> A nu — ın 2 : nu — — „D- 2 m * * > 9 * . r 0 8 Sr * - 1 70 9 * 8 * Wunder aus dem Pflanzenreiche. Er 4 — Der Wald im Frühling. Wunder aus dem — Pflanzenreiche. — Für die Jugend herausgegeben von Chriſſian Brüning. Mit 6 Bunt-, 4 Son- und 7 Voll- bildern, lowie 75 Gexfilluitrafionen. ” N / ZEN, | . . | [Ta | 8 RAST ICH.SO ROST ICH Boewes Verlag Ferdinand Carl. Skuftgart. Nr. 638 9 * — a 2 — ” n R 5 N 8 ne EN N y > ; 4 5 - — * 9 ’ 3 14 ; „ } y N * * Aa 2 2 Be 5 * — Ka 8 > I. 7 Druck der Stuttgarter Vereins- Buchdruckerei. Vorwort. Allerorten erſchallt der Ruf: „Zurück zur Natur!“ und überall folgt man freudig dieſem Streben. In der Schule hat man die alte Methode über Bord geworfen und neue Bahnen eingeſchlagen. Die Eltern, denen die Botanik in ihrer Jugend durch ödes Nachzählen der Staubfäden und Stempel und durch langweilige Beſchreibungen einzelner Pflanzenteile verleidet wurde, hören und ſehen mit Erſtaunen, wie unter dem Zeichen des neuen Unterrichts das Intereſſe der Kinder mächtig geweckt, wie die Pflanze, an der man ſonſt achtlos vorüberging, mit andern Augen betrachtet, zum lebenden Weſen wird. Wie gerne würde wohl mancher Vater und manche Mutter und andere, die dem Forſchungstrieb des Kindes nicht gleichgültig und fremd gegen— überſtehen, mit den Kleinen an der Hand durch Garten und Aue wandeln und ſie die Gebilde der Natur und ihr Leben beobachten und verſtehen lehren, wenn ihnen ſelbſt nur ein Fingerzeig gegeben würde, wie ſie es anzufangen hätten. Dieſem Zweck ſoll das vorliegende Büchlein dienen. Es ſoll nicht ein ſyſtematiſcher Leitfaden ſein oder eine Reihe von gelehrten Ab— handlungen, ſondern nur ein Verſuch, der Jugend einen erſten Einblick zu geben in Pflanzenwelt und Pflanzenleben, und ſo ein Fundament zu gründen, auf dem ſpäter weitergebaut werden kann. Darum iſt auch beſonders Gewicht auf Illuſtrationen gelegt worden, damit das Bild als belebendes Anſchauungsmittel überall dem Worte helfend und fördernd zur Seite ſtehe. Der Verfalier. * — — — — © — — — 8 —2 — — Io Qu so N 9 o Inhalis verzeichnis. Erſter Abſchnitt: Vom Bau und Beben der Pflanzen. . Die Hausfrau (Vorratskammern der Pflanzen) Säuglingsnahrung (Keimung der Bohne) Winterkleidung (Knoſpenſchutz) . a Die Küche der Pflanze (Blattgrün — Sinirpkeihfianen Die Pflanze atmet. Der Laubfall Immergrüne Pflanzen . Wajlerverdunftung . a . Waſſerleitungen (Pfahl— and Ehen) g Regenſchutz der Blüten . Der Krämer (Inſektenbeſtäubung) 2. Faule Kundſchaft (Schutz gegen kriechende Jnſekten). Was bringt der Wind fürs Kind? (Windbeſtäubung . Die ſchlaue Erdbeere . . Schußfärbung und Abſchreckungsmittel „ Wanderburſchen (Verbreitung der Pflanzen) Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreiche. Zweiter Abſchnitt: Die wichtigiten Familien der Blütenpflanzen. Von den Blütenpflanzen. Hahnenfußgewächſe. . Kreuzblütler . Veilchengewächſe Doldengewächſe. . Rofenartige Gewächſe. . Steinbrechgewächle . . Schmetterlingsblütler . . Rebengewächje Heidekrautgewächſe. 52 > oo dee ID e SO O O nn > VIII Inhaltsverzeichnis. 43. 44. 45. 46. 47. 48. Nachtſchattengewächſe . Giftpflanzen Korbblütler. f Lippen⸗ und Rachenblütler. 2. Weidengewächſe „ Becherfrüchtler . Knöterichgewächſe. Von den Geſpinſtpflanzen . Der Getreideacker. .Die Süßgräſer Liliengewächſe. Dr: Blütenpflanzen im Sumpf. Die Nadelhölzer . . Der Wald . Blütenkalender der hefanniefleh 1 Dritter Abſchnitt: Etwas von den blütenloien Pflanzen. Hutpilze . 4 Pilze als Feinde und reits 5 Menſchen Flechten. e ER ARAE Algen Die Mooſe (Torf a al Farne und Schachtelhalme (Steinkohle) Vierter Abſchnitt: Sonderlinge unter den Pflanzen. Der Wurmfarn, eine Schattenpflanze . . Ein Mückengefängnis (Aronſtab). Der Mauerpfeffer, eine Odpflanze Der Waſſerhahnenfuß . Der Efeu, ein Scheinjchmaroger . Orchideen, Urwaldbewohner und Aber 55. Die Miſtel, ein Schmarotzer . 9 56. Der Sonnentau, ein Fleiſchfreſſer Alphabetiſches Sachregiſter . 101 104 111 115 118 124 128 133 * u 9 4 0 * 1 1 7 wn mne »" 2 — > S N = 2 Pi > 5 * 2 * i | — — n AR 5 — a 4 N 8 3 5 TEEN | S a \ = = = 2 — — TO — 1. Die Hausfrau. Es war einmal eine Hausfrau, die ſagte zu ihren Kindern: „Ihr müßt hingehen zum Schlächter und zum Bäcker und zum Krämer und zum Milch— mann, und müßt Fleiſch, Brot, Salz, Milch und FR Butter holen, daß wir etwas zu eſſen haben, denn wir ſind hungrig.“ Da liefen die Kinder und be— ſorgten alles. Die Mutter machte ein feines Mahl Cie 5 davon, und ſie wurden alle ſatt. Dann räumte die Mutter den Tiſch ab und brachte, was übrig ge— blieben war, in die Speiſekammer. Als es Abend wurde, gingen ſie zu Bett und ſchliefen die ganze Nacht bis zum Morgen. Es war aber keine wirkliche Hausfrau, von der wir er— zählen, ſondern eine Blume, und ſie hieß Frau Tulpe. Die ſchickte ihre Kinder, all die feinen Würzelchen, hinein in die Brüning, Pflanzenreich. 3 4 Bau und Leben der Pflanzen. Erde, damit ſie Speiſe holten, und ſie brachten reichlich. So wurden ſämtliche Teile der Tulpe verſorgt und gediehen prächtig. Aber die Wurzeln hatten ſo viele Nahrung herbeigeſchafft, daß lange nicht alles verbraucht werden konnte. Darum machte es die Tulpe wie eine ſparſame Hausfrau, ſie brachte den Über— ſchuß in die Speiſekammer, nämlich in ihre Zwiebel. Dann kamen Abend und Nacht, das ſind für die Blumen der Herbſt und der Winter. In dieſer Zeit ſchlafen ſie. Der Frühling iſt der Morgen. Ganz früh wachte die Tulpe wieder auf. Jetzt konnte ſie ihre Kinder noch nicht hinausſchicken, um Nahrung zu holen, denn ganz früh am Morgen find die Läden noch nicht geöffnet, d. h. die Erde iſt noch hart gefroren, und darum können die Wurzeln nicht hineindringen. Aber die Tulpe ſagte: „Das tut nichts, deshalb brauchen wir nicht zu hungern!“ Sie öffnete ihre Speiſekammer und nahm Nahrung aus ihrer Zwiebel. Davon gab ſie ihrem Stengel, und er ward ſtark und wuchs hervor aus der Erde, und es bildeten ſich grüne Blätter und eine Knoſpe. Dieſe öffnete ſich bald und wurde zu einer herrlichen Blüte. Aber es dauerte nicht lange, ſo war die Speiſe in der Zwiebel aufgezehrt. Da ſagte die Tulpe zu ihren Wurzelkindern: „Gehet hin und holet uns zu eſſen, denn nun werden die Läden wohl offen ſein!“ Alsbald ſtreckten ſich die Würzelchen und drangen ein in die Erde und holten neue Nah— rung, denn der Frühling war gekommen und hatte den Froſt vertrieben. | Die Tulpe iſt aber nicht die einzige Hausfrau unter den Pflanzen, die eine Speiſekammer hat. Auch das Schneeglöckchen, die Hyazinthe, der Krokus und überhaupt alle Zwiebelgewächſe ſind damit verſehen. Andere Pflanzen benutzen ihren Wurzel- ſtock als Vorratskammer, wie z. B. das Buſchwindröschen, die Primel, das Veilchen, die Rübe, der Rettich und noch viele Die Hausfrau. — Säuglingsnahrung. 5 andere. Die Bäume und Sträucher aber ſpeichern den Überſchuß auf in dem Splint oder Jungholz. Das haben nun die Menſchen entdeckt und ihren Nutzen daraus gezogen. Sie nehmen vielen Pflanzen ihre Vorrats— kammern und verbrauchen die darin enthaltene Nahrung für ſich, denn ſie eſſen die Zwiebeln, die Knollen der Kartoffel— pflanzen und die Wurzelſtöcke der Rüben und Radieschen und mancher anderer Pflanzen. 2. Säuglingsnahrung. Baby liegt im Bettchen und ſchreit. Was will Baby? Es iſt hungrig. Da kommt die Mama und gibt ihm die Milchflaſche. Baby trinkt ſich ſatt und ſchläft ein. Wenn es größer iſt, be— kommt es andere Nahrung. Es wächſt tüchtig und wird ein geſunder, kräftiger Junge. 6 Bau und Leben der Pflanzen. Wie das Kindlein im Bettchen, liegt der Pflanzenkeim in der Erde. Er kann ſich noch nicht ſelbſt ernähren, ſondern ein anderer muß ihm Speiſe reichen. Darauf hat die Mutter⸗ pflanze wohl Bedacht genommen, und wie die Mama dem Kindchen ſeine Milchflaſche mit ins Bett gibt, ſo hat auch ſie ihren Samen gleich die Nahrung mitgegeben. So machen es Apfel- und Birnbaum, Kirſche und Pflaume, Eiche und Buche, Gurke und Kürbis, Erbſe und Bohne und viele, viele andere Pflanzen. Wir wollen eine weiße Bohne keimen laſſen. Zu dieſem Zweck legen wir ſie in Waſſer und beobachten, was nun geſchieht. Nach einigen Stunden wird ſie ganz runzlig ausſehen und zwar an den ſchmalen Seiten zuerſt. Das kommt von dem Waſſer, das durch ihre Haut eingedrungen iſt. Ebenſo geht es mit den Bohnen, die man in die Erde pflanzt. Die Bohne wird größer und ſchwerer, und ſchließlich platzt die Samenhaut, und ein Würzelchen kommt zum Vorſchein und dringt ein in die Erde. Es geht tiefer und tiefer und bekommt eine Menge Neben— wurzeln, die nach allen Seiten von ihm ausgehen. Auch nach oben wächſt die Bohnenpflanze. Der Stengel, an deſſen Spitze ſich eine Knoſpe befindet, die noch in der alten Bohne ein— geſchloſſen iſt, bricht aus der Erde hervor. Noch iſt er hakenförmig gekrümmt, aber bald ſtreckt er ſich gerade und zieht die Bohne mit heraus. Dieſe geht nun in zwei Hälften auseinander, die als dicke Keimblätter unterhalb der aus der Knoſpe entſtan⸗ denen Laubblätter am Stengel ſitzen bleiben. In den Keimblättern iſt von der Mutterpflanze die Säuglingsnahrung aufgeſpeichert worden. Würde man ſie abbrechen, ſo müßte das junge Pflänz— lein verhungern, denn die Wurzel iſt noch nicht imſtande, es zu ernähren. Aus ihnen ſaugt das Bohnenpflänzchen durch den Stengel die Nahrung, wie das Kindchen die Milch aus der Flaſche. Können die Keimblätter nichts mehr hergeben, ſo ſind ſie ganz . 4 4 Säuglingsnahrung. 7 zuſammengeſchrumpft, und ſchließlich fallen ſie ab. Sie werden nun auch nicht mehr gebraucht, denn die Pflanze verſchafft ſich Junge Bohnenpflanzen mit den beiden Keimblättern. (Nat. Größe.) jetzt ihre Speiſe durch die Wurzel aus der Erde, gerade wie das Kindlein nicht mehr die Flaſche bekommt, wenn es anfängt zu eſſen. Wir Menſchen wiſſen wohl, welch kräftige Nahrung in den Keimblättern ſteckt, darum eſſen wir Bohnen und Linſen, und der Soldat kocht ſich ſeine Erbswurſt. 8 Bau und Leben der Pflanzen. 3. Winterkleidung. Wenn der Sommer vergangen und der Herbſt eingezogen iſt mit feinem rauhen Wetter, jo werden die leichten Sommer⸗ kleider abgelegt, und die Mutter ſucht warmes Unterzeug her— vor, daß es die Kinder nicht friert. Sie tragen nun dickere Winter- ſtoffe, und wenn ausgegangen werden ſoll, ſo holt die Mama aus dem Kleiderſchranke noch den Wintermantel, die Pelzmütze und die wollenen Handſchuhe. Jetzt kann es getroſt auf die Eis⸗ oder Schlittenbahn gehen, oder man kann am Abend in die hell erleuchteten Schaufenſter gucken, wo all die ſchönen Sachen ſtehen, die der Weihnachtsmann den Kleinen bringt. Wenn auch der Wind pfeift und die weißen Flocken wirbeln, wenn auch der Froſt Blumen an die Fenſterſcheiben malt und der Schnee unter den Füßen knirſcht, es tut dem Kinde nichts, denn dieſes iſt wohlverwahrt vom Kopf bis zu den Füßen. Steht aber die liebe Sonne wieder höher am Himmel, ſchmücken ſich Bäume und Sträucher mit friſchem Grün, fingen draußen der Starmatz, der Fink und die Lerche, dann wird es dem Kinde zu unbequem Winterkleidung. 9 in der dicken Winterkleidung. Es läßt ſie fort und macht ſich leichter und freier, daß es mit ſpringen und ſingen kann voll Frühlingsluſt. Draußen in den Anlagen, wo am Sonntag die Leute Aufbrechende Knoſpen der Roßkaſtanie. (Nat. Größe.) ſpazieren gehen, ſteht ein großer Baum. Seine Blätter ſehen faſt aus wie die Finger an einer Hand, und ſie ſitzen ſo dicht an ſeinen Zweigen, daß man nicht durch ſeine Krone hindurch— ſehen kann. Darum ſteht auch unter ihm eine Bank, auf der die Großen und Kleinen ſich ausruhen können im kühlen Schatten. Aber den prächtigſten Anblick bietet der Baum im Monat Mai. Dann ſieht er aus wie ein rieſiger Weihnachtsbaum, denn ſeine 10 Bau und Leben der Pflanzen. mächtige Krone iſt geſchmückt mit Hunderten von aufrechtſtehenden Blütenſträußen, deren weiße, mit roten Flecken gezierten Blüten⸗ blätter ſie wie Kerzen am Chriſtbaum erſcheinen laſſen. Der Baum iſt die Roßkaſtanie. — Wenn aber der Sommer zu Ende iſt, die Früchte zur Erde fallen und der Herbſtwind mit dem Laube ſein Spiel treibt, dann hat Frau Kaſtanie in ihrem großen Hauſe viel tauſend Kinder. Die nennen wir die Knoſpen. Was ſoll aus ihnen werden, wenn der harte Winter kommt mit Schnee— ſturm und Froſt? Nur unbeſorgt! Die Kaſtanie iſt eine jorg- ſame Mutter, die wohl weiß, was ihren Kindlein gut iſt. Sie hat ihnen warmes Unterzeug gegeben und feſte Oberkleider und darüber einen ſchützenden Wintermantel, daß die Unbill des Wetters ihnen nichts anhaben kann. Die Knoſpe iſt umgeben von derben braunen Hüllblättern, und die jungen Zweiglein und Laubblättchen und Blütlein, die in dieſer Hülle ſtecken, tragen ein dichtes, warmes Haarkleid als Unterzeug. Wo iſt denn aber der Wintermantel? Auch einen ſolchen hat die Knoſpe, denn ſie iſt von oben bis unten verſehen mit einem Harzüberzug, der jedes Ritzlein dicht macht und weder Regen noch Schnee ein— dringen läßt und dem ſchlimmen Oſtwind wehrt, die jungen Triebe auszutrocknen. Mag der Winter tun, was er will, den Knoſpen kann er nichts anhaben. — Endlich wehen wieder die linden Weſtwinde, und die Sonne ſcheint wärmer. Die Knoſpen der Kaſtanie glänzen, als wären ſie friſch lackiert worden. Das Harz wird weich. Die Zweiglein und Blättchen und Blüten⸗ triebe ſtrecken ſich. Es wird ihnen zu eng und unbequem in der Winterkleidung. Sie werfen die Hülle ab und ſtreben her— vor an Luft und Licht und ziehen ſchließlich auch das Unterzeug aus, das warme Haarkleid. Dann ſteht der Baum wieder da in Frühlingspracht. Nicht allein die Menſchen haben erkannt, wie die Kaſtanie Die Küche der Pflanze. 11 ihren Knoſpen einen Winterſchutz gibt, ſondern auch die Bienen. Dieſe Tierchen benutzen das Knoſpenharz, indem ſie die Ritzen in ihrem Bau damit verkleben, daß nicht kalter Luftzug ein— dringen kann. Kommt aber ein naſchhaftes Mäuslein, den Honig zu ſtehlen, ſo wiſſen ſie von ihren Stacheln gar kräftig Gebrauch zu machen, und oft muß ſo ein Einbrecher ſein Leben laſſen. Doch er iſt im Tode gefährlicher als im Leben, denn die Leiche würde, wenn ſie in Verweſung übergeht, den ganzen Stock ver— peſten. Da ſammeln die klugen Bienchen Knoſpenharz und geben ihr einen luftdichten Überzug. Nun iſt die Gefahr beſeitigt. 4. Die Küche der Pflanze. Die Mutter will das Mittageſſen fertigmachen, und die Kinder haben allerlei eingeholt: Fleiſch und Eier, Milch und Mehl, Butter und Schmalz, Kartoffeln und Gemüſe, Pfeffer und Salz, Eſſig und Ol, und was ſonſt noch alles gebraucht wird. Das brachten ſie in die Küche, und die Mutter machte ein Feuer an und ſtellte einen Topf mit Waſſer auf dasſelbe. Dann wurden die Kartoffeln geſchält, gewaſchen und gekocht, auch Fleiſch kam in den Topf, und ſo wirkte die Hausfrau und arbeitete fort, bis es endlich zu Tiſche ging. Da ſetzten ſich alle und ließen es ſich trefflich ſchmecken, und die Mutter freute ſich über den Appetit der Kleinen. Auch die Pflanze braucht zu ihrer Ernährung die ver— ſchiedenſten Stoffe, welche ſie zum größten Teil aus dem Boden nimmt. Hier werden ſie von dem Waſſer aufgelöſt und mittels der feinen Wurzelhärchen aufgeſogen. Wie aber die Leute nicht Kartoffeln und Mehl, Fleiſch und Kohl roh verzehren, ſondern 12 Bau und Leben der Pflanzen. dieſe Stoffe erſt zubereiten laſſen, jo verwendet auch die Pflanze die Nährſtoffe nicht in dem urſprünglichen Zuſtande, ſondern nimmt eine Veränderung mit ihnen vor, wie die Mutter in der Küche es macht. Die Pflanzenküche iſt das grüne Blatt. Wer iſt denn aber die Köchin, welche die Zubereitung der Pflanzenſpeiſe übernimmt? Die Köchin iſt das Blattgrün, ein Stoff, von dem die Blätter ihre Farbe haben. Wie die Mutter in der Küche Waſſer gebraucht zum Kochen der Speiſen, ſo braucht Jungfer Blatt⸗ grün einen Beſtandteil der Luft, den Kohlenſtoff, zur Um— wandlung der Nährſtoffe in der Pflanzenküche. Aber die Hauptſache in der Küche iſt die Feuerſtelle; denn wenn man kochen will, muß man auch Feuer haben. Was nun das Feuer für unſere Küche iſt, das iſt für das Blatt das Sonnenlicht. Wenn das Sonnenlicht der Pflanze fehlt, jo jagt Jungfer Blatt- grün: „Hier kann ich nicht kochen!“ und fie geht fort ohne Kün- digung, und man ſieht ihr ſchönes grünes Kleid nicht mehr in der Küche, und die Pflanzenteile bekommen nichts mehr zu eſſen. Dann muß die Pflanze hungern und wird kümmerlich ausſehen, und man ſagt von ihr: „Sie hat Lichthunger.“ Wenn aber das Sonnenlicht recht hell auf die Pflanze fällt, ſo iſt Jungfer Blattgrün in der Blattküche gar rüſtig bei der Arbeit und holt den Kohlenſtoff aus der Luft und kocht mit ihm die Nährſtoffe, welche die Wurzeln durch die feinen Röhrchen ihr hinaufſchicken ins Blatt. Iſt dann die Speiſe fertig, ſo wird allen Teilen der Pflanze der Tiſch gedeckt, und ſie bekommen ihre Speiſe aus der Küche aufgetragen. Es gibt aber auch Leute, die keine Hausfrau haben und ſich keine Köchin halten können. Dieſe müſſen in anderen Häuſern ſich einmieten und dort zu Gaſte gehen. Auch unter den Pflanzen gibt es ſolche, und man erkennt ſie meiſtens ſchon äußerlich an Die Pflanze atmet. 13 ihrer blaſſen Farbe. Sie ernähren ſich, indem ſie anderen Pflanzen die Nahrung ausſaugen. Man nennt ſie Schmarotzerpflanzen. 5. Die Pflanze aàfmel. Wenn die Mutter Feuer angemacht und den Kochtopf mit Waſſer aufgeſtellt hat, ſo ſteigt der Dampf aus dem Topfe empor und erfüllt die Küche. Dann öffnet die Mutter die Fenſter, damit er hinausziehen kann. Wie iſt es denn nun in der Blatt— küche der Pflanzen, wenn Jungfer Blattgrün beim Kochen iſt? Das wollen wir gleich ſehen: Auf der Fenſterbank in der Stube ſteht ein Aquarium, 14 Bau und Leben der Pflanzen. darin find einige Goldfiſche. Der Boden des Gefäßes iſt bedeckt mit einer dicken Lage von Sand, und in dieſem wächſt eine Anzahl Pflanzen, die man Waſſerpeſt nennt. Die Sonne ſcheint freund- lich ins Zimmer und auf das Aquarium. Da ſehen wir, wie die Blätter der Waſſerpeſt beſetzt ſind mit lauter glänzenden Perlchen, die ſich alsbald von ihnen ablöſen und als kleine Bläschen in die Höhe ſteigen. Jungfer Blattgrün iſt bei der Arbeit in ihrer Küche und bereitet Speiſe für die Pflanzenteile. Wir wiſſen auch ſchon, daß ſie dazu Kohlenſtoff braucht, den ſie aus der Luft und in dieſem Falle aus dem Waſſer nimmt. Aber reinen Kohlenſtoff kann ſie nicht bekommen, ſondern der— ſelbe iſt mit einer andern Luftart verbunden, die man Sauerſtoff nennt. Das Gemiſch aber heißt Kohlenſäure, und dieſe wird vom Blatt aufgenommen. Köchin Blattgrün verwendet aber nur den Kohlenſtoff, und der Sauerſtoff ſcheidet ſich von ihm und ſteigt aus ihrer Küche wieder heraus, wie der Dampf ſich vom Waſſer ſcheidet und aus dem Topfe emporſteigt. Bei den Pflanzen, die auf dem Lande wachſen, können wir es nur nicht ſehen, aber im Waſſer werden wir es gewahr, denn jene kleinen Perlen an den Blättern der Waſſerpeſt ſind Sauerſtoffbläschen. Warum bewegen die Goldfiſche denn immer den Mund? Sie öffnen und ſchließen ihn ja fortwährend. Sie atmen, gerade wie wir. Was heißt das? Wir füllen unſere Lunge mit Luft und ſehen, wie unſere Bruſt ſich dabei hebt und wieder ſenkt, wenn die Luft zurückſtrömt. Dieſes Einziehen und Ausſtrömen der Luft bezeichnet man als atmen. Die Pflanze nimmt, wie wir hörten, auch Luft auf, und wir ſahen, daß ſie ſolche wieder von ſich gibt, folglich atmet ſie ebenſo wie die Menſchen und Tiere. Müſſen denn die Goldfiſche nicht jeden Tag friſches Waſſer haben, weil die Luft in dem kleinen Behälter verbraucht wird? O nein! Die Tiere brauchen nämlich gerade den Sauerſtoff Die Pflanze atmet. 15 zum Leben, den die Pflanze ausatmet. Alſo haben die Fiſche in dem bepflanzten Aquarium immer friſche Luft. Dagegen atmen die Tiere Kohlenſäure aus und verſorgen mit derſelben die Jungfer . 3 2 3 1 , 7 # A 25 * % Waſſerpeſt mit Sauerſtoffblaſen im Aquarium. (Etwas über nat. Größe.) Blattgrün. In dieſer Weiſe unterſtützen ſich Tiere und Pflanzen. — Wie iſt es aber nachts im Dunkeln? Dann kocht Jungfer Blattgrün doch nicht! Nein, dann ſcheiden die Blätter etwas Kohlenſäure aus, da in der Küche ja nicht gearbeitet wird. Wie kommt denn die Luft hinein in das Blatt? Dieſes hat eine Menge kleiner Offnungen, die man Poren nennt. Durch 16 Bau und Leben der Pflanzen. ſie atmet die Pflanze. Wenn dieſe Poren verſtopft werden, durch Staub zum Beiſpiel, ſo muß die Pflanze erſticken. Es geht ihr gerade ſo wie uns, wenn man uns Mund und Naſe zuhalten würde. Darum ſoll man auch Zimmerpflanzen hinaus⸗ ſtellen in den Regen, damit die Blätter gereinigt werden, oder ſoll ſie von oben begießen oder beſprengen. 6. Der Baubfall. Wenn es Abend wird und das Tagwerk vollbracht iſt, ſammelt ſich die Familie zum Nachtmahl. Haben alle gegeſſen und getrunken, ſo räumt die Hausfrau den Tiſch ab und bringt, was übrig blieb, in die Speiſekammer. Will dann noch ein Kind ein Stück Brot haben, ſo ſagt ſie: „Nein, nun gibt es nichts mehr, die Speiſekammer iſt zugeſchloſſen. Nun müßt ihr ſchlafen gehen, morgen früh gibt es mehr!“ Es wird Herbſt. Dieſe Zeit iſt der Abend für die Pflanzen. Den ganzen Tag, vom Frühjahr her, haben die Wurzeln Nah⸗ rung aufgeſogen, und die Blätter haben ſie zubereitet, und die überſchüſſigen Nährſtoffe ſind in die Speiſekammer der Pflanze gebracht worden. Jedes hat ſein Tagwerk getan. Die liebe Sonne hat nach Kräften geholfen, aber ſie ſcheint nicht mehr ſo lange wie im Sommer. Die Tage werden kurz und die Nächte lang. Die Sonnenſtrahlen können den Erdboden nicht mehr genügend durchwärmen. Er kühlt während der Nacht zu ſtark ab. Da geht es den Saugwurzeln des Baumes wie vielen Tieren, z. B. den Fröſchen und Eidechſen, die müde werden und in einen Winterſchlaf verfallen, wenn es kalt wird. Die Wurzeln werden im kalten Boden auch müde und hören auf anzuſchaffen. — Fallendes Laub im Herbſtwind. ce Der Laubfall. — Immergrüne Pflanzen. 17 I Sie ſchicken keine Nährſtoffe mehr in die Pflanze hinein. Die Blätter, welche den letzten Saft umgewandelt und an die Speiſe— kammern abgegeben haben, bekommen keinen neuen und müſſen darum aufhören zu arbeiten. Wenn ſie nun aber noch ſelbſt weiter eſſen, ſich noch weiter ernähren wollen, ſo müßten ſie ſchon ihre Nahrung jetzt aus der Speiſekammer nehmen, und der Baum hätte im nächſten Frühling nichts für ſeine Knoſpen. Da ſagt er dann gerade wie die Hausfrau: „Halt, nun gibt es nichts mehr!“ und ſchiebt den Riegel vor die Tür der Speiſekammer. Es bildet ſich nämlich da, wo der Blattſtiel am Zweige ſitzt, zwiſchen Stiel und Zweig eine korkähnliche Schicht, welche die feinen Röhrchen, die aus dem Zweige ins Blatt gehen, verſchließt. Die Bildung dieſer Korkſchicht war die letzte Arbeit des Blattes. Es hat ſein Tag— werk getan, ſeine Lebensaufgabe erfüllt. Nun treten raſch die Spuren des Alters auf, es verliert ſein jugendliches Grün, wird gelb und fahl ausſehen, und ſchließlich ſtirbt es und fällt beim leiſeſten Lufthauch zur Erde. 8 Aber noch im Tode ſind die Blätter dem Baume nützlich, denn ſie geben nun den Wurzeln eine wärmende Decke und ſpäter, wenn ſie verfaulen, einen guten Dünger. Würden ſie aber an den Zweigen ſitzen geblieben ſein, ſo würde ſich im Winter der Schnee auf ihre breiten Flächen legen, und die Aſte würden die große Laſt nicht tragen können und abbrechen. 7. Immergrüne Pflanzen. Unter den Pflanzen gibt es auch reiche und arme Leute. Die erſten wohnen in fruchtbarer Gegend. Sie haben Nahrung im Überfluß und können während des Sommers ſo viel nach Brüning, Pflanzenreich. 2 18 Bau und Leben der Pflanzen. ihrer Vorratskammer ſchaffen, daß im Frühling, wenn die Knoſpen hervorbrechen, dieſe gewiß keine Not zu leiden brauchen. Darum dürfen dieſe Pflanzen auch während des Winters getroſt der Ruhe pflegen. | Aber es wachſen auch Pflanzen in öder Gegend, im kalt— grundigen Moor und auf trockenem Sande. Wie ſollten dieſe wohl in der kurzen Sommerzeit ſo viel Nahrungsſtoff aufſpeichern können, daß ſie ihren Knoſpen im Frühling genug zu bieten hätten? Für ſie gibt es keine Feiertage, ſie müſſen ihre Blätter behalten, damit ſie jeden Augenblick bereit ſind, an die Arbeit zu gehen und Nahrung aufzunehmen, wenn das Wetter es nur geſtattet. So bleibt z. B. das Laub des Heidekrautes ſitzen, wie die Nadeln der Nadelhölzer, und wir ſingen ein Loblied auf das grüne Kleid des Tannenbaumes, das er zur Winterzeit eigentlich doch nur aus Not trägt. 8. Wallerverdunifung. Zu Hauſe iſt großer Waſchtag. Eben iſt man mit dem Auswringen fertig geworden, und die Wäſche wird getrocknet. Man hängt ſie draußen im Hof auf die Leine, wo Wind und Sonne recht ankommen können. Dabei läßt man die Wäſche— ſtücke nicht zuſammengedreht, wie ſie beim Auswringen waren, ſondern faltet ſie auseinander und breitet ſie recht aus, damit ſie der Sonne und dem Winde möglichſt große Flächen bieten, denn deſto eher werden ſie trocken. Nachher werden ſie von der Leine genommen, aber nicht zu gleicher Zeit, ſondern die Leinen— wäſche zuerſt und die Wollwäſche zuletzt, denn dieſe hat ſich am längſten feucht gehalten. Waſſerverdunſtung. 19 Wo iſt das Waſſer geblieben, das in der Wäſche war? Es iſt verdunſtet durch die Einwirkung von Sonne und Wind. Dieſe beiden trocknen jeden Körper aus, alſo auch die Pflanzen. Nun wollen wir hinausgehen auf die Wieſe und ſehen, wie die Blumen es machen. Die Sumpfdotterblume mit ihren gelben Blüten und den großen, nierenförmigen Blättern, die an feuchten Orten wächſt, wird jedem von euch bekannt ſein. Sie nimmt mittels ihrer Wurzeln ſo viel Waſſer aus dem Boden auf, daß ſie es gar nicht bewältigen kann und zuſehen muß, eine große Menge davon wieder los zu werden. Das macht ſie ähn— lich wie die Hausfrau mit der Wäſche. Sie breitet ihre Blätter aus und gibt ihnen eine möglichſt große glatte Fläche, und bei den unteren läßt ſie den Blattſtiel länger wachſen, als bei den oberen, damit ja keines das andere beſchatte, und damit Frau Sonne ordentlich ankommen und recht viel Feuchtigkeit heraus— holen kann. Viel früher als die Sumpfdotterblume blüht auf der Wieſe die Primel. Der feuchte Boden, auf dem ſie wächſt, läßt eine Menge Waſſer aufſteigen, und dabei pfeift der rauhe Märzwind über die noch kahlen Felder. Nun weiß aber ein jedes Kind, daß man ſich auf den Tod erkälten kann, wenn man naß von Schweiß oder in naſſen Kleidern ſich einem heftigen Winde aus— ſetzt, denn die ſtarke Verdunſtung entzieht dem Körper zuviel 90 Bau und Leben der Pflanzen. Wärme. Das weiß die Primel auch und fucht ſich dagegen zu ſchützen. Damit ihre jungen Blätter der Sonne nur eine ſehr kleine Fläche bieten, ſtehen dieſelben aufrecht. Außerdem ſind ſie runzlig und ihre Ränder ſind umgebogen und nach der Unter— ſeite hin eingerollt, denn hier liegen die Spaltöffnungen des Blattes, die Poren, durch welche die Verdunſtung ſtattfindet. Die Unterſeite iſt auch mit feinen Haaren bedeckt, und wir haben an der Wollwäſche geſehen, daß ſie ſich am längſten feucht er— hält, darum wiſſen wir, welchen Zweck die Behaarung der Unter— ſeite der Blätter hat. Gehen wir nun in die Einöde, wo der trockene Sandboden nur ſehr wenig Feuchtigkeit abgibt. Hier müſſen die Pflanzen ſparſam umgehen mit dem bißchen Saft, den ſie in ſich haben und dürfen nicht viel davon verdunſten laſſen. Darum haben ſie faſt alle nur ſehr wenige und ſehr kleine Blätter und bei vielen von ihnen ſind die Blattränder nach unten eingerollt, wie z. B. bei den Kiefern und beim Heidekraut und vielen anderen Odpflanzen. 0 9. Wailerleifungen. Wie herrlich iſt es zur Sommerzeit im frischen, grünen Walde. Wir haben uns aufgemacht und ſind hinausgewandert in ſeine ſchattige Kühle. Himbeeren haben wir gepflückt und Walderdbeeren. Sie ſchmeckten köſtlich, aber für den Hunger war es doch nichts Rechtes, und ſo traten wir den Rückweg an, damit das Mittageſſen nicht verſäumt wurde. Mittlerweile iſt es aber heiß geworden, und je mehr wir aus dem Walde herauskommen, deſto drückender wird die Luft. Ich glaube, es gibt ein Gewitter! In der Ferne hört man richtig ſchon ein Wee Waſſerleitungen. Primel mit jungen Blättern. (Nat. Größe.) dumpfes Grollen, und dunkle Wolken türmen ſich am Himmel empor. Nun fallen ſchon die erſten Tropfen, ſpannt ſchnell den Regenſchirm auf! O weh, an einen Schirm hat niemand ge— dacht, wir haben alle nur einen waſſerdichten Spazierſtock mit— genommen. Alſo ſchnell unter den nächſten Baum! Es iſt eine Eiche, die am lichten Waldrande ſteht. So, nun laßt es nur 99 Bau und Leben der Pflanzen. regnen, wir legen uns ruhig ins grüne Gras, bis das Wetter vorüber iſt! Allerdings ſoll man beim Gewitter nicht unter Bäume treten, aber es iſt nur ein Gewitterregen, das eigentliche Wetter kommt nicht zum Ausbruch. Es läßt ſich darum hier wohl aushalten. Bums, fällt mir ein dicker Tropfen auf die Naſe. Mehrere Kameraden folgen ihm, die Krone der Eiche war nicht dicht ge— nug. Was nun?! Halt, dort ſehe ich eine ſtattliche Rottanne, die wird uns beſſer ſchützen. Wir nehmen die Füße in die Hand und rennen, ſo ſchnell unſere Beine nur können, hinüber zur Tanne. Unter ihrem Dache iſt es trocken. Gras gibt es nicht um ihren Stamm herum, nur braune Nadeln bedecken den Boden. Für Pflanzenwuchs iſt es hier zu dunkel und zu trocken. Aber rundherum tropft es im Kreiſe, wo die Tannenzweige aufhören, wie von einem Dache, die reine Traufe. Die Tanne tränkt ihre Wurzeln. Dieſe liegen nämlich dicht unter dem Raſen, und ihre Enden, an denen feine Saugwurzeln ſitzen, liegen gerade unter dem Tropfenfall. Aber der Regen läßt nach; wir können aus unſerem Verſteck hervorkriechen. Nun ſehen wir unſere Be⸗ ſchützerin ordentlich an. Je höher die Zweige ſitzen, deſto kürzer ſind ſie, und ihre Spitzen neigen ſich alle ſchräg nach unten. Wenn es nun regnet, ſo wird das Waſſer immer von einem höheren Zweig auf einen tieferen geleitet, und den Saugwurzeln wird das ganze befruchtende Naß zugeführt. Die Tanne hat Tauwurzeln. So heißen ſie, weil ſie ſo dicht unter dem Boden liegen, daß der Tau noch zu ihnen dringen kann. Leitet denn die Eiche ihren Wurzeln kein Waſſer zu? Wir wollen ſehen. Die Aſte der Eiche find ſchräg nach oben ge— richtet, und die Rinde iſt voller Riſſe und Rinnen. Das Regen⸗ waſſer durchdringt die lockere Krone und fällt auf die Aſte. Dieſe leiten es in den Rinnen zum Stamm, und hier läuft es hinunter auf die Erde. Der Stamm iſt ganz naß und der Erd— 3 Regenſchutz der Blüten. 23 boden um ihn herum auch. Die Eiche hat eine ſenkrechte Pfahl— wurzel und leitet dieſer ebenſo das Waſſer zu, wie die Tanne ihren Tauwurzeln. Auf dem Heimweg kommen wir durch ein Dorf, auf deſſen Marktplatz eine mächtige Linde ſteht. Unter ihrer dichten Krone iſt es ebenfalls trocken. Nun wiſſen wir, weshalb der Gärtner im vorigen Herbſt den Bäumen, als er ſie am Weg in den Anlagen pflanzte, die Wurzeln kürzte; dieſelben müſſen den gleichen Umfang haben wie die Krone, damit der Tropfenfall die Saugwurzeln erreichen kann. 10. Regenichufz der Blüten. Neulich, als wir am Waldrande vom Gewitterregen ereilt wurden, hätten wir eine eigentümliche Beobachtung machen können, wenn wir es nicht ſo eilig gehabt, unſere Haut in Sicher— heit zu bringen. Das Verſäumte läßt ſich aber leicht nachholen, denn es gibt ja Regentage genug, und außerdem können wir dieſelbe Erſcheinung gewahren, wenn wir einen Abendſpaziergang ins Feld unternehmen. Da ſehen wir denn, wie z. B. der Löwenzahn ſeine Blätter ſchließt, und wie die blaue Glockenblume, die gelben Hahnenfußgewächſe und manche andere Blumen, die ſonſt ihre Blüten aufrecht tragen, ſie jetzt nickend herunterhängen laſſen. Warum tun ſie das? Sie wollen ihren Blütenſtaub vor Näſſe ſchützen, alſo vor dem Regen und dem nächtlichen Tau, damit er nicht verdorben wird. Wie können denn die Blumen wiſſen, daß der Abend gekommen iſt, oder gar, daß es Regen gibt? Das merken ſie am Winde, denn des Abends und vor dem Be— ginn des Regens erhebt ſich der Wind und ſchüttelt die Stengel 24 Bau und Leben der Pflanzen. der Blumen. Das iſt für fie immer das Zeichen, ihre Blüten zu ſenken oder zu ſchließen. Tun das alle Blumen? Nein, viele haben es nicht nötig. Das blaue Vergißmeinnicht z. B. hat über den Staubgefäßen ſchützende Schuppen als Regendach, bei den Schmetterlingsblüten iſt das Schiffchen, in dem die Staubgefäße liegen, feſt geſchloſſen, und das Leinkraut, welches die Kinder Löwenmaul nennen, preßt ſeine Lippen ſo feſt zuſammen, daß kein Tröpfchen hineindringen kann. Es gibt aber auch Blüten, die nicht imſtande ſind, ſich gegen den Regen zu ſchützen. Denen ergeht es oft recht ſchlimm. Der Blütenſtaub wird fortgeſchwemmt und eine Befruchtung iſt ausgeſchloſſen. Wenn darum zur Zeit der Kirſchen-, Apfel- und Birnblüte viel Regen fällt, ſo gibt es ein ſchlechtes Obſtjahr, und wenn zur Zeit der Kornblüte viele Gewitterſchauer nieder— gehen, ſo kann der Landmann ſich auf eine Mißernte gefaßt machen. II. Der Krämer. Das Kind ſoll Zucker holen, aber es weiß nicht, wo der Krämer wohnt. Es geht durch die Straßen und ſieht hierhin und dorthin. Da ſieht es ein großes Schaufenſter und darin Gläſer mit roten, weißen und gelben Bonbons und farbigen Tüten und ſonſt allerlei Waren. Nun weiß es Beſcheid. Es tritt ein in den Laden. Da ſteht der Krämer und bedient die Kunden, preiſt ihnen ſeine Waren an und verkauft ihnen, was ſie haben wollen. Auch das Kind bekommt ſeinen Zucker. Es legt ſein Geld auf den Ladentiſch. Der Krämer ſtreicht es in ſeine Kaſſe, gibt ihm heraus, was zuviel iſt, und das Kind geht nach Hauſe. Rottanne und Eiche im Regen. 5 5 * wen 8 v 4 ” Pr 7 10 25 1 ‘ x x * N dei 9 » ‘ - * — . 4 + wr * h * — — — 4 — . * “ * * 4 „. — Der Krämer. 25 Hahnenfuß mit nickenden Blüten und Leinkraut. (% nat. Größe.) Draußen auf dem Felde wohnen auch Krämer, viel tauſend. Das ſind die Blumen, und die Hummeln und Bienen, Fliegen, Schmetterlinge und andere Inſekten ſind ihre Kunden. Die ſind hungrig und wollen ſich Speiſe holen. Sie gucken nach den bunten Blütenblättern, die aus dem Graſe weithin leuchten, denn 26 Bau und Leben der Pflanzen. dieſe find die Schaufenſter der Blumen, und die Blüte iſt der Laden. Ehe der Laden geöffnet wird, ſind die Fenſterläden oder Vorhänge vor den Schaufenſtern, das ſind bei der Blüte die grünen Kelchblätter. Wenn die Kunden nun an den offenen Laden kommen, preiſt der Krämer ſeine Ware an, nicht mit Worten, denn ſprechen können die Blumen nicht, aber duften können ſie, und der Duft lockt die Inſekten herbei, daß ſie in den Blütenladen kommen. Nun holen ſie ihre Ware, den Honig. Doch der Krämer verſchenkt nichts; ſie müſſen bezahlen. Haben ſie denn auch Geld? Ja, ſie bezahlen mit Blütenſtaub, den ſie an ihren Beinen und Flügeln und auf ihrem Rücken mitbringen. Er bleibt kleben an der Narbe und kommt in den Fruchtknoten, in die Kaſſe des Blumenkrämers. Aber die Kunden bekommen auch Geld wieder heraus, denn beim Blumenbeſuch bleibt wieder Blütenſtaub an ihrem Körper hängen. Damit fliegen ſie nach einem andern Krämerladen. So helfen ſich Blumen und Bienen gegenſeitig, denn jene können ohne Blütenſtaub keine Frucht bringen, und dieſe ſammeln den Honig für ſich und ihre Brut zur Speiſe. Sie bauen ihre Waben aus Wachs und füllen die Zellen der— ſelben mit dem ſüßen Safte. Dann kommt der Imker und nimmt die Waben heraus und entleert ſie von dem Honig. Den kauft die Mutter und ſtreicht dem Kinde eine Honigſemmel. Die ſchmeckt ihm prächtig. 12. Faule Rundichaft. Als ich noch ein Schuljunge war, führte mein Weg mich täglich an einem großen Garten vorbei. Darin ſtanden viele Obſtbäume. Die hingen im Sommer teils voll ſchöner, roter A _ Faule Kundſchaft. 27 Kirſchen und ſpäter teils voll Pflaumen, Apfel und Birnen. Das war herrlich anzuſchauen, und es wäſſerte einem ordentlich der Mund nach den köſtlichen Früchten. Es waren auch Buben da, die keinen Unterſchied machten zwiſchen Mein und Dein und die das ſiebente Gebot nicht kannten. Die verſuchten, in den Garten einzudringen und zu ſtehlen. Sie kletterten auf die Planke, die ihn als Zaun umfriedigte, aber da fanden ſie un— überſteigbaren Stacheldraht ausgeſpannt. Das war eine ſchlimme Überraſchung. Sie zerfetzten ihre Kleider, riſſen ſich blutige Wunden und mußten unverrichteter Sache wieder umkehren. Solche Buben gibt es auch unter den Inſekten. Sie riechen den Duft der Blumen und möchten gern den ſüßen Honigſaft haben, aber derſelbe iſt nicht für ſie beſtimmt, denn wir wiſſen, daß die Blume ihn nicht umſonſt hergibt, ſondern daß die In— ſekten dafür die Beſtäubung beſorgen müſſen. Dieſe Burſchen aber kommen nicht von Blume zu Blume geflogen, ſondern ſie 28 Bau und Leben der Pflanzen. kriechen von unten her am Stengel empor und ſuchen von hier aus in die Blüte einzudringen. Wenn ſie nun auch mit Blüten⸗ ſtaub bepudert zurückkehren würden, ſo könnten ſie denſelben doch Kuckucksnelke. (½ über nat. Größe.) nicht in eine andere Blüte bringen, ſondern ſie würden ihn auf dem Wege dahin an dem Pflanzengewirr, durch das ſie hindurch— müſſen, abſtreifen. Ihr Beſuch wäre alſo nutzlos. Aber nicht allein das, ſondern es ſind auch wüſte Geſellen, die nicht manier⸗ lich an den richtigen Eingang der Blüte kommen, ſondern von unten her ein Loch beißen und durch dieſes den fin Saft herausſtehlen. Die Blumen und ihre Runden. Was bringt der Wind fürs Kind? 29 Gegen ſolch unnützes Volk ſuchen ſich nun manche Blumen zu ſchützen. Die fleiſchrote Kuckucksnelke, die im Frühling unſere Wieſen ſchmückt, und viele andere bauen als Zaun vor ihrem Eigentum eine Planke, indem ſie unterhalb der Blüte ringförmig um den Stengel herum eine klebrige Abſonderung, eine ſoge— nannte Leimſpindel, anlegen und dadurch Ameiſen, kleine Raupen und Käfer abhalten. Aber es gibt auch Raubgeſindel, das ſich an eine ſolche Schutzwehr nicht kehrt. Das ſind die Schnecken. Sie ſondern aus ihrem Körper ſo viel Schleim ab, daß ſie über die klebrigen Ringe hinwegklettern können. Für ſie muß ſchon ein beſſerer Schutz angebracht werden, wie die Roſen und Diſteln und manche andere Pflanzen ihn haben. Dieſe ſtrecken den Honig— dieben ſpitzige Stacheln und ſtechende Borſtenhaare entgegen, wider die kein Schleimüberzug hilft. 13. Was bringt der Wind fürs Rind? Die Krämer ‚und Bäcker und Schlächter und andere Ge- ſchäftsleute haben offene Läden und freuen ſich, wenn dieſelben von recht vielen Kunden beſucht werden. Darum haben ſie auch große Schaufenſter und bunte Firmenſchilder, damit die Leute aufmerkſam werden und ſehen, welche Waren bei ihnen zu haben ſind. Aber die Privatleute haben nichts von ſolchen Zugmitteln, denn ſie brauchen keine Kunden, weil ſie nichts zu verkaufen haben, und darum iſt ihre Wohnung auch nicht für jeder— mann offen. So iſt es auch bei den Pflanzen auf dem Felde. Viele von ihnen freuen ſich, wenn ſie von recht vielen Kunden beſucht werden, d. h. wenn recht viele Inſekten in ihre Blüte kommen 30 Bau und Leben der Pflanzen. und ihnen Blütenſtaub mitbringen, denn ohne Inſektenbeſuch können ſie keine Früchte zeitigen. Darum leuchten ihre gelben, roten, blauen und weißen Blütenblätter weithin über die Flur, und der Duft lockt die Kunden, und dieſe kommen und holen ſich den Honig. Solche Pflanzen find die Geſchäfts— leute unter den Gewächſen. Aber es gibt auch andere, die haben keinen Duft, und bei ihnen iſt kein Honig zu holen. Darum zeigen ſie auch keine leuchtenden Blumenblätter, ſondern ihre Blüten ſind gewöhnlich grün und unterſcheiden ſich in der Farbe wenig von den übrigen Pflanzenteilen. Wir wollen hinausgehen auf die Wieſe. Da ſtehen dicht aneinander viel, viel tauſend Gräſer, aber die Inſekten ſetzen ſich auf die Blumen, und nicht ein einziges beſucht die Grasblüte. Wir gehen aufs Feld und bleiben ſtehen am Kleeacker oder beim Buchweizen. Da ſurrt es und ſummt es, und ununterbrochen fliegen Hummeln und Bienen hin und kehren beladen zurück, aber nebenan über dem Kornfelde iſt es leer, die Kornähre empfängt keinen Beſuch und will auch keinen haben, ſie ſtreckt ſogar ſcharfe Grannen abwehrend in die Luft, damit es ja keinem Inſekt einfalle, ſich auf ihrer Blüte niederzulaſſen. Sie hat aber auch alle Urſache dazu, denn ihre Staubfäden ſind lang und dünn, und die Bienen und dicken Hummeln würden mit ihren ungeſchickten Beinen dieſelben höchſtens abbrechen. Trotzdem bringt das Korn reichliche Frucht, und da wir ſchon wiſſen, daß dies ohne Beſtäubung nicht möglich wäre, ſo muß wohl jemand anders dieſelbe beſorgen, als gerade die Inſekten. Das tut der Wind. Wenn im Sommer die Kornfelder wogen wie die Wellen des Meeres, wenn der Wind über ſie dahinfährt, ſo ſchwebt über den Halmen eine Wolke von Blütenſtaub und ſenkt ſich hernieder und wird aufgefangen von den großen federförmigen Narben, die auf jedem Frucht: Was bringt der Wind fürs Kind? 31 Grünes Kornfeld im Winde wogend. knoten ſitzen. Dann freut ſich der Land— mann, denn nun darf er auf reichliche Ernte hoffen. Die Gräſer ſind aber nicht die einzigen Pflanzen, die vom Wind beſtäubt werden. Lange bevor noch die Hummeln und Bienen aus ihrem Winterquartier hervorkommen, blüht ſchon draußen in den Hecken der Haſelnußſtrauch. Wäre er auf den Beſuch der Inſekten angewieſen, ſo hätte er ſich eine andere Zeit zum Blühen ausſuchen müſſen als den Vorfrühling. Aber er braucht fie nicht. An den blattlojen Zweigen ſitzen die langen mit Blütenſtaub gefüllten Kätzchen, die vom leiſeſten Luftzug bewegt werden, und die weiblichen Blüten, die den hübſchen roten Federbuſch auf dem Hute tragen, fangen den Pollen auf. (So nennt man nämlich auch den 32 Bau und Leben der Pflanzen. Blütenſtaub.) Es iſt aber recht gut, daß der Haſelſtrauch blüht, ehe er Blätter hat, denn ſonſt würde der Pollen gar leicht von den breiten Blättern aufgefangen werden, und dann wäre es mit der Nußernte ſchlecht beſtellt. Auch andere Bäume werden vom Wind beſtäubt. Wir brauchen nur auf die Bienen zu achten. Zum blühenden Linden— baum ziehen ſie in großen Scharen, aber zur Birke und zur Erle, zur Eiche und zum Tannenbaum kommen ſie nicht, denn dieſe Bäume ſind, wie noch viele andere Pflanzen, Windblütler. Darum ſoll das Kind nicht ſchmollen, wenn der Wind weht, denn wenn der nicht wäre, ſo würde es kein Korn geben, und der Bäcker könnte kein Brot backen und auch keine Kuchen, und Nüſſe könnte man nicht mehr knacken, und Tannenzapfen würden nicht mehr wachſen, und der Förſter könnte keinen Tannen— ſamen mehr ſäen, und der Weihnachtsmann könnte nicht mehr den Chriſtbaum bringen. = 14. Die ſchlaue Erdbeere. Auf dem Fahrdamme der Straße, hart an dem Geiten- weg für die Fußgänger entlang, zieht ein Mann einen Hand— wagen, und ſeine Frau hilft denſelben ſchieben. „Erdbeeren, ſchöne Erdbeeren!“ rufen ſie abwechſelnd, und auf ihrer Karre liegen hochaufgeſchüttet ganze Haufen der köſtlichen Früchte. — Gerade iſt die Schule aus. Die Kinder gehen nach Hauſe und bleiben verlangend bei der Karre ſtehen. Wer jetzt zehn Pfennig hätte! Die Früchte lachen ſie ſo verführeriſch an, ſie machen einem ordentlich Appetit. Man ſagt deshalb, daß ſie eine Appetit— oder Lockfarbe haben. f Erdbeere und Vogel. Die ſchlaue Erdbeere. 33 Zu Hauſe ſagt die Mutter: „Kinder, heute mittag gibt es was Schönes!“ Sie bringt eine verdeckte Schüſſel herein. Die W n TAN 7% 4 N Pre tm. rat 3 Yıl RN 27 5 * N 1 * . TE, 95 & > 5 s 1255 wu Der „8 N Zweig des Haſelſtrauchs mit männlichen und weiblichen Blüten. (Etwas über nat. Größe.) Kinder ſind geſpannt, was wohl darin ſein mag, und als der Deckel aufgehoben wird, ertönt ein allgemeines: „Ah!“ Denn rote Erdbeeren mit Zucker beſtreut lachen ihnen entgegen, und friſche Milch gibt es dazu. Das wird ſchmecken! Was knirſcht denn beim Eſſen immer ſo zwiſchen den Zähnen? Das ſind die Brüning, Pflanzenreich. 3 34 Bau und Leben der Pflanzen. Früchte der Erdbeere. Aber die Früchte der Erdbeere ſind doch weich! O nein, was man für gewöhnlich die Frucht nennt, mit dem ſchmackhaften Fleiſch, das iſt nur eine Scheinfrucht. Die eigentlichen Früchte ſind die bräunlichgelben Körner, die oben— drauf ſitzen. Dieſe ſind hart und knirſchen, wenn man auf ſie beißt. — So prächtig hat ſelten ein Mittageſſen geſchmeckt wie heute. Aber Felderdbeeren ſollen noch würziger ſein als Garten— erdbeeren. So hat der Vater geſagt, und darum wird beſchloſſen, am Sonntag hinauszugehen und Erdbeeren zu pflücken. Es iſt ſchönes Wetter am Sonntag, und es geht hinaus ins Freie. Kaum iſt man im Felde, da entdeckt eins der Kinder auf einem Erdwalle einen Fleck, auf dem eine Menge Erdbeer— pflanzen ſtehen. Wie ſind die dahingekommen? Das will ich euch erzählen: Am Waldrande wuchs eine Erdbeerpflanze. Aus dem grünen Graſe leuchteten ihre weißen Blüten hervor. Das ſahen die Bienen und Fliegen, und kamen zu ihr und brachten Blüten- ſtaub. Darauf entwickelten ſich aus den Blüten bald die ſchönen Erdbeeren mit ihrer roten Lockfarbe. Kam nun ein Vogel ge— flogen, ſo war es, als wenn die Farbe ſprechen könnte, und als ob ſie ſagte: „Ei, Vogel, ſiehſt du mich nicht? Haſt du keinen Hunger? Koſte mich doch! Ich ſchmecke ganz vorzüglich!“ Das ließ ſich der Vogel nicht zweimal ſagen. Er verzehrte die Erd— beere und flog geſättigt davon. Das iſt doch ſonderbar: die Erdbeere fordert ſelbſt dazu auf, daß der Vogel ſie frißt! Wer möchte wohl gefreſſen werden?! Und doch war es ſo, und wir werden gleich ſehen, wie ſchlau die Erdbeere handelte. Im Magen des Vogels wurde das wohl— ſchmeckende, ſaftige Fleiſch der reifen Frucht verdaut, aber die harten Kerne konnte der Magenſaft nicht zerſtören. Sie gingen durch den Darm auf dem natürlichen Wege un— Die ſchlaue Erdbeere. 35 verſehrt wieder hervor und wurden von dem Vogel auf ſolche Weiſe hierhin und dorthin getragen, bekamen auch gleich den nötigen Dünger mit. So wuchs auf dem Walle, der weit, weit von dem Walde entfernt war, im nächſten Frühling ein Erdbeer— pflänzchen und entwickelte ſich kräftig. Die neue Pflanze trieb nicht allein Blätter und einen Blütenſchaft, ſondern es gingen auch lange, rankenartige Aus— läufer von ihr ab. Wo dieſe mit dem Erdboden in Berührung kamen, ſenkten ſie Würzelchen hinein und trieben nach oben an derſelben Stelle Blätter. Dann wurde es Herbſt. Das Laub der Erdbeerpflanze verwelkte und verfaulte im Winter, aber in der Erde blieb der Wurzelſtock, und als nun wieder der Lenz kam, da erſchien nicht nur die erſte Pflanze, ſondern es wuchſen auch überall, wo die Ausläufer Wurzeln in den Boden geſenkt hatten, neue Pflänzlein empor. Nach einigen Jahren war der Abhang des Walles ganz bedeckt davon. So breiten ſich die Erdbeeren aus. Auch andere Pflanzen haben unverdauliche Umhüllungen ihrer Samen. Zwei davon will ich nennen: die Kirſche und die Pflaume. Das Fleiſch dieſer Früchte eſſen alle Kinder gern, aber die Steine dürfen ſie nicht mit verſchlucken, denn dieſe ſind ſo hart, daß der Magenſaft ſie nicht auflöſen kann. Wenn nun ein Kind aus Verſehen oder aus Mutwillen Kirſchenſteine hinunter— ſchluckt, ſo gehen dieſe aus dem Magen in den Darm und bleiben dort manchmal in einem Zipfel des Blinddarms ſtecken. Dann bekommt das Kind heftige Leibſchmerzen und der Arzt muß kommen. Der ſagt dann, daß es Blinddarmentzündung hat und ins Krankenhaus muß. Hier wird es operiert, und die Mutter ſitzt draußen und ringt die Hände und weint, denn ſie weiß nicht, ob ſie ihr armes Kind noch lebendig wiederſehen wird. 36 Bau und Leben der Pflanzen. 15. Schufzfärbung und Abichreckungsmiftel. Der Vogel fraß die reife Erdbeere, ihre unreifen Schweſtern beachtete er nicht. Weiß ein Vogel denn zwiſchen ſolchen Früchten einen Unterſchied zu machen? Ganz gewiß, denn nur die reife Erdbeere hat eine Lockfarbe, die ihm Appetit macht, vorher iſt ſie grün und verſteckt ſich im Kraut, daß ſie den Tieren nicht auffällt. Wenn aber ihre Samen keimfähig ſind, ſo ruft ſie gleichſam die Vögel herbei und läßt ſich freſſen, damit die unverdaulichen Kerne verbreitet werden. Ebenſo iſt es mit den Kirſchen und Pflaumen, den Mehlbeeren und Weintrauben und vielen anderen Früchten. Manche Früchte haben aber keine Schutzmittel, die dem Verdauungsſafte des Magens widerſtehen können. Wenn ſie ge— freſſen werden, ſo ſind ſie verloren. Darum legen ſie eine Schutzfärbung an, damit ſie ſich den Blicken der Tiere ent— ziehen. Die Haſelnuß am Strauche ſitzt in einem grünen Hüll— kelche, die Roßkaſtanie und die Walnuß haben, ſolange ſie am Baume hängen, eine grüne Schale. Fallen ſie aber vom Zweige ab, ſo liegen die braunen Haſelnüſſe zwiſchen dem braunen Laube am Boden. Die Schalen der Kaſtanien, der Walnüſſe, der Bucheln platzen auf, und die Früchte haben ebenfalls eine braune Farbe, damit ſie am Boden nicht leicht zu finden ſind. Andere Früchte wiſſen ſich noch beſſer zu ſchützen, wie wir z. B. an denjenigen der Kartoffelpflanze ſehen wollen. Das ſind nicht etwa die Knollen in der Erde, ſondern die Beeren oben am Kraut. Dieſe ſtimmen in der Farbe immer mit dem Laube überein. Sie ſind grün wie die Blätter und ſtechen nicht gegen ſie ab, wird aber das Kraut im Herbſte fahl ausſehen, ſo tut's Schutzfärbung und Abſchreckungsmittel. 37 die Beere auch. Sie ſucht ſich alſo den Blicken freßluſtiger Ge— ſchöpfe zu entziehen. Nützt ihr dies nichts, ſo ſagt ſie zu dem Widerſacher: „Friß mich nicht, ich werde dir doch nicht ſchmecken!“ Freilich kann ſie nicht ſprechen, aber ſie warnt ihn durch ihren Kartoffelbeeren am Kraut. (½ nat. Größe.) unangenehmen Geruch. Achtet er aber der Warnung nicht, ſondern frißt ſie dennoch, ſo ſagt ſie: „Warte, Bürſchlein, wer nicht hören will, der muß fühlen!“ Kaum hat er ſich nämlich ge— ſättigt, ſo bekommt er Kopfſchmerzen und Schwindelanfälle, und es ſtellt ſich heftiges Erbrechen ein, denn die Kartoffelbeere iſt giftig und weiß ſich ihrer Haut wohl zu wehren. 38 Bau und Leben der Pflanzen. 16. Wanderburſchen. Kennt ihr nicht das Lied vom Mühlknappen? „Das Wandern iſt des Müllers Luſt, das Wandern!“ Es wandern aber nicht nur die Menſchen und die Tiere, ſondern auch die Pflanzen be— geben ſich auf die Reiſe und ſuchen ſich hier und dort einen Platz, wo ſie ſich anſiedeln können. Wie iſt das aber möglich, da ſie ſich doch nicht von der Stelle bewegen und marſchieren können, wie im Märchen von dem Blümlein erzählt wird, das aus dem Wieſengrund auf den Berg hinaufſtieg und hier er— frieren mußte? Wir wollen uns einmal die Wanderburſchen betrachten und zuſehen, wie ſie ihre Reiſe ausführen. Die Wieſe war ganz bunt von Blumen, und am weiteſten leuchteten die großen gelben Blüten des Löwenzahns in goldiger Pracht. Aber nun ſchauen ſie ganz anders aus. Statt der ſchönen Blüte ſehen wir jetzt ein weißes Polſter, in dem viele Samen ſtecken. Die haben alle einen langen Stiel, an deſſen oberem Ende ein Haarſchopf ſitzt. Die Kinder pflücken ſo eine abgeblühte Löwenzahnblume, nehmen den Stengel in die Hand, blaſen die Backen auf und puſten zwiſchen die Samen. Da fliegen dieſelben davon wie kleine Luftſchiffer. Der Wind ergreift ſie und führt ſie weit, weit fort auf Dächer und auf Bäume und fernliegende Felder. Dann bleibt man ſpäter wohl einmal verwundert ſtehen, wenn man oben auf dem Strohdache eines Bauernhauſes oder im Schopf eines hohlen Weidenbaumes eine blühende Löwenzahnpflanze ſieht. — Viele Samen be— nutzen den Wind als Beförderungsmittel: die von der Diſtel, von der Weide und der Pappel, von der Baumwolle und dem Wollgras. Sie alle haben Haare, an denen der Wind Wanderburſchen. 39 ſie forttragen kann. Andere ſind Flügelfrüchte und haben häutige Anhängſel, die ſie dem Winde als Segel darbieten, wie z. B. die vom Ahorn, von der Linde und von der Tanne. Auch das ſtrömende Waſſer benutzen die Pflanzen als Reiſegelegenheit für ihre Samen und Ableger. Wenn der Regenguß auf die Erde herunterpraſſelt und das Waſſer gleich wilden Gieß— bächen zu Tal ſtürzt, ſo führt es viele leichte Samenkörnchen mit ſich fort und rollt die runden, glatten Eicheln weit weg von dem Baume, an deſſen Zweigen ſie ſaßen. Die Ge- wäſſer ſammeln ſich zum Bach, die Bäche zum Fluß, die Flüſſe zum Strom. Der fließt ins Meer, und was nicht unterwegs an den Ufern hängen blieb und ſich dort anſiedeln konnte, das treibt hinaus in den Ozean, gerät in die Meeresſtrömungen und wird abgeſetzt an entlegenen Küſten, keimt dort, ſchlägt Wurzeln, wächſt und gedeiht, und mancher Seemann findet draußen in der Fremde einen alten Bekannten von ſeiner heimatlichen Flur. Endlich benützen die Pflanzenſamen auch noch die Tiere und die Menſchen als Transportmittel. Streifen wir im Herbſt oder im Frühling herum durch Sumpf und Moor, an den Ufern der Teiche und Gräben, ſo finden wir unſere Kleider beſetzt mit einer Menge von braunen Samen, die wir nur mit Mühe von ihnen entfernen können, denn ſie haben ſcharfe Kind mit der „Puſtblume“. AO Bau und Leben der Pflanzen. Haken, mit denen ſie ſich feſthalten. Dann werden euch auch die Früchte von dem kletternden Labkraut bekannt ſein und die vom Odermennig, ganz beſtimmt aber die von der Klette, mit denen ſich die Kinder neckend werfen, und die an den Kleidern und in den Haaren ſofort hängen bleiben, wenn man getroffen wird. So hängen ſie ſich auch an das Pelzwerk der Tiere und werden von dieſen mitgenommen und an anderen Orten wieder abgeſtreift. 17. Tahrungsmiffel aus dem Pflanzenreiche. Schon zu Anfang dieſes Buches erfuhren wir, daß die Menſchen die Nährſtoffe, die in den Pflanzen ſtecken, für ſich verwenden und aus dem Pflanzenreiche mancherlei Nahrungs— mittel entnehmen. Zu dieſem Zwecke haben ſie ſchon von alters her eine Reihe von Pflanzen angebaut und durch Zucht und Pflege veredelt. Solche Pflanzen nennt man Kulturpflanzen. Unter allen Kulturpflanzen, die uns Nahrung liefern, ſtehen die Getreidearten mit ihren Körnerfrüchten obenan, und von ihnen iſt der Reis wieder der erſte, denn vom Reiskorn leben die meiſten Menſchen. In China und Indien bildet er faſt die einzige Speiſe ärmerer Volksklaſſen, aber auch hier bei uns wird er viel gegeſſen, und die Mutter weiß allerlei ſchmackhafte Gerichte aus ihm herzuſtellen. Wie denken die Kinder über Milchreis mit Zucker und Zimt? — Dann kommt der Weizen, der uns das herrliche Weißbrot und die ſchönſten Kuchen liefert. Er braucht zu ſeinem Gedeihen mehr Wärme als die übrigen bei uns heimiſchen Getreidearten und kann deshalb im hohen Norden nicht angebaut werden. In tropiſchen Gegenden iſt es ihm aber wieder zu warm, und darum wächſt er dort nur auf hohen a Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreiche. 41 1. Ahornfrucht. 2. Lindenfrucht. (Nat. Größe.) Bergen. — Das am meiſten angebaute Getreide in Nord- und Mitteleuropa iſt der Roggen, der uns das wohlſchmeckende Schwarzbrot liefert. Auch Hafer und Gerſte ſind ſehr wichtige Getreidepflanzen. Die letztere braucht am wenigſten Wärme und gedeiht ſogar noch am Nordkap, und in der heißen Zone kann ſie noch in einer Höhe von viertauſend Meter über dem Meeres— ſpiegel mit gutem Erfolg auf den Bergen angebaut werden. — Das eigentliche Getreide im heißen Afrika iſt die Hirſe, auch Mohrenhirſe genannt oder Durra, wie ſie in ihrer Heimat heißt. Man baut ſie aber auch in Europa an und zwar vorzugsweiſe im Süden. — In Amerika baute man ſchon vor der Ankunft 42 Bau und Leben der Pflanzen. der Europäer und zwar als einziges Getreide den Mais oder türkiſchen Weizen. — Endlich liefert uns noch der Buchweizen ſeine Körnerfrüchte, die darum auch Heidekorn genannt werden. Meiſtens bereitet man Grütze von ihnen. Beſonders ſind die Hülſenfrüchte, alſo Bohnen, Erbſen und Linſen als menſchliche Nahrungsmittel wichtig. Ihnen folgen die Früchte einiger Bäume, von denen ganze Völkerſchaften leben. Hierher gehören vor allen Dingen die Früchte des Brotbaumes, ferner die Bananen und die Früchte einiger Palmen, namentlich die Kokosnüſſe und die Datteln. Manche Pflanzen liefern ihre Wurzelſtöcke und Knollen. Die wichtigſten von ihnen ſind die Kartoffel, die noch weiter nach Norden hinauf gedeiht als die Gerſte, und Yamspflanze, die in den Tropen heimiſch iſt und die Hauptnahrung der Süd— ſeevölker hergibt. Die wichtigſten Beſtandteile unſerer Nahrungsmittel ſind die blutbildenden, eiweißartigen, ſtickſtoffhaltigen oder Protein- ſtoffe und das Stärkemehl, welches in Verbindung mit jenen Stoffen den nahrhafteſten Teil der Pflanzen bildet. Die Ge⸗ treidearten und Hülſenfrüchte find darum die wertvollſten Nahrungs— mittel, während Kartoffeln ziemlich tief ſtehen und 72 Teile Waſſer von 100 haben. Rüben haben jedoch unter 100 ſogar 89, Weißkohl 91 und Salat gar 94 Teile Waſſer. W 4 * 3 KE. er 2 ar. 1 — 1 Ki 3. ie * A . 9 — . ‚m - * . 84 Zweiter Abichni ichtigiten Familien der Blütenpilanzen. E W * wi ut x - > * 4 5 * 1 2 N l N 1 4 ” N y 800 27 + - 7 N 2 { 85 0 + — 4 * 18. Von den Blütenpflanzen. Wenn die liebe Sonne Schnee und Eis auftaut, wenn der Winter flieht und der Frühling ſeinen Einzug hält, dann ſchmücken ſich überall die Fluren. Im Garten erſcheint das Schneeglöckchen, und ihm folgen Krokus, Hyazinthen, Oſterlilien und Tulpen. Dann blühen die Obſtbäume, der Goldregen und die Roſen. Auf dem Felde eröffnen Tauſendſchönchen, Primel und Buſch— windröschen den Reigen. Sumpfdotterblumen und Vergißmein— nicht ſchmücken die Wieſen. Im Kornfelde prangen Mohn und blaue Kornblumen. Auf den Ackern blüht der Klee, und dann zieht die Heide ihr herrliches Kleid an. Schließlich, wenn ſchon der Herbſtwind weht, finden wir auf den Stoppelfeldern noch Veilchen und Glockenblumen und in den Gärten Georginen, Aſtern und Sonnenblumen. Sie alle erfreuen uns durch ihre Farbenpracht und ihren Duft, aber wir dürfen nicht denken, daß ſie unſertwegen ſolche Anſtalten machen, ſondern die Blüte muß eine andere, wichtigere Aufgabe haben. Die kleine Geſchichte von dem Krämer hat uns gezeigt, welchen Zweck die bunten Blumenblätter haben. Sie ſollen die Inſekten anlocken, damit dieſe den Blütenſtaub auf den Stempel bringen, und wo die Inſekten es nicht tun, da wird es vom Wind beſorgt, und dann bilden ſich im Fruchtknoten die Samen, aus denen wieder neue Pflanzen entſtehen. Die Aufgabe der Blüte iſt alſo, Samen hervorzubringen. Darum ſind 46 Familien der Blütenpflanzen. die wichtigſten Teile der Blüte diejenigen, in denen ſich die Samen entwickeln, nämlich die Fruchtblätter, und die, welche den Blütenſtaub hervorbringen, die Staubblätter. Jene ſtehen gewöhnlich in der Mitte der Blüte, dieſe im Kreiſe um ſie herum. Ein Fruchtblatt iſt entſtanden aus einem gewöhnlichen Blatt, welches ſich ſo zuſammengerollt hat, daß es eine Röhre bildet, die man Stempel nennt. Der obere Teil des Stempels iſt die Narbe, der untere heißt, wenn er erweitert und verdickt iſt, der Fruchtknoten. Den dünnen Teil des Stempels zwiſchen Narbe und Fruchtknoten nennt man Griffel, derſelbe fehlt aber ſehr oft. Die Staubblätter beſtehen meiſtens aus den dünnen Staubfäden und den an ihrem oberen Teile ſitzenden Staubbeuteln. Um dieſe notwendigen Blütenteile herum ſtehen wieder in Kreiſen diejenigen Blätter, welche den Zweck haben, ſie zu ſchützen, ſie bilden die Blütenhülle. Beſteht dieſe aus zwei Kreiſen, ſo nennt man den inneren die Blüten— blätter, den äußeren die Kelchblätter. Da ſie nur neben— ſächlichen Zwecken dienen, ſo fehlt oft einer der beiden Kreiſe, oder es iſt auch wohl keiner von beiden vorhanden. Eine voll— ſtändige Blüte beſteht alſo aus vier Blattkreiſen: Kelch, Blüten⸗ blätter, Staubblätter und Fruchtblätter; wenn einer dieſer Blatt— kreiſe fehlt, ſo iſt die Blüte unvollſtändig. Alle Blütenpflanzen, bei denen die Fruchtblätter zu einem röhrenförmigen Stempel geworden ſind, in dem ſich die Samen entwickeln, nennt man „Bedecktſamige Planzen“. Es gibt aber auch Blüten, in denen die Samen nicht vom Fruchtblatte umhüllt werden, alſo nicht in einem Fruchtknoten, ſondern auf dem offenen Fruchtblatte ſitzen. Das iſt der Fall bei den „Nacktſamigen Pflanzen“, zu denen unſere Nadelhölzer und die fremdländiſchen Palmfarne gehören. — In dem Samen ruht der Keim. Kommt dieſer mit zwei Keimblättern Einteilung. 47 aus der Erde hervor, wie wir bei der Bohne gejehen haben, jo gehört die Pflanze in die Klaſſe der „Blattkeimer“. Man 1. 1 . Schematiſche Darſtellung einer vollſtändigen Blüte. 1. Im Längsſchnitt. 2. Im Querſchnitt. erkennt ſie leicht daran, daß die Hauptnerven in ihren Blättern fingerig oder fiederig angeordnet ſind, wie wir z. B. beim Linden— blatt ſehen. Bei den Pflanzen der zweiten Klaſſe laufen die Hauptnerven der Blätter dagegen parallel. Sie keimen auch nicht Lindenblatt. (Etwas unter nat. Größe.) mit zwei Blättern, ſondern nur mit einem, das wie eine ſcharfe Spitze aus dem Erdboden ſich herausbohrt. Man nennt ſie 48 Familien der Blütenpflanzen. darum im Gegenſatz zu den zweikeimblättrigen Pflanzen der erſten Klaſſe „Einkeimblättrige Pflanzen“ oder „Spitz— keimer“ und rechnet zu ihnen außer den Palmen und den prächtigen Orchideen, den Lilien und Narzißgewächſen die Süß— und Sauergräſer und viele Sumpfpflanzen, wie z. B. Binſen⸗, Rohrkolben- und Froſchlöffelgewächſe. Man teilt die Pflanzen aber nicht nur ein in Klaſſen, ſondern man unterſcheidet bei ihnen, gerade wie bei uns Menſchen, Familien. Welche Kinder zu einer und derſelben Familie ge— hören, kann man leicht an ihrer Ahnlichkeit erkennen. Bei den Menſchen ſieht man es am Geſicht, bei den Pflanzen an der Blüte. Wir wollen nun einige Pflanzenfamilien kennen lernen und zwar zunächſt Blattkeimer mit meiſtens vollſtän⸗ digen Blüten und mit mehreren voneinander ge— trennten Blütenblättern in der Blütenhülle. * 19. Rahneniußgewächie. Um Oſtern blüht ſchon in lichten Laubwäldern oder im Gebüſch am Waldrande die Oſterblume oder das Buſchwind⸗ röschen. Ihren Namen — D hat die Pflanze alſo nach (Y der Blütezeit und dem 5 Standort, denn zu Oſtern — ſind die Bäume und Ge— Grundriß einer büſche noch nicht belaubt, Be und der Wind pfeift Hin- SG durch und ſchüttelt das Röschen im | Buſch. Freilich, eine Roſe iſt es nicht, Fuß eines Hahnes. Hahnenfußgewächſe. 49 Buſchwindröschen. (Nat. Größe.) wie wir weiter unten ſehen werden. aber die Blüte ſieht einer ſolchen doch ähnlich, und ſo nennt man es Buſch— windröschen. Die Blüte des Buſch⸗ windröschens hat in der Mitte viele Stempel, um dieſe herum ſtehen zahlreiche Staubblätter mit goldgelben Staubbeuteln. Die Blüten⸗ hülle iſt nur einfach und beſteht aus ſechs weißge— färbten Blättern, die außen meiſt rötlich angehaucht ſind. Honig iſt nicht in der Blüte. Die Inſekten müſſen ſich alſo mit dem Blütenſtaub begnügen. Um jene Zeit fliegen auch noch nicht viele Blumengäſte umher, und darum entwickeln ſich bei unſerer Oſterblume auch nur ſelten Samen. Sie iſt alſo auf eine andere Art der Vermehrung angewieſen, Meiſtens hat das Buſch— windröschen nur eine Blüte, und dieſe ſitzt an einem hohen, nickenden Schaft, der etwas unterhalb ſeiner ſchönen Zierde drei Blätter trägt. Dieſe hatten früher, als die Blüte noch Knoſpe war und in der Erde lag, die Aufgabe, ſie einzuhüllen und ſie ſomit ſchützend zu umgeben; man nennt ſie deshalb an lätter. Brüning, Pflanzenreich. 50 Familien der Blütenpflanzen. Die eigentlichen Blätter, von denen jede dieſer Pflanzen nur ein einziges hat, das von einem langen Stiele getragen wird, kommen aus der Erde hervor. Sehen wir uns ſo ein Blatt an, ſo bemerken wir an ihm eine Dreiteilung wie an dem Fuß des Hahnes, der ja auch nach vorn drei Zehen richtet. Man nennt deshalb das Buſchwindröschen ein Hahnenfußgewächs. In der Erde hat das Buſchwindröschen ein langes braunes Gebilde von der Dicke eines Federkiels, das Ahnlichkeit hat mit einem abgebrochenen Zweig eines Baumes oder Buſches. Es iſt der Wurzelſtock und wir wiſſen ſchon, daß er der Pflanze als Vorratskammer dient. Daher erklärt es ſich auch, daß dieſe Blume ſchon ſo früh im Jahre wachſen und blühen konnte. Nach unten gehen von ihm die Würzelchen ab, nach oben treibt er Blatt und Blüte. Er verzweigt ſich in der Erde, und das Blatt entſpringt immer von ſo einem Seitenzweige. Der Wurzelſtock iſt kriechend, d. h. er liegt immer dicht unter der Erdoberfläche und folgt ihrer Richtung. Aber er kriecht auch wirklich. An einem Ende, welches wir das Vorderende nennen wollen, bildet ſich eine Knoſpe, und hier wächſt er weiter und ſchiebt ſich ſo durch den Boden vorwärts. Deshalb muß die Knoſpe auch durch die Hüllblätter geſchützt werden, damit ſie nicht beſchädigt wird. Auf dem Hinterende ſtirbt der Wurzelſtock ab, und wenn dieſes Abſterben an die Stelle kommt, wo ein Zweig abgeht, ſo wird der letztere ſelbſtändig und bildet auch eine Pflanze. So findet alſo eine Vermehrung ſtatt als Erſatz für mangelhafte Samenbildung. | Etwas ſpäter als das Buſchwindröschen blüht die all bekannte Sumpfdotterblume. Auch ſie hat ihren Namen nach dem Standort und außerdem nach der Farbe ihrer Blüte, denn dieſe iſt leuchtend dottergelb. Ihr Blütenbau iſt genau ſo wie bei der Blüte der Oſterblume. Aber die Form der grünen Blätter e Hahnenfußgewächſe. 51 iſt eine ganz andere. Sie ſind nämlich nicht dreiteilig, ſondern nierenförmig und entſprechen in ihrer Einrichtung ganz dem Standort der Pflanze (ſiehe Seite 18 „Waſſerverdunſtung“). Da nun bei den Pflanzen die Familienähnlichkeit immer in 7 N | % . DH NN 2 N a I 5 * — N \ Sumpfdotterblume. (Nat. Größe.) 52 Familien der Blütenpflanzen. der Blüte liegt, jo müſſen wir trotz der anders geformten Blätter die Sumpfdotterblume auch den Hahnenfußgewächſen zurechnen. Ebenſo verfahren wir mit allen jenen gelben Blumen auf der Wieſe, deren Blüten ausſehen wie verkleinerte Blüten der Sumpfdotterblume, übrigens aber auch vielfach die Hahnenfuß— form der Blätter haben. Hierher gehören z. B. der kriechende Hahnenfuß, der goldhaarige, der ſcharfe, der Acker- und der Gifthahnenfuß. An ſchattiger Stelle leuchtet im Frühjahr, wenn die Bäume noch nicht belaubt ſind, am Boden die goldgelbe Blüte des Scharbockskrautes, das ſeinen Namen nach jener ſchlimmen Krankheit hat, die man Scharbock oder Skorbut nennt. Hervorgerufen wird das Leiden durch den andauernden Genuß von Pökelfleiſch. Als Heilmittel dienten die Knollen des Scharbocks— krautes. Heutzutage hat der Skorbut aber ſeine Schrecken ver— loren, denn ſeitdem man es verſteht, Konſerven in Blechdoſen einzumachen, daß fie ſich jahrelang friſch erhalten, find die Pol— fahrer und Walfiſchfänger nicht mehr ausſchließlich auf Pökel— fleiſch angewieſen. — Auch im Waſſer wachſen Angehörige der Familie, wie z. B. der Waſſerhahnenfuß, welcher weiße Blüten⸗ hüllen hat. Manche Hahnenfußgewächſe haben auch blaue und rote Blüten und öfter eine doppelte Blütenhülle. Einige von ihnen dienen als hübſche Gartenzierpflanzen, wie z. B. die Nies⸗ wurz oder Weihnachtsroſe, der blaue Sturmhut, der gelbe Sturmhut, aus deſſen Saft die alten Germanen ein Pfeilgift zum Töten der Wölfe bereiteten, und der Ritterſporn. Die meiſten Hahnenfußgewächſe ſind giftig. Kreuzblütler. 53 20. Rreuzblüfler. Gleichzeitig mit der Sumpfdotterblume blüht das Wieſen— ſchaumkraut. Ihren Namen hat die Pflanze nach ihrem Stand— ort und dem Schaum, der ſich häufig an dem Stengel in der Blattachſel befindet. Das Volk nennt dieſen Schaum Kuckucksſpeichel, aber der Kuckuck iſt unſchuldig daran. Die Flüſſigkeit beherbergt nämlich ein kleines, gelbgrünes Tierchen, die Larve der Schaumzirpe, und dieſes Inſekt macht ſich ſelbſt das ſonderbare Haus zum Schutz gegen ſeine Feinde. Die Blüte des Schaumkrautes iſt voll— ſtändig. Sie hat alſo eine doppelte Blüten- hülle, nämlich grüne Kelch- und lilagefärbte Blumenblätter. Nach der Stellung der letzteren hat die Pflanzenfamilie ihren Namen. Es ſind ihrer vier, die ſich je zwei und zwei gegenüberſtehen. Sieht man die Blüte von oben, ſo bilden ſie ein Kreuz. Das Wieſen— ſchaumkraut iſt ein Kreuzblütler. Es hat ſechs Staubblätter und zwar vier lange und zwei kurze. Der Stempel beſteht aus zwei Fruchtblättern, die mit den Rändern zu— ſammengewachſen und durch eine häutige Scheide— wand verbunden ſind. Zu beiden Seiten der letzteren ſitzen die Samen. Die Frucht nennt Wieſenſchaumtraut. 1 a 1 . (Nat. Größe.) man eine Schote oder ein Schötchen. Die 54 Familien der Blütenpflanzen. Kreuzblütler heißen daher auch Schotenfrüchtler. Jedes Kind, das im Hauſe einen Kanarienvogel hat, kennt die ſchwarzbraunen, runden Körnchen zwiſchen dem Vogelfutter, es ſind die Samen eines andern Kreuzblütlers, des Rapſes. Der hohe Stengel des Wieſenſchaumkrautes erhebt ſich aus einer auf dem Boden ruhenden Blattroſette. Die Blätter ſind unpaarig gefiedert. Wo ſie den Boden oder das Waſſer 218 2 Kreuzblüte von Schötchen. oben geſehen. 1. Vom Hellerkraut. 2. Vom Hirtentäſchel. (über nat. Größe.) x berühren, bilden ſie in den Anſatzſtellen der Fiederblättchen Knoſpen, aus denen neue Pflanzen entſtehen. Auch Stengel— blätter hat das Schaumkraut, welche immer kleiner werden, je weiter fie nach oben ſitzen. In der Erde befindet ſich der Wurzel— ſtock mit den Faſerwurzeln. Die Familie der Kreuzblütler iſt ſehr groß. Es gehören ihr die wichtigſten Gemüſepflanzen, hübſche Zierblumen und läſtige Unkräuter an. Unter den erſteren nennen wir die Kohlarten: Rapskohl, Rübenkohl, Gemüſekohl und Senfkohl. Unter der veredelnden Hand des Gärtners haben dieſe Pflanzen die verſchiedenſten Formen angenommen. Beſonders gilt das vom Gemüſekohl, den wir eſſen als Weiß- oder Grünkohl, als Kreuzblütler. O “| Blühender Gemüſekohl. (Nat. Größe.) Welſch⸗, Wirſing⸗ oder Savoyerkohl, als Roſenkohl, Braunkohl, Kohlrabi und Blumenkohl. Der Rübenkohl liefert als Mairübe oder als Teltower Rübchen eine wohlſchmeckende Speiſe, und wenn es zu dieſen verſchiedenen Kohlgerichten fettes Hammel— 56 Familien der Blütenpflanzen. fleiſch gibt, fo darf das Näpfchen mit dem Senf, der aus dem Samen des Senfkohles gewonnen wird, auf dem Tiſche nicht fehlen. Aus Raps- und Rübſenſamen preßt man das Rüböl, welches in der Schlafſtube auf dem Nachttiſchchen in dem Nacht- licht gebrannt wird. Man verwendet es auch zum Schmieren der Maſchinen und zur Herſtellung von Seife. Außer den Kohl— arten kommen noch Brunnenkreſſe, Rettich und Meerrettich auf unſeren Speiſetiſch. Im Garten und in Blumentöpfen auf der Fenſterbank erfreuen uns Levkoje, Goldlack und Nachtviole durch ihren lieblichen veilchenartigen Duft. Läſtige Unkräuter unter dem Getreide ſind Ackerſenf und Ackerrettich oder Hederich. Alle bisher genannten Kreuzblütler, mit Ausnahme des Meerrettichs, haben Schoten. Unter den anderen, welche Schöt— chen tragen, ſind den Kindern am bekannteſten das Heller- oder Pfennigkraut und das Hirtentäſchel. 21. Veilchengewächſe. Eines der ſchönſten Kinder des Frühlings iſt das wohl— riechende Veilchen. Seine dunkelvioletten Blütenblätter fallen im Graſe und im Geſtrüpp unter der ſchützenden Hecke nicht weithin leuchtend auf, aber deſto beſſer lockt der köſtliche Duft die Inſekten an. Die Blüte iſt vollſtändig. Die äußere Hülle beſteht aus den fünf grünen Kelchblättern, die innere aus fünf Blumen⸗ blättern. Staubblätter ſind ebenfalls fünf, Fruchtblätter drei vorhanden. Bei allen Veilchengewächſen zeigt die Blüte den— ſelben Bau. Dieſe hat die Veranlaſſung gegeben, daß man dem dreifarbigen Veilchen den Namen Stiefmütterchen bei— Veilchenblüte von hinten. (½ über nat. Größe.) lichen Blätter der Veilchenblüte. Dann aber ſind noch zwei Stief— töchter da, die nach oben gerichteten Blumenblätter. Sie tragen einfache Kleider und müſſen ſich zuſammen mit einem Stuhle be— helfen. Das große untere Blatt bedarf einer beſonderen Stütze, denn meiſtens benutzen die Bienen und die ſchweren Hummeln dasſelbe zum Veilchengewächſe. 57 legte und ein Märchen davon dich— tete. Die Blumenblätter find näm— lich nicht alle von gleicher Größe, ſondern das untere übertrifft die übrigen darin bedeutend. Es zeigt auch die bunteſte Färbung, und darum hat man es verglichen mit einer böſen Stiefmutter, die ſich ſelbſt prächtig kleidet und ſo an— ſpruchsvoll iſt, daß ſie zwei Stühle zum Sitzen haben muß, denn hinter dieſem Blatte ſtehen zwei Kelch— blätter. Die Stiefmutter hat zwei Töchter, denen ſie ebenfalls bunte Kleider anzieht und ihnen je einen Stuhl gewährt. Es ſind die ſeit— Anflug und zum bequemen Sitzplatze. Dabei halten ſie ſich an den ſeitlich gerichteten Blät— tern feſt, die am Eingang zum Honigbehälter mit einem ſtarken, bürſtenartigen Haarwuchs verſehen ſind. Kleinere Inſekten können beim Veilchen nicht ankommen, denn der Honig ſitzt in dem Sporn, einer ſackartigen Verlänge— rung des großen Blattes, und iſt nur mittels eines langen Saugrüſſels zu erreichen. Von den Blüte eines Stief— fünf Staubblättern ſenden die beiden unteren mütterchens. 58 Familien der Blütenpflanzen. je einen langen, grünen Fortſatz hinein in den Sporn, und von dieſen wird der Honig abgeſondert. An der Spitze ſind die Staubblätter mit einem orangefarbigen Fortſatze verſehen. Die fünf Fortſätze bilden zuſammen einen kegelförmigen Hohlraum, aus dem der Griffel mit der hakenförmig nach unten gekrümmten Narbe hervorſieht. Steckt ein Inſekt den Rüſſel in den Sporn, ſo werden die Fortſätze auseinandergedrängt, der Hohlraum öffnet ſich und es fällt ein trockener, mehlartiger Blütenſtaub auf den Rücken des Beſuchers, der ihm in einer anderen Blüte von der Narbe abgenommen wird. Das Veilchen hat aber auch kleine unſcheinbare Sommer— blüten ohne Honig und ohne Duft, die ſich nicht öffnen und ſich ſelbſt beſtäuben ohne Beihilfe der Inſekten. Die Samen ſind glatte Körnchen, die aus den reifen Kapſeln herausſpringen, wenn dieſe eintrocknen. Das Veilchen vermehrt ſich jedoch auch durch Ausläufer. Außer dem wohlriechenden Veilchen und dem Stiefmütterchen iſt das hellblaue Hundsveilchen am bekannteſten. Es wächſt überall, im Walde und an den Hecken der Feldwege. Der Duft fehlt ihm. 22. Doldengewächie. Es iſt Sommer geworden. Der Garten liefert bereits ſeine erſten Erzeugniſſe für die Küche. Da geht die Mutter hinaus ans Wurzelbeet und zieht die kräftigſten Pflanzen heraus. Es ſind Möhren oder Mohrrüben. Unterwärts ſitzt am Kraut eine lange und dicke, ſpindelförmige Wurzel. Eigentlich ſollte man ſagen ein Wurzelſtock; derſelbe ſieht rötlichgelb aus, und man nennt die Pflanze darum auch gelbe Wurzel. Die Doldengewächſe. Mutter wäſcht die Erde ab und ſchabt die Wurzeln und reicht dem zuſchauenden Kinde eine. Das ſpringt davon und beißt fröhlich hinein, denn die Wurzel iſt fleiſchig und ſchmeckt ſo ſüß, daß man Sirup davon machen kann. Die Blätter der Möhre find groß, aber die Blatt— flächen beſtehen nicht aus einem Stück, ſondern ſind in viele kleine Abſchnitte geteilt. Man ſagt: das Blatt iſt doppelt gefiedert, und die einzelnen Blättchen ſind wieder geſpalten, wie bei den meiſten Pflanzen dieſer Familie. Zu: ſammen bildet das Kraut eine Blattroſette. Aus der Mitte dieſer Roſette erhebt ſich bei der zweiſommerigen Pflanze ein hoher Blütenſtiel, der oben einen umfangreichen Blüten— ſtand trägt. In ſeiner Form gleicht derſelbe einem um— geklappten Regenſchirm, denn von einem Punkte des Stieles gehen viele kleine Stiele aus, die wieder aus einem End— Möhre. (Ye nat, Größe.) 60 Familien der Blütenpflanzen. punkte eine Anzahl Stielchen entſenden, die je eine winzige weiße Blüte tragen. Eine ſolche Blütenform nennt man eine Dolde, und die Pflanzen, welche zu dieſer Familie gehören, heißen darum Dolden— gewächſe oder Schirmblütler. Weil ſo viele der winzigen Blütchen zu einer Gruppe vereinigt ſind, fallen ſie trotzdem den honigſuchenden In— ſekten, kleinen Käferchen und Fliegen auf. Aus jeder Blüte entſtehen zwei Früchte, die mit Widerhäkchen e tragenden Stacheln beſetzt ſind und darum Menſchen und Tiere zu ihrer Verbreitung be— nützen können, indem ſie ſich an ihnen feſthalten und ſich mit— nehmen laſſen. Nicht nur von der Möhre ißt man den Wurzelſtock, ſondern auch von der Paſtinake, vom Sellerie und von der . Peterſilie. Von dieſer zuletzt genannten Pflanze ißt man auch das Kraut als Gewürz. Wenn man es aber ſchneidet, ſo muß man ſich ſehr in acht nehmen, daß man nicht die Blätter von dem ſehr giftigen Gartenſchierling mitnimmt. Dieſelben ſehen dem Kraute der glatten Peterſilie ſo ähnlich, daß man die Giftpflanze auch Hundspeterſilie nennt. Am liebſten ſiedelt fie ſich im Garten zwiſchen der echten Peterſilie an. Wenn man. aber aufmerkſam iſt, ſo erkennt man ſie an ihrem üblen Geruch und daran, daß ihre Blätter glänzen, als wären ſie lackiert. Dieſe Eigenſchaft hat der Pflanze den Namen Gartengleiße eingetragen. Andere ſehr giftige Doldenpflanzen ſind der ge— fleckte Schierling und ganz beſonders der Waſſerſchier— ling. Als Gewürz dient auch noch das Kraut vom Garten— kerbel. Roſenartige Gewächſe. 61 Von anderen Doldenpflanzen werden die ölreichen Samen als Gewürz und in der Arznei verwandt. Hierher gehören: Kümmel, Anis, Fenchel, Dill. 23. Rolenarfige Gewächie. Wer kennt nicht das Märchen vom Dornröschen und das Lied vom Heideröslein. Die Heckenroſe, auch Hunds- oder wilde Roſe genannt, bildet eine undurchdringliche Mauer um Garten und Feld. Wer hindurch will, den hält ſie feſt mit tauſend Roſenblüte im Durchſchnitt. Die weſentlichen Teile der Birnblüte im Längsſchnitt. ſcharfen hakenförmigen Stacheln und läßt ihn nur los, wenn er ſich blutige Wunden reißt. Das Sprichwort ſagt: „Keine Roſe ohne Dornen“, aber es müßte heißen, keine Roſe ohne Stacheln, denn Dornen ſind verkümmerte Zweige, aber Stacheln 62 Familien der Blütenpflanzen. ſitzen nur auf der Rinde, wovon man ſich überzeugen kann, wenn man einige der ſcharfen Waffen des Roſenſtrauches abbricht. Die roſenartigen Gewächſe bilden eine große Pflanzen- familie, die man an den Blüten erkennt. Als Muſter kann die Blüte der Heckenroſe gelten, da alle andern im Bau mit ihr übereinſtimmen oder doch nur wenig abweichen. Sie iſt voll— ſtändig und ſteht auf einem krugförmigen Blütenboden. Derſelbe ſchließt mit einem gelben fleiſchigen Ringe ab und trägt fünf Kelch— und fünf Blumenblätter, ſowie zahlreiche Staubblätter. In der Höhlung des Fruchtbodens ſitzen viele Fruchtknoten, deren Griffel oben durch eine Offnung in die Blüte hineinragen. Sobald die Be— ſtäubung und darauf die Befruchtung vollzogen iſt, fallen Staub- und Blumenblätter ab, während die Kelchblätter noch ſitzen bleiben und vertrocknen. (Beim Apfel nennt man ſie die Blume.) Der Fruchtboden, in welchem ſich die Samen entwickeln, wächſt nun zu einer Scheinfrucht heran. Es iſt die prächtig rote Hage— butte, d. h. die Butte oder Bütte (— Fäßchen oder Kännlein) im Hag (in der Hecke). Alle roſenartigen Gewächſe haben ſo einen Fruchtboden, der zu einer Schein— frucht wird und die Samen trägt. Sie ſind Kräuter, Halbſträucher, Sträucher oder Bäume. Von den Kräutern müſſen wir hier an erſter Stelle die Erdbeeren erwähnen. Man nennt ſie, wegen der Beſchaffenheit ihrer Früchte, Steinfrüchtler wie die Halbſträucher aus dieſer Familie, nämlich Brom- und Himbeere. | Die wichtigſten Sträucher find die Roſen, die in vielen Arten auftreten. Die edle Roſe iſt von der wilden gezogen worden. Sie iſt gefüllt, d. h. die Staubblätter haben ſich in Blumenblätter verwandelt. Außerdem müſſen wir Schwarzdorn und Weißdorn nennen, der in einer Abart mit roten Blüten Rotdorn genannt wird. Roſenblüten. 7 1 * „ — * * 1 5 P 4 - ö 2 — * er 4 — . * _ 7 t A N i v 1 7 „ „ * — N 4 0 5 5 * 4 x Zar # « a 8 x 8 8 2 „ # * I * 1 4 3 * * * Roſenartige Gewächſe. 65 Roſenzweig mit Stacheln, Blüte und Hagebutten. (%½ò nat. Größe.) Die nächſten Verwandten des Schwarzdorns oder der Schlehe ſind die Pflaumenbäume. Er gehört alſo gleich den Kirſchen, Pflaumen, Zwetſchen, Aprikoſen, Pfirſichen und Mandeln zum Steinobſt. Der Weißdorn iſt ein ſehr naher Verwandter des Apfelbaumes und muß daher gleich ihm, gleich der Birne, der Quitte und der Miſpel zum Kernobſt gerechnet werden. Auch die Ebereſche oder der Vogelbeerbaum, aus deſſen roten Beeren man in der Apotheke den Apfeläther macht, gehört hierher. Aus den Samen, die in der Hagebutte ſitzen, oder aus den Kernen des Apfels wachſen Pflanzen hervor, werden groß, blühen und bringen Frucht, aber die Blüten werden keine edlen Roſen, und die Früchte werden nur ungenießbare Holzäpfel. Will man herrliche Gartenroſen oder edle Obſtſorten 3 ſo Brüning, Pflanzenreich. 66 Familien der Blütenpflanzen. muß man die Pflanzen erſt veredeln, d. h. man muß auf die wilde Pflanze einen Zweig oder einen Trieb von einer edlen Pflanze ſetzen und ihn ſo anbringen, daß beide zuſammenwachſen. 24. Steinbrechgewächie. Von Steinbrechgewächſen haben die Kinder wohl noch nichts gehört, obgleich dieſe Pflanzen eine artenreiche Familie bilden, deren Angehörige faſt alle in der nördlichen gemäßigten Zone beheimatet ſind. Die meiſten von ihnen wachſen in Gebirgen in Felsſpalten, und man hat ihnen den Namen Steinbrech ge— geben, weil man meinte, daß ſie die Spalten und Riſſe in dem Geſtein erweitern könnten, auch brauchte man ſie früher als ein Mittel gegen die Steinſchwerzen, alſo gegen Blaſenkrankheiten, doch führen ſie in beiden Fällen ihren Namen mit Unrecht. Auch in den Ebenen Norddeutſchlands wachſen Pflanzen, die den Namen Steinbrech führen, wie z. B. der knollige Steinbrech, den man auf mageren Triften findet. Die Blumenblätter ſind weißlich und rot, ſie ſehen aus wie eine zarte Malerei, und die Kinder nennen die Pflanzen im Norden wie im Süden darum auch Porzellanblumen. Im Garten findet man den dickblättrigen Steinbrech, der aus Sibirien ſtammt, als Einfaſſung der Blumen— beete, und bei manchen Leuten hängt im Fenſter eine Blumen⸗ ampel mit einem hübſchen Gewächs, das ſeine roten Ausläufer tief herabfallen läßt. Das iſt der rankende Steinbrech. Fragt das Kind aber die Mutter, wie die Blume heißt, ſo ſagt ſie: „Das iſt der Judenbart.“ Im April blüht an feuchten Stellen auf dem Felde ſchon das wechſelblättrige Milzkraut und daneben, wenn auch ſeltener, das paarblättrige. Beide Milzkräuter haben Steinbrechgewächſe. 67 gelblichgrüne Blüten und ſind nur unſcheinbare Pflänzchen. Aber der Landmann mag ſie aus einem andern Grunde nicht leiden, denn ihr Kraut enthält einen Giftſtoff, der den Schafen große Beſchwerden bereitet. Gehen wir aber im Herbſt ins Moor oder auf feuchte Wieſen, ſo finden wir ein Blümlein, das jeder— mann wegen ſeiner ſchönen Blüte gern hat. Es iſt das Sumpf— herzblatt oder Studentenröschen. Man erkennt es leicht an dem einen einzigen herzförmigen Blatt an dem Blütenſtiele. In den Gärten und Anlagen treffen wir ſehr oft zwei Sträucher, die zu den Steinbrechgewächſen gehören und wegen ihrer Blüten zur Zierde angepflanzt ſind. Es ſind die Garten-Hortenſie, oder wie man auch ſagt, die japaniſche Roſe und dann der fälſchlich als wilder Jasmin bezeichnete Pfeifenſtrauch. Dieſen Namen führt die aus Südeuropa ſtammende Pflanze, weil man ihre langen geraden Schöſſe zu Pfeifenrohren verarbeitet. Das ſind alles Pflanzen, die den Kindern mehr oder weniger gleichgültig ſein werden. Nun kommt es aber anders, denn es gibt auch Steinbrechgewächſe, die den Kindern unbeſchreiblich lieb ſind, weil die Mutter im Sommer aus den Früchten der— ſelben die „rote Grütze“ kocht. Alſo die Johannisbeerſträucher ſind Steinbrechgewächſe, ebenſo wie ihre Brüder, die Stachel— beerſträucher. „Aha!“ ſagt das Kind, „Brombeere, Himbeere, Stachelbeere, Johannisbeere, Erdbeere, ja, das iſt eine feine Familie, die laſſe ich mir wohl gefallen!“ — Halt, halt, ihr jungen Freundchen! Ihr werft ja alles durcheinander wie Kohl und Rüben. So luſtig geht es nicht! Ihr habt doch eben vernommen, daß Brombeere, Himbeere und Erdbeere roſenartige Pflanzen ſind, und die Stachelbeerſträucher und Johannisbeerſträucher ſind Steinbrechgewächſe. Da wollen wir doch einmal die Blüten dieſer Pflanzen miteinander vergleichen. Vorher wollen wir uns 68 Familien der Blütenpflanzen. aber noch merken, daß es ganz nebenſächlich iſt, ob eine Pflanze Stacheln hat oder nicht, denn der Brombeerſtrauch trägt ſolche Waffen und die Erdbeere nicht, und doch gehören ſie zu der— ſelben Pflanzenfamilie, und der Stachelbeerſtrauch hat Stacheln und die Johannisbeere hat keine, und doch ſind ſie Brüder. Die Hauptſache iſt immer die Blüte. Vergleichen wir alſo die Erdbeerblüte mit der Stachelbeerblüte. Vollſtändig ſind ſie beide, und beide haben auch fünf Blumenblätter. Während aber dieſe Blätter bei der Erdbeere weithin leuchtend die Inſekten anlocken, ſind ſie bei der Stachelbeere, obgleich ebenfalls weiß, doch ſo klein und unſcheinbar, daß die zurückgeſchlagenen fünf rötlich gefärbten Kelchgipfel ſie unterſtützen müſſen, wenn die fliegenden Gäſte, die Bienen, aufmerkſam gemacht werden ſollen. Die fünf Staubblätter der Stachelbeerblüte ſtehen im Schlunde des Kelches, die vielen der Erdbeere auf demſelben. Viel auffallender iſt aber der Unterſchied zwiſchen den Früchten, denn die Stachel— und Johannisbeeren haben viel mehr Ahnlichkeit mit einer Beere aus der Weintraube als mit einer Erdbeerfrucht. 25. Schmefferlingsblütler. Wir hatten uns vorgenommen, in den Sommerferien recht oft ins Feld zu gehen, und nun, da ſie angefangen ſind, haben wir auch ſchon den erſten Spaziergang gemacht. Wir kamen durch eine recht ſandige Gegend. An einigen Stellen wuchs nur ſehr dürftiges Gras, dann folgten Heidekraut und Ginſter und wieder Flächen, wo der kahle Sandboden zwiſchen dem Graſe zu ſehen war. Aber ohne Schmuck waren dieſe Stellen nicht, denn es wuchſen auf ihnen die hohen, alle andern Pflanzen ihrer Um— via Schmetterlingsblütler. 69 gebung überragenden, dunkelgrünen Beſenſträucher. Sie ſind immergrüne Pflanzen, und wir wiſſen bereits warum, und kennen auch den Grund, weshalb ſie nur ſo wenige und ſo kleine Blätter haben. Heute aber rufen ſie unſer Intereſſe ganz beſonders wach durch die Fülle und die Pracht ihrer goldgelben Blüten. Dieſelben haben eine eigentümliche Form; man hat ſie mit einem ſitzenden Schmetterlinge verglichen. Deshalb ſagt man, der Beſen— ginſter oder Beſenſtrauch iſt ein Schmetterlingsblütler. Wir wollen uns eine ſolche Blüte einmal anſehen. Sie iſt vollſtändig, denn wir ſehen eine doppelte Blütenhülle, nämlich , einen grünen, fünfzipfligen Kelch und gelbe Blumenblätter und RN außerdem Staubblätter und den Griffel. Fünf Blumen: blätter können wir zählen, und dieſe haben verſchiedene Namen. Das oberſte ſchwebt über den andern Zweig vom Beſenginſter mit beſtäubter f f — 1 und unbeſtäubter Blüte. wie eine Fahne und wird auch ſo (Etwas unter nat. Größe.) genannt. Die beiden ſeitlichen heißen Segel, und die beiden unteren, welche ſich feſt zuſammenſchließen und darum Ahnlichkeit mit einem Boote haben, heißen das Schiff— chen. Die Staubblätter, es ſind ihrer zehn, bilden ein Bündel, ſie ſind das Schiffsvolk, und der Griffel, der wie eine Uhrfeder aufgerollt iſt, ſtellt den Kapitän vor. Wenn noch keine Inſekten 70 Familien der Blütenpflanzen. die Blüte beſucht haben, ſo iſt das Schiffchen dicht geſchloſſen, denn es darf kein Regen hineinkommen, ſonſt würde der mehl— artige Blütenſtaub verdorben. All und jedes Inſekt nimmt das Schiffchen auch nicht auf, mit kleinen Beſuchern will die Blüte nichts zu tun haben. Es müſſen ſchon große Hummeln ſein, die zugelaſſen werden wollen. Wir nehmen eine Blüte mit einem geſchloſſenen Schiffchen und drücken die Spitze desſelben nieder, dabei bemerken wir, daß wir ſchon einen ziemlichen Druck aus— üben müſſen. Plötzlich ſpringt das Schiffchen auf, die Staub— blätter kommen hervor, und eine Wolke von Blütenſtaub fliegt in die Luft. Es iſt gerade, als wenn das Schiffsvolk aus Freude über den anſehnlichen Paſſagier hurra rufen wollte und die Mützen in die Luft wirft. Wenn dieſer aber in die Kajüte will, ſo macht ſich Herr Kapitän Uhrfeder über ihn her und ſagt: „Halt, lieber Freund, auf meinem Schiff muß man bezahlen!“ und dann nimmt er ihm den Blütenſtaub ab. Er iſt immer auf ſeinem Poſten, dieſer Kapitän Uhrfeder, und war der erſte, der aufſprang, als das Schiffchen Beſuch bekam. Als wir nun weitergehen, fällt uns ein, daß wir an dem Goldregenbaum in unſerem Garten ja ganz gleiche Blüten geſehen haben. Der iſt alſo auch ein Schmetterlingsblütler. Und nun ſehen wir auf den Feldern eine ganze Menge Pflanzen, die zu dieſer Familie gehören. Da ſind die blauen und die bunten Wicken, die Platterbſen, Hornklee und Stein— klee, auch die übrigen Kleearten und der weiße und der rote Klee ebenfalls, denn ihre Köpfchen be aus lauter kleinen Schmetterlingsblüten. Auf dem Rückwege gehen wir im Garten vor, denn dort ſehen wir die Mutter beſchäftigt. Sie pflückt Erbſen. Das iſt ja wieder dieſelbe Blütenform. Alſo die Erbſen und die Bohnen und die Linſen und dort auf dem Beete die Lupinen Schmetterlingsblütler. 71 ſind auch alle Schmetterlingsblütler. — Nun gehen wir nach Hauſe und helfen der Mutter, die Erbſen auszupahlen, d. h. die Früchte von dem umhüllenden Fruchtblatte zu befreien. Dieſes hat ſich nämlich der Länge nach von der Mittelrippe an ge— bogen und iſt mit ſeinen Rändern zuſammengewachſen, daß es eine Hülſe bildet. Darum nennt man die Schmetterlingsblütler auch Hülſenfrüchtler und ihre Samen Hülſenfrüchte. Die Schmetterlingsblütler dienen dem Menſchen zu mancherlei Zwecken. Zu ſeiner Nahrung baut er Erbſen, Bohnen, Linſen und an manchen Stellen auch eine Wicke an, die man „Große Bohne“ nennt. Als Vieh- futter benutzt er außer den genannten Pflanzen die Wicken und Platt- erbſen und den Klee. Die Lupinen müſſen den Acker düngen. Zur Zierde pflanzt man Goldregen, Robinien, Feuerbohnen und bunte Erbſen, ſowie Lu— pinen. Zum Färben braucht man die Indigo— pflanze und den Färber— ginſter. Andere Pflanzen benutzt man in der Me— dizin, wie z. B. das Süß⸗ holz, aus dem man Lakritzen macht. Giftig iſt der Goldregen oder Bohnen— baum. Hülſe einer Erbſe. (3 nat. Größe.) —1 ID Familien der Blütenpflanzen. 26. Rebengewächie. An dem Giebel unferes Hauſes, der nach Südoſten ge— richtet iſt, befindet ſich ein Gerüſt von Holzleiſten, das „Spalier“ genannt wird. An ihm erhebt ſich ein edler Weinſtock. Seine Reben breiten ſich aus über die ganze Wand, ſeine ſchön ge— formten Blätter richten ihre großen Blattflächen der Morgen— ſonne entgegen, und dazwiſchen ſummen Bienen um die zahl— reichen Blütenſträuße. Wie iſt es dem Weinſtock möglich, ſich an den Leiſten zu halten? Er hat Ranken. Das ſind faden— förmige Zweige, mit denen er ſich an fremde Gegenſtände an— klammert. Strecke deinen Arm aus, als wenn du auf jemand zeigen willſt, und nun laß die Spitze deines Zeigefingers, indem du deinen Arm drehſt, langſam einen Kreis beſchreiben. Eine ſolche Bewegung macht die Weinranke fortwährend, bei kühlem Wetter langſamer, bei warmer Witterung ſchneller. Berührt ſie dabei einen Gegenſtand, etwa eine Leiſte vom Spalier oder den Zweig eines Baumes, ſo wickelt ſie ſich um denſelben herum und hält feſt, und da ſie mit der Zeit verholzt, ſo klammert ſich der Weinſtock mit dieſen tauſend Händen an, als ob er mit Draht angebunden wäre. Die Blüten des Weinſtocks ſtehen in aufrechten Sträußen, die erſt ſpäter durch das Gewicht der Trauben heruntergezogen werden und dann die hängende Stellung einnehmen. Die einzelne Blüte iſt klein und unſcheinbar. Sie hat einen napfartigen, fünfzipfligen Kelch und fünf Blumenblätter, die unten getrennt, aber oben zuſammengewachſen ſind und ſo eine Kappe bilden, welche Staubblätter und Griffel ſchützt. Ihre Torflandſchaft. J. Heidelbeere. II. Gemeine Heide. III. Sumpfheide. IV. Wollgras. V. Moosbeere. Rebengewächſe. 73 N Weinrebe. / 7 (Weit unter nat. Größe.) Farbe iſt grün; ſie zieht nicht die Blicke der Inſekten auf ſich. Wenn die Staubblätter größer werden und ſich ſtrecken, ſo fällt die Kappe ab. Die Inſekten werden dann angelockt durch den köſtlichen Duft und finden Labung in den fünf gelben Honig— drüſen am Grunde des flaſchenförmigen Griffels. Die Früchte des Weinſtocks ſind Beeren, die grün, gelb, rot oder blau gefärbt ſein können. In jeder Weinbeere ſitzen 1 bis 4 Samen. Ihre Verbreitung geſchieht durch Vögel, gerade wie bei der Erdbeere. Man genießt die Weintrauben in friſchem 74 Familien der Blütenpflanzen. Zuſtande und getrocknet als Roſinen und Korinthen. Die letzteren ſind ſehr klein und haben keine Kerne. Sie werden in Griechenland angebaut. Die Mutter verwendet Roſinen und Korinthen in der Küche, auch der Bäcker braucht ſie, wenn er Kuchen backt. Aus den Trauben preßt man den Saft. Wenn er noch friſch iſt, heißt er Moſt, und aus dieſem entſteht der Wein. Für Kinder iſt das Weintrinken ſehr ſchädlich. 27. Heidekraufgewächle. Wir ſind hinausgewandert in die blühende Heide mit den dunklen Tannen, den weißſtämmigen Birken und den roten Vogelbeeren. In ſchimmernder Pracht liegt ſie vor uns, um— gibt uns mit zartem Roſa und ſtrahlt in leuchtendem Rot. Ein bläulicher Schimmer legt ſich über ſie und wird weiterhin zum dunklen Violett, bis alles verſchwindet in unabſehbarer Ferne. Man darf ſich die Heide nicht vorſtellen als eine wüſte Landſchaft, ſondern man findet in ihr angebautes Land: Acker mit Roggen und Hafer, Buchweizen, Rüben und Kartoffeln, daneben auch kleine Waldungen, aber die weiteſten Strecken ſind doch bedeckt mit dem Heidekraut. Der Heidebauer verwendet die Pflanze auf mancherlei Weiſe. Er mäht ſie ab und deckt mit ihr ſein Häuschen und ſeine Stallungen. Er gibt ſie dem Vieh als Streu und heizt mit ihr ſeinen Ofen. Im Herbſt ſteckt er ſie bei trockenem Wetter in Brand, damit die Aſche dem Boden Dünger gibt. Dann pflügt er das Land um und ſät Buchweizen. Die Regierung hat verboten, die Heide im Frühjahr und Sommer abzubrennen, Heidekrautgewächſe. 75 weil durch das Feuer zu dieſer Jahreszeit ſo vielen jungen Vögeln und anderem nützlichen Getier ein grau— ſamer Tod bereitet würde. Die größte Bedeutung hat aber die Heidepflanze für die Bienenzucht, denn ſie liefert einen vorzüglichen Honig und gewährt ſomit dem Bienenvater einen guten Erwerb. Wir pflücken uns einen Zweig des Heide— krautes ab und merken da— bei, daß wir für die Pflanze fortwährend einen verkehr— ten Namen gebrauchen. Die Stengel ſind ja holzige Stämmchen, und man müßte von Rechts wegen Heideſtrauch ſagen, ſtatt Heidekraut. Die Blätter ſind winzig klein und an den Rändern zurückgerollt. Die Pflanze behält ſie auch während des Winters, und wir erinnern uns an das Kapitel von den immer— grünen Pflanzen im erſten Abſchnitt dieſes Büchleins. N m - 2 — e — 19% ar * 24 < ua} NN = | Gemeine Heide. (Etwas unter nat. Größe.) Sumpfheide. Familien der Blütenpflanzen. (Etwas über nat. Größe.) Betrachten wir die Blüte, ſo finden wir, daß ſie nur ſehr klein iſt, aber die bunte Färbung des Kelches und die Menge der Blüten gleichen dieſen Nachteil wieder aus. Etwas weiter— hin auf dem Moor⸗ boden finden wir die Sumpf- oder Glocken⸗ heide mit ihren wun⸗ derhübſchen Blumen. Dieſe Blüten ſind be- deutend größer als die des gemeinen Heide— krautes. Sehen wir uns die Blüten⸗ hülle an, ſo finden wir einen merkbaren Unterſchied zwiſchen ihr und allen Blüten der bisher beſproche— nen Familien. Wäh⸗ rend nämlich bei den Hahnenfußgewächſen und allen nachfolgen— den die Blumenkrone aus einzelnen vonein— ander getrennten Blät— Heidekrautgewächſe. 77 tern beſteht, ſind dieſe bei den Heidekrautgewächſen und den nun folgend en Pflanzenfamilien miteinander verwachſen. Die Blumenkrone iſt alſo mehr oder weniger röhren- oder glockenförmig. Das iſt das Kennzeichen der 2. Gruppe der Blattkeimer. Zu den Heidekrautgewächſen gehören auch zwei Giftpflanzen, nämlich die An⸗ dromeda oder Rosmarinheide und der Sumpf— porſt, der auch wilder Ros— marin genannt wird. Zweige uund Blätter die⸗ ſer Pflanze ent— halten viel Gerbſtoff. Der Saft wirkt narkotiſch oder betäubend und wurde früher dem Biere zugeſetzt, um die berauſchende | fi Wirkung desſelben zu erhöhen. — ö | Auch die Alpenroſen find heide- iM ähnliche Gewächſe. Es ſind teil- 1 weiſe hohe Sträucher mit ſchön 14 gefärbten Blüten, und deshalb 5 werden ſie in Gärten und An— lagen zur Zierde angepflanzt, während die ebenfalls hierher | gehörigen Azaleen als Topfzier— | pflanzen dienen. Heidelbeere. (Etwas unter nat. Größe.) Sehr nahe Verwandte der 78 Familien der Blütenpflanzen. Heidekrautgewächſe ſind die Heidelbeergewächſe, alſo Heidelbeeren zum Beiſpiel und die Preißelbeeren, welche den Kindern zum Nachtiſch ſo gut ſchmecken. Die ſchwarzen, bläulich angelaufenen Heidelbeeren oder Bickbeeren ißt man friſch vom Strauch oder mit Milch und Zucker. Man macht Kompotts und kocht Suppe von ihnen, ganz beſonders gut ſchmecken auch die Bickbeer— pfannkuchen. Getrocknete Heidelbeeren ſind ein vorzügliches Mittel gegen Durchfall. Hauptſächlich dienen ſie aber zum Färben des Rotweines. Die Preißel- oder Kronsbeeren find rot. Wegen ihres angenehmen, ſäuerlichen Geſchmackes werden ſie als Zuſatz zu allerlei Backwerk benutzt und auf verſchiedene Weiſe ein— gemacht, als Erfriſchungsmittel den Fleiſchſpeiſen beigegeben. In Deutſchland wachſen vier Arten der Heidelbeergewächſe. Es ſind niedrige Sträucher, von denen drei Arten, nämlich die gemeine Heidelbeere, die Moraſtheidelbeere und die Preißelbeere aufrecht ſtehende Stengel haben, während die Stengel und Aſte der Moosbeere weithin kriechend den Boden der Torfſümpfe und Moorgründe überziehen. Gleich den Preißelbeeren find auch die Früchte der Moosbeere rot, und beide Pflanzen haben auch immergrüne Blätter. Die Blütenhülle der Moosbeere iſt rad— förmig, die der Preißelbeere glockig. Bei der gemeinen Heidel— beere und der Moraſtheidelbeere finden wir eiförmige oder kugelige Blütenhüllen und ſchwarze Beeren. Die erſte Pflanze wächſt am liebſten in lichten Wäldern, die zweite iſt eine Torf— pflanze. Sie ſind leicht zu unterſcheiden, denn die Moraſtheidel⸗ beere hat ſtielrunde Zweige, während ihre Schweſter ſcharfkantige Stengel und Zweige hat. Nachtſchattengewächſe. 79 Moosbeere. (Etwas über nat. Größe.) 28. Tlachfichaffengewächie. Von allen Schätzen, welche die Spanier aus der Neuen Welt mitbrachten, war das Wertvollſte ein unſcheinbares Ge— wächs, ein Kraut, das ſich alle Länder Europas und überhaupt den größten Teil der Welt erobert hat. Von Spanien kam die Pflanze nach Italien und die Italiener nannten ihre eßbaren Knollen „Tartuffoli“, und daraus entſtand bei uns das Wort „Kartoffel“. Schon im erſten Abſchnitt dieſes Büchleins haben wir durch die kleine Erzählung von der Hausfrau erfahren, daß die Kar— toffelknolle eine Speiſekammer iſt, in der die Pflanze 80 Familien der Blütenpflanzen. Nahrung aufſpeichert für das kommende Frühjahr. Die Knollen ſind nicht die Früchte der Pflanze, ſondern ſie treiben Knoſpen, aus denen Stengel werden. Folglich ſind ſie ſelbſt unterirdiſche Stengel, wie die Wurzelſtöcke der Möhren und Rüben und wie die Zwiebeln, und wie dieſe werden ſie von den Menſchen gegeſſen. Der kantige Stengel der Kartoffelpflanze trägt große, un— paarig gefiederte Blätter und Blütenſträuße. Die einzelne Blüte iſt vollſtändig. Sie hat einen fünfzipfligen Kelch von grüner Farbe, ein radförmiges, ebenfalls fünfzipfliges Blütenblatt, das weiß oder lila gefärbt iſt, ferner fünf Staubblätter mit leuchtend— gelben Staubbeuteln, die, zu einer kegelförmigen Röhre vereinigt, den Griffel umgeben, deſſen Narbe ſie überragen. Trotz ihrer auffälligen Erſcheinung werden die Kartoffelblüten nur ſelten von Inſekten beſucht, denn ſie haben ihnen nicht viel zu bieten. Honig iſt überhaupt nicht und Blütenſtaub nur in ganz geringer Menge vorhanden, da die Blüten aber nickend hängen, ſo fällt der reife Blütenſtaub auf die Narbe. Die Kartoffelblüte beſtäubt ſich alſo ſelbſt. Die Frucht iſt eine Beere, die wegen ihrer Form auch „Kartoffelapfel“ genannt wird. Während die Kartoffelknollen für Menſchen und Vieh ge— nießbar ſind, enthalten die grünen Teile der Pflanze einen ſchäd— lichen Giftſtoff, der ſich namentlich in den Beeren findet. Wir wiſſen bereits, daß derſelbe ein Abſchreckungs- und Schutz— mittel gegen pflanzenfreſſende Tiere iſt. Die Familie, zu welcher die Kartoffel gehört, heißt wegen des düſteren Ausſehens ihrer Angehörigen „Nachtſchattengewächſe“ und beſteht aus lauter Giftpflanzen. Zwar ſind dieſelben, wie wir ja eben geſehen haben, nicht in allen ihren Teilen giftig, aber einen ſchädlichen Stoff enthalten ſie doch ſämtlich in einigen Teilen, und der Genuß desſelben erregt Kopfſchmerz, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Giftpflanzen. 1. Bilſenkraut. 2. Tolltirſche, a) Beere, d) Zweig. 3. Herbſtzeitloſe. 4. Tabat. 5. Bitterſüß. 6. Stechapfel. 7. Schwarzer Nachtſchatten. 82 Familien der Blütenpflanzen. Krämpfe und dergleichen ſchlimme Zuſtände und kann den Tod herbeiführen. Gleich der Kartoffel ſtammt aus Amerika die Tomate, eine Pflanze, welche ihr ganz außerordentlich ähnlich iſt. Die großen roten Beeren derſelben nennt man Liebesäpfel. Man ißt ſie und verwendet ſie namentlich zur Herſtellung von Saucen. Auch die Früchte des ſogenannten „Spaniſchen Pfeffers“ benützt man als Gewürz. Auf Schutthaufen und an Wegen wächſt eine ſehr ſchlimme Giftpflanze, deren Blüten ausſehen wie kleine Kartoffelblüten, und die pechſchwarze Beeren trägt. Es iſt der „Schwarze Nachtſchatten“. Nicht ſo ſchlimm iſt der „Bitterſüße Nachtſchatten“ mit dunkelvioletter Blütenhülle und roten Beeren, der in Hecken, an Waſſergräben und an Flußufern wächſt. In lichten Wäldern findet man einen ſtrauchartigen Nacht— ſchatten mit bräunlichen Glockenblüten und ſchwarzen, kirſchen— ähnlichen Beeren. Es iſt die ſo berüchtigte Tollkirſche. Trotz ihrer Giftigkeit gewährt ſie uns aber doch einen bedeutenden Nutzen, denn ihr Saft iſt ein unentbehrliches Mittel in der Augenheilkunde. Manche Nachtſchattengewächſe haben ſtatt der Beeren Frucht— kapſeln. Hierher gehören zwei ganz ſchlimme Giftpflanzen, die wir in unſerer Heimat meiſtens auf Schutthaufen und an Wegen finden: das Bilſenkraut und der Stechapfel. Wie beim Schwarzen Nachtſchatten erregt ſchon der Geruch des friſchen Krautes Kopfſchmerzen und Schwindelanfälle. Eines der wichtigſten Nachtſchattengewächſe iſt noch der Tabak. Der in ihm enthaltene Giftſaft heißt Nikotin. Bei übermäßigem Rauchen zeigt er alsbald ſeine ſchlimme Wirkung. Für Kinder iſt der Genuß des Tabaks unter allen Umſtänden ſehr ſchädlich. Giftpflanzen. 83 29. Giftpflanzen. Wiederholt haben wir nun ſchon von Giftpflanzen geſprochen; darum wollen wir jetzt erſt einmal fragen: Was iſt eigentlich Gift? — Unter „Gifte“ verſteht man ſolche Stoffe, deren Ein— führung in den Körper Krankheitserſcheinungen zur Folge hat und ſogar den Tod herbeiführen kann. Sie können aus allen drei Naturreichen herſtammen, alſo tieriſchen Urſprung haben, aus den Pflanzen kommen, dem Mineralreiche entnommen ſein und in feſtem, tropfbar flüſſigem und luftförmigem Zuſtande auftreten. In den Körper gelangen ſie durch Einatmung, durch Einſaugen mittels der Haut, bei Verwundungen und mit Speiſen und Getränken. Einige wirken ätzend und rufen Entzündungen hervor, andere üben auf die Nerven eine betäubende oder nar— kotiſche Wirkung aus, manche haben beide Eigenſchaften mit— einander verbunden, und noch andere erzeugen eine fäulnis— ähnliche Zerſetzung des Blutes. Auch der Grad oder die Heftig— keit der Wirkung iſt bei den Giften überhaupt und auch bei einem und demſelben Giftſtoffe verſchieden. Ein Gift, das bei einem Tiere unfehlbar den Tod verurſacht, ruft bei einem andern kaum eine leichte Unpäßlichkeit hervor. Manchmal ſpielen äußere Einflüſſe, wie z. B. die Lufttemperatur bei Schlangenbiß, eine bedeutende Rolle, und man kann ſich auch allmählich an den Genuß von Giften gewöhnen. Außerdem dienen manche und gerade die ſchädlichſten Gifte, wenn ſie in kleinen Mengen an— gewandt werden, als wichtige Heilmittel; denken wir z. B. an das Atropin aus der Tollkirſche, an die Blauſäure, an Strychnin und Morphium. Sehr viele Gifte entſtammen dem Pflanzenreiche. Ihre Brüning, Pflanzenreich. 6* 84 Familien der Blütenpflanzen. Wirkung iſt entweder ätzend oder narkotiſch, oder ſie rufen Durchfall hervor. Zu den erſteren gehören die Giftſtoffe vieler Hahnenfuß- und Wolfsmilchgewächſe. Narkotiſch wirken Opium, Schierlingsgift und die Säfte der Nachtſchattengewächſe. Beide Eigenſchaften vereinigen Tabak und Stechapfel, der rote Finger— hut, der Sturmhut, die meiſten giftigen Pilze und andere. Be— kannt iſt die Wirkung von Rizinus und Kroton. Eine ganze Reihe ausländiſcher Pflanzen liefert Pfeilgifte. Von den in Deutſchland wildwachſenden Pflanzen und den in Gärten und Treibhäuſern gezogenen ſind als giftig bekannt die zu den Hahnenfußgewächſen gehörenden Pflanzen: die Wald— rebe, die verſchiedenen Arten des Windröschens mit ihren nächſten Verwandten, die Küchenſchelle, Adonisröschen, Scharbockskraut, der ſcharfe Hahnenfuß und der brennendſcharfe, wie der große Hahnenfuß, der Gifthahnenfuß und faſt alle übrigen echten Hahnenfußgewächſe, ferner die Sumpfdotterblume, die grüne und die ſchwarze Nieswurz oder Weihnachtsroſe, die Acklei und die Ritterſpornarten, namentlich der ſüdeuropäiſche ſcharfe Ritter— ſporn, aus dem man Salbe zum Töten des Kopfungeziefers macht, dann der gelbe und der blaue Sturmhut. Unter den Mohngewächſen ſind die ſchlimmſten: der Klatſchmohn oder die Klatſchroſe, die mit ihren feuerroten Blumen im Kornfelde ſo prächtig ausſieht, der Schlafmohn und das überall an Hecken wachſende Schöllkraut, deſſen gelber Saft gebraucht wird, um die häßlichen Warzen hinwegzuätzen. Weit harmloſer ſind die Veilchenarten, während die Schirmblütler wieder einige ſehr ſchlimme Giftpflanzen aufzuweiſen haben, nämlich: Waſſernabel, Meiſterwurz und Waſſerſchierling, Waſſerfenchel und Gartengleiße oder Hundspeterſilie, den gefleckten Schierling und den betäubenden Kälberkropf und andere ſchwächere Giftpflanzen, die etwa dem Efeu gleichſtehen. Selbſt unter den roſenblütigen Pflanzen gibt Giftpflanzen. 85 es giftige, denn die Mandeln enthalten Blauſäure, ebenſo wie Traubenkirſchen und Kirſchlorbeer. Sehr übel berüchtigt iſt der zu einer andern Familie gehörende, aus Nordamerika ſtammende Giftſumach, den wir bei uns in öffentlichen Anlagen zur Zierde angepflanzt finden. Unter den Schmetterlingsblütlern nennen wir den Goldregen, die Robinie und den Blaſenſtrauch und die entfernt verwandte ſüdamerikaniſche Erdeichel. Schwach giftig ſind auch der gemeine Kreuzdorn und ſein Bruder, der Faulbaum. Berüchtigt ſind die Wolfsmilchgewächſe, zu denen unter anderen der Buchsbaum, die Rizinuspflanze und der Purgierkroton ge— hören. Schwach giftig iſt auch der Sauerklee, aus deſſen Blättern das Kleeſalz gewonnen wird, das zur Entfernung von Tinten— flecken dient und auch als Heilmittel verwandt wird, in größeren Mengen genoſſen aber als tödliches Gift wirkt. Die Milzkräuter, die zu den Nelken gehörende Kornrade, auch Kaffee und Tee ſind Giftpflanzen, ebenſo wie die Schneeballſträucher und die Geißblattgewächſe. Dem Kaffee ſehr nahe verwandt iſt die braſilianiſche, ſehr giftige Brechwurzel. Ihr gleich an Wirkung ſind die Verwandten des Oleanders, deſſen Saft Augenentzündungen hervorruft, weshalb man ſich beim Abbrechen der Triebe vor— ſehen muß, daß man mit den Fingern nicht in die Augen kommt. Drei Brüder ſind es, drei böſe Brüder, dieſe Verwandten, die aus Oſtindien, von Java und von den Philippinen ſtammen, nämlich der Krähenaugenbaum, die javaniſche Brechnuß oder der Upasſtrauch und die Ignatie. Aus ihnen bereiten die Ein— geborenen Javas ein furchtbares Pfeilgift, und ihre Samen liefern Strychnin, welches nächſt der Blauſäure das fürchterlichſte und durch Starrkrampf am ſchnellſten tötende Pflanzengift iſt. Giftig iſt auch der bei uns in lichten Wäldern und Gebüſchen wachſende Hundswürger, dann die ſchon mehrfach erwähnten Nachtſchatten— gewächſe und die ihnen naheſtehenden Winden, der rote und 86 Familien der Blütenpflanzen. der gelbe Fingerhut, die Läuſekrautarten und das zu den Schlüſſel— blumen oder Primeln gehörende Alpenveilchen. Von den Heide— gewächſen nennen wir die Andromeda und den Sumpfporſt, von den Korbblütlern vor allen Dingen die beiden Brüder des Garten— ſalates, den wilden Lattich und den Giftlattich. Sehr giftig iſt der ſchöne Seidelbaſt, ſchwach nur Hanf und Hopfen, ferner die Haſelwurz und die Narziſſen. Unter den Liliengewächſen ſind die ſchlimmſten: die Herbſtzeitloſe, die Germerarten, die vier— blättrige Einbeere und die Kaiſerkrone. Giftpflanzen ſind ferner: der gefleckte Aron und der Froſchlöffel, unter den Süßgräſern der Taumellolch, unter den Nadelhölzern die Eibe und der Sadebaum. Dann folgen die Pilze, auf die wir ſpäter zurück— kommen werden. Pflanzengifte gelangen bei uns meiſtens zwiſchen den Speiſen und Getränken in den Körper, alſo zunächſt in den Magen. Sobald nun Vergiftungserſcheinungen auftreten, iſt es die erſte und wichtigſte Aufgabe, das Gift möglichſt ſchnell aus dem Körper zu entfernen. Man reiche dem Kranken größere Mengen von lauem Waſſer oder lauwarmer Milch und ſuche durch Kitzeln des Rachens Erbrechen zu erregen. Gelingt dies nicht, ſo wird der Arzt Brechmittel verordnen und im Notfalle den Magen auspumpen. Iſt die Vergiftung eine narkotiſche, ſo empfiehlt es ſich, dem Patienten ſchwarzen Kaffee oder ſchwarzen Tee zu reichen, ihm das Geſicht mit Waſſer zu beſpritzen und Eisumſchläge um den Kopf zu machen. In ſchweren Fällen muß man den Kranken zum Gehen anhalten und künſtliche Atembewegungen anſtellen, auch bei Ermattung Wein und andere Reizmittel anwenden. Korbblütler. 87 30. Korbblütler. Die größte von allen Blumen, die im Garten wachſen, iſt die Sonnenblume. Ihr Stengel wird über mannshoch, und ihre Blattflächen ſind größer als eine Manneshand. Die mächtige Blüte gleicht einer ſtrahlenden Sonne. Betrachten wir ſie genauer, ſo finden wir, daß es nicht eine einzelne Blüte iſt, ſondern eine Gemeinſchaft unendlich vieler winzig kleiner röhrenförmiger, gelb— lichbrauner Blütchen, die dichtgedrängt zu einem ſcheibenförmigen Blütenſtande vereinigt ſind. Man nennt ſie darum Scheiben— blüten. Rundherum am Rande der Scheibe ſitzt ein einfacher Kranz von großen, goldgelben Gebilden, die man auf den erſten Blick für Blütenblätter halten könnte. Es ſind aber keine Blätter, ſondern blattförmige Blüten, die am Anfange aus einer kleinen Röhre beſtehen, dann aber nach einer Seite hin band- oder zungenförmig ausgezogen ſind. Nach ihrer Form heißen ſie Zungenblüten. Man nennt ſie auch Randblüten oder, weil man ſie mit den Strahlen der Sonne vergleichen kann, Strahlenblüten. Staub- und Fruchtblätter ſucht man in den Strahlenblüten vergeblich. Sie ſind alſo unfruchtbar und haben nur den Zweck, die Inſekten auf den Blütenſtand auf— merkſam zu machen. Die Scheibenblüten, die nach ihrer Form auch Röhrenblüten heißen, ſitzen am Grunde eines kleinen, dreizackigen Blattes, welches man, da es ſich bei der Fruchtreife ſpreuartig trocken anfühlt, das Spreublättchen nennt. Die Scheibenblüten ſind vollſtändig. Der Kelch beſteht aus zwei Blättchen, die auf dem Fruchtknoten ſitzen. Die Blumenkrone iſt eine Röhre. In ihr ſitzen fünf Staubblätter, deren Staubbeutel ebenfalls zu einer Röhre zuſammengewachſen ſind und den langen 88 Familien der Blütenpflanzen. Griffel umſchließen. Dieſer ragt über ſie hinaus und endigt in zwei Narben. Daraus können wir entnehmen, daß auch zwei Fruchtblätter vorhanden ſind. Dieſelben ſchließen einen großen, glatten Samen ein. Wegen ihrer Schwere hängt die Blüte nickend. Schüttelt der Wind ſie, ſo werden die Samen weit umher geſtreut. Sind ſie ausgefallen, ſo ſieht man, daß ſie in einem polſterartigen Fruchtboden geſeſſen haben. Dieſer nebſt ſämtlichen Blüten wird umſchloſſen von einem großen gemein— ſchaftlichen Hüllkelche, deſſen Blätter dachziegelartig über— einander ſitzen. Das Ganze hat Ahnlichkeit mit dem Korbe einer Blumenverkäuferin, mit dem ſie herumgeht und ihre Roſen und Blumenſträußchen feilbietet. Darum nennt man die Sonnen— blume einen Korbblütler. Der Bau der Blüten aller Pflanzen, die zu dieſer Familie gehören, iſt weſentlich derſelbe. Vielen fehlen die Spreublättchen, bei manchen iſt der Kelch der Einzel— blüte nur wenig entwickelt oder in eine Haarkrone umgewandelt. Bei der blauen Kornblume find die Randblumen tütenförmig. Die Korbblütler bilden eine ſehr große Pflanzenfamilie. Neben der Sonnenblume wachſen in unſeren Gärten Georgine, Aſter und Tauſendſchön. Auf Lehmboden entfaltet im erſten Frühjahr der Huflattich ſeine goldigen Blüten, und die Klette breitet ihre rieſenhaften Blätter aus. Auf den Wieſen prangt der Löwenzahn (ſiehe Seite 38 „Wanderburſchen“), und auf dem Acker macht die Diſtel dem Landmann Verdruß. Läſtige, aber hübſche Unkräuter ſind die blaue Kornblume, die gelbe Saatwucherblume, die weiße Wucherblume und die Hundskamille. In der Apotheke verwendet man die echte Kamille und den Rainfarn, dem die Strahlenblüten fehlen. Dieſe letzte Pflanze hat den Namen nach ihren farnartigen Blättern und weil ſie am Feldrain wählt. Man bereitet aus ihr Arznei— mittel gegen Eingeweidewürmer. Sehr wichtig ſind für die infarn. 3. Rai Korbblütler. 2. Blaue Kornblume. 1. Sonnenblume 90 | Familien der Blütenpflanzen. Medizin die Ruhrkräuter, zu denen auch das Edelweiß gehört, und der Berg-Wohlverleih, aus dem Wundbalſam gemacht wird. Schließlich erwähnen wir noch als wichtige Küchen— pflanze den Kopfſalat. Zu den Odpflanzen unter den Korb— blütlern gehört der Beifuß. 51. Lippen- und Rachenblüfler. Die Blüte der Pflanzen, die man zu den Lippenblütlern rechnet, ähnelt einem offenen Munde mit vorgeſtreckter Ober— und Unterlippe. Die letztere iſt in der Regel ziemlich groß und hat gewöhnlich mehrere Lappen, damit ſie den Inſekten einen bequemen Anflug und Sitz bieten kann, wenn ſie kommen, um ſich an dem ſüßen Safte zu laben. Die Staubblätter — es ſind zwei lange und zwei kürzere — werden meiſtens von der Ober— lippe, wie von einem Regendach geſchützt, damit der Pollen ſich trocken hält, und den Rücken des Beſuchers bepudern kann. Die Frucht beſteht aus vier Nüßchen im Grunde des fünfzipfligen Kelches. Eines der bekannteſten Kräuter, das hierher gehört und welches jedes Kind kennt, iſt die weiße Taubneſſel oder der weiße Bienenſaug. Seine großen Blüten ſind wie bei allen Lippenblütlern vollſtändig und ſtehen in Quirlen und in den Blattachſeln rund um den Stengel herum, der hohl und vier— kantig iſt, wie bei den meiſten Pflanzen dieſer Familie. Weithin leuchtet das große milchweiße Blütenblatt und lockt die Inſekten an. Hummeln ſind die Gäſte. Sie ſetzen ſich auf die große Unterlippe und kriechen in die Blütenröhre hinein. Dabei fährt ihnen der Griffel über den Rücken und nimmt ihnen den Lippen- und Rachenblütler. 91 Blütenſtaub ab, den ſie mitbringen, und die vier Staubbeutel geben ihnen neuen Pollen mit auf die Reiſe. Zu dem Honig— ſaft können nur diejenigen Inſekten gelangen, deren Saugrüſſel die nötige Länge hat. Andere, z. B. die Honigbiene, können ihn nicht erreichen und beißen darum ein Loch in das Blütenblatt, Lippenblüte des Feldthymians Vier Nüßchen im Grunde des oder Feldquendels. Kelches bei den Lippenblütlern. (Weit über nat. Größe.) (Weit über nat. Größe.) durch welches ſie dann den Rüſſel einführen. Sie gehören alſo für die weiße Taubneſſel mit zur „faulen Kundſchaft“. Viele bekannte Pflanzen gehören zu den Lippenblütlern. Außer den Taubneſſelarten nennen wir die Goldneſſel, ferner die verſchiedenen Arten der Minze, von denen die Krauſeminze und die Pfefferminze den Kindern wenigſtens dem Namen nach bekannt ſein werden; zumal der letztere hat in ihren Ohren einen guten Klang. Das kalte Gefühl in dem Munde, das ſich be— merkbar macht, wenn man Pfefferminzplätzchen gegeſſen hat und dann mit geöffnetem Munde die Luft einzieht, rührt davon her, daß das ätheriſche Pfefferminzöl ſo ſchnell verdunſtet. Dieſes Ol iſt auch ein gutes Magenheilmittel. Ferner nennen wir 92 Familien der Blütenpflanzen. als Angehörige dieſer Familie noch Gundelrebe und Günſel, Zieſt und Hohlzahn, ſodann als richtige Gartenpflanzen Lavendel und Majoran, ſowie Thymian. Der Feldthymian oder Quendel iſt eine Odpflanze. Ebenfalls wichtig ſind Salbei und Rosmarin. Bei den Rachenblütlern iſt der Bau der Blüte ganz ähnlich wie bei den vorigen, nur ſind niemals vier Nüßchen im Kelche, ſondern die Frucht iſt eine vielſamige zweifächerige Kapſel. Hierher gehört das Leinkraut oder der Frauenflachs; die Kinder nennen die Pflanze auch gelbes Löwenmaul. Mehr radförmige Blüten haben die Wollkrautarten, zu denen die präch— tige Königskerze gehört, und die Ehrenpreisarten, bei denen man ſtatt der vier, nur zwei Staubblätter findet. Zweilippig ſind die Blütenblätter aber wieder bein Läuſekraut und beim Hahnen— kamm oder Klappertopf. Dieſer, ein läſtiges Unkraut auf Ackern, iſt ein Halbſchmarotzer, der ſich alſo nur zum Teil aus dem Erdboden nährt, ſonſt aber die Wurzeln anderer Pflanzen um— klammert und ihnen die Nahrung entzieht. Zu dieſem Zwecke hat er an ſeinen Wurzeln Saugwarzen, die er an die Wurzeln der Nachbargewächſe anlegt. So ein Halbſchmarotzer iſt auch der Augentroſt. Die unterirdiſch lebende Schuppenwurz aber iſt ein richtiger und vollſtändiger Schmarotzer, der auf den Wurzeln der Laubhölzer ſitzt. Nebenbei gehört ſie auch noch zu den fleiſchfreſſenden Pflanzen. Während unter den Lippenblütlern die Giftpflanzen gänzlich fehlen, haben die Rachenblütler mehrere aufzuweiſen, wie z. B. die Läuſekrautarten. Der rote Fingerhut iſt jedoch der ſchlimmſte unter den giftigen Gewächſen dieſer Familie. ah un Weidengewächſe. 93 e 32. Weidengewächſe. RR Draußen am Bache wächſt ein Weidenbaum. Es iſt eine Salweide, die man auch Palmweide nennt, weil ihre Zweige getragen werden zum An— denken an die Palm— zweige, die man hinſtreute beim Einzuge Jeſu in es ruſalem. Noch ehe ſich aus den Knoſpen Blätter entwickeln, blüht unſer Weidenbaum ſchon. Seine Blütenknoſpen haben, bevor ſie aufbrechen, ein ſilberglänzendes Haar— kleid, welches ſie ſchützt gegen Austrocknung durch den ſcharfen Märzwind. Sie fühlen ſich dann ganz ſeiden— weich an wie ein kleines Miezkätzchen, und man nennt ſie daher auch Kätzchen. Die Silberhaare ſitzen an der Spitze von Blattſchup— 2 : : Zweig einer männlichen und einer 5 pen. Unter jeder dieſer weiblichen Salweide mit Blüten. iR Schuppen ſitzt eine Blüte. (Nat. Größe.) 94 Familien der Blütenpflanzen. Dieſelbe iſt unvollſtändig, denn ſie beſteht nur aus zwei Staub— blättern mit großen, goldgelben Staubbeuteln und aus einer ſtäbchenförmigen Honigdrüſe. Andere Blüten findet man auf dieſem Baume nicht. Er hat nur Staubkätzchen. Auf einem anderen Weidenbaume finden wir keine von den weithin leuchtenden goldgelben Staubkätzchen. Er trägt nur die unſcheinbaren Stempelkätzchen. Dieſelben ſind ganz ähnlich gebaut wie die Staubkätzchen. Die einzelne Blüte hat außer der Honigdrüſe einen Stempel, der aus einem flaſchenförmigen Frucht— knoten und einer gelben Narbe beſteht. Die Befruchtung be— ſorgen die Bienen, die von einem Baume zum andern fliegen. Der Weidenbaum mit den Staublkätzchen iſt der Mann, der mit den Stempelkätzchen iſt die Frau. Da nun niemals beide Kätzchenarten auf einem und demſelben Baume wachſen, ſondern immer auf verſchiedenen Bäumen, ſo ſagt man, die Weiden find „zweihäuſige“ Pflanzen. Mann und Frau: wohnen in zwei verſchiedenen Häuſern. Es gibt viele verſchiedene Weidenarten, die entweder Bäume oder Büſche ſind. Bei einigen von ihnen brechen die Blüten erſt auf, wenn die Blätter ſich ſchon entfaltet haben. Das Holz der Weiden iſt weich und nicht viel wert. Den größten Nutzen bringen die Korbweiden, aus deren langen, biegſamen Zweigen Körbe und anderes Flechtwerk gemacht werden. Man pflanzt die Weiden an Flußufern, indem man Zweige abſchneidet und ſie einfach in die Erde ſteckt. Dieſe Stecklinge ſchlagen ſehr ſchnell Wurzeln, und das Wurzelwerk durchzieht weithin die Ufererde und verhindert, daß die Strömung ſie fortſchwemmt. Häufig ſieht man am Waſſer die Kopfweiden, niedrige, dicke Bäume, die keine Aſte haben, ſondern ein dichtes Büſchel von vielen Zweigen, die alle aus dem oberen Ende des Stammes entſpringen. Das iſt nicht die natürliche Form des Baumes, ſondern man Weidengewächſe. 95 hat den jungen Stamm „geköpft“ oder abgeſtutzt und ihm alle Seitenzweige genommen. Dann bildet ſich an dem abgeſtutzten Ende die beſenförmige Krone. Von Zeit zu Zeit ſchneidet man die Zweige alle ab, um ſie zu Geflechten zu verwenden, und es wachſen nun neue hervor. Dadurch wird das obere Ende des Zweig der Salweide mit Blättern. (Nat. Größe.) Stammes immer dicker und bekommt ein wunderliches kopfförmiges Ausſehen. Durch die Schnittſtellen dringt das Regenwaſſer in den Stamm ein und mit ihm kleine Pilze, die das Holz zer— ſtören und den Baum hohl machen. Verwandte der Weiden ſind die Pappeln. Sie werden aber nicht durch Inſekten beſtäubt, ſondern ſind windblütige Pflanzen. Das Laub der Zitterpappel oder der Eſpe hat außer— 96 Familien der Blütenpflanzen. Korbweide. (Nat. Größe.) ordentlich lange und dünne Blattſtiele, darum gerät es ſchon bei dem leiſeſten Lufthauche in zitternde Bewegung, die ſprichwörtlich geworden iſt, denn man ſagt z. B.: „Er zittert wie Eſpenlaub“. Die Weidengewächſe ſind blumenblattloſe Pflanzen und bilden zuſammen mit den nächſten Familien die dritte Gruppe der Blattkeimer. . Becherfrüchtler. 97 33. Becherfrüchfler. Weiden und Pappeln ſind nicht die einzigen Pflanzen, die Kätzchen tragen. Auch die Blüten der Erlen und der Birken werden ſo genannt. Dann lernten wir im erſten Abſchnitt unter den Windblütlern noch einen Kätzchenträger kennen, den Haſelſtrauch. Auch beim Haſelſtrauch ſitzen Staubblätter und Frucht— blätter nicht in einer und derſelben, ſondern in verſchiedenen Blüten. Aber dieſe wachſen auf demſelben Strauche. Darum iſt er nicht wie die Weide zweihäuſig, ſondern einhäuſig. Nur die Staubblüten des Haſelſtrauches haben Kätzchenform. Sie waren ſchon im Herbſt am Strauch und ſchliefen während des Winters. Die erſten warmen Sonnenſtrahlen weckten ſie auf. Sie reckten und ſtreckten ſich, und die gelben Staubbeutel öffneten ſich, als noch jedes Inſekt, das ſonſt die Blumen beſucht, im tiefen Schlafe lag. Aber ein anderer wachte, das war der Wind, und der nahm ſich der Kätzchen an und verbreitete den Staub. Darum brauchten die Blüten auch weder Honig, noch Duft, noch eine bunte Blütenhülle, denn es war ja noch niemand da, der nach ſolchen Dingen ſuchte. Außer den Kätzchen findet man an den Zweigen Knoſpen, unter denen einige viel größer und dicker ſind als die andern. Aus ihrer Spitze ſehen vier purpurrote Fädchen hervor, die dicht mit kleinen Haaren beſetzt ſind. Es ſind die Narben, die zu je zweien auf einem Fruchtknoten ſitzen. Dieſer iſt eingeſchloſſen von einer verkümmerten Blütenhülle. Sonſt finden wir unter den Knoſpenſchuppen noch die gewöhnlichen jungen Blätter. Die Blüten ſitzen alſo an der Spitze eines Zweiges. Später wird Brüning, Pflanzenreich. 7 98 Familien der Blütenpflanzen. die Wand des Fruchtknotens zu einer harten Nußſchale, welche die Frucht, d. h. den Nußkern, einſchließt. Die verkümmerte Blüten- hülle wächſt und bildet einen Becher, in dem die Nuß ſitzt. Der Haſelnußſtrauch iſt ein Becherfrüchtler. Zu der Familie der Becherfrüchtler gehören die bekannteſten Waldbäume. Wir nennen zuerſt die Eiche. Jedes Kind kennt den Fruchtbecher, in dem die Eichel ſitzt, und hat denſelben beim Spielen wohl ſchon als kleine Tabakspfeife benützt. Dann er⸗ wähnen wir die Rotbuche und die Hainbuche und ſchließ— lich noch die echte Kaſtanie, die häufig in unſeren Gärten und Anlagen wächſt, aber deren Früchte bei uns nicht reif werden, weil es hier für ſie zu kalt iſt. Von den Haſelnüſſen, den Eicheln und Bucheln leben viele Tiere. Die Eichhörnchen, Mäuſe und Häher verzehren eine Unmenge davon. Aber ſie verſchleppen auch viele und ver— ſtecken ſie, um einen Vorrat für den Winter zu haben. Dabei machen ſie ihre Sache aber ſo gut, daß ſie die Verſtecke ſehr oft ſelbſt nicht wiederfinden können, und ſo „tragen ſie zur Verbreitung der Bäume bei. Wenn z. B. der Häher mit ſeinem Schnabel ein Loch in die Erde macht und eine Eichel hinein— ſteckt, die er nachher nicht wiederfindet, ſo hat er einen Eich— baum gepflanzt, ohne daß er es wollte, und iſt unfreiwillig zum Gärtner geworden, wie die Eichhörnchen und Mäuſe, denen es ähnlich ergeht. 34. Rnöferichgewächie. Auf ſandigem Heideboden, wo das Korn nicht ordentlich wachſen will, da ſät der Landmann noch den Buchweizen. Ihren Namen hat die Pflanze nach ihren Früchten. Die— Becherfrüchte. 2. Eicheln am Zweig. 1. Haſelnuß am Zweig. 100 Familien der Blütenpflanzen. jelben find ſchwärzlichbraun und haben die dreifantige Form wie die Früchte der Buche. Dabei ſind ſie nahrhaft wie der köſtliche Weizen, und ſo nannte man das Gewächs „Buchweizen“. Auch „Heidekorn“ heißt es, weil es in der Heide wächſt und wie das Korn gebraucht wird, denn man macht aus ſeinem Samen Mehl und Grütze und verwendet denſelben als Nahrung für Menſchen und Vieh. Daß die Pflanze aber kein Korn iſt, ſieht man auf den erſten Blick, denn das Korn gehört zu den Gräſern und hat alſo eine grüne Blüte, der Buchweizen da— gegen hat eine einfache, fünfblättrige, rötliche Blütenhülle, die angenehm duftet und ſehr honigreich iſt. Darum wird das Buchweizenfeld auch von unzähligen Inſekten aufgeſucht, und der Bienenvater ſtellt zur Zeit der Buchweizen— blüte ſeine Immenſchauer in der Nähe desſelben auf. Der Buchweizen hat herzförmige Blät— ter, die an dem roten, knotiggeglieder— ten Stengel ſitzen. Wegen dieſer Knoten im Stengel nennt man die Pflanzenfamilie Knöterichgewächſe. Manche von dieſen ſind dem Kinde bekannt, ſo z. B. der zierliche Vogelknöterich, der am Rande hart— getretener Wege wächſt, und der Waſſer— knöterich, der ſeine roſafarbenen Blüten— ähren über den Waſſerſpiegel des Teiches erhebt. Am Ufer der Gräben und Flüſſe breitet dann der Sumpfampfer ſeine rieſenhaften Blätter aus, und auf der Wieſe Zweig der Buchweizenpflanze e Zan Ban 5 . (% nat. Größe.) Sauerampferund bringt ihn der Mutter Von den Geſpinſtpflanzen. 101 zu einem wohlſchmeckenden Gemüſe. Der größte Knöterich aber wächſt im Garten. Es iſt der Rhabarber, aus deſſen Blattſtielen die Mutter die ſchmackhafte Rhabarbergrütze kocht. Aus einer andern Rha— barberpflanze macht der Apotheker Medizin für den kranken Magen. Mit den Knöterichgewächſen verwandt iſt auch der Pfeffer— ſtrauch. Der ſchwarze Pfeffer ſind ſeine unreifen ge— trockneten Beeren, deren rotes Fleiſch durch das Dörren ſchwarz geworden iſt. Der weiße Pfeffer ſind die reifen Beeren, von denen man das Fleiſch entfernt hat. Der Pfefferſtrauch iſt ein Schlinggewächs, das nur in der heißen Zone vorkommt. 35. Von den Geſpinſtpflanzen. Soweit die Geſchichte des Menſchengeſchlechts zurückreicht, kennt man auch die Kunſt, aus Pflanzenfaſern Gewebe für Kleidung herzuſtellen. Uralt iſt z. B. die Verwendung der Baumwollfaſer. Die Baumwollſtaude iſt eine Pflanze, die zur Familie der Malven gehört, von denen einige wild an Wegen wachſen, andere in unſeren Gärten als ſogenannte Stockroſen vor— kommen. — Wie die Früchte des Löwenzahns, der Diſteln, Weiden, Pappeln und vieler anderer Pflanzen mit Haaren ver— ſehen ſind, um dem Winde zu ihrer Verbreitung eine beſſere Handhabe zu bieten, ſo haben auch die Samen der Baumwolle ein ſtarkes Haarkleid, das von dem Menſchen zur Herſtellung ſeiner Kleidung benützt wird, indem man Kattun, Barchent, Muſſelin und andere Stoffe daraus webt. Auch Watte und Schießbaumwolle ſtellt man aus den Samenhaaren her und ſpinnt außerdem Garn davon. Die von den Haaren befreiten Samen benutzt man zur Ausſaat oder preßt Ol aus ihnen, auch geben ſie ein nahrhaftes Viehfutter. 102 Familien der Blütenpflanzen. Ein anderes Malvengewächs iſt der gewaltige Affen— brotbaum aus Afrika und ein entfernter Verwandter von ihm der Kakaobaum aus Südamerika, deſſen Früchten wir unter anderem die Schokolade verdanken. Während die Baumwolle aus den heißen Ländern ſtammt und nur dort gedeiht, haben wir in unſerer Heimat eine andere Geſpinſtpflanze, die nicht minder wichtig iſt. Es iſt der Lein oder Flachs. Seine platten braunen Samen finden wir zwiſchen dem Singvogelfutter. Sie enthalten das wertvolle fette Leinöl, das zur Herſtellung von Seife, Druckerſchwärze, Olfarben uſw. be— nützt wird. Herrlich ſieht ein blühendes Flachsfeld aus; mit ſeinen himmelblauen Blüten gleicht es einem blauen See. Sobald aber der Flachs verblüht iſt und die Samen reifen, alſo wenn die Stengel anfangen gelb zu werden, rauft man den Flachs aus und kämmt ihn mit eiſernen Kämmen, um die Samenkapſeln zu entfernen. Dann wird der Flachs „geröſtet“, d. h. er wird bündel— weiſe in einen Bach gelegt, oder wo das nicht angeht, auf dem Felde dem Regen und Tau ausgeſetzt, damit die oberen Schichten des Stengels, alſo Rinde und Baſt, verfaulen. Dann wird der Flachs „gedörrt“ und „gebrecht“, d. h. die trocken gewordenen holzigen Teile werden durch Schlagen zerbrochen und endlich mit der Hechel entfernt. Nun bleiben die Flachsfaſern noch, von denen die langen in eine gleichmäßige Lage gebracht und von den kurzen, der Hede oder dem Werg, getrennt werden. Man ſpinnt aus ihnen Garn und webt aus dieſem Leinen. Das feinſte Leinen heißt Batiſt, das ſtärkſte Segeltuch. Das Leinen wird auf die Bleiche gebracht, und wenn es ſchön weiß iſt, näht die Mutter Hemden daraus und viele andere Sachen, die im Haushalte gebraucht werden. Aus leinenen Lumpen macht man das weiße Schreibpapier. Geſpinſtpflanzen. 1. Baumwollenzweig mit aufgeſprungener Fruchttapſel. 2. Blühende Flachspflanze. * 3. Hanfſtengel. 104 Familien der Blütenpflanzen. Eine dritte ſehr wichtige Geſpinſtpflanze iſt der Hanf. Er iſt ein Windblütler und wie die Weide eine zweihäuſige Pflanze. Seine ſtarken Baſtfaſern verarbeitet man zu Bindfaden und Seilen, zu Segeltuch und anderen Geweben. Aus ſeinem Samen preßt man Ol. Zur Familie der Hanfgewächſe gehört der Hopfen, deſſen Fruchtzapfen der Bierbrauer gebraucht. Mit dem Hanf und dem Hopfen verwandt iſt die Brenneſſel. Sie trägt ſpröde, hohle Brennhaare. Berührt man dieſe, ſo ſtechen die Haare hinein in die Haut, ihre ſpröden Spitzen brechen ab, und ein ſcharfer Saft ergießt ſich in die Wunde. Er zieht Blaſen auf der Haut. Die große Brenneſſel behandelt man ähnlich wie den Hanf und den Flachs und benützt die Faſern zur Herſtellung von Neſſelgarn und Neſſeltuch, das dem Leinen ähnlich, aber nur minderwertig iſt. Außer den Faſern von den genannten Pflanzen benützt man in der Juteſpinnerei die Baſtfaſern verſchiedener Bäume zur Herſtellung von Garn und Geweben. 36. Der Gefreideacker. Mancherlei Arbeiten hat der Landmann auf dem Acker zu verrichten. Er muß ihn mit dem Pfluge lockern, und wo es nötig iſt, die Schollen mit einer eiſernen, zackigen Walze, dem Schollenbrecher, zerkleinern. Er muß ihn mit der Egge vom Unkraut reinigen und ihn mit der Walze ebnen. Damit iſt aber die ganze Ertragsfähigkeit des Bodens noch nicht gewährleiſtet, denn es haben jahraus, jahrein viel tauſend Pflanzen aus ihm die Nahrung genommen, und ſo muß ſie doch einmal alle werden. Wie nun die Kinder eine Speiſe lieber mögen als die andere, Der Getreideacker. 105 und ein Kind dieſes, ein anderes jenes Eſſen vorzieht, ſo treffen auch die Pflanzen ihre Auswahl und entziehen je nach ihrer Art dem Boden nur ganz beſtimmte Stoffe. Das kann ſich der Land— mann zunutze machen, wenn er nicht Jahr für Jahr immer das— ſelbe Getreide ſät, ſondern zur Abwechſlung feinen Acker auch mit andern Feldfrüchten beſtellt. Das nennt man Fruchtfolge, die jeder gebildete Landmann, der eine ordentliche Wirtſchaft führen will, kennen und üben muß. Schließlich wird er aber doch gezwungen ſein, dem Acker neue Nährſtoffe zuzuführen, entweder durch natürlichen Stalldünger oder durch künſtlich zu— ſammengeſetzte Stoffe, die für dieſen Erſatz bieten. Das wichtigſte Getreide für unſere Gegend iſt der Roggen, welcher hier kurzweg Korn genannt wird. Man ſät ihn ent— weder im Herbſt oder im Frühling (Winter- und Sommerkorn). Wie bei der Bohne entwickeln ſich in der Erde zuerſt die Wurzeln und zwar eine Hauptwurzel und eine Anzahl Nebenwurzeln. Wenn dann die jungen Pflänzlein aus dem Erdreich hervorkommen, ſo finden wir an ihnen nicht die beiden dicken Keimblätter, ſondern ſehen nur eine rötliche Spitze, die von dem erſten ſcheiden— förmigen Blatte gebildet wird. Wir kommen alſo nun zu der zweiten Klaſſe der Blütenpflanzen, zu den Spitzkeimern. Aus der rötlichen Spitze tritt bei wärmerem Wetter ſehr bald das erſte grüne Blatt hervor. Alle Blätter des Roggens, wie die aller Gräſer, beſtehen aus zwei Teilen, aus der Blattſcheide und der Blattfläche. Die Nerven in den Blättern laufen alle parallel, und dieſes iſt ein Kennzeichen für alle Spitzkeimer. Die Blattſcheiden umgeben ſchützend die von ihnen umſchloſſenen, noch nicht ausgebildeten Teile der Pflanze, denen ſie im Wachs— tum vorauseilen. Aus der Scheide erhebt ſich dann der Halm, welcher hohl und knotig gegliedert iſt. Bei jedem Knoten be— 106 Familien der Blütenpflanzen. ginnt ein neues Blatt, und in dem Schutze ſeiner Scheide wächſt der Halm weiter, bis ſchließlich an ſeiner Spitze aus der letzten Blattſcheide die Ahre hervorkommt. Die Ahre iſt ein gemeinſamer Stand für viele kleine Blüten, die alle Staub- und Fruchtblätter haben, und deren Beſtäubung, wie wir bereits wiſſen, der Wind beſorgt. Iſt dann das Korn reif, ſo wird es abgemäht, in Garben gebunden und in Hocken auf— geſtellt zum Trocknen. Dann wird es in die Scheune gefahren, und wenn im Winter die Feldarbeit ruht, ſo werden die Körner ausgedroſchen. Ein Teil von ihnen bleibt für die neue Ausſaat, ein anderer kommt in die Mühle und wird geſchroten oder zu Mehl gemahlen, und aus den übrigen macht man Kornbranntwein. Das leere Stroh braucht man als Streu für das Vieh, oder man ſchneidet es zu Häckſel als Futter für die Pferde, oder man flicht Seile davon, macht Strohmatten daraus, deckt Häuſer damit und verwendet es noch ſonſt auf mancherlei Weiſe. Auf dem Getreideacker wachſen zwiſchen dem Korn allerlei Un— kräuter. Da iſt zuerſt die blaue Kornblume und an den Rändern des Ackers die gelbe Saatwucherblume zu nennen. Beide Pflanzen er: kennen wir an ihrem Blütenſtande als Korbblütler. Auch eine weniger hohe Blume mit gelber Rachenblüte ſteht am Rande des Getreide— feldes. Es iſt der wegen ſeines blaſigen Kelches, in dem die reifen Samen beim Winde klappern, „klingender Hans“ genannte „Klappertopf“, den man in einigen Gegenden auch Hahnenkamm nennt. Alle drei Pflanzen gehören, da ihre Blumenblätter zu— ſammengewachſen ſind, der zweiten Gruppe der Blattkeimer an. Ferner wächſt zwiſchen dem Getreide die hübſche Kornrade, die zur Familie der Nelken gehört, und dann finden wir außer manchen andern Unkräutern zwei Kreuzblütler: Ackerſenf und Ackerrettich. Die drei zuletzt genannten Pflanzen gehören, da ihre Blumenblätter nicht verwachſen ſind, in die erſte Gruppe Der Getreideader. 107 der Blattkeimer, ebenſo wie der Klatſchmohn oder die Feuer— blume, wie die Kinder ſagen. Welch einen prächtigen Anblick bietet ſo ein Kornfeld mit ſeinen goldenen Ahren auf den ſchlanken Halmen, zwiſchen denen die roten Mohnblumen hervorleuchten und die blauen Kornblumen prangen und die großen, lila ge— färbten Blumenblätter der Raden das Auge erfreuen. Unwill— kürlich muß man dabei an das herrliche Gedicht von Julius Sturm denken: „Der Bauer und ſein Kind“, das die Schulkinder ſo gern lernen. Da ſteht der Bauer ſtirnrunzelnd vor ſeinem Felde und ſchilt über das Unkraut, das ihm die Ernte verdirbt, aber ſein kleiner Junge kommt geſprungen mit einem großen Strauße von jenen köſtlichen Blumen und zeigt dem Vater all die Pracht und Herrlichkeit mit frohlockendem Kindesherzen. Und welch ein Tierleben herrſcht im Kornfelde! Zwar Inſekten ſind wenige dort zu finden, und wenn wir ein ſolch buntes Gewimmel von Schmetterlingen, Hummeln und Bienen dort ſuchen wollten, wie wir es bei „den Blumen und ihren Kunden“ gefunden haben, ſo würden wir uns ſehr ent— täuſcht fühlen. Wir wiſſen ja auch ſchon, daß die Getreide— arten Windblütler und nicht auf Inſektenbeſuch angewieſen ſind. Was alſo von Inſekten im Kornfelde ſich aufhält, tut dies zu einem andern Zwecke. Da nagen z. B. an den Wurzeln des Kornes die Drahtwürmer, aus denen ſpäter die Schnellkäfer werden, und Laufkäfer mit goldig glänzendem Panzer ſtreifen zwiſchen den Halmen umher und ſuchen nach Raupen und Schnecken und anderer Beute. Deſto mehr ſind aber die höheren Tiere im Halmenwalde vertreten. Dort bauen Lerchen und andere Singvögel ihr Neſt, Wachtel und Rebhuhn führen dort ihre zahlreichen Küchlein, und ſelbſt Raubvögel, wie z. B. der Weih, bergen im dichten Getreide ihren Horſt vor den Augen der Menſchen. Die furchtſame Häſin verſteckt hier ihre Jungen, 108 Familien der Blütenpflanzen. und die Rehmutter findet mit ihrem Kälbchen einen ſichern Zu— fluchtsort. Aber auch für allerlei Raubgeſindel iſt das Kornfeld ein Feld der Ernte und ein ſchützender Hort. Auf leiſen Sohlen ſchleichen das kleine Wieſel und ſein größerer Bruder, das Hermelin, umher auf der Jagd nach den Mäuslein, die im Getreidefeld ihr Brot ſuchen. Der mordgierige Iltis überfällt den mit vollen Backentaſchen heimkehrenden, ſchwer beladenen Hamſter, und die ſchlaue Füchſin, die mit ihrer kleinen Räuberbrut die Höhle im Walde verließ, hat ihren Einzug gehalten und lebt jetzt in Ahren, aber nicht in Ehren, denn von dieſem Verſteck aus, das ſie gegen alle Nachſtellungen ſchützt, unternimmt ſie jetzt ihre Raubzüge. Bald klingt dann die Senſe und macht der ganzen Herrlichkeit ein Ende. Mit dem ſchützenden Ahrenwalde ſinkt die ganze Blütenpracht dahin, und am kahlen Boden ſtehen nur ſtarrende Stoppeln, die nachher untergepflügt werden und höchſtens nur dem Teufel noch nützen können, wie Friedrich Rückert uns erzählt in ſeinem Gedicht: Der beirogene Seufel. Die Araber hatten ihr Feld beſtellt, Da kam der Teufel herbei in Eil'; Er ſprach: „Mir gehört die halbe Welt; Ich will auch von eurer Ernte mein Teil.“ Die Araber aber ſind Füchſe von Haus, Sie ſprachen: „Die untere Hälfte ſei dein!“ Der Teufel will allzeit oben hinaus: „Nein,“ ſprach er, „es ſoll die obere ſein!“ Da bauten ſie Rüben in einem Strich; Und als es nun an die Teilung ging, Die Araber nahmen die Wurzeln für ſich, Der Teufel die gelben Blätter empfing. * 1 7 * ü Der Getreideacker. 109 Und als es wiederum ging ins Jahr, Da ſprach der Teufel in hellem Zorn: „Nun will ich die untere Hälfte fürwahr!“ Da bauten die Araber Weizen und Korn. Und als es wieder zur Teilung kam, Die Araber nahmen den Ahrenſchnitt; Der Teufel die leeren Stoppeln nahm Und heizte der Hölle Ofen damit. Stoppeln ſind aber ein ſchlechtes Brennmaterial, denn Stroh— feuer iſt ſchnell verglimmt und auch für den Teufel nicht viel wert. Daß die Stoppeln aber unter Umſtänden auch noch andern Leuten nützlich werden können, will ich durch eine kleine luſtige Geſchichte beweiſen. Es gingen nämlich einmal zwei Männer, die ich gut kenne, auf menſchenleerer Flur ſpazieren und kamen an einen großen flachen Teich. Es war im Spätſommer, und die Luft war ungewöhnlich ſchwül. Da meinten ſie denn, es müßte ſehr wohltuend ſein, und die Gelegenheit ſei günſtig, hier ein erfriſchendes Bad zu nehmen, und weil niemand in der Nähe zu ſehen war, der ſie beobachten könnte, ſo zogen ſie ſich aus, legten ihre Kleider fein ſäuberlich am Ufer zuſammen und wateten hinein ins klare Waſſer und freuten ſich des erquickenden Bades. Wie ſie aber ſo recht nach Herzensluſt herumplätſcherten, und einer ſich zufällig umdrehte, da ſah er zu ſeinem Schrecken, wie ein Landſtreicher ſich bei ihren Kleidern zu ſchaffen machte und in den Taſchen nachſah, ob für ihn etwas Brauchbares darin ſei. Sofort ſprangen beide aus dem Waſſer und rannten hinter dem Strolche her, der mit je einer Hoſe in jeder Hand ſchleunigſt das Weite ſuchte. Das war eine ergötzliche Jagd, wie die beiden nackten Männer hinter ihrem Opfer her waren, wie die Wilden in der Geſchichte vom Robinſon hinter dem armen Freitag. Auf dem weichen Sandwege kamen ſie dem Spitzbuben ſchnell näher, 110 Familien der Blütenpflanzen. ſie hörten ſchon ſeinen keuchenden Atem, ſchon ſtreckte ſich die Hand aus, die ihn beim Kragen faſſen wollte, da ging er ſeinen Verfolgern noch im letzten Augenblick verloren. Es trat aber kein grimmiger, mit Tierfellen bekleideter Mann aus dem Buſch und drohte ihnen mit der Donnerbüchſe in der Hand Tod und Verderben an, ſondern der ſchlaue Diebsgeſelle rettete ſich ſelbſt auf höchſt einfache Weiſe. Er ſprang nämlich über einen Graben und lief über ein Stoppelfeld, und als die beiden ihm folgten, da mußten ſie alsbald hüpfen wie der Tanzbär auf den glühenden Eiſenplatten. Ihre nackten Sohlen waren an ein ſolches Pflaſter nicht gewöhnt, und die ſteifen, harten Stoppeln machten ihnen abſcheuliche Schmerzen und hielten ſie in der Verfolgung mächtig auf. Hohnlachend entrann der Dieb, doch ließ er wenigſtens die beiden Hoſen zurück, welche die gefoppten Verfolger ſich unter den wunderlichſten Verſchränkungen der nackten Beine von den Stoppeln holten. Ach, ſie fanden ſeufzend, daß dieſe nützlichen Kleidungsſtücke bedeutend leichter geworden waren, denn der Langfinger hatte die Hoſen ſelbſt zwar weggeworfen, aber die wohlgefüllten Geldbörſen, die in den Taſchen geweſen waren, hatte er wohlweislich mitgenommen. Die Kinder haben am Stoppelfelde eine ſchönere Freude, denn wenn der Herbſtwind über die leeren Felder bläſt, ſo laſſen fie auf dem Stoppelfelde ihre Drachen ſteigen. Auch dem Natur- freunde macht es Freude, denn zwiſchen den Stoppeln ſtellt ſich gar bald eine Menge Blumen ein, die früher wegen Lichtmangels zwiſchen dem dichten Korn nicht gedeihen konnten. Der Acker— ſpark z. B., der im Norden unſeres Vaterlandes als Schaffutter angebaut wird, tritt zwiſchen den Stoppeln oft in ſolcher Menge auf, daß das Feld einer grünen Weide gleichſieht. Selbſt wenn in den Gärten Sonnenblumen, Aſtern und Georginen bereits verblühen wollen, wenn wir mit dem Dichter von Salis ſchon ſprechen können: Die Süßgräſer. 111 „Bunt find ſchon die Wälder, Rote Blätter fallen, Gelb die Stoppelfelder, Graue Nebel wallen, Und der Herbſt beginnt. Kühler weht der Wind;“ ſelbſt wenn ſchon der Windmonat, November, ins Land gekommen iſt, können wir noch auf den Stoppelfeldern einen anſehnlichen Feldblumenſtrauß pflücken. Da wachſen und blühen noch die Nachzügler der blauen Kornblume, des Ackerſenfs und der Saatwucherblume, der Augentroſt und das Habichtskraut, die unverwüſtliche Vogelmiere und der ihr im Kraut ähnliche Acker— gauchheil mit ſeinen ſcharlachroten Blüten, die blaue Glockenblume und das wilde Stiefmütterchen. Auch die zu den Schmetterlings— blütlern gehörenden Lupinen prangen noch mit ihren goldgelben Blüten. Mit dieſen Pflanzen beſtellt man häufig die notdürftig umgepflügten Stoppelfelder und bald ſchmücken ſie ſich mit den ſchönen Blumen. Aber dieſelben ſollen nicht zur Zierde oder als Viehfutter dienen, ſondern werden als Dung für den Acker benutzt. 37. Die Süßgräfer. Außer dem Roggen baut man bei uns als Getreide noch Weizen, Gerſte und Hafer. Sie gehören alle zu der großen Familie der Süßgräſer. Die Gräſer ſind Windblütler, ſie bedürfen alſo keiner An— lockungsmittel für Inſekten. Darum iſt auch ihre Blütenhülle grün und beſteht nur aus häutigen Blättchen, die man „Spelzen“ nennt. Niemals ſtehen die Grasblüten einzeln, ſondern ſind ſtets zu einem gemeinſchaftlichen Blütenſtande vereinigt. Betrachten wir die Blüte des Roggens. Immer drei Blüt— chen vereinigen ſich zu einem „Ahrchen“ und ſind von einem 112 Familien der Blütenpflanzen. gemeinſchaftlichen Kelch umgeben, der aber nur aus zwei kleinen Spelzen beſteht. Von den drei Blüten iſt ſtets die mittelſte verkümmert und unfruchtbar. Die beiden ſeitlichen haben je eine innere Blütenhülle, die wieder aus je zwei Spelzen gebildet wird, aus der äußeren und der inneren Kronſpelze. Dieſe ſchließen wie eine Schachtel die edlen Teile der Blüte ein. Die innere Kronſpelze iſt der Unterteil der Schachtel, die äußere iſt der Deckel, der die innere mit umfaßt. Der Mittelnerv der äußeren Kronſpelze iſt zu einer Granne verlängert, die eine Menge ſteifer, ſtachelartiger Borſten nach oben ſtreckt zur Abwehr gegen ungebetene Gäſte. Faßt man eine ſolche Granne an der Spitze und ſtreicht mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand nach unten, ſo fühlt die Granne ſich an wie die Schneide einer Säge, und man muß den Verſuch aufgeben. Die eigentliche Blüte be— ſteht aus drei Staubblättern und einem Fruchtknoten, der eine zweiteilige federförmige Narbe trägt. Vor dem Aufblühen iſt die Blüte geſchloſſen. Wenn aber der Blütenſtaub reif iſt, ſo ſchwellen in den Blüten zwei kleine Körperchen an, die man des— halb „Schwellkörperchen“ nennt, und drängen die Kron— ſpelzen auseinander. Dann werden die Staubfäden länger und hängen gleich den Narben aus der Blüte hervor. Pflückt man eine dicht vor dem Aufblühen befindliche Roggenähre ab und nimmt den Halm derſelben eine Zeitlang in den Mund, ſo werden durch die Wärme die Schwellkörperchen aufgetrieben und öffnen die Spelzenſchachtel, und man ſieht, wie die Staubfäden ſich ſtrecken. Iſt die Beſtäubung vor ſich gegangen, ſo ſchließt ſich die Schachtel wieder, und in ihrem Schutze entwickelt ſich die Frucht. Die Verlängerung des Halmes, an welcher die Ahrchen ſitzen, iſt breit und hat treppenförmige Abſätze. Man nennt dieſen Teil des Halmes die Achſe oder auch wohl die Spindel. Jeder Abſatz trägt ein Ahrchen, und das Ganze nennen wir eine Gräſer. 1. Zittergras. 2. Quecke. 3. Gerſte. 4. Hafer. 4a Einzelne Blüte, 4b Riſpe des Hafers. 5. Schafſchwingel. 6. Fuchsſchwanz. 7. Roggen. 7a Einzelne Blüte desſelben. 8. Knäuelgras. 9. Wieſenhafer. 10. Ruchgras. 11. Wollgras. 12. Taumellolch. (Etwa ½ nat. Größe.) 114 Familien der Blütenpflanzen. „Ahre“. Demnach heißen alle Gräſer mit einem ſolchen Blüten— ſtande „Ahrengräſer“. Hierher gehören: Roggen, Gerſte, Weizen, der giftige Taumellolch, das Raygras und die läſtige Ackerquecke, auch der Strandroggen mit ſeinen hellen graugrünen Blättern, der im Dünenſande wächſt. — Ganz anders wie beim Roggen iſt der Blütenſtand des Hafers, er bildet eine „Riſpe“. Zu den Riſpengräſern gehören auch noch: der Reis, der Wieſenhafer, das Wieſenriſpen— gras, der Wieſenſchwingel, die Treſpe, das Knäuel— gras, die Hirſe, das Honiggras, das Zittergras, das Glanzgras und das Schilf. — Dann gibt es auch noch Zwiſchenformen, alſo Ahrenriſpengräſer. Dazu rechnet man: den Strandhafer, das Kammgras, das Lieſchgras, den Fuchsſchwanz und das Ruchgras. Letzteres gibt dem Heu den würzigen Duft. Das Einatmen ſeines Blütenſtaubes er— zeugt aber bei manchen Menſchen eine eigentümliche Krankheit, das Heufieber. Unter den ausländischen Gräſern gibts es wahre Rieſen: Mais, Zuckerrohr und Bambus. In allen Erdteilen nimmt die Familie der Gräſer bei weitem den größten Raum ein, in manchen Gegenden, z. B. in den Steppen Aſiens, in den ungariſchen Pußten, in den Prärien Nord- und den Pampas Südamerikas führen ſie die Allein— herrſchaft. Man trifft ſie auf den Bergen, wie in der Ebene, im Walde, wie im freien Felde, am Waſſer, wie auf trockenem Sande. Für den Menſchen ſind ſie von ganz ungeheurer Be— deutung, denn ſie ſind die Grundbedingung für Ackerbau und Viehzucht. Obenan ſtehen die Getreidearten, aus denen man Brot bereitet, das unentbehrlichſte Nahrungsmittel. Aus Gerſte, Weizen und Reis braut man Bier. Aus Roggen und Reis brennt man Branntwein. Der Reis iſt das wichtigſte Getreide, Aliengewachſe. 115 denn von ihm nähren ſich die meiſten Menſchen. Aus Zucker— rohr gewinnt man Zucker und Rum, der Mais gibt Speiſe für Menſch und Tier, aus Bambus macht man allerlei Geräte und Möbel. Die Wieſengräſer werden vom Vieh abgeweidet und in trockenem Zuſtande als Heu gefreſſen. Strandhafer und Strandroggen durchziehen mit ihren meterlangen Wurzelſtöcken den Dünenſand und verhindern das Einbrechen des Meeres und das Verſanden der Acker durch den Wind. Aus Stroh macht man Hüte und Kleidungsſtücke und verwendet es ſonſt zu mancher— lei Zwecken. — Unkräuter gibt es wenige unter den Gräſern, das ſchlimmſte iſt die Quecke, und die Roggentreſpe wird ebenfalls läſtig. Giftig iſt der Taumellolch, deſſen Genuß Schwindel erregt. Im Gegenſatz zu den echten Gräſern oder Süßgräſern ſpricht man auch von Sauergräſern oder Riedgräſern. Es ſind grasartige Pflanzen, die auf feuchtem Boden wachſen. Meiſtens ſind ihre Blattränder hart und meſſerſcharf. Das Vieh ver— ſchmäht ſie. Eine bekannte Pflanze unſerer Moore iſt das Woll— gras, welches auch zu den Sauergräſern gehört. 38. Biliengewächſe. , \ . c N kehren zu der Schönen Frühlingspflanze in unſerem Garten, zu der Tulpe. Sie iſt eine der erſten unter all den herrlichen Blumen, aber bald iſt ihre Blütezeit zu Ende und es dauert 50 1 u 1 8 Längsſchnitt durch eine Zwiebel. . 4 (Mat. Größe.) Brüning, Pflanzenreich. 8* Wir wollen noch einmal zurück— 0 Ali | LERNEN 116 Familien der Blütenpflanzen. blieben? Der Gärtner hat ſie aus der Erde genommen, das Kraut iſt verdorrt, und die Zwiebel wird aufbewahrt an einem trocknen Ort. Warum macht man das, und kann die Zwiebel das ver— tragen, wird ſie nicht vielmehr zugrunde gehen? Die Tulpe iſt eine Fremde in unſerem Vaterlande, ihre Heimat liegt weit von hier in den Steppen Aſiens. Dort iſt die Luft nicht ſo feucht wie hier bei uns, es gibt in jenen Gegenden nur eine kurze Regenzeit und dann folgt eine lange, lange Zeit der Dürre. Die Sonne ſendet vom wolkenloſen Himmel ihre ſengenden Strahlen und tötet alles Pflanzenleben, das ſich nicht zu ſchützen weiß. Da fallen ihr denn auch die oberirdiſchen Teile der Tulpe zum Opfer, aber das Leben kann ſie ihr nicht nehmen, denn tief im Boden, wohin ihre Macht nicht reicht, ſitzt die Zwiebel der Tulpe. Allerdings trocknet auch die Erde aus, aber die Zwiebel iſt um— geben von ſchützenden Häuten und hält ſich viele Monate friſch. Der Gärtner behandelt alſo die Tulpe ſo, wie ſie es in ihrer Heimat gewohnt iſt. Wir wiſſen auch, welche Bedeutung die Zwiebel für die Pflanze hat. Sie iſt die Vorratskammer, in der Nahrung auf— geſpeichert wird für den kommenden Frühling. Schneiden wir eine Zwiebel in der Mitte von oben nach unten durch, ſo finden wir, daß ihr unteres Ende, die Zwiebelſcheibe, an welcher die Wurzeln ſitzen, ſich nach oben verlängert zu einem Stengel mit Blättern und Blüte. Rund um dieſen herum ſtehen auf der Scheibe eine Anzahl Blätter, welche man Schalen nennt. Da ſie in der Erde, alſo im Dunkeln wachſen, ſind ſie weiß. Die äußeren Zwiebelſchalen werden zu trockenen, braunen Häuten. Wo ein Zwiebelblatt aus der Scheibe hervorkommt, bildet ſich in der Blattachſel im Innern der Zwiebel eine Knoſpe, aus der ſich eine neue Zwiebel entwickelt. Setzen wir alſo im Herbſt unſere Tulpenzwiebel wieder in die Erde, ſo dürfen wir nicht Liliengewächſe. 117 denken, daß aus ihr eine neue Tulpe hervorkommt, ſondern ſie hat bereits ihre Schuldigkeit getan, indem ſie die Knoſpe nährte, und wenn dieſe nun ſelbſt ſtark genug iſt, ſo ſtirbt ihre Mutter, die alte Zwiebel, und vergeht, und die Tochterzwiebel iſt es, die den Stengel mit den Blättern und der Blüte hervorwachſen läßt. Beobachten wir, wie die Tulpe im Frühling aus der Erde hervorbricht, ſo ſehen wir, daß ſie ein Spitzkeimer iſt. Das— ſelbe erkennen wir an den parallel laufenden Nerven der Blätter. Am Ende des Stengels ſteht die Blüte. Sie beſteht aus einer buntgefärbten, ſechsblättrigen Blüten— hülle, welche die Stelle des Kelches . 4 vertritt, aus ſechs Staubblättern und Gy” dem ſäulenartigen Stempel mit der Er dreilappigen Narbe. Aus dem Frucht- knoten wird nach der Beſtäubung eine dreifächerige Kapſel, die in jedem Fache zwei Reihen Samen enthält. Wie die Blüte der Gartentulpe ſind auch die Blüten der Lilien ge— baut. Darum rechnet man die Tulpe zu den Liliengewächſen. Zu ihren Verwandten gehören: die ſogenannte wilde Tulpe mit den gelben, wohl— riechenden Blüten, die Hyazinthe, die Kaiſerkrone, die weiße Lilie, die Schachblume, der Milch— ſtern und der Goldſtern, die Küchenzwiebel und der Porree. Ferner rechnet man dazu die wunder— liche Herbſtzeitloſe, die auf b E Wohlriechendes Maiglöckchen. unſern Bergwieſen im Herbſt blüht (de nat. Größe.) 118 Familien der Blütenpflanzen. und im Frühling erſt Blätter und Früchte bekommt. Auch das ſchöne Maiglöckchen und der wohlſchmeckende Spargel ſind Liliengewächſe, obwohl ſie keine Zwiebel, ſondern einen Wurzelſtock haben. Gleich den Gräſern und Liliengewächſen ſind auch die Binſen, die Schwertlilien, die Narziſſengewächſe, zu denen das Schneeglöckchen gehört, das Knabenkraut und die Palmen Spitz⸗ keimer. 39. Blüfenpflanzen im Sumpf. Von leichten Ruderſchlägen getrieben gleitet der Kahn über die ſpiegelglatte Fläche des Mühlenteiches dahin, dem jenſeitigen Ufer zu; denn wir haben uns vorgenommen, heute einmal ein— zudringen in das geheimnisvolle Dickicht da drüben und den Ur— wald der Sumpfgewächſe zu durchforſchen. Schon ſind wir über die Mitte hinweg, wo die Strömung ſich ein tieferes Bett ſchuf. Der Boden hebt ſich, und wir ſehen am Grunde des klaren Waſſers das dunkle Grün der Waſſerpeſt, die wir bereits aus dem Aquarium kennen und als Sauerſtoff ſpendende Durchlüftungspflanze ſchätzen gelernt haben. Dann ſind wir mitten zwiſchen den über handgroßen ſchwimmenden Blättern der Waſſerroſen. Wie prangen die goldgelben Blüten der Teich— roſe, wie verlockend winken die herrlichen Seeroſen. Wir müſſen einen Strauß von Mummeln — ſo heißen die Waſſerroſen auch — pflücken für die Blumenvaſe. Darüber wird die Mutter ſich freuen, denn ſchönere Blüten gibt es nicht im Reiche der Nixen. Wie an langen Ankertauen wiegen ſich Blätter und Blüten auf der Flut. Wie mag es kommen, daß dieſe biegſamen Stiele ſie Blütenpflanzen im Sumpf. 119 tragen können? Ich pflücke eine Blume, aber ſie entgleitet meinen Händen und treibt nun auf dem Waſſerſpiegel. Das Rätſel iſt gelöſt. Die Stengel 1 haben luftgefüllte Kammern, und BEN Blätter wie Blüten werden vom Waſ— ſer getragen. Mit der Wurzel iſt die Pflanze im Grunde verankert. Betrach— ten wir die Blüte der weißen Seeroſe, die ihren Namen nach der Ahnlich— keit mit einer ge⸗ füllten Gartenroſe hat, ſo finden wir grüne Kelchblätter und viele weiße Blütenblätter, die nach innen hin in Staubblätter übergehen. Die ſchildförmige Narbe des Fruchtknotens erinnert an die— jenige der Mohnblumen. Die reifen Samen benutzen die Strömung und den Wind zu ihrer Verbreitung. Unter den bisher genannten Pflanzen— familien ſtehen den Waſſerroſen die Hahnenfußgewächſe am nächſten. Nun befinden wir uns zwiſchen | hohen binſenähnlichen Halmen. Doch Schilf. (/ nat. Größe. 120 Familien der Blütenpflanzen. wir merken gleich, daß wir es nicht mit Binſengewächſen zu tun haben, ſondern daß der vermeintliche Halm ein langer Blütenſchaft iſt, den ein roſenroter Blütenſtand in doldenförmiger Anordnung krönt. Die Blätter der Pflanze haben ein ſchilf— artiges Ausſehen. Wir haben die hübſche Waſſerviole oder Blumenbinſe vor uns, und dort, mitten im Graben, der in die Wieſe hineinführt, ragt aus dem Waſſer ein Blütenſtiel mit ganz ähnlich gebauten, aber heller gefärbten Blüten empor, die jedoch nicht in Doldenform, ſondern in Quirlen angeordnet ſind. Dieſe Pflanze hat ihren Namen nach der Form ihrer Blätter. Sie heißt Pfeilkraut. In ihrer Nähe, aber im ſeichteren Waſſer dicht am Ufer wächſt ihr Bruder, der Froſchlöffel. Der Name läßt uns über die Form der Blätter nicht im Zweifel und macht eine Verwechſlung mit einer andern Pflanze unmöglich. Die Blüten ſtehen in quirligen Riſpen. Die einzelne Blüte iſt viel kleiner als die der Blumenbinſen und des Pfeilkrautes, aber ſchon die drei weißen oder rötlich gefärbten Blütenblätter verraten ihre Zuſammengehörigkeit mit den andern beiden Pflanzen. Betrachten wir ſo einen in voller Blüte ſtehenden Froſchlöffel, ſo müſſen wir ſagen, daß er ein hübſches Gewächs iſt und einem Sumpf— aquarium zur ſchönſten Zierde gereichen kann. Kommen wir aber einige Stunden ſpäter wieder, kurz nach Sonnenuntergang, ſo iſt von der Blütenherrlichkeit nichts mehr zu ſehen. Man glaubt, daß die Blumen verblüht, ihre Blütenblätter abgefallen ſind. Denſelben Eindruck macht die Pflanze am andern Morgen. Sehen wir aber genau zu, ſo finden wir, daß alle Blütenblätter ſich ganz klein zuſammengerollt haben, und wenn die Mittags— ſonne ſtrahlend am Himmel ſteht, dann leuchten die Blütenriſpen der Froſchlöffelpflanzen wieder weithin über Waſſer und Sumpf. Ein ſchwacher Lufthauch fährt über den Teich und verurſacht zwiſchen den Pflanzen des Ufers ein ſäuſelndes Geflüſter. Es Beni * 2 * 4 Grasart Deutſchlands, auf Blütenpflanzen im Sumpf. 121 ſind die Blätter des Schilfrohres, die leiſe rauſchend und klirrend gegeneinander ſchlagen. Wird der Wind heftiger, ſo drehen ſich alle Blätter, als wenn ſie Windfahnen wären, und ſo iſt es ſelbſt dem ſtärkſten en nicht möglich, die Rohrhalme zu knicken. Das Schilfrohr, auch Rohrſchilf, Teichrohr oder Ried genannt, gehört zur Familie der Süßgräſer. Der Blütenſtand iſt eine vieläſtige, weit ausgebreitete, bräunlich— rote Riſpe, die zur Zeit der Fruchtreife einſeitswendig und überhängend wird. Man ver— wendet das Ried, die größte mancherlei Weiſe; namentlich gebraucht man es zum Dach— decken, zum Berohren der Wände, zu Matten und Rohr— wänden um Mijtbeete. Am Uferrande finden wir auch noch eine ſchilf— ähnliche Pflanze mit blattför— migem Blütenſchaft, der an der Seite, ungefähr auf halber Höhe einen länglichen, grünen Blütenkolben trägt. Es iſt der gewürzhaft riechende und ſchmeckende Kalmus, deſſen Wurzelſtock ein gutes Heil— | mittel gegen einen ſchwachen Rohrtolben. (% nat. Größe.) 122 Familien der Blütenpflanzen. Magen hergibt. Die Kinder brauchen ihn aber anders. Sie ſchneiden aus ihm die Pfropfen für ihre Knallbüchſen. Zwiſchen dem Kalmus und den ſäbelförmigen Blättern der Waſſerſchwertlilien ragen hoch die ſchwarzbraunen Kupferkeulen empor. Das ſind die Blütenſtände des Rohrkolbens, von dem es zwei Arten gibt, den breitblättrigen und den ſchmalblättrigen. Dieſe Pflanzen ſind einhäuſig, und die männlichen Blütenkolben ſitzen an dem Blütenſchafte oberhalb der weiblichen. Beim breit- blättrigen Rohrkolben berühren ſie ſich, beim ſchmalblättrigen ſind ſie getrennt. Nach erfolgter Beſtäubung, die durch den Wind vorgenommen wird, fallen die Staubblätter ab, und die leere Spindel bleibt als Verlängerung des Fruchtkolbens zurück. Die Blätter der Rohrkolbengewächſe benutzt man „zum Verlieſchen“ der Fäſſer, d. h. man legt ſie zwiſchen die Faßdauben oder Tonnenſtäbe, um die Fugen dicht zu 9 machen. — Zu derſelben Pflanzengruppe N gehört der weiterhin am Graben wach— ſende Igelkolben, der wegen ſeiner kugeligen, ſtachelichten Früchte ſo ge— nannt wird. Was für Rieſenblätter ſind denn das, die da zwiſchen den Pflanzen des Ufers emporragen, wie König Saul über das Volk Israel? Man ſollte meinen, eine Blattpflanze aus einem tropiſchen Walde vor ſich zu haben, ſo eine ſtattliche Länge und Breite weiſen ſie auf. Der knotig gegliederte Stiel und die rötlichgrünen Blüten | an demſelben erinnern uns an den Wollgras. (Etwas unter nat. Größe.) Sauerampfer, und wirklich haben wir nnn * Blütenpflanzen im Sumpf. 123 e3 mit einem Ampfer zu tun, denn es iſt der Fluß- oder Rieſenampfer, der hier wächſt. Nun lenken wir unſer Boot hinein in die Mündung des Wieſengrabens. Derſelbe hat nur auf einer Seite ein feſtes Ufer, die andere ſtößt an ganz flaches Gewäſſer, aus dem die ſtacheligen Blätter der Waſſeraloeé heraus— ragen. Wegen ihrer Ahnlichkeit mit den fremdländiſchen Aloen und wegen ihres ſcharfen Saftes heißt die Pflanze ſo, doch führt ſie auch den Namen Krebsſchere, wegen der Form und Stellung der Hüllblätter, welche die weiße Blüte ſchützen. Sonſt ſind die Blätter zu einer Roſette geordnet. Die Blüte zeigt uns, daß die X Pflanze gleich der vorhin ge— nannten Waſſerpeſt zu den Froſch— bißgewächſen gehört, und den Froſchbiß ſelbſt, ſehen wir auch ſchon. Es iſt eine Schwimm— pflanze, deren Blätter ein ſehr verkleinertes Bild der Mummel— blätter ſind, und die darum mit keiner andern Schwimmpflanze verwechſelt werden kann. Wir ſteigen nun ans Ufer und gehen am Graben entlang, auf deſſen Waſſerſpiegel wir noch andere Schwimmpflanzen ſehen, die winzigen Waſſerlinſen, die man auch Entenflott nennt. Sie Seebinſe. (Etwas unter nat. Größe.) 124 Familien der Blütenpflanzen. bedecken ſtreckenweiſe die Waſſeroberfläche wie ein grüner Teppich. Zwiſchen ihnen erheben ſich ſchilfrohrartige Gräſer, die aber viel kleiner ſind als das Rohr, es ſind die Halme des Sumpf- oder Wieſenſchilfes. Weiterhin auf dem ſumpfigen Wieſengrunde wachſen überall die dunkelgrünen, ſtielrunden, kahlen Blätter der Simſen oder Binſen mit ihren bräunlichen, trockenhäutigen, ſeitlich ſitzenden Blüten. Wegen ihrer Zähigkeit benutzt man die Binſen zu allerlei Flechtwerk, macht Bänder, Matten, Hüte, Fußſchemel und Stuhlſitze daraus und verfertigt aus ihrem Mark Lampen- dochte. Ihnen ſchließen ſich die Seggen oder Halbgräſer an, zu denen auch das Wollgras, welches wir früher ſchon als Vertreter der Sauer- oder Riedgräſer erwähnten, gehört. Aus ſeinen Samenhaaren macht man Dochte und minderwertige Watte. 40. Die Tladelhölzer. Als der Vater im Garten Bohnen pflanzen wollte, ſteckte er auf den Beeten in zwei Reihen lange, dünne Stangen ſchräg in die Erde, daß ſie ſich oben kreuzten, und verband die Kreuzungs— punkte durch Querſtangen. So entſtand ein Gerüſt, an dem die Bohnen ſpäter emporranken ſollten. Was für Bäume mögen das ſein, die ſo gerade, lange und dünne Stämme haben? Wir wollen hinausgehen in die Heide, dort können wir ſie ſehen. Bald merken wir, daß wir auf dem richtigen Wege ſind, denn es kommt uns ein ganzes Fuder ſolcher Stangen entgegen. Der Fuhrmann ſagt, daß der Förſter ſie hat ſchlagen laſſen und als Hopfenſtangen verkauft. Bei einigen ſitzt noch an der Spitze ein Schopf von langen Nadeln, die immer zu zweien paarweiſe zu— se. Die Nadelhölzer. 125 ſammenſtehen. Die jungen Bäume find alſo Nadelhölzer und zwar Kiefern, Nun find wir draußen am Kiefernwalde. Wie ſehen unjere Schuhe aus und unſere Kleider! Es hat lange nicht geregnet, und es ſtäubt auf dem Feldwege entſetzlich. Das iſt ja nichts als Sand hier, wie iſt es nur möglich, daß die Bäume in dieſem Boden gedeihen können? 1 Das kommt von ihrem gewaltigen Wurzel— M werk, das den Boden nach allen Seiten hin Kiefernzweig mit männlicher und weiblicher Geöffneter Zapfen mit heraus— Blüte. (Etwas unter nat. Größe.) fallendem Samen. (Nat. Größe.) 126 Familien der Blütenpflanzen. durchzieht, ebenſo wie das der Tannen und Pappeln. Außerdem aber hat die Kiefer noch eine mächtige Pfahlwurzel, die tief hinabreicht in jene Bodenſchichten, die auch im heißen Sommer noch etwas Feuchtigkeit enthalten. Die Stämme der jungen Kiefern ſind umhüllt von einer rotbraunen Rinde, die ſich in häutigen Blättern ablöſt, wie wir ſie ähnlich geſehen haben an der Tulpen- und Küchenzwiebel. Später, wenn der Baum älter wird, bekommt er eine graubraune, korkartige Rinde. Dieſe ſchützt ihn gegen zu ſtarke Austrocknung. Verwundet man die Rinde, ſo quillt das Harz hervor, an dem das Holz der Kiefer ſehr reich iſt. Darum brennt es auch ſo gut, und an den Türen gehen Leute herum und bieten der Haus— frau zerſpaltenes „Kienholz“ oder „Föhrenholz“ zum Kauf an, damit ſie leichter Feuer anmachen kann. Die Kiefer heißt näm— lich auch Föhre. — Ihre Zweige wachſen in Quirlen, alſo im Kranze aus dem Stamme hervor, und dieſer wächſt in jedem Jahr ein Stück weiter, ſo daß man an der Zahl der Quirle erkennen kann, wie alt der Baum iſt. Die unteren Zweige ſterben aber wegen Lichtmangels ab. Während unſere Laubbäume in jedem Herbſt ihre Blätter verlieren, behält die Kiefer ihre Nadeln mehrere Jahre, und die abfallenden werden durch neue erſetzt. Sie iſt alſo ein immer— grüner Baum. Wir wiſſen auch, daß die Not ſie zwingt, ihre Nadeln zu behalten, und daß der Baum aus Sparſamkeit nadel— förmige Blätter hat, die der Sonne und dem Wind nur eine geringe Fläche bieten. Wie beim Haſelnußſtrauch und der Erle finden wir Staub— blüten und Stempelblüten auf ein und demſelben Kiefernbaume. Die Kiefer iſt alſo eine einhäuſige Blütenpflanze. Die Beſtäubung beſorgt der Wind. Die Stempelblüten ſitzen in Ge— ſtalt kleiner roter Zapfen an den Enden junger Triebe. Zwiſchen Die Nadelhölzer. 127 den einzelnen Schuppen und der Achſe des Zapfens ſitzen die Fruchtblätter und an ihrem Grunde die Samenknoſpen. Die Samen ſind nicht wie bei allen bisher beſprochenen Pflanzen— familien in einem Fruchtknoten eingeſchloſſen, ſondern ſind nackt. Die Kiefer und alle Nadelhölzer bilden alſo die zweite große Abteilung der Blütenpflanzen: die Nacktſamigen, die ſich auch bei der Keimung von den Bedecktſamigen unterſcheiden. Denn während dieſe entweder zwei- oder einkeimblättrig ſind, keimen die Samen der Kiefer mit fünf oder ſechs nadelförmigen Blättern, man könnte die Nadelhölzer daher auch vielkeimblättrige Pflanzen nennen. — Anfangs ſtehen die Fruchtzapfen aufrecht. Iſt die Beſtäubung erfolgt, ſo nehmen die ehedem roten Zapfenſchuppen eine graugrüne Färbung an und verkleben ſich mit Harz, daß der Same ungeſtört reifen kann. Das geſchieht im zweiten Jahre. Dabei ſenken ſich die Zapfen nach unten, und die Schuppen ver— holzen und werden braun. Im dritten Jahre öffnen ſich die Schuppen und ſpreizen ſich weit auseinander, d. h. nur bei trockenem Wetter; werden ſie durch Regen feucht, ſo ſchließen ſie ſich wieder, damit der Same nicht leidet. Aus den geöffneten Zapfen fallen die mit einem Flügel (ſiehe Seite 38 „Wanderburſchen“) verſehenen Samen und werden vom Winde davongeführt. Andere Nadelhölzer ſind: die Fichte oder Rottanne, die zu Weihnachten das Kinderherz erfreut, die Weißtanne, die Zeder und die Lärche. Auch den Wacholder, die fremd— ländiſchen Zypreſſen und die Lebensbäume rechnet man zu den Nadelhölzern, ebenſo wie die Eibe, auch Taxus genannt, die zu lebendigen Hecken verwandt wird. Die Zweige und Blätter dieſer Pflanze enthalten einen Giftſtoff, der bei Pferden und Schafen tödlich wirkt. 128 Familien der Blütenpflanzen. Al. Der Wald. Draußen herrſcht König Winter. Flüſſe und Seen belegte er mit Eis, und ſeine weiße Schneedecke breitete er über die Felder, dunkel hebt ſich der Wald ab vom hellen Grunde. Wir treten ein in den ſchweigenden Forſt. Auch hier liegt überall Schnee, aber unter ihm befindet ſich eine dicke Schicht abgefallenen Laubes, das wie ein warmes Federbett all die feinen Würzelchen und die Keimlein, die in den Samen am Boden ſchlummern, zudeckt, daß der Froſt ihnen nichts anhaben kann. Eichhörnchen und Eichelhäher haben viele, viele Früchte der Waldbäume verzehrt, unzählige Eicheln, Bucheln und Haſelnüſſe als Wintervorrat ver⸗ ſteckt, davon ſehr viele jo gut, daß fie dieſelben ſelbſt nicht wieder— finden konnten. Dadurch ſind ſie zu Gärtnern geworden, weil die in Erdlöchern untergebrachten Samen ſpäter keimten und zu Pflanzen heranwuchſen. Wenn die reifen Früchte aber erſt von den Bäumen herabgefallen waren, ſo konnten die Tiere ſie wegen ihrer Schutzfärbung am Boden nicht finden, und ſo gleicht das abgefallene Laub am Waldesboden einem gewaltigen Lagerhauſe, in dem un— geheure Schätze aufgeſpeichert ſind. Es gibt keinen Baum, keinen Strauch, kein Gewächs des Waldes, das nicht ſeinen Anteil dazu geliefert hätte, von der rieſigen, himmelanſtrebenden Eſche bis zum winzigen Moospflänzchen, vom tauſendjährigen, gewaltigen Eich- baum bis zum vergänglichen Pilze, der nur wenige Tage ſein Hütchen aus dem braunen Laube am feuchten Grund emporgeſtreckt hat. An einigen jungen Buchen und Eichen haften noch braune Blätter, ſonſt ſtehen die Bäume kahl da und ſtrecken ihre Kronen wie rieſige Beſen zum grauen Winterhimmel empor. An ihren Zweigen ſitzen Tauſende und Abertauſende von Knoſpen, eingehüllt im Der Wald, 129 braunen Wintermantel, und harren der Zeit, da die belebende Sonne ſie wecken wird aus ihrem langen, tiefen Schlafe. Nur die Nadelhölzer ſind grün, und an den Zweigen der älteren Kiefern und Tannen hängen als hübſche Abwechſlung zwiſchen den dunklen Nadeln die braunen Fruchtzapfen, und in ihren Wipfeln hören wir Vogelgezwitſcher. Das niedliche Goldhähnchen, das noch kleiner iſt als der Zaunkönig, treibt hier ſein munteres Weſen, und — o Wunder, ſogar ein Vogelneſt mit jungen Vöglein darin birgt ſich im Gezweig jener hohen Tanne, und die Eltern fliegen ab und zu und füttern ihre Brut, die Mutter im grauen Hauskleide und der Vater im prächtigen roten Rock. Es ſind Kreuzſchnäbel, die ſich von den Samen der Nadel— hölzer nähren. Aber in alten hohlen Eichen ſchlafen dicht zuſammengedrängt Scharen der wunderlichen Fledermäuſe, und unten, eingewühlt im Mulm des gehöhlten Stammes, liegen zu Knäueln geballt harmloſe Blindſchleichen oder giftige Kreuzottern oder Ringel— nattern und andere Schlangen. In den Höhlungen zwiſchen dem Wurzelwerk hocken Kröten und ſchlummern die ſonſt ſo flinken Eidechſen. In den Aſtlöchern und den Ritzen der Rinde harren Schmetterlinge des kommenden Frühlings. Andere brachten dort ihre Eier unter oder befeſtigten ſie und ihre Raupengeſpinſte an den Zweigen und zwiſchen den welken Blättern. Unter der Baum— rinde und unter Steinen ruhen Schnecken, Käfer, Spinnen und Aſſeln, Tauſendfüße und ſonſt allerlei Gewürm. Gar vielen iſt der Schnee eine ſchützende Decke, doch manchen iſt er auch ſehr läſtig und wird ihnen, wenn er lange liegt, leicht zum Verderben. Hirſche, Rehe und Haſen, Mäuſe und Eichhörnchen leiden durch ihn große Not. Schwer darben auch die körnerfreſſenden Vögel, während diejenigen, die ſich von Inſekten nähren, immer noch eher ihre Nahrung in den Verſtecken zu finden wiſſen. Der Brüning, Pflanzenreich. 9 130 Familien der Blütenpflanzen. Fuchs aber ſchleicht mit bellendem Magen umher und folgt ihnen mit lüſternen Blicken. Es brauſten die Frühlingsſtürme und brachen das Eis. Der Schnee zerſchmolz, und in den Gärten liefen die Stare umher in blitzenden Röcklein. Da ſtäubten am Waldrande die Kätzchen der Haſel und zwiſchen den hohen Stämmen der Buchen ſchmückte ſich ein beſcheidener Strauch, der Seidelbaſt, mit ſeinen violetten Blüten. Dann folgte draußen am Bache die Salweide und im Walde am Boden das Buſchwindröschen. Nun trieben die Birken das erſte Grün, und die Knoſpen der andern Bäume erwachten, und es begann ſich in ihrem Innern zu regen. Das Knoſpenharz löſte ſich auf, und die Wipfel der Buchen glänzten rötlichbraun im Sonnenſchein, bis endlich ein grüner Schimmer ausgegoſſen ſchien über den ganzen Wald, aus dem nur noch Eichen und Eſchen im alten Wintergrau hervorragten neben dem dunklen Kleide der Kiefern und Tannen. Endlich war auch ihre Zeit gekommen, der ganze Wald prangte im Schmuck des jungen Grüns. Birke und Buche, Ahorn und Linde, Pappel und Erle hatten bereits dichtbelaubte Kronen, auch Eſche und Eiche trieben junge Blätter, und Kiefer und Tanne wollten nicht zurückbleiben. Beſonders ſchmuck ſah die Tanne aus mit dem friſchen Hellgrün des Maiwuchſes — ſo nennt man die jungen Schöſſe am Ende der alten Zweige. Sie braucht ſich wahrhaftig nicht zu ſchämen vor den Laubhölzern, denn ſie hatte ihren Pfingſtſchmuck ſo gut wie dieſe und blühte wie ſie. — Gar verſchieden war die Blüte der Laubbäume: die Roßkaſtanie in der Allee wollte Königin ſein und meinte, ſie könnte es noch beſſer als der Apfelbaum und die andern Obſt— bäume im Garten, aber der Goldregen, der ſich noch über ſeine Schweſter, die ſtolze Robinie, erhob, machte ihr den Rang ſtreitig. Da konnten Ahorn und Linde freilich nicht mit, obgleich ſie zu I ui Be . Der Wald. 131 derſelben Gruppe der Blattkeimer gehören. Sie mußten mit ihren unſcheinbaren Blüten beſcheiden zurückſtehen, aber die Linde ließ ſie ruhig prunken und prahlen. Sie verbreitete ihren köſt— lichen Duft und bekam mehr Beſuch als alle andern. — Auch die zweite Gruppe, Blattkeimer mit verwachſenen Blumenblättern, hat ein Mitglied unter den Bäumen im deutſchen Walde. Es iſt die ſchlanke, faſt alle andern überragende Eſche. Da ſie aber ein Windblütler iſt, ſo fällt uns ihre Blüte nicht ſonderlich auf. Anders freilich iſt es im Garten, wo der Flieder, oder wie man auch ſagt: die Syringe, die Vertretung übernimmt. Ihre präch— tigen violetten oder weißen Blütentrauben mit dem köſtlichen Dufte machen ſie zum Liebling bei groß und klein. — Um ſo zahlreicher ſind die Bäume aus der dritten Gruppe. Es ſind mit wenigen Ausnahmen — wie z. B. die Weiden — Wind: . blütler. Hierher gehören die mächtige Eiche, die herrliche Buche, die liebliche Birke, der ſagenumwobene Haſelſtrauch, aus deſſen Gezweig abergläubiſche Schatzgräber ſich Wünſchelruten ſchnitten, der Walnußbaum, die Erle und die Pappel. Die letztere ſieht der Förſter nicht gern im Walde. Er nennt ſie Forſtunkraut, weil ſie mit ihrem ausgebreiteten Wurzelwerk weithin den Boden durchwuchert und den andern Bäumen die Nahrung entzieht. — Nach Spitzkeimern ſuchen wir vergeblich unter unſern Wald— bäumen. Wollen wir ſie finden, ſo müſſen wir weit reiſen nach unſern Kolonien unter dem Aquator im heißen Afrika. Dort wachſen ſie in den dichten Urwäldern, und man holt ſie her und pflanzt ſie in Gewächshäuſern, es ſind Palmen. Viele von ihnen ſind Schattenpflanzen, die im Halbdunkel unter den Laub— kronen der Bäume gedeihen wie bei uns die Farnkräuter. „Da kam am Tag der ſcharfe Strahl, ihr grünes Kleid zu ſengen, und nächtlich kam der Froſt einmal, mit Reif es zu beſprengen.“ Es wird Herbſt. Die Blätter der Bäume haben 132 Familien der Blütenpflanzen. ihre Schuldigkeit getan. Sie haben den Baum ernährt und Nahrung aufgeſpeichert fürs kommende Frühjahr. Gewaltige Waſſermengen haben ſie aus dem Erdboden gezogen und wieder als Waſſerdampf hinaufgeſchickt zum Himmel. Dort ſammelte er ſich in dunklen Wolken und rauſchte dann wieder herab als fruchtbringender Regen. So wurde der Wald zum Segen für die ganze Gegend. Darauf verrichteten die Blätter ihre letzte Arbeit, ſie bildeten zwiſchen Zweig und Blattſtiel die trennende Korkſchicht, dann verfärbten ſie ſich. Der Wald legte ſein buntes Trauerkleid an, und bald waren die Nadelhölzer wieder die einzigen grünen Bäume. Das Laub deckte abermals den Boden und barg Millionen von Samenkörnlein, die der Auferſtehung entgegenſchlummerten. 42. Blütenkalender der bekannteiten Pflanzen. Im Vorfrühling blühen ſchon in Hecken, Gebüſchen und Laubwäldern: das wohlriechende Veilchen und das Hundsveilchen, Primeln oder Schlüſſelblumen, das Lungenkraut (blüht rot auf, dann violett), der Seidelbaſt oder Kellerhals, rot, noch ohne Blätter, der Schlehenſtrauch oder Schwarzdorn, weiß, Buſchwindröschen, Scharbockskraut, goldhaariger Hahnenfuß, Haſelnußſtrauch, Zitter-⸗ und Alleepappel, in Gärten: kleines und großes Schneeglöckchen (Frühlingsknotenblume), an Ufern: Peſtilenzwurz (Korbblütler), purpurn, Erle, auf Lehmboden: Huflattich (Korbblütler), einzelne Blüten, noch keine Blätter. Von März bis Juni blühen auf Feldern und Ackern: Feldehrenpreis, blau, in Trauben, Frühlingshungerblümchen, weiß. Vom Vorfrühling bis zum Spätherbſt blühen überall: Hirtentäſchel (Kreuzblütler), weiß, Marienblümchen oder Tauſendſchön (Korbblütler). Im April blühen in Gärten und auf ſonnigen Waldhügeln: Erdbeeren und Kirſchbäume. 134 Blütenkalender der bekannteſten Pflanzen. Im April und Mai in Hecken oder an Wegen: Gamander-Ehrenpreis, blau, Roßkaſtanie, großblumige Sternmiere, weiß, die gemeine Gundelrebe (Lippenblütler), blau oder violett, die gemeine Weide, in Gebüſchen und Laubwäldern: Sauerklee, weiß mit rötlichen Adern, Buche, Stieleiche und Birke, Kiefer und Lärchentanne, auf naſſen Wieſen: Sumpfdotterblume, Wieſenſchaumkraut, in Gärten: Syringen, Stadel- und Johannisbeeren, Zwetſchen-, Birn- und Apfelbäume. Von April bis September blühen an Wegen und Hecken: . der lanzettblättrige Wegerich, das Schöllkraut, gelb, gelber Milchſaft (Mohngewächs), weißer und roter Bienenſaug (Lippenblütler), Löwenzahn (Korbblütler), auf Ackern: das Ackertäſchelkraut (Kreuzblütler), die Zaunwicke (Schmetterlingsblütler), purpurviolett, an naſſen Stellen: | Sumpfvergißmeinnicht. Im Mai blühen in Gebüſchen und Wäldern: der wohlriechende Waldmeiſter, weiß, Schneeballſtrauch, Blütenkalender der bekannteſten Pflanzen. 135 Maiglöckchen, Heidelbeere, Weißdorn und Vogelbeere, Fichten, an Ufern: die gelbe Waſſerſchwertlilie. Im Mai und Juni blühen an Wegen und Hecken: der bitterſüße Nachtſchatten, violett, der Flieder oder Holunder, der Pfeifenſtrauch, in Gebüſchen und Wäldern: Goldneſſel (Lippenblütler), Traubeneiche (Eicheln ſehr kurz geſtielt), auf Wieſen und Triften: Kuckucksnelke, rot, knolliger und ſcharfer Hahnenfuß, gelb, Hahnenkamm oder Klappertopf, gelbe Rachenblüte mit blauen Anhängſeln, Hornklee (Schmetterlingsblütler) gelb, außen rot, weiße Wucherblume, (Korbblütler), Knabenkräuter, auf Ackern: Mohnblume, rot, auf ſandigen Hügeln: das Frühlingsruhrkraut (Korbblütler), weiß oder rot. Von Mai bis Auguſt blühen an Wegen oder Hecken: die Glockenblume, blau, der ſtinkende Storchſchnabel, rot, weiß geſtreift, das gemeine Habichtskraut (Korbblütler), gelb, rot geſtreift, 136 Blütenkalender der bekannteſten Pflanzen. auf Wieſen und Triften: kleiner Sauerampfer, Hopfenklee, gelb, Wieſenklee, rot (Schmetterlingsblütler), auf Ackern: die Ackerwinde, rot oder weiß geſtreift, der Ackerhahnenfuß, gelb, der weiße Senf, gelb, und der Ackerhederich, weiß oder gelb, (Kreuzblütler), in Teichen, Bächen und an naſſen Stellen: Waſſerhahnenfuß, weiß, kriechender Hahnenfuß, gelb, Brunnenkreſſe, weiß, (Kreuzblütler). Im Juni und Juli blühen an Wegen und Hecken: die Hundsroſen, auf Wieſen und Triften: die Schmetterlingsblütler: Hauhechel, rötlich, Wieſenplatterbſe, gelb, und Vogelwicke, bläulich, auf Getreideäckern: die Kornrade (Nelkengewächs), purpurlila, der Feld-Ritterſporn (Hahnenfußgewächs), blau, der Ackerſenf (Kreuzblütler), gelb, Kamille und blaue Kornblume (Korbblütler), in Gärten: Dill (Doldenpflanze), Gartenroſe (bis zum Herbſt), in Gewäſſern, an Ufern und ſumpfigen Stellen: das ſchwimmende Laichkraut mit Ahrenblüten, die Weidenröschen, rot, die Blumenbinſe, roſa, die gelbe Teichroſe, die weiße Seeroſe und der Gifthahnenfuß, gelb, (bis September), Rohrkolben und Igelkolben, n Blütenkalender der bekannteſten Pflanzen. in der Ode: der Mauerpfeffer, gelb. Von Juni bis September blühen an Wegen und Hecken: das gelbe Labkraut, Schafgarbe, weiß oder rötlich, Kratzdiſtel, rot, (Korbblütler), die kleine Brenneſſel, auf Wieſen und Triften: Mohrrübe (Schirmblütler), der gemeine Sauerampfer, der Feldthymian, rot, (Lippenblütler), in Gärten: die Hundspeterſilie oder Gartengleiße (Schirmblütler), giftig, die rundblättrige Wolfsmilch, giftig, an ſandigen Stellen: die Grasnelke, rot oder weiß, das Leinkraut (Rachenblütler), gelb. Im Juli und Auguſt blühen an Wegen und Hecken: die Zaunwinde, weiß, das Bilſenkraut (Nachtſchattengewächs, ſehr giftig), die Königskerze (Rachenblütler), gelb, die Linden, das Johanniskraut oder Johannisblut, gelb, die blauen Zichorien und die Kletten (Korbblütler), in Gärten und auf Ackern: die Kartoffel, die Acker-Kratzdiſtel, rot, (Korbblütler). Von Juli bis Oktober blühen an Wegen und Hecken: — | der Wermut, der gemeine Beifuß und der Rainfarn (Korbblütler), die große Brenneſſel, „* ne U * r 88 wa I * * ® 4 8 . BE a er ER x 4 LAT ö * Weißer 8 AR En ar 75 5 i 8 i N PA 12 | 1 fi Tan Far . 8 8 Ne . Be a 1 . N I S N Blütenkalender der bekannteſten Pflanzen. ebenda und in Gärten und auf Ackern: RR der ſchwarze Nachtſchatten, die Hundskamille (Korbblütler). 138 Im Auguſt blühen: Enzian, blau, Herbſtzeitloſe, rötlich, gemeine Heide. ö * 8, l * Pi ar ** * * 1 a 2 es er 7 : LE 1 * „ „ 2 8 — * — = = . Etwas von den blütenloſen Pflanzen. 43. Rufpilze. Wir wandern durch den herbſtlichen Wald, umſchwirrt von fallenden Blättern. Da ſehen wir ſonderbare Geſtalten am Boden. Bleiche Nachtgeſtalten mit mächtigem Hut auf dem kurzen Körper, erſcheinen ſie als wunderliche Gnomen, herauf— geſtiegen aus dem unterirdiſchen Reiche der Zwerge. Als wir vor einigen Tagen desſelben Weges kamen, waren ſie noch nicht da, kommen wir nach kurzer Zeit wieder, ſo werden dieſe ver— ſchwunden ſein und andern Platz gemacht haben, bis der Winter ſie verbannt. Aber wenn der Frühling kommt, ſendet das Volk der Pilze neue Scharen hervor aus dem Grunde, bis die Dürre des Sommers ihnen Einhalt gebietet. Doch kommt dann der Herbſt, ſo ſind ſie wieder da und zeigen ſich uns im ſchnellen Wechſel von Werden und Vergehen. Dort ſteht einer, der iſt wohl König unter ihnen. Sein mächtiger Hut iſt ſcharlachrot und beſetzt mit weißen Tüpfeln, als wollte er ſich zeigen im Purpur und Hermelin des Herrſchers. Aber recht unköniglich iſt ſein Name, denn er heißt Fliegen— ſchwamm, und ich will dir nicht raten, dich mit ihm abzugeben, denn er würde es dir übel lohnen. Er iſt nämlich ein ſchlimmer, giftiger Burſche, und hat ſeinen Namen bekommen, weil man ihn früher in Scheiben geſchnitten und mit Milch vermiſcht hin— ſtellte, als Futter für die läſtigen Stubenfliegen, die nach ſolcher Henkersmahlzeit eines jämmerlichen Todes ſtarben. 142 Blütenloſe Pflanzen. Wir fürchten uns aber nicht vor ihm, denn da wir ihn nicht eſſen wollen, ſo ſoll ſein Gift uns wenig anhaben, Waſſer, Seife und Nagelbürſte werden es nachher bald von den Händen entfernen. Alſo nehmen wir ihn auf, damit wir ihn beſſer an— ſehen können. Am unteren Ende ſeines Stieles iſt er knollig verdickt und hat eine ſchuppige Wulſt. In der Mitte des Stieles zieht ſich ein Hautring um ihn herum. Dann kommt der Hut mit ſeiner bunten Oberſeite. Zuerſt iſt er ſehr gewölbt, dann wird er flach. Seine Unterſeite iſt eigentümlich geſtaltet. Haſt du in einem alten Buche mal Bilder liegen gehabt und konnteſt beim Nachblättern nicht alle wieder herausfinden? Es war dir zu langweilig, Blatt für Blatt umzuſchlagen, und ſo faßteſt du das Buch zu beiden Seiten mit den Händen am Umſchlag und hielteſt es hoch und ſchüttelteſt, damit die Bilder herausfallen ſollten. So wie die Blätter des Buches dann nach unten hängen, ſo ſieht der Hut des Fliegenpilzes auf ſeiner Unterſeite aus. Man nennt ihn darum einen Blätterpilz. Zu Hauſe ſollen ſie den hübſchen, giftigen Kerl auch kennen lernen, darum nehmen wir ihn mit. Einſtweilen legen wir ihn auf ein Stück Papier in den Bücherſchrank, denn die Mutter ruft zum Mittageſſen, und wir müſſen unſere Hände reinigen. Nach einigen Tagen holen wir ihn wieder hervor. Er iſt ganz eingetrocknet und auf dem Papier liegt unter ſeinem Hut eine Schicht von einem graulichen Mehlſtaube. Es ſind die Samen oder Sporen des Pilzes, die zwiſchen ſeinen Blättern ſich ent— wickelt haben und nun herausgefallen ſind. Der Wind muß dieſe Staubkörperchen leicht über ungeheure Gebiete verbreiten können. Wieder gehen wir durch den Wald und treffen eine ganze Kolonie von Fliegenſchwämmen. Dort ſteht ein ganz alter mit flachem Hute, mit verblichenem Rot und verſchrumpften Hermelin⸗ “x 4 4 7 2 ar r = Fer I oo u aan ze Se Hutpilze. 143 flocken. Neben ihm ſteht ein anderer in der Fülle ſeiner Kraft, prächtig anzuſchauen in ſeinem halbkugeligen, glänzendroten Hute. Was für ein Ding iſt aber dieſe weiße Knolle dicht daneben? Es iſt ebenfalls ein Fliegenpilz, wie wir an ſeinem etwas größeren Bruder ſehen, der ein paar Schritte weiterhin aus dem braunen Laub hervorgebrochen iſt. Aha, nun wiſſen wir, woher die Hermelin— flocken auf dem roten Hute ſtammen. Der ganze Pilz iſt in ſeiner Jugend eingeſchloſſen von einer weißen Haut, wie das Küchlein von der Eierſchale. Der dort iſt gerade im Begriff hervorzubrechen, wie das Vöglein, das aus dem Ei ſchlüpft. Die weiße Haut hat ſchon Riſſe bekommen, und wir ſehen durch dieſe die Scharlach— farbe hervorleuchten. Bald zerreißt die Haut ganz, und die Flocken auf dem Hute und der Ring um den Stiel find die Überbleibſel davon. Welchen Zweck hatte ſie denn? In ihrem Schutze ſollten die Sporen reifen, und da das geſchehen war, ſtreckte ſich der Stiel und zerriß die Haut, und der Hut breitete ſich aus und wurde flach, damit ſeine Blätter ſich weit ausein— anderſpreizen konnten, und dem Winde geſtatteten, die heraus— fallenden Sporen fortzuführen. Wo kommen denn nur all die Pilze ſo ſchnell her? Es iſt doch ſonderbar, daß man an ihrem wulſtigen Ende keine Spur von Wurzeln findet. Das wollen wir erforſchen. Wir räumen die Laubſchicht fort und finden den Boden durchzogen von einem weißlichgrauen Fadenwerk, wie vom Netz einer Spinne. Es iſt das „Lager“ des Pilzes, und aus den knoſpenartigen Kügelchen, die auf den Fäden ſitzen, entſtehen die einzelnen Pilze. Nun geht uns ein Licht auf: das netzartige Lager iſt die eigentliche Pflanze, und die Pilze, die auf ihm ſitzen, ſind nur die Samenträger, wie etwa die Gurken und Kür— biſſe, die an den Rankenſtielen der Pflanze ſitzen. Eins muß uns aber noch auffallen: das geiſterhafte, bleiche 144 Blütenloſe Pflanzen. Ausſehen der Pilzpflanze. Wie ernährt ſie ſich, da ſie doch kein Blattgrün hat und darum die Nährſalze nicht in brauchbare Speiſe umwandeln kann? Das Rätſel iſt leicht gelöſt, denn die Pilze find Verweſungspflanzen. Sie brauchen keine Nähr— ſalze umzuwandeln, denn ſie leben von den faulenden Blättern am Boden, genießen alſo Speiſe, die ſchon zubereitet iſt. Ein anderer Pilz wächſt im Walde, der den Fliegenpilz noch übertrifft. Schöner iſt er freilich nicht, ob er gleich in der Jugend glänzendrot iſt und wie ſein Vetter reinweiße Blätter hat. Er verfärbt ſich mit zunehmendem Alter, wird braun, grünlich, gelblich, auch weiß, meiſtens iſt er aber oberſeits dunkel⸗ braun. Er führt den bezeichnenden Namen Speiteufel, weil nach ſeinem Genuß ſich heftiges Erbrechen einſtellt. Nun wollen wir aber doch die Pilze nicht ganz in Miß— kredit kommen laſſen, ſondern auch einen nennen, der ſich großer Beliebtheit erfreut. Es iſt der Feld-Champignon. Er iſt gleichfalls ein Blätterpilz, den man im Herbſt auf Ackern und Viehweiden häufig findet und ſammelt zu einer nahrhaften und wohlſchmeckenden Speiſe. Man nimmt ihn aber nur, ſo— lange er noch jung iſt, denn ſpäter iſt er durchwühlt von Fliegen— maden und angefreſſen von Schnecken. Sein Hut iſt weiß oder gelblich bis bräunlich, die Blätter ſind erſt weiß, gehen aber ſchnell über in Roſenrot und ſind zuletzt ſchokoladenfarbig. Um den Stiel herum ſitzt ein Hautring. Man zieht den wertvollen Pilz auch in Miſtbeeten, die man in Kellern oder an ähnlichen dunklen und feuchten Orten anlegt. Gedüngt wird mit Pferde— miſt. Will man eine Champignonzucht anlegen, ſo muß man das Pilzlager ins Miſtbeet hineinbringen. Was macht denn die Pilze ſo wertvoll, daß es ſich ver— lohnt, ſie in Miſtbeeten zu ziehen? Sie dienen nicht allein als würzende Zugabe bei allerlei Speiſen, um deren Wohlgeſchmack 22. Wen PR Hutpilze. — „Fliegenpilz. 2. Champignon. 3. Eterſchwamm. 4. Stoppelp Knollenblätterpilz. 8. Birkenreizker. 9. Schwefelkopf. 10 ing 12, Korallenpilz. 13. Rindenpilze. 14. Spitz zmorchel Hutpilze. 145 zu erhöhen, ſondern fie find auch ſelbſt ganz vorzügliche Nahrungs- mittel, wie einige Vergleiche zeigen mögen. Der getrocknete Champignon enthält z. B. weit über doppelt ſoviel Eiweißſtoffe als Roggen und Gerſte und faſt doppelt ſoviel wie der Weizen und ſteht den Erbſen und Bohnen ungefähr gleich. An Zucker— ſtoffen ſind im Champignon unter hundert Teilen ſechs enthalten. Dazu kommen noch Nährſalze und Fett. Folglich bietet dieſer Pilz alle diejenigen Stoffe, die in unſern täglichen Nahrungs— mitteln, alſo im Brot, im Fleiſch, in Eiern und Milch enthalten ſind. Er wird darin aber noch von andern Pilzen übertroffen. Außer dem Feld-, dem Acker- und dem Waldchampignon geben auch die ebenfalls zu den Blätterpilzen gehörenden, im Walde an graſigen Stellen wachſenden Maiſchwämme, die wir auf dem erſten Bilde dieſes Buches ſehen, eine nahrhafte, wohl— ſchmeckende Speiſe. Man erkennt ſie leicht an dem Mehl- oder obſtartigen Geruch und an den dicht ſitzenden, äußerſt dünnen Blättern. Der Mehlduft iſt noch ſtärker beim Mehlſchwamm, der ſchattige, mooſige Waldplätze liebt und darum auch Moos— ling heißt. Einen aprikoſenartigen Geruch hat der gelbe Eier— pilz oder Pfifferling, der wegen ſeines ſchwach pfefferartigen Geſchmacks nur ſelten von Inſekten angegriffen wird, als Speiſe— pilz ſich aber großer Beliebtheit erfreut. Ihm ſehr ähnlich iſt der giftige Eierpilz. Dieſer unterſcheidet ſich jedoch von dem echten Eierpilz dadurch, daß ſeine Blätter keine Queradern haben und daß ſeine unten ſich ſtark verdünnenden Stiele am Grunde ſchwarz ſind. Auch die Champignonarten haben einen giftigen Doppelgänger. Wenigſtens können wir ihn während ſeiner Jugendzeit ſo nennen. Es iſt der Knollenblätterpilz, der aber einen hohlen Stiel hat und ſich durch ſeinen unangenehmen Geruch verrät. Gleichfalls giftig iſt der Birkenreizker und der Schwefel— kopf, während Stockſchwamm und Stoppelpilz eßbar ſind. Brüning, Pflanzenreich. 10 146 Blütenloſe Pflanzen. Einer der wichtigſten Speiſeſchwämme und einer der größten im Walde iſt der Stein- oder Edelpilz. Sein Hut iſt oberſeits meiſtens braun, in der Jugend heller gefärbt als im Alter. Die Unterſeite des Hutes iſt zuerſt weiß, wird dann gelb und nimmt ſchließlich einen grünlichen Farbenton an. Wir ſehen an ihr gleich einen Unterſchied gegen die vorgenannten Pilze, denn während dieſe Blätter haben, iſt der Hut des Steinpilzes auf der Unterſeite mit vielen kleinen Löchern verſehen. Der Steinpilz iſt ein Röhrenpilz. Die Röhren haben denſelben Zweck wie die Blätter. Es entwickeln ſich in ihnen die Sporen. Andere eßbare Röhrenpilze ſind der in Nadelwäldern wachſende Butterpilz und der ebenfalls dort, namentlich an den Rändern der Lichtungen, ſich findende Kuhpilz, ferner Schmerling und Ziegenlippe, ſowie der wohlſchmeckende Birkenpilz. Giftig ſind der Satanspilz, der Dickfuß und der Hexenpilz. Zu der— ſelben Gruppe der Pilze gehören auch der an Buchen wachſende echte Zunderſchwamm, der Eichenwirrſchwamm und der ſo ſehr gefürchtete Hausſchwamm, welcher das Holzwerk überzieht, wie z. B. die Unterſeite der Fußbodenbretter, die Türbekleidungen zwiſchen Holz und Mauer, das Gebälk im Keller. Große Flächen bedeckt der Schwamm und zerſtört das Holz, aber er wird auch durch ſeine Ausdünſtung den Bewohnern gefährlich, nament— lich führt er Augenentzündung herbei, wenn er ſich am Holz eines Schlafzimmers angeſiedelt hat. Wir wollen die Hutpilze nicht verlaſſen, ohne noch der ſo ſehr geſchätzten Trüffel und der Morcheln zu gedenken, obgleich ſie wiſſenſchaftlich nicht in dieſe Gruppe eingereiht ſind. Zu einer andern Familie gehört die entſetzliche Stinkmorchel, die auch Hexenei genannt wird. Sie iſt ein Bauchpilz, ſteht aber den Hutpilzen nahe. Die übelriechenden Sporen werden von Aasfliegen verbreitet. Bauchpilze find auch die bekannten Bofiſt— Hutpilze. 147 arten, die wohl jeder ſchon auf den Triften angetroffen hat. Sie ſehen nach ihrer Form etwa wie eine Birne aus, ſind in der Jugend gelblichweiß und färben ſich ſpäter bräunlich. Die äußere Hülle öffnet ſich oben mit einem rundlichen Loch, aus welchem eine Wolke dunkelfarbiger Sporen emporſtäubt, wenn man auf den reifen Pilz tritt. Dieſer Sporenſtaub wird zum Blutſtillen gebraucht, weil er mit dem Blut vermiſcht, ſchnell eine Kruſte bildet. Der giftige Hartbofiſt dient in Scheiben geſchnitten betrügeriſchen Händlern zur Fälſchung der Trüffeln. Noch viele Pilze finden wir im Walde und auf dem Felde. Eine große Zahl von ihnen dient uns zur Speiſe, aber wer Pilze ſammelt, ſoll bedenken, daß es auch viele giftige gibt, deren Genuß dem Menſchen Krankheit und Tod bringt. Dabei ſehen die giftigen Schwämme den eßbaren oft recht ähn— lich, und wer die Unterſchiede nicht genau kennt, der laſſe lieber ſeine Finger davon. Es iſt kein Zeichen von Giftigkeit, wenn ſilberne Löffel oder Zwiebeln im Kochtopf zwiſchen den Pilzen ſchwarz anlaufen, aber allgemein ſoll man ſich vor ſolchen Pilzen hüten, die einen Milchſaft ausſickern laſſen, die in ſchwarze Jauche zerfließen, die einen unangenehmen Geruch haben, deren Oberhaut klebrig iſt, die ſich beim Durchſchneiden ſchnell blau färben, und endlich vor ſolchen, deren Stiel mit ſeinem unteren knollig verdickten Ende in einer Wulſthaut ſitzt, wie bei dem leicht kenntlichen Fliegenpilz, und vor ſolchen, die ſehr grell ge— färbt ſind. So z. B. ſind alle Röhrenpilze giftig, die an den Röhrchen und am Stiel rote Färbung haben. 148 Blütenloſe Pflanzen. 44. Pilze als Feinde und Freunde der Menichen. Bei der Betrachtung der Weidengewächſe haben wir ſchon geſehen, daß Pilze als Baumverderber auftreten können, da ſie mit dem Regenwaſſer eindringen in die Schnittſtellen der Kopf— weiden und den Stamm höhlen, indem ſie das Holz zerſtören. Andrerſeits könnten manche Bäume ohne Hilfe der Pilze gar nicht gedeihen. Als Beiſpiele nennen wir die Buchen und die Kiefern, deren feine Wurzeln ganz und gar mit einem dichten Pilzüber⸗ zuge bedeckt ſind. Die Pilze entziehen dem Boden ſehr viel Feuchtigkeit und führen dieſelbe den Wurzeln des Baumes zu, ernähren ſie alſo gleichſam. So ſind die Pilze alſo nicht nur Schädlinge, ſondern auch Wohltäter für die Pflanzen. Wir haben ferner geſehen, daß es giftige und eßbare Pilze gibt. Mit dieſen kommt der Menſch nur in Berührung infolge ſeines eigenen Willens, und darum ſpielen ſie keine ſo wichtige Rolle. Von weit größerer Bedeutung ſind aber diejenigen kleinen Pilze, die ohne Zutun ſich ihm aufdrängen, ja, denen er nicht einmal ausweichen und deren er ſich in unendlich vielen Fällen nicht erwehren kann, denn Pilzkeime ſind überall, im Hauſe wie im Freien, in der Luft ſowohl wie in der Erde und im Waſſer. Sie haften an unſeren Möbeln, unſeren Kleidern, unſerer Haut. Wir nehmen ſie ohne unſeren Willen und unſer Wiſſen zu uns mit Speiſen und Getränken. Sie dringen bei jedem Atemzuge ein in Naſe, Mund und Lunge. Sie vernichten nicht nur Pflanzen, ſondern zerſtören auch tieriſches Leben; wir brauchen uns nur zu erinnern an die toten Fliegen, die im Spätſommer und im Herbſt an den Fenſterſcheiben ſitzen. Sie ſind befallen worden Pilze als Feinde und Freunde der Menſchen. 149 vom Fliegenſchimmel, einem Kleinpilze, der ihren Körper ganz durchdrungen hat, und rundherum um die Leiche ſehen wir am Glaſe einen Kranz oder Hof von den Sporen des Verderbers. a Roggenähre, b Mutterkorn mit Fruchtträgern, e Mutterkorn in der Roggenblüte. (Etwas unter nat. Größe.) So ſteht alſo der Menſch dem Volke der Pilze als einem furchtbaren Feinde gegenüber, der in gewaltigen und unzähligen Heeren über ihn herfällt. — Gehen wir zur Zeit der Roggen— ernte am Kornfelde entlang, ſo ſehen wir aus manchen Ahren große, ſchwarzbraune, holzige Körper hervorragen, die man „Mutterkorn“ nennt. Sie verdanken ihre Entſtehung einem Pilze. Indem derſelbe den Fruchtknoten der Kornblüte befällt und zerſtört, mindert er den Körnerertrag, und außerdem enthält 150 Blütenloſe Pflanzen. das Mutterkorn ein ſchlimmes Gift, das ſchon ſchwere Erkrankungen bei Menſchen hervorgerufen hat, die es im Brote genoſſen. Das Brot ſelbſt wird von einem andern Pilze heimgeſucht, dem Pinſel- oder Brotſchimmel, der ſich auch einſtellt auf andern Eßwaren, Fleiſch, eingemachten Früchten, auch auf Tinte und auf feuchtſtehendem Schuhwerk. Ahnliche Pilze überfallen die Blätter unſerer Zier- und Nutzpflanzen, z. B. des Weinſtocks, und richten ungeheuren Schaden an. Berüchtigt ſind dadurch beſonders die ſogenannten Roſt- und Brandpilze. Ebenſo und vielleicht noch ſchlimmer hauſen die Algenpilze, durch die z. B. die Kartoffelkrankheit hervorgerufen wird. Unſere ſchlimmſten Feinde ſind aber die Spaltpilze oder Bakterien, von denen wir noch ganz beſonders die Bazillen erwähnen wollen. Dieſe Pilze ſind die kleinſten bekannten Lebeweſen. Sie ſind ſo winzig, daß ſie nur durch das Mikroſkop bei ſehr ſtarker Vergrößerung ſicht— bar ſind. Man ſieht ſie als kleine Kügelchen, als kurze und längere Stäbchen, als kleine Schlangen oder korkzieherartig ge— wunden. Je nach ihrer Geſtalt haben ſie verſchiedene Namen. Diejenigen von der Form längerer Stäbchen heißen Bazillen. Dieſes Wort iſt abgeleitet von baculus, d. h. Stab. Den Namen Spaltpilze führen ſie alle, denn ſie vermehren ſich, indem ein Pilz ſich teilt oder ſpaltet. Dann iſt jeder Teil wieder eine ſelbſtändige Pflanze. Bei günſtigen Nahrungsverhältniſſen und ſonſtigen Bedingungen iſt die Vermehrung eine ſo ungeheure, daß man ſich keine Vorſtellung davon machen kann. Die Spalt— pilze ſind die Erreger der Fäulnis. Ohne ſie gibt es keine Verweſung, denn die Zerſetzung der Pflanzen und Tierkörper wird erſt durch ſie bewerkſtelligt. Da die ganze Luft von ihnen erfüllt iſt, und man von ihnen ſagen kann, daß ſie wirklich all— gegenwärtig ſind, ſo zeigen ſich auch überall ihre verderblichen Wirkungen und zwar auch an unſerem eigenen Körper. Sie nnn * N 1 Pilze als Feinde und Freunde der Menſchen. 151 ſetzen ſich in unſeren Mund und höhlen und zerſtören unſere Zähne. Sie ſind die Erreger der Schwindſucht, der Diphtherie, der In— fluenza, der Cholera, der Peſt, kurz, ſämtlicher anſteckenden Krank— heiten bei Menſchen und Tieren. Sie ſind die unerbittlichen Todfeinde alles Lebenden. Da gilt es denn, einen unabläſſigen Kampf zu führen gegen dieſe ſchlimmen Feinde, damit ſie uns nicht überwältigen und ſchweren Schaden zufügen an Geſundheit und Leben. Die Grundbedingung für dieſen Kampf iſt die größte Reinlichkeit des Körpers, der Kleidung, der Wohnung und der Geräte, die zum Eſſen und Trinken oder zur Zubereitung der Speiſen be— nützt werden. Alle übrigen Mittel ergeben ſich aus den Lebens— bedingungen der Pilze von ſelbſt. Man tötet ſie durch Kochen, man ſetzt Fleiſchwaren im Eisſchranke großer Kälte aus, Fiſche und Fleiſch werden geräuchert oder gleich dem Obſt gedörrt. Auch werden Eßwaren geſalzen, denn Salz iſt Gift für die Pilze. Außerdem gibt es eine Anzahl von Flüſſigkeiten, wie z. B. Karbolſäure, und andere Stoffe, welche die Pilze vernichten. Dieſe Mittel wenden die Arzte an bei Verwundungen und Ge— ſchwüren. Nicht alle Spaltpilze ſind Feinde des Menſchen, ſondern von manchen macht er ſich ihre Tätigkeit, durch welche ſie in Nährſtoffen Veränderungen hervorrufen, zunutze für ſeine Zwecke. Hierher gehören z. B. die Gärungspilze, und es iſt jedem Kinde bekannt, daß man beim Backen von Schwarzbrot Sauerteig ver— wendet, in dem ſolche Pilze vorhanden ſind. Auch bei der Eſſigfabrikation und noch zu manchen andern Zwecken bedient man ſich der Spaltpilze. 152 Blütenloſe Pflanzen. 45. Flechten. Da ſteht im Walde ein alter Tannenbaum. Er iſt keiner von jenen Rieſen, die ihre Wipfel erheben über die Häupter ihrer Kameraden, ſondern es iſt ihm ſchlecht ergangen in ſeinem Leben. Das Samenkörnlein, aus dem er entſtand, fiel auf einen ſteinichten Boden, und darum hatte das Bäumchen von Jugend auf zu kämpfen mit Mangel und Nahrungsſorgen. Es kümmerte ſich niemand um dasſelbe, keine pflegende Hand ſchuf ihm Platz, daß es ſich ausbreiten konnte, es war ganz allein auf ſich ſelbſt an— gewieſen. Dabei hatte es auch ſonſt einen ungünſtigen Standort, es war die rechte Wind- und Wetterecke, wo es wuchs. Die Stürme zerzauſten es und Schnee und Regen bekam es aus erſter Hand. Dabei hatte es nicht einmal Nutzen von dem frucht- bringenden Naß, denn der Boden war zu abſchüſſig, und das Waſſer floß ab und drang nicht ein ins Erdreich. So war der Baum denn ein Bild des Elends und des Jammers. Er hatte nicht den edeln ſchlanken Wuchs ſeines Geſchlechtes, ſondern er war ein Krüppel. Seine Zweige waren entblößt von Nadeln, und die meiſten waren ſogar ſchon abgeſtorben. Aber kahl waren ſie darum nicht, ſondern ſie waren über und über bedeckt mit grauen Pflanzen, die wie lange Bärte von ihnen herabhingen, ſo daß der Baum ausſah wie ein graubärtiger Greis. Es waren Bartflechten, die ſich auf ihm angeſiedelt hatten. Sie ſind ein ſonderbares, vielgeſtaltiges Geſchlecht, dieſe Flechten. Hier hängen ſie von den Zweigen der Bäume herab, dort breiten ſie ſich auf der Rinde aus in großen Lagern. Sie überziehen die Aſte und Stämme der alten Waldrieſen und der Obſtbäume im Garten, fie breiten ſich aus über alte Bretterzäune Flechten. 153 und bedecken das nackte Felsgeſtein und die Mauern der Gebäude, wie z. B. die gelbe Wand- oder Schüſſelflechte. Den letzteren Namen hat die Pflanze bekommen wegen der ſchüſſelförmigen Fruchtkörperchen. Bartflechte. (Nat. Größe.) Aber nicht nur auf Bäumen, an Mauern und Geſtein treffen wir die Flechten, ſondern auch auf dem Erdboden, nur nicht im Waſſer, obgleich ſie ſonſt die Feuchtigkeit lieben. Die am Boden wachſenden Flechten ſehen meiſt aus wie winzige Sträucher. Eine der wichtigſten iſt das Isländiſche Moos, welches auf der Inſel Island weite Strecken bedeckt, aber auch auf den deutſchen Gebirgen und Heiden ſich häufig findet. Es diente früher als weit gerühmtes Heilmittel bei Lungenkrankheiten und wird viel— 154 Blütenlofe Pflanzen. fach als Speiſe benützt. Noch wichtiger iſt die Renntierflechte. Wir treffen ſie in den norddeutſchen Mooren und Heiden und in lichten Wäldern, aber in den Polargegenden des Nordens über— zieht ſie meilenweite Strecken und iſt in der rauhen Jahreszeit die einzige Nahrung der Renntiere. Durch ſie werden jene Gegen— den erſt bewohnbar, denn ohne fie kann das Renntier nicht leben, und ohne dieſes kann wieder der Menſch in jenen Gegenden nicht beſtehen. Nimmt man ein Stück von dem Polſter, das die Renn— tierflechten bilden, vom Boden auf, ſo glaubt man, einen dichten Zwergenwald zu ſehen. Die Renntierflechte gehört zur Gruppe der Becherflechten, die man häufig auf trockenem Heideboden findet. An der Erde breitet ſich ein laubartiges Lager aus, welches die eigentliche Pflanze iſt, und auf dieſer ſtehen die tüten— oder becherförmigen Fruchtträger, denen die Flechte ihren Namen verdankt. Die Fruchtkörper ſitzen in Geſtalt kleiner roter Knöpfchen am Rande des Bechers, und nach ihnen heißt man die Pflanze auch Korallenflechte. Schließlich wollen wir noch die Lack— musflechte erwähnen, die an den Felſenküſten wärmerer Meere wächſt und neben manchen andern Flechten wertvolle Farbſtoffe liefert. Im Haushalte der Natur werden die Flechten noch da— durch wichtig, daß ſie öde Gegenden und ſelbſt kahle Felſen be— ſiedeln und den höheren Pflanzen Boden ſchaffen. — Wenn man die hellgrauen Geſtalten der Flechten an den Bäumen oder am Boden ſieht, jo wird man unwill⸗ kürlich an die Pilze er- innert, und tatſächlich N beſteht zwiſchen beiden Schüſſelflechte. (Nat. Größe.) auch eine Verwandt— 33 N 5 u u * NT 5 un N. Y; 3 * Flechten. 155 Becherflechte. (1½ über nat. Größe.) ſchaft. Die Flechte iſt eine Art Miſch- oder Doppelweſen, welches aus Pilzen beſteht, die ſich mit niederen, Blattgrün führenden Pflanzen, nämlich Algen, verbunden haben und einen gemeinſamen Haushalt führen, indem die Pilze für die Herbei— ſchaffung der Nährſtoffe, alſo des Waſſers und der darin gelöſten 156 Blütenloſe Pflanzen. Salze, ſorgen, und das Blattgrün der Algen dieſe verarbeitet und genießbar macht. So ſind alle Flechten zuſammengeſetzt, obgleich ſie in den verſchiedenſten Formen auftreten. Sie ſind gleich den Pilzen blütenloſe Pflanzen. 46. Algen. Haben wir uns bisher faſt ausſchließlich mit den Land— pflanzen beſchäftigt, ſo wollen wir jetzt unſere Aufmerkſamkeit auch einmal den Bewohnern des Waſſers zuwenden. Wir folgen einem Bächlein, das aus dem Waldesdunkel hinaustritt ins freie Feld. Es führt nur wenig Waſſer, und ſein Lauf iſt auch nicht reißend, ſchnell, ſchäumend und brauſend, ſondern man hört eigentlich nichts von ihm als hier und da, wo es über Steine hinweg muß, ein leiſes Murmeln. Es fließt ja durch flaches Land, und deshalb iſt fein Gefälle nicht groß. Die Steine auf ſeinem Grunde ſind mit einer grünen Maſſe, wie mit einem Raſen überzogen. Das ſind Algen und zwar Blaſen— algen. Wir nehmen in einem Gefäß einen mit recht dunkel— grünem Überzuge bedeckten Stein mit nach Hauſe, um die grüne Maſſe durch das Mikroſkop näher zu betrachten. Hier ſehen wir nun, daß es lauter bandförmige Fäden ſind. Jeder Faden iſt mehrfach verzweigt und an den Enden keulenförmig verdickt. In den Fäden ſieht man kleine Körperchen von Blattgrün. An jedem keulenförmigen Ende bildet ſich eine kleine Zelle, in welcher ein Same oder eine Spore enthalten iſt. Dieſe durchbricht ge— wöhnlich am Vormittag ihre Zelle und fängt dann an, ſich zu drehen und zu wenden, daß man glaubt, nicht einen Pflanzen- keim, ſondern ein lebendiges Infuſionstierchen vor ſich zu haben. Algen. 157 Man nennt dieſe Samen daher Schwärmſporen. Hat die Spore einen Anſiedlungsplatz gefunden, ſo umgibt ſie ſich mit einer Zellhaut, fängt an zu keimen und wächſt zu einer neuen Pflanze aus, welche ebenfalls wieder Sporen bildet, die aber nach ihrem Austritt nicht ſchwärmen und darum Ruheſporen ge— nannt werden. Dieſe überwintern und bilden im Frühjahre neue Pflanzen. Die Algen können ſich auch durch Teilung vermehren. In unſeren Teichen verbinden andere Algen, die Waſſer— fäden, die Pflanzen wie mit einem dichten Gewebe und werden oft zu einer filzigen Maſſe. Noch andere finden wir als watte— ähnliche Klumpen auf dem Waſſerſpiegel der Gräben treibend. Auch wenn das Waſſer blüht, haben wir es mit Algen zu tun. Die vollkommenſten Algen ſind die im Süßwaſſer häufigen Armleuchtergewächſe, die am Grunde oft kleine Wälder bilden. Alle dieſe Algen heißen Grünalgen. Im Meere treffen wir als ein- zige Blütenpflanze das Seegras, alle anderen Gewächſe ſind Algen. Die Grünalgen, welche man im flachen Gewäſſer des Strandes auf Steinen findet, treten aber nur in wenigen Arten auf und überlaſſen den Braun⸗ oder Rotalgen den Vortritt. Die bekannteſte von dieſen iſt der Blaſen— tang, den die Oſtſeefiſcher „Stein— buſch“ nennen. Dieſe Algen haben nämlich wie alle ihres Geſchlechts keine Wurzeln und nehmen ihre Nahrung durch ihre dünne Haut aus dem Waſſer auf. Gewöhnlich ſitzen Blaſentang. (½ nat. Größe.) 158 Blütenloſe Pflanzen. die Tange angeheftet an Steinen, und daher kommt die Be— zeichnung Steinbuſch. Zu den Meeralgen gehört die größte Pflanze, die es gibt. Es iſt der bis zu 300 Meter lange Birntang. Von Stürmen losgeriſſen bilden Tangmaſſen oft im Meere ausgedehnte ſchwimmende Inſeln, die man nach dem wiſſenſchaft— lichen Namen der Pflanzen „Sargaſſoſee“ nennt. Daß dieſelben ein Schiff in ſeinem Laufe aufhalten können, iſt eine Fabel. — — — — 47. Die Mooie. Vom Meeresſtrand an der Oſtſeebucht ſteigen wir empor zum herrlichen Buchenwalde, der die Hügel krönt, und ſtrecken uns hin auf ſchwellende Polſter im kühlen Schatten. Über unſeren Häuptern wölben ſich die Kronen der Waldrieſen wie zu einer mächtigen Domkuppel, die getragen wird von den ſchlanken, ſchön geformten Säulen. Unter uns vereinigen ſich die Zwerge des Waldes, die Mooſe, zu einem dichten Raſen. Sie wachſen und gedeihen im Schutze der mächtigen Rieſen, an deren Stämmen einige Arten auf der dem Regen am meiſten ausgeſetzten „Wetter— ſeite“ ſogar emporklettern. Würden die dichten Kronen der Bäume ihnen nicht Schatten ſpenden, ſo würden die Mooſe bald vom Waldboden verſchwinden. Aber auch hier heißt es: „Eine Hand wäſcht die andere“. Die Moospolſter ſaugen wie ein Schwamm das Regenwaſſer auf und halten die Feuchtigkeit feſt und geben dadurch den Baumwurzeln ſelbſt zur Zeit der Dürre zu trinken. Wenn beim Gewitter das Waſſer im Wolkenbruch zur Erde rauſcht, oder wenn im Frühling auf den Bergen der Schnee ſchmilzt, ſo verhindert der Moosraſen, daß das Gewäſſer zu wilden Gieß— Die Mooſe. 159 bächen geſammelt zu Tal ſtürzt, die Erde hinwegſchwemmt und allerlei Verwüſtungen anrichtet. Es hält dasſelbe feſt und zwingt es, ſeinen Weg hübſch durch die Erde zu nehmen und die Wurzeln zu tränken und zu ernähren, indem es die im Boden enthaltenen Stoffe auflöſt. Hat es dieſe ſeine Pflicht getan, ſo darf es als kriſtallklare Quelle wieder hervortreten ans Tageslicht und den Tieren des Waldes einen Labetrunk bieten. Zum Bache ver— einigen ſich dann die Quellen, treiben die Mühlen und verrichten allerlei nützliche Arbeit. Das verdanken wir alſo den unſchein— baren Mooſen, welche die unbändigen Waſſer in ruhige Bahnen leiteten. Wie ſie aber ſelbſt geſchützt werden von den Bäumen, ſo nehmen ſie in ihre eigene ſchützende Mitte auch wieder die Samen jener auf und bewahren ſie vor dem Froſte und ge— währen auch manchem Tierlein und ſeiner Nachkommenſchaft einen ſicheren Unterſchlupf zur rauhen Winterzeit. Wir wandern weiter und kommen auf der andern Seite zum Walde hinaus in ein Heideland, deſſen Boden ſich ſchnell ſenkt und in feuchten Grund übergeht. Hier gedeihen beſonders üppig andere dunkelbelaubte Mooſe und bilden einen lockeren Raſen. Was für Geſtalten ſind das denn? Es ſieht aus, als wäre es eine Zwergenſchule von lauter winzigen, flachsköpfigen Mädchen. Sie haben wohl ein ausgelaſſenes Spiel getrieben, denn ſonſt pflegt doch die Mutter den kleinen Mägdlein die Haare hübſch zu kämmen und zum zierlichen Zöpfchen zu flechten, dieſen aber hängt der blonde Schopf wie ein Strohdach um die Ohren. Wir wollen uns doch ſo ein Moosfräulein etwas genauer anſehen und ziehen eins aus dem Boden heraus. Für ein Moos hat es eine recht bedeutende Größe, denn es mißt über 20 Zentimeter. Das untere Ende des Stengels, welches im Erdboden ſaß, iſt mit einem braunen, filzigen Überzuge bedeckt. Derſelbe beſteht aus feinen Härchen, welche die Stelle der 160 Blütenloſe Pflanzen. Wurzeln vertreten, und die wir darum auch Wurzelhaare nennen wollen. Da nun das untere Stengelende fortwährend abſtirbt, ſo rücken dieſe Haare immer weiter nach oben, und das Moos wächſt auf ſelbſtgebildetem Boden höher. Weiter hinauf iſt der Stengel mit grünen Blättern bewachſen, die ihn in einer Schrauben— linie umgeben. Über dem belaubten Teile der Pflanze erhebt ſich ein borſtenförmiger Stiel, der ſo lang iſt wie der kleine Finger. Unten iſt er prächtig rot, oben wird er gelb und trägt an ſeiner Spitze den wunderbaren Haarſchopf, welcher der Pflanze den Namen „Goldenes Frauenhaar“ eingetragen hat. Aber was iſt das, mein kleines Moosfräulein? Du treibſt wohl gar Maskerade oder Mummenſchanz? Deine reizenden blonden Locken ſcheinen mir nicht echt zu ſein! Man kann ſie ja abnehmen! Mädchen, du trägſt ja eine Perücke! Mit leichter Mühe können wir die goldene Haube abheben, und nun kommt eine durch einen Deckel verſchloſſene Kapſel zum Vorſchein, welche die Sporen der Moospflanze in ſich birgt, aus denen die neuen Pflänzlein entſtehen. So verrichtete das Moosfräulein unter dem Haarſchopfe fruchtbringende Arbeit, woran die Buben und Mägdlein ſich ein Beiſpiel nehmen können. Nun kommen wir hinab zum Moor. Da finden wir in großen Polſtern und Flächen das ganz hellgrün gefärbte Torf— moos, das für den Menſchen von außerordentlicher Bedeutung iſt. Vor vielen tauſend Jahren war das Moor ein klarer See, der von Hügeln umgeben war. Aber die Sonne dörrte das Land, und der Sturm führte den Sand davon und trug ihn in den See, und Regengüſſe ſtrömten vom Himmel hernieder und riſſen das Erdreich mit ſich und führten es von den Hügeln hinunter, und wenn der Schnee ſchmolz, machten es die Schmelz— waſſer ebenſo, und der See wurde immer flacher. Dann ſiedelten ſich im ſeichten Waſſer die Waſſerpflanzen an, und die grünen et a 5 x * N NN Mooſe 1. Goldenes Frauenhaar. 2. Torfmoos. > Farne und Schachtelhalme. 161 Algen entſtanden aus den Sporen, die der Wind ins Waſſer trug, und die Waſſerfäden bildeten einen dichten Filz. Als dann im Sommer das Waſſer verdunſtete, ſiedelten ſich auf der Filz— lage die Torfmooſe an. Im Winter wuchſen ſie nicht weiter, aber ſobald der Frühling kam, ſchickten ſie ein dichtes Gewirr neuer Triebe empor. So ging es jahraus, jahrein. Unten ſtarben die Moospflanzen ab und bildeten ein Lager, das immer ſtärker wurde, und nach oben und nach den Seiten wuchs das Moos weiter, und ſo wurde mit der Zeit aus dem See ein Torfmoor. Auch andere Pflanzen des Moores bilden Torf, aber der Haupt— anteil fällt doch dem Torfmooſe zu. Wird ſo ein Moor z. B. bei Überſchwemmungen von Erde überdeckt, ſo wandelt ſich der Torf im Laufe der Jahrtauſende in Braunkohle um. An Baumwurzeln, alten Zweigen und auf Steinen finden wir in ſtehenden und fließenden Gewäſſern das ſchöne Quell— moos, das gleich ſeinen vorhin genannten Genoſſen zu den Laubmooſen gehört. Eine andere Gruppe der Mooſe, welche vorzugsweiſe im und am Waſſer wächſt, nennt man Lebermoos, weil man es früher als Heilmittel gegen Leberkrankheiten benutzte. 48. Farne und Schachtelhalme. Von den am höchſten ſtehenden blütenloſen Pflanzen, den Farnen, ſind nur wenige und ganz kleine Arten Waſſer— bewohner. Dort aber am Abhange des Hügels iſt ein ganzer Wald von Adlerfarnen. Dieſe Pflanze iſt der Rieſe unter den deutſchen Farnkräutern, denn die aus dem unterirdiſchen Stamme oder Wurzelſtock emporſtrebenden Blattſtiele werden über 2 Meter lang. Woher kommt denn die Bezeichnung Adlerfarn? Schneidet Brüning, Pflanzenreich. 11 162 Blütenloſe Pflanzen. man den Stiel unten an ſeinem ſchwarzen Ende quer durch, ſo ſieht man eine Zeichnung, in welcher die Engländer eine Eiche, wir in Deutſchland aber einen Doppeladler erkennen wollen. Wir können dieſes Bild an jedem Querſchnitte wiederfinden, nur wird es nach obenhin undeutlicher. Es entſteht durch die An— ordnung der Gefäßbündel. Was ſind Gefäßbündel? Betrachten wir das Blatt einer Blütenpflanze, etwa ein Lindenblatt, ſo ſehen wir, daß es von Adern oder, wie man auch ſagt, von Nerven durchzogen iſt. Wie man nun die Adern in unſerem eigenen Körper Blutgefäße nennt, ſo bezeichnet man auch die Nerven im Blatt als Gefäße, denn es ſind Röhren, gerade wie unſere Adern. Die Nerven des Lindenblattes münden alle hinein in den Mittelnerv, der ſeine Fortſetzung im Blattſtiele findet und durch dieſen in den Zweig und weiter in den Stamm und bis in die Wurzel geht, wo er ſeinen Urſprung nimmt. Beim Adlerfarn können wir das mit dem bloßen Auge ſehr deutlich verfolgen. Wir brauchen nur einen Blattſtiel aus der Erde zu reißen und den ſchwarzen Teil quer zu durchſchneiden, dann ſehen wir auf dem Querſchnitt in dem dunkelbraunen Adler weiß— liche Flecke. Schneiden oder brechen wir nun das untere ſchwarze Ende der Länge nach entzwei, ſo ſehen wir, daß die weißen Flecke die Schnittflächen von derben weißlichen Fäden ſind, die in den Wurzelſtock hineingehen, etwa wie man aus dem abgeſchnittenen Fuß einer Gans oder Ente, wenn Mutter einen Braten auf- ſetzen will, die weißen Sehnenbänder hervorgucken ſieht. Man muß nun aber nicht denken, daß die genannten Fäden im Adler— farn einfache Röhren ſind, wie unſere Adern, oder wie die Gas— oder Waſſerleitungsröhren, ſondern es laufen in ihnen und von ihnen umſchloſſen viele feine Gefäße nebeneinander her, wie etwa Streichhölzer in einer Hülſe, oder wie man Stroh⸗ halme mit einem Band zu einem Bunde vereinigt, und darum Farne und Schachtelhalme. J. Adlerfarn. II. Schachtelhalme. III Bärlapp. IV. Schema eines Gefäßbündelſyſtems. Farne und Schachtelhalme. 163 nennt man auch die Fäden Gefäßbündel. Man findet ſie bei allen Blütenpflanzen, aber unter den blütenloſen Gewächſen nur bei den Farnen und deren Verwandten, die alſo mit den Blüten— pflanzen zuſammen die Gruppe der Gefäßpflanzen bilden und darum unter den blütenloſen Pflanzen die höchſte Stelle ein— nehmen. Die bei uns wachſenden Farne haben alle einen unter— irdiſchen Stamm. Doch in Auſtralien gibt es auch baumförmige Farne. Aber auch ſie ſind nur noch zwerghafte Überbleibſel von den rieſenhaften Baumfarnen früherer Schöpfungsperioden, die Millionen von Jahren hinter uns zurückliegen. Gleich den Farnen ſind auch die Schachtelhalme Gefäß— pflanzen. Man findet ſie im Sumpf, auf der Wieſe und auf dem Acker, wo ſie als läſtiges Unkraut auftreten. Ihr Stengel und ihre Blätter ſind gegliedert, und jedes Glied ſteckt in dem unteren wie in einer Schachtel. Die Frühjahrstriebe des Acker— Schachtelhalmes ſind blaßrotbraun. Ihr Stengel iſt unver— zweigt und blattlos, und trägt oben einen kegelförmigen Frucht— ſtand, die Sporenähre. Den Farnen und Schachtelhalmen nahe verwandt ſind die Bärlappgewächſe, zu denen das bekannte Schlangenmoos gehört, deſſen Stengel über den Moorboden ſchlangenartig dahinkriecht. Zu den Gefäßſporenpflanzen gehören alſo drei Klaſſen: Farne, Schachtelhalme und Bärlappgewächſe. Sie alle ſind für den menſchlichen Haushalt von großer Wichtigkeit, denn aus ihren Überreſten beſteht die Steinkohle. — Vor Millionen von Jahren herrſchte auch in unſerer Heimat ein heißes und dabei feuchtes Klima. Ungeheuere Landſtrecken beſtanden aus Mooren und Sümpfen und waren bedeckt von mächtigen Ur— wäldern mit turmhohen Baumrieſen. Dann brachen Meeresfluten 164 Blütenloje Pflanzen. herein und ſtürzten die Wälder um, oder furchtbare Orkane warfen die Bäume übereinander; die Flüſſe ſchwemmten ſie fort, bis ſie ſich irgendwo ſtauten und in Haufen liegen blieben. Die Waſſer bedeckten ſie mit Sand und Schlamm, und ſo entſtand die Steinkohle auf dieſelbe Weiſe wie die Braunkohle, nur daß dieſe jünger iſt als jene. Die Form der Pflanzen, aus denen ſie ſich bildete, blieb aber erhalten und iſt häufig in größeren Kohlenſtücken zu ſehen, und daher weiß man, daß jene Baum— rieſen Farne, Schachtelhalme und Bärlappgewächſe waren. Vierter Abichnift: N ns _Sonderlinge unter den Pflanzen. 49. Der Wurmfarn, eine Schaftenpflanze. Da ſahen wir im vorigen Sommer am Ufer eines Baches unter dem überhängenden Gebüſch und nachher wieder im Walde eine Anzahl Wurmfarne. Das ſind gar prächtige Pflanzen. Die ſchön geformten, zarten Blätter oder Wedel haben große, gefiederte Blattflächen, die eine Zierde für jeden Garten und jedes Gewächshaus ſein können und einen Vergleich mit fremd— ländiſchen Palmen und andern Blattgewächſen nicht zu fürchten brauchen. | Auf der Unterſeite der Fiederchen finden wir vom ſchützenden „Schleier“, einem dünnen Häutchen, die Fruchthäufchen bedeckt, welche die Sporen enthalten. Werden ſolche Sporen ausgeſät in feuchte Walderde, ſo fangen ſie bald an zu keimen, und aus dem „Keimſchlauche“ entſteht ein herzförmiges auf der Spitze ſtehendes und hier mit Wurzelhaaren im Boden befeſtigtes Blatt, der „Vorkeim“. Dieſer hat verſchiedene, den Blüten der höheren Pflanzen entſprechende Organe. Aus einer Art derſelben gehen Schwärmſporen hervor, wie wir ſie ähnlich ſchon bei den Algen kennen gelernt haben. Dieſe Schwärmer bewegen ſich im Regenwaſſer oder im Tau auf dem befruchteten Blatte vor— wärts, bis ſie ein offenes flaſchenförmiges Gebilde treffen, das einen Schleim abſondert. In dieſen Schleim wandern ſie hinein und gelangen auf den Grund der Flaſche, und damit iſt die Befruchtung vollzogen. Das iſt ein ähnlicher Vorgang wie die 168 Sonderlinge unter den Pflanzen. Beſtäubung der Blütenpflanzen. Die Schwärmſporen ent- ſprechen dem Blütenſtaub und die Schleimfläſchchen den Stempelblüten. Aus einer ſolchen befruchteten „Flaſche“ geht dann ſpäter ein junges Farnkraut hervor. — Das iſt ja ein ſonderbarer Vorgang, der uns beinahe an die Verwandlung eines Schmetterlings erinnern könnte, denn wie die Raupe mit dem Falter nicht die geringſte Ahnlichkeit hat, ſo iſt auch der Vorkeim von dem Farnkraute ganz verſchieden. So ein hübſches und dabei intereſſantes Gewächs ſollte nicht draußen im Walde unbeachtet ſtehen bleiben. Wir gruben es alſo aus, um es mit nach Hauſe zu nehmen und in den Garten zu ſetzen. Dabei ſahen wir, daß es einen ſtarken unterirdiſchen Stamm hat, der unten von einem filzigen Gewirr brauner Wurzeln, oben von den Reſten abgeſtorbener Blätter umgeben iſt. Fröhlich gingen wir mit unſerer Beute davon, aber bald ſahen wir zu unſerem großen Leidweſen, wie die zarten, ſchönen Fiederwedel anfingen zu welken und ſchließlich war die Pflanze in einem ſo troſtloſen Zuſtande, daß wir ſie verdrießlich wegwarfen. Das ſollte uns nicht wieder paſſieren. Wir gingen im Frühling abermals hinaus und fanden bald die Stauden des Wurmfarnes. Die jungen Triebe kamen eben hervor. Sie waren ſchneckenförmig aufgerollt und mit ſeidenartig glän— zenden Schuppenblättern zum Schutz gegen den rauhen Wind bedeckt. Das ſah allerliebſt aus. Wir gruben eine Pflanze aus und umhüllten den Wurzelſtock mit feuchtem Moos, packten das Ganze ſorgfältig ein und wanderten nach Hauſe und in den Garten. Dort war ſchon in der Mitte eines runden Beetes ein Platz ausgeſucht worden, der ſchönſte und ſonnigſte im ganzen Garten. Hier ſollte ſich unſer Liebling ausbreiten und alle Be- ſucher erfreuen. SZ ! Tg * SS 22 Der Wurmfarn, eine Schattenpflanze. 170 Sonderlinge unter den Pflanzen. Welch eine Enttäuſchung! Die Wedel entwickelten ſich zwar, aber ſie zeigten nicht ihr ſchönes dunkles Grün, ſondern bekamen eine gelbliche, kränkliche Färbung. Die jungen Triebe kamen überhaupt nicht dazu, ſich auszubreiten und ſtarben vorher ab. Wir waren ganz untröſtlich und befragten den Gärtner. Der lächelte und ſagte: „Der Wurmfarn iſt eine Schattenpflanze, er hätte an einer feuchten Stelle unter dem Gebüſch eingeſetzt werden müſſen. Dort hätte er ſich dankbar erwieſen, aber hier, wo er ſchutzlos dem grellen Sonnenlicht preisgegeben iſt, muß er krank werden und abſterben.“ Nun wußten wir, was wir verkehrt gemacht hatten, und wenn wir wieder Wurmfarne oder Buſchwindröschen oder andere Schattenpflanzen in unſeren Garten bringen wollen, ſo werden wir ſie einſetzen unter dem Schatten und Schutz ſpendenden Buſchwerk. Dann werden wir gewiß unſere Freude an ihnen haben. Warum heißt die Pflanze aber Wurmfarn? Weil der Apo— theker aus ihrem Wurzelſtock eine Medizin wacht, die den häß— lichen und ſehr läſtigen Bandwurm vertreibt. 50. Ein ückengefängnis. In den Blumenläden der großen Städte und in manchen Häuſern ſieht man als Zimmerpflanze die prächtige afrikaniſche „Kalla“. Sie iſt ein Sumpfgewächs und hat große pfeilförmige Blätter. Zwiſchen ihnen ſteht ein hoher Schaft mit einer großen, milchweißen, tütenförmigen Blütenhülle, aus deren Mitte ſich als Blütenſtand ein fingerförmiger goldgelber Kolben erhebt. Dieſe vornehme Ausländerin hat bei uns eine unſchein— Ein Mückengefängnis. 171 (/ nat. Größe.) Aronſtab. (½ nat. Größe.) bare Verwandte, die in ſchattigen Laubwäldern an feuchten Orten wächſt und ebenfalls pfeilförmige, aber braun gefleckte Blätter hat, die bei ihrem Hervorbrechen aus der Erde den Spitzkeimer erkennen laſſen. Die Tiere des Waldes, die Hirſche und Rehe und die Häslein verſchmähen die ſchönen, ſaftigen Blätter, und ebenſo machen es die Weidetiere, Kühe, Schafe und 172 Sonderlinge unter den Pflanzen. Ziegen, die zuweilen in den Wald getrieben werden. Nicht einmal die gefräßigen Schnecken wollen davon koſten, denn auf den anfangs ſüßen Geſchmack der Blätter folgt im Munde ein ſehr ſchmerzhaftes Brennen. Schon im Vorfrühling ſprießt unſer Gewächs aus der Erde hervor, denn es hat dort unten als Speiſekammer einen dicken, knolligen Wurzelſtock, aus dem es ſich ernährt. Die Blüte iſt wie bei der Afrikanerin von einem großen tütenförmigen Hüll— blatte umgeben. Aber dieſe Hülle iſt unſcheinbar grünlichweiß und an einer Stelle eingeſchnürt, ſo daß ſie aus zwei Ab— teilungen beſteht, der oberen offenen Tüte und dem unteren fellerartigen Raum. Aus der Tiefe dieſes Kellers ragt wie bei der Kalla ein kolbenförmiger Blütenſtand hervor, der oben violett gefärbt iſt. Folgen wir ihm nach unten, ſo kommen wir da, wo das Hüllblatt ſeine Einſchnürung hat, an die Gittertür des Kellers. Hier trägt nämlich der Kolben einen Kranz von ſteifen Borſtenhaaren, welche wie die Drähte an den Schlupflöchern der Drahtmauſefallen wohl den Eingang geſtatten, aber den Austritt verwehren. In dem Kellergewölbe trägt der Kolben unterhalb der Sperrhaare rundherum eine Menge Staubblätter und iſt unter dieſen von vielen Stempelblüten umgeben. Der Kolben iſt alſo ein Blütenſtand. Die Stempel entwickeln ſich aber früher als die Staubblätter, darum iſt die Pflanze, welche wegen der Form ihres Blütenkolbens nach dem Stab des erſten Hohenprieſters „Aronſtab“ genannt wird, auf Inſektenbeſuch an⸗ gewieſen. Ihren Beſuchern macht ſich die Pflanze bemerkbar durch die Farbe der Blütenhülle und des Kolbens, auch verbreitet ſie einen für unſere Naſen abſcheulichen Geruch, der aber jenen Tieren wohl angenehm ſein mag. Außerdem dringt aus dem Kellerloche ein warmer Dunſt hervor, der zum Beſuch des be— Ein Mückengefängnis. 173 haglich durchwärmten Gaſtzimmers einlädt, in dem es einen guten Tropfen Honig gibt und einen Imbiß von Blütenſtaub. Die Gäſte ſind Mücken. Ihnen bietet der Kolben eine bequeme Ge— legenheit zum Anflug. Sie folgen der lockenden Wärme und dem viel— verſprechenden Dufte und kriechen durch die Gittertür hinein in den Keller. Hier naſchen ſie ein wenig von dem Honig und wollen dann als fliegende Kundſchaft ſich auf und davon machen. Da heißt es aber: „Halt, ihr Freundchen, wer eſſen will, ſoll auch dafür arbeiten!“ Das Gitter läßt ſie nicht durch. Sie ſitzen im Gefängnis und müſſen warten, bis die Staubblätter reif ſind. Dann ſchütten dieſe eine ge— hörige Ladung Blütenſtaub durch den ganzen Kellerraum, und die E Mücken werden über und über da— ; mit bepudert. „So,“ meint der * Aronſtab jetzt, „nun ſeid ihr frei, | bringt dieſen Staub einem meiner Brüder!“ Die Mücken heben alſo ihre Flügel auf und ziehen fort, denn die Sperrhaare ſind jetzt ver— welkt. Bei der nächſten Blüte können die leichtlebigen Leutchen der Verſuchung nicht widerſtehen. Sie kriechen wieder hinein in den Aronſtab, geöffnete Blüte im Längs ſchnitt. (Etwas über nat. Größe.) 174 Sonderlinge unter den Pflanzen. warmen Keller und vollziehen, indem ſie auf den Stempeln umherlaufen, die Beſtäubung und müſſen wieder warten, bis auch in dieſer Blume ihnen eine neue Bürde Blütenſtaub auf— gepackt wird. In manchen Gegenden heißt der Aronſtab auch „Zehr— wurz“, weil man ſeinen knolligen Wurzelſtock, nachdem deſſen Gift durch Kochen entfernt iſt, eſſen kann. Die Pflanze iſt ein Beiſpiel dafür, auf welch eigentüm— liche Weiſe ſich die Gewächſe Inſekten dienſtbar zu machen wiſſen. 5l. Der Mauerpfeffer. Wir verlaſſen den Schatten des Waldes und wandern über ein Heideland. Der Boden iſt hier nur mager, aber er iſt noch nicht der ſchlechteſte. Stellenweiſe macht das Heidekraut andern Gewächſen Platz und manchmal kommen ſogar bloße Sandflächen zum Vorſchein. Wir merken, daß wir immer mehr in die Ode hineinkommen. Die Pflanzen, denen wir auf unſerem Wege be— gegnen, wenden allerlei Mittel an, ſich gegen die Strahlen der Sonne und den austrocknenden Wind zu ſchützen, damit dieſe ihnen nicht das bißchen Feuchtigkeit entziehen, was ſie mit Mühe und Not dem Sandboden abgewonnen haben. Einige, wie z. B. das Ruhrkraut und das Habichtskraut, welche Korbblütler ſind, und deren Blütenſtand mit dem des Löwenzahns Ahn— lichkeit hat, tragen einen Pelz von dichten, filzigen Haaren; andere haben nur ſpärliche und dabei winzige Blätter, wie Stein— klee, Beſenſtrauch, Schafgarbe, Beifuß; noch andere ſchmiegen ſich dicht dem Erdboden an, wie Vogelknöterich und Thymian. Da treffen wir aber zwiſchen all dieſen Pflanzen, deren Außeres ein Der Mauerpfeffer. 175 uns zeigt, daß ſie arme Leute und aufs Sparen angewieſen ſind, einen ſonderbaren Geſellen. Von der Höhe des ſandigen Ab— hanges, an deſſen Fuß entlang der Feldweg nach einem einſamen Gehöft, dem ſogenannten „Einödshofe“ hinführt, ſehen wir eine Menge prächtig gelber Blütenſterne herableuchten, und als wir an die Mauer kommen, welche den Bauernhof nach der Wegſeite hin begrenzt, lachen ſie uns ſogar aus den Spalten und Riſſen des alten verfallenen Gemäuers entgegen. Es ſind die Blüten des Mauerpfeffers. Der iſt doch entſchieden eine Odungs— pflanze, denn ſchlechteren Boden konnte er ſich wohl kaum ausſuchen. Was uns aber wundernimmt, das ſind die dicken, ſaftſtrotzenden Blätter, die allen unſeren ſchönen Beobachtungen von vorhin hohn zu ſprechen ſcheinen. Den Burſchen müſſen wir uns doch genauer anſehen, und da er hübſche Blüten hat, wollen wir eine Anzahl für die Blumenvaſe mit nach Hauſe nehmen. Alſo wandert ein ganzes Büſchel in die Botaniſierbüchſe. Zu Hauſe werden die mit— gebrachten Blumen zum Strauße geordnet: das gelbe Habichtskraut und die blauen Glockenblumen, die Ginſterblüten und die roten Stein— nelken. Aber der Mauerpfeffer will nicht dazwiſchen paſſen, denn ſeine Stengel ſind zu kurz. So ſtellen wir alſo die Vaſe mit den lang— ſtieligen Blumen vors Fenſter, und 5 den ganzen Wuſt des Mauerpfeffers * werfen wir einſtweilen in eine 7 - Schale und ſtellen dieſe zu der Vaſe Der Mauerpfeffer. (Nat. Größe.) 176 Sonderlinge unter den Pflanzen. hin, denn die Mutter ruft zum Eſſen, und ſie wird böſe, wenn wir ſie warten laſſen. Nachmittags kommt Beſuch, und ſo können wir erſt am andern Morgen nach unſeren Blumen ſehen. O weh, wir hatten in der Eile vergeſſen, ihnen Waſſer zu geben, nun ſind ſie alle hin und müſſen weggeworfen werden. Doch was ſehen wir: der Mauerpfeffer iſt nicht verwelkt, ſeine Blüten⸗ ſterne leuchten ſo freundlich im Sonnenſchein, und es haben ſich ſogar Knoſpen geöffnet, die geſtern noch geſchloſſen waren. Das iſt doch ſonderbar! Eigentlich ſollte man probieren, wie lange er es ohne Waſſer aushalten kann. Wir ſetzen alſo die Schale wieder ins Fenſter und überlaſſen den Mauerpfeffer ſeinem Schickſal. Ab und zu ſehen wir nach ihm, bis ſchließlich eine ganze Woche vergangen iſt. Die Pflanzen ſind auch nun noch friſch und blühen luſtig weiter. Wie haben wir uns das zu erklären? Das ganze Geheimnis liegt im Bau der Blätter. Sie ſind klein und bieten Sonne und Wind wie die andern Odungs— pflanzen nur eine geringe Oberfläche. Dabei liegen ſie dem Stengel dicht an und decken ſich teilweiſe gegenſeitig. Sie ſind dick und fleiſchig und dienen als Feuchtigkeitsbehälter und Waſſer⸗ ſpeicher. Sobald Regen fällt oder der Tau ſich nachts hernieder- ſenkt, beeilen ſich die dünnen Wurzeln, möglichſt viel und mög— lichſt ſchnell Waſſer aufzunehmen und den Blättern zuzuführen. Schneiden wir ein ſolches Blatt durch, ſo merken wir, daß der Saft ſich in langen, zähen Schleimfäden ausziehen läßt, und ſchleimige Maſſen geben das Waſſer nur langſam ab. Dann bemerken wir ferner, daß die Haut der Blätter ſehr dick iſt, und mit einem Vergrößerungsglaſe erkennen wir, daß dieſelbe nur wenige Poren hat. Alſo kann vom Waſſer nicht viel ver— dunſten und es wird von den Blättern nur an die inneren Teile der Pflanze zu ihrer Ernährung abgegeben. N Der Waſſerhahnenfuß. 177 Da wird es gewiß eine Freude für die Häslein ſein, wenn ſie in dem öden Gefilde zwiſchen all den trockenen Kräutern auf einmal ſo einen ſaftigen Biſſen finden. O nein, die Pflanze heißt nicht umſonſt Mauer-Pfeffer, brecht nur ein Blatt durch und haltet es an die Zungenſpitze, ſo werdet ihr bald merken, wie das Kräutlein ſich vor den Pflanzenfreſſern zu ſchützen weiß. 52. Der Waillerhahnenfus. Unſere kleinen Fische im Aquarium hatten nichts zu freſſen. Alſo gingen wir hinaus an den Teich und fingen Waſſerflöhe als Futter für ſie. Dabei ſahen wir, daß der Waſſerſpiegel zum großen Teile bedeckt war von pfenniggroßen, grünen, nieren— förmigen Blättern, zwiſchen denen die Stiele von unzähligen hübſchen weißen Blüten mit gelben Staubblättern hervorragten. An dem Bau dieſer Blüten erkannten wir ſofort, daß wir Blühender Waſſerhahnenfuß. (3/4 nat. Größe.) 178 Sonderlinge unter den Pflanzen. es mit einem Hahnenfußgewächs (ſiehe Seite 48 „Hahnenfuß: gewächſe“) zu tun hatten; die Pflanze, der ſie angehörten, war nämlich der Waſſerhahnenfuß. Wir beſchloſſen nun, einige Exemplare davon mit nach Hauſe zu nehmen, um ſie in unſer Aquarium zu ſetzen, und holten mit dem Netze eine Anzahl heraus. Das war nicht ſo leicht, denn viele von ihnen wichen demſelben aus, und die ſchönen Blüten wurden unter Waſſer gezogen und verdorben. Von denen aber, die wir glücklich aufs trockene brachten, waren die meiſten mitten durchgeriſſen und nur ganz wenige dieſer Pflanzen hatten noch Wurzeln. Dieſelben dienten ihnen als Anker in dem Schlammgrunde des Teiches, und wir hatten ja erfahren, wie feſt ſie hielten. Daß ſie nur dieſen Zweck hatten und keinen andern, alſo vor allen Dingen nicht den, der Pflanze Nährſtoffe zuzuführen, ſahen wir ſpäter im Aquarium, denn die abgeriſſenen Stücke grünten und blühten ruhig weiter, ſie waren alſo imſtande, auch ohne Wurzeln die Nahrung direkt dem Waſſer zu entnehmen. 4 Als die Pflanzen aufs Land gebracht wurden, blieben die Stengel nicht wie diejenigen der Blumen, die man zum Strauß pflückt, ſteif und aufrecht ſtehen, ſondern ſie fielen kraftlos hin, obgleich ſie im Waſſer ſich ſo ſchön hielten. Welk konnten ſie doch in ſo kurzer Zeit nicht geworden ſein, wie war alſo die Erſcheinung zu erklären? Ganz einfach! Die Stengel führen Luftgänge, die ſie leicht machen, ſo daß ſie vom Waſſer getragen werden. Würden die Wurzeln ſie nicht am Grunde feſthalten, ſo würden ſie auf der Oberfläche des Teiches treiben. Nimmt man ſie aber aus dem Waſſer heraus, ſo merkt man gleich, daß ſie zu lang und zu zart gebaut ſind, um ſich ohne Hilfe halten zu können. Am meiſten müſſen wir uns aber über die Blätter wundern. Der Waſſerhahnenfuß. 179 Wenn man einen Haufen Pflanzen vom Waſſerhahnenfuß am Ufer liegen ſieht, ſo ſollte man auf den erſten Blick meinen, man hätte zwei verſchiedene Gewächſe vor ſich, ſo unähnlich ſind die Blätter an einem und demſelben Exemplar. Die untergetauchten Stengelblätter ſind nämlich vielſpaltig und borſtenförmig zerteilt und bieten dem Waſſer keinen Widerſtand. Das iſt aber für die Pflanze ſehr wertvoll, denn ſie wächſt auch im fließenden Waſſer, und die Strömung würde ſie ausreißen und davon— führen, wenn ſie an den Blättern einen Angriffspunkt fände. Die Schwimmblätter ſind ganz anders geformt. Sie haben breite Blattflächen, die auf der Oberfläche des Waſſers ruhen. Ihre Aufgabe iſt eine ganz andere, als die der untergetauchten Blätter, denen die Ernährung der Pflanze obliegt. Sie ſollen die Blütenſtiele emporhalten und durch ihre breite Fläche ver— hindern, daß Wind und Wellen ſie unter Waſſer tauchen, denn wenn ſie naß werden, wird der Blütenſtaub verdorben, und es kann keine Befruchtung ſtattfinden. Wo waren aber die Schwimmblätter im Winter und in den erſten Frühlingsmonaten? Wir ſahen ſie damals nicht auf dem Teiche. Das iſt ganz richtig! Im Herbſt opfert der Waſſer— hahnenfuß ſeine Schwimmblätter, denn ſein Same iſt reif und bereits ausgeſät. Die Blätter haben alſo ihre Aufgabe erfüllt, haben keinen Zweck mehr für die Pflanze und werden aufgegeben wie das Laub der Bäume. Die untergetauchten Blätter aber bleiben, und in der ſchützenden Tiefe des Waſſers lebt der Hahnen— fuß auch während des Winters weiter und ſchickt, wenn die warme Jahreszeit eintritt, wieder neue Schwimmblätter als Blütenſtützen an die Oberfläche des Teiches. Wenn aber die Gewäſſer austrocknen, ſo weiß ſich der Waſſerhahnenfuß auch dieſen Verhältniſſen anzupaſſen. Er treibt dann kurze, aufrecht ſtehende Stengel mit kleinen, zwar auch zer— Brüning, Pflanzenreich. 12* 180 Sonderlinge unter den Pflanzen. teilten, aber jteifen Blättern. Wird fo ein Gewächs, ehe das Waſſer wieder geſtiegen iſt, vom Froſt überraſcht, ſo wird es von demſelben getötet. 55. Der Efeu. Es gibt viele Pflanzen, deren Stämme und Stengel zu ſchwach ſind, um das Gewicht der Zweige, Blätter, Blüten und Früchte tragen zu können. Zu dieſen gehört auch der Efeu. Er iſt daher gezwungen, auf dem Erdboden entlang zu kriechen. Wir finden ihn auf lockerem und nicht zu ſchlechtem Boden an ſchattigen Stellen, alſo vorzugsweiſe im Laubwalde. Daraus dürfen wir aber keineswegs den Schluß ziehen, daß wir es mit einer Schattenpflanze zu tun haben, ſondern der Efeu iſt im Gegenteil lichtliebend. Wie haben wir uns dieſen ſcheinbaren. Widerſpruch zu er— klären? Zunächſt wollen wir beweiſen, daß die Pflanze kein Schattengewächs iſt. Am Wurmfarn haben wir geſehen, daß die Schattenpflanzen zarte Blätter haben, die in der Hand ſehr ſchnell welken. Der Efeu hat aber ſtarke, faſt lederartige Blätter, die ſich nach dem Abbrechen ſehr lange friſch erhalten. Wir haben ferner erfahren, daß der Wurmfarn als echter Schattenbewohner anfing zu kränkeln und ſchließlich ſtarb, als wir ihn in das ſonnen— beſtrahlte Beet ſetzten. Pflanzen wir aber den Efeu in den Garten, ſo breitet er ſich mächtig aus. Er überzieht auch die Wände der Gebäude und das Mauerwerk von Ruinen und gedeiht alſo prächtig im hellen Sonnenlicht. Warum ſiedelt er ſich dann aber im ſchattigen Walde oder im Gebüſch am Erdwalle und nicht mitten auf dem freien Felde an, wo die Sonnenſtrahlen ihn doch . * * 7 A * Der Efeu. 181 Zweige von Efeu mit verſchiedenen Blättern. beſſer treffen können? Das kommt eben von ſeinem ſchwachen Stamme, der am Erdboden bleiben muß, weil er ſich nicht wie die Gräſer und Kräuter erheben kann. Würde der Efeu alſo auf freiem Felde ſich anſiedeln, ſo würden die andern Pflanzen, die dort wachſen, ihn ſchnell überwuchern und zum Abſterben bringen. Unter dem Gebüſch und im Walde iſt er vor ihnen ſicher, denn dort iſt es ihnen zu dunkel. Er aber nutzt jeden Fleck aus und ſtellt ſeine ſchönen zackigen Blätter ſo, daß keins das andere beſchattet, und meiſtens paſſen dabei die Zacken eines Blattes hinein in die Ausbuchtungen der benachbarten. Belauben ſich dann die Bäume und Sträucher, ſo muß er ſich mit weniger Licht behelfen, aber der Sommer iſt kurz, und wenn der Herbſt kommt und mit ihm der Laubfall, und wenn im Winter die Bäume kahl ſind, ſo erfreut ſich der Efeu des ſchönſten Lichtes und nutzt es aus, denn ſeine Blätter ſind winterhart, er iſt eine 182 Sonderlinge unter den Pflanzen. immergrüne Pflanze. Den Nadelwald meidet er aber, denn auch die Nadelhölzer behalten ihre Blätter und würden ihm alſo auch im Winter das Licht nehmen. Trifft nun der am Boden kriechende Efeu bei ſeinem Wachs⸗ tum einen der alten Waldrieſen mit der rauhen Rinde, ſo klammert er ſich an ihm feſt und klettert an ihm empor zum Licht, das er ſo ſehr liebt. Auf der Unterſeite ſeiner Zweige treibt er eine Menge kurzer, platter Wurzeln, mit denen er ſich feſtklammert. Dieſe Wurzeln tun dem Baume nichts, ſie entziehen ihm keine Nahrung, ebenſowenig wie ſie dem Mauerwerk Säfte entziehen können. Es ſind Luft- oder Kletterwurzeln. Die Saugwurzeln ſitzen in der Erde und finden in dem lockeren, fruchtbaren Wald— boden Nahrung genug für die ganze Pflanze. Der Efeu iſt alſo nur ein Scheinſchmarotzer. 5 Hoch oben im Licht und an freiem Mauerwerk, auch weiter unten treibt die alte Efeupflanze ihre Blütenzweige. Dieſe ſehen ganz anders aus als die andern Triebe. Sie ſind kräftiger gebaut, brauchen ſich nicht feſtzuhalten und ragen frei in die Luft hinaus. Ihr Laub hat nicht die ſchöne, zackige Form, ſondern die Blätter ſind länglich oval, ungelappt und haben nur vorn eine Spitze. Die weißlichen Blüten ſind zu einem doldenartigen Stande geordnet. Sie ſtrömen einen fau- ligen Geruch aus, der Fliegen anlockt, welche die Beſtäubung be- ſorgen. Die Früchte ſind ſchwarze Beeren, die von Vögeln ver— breitet werden, für Menſchen aber giftig ſind. Orchideen, Urwaldbewohner und Überpflanzen. 183 54. Orchideen, Urwaldbewohner und Überpflanzen. Die Kinder einer Familie wählen nicht alle denſelben Be— ruf und wohnen nicht immer an demſelben Orte. Der eine Sohn iſt vielleicht ein Landmann und wohnt in einem Dorfe, ſein Bruder iſt ein Förſter und wohnt im Walde, und ein anderer Bruder iſt ein Seemann und wohnt in einer Hafenſtadt. 1. Fleckenorchis. (Nat. Größe.) 2. Orchidee als Überpflanze. (½ nat. Größe.) 184 Sonderlinge unter den Pflanzen. Ahnlich iſt es bei den Angehörigen der Pflanzenfamilien. Da treffen wir z. B. als Frühlingsblume auf feuchten Wieſen das gefleckte Knabenkraut mit ſeinen roten Blüten und den braungefleckten, tulpenähnlichen Blättern, deren parallel laufende Nerven den Spitz— keimer erkennen laſſen. Die Gelehrten nennen die Pflanze »Orchis« und zwar Fleckenorchis und darum heißen alle Pflanzen, die zur Familie der Knabenkräuter gehören, Orchideen. Sie finden ſich nicht nur in unſerem Vaterlande, ſondern auch in fremden Weltteilen. Auch ihr Standort iſt verſchieden. Sie wachſen auf Wieſen und Triften, auf trockenem Sandboden, wie im Sumpfe, im hellen Sonnenſchein und im tiefen Schatten. Die ſchönſte von ihnen in unſerer Heimat iſt der auf kalkigem Boden in ſchattigen Wäldern wachſende „Frauenſchuh“ mit gelben, rot punktierten Blüten. Gegen die Pracht der fremdländiſchen Orchideen kann er freilich nicht aufkommen. Dieſe ſind meiſtens Urwaldbewohner. Die hohe Wärme und die Feuchtigkeit, welche dort herrſchen, bringen die ſchönſten und wunderbarſten Formen hervor. Aber im Urwald iſt es dunkel, und die Pflanzen mit den prächtigen Blüten ſtreben doch zum Licht. Die Orchideen wiſſen ſich zu helfen. Sie ſiedeln ſich oben auf den Aſten und Zweigen der mächtigen Bäume an und genießen hier das Sonnen— licht. Mit ihren Wurzeln halten ſie ſich feſt in den Riſſen der Rinde und nähren ſich vom Staube, der ſich dort ablagert, vom Regen und vom Tau. Dabei machen ſie es wie die dickblättrigen Gewächſe unſerer Heimat, indem ſie jeden Waſſertropfen in ihrem Stamme aufſpeichern zum Vorrat für die Zeit der Dürre. Man bezeichnet ſie, weil ſie oben in luftiger Höhe auf den Bäumen ſitzen, als „Uberpflanzen“. Zu den Orchideen gehört auch die Vanille, die, wie bei uns der Efeu, in den Wäldern Mexikos an den Baumſtämmen emporklettert. Ihre Blüten ſind im Gegenſatz zu den farbenprächtigen Verwandten nur unſcheinbar N . r r ” in * . f ER, 1 n 8 . Die Miſtel. 185 gelbgrün, aber ihre unreifen, ſchotenförmigen Samenkapſeln liefern uns das köſtliche Gewürz, das man der Schokolade und dem Tee hinzuſetzt und ihnen dadurch einen beſſern Geſchmack und ein wunderbares Aroma gibt. Deshalb iſt die Pflanze ein ſehr begehrter Handelsartikel geworden und wird gegenwärtig in faſt allen heißen Ländern angebaut. 55. Die Miitel. Wollen wir ſehen, wie Pflanzen oben auf den Aſten der Bäume wohnen, ſo haben wir nicht nötig, in die Urwälder der heißen Zone zu reiſen, ſondern wir finden dergleichen auch im deutſchen Vaterlande, denn auf Pappeln, Weiden, Apfel— und Birnbäumen, auch auf Eichen und andern Laubbäumen, ſowie auf Nadelhölzern wächſt die Miſtel. Dieſer kleine Strauch ſpielt in den Götterſagen der alten germaniſchen Völker und der Kelten eine große Rolle. Baldur, der Gott des Frühlings und des Lichtes, träumte einſt, ſeinem Leben drohe Gefahr. Darüber gerieten die Götter in große Sorgen und hielten einen Rat, was zu tun ſei, um ihren Lieb— ling zu ſchützen. Endlich wurde beſchloſſen, allen lebenden Weſen, auch dem Feuer und den Pflanzen einen Eid abzunehmen, daß ſie Baldur nicht ſchaden wollten, und ſeine Mutter, Frigga, unter— zog ſich dieſer Arbeit. Als ſie zurückkehrte, feierten die Götter aus Freude über ihren Erfolg ein großes Feſt, bei dem ſie ein Kampfſpiel anſtellten und mit ſtumpfen und ſcharfen Waffen nach Baldur warfen und ſich freuten, daß er unverwundbar war. Da kam ein altes Weib vorbei und fragte Frigga nach der Ur— ſache der Freude, und dieſe erzählte. „Zu allen Weſen bin ich 186 Sonderlinge unter den Pflanzen. natürlich nicht gegangen,“ ſagte ſie zum Schluß, „denn z. B. die kleine Miſtel, die auf der Eiche am Tore Walhallas wächſt, iſt doch zu unbedeutend, um Schaden anrichten zu können.“ Das Weib ging und begab ſich auf Umwegen nach der Eiche. Als die Götter es nicht mehr ſehen konnten, warf es die Ver— mummung ab und zeigte ſich in ſeiner wahren Geſtalt: es war der böſe Gott Loki. Er ſchnitt einen Miſtelzweig ab und fertigte einen Pfeil davon, dann ging er zurück nach dem Feſtplatze und machte ſich an Hödur, Baldurs blinden Bruder. Der ſtand betrübt abſeits, weil er ſich nicht am Spiel beteiligen konnte. „Willſt du denn nicht auch einmal ſchießen?“ fragte ihn Loki. „Ach,“ antwortete Hödur, „ich bin ja blind und kann nicht einmal ſehen, wo Baldur ſteht.“ Loki aber drückte ihm den Pfeil in die Hand und flüſterte: „Schieß nur, ich will dir ſchon die Richtung an- geben.“ Im nächſten Augenblick war die Untat vollbracht, Baldur lag tot am Boden, aber Loki war verſchwunden. Die ſonderbare Erſcheinung der Miſtel, mit ihren eigen- tümlichen Zweiggabeln, in denen die weißen Beeren ſitzen, und die beiden „verdrehten“, immergrünen Blätter am Ende eines jeden Zweiges, die im Winter in den kahlen Baumkronen ſo auf— fällig hervortreten, haben wohl die Veranlaſſung zu ſolchen Sagen gegeben und der Miſtel zu hohem Anſehen im Volke verholfen. Wie kommt denn die Pflanze da oben hinauf? Sie macht es wie die Erdbeere und läßt ihre Samen durch die Vögel ver— breiten. Namentlich ſind es die Miſteldroſſel und Verwandte, die ihr dieſen Dienſt leiſten. Das Fleiſch der Beeren enthält ſo viel Klebſtoff, daß man aus ihm Vogelleim macht. Es wird im Magen der Droſſeln nicht ganz verdaut, ſondern nur in eine klebrige Maſſe verwandelt, die überall haften bleibt, wo ſie hin— fällt. Gelangt der Same nun auf den Aſt eines Baumes, ſo fängt er an zu keimen, und die Wurzel durchbohrt die Rinde, n va 7 1 1 Die Miftel. 187 dringt hinein bis zum Holz und entſendet dort nach allen Seiten hin andere Wurzeln, die unter der Rinde entlang laufen. Aus dieſen gehen dann die „Senker“ hervor. Das ſind ebenfalls Wurzeln, die ſenkrecht in das Holz eindringen. Die Miſtel iſt ein Schmarotzer, d. h. ſie lebt von dem Waſſer, das fie dem Baume entzieht, vielleicht nimmt ſie ihm auch fertige Nahrung weg, da ſie aber grüne Blätter hat, ſo kann ſie ſich dieſelbe auch ſelbſt zubereiten. | Sn England wird ſie am Weihnachtstage als Zimmer— 188 | Sonderlinge unter den Pflanzen. ſchmuck verwandt und vertritt dort die Stelle unſeres Tannen— baumes bei der Feier am heiligen Abend. Ganze Schiffsladungen von Miſtelzweigen gehen dann aus Frankreich, wo die Pflanze am häufigſten iſt, nach London, und man zieht ſie ſchon künſt— lich in Gärtnereien, um den großen Bedarf zu decken. 56. Der Sonnenfau, ein Fleiſchfreſſer. Im Moore finden wir eine zierliche und hübſche Pflanze, die den Namen Sonnentau führt, weil ſie ohne Sonnen— ſchein nicht beſtehen kann, und weil auf ihren Blättern unzählige winzige Tröpflein wie Tautropfen in der Sonne blitzen. Die Pflanze treibt keinen Stengel, ſondern breitet nur eine wunderhübſche Blattroſette am Erdboden aus. Im Sommer erhebt ſich aus der Mitte ein Blütenſchaft, der eine ſperrige Blütenähre mit weißen Sternchen trägt. Es gibt drei Sonnen⸗ tauarten, die man leicht an der Form ihrer Blätter erkennt: der rundblättrige, der langblättrige und der mittlere Sonnentau. Die Blätter gleichen bei allen kleinen Löffeln. Bei der rund— blättrigen Art könnte man ſie auch mit kleinen, runden, geſtielten Bratpfannen vergleichen. Stiele und Blätter ſind auf der Unter— ſeite rot, oben gelblichgrün. Die Oberſeite der Stiele und die obere Blattfläche ſind beſetzt mit roten Drüſenhaaren, die an ihrer Spitze einen hellen Safttropfen ausſcheiden. | Wer follte nun wohl denken, daß das niedliche Pflänzchen ein hinterliſtiger Mörder iſt! Naht ſich ein durſtiges Mücklein, das ſich an den ſo friſch und einladend ausſehenden Tröpflein erquicken will, oder ſetzt ſich eine kleine Fliege auf das Blatt, um ſich im Sonnenſchein ein wenig auszuruhen, oder kriecht ein 85 g Der Sonnentau, ein Fleiſchfreſſer. 189 Käferlein über die Blattfläche, ſo bleiben die Tierchen mit ihren ö Gliedmaßen an den trüge— riſchen Tropfen kleben wie an 1 Vogelleim, und nun kommt f Leben in das tückiſche Gewächs. . Es iſt, als ob die Pflanze mit den Drüſenhaaren wittern könnte, denn dieſe neigen ſich / #4 dem auf der Blattfläche ge— f fangenen Tierchen zu und um— g klammern es von allen Seiten. Nun beginnen die Tropfen ihre Wirkung. Sie beſtehen nämlich aus einem unſerem Magenſafte ähnlichen Stoff und ſind imſtande, Nahrung aufzulöſen, wie es ja auch in unſerem Magen bei der Ver— dauung geſchieht. So machen ſie denn alle inneren, d. h. alle Rundblättriger Sonnentau. Weichteile des kleinen Tier- n 0 körpers flüſſig, und die hohlen Drüſenhaare ſaugen dieſe Flüſſigkeit f auf, bis nichts mehr da iſt als die leere Haut des Opfers. Dann breitet ſich das Blatt wieder aus, die Haare geben den Überreſt frei, und der Wind führt ihn hinweg. Man kann den Sonnentau auch mit ganz kleinen Fleiſch— 4 ſtückchen „füttern“, und darum nennt man ihn eine fleiſch— | freſſende Pflanze. Er iſt jedoch nicht einzig in dieſer Art, ſondern es gibt bei uns und namentlich in wärmeren Ländern noch eine ganze Reihe ſolcher Mordpflanzen. Alphabefiſches Sachregilter. (Die mit * bezeichneten find illuliriert.) Abſchreckungsmittel 36. 80. Aronſtab 86. 171.“ 173.“ Ackergauchheil 111. Aſter 88. 110. Ackerquecke 113.“ Atmung 14. Ackerrettich 56. 106. Atropin 83. Ackerſchachtelhalm 163. Augentroſt 92. 111. Ackerſenf 56. 106. Ausläufer 35. 58. Ackerſpark 110. Azaleen 77. Acklei 84. Adlerfarn 161. Bakterien 150. Adonisröschen 84. Bambus 114. Affenbrotbaum 102. Banane 42. Ahorn 39. 41.“ Brarchent 101. Ahrchen 111. Bärlappgewächſe 163. Ahre 114. 149. Brartflechten 152. 153. E Ahrengräſer 114. Baſtfaſern 104. | Ahrenriſpengräſer 114. Batiſt 102. £ Algen 156. Bauchpilze 146. E Algenpilze 150. Baumwolle 38. 101. 103.* 3 Alpenroſen 77. Bazillen 150. Alpenveilchen 86. Becherflechten 155.“ 3 Ameifen 29. Becherfrüchtler 99.* Br. Ampfer 123. Bedecktſamige 46. 127. * Andromeda 77. 86. Beifuß 90. £ | Anis 61. Berg-Wohlverleih 90. % Apfel 65. Beſchneiden der Wurzeln 23. Apfeläther 65. Beſenginſter 69.“ N Appetitfarbe 32. Beſenſtrauch 69.“ u Aprikoſen 65. Bickbeeren 78. * Aquarium 13. Bienen 11. 94. BT Armleuchtergewächſe 157. Bienenſaug 90. 1.92 Alphabetiſches Sachregiſter. Bilſenkraut 81.“ Binſen 48. 120. 123.“ Birke 32. 131. Birkenpilz 146. Birkenreizker 145. Birne 61.“ 65. Birntang 158. Bitterſüß 81.“ Blaſenalgen 156. Blaſenſtrauch 85. Blaſentang 157.“ Blätterpilze 142. Blattgrün 12. Blattkeimer 47. 77. 96. 107. Blauſäure 83. 85. Blumenbinſe 120. Blumenkohl 55. Blütenblätter 46. Blütenhülle 46. 76. Blütenkalender 133. Blütenpflanzen 45. Blütenſtaub 23. Bofiſt 146. Bohne 6. 7.“ 42. 47. 70. Braunalgen 157. Braunkohl 55. 8 Braunkohle 161. Brechnuß 85. Brechwurzel 85. Brenneſſel 104. Brombeere 62. 68. Brotbaum 42. 102. Brotſchimmel 150. Brunnenkreſſe 56. Buche 131. Bucheln 36. Buchsbaum 85. Buchweizen 42. 74. 98. 100.“ Buſchwindröschen 4. 48. 49.“ Butterpilz 146. | Champignon 144. Datteln 42. Dickfuß 146. Dill 61. Difteln 29. 38. 88. Dolde 60. Doldengewächſe 58. Durra 41. Ebereſche 65. Echte Kaſtanie 98. Edelpilz 146. Edelweiß 90. Efeu 84. 180. 181.“ Ehrenpreis 92. Eibe 86. 127. Eiche 21. 32. 98. 131. Eicheln 39. 99.“ Eichenwirrſchwamm 146. Eierpilz 145. Einbeere 86. Einhäuſige 97. 122. Einkeimblättrige 48. 127. Entenflott 123. Erbſen 7. 42. 70. 71.“ Erdbeere 32. 62. Erdeichel 85. Erle 32. 126. Eſche 128. 131. Eſpe 95. Farne 161. Faulbaum 85. Feld⸗Champignon 144. Feldthymian 91.“ 92. Fenchel 61. Fichte 127. Fingerhut 84. 86. 92. Flachs 102. 103.“ Alphabetiſches Sachregiſter. 193 Flechten 152. Fleckenorchis 183.“ Fleiſchfreſſende Pflanzen 92. 188.“ Fliegenſchimmel 149. Fliegenſchwamm 141. Flügelfrüchte 39. 41.“ Flußampfer 123. Frauenflachs 92. Frauenhaar 160. Frauenſchuh 184. Froſchbißgewachſe 123. Froſchlöffel 48. 86. 120. Fruchtblätter 46. 71. Fruchtfolge 105. Fruchtknoten 46. Fuchsſchwanz 113.“ 114. Gartengleiße 60. 84. Garten-Hortenſie 67. Gartenkerbel 60. Gartenroſe 65. Gartenſchierling 60. 84. Gefäßbündel 162. Gefäßpflanzen 163. Gefäßſporenpflanzen 163. Geflecktes Knabenkraut 184. Geißblattgewächſe 85. Gelbe Wurzel 58. Gemüſekohl 54. 55.“ Georgine 88. 110. Germer 86. Gerſte 41. 111. 113.“ Geſpinſtpflanzen 101. 103.“ Getreide 41. 107. Getreideacker 104. Gifte 83. Giftlattich 86. Giftpflanzen 81.“ 83. Giftſumach 85. Ginſter 71. Brüning, Pflanzenreich. Glanzgras 114. Glockenblume 111. Glockenheide 76.“ Goldenes Frauenhaar 160. Goldfiſche 14. Goldlack 56. Goldneſſel 91. Goldregen 70. 85. 130. Goldſtern 117. Grannen 30. 112. Gräſer 105. 113.“ Griffel 46. 69. Grünalgen 157. Grünkohl 54. Gundelrebe 92. Günſel 92. Hafer 41. 111. 113.“ Hagebutten 62. 65.“ Häher 98. Hahnenfußgewächſe 23. 25.“ 48.“ 84. Hahnenkamm 92. 106. Hainbuche 98. Halbgräſer 124. Halbſchmarotzer 92. Hanf 86. 103.“ Hartbofiſt 147. Haſelnuß 99.“ Haſelſtrauch 31. 33.“ 36. 97. 126. Haſelwurz 86. Hausſchwamm 146. Heckenroſe 61. Hederich 56. Heide 75.“ Heidekorn 42. 100. Heidekraut 18. Heidekrautgewächſe 74. eidelbeergewächſe 77.“ ellerkraut 54.“ erbſtzeitloſe 81.“ 86. 117. 13 A. 2. A 194 Heufteber 114. Hexenei 146. Hexenpilz 146. Himbeere 62. Hirſe 41. 114. Hirtentäſchel 54.“ Hohlzahn 92. Holzäpfel 65. Honiggras 114. Hopfen 86. 104. Hornklee 70. Hortenſie 67. Huflattich 88. Hüllblätter 49. Hülſenfrüchte 42. 71.“ Hundskamille 88. Hundspeterſilie 60. 84. Hundsroſe 61. Hundsveilchen 58. Hundswürger 85. Hutpilze 141. Hyazinthe 4. 117. Igelkolben 122. Ignatie 85. Immergrüne Pflanzen 17. Indigo 71. Inſektenbeſtäubung 25. Isländiſches Moos 153. Japaniſche Roſe 67. Johannisbeere 67. Judenbart 66. Jungholz 5. Käfer 29. Kaffee 85. Kaiſerkrone 86. 117. Kakaobaum 102. Alphabetiſches Sachregiſter. Kälberkropf 84. Kalla 170. Kalmus 121. Kamille 88. Kammgras 114. Kartoffel 5. 36. 37.“ 42. 79. Kartoffelbeere 36. 80. Kaſtanie 98. Kattun 101. Kätzchen 31. 93.“ Keimblätter 6. 7.“ 46. Kelchblätter 26. 46. 69. Kernobſt 65. Kiefern 20. 125.“ Kienholz 126. Kirſchen 35. 65. Kirſchenſteine 35. Kirſchlorbeer 85. Klappertopf 92. 106. Klatſchmohn 84. 107. Klatſchroſe 84. Klee 70. Kleeſalz 85. Kleider der Menſchen als Beförde— rungsmittel 39. Klette 88. Klingender Hans 106. Knabenkraut 164. Knäuelgras 113.“ 114. Knollen 5. 79. Knollenblätterpilz 145. Knoſpenharz 11. Knöterichgewächſe 98. Kohl 54. Kohlenſäure 14. Kohlenſtoff 12. Kohlrabi 55. Kokosnüſſe 42. Königskerze 92. Kopfſalat 42. 90. Kopfweiden 94. Korallenflechte 154. Korbblütler 87. 89.“ 106. Korinthen 74. Korkſchicht 17. Kornblume 88. 89.“ 106. Kornfeld 30. 31.“ Kornrade 85. 106. Krähenaugenbaum 85. Krauſeminze 91. Krebsſchere 123. Kreuzblütler 54.“ 106. Kreuzdorn 85. Kriechende Inſekten 27. Krokus 4. Kronsbeeren 78. Kronſpelzen 112. Kͤroton 84. Be; Küchenſchelle 84. Küchenzwiebel 117. Kuckucksnelke 28.“ “ Kuhpilz 146. 8 Kulturpflanzen 40. 5: Kümmel 61. Kupferkeulen 122. Labkraut 40. Lackmusflechte 154. Lärche 127. Lattich 86. Laubfall 16. Laubmooſe 161. Läuſekraut 86. 92. Lavendel 92. Lebensbaum 127. Lebermooſe 161. Leimſpindeln 29. Lein 102. Leinkraut 24. 25.“ 92. Leeskoje 56. | Alphabetiſches Sachregiſter. 195 Lichthunger 12. Liebesäpfel 82. Lieſchgras 114. Lilie 48. 117. Liliengewächſe 86. 115. Linde 23. 39. 41.“ 47.“ Lindenbaum 32. 131. Linſen 7. 42. 70. Lippenblütler 90. 91.“ Lockfarbe 32. Löwenmaul 24. 92. Löwenzahn 23. 38. 88. Lupinen 70. 111. Maiglöckchen 117.“ Mairübe 55. Mais 42. 114. Maiſchwämme 145. Majoran 92. Malvengewächſe 101. Mandeln 65. 85. Mauerpfeffer 174. 175.“ Meerrettich 56. Mehlbeeren 36. Mehlſchwamm 145. Meiſterwurz 84. Milchſtern 117. Milzkraut 66. 85. Minze 91. Miſpel 65. Mißernte 24. Miſtel 185. 187.“ Mohngewächſe 84. 107. Möhre 59.“ Mohrrübe 59.“ Moor 160. Moosbeeren 79.“ Mooſe 158. Moosling 145. Moraſtheidelbeere 78. 196 Alphabetiſches Sachregiſter. Morchel 146. Morphium 83. Moſt 74. Mücken 173. Mummeln 118. Muſſelin 101. Mutterkorn 149.“ Nachtſchattengewächſe 79. 81.“ 84. Nachtviole 56. Nacktſamige 46. 127. Nadelhölzer 18. 46. 124. Nährſtoffe 12. Narbe 46. Narziſſen 48. 86. Nelken 85. 106. Nieswurz 52. 84. Nikotin 82. Odungspflanzen 20. 92. 175. Oleander 85. Opium 84. Orchideen 48. 183.“ Orchis 184. Palmen 42. 48. 131. Palmweide 93. Pappel 38. 95. 126. Paſtinake 60. Peterſilie 60. Pfahlwurzeln 23. 126. Pfeffer 101. Pfefferminze 91. Pfeifenſtrauch 67. Pfeilgift 52. 84. 85. Pfeilkraut 120. Pfennigkraut 56. Pfifferling 145. Pfirſiche 65. Pflanzengifte 86. Pflaumen 35. 65. Pflaumenſteine 35. Pilze 84. 86. 95. 141. 148. Pinſelſchimmel 150. Platterbſen 70. Pollen 31. Poren 15. 20. Porzellanblume 66. Preißelbeere 78. Primel 4. 19. 21.“ 86. Proteinſtoffe 42. Purgierkroton 85. Quecke 113.“ Quellmoos 161. Quendel 92. Quitte 65. Rachenblütler 90. 92. 106. Radieschen 5. Rainfarn 88. 89.“ Randblüten 87. Ranken 72. Raps 54. Rapskohl 54. Raupen 29. Raygras 114. Reben 73.“ Rebengewächſe 72. i 4 Reis 40. 5 2 Renntierflechte 154. f a Rettich 4. 56. 4 Rhabarber 101. 2 Ried 121. 4 Riedgräſer 124. | 2 Rieſenampfer 123. Riſpe 113.* Riſpengräſer 114. Ritterſporn 52. 84. Rizinus 84. 85. 5 * Ce Robinie 71. 85. 130. Roggen 41. 105. 113.“ Röhrenblüten 87. Röhrenpilze 146. Rohrkolben 48. 121.“ Roſen 29. 61.“ 65.“ Roſenartige 61. 84. Roſenkohl 55. Roſinen 74. Rosmarin 77. 92. Rosmarinheide 77. Roßkaſtanie 9.“ 36. 130. Roſtpilze 150. Rotalgen 157. Rotbuche 98. Rotdorn 62. Rottanne 22. 127. Rübe 4. 42. Rübenkohl 54. Rüböl 56. Ruchgras 113.“ 114. Ruhrkräuter 90. Saatwucherblume 88. 106. Sadebaum 86. Salbei 92. Salweide 93.“ 95.“ Satanspilz 146. Sauerampfer 100. 122. Sauergräſer 48. 115. Sauerklee 85. Sauerſtoff 14. Savoyerkohl 55. Schachblume 117. Schachtelhalm 161. Scharbock 52. Scharbockskraut 52. 84. Schattenpflanzen 167. Scheibenblüten 87. Scheinſchmarotzer 182. | Alphabetiſches Sachregiſter. Schierling 60. 84. Schilf 114. 119.“ Schilfrohr 121. Schlafmohn 84. Schlehe 65. Schlüſſelblume 86. 197 Schmarotzerpflanzen 13. 92. 187. Schmerling 146. Schmetterlingsblütler 24. 68. 85. Schnecken 29. Schneeballſtrauch 85. Schneeglöckchen 4. Schöllkraut 84. Schotenfrüchtler 54. Schuppenwurz 92. Schüſſelflechte 153. 154.“ Schutzfärbung 36. Schwarzdorn 62. 65. Schwarzer Nachtſchatten 81.“ Schwefelkopf 145. Schwellkörperchen 112. Schwertlilien 122. Seeroſen 118. Seggen 124. Seidelbaſt 86. Sellerie 60. Senfkohl 54. Senker 187. Simſen 124. Skorbut 52. Sonnenblume 87. 88.“ 110. Sonnenlicht 12. Sonnentau 188. 189.“ Spaltpilze 150. Spaniſcher Pfeffer 82. Spargel 118. Speiſekammer 4. 79. Speiſeſchwämme 146. Speiteufel 144. Spelzen 111. 198 Alphabetiſches Sachregiſter. Spitzkeimer 48. 105. 117. Tauſendſchön 88. Splint 5. Tauwurzeln 23. Sporen 142. Taxus 127. Spreublättchen 87. Tee 85. Stachelbeere 67. Teichroſe 118. Staubbeutel 46. Teltower Rübchen 55. Staubblätter 46. 69. Thymian 92. Staubfäden 46. Tiere als Beförderungsmittel 39. Staubkätzchen 94. Tollkirſche 81.“ Stechapfel 81.“ 84. 8 Tomate 82. Steinbrechgewächſe 66. Torf 161. Steinklee 70. Torfmoos 160. 161. Steinkohlen 164. Traubenkirſche 85. Steinobſt 65. Treſpe 114. 2 Steinpilz 146. f Trüffeln 23. 146. J Stempelkätzchen 94. Tulpe 3.“ 115. 1 Stiefmütterchen 57.“ 111. f Stinkmorchel 146. überpflanzen 183. = Stockſchwamm 145. Unvollſtändige Blüten 94. 4 Stoppelpilz 145. Upasſtrauch 85. 7 Strahlenblüten 87. Urwaldbewohner 183. Strandhafer 114. Strandroggen 114. Vanille 184. 8 Strychnin 83. 85. Veilchen 4. 84. 79 Studentenröschen 67. Veilchengewächſe 56. 57.“ s ; Sturmhut 52. 84. Veredelung 66. 5 Sumpfdotterblume 19. 51.“ 84. Vergißmeinnicht 24. 3 Sumpfheide 76.“ Vielkeimblättrige 127. Be Sumpfherzblatt 67. Bogelbeeren 65. 5 Sumpfporſt 77. 86. Vogelknöterich 100. 5 Sumpfſchilf 124. Vollſtändige Blüten 69. l Süßgräſer 48. 111. Vorratskammern 4. 3 Süßholz 71. b Er Syringe 131. Wacholder 127. J Wald 128. 5 Tabak 81.“ 84. Waldrebe 84. a Tanne 22. 39. 126. Walnuß 36. Be Tannenbaum 18. 32. Wandflechte 153. 154.“ f Taubneſſel 90. Waſſeraloé 123. Taumellolch 86. 113.“ Waſſerfäden 157. Ben... ie Ne . See Alphabetiſches Sachregiſter. 199 Uaſeerfenchel 84. Winden 85. Miaſſerhahnenfuß 52. 177. Windröschen 84. Baſſerknöterich 100. Wirſingkohl 55. Vanſſerleitungen 20. Wolfsmilchgewächſe 84. 85. Waſſerlinſen 123. Wollgras 38. 113.“ 115. 122.“ Waſſernabel 84. Wollkraut 92. Waſſerpeſt 13. 15.“ 118. Wucherblume 88. Waſſerroſen 118. Wurmfarn 167. 169.“ Waſſerſchierling 60. 84. Wurzelhärchen 11. Waſſerverdunſtung 18. Wurzeln 3. Waſſerviole 120. 8 Wurzelſtock 4. 50. 80. Weide 38. 93. 95. Weidenbaum 93. 96.“ Hamspflanze 42. Weihnachtsroſe 52. 84. Weintrauben 36. 73.“ Zeder 127. Weißdorn 62. 8 Zehrwurzel 174. Weißkohl 42. 54. Ziegenlippe 146. Weißtanne 127. Zieſt 92. Weizen 40. 111. Zimmerpflanzen 16. Welſchkohl 55. Zittergras 113.“ 114. Wicken 70. Zitterpappel 95. Wieſenhafer 113.“ Zuckerrohr 114. Wieſenriſpengras 114. Zunderſchwamm 146. Wieſenſchaumkraut 53.“ Zweihäuſige 94. 104. Wieſenſchilf 124. = Zweikeimblättrige 127. Wieſenſchwingel 114. Zwetſchen 65. Wilder Jasmin 67. f Zwiebel 4. 80. 115.“ Wind 29. 8 Zwiebelgewächſe 4. Windblütler 32. 95. 97. 104. 107. Zypreſſen 127. Br. Bas Be; E N . * 2 8 8 Un x N . 9 100 o re 20 11 65 9 M2 1 SOd J1HS Av an I M3IASNMOG TV 1LN