 'allen zu sehr an das Boudoir, wo alles mit duftigen Spitzen eingefaßt wird.

1 Entscheidung vom 18. Mai 1819 (Decr. auth. nr. 2600). cheidung vom 17. Juli 1894 (ebd. nr. 3832).

69

Sehr angemessen ist es dagegen, die Oberseite mit einer Stickerei in Rot, Bunt oder Gold - - nicht aber in Schwarz - - zu schmücken. Man sollte aber daselbst nur Darstellungen anbringen, welche auf den Heiland oder das heilige Opfer Bezug haben, z. B. ein Kreuz, die segnende Hand Gottes als Symbol der göttlichen Allmacht, welche das Wunder der Wandlung wirkt. das Lamm Gottes, den Namen Jesu, das Jesuskind, den Schmerzensmann (Bild 26). Es ist wenig passend, die Palla mit dem Xamen Maria oder Bildern der allerseligsten Jungfrau, des hl. Joseph und sonstiger Heiligen zu

Bild 26. Palla. (Gestickt Ton den Schwestern vom armen Kinde Jesu zu Simpelveld.)

besticken. Auf der Kasel geht das an, die Palla, ein Ersatz für das Korpo- rale, mit dem ursprünglich der Kelch bedeckt wurde, steht dagegen in viel zu naher Beziehung zum hochheiligsten Sakrament, als daß solche Dar- stellungen auf ihr angebracht wären. Es kann uns nicht einmal Maria oder Joseph mit dem Jesuskind , die Schmerzensmutter mit dem Leichnam des Heilandes auf dem Schöße oder die Verkündigung als Verzierung der Palla sonderlich gefallen.

Geeignete Muster zum Besticken der Oberseite von Pallen siehe in der Vorlagensammlung Tafel II, Nr 5 6; X, Nr 5 8 9 11 ; XIH, Xr 2 3; XVI.

70 -

Nr 2 3; XVII. Nr 2 4; XVIII, Nr 6 7; XIX, Nr 3; XXII, Nr 6; XXIII, Nr 2: XXV. Nr 13; XXVI, Nr 5 6 7; XXVII, Nr 4; XXVIII, Nr 21.

10. Das Purifikatoriuin oder Kelchtüchlein. Zum Reinigen und Austrocknen des Kelches nach dem Gebrauch dient ein besonderes Tüchlein, welches von seinem Zweck (purificare = reinigen) gewöhnlich Pu rifikator ium genannt wird. Es liegt, wenn der Priester zum Altar schreitet, zwischen Kelch und Patene.

Das Kelchtüchlein muß aus Linnen gemacht sein 1 , es ist aber nicht erforderlich, daß es benediziert werde. Das Linnen, das zur Herstellung der Kelchtüchlein gebraucht wird, darf, wenn diese ihrer Bestimmung gut ent- sprechen sollen, nicht allzu fein sein. Es soll aber auch nicht zu fest und derb sein, damit beim Ausputzen die Vergoldung nicht Schaden leide. Am zweckmäßigsten ist eine weiche, etwas lockere mittelfeine Leinwand oder ein leichter Linnendamast.

Die Länge der Purifikatorien mag etwa 40 45 cm, ihre Breite 30 cm betragen. Es ist Brauch, das Kelchtüchlein behufs bequemerer Benutzung zu einem Streifen zusammenzufalten, indem man es der Länge nach in drei gleiche Teile zusammenlegt. Die Schmalseiten des Purifikatoriums kann man mit einer kurzen, kräftigen Spitze versehen. Noch schönerwirkt es, wenn man sie mit einer schmalen Bordüre in Rot-, Blau- oder Weiß- stickerei oder altdeutscher Linnenstickerei verziert. Bunt- stickerei ist beim Purifikatorium nicht angebracht, weil es zu oft gewaschen werden muß; aus demselben Grund ist es nicht einmal empfehlenswert, die Stickerei in gelber oder grauer Seide auszuführen.

In der Mitte kann man das Kelchtüchlein mit einem kleinen Kreuz besticken, sowohl um seinen Zweck anzudeuten, als auch um es von dem später zu erwähnenden Lavabotüchlein leichter unterscheiden zu können.

Will man statt ungern usterten Linnens Linnendamast zur Herstellung der Kelchtüchlein gebrauchen, so vermeide man einen Damast mit unpassender all- täglicher Musterung.

Muster zur Verzierung des Purifikatoriums finden sich in der Vorlagen- sammlung auf Tafel II, Nr 4: IV, Nr 5; V. Nr 4 5; VI, Nr 6; VIII, Nr 8; X, Nr 6; XIII, Nr 8 9; XIV, Nr 4 5; XVIII, Nr 5; XXII, Nr 4 5; XXV, Nr 12 3 4.

11. Das Kelclivelum. Man versteht darunter das Tuch, mit welchem der Kelch und die Patene verhüllt werden. Es muß die Farbe des Meßgewandes haben und soll nach der ausdrücklichen Angabe des römischen Missales aus Seide gemacht sein2. Als Futter verwendet man bei ihm am passendsten Seide oder doch Halbseide.

Das Kelchvelum muß weich und schmiegsam sein und sich leicht in Falten legen. Man darf es darum höchstens mit einem leichten Zwischenstoff versehen und auch das bloß dann, wenn es aus dünnem Seidenzeug besteht. Ist es aus schwerem Damast, Brokatell, Brokat usw. angefertigt, so läßt man

1 Entscheidung vom 18. Mai 1819 (Decr. auth. nr. 2600). 8 llilus eelebr. tit. 1. nr. 1.

71

die Einlage vollständig weg. Aus dem gleichen Grund soll man alle unbieg- samen Stickereien, namentlich alle erhaben gearbeiteten Goldstickereien vom

Kelch velum fernhalten.

Die passendste Verzierung des Velums besteht in einem in der Mitte der Vorderseite nahe dem Rand angebrachten mäßig grölten Kreuz. Bei gewöhn- lichen Kelchvelen mache man es aus Bördchen (Bild 10); ist aber die Kasel mit gestickten Besätzen ausgestattet, so sollte man auch das Kreuz des Kelchvelums in Stickerei ausführen. Andernfalls ist es besser, ganz von ihm abzusehen, da eine Vorschrift, das Kelchvelum durch ein Kreuz auszuzeichnen, nicht besteht. Will man außer dem Kreuz auf dem Velum noch eine weitere Verzierung anbringen , so besticke man es den Rand entlang mit einer schmalen, leichten Ranke. Den Saum des Kelch- velums mit einer Borde einzufassen, ist nur dann empfehlenswert, wenn dabei ein schmales Bördchen zur Verwendung gelangt. Ihn mit einer breiten Borde besetzen, wie das nur zu oft geschieht, verrät schlechten Geschmack. Sehr geeignet ist zur Umbordung des Kelchvelums ein dünnes Kördeichen. Bei reicheren Velen lassen sich zu diesem Zwecke auch kurze Fransen mit Nutzen verwerten.

Gestickte Kreuze für das Kelchvelum siehe in der Vorlagensammlung Tafel XIII, Nr 6; XVI. Nr 3; XVII, Nr 4 5; XVIII, Nr 3 4; XXVIII, Nr 21.

12. Die Bursa. Die Bursa ist eine zur Aufnahme des Korporales dienende Tasche von quadratischer Gestalt. Sie wird überall gebraucht, wo das Kor- porale zur Verwendung kommt, also nicht bloß bei der Messe, sondern auch bei Austeilung der heiligen Kommunion, bei Versehgängen und bei der Er- teilung des Segens.

Die Bursa muß so groß sein, daß das Korporale darin bequem Platz findet, und darum etwa 20 25 cm im Geviert messen.

Es sind zwei Arten von Bursen im Gebrauch. Die eine ist an drei Seiten völlig geschlossen und nur an einer Seite zum Hineinschieben des Kor- porales offen, also eine förmliche Tasche. Sie ist die minder praktische. Die zweite ist nur an einer Seite vernäht, während an den beiden anstoßenden Seiten ein Bändchen oder ein Zwickel die Bursenhälften verbindet, eine Ein- richtung, durch welche ebensowohl ein genügendes Aufklappen der Bursa ermöglicht, wie ihr völliges Umklappen und ein seitliches Herausgleiten des Korporales verhindert wird.

Die Kartons, mit denen man der Bursa die nötige Steifheit gibt, sollen nur so dick sein , als es zu diesem Ende gerade nötig ist , zumal , wenn es sich um taschenartige Bursen handelt.

Die Meßbursa soll von außen nach der ausdrücklichen Bestimmung des Missales mit einem Stoff von der Farbe des Meßgewandes, zu dem sie ge- hört, überzogen sein1. Es dürfte jedoch genügen, wenn das bei der Oberseite geschieht. Auf der Unterseite kann die Bursa mit einem Stoff von der Art des Kaselfutters bekleidet werden. Im Inneren versieht man sie am besten mit Linnen.

Ritus celebr. tit. 1. nr. 1.

Die Bursen, welche bei Austeilung der heiligen Kommunion, den Versehgängen und dem Segen gebraucht werden, müssen von weißer Farbe sein.

Den Rand der Bursa umgibt man gewöhnlich mit einem Bördchen oder einer Seidenkordel. Nie sollte man breite Borden als Einfassung verwenden. Wohl nirgends machen sich solche schlechter als gerade bei der Bursa. Bei besseren Bursen gebrauche man zum Umborden stets kräftige ein-, zwei- und mehrfarbige Kordel.

Es ist Sitte, oben auf der Bursa ein Kreuz anzubringen. Man macht es für gewöhnlich aus Bördchen (Bild 10 S. 39); weist aber das Meßgewand gestickte Besätze auf, so entspricht es dem guten Geschmack, daß man es, ähnlich wie in gleichem Falle die Kreuzchen des Kelchvelums, der Stola und des Manipels, mittelst Stickerei herstellt.

Es ist zweckmäßig, die Versehgangbursen so einzurichten, daß sie auch an der offenen Seite geschlossen werden können. Man erreicht das am einfachsten dadurch, daß man hier an der Oberseite mittels einer Kordel eine Schleife, an der Unterseite aber einen Knopf anbringt. Muster zur Verzierung der Bursa finden sich in der Mustersammlung auf Tafel XIII. Nr 6; XVI, Nr 3; XVII, Nr 4 5: XVIII, Nr 3 4; XXIII, Nr 2; XXVIII, Nr 21.

13. Das Lavabotüchlein. Es ist das Tüchlein, mit welchem der Priester die Finger abtrocknet, wenn er sie nach der Opferung gewaschen hat. La- vabotüchlein heilst es , weil der Psalm , den der Priester während des Ab- waschens und Abtrocknens zu liefen hat, mit dem Vers: „Lavabo inter in- nocentes manus meas (Unter den Schuldlosen will ich meine Hände waschen)" anhebt.

Das Lavabotüchlein kann aus Baumwollstoff bestehen, besser aber wird es aus Linnen angefertigt. Da es nur zum Abtrocknen der Spitzen des Daumens und des Zeigefingers dient, genügt es, wenn es etwa die Größe des Furifikatoriums hat. Viel größer sollte es jedenfalls nicht sein.

Das Lavabotüchlein ist von untergeordneter Bedeutung. Es hat daher wenig Sinn , ihm eine reiche Verzierung zukommen zu lassen. Ein solides Spitzchen oder ein schmales, in Rotstickerei ausgeführtes Bördchen an den Schmalseiten ist mehr denn genug. Entwürfe zu Bördchen für die Lavabo- tüchlein bietet die Vorlagensammlung auf Tafel II, Nr 4; IV, Nr 5; V, Nr 4 5; VI, Nr 6; VIII, Nr 4; IX, Nr 6; X, Nr 6 7; XIII, Nr 8 9; XIV, Nr 4 5; XVI, Nr 5; XVII, Nr 7 8 9 10 ; XVIII, Nr 5 ; XXII. Nr 4 5: XXV, Nr 12 3. Um das Lavabotüchlein und das Purifikatorium leichter voneinander unterscheiden zu können, empfiehlt es sich, auf dem Lavabotüchlein kein Kreuzchen anzubringen.

Es ist hie und da Brauch , das Handtüchlein an einem Ende mit einem Kopfstück zu versehen und an diesem mittelst einer Nadel auf der Epistel- seite am Altartuch festzuheften. Eine solche Praxis ist jedoch der aus- drücklichen Bestimmung des römischen Missales entgegen, wonach sich das Lavabotüchlein auf der Kredenz befinden und erst beim Händewaschen zu- gleich mit dem Wasser zum Altare gebracht werden soll1. Sie ist aber auch,

Rubr. gen. missal. p. 1. tit. 20.

7:;

weil erfahrungsgemäß sowohl dem Handtüchlein wie dem Altartuch gleich nachteilig, durchaus unzweckmäßig.

14. Das Ciboriummäntelcheii oder Ciboriiunveluin. Das römische Rituale schreibt vor, es müsse das Ciborium , wenn sich darin die heiligen Hostien befinden, mit einem weißen Behang bedeckt werden, über den Stoff dieses Velums sagt es nichts, es braucht jedoch kaum bemerkt zu werden, daß man zu ihm nur Seide nehmen soll. Das verlangt die Bestimmung des Behanges.

Es gibt verschiedene Formen des Ciboriummäntelchens. Bild 27 über- hebt uns der Mühe, die einzelnen naher zu beschreiben. Nur die unter d ab- gebildete Art macht einige erläuternde Worte nötig. Sie besteht aus vier oder sechs Streifen e, die sich in ihrem oberen Drittel spitzbogenförmig ver- schmälern und vom Beginn der Krümmung an nach Art eines Häubchens zusammengenäht sind. Bei Bild a und b ist zum Anbinden des Mäntelchens ein Schieber nötig, wenn man nicht vorzieht, es in feste Falten zu legen und mit einem bloßen Bändchen zum Festbinden zu versehen. Am schönsten

~\

c

Im

U|l

;■-■ .

: ~

e

d

Bild 27. Formen des Ciborienvelums. a geradseitiges, b halbrundes, c kreisförmiges, d und e lj;iu!>enförmiges Velum.

ist die mit c bezeichnete Form des Ciboriumvelums. Am wenigsten praktisch ist die unter a skizzierte, weil sich bei ihr eine zu dichte Faltenmenge um den Deckel des Ciboriums lagert. Einfach und zweckmäßig ist die Form c. Man sorge dafür, daß das Ciboriumvelum nicht zu schwer und steif werde, und sehe daher sowohl von jedem Zwischenstoff als auch von schwerem Oberstoff, z. B. Goldtuchen, Brokaten und steifen Stickereien, durchaus ab. Als Futter nimmt man eine gute Futterseide (Serge). Am Saum des Velums bringt man kurze Fransen an. Außerdem kann man das Mäntelchen unten mit einer schmalen Bordüre und in der Mitte der Vorderseite mit dem Namen Jesu oder einer andern auf das Allerheiligste bezüglichen Darstellung be- sticken. Man soll darin jedoch nicht zu weit gehen, sondern sich weise Beschränkung auflegen. Zeichnungen zur Verzierung von Ciboriummäntelcheii enthält die Vorlagensammlung auf Tafel II. Nr 4: IV. Nr 5; V, Nr 4 5; VHI, Nr 8 : X, Nr 6 7 9 11: XVII. Nr 7 8 9 10 ; XVIII, Nr 6 7 ; XXII. Nr 6 ; XXV. Nr 1 2 3 4. Will man sie zur Ausstattung kreisförmiger oder halb- kreisförmiger Ciborienvelen verwenden, muß man sie, was keine sonderliche

74

Schwierigkeit bietet, vor dem Aufpausen entsprechend umzeichnen. Geeignete Kreuze und Monogramme zum Aufsticken auf die Mäntelchen siehe Tafel II, Nr 5 6; X. Nr 11 ; XVIII, Nr 6 7 ; XXII, Nr 6 u. a.

l'>. Das Koininuiiiontncli. Sein Zweck ist, zu verhüten, daß die heilige Hostie oder Partikeln derselben zur Erde gleiten, wenn sie durch irgend einen Umstand bei Austeilung der heiligen Kommunion herabfallen sollten. Damit es diesen Zweck in genügender Weise erfüllen könne, muß es 1. eine solche Breite besitzen, daß die Kommunikanten es ohne Mühe fest vor die Brust zu halten vermögen, also (Spitze oder Borde eingeschlossen) etwa 70 75 cm breit sein und 2. aus dichtem Stoff, nicht aber aus Tüll, Filet, Häketwerk und ähnlichem bestehen.

Das passendste Material für Kommuniontücher ist mittelfeines bis feines Linnen. Baumwollzeug ist seinem Zweck zu wenig angemessen, Seide aber nicht nur zu kostspielig, sondern auch unpraktisch, weil sie sich, wenn sie durch den Gebrauch schmutzig geworden ist , nicht waschen läßt. Es pflegt denn auch das Kommuniontuch allgemein aus Linnen angefertigt zu werden 1.

Als Verzierung des Kommuniontuches dienen entweder Spitzen oder gestickte Bord ü reu. Am empfehlenswertesten sind gestickte Bordüren, wreil sie nicht bloß solider als Spitzen sind, sondern auch wegen ihrer Dichtig- keit dem Zweck des Kommuniontuches weit mehr gerecht werden. Man führt sie am besten in Kot- oder Buntstickerei aus. In Weißstickerei gearbeitet wirken sie im Verhältnis zu der auf sie verwendeten Mühe zu wenig. Es ist zweckmäßig, die Bordüren einem gesonderten Streifen aufzusticken und diesen dann an das Tuch anzunähen, weil sie in diesem Falle beim Waschen leicht abgenommen und für sich gewaschen werden können.

Die Breite der Bordüren darf sich höchstens auf 25 cm belaufen, breitere sehen am Kommuniontuch unschön aus, weil das richtige Verhältnis zwischen Parament und Verzierung nicht gewahrt bleibt. Die Stickerei, mit der sie versehen werden, sollte der Erbauung der Gläubigen wegen stets in irgend einer Weise auf das heiligste Sakrament oder den Heiland hinweisen. Es empfehlen sich zu dem Ende für sie ganz besonders passende, auf die heilige Eucharistie oder die heilige Kommunion bezügliche Inschriften.

Spitzen müssen, um als Verzierung des Kommuniontuches verwendbar zu sein, 1. hinreichende Festigkeit besitzen, damit sie beim Gebrauch nicht zu leicht Schaden leiden; 2. möglichst dicht sein, um dem Zweck des Tuches immer noch einigermaßen zu entsprechen; 3. von mäßiger Breite sein. Es ist nicht in der Ordnung, den festen Stoff der Spitze zu- lieb so zu verschmälern, daß er seinem Zweck nicht mehr in genügender Weise entsprechen kann. Die Spitzen sollten in keinem Fall breiter als 25 cm sein , damit für das eigentliche Tuch noch eine Breite von 50 55 cm übrig bleibt. Es ist vielfach Sitte, das Kommuniontuch mit einer Unterlage

1 Das römische Missale schreibt vor, es solle der Ministrant zum Zweck der Kom- munion vor den Kommunikanten ein „Linnentuch oder ein weißes Velum (linteum rel velum album)" ausbreiten (Ritus celebr. tit. 10. nr. 6). An sich könnte also das Kommuniontuch auch aus Baumwolle oder Seide bestehen.

- 7-5

zu versehen. Nimmt man zu ihm ein festes, kräftiges Linnen, und versieht man es mit gesticktem Besatz, so ist eine solche an sich ganz überflüssig. Man richte sich indessen nach dem bestehenden Gebrauch.

Am meisten empfiehlt sich als Unterlage des Kommuniontuches ein kräf- tiger rotwollener Stoff, namentlich ein leichtes bis mittelschweres Tuch. Den gewöhnlichen türkischroten Baumwollstoff sollte man nie dazu gebrauchen, sondern lieber die Unterlage ganz fortlassen. Sie mit Stickereien zu versehen, wie es wohl geschieht, hat keinen Sinn. Man spare solche für andere Paramente auf, bei denen sie mehr am Platz sind. Dagegen ist es angebracht, den Saum der Unterlage mit Drillfrans e n von mittlerer Länge nicht aber mit Quästchen oder gar Troddeln mit Holzkernen zu schmücken. Am besten wirken Fransen von abwechselnd gelber und roter Farbe.

Zum Zweck der Befestigung bringt man an dem Kommuniontuch Schleifen aus weißer Kordel oder Linnenband, Messingringe oder Bänder zum Anbinden an. je nachdem es an Knöpfen, Haken, Ösen oder Stangen aufgehängt wird. Ähnlich macht man es mit einer etwaigen Unterlage.

Entwürfe zu Stickereien für Kommuniontücher gibt die Sammlung auf Tafel V, Nr 1 6; VI. Nr 1; XL Nr 6; XIV, Nr 3; XV. Nr 2; XXII, Nr 1 2 3 u. a.

16. Die Kredeiiztischdecke. Der Kredenztisch, d. i. das rechts vom Altar aufgestellte Tischchen, auf welchem beim feierlichen Amt bis zur Opferung der Kelch steht und bei der heiligen Messe sich die Meßkännchen befinden, soll nach Vorschrift des Missales und des Ceremoniales mit einem an allen Seiten bis zur Erde reichenden Linnentuch bedeckt sein1. Man fertigt die Kredenztischdecke entweder aus mittelfeiner Leinwand oder aus einem ihrem Zweck und der Örtlichkeit angemessenen Linnendamast an. Am Vordersaum und den Kopfseiten kann man sie mit einer bescheidenen Spitze, einer in Kot- oder Buntstickerei ausgeführten schmalen Bordüre oder einem passenden Einsatz verzieren.

Vorlagen zu Bordüren finden sich in der Sammlung auf Tafel I. Nr 3: III, Nr 3; IV, Nr 6 7 : V, Nr 6; VI, Nr 7: VII. Nr 3; X. Nr 4 u. a.

17. Das Handtuch. Da der Priester vor der Messe in der Sakristei seine Hände zu waschen hat, muß daselbst natürlich ein Handtuch angebracht sein. Dasselbe kann auch zum Abtrocknen der Hände gebraucht werden, wenn der Priester diese nach Beendigung der Messe wäscht. Vielfach benutzt man indessen zu letzterem Zwecke mit Rücksicht auf die vorhergegangene heilige Handlung ein besonderes Handtuch. Man kann beide Handtücher dadurch passend unterscheiden, daß man auf eines die Worte „Ante missam\ auf das andere die Worte „Post missam" stickt. Es ist sehr zweckmäßig, die Hand- tücher über einer beweglichen Rolle aufzuhängen und ihnen zu dem Zweck die Gestalt eines endlosen Bandes zu geben, indem man sie mit den Schmal- seiten, sei es unmittelbar, sei es unter Einfügung eines durchbrochen gear-

1 Ritus celebr. tit. 2, ur. 5. Caerem. episc. I. 1, c. 12, nr. 19. Die Vorschrift gilt übrigens nur für die feierlichen Amter.

76

beiteten Einsatzes, rund zusammennäht. Eine solche Einrichtung gestattet nicht nur, die Handtücher völlig auszunutzen, sondern befördert auch nach dem Gebrauch das Trocknen.

Als Stoff empfiehlt sich zur Anfertigung von Handtüchern ganz besonders Damastgebilde, und zwar kommt es bei ihnen wenig auf die Musterung an, mit dem der Damast versehen ist. Es scheint sogar wenig geziemend, zu Handtüchern einen »Stoff zu nehmen, dem religiöse Darstellungen ein- gewebt sind.

Will man die Handtücher mit Stickerei verzieren, so bringe man an ihren beiden Langseiten in Rot- oder Blaustickerei eine schmale Bordüre an. Sie kann aus einer Ranke, aus geometrischen Gebilden und ähnlichem bestehen. Besonders empfehlenswert sind für sie aber passende Sprüche sowie die von einei- Ranke unterbrochenen und sich wiederholenden Worte „Ante missam", bzw. „Post missam". Zeichnungen zu Bordüren bietet die Sammlung in größerer Zahl, so auf Tafel IV, Nr 6 7; VIII, Nr 4; IX, Nr 6; XIV, Nr 3; XVI, Nr 4 :>: XIX. Nr 5 u. a.

18. Das Missalnnltdeckolien. Sein Zweck ist sowohl Schonung des Meß- buches als Verzierung des Missalpültchens. Ein geschmackvoll gearbeitetes Missalpultdeckchen ist aber auch ein Schmuck für den Altar.

Das Deckchen kann Geviert- oder Läuferform haben. Wenn das Missalpültchen wenig schön ist und darum eine völlige Verhüllung wün- schenswert macht, wählt man am besten die Geviert-, andernfalls aber die Läuferform.

Man mache das Deckchen aus recht solidem Stoff. Daß es sich nach der liturgischen Tagesfarbe richte, ist zwar nicht notwendig, aber nicht unpassend. Es sieht nicht gerade schön aus, wenn beispielsweise der Priester rote Gewänder trägt, das Missalpultdeckchen aber von grüner oder blauer Farbe ist.

Den Saum des Deckchens besetzt man mit Fransen. Auch kann man es rings um den Rand mit einem gewebten Besatz oder einer Stickerei verzieren. Hat es Läuferform, so versieht man es natürlich bloß an den Schmalseiten mit Fransen, Borden und Stickereien. Religiöse Symbole, mit denen man es schmücken möchte, wie ein Kreuz, den Namen Jesu und ähnliche bringt man am passendsten am vorderen Rande an, nicht aber in der Mitte, wohin das Buch zu liegen kommt. Überhaupt hat es wenig Zweck, das Deckchen auch in der Mitte mit einer Stickerei zu versehen.

Bordüren zur Verzierung des Missalpultdeckchens enthält die Sammlung auf Tafel I, Nr 3: IV, Nr 6 7; V, Nr 6; VII, Nr 3 4 u. a.

19. Lesemiltdecke, Lektorinindecke. Unter der Lesepult- oder Lektorium- decke ist der Behang des sog. Lesepultes oder Lektoriums zu verstehen, d. i. des im Chor aufgestellten Ständers für das Missale, aus welchem beim feierlichen Amt der Diakon und Subdiakon das Evangelium bzw. die Epistel singen. Man gibt der Lektoriumdecke am besten nach mittelalterlichem Brauch die Form eines Läufers. Nur wo die Beschaffenheit des Pultes seine völlige Verhängung notwendig oder wünschenswert macht, tut man gut, auch an den Seiten von der Schrägung des Pultes einen Streifen sich hinab-

ziehen zu lassen. Die Lektoriumdecke sollte bis nahe zum Boden reichen. Über ihre Beschaffenheit und ihre Ausstattung gilt, was über das Missal- pultdeckchen bemerkt wurde.

20. Das Säckchen für das heilige Ölgefäß. Das Säckchen, worin der Priester das heilige Öl zu den Kranken trägt, bietet wenig zu bemerken. Man fertigt es aus violetter Seide an und versieht es inwendig mit einem festen Futter. Einer Verzierung bedarf es nicht. Die zum Zuziehen der < iflfnung an dem Säckchen angebrachte Schnur soll so lang sein, daß man es zugleich mittelst ihrer bequem am Hals aufhängen kann.

1 irittes Kapitel. Sonstige Parameute.

1. Die Kirchenfahnen. Die eigentliche kirchliche Fahne ist die Kreuz- fahne. Schwenkfahnen haben einen weltlichen Charakter und sollen daher an sich nach der Vorschrift des römischen Rituales bei Prozessionen nicht gebraucht werden 1. Man gebe da- her nicht nur der Pfarrfahne und den übrigen Prozessions- fahnen und Prozessionsfähnchen . sondern auch den Fahnen der Kongregationen, Bruderschaften und son- stigen religiösen Vereinigungen , wenigstens soweit solche bei kirchlichen Prozessionen gebraucht werden, stets Kreuzfahnenform (Bild 28).

Die Kreuzfahne kann bei allem Festhalten an der Grundform im einzelnen von mannigfacher Aus- gestaltung sein. Man muß sich vor allen bizarren, gesuchten und willkürlichen Formen hüten. Je einfacher, strenger und gesetzmäßiger die Form ist, um so schöner und edler ist die Fahne. Die auf S. 78 stehende Ab- bildung (Bild 29) bietet Skizzen der gebräuchlichsten Kreuzfahnenformen.

Als Stoff sollte man zu den Kirchenfahnen, wenn eben möglich, nur kräftiges, solides Seidenzeug, wie z. B. Gros de Naples, Damast erster Qualität, ganz- seidenen Brokatell oder Seidensammet gebrauchen. Woll- stoffe, selbst bessere Wolldamaste, empfehlen sich höch- stens für die Prozessionsfähnchen der Kinder. Die höhere Ausgabe, welche die Verwendung eines soliden, dauer- haften Seidenzeuges verursacht, macht sich reichlich durch größere Haltbarkeit der Fahnen bezahlt.

Als Farbe der Kirchenfahnen eignet sich vor allem Kot, dann Blau und leichtes Gelb, weniger Grün und Weiß, welch letzteres obendrein allzuleicht schmutzt. Es ist in jüngerer Zeit Brauch geworden, auf den Fahnen Be- satzstreifen von anderer Farbe als derjenigen der Fahne selbst aufzunähen.

Bild 23. Älteste Abbil- dung von Kirchenfahnen auf einem Fresko in S. Clemente zu Rom (11. Jahrb.).

Rit. Rom. tit. 9. c. 1. nr. 5.

Es kann das als sehr wirkungsvoll empfohlen werden, wofern nur feiner Ge- schmack dafür sorgt, dafä zwischen dem Stoff der Fahne und den Besätzen kein schreiender Kontrast entsteht.

Die Kirchenfahnen bieten reichen Raum zur Anbringung von Stickereien. Freilich folgt daraus nicht auch, daß sie nun mit solchen überladen werden dürfen. Man soll vielmehr wie überall, so auch hier wahres Maß halten und das Hauptgewicht statt auf viele, auf gute, solide Stickereien legen. Insbeson- dere sorge man für eine möglichst vorzügliche Ausführung des Fahnenbildes (Bild 30). Man führt es am besten ganz in Vollstickerei aus. Applikations- stickerei ist bei ihm minder am Platz, da in Applikationsarbeit hergestellte

ütnitf-aOorcmw

rJ5XZjS&3&>®®

', n

n n n n ü .c._c__D c_;

dm

;?:"

-

--.':

"

Bild 29. Typen von Kirchenfahnen.

Fahnenbilder weniger haltbar sind, weil sie leicht bauschig und brüchig werden. Auf der Rückseite der Fahne bringt man für gewöhnlich nur ein Symbol, eine Inschrift oder ähnliches an. Bilder haben hier nicht viel Zweck. Man hat getadelt, die Fahnen mit einem in Öl gemalten Bilde zu versehen. Wir können dem nicht beipflichten, wenn es sich einerseits um ein gut gemaltes Ölbild handelt und anderseits die Mittel oder Kräfte fehlen, das Bild in der angegebenen Weise in Vollstickerei herzustellen. Ein solides Ölgemälde ist , wenn gut in acht genommen, entschieden dauerhafter als manches in Applikationsmanier gearbeitete Bild. Steif aber ist auch eine mit gestickter Figur geschmückte Fahne. Öldruckbilder soll man unter keinen Umständen zur Verzierung der Kirchenfahnen verwenden , nicht einmal der Prozessions-

79

fähnchen der Kinder.

unzweckmäßiges Surrogat

oder gibt

Sie sind ein ebenso unwürdiges und wertloses wie statt zu Oldruckbildern seine Zuflucht zu nehmen, ist es weit besser, sich damit zu begnügen, auf der Fahne in einfacher Stickerei ein Monogramm, umgeben von leichten Ornamenten, anzubringen, oder, wenn es sich um ein Kinderfähnchen handelt, ihm lediglich mit pas- senden Borden ein Kreuz aufzunähen.

Wie zur Fahne, soll man auch zu den Qua- sten und Fransen nur solides Material neh- men. Auch hier gilt, daß das Beste stets das Billigste ist.

2. Der Baldachin Traghimmel. Es

zwei Baldachin- formen. Bei der einen ist die Decke auf einen Rahmen gespannt , bei der andern hängt sie schlaff zwischen den Tragstangen , deren in diesem Falle gewöhnlieh sechs zur Verwendung kommen. Beide Formen haben ihre Vorteile, aber auch ihre Nachteile. In Deutschland sind übri- gens fast nur Baldachine mit fester Decke in Ge- brauch.

DieGröfae des Bal- dachins hängt von den Verhältnissen ab. Schrei- tet der Priester allein unter dem Traghimmel, so sind 1,50 m im Ge- viert oder besser 1,30 X 1 ,50 in für ihn völlig ausreichend. Ist der Priester

Bild 30. Fahne im Dom zu Köln. (Gearbeitet von der Kunststickerin Frl. Peters zu Neuß.)

vom Diakon und Subdiakon begleitet, so sind die Maße auf etwa 1,80 m im Geviert oder 1,60 X 1,80 2,00 m zu erhöhen. Man soll den Baldachin nicht größer als nötig machen, damit er für die Träger keine übermäßige Last sei.

Zur Herstellung der Decke und der Behänge muß man mit Rücksicht auf den Zweck des Baldachins stets weiße Seide, weißen Brokatell

80

oder Goldstoff nehmen1. Die Decke versieht man auf der Oberseite zum Schutz gegen Sonne, Regen und Staub mit einem Überzug aus leichtem Gummistoff. Für die Form der Behänge bieten nebenstehende Skizzen Vorbilder (Bild 31). Am edelsten wirken Behänge, welche unten geradlinig abschließen.

Als passende Motive zur Verzierung des Baldachins empfehlen sich für die Decke beispielsweise ein Kreuz, die Monogramme Jesus oder Christus, anbetende Engel, das Lamm Gottes, die Evangelisten bzw. deren Symbole, der gute Hirt, der Heiland mit dem heiligsten Herzen und ähnliches; für die Behänge Weinranken, untermischt mit Ähren, Rosen-, Eichen- und sonstige Ranken symbolischer Bedeutung, Inschriften, die auf das heiligste Sakrament Bezug nehmen, Medaillons mit dem Bilde des Heilandes, dem Gotteslamm, den Vorbildern der hochheiligen Eucharistie (Manna, Schau- brottisch), den Symbolen des heiligsten Altarsakramentes (Pelikan, Kelch)

Bild 31. Baldacliinbehang-Formen.

oder auch mit Darstellungen ganzer Szenen, wie des Mannaregens, der Speisung des Propheten Elias, des Wunders zu Kana, der Speisung der Fünftausend, des letzten Abendmahles, des Mahles zu Emmaus und ähnlicher.

Aber auch in dem Fall, wo man sich mit gewebten Behängen begnügen muß, sollte man darauf achten, nur solche zu nehmen, deren Musterung irgend- wie auf das heiligste Sakrament hinweist, und wäre es auch nur durch den Namen Jesus. Vorlagen zur Herstellung gestickter Behänge enthält die Sammlung auf Tafel III, Nr 3; V, Nr 1 ; VII, Nr 1 ; VIII, Nr 1 ; IX, Nr 1 2; XI, Nr 6; XIII, Nr 4; XIV, Nr 3; XV, Nr 2; XVI, Nr 4: XXII, Nr 2 3; XXVI, Nr 2.

Man soll alles vom Baldachin fortlassen, was denselben un- nötigerweise schwer macht, also eine hölzerne Bekrönimg, massige Knäufe, massives Rahmenwerk, ein schräg oder in geschwungenen Linien an- steigendes Dach und ähnliches. Man hat dann nicht nötig, zu einer neuer-

1 Caerem. episc. 1. 1. <•. 14. nr. 1.

81

dings angepriesenen Baldachinform seine Zuflucht zu nehmen , bei welcher der Priester sich unter dem Baldachin wie in einem Käfig befindet, weil man die Tragstangen unten an allen Seiten mit Querstangen verbunden hat.

3. Der Kaiizellieliang. Man macht den Kanzelbehang aus Seide oder Wolle. Behänge für die höchsten Feiertage versehe man mit Stickereien; den unteren Saum besetze man mit Fransen oder Quästchen. Um den Be- hang an der Innenseite der Kanzel befestigen zu können, näht man am besten am oberen Band in passenden Abständen kleine Messingringe an. Um den Teil des Behanges, welcher der Platte der Brüstung aufliegt, vor Be- schmutzung zu schützen, bedeckt man ihn mit einem der Breite der Platte entsprechenden Linnenstreifen. Die Behänge vollständig aus Linnen zu machen, hat wenig Sinn, da sie nicht wie das Kommuniontuch und das Altartuch um eines besondern praktischen Zweckes willen, sondern bloß als Schmuck an der Kanzel angebracht werden. Tüllspitzen und ähnliche zarte Spitzen nehmen sich als Behang der Kanzel, sei es mit, sei es ohne Unterlage, zwar zierlich, jedoch durchweg zu wenig ernst und würdevoll aus.

Der Kanzelbehang muß zur Kanzel , die er zu schmücken bestimmt ist, passen. Es sollten daher nicht nur ihre Form- und Maßverhältnisse, sondern auch ihr Stil für ihn maßgebend sein. Es sieht nicht gerade fein aus, wenn man z. B. um eine gotische Kanzel einen mit Renaissanceornamenten be- stickten Behang anbringt und umgekehrt.

Versieht man den Kanzelbehang mit Stickereien, so muß er natürlich glatt herunterhangen, da diese sonst nicht wirken. Andernfalls hindert nichts ihn in leichte Draperien zu legen, wofern man nur jeden Anklang an Portieren und ähnliches vermeidet. Bei mehrseitigen Kanzeln ist es an- zuraten, den Behang nicht ununterbrochen um den ganzen Rand herum- zuführen, sondern ihn aus so vielen einzelnen Teilen zusammenzusetzen, als die Kanzel Seiten hat, und dabei eventuell die einzelnen Teile an den Enden mit einem manipelartigen Überhang als Abschluß zu versehen, ähnlich wie es auf der in Bild 31 dargestellten Skizze eines Baldachinbehanges an- gedeutet ist.

Ein Fehler, den man nicht selten beim Kanzelbehang antrifft, besteht darin, daß er zu lang ist. Kommt es doch oft genug vor, daß er die Brüstung so weit verdeckt, daß von ihr kaum mehr etwas wahrnehmbar ist. Der Ivanzelbehang sollte höchstens über das obere Drittel der Kanzelbütte herab- hangen., also höchstens eine Länge von etwa 30 cm haben. Ist die Kanzel mit Bildwerken geziert, darf er unter keinen Umständen so tief hinabreichen, daß er die Figuren verhüllt. Es sieht äußerst unschön aus, wenn die Heiligen- figuren unter dem Behang gleichsam Verstecken zu spielen scheinen und nur ihr Unterkörper mitsamt den Beinen zum Vorschein kommt, eine Geschmack- losigkeit, die häufiger vorkommt, als man glauben sollte.

Geeignete Motive zum Besticken des Kanzelbehanges sind stilisierte Ranken, Inschriften, welche auf die Predigt Bezug nehmen, die Evange- listensymbole, der Name Jesus und, wenn es sich um reichere Behänge handelt, Medaillons mit den Brustbildern Christi, des göttlichen Leiners, und der Apostel.

Braun, Winke für Paranientenanfertigung. "

82

Passende einfache Muster enthält die Vorlagensammlung auf Tafel I, Nr 4; III, Nr 3; X, Nr 1 u. a.

4. Die Veleii der Kreuze und Bilder. In der Passionszeit müssen die Altarkreuze und die Bilder auf den Altären zum Zeichen der Trauer verhüllt werden. Die hierzu dienenden Tücher sollen ohne Rücksicht auf die etwa einfallenden Feste stets von violetter Farbe sein. Eine Ausnahme bildet nur der (Gründonnerstag, an welchem das Kreuz des Altars, an welchem die Messe gefeiert wird, mit einem weißen Velum versehen werden muß1.

Die Velen können aus Seide, Wollstoff und selbst aus Baumwollzeugen gemacht werden. Immer aber sollen sie genügend dicht sein, um das Kreuz oder Bild . welches sie zu bedecken haben , nicht durchscheinen zu lassen. Stickereien passen für die Passionsvelen nicht. Es ist nicht einmal angebracht, weil wenig mit ihrem Zweck im Einklang, ihnen ein Kreuz aufzunähen oder aufzusticken.

Die Größe der Velen hat sich nach der Größe des zu verhüllenden Kreuzes oder Bildes zu richten. Zur Verhüllung der Kreuze wendet man häufig Velen in der Gestalt rautenförmiger Lappen an, die an den Rändern mit einem schmalen Bördchen besetzt und an der Rückseite mit Bändern zum Anbinden versehen sind. Entsprechender sind indessen, wie bei den Bildern, Tücher, welclie um die Kreuze geschlagen werden.

5. Die Betscliemeldecke. Bei pontifikalen Funktionen soll vor dem Altar, auf dem das heiligste Sakrament aufbewahrt wird, und ebenso vor dem Hochaltar ein Betschemel aufgestellt werden, der mit einer Decke aus grünem oder violettem Tuch bedeckt sein muß. Man läßt diese an allen Seiten bis zum Boden herabfallen, es sei denn, daß der Betstuhl hoch- aufragende Wangenstücke hätte. In diesem Falle dürfte es zweckmäßiger sein, ihr die sog. Läuferform zu geben. Die Ränder der Decke verziert man mit einer schmalen Borde, mit Fransen oder einer einfachen Stickerei. Religiöse Symbole, wie ein Kreuz, der Name Jesu und ähnliches haben auf ihr keinen Zweck. Sie könnten auch kaum anders als auf dem von der Platte des Betschemels nach vorn und rückwärts herabhangenden Teil der Decke angebracht werden.

6. Das Bahrtuch, Tnmhatuch. Man fertigt es aus schwarzem Woll- zeug an und umsäumt es mit schwarz-weißen Fransen. In der Mitte bringt man ein Kreuz an. Als Randverzierung eignet sich besonders eine den Saum des Tuches umziehende passende Inschrift, z. B. : Requiem aeternam dona eis Domine et lux perpetua luceat eis (Bild o2)> Totenköpfe und Toten- gebeine dem Bahrtuch aufzumalen, aufzunähen oder aufzusticken, ist un- würdig und widerspricht den Anschauungen der Kirche 1. Für größere Tumba- tücher dürfte sich eine Ausdehnung von ca 3 ,-'ll m, für kleinere eine solche von ca 2,50 1,50 m empfehlen.

7. Die Kissen. Kissen, wie sie an manchen Orten auf die Altarstufen oder den Betschemel gelegt werden, stellt man am besten im Kreuzstich

1 Entscheidung vom 20. Dezember 1783 (Decr. auth. nr. 2524). i .11 i, in. episc. 1. 2, c. 11, nr. 11.

oder Gobelinstich oder in solider Applikationsarbeii her. Die übrigen Techniken sind weniger empfehlenswert. Stilisierte Blumen, sym- bolische Tiere und geometrische Gebilde sind die geeignetsten Muster zum Besticken der Kissen. Religiöse Darstellungen, Kreuze, heilige Namen und ähnliches auf ihnen anzubringen, ist ungeziemend. Als Stickmaterial be- nutzt man für sie am zweckmäßigsten feine Kastorwolle. Die Polsterung der Kissen darf nicht zu fest sein.

8. Wandbehänge nud Teppiche. Sie werden meist nur aus Stoffen, die eigens zu diesem Zwecke gewebt werden, seltener durch Stickerei hergestellt. Ob sie nun aber auf die eine oder andere Weise angefer- tigt werden, immer soll er- stens die Musterun g, welche sie aufweisen, durch- sichtig, groß und kräftig sein und dem Ernst und der Würde des Gotteshauses ge- bührende Rechnung tragen. Zweitens dürfen ihreFarben zueinander keine schreien- den Kontraste bilden, aber auch nicht so abgeblaßt und verschwommen sein, daß sie der nötigen Fern Wirkung entbehren. Zugleich müssen sie in Harmonie mit der Farbe der Umgebung stehen. Drittens soll der Stil der Teppiche und Behänge mit dem Stil der Kirche mög- lichst übereinstimmen. Für Fußbodenteppiche kommt hinzu, daß auf ihnen keine heiligen Symbole, wie die Xamen Jesu und Maria, keine Kreuze, Engel, Heiligenbilder,

sowie keine Darstellungen aus dem Leben Christi, der Gottes- mutter und der Heiligen angebracht werden sollen, da es unpassend ist, auf solchen Gegenständen auch nur im Bild mit den Füßen herum- zutreten.

Zur Ausführung gestickter Wandbehänge können die meisten der später zu besprechenden Sticktechniken herangezogen werden. Bei einfachen, kräftig gemusterten Behängen wird man sich am besten der Applikationstechnik bedienen. Als Applikationsstoff gebraucht man dann einen soliden, schweren Seiden- oder Wollstoff. Sollen die Behänge ganz in Stickerei hergestellt

Bild 32. Entwurf zu einem Tumbatuch.

6*

84

werden, so bringt man am zweckmäßigsten den Gobelinstich zur Anwen- dung, und zwar selbst dann, wenn es sich um figürliche Darstellungen handelt. Sehr wirkungsvolle Wandbehänge lassen sich ohne namhafte Schwierig- keit herstellen, wenn man einen farbigen Fond (Rot, Blau, Grün) von sattem Ton in Gelb oder Gold mit einer reihenartig angeordneten Musterung bestickt ( Bild 33). Man bedient sich dabei je nach dem Muster des Kettenstiches, der Abhefttechnik oder der Applikationsarbeit. Die einzelnen Dessins, für welche die Sammlung auf Tafel XXVIII, Nr 1 13 eine größere Anzahl pas- sender Vorlagen enthält, dürfen nicht zu nahe aneinandergerückt werden.

Vier genügen vollauf für einen Be- hang. Oben bringt man eine breite Bordüre mit fortlaufendem Ranken- ornament oder passender Inschrift an, unten -schließt man den Behang mit langen Drillfransen ab. Auf weißem Grund kann man die Dessins auch in Farben sticken , nur muß man dann durch Verwendung gedämpfter Farbentöne einem zu starken Kontrast zwischen Grund und Musterung vor- beugen.

Fußbodenteppiche führt man am leichtesten mittelst des gewöhn- lichen Kreuzstiches auf Stramin aus. Es ist das zudem die solideste Weise. Sie nach Art der Smyrna- teppiche in Knüpfmanier herzustellen, kann nicht angeraten werden. Der- artige Teppiche passen mehr in den Salon als in die Kirche; obendrein bietet ihre Reinigung zu viele Schwie- rigkeiten. Als Stickmaterial gebraucht man am besten sog. Sudanwolle. Sie ist derber, dafür aber auch elastischer nnd widerstandsfähiger als Kastorwolle. Bei Anfertigung größerer Tepp ich werke verfährt man folgender- maßen. Zunächst muß man sich einen passenden, je nach den Maßen des geplanten Teppichs im Verhältnis von 1:10, 1:15 oder 1:20 ausgeführten, farbigen Entwurf verschaffen. Dann näht man Stücke derben Stramins von etwa 0,60 0,80 ni im Geviert in einer der Ausdehnung des Teppichs ent- sprechenden Anzahl faden richtig aneinander und läßt die Zeichnung in der natürlichen Größe deutlich in Farben auf die so hergestellte Straminfläche übertragen. Hierauf werden die Nähte wieder aufgetrennt und die einzelnen Stücke des bemalten Stramins gemäß der farbigen Zeichnung im Kreuzstich ausgestickt. Dabei muß durchaus darauf gesehen werden, daß alle Stücke genau in derselben Richtung bestickt werden, und des-

Bild 33. Skizze zu einem Wandbehang.

85

halb allenthalben die unteren halben Kreuzstiche von rechts nach links, die oberen von links nach rechts lauten. An den Nahtseiten läßt man, um ein sauberes Zusammensetzen zu ermöglichen, ein schmales Streifchen vorläufig unbestickt. Sind alle Stücke fertiggestellt, so fügt man sie zusammen, ver- näht sie solid miteinander und ergänzt der Zeichnung entsprechend die noch unausgeführten Partien. Zum Schluß versieht man den Teppich an der Unter- seite mit einem kräftigen Futter aus grauer Leinwand, die man. um einem Einlaufen vorzubeugen, vorher gründlich gewaschen hat, und faßt dann den Rand mit einer dicken ein- oder mehrfarbigen Wollschnur ein. Damit die Stickerei überall ein durchaus gleichmäßiges Aussehen habe, müssen alle, die an der Herstellung des Teppichs mitwirken, beim Sticken den Faden möglichst fest anziehen, eine Sache, die übrigens nicht nur für die Sauberkeit und Schönheit der Arbeit, sondern auch für ihre Solidität von nicht zu unter- schätzender Wichtigkeit ist. Es empfiehlt sich, auf jedem Stück eine kleine Partie vorzusticken , damit die Stickerinnen bei ihrer Arbeit eine Norm für die Fadenrichtung und die Festigkeit der Stiche haben.

Figürliche Darstellungen führt man statt im Kreuzstich besser im versetzten (Köper-) oder im untergreifenden (Atlas-) Stich auf. Im Kreuzstich gearbeitet, werden sie, wenn es nicht sehr große Figuren sind, zu steif und eckig.

Handelt es sich um Kirchenteppiche von mehr als gewöhnlicher Größe, so empfiehlt es sich, den Teppich, der die Altarstufen bedecken soll, getrennt vom Teppich des Chores anzufertigen. Sie werden auf diese Weise für den Gebrauch wie für die Aufbewahrung weit handlicher. Den Altarstufenteppich, bei dem das Dessin infolge der Falten doch nur mangelhaft in die Erscheinung treten würde und baldige Beschädigungen unvermeidlich sind, gibt man eine einfache Verzierung. Den Chorteppich, der bei einer solchen Einrichtung nicht nur seinen Bilderschmuck zur vollen Geltung bringen kann, sondern auch bei der Verwendung verhältnismäßig wenig leidet, versieht man dagegen mit reichem Schmuck. Natürlich muß zwischen beiden Teppichen Einheit herrschen. Sie müssen darum ebensowohl stilistisch und koloristisch wie bezüglich der Art des Ornaments und der in diesem zum Ausdruck kommenden Idee miteinander harmonieren. Der kleinere und einfachere Altarstufenteppich muß in seiner Verzierung die auf dem Hauptteppich angestimmte Weise gleichsam leise wider- klingen lassen.

Dritter Abschnitt.

Behandlung der Paramente.

Erstes Kapitel. Segnung der Paramente. Das Waschen der Korporalien, Pallen

und Purifikatorien.

1. Segnung der Paramente. Verschiedene Paramente müssen gemäß kirchlicher Vorschrift vor ihrer Benutzung sei es vom Bischof selbst, oder, wie es gewöhnlich der Fall ist, von einem dazu mit der nötigen Voll- macht versehenen Priester gesegnet werden. Es sind der Amikt, die Albe,

SC

der Manipel, die Stola, die Kasel, das Korporale, die Palla, die Altartücher1 und nach der gewöhnlicheren Ansicht auch das Cingulum. Für das Pluviale, die Dalmatik, die Tuniceila, das Schultervelum, das Purifikatorium, die Bursa und das Kelchvelum ist die Benediktion zwar sehr passend und angemessen, jedoch keineswegs streng vorgeschrieben2. Noch weniger gilt dieses für das Lavabotüchlein, den Baldachin, die Kirchenfahnen, die Handtücher, das Kom- muniontuch und das Ciboriumvelum , bei denen darum auch die Segnung häufig, vielleicht meist sogar unterbleibt, obwohl sie zuletzt auch hier nicht gerade unpassend ist. Missalpultdeckchen, Lesepultdecken, Ranzelbehänge, Wandbehänge und ähnliches weiden nicht gesegnet.

2. Behandlung der Korporalien, Pallen und Pnrifikatorien beim Waschen. Die Paramente anzufassen, auch wenn sie im Gebrauch sind, steht für Laien nichts im Wege. Eine Ausnahme machen nur das Korporale, die Palla und das Purifikatorium, welche mit dem hochheiligsten Sakrament in zu nahe Berührung kommen. Sie dürfen von Laien erst angefaßt werden, nachdem sie von einem Priester, einem Diakon oder Subdiakon aus- gewaschen worden sind. Gewöhnlich werden sie durch diese zwei oder dreimal gewaschen, doch ist das nicht unbedingt erforderlich ; dem Gebot der Kirche genügt schon eine einmalige Waschung. Es gilt als läßliche Sünde, wenn Laien ohne genügende Entschuldigung das erste Auswaschen vornehmen. Es ist dies nur dann statthaft, wenn ein triftiger Grund dazu vorliegt 3, wenn es sich z. B. um Pallen usw. handelt, die mit kostbaren und deshalb mit größter Vorsicht zu behandelnden Stickereien ausgestattet sind, oder wenn das Auswaschen nicht aufgeschoben werden kann, ein Priester (Diakon, Subdiakon) aber nicht zur Stelle ist und nur unter Mühen aufgesucht werden kann. Man legt in solchen Fällen den Gegenstand in einem beson- dern Gefäß, das nur zum Waschen der Korporalien, Pallen und Purifikatorien dienen soll, eine Weile in laues Wasser, läßt dieses dann abfließen und gießt noch zweimal in gleicher Weise neues laues Wasser auf und wieder ab. Nun nimmt man ihn heraus, drückt ihn aus und unterzieht ihn der gewöhnlichen Waschung. Man muß dafür Sorge tragen, daß das Auswaschwasser nicht auf den Tisch oder den Boden verschüttet, und daß es gemäß der kirchlichen Vorschrift in das sog. Sakrarium gegossen wird.

Zweites Kapitel.

Aufbewahrung und Restaurierung der Paramente.

1. Aufbewahrung der Paramente. Es ist eine Sache von größter Wichtig- keit, für eine gute Aufbewahrung der Paramente Sorge zu tragen, ein Punkt, der nur zu oft nicht nach Gebühr beachtet wird. Es fehlt nicht selten in bedauerlicher Weise an Sinn für ihre gute Instandhaltung.

1 Rubr, gen. Missal p. 1, tit. 20; p. II. tit. 1. nr. 1 und 2; De defect. tit. 10. nr. 1. - Das behauptet z. B. schlechthin und ohne Angabe eines Grundes Hartinann (Re- pertorium Rituum § 244) im Widerspruch mit der gewöhnlicheren Meinung der Liturgiker. Si Alphonsus, Theol. moral. 1. 6, nr. 387, nota 2.

87

Vor allem beachte man. daß die Paramente an einem trockenen Ort aufbewahrt werden müssen. Ist daher, wie es leider häufig der Fall ist. die Sakristei feucht und läßt sich diesem ubelstand nicht abhelfen, so lasse man in ihr nur die Sachen, welche zum werktäglichen und allenfalls zum gewöhnlichen sonntäglichen Gottesdienst gehören. Die übrigen bringe man in ein trockenes Zimmer des Pfarrhauses.

Dann sehe man zu. daß die Schränke, welche zur Aufbewahrung der Paramente dienen, gut geschlossen, gegen eindringenden Staub möglichst dicht und gegen Mäuse und sonstiges Ungeziefer genügend gesichert sind. Haben sie Ritzen, paßt die Tür nicht in die Öffnung, steht die Tür offen, oder ist sie auch nur angelehnt, so darf man sich nicht wundem, wenn selbst die solidesten Sachen rasch verderben.

Drittens trage man dafür Sorge, daß hinreichender Kaum zur Bergung der Paramente vorhanden ist. Es ist nicht zu deren Vorteil, wenn sie übermäßig zusammengefaltet, hoch aufeinander gestapelt und vielleicht gar zuletzt noch fest zusammengepreßt werden müssen, damit man sie nur unterbringe. Sie leiden dann durch die Aufbewahrung mehr wie durch den Gebrauch.

Weiterhin vergesse man nicht, hie und da. zumal nach längerem feuchtem Wetter, die zum Aufheben der Paramente dienenden Räume und Schränke sowie auch die seltener gebrauchten Paramente zu lüften, damit eine etwaige Feuchtigkeit aus ihnen herausziehe. Der dumpfe Geruch, den man nicht selten in Sakristeien antrifft, und der auch den darin befindlichen Para- menten eigen zu sein pflegt, ist ein Zeichen, daß man es an der nötigen Lüftung fehlen läßt.

Ob die Pluvialien und Kasein am zweckmäßigsten in den Schränken hängend oder liegend aufbewahrt werden, ist strittig: die einen wollen, daß man sie aufhänge, die andern, daß man sie hinlege. Beide Weisen haben ihr Gutes wie ihre Nachteile. Kasein dürfte man im Interesse besserer Er- haltung unseres Erachtens am zweckdienlichsten liegend aufbewahren. Bei Pluvialien ist das indessen nur unter der Voraussetzung möglich, daß man sie zusammenfalte. Ein Falten ist aber bei seidenen Paramenten immer mehr oder weniger nachteilig. Pluvialien sollte man daher, falls man sie aus Mangel an Platz nicht ganz ausgespreitet oder doch nur zu einem Viertel- kreis zusammengeschlagen hinlegen kann, stets aufhängen. Freilich muß in diesem Fall der Träger, der die Form eines rechten Winkels haben soll, so lang sein, daß seine Schenkel bis nahe zum unteren Rande des Pluviales reichen. Andernfalls ist Gefahr . daß das Gewand sich verzieht. Der Träger sollte demnach Schenkel von etwa 1 m Länge haben.

Will man Kasein liegend aufbewahren, so geschehe das nur in der Weise, daß man sie der ganzen Länge nach ausgebreitet hinlegt. Werden sie ein- oder gar zweimal zusammengefaltet, so entstehen leicht häßliche und zu Brüchen führende scharfe Falten im Gewände. Läßt sich aber ein Zusammen- schlagen, wie es allerdings vorkommen kann, nicht vermeiden, so wende man wenigstens die Kasel zuvor und kehre die Seidenseite nach innen, die Futterseite aber nach außen.

88 -

Es muß als Kegel gelten, seidene Paramente möglichst wenig zu falten. Es ist das heutzutage um so nötiger, als leider die modernen Seidenstoffe infolge der Färbungsmethode und anderer Ursachen nicht mehr die Haltbar- keit der Seidenstoffe früherer Zeiten haben.

Sind die Paramente mit (Johl- oder Silberborden bzw. mit Gold- oder Silberstickereien ausgestattet, so ist Gefahr, daß die scharfen Teile der Borden und Stickereien durch Reibung dorn Seidenstoff schaden oder daß Borden und Stickereien einander verletzen. Ähnlich verhält es sich, wenn der Stoff der Paramente mit Gold oder Silber durchwoben oder broschiert ist. Man ver- sehe daher in solchen Fällen die Paramente mit einem Überzug bzw. einer /wischen läge von weichem Baumwollzeug, je nachdem die Außenseite bei der Aufbewahrung nach außen oder nach innen gewendet ist.

Von den Linnenparamenten wird man die meisten, wie die Altar- tücher, Kommuniontücher usw., zusammengefaltet aufbewahren müssen. Super- pelliceen und Meßdienerröcklein hänge man auf; ein gleiches tue man mit den Alben , wenn nur Platz dazu vorhanden ist , mögen dieselben nun , wie es vielfach geschieht , in dichte Falten gebügelt sein oder nicht. Ein zwei- oder selbst mehrfaches Zusammenlegen ist allerdings für die Alben nicht in der Weise nachteilig, wie etwa für die Kasein, es verursacht indessen auch bei ihnen leicht unschöne Querfalten , zumal wenn sie mittelst Stärke gesteift wurden.

Fahnen sollten stets aufgehängt werden, wenigstens dann, wenn sie mit gemalten oder gestickten Bildern versehen sind. Nur ganz einfache Fahnen kann man zusammengerollt beiseite legen. Man bewahre die Fahnen in einem eigenen, geräumigen Schranke auf. Ist ein solcher nicht vorhanden, und gestattet der verfügbare Raum überhaupt die Unterbringung eines solchen nicht, so verhülle man die Fahnen zum wenigsten mit einem allseitig- dichten Überzug. Es ist geradezu unverantwortlich, sie ohne alle schützende Decke an ihrer Stange in irgend einer Paramenten- oder Rumpelkammer an die Wand zu stellen , und doch kann man , wenn man Gelegenheit hat , die Aufbewahrungsweise der Paramente in den Kirchen zu studieren, oft genug die Wahrnehmung machen , daß die Fahnen in dieser für sie so nachteiligen Weise aufbewahrt werden. Da kann ein baldiges Verderben natürlich nicht ausbleiben.

Den Baldachin behandle man in ähnlicher Weise wie die Fahnen. Ist man gezwungen, ihn in der Kirche zu belassen, so versehe man ihn mit eng anschließendem, dichtem, wachstuchenem Überzug.

Die Teppiche bewahre man zusammengerollt auf. Es kann nicht genug empfohlen werden , sie nach jedesmaligem Gebrauch durch Abstauben zu reinigen, bevor man sie wieder zusammenrollt. Zwei- oder dreimal im Jahre sollte unbedingt eine gründliche Reinigung und Auslüftung der Teppiche vor- genommen werden.

Die Aufbewahrung der Paramente ist eine Sache von großer Bedeutung. Handelt es sich doch bei ihnen um Gegenstände , die nicht selten viele Hunderte gekostet haben, immer aber von Wert sind. Man kann nicht genug Gewicht auf eine gute Aufbewahrungsweise der Paramente legen. Das Geld,

89

welches man zu diesem Zweck ausgibt, mach! sich reichlich ersetzt durch bessere Erhaltung und längeren Dienst der Paramente. Man sorge deshalb durchaus für geeignete Schränke und Räumlichkeiten. .Man vergesse aber auch nicht, ab und zu nach den Paramenten zu sehen, um einem etwaigen Mißstand alsbald abhelfen zu können. Gute Schränke und Räumlichkeiten sind an sich nur halbes Werk; es muß die nötige Sorgfalt und Umsicht in der Aufbewahrung dazu kommen.

2. Restaurierung der Paramente. Wie eine gute Aufbewahrung der Paramente eine Sache von nicht geringer Wichtigkeit ist. so auch die Restau- rierung von Paramenten. die infolge des Gebrauchs schadhaft geworden sind oder anfangen schadhaft zu werden.

Man sorge, sobald sich Schäden zeigen, für ihre Ausbesserung und warte damit nicht, bis aus einem kleinen Schaden ein großer, aus einer brüchigen Stelle ein wirklicher Riß geworden ist. Ist der Schaden noch klein, kann er leicht, und zwar für lange Zeit beseitigt werden ; vernachlässigt man ihn, so wird er rasch groß und seine Ausbesserung bisweilen ohne gründliches Eingreifen kaum mehr möglich. Es liegt im Interesse der Paramente, eine etwa nötig gewordene Reparatur nicht zu verschieben. Werden sie zeitig ausgebessert, so hat man nicht nur länger Freude an ihnen, sondern ver- meidet dadurch auch manche Auslagen, die unvermeidlich werden, wenn man über Gebühr wartet.

Es macht einen üblen Eindruck, wenn man in den Sakristeien in dem Winkel irgend eines Schrankes oder auf dem Kirchenboden Paramente liegen sieht, die zur rechten Zeit ausgebessert, noch lange beim Gottesdienst hätten gebraucht werden können, infolge vernachlässigter Restauration aber bald wüst und unbrauchbar wurden.

Was hinsichtlich der Reparatur von den Paramenten überhaupt und im allgemeinen gesagt wurde, betrifft im besondern die Stickereien, womit jene etwa ausgestattet sind. Auch bei diesen müssen alle entstandenen Ver- letzungen ohne Säumen ausgebessert werden. Der eine oder andere los- gerissene Faden kann, wenn er unbeachtet bleibt und nicht alsbald befestigt wird, leicht einen großen, nur mit vielen Kosten zu beseitigenden Schaden herbeiführen. Das trifft namentlich bei Goldstickereien zu.

Übrigens sollte nicht bloß die Rücksicht auf den Wert der Paramente und die durch Vernachlässigung ihrer Restauration entstehenden größeren Unkosten eine möglichst rasche Ausbesserung schadhaft gewordener Stellen veranlassen, mehr noch verlangt das der Zweck, dem die Paramente dienen, der gottesdienstliche Gebrauch. Es ist, um ein Beispiel anzuführen, durch- aus unpassend, bei der heiligsten Handlung, dem hochheiligen Opfer des Neuen Bundes, eine Kasel zu tragen, welche in der Mitte der Vorderseite, wie das so leicht kommen kann, Löcher oder Risse aufweist, oder einen Manipel am Arm zu haben, dessen abstehende Fäden schon von ferne seine schlechte Beschaffenheit verkünden. Im gewöhnlichen Leben würde man Anstand nehmen, bei irgend einem öffentlichen Auftreten in durchlöcherter Kleidung zu erscheinen. Um wie viel mehr ist solches also bei den gottes- dienstlichen Verrichtungen unzulässig.

90

Zum Reparieren der Paramente gehört, .sofern es sich nicht um Aus- rangen von Stickereien handelt, keine besondere Geschicklichkeit, Jeder. der saulier zu nähen versteht . ist dazu imstande. Nur hat man dafür zu sorgen, daß die Farbe eines etwaigen Flickstückes zu der des Gewandes passe, und daß, wenn der Stoff des letzteren gemustert ist, der eingesetzte Flicken das gleiche oder doch wenigstens ein zu der Musterung des Gewand- stoffes passendes Muster enthalte. Es könnte überflüssig scheinen, daß hier auf solch selbstverständliche Dinge aufmerksam gemacht wird, bewiese nur nicht die Erfahrung und ein Blick in nicht wenige Sakristeien, wie notwendig es ist. Ein anständiger Mensch würde sich genieren, in der Öffentlichkeit in so bunt geflickten Kleidern zu erscheinen, wie es nicht gar selten die Mefsgewänder sind, die der Priester am Altar tragen soll.

Zur Ausbesserung von Kasel und Stola verwende man, falls keine sonstigen passenden Reste zur Verfügung stehen, das meist sehr gut erhaltene Kelchvelum und ersetze dieses dann durch ein anderes, aus einfarbiger, un- gemusterter Seide, welche immer leicht zu haben ist. Um beim Ausbessern der Paramente nicht in Verlegenheit zu kommen, empfiehlt es sich, bei Be- stellung einer Kasel oder eines Pluviales sich einige Reste von dem Stoff, aus welchem diese gemacht sind, auszubedingen. Fertigt man aber selbst diese Gewänder an, so kaufe man so viel Seide, daß von ihr zum Flicken noch hinlänglich übrig bleibt, Bei Kirchen, in welchen eine größere Anzahl von Meßgewändern erforderlich ist, wird man gut tun, je zwei, wie schon früher gelegentlich bemerkt wurde, aus demselben Stoff zu machen. Es läßt sich dann im Fall, daß die Vorderseiten verschlissen sind, aus den Rückseiten ein noch lange brauchbares Parament herstellen.

Ist der Stab auf der Vorderseite des Meßgewandes in der Mitte ge- schlissen, und handelt es sich um einen mit eingewebter Musterung versehenen Stab, so ersetzt man ihn, wenn der übrige Zustand des Gewandes das ver- dient, durch einen neuen, sei es den gleichen oder einen ähnlichen. In vielen Fällen macht es keine Schwierigkeit, einen solchen zu beschaffen, wenn man nur die Firma kennt, von welcher der Kaselbesatz herstammt.

Statt den defekten Stab durch einen ganz neuen zu ersetzen, kann man sich indessen auch begnügen, die schadhafte Stelle durch ein Einsatzstück zu ersetzen, wie deren von den Fabriken zum Ausbessern wohl vorrätig ge- halten oder angefertigt werden , und zwar ist es ratsam , schon gleich bei Anschaffung der Kasel bzw. des Kaselbesatzes ein solches Ersatzstück zu kaufen, um es später vorrätig zu haben.

Ist weder ein neuer Stab noch ein passendes Einsatzstück zu haben, so schneide man den schadhaften Teil aus dem Besatz heraus, nähe die beiden Stücke wieder aneinander, wobei man darauf zu achten hat, daß das Muster möglichst zusammentreffe, und füge den Stab in dieser Gestalt der Kasel wieder ein, indem man, um für das ausgeschnittene Stück einen Ausgleich zu schaffen, dreierlei tut, Erstens verkürze man die Vorderseite des Gewandes um einige Finger breit, zweitens verlängere man den Kopf durchschlupf nach unten etwas, drittens fasse man den Stab oben und unten mit einem breiten Bördchen ein. Auf diese Weise wird es in den meisten Fällen nicht schwer.

■-

91

die vorgenommene Entfernung der verschlissenen Stelle unauffällig zu machen.

Es muß überhaupt das Ziel einer jeden Reparatur sein, die Ausbesserung so zu bewerkstelligen, daß sie möglichst wenig zu Tage trete, und gerade darin offenbart sich wirkliche Geschicklichkeit im Wiederherstellen, wenn man es versteht, die Schäden in einer Weise zu beseitigen, daß die geflickten und gestopften Stellen sich als solche nicht bemerklich machen.

Sind die Stickereien eines Paraments schadhaft geworden, so ist die Beseitigung der entstandenen Mängel noch lange nicht immer Sache der ersten besten Stickerin, namentlich wenn es sich um Figurenstickereien und über- haupt feinere und schwierigere Arbeiten handelt. Insbesondere sollten an die Restauration besserer alter Stickereien niemals Unberufene im Vertrauen auf ein vermeintliches Können ihre Hände legen. Schon manche wertvolle Stickerei aus früherer Zeit ist auf diesem Wege gründlich verdorben worden. Es ist in vielen Fällen bei weitem leichter, neue Stickereien anzufertigen als alte wiederherzustellen. Es setzt das nicht bloß ein feines Verständnis für deren stilistische Eigentümlichkeiten, sondern auch eine genaue Kenntnis der alten Techniken und Farbengebung voraus. Handelt es sich nur um geringfügige Schäden, so ist natürlich keine besondere Fertigkeit erforderlieh. An durch- greifende Restaurationen guter alter Stickereien sollen sich jedoch nur solche wagen, welche nicht bloß das Sticken selbst vorzüglich verstehen, sondern sich auch im Reparieren alter Sachen gut eingeübt haben.

Was von der Ausbesserung der Stickereien gesagt wurde, gilt auch für die Wiederherstellung von Spitzen. Minder wertvolle Spitzen mag man selbst wieder zurechtrichten, dagegen übergebe man die Reparaturen kostbarer Spitzen stets nur sachverständigen und geübten Händen, falls man selbst mit der Restauration solcher nicht völlig vertraut ist. Andernfalls dürfte ein Verderben der Spitzen unvermeidlich sein. Selbst das bloße Waschen und Nadeln wertvoller Spitzen lasse man nur von sachkundigen Personen besorgen.

Unbrauchbar gewordene Paramente trenne man auseinander und bewahre, was verwendbar ist, auf. Manches läßt sich zum Ausbessern benutzen, an- deres verdient gefärbt und zu neuen Paramenten verarbeitet zu werden. So läßt sich aus dem schmutzig oder schadhaft gewordenen Oberstoff eines weißen Pluviales leicht genügend Stoff gewinnen, um daraus nach vorhergegangenem Färben eine brauchbare rote oder schwarze Kasel nebst Zubehör herzustellen.

Stoffe und Stickereien, die keinerlei Wert haben, verbrenne man nach kirchlicher Vorschrift. Ältere Stoffe und Stickereien haben indessen fast immer Wert. Man hebe sie darum sorgfältig auf. Fehlt es dafür an Platz oder ist Gefahr, daß sie über kurz oder lang beiseite geworfen werden, so überweise man sie dem Diözesanmuseum oder verkaufe sie mit bischöflicher Genehmigung irgend einem andern öffentlichen Museum, wie z. B. einem Kunstgewerbemuseum. Auf keinen Fall verschachere man sie an jüdische oder nichtjüdische Antiquare. Es sieht geradezu unwürdig aus, wenn in den Schaufenstern von Antiquitätenhändlern unter sonstigen alten Gegenständen auch alte Meßgewänder und andere Paramente hangen. Nicht minder hüte man sich, Paramentenhändlem alte Para-

- 92

mente in Tausch zu geben. Man wird nie den wahren Wert dafür er- halten, oft genug aber wertvolle Sachen um eine Kleinigkeit hingeben.

Bei alten, unbrauchbar gewordenen Metallborden scheide man sorgfältig die unechten von den echten. Unechte, die für nichts mehr zu verwerten sind, verbrenne man, echte hebe man auf, um sie zu gelegener Zeit beim Goldschmied einschmelzen zu lassen. Ähnlich mache man es mit alten Gold- und Silberbrokaten, vorausgesetzt, daß sie nicht durch die Art ihrer Musterung einen besondern Wert haben. Um echte und unechte Borden, echten und unechten Brokat voneinander zu unterscheiden, genügt es, sie über einen Stein zu reiben. Werden sie weiß, so sind sie echt, erhalten sie eine röt- liche Färbung, so sind sie unecht.

Zweiter Teil.

Spitzen und Stickereien.

Vorbemerkung.

Zur Verzierung der Paramente dienen Spitzen (Einsätze) und Stickereien. Spitzen wie Stickereien werden heutzutage in großen Mengen mittels der Maschine gearbeitet. Daß man die Maschine zur Herstellung von Spitzen und Stickereien braucht, kann an sich nicht beanstandet werden. Warum soll der Fortschritt, den die Gegenwart auf technischem Gebiet erzielt hat, nicht auch nach dieser Richtung hin ausgenutzt werden? Die Maschine kann zudem nicht alles schaffen ; das Beste wird immer der Hand- arbeit vorbehalten bleiben. Man wird also keineswegs die Maschine schlecht- hin verwerfen dürfen; sie ist, richtig und von verständiger Hand benutzt, ein nützliches Hilfsmittel, um für einen billigeren Preis brauchbare Spitzen (Ein- sätze) und Stickereien herzustellen. Würde sie nur nicht so häufig miß- braucht, um minderwertige Erzeugnisse, ja wirklichen Schund auf den Markt zu bringen.

Es kann nicht die Aufgabe sein, hier auf die maschinelle Herstellung von Spitzen und Stickereien näher einzugehen. Es würde das zu dem Zweck, den sich das Buch gesetzt hat, Winke zur Anfertigung von Paramenten, von Paramentenspitzen und Paramentenstickereien zu geben, nicht passen. Es be- scheidet sich daher, nur insoweit die Herstellung von Spitzen und Stickereien zu behandeln, als dieselbe mittels bloßer Handarbeit geschieht. Besonders eingehend wird die kirchliche Stickkunst zur Erörterung kommen, einmal, weil gerade sie vor allem der sorgfältigsten und liebevollsten Pflege würdig ist, zweitens weil die Verwendung von Stickereien zur Ausstattung von gottesdienstlichen Paramenten eine weit ausgedehntere ist als die der Spitzen (Einsätze), und endlich, weil die Technik der kirchlichen Zwecken dienenden Stickkunst in ihren mannigfaltigen Stichen und Stickweisen weit weniger bekannt ist als die bei der Herstellung gewöhnlicher Spitzen zur Anwendung kommenden Techniken. Es werden deshalb zunächst die verschiedenen Stiche, Sticktechniken und Stickweisen zur Behandlung gelangen ; daran werden sich dann praktische Winke für die Anfertigung von Stickereien anschließen; des weiteren folgt das Wissenswerteste über die bei kirchlichen Stickereien ge- bräuchlichen Muster und die Wiederherstellung schadhafter Stickereien; den Schluß wird eine Sammlung von Inschriften machen, die sich zum Autsticken auf Paramente besonders eignen.

94 Erster Abschnitt.

Die Spitzen.

Erstes Kapitel. Gestrickte und gehäkelte Spitzen.

1. Die verschiedenen Spitzenarten. Es gibt eine Reihe von Techniken zur Anfertigung von Spitzen und Einsätzen. Indessen können nicht alle in gleichem Maß empfohlen werden, wenn es sich um Anfertigung von Spitzen oder Einsätzen handelt, die zur Verzierung von kirchlichen Paramenten dienen sollen. Die einen liefern Erzeugnisse, welche für den Salon und überhaupt das Haus, nicht aber zur Ausstattung von liturgischen Gewändern passen. Andere sind zu schwierig und setzen eine zu große Übung voraus.

Hier soll nur von den Techniken die Rede sein, welche keine besondern Schwierigkeiten bieten und doch zur Verzierung der Paramente geeignete Spitzen und Einsätze zu liefern vermögen. Es kommen daher bloß in Be- tracht die gestrickten Spitzen, die gehäkelten Spitzen, die Maschen- (Filet-) spitzen, die Tüll spitzen, die sog. irischen Spitzen und die sog. Renaissancespitzen. Geklöppelte Spitzen wird man am besten fertig kaufen, zumal mittelst Maschinenklöppelei heut- zutage gute Spitzen um einen billigen Preis hergestellt werden. Durch- brucharbeiten wirken, wenn einfach, im Verhältnis zur Mühe, die man darauf verwenden muß, entschieden zu wenig, als daß man sie besonders empfehlen könnte. Obendrein haben sie leicht etwas Gewöhnliches an sich. In Form der reichen 1! et i cell a- Arbeiten aber erfordern sie so viel Zeit und Fertigkeit, daß man sich besser auf die Herstellung der ähnlich wir- kenden, aber ungleich leichteren Maschenspitzen verlegt.

2. Das Stricken der Spitzen. Das Stricken von Spitzen erheischt weder besondere Fertigkeit noch Mühe. Man braucht dazu nur mit den im Grunde wenig zahlreichen Manipulationen vertraut zu sein, welche zum Stricken überhaupt erforderlich sind, und während der Arbeit bei den einzelnen Gängen es an der nötigen Aufmerksamkeit nicht fehlen zu lassen. Die beim Stricken in Anwendung kommenden Manipulationen sind vornehmlich: Aufschlagen, rechts abstricken, links abstricken, rechts verdreht abstricken, links ver- dreht abstricken, umschlagen (d. i. den Faden ein- oder mehreremal um die Nadel legen), den Umschlag fallen lassen, abnehmen (d. i. zwei Maschen zusammen abstricken), und zwar rechts abnehmen, links abnehmen, rechts verdreht abnehmen, links verdreht abnehmen, abheben, überziehen, Knötchen stricken, abschließen. Sie genügen vollkommen zur Ausführung der ver- schiedensten Muster gestrickter Spitzen. Weil allbekannt, bedürfen sie keiner näheren Beschreibung.

Zur Anfertigung von Spitzen nehme man stärker gedrehtes Garn, wiewohl sich weniger fest gedrehtes an sich besser zum Stricken eignet. Für Albenspitzen und Kommuniontücher gebrauche man einen kräftigeren Faden als für Spitzen zu Superpelliceen oder Altartüchern. Spitzen sollen

nicht zu locker gestrickt sein, da sie sich in diesem Fall allzusehr ziehen. Was die Musterung anlangt, so passen für Spitzen am besten geo- metrische Figuren. Ein Beispiel einer solchen geometrischen Musterung bietet Bild 34. Das Muster ist einem Besatz des Kleides der allerseligsten Jungfrau im Aachener Münster entnommen. Die Spitze ist sehr geschmack- voll und leicht auszuführen. Man beginnt mit einem Aufschlag von 110 Maschen und strickt stets rechts. Die Hohlmaschen des Grundes werden auf der 2., 6., 10.. 14. usw. Nadel gearbeitet, indem man für jede eine Masche abnimmt, einen Doppelumschlag macht und wieder eine Masche abnimmt.

I . i. Gestrickte spitze zu einem Superpelliceum. (Ausgeführt von Frl. J. Sellesseu zu Kornelimiinster.)

Sie müssen versetzt angebracht werden, d. h. so, daß die einzelnen Hohl- maschen jeder folgenden Reihe zwischen diejenigen der vorhergehenden zu liegen kommen. Man erreicht das dadurch, daß man sie um zwei Maschen vorrücken läßt. Das Band, welches das Muster bildet, zählt 8 bzw. 10 Ma- schen: 10, wenn die zu der Hohlmasche am Anfang und Ende des Bandes gehörende Masche zum Bande hinzugerechnet wird, ohne diese beiden Maschen 8. Der feste Rand besteht ähnlich aus 14 bzw. 15 Maschen.

3. Das Häkeln von .Spitzen. Dankbarer noch fast als Stricken ist bei Anfertigung von Spitzen für Paramente das Häkeln, einmal, weil es aus- giebigerer und vielseitigerer Verwendung fähig, und dann, weil es leichter ist.

96

Es wird darum auch tatsächlich mit Vorliebe zur Herstellung derartiger Spitzen und Einsätze gebraucht, und es gibt der Muster, die für ge- häkelte Param entenspitzen im Umlauf sind, eine große Menge. Aller- dings sind nicht alle gleich empfehlenswert und brauchbar. Ranken in die Spitzen hineinzuhäkeln ist nur dann am Platz, wenn sie ausgesprochen stilisiert sind, oder wenn sie nach Art der Renaissancespitzen, d. i. mit verbindenden Stegen gearbeitet werden. Inschriften werden in gehäkelten Spitzen leicht steif und unförmlich. Am empfehlenswertesten sind geome- trische Muster und Sterne, welche denn auch heute mit Recht bevorzugt

Bild 35. Gehäkelte Spitzen zu einem Superpelliceum.

werden. Zwei einfache, leicht ausführbare, aber gefällige und wirksame Muster enthält Bild 35.

Ein Fehler, den man bei gehäkelten Spitzen und Einsätzen nicht selten macht, besteht darin, daß man zu ihnen zu dickes Häkelgarn verwendet, Dir notwendige Folge davon ist, daß sie schwer und grob aussehen. Es ist nicht nötig, daß man das Muster, wie man wohl irrig meint, von jedem Punkt der Kirche aus vollständig und deutlich zu erkennen vermöge. Was für Harn müßte man in diesem Falle zu Spitzen gebrauchen, die für einen Dom bestimmt sind?

Vor allem wird man sich bei der Auswahl der Garnnummer gerade wie bei gestrickten Spitzen nach dem besondern Zweck zu richten haben, für den

97

die Arbeit bestimmt ist. Man wird daher beispielsweise zu Albenspitzen einen kräftigeren Faden nehmen, als zu Altartuchspitzen. Dann kommt für die Stärke des Garnes das Muster in Betracht. Eine dichtere Musterung er- fordert einen feineren Faden als eine klarere und umgekehrt. Endlich wird man bei der Auswahl des Garnes auch die Behandlung in Berechnung ziehen müssen, welche die fertige Spitze voraussichtlich finden wird. Sieht man z. B. voraus, daß diese beim Waschen in minder erfahrene oder minder zarte Hände kommen wird, so tut man gut, ein kräftigeres Garn zu verwenden. Immer aber muß die Regel bleiben: kein zu grober Häkelfaden.

Es besteht vielfach ein Vorurteil gegen gehäkelte Spitzen. Der Grund davon liegt zum Teil in der unpassenden Musterung, mit der man sie nur zu häufig versieht, zum Teil, vielleicht gar zum größeren, darin, daß zu dickes Häkelgarn gebraucht wird. Das eine wie das andere macht die Spitze unschön und ungefällig.

Die Technik des Häkeins ist sehr einfach. Es sind auch hier nur ein paar allgemein bekannte Manipulationen, mit denen man sich vertraut zu machen hat. Wer in der Herstellung von sog. Luftmaschen, festen Maschen, Stäbchen (halben, ganzen, zwei-, drei- und vierfachen Stäbchen), Kreuzstäbchen, Wickel- stäbchen und den verschiedenen Arten von Pikots (Zäckchen) heimisch ist, wird ohne Schwierigkeit Spitzen und Einsätze, wie sie kirchlichen Zwecken entsprechen, anfertigen können. Eine Reihe von Manipulationen, die beim Verfertigen profaner Häkelarbeiten, wie Decken, Kleidchen und ähnlicher Sachen von Wichtigkeit sind, haben für die Herstellung von Spitzen (Ein- sätzen) für Paramente wenig oder keine Bedeutung. Dahin gehört z. B. die Reliefhäkelei, der Deckenhäkelstich, der Schlingenstich, der tunesische Häkel- stich, das Muschenhäkeln und ähnliches.

Zweites Kapitel. Die Maschenspitzen.

1. Das Arbeitsinaterial. Sehr zu empfehlen ist zum Zweck der Ver- zierung von Linnenparamenten die Anfertigung von Maschen- oder Filetspitzen. Es ist das eine ebenso leichte wie wirkungsvolle Arbeit. Man kann den genetzten Grund, den man zu ihnen nötig hat, selbst mit Hilfe von Netz- schütze (Filetnadel) und Netzwalze herstellen; besser wird man aber tun, ihn fertig zu kaufen. Zur Ausführung der Filetspitzen bedarf man langer, stumpfer Nadeln und eines rechteckigen Rahmens, auf den man das Netz aufspannt. Das Aufspannen hat mit der nötigen Sorgfalt zu ge- schehen, damit der Netzgrund sich nicht verzieht. Man nimmt zum Ein- arbeiten des Musters am besten stark gezwirnte Fadensorten. Weicheres Stopfgarn füllt allerdings besser, wird aber nach einigem Waschen bald locker und unschön.

2. Die Technik der Maschenspitzen. Es gibt eine Reihe von Stichen, welche zur Ausfüllung des Netzgrundes und zur Ausführung des Musters dienen. Wir lassen hier die gebräuchlicheren folgen.

Braun, Winke für Paranientenanfertigung. '

98 -

a) Der Stopf stich (Bild 36 a1). Man führt den Faden durch die aus- zufüllenden Quadrate so lange hin und her, bis diese ganz gefüllt sind. Die Zahl der Fadengänge ist bedingt durch die Stärke des Fadens. Die Fäden müssen sich möglichst dicht und fest aneinanderlegen.

b) Der Linnenstich (Bild 36b). Hat man den Stickfaden an einem der Netzknoten der auszufüllenden Quadrate befestigt, so führt man ihn in senkrechter Richtung so oft durch den auszufüllenden Kaum, daß auf jedes Quadrat vier oder sechs Fäden kommen. Dabei müssen die einzelnen Fäden abwechselnd bald über bald unter den sie kreuzenden Netzfäden herlaufen, an

Bild 36. Die Elemente der Maschenstickerei, a Stopfstich, b Linnenstieb, c Würfel, d und e Spinnen, f und g Zick- zack, li Diagonale (Netzstich), i Schlingenstich mit Diagonale, k Gitter- stich, 1 und m Kreuzstich, n Bogen, o freiliegendes Blatt.

den Enden aber sich um den das Feld begrenzenden Netzfaden herumziehen. Ist der ganze zu bestickende Raum in senkrechter Richtung aufgefüllt, so durch- zieht man ihn mit dem Stickfaden in ebenso vielen Gängen auch in horizon- taler Richtung, wobei man diesen sowohl beim Hingehen wie beim Zurück- gehen in regelmäßigem Wechsel das eine Mal über, das andere Mal unter den einzelnen senkrechten Fäden (Netzfäden wie eingezogenen Fäden) hergehen

1 Bild 36 und andere ähnliche, welche die Ausführung von Stichen darstellen, sind ab- sichtlich in größerem Maßstab ausgeführt worden, damit der Fadengang klarer zu Tage trete. Beim Sticken wird mau sich selbstredend eines feineren Fadens bedienen.

99

läßt. Es geschieht das am einfachsten in der Weise, daß man mit der Nadel abwechselnd einen Faden aufnimmt und dann den folgenden übergeht.

Der Linnenstich kann auch ohne Benutzung des Grundes lose über dem- selben ausgeführt werden. Man hat in diesem Falle die senkrechten und wag- rechten Fäden, deren Zahl stets ungerade sein muß (5 7 9 usw.), so über den genetzten Grund zu spannen, daß sie sich zwar an den Enden um die den auszustickenden Raum begrenzenden Netzfäden ziehen, im übrigen aber dem Grund lose aufliegen.

c) Der Schlingenstich (Bild 36 i). Er dient vornehmlich zur Aus- füllung und Belebung des Grundes. Seine Ausführung bietet keine Schwierig- keiten. Der Arbeitsfaden macht zur Herstellung einer Schlingenstichreihe einen doppelten Fadengang. Auf dem ersten wird er von links nach rechts eingeschlungen, auf dem zweiten aber, d. i. auf dem Rückweg zum Aus- gangspunkt, von rechts nach links. Alle Schlingen müssen bis zur Mitte der senkrechten Seiten der Quadrate reichen. Auf dem Rückweg verknüpft man die Schlingen des zweiten Ganges mit denen des ersten, indem man den Arbeitsfaden über den auf dem Hinweg angebrachten Schlingen hinter den senkrechten Netzfäden hergehen läßt. Bild 36 i gibt eine klare Darstellung des Fadenganges.

Werden mehrere Schlingenstichreihen übereinander ausgeführt, so muß der Arbeitsfaden allemal auf dem Weg von links nach rechts in der Mitte der wagerechten Seiten der Quadrate nicht bloß um den Netzfaden ge- schlungen, sondern, damit ein Verschieben der Schlingen unmöglich gemacht werde, auch durch die an dieser Stelle bereits vorhandene Schlinge der darüber- liegenden Schlingenstiehreihe geleitet werden.

d) Der Würfel und die Spinne. Der Würfel (Bild 36 c) wird über zwei sich überkreuzenden Netzfäden oder was dasselbe bedeutet, über vier in einem Punkte zusammenstoßenden Netzstäbchen gearbeitet. Der Arbeitsfaden wird in der Richtung von links nach rechts beständig im Kreis um den Kreuzungspunkt geführt und , so oft er dabei einen Netzfaden passiert , von oben nach unten um diesen herumgelegt. Sollen die Rippen, welche hierbei auf der Hinterseite des Würfels entstehen, auf der Vorderseite liegen, dann muß der Arbeitsfaden unter dem Netz um den Kreuzungspunkt ge- leitet und von unten nach oben um die Netzfäden geschlungen werden.

Die Spinne (Bild 36 d und e) wird über acht Fäden hergestellt. Es müssen darum, ehe man den Spinnenkern bildet, noch vier Diagonalfäden eingeknüpft werden. Man geht hierbei, wenn es sich um eine vereinzelte Spinne handelt, folgendermaßen zu Werk. Nachdem man den Arbeitsfaden am Mittelknoten des großen Quadrates befestigt hat, führt man ihn von da zu einer der Ecken und von hier unter mehrmaligem Umwinden wieder zum Mittelpunkt, Hierauf verbindet man diesen in gleicher Weise mit der zweiten, dritten und vierten Ecke und beginnt dann mit der Bildung des Spinnenkernes.

Handelt es sich aber um mehrere nebeneinanderstehende Spinnen, so geht man am besten von der gemeinsamen Ecke der Quadrate aus, in welchen sie angebracht werden sollen, indem man den Arbeitsfaden von dort zum Mittelpunkt eines dieser Quadrate und von hier nacheinander zu dessen

100

drei andern Ecken leitet . dann den Spinnenkern einschlingt und zuletzt den Arbeitsfaden durch den fertigen Kern hindurch zum Ausgangspunkt, d. i. zu der den Quadraten gemeinsamen Ecke, zurückgehen läßt, um von dieser aus denselben Prozeß bei den andern Quadraten zu wiederholen. Wenn man den Arbeitsfaden von den Ecken wieder zum Mittelpunkt und nach Fertigstellung des Spinnenkernes vom Mittelpunkt zur ersten Ecke zurückführt, hat man ihn unterwegs einigemal um den die einzelnen Ecken mit dem Mittelpunkt be- reits verbindenden Faden zu winden.

Die Ausführung des Spinnenkernes kann erstens nach Art des über vier Fäden gearbeiteten Würfels, also unter Bildung von Rippen auf der Hinter- seite oder auf der Vorderseite des Kernes erfolgen ; zweitens kann sie mittelst Einflechtens geschehen , indem man den Arbeitsfaden im Kreis abwechselnd über und unter den einzelnen Spinnenfäden herführt. Die Kunden beginnen dabei entweder immer wieder mit dem gleichen (Bild 36 d S. 99), oder unter Übergehung eines Spinnenfadens mit dem jedesmaligen folgenden Faden (Bild 36 e). Die Spinne erhält in beiden Fällen ein ganz verschiedenes Aussehen.

Sehr reich gestalten sich Spinnen, wenn man sie mit einer durch Schiingen- stiche gebildeten Einfassung versieht , doch ist solches natürlich nur bei größeren Netzmaschen möglich.

Bild 37. Elemente des Maschenstickens : Zäckchen.

e) Zäckchen. Zäckchen, welche vielfach zur Ausführung von Blättern, Knospen, Sternen und ähnlichem Verwendung finden, können auf verschiedene Weise hergestellt werden. Das auf Bild 37 a wiedergesehene Zäckchen wird über einem von zwei Ecken zur Mitte der gegenüberliegenden Seite ein- gespannten einfachen oder doppelten Faden im gewöhnlichen Stopfstich aus- geführt. Soll der Band des Zäckchens kräftiger hervortreten, das Innere aber weniger dicht sein, so macht man jedesmal, ehe man den Arbeitsfaden von der einen Seite zur andern führt, über dem Einlagefaden einen doppelten Schlingstich.

Das Zäckchen (Bild 37 b) wird über einem von der Mitte der einen Seite eines Netzquadrates zur Mitte der gegenüberliegenden gezogenen, aus einem Doppelfaden bestehenden Stäbchen gearbeitet. Man bildet es, indem man den Arbeitsfaden in beständigem Wechsel von der einen zur andern Seite des Stäbchens führt und ihn dabei auf jedem Gang so um dasselbe windet, daß sich auf der Rückseite des Zäckchens gerade wie beim Würfel eine schnur- ähnliche Rippe bildet.

Will man Zäckchen mittelst kleiner Schlingen herstellen, die in Reihen übereinander angebracht sind, so verfährt man ähnlich, wie es auf Bild 44 a

- IUI

und d (S. 110) angedeutet ist. Man beginnt mit etwa 7 Schlingen. Die Zahl der Schlingen muß in jeder Reihe um eine abnehmen. Die letzte Schlinge wird in der Mitte des oberen bzw. unteren Netzfadens befestigt, je nach- dem man mit der Ausführung des Zäckchens am unteren oder oberen Netz- faden begann.

Bei dem Zäckchen Bild 37 c wird der Arbeitsfaden an der einen (längeren) Seite mit einem doppelten Schlingstich am Netzfaden befestigt, während er an der andern bloß um den Netzfaden herumgezogen wird.

f) Dreiviertelkreise oder Bogen (Bild 36n S. 98). Sie werden zur Herstellung von Blümehen verwendet, Kleinere Bogen werden über vier

Bild 38. Maschenspitze für ein Altartuch.

im Kreuz aneinanderstof3enden Netzstäbchen und einem vom Mittelpunkt dieses Kreuzes zur gegenüberliegenden Ecke gespannten Doppelfaden, größere über vier Netzstäbchen und drei Diagonalfäden gearbeitet. Kleine Bogen decken die Netzstäbchen nur bis zur Mitte, große dagegen bis zum Ende. Die Aus- führung erfolgt ähnlich wie bei einer achtfädigen Spinne, nur daß der Arbeits- faden sich hier abwechselnd von links nach rechts und dann wieder von rechts nach links bewegt. Beispiele einfacher, aus kleinen Bogen gebildeter Blümchen finden sich auf Bild 38. Um reichere Rosettchen herzustellen, fügt man zwischen je zwei Bogen ein Zäckchen ein.

102

g) Der Zickzack. Er kann, wie Bild 36 f und g (S. 98) zeigen, in doppelter Weise gebildet werden. Bei Bild 36 f ist der Arbeitsfaden an den Spitzen des Zickzacks ohne Schlinge um den senkrechten Netzfaden geführt, bei Bild 36 g dagegen unter Bildung einer Schlinge. Die Zickzackreihen werden entweder wie in Bild 36 f wellenartig über bzw. nebenein- ander angebracht, oder wie z. B. in Bild 36 g ineinander versetzt. Der Zickzack läßt sich in den mannigfaltigsten Variationen zur Belebung des Grundes verwerten.

h) Die Diagonale (Netzstich). Man bedient sich zu ihr entweder eines einfachen oder eines doppelten Fadens. Wird ein Doppelfaden ver- wendet, so müssen die beiden Fäden schnurartig umeinandergedreht werden; außerdem ist dafür Sorge zu tragen, daß an den Ecken der Maschen der eine Faden über, der andere unter dem Knoten herläuft. Gewöhnlich werden die Diagonalen nur in Form einander überkreuzender Diagonalen aus- geführt (Bild 36 h und i). Die aus einem Faden bestehenden Diagonalen sind nur in Verbindung mit andern Stichen, z. B. Schiingenstichen (Bild 36 i), die aus zwei ineinandergedrehten Fäden bestehenden (Bild 36 h) dagegen auch für sich allein brauchbar. Um Bild 36h auszuführen, spannt man in den Netzgrund zunächst einfache einander kreuzende Diagonal- fäden ein und windet dann um diese den zweiten Faden schnurartig herum.

i) Der Kreuzstich. Er besteht aus doppelten Dia- gonalfäden , die einander überkreuzen , ohne sich jedoch schnurartig zu umwinden, und wird, wie Bild 36 e und m Bild 39. Stern. zeigen, auf zwei verschiedene Weisen hergestellt. Beide sind gleich trefflich und empfehlenswert, k) Der Gitterstich. Bild 36 k gibt an, wie er ausgeführt wird. Die Stäbchen können, wie die Abbildung andeutet, in den Maschen, anstatt nur senkrecht oder wagrecht, auch abwechselnd bald senkrecht bald wag- recht, angebracht werden.

1) Lose über dem Grund angebrachte Verzierungen (Bild 36 o und Bild 38 S. 101). Sehr schön wirken kleinere, lose, d. i. nur an den Enden befestigte, über ungefülltem oder mit dem Linnenstich gefülltem Grund gearbeitete Ornamente. Zur Herstellung eines zweiteiligen Blättchens (Bild 36 o) werden vier, zu der eines dreiteiligen fünf Fäden über den Grund gespannt. Das Durchziehen des Querfadens erfolgt mittelst des Stopfstiches. An den Enden müssen die Stiche fester angezogen werden als nach der Mitte zu, damit das Blättchen an den Enden sich zuspitze. Ferner ist darauf zu achten, daß die einzelnen Stiche möglichst dicht aneinanderliegen. Ein treff- liches Beispiel für die Verwendung lose über dem Grund gearbeiteter Blättchen bildet die auf Bild 38 wiedergegebene Spitze eines Altartuches mit ihren reizenden Bäumchen und Zweigen.

Bild 39 stellt die Ausführung eines über einem sechzehnmaschigen Quadrat hergestel 1 ten S t e r n e s oder sternartigen Blümchens dar. Zuerst wird der Arbeitsfaden je dreimal in der Richtung der beiden Diagonalen und dann ebenfalls je dreimal in der des mittleren senkrechten und wagrechten Netz-

103

fadens in das Quadrat eingeschlungen. Den Ausgangspunkt bildet hierbei jedesmal der Mittelpunkt des Quadrates. Schließlich wird der Arbeitsfaden über dem Netz vier- bis fünfmal so zwischen den acht Strahlen im Kreise herumgeführt, daß er die schrägen aufnimmt, die senkrechten und wag- rechten aber übergeht.

Um Blumenstengel (Bild 38 S. 101) herzustellen, spannt man zwei, drei oder vier Fäden lose über den Netzgrund und umwickelt sie dann dicht mit dem Arbeitsfaden. Ist der Stengel lang, so tut man gut, ihn hie und da mit Hilfe eines mit dem YVickelfaden ausgeführten Schlingstiches an den Netzfäden zu befestigen.

m) Einfassung. Blatt- und Blumenmuster versieht man zweck- mäßigerweise mit einer Einfassung, indem man sie mit einem kräftigen gedrehten Faden umzieht (Bild 38). Ein derartiges Konturieren des Musters hebt dasselbe ungleich deutlicher vom Netzgrunde ab als das bloße Aus- stopfen. Kleine im Linnenstich ausgeführte Blümchen kann man auch , um sie hervorzuheben, um den Rand herum mittelst des Arbeitsfadens kor- donnieren, d. i. schnurartig umwickeln oder festonnieren , d. i. mit Schling- stichen einfassen.

n) Abschluß (Bild 38). Spitzen muß man unten mittelst Schlingstichen ein Abschluß geben, sowohl um den Rand zu kräftigen, als ihn wirkungs- voller zu gestalten, gleichviel ob man die Spitzen in großen oder kleinen Zacken oder geradlinig enden lassen will. Die Schlingstiche werden ausgeführt, wenn sich das Netz noch auf dem Rahmen befindet. Es ist ratsam, ihnen zwei oder drei Fäden zu unterlegen , damit die Einfassung solider wird und deutlicher hervortritt. Man darf die Spitze erst vom Rahmen nehmen und den überflüssigen Stoff wegschneiden, wenn man den Saum ganz fertig- gestellt hat.

3. Praktische Bemerkungen. Zum Schluß noch einige praktische Bemerkungen. Erstens: Man nehme zur Herstellung von Maschenspitzen stets feinmaschigen Netzgrund. Ein feinmaschiger Grund gestattet eine feinere, zierlichere Musterung als grobmaschiger. Wenn man die Maschenspitzen vielfach weniger schätzt, als sie es verdienen, so kommt das daher, daß man bei ihnen zu weitmaschiges Filet verwendet, und die Spitzen infolgedessen entweder zu grob und zu plump oder zu durchlöchert aussehen. Zweitens: Man bediene sich zu Maschenarbeiten nur geknoteten Netzgrundes. Es gibt auch eine ungeknotete Sorte , bei welcher ein um die einzelnen Vertikal- fäden sich windender ganz dünner Faden die Querfäden an den Vertikalfäden befestigt. Sie ist, wie leicht begreiflich, wenig haltbar. Es braucht das zarte Fädchen nur zu schleißen, und das Netz zerfällt alsbald.

Drittes Kapitel.

Die Tüllspitzen.

1. Das Arbeitsmaterial. Im allgemeinen sind Tüllspitzen für Paramente nicht sonderlich empfehlenswert. Sie lassen sich, wie schon bemerkt wurde, am ehesten noch bei Superpelliceen, Rochetten und Altartüchern verwenden.

104

Zur Anfertigung feinerer Tüllspitzen nehme man einen möglichst fein- maschigen Tüll, für derbere sog. Erbstüll. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß nur .solider Tüll verwendet werden darf.

I >er Arbeitsfaden kann aus Seide , aus Linnen oder aus Baumwolle be- stehen. Seine Stärke richtet sich nach dem Charakter des Musters, nach der Art des Tülls und nach der Feinheit, welche man der Spitze zu geben beab- sichtigt. Der Faden darf nur wenig gedreht sein, damit er besser füllt und zugleich sich besser verarbeitet. Er sei stets von weißer Farbe, es sei denn, daß man der Spitze einen cremefarbigen Ton zu geben wünscht.

2. Die Technik der Tüllspitzeii. Sie ist im wesentlichen die gleiche, wie bei der gewöhnlichen Stickerei. Die Stiche, welche bei ihr vornehmlich zur Verwendung kommen, sind der Stielstich, der Atlasstich, der Köperstich, der Kettenstich und der Plattstich 1.

Handelt es sich beim Muster, das die Spitze erhalten soll, nur um ein- fache geometrische Figuren oder um kleine sog. Streumuster (über den Grund zerstreute Blättchen, Blümchen, Ringe, Sterne und ähnliches), so stickt man es dem Tüll unmittelbar, d. i. ohne Benutzung einer besondern Vorzeichnung, ein. Besteht es dagegen aus Ranken, Blumen werk, Symbolen und ähnlichem, so muß man unter dem Tüll eine Kopie des- selben anbringen, die man durch Auf- oder Durchpausen auf zähem Seidenpapier herstellt und auf die Unterseite des Tülles mit großen Stichen aufnäht. Die Ausführung des Musters kann in diesem Fall in mehrfacher Weise erfolgen :

a) In bloßer Konturenstickerei, indem man lnld 40. Millmuster für . .

Tüllgrund slcn l'anut begnügt, außer den Umrissen nur die nötigen

Innenlinien , wie Adern , Staubfäden , Ringe, Schatten- striche u. dgl. dem Tüll einzusticken. Die Umrisse müssen sehr kräftig, jedenfalls aber stärker als die Innenlinien sein, weil das Muster sonst zu wenig vom Grund hervortreten und zu matt und eintönig wirken würde.

b) In Aussparstickerei, indem man nach Konturierung der Zeich- nung zur deutlicheren Hervorhebung derselben den freien Grund mit Füll- stichen ausfüllt. Die einfachste Weise ist, daß man ihn in wag- rechter oder schräger Richtung oder im Zickzack mit Fäden durch- zieht. Sehr dicht wird der Tüllgrund , wenn man zugleich wagrecht und schräg oder zugleich schräg nach links und rechts Fäden einzieht. Wenn man Zickzacklinien zur Ausfüllung des Grundes anwendet, so müssen dieselben zum wenigsten drei Maschenreihen umfassen. Man darf also den Arbeitsfaden nicht schon in der zweiten , sondern erst in der dritten oder vierten Maschenreihe von neuem in den Tüll eintreten bzw. aus ihm hervor- kommen lassen. Die Zickzacklinien können sich entweder ineinanderschieben oder mit den Ausgangs- und Endpunkten aneinanderstoßen. Sehr wirksam ist eine Verbindung des Zickzacks mit einer Reihe aufeinanderfolgender Drei-

TSZSZWXZaZ WVXAAA

1 Siehe Näheres über diese Stiche und die später erwähnten Stickweisen im Abschnitt, der von der Stickerei handelt.

105

ecke. Es erscheint in diesem Fall der Grund wie mit sternartigen Figuren bedeckt (Bild 40). Um den Tüllgrund besser abzudecken und der Arbeit ein schöneres, ebenmäßigeres Aussehen zu verleihen, empfiehlt es sich, beim Durchziehen des Fadens statt einfacher Stiche Doppelstiche zu machen.

c) In Voll Stickerei, indem man den Tüllgrund frei läßt, das Muster aber entweder im Plattstich, Köperstich oder Kettenstich dicht ausfüllt oder horizontal, schräg, im Zickzack usw. mit Füllfäden durchstopft.

Hierbei markiert man die Innenlinien des Musters am wirksamsten dadurch, daß man an den betreffenden Stellen den durchsichtigen Tüllgrund zum Vorschein kommen, also unbestickt läßt.

Auf dem Grund zwischen dem Muster bringt man nur da, wo die Brechung und Belebung größerer, eintönig wirkender Flächen solches erheischt, vereinzelte kleine Ornamente, sog. Streumuster, wie Ringe oder Sterne an. Im übrigen bleibt er ohne Füllung.

d) In Applikationsarbeit, indem man Blätter, Blumen und sonstige größere Teile des Musters durch Aufnähen feinen Battistes herstellt. Es geschieht in folgender Weise (Bild 41). Man paust auf den Battist das Muster auf, heftet ihn dann mit langen Stichen auf den Tüllgrund fest, zieht durch Battist und Tüll hindurch mit einfachen oder dop- pelten Vorstichen die Umrisse des Musters nach , umstickt diese Vorstiche dicht mit Schlingstichen, schneidet vorsichtig um die Schlingsticheinfassung allen überflüssigen Bat- tist ab und stickt zum Schluß die notwen- digen Innenlinien (Adern, Rippen usw.) ein. Feinere Partien des Musters, wie zarte Ran- ken, Knospen, Beeren und ähnliches werden Bild 41. Aufnäharbeit aufTüllgrund. in gewöhnlicher Vollstickerei gearbeitet.

Es ist ratsam, sich zu Spitzen, die in Voll- und Applikationsstickerei ausgeführt werden sollen, des Stickrahmens zu bedienen, da sie so ungleich exakter werden, als wenn sie aus freier Hand hergestellt werden.

In welcher Weise man im einzelnen Fall eine Tüllstickerei am besten ausführt, ob mittelst bloßer Umrißstickerei, mittelst Ausfüllung des Tüll- grundes, mittelst Ausfüllung des Musters oder in Applikationsmanier, hängt, abgesehen von der Geschicklichkeit der Stickerin, vornehmlich von der Art der Vorlage ab. Bei der einen wird es vorzüglicher wirken, wenn man das Muster gleichsam aus dem Grunde ausspart, bei einer andern empfiehlt es sich mehr, sie in Weise einer Umriß- oder Vollstickerei zu arbeiten.

Als Vorlagen für Tüllspitzen können in der Vorlagensammlung des Ver- fassers die Entwürfe Tafel I, Nr 12 3; II, Nr 1 2 ; III, Nr 1 ; VI, Nr 1 : XV, Nr 2; XIX, Nr 4 dienen.

Damit die Spitzen am Rand nicht einreißen und zugleich einen ge- fälligeren Abschluß bekommen, versieht man sie daselbst, gleichviel ob sie geradlinig, in Bogen oder in Zacken enden sollen, mit einer Einfassung. Man durchzieht zu dem Ende den Tüll, während er sich noch auf dem Stick-

ra^iit».-(fc*Siyw;.

lOß

rahmen befindet, in Form des Saumes, den man der Spitze geben will, mit zwei oder, weil so die Unibordung an Breite und Solidität gewinnt, besser mit drei Fäden und übernäht dann diese doppelte, beziehungsweise dreifache Fadenreihe dicht mit Schlingstichen. Um die Einfassung mit feinen Zäckehen zu verzieren, braucht man nur nach jedem einzelnen, jedem zweiten oder jedem dritten Stich ein Schlingenzäckchen anzubringen (Bild 43 b S. 108). Der überschüssige Teil des Tülles wird erst weggeschnitten, wenn man die Einsäumung fertig gestellt und die Spitze vom Rahmen genommen bat.

Viertes Kapitel. Die irischen Spitzen.

1. Begriff nud Arbeitsmaterial. Irische Spitzen nennt man aus Litzen oder Bändchen, die ein bestimmtes Muster bilden und durch verbindende Stäbchen zusammengehalten werden, bestehende Spitzen. Sie heißen nach den Litzen, aus denen sie gemacht, auch Litzenspitzen (Point-lace-Spitzen).

Die irischen Spitzen sind heute sehr beliebt, da sie sich bei gutem Muster unstreitig recht hübsch machen und zudem ohne besondere Schwierig- keiten herzustellen sind. Sie kommen auch zur Ausstattung der Paramente nicht selten zur Verwendung. In der Tat dürfen sie als recht brauchbar zur Verzierung derselben bezeichnet werden, wofern sie nur mit angemessener Musterung versehen, solid gearbeitet und genügend dicht sind, Eigenschaften, auf die freilich nicht immer hinreichendes Gewicht gelegt wird.

Das Muster muß groß angelegt sein, klar in die Erscheinung treten und alle unruhige, willkürliche Linienführung streng vermeiden. Daß es aus Rankenwerk bestehe, ist keineswegs nötig, damit die Spitze für Paramente Verwendung finden könne. Es lassen sich auch Spitzen mit rein linearen Gebilden sehr wohl zur Verzierung von Paramenten gebrauchen.

Die Litzen erheischen keinen bestimmten Stil. Wohl tragen sie, wenn sie mit stilisiertem Muster versehen sind und nicht ein stilloses Bandgewirr darstellen, in der Regel Renaissancecharakter an sich; doch hindert nichts, auch schöne Litzenspitzen gotischen und romanischen Stiles herzustellen. Namentlich eignet sich der romanische Stil wegen der weichen, runden und vollen Formen seiner Ornamente in hervorragendem Maße für irische Spitzen (Bild 42).

Die bei irischen Spitzen zur Verwendung kommenden Litzen werden eigens zu diesem Zweck fabriziert. Man kann sie in verschiedenen Breiten und Ausführungen haben.

2. Technik der irischen Spitzen, a) Die Vorbereitungen. Behufs Herstellung irischer Spitzen werden die Litzen oder Bändchen auf Paus- leinwand oder zähes Papier aufgenäht, auf dem der Gang der Litzen durch parallele Linien, die verbindenden Stäbchen aber durch Striche angegeben sind. Am besten, weil bei der Arbeit für die Augen am ange- nehmsten, ist eine Unterlage aus hellbraunem Papier. Man bringt auf ihm die Zeichnung an, indem man das Muster ein Beispiel bietet

107

^vM-mammmgm

Bild 42. Irische Spitze in romanischem Stil (7s natürl. Größe).

Bild 42 1 auf dasselbe mit blauem Pauspapier auf kopiert und dann die blauen Linien behufs besserer Erkennbarkeit mit Tinte oder Tusche nachzieht. Natürlich darf man hierzu keine Tinte gebrauchen, welche abfärbt.

Das Aufnähen erfolgt mittelst kurzer, oben wie unten gleich langer Heftstiche. Wo die Litze Krümmungen macht, muß sie. soweit das nötig ist.

1 Für den Rand sind etwas breitere Litzen zu nehmen wie für das Muster. Zwischen den beiden Litzen des unteren Randes sind Würfel anzubringen, wie es die Vorlage andeutet. Den gestrichelten Raum zwischen den Litzen des Musters fülle man mit enggestelltem Zick- zack oder etwa mit einem der auf Bild 43 unter f, k oder n dargestellten Stichen. Die das Muster verbindenden Stabchen und Spinnen sind durch Striche und kleine Kreise ausgedrückt. Für die durch gewellte Linien und durch Rauten bezeichneten Teile innerhalb des Musters benutze man einen der auf Bild 44 sich findenden Füllstiche. Den Kreis fülle man nach An- gabe von Bild 48 aus.

108

.im der Innenseite eingehalten und in feine Fältchen gezogen, wo sich eine Ecke findet, sorgfältig unter einem Winkel übereinandergelegt werden.

b) Stäbchen. Zur Verbindung der Bändchen dienen vornehmlich kurze S t ä h c h e n , auch wohl B r ü cken genannt (Bild 43 a). Sie sind entweder g e- dreht oder geschlungen. Um ein gedrehtes Stäbchen herzustellen, führt man einen Faden von dem einen Litzenrand zum andern und von hier unter mehrmaliger Umwicklung des bereits eingespannten Fadenstückes wieder zum Ausgangspunkt. Ein geschlungenes Stäbchen bildet man, indem man zwischen die Litzenränder zwei oder drei Fäden spannt und diese dann mit dicht aneinanderliegenden Schlingstichen bedeckt. Damit hierbei einem unschönen Verdrehen der Stäbchen vorgebeugt werde, muß man den Faden, welcher die Schlingstiche macht, bei Beginn und am Schluß ein wenig von den Einlage- faden entfernt am Hand der Litze herauskommen bzw. wieder hineingehen

1

~t

i

__;1

§

\

Bild 43. Elemente der irischen Spitzen, a Ställehen, b Schlingenzäckchen, c Spitzenzäckchen, d Bogenzäckchen, e verbundene Stäbchen,

f bis n Verbindungsstiche.

lassen. Der Arbeitsfaden wird von dem einen zum andern Stäbchen mit Hilfe von feinen Überwindlingsstichen, die am Rand der Litzen angebracht werden, geführt.

Verbundene oder verzweigte Stäbchen. Bei größerem Abstand der Litzen kann es sich im Interesse der Haltbarkeit der Spitzen als zweck- mäßig erweisen, die einfachen Stäbchen durch verbundene oder verzweigte Stäbchen zu ersetzen. Die Ausführung verbundener, ge- drehter Stäbchen ist zur Genüge in Bild 43 e dargestellt. Um ver- bundene, geschlungene Stäbchen zu bilden, spannt man drei Fäden ein, umschlingt sie bis zur Mitte, führt zur Herstellung des folgenden Stäbchens von hier drei Fäden um eine Nadel herum zu einer der Litzen, bedeckt sie vom Band bis zur Nadel mit Schlingstichen, zieht von der Nadel dann drei Fäden zur zweiten Litze, bringt auch um sie Schlingstiche an und umschlingt schließlich von der Nadel aus das Verbindungsstäbchen und die noch nicht

10'. .1

mit Schlingstichen versehene Hälfte des ersten Stäbchens. Wie man sieht, ist der Gang bei verbundenen, geschlungenen Stäbchen der gleiche, wie bei verbundenen, gedrehten Stäbchen. Die Xadel, um welche man die Fäden leitet, hat nur den Zweck, ein gleichmäßiges Arbeiten zu erleichtern. Geübtere werden sie entbehren können.

Will man das Stäbchen auf beiden Seiten mit Knotenreihen ver- sehen, so muß man von beiden Seiten her über der Einlage Schlingen an- bringen. Dabei müssen die Schlingen der ersten Schlingenreihe so weit von- einander entfernt bleiben, daß zwischen ihnen für die Schlingen der zweiten Reihe genügend Platz bleibt. Ferner muß der Faden bei Ausführung der zweiten Schlingenreihe unter dem die Schlingen verbindenden Fadenstück der ersten Reihe durchgeführt werden.

c) Zäckchen. Von trefflicher Wirkung ist es, wenn man an den mit Schlingstichen überzogenen Stäbchen Zäckchen (Picots) anbringt. Es gibt mehrere Arten dieser Zäckchen, Schlingenzäckehen,Spitzenzäckchen, Wickelzäckchen und Bogenzäckchen. Am einfachsten ist das Schlingenzäckchen (Bild 43b). Man steckt zu dessen Herstellung eine Nadel in einiger Entfernung von dem in Arbeit begriffenen Stäbchen in den Grund, führt den Arbeitsfaden von der Einlage zur Nadel, dann um die Nadel wieder zur Einlage und über die Einlage nach vorn, macht um alle drei Fäden eine Schlinge und zieht sie hart an der Einlage zu einem Knoten zusammen.

Zur Ausführung des Spitzenzäckchens (Bild 43c) wird gleichfalls in kurzer Entfernung von der Stelle, wo das Zäckchen angebracht werden soll, eine Stecknadel in den Grund gesteckt. Hierauf wird der Arbeitsfaden von der Einlage aus um die Nadel geführt, von hier aus um die Einlage gelegt, dann nochmals um die Nadel geleitet und nun von der Nadel an eine Reihe von Schlingstichen - - etwa 4 5 über die Fäden gelegt, bis der Ar- beitsfaden wieder an der Einlage angelangt ist.

Die Ausführung eines sog. Wickelzäckchens lehrt Bild 4bb S. 112). In der Mitte des in Arbeit begriffenen Stäbchens schiebt man die Nadel in die zuletzt angebrachte Schlinge, umwickelt sie etwa zehnmal von links nach rechts mit dem Arbeitsfaden, zieht sie durch und den Faden fest an und fährt mit Umschlingung der Einlage fort.

Um Bogenzäckchen (Bild 43 d), die man vornehmlich am Rand der Spitzen anbringt, herzustellen, bildet man nach Vollendung von etwa drei Vierteln des Stäbchens mit dem Arbeitsfaden einen kleinen, dreifädigen, bis etwa zum ersten Viertel reichenden Bogen, umgibt ihn mit Schlingstichen und vollendet dann das Stäbchen in der gewöhnlichen Weise.

d) Die Spinne. Sind die Litzen weiter voneinander entfernt, so bedient man sich zu ihrer Verbindung statt der Stäbchen der Spinnen. Zuerst werden die Spinnenfäden eingezogen. Es geschieht das in ähnlicher Weise, wie die Ausführung eines gedrehten, verzweigten Stäbchens (Bild 43 e) oder wie das Einspinnen der Diagonalfäden bei Herstellung der Maschen- spitzenspinnen (Bild 36 d S. 98). Hierauf wird in der bekannten Weise der Spinnenkern eingeflochten und schließlich der Arbeitsfaden zum Litzenrand zurückeeleitet.

110

e) Sonstige V e r b i n d u n g s s t i c h e. Parallellaufende Litzen kann man vorteilhaft statt mittelst vereinzelter Stäbchen mittelst des sog. russischen Stiches, eines im Zickzack von Litzenrand zu Litzenrand geführten Fadens (Bild 43 i S. 108), verbinden. Füllt man die einzelnen Dreiecke des Zickzacks von der Spitze bis zur Mitte mit Hilfe des Stopfstiches, so entsteht ein hübsches Zackenmuster (Bild 43m). Man beginnt mit dem Durchziehen des Fadens stets an der Spitze der Dreiecke. Es muß daher der Arbeits- faden immer wieder durch Umwinden von der Mitte zur Spitze des nächsten Dreiecks geführt werden. Von noch reicherer Wirkung ist es, wenn man statt mit einem mit zwei sich kreuzenden Zickzackfäden die beiden Litzen verbindet und dann entweder über den Kreuzungspunkten Würfel anbringt (Bild 43h) oder die einander mit den Spitzen berührenden kleinen Dreiecke wagrecht mit Stopffäden ausfüllt (Bild 431).

Bild 44. Füllstiche.

b e (1 e f li i aus bloßen Schlingen, g k aus Schlingen und Horizontalfäden bestehende Füllstiche.

Drei andere Weisen parallele Litzen miteinander zu verbinden, sind auf Bild 43 unter k f und n dargestellt. Bei allen dreien ist den Hand der beiden Litzen entlang eine Schlingenreihe angebracht. Bei Bild 43 k sind diese Schlingenreihen durch Verschlingung miteinander verknüpft; bei Bild 43 f verbinden russische Stiche die beiden Reihen; bei Bild 43 n sind die Schlingen durch drei oder vier einfache Stiche miteinander verkettet.

Recht empfehlenswert ist endlich, um noch eine Weise anzuführen, auch die in Bild 43 g dargestellte Verbindung paralleler Litzen. Sie besteht aus halben, versetzt an den Litzen angebrachten Stäbchen und hat einige Ähnlichkeit mit einer Doppolleiter. Da ihre Herstellung zur Genüge aus der Abbildung erhellt, bedarf sie keiner weiteren Beschreibung. Bei der Ausführung können die halben Stäbchen, die auf der Abbildung der Deut- lichkeit halber absichtlich in ziemlicher Entfernung voneinander angebracht wurden, näher zueinander gerückt werden.

111 -

f) Füllstiche. Den Kaum innerhalb des von den Litzen ge- bildeten Musters füllt man gewöhnlich nicht mit Stäbchen, sondern mit Hilfe besonderer Füllstiche aus. Diese lassen sich in drei Klassen scheiden, in solche, die lediglich aus Schlingen von verschiedener Zusammen- stellung bestehen, in solche, die sich aus Schlingstichen und gespannten Fäden zusammensetzen, und endlich in solche, welche die Netzstrickerei nach- ahmen. Die Zahl dieser Füllstiche ist sehr groß. Bild 44 zeigt verschiedene besonders brauchbare Arten derselben.

Ist der Raum zwischen den Litzen kreisförmig, so füllt man ihn statt mit horizontalen besser mit konzentrischen Schlingenreihen ; eine andere Weise ist in Bild 48 (S. 114) dargestellt.

g) Abschluß. Den Saum der irischen Spitzen pflegt man, um ihnen unten einen gefälligeren Abschluß zu geben, mit Zäckchen zu versehen. Es eignen sich dazu besonders Bogenzäckchen (S. 109), die man, um die Wirksamkeit zu erhöhen, mit Spitzen- oder Wickelzäckchen (S. 109) verzieren kann. Sollte es sich dabei als zweckmäßig erweisen, die Bogen in einiger Entfernung voneinander anzubringen, so führt man den Arbeits- faden mittelst einiger Überwindlingstiche den Band entlang vom Endpunkt des einen Bogens zum Anfangspunkt des andern. Die Einlage der Bogen hat

aus etwa zwei oder vier Fäden zu bestehen ; auf alle Fälle muß „^

die Zahl der Einlagefäden eine gerade sein, da sonst die Um-

schlingung der Bogen nicht, wie es doch sein soll, in der Rich- tung nach dem Bogenende zu geschehen kann. Bild 45

Schiin genzäckchen stellt man her, indem man den Schlingen- Faden in den Spitzenrand einschlingt, dann die Zäckchenschleife zäckchen. bildet was zur Erzielung gleichmäßig langer Zäckchen am besten unter Beihilfe einer Stecknadel geschieht und nun um den in den Saum eingeschlungenen Faden und die Schleife eine feste Schlinge zieht (Bild 45).

Man läßt die Spitze auf dem Papier, bis sie ganz fertig ist. Dann wendet man es, schneidet die Vorstiche von der Unterseite her durch und zieht die Vorstichfäden aus. Zum Schluß wird die Spitze vorsichtig angefeuchtet und geglättet.

3. Tüll-Litzensnitzeii. Eine Nachahmung der echten Litzenspitzen sind die sog. Tüll -Litzen spitzen. Sie sind im Grunde mehr Tüllspitzen wie Litzenspitzen. Ihre Herstellung ist sehr einfach. Auf die Papierunterlage, auf welche man das Muster aufgezeichnet hat, wird zuerst ein kräftiger, groß- maschiger Tüll mit langen Stichen befestigt. Dann werden die Spitzen mit kurzen Stichen dem Muster entsprechend auf Tüll und Unterlage aufgeheftet und die Ränder entlang mit feinen Überwindlingsstichen am Tüll angenäht. Stäbchen werden zwischen den Litzen nicht hergestellt, weil der Tüll sie überflüssig macht. Wo für den Grund zwischen dem Muster eine Belebung oder Unterbrechung wünschenswert ist, werden Punkte (Bild 41 S. 105), mit Schlingstichen ausgenähte kleine Ringe, Sternchen, Zickzacklinien oder sonstige Verzierungen angebracht.

Die Tüll-Litzenspitzen sind unzweifelhaft nur ein Surrogat und sollen darum nicht gerade empfohlen werden. Es wäre indessen verkehrt, sie schlechthin

112

zu verwerfen. Gut, d. i. sauber, solid und mit Geschmack gearbeitet, geben sie einen passenden und würdigen Schmuck für Altartücher, Superpelliceen und bei genügender Solidität auch für Alben und Kommuniontücher ab.

Fünftes Kapitel. Die Ausnähspitzen.

Die Herstellung der Ausilähspitzen. Mit den irischen Spitzen haben die sog. Renaissancespitzen, nach ihrer Herstellung besser Ausnäh- spitzen genannt, viel Verwandtschaft. Sie sind ein Ersatz für die feinen genähten Venetianer Spitzen. Erfordernis einer guten Vorlage zu Ausiläh- spitzen ist, daf3 die Lücken zwischen dem Muster nicht zu groß sind. Im übrigen können Ausnähspitzen in jeder Stilart angefertigt werden, also

Bild 46. Technik der Ausnähstickerei.

a das Vorzeichnen, b Herstellung mit Wickelzäckrhen versehener Stäbeben, e das Vorstechen, d Ausführung der Umrisse, e Wegschneiden des überflüssigen Stoffes.

nicht blol.i im Renaissancestil . wie der Name vermuten lassen könnte. Der Stil des Musters ist auf die Herstellung und Wirkung von keinem Einfluß. Es lassen sich vielmehr ebenso schöne Ausnähspitzen im gotischen und roma- nischen wie im Renaissancestil herstellen. Als Arbeitsmaterial dient zu Ausnähspitzen feines Linnen und dünnes, offenes oder doch nur wenia gedrehtes Linnengarn. Das Muster wird durch Aufpausen auf das Linnen übertragen und dieses dann mittelst langer Abheftstiche auf Wachstaft aufgenäht.

Man beginnt die Ausführung der Renaissancespitze, indem man mittelst einer einfachen oder doppelten Reihe von Vorstichen die Umrisse nachzieht und an den auf der Zeichnung angegebenen Stellen die Stäbchen oder Brücken anbringt (Bild 16cb). Die Herstellung derselben erfolgt in der gleichen Weise wie bei den irischen Spitzen (S. 108).

- 113

Es ist ratsam, die Ausführung der Stäbchen und Vorstiche gleichzeitig vorzunehmen . indem man an den Stellen . wo sich Stäbchen befinden sollen. mit den Vorstichen absetzt, die Stäbchen herstellt und dann mit dem Vor- stechen fortfährt. Damit der Arbeitsfaden bei Bildung der Stäbchen am Schluß allemal wieder an seinem Ausgangspunkte anlange, muß die Zahl ihrer Einlagefäden stets, eine ungerade, 1. 3, 5 usw. sein.

Sind die Umrisse vorgezogen und die Verbindungsstäbchen eingespannt, so geht man dazu über, die Vorstiche mit Schlingstichen zu überziehen (Bild 46 d). Um der Einfassung ein kräftigeres Relief zu geben, unterlegt man die Schlingstiche mit einem oder mehreren Fäden, welche man die Vor- stiche entlang mit vereinzelten feinen Querstichen am Grund durch die Unter- lage hindurch festheftet.

Je kräftiger die Einfassung hervortreten soll, um so dicker muß die Ein- lage sein. Wünscht man ihr überall die gleiche Stärke zu geben, so kann als Einlage eine Schnur dienen. Ist man mit dem Umschlingen der Bänder fertig geworden, so löst man das Linnen von dem Wachstaft los, feuchtet es an und slättet es. Dann schneidet man mit einer feinen, scharfen Schere vor-

:S3:iliBi:::£: i;Cn:B i 22: H \ El:; B::;;Si ::H:B=-:rB:i;:H. ':iB :S ■'■& -.tf Q \:&r iö-i:!l2!t:!B:;::a;=;!a ;::B: vi± E2: S::"B Mmra^HühB ;:B..:iB--Eh--B ••;8h;23!^ SiiuBiiiffliitBlillB^iE^iBsüHjjjgSB

n *s b o n-^a-a-njz.

B^iBI &: :B -S : ü ■■■&■■■"% üSä-iH; ;::::j3:?E-::!B!!;!a=;nB: :£Z : i'Q HKHiiB^;; 23 £ *2 ß ß - a a €>■ :B B

: am manmz mm^wr

S2isiBH::B: iiEiiüBiTBiiiißiiilßi ;;Q ::KS; js8Sä»:i!:B;ii!E:::;a:i::B;!i £ BnnBJj; BKüHL-2 £3 E ß GS fi-'.S;

Bild 47. Zierstiche.

sichtig den Stoff zwischen dem Muster hart an dessen Umrissen aus (Bild 46 e), wobei man sorgfältig darauf zu achten hat, daß man weder die Einfassung noch die Stäbchen irgendwie verletze.

Um dem Muster nach Herstellung der Umrisse reicheres Leben zu ver- leihen, versieht man es mit Zierstichen oder fügt ihm, wo das am Platz ist. Adern, Rippen, Teilungslinien und ähnliches ein. Es geschieht das im Inter- esse einer saubereren, gleichmäßigeren Arbeit am besten auf dem Stickrahmen. Man spannt den Stoff auf den Rahmen, nachdem man ihn vom Wachstaft losgetrennt hat, jedoch bevor man beginnt, den Grund auszuschneiden.

Beim Aufspannen hat man dafür Sorge zu tragen, daß der Stoff faden- gerad und glatt auf dem Rahmen liegt. Beispiele von Füllstichen bietet Bild 47. Auch der Steppstich, der einfache und gewundene Knötchenstich, der versetzte Stich, der Gobelinstich und der Flechtstich, von denen später eingehend die Rede sein wird, können mit Vorteil zur Verzierung und Be- lebung leerer Flächen des Musters benutzt werden. Andere Mittel sind in leichtem Relief gearbeitete Punkte, kleine mit Überwindlingsstichen oder Schlingstiehen eingefaßte Löchlein und konzentrisch dem Stoff eingestickte Ketten- oder Steppstichreihen.

Braun. Winke für Paramentenaufertigung. 8

114

Zur Ausführung von Blattadern und ähnlichem bedient man sich des

schrägen Stilstiches.

Soll das Innere eines Blattes , einer Blume oder sonst eines Ornaments

nicht mit Zierstichen ausgefüllt, sondern in sog. ä jour Arbeit hergestellt

werden , so grenzt man den Teil , der durchbrochen gearbeitet werden soll,

mit Vorstichen ab, schneidet ihn dann bis an die Vorstiche vorsichtig aus, faßt die Ränder mit Schlingstichen ein und füllt schließlich die Öff- nung mit einem der Füllstiche, von denen bei Besprechung der irischen Spitzen die Rede war ('S. 111). Nur darf hier bei der Ausführung des Füllstiches der Arbeitsfaden von da , wo er in den Rand eintritt, bis zum Punkt, wo er wieder aus demselben herauskommt , nicht in Über- windlingsstichen den Rand entlang geleitet wer- den , wie es bei den Litzenspitzen geschieht. Man hat ihn vielmehr vom Eingangspunkt zum

Ausgangspunkt durch die von den Schlingstichen gebildete Einfassung zu

führen.

Kreisförmige Öffnungen werden am besten mit konzentrisch angebrachten

Füllstichreihen oder nach Angabe von Bild 48 gefüllt.

Am Saum kann man die Ausnähspitzen wie die irischen mit Zäckchen

verzieren. Geeignete Vorlagen für Ausnähspitzen enthält die Vorlagensammlung

auf Tafel IV, Nr 1 2 und Tafel V, Nr 1 und 6.

Bild 48. Füllung eines Kreises.

Zweiter Abschnitt.

Stickereien.

Erstes Keipitel.

Das Stickmaterial.

1. Stickgrund. Das beim Stickgrund zur Verwendung kommende Ma- terial besteht aus dem Stickgrund und dem Stickfaden, bei bestimmten Tech- niken auch in Stoffen , die dem Grund aufgenäht werden , in Kördelchen , in Perlen, Steinen, Zierplättchen und Cantille.

Als Stick grün d kann Linnen, Baum wollzeug , Wollstoff, Seide und Sammet dienen. Seine Beschaffenheit hängt in erster Linie von dem Zweck der Stickerei ab. Handelt es sich um Bordüren für linnene Paramente (Alben, Altartücher usw.), so wird man der Regel nach Linnen als Stickgrund greifen, seltener die Bordüren auf Seide ausführen. Bei Besätzen von Kasein, Fluvialien und ähnlichem verwendet man für die Stickereien Seide oder Sammet als Unterlage, wofern es sich nicht um völlig auszustickende Ar- beiten handelt. Sollen die Besätze nämlich ganz in Stickerei hergestellt werden, so gebraucht man als Stickgrund zweckmäßiger ein mittelfeines bis grobes Linnen- oder Baum wollzeug. Bei Kanzelbehängen und sonstigen

115

aus Wollstoff gemachten Paramenten, wie Tumbatüchern, Lektoriumbehängen und ähnlichem benutzt man am füglichsten den Stoff des Paraments als Stick- grund, weil aufgesetzte, auf Seide ausgeführte Besätze bei ihnen leicht bauschig und brüchig werden.

Die Wahl des Grundstoffes ist zweitens aber auch durch die Technik der Stickerei bedingt. So verlangt der allerdings in der Regel nur für gröbere Arbeiten, wie Behänge. Teppiche, weniger für Kaselkreuze und ähn- liches brauchbare gewöhnliche Kreuzstich als Unterlage Stramin oder ein straminartiges Gewebe, der später zu besprechende Atlasstich als Stickgrund grobes Linnen oder groben Baumwollstoff, während zu einer Abart des Atlas- stiches, bei der die Stichreihen einen schrägen Lauf nehmen, am zweck- mäßigsten kräftig geköperter Seidenstoff als Stickgrund genommen wird. Man achte also bei der Wahl des Stickgrundes sowohl auf den Zweck der Stickerei wie auf die dabei anzuwendende Technik.

Wird die Stickerei auf Seide ausgeführt, so muß man dieser eine Unter- lage aus dünnem Linnen oder Baum wollzeug geben. Man darf aber als solche nur Stoff benutzen, der möglichst wenig einläuft, damit nicht, was allerdings leider nur zu oft geschieht . nachher durch Zusammenlaufen der Unterlage im Stickgrund Falten und Bausche entstehen . ein Übelstand , der nicht nur die Schönheit der Stickerei beeinträchtigt, sondern auch ein rasches Verderben des Grundstoffes zur Folge hat.

Man führe die Stickereien , wenn eben tunlich , stets auf dem Stickrahmen aus. Es gestattet das ein ebenmäßigeres und glatteres Arbeiten. Muß man dem Grundstoff eine Unterlage geben, so spanne man zuerst die Unterlage straff auf den Rahmen auf und dann für sich mit be- sondern Stichen die Seide. Besser ist es jedoch , den Stickgrund auf die Unterlage glatt aufzuheften und hierauf diese so stark auf dem Rahmen auszuspannen, daß auch der eigentliche Stickgrund eine straffe Fläche darbietet.

2. Der Stickfadeu im allgemeinen. Als Stickfäden können linnene, baumwollene, wollene, seidene, Gold- und Silberfäden zur Verwendung kommen. Bestimmend ist dafür auch hier im einzelnen Falle teils die Art und Be- schaffenheit der Stickerei teils ihr Zweck. Besätze für Kasein, Pluvialien und Dalmatiken soll man nie mittelst Wollstickerei herstellen. Selbst Stickereien für Kanzelbehänge, Altarschutzdecken usw. führt man am besten nur in Seide aus. Die etwas größeren Kosten, welche das verursacht, werden reichlich durch die Schönheit und bessere Wirkung der Arbeit auf- gewogen. Wolle sollte man nur bei Teppichen, größeren Wandbehängen, Kissen und ähnlichem verwenden.

Bei Herstellung von Albenbordüren, Kommuniontuchbesätzen, kurz bei Stickereien , die zur Ausschmückung des Kirchenlinnens bestimmt sind, empfiehlt es sich, sowohl um beim Waschen weniger Schwierigkeit zu haben, als auch im Interesse der Haltbarkeit, nur Linnen- und Baumwollstickgarne zu verwenden. Man kann dieselben in Kot, Blau, Braun, Gelb, Grau, Violett, Grün und Schwarz waschecht haben, wenn auch nicht in allen Nuancen. Türkischrotes Stickgarn muß man vor dem Gebrauch gut auswaschen, weil es sonst beim ersten Waschen der Stickereien ausläuft und den Stickgrund

116

rot färbt. Der zur Verwendung kommende Linnen- oder Baumwollfaden soll nur schwach gedreht sein. Je schwächer der Faden gezwirnt ist. um so glatter fällt die Stickerei aus.

Die Stärke des Fadens ist bedingt durch die Feinheit der Stickerei. Je feiner dieselbe sein soll , um so feiner muß auch das Stickmaterial sein. Daher verlangen die Fleischpartien bei der Figurenstickerei einen ungleich dünneren Faden als die Gewänder. Umgekehrt erheischen bei Konturen- stickereien die Hauptlinien, um kräftiger zur Geltung zu kommen, einen stärkeren Faden als die Nebenlinien z. B. die Adern der Blätter, die Schatten- striehe und ähnliches. Ebenso wird man eine für eine Fahne bestimmte Stickerei mit einem dickeren Faden ausführen müssen, als z. B. einen Kasel- besatz. Die Stickerin wird also in jedem einzelnen Falle darüber zu befinden haben , welche Stärke der zur Verwendung kommende Stickfaden besitzen muß. In der Wahl der richtigen Fadenstärke offenbaren sich in hohem Maße feiner Geschmack und guter Sinn.

3. Die Stickseide. Es gibt vier Arten der bei der Stickerei zur Ver- wendung kommenden Seide. Haarseide, Stickseide (auch Filoflosse- seide genannt), Tramavagaseide und Cordonnetseide.

Die Haars eide ist ein äußerst feiner, offener d. i. ungedrehter Faden. Sie dient zur Herstellung zarter, nach Weise einer Federzeichnung behan- delter Figurenstickereien , zur Anbringung leichter Schatten, bei kleineren Figuren zum Aussticken der Gesichter, Hände und Füße, bei größeren zur Ausführung der Augen, zur Markierung der Gesichtszüge und ähnlichem.

Die Filoflosseseide ist entweder ein-, zwei- oder mehrdrähtig, meist aber zweidrähtig. Jeder Draht besteht aus einer größeren oder geringeren Anzahl von Kokonfäden (bis zu ca 12). Die Stickseide ist schwach gedreht. Will man aus zwei Fäden von verschiedener Farbe Fäden von mittlerem Farbenton oder von gemischter Farbe erhalten, so löse man sie in die zwei, drei oder vier Fäden auf, aus denen sie besteht, und verbinde diese dann in einem Verhältnis miteinander, wie es der gewünschte Mittelton oder die ge- wünschte Farbenmischung erheischt. So kann man aus vierdrähtigen dunkel- roten und vierdrähtigen orangefarbenen Fäden drei Übergangstöne bilden, wenn man sie auflöst und dann drei, bzw. zwei oder einen Teil des dunkel- roten Fadens mit einem bzw. zwei oder drei Teilen des orangefarbenen leicht zusammendreht. Man hat es auf diese Weise in der Hand, Mischungen zu schaffen, welche man im Handel nicht oder nur mit Mühe bekommen kann.

Die Tramavagaseide (ungenau auch wohl Flock- und Florettseide ge- nannt) ist eine lose, ungedrehte Seide geringerer Qualität, Sie wird vornehm- lich angewendet, wo man einen Grund durch aufgespannte Fäden abdecken will.

Die Cordonnetseide ist ein mehrfach gedrehter Seidenfaden. Man benutzt sie zu Kettensticharbeiten, zur Ausführung kleiner Blätter und Blümchen, zum Abdecken des Stickgrundes und ähnlichem. Ihre Verwertung ist in der Paramentenstickerei im ganzen eine beschränkte. Für die Nadelmalerei wird eine der Haarseide ähnliche, sehr feine Cordonnetseide angefertigt, die Haar- cordonnetseide. Grobe Cordonnetseide heißt Perlseide: sie kann mit Nutzen zu großen Inschriften und zum Konturieren gebraucht werden.

117

Man verwende zum Sticken nur licht- und waschechte Seide. Was kann es helfen, mit vieler Mühe eine Stickerei herzustellen, wenn diese durch das Licht oder beim ersten Waschen alsbald verbleicht? Das muß notwendig der Stickerin alle Schaffensfreudigkeit rauben.

4. Gold- und Silberfäden. Gold- bzw. Silberfäden werden her- gestellt, indem man um einen seidenen oder baumwollenen Faden die sog. Seele, ein ganz schmales, dünnes vergoldetes, silbernes oder versilbertes Streifchen (Lahn) windet. Beim sogenannten echten Gold- und Silberfaden besteht dieses Streifchen aus vergoldetem Silber, bzw. Silber, beim sog. un- echten aus vergoldetem oder versilbertem Kupfer, beim sog. japanischen aus einem zähen, vergoldeten oder versilberten Papierstreifchen. Man soll beim Sticken niemals unechte Gold- oder Silberfäden brauchen, da dieselben zu leicht schwarz werden. Am sichersten sind gegen Oxydation die japanischen Goldfäden nicht aber auch die japanischen Silberfäden : leider gestatten sie keine allgemeine und unbeschränkte Verwendung, da sie kaum durch den Stoff durchgezogen werden können, ohne daß die Goldpapierauflage zerreißt. Sie sind daher fast nur brauchbar, wo Goldfäden auf den Stoff aufgeheftet werden sollen, etwa zur Herstellung eines Goldgrundes oder einer Einfassung. Die echten Goldfäden lassen sich besser verarbeiten und insbesondere, wenn auch mit Anwendung der nötigen Vorsicht, durch den Stoff führen, ohne Schaden zu nehmen; zu beklagen aber ist, daß die gegenwärtig im Handel befindlichen Goldfäden vielfach zu rasch anlaufen. Das gilt nament- lich vom deutschen Goldgespinst. Das französische wird als haltbarer bezeichnet. Seinen Grund mag das Anlaufen der Goldfaden teils in der Ver- wendung einer schlechten, unreinen Unterlage, teils in der übergroßen Dünn- heit und einem damit verbundenen Kissigsein der Goldschicht, teils in der Unreinheit der Goldschicht haben. Es wäre dringend zu wünschen, daß ein soliderer Goldfaden hergestellt würde. Was kann es helfen, mit vieler Mühe und großen Kosten Goldstickereien herzustellen, wenn sie nicht bloß in kurzer Zeit ihren Glanz verlieren, sondern sogar bald schwarz werden?

Stickereien, bei denen japanische Goldfäden zur Verwendung gekommen sind, müssen vor Nässe behütet werden], da sonst die dem Papierstreifchen aufgelegte Goldschicht Schaden leidet. Zu Silberstickereien gebrauche man nur echten Silberfaden, da der japanische Silberfaden im Gegensatz zum japa- nischen Goldfaden leicht oxydieren soll.

Feiner Gold- und Silberdraht sowie Gold- und Silberplatt, d. i. ein etwas dickerer und breiterer Lahn, als solcher zu Gold- und Silber- fäden verarbeitet wird, kommen in der Paramentenstickerei nicht oder höch- stens bei Goldstickereien, und zwar auch hier nur in sehr geringem Maß zur Verwendung. Mit Recht, da sie sich für Paramentenstickereien nicht eignen. Gold-(Silber-)draht ist zu ungelenk, Gold-(Silber-)platt aber wirkt zu unruhig.

5. Die Stoffe zum Aufnähen. Zu Aufnäharbeiten, von denen später ein- gehender die Rede sein wird , verwende man keine zu dünnen Stoffe , z. B. keinen dünnen Taft, da solche sehr rasch schadhaft zu werden pflegen. Goldstoffe, die man zum Aufnähen verwenden will, müssen solid einge- bunden sein.

118

6. Kordel. Seiden- und Goldkorde] kann nicht bloß zum Einfassen von Stickereien, sondern auch zur Anfertigung von Umrißstickereien benutzt werden, ähnlich wie man bei profanen Stickereien sich der Soutache zur Herstellung von Umrißstickereien bedient. Am wirksamsten sind derartige Stickereien auf Sanimetgrund. Die Kördeichen müssen kräftig gedreht und solid sein. Von Goldkördeichen gilt das, was bezüglich des Goldfadens bemerkt wurde.

7. Perlen, Steine, Zierplättchen, Goldcantille. Wegen Perlen, Steinen und Zierplättchen als Schmuck der Paramente vgl. S. 16. Statt Perlen benutzte man im Mittelalter auch wohl Korallen (Bild 49). Heutzutage wird man nur in den seltensten Fällen in der Lage sein, echte Perlen und echte Steine zu Paramentenstickereien zu verwenden. Es ist deshalb begreiflich, daß man sich statt ihrer mit Glasperlen und falschen Steinen zu behelfen sucht, wenngleich das darum nicht auch schon lobenswert

genannt werden kann. Am ehesten ist noch die Ver- wendung von Glasperlen nicht aber von sog. Wachs- perlen — erträglich. Unechte Steine aber sollte man auf alle Fälle von den Paramen- ten lassen. Daß man im Mittelalter nicht selten neben echten Perlen auch Schmelz- perlen in ziemlichem Um- fang zur Verzierung von Pa- ramenten gebrauchte (Bild 49), erklärt sich leicht, wenn man vor Augen hält, daß dieselben damals entschieden höher im Preis standen als jetzt , wo sie von nahezu keinem Wert sind. Zierplättchen nach mittelalterlichem Vorbild (Bild 50) als Schmuck den Besätzen der Paramente aufzunähen oder überhaupt bei der Paramenten- stickerei zu verwerten, kann so lange unbeanstandet bleiben, als darin Maß gehalten wird. Die zur Verwendung kommenden Zierplättchen müssen gut und solid vergoldet sein, da sie sonst bald ein unschönes Aussehen erhalten. Eine besondere Art von Zierplättchen bilden die sog. Pailletten, kleine runde in der Mitte durchbohrte und am Rand oft mit einem kleinen Kerb versehene Scheibchen. Nur wenn mit großer Beschränkung und an der rechten Stelle benutzt, sind dieselben auf kirchlichen Stickereien von guter Wirkung, andernfalls erinnern sie zu sehr an das Wams der Harlekine.

Unter Goldcantille versteht man ein aus sehraubenartig zusammen- gewundenem Golddraht bestehendes Röhrchen. Man unterscheidet matte, glänzende und krause Cantille. Die matte wird aus rundem Golddraht über einer runden Nadel hergestellt, die glänzende aus geplättetem Golddraht

Bild 49. Mit Korallen und Schmelzperlen bestickte Mitra im Dom zu Haitierstadt.

119

über runder, die krause aus geplättetem Golddraht über vierkantiger Nadel. Die Cantille wird vornehmlich bei der sog. Bouillonstickerei verwendet. Man

Bild 50. Mit Zierplättcben besetzte Mitren im Dom zu Halberstadt.

verarbeitet sie. indem man sie in größere oder kleinere Stückeben schneidet und diese dann mittelst eines durchgezogenen Fadens aufheftet.

- 120 -

Zweites Kapitel. Stickstiche.

1. Der Kettenstich, auch Tamburierstich genannt. Er wird am besten auf dem Stickrahmen mit einer Tamburiernadel, d. i. einer Häkelnadel mit scharfer Spitze ausgeführt. Tamburieren ist im Grund nichts anderes als Häkeln durch einen Stoff hindurch. Wird der Kettenstich auf der Hand mit der Nadel ge- arbeitet, so ist es schwieriger, die Stiche gleichmäßig zu machen. Man kann auch , und zwar sowohl auf der Hand wie dem Stickrahmen , mit einem Doppelfaden mittelst der Nähnadel eine Art von Kettenstich herstellen, indem man allemal den folgenden Stich zwischen den beiden Fäden des vorher- gehenden aus dem Stickgrund herauskommen läßt.

Der Kettenstich ist etwas in Verruf gekommen , seitdem die Stick- maschinen Stickereien im Kettenstich herstellen. Mit Unrecht. Er ist vor wie nach noch sehr zu empfehlen. Es ist nicht schwer, Maschinenarbeit von Handarbeit zu unterscheiden. Die feinen Übergänge und Abtönungen, sowie die genauen Linienführungen , welche mit der Handarbeit leicht zu bewerk- stelligen sind, wird die Maschine, wenn anders sie rentabel bleiben will, nicht erreichen. Der Vorwurf aber, es habe der Kettenstich etwas Gewöhn- liches an sich, trifft nur dann zu, wenn er schlecht ausgeführt wird. Man darf ihn nicht für alles und jedes brauchen. Für < Gesichter , Hände, Füße und ähnliches ist der Stich weniger zu empfehlen. Sehr gut eignet er sich dagegen zu einer kräftigen Konturierung und zur Herstellung von Ranken und Blättern; auch ist er in der Figurenstickerei zur Anfüllung von Ge- wandpartien recht verwendbar. Desgleichen machen sich Kettenstichlinien in den Umrahmungen von Medaillons im Wechsel mit abgehefteten (Goldfäden vortrefflich.

Nur dann wird der Kettenstich wenig Wirkung erzielen, nur dann wird er ordinär, wenn man ihn gedankenlos und ohne Unterschied überall an- wendet oder wenn man stets mit derselben Fadensorte und Fadenstärke arbeitet, gleichviel ob die auszuführende Stickerei einen dünnen oder dicken, einen losen oder gedrehten Faden erheischt. Eine mit der Technik des Kettenstiches vertraute Stickerin vermag mit ihm unter Anwendung feinen Garnes sogar Fleischpartien in großer Vollkommenheit zu sticken, wie das z. B. Stickereien in der St Marienkirche zu Danzig beweisen. Man lasse also das Vorurteil fahren , das sich vielfach gegen den Kettenstich ein- gebürgert hat, und verwende ihn fleißig. Man wird mit ihm, falls man ihn nur nach seinem Charakter und am richtigen Ort gebraucht, vortreffliche Arbeiten herstellen.

Ein besonderer Vorzug des Kettenstiches ist es, daß er, richtig behan- delt, schon durch seine Form und den verschiedenen Gang, den der Faden bei ihm macht, nicht wenig zur Belebung der Stickerei und zur Ver- schmelzung und Abstufung der Töne beiträgt. Man wird ihn deshalb mit Nutzen namentlich zur Anwendung bringen, wo man eintönige, ungebrochene flächen zu vermeiden und schon durch den Stich Leben und Wechsel in die Stickerei zu bringen wünscht.

121 -

2. Der Kreuzstich. Der gewöhnliche Kreuzstich , dessen verschiedene Formen, weil genügend bekannt, einer näheren Erläuterung nicht bedürfen, hat für die kirchliche Stickerei nur eine untergeordnete Bedeutung. Das eigentliche Feld des Kreuzstiches bilden Kniekissen, Teppiche und große Wandbehänge. Hier leistet er als ganzer, halber oder in die Länge gezogener Kreuzstich Vortreffliches. Recht brauchbar ist er auch bei Linnenstickereien mit geometrischer Musterung in Kot, Blau usw. der sog. altdeutschen Linnenstickerei. Im übrigen hat er für die Para- mentenstickerei wenig Wert. Für Kaselkreuze, Dalmatikstäbe und Pluvial- besätze benutze man den Kreuzstich höchstens, um solche nach dem Vorbild mittelalterlicher Borden mit geometrischen Gebilden zu schmücken. Doch verwende man selbst in diesem Falle als Stickgrund nur feinen Stramin und als Stickmaterial ausschließlich Seide. Kreuze und Stäbe, denen unstilisierte Blumenbouquets und Blumengewinde im Kreuzstich aufgestickt sind , müssen als geschmacklos bezeichnet werden.

Eine Abart des Kreuzstiches ist der Fl echt- oder Zopfstich. (Bild 51). Er entsteht, wenn man Kreuzstiche ineinander versetzt. Je nach- dem die einzelnen Stiche mehr oder weniger in die Länge gezogen , dichter oder weniger dicht mein andergearbeitet werden, ist die Wirkung eine ver- schiedene. Der Flechtstich eignet sich besonders % zur Ausführung kleiner Blätter, bei denen er ohne X&v$ tp^WA |jHi6 i weiteres Zutun und ganz von selbst die Hauptader |Y-j //%, \]<$$& markiert. Sind die beiden, die einzelnen Kreuz- ^§J? |<£2*3J \T^ ;J stiche bildenden schrägen Stiche gleich lang (Bild 5 1 b), <^y <z^£^ so fällt dieselbe genau in die Mitte, sind sie un- * b ° gleich lang (Bild 51c), so liegt sie nach rechts oder Bild 51. Flechtsticharten. links, je nachdem der kürzere Halbstich rechts oder

links angebracht ist. Bild 51a stellt eine Form des Zopfstiches dar, bei welcher die Halbstiche erst kurz vor den Enden einander kreuzen.

Der Flechtstich wird zur Ausführung von Ranken, Stengeln, Blättchen, kleinen Blumen, Einfassungen, Bürdchen, schmalen Bändern und ähnlichem gebraucht. Auch ist er zur Einfassung von Medaillons und applizierten Stoff- stücken sehr zweckdienlich.

3. Der schräge Stielstich, eine aus kürzeren oder längeren, sich schräg aneinanderlegenden Stichen bestehende Stichart. Der Stielstich findet eine sehr ausgedehnte Verwendung. Er dient z. B. zur Herstellung von Blatt- und Blumenstielen (daher der Name), von Ranken, Voluten, Blattadern, Teil- strichen, Schattenstrichen usw., namentlich auch zur Ausführung der Um- risse in der Konturstickerei.

Sollen im Stielstich gearbeitete Ranken, Adern und sonstige Linien Re- lief erhalten , wie das beispielsweise in der Weißstickerei am Platz ist , so muß man die Stiche über einer Einlage ausführen. Man unterlegt sie zu dem Ende mit kurzen, sich dicht aneinander anschließenden Vorstichen oder mit Fäden, die man in kurzen Zwischenräumen mittelst eines feinen Querstiches auf dem Grund abheftet. Man muß sich indessen vor allzustarkem Relief und darum vor einer zu kräftigen Einlage hüten.

122

Eine Spielart des schrägen Stielstiches ist der wagrechte Stiel stich. Er unterscheidet sich vom schrägen bloß durch die Richtung der einzelnen Stiche, die bei ihm statt schräg wagrecht verlaufen. Er wird wie der schräge Stiels'tich besonders in der Weißstickerei angewendet, mehr sogar noch als der schräge. Er findet aber gleich diesem auch in andern Stickarten. wie der Seidenstickerei und Goldstickerei, vielfache Verwertung.

4. Der Steppstich, ein kurzer Stich, der vorzugsweise als Zierstich zum Besticken leerer Partien, wie z. B. des Innern von Blumen, Blättern oder Buchstaben gebraucht wird. Die Steppstiche pflegen hierbei bald ohne Ord- nung über den Raum verteilt, bald in wagrechten Reihen nebeneinander- gestellt, bald zu förmlichen Linien (Geraden, Zickzack- oder son- stigen gebrochenen Linien, wie Bogen, Wellen usw.) miteinander verbunden zu werden.

5. Der Knötchenstich. Man unterscheidet den einfachen und den ge- wundenen Knötchenstich. Wie der Steppstich dienen auch sie vornehmlich zur Füllung leerer Flächen. Der einfache Knötchenstich besteht aus zwei kurzen Steppstichen, die denselben Ausgangs- und Endpunkt haben, also ganz nebeneinanderliegen. Um den gewundenen Knötchenstich herzustellen, umwickle man die Nadel, ehe man sie wieder in den Stoff hineinführt, etwa zwei- bis dreimal nach der Spitze zu mit dem Faden und mache dann den Stich. Werden die Knötchen ohne bestimmte Ordnung dicht nebeneinander angebracht, so daß eine gekörnte Fläche entsteht, dann pflegt man den Knötchen- stich auch wohl Sandstich zu nennen. Der Sandstich findet besonders in der Weißstickerei Verwertung.

Will man den gewundenen Knötchenstich mit der Tamburiernadel machen, so umwindet man die Nadel gleichfalls einigemal lose nach der Spitze zu, sticht sie dann durch den Stoff, legt den Faden auf die Nadel und zieht ihn zugleich durch den Stoff und die um die Nadel angebrachten Windungen.

Der geknotete Tamburierstich ist für verstreute Knötchen unbrauchbar. Sehr empfehlenswert ist er dagegen beispielsweise für die Ausführung des Kernes von Blumen, krauser Haare oder der Wolle des Lammes Gottes, weil er ein gekräuseltes, wolliges Aussehen hat. Man verwendet ihn in der Maschinenstickerei, wo er eine besondere Rolle spielt, auch zum Aussticken ganzer Blumen und Blätter, selbst zur Ausführung von Stengeln. Es ist dies jedoch ein durchaus verkehrter Geschmack und eine völlige Verkennung des Charakters und der Wirkung des Stiches.

6. Der Schlingst ich, ein ganz gewöhnlicher Stich, der beim Ausnähen der Knopflöcher zur Anfertigung geschlungener Stäbchen (Bild 43a S. 108) und sonst vielfach benutzt wird und darum einer Beschreibung nicht bedarf. Er findet namentlich bei Herstellung von irischen und Ausnähspitzen eine sehr ausgiebige Verwendung. In der Stickerei wird er im ganzen nur wenig- gebraucht, z. B. zur Einfassung aufgesetzter Stoffstücke.

7. Der Abheftstich (Bild 52 und 57 S. 131). Er dient dazu, Schnüre und Fäden auf einer Stoffunterlage aufzuheften und kommt vornehmlich beim An- legen von Gold-, Silber- oder Seidenfäden zur Verwendung. Er bleibt dabei

123

entweder sichtbar oder wird so tief in den Stoff hineingezogen, daß er für das Auge ganz verschwindet, und der abgeheftete Faden den Eindruck macht, als seifer nicht sowohl aufgeheftet, als vielmehr durch den Grundstoff hindurchgeführt. Um Schnüre oder starke Fäden an- zuheften, kann man sich mit Vorteil auch des gewöhnlichen Nähstiches bedienen. Um denselben möglichst zu verbergen, empfiehlt es sich, die Schnur ein wenig aufzudrehen, ehe man den Stich ausführt, und in die aufgedrehte Stelle den Stich hineinzumachen.

8. Der l'berfangsticli (Bild G4 S. 138). Er ist dem Abheftstich ver- wandt, dient aber nicht zum Festheften, sondern zum völligen oder teilweisen Überdecken aufgenähter Goldfäden. In der Regel geht er über zwei Fäden herüber. Man verwendet ihn zur Herstellung reicher Gewandungen und Borden, besonders aber zur Anfertigung der später näher zu beschreibenden Abdeck- oder Lasurstickereien. Bei Ausführung von Gewändern und Borden brauchen die Goldfäden nicht hart nebeneinanderzuliegen (Bild 64 c), die ein- zelnen Überfangstiche aber müssen so weit voneinander entfernt sein, daß sie die Gold- fäden genügend durch- scheinen lassen , und außerdem müssen sie versetzt, d. h. so ge- stellt werden, daß sie in jeder folgenden Reihe mitten zwischen die Stiche der vorhergehen- den zu liegen kom- men. Bei der Lasur- stickerei (Bild 64 a und b) müssen die Gold- fäden den Stickgrund vollständig bedecken und darum dicht nebeneinander angebracht werden, die Überfangstiche aber in wagrechten Reihen stehen und die Goldfäden bald mehr oder weniger durchglänzen lassen, bald völlig verdecken, je nachdem das Muster das eine oder andere verlangt. Beide Verwendungsarten des Überfangstiches können warm empfohlen werden.

9. Der gespaltene Stich, von seiner Wirkung treffend Modellierstich genannt, gleicht dem Kettenstich. Man macht ihn, indem man die Nadel bei jedem neuen Stich durch den vorhergehenden hindurch aus dem Stoff wieder hervortreten läßt. Der vorhergehende Stich wird dadurch in einer, dem Kettenstich ähnelnden Weise gespalten, daher der Name. Gegenwärtig ist der gespaltene Stich wenig mehr in Übung. Anders war es im Mittelalter. wo man bis ins 14. Jahrhundert hinein kaum einen andern Stich zur An- wendung brachte und mit ihm die herrlichsten Stickereien schuf. Die groß- artigen, ganz mit figürlichen Darstellungen besetzten Chorkappen, die sich noch in beträchtlicher Anzahl aus dem 13. und 14. Jahrhundert erhalten

Bild 52. Der Abheftstich. Geometrische Muster für Goldgrund.

124

haben, (sind beispielsweise ausschließlich mit Hilfe des gespaltenen Stiches angefertigt. Zu welch feinen Arbeiten derselbe sich verwenden läßt, zeigt z. B. der Fries eines Antependiums in S. Francesco zu Assisi. Man wird selten reizendere und zartere Heiligendarstellungen auf Paramenten finden, als sie hier mittelst des gespaltenen Stiches hergestellt sind1.

Man hat es als eine Eigentümlichkeit dieser Stichart bezeichnet, daß die Stichreihen sich stets in konzentrischen Linien bewegen. Das ist in- dessen unrichtig. Es ist vielmehr dem gespaltenen Stich eigen, durchaus dem Lauf der Bewegung zu folgen, welche den zu stickenden Gegen- stand beherrscht. Das hat dann allerdings zur Folge, daß die Reihen an einzelnen Stellen, wie z. B. auf den Wangen oder um die Augen kon- zentrische Linien bilden. An andern Partien kann aber aus demselben Grund von konzentrischer Linienführung durchaus nicht die Rede sein. Das Charak- teristische der Stichart besteht also nicht in der konzentrischen Anlage der Stichreihen, sondern im innigsten Anschluß an die, den einzelnen Teilen des zu stickenden Gegenstandes eigentümliche Bewegungsrichtung (Bild 53 a und 54).

Bild 53. Stickstieharten.

a gespaltener Stiel], b Atlasstich, e Plattstich.

Der gespaltene Stich kann darum auch weder gleichmäßig von oben nach unten, noch von rechts nach links, noch umgekehrt, überhaupt in keiner, von der Natur des Gegenstandes unabhängigen Richtung gearbeitet werden, wie das bei den andern Stichen möglich ist. Es hängt ganz von der Beschaffen- heit des Gegenstandes, nicht vom Belieben der Stickerin ab, welchen Gang die Stichreihe zu nehmen hat. Wird das nicht beachtet, so muß die Arbeit notwendig roh und unschön werden. Der gespaltene Stich setzt daher vor allem voraus, daß die Stickerin sich über die Bewegungsrichtungen völlig klar ist, welche den gerade zu stickenden Gegenstand z. B. einen Kopf, eine Gewandpartie, eine Architektur beherrschen. Darin liegt allerdings das Schwierige dieser Stichart. Nirgends ist so wenig ein mechanisches Arbeiten am Platz, wie beim gespaltenen Stich. Die Stickerei muß in einem Gewände

1 Kine ungemein große Anzahl der wichtigsten im gespaltenen Stich ausgeführten Stickereien aus dem Mittelalter sind in dem monumentalen, für die Geschichte der mittel- alterlichen Stickerei grundlegendem Werke: L. de F a r c y , La Broderie du XL5 siecle jusqu'ä nos jours. Angers 1890, Suppl. 1900, abgebildet.

125

z. B. fast mit jeder Falte den Lauf der Stichreihen wechseln, muß gleichsam mit Nadel und Fa- den beständig modellieren, weshalb dann auch der gespaltene Stich sehr bezeichnend Modellier- stich genannt worden ist 1.

Aus der Eigentümlichkeit der Stichart folgt, daß jeder einzelne Teil des Gegenstandes, bei einer figürlichen Darstellung also nicht bloß Gesicht, Haar, Hände, Füße, sondern auch die einzelnen Teile der Gewandung, ja die einzelnen Falten für sich gearbeitet werden müssen. Macht das den Modellier- stich schwierig, so liegt darin anderseits freilich auch ein großer Vorteil; denn es erleichtert in hohem Grade die Anbringung der Schatten und Lichter, weil die Fäden zur Erzielung der Schat- tierung nicht so oft gewechselt zu werden brauchen wie bei den andern Stichen.

Leider kommt, wie schon ge- sagt, der Modellierstich zur Zeit bei der Paramentenstickerei kaum mehr zur Verwendung. Höch- stens, daß man ihn gelegentlich zur Darstellung des Haares und ähnlicher Kleinigkeiten gebraucht. Es wäre wünschenswert, daß man ihn wieder ausgiebiger beim Sticken heranzöge. Der gespaltene Stich ist der allgemeinsten Anwendung- fähig. Man kann mit ihm ebenso- gut Figuren, wie Tiere, Ranken und

Bild 54. Modellierstich: St Johannes Ev. (Von einem Kaselbesatz in der Marienkirche zu Danzig.)

Blumen, wie Architekturen und

geometrische Gebilde ausführen.

Sein Hauptfeld bildet freilich

Figurenstickerei, da hier seine Vorzüge am wirksamsten zu Tage treten. Kein

anderer Stich vermag die Figuren in dem Maß aus dem Stoff herauszuarbeiten

wie gerade der Modellierstieh, und zwar ohne ihnen ein übermäßiges Relief zu

Der Name stammt vom hochw. Herrn Domkapitular Prof. Dr Schnütgen her.

126

a )> cd

Bild 55. Der unter-

greifende Stich.

aund b gewöhn- liche Form.

c und (1 verein- fachte Form.

geben und ihnen den Charakter eines Fiachornanients zu nehmen. Seinen Grund hat das in erster Linie in dem Umstand , daß der Lauf der Stiche überall auf die Bewegungsrichtung eingeht, die in den einzelnen Partien der Figuren zum Ausdruck kommt, dann aber auch in dem Wechsel in den Licht- reflexen, welchen der sich stets ändernde Gang des Fadens bedingt. Man hat den gespaltenen Stich vielfach den englischen Stich zu nennen beliebt, weil man in dem sog. opus anglicanum , von dem im Mittelalter so oft die Rede ist, den Modellierstich wiedererkennen wollte. Der Name ist indessen völlig verfehlt. Wohl sind die englischen Stickereien des 13. und 14. Jahrhunderts im Modellierstich ausgeführt, allein dieser war nicht bloß in England, sondern allgemein gebräuchlich, in Italien wie in Deutschland und Frankreich. Man braucht nur die aus dem Mittelalter noch erhaltenen Stickereien in die Hand zu nehmen, um das immer wieder bestätigt zu finden.

10. Der untergreifende oder Atlasstich (Bild 53 b S. 124 und Bild 17 S. 49). Untergreifender Stich heißt derselbe von der Art seiner Ausführung, Atlasstich, weil die fertige Stickerei, falls exakt ausgeführt, eine gleichmäßige, atlasartige Fläche darstellt. Man hat den Stich auch den kölnischen Stich genannt, jedoch ganz mit Unrecht. Er verdient ebensowenig diesen Namen, wie der Modellierstich die Bezeichnung „englischer Stich", da er nicht bloß in Köln, sondern auch anderswo gebräuchlich war, ja nicht einmal von den kölnischen Stickern und Stickerinnen mehr als von andern verwendet wurde. Man trifft ihn seit dem 14. Jahrhundert, in dessen Verlauf er zuerst auftritt, allenthalben in Übung. Eine der hervorragendsten im Atlasstich ausgeführten Arbeiten ist das Antependium von Pirna, jetzt im Museum des Großen Gartens zu Dresden ; andere vorzügliche Beispiele bieten aus Lausanne stammende Paramente im historischen Museum zu Bern.

Im Unterschied vom Modellierstich kümmert sich der unter- greifende Stich in keiner Weise um die in dem darzustellenden Gegenstand liegende Bewegung. Er arbeitet ohne alle Rücksicht auf dieselbe beständig von unten nach oben, also senkrecht, ähnlich wie es bei der Weberei geschieht. Dieser Umstand sowie das völlige Verschwinden der Einstichstellen sind der Grund, weshalb eine sauber mit dem untergreifenden Stich ausgeführte Stickerei stark an ein Atlasgewebe erinnert.

Soll der Stich richtig gemacht werden (Bild 55a und b), so muß erstens der Ausgangspunkt des zweitfolgenden Stiches allemal der Punkt sein, wo der erste Stich in den Stoff eintrat: zweitens müssen sich die Stichreihen in völlig gerader Richtung voranbewegen; drittens darf die aus dem Stoff u n t e r dem Faden des vorhergehenden Stiches hervorkommende Nadel den über dem Stichpunkt liegenden Faden in keiner Weise durchstechen, sondern muß ihn an der rechten Seite passieren ; viertens dürfen die Stiche nicht zu kurz sein. Werden die Stiche unter sorgfältiger Beobachtung dieser vier Bedingungen ausgeführt, was sich mit einiger Übung unschwer bewerk- stelligen läßt, so bildet die Stickerei eine vollständig ebenmäßige Fläche, in der von den Stichpunkten nichts oder kaum etwas wahrzunehmen ist.

127

Bei kürzeren Stichen gleichen die einzelnen Stichreihen einem leicht ge- drehten Kördeichen, weshalb man den Stich auch wohl Kördelchenstich genannt hat. Je kräftiger der Faden gedreht ist, mit dem man arbeitet, um so schärfer tritt die Ähnlichkeit mit einem Kördeichen hervor.

Um leichter gerade Stichreihen zu erzielen, wie es der Stich will, nehme man als Stickgrund ein ziemlich grobes Linnen, in dem sich die Kettenfäden leicht verfolgen lassen und halte sich bei den einzelnen Stichen an der Richtung, welche der Kettenfaden angibt.

Die Schwierigkeit liegt beim zurückgreifenden Stich in der Schat- tierung. Man muß mit den Fäden oft wechseln, um die verschiedenen Farben und Farbenabstufungen richtig anzubringen. Der Stich setzt daher feinen Sinn für den Farbenwechsel und den Wechsel von Licht und Schatten voraus. Anderseits aber gibt es infolge des Ineinandergreifens der einzelnen Stiche keine Stichart, welche in so vollkommener, zarter und unauffälliger Weise den Übergang zwischen den Farben auszugleichen, die verschiedenen Farben- nuancen darzustellen und den Wechsel zwischen Licht und Schatten zu ver- mitteln vermag.

Neben dem gespaltenen Stich ist es vornehmlich der untergreifende Stich, den die Paramentenstickerei pflegen sollte. Seine Anwendbarkeit ist aller- dings eine etwas beschränktere. Er eignet sich in seiner Reinheit nur für Bildstickerei (Bild 17 S. 49). Soll er zur Ausführung vereinzelter Blumen, Blätter oder sonstiger Ornamente gebraucht werden, wird man ihn meist nur mit der Änderung zur Anwendung bringen können, daß man die Stichreihen nicht in der Richtung des Kettenfadens, sondern in einer andern, durch das jeweilige Muster geforderten Richtung voranführt. Bei einfachen Blättern mit scharf ausgeprägter Mittelader läßt man die Stich- reihen von ebendieser Mittelader aus nach beiden Seiten hin schräg aufwärts verlaufen. Bei zusammengesetzten Blättern nehme man die Hauptader der verschiedenen Blattlappen zum jedesmaligen Ausgang. Bei Blumen gehe man vom Mittelpunkt aus, indem man in dem Maß, in welchem die einzelnen Blumenblätter sich erweitern, neue Stichreihen anfügt. Immer aber müssen die Stichreihen in gerader Linie voranschreiten, indem sie die ihnen einmal gegebene Richtung beständig beibehalten.

Sehr gut eignet sich der untergreifende Stich zum Aussticken größerer Flächen. Kein anderer Stich füllt solche in so gleichmäßiger und glatter Weise wie gerade dieser.

Außer der bisher behandelten Form des Atlasstiches gibt es noch eine vereinfachte Form desselben. Sie stammt erst aus jüngster Zeit und dürfte im Mittelalter kaum verwendet worden sein. Der einzige Unterschied zwischen diesem vereinfachten und dem gewöhnlichen Atlasstich besteht darin, daß man bei ersterem den jeweiligen folgenden Stich nicht wie bei letzterem in der Mitte, sondern hart vor dem Ende des vorausgehenden Stiches aus dem Stoff wieder herausführt (Bild 55 c und d).

Die Arbeit geht bei dieser Form des Stiches begreiflicherweise rascher voran, dafür deckt aber auch der Stich weniger. Man muß deshalb, wenn der Grund völlig verschwinden soll, bei ihr einen kräftigeren Faden ge-

- 128 -

brauchen. Freilich wird man dann kaum je die ebenmäßige Stickerei er- halten , welche sich mittelst der andern Form des Stiches erzielen läßt. Man kann die Stichreihen zwar dichter aneinanderlegen , indessen bedeutet dann der vereinfachte Atlasstich weder eine Ersparnis an Zeit, noch einen Gewinn an Mühe und Material. Der Stich empfiehlt sich daher vor allem, wo es sich, wie z. B. bei Fahnen, um große Figuren oder um derberes Orna- ment handelt.

Zu bemerken ist, daß die vereinfachte Form des untergreifenden Stiches am besten wirkt, wenn sie statt in senkrechten in schräg laufenden Reihen ausgeführt wird. Da bei gewöhnlicher Leinwand die exakte Ausführung solcher nicht ohne Schwierigkeit ist, nehme man als Stickgrund besser einen gut geköperten Stoff, auf dem sich die Bindungen zu scharf ausgeprägten, klar erkennbaren, schräg ansteigenden Linien aneinanderfügen. Man braucht dann nur diesen Linien zu folgen, um den Stichreihen ohne jede Mühe den rechten Lauf zu geben.

Die Verwendungsfähigkeit des vereinfachten Atlasstiches ist etwas größer, als die des eigentlichen Atlasstiches. Insbesondere ist er sehr brauchbar, wo man den Grund nicht völlig abdecken, sondern nur halbdieht, d. i. nur in- soweit mit schrägen oder horizontalen Linien füllen will, daß der Grundstoff zwischen den eingestickten Stichreihen noch ein wenig hindurchschaut.

11. Der versetzte Stich (Bild 5(3 ab und Bild 57c S. 131). Man kann denselben auch Köper st ich nennen, weil die in ihm ausgeführten Stickereien eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Köpergewebe besitzen. Der versetzte Stich ist eine heutzutage in der Bildstickerei viel gebrauchte Stichart.

Die Stiche müssen gleich lang sein und sich zu wagr echten Reihen nebeneinanderlegen, die einzelnen Reihen aber bis zur Mitte der Stiche ineinandergreifen. Für eine gute Wirkung ist notwendig, daß die Stiche nicht zu lang sind und die Reihen durchaus horizontal laufen.

Die Ausführung des versetzten Stiches ist ziemlich einfach. Schwierig ist bei ihm im Grund nur, gerade wie beim Atlasstich, das Schattieren und Abstufen der Töne. Auch bei ihm muß die Stickerin stets mehrere Nadeln mit verschiedenen Nuancen derselben Farbe bereit halten, um die Schattierung und die Farbenübergänge richtig ausführen zu können.

Will man den Köperstich bei Ranken oder schmalen, geschwungenen Blättern zur Anwendung bringen, so lasse man die einzelnen Stichreihen senk- recht zu der denselben eigenen Bewegungsrichtung, also senkrecht zu ihrer Mittellinie verlaufen. Ähnlich verfahre man bei einteiligen, breiten Blättern. Bei mehrlappigen, größeren Blättern behandle man jeden Blattlappen, bei Blumen, die aus mehreren Blumenblättern bestehen, jedes Blumenblatt für sich in dieser Weise. Damit die Stiche ganz gleichmäßig ausfallen und gerade Reihen bilden, empfiehlt es sich, sie in solchen Fällen über dünnen Fäden auszuführen, die parallel zueinander querüber gespannt werden und für die Reihen die Richtung angeben.

Der versetzte Stich ist vor allem für Nadelmalerei empfehlenswert Treffliche Dienste leistet er auch, wo es Flächen oder Inschriften auszufüllen gibt. Weniger brauchbar ist er für Zweige, Ranken. Blätter und ähnliches,

129

da man hier, nicht ohne allen Nachteil für die Wirkung, meist von streng wagrechten Stichreihen wird absehen müssen.

12. Der Gobeliustich (Bild 50 c). Seine Herstellung erhellt aus neben- stehender Skizze. Seinen Namen hat er von der Ähnlichkeit mit der Gobelin- technik. Die Stiche müssen auch hier, wie beim versetzten Stich, gleich lang sein und wagrechte Reihen bilden. Dagegen greifen die Stichreihen nicht ineinander über, es bilden vielmehr die Endpunkte der jedesmaligen unteren Stichreihe oder besser die Stellen zwischen diesen Endpunkten die Aus- gangspunkte für die darüberliegenden Stiche. Die Verwendbarkeit des Gobelinstiches ist eine begrenzte. Er eignet sich vornehmlich zur Herstel- lung geometrischer Gebilde, als da sind Mäander. Kauten, Hakenkreuze und ähnliches , weniger dagegen für die Figurenstickerei und zur Darstellung pflanzlicher Ornamente, es sei denn, daß es sich, wie es z. B. bei Herstellung von Wandbehängen der Fall ist, um großes Bildwerk handelt. Will man ihn bei kleineren figürlichen oder vegetabilischen Darstellungen benutzen, muß man die Stiche möglichst kurz nehmen. Der Gobelinstich ist ein sehr leicht ausführbarer Stich.

13. Der Plattstich (Bild 53 c S. 124). Er führt seinen Namen mit wenig Recht. Denn daß er nicht zur Hochstickerei sich verwenden läßt, ist für ihn keineswegs charakteristisch : er teilt das mit mehreren andern Stichen. Charakteristisch ist vielmehr für den Plattstich die Art, wie er » gehandhabt wird. Im allgemeinen folgt er der Bewegung Bild 56. Stick- des Musters, doch hat die Stickerin hierin, wie in Bezug auf

_, . , . . x . n , ., j. a und b versetzter Stich,

die Länge der Stiche und deren Inemanderarbeiten die ,, ,-obeli„sticb. größte Freiheit. Sie hat nur dafür zu sorgen, daß die Farben gut ineinandergewirkt werden, die Übergänge von helleren zu dunk- leren Partien möglichst zart ausfallen, keine ungleichen, unebenen Stellen entstellen, und das Ganze ein glattes, glänzendes Aussehen erhält. Ein Vor- teil des Stiches ist, daß das Schattieren bei ihm weniger Schwierigkeiten bietet, als bei den andern Stichen, und daß er Nacharbeiten und Kor- rekturen in weitem Maß gestattet. Die Technik des Plattstiches ist, weil allbekannt, einer näheren Erläuterung nicht bedürftig. Der Stich kam erst im 17. Jahrhundert, also recht spät in Gebrauch. Gut ausgeführt ist er sehr wirkungsvoll, wozu nicht wenig die durch die verschiedene Lage der Fäden erzeugten Lichtreflexe beitragen. Freilich haben aus demselben Grunde im Plattstich ausgeführte Stickereien leicht etwas Unruhiges. Am meisten eignet sich der Stich zu naturalistisch auszuführenden Arbeiten, wie Blumen- bouquets und ähnlichem, sowie zu Stickereien im Renaissance-, Rokoko- und Zopfstil. Minder zweckmäßig erweist er sich dagegen für Darstellungen im strengen Stil des Mittelalters. Überhaupt empfiehlt er sich mehr für profane als für kirchliche Stickarbeiten, weil er. wie vorhin bemerkt wurde, leicht unruhig wirkt.

Das möge über die Sticharten genügen. Wir haben einzelne Stiche besonders empfohlen, weil sie besonders brauchbar sind. Indessen läßt sich zuletzt mit jedem Stich etwas Schönes schaffen, wenn er

Braun, Winke für Parauientenanfertigung. "

O

130

nur an seinem Ort und nach seiner Eigenart angewandt wird. Es ist daher Aufgabe der Stickerin, die einzelnen Stiche nicht un- besehen und nach Laune und Gutdünken zu benutzen, sondern sie zu studieren, in ihre Eigentümlichkeiten einzudringen, sich mit ihnen vertraut machen und sie dann zu dem Zwecke zu gebrauchen, wozu sie am dien- lichsten sind.

Drittes Kapitel.

Sticktechniken.

Aulier der Kenntnis der beim Sticken zur Verwendung kommenden Stiche ist zur Ausübung der Stickkunst auch Vertrautheit mit den verschiedenen Sticktechniken erforderlich. Sie sind freilich zum Teil schon mit den Stichen gegeben, doch decken sie sich mit denselben keineswegs. Wir müssen deshalb auch auf sie näher eingehen.

Man kann die Sticktechniken auf fünf zurückführen : 1. Die Durchstech- teehnik, 2. die Aufhefttechnik, 3. die Aufnähtechnik, 4. die Re- liefstickerei, 5. die Lasurtechnik.

1. Die Dnrchstechtechuik. Sie ist die gewöhnlichste der verschiedenen Techniken und bedarf darum nicht vieler erläuternder Worte. Der Stick- faden wird bei ihr auf dem als Stickgrund dienenden Stoff angebracht, indem man ihn da, wo die Stiche beginnen sollen, aus dem Stoff heraus und dort, wo sie enden, wieder in denselben hineintreten läßt. Er läuft also nicht bloß über die Oberseite, sondern auch über die Unterseite des Stickgrundes.

Die Stiche, welche bei der Durchstechtechnik vornehmlich Verwendung finden, sind der Kettenstich , Stielstich, Kreuzstich, Atlasstich, Köperstich, Modellierstich. Gobelinstich und Plattstich. Wird der Stickfaden so geführt, daß das Muster nicht bloß auf der Oberseite, sondern auch auf der Unter- seite zustande kommt, was freilich nur bei Anwendung des Kreuzstiches, des Stielstiches, des Gobelinstiches und des Plattstiches möglich ist, so be- zeichnet man eine solche Arbeit als doppelseitige Stickerei (fr. passe). Man findet dieselbe nicht selten an sog. Doppelkaseln , Doppelstolen und Doppelkelchvelen des 17. und 18. Jahrhunderts, d. i. an zweifarbigen, wend- baren Kasein, Stolen und Kelchvelen. Gegenwärtig kommt die doppelseitige Stickerei nur selten mehr zur Ausführung.

2. Die Auflieft-, Abhefttechnik oder Anlegeteclinik. Sie besteht darin, daß man den Stickfaden dem Stoff aufnäht, statt ihn in denselben hineinzuführen. Sind die Fäden kurz, genügt es, sie bloß an den Enden aufzuheften, ziehen sie sich dagegen lang über die Unterlage hin, so müssen sie auch zwischen dem Anfangs- und Endpunkt in geeigneten Zwischenräumen am Stickgrund befestigt werden.

Das Aufheften des Stickfadens erfolgt entweder mit Hilfe von Über- legfäden, die man an bestimmten Stellen durch Abheftstiche annäht, oder ohne Überlegfäden mittelst bloßer Abheftstiche.

Als Überlegfäden, welche übrigens nicht bloß den Zweck haben, die Stickfäden am Grund festzuhalten, sondern auch den durch sie gebildeten

131

Fond in einfacher, alier gefälliger Weise zu beleben, dienen entweder einfache Fäden, welche parallel zueinander schräg oder quer über die angelegten Fäden gespannt werden, oder netzartig sich kreuzende Fäden (Bild 51 c). Im letzten Fall müssen die Abheftstiche über den Kreuzungspunkten der Netzfäden angebracht werden; im ersten müssen sie der guten Wirkung halber so gestellt werden, dal-, sie miteinander parallele Reihen bilden. Das Aufspannen der Überlegfäden, welche dabei an den Enden an- geheftet werden müssen, kann natürlich erst lieginnen, wenn alle Stickfäden angelegt sind.

Bild 57. Abkeftarbeiten.

a Gewandpartie aus abgehefteten gewellten Goldfäden, b Granatapfelmuster auf Sanimetgrund aus abgeheftetem doppeltem Goldfaden, c Gewandpartien in Köperstich und in Abhefttechnik mit netzartig angebrachten Über-, legfäden, d Ranke aus Goldraden in Abhefteehnik mit Benutzung einer Unterlage von Querfäden, e Stilisierte Lilie in gewöhnlicher Abhefttechnik, f" und f- gemusterter Grund aus abgehefteten Goldfäden mit tief ein- gezogenen Abheftstichen: f1 Ober-, f2 Unterseite.

Ein Anbringen von Überlegfäden ist nicht zu umgehen, wenn als Stickfaden leicht gedrehte Stickseide oder offene Tramavaga ver- wendet wird. Sind diese von sattem roten, grünen oder blauen Farbenton, so empfiehlt es sich, zum Überlegen Goldfäden zu gebrauchen, welche auf dem farbigen Grund von geradezu brillanter Wirkung sind.

Benutzt man als Stickfaden Cordonnetseide , so sind Überlegfäden un- nötig, und es genügt, die Stickfäden auf dem Stickgrund lediglich mit Ab- heftstichen zu befestigen. Es ist anzuraten, die Stiche so anzubringen, daß sie geometrische Figuren (Bild 52 S. 123) bilden. Damit sich dieselben

132

von dem aus den abgehefteten Stickfäden gebildeten Grund gut abheben, muß man sieh zum Abheften eines zur Farbe des Stickfadens wirksam kontrastie- renden Fadens bedienen , so bei rotem oder blauem Stickfaden eines gelben

oder hellroten bzw. lichtblauen Abheftfadens und umgekehrt.

Das Aufnähen von Goldfäden geschieht, wenn nicht ein besonderer Effekt beabsichtigt wird, nicht mit Überlegfäden, wozu man auf alle Fälle einen tieffarbigen Seidenfaden zu ge- brauchen hätte, sondern wie dasjenige stark gezwirnter Seidenfäden mit bloßen Abheft- stichen (Bild 57a, d und e S. 131). Als Abheftfaden muß man, wenn der Goldgrund ungemustert bleiben, und das Gold seine volle Wirkung behalten soll , einen zur Farbe des Goldes stimmenden gelben Faden benutzen. Will man dagegen den leuchtenden Glanz des Goldes ein wenig brechen oder mittelst der Ab- heftstiche den Grund mit einer Musterung ver- sehen (Bild 52 S. 123), so hat man einen tief- roten oder tiefblauen Abheftfaden zu ge- brauchen.

Sehr gut wirkt es, wenn beim Aufheften von Goldfäden die Abheftstiche so tief in den Stoff hineingezogen werden, daß sie verschwinden und es den Anschein gewinnt, als ob die Goldfäden nicht sowohl aufgenäht seien, als vielmehr aus dem Stickgrund hervor- kämen. Die Arbeit verliert dadurch das Aus- sehen einer Stickerei und erhält Ähnlichkeit mit einem zarten Goldgewebe. Beispiele für diese sehr empfehlenswerte Technik bieten Bild 57 f1 (Oberseite) und f- (Unterseite). Die Täuschung wird noch vollkommener, wenn man, wie es bei byzantinischen Goldstickereien ge- wöhnlich geschah, die Goldfäden mit dünnen parallelen Seidenfäden (Bild 58) oder loser Seide leicht unterlegt werden. Eine exakte Ausführung dieser Abheftweise, die bis ins 14. Jahrhundert hinein sehr ge- bräuchlich war und sich z. B. für Blätter, Blumen, Gewandungen, Spruchbänder und ähn- liches sowie zur Herstellung gemusterter Goldfonds empfiehlt, ist allerdings nicht ohne Schwierigkeit und setzt größere Fertigkeit und Übung voraus.

Soll eine Fläche nicht völlig mit Fäden abgedeckt werden, sondern, wie es l"'i seidenem Stickgrund vorkommen kann, nur so weit, daß der Stoff

Bilil 58. Manipel im Münster zu

Aachen.

(Slavische Arbeit des 16./17. Jahrb.)

133 -

durch die aufgespannten Fäden hindurch sichtbar bleibt, und diese lediglich eine Belebung des Grundes darstellen, so überzieht man letzteren entweder bloß mit schräg laufenden, in kurzen Abständen voneinander an- gebrachten Parallelfäden oder mit einem Fadennetz.

Das Aufspannen der Fäden und das Abheften derselben muß bei der Aufhefttechnik auf dem Stickrahmen geschehen. Denn die Stickerei kann nur dann sauber ausfallen, wenn die Fäden straff über den (irund ge- spannt und gleichmäßig abgeheftet werden.

Die Aufhefttechnik findet in der Paramentenstickerei vielfache Ver- wendung, weil sie sehr dankbar ist, ohne technisch besondere Schwierigkeiten zu bieten. Man gebraucht sie außer zur Herstellung des Fonds von Stickereien und zum Abdecken des Stickgrundes z. B. zur Ausführung von Gewandpartieen, namentlich der Unterseite der Gewänder, von Borden, Umrahmungen, Nimben, Wappenschilden, Spruchbändern, Blumen- und Blattwerk, Architekturen und ähnlichem. Von besonderer Bedeutung ist die Aufhefttechnik namentlich für die Goldstickerei. Ist dieselbe doch, wie aus dem folgenden Kapitel sich er- geben wird, fast ganz Abhefttechnik. Der Grund, um dessentwillen man in der Gold- stickerei gerade diese Technik bevorzugt. liegt teils in der Zartheit der Goldfäden, welche das Durchziehen derselben mög- lichst vermeiden heißt, teils im Wert der Goldfäden. Wozu in der Tat das teure Goldgespinst sich zwecklos auf der Rück- seite des Stoffes hinziehen lassen?

3. Die Aufnälitechuik oder Aufles- arbeit, Auplikatiousteclinik. Werden bei der Abhefttechnik Fäden auf dem Stick- grund angeheftet, so werden bei der Ap- Bild 59. Blätter in Applikationstechnik. plikationsstickerei demselben ganze Teile eines Musters, die man aus einem Stoff ausgeschnitten hat, aufgenäht

(Bild 59).

Die aufzunähenden Stoffstücke müssen, wenn anders die Arbeit sauber und haltbar werden soll, ehe sie mit der Nadel angenäht werden, dem Stickgrund aufgeklebt werden. Man verfahrt zu dem Ende folgendermaßen. Man bereitet einen steifen Kleister aus Weizen stärke, bestreicht damit unter Benutzung eines Pinsels ganz dünn ein Stück festes Seidenpapier, legt den Stoff, aus dem die Appliquen geschnitten werden sollen, möglichst eben über das so präparierte Papier und streicht mittelst eines Tuches nach allen Seiten gleichmäßig aber fest über denselben, damit sich Papier und Stoff völlig verbinden. Dann bringt man den so behandelten Stoff zwischen zwei Lagen von Papier auf ein Brett, deckt ein zweites Brett darauf, be- schwert dasselbe mit Gewichten, Steinen oder ähnlichem und beläßt den Stoff in dieser Lage, bis das Papier gänzlich trocken geworden ist und sieh mit dem Stoff fest verbunden hat. Ist das der Fall, so nimmt man den Appii- kationsstoff aus der Presse heraus, paust auf ihm die Teile des Musters

134

auf, welche dem Stickgrund aufgenäht werden sollen, und schneidet sie dann nach Maßgabe der aufgetragenen Pause aus. Man muß dabei Obacht geben, daß an den Rändern keine Fasern entstehen. Bei Sammetst offen tut man daher gut, die Zeichnung statt auf der Oberseite auf der Unterseite des Applikationsstoffes, d. i. auf dem aufgeklebten Papier anzubringen und dann von der Unterseite her die aufzunähenden Stücke mittelst eines scharfen Messers auszuschneiden. Es muß jedoch das Muster in diesem Fall um- gekehrt aufgepaust werden.

Sind in dieser Weise alle zum Aufnähen erforderlichen Stoffstücke zurecht- gemacht, so zeichnet man das ganze Muster auf den Stoff, auf dem dieselben aufgeheftet werden sollen, spannt ihn auf einen Stickrahmen und unterlegt

ihn mit einem Brett. Hier- auf bestreicht man die Ap- pliquen auf der Kehrseite möglichst dünn mit Klei- ster, legt sie an der pas- senden Stelle auf den Grundstoff, spreitet Papier darauf, deckt ein mit Ge- wichten beschwertes Brett darüber und läßt sie unter demselben völlig trocken werden. Dann entfernt man das Brett und beginnt da- mit, die aufgeklebten Stoff- stücke an den Flandern auf dem Grundstoff aufzunähen. Dieses Aufnähen kann geschehen durch Flecht- stiche, Schlingstiche, Ket- tenstichreihen oder auch durch einfache Nähstiche. Im letzten Falle muß aber das aufgesetzte Stoffstück behufs Verdeckens der Stiche und der Kanten mit einer Einfassungs- schnur, welche man mittelst gewöhnlicher Abheftstiche oder besser mittelst verdeckter Stiche (siehe oben S. 123) befestigt, umrandet werden. Handelt es sich bei den Appliquen um Blätter oder Blumen, so kann man sie auch durch strahlenartig angebrachte Plattstiche, die etwa 2 mm vor dem Band aus dem Applikationsstoff heraustreten und ca 5 mm lang sind, auf dem Grund befestigen.

Sind die Stoffstücke aufgenäht, so bringt man in denselben mittelst des Stielstiches oder abgehefteter Goldfäden die notwendige Gliederung und Teilung, bei Blättern und Blumen die Adern, auf unbelebten Flächen aber Steppstiche oder sonstige Zierstiche an (Bild 59 S. 133) und er- gänzt schließlich die noch fehlenden Teile der Zeichnung, wie Ranken und

Bild 60. Mitra im Dom zu Würzburg mit plastisch aus- geführten Heiligendarstellungen und Goldstickerei (Sprengarbeit und BouiUonstickerei; 16. Jahrh.l.

135

ähnliches mit Hilfe des Stielstiches, Kettenstiches oder abgehefteter Kördeichen, letzteres zumal dann, wenn man die Appliquen mit einer Schnur eingefaßt hat.

Im allgemeinen eignet sich die Applikationstechnik mehr für derhere als für zartere Arbeiten, doch kann sie, gut ausgeführt , auch hei Anfertigung feinerer Stickereien mit Nutzen verwertet werden. Die Appliquen dürfen nicht zu groß sein, da sie sich sonst durch den Einfluß der Feuchtigkeit leicht werfen und unschön werden. Ferner ist notwendig, daß sie aus solidem Stoff ■wie Gros de Naples, Damast Ia Qualität. Brokatell Ia Qualität und Sammet gemacht werden, weil sie andernfalls bald rissig werden.

Eine eigenartige Anwendung fand die Aufnäharbeit im 17. Jahrhun- dert namentlich in Spanien und Italien. Man unterklebte zwei Stoffe, etwa roten Sammet und Goldstoff oder roten und gelben Taft, kopierte dann auf beide genau dieselbe Zeichnung, schnitt aus beiden Stoffen das Muster vorsichtig und mit aller Exaktheit heraus, klebte dann den Grund sowie die Ausschnitte so auf eine Unterlage, daß das Goldmuster bzw. gelbe Muster dem roten Sammet- bzw. Taftgrunde, das rote Sammet- bzw. Taftmuster aber dem

Bild 61. Blätter in Reliefstickerei über einer Unterlage von Fäden, b und c zeigen die Ausführung eines Blattes mit vertieften Adern, a und d diejenige eines Blattes mit erhaben

gestickten Adern.

Gold- bzw. gelben Grund eingefügt wurde, vernähte mittelst kurzer Xähstiche Grund und Muster untereinander und mit der Unterlage und bedeckte zuletzt die Nähte mit einem passenden Kördeichen. Man erhielt so Besätze, die ab- schnittweise die umgekehrten Farben aufwiesen. Diese Technik dürfte sich zur Anfertigung von Wandbehängen oder von Behängen mehreckiger Kanzeln verwenden lassen. Man kann sie. weil sie Verwandtschaft mit den Holz- einleg-(Intarsien-)arbeiten hat, Einlegestickerei nennen.

In Applikationsarbeit lassen sich von den Mustern der Vorlagensammlung des Verfassers ausführen Tafel IV, Nr 1 "2 6; V. Nr 1: VII. Nr 4 (Borden); X, Nr 3 (Mittelstück eines Schultervelums) , 4 (Borde): XVII. Nr 1: XVIII. Nr 1 2: XIX. Nr 1 (Kaselkreuze) : XXIV. Nr 1 (Dalmatikbesatz) ; XXVII, Nr 1 2 (Piuvialbesatz) ; XXVIII, Nr 1—13 (Muster für Behänge. Antepen- dien usw.),

4. Die Relief- oder Hochstickerei (Bild 60). Bei der Relief- oder Hocli- stickerei wird der Arbeitsfaden nicht unmittelbar über dem (irundstoff, son- dern über einer Unterlaae befestigt. Er kann dabei entweder in den Grund-

136

stoff hinein und wieder aus demselben herausgeführt werden oder in der Weise der Abhefttechnik an den Enden mittelst eines Fadens am Grundstoff angeheftet werden. Im ersten Fall macht der Faden bei jedem Gang eine volle Windung, im zweiten Falle arbeitet er abwechselnd rückwärts und vorwärts. Die erste Weise wendet man an, wenn man sich linnener (baumwollener) oder seidener Fäden zur Ausführung von Relief- stickereien bedient. Beim Arbeiten mit Goldfäden ist dagegen aus Sparsam- keitsgründen die zweite Weise gebräuchlicher. Die Unterlage, über welche sich der Faden zu ziehen hat, macht man aus Fäden (Bild 61 S. 135), Filz oder weichem Leder. Linnenreliefstickereien erheischen stets eine Unterlage von Fäden. Bei Seiden- und Goldreliefstickereien sollte man wenigstens Ranken, Bänder, Streifen, Linien und ähnliches ausschließlich über Fäden ar- beiten. Selbst für Blätter, Blumen und sonstige größere Ornamente ist bei denselben eine aus Fäden gebildete Einlage jeder andern vorzuziehen. Freilich macht es etwas mehr Mühe, aus Fäden eine gute Unterlage herzustellen, als

aus Filz oder Leder, dafür wird aber die Arbeit auch edler. Wer es freilich nicht versteht, aus Fäden eine brauchbare Einlage zu machen, tut besser, über einer aus Filz oder weichem Leder ausgeschnittenen und auf den Stickgrund aufgeklebten oder aufgehefteten Einlage die Relief Stickerei aus- zuführen.

Einlagen von Karton (Bild 62) werden zwar häufig angewendet, sind aber wenig empfehlens- wert, da die Arbeit infolge solcher Kartoneinlagen allzu steif und hölzern wird. Daß sich über eine Unterlage von Karton am leichtesten und glattesten die Fäden spannen lassen, ist allerdings richtig, indessen kommt es doch zuletzt nicht sowohl auf die Leichtigkeit der Ausführung, als vielmehr auf die Schönheit und Verwendbarkeit der Stickerei an. Relief über Pappdeckel- einlage mag etwas für fabrikmäßigen Betrieb sein, wo die Ersparnis an Zeit und Yerbilligerung der Erzeugnisse entscheidend sind, nicht aber für solche, welche sich aus Eifer für Gottes Ehre und aus Liebe zur Sache an den Stick- rahmen setzen. Jedenfalls sollte man nur dünnen Karton als Einlage benutzen.

Um aus Fäden eine Unterlage zu bilden (Bild 61b und c), zieht man zuerst die Umrisse des auszuführenden Gegenstandes, z. B. einer Ranke oder eines Blattes mittelst kurzer Vorstiche vor und bestickt dann den freien Raum innerhalb der Vorstichreihen der Länge nach mit längeren, losen Stichen oder mit abgehefteten Fäden, bis man das Relief, welches die Ranke oder das Blatt erhalten soll , erzielt hat. Die Unterlage muß , um brauchbar zu sein, sich gut wölben und frei von Unebenheiten sein. Handelt es sich um Blätter oder um Ornamente, bei denen eine Teilung im Innern anzubringen ist, so müssen zudem schon in der Einlage die Adern bzw. Teilungslinien durch Rinnen oder Vertiefungen vorgesehen werden. Besser

Bild ii'2. Reliefstickerei auf Kartonunterlase.

137

geht man jedoch in der Weise zu Werke, wie es auf Bild 61 deutlich ver- anschaulicht ist.

Die Zahl der Einlagfäden richtet sich nach Breite des Ornaments und der gewünschten Stärke des Reliefs. Bei zarten Linien und Banken genügt als Unterlage eine Reihe einfacher, dicht hintereinander folgender Vorstiche.

Will man die Einlage aus Leder, Filz oder Karton herstellen, so paust man den aufzustickenden Gegenstand auf das betreffende Material. schneidet ihn aus, versieht ihn. wo Adern oder sonstige Vertiefungen anzu-

fr'

Bild 03. Palla in Hochstickerei.

bringen sind, mit Schlitzen zum Einziehen des abzuheftenden Fadens (Bild 62) und klebt dann die so hergestellte Unterlage auf den Stickgrund. Sie an demselben nach dem Trocknen obendrein noch mit einigen Stichen befestigen, ist nicht gerade notwendig, bei größeren oder mit Ecken versehenen Einlagen, die sich leicht ablösen, jedoch empfehlenswert.

Der Stickfaden kann wagrecht, schräg oder parallel zur Be- wegungsrichtung des zu stickenden Gegenstandes über die Unterlage ge- führt werden, meistens wird er jedoch in wagrechter oder schräger Richtung

- 138

über derselben angebracht. In schräger muß er stets da über die Einlage gespannt werden, wo, wie z. B. bei Hingen, sich krümmenden Ranken und ähnlichem, die Innenlinien kürzer als die Außenlinien sind. Im übrigen muß man von Fall zu Fall entscheiden, was besser wirkt.

Man beginnt mit dem Überspannen des Fadens bei Blättern und Blumen an der Spitze. Denselben Weg, welchen der Deckfaden auf der Oberfläche des Stoffes nimmt, hat der Abheftfaden auf der Unterseite des- selben einzuschlagen. Geht ersterer von rechts nach links, so tut auch letz- terer das und umgekehrt. Wo innerhalb des zu stickenden Gegenstandes eine Vertiefung, bei Blättern z. B. eine Ader anzubringen ist, tritt der Ab- heftfaden auf dem Weg von der einen zur andern Seite aus der Unterlage heraus, faßt den Deckfaden und zieht ihn in die in der Unterlage vorgesehene Rinne hinein.

Die Hochstickerei findet ihre Anwendung vornehmlich in der sog. Weiß- stickerei (Bild 63 S. 137) und in der Goldstickerei, doch wird sie auch in der Seidenstickerei häufig verwertet. Bei der Weißstickerei bedingt das

Bild 64. Die Lasurteclmik. eichnung um! fertige Stickerei, b Stickerei in der Ausführung, c Abdeckstickerei.

Material, das sonst nicht wirken würde, den Gebrauch der Reliefstickerei; bei der Goldstickerei soll die Reliefstickerei Wechsel in das sonst leicht ein- förmig wirkende Muster hineinbringen.

Für die Paramentenstickerei kann die Hoch sticker ei im allgemeinen nur in beschränktem Maße, und zwar nur für den Fall empfohlen werden, daß sich das Relief in mäßiger Form hält. Die schweren und steifen Hochstickereien, wie sie sich bei den aus Frankreich kommenden Goldstickereien so häufig finden , eignen sich durch- aus nicht für Paramente.

5. Die Lasurteclmik, Überfangtechnik (Bild 64a und b). Dieselbe be- steht darin, daß man abgeheftete Goldfäden mittelst farbiger Überfangstiche bald ganz, bald nur teilweise abdeckt und erinnert an die Lasurtechnik in der Malerei, daher ihr Name. Wie hier der Goldgrund durch die dünn auf- getragene, durchsichtig wirkende Lasurfarbe einen besondern Ton erhält, so ähnlich in der Stickerei bei Anwendung der Lasurteclmik durch die mehr oder minder weit voneinander entfernten und daher das Gold mehr oder minder zum Vorschein kommen lassenden Überfangstiche.

139

Die Goldfäden müssen so dicht nebeneinander angebracht sein, daß sie den Stickgrund vollständig bedecken. Falls es sich nicht um eine besonders feine Stickerei handelt, werden sie der Ersparnis an Arbeit halber paarweise überfangen. Über den Überfangstich wurde im vorigen Kapitel das Nötige gesagt. Der Faden, welcher zum Überfangen der Goldfäden gebraucht wird, muß von satter Farbe, z. B. tiefblau , tiefrot, tief braun usw. sein. Matte Überfangfäden kontrastieren zu wenig mit den Goldfäden, die abgedeckt werden sollen; sie würden daher flau wirken.

Die Überfangtechnik kann bei Ausführung kleinerer Blumen, abgetönter Goldornamente, schmaler gemusterter Goldborden und ähnlichem mit Vorteil verwertet werden. Ihre hauptsächlichste Verwendung erfährt sie jedoch in der sog. Lasurstickerei, von der im nächsten Kapitel die Rede sein wird.

Bei einer Abart der eigentlichen Lasurteclmik , der Abdeckstickerei, werden die Goldfäden nicht hart nebeneinander, sondern um etwa 1 2mm voneinander entfernt aufgeheftet und überall gleichmäßig mit Überfangstichen versehen. Dieselben ziehen sich entweder, wie in Bild 64 c, bloß über einen oder über zwei Goldfäden herüber und müssen nach Weise des Köperstiches (S. 128) versetzt angebracht werden. Auch dürfen sie die Goldfäden, die ziemlich kräftig sein können, nicht zu dicht bedecken. Von besonderer Bedeutung ist diese Art von Lasurtechnik nicht. Man be- dient sich ihrer wohl zur Ausführung von Gewandungen, Wappenschilden und ähnlichem.

Viertes Kapitel.

Die Stickarten.

Auf den verschiedenen Stichen und Sticktechniken beruhen die mannig- faltigen in der Paramentenstickerei gebräuchlichen Stickarten, wie die Um- rißstickerei, die Aussparstickerei, die Vollstickerei, die Weißstickerei, die Goldstickerei, die Lasurstickerei, die Mosaikstickerei, die Straminstickerei und die Kanevasstickerei. Die einen, wie die Weiß-, die Gold-, die Stramin- und Kanevasstickerei haben ihren Namen vom Stickmaterial, andere, wie die Lasur- und Mosaikstickerei von der bei ihnen zur Anwendung kommenden Technik, die übrigen von der besondern Weise der Ausführung der Stickerei.

1. Die Umriß- oder Konturstickerei. Bei der Umrißstickerei werden nur die Umrisse und die zur Vervollständigung der Zeichnung etwa nötigen Innenlinien ausgeführt. Schatten werden bei ihr, wenn solche überhaupt dar- gestellt werden sollen, wie bei einer Federzeichnung nur durch Linien an- gedeutet (Bild 26 S. 69).

Die Umrißstickerei eignet sich vornehmlich zur Herstellung von Sticke- reien, welche zur Ausstattung der Linnenpa ra inen te, Alben, Altar- tücher usw., bestimmt sind. Als Stickmaterial benutzt man für dieselben Garn von kräftigem Farbenton, wie türkischrotes, indigoblaues, dunkel- braunes oder dunkelgraues, nicht aber hellfarbiges Garn, da sich in diesem Fall die Zeichnung nicht deutlich genug vom Grund abhebt. Meist führt man sie bloß in einer Farbe, wie Rot oder Blau aus. doch kann man auch, wo

140

die Zeichnung das gestattet, zwei Farben, z. B. Rot und Blau, Braun und Violett, oder zwei Töne von Braun und Grau verwenden.

So lassen sich z. B. die Vorlagen Tafel I, Nr 1, II, Nr 1, IV, Nr 1—4, V, Nr 1 und 6, XV, Nr 2 der Vorlagensammlung des Verfassers recht pas- send in zwei Farben arbeiten. Bei Tafel I, Nr 1 und Tafel II, Nr 1 nehme man zu den Blumen und Knospen Blau, zu den Blättern und Stengeln Rot, bei Tafel IV, Nr 1 4 Blau zu den Zwischenstücken, Rot zu den Ranken, bei Tafel V, Nr 1 Blau zu den Spruchbändern, Rot zu dem Blattornament, bei Tafel V, Nr G Blau zu dem Medaillon, Rot zum übrigen, bei Tafel XV, Nr 3 Blau zu der einen der sich umwindenden Ranken, Rot zur zweiten.

Zur Herstellung von Besätzen für Pluvialien und Kasein, von ge- stickten Stolen und ähnlichem ist die Konturstickerei minder brauchbar, da sie hier zu wenig wirkt. Man kann diesem Übelstand dadurch zum Teil begegnen , daß man die Innenseite der Kontur entlang in etwas dünnerem Garn eine zweite Linie stickt oder die Kontur aus aufgenähter kräftiger Kordel herstellt. Letzteres ist allerdings kaum anders als auf Sammet- grund tunlich, weil auf glattem Stoff die aufgenähte Schnur zu stark hervor- tritt: bei Sammetgrund ist es indessen von vortrefflichster Wirkung. Na- türlich muß die Schnur zur Farbe des Sammets in genügendem Kontrast stehen.

Mit größerem Erfolg wird die Umrißstickerei bei gemusterten ge- webten Besätzen zur deutlicheren Hervorhebung des Musters angewendet. Nur darf man nicht, wie das aus Mangel an gutem Geschmack so oft ge- schieht, alle möglichen Farben zu den Umrissen verwenden. Welchen Sinn hat es, ein gelbes Blatt mit einer grünen und hart daneben eine gelbe Blume mit einer roten oder blauen Kontur zu versehen. Man nimmt entweder für alle Umrisse und alle Linien ein und dieselbe Farbe, z. B. bei weißem Grund und gelbem Muster Tief braun oder Tiefrot oder benutzt, falls man einen Wechsel in der Farbe wünscht, für die Hauptlinien einen dunkleren, für die Nebenlinien einen helleren Ton.

In ähnlicher Weise, wie bei den Besätzen, kann man auch bei ge- musterten Kasel- und Pluvial Stoffen die Konturstickerei zu wirk- samer Hebung des Musters gebrauchen. Natürlich eignet sich nicht jedes Muster dazu. Bei kleineren Dessins ist die Konturierung nicht angebracht. Ein zum Aussticken der Umrisse sehr geeignetes Muster ist der Granatapfel.

Ein besonderer Vorteil, den die Konturierung der Muster gewebter Be- sätze oder Stoffe mit sich bringt, besteht darin, daß letztere dadurch sehr an Haltbarkeit gewinnen, weil die gestickten Umrisse den Grund vor unmittel- baren Reibungen und so vor raschem Verschleißen schützen. Es kann deshalb auch vom Nützlichkeitsstandpunkt aus die Anwendung der Umrißstickerei bei gemusterten gewebten Besätzen und Stoffen empfohlen werden.

Die Konturstickerei eignet sich vornehmlich für pflanzliche Dessins, Ranken, Blumen und ähnliches, sowie für geometrische Gebilde. Indessen kann sie auch sehr wohl bei figuralen Darstellungen von der Art einer Feder- zeichnung angewendet werden (Bild 26 S. 69), nur muß man sich dann, wie übrigens sich von selbst versteht, eines möglichst feinen Stickfadens bedienen,

Hl

am besten eines solchen von dunkelgrauer oder dunkelbrauner Farbe. Tür- kischrotes oder indigoblaues Garn wirken bei figürlichen Stickereien zu ge- wöhnlich. Benutzt man als Grund weiße Seide und als Stickmaterial einen tiefgrauen Seidenfaden, so lassen sich mittelst Konturstickerei reizende Me- daillons mit Heiligenbildern für Kasel- und Pluvialbesätze , Stolen. Schulter- velen und sonstige Paramente herstellen.

Was die bei der Konturstickerei zu verwendenden Stiche anlangt, so bedient man sich zur Ausführung der Hauptlinien am besten des Ketten- und Stielstiches, der Nebenlinien des Stiel- und gespaltenen Stiches. Zu figürlichen Darstellungen empfehlen sich der Stielstich und der gespaltene Stich. Die Schattenlinien und Faltenstriche werden bei den- selben am zweckmäßigsten mittelst des vereinfachten Atlasstiches her- gestellt.

2. Die Aussparstickerei (Bild 17 S. 49) l. Die Aussparstickerei hat mit der Konturstickerei gemein, daß das Muster nur in Linien ausgeführt wird, sie unterscheidet sich von dieser dadurch, daß bei ihr der freie Stoffgrund zwischen den einzelnen Teilen desselben zur bes- seren Geltendmachung der Zeichnung eine leichte Füllung er- hält. Das Dessin erscheint infolgedessen aus dem Stoff ausgespart, Linnen- bordüren aber, welche in dieser Weise behandelt werden, machen, wenn zum Sticken ein dunkelgraues oder dunkelbraunes Garn verwendet wurde, den Eindruck von durchbrochen gearbeiteten Besätzen.

Bei der Aussparstickerei müssen die Konturen des Musters scharf betont werden. Andernfalls verschwimmen die Umrisse zu sehr mit der Füllung des Grundes. Man hat sich deshalb zu ihrer Ausführung eines tief- dunkeln Fadens zu bedienen. Bei Seidenstickereien ist es zweckmäßig, die Kontur obendrein durch einen Goldfaden, den man an der Außenseite derselben anbringt, zu heben. Sollte der Grund innerhalb des Musters mit den dunkeln Umrissen zu sehr kontrastieren, so bringt man zur Vermittlung eines Überganges mittelst eines helleren Fadens ihre Innenseite entlang eine zweite Stichreihe an.

Die Ausfüllung des Grundes kann in verschiedener Weise (Bild 65 S. 142) erfolgen2. Am wirkungsvollsten geschieht sie mittelst kon- zentrisch oder schneckenhausartig verlaufender, um etwas mehr als Fadenbreite voneinander entfernter Stichreihen. Man bedient sich zu denselben des Kettenstiches, doch können auch der gespaltene Stich und der Steppstich mit Erfolg zur Ausführung dieser Stichreihen verwendet werden. Soll die Arbeit schön werden, so müssen erstens die Reihen stets in gleichem Abstand voneinanderstehen und dürfen zweitens sich an den Wendepunkten keine Knoten bilden.

Eine andere, kaum minder empfehlenswerte Weise, den Grund auszufüllen, besteht darin, daß man ihn netzförmig mit Fäden überspannt und

1 In der Ausspartechnik ist das Blumenornament in den Zwickeln oberhalb des Me- daillons ausgeführt.

2 Das Muster ist in seiner natürlichen Größe wiedergegeben. Es ist symmetrisch, weshalb es nach rechts umgekehrt wiederholt werden muß. um vollständig zu werden.

142

diese dann an den Kreuzungspunkten mit einem Abheftstich an dem Stickgrund befestigt. Um dem Fadennetz mehr Leben zu geben und zugleich den Grund besser zu decken, empfiehlt es sich, in den einzelnen Rauten einen Steppstich oder Knötchenstich anzubringen.

Einfacher, aber gleichfalls recht brauchbar ist eine dritte Manier. Man überzieht bei ihr den Grund zwischen dem Muster im Kettenstich, Steppstich oder vereinfachten Atlasstich mit schrägen, senkrechten oder wagrechten,

Bild 65. Bordüre für Altartücher, Alben, Superpelliceen. (Darstellung der Aussparstickerei.)

um etwa zwei Fadenstärken voneinander entfernten Linien. Welche Linien- richtung man zu bevorzugen hat, muß von Fall zu Fall entschieden werden. Bei wagrecht verlaufenden Besätzen machen sich schräge oder senkrechte Linien im allgemeinen am besten, wofern nicht etwa die Art des Musters wagrechte verlangt, bei senkrecht ansteigenden Besätzen sind dagegen für gewöhnlich schräge und horizontale Linien am schönsten. Für größere Flächen empfehlen sich wagrechte Linien am meisten. Für eine gute Wirkung ist es von großer Bedeutung, daß sich die Linien nicht allzulang ohne Unter- brechung hinziehen.

143

Bei allen drei Weisen darf der zur Verwendung kommende Stickfaden nur von mäßiger Stärke sein, namentlich aber beim Gebrauch des Ketten- stiches, weil sonst die Arbeit zu grob werden würde. Ferner muß er wegen des durchschimmernden Grundes einen satten Farbenton besitzen. Auf weißem oder gelbem Grund bedient man sich eines bordeauxroten, stahlblauen oder tief olivengrünen Stickfadens, auf rotem, grünem oder violettem Grunde eines goldgelben oder eines Goldfadens. Goldfäden wird man natürlich nur abheften.

Von den Mustern der Vorlagensammlung können in Aussparstickerei ausgeführt werden Tafel I, Nr 3 4; III, Nr 2; V, Nr 1; XI, Nr 5 6; XV, Nr 2; XXII, Nr 1; XXVI, Nr 2; XXVII, Nr 2 (Bordüren): X, Nr 3 (Mittelstück eines Schultervelums) ; XVII, Nr 1; XVIII, Nr 1 2: XIX, Nr 1; XX, Nr 2; XXVIII, Nr 19 (Kaselkreuze); XXIII. Nr 1: XXVII, Nr 1 (Pluvial- besätze); XXIV, Nr 1 (Dalmatikbcsatz).

3. Die Vollstickerei. Wir verstehen unter ihr eine Stickweise, bei welcher das Muster in allen seinen Teilen ganz mit Stickerei ausgefüllt wird. Man kann sich dabei fast aller früher besprochenen Stiche und Sticktechniken bedienen. Für das eine Muster wird sich mehr der eine Stich und die eine Technik eignen, für das andere ein anderer Stich und eine andere Technik. Bei vielen wird man mit Vor- teil verschiedene Stiche und Techniken zur Anwendung bringen. Auch wird man in manchen Fällen einzelne Teile der Zeichnung, wie Spruchbänder, Wappen- schilde, Medaillons mit bildlichen Darstellungen und ähnliches für sich arbeiten müssen , um sie dann ge- hörigen Orts durch Aufnähen einzufügen. Es liegt auf der Hand , daß sich unter solchen Umständen über die Anfertigung von Vollstickereien kaum all- gemeine Regeln geben lassen. Man hat im ein- zelnen Falle zuzusehen, welche Ausführung der Be- schaffenheit der Vorlage am besten entspricht. Daher hier nur einige prak- tische Bemerkungen.

a) Bei einfachen Stickereien bevorzuge man den Kettenstich.

b) Für Ranken ist der Kettenstich empfehlenswerter, als irgend ein anderer Stich, weil es bei ihm nur eines Wechsels im Ton der Farbe des Stickfadens bedarf, um in dieselben Leben und Relief zu bringen.

c) Zur Ausführung von Blättern und Blumen bediene man sich des Ketten- bzw. des in der Wirkung mit dem Kettenstich verwandten gespaltenen Stiches, des Plattstiches, allenfalls auch des Atlasstiches und des versetzten Stiches1. Eine einfache, sehr gefällige Weise, Blumen und Blätter auszusticken (Bild 66), besteht darin, daß man sie mittelst Kettenstichen mit konzentrischen, den Stickgrund durchscheinen lassenden Stichreihen ausfüllt. Kleine Blätter und Blumen kann man mit Hilfe des Flechtstiches ausführen.

Bild 66. Mit konzentri- schen Kettenstichreihen gefülltes Blatt.

1 Vgl. die Bemerkungen S. 127 und 128.

144

d) Die Adern der Blätter kann man in mannigfacher Weise mar- kieren , z. B. durch aufgeheftete Goldfäden , durch tiefdunkle im Stielstich, gespaltenen Stich oder Atlasstich hergestellte Linien, durch Verwendung ver- schiedener Farbentöne für die beiden Blatthälften und ähnliches. Die schönste Weise, sie anzudeuten, besteht darin, daß man die Stiche von der Mitte des Blattes aus auf den beiden Hälften desselben in entgegengesetzter Richtung schräg aufwärts laufen läßt. Bei Reliefstickereien führt man die Adern aus, indem man an den betreffenden Stellen den Stickfaden durch einen Abheft- stich tief in die Unterlage hineinzieht.

e) Spruchbänder mit Inschriften und Schilde mit Wappen oder Symbolen arbeitet man, falls sie einen andersfarbigen Fond wie die übrige Stickerei aufweisen sollen, am einfachsten in der Applikations- technik. Man nimmt einen Stoff von dem gewünschten Farbenton, zeichnet die Umrisse des Spruchbandes oder Schildes auf denselben , stickt die In- schrift, das Wappen oder Symbol auf. schneidet das Spruchband bzw. den Schild aus und näht ihn in der früher (S. 134) angegebenen Weise an der in der Vorlage bezeichneten Stelle dem Grund der Stickerei auf.

Will man die Spruchbänder und Schilde unmittelbar auf dem Stick- grund ausführen, so stickt man ihm zuerst deren Umrisse samt ihrer In- schrift bzw. ihrem Symbol (Wappen) auf und füllt dann den noch übrigen freien Raum innerhalb der Umrisse mittelst des Atlas-, Köper- oder Gobelin- stiches oder der Abhefttechnik in derjenigen Farbe aus, welche der Fond des Bandes oder Schildes haben soll. Diese zweite Weise ist zwar umständlicher als die vorhin beschriebene, dafür liefert sie aber auch weit edlere und solidere Arbeiten.

f) Um bei einer Stickerei den Grund zwischen dem Muster auszusticken, bedient man sich der Abhefttechnik, des Atlasstiches, des Köper- stiches oder des Gobelinstiches. Bei größeren Flächen empfiehlt sich die Abhefttechnik am meisten, da sie weniger Zeit und Mühe in An- spruch nimmt und der in ihr hergestellte Fond dabei doch von bester Wirkung ist.

g) Zur Ausführung figürlicher Darstellungen gebraucht man am zweck- mäßigsten, wie früher eingehender begründet wurde (S. 123 ff), den Atlasstich, den versetzten Stich und den Modellierstich, die deshalb auch wohl schlecht- hin Bilder- oder Figurenstiche genannt werden.

Die Figurenstickerei ist in vollem Sinne Nadelmalerei. Es tritt daher vornehmlich bei ihr das künstlerische Vermögen und der künstlerische Sinn der Stickerin zu Tage. Es sollten sich an Figuren nur diejenigen wagen, welche außer der notwendigen technischen Fertigkeit so viel künstlerische Auffassung und Darstellungsgabe besitzen, daß sie wenigstens eine gegebene Vorlage mit Verständnis in sieh aufzunehmen und richtig wiederzugeben im- stande sind. Sonst muß das Ergebnis notwendig eine Fratze und ein Zerr- bild werden.

Das erste, worauf man bei der Figurenstickerei zu achten hat, ist Korrektheit der Zeichnung. Das zweite ist eine gute Modellierung durch sachgemäße Behandlung und richtige Verteilung von Licht und Schatten. Hohes Licht und kräftiger Schatten dürfen nur ausnahmsweise unmittelbar

145

nebeneinanderstehen, sonst muß stets durch passende Mitteltöne ein Ausgleich hergestellt werden (Bild 54 S. 125). Auch dürfen die Schatten nicht zu tief werden, damit sie sich nicht zu stark von den Lichtern abheben und dadurch zuviel Plastik in die Figur hineinbringen. Man behalte stets vor Augen, daß auch figürliche Stickereien, weil bloße Verzierung, nur Flach- ornamente sein sollen . und daß sie diesen ihnen so wesentlichen Charakter niemals verleugnen dürfen.

Wer sich der Herstellung richtiger Licht- und Schattenverhältnisse und eines harmonischen Überganges von Licht und Schatten durch allmähliche Herabminderung bzw. Vertiefung der Töne nicht gewachsen fühlt, begnüge sich damit, die Figuren lediglich unter Anbringung der Umrisse und ohne alle .Berücksichtigung von Licht und Schatten auszusuchen und dann inner- halb derselben mittelst Schattenlinien die Schattenpartien zu charakterisieren (Bild 26 S. 69). Besser eine solche minder vollkommene Darstellung der Schatten, als eine verunglückte Schattierung vermittelst sich abstufender Farbentöne.

Die Nimben der Figuren führt man in der Abhefttechnik aus (Bild 53 S. 124 und Bild 54 S. 125). Man benutzt dabei einen rotseidenen Ablieft - faden, damit das einförmige Gelb des Goldes etwas gebrochen werde. Die Abheftstiche werden entweder versetzt zueinander angebracht oder so gestellt, daß sie sich zu geraden oder wirb el artig gekrümmten Linien aneinanderreihen. Ringsum wird der Nimbus mit einem Goldkördeichen eingefaßt.

h) Zur Herstellung von Architekturen bedient man sich am besten des Kettenstiches, des gespaltenen Stiches oder des Atlasstiches, falls das Stickmaterial aber Goldfäden sind, der Abhefttechnik. Man vermeide durch- aus, ihnen durch eine Unterlage Relief zu geben, zumal wenn die Stickereien für liturgische Gewänder (Kasel, Pluviale usw.) bestimmt sind. Throne und sonstiges Gerät behandle man nach Art von Architekturstücken.

Die Ausführung quadrierter Fußböden oder sonstiger quadrierter Flächen kann in mehrfacher Weise geschehen. Sind die Quadrate, aus denen dieselben bestehen, klein, und sollen alle Quadrate gleiche Farbe und denselben Farbenton haben, so ist es am einfachsten, dazu die Ab- befttechnik zu benutzen, indem man die über den Stickgrund gespannten Fäden mit einem die Platten bzw. Quadrate markierenden Fadennetz über- zieht und dieses dann mit Abheftstichen festheftet. Sind die Quadrate größer oder sollen sie sich in der Farbe oder doch wenigstens im Farbenton unterscheiden, so wird man nicht umhin können, jedes einzelne Quadrat für sich zu arbeiten. Man bedient sich dabei entweder des Atlasstiches oder konzentrischer, den Stickgrund ein wenig durchscheinen lassender Kettenstich- reihen. Bei Verwendung des Atlasstiches kann man. ohne verschiedenfarbige Fäden zu gebrauchen, einen Wechsel im Farbenton in der Weise erzielen, daß man die Stichreihen in dem einen Quadrat horizontal, in dem folgenden aber vertikal verlaufen läßt. Sind alle Quadrate ausgestickt, so tut man gut. sie durch dunkle, im gespaltenen oder Stielstich ausgeführte Linien oder auf- geheftete dünne Kördeichen gegeneinander abzugrenzen.

Braun. Winke für Paramentenanfertigung. 10

146

4. Die Weißstickerei. Dieselbe hat nur Bedeutung für das kirchliche Kleinlinnen, namentlich für das Korporale, die Palla (Bild 63 S. 137) und das Kelchtüchlein. Auf Alben und den andern größeren Linnen- gegenständen wirken in ihr ausgeführte Gegenstände im Verhältnis zu der auf sie verwendeten Mühe viel zu wenig.

Zur Weißstickerei bediene man sich eines feinen Linnengarnes. Je feiner der Faden ist, um so mühevoller, aber auch um so zarter und schöner wird die Arbeit. Die Weißstickerei ist, wie schon gelegentlich bemerkt wurde, ihrer Natur nach Reliefstickerei (S. 35), da sie in Form von Flach- stickerei nicht zur Geltung kommen würde. Es ist darum auch nicht nötig, hier auf die Technik der Weißstickerei näher einzugehen. Wir geben statt dessen noch zwei weitere Beispiele von Weißstickerei (Bild (37). Die Aus- führung ist leicht verständlich. Die Blätter der Eckblumen bei Bild 67 a

Bild (>7. Zwei Pallen in Weißstickerei (Viertel). (Nach Dengler, Kirchenschmuck.)

wurden zuerst mit einer leicht reliefierten Linie im Stielstich umsäumt und dann im Köperstich gefüllt. Bei den Blättern seitlich der Eckblumen wurde ebenfalls zunächst die Einfassungslinie hergestellt, dann aber das Innere mit dicht durcheinander angebrachten Knötchen (Sandstich) belebt.

Die Weißstickerei verlangt sorgsamstes Arbeiten , wenn etwas Schönes erzielt werden soll. Von den verschiedenen Stickstichen kommt vornehm- lich der Stielstich bei ihr zur Anwendung. Etwa sonst noch benutzte Stiche, wie der Knötchenstich, der Steppstich, der Köperstich, der Gobelinstich, sind bei der Weißstickerei kaum etwas anderes als Füllstiche zur Belebung leerer Flächen.

Entwürfe zur Verzierung von Pallen und Korporalien, welche in Weiß- stickerei ausgeführt werden können , finden sich in der Vorlagensammlung auf Tafel II. Nr 5 6; VIII, Nr 5 6 7 8; IX, Nr 7; X, Nr 10 11; XVI, Nr 2; XVII, Nr 10; XVIII, Nr 7; XXII, Nr 6.

147

5. Die Goldstickerei (Silberstiekerei). Das Arbeitsmaterial besteht bei der Goldstickerei aus glattem oder gewundenem Goldfaden, aus Goldcantille (Bouillon), Goldkordel, Goldlahn und Goldplättchen (Pailletten). Goldlahn soll bei der Paramentenstickerei möglichst wenig ge- braucht werden, teils weil er minder solid ist als Fadengold, teils weil er einen zu stechenden Glanz hat. Über die Verwendung von Goldplättchen vergleiche man.S. 118.

Als Stickgrund benutzt man, wenn nur das Ornament in Goldstickerei hergestellt werden soll, Sa min et, auf dem sich das Gold besonders wirksam abhebt, oder einfarbige, ungemusterte Seide. Soll dagegen auch der Fond in Goldstickerei ausgeführt werden, so gebraucht man als Stk-kgrund grobfadiges Linnen oder grobfadigen Baumwollstoff, die man, um dem Einlaufen nach Möglichkeit vorzubeugen, vorher gewaschen und noch in feuchtem Zustand geplättet hat.

Bild 68. Technik der Goldstickerei, a Bouillonstickerei, b und c Stecharbeit. d Sprengarbeit.

Man unterscheidet bei der Goldstickerei die Bouillon- oder Can- tillenstickerei, die Sprengarbeit, die Stecharbeit und die Auf- heft arbeit.

Bei der Bouillonstickerei (Bild 68a) wird in Stückchen zerschnittene glatte, matte oder krause Cantille (Goldbouillon), die man über einen Faden geschoben hat, nach Maßgabe des auszuführenden Musters dem Stick- grund aufgenäht. Die Cantille kommt dabei natürlich nur auf die Oberseite des Stoffes zu liegen , der Aufnähfaden passiert aber auch die Rückseite. Die Bouillonstickerei wird mit Vorliebe in Relief, also über einer Einlage ausgeführt.

Bei der Sprengarbeit (Bild 68 d) wird ein Gold- (Silber-)faden in be- ständiger Wiederholung über eine auf dem Stickgrund angebrachte Unterlage hin und her geführt, nachdem man ihn vor der jedesmaligen Umkehr hart am Rand der Unterlage durch einen gelbseidenen, gewachsten, über die Rück- seite des Stickgrundes sich hin und zurück bewegenden Faden angeheftet hat. Die Sprengarbeit ist stets Reliefstickerei (Bild 69 S. 148).

Bei der Stech arbeit (Bild 68 b c) läuft der Gold-(Silber-)faden wie bei der gewöhnlichen Seidenstickerei nicht bloß über die Oberseite, sondern auch

10*

148

über die Unterseite des Stoffes. Sie wird fast nur zur Herstellung doppel- seitiger Goldstickereien benutzt und ist bloß mit Metallgoldfäden, nicht aber

mit japanischem Gold ausführ- bar, weil letztei-es ein Durch- stechen schlecht gestattet. Eine Unterlage kommt bei der Stech- arbeit nicht immer zur Verwen- dung.

Die Aufhefttechnik be- darf hier keiner weiteren Erläu- terung mehr. Man vergleiche, wasS. 130 über sie gesagt wurde (Bild 57 S. 131). Um bei ihr . an Goldfäden zu sparen, ohne die Wirkung der Arbeit wesent- lich zu beeinträchtigen, kann man, wo es sich umHerstellung vonGold- fonds , Bordüren , Um- rahmungen, breiten Goldstreifen und ähn- liches handelt, beim Auf- nähen der Fäden ent- weder jeden zweiten oder dritten Goldfaden durch einen goldfarbi- gen Seidenfaden (Cor- donnetseide) ersetzen oder nach jedem zweiten Bild 70. Goldfaden mittelst ge- Spindel, wohnlicher goldfarbiger Stickseide eine Kettenstichreihe anbringen. Der Verlust an Bril- lanz, den die Stickerei hierdurch erleidet, ist nicht so bedeutend. wie man glauben könnte.

Bei Ausführung der Spreng- und Aufheftarbeit bedient man sich mit Vorteil einer Spindel (Bretsche) , auf welcher der Goldfaden aufgewickelt ist (Bild 70). Damit der letztere durch unmittelbare Berührung des Holzes und eine etwaige da- durch verursachte Reibung nicht leide, ist es gut, den Teil der Spindel, auf welchen der Faden gewickelt wird, wie auch die Gabel, in welcher

Bild 09.

Mitra in St Lamberti zu Düsseldorf. (Sprengarbeit des IS. Jahrb.)

149

derselbe beim Arbeiten eingeklemmt wird, mit baumwollenem kordonniertem Garn zu umwinden. Man muß es tunlichst vermeiden , den Goldfaden mit den Fingern zu berühren, zumal mit schwitzigen Fingern. Wir fügen dem Gesagten noch einige Bemerkungen über die Behandlung des Details an.

a) Ranken, Bänder, Streifen, Volute und ahnliches stellt man her, indem man die Goldfäden der Länge nach entweder ohne Unterlage am Stickgrund befestigt, wobei es sich empfiehlt, den Abheftfaden tief in denselben hineinzuziehen (Bild 57 d S. 131), oder über einer Unterlage von dünnen, parallel nebeneinander angebrachten Querfäden dem Stoff auf- näht (Bild 71). Man kann sie jedoch auch über einer mäßigen Längseinlage in Sprengarbeit ausführen. Zarte Banken, schmale Linien u. dgl. bildet man am einfachsten durch Aufheften eines Goldkördeiche ns.

b) Blatt- und Blumenwerk behandelt man nach Art der Banken. Arbeitet man Blätter und Blumen in Aufhefttechnik ohne Fadenunterlage, so stickt man ihnen etwaige Adern, Bippen, Schatten nachträglich mit dunkelbrauner Seide ein. Benutzt man dagegen eine Unterlage von Quer- fäden (Bild 71), so kann die Andeutung der Adern usw. ganz unterbleiben.

Bild 71. Amiktkragen eines spanischen Diakons im kbnigl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin. (Abheftarbeit über einer Unterlage paralleler Querfaden. Spanische Goldstickerei des 16./17. Jahrb.).

Wegen der Bildung derselben bei Anwendung der Sprengarbeit vergleiche man, was darüber S. 138 bei Besprechung der Beliefstickerei gesagt wurde.

c) Ranken, Blumen, Blätter, Bänder, wie überhaupt alle größeren Orna- mente, die über einer Unterlage, sei es in Aufheft- oder Sprengarbeit aus- geführt wurden, pflegt man, um ihnen allseitig eine gleichmäßige Kontur zu geben und dadurch die Wirkung der Arbeit zu erhöhen, die Bänder entlang mit einem kräftigen Goldfaden bzw. einer dünnen Golds ch nur ein- zufassen (Bild 68a S. 147 und Bild 71).

d) Um einen Goldrand oder sonstige ausgedehntere Partien in ein- facher Weise mit einer ebenso gefälligen wie wirksamen Musterung zu versehen, verfährt man, wie auf S. 132 angegeben wurde. Man bedient sich zum Aufnähen eines zum Gold kräftig kontrastierenden Fadens und bringt die Abheftstiche so an, daß sie miteinander geometrische Figuren bilden. (Bild 52 S. 123).

Soll der Fond mit einer reliefartigen Musterung versehen werden, so heftet man die Goldfäden über unterlegte Fäden dem Stickgrund auf (Bild 72 S. 150). Es lassen sich in dieser Weise die mannigfaltigsten Muster her-

150

stellen, gerade Linien, schachbrettartige und zickzackförmige Gebilde, Rauten, verkettete Doppellinien, Bogenreihen und ähnliches, je nachdem man die Ein- lagefäden wagrecht, in Zickzacklinien, in Netzform, in kleinen Bogen oder ähnlich aufnäht und die Goldfäden über einen, zwei oder mehrere Einlage- fäden führt, ehe man sie befestigt. Damit die Musterung nicht zu kleinlich ausfalle und besser zur Geltung komme, müssen die Goldfäden paarweise dem Stickgrund aufgeheftet werden. Um einem Goldgrund eine besonders wirkungs- volle Musterung zu geben, geht man in der auf Bild 57 f1 und f2 (S. 131) an- gedeuteten Weise vor. Zuerst wird das Muster, hier Blumen und Ranken, in Sprengarbeit oder Abhefttechnik ausgeführt und dann der noch übrige

freie Raum mit tief eingezogenen, quer zum Muster ver- laufenden Goldfä- den abgedeckt. Bild 57 f1 veran- schaulicht die Oberseite der Sti- ckerei und den Lauf der Goldfä- den, Bild 57 f2 die Unterseite und den Gang des Abheft- fadens.

e) G e w a n d u n- g e n behandelt man nach Art größerer Flächen. Ein be- sonders empfeh- lenswertes Ver- fahren , Gewänder in Goldstickerei herzustellen , be- steht darin , daß man die Goldfäden mit gelben Abheft-

fäden auf dem Stickgrund aufheftet und dann die so hergestellte Goldfläche in Form eines Streumusters mit kleinen stilisierten Blümchen in Rot, Grün oder Blau belebt. Es erinnert das an die Behandlung, welche die Ge- wandung der Figuren bei den sog. Kölner Borden erfuhr.

Sehr schön wirkt es auch, wenn man den Stickgrund vor dem Aufheften der Goldfäden mit dünnen, parallel laufenden Fäden oder einer schwachen Auflage von lockerer Seide überzieht und dann die Goldfäden über diese Einlage einzeln mit ziemlich nahe zusammenstehenden, fest angezogenen, bei jedem folgenden Goldfaden versetzten, d. i. mitten zwischen den Abheftstichen des vorhergehenden Fadens angebrachten Abheftstichen am Stickgrund befestigt (Bild 58 S. 132).

Bild 12. (roh]i;i'umlinusteriing in Relief.

151

Den Faltenwurf deutet man bei Gewändern, die in Goldstickerei aus- geführt wurden, nur durch dunkle Linien an (Bild 57 a S. 131). Man bringt dieselben erstens und das ist das Einfachste, wenngleich nicht gerade das Schönste entweder nachträglich nach vollendetem Abheften der Goldfäden an, oder beginnt zweitens die Arbeit umgekehrt mit dem Einsticken der Faltenlinien oder verbindet drittens das Aufnähen der Goldfäden und die Herstellung der die Falten markierenden Linien miteinander, indem man an den Stellen, wo auf dem Stickgrund Faltenstriche vorgezeichnet sind, mit einem besondern, dickeren, dunkelbraunen Faden das Abheften vornimmt.

f) Bei Spruchbändern heftet man den Goldfaden am besten ohne Anwendung einer Unterlage und ohne den Goldfaden in den Grund hineinzuziehen mit gelbem Abheftfaden dem Grund auf. Dabei ist es behufs Ersparung von Goldfäden zweckdienlich, den Platz, welchen die Buch- staben einnehmen sollen, freizulassen. Die Inschriften stellt man auf dem ausgesparten Grund im Kettenstich, Atlasstich, Köperstich oder Stielstich her. Man tut gut , den Buchstaben bei Anwendung des Stielstiches eine leichte Einlage zu geben. Damit die Inschrift wirke, muß sie von tiefem Farbenton sein. Am meisten empfiehlt sich darum für dieselbe ein sattes Rot oder Stahlblau.

g) Architekturstücke wird man in der Goldstickerei wohl in den meisten Fällen mit einer Einlage versehen müssen, da sonst Gefahr ist, data sie nicht genug zur Geltung kommen. Dieselbe darf indessen nur von sehr mäßigem Relief sein. Stark bossierte Säulen, Arkaturen, Baldachine, Throne und ähnliches, wie sie uns auf den Stickereien aus dem Ende des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts so oft begegnen, passen nicht für Para- mente, am wenigsten für liturgische Gewänder.

b) Um gemusterte Goldborden anzufertigen, verfährt man in derselben Weise, wie bei Ausführung eines über Fäden gearbeiteten Goldgrundes (Bild 72). Eine sehr hübsche und dabei leicht herzustellende Borde ist auf Bild 64 c (S. 138) dargestellt.

6. Lasiirstickerei (Bild 73 S. 152). Zur Lasurs tickerei bedarf man eines soliden Stick grundes, z. B. eines kräftigen Baumwollzeuges oder eines zur Verhütung des Einlaufens gut ausgewaschenen, derben Linnens. Nachdem die Zeichnung, seien es figurale oder ornamentale Darstellungen, mit möglichst deutlichen Strichen auf denselben übertragen ist (Bild 64 a S. 138). bringt man ihn auf den Stickrahmen und überspannt ihn in wagrechter Richtung im Anschluß an den Lauf der Horizontalfäden möglichst straff mit den Goldfäden. Frei läßt man nur die wenigen Teile, die man später in ge- wöhnlicher Seidenstickerei auszuführen wünscht, wie z. B. die Köpfe, Hände und Füße, da diese nicht wohl in Lasurstickerei hergestellt werden können. Die Fäden müssen dicht aneinanderliegen und werden nur an den Enden am Grund befestigt. Sind genügend Goldfäden aufgespannt, so beginne man sie an den Stellen abzuheften, wo sich auf dem Stickgrund die Striche der Zeichnung befinden (Bild 64a). Man heftet allemal zwei nebeneinanderliegende Fäden zugleich ab. Dabei bedient man sich eines Abheftfadens von der Farbe, wie sie das Ornament oder Bild an den fraglichen Stellen später

152

erhalten soll. Handelt es sich z. B. um Striche, welche die Falten eines Ge- wandes andeuten sollen, und soll das Gewand in Blau ausgeführt werden, so verwendet man zum Abheften einen blauen Faden.

Ist der Stickgrund ganz mit Goldfäden überzogen und durch die Abheft- stiche das Bild in seinen Hauptlinien auf dem Goldgrund angebracht worden, so geht man dazu über, die Schatten in dasselbe einzutragen (Bild 64b). Dann werden etwa ausgelassene Teile, wie die Fleischpartien und das sonst noch fehlende Detail nachgeholt und so das Bild vervollständigt.

Bild 7;-). Lasurstickerei : tit Johannes der Täufer. (Vom Schild eines zum Ornat des Ordens voni goldenen Vließ gehörenden Pluviales. Wien, k. k. Schatzkammer.)

Das Einsticken der Fleischteile, Gesichter, Hände usw. geschieht mittelst gewöhnlicher Vollstickerei, und zwar am besten im Atlasstich oder Köperstich, die Herstellung der Schatten mit Hilfe farbiger Über- fangs tic he.

In der Regel pflegt man diese Überfangstiche allemal über zwei Gold- fäden zugleich gehen zu lassen; doch kann man auch, wo das infolge der Umstände als zweckmäßig erscheint, die Goldfäden, einzeln mit Überfang- stichen versehen. Ebenso kann man, um eine besondere Wirkung zu erzielen, mit den Reihen wechseln, z. B. statt Reihe 1 und 2, 3 und 4, 5 und 6 Reibe 2 und 3, 4 und 5, b' und 7 zugleich überfangen. Die Natur der Sache bringt es mit sich, daß die Überfangstiche horizontale Reiben bilden.

153

Die Fäden, mit Jenen Öberfangstiche gemacht werden, müssen, wie die Fäden, welche zur Herstellung der Konturen dienten, die Farbe haben, welche die betreffende Partie der Zeichnung, z. B. eine Gewandung oder eine Blume erhalten soll. Durchaus notwendig ist, daß sie einen satten Farbenton besitzen, weil sie sonst auf dem Goldgrund ihren Zweck. Schatten und Halb- schatten in die auf demselben vorhandene Umrifizeichnung hineinzubringen, nicht genügend zu erreichen vermöchten. Dies kann nämlich ersichtlich in wirksamer Weise nur geschehen, wenn sie von tiefem Farbenton sind.

Die Ausführung der Schatten mittelst der üherfangstiche ist sehr einfach. Dort, wo tiefer Schatten erfordert wird, werden die Stiche dicht nebenein- andergesetzt, so daß sie den Goldgrund an dieser Stelle völlig decken. Die Halbschatten werden in der Weise gebildet, daß man die Überfangstiche je nach der Tiefe der Halbschatten mehr oder weniger weit voneinander anbringt. Je näher sie einander sind, um so kräftiger werden die Halb- schatten , je weiter sie auseinander stehen, um so lichter werden die- selben, weil der Glanz der Goldfäden in dem Maße die Wirkung der Über- fangstiche abschwächt, in welchem diese auseinanderstehen und dem Schimmer des Goldes Durchlaß gewähren. Wo sich nur Lichter finden sollen, läßt man die Überfangstiche gänzlich fehlen und begnügt sich damit, die Goldfäden mittelst gelben Seidenfadens in vereinzelten Heftstichen am Grund zu be- festigen. Es liegt auf der Hand, daß in dieser Weise ebensowohl langsame wie plötzliche Übergänge von Lieht und Schatten auf das wirkungsvollste hergestellt werden können. Haupterfordernis für eine Stickerin ist bei Aus- führung von Lasurstickereien daher natürlich, gutes Verständnis für Licht und Schatten in ihren Übergängen und in ihrem wechsel- seitigen Verhältnis, sowie im Zusammenhang damit Sinn für eine gute Modellierung.

Da bei Lasurstickereien mit Ausnahme der Fleischteile und einigen klei- neren Details alles andere, selbst z. B. etwaige Architekturen, in der Lasur- technik hergestellt , für die Fleischteile und ähnliches aber eine Stickweise bevorzugt wird, welche eine möglichst glatte und ebenmäßige Arbeit liefert, so macht eine sauber ausgeführte Lasurstickerei einen ungemein einheitlichen Eindruck. Dabei ist sie , gut und in den richtigen Farben gearbeitet , von unerreichter Brillanz. Keine andere Stickweise vermag solche Effekte zu er- zielen wie die Lasurstickerei , deren Erzeugnisse , was die Wirkung anlangt, im kleinen sind, was die glänzenden flandrischen Teppiche des 15. Jahr- hunderts mit ihren Goldlichtern im großen waren. Ihre großartigste Schöpfung sind ohne Zweifel die in der k. k. Schatzkammer zu Wien befindlichen Para- mente, welche den Ornat des Ordens vom goldenen Vließ bilden. Sie be- stehen aus Kasel, Dalmatik, Tunicella und drei Pluvialien (Titelbild und Bild 73).

In Lasurstickerei können hergestellt werden die Medaillons auf Tafel VIII, Nr 2; IX, Nr 3 4; XIV, Nr 1 2: XV. Nr 1: XVI. Nr 1 und XVII. Nr 1 der Vorlagensammlung.

7. Die Mosaikstickerei. Man versteht darunter eine Stickweise, bei welcher die Zeichnung entweder ausschließlich oder doch fast aus-

154

schließlich in der Applikationstechnik ausgeführt wird, die Arbeit also sich ganz oder nahezu ganz aus aufgenähten Stoffstücken zusammensetzt.

Die Mosaikstickerei wird in der Paramentenstickerei am häufigsten zur Herstellung größerer figürlicher Darstellungen gebraucht. Es werden die einzelnen Teile des Bildes auf einem mit Seidenpapier unterklebten Stoff von der passenden Farbe und Beschaffenheit aufgezeichnet, ausgeschnitten, auf dem aufgespannten Grundstoff zusammengestellt, aufgeklebt und untereinander, wie mit dem Grundstoff an den Rändern vernäht. Dann werden die Zu- sammensetzungsstellen durch zwei Kettenstichreihen, durch kurze Flechtstiche oder kurze schräge Stielstiche verdeckt, die einzelnen Teile mit Hilfe des Kettenstiches, des gespaltenen Stiches, des vereinfachten Atlasstiches mit dem nötigen Detail, wie Augen, Nase, Mund, Haar, Finger, Gewandfalten usw. versehen und schliefslich in Strichmanier die Schatten angebracht. Für die Fleisch teile nimmt man fleischfarbige oder leicht gelbgrau getönte Seide. Bei Gewändern, teppichartigem Hintergrund und ähnlichem sind gemusterte Stoffe, wie Damast, Brokatell und Brokat sehr angebracht, nur darf natürlich die Musterung nicht zu groß sein. Noch besser ist es jedoch, in solchen Fällen die Appliquen aus einfarbigem, solidem Seidenzeug zu machen und nach dem Aufnähen entweder in Kontur-, Ausspar- oder Vollstickerei mit einem passenden Muster zu versehen oder wenigstens mit einem Fadennetz zu überziehen. Die Arbeit gewinnt dadurch nicht nur bedeutend an Schönheit, sondern auch an Haltbarkeit.

Bei rein ornamentalen Stickereien kommt die Mosaikstickerei zur Verzierung der Paramente weniger zur Verwendung, weniger vielleicht, als sie es verdient. Allerdings ist nicht jedes Muster für dieselbe brauchbar. Die Mosaikstickerei will eine großzügige, breit angelegte, bis zu einem gewissen Grad sogar derbe Zeichnung. Bei kleinen, bis in alle Einzelheiten entwickelten Dessins geht die ihr eigentümliche kräftige Wirkung verloren.

Aus ebendiesem Grunde ist aber auch die Mosaikstickerei nicht überall gleich am Platz. Sie erheischt, um sich genügend entfalten und voll wirken zu können, große Flächen, wie Wandbehänge, Fahnen, Decken, breite Besätze deren bieten.

Immerhin ist sie es wert , mehr , als es tatsächlich geschieht, auch zur Herstellung bloß ornamentaler Paramentenstickereien angewendet zu werden. Treffliche Vorlagen ornamentaler Mosaikstickereien finden sich in der „Zeitschrift für christliche Kunst", I 345 und 439; III 251 und 363; IV 353; V 351; VII 43, welcher die Muster auf der am Schluß der „Winke" angefügten Tafel entnommen sind.

Eine interessante Weise, Borden in Mosaikstickerei herzustellen, ist S. 135 ausführlich beschrieben worden. Sehr brauchbar ist die Mosaikstickerei zur Anfertigung von Kissen. Man verwendet als Applikationsmaterial zu denselben am besten farbiges Tuch, da Seidenappliquen zu leicht beim Gebrauch leiden.

Als Regeln müssen bei Ausführung ornamentaler Mosaikstickereien gelten: 1. Es dürfen nicht zu viele Farben für die Appliquen genommen

155

werden. Zwei, höchstens drei genügen. 2. Auf hellem Grund muß die Zeichnung dunkel sein, von dunklem sich hell abheben. 3. Statt zwei verschiedenen Farben kann man zwei verschiedene Töne derselben Farbe, z. B. hellrot und dunkelrot, verwenden. 4. Die Einfassung der

ß" +..H 4 "H -!- H 4 H + BS + * + K "V*

a 4 s Ff « -i-

tKcm> Moootaor»»incöoi a «na toaaooU

«•" "fy Wjäa«" / W \ \u3KuX1 V N

[ + 84848 + 848 4 BB 4 H 4 55 4 B 4 3 4 H 4 SS 4 SS -

Bild 74 Borden. Altdeutsche Leinenstickereien. a Vegetabilische, geometrisch umgeformte Musterung, b geometrische Musterung.

Appliquen stellt man am besten durch aufgesetzte Goldkör deichen her, weil sie am geeignetsten sind, den Übergang zum Grund zu vermitteln. Jeden- falls hat man für dieselbe einen solchen Farbenton zu nehmen, daß sie nicht bloß die aufgenähten Stoffstücke abgrenzt, sondern auch von ihnen in

156

gefälliger Weise zum Grund überleitet. 5. Die Gliederung innerhalb des Musters muß in kräftigen Linien erfolgen.

8. Die Stramin- und Kanevasstickerei (sog. altdeutsche Linnen- stickerei). Die Straminstickerei ist allbekannt. In der profanen Stickerei bedient man sich bei ihr einer Reihe von Sticharten. In der Para- mentenstickerei , in welcher die Straminstickerei nur zur Herstellung von Teppichen, Kissen und Behängen gebraucht werden sollte, gelangen bei der- selben bloß der gewöhnliche Kreuzstich, der langgezogene Kreuz- stich, der halbe Kreuzstich und allenfalls noch der Gobelinstich zur Verwendung, da es hier nicht sowohl auf die eigenartige Wirkung der Stiche als auf das Muster ankommt.

Die Kanevasstickerei, bei welcher als Stickgrund Zwirnkanevas oder grobes, lockeres Linnen, wie z. B. sog. Holbein-Linnen oder Siebmacher- linnen benutzt wird . unterscheidet sich von der Straminstickerei dadurch, daß bei ihr nur das Muster ausgeführt, nicht aber auch der Grund überstickt wird. Technisch besteht keine wesentliche Verschieden- heit zwischen Kanevas- und Straminstickerei. Dieselben Stiche, welche bei der Straminstickerei angewendet werden , dienen auch zur Herstellung von Kanevasstickereien, nur daß sich bei letzteren zu ihnen der sog. Strichstich gesellt, ein wagrechter oder senkrechter dem Steppstich ähnlicher Stich, wie er bei Ausführung des Kreuzstiches auf der Rückseite der Stickerei zu ent- stehen pflegt.

In der Paramentenstickerei findet die Kanevasstickerei vorzüglich zur Her- stellung sog. altdeutscher Linnenborden Verwendung (Bild 74 S. 155). Als Stickgrund nimmt man zu denselben am besten grobes Linnen oder feinen Kanevas, als Stickfaden türkischrotes oder indigoblaues Baum- wollgarn. Wird feines Linnen als Stickgrund gebraucht, und findet man es zu mühsam , die Fäden für die einzelnen Stiche abzuzählen was freilich das beste ist so kann man sich damit helfen, daß man die Kreuzstiche über dünnfadigen Kanevas, welchen man dem Linnen aufgeheftet hat, aus- t'iilnt. Nach Vollendung der Stickerei werden die Fäden des Kanevas durch- schnitten und vorsichtig herausgezogen. Als Stickmuster sind für die altdeutsche Linnenstickerei bloß Gebilde von streng geometrischem Charakter verwertbar. Pflanzenmotive, wie Bäumchen, Blumen, Blätter, Ranken und Knospen, und Tiermotive können daher bei den Borden bloß dann Verwendung finden, wenn sie geometrisch umgestaltet, d. i. in geradlinige und eckige Formen gekleidet sind. In keinem Fall eignen sich für dieselben figürliche Darstellungen, weil solche durch die unumgänglich notwendige Umbildung zu Mißgestalten werden müßten.

Die altdeutschen Linnenborden sind zwar nicht die beste, doch immerhin eine recht brauchbare Verzierung für Alben, Altartücher und son- stiges Kirchenlinnen. Sie müssen aber aus genügend leichtem Stoff bestehen und sauber gearbeitet sein.

157

Fünftes Kapitel. Praktische Bemerkungen für die Ausführung von Stickereien.

1. Das Zusammenstellen der Vorlage. Nicht selten enthalten die Vor- lagewerke der Raumersparnis halber statt des ganzen Musters nur die zur Zusammenstellung desselben erforderlichen Teile. Namentlich trifft das bei Entwürfen zu Kasel- und Pluvialbesätzen, Stolen und Baldachinbehängen zu. In solchen Fällen ist es für die Stickerin die erste Aufgabe, aus den ihr ge- gebenen Teilen eine vollständige Zeichnung zusammenzusetzen.

Man nimmt zu dem Ende möglichst durchsichtiges Pergament- oder kräf- tiges, transparentes Zeichenpapier von der Größe des ganzen Musters, bringt auf demselben die genauen Umrisse desselben, z. B. einer Stola, eines Kasel- kreuzes, eines Pluvialschildes usw.. an und fügt dann in diese Einrisse an den gehörigen Stellen die gegebenen Teile der Vorlage ein , indem man das Papier über dieselben legt und die Linien der Vorlage mit Bleistift auf dem durchsichtigen Papier nachzeichnet. Dabei ist es natürlich notwendig, durch Einstecken von Heftzwecken und Stecknadeln oder sonst in einer Weise dafür zu sorgen, daß sich das Papier auf der Vorlage nicht verschiebe. Muß man dabei irgend einen Teil auch umgekehrt in die Umrisse eintragen, wie das z. B. bei den Armen der Kaselkreuze, bei nur zur Hälfte gegebenen Pluvial- schilden und Mittelstücken von Schultervelen , bei symmetrischen Altartuch- besätzen und Baldachinbehängen * der Fall ist , so geschieht das am e i n- fac listen in der Weise, daß man die Vorlage gegen eine Fensterscheibe, das Papier, auf dem man die Gesamtzeichnung' herstellen will, aber auf die Rückseite der Vorlage legt und dann auf dem Papier die Zeichnung mit dem Bleistift nachzieht.

Eine zweite Manier ist folgende: Man legt das Papier so über die auf dem Tisch bzw. Zeichenbrett befindliche Vorlage, daß seine Oberseite muh unten gewendet ist. paust das Muster auf die Unterseite des Papiers durch, hält dieses dann mit der Unterseite gegen eine Fensterscheibe und zeichnet mit dem Bleistift auf seiner Oberseite die von der Unterseite her durch- scheinende Kopie nach.

Eine dritte Weise besteht darin, daß man nach Durchzeichnung der einen Hälfte eines symmetrischen Musters das Papier in der Mitte nach der Unterseite zu zusammenfaltet, das gefaltete Papier, die fertige Hälfte dem Fenster zugewendet, gegen eine Fensterscheibe drückt und nun auf die andere das Muster durchpaust.

Bei Borden und Besätzen mit sieh wiederholendem Kapport ist ein Aus- zeichnen der ganzen Borde oder des ganzen Besatzes nicht nötig. Es genügt, den Rapport etwa zweimal dem Pauspapier aufzutragen.

2. Das Vergrößern oder Verkleinern einer Vorlage. Es kann vorkommen, daß man ein für einen bestimmten Zweck angefertigtes Muster für einen andern zu verwenden wünscht, für den es so. wie es vorliegt, zu groß oder

1 Symmetrisch heißen die Besätze, wenn das Muster, mit dem sie versehen sind, aus zwei gleichen, aber nach entgegengesetzter Richtung laufenden Teilen bestellt.

158

zu klein ist, daß man dasselbe also, falls man es gebrauchen will, ver- kleinern oder vergrößern muß. So können z. B. die Entwürfe für die Verzierung einer Falle auf Tafel XIII, Nr 2 3; XVII, Nr 2; XXVI, Nr 5 13 und XXVII, Nr 4 der Vorlagensammlung des Verfassers sehr "gut als Mittel- stück eines Schultervelums und die Entwürfe für eine gestickte Stola auf Tafel XII, Nr 12 3 4 oder XXIV, Nr 4 5 zur Herstellung von Kaselstäben und Besätzen von Dalmatiken dienen, nur müssen sie entsprechend vergrößert werden. Umgekehrt muß der Albenbesatz auf Tafel XV, 2 verkleinert werden, wenn man ihn zur Ausstattung von Meßdienerröcklein oder als Ärmelbordüre von Alben verwenden will. Es ist deshalb notwendig, daß die Stickerin weiß, wie sie es in solchen Fällen anzustellen habe, um die Zeichnung nach Bedarf zu verkleinern oder zu vergrößern.

Gewöhnlich geschieht das Vergrößern oder Verkleinern einer Zeichnung mittelst des sog. Pantographen oder Storchschnabels. Da man indessen einen solchen nicht überall zur Hand hat und obendrein seine Hantierung eine ge- wisse Fertigkeit erheischt, so wird man zur Vornahme von Vergrößerungen und Verkleinerungen besser folgenden Weg einschlagen (vgl. die Tafel).

Man überzieht die Vorlage mit einem Netz kleiner Quadrate. Dann bringt man auf dem Papier, auf dem man die Vergrößerung oder Ver- kleinerung herstellen will, ebenfalls ein Netz von Quadraten an. Dieselben müssen um ebensoviel größer oder kleiner sein, als die Quadrate des ersten Netzes, wie die neue Zeichnung größer oder kleiner werden soll als das Original. Messen z. B. die Quadrate des über die Vorlage ausgeführten Netzes 1 cm im Geviert, und soll die Vor- lage um das doppelte vergrößert bzw. auf die Hälfte verkleinert werden, so müssen die Quadrate des zweiten Netzes 2 cm bzw. 0,5 cm im Geviert haben.

Am einfachsten geht man bei Herstellung des zweiten Netzes in fol- gender Weise zu Werk. Man bestimmt auf dem Papier durch zwei Punkte, die Höhe, welche die vergrößerte bzw. die verkleinerte Vorlage erhalten soll, legt durch dieselben zwei parallele Linien, bringt zwischen diesen beiden Parallelen in gleichem Abstand voneinander noch gerade so viele andere Parallelen an, wie sich beim Netz auf der Zeichnung zwischen den beiden äußersten Horizontallinien finden und zieht schließlich in derselben Entfernung voneinander, welche zwischen den wagrechten Linien besteht, die senkrechten ein.

Hat man beide Netze hergestellt, so zeichnet man die Linien, die sich in den einzelnen Quadraten des ersten Netzes finden, in die entsprechenden Quadrate des zweiten Netzes ein und die gewünschte Vergrößerung oder Verkleinerung ist fertig.

3. Das Übertragen der Zeichnung auf den Stickgrand. Hat man das Muster aus seinen Teilen vollständig zusammengesetzt oder, wo eine Zusammen- stellung nicht erforderlich war, in hinreichendem Umfang von der Vorlage abgepaust, so geht man dazu über, es dem Stickgrund zum Zweck der Ausführung auf zukopier en. Man bedient sich dazu bei Linnen und Baumwollstoffen am zweckmäßigsten des überall leicht erhältlichen blauen Aufpauspapiers. Das Aufpausen wird auf einem Zeichenbrett,

159

in Ermanglung eines solchen aber auf einem gewöhnlichen Tisch vorgenommen und geschieht in folgender Weise. Man spreitet den St ick grün d glatt auf dem Brett bzw. dem Tisch aus , legt das Auf pauspapier darüber, deckt über dieses die Zeichnung und fährt dann unter leichtem Druck mit einem harten, gespitzten Bleistift oder dem Ende einer Stricknadel über die einzelnen Linien derselben. Damit Stoff und Zeichnung sich nicht verschieben, hefte man beide mit einigen Heft nägelchen zu- sammen auf dem Brett oder der Tischplatte an. Ist das Aufpausen beendet, so hebt man, ehe man die Nägelchen entfernt, Zeichnung und Pauspapier in die Höhe , um nachzusehen , ob nicht vielleicht der eine oder andere Strich ausgelassen oder nur undeutlich wiedergegeben wurde, und trägt, wenn nötig, das Fehlende ein oder zieht nochmals nach, was sich nicht scharf genug abgeprägt hat.

Auch auf Seide kann man die Zeichnung mit Hilfe des Aufpausverfahrens kopieren, nur muß man sich dazu bei dunkeln (roten, grünen, violetten und schwarzen) Seidenstoffen statt eines blauen eines weißen Pauspapieres be- dienen, da sonst die Pause entweder gar nicht oder doch nicht genügend sichtbar würde. Indessen ist hier ein solches Aufpausen weniger ratsam, da etwaige fehlerhafte Striche sich kaum entfernen lassen und zudem durch un- bedachtsames Drücken auf die Zeichnung leicht auf dem Stoff Flecken ent- stehen können. Zum mindesten erfordert es bei Seide eine besondere Sorg- falt und Vorsicht. Bei Sammet kann natürlich von einer Übertragung des Musters auf den Stickgrund mittelst Aufpauspapiers keine Rede sein.

Für Seide und Sammet gebraucht man daher zum Aufzeichnen des Musters andere Verfahren. Eine sehr einfache Methode besteht darin, daß man die Zeichnung auf ein dünnes aber haltbares Seidenpapier durchzeichnet, das Papier sodann auf den seidenen oder sammetenen Stick- grund mit langen Stichen aufnäht, durch das Seidenpapier hindurch die Umrisse des Musters dem Stoff aufstickt, nach Vollendung aller Umrisse das Seidenpapier sorgfältig entfernt und nun das in Konturen dem Stickgrund eingestickte Muster w e i t e r a u s f ü h r t. Zur Her- stellung der Umrisse bedient man sich bei diesem Verfahren je nach der Art, in welcher man die Ausführung vornehmen will , entweder des Ketten- oder des Steppstiches. Das Seidenpapier erst nach Vollendung der ganzen Stickerei zu entfernen, ist nicht rätlich, teils weil es sich in diesem Falle kaum völlig beseitigen läßt, teils weil bei einem solchen Vorgehen ein exaktes und sauberes Aussticken seine Schwierigkeiten hat. Wohl aber können zweckmäßigerweise schon vor dem Losreißen des Papiers kleinere Blümchen und Blättchen, zartere Ranken und ähnliches fertig ausgeführt werden.

Ein zweites Verfahren ist folgendes. Man legt die Zeichnung auf eine weiche Unterlage und durchsticht mit einer Nadel alle Linien derselben. Je feiner sie ist, um so näher müssen natürlich die Löchlein aneinandergesetzt werden. Hierauf bringt man das Papier auf den Stoff, auf den das Muster übertragen werden soll, sorgt durch Heftnägelchen, daß sich beide nicht ver- schieben und stäubt die durchstochene Zeichnung bei dunklen Stoffen mittelst

160

pulverisierter Kreide, bei hellen Stoffen mittelst pulverisierter Holzkohle ein. Zum Einstäuben bedient man sich eines in die Kreide bzw. Kohle getauchten Schwämmchens oder eines sog. Einstäubbeutel- chen s, d. i. eines aus genügend lockerem Baumwollzeug angefertigten, mit Kreide oder Kohle gefüllten Säckchens. Ist die Zeichnung hinreichend ein- gestäubt, so daß alle Linien in wünschenswerter Deutlichkeit auf dem Stick- grund zu Tage treten, so hebt man das Papier ab, entfernt durch Wegblasen das überflüssige Pulver und zeichnet in guter, festhaltender Wasserfarbe mit Hilfe eines feinen Pinsels die Linien nach. Die Farbe der Wasserfarben ist durch die Farbe des Stoffes bedingt. Bei dunklen Stoffen bedient man sich einer weißen oder gelben, bei hellen einer dunkel- blauen oder scdiwarzen Wasserfarbe bzw. schwarzen Tusche.

Es braucht kaum bemerkt zu weiden, daß das Nachzeichnen mit großer Sorgfalt vorgenommen werden muß, damit die Linien nicht zu dick, nicht krumm und unsauber ausfallen oder Flecken auf dem Stick- grund entstehen.

Statt gewöhnlicher pulverisierter Kreide oder Kohle kann man zum Ein- stäuben auch eigens zu diesem Zwecke mit Benutzung von Kolophonium oder Gummi hergestellte Einstäubpulver verwenden. Im ersten Fall braucht man. um die Farbe zum Festhalten zu bringen, nur mit einem heißen Bügeleisen über den Stoff zu fahren bzw. dem Stoff ein heißes Bügeleisen nahezubringen, im andern Falle denselben mittelst eines Zer- streuers mit reinem Spiritus zu benetzen. Man wird auch bei dieser Art von Fixierung des eingestäubten Musters das eine oder andere mit Farbe nachzutragen haben. Durchaus notwendig ist es, daß sich beim Fixieren kein Einstäubpulver neben der Kopie auf dem Stoff findet, da sonst auch dieses an demselben befestigt wird. Man muß deshalb dafür Sorge tragen, daß die Zeichnung mit breitem Rande versehen sei, damit das Pulver nicht auch über ihre Kanten auf den Stoff falle, und daß sie beim Einstäuben möglichst fest der Seide oder dem Sammet anliege, damit nicht mehr Einstäubpulver durch die Öffnungen dringe, als gerade zur Deutlichkeit der Pause erforderlich ist. Etwa überschüssiges Pulver aber muß durchaus durch Wegblasen ent- fernt werden.

4. Das Aufspannen auf den Stickrahmen. Ist das Muster auf den Stoff übertragen, so spannt man letzteren zum Zweck der Ausführung der Stickerei auf den Stickrahmen. Bedarf er, wie es bei Seidenstickereien gewöhnlich der Fall ist, eines Unterstoffes , so bringt man Ober- und Unterstoff ent- weder einzeln für sich oder besser zugleich auf den Rahmen (S. 115). Ohne Rahmen soll man feinere Arbeiten nie herstellen, aber auch bei einfachen Stickereien , Kreuzstichstickereien etwa ausgenommen , empfiehlt sich im Interesse der Sauberkeit und Exaktheit der Ausführung der Gebrauch eines Rahmens. Dasjenige, was einer Stickerei Wert verleiht, sind nicht so sehr Stoff und Muster, als vielmehr die Art der Ausführung. Eine einfache. gediegen und vollendet ausgeführte Stickerei steht ungleich höher da, als eine noch so reiche und prunkvolle Arbeit, die voll von Unebenheiten und Mängeln ist.

161

5. Die Wahl der Farben. Eine Sache von größter Bedeutung ist bei mehrfarbigen Stickereien die Wahl der Farben. Die Farbengebung darf weder hart noch verschwommen, weder grell noch stumpf, weder übertrieben noch nüchtern sein. Es ist gleich verkehrt, wenn die Stickerei infolge geschmackloser Zusammenstellung reiner, ungebrochener Farben durch herbe Farbenkontraste das Auge beleidigt, wie wenn sie durch einseitigen Gebrauch von Mischfarben das Aussehen Jahrhunderte alter, durch den Einfluß der Zeit verblichener Arbeiten, bekommt.

Im allgemeinen sind bei kirchlichen Stickereien, die ja mehr oder weniger auf Fernwirkung berechnet sind, kräftig wirkende Farben töne zu bevorzugen, doch müssen dieselben durch Wahl zueinander passender Farben und Verwertung geeigneter, den Kontrast ausgleichender Mittel töne in Harmonie miteinander gebracht werden, damit nicht nur eine reiche, sondern auch eine edle, ruhige, gefällige Farbenstimmung er- zielt werde.

In der profanen Stickerei sind gegenwärtig die gebrochenen Farben in Mode. Umgekehrt kann man bei Paramentenstickereien nicht selten in häßlichster Weise die schreiendsten Farben ohne allen Ausgleich und unvermittelt nebeneinandergestellt finden. Das ist namentlich bei fabrik- mäßig mit oder ohne Stickmaschine hergestellten Stickereien der Fall. Be- greiflich, kommt es doch bei denselben in erster Linie darauf an, in die Augen zu fallen, Eindruck, wie man sagt, zu machen, weil eben das bei vielen Käufern leider den Ausschlag gibt. Ein guter Geschmack wird sich weder von der wechselnden Tagesmode, noch von un- passenden Nebenabsichten bei der Wahl der Farben leiten lassen, sondern die oben angedeutete goldene Mitte einhalten, die sich in die vier Worte zusammenfassen läßt: frisch, kräftig, harmonisch, ruhig. Wichtig für die Farbenwahl ist die Farbe des Stickgrundes, mit dem vielfach von selbst und ohne weiteres wenigstens der Leitton der Stickerei gegeben ist. So paßt z. B. zu einem schwarzen Grund am besten eine in Silber, Weiß, Silbergrau und Dunkelgrau unter allenfalsiger Benutzung von etwas Violett hergestellte Stickerei, minder eine in Gold (Gelb), gar nicht eine in Rot, Blau, Grün usw. ausgeführte Stickerei. Bei violettem Grund empfiehlt sich für die Stickerei mit Vorzug Gold, Gelb, Hellbraun, Dunkelbraun samt ein wenig Grün und Rot. Bei weißem Grund ist man sehr frei in der Wahl der Farben; hier kommt es vornehmlich auf eine passende Verteilung und einen guten Ausgleich der Farben an. Ähnlich verhält es sich bei Goldgrund und bis zu einem gewissen Grad beim Ersatz desselben, bei gelbem Grund. Zu Grün und Rot gehören als Ergänzungsfarben Rot bzw. Grün. Man wird daher auf grünem oder rotem Grund zu den Stickereien ausgiebig Rot bzw. Grün verwerten. Will man für Muster und Grund dieselbe Farbe ge- brauchen, so muß man dem Grund einen möglichst tiefen, den Stickereien aber helle Töne geben und das Muster obendrein durch eine Goldkontur schärfer vom Grund abheben. Man kann übrigens auf rotem und grünem Grund die Vorlage auch in Gold oder statt dessen in Gold, Gelb und Braun ausführen.

Braun, Winke für Paramentenanfertigung. 11

162

Die Wahl, Verteilung und Ausgleichung der Farben ist zum großen Teil Sache des Geschmackes, aber auch Sache der Erfahrung und des Probierens. In manchen Fällen ist es praktisch, ehe man zur endgültigen Ausführung schreitet, an einzelnen Stücken die Probe zu machen. Selbst bei farbigen Vorlagen kann das nützlich sein, da die Farben auf solchen wegen der Verschiedenheit des Stickmaterials, das die Vorlage nicht in Rechnung ziehen kann, bisweilen ganz anders wirken, wie auf der Stickerei.

Man achte übrigens nicht bloß auf eine richtige Wahl und eine harmonische Zusammenstellung der verschiedenen Farben, man sorge auch dafür, daß da, wo verschiedene Töne der gleichen Farbe nebeneinander zur Anwendung kommen, wie z. B. bei Schattierungen von Blumen, Gewändern usw., selbige leicht und gefällig ineinander übergehen.

6. Die Wahl der Stickweise. Ebenso wichtig wie die Farbenwahl ist die Wahl der Stickweise. Dieselbe ist mit der Vorlage bei weitem nicht immer gegeben. Vielfach kann derselbe Entwurf in verschiedenen Techniken aus- geführt werden. Einen teilweisen Anhaltspunkt bietet im einzelnen Fall der Zweck, für den die Stickerei bestimmt ist. In andern muß die größere oder geringere Geschicklichkeit der Stickerin die Entscheidung darüber geben, welche der vielen Stickweisen zur Anwendung kommen soll. Man wage sich nie an eine Ausführungsweise heran , die man nicht hinreichend beherrscht. Fühlt man sich für eine kompliziertere Technik zu schwach, so sei man be- scheiden genug, sich mit einer einfacheren zu begnügen.

Wie Stoff und Muster nicht den alleinigen, ja nicht einmal den ersten Maßstab für den Wert einer Stickerei abgeben, so auch nicht die Stickweise. Die wahre Norm zur Beurteilung desselben liegt vielmehr in der Exaktheit und Sauberkeit, mit welcher die Stickerei ausgeführt ist. Gerade das ist ein Vorzug, welcher die Stickereien der Schwestern vom armen Kinde Jesu zu Simpelveld und Aachen stets ausgezeichnet hat, die minutiöse Sorgfalt, mit der sie gearbeitet sind , gleichviel ob sie großartige Nadelmalereien oder schlichte Umrißstickereien darstellen.

Man arbeite mit Ruhe, mit Bedacht, mit Genauigkeit und Umsicht. Man überlege gleichsam jeden Stich, den man macht, und schaue be- ständig zu , wie man der Vorlage am besten gerecht wird. Es wird dann ganz gewiß die Arbeit, so einfach sie an sich sein mag, in ihrer Art ein Kunstwerk.

7. Das Befestigen der Stickfädeii. Ist die Stickerei fertiggestellt, so bleibt noch übrig, die auf der Unterseite derselben befindlichen Fadenenden festzumachen, damit sich die Stiche nicht wieder auflösen. Bei Linnen- stickereien geschieht das durch bloßes Vernähen derselben. Bei Seiden- stickereien pflegt man sich jedoch damit nicht zu begnügen , sondern außer- dem die ganze Rückseite mit Hilfe eines Pinsels dünn mit Kleister zu über- streichen, um so für den Fall einer Beschädigung der Stickerei einer Auflösung auch der benachbarten Teile möglichst vorzubeugen. Der zur Verwendung kommende Kleister wird am besten aus Weizenstärke gemacht und muß möglichst wasserfrei und frisch sein. Das Überstreichen muß auf dem Stick- rahmen geschehen, und die gekleisterte Stickerei hat solange auf demselben

163

zu verbleiben, bis sie völlig trocken geworden ist. Erst dann darf man sie zur weiteren Verarbeitung von demselben herunternehmen.

8. Das Waschen von Stickereien. Vom Waschen kann nur bei Sticke- reien die Rede sein, die mit waschechten Garnen hergestellt sind. Man hüte sich bei demselben vor dem Gebrauch stark ätzender Waschmittel, z. B. der Soda, der verschiedenen Waschpulver usw. und verwende lediglich sog. neutrale Seife (sodafreie Olivenseife). Sind die Stickereien in Linnen- bzw. Baumwollgarn ausgeführt, nimmt man heißes, sind sie dagegen mit waschechter Seide gearbeitet, lauwarmes Waschwasser von 25° C. Gebleicht sollen gestickte Gegenstände nicht werden, da das Bleichen den Farben schadet. Es reicht vollständig hin, sie im Seifenwasser flott aus- zuwaschen und dann in lauwarmem, klaren Wasser solange auszuschwenken, bis alle Lauge aus ihnen entfernt ist. Das Reiben der Stickereien muß tunlichst vermieden werden , namentlich wenn als Stickmaterial Seide ver- wendet ist. In türkischrotem Garn hergestellte Arbeiten legt man, damit das Rot an Lebhaftigkeit gewinnt, nach dem Waschen in Wasser, dem man einen Guß Essig zugesetzt hat, und schwenkt sie dann nochmals in reinem Wasser aus.

Um nach dem Ausspülen das Wasser aus den Stickereien zu beseitigen, drückt man dieselben mit der Hand fest aus. Ein Auswringen ist durch- aus zu vermeiden, da es der Stickerei nachteilig ist. Stickereien, die in Linnen- und Baumwollgarnen ausgeführt sind, trocknet man am besten, indem man sie, wenn sie noch naß sind, mittelst eines warmen Bügeleisens solange auf der Unterseite bügelt, bis sie trocken geworden sind. In Seide her- gestellte Stickereien läßt man, ehe man sie in dieser Weise bügelt, langsam antrocknen , am besten , wenn es geht , an der Luft. Man vermeide alles schnelle, gewaltsame Trocknen, weil dabei die Farbe der Seide leidet und die entstehenden Dämpfe den Stickgrund färben könnten.

Will man dem Grund der Stickereien einen leichten gelblichen Ton geben, so verfährt man, wie man es zu diesem Ende bei Spitzen zu machen pflegt, d. i. man taucht dieselben vor dem Trocknen in eine dünne Kaffee- oder Teebrühe.

Sechstes Kapitel. Die Stickmuster.

Wiewohl die Herstellung von Vorlagen im allgemeinen nicht Sache der Stickerinnen ist, dürfte es doch am Platz sein, auch den Stickmustern einige Worte zu widmen. Die Stickerin wird nur dann ihrer Arbeit ein volles Interesse entgegenbringen . wenn sie auch für das , was sie mit der Nadel darstellt, ein genügendes Verständnis hat, und nur dann wird sie passende Vorlagen für ihre Stickereien auswählen, wenn sie weiß, wie eine gute Vor- lage beschaffen sein muß.

1. Die Motive der Parainentenstickereien. Die Motive der Paramenten- stickereien, d. i. die auf denselben als Ornament verwendeten und das Muster herstellenden Gegenstände sind mannigfacher Art, geometrische, vege-

11*

Ifi4

tabilische und animale Gebilde, Figurenwerk, symbolische Dar- stellungen, Inschriften und Architekturen. Geometrische und vege- tabilische Bildungen reichen schon für sich allein als Motive aus, die übrigen erheischen mehr oder weniger eine Ergänzung durch geometrische und vege- tabilische Gebilde. Nach dem Motiv bestimmt sich der Charakter des Musters. Man redet deshalb von geometrischer, vegetabilischer usw. Musterung.

a) Unter geometrischen Mustern versteht man Muster, welche sich aus geometrischen Figuren, wie geraden oder krummen Linien, Dreiecken, Quadraten, Rauten, Sechs- und Achtecken, Kreisen, Bogen, Winkeln, Drei-, Vier- oder Achtpässen, Haken und ähn- lichen Motiven zusammensetzen (Bild 35 S. 96 und Bild 74 b S. 155). Auch die sog. Mäander, d. i. unter rechten, spitzen oder stumpfen Winkeln sich brechende Bänder, zählen zu denselben. Ein treffliches Beispiel dieser Mäander bildet das in der Paramentenstickerei beliebte, einer Borde vom Kleid der allerseligsten Jungfrau im Münster zu Aachen entnommene sog. Marienmuster (Bild 34 S. 95).

Geometrische Muster sind , gut ausgeführt, wenn auch nicht die edelste, so doch eine würdige und recht brauchbare Verzierung für Paramente. Man kann sie ebensowohl zur Ausstattung der Alben, Chorröcke, Altartücher, überhaupt des Kirchenlinnens, wie der Kasein, Pluvialien und Stolen anwenden. Freilich paßt nicht jedes Muster zu jedem Parament, Einer unbeschränkten Verwendung sind nur solche Muster fähig, welche sich aus abgeschlos- senen Gebilden zusammensetzen (Bild 74b S. 155). Muster, in denen eine ausgesprochene Längsbewegung zum Ausdruck kommt, wie das bei- spielsweise bei den Mäandern der Fall ist, eignen sich dagegen bloß für wag- recht laufende Besätze.

Geometrische Muster dürfen nicht zu groß und breit sein, da sie sonst zu schwer und unbeholfen aussehen,

Geometrisch gemusterte Besätze für Linn enparamente führt man in Umrißstickerei oder, um eine vollere Wirkung zu erzielen, in Ausspar- stickerei aus. Bei kleineren Mustern kann man sich auch der sog. altdeutschen Linnenstickerei mit Nutzen bedienen (Bild 74b).

Bei Besätzen für Kasein und Pluvialien, bei Stolen und ähnlichem hängt die Art der Ausführung vom Stickgrund ab. Besteht derselbe aus Seide, so stellt man dieselben in Vollstickerei, Aussparstickerei oder Mosaikstickerei her. Verwendet man grobes Linnen oder feinen Kanevas als Stickgrund, dann muß nicht bloß das Muster, sondern auch der Grund ausgestickt werden. Man benutzt dazu am besten den Gobelinstich oder den Köperstich. Die Besätze wirken nur dann, wenn sich Grund und Muster hinreichend voneinander abheben. Wo solches nicht der Fall ist, sehen sie matt aus. Man muß daher für Grund und Muster ent- schiedene, gut kontrastierende Farbentöne nehmen.

Bei Teppichen führt man geometrische Muster im Kreuzstich aus.

b) Die vegetabilischen Muster sind dreifacher Art, Phantasie- gebilde mit geringer Anlehnung an wirkliche Pflanzenformen , na- turalistische Pflanzenmuster und stilisierte Pflanzenmuster.

165

Zur ersten Art gehören die in tausenderlei Variationen und Formen auftretenden romanischen Pflanzenornamente (Bild 67b S. 146), eine Um- bildung der klassisch römischen Groteske, die Arabesken, denen wir auf den aus arabischen Werkstätten stammenden Stickereien immer wieder be- gegnen, das Ranken- und Blattwerk, das wir auf mittelalterlichen griechischen Stickereien antreffen und namentlich das teils für sich allein, teils in Verbindung mit verschlungenen und verschnörkelten Bändern und Riemen vorkommende Pflanzenornament der Frührenaissance und des Barocks (Bild 71 S. 14!»)

Naturalistische Pflanzenmuster, d. i. Wiedergabe von Pflanzen und Blumen, wie Feld und Wald dieselben zeitigen, tauchten gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf den Paramenten auf und erlangten unter der Herr- schaft des Rokoko bald größte Beliebtheit.

Die stilisierten vegetabilischen Muster waren vor allem der Gotik eigen (Bild 17 S. 49 und Bild 26 S. 69), sie kommen aber auch in andern Stilen, z. B. der Renaissance vor. Sie geben wirkliche Pflanzengebilde wieder, doch nicht in der Freiheit und Ungebundenheit , wie dieselben sich draußen in Gottes Natur finden, sondern unter Beibehaltung alles Wesentlichen in bestimmte, feste, regelmäßige Formen gebracht.

Von den in dieser Weise stilistisch umgebildeten Pflanzenmotiven be- gegnen uns auf mittelalterlichen Paramentenstickereien am häufigsten die Rose, die Lilie, das Eichenlaub, die Distel und die Weinrebe.

Daß man, wie man so oft gesagt hat, in allen Fällen mit derartigen Gebilden eine Symbolik verbunden habe, ist unzutreffend; immerhin kann nicht bezweifelt werden, daß man in manchen dieser Motive nicht lediglich Schmuck- formen gesehen, sondern in Anlehnung an Äußerungen der Heiligen Schrift oder mystische Deutungen der Theologen mit ihnen auch eine symbolische Bedeutung verknüpft hat. Ein in neuester Zeit mit Recht sehr beliebt ge- wordenes Pflanzenmuster ist die stilistisch umgeformte Passionsblume.

Von den drei Klassen der vegetabilischen Schmuckgebilde gehören nur die erste und dritte auf Paramente. Welcher man im einzelnen Fall den Vorzug zu geben hat, hängt vom Stil ab, in dem die Stickerei aus- geführt werden soll. Soll dieselbe einen romanischen Charakter haben, so wird man sich an die erste Klasse zu halten haben; umgekehrt wird man Pflanzenmuster , die auf gotisch stilisierten Stickereien Verwendung finden sollen, der dritten Klasse entnehmen, und zwar wird man dabei möglichst solchen den Vorzug geben, mit denen sich eine allgemein bekannte Sym- bolik verbindet.

Die vegetabilischen Muster können auf jedem Stoff, in jeder Technik und in allen Stickweisen ausgeführt werden. Für Kreuz- stichstickereien eignen sie sich allerdings nur dann, wenn das Muster, wie auf Teppichen, sehr groß gehalten ist, oder wenn der Stickgrund im Verhältnis zum Muster sehr fein ist. Für die in Kreuzstich auf Kanevas hergestellten Rot- oder Buntstickereien passen nur in strenge, fast geometrische Formen gebannte vegetabilische Phantasiegebilde (Bild 74 a S. 155), nicht aber bloß stilisierte Motive.

166

c) Auch die animalen oder Tiermuster lassen sich in drei Klassen scheiden, je nachdem sie nämlich aus rein phantastischen Gebilden be- stehen, wie z. B. Drachen, Greifen, Chimären, Sirenen und ähnlichem , oder die Tiere so wiedergeben, wie dieselben in Wirklichkeit vor uns stehen oder endlich stilisierte Umformungen wirklich existierender Tiere darstellen.

Streng naturalistisch ausgeführte Tiere kommen auf den Paramenten- stickereien erst in der Zeit der späten Renaissance und des Rokoko vor. Die beiden andern Arten von Tiermustern begegnen uns in allen Stilen auf den Paramenten, dem romanischen (Bild 8 S. 35), dem gotischen und dem Re- naissancestil.

Einen symbolischen Charakter hatten auch die Tiergebilde nur in beschränktem Maße. Vielfach waren sie bloße Dekoration. Heute kommen auf den Paramentenstickereien kaum noch andere als sinnbildliche Tier- darstellungen zur Verwendung, wie das Lamm, der Pelikan, der Phönix, der Löwe und der Adler als Symbole des Heilandes, die Taube als Sinn- bild des Heiligen Geistes, das Einhorn als Bild der Jungfräulichkeit Marias, der Löwe, der Adler und das Rind als Symbole der Evangelisten, der Hirsch als Abbild der nach der Vereinigung mit Gott lechzenden Seele, Drachen und Schlangen als Sinnbilder der höllischen Mächte u. a.

Von der Ausführung der Tiermuster gilt, was von derjenigen der vegetabilischen Muster gesagt wurde.

d) Figürliche Darstellungen. Dieselben können sowohl in Einzel- figuren, Brustbildern, Halbbildern (Kniestücken) oder Vollbildern, als auch in größeren oder kleineren Gruppen bestehen.

Gruppen erfordern, wenn sie genügend zur Geltung kommen sollen, einen größeren Kaum, auf dem sie sich hinreichend entwickeln können. Sie eignen sich daher vornehmlich für den Schild und die Besätze des Pluviales, für Ki r eben f ahnen, Antependien und ähnliche Paramente. Für Kaselstäbe sind sie weniger zu empfehlen, namentlich wenn es sich um figurenreichere Darstellungen handelt. Denn es müßten hier entweder die Gruppen zu miniaturartig ausgeführt oder die Besätze ungebührlich verbreitert werden , das eine auf Kosten der Wirkung der Stickereien , das andere auf Kosten der Schönheit des Meßgewandes. Noch weniger bieten die Stäbe der Dalmatiken Platz zur Anbringung von Gruppenbildern. Man begnüge sich daher, auf Kasein und Levitengewändern mit Einzelfiguren in Form von Voll-, Halb-, oder Brustbildern.

Auf Stolen sollte man sich stets mit Halb- oder Brustbildern bescheiden.

Damit figürliche Darstellungen einen Abschluß erhalten und sich wirkungs- voller von dem übrigen abheben, müssen sie mit einer Einfassung ver- sehen werden. Dieselbe kann aus einer Architektur, z. B. einer Bogen- stellung, aus Ranken oder einer der Form nach in die Umgebung hinein- passenden gewöhnlichen Umrahmung bestehen. Fehlen muß die Einfassung, wenn man die Darstellungen, was freilich nur bei Halbfiguren angeht, aus einer Blume hervorwachsen läßt oder, was nur bei Ganzfiguren tunlich ist, einem Ranken werk eingliedert, Weisen, in denen die mittel-

167

alterliche Kunst z. B. musizierende Engel . Engel mit Spruchbändern und namentlich den sog. Jessebaum mit den Ahnen des Herrn auszuführen pflegte.

Der Gegenstand der Darstellungen ist in manchen Fallen, wie z. B. bei Fahnen ohne weiteres durch den Zweck der Stickerei gegeben. In andern, wie bei Pallen, Baldachinbehängen und ähnlichem setzt die Natur des Paraments der Wahl wenigstens insofern gewisse Schranken, als nur ein bestimmter, begrenzter Kreis von Bildwerken dem Charakter desselben entspricht. Im übrigen ist es ganz Sache der Andacht und des Ge- schmackes, darüber zu befinden, welche Darstellungen aus dem schier un- erschöpflichen Schatz der christlichen Ikonographie zur Verzierung der Para- mente herangezogen werden sollen. Nur hat man sich dabei vor persönlichen Liebhabereien , frommen Spielereien und noch mehr vor unpassenden Neue- rungen zu hüten. Man halte sich, natürlich mit den nötigen Rücksichten auf berechtigte Forderungen unserer Zeit, an den alten, durch Jahrhunderte bewährten Pfaden der christlichen Ikonographie.

Über die Ausführung von Figurenstickereien vergleiche man die An- gaben auf S. 144.

d) Symbolische Darstellungen. Außer symbolischen Pflanzen- und Tiermustern kommen in der kirchlichen Stickkunst auch noch andere symbolische Darstellungen zur Verwendung. Die Zahl derselben ist sehr groß. Zu den bekanntesten und gebräuchlichsten gehören die heiligen Monogramme, d. i. Abkürzungen heiliger Namen, wie IHS1, M, Kelch und Hostie, das Evangelienbuch. Kreuz, Anker und Herz, die Leidens Werkzeuge, das durchstochene Herz des Heilandes i n- m i 1 1 e n s e i n e r d u r c h b o h r t e n H ä n d e u n d F ü ß e , das von der Dornen- krone umgebene Herz des Erlösers, aus dem Flammen empor- schlagen und ein Kreuz herauswächst, das gleichseitige Drei- eck, in dessen Mitte ein Auge angebracht ist, die aus den Wolken hervorragende R echte Gottes, der M o r g e n s t e r n . de r Turm Davids, der verschlossene Garten und die sonstigen der Heiligen Schrift oder der Lauretanischen Litanei entnommenen Symbole Marias und andere. Die symbolischen Darstellungen sind nicht zu allen Zeiten die gleichen gewesen. Symbole verschwanden aus dem Gebrauch und neue kamen dafür auf. So hat jede Zeit mehr oder weniger ihre eigene sym- bolische Sprache gehabt. Man soll darum, wie früher bereits betont wurde und nochmals betont zu werden verdient, nur solche symbolische Darstellungen verwerten, deren Symbolik nicht veraltet, sondern noch lebendig ist. Andern- falls reden dieselben zum gläubigen Volk eine unverständliche, weil un- bekannte Sprache. Symbolische Darstellungen bedürfen , wenn es sich bei denselben nicht etwa um ein bloßes Monogramm oder ein Kreuz handelt, in der Regel einer Umrahmung, um besser hervorzutreten. Dieselbe kann in einer Raute, in einem Kreis, einer sog. Mandorla , einem Vierpafi oder

1 Das H im Monogramm des Namens Jesu ist in Wirklichkeit nicht das lateinische H, sondern das griechische Eta, das Zeichen des griechischen langen e. Ähnlich schreibt man auch wohl statt S ein C, d. i. statt des lateinischen S eine Nebenform des griechischen I.

168

einem ähnlichen geometrischen Gebilde bestehen. Sind die Symbole einem Rankenwerk eingefügt, so kann man auch die Ranken zur Herstellung einer Einfassung benutzen. Besonders zu empfehlen ist . die symbolischen Dar- stellungen auf Schilden von der Art der Wappenschilde anzubringen.

e) Inschriften. Dieselben werden teils zur Erklärung figürlichen oder symbolischen Bildwerkes, teils behufs ornamentaler Wirkung auf Paramentenstickereien verwertet. Im ersten Fall müssen sie in knapper und präziser Form den Gegenstand der Darstellung angeben, im zweiten läßt man sie am besten auf den Zweck des Paraments, für das die Stickerei be- stimmt ist, oder die Symbolik, welche die Kirche mit demselben verbindet, Bezug nehmen. Doch können sie auch passende Anrufungen und Lob- preisungen allgemeineren oder besondern Charakters ent- halten. Die Inschriften werden entweder in fortlaufenden Zeilen auf den Paramenten angebracht (Bild 32 S. 88) oder sog. Spruchbändern auf- gestickt (Bild 17 S. 49). Sie sind in beiden Formen für die Stickereien von hohem ornamentalem Wert. Inschriften, welche fortlaufende Zeilen darstellen, bedürfen, um als hübsche, wirkungsvolle Bordüre verwendet werden zu können, nur einer schmalen Einfassung. Um mit ihrer Hilfe prächtige, breite Besätze und Behänge herzustellen, fügt man entweder der Inschrift zu beiden Seiten eine mittelbreite Bordüre an oder versieht eine derartige Bordüre oben und unten mit einer sie begleitenden Inschrift (Bild 31 S. 80).

Spruchbänder bilden für sich allein noch kein ausreichendes Ornament und können daher nur im Rahmen anderer Motive zur Verwertung kommen. Am empfehlenswertesten ist es, sie mit Rankenwerk zu verbinden, das bei geschickter Einordnung der Bänder ungemein an Wechsel und Leben gewinnt.

f) Architekturen. Architekturen sind kein selbständiges Motiv, sondern kommen bloß als Ergänzung figürlicher Darstellungen bei der Para- mentenstickerei zur Verwendung. Sie werden entweder als förmliche Archi- tekturen mit Säulen, Kapitalen, Bogen, Maßwerk, Wimperg, Giebelkrabben, Firstblume und selbst Gewölben behandelt, oder in freier Form durch Ranken und Stabwerk imitiert. Die erste Weise ist nur dann empfehlenswert, wenn alles übermäf3ige Relief und jede übertriebene Perspektive vermieden werden.

2. Eigenschaften einer guten Vorlage. Eine gute Vorlage erheischt vor allem Durchsichtigkeit und Bestimmtheit der Zeichnung. Die- selbe muß sich nicht bloß genügend vom Grund abheben, sondern auch in ihren Einzelheiten, namentlich in ihren Hauptlinien klar und wirksam zur Geltung kommen. Sie darf darum nicht verworren, nicht verschwommen, nicht kleinlich sein.

Zweitens muß der Vorlage Ernst und Ruhe eigen sein. Das ver- langt die Würde und die Hoheit des Heiligtums und des Kultus, für welche die Stickereien bestimmt sind. Nirgends ist ein unruhiges Durcheinander der Formen, ein bizarres Spiel der Linien, ein unstätes, an krampfhafte Zuckungen erinnerndes Gewoge wunderlichster Drehungen und Wendungen , Dinge , die für das „moderne" Ornament so charakteristisch sind, so wenig angebracht, wie auf Arbeiten, die zum Schmuck des Hauses Gottes, der heiligen Geräte und des amtierenden Klerus dienen sollen.

169

Drittens soll in der Vorlage Ordnung, Regelmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit hei'rschen. Nichts darf darin von ungefähr, nichts wil- kürlich sein. Alles in der Zeichnung muß Grund und Zweck haben. Bei Ranken muß sich die Gesetzmäßigkeit insbesondere in der Einheit der Bewegung äußern. Es soll die Bewegungsrichtung, welche das Ganze durchzieht und beherrscht, auch für die Bewegung aller einzelnen Teile be- stimmend sein. Wo aber die Umstände in irgend einem Teile eine andere Bewegung gebieten, muß dieselbe nach Möglichkeit mit der Grundbewegung ausgeglichen und in Einklang gebracht werden.

Viertens gehört zu einer guten Vorlage allseitige Harmonie. Ebenmaß muß sich finden zwischen Grund und Ornament. Es darf weder der Grund noch das Ornament übermäßig und auf Kosten des andern zur Geltung kommen. Ein allzuschmächtiges und zartes Muster wirkt ebenso unschön, wie ein Muster, das den Stickgrund fast ganz bedeckt und nicht hinreichend zu seinem Recht gelangen läßt. Ebenmaß muß ferner in den einzelnen Teilen der Zeichnung zum Ausdruck kommen. Alle Teile der- selben sollen in passenden Größenverhältnissen zueinander stehen. Einer größeren Blume hat z. B. größeres Blattwerk zu entsprechen und umgekehrt. Auch darf keine Partie des Musters ohne besondern Grund dichter und voller gestaltet sein als die übrigen. Ebenmaß muß endlich auch in Bezug auf die Farbengebung herrschen (S. 161). Nur wenn so in aller Beziehung der Vorlage Ebenmaß eignet, befriedigt, gefällt sie.

Fünftens dürfen nicht zu viele Motive in die Zeichnung auf- genommen werden. Es ist nicht bloß des Guten zuviel, es hat nicht einmal Sinn, wenn in dem Muster für ein Kaselkreuz oder eine Stola aus ein und derselben Ranke eine Rose, eine Distel, eine Passionsblume und eine Lilie samt ihrem Blattwerk hervorwachsen. Nicht die Menge der Motive ist es, welche über den Wert der Vorlage entscheidet, sondern ihre Ver- arbeitung.

Das letzte Erfordernis für eine gute Vorlage zu Paramentenstickereien ist Stil. Unter dem Stil eines Ornaments versteht man die demselben eigentümliche besondere Formensprache , durch welche es sein eigenartiges charakteristisches Gepräge erhält. Den Gegensatz zum Stil bildet die Natur- form des zum Ornament verwerteten Motivs. Stil kommt nicht schon einem Motiv als solchem zu, er muß vielmehr künstlich in dasselbe hineingebracht werden. Das Motiv muß unter Beibehaltung seiner wesentlichen Bestandteile in eine andere nach bestimmten Gesetzen gebildete Form gebracht, gleichsam umgegossen werden.

Der Grund, weshalb Paramentenstickereien Stil erheischen, stilisiert sein sollen, liegt vor allem im Zweck, für den dieselben bestimmt sind. Für ein Sophakissen, ein Ballkleid, eine Tischdecke oder ein Kopftuch mag man Rosen, Veilchen oder welcher Art immer das Motiv sein mag, in der Form verwerten, wie sie draußen wachsen. Anders verhält es sich dagegen mit Stickereien, die zum Schmuck des Heiligtums, der gottesdienstlichen Geräte und der gottesdienstlichen Gewänder dienen. Da das ganze Kultleben der übernatürlichen Ordnung angehört, ist es entsprechend, daß bei ihnen die

170

Motive, statt in ihrer derben Wirklichkeit verwendet zu werden, des Alltags- äußeren entkleidet und in edlere, idealere Formen gebracht und so gleichsam verklärt und über die natürliche Ordnung erhoben werden.

Zweitens bedingt auch die Umgebung, in welcher die Paramente zur Verwendung kommen, eine Stilisierung der zu ihrer Ausschmückung bestimmten Stickereien. Kirche und Altar, die heiligen Gefäße und das Meublement des Gotteshauses werden in bestimmten Stilen hergestellt. Es ist deshalb an- gemessen, auch den Verzierungen der Paramente Stil zu geben, damit dieselben nicht wie Fremdlinge inmitten einer stilvollen Umgebung dastehen. Spitzen mit unstilisierten Blumenbouquets, Kaselbesätze mit unstilisierten Veilchen-, Vergißmeinnicht- oder Rosenguirlanden und ähnlichem wird ein guter Ge- schmack in einer Kirche von einigermaßen ausgesprochenem Stil als unge- höriges Element, als Mißklang empfinden.

Es ist denn auch tatsächlich allzeit Brauch gewesen, die Para- mentenstickerei zu stilisieren. Selbst die Renaissance hat es in ihren besseren Zeiten so gehalten. Unstilisiertes Ornament findet erst in der Zeit der entarteten Renaissance seinen Weg auf die Paramente.

Es soll die Vorlage zu einer Paramentenstickerei aber nicht bloß Stil auf- weisen, sondern auch einen bestimmten Stil, und deshalb entweder im romanischen, gotischen oder Renaissancestil entworfen sein; denn das sind die drei Stile, die für die kirchliche Kunst allein in Frage kommen können. Muster , die keinen Stil ausschließlich zum Ausdruck bringen , sondern ein Gemisch verschiedener Stile darstellen , sind fast noch unschöner und un- brauchbarer als unstilisierte Muster. Sie passen weder in eine romanische, noch in eine gotische, noch in eine im Renaissancestile erbaute Kirche, weder zu einem romanischen, noch zu einem gotischen, noch endlich zu einem Renaissancealtar.

Das dürften die Eigenschaften sein, welche eine Vorlage besitzen muß, um für die Paramentenstickerei verwendbar zu sein. Daß sie auch ein aus- gesprochen religiöses Gepräge an sich trage, ist zwar gewiß recht an- gemessen, jedoch keineswegs unumgänglich notwendig. Uner- läßlich aber ist, daß sie keinen weltlichen Geist atme, und daß sie des Heiligtums, der heiligen Geräte, Gefäße und Gewänder, zu deren Ausschmückung sie dienen soll, nach Motiv wie F o r m s p r a c h e w ü r d i g s e i.

Siebtes Kapitel. Restauration schadhafter Stickereien.

Das Restaurieren schadhaft gewordener Stickereien ist bei weitem nicht jedermanns Sache. Immerhin dürfte es nützlich sein, hier auf einige für die Wiederherstellung solcher belangreiche Punkte aufmerksam zu machen, da unter Umständen auch minder geschulte Kräfte in die Lage kommen können, sich mit Arbeiten dieser Art beschäftigen zu müssen.

a) Wichtig ist vor allem, sich genau mit der Technik bekannt zu machen, in welcher die zu restaurierenden Stickereien an-

171

gefertigt sind, und diese deshalb hinsichtlich der bei ihnen angewandten Stiche und Stickweisen einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Denn es liegt auf der Hand , daß sich die Restauration durchaus und in jeder Beziehung dem Original anzuschließen hat, wenn etwas Vollkommenes oder auch nur etwas Befriedigendes erzielt werden soll.

b) Zweitens muß dafür gesorgt werden, daß die Stickseide, welche bei der Ausbesserung zur Verwendung kommen soll, nach Qualität, Stärke und Farbe zu der zu reparierenden Stickerei genau paßt. Ganz besonders gilt das von der Farbe. Da alte Stickereien bei aller Güte der angewendeten Farben im Lauf der Zeit stets mehr oder weniger verbleichen, muß man Farbennuancen wählen , wie sie die Stickereien gerade zur Zeit, da sie der Wiederherstellung unterzogen werden sollen, aufweisen. Es ist das eine so selbstverständliche Sache, daß man kaum darüber ein Wort ver- lieren sollte. Es geht indessen hier wie in manchen ähnlichen Fällen, daß man gerade das, was selbstverständlich ist, am meisten außer acht läßt. Bei der Unmenge von Farbentönen , in denen heute die Stickseiden hergestellt werden, ist es meist nicht schwer, die zu den Restaurierungsarbeiten erforder- lichen Nuancen zu bekommen.

c) Was von der Stickseide gesagt wurde, gilt auch von dem sonstigen Stickmaterial, namentlich aber dem Stickgrund, auf den alte Stickereien übertragen werden sollen. Es ist ein Fehler, solche auf einen Stoff von ganz frischem Aussehen zu applizieren , gleichviel ob es sich um einen weißen oder einen farbigen Fond handelt. Das heißt ihren mehr oder weniger verblichenen Farben den letzten Rest ihrer einstigen Wirkung weg- nehmen. Bei Stickereien, die auf weißen Fond übertragen werden sollen, muß daher beispielsweise der neue Grund einen leichten Stich ins Creme- farbige besitzen, bei Grün ins Hellgrüne, bei Rot ins Ziegelfarbige.

d) Für Goldstickereien ist es von Nachteil, wenn man sie mit neuem Gold ausbessert, da altes und neues Gold durchweg zu sehr voneinander ab- stechen. Hat man gut erhaltene alte Goldstickereien oder Goldborden, für die man keine sonstige bessere Verwendung mehr weiß, so kann man sich leicht durch Auftrennen derselben das zum Ausbessern nötige alte Gold bereiten. Hat man aber deren keine zur Verfügung, so suche man sich Gold zu ver- schaffen, das sich im Ton möglichst wenig von dem Gold der alten Stickereien unterscheidet. Man kann sich in diesem Fall auch in der Weise einigermaßen helfen, daß man den zu restaurierenden Goldstickereien etwas mehr Glanz zu geben trachtet, indem man sie vorsichtig mit einem weichen Läppchen abreibt, das man leicht mit Pariser Rot bestäubt hat, Unerläßliche Bedingung ist hierbei jedoch, daß es sich um echte Goldfäden handelt, und daß das die Silberunterlage deckende Gold noch genügend Stärke besitzt, um das Ab- reiben auszuhalten. Ein bei der Stickerei an einer minder hervortretenden Stelle gemachter Versuch wird bald zeigen, ob die Stickerei die nötige Be- schaffenheit hat, um das Abreiben ohne Nachteil ertragen zu können.

e) Ein Loslösen der Stickerei von den Paramenten ist nur er- forderlich, wenn es sich um größere, durchgreifende Restaurationen handelt. In diesem Falle ist es freilich nicht zu umgehen, da derartige Wiederher-

172

Stellungsarbeiten notwendig auf dem Stickrahmen vorgenommen werden müssen, wenn sie ein befriedigendes Ergebnis haben sollen. Zum Zweck des Auf- spannens wird an die losgetrennten Stickereien entweder ringsum ein Zeug- streifen angereiht, oder sie werden auf grobe Leinwand bzw. kräftiges Baum- wollzeug aufgenäht, das man zuvor mit einem der Größe der Stickerei oder besser des zu restaurierenden Stückes entsprechenden Ausschnitt versehen hat. Das Aufspannen selbst geschieht mit Hilfe der angesetzten Streifen bzw. des Zeuges, in das die Stickereien hineingesetzt sind, in gewöhnlicher Weise. Sollte die schlechte Beschaffenheit des Unterstoffes der Stickereien es notwendig machen, einen neuen unter ihnen anzubringen, was z. B. bei alten Lasur- und Bildstickereien häufig der Fall sein kann, so muß man zu- nächst eben diesen neuen TJnterstoff auf dem Rahmen befestigen und hierauf die zu restaurierende Stickerei. Sollen Stickereien von ihrem schadhaft ge- wordenen Fond auf einen andern übertragen werden, so verfährt man wie bei neuen Stickereien, d. i. man spannt zuerst das als Unterstoff dienende Zeug und dann den Stoff, welcher den alten, verdorbenen Fond ersetzen soll, oder beide zugleich auf den Stickrahmen.

f) Am häufigsten wird es sich bei den gewöhnlichen liestau rationen um Stickereien handeln, bei welchen die als Fond dienende Seide (Taft, Atlas usw.) brüchig geworden ist und Risse erhalten hat. Sind die Schäden nur gering, so helfe man sich, so lange es geht, mit einer feinen Stopfe. Sind sie aber bedeutender, so muß man entweder zu einer Ausfüllung des Stickgrundes oder zu einer Übertragung der Stickereien auf einen andern Fond seine Zuflucht nehmen. Das eine wie das andere ist indessen nur ratsam bei Stickereien von Wert. Bei geringen, namentlich bei wertlosen Maschinen- stickereien lohnt es sich nicht der Mühe, den schadhaften Fond zu übersticken, und noch viel weniger, eine Übertragung der Stickereien vorzunehmen.

Am einfachsten ist Ausfüllung des Fonds. Sie kann entweder in dichter oder in halbdichter Weise erfolgen. Ist der Fond sehr beschädigt und voll von Rissen und Löchern, so bleibt, wenn man die Stickerei nicht auf einen neuen Grund übertragen will, nichts übrig, als ihn völlig aus- zusticken. Es geschieht das entweder mit Hilfe des Atlas- und des Köper- stiches , die sich vor allen andern Stichen zur Herstellung einer an ein Ge- webe erinnernden, glatten, ebenmäßigen Fläche eignen, oder durch Belegen mit offener Seide (Tramavaga) , welche in der früher beschriebenen Weise (S. 131) mit Querfäden auf dem Grund befestigt wird.

Sind die Schäden des Fonds minder bedeutend, so genügt es, ihn mit konzentrischen, schrägen, horizontalen oder vertikalen Stichreihen (S. 142) von der ihm eigenen Farbe halbdicht zu besticken. Bei feineren Stickereien sind horizontale oder vertikale Reihen am zweckentsprechendsten. An Stellen, die größere Risse aufweisen, tut man gut, vor Ausführung der Reihen, den Fond ein wenig zu stopfen oder ihm mit einigen Stichen ein Stückchen Seide zu applizieren. Der Seidenfaden, der zu Arbeit verwendet wird, darf nicht zu kräftig sein. Lieber füge man die Stichreihen etwas näher aneinander.

Will man Stickereien auf einen andern Fond übertragen, so muß man sie zunächst mit Hilfe von festem, genug durchscheinendem Paus-

173

papier abzeichnen, die Zeichnung nach einer der früher (S. 158) erwähnten Methoden auf den Stoff kopieren , auf dem man die Stickereien anbringen will, und diesen in der gewöhnlichen Weise auf den Stickrahmen spannen. Dann schneidet man die einzelnen Teile der Stickereien vorsichtig aus dem alten Fond heraus und befestigt sie in der Art der Applikationstechnik (S. 133) gehörigen Orts auf dem auf dem Stickrahmen befindlichen neuen Fond. Wichtig ist, daß die Stiche, mit denen man sie an den Rändern annäht, für das Auge möglichst verschwinden. Sie müssen darum so fein sein, als es die Solidität der Arbeit nur eben gestattet. Um die Abheftstiche noch mehr zu verdecken, konturiert man die Ränder nach dem Abheften mit einem Gold- oder Seidenfaden.

Übrigens werden nur die derberen Partien der Stickerei, wie Blätter, Knospen, Blumen, kräftige Ranken, Medaillons, breite Bänder und ähnliches ausgeschnitten und auf den neuen Stoff übertragen. Alles andere wird ledig- lich nach dem Muster des alten ergänzt. Zartere Partien auszuschneiden und dem neuen Fond zu applizieren, ist nur ausnahmsweise ratsam. Es er- heischt das eine allzugroße Geschicklichkeit und Vorsicht , sollen sie durch das Übertragen nicht bedeutend leiden. In den meisten Fällen ist es sogar schlechthin untunlich, ohne jene Partien mehr oder weniger zu beschädigen, fast immer aber steht die erzielte Wirkung in keinem Verhältnis zu den Schwierigkeiten, welche eine befriedigende Übertragung solcher Teile der Stickerei bereitet.

Bei der Übertragung von Stickereien, die im Plattstich her- gestellt sind, also z. B. der Stickereien des 17. und 18. Jahrhunderts, wird man, statt die einzelnen Partien um den Rand herum mit feinen Abheft- stichen zu befestigen und dann mit einem Gold- bzw. Seidenfaden einzufassen, besser tun, sie ringsum mit dicht nebeneinander angebrachten Plattstichen von etwa 2 3 mm Länge dem neuen Fond aufzunähen. Dabei ist aber zur Erzielung einer säubern Arbeit unbedingt erforderlich, daß man a) die Stiche in die zu applizierende Stickerei durchaus gleichmäßig und glatt hinein- arbeite, b) ihnen genau dieselbe Richtung gebe, welche die Stiche der Stickerei an den betreffenden Stellen haben und c) einen Seidenfaden von genau pas- sender Farbennuance verwende. Natürlich lassen sich nur größere Partien der zu übertragenden Stickerei in der angegebenen Weise behandeln, kleinere müssen nach Maßgabe der alten Stickerei neu dem Fond eingestickt werden.

Anhang.

Inschrift e n.

Vorbemerkungen.

a) Der größeren Deutlichkeit halber empfiehlt es sich, die einzelnen Worte der Inschriften nicht bloß durch einen Zwischenraum , sondern auch durch einen Punkt, ein Kreuzchen u. ähnl. voneinander zu trennen. Beispiele solcher Zwi- schenstücke finden sich in der Vorlagensammlung des Verfassers auf Tafel III, Nr 3; VI, Nr 5b d; XXII, Nr 3.

b) Hat man die Inschriften auf Spruchbändern anzubringen, so soll man Bedacht darauf nehmen, daß sich die Worte auf denselben möglichst gleichmäßig verteilen. Es sieht sehr häßlich aus, wenn das eine Spruchband wie vollgepfropft erscheint, wahrend das andere große Lücken aufweist.

c) Den Schwierigkeiten, die sich einer gleichmäßigen Verteilung der Worte ent- gegenstellen sollten, kann man begegnen

1. durch Verkürzen der Inschrift. Es dürfen dabei jedoch nur solche Wolle ausgeschieden werden, welche für den Sinn ohne besondern Belang sind, nicht aber Worte, durch deren Portlassen die Inschrift unvollständig oder sogar sinnlos würde,

2. Durch Wortabkürzungen. Solche sind z. B. Diis, Dni, Dno, Drim für Dominus, Domini, Domino, Dominum; Ds, Dl, Do, Dm für Deus, Dei, Deo, Deum ; p, p, ,]> für prae, per und pro, und zwar auch in zusammengesetzten Worten, wie peinge, pferre, pponere für praecinge, perferre, proponere ; cö, cü, I für con, cum, in, und zwar ebenfalls für sich wie in Zusammensetzungen. Ein Schluß -m kann durch einen Strich über dem letzten Vokal, z. B. fine, bonü = finem, bonum, die Endung us durch ein kleines s rechts oben an dem der Endung vorhergehenden Buchstaben, die Endung ur ähnlich durch ein kleines r ausgedrückt werden. Die häufige Endung orum pflegt durch or* bzw. Oli, dargestellt zu werden.

3. Durch Verwendung von Füll Ornamenten. Dieselben werden ge- braucht, wo der Worte zur Ausführung eines Spruchbandes zu wenige sind. Sie be- stehen gewöhnlich aus einer kurzen Bänke und werden vor dem ersten und letzten Worte angebracht, Beispiele bietet die Vorlagensammlung auf Tafel V, Nr 4 5; VI, Nr 5ac 6; X, Nr 1 und dem Titelblatt.

4. Durch Sperren, d. i. Auseinanderziehen oder durch Zusammendrängen der Buchstaben. Man hat dabei jedoch sorgfältig alles Übermaß zu vermeiden, sonst ist die Folge, daß die Worte auf dem einen Spruchband klaffende Lücken aufweisen, wahrend sie auf dem andern wie zusammengepreßt aussehen.

5. Durch Wahl kleinerer oder minder breiter Buchstaben.

d) Die Farbe der Inschriften ist durch die Farbe des Grundes bedingt. Auf rotem, blauem, grünem oder violettem Fond führt man sie in Gold oder Gelb, auf weiße der gelbem in Gold, Braun, Rot oder Blau aus. Wrerden die Inschriften

175

in Seidenstickerei hergestellt, so empfiehlt es sich, die Buchstaben mit einem Gold- faden zu konturieren, damit sie besser vom Grunde hervortreten. Falls sie aber in Gold gestickt werden, macht es sich vortrefflich, wenn umgekehrt der Kern der Buchstaben in tiefroter oder stahlblauer Seide gearbeitet wird. Freilich ist zu dem Ende erforderlich, daß die Buchstaben von genügender Größe sind.

e) Die Inschriften kommen in der Regel nur dann hinreichend zur Geltung, wenn sie in Voll- oder Aussparstickerei hergestellt werden. Bei Anwendung bloßer Umriß Stickerei verschwinden sie zu sehr für das Auge, es sei denn, daß die Konturen sich aus einer doppelten Stichreihe zusammensetzen. Eine einfache aber vorzügliche Ausführungsweise von Inschriften besteht darin, daß man die Buchstaben kräftig konturiert und dann im Kettenstich mit kleinen sich aneinanderreihenden Bogen ausfüllt (vgl. die Buchstaben M und o auf Tafel III, Nr 2 und 3 der Vorlagensamm- lung). Allerdings eignet sich dieselbe nur für größere Buchstaben.

f) Man kann sich zu den Inschriften sowohl der lateinischen wie der Volks- sprache bedienen. Bei Kanzelbehängen, Kornmunionbanktüchern , Fahnen u. ähnl. dürfte es wegen der Erbauung des Volkes am praktischsten sein, Inschriften in der Volkssprache zu bevorzugen. Bei andern Paramenten, wie bei den Meßgewändern, kommt das Moment der Erbauung weniger oder gar nicht in Betracht, teils weil die Gläubigen zu weit entfernt sind, um die Inschriften lesen zu können, teils weil der Falten- wurf einem Lesen derselben hindernd im Wege steht. Hier ist es darum angemes- sener, zu den Inschriften die offizielle liturgische Sprache, das Latein, zu verwenden.

Die nachstehenden Inschriften sind so beschaffen, daß eine etwa nötige Ab- kürzung leicht ohne Schädigung des Sinnes vorgenommen werden kann.

1. Albe.

Dealba me Domine et munda cor meum, ut in agni sanguine dealbatus gaudiis perfruar sempiternis. (Gebet beim An- legen der Albe.)

Quam dileeta tabernacula tua Domine vir- tutum; coneupiseit et deficit anima mea in atria Domini! (Ps 83, 1.)

Beati qui habitant in domo tua Domine, in saecula saeculorum laudabunt te.

(Ps 83, 5.)

Sacerdotes tui induantur iustitiam et saneti tui exultent. (Ps 131, 9).

In nomine Jesu omne genu flectatur coe- lestium terrestrium et infernorum. (Phil 2, 10.)

Amplius lava me ab iniquitate mea et a peccato meo munda me.

Asperges me hysopo et mundabor, lavabis me et super nivem dealbabor. (Ps 50, 4 9.)

Mach weiß mich, Herr, und reinige mein Herz, auf daß, gereinigt in des Lammes Blut, die ewigen Freuden ich dereinst genieße.

Wie lieblich sind die Zelte dein, o Herr der Kräfte ; es lechzt und schmachtet meine Seele nach des Herren Hallen !

Selig, die in deinem Hause wohnen, Herr ; sie preisen dich in alle Ewigkeit.

Gerechtigkeit soll kleiden deine Priester, und deine Frommen mögen jubeln.

In Jesu Namen sollen sich alle Knie beugen im Himmel, auf Erden und in der Unterwelt.

Wasch ganz mich rein von meiner Missetat und läutere mich von meiner Sünden- schuld.

Besprenge mich mit Hysop, und ich werde rein; wasch ab mich, und ich werde weißer denn der Schnee.

176

Sint lumbi vestri praecincti et lucer-

nae in manibus vestris. (Lc 12, 35.)

Zona continentiae - cingulum iustitiae.

Temperantia, prudentia titia.

fortitudo. ius-

Circumcinge lumbos meos zona ius-

titiae. (Altes Ankleidegebet.)

Accinge Domine Deus gladium tuum super femur meum. Amen. (Desgl.)

Praeeinge nie Domine virtute et pone immaculatam vitam meam. (Desgl.)

2. Cingulum.

Umgürtet seien eure Lenden in euren Händen seien Lampen.

Gürtel der Enthaltsamkeit Gürtel der Gerechtigkeit.

Mäßigkeit, Klugheit - Starkmut, Ge- rechtigkeit.

Umgürte meine Lenden mit der Ge- rechtigkeit Gürtel.

Schirr an dein Schwert o Herr , an

meine Seite. Umgürte mich o Herr mit Kraft und

mache makellos mein Leben.

3. Stola.

Redde mihi Domine stolam imniortalitatis, quam perdidi in praevaricatione primi parentis, ut quamvis indignus accedo ad tuum sacrum mysterium , merear tarnen gaudium sempiternum. (Gebet beim Anlegen der Stola.)

Iugum meum suave et onus meum leve est. (Mt 11, 29.)

Magnificat anima mea Dominum et exul- tavit spiritus meus in Deo salutari meo ! (Lc 1, 46 47.)

Fecit mihi magna qui potens est et sane- tum nomen eius. (Lc 1. 49.)

Veni Sancte Spiritus et emitte coelitus lucis tuae radium ! (Sequenz in der Messe des heiligen Pfiugstfestes.)

Dominus sit in corde meo et labiis meis, ut digne annuntiem evangelium suum. (Gebet des Priesters in der Messe.)

Se nascens dedit socium , convescens in edulium , se moriens in pretium , se regnans dat in praemium. (Aus dem Hym- nus: Verbum supermim.)

Sanctus, sanctus, sanctus, Dominus Deus Sabaoth, pleni sunt coeli et terra gloria tua, hosaima in excelsis ! (Aus dem Ordo der Messe.)

Gloria laus et honor tibi sit rex Christo redemptor ! (Hymnus bei der Palmpro- zession.)

Gib, Herr, zurück mir der Unsterblich- keit Gewand, das durch der Ahnen Sünde ich verlor, und ob ich auch nicht würdig hin zum heiligen Ge- heimnis trete, laß doch die ewige Freude mich verdienen.

Mein Joch ist süß, und meine Bürde

leicht. Hoch preist den Herrn, die Seele mein,

und es frohlockt mein Geist in Gott,

dem Heiland mein !

Es tat mir Großes, der voll Macht, und dessen Name heilig ist.

Heiliger Geist, o schick vom Himmel dei- nes Lichtes Strahl herab !

In meinem Herzen sei der Herr wie auf den Lippen, auf daß sein Evangelium ich würdig künde.

In der Geburt uns zugesellt, dann Speise bei dem Scheidcmahl und in dem Tode Lösegeld , wird Lohn er uns im Him- melssaal.

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth, voll sind Himmel und Erde deiner Glorie , Hosanna in der Höhe !

Ruhm und Ehre sei dir, o Christe, König, Erlöser !

177

Ave maris stella, Dei mater alma, Atque semper virgo, Felix coeli porta. (Hym- nus aus dem Offizium der Mutter Gottes.)

•lesus Maria Joseph (in fortwähren- der Folge).

Gruß dir, Stern der Meere, Gottesmutter, hehre , Jungfrau , allzeit reine , Him- melspfort' alleine.

Jesus Maria Joseph.

Andere Inschriften lassen sich leicht aus den Anrufungen der Litaneien vom süßen Namen Jesu, vom heiligsten Herzen Jesu sowie der Lauretanis chen Litanei herstellen.

•4. Kasel, Pluviale.

Domine qui dixisti iugum meum suave et onus meum leve est , fac ut istud portare sie valeam , quod consequar tuam gratiam. (Gebet beim Anziehen der Kasel.)

Adoro te devote latens deitas, quae sub his figuris vere latitas. (Hymnus auf das heiligste Sakrament.)

Pie Pelicane, Jesu Domine, nie immun- dum munda tuo sanguine. (Aus dem Hymnus „Adoro te".)

0 cor amoris victima, Coeli perenne gau- dium , Mortalium solatium , Mortalium spes ultima. (Hymnus auf das heiligste Herz Jesu.)

Herr, der du sprachst, mein Joch ist süß, und meine Bürde leicht , laß tragen also mich die Last, dal.'; deine Gnade ich erlange.

Ich bete an voll Andacht dich , verbor- gener Gott, wahrhaft zugegen hier in der Gestalt von Brot.

0 guter Pelikan, Herr Jesu mein, wasch Sünder mich in deinem Blute rein.

0 Herz, der Liebe Opferpreis, Der Seligen droben ewige Freud', Hienieden Trost im Erdenleid Und Hoffnung für die letzte Reis'.

Andere auf das heiligste Herz Jesu sich beziehende Inschriften lassen sich in reicher Fülle aus der Litanei vom heiligsten Herzen Jesu bilden.

Iesu dulcis memoria Dans vera cordis gaudia, Sed super mel et omnia Eius dulcis praesentia.

Nil canitur suavius. Nil auditur iueundius, Nil cogitatur dulcius , Quam Iesu Dei filius. (Hymnus auf den Namen Jesu )

0 salutaris hostia , Quae coeli pandis ostium, Bella premunt hostilia, Da ro- Imr, fer auxilium. (Aus dem Hymnus „Verbum supernum".)

Crux fidelis inter omnes, Arbor una no- bilis, Silva talem nullam profert, Fronde flore germine. (Aus dem Hymnus Pange lingua gloriosi lauream".)

0 crux ave spes unica, Piis adauge gra- tiam, Beisque dele crimina. (Aus dem Hymnus „Vexilla regis prodeunt".)

Braun, Winke für Paramentenanfertigurig.

Jesu, wie süß zu denken dein, Du flößest Trost und Wonne ein ; 's ist über alle Süßigkeit, Wenn deine Näh' das Herz erfreut.

Kein Lied ist , das so sanft entzückt, Kein Wort, das lieblicher erquickt, Nichts wird gedacht, das süßer ist, Als Gottes Sohn, Herr Jesus Christ.

0 Opferlamm , der Menschen Heil , Das uns erschließt des Himmels Tür, Es tobt der Kampf, o send in Eil' Uns Kraft und Hilfe für und für.

Heil'ges Kreuz , du Baum der Treue, Edler Baum, dem keiner gleich, Keiner so an Laub und Blüte , Keiner so an Früchten reich.

0 Kreuz, sei hochgebenedeit, Den From- men mehr Gerechtigkeit, Den Sündern schenk Barmherzigkeit.

12

178

Arbor decora et fulgida, Ornata regis pur- pura, Electa digno stipite Tarn sancta membra tangere. (Aus dem Hymnus ,Vexilla regis prodeunt'.l

In cruce salus, in cruce vita, in cruce protectio ab hostibus. (Nachfolge Christi II 12.)

Agnus Dei , qui tollis peccata mundi, dona nobis pacem. (Aus dem Ordo der Messe.)

Popule meus, quid feci tibi, aut in quo contristavi te? responde mihi. Quia eduxi te de terra Aegypti, parasti cru- cem salvatori tuo. (Aus den Improperien des heiligen Karfreitags.)

0 Baum voll Zierde , dessen Ast Der Purpur eines Königs schmückt, Welch eine heilig süße Last Zu tragen ward dein Stamm beglückt !

Im Kreuze ist Heil , im Kreuze Leben, im Kreuze Schutz vor dem Feind.

Lamm Gottes , welches hinwegnimmt die Sünden der Welt, gib uns den Frieden.

Sag an, mein Volk, was tat ich dir, wie kränkt' ich dich? antworte mir! Ich rettet' aus Ägypten dich , du schlugst dafür ans Kreuzholz mich.

Andere auf den Heiland bezügliche Inschriften für das Meßgewand lassen sich unschwer aus den Anrufungen der Litanei vom süßen Namen Jesu zusammenstellen, z. B. Iesu bone pastor: Iesu lux vera; Jesu pater pauperum.

Ave regina coelorum , ave domina ange- lorum, salv radix, salve porta, ex quae mundo lux est orta. (Antiphon zum Beschluß des Offiziums in der Zeit von Maria Lichtmeß bis Ostern.)

0 vos omnes, qui transitis, attendite et videte, si est dolor sicut dolor mens! (Lament. 1, 12.)

Heil der Himmel Konigin, Heil der Engel Herrscherin , Gruß dir Wurzel , Gruß dir Tor, draus der Welt ging Licht hervor.

0 ihr alle, die ihr vorüberwallt, merkt auf und schaut, ob ein Schmerz gleich ist meinem Schmerze.

Mancherlei weiteren Stoff zu Inschriften für die Kasel , welche auf die Mutter Gottes Bezug nehmen, bilden die Anrufungen der Lauretanischen Litanei.

Lux aeterna luceat eis, Domine, cum sanc- tis tuis in aeternum quia pius est. (Communio in der Totenmesse.)

Pie Iesu Domine, dona eis requiem sem- piternam. (Schluß des „Dies irae".)

Beati mortui, qui in Domino moriuntur. (Apc 14, 13.)

Das ewige Licht laß leuchten ihnen, Herr, mit deinen Heiligen droben immerdar, du bist ja mildreich, Herr, i.nd voll Er- barmen.

Milder Jesu , Herre du , gib den Toten ewige Ruh'.

Die Toten selig , die im Herrn ent- schlafen.

5. Dalmatik (Tunieella).

Indue me, Domine, indumento salutis et vestimento laetitiae et dalmaticaiustitiae circumda me semper. (Gebet beim An- legen der Dalmatik.)

Tunica iueunditatis et indumento laetitiae induat me Dominus. (Gebet beim An- legen der Tunika.)

Bekleide mich, Herr, mit des Heiles Ge- wand und mit der Freude Kleid und mit der Gerechtigkeit Dalmatik um- hülle mich allzeit.

Es zieh' der Herr mir an der Freude Kleid und der Wonne Gewand.

179

Als fernere Inschriften können die für die Kasel angegebenen Inschriften dienen. Eine einfache, aber recht wirksame Inschrift für Kasel, Dalmatik und Tunicella be- steht darin, daß man auf der Kasel den Namen Jesu, auf der Dalmatik den Namen Maria und der Tunicella den Namen Joseph sich immer wieder folgen läßt.

6. Handschuhe.

Indue, Domine Deus omnipotens , manus meas iustitia et innocentia. (Mittelalter- liches Gebet beim Anziehen der Hand- schuhe.)

Circumda Domine manus meas munditia novi hominis qui de coelo descendit. (Gebet beim Anziehen der Handschuhe.)

Andere passende Inschriften siehe unter Nr 8 (Handtuch).

Schmücke, o Herr, allmächtiger Gott, meine Hände mit <Tereehtigkeit und Unschuld.

Umhülle mit des neuen Menschen , der vom Himmel stieg, Reinheit meine Hände.

7. Altartiicher, Kommunioiitücher , Expositionsfähiicheii . Baldachine, Antependien, Kelchtüelilein u. älml.

Aecipite et comedite, hoc est corpus meum. (Mt 26. 26.}

Venite ad me omnes, qui laboratis et onerati estis, et ego reficiam vos. (Mt 11. 28.)

Ego sum pastor bonus, bonus pastor ani- mamsuamdat pro ovibus suis. (IolO, 11.)

Tantum ergo sacramentum Yeneremur cernui. Et antiquum documentum Novo cedat ritui , Praestet fides supplemen- tum Sensuum defectui. (Aus dem Hym- nus „Pange lingua gloriosi corporis".)

Domine non sum dignus, ut intres sub tectuni meum, sed tantum die verbo et sanabitur anima mea. (Aus dem Ordo der Messe.)

Lauda Sion Salvatorem. Lauda ducem et pastorem In hvmnis et canticis ; Quan- tum potes tantum aude , Quia maior omni laude, Nee laudare sufficis. (Se- quenz aus der Messe des hochheiligsten Fronleichnamsfestes.)

Ecce panis angelorum, Factus eibus via- torum, Vere panis filiorum, Non mitten- dus canibus. (Aus der Sequenz „Lauda Sion".)

Bone pastor, panis vere; Iesu nostri mi- serere, Tu nos pasce, nos tuere, Tu nos

Nehmet hin und esset , dieses ist mein Leib.

Kommet alle her zu mir , die ihr voll Mühe seid und voll Beschwerde, ich bring' Erquickung euch.

Ich bin der gute Hirt, der gute Hirt gibt für die Schäflein freudig hin sein Leben.

Darum lasset tief uns neigen Vor so großem Sakrament, Alten Bundes Brauch muß weichen Vor dem Neuen Testa- ment, Fester Glaube wird uns zeigen, Was das Auge nicht erkennt.

0 Herr, ich bin nicht würdig, daß unter mein Dach du eingehest , doch sprich nur ein Wort , und meine Seele wird gesund.

Preis nach Kräften seine Würde, Da kein Lobspruch, keine Zierde Seiner Größe gleichen kann.

Schaue hier die Engelspeise, Brot für unsere Lebensreise, Doch allein dem Kinderkreise, Nicht der Sünder Schar gewährt.

Guter Hirt, du wahre Speise, Jesu, stärk uns auf der Reise Bis in deines Va- 12*

180

bona fac videre In terra viventium. Tu qui cuncta scis et vales, Qui nos pascis hie mortales , Tuos ibi com- mensales , Cohaeredes et sodales Fac sanctoi'um civium. (Aus der Sequenz „Lauda Sion*.)

Laudetur sanetissimum Sacramentum in saecula saeculorum !

0 esca viatorum, 0 panis angeloruni, 0 manna coelitum, Esurientes eiba, Dul- cedine non priva Corda quaerentium !

0 lympha, fons amoris, Quae puro salva- toris E corde profluis, Tu sitientes pota, Haec sola nostra vota , His una sufficis! (Hymnus auf das allerheiligste Sakrament, i

Pange lingua gloriosi corporis mysterium Sanguinisque pretiosi , quem in mundi pretium Pructus ventris generosi rex effudit gentium. (Hymnus auf das aller- heiligste Sakrament.)

Laudate Dominum omnes gentes, laudate eum omnes populi, quoniam confirmata est super nos misericordia eius et ve- rkäs Domini manet in aeternum ! (Ps 116, 1 2.)

ters Reich. Nähr uns hier im Jammer- tale, Ruf uns dort zum Hochzeitsmahle. Mach uns deinen Heil'gen gleich.

Gelobet sei das allerheiligste Sakrament in alle Ewigkeit!

0 Labsal auf der Reise, 0 heilige Engel- speise, 0 Himmelsmanna du, Der Pilger Hunger stille , Der Wandrer Herz er- fülle Mit süßer Himmelsruh'!

0 Trank, du Liebesquelle, Die ewig rein und helle Aus Christi Herzen quillt. Tränk uns , die nach dir schmachten, Des Herzens ganzes Trachten Wird so allein gestillt !

Preiset , Lippen , das Geheimnis dieses Leibs voll Herrlichkeit Und des un- schätzbaren Blutes , das als Lösegeld der Welt Er, der edlen Mutter Sprosse, er, der Volker Herr, vergoß.

Lobt den Herrn, ihr Nationen all, lobt ihn, all ihr Völker ; denn fest steht sein Erbarmen über uns , und des Herrn Treue währt ewiglich !

Andere Psalmen, die als Inschriften verwendet werden können, sind: Ps 99 112 135 148 150. Auch das Canticum „Benedicite" kann zu diesem Zwecke be- nutzt werden.

Qui manducat meam carnem et bibit meum

sanguinem, habet vitam aeternam. Caro mea vere est eibus et sanguis meus

vere est potus. Qui manducat meam carnem et bibit meum

sanguinem, manet in nie et ego in eo.

(Io 6 55 56 57.)

Ego sum vitis , vos palmites , qui manet in me et ego in eo , hie fert fruetum multum. (Io 15, 5.)

Christus factus est pro nobis obediens usque ad mortem , mortem autem cru- cis. (Phil 2, 8).

Benedictio et claritas et sapientia et gra- tiarum actio, honor, virtus et fortitudo Deo nostro in saecula saeculorum ! (Apc 7. 12.)

Wer mein Fleisch il.it und mein Blut

trinkt, hat ewiges Leben. Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise

und mein Blut wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut

trinkt, bleibt in mir und ich in ihm.

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Re- ben: wer in mir bleibt und ich in ihm, bringt viele Frucht.

Christus ward für uns gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze.

Preis und Glanz und Weisheit und Dank, Ehre, Kraft und Stärke sei unserem Gott in alle Ewigkeit!

181

Dignus est Agnus, qui occisus est, ac- cipere virtutem et divinitatem et *a- pientiam et fortitudinem et honorem et gloriam et benedictionem. (Apc 5, 12.)

Venite exultemus Domino, iubilemus Dco salutari nostro , praeoccupemus faciem eius in confessione et in psalmis iubi- lemus ei! (Ps 94. 1 2.)

Venite adoremus et procidamus anteDeum, quia ipse est Dominus Deus noster, nos autem populus eius et oves pascuae eius. (Ps 95. fi 7.)

Sedenti in throno et Agno benedietio et honor et gloria et potestas in saecula saeculorum! (Apc 5, 13.)

Christum Regem adoremus dominantem gentibus , qui se manducantibus dat spiritus pinguedinem. (Invitatorium im

Würdig ist das Lamm, das getötet ward. Kraft zu empfangen und Gottheit und Weisheit und Stärke und Ehre und Ruhm und Preis.

0 kommt, laut preisen uns den Herrn, laßt Gott uns jubeln , unserem Heil, laut früh mit Preis uns vor sein Ant- litz treten . laßt uns in Psalmen ihm entgegenjauchzen !

Kommt, laßt uns anbeten und niederfallen vor Gott ; denn er ist der Herr, unser Gott . wir aber sind sein Volk und seiner Weide Schafe.

Dem , so auf dem Throne sitzt, und dem Lamme Preis und Ehr* und Ruhm und Macht in alle Ewigkeit !

Lafät uns anbeten Christum, der als König über alle Völker herrscht und Gnaden- fülle denen gibt, die ihn genießen.

Offizium von Fronleichnam.)

Auch die übrigen Invitatorien des Breviers enthalten manche passende Inschriften, z. B. das Invitatorium von Allerheiligen :

Regem regum Dominum venite adoremus, quia ipse est Corona sanetorum om- nium. oder das des Passionsoffiziums : Christum regem crueifixum venite ado- remus !

0 sacrum convivium, in quo Christus sumitur , recolitur memoria passionis eius , mens impletur gratia et futurae gloriae nobis pignus datur. (Antiphon im Fronleiehnamsoffizium.)

Salve regina . mater misericordiae . vita. dulcedo et spes nostra salve '. (Anti- phon der Mutter Gottes zum Schluß des Offiziums.)

Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum.

(Lc 1, 28.) Sancta Maria, mater Dei , ora pro nobis

peccatoribus , nunc et in hora mortis

nostrae. (Gebet der Kirche.) Solve vincla reis . Profer lumen caeeis,

Mala nostra pelle, Bona euneta posce.

(Aus dem Hymnus „Ave maris Stella '.i

Kommt, laßt uns den Herrn, der Könige König anbeten , der da ist aller Hei- ligen Krone !

Kommt , laßt uns Christus , unsern ge- kreuzigten König, anbeten !

0 heiliges Mahl, in welchem Christus ge- nossen und seines Leidens Gedächtnis gefeiert , die Seele mit Gnade erfüllt und uns der zukünftigen Glorie Pfand gegeben wird.

Sei gegrüßt, o Königin. Mutter der Barm- herzigkeit, unser Leben, unsere Süßig- keit und unsere Hoffnung, sei gegrüßt I

Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir !

Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder-, jetzt und in der Stunde un- seres Todes.

Lös das Band der Sünden, Bringe Licht den Blinden, Wehre allem Wehe, Alles Gut erflehe.

1 Bei den folgenden Inschriften ist an Altarbehänge und Antependien eines der Mutter Gottes, dem hl, Joseph oder sonstigen Heiligen gewidmeten Altais gedacht.

182

Sancta mater, istud agas , Crucifixi fige piagas Cordi meo valide. (Aus der Se- quenz „Stabat mater".)

Ecce fidelis servus et prudens . quem constituit Dominus super familiam suam. (Antiphon aus dem Offizium des hl. Joseph.)

Fat- nos innoeuam Ioseph decurrere vi- tam sitque tuo tuta patrocimo. (Ablaß- gebet zum hl. Joseph.)

Salve pater Salvatoris, Salve custos Ee- demptoris , Salve sponse matris Dei, Salve hospes Jesu mei. (Hymnus zum hl. Joseph.)

Exultet orbis gaudiis , Coelum resultet laudibus, Apostolorum gloriam Tellus et astra concinunt. (Hymnus zu Ehren der heiligen Apostel.)

In omnem terram exivit sonus eorum et in fines orbis terrae verba eorum. (Ver- sikel aus dem Aposteloffizium.)

Martyres Domini, Dominum benedicite in aeternum (Antiphon aus dem Offizium der heiligen Märtyrer.)

G-loria et honore coronasti eum. (Versikel aus dem Offizium eines heiligen Mär- tyrers.)

Filiae Ierusalem , venite et videte mar- tyres cum eoronis, quibus eos corona- vit Dominus. (Antiphon aus dem Offi- zium der heiligen Märtyrer der öster- lichen Zeit.)

Invicte martyr unicum Patris secutus filium, Victis triumphas hostibus Victor fruens coelestibus. (Hymnus aus dem Offizium eines heiligen Märtyrers.)

Ecce sacerdos magnus, qui in diebus suis placuit Deo et inventus est iustus. (Antiphon aus dem Offizium der hei- ligen Bekenner.)

Beatus vir, qui inventus est sine macula. (Kapitel aus dem Offizium der heiligen Bekenner.)

Beatus ille servus , quem cum venerit Dominus eius , invenerit vigilantem. (Lc 12, 37.)

Heilige Mutter, drück die Wunden, Die am Kreuz dein Sohn empfunden , Tief in meine Seele ein.

Schau da den treuen und klugen Knecht, den der Herr über seine Familie ge- setzt.

Laß, Joseph, schuldlos uns durchs Leben wallen , und laß durch deinen Schutz es sicher sein.

Sei gegrüßt, Pflegvater des Heilands, sei gegrüßt, Wächter des Erlösers, sei ge- grüßt, Gemahl Marias, sei gegrüßt, Er- nährer meines Jesu.

Frohlocke laut, o Erdenkreis, Der Himmel schall' von Lob und Preis, Es künden der Apostel Ehr' Die Erde und das Sternenmeer.

In die ganze Welt ging aus ihr Schall und bis zu des Erdkreises Grenzen ihr Wort.

Ihr Märtyrer des Herrn , preiset den Herrn in Ewigkeit.

Mit Ruhm und Ehre hast du ihn ge- krönt.

Ihr Töchter Ierusalems, kommt und schaut die Märtyrer in den Kronen, mit denen sie der Herr geschmückt.

0 heil'ger Märtyrer siegverklärt, Des Hei- lands Jünger treu bewährt, Der du des Feindes Macht bezwangst Und seligen Siegeslohn errangst.

Schau da den Hohenpriester, der in seines Lebens Zeit dem Herrn gefiel und als gerecht erfunden ward.

Selig der Mann , der ohne Makel er- funden !

Selig der Knecht, den sein Herr beim Kommen wachend findet !

183

Haec, est virgo sapiens , quam Dominus vigilantem invenit. (Antiphon aus dem Offizium der heiligen Jungfrauen.)

0 quam pulchra est casta generatio cum claritate, immortalis est enim memoria illius. (Sap 4, 1.)

Veni, sponsa Christi, accipe coronam quam tibi Dominus praeparavit in aeternum. (Antiphon aus dem Offizium der hei- ligen Jungfrauen.)

Mulier, timens Dominum, ipsa laudabitur. (Spr 31, 30.)

Ora pro nobis . sancte (sancta) N., ut digni efficiamur promissionibus Christi.

Sancte (sancta) N. , intercede pro nobis ; protege nos.

Sieh die weise Jungfrau, welche der Herr wachend fand.

0 wie schön ist ein keusches Geschlecht in seinem Glänze, unsterblich ist sein Andenken !

Komm, o Braut Christi, empfange die Krone , welche dir der Herr bereitet hat für ewig !

Das Weib, so den Herrn fürchtet, wird Preis empfangen.

Bitte für uns, heiliger (heilige) N. , auf daß wir würdig werden der Ver- heißungen Christi.

Heiliger (heilige) N. . tritt ein für uns; beschütze uns!

8. Handtuch, Larabotüchlein.

Lavabo inter innocentes manus et circum- dabo altare tuum. (Ps 25, 6.)

Da Domine virtutem manibus meis ad abstergendam omnem maculam. (Gebet beim Handewaschen.)

Amplius lava me ab iniquitate mea et a peccato meo munda me. (Ps 50, 4.)

Waschen will ich meine Hände unter den Schuldlosen und treten zu deinem Altare.

Gib, Herr, den Händen Kraft, daß alle Makel sie tilgen.

Wasch ganz mich rein von meiner Misse- tat und läutere mich von meiner Sün- denschuld.

9. Kanzelbehang, Missalpultdeckcheii, Lektoriumbehniifr.

Euntes in mundum Universum, praedicate evangeliumomnicreaturae. (Mc 16, 15.)

Beati pauperes spiritu ; beati mites ; beati qui lugent; beati qui esuriunt et si- tiunt iustitiam ; beati misericordes ; beati mundo corde; beati paeifici; beati qui persecutionem patiuntur propter iusti- tiam. (Mt 5, 3.)

Beati qui audiunt verbum Dei et custo- diunt illud. (Lc 11, 28.)

Ego sum via, veritas et vita. (Io 14, 6.)

Qui habet mandata mea et servat ea, ille est, qui diligit me. (Io 14, 21.)

Qui credit in me, habet vitam aeternam.

(Io 6, 47.)

Geht hinaus in die ganze Welt und pre- digt das Evangelium allen Geschöpfen !

Selig die Armen im Geiste; selig die Sanftmütigen ; selig die , so trauern : selig die, so hungern und dürsten nach Gerechtigkeit ; selig die Barmherzigen ; selig die, so reinen Herzens sind ; selig die Friedfertigen ; selig, die Verfolgung leiden der Gerechtigkeit halber !

Selig, die Gottes Wort hören und beob- achten !

Ich bin derWeg, dieWahrheit und dasLeben.

Wer meine Gebote hat und hält, er ist es, der mich liebt.

Wer an mich glaubt , hat das ewige Leben.

184

10. Bahrtuch. Trauerparamente.

Requiem aetemam dona eis Domine et lux perpetua luceat eis. (Introitus der Totenmesse.)

Miseremini mei, miseremini mei, saltem vos amici mei, quia manus Domini te- tigit nie! (Ib 19, 21.)

Scio , quod Redemptor mens vivit et in novissimo die de terra surrecturus sum et rursum circumdabor pelle mea et et in carne mea videbo Deum meuin. (Ib 19, 25.)

Libera me Domine de morte aeterna in die illa tremenda, quando coeli movendi sunt et terra , dum veneris iudicare saeculumperignem. (Besponsorium aus dem Totenofhzium.)

Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das

ewige Licht leuchte ihnen.

Erbarmt euch meiner, erbarmt euch meiner, ihr meine Freunde wenigstens . denn die Hand des Herrn hat mich getroffen !

Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und am jüngsten Tage werde ich von der Erde wieder erstehen und mit meiner Haut umgeben werden und in meinem Fleische meinen Gott schauen.

Rett' von dem ewigen Tode mich, o Herr, an jenem Schreckenstage, an dem die Himmel und die Erde dröhnend beben, wenn du erscheinst, mit Feuersglut die Welt zu richten.

11. Inschriften allgemeinen Charakters.

Sursum corda ! (Aus der Einleitung zur Aufwärts die Herzen ! Präfation.)

( rratias agamus Domino Deo nostro ! (Aus Lafät uns Dank sagen dem Herrn , lin- der Einleitung zur Präfation.) serem Gott!

Laudetur Iesus Christus! (Christlicher Gelobt sei Jesus Christus! Gruß.)

Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto! Ehre sei dem Vater, dem Sohne und dem

(Kirchlicher Gebetsschlufi.) Heiligen Geiste!

Sachregister.

Abdeckstickerei 139.

Abkeftstich 122.

Abhefttecknik 130.

Adler 166.

Albe : Stoff 30. Größe 30 34, Schnitt 31 , Verzierung 34.

Altardecke 64.

Altartuck : Stoff 59, Größe 60, Verzierung 61.

Amikt s. Humerale.

Animale Muster s. Tiermuster.

Antependium : Farbe , Stoff, Verzierung 63. Form 64.

Applikationstechnik s. Aufnäh- technik.

Appliquen 133.

Arabesken 165.

Architekturen 145 151 168.

Atlas 5.

Atlasstich: gewöhnlicher 126, vereinfachter 127.

Aufbewahrung der Paramente

Aufheftarbeit 130.

Aufhefttechnik s. Abhefttech- nik.

Aufkleben der Appliquen 133.

Auflegarbeit s. Aufnähtechnik.

Aufnähtechnik 133.

Aufpausen 159.

Aufpauspapier 159.

Aufspannen auf den Stick- rahmen 160.

Ausnähspitzen: Muster, Ma- terial 112, Technik, Zier- stiche 113.

Aussparstickerei : Technik,Fül- lung des Grundes 141, Farbe des Stickfadens 143.

Bahrtuch 82.

Baldachin: Formen , Größe, Stoff, Farbe 79, Überzug. Verzierung 80.

Battist 105.

Baumwollstoff 3.

Befestigen der Stickfäden auf der Rückseite 162.

Berührung der Paramente 86.

Besatz : bemalter 14, gestick- ter 18 , gewebter 19 , aus Stoff geschnittener 20, durch Borden nachgeahmter 21.

Besatz, Farbe 25.

Betschemeldecke 82.

Bilderstiche s. Figurenstiche.

Bilderstickerei s. Figuren- stickerei.

Bogeuzäckchen 109.

Borden : Verwendung21 , Breite, Musterung 22.

Bouillon s. Oantille.

Bouillonfransen 21.

Bouillonstickerei 147.

Bretsche 14-.

Brokat 6.

Brokatell 6.

Broschierte Stoffe 6.

Bügeln gewaschener Sticke- reien 163.

Bursa: Arten, Farbe, Stoff 71, Verzierung 72.

Cantille: matte 118, glänzende, krause 119.

Cantillenstickerei s. Bouillon- stickerei.

Chape 6.

Choikappe s. Pluviale.

Chormantel s. Pluviale.

Ciboriummäntelchen (Cibo- xiuinvelum): Farbe, Stoff, Formen, Verzierung 73.

Cingulum : Stoff. Arten, Länge. Form, Verzierung 36.

Conopeum : Farbe , Stoff 64, Verzierung 65.

Cordonnetfransen 20.

Cordonuetseide 116.

Cötes satinees 6.

Cyprischer Goldfaden 7.

Dalmatik s. Levitengewänder. Dalmatikform : außerrömische

50, römische 51. Distel 165.

Doppelseitige Stickereien 130. Drache 166. Drillfransen 20. Durchbrucharbeit 94. Durchstechtechnik 130.

Eichenlaub 165. Einfassen der Appliquen 134. Einhorn 166. Einlage 24.

Braun, Winke für Paramentenanfertigung.

Einlegestickerei 135. Einsätze 18. Einstäubmethode 159. Einstäubpulver 160. Englischer Stich 126. Entre-Deux s. Einsätze. Erbstüll 104. Expositionsfähnchen 66. Expositionsnischenbehang 66.

Eadenunterlage 136. Farbenwahl 161. Federzeichnung 140. Festonnieren 103. Figurenstiche 144. Figurenstickerei 144. Figürliche Muster 166. Filetspitzen s. Maschenspitzen. Filoflosseseide 116. Filzunterlage 136. Flachornament 11. Flechtstich 121. Flockseide 116. Flor 8.

Floretseide 116. Fransen 20. Frisesammet 8. Futterstoff: Material , Farbe 23.

Geometrische Muster 164.

Gepreßter Sammet 8.

Geschnittener Sammet 8.

Gespaltener Stich 123.

Giren 32.

Gobelinstich 129.

Goldborden 21.

Goldcantille 118.

Golddraht 21.

Goldfäden 7 117.

Goldfransen 20.

Goldfrisesamniet 8.

Goldkordel 23 118.

Goldplatt 117.

Goldstickerei : Ausführung von Ranken , Bändern, Streifen, Voluten, Blatt- und Blumen- werk , gemustertem Fond 149 , Gewandungen 150, Spruchbändern , Architek- turen, Goldborden 151.

Granatapfel 140.

Gürtel s. Cingulum. 13

186

Haarcordonnetseide 116.

Haarseide 116.

Häkeln von Spitzen : Muste- rung, Material 96, Tech- nik 97.

Halbleinen 9.

Halbseide 2.

Handtuch 75.

Hirsch 166.

Hochstiekerei s.Reliefstickerei.

Humerale: Stoff. Form, Be- festigungsvorrichtung 28, Verzierung 29.

Imperialstoff 3.

Inschriften: Ausführung 144 151 174, Verwendung 168.

für Alben 175, Cingula 36 176, Stolen 176, Kasein und Pluvialien 177, Dalmatiken und Tuuicellen 178, Ponti- fikalhandschuhe , Altartü- cher. Koinniuniontücher, Ex- positionsfähnchen , Balda- chine, Antependien, Kelch- tiichlein 179, Handtücher und Lavabotüchlein 72 183, Kanzelbehänge , Missalpult- deckchen, Lektoriumbehäuge 183. Bahrtücher und Trauer- paramente, allgemeineren In- halts 184.

Intarsienstickerei 135.

Irische Spitzen: Material, Mu- ster, Vorbereitungen 106, Stäbchen 108 . Zäckchen, Spinne 109. sonstige Ver- bindungsstiche 110, Füll- stiche, Abschluß 111.

Japanischer Goldfaden 7 117.

Kanevas 156.

Kanevasstickerei 156.

Kanzelbehang: Stoff, Form, Verzierung 81.

Kartonunterlage 136.

Kasel : Formen 42 , Größe, Stoffquantum 44, Stoff, Fut- ter 45, Besatz 40, Verzie- rung 47.

Kaselformen : Bernardusform 42 , Borromäusform , rö- mische, deutsche, spanische 43.

Kaselkreuz : querbalkiges, Ga- belkreuz 46.

Kastorwolle 84.

Kelchtüchlein s. Purifikato- riuni.

Kelehvelum : Stoff 70 , Ver- zierung, Größe 71.

Kettenstich 120.

Kirchenfahnen : Form . Stoff, Farbe 77 , Verzierungen, Fahnenbild 78.

Kirchenfarben 24.

Kissen 83.

Kleister 133 162.

Knötchenstich : einfacher, ge- wundener 122.

Kölner Borden 19.

Kölnischer Stich 126.

Kommuniontuch : Stoff, Breite, Verzierung 74 , Unterlage, Befestigungsvorrichtung 75.

Konturstickerei s. Umriß- stickerei. - mittelst aufgenähter Kör- delchen 140.

Köper 5.

Köperstich 128.

Korallen 118.

Kördelchenstich 127.

Kordonnieren 103.

Korporale : Stoff, Verzierung, Größe 67. Waschen 86.

Kredenztischdecke 75.

Kreuzfahne 77.

Kreuzstich 121.

L.ahn 117.

Lamm 166.

Lampasette 6.

Lanzierte Stoffe 6.

Lasurstickerei 151.

Lasurtechnik 138.

Lavabotüchlein : Stoff, Größe, Verzierung, Form 72.

Lederunterlage 136.

Lektoriumdecke s. Lesepult- decke.

Lesepultdecke 76.

Levitengewänder : Arten 50, Stoff, Futter 51, Größe, Ver- zierung 52, Stoffquantum 53.

Lilie 165.

Linnen 9.

Linnenborden, sog. altdeutsche 156.

Linnendamast 9.

Linnenstickerei , sog. alt- deutsche 156.

Litzen 106.

Litzenspitzen s. Irische Spitzen.

Löwe 166.

Mäander 164.

Madeiraspitzen 34.

Manipel : Stoff, Größe, Form

37, Befestigungsvorrichtuug

38, Verzierung 39. Marienmuster 95. Maschenspitzen : Material,

Hilfsmittel 97, Stopfstich, Linnenstich , Schlingenstich 98, Würfel, Spinne 99, Zäck- chen 100, Bogen 101, Zick- zack, Diagonale (Netzstich), Kreuzstich, Gitterstich, lose Verzierungen (Blättchen), St.rn 102, Stengel, Einfas- sung. Abschluß 103.

Meßdienerröcklein 59.

Meßdienertalar 59.

Metallplättchen 15 118.

Missalpultdeckchen 76. Mitra : Entwicklung 56, Arten,

Anfertigung 57. Modellierstich s. Gespaltener

Stich. Mosaikstickerei: Technik 153,

Motive 154, Regeln 155. Musterung der Borden 22.

der Paramentenstoffe 9.

der Spitzen 62.

- der Stickereien : Motive 163, Eigenschaften 168.

Naturalistische Muster 165. Neutrale Seife 163. Nimbus 145.

Ölbilder 78. Öldrucke 78.

Pailletten 118. Palla: Stoff, Größe, Karton- einlage 68 , Verzierung 69,

- Waschen 86.

Pantograph 158.

Paramente : Begriff 1 , Ein- teilung 2, Segnung 86, An- fassen 87 , Aufbewahrung 88 ff, Restaurierung 89 ff, Verwendung unbrauchbar gewordener Paramente 91.

- weiße 26, rote, grüne, vio- lette, schwarze 27.

Paramentenstoffe: Material 2 ff, Musterung 9. Qualität 11. zwei- und mehrfarbige 25.

Parura des Amikts 29, der Albe 3-">.

Passe 130.

Passionsblume 165.

Patentsammet 3.

Pelikan 166.

Perlen, echte 15 118.

Perlseide 116.

Pflanzenmuster 164.

Phönix 166.

Planeta s. Kasel.

Plattstich 129.

Plüsch 8.

Pluviale: Form, Stoff 47, Fut- ter, Schild, Verzierung, Be- festigungsvorrichtung 48, Stoffquantum 49.

Point - lace - Spitze s. Irische Spitze.

Polaufsammet 8.

Pontifikalhandschuhe 55.

Pontitikalschuhe 55.

Pontifikalstrümpfe 55.

Probe auf Baumwolle 3 9.

Purihkatorium : Stoff, Größe, Verzierung 70, Waschen 86.

Quästchenfransen 21. Quasten 23.

Rapport 10. Rauchmantel s. Pluviale.

187

Reliefstickerei 135.

Renaissancespitzen s. Ausnäh- spitzen.

Restauration der Paramente 89. von Stickereien: Tech- nik 170, Farbe der Stick- seide, Stickgrund, Goldfäden 171, Ausfüllung schadhaften Fonds 172, Übertragung auf neuen Fond 173.

Reticella-Arbeiten 94.

Rind 166.

Rochett: Form, Stoff, Verzie- rung 53.

Russischer Stich 110.

Säckchen für das Olgefäß 77.

Sakramentsvelum s. Exposi- tionsfähnchen.

Sammet: glatter, geschnittener, gepreßter . Frises. . Gold- frises.. Polaufs., S.brokat 8.

Sandstick 122.

Schlange 166.

Schlingenzäckchen 109 111.

Schlingstich 108 122.

Schmelzperlen 116 118.

Schultertuch s. Humerale.

Schultervelum : Arten, Farbe, Stoff, Befestigungsvorrich- tung 58, Verzierung 59.

Schwenkfahne 77.

Segnung der Paramente 85.

Seide 2.

Seidenbrokat 21.

Seidendamast 6.

Seidenfransen 20.

Seidenkordel 23 118.

Serolin o.

Silbereantille usw. s. Gold- cantille usw.

Spatelalbe 31.

Spindel s. Bretsche.

Spinne 99 109.

Spitzen: geklöppelte, ge- strickte, gehäkelte 94. Ma- schensp. 97 , Tüllsp. 103, irische 106 , Tülllitzensp. 111, Ausnähsp. 112.

Eigenschaften 17.

Spitzenzäekchen 109.

Sprengarbeit 147.

Stäbchen: gedrehte, geschlun- gene 108.

Stecharbeit 147.

Steifleinen 24.

St. 'ine. echte 1"' 118, unechte 16 118.

Steppstich 122.

Stickfaden 115.

Stickgrund 114.

Stickrahmen 115.

Stickseide 116.

Stielstich: schräger 121, wag- rechter 122.

Stil 11 169.

Stilisierte Muster 165.

Stola : Arten 39, Stoff, Form, Länge 40, Verzierung, Fut- ter 41.

Stolakragen (Schoner) 41.

Storchschnabel s. Pantograph.

Stramin S4 156.

Straminstickerei 156.

Streumuster 104.

Stricken von Spitzen : Tech- nik, Material 94. Musterung 95.

Sudanwolle 84.

Superpelliceum : Arten 53, Länge, Stoff 54. Verzierung 55.

Symbole 107.

Tabernakelbekleidung: Farbe, Stoff, Befestigungsweise, Verzierung 65.

Tabernakelvelum s. Conopeum.

Taft 5.

Tamburieren 120.

Tamburiernadel 120.

Taube 166.

Teppich 83.

Tiermuster 166.

Traghimmel s. Baldachin.

Tramavagaseide 116.

Trocknen gewaschener Sticke- reien 163.

Tiilllitzenspitzen : Material, Technik 111.

Tiillspitzen : Material, Tech- nik 104 f.

Tumbatuch >. Bahrtuch. Tunicella s. Levitengewänder.

Überfangstich 123.

Überfangtechnik s. Lasurtech- nik.

I bertragen von Stickereienl 73.

Übertragen der Zeichnung auf den Stoff 1".-.

Umrißstickerei 139.

I'ntergreifender Stich s. At- lasstich.

Unterstoff bei Stickereien 115.

Vegetabilische Muster s. Pflan- zenmuster.

Velen der Kreuze undBilder82.

Vergrößern der Muster 157.

Verkleinern der Muster 1"'T

Versehgangsbursa 72.

Versetzter Stich s. Köperstich.

Verzierungen : Eigenschaften 12, Material 14."

Vesperdecke s. Altardecke.

Vespermantel s. Pluviale.

Vollstickerei : Ausführung von Rauken . Blättern und Blu- men 143 . Spruchbändern. Schilden , tigurlichen Dar- stellungen 144. Nimben, Ar- chitekturen, Gerät, Fuß- boden 145.

'Wachsperlen 16. Wachstaft 112. Wandbehang 83. Wappen 144.

Waschen von Stickereien 163. Weinrebe 165. Weißstickerei 146. Wickelzäckchen 109. Wullfranseu 20. Wollkordel 85. Wollstoff 3.

Zäckchen für irische Spitzen 109, für Maschenspitzen 100.

Zopfstich s. Flechtstich.

Zusammenstellen von Vorlagen 157.

Zwischenstoff 24.

BINDSNG SECT. APR 1 igfö

PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET

UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY

un, Joseoh 167 - r

385 und Verzierung der Paramente

lie Anfer-1 '

•*••••

- - - -

I

u

■.

s

* m * *" *

« a « c « «

« » * * # «

W

dsm

m

^■i

<• m n

-wir

I

l

»»

■^^ISBHHB

<■

*•!

fr*

!»#•

tt

p Sh ^pi JH s

«I '»I jt« >< f»4 !

*< f»< y- !»< !.< . 4, . «.j br-! ;v :*

# ' ' *

I

. : ; . * - 1

.

!

:

- '

*#«»«*«

* «

e a « r c *

» * * »