This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project to make the world's books discoverable online.

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that's often difficult to discover.

Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the publisher to a library and finally to you.

Usage guidelines

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.

We also ask that you:

+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these flies for personal, non-commercial purposes.

+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the use of public domain materials for these purposes and may be able to help.

+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.

About Google Book Search

Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web

atjhttp : //books . qooqle . com/

Über dieses Buch

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.

Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.

Nutzungsrichtlinien

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.

Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen unter Umständen helfen.

+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.

Über Google Buchsuche

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.

Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen.

Ijs-

ru*&*

ZEITSCHRIFT

FÜB

ALLGEMEINE ERDKUNDE

MIT UNTERSTÜTZUNG

t

DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKÜNDE ZU BERLIN

UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG

TO»

H. W. DO VE, 0. G. EHRE9BEB0 uro H. KTEPEET in beruh, K. AHDBEE ni lkepqg uro J. S. WAPPÄUS im q&ttimqkm

HERAUSGEGEBEN

TOM

Dr. K. HEUMAHH.

Ct)

NEUE FOLGE. ACHTEL/BAND.

MIT VI KARTEN.

BERLIN.

VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1860.

MSNSg«.

Inhalt des achten Bandes.

Seit* L Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. Ein Beitrag zw

historischen Geographie von Dr. v. Maack in Kiel 1

IL Mittheilungen ans Algerien. Von Dr. L. Buvry. Die Östliche Sa- hara der Regentschaft Algerien 31

HL Ueber den religiösen Glauben und die Ceremonien der heidnischen Samojeden im Kreise Mesen. Nach dem Rassischen. Vom Heraas- geber 55

IV. Ueber das Klima des westlichen Europa. Von H. W. Dove. Zweite

Abhandlung. Frankreich 97

V. Das lirgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. Ein Beitrag zur

historischen Geographie von Dr. v. Maack in Kiel. (Schlafs) . . 112 VI. Ein Jagdausflug von Keren im Lande der Bogo's nach dem Berge Zad'amba am oberen Laufe des Barka- Flusses. Von Werner

Munzinger. . 141

VII. Stadt und Hafen Zanzibar. Von E. Qu aas 177

VUL Ein Besuch der Insel Formosa. Von Robert Swinhoe . . . 207 IX. Die Canadische Red River -Expedition in den Jahren 1857—1859.

Von E. G. Ravenstein 223

X. Die topographischen Aufnahmen der wissenschaftlichen Expedition

nach Chorassan. Von N. Chanikoff 273

XL Th. W. Atkinson's Schilderungen central- asiatischer See- und Ge-

birgs- Landschaften. Mitgetheilt von Dr. Biernatzki .... 277 X3L Du Chaillu's Reise am Gabun und Nebenflüssen. Von Dr. H. Bat th 324

XH1 Die Bewohner Zanzibar's. Von B. Quaas 331

XIV. Ueber die Wärmeabnahme in höheren Breiten. Von H. W. Dove 336 XV. Reiseskizzen aus Sicilien. Von Dr. Ernst Hackel . . . . . 433 XVI. Bu Derba's Reise nach GhaU Nach dem Französischen von E. G.

Ravenstein 468

IT Inhalt

Bett«

MisceDen und Literatur.

Europa.

Bemerkungen über die Haringsfischerei an den schottischen Küsten . 68

K. Pfyffer's „Kanton Luzern" 93

Ueber den Wasserstand und die Schiffbarkeit der Oder 152

A. Berlepsch' »Schweizerkunde" 174

Höhe der Bahnhöfe auf den prenfsischen Eisenbahnen 241

Geerz' „Generalkarte von den Herzogtümern Schleswig, Holstein und

Lauenburg" ^JfiQ

Der nordöstliche Theil des Gouvernements Nisfene Nowgorod . *S\ 378

Das griechische Stadtchen Stenimach in Bulgarien .- 384

Die rassische Marine im Jahre 1859 483

Koritsa in Macedonien 484

Afrika*

Bemerkungen zu der Karte von Maroeco. Von H. Kiepert . . . 82

Uefe.tr den Handel von Maroeco, Nach Richards on. 157

Weitere Nachrichten von Dr. Livingston* 159

Nötig über H. Duveyrier'a Reise naefe Tunesien ...,.,*.. 385

Ueber die Cultur der VaniUe auf Reunion, .,.,..,.... 386

W. Heine's „Sommerreise nach Tripolis" 428

Nachrichten über die Reise der Herren Baron v^ Barnim und Dr, Hart- mann in Nubien 486

Nachricht über das Schicksal des Dr. Vogel 489

Das Shirt-Thal und seine Bewohner. Von D. Livingstone . . . 489

Asien.

Ueber den Ztisammenfluft der Angara und des Jeniissef. Von Wer-

ssilow ' /*fi

Ein Ausflug von Hongkong nqph den heüsen Quellen von Yuklak im

Sinon-Jfceisa ., ... ^ ....... . 74

F. N.. Ijiorenzen's «Jerusalem" 93

Bemerkungen zu dem Bericht über die russische Expedition nach Oho-

rassan. Von Prof. Schirren in Dorpat 160

Verschiedene Arten von Schnepfen in China 160

Untersuchungen an der Küste von Japan 161

Der Tangtsekiang von Woosung bis Hankow. Nach den Sailing Di- rectum* des Capt Ward 256

Das Lattracnfat ia Nangaaaki 262

Eiij Ausflug von Damaskus nach, Sekk& und Gaaanle. Ve* B. Dom-

gena 389

Heifse Mineralquellen in. der Provinz Ssemipalatinsk. Von Abramow.

Aus dem Bussischen 394

Die Karaganen. Nach dem Rassischen 400

IiOudt,

Chinesische Bibliotheken . . . % . ^ 409

Swatau and seine Umgebung 411

BnsjHseh* Maehitcbta» über den japenerieehe» Hafen Nfcgata ... 412

W. Heise 't „Japan und seme Bewohner" 429

Nachrioht Ober die Reis» de» CobsuI Wetzstein ton Bamako» durch

GSdür und Gdl&n nach Kal'at Mzerib Von B. Doergen« . . 496

Ahtoh*» Forschungen hn Kaukasus während de« Sommer» t8ft$ . . 498

Die Stadt Tjumen. Nach dem Russische» . ... 500

Australien und Polynesien.

Die Aorere- und Parapara- Goldfelder auf {Jeu- Seeland. Von Pf.

Hocbetetter , , .. 16&

Dr. Hochstetter'a Karten von New -Seeland. ......... 263

Ein Besuch des Manna Loa, während seines Ausbruchs m Jahre t859i

Von Dr. Alezander . . 265

Neuere Nachrichten von Missionären aus Micronesien 413

Amerika.

Ein Schreiben H. Burmeister' s aus Tucuman vom 12. Oct. 1859 . 80 Berichtigung zu den Barometer -Beobachtungen in Parana. Von EL

Burmeister 81

Längenbestimmungen in Canada vermittelst des elektrischen Telegraphen 1 65

Die Provinz Jujuy in der Argentinischen Conföderation 167

Neuere Untersuchungen des Rio Salado in der Argentinischen Conföde- ration 417

Das letzte grofre Erdbeben auf Haiti 509

Miscellen allgemeineren Inhalts.

Geographische Hand- und Schulbücher 91

Eisberge im südlichen Ocean 171/

Plan zur Begründung eines Central -Erkundigungs-Bureau's zu Berlin

für Auswanderung nach den britischen Colonien 422

Wandkarte der Hemisphären auf Wachstuch von Dr. Vogel und De- utsch 423

W. Pütz' n Charakteristiken zur vergleichenden Erd- und Völkerkunde* 426

W. Unschuld's „Leitfaden zur darstellenden Statistik auf Karten* . 427

Uebersicht der vom December>659 bis zum Juli 1860 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von

W. Koner 513

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 7. Januar 1860 . 94

- 4. Februar - . 175

- 3. März - . 271

- 14. April - . 430

- 5. Mai - .431

- 2. Juni - 511

Tl Inhalt

Karten.

Taf. L Der nördliche Theil des Sultanate Marocco (Magril el- Akfa), nach Reise- berichten und französischen Karten zusammengestellt von H. Kiepert.

Tai. IL Geographische Karte der Gegenden zwischen Eider, Schlei und Treene. Geaeichnet von F. Geers.

Tal m. Die Region der Canadischen Seen im Nordwesten des Lake Snperior. Zusammengestellt von E. G. Ravenstein.

Tai. IV. Uebersichtskarte der russischen wissenschaftlichen Expedition in Cho- rassan. Mitgetheilt von dem Chef der Expedition, Herrn Staatsrath N. Cha- nikoff.

Tai. V. Reisen an der äquatorialen Westküste von Afrika, von Du Chaillu. Construirt von H. Barth. Die Mtindnngsbay des Flusses Gabun.

Taf. VL Karte von Ismail Bu Derba's Route von El Aghuat nach Ghat 1858. Gezeichnet von E. G. Raven stein.

I.

Das urgeschichtliche Schleswig-Holsteinische Land,

Ein Beitrag zur historischen Geographie von Dr. v. Maack in Kiel.

Öeit Jahren in meinen Mußestunden beschäftigt mit den Vorarbeiten su einer Urgeschichte der Schleswig -Holsteinischen Lande bis auf die Zeiten des grofoen Karl, als einem Beitrage zur Ethnographie des Nordens, drängte sich mir alsbald die Erkenntnis auf, dafs eine Ur- geschichte Schleswig -Holsteins, des meerumschlungenen, gar nicht mög- lich sei, bevor nicht die in historischen Zeiten stattgefundenen, so be- deutenden Veränderungen seiner physischen Bodenbeschaffenheit aus den zurückgebliebenen geologischen Spuren und Thatsachen in ihrem genetischen Zusammenhange erkannt worden waren. So wie die Flusse des Landes ihren Lauf geändert und das Meer einerseits ausgedehnte Eilande und Landstrecken theils zerrissen, theils verschlungen, so wa- ren anderseits wieder Inseln durch Verschmelzung mit dem Festlande völlig verschwunden. Es mufste daher zunächst an der Hand der Geo- logie und Archäologie und mit Hilfe der Topographie und Philologie der urgeschichtliche Schauplatz der Schleswig -Holsteinischen Lande wieder restaurirt werden. Die Resultate dieser Forschungen habe ich in den folgenden Blättern im Umrife niedergelegt.

§ 1. Das nordeuropäis che Mittelmeer, das Trennungs- oder vielmehr das Bindeglied zwischen Nord - und Sudgermanen, wird durch die Kimbrische Halbinsel in ein gröfseres westliches und ein kleineres östliches Becken getheilt: die Westsee und Ostsee, jenes ein Glied des Oceans, dieses ein Binnenmeer (dälaoau). Und eben diese grundver- schiedene Theilung des nordischen Mittelmeers druckt ihm einen Cha- rakter auf, der wesentlich abweicht von dem des südeuropäischen, wel- ches ganz ein Binnenmeer darstellt

Ztitschr. f. auf. Brdk. Neue Folg«. Bd. VIII. 1

2 v. Maack:

§ 2. Was nun zu vorderst die West- oder Nordsee betrifft den Oceanus septentrionalis , das Mare Britannicum, das Mare Germa- nicum der Romer, die Cimbrica Thetis des Claudian, den Oceanus Bri- tanniens, den Oceanus Fresonicus des Adam von Bremen, das Netel- meer, Mör taweh der Kymren , so bildete dieses, jetzt ungefähr 12,000 Quadratmeilen grofse Meer noch in historischer Zeit, d. h. zu einer Zeit als unser Land bereits bewohnt war, eine ungeheure Meeresbucht, indem England mit Frankreich zusammenhing. Von dieser Thatsache, welche mittelst der Geologie und Archäologie streng zu beweisen ist, mufe die Geschichte ausgehen, falls sie auf das tiefe Dunkel der Urzeit einen wenn auch nur schwachen Lichtstrahl wer- fen soll.

§ 3. Wenn es um die Beweise sich handelt, die darthun sollen, dafs England und Frankreich einst zusammengehangen, so kann na- türlich nicht von eigentlich historischen Beweisen die Rede sein; nichts- destoweniger ist die Sache deshalb nicht minder gewifs. Es liegt nämlich hier ein Fall vor, wo die Geschichtsforschung ihren Stoff einer exaeten Naturwissenschaft, der Geologie, entnehmen kann und entnehmen muls. Schon seit langer Zeit hatte einerseits die geringe Breite der Meer- enge zwischen Dover und Boulogne, so wie ihre geringe Tiefe und deren Zunahme nach beiden Seiten nach Norden und Sudwesten hin * ), andererseits die Beobachtung der geologischen Gleichartigkeit und der steilen Form der beiden einander gegenüber liegenden Felsenufer Englands und Frankreichs bei den Geologen die Vermuthung geweckt, dafs beide Länder einst zusammengehangen, eine Ansicht, wofür man auch den Umstand geltend machte, dafs beide Länder dieselben wil- den Thiere, z. B. Wölfe, besaßen, welche, weil der Kanal nie im Win- ter zufriert, nicht auf dem Eise nach England gelangt sein können. Auch existirt noch jetzt die Sage von dem Durchbruche des Kanals zur Zeit einer grofsen Fluth sowohl auf Sylt (vergl. Hans Kielholt in Heimreichs nordfriesischer Chronik, Tondern 1819, Theil I, Seite 83) als am Nissumfjord in Jütland, wie denn auch Kymrische Sagen in der Form von Triaden zu erzählen wissen von dem Durchbruche des Llyn Llion ■) (Die/jFenbaclis Celtica II. 2. S. 76). Allein die eigent- lichen Beweise für die in Rede stehende Thatsache hat die geologische Beobachtung der neueren Zeit erst geliefert. Sie hat nämlich Verhfilt-

1 ) Der Meeresboden bildet in der Richtung von Dover nach Boulogne einen un- ebenen, höchst zackigen Bergrücken, welcher sich nach der Nordsee und dem Ka- nal zu sanft abflacht. Ueber dem Bergracken ist das Meer 16 28, am westli- chen Ausgange des Kanals 80 120 und zwischen den ShetUndsinseln und dar Küste Norwegens 72-140 Faden tief.

a) Der Llyn Llion (the lake of the itreamt) ist der Meeresbusen, den der noch nicht durchbrochene Kanal gen Westen hin bildete.

V Dm urgeschichtliche Schtawig* Holsteinische Land. 3

nisse ans Licht gezogen, aus welchen unwiderleglich hervorgeht, ein- mal, dafe nur durch das Geschlossensein des jetzigen Pos de Calais die Bildung mancher geologischen Erscheinung sich erklären lasse und demnächst, dafo unser Land bereits damals bewohnt gewesen.

a) Nur in einem ruhigen, gleichmäßig fluthenden Meereswasser findet eine Marschbildung statt, denn nur unter diesen Verhältnissen setzt sich der feine, im Meereswasser suspendirte Thon ab, ohne wie- der fortgespült zu werden. Die Marsch, ein Erzeugnifs des Meeres (§8), nimmt nun in Hinsicht ihrer Breite an dem südlichen Ufer der Nordsee von Osten nach Westen zu. Folglich muJs der südwest- liche Theil der Nordsee einst, als die hollandischen Marschen sich bil- deten, der ruhigste Theil derselben gewesen sein, während er jetzt durch die Kanalströmung der unruhigste ist. Er konnte aber nur dann der ruhigste Theil des Meeres sein, wenn der Kanal noch nicht existirte. Unter den jetzigen Verhältnissen ist die Naturbildung einer Marsch in Holland unmöglich; selbst die Erhaltung des Gebildeten ist nur durch die grofeten Anstrengungen der Kunst zu erzielen.

b) Es ist ein allgemein gültiges Gesetz, dafe alle Flüsse mit ihren Mündungen sich nach der Gegend hinziehen, von woher ihnen die Fluth kommt (v. d. Wyk in Leonhard's und Bronn's Jahrbuch für Mi- neralogie). Daher nehmen alle Flüsse Belgiens und Hollands gegen ihre Mündung hin einen Lauf nach Westen gegen den Kanal zu, von woher jetzt die Fluth kommt. Da aber zu der Römer Zeiten der Rhein nach Norden in den Flevussee da wo jetzt der Zuydersee liegt , im Mittelalter bei Katwyk mündete, so kann die Fluth einst nicht aus dem Westen gekommen sein, weil die Flüsse und namentlich der Rhein sonst schon vor Jahrtausenden ihren Lauf westlich genommen haben würden. Folglich mu& der Kanal geschlossen gewesen und die Fluth von Norden her gekommen sein, wohin der damalige Lauf des Rhein's gerichtet war.

c) Die Beschaffenheit der beiderseitigen Ufer Englands und Frank- reichs stimmt auf das Genaueste überein. Dem Granit von CornwaUis entspricht ein ähnlicher der Bretagne, und die Kreideufer bei Dover und Galais zeigen ein gleiches Schichtungsverhältniis und eine gleiche Entwicklung des Gesteins. Eine solche gleichartige Bildung setzt aber nothwendig einen vormaligen Zusammenhang beider Ufer voraus.

d) Man hat beobachtet, dafs die fossilen Exemplare von Cardium edule, der häufigsten Muschel unserer Küstenfauna, welche in unzäh- ligen Massen in den gehobenen Schichten Jütlands vorkommen, gröfeer sind, als die jetzt lebenden. Wober rührt dieser Unterschied? Der Grund liegt nicht etwa in einer größeren Wärme, welche damals das Meereswasser besafs; denn, wie wir bald sehen werden 4), es hatte

1#

4 v. Maack:

eine niedrigere Temperatur als gegenwärtig, sondern vielmehr in der grösseren Rahe des Wassers, wie denn ja auch noch heutigen Tages aus demselben Grunde die Muscheln im kleinen Belte gröfser sind, als die in der Westsee; denn das Thier macht, um der Gewalt der Wo- gen zu widerstehen, seine Schaale dicker, aber kleiner. War aber einst das Wasser der Nordsee weniger bewegt oder dem Einflüsse der Fluth und der Stürme mehr entzogen als jetzt, so mufs der Kanal damals geschlossen gewesen sein.

e) Da die später eintretende Kimbrische Fluth, welche England von Frankreich abrifs, mit ihren Spuren, wie wir alsbald sehen wer- den, uralte Gräber überdeckte, so sind eben diese Gräber die unver- werflicbsten Zeugen, dafs sie vor jener grofsen Naturrevolution aufge- worfen worden, dafs also mit anderen Worten das Land vor dem Durch- bruch des Kanals bereits bewohnt gewesen.

§ 4. So bildete also einst die Nordsee eine grofee Meeresbucht, einen ungeheuren Golf, in welchen Rhein, Weser und Elbe, an ihren Mündungen grofse Deltaländer bildend, sich ergossen. Die Ufer Schles- wigs liefen damals mitten durch die Nordsee: die äufserste Reihe der Klippenriffe bezeichnen als Reste der Küste noch jetzt ihre Lage. Das Land ragte hier nur wenige Fufs über den Meeresspiegel empor, so dafs, begünstigt durch örtliche Senkungen des Bodens, die See schon frühe das Neugebildete wieder zerstörte. Das Klima war ein viel käl- teres; die Föhre und Birke waren die vorherrschenden Waldbäume des Landes; die Atmosphäre war weniger nebelig, Wintergewitter fehlten.

a) Das Klima war ein viel kälteres. Zwei Ursachen trafen zusammen, um die mittlere Jahrestemperatur des Landes herabzu- drücken. Einerseits wurde durch Yerschlufs des Kanals das wärmere Wasser des Golfstromes von den Küsten der Kimbrischen Halbinsel abgehalten, anderseits ging ein eiskalter Strom des Polarmeeres, grofee Eismassen mit sich führend, direct von dem weifsen Meere quer durch Schweden hindurch ins Skagerrack hinein. Das weifse Meer hing mit der Ostsee zusammen. Noch jetzt ragt ganz Nordrufe- land und Finnland nur wenige Fufs über das Meer empor. Selbst noch im vorigen Jahrhundert fuhr man von Uleäborg, von dem aus eine grofse Niederung bis ans Ufer des weifeen Meeres sich hinzieht, auf den Flüssen Finnlands aus dem botnischen Meerbusen ins weifse Meer (General Lafren), so dafe sich hier kaum eine scharf ausgeprägte Wasserscheide vorfindet. Ebenfalls ist der finnische Meerbusen durch das Wassersystem des Ladoga und Onega, tiefer Bassins im ehe- maligen Meere, mit dem weiften Meere verbunden. Bedenkt man nun, dafe erwiesener Maafsen ganz Scandinavien und Finnland fortwährend

Das urgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 5

langsam sich heben, dafs diese Hebung gen Norden zunimmt und dafs sie durchschnittlich in einem Jahrhundert ungefähr 4 Fufs beträgt, so kann kein Zweifel obwalten , dafs vor etwa 3 Jahrtausenden ein gro- fser Theil Finnlands vom Meere noch bedeckt gewesen, dafs also die Ostsee mit dem weifsen Meere damals noch in Verbindung gestanden. Daher hat man denn auch wohlerhaltene Schaalthiere des arktischen Meeres an den Ufern der Dwina bis zu ihrer Verbindung mit der Wolga gefunden (Murchison, Kaiserkng) und an dem gehobenen Strande des westlichen Schweden, in der Gegend von Gothenburg und Ude- valla sind die Ueberreste vieler Schaalthiere entdeckt, die der jetzigen Erdperiode angehörig, einen weit nördlicheren Charakter an sich tra- gen als die Bewohner dieses scheerenreichen Meeres (Prof. Lotten in Stockholm). Auch an der Nordküste Jotlands beobachtet man die- selbe Erscheinung (Forchhammer). Das grofee As (Geröllebauk) von Gefle und Stockholm fuhrt Salzwasser Versteinerungen, folglich reichte früher das Salzwasser in den botnischen Busen hinein, dessen Wasser jetzt nur circa | Proc. Salztheile enthält 13). Diese Thatsache deutet schon darauf hin, dafs Schonen in der Urzeit eine Insel gewesen. Euer können wir nur dafür den geologischen Beweis fuhren, uns vorbehal- tend, späterhin 22) aus sprachlichen Gründen aus dem Worte Scan- dinavia nachzuweisen, dafs aus diesem der Name Schonen entstanden und als Insel sprachlich bezeichnet worden ist. Was nun den geolo- gischen Beweis betrifft, dafs Schonen eine Insel gewesen, so wollen wir als unseren Gewährsmann den Geologen Forchhammer (Ueber Geschiebebildungen und Diluvialschrammen in Dänemark und einem Theile von Schweden; in Poggendorffs Annal. Bd. 58. S. 609 646) sprechen lassen. Dieser sagt (S. 635): „Wenn man zur See sich der schwedischen Küste im Eattegat nähert, so treten zuerst die Fel- sen nur mit ihren obersten Spitzen aus den Wellen hervor. Kommt man dem Lande näher, so zeigen sich kleine Inseln und je weiter man kommt, desto gröfser und häufiger werden diese Felseninseln, deren senkrechte Seite gegen den Wellenschlag gerichtet ist; man befindet sich jetzt mitten in den Scheeren. Südlich von Gothen- burg führt die Landstrafse viele Meilen weit durch eine solche Scheerenpartie, deren ehemaliger Meeresboden mit sandi- gem Thon aufgefüllt, mit den Scheeren gehoben und seit Jahrhunder- ten — dem Wellenschlage entzogen, schon längst, wenigstens

theilweise, in Ackerland verwandelt ist. Die Scheere liegt aber ebenso nackt und kahl, noch ebenso geschliffen und polirt da, als ob sie erst neulich von den Wellen bespült worden wäre. Nur hin und wieder hat eine kümmerliche Pflanze sich in den Felsklüften einnisten kön- nen. Wer diese öden Klippen jemals sah, und sie mit den

6 v. Maack:

Felgen in der Göthaelv und den immer niedriger erscheinenden Schee- ren des Gothenburger Scheerensystems (Skjaergard) verglich, wird kei- nen Angenblick anstehen, alle diese Felsen für gehobene Scheeren zu erklären. Ueberdiefs finden sich die Muscheln des jetzigen Kattegats in dem blanen Thon der Thfiler am Oothenburg, nnd man kann sie im Thale der Göthaelv verfolgen bis an die Granitbarriere, welche die Wasserfalle von Trolhätta bildet, wo man bei Anlegung der neuen Schleusen vor wenigen Jahren ganze Lagen davon entdeckte ')". „Auf diesen gehobenen Scheeren in der Umgegend von Gothenburg kommen nun überall Furchen und Streifen vor. Ihre Richtung fand ich nach dem Gompass O. nnd W. mit einer Abweichung von 10 Grad nach jeder Seite. Ich war so glücklich einen grofsen Stein- block von 100 bis 150Kubikfufs noch auf diesen Klippen zu finden: er war stark abgerundet und eine tiefe und breite Furche ging von diesem Blocke gegen West; gegen Osten vom Blocke setzte eine viel schmalere Furche sich weiter fort. Ich hatte hier offenbar einen gro- foen Steinblock auf seinem Wege angetroffen, wo er, von der Fluth verlassen, nur zum Theil einen früher gebahnten Weg erweitert hatte.

Verläfet man die Umgegend von Gothenburg, so verlfifst man

darum noch nicht die gestreiften und gefurchten Felsen; sie begleiten den Beisenden im Thale der Göthaelv bis Trolhätta, und in der gro- ßen Ebene des mittleren Schwedens, welche durch das System der Seen bezeichnet wird, sind sie überall wieder anzutreffen. Ueberall aber findet man die Scheerenform gleichfalls wieder, und dafs jener Theil Schwedens vor einer nicht sehr lang verflossenen Zeit vom Meere bedeckt war, sieht man an den Salzpflanzen und sehr schwachen Salzquellen, die hin und wieder auf diesen Ebenen vorkom- men, wo weder Steinsalz noch Gyps bekannt sind, noch nach irgend einer Analogie erwartet werden dürfen. Doch tritt auf dieser Wan- derung von West gegen Ost nach und nach eine Veränderung ein, die nicht unbeachtet bleiben darf. Die Klippen, die in der Gegend von Gothenburg noch fast ganz nackt sind, bekleiden sich mehr und mehr mit Vegetation, je weiter man sich von der Küste entfernt, und in dem- selben Maafee finden sich mehrere lose Steine auf den Felsen, sowie auch die Anzahl der gestreiften Felsen abnimmt. Es sind diefe mei-

') Bei der Ausgrabung des Gothakanals fand man dicht unter den Wasserfal- len, die durch eine Reihe von Schleusen umgangen werden mußten, bis zur Höhe Ton 40 Fnfs über dem jetzigen Meeresstrand nicht allein natürliche Producta, die de- nen der Nordsee ganz gleich sind, sondern auch in Menschen werken, namentlich in Resten von Seeschiffen, Ankern, Uferbauten den Beweis, dafs die Nordsee tief ins Land hineinragte, wodurch wenigstens ein Theil jener ehemaligen Verbindung (zwi- schen Kattegat und Ostsee) hiermit erwiesen ist. (Michaelis im Bericht der 24sten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Kiel im Sept. 1846. S. 17.)

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 7

ner Meinung nach yollkommen zusammengehörige Erscheinungen. Hat das Wasser nämlich nur während einer kurzen Zeit auf die Klippen einwirken können, so hat es auch nicht die Steine hinabschieben und nicht deren Spuren in den Felsen einschleifen können. Man ist aber, wie mir scheint, berechtigt anzunehmen, dafs die Hebung Scandi- naviens in früheren Zeiten schneller vor sich gegangen ist, so dais also an vielen Orten die Küppen schneller der Einwirkung

des Wellenschlages entzogen worden sind. (S. 643): Ich habe

schon früher darauf aufmerksam gemacht, dais die grofse Strecke des mittleren Schwedens, die durch den Mälar-, Hjelmar-, Wetter- und Wenersee bezeichnet wird, überall Spuren von einer späteren Meeres- bedeckung an sich trägt. Südlich von dieser Strecke liegen die viel größeren Höhen von Smäland, so dafs diese Partie durch den breiten Sund, welcher die jetzige Ebene der Seen einnimmt, vom nördlichen Schweden getrennt ward und für sich eine Insel bildete. Sostand also der botnische Meerbusen mit dem Kattegat in unmittelbarer Ver- bindung und dais salziges Wasser bis in den botnischen Meerbusen hinaufreichte, zeigt der grofse Äs von Gefle und Stockholm, der Salz- wasser -Ygr&teinerungen führt u

So weit Forchhammer! Wir ersehen aus dieser Schilderung, wie das Meer einst, die Göthaelv aufwärts bis zum Trolhätta- Wasserfall, sich nach Osten erstreckte, die jetzige Ebene der 4 großen schwedi- schen Seen bedeckte und in den botnischen Meerbusen ausmündete. Smlland war noch eine Insel, deren nördliche Grenze Forch- hammer so eben bezeichnet hat. Um dessen Scheidung von Schonen gen Süden hin zu erkennen, müssen wir auf die Terrain Verhältnisse etwas genauer eingehen. Eckendahl schildert sie in seiner Geschichte Schwedens Bd. I. Einleitung V. folgendermafsen : Die grofse Ebene um den Mälarsee wird durch eine von dem nördlichen Ende des Wetter- sees bis an die Ostsee streichende Bergkette (Kolmlrden) begrenzt, deren im Westen bis nach dem Wenersee fortlaufende Waldgebirge (Tiveden) das alte Schweden in Nordanskog und Sunnanskog theilten. „Die Landhöhe unterhalb Tiveden, die sich in kleinen Hügeln und Bergrücken allmählich verliert, erhebt sich am See Wiken in Skara- borglehn nur 310 Fufs über die Wasserfläche. Darnach folgt sie des Wettersees westlichem Strand, erhebt und verzweigt sich südlich von diesem See, bildet die Smäländische Gebirgsgegend und trennt das alte und neue Schweden. „Hier muls demnach die Wasserscheide Schönens gegen Norden gesucht werden".

b) Die Föhre und die Birke waren die vorherrschenden Waldbäume des Landes. Es haben die Untersuchungen der in den Torfmooren Dänemarks und namentlich Jütlands versunkenen

g y. Maack:

Bäume gezeigt, dafs die Wald Vegetation des Landes in den verschie- denen Perioden seiner Entwicklung eine sehr verschiedene gewesen (Steenstrup). Zuerst war die Espe oder Zitterpappel der vorherrschende Waldbaum, darauf folgte die Föhre, dann die Eiche und zwar die von der jetzt gewöhnlichen Sommereiche verschiedene Wintereiche ; die Buche schlofs den Reigen, während die Birke sich durch alle Pe- rioden hindurchzog. Nun lehrt aber die Pflanze ngeographie, dafs die zeitliche Aufeinanderfolge der Waldvegetation dieser Bäume auf eine Milderung des Klimas hindeutet. Denn die Buche reicht jetzt gegen Norden bis an das südliche Ufer des Wenersees (in einigen geschütz- ten Thälern Norwegens geht sie noch höher hinauf); die Eiche hat ihre nördliche Vegetationsgrenze etwas nördlich von Stockholm, wäh- rend die Föhre viel weiter gen Norden geht und die Espe einem un- günstigen Klima den grofsten Widerstand leistet. Die Birke zeigt da- gegen eine grofse Gefügigkeit gegen das Klima. Da die Buche gegen- wärtig der Waldbaum des Landes "ist, wie die Eiche es im früheren Mittelalter war , denn durch die Cultur, welche das Klima durch Ausrodung der Urwälder milderte, erhielt die Buche ganz allmählich das Uebergewicht über die Eiche , so mufs die Föhre, welche der Eiche vorherging, in eine kältere Zeitperiode fallen, die keine andere kann gewesen sein, als die, wo durch den noch bestehenden Verschlufe des englichen Canals das Wasser des warmen Golfstromes von der Westküste des Landes abgehalten wurde. Damit stimmt denn auch überein, dafs viele Ortsnamen der Kimbrischen Halbinsel den Beweis liefern, dafs die älteste Landesbevölkerung die Fohre noch als Wald- baum gekannt hat. Alle Ortsnamen nämlich, die mit Für oder Bar (d. h. Nadelholz) zusammengesetzt sind Barsmark, Barsöe, Barslund, Bars- böll, Barsbeck, Barwith (das jetzt Bjert) in Schleswig, Barret, Barret- skov, Barrethal, Barsboll, Barslev in Jütland, die Insel Fuur im Liim- fjord, Furebye, Fyrkild, der vormalige alte Grenzwald Fyriskov u. s. w. in Jütland beweisen, dafs die Föhre noch, wenigstens theilweise, Waldbaum des Landes war, als diese Ortschaften gegründet wurden, während vor 100 Jahren keine Tanne oder Föhre wild im Lande wuchs. Die mittlere Jahrestemperatur der Kimbrischen Halbinsel mufs also in der Periode, als die Föhre der vorherrschende Waldbaum war, zwischen der Temperatur der Polargrenze der Fohre und der Eiche gelegen sein. Dafs die Espe aber Waldbaum gewesen, davon haben wir in historischen Zeiten keine Spur: ihre Herrschaft fällt daher ganz oder wenigstens theilweise in jene Urzeit der gegenwärtigen Erdperiode, wo das Land mit einem noch weit kälteren Klima von Menschen viel- leicht noch gar nicht bewohnt war.

c) Die Atmophäre war weniger nebelig, Wintergewitter

Das lirgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 9

fehlten. Es folgt diefs nothwendig aus der Abhaltung des Wassers, welches der wärmere Golfstrom der Westküste des Landes zufuhrt. Der Wasserströmung entspricht nämlich stets eine Luftströmung, welche jetzt von Südwesten, mit Wasserdämpfen beladen, in die zu gewissen Jahreszeiten kältere nördliche Atmosphäre eindringt und durch Abküh- lung einen Theil ihres Wasserdampfes als Nebel niederschlägt.

§ 5. In diese Periode unserer Geschichte, d. h. vor dem Durch* brache des englischen Canals fallen zwei ausgedehnte Neubildungen des Bodens an der Westküste des Landes und eine dazwischen tre- - tende grofsartige Naturrevolution. Es sind diefs, wenn wir die zeit- liche Aufeinanderfolge beachten, die Bildung der Lagunenmoore, die grofee Senkung des Landes und die ihr folgende älteste Marschbildung.

§6. Die Bildung der Lagunenmoore. Man unterscheidet vier Arten von Mooren, die alle hier im Lande sich finden: Wiesen-, Wald-, Hoch- und Lagunenmoore. An den Flüssen und Bächen fin- den sich die Wiesenmoore; fast überall im Geschiebetbon und hügeli- gen Geschiebesande, besonders an der Grenze beider Formationen die Waldmoore; die Hochmoore nur im Haidesand. Die Bildung der La- gunenmoore mufs der Marschbildung vorangegangen sein, weil alle alten Marschen des Landes auf Mooren liegen, Moormarschen sind. Die Lagunenmoore finden sich an der Westküste des Landes in der Nähe des Meeres. Man kann sie unter der inneren Marsch mit gerin- gen Unterbrechungen von der französischen Küste an bis nach Skagen hin verfolgen. Da der Torf dieser Moore aus Süfswasserpflanzen be- steht, so mufs das Moor einst ein Landsee gewesen sein. Diese Sfifs- wasserseen entstanden auf eine doppelte Weise: bald ward in unmit- telbarer Nähe der Küste vom Meere eine Sandbank aufgeworfen, gleich- sam eine Barre, die sich bildete, wo die von der Küste zurückgewor- fene Welle der fortschreitenden begegnete; allmählich trennte sich völlig die Lagune vom Meere, deren Salzwasser durch das reichliche Zuströ- men des süfsen nach und nach ausgewaschen wurde; bald sam- melte sich in gröfserer Entfernung von der See in dem flachen tief liegenden Lande das vom Rücken der Halbinsel reichlich herabströ- mende Wasser in wenig tiefen ausgedehnten Teichen und Seen an, in denen es mit der Zeit zu einer üppigen Torfbildung kam. Bei der Bildung der Torfmoore kann man aber mehrere Perioden unterschei- den. Im ersten Zeitraum wurzeln verschiedene Wasserpflanzen: Potamogeton, Nymphaea und besonders Slratiotes aloides im Boden des Sees und ihre Blätter bedecken die Oberfläche des Wassers. Sehr lange dauert es, bis es zur Torfbildung kommt, denn während einer langen Zeit werden alle organischen Stoffe zerstört und deren Salze vom Wasser aufgelöst. Nur die Kieselskelette der Pflanzenzellen und

10 v. Maack:

von Myriaden Infusorien sammeln sieh an und bilden die tiefste Schicht der Moore, die, von Humussäure dunkel gefärbt, im nassen Zustande plastisch wie Thon ist, getrocknet aber zu Staub zerfallt und gebrannt eine schneeweifse Masse (reine Kieselerde) darstellt. Zweiter Zeit- raum. Die Torf bildung beginnt wahrscheinlich mit der Entstehung der Humussfiure dadurch, dafe die Oberfläche des Wassers mit Pflan- zenblfittern so dicht bedeckt wird, dafe diese Blattdecke den Sauerstoff der Luft völlig ausschliefst. Im dritten Zeitraum wird die jeden Herbst verschwindende Decke von Bl&ttern der Wasserpflanzen durch eine, Sommer und Winter ausdauernde Decke von Moosarten ersetzt, welche, stets dicker werdend, von den feinen Zweigen der Preifeelbeere (Vaccinium oxycoccut) bedeckt wird. Endlich kommt die Erle, deren Wurzeln durch die grofee Menge Wasser, deren sie bedürfen, den schwim- menden Torf um sich sammeln und befestigen. So schwebt die 2 3, bisweilen 4 Fufe dicke Moosdecke auf dem Wasser; beim Betreten schwankt die ganze Masse, ein schwebendes Moor. Jährlich sterben die unteren Moosstengel ab und werden bei Ausschlufs der Luft und bei Gegenwart von Humussäure leicht in Torf verwandelt und sinken zu Boden. Das schwebende oder unreife Moor besteht also aus einer unteren Torfschicht, aus Moorwasser und einer darüber wachsenden Moosdecke. Erst wenn die untere Torfschicht so angewachsen ist, dafs sie die obere Moosdecke berührt, ist das Moor reif.

§7. Die grofse Senkung des Landes brachte darauf diese Lagunenmoore unter den Meeresspiegel, so dafe der Marschthon sich darüber ablagern konnte. Nicht blos die submarine Lage dieser La- gunenmoore, auch die häufig vorkommenden Spuren untermeerisoher Wälder bürgen für diese Naturrevolution, welche sich auf die Kimbri- sche Halbinsel nicht beschränkte; denn von den Küsten Spaniens bis zur Nordspitze Jütlands, von Bornholm bis zur Westspitze von Cornwallis findet man überall an den Küsten in gröfeerer oder geringerer Tiefe zahlreiche Spuren untermeerischer Wälder und Torfmoore. Was die Westküste Schleswigs betrifft, so finden sich bei Oland, einer Hallig, und zwischen Romöe und dem festen Lande untermeerische Wälder von Fohren bis zu 10 Fufe Tiefe unter der täglichen Fluthhfihe, deren Wurzeln und Stubben hier noch im Sande, worin sie gewachsen sind, vollkommen aufrecht stehen, so dafe folglich durch Senkung des Bo- dens der Wald gesunken, er aber nicht unterwühlt worden ist; um die Hallig Oland stehen wie ein Steindamm Eichenstubben; unter der Marsch bei Tondern liegen grofee Baumstämme; im Husumer Hafen fand man unter einigen Fufe Marscherde ein Torfmoor und unter die- sem einen Birkenwald, dessen Wurzeln im alten ordinären Strandsande standen und dessen Stämme horizontal in der Richtung von Nordwest

Daa urgeachichtliche Schleswig -Holsteinische Land. \ \

nach Südost auf dem Boden des Torfmoores lagen; ferner fand man an der Westküste Sylts, 10 Fufe tief im Meere, Süfewassertorf mit vielen Birkenstämmen , und in dem Meere zwischen Föhr und dem festen Lande den Thal, den Torf der Friesen , aas dem früher Jahrhunderte lang das friesische Salz bereitet ward, ein Beweis von der ungeheuren Ausdehnung dieser untermeerischen Moore. Ganz ähnliche Verhält- nisse finden sich an allen Küsten der Nordsee: nach Norden lassen sie sich bis an den Liimfjord hin nachweisen ; gegen Süden zeigen die Marschen der ganzen deutschen Nordseeküste, sowie in Holland, eine gleiche Beschaffenheit, und an der Ostküste Englands finden sich auch antermeerische Wälder. Es zeigt sich aber dieses Phänomen sowohl ostlich als westlich weit über den Umfang der Nordsee verbreitet: im Westen ziehen sich untermeerische Wälder von Cornwallis bis York- shire hin, finden sich an der Nordküste Frankreichs und sollen an der Spaniens vorkommen; im Osten hat man an der Südküste Schönens untermeerische Moore (Niehon), an der Westküste Bornholms unter- meerische Wälder (Forchhammer) gefunden. Die Senkung des Lan- des erfolgte aber plötzlich, denp das Holz der Stubben und Stämme der untermeerischen Wälder ist vollkommen wohl erhalten, so dafs es nur durch ein rasches Versenken ins Wasser der zerstörenden Ein- wirkung der Luft entzogen worden ist. Bei langsamer Versenkung, der Einwirkung der Atmosphäre Preis gegeben, wäre das Holz sicher- lich vermodert. Die Gröfse der Senkung war wahrscheinlich an ver- schiedenen Orten eine verschiedene. An der Westküste unseres Lan- des betrug sie wenigstens 10 12 Fufs. Denn da der Föhrenwald bei Romöe 10 12 Fufs unter der jetzigen mittleren Fluthhöhe und ebenso tief ungefähr der Boden des Birkenwaldes bei Husum liegt, so ist diese Gröfse das Minimum der Senkung. Weil aber höchst wahrscheinlich nicht alle Wälder im Niveau des Meeres lagen, so war die Senkung, wenigstens stellenweise, bedeutender, wie denn z. B. an der Westküste von Bornholm der Föbrenwald 27 Fufs unter dem jetzigen Meeresspie- gel liegt (Forchhammer). Dafs diese Senkung des Landes aber ge- rade in diese Zeitperiode fällt, wo das Land bereits bewohnt, der eng- lische Canal noch nicht durchbrochen war, das läfst sich unwiderleg- lich darthun. Mitten in jenem im Hafen von Husum versunkenen Bir- kenwalde hat man ein aus weifeem Dünensande aufgeworfenes Grab entdeckt, welches dem sogenannten Steinalter angehört. Diefs Grab war also schon vor der Senkung des Landes aufgeworfen. Unter ähn- lichen Verhältnissen fand man auch an der Küste von Cornwallis Men- schenschädel. Dafs aber der englische Canal noch nicht durchbrochen, als jene gröfse Senkung eintrat, das läfet sich durch Combiniren meh- rerer archäologischen Thatsachen darthun. Wir werden in der Folge

12 ▼. Maack:

sehen, dafs die Kimbrische Fluth, so weit sie reichte, den Boden mit einer Schicht, der sogenannten Steinahl, überdeckte. So war denn auch ein Grab, welches Forchhammer auf Sylt öffnen liefs, in geringer Tiefe von der Oberfläche mit dieser Steinahllage bedeckt. Diese Schicht fehlte aber jenem Grabe, welches man in dem im Husumer Hafen ver- sunkenen Birken walde entdeckte, folglich mufs die Senkung vor jener Fluth eingetreten sein, worauf auch die Folge aller sonstigen Erschei- nungen hindeutet. Da nun erst die Kimbrische Fluth den englichen Ca- nal durchbrach 9), so fand die grofse Senkung des Landes bei noch bestehendem Zusammenhange Englands mit Frankreichs statt.

Die Umrisse der Küsten des nordlichen Europa's und namentlich der Westküste der Kimbrischen Halbinsel wurde gänzlich durch dieses Naturereignifs verändert. Von dem Nissumfjord an nach Süden durch ganz Schleswig zieht sich, häufig unterbrochen, eine niedrige Dünen- kette hin, ungefähr 4 Meilen vom jetzigen Strande entfernt. Diese Dünenkette entspricht dem Strande des Meeres nach der grofsen Sen- kung. Unter und ostlich von diesen Dünen bat man daher nie Marsch entdeckt. Als Ueberbleibsel des versunkenen Landes umgaben gröfsere und kleinere Inseln die Küste. Die Wirkung dieser Senkung hat sieb aber natürlich nicht auf das Meeresufer beschränkt, sondern auch das Innere des Landes betroffen. Auf der Kimbrischen Halbinsel scheint sie eine Versumpfung im Inneren veranlafst zu haben, da das Regen- wasser wegen des höheren Standes des Meeres einen schwierigen Ab- flufs hatte. Es steht diese Senkung übrigens nicht beispiellos in der Geschichte des Landes da, durch Senkung gingen im Mittelalter die holsteinischen Elbkirchspiele , namentlich Bishorst zu Grunde wie es denn überhaupt noch zur Frage steht, ob nicht die gröfsere südliche Hälfte der Kimbrischen Halbinsel fortwährend in einem lang- samen Sinken begriffen ist. Es ist bewiesen, dafs der Theil von Jüt- land langsam sich hebt, welcher nordöstlich von der Linie liegt, die man von Nyeborg auf Fühnen nach dem Nissumfjord an der jütischen Westküste sich gezogen denkt und dafs im Norden Jütlands diese Hebung in einem Jahrhundert ungefähr 1 Fufs beträgt (Forchkammer). Sinkt nun das Land im Süden dieser Linie, gleich wie das südliche Schonen sinkt, während das nordliche Schweden sich hebt? Manche Erschei- nungen, die auf ein Sinken des Landes hinzudeuten scheinen, lassen sich auch durch ein Abspülen des Landes von Seiten des Meeres er- klären , z. B. die Bildung der Insel Oehe an der schleswigschen Ost- küste, früher eine Halbinsel; die Bildung des Hafens Dywig auf Alsen, der früher ein Landsee war. Doch deuten andererseits mehrere That- sachen auf ein Sinken des Bodens hin: die Reste der Schleimünder Burg stehen bestandig unter Wasser; an der Probsteier Küste ist das

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 13

alte Bramhorst verschwunden und die Stubben der Waldungen dieses vormaligen Jagdschlosses stehen jetzt 400 bis 500 Schritt hinaus in der Meeresfluth; mitten im Meere, tief unter der Wasserfläche, nicht weit vom ostlichen Ausflusse des Fehmarsundes, sieht man die Reste eines alten Walles; endlich was besonders entscheidend zu sein scheint liegen jetzt zwei grofse Felsblocke am Travemünder Ostsee* strande, der sogenannte Kroger- und Möwenstein, mitten im Wasser, der erste bereits 24 Fufs vom Strande, während vor 70 Jahren beide erweislich am Ufer lagen.

§ 8. Die Bildung der ältesten Marsch begann, nachdem dergestalt durch die plötzliche Senkung des Bodens die Moore unter- meerisch geworden waren. Das Material zu dieser Bildung, den Marsch- thon (Schlick), liefert die See. In der Tiefe der Nordsee spielt die Braunkohlenformation eine grofee Rolle. Diese Formation, die Bildungs- stätte des Bernsteins, liefert sowohl den Thon der Marschen als den Sand der Dünen, beide voll weifser Glimmerblättchen. Oleich dem Thon der Braunkohle enthält der Marschthon im Gegensatz zu dem glimmerarmen Oeschiebethon wenig Kalk. Man darf daher die Nordsee- Marschen nicht als das Erzeugnis der in sie mündenden Flüsse an- sehen. So reich an suspendirten Erdtheilen das Wasser der Flüsse auch sein mag, das Verhältnis der festen aufgeschwemmten Theile zu den flüssigen ist in der- Elbe bei Brunsbüttel im Durchschnitt 1:331, bei westlichen Winden 1:210 (im Nilwasser 1:120) so haben doch der Rechnung nach alle Flüsse der Nordsee während eines Zeitraums von drei Jahrtausenden höchstens 6 Quadratmeilen Marsch gebildet, vorausgesetzt, dafe aller. Schlamm der Flüsse wirklich abgesetzt und nicht in die Tiefe des Meeres hinabgespült worden, eine Voraussetzung, die jedoch nicht möglich ist. An Orten, wo das Wasser sich in Ruhe befand, setzte die See die aufgeschwemmten Erdtbeile bald langsamer bald schneller ab: Eisfluthen namentlich bewirkten eine stärkere Schlick- ablagerung, weil das Eis der Watten mit Thon enorm geschwängert ist So hinterließ z. B. die Eisfluth vom 7. und 8. Januar 1839 an vielen Stellen eine 8 Zoll dicke Schlickschicht, während die täglich zweimal wiederkehrende Fluth oft erst in 50 Jahren im Stande ist, die sich bildende Marsch um Einen Fufs zu erhöhen. Die Marschbil- dung folgt ganz bestimmten Gesetzen. Weit in'ß Meer hinaus gehen die Watten, theils Reste zerstörten, theils Anfänge neu gebildeten Lan- des. An ihrem äußersten Rande bilden sich bei starkem Wellenschlage Sandbänke bis zur Höhe der vollen Fluth. Gegen die Landseite hin setzt nun das Wasser den Thon ab, mit dem es überladen ist. Seiner Feinheit wegen setzt er sich nur im ruhigen Wasser ab, wo eine Insel oder eine Sandbank Schutz gegen den Wellenschlag gewährt. Zur Be-

14 v. Maack:

förderung der Marschbildung siebt man deshalb auch künstliche, nie- drige, bei hoher Fluth überschwemmte Deiche, sogenannte Lahnnngen, im Meere. Jede Fluth bildet eine kleine Thonschicht: auf der Sand- watte bildet sich eine Schlickwatte. Wenn diese nnn, allmählich er- höht, bei niedrigem Wasser eine geraume Zeit trocken liegt, so wachst hier der Queller, Salicornia herbacea, durch dessen steife rechtwinklig stehende Aeste die Thonablagerung befördert wird. Später macht der Queller anderen Pflanzen Platz; denn die einzelnen Stadien dieses Ent- wickelungsvorganges begleitet eine bestimmte Aufeinanderfolge gewisser Pflanzen. Zueret folgt auf den Queller der Andel (plattdeutsch: Drück- dal), Poa maritima, dann der Herrich, Carex acuta. Am meisten aber trägt zum Wachsen des Marschbodens bei der Seestrandwegerich (Sud), Plantago maritima. Die Marsch erhöht sich langsam mehr und mehr, theils durch die Wurzeln, die den Thon auflockern, theils durch den Zuwachs der hohen Herbst- und Winterfluthen. Endlich erscheint der weifse Klee, Trifolium repens, ein Zeichen, dafe das Land jetzt reif ist zur Eindeichung.

Die Marsch der khnbrischen Halbinsel beginnt am Ringkjöbing- fjord mit den sogenannten „Tippen"; sie ist hier unbedeutend und selbst bei Ripen noch sehr schmal. Die Deiche fangen erst bei Hoyer an und ziehen sich ununterbrochen bis nach Wedel hinab. Die Mar- schen sind theils älteren, theils jüngeren Ursprungs. Jene sind sämmt- lich Moormarschen, ruhen auf Mooren, entweder unmittelbar oder mittelbar, indem eine Sandschicht dazwischen tritt; diese sind Sand- marschen und haben Meeressand zur Unterlage.

Die Moormarschen sind verschieden, je nachdem das Moor, wor- auf die Marsch ruht, ein reifes oder unreifes Moor ist: die festen und die schwebenden Moormarschen. Bei den festen Moormar- schen, welche der Torf durch das Gewicht der darüber gelagerten Schlickmassen zusammendrückt, hat die Compression bereits vor langer Zeit ihre Grenze erreicht, in deren Folge die innere Marsch eine tie- fere Lage hat, als die äufsere Sandmarsch ; die schwebende Marsch ist dagegen in beständigem Sinken begriffen. Die Wilstermarsch, die Insel Pelworm sind schwebende Marschen. Nordstrand ging theilweise unter, weil es wahrscheinlich schwebende Marsch war. Ueberail unter der Marscherde trifft man hier auf ein schwarzes mooriges Wasser. Der Druck der Marsch prefst dieses Moorwasser langsam durch die ehe- malige Sandbank in den Flufs oder in das Meer, und die Senkung hat erst ihr Ende erreicht, wenn alles Wasser durchgeprefst worden. In der Wilstermarsch beträgt die Senkung in hundert Jahren mindestens einen Fufs. Sie liegt jetzt schon 7 bis 8 Fufs unter dem Niveau des Eibspiegels. Stellenweise, namentlich wo die Deiche einen gröfseren

Dm urgesehichtiiche ttealtswig- Holsteinische Land. 15

Druck ansahen, ist die Senkung beträchtlicher: mancher Kirchthurni überragt jetzt den Deich. Wo der Deichkörper anf einen Boden druckt, der keinen festen Untergrand hat, wie bei den Flufsmarschen, da sinkt er zuweilen plötzlich. So sank im Jahre 1790 auf einmal der hohe Brockdorfer Deich anf die ordinäre Flnthhöhe und preiste, wieder er- höht, seinen alten Untergrund mitten im Eibbette hervor. Der innere Theil der Wilstermarsch bildete einst einen Binnensee, wie Enss in Falk's Staatsb. Magas. bewiesen, welcher im Norden zwischen Wilster- marsch nnd Ditmarschen mit der Elbe, im Süden durch mehrere Aus- flösse, durch die Wilsterau und durch die Flethe, wonach Wewelsfleth und Beyenfleth benannt sind, mit der Stör in Verbindung stand. Der an Elbe und Stör angrenzende Theil der Marsch ward zuerst und zwar lange vor der Bedeichung bewohnt, weshalb hier noch alle Häuser auf Warfen stehen; deshalb finden sich auch jetzt noch alle Stachen in der Wilstermarsch am auftersten Rande derselben, unfern der Elbe, der Stör und der Geest, wie denn auch nur hier adlige Güter vor- kommen, denn im Mittelalter war die innere Wilstermarsch noch ein See. Was den EinfluTs der Marschbildung auf die Formennmrisse der Küste schlielslich betrifft, so ist derselbe grofs gewesen im Verlaufe der Zeit: durch sie wurden Inseln mit einander verbunden, es entstanden neue und andere wurden landfest.

§ 9. Da trat nun endlich jene grofse Fluth ein, welche, durch Senkung des Bodens veranlafst, den letzten Rest der schmalen Land- zunge zerrifs, durch welche England mit Frankreich verbunden war. Es erfolgte nämlich der Durchbruch des 70 bis 80 Meilen langen eng- lischen Ganais durch Senkung des Bodens nicht auf einmal, nicht durch eine einzige Fluth, sondern langsam, allmählich, im Verlaufe vieler Jahr- hunderte. Schon in vorgeschichtlichen Zeiten, damals, als noch Ele- phanten in England lebten, war seine Trennung von Frankreich be- reits weit vorgeschritten; denn man findet in dem jetzigen Bett des Canals Erdschichten, die Elephantenknochen enthalten. Noch heutigen Tages zeichnet sich die Fluth an den Küsten des Canals wegen seiner trichterförmigen Gestalt durch ihre Höhe aus; als die Spitze dieses Trichters geschlossen war, mutete die Fluth noch viel höher steigen. So erreicht sie in dem trichterförmigen Meerbusen von Bristol eine Höhe von mehr als 40 Fufs, folglich mufs sie in dem tiefer einschnei* denden Canale noch höher gestiegen sein. Erst als die letzte Schranke durchbrochen wurde, als die im trichterförmigen Meerbusen zu enor- mer Höhe angeschwollenen Meereswogen einen Ausgang sich erzwan- gen, wurde die ganze Westküste Schleswigs überschwemmt. Diese Fluth, welcher die Westküste der kimbrischen Halbinsel preisgegeben war, hat als Zeugen ihrer Wirkung die jüngste allgemeine Bodenfor-

16 ▼♦ Muck:

mation, die sogenannte Steinahlschicht, gebildet Die Steinahl besteht ans denselben losen, theils abgerundeten, theils eckigen Steinen, welche sich in der Tiefe des Bodens finden, die aber dicht bei einander liegen. Man findet sie an der Westküste von Ditmarschen an bis nachVend- syssel hinein, bald 4 bis 5 Fafe unter der Oberfläche des Bodens, wie bei Keitam auf Sylt, bald nur einige Zoll tief. An der Küste liegt die Schicht am tiefsten und hebt sich hoher und höher bis an die Ober- fläche des Bodens, je tiefer man in'e Land hineingeht. Ebenso ist die Steinschicht je südlicher desto mehr überlagert von angeschwemmtem Meeresboden: hoch oben in Jütland tritt sie zu Tage. Sie folgt der Geschiebebildung der Westküste, fehlt in den Marschen und im Flug- sande; den Höhenrücken der Halbinsel übersteigt sie nicht, nur an einzelnen Stellen findet sie sich in den Thfilern, welche sich vom Rücken der Halbinsel nach Osten hin senken; sie fehlt gänzlich der Ostküste, wie allen Inseln des Kattegats und der Ostsee. Dieses Steinlager folgt allen Unebenheiten des Bodens, es liegt über dem Geschiebethon und dem Geschiebesande, nur da unterbrochen, wo der ursprüngliche Boden keine Steine enthielt. Am höchsten liegt die Schicht wohl beim Dorfe Campen auf Sylt, ungefähr 60 Fufs hoch, auf gröfseren Höhen der Insel fehlt sie , dagegen bei Keitum nur 16 bis 20 Fufe über dem Meeresstrande. Auf den Haiden Föhrs Hegt diese Steinschicht oft un- bedeckt zu Tage, ebenso auf Amrom, wo keine Dünen sind. Die Steinahl bedeckt einen Flächenraum von mehr als 100 Quadratmeilen. Eine genaue Untersuchung dieser Steinahlschicht, ein Verdienst Forch- hammers '), hat uns die Mittel verschafft, nicht nur die Bildungsge- sohichte dieser Formation zu erkennen, sondern auch auf die Eigen- thümlichkeiten jener Fluth Rückschlüsse zu machen.

Die Steinahlschicht wurde weder durch den Wellenschlag des Mee- res noch durch den Wind gebildet. Sie bezeichnet nicht die vormali- gen Meeresufer, sie ist kein Strandwall, dureh spätere Hebungen des Bodens dem Wellenschlage entrückt. Denn wäre sie allmählich im Laufe der Zeit durch den Wellenschlag gebildet, so würde dieser die wellenförmigen Unebenheiten des Bodens geebnet haben, so dafo die Steine in einem fast gleichen Niveau lägen, was aber nicht der Fall ist. Auch der Wind hat die Schicht nicht gebildet, indem er den Sand wegwehte und die Steine zurückliefs, wie solches in Jütland in unter- geordneter Weise noch jetzt stattfindet. Es kann der Wind nämlich den Thon nicht wegwehen, die Steinahl liegt aber sowohl auf Geschiebe-

') Forehhammer : lieber dauernde Niveau- Veränderungen and Spuren von Ueber- fluthungen an der Westküste von Schleswig; in Falk's Neuem Staatsbürger! . Magaz. 1887, Bd. VI, S. 51 ff. Forchhammer: Om en sten Randßod, der har trufet Dan- mark; im Dansk Folkekalmder for 1844, S. 84 ff.

Da* «geschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 17

thon als auf Geschiebesand. Die Steinahl muis also gebildet worden sein durch eine Wasserflath, welche, von Westen kommend, den Sand und Lehm wegspülte, die Steine aber liegen liefe. Als das Wasser wieder ruhiger geworden, setzte es die aufgewühlte Erde ab, die nun die Steinahl mehr oder minder dick bedeckt, je nachdem die Bewegung mehr oder minder gewaltsam war.

Was nun die Eigentümlichkeiten jener grofsen Fluth betrifft, so war die durch sie bewirkte Ueberschwemmung eine allgemeine. Dies geht schon daraus hervor, dafs das Erzeugnis derselben, die Steinahl- formation, eine Fläche von mehr als 100 Quadratmeilen an der Westküste der kimbrischen Halbinsel überdeckt hat. Auf den westlichen Inseln Schleswigs steigt die Steinahl zu der grofsten Hohe an, erreicht die bedeutendste Mächtigkeit und ist von der dicksten Erdlage bedeckt, vollgültige Beweise von der Gewaltsamkeit des Wellenschlags. Die Höhe der Fluth läfst sich annäherungsweise bestimmen. Beobachtun- gen auf der Insel Amrom haben bewiesen, dafs die Westsee -Inseln seit jener Fluth ungefähr 20 Fufs gehoben sind. Denn ein Wall auf Amrom, welcher den zahlreichen, an der schleswigschen und jütischen Westküste hart am Meere gelegenen alten Seeraubburgen völlig gleicht und die Steinahlschicht trägt, hört dicht vor dem Meere, 20 Fufs höher als dasselbe, plötzlich auf \Forchhammer). Da nun die Steinahlschicht, wo sie am höchsten liegt, eine Hohe von ungefähr 60 Fufs erreicht, so mufs die grofse Fluth bis zu 60 20 = 40 Fufs angeschwollen sein. Bei einer der grofsten Fluthen neuerer Zeit, in der Nacht vom 3ten auf den 4ten Februar 1825 stieg das Wasser auf Föhr 14 Fufs über die tägliche Fluthhöhe von 9 Fufs, und bei der Sturmfiuth vom Uten December 1792 stieg das Wasser bei Hamburg 20-J Fufs über den gewöhnlichen höchsten Wasserstand (der Unter- schied zwischen Ebbe und Fluth beträgt bei Altona 6 bis 7 Fufs). Dies ist der höchste Wasserstand, den wir genau kennen. Wie viel fehlt aber daran, dafs selbst die stärksten Fluthen der Gegenwart die Höhe jener Steinahlfluth erreichten! Endlich kann die Fluth nicht lange gedauert haben, sie mufs eine plötzliche, momentane gewesen sein, weil sie nicht im Stande gewesen, die kleinen wellenförmigen Unebenheiten des Bodens, worauf die Steinahl liegt, zu verwischen.

Es mufs nun aber die grofse räumliche Ausdehnung dieser Fluth, ihre beispiellose Höhe und ihre kurze zeitliche Dauer uns zu der Ueber- zeugung fuhren, dafs weder die stärksten Springfluthen, noch die hef- tigsten Stürme aus Westen, noch beide zusammen die Höhe, bis zu welcher diese Fluth angeschwollen, zu erklären im Stande sind, dafs vielmehr nur ein Ereignifs, wie der Durchbruch des Canals, welcher

Zcitaehr. f. all«. Erdk. Neue Folge. Bd. VI II. 2

18 ▼. Maack:

ja einmal stattgefunden haben mala, einen Erklärungsgrund für sie ab- geben kann.

Was endlich den Zeitpunkt betrifft, in den jene Naturrevolution fallt, so hat diese Fluth unzweifelhaft in historischer Zeit, in dem so- genannten Erz- oder Broncealter die kimbrische Halbinsel getroffen. Dafs zur Zeit der Fluth die Marschbildung begonnen, die Westküste des Landes bereits bewohnt war, geht daraus hervor, dafs man in der Steinahlschicht Marschlehm, Steinwaffen und auf Sylt und Föhr Bruch- stücke von gebranntem Lehm gefunden, die Mauersteine gewesen zu sein scheinen. Unter der Steinahl liegt schwarze Dammerde auf gepflügten Aeckern. An Sylt's hoher, blos gespulter Küste sieht man unter ihr Furchen, Eintheilungen der Aecker, Gräben, Fahrwege, ja selbst Fufssteige. Endlich hat man unter der Steinahl auch Gräber entdeckt. Im Westen des Landes sind viele Grabhügel von der Stein- ahlfluth abgeflacht, und in diesen abgeflachten, mit einer dünnen Stein- ahlschicht bedeckten Gräbern hat man bisher nur Waffen aus Stein gefunden. Auf Amrom kamen dagegen häufig Steinsetzungen zu Tage. Ein solches Grab auf Sylt liefs Forchhammer öffnen. In einer gerin- gen Tiefe unter der Oberfläche fand sich überall eine dünne Lage Steinahl. Nachdem man 12 Fufs horizontal von der südöstlichen Seite her gegraben, traf man auf die Grabkammer; allein bevor man sie erreichte, fand man, 3 Fufs von ihr entfernt, einen zerbrochenen Topf von Thon mit Knochen- und Kohlenresten; zwei Fufs von der Grab- kammer wurde ein anderer Thontopf gefunden, mit einem flachen Steine bedeckt; er war gleichfalls zerbrochen, unter den Scherben fanden sich Knochen. Die Grabkammer hatte im Innern eine Breite von 19 Zoll, eine Länge von 35 und eine Höhe von 20 Zoll. Auch in ihr fanden sich Bruchstücke eines Thontopf es mit Knochen. Im ganzen Grabhügel fanden sich keine Waffen. An seiner Nord Westseite, ungefähr einen Fufs tief unter der ursprunglichen Oberfläche, lag ein wirklicher Stein- damm, der nicht Steinahl war, da er nur aus grofsen Steinen bestand« Zwischen den Steinen fand sich schwarze Erde mit grofsen Stücken Eichenkohle. Unter dem Steindamme lag der gewöhnliche gelbe Sand, der in dieser Gegend den Boden bildet, und bis zu einer Tiefe von 4 Fufs unter dem Steindamme fanden sich weder Steinahl noch Spu- ren von Rasen. Der Grabhügel war von weifsem, grobkörnigem Sande mit Feuersteinstücken aufgeworfen, wie man diesen Sand an dem nicht weit davon entfernten Strande der Insel findet. Die Einwohner, deren Gräber älter sind als die Steinahlfluth, begruben demnach ihre Todten auf folgende Weise. Zuerst entfernten sie den Rasen, weil man sonst unter dem Grabhügel Spuren davon hätte finden müssen. Darauf leg- ten sie auf der nordwestlichen Seite des Platzes eine Lage grober

Dai urgeschichtliche Schleswig- Hobteiniiche Land. 19

Steine, auf denen sie, hier mittelst Eichenholz, die Leiche verbrannten. Die verbrannten Knochen wurden in Töpfen von gebranntem Thon ge- sammelt und in eine Grabkammer beigesetzt. Andere Töpfe mit Kno- chen, wahrscheinlich von anderen Leichen, worden aufserbalb der Grab- kammer eingescharrt. Der Grabhügel ist also im sogenannten Erz- oder Brennalter aufgeworfen.

Man kann aber den Zeitpunkt jener grofsen Fluth noch etwas genauer bestimmen. Da Pytheas von Massilia zwischen 360 und 350 vor Christi Geburt durch den Canal schiffte ( Besstll, Pytheas von Mas- ßilien. Göttingen 1858. S. 15), so mnJs der Durchbruch vor seinerzeit stattgefunden haben. Andererseits kann er aber nicht über das erste Jahrtausend vor Christi Geburt hinaus gesetzt werden, weil sonst der Rhein zu der Römer Zeit nicht mehr seine. Mundung gerade nach Nor- den könnte gehabt haben. Die Fluth mufs also zwischen den Jahren 360 und 1000 v. Chr. eingetreten sein. Da die Kimbern, welche Ari- stoteles (Ethic. III, 1) und Kleitarchos (bei Strabo S. 293) schon kannten, um die Zeit auswanderten, als Brennus Rom verbrannte (388 v. Chr.) und dann nach der Balkban -Halbinsel zogen, und da die dunkle Kunde von einer furchtbaren Ueberschwemmung, welche sie zur Aus- wanderung gezwungen, um die Mitte des vierten Jahrhunderts vor Christo Griechenland erreichte, so hat aller Wahrscheinlichkeit nach jene Fluth nur einige Menschenalter vor Pytheas stattgefunden, und man wird sich nicht sehr in der Zeit irren, wenn wir sie in die erste Hüllte des fünften Jahrhunderts vor Christi Geburt setzen.

Grofe waren die Umwälzungen, welche die Fluth an der Westküste der kimbrischen Halbinsel herbeiführte. Ausgedehnte Strecken der be- reits gebildeten Marsch wurden wieder zerstört, Inseln wurden zerris- sen und neue gebildet. Die Westküste Schleswigs und Jütlands wurde mit einem Kranze von Inseln umgeben. Noch die ältesten Amtskarten von Jfitland zeigen an der Westküste eine Reihe von Inseln, die im Laufe der Zeit durch Versandung der trennenden Meeresarme theils unter sich verbunden, theils landfest geworden sind. So bildeten das östliche Yendsyssel, die beiden Hanharden, Thyland, Sallingland in alten Documenten oft noch Sallingholm genannt die Skodborg- nnd die Vandfuldharde eben so viele oder noch mehr Inseln, die in einem Halbkreise Jütland umgaben und jene Reihe von Inseln schlös- sen, die sich von der belgisch -holländischen Küste bis nach Lessöe hinzogen. Mors(öe), in älteren Documenten Marsey d. h. Meeresinsel geschrieben, lag im offenen Meere. Noch jetzt rechnet das Volk Thye nicht zu Jutland. Zu diesen Inseln gehörten auch die drei Alöcischen des Ptolemäus im Norden der Chersonesus Cimbrica, die früher Keiner bat nachweisen können. Diese Inselkette nun, die sich nach Nordosten

2#

20 ▼• Maack:

bis nach Leasöe, gegen Südwesten bis nach Holland hin erstreckte, nannten die Alten die Bernstein -Inseln, Glessariae, Electrides, weil dort Bernstein gefanden wurde, dessen jährlicher Ertrag an der West- küste der kimbrischen Halbinsel noch jetzt auf ungefähr 3000 Pfand anzuschlagen ist (Forchhammer). Dafe aber die Alten diese langge- streckte Inselgruppe die Glessarien oder Electriden genannt, geht aus zwei Stellen des Plinios hervor. Die Hauptstelle ist Histor. natur. IV,

16 (rec. Sillig): infra (Britanniam) tero Siambis (vielleicht Sena

[Mela III, 6] oder eine der normannischen Inseln) et Axantos (Quessant) et ab adverso (d. h. auf der entgegengesetzten Seite oder nordostlich von Britannien) in Germanicum mare sparsae Glessariae, quas Electri- das Graeci recentiores appeUavere, quod ibi electrum nasceretur. An einer anderen Stelle {Histor. natural. IV, 13) fährt er, nachdem er von dem kimbrischen Vorgebirge nnd von der jütischen Halbinsel Cartris gesprochen, fort: Tres et viginti inde insulae Romanorum armis cognitae; earum nobihssima Burcana (Borkum an der Mündung der Ems), Fabaria nostris dicta a frugis simUUudine sponte provenientis; item Glessaria a succino militiae appellata, a barbaris Austeratia (die von Borkum durch einen schmalen Meeresarm getrennte Insel Oester- [n]ey) praterque Actania. Um das geographische Bild aus jener Zeh zu vervollständigen, fugen wir noch hinzu, dafs Schleswig, wie wir späterhin 18) sehen werden, im Süden durch eine schmale Meerenge vom Festlande wahrscheinlich ganz getrennt und im Norden durch eine zweite Meerenge jedenfalls von Jütland geschieden war. J

Dafs endlich durch die veränderte Fluthströmung, die statt aus dem Norden jetzt aus dem Westen kam, durch das Eindringen des wärme- ren Wassers des Golfstroms in die Westsee das Klima Schleswigs ge- i mildert wurde, ist bereits früher 4) bemerkt worden.

§ 10. Die Tiefe der Nordsee ist sehr bedeutend: auf grofse | Strecken beträgt sie über 500 Faden. Der Boden des Meeres bildet ! eine Ebene, welche in der Mitte zu einer grofsen Bank sich erhebt I Meilenweit von der Küste Schleswigs ist der Grund noch flach, so dafo die Ebbe ihn bioslegt das Watt und die Inseln verschwunden sind. Doch die rückkehrende Fluth stellt die Inseln wieder her. Man vergleiche damit die bekannte Stelle des Plinius über die Lebensweise der Kauchen. Nach Pytheaa hiefs diese Wattgegend im Westen der kimbrischen Halbinsel in der alten Landessprache Mentonomon. Die Stelle steht bei Plinius (Histor. natural. XXXVII, 2. 11): Pytheas Gui- tonibus, Germaniae genti (ein erklärendes Einschiebsel des Plinius) accoli aestuarium1) Oceani, Mentonomon nomine, spatio stadiorum sex

') Nach Plinius {Histor. natural. TL 97) ist aestuarnm das durch die täglich« Meeres fluth unter Wasser gesetzte Vorland der Küste, cfr. Forcellini Lexicon If p. 82. Dies palst nur auf die Westküste der kimbrischen Halbinsel.

Daa lirgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 21

credidit. Mehrere Handschriften lesen Metonomon, welches viel- leicht durch das folgende nomine durch Versetzung aus Metomonon ent- standen ist. Daa altdeutsche metemon bedeutet aber „mittel", Meto- mono» ist also das Vorland, das Mittelland zwischen Meer und Fest- land. Die Angabe der Gröfse von 6000 Stadien (=150 Meilen) ist gleich den meisten Zahlenangaben des Pytheas übertrieben. So giebt er auch den Umfang Britanniens zu 40,000 Stadien (= 1000 Meilen) an and berichtet, dafs die Fluth aber Britannien bis zu 80 Ellen (cti- to/i) = J20 Fofs anschwelle (Plinius, Histor. natural. //, 97. 99).

In den Watten, die an der Küste Schleswigs jetzt ungefähr 50 Quadratmeilen einnehmen, finden sich theils tiefere Stellen, in denen daa Wasser bei der Ebbe zurückbleibt, theils rinnenfÖrmige Vertiefun- gen — Watt ströme , welche, selbst bei der Ebbe voll Wasser, zu befahren sind. Sie bilden die Reste jener Ströme, die einst in die Westsee fielen, als das Watt noch festes Land war, und durch sie wird der Zugang zur Küste für mittelgrofse Schiffe überhaupt möglich gemacht. Die änfeerste Grenze dieses Küstenmeeres mit der darin lie- genden Inselmarsch bildet ein Klippenriff, welches, von Helgoland aus- gehend, in verschiedenen Richtungen streicht, von denen zwei fast pa- rallel auf einer Lfinge von 30 Meilen verlaufen und zu den jütischen Riffen hinaufgehen.

Die Wellenbewegung der Nordsee ist wegen ihrer gröfseren Tiefe weit bedeutender als die der Ostsee. Das Meer wirft überall Braun- kohle und Bernstein an's Land. Die Fluth steigt an der Küste im Mittel 9 Fufs; sie nimmt von Süden nach Norden hin ab. Bei Sturm- fluthen, wenn ein anhaltender Sturm aus Westen geweht hat und dieser plötzlich nach Norden umspringt, steigt das Wasser 20 Fufs und noch höher: grobe Ueberschwemmungen verschlingen und verderben viel Land. Hier in diesem Theile des Oceans, an der Ost- und Südküste der Nordsee, wo einerseits die Riffe und zahllose Untiefen, anderer- seits die Flathen und furchtbaren Stürme den Muth und die Entschlos- senheit des Seemannes auf ganz andere Proben stellen, als die Schiff- fahrt auf dem gröfsten fluthenlosen Binnenmeere, hier ist die Wiege der ozeanischen Schifffahrt Hier lernte man zuerst das offene Welt- meer durchschneiden; hier bildete sich eine Seemannssprache, deren Kun8tausdrücke in die Sprachen aller seefahrenden Nationen Europa's Eingang fanden (Dr. Clement). Nirgends in der Welt giebt es bessere Seelente als hier. Und dennoch findet sich auf der ganzen Westküste der kimbrischen Halbinsel kein einziger guter Hafen: das Land ist von der Natur vom Weltverkehr ausgeschlossen.

§11. Die Dünen. Die fiufsere westliche Dünenkette geht jetzt von der äuisersten Spitze Eiderstedts, durch Meerarme unterbrochen,

22 ▼- Maack:

über die Inseln Amrom, Sylt, Romöe, Manöe und Fanöe nach Jütlands Westküste, der sie nach Norden hin folgt. In der Ferne erscheint sie als eine Bergkette mit scharfen zackigen Formen. Gegen das Meer fällt die Dune oft senkrecht ab, gegen das Land hin unter einem regel- mäfsigen Winkel von 30 Grad. Wasserreiche Längen- und Querthäler mit ihren Dunenseen durchschneiden die Dünengegend. Aus dem ge- wöhnlichen Sande der Braunkohlenformation bestehend, erreichen die Dünen auf Sylt eine Höhe bis zu 100 Fufs. Die ganze Dünenkette ist, indem der Sturm den Sand in Bewegung setzt, in einer fortwäh- renden Wanderung landeinwärts begriffen, Alles zerstörend. Ueber Felder und Wiesen, über Deiche und Bäume schreitet die Düne mit gespenstischer Ruhe und Gleichmäßigkeit hinweg; Wohnungen und ganze Dörfer begrabt sie gleichsam lebendig, bis sie nach Jahrhunder- ten auch darüber hinweggegangen ist, und ihre zerstörten Reste wieder am Meeresstrande hervortreten, um von den Wellen vollends zernagt nnd verschlungen zu werden. Um die fester gebauten, widerstands- fähigen Kirchen entspinnt sich ein langer erbitterter Kampf. Durch die Fenster kriecht das Volk zuweilen noch in das Gotteshaus und lagert sich drinnen auf Sandhugeln, während der Prediger auf seiner Kanzel tief unten in einer Sandgrube steht, bis endlich auch der letzte Ein- gang versperrt wird. Auf solche Weise wandern meilenlange Land- strecken, ja die beiden Inseln Amrom und Sylt, unaufhaltsam, lang- sam von Westen nach Osten.

§ 12. Die Ostsee galt den Römern für einen Theil des nörd- lichen Oceans und hiefs deshalb gleich der Nordsee Öceanus septen- trionalis. Auch Plinius (Histor. natural. XXXVII. 2), Mela (de siht orbis III. 3) und Tacitus (Germania e. 43 u. 44) bezeichnen sie mit dem Ausdrucke Oceantts, und Ptolemäus (III. 5) nennt sogar den Theil der Ostsee, der von der Weichsel an östlich sich erstreckt, den Öcea- nus Sarmaticus. Die Ostsee wird überdies von den Alten und mittel- alterlichen Chronikenschreibern das Mare Balticvm, das Mare Scythi- cum, das Mare Bar bar um, das Mare Gothictm, der Pelagus Orientale genannt; den Scandinaven hiefs sie Ösfersalt mit dem Worte „Vestersalt* wurde sowohl die Westsee als der atlantische Ocean von ihnen bezeichnet , die Kimbern nannten sie Mörimarusa. Es erzählt nämlich Plinius (Hist. natur. IV. 13): Philemon (ein Comödien- schreiber aus Syracus, welcher ungefähr 300 v. Chr. lebte) berichte, dafs der Nordocean bis zum Vorgebirge Rubeas von den Kimbern Mörimarusa, darüber hinaus (ultra deinde) aber Cronivm genannt werde; und an einer anderen Stelle (Hist. natvr. IV. 16), dafs das Mare con- cretum, von Einigen auch Cronium genannt, eine eintägige Seereise von Thule entfernt sei; und Strabo (I. 62. Casaub.) läftt Pytheas sagen,

Dm urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 23

Thule liege in der Nähe der nemjyvia Galarra. Es bezeichnet also offenbar das mare concretum des Plinius, das Cronium der Kimbern und die nen^yvia ödXarta des Strabo (Pytheas) dasselbe Meer, wor- unter aber nicht das Eismeer, wofür man es gehalten, zu verstehen ist, sondern jenes Meer, welches nach Pytheas' Bericht durch einen Meer- hingen ähnlichen, compacten (avunenriytag\ durchsichtigen, nicht nassen, aber auch nicht trockenen, nicht flussigen, aber auch nicht festen Stoff (d. b. durch Quallen) ein gallertartiges Aussehen, wie geronnenes Was- ser (mare concretum) erhfilt. Das Wort cronium ist ein keltisches (ir. trofft», kymr. crunn, gerinnen) und bezeichnet denselben Begriff wie das lateinische concretum und das griechische nentjyvia. Dieses Meer ist nun durcb das Vorgebirge Rubeas von der Morimarusa scharf ge- trennt. Geht man aber von der durch Redslob (Thule. Leipzig 1855) als bewiesen anzusehenden Tbatsache aus, dafs das Thule des Pytheas die gleichnamige kleine Insel Thylöe an der Nordspitze der Halmstader Meeresbucht ist, so mufs das eine Schiffstagefahrt von Thule entfernte Mare concretum die quallenreiche Bucht an der Küste von Bahuuslehn sein, welche Norwegen von Schweden trennt, und folglich die bis zum Vorgebirge Rubeas ') sich erstreckende Morimarusa im Süden von' Gap Rubeas liegen, d. h. das Kattegat sein. Das Eattegat sah man aber von jeher als einen Theil der Ostsee an. So sagt z. B. König A elfred in seiner geographischen Beschreibung: Die Nordd&nen, wel- che theils auf dem festen Lande, theils auf den Inseln wohnen (sect. 5), haben nördlich von sich den Meeresarm, den man Ostsee heifst (sect. 16), d. h. also das Kattegat; und nach Others Reisebericht (sect. 9) beginnt die Ostsee gleich südlich vom norwegischen Vigen. Weshalb hat man nun aber das Kattegat zur Ostsee und nicht gleich dem Ska- gerrak zur Nordsee gerechnet? Weil beide, Kattegat und Ostsee, ohne Ebbe und Fluth sind, im Gegensatz zur Nordsee und dem Skagerrak, ein Gegensatz, der sich Jedem von Alters her aufdrängen mufste. Da nun Morimarusa ein keltisches Wort, mor y marb a), das todte Meer, -welches Plinius mit mare mortuum wiedergiebt, so ist die Bezeich- nung „todt" am ungezwungensten auf dessen Fluthlosigkeit zu beziehen. Tacitns spricht von einem mare pigrum ac prope immotumy worin man vielleicht eine Umschreibung des Wortes Morimarusa sehen könnte, aber

J) Dafs die Silbe as im Worte Rubeas das nordische as, aas Bergrücken sei, hat schon Ootzen in seinem Glossar bemerkt. Sucht man aber auf der grofsen däni- schen 8eekarte des Kattegat* nördlich von Tylöe einen Namen, der dem des Rubeas entsprechen könnte, so findet man unter 57° 16' N. ßr. (ungefähr in der Höhe von Leasoe) den Namen Rygäs dicht an der Kflsto des Heeres.

a) Es spricht daher Zenss in seiner Grammatiea Celtica die Vermuthuug aus, dafs dieses Wort eigentlich Morimaruba gelautet. Die Form Marimartva, die der Epitomator des Plinius, Solinus c. 80 hat, ist verfälscht

24 ▼• Maack:

mit Unrecht. Denn in der einen Stelle (Germ. c. 45) heilst es: Tränt Suionas aliud tnare pigrum ac prope immotum, quo ring* claudique terrarum orbem, hinc fides. Dies kann nur der botnische Meerbusen sein. An einer anderen Stelle (Agricola c. 10) kann der Ausdruck tnare pigrum eben so wenig auf die Ostsee bezogen werden.

Die Ostsee fuhrt aber ihren einzelnen Theilen nach verschiedene Namen. So nannten, um im Westen stehen zu bleiben, die Alten den Winkel, welchen die kimbrische Halbinsel mit der deutschen Ostsee- küste bis zu Rügens Nordspitze hin bildet, eine Meeresbucht, in wel- cher die jetzigen dänischen Inseln, sammt der Insel Schonen 4) la- gen, den sinus Codanus. Gewöhnlich hält man diesen für das Katte- gat, aber mit Unrecht. Plinius sagt freilich (Hist.natur. IV. 13): „Die unermefslich lange Bergkette des Sevo, die an Höhe den Riphaeen .gleichkommt, bildet beim kimbrischen Vorgebirge (Skagen) einen un- geheuren Meeresbusen, der Codanus heifst." Der Mons Sevo ist das Kjölengebirge, dessen südlicher Theil noch jetzt nach Reichard (Ger- manien unter den Römern. Nürnberg 1855. S. 235) Seve-Ryggen heifst '). Dieses Gebirge theilt sich unter 63° N. Br. und bildet im Norden der kimbrischen Halbinsel die Bucht des Skagerrak. Plinius setzt aber seiner Beschreibung des sinus Codanus hinzu: refertut ins ulis, quarum clarissima est Scandinavia incompertae magnitudinit. Ebenso Mela III. 3: Super Albim Codanus ingens sinus magnit pamisque insulis refertus est. Hac re mare, quod gremio litorum aeeipilur, nusquam lote palet; und an einer anderen Stelle (III. 6): in Mo sinu, quem Codanum diximus, insulis Codononia, quam adhuc Teutoni tenent, ut foeeunditate , Ha magnüudine antestat. Diese Beschreibungen passen weder auf das insel freie Skagerrak, noch auf das insel arme Kattegat. Man ersieht zugleich aus diesen Stellen, dafs unter der Fülle grofser und kleiner Inseln des sinus Codanus nur die jetzigen dänischen Inseln mit Einschlufs der Insel Schonen zu ver- stehen sind; dafs also der sinus Codanus selbst die grofse Meeresbucht ist, worin diese liegen und welche gebildet wird einerseits von der kimbrischen Halbinsel, andererseits von der deutschen Ostseeküste* bis zur Spitze des damals landfesten Rügens, ein Meerbusen, welchen Mar- cian p. 53 xoXnov uiytotov nennt.

Tacitus bezeichnet mit dem Namen Mare Sueticum das Kattegat sammt dem Skagerrak. Bisher verstand man unter diesem Ausdruck

') Nicol. Wimmann beschreibt in seiner Navigation^ naris Baltici et *««» Codani descriptio 1578 den Kjölen unter diesem Namen : Sevo inditwn est nomtn « monti, qui jugis subinde nunc perpetuis, nunc velut intercisis, in arcüca M* regna vasto tractu excurrit. In der älteren Edda ( Volemga qxnda hin forna) kommt ab Helga's Wohnung ein Sevaflöll vor.

Du urgeechichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 25

die Ostsee. Tacitas sagt nämlich (Germania c, 45): Ergo jam dextro Sueeici maris litore Aestyorum gentes. Diese letzteren hielt man für die Bewohner des heutigen Esthland, so dafs das Meer, an dessen rech* ter Seite sie wohnten, die Ostsee sein mutete. Nun hat aber Redslob nachgewiesen, dafs die Aestyorum gentes die Bewohner der Kimbri- schen Halbinsel seien, von Britannien ans mit einem allgemeinen Lo- calnamen als Ostländer bezeichnet. Daraus zog Redslob aber den falschen Schlufs, dafe das Mare Suevicum die Nordsee sein müsse. Um aber snevisch genannt zu werden, müssen Sueven wenigstens an einer Seite des Meeres gewohnt haben. Nun sind aber weder Friesen noch Kaochen noch Kimbern, die südlichen und östlichen Anwohner der Nordsee, je für Sueven angesehen worden; erst in den Zeiten der Völkerwanderung treten an Hollands Küsten suevische Völkerschaften auf. Wohl heifst es bei Tacitus (Agricola c. 28), dafs die Usipier, welche Britannien umschifften, vonNorden her zu den Sueven, dann zu den Friesen gekommen. Wo safeen nun diese Sueven? Man hat sie für Angeln erklärt und deshalb angenommen, diese wären erobernd bis zu irgend einem Punkte der Westküste der Kimbrischen Halbinsel vorgedrungen, was aber eine reine, durch Nichts zu begründende Hy- pothese ist Wahrscheinlich sind es die suevischen Völkerschaften, welche im südlichen Norwegen damals noch wohnten. Nach ihnen wird aber schwerlich die ganze Nordsee das suevische Meer geheifsen haben. Wenn aber Redslob auf den Namen des Fleckens Schwabstedt im sodwestlichen Schleswig bei Husum sich beruft, so ist es unent- schieden, ob dieser Ort von den suevischen Angeln Schleswigs oder, was wahrscheinlicher, von den später erst eingewanderten Sachsen Holsteins, die auch Sueven waren, gegründet worden sei. Jedenfalls war es eine Colonie fremder Eindringlinge in einer überall nicht enevischen Umgebung denn wie hätte sonst der Name Schwab- stedt, locus Suevorum, entstehen können? von welcher, sollte sie auch möglicher-, wenn auch unwahrscheinlicherweise schon zu Tacitas Zeiten bestanden haben, doch unmöglich die Nordsee den Namen des suevischen Meeres hätte erhalten können. Es bleibt daher nichts übrig, als im Mare Suevicum das Skagerrak nebst dem Kattegat zu erkennen, dessen Küsten ringsum von Sueven bewohnt wurden. Segelte man nun von Britannien aus in das suevische Meer, so hatte man zur Rechten die Bewohner der Kimbrischen Halbinsel, die Aestyorum gentes.

§ 13. Die Ostsee, ein ungefähr 7300 Quadratmeilen grofees Bin- nenmeer, bildet gegen die oceanische Westsee einen entschiedenen Ge- gensatz:

1) der Ostsee fehlen die Gezeiten und eben deshalb ist sie dü- nenloe.

26 ▼• Maack:

2) Ihre Tiefe sowohl als ihr Salzgehalt ist ein weit geringerer. An den meisten Stellen ist sie nur 10 25 Faden tief; der Sund bat eine Tiefe von 10 Faden, die sogenannte Rinne bei Amak nur 23 Fnfs. Während das Wasser der Nordsee nach Forchhammer im Mittel 3,45 Proc. Salztheile enthält, ist das der Ostsee daran viel ärmer: das Maximum erreicht noch nicht 2 Proc, das Minimum im bosnischen Meerbusen beträgt nur j Proc. Der Grund zu dieser Verschiedenheit liegt darin, dafs einerseits eine bedeutende Anzahl grofser Flusse und eine unübersehbare Menge zum Theil sehr grofser Landseen von allen Sei- ten her ihr süfses Wasser in die Ostsee ergiefsen, anderseits das Meer- wasser während einer bei weiten gröfseren Anzahl von Tagen des Jah- res aus der Ostsee in das Kattegat ausströmt, als umgekehrt in die Ostsee einströmt im Verhältnifs von 2,4 : 1 (Schouw). Wenn nicht ein specifisch schwererer, weil salzreicherer Gegenstrom in der Tiefe wahrscheinlich bestände, so wäre gewifs schon längst aller Salzgehalt der Ostsee ausgewaschen worden. Von Einflufs ist dieser Unterschied aber in so fern auf die Anwohner beider Meere, dafe nur die West- seebewohner seit Uralters her aus dem salzreichen untermeerischen Torfe, dem Thul der Friesen, ein unreines Salz bereiteten, ein In- dustriezweig, der erst im Anfange dieses Jahrhunderts zu Grunde ge- gangen.

3) Der Boden der Ostsee bildet eine gleichförmige, gegen die Mitte vertiefte Mulde, während die Nordsee in der Mitte gerade weni- ger tief ist. Die Ufer steigen flach an und da, wo die Wellen mit grofser Regelmäfsigkeit sich brechen, wie z. B. an den Küsten Schwan- Bens, wird durch Auswaschung und Anhäufung des groben Strandge- rölles ein Steindamm gebildet, den nur selten bei den höchsten Sturm- fluthen die Wogen überschreiten.

4) Endlich bilden zahlreiche, tiefe und tief einschneidende Buch- ten — bei Kiel, Eckernförde, Flensburg, Apenrade und Gjenner an der Ostküste Schleswig-Holsteins eine Reihe der vortrefflich- sten Häfen: die Natur hat, wie sie einerseits auf der Westküste das Land vom Weltverkehre ausgeschlossen, so andererseits durch seine Ostküste dasselbe zur Beherrscherin der Ostsee bestimmt, eine Wahr- heit, deren Preufsens Staatsmänner immer und immer eingedenk sein mögen.

Wenn auch in geschichtlichen Zeiten die Ostsee nie solche Ueber- schwemmungen und Verwüstungen angerichtet, wie die Westküste des Landes solche erlitten die Geschichte der grofeen baltischen Ftath (Forchhammer) als einer vorgeschichtlichen können wir hier nicht er- zählen — , so sind dennoch die Umriase^ihrer Küsten hie und da viel- fach geändert worden im Laufe der Jahrhunderte. Alle Meerbusen

Da« urgetchichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 27

schnitten einst tiefer ins Land ein ; die Schlei z. B. erstreckte sich \ Meile weiter bis an das Dorf Grofsdannewerk. Der Untergang der Kolberger Haide nnd die Bildung der ungefähr 4000 Tonnen grofsen Salzwiesen an der Ostseeküste der Probstei sind hier zu erwähnen; da/s die letzteren früher ein grofser Landsee gewesen, welcher mit der Ostsee in Verbindung gestanden, hat Kufs nachgewiesen (Neues Staats- burg. Magazin von Falk Bd. X. S. 247 fgg.). Es mufs aber dieser See, wie alle durch eine schmale Landzunge vom Meere geschiedenen Land- seen Holsteins früher ein Theil der Ostsee selbst gewesen sein. Ein- zelne, dem Festlande nahe gelegenen Inseln verwuchsen, wenn die trennende Meerenge keiner reifsenden Strömung ausgesetzt war, mit ihm durch Versandung der Mündungen und Verschlickung des Mee- resannes. So war die schleswigsche Landschaft Schwansen vormals eine Insel, wovon man sich leicht durch die Untersuchung der natürlichen Bodenbeschaffenheit überzeugen kann. Denn es schnü- ren einerseits das Windebyer Noer des Eckernförder Meerbusens, an- dererseits die sogenannte grofse Breite der Schlei noch jetzt Schwan- sen scharf ab und die verbindende Landenge, ein tief gelegenes, vor- mals sumpfiges, mooriges Terrain, Fraeslet, d.h. Poggenfeld in den Chroniken geheifsen, verräth unzweideutig ihren Ursprung aus dem Wasser, wie denn ja auch der dänische Name der Landschaft Svansöe sie gleich Alsen, Alsöe als Insel (Oe) bezeichnet, so dafs sie folglich noch in historischen Zeiten eine solche gewesen. Ebenso bildete der Nordosten Holsteins, das sogenannte Olden- burger Land, ein einst hochberühmtes Eiland. Im strengsten Sinne des Wortes ist dasselbe noch heutigen Tages eine Insel. Denn es stehen die beiden Landseen, der Dann au er oder Wessecker See im Westen and der Grubersee im Osten sowohl unter sich durch die Brokau, als auch beiderseits mit der Ostsee in Verbindung. Die Brökau zwischen den beiden Seen wird auch der Oldenburger oder Neuer Graben genannt, der seine gegenwärtige Form durch künstliche Nach- hilfe erhalten, da er sich gleich den beiden Seen immer mehr zuschlickt. Dafs aber diese Wasserstrafse vormals eine viel breitere und tiefere gewesen, geht aus der Thatsache hervor, dafs das altslawische Stargard, die jetzige Stadt Oldenburg, nach Helmold's Bericht vor dem Aufblü- hen Lübecks als eine grofse Seehandelsstadt im Norden glänzte. Dar- aus, dafs das Oldenburger Land ursprünglich eine Insel gewesen, er- klärt sich eine sonst sehr auffallende Thatsache. Das Ländchen ist nämlich in botanischer Hinsicht dadurch ausgezeichnet, dafs elf Pflan- zenspecies hier vorkommen, die dem übrigen Schleswig -Holstein feh- len, von denen acht der Mecklenburger Flora angehören.

Diese Oldenburger Insel hing nun vormals mit Fehmarn zusam-

28 ▼- Maack:

men. Gegenwärtig sind beide durch den •} Meile breiten, 5 Faden tie- fen Fehmareund getrennt Der Sage nach war diese Meerenge einst so schmal und seicht, dafs man auf einen, in der Mitte zwischen bei- den liegenden Pferdekopf tretend, trocknen Fufses nach Fehmarn gehen konnte (Dancku>erth). Man bemerkt noch heutigen Tages nicht weit vom östlichen Ausflüsse des Fehmarsundes mitten im Meere tief unter der Wasserflache die Reste eines alten Walles, eine Entdeckung, die zu dem Schlüsse berechtigt, dafe Fehmarn einst mit Holsteins lang ins Meer ausgezogener Nordostspitze zusammengehangen. Beide In- seln, das Oldenburger Land und Fehmarn waren also einst durch eine schmale Landenge verbunden, eine Form, welche man bei den Inseln der Ostsee sich mehrfach wiederholen sieht. Denn diese Bildung fin- det man, abgesehen von der Insel Rügen, auch auf Alsen und Aeroe wieder. Bei jener ist die Halbinsel Kekenis, bei dieser der östliche Theil der Insel durch eine schmale Landenge (auf Aeröe „Dreiet" ge- nannt) mit der übrigen Insel verbunden. Der Durchbruch der schma- len Landenge auf der Insel Oldenburg -Fehmarn mufs aber schon sehr frühe in vor slawischer Zeit erfolgt sein. Denn der Name des am Feh- marsunde gelegenen Dorfes Grofsenbrode von slaw. brody, die Fürth beweist, dafs in der Slawenzeit bereits eine schmale Wasser- straJfoe hier bestanden.

Diese Insel Oldenburg -Fehmarn ist klassisch -germanischer Boden: sie ist die lange vergeblich gesuchte, im grauen Heidenthum hochhei- lig gehaltene Nerthusinsel, wie ich in einer Abhandlung bewiesen, welche in Pfeifer $ Germania, Vierteljahrsschrift für deutsche Alterthums- kunde, Bd. IV, S. 385 414, erschienen ist. Sie lag im Mittelpunkte des Kreises, welchen die sechs Nertkus- Völker des Tacitus bewohnten, wäh- rend das siebente, die Arianes, goth. Aujans, d. h. Inselbewohner, Eilfinder der Insel xar i£o)fliry die Insel der Erdmutter Nertkus inne hatten. Des Tacitus locus secretus, im castum nemus gelegen, lfifst sich genau und bestimmt nachweisen. Es ist der vor einigen Jah- ren erst ganz trocken gelegte See von Siggen im Gute gleichen Na- mens. Der Name Siggen lautet in alten Urkunden Sygghem, Sigh- hem, Zigghem, Sighheme, Seggeme u. s. w. Ein M und kein N ist also dem Worte wesentlich, so dafs in ihm die Silbe em oder kern (tan», heim) steckt und Siggen also Siggheim ist (vgl. Grimms deutsche Grammatik, Th. II, S. 406). Was bedeutet aber Sigg? Da die Nertkus- Völker Gothen waren, so mufs das Wort Sigg ein gothisches sein. Der uns erhaltene Wortschatz dieser Sprache enthält dasselbe aber nicht. Wir müssen daher auf indirectem Wege seine Bedeutung zu bestimmen suchen. Nach Voigt (Geschichte Preußens, Bd. I, S. 272)

Da« mgesdiichtKche Schleswig -Holsteinische Land. 29

hiet&en die altpreufeischen Priester Siggo: ein solcher durchbohrte zu- erst den heiligen Adalbert. Voigt bemerkt dabei (S. 607): „der Name deutet auf die Ertheilung des Segens an das Volk, wahrscheinlich ihr wichtigstes Hauptgeschäft. Das altpreufsische Wort signat heifst segnen". Sigge ist überdiefs eine Name, der bei den Nordgermanen vorkommt. Alten Berichten zufolge nahm Odin „nach Gebrauch" den Namen des Gottes an, dessen Opferpriester er war. Sein ursprüng- licher Name 'war aber wahrscheinlich Sigge , daher die Stadt oder anfangs die Landstrecke mit dem Odinstempel Sigtun (d. h. der eingezäunte Platz des Sigge) hiefe. Das dänische Wort signe, ahd. tecan bedeutet gleichfalls segnen. Das Wort Siggen bezeichnet also die Heimath, den Wohnsitz des Segenspendenden, d. h. des Priesters der Nerthusy die hier ihren „Tempel" hatte, von dem Tacitus spricht. Gegenwärtig ist freilich das Oldenburger Land gleich der Insel Feh- marn fast baumleer, war aber nach Helmold in slawischer Zeit dicht bewaldet. Aber auf einem anderen Wege läfet sich noch ein ent- scheidender Beweis dafür beibringen, dafs die vormalige Insel Olden- burg -Fehmarn die Nerthus -Insel gewesen. Es folgt nämlich not- wendig aus des Tacitus Bericht über den Nerthuscultus, den wir als bekannt voraussetzen dürfen, dafs, da die Göttin ihre Umzüge bei den sie verehrenden Völkern gehalten, sie von ihrer Insel aus nur zu Schiffe zu ihnen gelangt sein könne. Da es nun in der Natur je- des religiösen Cultus liegt, dafs alle mit ihm nothwendig verbundenen äu&eren Handlungen sich sehr bald in feste Formen fixiren, so wird unzweifelhaft die Göttin nicht bald hier, bald dort sich eingeschifft haben, um ihren Umzug zu beginnen, sondern es wird ein bestimmter Ort zu diesem Zwecke gedient haben; es mufs ferner dieser Ort der gegen Stürme gesicherte Hafen der Insel gewesen sein und endlich wird zur sicheren Aufbewahrung und Ueberwachung des heiligen Fahrzeuges alsbald am Einschifflingsorte eine Niederlassung gegründet worden sein. Und siehe! ungefähr \\ Meilen vom locus »ecretus, dem See von Siggen, liegt die Stadt Heiligenhafen. Woher nun dieser Name? In alten Urkunden wird sie „de Stadt tho der hilligen Havene" ge- nannt, gleich wie Kiel „de Stadt tho dem Kyltt, Wüster „de Stadt tho der Wüster" (d.i. wilde Stör) hiefs. Hieraus erhellt, dafs der Name des heiligen Hafens viel älter sein mufs, als die nach ihm be- nannte Stadt, welche 1262 zuerst in der Geschichte genannt wird. Es ist nun aber anderweitig längst erwiesen, dafs alle Localitäten Deutsch- lands, die den Beinamen „heilig* fahren, diesen aus dem Heidenthume überkommen und einst im religiösen Leben des Volkes eine grofse Rolle gespielt haben; aber beispiellos ist es, daJfe ein Hafen für heilig

30 ▼. Maack: Das urgeschichtiiche Schleswig* Holsteinwehe Land.

gegolten. Die Lösung dieses sonst unlöslichen Bäthsels giebt der Ner- tbuscultus, der hier auf der heiligen Nerthusinsel seinen Mittelpunkt hatte. Heiligenhafen war überdiefe vormals ein sehr gesicherter Ha- fen. Das Oldenburger Land wird nämlich an der Nord- und Ostseite von einem Höhenzuge, wie von einem natürlichen Riesendamme um- geben, der bei Clausdorf seine höchste Höhe von ungefähr 250 Fufc erreicht. Die Westseite ist niedriger und von der See stark angegrif- fen, so dafs jetzt hier die Ufer schroff 40 50 Fufs hoch emporsteigen. Der einzige, jetzt ziemlich schutzlose Hafen bei der Stadt Heiligenha- fen wird durch eine vor ihr liegende Insel, Warder, gebildet Ein zweiter, jetzt wieder landfest gewordener Warder ist eine bewaldete Halbinsel. Unzweifelhaft ist der vor der Stadt liegende Warder auch einst landfest gewesen und hat einen geräumigen, gegen Stürme ge- sicherten Hafen gebildet Man hat nämlich beim Reinigen des Heili- genhafener Fahrwassers im Schlamme grofse Eichen, NGsse u. s. w. gefunden zum Beweis, dafs hier Land untergegangen. Endlich wis- sen wir urkundlich, dafs auf dem Grunde der Stadt Heiligenhafen einst das Dorf Tulendorp gelegen, welches 1327 bereits eingegangen war. Diefs Dorf war ein uraltes. Sein celtischer Name, es als das Dorf am dunklen (geheimnifsvollen, heiligen) Wasser bezeichnend, entspricht dem Namen Heiligenhafen.

Wer sich übrigens für diesen der Alterthumskunde mehr angeho- rigen Gegenstand speciell interessirt, den müssen wir auf unsere oben citirte Abhandlung in Pfeifers Germania verweisen, wo nicht blos die Sitze der einzelnen Nerthus Völker speciell nachgewiesen sind, sondern auch klar auseinander gesetzt worden der wesentliche Unterschied defi uralten, celtisch - gothischen Gultus der Göttin Nerthus zu Siggbeim (Siggen) auf der Insel Oldenburg -Febmarn von dem weit jüngeren nor- disch-gothischen Cultus des Gottes Freyr (Fröblot) zu Lethra (Leire) auf der Insel Seeland; wo endlich der heilige Landungs- und Auft- schiffungsplatz der Nerthus im heiligen Damm bei Dobberan (= Tu- lendorp) im Lande der Veriner, die von allen Nerthusvölkern am wei- testen gen Sonnenaufgang wohnten, nachgewiesen worden.

(Schlafs folgt.)

31

II. Mittheilungen aus Algerien,

Von Dr. L. Buvry.

Die östliche Sahara der Regentschaft Algerien '). II. Politische Eintheilung.

Der südliche der beiden Höhenzüge Algeriens, in der Provinz Con- stantine unter den besonderen Namen Djebel Sahari und Aures, bildet in physischer Beziehung die natürliche Grenze zwischen dem nörd- lichen und südlichen Theile dieser Provinz, wie in politischer die nörd- liche Grenzlinie der östlichen Sahara oder des Kreises von Biskra. Den Ccntralpunkt der Verwaltung bildet für die ganze Provinz die Di- vision Coustantine mit der Hauptstadt gleichen Namens, dem Sitze des Oberbefehlshabers oder eines Divisions -Generals und des Präfecten. Die Division Constantine hat vier Subdi Visionen : Constantine, Bona, Setif und Batna. Die letzte von diesen umfafst zwei Kreise, den von Batna und den von Biskra, in welchen die Stadt Batna und der Flecken Biskra als Hauptorte militärische Befehlshaber besitzen, deren letzterer jedoch jenem von Batna untergeordnet ist. Der Kreis Batna gehört noch zu den gemischten Territorien Algeriens, während der von Biskra ausschliefetich unter der Militärbehörde steht und von ihr verwaltet wird. Da die Nordgrenze des Kreises von Biskra auf dem Südabfalle des Djebel Sahari und des Aures -Gebirges hinläuft, so ist es einleuch- tend, dals sie, der Richtung des südlichen Höhenzuges entsprechend, im Westen bedeutend nach Süden hinabgedrückt wird, während sie im Nordosten aufwärts steigt. Demnach würde die Nordgrenze des Krei- ses Biskra im Westen sich annähernd auf 34° 50' N. Br., im Osten dagegen auf 35 20' N. Br. bestimmen lassen.

Zur unmittelbaren Gerichtsbarkeit des Hauptortes Biskra gehören die umliegenden Oasen el Alia, Filiasch, Kurra, Schetma, Umasch und Sidi Okba'), über die ich im Folgenden einige statistische Angaben hinzufuge, wie ich solche bei Gelegenheit meines Aufenthalts in jenem Orte den amtlichen Aufzeichnungen des dortigen arabischen Bureau's

') Yergl. diese Zeitschrift, Neue Folge, Bd. IV, S. 190 ff.

a) Ich gebe zu, dafs Dr. Barth'» Schreibweise „Ssidi" der Aussprache genauer entspricht; da ich jedoch bisher immer die in Frankreich übliche Orthographie an- gewendet habe, so möchte ich sie auch ferner beibehalten. Was dagegen das Wort Uled, bei Barth „Ueläd" anbetrifft, so ziehe ich meine Schreibweise desselben auch aas Granden der Aussprache vor, da ich es in Algerien nie anders habe nennen hö- ren, als es nach meiner Schreibart ausgesprochen werden mufs.

32

L. Barry:

entnommen habe. Allein da diese Angaben nur von den Häuptlingen der Eingeborenen herrühren, so können sie auf vollständige Genauig- keit keinen Anspruch machen, denn es ist bekannt, dafs die Araber, und hier insbesondere die Oasenbewohner, aus einem alten und noch immer allgemein verbreiteten abergläubischen Vorurtheil es scheuen, eine Volkszählung unter sich anstellen zu lassen; aufserdem werden sie auch durch den Umstand, dafs nach der Gröfse des Besitzstandes eines Jeden seine Steuerquote angesetzt wird, dazu verleitet, absichtlich falsche Angaben zu machen.

Die eben angeführten, der Oase Biskra zunächst liegenden Oasen, sowie der Oaeencomplex des Zab Dahari und des Zab Güebli geboren zum Eaidat von Biskra. Solcher Kaidate oder Regierungsbezirke zahlt der Kreis Biskra neun, nämlich:

1) das Eaidat von Biskra,

2) - - des Zab Schergüi oder Scherki,

3) - - des Djebel Scheschar oder der Uled Amran,

4) - - der Uled Zekri oder der östlichen Uled Nayl,

5) - - der östlichen Nomaden,

6) - - der Sahari,

7) - der Uled Zian,

8) - - des U€d Rir und USd Suf.

9) - - der Uled Sai'eh oder Said Uled Amer.

1) Das

Kaidat von Biskra (die i

umliegenden Oasen).

Angebau-

Frucht-

Entfernung

Seelenzahl

tes Land in Hectaren '

baumeund Dattelpal- men

Pferde

Kameele

von Biskra in Kilo- metern

Biskra ....

3,736

2,900 i 113,909

2,550

, ,

_

el Alia . . . .

63

vacat 1,812

3

Filiasch . . .

328

350 20,706

5

~~"

3

Kurra

52

vacat

2,995

1

Schetma . . .

263

75

11,899

6

-_

7

Umasch . . .

488

180

28,667

4

18

Sidi Okba. . .

1,698

1,375

63,193

42

19

a

) Der Zab Dahari

oder nöi

dliche Zab.

Bu Schagrun . .

562

100

35,376

3

_

Lischana .

607

110

39,488

5

Zaatscha .

13,641

Farfar . .

535

75

21,993

Tolga . .

1,448

275

87,718

20

el Bordj

720

100

29,040

Fnkala . .

157

75

18,786

el Amri

508

50

13,311

27

30 30 31 34 35 37 44

») 1 Hectare = 8,916 Morgen.

Mtaheilaagen aus Algerien, b) Der Stamm der Hai Amur.

33

Seek

Angebau- |

Frucht-

^WltesLandmi^«116,^ Hectaren , ^attelpal- men

Pferd« i Kameele

Entfernung von Biskim in Kilo- metern

üledbea Khlil med Arta . . Ennuafia . Uled Mrabl . el Kbeaba . .

240 401 208 447 416

200

c) Der Zab Güebli (Kebli) oder südliche Zab.

Mlüi. . . . Bigu und Zauja

Mnala . . .

Uarial . . . Mekhadima

Ben Thioa . .

Sabin . . .

Lüraa . . .

289

60

24,533

20

369

50

25,696

—_

190

25

6,624

469

220

40,410

15

250

35

8,631

287

60

15,957

5

__

162

50

12,193

1

231

30

8,647

4

26 26 27 28 31 30 35 37

2) Das Kaidat des Zab Schergüi (Scherki) oder öst- liche Zab und de» Amar Khadda mit 30 Dörfern und 24 Stäm- men soll 10,000 Seelen zählen.

3) Das Kaidat des Djebel Scheschar und der Uled Am- ran enthält 13 Dörfer und 7 Stämme.

4) Das Kaidat der Uled Zekri oder der östlichen Uled Nayl zählt 25 Stämme mit angeblich 30,000 Seelen.

5) Das Kaidat der östlichen Nomaden besteht aus 16 Stammen.

6) Das Kaidat der Sahari besteht aus 6 Stämmen und zwei Ortschaften, nämlich:

Kamen der Stamme

Seelenzahl

Pferde

Kameele

Maulthiere

Hammel

Zelte

Uled "ÖaW^ M'Sarik Uled Thled Regaiett ITled Daud Uled Amer

ferner die Ortschaften

el Kantara mit und el Uthaja mit .

3,170

1,920 450

415

5440

111

18,000

645

ZtitMhr. t attg. Erdk. Nene Folge. Bd. VTJI.

34 &• Burrjj

7) Das Kaidat der üled Zian

ist aas folgenden neun Stämmen zusammengesetzt:

Seelenzahl

Angebau-

te« Land in

Hectaren

Frucht- bäume und Dattelpal- men

Pferde

Kameele

Entfernung von Biikn in Kilo- metern

Dahara . . .

025

_«.

i

35

__

Gnebala .

815

34

Djenora .

vacat

vacat

64,931

28

Branis . .

126

12

12,081

16

Droh . .

82

17

3,714

3

16

Sidi Khrelü

91

14

998

3

18

Beni Suik

.

387

10

13,146

40

Beni Ferrsh

. ! 1,920

vacat

vacat

48

M'dnkal .

1 825

do.

do.

9

78

8) Das Kaidat des USd Rir and Saf.

a) Der

üed Rir.

Ortschaften

Taggurt . . .

1,981

vacat

77,000

Nezla ....

2,219

do.

43,000

Tebesbest . .

865

do.

36,000

Zauja Sidi Abid

685

do.

10,000

Megarin Keddima

59

do.

5,000

Megarin Djdidi .

256

do.

40,000

el Kessur . . .

88

do.

17,000

Harihira . . .

211

do.

17,000

Gb'amra . . .

422

do.

10,000

Bram ....

50

do.

30,000

Moghar . . .

172

do.

5,000

Sidi Sliman . .

26

do.

30,000

Sidi Rasched .

217

do.

vacat

Tamerna Keddima

394

do.

35,000

Tamerna Djdidi .

320

do.

30,000

Sidi Jahia . .

134

do.

5,000

Sidi Amran . .

79

do.

5,000

Tinegdidin . .

120

do.

10,000

Djama. . . .

250

do.

10,000

Ariana (in Ruinen)

do.

5,000

Urlana . . .

327

do.

30,000

Mazer ....

106

do.

10,000

Zaujet Rihab

48

do.

5,000

Tinedla . . .

75

do.

10,000

el Berd . . .

40

do.

2,000

Sidi Khlil . .

229

do.

25,000

Mraie* ....

815

do.

30,000

Ensigha . . .

vacat

do.

5,000

Urir ....

do.

do.

3,000

90

218 220 222 219 196 198 199 198 192 193 190 186 vacat 172 173 169 166 163 162 160 158 152 154 135 130 125 110 118 114

Mtehtfluicm «u Algeita.

35

b) Der

Ued Snf.

Angebau-

Frucht-

Entfernung

Ortschaften

Seelenzahl

tes Land in Hectaren

baume und Dattelpal- men

Pferde

Kameele

von Biskra in Kilo- metern

el Ued . . .

9,890

▼acat

▼acat

20

4000

223

Koinin

2,884

do.

do.

▼acat

▼acat

215

Tarzut

1,960

do.

do.

do.

200

207

el Gemar.

4,438

do.

do.

do.

400

205

Bihina

1,652

do.

do.

do.

100

218

Zgum .

1,928

do.

do.

do.

140

210

Debila . .

481

do.

do.

do.

50

233

Sidi Atin . .

400

do.

do.

do.

. 90

212

9) Das Kaidat der Uled Saieh oder Said Uled Amar enthalt acht Ortschaften und Dörfer, welche von den eben genannten Stammen in den Wintermonaten zur Wohnung und Aufbewahrung ihrer Vorrithe benutzt, während der übrigen Jahreszeit aber verlassen werden.

Temarin . . .

3,725

▼acat

150,000

5

Bledet Amar .

500

do.

30,000

Gng . . . .

175

do.

4,000

Taibet el Göeblia

1,250

do.

5,000

el Ana . . .

125

do.

1,000

_

__

Tiibin. . . .

200

do.

1,500

el Hadjira . .

300

do.

2,000

Dzina ....

200

do.

▼acat

Stamm der Uled

Saieh. . .

630

__

__

Stamm der Said

Uled Amar .

860

40

194

228 236 240 227 248 252 256 184

m. Geschichtlicher Ueberblick der Besitzergreifung der östlichen Sahara durch die Franzosen.

Als im Jahre 1844 der Herzog von Anmale Biskra im Namen des Königs von Frankreich in Besitz nahm, bot die östliche Sahara ein trübes Bild allgemeiner Unordnung und Verwirrung dar. Unfähigkeit, Machtlosigkeit, Vernachlässigung des öffentlichen Wohles und blutige Famüienfehden , welche in einzelnen Fallen bis zur Ermordung der herrschenden Familien fahrten und neue Machthaber auf den Thron erhoben, alle diese Umstände hatten das Land in den Zustand einer solchen Gesetzlosigkeit geworfen, dafs der Handels- und Geschäfts- verkehr fast gänzlich gehemmt und Earavanen nur unter starker Be- deckung vor den Ueberfällen räuberischer Nomaden gesichert waren. Die Herrschaft der Franzosen hat dieser Anarchie ein Ende gemacht.

Vor der französischen Occupation hatte der Emir Abd-el- Kader sein Ansehen mit glücklichem Erfolge über die Grenzen seines ur-

36 !•• Burry:

sprünglichen Reiches aasgedehnt. Zwar sachten die Türken ihr durch sein Auftreten geschwächtes Ansehen, wenn auch nur dem Scheine nach, durch den ehemaligen Hadj Achmed Bey von Gonstantine in den nördlichen Districten noch aufrecht zu erhalten; allein der Emir hatte seine Herrschaft bereits unaufhaltsam in den Ziban befestigt. Hier setzte er einen vermögenden und einflußreichen Bewohner der Oase ßidi Okba, den Chalifa Bei Hadj, als Befehlshaber ein. Im Süden be- herrschte den Ued Suf und Ued Rir die Familie der üled ben Djellab (Kinder der Heerden), welche arabischen Ursprungs war. Der recht- mäTsige Herrscher, Ben Djellab, zählte zur Zeit erst zwölf Jahre, wes- halb seine Mutyer für ihn die Regentschaft führte. Während derselben erregte ein Vetter des Minderjährigen, Selman oder Slimen, zu Tug- gurt, der Residenz desselben, einen Aufstand, in welchem die ganze herrschende Familie ermordet und der Mörder selbst zum Scheich von Tuggurt ausgerufen wurde. Im Südwesten unseres Gebietes endlich bildete die Oase Temacin noch einen unabhängigen Staat and hier re- gierte unter dem Titel einer Schuischa (Frau Scheich) die Frau Lalla Aischusch, die Gattin des verstorbenen Scheichs Abd- Allah. Dies waren in allgemeinen Umrissen die staatlichen Verhältnisse,' welche der Prinz von Aumale bei seiner Ankunft vorfand. Die Eroberung des Landes durch denselben in allen ihren Einzelheiten darzustellen, würde an diesem Orte ungeeignet sein und ich beschränke mich daher auf die Angabe derjenigen Momente, welche eine Erweiterung des französi- schen Gebietes herbeiführten.

Nach der Einnahme von Biskra legte der Herzog von Aumale so- fort in die von den Türken verlassene Kasbah der alten Stadt eine kleine Besatzung und begab sich, um den errungenen Vortheil durch Unterwerfung einiger weiteren Stämme noch mehr zu befestigen, in das Auresgebirge. Auf die Kunde von der während seiner Abwesenheit durch die Umtriebe des inzwischen zurückgekehrten Chalifa Bei Hadj angestifteten Niedermetzelung der ganzen Besatzung eilte der Prinz am 18. Mai 1844 zurück, konnte aber nicht mehr zeitig genug eintreffen, um sich des Hauptanstifters der blutigen That zu bemächtigen. Nach- dem er alsdann die Besatzung der Kasbah bis auf 500 Mann verstärkt hatte, bekleidete er einen angesehenen und einflufsreichen Nomaden- häuptling, Bu Aziz ben Gennah, obwohl dessen Vergangenheit nicht ganz makellos war, mit der Würde eines Scheich el Arab und machte ihn für die Ruhe des Landes und den richtigen Eingang der Steuern verantwortlich. Seitdem haben die Franzosen Biskra nicht wieder ver- lassen, jedoch bis zur festen Begründung ihrer Herrschaft, d. b. bis zur gänzlichen Unterwerfung aller Nomadenstämme, verflossen noch zehn Jahre, während welcher die Bewohner der Sahara, durch einzelne Glau-

Mittheilungen aus Algerien. 37

benseiferer entzündet, immer von Neuem versuchten, sich des verhafs* ten Joches zu entledigen.

Schon im Jahre 1845 kam anter dem angenommenen Namen Bn Maza ein Scherif als Anführer eines Haufens Sahari aus dem Hodna zu den Uled Sultan und predigte hier mit fanatischer Begeisterung den Abfall. Sein Vorhaben wurde aber durch den General Herbillon ver- eitelt.

Nachdem das darauf folgende Jahr ohne Störung des Friedens verlaufen war, drang der wirkliche Bu Maza, einer der glühendsten Verehrer Abd- el- Kaders, bis in die Oasen der Ziban vor, Alles zum Aufstande entflammend. Sogleich brach der Commandant von Biskra gegen ihn auf, und am 10. Januar 1847 stiefsen die feindlichen Streit- kräfte bei Sidi Khaled auf einander. Nach einem hartnäckigen Kampfe wurde Bu Maza geschlagen und entfloh; doch am 13. April gerieth er im Dahra in die Hände der Franzosen.

Bisher hatten namentlich die Stamme zunächst an der tunesischen Grenze sich der Entrichtung der Abgaben durch den Uebertritt auf das nachbarliche Gebiet zu entziehen gewufst. So namentlich die Nemem- scha. Deshalb wurde bei der zuletzt erwähnten Gelegenheit auch ihr Gebiet von einer Heeresabtheilung besetzt und der Tribut mit Gewalt erhoben, zum warnenden Beispiel für die Uebrigen.

Alle militärischen Expeditionen hätten aber wenig gefruchtet, wenn die Franzosen nicht von der richtigen Einsicht geleitet worden wären, dais sie nur dann in die innere Verwaltung des Landes mehr einzu- greifen im Stande wären, wenn sie die Besetzung der höheren einhei- mischen Wurden selbst in ihre Hand nähmen.

Leider wurden diese eben erst in der Bildung begriffenen Anfange einer zweckmäßigeren Organisation durch den Ausbruch der Februar- Revolution in Paris auf lange Zeit wieder vereitelt. Der Abzog eines grolsen Theiles der Armee nach Frankreich, übertriebene Gerüchte über Unruhen, welche in Algier ausgebrochen sein sollten, nährten von Neuem die gesunkenen Hoffnungen auf Befreiung. Der Reihe nach ergriffen die Gebirgsstämme der Uled Sultan, der Halluia und Uled Udjana im Aures, bei welchen der ehemalige Bey Hadj Achmed von Constantine Aufnahme gefunden hatte, diese Gelegenheit zum Aufstande. Mit der Gefangennahme des Bey durch General Canrobert wurden alle drei Stämme zum Gehorsam zurückgeführt, und hiermit endete der Feldzug des Jahres 1848.

Unmittelbar darauf erhoben sich aber auch in der Provinz Con- stantine auf den Aufruf des Pseudo-Ghalifa Sidi Scheich ben Taieb die Uled Sultan und Beni Mehena, letztere unter dem Scherif Ben Ya- mina, welche nichts Geringeres bezweckten als die Ueberrumpelung

38 I" Bnrry:

und Entsetzung der Stadt Constantine. Nur mit dem äußersten Auf- wände der Kräfte konnte diese Empörung unterdrückt werden. Da hierbei die Besatzung von Biskra wieder geschwächt werden mufete, und sich aufserdem falsche Gerüchte über Siege der Beni Mehena ver- breitet hatten, so glaubten die Ziban einen so günstigen Umstand be- nutzen und sofort losbrechen zu müssen. Die Niederwerfung dieses Aufstandes war die schwerste Aufgabe, welche die Franzosen bei der Eroberung der östlichen Sahara zu lösen hatten, denn sie führte zu der vom 7. October bis 26. November 1849 dauernden Belagerung der Oase und des Fleckens Zaatscha. Ich selbst habe als sprechendes Zeugnifs der zähen Verteidigung und des eben so ungestümen An- griffes mit eigenen Augen das entsetzliche Chaos gesehen, in welchem die Trümmer des bis auf den Grund zerstörten Ortes über und unter einander daliegen. Noch bis auf den heutigen Tag wagt es kein Ein- geborener, die mit Blutströmen getränkte Stätte zu betreten, sondern gebt scheu und ohne hinzublicken daran vorüber.

Zur völligen Dämpfung der Unruhen unternahm General Canrobert im Jahre 1850 einen Zug in das Auresgebirge, wo ein grofser Tbeil des dort wohnenden Stammes der Uled Abdi mit den Bewohnern der Stadt Narah gemeinschaftliche Sache gemacht und den Aufständischen der Oase Zaatscha Mannschaften und Hilfsmittel gesandt hatte. Nach einem siebenstündigen Kampfe unterlag am 5. Januar Narah. Nach dieser Waffenthat machte Canrobert, um sich der friedlicheren Gesinnung der Gebirgsvölker zu vergewissern und deren Verwaltung zu ordnen, einen weiten Streifzug zuerst zu den nie ruhenden Nememscha, von hier nach Tebessa, kehrte wieder in das Gebirge zurück, überschritt dasselbe und drang bis Kheran vor. Dann besuchte er die Oasen des Zab Scher- güi und erreichte wieder quer durch den Aures ziehend Medina. In- dem er dem Thale des Ued el Abiad folgte, langte er am 12. Juni in Biskra an.

Der nördliche Tbeil der östlichen Sahara war jetzt vollständig von dem sudlichen politisch getrennt und die Bewohner des letzteren sahen sich dadurch von den Märkten des nördlichen Algeriens ausgeschlossen. Dieser Abbruch des Handelsverkehrs war für sie ein höchst empfind- licher Nachtheil, da er sie zwang, die tunesischen Märkte zu beziehen. Die unerträglichen Plackereien, denen sie hier von der Willkühr der Steuerbeamten täglich ausgesetzt waren, liefsen voraussehen, dafe die- ses Verhältnifs nicht lange von Bestand sein konnte. Die allgemeine Unzufriedenheit und der unvertilgbare Hafs der Eingeborenen gegen die Christen, sowie die Besorgnifs, seinen durch Ermordung der recht- massigen Herrscherfamilie von Tuggurt usurpirten Thron wieder hin- sinken zu sehen, bestärkten den Plan des Scheich Selman, sich mit

Mitteilungen aas Algerien. 39

dem durch die Franzosen ans der Oase el Aghaat vertriebenen Scherif Si Mohammed ben Abd- Allah, dem furchtbarsten Gegner Frankreichs, so einem gemeinschaftlichen Kampfe gegen die europäischen Eindring- linge zu verbünden. Die entscheidende Schlacht wurde am 29. No- vember 1854 in der Oase Megarin geliefert und endigte mit der voll- ständigen Niederlage Selman's und des Scherifs. Dieser Ausgang der Sehlacht öffnete am 5. December den Franzosen die Thore der Stadt Tnggurt. Die Herrschaft Selman's war damit zu Ende und der Süden unterworfen. Der französische Befehlshaber setzte einen Kaid ein und legte in die Kasbah von Tuggurt eine Besatzung von fünfzig Mann. So endete der zehnjährige blutige Kampf mit der endlichen Besitznahme der östlichen Sahara der Regentschaft Algerien.

Man glaube jedoch nicht, dafe hiermit eine vollständige Unterwer- fung und Besitzergreifung jener Länder im strengsten Sinne des Wortes eingetreten sei. Sitten, Gebräuche, Einrichtungen und der gröfote Theil der Rechtspflege sind nach wie vor national geblieben; nur die höhe- ren Aemter werden zwar Einheimischen, aber von der französischen Regierung übertragen. Diese Beamten haben nur för Aufrechterhaltung der Ruhe und Eintreibung der Steuern zu sorgen. Die Entrichtung der letzteren und die Mititärpnichtigkeit sind die einzigen Verbindlich- keiten, welche die Eingeborenen den Franzosen gegenüber anerkennen; über diese hinaus fühlen sie sich vollständig frei und in ungeschmäler- ter Selbstbestimmung.

IV. Verfassung und Verwaltung.

An der geeigneten Stelle ') habe ich darzulegen gesucht, dafs die Bodenverhältnisse der östlichen Sahara eigentümlicher Art sind. Sie bilden einen unaufhörlichen Wechsel von ausgedehnten Weidestrecken, Sandwusten und Culturstellen, oder in einer anderen Auffassungsweise von herrenlosen und Stammgenossenschafts-Ländereien. Die letztere Unterscheidung fuhrt den Leser unmittelbar auf die Elemente hin, welche die französische Regierung veranlassen mufsten, für dieses Gebiet eine Verwaltung anderer Art, als die in dem nördlichen Alge- rien- übliche, eintreten zu lassen. Sie deutet ferner darauf hin, dafs weite Strecken des Landes wegen ihres Wassermangels nur vorüber- gehend oder gar nicht bewohnt werden, und dafe andererseits vom Wasser begünstigte Platze die Mittelpunkte der Bevölkerung sind.

Die herrenlosen Ländereien werden seitweise von den No- maden besucht, welche auf den einzelnen Landereien mit ihren Vieh* heerden so lange verweilen, als der Boden Weide für diese darbietet

>) Zeiticfar. für tilg. Erdkunde, N. F., Bd. IV, S. 108 ff.

40 L. Barry:

Mit dem Eintritt der heifsen Jahreszeit beziehen sie das Aureflgebirge oder siedeln auf das Hochplateau über. Da nun eine Eintheilung die- ser Ländereien nicht stattfindet, so wären bei den unaufhörlichen Wan- derungen der Stämme Zwistigkeiten unter ihnen unausbleiblich, wenn nicht gewisse sociale Einrichtungen ihren Zügen bestimmte Richtungen und ein für allemal festgesetzte Ziele vorschrieben. Diese Einrich- tungen beruhen seit undenklichen Zeiten hauptsächlich auf Anrechten einzelner Stämme an die ausschliefsliche Benutzung der Quellen and Bäche und an die Wahl der Weideplätze in der Nahe derselben.

Die Stammgenossenschaftsländereien bieten andere Ver- hältnisse dar; sie umfassen die Oasen und ihre Palmenpflanzungen, das angebaute Land überhaupt, das Besitzthum vornehmer Familien, die Quellen und Brunnen. Endlich rechnet man hierher auch die den Zaujas, d.h. geheiligten Oertern ') angehörenden Ländereien, deren gröfstcr Theil aus den Vermächtnissen gläubiger Stammgenossen her- rührt Es würde gewifs nicht befremden, wenn man die Bewohner der genannten Ländereien für sefshaft halten und ihnen die Grund- sätze und Einrichtungen einer solchen Lebensweise zuschreiben würde. Für den Norden Algeriens wäre eine solche Anschauungsweise zuläs- sig, für die Stammgenossenschaftsländereien unseres Gebietes trifft die- selbe nicht zu. Hier walten nämlich besondere Temperatarverhaltnisse ob, die in Verbindung mit dem im Frühjahre und Sommer vorherr- schend wehenden Sirokko und den Miasmen, welche den austrocknen- den Sümpfen entsteigen, die Bewohner nöthigen ihre Wohnplätze zu verlassen. Sie werden also unwillkührlich zur Wanderung gezwungen, und da die Ländereien, welche die Oasen einfassen, ebenfalls nur Step- pen sind, so müssen auch sie für ihre Heerden nach passenden Weide- plätzen sich weiter umsehen. So geschieht es, dafe die Dörfer und Flecken der Oasen selten von den Grundbesitzern bewohnt werden, dafe vielmehr der gröfste Theil in der Nähe seines Besitzthumes unter Zelten lebt und die Häuser eigentlich nur zur Aufbewahrung der aus dem nördlichen Algerien mitgebrachten Waaren und Getreidevorräthe dienen, deren Bewachung den Dienern übertragen wird.

Bei der allen Hirtenvölkern eigenen Unst&tigkeit war es den in den herrenlosen Ländereien umherziehenden Nomadenstämmen früher oft geglückt sich den auferlegten Abgaben zu entziehen, und die türkische Regierung sah sich daher stets zu gewaltsamer Eintreibung genöthigt. Wenn dieses Verfahren Weitläufigkeiten und Unannehmlichkeiten im Gefolge hatte, so boten doch die zahlreichen Heerden für die türkischen Beamten ein leicht zu verwerthendes Faustpfand.

!) 8. des Verfassen Algerien n. s. w. & 110 flg.

Mittheilungen ans Algerien. 41

ungünstiger gestaltete sich die Sache bei der Einsiehung der Steu- ern von den Oasenbewohnern, indem dieselben ihre Vorräthe in den Silo's so geschickt zu verbergen wufeten, dafe sie fest nie aufgefunden werden konnten. Da sie dieselben auch auiserdem vor den umher* streifenden Araberhorden sichern muteten, so trat leicht der Fall ein, dafe die Steuerbeamten unverrichteter Sache wieder zurückkehrten. Sehr oft aber ereignete es sich, dafis umherstreifende Nomaden, welche in der Nähe lagerten, den rückständigen Zins bezahlten und dafür sich an den Palmen pfändeten; konnten nun während einer bestimmten Frist die Eigenthümer nicht Ersatz leisten, so nahmen jene selbst die Gärten in Besitz. Aus dieser unlauteren Quelle rührt der Grundbesitz der Nomaden in den Oasen.

Die französische Regierung suchte auf eine rechtlichere Weise die Erhebung der Steuern zu bewerkstelligen, indem sie gröfstentheils hier- bei die von Abd-el -Kader befolgte Verwaltungsform wieder herstellte. Ein fluchtiger Blick in die Vergangenheit wird die näheren Verhält- nisse derselben klar machen.

Als nach dem Friedensschlufs an der Tafna die Provinz Oran und ein Theil der Provinz Algier in den Besitz des Emir, unter Vorbehalt der französichen Oberlehnsherrschaft übergingen, fand er die Stämme in Folge des Rücktrittes aller türkischen Beamten völlig sich selbst überlassen und in einem beinahe anarchischen Zustande. Sofort bei seiner Ankunft in der Provinz Titteri ging er mit der Reorganisation der Verwaltung vor, setzte Mohammed ben Aissa el Berkani als Gha- lifa ein, wies demselben Medeah zur Residenz an und vertraute ihm gleichzeitig die Regierung der Stadt und der benachbarten Stämme an. Das ganze Land theilte er in drei Aghalik's oder Regierungsbe- zirke, deren jeder unter einem Agha stand. Die Stämme wurden je nach der Oertlichkeit der von ihnen zur Abweidung besuchten Län- dereien in dieselben eingereiht, aber daneben zugleich Rücksicht ge- nommen auf die Bequemlichkeit des Marktverkehrs, indem Stämme, welche über ihr früheres Gebiet hinausgegangen waren, dem Regie- rungsbezirke des nächsten Hauptmarktplatzes zugeschrieben wurden. Zu dem dritten Aghalik gehörten die Nomadenstämme, welche zum Theil dem Chalifat von Milianah, dem von Takdemt oder dem Agha- lik der östlichen Haschern untergeordnet waren. Die zu demselben gehörigen Ländereien sollen ein Areal von 84 Lieues im Quadrat um- fafet und eine Bevölkerung von 24,000 Seelen gehabt haben. Wie man aus diesen annähernden Zahlen Verhältnissen ersieht, hatte schon zu damaliger Zeit die neuerworbene Besitzung eine ziemlich bedeutende Ausdehnung und der Emir Abd-el -Kader mufste daher vor Allem dar- auf bedacht sein, dafe seine Befehle und Verwaltungsmaforegeln auch

42 L. BiiTry:

bis in die entferntesten Theile seines Landes gelangten und überall von den Völkerschaften respeetirt würden. Dies führte ihn zuvörderst zu der Wiederherstellung des Makhzen '); da es jedoch seinen Be- mühungen nicht gelang denselben anf seine frühere Stärke zu bringen, so organisirte er nach einem von ihm dazu entworfenen Plane eine einheimische Söldlingstruppe, die er zu gleichen Theilen den Befehls- habern der drei Verwaltungs- Abtheilungen zutheilte. So entstand neben dem Makhzen ein neues Institut, welches von vorn herein sich nicht auf Privilegien stützte und au&erdem in der öffentlichen Meinung nicht Vorurtheile zu bekämpfen hatte. Im Uebrigen stellte sich bald die gröfsere Brauchbarkeit und Willfährigkeit der Soldaten heraus und sie beeinträchtigten daher bedeutend das Ansehen der Mekhazenia (Reiter des Makhzen). Der Emir erkannte sofort die guten Eigenschaften sei- ner Schöpfung und die Früchte, welche dieselbe versprach; er war aber zu umsichtig, um deshalb den Makhzen seiner Freiheiten zn berauben, oder denselben gänzlich aufzuheben, vielmehr suchte er ihm dadurch, dafe er ihn nn Unthätigkeit erhielt, allmählich sein Ansehen zu entzie- hen. Während der letzten Periode der türkischen Herrschaft vermoch- ten die beiden Stämme des Makhzen der Provinz Titteri, die Duair und Abid, ein Kontingent von 1200 Reitern zu stellen, allein die fort- währenden Zwistigkeiten , welche seit dem Falle des letzten Bey Mn- stapha bu Mezrag bis zu der Einsetzung des Chalifa Mohammed ben Aissa el Berkani durch Abd-el- Kader die Bewohner des Landes be- unruhigten, wirkte auch nachtheilig für die den Makhzen ergänzen- den Stämme. Als blinde Werkzeuge der früheren habsüchtigen Regie- rung angesehen, waren sie unaufhörlich den Anfeindungen und der Verachtung derjenigen Stämme ausgesetzt, mit denen sie früher bei Ausfuhrung ihrer Obliegenheiten in Berührung gekommen waren. Die Einstellung ihrer kriegerischen Thätigkeit entfremdete sie dem Kriegs- handwerk mehr und mehr und so geschah es, dafe, als der Emir die Re- organisation des Makhzen beschlofs, die Stämme nur noch 3 400 Mann stellen konnten.

Selbst in den civilisirten Staaten erfordert die Auflage der Steuern, ihre entsprechende Vertheilung unter die verschiedenen Schichten der Bevölkerung und die zweckmässige Verwendung im In- teresse des gemeinen Wohles Grundsätze, welche nur durch reifliche

>) Die Regierung wählte einzelne kriegerische Stamme im Mittelpunkt« Landes aus, welchen sie für die Bewilligung von Abgabenßneiheit und anderen Vor- rechten die Verpflichtung auferlegte, für den Fall des Bedürfnisses als Reiter x* ^je- nen und entweder aufrührerische Stämme au bestrafen oder Abgaben einxusiehen oder auch andere Mafsregeln durchzuführen. Diese Einrichtung fafste man unter dm Kamen Makhsen susammen.

>

Mitteilungen «ob Algerien. 43

Prtfung der socialen Verhältnisse der Unterthanen in gerechter und sweckm&fsiger Weise festgestellt werden können. Die stets fortschrei- tende Bildung und Theilnahme an den* öffentlichen Angelegenheiten lassen das Volk nach den Zwecken einer neuen Steuerauflage fragen und die Ueberzeugung ihrer Nothwendung für das allgemeine Beste ist der wirksamste Hebel der Bereitwilligkeit dieselbe zu übernehmen. Anders verhält es sich in den mohammedanischen Staaten, in welchen der grofete Theil der Bewohner noch auf einer sehr niederen Stufe geistiger und politischer Entwickelung steht. Hier bildet die Erhebung der Steuern die wundeste Stelle des ganzen Staatswesens. In einem Lande wo die Bevölkerung nur in schwachen Gruppen und oft in gro- foen Entfernungen von einander ohne stete gegenseitige Verbindung lebt, keine festen Wohnpl&tze besitzt und weder die Befähigung noch die Gelegenheit hat, die gemeinnützige Verwendung der Abgaben zu beurtheilen, haben die Regierungen dieselben bis in die neueste Zeit nur unter der Form religiöser Opfergaben einziehen können. Dennoch stiefeen sie bei diesem Geschäfte vielfach auf Widerstand und nur das Ansehen der Mekhazenia vermochte die Bewohner den Tribut ab- zuführen. Wie Abd-el- Kader fast durchgehends in der Verwaltung Reformen einführte, so widmete er der Vertheilung der Steuern eine besondere Fürsorge. Indem er scheinbar die jedem Einzelnen zufal- lenden Lasten verringerte, regelte er dieselben dergestalt, dafe dennoch der Staatsschatz dadurch keinen Ausfall erlitt, und da die Kriegskosten sich mehr und mehr steigerten, suchte er den Mehrbedarf einfach da- durch zu decken, dafs er den Grundgedanken der laufenden oder re- gelmässigen Steuern änderte, dieselben in rein religiöse Gaben umwan- delte und sie dem Volke als zur Fortsetzung des heiligen Krieges be- stimmt darstellte.

Die regelmässigen Abgaben bestanden in dem Aschur oder dem Zehnten von der Cerealienernte und dem Zekkat, einer verhältnifeniä- fsigen Abgabe für die He erden. Zu diesen für die Bewohner durch- aus nicht drückenden Steuern, da sie in einem richtigen Verhältnisse au dem Besitze und Erwerbe jedes Einzelnen standen, traten jedoch noch einige andere indirecte Abgaben, mit welchen die Regiegung zum grotsten Theile den Staatshaushalt bestritt. Hierher gehörten die Manna, eine ausserordentliche Steuer, welche jedem einzelnen Stamme aufer- legt wurde und in klingender Münze entrichtet werden mufste; sie wurde zum Unterhalte des stehenden Heeres verwandt; die Ordnungs- strafen, die Abgaben der neu angestellten Beamten, welche bei dem häufigen Wechsel so ergiebig gewesen sein sollen, dafs sie zur Besol- dung der Aemter ausreichten, und endlich die Scheraa oder die Do- 1- Einkünfte.

44 I*. Bu?ry:

Man sieht ans dieser gedrängten Debersicht der Verwaltung Abd- el-Kader'e, dafs dieselbe sowohl rechtlich als administrativ eine an- dere Gestalt als nnter der früheren türkischen Herrschaft angenommen hatte und dafs der Emir mitten in den Wirren des heiligen Krieges die Wiederherstellung einer anf die Einigkeit der Stämme und das Ansehen der Priesterherrschaft gestützten Verfassung anbahnte. Seine Gefangennahme verhinderte die weitere Ausführung und befreite seine Unterthanen von der drückenden Steuerlast, welche die Fortsetzung des Krieges ihnen würde auferlegt haben. Nach dem Falle des Ober- hauptes liefs nun zwar die Verehrung für dasselbe im Allgemeinen nicht nach, aber es erkaltete doch aümähliah der künstlich gegen die Fremden hervorgerufene Fanatismus und das Volk fügte sich williger der fremden Herrschaft. Seit jener Periode ist ein Decennium ver- strichen und während desselben entwickelte sich das jetzt angewandte Verwaltungssystem, welches nach sorgfaltiger Prüfung der Volkszu- stände aus einer Verbindung der unter den früheren Regierungen an- gewendeten und als gut befundenen Verwaltungsmalsregeln hervorge- gangen ist.

Die Hauptelemente, auf welche der jetzige Verfassungsbau sich gründet, sind die Einigkeit und das solidarische Verhältnifs der Stämme, Religionsfreiheit, Ausbildung des Unterrichtswesens und Einsetzung einer geordneten Rechtspflege, das Steuergesetz und die Aufhebung des Sklavenhandels. Die frühere türkische Verfassung lieferte zu dieser Reform einen nicht unwichtigen Beitrag, indem auch sie die Entrich- tung der Steuern als reine Verwaltungsmafisregel betrachtete, die Prie- ster der weltlichen Herrschaft unterordnete und auf ihren religiösen Wirkungskreis beschränkte. Nicht minder erblickte sie den Haupt- stützpunkt ihrer Herrschaft in diesem Gebiete in der Unterwerfung des nördlichen Theiles der Provinz, da die Oasenbewohner und Nomaden naturgemäfs wegen des Absatzes und Eintausches ihrer Be- dürfnisse von demselben abhängig sind.

Auf diese Verhältnisse mufste auch von den Franzosen bei der Organisation der Verwaltung Rücksicht genommen werden. Es lag in der Natur der Sache, dafs hier eine militärische Besatzung, wie im nördlichen Algerien, nicht nothwendig war, sondern, dafs es genügte, die Hauptverkehrswege zwischen dem nördlichen und südlichen Alge- rien zu überwachen. Dem zufolge errichteten die Franzosen in Biskra ein Fort, legten in das Dorf Zriba im Zab Schergui ein kleines De- tachement einheimischer leichter Reiterei; befestigten, um auch im Sü- den gegen etwaige Einfalle der Wüstenstämme gesichert zu sein, die Kasbah von Tuggurt und besetzten sie mit 50 Mann einheimischer In- fanterie. Da die östliche Sahara zu den arabischen Gebieten Algeriens

Mitteilungen «na Algerien. 45

gerechnet wird, so ist ihre Verwaltung auch ausschlieislich militärisch und steht unter dem Oberkommandanten von Biskra. Im All- gemeinen sollen in den arabischen Gebieten für die militärischen Macht- haber folgende Grundzüge in der Verwaltung mafegebend sein. Es soll darauf gesehen werden nur solche Reformen in dem socialen Le- ben der Einheimischen anzubahnen, welche keine Verwickelungen oder Schwierigkeiten hervorrufen; die erlangten Positionen zu achten, wenn sie mit den politischen Interessen Frankreichs sich vertragen; die Ord- nung in der muselmännischen Gesellschaft aufrecht zu erhalten, ohne etwas an den Grundsätzen der Hierarchie der Stände zu ändern; der Geistlichkeit gegenüber ein rücksichtsvolles Benehmen zu beobachten und gleichzeitig die den Franzosen feindlichen Fanatiker aus dem öffent- lichen Leben zu entfernen. So weit es sich mit dem Glauben und den Sitten der Einheimischen vereinbaren läfet, ist eine Trennung zwischen den geistliehen Ständen, dem Rechts- und dem Unterrichts wesen zu bewerkstelligen; endlich sollen geeignete Maisregeln ergriffen werden, welche die materiellen Interessen und den Nationalreichthum zu for- dern im Stande sind, hauptsächlich indem bei den Einheimischen der Sinn für die Vortheile und Annehmlichkeiten des Grundbesitzes ge» weckt und dem Handel und der Industrie Erleichterungen im Verkehr und Absatz bereitet werden. Dem Oberkommandanten ist ein Offizier beigegeben, der als Vermittler der Regierung und der einheimischen Bevölkerung an der Spitze des Bureaus für die arabischen Angelegen* heiten steht Der Chef des arabischen Bureaus hat die Aufgabe, die einheimischen Häuptlinge zu überwachen, Rechtsfälle und Händel sowohl der Einheimischen unter sich, als auch zwischen Einheimischen und Europäern, so weit sie in seiner Competenz liegen, zu schlichten. Sind dieselben wichtiger Art, oder liegt ein Verbrechen vor, so hat er zunächst den Oberkommandanten davon in Kenntnifs zu setzen, die Voruntersuchung zu fuhren und im letzteren Falle die Sache dem Kriegs- gericht zu übergeben. Er muls ferner die Märkte besuchen, statistische Berichte sammeln, sich eine genaue Kenntnifs der bei den Einheimi- schen zu Recht bestehenden Gebräuche und Gesetze verschaffen, end- lich die von der Regierung verlassenen Anordnungen und Befehle in das Arabische übertragen und der Bevölkerung verkündigen oder zur Ausführung bringen lassen. Eine so umfassende Thätigkeit erfordert natürlich eine vielseitige und auch wissenschaftliche Bildung, die voll- ständige Kenntnifs der Landessprache, Geistesgegenwart, Muth, Ent- schlossenheit und ein würdevolles Benehmen. Die in neuester Zeit durch die deutsche Fresse ausgedrückten Wünsche einer Beseitigung der arabischen Bureaus in Algerien sind mit Recht aus der Ueber« zeogung hervorgegangen, dafe die französische Regierung in der Wahl

46 L. Buvry:

derartiger Beamten nicht immer vorsichtig genug zu Werke gegangen ist Es sei mir an dieser Stelle gestattet, auch mein auf eigene An- schauung gestutztes Urtheil abzugeben.

Während in den Divisionen das arabische Bureau aus einem Ka- pitän, einem Lieutenant, zweien Unter -Lieutenants und einem Dolmet- scher zusammengesetzt ist, besteht in den Kreisen, also in den eigent- lichen arabischen Gebieten das Personal aus einem Kapitfin oder Lieute- nant, einem oder zwei Unter -Lieutenants und einem Dolmetscher. Die Vorsteher oder Chefe der arabischen Bureaus werden aus der stehen- den Armee meist auf ihren Wunsch zu diesem Posten versetzt und sind meistens junge Leute. Sie sehen sich auf einmal über mehrere tausend Seelen eines ihnen völlig fremden Volkes gesetzt, dessen In- stitutionen, Sitten und Sprache ihnen durchaus unbekannt sind.

Bei der ausgebreiteten Thätigkeit, welche der neue Wirkungskreis erfordert, sehen sie sich genöthigt die ihnen zukommenden Geschäfte unter das übrige Personal zu vertheilen, und die Unkenntnis der Landessprache giebt sie vollständig in die Hände des Dolmetschers. Mehrtägige Reisen in Gebiete, wo ihre Anwesenheit erfordert wird, entziehen sie wiederholt ihren Bureaugeschäften und nöthigen sie, die laufenden Geschäfte den noch jüngeren Beamten zu übertragen. Die grofse Jugend dieser Inhaber der höchsten Macht ist für die unterge- benen Einheimischen eben nicht Vertrauen erweckend, denn sie ist die Veranlassung zu Leichtfertigkeiten und Ausschweifungen aller Art, welche selbst in das Familienleben der Einheimischen übergreifen and Zerwürfnisse der ärgsten Art im Gefolge haben. Gold öffnet auch hier das Zelt oder das Haus und wer wagte wohl dem allmächtigen Kapitän etwas abzuschlagen!

Fragt man nun, auf welche Weise Recht und Gesetz in diesen Gebieten gehandhabt wird, so müssen wir bemerken, dafs in erster Reihe das Kriegsrecht gilt, d. h. das Recht des Stärkeren gegen den Schwächeren, andererseits ein eigentliches Gesetz gar nicht existirt, sondern es dem Chef des arabischen Bureaus überlassen bleibt, bei Vergehen die Höhe der Strafen je nach seinem Belieben in Geld-, Frei* heits- und Leibesstrafen zu bemessen. Am betrübendsten hierbei ist jedoch die Bevorzugung der reichen Klasse vor der armen. Einhei- mische hochgestellte Beamte, welche sich die nichtswürdigsten Erpres- sungen zu Schulden kommen lassen, zahlen an die Kasse des arabi- schen Bureaus eine Geldstrafe und kehren wieder zu ihren Functionen zurück, um das erlegte Sündengeld von ihren Pflegebefohlenen durch erhöhte Steuern und Abgaben wieder einzutreiben. Ebenso wohlfeilen Kaufes gehen die wohlhabenden Falschmünzer, Diebe und Betrüger aus. Was geschieht dagegen mit den anderen, die nicht die Mittel be-

Mittheilxmgen ms Algerien. 47

ritzen rieh abzufinden? Sie werden körperlicher Züchtigung unterwor- fen, ungeachtet nach französischem Gesetz die Körperstrafe abgeschafft ist, und in die Silo's , das heilst ungefähr 20 Fufs tiefe Löcher in der Erde geworfen, die oben durch eine hölzerne Klappe verschlossen sind und in welche kein Strahl des Tageslichtes fallt. Hier können die Unglücklichen von dem Kapitän drei Tage festgehalten werden und erbalten oftmals weder Brod noch Wasser. Man mufs die Qualen eines solchen Unglücklichen in der Erde mit angesehen haben, um sich von der Scheußlichkeit der Strafe einen Begriff machen zu können. Wer nun weife, wie es mit der Kontrolle über die beim arabischen Bureau eingegangenen Strafgelder aussieht, der begreift auch, wie gewissenhaft ein solcher Chef bei Ansetzung der Freiheitsstrafen zu Werke geht. Es existiren zwar in den arabischen Gebieten Verordnungen in Betreff der Ausübung der Rechtspflege, jedoch ist hierbei zu bemerken, dafs der Kadi, welcher den Sitzungen des arabischen Bureaus beiwohnen und Recht sprechen soll, obgleich mohammedanischen Glaubens, ein franzosischer Beamter ist, dem weit mehr an der Gunst seines Vorge- setzten, als an der des gemeinen Mannes gelegen sein mufs. Auch bei diesem Richter wird also selten ein geneigtes Ohr für die Beschwer» den des niederen Mannes zu finden sein.

Man wird hiergegen vielleicht einwenden, dafs gesetzlich dem ver- anheilten Eingeborenen die Berufung an ein arabisches Bureau erstet Klasse, an den Oberkommandanten der Subdivision, ja in letzter In- stanz an den Divisionsgeneral selbst offen steht. Dieses Alles ändert in der Sache nichts. Vorausgesetzt, dafs ein zu einer Geldstrafe ver- urtheiher Einheimischer das angedeutete Rechtsmittel wirklich ergriffe, so wurde eine solche Appellation durch das arabische Bureau gehen müssen und von diesem schwerlich an den Ort seiner Bestimmung beför- dert werden. Erhalt nun durch Zufall der Oberkommandant oder Ge- neral dennoch von der Angelegenheit oder von irgend einem Akte ro- her Barbarei, dessen sich der Chef schuldig gemacht hat, Kenntnifs, so verlangt er von demselben Chef darüber Auskunft. Dieser hat dann nichts Eiligeres zu thun, als das Schwierige und Gefahrvolle seiner Lege, die Unzulänglichkeit seiner Mittel sein Ansehen aufrecht zu er- halten und den schlechten Charakter seiner Untergebenen zu schildern and endigt seine Rechtfertigung mit der Drohung, dafs, wenn man ihn nicht nachdrücklich handeln lasse, er für die Ruhe in seinem Gebiete nicht einstehen könne. Der General, welcher die Angelegenheiten nicht weiter untersucht und keinen Grund hat dem Offizier zu miistrauen, ehrt dessen Beweggründe und giebt ihm Recht. Was ist die Folge davon? Der Unglückliche, der es gewagt hat Gerechtigkeit zu bean- spruchen, wird in eine noch höhere Strafe genommen und die Kunde

48 L- Buvry.

davon wirkt bei seinen Genossen und Freunden so mächtig, dafe fax lange Zeit es Niemand mehr wagt, die höhere Instanz anzurufen. FaJst man nun schliefslich die Ursachen einer so mangelhaften Verwaltung zusammen, so liegen sie wesentlich in der Jugend und Unerfahrenheit der Chefs, welche, wenn sie aus den Regimentern auf diesen Posten berufen werden, Gerechtigkeit üben sollen, ohne die Gesetze zu ken- nen, die Finanzen verwalten sollen, ohne irgend eine moralische und materielle Gewähr zu bieten, und wenn sie endlich mit ihrem Amte vertraut geworden sind, zu den Regimentern zurückkehren. Hieraus ergiebt sich von selbst, weshalb die arabischen Gebiete der französi- schen Regierung nichts eintragen, während die Verwaltungsbeamten meist in sehr glänzenden Verhältnissen ihre Stellen verlassen. Ein Finanzsystem, welches nicht kontrolHrt wird, sondern nur auf dem gu- ten Willen und der Rechtlichkeit der Beamten ruht, zerfallt, wenn man an der Gewissenhaftigkeit auch nur eines Beamten zu zweifeln Veran- lassung hat.

Natürlich fehlt es der Militärbehörde nicht an Gründen solche Ue- belatände in den arabischen Gebieten Algeriens zu rechtfertigen. Vor Allem bezieht sie sich auf die feindselige Stimmung der einheimischen Bevölkerung, dann für den Fall, dafs eine bürgerliehe Verwaltung ein- gesetzt werden sollte, auf die unzulängliche Anzahl von Personen, welche die arabische Sprache verstehen und zu Beamten sich eignen, oder darauf, dafs dem Charakter der Einheimischen gemäfe die Ver- ordnungen ohne Unterstützung der Armee sich keine Geltung wurden verschaffen können, oder endlich auf den geringen Kostenaufwand, wel- chen die jetzige Verwaltung in Anspruch nimmt, da er nach dem Bud- get sich nur auf 150,000 Francs jährlich beläuft.

Es würde uns zu weit fuhren, nachzuweisen, wie wenig stichhal- tig alle drei Argumente sind. So viel wird jedoch Jeder aus dieser kurzen Schilderung der arabischen Bureaus entnommen haben, dafe sie unseren Begriffen von Recht und Gesetz nicht entsprechen und dafe es eine wahrhafte Wohlthat für Algerien wäre, das Land je eher je lieber von ihnen zu befreien. Natürlich ist daran nicht zu denken, wenn ein Kriegsminister die Leitung der Angelegenheiten in seiner Hand hat, der ein Anhänger der Militärherrschaft in Algerien ist. Ich kehre nun zu meiner durch diese kurze Abschweifung unterbroche- nen Darstellung zurück.

Während der dem arabischen Bureau beigeordnete Kadi im Solde der französischen Regierung steht, erheben die unter den Stamxnge* nossen wohnenden ihre Gebühren von den verschiedenen Amtsverrich- tungen, zu denen sie zugezogen werden. Bevor sie zu dem Richter- amte zugelassen werden, müssen sie ein Zeugnifs ihrer Befähigung von

Mittheilungen ans Algerien. 49

dem hohen Gerichtshöfe (Midjele's) zu Constantine beibringen. Auf den Märkten ist der Kadi stets anwesend und ein Zelt ist ihm dort neben dem des Kaid eingeräumt. Seine Urteilssprüche, so fern sie auf Gefangnifs und härtere Strafen lauten, bedürfen jedoch der Bestä- tigung eines von der Regierung eingesetzten Kadi.

In der Verwaltung des in Rede stehenden Gebietes steht dem Ober- kommandanten von Biskra die Djema, ein Rath einheimischer durch ihre Vermögensverhältnisse, Stellung und Abkunft angesehener und ein- fiuüsreicher Männer, zur Seite. Die Djemä zu Biskra besteht aus dem Scheich el Ar ab, den Kadis, den Kaids und einigen Tolbas (Gelehr- ten). Sie bildet die obere Verwaltungsbehörde der östlichen Sa- hara und von ihr sind die Scheichs und der Ukil bit el Ma (Fiskal- beamte) abhängig.

An der Spitze dieser einheimischen Hierarchie steht der Scheich el Ar ab, welcher durch das Ministerium ernannt wird, in Kriegszei- ten nach Vorschrift des Oberkommandanten an der Spitze des Gums (einheimischer Reiterei) zu Felde zieht, in Friedenszeiten aber die Kaids und Scheichs überwacht und den Eingang der Steuern, sowie deren Vertheüung besorgt. Der Scheich el Arab und die Kaids bilden den Makhzen und stehen im Solde der französischen Regierung, ebenso auch noch die über volkreiche Stämme gesetzten Scheichs. Hiervon ausgeschlossen ist der Scheich des Duar, welcher auch nicht mehr zum Makhzen gehört. Eine Berufung gegen die Beschlüsse der oberen Ver- waltungsbehörde an den Oberkommandanten von Batna steht den Ein- heimischen frei. Der Kaid wird auf Vorschlag des Oberkommandan- ten von Biskra durch den kommandirenden General von Batna ernannt. Er beaufsichtigt speciell die Scheichs der Duare, erhebt Steuern und Strafgelder und liefert solche an das arabische Bureau ab, hebt die Militärpflichtigen aus und wacht überhaupt über die Wohlthat der sei- ner Obhut anvertrauten Stämme. Als Zeichen seiner Würde erhält er von dem Oberkommandanten von Biskra einen rothen reich mit Gold gestickten Tuchbernus. Die Gebühren oder Hak el Bernus, welche bei dieser Gelegenheit von dem Einzukleidenden erlegt werden muCs- ten, sind seit dem Jahre 1850 aufgehoben worden.

Was nun die Abgaben anbelangt, welche die französische Re- gierung von der Bevölkerung der östlichen Sahara erhebt, so sind diese noch dieselben wie zu den Zeiten der Herrschaft der Türken und Abd- el- Kader's. Was hierbei vielleicht noch bemerkt zu werden verdient, möchte die zweck- und gleichmäßigere Vertheüung derselben sein. Bei Gelegenheit meiner Mittheilungen über den Djebel Sabari (Bd. III, S. 47 dieser Zeitschrift) habe ich die Natur und Höhe derselben für alle drei Provinzen angeführt.

Xtitachr. L allg. Brdk. Nene Fol««. Bd. VUI. 4

50 L. Buvry:

Sie werden alle von den Landeserzeugnissen entrichtet und be- stehen für unser Gebiet:

1) in dem A schür oder Zehnten der Cerealienernte, der aber jetzt nicht mehr in Natur eingeliefert, sondern in Geld entrichtet wird;

2) dem Ho kor, einer Geldabgabe oder Pacht, die sich nach der Ausdehnung der bebauten Ländereien und der Grofse der Heer- den richtet;

3) der Lezma oder der Steuer von 40 Cent (= 3 Sgr. 4 Pf preufs.) auf je einen Stamm der Dattelpalmen.

Im Jahre 1854 ergab die Steuererhebung in den arabischen Ge- bieten der Provinz Constantine das nachstehende Resultat:

Aschur 1,102,823 Francs,

Hokor 899,810 -

Lezma 1^84,369 ^

in Summa 3,687,002 Francs.

Dem Aschur liegt das arabische AckermaTs Zuidja oder Djebda zu Grunde, d. h. ein Areal Landes, welches mit einem Paar Ochsen bestellt werden kann, also ungefähr 7 bis 10 Hectaren. Für jede Zuidja betrug der jährliche Aschur ehedem eine Saa oder einen Malter Wei- zen und Gerste, oder jetzt in Geld 25 Francs. Der Hokor betragt ebenfalls 25 Francs für jede Zuidja, so dafs unter Hinzurechnung von 5 Francs Gebuhren, welche dem Eaid zufallen, diese Steuern sich auf 55 Francs jährlich belaufen.

Zur Zeit der Steuererhebung erhält der Scheich el Arab von dem Scheich des arabischen Bureau's von Biskra den Auftrag, dieselben ein- zuziehen; derselbe vereinigt die ihm untergebenen Kaids und Scheichs, setzt sie von dem ihm ertheilten Befehle in Eenntnifs und entsendet alsdann die Reiter des Gum in die Duare, Oasen u. s. w., welche über den richtigen Empfang der Steuern Bescheinigungen ausstellen und das Geld dem Scheich el Arab einhändigen. Während dieses Geschäfts hat der Gum Anspruch auf die Verpflegung von Mann und Pferd oder nach arabischer Sprechweise auf die Diffa und Haifa. Der Scheich el Arab bringt die eingegangenen Steuerbeträge dem Chef des arabi- schen Bureau's, dieser beurkundet die Höhe des Betrages, und beide liefern die Summe an die Kasse des Steuereinnehmers zu Constan- tine ab.

Zu diesen von der französischen Regierung durch Decrete fest- gesetzten Abgaben kommen jedoch noch einige willkührliche, welche die Militärherrschaft in den gemischten und arabischen Gebie- ten einzufuhren für gut befunden hat. In erster Reihe erwähnen wir

MittheUungen aas Algerien. 51

den Viehfrohndienst, der nach den Befehlen des arabischen Bu- reaa's in der unumschränkten Requisition von Transportthieren , d. i. Pferden und Maulthieren, besteht, dann die Tuiza oder die Leib- fr ohne, nach welcher den einheimischen hohen Würdenträgern das Recht zusteht, eine beliebige Feldmark durch Eingeborene nach eige- nem Ermessen bestellen zu lassen. Hierher rechnen wir aufserdem die Oers, M'bita und andere Festlichkeiten, endlich die Sedia. Die zuerst genannten dürfen jetzt nur noch mit Genehmigung des Chefs des arabischen Bureau's in Ausfuhrung gebracht werden. Es sind Fest- lichkeiten oder Fantasia's, welche von den einheimischen Häuptlingen veranstaltet werden und bei welchen sie von ihren Gästen eine Steuer bis zu 10 Francs auf je ein Zelt erheben, also für ganz Algerien un- gefähr die Kleinigkeit von 2 3 Millionen Francs. Noch ergiebiger fallt die Sedia oder ein erzwungenes Almosen aus, jedoch kommt das- selbe seltener in Anwendung. Hierbei wird folgendermafsen verfahren. Befindet sich ein Eaid, Scheich oder sonstiger angesehener Würden- träger in Geldverlegenheit, so schickt er zur Zeit der Ernte oder Woll- schur durch seinen Schausch seinen Untergebenen Bettelbriefe und die- ser nimmt dagegen Getreide oder Wolle in Empfang.

Es bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung, dafs dieses ganze System der Steuererhebung in der Weise, wie es jetzt in den gemischten und arabischen Districten Algeriens eingeführt ist, Mifs- bräuchen und Unterschleifen allen möglichen Vorschub leistet. So oft auch die französische Regierung die Ordnung der directen Abgaben in die Hand genommen und Civilbeamte zur Aufstellung eines Katasters in die betreffenden Gebiete gesandt hat, stiefeen dieselben auf unüber- windliche Schwierigkeiten, welche ihnen von militärischer Seite ent- gegengestellt wurden. Wenn man erwägt, dafs von arabischer Seite die Gesammteinnahme der Steuern sich auf 21 Millionen Francs be- lauft, so ergiebt sich daraus, dafs die Kopfsteuer ungefähr 8-J- Francs ausmacht, während in den europäischen Gebieten dieselbe schon jetzt im Durchschnitte 43 Francs beträgt. Ob dieser bedeutende Ausfall den humanen Rücksichten der Militärverwaltung für die eingeborenen Unterthanen oder anderen Ursachen, die wir nicht erörtern wollen, zuzuschreiben ist, lassen wir dahingestellt. Nicht zu entschuldigen aber ist es, wenn eine Regierung, welche sich bei jeder Gelegenheit als Retterin und Befreierin fremder Nationen von dem Joche des Despo- tismus aufwirft, sich in ihren Colonien ganz unerhörte Gewalttätig- keiten und Mifsbräuche bei Erhebung der Steuern, wie die Requisitio- nen und die Leibfrohne, zu Schulden kommen läfst. Wir sind es zur gerechten Würfjgupg und zum Yerständnifs der ganzen Tragweite die- ser für die Eingeborenen so drückenden Einrichtungen der Mitwelt

4*

52 L. Buvry:

schuldig, auch diese Ausgeburten der Militärverwaltung in Algerien an das Licht zu ziehen.

So oft bei einem Garnison Wechsel, bei Dienst- oder Vergnügungs- reisen der Offiziere von der Militärbehörde Personen, Pferde oder Maul- thiere zum Transport ihrer Person und Sachen gebraucht werden, re- quirirt der Chef des arabischen Bureaus bei dem Kaid die nöthigen Saumtbiere. Dieser bedenkt dabei stets die firmere Klasse, und der Reiche geht naturlich immer frei aus. Gebraucht der Eaid zum Trans- port seiner Vorräthe oder für seine Person Lastthiere, so hilft auch hier der Chef aus, indem er den Befehl zur Stellung ertheilt. Am drückendsten aber empfindet der Arme die ihm von dem Eaid aufer- legten aufserordentlichen Requisitionen, um Steine zum Bau eines Hau- ses, Brennmaterial, Wasser u. s. w. für seinen Bedarf herbeizuschaffen. Häufig kommt es sogar vor, dafs dieses Privilegium noch für einige gute Freunde des Kaid nutzbar gemacht wird. Bei den amtlichen Re- quisitionen hat der Betroffene einen gesetzlichen Anspruch von 3 Francs für jedes Thier. Wir wollen nicht weiter untersuchen, ob ihm diesel- ben jedes Mal zu Theil werden und ob der Kaid es nicht oft für gut findet, sich seinen Anthcil zu sichern; das aber steht fest, dafs bei Frohndiensten für den Kaid häufig garnichts yergütigt wird. Unter die BotmäTsigkeit des Kaid gestellt, sieht sich der Betroffene hilflos; sollte er es sich einfallen lassen zu remonstriren , so würde ihm die persönliche Gesinnung des Kaid ohne Frage bei nächster Gelegenheit in empfindlicher Weise fühlbar werden.

Ungeachtet eine Ordonnanz des General -Gouverneurs die Tuiza so zu sagen beseitigt hat, besteht sie noch immer. Auch hiermit wird arger Mifsbrauch getrieben. Erhält z. B. der Kaid die Erlaubnifs Mann- schaften zum Frohndienste auf einige Tage heranzuziehen, so findet er es sehr häufig angemessen, dieselben über diese Zeit hinaus zu be- schäftigen, und begeht damit eine empfindliche Vermogensbeschädigung und einen Kingriff in die persönliche Freiheit dieser Leute, da sie zu dieser Zeit überall gegen Tageslohn Beschäftigung finden oder ihr eige- nes Land bestellen können.

Was die von den einheimischen Würdenträgern veranstalteten Fest- lichkeiten, die Oers und Mbita anbelangt so sind diese Gebräuche jetzt schon einigermafsen gehemmt, da sie von der vorhergegangenen Er- laubnifs des arabischen Bureaus abhängig sind. Für die Häuptlinge sind dieselben nicht drückend, da sie die Aussicht haben bei nächster Gelegenheit auch eine solche Fantasia zu veranstalten und dann als Gastgeber in gleicher Weise Steuern zu erheben. Aber der gemeine Mann mufs geben ohne Aussicht auf Wiedererstattung** da, wenn er

Mittheilungen aus Algerien. 53

auch eine Einladung zu einer Festlichkeit an den hohen Würdenträger abgehen liefee, er versichert sein kann, dafs derselbe nicht erschei- nen wird.

Es ist endlich eine bekannte Thatsache, dafs die Sammlung er« zwungener Almosen oder die Sedia so arg gemifsbraucht worden ist, dafs ganze Stammgenossenschaften , am den ewigen und druckenden Betteleien zu entgehen, es vorgezogen haben auszuwandern.

Wir schliefen diese Bemerkungen, indem wir noch der Steuer- befreiungen gedenken, die gar sehr geeignet sind über die Verkei- lung der Steuern Aufschlufs zu verschaffen. Es ist nämlich ein her- gebrachter Brauch, dafs die einheimischen Würdenträger, die Beamten und Reiter des arabischen Bureaus und überhaupt der Makhzen von ihren Ländereien entweder gar keine oder nur theilweise Steuern zah- len, so daß) auch in dieser Beziehung das arabische Bureau derglei- chen Unregelmässigkeiten sanctionirt und eine Gontrolle unmöglich macht

Wir haben wohl nicht nöthig dem deutschen Leser noch weitere Einsicht in die Yerwaltungsangelegenheiten dieser Gebiete zu verschaf- fen. Das hier gebotene, auf Wahrheit beruhende Material wird hinrei- chen, demselben eine annähernde Vorstellung davon zn geben, und zur Genüge erklären, wie es ungeachtet der vielbesprochenen billigen Ver- waltung bisher nicht möglich war die Einkünfte so zu steigern, dafs sie die Rosten decken. Der augenscheinlichen Unordnung ohne eine gründliche Aenderung des ganzen Verwaltungssystems in den gemisch- ten und arabischen Gebieten Algeriens abzuhelfen, ist eine Sache der Unmöglichkeit und da die Colonie im ausschliefslichen Besitz der Mi- litärhierarchie sich befindet, die Regierung aber, um Weitläufigkeiten aus dem Wege zu gehen, absichtlich die Augen schliefst, so dürften die unglücklichen Bewohner dieser Gebiete noch lange unter dem Joche ihrer Erretter seufzen.

Gedenken wir nun noch schliefslich der geringen Zahl der Euro- päer, welche in der östlichen Sahara und zwar sämmtlich in dem Flecken Biskra ansfifsig sind. Auch sie sind natürlich der Militärbe- hörde untergeordnet und ihre Niederlassung in diesem Gebiete geschieht nur mit Erlaubnifs derselben. Ihre Civilangelegenheiten werden acht militärisch und in kategorischer Kürze durch den Platzkommandanten, hier einen Capitän der Infanterie, auf dem Bureau des Platzes erle- digt. In dieser Eigenschaft schliefst der Offizier die Givilehen, regi- Btrirt die Geburten und Todesfalle, schlichtet Rechtsfälle und Streitig- keiten, verhängt Strafen, kurz er versieht alle den Maires, Präfecten und Regierungscommissarien zustehenden Obliegenheiten. Gegen seine

54 L. Buvry: Mittheilungeo aas Algerien.

Entscheidungen steht den Europäern der Recurs bei dem Friedens- richter oder in neuester Zeit, wenn die betreffende Anordnung wirk- lich durchgeführt ist, dem Regierungscommissarius in Batna offen. Ge- setzt aber auch, der eben erwähnte Strahl des Lichtes wäre in Folge der Anregung des Prinzen Napoleon bis Batna gedrungen, so müssen wir dennoch gestehen, dafs auf eine Bevölkerung von nahezu 2000 Eu- ropäern diese Concession einer freisinnigeren und menschlicheren Ein- richtung sehr dürftig erscheint. Das wissen wir aus Erfahrung, dafs der Einflufs des Friedensrichters oder des neuen Beamten sich höch- stens auf die Bewohner dieser Stadt ausdehnen wird, während der- selbe in das arabische Gebiet von Biskra kaum reichen möchte. Sehen sich also die Europäer von Biskra in die Notwendigkeit versetzt, die Hilfe der in Rede stehenden Beamten zu beanspruchen, so bleibt ihnen nur der Weg nach Batna übrig und aufser der Anstrengung einer vier- tägigen Reise fallen ihnen die Kosten derselben zur Last, ohne der dadurch entstehenden Zeit versau in nifs zu gedenken, welche auf ihre häuslichen Geschäfte sehr nachtheilig einwirkt. Schrecken alle diese Weitläufigkeiten und Beschwerden sie von ihrem einmal gefafeten Entschlüsse nicht ab, so finden sie oftmals dennoch in Batna, da auch in dieser Stadt eine Civilverwaltung nicht besteht, keine Abhilfe und sehen sich genöthigt, da hier aueji nicht einmal ein Notar ansäfsig ist, um ihre Klage bei dem Gerichtshofe von Constantine anhängig zu machen, sich an einen Winkel consulenten zu wenden, welcher für schweres Geld durch seine juristische Unkenntnife die ihm übertrage- nen Rechtsfälle häufig auf das Gewissenloseste verdirbt.

Ich habe mich bemüht den Lesern ein treues Bild der Verwal- tungszustände in der östlichen Sahara Algeriens zu entwerfen, das auch im Allgemeinen auf alle arabischen Gebiete der Regentschaft seine Anwendung findet. Ist dieses Bild fast nur unerfreulich ausge- fallen, so wird auch der aufrichtige Wunsch gerechtfertigt sein, dafs eine gründliche Umgestaltung nicht lange mehr auf sich warten lassen möge. Nur so wird auch Frankreich mitarbeiten an der Aufgabe der europäischen Menschheit, civilisatorisch in die Entwickelung der ande- ren Erdtheile einzugreifen.

55

in.

'üeber den religiösen Glauben und die Ceremonien der heidnischen Samojeden im Kreise Mesen.

Nach dem Russischen ').

Die Samojeden im Kreise Mesen des Gouvernements Archangelsk bilden nur einen kleinen Theil des Samojeden -Volkes. Sind sie die ursprünglichen Bewohner des jetzt von ihnen bewohnten Gebietes zwi- schen den Flüssen Mesen und Kara, oder sind sie eingewandert? Man mufs das Erstere annehmen. Ihre reichhaltige und ausdrucksffihige Sprache ist allen Samojeden gemein: die Samojeden bei Beresow, Ob- dorsk, Tomsk und andere sibirische Samojeden reden dieselbe Sprache, wie die im Gouvernement Archangelsk. Allerdings finden sich in der Sprache der einen wie der andern manche eigentümliche Worte, und man bemerkt auch Verschiedenheiten in der Aussprache eines und des- selben Wortes; aber die Wurzeln der Worte, die grammatischen Flexio- nen und Wendungen haben bei den Samojeden in Sibirien und in Ar- changelsk eine nahe und unverkennbare Uebereinstimmung. Aufserdem gehören alle Samojeden von Archangelsk zu sechs Stämmen; diese heifeen: Tyssyi, Wanoita oder Wanjuta, Lokei oder Loge?, Walel, Wyutschei und Chatansei; zu denselben Stämmen gehören auch die sibirischen Samojeden, welche aufserdem noch einen besonderen Stamm besitzen, die Karatschei. Die heidnischen Samojeden von Archan- gelsk haben noch bis jetzt denselben Aberglauben, der bei den heid- nischen Samojeden in Sibirien bemerkt wird. Jene halten es für un- erlaubt, aus dem Stamme oder Geschlecht des Vaters zu heirathen, und nehmen ein Weib aus dem Stamme der Mutter, wie nah auch die Verwandtschaft der Braut und des Bräutigams sein mag; genau das- selbe gilt von den sibirischen Samojeden. Alle diese Umstände zeigen, dafe alle Stämme der Samojeden, mögen sie diesseits oder jenseits des Ural wohnen, einem und demselben Volke angehören.

') Das Original, eine ausführliche Arbeit über die Samojeden im Kreise Mesen und ihr Land, ist zuerst im XIV. Bande des WjistDik der Kais. Boss. Geographi- tehen Gesellschaft publicirt, dann im 3THOrpa*HieCKiÄ CöopHNK/b Band IV wieder abgedruckt. Verfasser ist der Archünandrit Benjamin von Archangel, unter dessen Anspielen die Bekehrung der Samojeden zum Christentum erfolgte. Wir be- ben ans der umfangreichen Abhandlung den auf den Volksglauben bezüglichen Theil heraus, der eine detaillirte Beschreibung der durch die arktischen Expeditionen der Hollinder schon früh in Europa bekannt gewordenen samojedischen Gfitzenplltze ent- halt und im Uebrigen als Bestätigung und Ergänzung der Berieht« CastrÄi's dienen kann.

56 Ueber den religiösen Glauben und die Cerexnonien

Nach Strahlenberg wohnte dieses Volk im Alterthume am Ufer des Eismeeres nnd wanderte später nach Süden. Fischer, der Ge- schichtschreiber Sibiriens, theilt diese Ansicht nicht; er behauptet im GegentheiL, dafs sie als die ältesten und ursprünglichen Bewohner der mittleren Theile des jetzigen Sibiriens betrachtet werden müssen, weil sie zugleich mit den Ostjaken, Wogulen und Tataren, und früher als alle anderen Volker den Russen bekannt wurden.

Als die Tataren in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts aus dem von ihnen verwüsteten Ungarn nach Nordosten zurückkehrten und durch das Land der Mordwinen und Bulgaren nach dem fernen Nor- den vordrangen, fanden sie die Samojeden nicht am Eismeer, sondern südlicher. Plan de Garpin beschreibt diesen Zug der Tataren: „von hier (Bascart) zogen sie nach Norden und kamen zu den Paro&siten, gingen dann noch weiter und kamen zu den Samojeden, die nur von der Jagd leben und Zelte und Kleider aus Thierfellen bereiten; von hier drangen sie noch weiter, und kamen in ein Land am Ocean, wo sie Ungeheuer fanden. tt Auch jetzt noch wohnen Samojeden am obern Laufe des Jenissei und am Sajanischen Gebirge. Vielleicht haben sich einzelne Stämme derselben in unvordenklicher Zeit nach Norden ge- wendet, und sich zum Theil an den Flüssen Jenissei, Tas und Obi zerstreut, zum Theil sich über den Ural hinaus verbreitet und hier die Tundren zwischen den Flüssen Eara und Mesen in Besitz genommen.

In Sibirien nennen sich die westlichen Samojeden Njänez (Mensch) oder Njänzja (Leute), die östlichen Chasow (Mann) oder Chasowo (Män- ner); und von den Mesen 'sehen Samojeden nennen sich die von Kanin und Timan ebenfalls Njänez oder Njänzja, und die des „Grofsen Lan- des" Ghasow oder Chasowo ' ). Bei den Obischen Ostjaken heifsen sie „Jurgan-jachtf oder Järuncho" ; bei den Tungusen am Jenissei „Djan- dalu; bei den Permjaken und Syrjanen „Jarang"; bei den Wogulen „Jurron-kumtf. Ursprung und Bedeutung des Namens „Samojeden" (russ. Ssamojädy) sind unbekannt. Nach der russischen Sprache sollte man vermuthen, dafs mit diesem Namen Leute bezeichnet würden, die sich selbst verzehrten ; aber keine einzige Nachricht spricht dafür, dafs die Samojeden jemals Menschenfresser gewesen sind. Auch die anderen

') Das Gebiet der Mesen'schen Samojeden zerfällt in diese drei Kreise: die Kanin'sche Tundra, zwischen dem Weiften Meer und der Tscheschkaja- Bucht und südlich bis zum Mesen; östlich davon die Timan'sche Tundra, im N. vom Eismeer, im 0. von der Petschora, im S. von der Zylma, im W. von der Pescha und dem Kanin'schen Gebiet eingefafst ; und endlich die Bolschesemelskaja Tundra, das Grofse Land oder die grofslandische Tundra, zwischen der Petschora und Kara. Die Samo- jeden nennen nach Castren (Reiseerinnerungen S. 184. 185) die Kanin'sche Tundra w8aljtu, was Vorgebirge bedeutet; die Timan'sche nnjudejau (das mittlere Land), und die Bolschesemelsche „aarka jau, wa* ebenfalls das »Grofse Land" bedeutet

der heidnischen Samojeden im Kreiie Mesen. 57

Vermuthungen siod nicht stichhaltig. Fischer leitet das Wort ans der Sprache der Lappen her; denn diese gäben sich selbst den Namen Ssami oder Ssabme, ihrem Lande den Namen Ssamejadna, und da man früher Lappen und Samojeden für ein Volk gehalten, hätten die frem- den Besucher Archangels, unter Verstümmelung des Namens Ssame- jadna in Ssamojad, den letztern auch auf die Nachbarn der Lappen, die Samojeden, ausgedehnt. Es ist indefs nicht einzusehen, weshalb die Russen, wenn sie Lappen und Samojeden für ein Volk hielten, den letzteren einen besonderen Namen beigelegt haben; auch heifst „Land* in der Lappischen Sprache nicht jadna, sondern jednam. Ge- orgi fugt zu dieser Etymologie noch eine andere hinzu aus dem finni- schen Worte ssooma, Sumpf, da in ihrem Lande ausgedehnte Moräste vorhanden wären; aber er erklärt nicht, wie aus ssooma das Wort Ssamojad entstehen konnte. Lehrberg hält das Wort Ssamojad für ein russisches, das verstümmelt sei aus „Ssemgojäd", Lachsesser; aber die Samojeden essen nicht blofs Lachse, sondern auch andere Fische, und Lachse oder überhaupt Fische bilden nicht ihre Hauptnahrung, sondern Fleisch. Der Verfasser der „Reise nach dem Eismeer" pflich- tet anfangs der Etymologie von ssooma bei; später stellt er die Ver- muthung auf, Ssamojad sei eine wörtliche Uebersetzung des einheimi- schen Volksnamens Chosotoo; denn chos bedeute so viel wie das russi- sche ssam, selbst, und owo entspreche dem russischen odtn, einer, Ssamodm oder Ssamjtdm correspondire also dem einheimischen Chosotco, und der Name sei bezeichnend, da die Samojeden nicht in Gesellschaf- ten, sondern vereinzelt lebten. Es springt indefs in die Augen, daft in der russischen Form Ssamojad oder Ssamojad nichts von dem Worte jedin enthalten ist. Jene beiden Formen waren aber früher ausschliess- lich im Gebrauch; die Form Ssamojädin ist neueren Ursprungs. Uebri- gens legten die Russen früher, und noch im XVI. Jahrhundert, den Namen Ssamojad nur den Stämmen bei, die östlich vom Ural am Obi- schen Meerbusen wohnten; die im Mesen'schen Kreise hiefsen nach Tatischtschew Petechoren, und Lehrberg pflichtet dieser Ansicht bei. „Peschtschera," sagt der Letztere, „oder früher Petschera bezeichnet einen unterirdischen Gang (eine Höhle); und in jenem Gebiete giebt es in den Bergen und den angrenzenden Landstrichen viele Höhlen, die einst bewohnt waren, wie es die Oefen, die thönernen, eisernen und kapfernen Gerätschaften und selbst menschliche Knochen bezeu- gen; es ist also sehr wahrscheinlich, dafs, wie das Land und der Haaptflufs, so auch die Bewohner von den Russen nach diesen Höhlen benannt wurden." Auch Herberstein erwähnt Petschora als eine Pro- vinz des Grofsfurstenthums Moskwa, die sich bis an das Eismeer er- strecke. Ist diese Ansicht richtig, so haben die Mesen'schen Samo-

58 Ueber den religiösen Glauben und die Ceremanien

jeden schon im XI. Jahrhundert anter dem Namen Petschoren an Nowgorod Tribut gezahlt.

Im Einzelnen werden die Samojeden nach den Abtheilungen ihres Landes die von Kanin, die von Tiun oder Timan und die Bolschese- melskoi oder die des Grofsen Landes benannt. Die Letzteren zerfallen wieder nach den Gerichtsbezirken, in welchen sie ihren Jassak ent- richten, in die von Pustosersk, von Ishemsk und Ustzelemsk, oder nach ihren Wohnplätzen in die an der Jugorischen Strafse und in die an der Kara. Aufeerdem kommt noch der Name Waldsamojeden vor, für die Samojeden von Ishemsk, weil sie in den Wäldern an der Ussa und ihren Zuflüssen leben.

Das Christenthum hat unter diesen Samojeden erst seit dem Jahre 1825 Verbreitung gefunden. Die Missionäre hatten bei ihrem längeren Aufenthalt unter dem Völkchen Gelegenheit, den heidnischen Glauben desselben genauer kennen zu lernen. Sie fanden, dafs die Samojeden an Gott, an den Teufel, an die Tadepzii oder Geister und an die Chehi ') oder Idole glaubten.

Gott wird von den Samojeden Num genannt *). Sie verehren ihn als das höchste Wesen, welches von Ewigkeit da war, und geben ihm allein den Beinamen Tjawui Num, Höchster Gott*. Sie betrachten Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde und aller Creatoren, glauben, dafe von. ihm Alles was existirt abhängt und dafs er über Alles herrscht, und nennen ihn Iljäwbarte, Lebenspender9). Sie glau- ben, dafs Gott, obgleich er Himmel und Erde besitzt, doch nur im Himmel wohnt, da er als Geber und Urquell alles Guten sich nicht auf der Erde aufhalten kann, wo alles Böse geschieht. Sie bezeigen ihm eine so grofse Verehrung, dafs sie selbst das Wort Num aus re- ligiöser Scheu nur selten und mit grofser Ehrfurcht aussprechen und dafs sie Num nur bei den wichtigsten glücklichen oder unglücklichen Ereignissen anrufen, z. B. bei ungewöhnlichem Jagd gluck, um ihm zu danken (Ar ha Num! Preis sei Gott), oder wenn Jemand aus einem grofsen Unglück errettet wird (Num manaassom, Gott hat mich ange- sehen). Seine Hilfe rufen sie ebenfalls nur bei besonderen Gelegen- heiten an, mit den Worten Numet lad, Gott gebe!

Den Teufel nennen die Samojeden A. Sie halten ihn für den

') Rassisch Xem; Castro nennt sie Hahe.

*) Nicht Numai, wie zuweilen angegeben wird, wahrscheinlich weil man den Vocativ (nutngi) gehört hat Denselben Namen fuhrt die Gottheit anch im Mond* der Samojeden von Obdorok, Narvmsk und Tomsk; bei denen am Ket beifst sie Nom.

a) Von iljäiz Leben oder iljäwe Alter, nnd mbartu, einer der macht (von 6or- gaw ich mache). Castren schreibt Jilibeambaertja oder Jileumbaertje und übersetzt: »Wächter das YiehV.

der heidnischen Samojeden im Kreise Hesen. 59

Bösen und bemühen sich deshalb auf alle Weise ihn günstig zu stim- men, um sich vor Unheil zu bewahren.

Die Tadepzii sind nach samojedischem Glauben von Num er- schaffen; aber, obgleich Num die Herrschaft über sie besitzt, sind sie ihm doch nicht in allen Stücken gehorsam, sondern fugen den Men- schen, seinen Befehlen zuwider, viel Böses zu. Sie werden nicht in gute und böse, sondern in weifse, grüne und schwarze eingetheilt; die ersteren, die höchsten, leben in der Luft, die grünen und schwarzen auf der Erde. Von solchen Tadepzii giebt es eine zahllose Menge.

Die Chehi oder Idole sind theils von Holz, theils von Stein. Jene bestehen meistens aus einem oben kegelförmigen, unten zugespitz- ten hölzernen Klotz mit unförmlicher Darstellung der Augen und des Mundes; die steinernen sind ganz unbearbeitet und haben mit den hölzernen nur durch den kegelförmigen oberen Theil, der nach der Ansicht der Samojeden den Kopf darstellt, einige Aehnlichkeit. Diese Chehi sind theils Volks-, theils Privat -Chehi. Jene sind für das ganze Volk bestimmt und werden an solchen Plätzen, Flüssen und Seen auf- gestellt, wo sich die Samojeden zahlreich zur Jagd, zum Fischfang oder zur Rennthierweide versammeln; die anderen werden von einer einzel- nen Familie an den Punkten aufgestellt, die von ihr jährlich besucht werden. Es giebt auch Haus -Chehi, sowol hölzerne wie steinerne« Diesen zieht man gewöhnlich einen Kaftan von farbigem Tuch an, oder die Maliza von Rennthierfell, das Unterkleid der Samojeden. Man be- wahrt sie außerhalb des Tschum's (der Jurte) auf, auf besonderen SchHttchen, deren Kasten auf sieben Stangen ruhen und deren Kufen sieben Riefen hlben, und bringt sie von Zeit zu Zeit in die Ssinikui, den vorderen Theil des Tschum's. Hier werden ihnen vor dem Essen die Lippen mit Blut oder Fett von Rennthieren beschmiert. Alle diese Götzenbilder werden indefs nur dann als Chehi betrachtet, wenn der Tadibei (Priester) es für den Willen der Tadepzii erklärt hat, die er deswegen befragt. Ist der Tadibei zu weit entfernt, so stellen die Sa- mojeden das Götzenbild auf der Tundra an Fuchsfallen auf oder sie befestigen es bei den Fischfangen an den Netzen, und wenn die Jagd oder die Fischerei glücklich ist, betrachten sie das Götzenbild als Chehe und ehren es mit Opfergaben, während sie im anderen Falle keine Notiz von ihm nehmen und es wegwerfen. Bei der Geburt von Kin- dern werden Idole aufgestellt, welche zum Andenken an die Urgrofs- väter oder Urgrofsmütter verfertigt sind. Unter SsjadeT (von ssja, Berg) ') versteht man solche Idole mit menschlicher Gestalt, die ge-

') Casträn sagt: sie heifsen Sjadaei, weil sie ein menschliches Gesicht (tja) haben.

60 Ueber den religiösen Glauben und die Ceremonien

wohnlich auf hohen Bergen aufgestellt sind; noch häufiger findet man sie an den Fuchsgruben. Wenn kein Wild gefangen wird, wird die- sen Ssjadel auch Nichts geopfert; man prügelt sie vielmehr und wirft sie vom Berge hinunter; denn man hält sie dann nicht für wirkliche Ssjadel. Dergleichen SsjadeT, hölzerne sowol wie steinerne, waren auf der Sjfiwernaja Ssopka nicht weit von Pustosersk in grofser Menge vorhanden; von den Missionären sind seitdem die hölzernen verbrannt und die steinernen zerschlagen worden.

Zu den heidnischen Gebräuchen der Samojeden gehört die Ssam- badawa oder das Geisterbannen. Es geht dabei folgendermafsen zu. Am Abend vor der Ausfuhrung der Ssambadawa schlägt der Tadibei in dem Tschum, in welchem die Ceremonie stattfinden soll, einigemal den Penser eine Art Trommel ') mit einem Schlägel, auf dessen Griff ein Götzengesicht eingeschnitzt und der mit Renntbierhaut über- zogen ist. Dieses Trommeln kundigt den Samojeden an, dafs früh am folgenden Tage in dem Tschum, aus dem die Töne sich vernehmen liefsen, eine Ssambadawa stattfinden wird. Früh Morgens versammelt sich das Volk von allen benachbarten Jurten. Die Männer setzen sich zur Rechten, die Weiber zur Linken des Tschum's. Der Tadibei legt sein Priesterkleid an, welches unter dem Gesänge der dazu bestimmten samojedischen Lieder aus sämischem Leder oder gegerbter Rennthier- haut in Form eines langen Eaftans ohne Vorderstücke zusammengenäht und mit Quasten, Blechstückchen, Knöpf chen und anderen Anhängseln ausgeputzt ist. Den Kopf bedeckt er mit der Mutze, der sogenannten Ssewbopz (Scheuklappe) '); diese Mutze ist in den Augen der Samo- jeden das wichtigste Attribut des Tadibei; der Tadibei,** der seine Mütze verloren hat, mufs nach der Voiksmeinung mit seinem Kopfe dafür den Tadepzii böTsen. So gekleidet, mit der Trommel und dem Schlä- gel (Laduranz) in der Hand, wirft sich der Tadibei zur Erde und wen- det sich damit an die Tadepzii, dafs sie auf seine Einladung hören,

1 ) Der Penser ist siebformig. Er wird von dem Tadibei selbst angefertigt. Eine Fläche und die Seiten sind mit der Haut eines von dem Tadibei selbst ge- testeten Rennthierkalbes tiberzogen. Im Innern hat der Penser in der Mitte einen Qnerstab, von dem ein «weiter rechtwinklig nach der Seite abgeht Diese Quer. stäbe dienen dazu, das Instrument zu halten. In beide Stäbe sind sieben Götzen- gesichter einge8chnitzt, die Zahl sieben ist bei den Samojeden heilig.

a) Diese Mutze besteht nämlich nur aas einem Stück rothen Tuches oder eines anderen Stoffe*, 8 Werschok lang und b Werschok breit, an dessen oberen Band die Enden eines schmalen Streifens von demselben Stoff angenäht sind, so dafs dieser Streifen einen Ring bildet; daran wird noch ein anderer schmaler Streifen befestigt. Diese Streifen und das Tuch sind an den Rändern und in der Mitte mit Garn durch* näht; unten werden an den Tuchlappen Blechstücke, Knöpfe, Bärenknochen und andere Zierrathen befestigt. Die Mutze wird nur durch den ringförmigen Streifen auf dem Kopfe festgehalten, dergestalt, dafs das Stück Tuch herabhängt and das Gesicht bedeckt

der heidnischen Samojeden im Kreise Mesen. 61

ihm erscheinen und seine Bitte erfüllen mögen. Dann beginnt die eigentliche Ssambadawa: er schlagt die Trommel erst leise und er- wärmt das Fell über dem in der Mitte des Tschum's angezündeten Feuer, damit es straffer und volltönender wird, dann verstärkt er die Schläge and macht zuletzt einen durchdringenden Lärm. Bei dem Be ginn der Ssambadawa rufen die Samojeden, die ihre Stimmen mit dem Trommelschall rereinigen, anfangs leise, dann laut: goi, goi, goi! und geben dadurch ihren Wunsch zu erkennen, dafs die Tadepzii die Bitte des sie citirenden Tadibei erhören und erfüllen möchten. Der letz* tere spricht seine Einladung mit andächtigem Flüstern, und wenn die Tadepzii ihm angeblich erschienen sind, bittet er sie entweder um die Heilung einer schweren Krankheit, oder um die Fernhaltung der Wölfe von den Rennthierheerden, oder um gluckliche Jagd, um die Abwen- dung eines Unglücks u. s. f. Zeigen sich die Tadepzii nicht geneigt, so wiederholt er seine Bitte und sucht sie durch das Versprechen einer Opfergabe gunstiger zu stimmen. Uebrigens behandelt er sie durch- aus nicht mit Devotion, sondern mit einer gewissen Würde, und nennt sie »ja, Collegen; ein dreister Umgang mit den Tadepzii hebt den Priester in den Augen des rohen Volkes. Sobald der Tadibei die Ta- depzii sieht, tbeilt er den Zuhörern die Erscheinung derselben mit den Worten mit: njass to> „die Collegen sind da"; bittet er sie um Hilfe für einen Biranken, so wendet er sich an sie mit den Worten: njawei nja dadi, „helft, Collegen!" Während dessen verwundet sich der Ta- dibei an verschiedenen Theilen seines Körpers mit einem Messer oder einem spitzigen Instrument, oder er stöfst sich den Ladestock einer Flinte in den Leib, oder er zeigt an seinen beiden Seiten einen Rie- men, den er sich angeblich durch den Leib gezogen hat. Endlich ver- kündigt er, in grofser Erschöpfung und mit angestrengter Stimme, den Zuhörern die Entscheidung der Tadepzii. Das ganze Gaukelspiel dauert zwei bis drei Stunden.

Wenn der Tadibei in Folge der Messerstiche keinen Schmerz em- pfindet and sich kein Blut zeigt, so gilt dieses für eine gute Vorbe- deutung. Stellt sich dagegen von den angeblichen Verwundungen ein Schmerz ein, der natürlich bald vorübergeht und von den Tadepzii sofort gehoben wird, und zeigt sich Blut, so bedeutet dieses nach Ansicht der Samojeden Böses. Zum Dank für den erstem Fall, und zur Abwendung von Unheil für den letztern, ordnen die Tadepzii am Schlüsse der Ssambadawa an, entweder dem Num, oder dem Teufel, oder ihnen selbst, oder den Idolen ein Opfer zu bringen. In Folge dessen giebt es bei den Samojeden verschiedene Opferfeierlichkeiten.

Dem Num opfern sie gewöhnlich auf den höchsten Bergen ein weifses Rennthier. Sie erwürgen dasselbe und stellen es dabei mit

62 Ueber den religiösen (Hauben und die Ceremonien

dem Kopfe nach Osten. In dem Moment, wo das Opferthier durch eine über seinen Hals geworfene Schlinge erdrosselt wird, ergreift der Tadibei es bei dem linken Hinterfufe und ruft mit lauter Stimme: Afe- mci, H tjuakr, lemja Njand totca chapad! (Gott, wir bringen dir ein Rennthier; hier, dies gehört dir, nimm es!), und gleichzeitig wird dem Thiere ein schmales Messer in's Herz gestofsen, um die Seele aufzu- fangen, ehe sie ausgehaucht wird. Denn die Seele ist nach Ansicht der Samojeden der Hauptbestandteil des Opfers. Das Fleisch des Rennthiers wird dann roh verzehrt, den Kopf aber und die Knochen legt man auf ein hohes Gerüst, und zwar den erstem, nachdem man ihn dergestalt auf einen Pfahl gesteckt hat, dafs die Schnauze nach Osten gekehrt ist. Auch die bei dem Opfer Anwesenden wenden sich in höchster Ehrfurcht nach Osten und verneigen wiederholt das Haupt, denn sie glauben, dafe Num dann vom Himmel herabsteigt , um sein Opfer in Empfang zu nehmen.

Dem Teufel opfern die Samojeden entweder ein Rennthier oder einen Hund. Auch diese Opfer werden erdrosselt, aber immer bei Sonnenuntergang; auch stellt man sie mit dem Kopf nie nach Osten, sondern stets nach Westen. Das Opfer wird gewöhnlich hinter der Jurte dargebracht, in welcher die Geisterbeschwörung stattgefunden hat, gegenüber dem Kopfe des in der Jurte liegenden Kranken; man glaubt n&mlich, dafs der Teufel, durch den Kopf des Rennthiers oder Hundes befriedigt, den Kranken in Ruhe lassen werde. Wenn das Thier erwürgt wird, ruft der Tadibei den Teufel an: Au> wetsakov tjukor chanow, jewuly etwa tass chalad, muilad! (Alter Satan, hier, dies ist dein, nimm es anstatt des Kopfes, heile die Krankheit!). Darauf ifst man das rohe Fleisch des Rennthiers, und stellt seinen Kopf bei den nächsten Idolen auf eine Stange, mit der Schnauze immer nach Westen, nicht nach Osten, wohin die Gesichter der Idole gerichtet sind. Bei einem dem Teufel dargebrachten Opfer verneigen die Samojeden ihr Haupt nicht. Die beiden erwähnten Opfer können übrigens nur durch einen Tadibei dargebracht werden.

Den Tadepzii opfern die Samojeden entweder Rennthiere oder Hunde, und benehmen sich dabei genau so, wie bei einem dem Teufel dargebrachten Opfer, mit dem einzigen Unterschiede, dafs der Tadibei oder der Herr des Opfers die folgenden Worte ausspricht: meda dad, ssidnajeda! (Nehmt, und erhaltet uns!).

Den Chehi werden ebenfalls Rennthiere oder Hunde, einigen weib- lichen Idolen auch Kater oder Hengste geopfert; die letzteren Thiere verschaffen sich die Samojeden von den Russen durch Kauf. Bei Er- drosselung dieser Opferthiere spricht man kein Wort; auch verneigt man sich vor den Chehi nicht ; der Tadibei oder der Herr des Opfer-

der Mdniflcben Samojeden im Kreise Mesen. 63

thieres beschmiert den Mond der Ghehi mit dem Blut und Fett des Opfers und spricht zu ihnen: orgadal esset! Darauf giebt derjenige, der das Rennthier oder den Hund geopfert hat, seinen nächsten An- verwandten den Kopf des Thieres und diese verzehren alles Fleisch an demselben; den abgenagten Kopf steckt der Tadibei' oder der Haus- herr auf eine Stange und stellt sie dem Idol gegenüber auf, dem das Opfer gegolten hat, mit den Worten: njuton ssyr nimuMM, wörtlich: „sieh nicht auf mich!" d. h. nach der Erklärung der Priester: nimm keine Rücksicht darauf, dafs ich dir ein kleines Opfer darbringe, zürne mir deswegen nicht, fordere nicht mehr von mir und fuge mir nichts Schlimmes zu! Nach Beendigung des Opfers setzen sich die Anwe- senden zum Essen nieder und verzehren alles Fleisch des geopferten Resnthieres roh.

Die Samojeden verehren außerdem als niedere Gottheiten die Sonne, den Mond, die Sterne, die Wolken und die Erde; aber sie bringen ih- nen kein Opfer und haben auch in Bezug auf sie keine besonderen Ceremonien. Nur bei der Heilung von Kranken vermittelst der Geister- beschwörung ruft der Tadibei auch diese Gottheiten zu Hilfe: Chajar ipasgoie, prii prikow, numgy njawei dad tir meda ssite njagedi dad $qa- gada eajandi! (Mutter Sonne, Grofsvater Mond, Brüder Sterne und Wol- ken, nehmt euch seiner an und habt Mitleid mit seiner Krankheit!) Zu Grofsmütterchen Erde betet er so: Ja chadakow jedirad jeajäta nja- dand! (Grolsmutter Erde, erlöse den Kranken!). #

Obgleich die Mesen'schen Samojeden zur Ausübung ihrer heidni- schen Gebrauche und zu den Opfern weder Gotteshäuser noch sonst bestimmte Gebetsplätze besitzen, suchen sie doch zu den Opfern immer offene, freie Plätze ans. Zur Aufstellung der Idole und zum Opfern wählen sie entweder zugängliche Gipfel hervorragender Berge, die von fern sichtbar sind und oben eine Fläche haben, oder das Ufer bekann- ter Flüsse und Seen, oder Districte, die reich an Wild oder Rennthier- moos sind, Districte, in welchen die Samojeden sich zahlreich zu- sammen zu finden pflegen. Von solchen Plätzen sind besonders zwei erwähnenswerth : einer auf der Tundra des „Grofeen Landes", der an* dere in dem jungen Walde Kosmina im Kanin'schen Lande.

In der Tundra des „Grofsen Landes", auf der Insel Waigatsch, lag der älteste und vor allen anderen besonders verehrte heilige Ort der Samojeden. Hier opferten sie mehr Rennthiere als an allen an- deren Orten: selbst aus dem Gouvernement Tobolsk pflegten viele Sa- mojeden hierher zu reisen. Sie verehrten auf Waigatsch vor Alters vorzuglich zwei Idole, ein männliches auf der Südspitze der Insel, und ein weibliches auf der Nordspitze.

Auf dem Südende von Waigatsch, das mit hohen senkrechten Fels-

64 üeber den religiösen Glauben und die Ceremonkn

wänden in*s Eismeer abfällt, fuhrt das nordwestliche Vorgebirge in Folge der grofsen Menge der darauf befindlichen Idole bei den Rossen den Namen Bolwanski, das Vorgebirge der Götzenbilder. Hier war der Standpunkt des Hauptidols, das von den Samojeden Wessako (der Alte) genannt wurde. Das Idol war von Holz, dreikantig, dünjt, sehr alt, etwa 2 Arschin hoch ; sein oberer Theil hatte sieben Gesichter, die, eines über dem andern, anf den beiden vorderen schrägen Seiten fol- gendermafsen eingeschnitten waren. In der Mitte, auf der Kante, wa- ren Mund und Nase ausgeschnitten, daneben auf den Seitenflächen und über die ganze Breite derselben die Backen; über der Nase waren, ebenfalls über die ganze Breite der Seitenflächen, zwei Striche gezogen, um die Augen anzudeuten; auf den Seiten befanden sich zwei Schräm* men, zur Bezeichnung der Rippen. Der untere Theil des Idols bestand einfach aus den drei Seiten, er war zugespitzt und steckte in der Erde. Das Idol stellte den Teufel dar, wie sich aus der an dasselbe gerich- teten Anrede: Aw Wessakow (Alter Satan) ergiebt. Aufser der eigen- tümlichen Lage gaben diesem Idol noch folgende Umstände eine be- sondere Wichtigkeit. Südlich von ihm standen in einem Halbkreise und in mehreren Reihen 420 hölzerne Idole, die ebenfalls in der Erde befestigt waren; darunter waren 20 gröfser als die andern, 1 bis 1} Arschin hoch, der untere Theil und die Köpfe an ihnen waren dünn, der mittlere Theil der dickste. Bei allen diesen Idolen war der Kopf nicht sund, sondern auf je zwei Seiten und nach oben mit einem spitzen Ende ausgeführt. In der Mitte waren wieder Mund und Nase, auf den Seiten die Augen eingeschnitzt. In der Mitte des Leibes war bei eini- gen zur Bezeichnung des NabiU ein eiserner Nagel eingeschlagen. Die übrigen 400 Idole waren nur einen Fufs hoch oder noch kleiner; die Köpfe bei allen zweiseitig und spitzzulaufend, wie bei den ersten 20; die Mitte war bei allen bauchig, das untere Ende zugespitzt und in die Erde gesteckt. Nördlich von dem Idol Wessako lagen in einem etwa 1 1 Fufs langen , 7 Fufe breiten und eben so hohen Haufen die Köpfe der hier geopferten Renthiere, die sehr dicht nebeneinander ge- legt waren; daraus ragte eine Menge Geweihe hervor; ringsumher la- gen auf der Erde 30 Schädel von weifsen Bären. Um diesen Haufen auf den Geweihen fanden sich als Anhängsel 22 kleine Aexte, die so verrostet waren, dafs man mit einem Steine das Eisen zerschlagen konnte und bei vielen die Rücken von den Schneiden abgefallen wa- ren ; ferner Knöpfe, eiserne Nägel, verschiedenfarbige Tuchlappen, und einige Henkel von kupfernen Kesseln '). Etwa 50 Sashen von dem

1 ) Die erste Nachricht von diesem grofsen Götzenplatz, der den Rassen aller- dings schon früher bekannt war, brachte die hollindische Expedition von 1594, an

der heidnischen Samojeden im Kreise Meten. 65

Haufen Rennthierköpfe entfernt standen auf der Erde, auf einer Stelle vereinigt, 20 Steinidole, ganz unbearbeitete Kalksteine mit einem spitzzulanfenden oberen Ende, welches den Kopf des Idols darstellte. Hier fanden sich weder Rennthierköpfe, noch angehängte Opfergaben; man kann also, wie es scheint, annehmen, dais diese steinernen, wie jene hölzernen Idole gewissermafeen nur das Gefolge des Haaptidols Wessako bildeten. Endlich ist noch am Ende des Götzen -Vorgebir- ges eine grobe, lange und hohe Höhle zu erwähnen; von ihrem Ende zieht sich an die Oberfläche des Vorgebirges eine längliche Oeffnung von etwa 6 Sashen im Umfang. Nicht ohne Grauen kann man in die- sen dunkeln Schlund hinabsehen: die hohen Felswände fallen senk- recht über 100 Fnfs tief ins Wasser ab. Das Heulen und dumpfe To- sen, das sich bei heftigen Winden in der Höhle vernehmen läfst, flöfste den Samojeden abergläubische Furcht und eine besondere Verehrung Tor dem wunderbaren Felsen ein; vor ihrer Bekehrung zum Christen- thum verrichteten sie vor dieser Grotte ihre Andacht. In alter Zeit stürzten sie ihre zum Opfer bestimmten Rennthiere in diese Höhle hinab; später opferten sie dieselben vor dem Wessako; nirgends auf den sa- mojedischen Tundren hat man so viel Köpfe geopferter Rennthiere ge- funden, wie vor diesem Idole. Es ist bei den Samojeden religiöse Satzung, dafe keiner von ihnen nach Waigatsch geht, ohne den Idolen zu opfern, die sich auf dem Festlande, Waigatsch gegenüber, an der Jugorischen Strafse befinden, und nach der Ankunft auf der Insel bringt jeder Samojede unverzüglich dem Wessako selbst sein Opfer dar, da- mit dieser ihm verstatte, die Seethiere zu jagen, und damit er ihm eine glückliche Jagd verleihe. In der Nähe des Wessako darf man nicht blo& nichts Anstößiges thun: es gilt sogar für unerlaubt, irgend ein Pflänzchen abzupflücken; denn man meint, dafe Wessako dafür ein Unglück zur Strafe sende. Bei der Abfahrt von Waigatsch bringt Je- der von Neuem dem Wessako ein Opfer dar, als Dank für die Jagd und um eine glückliche Fahrt über die Jugorische Strafse zu erhalten. Deshalb heilst Waigatsch bei den Samojeden, im Kanin'schen Chehja, im Dialect des „Grofsen Landes*4 Cheheja, heiliges Land, oder Cheheo, heilige Insel.

der W. Barentz Theil nahm, nach dem westlichen Europa. „Sie waren,* sagt Joh. Beinb. Fonter (Geschichte der Entdeckungen and Schifffahrten im Korden S. 474), „zwischen der Insel Waijats und der südlichen Insel durchgefahren und suchten hier- auf auch nördlich der Insel eine Durchfahrt. Sie fanden ein Land, so sie fiir eine Insel hielten, und auf demselben Über 3 bis 400 Götzenbilder. Einige waren männ- lich, andere weiblich, andere stellten Kinder vor, auf noch andern sah man von vier bis acht Manns- und Weibsgesichter. Sie standen alle mit dem Gesicht nach Osten, und viele Benntbiergeweihe lagen den geschnitzten Bildern zu Füfaen. Es waren einige dieser Bilder alt und ganz verfault, andere waren frisch geschnitzt."

Seitacbr. t all*. Brdk. Neue Folge. Bd. VIII. 5

0$ Ueber den religiösen Glauben und die Ceremonien

Nach der Bekehrung der Samojeden an der Jngorischen Strafte wurde das Idol Wessako's und alle übrigen Götzenbilder und zahllose Weibgeschenke von den Samojeden selbst unter Leitung der Missio- näre verbrannt, und an demselben Platz , nachdem er durch Weihwas- ser geheiligt war, das christliche Kreuz errichtet.

Auf dem Nordende von Waigatsch steht das weibliche Hauptidol, Namens Chadako (Großmutter). Es stellt das Antlitz der Erde dar; man opfert ihm Rennthiere und erwartet von ihm die Erhaltung der Jagd. Von Wessako und Chadako stammen nach samojedischem Glau- ben vier Söhne ab, die sich nach verschiedenen Gegenden der Tun- dren zerstreuten: Njucheh (Sohn des Idols), ein kleiner Felsen auf Waigatsch; Minissei, ein hoher Punkt im Ural; Jalmal, auf der West- seite der Obischen Bucht; und Kosmin, ein Wäldchen in der Kanin'* sehen . Tundra.

Dieser Kosmin Pereljässok im Kanin'schen Lande ist nichts an- deres als ein Gehölz, das von der Stadt Mesen 20 Werst entfernt ist. Es liegt jenseits des Flusses Pyei, zwischen der Stadt und der Colo- nie Ssemshon, ist J0 Werst lang und eine halbe Werst breit und be- steht aus kleinen Rothtannen und Birken. Nächst Wessako und Cha- dako erfreute sich dieser Wald der meisten Verehrung unter den Sa- mojeden. Zugleich mit den Götzenbildern fuhren viele Samojeden ein hier umgehauenes Tannenstämmchen auf ihren Schlitten bis an ihr Le- bensende mit sich. In jenem Gehölz befanden sich hundert hölzerne Idole von verschiedener GröJae und Gestalt; davon standen 20 grofee und dicke mit runden, menschenähnlichen Köpfen in Reihen auf der Erde; ihre unteren Enden waren glatt behauen; zehn andere, dünne, etwa 7 Fufs hohe, waren siebenkantig und hatten auf jeder Seite sie- ben Gesichter, eines über dem andern; mit dem untern, zugespitzten Ende waren sie in die Erde gesteckt, rings um eine grofse Birke, in geringer Entfernung von derselben und in verschiedenem Abstand von einander. Von den übrigen 70 waren einige aus Tannenbäumen ge- arbeitet, etwa 1 Arschin hoch, mit zugespitzten Köpfen und Gesichtern auf zwei Seiten; andere bestanden aus Tannenstumpfen, die noch auf den Wurzeln safsen, oder aus dicken Tannenästen, etwa eine halbe Arschin hoch, und ebenfalls mit zugespitzten Köpfen. Um diese Idole sah man an den Birken etwa 2000 Weihgeschenke: verschiedenfarbige Tuchlappen, Pelzstücke, Knöpfe und kupferne Blechplättchen. Alles dieses war von den Samojeden hier aufgehängt, wenn sie durch den Wald nach der Stadt Mesen reisten. Nach der schamanischen Lehre gilt das weibliche Geschlecht für unrein, und Alles, worüber eine ver- heirathete Samojedin hinwegschreitet, wird als verunreinigt angesehen. Deshalb mufs jede, die in den heiligen Wald Kosmin hineinfahrt, vom

der heidnischen Samojeden im Kreise Mesen. 67

Schlitten springen, einen der Tuchlappen abreifeen, mit denen ihr obe- res Staatskleid gewöhnlich verziert ist, und ihn an eine Birke hängen. Durch dieses Weihgeschenk läutert sie sich selbst und verunreinigt dann nicht mehr durch ihre Anwesenheit den heiligen Hain. Auch hier sind alle Idole durch die christlichen Missionäre verbrannt worden.

Dem religiösen Glauben der heidnischen Samojeden fehlte es übri- gens nicht an moralischen Grundsätzen. Er wurde unter den Tadibei's von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt und von diesen unter dem Volke verbreitet. Die religiösen Vorschriften sind theils allgemeineren Inhalts Gott, den Teufel, die Tadepzii und Chehi zu verehren und ihre Gebote zu erfüllen , theils beziehen sie sich auf das Ceremo- niell z. B. nicht über den Schlitten zu springen, in dem die Chehi aufbewahrt werden theils enthalten sie moralische Lehrsätze und Lebensvorschriften. Die letztern gebieten unter Anderm: Vater und Mutter und ältere Personen zu ehren, nichts Unrechtes von Andern zu sprechen und sich über Andere nicht lustig zu machen, nicht zu tödten, nicht zu zanken, nicht zu stehlen, sein Weib zu lieben und nicht das eines andern zu begehren, auf alle mögliche Weise für die Erhaltung der Rennthiere zu sorgen, nicht hochmüthig zu sein, nicht unnütze Be- den zu fuhren, sich von Putz und Prunk fern zu halten, sich vor Trunk- sucht zu hüten, Leckereien zu vermeiden und sich mit den gewöhnli- chen Speisen zu begnügen, wohlthätig zu sein („Gott wird dir dafür mehr geben**) u. s. f.

Der Priesterberuf ist erblich und nicht Jeder, der es wünscht, kann Tadibei werden, falls er nicht aus einem Priestergeschlecht stammt. Und zwar erbt das Amt nicht blofs in männlicher, sondern auch in weiblicher Linie; doch gelangen Frauen nur dann zur Ausübung der priesterlichen Obliegenheiten, wenn männliche Nachkommenschaft fehlt. Auch können im Allgemeinen nicht alle Kinder der Tadibei's in das Amt nachfolgen, sondern nur diejenigen, die von den Tadepzii dazu auserwählt werden. Das Letztere geschieht schon in früher Kindheit: die Tadepzii erscheinen dem Knaben, sobald er zu Verstand gekom- men ist, und fordern ihn auf, die Pflichten eines Tadibei zu überneh- men. Das Bind, das mit den Tadepzii noch nicht umzugehen versteht, eilt dann zu dem angesehensten Tadibei und bittet ihn um seinen Un- terricht. Dieser giebt dem Knaben den Penser in die Hand, macht ihn mit der geheimniisvollen Kraft dieser Trommel bekannt, und be- lehrt ihn, wie er sie brauchen und wie er mit den Tadepzii umgehen soll. Auf Grund dieser Unterweisung tritt der Knabe in Verkehr mit den Geistern und wird, sobald er herangewachsen ist, wirklicher Ta- dibei. Die Zahl der Tadibei's ist nicht bestimmt; sie ist bald gröfeer, bald geringer, aber immer recht beträchtlich. Die Pflichten dieser Prie-

5#

68 Mkcellen

ster bestehen in der Ausübung der Ss&mbadawa, der wichtigsten Cere- monie in dem religiösen Cultus, und in der Darbringung der Opfer. Sie beziehen keine festen Einkünfte, sondern erhalten von dem, der die Ssambadawa veranstaltet oder das Opfer darbringt, eine freiwillige Gratification , entweder ein Rennthier oder andere Sachen; sie dürfen dieselben aber nur dann behalten, wenn die Ceremonie den gewünsch- ten Erfolg hat, andernfalls müssen sie das Geschenk zurückerstatten.

Miscellen.

Bemerkungen über die Härings- Fischerei an den schottischen Küsten.

Auf Grand eines von Lieut Kroef entworfenen Planes hatte Herr Dr. Bars Ballot, erster Director des Königl. Meteorologischen Instituts der Niederlande, im Jahre 1856 die bei der Häringsfischerei betheiligten Seeleute aufgefordert, be- stimmte in einem ihnen mitgetheilten Formular verzeichnete Beobachtungen an- zustellen, damit unter Benutzung derselben erfahrungsmäfsig festgestellt werden könne, wo, wann und unter welchen Bedingungen diese Fischerei am Vortheil- haftesten ausfalle. Die erste Saison brachte Herrn Dr. Buys Ballot 45 regelrecht geführte Log Books, deren Vergleichung schon jetzt einige interessante Finger- zeige gewährt und hinlänglich zeigt, dafs eine Fortsetzung dieser Beobachtungen su werthyollen Resultaten führen kann. Dem betreffenden Bericht (Information takenfrom the Log Book* of Herring Vessels) entnehmen wir folgende Thalsachen,

Die 45 Fahrzeuge hatten 3266 Mal gefischt und 21,623 Barrels Häringe ge- fangen; es kamen also durchschnittlich 6,66 Barrels auf jeden Zug, oder wenn man die 882 Fehlzüge abzieht, die dort mitgezählt sind, 9,1 Barrels auf jeden nicht erfolglosen Fischzug.

Die Windesrichtung scheint auf die Ergiebigkeit der Fischerei keinen erheblichen Einflufs auszuüben; doch war bei nördlichen Winden der Ertrag re- lativ geringer (5,a Barrels bei N., 5,8 bei NNW.) als bei südlichen (7,1 B. bei 8., 8,i B. bei SSO.). Als die günstigste Wassertemperatur ergab sich 12 14° C; dann fand unter 5 Zügen nur ein Fehlzug statt, und der Durchschnittt- ertrag belief sich für jeden Zug auf 8,5 Barrels. Bei einer Temperatur von we- niger als 9* C. mufste man neben jedem glücklichen Zug auf einen Fehlzug rech- nen, und konnte durchschnittlich von dem Zuge höchstens 2 Barrels erwarten; bei einer Temperatur von 9 13° kommen 2 bis 3 glückliche Züge auf einen Fehlzug, und der Ertrag steigt mit Zunahme der Wärme von 2 auf 7 Barrels. Bei 14 16° C. zeigt sich, im Vergleich mit den Resultaten bei der günstigsten Temperatur von 12 14° C, ein plötzliches, bei fortgesetzten Beobachtungen vielleicht nicht als regelmäßig sich herausstellendes Zunehmen der Fehlzüge, da die glücklichen zu den mifsglückten Zügen sich wie 3 : 2 verhalten, während der Durchschnittsertrag sich noch immer auf 7,4 bis 7,7 Barrels beläuft. Bei noch höherer Temperatur sind die Fehlzüge nicht so häufig, aber der Durchschnitts- ertrag nimmt stärker ab. Die Erträge in noch nicht beruhigter 8ee verhielten •ich su denen im klaren Wasser wie 7 : 3. Bei nebeligem und stürmischem Wet-

Bemerkungen über die Härings- Fischerei an den schottischen Kasten. 69

ter erreichte der Ertrag nnr 5 Barrels, also nicht den Durchschnitt; bei stürmi- schem und klarem Wetter dagegen 7,3 Barrels; bei Regen kam man auf den Dnrchschnittsertrag.

Wichtiger als diese Beobachtungen ist die Prüfung der Frage, an welchen Orten sich der Häring zu bestimmten Jahreszeiten besonders zahlreich einstellt, ob er ein Wanderfisch ist und welche Konten er einzuschlagen pflegt. Die Be- obachtungen des ersten Jahrgangs sind der Annahme günstig, dafs der Häring wirklich wandert, obgleich sie nicht so zahlreich sind, dafs sie über die Zag- richtung, auch nur für dieses Jahr, eine klare Einsicht gewähren. Es hat sich etwa Folgendes herausgestellt.

Die Fischer fangen in der zweiten Hälfte des Juni an, ihre Netze bei den Shetland- Inseln auszuwerfen, obgleich der Ertrag dann noch sehr gering ist Zwi- schen 61 und 60* N. Br. fing man östlich von diesen Inseln, zwischen 0 und 1 W. L. r. Greenw., mit jedem Zuge durchschnittlich 0,6 Barrel, westlicher da- gegen zwischen 1 und 2* W. L. nur 0,2 Barrels, noch weiter westlich Nichts. Da sich nun auch im Juli in dieser Breite herausstellte, dafs man zwischen 0 und W. L. ö,s Barrels, zwischen 1 und W. L. 4 Barrels, zwischen 2 und W. L. Nichts fing, so ist es wahrscheinlich, dafs der Häring nicht zwischen den Orkneys- und Shetland -Inseln, sondern östlich von den letztern in die Nordsee eintritt Auch zwischen 60 und 59° N. Br. giebt im Juni die westlichste Posi- tion (2 3* W. L.) das ungünstigste Resultat (0,5 Barrels), die mittlere, gerade im Süden der Shetlands- Inseln, das relativ günstigste (2,4 Barrels), die östlichste (0 1* W. L.) wieder ein minder günstiges (1,5 Barrels). Der Zng des Fisches ist von der Südspitse der Shetland -Inseln gerade nach Süden gerichtet und biegt in der Breite von Kinnairds Head etwas nach Osten aus; denn man fing im Juni zwischen 59 und 58° N. Br., 1— -2° W. L. noch 2,2 Barrels, unter derselben Länge einen Grad südlicher aber Nichts, dagegen zwischen 0 und 1 ° W. L. und zwischen 58 und 57* N. Br. noch 1 Barrel mit dem Zuge. Südlich von dieser Breite war der Häring in diesem Monat noch nicht vorgedrungen.

Im Juli erscheinen östlich von den Shetland -Inseln zahlreichere Schaaren; man fing hier 5,s Barrels, und einen Grad südlicher unter derselben Länge 4,6 Bar- rels mit jedem Zuge, während die Ergiebigkeit westlich von dieser Linie schnell abnahm. Südlicher, zwischen 69 und 68 N. Br. war der Ertrag gering, man fing hier zwischen 0 und W. L. Nichts, zwischen 1 und W. L. 1,3 Bar- rels, zwischen 2 und W. L. 0,8 Barrels. Günstiger war das Resultat zwi- schen 58 und 57*, wo man an der schottischen Küste 2,4 Barrels, zwischen 0 und 1* sogar 5 Barrels mit jedem Zuge gewann. Zwischen 0 und 0. L. ergab sich hier kein Resultat, dagegen gewann man zwischen 1 und O. L. 2 Bar- rels mit dem Zuge: der Häring scheint hier also 2 Routen einzuschlagen, die durch einen Längengrad von einander getrennt sind. Die letztere Erscheinung tritt noch deutlicher zwischen 57 und 56° N. Br. hervor, wo sich im vorigen Monat noch gar keine Häringe zeigten, während sich jetzt von 39 W. L. bis 29 O. L. , von Westen nach Osten genannt, für jeden Längengrad folgende Resul- tate herausstellten: 2,6; 4,5; 4,7; 0,3; 8. Gerade die östlichste Route ist also die besuchteste. Noch weiter südlich ist der Häring in diesem Monat wieder seltener; zwischen 56 und 55° N. Br. fing man an der Küste nur 2,7, und zwi- schen 0 und 1 W. L. nur 4 Barrels mit jedem Zuge.

70

Aus dem Augast liegen für die Fischerei zwischen 59 und 61* N. Br. keine Angaben vor. Unter 59 und 58° N. Br. ergaben sich zwischen 3 und 0* W. L. beziehungsweise 1,8, 7,7 und 1 Barrels für jeden Längengrad von Wetten nach Osten; unter 58—57° N. Br. zwischen W. L. und O. L. bexie- hungsweise 3,3, 5,7, 7 in derselben Reihenfolge. Das interessanteste Resultat ergab sich unter 57 56° N. Br.; hier fing man zwischen W. L. und 4* 0. L. auf jedem Längengrad, von Westen nach Osten, beziehungsweise 2; 3,7; 5,»; 5,2 ; 2 ; 9 ; es zeigt sich also wieder ein starker östlicher Zug, vielleicht von zu- rückkehrenden Häringen. Bei Weitem den reichsten Ertrag erzielte man in die- sem Monat unter 56 und 55° N. Br., wo sich von W. L. bis 2* 0. L. ftr jeden Längengrad ein Ertrag von 22,6; 17,3; 13,5; 6,6 Barrels bei jedem Zage ergab. Hier scheinen die Häringe wieder nach Norden umzuwenden.

Auch der September ist ein günstiger Monat. Unter 60 59° N. Br., und zwischen W. L. und O. L. fing man 7 Barrels mit jedem Zage; unter 59 58° N. Br. zwischen W. L. und O. L. beziehungsweise 9,i; 16; 11,« Barrels, auf jeden Längengrad; unter 58 57° N. Br., zwischen W. L. und 0. L., beziehungsweise 14,1; 7,6; 15,3; 6,1 Barrel; unter 67—56° zwi- schen 2° W. L. bis O. L. beziehungsweise 9,5 ; 10,9; 19,9; 6,5 Barrels. Da- gegen war unter 56 bis 55° N. Br., wo im August der ergiebigste Fang statt- fand, der Fisch entschieden gewichen; hier fing man zwischen W. L. und O. L. beziehungsweise 3,7; 0,4; 1,2 Barrels, und weiter südlich Nichts.

Noch entschiedener zeigt der October, dafs der Fisch sich wieder nördliche- ren Breiten zuwendet. Unter 60 59° N. Br. fing man zwischen W. L. und 0. L. beziehungsweise 4; 14,6; 12,6; 10 Barrels mit jedem Zuge; unter 59* —58° N. Br. zwischen W. L. und O. L. beziehungsweise 5; 8,9; 11,4; 9,3 ; 7,4 ; 2,5 Barrels. Dagegen sinkt südlicher der Ertrag unter das Mittel; er belief sich unter 58 57° N. Br. durchschnittlich auf 5,8 Barrels, unter 57— 66° durchschnittlich auf 5,4 Barrels, zwischen 56 und 55° N. Br. durchschnitt- lich auf 3 Barrels an der ergiebigsten Stelle.

Im November endlich ist der Häring in allen Gewässern südlich von 59' N. Br. im Verschwinden ; an der ergiebigsten Stelle fing man nicht mehr als 2 Bar- rels mit dem Zuge; man mufs dann also den Fisch in nördlichen Breiten suchen.

Das Gesammtresultat der Saison ist in folgender Tabelle dargestellt:

Monat.

Zahl der Fisohzttge.

Gefangene Fische.

Barrels.

Durchschnitts -

fang mit jedem

Zuge.

Barrels.

Yerbältaif« der glücklichen

Zuge tu den Fehlzügen.

Jani

Juli

August

September ....

October

November ....

242 977 631 658 720 38

454,2 3056,8 4164,5 7174,2 6734,2 39,1

1,87 3,13 6,6 10,91 9,34 1,03

11 : 10 15 : 10 20 : 10 70 : 10 80 : 10 20 : 10

3266

21,623

6,66

25 : 10

üeber den ZuMmmenfloDi der Angara und des Jenissei. 71

Die Beobachtungen diese« Jahres lassen also noch manche Lücke auszufül- len. Das massenhafte Erscheinen der Häringe an der schottischen Küste zwi- schen 56 und 55° N. Br. im Monat September bleibt bei jenen Beobachtungen unerklärt; dem Schwärme, der sich hier anhäufte, sind die Fischer in den frü- hern Monaten nicht begegnet. Anch die grofse Anzahl mißlungener Fischzüge in den Monaten Juni, Juli, August und November läfst vermuthen, dafs die Sce- tevte damals die wirkliche Route der Wanderfische nicht getroffen haben. Wo diese liegt und ob sie constant ist, müssen die Beobachtungen künftiger Jahrgänge lehren. n.

Ueber den Zusammenflufs der Angara und des Jenissei.

Von Werssilow ').

Schon oft ist die Frage aufgestellt worden, ob der Jenissei die Angara auf- nimmt oder ob die letztere als der Hauptflufs zu betrachten ist Vor Kurzem legte ein correspondirendes Mitglied in der Sibirischen Abtheilung der geogra- phischen Gesellschaft eine Karte der Vereinigung beider Flüsse vor, auf welcher die im Auftrage der Gesellschaft ausgeführten Vermessungen beider Flüsse nicht weh Ton ihrer Vereinigung dargestellt waren. Das Resultat der Vermessung sprach zu Gunsten der Angara; der Durchschnitt dieses Flusses bot eine Fläche von 1362| Quadrat- Sashen, der Durchschnitt des Jenissei eine Fläche von nur 268} Quadrat -Sashen dar. Ich will nicht von der Schnelligkeit beider Flüsse sprechen: in dieser Beziehung tritt der Jenissei ganz in den Hintergrund. Die Angars, die eine ungeheure Wassermasse mit sich führt und durch die sogenann- ten Strjältsch&ty- Schnellen aufgestaut wird, stürzt sich mit Ungestüm in das ge- meinsame Bett, während der Jenissei langsam der Vereinigung mit seiner unru- higen 8chwester entgegenschleicht und sich sehr bescheiden ihrer linken Seite an- schmiegt An der Mündung des letztern, und aufserhalb der Strömung der An- gin, liegen einige Inseln, offenbar Alluvial -Bildungen, und es ist bemerkens- wert^ dafs die Fähigkeit, Alluvial- Inseln zu bilden, auch nach der Vereinigung heider Flüsse vorzugsweise dem Jenissei vorbehalten bleibt, denn diese Inseln fin- den sich grofsentheils auf dem linken Ufer des vereinigten Stromes. Der Grund liegt in der reifsenden Strömung der Angara, in der unverändert beibehaltenen Rich- tung des Laufes der letztern und endlich in der Beschaffenheit des Jenissei -Bet- tes, das aus Schlamm und verwittertem Granit und Sandstein besteht, welche Gesteine seine Ufer bilden bis zu seiner Einmündung in die Angara. Hin und wieder zeigen sich auch auf dem rechten Ufer des vereinigten Stromes Inseln, aber nur gegenüber den Mündungen der Nebenflüsse und Bäche, und diese In- seln sind durch den Detritus dieser Nebenflüsse gebildet und durch den Wider- stand, den die reifsende und kräftige Strömung der Angara ihnen entgegenstellt Um diese Inseln, die mit einer üppigen Grasvegetation bedeckt sind, gruppiren

') Das russische Original ist publidrt im Wjtstnik der Kais. Russ. Geograph. Gesellschaft. 1858. Heft 8.

72

sich einige kleinere Inseln mit schwacher Grasnarbe oder ganz ohne Vegetation; de erscheinen und verschwinden wie Sandbänke nnd verandern oft das Fahrwas- ser des Flusses.

Ein flüchtiger Blick anf eine genauere Karte der Vereinigung beider Flaue zeigt den entschiedenen Vorrang der Angara. Die grofse Wassermasse, die de dem gemeinsamen Bett zuführt, die unverändert bleibende Richtung ihres rech- ten Ufers, endlich die Tiefe des Stromes weisen ihm die Hauptstelle an. Sehen wir auf den geologischen Bau des Thaies der Angara bis zu ihrer Vereinigung mit dem Jenissei und folgen wir eine Strecke weit dem gemeinsamen Laufe, bo überzeugen «vir uns bald, welcher von den beiden gewaltigen Quellflüssen auch nach ihrer Vereinigung sein ursprüngliches Bett behauptet hat.

Kommt man von dem Dorfe Motygina am rechten Ufer der Angara, die auch Tunguska genannt wird, stromabwärts, so zeigt das rechte Ufer kahle Fel- sen von Thonschiefer, die aufserordentlich einförmig, wie aus einer Form ge- gossen sind und aus steilabfallenden, fast vertikalen Schichten bestehen. Der Thonschiefer ist hier wenig verändert und entschieden vorherrschend ; selbst Qnan ist selten. Diesem hohen rechten Ufer gegenüber liegt das niedrige linke, ein Alluvial -Boden, der mit Kieseln von Thonschiefer, Quarz und Granit bedeckt ist Ohne Zweifel sind diese stark abgerundeten Kiesel durch Eisschollen hier- her getragen worden, wie es auch jetzt noch alljährlich geschieht. Die Berge sind hier vom Flufsbett weit entfernt; erst 4 Werst weiter unterhalb tritt auch auf dem linken Ufer der Thonschiefer zu Tage. Ist man hier an dem Dorfe Ssmjätanina vorbeigekommen, wo die Berge des linken Ufers wieder etwas w- rücktreten und einem niedrigen Ufer, wie auch einigen Alluvial -Inseln Raum lassen, so fliefst die Angara, auf beiden Seiten von senkrechten Thonschiefer- Wänden eingefafst, mit reifsender Strömung weiter. Das rechte Ufer, das immer höher wird, gewinnt einen anderen Charakter: die Schichten fallen etwas nach Westen, und der schon stärker veränderte Thonschiefer wird allmählich durch Quarz verdrängt, der ihn nach allen Richtungen durchsetzt Auch aus dem Wasser der Angara ragen hier dieselben Gesteinsarten als isolirte Klippen her- vor, die von dem Ufer losgerissen sind, wie z. B. die Klippe Muroshnaja &&* über der Mündung der Grofsen Muroshnaja. Das linke Ufer ist wieder etwa« niedriger geworden; es läfst, wenn man sich der Mündung der Tassjäewa nähert, Kalkstein zu Tage treten, und verwandelt sich in eine grofse Niederung, die sich 10 Werst weit thalabwärts erstreckt. Gegenüber der Mündung der Tassjäewa, die von Kalkbergen umgeben ist, liegen viele Inseln alluvialer Bildung; alle be- stehen aus dem Detritus der Tassjäewa, und analoge Inseln finden sich auch wei- ter unterhalb in der Angara, natürlich an ihrem linken Ufer. Das rechte Ufer der Angara, welches der Mündung der Tassjäewa gegenüber steil ist, wird nach dem Bache Petrischtschewa hin niedriger, die Thonschiefer- Berge treten weiter in das Innere des Landes zurück, so dafs am Bache eine ebene, ziemlich sos- gedehnte Fläche sich ausbreitet Das linke Ufer, gegenüber der Petrischttchews, ist ein Alluvial -Land; die Berge sind weit zurückgewichen; das Thal der Angv» hat sich hier also sehr erweitert

Zehn Werst weiter unterhalb nehmen beide aus Thonschiefer bestehende

Ucber den Zusammenflufa der Angara nnd der Jenissei. 73

Ufer an Höhe merklieh zu, und anf der darauf folgenden Strecke von 2 Werft prifentirt sich du rechte als ein Höhenzug, der hier und dort mit Alluvium be- deckt ist, hanfiger aber den Thonschiefer entblöfat, welcher sich in Gestalt kah- ler Felswinde zeigt Hier bemerkte ich zum ersten Male eine Ton Eisen ge- färbte Quarsader. Der Thonschiefer unterscheidet sich nnr wenig von dem frü- hem; er ist sehr fest nnd in Schichten abgelagert Das Fallen der Schichten wird starker, wie man es namentlich bei einer 2 Werst weiter abwärts befindli- chen Entblöfanng bemerkt

Das linke Ufer bleibt auch weiterhin niedrig nnd erhebt sich erst dann, wenn man sich den Stromschnellen nähert; das rechte hingegen behalt seinen felsigen Charakter. Am linken Ufer bemerkte ich Fragmente von feinkörnigem Granit, obgleich der vom Ufer etwas erfernte Gebirgszug ganz ans Schiefer besteht, der nicht so fest ist, wie der Schiefer des rechten Ufers. Das Fallen der Schichten war bei einer von mir untersuchten Entblöfanng des Gesteins sehr stark.

Ist man an der Mündung des Baches Tatarki vorbeigekommen, so wachst die Schnelligkeit der Angara, namentlich an ihrem rechten Ufer. Ihre Breite schwankt zwischen 2 nnd 10 Werst, obwohl sie in festen Ufern fliefst Der Thonschiefer ist schräg geschichtet, nnd zwar um so starker, je mehr man sich den Stromschnellen nähert.

Diese letztem etwa 5 Werst vom Zusammenflüsse des Jenissei nnd der An- gara entfernt, werden durch eine Reihe vom Wasser bedeckter Klippen gebildet, die sich von Ufer zu Ufer quer über den Flufs erstrecken. In der Bütte des Flusses, etwas naher dem rechten Ufer, sind die Klippen niedriger nnd hierher richtet sich die Hauptströmung des Flusses. Weiter rechts ragt ans dem Was- ser eine KHppe hervor nnd bildet eine Insel. Die ganze Masse derselben, die in einzelne Theile geklfiftet ist, besteht ans Granit, wie die ganze Klippenreihe. Anf dem Alluvium, ^welches die Spalten des Granits ausfüllt, wachsen Lärchen und Birken. Dem linken Ufer der Angara nähert sich eine Graniterhebung; sie wird von dem Flusse in diesen Stromschnellen durchbrochen nnd erscheint anf dem rechten Ufer in Gestalt eines ziemlich bedeutenden Felsenvorsprungs. Die Schichten des Thonschiefers, die oberhalb der Stelle, wo der Granit auftritt, nach Westen fallen, nehmen unterhalb derselben wieder dasselbe Fallen an. Das Gestein ist hier, in der Nähe des Granits, sehr geschiefert, helltönend, ganz schwarz, mit einer Menge weifser Quarzadern durchzogen. Der Granit ist feinkörnig, er ent- halt zuweilen Hornblende, die den Glimmer ganz verdrängt, und geht in Syenit über. Dieses Gestein hat sich gleichzeitig mit dem Granit am linken Ufer ge- bildet, wo er, wie bemerkt, in einer nicht bedeutenden Erhebung an den Flufs herantritt Am rechten Ufer erstreckt sich der Granit nnr eine Werst weit in das Innere des Landes und durchbricht hier den Thonschiefer, der sich dann von Neuem zu einem bedeutenden Höhenzuge vereinigt nnd unverändert das rechte Ufer des Flusses begleitet Unterhalb der Stromschnellen ist das letztere felsig; anf dem linken verschwinden die Berge nnd es zeigt sich bis hart an die Co- lome Strjälka, an der Vereinigung des Jenissei nnd der Angara, ein alluvialer Thalboden.

Gegenfiber dieser Colonie sieht sich das rechte Ufer in ganz gerader Rieh-

74 Miscellen:

taug nach Westen fort and besteht aas steilfallenden Schichten von Thonschie- fer. Das linke Ufer ist niedrig, aber die in das Innere zurücktretenden Berge sind ans der Ferne sichtbar und verändern nicht ihre Richtung.

Aach weiterhin behalten beide Ufer ihren geognostischen Charakter, and die Einmündung des Jenissei hat das Thal nicht im Geringsten verändert Das rechte Ufer ist dasselbe, wie bei dem Dorfe Motygina, wo wir unsere Beschreibung anfingen. Der Thonschiefer hat sich in seiner Beschaffenheit nicht geändert, er ist nur quarzreicher geworden und die Schichtung ist etwas geändert. Das Letztere hat darin seinen Grand, dafs der Granit, der das rechte Ufer des Je- nissei begleitet, den Thonschiefer durchbrochen und aufgerichtet hat Ohne Zwei- fel ist es auch dieser Umstand, der den Thonschiefer verändert und mit den Quars- adern durchsetzt hat. Aber die Einwirkung des Granits beschrankt sich auf einen geringen Raum; auf dem rechten Ufer bleibt weiter im Innern der Thonschiefer, der einen Höhenzug bildet, derselbe, wie bei dem Dorfe Motygina, und der gold- haltige District, welcher der Vereinigung der beiden Flüsse gegenüber liegt, hat dadurch keine Einbnfse erlitten, dafs der Granit ihn erreichte.

Ziehen wir nun in Betracht, dafs die Wassermasse der Angara die des Je- nissei weit übertrifft; dafs die Strömung der enteren weit schneller und tiefer ist; und fügen nun noch hinzu, dafs der geognostische Charakter des gemeinsa- men Stromlaufs vollständig dem des Laufes der Angara entspricht, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dafs die letztere der Hauptstrom ist Man darf nur auf beiden Flüssen stromabwärts bis zu ihrer Vereinigung fahren, um sich von dieser Wahrheit za überzeugen. Kommt man aus der Angara in das gemein- same Bett, so bemerkt man in seiner Umgebung nicht die geringste Veränderung, aufser dafs man den Jenissei gewahr wird, der langsam zwischen Inseln in die Angara mündet Das linke Ufer des gemeinsamen Laufes vereinigt einigennafsen den Charakter beider Flüsse; das rechte aber gehört vollständig der Angara an und sein Thonschiefer erstreckt sich mit geringen Unterbrechungen bis hart aa die Einmündung der Steinigen Tnnguska und wahrscheinlich noch weiter bis ans Eismeer. n.

Ein Ausflug von Hongkong nach den heifsen Quellen von Yuklak im Sinon- Kreise.

In der Overland China Mail vom 10. August 1859 wird über eine Reise des Inspektors der britischen Regierungsschalen auf Hongkong, Rev. Lobacheid, von einem ungenannten Begleiter desselben ein ausführlicher Bericht mitgetheüt, dem wir die nachfolgenden Angaben mit den eignen Worten des Berichterstat- ters entnehmen. «Wir erreichten die Stadt Kaolang am Hongkong gegenüber liegenden Festlande früh am Morgen des 14. Juli, wo wir nicht versäumten, die Mandarinen zu besuchen. Diese sehen die Fremden, welche sich einigennalsen mit ihnen unterhalten können, immer gern, denn sie sind bisweilen genöthigt, eine Zuflucht auf Hongkong zu suchen, wie dies noch vor wenigen Jahren ge- schah, als sie von den Rebellen bedrängt wurden und sich von ihren 200 Sol-

Bin Ausflug von Hongkong nach den Quellen von Yuklak. 75

ästen nur 35, und darunter nur 5 mit Waffen, bei innen einstellten. In den Vor- städten von Endung befindet sich ein Wai, d. h. eine kleine Citadelle, welche mit einem Graben umgeben ist und bei einem feindlichen Angriff als Zufluchts- ort dient; denn selbst unmittelbar anter den Augen der Mandarinen ist der District ganz unsicher. Die Strafse, welche ron Kaulung nach der Mirs-Bai (in nördlicher Richtung) führt, ist Vielen bekannt, da man auf derselben eine ange- nehme und sichere Reise in einem Tage nach dem Leukün-Thal machen, und tob da, wo das genannte Thal beginnt, auf einem gewundenen Fuftpfade nach dem Dorfe Tscbeongsawan und dann in einem Boot zurückkehren kann. Die Strafte geht aber ein 920 Eufs hohes Gebirgsjoch, von welchem man eine der schönsten Aussichten auf Victoria und den Hafen von Hongkong hat Der in der Mitte dieser Bergstraße gelegene kleine Götzentempel ward, nach Aussage eines unserer (chinesischen) Reisegefährten, von einem Buddha -Priester erbaut, der sich ein Götzenbild geliehen und dort versteckt hatte, dann aber vorgab, es sei dies von der Gnaden -Göttin Kuhnyum dorthin gebracht worden. Auf der Höbe des Passes trifft man bei Tage immer Leute mit Erfrischungen für die Reisenden; sie bieten Thee, süfse Kuchen, getrocknete Oliven u. d. m. feil. Für 50 Kasch, etwa 2\ Pence waren wir im Stande , unseren Kulies und mehreren dort sich ausruhenden Bauerfrauen ein Frühstück zu gewahren. Auf der ande- ren, nach der Mirs-Bai hinabführenden Seite ist der Pafs sehr anmuthig; hier fließt ein Bergstrom, es erheben sich kleine. Tannen und Cedern, Myrthenge» sninche blühen und zwischen den dunkeln Felsen zeigen sich vielfarbige Farren- krinter. Die Chinesen bedienen sich nur selten des zerbröckelten Granits, der hier gefunden wird, um die Bergstrafse zu pflastern, dagegen desto mehr des Serpentin- und Quarzgesteins, welches seiner Glätte wegen den wandernden Euro- pier leicht ausgleiten läfst, dem barlufsigen oder mit Sandalen versehenen Chi* nesen dieser Qegend aber keine solche Beschwerde verursacht. Unsere Kulies kanten die Blatter von Oxalis (Sauerklee), nm ihren Durst zu stillen, denn Chi- nesen trinken selten oder niemals Wasser. Seitdem wir zum letzten Mal über diesen Bergpafs gekommen, war dort eine neue Theeschenke etablirt, ein Beweis, dafs der Verkehr sich vermehrt hatte; auch waren die Tannen zahlreicher ange- pflanzt, wahrscheinlich um als Brennholz nach Hongkong gebracht zu werden. Die Chinesen behaupten, dafs das häufige Abschneiden der Zweige das Wachs- timm dieser Bäume befördert In dem Dorfe Schahtin ') (d. h. Sandfeld), wel- ches an der Mirs-Bai oder Taipubai liegt, bemühten wir uns vergebens, ein Boot ra erhalten, um nach dem gegenüberliegenden Ufer der Bai, in die Nähe der mit einer Mauer umgebenen Stadt Taipung zu fahren. Als wir nach der Bai hinabstiegen, unterhandelten wir bei einer brennenden Hütte mit mehreren wie Seeräuber aussehenden Leuten wegen eines grofsen Bootes. Aber sie forderten nicht allein einen ganz unmäfsigen Preis, sondern verboten uns auch, ein gerade nr Abfahrt bereit liegendes Passageboot nach Wuhangtscheong ') zu besteigen.

') Satben auf der Karte: Der Canton-Surom in Petermann's Geographischen Mittheilangen 1868, Heft I.

a) Woangtschung auf der angef. Karte.

76 macoltai:

Deshalb blockirten wir sogleich den Hafen, verhinderten die Einschiffung tob Passagieren nnd drohten, nach Hongkong um Beistand schicken zu wollen. Das brachte die Leute znr Besinnung, so dafs wir nun in Sampans in das Boot ge- bracht wurden, in welchem sich bereits 30 Chinesen befanden, welche die besten Plätze eingenommen hatten. Wir konnten uns nur noch auf einem drei bis vier Fufs grofsen Raum neben dem Steuerruder, Über uns den freien Himmel, nieder- lassen und bewogen einen Chinesen , uns für 30 Kasch während der Ueberfahrt einen Sonnenschirm über den Kopf zu halten. Der Kapitain des Boots war ein ehrlich aussehender, dunkelfarbiger alter Mann, mit einer Habichtsnase; er hatte auf seinem Arm und an seiner Seite Narben von einer Speerwunde, die er, wie er sagte, erst vor Kurzem in einem Gefecht mit Piraten davongetragen. Von unserem Sitze aus sahen wir eine ununterbrochene Reihe von Meerbuchten, Wal- dungen und anmuthigen Dörfern, doch peinigte uns nicht wenig die Hitze, be- sonders um Mittag. Eine Schachtel mit Zündhütchen, die einzigen, welche wir besafsen, vermifsten wir bald; wir ruhten aber nicht eher, bis wir sie in der Gürteltasche eines der chinesischen Passagiere wiedergefunden hatten. Nachdem wir den Theil der Mira -Bai, welcher nach einem am westlichen Ufer gelegenen Seer&uberdorfe Taipu den Namen Taipu-Bai im engeren Sinne führt mit wel- chem Namen die Chinesen übrigens auch die ganze Bai benennen paasiit hatten, kamen wir nach derjenigen Stelle, welche auf der Karte mit Plover Cove (d. h. Regenpfeifer-Bai) bezeichnet ist, und liefen in eine kleine anmuthige Bucht ein, deren Gestade mit Rasen, Laubholz und Felsen bedeckt ist. Hier stiegen wir ans Land und gelangten auf einem schattigen Fufspfade, der sich zwischen Porphyrfelsen und Kampferbäumen hinzog, noch vor Einbruch der Nacht in eine aufserordentlich liebliche Gegend. Indem wir um einen Hügel herumgingen, ka- men wir in kleines, tief ausgeschnittenes, schattiges Thal, an dessen einem Ende ein hoher Wasserfall sich zeigte. Die silbernen Fluthen, welche über dunkle Felsen herabströmten, wurden durch überhängende Gesträuche und Zweige fast verdeckt, in der Ferne erhoben sich mit Gras bewachsene Anhöhen, umflossen von dem milden Licht der Abendsonne. In dieser schönen, einsamen Bergge- gend waren wir so glücklich, in Siuyingschanfang, d. h. kleine Berg- Eremitage, ein Unterkommen zu finden. Es ist dies ein Haus, in welchem sich junge Leute für die Districtsprüfung vorbereiten, und nicht sehr fern von dem kleinen Dorfe Ukweitin (d. h. schwarzes Schildkrötenfeld) gelegen. Ein bereits graduirter Ge- lehrter, der uns begleitete, erwirkte uns bei dem Vorsteher des Hauses ein Ob- dach für die Nacht, was uns gut zu Statten kam. Denn nachdem wir uns ober- halb des Wasserfalles gebadet und die Felsenthore besichtigt hatten, durch wel- che die Fluthen strömen, begann es zu regnen, und kaum hatten wir uns an unserem Abendbrod niedergesetzt, als ein furchtbares Gewitter losbrach. In dem Hause befanden sich zweiundzwanzig Zöglinge von 12 bis 22 Jahren. Sechs von ihnen hatten bereits die erste Prüfung bestanden, einer sprach ein wenig eng- lisch, er war bei den Goldgräbern in Californien gewesen. Es waren liebenswürdige Jünglinge, mit denen umzugehen uns grofses Vergnügen gewährte, namentlich da wir gewöhnlich nur mit den rohen ungebildeten Chinesen in diesem Districte der Provinz Kwangtung zu verkehren pflegten. „Das Schulhaus ist der Anfang der Glückseligkeit44, so lautete die Inschrift über dem Eingange diesem Gebäudes,

Ein Ausflug von Hongkong nach den Quellen von Yuklak, 77

md die jungen Leute schienen wirklich glücklich, obwohl wir wahrzunehmen glaubten, dafs sie sich mit sehr knapper Diät begnügen mufsten. Jeder von ihnen hatte eine Kiste, welche seine Habseligkeiten enthielt, und mit einem Sdüob versehen in Hänpten seines Bettes stand. Die grofse Hitze, 92° Fah- renheit, and die zahllosen Moskitos störten unsere Nachtrahe. Um so angeneh- mer war es, als wir am Morgen ins Freie traten. Der heftige Regen hatte die Hitze bis auf 79° F. herabgedrückt und den Wasserfall in eine breite Schaum- decke verwandelt, welche über dem grauen um die Bäume lagernden Nebel her- abzuhängen schien. Bald mußten wir noch einen zweiten BergpaJs hinaufstei- gen, auf dessen Höhe gleichfalls eine Theeschenke lag. Von diesem Punkte aus fibertah man das runde hochgelegene Thal ron Ukweitin: eine merkwürdige kreisrunde Vertiefung zwischen den Bergen mit einigen nur wenig angebauten kleinen Anhöhen. Dann schritten wir zn dem auf der Karte „Sterling Inlet" genannten Theil der Mira -Bai hinab und sahen gegenüber den majestätischen Berg Ngtnng, welcher, wie die Chinesen behaupten, in diesem District der höchste sein und häufig von Tigern besucht werden solL Nahe am Ufer unter schattigen Bäumen nahmen wir unser Frühstück ein, ein kühler Wind erfrischte um und ron Zeit kamen Bauerweiber, die uns neugierig betrachteten. Die Chi- nesen sagten, wir seien hier nur acht englische Meilen von Samtschun entfernt Für 500 Kasch mietheten wir ein Boot, welches uns nach dem nördlichen Ge- stade der Mira -Bai, nach der grofsen Ortschaft Yimtin bringen sollte. Sterling biet ist ein kleines schönes Bassin, umgeben von stattlichen Bergen und mäch- tigen, ?on der See bespülten Waldungen, in welchen die Dörfer zerstreut umher liegen. Wir landeten nahe bei dem grofsen wohlhabenden Dorfe Yimtin, gingen ein schönes Thal bei so heifsem Sonnenschein hinauf, dafs es unmöglich war in den 8ampans zn bleiben, denn das Gehen in der Hitze macht diese merk- würdiger Weise erträglicher. Unglücklicher Weise war in Yimtin Markt und in der am Eingange des Dorfes liegenden Theeschenke waren wir so vielen Belä- stigungen von Seiten der zurückkehrenden Marktbesucher aasgesetzt, dafs wir das genöthigt sahen, unsere Revolver blicken zn lassen und uns unter den Schat- ten einiger nahen Bäume zurückzuziehen. Unsere Kulies waren erschöpft , wir mufsten andere miethen. Man pflegt einem Kuli 80 Kasch täglich zu geben, hier forderte man 300 Kasch für einen halben Tag. Wir erstiegen auf einem steilen Pfade den Ngtung-Berg, von dessen Gipfel wir eine herrliche Aussicht über die Hin-Bai hatten. An der einen Seite lag die Stadt Taipung in einiger Entfer- nung, an der andern das trefflich angebaute Land im Norden von Hoan und Pnkak. Als' wir den Berg hinunterstiegen, gelangten wir in eine vorherrschend flache, mit vielen Ortschaften und Holzungen bedeckte Gegend, in welcher Reis, Hirse und Flachs angebaut waren. Hier ist jedoch der Beisende weit weniger «eher, als in den Bergen. Wir übernachteten bei dem Dorfe Wonkongtao in tbem kleinen Wal (Fort), welches von mehreren Familien und einem Lehrer bewohnt wurde. Es war dies ein viereckiges, einem Karawanserai nicht unähnli- ches, ziemlich grofses Gebäude, in dessen Mitte sich ein grofser offener Hof be- fand. Die Einfassungsmauern wurden von den Häusern gebildet, die nach der Anfsenseite keine Fenster hatten. Die beiden Thore wurden durch starke höl- strne Balken geschützt und zum Theil von innen durch Schiefsscharten beherrscht!

78 Miscellen:

Sehr fest schien das Fort gerade nicht, allein man ist im Sinonkreise beim Bauen ach sehr abergläubisch: man darf den Grand nicht zu tief graben, um nicht aeinen Drachen aufzustören, der dann die Gegend verwüsten würde, und läfst sich Jemand einfallen zu hoch zu bauen, so läuft er Gefahr, in einen Tiger ver- wandelt zu werden! Ehe es dunkel wurde, waren alle Bewohner des Wai in ihren Häusern, die Einen hatten ihr Vieh hineingetrieben, die Andern ihren leich- ten Pflug auf der Schulter heimgetragen. Die Thore wurden geschlossen, schwere Balken davor gelegt und dann das Abendbrod verzehrt. Das enge Zimmer, in welchem wir untergebracht wurden, die grofse Hitze 90* F. und die Ungewiß- heit, ob allein Moskitos einen Angriff auf uns machen würden, veranlafsten uns, während der Nacht uns in den inneren Hofraum zu begeben, wo wir zu unserer Verwunderung einen Wächter antrafen, der hier jede Nacht wachte, ein Beweis, wie wenig sicher die Bewohner ihre Festung hielten. Am Morgen brachen wir auf und setzten unsere Reise in nördlicher Richtung fort Alle drei bis vier englische Meilen 6tiefsen wir auf ein zerstörtes oder niedergebranntes Dorf fiberall dieselbe Geschichte: es war in einem Kampfe mit den Nachbarn verwü- stet worden, die männlichen Einwohner getödtet, die Frauen und Kinder gefan- gen weggeführt Wir kamen an mehreren grofsen Häusern wohlhabender Be- sitzer vorüber; hier gab es ThÜrme mit Schiefsscharten und andere Anzeichen, wie unsicher man sich fühlte. An einer Stelle lag ein Kalksteinbruch, an einer andern Reisfelder, welche durch die fortgesetzte Dürre sehr gelitten hatten. Das grofse Dorf Pingfu (d. h. Stiller See) war mit Wall und Graben umgeben. Die Bewohner, welche neugierig uns entgegenkamen, benahmen sich nicht so, difs wir hineinzugehen uns versucht fanden. Wir blieben deshalb dranfsen bei der grofsen Wohnung eines Bezirks -Examinators und Steuer -Einnehmers, die ans mehreren geräumigen Häusern mit Gärten und Verandahs bestand, welche zu- sammen von Wällen eingefafst waren, so dafs sie eine erträgliche Festung bil- deten. Hier wurden wir in das Schulhaus gewiesen, dessen Eigenthümer nach einigem Zögern uns freundlich aufnahm. Von Pingfu gingen wir in westlicher Richtung weiter, kamen fast bis an die Grenze des Sinon- Kreises und Kwei- schin-Districtes und 6ahen das Gebirge, hinter welchem die Hauptstadt Weit- schau liegt Das Land schien hier sehr wüst und der Boden war durch die heftigen Regengüsse erweicht. Die Nacht brachten wir in dem grofsen Punfi- Dorfe Tschungfu (d. h. Klarer See) zu. Wir hatten uns zuerst in das mitten im Dorfe liegende Gasthaus begeben, wurden aber durch die Neugierde der Menge so sehr belästigt, dafs Herr Lobscheid sich nach einem anderen Quartier umsah und dies auch bei einem siebenzig oder achtzig Jahre alten reichen Manne, Namens Leu, fand, wo wir doch nur der Beobachtung von Seiten der Hausgenossen aus- gesetzt waren. Ehe wir uns niederlegten, machten wir noch einen Gang um das Dorf herum, wobei wir einen Bananenbaum, der wenigstens 40 Fufs im Um- fang hatte, auch eine sehr hohe alte Citadelle (Wai), die schon vor Jahrhunder- ten von den Vorfahren unseres Wirthes erbaut war, antrafen. In der Nacht wurden wir durch lautes Rufen, Trommeln auf den Gongs und Blasen auf einem Ochsenhorn in einem Nachbarhause gestört, wo man damit beschäftigt war, die Seele eines Kranken zurückzurufen. Am nächsten Morgen wollte unser Wirth durchaus keine Bezahlung annehmen. Die Regenzeit war im Anzüge, das Bei-

Ein Ausflug von Hongkong nach den Quellen von Ynklak. 79

sen ward mit jedem Tage beschwerlicher, die Flösse drohten tat ihren ufern zu treten: deshalb beschlossen wir, so schnell als möglich unser Reiseziel zu errei- eben. Es waren dies die heiüsen Quellen ron Yuklak, wo, wie man uns sagte, gerade jetzt zwei benachbarte Ortschaften mit einander Krieg führten. Als un- sere Knlies dies hörten, wurde ihnen bange, sie liefsen sich aber damit trösten, dal» einer von ihnen, ein junger Mann aus Samtschun, sie ▼ersicherte, wenn sie getodtet würden, erhielten sie einen neuen Leib. Hatte es nicht so heftig ge- regnet, so wäre unsere heutige Reise sehr unterhaltend gewesen, denn wir ka- men an vielen Obstgärten mit Birnen und Pfirsichen vorüber und betraten die schönen Thäler des Yeangtoi-Gebirges, welche im Nordwesten des Sinon-Kreisea nahe dem Tungkun-District liegen. Wir beabsichtigten, in dem Marktflecken Dschekgnamhü (d. h. Schwartstein -Höhle) anzuhalten, trafen aber dort einen Jahrmarkt und deshalb Tausende aus den benachbarten Dörfern. Solche Hau- fen sind immer den Fremden gefahrlich, denn die Chinesen halten sich für ihr Thno sehr wenig verantwortlich, wenn sie von ihrem Heimathsorte entfernt sind. Kaum hatten wir einen Buddhistentempel in der Nahe des Marktfleckens betre- ten, als auch schon der Knabe, der uns begleitete, in großer Aufregung zu uns eilte und meldete, das Volk stehe im Begriff, Herrn Lobscheid anzugreifen. Wir machten uns sogleich auf, ihm beizustehen und trafen ihn, wie er mit seinem sechsl&ufigen Revolver in der Hand sieh durch die zudringliche Menge Bahn brach. Sobald er uns sah, rief er uns zu, wir müfsten unsere Reise fortsetzen, da. die Leute sehr übel gesinnt seien. Es gelang ihm sich tu befreien und wir verlieben Usehekgnamhü , indem wir den uns begleitenden Gelehrten voraus- schickten, um nachzusehen, ob wir uns ohne Gefahr nach Yuklak begeben könn« ten. Inzwischen fing es so heftig zu regnen an, dafs wir uns nach dem Hakka- dorfe Kangpui flüchteten, wo man uns einen kleinen Götzentempel außerhalb des Dorfes zur Verfügung stellte. Hier wurden wir benachrichtigt, dafs die Dorfschaft Tseng in eine blutige Fehde verwickelt sei und wenigstens tausend Mann bei Ynklak lägen, alle Häuser seien besetzt, und so gern auch die Dorf- ältesten uns aufnehmen möchten, so könnten sie doch nicht die angeworbenen Soldaten controliren und für unsere Sicherheit einstehen. Unter diesen umstän- den besehlofs Herr Lobscheid, nicht weiter zu gehen, da er ohnehin schon frü- her die heüsen Quellen besucht hatte. Wir andern machten uns daher ohne ihn auf den Weg, liefsen unser Gepäck in Kangpui zurück und begaben uns nach dem Schauplatz des Gefechtes, der etwa 5 englische Meilen entfernt sein konnte. Nachdem wir über einen sehr reifsenden, aber seichten Strom gesetzt hatten es war einer der Zuflüsse des Piktou-Flusses, der die nördliche Grenze des Sinon-Kreise* bildet kamen wir auf eine schone, mit Reisfeldern bedeckte Ebene, auf welcher wir nicht weniger als sechs grofse Dörfer zählten. Die Land- schaft war im milden Lichte der untergehenden Sonne äufserst anmuthig, der Ranch schwebte ruhig und friedlich über den Dörfern, als wenn dort alle Lei- denschaften schwiegen. Unglücklicherweise aber ward diese Stille durch ein hef- tiges SehieJeen unterbrochen, welches von einem unserm Reiseziel nahe gelege- nen Walde herüberschallte. Die heifsen Quellen lagen noch etwa zweihundert Ellen von Ynklak entfernt. Als wir dort eintrafen, badeten sich Mehrere in einer derselben, die Spuren künstlicher Aushöhlung an sich trug. Wir wurden

80 Mbodlea:

sogleich von mehr Ali hundert Dorfbewohnern und angeworbenen Soldaten um- ringt. In den gröfseren Bettina betrug die Hitze dea Wattert wenig mehr ala 100° F., dagegen in einem teichten Bassin 122* und unmittelbar über der Oeff- nung, aus welcher das Wasser hervorsprudelte, 129° F. Das Wasser hatte einen et- was salzigen Geschmack und war schwefelhaltig. Der Erdboden in der Umgebung der Quellen war von der dort ▼ersammelten Menge ganz weich getreten und die heftigen Regengüsse hatten soviel Erde in die Bassins hineingespült, dafs wir nicht wahrzunehmen vermochten, ob das Wasser Schwefel angesetzt hatte. Die benachbarten Reisfelder und die nahegelegenen niedrigen Granithügel waren nicht geeignet, über den Ursprung und den Character dieser heifsen Quellen einiges Licht zu verbreiten. Ueberdies hinderten uns die vielen Menschen, welche scher- zend einander in das Wasser zu stofsen versuchten, nähere Untersuchungen an- zustellen. Wir kehrten noch an demselben Abend nach Kangpui zurück und begaben uns am folgenden Morgen nach Namtao. Die Gegend, durch welche wir kamen, war aufserordentlich öde, da fast alle Dörfer, welche am Wege la- gen, verwüstet waren. Namtao (oder Namtow, Namtau) hat eine schöne Lage zwischen der tiefen Bai und dem Cantonflusse. Die Mauern sind mit grünen Strauchern bewachsen und die Vorstädte stark bevölkert. Wir gingen stall durch die letzteren nach dem Hafen, wo wir das Hongkonger Passageboot zur Abfuhrt bereit fanden. Die Leute schienen etwas bestürzt über unsere Ankunft, sie mochten ein abermaliges Bombardement fürchten. Einer rief Herrn Lobscheid das Schimpfwort „fremder Teufel* nach; als er sich aber umwendete, sagte der Mensch schnell Lao Tih d. h. Verehrter! Mit dem genannten Boote kehrten wir nach Hongkong zurück." B.

Ein Schreiben H. Burmeister's aus Tucuman vom 12. October 1859.

Seit meinen letzten Mittheilungen im Januar habe ich fast nichts Erhebli- ches und zu neuen Berichten Geeignetes erlebt; eine im ganzen Jahre anhaltende Trocknifs hat das Land heimgesucht und die Natur in einen Ar den Reitenden höchst unangenehmen Stillstand versetzt, der ihn selbst zur unerfreulichen Ruhe nöthigt Während der Monate Juni und Juli, als ich meine Reise von Rostrio hierher ausführte, glich die baumlose Flur der Pampas einer Wüste, die mit Lei- chen der vor Hunger und Durst umgekommenen Thiere stellenweis besäet war. Seit dem Eintritt in die Provinz von St. Jago del Estero, welche gröfttentheils bewaldet ist, schwand zwar das unmittelbar Trostlose vor meinen Augen, aber auch hier itt auf grofte Erquickung für den Blick des Reisenden nicht zu rech- nen. In Tucuman , das man allgemein die beste Provinz des Landes nennt, hoffte ich auf Entschädigung, aber wie bin ich auch hier getäuscht worden ! Seit April hat es nicht geregnet und die sonst schon im August eintretenden ersten Früh- lingsregen sind bis jetzt ausgeblieben. Heute endlich zog düsteres Gewölk von Süden auf, woher gewöhnlich die Regen kommen, aber es brachte nur ein schwa- ches Geträufel von kaum 1 Linie Wasserfall; die eigentlichen und hier sehr hef-

Berichtigung zu den Barometerbeobachtungen in Parana. 81

tagen Fruhjahrsregen werden noch erwartet. Die Provinz Tucuman hat einen sehr eigenthümlichen Charakter, ihrer großen meteorologischen Schwankungen wegen. Ich habe den 14. September Uhr nach Mittag 26° 2' R. im Schatten beobachtet, und den 16. darauf, um 6y Uhr Morgens R., eine Schwankung, die vielleicht beispiellos ist; wenigstens kam mir eine solche bisher in diesen Landern nicht vor. Im Allgemeinen ist der Charakter subtropisch, man baut Zuckerrohr mit gutem Erfolge und hat heftige Sommerregen, aber keine Winter- regen; indessen kommt es fast alle Jahr vor, dafs die Ernte des Zuckerrohrs er- friert, wenn sie nicht vor Mitte Mai beendet ist, und da es hier an arbeitenden Bänden fehlt und diejenigen, welche arbeiten mögen, viel Geld fordern, wenn sie gesucht werden, so zögert mancher Ackerbauer länger als gut ist mit dem Ab- schnitt und verliert darüber häufig das Ganze. Als ich den 26. Juli in Tucuman einfuhr, sah ich zur Seite des Weges große Felder erfrorenen Zuckerrohrs, die wegen zu späten Schnittes dem Untergange verfallen waren. Sonderbar ist, dafs aoXser der Orange hier fast kein Obstbaum gedeihen will; alle anderen Früchte, selbst die Melonen, sind mittelmäfsig oder gar schlecht zu nennen.

Berichtigung zu den Barometerbeobachtungen in Parana

Von H. Barmeister.

Das Instrument, mit dem ich meine Beobachtungen in Parana angestellt habe, wvrde von mir selbst aus einer neuen Glasröhre, welche ich mir verschaffen konntet, zusammengesetzt, nachdem, wie ich früher berichtete, die erste Glasröhre in Mendoza zerbrochen war. Obwohl bei der Anfertigung desselben alle Vor- sichtsmaisregeln, die unter den obwaltenden Umstanden möglich waren, angewen- det worden sind, so mufs doch, bei Einstellung des Rohres, ein Fehler begangen sein, den ich zur Zeit, als ich meine Beobachtungen nach Europa sandte, noch nicht übersah, weil mir ein Hilfsmittel fehlte, dieselben zu prüfen und ihren Werth zu benrtheilen. Da der tägliche Gang des Instrumentes genau derselbe war, den ich in Mendoza gesehen hatte, so hielt ich mich für berechtigt, seinen allgemei- nen Stand als genau anzunehmen, obgleich es mir bei Abfassung des Resultates auffiel, dafs der Flufs Parana etwa 80 geogr. Meilen von seiner Mündung die bedeutende Höhe von 600 Fufs über dem Meeresspiegel haben sollte; das hätte einen aufserst rapiden Fall und eine sehr schnelle Strömung des Wassers erge- ben, welche in der That nicht vorhanden war. Eine richtige Würdigung dieses Cmstandes hatte mich abhalten müssen, mein so auffallendes Resultat zu publi- tiran; allein Vertrauen auf die von mir angewandte Sorgfalt bei Herstellung des Instrumentes und sein durchaus normaler täglicher Gang ließen in mir den Ge- danken eines grofsen Irrthums nicht aufkommen, und so bin ich denn wirklich in einen solchen verfallen.

Bald nach Absendung meiner Mittheilungen über Parana verglich ich das frisch ans Paris angekommene Barometer, welches ein mir befreundeter Ge- lehrter, Herr A. Bravard, inzwischen aus Buenos Aires mitgebracht hatte, 2«ftodir. f tilg. Brdk. N«oe Folg». Bd. VIII. 6

82 Miacellen:

und fand zwischen beiden eine Differenz von durchschnittlich 6,8 Par. Linien, d.h. tun so viel höher stand das seinige; woraus sich dann ergab, dafs das von mir für Parana* aufgestellte Mittel von 327,8 Par. Linien auf 334,6 Par. Linien verändert werden mnfste. Diese Zahl weist eine Höhe von ziemlich ge- nau 85 Meter über dem Meere nach und so hoch würde die Lage der Stadt zu setzen sein; Parana* läge 260 Fufs über der Fläche des atlantischen Oceans.

Für die Höhe des Flnsses am Hafen ergaben meine Beobachtungen einige Differenzen; ich erhielt 1,6 bis 1,38 Par. Linien Unterschied. Die entere Zahl giebt etwa 140 Fufs, die zweite nicht ganz HO Fufs; der Parana- Spiegel würde also gegen 130 Fufs über dem Meere liegen.

Seitdem ich diese Verbesserungen meiner eignen Beobachtungen mittelst des Bravard'schen Barometers aufgefunden hatte, ist mir noch eine Arbeit bekannt geworden, die darauf Beziehung hat; ich meine die von Lieutenant Th. J. Page zu seiner Reise durch einen Theil der argentinischen Provinzen angefertigte Karte. Auf derselben befindet sich das Profil des Parana -Flnsses von Corrientes bis zur Mündung, nach welchem die Stadt Paran* 250 Fufs über dem Meeresspiegel, der Flufs am Hafen 96 Fufs hoch liegt. Das stimmt mit meinen Messungen in so weit überein, als es zeigt, dafs nicht das Mittel, sondern die höchste Zahl des Unterschiedes zwischen Hafen und Stadt, welche ich gefunden habe, die richti- gere sei, zumal wenn man erwägt, dafs der Flufsspiegel grofsen Schwankungen unterliegt, und während der beiden Jahre, wo ich ihn beobachten konnte, im Februar und März gegen 10 Fufs höher stand, als im August und September. Um jene Zeit hat er stets seinen höchsten, um diese seinen tiefsten Stand er- reicht, und das Niveau des Jahres 1858 war das bedeutendste, welches seit dem Jahre 1827 vorgekommen ist. Damals überschritt er noch die kürzlich einge- nommene bedeutende Höhe.

Bemerkungen zu der Karte von Marocco.

Von H. Kiepert.

Der Versuch, das Land des „äufsersten Westens M (Maghrib-el-Aksa nach der arabischen Bezeichnung) von Nordafrika, das Ländergebiet des von ans Eu- ropäern sogenannten Reiches von Marocco ') im Kartenbilde etwas ausfuhrli-

') Dieser Name, welcher seiner Anwendung nach völlig dem im vorigen Jahr- hunderte in Europa ganz allgemeinen Gebrauch, Moskowiter statt Russen zu sa- gen entspricht, ist im 16. Jahrhundert nach der damaligen Hauptstadt durch die eu- ropäischen Nachbarn, Portugiesen und Spanier, in Gebrauch gekommen, welche ihn, die Consonanten der arabischen Form Marräkesch genauer wiedergebend, Marrocos, Marruecos schreiben; daraas ist die Form Marocco bei den Italienern entstanden, welche durch den Einflufs dieses damals so bedeutenden Handelsvolkes von den nörd- lichen Völkern, unverändert von Deutschen und Englandern (bei diesen mit der Ne- benform Morooco), inMaroc verkürzt von den Franzosen angenommen worden ist-

Bemerkungen zu der Karte von Marocco. 83

eher als gewöhnlich darzustellen, ist ein wegen Mangels jedes zuverlässigen Ma- terials immer noch sehr bedenklicher: unter den Hunderten (in früheren Zeiten des Sclavenraubs sogar Tausenden) von Europäern, welche dieses den Sudküsten Europas so nahe liegende, auch mit dem Norden lebhaften Handel treibende Land betreten und wenigstens zum Theil auch entlegenere Gegenden des Innern gesehen haben, finden ßich bis auf den heutigen Tag nicht ein Dutzend genaue und aus- fuhrliche Berichterstatter, nicht ein einziger durch wissenschaftliche Vorbereitung namentlich zur Naturbeobachtung befähigter Forscher; selbst Militärs, welche nicht selten den Gesandschaftereisen beigeordnet nach den inneren Hauptstädten an ge- langen Gelegenheit hatten, haben dieselbe und ihre vorzugsweise Befähigung an topographischen Recognoscirungen auf diesem Boden mit zwei Ausnahmen (Capt. Washington 1829, Graf Caraman 1825) unbenutzt gelassen.

Unsere specielle Landeskunde beschränkt sich daher zunächst auf die Kü- stenlinien und die sie begleitenden Höhenzüge, welche durch Aufnahmen der spanischen und britischen Marine, jene für das Mittelmeer (Tofino 1787, nur an der Meerenge um Kleinigkeiten berichtigt durch Smyth 1839), diese für die atlantische Küste (Boteler 1826 und Arlett 1835, nach den weniger zu- verlässigen älteren Arbeiten des Franzosen Borda, 1<68 u. ff.) auch nur in ih- ren allgemeinsten Verhältnissen bekannt geworden sind, eine Kenntaifs, welche durch die Beobachtungen von Landreisenden längs der Westküste nur um weni- ges vervollständigt wird: von der natürlichen Gestaltung des Innern wissen wir kaum mehr als was dieselben Beobachter fast nur auf den grolsen Strafsen, welche die Hauptstädte Fes, Mikn^s, Marrakesch mit den Hafenplätzen Tettawm, Tandja, Reb&t, Azamör und §uera (Mogador) verbinden, meist sehr flüchtig und unbestimmt aufgezeichnet haben; nächst dem Engländer Washington verdient unter diesen fast nur der Spanier Domingo Badia, welcher 1804 und 1805 als Mnhammedaner unter dem Namen Ali Bei el-'Abbasi (bekanntlich auch seinem SchriftsteHernainen) im Lande reiste, das Zeugnils sorgfältigerer Bericht- erstattung: Capt. Beauclerk's Bericht über seine Reise im Jahre 1826 läfst auf dem Wege von Azamör bis Marocco durch Auslassung aller Ortsnamen nicht einmal erkennen, ob er derselben Route gefolgt ist, wie 3 Jahre später Washing- ton. Die wenig gekannte HeerstraXse von £asr el Kebir (südlich von Tandja) nach der Residenz Miknes, welche Freiherr v. Augustin als Begleiter der öster- reichischen Gesandtschaft im Jahre 1830 kurz schildert, haben in derselben Gesellschaft nicht weniger als 3 Offiziere der Marine und 6 von der Armee (worunter einer vom Geniecorps) mitgemacht, ohne dafs ein einziger von ihnen an eine Bontenanfhahme gedacht zu haben scheint. Dafs uaedirte Zeichnungen in den ^ftHin für den Orient reichhaltigen Sammlungen des Depot de la Guerre wenigstens für Marocco nicht vorhanden sind, scheint Renou's Stillschweigen, der mehrere unbe- deutende Hafenpläne u. dgl. aus dieser Quelle dort, zu beweisen. Der vonRenou zufällig ganz übersehene Reisebericht des Engländers CoL Scott endlich, der auf seinem abenteuerlichen Zuge zu 'Abd-el-K&der (Journal of a Rendence in the Esmaiüa o/Abd-el- Kader, London 1842) die sehr unbekannte Strafse von Tetuan nach KafT-el-Kebtr, und von da zusammenfallend mit dem von Ali Bei in umge- kehrter Sichtung zurückgelegten Wege nördlich an F£s vorbei über Theza nach Udjda bereist hat, hält es gar nicht der Mühe werth, mehr als die meist zur ün-

6#

84 Miscellen:

kenntlichkeit entstellten und daher für die Karte unbenutzbaren Namen der jedes- maligen Nachtquartiere aufzuzeichnen. Im Uebrigen scheint von den nicht weni- ger als 258 Werken über Marocco, welche Renou's langes Verzeichnis (einschliefe- lich der Uebersetzungen, neuen Ausgaben und arabischen Autoren) aufzahlt, dem Anschein nach kaum der vierte Theil geographischen Inhalt zu bieten, immerhin noch eine ziemlich grofso Zahl, von der auch allerdings wieder kaum ein Dritt- theil, zum Glück aber doch gerade die wichtigeren und inhaltreicheren Werke in den hiesigen Sammlungen enthalten und mir daher zugänglich gewesen sind ; sehr viele hat Renou eingeständlich selbst nicht benutzt, und auf eine Menge älterer spanischer und französischer Gesandtschaftsberichte und Zeitungsartikel verrich- ten zu müssen, würde kein grofser Verlust sein, selbst wenn mit dem beschrank- ten Zweck unserer Aufgabe das Opfer an Zeit, welches das Durchlesen jenes gan- zen Wustes erfordern würde, vereinbar wäre.

Nehmen wir nun dazu noch des französischen Reisenden RenlCaillie*, eine« wenig gebildeten, aber, wie zum Glück jetzt gegen mannichfache Verdächtigun- gen völlig erwiesen ist, wahrheitliebenden und zuverlässigen Mannes, kurzen Be- richt über den Weg von Fes südlich durch den Atlas längs des Wadi Zhc nach Tafilßlt (gemacht in umgekehrter Richtung 1828), die einzige Linie europäischer Beobachtung, in welcher das bisher so geheimnifsvolle Innere des Landes südlich vom Gebirge erschlossen und für die Anknüpfung anderer Daten der Boden ge- wonnen worden ist, so haben wir den geringen Theil des Bodens von Maghrib umschrieben, welcher bis jetzt von einem immer noch düsteren und zweifelhaften Lichte geographischer Kunde erhellt wird, alles Übrige, und es ist ersichtlich der bei weitem gröfste Theil des Landes und seiner interessanten Gebirgssysteme, selbst die Europa gegenüber liegende bergige Küstenlandschaft des Rif liegt für die Wissenschaft noch in einem Halbdunkel, in welches durch die mit größ- tem Fleifse besonders von Renou und Berbrugger gesammelten Aassagen ein- heimischer Zeugen nur höchst spärliche Streiflichter fallen. Diese Finsternis, welche vor nicht gar langer Zeit noch als C. Ritter vor 40 Jahren mit der Darstellung der Oberflächenverhältnisse des afrikanischen Erdtheils seinen Ruhm begründete, noch als 10 Jahre später Col. Lapie in Paris die erste vollständigere Karte zu entwerfen unternahm die ganze nördliche Zone von Afrika bedeckte, ist neuerdings hier im Westland um so peinlicher geworden, je entschiedener bereits die unmittelbar Östlich angrenzenden, derselben Naturform angehörigen Landschaften, vorzugsweise der der französischen Herrschaft völlig unterworfene und durch treffliche topographische Aufnahmen gesicherte Theil von Algerien, aber auch schon die dem europäischen Forscher eben so leicht zugänglichen Ge- biete von Tunis und Tripolis in das helle Licht der positiven, durch alle Arten physikalischer Beobachtung gesicherten Erdkunde eintreten. Eben so gut wie das Östlich benachbarte tunesische Gebiet, welches einen nur durch die zufällig« politische Grenzlinie von Algerien geschiedenen Theil des durch seine natürliche Gestaltung einheitlichen sogenannten Atlas -Hochlandes bildet, mnfste das west- liche maroccanische Grenzland, dessen continentale Berührung mit Algerien allerdings, ungeachtet trotz des Vorherrschens derselben Naturtypen, durch gre- isere sich fast bis zur Küste vordrängende verkehrhemmende Wüstenstrecken

Bemerkungen zu der Karte von Marocco. 85

eine weit weniger innige ist '), die aufmerksamen Blicke der neu angesiedelten europäischen Herrscher auf sich ziehen: sowohl Handelsbeziehungen als militä- rische Vertheidignngsräcksichten und wohl auch sicher vorauszusetzende Pläne weiterer Ausdehnung französischer Herrschaft geboten ein möglichst genaues Stu- dium aller erreichbaren Nachrichten über Geographie, Ethnographie und Statistik von Marocco.

Ans diesen von der französischen Regierung mit reichen Mitteln unterstütz- ten Stadien sind die beiden einzigen neueren Karten des Landes hervorgegan- gen, welche auf das Pradicat selbständiger Quellenbearbeitung Anspruch machen können: die von £. Renou 1844 (in demselben Mafsstabe wie unsere Skizze, 1 : 2,000,000), deren Erläuterung und Begründung der ganze VHL Band des Sammelwerkes: Exploration $cient\fique de VAlgtrie gewidmet ist, und 1848 eine noch grofsere in 2 Blättern in 1 : 1,500,000, von dem im topographischen Ge- niecorps der Provinz Oran angestellten Capt. Beaudouin gezeichnet, mit Hülfe von Nachrichten, die theils er selbst, theils der Secretair bei der französischen Gesandtschaft in Marocco, L. Boches, eingezogen, wie eine Notiz unter dem Titel, leider die einzige zur Erläuterung beigefügte, besagt Da neuere Original- karten meines Wissens bis jetzt nicht erschienen sind a), so ist der Kartograph für die Darstellung dieses Länderranmes, soweit nicht die anderen oben ange- führten Originalquellen ausreichen, auf Benutzung dieser beiden vollständigsten Arbeiten angewiesen 8).

Ganx leicht ist diese Aufgabe nicht, da die beiden Karten in der Darstel- lung der weniger bekannten inneren Landestheile, namentlich der Gebirgszüge und Thäler des hohen Atlas außerordentlich stark von einander abweichen, ohne dafs die neuere, mit einer verhältnifsmäfsig viel gröfseren Menge von Naturfor- men und Namen bedeckte Arbeit durchaus das Präjudiz einer gröfseren Zuver- lässigkeit erweckte: sie würde in viel höherem Grade Vertrauen verdienen, wenn die ohne Frage an Zahl und Gewicht bedeutenden neu erworbenen Thatsachen in derselben anspruchlosen, gesichertes von blofsen Hypothesen scheidenden, ganz unbekanntes Terrain unausgefüllt lassenden Manier, wie von Renou geschehen ist, verarbeitet worden wären ; statt dessen sehen wir in Beaudouins Karte ein Fabri- cat der alten unsoliden leichtfertigen französischen Art, ä la Lapie, geleitet von

1 ) Dieses natürliche Verkehrshindernifs der Wüste an der Muluya (Muluchath) hat offenbar schon im Alterthum die getrennte Stellung des westlichen Mauretaniens, früher als besonderes Reich, in spätrömischer Zeit als von dem übrigen Africa ge- trennte und administrativ Hispanien beigeordnete Provinz M. Tingitana veranlafst.

*) Eine Karte vonAndriveau Goujon, zuerst 1845 erschienen, dann mehr- fach neu aufgelegt, ist einfach eine in der Terraindarstellung willkührlich modificirte Copie von Renou's Karte. Ueber die ältere, in früheren Generalkarten häufig benutzte Karte von Marocco von Gr&berg af Hemsö urtheilt Renou nicht zu hart, wenn er sie aus unverstandenen Daten aller möglichen Jahrhunderte willkührlich zusam- mengewürfelt nennt.

s) Mehrere in Folge des jetzigen spanischen Krieges ans Tageslicht getretene angebliche „Karten des Kriegsschauplatzes a, wie gewöhnlich der zur Anlockung der Käufer gewählte Titel lautet, sind nichts als nachlässige ohne Kritik fabricirte von Schriftfehlern wimmelnde Copien schlechter reducirter französischer Copien der an- geführten französischen Originale.

86 Miacellen:

dem Streben, der Karte den Schein grofstmögliclier Vollständigkeit zu geben durch Ausfüllung mit manierirten Flufs- und Bergzügen, wo das Material nicht aasreichte aas eigner Erfindung, oft in den naturwidrigsten Formen, das ganze überdeckt mit scheinbar sehr detailürten Angaben statistischer Thatsachen, welche doch ihrer Natur nach in einem so wenig erforschten Lande sich der Kunde des Fremden, selbst wenn er in der Hauptstadt ansäfsig ist, entziehen müssen, wie z. B. die Eintheilung und Untereintheilung nach Gouvernements- und Stamm- gebieten und deren ethnographische und politische Verhältnisse. Aufserdem er- weckt ein höchst ungünstiges Vorurtheil gegen diese Karte der Umstand, da£s früher erschienene fremde Arbeiten, selbst die zuverlässigsten und von Renou seiner Karte einverleibten, z. B. die Routiers von Ali Bei und Washington, offen- bar gar nicht zu Rathe gezogen, sondern nur indirect und weder genau noch voll- ständig aus Renou's Karte mit herübergenommen und so gerade ihre sichern Re- sultate oft wieder durch unrichtige Angaben verdrängt sind. Nur die gewissenhafte Verzeichnung der positiven, in dieser Karte neu benutzten Daten, welche aus dem Wüste der unkritischen Verarbeitung herauszuziehen ein unausführbares Un- ternehmen sein würde, hätte dieselbe für die Wissenschaft nutzbar machen können. Gleichwohl konnten wir uns diesem Material gegenüber nicht rein negativ ver- halten in denjenigen Theilen, wo die Renou'sche Karte bei der Dürftigkeit der zeitherigen Angaben die gröfsten Lücken gelassen hatte, die neue Karte dagegen mit einer gewissen Sicherheit, Vollständigkeit und Naturwahrheit der Formen diese Lücken ausfüllt unter Umständen, die eine nicht ganz oberflächliche Beobachtung als wahrscheinlich vermuthen lassen. Diese Bemerkung trifft zumal das Gebiet unmittelbar an. der französichen Grenze, zwischen Udjda und der Muluya, wel- ches genauer kejinen zu lernen die Franzosen in Folge der Schlacht am Isli (14. August 1844) und zumal der Verfasser in seiner dienstlichen Stellung in Oran wohl Gelegenheit gehabt haben, welches daher in Beaudouin's Karte auch voller an Namen als irgend ein anderes und in der Terrainzeichnung sich der durch die topographischen Aufnahmen bekannten Gestaltung der Oberfläche auf algerischem Gebiete wohl anschliefsend erscheint. Ich habe daher kein Beden- ken getragen, dieses Stück, einschliefslich des Muluya -Laufes (dessen gewaltige Krümmungen, wenn auch nicht unmöglich, doch etwas bedenklich aussehen) direct aus dieser Quelle zu entlehnen. Noch weniger zu vertreten ist natür- lich die Gestaltung der Thäler des hohen Atlas, welche bei Renou noch sehr fragmentarisch angedeutet, bei Beaudouin zuerst in einem völligen, der Natur des ""Hochgebirges allerdings angemessenen, aber schwerlich irgend wie genauer ermittelten Systeme von Längen- und Quer-Thälern gezeichnet erscheinen, wel- ches ich vorgezogen habe als höchst unsicher durch Punktirung der Flufsläufe anzudeuten : man darf nicht vergessen, dafs beide Autoren und ihre Gewährsmän- ner in der Hauptstadt die topographischen Daten (Entfernungen, auch wohl Rich- tungen, Bodenbeschaffenheit etc.) für dies ganze Gebiet zwischen Fes und Ma- roeco nur aus dem Munde von Eingebornen, resp. aus schriftlicher Ueberlieferung älterer arabischer Autoren haben '); von Reisen europäischer Beobachter in die-

l) Wenn daher z. B. beide Karten übereinstimmen in der auf die Längenaxe der Atlas -Hauptkette rechtwinklig gerichteten Streichungslinie dreier paralleler Ne-

Bemerkungen zu der Karte von Marocco. 87

ten Bexggegenden, selbst am Nordfafte des Atlas, kann bis jetzt noch um so we- niger die Bede sein, da nach den übereinstimmenden Berichten früherer Erzähler und einer Notiz der Beaudouin'schen Karte der Sultan selbst diesen nächsten und ohne Zweifel anmuthigsten, weil im Berglande liegenden, aber durch Gebiete rebellischer (d. i. keinen Tribut zahlender) Stamme fuhrenden Weg zwischen sei-. nen beiden Hauptstädten nie zu benutzen wagt, sondern um von der einen zur andern zu kommen jedesmal den zwei starke Winkel bildenden Umweg durch die heifse sandige Küstenebene über Bebät und Azamdr einschlägt.

Wenn in allen übrigen Punkten den kritischen und durch die genaue Repro- duetion der Quellenangaben belegten Ansehungen der Renou'schen Karte der Vorzog gegeben worden ist, so war es möglich, dieselbe doch noch an mehreren Stellen zu berichtigen und zu vervollständigen, vorzugsweise in den nördlichen Theüen, welche dem zunächst zu erwartenden Kriegsschauplätze am nächsten liegen, ohne damit freilich für diesen selbst irgend welche Garantie weiterer Aufhellung zu bieten. Besonders geschah diefs durch genauere Benutzung einiger von dem fran- zösischen Autor nur oberflächlich verglichenen Quellen, nämlich der von Drum- mond Hay in seinem geistreichen, als Sittenschildcrung unübertrefflichen Büchel- chen ' ) gelegentlich gegebenen Daten über den nördlichsten Landstrich zwischen Tandja und el-' Arisch; ferner des Itinerars der österreichischen Gesandtschaft nach Miknes a), besonders aber nochmalige Construction der Itinerare von Ali Bei (der einzigen genau mit Distanzen und Wegerichtungen verzeichneten), be- sonders des Weges zwischen Fes und Udjda, wonach die Stadt Theza wenigstens um 12' weiter westlich gerückt werden mußte, als Ali Bei's Längenbestiin- mung sie angiebt, welcher Kenou (1. c. p. 7) zu viel Vertrauen geschenkt und *ogar das lioutier danach niodificirt hat. Da aber die von Ali Bei in den Kü- stenstadten gemachten Längenbestimmungen sich durch die Controlle neuerer und zuverlässigerer Beobachtungen sämmtlich als um mehrere Minuten irrig auswei- sen (und zwar mit Ausnahme von Tandja alle als zu westlich, 'Arisch um 8', Rebat und Mogador um 9', Azamdr um II ')> so trug ich kein Bedenken für die Länge von Theza (natürlich unter Beibehaltung seiner astronomisch bestimmten

benketten, des Djebel Marfzän (oder Merasen), Mastalitha (oder Mezettalsa) und Ma- gran (die Namen fehlen in Beaudouin's Karte, in der meinigen ist jene Richtung durch die Stellung der Namen angedeutet), so ist daraus noch keineswegs auf eine Uebereinsthnmung mit der wirklichen, zur Zeit noch ganz unbekannten Naturfonn zu schliefsen.

1 ) Western Barbary, its Wild Tribes and Savage Animals, London 1842; die bei Frankb in Stuttgart (in der Sammlung „Weltpanorama", Bd. 57 60, 1846) er- schienene deutsche Uebersetzung ist nicht, wie auf dem Titel steht, nach dem eng- lischen Originale, sondern nach der 1844 in Paris erschienenen französischen Ueber- setzung der Madame Belloc ungemein nachlässig gemacht. Die Leetüre des sehr frisch und anmuthig geschriebenen Originals ist dringend zu empfehlen, man be- dauert nur, dafs der durch seine häufigen Reisen in allen Theilen des Landes zur Bereicherung der Landeskunde so wohl befähigte Autor sich bis jetzt nicht ent- schlossen hat, mehr aus seinen Schätzen mitzutheilen.

a) Freih. v. Augustin, Erinnerungen am Marocco, Wien 1838; daraus ist na- mentlich die Lage von Djebel Silfat (bei ihm falsch Sillat), Zäwiet M. ldris und Kasr Far ön und der Lauf des Flusses von Miknes gegen Benou's Ansetzung berichtigt.

88 MisoeUen:

Breite), vielmehr seinem durch die neuere Fixirung des östlichen Endpunkte» Udjda an der algerischen Grenze gesicherten und auch durch L. Scott's Anga- ben ') bestätigten Itinerare zu folgen.

Die Position von F€s, wo Ali Bei sich hinreichend lange aufhielt, am durch oft wiederholte Beobachtungen ein sichreres Resultat auch für die Länge gewin- nen zu können, ist demzufolge unverändert um so mehr beibehalten worden, als die Entwickelungen der Itinerare Ali Bey's selbst nach Rebät und Tandja, für letzteren Weg auch das von Caraman bei Benou damit sehr wohl übereinstim- men. Auch die von Ali Bei und Washington fast genau identisch bestimmte Position vonMarocco ist unverändert aufgenommen, wenn ich auch keineswegs mit Benou die geringe Differenz beider Berechnungen (9" in der Breite, 39" in der Länge) allein auf die Verschiedenheit der Beobachtungsstationen zurückfuh- ren, das Resultat mithin für ein gegen jeden Zweifel gesichertes erklären möchte; doch sind andererseits Beauclerk's, Richardson's u. a. übereinstimmende Angaben von nur 4 bis 4 j Tagemärschen Weges zwischen der Hauptstadt und ihrem fast genau westlich gelegenen Hafen Snera (Mogador) nicht hinreichend speeificirt, um allein auf diese Autorität eine Verkürzung der für 4 Tage allerdings auffal- lend grofsen Distanz von 27 deutschen Meilen, somit eine westlichere Verschie- bung der Position von Marocco (da die Länge von Mogador durch Boteler und Arlett wohl hinreichend festgestellt ist) versuchen zu dürfen.

Die wenigen seit dem Erscheinen von Renou's Werk, d. i. in den letzten 15 Jahren neu hinzugekommenen Reiseberichte liefern kein ferneres Material zur Vervollständigung der Topographie: Barth's Reise im Jahre 1845 beschrankte sich auf die nördlichste Ecke des Landes, seines späteren Mitreisenden Richard- son Besuch sogar nur auf die Küsten städte Tandja und Mogador, wo er einige Erkundigungen über politische und sociale Zustände des Inneren einzuziehen Ge- legenheit hatte, so dafs das von seiner Wittwe aus dem hinterlassenen Tagebuche soeben herausgegebene sehr inhaltleere Buch mit Unrecht den wohl nur von mer- cantilischer Speculation eingegebenen Titel „Travels in Morocco* führt.

Für eine annähernd richtige Darstellung der Höhenverhältnisse dieses Erd- raumes fehlen fast noch die ersten Elemente. Höhen sind, aufser einzelnen vom Meere aus sichtbaren Berggipfeln, welche bei den Küstenaufnahmen trigonome-

') Scott giebt nämlich anfHin- und Rückweg übereinstimmend 5 Tagemärsche zwischen Theza (bei ihm Taasa geschrieben) und Udjda (sein RioSalado, 3 Tage von Tkdza, ist natürlich der von seinen spanischen Begleitern irrig übersetzte Name Mulüya, sein Thal von Aza, 1 Tag weiter und 2 Tage diesseit Udjda, ist der Wadi-en-Nesä) dagegen nur 8j gewöhnliche Märsche zwischen Theza und Sük Seherägha (Charagat schreibt er, welches der eigentliche unterscheidende Ortsname ist, der Name Sük Tel ata bezeichnet den Ort nur als einen Marktplatz, wo Diens- tags Markt gehalten wird), und für den gewöhnlichen Verkehr zwischen Theza und Fes 2 starke Märsche, welche in seiner Route nur durch Witterungshindernisse auf 4 kleine Tagereisen verlängert werden. Alle diese Angaben würden auf Ali BeTs und Renou's Länge von Theza = W. Paris nicht passen. Es sind dies übri- gens, abgesehen von ein paar Bemerkungen Über die Streichungslinien der Bergrücken in diesem Gebiete (vorherrschend O. -W. zwischen Fes und Theza auf der Nordseite des Flufsthales, p. 19, dagegen NO.-SW. in der Nähe des westlicheren Wadi Wergha, p. 14) die einzigen topographisch brauchbaren Daten in dem ganzen Scott'schen Buche.

Bemerkungen zu der Karte von Marocco. 89

trueh bestimmt worden, nur von Capk Washington auf seiner Reise nach Ma- rocco einige gemessen, welche unsere Skizze sämmtlich wiedergiebt '); es ergiebt sich ans denselben eine mittlere Anschwellung der meist steinigen, wasserlosen und unfruchtbaren Ebenen zwischen Marocco und Azamdr bis in ziemliche Nähe der Küste xu zwischen 500 und 1000 Fnfs, und die Analogie der bekannten Hö- henverhältnisse der Binnenebenen Algeriens lafst bei der, wie es scheint, sehr ein- förmigen und regelmäfsigen Oberflächenbildung dieses ganzen nordafricanischen Hochlandes einen Zusammenhang der dem Nordfufse des Atlas angelagerten An- schwellungen auch- zwischen dem Thale der Umm-er-fiebfa und der Muluva als wahrscheinlich annehmen; für eine mittlere Meereshöhe von etwa 1000 Fufa oder mehr für die Ebenen in den oberen Thälern des Ordüm und Sebü, in welchen die nördlichen Hauptstädte Miknes und Fes liegen, sprechen auch die von verschiede- nen Beisenden gegebenen Schilderungen sowohl des Klimas und der Vegetation dieser Hochthäler im Gegensatz zu den im Sommer völlig ausgetrockneten sonnver- brannten Kästenebenen, als auch der Engschluchten der Flüsse und der zum Theil durch zerrissene Gebirge führenden Passe, welche auf der Strafse zwischen die- sen Hauptstädten und der Ebene des untern Sebü zu überwinden sind. Dafs das ganze von der verhältnilsmäfsig eingesenkten Spalte des Sebü -Thaies nördlich bis zur Mittelmeerküste sich ausdehnende wilde und schluchtenreiche, daher auch schwer zugangliche und unter dem Namen Btf von fast ganz unabhängigen Ber- berstammen bewohnte Gebiet gleichwohl nur als MittelgebirgBland anzusehen ist, und sich auch in einzelnen höheren Ketten und Gipfeln nicht über die durch- schnittliche Höhe von 3 4000 FuTs erhebt, geht aus der Gleichförmigkeit seiner Erscheinung mit den Bergländern der algerischen Küsten für den Anblick vom Mittelmeere aus hervor '). Für den südlicheren, im einzelnen noch ganz uner- forschten breithingelagerten Hauptzug des Atlas lassen die von Benou combinir- ten und discutirten dürftigen Angaben der Einheimischen eben nur mit einiger Wahrscheinlichkeit erkennen, welche Landstriche etwa im engeren Sinne dem Hochgebirge (ich meine einer durchschnittlichen Erhebung von 3 4000 Fufs und mehr) und welche etwa den Vorstufen oder den hohen Plateaux angehören. Dafs die dem südöstlichen Gebirgsfufse angelagerten ausgedehnten Ebenen an den Wüstenströmen Ziz und Gfr zu einer nicht ganz unbedeutenden mittleren Höhe ansteigen müssen, geht ebenfalls aus der Analogie mit den algerischen Wüsten- plateanx, deren westliche Fortsetzung sie bilden, hervor.

Bei so fragmentarischer Kenntnifs wird vielleicht selbst die möglichst allge- mein gehaltene Andeutung der Hauptformen des Bodens durch Farbentöne ver- schiedener Schattirung, wie sie nur zu leichterer Veranschaulichung der Vorstel- lungen, die sich dem Verfasser aus speciellerem Studium der Reiseberichte als wahrscheinlich ergeben haben, in beiliegender Skizze versucht wurde, dem Vor- wurfe allzu bestimmten Ausdrucks hypothetischer Annahme nicht entgehen, wenig- stens liefe es sich nicht vermeiden durch naturgemäßen Anschlufs der Grenzen

') Anfserhalb des südlichen Bandes derselben vorzüglich noch die des höchsten im Süden der Hauptstadt sichtbaren gewöhnlich mit Schnee bedeckten Gipfels der Hanptkette des Atlas, Miltsin genannt, zu 10,700 Pariser Fufs.

a) Berthelot bei Renou p. 864.

90 Mizellen:

der Farbentöne an das in sich selbst nun Theil so zweifelhafte Fluftnetx eine scheinbar gröfaere Bestimmtheit der Formen an bieten, als irgendwie vertreten werden kann. Gleichwohl blieb diese Art der Bezeichnung fast die einsige aus- führbare zur Darstellung des Gesammtcharakters des Landes, während bei der gewöhnlichen Art der Bergschraffirang der kritische Bearbeiter blofs die wenigen sicher festgestellten Bergformen angeben, wenigstens nenn Zehntheile des ganzen Berglandes dagegen gar nicht darstellen konnte, um nicht durch Wiedergabe oder gar weitere Ausführung der in den französischen Karten angegebenen Formen den Vorwurf rein willkührlicher und phantastischer Ranmansfullung zu verdienen. Dieser Vorwurf trifft natürlich auch mehr oder weniger, je nach verhaltnilamäfsi- ger Reduction des Mafsstabes, alle diejenigen Karten, auf welchen das in Bede stehende Ländergebiet als integrirender Theil eines grosseren Ganzen um der gleichartigen Darstellung zusammenhängender Naturformen willen in der bezeich- neten Manier, nicht ohne Hülfe graphischer Phantasie ausgeführt ist, so s. B. jede Karte von Europa, auf welcher eine Auslassung der Gebirgsdarstellung dieses ein- zigen Landes peinlich, den Gesammteindruck störend erscheinen würde; wie denn auch in derselben Art der Ausführung eine Karte des ganzen nördlichen Afrika, wie No. 35 meines Atlas (in } des Mafsstabs der vorliegenden) allerdings mehr dem Bedürfnisse allgemeinerer Anschauung als kritischer Geographie angepaßt ist. Hinsichtlich der Schreibung der arabischen und berberischen Namen wird die genauere Unterscheidung mehrerer nur dem Orientalisten wichtigen feineren consonantbchen Nuancen (Unterstreichung der sogenannten emphatischen Buch- staben, Bezeichnung des leisen Gutturalhauchs 'ata durch ' ), deren Angabe durch Renou's und zum Theil Gräberg's verdienstliche Thätigkeit auf diesem Felde ermöglicht war, den Nichtphilologen wenigstens nicht stören; eher dürfte dies die theilweise Accommodation des von mir befolgten Transscripüonssjstems an die französische Schreibart: dieselbe erschien jedoch eweckmäfsig wegen des beque- men Anschlusses der Karte an eine demnächst erscheinende in demselben Mafs- Btabe ausgeführte Karte von Algerien, auf welcher sie, wegen der im neuen Colonisationsterrain schon hin und wieder eingestreuten französischen Namen und wogen der bereits bestehenden Gewohnheit in der Zeitungs- und Touristen -Lite- ratur, auch alle arabischen Namen dieses Landes in französisches Gewand zu kleiden, durchaus nicht zu umgehen war. Andererseits konnte besonders be- züglich der Aussprache der Vocale, bei der Unzuverlässigkeit und Discrepanz der europäischen Quellen und der mangelhaften Bezeichnungsart der einheimischen Schreibung ein strenges System nicht wohl durchgeführt werden: so ist die im ganzen Maghrib (auch in Algerien und Tunis) fast allgemein gebräuchliche Aus- sprache des langen d als £ nicht überall streng befolgt, da auch Einheimische neben der Vulgäranssprache, z. B. in Fes, Mikn€s, Theza, oft die ursprüngliche reinere Vocalisirung Fäs, Miknäs, Thaza beizubehalten pflegen ').

') Dm in diesen bekannten Namen aus der spanischen Schreibart bei den Eu- ropäern eingebürgerte z ist der genaueren Aussprache wegen mit dem richtigeren s vertauscht. Tanger und Tetuan sind bekanntlich durch den Einfluß* der zuerst festgestellten portugiesischen Schreibung bei den Europäern eingewurzelte Ent- stellungen der einheimischen Formen Tandja, Teftawin ; einzelne noch ärgere vulgäre Entstellungen, wie Larache, Arzilla statt el -'Arisch, AsUä u. dgl. erwähne ich nur, weil sie oft in Zeitungsberichten vorkommen.

91

Neuere Literatur.

Geographische Hand- und Schulbücher.

t) J. G. Fr. Cannabich's kleine Schulgeographie. 10. Auflage. Neu be- arbeitet von Dr. Friedr. Maximilian Oertel. Weimar, 1859 bei B. F. Voigt Der Veteran Cannabich starb am 2. März 1859, fast 82 Jahre alt; seine Biographie dlizfen alle Verehrer des Verstorbenen von einer befreundeten Hand erwarten. Für die Güte des in 85000 Exemplaren verbreiteten Werkes spricht, dsis es noch jetzt, nachdem 40 Jahre seit seinem ersten Erscheinen verflossen sind, begehrt wird: die erste Auflage erschien bereits 1818, nnd zwar als ein Aussog ans dem 1816 in erster nnd 1818 bereits in dritter Auflage erschiene- nen Lehrbache der Geographie desselben Verfassers. Der jetzige Bearbeiter hat manches Detail gestrichen, was er wohl mit Recht als entbehrlich ansah, z.B. Hivserzahl der meisten Städte, die Aufzählung der Departements in Frankreich, die Stores in Gröfsbritannien, die Gouvernements in Rufsland, Comhate in Un- garn u. s. w. nnd dafür einige Regeln Ober die Aussprache der Namen in den fremden Sprachen als gewifs dankenswerthe Neuerang hinzugefügt. Indessen durfte doch nach eine noch sorgfältigere Durchsicht des geographischen Materials nicht ohne Nutzen sein. Wenn z. B. als die vorzüglichsten Seen Norddeutsch* Itnds der Ratzeburger und der Schweriner See aufgeführt werden, so ist das eine durch nichts gerechtfertigte Ungerechtigkeit gegen den Pidner See nnd die Mürits, abgesehen selbst von den grofseren Landseen Pommerns. Im Grofs- herzogthum Baden vermifst man die bedeutende Fabrikstadt Lahr, während viele unbedeutende Ortschaften aufgezählt sind und das weltbekannte Baden-Baden liegt noch immer am „Oelbache" statt am Oosbache. Dafs unter den asiati- schen Hauptflüssen die Kolyma und der Menam aufgeführt werden, der Mekhong und Seinen aber nicht, ist um so auffallender, als auf S. 215 der Mekhong „der grofcte der hinterindischen Flüsse " genannt wird, auf S. 197 aber die Kolyma ganz übergangen ist und an ihrer Stelle von den sibirischen Strömen der Anadyr sich erwähnt findet. Neben dem Syr, Amn und Ural hätte auch der Tarim auf 8. 193 genannt werden müssen. Ebenso ist die Uebergehung des Saskatschawan anf S. 262 bei Erwähnung des Oregon nicht zu rechtfertigen. Die Gebirge Van- diemenlands wenngleich der Humboldt- Berg 1000 Fuft höher als angegeben tafsteigt tragen dennoch (S. 311) keinen ewigen Schnee u. s. w. Diese an sich geringfügigen Monita dürften bei fernereu Ausgaben leicht zn vermei- den sein.

2) Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung für die oberen Klassen hö- herer Lehranstalten und zum Selbstunterricht von Wilhelm Pütz. 3. Auf- lage. Freiburg im Breisgau, Herder'sche Verlagshandlung.

Wie schon der Titel andeutet beabsichtigt dies Werk einer höheren Lehr- stufe, einer wissenschaftlicheren Auffassung der Erdbeschreibung zu dienen. Die mathematische Geographie ist freilich hier noch kürzer, als im vorstehenden

92 Neuere Literatur:

Lehrbuche, mit kaum 4 Seiten abgefunden; ebenso ist die politische Geographie weniger reich bedacht hinsichtlich der Aufzählung von Städten, und namentlich hinsichtlich der Anfuhrung ihrer Merkwürdigkeiten. Dafür aber ist die physische Geographie, die Ethnographie, die Cultur- Statistik ungleich reicher bedacht; da- neben ist das gegebene Material verarbeitet und durch Reflexionen interessant gemacht. Um dieser Reflexionen halber ist das Buch auch für reifere Leser beachtenswerth und darf beanspruchen, nicht blos als Lehrbuch allein, sondern auch als UnterhaltungslectOre zu dienen. Gebührt dem Herrn Verfasser in Be- treff dieser Reflexionen nach eignem Geständnifs wohl nur mehr das Verdienst einer umsichtigen und geschickten Zusammenstellung als der ursprünglichen Con- ception, so ist eben auch diese Popularisirung kein geringes Verdienst zu nen- nen. In einzelnen Daten mag der Verfasser zu blindlings einzelne Irrthümer sonst gediegener Autoritäten nachgeschrieben haben , so z. B. wenn S. 37 Bor- neo auf 10000 (statt auf 13000) Quadratm., Celebes auf 2600 (statt auf 3200) Quadratm. angegeben wird, wenn er ferner S. 344 die Ausdehnung der Wasser- flächen Skandinaviens auf 1300 Quadratm., wohl nahe an 1000 Quadratm. zu viel schätzt; wenn S. 376 das Gebiet des nordamerikanischen St. Lorenzstromes auf 62000 Quadratm. bestimmt wird, während jede Generalkarte zeigt, dafs es kaum mehr als den dritten Theil mifst An einigen Stellen ist die Diction et- was flüchtig, so z. B. wenn S. 409 die Colonie Neu -Süd -Wales „die wichtig- ste u und die Colonie Victoria »die erste" unter den australischen Colonien genannt wird; auch scheint es eine Flüchtigkeit, dafs die Angabe der Bevölke- rung der Stadt Berlin vermifst wird. Diese kleinen Mängel und einzelnen Irrthü- mer wird der Lehrer und aufmerksame Leser leicht ergänzen und verbessern: sie verschwinden gegenüber dem trefflichen Gesammtinhalt, der sorgfaltigen span- nenden Darstellung.

3) Grundrifs der Geographie von Daniel Volt er. Efslingen, Verlag von Con- rad Weychardt. Das Verdienst dieses Werkes den beiden eben genannten, etwa gleich um- fangreichen (350 bis 500 Seiten) gegenüber besteht in einer ausführlicheren Be- handlung der mathematischen Geographie, die durch 13 in den Text eingedruckte Figuren illustrirt wird. Sodann findet am Ende der physikalischen Geographie das Mineral-, Pflanzen- und Thierreich eine kurze Berücksichtigung, ja es ist die Gäa, Flora und Fauna der einzelnen Welttheile und, als zunächst die Leser die- ses Buches interessirend, sogar die der Staaten des deutschen Bundes abermals ins Besondere dargestellt Die Behandlung des specieUen Theiles ist im Uebri- gen wie die Cannabich'sche in der Hauptsache eine rein politische Geographie; etwa nahezu so reich an Namen, aber viel reicher an Zahlen als jene, indem überall die Einwohnerzahlen der genannten Ortschaften aufgeführt werden. Herr Volt er hat indessen auch aus der physikalischen Geographie und Cultur- Sta- tistik reichere Daten herbeigezogen. Obschon auch hier einzelne Fehler in den zahlreichen Zahlenangaben sich nachweisen lassen, (so z. B. werden S. 193 vom Flächeninhalt der Schweiz (= 754 Quadratmeilen) den ewigen Schneefeldern 125 Quadratmeilen, den Gletschern 50 Quadratmeilen und den Seen 39 Quadrat- meilen zugewiesen; während selbst Ebel nur 534 Quadratmeile Firn und Glet-

F. N. Loremen: Jerusalem. K. Pfyffer: Der Kanton Luzern. 93

scher, Berlepsch aber nnr (and gewifs der Wahrheit naher) 33 bis 40 Quadrat- meilen rechnet: also kaum | der obigen Summe), so erscheint der Gesammtin- hah doch von mehr als gewöhnlicher Zuverlässigkeit. Ueberhanpt wird mau sich mit dem Buche trotz der etwas trockenen Darstellung bei näherer Prüfung des Gegebenen befreunden. Seine Lehrstufe ist eine mittlere zwischen den bei- den oben genannten Werken; die äufsere Erscheinung steht dem Herder*schen Veriagswerke durchaus nicht nach. S.

Jerusalem. Beschreibung meiner Reise nach dem heiligen Lande im Jahre 1858. Von F. N. Lorenzen, Diakonus zu Delve. Kiel 1859. Schrö- der u. Co. 461 S.

Der Wanderlust des Herrn Verfassers wies ein religiöses BedürfniTs das hei- lige Land als Reiseziel an; die Erlangung des Harms'ischen Stipendiums zu die- sem Zwecke machte ihm die Ausfuhrung des lange gehegten Wunsches möglich. Jenes Stipendium, zum Andenken an das 25 jährige Amtsjubiläum des bekannten Theologen Hanns gestiftet, soll examinirten Theologen aus Schleswig und Hol- stein zur Erlangung einer noch grundlicheren Bildung, sei es durch Reisen, sei es durch Aufenthalt auf Universitäten, verhelfen. Die vorliegende unterhakende und erbauliche Reisebeschreibung ist für das grofse Publicum, nicht für Fachge- lehrte geschrieben und erfüllt diesen Zweck ausnehmend gut Erbauliche Be- trachtungen, Schilderungen der Religionszustande und des Missionswesens wech- seln mit historischen Rückblicken und kleinen Reiseabenteuern ab. Wissenschaft- liche Betrachtungen anzustellen, hatte der Verfasser nur während seines fünfwö- chentüchen Aufenthaltes in Jerusalem genügende Mufse: er hat aber auch diese Beobachtungen einstweilen zurückgelegt. Ueber Smyrna, Rhodos, Cypern, Bei- rat, Jaffa gelangte der fromme Reisende nach Jerusalem und machte von dort Ausflüge nach Jericho, dem Jordan, dem todten Meere und nach Hebron. So- dann trat der Verfasser seine gröfsere Reise nach Nablus, Nazareth, Tiberias, dem Kännel und Akka an, über Tyras und Sidon, den Libanon und Antiliba- non, Damaskus, Baalbek, den Dschebel Makhmel nach Beirut zurückkehrend. Hier schiffte er sich im Österreichischen Lloyd- Dampf boot nach Alexandrien ein auf dem Rückwege nach Triest. Wer gar keine Karte von Palastina besitzt, mag dem Verfasser für die beigegebene danken. Dafs Herr Lorenzen ein Leser- Pu- bficum findet, welches er völlig befriedigt, ist gar nicht zu bezweifeln. S.

Der Kanton Luzern, historisch -geographisch -statistisch geschildert von Dr. Kasimir Pfyffcr. Thl. 1 u. 2. St. Gallen und Bern bei Huber n Co. 1858 u. 1659. 411 u. 384 S, Von dem historisch -geographisch -statistischen Gemälde der Schweiz *, wel- ches vor reichlich 20 Jahren von der Verlagshandlung Huber u. Co. in Angriff genommen wurde, ist nunmehr in obiger Schilderung der 16te Kanton erledigt

94 Sitzungsbericht

Bis hierher erschienen nämlich die Kantone Zürich (2 ThL), Uri, Schwyz, Unterwai- den, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, Appenzell, Aargan (2 Tbl), Thur- gan, Tessin, Waadt (2 Thl.) ; aufserdem die erste Abtheilong des Kanton Grau- bünden und der Halbkanton Baselstadt. Die Vertheilung einer solchen umfang- reichen Arbeit unter mehrere Autoren hat gegen den natürlichen Nachtheil, dafs eine völlig gleichförmige Behandlung dadurch unmöglich wird, den entschiedenen Vortheil, dafs ganz besondere Ortskunde und eine anderweitig gar nicht zu er- zielende Reichhaltigkeit des benutzten Materials dadurch gesichert wird. Da- gegen ist der Gesichtskreis des einheimischen Verfassers leicht ein beschrank- terer, und wird beispielsweise eine Schilderung des Gebirgssystems des Kantons Luzern von einem einheimischen Topographen schwerer in dem Maafse und Zu- sammenhange gegeben werden, als in einer Beschreibung der Gesammt- Schweiz oder des ganzen Alpengebirges. Herrn K. Pfyffer's Kanton Luzern reiht sich den besten früher erschienenen Abtheilungen des Gemäldes der Schweiz würdig an; das historische Material verdient bei der einflußreichen Stellung und nach den früheren gelehrten Leistungen des Verfassers besonderes Zutrauen; die cul- targeschichtliche Abtheilung ist ungemein reich an Notizen und, wie leicht be- greiflieh, findet auch in der topographischen Abtheilung des zweibändigen Werkes jeder Leser viel Neues. Die Ableitung des Namens „Luzern" nicht von dem Leuchtthurm im See , sondern von dem keltischen Lug Oern , d. h. Seeshaupt (nach Bochat), seheint Viel für sich zn haben. Auch über den im Mittelalter vielberufenen Pilatus -See, dem neuerlich sogar seine Existenz (von Aloys Basin- ger) bestritten worden, findet sich das Verlafsliche : er ist, neuerdings abgegra- ben, in trockener Jahreszeit kaum mehr als eine Pfütze. In jeder Beziehung er- füllt diese Schrift die Aufgabe, ein Hausbuch zn sein für jeden Kantons -Ange- hörigen. Darauf ist auch die äufsere Ausstattung berechnet. Zwei Lithogra- phieen: von Luzern der Stadt und der Sempach- Kapelle sind auf dem Um- schlage beigegeben. S.

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 7. Januar 1860.

Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) v. Etzel, Grönland, geographisch und statistisch beschrieben. Stuttgart 1860. 2) Haidinger, Ansprache gehalten am Schlüsse des ersten Decenniums der K. K. Geolog. Reichsanstalt zu Wien. Wien 1859. 3) Mädler, Beobachtungen der K. Universitäts - Sternwarte Dor- pat Bd. XV. Abtheil. I. Dorpat 1859. 4) Extraits des publications de la SocÜti Imperiale gäographique de Russie. St Piterebourg 1869. 5) Bote der Kais. Boss. Geogr. Gesellschaft. 1869. No. 5 8. 6) Bulletin de la Socittf de Geographie. 4«n« Serie. Tom. XVIIL Paris 1859. 7) The Journal of the Royal Dublin Society. No. XV. Dublin 1659. 8) Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde. N. F. Bd. VIL Heft 4. Berlin 1859. 9) Preußisches Handelsar- chiv. 1859. No. 41— 52. 10) PetennamVs Mittheilungen. 1859. Heft XU.

der Berliner geographischen Gesellschaft. 95

Gotha 1859. 1 1) Erman, Archiv für wissenschaftliche Kunde Rnfslands. Bd. XIX. Heft 1. Berlin 1859. 12) Karte vom Prcufs. Staate, mit besonderer Berück- sichtigung der Commnnicationen, herausgegeben vom Handels -Ministerium. Ber- lin 1859. 12 BI. 13) Keith Johnson, Royal Attas of Modern Geography. P. IV. Edinburgh. 14) Cauchon, Map of the North- West Part of Canada, Indien Territories and Hudsons- Bay. Toronto 1857. 2 Bl.

Herr Prof. Dove, legte ein colorirtes Exemplar der geologischen Karte von Canada vor, auf welchem die der Küßte der Hudsonsbai parallelen Lagerungs- verhaltoisse deutlich hervortreten. Er (heilte ferner nach einem Briefe des Ge- nerals Sahine mit, dafs am 1. September vorigen Jahres eine eigentümliche Er- scheinung auf der Photosphäre der Sonne gleichzeitig mit einer bedeutenden Stö- rung der Magnetnadel gesehen worden sei. Hierauf legte Herr Dove eine gr5- fsere Anzahl neuer Werke zur Ansicht vor, und fügte Bemerkungen hinzu: Un- ter diesen einen von dem Board of Trade übersendeten Atlas über die Whtdes- richtmigen auf den verschiedenen Meeren, ferner den dritten Theil der von dem Institut in Utrecht veröffentlichten Ergebnisse über Seestörungen und Winde, Manry9» Nautical Monographs, die vom Admiral Fitzroy neu veröffentlichte Pas- sage Table, sowie dessen Instructionen für die auf der See von Reisenden ansra- stellenden Beobachtungen, das Beobachtungsjournal der „Fair Rosamond" ange- stellt zur Prüfung der Ueberemstimmnng der für den Seemann so wichtigen An- gaben eines Barometers, Aneroid und Sympiezometer, Byron Drury's Klimatolo- gie von Neu -Seeland nebst einem handschriftlichen Beobachtungsjcrurnal des Dr. Sefcimper in Manilla. Ferner: Palermo und seine Bedeutung als klimatischer Kurort von Rudolph Edlen von Vivenot jun., mit einer Karte der Umgebung von Palermo. Icebergs in the Southern Ocean, by John Thomas Towson, London 1859, wonach die Eisberge auf der südlichen Halbkugel der Erde weit betracht- licher als auf der nördlichen sind, indem man einige wahrgenommen hat, welche sich 560— 1000 Fufs über den Meeresspiegel erheben. Translation from Duteh Pamphlets on Herring Fisheries 1857, London 1858. Hieraus ist zu ersehen, dafs die Haringe formliche Wanderungen im Meere ausfuhren. Nach einer telegra- phischen Nachricht des Herrn Leverrier berichtete er über den neuentdeckten Planeten und die thermometrischen auf einen um die Sonne befindlichen Ring bezogenen Untersuchungen des Herrn Buys Bailot in Utrecht. Herr Wolfers be- merkte, wenn die Nachricht von der 19tägigen Umlaufszeit dieses Planeten um die Sonne richtig sei, so betrage dessen Entfernung von der letzteren etwa \ des mittleren Abstandes der Erde von der Sonne. Ferner legte Herr Prof. Dove das R&eumi des Observation» recueiUies en 1856 1858 dans le bassin de la Saone vor, wonach in diesem Sommer der Wasserstand der niedrigste seit Menschen- gedenken war, und sprach zuletzt nach seinen eigenen Untersuchungen über die bedeutenden Barometer -Schwankungen der zwei letzten Monate. Während am I.November in Memel das Barometer 11,'" 8 unter dem mittleren Stande zeigte, stand es am 10. December 12"' über demselben. Gleichzeitig war am letzten Tage der Stand in Königsberg 11,"' 5; in Beilin 10,'" 5; in Trier 7,'" 8. Auch in diesem Jahre sei bei so grofsen durch südliche Winde veranlafsten Stauungen, wie in früheren Fallen, Passatstaub diesmal in Gütersloh in Westphalen gefallen.

Herr v. Blandowsky hatte eine grofse Karte von Australien zur Ansicht

96 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft.

aufgehängt und hielt einen Vortrag aber diesen ErdtheiL. Zunächst erwähnte er, dafs zuerst die Portugiesen denselben im Jahre 1579 von der Torres- Strafte ans entdeckt haben, und zeigte dann, wie später von verschiedenen Nationen die an- deren Küsten entdeckt wurden. Dann folgte eine ausführliche Darstellung der einzelnen Expeditionen, welche zur Aufklärung des Innern ausgeführt worden sind. Oxley drang zu diesem Behufe zuerst über die Blauen Berge vor. Nach dessen Bückkehr trat eine längere Pause ein, bis Leichardt seine erste grobe Expedition glücklich ausführte, deren reiche Resultate der Vortragende hervorhob. Dieses Festland leide keineswegs, wie oft behauptet werde, an Wassermangel; es habe vielmehr grofse Strome, welche durch bedeutende Regengüsse gespeist würden. Im Innern finde man auch viele Krokodille (Alligatoren), woher die Benennung des Alligatorflusses. Die Expedition von Kennedy wurde besprochen, wie auch die im Jahre 1854 von der geographischen Gesellschaft in London mit großen Kosten ausgerüstete, an welcher Gregory und Müller Theil nahmen. Die- selbe hatte geringen Erfolg, da Mangel an Unterhalt die Beisenden zwang, den früheren Weg Leichardt*« zu verfolgen. Dieser war inzwischen bei seiner wei- ten Expedition verschollen und Gregory erhielt bei seiner Bückkehr vom Gou- verneur Denison den Auftrag, Spuren von Leichardt aufzusuchen. Er begnügte sich aber mit der Auffindung eines Baumes, worin ein L. eingeschnitten war, and ▼erfolgte dann seinen eigenen Weg, auf welchem er reiche Entdeckungen machte. Es geschah noch der Expedition von Babbage Erwähnung. Ea folgte nun eine Darstellung der Begründung der einzelnen Kolonien, wie Sidney, Van-Diement- Land, Melbourne, wobei der Vortragende den vorzüglichen Boden in der Umge- gend von Carpentaria und Essington hervorhob. Der Vortragende hat selbst Tom Cap Jervis ans geognostische Forschungen angestellt, deren Resultate er knn besprach.

Herr Pitschner setzte Beinen Vortrag über den Montblanc fort, und gab eine Darstellung des 3500 Quadratmeilen grofsen Panoramas, welches man von der Spitze aus übersieht.

IV. Ueber das Klima des westlichen Europa.

Von H. W. X>ore.

Zweite Abhandlung.

I

Frankreich.

Unter den 56 französischen Stationen, welche die von mir im Jahre 1848 veröffentlichten Temperatnrtafeln enthalten, waren 42 den im Jahre 1788 erschienenen Memoires sur la Meteorologie von Gotte entlehnt. In keinem Lande der Welt hat man aber mit solcher Be- stimmtheit von einer Veränderung des Elima's, welche hier durch die in der Revolution erfolgte Zerstückelung des Grundbesitzes besonders auffallend eingetreten sein soll, gesprochen als gerade in Frankreich. Wfire dies wirklich der Fall, so wurde das durch die damaligen Beob- achtungen gewonnene Bild der klimatischen Verhältnisse des Landes der Gegenwart wenig entsprechen, eine auf neuere Beobachtungen ge- gründete Betrachtung desselben daher nothwendig sein, selbst abge- sehen davon, dafs bei den von Cotte veröffentlichten Mittelwerthen die Angabe fehlt, zu welchen Stunden die Beobachtungen angestellt wurden, eine ZuruckfQbrung auf wahre Mittel durch Elimination der taglichen Veränderungen daher unmöglich ist. In den hier beigefugten Tafeln beträgt die Anzahl der Stationen 96, für deren Berechnung das Annuaire mMorologique de la I[rance, dessen Fortsetzung, das Annuaire de la Sociiti müe'orologique de France 1849 1856, und das Journal tfagricvUure pratique von Barral das Material geliefert. Edmont Becqnerel hat in seinem Climat de la France ein Manuscript von Gotte benutzt, welches noch andere Stationen enthält, da aber nur die Mittel des Sommers, Winters und des Jahres, nicht die der Monate angegeben sind, so konnten diese nicht in die Tafel aufgenommen werden.

Die Temperatur -Verhältnisse Grofsbritanniens zeigten eine auf- fallende Gleichförmigkeit. Unter dem Einflüsse einer südwestlichen

Zeucht, f. tilg. Brdk. Neu*. Folg«. Bd. VIII. 7

9g H. W. Dove:

Windesrichtung in der Nähe eines durch den Golfstrom erwärmten Meeres sehen wir dort die Merkmale eines ausgesprochenen Seeklimata an den Westküsten am entschiedensten hervortreten und sich nach den Ostküsten hin allmählich abstumpfen. Viel verwickelter sind die Er- scheinungen in Frankreich, so sehr, dafs Martins (des cUtnats de la France et de leur influence sttr son agriculture et le genie de ses habi- tants) fünf besondere Elimate unterscheidet, die er Climat Vosgien, Stquanien, Girondin, Rkodanien und Provencal nennt. Das erstere herrscht im Eisais und Lothringen, sie gehören auch klimatologisch zu Deutschland, die Grenzen des zweiten sind westlich das Meer, öst- lich das Plateau von Langres. Seine Südgrenze verläuft von der Mün- dung der Loire über Tours nach Nevers. Es umfafst also Nord- Frankreich; die Champagne vermittelt den Uebergang der ersten bei- den Klimate in einander. Zu dem Climat Girondin rechnet er das Land zwischen der Loire und dem Cher im Norden bis zu den Pyre- näen. Seine Westgrenze ist das Meer, seine Ostgrenze die Höhen des Cote d'Or, Charollais, Beaujolais, Forez, Velay und die Cevennen; es schliefst sich unmittelbar an das vorhergehende an, ist aber wegen seiner südlicheren Lage milder. Dieser erhöhten Temperatur Aquita- niens verdanken die Thäler der Garonne, Dordogne, des Lot und des Allier ihre Fruchtbarkeit, die Früchte der Touraine und des Angenais, sowie der Bordeauxwein seine Berühmtheit; nur auf dem vulkanischen Plateau der Auvergne, des Cantal und Velay erniedrigt sich die Tem- peratur so, dafs mächtige Nadelholzwälder und Weidegründe an das nördliche Deutschland erinnern. Martins trennt davon die Thäler der Saone, Rhone und der leere als Climat Rkodanien, wegen seines bei höherer Wärme doch an den Elsafs erinnernden continentaleren Cha- rakters und wegen seiner ungewöhnlichen Regenmenge, welche dort zu den furchtbarsten Ueberschwemmungen Veranlassung giebt, der Häufig- keit seiner Gewitter und dem Zurücktreten westlicher Winde gegen den vorwaltenden Wechsel von Süd und Nord, während der Südost hauptsächlich den Ueberschwemmungen vorhergeht. Den Eintritt in das provencalische Klima bilden die Felsen bei Pont St. Esprit, die Herkulessäulen dieses begünstigten Himmelsstriches, der sich durch die Riviera di Ponente und di Levante nach Ligurien fortsetzt, wo diese Enclave des Südens im Norden endet. Das Aufhören der Cultur des Oelbaumes bezeichnet die Grenze des Gebietes nach Norden, wahrend die Wasserscheide des Aude und der Garonne sie nach Westen hin bestimmen.

Betrachten wir die geographische Lage Frankreichs und die Con- figuration seiner Bodenfläche, so können wir diese Unterschiede wohl begreifen. Dafa die weit vorspringeudeu Halbinseln der Bretagne und

Ueber das Klima des westlichen Europa. 99

Normandie sich den klimatischen Verhältnissen von Sud -England an* schliefsen würden, war zu erwarten, schon die normannischen Inseln in der Temperatnrtafel von England zeigten es; dafs aber der Unter- schied zwischen dem kältesten and wärmsten Monat in Brest nur 7°. 6, in Cherbourg 9*. 5 beträgt, mafs überraschen, aber Finisterre ist so dem Einflösse des feuchten Südwestwindes ausgesetzt, dafs nach 31 jäh- rigen Beobachtungen in Brest an 158 Regentagen und 168 Regen- nichten 36 Zoll Regen fielen, 16 Zoll allein vom October bis Januar. Es wäre daher sehr zu wünschen, neue Beobachtungen von St. Brieuc und St Malo, an der Bai von St. Michel gelegen, zu erhalten, um mit Bestimmtheit zu wissen, dafs ein verhfiltnifsmäfsig geringer nach SW. hin vorliegender Landstrich doch bereits die Sommerwärme so merk- lich erhöht, wie es die alteren Beobachtungen zeigen. Für den süd- licheren Verlauf der Westküste Frankreichs übernimmt Spanien diese Rolle des Schutzes. Während die Meeresnäbe hier die hohe Winter- Temperatur erhält, erhöht sich in Nantes, Rochelle und Bordeaux hin- gegen die Sommerwärme so, dafs die Differenz zwischen dem wärm- sten und kältesten Monat hier erheblich gröfser wird und von der Küste nach dem Innern zunimmt, zugleich mit starker Abnahme des Regens, welches ersichtlich ist, wenn man die 48 Zoll in Nantes mit den 27 Zoll vergleicht, welche in Angers an 134 Tagen fallen.

Von Bayonne bis Perpignan sperrt die hohe Mauer der Pyrenäen Frankreich gegen den Einflufs der allgemein herrschenden südwest- lichen Windesrichtung ab und entzieht es als letzte Vormauer Spa- niens den Wirkungen der südlichen Gebiete des atlantischen Oceans, dessen nördliche Tb eile nur in den über sie hin wehenden West- und Nordwestwinden ihren Einflufs geltend machen können. Nach zwanzig- jährigen Beobachtungen in Toulouse fallen unter 100 Windesrichtungen 50 auf NW. und W., nur 4 auf SW., während der im mittleren Eu- ropa so seltene Sudost hier 24 mal weht. Dieser Einflufs der Pyrenäen erstreckt sich nach Fournet (Recherches sur la distribution des vents dominant* en France) noch weiter, nämlich bis Montauban und Caus- sade; dennoch scheint das Ueberwiegen der nordwestlichen Windes- richtang über die sudöstliche geringer zu sein, als sie die Beobach- tungen geben, bei denen als Tagesbeobachtungen der Einflufs der täg- lichen Veränderung nicht eliminirt ist. Im Gebiete von Toulouse nennen nämlich die Landleute die nördlichen Winde tres paresseux, weil sie sp&t aufstehen, früh sich niederlegen und die ganze Nacht schlafen, während die südlichen Winde Tag und Nacht gleich wehen, so dafs Clos in seinen ttudes sur la Mitiorologie Toulousaine glaubt, dais beide einander das Gleichgewicht halten.

An die Stelle des atlantischen Oceans als Wärmequelle im Winter

7*

100 H- W. Dove:

tritt also hier das mittelländische Meer, besonders an der den Pyre- näen parallel laufenden Küste von Montpellier bis Hyeres. Hier er- reicht daher die Jahres wärme die Höhe von 12° R., eine Temperatur, die von der von Nizza, Genua, Rom und Neapel wenig übertroffen wird und nur 2 Grad hinter der von Palermo zurückbleibt. Aber Nizza ist frei von dem heftigen Nordwest, dem Mistral, Mistraon, Ma- gistrat, Meistre, #Vent de Cers, den schon Strabo als Melamboreas in seiner furchtbaren Wirkung beschreibt, und von dem früher gesagt wurde:

le parlement, le mistral et la Durance

8ont les trois fliaux de la Provence.

Nicht vorhanden zu Julius Caesar's Zeiten, soll er entstanden sein durch die nach der römischen Eroberung eingetretene Abholzung des Rhone -Delta's und der dasselbe umgebenden Höhen. Die steinige Fläche la Craou erwärmt sich nämlich unter dem Einflafs einer star- ken Insolation in einem so hohen Grade, dafs in dem regenlosen Som- mer hier die Erscheinungen der Luftspiegelung wie in Aegypten her- vortreten. Die kalte Luft, welche die Schneegipfel der Alpen umgiebt, stürzt herab, um die durch Auflockerung entstehende Lücke auszufüllen, und bildet den Mistral, der sich schon dadurch als locale Erscheinung kundgiebt, dafs er wenige Meilen von der Küste nicht mehr empfunden wird, während in Toulon, wo er im Mittel im Jahre 78 Tage weht, er angekündigt wird durch einige am heitern Himmel plötzlich hervor- tretende weifse Wolken, welche b alles de coton genannt werden. Seine Zunahme mit Annäherung an die Gebirge und entsprechender Entfer- nung von der Küste tritt nach der Statistique des Bouches du Rhdne deutlich hervor, denn in Marseille herrscht er 84 Tage, in Arles 85, in Aix 88, im Thal der Durance endlich 90. Wie schnell aber hier im Winter mit dem Fortgehen nach Süden die Temperatur zunimmt, geht daraus hervor, dafs man im Rhonethale neuerdings die Coltur des Reis begonnen hat, ja in der Umgegend von Hyeres in manchen Jahren die der Baumwolle gelingt, während Mandel-, Feigen- nnd Johannisbrodbäume jährlich reife Früchte bringen. Welchen Einflafs dabei die directe Insolation ausübt, läfst sich aus den von 1813 bis 1848 von Gasparin in dem freilich schon nördlicher gelegenen Orange angestellten Beobachtungen scbliefsen, welche für die Wärme eines dem Sonnenscheine ausgesetzten und eines im Schatten aufgehängten geschwärzten Thermometers folgende Werthe geben (R.):

Ueber das Klima des westlichen Europa.

101

Maximum

Mittel

Sonne

Schatten

frei

| Schatten

Januar

12.53

6.22

6.14

2 99

Februar

18.19

8.73

9.53

4.80

Man

22.31

11.05

12.58

1 6.94

April

24.00

13.85

14.46

9.39

Mai

27.66

17.79

17.72

12.79

Juni

31.32

21.58

21.15

16.44

Juli

34.42

23.58

23.61

18.19

August

35.13

22.98

23.64

17.58

September

31.36

19.33

20.70

15.08

October

23.42

15.10

15.15

10.99

November

15.90

10.34

9.63

6.86

December

12.70

6.91

7.02

4.07

Mittel

24.00

14.78

15.09

10.46

Bei der Betrachtung dieser Zahlen ist es auffallend, wie nahe sich das ganze Jahr hindurch die höchste im Schatten beobachtete Wärme an die mittlere in der Sonne erhaltene anschließt. Wäre diese Er- scheinung allgemein, so wurde sie für pflanzengeographische Unter- suchungen von grofser Bedeutung sein, denn unsere meisten Culturge- wäcbse, besonders die Gerealien, sind der freien Insolation ausgesetzt, and wir würden für die relative Wärmemenge, welche sie in verschie- denen Gegenden innerhalb bestimmter Stadien ihrer Entwickelung er- halten, eine viel genauere Bestimmung erhalten, wenn wir sie mit den mittleren Werthen der täglichen höchsten im Schatten erhaltenen Therniometerst&nde verglichen, als mit den aus den Tagesmitteln be- stimmten Werthen. Aber es ist von vorn herein wahrscheinlich, dafs in einem Klima, in welchem wegen vorwaltender Trübung überhaupt die Effecte der Insolation unbedeutender sind, das Verhältnifs sich an- ders herausstellen wird, und in der That finde ich durch Berechnung 17 jähriger, im Pflanzengarten von Chiswick bei London angestellter Beobachtungen folgende Werthe (R.):

Maximum

Mittel

Sonne

Schatten

frei

Schatten

Januar

6.05

3.99

1.91

2.03

Februar

9.31

6.27

3.88

3.55

März

12.79

8.39

5.90

4.81

April

16.36

11.19

8.25

6.91

Mai

23.20

15.12

12.94

10.05

Juni

25.92

17.64

15.90

12.70

Juli

27.69

18.69

17.38

13.97

Augast

26.67

18.48

16.55

15.66

(September

22.69

15.68

13.69

11.09

October

17.78

12.08

10.15

8.44

November

10.76

7.83

5.48

5.07

December

7.44

5.99

3.41

3.55

102

EL W. Dore:

Hier steht in allen Monaten die in freier Luft erhaltene mittlere Wärme erheblich unter dem mittleren Maximum, welches im Schatten erhalten wurde. So lange die einzelnen Factoren, welche hier zur Gel- tung kommen, nicht gesondert ermittelt sind, entbehren alle pflanzen- geographischen Untersuchungen, welche nur einen in's Auge fassen, einer sichern Grundlage, denn es ist klar, dafs da unter verschiedenen klimatischen Bedingungen das Verhältnifs der Schattenwärme zu der Wärme, welche der Insolation und freien Ausstrahlung ausgesetzte Pflanzen erhalten, ein verschiedenes ist, die auf die blofee Schatten- wärme gegründeten Schlüsse nothwendig zu falschen Ergebnissen fuh- ren müssen.

Aus der Richtung des Thaies der Saone und der Rhone nach der Vereinigung beider Flüsse kann man verinuthen, dafs der Gegensatz der Polar- und Aequatorialstrome hier in Form einer Abwechselung von Süd- und Nordwinden sich darstellen wird, aber die Beobachtung mufs entscheiden, auf welcher Seite das Uebergewicht ist. Die Beob- achtungen ergeben, wenn die neben dem Namen der Station stehende Zahl die Anzahl der Jahre bezeichnet, aus welcher die Bestimmung gewonnen :

Orange 14

Lyon 14

Breze la

Ville

17

Saulaaie

Bourg 2

St Kambert 5

N.

432.3

334

243

167.9

149.6

100.3

NO.

10

45

49

2.6

7.

24.1

0.

21.4

77

28

0.5

4.

17.4

SO.

26.2

51

8

3.1

4.5

9.5

S.

145.8

179

290

108.3

107.5

59.5

SW.

25.6

48

39

28.3

17.

63.3

W.

36.8

98

300

26.4

61.

43.9

NW.

32.2

168

43

26.7

14.5

36.2

Da für Vienne, Privas, Bresse, Ghalonaise, Lons le Saulnier und Dijon als vorherrschende Winde ebenfalls Süd und Nord angegeben werden, so können wir für die in dem Hauptthale gelegenen Stationen diese Richtung als die entschieden vorwaltende ansehen, zu welcher die der allgemeinen westlichen Windesrichtung sich anschliefsenden hinzu- treten, einerseits am Rande des Centralplateau's in Breze la Ville, 183 Meter über dem Niveau der Saone, andererseits in St. Rambert am Fufse des Jura.

Da im achtjährigen Mittel in Orange die Geschwindigkeit des Windes von NO. durch N. bis SW. nach Gasparin 5.125 Meter in der Secunde, die von SW. durch S. bis NO. hingegen nur 0.864, so siebt man, dafs die nordlichen Winde nicht nur der Anzahl nach, son- dern auch in Beziehung auf Starke die überwiegenden sind. Nach vierzigjährigen Beobachtungen in Paris ist das Verhältnifs der Rieh-

Ueber das Klima des westlichen Europa.

103

tauigen in den vier Jahreszeiten and im Jahre nach Haeghens fol- gendes:

Winter

Frühling

Sommer

Herbst

Jahr

NO.

1132

1567

1015

1045

1191

0.

676

792

535

775

694

SO.

1034

729

501

940

799

S.

1725

1312

1070

1809

1476

SW.

1917

1637

2103

2083

1935

W.

1599

1542

2394

1586

1782

NW.

955

1078

1327

971

1084

N.

962

1343

1055

791

1039

Der Nordost und Südwest treten also in allen Jahreszeiten mit Ausnahme des Sommers als relative Maxima hervor, welches, wie ich schon im Jahre 1829 gezeigt habe, für das nördliche nnd mittlere Eu- ropa die Regel ist, and zwar mit entschiedenem Ueberwiegen des süd- lichen Stromes über den nordlichen. Südfrankreich mit dem tief in das Innere des Landes eingreifenden Rhonegebiet bildet also eine merk- würdige Ausnahme der Verhältnisse, welche sonst als die allgemein gültigen hervortreten. Man kann diese Ausnahme nnr als eine grofs- artig hervortretende locale Störung ansehen, als einen Thalwind im Sinne der besonders von Fonrnet untersuchten Bewegungen der Luft ans den Gebirgsthälern in die sie begrenzenden Ebenen, welche hier durch das mittelländische Meer dargestellt werden.

Diese durch die Gesammtconfiguration der Bodenfläche hervorge- rufene Störung wird nach der Höhe zu abnehmen. Dies geht deutlich ans den von Bertrand de Done (de ia frequence compare'e des vents tuptrieures et inferieures saus le CHtnai du Puy en Veiay) angestellten Untersuchungen hervor. Im fünfjährigen Mittel der Beobachtungen der Windfahne von Corneille in der Höhe von 760 Meter verglichen mit dem Znge der Wolken findet sich das Verhältnüs der auf die vier Hanptrichtungen projicirten unteren zu den oberen Richtungen: für Nord 440 : 467,

- Ost 213: 88,

- Süd 256:192,

- West 259 : 389,

woraus hervorgeht, dafis obgleich der unten gehemmte West in der Höhe entschiedener hervortritt, doch auch oben noch die Hauptrichtung anf die Westseite fällt. Dafs aber die in Paris hervortretenden, den all- gemeinen Bewegungen der Atmosphäre ungestörter sich anschliefsenden Verhältnisse für das nördliche Frankreich überhaupt ihre Gültigkeit be- halten, geht daraus hervor, dafs nach Fournet im Mittel von 44 Sta- tionen der herrschende Wind an 21 SW., an 10 W., an 3 8. ist, wahrend auf NW., N. und NO. im Ganzen nur 10 kommen.

104

H. W. Dove:

Das Niveau der Ströme wird abgesehen von den durch die Schnee- schmelze veranlassten Hochwassern und den bei Eisgängen erfolgenden Rückstauungen vorzugsweise bestimmt durch das Verhältnis der Ver- dunstung zu der auf dem Flufsgebiete herabfallenden Regenmenge. In der gemäfsigten Zone überhaupt nimmt die Verdunstung zu von der kälteren Jahreszeit nach der wärmeren hin, einerseits wegen der sich steigernden Wärme und an vielen Stellen, weil zugleich die relative Feuchtigkeit im Sommer geringer ist als im Winter. In dem Gebiete der Sommerregen, welche von der Schweiz an für das mittlere und östliche Europa die vorherrschenden sind, erreicht die Regenmenge za der Zeit ihr Maximum, wo die Verdunstung am stärksten ist, die bei- den einander entgegenwirkenden Ursachen suchen also einander za compensiren. Anders ist es bei den subtropischen Regen, wo die ge- ringste Verdunstung in der Zeit erfolgt, in welcher das meiste Wasser als Regen herabfällt. Da wo diese als Winterregen auftreten, wird das Niveau der Wasserflächen, insofern es von diesen Ursachen ab- hängt, ununterbrochen vom Winter nach dem Sommer hin abnehmen, also ein Maximum und ein Minimum zeigen, hingegen der Wasserstand der Ströme eine verwickeitere Form annehmen, wenn, wie es an der äufseren Grenze der subtropischen Regen der Fall ist, die eigentliche Regenzeit einen längeren Zeitraum als die eigentlichen Wintermonate umfafst und mit einem Herbstmaximum beginnt und in einem Früh- lingsmaximum endigt. Dies ist aber die Erscheinung, welche eben die subtropischen Regen Italiens, Sudfrankreichs und Spaniens von den Herbstregen an der Westküste Europa's unterscheidet, wie sie an den Westküsten von Frankreich, Irland, England und Norwegen hervor- treten. Als Beispiel für diese Verhältnisse des Niederschlags zu der relativen Feuchtigkeit möge Orange dienen.

Wimermenge

in 1 Cubikmet.

Gr.

Ueber da* Klima des westlichen Europa.

105

Der Effect der Verdunstung erniedrigt also das Niveau der Ströme contiouirlich *rom Januar biß zum Juli, während hingegen die Regen- menge zwei Maxima zeigt, ein schwächeres im Frühjahr and ein stär- keres im Herbst. Aus 12 Jahren der Risume* des Observation re- ceuU&es dans le bassin de la Saone par ies soins de ia Commission Hydrometrique de Lyon habe ich die mittlere Höhe der Saone bei Tre- voux bestimmt und fuge dazu die der Rhone bei Lyon aus Bravais' Geographie physique de la France in Metern:

Saone 12

Rhone

Saone bei Lyon

Januar

1.709

0.85

2.29

Februar

2.320

0.87

2.27

März

2.055

1.02

2.19

April

2.131

1.03

1.79

Mai

1.300

1.26

1.34

Juni

1.099

1.21

0.89

Juli

0.725

1.29

0.58

August

0.861

1.31

0.53

September

0.889

1.44 .

l.ll

October

1.463

1.26

1.13

November

1.600

1.33

2.21

Dccember

2.030

1 20

2.44

Bei der Saone erscheint die Verdunstung als überwiegendes Mo- ment, während das viel oonstantere Niveau der Rhone seine Erklärung findet einerseits in der mit zunehmender Wärme steigenden Schnee- schmelze eines in die permanente Schneeregion hineinragenden Gebir- ges, andererseits in dem grofsen Wasserreservoir des Genfer See's, wel- ches die Ungleichheit der Zuflüsse erheblich abgleicht. Dieses letztere Moment zeigt sich besonders bei ungewöhnlichen Hochwassern, bei welchen das Erheben des Niveau's bei Lyon entschieden geringer ist als in dem unteren Laufe des Stromes, wovon die beiden folgenden aus der Hypsometrie von de Gandolle und Peyret d'Allier ent- lehnten Tafeln einen Beleg enthalten. Bei zwei Hochwassern war nämlich der Stand desselben:

Lyon 5.30 Meter,

RobinetdeDonzere 4.50

Roquemaure . . 6.30 Mond. d. Duranee 7.10

Lyon . .

5.53 Meter,

Givors . .

6.71 -

Vienne . .

7.17 -

Condrieux .

7.12 -

Serrieres .

7.07 -

Tournon

6.20 -

Valence

6.83 -

Roquemaure

7.30 -

106 H. W. Dove:

Roche d'acier . . 7.50 Meter,

Avignon . 8.30 Meter, Tarascon . . . 6.00 - Tarascon . 6.50

Arles 5.80

Aus den nachfolgenden Temperaturtafeln, bei welchen die östliche Länge von Greenwich positiv bezeichnet ist, die westliche negativ, die Hohe in Pariser Fafs, die Grade Reaumur, geht hervor, dafs die mitt- lere Jahreswärme überall 7 Grad übertrifft nnd in dem südlichen Frank- reich 1 2 Grad erreicht. Vergleichen wir also Frankreich mit Deutsch- land, so finden wir, dafs überall die in der Ebene gelegenen Stationen die entsprechenden Norddeutschlands übertreffen, welche erst von West- phalen an nach Westen hin die Jahreswärme von 7 Grad erreichen. Entwirft man die Isothermen für das Jahr nnd die einzelnen Monate, so ergiebt sich, dafs die Isotherme von nur im Jannar die franzo- sischen Grenzen berührt, in welchem Monat sie bis in die Gegend von Strafsburg genau von Nord nach Süd verläuft, sich aber dann recht- winklig in eine ostliche Richtung umbiggt, während die Isotherme von 4 Grad von der Südspitze Irlands bei Brest die franzosische Küste be- rührt und zwischen Rochelle und Bordeaux die Küste von Nenem treffend nun der Mündung der Rhone sich zuwendet und südlich von Avignon der Küste des mittelländischen Meeres sich nähernd bis in die Gegend von Genua ihrer bogenförmigen Krümmung folgt Im käl- testen Monat gehen also in Frankreich die Isothermen so in einander über, dafs die nordliche Richtung sich allmählich in eine nordwestliche verwandelt, die Umbiegungsstelle zugleich immer weiter nach Süden rückt, während der Winkel sich gleichzeitig mehr öffnet.

Erst im April ist der Verlauf sämmtlicher Isothermen ein von West nach Ost gerichteter geworden, so dafs also dann die Wärmeabnahme ziemlich regelmäfsig nach Norden hin erfolgt. Im Juli hingegen wird im nördlichen Frankreich die Richtung mehr ONO., so dafs die Iso- therme von 14 ziemlich parallel der Küste von Nordfrankreich und Norddeutschland verläuft, so dafs von Brest bis Königsberg die Tem- peratur nahe gleich ist. Im September hingegen wird im südlichen Frankreich die Gestalt der Wärmelinien eine verwickelte durch die re- lativ hoch bleibende Temperatur des unteren Rhonethaies, nnd in den eigentlichen Herbstmonaten October und November ändern die Linien im Innern von Frankreich sehr ihre Gestalt, da die Westküsten hinter der allgemeinen Abkühlung zurückbleiben, wodurch es sich vorbereitet, dafs im December sämmtliche Linien nahe von Süd nach Nord ver- laufen.

Ans der Gesammtheit dieser Erscheinungen geht hervor, dafc in

Ueber das Klima das westlichen Europa. 107

Frankreich die localen Störungen einen gröfseren Spielraum haben als in den weiter östlich gelegenen europäischen Landern, nnd da die un- mittelbare klimatische Umgebung einen wesentlichen Einflnfs auf die Anschauungsweise des Beobachters ausübt, so ist es nicht an verwun- dern, dafs man gerade hier in der Geflammtbetrachtung der atmosphäri- schen Erscheinungen auf die Bedeutung der Localität ein viel zu grofses Gewicht gelegt hat

Das Studium der localen Einflüsse kann erst beginnen, wenn die allgemeinen Verhältnisse festgestellt sind, aber für die Erkenntnis die- ser hat sich bisher in Frankreich ein so geringes Interesse gezeigt, dafe Herschel mit Recht darüber klagt, dafs in allen Untersuchungen, wo man gleichzeitiger, nach einem gemeinsamen Plane angestellter Be- obachtungen bedarf, Frankreich stets eine Lücke bildet. Man kann es daher als ein freudiges Ereignifs begrüfsen, dafs durch die Bemühungen der meteorologischen Societät in Frankreich, durch das Journal fagri- cullure von Barral und die telegraphische, von der Pariser Sternwarte ausgehende Verbindung Frankreich jetzt einen lebendigeren Antheil an der Beantwortung der Frage nimmt, welches Olied die so eigentüm- lichen klimatischen Erscheinungen von Frankreich in der Kette der grofsen atmosphärischen Verhältnisse bilden.

108

H. W. Dore:

Frankreich.

1 0 Breite i,

Länge

Höhe

Jan. [Febr.

Metz

i April ! Mai

1

Juni Juli

Aug. *

Alais . . .

o i ! o / 44 714 4

410

4.00

5.60

8.04

11.20

l 1 i 14.44 17.65 20.02 20.04 11

11.61 13.50 16.94 15.45 13

Angers .

47 28-0 34

145

4.86

3.06

4.68

».12

Arles . .

43 41 0 2

37

4.2

4.4

8.0

10.5

15.2 ,17.2

20.8 19.3 17

Arras. .

50 18j 2 46

203

0.9

2.9

5.9

7.6

10.9 ;i2.8

14.9 15.1 12

Avignon .

43 57

4 48

85

3.84

5.36

7.52

10.72

14.48 14.80

18.7219.0415,

Besancon

47 14

6 2

750

1.2

2.2

5.3

9.4

15.4 (16.3

17.0 J15.5 13J

Beyrie «

43 42

-0 46

184

3.44

5.42

7.74

10.57

11.1515.00

16.74:16.8815

Blois . .

47 35

1 20

240

2.04

3.41

6.71

9.18

10.7214.49

16.48 15.5613

Bordeaux

44 51-0 34

39

4.63

5.66

7.64

10.14 12.05jl5.ll

16.48 15.95 11

Boologne

50 44 1 30

2.25

4.15

6.38

9.40 12.45J14.85

15.59 16.5011

Bourg . .

46 12

5 13

760

0.93

2.26

4.18

7.90

11.4314.28

16.14 15.26 12

Brest . . .

48 23

-4 29

206

4.87

5.70

5.78

7.34

9.55J10.92

12.51112.2411,

Brayere . ,

48 13

6 40

2.5

2.4

5.4

7.2

9.0 |17.0

18.5 |16.4 12

Cambray

50 11

3 14

185

-0.68

2.70

4 38

7.56

12.00.13.06 15.34 14.40 11,

Chalons s. M. . .

48 57

4 21

253

0.51

2.84

5.09

8.12

12.18

14.49;i6.06 15.8213.

la Chapelle . .

49 56

1 8

451

2.46

2.84

5.18

7.42

9.42

11.96

12.82*13.46 11,

la Chapelle d'An-

16.71jl6.tl U

gillon . . ,

47 26

2 13

587

1.34

2.81

4.74

6.39

9.61

15.66

Chartres ....

48 27

1 39

480

0.5

2.8

5.8

8.3

11.2

13.5

15.1 üo.l 11

la Chartre . . .

46 33

2 10

715

3.38

4.28

6.27

9.27

9.85

14.39

15.94! 15.75 14,

Cherbourg . . .

49 39

1 38

32

4.27

5.83

5.95

8.20

10.56

12.87

13.67:13.7411,

Chinon ....

47 10

0 14

200

1.3 3.2

6.8

9.1

12.4

14.7

16.7

17.0 14

Clermont Ferand .

45 46 3 5

1261

1.22 3.46

3.68

8.26

9.10

14.64

14.76

14.4810

Clermont Oise . .

49 22| 2 25

258

2 28 4.08

5.75

8.11

10.23

14.40

15.21

15.55 12

Courcon ....

46 15 5 50

37

5.58, 4.98

6.88

10.54

12.82

16.60

19.94

17.5413,

Cnsset ....

46 21

3 30

-1.0

2.0

7.3

9.7

13.9

15.1

17.3

16.8 12

Dax

43 42

-1 4

130

5.2

5.3

9.0

10.0

13.6

15.5

16.0

17.3 15.

Denainvilliers . .

48 12

3 23

510

1.3

3.4

44

8.4

12.1

15.5

16.6

15.8 13.

Dijon ....

47 19

-0 21

756

1.75

3.16

4.74

8.11

10.69

14.13

16.66

14.63:11.

Dnnkirchen . . .

51 2

2 22

12

2.18 3.04

3.82

7.47, 9.84

12.61

14.61

14.3412.

la Fleche . . .

47 42

-0 4

100

5.12

3.52

6 8810.8015.36

15.76

19.68

17.361t

Gevrolles . . .

C6te d'Or

1.59

4.30

6.61 ; 9.56 13.38

15.70

16.42

16.55 tt

Görsdorf . . .

48 57' 8 23

703

-0.10 1.47

3.301 7.22 10.37

14.02

14.82

14.40 IL

Grangeneuve . .

3.10 3.70

5.92

9.50

9.84

13.86

16.22

16.2214

Gray

47 13 6

1.9

1.3

5.3

8.3

11.5

14.0

16.6

15.2 ,12, 17.0 \\i

Hagenau . . .

48 49 7 50

2.3

3.5

5.7

8.3

13.0

17.1

17.6

Havre ....

49 29-0 7

15

1.38

2.64

4.54

8.04

8.72

12.19

15.10

14.71 13

Hendecoort . . .

50 17 1 54

249

0.98

1.27

3.70

6.74 8.97

12.67

13.30

14.4311.

St. Leonard . .

45 50! 1 19

1405

1.29

3.35

5.05

7.98

8.93

13.28

14.58

14.68 12

Lille

50 38 3 4

67

1.70

1.48

4.17

7.36

9.61

12.76

14.09

14.8412

Lucon ....

46 27

-1 0

249

2.2

4.3

8.0

9.4

12.7

15.2

16.9

17.6 |14

Lyon

45 45

4 49

925

1.94

2.86

6.19

8.2211.72

15.32

17.16

15.71,14

Manosque . . .

43 50 5 20

1200

2.4

2.2

3.3

6.6

17.0

20.7

23.2

23.2 !ll

Marboue" . . .

48 7 1 20

338

1,62 2.24

4.90

7.84

961

12.76

14.42

1538U

Marseille . . .

43 18 5 22

140

6.15 7.20

7.73

10.04

13.06

15.90

17.66

17.62 11

les Meneux . .

49 13! 3 57

261

1.15! 1.84

4.46

7,83

9.86

13.98

15.59

15.251t

Mete

49 7 6 10

557

-0.24 1.12

3.92

7.76

11.76 14.32

15.36

14.481t

Mömpelgard

47 30

6 47

990

0.30

0.46

3.69

7.73

11.23

14.01

14.58

13.93,1t

Ueber du Klima des «redlichen Europa. Frankreich.

109

t. . Nor. i Dee.

Win- Früh- ter | ling

meT jHertÄt

Jahr

Unterschied w.u.k.M. 8. u.W.

Anzahl

Bcobacbtnngaseit

►4 8.00 4.82

4.81

11.23

19.24', 12.28

11.89

16.04

14.43

36

17, 6.70, 4.72

4.21

8.46 15.30' 9.98

9.49

13.88

11.09

3

tägl. Extr.

. 1 7.6 4 3

4.30

11.23

19.101 12.40

11.76

16.60

14.80

2

1 4.2 2.3

2.03 8.13

14.27! 8.33

8.19

14.20

12.24

8

18 7.60 4.96

4.72

10.91

17.52 11.68

11.21

15.20

12.80

25

Sa. 2.

i 3.0 . 2.1

1.83

10.03

16.27i 7.70

8.96

15.80

14.44

5

3mal

8 7.131 4.14

4.33

9.82

16.21' 11.39

10.44

13.44

11.88

51

tagl. Extr.

8 5.681 4.18

3.21

8.87 15.51: 9.76

9.34

14.44

12.30

2*

tagl. Extr.

2 6.45 4.47

4.92 9.94

15.85' 10.30

10.25

12.01

10.93

15

tägl. Extr.

(3 8.05

4.60

3.67 j 9.41

15.64) 11.15

9.97

14.25

11.97

4

4 3.76 1.45

1.55 | 7.84

15 23 8.57

8.29

15.21

13.68

12

tägl. Ex*.

3, 6.621 6.18

5.58 7.56

11.89. 8.98

8.50

7.64

6.31

7

Min. red.

1 3.9 .' 2.1

2.33 1 7.20

17.30, 7.17

8.50

16.40

14.97

2

_

6 5.361 3.28

1.77 1 7.98

14.27! 8.33

8.08

16.02

12.50

2

tägl. Extr.

2 6.18, 3.41

2.25 1 8.46 15.46, 9.70

8.97

15.55

13.21

42

2; 7.18' 3.10

2.80 j 7.34

12.75' 9.29

8.04

11.00

9.95

4

9. 9.

2 3.80

2.37

2.17

7.58

16.16! 9.25

8.79

15.27

13.99

4

4.3

3.0

2.10

8.43i 14.57J 8.67

8.44

14.60

12.47

8

Ol 5.98

3.42

3.69

8.46

15.36

10.19

9.43

12.56

11.67

5

tägl. Extr.

tt 6.70

5.44

5.18

8.24

13.76

9.32

9.12

9.49

8.58

3

, 6.1

4.6

3.03

9.43

16.13

10.07

9.67

15.70

13.10

9

_ _

2 3.42 0.70

1.79

7.01

12.63

7.15

7.65

14,06

10.84

2

9. 9.

Bj 3.14

2.66

3.01

8.03

15.05

8.40

8.62

13.27

12.04

7

tägl. Extr.

41 7.10

5.68

5.42

10.08

18.03

10.55

11.02

14.96

12.61

2

7. 2.

6.0

4.2

1.73

10.30

16.40

9.47

9.48

18.30

14.67

4

| 7.1

5.6

5.37 1 10.87

16.27

11.10

10.90

12.10

10.90

5

1 4.5

2.4

2.37 1 8.30

15.97

8.80

8.86

15.30

13.60

30

8. 2. 11.

i: 468

1.92

2.28 7.85

15.14

8.30

8.37

14.91

12.86

5

tägl. Extr.

y 5.39

3.36

2.86 1 7.04

13.85

8.60

8.09

12.43

10.99

5

7. 12. 9.

110.72

8.96

5.87; 11.01

1760

11.89

11.59

14.56

11.73

1

12.

)j 5.75 4.92

3.60

9.85

16.22

10.16

9.96

14.96

12.62

2

tägl. Extr.

) 3.17 0.58

0.65

6.96

1441

7.67

7.43

14.92

13.76

i 4.11

232

8.31

8.42

lü.43

9.94

9.25

13.40

12.12

2*

tägl. Extr.

3.7

1.3

1.50

8.37

15.27

7.50

8.16

15.30

13.77

21

3.9

1.8

2.53

9.00

17.23

8.87

9.41

15.80

14.70

5

3 mal

\ 5.22

3.29

2.44

7.10

14.00

981

8.34

13.72

11.56

2

I 2.85

1.75

1.33

6.47

13.47

7.60

7.22

13.95

12.14

5

r 3.98

2.37

2.34

7.32

14.18

8.38

8.06

13.39

11.84

44

\ 3.75

2.54

1.91

7.05

13.90

8.59

7.86

13.14

11.99

6

7.2

2.90

10.03

16.57

10.90

10.10

15.40

13.67

4

i 3.88

1.58

2.13

8.71

16.06

9.38

9.07

15.58

13.93

6

tägl. Extr.

4.4

3.2

2.60

8.97

22.37

12.37

11.58

21.00

19.77

4

\ 3.37

2.32

2.06

7.45

14.19

8.11

7.95

13.76

12.13

4*

! 8.54

6.31

6.22

10.28

17.06

12.07

11.41

12.47

10.84

26

1 2.61

1.46

1.48

7.38

14.94

7.82

7.91

14.44

13.46

5

1 4.08

1.76

0.88

7.81

14.72

7.97

7.84

15.60

13.84

22

9.

| 4J22

1.08

0.81

7.55

14.17

7.78

7.53

14.28

13.56

5

tio

H. W.

Dove:

Breite

0.

Lange

Höh0

Jan.

Febr.

1 Min .April

Mai

Juni

Juli

Montlonis

0 t J 0 » 42 60 2 5

4900

-0.7

-1.0

3.3

3.0

7.2

9.8 11.6

12.0 Ift

Montmorenci . .

49 0; 2 18

430

1.0

3.1

5.6

7.7

11.5 14.0 15.5

16.0 IM

Montpellier . . .

43 36! 3 53

100

4.5

5.7

7.5

11.3

14.4 18.0 20.6

20.0 11

MOhlhaosen . .

47 49 7 10

730

0.7

1.0

6.1

8.5

12.9 15.2 17.0

16.6 li

Nancy ....

48 42

6 11

615

0.56

2.43

4.21

7.65

10.76

13.69 13.98

14.29 1«|

Nantes ....

47 13 -1 33

57

4.11

4.67

7.10

10.33

11.92

15.7017.42

17.55 144

Nantna ....

46 10 5 33

-0.61

1.11

2.44

6.78

9.33

14.22; 13.1 2

14.07 14

Nemours.

48 16 2 42

185

2.96

6.56

3.25

6.48

11.36

12.4817.12

14.56 tti

Nismes ....

43 511 4 21

349

4.8

6.2

9.3

12.0

15.3

19.2 21.6

21.6 11

Oleron Aunis . .

46 3-1 12

836

4.8

6.0

7.7

11.6

13.0

14.8 ,16.3

17.8 ii

Bearn . .

43 10

-0 37

638

4.7

4.3

7.2

9.0

12.8

16.0 18.5

17.0 iq

Orange ....

44 8

4 48

138

2.99

4.80

6.94

9.39

12.79

16.44ll8.19

17.58 t*; 14.8211

Paris

48 80

2 20

114

1.53

3.35

5.33

7.90

11.59

13.66 14.96

Paa

43 18

-0 23

636

4.09

5.16

7.47

8.80

13.16

16.09

16.27

18.40161

Perpignan . . .

42 42

2 54

160

4.4

4.7

9.0

10.8

14.8

17.2

20.4

19.8

Pessan ....

43 37| 0 34

3.65

6.64

7.25

10.14il4.51

17.38

19.53 18.13 1*

Planchaie . . .

Dordogne

2.26

4.61

6.33

8.56 11.27

l

16.21

16.9516.01 ^

Poitiers ....

46 35 0 21

363

1.3

3.4

7.1

8.9 jll.5

14.4

16.6 '16.8 11

Privas ....

44 44' 4 35

770

3.34

4.08

4.86

8.66 12.16

15.86

16.98 15.67 U|

Provins ....

48 32 3 15

418

1.0

2.1

5.0

7.0

11.7

13.2

15.5 18.5 \l 14.13 15.3811

le Pny ....

45 3

3 52

2338

0.24

2.84

4.64

7.65

8.62 12.70

St. Rambert. . .

45 57

5 37

953

1.49

4.09

6.45

9.10 13.35 16.00

16.2216.5411

Regasse ....

43 40

6 8

1584

2.86

4.79

6.82

9.63 11.2015.81

18.06 17.62 U

Rochelle ....

46 9-1 10

77

3.80

4.09

5.42

8.6412.24

15.78

16.46 15.331]

Rodes ....

44 21

2 34

1939

1.41

3.04

4.39

7.1410.66

13.93

15.02 14.0611

Ronen . . . .

49 26

1 6

120

2.62

3.29

4.40

7.8210.82

13.47

14.79 14.05 11

Roasson ....

44 12

4 5

1282

3.09

5.12

7.29

10.3411.82

1

17.10

19.27 1 8.22 H

Saintes ....

45 44

-0 39

83

1.75

4.40

6.7010.1612.01 17.38

17.29 17.7014

Sanlsaise . . .

45 54

20

874

2.26

1.94

3.26' 8.1810.70:14.78

17.20 16.00 11

St. Brienc . . .

48 31

2 46

300

3.2

4.2

6.6 | 8.8

10.8 >13.4

16.4 16.8 14

St. Hipp. d. Caton .

43 57

3 50

5.42

6.79

8.43 10 86

15.96jl9.1 9

21.15 19.9311

St. Lo . . . .

49 7

-1 5

129

3.90

3.33

4.61 ; 7.55

9.16 13.39

1349 12.4211

St Malo . . .

48 39

-2 2

43

4.0

4.7

7.1 9.2

12.0

15.0

16.2 15.7 H

St Maurice le Grand

46 30

-0 30

12

2.2

4.0

P.5

8.0

10.5

12.8

15.8

15.3 11

Soissons. . . .

49 23

3 19

151

0.0

4.5

5.2

8.8

10.2

16.0

18.0

19.1 \\

Strasburg . . .

48 35

7 46

448

-0.44

1.75

4.41

7.88

11.67

13.62

15.03

14.721

Syam

46 45

5 64

1739

0.74

2.54

3.82

5.89

10.30

12.53

13.84

12.781

Tarascon . . .

43 48

4 21

270

3.6

5.7

9.4

12.1

14.8

17.8

20.5

19.5 1

Tonion ....

43 7

5 55

6.4

7.0

9.1

12.9

16.5

17.8

20.0

19*8 1

Tours ....

47 23 -0 42

168

1.75

4.13

6.25

9.44

9.65

15.93

15.75

16.35 1

Toulouse . . .

43 371-1 28

597

3.90

4.60

6.48

9.16

12.02

15.35

17.11

17.471

Troys ....

48 18

4 10

337

1.1

2.2

6.6

9.1

11.8

15.2

16.6

16.3 1

la Vallade . . .

1.76

5.78

9.73

10.17

14.04

16.29

13.901

Valognes . . .

49 31

-1 28

93

11.07

10.56

14.26 13.24

Vendome . . .

47 44

1 4

258

1.98

3.06

5.96

9.29

10.26

13.87

15.02,15.4*1

Versailles . . .

48 48

2 7

370

2.01

2.73

4.37

7.66

10.74

13.17

15.31 14.56!

Vienne ....

45 32

4 63

460

1.9

3.1

7.6

10.5

14.2

16.5

18.2 !l&4 1

Vire

48 50

-0 6

543

1.2

4.1

6.0

7.7

10.1

12.2

14.2 14.4 1

Viviers ....

44 29

4 41

176

2.18

4.48

6.42

9.74

12.78

14.26

17.88

117.201

Ueber das Klima des westlichen Europa.

in

tt. 1 Nov. 1

1 1

Dec.

Win- J Früh- ! Som- L . fr j ling j mer Herbftt

Jahr

Unterschied w.u.k.M.! 8. u.W.

Anzahl

Beobachtangszeit

6 1.0

1.0

-0.23 ! 4.5011.13 6.33

5.18

13.00

11.36

5

.3 5.1

3.6

2.57 1 8.27 15.17! 9.20

8.80

15 00

12.60

33

Sa. 2. 9.

3 8.3

6.1

5.43, 11.07, 19.53 12.87

12.23

16.10

14.10

11

__

7 4.2

2.0

1.23 1 9.17 16.271 8.83

8.88

16.30

15.04

10

68 4.44

1.27

1.42 ' 7.81 1 14.721 7.97

7.84

15.60

13.84

6

59 6.22

5.54

4.77 i 9.78' 16.89! 10.90

10.59

13.44 1 12.12

H

tägl. Extr.

28 1.84

0.84

0.481 6.18,13.80; 6.59

6.76

14.73 1 13.42

2

tägl. Extr.

36 7.76

5.60

5.04 1 7.03 14.72

8.80

8.90

14.16 9.68

1

5 10.1

6.0

5.67 12.20 20.80

13.73

13.10

16.80

15.13

15

Morg. Abd.

1 11.1

6.4

5.73

10.77

16.30

14.07

11.72

13.00

10.57

3

_

9 5.7

4.6

4.53

9.67

17.17

10.70

10.52

14.20

12.64

4

99* 6.86

407

3.95

9.71

17.40

10.98

10.51

15.20

13.45

35

00 5.41

2.92

2.60 8.27

14.48

8.98

8.58

13.43

11.88

39

78 6.67

4.80

4.68

9.81

16.92

11.56

10.74

14.31

12.24

5

8 < 9.2

8.0

5 70

11.50

19.13

12.97

12.33

16.00

13.43

6

95 7.02

5.04

5.11

10.63] 16.35, 11.60

11.42

15.881 13.24

3

99 8.30

:

5.87

4.25

8.72 16.39' 11.77

10.28

14.69 j 12.14

2J

tägl. Extr.

7 1 5.9

3.5

2.73

9.17! 15.93! 9.73

9.39

15.50 1 13.20

10

97. 5.36

2.49

3.30

8.56 16.17 9.62

9.41

14.49; 12.87

6*

5 10.0

5.0

2.70

7.90, 15.73 12.83

9.79

17.50' 13.03

2

52| 3.62

0.71

1.26 1 6.97! 14.07, 8.12

7.61

15.14! 12.81

5

tägl. Extr.

42' 6.87

3.46

3.01 | 9.63 16.25 10.08

1 '

9.74

15.05 ! 13.24

6

7. 1. 7.

22

6.22

3.60

3.75 ; 9.22 17.16; 10.86

10.25

15.20 13.41

5

tägl. Extr.

11

5.34

2.42

3.44' 8.75,15.86 9.33

9.34

14.04 1 12.42

7

7. 2. ö.

69

4.90

2.84

2.43 7.40 14.34 9.14

8.33

13.61 , 11.91

5

tagl. Extr.

62 5.07

286

2.89

7.68 14.10. 8.62

8.32

12.17

11.21

19

82

6.62

4.71

4.31

9.82| 18.20, 11.49

10.95

16.18

13.89

2

tägl. Extr.

02

6.28

3.90

3.35

9.62 17.46) 10.71

10.29

15.95

14.11

24

tägl. Extr.

28

4.32

2.12

2.11

7.38

15.99 8.07

8.39

15.26, 14.88

4

tägl. Extr.

9

7.4

5.6

4.33

8.73

15.53. 10.83

9.86

13.60 11.20

8

64

871

5.98

6.06

11.75

20.09

1297

12.72

15.73 ! 14.03

17

53, 5.98

2.54

3.26

7.11

13.10

8.83

8.08

10.95 | 9.84

3

tägl. Extr.

5

7.3

5.0

4.70

9.43

15.63

10.73

10.12

12.20 1 10.93

5

0

6.0

3.3

3.17

8.33

14.63

9.10

8.81

13.60 11.46

10

1

6.2

4.1

2.87

8.07

17.70

9.27

9.48

19.10

14.83

2

_

03

4.06

1.68

1.00

7.99 14 46

7.99

7.86

15.47

13.46

32

5 7. 12. 6 7.

06 3.90

0.68

1.32

6.671 13.05

7.76

7.18

13.16

11.73

4*

tagl. Extr.

.6

8.9

5.5

4.93

12.10| 19.27

13.30

12.40

16.90

14.34

5

2mal

.2

10.6

8.6

7.33

12.83 19.20 14.47

13.46

13.60

11.87

2

3mal

.14

5.42

4.0?

3.32

8.45

16.01, 9.74

9.38

14.60

12.69

2}

.74, 6.82

3.19

3.90

9.22

16.64J 10.52

10.07

14.28

12.74

20

tägl. Extr.

2 4.6

5.0

2.77

9.17

16.03

9.13

9.28

15.50

13.26

6

18 5.92

3.97

8.56

14.74

9.85

__

__

1

41 6.88

4.54

12.69

8.68

__

_

51, 2.67

2.66

2.57

8.50

14.79 8.41

8.57

13.51

12.22

5

tägl. Extr.

79 4.98

2.58

2.44

7.26

14.35 8.46

8.13

13.30

11.91

9

tägl. Extr.

2 , 5.0

4.0

3.00

10.77

17.70 10.07

10.38

16 50 14.76

6

0 I 5.5

3.2

2.83

7.93

13.60, 8.77

8.28

13.20 10.77

6

90

6.60

5.95

420

9.65

16.45

10.80

7.86

15.70

12.25

5*

tägl. Extr.

112

V. Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land.

Ein Beitrag zur historischen Geographie von Dr. r. Maack in Kiel

(Schlafs.)

(Hierzu eine Karte, Taf. II.)

§ 14. Da die Wasserscheide Schleswig -Holsteins in der Nähe j der Ostküste des Landes liegt, so fliefsen die gröTseren, im Lande selbst | entspringenden Ströme fast durchgehende von Osten nach Westen. I Die Elbe 15) und die Eider 18), die beiden grö&ten Strome des ' Landes, welche sich in die Nordsee ergiefsen, sind diejenigen Flüsse, I die in Folge der grofsartigen Umwandelungen, welche die Nordsee in historischen Zeiten erlitten, ihren Lauf wesentlich verändert haben. Aach der Orenzflufs Schleswig -Holstein^ gegen Dänemark hin, die i Königsau 19), war in der Vorzeit ganz anders beschaffen als jetzt !

§ 15. Die Elbe, Albis der Römer (vom celtischen Albais d. h. I das grofse Wasser), die Elv der Sachsen, Lobo der Slawen, bildet ab | Nieder -Elbe auf einer Strecke von jetzt 18 Meilen, wo überall die i Meeresfluth noch ihre Wirkung äufsert, die Grenze des Landes gegen ' Südwesten. So lange die Nordsee durch die noch nicht eingetretene Trennung Englands von Frankreich einen ungeheuren Golf bildete i 4), dem die Fluth von Norden zuströmte 3b), mufste nach einem I bereits früher (1. c.) erwähnten Naturgesetze der Lauf der Elbe, soweit ' die Fluth auf sie eingewirkt, mehr die Richtung nach Norden hin ein- gehalten haben, statt ihres jetzt mehr nach Nordwesten gerichteten Laufes, und da der englische Ganal noch in historischer Zeit geschlos- ; sen gewesen 3e), so mufe folglich gleichfalls die Elbe in geschieht- ' liehen Zeiten diesen Lauf inne gehabt haben. Durch die geognostische Untersuchung der früheren Eibufer wird dieser Schlufs ebenfalls be- stätigt. Denn die fast überall zusammenhängende Dünenkette, welche an der Grenze der heutigen Marsch und Geest durch Ditmarschen sich hinzieht und durch Holstein sich fortsetzt, bezeichnet den Lauf des da- maligen Hauptstromes der Elbe. Am geschlossensten ist aber die innere, im Lande liegende Dünenkette in Ditmarschen. In Süder- ditmarschen verläuft sie von Meldorf bis Averlakendonn in einer Aus- dehnung von 3 Meilen mit nur vier kleinen Unterbrechungen ; in Nor- derditmarschen geht sie von Wittenwurth 1| Meilen ununterbrochen fort bis an die Eider beim sogenannten Preil, auf ihrem Gipfel den Flecken Landen tragend. Schwieriger ist es, durch Holstein an der Grenze der Marsch und Geest den Verlauf der inneren Eibdüne tu

Das lirgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. H3

verfolgen. Ihr Flugsand ist nämlich fast überall gedampft, die Düne wandert nicht, ist nur lückenhaft erhalten und oft schwer zu erkennen. Doch kann man im südlichen Holstein, im Amte Reinbeck, eine fast ganz fest gewordene, meilenlange Dünenkette an der Grenze der Geest und Eibmarsch verfolgen. In Lauenburg wandert dagegen die Eib- düne bei Geesthacht landeinwärts, wodurch das Dorf Besenhorst schon zu wiederholtem Umbau gezwungen worden ist.

Dieser alte Hauptstrom der Elbe hat aber aufser der Dünenkette noch andere Spuren seines ehemaligen Laufes hinterlassen. Es sind diefs eine Reihe hinter einander von Süden nach Norden lie- gender kleiner Landseen in Ditmarschen, welche man auf älteren Klar- ten des Landes z. B. bei Daockwerth noch findet, von denen die mei- sten jetzt freilich ausgetrocknet sind, einige aber, z. B. der Fielsee und der grofste aller, der Eudensee noch bestehen. Wie nun im früheren Mittelalter die jetzt sogenannte „dove Elbe" erweislich der Hauptstrom war, so mufe in noch weit früheren Zeiten der ostlichste Arm der Elbe der Hauptstrom gewesen sein.

Es bestanden also einst die Seemarschen Ditmarschens, sowie die Eibmarschen Holsteins aus Inseln, zwischen denen hier und da ein- zelne Sandbänke und Düneninseln sich vorfanden. So flofs vormals ein Eibarm gen Westen bei Busenwurth vorbei, und das grofste Kirch- spiel Süderditmarschens , Marne (c =: de, ey?) war einst eine grofse Elbinsel. Theils von Natur; theils durch Kunst wurden diese Marsch- inseln Ditmarschens alle zum Theil unter sieb, zum Theil mit der fest- ländischen Geest verbunden. Aus dieser ursprünglichen Trennung der Marsch von der -Geest erklärt sich die Thatsache, dafs noch jetzt alle Wurthen Ditmarschens nie in der Niederung an der Grenze beider, sondern stets in der Mitte zwischen der Geest und dem Meere, d. h. auf den vormaligen Marschinseln liegen. Mitten zwischen diesen Marsch- inseln fanden sich aber einzelne Düneninseln, frühere Sandbänke. So kommt es, dafs noch jetzt die Ortschaften Catharinenheerd, Garding and Tating in der Landschaft Eiderstedt, Meldorf in Süderditmarschen auf gedämpften Dünen insularisch in der Marsch liegen. Aehnliche Duneninseln finden sich auch in den Eibmarschen bei Bielenberg und Scholenfletb. Auch die kleinen Marschdistricte Sommerland, Grönland und Kamerland waren früher Inseln, wie Kuss (Falk's Neues Staats- bürgerl. Magazin Bd. I, S. 536 fgg.) nachgewiesen.

Die vormalige sogenannte Nordereider oder der Wasserarm, wel- cher, bevor Eiderstedt 1489 durch Eindeichung des Dammkoogs mit der Sudermarsch des Amtes Husum verbunden und landfest wurde, Eiderstedt vom Festlande trennte 1579 ward durch Eindeichung des Adolphkooges die alte Nordereider gänzlich geschlossen (vergl.

ZtftMfar. f. »11* Erdk. HmFolg«. Bd. VW. 8

114 v. Maack:

Heifhreichs Chronik von Nordfriesländ ) , war die Fortsetzung der länge der inneren Dunenkette mitten durch Ditmarschen hindurchströ- mehden Elbe; denn dafs die Nordereider ursprünglich kein Arm der Eider selbst gewesen, das wird aus der alsbald (§18) folgenden Be- schreibung der letzteren zur Genüge erhellen. Dafs sie aber den ursprünglichen Ausflufs der Elbe bezeichnet, geht aus der Richtung ihres Laufes hervor, weicher die gerade Fortsetzung der an der Grenze der Geest durch Ditmarschen hindurchströmenden Elbe ist. Dagegen existirte der Theil der Untereider, welcher jetzt Ditmar- schen von Eiderstedt scheidet, damals noch nicht, denn nach Heim- reich's Chronik von Nordfriesland (S. 40 u. 1 37) hat die grofse Was- serfluth von 1338 Eiderstedt und Ditmarschen durch einen anderen, neuen und grofseo Eiderstrom von einander gerissen.

Erinnern wir uns aber, dafs Schleswigs Westküste damals viel weiter in die Westsee sich hinein erstreckte 4), so folgt daraus, dafc die damalige mehrarmige Mündung der durch dieses jetzt zum Theil versunkene Land hin durchfliegenden Elbe weit nördlicher lag als jetzt. Das früher in 3 Inseln getheilte Eiderstedt Eiderstedt, Everschop und Utholm gehörte also zu den Marsch -El binsein. Es bildete dem- nach einst die Elbe von Geesthacht an ein durch mann ich faltige Was- serarme in zahlreiche Eilande zerschnittenes Delta, und damit wäre denn eine bis jetzt unaufgelöste Aufgabe gelöst. Es spricht Dämlich Ptolemaeus von drei in der Mündung der Elbe gelegenen, grosseren Inseln, weiche er die der Sachsen nennt. Keiner hat aber bis dahin diese nachzuweisen vermocht. Von der See ist hier übrigens viel Land verschlungen, wie denn die Meyer'sche Karte noch den sogenannten Süderstrand hier zeigt. Man hat, die Glaubwürdigkeit Meyer's in Frage stellend, die vormalige Existenz dieses Landes für ein reines Phanta- siegebilde erklärt, ob mit Recht, werden wir alsbald 1 6) sehen, wenn wir, auf diese Frage zurückkommend, einerseits die Glaubwürdigkeit Meyer's, andererseits die Einwürfe gegen die Existenz des Süderstran- des besprechen werden.

Denkt man sich nun alle Eibmarschen Holsteins als Inseln, so wird man finden, dafs der damalige gebogene Lauf der Elbe manchen mehr oder minder tiefen Einschnitt ins Land machte. Einen solchen bildete die Elbe bei Elmshorn, daher sein Name: Elmshorn Elwes- horn. (Der Uebergang des fr in m deutet auf keltische Einwirkung. Im Keltischen wird bekanntlich das mortificirte m [— gftl. mb. oder irisch m] wie w ausgesprochen. So sagt ja auch der Süddeutsche, ein germanisirter Kelte, »mer* statt wir). Ein ungleich tieferer Einschnitt wurde von der jetzigen Wilstermarsch gebildet, die als Marsch ja noch nicht existirte nnd von der Kqsb, wie bereits bemerkt (§8), nachge- wiesen, dafs sie früher ein Landsee gewesen. Unzweifelhaft stand nuu

Das urgeschichtlicbe Schleswig- Holsteinische Land. 1|5

dieser durch eine schmale Barre von der Elbe geschiedene Landsee in einer noch früheren Zeit in offener Verbindung mit dem Eibstrom.

Alle Nebenflüsse, welche der Elbe in Holstein zufliefsen die Stör, der Rbin, die Erückau (Seester), die Pinnau (Esche), die Alster und die Bille hatten einen kürzeren Lauf, insofern der Theil der- selben, welcher jetzt durch Marschland fliefst, noch nicht existirte. Die Bille flofs noch da, wo Hamburg liegt, in die Elbe. Dieser Lauf der Bille bestand bis zur Anlage der Schleuse bei Bergedorf. Die Mittel- wetterung im Hammerbrook, der zwischen der kleinen Reichenstralse und dem Schoppenstehl befindliche Fleet, endlich der Fleet hinter dem Fischmarkt sind Ueberbleibsel der alten Bille. Der letzte Fleet ergofe sich wahrscheinlich über den Mefsberg, dessen Boden und Umgegend Sumpf und Wiesen waren. Die Bille ward durch den Schleusengra- ben bei Bergedorf und durch die Curslaker Schleuse in die Dove Elbe geleitet. Vor dieser Ableitung war die Eampbille, die nach den Heck- katben fliefst, der Hauptstrom. Dieser Arm, zwischen dem Amte Rein- beck und Billwärder, fliefst bei der ehemaligen Billschanze in den Bill- brook und von da durch die Brandshöfer Schleuse in die Norderelbe. Vergl. Neddermeyer's Topographie von Hamburg 1832, S. 27 u. 31, Gieseke's Geschichte von Hamburg, S. 337.

§ 16. Bevor wir weiter gehen, wollen wir hier als am passend- sten Orte noch handeln von zwei kleinen hochberühmten Inseln, die in der Mündung der Elbe gelegen: Helgoland nämlich und die Insel Basilia der Alten.

I. Helgoland, das Hallaglun der Friesen, dat billige Land der Sachsen, Fosetisland beim heiligen Willibrod, die insula saneta der Chronisten, die Faria (= Farey, Fährinsel) des Adam von Bremen (de situ Daniae) in der (damaligen) Eibmündung, war sehr fruchtbar, reich an Korn, Vieh und Geflügel, aber baumlos. Rings von Fel- senriffen umgeben, ist die Insel nur an einer Stelle zugänglich, wo auch frisches Wasser sich findet. Die jetzt winzig kleine Insel ist 2200 Schritt lang, 650 Schritt breit und ragt 200 hamburger FuTs ober den Meeresspiegel empor. Auf noch nicht ~-0 Quadrat -Meile leben ungefähr 2000 Menschen. Wenn sie auch vielleicht nicht so grofs war, wie die Phantasie unserer Vorväter sie ausgemalt vergl. die Meyer'sche Karte von Nordfriesland im Jahre 1240 bei Danck- werth *) , so hatte die Insel doch gewifs früher einen gröfseren Um-

') Geerz (Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Kordalbingiene, Berlin 1859, S. 89 fg.) hat auf eine Thatsache aufmerksam gemacht, die von allen Beurtheilern der Meyer'schen Karten von Kordfriesland völlig Über- sehen worden ist, dafs nämlich nach dem ausdrücklichen Zeugnisse von Heimreich kalter ( Nordfriesische Chronik 1666 S. 66 u. 108), einem Zeitgenossen Meyers,

8#

116 v. Maack:

fang als jetzt. Wiebel (die Insel Helgoland, Hamburg 1848) hat frei- lich nachzuweisen gesucht, dafs Helgoland zu den Zeiten Adams von Bremen fast ebenso grofe gewesen, wie jetzt. Er kommt nämlich zu diesem Resultate, indem er durch Vergleichung seiner genauen Ver- messung der Insel mit einer am Ende des verflossenen Jahrhunderts gerade nicht sehr genauen Aufnahme derselben den Destructiönscoef- ficienten der Insel für ein Jahrhundert berechnet. Abgesehen aber von der Unsicherheit der Prämisse, worauf diese Rechnung beruht, lassen sich auch gewichtige Einwände gegen das Resultat erheben. Zuvör- derst pafst weder die Beschreibung, die Adam von Bremen in seiner Abhandlung de situ Daniae von ihr giebt, noch der weit ältere Be- richt, der sich im Leben des heiligen Willibrod von Alcuin (Frobe- nius Tom. II, Vol. I, p. 187) findet, zu der gegenwärtigen Gröfse der Insel. Nach Adam ist die Insel fruchtbar, körn- und vi eh reich; nach Willibrod war alles auf der Insel dem Fosetis geheiligt, Keiner wagte es, ein Stück Vieh zu berühren, Willibrod aber mit seinen Ge- fährten schlachtete und afs von den Thieren. Jetzt aber kann aufeer Kartoffeln nichts auf der Insel gebaut werden und nur einige Schafe finden dort ihr nothdürftiges Futter. Um körn - und viehreich zu sein, mufs die Insel nothwendig eine gröfsere Ausdehnung gehabt haben. Adam spricht auch noch von einer Anhöhe (colli*) auf der Insel, von wel- cher jetzt keine Spur mehr vorhanden. Im J. 1652 stand die Dünenin- sel mit dem Hochlande noch in fester Verbindung und hatte im Norden einen weifsen Kalksteinfelsen, weifses Kliff genannt, der dem 200 Fufe

mit dem er in Verbindung stand, dieser seine Karten vom alten Nordfrieslande nach einem Originale entworfen habe, welches er in der bischöflichen Bibliothek in Kopenhagen vorgefunden, ein Umstand, den Meyer seinem Mitarbeiter Danckwerth tu verschweigen genügenden Grund hatte (Geerz 1. c. S. 168 Anm. 212). Es ist flberdiefs eine reine Unmöglichkeit, ohne alle Karten die Umrisse eines Landes fest* zustellen, welches seit vier Jahrhunderten eine Beute des Meeres geworden, und Meyers Untersuchungen an Ort und Stelle, von denen Danckwerth (Landesbeschreibung S. 93) spricht, können sich nur auf die jüngste Vergangenheit bezogen haben. Schmidt hat ferner nachgewiesen, dafs bei einer Vergleichung der Karten Nordfrieslands mit einander das Resultat sich herausstellt, dafs sie von verschiedenen Autoren herrüh- ren müssen, also von Meyer nur copirt oder in verjüngtem Maafsstabe gezeichnet worden sind. Es haben ferner die Forschungen Booysen's, Peters' 8 und Kasa's die Richtigkeit der historischen Karten Meyers in Betreff der Inseln Sylt und Föhr und von 7 ehemaligen Kirchspielen in Eiderstedt im Allgemeinen bestätigt, sowie Bier- natzki bei seinen Kachforschungen gefunden hat, dafs die Lage der zu Meyer's Zei- ten (1688 1648) niedergelegten oder zerstörten Dörfer Holsteins durchgehend» sehr richtig auf seinen Karten angegeben ist. Endlich haben Outzen und Forchhammer nachgewiesen, dafs kein Zweifel an der Ehrenhaftigkeit Meyer's aufkommen könne. Unter solchen Verhältnissen erhalten seine Angaben über Nordfriesland und folglich auch über Helgoland einen höheren Grad von Glaubwürdigkeit, nämlich den seiner Quelle, des Originals der Karte in der Bibliothek des Bischofs von Schleswig, wel- ches im Kopenhagener Stadtbrande von 1728 vernichtet wurde; doch haben Lange- beck und Gebhardi die Zeichnungen noch gesehen.

Das lirgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 117

hohen Oberlande fast an Hohe gleich kam, aber klein, unbewohnt, nur ron Schafen beweidet war. Diefs ist wahrscheinlich der Rest des von Adam erwähnten coüis. Das letzte Stück dieses Kalksteinfelsens ward 1720 in einer Sturmflutb zerstört.

Man hat auf verschiedene Weise die Grofse der Insel zur Zeit Adam's von Bremen zu bestimmen versucht. Direct dieselbe nach des- sen Angaben einer Lange von 8 und einer Breite von 4 Milliaria zu berechnen, ist unmöglich, einmal weil die Angabe einer mittleren Breite fehlt und weil zweitens die Grofse der Milliaria bei Adam sehr streitig ist Nach Lappen berg's Berechnung war Helgoland nach der Karte Meyer's für das Jahr 800 \\ Quadratmeilen, nach der für das Jahr 1300 aber \ Quadratmeile grofs. Da Adam von Bremen um das Jahr 1072 geschrieben, so beträgt der Verlust für 272 Jahre 0,68 Qua- dratmeilen, vorausgesetzt, dafs der Abbruch von 800 bis 1072 ebenso regelmäfsig wie von 1072 bis 1300 stattgefunden hat; folglich war Hel- goland im Jahre 1072 = 1,50 0,68 = 0,82 Quadratmeilen grofs. Da aber nun schon längst die geschichtliche Forschung über die Meyer'- schen Jahreszahlen 800, 1240, 1300 u. s. w. den Stab gebrochen hat, so beruht auch diese Bestimmung auf einer unsichereren Basis, als Geerz in meinen scheint (1. c. S. 173 Anm. 215).

Von Schmidt und Wiebel sind die gegenwartigen grofsen Meeres- tiefen von 56 bis 96 Fufe als Grund gegen die ehemalige gröfsere Aus- dehnung Helgolands nach Nordosten und Eiderstedts, als Süderstrand, nach Südwesten auf Meyer's Karten angegeben. Diese Meerestiefen sind aber nicht constant, haben sich vielmehr im Laufe der letzten Jahr- hunderte gebildet und können demnach keinen Grund abgeben, die greisere Ausdehnung dieser Insel in Abrede zu stellen. Wie wech- selnd hier die Meerestiefen sind, davon überzeugt man sich bald. An der Stelle, wo noch 1634 der mittlere Tbeil der alten Insel Nord- strand lag, fand sich im Jahre 1858 eine Meerestiefe von 42 Rhein. FoJs. Westlich von Sylt und Amron war noch im Jahre 1650 ein während der Ebbe trocken liegendes Watt vorhanden; an dieser Stelle bat das Meer während der Ebbe jetzt eine Tiefe von 38 bis 42 Fufe. Der sogenannte, etwa 240 Fufs breite Steinwall, welcher bis zum Jahre 1720 West -Helgoland mit Ost- Helgoland (der jetzigen Dune) verband, war noch 1698 so hoch, dals nur eine außergewöhnliche Fluth den- selben überschwemmte; jetzt liegt dieser Steinwall bei halber Fluth 12 bis 20 Fufs unter dem Meeresspiegel. Noch zu Danckwerth's Zeit (1652) hatte das Meer östlich von Helgoland eine so geringe Tiefe, dals man bei starkem Ostwinde eine Meile Weges auf dem Sande hinausgehen konnte (Landesbeschreibung S. 153) und durch diese That- sache stutzt Danckwerth seine Angabe, dals „Helgoland viel grfifar

118 v. Maack:

gewesen sein soll, dann itzo" (d. h. 1652). Dagegen hat gegenwärtig (1858) das Meer eine Meile östlich von der Helgolander Dune eine Tiefe von 42 bis 114 Fufs. Nehmen wir nun an, dafs Ebbe und anhal- tend starker Ostwind diese Tiefen um 20 Fufs vermindern können, so zeigt dieses Beispiel, dafs auf einer Strecke von der Länge einer Meile das Meer im Laufe von 206 Jahren an Tiefe bis zu 94 Fufs zugenom- men hat, mithin nach den vorliegenden Thatsachen die Annahme un- wandelbarer Meerestiefen an den norddeutschen und nordfriesischen Küsten unzulässig ist und folglich auch die darauf gebauten Beweise gegen die ehemalige Gröfse Helgolands und Eidersted ts keinen Halt haben (Geerz 1. c. S. 175 u. 176).

Ueberdiefs deutet der Meeresgrund mit seinen Steinriffen in der Nähe der Insel darauf hin, dafs er der von den Wellen blos gelegte Untergrund der Insel gewesen. An der Westseite ist bei klarem Was- ser dieser steinerne Grund 50 Ruthen weit zu spuren und gegen Nor- den streichen vom Oberlande und von der Duneninsel aus je ein Fel- senriff, von welchen das der letzteren, das gröfsere, hornformig, dop- peltgespalten, eine Seemeile weit sich erstreckt und zur Ebbezeit nur 1 -—2 Faden tief liegt.

§ 17. IL Die Insel BaaiXeia. Basilia der Alten. Durch Redslob's scharfsinnige Kritik (Thule, Leipzig 1855) sind jetzt alle Widerspruche und Dunkelheiten gehoben, welche sich in den Angaben der Alten über dieses Eiland vorfinden. Plinius (Histor. natur. IV. 13. 27) sagt nämlich, nachdem er die Südgrenze Europas besprochen, und zuletzt an deren östlichem Ende, der Nordwestseite des schwar- zen Meeres, verweilt: Exeundum deinde est, ut extern Europae (d.h. die auswendige, an den Ocean grenzende Seite Europa's) dicantur. transgressisque Riphaeos montes (die Karpathen) litus Occani septen- trionalis in laeva, donec perveniatur Gades (Cadix) legendum. Insu- lue complures sine nominibus eo situ traduntur (diefs paust nur auf die Nord-, nicht auf die Ostsee), ex quibus ante Scythiam (nach den Vorstellungen der Alten alle weniger bekannten Länder im verhältnüs- mäfsig hohen Norden), quae appeUatvr Raunonia (das Bernsteinland, von dem Dänischen Ä<m>, friesich Rövstiin, Bernstein) unam abesse diei cvrsu, in quam eeris tempore ßuctibus electrum ejiciatvr, Timaeus (von Sicilien, lebte ungefähr 280 v. Chr. zur Zeit der Könige Agathocles nnd Pyrrhu8) prodidit. Der Sinn dieser Stelle ist also folgender: Von den mehreren Inseln in dieser Richtung hegt nach Timaeus eine vor dem Raunonia genannten Scythien und zwar eine Tagesreise von der Küste entfernt, welcher entlang man nach Gades kommt. Raunonia, vor welcher die Insel liegt, ist also etwas von der letzteren Festlands- kflste Verschiedenes. Die Insel liegt also von der Küste ans, von

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. JJ9

der sie eine Tagesfahrt entfernt i et, vor Raunonien, dieses also hin- ter der Insel. Nun fahrt Plinius fort: Reliqua litora incerU $ig-

nata famd. Xenophon Lampsacenus (dessen Zeitalter unbekannt)

0 ktore Scytharum tridui navigatione insuiam esse immensae magnüu- äims (paene simüetn continenti setzt Solinus cap. 30 hinzu) Baltiam tradü. Bändern Pytheas Basiliam nominal. Endlich sagt Plinius an einer anderen Stelle (Histor. natur. XXXVII. 2. 11): Pytheas Guttom- bus, Germaniae genti, accoli aestuarium Oceani, Mentonomon nomine, spatio stadiorum sex millium; ab hoc diei navigalione insuiam abesse Abahtm (die Insel Abelöe an der Nordküste Fühnens oder die jetzt auf einer Landzunge liegende Stadt Aebeltoft in Jütland). Illo (suc- ciüum) per «er ßuclibus adcehi et esse concreti maris purgamentum: in- cotas pro ligno ad ignem uti eo '), proximisque Teutonibus t ender e. Huic et Timaeus credidit, sed insuiam Basiliam vocavit. Diese letzten Worte des Plinius enthalten, genau analysirt, einen Un- sinn. Plinius sagt nämlich, Timaeus habe dem Pytheas in Bezug auf Abalus geglaubt, die Insel aber nicht Abalus, sondern Basilia genannt, oder mit anderen Worten: Timaeus habe den Angaben des Pytheas in Betreff der Insel Abalus Glauben beigemessen, habe aber gemeint, diese Angaben gelten nicht von Abalus, sondern von Basilia. Diels ist aber geradezu eine logische Ungereimtheit, welche Timaeus unmög- lich begangen haben kann, welche aber Plinius aus Mifeverständnils ihn sagen läfot. Die Sache erklärt sich einfach und genügend, wenn man annimmt, der Bericht des Timaeus über Basilia stimmte so ge- nau mit des Pytheas Bericht über Abalus überein, dafs Plinius glaubte, beide sprachen bei verschiedenen Namen von einer und derselben In- sel. Plinius ward aber zu dieser falschen Identification von Abalus ond Basilia dadurch verführt, dafs Pytheas und Timaeus übereinstim- mend berichten, beide Inseln lagen eine Tagefahrt vom Ufer entfernt ond an beide werde im Frühling von den Fluthen Bernstein angespült. Dazu kam, dafs Plinius da, wo Timaeus von einer Reihe von Inseln sprach, von welchen eine (unam) Bernstein lieferte, ohne hier ihren Namen zu nennen, zu der Annahme verleitet wurde, Timaeus statuire Oberhaupt nur eine einzige Bernsteininsel, wahrend dagegen Pytheas

1 ) Dieser Bernstein, den die Bewohner der Bernsteininsel als Brennmaterial ge- brauchen, ist Braunkohle. Denn nach Fhilemon (bei Plinius XXXVII. 2. 11) giebt das Electrnm keine Flamme von sich, was nicht anf den Bernstein, wohl aber rof die Brannkohle pafst. Derselbe sagt ferner bei Plinius 1. c. fossile esse (eiec- tnm) et m Scythia enü duobus loci», candidum atque cerei coloris, quod vooaretw tltctrwn, , alio fu Ivum, quod appellaretur sualiternieum (d.h. das heimlich ohne Flamme, Brennende : von «tiefen, Ä. sual, urere (Graffs Althochdeutscher Sprach- st» VI. 872) und temigo oder dernico, latenter). Vergl. Bessell Pytheas S. 62, ööttingen 1868.

120 v- Maack:

in den Plinius vorliegenden Stellen nur von einer Bernsteininsel Aba- lufl sprach, über Basilia sich aber so auszudrücken schien, als wäre sie eine Insel von ungemessener Gröfse, so dafs Plinius Pytheas's Basilia für eine ganz andere Insel als des Timaeus Basilia hielt und sie mit Recht oder Unrecht mit einer anderen von Xenophon Lampsacenus Baltia genannten Insel identificirte, die auch von ange- messener Gröfse sein sollte. Pytheas drückte sich nämlich über Basi- lia auf eine doppelte Weise aus : einmal ganz so, wie Timaeus, dessen Gewährsmann ja Pytheas selbst war, dafs Basilia keine Insel von an- gemessener Gröfse sei. Dieser Ausdruck des Pytheas kam aber in den Stellen dieses Autors, die dem Plinius vorlagen, entweder nicht vor oder wurde von ihm übersehen. Dagegen sprach Pytheas an an- deren Stellen von Basilia so, dafs es dem Plinius oder dem Schrift- steller, aus dem Plinius die Pytheas'sihe Nachricht schöpfte, erschien, als spräche er von einer Insel von ungemessener Gröfse. Was konnte nun aber bei Plinius diesen Schein begründen? Das Mifsverständ- nifs erklärt sich folgendermafsen: Aus Strabo ersieht man, dafs Pytheas gröfse Landschaften nicht mit ihrem, ihm unbekannten Spe- cialnamen, sondern oft ganz unbestimmt bezeichnet, z.B. das Land östlich vom Rhein nannte er negav rov 'Pijvov, die nordwestliche Ecke Galliens mQt tob*' 'Qartaiovg und das Thule gegenüber liegende Land bezeichnet er mit negl QovXtjt. Wahrscheinlich unterschied also Pytheas auch Baoileia und neol Baatktiav und mit dem letz- teren Ausdrucke bezeichnete er das hinter Basilia liegende Land von unbestimmter (ungemessener) Gröfse, dessen Specialnamen er nicht kannte. Plinius aber oder sein Gewährsmann übersehen diesen Un- terschied, wie bei der obigen Stelle in Betreff von Thule ihn alle In- terpreten bis auf Redslob übersehen haben. Was Pytheas von dem Lande um Basilia sagte, dafs es von ungemessener Gröfse sei, be- zog Plinius auf Basilia selbst. So wurde diese Insel zu einer von an- gemessener Gröfse. Die einfache Voraussetzung, welche diesem Er- klärungsversuche zu Grunde liegt, gewinnt aber augenscheinlich an ho- her Wahrscheinlichkeit dadurch, dafs Plinius in Betreff der Insel Thule sich nachweislich offenbar einer gleichen Verwechslung schuldig ge- macht hat. Denn von dem Lande um Thule (tä mo\ QovXfj*), nicht von Thule selbst hat Pytheas nach Strabo (Geograph. IL 144. Casaub.) und nach Kleomedes (Kvxknr üecagia edid. Bake 1. 47) berichtet, dafs es das letzte Land der Erde gen Norden sei und da£s der sommerliche Wendekreis mit dem Polarkreise (66° 30' N. B.) dort zusammenfalle, oder mit anderen Worten, dafs es dort sechsmonatliche Tage nnd Nächte gebe. Strabo's Worte zeigen deutlich, dafs Pytheas" Thule un- terschieden von jenen Gegenden , wo die Tage und Nächte 6 Monate

Dm urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 121

dauerten. Plinius dagegen (Hiitor, naiur. IL 75. 77) l&fet Pytheas sa- gen, diefs sei auf der Insel Thule selbst der Fall, wovon die na- türliche Folge war, dafs sie auch eine Insel von angemessener GröTse ward. Dem Plinios widerspricht nicht blos, wie gezeigt, Strabo, son- dern auch Marcianns Capeila, nach, welchem (c. 6. 194. Hugo Grotius) Pytheas behauptet hatte, er habe auf der Insel Thule von solchen sechs- monatlichen Tagen und Nächten nur gehört, ja Plinius wird durch die eigenen Worte des Pytheas geschlagen, welche Oeminus Rhodius (Elmenta astronom. 5) uns bewahrt hat, nach denen die Barbaren in Gegenden, wo die Nächte 2 und 3 Stunden lang waren und welche Cosmas Indopleustes kurz die nördlichsten nennt, dem Pytheas die Gegend zeigten, onov 6 tjfoog xoipärcuy d. h. wo die Sonne gänzlich schlafe, 6 Monate lang gar nicht aufgehe. Es ist diefe, was die Scan- dinaven den Sunsetl oder den Sunnensetlgang nannten, „Acor Solen ganger til Sode, til Senge, til Heile ')*. Diese unverfänglichen Worte des Pytheas mifs verstehend, erzählt Cosmas Indopleustes (//. 149. edid. Montfauc.)y die Barbaren hätten dem Pytheas die Schlafstelle der Sonne gezeigt.

Auf solche einfache Weise hat Redslob alle die Irrthümer aufge- deckt, die Plinius in sein Referat eingemischt hat, und wodurch die Nachrichten der Alten über die Insel Basilia so widerspruchsvoll wur- den. Es ist nun auch klar, dafs Timaeus in jener oben zuerst ange- fahrten Stelle des Plinius von Basilia spricht. Diodor (V. 23) endlich berichtet in Uebereinstimmung mit Timaeus über Basilia folgendes: 7% ZxvÖiag jijg vnio ry? TaXatiav xaravrtxQv njaog iart nekayia xata tat 'Qxearor tj ngogayogevo^rtj BaciXeia. eig ravtri* 6 xbiduv ixßaXltt dcnpiltg ro xaXovpwov rjkexTQor, ovdapov di rijg oixovptrrjg

yampiror. To yag tjlexTgo* <rvvdyerai fih h trj nooeiQi]-

fUfij trj<j<pf KOfii^etai di vno tmv iyi&oi&v ttQög nyy aviintoav ») rjtttiQot, (d. h. nach dem gegenüber liegenden Festlande) 6V yg (pioe- iai nobg tovg xa& tjpäg tonovg, (d. h. nach den südlich gelegenen Handelsstädten) xaOori ngoeiorirai.

Nach dem bisher Erläuterten ist die Lage von Basilia leicht zu bestimmen. Sie ist eine von den namenlosen Inseln, von denen Pli- nius spricht, welche in der Nordsee liegen müssen (siehe oben).

1 ) Allen Gestirnen wurden bestimmte Plätze und Stühle beigelegt, anf denen >ie ihren Sitz nnd Wohnung hatten. Zumal gilt diefs von der Sonne, die jeden Tag zu ihrem Sitz nnd Sessel niedergeht. Vergl. GrimnVs Deutsche Mythologie 0. 663.

■) Das Wort nm/r^av verlangt, dafs die einander gegenüber liegend zu den- kenden Orte (hier die Insel Basilia und das Festland) durch eine Wasserstrafse ^•trennt sind.

122 ▼. Maack:

Nach Diodor ist sie eine Meeresinsel (nekayia njooe), die nicht in (eV), sondern gegen denOcean hin (natu top *£l*tavbr), liegt, d.h. eine Küsteninsel, und zwar dem Scythien gegenüber liegend, welches über Galatien sich erstreckt. Die Griechen bezeichnen aber mitGa- latien sowohl Gallien als Germanien. Nach Timaeus liegt Basilia vor Raunonia, eine Tagefahrt von der Festlandsküste entfernt, dieser ge- genüber. Bernstein wird nicht blos im Frühjahre von den Wogen an sie angespült; er wird auch auf dieser Insel zusammengebracht and von den Bewohnern nach dem gegenüber liegenden Festlande (Gala- tien) zum Weitertransporte verfuhrt: Basilia ist also der Stapelplati des Bernsteins. Erinnern wir uns nun ferner, dafs die Elbmündung sich damals viel weiter nach Norden hin erstreckte 15), eine Delta- land bildend, so haben wir, weil Raunonia die Kimbrische Halbinsel ist 22), vor welchem die Insel Basilia lag, selbige in der Elbmün- dung zu suchen, womit Diodor's Bezeichnung xara top 'Slxectrot vor- trefflich stimmt.

Welche Oertlichkeit findet sich nun aber hier in diesem Landstrich, deren jetziger Name in dem griechischen Baailtia steckt? Redslob, welchem der alte Lauf der Elbe unbekannt war, hält den Flecken Wesselburen für die landfest gewordene Insel BaoiXtia, aber sicher- lich mit Unrecht. Es ist vielmehr das einst auf einer Insel gelegene Geestdorf Wesseln oder Wessling bei Heide, im Kirchspiele Wedding- stedt. Denn Wesseln ist weit älter als Wesselburen: der Sage nach ist das letztere ein Tochterdorf des ersteren (Schröders Topographie von Holstein, lste Ausgabe, 1841, Art. Wesselburen). Das Wort Wesseln bedeutet aber Wechseln, Tauschen, Handeln; der Ortsname bezeichnet also passend den einstmaligen Stapelort des Bernsteins als Handelsort. Im Worte Wesselburen liegt aber an und für sich schon der Beweis, dafs der Ort später angelegt worden als Wesseln oder Wefsling. Die Bewohner des letzten Orts waren Handelsleute, die des ersteren stammen freilich von ihnen ab und behielten daher den Na- men Wessel bei, aber es waren Buren (Bauern), d. h. sie gaben den Handel auf und betrieben den Ackerbau. So läfst sich aus Wesseln der Ursprung von Wesselburen, in Uebereinstimmung mit der Sage aus dem Einfacheren das Zusammengesetztere erklären, während das umgekehrte Verhältnifs zu unlösbaren Schwierigkeiten führt. Der Name der Insel war also Wesseley, Wasseley (die Handelsinsel), woraus der Grieche Pytheas BaoiXeta machte. Denn der Laut W wird von den Griechen durch ein B wieder gegeben, z. B. Visurgis BwovQyig bei Strabo. So heilst auch im mittelaltrigen Latein Wesselburen Basik- bora und Basilipyrgus (Neocorv$, Chronik von Ditmarschen. I. S. 237). Das Dorf Wesseln liegt aber am vormaligen Eibufer, bei Danckwerth

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 123

noch an dein innersten Winkel eines unterhalb der Insel Bösum tief in da« Land einschneidenden Meerbusens. Diese Lage dicht an der Küste entspricht auch der Beschreibung der Alten weit mehr, als das damals mitten in der Elbe auf einer Insel liegende Wesselburen.

§18. Die Eider fuhrt in der Geschichte sehr verschiedene Na- men. Der Geograph von Ravenna sagt: Confinalis praenominatae Da- nkte est Saxonia vt sunt Dani , qui juxta Dina fluvium, qui

m/er cetera flumina, Daniam transeuntia, ingreditur in Oceanum. Hier kann nur von der Eider die Rede sein. Damit stimmt es, dafe einer- seits im Krakumal v. 3 ein Dinaminne oder Dunaminde und bei den Isländern eine Dunaheide vorkommt, andererseits Helmold und Albert von Stade das Dan ne werk Dinawerch nennen. Das Wort Dina hat mit dem Namen der Dänen nichts zu thun. Da nun im Wälischen ZK» die Grenze, Befestigung, Schließung bedeutet, so mufs Dina der Name der Eider bei den Kelten sein. Es ist die (so häufig gefundene) Wiederholung des Namens eines bekannten im Osten gelegenen Flus- ses, der Du na. Ueberdiefs ersieht man aus dem keltischen Namen, dafe schon in grauer Vorzeit die Eider zur Bezeichnung der Grenze gedient.

Dafs von den Angelsachsen die Eider Pifeldor genannt, geht unter andern aus jener Stelle des Scopesvisiti v. 89 hervor, wo es von Offa in Bezug auf seinen berühmten Zweikampf helfet:

äne sveorde märet gemaerde nt5 Myr gingtun bi Fifeldöre;

d. h. mit dem Schwerte

zog er die Grenz«

gegen die Myrginger (Bewohner Holsteins) am Fifeldor (der Eider).

Nach Mone (Anzeiger 1839, S. 438) ist der Namen Fifeldor ursprüng- lich friesisch, analog den Namen Fivelga, Vivelsted, Fivola. Er bedeu- tet aber „Thüre des Meeres tt.

Aegisdör, der Name der Eider bei den Scandinaven, ist die Uebersetzung des angelsachsischen Fifeldors, denn altnord. heifst Aegir das Meer.

In den Annal. Fuldens. ad annum 811 heifst der Flute Egidora, bei Regino Agidora, im Necrolog. Nestvedens. Egidur, bei Adam von Bremen, Helmold, Arnold von Lübeck und Albert von Stade Egdora, bei Saxo Grammaticus Eydora , Eidorus offenbar alles diabetische Umbildungen des altnordischen Namens. Wenn Mone (die gallische Sprache) den Namen fär keltisch halt vom irisch, ag, eg, der Salm, und <fior, Wasser, also Salmenfluis so irrt er, weil die Kelten die

124 v. Maack:

Eider Dina nannten. Die Eider mufs einen Lanf gehabt haben, gänz- lich verschieden von dem jetzigen ; denn es passen die alten Beschrei- bungen über die Anlage des Dannewerks, verglichen mit dessen Ueber- resten, durchaus nicht auf die heutige Eider. Sehr willkührlich hat man bald die Treene für die alte Eider erklärt (Falk), bald wiederum in dem kleinen, früher schiffbaren Mühlbach, der bei Grofs- und Klein- Reide vorbeifliefsend in die Treene fällt, selbige zu sehen geglaubt (OttUens Untersuchungen der denkwürdigsten Alterthümer Schleswigs und des Dannewerks Altona 1 626). Um ein klares Bild von dem ein- stigen Laufe dieses in der Geschichte Schleswig -Holsteins eine so grofse Rolle spielenden Flusses zu erhalten, mufs man sich Eiderstedt noch nicht landfest, die Marschen des Amtes Husum noch nicht exi- stirend denken. Die Landschaft Stapelholm lag als Insel, wie ihr Name besagt das nordische Wort Holm bedeutet Insel noch im Meere; der Megger- und der Börmerkoog bezeugen durch ihre Bezeich- nung als Köge ein eingedeichtes Stück Land, welches dem Meere abgewonnen, heifst ein Koog und durch ihre tiefe, sumpfige Lage, dafs auch sie Meeresboden gewesen. Eine genauere geologische Un- tersuchung der ganzen Gegend von der Husumer Marsch an bis gegen Schleswig hin zeigt theils moorigen Grund, theils tiefen Sand mit reich- lichen Schaalenüberresten von noch jetzt in der Westsee lebenden Mee- resmuscheln, ein Beweis, dafs auch hier einst Meeresboden gewesen. Mitten in dieser Sandsteppe liegen zwei Dörfer: Grofs- und Klein-Reide, deren Namen bezeugen, dafs dort einst Schiffsrbeden gewesen. Hier auf diesem Boden kann man sich leicht überzeugen, dafs die Westsee vor Zeiten tief in das Land einschneidend einen breiten Meeresbusen gebildet hat. Aber nicht blos geologisch läfet sich diese Thatsache nachweisen, auch historische Zeugnisse sind nicht unschwer beizubrin- gen, dafs noch in verhfiltnifsmäfsig späten Zeiten dieser Meeresbusen bestanden, welcher den Namen Eider gefuhrt. Die Hauptstelle findet sich in der Olaf Tryggesöns Saga (Oldnord. Sagaer Vol. L S. 111) wo es (übersetzt) heifst: Zwei Meeresbusen, auf jeder Seite des Landes einer, gehen ins Land hinein; zwischen diesen haben die Dänen eine hohe und starke Burgmauer von Steinen, Rasen und Holz errichtet, und draufsen davor einen tiefen Graben gegraben u. s. w. Ferner kommen noch folgende Stellen vor: Oldnord. Sagaer X. 203: Das Dannewerk war quer über das Land zwischen der Mündung (d. h. dem inneren Ende) der Schlei und der Eider errichtet; Jörns- tfikinga Saga c. 8. p. 28: Das Dannewerk war zwischen „Aegisdör* und „Slesmynne" nur über das Land zwischen den Meeren er- richtet; ibidem c. 9. p. 30: König Harald fuhr mit der Flotte nach „Aegisdör", aber Hakon Jarl mit seinem Heere nach „Slesdör" auf

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 125

der anderen Seite des Landes; Oldnord. Sagaer X. 204: König Harald Blaatand zog mit seinem Heere nach der Eider, aber Hakon Jarl mit dem seinen nach der Schlei. Und nun stiefsen Kai- ser Otto und König Harald auf einander, worauf es sogleich zur Schlacht kam; sie kämpften auf Schiffen und es fielen Viele auf der Seite Kö- nig Harald's, weshalb er sich zurückzog. Darauf ging der Kaiser auf der anderen Seite ans Land, bei der Schleimündung, wo Hakon Jarl war u. s. w., Saxo Grammatic. p. 182: Thyra quantum a Sleseico ad occidentalem Oceanum patet, vallo fossaque pro- scmdere aggressa est. Besonders hat die Angabe fränkischer Chro- nisten, dafs von der Schlei an bis zur Westsee das Nordufer der Ei der befestigt worden sei, Anstofs erregt und mufste Anstofs erre- gen, so lange man den heutigen Tages gültigen Begriff von Eider fest- hält So sagt z. B. Ammonius (Hist. Francorum Hb. IV.) : limiiem regni m, qui Saxoniam respicit, callo muntre consHtuit, eo modo ut ab orientali maris sinu, quem ilä Ostersalt dicunt, usque ad occi- dentalem Oceanum totam Egidorae fluminis aquilonalem ri- pam munimenlum vaüo praetexeret. Noch zu Zeiten des danischen Königs Svend Qrathe (um die Mitte des 12ten Jahrhunderts) müssen die Terrainverhaltnisse hier im Wesentlichen die nämlichen gewesen sein; denn in seinem Kampfe mit seinem Nebenbuhler Knud Magnus- sen zog Svend einst seine Schiffe von der Schlei bei Schleswig nach Huchlsteth in die Eider. Dieses l&ngst vergangene Kirchdorf, zur Praeposüura major gehörend, mufo auf dem Wege von Schleswig nach Rendsburg gelegen sein, wie aus dem Schleswiger Stadtrechte erhellt (Daklmann läfet die Schiffe ganz irrthumlich in die Treene hinein zie- hen. Vergl. Geschichte Dänemarks Bd. I. S. 158).

Dergestalt werden die Angaben der Chronisten über die Anlage des Dannewerks erst verständlich, ja einer von ihnen bedient sich des Ausdruckes eines „Isthmus der Kimbrischen Halbinsel", wel- cher durch jenes Befestigungswerk geschlossen worden: valktm a nari orientali ad occidentale ductum, quo isthmus Cimbricae cher- sonesi clauderetur. (Leider habe ich in meinen Excerpten verab- säumt zu notiren, wo diese wichtige Stelle vorkommt.) Jetzt kann aber von einer Landenge gar nicht die Rede sein. Man sieht nun auch die Notwendigkeit ein, die im Laufe der Zeit sich herausstellte, das Dannewerk weiter gen Westen fortzufuhren, sowie jener grofse Meerbusen mehr und mehr versandete, bis es endlich die Treene er- reichte. Wann und von wem die einzelnen Theile des Dannewerkes zu verschiedenen Zeiten angelegt worden, darüber berichtet die Ge- schichte. Der älteste Theil desselben, das sogenannte Kowerk, wird dem Könige Götrek zugeschrieben. Dafs die Königin Thyra Danebod,

126 v- Maack:

Gorm des Alten Gemahlin, Waldemar I und Margarethe Sprenghest (die schwarze Grethe), Wittwe des Königs Christoph I. das Danne- werk theils restaarirt, theils weiter fortgeführt haben, ist hinlänglich bekannt

Die Eider ist also ursprünglich ein Meeresbasen. Man darf sich aber dadurch nicht irre fuhren lassen, dafs dieser Meeresbu- sen meistens als Flufs (flutius, flumen) bei den Chronisten bezeichnet wird. Denn auf gleiche Weise beiist die Schlei bald locus bald fluvius und nur selten wird sie als sinus maris bezeichnet Bis in die neueste Zeit wird die Schlei officiell als Strom bezeichnet. In diesen Eider- meeresbusen mit seinen vielen Inseln und mannichfaltigen Buchten er- gofe sich von Norden her die Treene, von Süden ein kleines, im Isarnho Holsteins entspringendes Fleischen, auf welches bereits zu Adam's von Bremen Zeiten gleichfalls der Eidername fibergegangen war. Es sagt nämlich derselbe (de situ Daniae): Hone Daniam a nostris Nord- albingit flumen Egdora dirimit, qui oritur in profundissimo saltu paganorum Isarnho. Dieses Eiderflüfechen mag früher wohl einen anderen Namen gefuhrt, vielleicht, wie Outzen vermuthet, Jerne oder Jarne geheiTsen haben. Die alte Grenze zwischen Deutschland und dem alten Dänemark war aber der Eidermeerbusen, nicht der eigent- liche Eider flufs. Ein solcher breiter Meeresbusen konnte demnach mit Recht den Namen „Thüre des Meeres u erhalten, eine Bezeichnung, die auf einen so kleinen Flufs, wie die Eider noch lange war, sicher- lich nicht pafste. Erst durch die Versandung und Verachlickung des Eidermeerbusens wurde der Lauf des Eiderfiusses mehrfach abgeän- dert; im Jahre 1300 war er noch sehr unbedeutend und erst 1338 brach er sich durch Ditmarschen und Eiderstedt hindurch ein neues Strombett. Es erhellt hieraus, dafs die frühere, sogenannte Norder- eider ursprünglich mit der Eider gar nicht in Verbindung gestanden.

Wohl haben . die Dänen das frühere Dasein eines grofsen Meerbu- sens an der Westküste Südschleswigs erkannt. So findet man eine Abbildung des Eidermeerbusens nebst dem Dannewerk von dem däni- schen Archäologen Worsaae im ^Dansk Folke Kalender for Aar ei 1844. S. 155" ')• Nichts desto weniger haben sich die Dänen wohlweislich

') Da dieser Holzschnitt nur ein ungefähres Bild der hier in Betracht kom- menden Terrain Verhältnisse giebt, welches nicht als wissenschaftlich gesichert betrach- tet werden kann, haben wir es vorgezogen, dieser Abhandlung die von Herrn Haupt- mann Geerz gezeichnete Karte des Landstrichs zwischen Eider und Schlei beizuge- ben! welche die gegenwärtigen Terrainverhältnisse darstellt und in den Manchen, Wiesen und Mooren längs der Eider, Treene und Rheider-Au die Hauptrichtung der Bodendepression bis östlich von Klein- Rheide klar erkennen läfst. Man wird sich ▼ergegenwärtigen müssen, dafs im Laufe der Zeit namentlich in der östlichen Hälfte dawar Bodensenkung zahlreiche Wiesen in Ackerland verwandelt sind, data also der

Dm urgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 127

ßdes Domea! gehütet, diesen Meeresbusen mit seinem Namen sn bezeichnen (weder auf der Karte noch im Text), denn sein Name „Ei- der* hätte manche ihrer Prfitensionen unbarmherzig über den Haufen geworfen.

Da der Älteste Theil des Dannewerks, der Kograben oder das Kowerk, sich vom Selker Noer bis zur (vormaligen Schäferei) Kur- burg 2160 Ruthen oder ungefähr | Meile weit erstreckte und eben da- zu diente, den Isthmus der Kimbriseben Halbinsel zu schüefsen, so war folglich dieser ungefähr £ Meile breit. Man wird hier unwillkür- lich zu der Frage gedrängt, ob nicht in noch älterer Zeit beide Meere, die Eider der Westsee mit der Schlei der Ostsee, zusammengehangen, so dafe Kimbrien eine grofee Insel gebildet. Man kann diese Frage unbedenklich bejahen. Denn die Bodenbeschaffenheit des Isthmus, worüber das Kowerk geführt worden, giebt keinen Gegenbeweis gegen den vorzeitigen Zusammenhang beider Meere; ja ein allgemein gülti- ges geologisches Bildungsgesetz fordert sogar eine ursprungliche völ- lige Trennung Kimbriens vom Festlande. Denn es besteht das Ge- setz, dafe alle gröfseren Halbinseln der Erde im Norden mit dem Pestlande zusammenhängen. Die Kimbrische Halbinsel bildet die ein- zige, bisher anerklärte Ausnahme von dieser Regel.

Weit schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob schon in histo- rischen Zeiten diese Wasserverbindung bestanden. Wir werden spä- ter (§22) sehen, dafe wegen des alten keltischen Landesnamens es höchst wahrscheinlich ist, dafe zur Zeit der Einwanderung der Kelten in den Norden Kimbrien bereits mit dem Festlande zusammengehan- gen; allein die Möglichkeit liegt dennoch vor, dafe die grofee Fluth, welche in Folge des Durchbruchs des Canals zwischen England und Frankreich Kimbrien traf, den Isthmus, der sich gebildet, wieder durch- brochen habe. Diese Möglichkeit läfet sich aber nicht zur Gewifeheit erheben.

§19. Die Königsau (Schottburgau) T der Ammt secans Jutiam dänischer Chronisten, wa/ einst ein viel breiterer Strom. Auf einer alten vor dem Jahre 1552 entworfenen seltenen Karte Daniae Regni Typus. ComeUm$ Anioniades descripsü ') trennt die Königs- au als ein breites Gewässer Schleswig von Jutland, und noch heut zu Tage drängt sich jedem an Ort und Stelle durch den Augenschein die Ueberzeugung auf, dafe das Bett der jetzigen Königsau früher viel brei- ter und offenbar ein Meerbusen der Nordsee gewesen, welcher sich

ehemalige Eiderbusen sich breiter und tiefer in das Land erstreckte, als es durch 4*° gegenwärtigen Bestand von Wiesen und Mooren angedeutet wird. ') Sieht den Carton auf der beigegebenen Karte.

128 ▼• Maack:

etwa bis Kjöbenhoved erstreckte. „Man kann", sagt der um die Geo- graphie Schleswig- Holsteins hochverdiente Geerz, welcher zuerst auf diefs Verb&ltnifs der Königsau aufmerksam gemacht hat (Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens, Berlin 1859, S. 16), „daran kaum zweifeln, wenn man, von Süden kom- mend, die Höhen von Dover erreicht hat und dann plötzlich durch das breite tiefe Thal des ehemaligen Meeresbusens überrascht wird14. Jene alte Karte beseitigt allen noch etwa vorhandenen Zweifel und zeigt überdiefs, dafs zwischen Kolding und Ripen ein westlicher Arm des Koldinger Meerbusens, sowie der Herdorper See Schleswig von Jütland trennte. Den Herdorper See findet man in den jetzigen gro- fsen Wiesenflächen westlich von Kolding wieder, welche sich bis an die Königsau bei Wandrup erstrecken. Es schied also unzwei- felhaft ursprünglich eine Meerenge Schleswig von Jütland» welches erst im Laufe der Zeit mit ihm verschmolz. Auf den von den Holländern W. Blaen, H. Hondt und Nicol. Piscator dem Aelte- ren im Anfange des 17ten Jahrhunderts herausgegebenen Karten der Herzogthümer findet man noch den Herdorper See, aber die Gewäs- ser zwischen Jütland und Schleswig erscheinen beim „Slotu (Schott- burghaus?) bereits getrennt (Geerz 1. c. S. 20). Die Thatsache aber, dafs die Königsau noch tief im Mittelalter hinein ein breiter Strom gewesen, erklärt den Ausdruck der Isländer, welche Schleswig als „das Land südlich von der Au" (fyrisunnan ä. Heimskringla V. p. 388) bezeichnen.

§ 20. Der tiefere Untergrund Schleswig -Holsteins wird Zwei- fels ohne von der Kreideformation gebildet, die im Süden jenseits der Elbe bei Lüneburg, im Osten auf Rügen und Möen, im Norden am Liimfjord, im Westen auf Helgoland zu Tage tritt. Am letzten Orte ist aber das sogenannte Kliff schon längst ein Raub der Wellen geworden (§16). Ueber die Kreide ist die Braunkohlenformation gelagert, die Geburtsstätte des Bernsteins, und auf sie folgt die Ge- schiebeformation.

In Betreif der geognostischen Beschaffenheit der Boden Ober- fläche Schleswig-Holsteins mufs man folgende Bildungen unterscheiden:

1) Den Geschieb et hon findet man an der Ostseite des Landes, wo der Boden wellenförmig und hügelig ist, von Höhenketten durch- zogen, mit muldenförmigen Thälern und nicht selten mit größeren Ver- tiefungen, welche Landseen bilden, von denen jedoch im Laufe der Zeit hunderte und aber hunderte theils ausgetrocknet, theils trocken gelegt sind. Der Geschiebethon enthält kalkhaltigen Mergel und bis in die gröfsten Tiefen abgerundete Granitblöcke (Irrblöcke, Findlinge). Bei uns überwiegt in ihnen der Granit den Gneis, der gekörnte Quarz

Das urgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 129

den schiefrigen: in den Urgebirgen Scandinaviens verhält es sieb ge rade umgekehrt. Auf der Insel Sylt schliefst der Geschiebethon viele Bruchstücke wabrer Lava ein, Biimstien genannt. Am schwersten, fast marschartig ist dieser fruchtbare Boden im Amte Reinfeld und dem angrenzenden Theile des Amtes Traventhal und im Gute Probnsdorf. Ein solcher Boden zog den Adel und die (katholische) Geistlichkeit an. Die Wasserscheide liegt aber in Holstein am inneren Rande seiner hügeligen Ostküste.

2. Der Geschiebesand bildet westlich vom Geschiebethon ein Hochplateau von verschiedener Breite, oft durchzogen von stark mar- kirten Höhenzügen, wie die Blankeneser Berge, die Höhenketten am Nordufer der Stör und die Bostedter Berge, die ausgeprägteste Hügel- kette Holsteins. Sie streichen in der Richtung von SO. nach NW. Im östlichen Schleswig bildet der Geschiebesand nach beiden Seiten stark geneigte Hügelketten. Der Gescbiebesand bildet ferner, durch Haiciesand vom östlichen Landstriche getrennt, jm Westen einen zwei- ten Strich von verschiedener Breite, welcher theils im Amte Rends- burg, theils an der inneren Grenze der ditmarsischen Marsch sich fin- det. Auch durchschneidet er in der Mitte des Landes den Haidesand in verschiedenen Richtungen, wie denn auch eine dünne Schicht des Gescbiebesandes die Ebene der Braunkohlenformation im ganzen Lande deckt Der Geschiebesand besteht aus gelbem Sande, oft gemischt mit Thon oder Korallensand, die in dem Geschiebe von der kleinsten bis zn sehr bedeutenden Gröfsen eingemengt sind. Er enthält Ver- steinerungen von noch jetzt in der Nordsee lebenden Thieren; bei Tar- beck findet man z. B. eine ganze Austernbank.

3. Der Haidesand bildet eine grofee, ausgedehnte, unfruchtbare Ebene ohne Geschiebe und Versteinerungen. Der Haidesand ist nur in den oberen Lagen vom Geschiebesande verschieden. Nahe der Ober- fläche liegt eine Lage weifsen Sandes, dessen obere Schicht, selten ober 1 Fufs mächtig, von verfaultem Haidekraute schwarz gefärbt ist, ohne allen Kalk und Lehm. Unter dem weifsen Sande liegt eine, sel- ten über einen Fufs mächtige Lage gelben Sandes oder braunen Sand- steins (Sandahl), dessen Bindemittel ein organischer torfartiger Stoff ist. Die unterste Lage ist ein von Eisen gefärbter Sand mit kleinen eingemischten Steinen; ihre Mächtigkeit ist sehr verschieden und sie liegt dem Lehm und Mergel der Geschiebeformation auf. Meistens ist der Haidesand wohl ein durch die ubergrofse Entwaldung der Landes- mitte in seinen oberen Schichten verwildeter Geschiebesand. Die Ahl- oder Fuchserde ist also ein Product der Haidevegetation und erst spä- ter gebildet. Sie enthält stets Holzkohlen von Dicotyledonen , der Strnctur nach der Buchenkohle vollkommen gleich. Ueberall trifft man

Z«itaebr. f. aUg. Brdk. Neu« Folge. Bd. VI II. 9

130 ▼- Maack:

im Haidesande Flächen von Krattbusch, die Reste alter Eicbenwaldun- gen. In ihm liegen die grofeen alten Dörfer der Landesmitte, spora- disch von einzelnen Anbauerstellen umgeben. Hin und wieder finden sich Anhäufungen von Flugsand, wie in der Segeberger Haide und bei Bostedt. Stellenweise kommt die Ahlformation auch im Osten des Landes vor.

4. Die Marsch, j bis 3 Meilen breit, die Westseite des Landes einnehmend, besteht aus fettem, glimmerreichen, ziemlich sandfreieo, blauen Thon, Klei genannt, der sich J bis 10 Fufs tief erstreckt. Die Marsch ist völlig eben, ohne allen Wald. Von grofsen Wassergräben künstlich durchschnitten, liegen die Wohnungen oft auf Wnrthen. Es ist vortreffliches Gras- und Getreideland. Der Störz, eine Art Pech- erde, welcher in der Marsch hin und wieder vorkommt, ist der Vege- tation sehr hinderlich. Die Reste des alten Strandwalls bestehen aus gedämpftem Flugsande, von einem mageren Pflanzenwuchse bedeckt; sie werden Donn oder Cleve genannt. Der Lage nach unterscheidet man Küsten-, Insel- und Flufemarschen ; dem Unterbodeu oder dem Alter nach Moor- und Meersandmarschen (§8) oder altere und jün- gere Marschen.

An einzelnen Stellen des Landes tritt der tiefere Untergrund de* Bodens zu Tage. So erhebt sich der der Kreideformation angehörige Kalkberg bei Segeberg nach Schumacher zu einer Höhe wo 297 Hamb. FuJfe über dem Niveau der Ostsee, und zugleich findet man noch in einer Tiefe von 300 Fuls denselben Gyps und Anhydrit, mit kohlensaurem Kalk, Sand, Boraciten und Steinsalz gemischt. Da man nun ganz in der Nähe des Berges in tiefen Brunnen keinen Gyps mehr findet, so mufs der Berg steil aus der Tiefe emporgestie- gen sein. Ihn umgiebt ein blauer Lehm, der nordsüdlich streicht und bei Oldesloe vom Gyrogonit- Mergel bedeckt ist. Der Gyps streicht ebenfalls von Norden nach Süden und fallt unter Winkeln ab, die sich gen Osten rechten Winkeln nähern. Bei Stipsdorf, J Meile östlich von dem Segeberger Kalkberge, ist der Gyps von der GeschiebeformatioD bedeckt. Wo aber das Travethal die blauen Lehmlager durchschnei- det, zeigen sich viele Salzquellen, die nördlichsten bei Tralau, die be- kanntesten bei Oldesloe. Die Streichungslinie des Gypses führt von Segeberg über Oldesloe nach Lüneburg, wo Gyps und Salz verbunden vorkommen. Die nordsüdliche Hebungsrichtung ist ausgesprochen in dem Verhältnifs des Gypses bei Segeberg und Lüneburg; sie zeigt sich deutlich in der Grenzlinie zwischen der Geschiebe- und Ahlformation.

Vom Nissumfjord in Jütland geht auf dem Rücken des Landes und an der Westküste eine Braunkohlenformation bis zur Elbe hinab. Der Gyps bei Lüneburg hat sie gehoben; sie bildet einen gro-

Das urgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 131

fcen Theil der Lüneburger Halde. Die oberste Lage besteht aus eisen- haltigem Sande und Sandstein. Dann folgen Thon- und Mergellager, zuweilen mit untergeordnetem mergeligem Kalkstein. Thonerde kommt häufiger vor, stellenweise schneeweifser Sand mit eingemengtem, wei- tem, glimmerreichem Thon. Die Versteinerungen bezeichnen die Braunkohlenformation als der Subapenninenbildung angehörig. An der sudöstlichen Seite Sylts kommen sie besonders zusammengedrängt vor. Der Geschiebesand deckt oft die Braunkohlenformation. Zwischen ihr und der Geschiebeformation ist in Schleswig keine Grenze zu ziehen. Im östlichen Theile des Landes zeigt die Braunkohlenformation Schich- ten, die häufig senkrecht stehen, selten einen Winkel unter 45 Grad machen. Hier hat die Bildung des Geschiebethons, ein Product von Schlammvulcanen, die Braunkohlenschichten in ihrer horizontalen Lage gestört.

§ 21. Von der Bodenbeschaffenheit und den klimatischen Verhält- nissen hängt der Pflanzen wuchs zunächst ab. Dafs der Geschiebe- tboD vormals völlig bewaldet gewesen, ist bekannt. Ihm ist die Buche eigentümlich, die des Kali bedarf und auch bei Kalk sehr gut ge- deiht. Die vormals unbedeichten, baumlosen Marschen sind das eigent- liche Grasland. Ob aber die jetzt öden Haidestrecken des Landes vor- mals bewaldet gewesen, ist eine Frage, die uns hier zunächst interes- sirt. Dafs der Geschiebesand einst Eichen Waldungen getragen, ist un- zweifelhaft. Vor der Eiche wuchs die Föhre (Pinus sylvestris) auf die- sem Boden, da wir sie so oft in den Mooren finden. Wo die Eiche dem Geschiebesande fehlt, wuchert die Haidepflanze (Calluna vulgaris), für die Haiden Schleswigs ist die Mehlbeere (Arbutus uea ursi) cha- rakteristisch. Weil der Haidesand jetzt alle Pflanzen ausschliefst, de- ren Wurzeln über 6 8 Zoll tief gehen, hat man noch kein Recht, ihre frühere Bewaldung in Abrede zu stellen; denn die Ahlformation ist ein Product der Haide Vegetation. Doch waren keinesweges alle Hai- den bewaldet. Denn da, wo die Ahlformation stellenweise eine Mäch- tigkeit von 6 12 Fufs erreicht, geht die Haidevegetation wohl bis in vorhistorische Zeiten zurück. Wo die grofsen Hochmoore sich finden, auch da fehlte die Bewaldung, wie denn auch aus einzelnen historischen Nachrichten der Schlufs zu ziehen, dafs schon grofse Haiden in der Urzeit hier existirt haben. Vergl. den alten Namen Mörungöland für Holstein in § 23. Der alte Name der Stadt Schleswig, Hethebye, darf seiner Etymologie nach nicht darauf bezogen werden. Nach Einigen •oll nämlich ihr nordischer Name HeiBabyr oder HeiBabaer die Hai- denstadt bedeuten (von /facti, pl. Haeüa, altisl. Heidr, jetzt keibi, die Haide). Die Haide, worauf Schleswig lag, hiefe die Aslagsheide. Der alte Englische Urname des Ortes war Haethe, wie er in Othars Rei-

9#

132 ▼• Ma«ck:

sebericht vorkommt and von dem das Wort „Heitscheffel* abzuleiten ist. Der Angelsachse Robert, Bischof von Elgin, sagt: Haethe> quod lingua Anglica signißcat portum. Nach der dänischen Eroberung des Landes ward der Ort Haethebye, d. h. die Hafenstadt genannt, denn Adam von Bremen sagt: Sliaswich, quae nunc He idaint dicitur. Bei den Sachsen hiefs der Ort Sliesthorp oder Slieswyk.

Dagegen erzählt Helmold, dafs der grobe Holstenwald, der Isarnho, sich von Schleswig bis Lübeck erstreckte, woraus aber folgt, dafs er in Süden wenigstens theilweise an waldfreies Land angegrenzt habe, welches hier nur Haide gewesen sein kann. Schleswig war dagegen ganz mit Waldungen dicht überzogen, denn Adam von Bremen sagt in seiner Schrift de situ Daniae: Cum omnes tractus Germaniae pro- fundis horreant sattibus, sola Jutland caeteris horridior.

In den dicken Urwäldern Kimbriens hausten viele wilde Thiere, welche heutigen Tages längst ausgerottet sind. Der Wölfe und Wild- schweine nicht zu gedenken, gab es auch noch Bären und Biber. Noch im vorigen Jahrhunderte existirten Wölfe im Lande, noch zu den Zei- ten Heinrich Rantzau's Biber (vergl. dessen Descriptio Chersonesi Cim- bricae in Westphalens Monumenta). Selbst das Elenthier war hier 20 Hause, denn man hat deBsen Knochen in Jütland gefunden (ßolbtcKt Ungdomsvandringer IL p. 290), wie denn dieses Thier noch im Uten Jahrhundert in Deutschland und Holland existirte. So heifst es z. B. in einer Urkunde Otto I. vom Jahre 943: Nemo sine venia Bälden* Episcopi in pago forestensi Trentano cervos, ursos, capreas, apros, be- stias insuper, quae teutonica lingua Elo aut Schelo appellantur, tenan praesumat. Heda Episcop. Ultratraject. Uftrqject. 1643. p. 83. Die- selben Worte kommen in einer Urkunde Heinrich's II. von 1006 (1* c- p. 101) und Konrad's IL von 1025 (1. c. p. 114) vor. Das Elo oder Schelo ist aber das Elenthier, wie Schlözer bewiesen ( dessen Brief- wechsel Heft II. S. 80).

§ 22. Demnächst haben wir von den uralten einheimischen Lan- desnamen der Kimbrischen Halbinsel, der Chersonesi Cimbricae der Römer, zu handeln. Da Schleswig in der Urzeit von Jütland durch eine Meerenge getrennt war 19), so kann unter der Kimbrischeo Halbinsel ursprünglich nur Schleswig verstanden worden sein. Dafs der Name dieser Kimbrischen Halbinsel Raunonia gelautet, läfst sich unzweifelhaft darthun. Wir haben schon gesehen 17), dafs die un- genannten Inseln des Plinius in der Nordsee müssen gelegen sein; dtö nach Timaeus eine derselben, bei welcher das Meer Bernstein im Früh- jahre auswarf, vor dem Raunonia genannten Theile Scythiens lag, und da& diese Bernsteininsel Basilia gewesen. Da nun der Name Rao- nonia das Land als Bernsteinland bezeichnet (von Rav, Bernstein),

Dm lirgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 133

so kann dieses entweder nnr die Preufeische Ostseekfiste oder die West- käste der Kimbrischen Halbinsel gewesen sein, die beiden einzigen Orte de* Nordens, wo der Bernstein in grofeen Massen gefunden wird (rergl. Werlauff in Falks s Neuem Staatsbürgerlichen Magazin Bd. X. Schleswig 1840). Aber eben wegen der Lage der ungenannten In- seln des Plinius in der Nordsee, von denen Basilia eine war, die vor RauDonia lag, mnfs dieses die Kimbrische Halbinsel gewesen sein. Ob XeDopbon'8 von Lampsacns Baltia, eine Insel von angemessener Grofee, Jütland gewesen, ist mit Sicherheit nicht zu entscheiden; jeden- falls ist Baltia von der Chersonesus Cimbrica (Schleswig) verschieden, denn es war ja eine Insel. Der Name Baltia erinnert an die Belte and an das baltische Meer, welche nach dem Lande und gewifs nicht das Land nach dem Wasser benannt worden sind. Es giebt der Meer- engen drei, die als Belte bezeichnet werden: der grofee Belt, der kleine Belt ■) und der Samsöe-Belt (zwischen der Insel Samsöe und Jüt- land). Folglich kann die Insel Baltia, nach der diese Meerengen be- nannt worden sind, entweder nur Fühnen oder Jutland gewesen sein ; denn Seeland war früher zu klein, um als eine Insel von ungemesse- oer Grofee bezeichnet werden zu können. Das alte Seeland war näm- lich viel kleiner als das jetzige. Adam von Bremen, wo er die däni- schen Inseln aufzählt, sagt: sexta (sc. insula) est Selandia, septima, qvae Uli adhaeret etc., und ferner: Caeterum Fioniae insulae aliae septem aajacent minores ab Euro, quas supra diximus frugibus opu- lentes, hoc est: Moniand, Imbria, Falster, Laaland etc. Man hat diese Adam 'sehe Insel Imbria für Fehmarn erklärt, eine Interpretation, die Adam selbst widerlegt, denn er sagt späterhin : quarum (sc. insularum, qwe Slavis aajacent), prima Fembre vocatur. Haec opposita est Wagris. Fembre ist also « unleugbar Fehmarn, folglich mufe Imbria anderswo gesucht werden. Aber wo? Die septima insula Adam's ist jene, qttae ilU (Selandiae) adhaeret. Sie ist also ein Anhängsel von Seeland, oder mit andern Worten, zu Adam's von Bremen Zeiten hing eine Insel mit einer so schmalen Landenge mit Seeland zu- sammen, dafs er sie noch als eine von Seeland gesonderte Insel auf- fahren konnte. Diese Seeland adhärirende Insel nennt er an dieser Stelle nicht; jedenfalls wird sie einen eigenen Namen gehabt haben, wenn auch im Laufe der Zeit, sowie beide Inseln immer mehr verschmol- zen, der Name Seeland auf sie ausgedehnt ward. Es mufe aber diese **nda septima Adam's der südliche Theil des jetzigen Seeland ge- wesen sein, welcher rings umgeben von Inseln, im Süden von Möen, Falster und Laaland, im Norden von der insula sexta Adam's un-

') Der Name Mittel fahrt rand ist sicherlich jüngeren Ursprung».

134 ▼• Maack:

möglich den Namen Seeland, Sjaland, geführt haben kann, ein Name, welcher nur für den nördlichen Theil, der so buchtenreich ist, pafste. Es lehrt ferner die geologische Untersuchung, dafs das jetzt mitten auf der Insel liegende Ringstedt, einst an einer jetzt versandeten Meerenge gelegen, die beide Inseln trennte, wie denn ja auch in einer der Chro- niken in Langebeck's Scriptt. erzählt wird , man sei mit den Schiffen nach Ringstedt gefahren (zu meinem Bedauern ist mir das Citat in den Kriegsjahren abhanden gekommen). Fafst man nun alle diese Thatsachen zusammen, so ist man wohl berechtigt zu der Annahme, dafs Adam's insula septima, quae Selandiae adhaeret, Imbria gehei- fsen habe. Kehren wir nach diesem notwendigen Excursus zu der Insel Baltia zurück, die, wie schon bemerkt, entweder nur Fühnen oder Jutland gewesen sein kann. Für das letztere spricht aber einmal die bedeutendere Gröfse, da Baltia eine Insel von ungemessener Gröfse war, und demnächst der Umstand, dafs das baltische Meer eher nach einer seiner Grenzscheiden, als nach einer unter so vielen in ihm be- legenen Inseln benannt worden sei. Dafs der Name Fühnen, Fionia (d. h. das weifse -- schöne Land) celtisch, ist gewife; aber für Jut- land, welches nicht zur Kimbrischen Halbinsel gehörte, würde ans gänzlich der v orgermanische Name fehlen, wenn er nicht Baltia wäre. Ob auch dieser celtisch, mufs ich vorläufig dahin gestellt sein lassen; vielleicht ist er finnischen (tschudiscben) Ursprungs und gehört der Urbevölkerung des Nordens an. Denn es finden sich hier zu Lande, wenn auch höchst sparsam, unzweifelhaft Namen tschadischen Ursprungs, z. B. das Wort Noör, womit eine tiefer ins Land eintretende Ausbuch- tung eines Meerbusens bezeichnet wird. Im Mongolischen heifst aber Noor (zusammengezogen aus Naghor) der See. (Im Westmon- golischen wird regelmäfsig der aspirirte Gaumenbuchstabe in der Mitte ausgestofsen: aus Khaghan wird Khan, Fürst, aus bughurul wird bnrul, grau u. s. w.)

Das Wort Codanonia ist ein ana% Xeyopevop; es kommt nur bei Mela vor: In ilio «tmi, quem Codanum diximus, ex insulis Codanonia, quam adhuc Teutoni tenent, ut foecunditate , ita magniludine anlestat. Ohne allen Grund hat man durch einen Gewaltstreich Codanonia in Scandinavia ändern wollen. Man hat auf Seeland gerathen und dafür nur die foecvnditas anführen können ; die magnitudo verträgt sich aber nicht mit dieser Auslegung. Dafs aber Codanonia Kimbrien gewesen, dafür spricht die Bezeichnung sinus Codanus, von welchen wir nach- gewiesen (§ 12), dafs er gebildet werde von der Ostküste der Kimbri- schen Halbinsel einerseits und von der Ostseeküste Deutschlands bis zur Spitze Rügens andererseits. Unzulässig ist es, das Wort Codanas in Gothanus zu ändern (J. Grimm). Dafs das Wort wirklich Coda-

Du wgeschichtliche Schleswig- Holsteinische Land. 135

nos gelautet, dafür zeugt der Name des Dorfes and des Landsees En- den in Ditmarschen, wie denn dieser wiederum für die Kimbrische Halbinsel als Codanonia spricht. Plinins (Histor. naiur. IV. 16) spricht von einem Scandia. Weil man mit diesem Namen nichts an- zulangen wufste, ward er für identisch mit Scandinavia erklärt. Prü- fen wir diese Frage näher! Zu dem Ende haben wir zuvörderst zu bestimmen, was ursprünglich unter dem Namen Scandinavia ver- standen worden ist. Es läfst sich aber die sprachliche Continuität zwischen den Wortern Scandinavia und Schonen nachweisen. Das Wort aei ist ein gothisches und bedeutet Insel. Das gothische avi geht in das altnordische ey, in das dänische öe über, gleichwie das gothische tnavi ins altnordische mey, dänische möe (die Jungfrau), das gothische harn ins altnordische Aey, das dänische höe (das Heu); folg- lich ist Scandinavia = die Insel Scandin. Und gleich wie im Angel- sächsischen durch Erweiterung das gothische Skand in avi in Seed en igge des Beowulf- Liedes übergeht, so wird im Altnordi- schen durch die demselben charakteristische Gontraction Skandin in Skan zusammengezogen. Aus dem gothischen Skandinavi wird also altnordisch Skdney, dänische Skaanöe, Skaane, deutsch Schonen, bei Aelfred Sconeg, bei Adam von Bremen Sconia und bei Saxo Gram- maticus Scania. Im Althochdeutschen wird das Wort Scandinavia aber zo Schot en äuge oder Schot en awey latinisirt zu Schatana- na. Es ist also offenbar Scandinavia oder die Insel Scandin ursprüng- lich das heutige Schonen, von dem wir bereits 4) geologisch nach- gewiesen, dafe es vormals eine Insel gewesen, und da es nun sprach- lich auch als Insel bezeichnet ist, so raufe es offenbar in geschicht- lichen Zeiten noch eine solche gewesen sein. Gehen wir aber weiter and fragen, was bedeutet sprachlich die Insel „Scandin". Die Endsylbe in bezeichnet das Wort als ein keltisches. In (ton) ist die gadhelische Form von dem suffigirten innis, cymr. yny«, die Insel. So heifst z. B. Albic* gadhelisch Alba inn, cymr. contrahirt Alban, d. h. die Berg- fosel (von o/o, hoch). Die alten Scoten nannten sich Albinach und ihr Land Albin (Buchanani Histor. Scotiae p. 11. 12). Bekannt ist Irland, £trtn, die grüne Insel. Ebenso ist der alte Name der an der Koste von Banmdal in Norwegen gelegenen Insel Gossen Gor* in, was durch Gor$eyy Gorsinsel erklärt wird (Munch). Scandin bedeutet also die Insel Scand. Und wenn die Gothen, als spätere Eindringlinge in den Norden, das Wort Scandin nicht verstehend, avi pleonastisch hin- zusetzten, so thaten sie dasselbe wie der Deutsche, wenn er z. B. die Faeröer als Faeröerinseln bezeichnet. So erklärt sich denn auch die abweichende Lesart Scandavia für Scandinavia, wie solche bei dem Oaelen Dicuil (de mensura orbis edid. Walkenaer p. 31) vorkommt

136 ▼• Maack:

Die Wurzel des Wortes Scand ist nicht germanisch; seine Bedeutung ist selbst dem sprachgelehrten Munch in Christiania seiner eigenen Er- klärung nach völlig dunkel geblieben. Es kommt aber im westjütischen Dialect die Redensart vor: de gaaer aa Skands, d. h. sie gehen schräge (zur Seite), und im Nordfriesischen heifst skan schräge, schief, krummgebogen (Outtens Glossar Arlik. skan). Daraus erhellt nun die Urbedeutung der Wörter: Schanze, nordisch Skandse; Schanne oder Schande (zum Tragen zweier Eimer), pandum, jugum; Skandaek (ein in die dänische Seemannssprache aufgenommenes, nicht dänisches Wort), holl. Schandeck, Schandekel, d. h. der oberste Band des Schiffrumpfes u. s. w. Das Wort Scandin bedeutet also die gekrümmte, gebogene Insel, gleich wie der Name Skanderborg in Jütland, vormals Skanä- thorpborg, den Ort als das krumme Dorf bezeichnet. War nun aber Schonen eine solche gekrümmte Insel ? Jordanes (de rebus Geticis c. 3) beschreibt nach Ptolemaeus I. 2. Schonen folgendermafeen : Est in Oceani aretoo salo posita insula magna, nomine Scanaja, in modus* folii citri (so ist zu lesen, statt des unsinnigen cedri), lateribus pan- dis (ausgebogenen) post long um duetum concludens se; ejus ripas infinit Oceanus. Heutigen Tages gleicht freilich Schonen dieser Beschreibung nicht, allein man mufs in Betracht ziehen, dafe Blekingen, welches in Wulfetans Reisebericht Blecingaeg heifst, fro- her eine Insel (ags. eg) war, wie solches auch mit Halland seinen geologischen Verhältnissen nach der Fall gewesen sein mufs, so dafe der viel spätere Saxo Grammaticus noch sagen konnte: Caeterum HaL landia ac Blekingia, ab integritate Scaniae ceu rami duplieet ex unius arboris stipite promeantes, Goihiae flforvmgiaeque lange declinationis sp actis, ditersisque recessuvm interstieiis, adnectuntur, wah- rend der ältere Adam von Bremen noch schreibt: Sconia fere in suis est ultima pars Daniae, undigue cineta mari, praeter unum ter- rae brachium, qvod ab Oriente continens Suediam disterminat aDa- nie, uli sunt profundi saUus montesque asperrimi. Es waren also die vier Scandischen Inseln des Ptolemaeus, von denen drei kleinere, eine sehr grofs war: Schonen, Halland, Blekingen und Smaaland (§4).

Und nun das Wort Scandia! Im Keltischen heifst ia das Land: Italia, das glänzende, feurige Land (von ital, dem deutschen eitel, glän- zend, feurig) ; Arcadia das Bergland (von arcoed, die Anhöhe) n. 8. w- Scandia ist also das krumme, gebogene Land, welches also offenbar von der krummen, gebogenen Insel unterschieden ist. Es kann folg- lich Scandia nicht identisch sein mit Scandin oder Scandinavia. Wo ist nun aber Scandia zu suchen? Wir haben zwei Merkmale entdeckt, die es charakterisiren müssen : 1 ) dafs es keine Insel, folglieh Festland gewesen ist; 2) dafs das Land eine krumme, gebogene Figur gebildet

Das nxgeschichtliche Schleswig -Holsteinische Land. 137

Da aber ein Küstenland, dessen Meeresufer gebogen sind, schwerlich ab das krumme, gebogene Land xat ' e|o/^ bezeichnet worden wäre, weil dieses Merkmal mehr oder minder jeder Küste zukommt, so kann ein Land nur dann als gekrümmt, gebogen durch seinen Namen be- zeichnet worden sein, wenn es nicht blos an einer, sondern an zwei oder drei Seiten, vom Meere bespült, dieses Merkmal an sich getra- gen, d.h. wenn es eine Halbinsel gewesen. So werden wir darauf hingeführt, dafs Scandia der altkeltische Name der Kimbrischen Halb- insel gewesen. Vergegenwärtigen wir uns nur seine einstige Form in der Urzeit Die beiden Meerbusen der Schlei und der Eider (§18) schnürten, einen schmalen Isthmus bildend, das Land vom Festlande fast ab. Es war bei weitem nicht so breit wie jetzt: theils fehlten noch viele Marschdistricte, theils waren sie in der Bildung begriffen und be- standen grofstentheils aus Inseln. Im Norden schied eine Meerenge die Halbinsel von Jütland. Aber nicht blos einen ähnlichen Namen fahrten die Kimbrisohe Halbinsel (Scandia, Scandja >) des Jordanes) und Schonen (Scandin); sie hatten auch sonst in ihrer natürlichen Be- schaffenheit manche AehnKchkeit gemein. Beide waren, die eine als Insel ganz, die andere als Halbinsel grofstentheils von Wasser umge- ben; beider Küsten zeichneten sich durch ihre Flachheit und ihren Bnchtenretchthum ans. Was die Buchten Schönens betrifft, so sind des Jordanes Worte bereits oben angeführt; in Betreff der flachen Be- schaffenheit seiner Küsten sagt aber Paulus Diaconus (De rebus gestis

Longobmrdorum L 2) : Haec ergo insula (sc. Scandinuma) non

tarn in mari est posita, quam marinis fructibus propter planitiem marginum terras ambientibus circumfusa. Von der Kimbrischen Halb- insel, der Jntlandia des Adam von Bremen, sagt derselbe in seiner Schrift de situ Daniae: Sicut vero bracchia tnaris occurrunt, ibi civi- tates habet maximas, und von der Stadt Ripen bemerkt er: quae cim- tos tangitur alveo, qui ab Oceano in flu i t. Endlich bildeten beide, Eünbrien und Schonen, früher ein sehr waldreiches Flachland und ein Strom, der hier wie dort den Namen der Elbe fuhrt, fliefst neben bei- den hinein. Adam von Bremen sagt nämlich: Ibi (sc. in- Sueonia) est

Aibis ßwrins , qui oritur in praedictis alpibus, perque medios

Gotkorum populos currit in Oceanum, inde et Gothelba dicitur. Da- her wird nicht blos einerseits die schwedische Oötbaelv, die ja auch, wie wir gesehen, den Namen Elbe fuhrt in Jütland giebt es ihr entsprechend eine Gudenaa nicht selten mit der deutschen verwech-

') Scandja nnd nicht, wie meistens geschieht, Scandzia ist bei Jordanes zu lesen (Ütmca). Die Form Scandja bürgt aber für die Lesart Scandia bei Plinlus wo einig» Handschriften Scandea haben.

138 ▼. Msack:

seit, sondern andererseits erstreckt sich diese Verwechselung auch auf die Lande selbst, auf Scandia und Scandin (Scandinavia) sowohl bei den Alten als auch bei den Neueren. Jordanes versteht unter seinem Scandja stets Scandinavien und schon in der Sceaf-Sage ist der Schau- platz bald in Schonen, bald in Schleswig. In der ältesten Darstellung derselben bei dem um das Jahr 1000 schreibenden Aoelwerd (bei Sa- vile p. 842) heilst es: Ipse Sctf cum uno dromone advectus est in in- sula Oceani, qui dicitur Scani etc. Dagegen sagt Wilhelm von Malmesbury (f 1113) (bei Savile p. 41): iste (Sceäf) ut fertur, in quatn- dam insulam Germaniae Scandjam (alte lectiones: Scantiam, Scan- deam), de qua Jordanes historiographus Gothorum loquitur, appuisus navi sine remigio, puerulus, posito ad caput frumenti manipulo, dar- miens, ideoque Scedf nuneupatus, ab hominibus regionis Uhus pro mira- culo exceptus et sedulo nutritus, aduita aetate regnavit in oppido, qui tunc Sliasu>ich, nunc eero Haitheby appellatur. Est un- fern regio iüa Anglia vetus dieta, unde Angti venerunt in Britanniam, inter Saxones et Giothas constittäa.

Fassen wir nun die Resultate unserer Untersuchung kurz zusam- men, so haben wir nachgewiesen, 1 ) dafs Scandin (die krumme Insel) oder Scandinavia Schonen gewesen ; und 2) dafs mit Scandia (dem krum- men Lande) die Eimbrische Halbinsel bezeichnet worden. Daraus kön- nen wir aber den SchluDs ziehen, dafs, als die Kelten in den Norden einwanderten, Kimbrien bereits eine Halbinsel gewesen, weil sonst der Gegensatz von Scandia und Scandin nicht in ihrer Sprache sich aus- gedrückt hätte.

§ 23. Schliefolich haben wir noch die alten Specialnamen Hol- steins und Schleswigs zu erwähnen. Unter den Namen Nordalbin- gia oder Saxonia transalbina tritt unser Land zuerst in das Licht der Geschichte. Man verknüpfte aber mit diesem Namen keinen scharf begrenzten geographischen Begriff, sondern verstand darunter das von Sachsen bewohnte Land der nördlichen oder rechten Seite der Nieder- elbe, die Grenzen gen Norden und Osten unbestimmt lassend. Der Name Holsatia (Holstenland, Holsteen, Holstein) wird zum ersten Male beim Jahre 804 in den Chroniken genannt Das Wort Hotote ist aber zusammengezogen aus Holtsete, wie Inste aus Insete, Lauste aus Landsete. Holtsete oder Holsate bedeutet einen Holzsassen, einen Waldbewohner und ist daher seiner Bedeutung nach identisch mit den Vithonen (Nuithonen) des Tacitus und den Charuden des Ptolemaens. Meistens heifeen die Bewohner unsres Landes in den fränkischen Chro- niken Nordkudi, Nordalbingi, Saxones transalbiani. Es giebt aber noch einen viel filteren Namen für Holstein. Bei den Longobarden (Paulus Diaconus de rebus gestis Longobardorum L J2. 13) heilst es Man-

Daa nrgescaichtliche Schleswig- Holtteimsehe Land. 139

ringa, bei dem Geographen von Ravenna Maurungavi, bei den An- gelsachsen Myrgingaland, althochdeutsch Mörunyöland. Das ags., alts. und nord. Wort Mör bedeutet unter Anderen auch die Haide, ericetum, daher ist Mörunyöland das rauhe wilde Haideland, nnd diesen Namen erhielt daher jedes Haide- nnd Sumpf land. So findet man denn auch südwestlich vom Harz bei Göttingen und Nord heim den pagus Mo- runganus, jetzt Moringen genannt. Nach dem Geographen von Ra- ?enna soll das fränkische Königsgeschlecht der Merovinger aus Mau- rangavia, welches im Süden an die Elbe grenzt, gekommen sein. Die Patria Alois, quo spatiosissima dicatur terra des Geographen von Ra- venna (IV. c. 18) ist wohl Nordalbingien.

Der alte Name Schleswigs lautet bei Paulus Diaeonus Scoringa (vom ags. score, ripd). Denn als die Longobarden (Wi niler) aus Scan- dinavien auswanderten, kamen sie nach U eberwind ung der Wandalen (in Vendsyssel in Jütland) nach dem Scoringa genannten Lande, wo sie einige Jahre blieben. Als sie nun von Scoringa aus nach Mauringa ziehen wollten, versperrten die Assipiti ihnen den Weg u. s. w. Mau- ringa ist, wie wir gesehen, Holstein, folglich mufs Scoringa Schleswig gewesen sein, da sie an der Spitze Jfitlands die Wandalen geschlagen hatten. In der Frankenzeit wird Schleswig SUlendi, richtiger Sin- letuti, d. i. das öde, wüste Land (J. Grimm) genannt , weil es damals sehwach bevölkert war.

So wfire denn das Schleswig -Holsteinische Land in seiner Alter- thfimlichkeit wieder restaurirt und damit die Möglichkeit gegeben eine Urgeschichte des Landes zu schreiben. Die Kimbrische Halbinsel ist nämlich gleichsam die geschichtliche Brücke, die den scandin avischen Norden mit dem Festlande Europas verbindet. Einst in der Dämme- rung der Vorzeit ergofs sich über diese Brücke der Völkerstrom der Kimbern, Longobarden, Angeln und Sachsen nach Süden; in späterer geschichtlicher Zeit drang über sie das Lieht germanischer Cultur vom Sfiden aus in die Nacht der nordischen Barbarei. Die Geschichte ist aber das edelste, das geistigste Erzeugnifs des Bodens, worauf ein Volk lebt: wie das Land, so das Volk; wie das Land und das Volk, so auch seine Geschichte. Jedes Volk ist ursprünglich eins mit dem von ihm bewohnten Boden, oder, wie A. von Humboldt sich ausdrückt, die Völ- ker tragen die Livree der von ihnen bewohnten Gegenden. Denn wie der Menschengeist auf keine Weise sich loszuringen vermag von der Erde und daher, wie er irdisch lebt, wie er irdisch fühlt und irdisch denkt, den wahren Erdgeist darstellt, so ist dieses sein Verschmolzen-

140 ▼• Maack: Das urgeschichtliche Schleswig -Holitemiache Land.

sein mit dem Leben der mütterlichen Erde eben dadurch begründet, dafo er nicht nur anf oder vielmehr in ihr lebt, dafs er nicht nur von ihr lebt, sondern dafs er auch von ihr durchlebt wird, dafe ihr Leben auch ihn durchdringt, dafs er mit der Erde verbunden sich fohlt, wie die Blüthe mit dem Baume, die mit ihm krankt und gedeiht. Und wie nun einerseits und zwar ursprünglich die Natur des Landes auf seine Bewohner bestimmend einwirkt, so tritt wiederum andererseits späterhin der Bewohner auf die mannichfaltigste Weise seine Wohn- stätte umbildend auf, und diese Umwandlung der Heimath gleichsam zu einem neuen Lande wirkt dann nothwendig zurück auf seine Be- wohner. So greifen alle Ringe in einander und bilden eine unzer- reifsbare Kette von Ursachen und Wirkungen. In der Einheit der geistigen Richtung eines Volkes mit seinem Naturdasein, in dem un- zerreißbaren, wenn auch dem Bewufstsein entrückten Zusammenhange des Bewohners mit dem von ihm bewohnten Lande besteht, da der Mensch mit seinem Sinnen und Trachten zunächst an die Naturbeschaf- fenheit seiner Wohnstätte gebunden ist, eben das, was man seine Na- tionalität oder Volkstümlichkeit nennt. In der Nationalität ist der all- gemeine Geist der Menschheit durch die besonderen solaren und tellu- rischen Verhältnisse des Heimathslandes als ein endlicher bestimmt and beschränkt. Eine tiefere Einsicht in den Gang der Geschichte ist daher undenkbar ohne eine allseitige, das Wesentliche nie aus den Augen vertierende Auffassung der physischen Bodenbeschaffenheit des geschicht- lichen Schauplatzes. Und wie nun einerseits diese Grundansicht, wenn sie die geschichtliche Darstellung beseelt, die Geschichte an den gro- fsen Kreis der Naturwissenschaften anknüpfend, ihr erst den Stempel der ächten Wissenschaftlicbkeit aufdrückt, so wird andererseits eine solche ursächliche Verschmelzung der Geographie mit der Geschichte für das einfache Verständnifs der letzteren selbst unentbehrlich, wenn der Schauplatz, die Bühne, auf welcher ein Volk lebt und webt, han- delt und wandelt, im Zuge der Jahrhunderte und der Jahrtausende vielfache und so grofse, so tiefeingreifende Naturveränderungen erlitten hat, wie solches, wie wir gesehen, der Fall gewesen ist mit Schleswig- Holstein.

141

VI.

Ein Jagdausflug von Kereil im Lande der Bogos

nach dem Berge Zad'amba am oberen Laufe des

Barka- Flusses.

Von Werner Munzinger.

Vom Schreiben müde und halb krank, entschlofs ich mich, ein paar Tage auf der Jagd in dem nahen Barka zuzubringen. Wir waren acht: ich mit drei meiner Leute; ein mir befreundeter Elephantenjfiger mit seinem Diener nnd zwei Männer von Keren. Wir hatten nur ein Pferd und ein Maulthier mit; unser Proviant bestand aus einer Provision von Mehl für eine Woche, etwas Pfeffer, Confitfiren und Kaffee. Ein Zelt hatten wir nicht vonnöthen, da das Land gesund und die Regen- zeit noch fern ist. Wir kamen Sonntag den 19. Mfirz in der Ebene von Schytel ') an und vernahmen von Hirten, dafs der eine kleine Stunde entfernte Fufe des Zad'amba von Rhinoceros voll sei.

Der Berg Zad'amba ist ein einziger, ungeheurer Felsblock, wohl 2000 Fuf8 über der Ebene von Schytel erhoben und hängt mit den be- nachbarten Gebirgen nur durch einen schmalen Sattel zusammen. Er zerfällt in zwei Hälften, die westliche ist mit Hülfe von Steingeröll und Bäumen zugänglich, wenngleich nicht ohne Beschwerde; die andere östliche fällt von allen Seiten ganz senkrecht spiegelglatt bis zur Ebene ab. Der Pafe, der die beiden Hälften verbindet, ist kaum 5 Zoll breit, von beiden Seiten jäh abgeschnitten und wohl 100 Schritte lang. Muthige Leute setzen sich auf diesen schwindelerregenden Sattel wie auf ein Pferd und helfen sich hockend hinüber. Doch haben schon Viele auf die* 8em Steg den Tod gefunden ; denn ein einziger Blick rechts oder links in den unbegrenzten Abgrund reicht hin, Schwindel zu erzeugen. Das Kloster befindet sich auf der östlichen isolirten Seite und ist von fünf oder sechs Mönchen bewohnt, die von Abessinien gebürtig, mit den Schrecken dieser wahrhaften Einsiedelei den Himmel zu verdienen hof- fen. Ihr Vorsteher, ein Fünfziger, hatte den Muth hineinzukommen» Als er nach einem kurzen Aufenthalte hinaus wollte, schwindelte es ihm den Sattel zu passiren und so befindet er sich seit 14 Jahren in einer unfreiwilligen lebenslänglichen Gefangenschaft»

*) So ist der Name in dem Mannscript des Herrn Verfassers stets geschrieben. Auf der im Bulletin de la Sociiti de Geographie, Novembre 1869 p ablichten Karte Mnnzinger's steht Shotel. Der Berg Zad'amba liegt in gerader Richtung etwa 6 bis 7 deutsch« Heilen sttdlioa von Keren.

142 Werner Mnncinger:

Zad'amba ist ziemlich geräumig und an den beiden Seiten wohl | Stunde lang. Die östliche Seite ist oben mit Erde bedeckt; doch hat sie wenig Vegetation, einige Rebstöcke und ein Dutzend riesiger Sy- komoren, deren Früchte getrocknet sehr gut schmecken. Die Mönche nähren sich von Früchten und Wurzeln der Wildnils und von Almo- sen, die sie in der Nachbarschaft einsammeln. Diese Einsiedelei scheint sehr alten Ursprungs zu sein. Der Kaiser Jasu (1720) erneuerte sie; er baute die verfallene Kirche und die Wohnungen der Mönche wieder auf und liefs mehrere Cisternen graben, die in der Regenzeit sich fül- lend für das ganze Jahr genügen könnten ; doch haben sie sich in der Länge der Zeit mit Schlamm gefüllt, so dafs sie jetzt selbst für den Bedarf von wenigen Personen kaum ausreichen. Quellwasser hat die Amba keines; sobald das Zisternen wasser verbraucht ist, sind die Mönche genöthigt, aufserhalb deB Berges ihre Bockshfiute zu füllen. Wer das nicht kann, mufs vor Durst sterben. Ich kenne einen der Mönche, Abba Gebre Medin, der uns oft besucht und sich an den Steg so gewöhnt hat, dafs er ihn aufrechtstehend überschreitet, was selbst einen Seiltänzer mit Grauen erfüllen möchte. Kaiser Jasu hatte diesen Weg mit Mauer- werk breiter gemacht; doch hat die Zeit, Ungewitter und Blitz der Natur ihren Schrecken zurückgegeben. Zad'amba ist oft von Leopar- den heimgesucht, die schon manchen Einsiedler gefressen haben, and nach der Sage der Mönche macht ihnen selbst der böse Feind dann und wann einen Besuch. In der Kirche befinden sich mehrere Mann- Scripte, die für die Geschichte der Nordgrenzen Abessinien's wich- tig sind.

Zad'amba fallt senkrecht auf die Ebene ab; doch hat das Bergge- röll der ganzen Länge der Basis nach eine sanft abfallende schiefe, wohl eine halbe Stunde breite Ebene gebildet, die sich allmählich zum schwar- zen Sehlammboden Schytels hinabsenkt. Diese Abdachung, aus Gra- nitschutt bestehend, wenig fruchtbar, bildet eine Urhaide, unregelmäßig bewaldet, mehr Gesträuch, Gebüsch und Dornen, als Bäume, nie be- hauen, nur von wilden Thieren bewohnt und dem Menschen fast un- zugänglich.

Von Zad'amba entspringen drei Quellen; die eine am Westende des Berges, Kusch genannt, deren reichliche Wasser, hinter Zad'amba aus einer Schlucht hervorschiefsend, fast das ganze Jahr bis zur Ebene hinabströmen. Die zweite Quelle entspringt unmittelbar aus der Amba auf der Mitte ihrer Basis; die dritte befindet sich unweit davon etwas weiter unten und bildet dem Granitgeröll entquellend einen kleinen nie versiegenden Bach.

Nach dieser Orientirung, die zum Verständnifs nöthig war, kehren wir auf unseren Gegenstand zurück. Samstag und Sonntag brachten

Ein Jagdausflug too Koren nach dein Berge Zad'amba. 143

wir in Kusch tu; die Nacht durchwachten wir bei der Quelle; aber ohne Erfolg. Das Rhinoceroa hatte, scheint es, unsere Gegenwart be- merkt. Kusch ist eine felsige, kaum 10 Schritt breite, düstere Schlucht. Das Wasser, das in anderen Jahren bis zur Ebene hinablief, stagnirte jetzt, bildete aber ein prächtig wucherndes Grün. Wir waren nicht unzufrieden, unseren Thieren die seltene Kost zu gönnen. Den Tag über vergnügten wir uns mit der Jagd auf Rebhuhner, die zu hunder- ten hier sich tränken. Anderes Wild nahte sich nicht, auiser ein paar Wildsehweinen, die aber schnell das Weite suchten.

Montag machte sich unser Elephantenjäger mit seinem Diener auf, das Terrain bis zum Fufse des Berges zu exploriren. Er hielt sieb auf dem ebenen Wege , der zur unteren Quelle fuhrt, und war kaum eine halbe Stunde fortgeschlendert, als ihn sein Fuhrer am Arme er- griff. Kaum 50 Schritte weit in dem Gebüsch versteckt weidete ein Rhinoceroa, den Kopf gegen die Erde gesenkt, so dafs nur der Vor- derkörper zu sehen war. Unser Jäger legt an und schiefst; das Thier flieht auf die eine Seite, der Jäger auf die andere. Ein paar Bluttro- pfen bezeugten die Verwundung. Hirten erzählten uns den andern Tag, dafs eine halbe Stunde weiter unten in derselben Zeit ein schreck- lich schnaubendes Rhinoceroa im Galopp an ihnen vorüber gerannt sei. Unsere Jäger kamen gegen Mittag erschöpft und durstend im Lager an. Wir liefsen die brennende Mittagssonne sich etwas abkühlen und machten uns alle zusammen Nachmittags auf, das verwundete Thier aufzusuchen. Wir kamen an der Stelle an, wo der Jäger geschossen hatte, und tbeilten uns in zwei Abtheilungen. Weide Gabriel, so hiefe der Jäger, nahm von seinem Diener begleitet die Richtung gegen die untere Quelle; ich mit zwei Leuten, die meine Stutzen trugen, vertiefte mich in dem oben beschriebenen Gehölz. Wir fanden sogleich zahl- reiche Rhinoceroa -Spuren, die sich vielfach kreuzten; ich ging voran; einer meiner Leute hinter mir; der Andere blieb etwas hinten, um sich über den Lauf einer frischen Spur zu vergewissern. Ich war kaum in das Gehöls hinein getreten, als ich das dem Rhinoceroa eigentüm- liche Schnauben kaum 20 Schritte von mir hörte. Ich nahm den Stutzen, den mein Mann trug und der gewöhnlich meines Dieners Waffe ist. Mein eigener, der viel genauer und kräftiger ist, der mich nie im Stich l&fet, den ich immer selbst lade und putze, der mein Bettgenofs ist, befand sich unglücklicherweise bei dem anderen Diener, der noch immer wohl 40 Schritte von mir entfernt war. Ihn zu erwarten, war es zu spät; denn das Rhinoceroa zeigte mit seinem Schnauben, dafs es uns wahrgenommen hatte. In einer Minute mufste es uns auf dem Leibe oder entflohen sein. So bewaffnete ich mich mit dem Stutzen, auf den ich mich kaum verlassen konnte, und bewegte mich in der Richtung,

144 Werner Mnnsinger:

woher das Schnauben kam, vorsichtig vorwärts; vor mir hinter einem Dorngebüsch befanden sich zwei Rhinoceros, ein weibliches mit einem fast 2 Ellen langen Hörn und sein wohl dreijähriges Jnnges. In Folge des dichten Gebüsches konnte ich nicht zielen; ich machte einen klei- nen Umweg nach links und kam anf eine offene Stelle, wo ich mich an einem kleinen Felsen zur Linken niederkauerte. Die zwei Thiere waren kaum zehn Schritte von mir entfernt, ohne meiner gewahr zn werden; ihre Aufmerksamkeit war auf meine beiden Leute gerich- tet, die sich weiter unten befanden, und sie schickten sich an, sich auf sie zu werfen. Ich legte auf das Ohr des gröfseren Thieres an, zielte lange denn diesmal wollte ich ganz sicher sein; die Gelegenheit war zu köstlich ich zielte lange und schofs die Kapsel. platzte, ohne das Pulver zu entzünden. Während ich eine neue Zündkapsel aufthat, hatten sich die Thiere gegen mich gewandt; doch hatte ich die Zeit nicht, wieder anzulegen, bevor sie plötzlich ganz nach rechts umwandten und mit ein paar Sätzen schon 60 80 Schritte entfernt und mir durch dichtes Gebüsch fast verborgen waren. Es war mir nicht mehr möglich, genau zu zielen ; doch mutete ich an das Heil mei- ner Leute denken, die dem Angriff der Thiere ausgesetzt waren. Ich schofs; diesmal fing das Pulver Feuer; aber ich weifs nicht, wohin die Kugel gerathen ist.

Ich war fast zornig, während meine Leute grofse Freude über meine Rettung hatten. Denn, meinten sie, hätten sich die Thiere gegen mich gewandt, so wäre ich ohne Zweifel verloren gewesen; denn in meiner Nähe war kein hoher Fels noch Baum, worauf ich mich floch- ten konnte.

Wir suchten die Spuren der längst verschwundenen Thiere anf; doch hatten sie so grofse Sätze genommen, dafs es gleich vernünftig war, ihnen nachzugehen, wie einem abgegangenen Eisenbahnzuge nach- zueilen. Zu gleicher Zeit kam der Jäger mit seinem Diener an, ohne irgend etwas gefunden zn haben, und wir machten uns nach Kusch anf, wo wir nach Sonnenuntergang ankamen. Wir waren alle so müde, dafs wir schliefen, als wenn wir in einer sicheren Burg uns befanden und nicht in der Wildnifs unter dem freien Himmel.

Es ist unnöthig, das Nashorn zu beschreiben. Doch werden einige Bemerkungen über seine Lebensweise und die Manier, es zu jagen, nicht ohne Interesse sein.

Das Nashorn (Rhinoceros) heifst auf Arabisch: Cherdid, auf Tlgre: Hari*ch, auf Amhara: Örarö, auf Belen: Gedane. Es hat in seinen Eigentümlichkeiten viel Aehnlichkeit mit dem Wildschwein. Schlechte Nase, schlechte Augen, aber sehr gute Ohren. Es liebt einsame, von Menschen und Vieh nie begangene Grasplätze und tränkt sich bei ver-

Ein Jagdausflvg von Keren nach dem Berge Zad'amba. 145

lassenen Wassern nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang. Ist das Wasser verstopft, gräbt es wohl selbst den Brunnen aus. Wie das Wildschwein liebt es sich im Wasser und Koth herumzuwälzen. Beim Wasser angelangt, flieht es zweimal und erst das dritte Mal falst es Zutrauen und kniet am Wasser nieder. Diels ist der Augenblick der Jagd. Der Jäger, der sich am Tage den Ort der Tränke gemerkt hat, macht sich, ein paar Schritte davon entfernt, eine enge sehr starke Umzäunung von undurchdringlichen Dornen und erwartet da die An* kunft des Feindes. Hat sich das Rhinoceros recht voll getränkt, so erhebt sich der Jäger auf seine Knie; die linke Hand stutzt er auf einen Baumstumpf und mit der rechten wirft er dem Thiere mit voller Ge- walt seine sehr breite scharfe Lanze in den Bauch. Man sagt, dab das vollgetränkte Nashorn schon der kleinsten Wunde erliegt. Fällt es auf den Streich nieder, so macht man ihm den Garaas. Hat es die Kraft sich zu erheben, so läfst man es ruhig fliehen. Beim Morgen- grauen verfolgt man die Blutspur und in gröberer oder geringerer Ent- fernung findet man das Thier erschöpft auf dem Boden liegen.

Die Jagd bei Tage ist viel gefährlicher; hat man einmal die Spur gefunden, so geht man ihr nach; von Felsblöcken und kleinen Hügeln kündet man das Thier aus, und bekömmt man es in Sicht, so verfolgt man es mit Händen. Das Nashorn wirft sich wüthend auf die Hunde, die es nur von hinten angreifen, und, die Jäger haben Zeit, es vielfach zu verwunden. Doch ist diefs in der Ebene eine gefahrliche Sache, da das verwundete Nashorn sich blitzschnell in ganz gerader Richtung auf seinen Feind wirft und alles, was ihm in den Weg kömmt, nieder- Btofet. Doch bietet der kleinste Felsblock oder Baum eine sichere Zu- flucht, da das gereizte Thier sein Hörn stets nur gegen den Boden stöfet.

Sich mit einer Büchse dem Nashorn zu nähern ist fast unmöglich, da es uns im Gehör weit überlegen ist; überdiefs ist es in dieser Ur- haide, wo der Boden von verfaultem Holz bedeckt ist und die Dornen den Durchgang versperren, sehr schwer, sich ohne Geräusch dem wei- denden Thiere zu nähern. Einmal aufmerksam gemacht, flieht das Thier in vollem Galopp oder wendet sich gegen den Jäger; die Schnel- ligkeit seines Laufes und das Schnauben, das es dabei ausstöfst, er- innert an die Locomotive, die den Dampf ansläfst.

Doch ist die Schwerfälligkeit des Thieres, sich umzuwenden, und seine Sucht, in ganz gerader Linie vorwärts zu eilen, wie eine Kugel, die dem Rohr entflieht, eine Sicherheit für den Jäger, der behend im Zickzack sein Heil findet. Auch diese Eigenschaft hat es mit dem Wild- schwein gemein.

Das Nashorn thut dem weidenden Vieh kein Leid an; doch ver-

ZdftMkr. L all*. Brdk. Ntue Folge. Bd. Vin. 1 0

146 Werner Mun Singer:

wundet stöfst es ohne Unterschied Alles nieder, was ihm in den Weg kommt.

Das Nashorn verabscheut wie der Bär alles Todte. Wenn ein von ihm verfolgter Mensch sich auf den Boden wirft und den Athem zurück- hält, beschnüffelt ihn das Thier und wendet sich von ihm ab. Die gleiche Eigenschaft wird dem Löwen, dem Elephanten, dem Adler, dem Affen, kurz allen Tbieren zugeschrieben, die Kadaver nicht fressen;' während im Gegentheil der Geier, die Hyäne den Menschen nur im Schlaf über- fallen und einem Wachenden sich nicht zu nähern getrauen.

Der Mist des Nashorn gleicht dem der Elephanten, was auf ähn- liche Nahrung schliefen läfst; doch liebt das Nashorn mehr frisches Gras, während der Elephant, wie das Kameel, die Baumzweige abfrifst. Das Nashorn hat den sonderbaren Gebrauch, mit seinem Hörn in sei- nem frischen Mist herumzuwühlen.

Das Fleisch des Nashorn und ebenso der Elephanten, Stran- fsen, der Giraffe wird nur von Mohammedanern gegessen ; die Chri- sten verabscheuen es. Solches Fleisch zu essen und den Islam anzu- nehmen ist eine identische Sache. Ist ein Nashorn getödtet, so machen sich die Beduinen mit ihren Kameelen auf und bringen sie mit Fleisch beladen zurück. Das Fleisch hat Aehnlichkeit mit dem der Ziege, schmeckt aber bitter.

Das Hörn wird in Massua und Suakin, je nach der Gröfse, mit 2 7 Thaler verkauft. Die Leute von Massua und die Abessini er be- nutzen es zu Säbelgriffen und Kaffeetassen. Sein Abschabsei wird als ein gewaltiges Gegengift angesehen. Wurde man einmal das Hörn chemisch analysiren, so könnte man sehen, welchen Werth dieser Volkfl- glaube hat

Die Haut wird zu runden Schilden verarbeitet. Der Nashornschild ist dem von Elephantenhaut überlegen und gilt, verarbeitet, einen Tha- ler. Er hat das Aussehen eines Büffelschildes; doch ist dieser letztere viel stärker und deshalb geschätzter, da er zuweilen mit vier Tbalera bezahlt wird. Es giebt im Barka Leute, die sich ausschließlich mit Bearbeitung von Schilden beschäftigen; von je drei rohen Schilden neh- men sie einen als Lohn. Die Schilde von der Haut des Elephanten, Nashorn, Büffel sind rund, der Durchmesser 2| Spannen ; in der Mitte haben sie eine kleine kegelförmige Erhöhung; auf der innern Seite ist eine Handhabe angebracht.

Es ist begreiflich , dafs der Nashornjäger sorgfaltig auf die Spur Acht geben mufs. Die Leute hier zu Land sind im Spursuchen sehr geübt, und was ich oft ungläubig über die amerikanischen Wilden ge- lesen, habe ich völlig in Afrika wiedergefunden. Eine gestohlene Kuh ist schwer zu verheimlichen, wenn der Weg auch über Berg und Stein

Ein Jagdausflug von Keren nach dem Berge Zad'amba. 147

geht. Ist der suchende Hirt einmal auf der Spar, so wird er sie schwor" lieh verlieren, wenn nicht passirende Reisende oder Heerden sie ver- wirren. Geht die Fulsspur verloren, so ist der Geruch, der an Stei- nen und Bäumen hangen bleibt, ein ziemlich sicherer Leiter. Die Spur der Sandalen zeigt den Stamm an, dem die Viebräuber angehören, da jede Tribus sie etwas anders schneidet. Ohne diese Fertigkeit im Spur- sachen wäre der Diebstahl in diesen Ländern, wo Polizei unbekannt ißt, eine leichte Sache. Ist ein Stück Vieh verloren, so vergewissert sich der Hirt über die Spur; hat er sie gefunden, so giebt er seinen Genossen Nachricht; man verfolgt die Fährte ; erreicht man die Räuber auf dem Weg, so entspinnt sieb gewöhnlich ein blutiger Kampf. Geht die Fahrte bis zu einem Dorf, so werden dessen Einwohner für das gestohlene Vieh verantwortlich gemacht und der Prozefs ist fertig. Der eben ange- kommene Europäer, der nie auf Spuren seine Aufmerksamkeit gerich- tet hat, erstaunt, Fährten verfolgt zu sehen, wo sein Auge nichts ent- deckt; doch gewöhnt sich das aufmerksame Auge sehr schnell, die klein- sten Merkmale zu beachten, und wird gelehrig.

Am Dienstag machten wir uns des Morgens in der Frühe mit fri- scher Hoffnung auf. "Wir bahnten uns mühsam einen Weg durch alle diese Dornengebüsche, wo jeder Schritt erkämpft sein will. Wir über- blickten von hohen Felsblöcken nun die ganze Umgegend: keine Spur. Wir durchstreiften die Wildnifs nach allen Seiten hin: ohne Erfolg. Müde und durstig setzten wir unsern Weg bis zur untern Quelle fort, zugleich mit der Absicht, den Tränkeplatz zu untersuchen, als einer unserer Leute von ferne etwas grofses Wildähnliches bemerkte, das gerade am Rande des Wassers unter einem Baume im Schatten sich bewegte. Wir glaubten von neuem ein Rhinoceros zu finden, schlichen ans näher, wurden aber bald enttäuscht; es waren zwei Tora. Ich näherte mich bis vielleicht auf 250 Schritte, ohne bemerkt zu werden, and war von dem Wild durch einen Graben getrennt, der von dem oben beschriebenen Bach durchflössen wird. Auf den Schufs fielen beide Thiere, da sie hinter einander standen; die Kugel hatte das vor* anstehende durchbohrt und das hintere leicht verletzt, so daüs es noch entfliehen konnte. Das gefallene Thier war ein prächtiges, dreijähri- ges, männliches Thier.

Das Tora diefs ist sein Name auf Amharinna; auf Tigr£: To- Ul\ auf Arabisch: Teitel; im Belen: Guragua ist naturhistorisch wohl schon beschrieben und bekannt. Man kann dieses Thier eine wilde Kuh nennen. Es hat die gleiche GröTse und siebt ihr sehr ähn- lich. Doch ist sein Kopf vorn in der Nase länglicht, schmal zugehend. Die Hörner sind kürzer und runzlicht, immer schwarz. Der Huf, wie bei der Kuh, gespalten, aber länglicher, fast spitz auslaufend. Das Haar

10

148 Werner Mnnxinger:

ist dunkelroth und sehr grob. Sein gewöhnlicher Gang gleicht dem der Kuh; sein Galopp ist sehr sonderbar: die Hinterbeine gegen vorne, die Vorderbeine gegen hinten gespreizt und den Kopf gegen die Erde gesenkt, rennt es so schnell, wie ein Pferd. Das Tora liebt ein ge- mäßigtes Klima und ist sehr selten. Es ist sehr scheu und lebt in einsamen von Menschen und Vieh nie besuchten Gegenden in Heer- den von 20 30 Stuck. Die Haut ist sehr dicht und stark und dient vorzuglich zu Sohlen; das Fleisch gleicht dem Rindfleisch.

Wir brachten nun den Tag damit zu, das Thier zu zerlegen und das Fleisch in lange schmale Streifen zu schneiden, die, wenn sie in der Sonne und Luft getrocknet sind, viele Monate sich halten, ohne zu verderben. Unsere Leute besitzen, wie alle Aethiopier, die Kunst, hungern zu können, wenn es an Nahrung mangelt, und tüchtig essen zu können, sobald der Mangel gehoben ist. Ein Abessinier kann Han- ger lange aushalten, aber nicht den Durst Hat er, wie heute, Ge- legenheit zu essen, so verzehrt er enorme Quantitäten und macht sich daraus ein Fest. Ich mochte ihn fast beneiden, diesen Appetit der Urmenschen, die in Ermangelung von Kochgeschirren ihr Fleisch in dünne Streifen zerschnitten auf feurigen Steinen braten. Selbst Man- gel an Salz ist diesen gesunden Magen gleichgültig.

Den Tag verweilten wir neben der Quelle, die unter einem Fel- sen hervorfliefsend einen kleinen Teich bildet, woraus sich das Was- ser nur mühsam den Weg nach unten bahnt. Drei hohe blätterreiche immergrüne Bäume, aus demselben Felsen hervorgewachsen und stets getränkt, breiten darüber ein nie durchbrochenes Schattendach aus. Den Hintergrund bilden unregelmäßig hingeworfene Felsblöcke; den Vordergrund die von Regenwasser ausgehöhlte Schlucht, die von dem Bach durchflössen, stets mit frischem Grün ausstaffirt ist. Es war ein wahrer Feiertag. Den civilisirten Menschen in seinen steifen Kleidern und Manieren ergreift in seinem unruhigen Treiben oft ein Sehnen nach der alten einfachen Zeit, wo man auf Aeufserlichkeiten einen geringen Werth legte und eine faule behagliche Armuth den oft sehr trügeri- schen Genüssen einer nie zufriedenen Civilisation vorzog. Der noch nicht verrostete Europäer gewöhnt sich sehr leicht an die Sitten wil- der Völker und gefällt sich darin, weil diese Barbaren natürlicher sind und sich das Leben noch behagen lassen, während ein Wilder, nach Europa verpflanzt, sich nie wohl fühlen wird, gleich einer tropischen Pflanze, die in einen botanischen Garten verbannt ist. Das Interesse, das uns die Reisebeschreibungen aus Afrika nnd Amerika, das uns Ro- mane aus dem Leben der Wilden einflöfsen, hat denselben Grund. Die Schilderung einfacher, natürlicher Sitten und Gefühle erinnert uns an das verlorene Paradies; wir fühlen, dafs wir mit aller Cultur zu weit

Ein Jagdausflug von Keren nach dem Berge Zad'amba, J49

gegangen sind; das Aeufeerliche hat das Innerliche, die Höflichkeit die Freundschaft, die Materie den Geist ersetzt. Diefe waren ungefähr die Gedanken, die sich mir an der Quelle aufdrängten. Ich streckte mich faul auf dem Rasen aus, hing ihnen nach, und der Traum meiner Ju- gend war wenigstens für einen Tag erfüllt. Mich umgaben oncivili- sirte Menschen, keine Engel, aber Naturkinder, deren Laster sich noch anter die zehn Gebote bringen lassen; ich befand mich in einer fast nie beschrittenen , nur von wilden Thieren bewohnten Wildnils; auf einer Jagd, wo die Gefahr den Reiz erhöht.

Gegen Abend schickten wir uns an, auf dem Platze, wo das Tora gefallen, unser Lager aufzuschlagen. Da die Wälder der Eolla fast nur von Dornenbäumen gebildet sind, war es das Werk einer halben Stunde, ans solid zu umzäunen; denn nahe am Wasser gelagert, mausten wir uns für die Nacht auf den Besuch wilder Thiere gefafet machen. Wir häuften eine grobe Menge dürren Holzes auf und zündeten zwei Feuer an. Niemand dachte an Schlaf, und wirklich war es kaum Nacht, als von ferne in der Richtung von Kusch zwei Löwen im Duett zu brül- len anfingen. Die Feuer loderten frisch angezündet zum Himmel em- por; die Gewehre wurden sorgfältig nachgesehen; dem Pferd und Maul- thier das Gebifs angelegt. Denn haben diese Thiere die Gegenwart des Löwen gemerkt, so reifsen sie aus und sind ohne Gebifs nicht mehr zu bändigen. Die Löwen näherten sich immer mehr und kamen end- lich zum Wasser, wo sie von Neuem ihr Gebrüll anfingen, das von ferne majestätisch, von nah ziemlich gemein tönt. Sie näherten sich mehrmals unserer Umzäunung, jedoch ohne sie anzugreifen. Gewor- fene Feuerbrände verscheuchen den Löwen leicht; ebenso mit der Schleu- der geworfene Steine. Endlich ging der Mond auf; die zwei Löwen schienen sich entfernt zu haben, während ein dritter die ganze Nacht sich um die Quelle herumtrieb. Es schien uns gegen Mitternacht, als wenn er sich auf etwas gestürzt habe; wir hörten ein Schnauben, einen unterdrückten Schrei und dann eine ununterbrochene Stille. Der Mor- genstern fand uns wachend neben unseren halberloschenen Feuern.

Mittwoch Morgens fanden wir etwa hundert Schritte von der Quelle entfernt in einem Gebüsch versteckt die Reste eines Tora, das der Löwe in der Nacht getödtet und schon fast aufgefressen hatte. Er hatte es an der Quelle überfallen und bis dahin geschleppt. Von dem ganzen Thiere fanden wir nur die Haut und die zwei Vorderbeine.

Ich schickte zwei meiner Leute aus, unsere Landsleute von den Bogos, die sich in der Umgegend mit Einsammeln von Harnte be- schäftigen, herbeizurufen, um ihnen ihren Theil von unserer Fleisch- provision zu geben. Die Harnte1 ist die Frucht eines mittelgrofsen ge- rtriochartigen Baumes. Sie hat die GröJse einer Kirsche; sie ist grün

150 Werner Mnncinger:

und bei voller Reife gelb; und übrigens einer Kaffeebohne sehr Ähnlich; der Geschmack ist etwas seifenartig, doch ist die Fracht, gut bereitet, sehr nfihrend und gesund. Sie findet sich auf dem Gebirge selten, während das Kolla des Barka ganz voll davon ist. Im März und April reift sie. Da im letzten Jahr die Kfifer die Getreideerndte völlig ver- nichtet haben, ist jetzt die halbe Bevölkerung der Bogos hier mit dem , Einsammeln dieser Frucht beschäftigt, und es war Höflichkeit, sie un- ser Jagdglück mit geniefsen zu lassen.

Unterdessen wollte ich mich etwas in der Umgegend umsehen. Ich nahm einen kleinen Jungen mit mir und schlenderte gemachlich dem untern Ende des Berges zu. Ich war noch nicht weit, als ich eine grofse Heerde Tora ruhig vor mir weiden sah, m&nnliche, weih- liche, alte und junge. Ich legte auf einen gewaltigen Stier an; doch hatte ich die Morgensonne im Gesicht, die Hände zitterten von der durchwachten Nacht und das Gewehr war glühend heife. Ich fehlte, und die Heerde ergriff die Flucht. Ich verfolgte sie, meinen keuchen- den Jungen hinter mir. Noch dreimal bekam ich sie zu Gesicht, doch nie in ßch ungerechter Position. Ich war schon fast bei Kusch ange- kommen und die brennende Sonne in dieser trockenen Zeit mahnte mich an die Rückkehr.

In der Hoffnung, vielleicht ein weidendes Nasborn zu finden, hielt ich mich an den Saum des Berges und bahnte mir zwischen den Stein- blöcken und Dornen einen mühsamen Weg, ohne irgend ein Wild «n sehen. So näherten wir uns der oberen Quelle des Zad'amba und dachten schon an das Frühstück, als uns ein tragikomisches Aben- theuer zustiefs, das uns theuer hätte zu stehen kommen können. Die Felsenwände über der Quelle dienen tausenden von mittelgroßen Affen zum Aufenthalt, die diese Gegend als ihr Revier betrachten. Wir wa- ren wohl noch fünf Minuten davon entfernt, als wir bemerkten, da/s die ganze Affenschaft ein scheußliches Gebrumme anfing. Wir sahen wohl, dafs es auf uns abgesehen sei. Hat der Affe Angst, so schreit er; ist er zornig, so brummt er. Dafs der Affe den Menschen anzu- greifen wage, wollte mir trotz aller Versicherungen der Landeseinwoh- ner nie in den Kopf und ich war sehr erstaunt, als die ganze Truppe im Sturmschritt in dichter Colon ne sich ganz gerade gegen uns in Be- wegung setzte. Von der Gefahr noch nicht überzeugt, wollte ich nicht unnütz mein Blei verschwenden, und vor dem Affenschiefsen hat es mir immer gegraut. Doch war die Colonne im Halbmond schon 60 Schritte uns nahe gerückt und die Gefahr war augenscheinlich. Ich legte mei- nen Stutzen an; doch um zu schrecken und nicht zu reizen, zielte ich auf die hinteren; der Schüfe fiel, und von der Zad'amba antwortete donnernd ein hundertfaches Echo. Die erschreckte Colonne machte

Ein Jagdansflug von Keren nach dem Berge Zad'amba. 151

linksam und verschwand vor unsera Bücken. Es war ein Affe von der hinteren Colonne gefallen. Wir überliefsen ihm das Schlachtfeld und stiegen in die Ebene hinab; denn es behagte mir kaum, mit Affen eioen ruhmlosen aber gefahrvollen Kampf zu wiederholen. Hundert Hasen tödten den Hund, sagt das Sprichwort.

Ich habe seither viel nachgefragt und man hat mir mehrere Bei- spiele von Leuten angeführt, die von Affen gefährlich verwundet und oor mit Muhe gerettet worden sind. Ich kenne einen Mann, der in Folge von Affenbissen ganz lahm ist. Die Affen umringten ihn, war- fen ihn zu Boden und wollten ihm die Gedärme herausreifsen, als her- beieilende Leute sie verscheuchten. Doch mufs ich beifugen, dafs sich die Affen kaum an drei oder vier Personen wagen ; aber an einen Ein- zelnen oder zwei machen sie sich schon heran. Die Affen, die nahe bei Dörfern leben, wie z. B. der Affenstaat bei Keren hat sich an den Menschen gewöhnt und thut ihm nie etwas zu Leide, während die Affen der Wildnifs, die ihn selten zu Gesicht bekommen, ihn natürlich als Feind betrachten.

Der Affe dieses Landes ist 2 4 Fufe hoch, das Weibchen etwas kleiner. Das Männeben hat den Hintern nackt und ist oberhalb der Hüfte grau bepelzt, während* das Weibchen den ganzen Leib mit brau- nem Pelz bedeckt hat. Der Hauptfeind der Affen ist der Leopard, der eben so wie sie auf den Felsen wohnt und sich dann und wann die Freiheit nimmt, aus der Colonie sein Frühstuck zu nehmen. Die Affen stofsen bei seinem Annähern ihr Gebrumme aus und wehren sich recht gut, wenn sie angegriffen werden. Ich hatte einen Hund, dem ein Affe ein handgroßes Stuck Haut und Fleisch ganz glatt wie mit einem Rasiermesser herausbifs. Die Leute vom Land verabscheuen das Fleisch des Affen.

Es war schon Mittag, als wir im Lager ankamen. Meine Leute waren zurück und ich erhielt Nachrichten, die mir schleunige Rück- kehr nach Keren anbefahlen. Nur mit schwerem Herzen trennte ich mich von dieser Wildnifc, und verfehlte nicht, uns ein baldiges Wie- dersehen zu wünschen.

Keren, im April 1859.

152

Miscellen.

Ueber den Wasserstand und die Schiffbarkeit der Oder.

Auf die Notwendigkeit einer Verbesserung de« Oder -Strombettes haben wir unter Bezugnahme auf eine Auseinandersetzung der Breslauer Handelskammer schon früher in dieser Zeitschrift (Bd. VI, S. 467) aufmerksam gemacht Dem diesjährigen Landtage ist von der Königi. Staatsregierang eine denselben Gegen- stand betreffende Denkschrift vorgelegt worden, durch welche nachgewiesen werden soll, bis zu welchem Grade eine Verbesserung des Strombettes durch Wasser- bauten überhaupt zu erzielen ist Es ergiebt sich daraus leider, dafo nur sehr bescheidene Wünsche auf Befriedigung zu rechnen haben, indem auf der Strecke von Breslau bis Cosel nur für solche Fahrzeuge, welche nicht über 1 Fufs tief gehen, ein für die ganze Saison (ganz exceptionelle Trocknifs abgerechnet) brauch- bares Fahrwasser hergestellt werden kann und auch unterhalb Breslau nur Schiffe von nicht mehr als 2 Fufs Tiefgang während der ganzen Saison auf eine unge- hinderte Fahrt rechnen dürfen.

Für die Regulirung des Stromes ist die Strecke von der Einmündung des Klodnitz-Canals bei Cosel, der sechs Meilen weit nach Gleiwitz in die Bergwerks- Districte führt, bis Schwedt in's Auge zu fassen. Unterhalb Schwedt entspricht die Oder schon von Natur bei allen Wasserständen den gegenwärtigen Erforder- nissen der Schifffahrt; oberhalb Cosel trägt sie, obgleich sie noch bis Batibor befahren wird, noch entschieden den Charakter eines Bergstromes, so dafs hier von der Herstellung einer stets fahrbaren Strombahn abgesehen werden mufs. Von Cosel bis Schwedt hat die Oder gegenwärtig eine Entwickelung von 79 Meilen: Durchstiche, die zur Beseitigung der Uferabbrüche seit 1763 ausgeführt sind, ha- ben die Strom -Entwickelung auf der Strecke von Ratibor bis zur pommerschen Grenze fast um ein Fünftel des alten Laufes verkürzt

Die durchschnittliche Wassermenge, die der Strom an den verschiedenen Stellen des Laufes abführt, ist natürlich sehr verschieden, da das Gebiet, dessen Quellen und atmosphärische Niederschläge ihm zufliefsen, von Süden nach Norden in bedeutender Progression zunimmt Es beträgt nämlich das Stromgebiet

zwischen Cosel und Krappitz 160 Quadratmeilen,

der Malapane und Neifse 234 -

bei Breslau 384

unmittelbar unterhalb der Mündungen der Weistritz

und Weide 457

unmittelbar oberhalb der Mündung der Bartsch . . 531

bei Crossen 698

bei Cüstrin oberhalb der Warthe -Mündung . . . 932 unterhalb - - ... 1917

bei Stettin 2104

Demgemäfs variirt auch die Normalbreite. Sie beträgt bei Ratibor 16, bei Cosel 18, bei Oppeln 20, bei Breslau 24, bei Steinau 29, bei Glogan 32, bei Cüstrin 40, bei Schwedt 50 Ruthen.

Die Schwankungen des Wasserstande« ersieht man aus folgender Tabelle, in welcher die Differenz zwischen dem höchsten und niedrigsten Wasserstande an- gegeben ist Diese beläuft sich

Ueber den Wasserstand und die Schiffbarkeit der Oder.

153

am Pegel zu Batibor . . . . auf 22 Fufs 10 ZoU - Unterpegel zu Cosei .

- Oppeln

- Breslau Pegel bei Aufhalt .

. Glogau .

- Crossen .

- Frankfurt

- Cüstrin .

Diese Schwankungen vertheilen sich durchaus nicht regelmässig über die Jah- resperiode; es zeigen vielmehr die einzelnen Jahrgänge die auffallendsten Unter- schiede, wie ans folgenden Tabellen erhellt, die mit dem Jahre 1842 beginnen, in welchem der Wasserstand ein ausnahmsweises Minimum erreichte.

-

23 -

8* -

-

17 -

2 -

17 -

1 -

-

17 -

-

16

6 -

-

16 -

5* -

.

17 -

8 -

-

15 -

8 -

Wasserstä

nde

am Unter-Pegel zu C

osel.

im Jahn

niedrigster

unter 1'

l_2'!2-8'

i

8-4'

4-6'

Eisstand

Summa der Tage

Bleiben für volles

Tage

Fahrwasser Tage

1842

HZ.unt.0

120

51

43

33

22

62

331

34

1843

0F. 2Z.

58

70

50

32

25

54

289

76

1844

0 - 6 -

11

12

36

48

105

212

153

1845

0- 11 -

2

67

46

44

29

104

292

73

1846

0 - 2 -

77

59

27

25

17

94

299

66

1847

0 - 10 -

1

20

33

53

39

92

238

127

1848

0 - 8 -

25

88

64

45

24

64

310

55

1849

0 - 5 -

40

57

59

25

18

83

282

63

1850

1 - 0 -

94

71

59

17

61

302

63

18dl

1 - 0 -

17

80

55

24

117

293

72

1852

0 - 5 -

74

106

52

26

13

77

348

17

1853

0 - 4 -

83

44

25

10

124

286

79

1854

0 - 9 -

84

54

29

116

283

82

1855

1 - 8 -

30

61

64

46

74

275

90

1856

0 - 10 -

41

122

69

38

17

73

360

5

1857

0 - 5 -

57

100

45

32

12

77

323

42

1958

0 - 2 -

84

80

48

22

17

87

338

27

Im Durch-

schnitt

OP. 6,6 Z.

34

62

52

39

24

86

297

68

j Wir sehen also hier neben einem Jahrgang, in welchem das Wasser nur för 5 Tage hoher als 5 Fufs stand, andere Jahrgänge, in denen es sich vier bis fünf Monate auf dieser Höhe erhielt; neben einem Jahrgang, in welchem das

'Wasser vier Monate lang niedriger als 1 Fufs stand, andere, in welches es die- sen niedrigen Stand gar nicht erreichte oder nicht für die Dauer eines einzigen Tages behauptete.

Dem Wasserstande von 1 Fufs am Pegel zu Cosel entspricht ein Wasser- stand von 3 Fufs 6 Zoll am Pegel zu Oppeln '), von 2 Fufs am Pegel zu Bres-

') Dieser Wasserstand ist so niedrig, dafs bei ihm jede Schiffahrt auf der obe- ren Oder aufhört Bei 4 Fufs am Pegel können die jetzt üblichen Schiffe bei 19 20 ZoU Tiefgang mit 160 200 Centn., bei 6 Fufs mit 500 Centn,, bei 6 Fufs mit 800 Centn, beladen werden. Bei vollem Fahrwasser von 8 Fufs am Pegel fuhren

154

Mißcellen:

lau, von 5 Fnfs am Pegel zu Aufhält. An diesen drei Orten haben die Beob- achtungen in derselben Jahresreihe folgende Resultate ergeben.

Wasserst*

nde

am Untei

pe&

el zu Oppeln.

unter|3' 6"

i i' i

Dauer des

Bleiben für

3' 6"

-4'

4—5 5-6 6—7

| Eisstandes

Summa

▼oll« 8 Fahr-

im Jahre

niedrigster

Tage

der Tage

wasser über

?' am Pegel

Tage

1842

2 F. 6Z.

HO

35

1 83 53 1 14

54

349

16

1843

3 - 4 -

14

56

100, 51 : 41

64

326

39

1844

4 - -

21

46; 64

100

231

134

1845

3 - 9 -

17

1 91

61 l 28

102

299

66

1846

3 - -

40

58

64

301 27

95

314

51

1847

3 - 8 -

15

41

81 , 46

86

269

96

1848

3 - 3 -

34

63

88 50; 33

324

41

1849

3 - 1 -

34

38

78' 48' 30

71

299

66

1850

3 - 3 -

27

49

85

70

18

61

310

55

1851

3 - 9 -

_

64

80

35

117

296

69

1852

3 - 2 -

38

96

82 39

20

76

351

14

1853

3

1

63

63 | 39

14

114

294

71

1854

3 - 11 -

-

86; 70

33

104

293

72

1855

4 - 5 -

31 101

50

62

244

121

1856

3 - 3 -

"«'

84

111 ! 61

21

1 73

355

10

1857

3 - 3 -

21

77

97 58 1 27

63

343

22

1858

3 - 2 -

30

75

65

36 | 19

1 88

313

52

Im Durch-

1

schnitt

3 F. 5Z.

21

43

74

57

31

1 82

308

57

Wasserstand

e am

Unterpege

1 zu Breslau.

unter

Dauer des

Bleiben für

2'

2—8'

3—4'

4—5

Eisstandes

Summa

rolle« Kahl

im Jahre

niedrigster

-

der

WfJtfiAr llhflT

WBWvl UWi

Tage

Tage

5' am Pegel Tage

t«42

0F. 4yZ.

134

I b7

57 29

64

351

14

1843

1 - -

47

81

79 ; 61

38

306

59

1844

0 - 8 -

13

24 ; 71

104

212

153

1845

1 - 6 -

8

66

64 49

108

295

70

1846

0 - 9 -

104

' 37

41 18 *

98

298

67

1847

1 - 3 -

11

18

43 70

95

237

128

1848

0 - 10 -

89

89

43 33

69

323

42

1849

1 - -

85

53

54 32

79

303

62

1650

1 - 7 -

37

83

64 : 50

92

326

39

18dl

1 - 5 -

88

73 J 31

111

303

62

1852

1 - -

127

62

45 j 59

26

319

46

1853

0 - 6 -

51

53

51 8

126

289

76

1854

0 - 10 -

1

1 56

77

36

84

254

11t

1855

1 - -

7

50

79

121

257

106

1856

0 - 9 -

85

85

55 i 24

115

364

1

1857

0 - 2* -

134

46

39 , 27

110

356

9

1858

0 - 0 -

150

38

22 14

129

353

12

Im Durch-

,

schnitt

OF. 10* Z.

63

55

52

41

92

303

62

die Schiffe 1400 1800 Centn, bei 8* bis 4 Fufs Tiefgang. Darnach kann mau die enorme Einwirkung des Wasserstandes auf den Handelsverkehr

üeber den Wasserstand und die Schiffbarkeit der Oder.

155

Wasserstände am Pegel in Aufhält

untor

Dauer des

Bleiben für

5' am

6-6'

6-7' 7-8'

Eisstandes

Summa

Tolles Fahr-

im Jahr«

niedrigster

Pegel

1

der

Tage

wasser über

Tage

8' am Pegel Tage

1H42

3 F.

2\ Z.

141

35

1 25 j 29

59

289

76

1843

4 .

4 -

32

80

55 51

31

249

116

1644

5 -

«*-

17

6 ' 39

99

161

204

1845

4 -

7J -

112

74

56 ' 28

106

276

89

1M4tf

3 -

10 -

131

34

39 i 17

70

291

74

1647

4 -

10 -

8

17

43 48

94

208

157

1848

4 -

U -

78

67

66

31

65

307

58

1*49

4 -

3 -

41

64

57

33

75

270

95 .

1850

4 -

3 -

67

60

54

47

46

274

91

1851

4 -

7 -

3

83

83 ! 32

71

272

93

1852

4 -

9 -

30

148

81 1 50

3

312

53

J85J

5 -

3 -

21

71 1 56

122

2b9

96

1854

5 -

7 -

_

~-~

32 93

94

219

146

18^5

6 -

2 -

72

95

167

198

1856

5 -

5 -

79

71

64

101

315

50

18ö7

4 -

9 -

29

119

54

45

55

302

63

1858

4 -

3 -

44

. 75

48

27

132

324

41

Im Daich-

" '

schnitt

4 F.

8 Z.

36

1 57

49

45

77

264

101

In diesen 1 7 Jahren betrug also die durchschnittliche Dauer des Eisstandes bei Cosel 86 Tage (Maximum 124 Tage im Jahre 1853, Minimum 54 Tage im Jahre 1843), bei Oppeln 82 Tage (Maximum 117 Tage im Jahre 1851, Minimum 54 Tage im Jahre 1842), bei Breslau 92 Tage (Maximum 126 Tage im Jahre 1853, Minimum 26 Tage im Jahre 1852), bei Aufhält 77 Tage (Maximum 122 Tage im Jahre 1853, Minimum 3 Tage Im Jahre 1852). Die starke Diflerenx zwischen dem letzten Punkte und den drei ersten erklärt sieh zum Theil dadurch, daf« bei Cosel, Oppeln und Breslau Wehre liegen, welche Eisstopfungen verm> Sachen.

Volles Fahrwasser hatte man durchschnittlich zu Cosel 68 Tage (Maximum 153 Tage im Jahre 1844, Minimum 5 Tage im Jahre 1856), zu Oppeln 57 Tage (Maximum 134 Tage im Jahre 1844, Minimum 10 Tage im Jahre 1856), zu Breslau 52 Tage (Maximum 153 Tage im Jahre 1844, Minimum 1 Tag im Jahre 1856), und zu Aufhält 101 Tage (Maximum 204 Tage im Jahre 1844, Minimum 41 Tage im Jahre 1858 und 53 Tage im Jahre 1856).

Unter dem normalmäfsig niedrigsten Stande befindet sich das Wasser durch» BchnittUch bei Cosel 34, bei Oppeln 21, bei Breslau 63, bei Aufhalt 36 Tage im Jahr. In einigen von den letzten 17 Jahren hat das Wasser diesen niedrigsten Standpunkt nicht erreicht, oder doch nicht für die Dauer eines Tages behauptet; dagegen liefert das Jahr 1842 die abnorme Erscheinung, dafs die Oder bei Cosel 120, bei Oppeln 110, bei Breslau 134, bei Aufhält 141 Tage unter diesem nie- drigsten Stande sich befand. Hier zeigen sieh also die stärksten Schwankungen and gerade hierin beruht die Unsicherheit des Schiffsverkehrs.

156 Mlacellen:

Da die Seichtigkeit des Fahrwassers bei der Oder nicht durch die Ausbrei- tung der Wassermenge über ein unverhältnifsmäfsig breites Bett, auch nicht durch zahlreiche Stromtheilungen verursacht wird, sondern einfach ihren Grand darin hat, dafs der Flufs in seinem obern Laufe nur eine beschrankte Wassermenge tu einem kleinen Stromgebiet abfuhrt, wird die künstliche Nachhilfe immer nur die Her- stellang eines constanten Fahrwassers von einer so geringen Tiefe ins Ange fassen dürfen, dafs die Schiffahrt in so abnormen Jahrgängen wie 1842 im obern Laufe doch anf zeitweise Unterbrechung gefafst bleiben mufs. Indefs haben die bishe- rigen Strombauten doch gezeigt, dafs, mit vereinzelten Ausnahmen in Jahren ex- cessiver Dürre, für nachgehende und dem localen Bedürfnifs entsprechende Fahr- zeuge ein für die ganze Saison brauchbarer Wasserweg gesichert werden kann.

Im Jahre 1763 befand sich die Oder noch in einem ganz wilden Zustande. In Bchlangenformig gewundenen Laufe verwüstete sie bei Hochwasser die Umge- gend und riss die Ufer ein, während sie an andern Stellen durch Mühlwerke, Steine, Hölzer u. dgl. gesperrt war, so dafs die Schiffahrt damals nur von gerin- ger Bedeutung sein konnte. Die ersten Verbesserungen bestanden in Durchstichen an den Krümmungen, wodurch der Stromlauf erheblich abgekürzt wurde. Plan- mäfsige Regulirungsarbeiten sind indefs erst seit 1816 ausgeführt worden; in der Zeit von 1816 bis 1840 wurden zur Erhaltung und Befestigung der Stromnfer Buhnen in einer Gesammtlänge von 41,903 Ruthen, ferner 69,985 Ruthen Deck- werke, 23,983 Ruthen Schlickfänge und 84,298 Ruthen Schtickzäime angelegt, 8442 Morgen Sandfelder bepflanzt und 11,245 Hölzer aus dem Strom geräumt Bis zum Jahre 1842 hatte man für derartige Arbeiten 1,871,000 Thlr. verausgabt, ohne jedoch eine zusammenhängende Strombahn hergestellt zu haben, da die Ar- beiten, nach Mafsgabe der geringen, zur Disposition stehenden Mittel, nicht in stetig fortschreitender Richtung, sondern nur an den Stellen, wo sich gerade dss dringendste Bedürfnifs zeigte, unternommen werden konnten. Erst in den Jahres 1844 bis 1848 hat man eine zusammenhängende 2\ Meilen lange Stromstrecke zwischen Läskau (Reg.-Bez. Breslau) und der Liegnitser Bezirksgrenze bei Lesch- kowitz ausgebaut, und hier die Breite des Stromes zwischen den Köpfen der ge- genüberliegenden Buhnen auf 25 Ruthen eingeschränkt, um ein gleichmsliiges Fahrwasser von durchgehends 4 Fufs Tiefe (bei einem Wasserstande von 1 Fuß am Unterpegel zu Breslau) herzustellen. Die Probefahrt, die bei einem Wasser- stande von 2 Fufs am Unterpegel zu Breslau ausgeführt wurde, ergab, daß das Fahrwasser nirgends eine geringere Tiefe als 4? Fuft besafe, dafs also Schiffe von 30 Zoll Tiefgang bei solchem Wasserstande die Strecke ungehindert pssaren konnten. Da diese Wasserstrafse sich bis jetzt in gutem Znstande erhalten hat, sind an 35 Stellen des Stromes Wasserbauten nach demselben System aufgeführt worden, und zwar auf der Strecke

von Cosel bis Breslau in einer Länge von 6,743 Meilen

- Breslau - Frankfurt - 9,240

- Frankfurt - Schwedt - - 1,661

im Ganzen in einer Länge von 17,644 Meilen. Es hat sich dabei herausgestellt, dafs bei einem Wasserstande von 2 Fufs an Unterpegel zu Breslau auf der Strecke unterhalb Breslau ein regehnaisigei Fahr- wasser von 3 Fufs, und auf der Strecke von Breslau bis Cosel ein regelmäfsigei

Ueber den Handel von Marocco. 157

Fahrwasser ton 2 Fufs gewonnen werden kenn. Bei so niedrigem Watserstande würden also Fahrzeuge der neuesten Construction, welche ledig 9 Zoll tief gehen, etwa 200 Ctr. Ladung von Coael nach Breslau führen können, wahrend die ledig mir 6 Zoll tiefgehenden sogenannten Zillen 400 Ctr. befördern könnten. n.

Ueber den Handel von Marocco.

Nach Richardson ').

Obgleich die Mauren für commercielle Unternehmungen ein nicht gewöhn- liches Geschick und hervorstechende Neigung besitzen, hat der Handel des Sul- tanats doch keinen beträchtlichen Aufschwung genommen. Der Hauptgrund liegt offenbar in dem Monopol -Unwesen, welches die wichtigsten Handelszweige in die Hand des Kaisers gespielt hat- Ueberdies war der vorige Sultan anf Gelderwerb so erpicht, dafs er, um zu Erpressungen Gelegenheit zu gewinnen, durch Vor- schösse und Darlehen den einheimischen Handelsstand tief in Schulden zu ver- stricken und sich so zum absoluten Herrn desselben zu machen wnfste.

Die Monopole verpachtet der Sultan entweder, oder er behalt das Geschäft ToDständig in seiner Hand, wie es bei dem Tabacks-, Schwefel- und Cochenille- Monopol der Fall ist, und sieht dann davon einen Gewinn von durchschnittlich 100 Procent. Die Verpachtung erfolgt jahrlich in öffentlicher Anction an den Meistbietenden; der Pachter setzt dann die Einkaufspreise nach Belieben fest, da die Prodncenten mit ihren Waaren einzig und allein auf ihn angewiesen sind. Zu den verpachteten Monopolen gehören folgende: 1) Blutegel, die besonders in den Seen der nordwestlichen Districte, im Gharb, gefunden werden; dieses Mo- nopol wird für 60,000 Dollars verpachtet. 2) Wachs. Dieses Monopol be- schrankt sich fast nnsschliefslich auf die Markte Tanger und El -Arisch und wurde zv Zeit der Anwesenheit Richardson's för 3000 Dollars verkauft 3) Baum» rinde, ein Monopol des Rif, für etwa 16,000 Dollars verpachtet 4) Das Recht Kopfer zu münzen, für 10,000 Dollars an jede Hauptstadt verpachtet, ein ge- fährliches Monopol für den Besitzer, da er mit seinem Vermögen, wenn nicht mit Kinem Kopfe dafür bfifsen mufs, wenn der Münzgehalt nicht den Wünschen des Sultans oder des Stadt- Gouverneurs entspricht 5) Hirse und andere kleine Samen, in Tanger für 500 Dollars, an anderen Platzen je nach den Umstanden fär andern Summen verpachtet. 6) Der Viehhandel von Tetuan, Tanger und El -Arisch, hauptsächlich zur Verproviantirung von Gibraltar, das mehr als zwei Drittheue seiner Bedürfnisse ans Marocco bezieht, war damals für 7500 Dollars ▼erpachtet Der Sultan ist tractatmafsig verpflichtet, jährlich 2000 Häupter Vieh uch Gibraltar ausführen zu lassen, und «war 1500 aus Tanger, gegen einen Aus- fuhrzoll von 5 Dollars für jedes Stück, wahrend sonst der Ausfuhrzoll 10 Dollars betragt; durch Bestechung der Beamten gelingt es indefs, die Ausfuhr nach Gi- braltar wohl anf das Doppelte zu erhöhen.

Zur Ausfuhr einiger anderen Handelsartikel ist eine spedelle Licena vom

') Travels m Marocco. By tke late Jamet Rickardton. Edited by HU Wide*. * wfc London 1860. *1H

158 '• MimUent

» Sultan erforderlich, so namentlich für Getreide und Lastrieh, Atich Joden, derei der Sultan bedarf, damit das Handelsgeschäft im Gange bleibt, müssen, wenn äe das Land verlassen, einen Aasgangssoll von 4 Dollars, und Jüdinnen einen sol- chen von 100 Dollars bezahlen; die letztern sollen durchaus als ein Unterpfand für die Rückkehr ihrer in Handelsgeschäften etwa abwesenden männlichen Aarer- wandten im Lande festgehalten werden. In andern Fällen sind die Ausfuhrzölle so hoch, dafs sie einem Ausfuhr- Verbot gleichkommen.

Nicht monopolisirt sind folgende Artikel: Straufsfedern, mit Ausfuhrzöllen von 3, lij und | Dollars pro Pfund, je nach der Qualität; Elfenbein, zahlt 10 Procent des Werthes Ausgangssoll; Gummi, geht jetzt meistens nach Marseille; süfse und bittere Mandeln in den Schalen, und Mandelöl; rothwollene Gürtel, gehen nach Spanien; gegerbte Häute, namentlich Maroquins; Pantoffeln; Raik oder Bercan, wird von den Pilgern nach der Levante ausgeführt; trockne Erbsen, gehen nach Spanien; Mehl von Fez; Datteln; Hühner und Eier; Orangen; Oli- venöl wird aus den nördlichen Häfen aasgeführt, in einem der letzten Jahre für 6000 L. St.; Antimon; Euphorbium; Hörner; Hanf; Leinsaat; Reis; Mais; Dra; Orseille; Schwertel- Wurzel; Granatäpfel -Seh aalen; Sarsaparille; Schnupftaback; 8chwärnme; Walnüsse; Kichererbsen u. a.

Der Haupthafen an der atlantischen Küste ist Mogador, der Hafen für die Hauptstadt Marocco, der mit dem Wadi Nun und der westlichen Sahara in Ver- bindung steht. Hier findet man gewöhnlich ein halbes Dutzend fremder Schiffe, zuweilen auch 20 bis 30; jedes zahlt 40 Dollars Hafenabgaben, eine drückende Last für kleine Fahrzeuge. Der auswärtige Verkehr ist zu zwei Drittbeilen nach England gerichtet; von dem letzten Drittel geht etwa die Hälfte nach Marseille. Die wichtigsten Export - Artikel des Landes werden über diesen Hafen ausgeführt so namentlich Mandeln, Gummi, Wolle, Oliven -Oel, verschiedene Samen (beson- ders Kümmel und Anis), Schaf-, Kalb- und Ziegenfelle, Straufsfedern, zuweilen auch Mais. Im Jahre 1855 gingen nach britischen Häfen für 228,112 L. St, nach andern für 55,965 L. St. Waaren; die Einfuhr (Baumwollenwaaren, Zucker, Thee, Kaffee, Eisen, Stahl, Gewürze, Droguen, Nägel, Perlen, wollene Zeuge, billige Spiegel u. s. w.) betrug aus britischen Häfen 136,496 L. St, aus anderes 31,222 L. St

Nördlich von Mogador liegt Masighan, dessen Hafen dadurch sehr verschlech- tert ist, dafs die Schiffe ihren Ballast aus Bequemlichkeit auf den Ankergraod werfen. Die Einfuhr, grofsentbeils aus denselben Waaren und Fabricaten be- stehend wie in Mogador, ist hauptsächlich für das Innere des Landes bestimmt Von den bedeutenderen Export- Artikeln gingen hier im Jahre 1855 aus: 6410 Ballen Wolle, 200 Seronen Mandeln und 642,930 Fanegas Getreide.

In Reb&t werden eingeführt Alaun, verschiedene Baumwollenzeuge, Zimmet, Gewürznelken, Vitriol, Messerschmiedswaaren , geköperter Barchent, irdene und eiserne Waaren, Glas, Leinen, Färberröthe, Musselin, Zucker, Thee und andere Producte. Die Ausfuhr wird „für die letzten fünf Jahre" auf 34,860 L. St 1 Sb. angegeben, wahrscheinlich der Durchschnitts werth für jedes dieser Jahre.

Der lebhafteste Handelsplatz ist Tanger, hauptsächlich in Folge des Ver- kehrs mit Gibraltar. Die Ausfuhr besteht in Häuten, Wachs, Wolle, Blutegeln, | Datteln, Mandeln, Orangen nnd anderen Früchten, Getreide und Mehl, Bind«,

Weitere Nachrichten von Dr. Livingstone. 159

Flachs, Durra, Ochsen und Schafen, Henna und anderen Farbestoffen, wollenen Gürteln, Haiks, maurischen Pantoffeln, Geflügel, Eiern n. s. f. Der Werth der- selben belief sich 1856 für die Ausfuhr nach britischen Hafen auf 63,580 L. St, für die Ausfuhr nach anderen Häfen auf 1 3,683 L. St Eingeführt werden alle Sorten Baumwollenwaaren , seidene Stoffe, Samraet, Kupfer, Eisen und Stahl, Metalhraaren jeder Art, Cochenille, Indigo und andere Farbestoffe, Thee, Kaffee, Schwefel, Papier, Planken, Brillen, Zinn, Zwirn, Glasperlen, Alaun, Spielkarten, Weihrauch, Sarsaparille und Rum. Im Jahre 1850 wurden aus britischen Häfen für 101,773 L. St, aus fremden für 33,793 L. St. Waaren eingeführt In dem- selben Jahre liefen in Tanger ein: 203 britische Schiffe von 10,883 Tonnen, und 110 andere Schiffe von 4780 Tonnen; es gingen ab 207 britische Schiffe von 10,934 Tonnen, und 110 andere Schiffe von 4781 Tonnen. n.

Weitere Nachrichten von Dr. Livingstone.

Die Briefe Livmgstone's aus dem October und November v. J. bestätigen die ichon früher (vergl. Bd. VII, 8. 231) von ihm ausgesprochene Ansicht, dafs der Shire ein Abflufs des Nyassa ist. Der Reisende ist bis zu dem zuletzt genann- ten See vorgedrungen, einem mächtigen Binnengewässer, welches auch bei Wind- stille Wellen schlägt wie das Meer, und im Süden, wo Livingstone ihn erreichte, 8— tOMiles breit ist. Der Ausflufs des Shire liegt nach Livingstone unter 14* 25' 8 Br. Der Flufs ist 80— 150 Yards breit, 10—12 Pufs tief, hat eine Strö- mung ?on 2} Knoten, und die Differenz seines Wasserstandes in der nassen und in der trocknen Jahreszeit betragt nicht mehr als 2 3 Fufs; gleichwohl äufsert der Abflufs einer so bedeutenden Wassermenge auf das Niveau des Nyassa keine Einwirkung. Die Stromschnellen des Shire, deren südliches Ende unter 15* 55' S. Br. liegt, nehmen eine Ausdehnung von 33 Miles ein. Unterhalb derselben ist der Strom bis zu seiner Einmündung in den Zambesi eine 8trecke, die Living- stone wiederholt auf 100 Miles angiebt, wohl zu gering, wenn die Strom- schnellen erst unter 15° 55' beginnen bequem schiffbar. Das Thal, welches der Shire obe/halb der Stromschnellen durchfliefst , erhebt sich 1200 Fufs über den Meeresspiegel und gleicht genau dem Nilthal bei Cairo; von ihm steigt das Land im Osten terrassenförmig an; die erste Stufe ist 2000 Fufs hoch und nur 3—4 Miles breit; die zweite ist 3000 Fufs hoch und bis 13 Miles breit Diese Terrassen sind gut bewässert und werden zum Anbau der einheimischen Baum- wolle, die hier eine jährliche Aussaat verlangt, benuttt Während im Shire-Thale, das Livingstone zur heifsesten Jahreszeit durchreiste, eine glühende Hitze herrschte, genoft man auf der obersten Terrasse, die in einem Tagemarsch erreicht werden konnte, eine köstliche Kühle. Auf dieser Terrasse erhebt sich der Berg Zomba, den Livingstone erstiegen hat, zu einer Höhe von 7 8000 Fufs. Er ist big zu »einem Gipfel bebaut, wenn auch nicht mit Baumwolle. Jenseits des Zomba zieht ■ich das Land zwischen dem 90 Miles langen Shirwa-See und dem Nyassa zu ei- nem schmalen Isthmus zusammen. Im Allgemeinen wiederholt Livingstone seine Versicherung, daf* das Shire-Gebiet zur Cnltnr der BaumwoUenstaude auiseror-

160 UboeUen:

deutlich geeignet ist. Sie bat von Frost nichts zu fürchten und erfordert nicht die anstrengende Bearbeitung wie in Amerika; eine Aussaat fremden Samens, den die Eingeborenen bereits anwenden, genügt für drei Jahre. n.

Bemerkung zu dem Bericht über die russische Expedition nach Chorassan

(im August- September- Heft r. J.)

„Sie werden wol längst erfahren haben, dafs sammttiche Mitglieder der nun- sehen Expedition nach Chorassan, über welche ich der geographischen Gesellschaft eu Berlin eine Mittheilong zugehen lieft, die nachmals im August -September -Heft v. J. dieser Zeitschrift veröffentlicht wurde, wohlbehalten heimgekehrt sind, und zwar auf der projeetirten Route durch Sijistan über Kerman und Jesd. Man darf nunmehr ausführlichen, authentischen Mittheilungen über die zu Ende geführte Unternehmung entgegensehen und in meiner flüchtigen Uebersicht werden dann mehrere Mittelglieder zu erganzen, manche mir zur Zeit noch nicht bekannt ge- wordene Excuraionen zu notiren, einzelne Angaben auch wol einer Corrector zu unterziehen sein. Während ich für die Entstehung der Expedition und für die summarische Uebersicht ihrer damaligen Ergebnisse auf die von der Kais. Boss. Geogr. Gesellschaft veröffentlichten Berichte mich beziehen konnte, glaubte ich für die übersichtliche Schilderung des Ganges derselben zur Benutzung mir xor Durchsicht überlassener Briefe eines der Mitreisenden an seine Angehörigen er- mächtigt zu sein, wobei die Auswahl des ganzen Stoffes, die Anordnung und Auf- fassung mir allein zur Verantwortung fallen. Nunmehr über das die erforderliche Autorisation betreffende Mifsverständnifs aufgeklärt, wünsche ich durch diese aus- drückliche Erklärung von dem Briefsteller jede Verantwortung nach irgend einer Seite abzuwehren, und bitte Sie um Aufnahme dieser Zeilen in Ihre Zeitschrift.4

„Beiläufig bitte ich zugleich im angeführten Hefte um die Correctur dea Schreib- oder Druckfehlers auf S. 101 „alle wurden gewogen" in „alles wurde gewogen".

Dorpat, den 6. Februar 1860. C. Schirren.

Verschiedene Arten von Schnepfen in China.

In der China Mail vom 18. August 1859 macht ein ungenannter Natarkuv diger folgende Mittheilungen Über die verschiedenen in China vorkommenden Ar- ten von Schnepfen. „Nicht leicht werden Jäger es glauben, dafs es unter deo Schnepfen , welche sie auf den ausgedehnten Reisfeldern im südlichen China in grofser Menge sammeln können, mehrere verschiedene Arten giebt. Demnnge- achtet ist dies der Fall. Die verschiedenen Arten haben so feine Unterscheid dungs- Merkmale, dafs nur eine ganz genaue Untersuchung diese zu entdecken vermag, aber so wenig bemerkbar dieselben auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, ihr durchaus regelmässiges Vorhandensein beweist, dafs es wirklich ver- schiedene Varietäten giebt, welche auch von den Ornithologen als solche anerkannt worden sind. Die am meisten verbreitete Schnepfe in China ist die indische,

Untersuchungen an der Küste von Japan. 161

GüUmago wMava% welche ganz und gar von der europäischen verschieden und ober einen greisen Theil von Asien verbreitet ist Man findet sie gewöhnlich in großer Ansah], aber so über das Feld zerstreut und in guter Deckung, dafs sie meistens nur einsein gefangen werden können. In freieren Gegenden sind sie sehen and fliegen in Schwärmen von zehn oder fünfzehn Stück auf. Darnach ist GaOmago stemmt am häufigsten, die sich von den zuerst genannten dadurch un- terscheidet, dais sie größter und kräftiger ist; sie hat einen schmalen Schwanz. Ihre Flügel haben auf der unteren Seite schwarzbraune, sickzackförmige Quer- streifen, wahrend die erstgenannte derartige weifte Streifen besitzt Diese schwarz* bannen Querstreifen finden sich bei allen Exemplaren dieser Species, deren Haupt» merkmsl übrigens in den vielen kurzen schmalen Federn besteht, welche auf bei- den Seiten der Schwansfedern sitzen. Der Vogel scheint nicht sehr gesellig, man findet ihn selten in größerer Zahl beisammen. Die dritte Species, welche mir vorgekommen, ist viel gröfser als die beiden vorigen, und der zweitgenannten in der Zeichnung der unteren Seiten der Flügel ähnlich. Ihr Schwanz hat auch auf beiden Seiten schmale Federn, doch sind diese ebenso lang wie diejenigen, welche die Spilse des Schwanzes bilden. Man trifft sie auf Hügeln und in Schluchten an, sber niemals in Gesellschaft Sie erhebt sich ohne zu pfeifen und ist verhält- nifsmiüng selten. Irre ich mich nicht, so ist diese Art die Gaüinago solitaria, beimisch im Himalaja. Mit dem Namen Tiger- ode* gesprenkelte Schnepfe Rhyn- coea sinensis, bezeichnet man meiner Ansicht nach mehr als eine Species, und ich habe ans Fntschau ein Exemplar dieser Art erhalten, welches, aufser dnrch einen brillenähnlichen Bing um die Augen, sich auch noch durch andere Eigentümlich- keiten von den Vögeln derselben Art, welche man in der Umgebung von Hong- kong antrifft, unterscheidet" B.

Untersuchungen an der Küste von Japan.

Der Morskoi Sbornih enthält einen Bericht des Capitain- Lieutenant Maydell, Befehlshaber des Schrauben -Clipper Djigit, über eine von ihm im Auftrage des rassischen Consuls in Hakodadi ausgeführte Expedition nach der Bucht Niagata, an der Westküste von Nipon, wo die japanesische Regierung vertragsmäßig ver- pflichtet war, vom t. Januar 1860 ab dem russischen Handel einen bequemen Hafen zu eröffnen. Sollte Niagata nicht die erwarteten Vortheile darbieten, so war es dem Capitain Maydell- anheimgestellt, einen günstiger gelegenen Punkt nördlich oder südlich davon aufzusuchen. Demgemäfs lichtete der Djigit am 22. Mai 1859 die Anker und fuhr am folgenden Tage zwischen der Westküste Ni- pon's und dem Felsenriff des Bittern durch, dessen Lage der auf der englischen Karte von 1857 angegebenen entsprechend gefunden wurde. Am 24. Mai näherte man sich der Insel Awa-Sima, die nach einer angestellten Beobachtung unter M* 19' N. Br. und 139° 14' O. L. von Greenw. liegt, während sie auf den Karten Krusenstern's und auf der englischen Karte von 1857 viel südlicher an- steigt ist An demselben Tage ankerte der Djigit im Hafen van Niagata, wo *n 25sten auch die holländische Kriegscorvette Bali eintraf, welche die Lage der Insel Awa-Sima im Vorüberfahren auf 38' 31' N. Br. und 139* 17' O. L. be- stimmt hatte, also noch 12' weiter nördlich als die russische Aufnahme. **solir. t all«. Brdk. Kta« Folg«. Bd. VH1. 1 1

162 Miscelkn:

Am 24. and 25. Mai beschäftigte man sieh mit Vermessung der Rhede von Niagata, nebst der Mündung des Flusses, und mit astronomischen Beobachtungen. Als Resultat dieser Arbeiten wird Folgendes mitgetheilt: Der Hafen Niagata liegt unter 37° 59' N. Br. nnd 139° 10' O. L. von Greenw. Die Rhede ist nur vor den Süd- und Ostwinden durch das Ufer geschützt; im Westen befindet sich zwar die Insel Sado, aber zu entfernt (über 20 italienische Meilen), um Schutt zu gewähren, and von Norden ist sie ganz offen. Die Tiefe der Rhede vermin- dert sich rasch von 20 auf 10 Sashen und dann allmählich bis auf 2$ Sasben; der Eingang in den Flnfs aber wird durch eine steil aufsteigende Barre versperrt anf der die Wassertiefe nicht mehr als 6 Fufs beträgt* während sie jenseits derselbeo im Flusse selbst wieder 4 bis 5 Sajen erreicht. Die Stadt Niagata ist grofs und von schiffbaren CanäJen durchschnitten. Im Flusse und im Hauptcanal sieht man eine betrachtliche Anzahl Dshunken, was auf einen lebhaften Handel schliefen läfst Da jedoch die Rhede nicht gegen die starken Nordwestwinde geschützt ist, die im Herbst und Winter im Japanesischen Meere vorherrschen, so glaubt Ca- pitata Maydeil, dafs sie in dieser Jahreszeit nur von Dampfschiffen oder von sol- chen Segelfahrzeogen besucht werden könne, deren Bauart ihnen das Laviren er- leichtert und die bei eintretendem Nordwest sich hinter die hohen Ufer der Insel Sado flüchten würden. Im Sommer wird der Hafen hingegen von allen Fahr- zeugen benutzt werden können.

Am 25. Mai begab sich der Clipper naoh der Bai Ao-Sima-Jama, 6 Meilen nordwestlich von Niagata; allein auch diese Rhede ist ganz offen, und der Flnfs, der in die Bai fällt, hat eine Barre mit nur 7 Fufs Wassertiefe. Da mithin kein bequemer Ankerplatz in der Nähe des Hafens Niagata zu finden war, so fahr man nach der Bai Tojama. Am 26sten wurde das westliche und südliche Ufer dieser Bai besichtigt, die jedoch gleichfalls keinen Schutz gegen die Nord- winde darbietet. Der Djigit ankerte auf offener Rhede vor der Stadt Tojama, and die im Flusse angestellten Messungen ergaben, dafs auch hier der Eingang von einer Barre versperrt wird. Ueberhaupt hat dieser Hafen in nautischer Be- ziehung durchaus keine Vorzüge vor der Rhede von Niagata; im Gregentheil dürfte es bei starken Nordwinden den Schiffen hier noch viel schwerer fallen, sich vom Ufer fern zu halten.

Am 27. Mai verliefs der Djigit die Bai von Tojama und* umsegelte die Nord- seite der Insel Sado. Am 2Hsten bemerkte man Mittags in der Breite von 39* 2' und der Länge von 139° 40' im Nordosten eine Insel. Da auf den Karten io dieser Breite und Länge keine Insel angegeben ist, so näherte man sich ihr und warf Anker in einer Bucht am südöstlichen Ufer, in einer Tiefe von 9 Sashen, auf Korallengrund. Sogleich wurden Ruderfahrzeuge ausgesandt, um die Bucht «« vermessen und die Insel aufzunehmen, deren Lage auf 39° 8' 35'' N. Br. nod 139° 42' 50" O. L. von Greenw. bestimmt wurde. Die Rhede ist gegen alle im japanesischen Meere herrschenden Winde geschützt, aber der Grund bietet die Eigenschaften nicht dar, die zu einem sicheren Ankerplatz erforderlich sind. Die Einwohner nennen diese Insel Tobi-Sima; auf den Karten Krusenstern's und der englischen Karte von 1857 ist sie unter 39° 24' N. Br. und 138° 53' O. L. an- gegeben. Der Befehlshaber der holländischen Corvette Bali erzählte dem Capi- tata Maydeil, dafs er die Stelle, wo auf den Karten die Insel Tobi- oder Tabu-

Die Aorere- und Parapara- Goldfelder auf Neu -Seeland. 163

Shas ') aogeieigt ist, an einem klaren Tage in der Entfernung von 6 Meilen passirt habe, ohne eine Spur von ihr zu entdecken. Ist demnach die jetzige Bestimmung richtig, so wird es nöthig sein, sie um ein Beträchtliches weiter nach Süden und Osten zu versetzen.

Am 30. Mai lichtete der Djigit abermals die Anker, durchsegelte die Strafte ?on Sangar und traf am Slsten wieder auf der Rhede von Hakodadi ein. L.

Die Aorere- und Parapara -Goldfelder auf Neu -Seeland.

Aas einem Vortrage, den Dr. Hochstetter im verflossenen December zu Nel- son aof Neu -Seeland gehalten, macht das „Athenaewm* folgende interessante Mit-

„Der ganze Östliche Theil des Aorere -Thals, der vom Flufsbett bis zu den steilen Gehangen des Gebirges mit einer Neigung von etwa 8 ° ansteigt und sich Tom Cfcrke River im Süden bis zum Parapara im Norden hinzieht, ein Areal tob 40 engl. Quadratmeilen, ist ein Goldfeld. In diesem ganzen District finden wir am Fnfse der Gebirgskette auf einem Untergrunde von Schiefer ein Conglo- merat abgelagert, das an einigen Punkten eine 20 Fufs mächtige Schicht bildet Stücke von Treibholz, die in Braunkohle verwandelt sind, machen es wahrschein- lich, dafs das Conglomerat der tertiären Formation angehört Wo ein eisenhal- tiges Bindemittel die Rollsteine und den Kies zusammengeballt hat, bildet das Conglomerat eine compacte Masse; an anderen Stellen liegt zwischen den gröfse- ren Steinen nur ein feiner Sand; die Steine selbst bestehen meistenteils aus Quart und Thonschiefer. Dieses Conglomerat wird nicht blofs von den tiefen Betten der gröfseren Flüsse durchschnitten, sondern es ist an manchen Stellen auch durch die Action der atmosphärischen Niederschläge ausgewaschen und auf diese Weise in parallele und abgerundete Rücken geiheilt, für welche der unter dem Namen der Quarz -Ketten bekannte Theil des Districts ein charakteristisches Beispiel liefert. Diese Conglomerat- Formation mufs als das eigentliche Goldfeld betrechtet werden, das in grofsartiger Weise aus dem Detritus des Gebirges von der Hand der Natur für die weiteren und feineren Operationen menschlicher Ar- beit vorbereitet ist Während die weniger ausgedehnten, gewöhnlich aber ergie- bigeren Wäschen des Flufssandes dem einzelnen Goldwäscher bessere Aussichten auf Gewinn eröffnen, werden die Wäschen in dem trockenen Conglomerat Asso- ciationen, die mit gröfserem Aufwand von Kräften und Capital arbeiten, lohnen- den Ertrag abwerfen. Mr. Washbourn, ein intelligenter und energischer Gold- wascher, ist der Erste, der den Werth dieser dry diggings in den Quarz- Ketten kennen gelernt und die Thatsache festgestellt hat, dafs in dem Conglomerat Gold in bauwürdiger Menge vorkommt. Herrn Washbourn verdanke ich folgende in- teressante Details. Er schreibt mir: „In den Schachten im Conglomerat der Quarz -Ketten beträgt die durchschnittliche Dicke der auszuwaschenden Erdschicht etwa 2 Fufs von dem darunterliegenden Gestein an; und von einem Kubik-Tard solcher Erde gewinnt man, nach annähernder Schätzung, Gold im Werthe von 25 bis 30 Shillings. Diese Erde enthält grofse Steine, so dafs ein Kubik-Tard

') Tobi- und Tabu -sima scheinen zwei verschiedene Inseln zu sein.

164 Mizellen:

Erde, wie sie in den Waschtrog kommt, natürlich mehr werth ist, da die betriebt* liehe Anzahl von Steinen aus ihr entfernt ist. Wo man die Erde gleich von der Oberfläche an bis unten auf das Gestein wäscht, ist der Werth des Kobik-Ysrd viel geringer, vielleicht nur 3 bis 6 Shillings; doch selbst dann ist die Arbeit noch recht lohnend." Auf Grund dieser Angaben kann man folgende Berechnung anstellen. Nehmen wir das Areal der Aorere- und Parapara- Goldfelder zu 30 engl. Quadratmeilen, die durchschnittliche Mächtigkeit des goldhaltigen Conglo- merats sehr niedrig zu 1 Yard, und den Goldgehalt von einem Kubik-Yara in 5 Shilling an, so besitzen die Aorere -Goldfelder einen Werth Ton 22,500,000 L. St, oder 750,000 L. St für die engl. Quadratmeile.*

Es ist Dr. Hochstetter auch geglückt, sehr schöne Exemplare von Moa- Kno- chen zu erhalten, um die er sich in der ersten Zeit seines Aufenthalts auf Neu- seeland nicht mit besonderem Erfolge bemüht hatte. Darunter befindet sich ein Schädel dieses Riesenvogels, der vollständigste, der bisher auf Neu -Seeland ge- funden ist. Man hat diese Gebeine in den Höhlen dos Aorere -Thaies angetroffen. »Der Eifer der Moa- Gräber," sagt er, »war grofs, und nahm immer zu; denn je tiefer sie unter der Stalagmiten -Kruste, welche den Boden aberzieht, gruben, desto gröfser wurden die Knochen, auf die sie stiefsen, und ganze Beine, vom Hüftbein bis zu den Krallen der Zehen, wurden zu Tage gefördert. Drei Tage und drei Nächte hatten sie gegraben und gewaschen; am vierten kehrten sie im Triumph nach Collingwood mit zwei Last- Ochsen zurück, die mit Moa-Knochen beladen waren. Ich mufs gestehen, dafs nicht blofs die Bevölkerung von Col- lingwood, sondern auch ich selbst in grofse Verwunderung gerieth, als die riesi- gen Knochen vor uns ausgebreitet wurden. Da mir ein Maori zwei lebendige Kiwis vom Rocky River brachte, hatte ich Gelegenheit, die Ueberbleibsel der untergegangenen Species dieser Familie mit der noch vorkommenden Apteryx n ▼ergleichen. Mit besonderem Vergnügen statte ich dem Eifer und den Bemühun- gen meines Landsmanns und Freundes Haast meinen Dank dafür ab, dafs er die Sammlungen der Novara- Expedition durch so werthvolle Exemplare bereichert hat Die Beobachtungen, welche Herr Haast während dieser Nachforschungen ange- stellt hat, verbreiten ein neues Licht über diese grofse Familie ausgestorbener Vögel. Er fand, dafs in gröfserer Bodentiefe auch die Ueberreste der Vögel gröfser wurden, dafs die Species also gröfser waren, je früheren Perioden sie an- gehörten. Die Knochen von Dinornis grassus eines Vogels von 9 Fub Hohe wurden immer in tieferen Erdschichten gefunden, als die Knochen von Di- nornis didi/ormis (Owen), der nur 4 Fufs grofs ist Seit jener Zeit ist meine Knochensammlung noch durch verschiedene Geschenke von den Herren Wells, Haycock und Ogg, und durch ein fast vollständiges Exemplar von Dinornis tayau, welches das Nelson -Museum der Geologischen Reichsanstalt zum Geschenk ge- macht hat, vergröfsert worden. Diese gigantischen Vögel gehören einer Aera an, welche der Existenz des Menschengeschlechts vorausging, einer nach -tertiären Periode. Und es ist ein merkwürdiges und unerklärliches Phänomen, dafs, wah- rend in derselben Periode in der alten Welt Elephanten, Nashörner, Flufspferde, in Süd -Amerika riesige Faulthiere und Annadille, in Australien gigantische Kan- guru's, Wombaft und Dasyuren lebten, in Neu -Seeland die colossalen Formen des animalischen Lebens durch Riesenvögel repräsentirt wurden, die damals an den von vierfülsigen Thieren noch nicht betretenen Küsten einherschxitten."

Längenbestfanmimgen in Canada vermittelst des elektrischen Telegraphen. 165

Dr. Hochstetter fügt hinzu, dafs seiner Ueberzeugung nach der Mineral-Reich- thnm von Nelson aufserordentlich ist und dafs in den Bergen unerschöpfliche Minen ron Gold, Kupfer und Kohlen existiren. Dem Kohlenreichthum der Insel hatte die Novara- Expedition gleich nach ihrer Ankunft eine besondere Aufmerk- samkeit angewendet. n.

Längenbestimmungen in Canada vermittelst des electri- schen Telegraphen.

Aach in Canada ist das Telegraphennetz seit 1856 zur Bestimmung der geo- graphischen Länge der wichtigsten Ortschaften benutzt worden. Im Jahre 1857 wurde sogar der Zeitunterschied zwischen Quebec und dem 1200 Miles ent- fernten Chicago festgestellt, indem der electrische Strom über Toledo, Cleveland, Buffalo nnd Toronto unmittelbar von einer Endstation zur andern geleitet wurde : dai Signal brauchte nur 0,08 Secunden, um diese Strecke zurückzulegen. Die Resultate dieser Beobachtungen veröffentlicht E. D. Ashe im Januarheft des Nau- tical Magazine. Als Grundlage dient die Länge der Sternwarte von Que- bec, die durch Anschlufs an die hinlänglich gesicherte Lage der Sternwarte von Cambridge folgendermafsen bestimmt wurde.

Bei den Beobachtungen am 21. September 1857 ergab sich der Zeitunter- schied zwischen den Sternwarten von Quebec und Cambridge

h. m. s. nach den Signalen von Quebec nach Cambridge auf . . . 0 0 18,27

Cambridge nach Quebec

Mittlerer Zeitunterschied : . . bei den Beobachtungen am 9. October: nach den Signalen von Quebec nach Cambridge auf - Cambridge nach Quebec -

0 0 18,25

0 0 18,26

Mittlerer Zeitunterschied .... Nach dem Mittel der Beobachtungen beider Nächte liegt also die Sternwarte Qnebec's von der Sternwarte in Cambridge westlich die Sternwarte von Cambridge liegt von Greenwich westlich

0 0

18,44

0 0

18,53

0 0

18,38

0 0

18,32

4 44

30,70

also Quebec westlich von Greenwich oder im Bogen 71 12* 15,3*. (Frühere Annahme 71° 16'.)

2. Toronto. Das magnetische Observatorium zu Toronto liegt nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . - Toronto ....

4 44 49,02

0 32 0 32

44,51

44,31

Mittlerer Zeitunterschied 0 32 44,4 1

Länge von Quebec 4 44 49,02

Länge von Toronto, westlich v. Greenwich 5 17 33,43 oder im Bogen 79° 23' 21,45". (Gewöhnliche Annahme 799 21' 30", nach einer Chronometer -Expedition zwischen Boston nnd Toronto 79° 23' 15".)

166 Ideelle«:

3. Kingston.

Das neue Court House in Kingston liegt A. n. *.

nach den Signalen von Quebec, * estlich von Quebec . . . 0 21 05,6

Kingston j- _- _ _-_ . . . 0 21 05,3»

Mittlerer Zeitunterschied 0 21 05, so

Länge von Quebec 4 44 49, oi

Länge von Kingston, westlich v. Oreenwich 5 5 54, 52 oder im Bogen 76° 28' 37,'". (Gewöhnliche Annahme 76° 40'.)

4. Montreal.

Der Beobachtungsplatz, ein Gartenhaus in Viger Square, liegt

nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec ... 0 9 23, oi

- Montreal - - ... 0 9 22,os

Mittlerer Zeitunterschied 0 9 22,7 o

Länge von Quebec 4 44 49,02

Länge von Montreal, westl. v. Greenwich 4 54 11,7t oder im Bogen 73° 32' 55,8".

5. Chicago. Der Beobachtungsort, der Spielplatz der Schule nördlich von der röm. -kathol. Kirche, Huron Street, liegt

nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . . 1 5 41,44

- Chicago - - - ... 1 5 41,<io

Mittlerer Zeitunterschied 1 5 41,32

Länge von Quebec 4 44 49,02

Länge von Chicago, westlich v. Greenwich 5 50 30, ü 4 oder im Bogen 87° 37' 38, i". (Gewöhnliche Annahme 87° 33'.)

6. Winds or (am Lake St. Clair). Der Hofraum Mr. Sholand's in Goyeau Street, 1 50' westlich von der neuen englischen Kirche, liegt

nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . 0 47 19,<h

- Windsor - - ... 0 47 18,97

Mittlerer Zeitunterschied 0 47 f9,oo

Länge von Quebec 4 44 49,02

Länge von Windsor, westlich v. Greenwich 5 32 08,02 oder im Bogen 83° 2' 0,3".

7. Collingwood (am südlichen Ende der Georgian Bay). Das Ende der Eisenbahn (Toronto- Simcoe- Collingwood) liegt

nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . . 0 36 01,43

- Collingwood - - - ... 0 36 01,59

Mittlerer Zeitunterschied 0 36 01,5 1

Länge von Quebec 4 44 49,si

Länge von Collingwood 5 20 50,53

oder im Bogen 80° 12' 37,9»".

Die Provinz Jujuy in der Argentinischen Conföderation. 167

8. Ottawa. Der Beobachtongsplatz, 120 Yards östlich von dem Flaggenstock auf dem Bar- rack-Hill, liegt nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . . 0 17 59,24 - Ottawa, - - - ... 0 17 59,30

Mittlerer Zeitunterschied 0 17 59,27

Länge von Quebec 4 44 49,02

Länge von Ottawa, westlich von Greenwich 5 2 48,29 oder im Bogen 75° 42' 4, 35".

9. Three Rivers. Der Beobachtungsplatz, Barrack Square, südlich von der alten französischen Kirche liegt

nach den Signalen von Quebec, westlich von Quebec . . . 0 5 20, 1 4

- Three Rivers, - - - ... 0 5 20,18

Mittlerer Zeitunterschied 0 5 20, 1 6

Länge von Quebec 4 44 49,02

Läng* von Three Rivers, westlich von Greenwich 4 50 09,18 oder im Bogen 72° 32' 17,7". n.

Die Provinz Jujuy in der Argentinischen Conföderation.

Von einem Landes-E in wohner ')•

Die Provinz Jujuy, die nördlichste der Conföderation, erstreckt sich 60 Le- gaas weit von Norden nach Süden, und ebenso weit von Osten nach Westen, um- fafst also über 3000 Quadrat -Leguas. Sie liegt zwischen 22 und 24° S. Br., gerade unter dem Wendekreise, gröfsestentheils aber so hoch in der Cordillere, dafs sie ein ganz anderes Klima besitzt, als man es nach der geographischen Breite erwarten Bollte. Die niedriger gelegenen Districte, die an Oran und das Chaco stofsen, sind sehr heifs, und die tropische Vegetation entwickelt sich dort in ihrer ganzen Pracht. Das Hauptthal ist das des Rio Grande, der vor Kurzem beschifft worden ist; er vereinigt sich bei S. Francisco mit dem Rio Bermejo und setzt die Provinz mit dem Parana* in Verbindung.

Nach dem Censns von 1851 betrug die Bevölkerung 30,010 Seelen. Die Provinz ist in 9 Departementes getheilt Als Departementes betrachtet man die Parochien, da jede derselben einen besonderen Geistlichen und eine besondere Cmlbehörde besitzt. Sie liegen in sehr verschiedener Höhe über dem Meeres- spiegel, von der Puna oder den höchsten Gebirgsgipfeln bis zum Chaco, worun- ter man die gröfseste Ebene oder das bedeutendste hier bekannte Thal versteht Nach dieser verschiedenen Lage sind sie auch in ihren Productionen verschieden. Wh beginnen mit den Departementes de la Puna oder des Gebirgsplateaus.

' ) Aus dem Almanaque national de la Conftderation Argtntina para los ano$ de 1866 w 1856.

168 MisceUen:

fis sind dies die vier Departementes Yavi, Rinconada, Cochinoca und Santa Catalina. Jedes hat eine gleichnamige Ortschaft, in welcher der Geistliche nnd die Civilbehörde ihren Sitz haben. Ihre Gesammtbevölkerung belauft sich auf 9769 Seelen, und zwar Eingeborene, die sich hier unvermischt erhalten haben, aber die spanische Sprache reden. Das Klima ist der betrachtlichen Bodener- hebung wegen recht kalt nnd in Folge dessen zeigt auch die Vegetation wenig Mannich faltigkeit; indessen wird die Bohne reichlich nnd mit Erfolg, nnd in Yeti auch die Gerste und Lupine angebaut. Die Weideländereien haben überall ein zwar nur kurzes, aber nahrhaftes Gras, und reichen ans für die grossen Heerden von Schaafen, Eseln und Llamas, welche die Provinz besitzt, wie für die zahlreichen Vicuuas und wilden Guanacos, welche Thäler und Berge durchstreifen. Aach fehlt es nicht an mannichfaltigen Medicinal-Pflanzen, denen die Aerzte eine grö- fsere Heilkraft zuschreiben als den von andern Gegenden eingeführten. Ebenso finden sich hier mannichfaltige Thonarten, die bei verschiedenen Industriezweigen mit Vortheil angewendet werden könnten. Die Schaafe werden hier sehr grofi und ihre Wolle gilt in Folge ihrer Länge, Feinheit, Geschmeidigkeit und Reinheit für eine der besten Sorten. Ein grofser Theil wird über den Stillen Ocean nach Europa ausgeführt, der beträchtlichste aber im Lande selbst zu ordinären Gewe- ben verarbeitet, theils für den eignen Bedarf der Bewohner w theils zum Verkauf in den Zuckerrohrmühlen, wo man gewohnt ist mit diesem Fabricat die Chaeo- IndUner zu bezahlen, die sich alljährlich zur Arbeit in diesen Etablissements ein- stellen. Es werden von diesen Departements jährlich etwa 2000 Hammel nach Bolivia ausgeführt, und eine grofse Menge getrocknetes Fleisch oder charqui, das hier chahnas genannt wird. Auch die Ausfuhr von Eseln ist nicht unbedeutend, obgleich sie der Ausfuhr von Hammeln nachsteht; denn die Maulesel und Lla- mas werden in der Provinz selbst als Lastthiere bei allen Transporten nach Bo- livia und andern Gegenden gebraucht. Endlich werden auch Felle von VicuiW, die hier ohne Mühe gejagt werden, in ziemlicher Anzahl nach Bolivia ausgeführt.

In diesen Departements finden sich auch reiche Minen, Erzadern, Gold- wäschen und viele Silberminen; sie sind sämmtlich noch unbenutzt und verspre- chen den Unternehmern einen reichen Ertrag. Im Departement Cochinoca liegen aufserdem die Saunas, eine grofse von verschiedenen Flüfschen gespeiste La- gune, in welcher sich Salz absetzt. Es wird in Würfeln von 1 bis 2 Arroba's Ge- wicht (25 50 Pfund) losgelöfst nnd auf Eseln oder Llamas sowol nach Bolovia wie nach dem ganzen Norden der Conföderatiou ausgeführt und sehr geschätzt, da es rein und sehr weifs ist Jene Lagune, die 11 Leguas lang und 7 breit ist, kann als unerschöpflich betrachtet werden, da die durch das Heraushauen der Salzwürfel entstandenen Lücken sich bald wieder mit Wasser füllen, welch« von Neuem Salz niederschlägt

Steigt man von der Puna oder den^Gebirgshöhen durch die Abra de Coita- deras nach Süden hinab, so gelangt man an den Anfang des Thaies von Horna- huaca, wo der Rio Grande de Jujuy, der das Thal durchströmt, seinen Ursprung nimmt. Dieses Thal wird von zwei bedeutenden Gebirgszügen eingeschlossen nnd erstreckt sich von Norden nach Süden; von dem Punkte an, wo man hinabzu- steigen beginnt, bis zum Rio de Leon, der von dem westlichen Gebirgszug, der Serrania de Chaüü herafeiommt und 6 Leguas von der Hauptstadt Jujuy entfernt

Die Provinz Jujuy in der Argentinischen Conföderation. 169

in den Bio Grande sich ergiefet, sind 30 Legnas, nnd dieses ist die Längenaus- dehnung des Thaies. Die Gebirgszüge sind von mehreren minder ausgedehnten, doch nicht unbeträchtlichen Querthälern durchschnitten, die in das Hanptthal mün- den nnd snm großen Theil ebenfalls bewohnt sind.

In diesem Thale liegen zwei Departements, H nmahnaca nnd Tn mbay a , jedes mit einem gleichnamigen Hauptort, dem Sitz der Civilbehörde. Beide zusammen iahten 6021 Einwohner. Das Klima ist auch hier noch kalt, obwol etwas gemä- ßigter, als das der Pnna; nnd demgemäß ist auch die Vegetation noch ziemlich dornig. Aber anfser den Prodncten der Gebirgsgegenden bant man hier auch Weizen und Mais und verschiedene und sehr grofse Arten von Knollengewächsen. Zu den letztem gehört die osa, eine saftigere und süfsere Art als die gewöhn- liehe papa, die übrigens auf dieselbe Weise angebaut wird, und der ya&m, eine Knolle, die an Gestalt und Gröfte der potato (süfsen Kartoffel) gleicht, eine sehr dünne Sehaale hat und nach Entfernung derselben von kryBtallheller weifser Farbe ist; sie ist überaus saftig und süfs und wird roh zur Erfrischung genossen. In dem Thal gedeihen Pfirsiche und Aepfel gut, und die Trauben wenigstens nicht schlecht Die Luzerne liefert reichlichen Ertrag nnd es giebt auch Winterweiden. Die Gebirgszuge, welche das Thal einschliefsen, sind roll von Disteln (cardonei), die hier so hoch und dick 'werden , dafs die Einwohner sie zu Dachsparren und Thorpfosten benutzen. Man züchtet Schaafe', Esel nnd Ziegen. In Humahuaca finden sich Chinchilla's, deren Felle vortheilhaft abgesetzt werden. Im Gebiet von Tnmbaya bis zur Hauptstadt beschäftigt man sich auch mit der Rindvieh- und Pferdezucht

Der Cerro de Aguilar im Departement Humahuaca, und die Cerros von Chaiiü nnd Tilcana im Departement Tnmbaya besitzen Silberminen. Gyps und Kalkstein kommen überall hn Thale vor.

Der schon erwähnte Rio de Leon bildet die Grenze zwischen dem zuletzt genannten Departement nnd dem der Hauptstadt Hier fangen die breiten Teiler an, das Klima ist gemäfsigt, die Vegetation mannichfaltig, Thalgründe und Hohen fruchtbar und theils mit Weiden theils mit Wäldern bedeckt Die Ein- wohnerzahl dee Departements beläuft sich auf 6600 Seelen, von denen 4000 auf die Hauptstadt kommen. Hier kommen dieselben Producte vor, wie in den be- rat» genannten Departements, aber in besserer Qualität, da der Boden viel frucht- barer ist, und aufserdem eine Anzahl von Prodncten eines wärmeren Klimas. Auf den Landgütern werden aufser Pfirsichen noch aasgezeichnete Chirimoyas, Pomeranzen, Orangen, Citronen, Walnüsse, Aprikosen, Birnen, Quitten, Erdbee- ren, Kirschen, Wein, Feigen und Tuna-Feigen gezogen, sämmtlich von vorzügli- cher Qualität und in verschiedenen Sorten. Mais, Weizen, Gerste, Melonen und Wassermelonen, Kürbisse, amerikanische Bataten (camote*), Kartoffeln, Kichererb- sen { garbanzos) y Platterbsen (alberj<u) 9 Bohnen, alle Arten Lauch, Erdpistazien (sumi), Runkelrüben, Blumenkohl, Tomates, Pastinaken, weifse Rüben, Gurken, sinerikanischer Piment (agi), Zwiebeln und andere Gemüse kommen gut fort; ebenso Flachs, Baumwolle, Safran, Taback, Senf nnd Anis. Verschiedene Arten ▼on Waldfrüchten wachsen wild in den Wäldern, wie Maulbeeren, Tomates, Wald- snsse, der Mato, der Myrthenbaum (arrayan), der Granadillo, die Sombra de toro, der Chakhal, der Mistol, der Chaiiar, der Piquilhn und der Johannisbrotbaum,

170 MuceUen:

Auch die GuirucilJa kommt vor, die zwar sehr ganer, aber angenehm ist und zur Bereitung eines trefflichen Sorbets benutzt wird.

Oestlich von der Hauptstadt fangt der Anbau des Zuckerrohrs an. Aber die grofsen Etablissements zur Bereitung von Zucker, Liqueur, Confitfiren u. s. w. liegen in den Departements Rio Negro und Perico.

Ebenen und Berge im Departement der Hauptstadt sind reich an Wäldern. Diese bestehen aus Nufs-, Lorbeer-, wilden Pfirsichbäumen, Quebrachos Colora- dos und blancos, Lapachos, Orundeles, Espinillos, Alisos, Tarbos, Chinabänmen, die sehr gerade und hoch wachsen und ein überaus dauerhaftes Hole haben, wel- ches eben deswegen allen andern Holzarten zu Balken beim Häuserbau und zu Dachsparren vorgezogen wird. Anch der Palo Blanco, ebenfalls ein hochwüchsi- ger und schlanker Baum, kommt oft vor ; er wird zu denselben Zwecken wie der Chinabaum gebraucht, obgleich sein Holz nicht so dauerhaft ist Grofse Wälder bestehen aus Cebiles, dem weifsen sowol wie dem rothen, welehe ein Harz aus- schwitzen, das dieselben Dienste leistet wie Gummi arabicum ; ihre Rinde wird m den Gerbereien zur Bereitung von Sohlen-, Kalb-Leder und Corduan verwendet, die hier sehr gut gearbeitet werden. Aufser den genannten Bäumen kommen noch vor der Quillay, die Tipa, die das unter dem Namen Drachenblut bekannte Harz liefert, der Pucara, der Talas, der Seifenbaum (sebo), die wilde Feige, der Lecheroe(?), die castilianische Weide, die Teufelsweide, der Binal, der Lluchan. und ganze Wälder von hohlem oder festem Rohr. Ausserordentlich groft ist die Zahl und Manniehfaltigkeit der Sträucher. Unter ihnen zeichnet sich der Me- loncilla aus, das bekannte Medicament zur Heilung der endemischen Dysenterie an der Küste des Stillen Oceans. Ebenso zahlreich sind die Krauter, die sich theils als officinelle Pflanzen, theiis durch ihre prachtvollen oder dnftreichen Bio- then auszeichnen. Aufserdem rinden sich in diesem Departement wie in denen von Perico und Rio Negro in den Bäumen sehr oft Bienenstöcke voll Honig von Bienen, Guancoiros, Caranes, Altamisques und anderen Arten von Bienen oder von Hornissen, die meistenteils ihren Honig in Zellen von gelbem oder schwar- zem Wachs niederlegen.

Die Zucht von Rindern, Pferden, Maulthieren und Eseln ist sowol hier wie in den Departements Perico und Rio Negro beträchtlich. Sie bildet die Haupt- Einnahmequelle für die Bewohner; jährlich wird eine bedeutende Anzahl von die- sen Thieren, namentlich von Rindvieh, nach Bolivia ausgeführt

Das Departement Rio Negro liegt östlich von der Hauptstadt, und grenzt im Osten an das Chaco, im Norden an Oran, im Süden an Salta; es hat 4600 Ein- wohner und der gröfseste Theil desselben ist noch ganz unbewohnt Das Klima ist hier sehr heifs. Producte und Waldungen sind dieselben wie im Departement der Hauptstadt; aufserdem eultivirt man einen vorzüglichen Reis und Pisang. Die Orangen werden hier so grofs und süfs, dafs sie den berühmten von Oran nicht nachstehen. Hier liegen die bedeutendsten Zuckerrohrmühlen, die einen zweiten wichtigen Erwerbszweig der Provinz bilden. Sie heifsen San Lorenso, Ledesma, San Pedro und San Antonio; in ihnen wird Zucker, Liqueur und alles Andere bereitet, was aus Zuckerrohr gewonnen werden kann, in hinlänglicher Menge sowol für den heimischen Bedarf, wie für die Ausfuhr nach Bolivia und in noch höhe- rem Maafre nach Salta, wo man mit der dortigen Producnon coneurrirt In dem-

Eisberge im südlichen Ocean. J71

selben Departement liegt auch Reduccion, die Haciemda des D. Pablo Soria, wo die Fahrzeuge gebaut wurden, mit denen er den Vermejo beschiffte« Nach So- ria's Meinung ist der Rio Grande de Jujuy von dem Punkte ab, wo er in dieses Departement eintritt, für flachgehende Fahrzeuge schiffbar. Auch die Erzgruben ron Santa Barbara gehören zu Rio Negro. Perico, das letzte Departement, im Süden der Hauptstadt, grenzt an Salta und hat 3020 Einwohner. Das Klima ist heifeer als das der Hauptstadt, doch nicht so heifs wie das von Rio Negro. Ebe- nen und Hügel sind ebenso fruchtbar und erzeugen dieselben Producte, wie die des Departements Jujuy; Reis, Taback und Baumwolle werden stark angebaut Hier liegen drei Zuckerrohr-Mühlen, zweiter Klasse im Vergleich mit denen von Rio Negro, Namens Seberino, San Vicente und Pampa blanca; aufser ihnen exi- stiren noch viele Zuckerrohrplantagen, deren Besitzer ihr Product an die genann- ten Mühlen verkaufen oder es in ihnen für Geld verarbeiten lassen.

Die Provinz Jujuy besitzt also die Producte der verschiedensten Himmels- striche, weil das Klima die ganze Stufenleiter durchläuft, von der kalten Gebirge- Infi bis zu der tropischen Hitze des Departements Rio Negro. n.

Eisberge im südlichen Ocean.

Seit dem Jahre 1848 haben die Aastralienfahrer sowohl bei der Hin- wie bei der Rückfahrt zur Abkürzung des Weges eine südlichere Route eingeschla- gen als es vorher üblich war. Es schien nicht, dafs dieser kürzere Weg mit grofsera Gefahren verknüpft sei; aber vom November 1854 bis zum April 1855 «igte sich auf der südlicheren Route so überraschend viel Eis, dafs ihr prakti- scher Werth dadurch in Frage gestellt wurde. Dieser Umstand veranlafste Herrn Towson, der an der Feststellung der südlicheren Route einen hervorragenden An- theil genommen hatte, das vorhandene Material über das Vorkommen von Eis im tödlichen Ocean zu sammeln und die Australienfahrer zur Mittheilung ihrer hier- auf bezüglichen Beobachtungen zu veranlassen. Die Resultate seiner Untersu- chungen hat er in einer kleinen Schrift zusammengefafst, die wegen ihres prak- tischen Werthes für die Schifffahrt vom Board of Trade in einem neuen Abdruck weiter verbreitet worden ist '). Es erhellt daraus, dafs die Erscheinungen des Sommers 1854 zu 1855 nicht die Regel bilden, dafs sich aber allerdings im süd- lichen Theile des Atlantischen Oceans eine Region abgrenzen lasse, welche durch Eismassen in höherem Grade gefährdet ist, und dafs im Ucbrigen die Eisberge des arktischen Oceans im Vergleich mit denen des antarktischen wahre „Kälber" sind. Wir entlehnen der Schrift diejenigen Angaben, die für die physische Geo- graphie von Interesse sind.

Das Eis der Polarmeere, sagt der Verfasser, kann in zwei Klassen getheih werden, in Flacheis und in Eisberge. Das Flacheis, obgleich es denselben Ursprung hat, erscheint in verschiedenen Formen, als Eisfeld, Eisnarde, Pack-, Strom-, Treib- und Mürbeis. In allen diesen Gestalten ist das Flacheis das Pro-

') Icebergs in the Southern Ocean. A Paper read btfore the Historie Society of Lancashire and ChesUre on the 19<* of November 1857, with ObservaUons made from more receni reports, by John Thomas Toioson, F. Ä. (?. 5. Liverpool 1869.

172 Miscellen:

dnct Eines Winters, seine Dicke und Ausdehnung hingt ab von der Intensität der Kälte in dem ebenverflossenen Winter nnd von den Bedingungen, unter wel- chen das Aufbrechen des Eises in dem darauf folgenden Sommer erfolgte. Du Eintreten der milderen Jahreszeit trennt das Eis allmählich in einzelne Felder, die auf dem Ocean forttreiben. Im arktischen Ocean hat man schwimmende Eisfelder gefunden, die über 100 engl. Quadratmeflen grofs waren. Zerspalten sie sich in kleinere Flachen, so werden sie Flarden (ßoei) genannt. Sind sie in Schollen zertrümmert, die sich zusammengehäuft haben, so bilden sie Pack -Eis; das letztere heifst, wenn es in lang hingestreckter Form erscheint, ein Strom oder Strom -Eis. Ist es in noch höherem Grade zertrümmert, so heifst es Treib- nnd Mürb-Eis, drifi und brash ice, das Letztere dann, wenn die einzelnen Schol- len zerrieben sind nnd in Folge des Aufthauens in einem milderen Klima die Eigenschaften wirklichen Eises bereits eingebüßt haben.

Ganz abweichend in Form und Ursprung sind die Eisberge. Sie erheben sich oft mit steilen Wanden 100 bis 1000 Fufs über den Meeresspiegel; sie glei- chen Kalkklippen, während die durchscheinenden Kanten smaragdgrün schimmern. Auf ihrer Oberfläche befinden sich azurblaue Wasserlachen, die man bisweilen als Seen bezeichnen könnte. Sie sind nicht das Product Eines Winters; man hat im Gegentheil Grund zu der Annahme, dafs ihre Bildung in einer Periode be- gann, die vielleicht eben so weit hinter uns liegt, wie die BUdungsperiode eini- ger Tertiär- Gesteine ')• Sie haben dieselbe Beschaffenheit, wie die Gletscher wärmerer Regionen; diese schmelzen in den Thalern; die Eisberge rücken in dai Meer vor, bis sie als immense Blöcke durch den Wasserdruck abgebrochen wer- den. Von den grönländischen Walfischfahrern wird dieser Procefs bekanntlich das „Kalben" des Eises genannt ').

Das Flacheis ist nicht nur jünger als das Eis der Eisberge : es erweist sieh auch als weniger dauerbar, sobald es in wärmeres Klima kommt. Denn es be- steht aus Eiskrystallen und Salzkrystallen, indem das Salz sich von dem Wasser während des Gefrierene scheidet, und bekanntlich schmilzt eine Mischung von Eis und Salz bei einem viel niedrigeren Temperaturgrade als reines Eis. Eisberge dringen deshalb in viel niedrigere Breiten vor als Flacheis. Das letztere uiffi man im südlichen Ocean selten diesseits 58* S. Br., und unter dieser Breite auch nur in den Wintermonaten vom April bis September. Nur in einer, weiter un- ten genauer bezeichneten Gegend kommt es bis 55* S. Br. vor; das brash-üx, das noch nördlicher beobachtet sein soll, war vermuthlich nicht wirkliebes Rach- els, sondern Trümmereis von den zahlreichen Eisbergen, die in seiner Nähe vor- kamen.

Auf der nördlichen Halbkugel scheinen die Eisberge nicht einen so grofcen Umfang zu erreichen wie auf der südlichen. Die greisesten, über welche zuver- lässige Beobachtungen vorliegen, erreichen dort eine Höhe von 300 Fu/s. Dm Belichte aus der. Südsee geben den dortigen Eisbergen zum Theü eine nnglsah-

*) In einem Eisblock, der auf der Lena stromabwärts trieb, fand ein Tangs* 1799 den Körper eines Mammnth, dessen fossile Ueberreste sonst in den Bildungen der Pliooen- Periode vorkommen.

*) Vergl. hierüber die Phyniealisch -geographische Beschreibung von Nord- Grönland«, im zweiten Bande dieser Zeitschrift, besonders 8. 184 ff.

Eisberg« im südlichen Ocean. 173

liehe Hohe; aber auch ans zuverlässigen Angaben erhellt, dafß in der Südsee ungleich größere Eisberge vorkommen als in den nördlichen Gewässern. Der „Lightning* sah am 10. September 1856 unter 55° 33' 3. Br., 140° W. L. einen Eisberg von 420 Fufs Hohe ; und einer der berühmtesten und begabtesten nautischen Forscher hat Eisberge von 800 Fufs Höhe gesehen. Der „Generaal Baron von Geen" kam tm 6. August 1840 an einem Eisberge von 1000 Fufs Höhe vorbei, und die Agneta traf am 23. Man 1855 unter 53° 14' S. Br., 14° 41' O. L. einen Eis- berg von 960 Fufs Höhe. Noch ausserordentlicher sind die Eisberge des Südens in ihren horizontalen Dimensionen. Im September 1840 traf man unter 41° S. Br., 14° O. L. einen Eisberg von einer engl. Meile im Umfang; im Januar 1858 unter 53* 30' S. Br. 51° W. L. einen andern, der 3 engl. Meilen lang war. Und doch sind diese nur unbedeutend im Vergleich mit der Eismasse, die in der Zeit vom December 1854 bis zum April 1855 und in dem Raum zwischen 44° S. Br. 28° W. L., und 40° S. Br. 20° W. L. von 21 Schiffen beobachtet wurde. Sie war nirgends über 300 Fufs hoch, dagegen 60 Miles lang und 40 Mike breit, and hatte die Gestalt eines Hufeisens, das mit einem längern, 60 Miles langen und einem kurzem, 40 Miles langen Schenkel eine Bucht von 40 Miles Breite einschloß. Im December 1854 dampfte der Great Britein 50 Miles weit an der anfsem Seite des längern Schenkels hin, der damals von SW. nach NO. gerich- tet war, während die Bucht nach NO. sich öfihete; für Schiffe auf der Bückfahrt ron Australien lag der Eingang zur Bucht damals aufserhalb des gewöhnlichen Conraes. Aber in den nächsten drei Monaten drehte sich die Eismasse um 90° uch links, und trieb nach ONO. etwa 100 Miles weiter, so daft sie der Route für die nach Australien segelnden Schiffe ganz nahe kam und die Oefihung der Bucht diesen Schiffen gerade zukehrte. Ein Auswandererschiff, der Guiding Star, gerieth in die Bucht und ging mit Mann und Maus unter. Nur mit genauer Noth wurden im März und April 1855 der Cambridge und Salem aus der glei- chen gefährlichen Situation gerettet. Die Entstehung so colossaler schwimmen- der Eismassen ist ein Problem. Dr. Scoresby meinte, dafs die hier in Rede ste- hende Eismasse ein Conglomerat von Eisbergen gewesen sein müsse, welches sich dadurch gebildet habe, dafs verschiedene Eisberge bei ihrer Wanderung an an- dere auf den Grund gerathene getrieben und mit diesen durch den Frost von Jahrhunderten zu Einer Masse verbunden worden sind, bis das Ganze in Folge irgend eines unbekannten Anstofses wieder ins Treiben gerathen.

In der Südsee treiben die Eisberge fast überall in der Richtung O. bei N., und legen täglich 10 Miles zurück. Die einzige Ausnahme von dieser Regel fin- det statt, wenn die Eisberge östlich von Cap Hörn angekommen sind. Hier «chlagen sie eine nordöstliche Richtung ein, bis sie den vierzigsten Breitengrad anter 25 W. L. erreicht haben, und ziehen dann unter dieser Breite sehr Ung- arn, täglich kaum eine englische Meile weit, nach O. bis 15° W.L., wo sie dann eine südöstliche Richtung einschlagen. Ob sie weiterhin in kreisförmiger Bewe- gung wieder zum Cap Hörn zurückkehren, ist ungewifs, da es an den erforder- lichen Beobachtungen aus südlicheren Breiten fehlt. Eisberge, die sich nördlich von dieser Route zeigen, werden in analoger Bewegung dem Cap der Go- ten Hofrhung zugetrieben, wo im April 1828, im August, September und Octo- ber 1840 und im Januar 1850 Eisberge in Sicht waren. Südlich von dieser

174 Neuere Literatur:

Curve liegt diejenige, der Route der Australienfahrer benachbarte und von ihr zum Theil durchschnittene Region des südlichen Oceans, welche im Allgemeinen als eine durch Eis gefährdete bezeichnet werden kann. In der Zeit vom Novem- ber 1854 bis zum April 1855 trieben hier so zahlreiche Eisberge, dafs kein ein- ziges Schiff diesen Theil des Atlantischen Oceans ohne Gefahr durchschnitten hat

Im Uebrigen stellt sich heraus, dafs die zuletzt erwähnte Periode mit ihrem massenhaften Eistreiben eine ganz aufsergewöhnliche war; nach den Aussagen der Seehandsfänger ist seit 50 Jahren in der Südsee nie eine so aufserordent- lichc Menge von Eisbergen gesehen worden, und man mufs darnach annehmen, dafs, wenn das Phänomen periodisch wiederkehren sollte, die Periode wenigstens eine sehr weit bemessene ist. In dem Theile des südlichen Oceans zwischen dem Cap der Guten Hoffnung und Australien läfst sich eine bestimmte Breite, die vorzugsweise durch Eisberge gefährdet wird, nicht bezeichnen; im Allgemeinen wächst die Gefahr erst südlich vom 52° S. Br. Auf der Strecke zwischen Au- stralien und dem Cap Hörn scheint sich herauszustellen, dafs höhere Breiten we- niger gefährlich sind. Zwischen den Meridianen 112° und 92° W. traf z. B. die Great B ritain im November 1854 unter 56° S. Br. nicht weniger als 280 Eis- berge, während die Golden Era, welche jene Meridiane unter 63° S. Br. durch- schnitt, nicht einen einzigen Eisberg sah.

Die Zeit, in welcher die Eisberge sich zeigen, beschränkt sich im südlichen Ocean auf die sechs Sommermonate vom November bis April. Towson hat kei- nen einzigen Bericht darüber, dafs mitten im Winter, im Juni und Juli, ein Eis- berg gesehen ist; und im Mai und August sind sie verhältnifsmäfsig sehr selten.

n.

Neuere Literatur.

Schweizerkunde. Von H. A. Berlepsch. Erste Abtheilung. Braanachweig 1860 (Schwetschke & Sohn).

Im Vergleich mit dem im vorigen Hefte besprochenen „Gemälde der Schweiz* strebt das oben genannte Werk in wissenschaftlicher Beziehung nach höherer Be- deutung, geht dafür aber weniger ins Einzelne ein. Es soll in zwei Abtheilun- gen erscheinen, von denen die erste vorliegt. Von dem Gemälde der Schweiz* unterscheidet sich das vorliegende Werk auch noch dadurch, dafs es das histo- rische Element, die politische Geschichte der Eidgenossenschaft ganz auszuschlie- fsen beabsichtigt. Ob dieses streng durchzuführen sein wird, ohne die Gründ- lichkeit und Vollständigkeit der Schilderung zu beeinträchtigen, steht dahin. Die Darlegung des Waehsthums, die Daten der Sonderung der einzelnen Kantone scheint in einer statistischen Darstellung nicht füglich umgangen werden zu kön- nen. Vortrefflich ist das wichtige zweite Kapitel „Bodenerhebung* behandelt; eine seltene Fülle von Höhenangaben, durchweg nach den neuesten trigonometri- schen Messungen der eidgenössischen Ingenieure und daher wohl sämmtHch in Schweizer Fufs (16000 = 14776 Paris. Fufs) ist beigegeben. Die Zahlen-Correc- tur ist eine sorgfältige; dennoch findet sich die höchste Spitze des Gotthardt Kno- tens S. 36 mit 9898 Fufs und S. 37 mit 9613 Fufs angegeben. Wäre die letztere Zahl die richtige, so wäre die Pisciora nicht die höchste Spitze des Gotthardt

A. H. Berlepach: Schweiaerkunde. f75

Dem folgenden Kapitel * Gewässer " entnehmen wir nachstehende Angaben über

die Gröfse der schweizerischen Flufsgebiete :

Das Rhein -Gebiet nmfafst innerhalb der Schweiz 523 UM. \

- Bhone- - - ... 112 - ( ~«E™.

« «« ) zusammen /25QM.

- ro- - - - - - ob - i

- Ion- - - - 22 - )

Die eigentliche Rhonequeüe sieht der Verfasser nicht im Bhone -Gletscher, sondern in der starken immerfliefsenden Quelle am Wirthshanse „zum Gletsch"> io welche das Schmelzwasser des Rhone-Gletschers laufe ob aber nicht dann der Mattenbach noch mehr Rechte habe, den man auf dem Wege von der Fnrka iQffl Gletscher passirt und der den Fufs des Rhone -Gletschers unterspült hat, mochte zu zweifeln sein. Das vierte Kapitel nmfafst unter der Uebcrsohrift : „Na- tarhigtorische Umrisse u sowohl allgemeine geognostische Notizen, als eine geolo- gische Skizze, endlich eine Schilderung der Pflanzen- und Thierwelt. Das fünfte Kapitel „klimatische und atmosphärische Verhältnisse " berührt unter Anderem auch die Ausdehnungen und den Flächeninhalt der bedeutendsten Gletscher. Der Aietscbgletscher, 110 Millionen Quadratmeter grofs und 80,000 Fufs oder beinahe 5 Schweizer Stunden, seine Firnmulde eingeschlossen, lang, wird „wohl der längste Gletscher der Erde überhaupt" genannt (?? s. Petermann's Mittheilungen 1855, S. 199 ff. und die daselbst citirten Quellen). Vom zweiten Theile „das Volk und »ein Leben44 finden sich die drei Kapitel: Stand und Gang der Bevölkerung, Kör- perbeschaffenheit, Nahrungsmittel ganz, das vierte: Volkstrachten theüweise in der vorliegenden Lieferung. Interessant und unerwartet ist die Angabe, dafs das Al- penklima einem aufserst langen Leben keineswegs günstig zu sein scheint, indem es norerhältnifsmäfsig wenig Hundertjährige in der Schweiz gegeben haben und geben soll. Das vortreffliche Werk ist auch im Aeufsern lobenswerth ausgestattet.

8.

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 4. Februar 1860.

Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung mit Ueberreiehung und Besprechung der eingegangenen Geschenke: \) H. Schulz, Descripcion geo- logica de Asturias. Madrid 1858. 2) Report of the Commissioners of Patents for the Year 1857. Agriculture. Washington 1858.— 3) F. G. Schubert, Grund- züge der allgemeinen Erdkunde. Wien 1860. 4) Amtlicher Bericht über die zweite Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Carlsruhe. Carlsruhe

1859. 5) Statistische Nachrichten von den preußischen Eisenbahnen. Bd. VI. Berlin 1859. 6) Kongl. Svenska Fregatten Eugenies Resa omkring .forden. Zoologie III. Stockholm 1859. 7) W. Schubert, die Stellung der Inseln zu den Conünenten. Vier Programme der evangelischen Schulanstalten in Oberschlesien. Wien 1853 59. 8) Maury, Nautical Monographs. No. L Washington, öc- tober 1859. 9) Archiv für wissenschaftliche Kunde Rufslands. Bd. XIX. Heft 2. Berlin 1860. 10) Petermann, Mittheilungen. 1859. Ergänzungsheft. Heft 1.

1860. Gotha, 11) Preufsisches Handelsarchiv. 1860. No. 2 4.— 12) Ba- rry, Mittheilangen des Central -Instituts für Acclimatisation in Deutschland. 1859. No.l— 6. Berlin 1859.

Herr Prof. Dove drückte in Bezug auf das unter No. 5 angefahrte Werk

176 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft.

den Wonach aus, dafa die Höhen der einzelnen Bahnhöfe ermittelt und bekannt gemacht werden möchten, und machte anf die in No. 2 enthaltenen beiden Kar- ten aufmerksam, welche die Verbreitung des Theebaues und das xum Theebau geeignete Land in den Vereinigten Staaten darstellen. Ferner theilte derselbe einen Brief von Colonel Wangh in Indien, worin dieser für seine Ernennung tarn Ehrenmitgliede der Gesellschaft dankt, und ein Schreiben des Herrn Eli 8amter mit, in welchem dieser den Antrag stellt, dafs die Gesellschaft die Bildung einer Expedition aur Aufsuchung von Dr. Vogel oder dessen Nachlaß betreiben möge; der Absender hat an diesem Zweck einen Beitrag von 3 Thalern beigelegt

Herr Mentsel las einen Brief vom 2. Mai v. J. vor, welchen ein Offizier in niederländischen Diensten über den Feldzug der Hollander gegen die Königin yon Boni auf Celebes geschrieben hat Es wurde gezeigt, wie der Zweck dieses Zuges, die Bewohner von Boni zu demüthigen, vollkommen erreicht ist, zugleich wurde des höchst ungesunden Klimas von Celebes erwähnt, welches gröfseren Verlust, als das Schwert der Feinde verursacht hat

Herr Barth sprach nach mehreren Briefen über Dr. Vogels Schickaal, wo- nach kaum zu zweifeln ist, dafs dieser bereits um die Mitte des Septembers 1856 durch den Häuptling von Wadai ermordet worden sei. Hierfür spricht die Ueber- einstimmung der von verschiedenen Seiten eingegangenen Berichte. Wenn nun auch zugleich gegenwärtig wenig Aussicht da zu sein scheint, von dem schriftli- chen Nachlafs desselben etwas zu retten, so ist der Vortragende doch der Meinung, dafs eine zu diesem Behufe auszurüstende Expedition zweckmässig sein würde. Diese aber würde, wegen des schwierigen Fortkommens, wenigstens 3 Jahre Zeit brauchen. Ferner spricht derselbe, nach einem Briefe des Herrn Duromer über die eigentümlichen Wassersysteme im Süden von Algier, den zweifelhaften Ur- sprung der dortigen Bevölkerung und machte einige Bemerkungen über die dort beobachteten Temperaturen.

Herr Koch hielt nach neuern Briefen aus Tiflis, in Verbindung mit seinen eigenen früher an Ort und Stelle gemachten Erfahrungen, einen längeren Vor- trag über den Kaukasus. Er setzte auseinander, wie die eigentümliche Bildung dieses Gebirges einerseits die Führung eines regelmässigen Krieges erschwert und wie das Klima den Russen vielfach verderblich war; wie aber auf der andern Seite die dortigen Völker, auch in gröfster Zahl, in der Ebene dem russischen Heere durchaus nicht gewachsen sind. Er erwähnte zugleich, dafs in der neuesten Zeit viele Wege von den Bussen theils verbessert, theils neu angelegt worden sind.

Herr Wolfers übergab zwei von der geographischen Gesellschaft in New- York eingesandte Zeitungen, den n Herald " vom 7. und das »Daily Tribunal* vom 9. Januar 1860, welche Berichte über die letzte Sitzung der genannten Ge- sellschaft enthalten. Aus dem einen Berichte, worin die Beise von da Cheitta im Westen von Afrika besprochen wurde, theilte der Vortragende einige Auszüge mit, welche über die dortigen Stromsysteme, Völkerschaften und einige andere Verhältnisse Auskunft ertheilten.

Herr Ehren berg sprach über die beabsichtigte Beise des Herrn von Bar- nim und Dr. Hartmann über Dongola nach Gondar in Abeaainien. Dieselbe Beise hat der Vortragende vor 40 Jahren gemacht, und er sprach über die da- maligen, wie nach den von jenen Herren eingegangenen Briefen über die gegen- wärtigen dortigen Verhältniaae. ^

VH. Stadt und Hafen Zanzibar.

Von E. Qu aas.

In geringer Entfernung von der Ostkaste Afrika'» sieht sich von der Linie bis gepen 8* 8. Br. eine Reihe grösserer und kleinerer In- seln hin, anter welchen Zanzibar, von den Eingeborenen Ungoya genannt, sowohl in Betreff seiner Gröfse als auch seines Handels die bedeutendste ist. Dennoch hat man in Deutschland noch nichts Ge- naueres von diesem Lande des Ostens gehört, welches als Hauptstapel- platz des ostafrikanischen Waarenhandels und wegen des dadurch her- vorgerufenen Zusammenflusses so vieler verschiedenen Völkerschaften ein ungewöhnlich ergiebiges Feld für interessante Beobachtungen dar- bietet, und in den letzten Jahren auch als Ausgangspunkt der wichtigsten afrikanischen Entdeckungsreisen eine hervorragende Bedeutung erlangt bat Es wird deshalb den Lesern nicht unerwünscht sein, wenn ich Aufzeichnungen und Erinnerungen, die ich bei längerem Aufenthalt in Zanzibar gesammelt habe, in einer Reihe einzelner Skizzen des Landes and Lebens der Oeffentlichkeit übergebe.

Die Insel Zanzibar (Ungoya) erstreckt sich von 43' bis 6* 28' S. Br. in einer mittleren Entfernung von 5 6 Meilen vom Festlande Afrika'* beinahe von Nordnordwest nach Südsüdost hin; ihre Ausdeh- nung von Osten nach Westen mag in der Mitte, wo sie am grossesten ißt, wohl 13 14 deutsche Meilen betragen. Die Insel ist niedrig und greisesten Theils mit Cocosnufspalmen bewaldet; die Wipfel der auf den höchsten Punkten stehenden Bäume werden vom Verdecke eines Schiffes ans erst sichtbar, wenn man sich der Insel auf 3 4 Meilen genähert hat Kommt man von Süden, so lauft man gewöhnlich erst Monfia an, ein etwas südlicher gelegenes kleines Eiland, und richtet ▼on da, am durch den in dieser Oegend nach Nordosten laufenden starken Strom nicht auf die äufsere Seite Zanzibars getrieben zu wer- den und am die gefahrliche Sandbank von Latham zu vermeiden, seinen

Ztftochr. t all* Brdk. N«a« Folg«. Bd. VIIL 12

178 E- Qnaas:

Cours nach Point Punah, einem unbedeutenden Vorgebirge, leicht kennt- lich an seiner dichten Bewaldung. Das Land erscheint von gleicher Höhe; nur zwei kleine Hügel zeigen sich wohl eine Meile vom Ufer im In- nern. Südlich von Punah ist die Küste nur mit einzelnen zerstreuten Gruppen von Palmen bedeckt, deren Wipfel, wenn sie wie kleine In- seln aus dem Meere auftauchen, man eher gewahr wird als das Land selbst. Hat man Punah erreicht, so steuert man auf die in dem Canal zwischen Zanzibar und dem Festlande gelegene Insel Kwaly los, läfst Eissiwa und Hay, zwei kleine Eilande, rechts liegen und bekommt bei Schumby die Stadt selbst in Sicht. Die westlichen Ufer Zanzibars zei- gen, ausgenommen an der Nord- und Südspitze, an denen nackte Ko- rallen felsen zu Tage kommen, in ihrer ganzen Ausdehnung weifseo Sandstrand und dahinter die frische saftige tropische Vegetation. Die kleinen Inseln sind sogar bis dicht an den Rand von dem schönsten grünen Pflanzenwuchs bekleidet. Von Schumby aus kann man zur Stadt auf zwei Wegen gelangen : der eine führt mitten durch zahlreiche Sand- bänke gerade nach dem auf der äufsersten Spitze des Landes stehen- den grofeeu steinernen Hause, welches man nebst der kleinen dahinter liegenden Insel Scham pany als Landmarke benutzt; der andere bringt uns bis auf kleine Distanz vom Ufer im Süden der Stadt. Ein Hindu- Tempel, leicht kenntlich als das einzige weifse Oebäude zur Rechteo der Stadt, nebst dem darüber hervorragenden kleinen Minaret einer Moschee, die auf der nördlichen Seite liegt, giebt uns hier den einxo- haltenden Cours an. Von dort nordwestlich der Küste entlang steuernd gelangt man bald nach Schangani - Point, zu dem schon früher erwähn- ten grofsen Hause, im Angesicht der grofsen Bucht, welche das west- liche Ufer Zanzibars bildet, indem es plötzlich beinahe unter einem rechten Winkel nach Ostnordost einfallt, und erst, nachdem es wohl eine Meile sich in dieser Richtung hingestreckt hat, wieder nach Nord- nordwest umbiegt.

An dem westlichsten Theile dieser Bucht liegt die Stadt Zanzibar, von den Landesbewohnern kurzweg Mdji (die Stadt) genannt. Nördlich von ihr ist der eigentliche Ankerplatz für die Schiffe, der Hafen (Ban- dari), von Westen durch eine Menge Sandbänke, von Norden dnrch vier Inseln, Bawy, Schangu, Kibandeko und Schampany (French Island), geschützt, die von Westen nach Osten der Küste entlang sich hinziehen.

Von Norden kommend kann man, sobald die kleine Insel Tum- bata, im Nordwesten Zanzibars gelegen, im Osten gepeilt und passirt worden ist, von Point Osmawembi an stets in geringer Entfernung von der Küste in einer Tiefe von 7 bis 10 Faden segeln, um die drei im Südwesten von der genannten Bay, aber weiter entfernt liegenden Ko- rallenriffe zu vermeiden. Auch hier giebt es zwei Passagen, um tv

Stadt und Hafen Zanzibar. 179

Stadt durch den sie umgürtenden Inselkranz zu gelangen; die nord- westliche zwischen Bawy nnd Schangu, die beinahe gar nicht benutzt wird, und die zwischen der Koste und der Insel Schampany. Letztere ist die bekannteste und befahrenste; nur hat man sich vor der nach Südost von der Insel auslaufenden Sandbank in Acht zu nehmen, die leicht durch die Farbe des Wassers zu erkennen ist, welches durch- sichtig und klar bei abnehmender Tiefe augenblicklich seine Färbung ▼oq tiefem Blau zu hellem Grün in den verschiedensten Nuancen wech- selt. Zu des vorigen Sultans Zeiten lagen bei Mtoni, seinem Lieblings- Aufenthalte, da wo man nach Westen umbiegen und seinen Gours än- dern mufs, stets ein oder mehrere Kriegsschiffe, auch eine Boje be- zeichnete das Ende der Sandbank; jetzt ist der Seefahrer auf seine eigene Geschicklichkeit angewiesen; die Kriegsschiffe liegen im Hafen and die Boje am Lande vor dem Palast des Sultans.

Wohl eine Viertelmeile von dem westlichsten Punkte der Stadt, von Schangani -Point, schneidet eine Lagune von Norden nach Süden in das Land, welche sich zur Zeit hoher Fluthen bis auf circa 200 Schritt von dem südlichen Meeresstrande mit Wasser füllt und so den Theil des Vorsprunges, auf welchem die Stadt gebaut ist, zur Halbinsel macht, die nur durch das schmale, etwas höher gelegene Stuckchen Erdreich mit dem übrigen Theile der Insel verbunden ist.

Gegenüber Schampany fangen die Ufer Zanzibars an, sich mehr nnd mehr zu beleben; bisher sah man nur den weifsen Strand und Waldung dahinter, jetzt kommt man an vielen reizend gelegenen klei- nen und gröberen Landhäusern vorbei, die in den Strahlen der glühen- den Sonne hell erglänzend einen wunderbar schönen Co n tragt mit den sie umgebenden lichten Baumgruppen und dem dunklen Walde im Hintergrunde bilden.

Von Süden einsegelnd bemerkt man kein bedeutendes Gebäude, anfser dem groben schönen Hause auf der äufsersten Linken und dem kleinen Hindutempel zur Rechten, der uns nebst dem hinter ihm auf- steigenden Minaret an einem von Cocospalmen freien Platze erscheint, weil der sonst überall bis an die Küste reichende Wald hier zurück- tritt und die im Südosten der Stadt befindliche Ebene Nasimoje bei- nahe bis an das diesseitige Ufer sich erstreckt. Nur einige Gebäude ragen mit ihrem oberen Rande über die Dächer der vielen Hütten her- vor, welche diesen Stadttheil, Schangani genannt, beinahe ausschliefs- Hch bilden. Einzelne Cocospalmen strecken ihre schlanken Stämme zwischen den Häuschen hervor in die milde blaue Luft und scheinen dem neuen Ankömmling mit ihren ewig beweglichen Wipfeln ein freund- liches Willkommen zuzunicken. Die Stadt sieht von hier aus mehr ländlich und negerhaft aus. Ein ganz anderes Bild entrollt sich vor

12

180 E. Quaa's:

unseren Augen, wenn wir auf der nördlichen Seite vor Anker geben. Inmitten einer glänzenden Facade von Hausern mit platten Dächern erheben sich die ehrwürdigen grauen Mauern des alten, noch aus der Zeit der portugiesischen Besitzergreifung stammenden Forts, mit vier halb verfallenen runden Thürmen an den Ecken. Links davon wehen an dem hohen Flaggstocke die Landesfarben, eine grofse rothe Flagge-, hinter ihm steht der neue Palast des jetzigen Herrschers Szeyd Madjid und daneben der Harem des verstorbenen Sultans, ein langes dunkles Gebäude, welches in Folge der wenigen vergitterten Fenster im oberen Stockwerk einem Gefängnife ähnlicher sieht als der Residenz des mäch- tigen Sultans von Mascat, Szeyd Szaid. Noch mehr Abwechselung bringt in die Scenerie eine ganz in der Nähe dicht am Strande stehende alte, mit Makuti (Cocosnufsblättern) bedeckte Baracke, das Zollhaus, der Sammelplatz der europäischen, arabischen und indischen Kaufleute, bei dem, wie wir durch den Mastenwald der hier liegenden einheimischen Fahrzeuge gewahren können, das regste Leben herrscht. Das Ufer ist von zahlreichen Gruppen thätiger Menschen bedeckt, das Meer von einer Menge hin und her fahrender Boote, welche die Erzeugnisse ferner Ge- genden landen und abholen. In den Stadttheilen zu beiden Seiten des Forts wehen von den Residenzen des englischen, amerikanischen und französischen Consuls die entsprechenden Flaggen. Nach der Lagune zu neben den meist neuerbauten gröfsesten und schönsten Häusern stehen wieder wie im Westen zahlreiche Hütten; sie bilden, selbst meistentheils zwischen dem saftreichen Grün der Bäume gelegen, den Uebergang zu den mit tropischer Vegetation bedeckten Hügeln, welche das Bild zur Linken abschliefsen, wie es zur Rechten der blendend weifse Strand und das tiefblaue Meer thut.

So bietet, wie überhaupt alle morgenländischen Städte, auch Zan- zibar von Weitem gesehen einen überraschend schönen Anblick dar. während bei näherer Betrachtung aller Zauber vor dem dort herrschen- den Schmutze entweicht.

Schon beim Landen werden, wenn nicht gerade hohes Wasser ge- wesen ist oder noch ist, auch sehr wenig verzärtelte Gesichts- und Geruchsorgane durch den Anblick des Strandes und den hier aufstei- genden penetranten Geruch auf das Unangenehmste berührt Denn der Landungsplatz ist Dank den täglich erneuten Bemühungen der Ne- ger und Banianen ein Eothhaufen in des Wortes verwegenster Be- deutung, den man selbst bei angestrengter Aufmerksamkeit kaum pu- siren kann, ohne mit de« allerunangenehmsten Dingen in Berührung zu kommen. Aufserdem wird aber auch aller Unrath aus den anlie- genden Häusern dorthin geworfen, so dafs man viele der nach dem |

Stadt und Hafen Zanribar. ]g]

Strande fahrenden Wege mit einem Haufen Kehricht verbarrikadirt findet, aber den man hinwegklettern mufs. Wenn nicht die niedrige- ren Theile des Strandes von den täglichen, und die höher gelegenen von den sehr hohen Frühjahrs- und Herbstfluthen zweimal im Tage oder im Jahre gründlich gereinigt würden, so wäre gewifs schon langst an ein Durchkommen nicht mehr zn denken, und die Atmosphäre würde noch mehr verpestet sein, als es schon jetzt der Fall ist.

Die Straften der Stadt selbst sind, mit Ausnahme der im westliehen Theile vor den Häusern der Europäer hinführenden, ebenfalls wenig anziehend. An Strafsenreinigung denkt natürlich keiner der Eingebo- renen, thut vielmehr im Gegentheil so viel er nur kann zur Venneh- roog des allgemeinen Schmutzes. Auch hier mufs die Natur von Zeit zu Zeit hilfreiche Hand leisten. Die Menschen überlassen in ihrer In- dolenz den Regengüssen diesen wichtigen Theil sanitätspolizeilicher Für- sorge. Mehr oder weniger eng, krumm and schmutzig, zieht sich durch die ganze Stadt ein Labyrinth von Gassen, in denen sich jeder mit der Topographie des Platzes Unbekannte ohne Führer verirren mufs. Schil- der an den Eckhäusern, mit dem Namen der bezüglichen Strafse ver- sehen, fehlen gänzlich, da die Strafsen hier gar keine Namen haben, und in vielen Gegenden jede Hütte einzeln steht; es bleibt daher dem rathlosen Fremden, der die Landessprache nicht kennt, oft kein anderer Wegweiser als die Sonne übrig. Bei Regenwetter ist natürlich in den ongepflasterten Gassen und ihrer sind bei Weitem die Mehrzahl, sie sind die Regel gar nicht durchzukommen. Liegen sie tief und fehlt ihnen ein bequemer Abflufs, so dauert es lange, ehe das Wasser, besonders in der Regenzeit, sich verzieht; haben sie dagegen einen Fall nach dem Strande oder der Lagune, so strömen die Flutben reifsend hindurch und man würde bis an die Knöchel darin waten oder auf die hin nnd wieder wie kleine Inseln hervorragenden Steine hüpfen müssen, um vorwärts zu kommen. Den Eingeborenen genirt dies freilich we- nig; er nimmt seine Sandalen, wenn er nämlich solche besitzen sollte, in die Hand, und trotzt mit seiner wasserdichten Haut den um ihn stürmenden Fluthen. Bei trockenem Wetter sind viele dieser Strafsen eben so unangenehm wegen der malerischen Unordnung, in der Hügel and Thfiler auf ihnen abwechseln; selbst erratische Felsblöcke von den verschiedensten Dimensionen finden sich in Menge vor, zum grofsen Aerger des Fufsgftngers. Eine andere Unannehmlichkeit der engen Gassen zwischen den Hütten und niedrigen Häusern sind die oft weit aas den Dächern hervorragenden Sparren, dünne unliebenswürdige Stan- gen, die sich kein Gewissen daraus machen, den arglos Vorübergehen- den der Kopfbedeckung zu berauben, ihm die Stirne zu beschädigen,

182 E- Qaaas:

oder gar die Augen auszubohren, wenn er sich nicht wohlweislich in der Mitte des Weges hält. Von oben und von unten also ist der Wan- derer von Gefahren umdroht

Einen anderen Charakter haben natürlich die Strafsen im west- lichen europäischen Quartiere und ein paar andere, in denen reiche Araber wohnen; dort findet man ein unserem Asphalt -Trottoir ähn- liches Pflaster, das auf einer gemauerten Unterlage ruht, stets rein ge- halten wird und selbst bei anhaltendem Regenwetter sauber und schön zum Gehen ist. Rinnsteine gewähren dem Regenwasser Abflute, und hier ist es, wo Capt. Burton auf seinen Reisen im Morgenlande zuerst diese Einrichtung bemerkt haben will. Uebrigens sind sie von den Europäern angelegt worden; von den Eingeborenen werden sie selbst jetzt bei dem Bau neuer Wege trotz ihrer anerkannten Nützlichkeit zur Conservirung des Pflasters noch nicht überall angelegt.

Von Häusern bemerkt man beim Durchwandern der Stadt Zanxi- bar dreierlei Arten: die grofeen neuen, durchweg aus Steinen aufge- führten, welche von den reichen Arabern and Europäern bewohnt wer- den, andere ebenfalls gemauerte, entweder ein Stockwerk oder nur ein Parterregeschofs enthaltende, und Hütten, die aus Sparren, Erde und Steinen zusammengesetzt sind.

Die schönsten Gebäude der ersten Klasse sind unstreitig die an der Nordseite der Stadt in der Nähe des Strandes stehenden; sie sind es, welche ihr das imposante Aussehen von der See aus geben ; indefs findet man auch sie bei näherer Betrachtung ohne architektonische Schönheit und ohne alle äufseren Verzierungen, ausgenommen eine schmale hervorragende Leiste unter den Fenstern und die häufig cre- nelirte Mauer, die das platte Dach umgiebt. Manchmal fehlt den Ge- bäuden sogar die Symmetrie in Bezug auf die Stellung der Fenster; gerade senkrechte oder horizontale Linien in den Umrissen findet man nur in sehr seltenen Fällen, denn auf ein paar Zoll mehr oder weniger in der einen oder anderen Richtung kommt es den Erbauern meistens nicht an. Den Leuten selbst geht das Augenmafs ab; dann sind auch die Instrumente, deren sie sich zu solchen Messungen bedienen, w mangelhaft, dafe man sich über die vorkommenden Unregelmässigkeiten nicht wundern darf. Aber interessant bleibt es immer, die kühnen Bogenlinien zu betrachten, in denen sich selbst bei vielen in der Neo- Zeit aufgeführten Häusern die Ecken in die Höhe winden; oder xu sehen, wie bei anderen die Mauern bald nach innen zurückweichen, bald sich dreist nach aufsen vordrängen, als wollten sie der an ihrem Fufse hinlaufenden Strafse das liebe Sonnenlicht milsgönnen und die Vorübergehenden in fortwährender Furcht vor unvorhergesehenem Tode erhalten.

Stadt and Hafen Zanzibar. ]g3

Im Innern enthalten fast alle diese Häuser einen viereckigen grofsen Holraum, der anf drei oder auch auf allen vier Seiten mit einer Art Porticus umgeben ist, und im ersten Stockwerke läuft, ihm entspre- chend, rings herum eine nach dem Hofe zu offene Gallerie, welche zu* gleich durch das Dach des Hauses bedeckt ist. Von der Hausthüre aus gelangt man zuerst in eine Vorhalle, den gewöhnlichen Aufenthalt des Thürhüters, eines faulen schwarzen Schlingels, der während des gröfsesten Theils des Tages schläft, in der übrigen Zeit aber nichts weiter thut, als etwaige Besucher anmelden und hin und wieder ein* mal auskehren. Aufserdem liegen auf der an den Wänden angebrachten ßerasa (gemauerte steinerne Bank) oder auf Kitanda's (Bettstellen der Eingeborenen) die übrigen unbeschäftigten Haussklaven in grofserer oder geringerer Anzahl, je nach dem Range oder Reichthum des Be- sitzen, umher, und bringen ihre Zeit mit Nichtsthun hin. Zu beiden Seiten dieser Vorhalle sind die Empfangszimmer, in denen der Haus* berr mit seinem Freunde (mfwdi), nachdem die übliche Visite beim Sultan abgemacht ist, sich auf dieselbe Weise unterhält, wie seine Die* ner draufsen, und die Besuche seiner Bekannten entgegennimmt. Die zu ebener Erde im Hofe liegenden Räumlichkeiten benutzt man häufig als Vorrathskammern (rAa/a); da die meisten reichen Araber und Szoahelis Plantagen besitzen*, werden hier die Erzeugnisse des Bodens bis zum späteren Verkauf aufgestapelt. Im oberen Stockwerke befin- den sich die Privatzimmer des Herrn, sowie die Gemächer seiner Frauen und ihrer Sklavinnen, zu denen keinem Fremden der Zugang gestattet ist Steinerne Treppen, dunkel, eng und unbequem, verbinden das Par- terre mit dem Obergeschofs und dieses mit dem platten Dache, welches sehr oft noch mit einer 4 bis 5 Fufs hohen Mauer umgeben ist, in der, den darunter liegenden Fenstern entsprechend, viereckige Oeffnungen angebracht sind, so dafs das Haus von aufsen zwei Etagen zu enthal- ten scheint Die Thüren haben stets zwei Flügel, sind aber mit Aus- nahme der Pfosten, an denen sich Schnitzereien (rembo-retnbo) befinden, roh gearbeitet. Die Fenster sind ohne Glas, nur durch Läden von in- nen zu verschliefsen und selbst in den oberen Stockwerken mit dicken eisernen Stangen vergittert, hinter denen die eingesperrten Weiber wie Gefangene hervorgucken. In mehreren der europäischen Häuser findet man indefs ordentliche Glasfenster; auch fehlen dann die Eisengitter und das ganze Gebäude erhält dadurch ein freundliches Aussehen.

Die Häuser dieser Art sind meistens noch ziemlich neu, wenig- stens sehen sie so aus, da einerseits von aufeen der Abputz noch wohl- erhalten ist, andererseits auch im Innern die Zimmer grofe, geräumig und etwas reinlich gehalten sind und den Beschauer nicht gerade un- angenehm berühren.

184 &• Quaai:

Die zur zweiten Klasse gehörigen Häuser, die alten Gebäude mit einer Etage oder auch nur einem Parterregeschofe, stehen in Menge im Mittelpunkte der Stadt; sie bilden den eigentlichen Kern der Hänser- masse und werden von den Banianen, Hindis nnd dem Mittelstande der Araber nnd Szuahelis bewohnt. Das flache Dach ist bei ihnen in der Regel noch mit einem anderen von Makuti fiberdacht und daher in der Mitte nnd an den Seiten mit einigen steinernen niedrigen Pfei- lern versehen, welche dazu bestimmt sind, die Stutzen des Makuti- Daches in sich aufzunehmen. Durch diese Bedeckung wird sowohl ein Raum gewonnen, in dem häufig die Sklaven logiren, als auch du eigentliche Steindach, wenn es vielleicht alt und schadhaft ist, besser vor dem Eindringen der Feuchtigkeit geschützt. Von aufsen sehen diese Häuser trübselig genug aus, alt, schwarz, schmutzig; der Kalkbe- wurf ist zum grossesten Theile abgelöst, wenn er überhaupt jemals vor- handen war; die wenigen Fenster sind klein und schief eingesetzt; und da nichts an ihnen ausgebessert wird, verfallen die Häuser täglich mehr, nnd geben dem Beschauer einen Begriff von der grenzenlosen Apathie des hier wohnenden Geschlechts; aber im Innern, zu verschiedenen Zeiten je nach dem Bedürfnifs des Besitzers mit neuen Anbauten versehen, die mit den alten nicht einmal auf gleicher Höhe liegen, sind sie ein wahres La- byrinth von räucherigen kleinen Löchern, dunkeln engen Gängen, Treppen und Stufen, in denen der Uneingeweihte auf die leichteste Weise von der Welt zu einem Arm- oder Beinbruch gelangen kann.

Die Häuser mit nur einem Parterregeschors haben beinahe alle eine von Makuti überdachte, 2 bis 3 Fufs über den Boden erhabene Veranda (berasa); sie ist bei Tage und einigermafsen gutem Wetter der gewöhnliche Aufenthaltsort des Hausherrn, der dort auf einer aus- gebreiteten Strohmatte ruht oder arbeitet, je nachdem sein Stand oder seine Verhältnisse es erfordern. Ursache mag er auch genug haben, lieber draufsen als drinnen zu sein; denn in dem einen oder in den zwei Gemächern, die ein solches Gebäude enthält, sieht es gar zu un- heimlich, wüst und dunkel aus, da bei der Mehrzahl selbst die Fenster fehlen; ihre Stelle vertreten schmale längliche Oeffnungen oder kleine runde Löcher, die nicht weit von der Decke in den Wänden angebracht sind. Im Hofe hat diese Art Gebäude in der Regel kleine, mit Makuti gedeckte Schuppen, die Wohnungen der im Hause anwesenden Sklaven, in denen Schmutz und Unsauberkeit im ausgedehntesten Malse herr- schen.

Die Hütten endlich bilden die letzte Klasse der in Zanzibar vor- kommenden Baulichkeiten, und werden von den armen Leuten, Arbei- tern, Handwerkern, Freigelassenen und Sklaven bewohnt. Der Boden, auf dem sie gebaut sind, ist etwas über die vorbeifuhrende Strafte er-

Stadt und Hafen Zanzibar. 185

höht, damit die Hütte in der Regenzeit etwas mehr vor der Feuchtig- keit geschützt ist. Er ist nicht, wie hei den anderen Häusern, mit dem schon froher erwähnten asphaltartigen Pflaster von Kalk und Sand vergehen, sondern nur geebnetes und niedergestampftes Erdreich. Hüt- ten sind mit geringem Kostenaufwande in wenigen Tagen aufzubauen. Die auiseren Seitenwände bestehen aus Holz, Steinen und Erde; im Innern haben sie meistens mehrere Abtheilungen, durch Wände aus Stangen und Cocosnufsblättern oder Strohmatten von einander getrennt Fenster sind hier natürlich nie vorhanden; die in den einzelnen Zim- mern herrschende Dunkelheit wird noch dadurch vermehrt, dafs das Maknti-Dach, über die Seitenwände hervorragend, eine niedrige Ve- randa bildet und dem Lichte und der Luft auf diese Weise noch den einzig möglichen Weg durch die Thüre gröfsestentheils abschneidet. Bis anf 3 oder 4 Fufe nähern sich viele dieser hohen Giebeldächer dem Erdboden, und tragen dadurch noch mehr zur Verengerung der schon an sich engen Gassen bei. Uebrigens sind diese Hütten von der ver- schiedensten Gröfse: erbärmliche Schuppen, deren Seitenwände mit eini- gen Stöcken Makuti fiberkleidet den Bewohnern kaum Schutz vor dem Ungemach der Witterung gewähren, und andere recht behaglich, bei- nahe wie unsere Bauernwohnungen aussehende Häuschen, die indefs in ihrem Innern ebenfalls nur sehr geringen Comfbrt zeigen.

AaJserdem giebt es in Zanzibar noch andere Arten Bauwerke, die den Uebergang von einer dieser Kategorien zur andern bilden und da- durch entstanden sind, dafs die Leute vorhandene Ueberreste alter stei- nerner Gebäude benutzten, sie zum Theil nach ihrer Manier ausbauten and sich dann häuslich in ihnen niederliefsen. Selbst vollständige Rui- nen werden hier, wenn nur noch ein kleiner, der Witterung nicht aus- gesetzter Raum in ihnen vorhanden ist, von einem Völkchen lustiger Neger in Beschlag genommen.

Die Leute leben überhaupt mehr im Freien; Häuslichkeit und eine gemüthliche Wohnung gehören zu den Dingen, die sie nicht ken- nen, nach denen sie sich also auch gar nicht sehnen. So bildet die Stadt Zanzibar ein bunt durcheinander gewürfeltes Gemisch der ver- schiedensten Arten von Häusern und Hütten, in welchem das schönste Steingebäude neben dem erbärmlichsten Schuppen erscheint.

Das von uns bewohnte Haus lag neben dem grofsen Gebäude, welches wir schon bei unserer Ankunft von Süden bemerkten, und war nächst ihm das westlichste aller am Strande gelegenen Hotels ersten Ranges. Ehe es von Europäern zur Residenz erwählt wurde, gehörte es natürlich auch zu den ungemüthlichen , unheimlichen Nestern mit schwarzen verräucherten Zimmern, wohlvergitterten Löchern anstatt der Fenster, und einem Dache, welches in der Regenzeit die unter dem-

186 E Quaas:

selben Lebenden nicht einmal vor dem Eindringen des nassen Elements schützte; mit einem Worte, es war ein Gebäude, in dem sich eben nur ein Morgenlander wohl fühlen konnte. Erst vielfache Reparaturen und zweckmäfsig angebrachte Verbesserungen hatten es zu dem umgewan- delt, was es jetzt war, einem wohnlichen europäischen und doch allen Anforderungen des heifsen Klima's entsprechenden Hause. Das Par- terre-Geschofs enthielt die Schlafstellen der Diener, das Comptoir, die Küche und die Lagerräume für die vorhandenen Waarenvorr&the. Eine breite helle bequeme Treppe führte nach dem grofeen Efesaale, dem Hauptzimmer des ganzen Hauses. Strohmatten, die jährlich erneuert wurden, und Teppiche bedeckten hier den steinernen Fufsboden; ein Piano, mehrere Sopha's, Tische, Stühle, Spiegel und eine Menge Kider an den reinlichen, weifs angestrichenen Wänden gaben dem Ganzen die Gemüthlichkeit, die nur der Europäer kennt und würdigt Vier Glasfenster an der Ostseite des Zimmers, bei schönem Wetter stete geöffnet, bewirkten in Verbindung mit dem am westlichen Theile nach dem Dache zu errichteten Aufbau, einem sogenannten Skylight, eine Luftcirculation, wie man sie nur wünschen konnte. Theils neben die- sem Saale, theils im Hinterhause, durch einen über den Hof führenden gedeckten Gang damit verbunden, waren die Privat- und Schlafzimmer der hier Wohnenden nebst den übrigen zur Bequemlichkeit erforder- lichen Gemächern. Das platte Dach, zu dem man auf einer schonen steinernen Treppe gelangte, war auf allen Seiten mit einem Gelinder umgeben und trug hinten auf seinem höchsten Theile einen Flaggstock, an dem, wenn eines unserer Schiffe ankam, fröhlich die Hamburger Flagge wehte. Es war in den späten Nachmittagsstunden bei schönem Wetter der angenehmste Aufenthalt, den man sich denken kann, denn man genofs von hier eine Aussicht, wie sie aufser unserem Hause in ganz Zanzibar nur noch das neben uns liegende hohe Gebäude bieten konnte. Im Süden und Westen der ganze, Schangani genannte Stadttbeil, ein wahres Meer von Hütten mit den hohen dunkeln Giebeldächern, dahinter die tiefblaue See, die kleine grüne Insel Schumby und links davon die mit reicher tropischer Vegetation bedeckte Küste Zanzibar 8 bis zu den Ukombi- Eilanden, kleinen kuppeiförmig aus der See auf- steigenden bewaldeten Hügeln, bei denen in der Regel die von Soden einsegelnden Schiffe zuerst zum Vorschein kommen. Weiter nach Westen werden bei niedrigen Ebben eine Menge der hier zerstreut liegenden Sandbänke sichtbar ; wie Bänder ziehen sich die vielen schmalen Strei- fen blendend weifsen Sandes durch die klaren nur leicht auf- und niederwogenden Fluthen, und man sieht bei immer mehr und mehr ab- nehmender Tiefe das Wasser in den verschiedensten Tinten vom dunkel-

Stadt und Hafen Zanxibar. 187

sten Blau bis zum iiellsten Grün gefärbt. Dann erblickt man bei nur einigermafsen klarem Wetter im Hintergrunde die Käste des afrikani- schen Festlandes, die blauen langgestreckten Bergreihen, die hinter den hohen Gocospalmen von Bawy, der westlichsten der vier kleinen im Norden der Stadt gelegenen Inseln hervortreten; manchmal kann man sie über Schumby hinaas mit kurzen Unterbrechungen verfolgen, bis sie sich weiter nach Süden in dem Blau des über ihnen ausgespannten klaren Himmels verlieren. Ist die Laft recht durchsichtig, so gewahrt man auch mitunter gerade im Westen drei hohe einzelne Bergkuppen, aber doch nur in sehr schwachen unbestimmten Umrissen. Nach Osten liegt die eigentliche Stadt; leider versperren hier einige hohe Häuser die Aussicht, und man übersieht nur eine Menge platter Dächer, auf denen in den frühen Morgenstunden und kurz vor Sonnenuntergang genug reges Leben herrscht. Die arabischen Frauen kommen beson- ders des Abends, nachdem sie den ganzen Tag in ihren dumpfigen Gemächern versteckt gewesen sind, in Begleitung ihrer Sklavinnen her- auf, um kurze Zeit frische Luft zu schöpfen; sie verschwinden wieder, sobald die Sonne untergegangen ist, doch bleibt in der Zwischenzeit Mause genug, sie mit bewaffnetem Auge zu bewundern.

Vor Allem bietet das Haus des alten Sklavenhändlers Abdallah, nicht zu weit von uns entfernt, Stoff zu ganz interessanten Beobach- tungen, wenn die bisweilen recht hübschen Sklavinnen für ihre Parade auf dem Markte Toilette machen, oder sich nach erfolgter Rückkehr den Eingebungen ihrer Laune überlassen, tanzen, spielen und allerlei Kurzweil treiben, wie sie eben nur von solchen sorglosen, mit dem glücklichsten Temperament begabten Geschöpfen ersonnen und ausge- übt werden kann. Etwas weiter zur Linken befindet sich auf einem andern Dache regelmäfsig eine Menge Frauen und Kinder, halb ver- steckt hinter dem Grün einiger Bäume. Zahlreiche bunte bauchige Flaschen mit Rosen wasser stehen umher, daneben auch einige leere Kisten, die ehemals denn man kann mit dem Fernrohr die Etiquetten lesen Liqueure oder Gognac enthalten haben müssen, einen in einem strengen mohammedanischen Hause verpönten Artikel. Ferner kann man den Secretair des vorigen englischen Consuls, den alten wider- lichen Achmed ben Mohammed, einen Perser von Geburt, in Augen- schein nehmen, der etwas weiter nach links beinahe jeden Nachmittag zwischen 5 und 6 Uhr seine Tschibuk im Freien raucht. Nicht zu vergessen ist das hohe Dach auf dem gerade im Osten liegenden Pa- laste des jetzigen Sultans Szeyd Madjid, von Zeit zu Zeit durch die Gegenwart Seiner Hoheit beehrt, besonders wenn Schiffe vom Süden oder Norden ankommen; sowie das nicht ganz so weit von uns ent- fernte Haus seines jüngst verstorbenen Bruders Szeyd Djemschir, auf

188 K. Qnaas:

welchem dessen etwas corpulente Mutter, von einigen seiner Seuria'ß (Kebsweiber) umgeben, bei schönem Wetter in Luft und Sonnenschein badet und die vielen um sie geschäftigen jungen Sklavinnen, wie man aus ihren Gebehrden ersieht, tüchtig ausschilt.

Im Norden gerade vor uns liegt der Hafen von Zanzibar, mit Allem ausgestattet, was nur irgend dazu beitragen kann, eine Scene regen Lebens, wie sie sich hier dem Auge des Beschauers darbietet, zu verschönern. Auf den klaren blauen Fluthen liegen eine Menge der verschiedensten Fahrzeuge, von dem grofeen Kriegsschiffe herab bis zu den kleinen Ganoes mit den Ausreckern an einer oder an beiden Seiten, um das Kentern zu verhindern. Am weitesten draufsen ankert die Flotte des Sultans, vier stattliche schwere Schiffe; Stengen and Takelage sind heruntergenommen, nur die Untermasten- stehen und von ihren Toppen wehen die langen Wimpel im leichten Abendwinde; etwas weiter nach innen gewahrt man die europäischen Handelsschiffe und in der Nähe des Strandes die einheimischen Fahrzeuge, die Buggalows und Dau's, die gröfsesten derselben, mit dem hohen plumpen Hinter- theile und dem einen grofsen, weit nach vorn sich überneigendem Mäste, die arabischen Betela's, grofse, mit einem Segel versehene Bote ohne Verdeck, und die zierlichen scharfen Lamo- Fahrzeuge, ein niedriger, langgestreckter, scharfer Bau, das vielfach verzierte Vorderend wie einen Schnabel weit über das Wasser hinausstreckend. Besonders merkwür- dig macht sie der Umstand, dafs an ihnen alle Planken und Hölzer mit Cocosnufsgarn (usi) zusammengebunden, nicht genagelt sind; des- sen ungeachtet halten sie dicht und sollen gerade wegen ihrer Nach- giebigkeit für die hiesige Fahrt sehr gut geeignet sein. Eine Menge Bote fahren zwischen den Schiffen und dem Lande hin und her, leer und beladen, oder stehen an den Strand gezogen neben gröfseren Fahr- zeugen, die zur Seite geneigt auf dem Sande des flachen Ufers liegen, um irgend eine Reparatur an ihrem Boden vornehmen zu lassen.

Dort will eben ein Dan unter Segel gehen. Sein Verdeck ist schwarz von Leuten, welche singend nach dem Takte einer Goma (Trommel) das dicke Ankertau einziehen; ihr Geschrei und der durch das regelmäßige Aufstampfen der Fufse verursachte Lärm dringt bis zu uns herauf. Da geht das Segel in die Höhe, der Anker lä&t los. das Fahrzeug dreht, macht eine verkehrte Wendung und treibt seinem Hintermanne vor den Bug; nun ist Verwirrung überall, ein Jeder schreit nach Kräften und mehr als er arbeitet, bis es den vereinten Bemühun- gen gelingt, sich wieder klar zu machen; das Segel, ein ungeheures Stück Leinwand, wird ganz beigesetzt und vor der frischen östlichen Brise ein wenig zur Seite geneigt gleitet der Dau stolz aus dem Hafen. Sind Gewehre oder gar kleine Kanonen an Bord, so wird eifrigst ge-

Stadt und Hafen Zansibar. Jg9

Schossen, und noch lange vernimmt man die Trommel und den Gesang und sieht die auf dem Verdeck tanzenden Gestalten der schwanen Mannschaft.

Außerhalb des Hafens gewahrt man jetzt einige Küstenfahrzeuge, die hereinwollen; der günstige Wind bringt sie schnell Daher; schon sind sie bei den äufeersten Schiffen angelangt; wie geschickt sie sich dnrch die Menge der hier liegenden Fahrzeuge hindurchwinden, und endlich anf ihrem Platze in der Nähe des Zollhauses ankommen, wo, sobald der Anker gefallen und das Segel abgeschlagen und weg- gepackt ist, eine kleine Jolle von Bord fahrt, um den Nochudha (Ca- pitata) an Land zu bringen. Nicht weit davon sieht man einige schwarze Kopfe am Hintertheile eines anderen Dau's herumschwimmen; sie ge- hören Leuten an, die damit beschäftigt sind, das Steuerruder wieder am Steven zu befestigen. Dicht am Strande belustigt sich eine Scbaar Negerjungen mit Baden; sie sind wahrscheinlich eben von der Arbeit gekommen und wollen jetzt für den Abend Toilette machen; sie trei- ben dabei allerlei Kurzweil, tauchen sich gegenseitig unter, scherzen, lachen und jauchzen in der Lust ihres Herzens, dafs die Mühsale des Tages glücklich überstanden sind, laut auf. Wohin man das Auge wenden mag, überall herrscht Leben und Thätigkeit.

Jenseits der azurnen Meeresfläche liegen die vier kleinen Inseln Bawy, Schangu, Kibandeko und Schampany, letztere der Begräbnifeplatz für die hier sterbenden Europäer. Die Intervalle zwischen ihnen ge- statten einen freien Blick auf den nördlichen Theil des Canals zwischen Zanzibar und der Küste des Festlandes, so dafs ein von Norden an- kommendes Schiff schon entdeckt wird, wenn es eben erst die Nord- spitze Zanzibars umsegelt hat. Alsbald gehen auf den Ruf „«at/ Ao" die Flaggen der Consuln, des Sultans sowie auf den vor Anker liegen* den Schiffen in die Höhe, zur Begrüfsung des neuen Ankömmlings, und jeder auf dem Dache Befindliche müht sich ab, mit seinem Fernrohr zuerst die Nationalität des Fremden zu erspähen. Die vier erwähnten Inseln sind alle über und über bewaldet; die westlichste, Bawy, mit hohen -schlanken Gocospalmen, die am linken Ufer, weniger gedrängt stehend, die Berge des Festlandes durchblicken lassen. Kibandeko wurde gewöhnlich „der Blumenkorb" genannt, da das unterwaschene Ufer über die See hinausragt und die ganze Insel von den äufsersten« Kanten an mit grünem dichten Gebüsch und niedrigen Palmen beklei- det ist, und dadurch Aehnlichkeit mit dem Gegenstande bekommt, von dem der Name entlehnt ist. Schampany, die östlichste, zeigt die bun- teste Vegetation ; dichtbelaubte Mangos, Boababs mit den starren, wenig belaubten Aesten, Palmen, und zu ihren Füfsen ein Wald von hohem Gebüsch stehen in mannichfaltiger Abwechselung nebeneinander. So

190 E. Qnaa«:

liegt der Hafen Zanzibars von einem grünen Kranze umgeben da, in- dem sich an Schampany die Ufer der Hauptinsel selbst anschliefeen und bis in weite Ferne nach Norden sichtbar sind. Auch sie bieten einen überraschend schönen Anblick dar. Da wo der Strand sich wieder nach Norden umbiegt, gewahrt man halb versteckt zwischen grünen Bäumen Mtoni, den Landsitz des verstorbenen Sultans von Mascat, darüber auf dem Kamme der ersten Hügelreihen ein grofses weifees Haus, Szabba, weithin sichtbar über die Wipfel der Nelkenbänme, die es von allen Seiten umgeben und nur die obere Etage hervorragen lassen, von der man einen prächtigen Blick auf die Stadt, den Hafen und das Meer genieist Dann weiter zur Linken am Strande den grofeen, von Szeyd Szaid begonnenen, leider unvollendet gebliebenen Palast, ein ausgedehntes Gebäude, seine lange Front nach Westen gerichtet, das Landhaus des französischen Co n suis, noch mehrere niedliche kleine Häuschen, und zuletzt das schönste von Allem, die Villa des alten Szeyd Szoleman, erst in den letzten Jahren erbaut, nicht allein durch ihre äufsere Ausstattung, sondern auch durch ihre Lage reizend. Meer, Felsen, Gebüsch, ein anmuthiges Thal zur Seite, das helle Grün der in der nächsten Umgebung stehenden Bäume und der dunkle Palmen- wald im Hintergrunde, Alles vereint sich hier, um das Bild zu einem wahrhaft zauberischen zu machen.

Wenn die Sonne dem Untergange nahe ist, die vorher frische Brise mehr und mehr nachgelassen hat, der Abendwind kaum hinreichend ist. ein Segel zu schwellen , verstummt im Hafen nach und nach der Ge- sang der Arbeiter, nur hier und dort fährt ein einzelnes Boot über die ruhige, in purpurnen Tinten erglänzende Meeresfläche, und der leise Wellenschlag vom Ufer her fängt nach dem Geräusch des Tages an vernehmlich zu werden. Drüben an der Küste erscheinen die am Tage so blendend weifsen Häuser und die einsamen, nur vom Grün der üppi- gen Vegetation umgebenen Leichensteine auf Schampany mit einem rosenfarbenen Schimmer übergössen. Meer, Wald und Stadt badet in der feenhaften Beleuchtung des prächtigen Abends. Noch ein rother Strahl, ein feuriger Blitz, und die Sonne verschwindet hinter den Bergen des Festlandes; aller Glanz, alle Farbenpracht vergeht mit ihr; noch eine kleine Weile und die nebelhaften Schleier der Dämmerung umhüllen See und Land, um sie bald in dunkler Nacht den Blicken gänzlich zu entziehen.

Verlassen wir das Gebiet der europäischen Cultur im westlichen Theile der Stadt, der, von den Deutschen, Amerikanern und dem engli- schen Consul bewohnt, eine wenn auch nicht breite, so doch wenig- stens gepflasterte und reinliche Strafse aufweisen kann, die zwischen den Steinhäusern längs des Strandes hinfuhrt, so treten wir auf einmal

Stadt und Hafen Zanzibar. 191

in das Gewühl des morgenländischen Treibens mit all seiner Abwechs- lung and Buntfarbigkeit, aber auch mit all seiner Erbärmlichkeit und seinem Schmutze. Die enge, kaum 5 Fufs breite Strafse, welche uns dorthin führt, ist eine von denen, die bei einem Regenschauer zum Giersbach werden; von den durch die Sonnenstrahlen glühend gemach- ten Dächern -rinnt erhitztes Wasser herunter, und unten strömen die in einem ganzen Stadttheile angesammelten Fluthen. Zum Glück ist das Gäfschen nur sehr kurz. Wir gelangen hinaus auf einen erhöhten freien Platz, hinter dem sich die Mauern des alten Forts erheben. Der Platz selbst ist überall mit Haufen von Kalk und Kalksteinen ange- füllt. Hier liegt schöner weifser Kalk zum Verkaufe fertig, zierlich in der Form einer grolsen Halbkugel aufgeschichtet, fest zusammengeklopft nnd auf der Oberfläche geebnet; dort wird ein anderer Haufen eben abgelöscht, die Neger schleppen das Wasser dazu in irdenen Gef&fsen vom Strande herbei und der Aufseher giefst es auf die glühenden, auf- zischenden, dampfenden Steine. Daneben wird Kalk gebrannt: zwi- schen den aufgehäuften Kalksteinen leuchtet die inwendig wüthende rothe Gluth hervor und verbreitet rings umher unerträgliche Hitze und dicken Qualm. An andern Stellen wird erst das Holz, der Kern des Kalkberges, zweckmässig in Cylinderform aufgeschichtet, so dafs freier Luftzug das Feuer anfachen kann ; daneben liegen die feuchten schwe- ren Korallenblöcke, welche in nützliches Baumaterial umgewandelt wer- den sollen. Des Abends beleuchten die brennenden Haufen die alten Maoern des Forts und die umliegenden Häuser mit unheimlichem Glänze, von dem selbst die Luft widerstrahlt. Um die einzelnen Feuer bilden sich Versammlungen, die den Wächtern der Scheiterhaufen die Zeit verkürzen. Die Leute sitzen entweder still im Kreise herum, freuen sich der wohlthätigen Wärme der hoch in die Luft leckenden Flammen und rösten ihren Mhogo (Manioc) auf den glühenden Steinen, oder singen die monotonen Melodien ihres Landes; mitunter finden so- gar improvisirte Tänze statt, da Steine und Holz genug vorhanden sind, am durch ihr Zusammenschlagen die nöthige Musik zu machen, die zu- weilen sogar durch eine Goma (Trommel) vervollständigt werden kann.

Einige Schritte bringen uns an dem Platze vorbei nach der nörd- lichen Seite des Forts. Hier stand noch vor zwei Jahren eine alte Batterie; eine einfache, wohl 2 Fufs dicke Mauer, ohne vorliegende Böschung senkrecht vom Strande aufsteigend, deckte sie nach der See m, und war natürlich im Falle der Noth von gar keinem Nutzen; anfserdem war sie zum gröfsesten Theile zerfallen, von grofsen Rissen durchzogen und die viereckigen Schiefsscharten meist eingestürzt. Die Armirung selbst, aus 15 bis 20 eisernen Kanonen bestehend, war noch erbärmlicher; die Geschütze, wegen der morschen Lafetten, auf denen

192 El Qa*«t:

sie ruhten, unbrauchbar, waren verrostet, und lagen theil weise, von ihren Gestellen heruntergeworfen, halb im Sande vergraben. Auch hier trat die Jahre lange Vernachlässigung recht sichtbar zu Tage. Seit den letzten zwei Jahren ist indefe zum Neubau der Batterie Hand an's Werk gelegt worden. Der Wall nach der See zu ist von Grand aus dicker und dauerhafter, als er früher war, aufgemauert worden ; er bildet die hintere Seite einer oben zugedeckten, nach dem Fort zu offenen, auf dicken Pfeilern ruhenden Colonnade. Hubscher und zierlicher wird diese Batterie jedenfalls aussehen, wenn sie erst fertig ist und zwischen je zwei Pfeiler ein Geschütz zu stehen kommt; aber darüber kann noch manches Jahr in's Land gehen, und ob sie von gröberem Nutzen sein wird, wie die alte, steht sehr zu bezweifeln. Salute für ankommende Schiffe werden wohl abgefeuert werden können, ohne sie zum Einsturz zu bringen; aber im Uebrigen wird sie der Stadt mehr zur Zierde, als zum Schutze gereichen. Der Batterie gegenüber am Fufse des Forte sind Schuppen errichtet; in einem derselben liegen die Kanonen, einige auf untergelegten Hölzern, andere zur Hälfte im sandigen Boden ver- graben; in dem andern hat man die für sie bestimmten Lafetten auf- gestapelt, welche aus schönem festen Rothholze recht dauerhaft gear- beitet sind. Noch jetzt werden von Zeit zu Zeit schwarze Zimmerleute mit der Anfertigung der noch fehlenden beschäftigt.

Jenseits des grofsen Portals an der nordlichen Seite des Forts be- merkt man noch eine Anzahl Geschützrohren des verschiedensten Ka- libers, die zürn Theil von den desarmirten Kriegsschiffen hierhergebracht worden sind. Vor allen ziehen einige schwere Metallstücke durch ihre Dimensionen den Blick des Beschauers auf sich; denn sie sind 12 bis 15 Fufs lang, und stammen von den Portugiesen her, wie die auf ihnen noch erkennbaren Inschriften und Wappen beweisen. Bei der Einnahme von Mascat durch die Araber sollen sie dort von den Portugiesen im Stich gelassen und im Verlaufe der Zeit hierher transportirt worden sein. Aber seit sie nach Zanzibar gebracht wurden, liegen sie unbe- nutzt da, die Zeit hat sie mit einer dicken Kruste Grünspahn überzo- gen, und jetzt bilden sie einen willkommenen Spielplatz für eine Menge muthwilliger Ziegen, die man gewöhnlich auf ihnen herumklettern und hin und her springen sieht.

Das Fort (in Kiszuaheli: geresa), schon vor Jahrhunderten von den hier herrschenden Arabern erbaut, hat die Form eines unregelmi- fsigen Vierecks. Vier runde Thürme erheben sich an den Ecken und ein fünfter in der Mitte der südlichen Seite über die crenelirten, wohl 30 Fufo hohen Mauern. Kleine, in bedeutender Höhe angebrachte Schieisscharten lassen die dort aufgestellten leichten Geschütze den Hafen beherrschen. Allein jetzt würde das Mauerwerk keinen Schüfe

Stadt und Hafen Zanzibar. 193

mehr aushalten; altersschwach hat es sieb an vielen Stellen gesenkt, ist von Rissen durchzogen und in manchen der weitklaffenden Spalten bat sich schöne grüne Vegetation eingefunden, auch auf den Brust- wehren der Mauern und Thürme wächst hohes Gras. Der verwitterte Kalk hat an vielen Stellen die Steine, die er zusammenhielt, heraus* fallen lassen, und erst in der neueren Zeit ist daran gedacht worden, die defecten Stellen, wenn auch nicht zweckmäfsig auszubessern, so doch wenigstens dem oberflächlichen Blicke zu verbergen. Die alten ehrwürdigen Mauern bilden einen schroffen Gegensatz zu dem sie von allen Seiten umgebenden, an ihnen wiederhallenden regen Leben. Auf seiner nördlichen Flanke hat das Fort jeinen wohl 10 Fufe tiefen Ein- sprang; in der Ecke des westlichem hierdurch gebildeten Winkels be- findet sich das grofee Portal mit einem steinernen, nach der Seeseite hin offenen Vorbau. Dies ist während des Tages der Aufenthalt der Behdschen, welche die Besatzung und Wache bilden. Hier liegen diese Barsche, deren wohl zwanzig sein mögen, den gröfeesten Theil des Tages aber in seligem Nichtsthun auf der gemauerten Berasa hinge- streckt; erst nach 5 Uhr, wenn die gröfseete Hitze vorüber ist, kommt Leben in sie. Dann fifden sich ihre Freunde und Bekannte ein; es werden in dem knöcheltiefen Sande vor der Thür die üblichen National» tänie aufgeführt, man singt, lacht, scherzt, und ist bis gegen 9 Uhr fröhlich und gnter Dinge. Um diese Zeit begeben sich die meisten zur Bähe; nur die zwei, denen die Wache anvertraut ist, bleiben munter, und singen, um sich wach zu halten, abwechselnd die eintönigen trau- rigen Melodien ihres fernen Vaterlandes. Nacht für Nacht erschaut hier derselbe monotone Wacbgesang aus den rauhen Kehlen der Sol- daten, nur von dem dumpfen Rauschen der* unten am Sandstrande sich brechenden See begleitet.

Die Räume, welche früher kriegerischen Schaaren unternehmender Manner zum Aufenthalt dienten, sind jetzt ein Geftngnifs für schmutzige Diebe und andere Uefcelthäter: denn das ist die gegenwärtige Bestimmung des Forts. Das Innese desselben ist mit einer Menge Hütten von ver- schiedener Gröfse bedeckt, welche die Wohnungen der dort Eingesperrten enthalten. In der Regenzeit ist es beinahe ein einziger grofser Sumpf, der, wenn die Sonne wieder kräftig zu scheinen beginnt, die giftigsten Ausdunstungen erzeugt, wo dann Fieber und Dysenterie ihre Opfer- feste feiern. Im Nordost -Monsoon ist es eine Art Backofen, in den die glühende feurige Sonne den ganzen Tag hineinbrennt, ohne dafe, der hohen Mauern wegen, der kühlende Wind eindringen und die durch die Ausdünstungen des Bodens und der vielen hier lebenden Menschen verpestete Luft ableiten könnte.

Gegenüber dem ostlichen Theile des Forts, nur durch einen schmalen

Z«itMlii.f.allg.Brdk. Nene Folg«. Bd. VIII. 13

194 E Quaas:

Weg von ihm und der vorher besprochenen Batterie geschieden, steht das Customhaus (Zollhaus; in Kiszuaheli: forödha). Es wendet seine lange Front der See zu und ist ein niedriges, altersgraues Gebäude von Stein mit nur einem Parterregeschofs und einem hohen Makoti. Die über den Boden etwas erhöhte Berasa an der Seeseite wird durch das tief herunterreichende Dach zugleich vor Regen und Sonnenschein geschützt und ist nach dem Platze vor dem Hause hin von einem höl- zernen Geländer umgeben. Eine 8 bis 10 Fufs breite Arcade nimmt den vorderen Raum des Gebäudes ein und ist mit Artikeln der ver- schiedensten Art angefüllt; sonst enthält es nur Stores (rhaia), diexur Aufnahme der eingegangenen Zollwaaren dienen. Rechts und links von dem Hauptgebäude, aber etwas weiter nach -dem Strande und dasselbe dem Blicke von der See aus theilweise verdeckend, sind lange, an den Seiten offene Schuppen (banda) erbaut, unter welche die gelandeten oder zu verschiffenden Waaren niedergelegt werden, ehe man sie weiter nach der Stadt oder an Bord der Schiffe transportirt; doch sind sie in der Geschäfts -Saison bei Weitem nicht grofs genug, um alle an- kommenden und abgehenden Waaren beherbergen zu können, die dann oft Tage lang im Freien liegen müssen und %ei eintretendem Regen- wetter sehr häufig beschädigt werden. Selbst die Dächer dieser Spei- cher sind in so schlechtem Stande, data sie bei anhaltendem Regen äufserst wenig Schutz gewähren. Eine Colonnade mit einem Steindacbt würde hier viel besser an der Stelle sein und vielen Schaden verhüten; dem Pächter des Customhauses und der Zölle, einem sehr reichen Ba- nianen, könnte es auch keineswegs schwer fallen, den Bau aus eigenen Mitteln zu bestreiten; aber hier zeigt sich wieder die Indolenz des Mor- genländers, der allen Neuerungen abgeneigt ist. Auch der Aberglaube trägt dazu bei, bei dem Hergebrachten zu beharren, wie mangelhaft es auch sei. Vater und Grofsvater des alten Banianen sind in dem Hause reich geworden, und natürlich haftet in seinen Augen das Glück an den alten Räumlichkeiten und könnte bei einer Veränderung derselben viel- leicht entweichen. So vereinigt sich hier Alles, um zweckmäßigen Ver- besserungen den Eingang zu verschliefeen.

In der Zeit des Nordost -Monsoons entfaltet sich im Customhaus« das lebendigste Bild morgenländischen Handels und Wandels. Der Strand ist mit unzähligen Böten bedeckt, welche die Erzeugnisse des Festlandes von Afrika, der umliegenden Inseln, Europa's, Nord-Ame- rika's, Ostindiens und Arabiens auf diesen Hauptstapelplatz des ost- afrikanischen Marktes bringen; dort schwärmt es von thätigen Men- schen, dunklen Negern und gelben Arabern. Mit dem Ausladen und Verschiffen der verschiedensten Artikel beschäftigt, können sie sich auf dem schmalen Wege, der vom Strande aus nach dem Hause führt.

Stadt und Hafen Zanzibar. 195

kaum ausweichen. Der taktm&fsige Gesang, mit dem sie ihre Arbeit, das Schleppen der schweren Lasten, begleiten, durchhallt die Luft. Kaum ist ein Boot leer, so kommt schon wieder ein anderes an seine Stelle, und eine weitere Anzahl liegt in geringer Entfernung vom Lande und wartet, bis auch für sie Platz und Menschenhände da sein werden. Dort stöTst ein vollgeladenes Boot vom Strande ab, seine Ladung ver- rath, dafe sie an Bord eines der hier vor Anker liegenden Dau's ge- bracht werden soll, der nach der gegenüberliegenden Küste bestimmt ist; denn sie besteht aus den zierlichen, mit eisernen Reifen umgebe- nen Ballen von Baumwollenzeugen, den Erzeugnissen des amerikani- schen Gewerbfleifses ; sie sollen in das Innere Afrika's gebracht und dort für Elfenbein und andere Landesproducte umgetauscht werden. Die Bootsmannschaft ist mit Eifer dabei, Strohmatten über die Ladung auszubreiten, weil unterdessen eine grofse Wolke den Himmel verdü- stert hat und mit einem unerwünschten Regenschauer droht. Wie be- eilt sich jetzt Alles, die noch am Strande liegenden Vorrätbe vor dem rasch heraufziehenden Regen so schnell als möglich in Sicherheit zu bringen! Der Eifer und das wüste Durcheinanderschreien verdoppelt sich überall. Schon hat* ein weifslicher Nebel die westliche Küste Zan- zibars und die Insel Schampany eingehüllt; schnell rückt er vorwärts, die Aussicht immer mehr und mehr verschleiernd. Schon ist er bei den äufsersten Schiffen im Nordosten angelangt, deren Masten nur noch matt durch die herniederströmenden Wasserstrahlen hindurchscheinen. Eines nach dem andern entzieht sich den Blicken; einzelne Tropfen fallen nieder, immer dichter und schneller folgen sie auf einander und bald giefst es in Strömen vom Himmel herunter. Die am Strande be- schäftigten Menschen müssen das Unwetter geduldig über sich ergehen lassen. Zitternd stehen die Neger mit krummen einwärts gebogenen Knieen da, die Arme über die Brust gekreuzt, die Hände auf die Schul- tern gelegt, und lassen sich den Staub und den Schweifs von den Glie- dern waschen. Der Lappen, den sie um den Leib haben, ist ohnehin schon durch das Herumlaufen im Wasser beim Verladen hinlänglich durchnäfet, und die Haut trocknet wieder bei den ersten Sonnenstrahlen. Die arabischen Kulies und wer aufser ihnen noch ein anderes Tuch oder einen Turban besitzt, faltet ihn auseinander, kauert sich in den Sand nieder und deckt Kopf und Leib damit zu. Ein Stück alte Matte, ein leerer alter Strohsack dienen gleichfalls Vielen als willkommener Regenschirm, wenn auch nur, um Kopf und Gesicht trocken zu halten. So schnell indefs das Unwetter, vom Sturmwinde gejagt, heraufgekom- men ist, so schnell zieht es auch wieder vorüber. Der Regen hört auf, der Himmel wird wieder blau, die Luft klar, und die beinahe senk- rechten, jetzt besonders glühenden Strahlen der Sonne trocknen bald

13#

196 E- Quaas:

Alles wieder aus; dann föngt auch Geschrei und Arbeit von Neuem wieder an.

Ein noch lebendigeres Treiben als unten am Strande herrscht oben im Customhause selbst und auf dem freien davorliegenden Platze. Die verschiedensten Gegenstände liegen hier theils unter den Schuppen, theils im Freien in malerischer Unordnung durch einander. Schwere Reissäcke aus Madagascar, kleine spitze Mattsäcke voll Korn, Sesam und Copal, den Erzeugnissen der gegenüberliegenden Küste, grofse Stapel Ochsenhäute aus Ben Adir, schwere irdene tauumflochtene Ge- fafee, mit Gbee (einer Art Butter; im Kiszuaheli: samli) von Pemba und Bombay angefüllt, Fässer voll Cocosnufsol aus Kotschin, andere voll venetianischer Glasperlen, hohe Stapel Messingdrathes, Ballen mit amerikanischen Baumwollenzeugen, Kisten voll der verschiedensten eu- i ropäischen Artikel, grolse und kleine Elephantenzähne, in langen Reihen neben einander; Alles steht und liegt in buntem Gemisch umher, und dazwischen lebt es und regt es sich wie ein Bienenschwarm von arbei- tenden, handeltreibenden Menschen und von Müssiggängern , die nur hierher kommen, um das hier herrschende Leben anzusehen und die Tagesneuigkeiten zu besprechen. Eine bunte Menge wogt auf und nieder, durch und neben einander; kaum ist durchzukommen durch das | dichte Gedränge; gewaltsam mufs man sich mit den Ellbogen Bahn | brechen und alle Augenblicke gewärtig sein, von den Kulies, welche i schwere Lasten fortschleppen, angerannt und bei Seite gestofeen zu i werden, wenn man bei dem allgemeinen Lärmen das warnende „**•- mile! s%imile!u (nimm dich in Acht, Platz dal) überhört haben sollte.

Hier findet man alle Völkerschaften der afrikanischen Küste und der anliegenden Inseln vertreten. Dort steht ein schlanker ganz dunkler Neger, mit langem wolligen Haar, einem regelmäßigen länglichen Ge- sicht, grader scharfer Nase, schmalen Lippen ; seine einzige Bekleidung sind zwei Stückchen Felle, die vorn und hinten an einer um den Hals befestigten Schnur herunterhängen. Er ist vielleicht mit einer Elfen- bein »Karawane vom Norden Inner -Afrika's heruntergekommen, hat eine willkommene Gelegenheit benutzt, die grofse Stadt Zanzibar zu besuchen, und steht jetzt hier, mit offenem Munde Alles, was am ihn her vorgeht, bewundernd. Neger aus den verschiedensten Stämmen des Innern, einige mit ganz angenehmen, andere mit mehr oder minder abstofsenden Physiognomien und robustem Körperbau, schleppen auf dem Kopfe viele der hier aufgehäuften Waarenvorräthe fort und ver- breiten schweifstriefend eine für empfindsame Nasen sehr unangenehme Atmosphäre. Man sieht sie in den verschiedensten Trachten, mit einem einzigen Lendentuche, einer Weste, einem wollenen oder baumwollenen Hemde bekleidet, mit oder ohne Kopfbedeckung. Dort kommt ein

Stadt und Hafen Zanzibar. 197

anderer Schwarzer gegangen, der es sehr übel nehmen wurde, so ge- nannt an werden. Er ist ein Szaaheli von einer der nördlichen Inseln Lamo oder Pemba und hat in eigener Person die Bodenerzeugnisse seiner Heimath zn Markte gebraeht. Sein Gang ist äufserst gravitätisch, sein weife und blau gestreifter Turban und sein langer Tuchtalar, so- wie der Rosenkranz am Gürtel verrathen den Muselmann. Mit der einen Hand hat er einen dicken Stock, der beinahe .so lang wie er selbst ist, in der Mitte gefafst, und stofst ihn bei jedem zweiten Schritte auf den Erdboden; in der andern halt er ein krummes Schwert, und ein krummer Dolch, an einem Gürtel um den Leib befestigt, vollendet seine Armirung. Araber und Szuahelis in derselben Tracht, wie die eben geschilderte, aber in verschiedenfarbigen bunten Tuchröcken, stehen hier und da herum ; einige von ihnen scheinen mit Banianen und Hin- drs in Unterhandlung über den Preis der vor ihnen liegenden Waaren zu stehen. Der Verkaufer hat ein rinnenförmig ausgehöhltes spitzes Eisen in der Hand, sticht mit demselben in einen der aufgestapelten Säcke, und schüttet die herausgeholte Probe es ist Reis dem Kauflustigen auf die flache Hand. Ganz in der Nähe ist ein Baniane, dessen hoher rother Turban weit über die Köpfe der ihn umgebenden Personen hervorragt, beschäftigt, auf einer grofsen einarmigen Wag- schaale Sesam zu wiegen; immer fünf Säcke werden zusammen aufge- legt und das Gewicht jedesmal auf einen Zettel von ungewöhnlicher Länge notirt Der hier fungirende Baniane gehört zum Zollwesen und ist einer von denen, die alle ankommenden Waaren wiegen müssen, weil nach dem Gewichte der zu zahlende Zoll bestimmt wird. Sobald die Säcke von der Schaale herunterkommen, werden sie von den dazu bestimmten Kulies in eine Schlinge gelegt, die nachher um die schwere Tragstange geschlungen wird, und fort geht es mit eiligen langen Schritten und lautem taktmäfsigen Gesänge. Inmitten einer langen Reihe Elephantenzähne, unter denen sich einzelne Stücke von 100 bis 150 Pfd. befinden, kauert ein anderer schnurrbärtiger Baniane, dessen Arbeit es ist, die einzelnen Zähne mit der laufenden Nummer zu versehen und den Stempel darauf zu schlagen. Besonders hier ist immer ein leb- haftes Gedränge von Menschen, welche das eben angekommene Elfen- bein in Bezug auf seine Güte mit Kennermienen untersuchen.

Ueber diesem Getümmel hin - und herwogender Menschen mit den mannichfaltigsten bunten Trachten, den verschiedensten Gesichtern und Sprachen, das jeder Controüe zu spotten scheint, wacht nichtsdestowe- niger ein aufmerksames Auge, das Auge des alten Ludda, des Ba- nianen, der den Zoll gepachtet hat. Mit mehreren seiner Commis sitzt er in der umzäunten Berasa vor dem Customhause, auf deren Boden Strohmatten ausgebreitet sind. Neben ihm steht ein kleiner, mit Messing

198 E- Quaai:

beschlagener Kasten, der zur Aufnahme der Papiere and des einkom- menden Geldes bestimmt ist, das er selbst oder in seiner Abwesenheit sein kleiner Sohn entgegennimmt. Von den Commis hat ein jeder einen langen Streifen Papier anf den Enieen nnd ist eifrig beschfiftigt mit seiner stumpfen Rohrfeder jeden vorkommenden Artikel und den dafür 'eingehenden Zoll zu notiren. Mit scharfem Auge passen sie auf Jeden, der, den engen Landungsweg heraufkommend, etwas in der Hand trägt, und ihnen entgeht nicht leicht einer der Vorbeigehenden. Von Allem, was zu Schiffe hierhergebracht wird, wird Zoll gefordert. Eigentlich ist es Sitte, den Zoll in natura von den Waaren zn entneh- men, jetzt geschieht dies aber nur noch bei einigen wenigen Handels- artikeln und unbedeutenden Gegenständen. Meistens verständigt sich der Pächter mit dem Kaufmann und nimmt einen bestimmten Procent- satz in Geld von dem Werthe der importirten Waaren. Da der an- kommenden kleineren Sachen sehr viele sind, so wird es vor der Be- rasa nur selten ganz leer von Menschen, die hier ihren Tribut ent- richten. Mit schwerem Herzen trennen sich die Leute von ihrem Geld«1 oder ihren Sachen, die sie hier für Nichts weggeben sollen. Ein schmutziger Szuri, mit einem unsaubern gelben Hemde und buntem Kopftuch angethan, eine wandelnde Waffenkammer, soll einen Dollar Zoll entrichten; mit Seufzen zieht er ein Fünffranken - Stück hervor und will damit seine Schuld bezahlen. Als dieses nicht angenommen wird, weil es 10 Procent weniger gilt als der allgemein gebräuchliche Maria -Theresia -Thaler, schwört, er bei seinem Barte und bei Allah nnd dem Propheten, dafs er ein blutarmer Mann sei und kein andere* Geld bei sich habe; aber er mufs endlich einsehen, dafs Klagen und Schwören ihm nichts hilft; mit traurigem Gesicht wickelt er ans der Ecke des schmutzigen Tuches, das er um den Leib trägt, einen guten Dollar, und auch dieser wird erst angenommen, nachdem der Baniane ihn von allen Seiten sorgsam geprüft hat. Scenen solcher Art bekommt man hier häufig zu sehen. Ein Jeder sucht den Andern in Geldsachen zu übervortheilen , aber auch Keiner nimmt es übel, wenn er auf offe- nes Mi Ps trauen stöfst; man sagt hier: ^biaschara Attf, das Geschärt bringt's so mit sich.

So belebt das Customhaus zur Zeit des Nordost - Monsoons, in den Monaten December, Januar, Februar und März ist, so einsam und ver- lassen ist es während anderer Jahreszeiten, z. B. im Anfange des Sud- west -Monsoons, im April und Mai, während oder kurz nach der Regen- zeit. Dann stockt aller Handel und Wandel und nur selten sieht man einige ankommende Waaren. Menschen jedoch treiben sich Jahr aus Jahr ein auf dieser morgenländischen Börse herum, und immer siebt

Stadt nnd Hafen Zansibar. 199

es hier schmutzig und unordentlich aus, selbst in dem Hause, das alle Jahre nur einmal von Grund aus gereinigt und ausgeweifst wird und zwar in den Tagen vor dem Banian- Neujahre. Doch wurden in der letzten Zeit einige Verbesserungen des Weges nach dem Strande vor- genommen und der freie Platz, am den grenzenlosen Schmutz bei Re- genwetter etwas zu verringern, an den tiefsten Stellen mit Schutt (ki- fusi) aufgefüllt. Wenn die Anwesenheit einer so grofeen, auf verhalt- nifem&feig kleinem Räume unablässig hin und her wogenden Menschen- menge schon an sich geeignet ist, die hier herrschende druckende Hitze noch anangenehmer zu machen, so tragen die im Customhause selbst und ihm gegenüber unter einem grolsen Schuppen aufgestapelten Hau- fen getrockneter Fische (pappa), die von den Szuri's hierhergebracht werden und eine Hauptnahrung der Bevölkerung Zanzibars bilden, durch ihre abscheulichen Ausdunstungen noch mehr dazu bei, die Atmosphäre fir einen Europäer unerträglich zu machen; den Zanzibarianern indefs ist sie angenehm, wie der Opferduft verbrannten Fettes den alten Göt- tern Griechenlands und Roms.

Der Weg, der vom Customhause an der östlichen Seite des Forts entlang nach der Stadt fuhrt, ist einer der schlechtesten in ganz Zan- ribar; in der langen Reihe von Jahren hat der Regen in seiner Mitte eine tiefe Rinne ausgehöhlt, das Erdreich hinweggespült und nur eine Menge spitzer Steine zurückgelassen, die den eingeborenen dickhäutigen Barfufsiern weniger unangenehm zu sein scheinen, als uns bestiefelten Europäern. Zu beiden Seiten dieser Strafse,* sowie an der Rückseite des Cnstomhauses haben Verkäuferinnen von Lebensmitteln ihren Sitz aufgeschlagen. Eine kleine Strohmatte oder ein Stückchen Zeug ist ober den schmutzigen Boden gebreitet, und darauf sind die verschie- densten Sachen zum Verkauf ausgelegt. Nicht blofs rohe Naturpro- ducte, wie Mango's, Bananen, Durionfrüchte (Jackfruü$\ Manioc, Cocos- nnsse etc. kann man hier in Menge ankaufen, auch zubereitete Speisen sind zur Schau gestellt, um den Appetit der Vorübergehenden zu rei- zen. Manche Frauenzimmer haben vollständige Garküchen etablirt; gekochter und gebratener frischer Fisch mit einer scharfen Sauce dazu, schon zubereiteter übelriechender Pappa, kleine Pastetchen mit scharf gewürzter Fleischfullung, gekochter Reis (traft), das in der Form dem Schiffszwieback ähnliche, aber weiche ungesäuerte Brot (makati), eine Art saures eingemachtes Gemüse, wie Pickles, atschari genannt, Alles ist~hier zu haben und steht in grofsen und kleinen Schüsseln zu dem Preise von 1 2 Peis (4 8 Pfennige) bereit. Die Verkäuferin- nen, alle Altersstufen, von dem jungen wirklich niedlichen Mädchen an bis zu dem alten abschreckend häfslichen Weibe umfassend, sitzen

200 E- Q**»»:

oder kauern auf einer kleinen Matte neben ihren Vorräthen und war- ten, den glühenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, den ganzen Tag über mit unermüdlicher Geduld auf Käufer.

Verl&fst man diesen Ort lucullischer Mahle, so gelangt man auf der südlichen Seite des Forts, wenn es noch nicht zu spät am Tage ist, aufs Neue in ein kaum zu durchdringendes Menschengewühl. Hier münden einige der aus dem Innern der Stadt fuhrenden Strafsen (es sind hauptsächlich die von den Banianen und Hindi's bewohnten) auf einen ziemlich geräumigen Platz aus, der von einem Theile der Land- bewohner der Umgegend als Markt zum Verkauf ihrer Bodenerzeog- nisse benutzt wird. An der südwestlichen Ecke des Forts haben viele Händler von der gegenüberliegenden Küste ihren Stand genommen. Grofse Bündel und Packe Strohgeflecht (maschpatta) liegen bandförmig aufgerollt vor ihnen, und werden meistens von Kulies und anderen Leuten erhandelt, die aus diesem Geflechte Matten und Säcke zusam- mennähen. Hier herrscht ein tumultuarisches Treiben, lärmendes Din- gen und Feilschen, von den lebhaftesten Gesticulationen begleitet; denn das Maschpatta ist manchmal sehr rar und an Matten und Säcken, die hier in Unmassen verbraucht werden, herrscht grofse Noth. Nach lan- gen Verhandlungen mufs sich der Käufer doch meistens entschliefseo, zu seinem letzten Gebote noch eine Kleinigkeit hinzuzufügen; er zählt dem Verkäufer das Geld mit einem: „wolläi! tcette mgttmu stow. $%anatu (wahrhaftig, du bist sehr hart) in die Hand und zieht mit dem nun ihm gehörigen Bündel Strohgeflecht ab, wenn nämlich jede Silber- münze vom Händler nach genauer Betrachtung als annehmbar befunden ist und nicht etwa ein cerenque ({ Dollar) wegen seines verwischten Gepräges vorerst umgetauscht werden mufs.

Mitten durch das Menschengewühl drängen sich die lautsingenden Lastträger; Ochsen kommen wiederkäuend langsam aus den Strafsen einhergeschritten , in denen ihre Verehrer die Banianen wohnen, ond lassen sich von dem um sie herrschenden Getümmel nicht im minde- sten in ihrem ruhigen Gange stören. Den harmlosen Tbieren geht man kaum aus dem Wege; mau weife, dafs sie warten, bis der Pfad vor ihnen wieder frei ist. Der eben geschilderten Stelle gegenüber an der Ecke der Banianen-Strafsen stehen ebenfalls Gruppen von Verkäu- fern. Viele haben sogar ein kleines viereckiges Tischchen in einen fliegenden Laden umgewandelt, auf dem die feilgebotenen Gegenstände. Messer, Steinzeug, Kämme, Halsketten und Armbänder von Gflasperlen. baumwollene Tücher in den buntesten grellsten Farben, nach denen manches der vorübergehenden Mädchen sehnsüchtige Blicke wirft, auf- gespeichert liegen; andere tragen ihren Waarenvorrath mit sich hernm; bei ihnen findet man krumme und grade Schwerdter, Dolche mit and

Stadt und Hafen Zanzibar. 201

ohne Verzierungen, Damenschmucksachen, dicke silberne Arm- und Folsringe, Halsketten von edlem Metall; aber ihre Haaptartikel sind Turban und Lendentücher für Männer und andere Tücher für Frauen in den verschiedensten Farben and Mustern, viele mit schönen seidenen Borten. Die Händler haben davon eine Anzahl entfaltet über der Schul- ter hängen, und der kleine Junge, der neben ihnen steht und ihnen auf Schritt und Tritt folgt, ist ebenfalls so damit bepackt, dafs man unter der Menge der Tücher auf und zu beiden Seiten seines Kopfes kaum sein kleines Gesicht hervorgucken sieht. Diese Kaufleute achten des Gewühles nicht, dringen in die dicksten Haufen hinein, und halten den Leuten ihre Waaren unter die Nase; dabei rufen sie mit lauter Stimme ihre Preise aus, und ihr kleiner Geschäftsfreund hinter ihnen singt ihre Worte nach, nur um eine bis zwei Octaven höher. Ist die Marktzeit hier vorüber, so ziehen diese Personen in der Stadt herum, and suchen hier und da den Leuten etwas anznschwatzen ; denn an Zun- genfertigkeit werden sie hier vielleicht nur noch von dem zarten Ge- schlecht übertroffen. In den Thuren der den Platz auf einer Seite absehliefsenden Läden stehen oder kauern die gelben Gestalten der Banianen, grofstentheils im Negligee, d.h. nur mit einem dünnen Tnche um den Leib und loose herabhängenden Haaren, und sehen mit Vergnügen auf die wogende Menschenmenge zu ihren Fufsen. Gegen 10 Uhr Morgens fangt es an stiller zu werden ; dann hat ein Jeder selbe Bedürfnisse für den Tag eingekauft; die Landleute sind mit leeren Körben nach ihren Hütten zurückgekehrt, nur noch die Kurz- waaren -Händler und hin und wieder einer der Stadtreisenden sind zn erblicken, und erst in der späten Nachmittagsstunde, wenn hier ein zweiter kleinerer Markt abgehalten wird, belebt sich der Platz von Neuem.

Vom Fort nach dem alten Palaste des verstorbenen Szeyd Szaid sind nur wenige Schritte, ein sandiger Weg führt dahin, an einem Schup- pen vorbei, der eine Art Kaffeehaus vorstellen soll; grofse Haufen pestilenzialisch riechender Fische (pappa) liegen in der gröfsten Nähe and sind keineswegs dazu geeignet den Aufenthalt daselbst angenehm zo machen. An dem hohen Flaggstocke auf dem grofsen freien Platze zwischen dem Customhanse nnd dem Palaste weht an Sonn- und Feier- tagen die rothe Landesflagge ; hier ist es auch, wo die auf Prügel lau- tenden Straf ortheile an Verbrechern vollzogen werden. Der etwas über den Weg" erhöhte Platz ist schön gepflastert und gewöhnlich der Auf- enthalt einer grofsen Menge Menschen; vor allem sind hier die Belu- dflehen und Szuris zahlreich vertreten. Am belebtesten ist es hier Vor- mittags von 10—12 Uhr, wenn der Sultan seine berasa (Audienz) hält, nnd alle angesehenen Araber und Szuahelis ihm ihre Aufwartung ma-

202 E- Qaaas-

chen; so wie des Abends gegen 7| Uhr, nachdem das letzte Abendgebet in der gegenüberliegenden grofsen Moschee beendet ist; wer von Szuris nnd Negern nur eine Flinte hat and dem Sultan eine Ehre antbun will, kommt dann hierher and feuert sein Gewehr ab. Es werden hier von den Männern Schwerdttänze aufgeführt, lautes Geschrei and Gesang durchhallt die Luft. Auch die portugiesischen Soldaten des Sultans hört man hier zu verschiedenen Zeiten des Tages den Zapfenstreich ausführen, und zwar, wie ich glaube, so oft als von dem Massini (Aus- rufer an der Moschee) des nahen Gotteshauses zum Gebet gerufen wird, d.h. von Morgens i\ Uhr bis 8 Uhr Abends 6 mal und um 9^ Uhr nochmals als Zugabe und Schlummermusik für die Umwohnenden. Es war schon ein Stolz und eine Schwachheit des verstorbenen Sultans, einige Soldaten in europäischer Montirung zu besitzen, und er warb ein Dutzend Leute an, die entweder früher selbst Sipoy's oder auch nur in derartige Uniformen gesteckt waren, in seinem Paläste Mtoni Wachdienste verrichteten und besonders bei feierlichen Gelegenheiten dazu bestimmt waren zu paradiren. Natürlich sind es meistens ganz zerlumpte Bursche, die vom Soldaten nichts als die Uniform an sich haben, von denen der eine das Gewehr auf der linken, der andere auf der rechten Schulter tragt, der eine enge, der andere weite Beinkleider hat, die manchmal kaum bis zu den Knöcheln reichen, Leute, bei de- nen man vom nackten Fufse und Schlafpantoffel bis zum Stiefel hinauf alle Gattungen Fufszeug vertreten findet, bisweilen an einem Indivi- duum zwei verschiedene Arten zu gleicher Zeit. Dem jetzigen Sultan war dieser Prunk noch nicht genug; er verlangte auch nach einem Musikchor, und verschaffte sich ein solches in der Gestalt von 4 Tromm- lern und 2 Pfeifern, deren Concerte er so zu lieben scheint, dafs er sie« wie schon gesagt, täglich siebenmal unter seinen Fenstern spielen l&fet. Da vernimmt man denn oft die verschiedensten Stücke, Marsche, Opern- arien, Gassenhauer; alles wird hier getrommelt und gepfiffen, und es ist eine recht seltsame Ueberraschung, alte bekannte Melodien, wie den alten Dessauer oder eine Arie aus dem Freischütz in dieser fremd- artigen Umgebung so unbarmherzig verstümmelt zu hören. Noch co- rioser als die Musik ist das Schauspiel, diese Mustersoldaten exerci- ren zu sehen. Ein alter graubärtiger Araber, der Gommandant der im Fort garnisonirenden Beludschen hat auch hierbei den Oberbefehl. Zum Exerciren dient der freie Platz um den Flaggstock herum, der aber gewöhnlich wie eine Rumpelkammer mit allen möglichen Dingen« oft mit Baumstämmen, Balken, Planken etc. bedeckt ist. Der alte Araber commandirt englisch, und geht bald vorwärts bald rückwärts, sein Schwert in der Hand schwenkend, vor seinem ungelehrigen Ba- taillon einher. Es wird dabei über Stock und Stein hinwegmarschirt.

Stadt und Hafen Zaniibar. 203

über die im Wege liegenden Baumstämme, Planken and aber die kleine Palisaden-Reihe, welche das Customhaus nach Osten zu von dem freien Platze scheidet; nichts hält die einmal in Bewegung gesetzten Krieger auf; durch Eisten und Kasten, Gheetöpfe und aufgestapelte Sacke windet sich die Colon ne hindurch. Ein solches Schauspiel ist in der That eine rechte Erheiterung, und diese Carricaturen von Militär mit den langen Armen, die einen Fufs weit aus den kurzen Aermeln ihrer ro* theo Jacken hervorstecken, anzusehen, wurde selbst den gröfeten Hy- pochonder zum Lachen bringen. Nichtsdestoweniger ist der Sultan stolz auf diese bewaffnete Macht, er l&fst sie aber auch für ihre geringe MonaUgage sich redlich abarbeiten.

Der alte Palast selbst ist ein langes düsteres von der Zeit ge- schwärztes Gebäude. Wie alle Häuser Zanzibars ist es ohne archi- tektonischen Schmuck; kahl und nackt steigen seine Mauern bis unter das über ihnen errichtete Makuti in die Höhe. Es ist in der un- mittelbaren Nahe des Strandes erbaut, und hat nach der Seeseite zu eine kleine Terrasse. In dieser Front hat es auch seine gröfste Aus- dehnung; von Norden nach Süden beträgt seine Facade nur 7 Fenster. Bietet es schon von der See aus, der wenigen nur mit grünen Jalou- sien und eisernen Gittern versehenen Fenster wegen, keinen erfreuli- chen Anblick dar, so ist der Eindruck, den es von der inneren Seite auf den Beschauer macht, an der beinahe gar keine Fenster, sondern nur ganz kleine wohl vergitterte Löcher sichtbar sind, ein noch viel traurigerer; man glaubt eher ein Geföngnüs vor sich zu haben als den Palast eines machtigen morgenländischen Fürsten. Und in Wirklich- keit ist es auch nichts mehr, als ein Gefangnifs, in dem der Sultan seine vielen Frauen von dem Verkehr mit der Aufsenwelt abgeschlossen hält. An der westlichen Seite befindet sich das Hauptportal, zu dem vom Platze aus eine Flucht breiter steinerner Stufen fuhrt; aber auch hier vergittern dicke Bisenstangen die wenigen Fenster. An seiner südlichen Seite ist der Palast in der Hohe der ersten Etage durch eine ringsum von Planken verschlossene Brücke mit einem anderen hohen Hanse verbunden. Dies zweite Gebäude ist ebenfalls zum Aufenthalte der Frauen und Töchter des alten Sultans bestimmt, und wird noch heutigen Tages von ihnen bewohnt. Oft, wenn man dort vorüber kommt, bemerkt man hinter den dicken Eisenstangen der kleinen Maueröfifnun- gen unmaskirte Frauengesichter, die, falls kein Araber in der Nähe ist, der es sehen nnd verrathen könnte, dem Fremden freundlich zunicken; froher nahmen sie sich auch noch gröfsere Freiheiten. Unwillkürlich denkt man bei dem Anblicke dieser düsteren Gebäude, dafs in ihnen manches schone Weib einsam sein Leben vertrauert; aber bald drängt «ch doch die Wahrnehmung auf, daft die Weiber hier ein besseres Le-

204 E. Qnaas:

ben nicht kennen nnd sich deshalb für ganz glücklich halten; selbst die lange Weile wissen sie sich gewifs auf eine oder die andere Weise zu vertreiben, denn die Schlauheit, das Erbtheil der Evatöcbter, ist hier durch stete Uebang in weit höherem Grade entwickelt, als bei unse- rem zarten Geschlechte. An der rechten Seite des Weges, ehe man nach dem eben beschriebenen Gebäude kommt, erhebt sich der neue Palast des jetzigen Sultans Szeyd Madjid, eines der vielen unehelichen Söhne des verstorbenen Szeyd Szaid. Erst in den letzten 2 Jahren wurde der Neubau begonnen und bis jetzt ist nur das Hintergebäude ganz vollendet, das von seiner hohen Plattform einen Ueberblick über die ganze Stadt und die See weit nach Norden und Süden gewährt. Hier bringt der Sultan oft entweder ganz allein oder nur von einem Sklaven begleitet die späten Nachmittagsstunden zu; dann ist er seiner Pracht entkleidet, nur mit einem langen einfarbigen arabischen Rocke ange- than und trägt einen kleinen rotben Fez. Die Thür, welche zum vor- deren Theil des Palastes fuhrt, ist wirklich ein Meisterwerk hiesiger Arbeit; sie ist von Spitzbogen -Form, über und über mit theilweise durchbrochener Bildhauerarbeit bedeckt und von einem Banianen an- gefertigt worden.

In dem Winkel zwischen diesem im Innern noch unausgebaoten Hause und der naheliegenden Moschee des Sultans, der gröfeten und Hauptmoschee der ganzen Stadt, stöfst uns wieder ein recht trauriger Anblick auf; es ist dies eine Menge Sklaven, die an einer langen Kette vermittelst eines um ihren Hals befestigten eisernen Ringes angeschlossen sind. Sie waren ihren Herren wahrscheinlich entlaufen; nun sitzen sie hier in geschlossener Gesellschaft und erwarten das Ende ihrer Straf- zeit, vielleicht mit Sehnsucht, vielleicht sehen sie es auch ungern her- ankommen, da sie dann wieder arbeiten müssen, während sie jetzt ihre Stunden mit Nichtsthun hinbringen können.

Biegen wir da, wo der Harem des verstorbenen Sultans aufhört um die Ecke, und gehen nach dem Strande hinunter, so kommen wir bald auf eine breite Strafse, die, nach Osten am Ufer hinführend, uns eine prachtvolle Aussicht auf den Hafen, die dahinter liegenden kleinen grünen Inseln und gerade vor uns im Hintergrunde auf die reich be- waldete westliche Küste Zanzibars bietet Wir befinden uns in dem Stadttheüe, welcher Meliode genannt wird. Hier passiren wir die schön- sten Hänser, die Zanzibar besitzt; neu erbaut glänzen sie mit ihrem weifsen Kalkbewurf in das Meer, und sind uns auch schon beim Ein- segeln als die prächtigsten, höchsten und grölsten der ganzen Stadt aufgefallen. Wenn auch bei näherer Betrachtung der allzugrolse Reiz, mit dem unsere Einbildungskraft sie von Ferne umgeben, verschwindet, so bleiben sie doch immerhin eine recht angenehme Erscheinung, im

Stadt und Hafen Zansibar. 205

Gegensatz zu den alten Gebäuden, welche den Kern der Stadt bilden, und zeigen, wie die Cultur bereits anfängt Boden zu gewinnen, wie die Leate auch hier im Vergleich mit froheren Zeiten bedeutend vor- geschritten sind. Man sieht im Allgemeinen, dafs das Geld bei diesen Neubauten keineswegs gespart worden ist, dals aber noch die Kunst, und der verstandige Arbeiter, der sie anzuwenden versteht, fehlte. In diesem Quartier wohnen die reichsten Araber der Stadt, die Mehrzahl der Brüder des Sultans und die französischen Kaufleute nebst ihrem ConsuL An das Ende der glänzenden Häuserreihe Schneisen sich wie- der armliche Hütten ; mitten zwischen ihnen liegt die Moschee mit dem kleinen schon von der Südseite auf ziemliche Distanz sichtbare Minaret und den Gräbern ihrer Erbauer an ihrem Fufse zur rechten Seite der vorfiberfuhrenden Stralse. Nur ein großes, aber bis jetzt noch unvoll- endetes Gebäude unterbricht von hier an die Reihe der einförmigen kleinen Hütten, die sich, zwei Hauptstraßen bildend, bis zur Lagune hinziehen. Die Passage über diese wird durch zwei Brücken (derqja) vermittelt, die eine in geringer Entfernung vom Meere selbst, die an- dere kleinere wohl 6 700 Schritte weiter nach Süden. Beide sind gewöhnlich nicht im besten Stande, doch weife man es so einzurichten, dals, wenn die eine impracticabel ist, die andere wenigstens zur Noth benutzt werden kann. Auch ihre Construction zeigt, auf welcher nie- drigen Stufe die Baukunst hier in Zanzibar im Allgemeinen noch steht Wie bei dem Bau der platten Dächer sind von Pfeiler zu Pfeiler, die in der Entfernung von 12 16 Fufe im Bette des Stromes stehen, dicke Rothholzknüppel (borti) gelegt, und diese mit einem Mauerwerk von Kalk und Steinen überdeckt. Die grofse Brücke (derqja mkuba) mag wohl 20—25 solcher Pfeiler haben; sie ist an den Seiten nicht einmal mit einem Geländer versehen und wurde schon seit den letzten Jahren immer baufälliger; wo die Unterlage von Bortis verfaulte, waren grofse Löcher entstanden, und da man auch an den Stellen, die noch gut aus* sahen, nicht wufste, ob nicht auch sie sich unter den Füfsen des näch- sten darüber Passirenden öffnen würden, that man besonders zu Pferde besser, diese Passage zu vermeiden und bei niedrigem Wasser lieber durch die Lagune zu reiten. Jetzt sind bereits ganze Pfeiler einge- stürzt, und die Leute benutzen das vorhandene Baumaterial für ihre eigenen Hütten und Häuser. Hinter der gro&en Brücke gelangt man auf eine weite Ebene, über die der Weg in der Nähe des Strandes nach Mtoni geht. Die kleine Brücke (derqja mdogo) nur auf 3 Pfei- lern ruhend, ist nach einem anderen Prinzipe aufgeführt. Der mittelste Pfeiler ist nämlich von einem viereckigen Mauerwerk gebildet, dessen innere Höhlung man mit Schutt auffüllte. Beim Bau war zu früh, noch ehe die Seitenwände gehörig getrocknet waren, mit diesem Auffüllen

206 E- Q*»«:

angefangen worden, und so kam es, dafs einst nach einem starken Re- gen das oben eingedrungene Wasser durchbrach und das Werk vieler Monate theilweise zerstörte. Jetzt ist die Brücke glücklich vollendet, und hat sogar an den Seiten eine Mauer als Geländer. Ein Zweigarm des Bazars, welcher die ganze Stadt in verschiedenen Richtungen durch- zieht, mündet auf dieser Brücke aus. Jenseits, am anderen Ufer der Lagune findet sich seine Fortsetzung. In jedem der kleinen, steiner- nen, weilsgetünchten Häuschen hat ein Hindi seinen Laden und einen Detailhandel mit den verschiedensten für die täglichen Bedürfnisse er- forderlichen Artikel. Hier sind die Strafsen auch bei weitem nicht so eng, wie drüben, und die ganze kleine Vorstadt macht einen recht freundlichen Eindruck. Je weiter man geht, desto seltener werden die steinernen Gebäude, Hütten treten an ihre Stelle; einzeln liegen sie zwischen schattigen Mango's und hohen Kokospalmen zerstreut; le- bendige Hecken schlielsen zu beiden Seiten des Weges die Strafse von den kleinen Besitzungen ab. Man befindet sich hier bereits in der Ein- samkeit des Landlebens. Kleine mit verschiedenem Grünzeug und Frach- ten, Manioc, Yams, Bataten, bepflanzte Felder umgeben die Hütten, die in unmittelbarer Nähe malerisch von einem Kranze von Bananen mit den hellgrünen schön glänzenden Blättern eingeschlossen sind. Kleine dickbäuchige Negerkinder laufen ganz nackt zwischen den vie- len Hausthieren, Hühnern, Enten, Gänsen und Ziegen herum. Die älteren Kinder sind mit dem Aushülsen des zur Mahlzeit nöthigen Reises beschäftigt, den der auf drei kleinen Steinen über dem Feuer ste- hende Topf schon zu erwarten scheint; einige alte Frauen, vielleicht die Mütter der Kleinen, sitzen unter der Veranda, und sind damit be- schäftigt lange Streifen feinen Strohgeflechts zu machen, oder die schon farbigen zu bunten Matten zusammenzunähen. Alles athmet hier die Ruhe und den Frieden der Ländlichkeit. So zieht sich das stille Dörfchen noch weit in das Land zwischen grünen Bäumen hin, wo man vom Strande aus schon lange nichts mehr als Wald vor sich xo haben glaubt. Beinahe könnte man sich in diesem Labyrinth ein- zelner schmaler Heckenwege verirren; denn von der Stadt und ihrem Getümmel sieht und hört man nichts mehr, und die Hütten sehen eine der anderen so ähnlich, dafe man sie erst nach häufigem Durchwan- dern dieser Gegend von einander unterscheiden lernt.

Hier findet der Spaziergänger stets neue Wege, welche die nach und nach immer vereinzelter dastehenden Besitzungen mit einander verbinden und den Wald in allen Richtungen durchschneiden; immer neue reizende Baumparthien und anmuthige landschaftliche Scenerieo erfreuen ein für Schönheiten der Natur empfängliches Auge. Die ganze Insel im Umkreise einiger Meilen von der Stadt gleicht einem

Stadt and Hafen Zantibar. 207

grofsen Garten, einem Parke; wenn auch die Menschen bis jetzt wenig gethan haben, ihn zu verschönern, so ist er doch, wie er ans der Hand der Natur hervorgegangen, reizend genug, um das Oemfith mit Behagen zu erfüllen.

VIII.

Ein Besuch der Insel Formosa.

Von Robert Swinhoe, Britischem Consul in Amoy. !)

In dem britischen Dampfer Inflexible vertieften wir Amoy am 7. Jnni 1858, fuhren an den Pescadores vorbei, kamen am nächsten Tage vor Kok-si-kon*) an und ankerten etwa eine Seemeile von der Küste entfernt. Alles was wir vom Lande sehen konnten, war ein sandiger Strand, hier und dort mit Waldflecken besetzt, und weiter im Innern ein Waldgürtel am Fufse einer nur undeutlich zu erkennenden Bergkette. Da der Wind am 10. vom Lande her blies und die Bran- dung weniger heftig war, konnten wir mit der Gig bei einigen Hütten ans Land kommen. Die Bewohner chinesische Fischer kamen uns freundlich entgegen; die armen Leute leben in Strohhütten, vor denen sie auf Reihen von Pfählen ihre Netze ausgespannt haben. Von Vieh besafsen sie Nichts als ein paar Schweine. Wir hörten von ihnen, dafs ihre Familien weiter im Innern lebten und dafs sie diese Sand- bänke nur der Fischerei wegen verschiedene Mal im Jahre besuchten.

Die Sandbänke sind nicht breit und überall von seichtem Wasser umgeben. Auf den meisten standen ein paar Hütten. Die Ufer be-

') Der Verf. ist unsern Lesern bereits durch einen Bericht über eine seiner frühem Fahrten nach Formosa bekannt. (Vgl. Zeitschr. N. F. Bd. III, S. 417 ff.), bei welcher er indefs nnr die nordliche Hälfte der Westküste kennen lernte. Reicher an Resultaten, namentlich in Bezag auf die so wenig bekannte Ostkttste nnd die Be- völkerung derselben, war die Fahrt um die Insel und der Besuch der bisher unbe- kannten Schwefelgruben bei Kelung, Reisen, die Swinhoe im Jahre 1858 auf dem von Capt. Brooker befehligten Schiff Inflexible ausführte und über die er den jetzt vorliegenden Bericht abgestattet hat. Wir entlehnen diese Abhandlung, eine wichtige Ergänzung dessen, was aus Capt. Brooker's Bericht in dieser Zeitschrift Bd. VII, S. 385 ff. mitgetheilt ist unter Fortlassung desjenigen, was lediglich auf die Auf- gabe der Expedition (Erkundigung nach Schiffbrüchigen) Bezug hat, dem „Journal of the North China Brauch of the Asiatic Society", einer in Shanghai erscheinenden Zeitschrift, über deren erstes, unter einem andern Titel publicirtes Heft wir Bd. V, S. 365 berichtet haben.

*) Nach Capt. Richards unter 23° 5' 22" N. Br. Vrgl. ober diesen Hafen diese Zeitschr. N. F. Bd. III S. 413. 414.

208 Robert Swinhoe:

stehen aus einem Gemisch von Schlamm und Sand. Hier bewegten sich eine Menge Cicindelae auf und ab; sie liefen sehr schnell, flogen aber sogleich auf, wenn sie verfolgt wurden. Sie schienen sich von den Fliegen und kleinen Diptera zu nähren, die in der Nähe der Hütten sich aufhalten. Ein paar kleine Seesphwalben (Sterna tninuta) flogen um uns herum.

Wir gingen wieder ins Boot, fuhren über eine Barre mit nur 1 ' Wasser, welche Capt. Richards auf seiner wissenschaftlichen Unter- suchungsfahrt im Saracen zu passiren im Stande war, utfd landeten an einer andern sandigen Insel. Auch hier zeigten sich die paar Chinesen ebenso freundlich wie auf der andern Sandbank; und Cicindelae waren ebenso zahlreich. Keine von diesen beiden Sandbänken hatte eine Spur von Vegetation; allem Anschein nach stehen sie auch einen groben Theil des Jahres unter Wasser. Wb- sahen nur eine Dschunke, die auf den Strand gezogen war; alle übrigen Fahrzeuge der Eingeborenen waren Catamarans, die aus grofeen gebogenen Bambusstäben bestehen. welche zusammengebunden und an kreuzweise quer übergelegte Stäbe befestigt sind; wenn es nöthig ist, fügt man einen Mast und Segel hinzu. In diesen Fahrzeugen fehlt es allerdings nie an Wasser; es fiiefst dem darin Stehenden über die Fülse; aber sie sind doch sehr geeignet die Brandung zu durchschneiden.

Um 5 Uhr setzte der Dampfer seine Fahrt fort und ankerte bald vor Fort Zelandia. Früh morgens am 11. Juni machten sich Gig und Cutter auf den Weg, uns zu einem Besuch der Mandarinen von Taiwan- fu, der Hauptstadt von Formosa, ans Land zu bringen. Wir waren anfangs ungewüs, durch welchen Canal wir dorthin gelangen könnten, ob dicht bei Fort Zelandia vorbei oder etwas nördlich hinter einer Gruppe von Dschunken ; glücklicherweise stiefaen wir auf ein Fi- scherboot, nahmen einen von den halbnackten Fischern in die Gig und dieser führte uns um die sandige Landzunge herum, welche von der Brandung heftig gepeitscht wurde, in das Fahrwasser dicht bei dem Fort Zelandia. Dieses Fort, welches vor zwei Jahrhunderten von den Holländern zum Schutz gegen die Fukiän -Piraten erbaut war, liegt nun in Trümmern; in seiner Mitte ist ein grofser Baum emporge- wachsen, und die westliche, 12—15' dicke und von Ziegeln und Mörtel erbaute Mauer ist niedergerissen und das Material zum Bau der Mao- darinenwohnungen verwendet worden.

Etwa 2 Miles vom Fort entfernt näherten wir uns in einem flachen Canal '), der an manchen Stellen nicht über 40 Yards breit war, der Stadt Taiwan. Die Ufer waren hoch und nahmen uns die Aussicht;

') Vrgl. über diesen Canal Capt. Brookers Bericht, Bd. VII, S. 385. 386.

Ein Beglich der Insel Formosa. 209

aber die Rauken des schönen grünen Oeifsfufees mit seinen convolvulus- ähnlichen purpurnen Blüthen erfreuten unser Auge, und der frohe Ge- sang unzähliger Lerchen (Alauda minuta) hoch in den Lüften umströmte uns mit seinen Melodien. In Paksekwei, der Vorstadt von Taiwan, muteten wir mit den Booten Halt machen, da weiterhin das Wasser zu flach war. Zu Fufo statteten wir dem Taoutai unsern Besuch ab*. Kuog Chaou-tze dies war sein Name versprach uns allen Bei- stand, etwaige Schiffbrüchige ausfindig zu machen; er selbst hatte von neuerdings gescheiterten Schiffen Nichts gehört. Von den eingeborenen Sangfan, den rohen Wilden in den Bergen, hatte er nie einen gesehen ; er schilderte sie als ein barbarisches Volk, das sich von rohem Fleisch nähre und nie einen Menschen, der in ihre Hände fiele, verschone; denn sie seien Menschenfresser. Die Chinesen hätten mit ihnen Nichts zu thun, ausgenommen mit denen, die gezähmt wären und mit den An- siedlern Handel trieben. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, kehr- ten wir wieder zu den Booten zurück ; wir konnten sie aber nicht flott machen, da inzwischen Ebbe eingetreten war, und stiegen deshalb wie- der ans Land. Innerhalb der Ufer war nur ein mit Schlamm gemischter Sand, der von Wasseradern durchschnitten war. Eine Art Krabben mit einer groften weissen Scheere machte den Schlamm buntfleckig, als ob er mit Blumen besetzt wäre; sie waren sehr flink und schlüpften im Nu in ihre Locher. Vögel waren selten; eine Gaspiscbe und eine kleine Seeschwalbe (Sterna caspia und minuta) und ein paar Kent'sche Regen- pfeifer (Charadrius Cantianus) waren die einzigen, die wir zu sehen be- kamen. Lebensmittel waren lächerlich theuer. Nicht ohne Schwie- rigkeit kamen ,wir aus dem Canal, da die Fluth erst spät am Tage wieder eintrat

Am 12. Jäni ankerten wir vor Takow, das gewöhnlich der Af- fe nberg genannt wird '), nach den groben Affen, die hier in Menge vorkommen. Die Einfahrt in den Hafen ist sehr eng, und da die Ebbe gerade zurückflofs, fanden wir in dem Eingang eine starke Strömung. Der Hafen ist zwar klein, aber für ein paar Schiffe von mäfsigem Tief- gang bequem, und, da er fast überall von Land eingeschlossen ist, ein sehr sicherer Ankerplatz. Im Hafen lag ein Schiff, das befrachtet wurde, und am Ufer ein gutes Waarenhaus, das den Eigenthümern des Schiffs gehörte; aber mit dem Handel ging es flau, wie man uns sagte; es gab hier etwas Zucker, aber er war theuer; auch Reis konnte man gerade jetzt in China billiger kaufen als hier.

Die Eingeborenen trockneten eine ungeheure Menge von kleinen WeiMschen, die auf dem Sande in der Sonne ausgebreitet waren, und

') VrgL Zeüschr. N. F. Bd. HI, 8. 416. Z«lUe*r.t. «Uf. Brdk. M«» Voigt* Bd. VHI* 14

210 Robert Swinhoe:

sobald sie trocken sind, von den Dachunken in grofaen Säcken ex- portirt werden. Einige Dschonken lagen vor dem grossesten Dorf in dem Haien Ei -au (Kee-aou). Wir gingen durch dieses Dorf hindurch und fanden viele von den unter grofaen Banyanen erbauten Haasern von einer dichten Hecke stachlichter Pandanuß oder anderer undurch- aVinglieher Straucher umgeben und nur auf einem achmalen im Zick- zack geführten Pfade zugänglich. Unter dem Schatten des prachtvollen Laubdachs jener schönen Bäume pflegen die weiblichen Familienmitglie- der bei ihrer Arbeit zu sitzen, während die Männer auf dem Felde be- schäftigt sind.

Am 14. Juni um 5 Uhr lichteten wir die Anker und warfen sie nach zwei Stunden vor Fangleau (Pangle der Karten) wieder ans, einem Dorfe, das 25 Miles südlich von Takow liegt. Wir versuchten, mit der Gig und dem Cutter ans Land zu kommen, fanden aber die Brandung so heftig, dafs die Boote vor Anker gehen und wir in Ca- tamarana landen mufaten, in denen uns daa Wasser bis an die Kok reichte. Dieses Dorf liegt in Fehde mit dem Dorf Laileaou, wo Ban- cheang, ein geächteter Häuptling, lebt. Nichtsdestoweniger wurden wir auf unserem Wege durch die liebliche Landschaft nicht belästigt; die Reisfelder freilich lagen in Folge dieser Fehden wüst. Wir kamen durch daa Dorf Chuyleaou, das mitten in hohem Bambus liegt und wo wir schöne breite Strafsen mit Wagengeleisen fanden. Die Scenerie erinnerte stark an Ceylon.

Nach einem Marsch von ein paar Miles kamen wir in Laileaou an, das am Fufse der ersten Bergkette liegt und von einer Hecke um- geben ist, hinter welcher sich grofser schlanker Bambus erhebt; nach den Bergen hin schliefst ein Graben das Dorf zum Theil ein. Es bat zwei Eingänge, von denen der eine geschlossen war. Bancheang's Hans, daa ein oberes Stockwerk hatte, lag an der Ostseite; die Wohnungen seiner Leute waren ringsum innerhalb der Umzäunung errichtet; ober seiner Thür standen die Worte Wan jfett, und im Hofe lagen Speere und andere Waffen. In dem Helden selbst fanden wir nicht, wie wir es erwartet hatten, einen sturmischen Robin Hood, sondern einen ma- gern, gebückten, ältlichen Mann mit schlechten Zähnen. Die chinesi- schen Offiziere furchten ihn sehr seit ihrer letzten Expedition gegen ihn. Sie hatten seine Besitzung mit einer Armee von 1000 Mann an- gegriffen; Bancheang Hefa sie auf Schuf sweite herankommen und feuerte dann eine Kanone gegen sie ab; die Kugel rifs 18 Mann fort, worauf die Chinesen in wildem Schrecken die Flucht ergriffen.

Im Bambusdickicht waren Pfingstvögel (Oriohts Sinensis) sehr häufig, und schwarze Drongos (Dierurus Malabaricus) flogen hin and her zu ihren Nestern, die an gebogenen Barobusästen hingen. Die Ti- gerschwalben, die Amoy im Winter besuchen, bauten ihre Nester unter

Ein B«ach der Inael FotmoM. 211

den überhangenden Dächern der Schuppen, manchmal so niedrig, dafe man ne erreichen konnte. Diese Nester waren aus Thon in ovaler Form gebaut und mit Federn gepolstert; sie glichen sehr denen der englischen Mauerschwalbe (Hirundo urbica) und enthielten drei bis vier blaferöthJiche Eier.

Bei unserer Ruckkehr nach dem Schiff wurden wir während der Fahrt durch die Brandung in den Catamarans wieder tüchtig durch- nafst. Am 15. ankerten wir in Langkeaou-Bay, wo die Brandung uns eben solche Schwierigkeiten machte wie bei Pangle; aber wir ge- langten doch nicht weit vom Dorfe an der Sudseite der Bay glucklich ans Land. Die Bewohner sind meist Mischlinge, manche von den Wei- bern aber ächte Aboriginer. Sie sind gröfstentheils Fischer, obgleich sie auch etwas Vieh in den benachbarten Hügeln auf der Weide hatten.

Südlich von Langkeaou erstrecken sich die Berge bis an die See, and die Aboriginer schweifen in ihnen umher. Hier war es, wo die Mannschaft des Larpent grausam von den Eingeborenen ermordet wurde, mit Ausnahme von drei Personen, die zu den Chinesen entkamen und von diesen bis zu ihrer Rückkehr nach Amoy gütig behandelt wurden.

Da wir am 16. sohlechtes Wetter hatten, mufsten wir das Südcap in einiger Entfernung umfahren. Wir steuerten dann nordwärts an den Inseln Botel Tabago und Sama Sama vorbei, lenkten darauf ein und fahren längs der Küste Black Rock Bay vorbei. Die Berge, von denen einige eine beträchtliche Höhe erreichen, hatten eine reiche Vegetation, und ein Pik, auf den wir durch die ihn einhüllenden Wolken einen vorübergehenden Blick erlangten, hatte einen flachen Gipfel wie ein Krater. Eingeborene zeigten sich nicht; aber Nachts sahen wir auf den Bergen einige Lichter.

Am 17. ankerten wir vor einem Platz unter 24° 6' 18" N. Br., wo auf der Karte ein Flufs verzeichnet ist. Eine Schlucht zieht sich hier zwischen den Bergen hin; in ihr existirt aber nur ein kleiner Ge- birgebach. Das Schiff lag etwa 800 Yards vom Lande, doch konnten wir in 115 Faden keinen Grund finden. Der Morgen war schön, die See ruhig, wir ruderten also in der Gig nach der Küste und steuerten anf ein paar Hütten zu am Fufse der Berge. Als wir uns dem Lande näherten, bemerkten wir, dafs das tiefblaue Wasser des Oceans von dem Küstenwasser durch eine scharf hervortretende Linie geschieden war: das Vordertheil des Bootes stand in farblosem, das Hintertheil in tiefblauem Wasser! Nur noch 150 Yards von der Küste fanden wir mit einer Leine von 11 Faden keinen Grund; 50 Yards von der Küste hatten wir Grund in Faden. Am Strande zeigten sich mehrere Ein- geborene, darunter einige Chinesen ; in dieser Schaar konnten wir sechs Männer erkennen, die fast ganz nackt waren und nur um die Hüften

14#

212 Robert Swinhoe:

ein Stück Zeug mit einem vorn herabfallenden Lappen tragen. Die« letztern waren mit Speeren und Säbeln in einer Scheide bewaffnet; die Säbel waren durch den Gürtel gesteckt und hingen hinten herab. Ihr Haar war kurz und über der Stirn zusammengebunden; hinten hing es lose herab. Ihre Physiognomie hatte viel Malayisches, doch waren sie viel schöner als Malayen und etwas schöner als die Chinesen, die sich unter ihnen befanden. Ihre Pfeile hatten merkwürdigerweise keinen befiederten Schaft. Da die Brandung zu stark war, als dafo wir an* Land kommen konnten, winkten wir den Chinesen, die auch sofort ein Boot ins Wasser liefsen, um zu uns zu fahren. Aber als sie eben ab- stoben wollten, sprangen vier von jenen Wilden in das Boot, und da die Chinesen aufser Stande waren sie zurückzuhalten, gaben sie ans ein Zeichen, dafe wir uns entfernen möchten. Wüthend darüber, dab sie nicht zu uns gelangen konnten, schwangen die Wilden mit drohen- den Oebehrden ihre Speere und Säbel; aber ein über ihre Köpfe ab- gefeuerter Schals trieb sie bald in die Flucht. Sie suchten hinter ei- nem Hügel Schutz, und nun kamen die Chinesen zu uns. Wir nahmen einen von ihnen zu uns, um ihn auszufragen. Seinen Angaben zufolge hiefsen diese Wilden Tai -lo- kok '), und ihr Stamm zählte etwa 4000 Seelen; sie wohnten auf den bewaldeten Bergen der Nachbarschaft lebten von süfsen Kartoffeln, Taro und Rehfleisch; die kahlen Stellen, die wir an den Bergen bemerkten, wären Rodungen, die des Ackerbaui wegen von ihnen angelegt waren. Der gröfsere Theil der Berge sei dicht mit Kampfer-Bäumen bewaldet; auch das Boot, in dem die Chi- nesen hinausgekommen waren, war von Kampferholz. In dem Dorf« lebten etwa zweihundert Chinesen und nährten sich durch Fischerei; sie wären vor vielen Jahren von den Mandarinen hieher geschickt wor- den (wahrscheinlich als Sträflinge); wenn wir einen von den Wilden tödteten, so würden die andern sich an den Chinesen rächen, denn die Wilden hätten Waffen, die Chinesen wären waffenlos. Ein Dorf, das früher etwas weiter aufwärts an der Küste lag und wo wir noch eine Rauchsäule emporwirbeln sahen, sei von den Wilden verbrannt und sämmtliche Einwohner desselben getödtet worden. Man habe aoch früher fremde Schiffe hier vorbeifahren gesehen; aber so nahe an die Küste, wie der Inflexible, sei nie ein Schiff gekommen.

Wir forderten die Chinesen auf, einen von den Wilden zu uns 10 bringen, damit wir ihn mit ihrer Hilfe befragen könnten. Sie kehlten ans Land zurück, und liefsen sich mit den Wilden, die sich in einer gesonderten Gruppe niedergesetzt hatten, in eine Verhandlung ein; aber

') Dar Hafen heifgt nach Capt Brooker, der übrigens das Rencontre etwas lo- dere erzählt, Tschockeday.

Ein Besuch der Insel Formosa. 213

keiner von diesen zeigte Lust, der Einladung zu folgen. In der Be- sorgnüs, dafs diese Barbaren, wenn wir noch länger ihnen so nahe blie- ben, unsern Besuch zum Vorwand nehmen könnten, an den Chinesen ihre Rache zu üben, kehrten wir zu unserem Schiff zurück, ohne sie weiter zu belästigen. Es ist auffallend, dafs ein so wilder Volksstamm ao lange in unmittelbarer Nähe der Ansiedelungen einer civilisirten Nation existirt hat; aber ihre bewaldeten Berge bilden ihre Schutz- wehr. Sicherlich haben die chinesischen Mandarinen Alles was sie konnten gethan, die Wilden auszurotten. Um ihnen zu schaden, hat man vor Zeiten selbst Tiger von China herübergebracht und hier in Freiheit gesetzt; aber es zeigte sich, dafs die Wilden viel zu geschickte Jäger und durchaus nieht geneigt waren, sich gutwillig fressen zu lassen.

Bei unserer Weiterfahrt kamen wir an prächtigen Bergen von sehr bedeutender Höhe vorbei, die bis zum Gipfel bewaldet waren. Zu- weilen waren von ihnen nur die Gipfel sichtbar; aber sie traten in ihren kühnen Umrissen allmählich hervor, so wie die Wolken sich ver- zogen. Bald zeigte sich ein Thal, welches sich vom Strande aus in gerader Richtung landeinwärts zwischen den Bergen hinzog; aber ein Flufe war nicht sichtbar.

Als wir uns der Sooau-Bay näherten, trafen wir mit einigen klei- nen Booten zusammen, die vom Lande abgestofsen waren. Aus einem derselben nahmen wir einen Mann an Bord und das Boot ins Schlepptau. Die Leute in den Booten waren theils Chinesen, theils Mischlinge; sie lebten von der Fischerei, und waren auch jetzt ausgefahren, fliegende Fische zu fangen. Den Angaben dieses Mannes folgend, warfen wir außerhalb der Bai Anker bei 13 Faden Tiefe.

Am 18. fuhren wir zu Boot in den Hafen von Sooau, oder Saw-o, wie er von den Bewohnern genannt wird. Wir fanden bis an das Ufer tiefes Wasser und guten Schutz für Schiffe, obgleich der Hafen den star- ken Sudostwinden etwas ausgesetzt ist. Zu beiden Seiten erhoben sich schöne grüne Berge, von denen viele bis zum Gipfel mit Vegetation bedeckt waren; das Central-Dorf, nach dem wir hinsteuerten, lag weiter landeinwärts am Ufer eines Flusses, der in gewundenem Lauf zwischen den Bergen nach der See sich hinschlängelte. Die Häuser der chine- sischen Einwohner waren aus Tunden Steinen und Lehm erbaut und mit Stroh gedeckt. Diese Leute sagten uns, dafe die Wilden auf den Bergen zur Linken im Walddickicht lebten; sie wollten uns zu einem derselben, der eben ins Dorf herabgekommen war, hinfuhren, aber wir kamen zu spät, er war schon wieder zurückgekehrt.

Die hiesigen Chinesen treiben mit diesen Wilden Tauschhandel; sie erhalten von ihnen mancherlei Artikel, wie Kleiderstoffe und Felle, and manche trugen Stoffe, die von den Aboriginern gearbeitet waren.

214 Bobert Swinhoe:

An die Wilden vertauschen sie Zeuge, die von China in Dschonken hierhergefuhrt werden. Um sich gegen die Aboriginer zu vertheidigen, halten und besolden sie eine Art Miliz von Scharfschützen, die einen Patrouille-Dienst in den Bergen versehen. Diese Milizleute, von denen mehrere herbeikamen um uns zu sehen, waren mit sehr schönen, gut gehaltenen Luntengewehren und mit Messern, die sie im Gürtel trugen, bewaffnet. Einer von ihnen hatte im Bein eine Kugelwunde, die er bei Ausübung seines Dienstes von einem Wilden empfangen. Sie zeigten uns einige Rehkeulen und Felle des Muntjak (Cerrulus Reevesu), wie auch das Fell einer Katzenart; alle diese Dinge waren käuflich; aber nach den Preisen zu schliefsen, die verlangt wurden, mufs der Mexi- canische Dollar hier nicht so viel gelten wie bei uns. Von ornitholo- logischem Interesse war unter dem, was ich mir hier verschaffte, nur ein Pomatorrhinus und eine schwarze Seeschwalbe.

Nachdem wir das Dorf im Gentrum der Bai verlassen, fuhren wir quer über den Hafen nach einer kleinen Bucht zur Linken, und da wir hier ein Dorf erblickten, ruderten wir ans Land. Eine grofce Menge Männer und Weiber kam uns entgegen ; sie gehörten zu unserer Freude zu den von den Ghinesen sogenannten Siekhwan oder gezähmtes Wilden. Von den Männern trugen einige das Haar lose, aber anter den Jüngern hatten nicht wenige ihren Kopf nach chinesischer Weis« geschoren. Ihre Hautfarbe war etwas dunkler als die der Chinesen; ihr Gesicht hatte einen malayischen Schnitt Von den Weibern waren einige braun, andere fast weifs; manche hatten ganz europäische Phy- siognomien und durchaus keine schräg geschlitzten Augen. Ein paar trugen Röcke oder sie hatten etwas über die Schultern geworfen; dir meisten aber hatten keine andere Bekleidung, als einen Umschlag am die Lenden, der durch einen Gürtel festgehalten wurde. Ihr Haar hing lose herab; doch hatten sie ein weifses oder rotbes Stirnband. Die meisten von diesen Leuten rauchten Pfeifen oder Rollen von Tsbtck in Cigarrenfbrm.

Einer von den Männern sprach etwas chinesisch und wir verstan- digten uns durch ihn mit den übrigen. Als wir nach ihrer Herkunft fragten, sagten sie, sie wüfsten nur, dafs sie von den Bergen gekommen wären. Sie konnten uns nicht einmal sagen, wie alt sie wären; e* fehlte ihnen offenbar der Ausdruck für diesen Begriff. Sie wollten nicht „Chin hwan" oder „rohe Fremde u, sondern einfach Bwan-ok „Fremde" genannt werden, ebenso wie wir. Vor den ächten Wilden, den Sang-fan, schienen sie sich eben so wie die Chinesen au furchten.

In ihrer Sprache ist der Laut R auffallend häufig. Von den ge- wöhnlichsten Worten will ich hier ein paar mittheilen, die ich dam&i» notjrte.

Ein Berach der Insel Formosa. 215

Larrai, Mann Lattm, Wasser

Tarroögon, Weib Khan Tammacko, rauchen

Wdn-nak, Sohn Wäfsoo, Hund

JM-**, Tochter Pak boöl, fechten

Boorruar, Boot Jfat, nein

La am*», Feuer Oörr'oo, Kopf.

Sowohl im Bau ihrer Häuser wie in ihrer Lebensweise gleichen diese Leute viel mehr den Chinesen, als der blutdurstigen Race, die wir vor ein paar Tagen gesehen hatten. Ja man kann kaum fried- lichere and gutmüthigere Leute sich denken. Sie hatten noch nie ein fremdes Dampfschiff gesehen; Nachmittags umschwärmten sie unser Schiff bis spät zum Abend und sangen dabei eine ganz absonderliche Melodie.

Die Chinesen nennen dieses Dorf Lamhongo, und ein Dorf an der gegenüber liegenden Küste, das von Chinesen bewohnt und von uns ebenfalls besucht wurde, Pakhongo.

Wir stiegen auf einen der benachbarten Berge und hatten von ihm eine weite Aussicht. Rechts von den Bergen zog sich eine schöne, angebaute Ebene hin, mit einem Flufs, der kurz vor seiner Mündung sich nach verschiedenen Richtungen verzweigte; hinter uns lag die See, vollkommen ruhig, während zu unsern Füfeen die unruhige Brandung ihren weiisen Schaum gegen die dunkeln Felsen spritzte; zur Linken lag der Hafen von Soo-au. Draufsen an den Felsen hatten sich zahl* reiche Schwärme von schwarzköpfigen Seeschwalben vereinigt; und ein paar hundert Schritt abwärts an dem Berge safe ein Affe, quiekend und sich mit sich selbst unterhaltend. Am Eingang in die Bay ist eis von der Brandung gepeitschter Tunnel, der den Felsen vollständig von N. nach S. durchschneidet; die südliche Oeffnung ist groiser als die andere, grofs genug, dafs ein Mann aufrecht in ihr stehen könnte.

Am 19. dampften wir mit Tagesanbruch von Soo-au fort, fuhren um das Vorgebirge herum und befanden uns bald der trefflich ange- bauten Ebene gegenüber, auf die wir Tags vorher von dem Berggipfel eine so schöne Aussicht genossen hatten. Wir ankerten vor der Mün- dung eines Flusses und machten Gig und Cutter fertig um ans Land zu fahren. Von einem chinesischen Boot nahmen wir einen Fischer an Bord, der uns das Fahrwasser bezeichnete; aber er rieth uns ab in den Flufs hineinzufahren, da an der Barre eine wüthende Brandung tobte. Wir schwankten; fuhren wir hinein, so war es fraglieh, ob wir ohne grofse Gefahr wieder würden hinauskommen können; kehrten wir zum Schiff zurück, so verzichteten wir darauf, einen herrlichen Land- strich kennen zu lernen. Wir schickten den Cutter zurück, und war- teten in der Gig den Moment ab, wo eine kleine Dschunke über die

21g Robert Bwinhoe:

Barre wegfahr. Sogleich hiefs es: „Vorwärts!" und wir kamen glück- lich hinüber. Jenseits der Barre ging es in ruhigem Wasser weiter and wir fahren 8 Miles weit stromaufwärts. Der Flufe schlängelte sich | in zahllosen Windungen durch eine wohlangebaute Ebene hin und war

selten weniger als einen , Faden tief.

Das erste Dorf, in welchem wir landeten, lag am linken Ufer, etwa 4 Miles von der Mundung. Es war von Siekhwan oder gezähmten \ Wilden bewohnt und hiefs Polo Sin naw an. Die Leute waren aofser-

I ordentlich freundlich und gutmüthig, viel gutmütiger als die Chinesen,

i und Meisen uns ihre rings umher unter Bäume« versteckten Wohnungen

sehen. Ihre Häuser ruhen auf Pfählen und haben einen Fußboden von Brettern. Die Einwohner stehen unter einem Aeltesten ihres Stammes und unter einem Chinesen , der hier wohnt. Die Weiber schienen in bessern Verhältnissen zu leben als die in Soo-au; sie hatten drei oder vier Schleifen rothen Bandes in ihr Haar geflochten und einen Kranz von grünen Schlingpflanzen aufgesetzt. Ihre Ohrläppchen waren mehr- mals durchbohrt und fünf oder sechs dünne weifse Metall-Ringe hinein- gehängt, jeder etwa von 2" im Durchmesser. Der Schmuck war für das Ohr ziemlich schwer, sah aber durchaus nicht häfslich aus.

Zwei Miles weiter landeten wir in einem anderen von Chinesen be- wohnten Dorfe, Namens Ke-ta-kan oder Le-teek-kan. Es soll tausend Einwohner zählen und war der Hauptort an dem Flufse. Eine gute breite Strafse durchschnitt das Dorf. Auch Provision war hier n haben, freilich nur in geringer Auswahl und zu sehr hohen Preisen. Man zeigte uns die Felle eines Reh's, eines Muntjak and einer Felis. Die Bewohner behaupteten, wir müfsten Holländer sein; denn von an- deren rothhaarigen Fremden hätten sie nie gehört. Die Umgegend war mit Reis und Hirse bestellt: Reis scheint ihr Haupt -Exportartikel m sein. Dschunken bringen ihn nach Kelung und kehren von dort mit Salzladungen zurück. Die Leute waren sehr begierig zu erfahren, welche Waaren wir mitgebracht hätten, und wollten gern mit uns ban- deln. Nachdem wir noch etwas weiter stromaufwärts gefahren waren, kehrten wir um and erreichten mit der zurückströmenden Fluth die von der Brandung gepeitschte Barre. Wir landeten nochmals an einer Sandbank, um ein paar Winkelmessungen vorzunehmen; sie war von einem halbnackten Haufen chinesischer Fischer bewohnt, die durch den Anblick einer Uhr in hohes Erstaunen versetzt wurden und dieselbe für eine fremdländische Art Oompafs hielten. Wir hatten einige Mübe die Brandung zu durchschneiden ; unser Boot füllte sich dabei bis zur Hälfte mit Wasser.

Am 20. Juni fuhren wir an Kelung Island vorbei und ankerten um 10 Uhr Vormittags in Hafen von Kelung. Nachmittags brachen

Ein Besuch der Intel Formen. 217

wir zu einem Besuch der Kohlenminen auf, so denen ein ziemlich weiter Weg rnnd um die Bai fahrt. Sie Hegen westlich >) vom Hafen und werden von Chinesen bearbeitet, welche am Eingange derselben in Hotten von Stroh und Holz wohnen. Es sind hier 11 oder 12 Schachte, die in verschiedener Höhe an dem der See zugewandten Ab- hänge eines Berges munden. Einen derselben habe ich, von einem Mann mit einem brennenden Stück geflochtenen Papiers geführt, bis ans Ende verfolgt. Er lief horizontal, war 3 4£' hoch und 3 10' und darüber breit Die Kohlenschichten zogen sich zu beiden Seiten in parallelen Linien hin, 1 3' machtig. Das Hangende und Liegende bestand aus Sandstein; von der Decke aber träufelte beständig Wasser herab und bildete unten mit dem Sande einen schlüpfrigen Schlamm. Der Schacht war fast in gerader Richtung 240 Schritt lang und bog am Ende plötzlich nach rechts ab. Elleine brennende Dochte in Oel- lampen erleuchteten den Weg und wir fanden 5 oder 6 nackte Manner mit Spitzäxten, die auf der einen Seite stumpf, auf der andern scharf waren, bei der Arbeit beschäftigt. Die zu Tage geförderte Kohle ist klein und bituminös und brennt schnell mit starker Hitze und Flamme. Wahrscheinlich bildet sie die beste Sorte, die hier gefunden wird. Die Leute forderten 20 Gents für den Picul, und versicherten, dafs fünf Mann bei 24 ständiger Arbeit nicht mehr als 30 Picul förderten. Sie schaffen die Kohle, gleich nachdem sie sie losgeschlagen haben, hinaus, und zwar in länglichen Körben, von denen jeder 1 Picul fafst und die auf Brettern über den schlammigen Boden gezogen werden. Wir kauf- ten von diesen Kohlen für unsern Dampfer 96 Tons, die in 2 Tagen an Bord geschafft wurden.

Am 22. Morgens um 8 Uhr brachen wir nach den Schwefel- quellen auf, die 40 Miles von Kelung entfernt sind. Unsere Reisege- sellschaft bestand aus 5 Personen, abgesehen von zwei Matrosen und mehreren chinesischen Kulies. Nachdem wir durch die Stadt Kelung hindurchgegangen waren, schlugen wir eine nordwestliche Richtung ein, auf einer guten Strafse, bis wir zur ersten, 5 Miles von Kelung ent- fernten Station, einem Dorf Namens Tye-hoo-lun, gelangten ; 2| Miles weiter machten wir an einer zweiten Station Halt, wo die Reisege- sellschaft fünfviertel Stunden ausruhte, während der Botaniker und ich unsere naturhistorischen Sammlungen zu bereichern suchten. Das Land war in der That schön, Alles frisch und grün. Aber merkwürdiger Weise zeigten sieb nur wenig Vögel; ich bemerkte nur den schwarzen

1 ) Dies scheint ein Druckfehler zu sein. Die von dem Rev. George Jones un- tersuchten und ausführlich beschriebenen Kohlengruben (vrgl. diese Zeitschr. N. F. Bd. VI, 8. 492 and Heine's „Expedition in die Seen von Japan und Ochozk* Bd. II, S. 815 ff.) liegen ostlich von Kelung.

218 Robert Swinhoe:

Drongo, die rothe Rohrdommel und den kleinen Hoo-hoo (Centro- pus). *) Wir trafen einen Mann, der unter Anderem ein Fell einer Zibethkatze hatte, von einer Species, die ich bisher nicht gesehen and die er Peihba nannte; er sagte, er habe es von den Bergen mitge- bracht

Zehn Minuten vor 3 Uhr erreichten wir das Dorf Massoo, das hart an der See liegt und von dem wir Kelung Island deutlich erken- nen konnten. Zu unserm grofsen Verdrufe bemerkten wir, dafs wir zu Boot in ein paar Stunden hätten hierhergelangen können, während wir jetzt einen ganzen Tagemarsch gebraucht hatten. Wir machten für ein paar Minuten unter einer schönen Banyane Halt, gingen dann durch das kiesige Bett eines seichten Süfswasser- Flusses, und wählten an dem Berge oberhalb der Dorrwohnungen einen kleinen Waldfleck ans, um hier bis zur Abendkühle zu rasten. Zehn Minuten nach 6 Uhr brachen wir wieder auf, folgten eine Strecke weit dem Strande und bogen dann sudwestlich landeinwärts ab, einen hohen Berg hinauf. Bald nach Sonnenuntergang hörten wir den Lockruf der Bambu -Wachtel von dem benachbarten Berge Ke-pah-kwai, während eine Eule ihren Klagelaut ertönen liefs. Grofse Fledermäuse umflatterten ans, und der Mond war unsere einzige Leuchte.

Erst gegen 9 Uhr erreichten wir Kim-paou-le, wo wir die Nacht zuzubringen gedachten. Wir machten vor dem Choo-haw-keong-Tempel Halt und wünschten den Aeltesten zu sprechen. Man liefs uns in den Tempel hinein und bald empfingen wir den Besuch des Tsongle oder Corporals, des Dorfvorstehers, der uns einige Eier und Congee schenkte. Er versicherte, noch nie Weifse gesehen zu haben. Sobald er sich ent- fernt hatte, bereiteten wir uns auf dem Fufsboden unsere Lagerstätten und wünschten uns eine erquickende Nachtruhe nach den Mühen des Tages, wurden aber die ganze Nacht durch zahlreiche Mosquitoe soft Unerträglichste gepeinigt.

Am nächsten Morgen standen wir um 5 Uhr auf und machten uns sogleich auf den Weg, sobald die Kulies gefrühstückt hatten. Der Him- mel war bewölkt und wir befanden uns in guter Wanderlust; so mar- schirten wir munter durch eine höchst anmuthige, hin und wieder be- waldete Berglandschaft fort. Auf einer guten Strauße ging es vorwärts durch Thal und Schlucht, bis wir, um einen Berg herumbiegend, den

1 ) Swinhoe beschreibt ihn in einer besonderen Abhandlung über neue Vogel- arten auf Formosa anter dem Namen Centropus dimidiatus und unterscheidet ihn von Centropus Philippensis , den die Europäer Krähen -Fasan nennen. Er ist sir halb so giofs als der letztere , auch anders gefärbt. Der formosanisebe Vogel \ai Schnabel und Beine schwarz, Iria blutroth, Kopf, Nacken, Bauch und Schwans grau- lich schwarz, Rücken und Flügel hell nufsbraun. Das hier erhaltene Exemplar war 12|" lang, die Flügel 5,9", der Schwanz 7".

Ein Btneh dtr Insel Toarmosa. 219

Dampf des Schwefels and den wüsten Schlund bemerkten, ans dem er emporstieg.

Die Gegend war sehr schön; längs eines Bergabhanges gingen wir auf einem Pfade, der ans an einen brausenden Gebirgsbach mit köstlich kühlem Wasser führte; stromaufwärts sah man eine pracht- volle Schiacht voller Bäume, die über das schäumende Wasser sich beugten; nach unten hin öffnete sich ein tiefes Thal; auf der andern Seite erhoben sich die Berge sehr hoch und an einem derselben zeigte sich der vegetationslose Schlund, der unaufhörlich graue Dampfsaalen ausstiefs. Nachdem wir über einen Wasserfall gegangen , erreichten wir auf einem rauhen Pfade die Minen. Wir fanden keinen Menschen dabei; eine kleine Strohhütte auf dem Berge war noch neuerdings be- wohnt worden, jetzt war sie leer. Wir erfuhren später, dafs die Man- darinen von Futschau Soldaten hierhergeschickt hatten, um die Benutzung der Gruben zu verhindern, und dafs man in Folge dessen sie jetzt nur heimlich and bei Gelegenheit verwerthet.

Der Schwefel kommt in einem Schlund vor, der so aussieht, als ob die grünen, mit grobem Grase bedeckten Hügel auseinander ge- klafft wären und ein tiefes Thal von gelb und roth gefärbtem Kalk- stein gebildet hätten; an manchen Stellen dieses Schlundes wurde der heiJse Dampf mit furchtbarem Geräusch und grofser Kraft in spring- brunnen-ähnlicben Strahlen ausgestofsen, wie der Dampf aus der Ab- zugsrohre einer Dampfmaschine; an andere Stellen brodelten kleine Lachen von reinem Schwefel, and man brauchte ihn nur auszuschöpfen and abzukühlen, nm ein gutes Handelsproduct zu erhalten. Auf dem Boden der öden Schlucht rieselte ein trüber Bach hin, der den schwe- felhaltigen Schlamm von dem Boden wegführte. Ein Scbwefelpfuhl war nicht weiter als 15' unter mir, und sein Gestank war unerträglich; die Erde unter meinen Füfsen zerbröckelte und dröhnte, als ob sie ein- stürzen wollte; rings umher lagen Stücke von Kalkstein, die mit Schwe- felkrystallen besetzt waren, während Käfer und Schmetterlinge, die un- glücklichen Opfer dieser schädlichen Ausdünstungen, todt, ohne Flügel und Beine, den Boden bedeckten.

Nachdem wir diese wilde Scenerie verlassen, traten wir nach kurzer Rast auf einer andern Strafse, die uns der Führer vorschlug, den Rück- weg an. Wir stiegen zuerst einen sehr hohen Berg hinan und gingen dann eine Strecke weit über eine grasreiche Hochebene ; am Ende der- selben bemerkten wir in dem fernen Thal zu unsern Füfsen den Tamsoy Flufs, der sich hier aus zwei Quellflüssen bildete; einer der letztern fuhrt nach Mangka, der andere in der Richtung nach Kelung auf- wärts. Rasch gingen wir den Abhang hinab, über Hügel von mäfsiger Höhe, die mit niedrigem Kraut bedeckt und hin und wieder mit süfsen

220 Robert Swinhoe:

Kartoffeln and einer als Färbestoff verwendeten Species von Creantbasea bestellt waren.

Hier, an einer hölzernen Planken-Brucke über einen Oebirgsbach, machte die Gesellschaft für ein paar Minuten Halt, bis wir, der Bo- taniker und ich, die wir ans mancherlei Abwege erlaubt hatten und stark zurückgeblieben waren, die Uebrigen einholten. Ich war hier so glücklich gewesen, ein Exemplar eines Tauchers (Cinclus) zu erhalten, einer mir bisher unbekannten Species, die wahrscheinlich dem Himalaja angehört. Es ging nun auf einer guten Strafte über Weidegründe Tor- warts, fortwährend bergab, die Landschaft verlor ihren wilden Cha- rakter und zeigte mehr und mehrCultur; zuletzt kamen wir über Wiesen mit weidendem Vieh , und Pflanzungen von Nadelhölzern zeigten sich hier und dort. Der Berg, den wir auf einer Reihe von unebenen Stufen, rechts und links von Dickicht umgeben, hinabgestiegen waren, war sehr steil und führte uns in die Ebene, ein weites Flachland voll wogender Reis- und Hirsefelder, durchschnitten von zahllosen Flüssen und Wegen. und mit ländlichen Ansiedelungen besetzt.

Wir folgten unserm Führer nach einem grofsen Dorfe Namens Patsienah, wo wir um halb zehn Uhr Abends eintrafen. Vor dem Dorf machten wir Halt und beriethen darüber, ob wir wohl hoffen durften hier ein Boot zu erhalten, auf dem wir in die Nähe von Kelung fahren könnten. Wir gingen nach dem Boot -Hause und waren so glücklich hier ein Boot für uns und ein anderes für unsere Kulies miethen zo können. Beide waren grofs und bequem; sicherlich war es viel ange- nehmer in ihnen die Nacht zuzubringen, als in den von Mosqnitos durchschwärmten Räumen eines Tempels. Wir hatten im Laufe des Tages 30 Miles zurückgelegt, und schliefen in Folge dessen sehr ge- sund, ungeachtet der Bewegung des Bootes.

Um 5 Uhr Morgens am 24. waren wir in Chuy-t'ng-ka, oder „Dorf des Fluthendestf, bis zu welchem die Wirkung der Fluth sich erstreckt. Da wir uns noch nicht sehr gestärkt fühlten, miethetenwir zwei kleinere Boote, um die Rapiden hinaufzufahren, so weit es mög- lich war. Da die Boote so klein waren, muiste die Gesellschaft sich trennen. Der Botaniker und ich blieben zusammen ; die Kulies mofsten zu Fufs marschiren. Anfangs war die Fahrt auf dem glatten Strom, unterbrochen durch das starke Rudern und Abstofeen in den Rapiden, sehr angenehm; aber wie alle guten Dinge, wenn sie zu lange danern, endlich lästig werden, waren wir sehr froh an einem kleinen Dorfe Namens Chittaw Halt machen zu können.

Hier sahen wir ein paar Regenpfeifer (Charadrius pusilla) zwi- schen den Steinen umherlaufen, und hin und wieder eine Taube, die am

Ein Bttach dtr Intel Fotmota. 221

Ufer ihr Putter sachte. Drongos hüpften umher und ein paar rothe Rohrdommeln flogen mit hühnerähnlichem Gegacker unruhig hin und her. Diese Thiere brachten Leben in die Monotonie unserer Reise; aber „der sufee Erquicker der ermüdeten Natur44 nahm mich bald wieder in seine Arme, und als ich erwachte, sah ich, dafe die Hügel immer steiler und felsiger wurden, je mehr wir uns dem tiefen Becken näherten, an dem unsere Reise endigen sollte. Hier machten denn schliefelich unsere Boote Halt unter 22 andern, die sich hier bereits versammelt hatten, denn weiter aufwärts ist der Flufe ein blofser Ge- birgsbach. Das Dorf, an dem wir Halt machten, heilst Kang-ah-lai. Da unsere Kulies bereits auf uns warteten , begaben wir uns sogleich auf den Marsch. Auf einer hölzernen Brücke gelangten wir über den Fluß, stiegen dann, durch einen abkühlenden Regen erfrischt, den Berg hinauf und gelangten bald nach dem 2 Miles entfernten Kelung. Nach- mittags um halb vier begaben wir uns an Bord des Dampfers, nach* dem wir in 55 { Stunden einen Weg von mehr als 80 Miles durch eine ganz unbekannte Gegend zurückgelegt hatten.

Am folgenden Tage besuchten wir Fiat Island, und kamen an dem vor Zeiten von den Spaniern erbauten Fort vorbei. Der gröfsere Theil der Insel besteht aus Sandstein, der in Quadern bricht und of- fenbar von Eisenoxyd gefärbt ist; das Fluthwasser spült über ihn hin. Der mittlere Theil der Insel hat eine dürftige Vegetation; nach der See hin bilden weifse Korallen die Grenze. Auf den sehr zahlreichen kleinen Felsen safsen mehrere Seeschwalben, und auf den Sandbänken ein paar Regenpfeifer. Einige chinesische Fischer fingen mit Angeln den schön blauen und rothen Eorallenfisch: vom Boot aus kann man in dem klaren Wasser diese prachtvoll gefärbten Bewohner der Tiefe zwi- schen den weilsen Korallenästen spielend umherschwimmen sehen. Von den hier gefangenen Fischen ist einer der schönsten, was Farbenpracht betrifft, aber einer der abscheulichsten an Gestalt der Papageifisch oder Ying-ko-he. Ein paar von ihnen wurde an Bord gebracht und ich kaufte einen. Er war 2' lang, hellroth und blau gefärbt, und hatte einen grofsen blauen Knoten auf der Nase. Sein Fleisch war sehr schmackhaft, und der Knoten schmeckte gekocht wie das schöne grüne Fett einer Schildkröte.

Wenn das Tageslicht hinschwindet, sieht man hier plötzlich auf einem Boot im Hafen ein einsames Lichtchen aufblitzen, dann taucht ein anderes und wieder ein anderes auf; und noch ehe die Dämmerung herabgesunken ist, schimmern überall auf dem Wasser unzählige helle Lichter und bewegen sich, wenn es dunkler wird, meteorgleich nach allen Richtungen. Beim Einbruch der Abenddämmerung brechen näm-

222 Robert Swinfctes

lieh die Fischer auf, and fahren mit einem Bändel brennender Bam- busstäbchen auf dem Vordertheil ihrer Boote hortig hin und her, um die Fische in die Netze zu schrecken.

Am 26. verliefsen wir Kelung und ankerten Nachmittags vor dem Dorf Hawbe an der Mündung des T am suy- Flusses. Wir besuchten das Dorf, fanden aber den dienstthuenden Beamten nicht anwesend; er hatte sich nach Mangka begeben.

Am 27. Nachmittags hatten wir, als wir etwa 1 Mile von der Küste entfernt waren, eine sehr klare Aussicht auf die schone gröne Ebene, in welcher wellenförmiges Weideland mit Streifen lehmigen Bo- dens abwechselten, und auf die fernen in Wolken gehüllten Berge. Wir ▼ersuchten in der Gig zu landen ; aber da die Brandung wie gewöhnlich zu heftig war, legten wir das Boot vor Anker und winkten einigen Ein- geborenen, die sich am Ufer versammelt hatten, zu uns zu kommen. Sie folgten bereitwillig der Aufforderung; wir nahmen einen von ihnen ins Boot und erfuhren Folgendes von ihm. Ihr Dorf (unter 24* 19 45" N. Br. gelegen) hiefe Lampaw und ist 250 Li von Tamsuy ent- fernt (man rechnet hier wie in China 3 Li auf eine englische Meile); sie selbst waren Chinchew -Leute; die Stadt, die wir 15 Li weiter süd- lich sehen konnten, hiefs Gaw-chay-kang, lag aber in einem andern District; ihr Dorf gehörte zum Teek-cham District und stand anter der Aufsicht eines Tsien-tsung. Wilde zeigten sich in dieser Gegend nicht.

Am 29. statteten wir wieder den Mandarinen in Taiwan unsero Besuch ab, und erfuhren, dafs vor wenigen Tagen ein Zweimaster aof einer sandigen Landzunge bei Kok- si-kon gescheitert und untergegan- gen war, während die Mannschaft 11 Schwarze und ein Weifser sich gerettet habe und auf einer Lorcha nach Amoy zurückgefahren sei. Einer von den Mandarinen sagte, das Schiff habe eine Ladung Opium gehabt und Einiges davon sei gerettet worden ; „aber", fugte er mit einem scheuen Blick hinzu, „es ist nicht gut, darüber zu sprechen.' Es stellte sich später heraus, dafs das gescheiterte Schiff ein Hambur- ger war, welches eine Opiumladung nach Takau führen sollte.

Bei der Rückkehr nach Amoy berührten wir die Pescadores und ankerten in einem etwa Mile von der Stadt Makung entfernten Ha» fen. Der Beamte in Makung steht unter den Behörden von Formosa. Er sagte uns, dafs die Producte der Inseln Erdnüsse, Reis, Hirse u. a. dem heimischen Bedarf nicht genügten und dafs von Formosa Le- bensmittel herübergeschafft werden mölken; die heftigen Winterstfinne thäten den bebauten Feldern groben Schaden. Die Zahl der Einwohner schätzte er auf 180000.

Nach der Zuvorkommenheit, mit der uns die Chinesen auf For-

Ein Besuch der Insel Fonnosa. 223

moea überall entgegenkamen, muis ich glauben, dafe sie etwaigen Schiff- brüchigen mit Freundlichkeit begegnet und sie mit erster Gelegenheit nach dem nächsten Gonsular- Hafen befördert haben würden. Aber nach Allem, was wir von den Wilden gesehen haben, können wir nicht umhin anzunehmen, dafs die Stunden der Unglücklichen, die in ihre Hände fallen, gezählt sind. Ihr Blutdurst ist so grofs, dafe, wie man uns sagte, kein Mann um ein Mädchen freien darf, wenn er nicht den Kopf eines von ihm erschlagenen Feindes vorzuzeigen im Stande ist.

IX.

Die Canadische Red River -Expedition in den Jahren

1857—1859.

Nach den Canadischen und Englischen Parlaments -Akten

von E. G. Ravenstein.

(Hierzu eine Karte, Taf. III.)

Als Hauptzweck dieser Expedition wird in den Verhaltungsbefehlen rom 22. Juli 1857 eine genaue Untersuchung des Landes zwischen dem Oberen See und dem Red River mit Hinsicht auf die Herstellung einer leichten Verbindungsstrafse auf britischem Gebiete nach dem Red River und schliefelich nach den anbauungsföhigen Gebieten jenseits angegeben. Die Expedition bestand aus folgenden Mitgliedern: George Gl ad man, als Chef, und sein Sohn Henry Gladman, als

Gehülfe; der Civil -Ingenieur W. H. E. Napier und seine Gehülfen H. H.

Killaly, Edw. Cayley, C. de Salaberry und J. Cayley; der Civil -Ingenieur S. J. Dawson und seine Gehülfen A. W. Wells,

L. A. Rüssel, G. F. Gaudet und Campbell; Professor Henry Yule Hind, als Geologe, und sein Gehülfe W.

Flemming; der Civil -Ingenieur J. Dickenson, als Volontär.

Im Frühjahr 1858 wurde George Gladman seiner Stelle als Chef enthoben und Napier zurückberufen; Hind und Dawson mit Gehülfen setzten ihre Arbeiten bis zu Ende des Jahres fort, und Gaudet und Rüssel waren noch Anfangs 1859 mit Detailaufnahmen oberhalb Fort William bis zum Seine River beschäftigt.

I. Vom Oberen See nun Red River. Am 31. Juli 1857 landete die Expedition zu Fort William, von wo man der gewöhnlichen Canoe- Route bis nach Fort Francis folgte,

224 E- <*• Barenatein:

bei dem man am 19. August ankam. Hier trennte man sich; Giad- man mit dem Gepäck nahm seinen Weg den Rainy River abwärts; Napier mit einem Gehülfen erforschte die Winterroate über den Riviere da Bois; Hind und Dawson sollten vom Lake of the Woods aus aber Land nach Fort Garry gehen. Der Plan der Letzteren wurde jedoch theil weise durch die Weigerung der Indianer auf Garden Island, ihnen Fuhrer zu gestatten, und anderntheils durch Dawson's Erkrankung ver- hindert. Hind sah sich genöthigt, seinen Gefährten in der Ißlingtoo Mission zurückzulassen, und eilte den Winipeg abwärts nach Fort Garry, wo er am 6. September, oder einen Tag nach Ankunft der übrigen Expeditions -Mitglieder, eintraf. Dawson's Ankunft verzögerte sich bis zum 8. October. In der Zwischenzeit besuchte Hind* den unteren Lauf des Assiniboine, den Red River bis zur Grenze und den unteren Lauf des Roseau River, und verliefe die Red River -Colonie am 9. October. um über St. Paul (Minnesota) nach Toronto zurückzukehren. Glad- man war schon am 15. September abgereist und nahm seinen Weg über die Pigeon River -Route, die früher häufig von der North West Company benutzt wurde.

Während des Winters 1857 bis 1858 machte man eine Instrumental- Aufnahme des Red River zwischen Pembina und Fort Garry, und zwischen dem Stone Fort und Fort Alexander; für die zwischenliegende j Strecke lag bereits eine gute Aufnahme vor, die vor etwa 10 Jahren gemacht wurde. Im Januar und Februar steckten Gaudet und Weib im Auftrage Dawson 's eine Linie von 86 Miles von Fort Garry nach Lac Plat ab und untersuchten das Land im Süden und Norden davon. Nach seiner Rückkehr von einem längeren Ausfluge nach dem Nord- westen (siehe unten S. 230) begab sich Dawson mit seinen Leuten auf den Rückweg nach dem Oberen See: man untersuchte dabei die Mün- dung des Seine River, den Rainy River, und machte ein Nivellement der Pigeon River -Route. Am Fort William angekommen (21. Angost 1858) wandte sich Dawson wiederum nach Westen, um eine fluchtige Aufnahme des Seine River zu machen. Seine Gehülfen waren bis zum Schlufs des Jahres und Anfang 1 850 mit anderweitigen Aufnahmen be- schäftigt: L. A. Rüssel untersuchte das Land zwischen Fort William und dem Dog Lake mit Hinsicht auf die Herstellung einer Fahrstraße; Gaudet machte eine flüchtige Aufnahme des Dog Lake, eine Instru- mental-Aufnahme des Dog River, Muskaig-See's und Savanne River bis zum Lac des mille lacs, von wo er Ende Februar im Begriff war, seine Arbeiten auf den Seine River auszudehnen.

Die vorliegenden Berichte enthalten reichliches Material zu einer allgemeinen geographischen Beschreibung des durchforschten Landes, wir können uns jedoch hier füglich auf die Darstellung einiger neu er-

Die Canadische Red River- Expedition, 1857 1869.

225

scheinenden Punkte beschränken, da bereits eine gröfsere Anzahl von Werken über diese Gegend vorliegt ').

1. Höhenmessungen. Wie bereits angedeutet, beruhen die von den Mitgliedern der Expedition verfertigten Karten grofsentheils auf flüchtigen (cursory) Aufnahmen; Ausnahmen davon haben wir oben angegeben. Wirkliche Nivellements machte man an allen Stellen, wo die Schiffahrt unterbrochen ist; der Fall der Flüsse und Seen wurde annähernd geschätzt. Dafo unter diesen Umstanden die Mitglieder der Expedition zu etwas verschiedenen Resultaten gelangten, ist nicht zu verwundern. Wir theilen dieselben für die Hauptpunkte der Route mit *), und nehmen dabei den Oberen See zu 600 Fuis über der Meeresflache an.

Meereshöhe in englischen Fufs.

Napier

Hind

Dawson 1857

Dawson 1868«)

Oberer See ....

600

600

600

600

Little Dog Lake . . .

961

963

956

971

Great Dog Lake. . .

1309

1311

1304

1319

Cold Water Lake . .

1330

1328

1322

1337

Prairie Portage . . .

1487

1485

1479

1483

Middle Portage . . .

1471

1469

1462

1477

Lac des mille Isles . .

1432

1433

1423

1435

Lake Francis ....

1278

1283

1271

Pickerei Lake . . .

1277

1281

1270

Lower Sturgeon Lake .

1152

1156

1145

Pine Lake

1105

1117

1105

Namenkan Lake . . .

1038

1046

1029

Rainy Lake ....

1029

1035

1020

1030 n. 1045

Lake of the Woods

971

978

962

Lake Bonnet ....

730

747

702

Lake Wmipeg . . .

617

628

587

Fort Garry ....

635

*) Wir erwähnen anter Andern die »Report* on the Oeological Survey of Co* nada*, Dr. Owen's „Report on the Geological Survey of Minnesota", Dr. Bigsby's „The Skoe and Canoe*, Sir John Richardson's „Boat Vogage", Sir J. Alexanders nrAcadi*u, Major Long's nEatpedition to the Sourees of the St. Peter'e Rwer", Frank- lin*» zweite Reise, Rosa' Red River Colong u. s. w. %

*) Die Zahl der Portagen (Trageplätze) auf der grofsen Canoe -Route ist 62, auf der Pigeon River-Route his zum Namenkan Lake 29, und 80 mehr zum Wini- peg-See. Entere haben eine Gesammtlinge von 41 MUes 484 Tarda, letstere von 27 Milee 109 Yards.

') Dawson's spätere Angaben stimmen mit seinen früheren nicht ganz überein. Von den beiden Angaben für Rainy Lake bezieht sich die Zahl 1080 auf die Hün- dung der Seine, 1046 aber auf den See unterhalb der Bare* Portage. Zaltichr. f. allg. Erdk. Neue Folg«. Bd. VIII. 15

226 E- G- Ravenitein:

Für die Pigeou River- Route maeht Dawson unter Anderem fol- gende Angaben : Oberes Ende der Grand Portage 658 Folg, Fowl Lake 827 F., Mountain Lake 1039 F., Watap und Mud Lakes 1054 F., Rose Lake 915 F., South Lake 937 F., Ounflint Lake 932 F., Seiga- naga 818 F., Cypress Lake 762 F., Knife Lake 757 F., Basswood Lake 662 F., Grooked Lake 598 F., Iron Lake 598 F., Nameukan Lake 474 Fufs, und Rainy Lake 445 Fufs über dem Oberen See.

Die Höhe des Oberen See's wurde von Thomas Keefer mit Be- achtung aller bestehenden Eisenbahn- und Canal- Nivellemente berech- net und auf seiner Map of the Protince of Canada etc. prepared for the Canadian Commissioners of the Paris Exhibition, Montreal 1855** niedergelegt. Nach ihm hat der Ontario - See eine Höhe von 234 Fufs, der Erie-See ist 564 F., der Huronen-See 573 F. und der Obere See 600 Fufs über der Meeresflfiche. Für die Canoe- Route selbst besitzen wir mehrere barometrische Beobachtungen. Oberst Lefroy (mit An- nahme von 641 Fufs für den Oberen See ) giebt der Prairie Portage eine Hohe von 1361 Fufs, dem Rainy Lake 1160 Fu& und dem Wi- nipeg-See 853 Fufs. Nach Sir John Richardson hat der Dog Lake eine Höhe von 657 Fufs, der Cold Water Lake von 673 Fufs und die Prairie Portage von 834 Fufs über dem Oberen See. Oberst Long macht folgende Schätzungen: Oberer See 595 Fufs, Dog Lake 1000 Fufs, Rainy Lake 1100 Fufs, Lake of the Woods 1040 Fufs und Winipeg- See 630 Fufs.

2. Die Herstellung einer Handelsstrafse zwischen dem Oberen See und dem Red River.

Bis der Handel zwischen Canada und dem fernen Westen eine gröfsere Entwickelung nimmt, hfilt Dawson die Herstellung einer Eisen- bahn für zu kostspielig, und schlägt als das Praktischste vor, die schiff- baren Strecken mit Dampf- oder Ruderbooten zu befahren und sie durch Landstrafsen zu verbinden. Die Oesammtkosten berechnet er zo etwa 51,000 L. St.

Der Kaministiquia-Flufs ist nur für Canoes schiffbar, und selbst dann durch acht Portagen unterbrochen. An die Canalisirung dieses Flusses ist aber bei der hohen Lage des Dog Lake nicht zu denken, und man schlagt daher vor, von Thunder Bay aus eine Landstrafee nach dem Dog Lake cu bauen. Der Dog River bis zum Cold Water Lake (35 Miles) liefse sich durch Aufstauung des Ausflusses des Dog Lake leicht für kleine Dampf boote schiffbar machen. Von hier bis cum Savanne River wäre eine Landstrafse von 5 Miles erforderlich; die 65 Miles lange Strecke durch den Lake of 1000 Islands bis zu den Little Falls des Seine River liefse sich durch Aufwerfung eines Dammes bei lett-

Die Canadische Bed River -Expedition, 1867 1859. 227

teren schiffbar machen. Die Seine ') ist bis zu ihrem Einflnfe in einen langgestreckten Arm des Rainy Lake (67 Miles) hfiufig durch Falle und Stromschnellen unterbrochen, und da die Herstellung von Schleu- sen vorläufig zu kostspielig wäre, schlägt Dawson vor, den Flufe an fünf Stellen durch einfache Holzdämme aufzustauen; Material dazu findet sich in der Nähe. Man erhielte dadurch bis zu den zwölf Portagen fünf schiffbare Strecken von zusammen 59 Miles und, die Litüe Falls eingerechnet, fünf Trageplätze von zusammen 2250 Fufs. Dampfboote wären auf dieser Strecke nicht anwendbar. Die zwölf Portagen er- fordern eine Landstrafse von 7 Miles Länge, aber von da an bis zum Fort Francis, eine Entfernung von 50 Miles, erhielte man eine ununter- brochene Wasserstraße. Dort mufs der 22 Fufs hohe Fall umgangen werden, sollte man nicht vorziehen, eine Schleuse zu bauen. Die Ent- fernung bis zum Westende des Lac Plat ist 158 Miles und durchaus schiffbar, da die Stromschnellen des Rainy River *) selbst von kleinen Dampfbooten fiberwunden werden könnten. Der Winipeg-Flufs ist Ar die Schiffahrt ganz ungeeignet und man beabsichtigt daher, eine Land- straße vom Lac Plat *) nach Fort Garry zu bauen, die bei einer Länge von 91 1 Miles (die directe Entfernung ist 86 Miles) auf keine Terrain- Schwierigkeiten stofsen wurde.

') Wo die Seine den Lac des mille Isles (Lake of 1000 Islands) verUfst, ist sie ein stattlicher, Ober 100 Fufs breiter Flufs. Anfangs nimmt sie ihren Lauf durch ein mit Cypressen nnd Pappeln bewaldetes Thal, an dessen Abhängen auch Fichten vorkommen. Stellenweise verengt sich das Thal und der Flufs bildet dort Cascaden oder R&pids. In ihrem unteren Laufe durcbfliefst die Seine eine Reihe von Seen, bis sie sich unterhalb der zwölf Portagen in einen Arm des Rainy Lake ergiefst. Auf einer kleinen kegelförmigen Insel fand man Spuren von Kupfererz.

*) Der Rainy River fliefst durch ein Alluvialthal, das auf der britischen Seite eine Breite von 4 bis 8 Miles hat Bis auf die Entfernung von etwa einer Mile ist das Land trocken und dicht mit Pappeln , Ulmen , Eichen, Basswood und wenigen Weifsunnen bewaldet. Es folgt dann ein Sumpf (etwa 60 Fufs über dem Flusse), 1 bis 2 Miles breit, jenseits dessen sich das Land zu einer wenig hohen Hügelkette erhebt. Der Flufs hat eine Breite von 460 Fufs, und ist etwa 6 Fufs tief. Das Land eignet sich vorzüglich zum Ackerbau. Weiterhin, am Lake of the Woods, ist viel unfruchtbares Land, doch findet man auch sanfte, dicht bewaldete Abhänge, und viele der Inseln sind fruchtbar. Die Indianer bauen hier Mais und eine Fehlernte ist unerhört. Bei der Islington Mission baut man auf etwa 50 Acres Weizen, Kar- toffeln n. s. w., aber nur gegen die Mündung des Flusses kommen gröfsere anbau- fähige Strecken vor.

') Im Allgemeinen ist das Land zwischen dem Red River und Lac Plat eben. Die proponirte Strafse geht 31 \ Miles weit über eine offene Prairie und von da bis zum Lac Plat durch ein mit jungem Walde bestandenes Land. Der Boden bis in die Nahe des letztern besteht aus Lehm und ist fruchtbar. Die Sümpfe im Norden sind meist wenig tief; eine 10 Zoll dicke Dammerde lagert hier auf Lehm oder Sand- boden. — Dickenson, der im September 1867 die (regend um den German Creek erforschte, fand gleichfalls viel fruchtbares Land (besonders am Oak Creek); die letzte Niederlassung liegt etwa 36 Miles über der Mündung des Flusses.

15#

228

£. G. Bavenatein:

Ist diese Roate einmal hergestellt (13l£ Miles zu Lande, 367 Miles za Wasser), so liefse sich die Reise vom Oberen See nach Fort Garry in 72 Stunden machen, wenn man für die Dampf boote 10 Miles, für die Ruderboote auf der Seine 4 Miles, und für die Landstrafsen 5 Miles die Stunde in Anschlag bringt.

3. Die Red River-Colonie (Assiniboine) nach dem Ceosus vom 20. Mai 1856. Die Bevölkerung war 6691 Seelen (darunter 3440 weibl.). Unter ihnen waren 77 über 70 Jahre alt. 553 Familien waren protestantisch, 542 katholisch. Die Colonie besafs 933 Wohnhäuser, 1191 Ställe, 409 Scheunen; 2681 Pferde, 3152 Ochsen, 3679 Kühe, 2784 Kälber, 4929 Schweine, 2245 Schafe; an Gerätschaften: 590 Pfluge, 672 Eggen, 2108 Karren, 542 Canoes, 55 Kahne. 8806 Acres waren mit Weizen bestellt und der mittlere Ertrag wird zu 2 Boaheb per Acre geschätzt. An „Maschinen" besafs man 17 Windmühlen. 9 Wassermühlen, 1 Krempelmühle, 8 Dresch-, 2 Mäh- und 6 Worfel- maschinen. — An öffentlichen Gebäuden gab es 11 Kirchen, 18 Schu- len, 1 Frauenkloster der Barmherzigen Schwestern (grey mms) and 1 Krankenhaus.

4. Meteorologische Beobachtungen. Unseres Wissens sind bis jetzt noch keine regelmäfsigen Serien meteorologischer Beobach- tungen vom Red River veröffentlicht worden. Dies ist der Grand, warum wir folgende Tabellen in ziemlicher Vollständigkeit geben.

Die Resultate der ersten beruhen auf taglichen dreimaligen Beob- achtungen, die Herr Donald Bunn an seinem Hause bei den Grand Rapids anstellte. Zum Vergleich fugen wir eine Serie gleichzeitig m Toronto angestellter Beobachtungen bei.

Red River,

Mr.

Donald Bunn's

Haus.

! Toronto.

Gröfeeste

Tage

Fall in

73

9

ii

i *

Mittlere

beobacht.

mit

engl. Zoll

u

Fall in Zoll

Wärme

0 J

i

i

e

3

lil

2

kl

4

II I

ä

'S

00

& 1 1

$

i

« j 71

Juni 1855

69.10

90

48

7

6

3

59.93

4.07 -

Juli

71.16

92

58

10 -

12 j -

4

67.95

3.24, -

August

63.03

79

44

7

12* -

1

64.06

1.45! -

September -

59.26

82

40

9

5 i -

59.49

5.591" -

October

42.20

76

19

2

2

45.39

2.48| 0.8

November -

21.19

40

12

6

2j 7

38.58

4.59; U

December -

—8.3!

27

—48

5

i 8

1

26.99

1.85 294

Januar 1856

—10.55

22

—36

3

- ! 5

1

16.02

1 13.6

Februar

—1.71

35

—36

4

6

2

15.69

- 9.7

März

9.09

44

—32

3

- ; 6^

2

23.06

16.2

April

39.83

66 14

3

2

6f 3

-

42.27 50.52

2.78! 0.1

Mai

58.46

76 | 31

3

1

4 2

1

-|

4.58. -

Jahr . . .

34.38

92

—48

39

26

484| 394

8

*l

42.50

30.63 72,9

Die Canadische Red River- Expedition, 1857 1859.

229

Die Regenmasse scheint hier nur geschätzt zu sein; nach den die Tabellen begleitenden Bemerkungen sollen im Jnni 10 Zoll Regen an drei Tagen gefallen sein, im Juli 14} Zoll, im September 6| Zoll, im April 5 Zoll Regen und 6 Zoll Schnee; die Angaben für die anderen Monate stimmen überein. Die Heuernte begann am 12. Juli, die Gerstenernte am 1. August und die Weizenernte am 15. August. Im September fingen die Bl&tter an zu fallen, die grauen Gänse zogen am 26sten nach Süden und die weiften Gänse u. s. w. folgten bis zum 20. October. Im November kamen die Schneevögel vom Norden. Die amerikanischen Krähen erschienen als Frühlingsboten am 20. März und die Gänse folgten am 2. April, als die Schneevogel wieder nach Nor- den zogen. Am 29. April säete man den ersten Weizen. Ahorn und Kloeterbeerbüsche belaubten sich am 9. Mai. Der Eisgang auf dem Red River fand am 17. April statt.

Die zweite Tabelle haben wir nach Beobachtungen Dawson's und seiner Gehülfen zusammengestellt. Bis zum 25. März wurden die Be- obachtungen zu Fort Garry, von da an bis zum 6. Juli bei Dr. Bunn's ' ) Hause angestellt Man benutzte einen Minimum -Thermometer.

~ h

i

* 3

Grüftt«

1

Q P

St §

beob- achtet*

£ 1

Tage mit

-

Zeit der

3 Ja

| J

S

a

s §

p 1 S | 1

6 B

<

Beobachtung

S*pietiib*riB57l

36

53,50

77

35

32.5

7. 12. %

October

29

84

4Q.2U

70

20

37

4 ' 3

3

gewährt]. 7. 1,7.

November

40

59

19.41

30

-f*

-15

8

3

8. ü.

December

3t

59

J0J2

2*

-8

-12

1 4

41)

8. 9 oder 7.

Januar 1858

3!

83

5.78

37

-24

-2«

1 3

-~

1

8. 2. 8.

Februar

28

84

-1.73

39

-34

-37

8

Mir*

23 63

25,93

öl

-1U

-19

3 , 5

1

2

H

A |*rQ

23 , t>9

3B.S5

65 20

15

2

7. 2. 8.

Mjm

31 ' 83

49.48

73

31

21

Et 1 1

1

»

Juol

30 75

Ö3.b8

88, 45

32

Öl

2

*

JoH

5

12

68.00

47

i

1

*i

Am 8. November zogen die O&nse nach Süden, am 19. M&rz ka- men sie zurück. Eisgang auf dem Red River am 25. M&rz; am 9. April fing man an, das Land zu pflügen.

Auch über die Richtung der Winde enthalten die vorliegenden Ta- bellen Nachweise und setzen uns in den Stand, folgende Zusammen- stellung zu geben, die freilich viel zu wünschen übrig lfifst.

1 ) Hind schreibt Dr. Bonn, in seinem Bericht aber steht Bnrn. Dawson schreibt Dum; wir halten die erste Schreibart für die richtige. ») und eine Fata Morgana (Mirage).

230

B. G. Bavenitein:

Dr. B

unn

s Beobachtu

ngen

(nach Hind).

1855

1856

Windrich-

i

u 1

ä

1 1

£

tung

I

1 l *

1

4

J3

1

M

e

I1

9 !

12 '

<

1

ä

*

3 N

Nord . . .

7

! 6

8

5

6

8 8

9

2

»!

8

3

75

Nordost . .

5

1

2 . 1

i

2

2

13

Ost : . . .

1

3

1

2

1

8

Südost .

_ _

! i

5

3

3

1

3 1

4

1

21

Süd ... .

5

14

5

11

10

11 , 10

10

6

10 ,

10

»

107

Südwest. .

3

* 3

7

2

2

4 2

7

3

2

3

4

42

West . . .

6

! 5

4

6

2

3 l 3

3

6

3 i

2

43

Nordwest .

2

! 2

3

1

2

9

7 ,

2

1

29

Verschieden

1

4

; 4

3

i

12

Windstille

1

t

' 1

1

3

keine Beob-

1

I

t

achtungen

_

t 13

13

Dawson's

Beobachtnn

gen.

1857

1858

Windrichtung

fc £

£

u

>l

i

t

i

j

3

s

s

Septt Octb

o

V

■8

1;

i

a;

1

t

a

K

Nord

_

2 1

_,_

1

1

1

3

4

3

16

Nordost

_

.

3

1

1

5

Ost

j

1

1

1

3

Südost

i

l

1

2

Süd

8:7 1 1 i 3 1

2 . 1

2

4

3

10 2

1

l

3K

Südwest

9

West

1 3

2

3

11

1 1

4

4

3

32

Nordwest

3 , 2 15

1

4

2

3

1

2

33

Verschieden ....

- 1 3

3

1

6

10

13

37

Windstille

i 15 6

23

19

7

13

6

90

keine Beobachtungen

18

2

2

1

7

7

1

38

n. Forschungen im Westen des Eed River, 1858.

Dawson und Wells, 10. Mai bis 29. Juni 1858. Dawson entschlofs sich, diese Reise so weit als möglich mit Oanoes zu machen, da er glaubte auf diese Art eine bessere Kenntnifs des so durchfor- schenden Landes zu erhalten. In Gesellschaft seines Gehulfen ging er bis zur Mossy Portage am oberen Ende des Winipeg-See's, and wah- rend dieser den Niveauunterschied zwischen dem Bourbon-See and Wuripeg bestimmte, ging Dawson bis zur Grand Portage hinab. Nach seiner Rückkehr trennte man sich: Dawson ging den Swan River auf- warte nach Fort Pelly, von wo er den Assiniboine River hinab nach dem Red River zurückkehrte; Wells durchforschte die Westküste

Die Canadische Red River- Expedition, 1857 1859. 231

des Winipegus-See's, besachte Dauphin Lake, ging dann über den Lütle Saskatchewan River nach dem Winipeg-See und über diesen zurück nach dem Red River.

Die Strafee vom Red River nach dem Manitoba -See fuhrt durch eine unabsehbare, wenig wellenförmige Prairie. Gegen den See hin werden Baumgruppen häufiger. In den wellenförmigen Vertiefungen kommen wohl einige Sümpfe vor, demungeachtet kann man jedoch das ganze Jahr hindurch mit Fuhrwerk jeder Art passiren. Das nordöst- liche Ufer des See's ist höchst einförmig; durch die beständige Wir- kung des Wassers hat sich hier ein hoher Schuttdamm, aus abgerun- deten Stucken von Kalksteinen und wenigen Granitblöcken bestehend, gebildet. Der Gipfel dieses Dammes ist meist dicht bewaldet und zwi- schen ihm und der reichen Alluvial -Ebene hinter ihm erstreckt sich ein Sumpf, der eine .halbe bis zwei Miles breit ist. Der See ist einige hundert Fufs von der Küste nur 15 bis 18 Fufs tief. Der Sangu- sepi (Sanguissippi) oder Water Hen River verbindet den Manitoba mit dem Winipegus; er hat eine Tiefe von 6 bis 8 Fufs, einige Stellen ausgenommen, wo er bei raschem Lauf nur 5 Fufs tief ist. Der Spiegel des Winipegus-See liegt etwa 5 Fufs über dem des Manitoba, und der See ist um eben so viel tiefer, ausgenommen an seinem oberen Ende, wo er eine Tiefe von 36 bis 50 Fufs hat. In seiner Mitte wird das Land etwas höher, die Sümpfe hören auf, und an einer Stelle kommen geschichtete Kalksteine von etwa 30 Fufs Höhe vor. Ein fast kahler Rücken (ridge) trennt den Winipegus vom Bourbon-See, der 4 Fufs tiefer liegt Das Land bis zum Grand Rapid ist nicht sehr einladend. An vielen Stellen tritt der Kalkstein zu Tage, an anderen hat er eine dünne Decke von Pflanzenerde, die mit zwerghaften Cypressen, Tannen (Abies Conodensis, engl, spruce) und Espen bewachsen ist. Einige der Inseln scheinen jedoch fruchtbar zu sein. Der Grand Rapid ist etwa 3 Miles lang und der Flufs hat einen Gesammtfall von 60 Fufs; an seinem oberen Ende hat er eine Breite von 1800 Yards, an seinem unteren von f Miles. Beide Ufer, aber besonders das südliche, werden von schroffen Kalksteinfelsen gebildet. Kähne können mit Leichtigkeit den Hofe abwärts fahren und auch theilweise hinaufgeschleppt werden ' ).

Am 4. Juni wandte sich Dawson nach dem Swan River; Wells ging nach Süden. Die Ebene zwischen dem Red Deer und Swan Ri- ver und den 1500 Fufs hohen Porcupine Hills ist gut bewaldet. In der Nfihe des Swan River entspringen auf einer kahlen, wenig erha-

') Franklin (S. 45) giebt die Entfernung von der Mündung des Saskatchewan bis zum Fufce des Grand Rapid zu 2 Miles an; in dieser Entfernung hat der Flufs tiae Breite von 500 Yards bis an einer halben Mile, und mehrere Rapid* kommen "r. Die TragesteUe selbst hat eine Lange von 1800 Tarda.

232 E- <*. Bavenatein:

benen Fläche von 20 Acres zahlreiche Mineralquellen, die alle Gas au- stoben ; einige sind salzig, andere gleichen in Geschmack and Wirkung dem St. Leon -Wasser in Unter -Canada.

Der flache reifsende Shoal River, 150 bis 300 Fufs breit, verbin- det den Winipegus mit dem Swan Lake. Die Ufer des Swan River sind Anfangs niedrig, steigen jedoch nach den ersten 10 Miles bisl^i- nahe 100 Fufo an. Die Strömung ist hier sehr stark und das Fluß- bett mit abgerundeten Granitblöcken und Kalkstein -Fragmenten ange- füllt. Etwa 30 Miles über dem Swan Lake fangt die eigentliche Prairie an ; der Fluls windet sich durch ein schönes Thal, seine Ufer erheben j sich 80 bis 100 Fufs und die Ebene erstreckt sich von ihnen bis mm | Fufse der Porcupine und Duck Mountains. Weiterhin, in der Rieb- | tung des Thunder Mountain, ist das Land äufserst schon, und das lieb- | liehe Grün der Prairie, im Wechsel mit Waldchen, und im Hintergrande l die blauen Hügel, geben dem Ganzen * das Aussehen künstlicher Park- Anlagen. Thunder Mountain ist nur eine hervorragende Erhebung in dem Höhenzuge, der sich von hier bis zu den Duck Mountains erstreckt, ' und den man übersteigen mufs, um vom Wachposten am Valley Creek | (wo 'zahlreiche Pferdeheerden weiden) nach Fort Pelry zu gelangen; er hat hier etwa 250 Faß» Höhe. Am Fort Pelly schiffte sich Daw&oo auf dem Assiniboine ein; bis zur Mündung des White Mud River ist der Fluls eingeengt und gewunden, voll von Untiefen und Rapid». Weiterhin bis zum Fort Ellice schlangelt er sich durch ein 1 bis 2 Mi- les breites Thal; die Thalgehange nehmen nach und nach an Höhen, bis sie bei Fort Ellice 250 Fufs hoch sind. Steigt man diese Abhänge hinauf, so blickt man auf eine unabsehbare Prairie. Die Flufsufer sind meist bewaldet, und der Wald nimmt manchmal das ganze Thal ein; stellenweise jedoch reicht der grüne Teppich der Prairie bis zum Flusse hinab. Der Charakter des Flusses bleibt bis zum Rapid River, wo die Abhänge niedriger werden, derselbe. Etwas oberhalb der Mouse River »Mündung tritt der Fiufs in eine Region von Sandhü- geln ein, durch die er sich einen Weg bahnt. Sand lagert hier auf festem bläulichen Thon und stellenweise tritt Kalkstein mit organischen Resten zu Tage •)• Dä8 Land iöt quellenreich und die Thaler zwi- schen den Hageln bieten gute Weide. In der Nahe der Grand Por- tage verläfet der Flofs die Sandsteinhugel und wird für gröfsere Fahr- zeuge schiffbar; oberhalb ist er es nur für Canoes.

Dawson theilt das ganze von ihm erforschte Gebiet im Westen des Red River in drei Regionen.

') Durch Vermittelnng des Geologischen Amts von Canada worden einige der von Dawson eingeschickten Fossilien näher untersucht, und alle beweisen die Exi- stena der aecnndSren Kreide -Formation im Westen des Winipeg-See's.

Die Canadische Red River -Expedition, 1857 1858. 233

1. Eine ausgedehnte Alluvialfläche erstreckt sich von 49 bis cum Saskatchewan ; im Osten nnd Nordosten begrenzt sie der Winipeg-See und die Waldregion zwischen dem Red River und Lake of the Woods, im Süden nnd Westen der Höhenzug, der sich von den Turtle bis zu den Pasqma Mountains erstreckt. Etwa ein Drittel dieses Gebietes ist offene Prairie, zwei Drittel sind bewaldet. Im Süden, bis zum Winipeg, wiegt die Prairie entschieden vor, aber je weiter wir nach Norden gehen, desto häufiger werden Waldungen, bis sie zuletzt das ganze Land be- decken. Die ganze Region ist eben, und ausgenommen in der unmittel- baren Nahe des Winipeg und Saskatchewan, ist der Boden so ergie- big, dafs erfahrüngsm&TBig Weizen 20 Jahre hintereinander gebaut wer- den kann, ohne ihn zu erschöpfen. Seen und Sümpfe nehmen einen grofeen Theil des Landes ein, letztere aber, so weit Dawson sie kennen lernte, sind Marschland mit festem Alluvialboden und können von Pfer- den und Hornvieh fast in jeder Richtung durchwatet werden. Zudem liegen sie fast immer hoher als die benachbarten Flösse und könnten daher leicht trocken gelegt werdee. Alle Bäche haben eine mehr oder minder dichte Einfassung von Wald, wo auch Eichen und Ulmen, doch in geringer Zahl, zu finden sind. In den Waldungen herrschen Pappeln vor, und an den Ufern der Seen nnd Flusse findet man Lärchen, Tan- nen (spruce), Birken und Eichen, die als Nutzholz von Werth sind.

2. Die zweite Region umfafet die Wälder, die sich im Westen der vorigen in einer Breite von 40 Miles ausdehnen. Schroffe Thalhfinge und mit dichtem Wald bedeckte Hochebenen wechseln hier ab mit aus- gedehnten fruchtbaren Tbälern. Zahlreiche Bäche entspringen den Hü- geln nnd eüen dem Assiniboine oder den Winipegus- nnd Manitoba- Seen zu. Unter den Anhöhen sind nur die Porcupine Hills und die Thunder Mountains eigentliche Hügel: Duck und Riding Mountains aber sind ausgedehnte, von tiefen Schluchten durchschnittene Plateaus. Vom Winipegus -See aus gesehen haben erstere ein vollkommen gleich- mftfsiges Profil, etwa 5 600 Fufs über dem See. Bau- und Nutzholz findet man hier genug, um künftige Ansiedler für Generationen damit zu versehen. Die hügeligen Theile sind meist dicht bewaldet und in den Tbälern halten Wald und Prairie sich fast das Gleichgewicht. Salzquellen kommen an verschiedenen Stellen des Winipegus-See's vor, und genug wird hier gewonnen für den Gebrauch der Hudson's Bay Company nnd der Red River Colony. Auch Steinkohlen findet man am Red Deer River, am Thunder Mountain, bei Fort Pelly und am Assiniboine.

3. Als dritte Region bezeichnet Dawson die ungeheure Prairie, die sich fern nach dem Westen erstreckt. Im Allgemeinen ist diese Region eben, oder doch nur wenig wellenförmig, mit geringer Neigung

234 E- & Bavenstein:

nach Ost. Aber selbst an ihrer Ostgrenze ist ihre Erhebung aber dem Red River bedeutend. Die Flufsthffler dieser Hochebene sind 150 bis 200, ja selbst 300 Fufs tiefer als das allgemeine Niveau des Lin- des. Sie sind von einer halben Mile bis 3 Miles breit und haben ge- wöhnlich eine gleichförmige Bildung, während der Lauf der sie durch- ziehenden Flüsse sehr gewunden ist. Die Prairie ist der des alluvialen Red River -Thaies sehr ähnlich und scheint fruchtbar zu sein. Hob mangelt jedoch und ist nur im Thale des Assiniboine hinreichend vor- handen, um die Bedürfnisse einer Niederlassung zu befriedigen. Fait alle Bäche sind für Canoes schiffbar, es würde aber ungeheure Kosten verursachen, sie für gröfsere Fahrzeuge brauchbar zu machen. Den Assiniboine können zwar bei Hochwasser Flachboote hinabfahren, es wäre aber äufserst schwierig und zeitraubend, Fahrzeuge irgend wel- cher Art hinaufzuschaflen, denn der Flufs hat stellenweise einen Fall von 10 Fufs auf die Mile, und vom Rapid River zur niederen Prairie ist der Fall wenigstens 300 Fufs auf etwa 60 Miles.

Wells verliefe Mossy Portage, wie oben angegeben, am 4. Juni Die Westküste des Winipegus-See's eignet sich besser zur Ansiedlong als das Ostufer; das Land ist höher, die Vegetation mehr entwickelt und Ahorn, Ulmen, Eichen und Pappeln findet man bis zum Seeufer. Der Duck Mountain erhebt sich allmählich vom See aus und bildet 3—400 Fufs hohe Tafelländer mit Alluvialboden und schön bewaldet Im sudlichen Theile des See's sind drei Salzquellen und an einer wurde Salz gewonnen. Hier und in der Duck Bay leben 40 bis 50 kalf-bretds, die etwas Kartoffeln bauen; Fische und wildes Geflügel sind häufig. Die Indianer am Dauphin River bauen außerdem noch indisches Koro und Melonen; Reben, Hopfen und Wicken findet man wild. Dauphin oder Moss River ist etwa 40 Yards breit und seine geringste Tiefe te 5 Fufs. Die Ufer des Flusses bestehen aus festem graulichen Thoo, auf dem schwarze Dammerde lagert, und sind mit Eichen, Ulmen und Pappeln bewachsen. Anstehenden Kalkstein sah Wells nur an zwei Stellen: auf dem Snake Island und am untern Dauphin. Der Dauphin- See ist 30 Miles lang und 6 Miles breit; im Westen begrenzen ihn die Riding Mountains, und von seinem Sudufer soll eine theilweise bewal- dete Prairie sich bis zum Assiniboine erstrecken. An die Mündung des Dauphin River zurückgekehrt, wandte sich Wells nach Osten, um durch den kleinen Saskatchewan -Flufs den Winipeg-See und Red Ri- ver zu erreichen. Die Missions -Station Fairford oder Partridge Oop besteht seit etwa sechs Jahren; sie besitzt eine kleine Kirche, Schale, Mühle und einige wohlgebaute Wohnhäuser, und hat 250 indische und half- breed -Einwohner. Das umliegende Land ist zwar fruchtbar, es halt aber schwer, die Indianer dem Ackerbau geneigt an machen, da

Die Canadische Red River -Expedition, 1857 1859. 235

der Fischfang und die Jagd alle ihre Bedürfnisse befriedigen. Man baut hier anter Anderem Weisen und indisches Korn.

Hind, Dickenson, Fleming und Hirne '). Am 14. Juni 1858 verliefsen die Expeditions -Mitglieder, mit Ausnahme von Dicken- son, Fort Garry. Man folgte dem Nordufer des Assiniboine; im Süden des Flusses, etwa 30 Miles vom Fort, hebt ein stattlicher Wald an, der sich weithin erstreckt; das Nordufer und die Prairie am Little Sonris River sind jedoch von Wald entblölst, und selbst das tiefe Fluis- thal enthält nur wenig Gehölz. Lignit fand man am Snake Greek. An der Grenze (49°) angekommen, folgte man dem Red Deer's Head River 15 Miles weit, und wandte sich dann nach Norden zum Fort Ellice. Auf der offenen Prairie, die sich bis dahin erstreckt, sah man einige Büffel, und zahlreiche Schwärme von Heuschrecken zogen mit dem Winde nordwärts. Am 18. Juni kam man an der Qui appelle- Mis- sion ') an, wo man sich trennte: Dickenson ging den Qui appelle -Flufs abwärts nach Fort Ellice, und von da über Land nach FortPelly, wo er mit Hirne, der unterdessen den Last Mountain Lake besucht hatte, zusammentraf. Hind und Fleming wandten sich nach Westen.

1. Hind and Fleming. Die ersten drei Seen im Westen der Mission haben eine Tiefe von etwa 50 Fufs und enthalten süfses Wasser, das des vierten ist jedoch salzig und untrinkbar. Das Thal des Qui- appelle ist eine halbe bis anderthalb Miles breit und das Flufsbett liegt 140 bis 400 Fnfs unter der Prairie. Die Wasserscheide zwischen dem Qtri appelle und dem Saskatchewan ist durch Sümpfe bezeichnet, welche im Frühjahr einen seichten See bilden (86 Fufs über dem Saskatche- wan), dessen Wasser nach Osten und Westen abfliefsen. Im Frühjahr soll der ganze Qui appelle River bis zum Assiniboine einen engen See bilden, und Canoes könnten zu dieser Zeit vom Red River nach dem Saskatschewan ohne umzuladen gelangen. Hind halt die Herstellung einer Wasserstrafse für möglich; Dawson glaubt jedoch, dafs der mitt- lere Lauf des Assiniboine allein diesen Plan unausführbar mache. Der Last Mountain Lake erstreckt sich bei einer Breite von nur 1 bis 2 Mi- les 50 Miles nach Nordwesten, und ein Thal soll ihn mit dem Sas- katchewan verbinden. Er ist fischreich, aber seine felsigen Ufer bieten nur wenig Nutzholz. Der Saskatchewan hat auf eine Strecke von 100 Miles vom „Elbowtt eine Breite von 3 800 Yards; von da ab ist er voll Sandbänke und Untiefen, bis er zuletzt raschen Laufes der Vereinigung mit dem Nordarm zueilt. Seine Ufer bilden bis zu den

') Hime stiefs erst im Frühjahr 1858 als Photograph zur Expedition.

M Hind erwähnt das von Palliser besuchte Qui appelle -Fort mit Mission gar nicht; es ist jedoch möglich, dafs beide identisch sind; ehe jedoch Hind's Karten veröffenüioht sind, läfet aioh darüber nicht entscheiden.

236 E- G- Ravenstein:

Moose Woods eine einförmig« Prairie mit wenigen Espen -Gruppen, weiterhin findet man aber ergiebige Dammerde in geringer Entfernung vom Flosse. Vom Fort ä la Corne, gegenüber der Nepoween-Mission, nahm Hind seinen Ruckweg nach Fort Ellice über die Touchwood Hills, die er in Hinsicht auf landschaftlichen Reiz und ergiebigen Boden als die für eine Ansiedelung am Besten geeignete Stelle im Westen des Assiniboine hält. Fleming setzte seine Reise auf Canoes den Saskat- chewan abwärts fort, und kehrte über den Winipeg-See nach dem Red River zurück.

2. Dickens on, 20. Juli bis 29. August 1858. Der Qui appelle River hat eine Breite von 70 bis 100 Fnfs und ist von 2 bis 5 Fufe tief. Seine Strömung beläuft sich im Durchschnitt auf 1T, zeitweise aber auf 3 Miles die Stunde. Sein Lauf ist äufserst gewunden und seine Länge ist die doppelte des Flufsthales, das bei einer Breite von | bis 1 Mile 250 bis 350 Fufs unter der Prairie liegt. An mehreren Stellen erweitert sich der Flufs zu Seen. Der untere Fishing Lake ist 6 Miles lang, und 30 bis 66 Fufs tief. Crooked Lake (Ka-wa-wa-ki- mae der Creeks) ist 8 Miles lang, 4 bis 1 Mile breit, und nirgends weniger als 24 Fufe tief. Die Südhänge des Thaies sind mit Espen, Eichen, Ulmen und wenigen Balsam -Pappeln bewaldet, im Norden ist jedoch in Folge der von den Indianern angelegten Feuer kein Pflanzen- wuchs. Etwa 2 Miles unterhalb des Round Lake ist das Flufebett auf eine Strecke von 300 Fufs dicht mit Granitblöcken (houlder*) besäet Die Indianer heifsen diese Stelle A-si-ne-pi-che-pu-ya-kan oder „starke Barriere4'. Die Strömung ist rasch und die Schiffahrt selbst für Ca- noes gefährlich. Am 2. Juli kam Dickenson am Fort Ellice an, von wo aus er seinen Weg nach Fort Pelly über Land nahm. Auf den ersten 15 Miles ist der Boden ein leichter, mit Sand gemischter Thon und stellenweise ganz reiner Sand, meistens von einer kriechenden Pflanze überwachsen, die wachholderähnliche Beeren trägt Gras ist nur kärglich vorhanden und nur hin und wieder findet man ein paar Zweig -Espen. Weiterhin (auf 60 Miles) ist jedoch das Land fruchtbar; Sümpfe und Teiche sind häufig. In der Nähe des White Mud River endlich hebt ein dichter Espenwald an, der sich bis zum Fort Pelly hinsieht; die Bäume sind jedoch nur 5 bis 15 Fufe hoch; die offenen Stellen bilden herrliche Weideplätze. Die vielen Sümpfe liefeen sich leicht in den benachbarten White Mud River abziehen, der hier 70 Fufe breit und 4 Fufs tief ist und einen äufserst raschen Lauf hat

Am Fort (1. August) stiefs Dickenson mit Hirne zusammen, in dessen Gesellschaft er seine ferneren Ausflüge unternahm. Ein Abste- cher nach dem Swan River überzeugte die Reisenden von der Frucht- barkeit dieses Thaies. Am 4. August reiste man von Fort Pelly ab

Die Canadische Red River -Expedition, 1857 1859. 237

and folgte dem Westfuße der Duck- und Dauphin -Berge, die sanft von der Ebene ansteigen und deren Gipfel mit undurchdringlichen Pappelw&ldern bestanden schienen. Wegen der außerordentlichen Dich- tigkeit des jungen Pappelwaldes, die noch außerdem durch die halb- verbrannten, mit hohem Gras, Wicken und anderen Schlingpflanzen überwachsenen Stamme alter Bäume vermehrt wurde, schlugen mehrere Versuche, den Gipfel zu erreichen, fehl. Bis zum Oak River oder klei- nen Saskatchewan (nach Dawson hat der Rapid River noch letztere Benennung) ist der Boden äußerst fruchtbar, und was Fruchtbarkeit, Holz- und Wasserreichtum anbelangt, übertrifft diese Gegend alle an- dern von Dickenson besuchten. Das Thal des Oak River sinkt etwa 80 Fuß unter das allgemeine Niveau und ist \ bis 1 Mile breit; der Flufs selbst hat einen äußerst raschen Lauf; seine Breite ist 40 Fuß and seine Tiefe 5 Fuß. Dickenson folgte dem Flusse etwa 15 Miles weit aufwärts, wo die zu dichte Vegetation ihn zur Rückkehr zwang, and begab sich dann nach seiner Mündung in den Assiniboine. Das Flußthal ist fast durchaus fruchtbar und bewaldet; schöne Weide mit farbenprangenden Blumen findet man an einigen offenen Stellen. Ge- gen die Mündung hin wird der Pflanzenwuchs jedoch kümmerlich, und an der Mündung selbst findet man nur Sand, mit Kieseln gemischten Thon und erratische Blöcke. Am 23. August traf man zu Fort Ellice mit Professor Hind zusammen und kehrte alsdann nach dem Red Ri- ver zurück.

Hind und Fleming's zweite Reise nach dem Nordwe- sten, 18. September bis 31. October 1858. Biß zur Mündung des Little Saskatchewan folgte man dem Westufer des Winipeg-See's. Auf dieser Strecke trifft man öfters zu Tage liegende Sand- und Kalk- steine und silurischen Schiefer, aber mit Ausnahme von Sandsteinen, for Bau- und Mühlsteine geeignet, und gelbem Ocker in kieseligem Kalkstein findet man keine nützlichen Mineralien. Die gewöhnliche Hefe des See'e bis auf eine Entfernung von 2 Miles von der Küste ist 12 bis 24 Fuß; die größeste gemessene Tiefe war 60 Fuß. Die Fel- sen am Ufer sind nur selten über 60 Fuß hoch.

Der kleine Saskatchewan durchfließt ein flaches Land; seine Ufer bestehen aus Thon und sind nie über 30 Fuß hoch. Seine Strömung ist sehr rasch ; stellenweise ist der Fluß seicht und mit Rollsteinen er- föUt, überall jedoch für Fahrzeuge, die nicht über 2| Fuß Tiefgang haben, schiffbar. Die Inseln im St. Martins -See sind geologisch in- teressant: am Ostende des See's bestehen zwei kleine Inseln aus Gneiß, °nd ganz nahe dabei eine aus metamorphischem Sandstein. Die Zucker- Insel (auf der Zucker -Ahorn wächst), etwa \ Mile westlich von ihnen, bat gleichfalls metamorphische Sandsteinklippen, und auf Thunder Is-

238 E- G- Ravenstsin:

land, 6 Miles westlich von ihr, sieht man horizontal gelagerten, fast- lienreichen Kalkstein in einer Höhe von 1 6 Fufs. Der St. Martins-See ist seicht; an den seichtesten Stellen finden sich halbkreisförmige An- häufungen von nboulders*, die mit der Zeit Inseln bilden oder sich mit dem Lande verbinden und den eingeschlossenen Theil des See's in einen Sumpf verwandeln.

Am 29. September erreichte man den Manitoba-See und am 5. October die Salzquellen im Nordwesten der Mündung des Mos» River. Man ging den letztern aufwärts bis zum Dauphin -See, dem Hind eine Hohe von 660 Fnfs giebt '). Der Moss River hat stellenweise Un- tiefen und Rapids, die Portagen erfordern. Dauphin -Lake empfangt mehrere Flusse, von denen jedoch keiner bis über 7 Miles von der Mündung schiffbar ist. Riding Mountain ragt in imposanter Höhe etwa 1000 Fufe über das Sumpf land an seinem Fufse empor. Um ihn ia ersteigen, waren für Hind anderthalb Tage erforderlich, and in der Nacht vom 9. zum 10. October, wo er oben c&mpirte, fielen 6 Zoll Schnee. Nach Westen und Süden fallt der Gebirgszug allmählich in Terrassen nach dem Assiniboine hin ab; sein ostlicher Abfall ist je- doch schroff und gleicht einer ehemaligen Meeresküste.

In einem Umkreise von 150 Fufe maus Hind den Durchmesser einiger Baumstfimme 5 Fufs über dem Boden. Fünf Espen hatten eine Dicke von 3{ bis 5 Zoll, vier Weifstannen {white spruce) von 5{ bis 7{ Zoll, zwei Birken von 3 bis 3{ Zoll, zwei Pappeln von 4{ bis 4{ Zoll. Nach dem Dauphin -See zurückgekehrt, schickte Hind Fleming mit dem Canoe nach dem Manitoba- Hause; er selbst, mit einem In- dianer als Fahrer, erreichte diesen Posten über Land. Etwa die Hälfte des Weges bestand aus einer Abwechselung von Sümpfen und trockenen Stellen, die das Reisen sehr erschwerte. Vor der Rückkehr zum Red River machte Hind einen Ausflug nach der Manitoba -Insel, die der Aberglauben der Indianer mit „Mankos" oder Feen bevölkert Auf der Nordseite der Insel liegt eine Kalksteinklippe zu Tage, die. mit dem Hammer geschlagen, einen deutlichen Klang giebt, und wenn die Wellen gegen das Geschiebe am Fufse der Klippe anschlagen, so ver- nimmt man ein dem Lfiuten ferner Kirchenglocken ähnliches Gerfinsch.

Dickenson, vom Red River nach dem Assiniboine, October 1858. Nach seinem kürzeren Ausfluge in der Richtung des Lake

') Nach Hind'ß Berechnung hat der Winipeg-See eine Hohe von 628 Fufs: nehmen wir 660 Fufs für den Dauphin -See an, bo haben der kleine Saakatcbtwn und Mobs River, beides reifsende Flosse, auf einem Laufe von 50 Miles einen Fill von 32 Fufs, oder durchschnittlich 8 Zoll die Mile. Dawson schätzt den Fall der Grand Rapids des grofsen Saskatchewan zu 60 FuTb, und nach ihm wäre Daapb>n Lake daher circa SO Fufs höher.

Die OMHrffch« Red River- Expedition, 1957 1859. 239

of the Woods verliefe Dickenson am 1. October Fort Garry, um das zwischen der Grenze und dem untern Assiniboine gelegene Land zu erforschen. Bis zum Riviere Salle oder Stinking River folgte er der gewöhnlichen Strafte nach Pembina. Er wandte sich dann nach We- sten und ging dem Südufer des letzteren Flusses entlang aufwärts. Stinking River entspringt in einem Sumpfe; er windet sich durch ein 1000 Fufs breites und 40 Fufs tiefes Thal, das viele Salzquellen ent- hält, die sein Wasser salzig machen, und erweitert sich mehrmals zu kleinen Seen. Im Thale findet man Eichen und Ulmen, mit einigen Eschen, wovon viele einen Durchmesser von 2 Fufs haben. Nach Sü- den hin erstreckt sich eine fruchtbare Prairie; im Norden ist das Land sumpfig und mit Weidegebüschen und Zwerg -Espen bewachsen. Der Weg fahrte südwestlich über die Prairie nach dem Riviere des sales de Bois, der etwa 15 Fufo breit und, wie der Stinking River, an sei- nen Ufern bewaldet ist. Die Pembina- „Berge*, die die Prairie im Westen begrenzen, erheben sich in drei 1 5 Fufs hohen Terrassen, und steigen aufserdem auf 2 Miles noch allmählich an. Der ganze Abhang ist mit Granitblocken besäet und besteht aus Thon, Kies und Sand. Die Berge sind gut bewaldet. Jenseits führte der Weg auf 6 Miles ober die ebene „Round Prairie", und weitere 10 Miles über eine wellen- förmige Prairie, die zwar mit Weiden- und Espen - Gruppen bewach- sen, aber ohne alles Wasser ist. Die Teiche waren eingetrocknet. Nach den Blue Hills hin bedecken kleine konische Hügel, 50 bis 100 Fiifs hoch, meist mit Weiden und Espen bewachsen, die Prairie. Die Landschaft wird anmuthiger. In den Blue Hills stöfst man oft ganz unerwartet auf gröfsere oder kleinere Seen; fast das ganze Land ist bewaldet, und liebliche Thäler ziehen sich zwischen 100 bis 300 Fu(a hohen Hageln hin, bis man endlich von der Höhe aus die unermefs- liche wellenförmige Prairie erblickt, die sich fern nach dem Assiniboine and dem Souris River hin erstreckt. An den niederen Stellen ist diese Prairie sumpfig und mit Weiden bewachsen; nur wenige Eschen -Ge- büsche kommen vor.

Wo Dickeoson an den Assiniboine kam, hat das Flufsthal eine Breite von \\ Mile; der Flufs ist beinahe 500 Fufs breit, aber nur 3 Fius tief. Nur im Flufethale findet man Bäume, und selbst diese sind kaum 15 Fufo hoch. Etwa 20 Miles oberhalb der Prairie Por- tage hebt jedoch ein Wald an, der sich mehrere Miles weit vom Flusse erstreckt. Dickenson fand hier Eichen und Espen von 2 Fufs Durch- messer, Balsam -Pappeln von 2{ Fufs, Ulmen von i\ Fufs, Basswood von 1\ Fufs und Eschen von 1 Fufs.

240 E- °- Bavenstein: Dm Canadische Red River-ÄKpedWon. Bemerkungen ru der Karte.

Unsere Karte beruht für das Land zwischen dem Oberen See und Red River wesentlich auf den Karten der Canadischen Expedition (besonders auf Dawson'f Karte im Mafsstabe von 10 Miles anf 1 Zoll) und denen der Grenz -Commission vom Jahre 1826; letztere entnahmen wir den Mannscripten in der Bibliothek der Londoner Geographischen Gesellschaft Als Anhaltspunkte dienten ans bis zum Westende des Lake of the Woods die astronomischen Bestimmungen der Grenz- Commission ') (nach David Thompson und Tiarks), die übrigens recht befriedi- gend mit denen Franklin's zusammenstimmen. Wir erhalten s. B. Fort William .... 89* 23' W. v. Greenw. nach der Grenz-Coinniission.

. . . . 89a 22' - - - - Franklin (Chr. 1733).

Fort Francis .... 93° 28$'- - - - Franklin.

.... 93° 31' - - - - der Grenx-CommissioiL

Mündung des Rainj River 94° 44' - - - - Franklin.

94° 47' - - - - der Grenz-CommissioiL

Das „Monument" am Nordwest- Corner des Lake of the Woods liegt nach den Karten der Grenz-Commissäre unter 95° 15' W. L., 49° 24' N. Br.9 und neh- men wir die von Dawson's Gehülfen gemessene und abgesteckte Linie zwischen Fort Garry und dem L. Plat als richtig an, so erhielten wir als Länge von Fort Garry (dessen Breite 49° 53' ist) 97° 14' W. von Greenwich. Dies Resultat haben wir auch für unsere Karte angenommen. Colhoun's Längenbestimmung von Fort Garry aber (97° 1' nach drei Monddistanzen), die jedenfalls der tob Sullivan (96° 52') vorzuziehen ist, mufsten wir verwerfen *). Pembina liegt nach Sullivan's Beobachtung und auch nach den neuesten amerikanischen Karten fast genau südlich vom Fort Garry; nach den Aufnahmen der Canadischen Ex- pedition käme es jedoch unter 97° 30' W. L. zu liegen. Es ist uns aniser der Beobachtung Sullivan's keine Längenbestimmung für Pembina bekannt; in Owen« Geological Survey of Wisconsin etc. finden wir jedoch eine Angabe für den Fnfs der Pembina -Hügel (48" 54' 36" N. Br., 97° 50' 30" W. L.), etwa 3 Stunden westlich von Pembina, nach der jedenfalls die Annahme von 97° als zu weit östlich erscheint Für Fort Alexander konnten wir Franklin's Angabe beibehal- ten, da die Entfernung nach Fort Garry einerseits und nach der Rat Portage andererseits befriedigend mit Dawson's Karte übereinstimmt

Für das Gebiet der Forschungen Dawson's beruht die Karte mit Ausnahme einiger nach Franklin angegebener Daten ausschliefslich auf den Aufnahmen die- ses Reisenden. Professor Hind's schliefslicher Report ist unseres Wissens noch nicht erschienen ; das Beikärtchen ist jedoch eine genaue Copie der von ihm eia- gereichten vorläufigen Karte und enthält alle auf dem Original befindlichen Namen.

') Man vergl. hierüber Vol. II, S. 292 von Dr. Bigsby's „Shoe and Canof* dessen Verfasser selbst Mitglied der Grenz -Commission war.

a) Auf Dawson's Original -Karte liegt Fort Garry unter 97° 24' W.; er nimmt jedoch den , North -west Corner1 des Lake of the Woods zu 95° 28 W. an (anstatt 95° lö'), ein Unterschied, den wir nicht aufzuklären vermögen. I

241

Miscellen.

Höhe der Bahnhöfe auf den Preufsischen Eisenbahnen.

Die »Karte yom Preufsischen Staate mit besonderer Berücksichtigung der Commnnkiationep, nach amtlichen Quellen bearbeitet und herausgegeben auf An- ordnung Sr. Excellens des Herrn Ministen für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten vom technischen Eisenbahn-Bureau des Ministeriums, Mafsstab 1 : 600000, in 12 Blättern Farbendruck " ist von Sr. Excellen* dem Herrn Handelsminister der Bibliothek unseres Vereins geschenkt worden. Bei der Vorlage dieses wertih- roUen Geschenkes äufserte ich, dafs es sehr wünschenswerth sei, die durch die verschiedenen Nivellements ermittelte absolute Höhe der einzelnen Bahnhöfe au kennen, um für barometrische Nivellements an den zunächst gelegenen Stationen einen unmittelbaren Anknüpfungspunkt zu erhalten. Der grofsen Güte des Ge- heimen Baurath Weishaupt verdanke ich die Mittheilung der folgenden Tafel. Die Höhenangaben sind in preufsischen Fufs.

Für den Zweck barometrischer Nivellements füge ich dieser Tabelle die baro- metrischen Jahresmittel von 1859 für die Stationen des ganz Norddeutschlandi Sachsen ausgenommen, umfassenden preufsischen meteorologischen Instituts hinzu. Der auf den Frostpunkt reducirte Barometerstand ist in Pariser Linien ange- geben.

Memel 336.41, Tilsit 335.61, Claussen beiArys 332.19, Königsberg 336.40, Danzig 336.68, Schönberg bei Carthaus auf dem Plateau der Badauneseen am Fnfse des Thunnberges 326.99, Conitz 330.02, Bromberg 335.66, Posen 334.36, Ratibor 328.94, Breslau 332.11, Zechen bei Guhrau 333.31, Eichberg bei Hirsch- berg 323.72, Görlitz 328.91, Frankfurt a. d. Oder 335.65, Cöslin 335.66, Col- berg 336.54, Regenwalde 335.11, Stettin 337.30, Putbus 333.85, Wustrow bei Bibnits in Mecklenburg 336.52, Sola 337.46, Rostock 336.24, Poel auf Ffschland bei Wismar 336.96, Schönberg 336.55, Hinrichshagen bei Goldeck 333.03, Neu- Bnmdenburg 336.44, Eutin 335.22, Lübeck 335.76, Kiel 336.56, Neumünster 336.20, Altona 336.33, Salzwedel 336.30, Berlin 335.59, Torgau 334.02, Haue 334.06, Erfurt 329.12, Mühlhausen 329.70, Heiligenstadt 327.08, Göttingen 331.46, Clausthal 315.20, Wernigerode 327.48, Hannover 334.96, Otterndorf 336.78, Lüneburg 336.54, Gütersloh 334.22, Salzuflen 333.87, Paderborn 330.94, Mün- ster 335.35, längen 333.25, Löningen 336.25, Emden 336.85, Norderney 336.74, Oldenburg 336.72, Elsfleth 336.77, Jever 336.39, Cleve 334.56, Crefeld 335.98, Cöln 333.72, Boppard 334.32, Kreuznach 333.22, Trier 332.15, Frankfurt a. M. 334.53. Dove.

Bemerkungen.

Bei Bestimmung der Höhen der in Rheinland und Westphalen gelegenen Bahnhöfe ist das Nivellement mit dem Nullpunkt des Pegels zu Amsterdam in directe Verbindung gebracht worden, hingegen ist bei den Eisenbahnen in den östlichen Provinzen in der Regel der mittlere Wasserstand der Ostsee am Pegel zu Swinemtinde zur Basis gewählt, und sind die hieraus hergeleiteten Höhen auf Null des Amsterdamer Pegels reducirt worden. ZtftMhr. f. «LI«. Brak, Neu« Folg«. Bd. VIII. 16

242

Misceüen:

Durch den Anschlufs dieser and Zubülfenahme trigonometrischer Nivellements hat sich herausgestellt, dafs der Spiegel der Ostsee um 5,53 rheinL FnTs höher liegt als der Nullpunkt des Pegels tu Amsterdam.

Wegen der zu berücksichtigenden Correctionen der Höhenlage einzelner Bahn- höfe wird auf die Bemerkungen in Band HI, IV und V der „Statistischen Nach- richten von den Preufsischen Eisenbahnen" verwiesen, auf welche sich auch die in dem folgenden Verzeichniis durch Klammern hervorgehobenen Notizen besiehen.

No.

Namen der Bahnhöfe.

Höh« Aber d. Nullpuokt des Amster- dam. Pegela Prenfs.Fufs

Bemerkungen.

1. Kreuz . .

2. Filehne . 3. : Schönlanke

4. Schneidemühl

5. i Miasteczko

6. Bialosliwe

7. Osiek . .

8. jNakel . . 9. ' Bromberg .

10. ; Kotomiera 11. Terespol . Baskowits Warlubien Czerwinsk Pelplin . . Dirschau . Siemonsdorf Marienburg

12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

10. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28.

Altfelde .

Grünau

Elbing . .

Güldenboden

Schlobitten

Mühlhausen

Braunsberg

Heiligenbeil

Wolittnik .

Ludwigslust

29. j Kobbelbude

30. i Königsberg

Dirschau . Hohenstein Praust . . Danzig . .

Königliche Ostbahn.

111,71 139,26

270,5 5 197,93

201,30

183,99

239,56

160,n

[160,2?]

296,21

191,64

269,22 248,64 276,64

154,64 58,73 18,77

14,94 11,44 22,94 30,69 176,44 147,4 4 25,4 4 58,44 23,4 4 66,44 16,44

75,19

Anschlufs der Stargard-Poseoer Eiseabaha.

Horizontale beim Bahnhofe 203, i?'.

Abgang der Zweigbahn nach Danzig.

Fall von T^6 ¥, Anfang 50,2 1 ', Ende47,i ;' auf Länge von 240°.

Zweigbahn Dirschau -Danzig.

58,73

56,14

28,54 14,61

Höhe der Bahnhöfe auf den Preufsischen Eisenbahnen.

243

No.

Namen der Bahnhof.

Höhe über d. Nullpunkt des Amster- dam. Pegels Prra&.Fufs

Bemerkungen»

Königliche Niederschlesisch- Märkische Bahn.

1. < Berlin

2. | Köpenick . .

3. Erkner . . . 4. 'Fürstenwalde.

8.

9. 10. 11.

14. 15,

17. 18. 19.

20. 21. 22.

23. 24.

26. 29. 27. 28. 29. 30.

Bliesen Frankfurt

Finkenheerd Fürstenberg Nenzelle . WeUmitz . Guben . .

12. Jefsnits .

13. Sommerfeld Liebsgen . Soran . .

16. Hanedorf

Haibau . Rausch» . Kohlfurt .

Siegendorf

BunzUu

Kaiserswaldau

Hainau Liegnitz

Spittemdorf

Neumarkt . Nimkau Liasa . . Breslau

116,69

[in,«*]

119,33

129.41

140,26 149,98

177,80 [183,18]

137,48 113,87

134,91 147,50

[152,93]

198,4t 260,80 398,oo 498,80 438,80

[443,33] 398,80 478,80 601,80

[609,67] 621,80 612,80

487,03 380,66 [387,33] 375,3t 366,ai 352,75 380,64 393,60 373,3)

1381,23]

[Nach neuerem Nivellement ist die Schie- nen-Oberkante auf Bahnhof Frankfurt su 183,18' bestimmt]

Hinter einer Horizontale ron 115,79'.

Vide Zweigbahn Hansdorf-Glogau No. 36.

Vide Zweigbahn Görlitz -Kohlfurt No. 32.

Fall xiv$ Anfang 591,80', Ende 585,80* auf Lange von 200 liegt der Bahnhof in der Mitte.

Anschlufs der Königszelt -Liegnitzer Ei- senbahn.

Anschlufs der Breslau- Posener und der Verbindungs -Eisenbahn zwischen dem Niederschlesisch- Märkischen und Ober- schlesischen Bahnhofe.

Verbindungsbahn der Niederschlesisch -Märkischen und Ober- schlesischen Bahnhöfe.

31. | Verbindungs-Bahnhof . | 380,53

| Anschluß an die Oberschleaische Bahn. 16*

244

Miscellen:

No.

Namen der Bahnhöfe.

Höhe über d. Nullpunkt des Amster- dam. Pegels Preafa.Fufa

Bemerkungen.

Zur Königlich Niederschlesisch- Märkischen Eisenbahn die Zweigbahn Kohlfurt- Görlitz.

32. 33. 34. 35.

37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44.

Kohlfart 601,80

Penzig 597,29

Hennersdorf . . . . 615,oo

Görlitz 704,60

Niederschlesische Zweigbahn (Hansdorf- Glogau)

Hansdorf 438,60

Sagan 364,22 !

Bachwald 407,16 I

Sprottan 420,35 |

Waltendorf .... 445,35 i

Qnaritz 463,35 |

Klopschen .... 477,35 :

Betriebs -Bahnhof . . 242,35*

Glogau 246,10

[Der Anschlnfs von Posen nach [250,80] i ist 253,84' über dem A. P.]

Oberschlesische Eisenbahn.

Glogati

[ad 1—23. 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11.

12. 13. 14.

15. 16. IT. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

Breslau

Kattern Leisewitz Ohlau . Brieg . Lossen . Löwin . Szeppelwitz Chrosczina Oppeln Guradze .

Sämmtliche Ordinaten- Höhen werden nach Berichtigung de« Bahn- hofes Breslau um 6,93' höher zu bestimmen sein.]

380,5 3 Anschlnfs der Verbindungsbahn zwischen dem Niederschlesisch- Märkischen and Oberachlesischen Bahnhofe.

Gogolin . . . Dzieschowitz . . Kandrzin (Cosel)

Schlawentzütc .

Rudzinitz . . .

Laband . . .

Gleiwitz . . .

Zabrze. . . . Ruda ....

Königshütte . .

Kattowitz . . .

Myslowitz . . .

391,47

405,64 425, a 8 466,03 530,63 477,53

516,52

509,oo 498,5 5

547,69 593,86 565,4 6

627,41 656,n 688,01

717,23

806,06 904,06 889,38 860,24 844,84

Auf der Steigung ron * Ja, Anfang 523,69', Ende 565,69' etwas über die Mitte der Höhe zu; die Steigung ist 1050* lang.

Anschlnfs der Wilhelms-Bahn (Cosel-Oder- berg).

Hohe der Bahnhöfe auf den Fteufoschen Eisenbahnen.

245

No.

Kamen der Bahnhofe.

Hob« über d. Nullpunkt det Amiter* dam. Peg*l« Preuf*. Pud

Bemerkungen.

Neisse-Brieger Eisenbahn. [Die Höhen sind sämmtlich 6,93' höher anzunehmen.]

Neisse . . . Bösdorf . Friedewalde . Alt-Grottkau Grottkau . . Böhmischdorf Alzenau . . Anschlufs . .

664,23

616,43

585,7 3

561,73

548,03 532,43 511,13 473,43

der Oberschlesischen Bahn zur Oester- reichisch- Preußischen Grenze.

Wilhelms -Eisenbahn (Cosel-Oderberg). [Die Höhen sind sämmtlich 6,93' höher anzunehmen.]

1. 1 Kandrzin (Cosel)

10.

Birawa.

Dziergowits . . Ratibor - Hammer Tworkau . . .

Knizanowitz . Annaberg . . Anschlufs . . Nendza . ,

Ratibor

565,46

615,98

588,4 1

618,75

654,03 643,65

600,00

I Auf einer Steigung v. T|5, Anfang 575,09', | Ende 595,9»', Länge der Steigung 750°.

Liegt auf einer Steigung von T jg, Anfang 609,28', Ende 613,2«', Länge der Stei- gung 200°.

der Kaiser Ferdinands -Nordbahn.

Folgt auf der Bahn nach Ratibor Hammer und liegt auf einer Steigung von y4*> Anfang der Steigung 586,50', Ende 599,06', Länge 600°.

Folgt auf der Bahn nach Nendza.

Breslau -Posener Eisenbahn. [Sämmtliche Höhen -Ordinaten sind um 1,04' zu niedrig angegeben.] [ Anschlufs ....

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

Schebitz . , Obernigk . , Gellendorf Trachenberg . Bawicz. . Bojanowo . Reisen . . ,

Alt-Boyen Kosten Czempin . Mossyn

14.1 Posen

381,23 [381,25]

369,72 540,72 357,7 3 297,09 308,43 348,01 280,31 309,7 7 278,61 230,01 234,oi 214,oi 276,87 [278,09]

an die Königl. Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn.

Anschlnis der Zweigbahn Lissa-Glogau.

248

Miscellen:

No.

Namen der Bahnhofe.

Höhe über d. Nullpunkt des Amster- I dun. Pegels

Preaf«. Fnfs

12.

13.

14.

Berlin -Anhaltische Eisenbahn.

ßoslau. Dessau

Köthen

220,35

im Anhalt - Dessauischen. ^*. .

Auf schwach abfallender Eoene, Anfang

195,24', Ende 194,87' hoch, auf Lange

von 770°.

256yoo Jüterbogk-Riesaer Eisenbahn.

1.

Jüterbogk . .

267,40

Anschlufs der Berlin- Anhaltischen Bahn.

2.

Oehna

291,10

3.

Wendisch -Linda . .

266,66

4.

Holzdorf

250,17

5.

Herzberg

261,30

6.

Falkenberg . . .

275,36

7.

Burxdorf

291,oo

8.

Jacobsthal ....

306,36

in Sachsen.

9.

Böderan

315,18

-

Magdeburg- Lei]

pziger Eisenbahn.

1.

Magdeburg «...

167,27

2.

Westerhüsen .

185,44

3.

Schönebeck .

167,io

4.

Gnadau . . .

173,23

'*-

5.

an der Saale.

192,35

6.

Wulfen . . .

216,47

in Anhalt -Köthen.

7.

Köthen . .

255,77

8.

Weissand . .

285,68

9.

Stumsdorf. .

287,35

10.

Niemberg . .

304,85

11.

Halle . . .

345,27

Anschlufs der Thüringischen Bahn.

12.

Gröbers . .

356,37

13.

Schkeudits .

413,27

14.

Leipzig . .

349,02

Thüringisch

e Eisenbahn.

1.

Halle

347,57

2.

Merseburg

313,87

3.

Corbetha . .

355,06

Anschlufs der Weifsenfels-Leipziger Bahn.

4.

Weifsenfeis .

326,58

5.

Naumburg

343,76

6.

Kosen . . .

368,18

7. Suiza . . .

227,47

Sacnsen-Weimar-Eisenachisches Gebiet

8.

Apolda . .

574,4 7

desgl.

9.

Weimar . .

774,87

desgl.

10.

Vieselbach .

713,67

desgl.

11.

Erfurt .

637,86

12.

Neu-Dietendorf

795,03

Sachsen -Gotha.

13.

Gotha . . .

I 983,88

desgl.

14. Fröttstedt . .

! 961,36

desgl.

15. Wutha. . .

465,23

Sachsen - Weimar - Eisenach.

16. Eisenach . ,

. 703,12

desgl.

17.

Herleshausen

' 645,61

Hessisches Gebiet

18.

Gerstungen . .

705,34

Anschluß der Friedr. Wimehiii-Notdbaha.

Höhe der Bahnhöfe auf den Prenfsischen Eisenhahnen.

249

No. Kamen der Bahnhöfe.

Höhe über d. Nullpunkt des Amster- dam. Pegels Preuft.Fnfc

Bemerkungen.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 10. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.

28. 29. 30. 31. 32.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11.

Deut* . . Muhlheim . Kuppersteg Langenfeld Benrath . Düsseldorf Calcnm Grofsenhanm, Duisburg . Oberhansen Berge- Borbeck Essen . . . Gelsenkirchen Herne -Bochum Castrop . Mengede Dortmund. Conrl . . Camen. . Hamm. Ahlen . . Beckum . Oelde . . Rheda*. . Gütersloh . Brackwede Bielefeld .

Cöln- Mindener Eisenbahn.

142,61

151,40

145,80 145,13 136,43

115,56 116,91 109,31

106,84 117,60

145,00 156,80 172,20

188,20

191,74 216,74

254,25 217,00

197,78

201,18 205,oo

311,23

306,00

231,97

247,61 419,31

Herfort Löhne . Rehme. Porta . Minden

230,37 206,47 188,07

154,26

144,88

Anschlufs d er Düsseldorf-Elberfelder Bahn.

Ansehluft der Duisburger Zweigbahn. - Ruhrorter

Anschlufs der Bergisch-MäiJuschen Bahn.

Anschlufs der Kgl. Westphätischen Bahn.

Liegt auf einer abfallenden Ebene ▼. tt4tt» Anfang 377,0 l', Ende 376,9 i' hoch, auf der ungefähren Hälfte der ganzen Lange ton 110°.

Anschlufs der Kgl. Hannoverschen Bahn.

Königliche Westphälische Eisenbahn.

Warburg ' 651,13

Bonenburg .... 832,83

Willebadessen . . . 891,83

Bake 984,63

Paderborn «... 379,96

Salskotten .... 319,38

Geseke 328,95

Lippstadt 250,73

Bennmghausen . . . 278,82

Sassendorf .... 318,13

Soest

Liegt auf einer abfallenden Ebene von riWt , Anfang 312,40', Ende 311,52', auf der > ungefähren Hälfte der ganzen Lange von I 132°.

250

Mitteilen:

No.

! Höhe fiber jd. Nullpunkt! Namen der Bahnhöfe. |d«§ Am«ter-I dam. PegoU i IPreuA.Fofti

12.

13. 14.

15. 16.

17.

18. 19. 20. 21.

22. 23. 24. 25.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12. 13.

14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.

Königliche Westph&lische Eisenbahn.

Anschlufs der Dortmund- Soester Eisenbahn .

Welwer

fff^Ffl

304,34 | 244,34 |

201,is j Anschluß der Münster -Rheiner und der Com -Mindener Eisenbahn.

Königliche Westph&lische Eisenbahn (Hamm -Münster).

Drensteinfurt. Rinkerode

Münster

204,09

Auf einer abfallenden Ebene von ,1* Anfang 196,60', Ende 185,* 9' hock. Lange 4009.

Greven Emsdetten Mesum Rheine. .

193,53

Münster - Rheine.

142,80 140,83 137,03 126,18

Rheine - Osnabrück.

Hörstel . Ibbenbfihren Veepe . . Osnabrück

156,60 251,ao 230,04 210,04

Bergisch- Märkische Eisenbahn.

Elberfeld .

das. . , Barmen Ritterhansen Schwelm . . Milspe . Gevelsberg Haspe . . , Hagen . . Herdecke . . Wetter. . , Witten. . Annen . .

Barop . . Dortmund . Horde . . Apierbeck Unna . . Werl . . ! Soest . .

498,o* 609,3« 499,04

518,74 671,38 671,38

600,18

447,25 338,oo 329,70 286,ao 307,02

307,51 256,26 336,96 365,13 307,oo 285,73 312,00

Bahnhof der Bergisch -Markischen Bahn. - Düsseldorf-Elberfelder -

Auf einer abfallenden Ebene vw Anfang 362,oe', Ende 337,5 1' Lange 700 V

1 yiT» hoch,

Höhe der Bahnhöfe auf den Proafcischen Eisenbahnen.

251

No. Namen der Bahnhof.

Höhe aber d. Nullpunkt dee Aueter-

dem. Pegels Preofe. Fuft

Prinz Wilhelm- Eisenbahn.

1. Steele . .

2. Knpferdreh

3. Nierendorf

4. Langenberg

5. Nevigea .

6. Kopfstation

7. Abbruch .

8. Äprath. .

9. Dorap . .

10. Vohwinkel

1 Düsseldorf

2. Gerresheim

3. Erkrath .

4. Hochdahl .

5. Haan . . *. Vohwinkel ?. Elberfeld .

t. Cöb . .

2. KaltBchenern

3. Brühl . .

4. Sechtem .

5. Boisdorf .

6. Bonn . .

7. { Godeaberg 8. ' Mehlem . 9<! Rolandseck

1. Cöln . .

2. Mnngersdorf 3 Königidorf

4. Horrem .

5. Boir .

8. Düren . . 7- Langerwehe

8. Eichweiler

9. Stolberg . 0.; Aachen . 1 Ronheide .

194,43

174,72

I 320,17

^ 477,37

572,47

625,24

561,53

Auf einer Steigung von T|v, Anfang 262,2i', Ende 295,* T hoch, Länge der Steigung 378°.

Auf einem Abfall von T4i* Anfang573,69(,

Ende 541,3i' hoch, Länge 875°. An8chluf8 der Dusseldorf-Elberfelder Bahn.

541,31 Düsseldorf- Elberfehier Eisenbahn

| 118,58 I

I 146,17

I 170,33 I

I 430,33 j 492,7 3 ' I 543,08 1 506,00

Bonn-Cölner Eisenbahn. 154,02

185,73 197,37

202,04 189,79 180,10

204,53 j

206,33 | 206,33 |

Rheinische Eisenbahn. 152,71

179,88

260,7 4 268,52 347,33 409,73 458,06 506,40 539,20

591,64

2. : Astenet . 3J Herbeathai

788,89 799,9«

Anf einer Steigung von TjT, Anfang 766,64', Ende 773,4 8' hoch, Länge 189».

Anachlufs der Belgischen Bahn.

252

IfUceflen:

No.

Nomen der Bahnhofe.

Höbe über | d. Nullpunkt) des Amstar- | dam. Pegels Preufs.Fufs

Bemerkungen.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12. 13. 14.

15. 16. 17. 18. 19. 20.

Aachen -Mastrichter Eisenbahn.

Aachen (Marschirthor)

594,05

das. (Tempierbend)

594,55

Anschlnfs der Aachen-

Düsseld.-RuhrorterE.

578,14

Simpelveld ....

483,60

Vytre

352,89

Valkenburg ....

261,83

Meerssen

168,90

Mastricht

149,69

Königliche Saarbrücker Eisenbahn.

Saarbrücken (St Johann) Duttweiler . . . Salzbach .... Friedrichsthal . . Neunkirchen . . , Preußische und Bayeri- sche Grenze . .

661,5? 738,3 7 834,57.

941,97 8)6,57

793,96

Aachen- Düsseldorf- Ruhrorter Eisenbahn.

Aachen . . Tempierbend . Kohlscheidt . Herzogenrath Geilenkirchen Lindern . . Baal . . . Erkelenz . . Wickrath . . Rheydt. . . Gladbach . . Kleinenbroich Neufs . . . Oberkassell .

Ruhrort

Viersen . Anrath. . Crefeld . Uerdingen . Trompet . Homberg .

594,05 594,55 546,55 351,io 234,oo 238,os 236,65

314,65

231,oo 210,81 160,41

134,55 123,46 111,08

Crefeld

125,68 122,68 120,56 101,83

97,00 96,00

Anschlnfs der Rheinischen Eisenbahn.

Kreis -Gladbach.

Cöln-Crefelder Eisenbahn.

Cöln . . Longerich. Worringen Horrem Norf . .

154,63 150,56 145,96 138,96

Auf abfallender Linie von Tri»» An&ftE 131,96', Ende 126,4s', Lange 400V

H5he dar Bahnhofe «af im Pmlntehen Bisenbahnen.

353

No. Namen der Bahnhofe.

Hftb« Ober d. Nullpunkt d«s Anittr- dam. P«g«U Prrafa.Pnft

Bemerkungen.

Cöln-Cref eider Eisenbahn.

6. Neufs

Osterath Crefeld

123,45

132,16

120,56

Anschlufs der Aachen-Düsseldorfer Eisen- bahn.

l.i Berlin

Berlin - Stettin - Stargarder Eisenbahn.

118,03

9. 10. 11. 12.

Bernau .... Biesenthal . . . Neustadt- Eberswalde Angermünde . . . Passem .... Tantow .... Stettin

Fittkenwalde . Dsmm . Carohnenhorst Stargard . .

[117,44] 218,61 197,18

84,07 158,60

45,30

81,51

22,oi

[20,52]

[23,05]

18,26 20,26

72,50

114,43

[Die Höhen

Arnswalde Aagnstwalde Woldenberg Krens . .

Stargard -Posener Eisenbahn. Ordinalen sind durchweg um 1,04 zn niedrig angegeben.] 196,50

Wronke Samter Rokitnice Posen .

253,71 225,5 3

111,71

179,00 175,60 224,84 302,45 276,83 [278,oe]

Breslau - Sohweidnitz - Freiburger Eisenbahn. [Die Höhen sind von Breslau ab um je 6,93' höher anzunehmen.]

1. , Breslau

Schmolz ! Canth . . iMettkan . 1 Ingrunsdorf

iSaarau

; Königotelt Freibarg . , Altwasser.

, Waidenburg

372,38

417,86

442,os 506tt2 562,76

738,26

882,oi

1321,06

1338,68

AnschlufjB an die Niederschlesisch- Märki- sche Eisenbahn.

Auf einer Steigung von ^\Sf Anfang564,s 4 ', Ende 738,26 ' hoch, Länge der Steigung 3040°.

Anfang einer Steigung von Vf

254

Mltcilkni

No.

Höhe ober i d. Nullpunkt! des Amtier- '

dun. Pegels j Preufs.FnJs

Breslau -Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn.

Zweigbahn Königsselt-Liegnits*

11. 12. 13. 14. 15.

16. Anschlufs 379,08 an die NiedencMesisch- Märkische Bahn.

17.

(Königszelt) Striegau .

709,08

Grofs- Rosen. . . .

659,98

Sauer

615,34

Brechelsdorf ....

586,70

Neuhof

390,88

Anschlufa

379,08

Liegnits

380,66

[387,23]

18.

19. 20.

(Königszelt) Schweidnitz Auf abfallender Linie von yJ*» Anfiuf

787,40', Ende785,4»'hoch, Lange 150*.

Faolbrück 778,34

Beichenbach .... 826,38

Oberhausen -Arnheimer Eisenbahn. Anschlnfs an die Cöln-

Oberhausen Sterkrade . Dinsbaken Wesel . . Mehrhoch . Empel . . Emmerich. Elten . .

117,60

130,63

94,63

86,18 63,38 60,68 59,03 54,03

Lissa-Glogauer Eisenbahn. (Flügelbahn der Breslau- Posen -Gloganer Eisenbahn.)

Lissa . Fraustadt , Glogau

Anschlufs der Breslau-Posener Eisenbaho.

309,7 7 [310,81]

295,oo [296,04]

252,80 [253,84]

Weifsenfeis -Leipziger Eisenbahn.

Corbetha . Dürrenberg Kötuchau Markranstedt Leipzig .

355,06 312,06 339,76 397,76 347,73

Anschlufs an die Thüringische Eisenbahn.

[Dürfte nach neueren Ermittelungen mit 349,0 3 ' ansugeben sein.]

Oppeln-Tarnowitzer Eisenbahn.

Oppeln

Dembiohammer . Malapane . . . Klein -Statisch . Kolonowska . .

506,17

560,62 588,17 617,17 644,7 1

Anschlufs an die Oberschlesische Eises* bahn [mit einer Differenz von 0t69.]

Höhe der Bahnhöfe anf dm Praafiüchen Eisenbahnen.

255

o.; Namen der Babalfc5fe.

Höhe übtr d. Nullpunkt

des Amster- dam. Pegels ! Prears.Fufsl

Bemerkungen.

i.iZawadski. . f.jZandowite . i I Golormühle . ). j Tworog . . ). i Friedrichshütte

Oppeln-Tarnowitzer Eisenbahn.

679,47

718,84

792,06 805,67

Taraowite.

952,17

Liegt auf einer Steigung von 3 $T, Anfang 856,67', Ende 868,7 1' hoch, Lange 300V

Königliche Ostbahn, Abtheil. Kreuz -Cüetrin- Frankfurt.

Anschlnfs .

I

.jFrankfnrt a. O. .| Leons . .Podeliig . Cüstrin . Tamsel .|Viet* . . | Dollens Rodung

. : Dfiringshof . i Landsberg . Zantah. . . ! Gnrkow . . Friedeberg . Alt-Karbe . Driesen . . Kreuz . .

183,18 187,56

180,16

99,54

60,70 57,71 66,71

76,71 80,io 107,71 90,71 97,71

111,71 111,71 111,71

anf dem Bahnhofe der Niederschlesisch- Märkischen Eisenbahn.

Liegt anf einer abfallenden Ebene von t|ö, Anfang 72, 7 1 ', Ende 65,7 1' hoch, Länge 210°.

Zur Berlin -Anhaltischen Eisenbahn: Erste Zweigbahn: Wittenberg -Bitterfeld -Halle.

Abzweig der Hauptbahn nach Cöthen.

'Wittenberg . . Bergwitx . .

225,73 214,0 7 303,07 294,18 253,07 299,07 305,33 325,65

331,65

349,38

Giifenhainchen BargkemniU . . ' Bitterfeld . . .

Boitzsch . .

Brehna

Landsberg . . Hohenthnrm . Halle . . .

Zweite Zweigbahn

: Bitterfeld .... Deutsch .... Zschortan. . . . Rackwita .... Leiptig ....

: (Wittenberg-) Bitterfeld-Leipzig.

253,07 300,40 334,65 384,u 351,33

256

No.

Namen dar Bahnfcdft.

Höhe über d. Nullpunkt des Ameter-

dam. Pegel« Preub.FoXa

Bemerkungen.

Zur Berlin -Anhaltischen Eisenbahn:

Dritte Zweigbahn: Dessau -Bitterfeld.

1. 2.

3.

4. 5. 6.

Dessau

Heideburg ....

Marke

Raguhn .....

Jefsnits

Bitterfeld

194,90

264,32

237,65 253,07

Liegt auf einer Steigung von yfr» An- fang 198,65', Ende 229,90' hoch, Luge 1000°.

Liegt auf einer Steigung von ttt» Ab- fang 251,65', Ende 270,4«' hoch, Länge 800°.

Magdeburg -Leipziger Eisenbahn.

Zweigbahn Schönebeck -Stafsfurt

1. 2. 3. 4. 5.

Schönebeck .... Eggeradorf .... Eickendorf .... Förderstedt .... Stafsfurt

154,43

205,09 249,46 249,54 208,33

Zweigbahn Stafsfurt - Lödderburg.

1. jStafsfurt 1 208,33

2. ] Lödderburg . . . . | 226,46 |

Königliche Bahnhofs - Verbindungsbahn zu Berlin.

l. 2. 3. 4.

5.

6. 7.

Stettiner Bahnhof . .

Hamburger - . .

Spreebrücke ....

Abzweig zum Potsdamer Bahnhof ....

Abzweig zum Anhalti- schen Bahnhof . .

Spreebrücke ....

Niederschlesisch-Marki- scher Bahnhof . .

117,44 113,44

113,11

114,58

113,92 117,77

117,82

'

Der Yangtsekiang von Woosung bis Hankow.

Nach den Sailiny Directions des Capt Ward '). So lange der Yangtsekiang nicht von Neuem aufgenommen, sein Fahrww** bezeichnet ist und an Ort und Stelle kundige Looteen rorhanden sind, kann d

') Abgedruckt im Journal of the North China Branch of the Royal An&< Society. No. IL May 1859. Shanghai 1869. Zu vergleichen ist ein anderer BericM über Lord Elgin's Fahrt auf dem Yangtsekiang, in dieser Zeitschrift. N. F. Bd. VI S. 152 ff.

Der Yangtsekiang von Woosung bii Hankow. 257

oberhalb der rothen Boje vor Woosung nur mit tufterstet Vorsicht befahren wer- den, da die gegenwärtigen Karten nur eine sehr unvollkommene Vorstellung von der Beschaffenheit des endlichen Stromarme geben. Die ununterbrochene Anhäu- fung einer sehr feinen Art Sand hat Bänke geschaffen, wo im Jahre 1842, rar Zeit der kürten Aufnahme des Stroms durch Capt. Collinson n. a., tiefes Was- ser enstirte, und Untiefen, welche damals su allen Jahresseiten unter Wasser standen, liegen jetzt bei niedrigem Wasserstande an vielen Stellen trocken. Die sogenannte Blonde Shoal, die damals 2J Faden Wasser hatte und in deren Nihe, im SSW., eine isolirte Erhöhung lag, hat sich mit der letzteren vereinigt nnd rtgt jetst bei niedrigem Wasserstande an einigen Punkten über den Wasser- spiegel hervor. Das Fahrwasser südlich von dieser Sendbank hat nur 15 10 Fuft Tiefe, das nördliche ist noch nicht untersucht; es scheint gerader und tiefer sn sein. Bei der Einfahrt in den südlichen Oanal thnt man gut, sich vom Bande der Sandbank möglichst fern su halten und sich dem Festlands -Ufer su nahern, neu mit dem Senkblei in der Hand, denn die einförmigen Uferdamme entliehen das dahinter liegende Land dem Bück und machen eine Verweisung anf Land- Barken unmöglich. Hat man die Blonde Shoal glücklich umfahren, so stölst man in geringer Entfernung anf „Dove's Nest, eine gefahrliche Ansammlung Ton Sandbänken, auf denen von Lord Elgra's Geschwader drei Fahrzeuge anf den Gnmd geriethen. Zwischen Harvev Point und Plover Point, welches leta- lere an dem darauf gelegenen Dorf und einer kleinen Befestigung kenntlich ist, beginnen, wenn diese Befestigung im SW. erscheint, <Ue unter dem Namen Longen an Crossing bekannten Bänke und Untieren. Elgin's Geschwader, das sich hier nahe am Ufer hielt, fand vor Fooshan den Weg durch eine lange Sand- bank Tersperrt, und es dauerte drei Tage, bis die Kanonenboote Dove und Lee eine Passage, nicht weit von Plover Point, ermittelt hatten. Zur Orientirung in diesem verworrenen Fahrwasser dient die weit sichtbare Longshan Pagode, die in einer Gropj* von drei Bergen auf dem Gipfel des höchsten derselben liegt Wenn sie in N. 31 W. und ein weifses Haus auf dem linken Flufsnfer in N. 27* 0. erscheint, häh man einen westlichen Conrs ein, bis die Longshan Pa- gode genau im Norden liegt; darauf steuert man W. bei N. i N., bis die Pagode N. 13* 0. liegt, endlich nach NW. 4 N., bis die Pagode O. bei N. Hegt Dann kann man sich dem linken Flufsnfer nähern und demselben eine Strecke weit folgen. Von Keashan Point, einem Ufervorsprung, welcher von SO. wie ein Keil aussieht, dessen dickes Ende 90 Fufs hoch ist, nrafo man sich 2\ bis 3 MUe» fem halten. An dieser Stelle sind seit 1842 grofse Veränderungen eingetreten; et hat sieh eine ganz neue, bereits bewohnte und bebaute Insel gebildet, die im Jehre 1842 verzeichneten Inselchen haben sich vereinigt, und es sind ausgedehnte, «weilen trocken Hegende Sandbänke entstanden, die durch die Ablagerungen de* Stromes regehnäfsig erhöht werden und ohne Zweifel bald als Inseln Anbau fin- den and der dichtgedrängten Bevölkerung durch Verwerthung cum Reisbau einen dutkenswerthelHaaschufs sn ihrem Lebensunterhalt darbieten werden. Das Unke Wer dagegen wird mehr und^mehr vom Strom unterwaschen und fortgespült

Bei Keashan Point hat die1|ergfahrt die schwierigsten Stellen des Stroms lunter sieh; in keinem andern Theile des Flufslanfes ist das Strombett einer sol* eben Veränderlichkeit unterworfen, wie namentlich bei Fooshan und Longshan, ZtitMhr. f. aUg. ßrdk. Neue Folgt. Bd. VIII. 17

258 Miwellen:

wo die Fluthbewegung fortwährend thätig tat, Sandbänke va bilden nnd siehende zu entfernen. So lange es hier keine Lootaen giebf, weiden Segelschiffe gut thun, stets ein Boot vomuszuschicken nnd sondiren an lassen; der damit tw- knöpfte Zeitverlust kommt nicht in Betracht, Angesichts des Zeitverlustes und der Gefahr, die von den Aufrennen auf eine Untiefe unzertrennlich sind. So- bald man die nengebildeten and in der Bildung begriffenen Inseln bei Kenahan hinter sich gelassen halt, wird dar Flui* ganz klar; man kann in seiner Mitte, wo man in S Faden noch keinen Grund findet, in der Biehtong nach dem hohem Lande von Hwangshan hinsteuern, welches von Keaahan ans wie eine in der Mitte des Stromes gelegene Insel aussieht. In der Hwangshan -Bat findet man Ankergrund, freilich nur m betrachtlicher Tiefe; BlghVs Geschwader ankette im November 1858 hart an der Küste in 12 Faden; die Berge der Nachbarschaft erheben sich bis 250 und 300 Fufs Höhe, und die Fluth steigt hier noch 4 6 Fürs. Zwischen dieser Bai und Kiang-yia verengt sich des Fftnu hta auf 1 Seemeile; darauf wird er wieder breiter; man kann in seiner Mitte hinahreuf bis in die Nähe von Sterling Island, wo man sich dem linken Flufsnto bis auf \ Male nahern maus. Bei der Insel Chang-sang Chow entreckt eich vom rech- ten Ufer eine gefahrliche Sandbank fest bis in die Mitte des Stromes. Die Flufs- ufer selbst sind aufserordenüich einförmig zwischen Kiang-yin und Keunshan, das linke ist ganz flach ; der einsige höher gelegene Punkt auf der ganaen Strecke ist ein mit einigen Häusern besetzter Hagel, Namens Kooshan.

Die Bemerkung des Mr. Inglis, dafs sich die Fluth im YangnMkmng nur bis 10 oder 15 MUes unterhalb Keaahan Point bemerklich macht, kann sich, wohl nur auf die Monate Juni und Juli beziehen, in denen er den Flui* untersucht hat. In dieser Zeit führt der Flui* eine starke Wassermasse ab und seine starke Strö- mung stemmt sich der Fluth entgegen. Im November aber, wo die WaaeerfuDe des Stroms viel geringer ist, macht sieht die Fluth noch viel höher aufwärts be- merklich, und am 29. December verspürten wir sie sogar in Nanking.

Silver Island umfahrt man in dem südlichen Canal, in dessen Mitte man sich halten muls, um den Furious Bock, eine Klippe mit 14 Fufs Waaaer wei- ter rechts nach der Insel zu, und eine andere Klippe zu vermeiden. Dieae Insel wird einst mit einer andern» Namens Tasha, in Verbindung treten, da jede der andern eine sich stete weiter ausdehnende Sandbank entgegen streckt und dk auf den Karten verzeichnete Tiefe von 1 Z Faden in dem Canal zwischen beiden Inseln jetzt nirgends mehr zu finden ist Auch vor Chin-keang-foo Hegt mitten im Fluß, nordwestlich von Golden Island, eine Klippe, angeblich mit nur 10 Fufs Wasser. Die zuletzt genannte Insel, in deren Nähe mehrere Klippen za liegen scheinen, ist jetzt mit dem Festlande durch einen grasreiehen Isthmus ver- bunden. Die folgende Insel, Pih-sin Chow, kann sowohl im Norden wie im Süden umfahren werden; hinter ihr hält man sich in der Mitte dea Stromes bis Yang-tse-ke, wo man sich dem linken Ufer nähern mala, da am zechten eins Klippe liegt. An der NW. Seite von Tsaousha Island, wo man 1842 seich- tes Wasser fand, hat sich jetzt eine schlammige Untiefe gebildet, die man ia einem Bogen umfahren mufs. Jenseits derselben ist der Strom klar nnd maa kann sich Theodolite Point und den beiden Nanking-Forts bis auf Pisto- lenschufsweüe nähern. Die beiden Forts liegen am rechten Stromufer, auf einer

Der Yangteekiang tob Woosung bis Haakow. 299

Lsndsonge ?or den Stadtwilien; awölf 24 -Pfänder standen vor dem Wall des niedrigeren Forte auf dem schlammigen Ufer, ohne allen Schutz ftr die Kano- niere; das obere Fort hatte drei 24-Pfflnder und sechs 6 -Pfänder eben so expo» nirt aufgestellt; bei Theodolite Point zeigten sieh ebenfalls ein paar Geschtttae und einige bewafihete Dschonken; auch das Fort am linken Ufer hatte einige Gescnfitee.

Jenseite Nanking bleibt man in der Mitte des Stroms, bis ein Hügel ron 160 Fnfr Höhe, 3 Miles südwestlich von einem Bebellenfort am linken Frafsofer, im Westen an liegen kommt; dann wendet man sich dem rechten Ufer an, um eine Sandbank an vermeiden. Bei Wade Island findet man in dem östlichen Canal mit 8 Faden keinen Grand ; der westliche soll Ton dem nordamerikanischen Dampfer Snsqnebanna befahren sein; da er 8 Faden tief und ganz frei ron Hin- dernissen ist, wahrend sieh in dem östlichen, 3| Miles WSW. ron der Taiping Pagode, gegenüber dem kleinen Dorfe Tangtoo eine Untiefe befindet, verdient er vielleicht den Vorzag. In dem östlichen Canal mnfs man sich dem linken Ufer bis anf | Mite nähern, nnd zwischen den East nnd West Pillars passiren, iwei stark befestigten Felsen, auf deren einem dem östlichen angeblich der Senats des Taiping aufbewahrt wird. Bei Point Morton lifst man ein kleines flachet Eiland im Westen liegen; 3 MUes südlich davon liegt am rechten Ufer eine Klippe, die im November bis an den Wasserspiegel reichte, im December 6FqJs darüber hervorragte.

Vor der Stadt Woohoo liegt am rechten Ufer eine Untiefe, im December ebenfalls trocken. Man halt sich in der Mitte des Stroms nnd wendet sich all* mählich dem rechten Ufer an, sobald man sich einer Hügelkette von 700Fnfs Höhe nähert. Dieser gegenüber liegen am linken Ufer ein paar kleine Inseln and Schlanunb&nke, die im November noch anter Wasser standen, im folgenden Monat aber rar eine 8trecke von fast 2 Miles trocken lagen. Jenseite derselben kann man wieder mitten im Strom Barker Island im Süden umfahren; von der Nordost- Spitee dieser Insel erblickt man die Kien -hien- Pagode. In Kien - bien mnd Lord Elgin bei 5— 8 Faden gnten Ankergnmd. Diese Stadt liegt un rechten Ufer, 80 Miles oberhalb Nanking ; südlich von ihr erheben sich in einer Entfernung von 3 4 Miles die Berge an einer Höhe von 1500—2000 Fufs. Das linke Flufeofer ist gans flach; am Südwest -Ende von Barker -Island bilden •ich Sehlammbinke; die geringste Tiefe, die man mitten im Strom fand, betrag 3} Faden. Der Frafsarm nördlich von Barker Island soll gana frei von Binder*

Jenseite Teihkeang halt man sich am rechten Ufer, bis man Osborn Beach vorbei ist and sich einem grofsen am linken Ufer gelegenen Dorfe genähert hat; fam wendet man sich dem linken Ufer sa, and steuert darch Wild Boar Beach mitten im Strom. Hier zeigen sich nach den oben erwähnten Pillars nnd 50 Miles toh ihnen entfernt, aum ersten Mal anch am linken Ufer wieder Höhen. Man mnfs das linke Ufer im Ange behalten, damit man nicht in einen breiten Canal gaith, der am rechten Ufer mündet und gana das Aassehen des Hauptstroms besitzt. Fitzroy Island umfahrt man m dem nördlichen Flufsarm. Die Um- i

Pgend ist bergig. Acht Miles südwestlich von Fltaroy Island liegt 300 Yards vom haken Ufer entfernt eine gefahrliche Untiefe, die nur im December trocken ist; |

17# i

g60 Mitteile*:

man mufs sie innerhalb einer Kabellänge von einem fast mitten im Strom ge- legenen, 3(1 Fufs hohen Felseneiland passiren. Von hier ab bis hinter Liang- kiang-ke oder Hen Point liegen viel Klippen im FlmV, von dem zuletzt ge- nannten Punkt zieht sich eine gefährliche Gruppe von Klippen bis Über die Mine d*B Stroms hinein; die äniserate Klippe lag im December trocken.

Bei der Annäherung an Nganking hält man sich am linken Ufer, da an rechten ausgedehnte Untiefen und Schlammbänke liegen. Im November 1858 war die Stadt in der iland der Rebellen und von den Kaiserlichen belagert; im December hatten die letzteren die Belagerung aufgehoben. Jenseits Nganking findet man keine Hindernisse im Strom. Man passirt Rover Island und die Süd- spiUe von Christmas Island, dem gegenüber am linken Ufer Schlammhänke lie- gen, und nähert sich Toong-lew, einer Stadt dritter Klasse mit ziemlich furcht- bar aassehenden Wällen, am rechten Flufsufer. Auch hier ist, ihr gegenüber am Unken Ufer, eine anagedehnte Untiefe in der Bildung begriffen. Vor der Land- spitze, auf welcher die Toong-lew -Pagode steht, scheint , nach der Bewegung des Wassers zu schUefsen, im Flufs eine Klippe zu liegen, und hinter der Pa- gode befinden sich mitten im Strom ein paar im December trockene Sandbänke, auf die der Furious im November auffuhr. Diese Bänke erstrecken sieh bis Hwang-neuchin, an welchem Ort ein Zollamt ist. Am rechten Ufer erheben sieb hier ein paar Höhenzuge, das Land am linken ist ganz flach und nach un- zweideutigen Spuren häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt, obgleich das Ufer im November und December sieh 30 Fufs über den Wasserspiegel erhob. Selbst in Ansiedelungen, die 3 4 Miles vom Ufer des Flusses entfernt liegen, findet man Sampans, ein deutlicher Beweis dafür, in welchem Zustande sich das kand bei Hochwasser befindet.

Bei Dove Point schlägt der Flufs plötalich unter einem rechten Winkel die Richtung nach WNW. ein, doch nur auf eine kurze Strecke. Man halt sich in der Nähe des linken Ufers, bis man Bullock Reach erreicht, wo der Flafs all- mählich wieder eine südsüdwestliche Richtung annimmt. Nicht weit von dem Ende des Bullock Reach liegt ein sehr merkwürdiges kleines Felseneiland, Seaoi* kooshan (von den Engländern Little Orphon genannt), das sich fast peipen- diculär beinahe 300 Fufs hoch ans dem Wasser erhebt und auf seiner Spin» einige Tempel und Jofs- Häuser trägt; auf seinem steilen Südabhang, den man für unzugänglich halten möchte, liegen ein paar Gebäude, wahrscheinlich die Woh- nungen der Priester. Im November war der Felsen nur durch einen schmal« Wasserstreifen vom linken Ufer getrennt, und im December durch einen schlam- migen Grand mit demselben verknüpft. Diesem Eiland gegenüber erhebt sich ein 400 Fufs hoher Felsenvorsprung, mit Befestignngswerken and Warten; an seinem Fufse im Süden liegt eine befestigte Stadt Das rechte Flufsufer bleibt bergig nnd felsig.

Man fährt hier in. der Mitte des Stroms, die tiefer als 9 Faden ist, bis Sen- ke a-kow, wo man, um einige Sandbänke am rechten Ufer zu vermeiden, sieh dem linken, nähern mufs. Die Richtung des Flusses geht 5 Miles weit nach Westen, dann neigt sie etwas südlich nach Blacknev Reaeh; hier sieht sich eine Sandbank, wie es scheint, quer über den ganzen Strom; die tiefste Passage über dieselbe hatte im .December 14 Fu£s Wasser» Bei Chang-kea-kow ist

Der Yangtsekiang von Woosung bis Hankow. 261

der Ruft wieder 5 Baden tief, imd weiterhin nimmt die Tiefe auf $ 10 Faden in. Bei Point Becher sind reifsende Wirbel. Westlich davon liegt OHphant Island, eine 5? Miles lange Insel, die von flachen Flnfsannen eingeschlossen ist; in dem südlichen fand man im November an einer Stelle nur 3j Faden; der DÖidliche ist zwar im Allgemeinen tiefer, aber durch Sandbänke gefährdet. Im December bemerkte man, dafs das Wasser innerhalb eines Monats nm 7 Fnfs ge- fallen war; der Fnriouj und Croiser mußten also in der Stadt Kew - keang einen hohem Wasserstand abwarten, ehe sie sich in einen dieser Flufsarme hineinwagen konnten; gleichwohl gerieth der Fnrious auch dann in dem nördlichen Arm auf den Grand. Gegenüber Point Becher, am rechten Ufer desjenigen Flusses, der das Wasser des Poyang-Sees in den Hanptstrom fuhrt, liegen mehrere SandhOgel.

Jenseits OHphant Island kommt man, in einer Fahrt nach SW. bei W., an der Stadt Kew-keang vorbei, die am rechten Ufer liegt, eine von imposanten Mauern eingeschlossene, jetzt aber ganz zerstörte Stadt Jenseits derselben schlug Elgin's Geschwader beiHunterlsland den südlichen Flufsarm ein, in welchem der Fnrious nur mit grofser Mähe über eine Untiefe gebracht werden konnte, die sieh quer über den 8trom erstreckt Diese Untiefe liegt einigen sehr bemerk- baren rothen Felsvorsprüngen am rechten Ufer, von 40 60 Fufs Höhe, gegen- über. In dem nördlichen Flufsarm gerieth der Fnrious bei der Rückkehr auf den Grand, er arbeitete sich aber nach einigen Stunden selbst durch den Schlamm hindurch und kam glücklich in eine tiefere Wasserader hart am linken Ufer.

An demselben Ufer liegt weiter aufwärts die Stadt Wootsih-tsan, die einen lebhaften Holzhandel treibt Drei Miles weiter bilden mehrere Hügel von 600 Fufs Höhe die seit Nganking erste Unterbrechung der traurigen Einför- migkeit des linken Stromufers. Bei der Stadt Footsz-kow entstehen Untie- fen im Strom, so dafs man sich am rechten Ufer halten mufs. Der Flufs fuhrt om aufwärts nach NNW., und er enthält keine Untiefen, bis in die Nähe von Kechow, einein in Ruinen liegenden Fort auf einem isolirten Felsen, wo man einige schlammige Untiefen am rechten Ufer zu vermeiden hat, die sich 4 Miles weit längs dieses Ufers hinziehen. Die weitere Fahrt durch WardReach stöfst am* keine Hindernisse« Am rechten Ufer erhebt sich Kctow oder Cock's Head, ein Vorsprung von auffallender Form, senkrecht zu einer Höhe von 300 Fufs. Gegenüber der Ortschaft Shih-hwuy-yaou, ebenfalls am rechten Ufer, vor einigen Kalksteinbrüchen, liegen einige Klippen im Flufs, die im December nur 6 Fnfs hatten; der Lee blieb auf ihnen sitzen. Jenseits derselben hält man sich am rechten Ufer, fährt bei der kleinen, aber bevölkerten Stadt Hwang-shih- kang vorbei, nähert sich dann dem linken Ufer und fährt in den Flufsarm öst- lich von Collinson Island hinein, in welchem man sich in der Nähe des lin- ken Ufers hält Am Nordende dieser Insel liegt eine ausgedehnte Untiefe quer aber den Flufs, mit höchstens 4 Faden Wasser. Bei dem kleinen Dorf Tan gke ist eine Sandbank am linken Ufer zu vermeiden; sie lag im December trocken. Nördlich von der Stadt Woo-chang-hien erheben sich zwei Klippen aus dem Flufs, die eine 18, die andere 10 Fufs hoch, die im Sommer wahrscheinlich un- ter Wasser liegen. Jenseits Woo-chang-hien fährt man in der Mitte des Stroms bis zur Hwang-chow Pagode am linken Ufer, wo man in den sehr engen By- thesea-Channel einbiegen mufs, wenn nicht gerade Hochwasser ist, bei wel-

262 Mitcellco:

ehern auch der östliche Flufsann passirt werden kann. Hinter Gravener Island (ohit eine plötzliche Biegung des Stromes in Washington Beach, wo man mitten im Strom selbst bei dem niedrigsten Wasserstande eine Tiefe ron nicht weniger als 4^ Faden findet. Am rechten Flufsufer erhebt sieh das Land tu 300 Fofs Höhe.

Bei Yanglo, einer kleinen Stadt am linken Ufer, kann man skh nahe an diesem Ufer halten, dem man auch weiterbin folgen kann, ohne auf Hindernisse su stoften ; eine kleine Sandbank nördlich von dem 200 Fuft hohen Ufervonpruug K ins han, am rechten Ufer von Pakington Beach, kann leicht vermieden wer- den. Gegenfiber Hanyang, oberhalb der Einmündung des Flusses Han, liegt eine im December trockene, ausgedehnte Schlammbank.

BeiHankow, 384 Seemeilen oberhalb Nanking, besitst der Flui* noch den- selben großartigen Charakter; weder in Breite noch Tiefe hat er abgenommen; an den Mauern von Woochang-foo ist er eben so tief wie bei Nanking, da man in 9 Faden noch keinen Grund findet.

Wenn die Jahreszeit, in welcher Lord Elgin's Geschwader diesen Thefl des 8tromlaufs untersuchte, sehr geeignet war, Untiefen bemerkbar su machen, de sonst tief vom Wasser verdeckt sind, so konnte man doch die Starke der Strö- mung nicht kennen lernen; sie schwankte jetzt swischen i\ und 4 Knoten, die letztere bemerkte man indefs nur an wenigen Punkten. Im Sommer soll eine constante -Strömung von 5 ? Knoten vorherrschen, ein Umstand, der Segel- schiffe in dieser Jahreszeit von der Bergfahrt zurückhalten dürfte.

An der Mündung des Han ankert stets eine ungeheure Flotte von Dschun- ken, die mit Ein- und Ausladen beschäftigt sind. Hankow selbst liegt 30* 3? 51" N. Br., 114° 19* 56" O. L. J).

Capt. Ward macht noch folgende Entfernungsangaben: Von Gutslaff Island bis Woosung 60 Seemeilen

- Woosung bis Chinkiang .138

- Chinkiang bis Nanking . . 46

- Nanking bis Hankow . . 384

- Gutzlaff Island bis Hankow 628 Seemeilen oder 157 geogr. Meilen.

n.

Das Laternenfest in Naogasaki.

Die Japanesen behandeln bekanntlich die Ruhestätten ihrer verstorbenen An- gehörigen mit aufserordentlicher Pietät und haben auch gemeinsame Feste, welche dem Andenken an die Verstorbenen gewidmet sind. Fast überall gehören die Begräbnifsplätze zn den reizendsten Punkten in der Nähe der Ortschaften. Sie sind sorgsam eingezäunt und mit Bäumen, Sträucbern und Blumen so reich be- pflanzt, dafs man unter dem dichten Grün die kleinen, nur 4 Fufs langen Grab. hügel die Japanesen beerdigen ihre Todten in sitzender Stellung kaum bemerken würde, wenn nicht die geschmackvollen Monumente Grabsteine mit

') Hiernach ist die Angabe Bd. Tl. S. 157 (80* 80' N. Br. 114* 10' O. L.) su berichtigen.

Dr. Hochstetters Karten von Nen-8eeland. 263

aguMUMten Inschriften, oft mh sorgsam gearbeiteten Soulpturen in Bas-Relief rernert darauf aufmerksam machten. In Nangasaki ist dem Andenken der Verdorbenen des sogenannte Laternenfest gewidmet, von dem der Oorreepondent eines nordamerikanischen Blattes folgende Beschreibung liefert

,Ich darf nicht unterlassen, Ihnen Etwas Über das Laternenfest mitsutheilen, dem wir so glücklich waren beisuwohnen. Es wird tu Ehren der Verstorbenen gefeiert. Alle Geschäfte ruhen dann auf drei Tage. Abends werden alle Be- rnbuisstitten anf den Gesängen der Hügel durch Kerzen in verschiedenfarbigen Ampeln erleuchtet, die überall an Bäumen und Strauchern aufgehängt werden. Diese Begrabnifsplätae bilden die schönsten Theile der Umgegend; sie sind sehr rasgedehnt und reichen vom Ende der Stadt an den Gehangen der Hügel auf- warte fast bis tum Gipfel derselben. Am Festabend, als eben der Mond über den Hügeln im Norden heraufstieg, waren die Abhinge im Süden von dem mil- den Liebtglani dieser Illumination umflossen, und dann und wann stieg von ihnen eine Beckete in die Höbe, leuchtend über der prachtvotten 8cenerie.*

»Der eweHe Tag schien der Hauptfesttag au sein. Am Abend desselben wurden, kleine, phantastisch versierte Kühnehen vom Ufer abgeetofsen ; jedes hat eine oder ein paar Ampeln, etwas Nahrungsmittel, eine Flasche Saki (Reisbrannt- wetn) und ein Zettelchen, auf welchem geschrieben ist, wohin das Miniaturschiff- enen fahren solle. Die Zahl der Schiffchen, die so vom Ufer losgelassen wurden, kann ich unmöglich angeben; es waren sicherlich tausende. Die Japanesen glau- ben, dafs diese 8chincben ihre verstorbenen Freunde an irgend einem unbekann- ten Piatee antreffen und ihnen Proviant anfuhren werden für ihre lange Reise nach dem fernen Lande der Seligkeit. Eines dieser Kahnehen schwamm so nahe an unser 8ehtff heran, dafs wir es heraufholten, um unsere Neugier an be- friedigen. Es bestand ans dicht ausammengebundenem Stroh; darin lagen nied- liche kleine PorceQan- Schüsselchen, die mit Präsenten angefüllt waren, und eine Fluche Saki. Auf einem Papierstreifen war der Name des Verstorbenen ver- nichnet und die Worte hinzugefügt: „Steuere nach Süden 1" Nachdem wir diese 9Saümg Directum** gelesen, Heften wir das kleine Fahrzeug wieder in's Wasser hinab, damit der arme Bursche, für den es bestimmt war, nicht su lange auf •eine Ankunft su warten habe. Aber ich furchte, dafs mancher der Verstorbe- nen auf seiner weiten Reise vor Mangel umkommt, wenn er lediglich auf die nacht seines Schiffchens angewiesen ist; denn am nächsten Morgen schwammen nberaH im Hafen die Fragmente der sertrfimmerten Kahnchen umher." n.

Dr. Hochstetter's Karten von Neu -Seeland.

In der 8iutung der K. K. geographischen Gesellschaft zu Wien vom 7. Fe- bruar 1860 hielt Dr. Hochstetter, nach seiner Bückkehr von der Norara- Expe- dition, einen Vortrag über seine Forschungen auf Neu -Seeland, aus dem wir fol- gende Mittheilungen Über das von ihm gesammelte chartographische Material her- vorheben.

•Das wissenschaftliche Material", sagt Dr. Hochstetter, welches ich von Neu- seeland mitbrachte, ist so groft, dafs es wohl Jahre lange Ausarbeitung kosten

264 MiaoöUto:

wird, um alles in einem groJken Neu «Seelandwerke ziisanmiensuiasseii. Diesen Neu- Seelandwerke hoffe ich aufser den Darstellungen neuer liaturbistorischer Gegenstände ans allen drei Reichen, anfser landschaftlichen wie ethnographischen Bildern auch einen Kartenatlaa mit topographischen und geologischen Karten bei- fügen su können.

Die Originale dieser Karten wurden schon in Neu- Seeland theils von mir selbst, theils durch zahlreiche Freunde, welche mich unterstützten, ausgeführt. Ich will Ihnen heute nur einige dieser Karten vorlegen, da sie meist in einem so grofsen Msisstabe ausgeführt sind, daß) hier der Baum fehlen würde. Sie müssen für die Publication alle erst auf einen angemessenen passenden MaXsstab redusirt werden.

Bevor ich aber zur Erklärung der Karten selbst übergehe, erlaube ich mir noch einige einleitende Bemerkungen.

An eigentlichen topographischen Karten von Neu- Seeland mit Terrainein- Zeichnung existirt bis jetzt noch sehr wenig. Die englische Admiralität hat vor- treffliche Seekarten von Neu -Seeland publicirt, gegen 50 Nummern, aber alles das sind nur Küstenlinien und Hafenkarten. Auf dem Blatte, welches ganz Neil- Seeland darstellt, ist wohl auch aufgenommen, was vom Innern bekannt war. Aber schon die punktirte Zeichnung will sagen, dafs, was vom Innern des Lan- des gegeben ist, nicht auf wirklich chartographischer Aufnahme, auf Beobachtung beruht, sondern nur auf Einseichnungen , die mehr oder weniger nach Beobach- tung von touristischen Beisenden, Missionären, von reisenden Beamten gemacht wurden, oder höchstens nach flüchtigen a la vue Skizzen, die der eine oder an- dere mitgebracht Arrowsmith in London hat in seiner letzten Ausgabe von Neu "Seeland alles das , was auf diese Weise- bekannt war, sorgfältig zusammen- gestellt, und dessen Landkarte von Neu -Seeland ist daher bis jetzt die beste.

Gegenwärtig nun sind zwar in all den 0 Provinzen von Neu •Seeland Pro- vmzial- Ingenieure in voller Thätigkeit mit Landesvermessungen; der Zweck die- ser Landesvermessungen ist zunächst nur der, daft die Oberfläche des Landes, welches die Regierung an die Einwanderer verkauft, genau bekannt weide, and den Plänen fehlt mit wenig Ausnahmen alle Terrainzeichnnng.

So erklärt sich1*, dafs selbst noch nicht einmal für die nächste Umgegend von Auokland eine eigentliche topographische Karte existirt hat, sondern dafe •auf «meiner geologischen Karten das von mir selbst gemachte Terrain die erste vollste Temindarstellung ist Dazu kommen auf der nördlichen Insel für topo- graphische Kartenarbeiten noch Schwierigkeiten ganz eigentümlicher Art

Die englische Regierung hat, als sie im Jahre 1830 Neu -Seeland als eng- lische Colonie erklärte, den Eingebogen das Ejgenthumsrecht von Grand und Boden zuerkannt Sie mufs jeden Acker Land, den sie europäischen Einwan- derern anweisen will, den Eingebornen um einen Schilling per Acker abkaufen. Bei weitem der gröfste Theil der nördlichen Insel, und namentlich das ganze Innere, ist noch in den Händen der Eingebornen, und die Eingebornen sind so eifer- süchtig und mißtrauisch auf die Landspecnlationen der Regierung, dafs sie einem englischen Provinzial- Ingenieur, wenn er sich mit Mefs- und Beobachtungs- In- strumenten auf einem Terrain zeigen wollte, das die Regierung noch nicht wirt- lich angekauft, oder über das sie nicht gerade in specieller Unterfaandhmg steht,

Eis Bauch des Manna Loa wahrend seines Ausbruchs im Jahre 1859. 265

die grofsten Schwierigkeiten in den Weg legen und endlieh ihn am AlbeHen gänzlich verhindern würden.

Diese Schwierigkeit fiel bei mir gani weg. Die Eingebornen wufsten, dafs ich ein fremder, kein Engländer, nad dafs ich nur für kante Zeil im Lande war, und machten mir daher nicht blos keinerlei Schwierigkeiten, sondern anterstifcts- UD mich noch auf jegliche Weise, damit ich in meiner Heimath recht viel Schö- nt* über ihr Land sagen könne. Es waren die Häuptlinge immer selbst, die mich begleiteten nnd mit mir auf die Berggipfel gingen, von wo ich meine Be- obachtungen machte. Sie sagten mir mit gröfster Bereitwilligkeit alle Namen, zeichneten mir selbst noch, wenn ich sie daran anging, am mich za Orientiren, ehe ich etwas unternahm, nach ihrer Art ihre Landkarten ra den Sand oder amf eis Blatt Papier nnd machten dann an allen merkwürdigen Punkten selbst die Fahrer.

Aas eilen diesen Gründen war das Innere der Nordinsel, als ich im Mars 1858 dahin aufbrach, am es geologisch jlu anterBachen, in topographischer Be- nehtrag ein weüses Blatt Papier.

Um geologische Anfseichnungen machen tu können, war ich daher genö- tigt, gleichseitig topographisch an arbeiten Ich hatte daher schon vom Beginne der Reise an ein System von Triangulation mittelst Asimuthompa/s auf die Ba- sis der aufgenommenen Küstenlinie adoptirt und führte das während der gansen Reite fort, sogleich «kkzirte ich alle Terrainverhältnisse immer an Ort and Stelle selbst nnd brachte so von dieser Heise ein Material nach Auckland, ans dem ich noch in Neu -Seeland selbst eine Karte zeichnete.

Etwas besser steht es mit den topographischen Karten auf der südlichen Insel; hier giebi es beinahe keine Eingeborne mehr und das Land ist aufser- ordentbch gebirgig; ich fand daher für meine geologischen Aufnahmen in Nelson eise fsst genügende Karte vor, über die ich aber auch freilieh bald hinaus war*.

Ein Besuch des Mauna Loa während seines Ausbruchs im Jahre 1859.

Von W. D. Alexander •).

Wir segelten Dienstag den 1. Februar im Kinoole von Honolulu ab und lan- deten Donnerstag Mittags zu Kealakekua. Während der letzten Nacht hatten wir ans weiter Feme einen Blick auf die Eruption; sie glich einem Stern, der mf dem Berge , etwa in zwei Dritteln seiner Höhe , schwebte und Lichtstreifen nach unten entsandte. Am Freitag trafen wir die Vorbereitungen für unsere Ex- pedition, und Sonnabends früh brachen wir von Kuapehn in fast östlicher Rich- tung nach dem Krater auf.

Unser Weg führte uns auf den ersten 12 Miles durch dichte Waldung, die ihren Charakter allmählich änderte, je höher wir stiegen; unten herrschten rie-

') Nautical Magazine. Ttbruary 1860. Die Eruption des Vuleans hatte am 23. Januar ihren Anfang genommen. Die letzten Ausbräche desselben hatten in den Jahren im, LB8*, 1840, 1848, 1859 und 1866 stattgefunden.

266

sfge Farm tot, dann wilde Brombeeren, und sehlielUieh kamen wir m offene Koa - Weidelandereien.

Sobald wir ans dem Walde herausgetreten waren, hatten wir eise achöne Aussicht auf die Feuersäule, die in einer Entfernung von vielleicht 25 lutea zi einer Höhe von 300 Fufs in die Luft stieg. Sie war von dunkelrother Farbe, glich in Form und Bewegung vollkommen einem Springbrunnen, und wnr *oe ungeheuren Dampfsäulen begleitet Bald wurde sie untern Blicken durch dk Vorberge des Manna Loa entzogen. Etwa 12 Miles von der Kustenatraiae er- reichten wir einen Brunnen, Namens Waüo, den wir fast ausgetrocknet finden. Hier mufsten wir unsere Pferde und Lastochsen zurückschicken und so Fafr weiter gehen. Unser Führer brachte uns ostsüdöstlich über einen rauhzerriaaeneo 8trich von Lavaschollen (cHmktni) au einer 8 Miles von Waüo entfernten Höhle, wo wir unser Nachtlager nahmen. Diese Höhle gehörte einst zu dem Bett ein« unterirdischen Stromes, der eine gante Reihe von tiefen Grotten, Spähen und Schlünden als Zeichen seines Laufes zurückgelassen hat. Der 8ehluad, in des Alexander Smith hineinfiel, war nicht zwei Ruthen von unserm Lager entfernt, 25 bis 30 Fufs tief und von Unterholz vollkommen verdeckt Es war ganz fin- ster und vielleicht keiner von uns hatte eine Ahnung davon, dafs nur ein paar Schritt von unserm Fener ein solcher schwarzer Abgrund vorhanden war. Glück- licherweise hörte man Smiih's Sturz : man brachte gleich eine Laterne, lief« einen Burschen an einem Tau in den Abgrund hinab und zog den Unglücklichen, swar besinnungslos, aber anscheinend unbeschädigt und noch athmend in die Höhe. Durch Branntwein rief man ihn wieder zu sich, er schien ganz bei Sinnen, konnte sieh aber nicht rühren und wurde am nächsten Tage auf einer aus Ocnsenhaai gefertigten Tragbahre zu Dr. Herrick gebracht, wo ihm jede mögliche Pfleg« za Theil wurde. Doch war sein Zustand hoffnungslos, denn sein Rückgrat wi letzt und nach einer qualvollen Woche starb er am 12ten Morgens. Sein liches Wesen, sein hochherziger Sinn hatten ihn unserer Gesellschaft sehr gemacht, und sein trauriges Schicksal warf einen düstern Schatten auf weitere Expedition.

Da es uns an Wasser mangelte, gingen wir Nachmittags 6 8 Miles weit südsüdosüich zu einem wohlbekannten Brunnen Namens Puapuawei, wo wir la- gerten. Hier war die Kalte in der Nacht so stark, dafs sich in unsern Kilshst- sen eine Eiskruste von | Zoll Dicke gebildet hatte und die Beeren an den Bi- schen steinhart gefroren waren. Nach ungefährer Schätzung mochten wir uns etwa noch 1000 Fufs niedriger als der Gipfel des Hualalai, also etwa 8000 Fufs über dem Meeresspiegel befinden. Da es auch in diesem Brunnen an Wasser fehlte, hielten wir es für zweckmäßig, dafs die Reisegesellschaft sich theüte. Die eine Hälfte kehrte unter Führung des Präsidenten Beckwith nach Kaawaloa zu- rück und wandte sich dann zu dem Lavastrom an Gouverneur Adams' Strebe. Der Rest, ans 12 Weifsen und 30 Kanacka's bestehend und mit Proviant für eine Woche versehen, brach am Montag Morgens direct nach dem Krater auf. Wahrend dieses Tagemarsches litten wir alle mehr oder weniger in Folge der dünnen Luft, besonders aber die Eingeborenen, die ganz auüser Stande ihr gewöhnliches Gepäck zu tragen. Fast den ganzen Tag stiegen wir lieh bergan. Die Vegetation wurde immer dürftiger, bis sie endlieh fntt

Ein Besuch des Manna Loa wahrend seines Ausbruchs im Jahre 1868. 267

verschwand. Um Mittag harnen wir fiber einen jungern Lavastrom, vielleicht den von 1847, nnd um 4 Uhr erblickten wir nach einem Marsch von etwa 20 Miles in nordöstlicher Richtung plötzKch die beiden activen Krater und den Lavastrom unmittelbar so nnsern Füfsen. Wir lagerten \\ Mile südwestlich ron dem gro- bem Kegel, auf einem Hagel, der uns einen prachtvollen Ueberblick über die ganze Eruption gewahrte. Nicht eine Viertelmeile entfernt ««igten sich breite Streifen ron Schnee nnd Eis, so dafs wir des Wassers wegen nicht in Sorge tu sein brauchten.

Den AnbHek, den wir in dieser Nacht genossen, wird Niemand von uns ver- geben. Die Feuersaule stieg nicht mehr empor, aber beide Krater stiefsen enorme Dampfsaulen nnd Hagelschauer von rothglühenden Schlacken ans, mit einem Ge- tue, gleich dem einer heftigen Brandung und zuweilen gleich dem Donner einer Artillerie- Salve. Eine halbe Mile unterhalb des unteren Kraters reigte sich ein Feoer- Katarakt; er fand dann mehrere MileB weit seine Fortsetzung als ein sieh bhuehlangelnder Licht -Strom, der sich schliefslich in ein Nets von Armen verz- weigte, welche zahlreiche Inseln einschlössen. Der Arm, der nach Kawaihae ging, verbreitete an einigen Stellen noch ein dunkeirothes Licht; aber der Haupt- strom schien nach West, nach Kona gerichtet zu sein.

Zwei neue Ströme schienen nach jener Richtung in einem Wettlauf begrif- fen zn sein und wir sahen den Wald vor ihnen in Flammen aufgehen. Der fol- gende Tag, der lOte, war regnicht, und der Nebel so dicht, dafs wir uns nicht inf den Weg machen konnten. Wir gingen nur ein paar Miles weiter abwärts und lagerten an dem frischen Lavastrom \ Mile südlich von dem Hauptkegel. In der Hitze der dampfenden Spalten kochten wir unsern Kaffee, brieten Fleisch nnd Kartoffeln und liefsen den Schnee schmelzen, den uns die Eingeborenen in Sicken herabgebracht hatten, bis wir alle unsere Wassergeiafse gefüllt hatten. Einige von uns untersuchten wahrend dieses Tages die Krater.

Die beiden Hauptkegel sind etwa \ Mile von einander entfernt, der obere hegt südöstlich von dem andern. Sie sind etwa 150 Fufs hoch und bestehen ginz aus Bimsstein und kleinen Lavastücken, die in flüssigem Zustande ausge- worfen worden sind. Der obere Kegel war ein vollständig eingeschlossener Kra- ter; er enthielt zwei rothe glühende Schlünde, von mehreren Fufs im Durchmes- ser, und stiefs durch sie Dampfe und Schwefelgas und zuweilen Schauer von leichtem Bimsstein aus. Der Stickgase wegen konnte man sich ihm nur von der Windseite nahern. Der untere Krater, aus welchem vor zwei Tagen die grofse Feuersaule emporgestiegen, war etwas grofser; unten an seiner 8eite hatte sich ein grofser Schlund geöffnet, aus dem ein Lavastrom hevorgequoHen und den Abbang hinabgeflossen war.

Wir fanden oberhalb dieser beiden Krater noch einen dritten, der noch im- mer rauchte, und konnten auch noch 2 bis 3 Miles bergaufw&rts einen Streifen von frischer Lava und von Schlackenkegeln verfolgen. Die gröfseren Kegel lagen in der Mitte eines noch immer rauchenden, 1 Mile breiten Stroms, der also noch n einer andern, viel hoher gelegenen Stelle seinen Ursprung genommen haben nrnfg.

Wh* bedauerten sehr kein Barometer mitgenommen zu haben, um die Höhe dieser Quelle bestimmen an können. Ziehen wir Alles in Petracht, so müssen

266

dal« sie räderten* 8000 Feie, wahrscheinlich gegen lOgOOO Fuf« über dem Meeresspiegel liegt. Die Höhe des Heien ( Tempel«) von üau wird von Wilkes nur 5000 Fnft angegeben, und wir Rauben, dafs der Ursprung jener Eruption sicherlich 3— 4000 Fufe höher liegt

Wir schliefen diese Nacht an der wannen Lava, besuchten am nächsten Morgen wieder den unteren Krater, ▼erfolgten den mittlem Lavastrom eine halbe Mile weit und gingen dabei über zwei oder drei kleine Kegel, bis wir die Queue erreicht hatten, wo die Lava hervorbrach; die Lava hatte zu ihr von dem Kra- ter offenbar durch einen unterirdischen Canal ihren Weg gefunden. Diese Oeff- nuag glich einer Blutlache, sie war nur ein paar Ruthen breit, brodelte auf wie ein Quell, und spie dicke, in Klumpen geronnene Massen ans, 10 bis 20 Fufs hoch. Einer von uns näherte sich ihr so weit, dafs er seinen Stock hineinstecken konnte. An der tiefer gelegenen Seite stiefs sie einen Katarakt geschmolzenen Gesteins aus, der sich über einen Abhang von 50 Fufs mit einem Brausen , wie das einer heftigen Brandung, hinabstürzte. Es wehte gerade ein starker 8udwind und machte es uns möglich, wenn wir den Hut vor das Gesicht hielten, uns den Bande bis auf ein paar Fufs zu nähern. Die Lava schien fast so flüssig wie Wasser, und bewegte sich mit einer Geschwindigkeit vorwärts, dafs das Auge kaum folgen konnte. Die festen Massen, die hin und wieder in sie hineinfielen, gingen in ihr sofort unter. Mehrere Miles weit bestand der Feuerflufs ans einer ununterbrochenen Reihe ron Schnellen und Katarakten. Nor mit Widerstreben entschlossen wir uns, zu unserm Lager wieder zurück zu kehren, der Weg dort- hin führte 2 oder 3 Miles über die frische Lava, die an manchen Stellen noch heifs genug war, unsere Sohlen zu versengen.

Nachdem wir gefrühstückt hatten und unsere Eingeborenen über den altes 9pahoeho€u (ein ebenes Lavafeld) den Südrand des Stroms entlang aufgebrochen waren, kehrten wir su dem grofsen Katarakt zurück. Die vulcanische Thätigkeh hatte wahrend der letzten drei Stunden beträchtlich zugenommen; aus der Lache war ein Springbrunnen geworden, der 30 Fufs hoch stieg, und die niederfallenden Stücke hatten um sie fast einen Krater gebildet, desjen Einfassung bereits 10 Fuft hoch, an der tiefern Stelle aber geöffnet war und den Lavsstrom abfliefsen lieft. Zwei kleinere, etwas weiter oberhalb aufsteigende Strahlen werden sich mit die- sem wahrscheinlich vereinigen und einen einzigen Krater bilden. Der am Höch- sten gelegene schleuderte leichte Stücke Bimsstein 60 Fufs hoch und bildete am sieh einen sehr regelmässigen Kegel.

Glücklicherweise war es ein heller Tag mit starkem Südwestwind, wir konn- ten also ohne Beschwerde drei oder vier Stunden hart am Rande des Lavastron« hingehen. Er hatte sich ein tiefes, scharf umgrenztes Bett geschaffen, so dafs wir nicht eine plötzliche Veränderung seines Laufes zu befürchten hatten. Die- ses Bett war zwischen 20 und 50 Fufs breit, und 10 bis 15 Fufs tief. Doch war der Strom in Wahrheit viel breiter, denn auf beiden Seiten waren die Ufer beträchtlich unterminirt. Die darüber sich hinwölbende Decke hatte mehrere Spalten, durch welche wir den Strom ein paar Fufs, manchmal nnr ein paar ZoO unter unsern Füfsen hinfliefsen sahen. Eine Beschreibung dieses Schauspiels ist unmöglich. Anfangs sahen wir wirkliche Wellen und sprühenden Schaum tob flüssiger Lava. Wenn die Wogen von den einschliefsenden Felswänden zurück*

Ein Besuch des Manna Loa wafcxead teiaet Ausbruchs im Jahre 1859. 969

roDten, noerstfinten nnd brachen sie sich wie StnnweUen an einem Riff. Ihre Formen waren kuhner nnd malerischer als die der Wasserwetten, weil die Flüs- sigkeit schwerer nnd säher ist Aufserdem waren die Formen unendlich man» nichfaln'g. Bald kamen wir an einer Cascade, bald an einem Wirbel, bald an dnem glatten majestätischen Strome, bald an einer Reihe von Schnellen vorüber, die ihre Wellen hin- und herwarfen wie eine stürmische See, jetzt sieh in fin- stere Grotten stürzten, an deren Wölbungen rothglühende Stalacthen hingen, jetzt unter Bogen durchschossen, welche der. Strom selbst auf seinem Triumphcuge über sich aufgespannt hatte. Uebrigens waren wir alle darüber erstaunt, dafs vir aas ohne Gefahr so weit nähern konnten.

Nachdem wir dem Strom 6 ÖMiles weit gefolgt waren, nahmen wir auf einer Insel, etwa j Mile von dem gröfsesten Katarakt, das Mittagsmahl ein, nnd gingen dann längs des Stromes noch bis 4 Uhr Nachmittags abwärts. Wie der Abbang sanfter wurde, veränderte der Strom seine Farbe, zuerst in Rosenroth, dann in ein dunkles Blutroth; auf seiner Oberfläche sammelte sich mehr und mehr ein grauer Schaum, und grofse feste Massen, die auf ihm hintrieben, wur- den hanfiger. Er theilte sich jetzt in zahlreiche Arme, und es wurde immer be- denklicher, dem mittleren Strom zu folgen» da er seinen J<anf oft änderte nnd uns leicht der Rückzog hätte abgeschnitten werden können. Wir hielten uns deshalb an dem äufsern Rande der Strömung und lagerten endlich auf einer Insel im Walde. Während dieser Nacht waren die Krater sehr thätig nnd die ganze Ebene unter nnd um uns schien in Flammen zu stehen.

Früh um 4 Uhr des nächsten Morgens gingen wir eine kleine Strecke auf- wärts, um einen neuen Strom zu besichtigen, der durch den Wald in der Rich- tung auf unser Lager hervorgebrochen war. Es war ein nicht tiefer, sehr flüssi- ger Strom; er bildete einen glatten „pahoehoe*. Die Art, wie er sich durch den Wald fortbewegte, die Bäume nmflofs nnd allmählich in Brand setzte, an der Oberfläche durch Abkühlung gerann nnd dann wieder aufbrach, war genau die- selbe wie es bei Hilo beobachtet ist, nnd bedarf keiner weiteren Beschreibung. Hier konnten wir zähe Massen herausnehmen und Stempel hinanfdrücken, nnd wenn wir Formen bei uns gehabt hätten, so hätten wir der Masse jede beliebige Gestalt geben können.

Während des Vormittags folgten wir dem Strom bis auf die Ebene, und gin- gen manchmal über ihn hinüber, um einen nenen Abfluis zu besichtigen. Wir waren besonders neugierig zu sehen, wie die Clinkers sich bilden, nnd konnten Bssem Wunsch befriedigen. Der Unterschied zwischen »pakoekee* oder glatter Lara und 9aau oder Clinkers scheint hauptsächlich ton der verschiedenen Art der Abkühlung herzurühren. Die Ströme, welche einen pahoehoe bilden, sind whilmilsmäfsig nicht tief, vollständig flüssig, nnd kühlen plötzlich an einer fetten Masse ab. Die „aa"- Ströme dagegen sind tief, sie bewegen sich manch- mal in einer 20 Fufs hohen Masse innerhalb fester 8eitenwände Torwarts; sie sind weniger flüssig, reioh an festen Stücken , die man als Abkühlungscentren bezeichnen könnte, nnd rücken nur sehr langsam vor. Der Aa- Strom wird in Folge dessen beim Abkühlen körnig wie Zucker (Ms waa* atream graint Hkt «Vor). Er gleicht, ans der Ferne gesehen, einer ungeheuren Masse nur noch abglühender Kohlen nnd Schlacken ans einem Schmelzofen, die sich, angetrie-

«70 »«■■

bau durch eine unwidentehhche Gewalt von hinten und von der übereinander starten. Diese 'treibende Kraft ist der flüssige Strom, den Haufen von ausgeglühten Kohlen, welche er selbst durch seine Abkühlung gebildet hat, meist ganz verdeckt wird. Wir hörten häufige Explosionen, die da- durch entstanden, dafs die Lava in Höhlen drang und sie sprengte. Der Hanpt- strom von fliefsender Lava, den wir auf der Ebene sahen, lag 3 bis 4 Hiles süd- östlich von Judd Road, und bewegte sich nach West bei Nord. Hier ferfielsei wir den Lavastrom und stiegen in einem kursen Einschnitt durch einen offenes Pnhoehoe-Wald tu Umi's Tempel herab. Wir erreichten ihn um 3 Uhr Nach- mittags und kamen um 8 Uhr in Mr. Johnston's Wohnung an. Der andere Tbefl unserer Reisegesellschaft hatte den Strom auf dem Wege des Gouverneur Adam» besucht und war bereite zurückgekehrt. Am nächsten Dienstag segelten wir wie- der von Keauhou ab und kamen Sonntag früh in Honolulu an. n

Neuere Literatur.

General-Karte von den Herzogtümern Schleswig, Holstein und Laneabunj, den Fürstenthfimern Lübeck und Ratzeburg und den freien und Hansestüd- ten Hamburg und Lübeck, entworfen und herausgegeben vom Haoptmaai F. Geerz. Berlin 1859, nebst Denkschrift 277 S. 8. Geschichte der geo- graphischen Messungen und der Landkarten Nordalbingiens, vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859. Commissions-Debit von Perthes, Besser & Mauke in Hamburg und der Schwers'schen Buchhandlung in KieL Von der obigen Karte sind durch entsprechende Illumination drei verschie- dene Ausgaben hergestellt: eine physisch-topographische, eine nach administrativer ; Einweilung und eine lediglich nach Landesgrensen colorirt Die ersteren beiden Ausgaben kosten je 24 Thlr. Pr. Cour», die letzte nur H Thlr. Jedem Exem- plare jeder Ausgabe wird die Denkschrift unentgeltlich beigegeben. Der Maala- stab der Karte ist 1:450,000. Für diesen kleinen Maa&stab enthalt die Karts nach rationeller Auswahl ungewöhnlich viel Detail. Alle Städte, Flecken, Kirch- dörfer, Dörfer mit Capellen, die Stammhöfe der adeligen Kanalei- gnter, die octroyirten Köge, Schlösser und Amthauser, Glashütten und i dustrielle Anlagen, Seebad-Anstalten und berühmte Aussichtspunkte sind auf der Karte tu finden, aufserdem aber ist von den übrigen Ortschaften und eincemeu Gebäuden Alles, was geschichtlich, cultnrhistorisch oder geognestisch merkwürdig ist, mit Sachkenntnis und kritischer Auswahl hervorgehoben. Alle Schlachten vom 9. Jahrhundert bis zum lernten Kriege, mit vielfacher Berichtigung von Ort •und Zeit, auch die Seeschlachten, sind eingetragen. Die Tiefenmessungen der See mit constanter Angabe der 4 Faden- (Linienschiffs-) Tiefe, und die Höhen- messungen auf dem Lande nach Fnfsmaafsen sind angegeben. Auuer den Eisen- bahnen enthält die Karte vier Klassen von Wegen und vieles dergL mehr. Dss Trefflichste ist aber die Zeichnung des Terrains. Moor, nasse Wiesen und Marsch, Dünen, Flugsand und Wald sind überall und deutlich hervorgehoben, so

F. Geen: GcMael-Karte ton dm Berzogtb. Schleswig, Holstein etc. 271

daft man ein flbenichtUches Bild nicht nur von der gegenwärtigen Oberföoken- gesteh, sondern, auch von den im Lanfe der Jahrhunderte eingetretenen Verände- rungen erhält Der Stich der Karte ist in dieser Hinsicht so befriedigend, da/s mal die flluiaation der phyaiech- topographischen Aasgabe allenfalls entbeh- ren könnte. Die Denkschrift enthält eine kritische Uebersicht aller bezüglichen geographischen, geognostischen, ethnographischen nnd hietoriaehen Karten und Plane, nebst Beitragen aar physischen Geographie nnd besonders werthroUen anr geschichtliehen Topographie. Etwanige Unzuständigkeiten scheinen mehr im Westen als im Osten nnd Süden der Karte sn suchen zu sein. So z. B. Ter- müst man auf der Insel Sylt die Bezeichnung des Königahafens im Listland und des Rieeenthoree südlich von Wenningetedt, beides Punkte von historischer Be- deutung, sodann die Bezeichnung des Landvorsprunges Nösse (I«andnngspnnkt), endlich die Terrainzeichnung des sogenannten »Kamperdeiches': des Abfalles der Haidhöhen, welcher quer den schmalen Hals der Insel nördlich von Kampen bis an die Danen durchschneidet Die Burg bei Tinnum auf Sylt nnd bei Borgsum auf Föhr wird einfach Tinnum- oder Tinse- und resp. Borgsum- oder Lembecks- Burg genannt. Die Archsnm-Burg auf Sylt scheint nicht gezeichnet, nnd ebenso lieht die Dünenschanzen bei Tinnum. Es möchte diesen Ausstellungen großen- theils indessen wohl der kleine Maa&etab der Karte entgegengehalten werden kennen. Die Karte nebst Denkschrift sind ein elastisches Meisterwerk, die fast durchweg billige Anforderungen nnd Erwartungen mehr als erfüllen. S.

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin

vom 3. März 1860.

Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung mit Ueberreiehnng and Besprechung der eingegangenen Geschenke: t) Reporte of Exploration* from tat Mississippi River to the Pacific Ocean. Vol. X. Washington 1659. 2) An- mal Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution. Washington 1869. 3) Report of the Superintendent of the Coast Survey auring the year 1657. Washington 1868. 4) Barbie' dn Bocage, Description topographique et historigme de la plasne dArgo*. Paris 1834. 5) Tableaux de population, de cultmre, de commeroe et de naoigatkm des colonies franeaises powr Vannfe 1859. Paris 1859. 9) Owen, First Report of a Geological Reconnaissanee of the Northern Counties of Arkansas. Little Rock 1858. 7) Dassy, Notes of Sueis end its Trade with the Ports of the Red Sea. Constantinople 1859. 8) r. Czoer- aig, Anspreche gehalten in der dritten Jahresversammlung der K. K. Geographi- schen Gesellschaft in Wien. Wien 1890« 9) Malte -B ran, La destimfe de Sir Jekn Franklin «fctotfce. Paris 1860. 10) Malte- Bnm, Restant hiseeriome de fexploration a la reeherche des grands lacs de VAfrique Orientale faito en 1857— 1858. Paris 1880. II) Zeitschrift fttr allgemeine Erdkunde. N. F. Bd. VII. Heft 5. 8. Berlin 1859- 12) Bulletin de la soeUti de Urographie. 4"' Serie. Tom. XVI11. Novhr. Deebr. Paris 1859. 13) Petermann, Mitteilungen. 1860. Heft ?. Gotha 1860. 14) Preufsisches Handelsarchir. 1860. No. 7. 8. Berlin

272 Bteingsberlcht der Berniter geograghiteheri Gesellschaft

1860. 15) Lange, Atlas von Sachsen. 1. Liefet. Leipzig 1860. 16) Kie- pert, Handatlas. Liefer 10. Berlin 1860. 17) Türkische Karte ron Anatolien. Constantinopel.

Herr Prof. Dove hob hervor, dafs der Coast 8urvey der Vereinigten Staaten geeignet ist, Lücken in der Kenntnifs der physikalischen Verhaltnisse an der West- küste von Amerika auszufüllen, namentlich in Betreff der Fluthwellen und des Magnetismus. Bei dem Atlas von Lange machte er auf die darin enthaltenen neuen Darstellungsweisen der Höhen-, der Bevölkerung»- and Prodncten- Verhak» nisse aufmerksam.

Herr W. Rose hielt einen Vortrag über das Thal von Posehiavino im ita- lienischen Graubündten und die Besteigung des Sassalbo, nach eigener Anschau- ung wahrend seiner vorjahrigen Reise, und indem er einige Mktheitangen über die Verhältnisse des Landes nnd seiner Bevölkerung machte, pries und empfahl er den dortigen Aufenthalt.

Herr Kiens sprach nach einem Berichte des Consuls Sir J. Bowrmg über China nnd dessen Handel. Die Bevölkerung und der Handel der Insel Hong- kong sind im starken Zunehmen begriffen. Die Bevölkerung China'» wird auf 412 Millionen Seelen geschätzt, das Reich ist übervölkert und deshalb wandern die Bewohner nach allen Lindern aus. Für auferlegte Strafen sind Ersatzmänner wohlfeil zu erlangen. Die Einfuhr von China nach Orofsbritannien betrog m des Jahren 1854 1857 durchschnittlich 9 Millionen L. St jährlich. Die Ausfuhr nach China schreitet vorwärts, sie ist von I Million L. 8t. im Jahre 1S54 aaf 2,876,000 L St. im Jahre 1858 gestiegen. Es finden noch Hindernisse für diese Zunahme statt, namentlich die Unkenntnifs der Sprache. Für Opium werden jähr- lich 5 bis 7 Millionen L. St , meist in Silber gezahlt Von Shanghai werden jährlich 92,000 Ballen Seide im Preise von 9 Millionen L. St versandt An der Küste liegen wenig grofse Städte, diese sind wohl absichtlich, zum Schute gegen Seeräuber, entfernt von der Küste angelegt

Herr Boltz las einen humoristisch abgefaßten Brief eines russischen Marine- Offiziers aus Hakodadi vom Jahre 1859 vor, worin die dortigen rar den Europäer keineswegs angenehmen gesellschaftlichen Verhältnisse geschildert werden.

Herr Kiepert legte mehrere Karten zur Ansicht vor und besprach dieselben. Eine Karte der Republik Ecuador von Manuel Villavicensio verglich er mit der zugleich vorgelegten von Castelnau, wonach entere als ein sehr sehwaches Werk erscheint Ferner legte er eine Anzahl handschriftlicher, zum Theil sehr detail- lirter Karten vor, welche Lieut Schultz aus Brasilien eingesandt hat Der Vor- tragende hat nach diesem reichhaltigen Material eine Karte in kleinerem Maß- stäbe von 1:1,009000 angefertigt, welche das wichtigste Detail umfcfst nnd mar Publioation bestimmt ist Darauf legte Herr Kiepert eine Karte mit Sondimo- gen in der Nähe von Pelnsinm zur Ansicht vor. Eine vorgezeigte türkische Karte von Anatolien erklärte der Vortragende für die schlechte Copie einer deutschen Karte. Zum Schlufs begann Herr Kiepert einen kritischen Vortrag über da* Werk: Les nysthre* du diaert sie. par Hadji~Abd*l-HcMiid-Bey (CqL du CauretJ. Pari» 1859, welches er für ein groisentheils zusammengetragenes, abenteuerliche« Machwerk erklärte.

Die topographischen Aufnahmen der wissenschaft- lichen Expedition nach Chorassan.

Von K. Chanikoff »). (Hierzu eine Karte, Taf. IV.)

Auf der diesem Hefte beigegebenen Karte im Maßstäbe von 1:3,350,000 sind alle Aufnahmen eingetragen, welche während der wissenschaftlichen Expedition in Chorassan, die ich die Ehre hatte zu leiten, angestellt worden sind. Diese Karte beruht noch nicht auf den hundert von R. Lenz astronomisch bestimmten Punkten, dennoch aber glanbe ich schon jetzt das Recht zu haben, meine Ueberzeugung über die richtige Orientirung der darin aufgezeichneten Lo call täten auszu- sprechen, da, unabhängig von der eigentlichen Marschrouten- Aufnahme, von Asterabad aus über Meschhed, Herat, Kirman, Jezd, Ispahan und Teheran bis zur russischen Grenze am Araxes ein ununterbrochenes Netz von mehr als 2500 Dreiecken geführt wurde, das zwischen Asterabad und Meschhed mit dem Netze der von L. Lemm bestimm- ten Punkte verglichen ist und nur ganz geringe Differenzen ergiebt, Differenzen, die im Mafsstabe der beigelegten Karte als Null betrachtet werden können. Die Vermessungen der Winkel der erwähnten Drei- ecke wurden immer mit zwei Schmalkalder'schen Boussolen gemacht, deren Empfindlichkeit von Zeit zu Zeit durch unmittelbare Vergleiche mit dem Universal -Instrument gemessener Winkel geprüft wurde.

Da die bei Asterabad gemessene Ausgangs -Basis kaum über eine Übe deutsche Meile sich erstreckte, wurde es für nöthig gefunden, während des Verlaufes der Aufnahmen noch zwölf andere Grund- linien zu messen ; obwohl die persische Regierung überhaupt sich sehr bundlich gegen die Expedition benahm, war es demungeachtet doch für zweckmässig erachtet, die topographischen Arbeiten nicht sehr osten- sibel zu verfolgen, und das ist die Ursache, warum wir auf der langen

•) In der Transscription der rassisch geschriebenen Namen haben s, *, dj den französischen Laut (* scharf wie «z, z weich wie deutsches s, dj wie dich), j nnd cA dagegen den deutschen; für den Diphthong au ist, der heutigen persischen Aus- sprache entsprechend, oti {o-u zu sprechen) geschrieben.

Z*Mfcr. t »11g. Xrdk. Neue Folg*. Bd. VIIL IQ

274 N. Chanikoff:

Strecke zwischen Asterabad, Meschhed, Kirman und der russischen Grenze nur drei Grundlinien mit der Kette ausmessen konnten, die übrigen zehn wurden wiederholt, aber nur mit Schritten gemessen. Die graphische Darstellung dieser Triangulation wurde von mir im Archive der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft ad acta deponirt.

In diesem Netze der Dreiecke sind nicht einbegriffen: 1) Die Marschroute zwischen Meschhed, Turschiz, Sebzewar und Kutschan oder Eabuschan, und 2) die Marschroute von Herat nach Tebbes und zu- rück über Birdjand. Die erste also ist blos nach der Orientirung de» Weges durch Distanzen and Richtungen eingetragen; die zweite aber nach vorläufig von R. Lenz in Herat ausgerechneten geographischen Coordinaten der verschiedenen Punkte, wo er auf der Reise von Herat nach Tebbes und zurück Beobachtungen angestellt hat. Um aber diese letzte Marschroute auch topographisch mit unserer Haupt - Aufnahme zu verbinden, habe ich den 13tägigen Aufenthalt der Expedition auf der nördlichen Grenze der Lut- Wüste, in Seritschah, benutzt, um deo besten von unseren Topographen , F. Charinoff, nach Birdjand zu schicken und diesen früher auf die Tebbeser Marschroute eingetragenen Punkt von Süden an unsere Aufnahme anzuknüpfen.

Jeder, der topographische Arbeiten in Mittel -Asien überhaupt und in den südlichen Wüsten desselben insbesondere übernimmt, hat aniser dem allgemein herrschenden Mifstrauen der Einwohner gegen solche Porträtirungen ihres Vaterlandes noch mit drei mächtigen natürlichen Feinden zu kämpfen, mit der Hitze, mit Luftspiegelungen und mit dem sogenannten trockenen Nebel. Die tägliche Hitze, die unsere Vorrathe von Stearin und Soda in den ledernen Kasten, auf deren Boden sie verpackt lagen, zusammengeschmolzen hatte, mufste schon an und für sich sehr angreifend auf die Topographen wirken, und außerdem war es sehr schwer, die Maulthier- und Kameeltreiber zu zwingen, von der seit uralten Zeiten herrschenden Sitte, der taglichen Hitze wegen nur in der Nacht zu reisen, unsertwegen abzuweichen. Die Luftspie- gelungen haben unsere Topographen sehr oft genöthigt, die Detail- Zeichnungen der ein wenig vom Wege entfernten Localitäten, die bei einem ruhigeren Zustande der Luft ganz gut in die Marschroute hätten eingetragen werden können, wegzulassen. Am meisten nach- theilig auf die Aufnahme aber wirkte der sogenannte trockene NebeL der besonders dicht zu Ende August war, als wir von Meschhed nach Herat reisten, und uns beinahe zwang, unsere Triangulation ganz auf- zugeben, da er nicht, wie die Luftspiegelung, periodisch während ge- wisser Stunden des Tages die Aussicht der Ferne umgestaltet und un- deutlich macht, sondern dem Reisenden oft auf mehrere Tage jedt Aussicht auf Gegenstände, die einige hundert Faden von ihm entfernt sind, gänzlich raubt

Die topographischen Aufnahmen der Expedition nach Choraasan. 275

Diese der Aufnahme ungünstigen klimatischen Verhältnisse der cho- rassanischen, seistanischen und sGdpersiscben Wüsten erklären, warum alle bis jetzt dort angestellten Aufnahmen so viel zu wünschen übrig lassen, und ich bin fest überzeugt, dafs für einen einzelnen, mit Kara- wanen reisenden Europäer es durchaus unmöglich ist, eine auch nur approximativ richtige Marschroute zu entwerfen; als Beweis führe ich die Marschrouten von Fräser, Conolly und Burnes an.

Die der Karte beigelegten Profile, im verticalen Mafsstabe von 1:120,000 und im horizontalen von 1:3,350,000, beruhen auf sorgfältig mit dem Parott'schen Barometer angestellten Beobachtungen und auf sehr wenigen Beobachtungen mit dem Hypsometer von Regnaul t; sie sind nur als vorläufige Resultate anzusehen und alle nach der Formel * = 977.7 (100 *•(?.) ausgerechnet, wo % die Temperatur des Siedens in Graden nach dem hundertteiligen Thermometer ausdrückt und 977.7 englische Fufse bedeutet. Die Entfernung unserer Beobachtungsorte Ton allen meteorologischen Stationen wird es sehr schwierig machen, selbst nach der Zusammenstellung aller während der Expedition ange- stellten meteorologischen Beobachtungen sehr viel wahrscheinlichere absolute hypsometrische Zahlen zu gewinnen, demungeachtet glaube ich, dafs ihre Relation, d. h. die Curve, die sie vorstellt, sich ziemlich der Wahrheit nähert, und dafs der Gewinn dieser annähernden Werthe in- sofern für die Kenntnifs des Umrisses der Erdoberfläche interessant ist, dafs sie, zusammengestellt mit den Beobachtungen im nördlichen und sudlichen Ural, mit jenen, die in der Kirgisensteppe bis nach Buchara hin angestellt worden sind, und endlich mit den Beobachtungen, die englische und deutsche Reisende in Afghanistan, Tibet, Kaschmir und Indien gemacht haben, eine grofte Lücke im Profile des longitudinalen Querschnittes des asiatischen Continents ausfüllen. Da die hypsometri- schen Resultate der Reise zwischen Teheran, Asterabad, Meschhed und Herat von der Kais. Russ. Geographischen Gesellschaft publicirt wor- den sind, führe ich hier nur diejenigen an, welche auf der Reise von Herat nach Teheran über Kirman, Jezd und Ispahan bestimmt wor- den sind.

Engl. Fufs I Engl. Fufs

1. Rouzebagh 2614 ') ] 5. Stadt Sebzar . . . . 3264

2. Puschtikuh 3396 | 6. Hamigowin 2375

3. Sengakissia-Pafc . . . 5322 I 7. Anardere (erste Dattelpalm.) 2395

4. Adreskan, Flufs . . . 4962 | 8. Zigin 2175

') Der Unterschied zwischen der hier angeführten Höhe und derjenigen, die ftuf der Ueberftichttkarte von 186S (Zeitechr. N. F. Bd. VII, Heft 5 n. 6) gedruckt ist, rührt daher, dafs hier das Mittel der Beobachtungen vom September und Fe- bruar angegeben ist, dort aber nur das Resultat der September -Beobachtung allein Qütgetheflt war.

18#

276 N. Chanikoff; Die topogr. Aufnahmen der Expedition nach

22 23, 24

EngLFnf«

40. Kinnan-Pass .... 6736

41. Stadt Kirman. . . . 5534

42. Baghin 5103

43. Kabutarchan 5084

44. Bahramabad 4683

45. Kuschkuh 4459

46. Anar 4312

47. Kirmanschahan .... 4772

48. Serijezd 4419

49. Stadt Jezd 3794

50. Taft 5813

51. Meimun 3735

52. Meibud 3520

53. Agda 3706

54. Nougumbez 4485

55. Lagirek 7320

56. Bilabad-Pafs 7372

57. Kupa 5612

58. Sekzi ....... 4849

59. Stadt Ispahan . . . 5172

60. Ghez 5084

61. Murtschachur .... 5526

62. Sou 7440

63. Kuhrud Pafs .... 7235 l

64. Baghi Fin bei Kaschan 3695

65. Zinzin 3089

66. Pasengjan 3266

67. Stadt Kum 3305

68. Puli Dallak 3021

69. Houzi Sultan .... 3002

70. Kenaregird 3207

71. Zergende bei Teheran . 4742

Diesen barometrisch bestimmten Höhen werden sich eine Anzahl anderer von R. Lenz trigonometrisch gemessener nach ihrer Ausrech- nung anschließen and unter ihnen der Gipfel des Demawend, den Lenz an fünf oder sechs Stellen ausgemessen hat, und ich hoffe, da& seine Resultate denen von L. Lemm am nächsten kommen werden, d. h. die absolute Höhe dieses halbthätigen Yulcans auf 20 oder 21,000 engl. Fufs feststellen werden.

Engl. Fufs

9. Mianrnd 2024

10. Dustabad 1890

11. Chuschkek 1900

12. Kaleinou 1831

13. Lasch 1565

14. Oberfläche des Hamun-See's 1545

15. Udjgun 2659

16. Teberkend-Pass . . . 3442

17. Houzi Djanibeg .... 3060

18. Burdji Ghnrab .... 3754

19. Stadt Nih 3745

20. Tachaharfarsach. . . . 4713

21. Serdere-Pafs .... 6854

Meigun 4507

Bassiran 4449

Seritschah 3696

25. Serdek, Brunnen . . . 3652

26. Ateschkerde, Brunnen . 3334

27. Ambar, Brunnen . . . 3109

28. Lager am Fufse des Ber-

ges Mihi-Bachtu

. 2288

29.

Ort Balahouz . . .

. 1740

30.

- Goudinime . . .

. 1652

31.

- Teili Kalendar

. 1291

32.

- Nagorechane . .

. 1007

33.

Flufs Schur Rud . .

. 987

34.

Dehi Seif ....

. 1242

35.

Chabis

. 1398

36.

Feizabad

. 3070

37.

Gudar

. 6345

38.

Derei Sakht ....

. 4400

39.

Dangunim ....

. 5768

■) Wohl ein Irrthum; die Pafshöhe wäre danach niedriger ab das sttdKcher ia Thale liegende Sou. Die Karte giebt abweichend für den Paff 8848 und aaf der Nordseite desselben obige 7286 Fufc.

277

XI.

Th. W. Atkinson's Schilderungen central-asiatischer See- und Gebirgs -Landschaften.

Mitgetheilt von Dr. Biernatzki.

Das Innere Hoch -Asiens ist bis auf den heutigen Tag noch ein TerhaltnifßmaMBig ziemlich unbekanntes Land. Um so willkommener sind die Mittheilungen derer, welche mit aufmerksamem Auge diese Gegenden bereisten und in einer oder der anderen Beziehung unsere lückenhafte Kenntnifs zu ergänzen im Stande sind. Herr Thomas Wil- liam Atkinson gehört zu diesen Männern. Sieben Jahre lang durch- zog er Central- Asien in einer Ausdehnung von Kokhan im Westen bis zun Baikal -See im Osten und bis nahe zu der am Thian-Schan ge- legenen chinesischen Grenzstadt Tschinsi. Br legte im Ganzen 59,400 Werst oder 8,500 geogr. Meilen zurück, davon 7100 Werst zu Wasser, 20,300 zu Pferde und 92,000 zu Wagen oder im Schlitten. Mit sel- tener Ausdauer ertrug er Hunger und Durst und überwand die Stra- pazen nnd Gefahren einer Reise in so unwirthbaren, den verheerend- sten Einwirkungen der Naturgewalten ausgesetzten Gegenden. Für ihn war der vornehmste Zweck, Zeichnungen der großartigen Landschaften, die er sah und in deren Anschauen er schwelgte, zu gewinnen, und diesen Zweck erreichte er vollständig; er brachte nicht weniger als 360 in Farben ausgeführte Skizzen aus Central -Asien heim. Seine gedruckten Mittheilungen bilden den ausfuhrlichen Text zu diesen Ge- mälden, daher seine Schilderungen vorwiegend landschaftlicher Natur sind, obwohl sie eines wissenschaftlichen Hintergrundes nicht entbehren. Vermissen wir in ihnen auch neue Aufklärungen über die Plastik Central- Asiens, so veranschaulichen sie uns doch desto lebhafter die grofsartige landschaftliche Scenerie dieser noch in ihrer ganzen Ur- sprünglichkeit sich darstellenden Berg- und Steppen -Regionen. Jene mächtigen, bis in die Wolken reichenden Bergketten; jene zahllosen, tbeils von fast unzugänglichen Felsen umstarrten, theils in die unab- sehbaren Steppen eingesenkten Landseen; diese Steppen selbst, bald frachtbare Weideplätze, bald unermefsliche Sand wüsten, finden durch Atkinson's geschickte Feder eine treue, lebendige und malerische Schil- derung ihres landschaftlichen Charakters. Die colossalen Umrisse der Gebirgsmassen, die Windungen der Thäler und die ausgedehnten Hoch- flächen Central-Asiens können kaum concreter und fafslicher mit Wor- ten gezeichnet werden. Es wird demnach nicht ohne Interesse sein,

278 Biernatski:

wenn wir aus seinem kürzlich erschienenen Werke ' ) im Folgenden einige charakteristische Darstellungen in abgekürzter Form hervorzu- heben.

1. Der Altin Eni und der Tscbulischman.

Der unermüdet kühne Gebirgswanderer und Botaniker, wie Ritter ihn nennt (Asien I. S. 697), Dr. von Bunge, gelangte auf seinen Reisen in den nördlichen Vorbergen des Altai -Gebirges bis zn dem Telezkoi-See, dem Altin Eni d.h. Gold-See der Kalmüken (1826 im Juli ). Er war an den Gestaden des „breiten prachtvollen 8tromes* Tschulischman in nördlicher Richtung hinabgestiegen und kam bis an die Mündung dieses Flusses in den erwähnten See, den er von hier aus nur seinem kleinsten Theil nach übersah. Ihn genauer zu unter- suchen war unmöglich, die Jahreszeit war zu weit vorgerückt, die Um- kehr nothwendig. „Mochten Andere jene romantische gänzlich unbe- kannte Alpennatur zum Mittelpunkte ihrer fortgesetzten Untersuchungen machen!" So Ritter a. a. O. S. 983 u. f. Diesen Wunsch hat Hr. At- kinson erfüllt. Er gelangte vom Norden her an den Altin-Kul, befnhr denselben in seinem ganzen Umfange und erklomm die Felsen an sei- nen Ufern.

„Wir nahmen, so erzählt er '), unser erstes Nachtlager an dem Ufer des Altin -Kul an einem Platze, welcher von dem Ausflufe der Bija aus dem See nicht mehr als drei Werst entfernt liegt Der See soll etwa 100 Werst lang und zwischen 3 bis 12 Werst breit sein •); er füllt einen Ungeheuern Schlund inmitten dieser gewaltigen Gebirgs- kette. Von allen Seiten umringen ihn hohe Berge, welche an manchen Stellen fast senkrecht zu einer Höhe von nicht weniger als 2000 Fuft emporsteigen. Ein russischer Offizier, der den See sondirt hatte, sagte mir, dafs er an einer Stelle an 2000 Fufs tief sei, an anderen Stelle» aber noch tiefer, so dafs er mit seiner Leine den Grund nicht habe erreichen können. Meine Absicht war, diese Angaben zu prüfen, und die dazu nöthigen Vorbereitungen waren getroffen, aber Stürme, welche hier häufig und sehr gefahrlich sind, hinderten mich an der Ausfüh- rung. An dem westlichen Ufer des Sees erhoben sich viele Berg- spitzen bis zu einer Höhe von 10,500 Fufs, an der Südseite sogar einige

M Der vollständige Titel lautet: Orimtal and Western Siberia, a Narret*» v/ Seven Years Exploration* and Adventures in Siberia, Mougolia, the Kirghis Sttppts. Chinese Tartary, and Part of Central Asia. By Thom. Will. Athinson. Witk c Map and Nwnerous Illustration*. London, Hurst <f Blackett, 1868.

a) A. a. O. S. S68 876.

3) Aeltere Berichte in der BarnauTschen Kanzlei schätzen die Länge auf 60. die Breite auf 20 Werst Vergl. Ritter, Asien I, S. 985 nach Falk, Beiträge m topographischen Kenntnifs des rassischen Reiche. 1785. TfcL I, & 887 n. ff.

Tb. W. Atkinson's Schilderangen central -asiatischer Landschaften. 279

noch hoher. An dem östlichen Gestade sind sie etwas weniger hoch, doch reichen sie weit über die Pflanzenregion hinaus bis in die des ewigen Schnees. Ich habe einen der an dem westlichen Gestade ge- legenen 10,500 Fofs hohen Gipfel erstiegen und einen anderen, noch etwas höheren am südlichen Ufer, von wo ich auf den See hinab- schauen konnte, dessen Gewässer von dieser Höhe schwarz wie Tinte aussahen.

Durch die Fahrt um den ganzen See überzeugte ich mich, dais nirgends, die Stelle unseres ersten Nachtlagers ausgenommen, am Ufer auch nur ein Morgen Flachland zu finden war. Unsere Gesellschaft bestand aus 16 Personen, darunter 11 Kalmüken, welche unsere Kanoes ruderten. Wahrend der ersten 10 Werst erhoben sich an diesem Ufer die Berge nicht sehr steil, sie dachen sich sanft gegen Norden ab und sind mit dichter Gedern Waldung bis zum Gipfel bedeckt, während die Ufer an der gegenüberliegenden Seite des Sees, die der Mittagssonne zugekehrt sind, kanm einen Baum tragen. Nachdem wir an einem klei- nen Vorgebirge vorübergekommen, lag der See in setner ganzen Aus- dehnung vor uns: ein großartiger Anblick. Rechts erhoben sich sehr hohe steile Felswände, auf welchen dunkle Cedern wuchsen und an deren Fufs eine colossale Masse von etwa 500 Fufs hohen Klippen aus dem Wasser hervorragte. Ihre eigenthümliche Schichtung liefs mich ver- mathen, dais sie von den Bergen gestürzt waren. Immer neue herrliche Landschaften stellten sich uns dar, als wir weiter fuhren; der See er- weiterte sich zu einer prächtigen Wasserfläche und überall an seinen Ufern stiegen malerisch gelegene Berge empor. Wiederholt begab ich mich an 's Land und setzte mich auf überhangende Felsen, die mir einen passenden Standpunkt für die Aufnahme meiner Skizzen gewährten. Früh am Abend hielten wir bei einem Bergstrom an, der aus einer engen Schlucht herabrauschte, in welcher die Kalmüken zu übernachten vorschlugen. Hier fand sich ein kleiner sandiger, etwa 5 Schritt breiter Strand, der sich allmählich nach dem Wasser des Sees abdachte. Am Fufee der Felsen und am oberen Rande des Strandes standen mächtige Cedern und unter diesen ward unser Balagan aufgeschlagen. Obwohl der- selbe nur aus einigen nackten Pfählen bestand, welche mit Birkenrinde überdeckt wurden, und nach vorn hin offen war, so fanden wir ihn doch sehr behaglich und machten vorn ein grofses Feuer an, um uns warm zu halten und die Moskitos zu verscheuchen. Ich versuchte, begleitet von drei Kalmüken, in die dicke Waldung am Ufer des Bergstromes zu dringen, nachdem wir aber uns mühsam in einer halben Stunde einen Weg von etwa hundert Schritt gebahnt hatten, waren wir ge- nöthigt, ein weiteres Vordringen aufzugeben. Die Nacht breitete bald ihren dnstern Mantel über Berg und See, eine liefe Stille herrschte

280 Biernatfki:

ringsum, kaum ein Blättehen rührte sich, der See war vollkommen eben und ruhig.

„Ich erwachte bei Anbruch des Tages. Ein frischer Wind wehte, gegen den wir indessen durch die hohen Felsen vollständig geschützt waren. Dessenungeachtet vernahmen wir das Branden der Wogen an den Klippen, welches uns sagte, dafe wir vorläufig an diesem einsamen Strande als Gefangene festgehalten wären. Jenseits der Felseji sollten wir zu den breiteren Stellen des See's gelangen, wo ich eine gro&artige Landschaft zu sehen hoffte. Ich sehnte mich darnach, aufzubrechen, aber so lange der Wind anhielt, wollten die Kalmüken nicht von der Stelle, und sie widerstrebten selbst dann noch, als er schon bedeutend nachgelassen hatte. Sie beobachteten genau die Wolken und die Berge, ehe sie es wagten, uns um den Felsenvorsprung herumzurudern. End- lich um 10 Uhr schienen ihre Bedenken gehoben und wir brachen auf. In weniger als einer halben Stunde hatten wir den Felsen umschifft und fuhren in ein ungefähr 15 Werst langes und 7 oder 8 Werst breites Wasserbassin. Der Anblick, den ich hier genofe, war prächtig: die Berge erhoben sich zu einer beträchtlichen Höhe, einige von ihnen waren auf ihren Gipfeln mit Schnee bedeckt. Nachdem mein erst« Erstaunen vorüber, fing ich an, das Ufer, an welchem wir nahe ent- lang ruderten, zu untersuchen; die Felsen stiegen 600 bis 700 Fol* steil empor, ohne irgend einen Vorsprung; deshalb vermochten wir nirgends zu landen. Wären wir an dieser Stelle des See's von einem Sturm überfallen worden, Nichts hätte uns in unserem gebrechlichen Fahrzeuge retten können. Ich war daher jetzt völlig überzeugt, dafe die Kalmüken am besten wufsten, wie und wann wir unsere Reise fort- setzen könnten, und dies bewog mich, ihren Anordnungen mich ferner zu fugen. Nachdem wir 5 bis 6 Werst weiter gefahren, kamen wir zu einer isolirt stehenden Klippe, und jenseits derselben konnte ich den ganzen See abwärts überschauen. Die Felsen bestanden an dieser Stelle aus hellblauem Schiefer, einem sehr compacten Gestein, welches mich ao ein ähnliches bei Ulverstone erinnerte. Als wir weiter ruderten, krau- ten wir den See da, wo er eine kleine, sich in die umgebenden Berge hineinerstreckende Bai bildet, und erreichten bald einen, Tmektasch genannten Felsen, bei welchem er sich ganz nach Süden wendet Dieser Punkt bot mir die schönste Aussicht über den See, sie war in der That grofsartig. Unsere Kähne wurden an einer geschützten Stelle festgelegt, dann erklommen wir den Tmektasch, d. h. Steinkiste, der wegen seiner viereckigen Gestalt so genannt wird. Der Felsen bestand gleichfalls aus Schiefer, war aber stark verworfen. An eini- gen Stellen lagen die Schichten horizontal, an anderen waren sie fest senkrecht aufgerichtet. Der Gipfel war mit Pflanzen und Blumen be-

Th. W. Atkinson's Schilderungen central- asiatischer Landschaften. 281

deckt, von denen ich einige sammelte; in den tiefen schattigen Kluften fand ich mehrere sehr schöne Farnkräuter. Die Ufer des See's wür- den für einen Botaniker von hohem Interesse sein, er wurde hier neue and schöne Arten besonders von Gebirgspflanzen antreffen. Auf den lUOO FuiJB über mir liegenden Felsen sah ich ziemlich grofse Baume, dem Laube nach zu urtheilen, Birken; da sie aber Büschel von hell- gelben und orangefarbigen Brüthen zu tragen schienen, so vermuthete ich, es sei eine neue oder wenigstens mir unbekannte Species;

„Die Aussicht über den See ist von diesem Punkte aus sehr weit und zeigt eine grofsartige Landschaft. Am westlichen Ufer neigen sich die Felsen nach Osten in einem scharfen Winkel, während auf ihrer Krone Küppen ganz senkrecht emporsteigen. Ein diese über- ragender schneebedeckter Gipfel erhebt sich gleich einer silbernen Spitze in den tiefblauen Himmel. An der Ostseite des See's sind die Berge weniger schroff, aber einer unter ihnen streckt seinen abgerundeten hohen Gipfel bis zu den Wolken. Während ich zeichnete, umflossen wogende Dünste seine rauhen Abhänge, die Jahrhunderte lang mit Schnee bedeckte Krone glänzte im Sonnenschein. Das Colorit und die Perspective dieser Berge waren bezaubernd; ich zählte drei und zwanzig scharf begrenzte Distanzen hinter einander, von denen die letzten gleich dünnen durchsichtigen Wölkchen sich am fernen Horizont verloren. In- dem ich die hohen Klippen über uns erstieg, sah ich mich auch nach Vögeln um, uns eine Mahlzeit zu verschaffen. Mit meiner Büchse auf der Schulter marschirte ich weiter, begleitet von vier Kalmüken und unserem Dolmetscher, der auch eine Flinte trug. Wir erklommen die nahen Abhänge des Berges und stiefsen auf Bärenspuren, von denen die Kalmüken behaupteten, dafs sie erst ein paar Stunden alt seien. Wir folgten ihnen bis zum Gipfel, aber ohne den Bär zu finden. Als ich mich dem Gipfel näherte, sah ich meine Vermuthung bestätigt: die Bäume mit den gelben und orangefarbigen Blätterguirlanden , welche aas der Ferne gesehen langen herabhängenden Blüthenbüscheln wie von Laburnum glichen, waren Birken. Wir schössen einige schwarze Vogel von der Grölse einer Dohle, aber ihre Nahrung, die Cedernufs, giebt ihnen einen strengen öligen Geschmack. Sie waren sehr scheu und hielten sich aufser Schufsweite ; demungeachtet holte ich sie mit meiner Buchse von den höchsten Zweigen der Bäume herunter.

„Nachdem wir wieder unsere Fahrzeuge bestiegen hatten, fuhren wir an dem Tmektasch vorüber in den grösseren Theil des See's hin- ein. Wir waren noch nicht weit gekommen, als ich an's Ufer stieg, am die Schieferfelsen zu untersuchen. Sie neigten sich gegen Osten in einem Winkel von 41°, ein wenig weiter von 46 •; an beiden Stellen blieb die Schichtung fast bis an den Kamm des Gebirges dieselbe, erst

282 Biernatzki:

dort zeigten sich Trümmer und Zacken. Während wir nicht weit vom Gestade, etwa 12 bis 14 Werst vom Tmektasch entfernt, hinfahren, ▼ernahm ich das Rauschen eines Wasserfalls, der unserem Auge ver- borgen war; wir fuhren zwischen den Felsen hindurch und kamen an eine enge Schlucht, durch welche das Wasser mit starkem Tosen hinabbrauste. Von dem See gewahrte man Nichts; als wir aber über die Felsen geklettert und die Schlucht hinaufgestiegen waren, ge- nossen wir eine herrliche Aussicht. Die Felsen zu beiden Seiten des Vordergrundes bestehen aus dunkelrothem Granit, die ferner gelegenen aus Schiefer. Die Pflanzen, welche auf ihren Abhängen und aus den Spalten hervor in üppigster Fülle wachsen, verleihen der Landschaft einen überaus grofsen Reiz. Es war die Natur in ihrer Wildheit, aber die Wildheit durch Anmuth gemildert. Die dunkelrothe Farbe des Granits, das graue, purpur- und orangefarbige Colorit des Schiefen, dazu das lichtgelbe Laub der fernen Birken, welche von dunkel pur- purnen Bergen überschattet waren, machten das Ganze zu einer un- schätzbaren landschaftlichen Studie. Mehrere Stunden schwelgte ich im Anschauen dieser herrlichen Gegend, dann hielt ich es an der Zeit, ein Nachtquartier zu suchen, was hier an diesen Felsgestaden keine leichte Aufgabe war. Glücklicherweise fanden wir nach Verlauf einer Stunde einen mit rauhen Kieseln bedeckten Platz, der für unser Lager grofs genug war, das wir dicht unter Lärchenbäumen aufschlagen konn- ten. Die Fahrzeuge wurden, um sie gegen einen Sturm zu schützen, aufs Land gezogen, und wir machten es uns bald für die Nacht be- quem. Leider entdeckten wir auch, was sehr unangenehm war, daft das Brod in dem 400 Werst entfernten Sandip (an der Bija, oberhalb Biisk) liegen geblieben , es war vergessen worden und wir hatten nor wenige Pfand schwarzer Sucharis kleine Würfel von hartem Schwait- brod bei uns.

„Der nächste Morgen war schön, aber ein heftiger Wind verzögerte unsere Weiterfahrt bis beinahe 10 Uhr; erst dann brachen wir auf nnd genossen wieder des Anblicks herrlicher Landschaften, die mir Be- schäftigung vollauf brachten. Nachmittags gelangten wir vor eine Schlucht, aus welcher ein prächtiger Wasserfall über höchst malerisch gestaltete Felsen eine grofse Menge Wassers herabsprudelte. Die*e und die benachbarten Felsen spielten in allen Farben, sie waren befl- roth, purpurfarbig, gelb und grün. Ich fand einige schöne Arten Mar- mor, eine weifs mit purpurrothen Sprenkeln, eine andere weils mit blauen Adern. Auch sah ich tiefblauen Jaspis, der von dem Wasser- strome herabgeworfen zu sein schien. Ich versuchte in die Gegend ober- halb des Wasserfalles vorzudringen, aber obgleich ich mehrere Male in verschiedenen Richtungen den Versuch wiederholte, so mufete ich doch

Th. W. Aftkuuon'e Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 263

davon abstehen and erhielt keinen Blick auf die wilde Gebirgs-Sce- nerie jenseits des Wasserfalles. Als wir weiter gingen, kamen wir n der 8chieferformation ; die 1 bis 3 Zoll dicken Schichten waren aufgerichtet and erhoben sich hie and da zu 500 bis 700 Fufs Höhe; ihre Lage war keine senkrechte, sie neigten, sich vielmehr bedeu- tend über den See hin. Indem wir uns diesen Klippen näherten, erschienen sie ans von der Seite angesehen wie mächtige, phanta- stisch geformte Blöcke, die im Begriff waren, vornüber in die gäh- nende Tiefe zu stürzen. Wir muteten uns in gehöriger Entfernung halten, denn mehrere Male, während wir an diesen Ufern entlang fahren, fielen Stöcke mit grofsem Geräusch in das Wasser. Als wir an den Klippen vorbeisteuerten, bemerkte ich mehrere hervorragende Schichten, welche durch einen breiten Zwischenraum getrennt waren. An einzelnen Stellen stand eine 3 Zoll dicke Schicht 4 bis 5 Fufs hervor nnd erhob sich 30 bis 40 Fufs gleich einem colossalen Thür- flugel über dem Wasser ein höchst eigentümlicher Anblick. Diese sonderbare Felsbildung nahm an diesem Theile des Seegestades einen Raum von mehr als 20 Werst ein, nirgends eine Stelle, wo Je- mand nur einen Fufs hätte an 's Land setzen können. Wir waren froh, als wir diese gefährlichen Felsen hinter uns hatten, und gelangten dann in eine Bai, an der das Ufer sandig war und grofse Cedern am Bande des Wassers wuchsen, nahe bei dem Flusse Tscheali (Chealee). Hier wurde übernachtet und bald nach unserer Ankunft erhob sich ein hef- tiger Wind, der die Wogen weit hinauf an das sandige Gestade spülte. Wäre er eine Stunde früher eingetreten, Niemand von uns hätte sein Leben gerettet. Unser Balagan wurde an einem vor dem Winde durch dichtes Untergebfisch geschützten Platze aufgeschlagen; davor loderte auf dem glänzend weifsen Sande ein mächtiger Holzstofo, der unser Lager aufserordentlich behaglich machte. Während die Abendmahlzeit robereitet wurde, streifte ich durch den Wald, um irgend etwas für ungern nächsten Mittagstisch zu erhaschen, allein ich fand nichts. Die Nacht wurde stürmisch, schwere dunkle Wolken zogen sich über den See zusammen, in der Ferne rollte der Donner, uns aber erreichte das Ungewitter nicht.

„Als ich bei Tagesanbruch erwachte, war der Himmel klar, der Wind wehte stark und verzögerte wieder unsern Aufbruch um einige Stunden. Nachdem wir dann zwei Stunden lang weiter gefahren, lag eine der wildesten Partien des See'ß vor unseren Augen. Er bildete hier einen tiefen kreisrunden Einschnitt in das Karakorum-Oebirge, in den sich drei Ströme ergiefsen. Sie vereinigen sich auf der Höhe des Uferabhanges und stürzen dann in mehreren Wasserfallen herab, bis sie eine Masse ron Steinen, Schnee und Eis erreichen, unter der das Wasser hindurch-

284 Biernatski:

strömt, um endlich unter einem von der Natur gebildeten Bogen weiter* rauschend sich in den See zu ergiefsen, wo es an dieser Stelle zwischen den Bergabsturzen fortrollt. Der Höhenunterschied zwischen der Ober- fläche des See's und der Spitze der Klippe, über welche sich das Wasser im ersten Sturz ergiefst, beträgt nicht weniger als 2000 Fufe. Bisweilen rollen Lawinen über diese Stätte, grofee Bäume werden niedergeschmet- tert und ihrer Zweige beraubt. Gewaltige Felsblöcke werden losge- rissen und fortgeschwemmt, die Alles, was ihnen in den Weg kommt, zermalmen und dann in den See hinabstürzen. Kein Mensch vermag sich von dem Chaos von Felsentrümmern und Eisblöcken, die hier in Massen angehäuft liegen, eine Vorstellung zu bilden. Ein ungeheurer Stein, der nicht weniger als 150 Tons wiegt, steht aufrecht an dem Bande des Felsens und hängt nach dem See herüber. Während ich diese Land- schaft zeichnete, sah ich, wie die Kalmüken die grofsen Stämme um- gestürzter Bäume als Hebel gebrauchten, um diese Steinmasse in den See zu werfen. Aber alle ihre Anstrengungen blieben worüber ich mich freute ohne Erfolg. Der Felsblock stand und steht wohl noch, ein dauerndes Denkmal jener mächtigen Naturgewalten, die ihn einst dorthin gestellt haben!

„Nachdem wir mehrere Stunden an diesem wildromantischen Orte verweilt hatten, schifften wir uns wieder ein und fuhren weiter. Die Klippen blieben rauh und standen senkrecht, zahllose kleine Bäche rie- selten über sie herab; einige derselben zerstoben in Dunst, ehe sie den Grund erreichten. Wir kamen an einer Stelle vorüber, wo der Schiefer in hohen Zacken emporstieg und nirgends fanden wir einen Landungsplatz, bis wir an die Mündung des Tschnlischman gelangten. der am oberen Theile des See's mehrere Inseln gebildet hat Wir la- gerten auf der einen, in der Nähe grofser, stattlicher Birken und Pap- peln. In den letzten Tagen hatten wir beständig den Ausbruch einet Sturmes befürchtet; dunkle Wolken hatten sich über den Bergen am unteren Theile des See's angesammelt. Sie zogen sich mit auffallender Geschwindigkeit zusammen, obwohl die Luft ruhig war und die Sonne hell schien. Stunde auf Stunde verging, die dunkle Wolkenmasse wurde ganz schwarz und senkte sich auf die niedrigeren Berggipfel herab. Es war ein furchtbarer Anblick. Kein Blättchen regte sich, nicht das leiseste Rauschen des Wassers wurde vernommen: eine beängstigende Stille herrschte, wie sie einem schrecklichen Orcan vorherzugehen pflegt dessen Ausbruch wir alle mit banger Sorge entgegensahen. Kurs nach- dem die Abenddämmerung begonnen, wurde die dichte dunkle Wolken- masse durch einen Blitzstrahl aus einander gerissen, der einige Seean* den lang Berge und See mit blendendem Glanz erleuchtete. Der Donner rollte und hallte in den Bergen mit furchtbarem Krachen wieder. Blitt

Th. W. Atkinson's Schildenragen central -asiatischer Landschaften. 285

tof Blitz folgte in karten Zwischenräumen; bald fahren die Strahlen in den See, bald zwischen die Klippen, wo wir sie von einer Stelle rar andern springen sahen. Zuletzt blitzte es unaufhörlich, so dafe ich die dicken Wolken genau beobachten konnte, welche für den Blitz ganz undurchdringlich zu sein schienen. Dieses Ungewitter bestand nicht aus einer breiten, am Himmel in meilenweiter Ausdehnung la- gernden Wolkenmagse, sondern es war aus unzähligen electrischen Wolkensfiulen zusammengesetzt, welche sich eine hinter der andern er- hoben und bis in endlose Ferne verloren; einige derselben erglänzten gleich glühendem Eisen, wenn der Blitz hervorbrach, während andere in tiefem Schatten verharrten oder schwarz wie Kohlen herabhingen. Das Ungewitter tobte mehrere Stunden hindurch auf allen Seiten, kein Tropfen Regen fiel, wo wir uns aufhielten, seine Wirkungen wenige Meilen weiter den See hinab müssen entsetzlich gewesen sein.

„Der folgende Morgen war hell und heiter, er versprach einen schönen Tag und wir schickten uns an, den Tschulischman hinaufzu- fahren, der sich in mehreren Armen in den See ergiefst. Wir wurden genothigt, drei dieser Arme zu untersuchen, ehe es uns gelang, in das Bett des Flusses einzufahren. Als wir dies endlich ausführtet*, war die Strömung so reifsend, dafs wir nur mit vieler Muhe unsere Kähne vor- wärts zu bringen vermochten. Die malerische Umgebung dieses Flusses lohnt alle Muhe einer langen Reise vollkommen; ich wfifste keine Ge- gend in Europa, welche ich dieser vergleichen könnte. Bisweilen ver- nimmt man mehrere Meilen weit das Rauschen des Wassers und zwi- schen zerklüfteten Felsen an den Ufern erheben sich wild romantisch die schönsten Bäume ; ungeheure Berge bilden die Schlucht, durch wel- che der Flufs sich ergiefst; die bunten Farben der Felsen, welche mit den verschiedenartigsten Moosen bedeckt sind, die schimmernden Wasser- fälle, die über ihre rauben Abhänge herabrauschen, gewähren einen durch Worte nicht zu beschreibenden Anblick. Nachdem ich sie gezeichnet, wendete ich mich nach dem östlichen Gestade des See's, welches an einer Stelle nicht so steil und wild ist wie das westliche. Einzelne Felsen sind indessen von bedeutender Höhe, sie stehen theils am Bande des hohen Gestades, theils weiter landeinwärts, und viele von inen sehen aus wie Rainen. Nicht weit von dieser Stelle machte «in Bär uns einen Besuch. Er besah sich unser Lager, entfernte sich dann aber wieder, ohne etwas anzurühren. Meine Begleiter lagen in tiefem Schlafe.

„Da, wo eine kleine Bucht des See's sich ostwärts nach der Kamga wendet, bestehen die Klippen aus Kalkstein, in welchem sich eine grofse Höhle befindet; nicht weit davon ist ein schöner Wasserfall an dem Karbu-Flusse, etwa 500 Schritt von dem See entfernt Ueberall, wo sich

286 Biernatiki:

Flüsse in den Altin Kul ergiefeen, ist die Landschaft herrlich, an eini- gen Stellen außerordentlich wild und großartig. Wir Beteten unsere Reise nach der Kamga fort, wobei ich Gelegenheit hatte, die hohe Bergkette im Osten 20 überschauen ; dann fuhren wir quer über den See und etwa eine Werst vom Ufer entfernt an dessen Nordseite ent- lang. Die Aufmerksamkeit der Ealmüken wurde plötzlich durch einen Ton, der aus den Bergen herüberschallte, in Anspruch genommen; eine Minute lang hielten sie still, dann befahl Einer von ihnen an's Ufer zu eilen. Die Kähne wurden sofort gewendet und die Leute ruderten aus allen Kräften an's Land. Der See war vollkommen ruhig, aber diese Bergbewohner wu/sten , dafs ein Sturm im Anzüge sei, und sie befanden sich augenscheinlich in grofeer Besorgnifs. Unsere kleinen Boote wurden mit gro&ester Eile in eine kleine Bai gerudert, wo der Strand sandig war, die einzige Zufluchtstätte in dieser Gegend. Noch waren wir etwa hundert Ellen vom Strande entfernt, als wir vernah- men, wie der Wind mit furchtbarem Brausen über den See fuhr. Ich blickte nach der Richtung, woher das Getöse kam, und sah einen Strei- fen weiften Schaumes mit der Schnelligkeit eines Rennpferdes auf od* zustürzen; ich begriff, dafs, wenn wir von diesem Windstofs erfaßt worden wären, wir zerschmettert sein würden. Noch wenige Minuten und wir befanden uns in Sicherheit. Wir erreichten den Strand, spran- gen augenblicklich aus dem Boote und zogen es an's Ufer. Dasselbe geschah mit den beiden anderen Fahrzeugen. Nun brach der Stnnn mit rasender Gewalt los. Zwei unserer Kähne lagen nicht völlig außer- halb der auf den Strand stürzenden Wogen und waren im Nu mit Wasser angefüllt; die Kalmüken hielten sie aber fest und brachten sie sogleich in Sicherheit. Wir suchten Schutz im Walde unter grofeec Cederbäumen, und während einige meiner Begleiter unser Gepäck ber- aufbrachten, fingen die andern an, einen Balagan aufzuschlagen, um uns gegen das Unwetter zu schützen. Gerade in diesem Augenblick kam ein blendender Blitzstrahl, dem ein furchtbarer Donnerschlag folgte, so dafs der Erdboden unter unseren Füfeen erbebte. Das Brausen de» Windes und der Wogen und das Krachen des Donners war erschüt- ternd. Ein vollständiger Orcan brach los; die Häupter der Wogen wurden, sowie sie sich erhoben, niedergeworfen und der See sah aus, als wäre er mit einer Schneedecke überzogen. Wären wir noch hun- dert Ellen weiter gefahren, statt uns an's Ufer zu flüchten, wir wären verloren gewesen. Aufser dieser kleinen Bai war in einer Ausdehnung von 15 Werst nirgends ein Platz, wo wir hätten landen können. Die senkrecht aufsteigenden Ufer und die häufig wiederkehrenden Stürme machen die Schifffahrt auf dem See außerordentlich gefanrlich, g*u besonders in einem Fahrzeuge, in welchem nicht leicht Jemand wagen

Th. W. Atkinson's Schilderungen central- asiatischer Landschaften. 287

würde, über die Themse zu fahren. Ein solches ist nämlich aus einem Baumstämme ausgehöhlt; die unsrigen waren aus Pappelholz. Obwohl dieses Holz weich ist, so ist es doch für die Kalmüken bei ihren man- gelhaften Werkzeugen eine schwere Arbeit, einen solchen Baumstamm auszuhöhlen. Die Seilen werden bis zu einer Starke von £ Zoll zuge- schnitten, der Boden ist fast noch einmal so dick und gewöhnlich flach, ohne Kiel.

„Der Orcan hielt beinahe bis zum Abend an, dann klärte sich der Himmel auf. Die Kalmüken schlugen vor, obwohl es spät sei, doch das ruhige Wetter zu benutzen und aus der Bai fortzufahren, weil sie überzeugt seien, dafs wir am nächsten Morgen daran verhin- dert sein würden, da das Wetter veränderlich sei und die Stürme jetzt häufig wiederkehrten. Ich hatte bereits oft genug die Richtigkeit ihrer Rathschläge erfahren und war deshalb einverstanden. Unser Gepäck wurde in die Boote gebracht und eine Viertelstunde später befanden wir uns auf dem Wege, ein anderes Nachtlager zu suchen. Erst nach- dem wir mehr als zwei Stunden gefahren, erreichten wir, um ein fel- siges Vorgebirge herumbiegend, die Stelle, wo der See sich mehr und mehr verengt. Da aber fing es an zu regnen, die Nacht brach schnell herein und nirgends vermochten wir einen Platz zu finden, wo wir landen und unsere Fahrzeuge sicher unterbringen konnten. Nach lan- ger Zeit fanden wir endlich einen günstig gelegenen Punkt; unter Donner, Blitz und Regen, welche fast die ganze Nacht anhielten, mute- ten wir hier ausharren. Am folgenden Nachmittag gelangten wir da- bin, wo wir zuerst an dem See übernachtet hatten, nahe an dem Aus- flufe der Bija, von wo wir unsere Umschiffung des See's ohne Frage eine der erhabensten Gegenden auf der Erde, angetreten hatten. tt

2. Die Eatunja- Quellen und der Bielucha.

Von seinem Ausfluge nach dem Altin- Eni kehrte Herr Atkinson nachEolywan zurück. Von dort besuchte er die Quellen der Eatunja und erstieg den Gipfel des Bielucha, des höchsten Berges im Altai- Gebirge. Aus seiner Beschreibung dieser mühsamen Wanderung heben wir das Nachfolgende heraus ')•

„Unser Weg führte das nördliche Ufer des Flusses Eoksu (Kok- »un bei Ritter, Asien I, S. 910 ff.) hinab nach der 40 Werst entfernten Katunja. Wir ritten etwa 30 Werst über eine Steppe, gegen Süden lag ein mit Schnee bedecktes Gebirge, welches der höher gelegenen Gegend ein kaltes, winterliches Aussehen verlieh, während die Wälder und Steppen unten im reichen Schmuck ihrer herbstlichen Belaubung

1 ) Atkiaaon a. a. 0. S. 889 ff. .

>l

288 Biernatski:

prangten. Die Kalmüken, welche diese Steppen bewohnen, beritten zahlreiche Heerden von Pferden, Ochsen und Schafen. Einige von den Mannern sind schöngebante Leute und ausgezeichnete Jäger, sie leben von der Jagd, wobei sie Monate lang ganz allein in den Bergen in- bringen. Ich fand diese Jäger treu, ehrlich und brav, habe in ihrem Balagan geschlafen and von ihrem Wildprett gegessen. Bald nach Mittag kamen wir nach dem Dorfe Eoktschinskoi, welches nahe an der Vereinigung der Flüsse Eoksu und Eatunja am oberen Ende des Thaies Uemonia (Uimon bei Ritter), an einer hübschen Stelle, wo die Eatunja in reifsendem Laufe vorüberströmt, liegt. Diese kleine Ebene wird von hohen Bergen eingefafst, die ihre zackigen Häupter bis ra den Wolken strecken und das Thal ganz einzuschliefsen scheinen. Hier ist gute Weide für Pferde und Rindvieh, an den nördlichen Abhängen der Berge wird vortrefflicher Weizen und Roggen geerntet. Zwei in diesem Thale liegende Dörfer werden von russischen Bauern bewohnt. welche von Ackerbau und Jagd leben; die benachbarten Berge liefern viele Zobelfelle. Als wir das Thal hinunterritten, kamen wir am Nach- mittage zum Uemonia-See, dem letzten Dorfe im Altai-Gebirge."

Nach einem Aufenthalt von einigen Tagen brach unser Reisende von hier wieder auf, begleitet von seinem Diener aus Barnaul, zwei Russen und sechs Ealmüken, sammt 16 Pferden und einem Hunde, „eine eben nicht fröhliche Truppe,** sagt er, „denn einige derselben blickten auf die beschneiten Berge, welche wir übersteigen muteten, mit nicht geringem Entsetzen; selbst mein Diener würde sich widersetzt haben, hätte er nicht die Stockprügel mehr als den Schnee gefürchtet0

„Unser Ritt/ erzählt Herr Atkinson, „ging zunächst über eine kleine Steppe, die etwa 5 bis 6 Werst lang aufwärts sich in's Gebirge in südlicher Richtung erstreckte. Darnach kamen wir m eine dichte Waldung, welche die ganze untere Bergregion mit dem schönsten Bau- holz, Cedern, Fichten, Birken und Pappeln bekleidet. Von hier fingen wir an, die vorderste Bergkette zu ersteigen. Nachdem wir vier Stun- den geritten waren, begann der Regen in Strömen zufallen, der Wind wehte heftig, wir vernahmen sein Brausen über uns in den Wipfeln der Bäume. Vor uns erhoben sich rauhe nackte Berge, auf denen wir schutzlos der vollen Gewalt des Sturmes preisgegeben sein sollten. Nach- dem wir den Rand der Waldung erreicht hatten, ritten wir den öden Berg- abhang hinauf. Welch eine Veränderung! Der heftige Wind trieb uns den Regen und den Hagel in's Gesicht und in wenigen Minuten waren unsere Kleider durchnäfst Dennoch ritten wir unverdrossen weiter und kamen bald auf ein kleines, 5 bis 6 Werst grofses Plateau. Dar über hin ging's in scharfem Trabe, dem Winde entgegen, bis an den letzten vereinzelt stehenden Cedern», die zwischen Felsentrümmern,

Th. W. Atirinflon's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 289

welche in wüßter Unordnung umherlagen, hervorwuchsen. Wir befan- den uns nun am Fufse eines hohen Berges, den wir übersteigen mufs- ten. Sein Gipfel war in Wolken gehüllt, darunter schneite es heftig. Unser Führer hielt sein Pferd an und sagte, es sei unmöglich, bei sol- chem Wetter über den Berg zu kommen; er meinte, wir sollten uns nach einem geschützten Platze umsehen und unsere Mittagsmahlzeit halten. Deshalb kehrten wir um und ritten in eine kleine Schlucht, wo einige Cedern standen, unter denen wir uns bei einem prasselnden Feuer so bequem als möglich einrichteten. Als um 3 Uhr das Wetter sich aufklarte, trieb ich zum Aufbruch, und wieder ritten wir einem schneidenden Winde entgegen, der für uns in unsern nassen Kleidern nichts weniger als angenehm war. Wir gelangten zu dem Felsenohaos und fingen an aufzusteigen, aber es ging langsam von der Stelle, denn wir mnüsten uns zwischen ungeheuren Granit- und Jaspisblöcken hindurch- winden, bisweilen über sie wegklettern. Die Cedern, welche aus der Ferne klein aussahen, waren wirkliche Baumriesen, ihre mächtigen Stämme und Aeste von aufserordentlicher Höhe, ihre knorrigen Wur- zeln wanden sich zwischen den Felsblöcken hin, wie ungeheure Schlan- gen, die, während sie über den Boden krochen, versteinert waren. Nach- dem wir diese Stelle, wo die Bäume zum letzten Male versucht hätten, zwischen Schnee und Felsen festen Fufs zu fassen, passirt hatten, fin- gen wir alles Ernstes an, das Gebirge zu ersteigen. Es war dies äus- serst unangenehm, denn grofse von dem Kamme der Berge herabgestürzte Felsblöcke schienen so unsicher dazuliegen, als wenn sie bei der leise- sten Berührung weiterrollen und Alles auf ihrem Wege zermalmen wurden. Mitunter führte der enge Pfad an Abgründen vorbei, wo ein einziger Fehltritt unserer vorsichtigen Thiere uns viele hundert Fufs hin- abgestürzt haben würde, so dafs es in wenigen Augenblicken mit unserer Reise und unserem Leben zu Ende gewesen sein würde. Nach beinahe zwei Stunden erreichten wir endlich den Kamm, von wo wir eine herr- liche Aussicht auf das Thal der Katunja und die nördlich gelegenen Berge genossen. Wir befanden uns nun in einer Winterlandschaft; in den Thalern zu unseren FüTsen herrschte der Sommer in aller Pracht des Laubes und der Blumen. Von hier ging unser Ritt über ein hohes Plateau, auf welchem sich mächtige, malerisch wilde Felsen erhoben, Trümmer von höher gelegenen Spitzen, welche im Lauf der Jahrhun- derte allmählich heruntergestürzt waren. Nach Süden hin zeigten sich mehrere hohe, mit ewigem Schnee bedeckte Bergspitzen, zwischen denen, wie unser Führer sagte, wir unseren Weg suchen muteten. Sie schienen jetzt nahe vor uns zu liegen, da ihre weifsen Gestalten scharf auf dem tiefblauen Hintergrunde des Himmels hervortraten.

„Zwischen dem einen meiner Begleiter, einem Jäger, und dem

2«tuobr. L lüg. Brdk. Kne Fol«* Bd. VIIL 19

290 Biernatski:

Anführer der Kalmüken fand nun eine Berathang statt, worauf beide mir ankündigten, dafs wir rasch weiter reisen müfsten, wollten wir nicht von einem heftigen Sturme fiberfallen werden, der uns verhindern würde, den anf dem andern Abhang in das Thal hinabführenden Weg zu finden. Das Aussehen der Berge zeigte, was bald kommen würde; wir setztet) deshalb unsere Pferde in Galopp, ungeachtet der Erdboden sehr uneben war, und sahen besorgt dem nahenden Unwetter entgegen. Nachdem wir etwa eine Stunde ohne anzuhalten geritten waren, fingen wir an, in das Thal des Tschugasch hinunter zu steigen. Selbst unsere Pferde schienen das kommende Ungewitter zu empfinden und zu furchten. Als wir dort, wo das Thal beginnt, angekommen waren, vermochten wir sie nur durch straffes Anziehen der Zügel zum Stillstehen zu brin- gen; sobald das meinige fühlte, dafs ich den Zügel nachliefe, jagte es fort und die übrigen folgten. Schon waren die hohen Gipfel ringsum in dichte schwarze Wolken gehüllt, wodurch die Landschaft vor ans ein düsteres Aussehen erhielt. Der Wald lag noch einige Werst entfernt, und sowohl Mann als Rofe waren eifrig bemüht, ihn zu erreichen. Da hörten wir das Brausen des Windes, der das Thal heraufkam das sichere Vorzeichen eines tüchtigen Regengusses. Nicht lange währte es, und der Sturmwind erfafetc uns, er warf uns beinahe aus dem SatteL im nächsten Augenblick folgte ein Schneegestöber, welches uns fast blind machte. Demungeachtet jagten unsere Pferde vorwärts und brach- ten uns bald in den Schutz der Bäume, nahe am Gestade des Flosse*, an dem wir nun langsam hinritten, um uns einen passenden Ruheplatz zu suchen. Wir fanden eine dichte Gruppe von Gedem, die hinläng- lichen Schutz gewährte, auch hinreichenden Vorrath von Brennholz, und Gras genug für unsere Thiere. Alle Hände waren sogleich eifrig beschäftigt, unser Nachtlager zuzurichten; die einen schürten ein Feuer an, die andern spannten unsere Zelttücher aus, nahmen den Pferden das Gepäck ab und besorgten alles übrige. Kaum hatten wir unser Zelt aufgeschlagen, als es zu regnen anfing, nicht in Tropfen, sondern in Strömen. Nachdem wir das Zelt so dicht gemacht wie nur möglich, indem wir dem Winde an der einen Seite durch vorgesteckte Zweige, an einer andern Stelle durch einen nassen Mantel, an einer dritten durch meine Satteldecke den Zugang versperrten, setzte ich mich nieder, nahm meine gewöhnliche Erquickung und lauschte dem Brausen des Windes mit einem Behagen, welches besser empfunden als beschrieben werden kann. Die Pferde waren ganz nahe bei unserm Lager angebunden, weil die Kalmüken glaubten, die Bären könnten uns einen Besuch abstatten und uns eine Stute rauben. Ein tüchtiges Feuer wurde unterhalten and unsere Büchsen für den Fall der Noth in Bereitschaft gesetzt Allein wir schliefen, ohne gestört zu werden.

Th. W. Atkinson's Schildeningen central -asiatischer Landschaften. 291

„Am anderen Morgen hinderte uns Nebel froh aufzubrechen; um 7 Uhr drang jedoch die Sonne durch und übergofs das bisher düstere Thal mit glänzendem Lichte. Sofort stiegen wir zu Pferde und schlu- gen den Weg ein, der zu dem in der Nähe der Tschugasch- Quelle liegenden See fuhrt. Dies ist ein wilder düsterer Platz, der mich aber sehr anzog, und ich versuchte, ihn gerade in dem Moment, wo ich ihn sah, beim Dämmern des Tages, zu skizziren. Dann ritten wir über eine andere hohe Bergkette hinüber, wo unsere Pferde bis an die Knie in frischen Schnee versanken. Ueber die hohen Gipfel im Süden hingen Wolken, von Zeit zu Zeit rollten sie sich an den Seiten der Berge empor und enthüllten auf Augenblicke die wilde Landschaft, die sie mit ihrem Schleier verdeckt hatten. Es war, als wollte das Gebirge mit seiner Schönheit kokettiren, bald hob sich der nebelige Schleier und liefs uns alle Reize der Bergabhänge wahrnehmen, bald zogen sich diese wieder hinter den dichten Vorhang so züchtig zurück, dafe unsere Ein- bildungskraft sich noch tausend andere verborgene Reize vorstellte. Nachdem wir mehrere Minuten lang mit gespanntem Interesse dieses herrliche Gemälde betrachtet, erhob sich ein mäfsiger Wind, der die Nebeldecke lüftete und das Gebirge im vollen Glänze seiner Schönheit vor uns blofslegte. Plötzlich fuhr ein Sonnenstrahl über die blendend schönen Bergformen, dem kurz darauf ein tiefer Schatten folgte; wie- der lagerte sich der undurchsichtige Nebel über das Ganze, das ich eben zu skizziren beginnen wollte. Wir durften nicht länger verweilen and brachen auf. Unser Ritt ging über eine hohe Gegend, dicht unter der Grenze des ewigen Schnee's und oberhalb der Pflanzenregion. Nir- gends war ein Grashalm, nirgends nur ein bischen Moos wahrzuneh- men. Ueberall lagen dunkelfarbiges Schiefergestein und einzelne Haufen Schnee, sonst gab es hier Nichts zu sehen. Ein reichlich einstündiger Ritt brachte uns an den Rand des jähen Absturzes, der in das enge Thal der Arriga hinabführt.

* Wolken stiegen von unten herauf, breiteten sich über uns ans, Alles rings umher verdunkelnd; dies nöthigte uns, Halt zu machen, denn weiter zu geben war unmöglich, weil wir uns in der Nähe von mehrere hundert Fufs tiefen Abgründen befanden. Endlich brach die Sonne durch, die Wolken zertheilten sich, eine überraschend schöne Aussicht lag vor uns ausgebreitet. Fast zu unsern Füfsen durch die tiefe Thalschlucht wand sich wie ein silberner Faden die Arriga, hoch ober uns stiegen scharf ausgezackte Schieferberge empor. Gegen We- sten sahen wir über mehrere Bergreihen nach dem Kolsun- Gebirge, welches in dieser Jahreszeit bereits ein weifees winterliches Gewand angezogen hatte. Im Süden und Südosten tauchten die Gipfel, welche sich um den Bielucha gruppiren, auf, alle mit glänzendem Schnee be-

19*

292 Biernatski:

deckt. Dieser Anblick war eben so neu als anziehend, die tiefen Thaler lagen mit Gras und Blumen bekleidet im sommerlichen Schmucke dt. Eine reiche grüne nnd gelbe Belaubung zierte die Bäume, von denen mehrere noch nicht in den herbstlichen Farben prangten. Indem ich dies Meer von Gebirgen überschaute, bemerkte ich, dafe die niedrige- ren Bergreihen theils braun, theils grün erschienen. Die etwas höhe- ren Gipfel trugen nur wenig Pflanzenwuchs, aber sie schimmerte« braun, grün und purpurn zu uns herüber. Noch etwas höher hörte alle Vegetation auf, dann kam die über alle Ketten in vollkommen gerader Linie abgegrenzte Schneeregion. Jede Region war deutlich er- kennbar, so dafs ich die Höhe mehrerer Gipfel, welche ich zu verschie- denen Zeiten überstiegen hatte, zu beurtheilen vermochte.

„Wir bemerkten jetzt, dafs wir uns an einer Stelle über dem Thale der Arriga befanden, von wo es durchaus unmöglich war, hin- abzusteigen. Deshalb wendeten wir uns nach Westen und nach einen Ritt von 3 Werst fanden wir einen Hirschpfad, auf welchem wir ohne Unfall nach unten gelangten , obgleich die Passage mitunter sehr ge- fährlich war. Ich skizzirte hier zwei höchst malerische Ansichten, dann ritten wir über einen niedrigen bewaldeten Bergrücken und gelangten in einen sehr rauhen Gebirgspafs. Im Süden erhoben sich die Berge wahrscheinlich 1200 bis 1500 Fufs hoch, sie waren sehr steil und stark zerklüftet; in schimmernden Cascaden stürzten die Bergwasser in die Tiefe. Bereits neigte sich der Tag zu Ende, als wir den Kamm des Passes erreichten. Ich hatte mich bei meinem Zeichnen etwas auf- gehalten, aber meine Leute, mit Ausnahme von zwei Kalmüken, waren vorausgeritten, um unser Nachtlager einzurichten. Gerade als es dunkel wurde, sahen wir etwa eine Werst vor uns ein grofses Feuer auflodern« und bald darauf waren wir zur Stelle. Unter schlanken Bäumen bauen die Leute ein stilles Plätzchen ausgewählt, die Zelte waren aufgeschla- gen und Alles für unsere Abendmahlzeit vorbereitet. Man setzte mir Wild vor; unser Jäger hatte einen schönen Hirsch unweit des Lagers erlegt. Es war für die Leute ein rechtes Fest. Bei Hirschbraten nnd Branntwein sangen sie lustig bis in die späte Nacht.

„Wieder dämmerte der Morgen, Nebel erfüllte das Thal, und ehe dieser verzogen, durften wir an unsere Weiterreise nicht denken. Als die Sonne aufging, fing indessen der Nebel an, sich allmählich in lich- ten oder, wie meine Begleiter sagten, „die Sonne frais ihn auf". Um sieben Uhr ritten wir das Gestade der Arriga hinauf und befanden am nach einer halben Stunde an ihrer Quelle, einem kleinen kreisrunden Bassin von etwa 30 Fufe Durchmesser, das am FHifse eines 700 oder 800 Fufs hohen Felsenabhanges liegt. Das Bassin ist tief, am Grande mit weüsen Steinen belegt, und das krystallhelle Wasser, welches aai

Th. W. Atkuuon's Schilderungen central -asiatif eher Landschaften. 293

dem Erdboden hervorsprudelt, fließt in vielen kleinen Fallen bergab. Gerade vor uns versperrte ein sehr hoher, auf seiner Spitze mit Schnee bedeckter Berg den Pafs. Ihn zu ersteigen war nicht leicht, mufste aber versucht werden. Unser Kalmük Yepta fibernahm die Führung, and ich folgte auf schlangenförmigen Pfaden. Es war ein seltsamer Anblick, wie wir Alle an der Seite des Berges hinzogen ; gewifs hatten wir uns hundertmal gewendet, denn wir brauchten reichlich eine Stunde, den Gipfel zu erreichen. Dieser war ein kaum 25 Fufs breiter Berg- grat, welcher nach der andern Seite noch steiler abfiel. Eine wilde Landschaft lag vor uns, hohe dunkle Schiefergebirge stiegen zu bedeu- tender Höhe empor, ihre Spalten mit Schnee und Eis gefüllt, zu un- seren Füfsen breitete sich das kleine Thal des Mein aus im sommer- lichen Schmuck. Ich fand auf diesem Berggrat Stucke von schönem dunkelgrünen Jaspis, ebensolche auch zwischen den Felsen, als wir nach dem Mein hinunterstiegen. Den Berggrat zu erklimmen war be- schwerlich gewesen, aber viel beschwerlicher war es, ihn hinabzustei- gen. Man mufs an dergleichen Gebirgsreisen gewöhnt sein, wenn man mit kaltem Blute auf solchen Pfaden auf dem Pferde sitzen bleiben will. Nachdem wir im Zickzack mehr als tausend Fufe ab- wärts geritten waren, fanden wir den Abhang weniger steil und ge- langten ohne weitere Schwierigkeit in das Thal. Der Flufs (Mein) entspringt aus einem kleinen See am Fufse düsterer Berge, die weit über die Schneeregion sich erheben; er fliefst durch einen Sumpf, der ehemals ein See gewesen und durch einen Felsendamm gebildet wird, welcher das Thal mehr als hundert Fufs über seinem Bett quer durch- schneidet. Eine enge Passage ist durch diese Felsen gebrochen, wahr- scheinlich in Folge einer Erderschütterung, denn das Wasser hatte einen solchen Pfad nicht zu bahnen vermocht. Der kleine Flufs strömt durch diese Schlucht und stürzt sich in einem schönen Wasserfall etwa 50 FoXs hoch herab. An dem oberen Ende des kleinen See's springt ein kleiner Bach in einem einzigen Sturze von den hohen Felsvorsprün- gen wenigstens 500 Fufs hoch herab. Wenn der Wind über dies her- onterströmende Wasser hinfährt, so gewährt dies einen herrlichen An- blick, mitunter sieht es aus, als hinge ein im Winde flatternder Schleier ober dem dunklen Felsen.

„Die meisten Felsen bestehen aus dunkelblauem und grünlich blauem Schiefer. Auch fand ich mehrere schöne Stücke Jaspis, eins von dunkelgrüner Farbe mit weüsen oder blafsgelben Adern , ein an- deres ganz dunkelroth. Es war außerordentlich heils zwischen den Felsen; wahrend ich zeichnete, safis ich im vollen Sonnenschein und wurde fast versengt. Mitten im Sommer herrscht in den meisten dieser Thaler eine furchtbare Hitze, und die Vegetation wird eben so üppig

294 Biernatzki: (

j wie unter den Tropen. Nachdem unsere Pferde ausgeruht, fingen wir

an, eine andere Bergkette zu übersteigen, ritten aber diesmal über ! einen mit Moos bewachsenen weichen Boden. Kurz nach Mittag ge- langten wir zu einer Stelle, von wo wir den Karagol oder schwarzen See überschauten, dessen Gewässer smaragdgrün zu sein schienen. Diese Färbung rührt nicht von dem Grün der Umgebung des See's her, denn derselbe ist beinahe ganz von hohen Bergen und von gelb- lichen und rotben Granitfelsen, die bis in die Schneeregion hinauf- reichen, eingefafst, während sich an seinem oberen Ende zahlreiche Basaltfelsen erheben, deren dunkelgraue Farbe mit den gelblichen Berg- formen an ihrer Basis einen herrlichen Contrast bildet. An der ent- ; gegengesetzten Seite des See's stehen hohe Granitfelsen, über welche beschneite Berggipfel emporragen.

„Als wir das Ufer des Karagol erreichten, schien das Wasser ganz schwarz, daher der Name, den der See bei den Kalmüken fuhrt. Uebri- gens war es völlig klar und durchsichtig, wir konnten in bedeutender ! Tiefe unter der Oberfläche grofse Fische hin und her schwimmen sehen. Die Kosaken kommen von ihren Pikets im Winter hierher, um m fischen, und machen dann, wenn das Wasser gefroren ist, einen reich- lichen Fang von Talmanen. Der Jäger erzählte mir, dafs er mehrere Kosaken, die den See hätten sondiren sollen, begleitet habe; ihre Loth- leinen waren, nachdem man sie an einander geknüpft, 500 Sasheo (d. i. 3500 Fufs) lang, und mit diesen hatten sie keinen Grund ge- funden. Dafo der See sehr tief sei, daran zweifle ich nicht, obwohl ich doch dieser Messung keinen Glauben schenken möchte. Nach Be- endigung meiner Skizzen und unserer Mahlzeit durchwateten wir den Karasu oder das schwarze Wasser, einen grofsen, dem See entströmen- den Flufs, und ritten dann quer durch ein malerisches Thal, wo die Chi- nesen ehemals einen Posten hatten, den sie jetzt an einen weit von hier entfernten Punkt verlegt haben. Unser Weg führte durch eine dicht be- waldete Gegend, welche sich über die niedrigere Bergkette bis hinab zur Katunja ausdehnt, und ein dreistündiger Ritt brachte uns an den Flufc Bitschuktu. Dreimal an dem heutigen Tage hatten wir den Wechsel von Sommer und Winter erlebt, was nichts weniger als angenehm ist.

„An einem hellen sonnigen Morgen ritten wir das Thal ein wenig hinauf, wandten uns dann nach Süden und stiegen einen sehr steilen hohen Berg hinan, von welchem ich den Bielucha zu sehen hoffte. An- fangs ritten wir über einen schönen, mit Blumen bedeckten Rasen; hier blühten rothe und gelbe Primeln, dunkelblaue Salvien, gelbe und purpui-TOthe Iris, rother und weifser Dianthus, dunkelblaue und weite? Gentianen mit weifsen und blauen Aquilegien in grofeer Menge. Wir gelangten über diesen Blumenteppich in die Region der Moose und

Tb. W. Atkinson's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 295

Lichenen, and nach weniger als zwei Standen ritten wir über ewigen Schnee, der an vielen Stellen fest and beinahe zu Eis gefroren war. Obgleich es im Sonnenschein sehr warm war, so fanden wir doch, sobald wir von einer der höheren Bergspitzen überschattet wurden, den Wind schneidend kalt. Wir zogen indefs weiter und gelangten aaf den Gipfel. Hier befanden wir uns auf einem, alle im Westen von der Katanja gelegenen Berge weit überragenden Felsenkamm, selbst die höchsten Gipfel des Kolsan- Gebirges lagen tief unter unseren Füfeen. Eine großartige Landschaft war vor uns ausgebreitet: im Vordergründe eine Reihe gigantischer Granitfelsen, die zum Theil mit Moos in allen Farben bedeckt waren, welches mit den nahen Schneegipfeln anmuthig contrastirte. Bergketten und beschneite Gipfel erhoben sich in allen Richtungen, den plötzlich erstarrten Wogen eines sturmbewegten Meeres nicht unähnlich, bis hinab zu den fernen Steppen der chinesischen Tar- tarei, welche von hier aus gesehen einem Dunstocean glichen. Noch einmal sahen wir uns getäuscht, der Bielucha war uns auch hier noch durch hohe Berge verdeckt. Wir ritten zwei Werst den Kamm entlang, dann in ein kleines Thal hinunter, in welchem mehrere Seen lagen. Hier gab es weder Bäume noch Gesträuche, nur kurzes Gras wachs haufenweise auf dem kargen Boden, aus welchem scharfgezackte Schieferfelsen hervorragten, die uns erkennen liefsen, dafs die Schichten senkrecht aufgerichtet waren. Im Süden erhob sich eine Berghälfte mit steilem Absturz von nicht weniger als 2500 Fufs Höhe über den Seen, im Norden und 900 Ellen davon entfernt ragen Felsen empor, deren Um- risse denen der gegenüberliegenden entsprechen. Zwischen diesen Steil- wänden erhebt sich am oberen Ende des Thaies ein mächtiger, kuppel- formig gestalteter Felsen, überragt von hohen schneeigen Berggipfeln, die sich weit hinauf in den heitern Himmel erstrecken. Grofse Schiefer- blöcke, die von der Südseite herabgefallen, liegen wüst zerstreut um- her and bilden zu dieser erhabenen Trümmerlandschaft einen passenden Vordergrund. Dies Alles ist ein Werk der Naturgewalten, ein Zeug- nils ihrer furchtbaren geheimnifsvollen Kräfte. Selbst ein umfangreiches Gemälde dieser Gegend könnte nur in ungenügender Weise die Wirk- lichkeit vergegenwärtigen.

„Ein fast einstündiger Ritt brachte uns zu der kuppelformig ge- stalteten Felsenpartie am oberen Ende des Thaies. Aus einiger Ent- fernung gesehen erschienen die Abhänge dieser Kuppel als gerade Linien, jetzt aber fanden wir, dafs sie mit ungeheuren Schiefer- und Granitblöcken bedeckt waren, über welche wir mit unseren Pferden unmöglich hinwegkommen konnten. Wir ritten nach der Nordseite des Thaies and hier schien es möglich vorzudringen, weil fast bis zur Spitze eine Basendecke sich ausbreitete. Auf der Südseite konnten wir nicht

296 Biernatski:

weiter, einer unserer Leute hatte es versacht, er fand aber den Weg versperrt durch einen 50 Fu& hohen vorspringenden Felsen. Deshalb lenkten wir nun unsere Pferde einen steilen Abhang an der Nordseite der Felsen hinauf und gelangten so auf die Spitze der Kuppel Ee war ein höchst eigentümlicher Platz ein vollständiges Chaos von Granit-, Schiefer-, Jaspis- und Porphyr -Blöcken, .wüst durch einander geworfen. Mit unseren Pferden konnten wir durch dieses Steingetrammer nicht weiter. Deshalb wurden alle unsere Begleiter, Yepta und den Jager ausgenommen, beordert, die Pferde um den Rand der Trümmermasse herum zu fuhren und uns auf der gegenüberliegenden Seite zu erwar- ten, während wir den merkwürdigen Platz überschritten. Wir kletter- ten über die Blöcke und gelangten so auf die äufsere Einfassung ; wie es schien eines grofsen Kreises, welche von wild und unordent- lich aufgehäuften Felstrümmern gebildet wird und etwa 20 Ellen breit ist. Von hier waren die Steinblöcke in einen Krater von 300 bis 400 Ellen im Durchmesser und 50 Fufs Tiefe hinuntergerollt. Sie waren von der verschiedensten Gröfse, einige nur i 2 Zoll dick, andere gewiß 50 Tons schwer, und lagen so unregelmäßig durch und über einander, dafs es schwierig war, hinüber zu klettern; wir brauchten viel Zeh dazu und riskirten unsere gesunden Glieder. Während ich auf dem I Rande dieser Vertiefung stand und die steilen Wände auf beiden Seiten betrachtete, kam es mir vor, als sei der Berg bei dem Durchbrach dieser Steinmassen auseinander geborsten. Es dauerte zwei Stunden, bis wir auf ein Terrain kamen, wo wir wieder reiten konnten. Unsere Pferde waren kurz vor uns angekommen und die Leute versicherten, sie hatte) schon daran verzweifelt, sie glücklich über die wild zertrümmerten Fel- sen hinüberzufuhren. Auf demselben Wege zurückzukehren wäre daher Thorheit gewesen, wir mufsten einen andern Weg ausfindig machen. „Wir setzten nun unsern Ritt an der Seite eines jähen Bergab- hanges fort, in der Richtung nach Süden, um zu den Quellen der Es- tunja zu gelangen. Nachdem wir 8 bis 10 Werst zurückgelegt, fingen wir an, nach dem Turganflusse hinabzusteigen, wobei unser Weg über eine traurige Oede führte. Diesen Flufs, an dem wir zu lagern ge- dachten, sahen wir weit entfernt gleich einem schmalen Silberstreifen ein bewaldetes Thal tief unter uns durchströmen. Jede nächste halbe Stunde brachte uns in eine wärmere Region ; endlich nach einem lan- gen Ritt erreichten wir die Waldung, hier herrschte eine sommerliche Temperatur, die sowohl für uns als für unsere Pferde nach einem so langen Aufenthalt in den oberen kalten Regionen sehr angenehm war. Das Thal hatte schon längst in tiefem Schatten gelegen; aber gerade, als wir bei dem Flusse ankamen, beschien die Sonne die beschneiten Berggipfel mit ihrem röthlichen Lichte. Allmählich verschwand auch

Tb. W. Aftkinson's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 297

dieses and die ganze Gegend wurde in Finsternifs gehüllt. Wir schla- gen unsere Zelte an einem geschützten Orte neben einem rauschenden Gebirgsbach auf, and nicht lange wahrte es, so beleuchtete ein lodern- der Holzstofe Alles umher mit röthlichem Scheine. Unsere Unterhal- tung betraf den seltsamen Felsenkrater, über den wir mühsam hinweg- geklettert. Die Ealmüken sagen, dafs Schaitan diesen Ort bewohne, der deshalb ein Ort des Schreckens für sie ist; es scheint, als ahnten sie, dafs sich dort etwas Furchtbares zugetragen haben müsse.

„Von hier ans ritten wir einen zerklüfteten Berg entlang, auf dessen schneebedeckter Krone sich Felsen, wie Nadeln gestaltet, erheben. Wir mausten über diesen Kamm hinüber und viele Werst höchst beschwerlich zurücklegen. Endlich kamen wir an einen tiefen Schlund, den wir mit grofser Mühe hinabstiegen. Dort rauschte ein Bergwasser, welches unter der Schnee- und Eisdecke hervorbrach, und in geringer Entfernung spru- delte eine heifse Quelle in einem von Granitgestein gebildeten Bassin. Hier war es überaus wüst und schaurig, denn da niemals ein Sonnen- strahl diesen Schlund erhellt, so wächst hier weder ein Grashalm noch eine Moosraser.

„Wir setzten unsere Reise am Ufer des Turgan abwärts fort. Die- ser kleine Flufs durchströmt ein felsiges Bett, in welchem er schäu- mend und rauschend in unzähligen Cascaden fortbraust. Nachdem wir drei Werst geritten und mehrmals vergebens den Flufs zu durchwaten versucht hatten, gelang uns das letztere endlich. Das Thal ist nicht malerisch, die Bergabhänge sind regelmäßig und nicht zerklüftet. Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir zu einer Stelle gelangten, von wo wir eine Aussicht auf die im Süden der Katunja liegenden Berge und die beschneiten Gipfel darüber hatten. Die Sonne stand gerade in ihrem vollsten Glänze über dem Thale und die dadurch ver- ursachte Wärme nach einer kalten Nacht war sehr angenehm. Beim Hinabreiten in das Thal erschienen wieder die Schieferfelsen, die aus dem grünen Rasen, über den wir hinzogen, 50 100 Fnfs hoch aufstiegen. Der Flufs macht hier gerade eine Wendung und strömt dicht an ihrem Fofse vorüber. Yepta behauptete, hier sei die einzige Stelle, wo man ihn durchwaten könne; und selbst hier war es sehr schwierig. Einen Augenblick hielten wir bei dem hohen Gestade an und betrachteten das Tosen und Brausen des Wassers zu unseren Füfsen; weiter auf- wärts befanden sich mehrere 6 bis 10 Fufs hohe Wasserfälle. Bei dem letzten war eine wohl 20 Schritte den Flufs hinabreichende Strom- schnelle, dann folgte ein noch tieferer Wasserfall, worauf das Wasser über grofse Steine bis zur Einmündung in die Katunja fortfliefst. Durch diese Stromschnelle zwischen den Wasserfallen muteten wir unseren Uebergang bewerkstelligen, und zwar fünf Personen zusammen, um

298 Biernatzki:

nicht fortgerissen zu werden. Da wir das felsige Gestade nur auf einem schmalen Pfade hinabreiten konnten nnd unten kaum für unsere Pferde hinlänglichen Raum fanden, so war es schwer,, uns gehörig aufzustellen, ehe wir ans in den brausenden Strom begaben. Yepta stieg zuerst den Felsenabhang hinunter, ich folgte, dann kamen drei Andere mit zwei Pferden am Zügel. Gerade hinüber zu reiten war nicht möglich , wir konnten nur unter dem Schutze einiger Felsen in der Nähe des untersten Wasserfalles an der gegenüberliegenden Seite an 's Land gehen. Der brave Yepta gab das Zeichen und wir ritten Knie an Knie in das tosende Gewässer. Unsere Pferde traten lang- sam und sicher auf, als das Wasser um ihre Seiten brauste, der In- stinct liefs sie die Gefahr erkennen, sie streckten ihren Kopf gerade aus über den Flufs hin. Die Entfernung von einem Ufer zum andern betrug nicht mehr als 20 Schritt, dennoch brauchten wir wenigstens fünf Minuten, um hinüberzukommen, und wir freuten uns nicht wenig. als wir nach Verlauf dieser Zeit einige 20 Fufs über dem Wasser jen- seits standen, und wünschten unseren Reisegefährten eine eben so glück- liche Passage. Als ich sah, wie diese sich gegenüber am Ufer auf- stellten und dann in den Strom hineinritten, empfand ich die Gefahr weit mehr, als während ich sie selbst bestanden. Aber ihre Pferde widerstanden tapfer der reifsenden Strömung und kamen glücklich her- über; der Hund wurde auf ein Packpferd gesetzt, auf welchem er zwi- schen zwei Gepäckstücken vollkommen sicher lag.

„Während ich diese gefahrvolle Stelle skizzirte, erzählte mir der Jäger folgende tragische Geschichte. Früher hatten, wie ich schon er- wähnt, die Chinesen bei dem Earagol ein Piket stationirt, und diesen Weg mufsten die Soldaten passiren, welche ihre Kameraden ablösen nnd mit Lebensmitteln versehen sollten. Einst kamen 16 Soldaten in dieser Absicht hierher. Sechs von ihnen ritten neben einander in den Flufs, aber kaum hatten sie drei bis vier Schritte zurückgelegt, als sie das Wasser ungewöhnlich tief fanden und die Strömung sie fortrifs. In einem Na trieben fünf Mann den Wasserfall hinunter, Einer von ihnen warf sei- nen Kameraden am Ufer die Zügel hin, er wurde sammt seinem Pferde gerettet. Die Anderen aber und deren Pferde wurden gegen die Fel- sen geschleudert und fast auf der Stelle getödtet, ihre Leichen fand man nicht wieder.

„Nach zweistündigem Ritte das Thal hinab gelangte ich an den Katunjaflufs !), der in einem etwa eine Werst breiten, mit üppigem Graswuchs bedeckten Thale hinströmt. Birken und Fichten stehen in

M Katanja bedeutet Königinflufa. Vergl. Sitter, Asien I, 8. 934.

Tb. W. Atkinaon's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 299

schönen Gruppen zerstreut umher, den unteren Theil der Bergabhänge ziert eine dichte Cedernwaldung. Von den Berggipfeln sind einige nackte Felsen, andere reichen weit hinein in die Region des ewigen Schnees. Wir zogen nun an den Ufern dieses Flusses weiter und kamen nach ungefähr zwei Stunden an den Turgan (?), der in dem Gebirge nordwestlich von dem Bielucha entspringt. Der Anblick die- ses Thal hinauf ist schön : ein breiter Strom tost schäumend und weifs wie Schnee über grofse Felsblöcke daher, an seinen Gestaden wachsen stattliche Gedern, dazwischen Birken mit ihrem graziös herabhängen- den, gelben und orangefarbenen Laube, und Pappeln, deren Blätter theils dunkelgelb, theils purpurroth schienen. Die höher liegende Berg- kette erscheint braun und dunkel gefärbt, die entfernteren Berge zei- gen sich in duftigeren Farben, die schneebedeckten Gipfel steigen bis zum Himmel, wie Silber glänzende Säulen auf dem tiefblauen Hintergrunde. Beinahe unmittelbar darauf, nachdem wir hier den Tur- gan durchritten, mufsten wir auch über die Katunja setzen; hohe Fel- sen unmittelbar am Ufer hinderten uns, gradeaus zu reiten. Uebrigens ist es nicht schwierig, diesen Flufs zu überschreiten, obwohl er fünfmal breiter ist als der Turgan. Wir ritten bis dahin, wo das Thal eine Wendung gegen Norden macht, von hier aus hoffte ich den Berg zu erblicken, um dessen twillen wir so weit gereist waren. Meine Hoffnung steigerte sich, da der Himmel ganz rein und wolkenlos war, wie dies in dieser Jahreszeit hier sehr selten der Fall ist. Yepta, der Jäger und ein Ealmuk begleiteten mich, in raschem Galopp sprengten wir über den unebenen Erdboden und erreichten, nachdem wir etwa 5 Werst zurückgelegt, jene Wendung, wo sich uns der Bielucha in seiner gan- zen Majestät präsentirte. Nachdem ich den Berg von hier aus gezeich- net, machte ich mit Yepta und zwei andern Kalmüken einen Abstecher über einen der südlichen Ausläufer des Bielucha. Wir fanden dieses Gebirge selbst unten schon sehr steil und mufsten viele Windungen machen; auf halbem Wege aufwärts nöthigte eine etwa 100 Fufs hohe senkrechte Felsmauer uns in östlicher Richtung abzubiegen. Nachdem wir kurze Zeit an dieser Mauer entlang geritten waren, fanden wir eine Oefinung in derselben, aber durch diese ging es so steil nach oben, dafs es zweifelhaft war, ob wir zu Fufs würden hinaufklimmen können. Indefs versuchte ich es mit Yepta, die beiden Kalmüken blieben bei unseren Pferden. Es war fast unmöglich, unsere Füfse irgendwo anzu- stemmen, und bei einem Fehltritt würden wir den jähen Abhang hinunter- gerollt sein. Dennoch gelangten wir auf den Gipfel, ein Plateau, das eine halbe Werst weit zu einzelnen rauhen Klippen, auf welchen Zwerg-Ce- dern wuchsen, anstieg. Weiter hinaus ragte der eisige, glänzend von der Sonne beschienene Gipfel des Bielucha. In südöstlicher Richtung blickten

300 BiernaUki:

wir in das Thal des Bjeloi oder weifsen Beryl *) hinab, dessen Quelle zwischen hohen pittoresk gestalteten Bergen liegt. Das Wasser dieses kleinen Flusses sieht aus der Ferne milchweifs aus mit grünlichem Schimmer. Das Gestein des Berges, auf dem wir uns befanden, be- steht aus Schiefer, der verschieden, roth, blau und hellgrün gefärbt ist, und der letztere giebt, wie ich glaube, dem Wasser jenen grunlico- weifeen Schimmer.

„Der Himmel war in diesem Augenblick wolkenrein, jeder Berg- gipfel in seinen Umrissen deutlich zu erkennen. Während ich von hier aus das Thal des Beryl skizzirte, langten die beiden Ealmüken mit unsern Pferden an; sie waren längs dem Fufs der Felswand hingeritten und hatten eine Schlucht gefunden, die auf das kleine Plateau zu uns heraufführte. Ich war froh, dals wir nun quer über den Berg reiten und auf einem anderen Wege, als wir heraufgekommen, zurückkehren konnten. Nach Vollendung meiner Zeichnungen ritten wir nach jenen höher gelegenen Felsen, von denen wir in das Thal der Katunja hinab- schauen konnten. Der Flufs strömt in dem tiefen Einschnitt zwischen den Bergen unter dustern Fichten hin, welche der Landschaft ein fin- steres Aussehen verleihen. Die Sonne schien nicht mehr in diese Tiefe, obwohl sie noch Alles rund um uns her glänzend erleuchtete. Nach einem kurzen Ritt erhielt ich wieder einen schönen Blick auf den Bielo- cha eine imposante Bergmasse, deren gewaltige Zacken die Jahrtau- sende alte Eis- und Schneedecke durchbrechen. Der Gipfel des Berges besteht aus zwei colossalen Spitzen, die von unzähligen Pfeilern gestutzt werden, zwischen denen Schluchten oder kleine Thäler liegen ; sie sind mit Gletschern ausgefüllt, die bis an den Band steiler, das Thal der Katunja überhängender Felsen hinabreichen. Die gesammten, diesen Bergcolofs umgebenden Berge bestehen aus Schiefer; an den niedrige- ren Ausläufern wächst Gras, ein herrlicher Weideplatz für Tausende von Schafen. Auf diesem Rasen fand ich mehrere Frühlingsblumen, rothe Primeln, lieblich duftende Veilchen und verschiedene Anemonen. Ihre Lebenszeit ist nur kurz, denn nach Verlauf von zehn oder zwölf Tagen wird sie neun bis zehn Monate hindurch tiefer Schnee bedecken. Drei- bis vierhundert Fufs höher hinauf hört der Kräuterwuchs auf, nur Moose bedecken den steinigen Boden und heften sich an die Felsenwände. Noch etwas höher und auch von diesen ist keine Spur mehr vorhan- den. Dennoch schwärmten hier, wo wir uns befanden, Legionen von Moskitos, und ich war deshalb froh, als wir aufbrechen konnten, am diesen Quälgeistern zu entgehen. Tepta war indessen über den Berg-

') Vergl. Ritter, Asien I, S. 699, wo gesagt wird, dafs der Berel oder Bereu zur Buchtanna abfliefse.

Th. W. Atkinaon's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 301

rücken hinübergegangen und hatte gefanden, dafs es von hier aas un- möglich Bei, den Bielucha zu ersteigen. Langsam ritten wir daher wieder nach unten auf einem bisweilen fiufserst jähen Pfade, and indem wir ans mehr ostlich wendeten, gewahrten wir den Bjeloi Beryl, welcher am unteren Ende des Thaies durch eine enge und sehr tiefe Schlucht fliefet. Derselbe hat gewifs viele Wasserfalle, denn der Wind trieb das Ge- räusch von brausenden Gewässern zu uns herüber. Kurs vor Einbruch der Nacht kamen wir wieder bei unserem Lager an. Ein lustiges Feuer loderte hoch empor, unsere Begleiter brieten das Fleisch eines Hirsches, den unser Jager in der Nähe erlegt hatte. Ich gab ihnen eine doppelte Ration Branntwein, und Russen und Kalmüken schmausten bis tief in die Nacht.

„Um zwei Uhr Morgens erwachte ich, der Jäger legte frisches Holz zum Feuer, aber es regnete leider stark, der Wind wehte heftig und ein dichter Nebel lagerte ringsum, Alles verdunkelnd. Um neun Uhr wurde das Wetter besser, die Wolken erhoben sich zu den Berg- gipfeln, der Regen hörte auf. Dennoch meinten der Jäger und Yepta, es sei jetzt unmöglich, den Bielucha zu ersteigen. Deshalb beschloß) ich, die heifsen Quellen an dem Gestade des gerade sudlich von uns liegenden Racmanskoi(?)-See's zu besuchen. Um 10 Uhr safsen wir im Sattel und ritten über einen niedrigen Hügelrücken in das Thal des Bjeloi Beryl hinunter. Dieser Flufs ist kleiner als die Eatunja, das Wasser dick und von weiblich grüner Farbe, der eines Beryl nicht unähnlich, von denen ich viele in grofsen Krystallstücken gesehen habe. Das Schiefergestein im Bett des Flusses ist hellgrün und zum Theil sehr weich. In geringer Entfernung von der Stelle, wo wir über den Flufs setzten, tritt derselbe in eine tiefe wilde Schlucht und strömt in vielen Absätzen weiter; man vernimmt das dadurch verursachte Brausen in grofser Entfernung. Bald nachher trafen wir einen runden, ganz iso- lirten, etwa 80 Fufs hohen Schieferfelsen von dunkler Farbe, der einem colossalen Kurgan gleicht. Ich erstieg ihn und fand in den Spalten theils blühende, theils schon Samen tragende Pflanzen. Eine kleine Schlingpflanze hatte carmoisinrothe Blumen von grofser Schönheit; einen Monat früher mufs diese Stelle höchst anmuthig gewesen sein.

„Allmählich stiegen die Wolken in die Höhe, die niedrigeren Berggipfel wurden frei und die Sonne versuchte die höher Hegende dichte Wolken- decke zu durchdringen. Aus dem Thale gelangten wir in einen dichten Wald an der Nordseite des den Bjeloi Beryl und Tschernoi Beryl tren- nenden Bergzuges. Ungeheure Schieferblöcke sind hier von oben herab- gestürzt und bilden ein etwas über eine Werst breites Chaos; zwischen den Felsblöcken wachsen grofse Cederbäume. Wir versuchten über diese Steinmasse hinwegzukommen, mufsten es aber nach einer Stunde ver-

302 Biematski:

geblicher Anstrengung aufgeben. Auf Yepta's Vorschlag ritten wir den Fufs des Gebirges in westlicher Richtung entlang und gelangten bald an das fast ganz ausgetrocknete Bett eines Gebirgsbaches. In die- sem ritten wir aufwarte, der Weg war schlecht genug, aber frei von Bäumen und Sträuchern, weshalb wir den tiefen Löchern auszuweichen ▼ermochten. Unförmliche Blöcke liegen zerstreut umher oder zu Hau- fen aufgeschichtet. Gewaltige Bäume sind entwurzelt und lehnen sich an die Felsen, so dafe sie Bracken bilden, über die der Bär trock- nen Fufees hinwegschreiten mag, wenn das Bergwasser tosend darunter fortströmt. Andere Baumstämme sind zerbrochen, als wären es dünne Stöcke gewesen. Nach einer Stunde hatten wir diesen Engpafe hinter uns und betraten eine Waldung. Nahe unterhalb des Berggipfels ka- men wir über eine kleine Rasenfläche, dann quer über den Grat des Gebirges. Ehe wir auf der anderen Seite hinabritten, warteten wir ein wenig, in der Hoffnung, die Wolken, die um den Gipfel des Bie- lucha lagerten, würden sich zerstreuen und uns verstatten, seine Spitze zu betrachten, allein sie fuhren fort, ihn in trübe Nebel einzuhüllen. Bin scharfer Wind machte uns sehr begierig, bald das wärmere Thal zu erreichen, aber noch 5 bis 6 Werst mufsten wir über ein hohes Plateau reiten, auf welctfem kein einziger Baum wuchs, und hier war es bitterlich kalt. Endlich ging es abwärts, anfangs kurze Zeit durch eine Schlucht, dann in einer Zickzacklinie den Bergabhang hinab; es wurde den Pferden sehr schwer, festen Fufe zu fassen. So steil war der Abhang, dafe es selbst einem Menschen unmöglich gewesen wäre, ihn gradeaus zu ersteigen. Als wir unten waren, befanden wir uns am Ufer des Tschernoi Beryl, der malerisch zwischen Schieferbergen hin- strömt. Sein Wasser ist klar wie Krystall, aber von grünlicher Farbe; die dunkelfarbigen Berge, von denen es herabkommt, und der schwarze Schiefer, über welchen es hinfliefst, sind wohl die Ursache, dafe der Flufs den Namen des schwarzen Beryl fuhrt. Er entströmt einem kleinen, zwischen hohen Bergen gelegenen, schwarz aussehenden See, verliert sich dann sehr bald zwischen den Felsen und kommt an der entgegengesetzten Seite eines Höhenzuges, der sich in das kleine Thal erstreckt, wieder zum Vorschein. Sein unterirdischer Lauf ist mehrere Werst lang.

„Nachdem wir uns von diesem Flusse entfernt hatten, gingen wir über einen rauhen steinigen Berg, der sehr schwierig zu ersteigen war, und erreichten um Mittag mehrere aus dem Boden hervorstarrende Fel- sen, zwischen denen ich viele grofee Stücke Jaspis und schönen Aveo- turin fand. Der Gipfel glich einem Trümmerhaufen, kein einziger der hier liegenden Blöcke hatte seine ursprüngliche Lage. Diese Stein- wüstenei nahm einen Raum von einer Werst Breite und nicht weniger

Th. W. Atkrason's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 303

als drei Werst Länge ein. Die Pferde wurden unten herumgeführt und ich wanderte zu Fufe durch die Steinwüste. Jenseits derselben fingen wir bald an, nach dem See hinunterzusteigen. Hier erkannten wir so- gleich die heifsen Quellen an den emporwirbelnden Dämpfen. Das Wasser des Racmanskoi-See's erschien in dem tiefen Felsenkessel völlig schwarz. Neben den heüsen Quellen dehnte sich nach dem engen Thal hinab üppiges Weideland 700 bis 800 Schritt weit, dann verlor es sich in einen dichten Wald, durch welchen die Gewässer des See's westlich abfliefsen, bis sie sich in den Bjeloi Beryl ergiefsen. Wir ritten in der Nähe der heifsen Sprudel über die Grasebene und kamen durch den Wald, an dessen Saum vier Kalmüken und eine Frau aus dem oberen Thale des Tschulischman ihr Lager aufgeschlagen hatten. Mit nicht geringer Verwunderung sahen sie unsere Gesellschaft sieh durch das dichte Untergebüsch Bahn brechen. Wir boten ihnen unsern Grafs, ohne uns weiter aufzuhalten, und ritten nach dem Ufer des Racmanskoi- See's, wo wir unter schönen Bäumen, vor denen sich das sandige Ufer acht bis zehn Schritt weit nach dem See erstreckte, Halt machten. Nachdem wir in der Nähe eine Schnepfe aufgejagt, ergriff ich, wäh- rend die Leute das Zelt aufspannten, meine Flinte und ging mit dem Hunde den Rand der Waldung entlang, wo ich in nicht einer vollen Stande fünf Schnepfen erlegte. Die Kalmüken und die Frau waren inzwischen zu unserem Lager gekommen und hatten sich bei dem Feuer niedergelassen. Zwanzig Schritt von meinem Zelt und zehn Schritt vom See entfernt sprudelten zwei Quellen, deren Wasser so heife war, dafs ich meine Hand nicht darin halten konnte. Von hier begab ich mich nach dem Badebassin, welches die Kalmüken angelegt haben ; es ist vier Fufe tief, sieben Fufs lang und fünf Fufs breit und mehrere Sprudel ergiefsen sich in dasselbe ; das überfliefsende Wasser strömt in den See: Nicht weit davon quillt das Wasser ebenfalls mächtig aus dem Erdboden; auf einem Räume von 50 Fufs Durchmesser springen mehr als hundert kleine Sprudel hervor. Ich setzte mich in der Mitte dieses Raumes auf einen Stein und nahm so ein Dampfbad. Die Kal- müken aus dem Tschulischman -Thale waren bereits seit 13 Tagen hier; als sie ankamen, hatten sie acht Kirgisen von der am Jeke Aral-Nor gelegenen Steppe angetroffen. Ich erfuhr, dafs diese Badestelle im Sommer häufig besucht wird.

„Als der Tag sich neigte, sammelten sich dunkle Wolken um die hohen Berggipfel, ein Vorzeichen schlechten Wetters, der Wind brauste kalt durch die Schluchten und fuhr stofsweise über den See. Yepta hatte reichlich dürres Holz, das Feuer zu unterhalten, gesammelt, da er sagte, die Nacht würde kalt und stürmisch werden, und wir hatten Alles, was in unseren Kräften stand, gethan, um die Zelte festzustellen

304 Biernatzki:

und unser Obdach so sicher als möglich zu machen. Bald, nachdem es dunkel geworden, vernahmen wir in der Waldung über ans das Brausen des Windes, es dauerte nicht lange, so tobte er auch über unser Lager hin und wühlte den See auf. Die Wellen schlugen bis nahe zu dem brennenden Holzstofe herauf, dann begann es zu schneien und kurz darauf lag Alles unter einer winterlichen Decke vergraben.

„Am folgenden Morgen, als wir frühstückten, zeigten uns die frem- den Kalmüken an, dafe sie abreisen wollten, weil sie fürchteten, später durch heftigen Schneefall im Gebirge aufgehalten zu werden. Auch uns riethen sie, baldigst weiter zu ziehen, wie es ohnehin unsere Ab- sicht war. Fünf Werst von dem See entfernt zogen jene in östlicher, wir in gerade nördlicher Richtung. Wir erblickten sie noch einmal auf dem eine Werst entfernten Gebirgskamme, dann stiegen sie und wir bergabwärts und sahen einander nicht wieder. Uns überfiel auf dem Bergplateau ein Schneesturm; der heftige Wind, der uns die Flocken in's Gesicht trieb, war sehr unangenehm. Aber nach einem Ritt von sechs Stunden safsen wir wieder in unserem alten Lager auf dem Ausläufer des Bielucha, wo wir unser Mittagsmahl einnahmen und uns bei einem guten Feuer so behaglich wie möglich einrichteten. Da die Leute aber einen noch besseren Lagerplatz wufeten, so boten wir noch einmal dem Sturme Trotz und ritten unter Hagel- und Regen- schauern nach diesem durch Bäume und Felsen geschützten Platze, bei dem wir eine Stunde vor Einbruch der Nacht anlangten.

„Auf die stürmische Nacht folgte ein heiterer Morgen ; als wir auf- brachen, wurden die weifsen beschneiten Gipfel des Bielucha mit jeder Minute heller von der aufgehenden Sonne beleuchtet. Bald strahlten sie in blendendem Glänze, während uns noch ein kühler dunkler Schat- ten umhüllte. Das Thal, in welchem wir hinritten, wurde immer enger; Cedern wachsen an dem Ufer des Flusses (Katunja), an einigen Stellen in der ganzen Breite des Gestades, dessen Seiten steil, bisweilen fast senkrecht sind. Das Wasser war dick und weifslich grün, ebenso wie das des Bjeloi Beryl. Nach Verlauf einer Stunde kamen wir zu der Stelle, wo die Katunja ans zwei Quellen entsteht, von denen die eine nach Nordwest, die andere nach Nordost führt Die letztere entspringt an den Gletschern des Bielucha und an dieser ritten wir entlang. Bald kamen wir zu einem Punkte, wo selbst hier im Thale die letzten ver- einzelt stehenden Bäume vorkamen; auf den Bergen hatte der ver- krüppelte Baumwuchs, der sich bis in die Schneeregion zu erheben schien, schon längst aufgehört. Eine sehr spärliche Vegetation fand sich noch in den Spalten der Schieferfelsen, auch diese verschwmnd bald gänzlich und wir kamen in eine wahre Schnee- und Felsenwüste. Hier hatten die zu beiden Seiten emporstarrenden Schieferfelsen eine

Th. W. Atküuon's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 305

lichtgrfine Farbe, das Gestein war 211m Theil sehr hart and einer schö- nen Politur fähig, zum Theil aber auch weniger hart, ja an einzelnen Stellen so weich wie Thon, and ebenfalls grün, and eben dieser Thon verleiht auch dem Wasser der Katanja and des Bjeloi Beryl seine grün- liche Farbe.

„Zu Pferde konnten wir nicht weiter, wir mußten zu Fofs über Steine, Eis und Schnee klimmen. Deshalb theilten wir uns; mich be- gleiteten Yepta, der Jäger und drei zuverlässige Kalmüken. Wir nah- men Proviant mit, liefsen aber unsere Flinten zurück, weil in der hohen Bergregion keine Thiere sich aufhalten. Die Pferde wurden nach einem nahen Weideplatz gebracht und den sie hütenden Kalmüken aufgetra- gen, eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit mit ihnen wieder zurück- zukehren. Zwei andere sollten sich an den Lagerplatz begeben und Alles zu anserm Nachtquartier bereit halten. Kurz vor 10 Uhr fingen wir an, über die wüsten vor uns liegenden Massen, die Trümmer einer Schnee- lawine, welche während des Sommers von dem Bieluoha herabgestürzt war, emporzuklimmen. Mit wie furchtbarem Gekrach mafo diese vom Gipfel des Berges heruntergerollt sein, da sie in einem der Gletscher eine breite and üefe Spar zurückgelassen und ungeheure Felsblöcke mit sich in den Schlund hinabgerissen hat, wo diese jetzt wild durch einander ge- würfelt lagen und den engen Raum bis zu einer Höhe von 1 50 Fufs aus- füllten. Fünfhundert Ellen weiter aufwärts in der Schlucht bricht die Ka- tanja unter den Bis- und Felsblöcken hervor. Nachdem wir über diese rauhe Steinmasse geklettert waren, stiegen wir abwärts zu dem kleinen Flusse oder richtiger Bergstrom, der zwischen den Felsen fortrollt und hie and da unter Schnee- and Eis -Brücken in vielen Abstürzen in's Thal strömt Wir erreichten das untere, in einer tiefen Schlucht liegende Ende eines Gletschers, der sich weithin an dem Berge hinauf erstreckt; an dieser Stelle ist es, wo unter zwei kleinen, in dem Eise ausgewa- schenen Bogen die Katunja in zwei Bächen, die sich bald mehrere hun- dert Ellen weit unter einer Schneedecke verlieren, entspringt. Dies ist die eigentliche Quelle des Flusses.

„Soweit war nun das eine Ziel meiner Reise erreicht. Aber die machtigen Spitzen des Bielucha erhoben ihre rauhen Häupter noch meh- rere hundert Fufe über uns, und am Rande des Gletschers hinaufzu- steigen war unmöglich. Wir setzten ans auf einige Steine nieder, und während wir unsere Mahlzeit hielten, beschaute ich prüfend die thurm- hoben Spitzen, mit dem Wunsche, auch sie besteigen zu können. Um dies auszuführen, wendeten wir uns westlich und betraten eine wild aussehende Schlucht, welche bergaufwärts zu fuhren schien; dieselbe war mit colossalen, von oben herabgerollten Blöcken und Eis angefüllt. Wir kletterten nicht ohne Gefahr hinüber, endlich winkte ans ein Hoffnungs-

Z«tt»efar.&al]f.Br4k. NmtFolft. Bd. VIII. 20

306 Bfernatski:

Schimmer. Am Ende der Schlacht lag eine Anzahl abschüssiger Felsen, die zusammen eine etwas geneigte Ebene bildeten, auf welcher einer der Bielucha- Gipfel sein kühnes Haupt erhob. Dies gab uns neuen Math, unsere Anstrengungen fortzusetzen, und mit dem Ausruf: „höher hinauf Iu erklommen wir Schritt vor Schritt eine mächtige, von der Natur selbst gebildete Treppe, welche uns endlich auf festgefroreuen Schnee führte, lieber diesen schritten wir mit grofser Mflhe etwa 300 Schritt fort, dann standen wir am Fufse der beiden hohen Spitzen des Bielucha, welche alle andern Gipfel des Altai -Gebirges überragen. In Westen dehnten sich die öden Kirgisensteppen aus, bis sie sich io nebelige Fernen verloren. Im Süden erhoben sich mehrere hohe Pik und verschiedene Bergreihen erstreckten sich bis zu den Steppen im Osten des Saisan-Nor und bis nur Wüste Gobi. Zwischen den Bergen und auf den fernen Steppen zeigten sich mehrere Landseen. Unzäh- lige Flüsse schlangelten sich, gleich einem aus Silberfäden gewobenen Netze, durch die tiefen Thäler hinab. Es war ein herrlicher Anblick: so viele schneebedeckte Gipfel, die von den dunklen Bergkämm« und aus den grünen Thäleni emporstiegen!

„Hundert Schritt weiter und wir befanden uns am oberen Rand« eines anderen Gletschers, der in einer tiefen Schlucht nach Westen hinab- geht. Jenseits desselben lag die Vertiefung zwischen den zwei Bergspitzeo. Bis zu dieser hätten wir gelangen können , aber eine der Spitzen in ersteigen war unmöglich, denn sie sind 800 bis 1000 Fofs hohe, mit hartgefrorenem Schnee bedeckte Felskegel, an denen nur hie und da der Schiefer durchblickt. Bis dahin war der Himmel heiter, nur im Nord- osten lagen dunkle Wolkenmassen. Jetzt aber zogen sieb über uns die Dünste an den Gipfeln zu dichtem Gewölk zusammen, und Tepta und der Jäger drangen auf schleunige Umkehr. Wir traten den Röckweg an, anfangs langsam über schlüpfriges Eis und Schnee. Nachdem wir jene Felsentreppe wieder erreicht, kamen wir schneller von der Stelle; doch war das Hinabklettern entschieden anstrengender. Als wir dort an- kamen, wo wir zuerst den hohen Gipfel des Bielucha wahrgenommen, stand ich still, am noch einmal diese höchste Spitze des Altai -Gebirges zu betrachten, aber es war mir nicht vergönnt. Der Berg hatte bereits sein Wolkengewand angezogen, die düsteren Massen umwallten vom Winde getrieben sein Haupt Ungeachtet wir mehrmals aasglitten und fielen. kamen wir doch in einer Stunde nach unten; zum Hinaulsteigen hatten wir mehr ak drei Stunden gebraucht. Auf dem Schnee zwischen den Felsen fanden wir unsere Fufsspuren wieder, wodurch die Gefahr da Hinabsteigens vermindert wurde. Ohne Zeit zu verlieren denn die Wolken senkten sich schnell herab schritten wir über die Trüm- mer der Lawine. Schon hatten sich die meisten der niedrigeren Berge

Th. W. Atkinson'B Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 307

in Wolken gehüllt, und wären wir hier von einem Nebel fiberfallen worden, so hätten wir schwerlich unsere Lagerstätte auffinden können. Yepta schien besonders besorgt, er trieb zu gröfsester Eile. Endlich kamen wir zu unseren Ealmüken, welche die Pferde bereit hielten. Wir nahmen unsere Waffen und ritten zu unseren Zelten zurück. Ob- gleich wir so schnell als möglich ritten, wurden wir doch von einem dichten Schneegestöber eingeholt, so dafs wir kaum aus den Augen sehen konnten. Desto behaglicher erschien uns unser Obdach mit dem lodernden Holzstofs davor. Als der Morgen anbrach, ritten wir lang- sam das Ufer der Katunja hinab. Je höher der Tag aufstieg, desto schlimmer wurde der Sturm. Wir kamen nur langsam weiter und erst um sechs Uhr Abends erreichten wir den Turgan.

„Auf unseres Jägers und Yepta's Rath beschlossen wir, da, wo beide Flüsse (Turgan und Katunja) sich vereinigen und das Bett breit aber seicht ist, sie zu durchwaten. Zwar war das Wasser tiefer, als meine Leute vermuthet hatten, aber wir mufsten hindurch und ohne Verzag. Unsere Pferde wurden in einer Reihe an dem Ufer aufge- stellt, dann ritten wir langsam in die Fluth, die bis zu unseren Sätteln beratrfwogte. Waren wir nur drei oder vier Personen gewesen, die Strömung wurde uns fortgerissen haben, nun aber gelangten wir ohne Unfall an das jenseitige Ufer. Hier stellte Yepta einen Stein an den Rand des Wassers, der in wenig Augenblicken von den Wellen be- deckt war; wfiren wir einige Minuten später gekommen, so hätten wir durch den Flufs nicht mehr hindurchreiten können. Die folgende Nacht war stürmisch, ein kalter Wind heulte durch den Forst, er schüt- telte die Bäume und rifs ihre Zweige, die auf unsere Zelte fielen, her- unter. Das waren Vorzeichen der nahenden winterlichen Jahreszeit, und es war die höchste Zeit, dafs wir nach der Abbaye- Steppe zu den Kalmyken zurückkehrten. Aber wir hatten noch einen weiten und be- schwerlichen, über viele Berge fahrenden Weg zu reiten, ehe wir jene warme behagliche Steppe erreichen konnten.*4

3. Das Tangnu-Gebirge, der Ubsa- und der Jeke AralNor.

Nach Beendigung der vorstehend beschriebenen Ausflüge beschlofs Herr Atkinson, die Wüste Oobi zu besuchen. In Begleitung von drei Kosaken und sieben Ealmüken, unter denen vier geübte Jäger, trat er seine Reise an. Die Kalmüken standen unter Befehl eines Häuptlings, Namens Tschuckaboi, eines äufserst kräftig gebauten Mannes, der eine Pferdehaut als Mantel trug, die in malerischen Falten von seinen Schul- tern herabwallte.

Von Narym reiste Atkinson ostwärts nach dem Tangnu- Gebirge, in welchem sich mehrere Berge über die Schneegrenze hinaus bis zu

20*

308 Biernatski:

einer Höhe von mehr als 1 i ,000 Fufg erheben. Er passirte auf dieser Reise mehrere in den Tangnu-Bergen entspringende Flosse, die sieb io den Ubsa-Nor ergie&en; ihre Namen waren den Kalmüken unbekannt In den höher gelegenen Gegenden fand sich viel Wild, mancher Hirsch wurde erlegt und verzehrt. Hie und da traf man auf die Stangen der kegelförmig gestalteten Jurten der Kalkas-Mongolen, welche diese auf ihren Jagdstationen errichten. Nach einem zwölftägigen Ritt kam die Reisegesellschaft zu einem grofeen reifeenden Strom, der von Nordostes herabflofß.

„Dieser konnte, tt so erzählt nun Herr Atkinson weiter1), „ander Stelle, wo wir uns befanden, nicht überschritten werden, wir waren des- halb genöthigt, uns seiner Quelle zu nähern. Wir folgten seinem Lauf und drangen dabei tief in das Tangnu- Gebirge bis zu bedeutender Höhe vor. Ueber den Kamm des Gebirges hinüberziehend erreichten wir eis Plateau, auf dessen Nordseite wir hinabstiegen. Dort fanden wir des Zabata-Nor, ein in beträchtlicher Tiefe gelegenes und von steilen Granit- felsen eingeschlossenes Moor. Das Plateau ist hier eingesunken und bildet um den Abgrund senkrechte Wände. Auf der Ostseite sehen die Felsen wie eine etwa 500 Fufs hohe Mauer aus; in einiger Entfernung erheben sich Granitberge und schneebedeckte Gipfel. Einen der letz- tem erstieg ich, nicht ohne Beschwerde, und hatte von demselben eine weite Rundschau. Unmittelbar zu Füfsen lag der Ubsa-Nor, weit im Südwesten sah man die Ulan -Kum- Wüste und den Aral-Nor; im Sü- den lagen Tschagan Tala und die in die Gobi sich erstreckenden Berg- ketten; im Südosten sahen wir auf den Kamm des Ehangai- Gebirges, auf dem mehrere mit Schnee bedeckte Piks emporsteigen. Ueber die Gobi erhob sich in nebligen Umrissen Bogda Oola, die Wüste selbst dehnte sich weit aus und verlor sich in eine unabsehbare Ferne.

w Nachdem ich diesen hohen Standpunkt verlassen hatte, suchten wir nach einer Stelle, wo wir den Strom durchsetzen könnten, und fanden eine solche glücklicherweise neben einem schönen Wasserflut Grofse weifse Marmorblöcke lagen hier in dem Flufsbett, höher lnW befanden sich ganze Marmorwände. Die Gegend ist meistens sehr mb und wild, nur in den tiefen Thalern und Schluchten des Tangna- Ge- birges finden sich Bäume, an den meisten Stellen fehlen selbst Stria- cher an den südlichen Abhängen der Berge. Dagegen triift man oft einen dichten Rasen von kurzem Grase, auf dem die verschiedenartig' sten Blumen wachsen. Drei Iris -Arten standen in Blüthe, die eine tiefdunkel und weüs, die andere weüs und rothbraun, die dritte schöa gelb. Daneben blühten Primeln, dunkelrothe und Maisgelbe Diantboa-

') Atkinson a. a. O. S. 443 ff.

Th. W. Atiünson's Schildeningen central- asiatischer Landschaften. 309

Arten. Wir setzten unsere Beide in östneher Richtung fort und überschritten nach Verlauf von eilf Tagen den Flufs Tess ') unweit seiner Quelle. Dann folgten wir der Bergkette nach Süden und ge- langten sn den Quellen der Selenga ») und des Djabakan ')> wo meine Leute meinten, die Kalkas- Mongolen anzutreffen, auf deren Gastfreundschaft sie zählten. Inzwischen hatten unsere Lagerfeuer an den Ufern manches malerisch gelegenen Bergstromes gebrannt, der uns eine wohlschmeckende Mittagsmahlzeit geliefert Das Angeln geht den Ealmüken viel zu langsam, dagegen steigen drei oder vier von ihnen in das Wasser, treiben die Fische den Flufe hinauf, die übrigen stehen am Ufer und stechen nach den Fischen mit ihren Speeren. Sehen brauchten sie mehr als eine halbe Stunde, um ein Gericht für uns zu erlegen. Den Tess überschritten wir gleichfalls, dann ritten wir den Fufis der Berge entlang, bisweilen über eine san- dige Ebene, wodurch wir oft genöthigt wurden, hoher hinauf zu reiten, um Gras für unsere Pferde und Wildprett für unseren Tisch zu be- kommen. Bei einem dieser Ausflüge kam ich zu dem kleinen, an- mathig gelegenen Jeke Ugun-See, der in den Bergen nördlich von San- ghindalai liegt und bei den Kalkas in hohem Ansehen steht. Sie haben dort einen hölzernen Tempel am Ufer erbaut, in welchem sie ihre Opfer, Milch, Butter und das Fett von Thieren, die sie auf den klei- nen Altaren verbrennen, darbringen. Ein grofser Felsen mitten im See ist für sie ein geweihter Stein, auf welchen sie in rohen Umrissen Fi- guren gezeichnet haben, und am gegenüberliegenden Ufer stellen sie Stangen mit kleinen seidenen Flaggen auf, die mit Inschriften versehen sind. Man kann von hier aus mehrere beschneite Gipfel des Tangnu- Gebirges wahrnehmen. Nach acht Tagen kamen wir bei dem San- ghindalai, einem herrlichen, ungefähr 15 Werst langen und 4 bis 6 Werst breiten See an. An seinem Gestade lagerten wir zwei Tage lang, um unseren Pferden Ruhe und mir Zeit zum Zeichnen zu gönnen. Wir befanden uns nun nahe bei der Selenga -Quelle und waren mit den Kalkas noch nicht zusammengetroffen. An einem sehr regnichten Mor- gen brachen wir wieder auf und wendeten uns westlich, um den Tess- Flois in der Mitte seines Laufes zwischen seiner Quelle und dem Ubsa- Nor zu erreichen.

„Der mehrere Tage anhaltende Regen machte die Reise unange- nehm und die Gegend wenig ansprechend. Das Tangnu -Gebirge lag

') Ritter, Asten I, S. 664. Der Tess war vor 20 Jahren kaum mehr als dem 2?amen nach bekannt.

*) Ritter, Asien I, S. 627 ff.j

') Ritter, Asien I, S. 668. Ritter schreibt Dzabgan; dieser und der Tess sind •Steppenflflaae.

310 Biernatiki:

hinter einer dichten Nebelwand verborgen, und wir mufsten auf dem nassen Erdboden nnter unseren Satteldecken lagern. In den kleroeo Schlachten fand sich nur wenig Hole, um unsere Mahlseiten zu kochen, doch murrte, angeachtet solcher Strapazen and Entbehrungen, keiner Ton meinen Begleitern. Spät am Nachmittage des sechsten Tage», nachdem wir den Sanghindaiai verlassen hatten, ritten wir ein klei- nes, üppig begrastes Thai hinab, worüber sich unsere Pferde sehr n freuen schienen. Hier weideten viele Eameele, in der Ferne standen mehrere Jurten, auch sahen wir jenseits dieser weidende Pferde und eine ansehnliche Heerde von Schafen. Sofort ritten wir zu diesen Wohnungen der Ealkas, von denen zwei, als sie uns gewahrten, uns entgegenkamen. Das war das Anzeichen einer friedfertigen Mission. Tschuckaboi unterhielt sich lange mit den beiden Abgesandten, worauf der Eine zu seinen Kameraden zurückritt, der Andere bei uns blieb und uns begleitete. Es dauerte nicht lange, so erschienen drei andere Kalkas, uns nach ihrem Aul zu holen. Als wir bei den Jurten ankamen, ergriff ein alter Mann die Zügel meines Pferdes, gab mir die Hand und half mir beim Absteigen; darauf führte er mich in seine Wohnung, in der sich zwei Frauen und vier Kinder befanden. Dieser Mann wir Arabdan, das Oberhaupt des Auls. Er empfing mich gastrrenndhd) und setzte mir eine Schale mit Thee vor, die mit Milch, Butter, Sab und Mehl vermengt war, wie dicke Suppe aussah, aber nicht übel schmeckte. Auch meine Kosaken und Kalmüken wurden mit diesem Getränk bewirtbet. Arabdan war ein schlanker hagerer Mann, «wi- schen 50 und 60 Jahre alt, von dunkler Hautfarbe, mit hervorstehen- den Backenknochen, kleinen schwarzen Augen, einer grofeen Nase und spärlichem Bartwuchs. Er trug ein langes dunkelblaues seidenes Ge- wand, vorn zugeknöpft und mit einem Ledergürtel oberhalb der Hüft* befestigt; den Gürtel hielt eine silberne Schnalle zusammen und so demselben hing sein Messer, Stahl und Feuerstein. Seine Kopfbe- deckung war wie ein Helm gestaltet, von schwarzer Seide mit schwar- zem Sammet verbrämt, zwei breite rothe Bänder hingen den Nacken herab. Seine Föfee waren mit rothen Stiefeln, welche hohe Absatie hatten, bekleidet. Die eine der Frauen trug ein rothe* und grünes seidenes Kleid, die andere eins von schwarzem Sammet, beide einen breiten rothen Gürtel. Ihr Haar war geflochten und hing in hundert kleinen Flechten über ihre Schultern ; einige dieser Flechten waren mit Korallenperlen geschmückt, welche die mongolischen Frauen sehr hoch schätzen. Sie trugen sehr kurze rothe Lederstiefeln mit hohen Absitzen, durch die ihr Gang etwas schwerfällig wurde. Die Kinder hatten gerade keinen Ueberflufs an Kleidern, zum Ersatz hatten sie sich an dem Rande einer schlammigen Pfütze gewälzt und waren deshalb mit röthlkhen

Tb. W. Atkinson's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 311

Ocker überzogen, was ganz gut von ihrem kohlschwarzen Haar abstach. Die Jurten dieser Kalkas waren ebenso gebaut wie die der Kirgisen, auch mit Filz bedeckt, inwendig aber anders ausgestattet. Dem Ein- gange gegenober stand ein kleiner niedriger Tisch, auf dem sich die kupfernen Götzenbilder und einige kleine metallene Geföfse befanden, die letzteren theils mit Hirsekörnern, theils mit Butter, Milch und Ku- mifs gefüllt Zur Linken des Altartisches standen die Kasten mit den Habseligkeiten, daneben der Knmüsschlauch und anderes Hausgeräth. Gegenüber lagen mehrere Kissen, die Ruhebetten der Familie."

Zu Ehren der Gaste wurde ein Schaf geschlachtet und verzehrt. Dann versprach der Häuptling, den Reisenden Führer und frische Pferde mitzugeben, wobei er sagte, dafs sie vor dem Ubsa~See nur noch einen Aul antreffen würden. „Eine ruhige Nacht,* fährt Herr Atkinson fort '), „and ein Frühstück bei Anbruch des Tages stärkten uns für den lan- gen Ritt, der uns bevorstand. Die Sonne ging strahlend hinter dem Khanghai- Gebirge auf, welches seine langen Schatten über die niedri- gen Hügel und die Ebene vor denselben warf. Seinem Versprechen treu hatte Arabdan vier Leute und sechszehn Pferde für uns bereit» Wie weit unsere Reise gehen würde, konnte Niemand sagen, aber es war kein Zweifel, dafs sie lange dauern werde. Beim Abschied schenkte ich meinem Wh-th einen schonen Hirschfänger, worüber er sehr erfreut schien; seinen Leuten gab er strengen Befehl, mich sicher in den Aul seines Freundes zu führen. Unser Weg ging in nordwestlicher Rich- tung über eine wellenförmige, mit Gras bedeckte Ebene, die gute Weide bietet Während unseres Rittes zeigten mir die Kalkas den Weg nach der Stadt Uliassutai, wohin wir, wie sie sagten, in weniger als 24 Stunden (?) reiten könnten. Da aber dort gerade ein grobes, von einem chinesischen Offizier commandirtes Truppencorps garnisonirte, so schien es nicht rathsam, dafs wir uns der Stadt näherten, auch riethen uns die Kalkas sehr davon ab.

„Während der Morgendämmerung hatte sich das Tangnu-Gebirge in Wolken gehüllt. Als aber die Sonne höher stieg, zerrannen die Nebel und die Kette war deutlich zu sehen. Aus solcher Entfernung gesehen ist ihr Anblick grofsartig, die zahlreichen Berge gleichen mit ihren beschneiten Gipfeln eben so vielen Eisstauen, welche wie Silber glänzend sich von dem tiefblauen Himmel abheben. Ein fünfstündiger Ritt brachte uns an ein stehendes Gewässer, in welchem hohe Schilf- und Binsenpflanzen wuchsen; es war etwa 200 Schritt breit und hatte in der Mitte eine klare Wasserfläche. Die Kalkas schienen darüber ein wenig betroffen; nach einer kurzen Berathung ritten wir am Ufer

') A. a. O. S. 448.

312 Biernatiki:

in westlicher Richtung weiter. Eine Stande später kamen wir zu einer Stelle, wo unsere Fuhrer riethen, mit unseren Pferden über dieses stehende Wasser hinüber zu schwimmen. Unsere Waffen und Kleider sammt meinen Zeichnungen wurden gegen Nafswerden gesichert, dann ging der Fuhrer voran, ein Kosak und ich folgten. Sogleich befanden wir uns in tiefem Wasser, unsere Pferde schwammen und schnaubten, wir kamen indessen glücklich hinüber, aber der weiche Grund am jen- seitigen Ufer erschwerte uns sehr die letzten Schritte, ehe wir das Land erreichten. Unsere Gefährten hatten so lange gezögert uns zu folgen, bis wir glücklich hinüber waren; der Führer wies sie weiter stromab- wärts und zeigte ihnen in geringer Entfernung eine Stelle, wo es leichter war, an's Ufer zu kommen. Unsere S&ttel, Kleider und Waffen brach- ten die Kalmüken und Kalkas auf ihren Köpfen herüber, so dafe sie ganz trocken blieben. Nachdem wir Alle beisammen waren und uns wieder angekleidet hatten, setzten wir unsere Reise fort Wir waren noch nicht weit geritten, als wir eine schöne Heerde Antilopen sahen. die nicht mehr als 500 Ellen von uns entfernt weidete. Fünf von ans ritten nordwärts, um ihnen von der Seite beizukommen, wandten sich dann plötzlich um und breiteten sich aus, um die Thiere nach einer Biegung des Flusses zu treiben, während auch wir so weit gekommen waren, dafs wir ihnen den Weg versperren konnten. Wir griffen nno zu unseren Flinten und näherten uns langsam der Heerde, während sich diese in den von dem Schilf eingeschlossenen Halbkreis flüchtete. Es war klar, dafs sie versuchen würde, bei uns durchzubrechen; nach wenigen Minuten kehrten die Böcke um, standen einen Augenblick still und stürm- ten dann vorwärts nach einer weiten Lücke in unseren Linien. Als ne in Schulsweite gekommen waren, erhielten sie eine Ladung, zwei An- tilopen sprangen hoch auf und fielen dann zuckend zu Boden; dis Knallen der Flinten scheuchte die übrigen zurück. Ein Kosak, Tschak- kaboi, ein Kalmük und ich hatten geschossen; augenblicklich stiegen wir ab, luden unsere Flinten, stiegen dann wieder in den Sattel und fort ging es. Noch ehe wir unsere Linie erreichten, hatten unsere übri- gen Begleiter gefeuert; abermals fielen zwei Thiere, ein drittes wurde verwundet und von einem Kalmüken und einem Kalkas in scharfem Ritte eingeholt. So bekamen wir fünf Antilopen, ohne dafs Jemand sagen konnte, wer sie getroffen. Die Kalkas waren außerordentlich erfreut, sie galoppirten bin und her, während die Kalmüken den Thie- ren das Fell abzogen, was bald geschehen war. Das Fleisch wurde mit dem Fell umwickelt auf die Packpferde geladen, und weiter ging die Reise. Unsere Führer drangen auf Eile, da wir noch weit von dein Aul entfernt wären; die Pferde waren gut, die Steppe eben, wh* konn- ten uns also in Galopp setzen. Bald erreichten wir eine sandige Flache,

Th. W. Atkinson's Schildenrogen central -asiatischer Landschaften. 313

welche hie und da mit grobem röthlichen Kies bedeckt war, der meh- rere, nach Norden hin mit Felsblöcken bedeckte Hügelrficken bildete. In einer der schwachen Senkungen erblickten wir einen Salzsee, auf welchem Schwäne und viele andere Wasservögel schwammen ; jenseits dehnte sich eine Grassteppe ans, aber kein Anl war sichtbar. Die Pferde jagten röstig weiter, ihre Hufe warfen den Eies hoch empor. Dann gelangten wir auf guten Weidegrund, jedoch ohne eine Spur zu entdecken, die uns zu dem Aufenthalt der Kalkas leiten konnte. Hier trafen wir eine zweite Antilopenheerde. Aber wir hatten keine Zeit, aufs Neue eine Jagd anzustellen, denn die Sonne war schon nahe dem Untergange.

„Noch eine beträchtliche Strecke ritten wir weiter und dann auf einen der Hügelrücken hinauf, von wo aus die Kalkas uns einen Fleck zeigten, den sie für einen Aul hielten. Dieser lag noch sehr fern an dem Ufer eines kleinen See's. Unsere Pferde schienen neue Kräfte zu bekommen, sie sprengten über Thal und Hügel, denn wir befanden uns noch zwei oder drei Stunden von unserem Lagerplatze entfernt. Wir sahen noch mehrere kleine Seen, aber nichts von dem Tessflufs, ob- wohl wir schon mehrere Tage in nordwestlicher Richtung geritten waren. Dem Tangnu-Gebirge waren wir viel näher gekommen. Während ich hier eine Skizze aufnahm, ritten meine Begleiter, Tschuckaboi und zwei Ko- saken ausgenommen, weiter, um den Aul zu suchen. Die Sonne sank im Westen hinter die Berge, ein gelblicher Lichtschimmer verbreitete sich über den Himmel. Dann ging er in ein dunkles Orangegelb über und rothe Wolken legten sich über die Berggipfel, dünne durchsichtige Massen sammelten sich darüber, wie Silber glänzend. Als ich meine Zeichnung vollendet, folgte ich mit meinen Gefährten den übrigen, tief versunken in das Anschauen der vor mir liegenden herrlichen Landschaft. Im Soden dehnten sich niedrige sandige Rücken von Osten nach Westen aus, darüber hinaus lag eine unabsehbare Ebene, dieselbe, über welche Dschingis-Chan vor mehr als 600 Jahren seine wilden Horden führte. Die über diese weite Ebene zahllos zerstreuten Hügel bedecken wahr- scheinlich die Gebeine von Nationen, welche sie vom Erdboden ver- tilgten. Die Natur hat hier den Weg genau vorgezeichnet, den der Eroberer von seiner Geburtsstätte am Onon nach Europa einschlug, und ich bedauerte sehr, nicht die Mittel zu besitzen, einige dieser Hü- gel aufgraben zu können.

„Die Nacht brach schnell herein, und wir mufsten eilen, zu einem Lagerplatz zu kommen, noch aber wufeten wir nicht, wo wir nach einem dreizehnstündigen Ritt rasten würden. Nicht weit vor uns lag eine niedrige steinige Bergreihe; als wir sie hinaufritten, erschienen drei unserer Leute, die vorausgeritten, auf der Höhe; sie waren ge-

314 Biernatzki:

kommen, uns zu unseren Freunden zu geleiten. Die Kosaken und Kalkas hatten es aufgegeben, den Aul zu finden, dagegen einen klei- nen Bach mit klarem Wasser angetroffen, eine gute Weide daneben und Holz genug für ein Feuer. In einer halben Stunde waren wir bei | ihnen, sie bereiteten die Abendmahlzeit; der Hunger würzte das Wild- prett und unsern Thee. Noch ehe wir gegessen hatten, war die Nacht j völlig hereingebrochen, und nach wenigen Minuten lag ich in tiefem ! Schlaf. Am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise fort Wir ritten über eine öde, fast gänzlich graslose Ebene, die an einigen Stellen sehr sandig, an anderen mit Sand und Kies bedeckt war. Endlich erreich- ten wir einige niedrige Berge, wo wir in den benachbarten Thilern | Gras und gute Weide fanden. Aber wir ritten noch Stunde auf Stande , weiter über ein einförmiges ödes Land, bis wir endlich am zwei Ufar | zu unserer grofsen Freude in einem nicht sehr fernen Thale weidende Kameele und Pferde gewahrten. Bald kam uns auch der Aul zu Ge- sicht. Zwei Leute fanden sich bei uns ein Und führten uns mit höf- lichen Grüfsen nach der Wohnung des Häuptlings; sie nahmen mich in ihre Mitte und brachten uns zu den Jurten, die an dem Ufer eines kleinen Stromes lagen, welcher nach kurzem Lauf sich in einen See er- gofe. Der Häuptling erwartete mich, er nahm die Zügel meines Pferdes, reichte mir die Hand , half mir aus dem Sattel und geleitete mich in seine Jurte, wo ein Teppich für mich ausgebreitet und mir eine Schale Thee angeboten wurde, welche auszuschlagen unhöflich gewesen wäre. Ich befand mich in dem Aul des berühmten Kalkasfursten Darm* Tsyren."

Herr Atkinson und seine Begleiter wurden hier eben so gastfreund- lich wie in dem Aul Arabdans bewirthet. Auch Darma Tsyren stellte den Reisenden bereitwillig Pferde und Führer, die sie zum Flusse Ten , geleiteten. Bei Anbruch des folgenden Tages trat Herr Atkinson mit Tschuckaboi, zwei Kosaken und einem Kalmüken, dazu vier Kalkas, die Reise an. Alle ritten auf Darma Tsyren 's Pferden. Anfangs ging es fast genau nach Norden über eine sanft ansteigende Grasebene, auf welcher grofse Heerden von Antilopen weideten , die aber niemals in Schufsweite kamen. Um Mittag sah man von einem Hügelrücken in Westen die unabsehbare Ulan Kum- Wüste und mehrere kleine, im Sonnenlicht schimmernde Landseen ; nach Südosten überblickte man dtf Land, das man eben durchzogen hatte, bis zu den fernen Bergketten.

„Ich ritt den Gipfel hinauf ,a föhrt Herr Atkinson fort, „und vor mir lag der Ubsa Nor, und der Tess schlangelte sich durch das Thal hin. Das Tangnu- Gebirge zeigte sich in semer ganzen Majestät, naeb Westen hin dehnte sich die Steppe aus, deren ferne Umrisse sich am Horizont verloren. Der Bergrücken, auf welchem wir uns befanden,

Th. W. Atkinson's Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 315

besteht aus duokelrothem Granit, der an vielen Stellen raub and in einzelne Matten zerklüftet ist. Dicke Adern von rosenrothem, manch- mal halb durchsichtigem Quarz ziehen sich zwei Meilen weit in paral- lelen Iinien durch das Gestein hindurch; einige derselben sind 9 bis 12 Zoll dick und viele nicht breiter als 3 Zoll. Von dieser Anhöhe, über deren Kamm wir noch eine Stunde lang hinritten, stiegen wir dann in eine Schlucht hinab, welche uns zum Tess führte. Nach zwei Stunden erreichten wir den Flufs an einer Stelle, wo er breit und reis* send zwischen hohen Felsen hinströmt, aus deren Spalten Bäume und Sträucher hervorwachsen. Wir wendeten uns westlich und folgten dem Flusse in der Richtung nach dem See. Kurz vor Anbruch der Nacht lagerten wir in einem kleinen, mit Gras bewachsenen Thale nicht weit von dem Tessfiusse. Unser Kalmüke hatte einen Hirsch erlegt, dessen Fleisch sofort gebraten wurde, während ich mich zur Ruhe begab.

„Am nächsten Morgen stand das Tangnu- Gebirge noch in dichten Nebel gehüllt, während die Sonne den Ubsa-Nor und die Steppe glän- zend beleuchtete. Frön brachen wir nach dem See auf und ein Ritt von einer Stunde brachte uns wenige Werst südlich von der Mündung des Tess an sein Ufer, das hier flach und wenig anziehend ist; gegen Norden scheint es steiler, obwohl auch nicht sehr hoch zu sein. Der Ubsa-Nor ist von Osten nach Westen mehr als 100 Werst lang und 30 bis 35 Werst breit; an seinem sudlichen Ufer schneiden zahlreiche Buchten in die Steppe ein. Wir ritten an demselben entlang bis zu einem Flusse, der sich von Süden her in den See ergie&t. Es war dies ein tiefes, träge fliefsendes Gewässer, über welches wir der hohen sandigen Ufer wegen nur schwer hätten hinüberkommen können. Von hier wandten wir uns, um auf einer westlicheren Route nach dem Aul Darma Tsyren's zu gelangen, nach SO. und kamen nach Verlauf von zwei Stunden zu einem kleinen See, dessen Wasser so bitter war, dal* die Pferde es nicht trinken mochten. Wir konnten indefs Beben, dal* von Süden her ein kleiner Flufs in den See einmündete, ritten zu ihm und fanden, dafs sein Wasser trinkbar sei. Da Niemand von meinen Begleitern wufste, ob wir auf unserm ferneren Wege Wasser antreffen würden, so beschlossen wir, hier unsere Mittagsmahlzeit zu halten und unsere Pferde sich ausruhen zu lassen. Nach etwa anderthalb Stunden brachen wir wieder auf und kamen bald zu einer sandigen Steppe, die fast ohne allen Pflanzenwuchs war und sich über einen beträchtlichen Raum auszubreiten schien. Unsere Kalkas trieben zur Eile, damit wir noch vor Anbruch der Nacht über diese wüste Ebene wegkämen. Wir befolgten ihren Radi und ritten im scharfen Trabe durch sandige Thäler und zwischen niedrigen Hügeln, dennoch befanden wir uns nach zwei Stunden noch immer in dieser Sandwüste. Nun meinten die Kalkas,

316 Biernatiki:

wir seien zu weit nach Soden gerathen and schlagen vor, ans mehr östlich za wenden. Dies geschah and alsbald waren wir auf einen wellenförmigen, mit Büscheln von grobem Gras bestandenen Terrain, so dafs wir hofften, bald gute Weide zu finden. Die Sonne stand schon tief, als wir von einer Anhöhe in dem nächstgelegenen Thale einen kleinen See mit grünen Ufern nnd zwei Flösse bemerkten, die sich in ihn ergossen. Das war ein erfreulicher Anblick, selbst unsere Pferde schienen das Gras zu wittern und trabten rascher vorwärts. Kurz vor dem Dunkel werden waren wir bei dem See, wo sich hinreichend Futter für unsere Thiere vorfand. Das Wasser war suis und einige Busche lieferten uns Brennmaterial. Während unseres Rittes durch das Gras waren hin und wieder Schnepfen aufgeflogen. Ich nahm deshalb meine Doppelflinte und brachte in weniger als einer Stunde Schnepfen und Enten genug für unser Abendessen heim.*

Die folgende Nacht verging sehr unruhig; denn zwei Rudel Wölfe hatten sich genähert und erneuerten die ganze Nacht ihre Angriffe auf die Pferde, die nur durch die äufserste Wachsamkeit verhindert werden konnten, sich loszureifsen. Die wiederholten Angriffe wurden durch glückliche Salven zurückgewiesen; am folgenden Morgen fand man acht Wölfe todt auf dem Kampfplatz, und zahlreiche Blutspuren be- wiesen, dafs viele andere verwundet das Weite gesucht hatten. Die Leute nahmen die Felle der Wölfe als Siegestrophäen mit.

„Wir ritten weiter, indem wir uns immer westlich von unserer früheren Route hielten, nach dem Aul, durch eine sehr wenig anziehende Gegend; die sandige Steppe hielt uns sehr auf, doch kamen wir nach einem Ritt von drei Stunden wieder auf eine Grasflur, über welche es in raschem Trabe fortging. Es war schon spät am Nachmittage, als wir Kameele und Pferde sahen, die ihren Weg nach Hause nahmen. Bald nachher langten auch wir bei dem Aul an, wo Darma Tsvren mich herzlich bewillkommnete. Als er von unserem Abenteuer mit den Wölfen hörte und deren Felle sah, freute er sich sehr. Zwei Felle bot ich meinem gastlichen Wirthe zum Geschenk an und sie wurden mit grofsem Dank angenommen.

„Am folgenden Tage in der Frühe reiste ich weiter, anfangs 6 bis 7 Stunden über eine wellenförmige Grasebene, auf der nichts Lebendes zu sehen war. Meine Begleiter wünschten bei dem ersten frischen Wasser, welches wir in geringer Entfernung sahen, ein kleiner Bach, der mitten durch die Steppe flofs, Halt zu machen. Im Süden er- blickte ich mehrere Seen, darunter einige von ansehnlicher Gröfse, aber ich vermuthe, dafs sie sämmüich Salzseen waren. Bei dem Süftwasser- Bache angekommen ruhten wir aus, verzehrten unsere Mahlzeit und

Th. W. Atkxnson's Schilderungen central- asiatischer Landschaften. 317

tränkten die Pferde. Dann stiegen wir wieder in den Sattel and ka- men bald auf eine mehrere Werst grofse öde Waste, auf welcher ich viele schöne Stucke Agat and Chalcedon, auch einige Stacke Sardonyx fand. Wir ritten gen Soden weiter und gelangten zu einigen niedri- gen Höhenzügen, die aus dunkelfarbigem, roth gesprenkeltem, sehr hartem Gestein bestanden, welches einer schönen Politur fähig ist Ueber die scharfen hervorstehenden Spitzen war der Weg für die Pferde sehr angreifend. Hier hausten eine grofee Menge Schlangen, sie lagen meist zusammengerollt, sobald sie uns aber bemerkten, hoben sie ihren Kopf in die Höhe und zischten. Einige krochen aus dem Wege, an- dere blieben liegen, und manche tödteten wir mit unseren derben Peit- schen. Ich beobachtete vier verschiedene Arten: eine schwarze, 3 Fufs 8 Zoll lange und etwa Zoll dicke, die sehr rührig war. Eine zweite Art war schiefergrau, 2 bis 3 Fufe lang und nicht so dick wie jene schwarze; sie fand sich vorzugsweise zahlreich und war oft schwer zu sehen, da man sie von dem Ähnlich gefärbten Gestein kaum unterschei- den konnte. Wir hatten aus Besorgnifs, dafs unsere Pferde auf dem steinigen Boden lahm werden möchten, absteigen müssen, und ich trat sehr oft auf eine dieser Schlangen. Meine langen Jagdstiefeln schütz- ten meine Beine vollkommen und ich hatte bereits zu viele dieser Rep- tilien gesehen, als dafs ich sie noch furchten sollte; dennoch sind sie mir sehr widerwärtig. Eine dritte Art war graugrün und schwarz, auf den Seiten carmoisinroth gefleckt, ihre Farben schillerten sehr im Sonnenschein; keine von ihnen schien mehr als 3 Fufs lang zu sein. Ich ging mit einem Kosaken, Tschuckaboi und zwei Kalmüken voran, während unsere übrigen Gefährten die Pferde nachfühlten. Dabei untersuchte ich das Gestein und hätte gern einige grünlichgelbe Ery- stalle gehabt, vermochte sie aber nicht abzuschlagen, die Spitze meines Gebirgshammers bog sich wie Blei, wenn ich kräftig auf die Felsen schlag. So beschäftigt hörte ich plötzlich einen Schrei, sah mich um und bemerkte, dafe die beiden Ealkas eiligst fortliefen, dann Halt machten und ängstlich auf einen Punkt hinstarrten. Im Augenblick waren wir bei ihnen und sahen, was ihnen Schrecken eingejagt hatte: zehn Yards vor uns lag eine ungeheure Schlange auf einem Felsblock zusammengerollt; sie streckte ihren Kopf mit den sprühenden Augen wohl 8 Zoll hoch empor und zischte fürchterlich. Die Leute wufsten, dafe der Bifs dieser Schlange sehr gefährlich war, und wollten ihr nicht zu nahe kommen. Ich nahm sofort meine Buchse zur Hand und legte an; aber die Schlange steckte ihren Kopf zwischen ihre Ringel und schaute zwischen denselben hervor. Als Tschuckaboi ihr zwei oder drei Schritt näher gekommen war, streckte sie den Kopf wieder her- vor und zischte ihm trotzig entgegen. Ich nahm den Kopf aufs Korn,

318 Biernatski:

druckte ab, and der bleierne Bote that seine Schuldigkeit Kopflos entrollte sich der Knäuel in mannichfaltigeu Windungen. Sogleid) waren die Leute mit ihren Peitschen bei der Hand; aber ungeachtet ihrer gewaltigen Streiche dauerte es mindestens zehn Minuten, bis die Schlange regungslos vor uns lag. Sie war ohne Kopf 5 Fnfs 2{ Zoil lang und hatte einen Umfang von 4| Zoll. Ihre Farbe war dunkel- braun, mit grünlichen und rothen Flecken an den Seiten. Wir muß- ten unsern Weg noch ein paar Werst weiter zu Fufs fortsetzen nnd fanden viele von den schiefergrauen, und zwei oder drei von den schwarzen Schlangen; von den beiden anderen Species bekamen wir kein Exemplar mehr zu sehen. Nachdem wir dieses steinige Terrain durchschnitten hatten, gelangten wir auf eine weit ausgedehnte sandige Ebene.

„Der Tag neigte sich bereits seinem Ende, weshalb wir so schnell als möglich fortreiten muteten; nirgends sahen wir weder Gras noch Wasser und doch konnten wir beides nicht entbehren. Wir schlugen eine südwestliche Richtung ein und galoppirten vorwärts. Nach einem zweistündigen Ritt kamen wir zu vereinzelten Büscheln von Steppen- gras, neben denen Dorngebüsche mit gelben und dunkelfarbigen Bin- then, an Form und Gröfse gleich denen der Heckenrose, wuchsen. Von hier ging es bald nachher ein sich westwärts erstreckendes Thal hinab, in welchem ein silbern schimmernder Streifen das ersehnte Wasser andeutete. Sofort spitzten die Pferde ihre Ohren und streck- ten den Kopf vor, sie merkten die Nähe von Weide und Wasser. Wir wählten den nächstgelegenen Punkt, wo wir am Ufer des Stromes Ge- büsch wahrnahmen, und hatten nach kaum einer Stunde die Freude. uns in der krystallenen Fluth spiegeln und uns und unsere Pferde mit einem kühlen Trunk erquicken zu können. Der Flufe war etwa 20 Ellen breit und 4 Fufs tief; er flofs träge in westlicher Riefatung, ob er sich aber in den Djabakan oder den Kara-Nor ergiefse und wel- ches sein Name, vermochten die Kalkas nicht zu sagen."

Während der Nacht wurden die Reisenden zweimal durch Geheul von Wolfen alarmirt, bei Anbruch des Tages sahen sie ein Rudel ton acht bis zehn in etwa 400 Ellen Entfernung. Sie schössen nach ihnen, ohne sie zu treffen. Dann ging Herr Atkinson mit Tschuckaboi and zwei Kosaken auf die Jagd; sie schössen aber nur, obgleich sie iwei Stunden umherstreiften, zwei Enten, einen Schwan und einen Pelikan. Bei seiner Rückkehr zum Lagerplatz war Alles zur Abreise geordnet

„Wir waren etwa eine Stunde lang geritten, als die Kalkas eben Gegenstand wahrnahmen, woran sie den Weg nach dem Kara Nor ')

') Ee ist hier also ein „Schwarzer See « nördlich vom Djahefcan gtmrä*- Alf

Th. W. Atkinaon'a Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 319

erkannten. In mehr nordwestlicher Richtung weiterziehend kamen wir von dem Flosse, an dem wir gelagert hatten, ab und auf ein höheres Terrain, wo wir eine weite Fernsicht hatten. Der Flufs, den wir zur Seite gelassen, strömt zwei bis drei Werst nach Westen, dann wendet er sieh beinahe gerade nach Soden. Wir konnten seinen Lauf weithin verfolgen, bis zu einem ausgedehnten Schilfgrund, in welchem sich hier und da kleine offene Wasserstellen zeigten. Um 3 Uhr Nachmittags erhielten wir den ersten Blick aof den Kara Nor ond den Flufs, der sich in ihn ergiefst; eine Stonde spater befanden wir uns an seinem nördlichen Ufer. Der See ist nicht grofe, auch besitzt er durchaus keine malerische Umgebung, dagegen wimmelt er von Wasservögela und wir fanden gutes Weideland für unsere Pferde. Am östlichen Ende des Sees sowohl wie am Flosse breitete sich bis weit in die Steppe hinein ein Binsenwald aus, wie ihn gern die Wildschweine zu ihrem Aufenthaltsort zu wählen pflegen. Wir ritten tief in das Schilf hinein, das sich an manchen Stellen hoch ober unsere Köpfe erhob, und die Pferde wateten oft bis an die Sattelklappen im Wasser; wir bemerkten auch viele Wildspuren, trafen aber kein Wild und mulsten enttauscht umkehren.

„Am nächsten Morgen lagerte ein dichter Nebel über dem See und dem Fiufe; er stieg allmählich nach oben, und dies verkündete einen heifeen Tag. Die Kalkas nahmen von ans Abschied ond kehr- ten nach ihrem Aul zurück, wir andern brachen auf, nm den Flufs Djabekan zu finden; aber keiner von uns war mit der Gegend be- kannt; wir wnfsten nur, dafs wir eine südwestliche Richtung einschla- gen mulsten. Bald nachdem wir vom Kara Nor aufgebrochen, ge- langten wir in eine dürre Ebene, welche sich weit in die Ulan-Kum- Wöste hineinerstreckt; es war eine äufserst trockene, gänzlich pfianzen- und wasserlose Gegend. Unser Proviant ging beinahe zu Ende, ond hier konnten wir nicht aof Wild rechnen. Ein Ritt von mehreren Standen führte uns in eine gebirgige Gegend mit hohen Bergzügen und engen vegetationslosen Thalern, in deren einem ein von ansehnlichen Felsen umgebener See lag. Dies war der Ulunjur mit seinen Höhlen, von dem die Ealkas mir erzählt hatten. Sie sagen, hier hause Schal- tan; wenn dem so wäre, so hätte er guten Geschmack bewiesen, denn der Ort war wirklich romantisch, namentlich der Blick aas einer der Höhlen ausnehmend wild ond schön. Sie besteht aus festem gelben Kalkstein und erstreckt sich 200 Fufe tief in die Felsen hinein, ist 60 Fufs breit nnd 80 Fufe hoch, ein von der Natur gebildetes grols*

Atkinaon's Karte ist weder dieser Kara Nor, noch der grofse, Östlich vom Jeke Aral Nor gelegene benannt.

320 BiernaUki:

artiges Gemach. Nachdem wir den See verlassen und die gegenüber- liegenden Höhen erstiegen hatten, erhielten wir einen Blick auf die Ebene im Süden, zu der wir in einer Schlucht hinabstiegen. Nach Verlauf einiger Stunden tauchten in der Ferne niedrige Hügel auf, zn unserer Freude erblickten wir aber einen groben Landsee, der sich noch weit jenseits derselben ausdehnte. An seinen Ufern schienen Baume und Felsen zu stehen, die sich in seiner Fluth spiegelten. Aber seit- samer Weise ritten wir noch eine Stunde lang, ohne uns diesem See zu nähern, er trat vielmehr immer weiter zurück. Es war nichts als eine Luftspiegelung, denn nach abermals zwei Stunden verschwand der schone See und verwandelte sich in eine öde Wildnifs. Endlich sahen wir nach ermüdendem Ritt einen kleinen Landsee und einen unbedeu- tenden Flufs , der sich in ihn ergofs. Hier fanden wir am Frafsufer ein grobes Gras, das Wasser war gut, und wir beschlossen, an dieser Stelle zu übernachten. In. der Nfihe schössen wir vier Bustarde, deren Fleisch treulich schmeckte. Wir trafen unsere Yorsichtsmafsregeln für die Nacht, um unsere Pferde gegen einen Ueberfall von Wölfen zu schützen. Doch wurden wir nicht gestört.

„Am nächsten Morgen noch vor Tagesanbruch machten sieh vier von uns auf, um für unsere Küche Wild herbeizuschaffen; zwei Kal- müken gingen mit, die Pferde zu fuhren. Diesmal erlegten wir zwei Hirsche und acht Bustarde. Sofort, nachdem wir gefrühstückt, reisten wir weiter. Wenige Werst von unserem Nachtlager kamen wir zu mehreren Sandhügeln, von denen wir die Steppe weithin überschauen konnten. Im Nordwesten gewahrte ich, weit entfernt in der Ulan-Kum- Wüste, einen grofsen See, aber im Süden kein Anzeichen von der Nähe des Djabakan. Unser Weg führte weiter über eine sandige Steppe, die mit Büscheln langen Grases bestanden war, welches uns bis an den Sattel reichte; da es gerade Samen trug, glich es aus der Ferne einem für die Ernte reifen Kornfelde. Erst spät Nachmittags kamen wir aus dieser Grasfläche heraus, die uns ziemlich lästig wurde; denn die Samen hefteten sich an unsere Kleider und an die Mähnen und Schweife der Pferde, die dichten Büschel hinderten uns auch am schneUen Reiten. Wir gelangten auf eine mit grobem Kies bedeckte Fläche, zwi- schen dem jedoch kurzes Gras und unzählige Blumen wuchsen. Eine zahlreiche Antilopenheerde weidete östlich von unserem Wege, allein in zu grofser Entfernung, als dafs wir Jagd auf sie hätten machen können. In scharfem Trabe ritten wir weiter, aus Besorgnils, wir möchten sonst nicht den Flufs vor Einbruch der Dunkelheit erreichen und an Wasser Mangel leiden. Nach einer guten Stunde befanden wir uns am Rande eines breiten Thaies und sahen den gewundenen Lauf des Djabakan, der wenige Werst entfernt dahinflofe; bald darauf waren

TL W. Atkinson'a Schilderungen central -asiatischer Landschaften. 321

wir an seinem Gestade. Der Flufs war hier tief, flofs langsam nnd mochte etwa 200 Ellen breit sein. Drei von uns suchten nach Wild, aber nach langer Abwesenheit kamen sie leer zurück. Für unsere Pferde war Gras im Ueberflufs vorhanden; wir befestigten sie, als es dunkel wurde, ganz in unserer Nähe, denn nach Aussage der Kalkas befanden wir uns jetzt in einer Gegend, wo die Wölfe ausnehmend wild und zahlreich waren. Doch verbrachten wir eine ruhige Nacht, auf welche ein heiterer Morgen folgte. Tschuckaboi schwamm über den Flufe hinüber und fand das jenseitige Ufer zum Landen bequem. Er kam dann wieder zu uns, lud meine Kleider auf seine Schultern, bestieg ein frisches Pferd, und ich mit ihm und zwei andern unserer Leute ritten in's Wasser, die Pferde schwammen hinüber und ohne Be- schwerlichkeit kamen wir an's Land. Drei von den übrigen folgten uns, die meine Zeichnungen und Warfen auf ihrem Kopf und ihren Schultern trugen. Nach und nach wurde unser sfimmtliches Gepfick auf diese Weise herübergeschafft. Der Djabakan entspringt in grober Entfernung östlich in dem Kuru- Gebirge1), nahe der Selenga- Quelle, und fuhrt eine grofse .Menge Wasser in den Jeke Aral Nor.

„Unser Weg ging nun über eine dürre Ebene nach der Gegend, in welcher unsere Karten den Grofeen Altai verzeichneten. Die Ebene war mit tiefem Sande bedeckt; sie bildet einen Theil der Sarkha- Wüste, welche sich in die Gobi -Wüste erstreckt; die Vegetation war so spär- lich, dafe selbst das gewöhnliche Steppengras fehlte. Ein breiter Gürtel von Salsola, dessen Farbe zwischen orangegelb und dunkelroth variirte, umgab die kleinen Salzseen, die aus der Ferne gesehen einen eigen- tümlichen Anblick gewähren. Die Salzkry stalle , in denen das Roth der Salsola sich spiegelt, verleihen den Seen das Aussehen von Dia- manten und Rubinen in einer prachtvollen Einfassung. Ich bedauerte sehr, einen fern gelegenen grösseren See nicht besuchen zu können. üeber Sand und Kies ritten wir in westlicher Richtung weiter; auch auf dieser Steppe fand ich mehrere Stücke Agat. Im Norden sahen wir die Gipfel des Tangnu- Gebirges, aber im Süden konnte keine hohe Bergkette bemerkt werden. Eine Stunde vor Sonnenuntergang kamen wir zu einem kleinen, von Süden her nach dem Djabakan strömenden Flufe, wo wir frisches Wasser und gute Weide für unsere Pferde fau- len und deshalb zu übernachten beschlossen. Während des ganzen Tages hatten wir weder ein vierfufsiges Thier, noch einen Vogel ge- lben, woraus ich schlofs, dafe diese Gegend der Steppe ganz unbe- wohnt ist und niemals von Kirgisen oder von Kalkaa besucht wird. Deshalb gaben wir uns auch keine Mühe, nach Wild umherzustreifen;

J) Bei Bitter, Asien I, 8. 66S heibt da« Quellrevier Kuren -BelUchir. Z4t$ckr. L «1%. Bidk. N«a« Folg«. Bd. V1H. 21

322 Biernataki:

es war kaum Holz genug zu finden, am unsere Abendmahlzeit zu kochen. Wir fürchteten in dieser Oede auch die Wolfe nicht und tauschten am darin nicht. Nach einer rahigen Nacht waren wir and unsere Pferde, welche seit dem Abend vorher geweidet hatten, munter und gekräftigt. Ein Ritt von 10 Werst brachte uns in die Nahe von hohem Riedgras, hinter welchem wir den See (Aral Nor) erblickten. Als ich an dessen Ufer anlangte, fand ich den See von so hohem Ried, Binsen and an- deren Wasserpflanzen umwachsen, dals ich, selbst wenn ich mich in meinen Steigbügeln aufrichtete, nicht hinüberzusehen vermochte. In südlicher Richtung ritten wir das Ufer entlang, in der Hoffnung, durch eine Lücke in dem Schilfwald einen Blick auf den See zu gewinnen; aber wir ritten langer als drei Stunden und bekamen das Wasser nichi zu Gesicht Endlich am südlichen Ende des See's war das Ufer san- dig und eine halbe Werst weit nicht mit Ried bewachsen. Der Sand bildete hier eine Menge, manchmal 15 bis 20 Fufs hohe Haufen, die in verschiedener Gröfse sich weit in die Wüste hinein erstrecken. Von einem der höheren Haufen aus gesehen glich die Gegend einer ange- heuren Necropolis mit Hunderten von Grabhügeln. Nach Norden hin konnte man weit auf den See hinaussehen; in weiter Ferne lagen drei kleine, nur wenig über dem Wasser hervorragende Inseln. Das nörd- liche Ufer selbst konnte ich nicht wahrnehmen, da es sehr flach ist ein Theil des westlichen, von einem breiten Schilfgürtel eingefiafet, ver- lor sich allmählich in weite Ferne.

„Während ich diese Landschaft zeichnete, brach ein Sturm voo Norden her über den See herein, gerade uns entgegen. Die Kosaken und Tschuckaboi brachten die Pferde hinter dem hohen Schilf in Sicher- heit, zwei Leute blieben bei mir. Mit wüthender Hast kam die Winds- braut näher, sie wühlte die Wellen hoch auf und beugte das Schilf tief zu Boden. Ein langer weüser Streifen bezeichnete ihre Spur auf dem Wasser and als sie uns auf etwa eine halbe Werst nahe gekommen war, vernahmen wir ihr Sausen. Rasch packte ich meine Zeichnung zusammen und eilte mit meinen Begleitern zu den anderen Gefährten. Kaum waren wir bei diesen angekommen, als der Sturm über uns hin- fuhr und die Binsen und übrigen Pflanzen bis auf den Boden nieder- beugte. Den Sand wirbelte er in zahllosen Kreiseln hoch empor in die Luft, und wir begriffen nun, wie diese Sandhügel entstanden waren. Das Unwetter dauerte nicht lange, nach einer Viertelstunde war Alles wieder ruhig. Wir verweilten noch etwas länger, ich fertigte eine zweite Skizze an, die Kosaken spähten nach einem Eber umher, aber ohne Erfolg. Es war nnthunlich, an dem Ufer des Aral Nor zu fiber- nachten, weil nirgends Gras zu finden und das Wasser bitter war. Io südwestlicher Richtung hoffte ich dagegen Gras und Wasser anzutreffen,

Tb. W. Atkinson's Schilderungen central -asiatitcher Landschaften. 323

da wir uns dorthin einigen Hügeln näherten; allein wir mußten sehr weit reiten, ehe die dürre Gegend einen andern Charakter annahm. Endlich zeigte sich schlechtes Gras, aher noch eine Stande verstrich, and kein Wasser war sichtbar. Menschen und Thiere litten Durst, schon dämmerte der Abend, und wir trieben unsere Pferde zur Eile an. Wir ritten einen niedrigen vor uns liegenden Höhenzug hinauf and sahen dort endlich zu unserer Freude in einer breiten Vertiefung der jenseitigen Abdachung zwischen niedrigem Binsengebüsch einen Strom glänzend hingleiten. Unsere Pferde spitzten die Ohren, schno- ben vor Freude und sprengten in vollem Galopp den Abhang hinunter. Nach einer halben Stunde stiegen wir aus dem Sattel, eilten zum Wasser und netzten unsere lechzenden Zungen in der kühlen Fluth. Aach fanden wir Gras und Brennholz in hinreichender Menge.*

An dieser Stelle erlegten die Reisenden noch an demselben Abend mehrere Fasane, zwei junge Wildschweine und einen Hirsch. Da sich der Jagdgrund so ergiebig zeigte, setzten sie am folgenden Morgen die Jagd fort. Sie brachte diesmal einen etwa 9 Pud (324 Pfund) schwe- ren Eber ein, der zwei mächtige, wie Messer scharfe Hauzfihne hatte; später am Tage wurde ein noch gröfseres Wildschwein geschossen. Erst am Nachmittag brach die Gesellschaft auf und ritt an dem Flusse hinauf in südlicher Richtung, in der Absicht, an ihm zu lagern, ehe man über den Hügelrücken zog, den man in der Ferne erblickte. Auch hier wurden noch mehrere Fasane erlegt.

„Allmählich wurde,*4 wie Herr Atkinson weiter erzählt, „das Thal enger, niedrige Hügel erhoben sich zu beiden Seiten, und da ich die Gegend zu übersehen wünschte, ritt ich auf eine Anhöhe hinauf, von einem Kosaken und Tschuckaboi begleitet. Hier lag die Sarkha-Wüste weit sichtbar vor uns, und ich überzeugte mich nun persönlich, dafs ein Grofser Altai hier nicht existirte; nur eine niedrige Hügelkette breitet sich nach Süden aus und verliert sich in die Gobi -Wüste. In weiter Entfernung gewahrten wir im Osten aufsteigenden Rauch. Wir ritten mehrere Werst über den Bergkamm hin und behielten den Rauch im Auge. Endlich kamen wir auf einen stark betretenen Weg, den Karawanenweg, der durch die Gobi -Wüste fuhrt. Der Rauch entstieg wahrscheinlich dem Lagerplatze einer Karawane. Von dem Bergkamm erblickten wir auch den Jeke Aral Nor, der von der untergehenden Sonne beschienen wurde, und einen andern grofsen See unweit des auf- steigenden Rauches. Als wir wieder in das Thal hinunterritten, fan- den wir unsere übrigen Reisegefährten und trafen bald einen Platz, wo wir übernachten konnten.*4

21 *

324

XII. r Du Chaillu's Reise am Gabun und Nebenflüssen.

Von Dr. H. Barth. (Hierzu eine Karte, Taf. V.)

Die amerikanischen Zeitungen haben einen vorläufigen Bericht über die ursprunglich im Interesse naturwissenschaftlicher, besonders orni- thologischer Sammlungen von einem Franzosen Namens Pierre Beloiii du Chaillu im Auftrage der Academy of Natural Sciences zu Philadel- phia an der westlichen Küste des äquatorialen Afrika unternommenen Reise gebracht, und während mein Vortrag von voriger auf diese Sitzung verlegt worden ist, hat auch Herr Dr. Petermann in seinen Mitthei- lungen (Heft IV dieses Jahrganges) eine wörtliche Uebersetzung da- von gebracht ; ich habe mich aber bemüht, die Angaben kartographisch in einer Skizze niederzulegen und die geographischen Resultate ein wenig zusammenzustellen und an andere schon anderweitig bekannte Punkte anzuknüpfen.

Ich will zuerst erwähnen, dafe das gewaltige Aestuarium des Ga- bun schon seit einer Reihe von Jahren die Aufmerksamkeit der Eu- ropäer auf sich gezogen hatte und dafs man schon lange ziemlich be- stimmte Kunde hatte, dafs hier im Innern ein bedeutendes Stromsystem sich entwickele. Besonderes Verdienst hat in dieser Beziehung Bowdich. der nach seiner Reiseunternehmung nach Asianti längere Zeit an die- ser Küste weilte und für die damalige Zeit überaus schätzenswerthe Erkundigungen einzog. So hörte schon er von dem gewaltigen Flusse Ogooäwai, der häufig eben so breit und meist beträchtlich tiefer als der Gabun sich im oberen Laufe aus zwei Armen bilde, deren einer, wie seine Berichterstatter angaben, vom Gongo herflösse, d. h. aus SO. käme, der andere also aus NO. '). Auch manche andere Angaben jenes verdienten Reisenden, der nur durch einige eigenthümliche allgemeine Deductionen in Bezug auf Völkerwanderung afrikanischen Forschungen keinen grolsen Nutzen gebracht hat, werden wir durch den neueren Reisenden bestätigt finden.

Aber wenn schon Bowdich wufste, dafs hier ein grofser Strom im Binnenlande sei, so führte das doch zu nichts; auch gelang es nicht den längere Jahre im Lande der Mpongwe an der Mündung des Ga-

]) Bowdich, Mistion to Ashantee p. 429: the Ogooäwai a rapid rivtv, frt- qutntly as wide and generally considerably deeper than the Gaboon, 8. 458 be- merkt er ganz richtig: the discovery of so large a rwer in this Situation is r+*y important.

Da Chaiüa's Reise am Gabun and Nebenflüssen. 325

bau stationirten amerikanischen Missionaren, die sich besonders mit dem Stadium der Sprache der Eingeborenen beschäftigten, noch den Franzosen, die um Aufnahme des Aekiuariums grofses Verdienst haben und auch eine gröfsere Factorei hier gründeten, gerade an einem Verbindungsarm des Munda oder Man du mit dem Gabun, den Punkt näher aufzuhellen; nur besonders der Missionar Koelle, der während seines fünfjährigen Aufenthalts in Sierra Leone unablässig mit Forschungen über die Spra- chen der aus allen Gegenden Inner - Afrika' s in jene Golonie zusammen- geführten Eingeborenen beschäftigt war, sammelte auch eine gute Menge von Notizen über einen weit in's Binnenland hineinreichenden Strom, die er aber alle an den von mir entdeckten Benue anknüpfte, und ihm folgt darin Herr v. Klöden in seinem gelehrten Buch über den obe- ren Nil.

Du Chaillu, dem vor Allem daran gelegen war, in's Binnenland einzudringen, war so sehr im Dunkeln über die Natur der verschiede- nen, in der Nähe des Aequators an der Westküste mündenden Flüsse, dafs er mit dem Muni oder Dandjer anfing. Auch der Muni ist schiff- bar, du Chaillu fand aber, dafs er nur ein sehr kurzes Stromgebiet bilde, indem die hier in der Nähe der Küste sich hinziehende Berg- reihe, die von den dortigen Europäern nach spanischem Vorgange Sierra Crystal genannt wird, den drei Armen, aus denen der Müni gebildet wird, nämlich dem Ntongo, der aus NNO. kommt, dem Ntambünai, der von NO. herfiiefst, und dem Nöya von O. und weiter hinauf aus SO., nur einen kurzen Lauf erlaubt. Auch der nächste Strom, der Munda, erwies sich ohne Bedeutung und du Chaillu erkannte ihn als einen der ödesten Strome, mit denen er Bekanntschaft machte, von ungeheuren Sümpfen mit Mangrove- Bäumen umgeben und mit einem Netze sumpfi- ger unentwickelter Hinterwasser wenn ich so den Ausdruck creeks nach eigener Anschauung richtig übersetze; diese Hinterwasser setzen ihn aber vor Allem in directe Verbindung mit dem Gabun.

So kam der Forscher zum Gabun selbst, der schon von den Fran- zosen ziemlich weit hinauf befahren war, bis 60 Seemeilen jenseits der Orleans -Insel. Das linke Ufer dieses seinem Aestuarium nach so un- geheuren Flusses ist niedrig und bildet nach der See zu eine niedrige Sandspitze, das rechte Ufer ist schon und ziemlich hoch, aber weiter aufwärts bilden beide Ufer ungeheure Sümpfe, 70 Meilen weit mit Man- grove-Bäumen bedeckt. Hierbei macht der Reisende die sehr richtige Bemerkung, dafs überall an diesen Küsten das ungesunde Klima mit dem Wüchse der Mangrove -Bäume zusammenhängt und dafs diese un- geheuren Baumwälder nur an Stellen wachsen, wo das sülse sich mit dem Salzwasser verbindet. Die Mangrovewälder, bemerkt du Chaillu, machen stets weiteren Fortschritt in's Wasser hinein, und wo sie sieh

326 H. Barth:

einmal eingenistet haben, wird ihr Gürtel mit jedem Jahre breiter und breiter, bis das Hinterland an Höhe gewinnt, dann verschwinden sie nnd machen anderen Bäumen Platz. Ohne auf das Ethnologische hier j einzugehen, will ich nur bemerken, dafs es meine Ueberzeugung ist ! dafs der Gabun die alte Mündung des grofsen binnenlandischen Strome» war , bis dieser durch Terrainveränderungen und Erhöhungen des Ni- veau's sich ein anderes Bett suchte, aber dennoch haben sich, wie ich j fest glaube, selbst noch bis heute in den vielfach gewundenen Hinter- wassern dieses Stromes directe Verbindungsanne erhalten und dafür halte ich entschieden gleich jenen grofsen, im Südost -Winkel des Ae- 8tuariums einmündenden Flufs, dessen Name hier Ramboe geschrieben ist, der aber unzweifelhaft identisch ist mit dem gleich zu besprechen- j den Rembo; wenn auch dieser Name mehr eine generische Bezeich- nung für „Flufs" ist.

So nun also wandte sich unser Reisende zu den Flüssen südlich vom Aequator und erforschte das ganze Küstengebiet vom Gabun bis zum Nazarethflufs auf eine Breite von 70 Meilen, und schon hier er- gab sich im Vergleich gegen die Flüsse nördlich von der Linie eis sehr vorteilhafter Unterschied der Landesnatur. Hier werden Palmen vorwiegend und die Flüsse und Seen sind von Nilpferden belebt, die in den Gewässern dieser Küste nördlich vom Aequator ganz sn fehlen scheinen. So nun kam du Ghaillu zum Nazarethflufs und hiermit hatte er das jetzige d. h. selbst nach der jetzigen spärlichen Kenntnis dieser Landschaft klar daliegende Deltaland des grofsen Aeqnato- rial-Strome8 der Westküste erreicht. Der Nazareth nämlich, der Mexias nnd der Fernan Vaz, die man früher für getrennte Flufsläufe gehal- ten, erwiesen sich bei näherer Untersuchung als ein durch Hinterwaaser nnd Zweigarme nahe hinter der Küste zusammenhängendes Dellaiand. gespeist vom lange gesuchten O'gobai (dem Ogooäwai des Bowdich}. und mir ist es höchst wahrscheinlich, dafs durch die von diesen FhuV armen herabgeschwemmte Alluvionsmasse das Cap Lopez, früher eine Insel, erst mit dem Festlande vereinigt worden ist. Bemerkenswert!) aber ist, dafs während die seichte, vom Cap Lopez gebildete Bucht allerdings von verpestenden Mangrovewäldern umgeben ist, selbst die zahllosen Hinterwasser, die den Nazareth und Mexias mit dem Fer- nan Vaz in Verbindung setzen, nur mit Palmbäumen bestanden sind nnd hier die Mangrove ganz und gar fehlen. Auch ist der Mexias, i obgleich er auf diese Weise eigentlich nur einen Arm des O'gobai bil- j det, keineswegs unbedeutend, sondern ergiefst während der Regenzeit ; eine ungeheure Menge frischen Wassers in die See und schwimmende ! Inseln und Baumstämme hat man hinabtreiben sehen. Zuweilen bei j hoher Fluth hat du Chaillu das Wasser an der Mündung vollkommen frisch gefunden«

Du Chaillu'fl Reise am Gabun und Nebenflüssen. 327

Aber die Hauptausmündung des O'gobai ist jetzt der Fernan Vax, der auf 33 Seemeilen weit big zum Parallel des Cap Catharina nur durch eise ganz schmale Nehrung vom Meere getrennt wird, aber un- geachtet seiner Tiefe von 15 bis 20 Fufs der zahllosen Sandbänke halber für Segelschiffe kaum fahrbar ist. Allerdings scheint diese grofee südliche Biegung nicht vom eigentlichen O'gobai herzurühren, sondern nur von einem südlichen Zuflub, dem Rembo Then, d. h. offenbar dem südlichen Rembo im Gegensatz zu dem nördlichen Rembo, den Du Cbaillu aber nur stets O'gobai nennt; dafe aber auch dieser nordliche Flufe den generellen Namen Rembo fuhrt, sehen wir deutlich daraus, dafe von seinen beiden Armen der eine Rembo Okanda, der andere Rembo Apingi heifst; das heifst Rembo ist der allgemeine Flufsname, der dann nach dem jedesmaligen Volksstamme seinen Beinamen erh&lt.

Eigentümlich ist es nun, dafe der Reisende auch den obern Lauf des hauptsachlichen Rembo nur vermittelst dieses südlichen Zuflusses, des Rembo Then, erreichen konnte. Er konnte nämlich den Haupt- strom, den er im untern Laufe O'gobai offenbar in der Sprache der Mpongwe nennt, des Widerstandes der Eingeborenen halber nur ge- ringe Entfernung aufwärts fahren. Aber schon auf dieser Fahrt machte er einige interessante Entdeckungen. So drang er, nachdem er von der Gabelung der drei untern Arme, des eigentlichen O'gobai, des Npu- lünai und des Oguri, den vereinigten Strom 30 Meilen weit nach OSO. hinaufgefahren war, ich habe in der Skizze auf seinen Entfernun- gen in Anbetracht der Flußwindungen bald |, bald | abgezogen, je nach der muthmafslichen Beschaffenheit des Flusses; es wird aber wahr- scheinlich bedeutend mehr abgezogen werden müssen erreichte er den schmalen, 5 Meilen langen Ausflufs einer flachen seeartigen Er- weiterung, die er hier Onengwe nennt; es scheint mir aber gar nicht unwahrscheinlich, dafs dies eine Bifurcation des südlichen Rembo ist, der gerade in nicht grofeer Entfernung von dieser Stelle einen nörd- lichen Zuflufe, den Nyembai, aufnimmt, den er auch wieder eher einen seichten See als einen Flufe nennt. Der See erwies sich damals als von etwa 40 Meilen im Umkreise und war mit mehreren hohen, an- muthigen Inseln geschmückt; in der trockenen Jahreszeit soll er sehr seicht sein. Seine Ufer waren niedrig und mit mehreren Dörfern be- setzt, aber jenseits zeigte sich eine hügelige Landschaft; dies ist, wie die Skizze zeigt, wahrscheinlich dasselbe Hügelland, worin Gumbi liegt

Nachdem er 20 Meilen in nordöstlicher Richtung oberhalb der Ein- mündung dieses Zustromes zur Umkehr sich gezwungen gesehen hatte, fuhr er nun die grofee südliche Krümmung des Fernan Vaz oder Rembo Then hinauf und verliefe erst im Parallel des früher Eamna genannten Flusses, der offenbar doch auch nur eine andere Mündung

328 H. Barth:

dieses gewaltigen Delta's ist, die Kustenparallele, um nun mit 30 Me len nach Osten , dann 25 Meilen NO. und endlich 4 Meilen N. k oben erwähnte Gambi zu erreichen, die Hauptstadt des H&nptlin| Quenguza. Hier aber nimmt die im Anfang ganz versumpfte, alfanal lieh erst ansteigende Landschaft den Charakter einer Gebirgsgega an. Aber interessant ist es, dafs selbst hier, wo der Flnfo schön m scharf geformte Hohen dnrehfliefst, der Charakter des äquatorial* Stromes sich nicht verleugnet und auch hier die Hinterwasser sich k setzen, ganz den Faddama's der von mir bereisten Gegenden ihnlid Dies ist für die Gesundheit ein sehr nachtheiliger Umstand; dal wenn die trockene Jahreszeit eintritt, lassen die aus diesen Thäei zurücktretenden Wasser einen Niederschlag und viel verfaulenden Pfla zenstoff zurück, der bei dem heifsen Klima selbst in diesen Gebirg Landschaften Fieber erzeugt, aber allerdings nicht so gefährlich, a in der Nähe der Küsten; denn hier fehlt die verderbenschwingei Ausdunstung der aus salzigen und süfsen Bestandteilen gemuefau Wasser.

Von Gumbi aus fuhr Du Chaillu nun in Begleitung des Hicp lings den schmalen Rembo, oder wie er hier heifst Ovenga, aufvärt im Ganzen in nordostlicher Richtung, besonders oberhalb der Einmal düng eines, wie es scheint '), sudlichen Zuflusses, des Ofubu. Acbd Meilen jenseits des Ofubu wurde die Strömung so stark, dafs sie i Canoe nur mit Mühe von der Stelle bringen konnten, aber die QwH des Flusses scheint nicht sebr fern zu liegen im Aschankolo- Gebirg das sich wahrscheinlich an die später zu erreichende Kette der Nküa Nabuäli -Berge anschliefst.

An den Ufern des Ovenga hielt sich der Reisende im Game sechs Monate auf und machte hier eine sehr reiche Ornithologie Sammlung, dann verliefs er diese Gegend und erreichte mit nur 30 Md len östlicher Wanderung durch ununterbrochene dichtbewaldete Gebirg! Landschaft, die er nach seiner theoretischen Anschauung als eine Fort Setzung des überhaupt problematischen Kong- Gebirges ansiebt die « schönen Prairien sich ausbreitende Landschaft A'schira. Er oeao sie die schönste Gegend, die er in Afrika gesehen, und berühmt nud sie sein, denn schon Bowdich hörte von ihr 9). Auch die Berotec zeigte sich als eine schöne Race, aber sie unterschied sich durch ibfl dunklere Farbe sehr von den Stammen der umherliegenden Berghw Schäften. So haben wir hier wieder ein Factum, das so stark eingreifi in die bestrittene Frage wegen des Einflusses des niederen oder böbf ren Niveau's auf die Hautfarbe der Bewohner. Sehr interessant to <*

') Der Bericht ist hier sehr unklar.

9) Bowdich 1. c. p. 429: „tfe kmgdom of A*heera*.

Du Chaillu's Reise am Gabun und Nebenflüssen. 329

nun, auch bei diesem Stamme wieder Tabacksbau zu finden ; allerdings kann das hier eine Folge des Handels sein, denn Dn Chaillu sagt aus- drücklich, dafs der Handel, den die Aschira mit andern Stammen trei- ben, sehr ausgebreitet ist. Daneben bauen sie auch Baumwolle, ob- gleich sie kein Zeug daraus machen. Das ist nicht so wunderbar, da die Samen der Baumwollenstaude auch in andern Gegenden ein vor- treffliches Viehfutter abgeben.

Hier bei den Aschira nun erfuhr der Reisende, dafs in einer mausi- gen Entfernung nach Norden, die er auf 40 Meilen schätzte, jenseits des Gebirgszuges der NkumuNabuäli, deren phantastische Piks ihm das lebendigste Interesse einflöfsten, ein grofser Flufs mit gewaltigem Ge- räusch durch die Berge herabkäme. Dies war eben jener O'gobai oder Rembo, den er im untern Laufe kennen gelernt und von dem er schon dort erfahren, dafs er nach einem Laufe von etwa 100 Meilen in öst- licher (richtiger nordöstlicher) Richtung sich in zwei grofse Arme theile oder vielmehr von zwei grofsen Armen gebildet werde. Jene von den eingeborenen Aschira Ssamba-Nagöschi genannten Fälle nun scheinen nach Allem so ziemlich mit jener Vereinigung der beiden grofsen Flufs- arme zusammenzufallen. Aber über diesen höchst wichtigen Punkt bleiben wir noch im Unklaren, denn Du Chaillu konnte weder jene weit und breit berühmten Fälle noch den Vereinigungspunkt der beiden Flusse erreichen, und wir können daher dieses wichtige Factum nur auf das ganz Ungefähre aus weiteren Erkundigungen des Reisenden niederlegen.

Er machte nämlich einen weiteren Versuch, den Flufs oder wenig- stens den südlichen Arm desselben an einer anderen Stelle zu erreichen and dieser Versuch gelang denn auch vollkommen und eröffnet uns einen sehr interessanten vorläufigen Blick in ein neues grofses Wasser- 9jstem. Mit einem Marsche nämlich, den er auf 90 Meilen in östlicher and 30 Meilen in sudöstlicher Richtung schätzt, denn Du Chaillu hat eben so wenig astronomische wie hypsometrische Beobachtungen gemacht und wir müssen nur hoffen, dafs seine Compais-Beobachtungen ungleich mehr Detail geben werden, als bis jetzt bekannt ist durch Waldungen, die besonders reich an Ebenholzbäumen waren, erreichte Du Chaillu den stolzen Rembo Apingi, den er an. dieser Stelle als von 500 Tard oder etwa 750 Schritt Breite (wol nicht nach Messung) und von 3 bis 4 Klafter Tiefe angiebt. Da nun der an dem Flusse wohnende Stamm, von dem derselbe eben den Beinamen Apingi er- halten bat, den Reisenden mit der grenzenlosesten Freundlichkeit auf- nahm, konnte er ungehindert den Flufs 40 Meilen weit nach Süden hinauffahren und gab auch da seine Schifffahrt nur auf, weil die klei- nen Canoes der Apingi für den gewaltigen Strom sich als zu schwach

330 H. Barth:

erwiesen. Wir haben also hier den Arm, von dem schon Bowdich er- fahr, dafs er aus dem Gongo, also von Südosten herflösse. Nun aber erfahr der Reisende von den höher am Flusse wohnenden A'pono, dato nach viertägiger Fahrt (nach SO.?), eine Entfernung, .die Da Chaillu auf etwa 150 Meilen schätzt, wiederum Wasserfalle den Strom unter- brachen. Hier ist es nun wieder interessant, dafs wir von den Stam- men, die Du Chaillu als zwischen dem Apingi und jenen Fallen woh- nend angiebt, schon zwei, nämlich die Apono selbst und die Aschongo, als Bapoonoo und Asango schon von Bowdich (p. 431) erwähnt finden- Der dritte Stamm sind die Njävi, in deren Gebiet eben jene Fälle sich befinden, und nun schätzt Du Chaillu die Entfernung von diesen obe- ren Fällen bis zu den unteren oder den Ssamba-Nagöschi- Fällen nach den Angaben der Eingeborenen auf 290 Meilen.

Unter den Stämmen, die abwärts von den Apingi an diesem Rembo wohnen, will ich nur zwei hier anfuhren, die Bakalai und die Anenga. Die Bakalai sind mir aus zwei Gründen einer besonderen Erwähnung werth, einmal, weil sie auch am Gabun erscheinen und mir so für eine directe Wasserverbindung dieser beiden Ströme zu sprechen scheinen, dann aber auch weil der Name offenbar identisch ist mit der von mir beschriebenen Berggruppe Bagele am Benue, die auch ihren Namen von einem Stamme hat. Da nun dies ein Bruchstück einer gröberen Nation ist, der Batta, so hätten wir hier vielleicht eine Andeutung weiten ethnologischen Zusammenhanges. Von eben jenen Bakalai unter den Namen Nkele oder Bakele hat der fleifsige Koelle in seiner in Sierra Leone zusammengestellten Polyglotta Africana Sprachproben gegeben; er hat aber auffallender Weise nicht bemerkt, dafe diese Sprache in der engsten Verwandtschaft mit derjenigen der Molüa steht; die Arbeit der amerikanischen Missionare über sie ist mir noch nicht zugekommen. Die Anenga dagegen sind sehr bedeutend, weil sie den Vereinigungs- punkt der beiden groben Arme des Rembo, des Rembo Apingi oder, wie, er nach einem anderen Stamme genannt wird, Rembo Nguya und des Rembo Okanda beherrschen, und es ist wahrscheinlich, dafe sie schon von Bowdich erwähnt sind (p. 429) als Eninga, wo, wie er sagt, „der Flufe sich bedeutend erweitert". Aber auch die Okanda, die dem nordostlichen Arm seinen Namen gegeben haben, finden wir schon von Bowdich erwähnt in der Form Okandee.

Dieser Rembo Okanda nun soll nach den bestimmten Angaben, die Du Chaillu von den Eingeborenen erhalten haben will, viel gröfser sein, als der von ihm selbst, wenn auch nicht thatsächlich gemessene, aber doch in längerer Bekanntschaft wohl ziemlich genau ge- schätzte Rembo Apingi, and ich halte mich somit für berechtigt so der Annahme, dafs dies der lang gesuchte und noch ganz vor Kursem

Da Chaillu's Reise am Gabun und Nebenflüssen. 331

in dem Auszöge meines gröfseren Reisewerkes (II. S. 96 n. 1 ) ange- deutete untere Lauf des durch das Land der Eubanda und Bimberi, 40 Tagereisen im Süden von Wadai, nach Westen fliefsenden Stromes ist; denn in den Benne kann derselbe nach meiner bestimmten Ueber- zengang nicht fliefsen.

So hfitten wir hier denn ein ganz neues gewaltiges Wassersystem, das noch vielen zukunftigen Reisenden ein überaus interessantes Feld der Forschung gewähren kann. Der weifse Nil ist bei Chartüm nach der genauen Messung des Capitain Peel 487 Yards breit, also, wenn der Rembo Okanda an seinem Vereinigungspunkte mit dem Bruder- strome nur eben so breit ist, so haben wir zwischen dieser Stelle und dem Punkte, wo der Faki Sambo mit dem Heere der Furaua den Fluft von Kubanda erreichte, eine geringere Entfernung als von Chartüm nach Gondökoro.

Dieser nordöstliche Arm mufe wahrscheinlich schon viel eher als der südöstliche die grofse Gebirgskette durchbrechen, die nach Da Cbailla's Meinung sich durch den ganzen Gürtel des Aequators hin- durchzieht. In dieses Gebirge nun östlich vom Rembo Apingi, da wo er ihn zuerst erreichte, meint Du Chaillu noch etwa 100 Meilen Ost- wirts vorgedrungen zu sein. Das wollen wir fur's Erste auf sich be- ruhen lassen. Das Gebirge soll hier reich an Eisen sein. Interessant aber ist es, dafs die Landschaft der Apingi nach seiner Angabe über- aus reich an Oelpalmen ist, schon eine ziemliche Entfernung von der Seeküste, wenn wir seine Entfernungsangaben auch tüchtig be- schneiden. Ich will nur noch angeben, dafe Du Chaillu südlich von jener Gebirgezone eine sehr feuchte Region verlegt und in diese müssen wir auch wohl den grofsen See ansetzen, von dem er als in grober Entfernung gelegen gehört hat.

Mit grofsen Entbehrungen erreichte der Reisende die Küste wieder und mit höchster Spannung müssen wir nun seinen Ausarbeitungen des gewonnenen Materials in Philadelphia entgegensehen.

xra.

Die Bewohner Zanzibar's.

Von E. Quaas.

Die Bevölkerung Zanzibars besteht aus den verschiedensten natio- nalen Elementen; beinahe alle Theile des Innern und der Küste des östlichen Mittel -Afrika's, die umliegenden Inseln, Indien und Arabien haben ihr Contingent dazu geliefert. Sie Alle hat der blühende Handel

332 E. Qnaas:

der Insel and das Streben nach Gewinn hierher gebracht Die Ge- sammtzahl der Einwohner der ganzen Insel mit einiger Genauigkeit festzustellen, ist unmöglich, denn die Angaben darüber sind zu verschie- den; sie schwanken zwischen 80,000 und 120,000; doch möchten wir weder dem einen noch dem andern Extrem Glauben beimessen. Selbst die nächste Umgebung wird, wenn sie mehr als zwei bis drei Meilen von der Stadt entfernt ist, von Europäern fast nie besucht, und es ist ihnen ganz unbekannt, wie stark sie bevölkert ist. Die Eingeborenen kümmern sich um solche Dinge naturlich gar nicht, und ihre Angaben gehen in Folge dessen so auseinander, dafs sie keinen Glauben verdie- nen. Von der Regierung ist noch nie eine Volkszählung angeordnet worden, und sie selbst ist darüber ebenso im Dunkeln, wie jeder An- dere. So antwortete der verstorbene Sultan Szeyd Szaid dem Capi. Guillain, der ihn um die Einwohnerzahl der Insel fragte: „wie sollte ich das wissen, da es mir doch unbekannt ist, wie viele Menschen in meinem Hause wohnen." Eher ist es möglich, die Bevölkerung, die in der Stadt lebt, wenigstens annähernd zu bestimmen; sie mag unge- fähr 25,000 bis 30,000 Seelen betragen, in der einen Jahreszeit mehr, in der andern weniger; denn die Zahl der Menschen, die im Nordost- Monsoon mit den fremden Fahrzeugen ankommen, und nachher wieder weggehen, ist ausserordentlich grofs und mag sich auf mehrere Tausend belaufen.

Man kann die ganze Bevölkerung in zwei grofee Klassen, Freie und Sclaven, eintheilen, und zwar ist die Anzahl der letzteren bei Weitem die überwiegende. Die meisten freien Leute wohnen in der Stadt selbst, nur sehr wenige nehmen ihren Aufenthalt ausschließlich auf ihren Landbesitzungen; was sich dort Jahr aus Jahr ein aufhält, sind in der Regel nur die zur Bearbeitung der Plantagen benutzten Sclaven. Die freie Bevölkerung theilt sich in drei Hauptgruppen: die Araber von der Südküste Arabiens und vom Oman, die Indier (Banja- nen und Hindi's) und die Eingeborenen, die Szuahelis, welche die über- wiegende Mehrheit ausmachen und ein Mischvolk aus den Ureinwoh- nern und den vor Jahrhunderten hier eingewanderten Arabern sind. Seitdem in neuerer Zeit Zanzibar unter die Herrschaft des Sultans von Mascat gekommen war, bildete sich durch vielfache Kreuzungen der Szuahelis mit den neuerdings hier ansäfsig gewordenen Einwohnern des Oman eine andere neue Race ; auch sie nennen sich Szuahelis im Ge- gensatze zu den früheren unterdrückten Bewohnern, die den Namen Mohedims fuhren und noch bis heutigen Tages unter ihrem eigenen Oberhaupte stehen, obgleich dessen Würde jetzt zu einer rein imagi- nären herabgesunken ist und nur einige Geldvortheile mit sich bringt Der hier ansäfsigen Araber mit ganz reinem unverfälschten Blut giebt

Die Bewohner Zanzibart. 333

es nur noch aufserordentlich wenige ; daher sehen sie stets mit einigem Stolz auf das ans ihrem Stamm entstandene Mischlingsvolk herab, von dem sie doch, was Sitten, Religion und Gebräuche anlangt, gar nicht xu unterscheiden sind.

Unter den Szoahelis findet man die gröJseste Mannichfaltigkeit, sowohl in Bezug auf ihren Gesichtstypus als auch auf ihre Haulfarbe. Alles an ihnen verrätb, dafs sie nicht einen reinen Stamm bilden, son- dern aus der Mischung scharf getrennter nationaler Elemente entstan- den sind. In ihrem Teint zeigen sie die verschiedensten Nüancirungen von dem Olivenbraun ihrer arabischen Stammväter bis zu der dunklen Färbung, welche die Beimischung des afrikanischen Blutes verrätb. Dasselbe gilt von ihrem Typus, der sich in verschiedenen Individuen den Extremen beider in ihm zur Geltung kommenden Racen mehr oder weniger n&hert, oder sich auf einer Mittelstufe zwischen beiden halt. Sehr häufig findet man unter ihnen wirklich schöne Physiognomien, feine regelmässige Züge mit dem Gepräge einer beinahe weiblichen An- muth. Ihre Gestalt ist in der Regel schlank, eher grofe als klein, der Körper untadelhaft und selbst in höherem Alter nicht zu übermäßiger Fülle geneigt, die Glieder, besonders Hände und Füfse, wohlpropor- tionirt. Die ganze Erscheinung macht einen angenehmen Eindruck.

Ihre Kleidung ist die der Araber. Oberhalb der Hüften ein ge- wöhnlich weifises Tuch (schuka) mit einer breitstreifigen rothen oder bunten Kante, das bis über die Knie reicht und so alle Theile des Körpers bedeckt, die nach dem Gesetz des Korans verhüllt sein müssen. Ueber dieses Tuch wird, je nach dem Stande des Betreffenden, ein mehr oder weniger feines weifses Hemd (kdnsu) gezogen. Ohne Kra- gen eng anschliefsend fällt es beinahe ohne Falten bis auf die Mitte des Unterschenkels herab. Die Aermel daran sind von mittlerer Weite, und reichen entweder bis zum Handgelenk, oder bedecken auch nur einen Theil des Oberarmes. Bei Leuten geringeren Standes fehlen sie manchmal gänzlich, wahrscheinlich weil sie das Kleidungsstück un- nöthiger Weise vertheuern. Das Hemd, das vorn bis in die Gegend des Nabels offen ist, wird mit kleinen Knöpfen vorn auf der Brust zu- gemacht und ist mit einer Stickerei von rothem Garn verziert, die in verschiedenen Mustern am Saume des Halses, der Aermel und auf beiden Seiten des Schlitzes hinläuft. Sehr oft wird statt des weifsen ein gelb- braunes Hemd getragen, namentlich von ärmeren Leuten, oder während des1 Aufenthalts auf den Plantagen, wo der Staub des rothen Bodens auf weilsen Kleidungsstücken zu bemerkbar sein würde. Wer es nur irgend erschwingen kann, schafft sich einen Tuchrock {kissimbdo) an, eine Art faltenlosen Talars, ohne Kragen, der bis auf die Knöchel hinabreicht. Bei kaltem Wetter wird derselbe vorn zugeknöpft, und ist

334 E- Qoaas:

gewöhnlich wie das Hemd mit mehr oder weniger reichen Stickereien in Gold (ahnäria) verziert. Schwarz ist die gebräuchlichste Farbe, doch siebt man bei reichen Leuten auch blaue und carmoieinrothe häufig genug. Da ein solcher Rock aber immer kostspielig ist, wird er bei Vielen durch eine lange Weste (kissimbdo mdögo, kleiner Rock) mit oder ohne Aermel ersetzt. Die beliebtesten Stoffe dazu sind rotfaes und blaues Tuch, oder bunte gestreifte Seiden - und selbst Baumwollen- zeuge; dicht an einander gereihte runde Knöpfchen dienen dazu, sie vorn zuzumachen. Bei diesem Kleidungsstück wird besonders viel auf die Ausschmückung mit Stickerei in Gold und Silber verwendet Kleine halbmondförmige Täschchen auf beiden Seiten dienen, wie unsere Uhr- taschen, zur Aufbewahrung einer etwa vorhandenen Uhr und des Gel- des. Aufserdem tragen die vornehmen Leute, besonders die ächten Ara- ber, das bei uns unter dem Namen Kaftan bekannte Kleidungsstück, von einem feinen, dem Flaggentuche ähnlichen Wollenzeuge; es ist ein weiter Mantel mit fliegenden Aermeln, bei Regenwetter ein vorzügliche« Schutzmittel, da er wasserdicht ist. Als Kopfbedeckung dient ein klei- nes, weifses oder rothes K&ppchen (kofia), das weifee aus einem be- sonderen piqu£eartigen Baumwollenzeuge angefertigt und in den ver- schiedensten Mustern durchsteppt, das rothe aus Tuch oder Fries. Um dieses Mützchen wird der Turban (kilämba) gewickelt. Man bedient sich dazu eines langen, meist blau und weife carrirten Tuches mit ver- schiedenfarbiger Borte und Franzen an den beiden schmalen Seiten. Das Tuch ist gewöhnlich so lang, dafs es drei bis vier Mal um den Kopf geht. Man nimmt es der Breite nach zusammen, legt den einen Zipfel in die Gegend des Hinterkopfes, so dafe er bis auf die Schal- tern herunterhängt, wickelt darauf das Tuch, ein Jeder nach seinem Geschmack und wie es ihn am besten kleidet, mehrere Male neben und über einander um den Kopf, und steckt den andern Zipfel so weg, dafs die Franzen auf der Seite zum Vorschein kommen. Ein gut ge- legter Turban ist für den Szuaheli ein Gegenstand der Eitelkeit, und es erfordert in der That Kunst und Uebung, ihn schnell in richtige und schone Falten zu legen. Die Mitglieder des königlichen Hauses haben eine, nur ausschliefslich von ihnen angewendete Art, den Turban *n wickeln, indem sie ihn in der Mitte der Stirn eine kleine in die Höhe ragende Spitze bilden lassen, so dafs man daran augenblicklich einen Prinzen von Geblüt erkennen kann. Sandalen von Leder (tuUv) sind die gewöhnliche Fufsbekleidung , die Sohlen haben eine Dicke von 5 bis 6 Linien, sind aus mehreren Stucken über einander gelegten Ledert mit dickem Baumwollengarn zusammengenäht und nach der Form des Fufees, die eine für den rechten, die andere ffir den linken Fufc, so- geschnitten. Ueber den mittleren Theil geht ein 2 Zoll breites Leder,

Die Bewohner Zanribart. 335

zierlich mit grünen, weifsen tind rothen schmalen Lederstreifchen aus- gestickt und nach vorn durch einen geschmeidigen Riemen mit der Sohle verbanden, der beim Tragen der Sandalen zwischen dem grofsen und dem zweiten Zeh zu liegen kommt und den Schuh am Fufse fest- hält. Aufserdem benutzen geringere Leute bei schlechtem Wetter, so- wie die Frauen im Hause eine Art Holzpantoffeln von sehr seltsamer Form. Sie sind außerordentlich plump gearbeitet und unbequem. Ein vorn und hinten in eine Spitze auslaufendes, in der Mitte ein wenig ausgeschnittenes Stück Holz von der Gröfse der Fufssohle und wohl 2y Zoll hoch, ist an der Stelle zwischen dem grofsen und dem zwei- ten Zeh mit einem senkrechten kleinen Pflocke versehen, und damit der Klotz nicht allzuschwer sei, höhlt man ihn auf der unteren Seite bis auf zwei hufeisenförmige Erhöhungen aus. Wie unbequem das Gehen in solchen Sandalen sein mufs, kann man sich denken ; der Gang wird durch sie sehr schwerfällig, da der hintere Theil der Sohle bei jedem Schritte herunterklappt und auf dem Boden nachgeschleppt werden mufs. Wer Eile hat, nimmt seine Schuhe lieber in die Hand und geht bar- fdfe. Ein in den verschiedensten Formen und Drapirungen über die Schultern geworfenes Tuch oder ein reicher, vielleicht mit Gold durch- wirkter seidener Shawl (hasäm) dient dem Szuaheli- Dandy dazu, auf der Promenade zu kokettiren, und ein eben solcher Shawl mit seidener Borte und Franzen, einige Male oberhalb der Hüften um den Leib ge- wunden, vollendet seine Staatstoilette. Nur selten sieht man ihn ohne eine Waffe ausgehen. Der krumme arabische Dolch (jimbia), an einem Gürtel um den Leib befestigt oder in den um die Hüften gehenden Shawl gesteckt, ist die gebrauchlichste Armatur, die man beinahe bei Leuten jedes Standes antrifft. Die Klinge ist wohl 9 Zoll lang, in der Nähe des Griffes 2 Zoll breit, nach vorn spitz zulaufend, zweischnei- dig und in der Mitte stark gebogen, doch taugt sie selten etwas. Die Scheide, der Griff und der Gürtel von golddurchwirktem schwerem Seidenbande sind die Hauptsachen; man findet sie an den Dolchen der Vornehmen reich mit Gold- und Silberarbeit verziert, die den Werth der Waffe bis auf 200 und 300 Dollars erhöht. Auch wird häufig ein krummes Schwert {kitära) oder das lange zweischneidige, aus Arabien stammende (pdnga), entweder in der Hand oder an einer dicken sei- denen Schnur von der linken Schulter herunterhängend getragen, oder in Ermangelung desselben ein kleines Stöckchen (bahöra) von dem weifsen oder braunen Holze eines Strauches, der hier auf manchen Stellen der Insel wächst. Sollen diese Stöcke gut sein und einigen Werth haben, so müssen sie so biegsam sein, dafs man sie zu einem vollkommenen Kreise zusammenbiegen kann; Bolche Stöcke bezahlt man mit 8 bis 10 Dollars. Unstreitig die billigste Waffe, da man sie schon

336 E- Q«*»»:

für J Dollar kaufen kann, sind die Lanzen (ktiki), die man deshalb auch sehr häufig sieht. Die 9 bis 1 2 Zoll lange eiserne Spitze hat die verschiedensten Formen, ist bald vier- bald achtkantig, bald ist sie lancett-, bald pfeilförmig, und sitzt auf einem 2 bis 3 Fufs langen Stocke, der aus schönem dunkelbraunen biegsamen Holze gefertigt ist und an seinem unteren Ende noch eine lange eiserne Spitze trägt, am sich, wenn die Lanze als Spazierstock benutzt wird, nicht so leicht abzu- nutzen. Außerdem wird von den Leuten geringeren Standes, haupt- sächlich aber von den Sclaven, jedes alte Messer, mag es auch von dem schlechtesten Material angefertigt sein, sehr hoch geschätzt und anstatt des theuren Dolches in einer kleinen Scheide im Gürtel ge- tragen.

Wenig verschieden der Form nach von dem Anzüge der Männer ist der der Frauen. Er besteht aus einem, vom Halse bis einige Zoll oberhalb der Knöchel reichenden faltenlosen Hemde (kansu) mit lan- gen, oben weiten, unten eng zulaufenden Aermeln von gestreifter, oft sehr kostbarer Seide, bei ärmeren Leuten von buntem Baumwollenzeage. Enge Höschen (suncali) von demselben Stoffe verbergen auch den unter- sten Theil des Beines bis auf die Füfse, an denen entweder die auch bei Männern gebräuchlichen Sandalen oder kleine niedrige Schuhe ge- tragen werden. Ueber den Kopf wird beim Ausgehen ein grofees Tnch von dunkler Farbe (hitambi) genommen und mit ihm überdies der ganze Oberkörper eingehüllt. Das Gesicht wird durch die neidische Maske (berkoa), die Frauenzimmern von gutem Stande auf der Strafee nie fehlt, den Blicken entzogen. Von zwei, ly Zoll breiten Bändern schwar- zen Seidenzeuges, die in den meisten Fällen mit Stickereien in Gold oder Roth verziert sind, verhüllt eins die Stirn bis zu den Augen her- unter, das andere den mittleren Theil des Gesichts bis zum Munde. Beide Bänder sind durch verschiedene senkrechte Zwischenstücke mit einander verbunden. Das Ganze hat eher Aehnlichkeit mit einem Vi- sir, als mit der bei uns gebräuchlichen Maske. Wie lästig es für die armen Weiber sein mufs, bei der hier gewöhnlich herrschenden Hitze das Gesicht so vermummt zu haben, ist leicht zu denken, indefe ver- süßt und besiegt auch hier die Gonvenienz und der Wunsch, mehr zu gelten als man ist, die offenbare Unannehmlichkeit dieser Sitte, und man sieht deshalb sogar oftmals Frauen, die es gar nicht nötlrig ha- ben, mit einer Maske vor dem Gesicht herumlaufen. Von Schmuck- sachen sind die hiesigen Frauen sehr grofse Freundinnen und treiben mit dicken goldenen und silbernen Arm- und Fufsringen (bena4jiri mtdli), schweren Halsketten (uküfu) und Ohrgehängen von demselben Metall (majässi) einen bedeutenden Luxus. Meistens sind sie aber dabei weniger selbstsüchtig wie unsere Damen, da sie bei ihrem verhältnifc-

Die Bewohner Zanzibar's. 337

mäfsig geringen Verkehr mit anderen Personen ihres Gleichen ihre Schatze nicht gerade häufig für sich selbst benatzen, sondern ihre Lieb- lingssclavinnen damit schmücken und beim Ausgehen und bei fest- lichen Gelegenheiten bewundern lassen. Das schwarze glänzende Haar wird ä la Titus frisirt getragen und im Hause ein buntes seidenes Tuch mit lang herabhängenden Franzen um den Kopf gewickelt; an allen anderen Stellen des Körpers ist es Sitte, wie bei den Männern, die selbst den Kopf glatt rasirt haben, jedes Haar sorgfältig zu entfernen, denn so befiehlt es der Koran. Die eben beschriebene Tracht ist die der Vornehmeren beiderlei Geschlechts, die geringere Klasse klei- det sich wie die Sclavenbevölkerung, wovon später die Rede sein wird.

Wenn der Satz wahr ist, dafs man den Bildungsgrad einer Nation darnach beurtheilen kann, wie bei ihr die Frauen behandelt werden, so kann den Szuahelis nur eine sehr niedrige Stelle auf der Stufenleiter der sittlichen Ausbildung angewiesen werden. Die Frau wird hier von Jagend auf argwöhnisch betrachtet, von dem Umgange mit Männern streng abgesondert und sowohl vor als nach ihrer Verheirathung unter strengem Verschlafe gehalten; nur die Frauen der ärmeren Klassen sieht man bei Tage allein auf den Strafeen gehen, die vornehmeren dürfen nur des Abends ausgehen, um Besuche bei ihren Freundinnen zu machen, und sind dann stets von einer Menge Sclavinnen begleitet. Dem schweigend durch die Strafsen dahinwandelnden Zuge gehen einige männliche Sclaven mit Laternen voraus, die jede Annäherung anderer Männer verhüten sollen; freilieb geht es nicht so streng zu, wie es eigentlich die Sitte erfordert, und man darf es schon wagen, wenn gerade kein anderer Araber in der Nähe ist, eine Strecke weit mit ihnen zu gehen und ein kleines Gespräch anzuknüpfen; am wenigsten spröde sind die alten Weiber; denn obgleich sie den Fremden erst er- mahnen, sie in Ruhe zu lassen, so stehen sie doch bald Rede und sind manchmal sogar so offenherzig, dafs sie ihre Maske lüften, ihr Gesicht zeigen nnd dabei sagen: mimi msi (ich bin alt). Die jungen Mädchen sind bedeutend schüchterner, aus ihnen ist selten eine andere Antwort als Kichern und Lachen herauszubekommen, und hieran erkennt man trotz der leidigen Masken leicht, ob man die Jugend oder das Alter vor sich hat

Wie der Mann (fft'fo), so hält es auch die Frau (mandmke) des Szuaheli für eine Schande, zu arbeiten, höchstens beschäftigen sie sich mit kleinen Stickereien. In ihren Gemächern eingeschlossen bringen sie meistens den ganzen Tag in der Gesellschaft ihrer Sclavinnen {djakdsi ja bibiy Sclavinnen der Herrin) mit Nkhtsthun hin. Für die Ausbildung ihres Geistes ist durchaus Nichts gethan; Musik und Leetüre kennen sie nicht; und doch verlangt ihr lebhaftes Temperament nach einer

ZeiUcbr. f. «Ug. Brdk. N«u« Folge. Bd. VIII. „O

338 E- Qu»*«:

. Beschäftigung. Liebe zum Putz und Gefallsucht bilden rieb auf diese Weise ans; und dennoch wenden sie auf ihren Körper nicht die nöthige Sorgfalt, denn sie sind meist unreinlich. Ihre Unterhaltung dreht sich nur um die Tagesneuigkeiten, oder sie besteht aus schlüpfrigen Ge- sprächen mit den Sclavinnen. Die hierdurch krankhaft aufgeregte und einer würdigen Beschäftigung entbehrende Phantasie und das heifse südliche Blut fuhren dann auch häufiger, als man es bei dem Absper- rungssystem denken sollte, zur Untreue und in Folge derselben za tragischen Conflicten. In der tödtlichen Einsamkeit hat der Geist Mufo genug, zur Täuschung des Gatten die schlauesten Ränke zu ersinnen, und nicht blofs ein Einverständnis mit den Sclavinnen, sondern selbst manche Vorschriften des mahomedanischen Gesetzes erleichtern die Aus- führung des ersonnenen Planes. So darf z. B. der Mann nicht das Gemach seiner Frau betreten, wenn andere Frauenschuhe vor der Thür stehen; und die Maske und das grofse Kopftuch können auch ein Männergesieht hinreichend verbergen und so den Zutritt in verbotene Räume erleichtern.

Dem Manne wird hinsichtlich des Umgangs mit dem andern Ge- schlecht gesetzlich eine eben so grofse Freiheit gestattet, als die Frau darin beschränkt ist. Vier rechtmäfsige Gemahlinnen sind dem Szua- heli erlaubt, aber die Männer begnügen sich meistens mit einer, da sie wohl wissen, mit welchen Inconvenienzen diese Art des morgenländi- schen Luxus verbunden ist, welches Aergernifs, welche Zwietracht in einem Hause entstehen, wo mehrere Weiber eifersüchtig die Gunst des Gatten sich zuzuwenden suchen. Das andere Gesetz dagegen, welches so viele Concubinen erlaubt, als der Mann ernähren kann, wird von Allen bereitwilliger in Anwendung gebracht. Bei einer Sclavin, denn das sind die Concubinen, die man sich hier kauft und sturia nennt, ist natürlich von keiner Pflicht die Rede. Sobald der Jüngling in das Alter der Mannbarkeit tritt und seine Geldmittel dazu ausreichen, ist es sein erstes Bestreben, sich eine hübsche Sclavin anzuschaffen, die er, sobald er ihrer überdrüssig ist, wieder verkaufen kann. Die Sznria wird von ihrem Herrn wie eine rechtmäfsige Frau gehalten, sie hat nicht nöthig zu arbeiten, bekommt schöne Kleider und Geschmeide« andere Sclavinnen zur Bedienung, und geniefst also Alles, was sich ein Morgenländer unter Wohlleben denkt. Dafür wird sie aber auch von ihren Genossinnen mit eifersüchtigem Auge bewacht, jeder ihrer Schritte wird belauert, sie darf nicht ohne weibliche Begleitung und ohne Maske ausgehen, und wenn sie sich in der Treue gegen ihren zeitweiligen Herrn und Gatten vergehen sollte, so kann sie gewifs sein, von ihnen sofort verrathen zu werden. Nicht blofe der Verlust der Liebe des Herrn, sondern Schläge, Verkauf, oder noch Härteres sind

Die Bewohner Zannbar's. 339

die Strafen für begangene Untreue. Der fremde Liebhaber aber wird, wenn er ein Sclave ist, in der Regel halb todt geprügelt. Wenn eine Sznria ihrem Herrn ein Band gebiert, so erhält sie gewöhnlich die Freiheit; das Kind wird wie ein rechtmässiges erzogen und ist in Ermangelung anderer legitimen Spröfelinge beim Tode des Vaters Erbe des gröfeesten Theiles des vorhandenen Vermögens. Dafs bei solchen Verhältnissen kein Familienleben, keine Häuslichkeit existiren kann, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung; denn die Frau bringt dem Manne ja nur den Leib mit in die Ehe. Die Erziehung der Kinder ist den Frauen anvertraut, und zwar bleiben sie bis zum sechsten oder siebenten Jahre, d. h. bis sie anfangen, die Schulen zu besuchen, deren es hier in Zanzibar mehrere giebt, ganz in den Händen der Sclavinnen. Gro&e Liebe zu den Eltern, besonders zur Mutter, und Ehrfurcht vor dem Vater gehören zu den besten Eigenschaften der hiesigen Bevöl- kerung. So schwört z. B. der Szuaheli, wenn er etwas ganz gewüs versichern will: „kana tndmma jdngo* (bei meiner Mutter I), sowie es die höchste Betheuerung des Arabers ist, etwas durch den Ausruf: Tkana mdävu jängo* (bei meinem Barte) zu bewahrheiten.

Die Geburt der Kinder wird nicht wie bei uns gefeiert; der Vater giebt seinem Spröfsünge kurze Zeit nach der Geburt desselben ohne alle Ceremonie einen Namen, der dem des Vaters mit einem da- zwischen geschobenen ben bei Söhnen, bänie bei Töchtern vorgesetzt wird. Bei der im siebenten oder achten Jahre bei den Knaben vor- genommenen Beschneidung dagegen finden grofse Festlichkeiten statt, die selbst bei den Leuten der mittleren Klassen oft mehrere Tage dauern, und bei denen Gastmähler die Hauptsache sind, zu welchen alle Verwandte und Freunde eingeladen werden.

Wie schon vorher bemerkt, thut der Szuaheli, wenn er nur irgend zu leben hat, Nichts, sondern betrachtet die Arbeit, zu der nach seiner Meinung nur die Sclaven geschaffen sind, als eine Schande. Noch heute schwebt mir das verwunderte Gesicht vieler unserer dortigen Be- kannten lebhaft vor Augen, die, wenn sie uns selbst irgend eine Arbeit verrichten sahen, den Kopf schüttelten und sagten: ^wafdnja käst %%a- bäbo? huna watvma mingi?* (warum arbeitest du, hast du nicht viele Sclaven?). Dafs man selbst Lust und Vergnügen an der Thätigkeit finden kann, ist diesen Leuten undenkbar. Für viel ehrenvoller hält es der Szuaheli, im Fall er nicht selbst genügende Existenzmittel bat, anstatt zu arbeiten bei anderen reicheren Personen, entweder aus seiner Verwandtschaft, oder auch bei ganz Fremden herumzuschma- rotzen. Daher kommt es, dafs jeder Vornehme einen Anhang von so- genannten Nachläufern (mfudst) hat, die von ihm ernährt sein wollen. Diese Sitte ist so tief in dem Alltagsleben des Volkes festgewurzelt,

340 E- Q™**:

dafs Niemand Anstofs daran nimmt und dafs die reicheren Leute so- gar stolz darauf sind, wenn sie ausgehen, so viel Mfuasi's als möglieh hinter sich zu haben. Voran geht der Herr, dessen Rang and Reich- thum man nach seinem langsamen,,gravitätischenEänherschreiten schätzen kann, d. h. je langsamer Jemand einhergeht, desto mehr Zeit, also auch Geld mnfs er zu verschwenden haben. Ihm folgt einzeln oder paar- weise der Schwärm der Nachläufer, ebenfalls nach den verschiedenen Rangklassen geordnet, einige Sclaven schliefsen den Zug. Werden Freunde besucht, so bleiben diese Menschen, welche die Grofsmuth und Eitelkeit des Herrn kleidet und ernährt, gröfeestentheils unten in der Vorhalle bei anderen ihres Gleichen. Wie entwürdigend eine solche Sitte auf den Charakter wirkt, liegt auf der Hand; sie erzeugt krie- chende heuchlerische Nichtswürdigkeit bei den Aermeren und bestärkt die Reichen in ihrem Stolze, ihrer Selbstüberhebung, ihrer Eitelkeit Sie schafft einen Schwärm von Parasiten, der sich um einige prahle- rische, hoffährtige Tyrannen drängt.

Aufserdem haben die reichen Leute gewöhnlich noch einen Haus- freund (mkibu, sahibu), doch nicht in dem Sinne, den wir damit zu verbinden pflegen, sondern einen Charge* <V affaires, der ihnen die Last des Hausregiments, besonders die Oberaufsicht über die Sclaven, ab- nimmt, für Ordnung im Haushalt sorgt, Gänge für den Herrn thut, Briefe für ihn schreibt, mit einem Worte sein Factotum für den Ver- kehr mit der äufeeren Welt ist und von den Sclaven im Gegensatze zu dem eigentlichen Herrn, dem budna mkuba oder dem grofeen Herrn, budna mdögo, der kleine Herr, genannt wird.

Die vornehmen Szuahelis sind meistens alle Landbesitzer und leben theilweise von dem Verkauf der Erzeugnisse ihrer Plantagen (schämba). die beinahe alle nur mit Nelkenbäumen bepflanzt sind. Wenn im Octo- ber und November die Nelkenernte beginnt, so gehen die Eigenthümer aufs Land, sowohl um die Arbeit, deren Ertrag den grossesten Theil ihres Einkommens ausmacht, besser beaufsichtigen zu können, als auch um während des Nordost -Monsoons die in der Stadt herrschende un- erträgliche Gluth und Hitze mit dem angenehmen schattigen Aufent- halte in den von der schönsten Vegetation umgebenen Hütten zu ver- tauschen. Dann kommen sie nur alle 8 bis 14 Tage nach der Stadt. Frauen, Kinder, Szuria's und Sclaven, bis auf einige, welche die Auf- sicht über das in der Stadt gelegene Haus fuhren müssen, werden mit hinausgenommen, und zwar findet die Uebersiedelung des weiblichen Theiles der Familie meistens in der Nacht statt. Auch bei der Ruck- kehr wissen die Frauen es immer so einzurichten, dafs sie mit der Dunkelheit hier eintreffen; ist es bei ihrer Ankunft noch zu hell, so warten sie lieber draufsen vor der Stadt bis zum Einbruch der Dfimme-

Die Bewohner Zanzibart. 341

rang. Sowohl Männer als Frauen bedienen sich zu solchen Touren stets der Esel, weil diese zum Reiten bequemer sind als Pferde, und weil ihre Unterhaltung weniger kostet. Sobald die Ernte vorüber ist and im März nach drei langen glühend heifsen Monaten ein trüber grauer Schleier den bisher tiefblauen Himmel überzieht, und einzelne Regenschauer, von heftigen Windstöfsen aus Süden begleitet, die lech- zende Erde erquickt haben, nachdem schon Tage lang vorher der Ho- rizont im Westen und Südwesten von einer hohen schwarzen, unheim- lich aussehenden Bank bedeckt worden ist, mit einem Worte, sobald der Südwest -Monsoon und mit ihm die Regenzeit einsetzt, kommt wie- der Leben in so viele Häuser der Stadt, die Monate hindurch ausge- storben zu sein schienen. Die Hausherren kehren mit ihrer ganzen Familie und mit dem ganzen Trofs von Sclaven von ihrem Sommer- sitze nach der Stadt zurück; denn die Häuser sind hier doch fester gebaut und trotzen dem Regen, der nun in schweren Tropfen viele Tage nnd Nächte lang unaufhörlich herabströmt, besser als die leichten Hütten auf den Plantagen. Sowie Alles sich freut, wenn im October die Zeit cuntnda sckamba (auf die Plantagen zu gehen) heranrückt, eben so vergnügt ist jetzt Jeder, besonders die Sclaven und Sclavinnen, wieder in der Stadt zu sein ; denn hier giebt es weniger Arbeit und der regere Verkehr bringt mehr Abwechselung in das einförmige Leben. Das Innere der Gemächer (dschumba), welche zum Aufenthalt des Hausherrn dienen, der aufser der Unterhaltung mit seinen Frauen, sei- nen religiösen Uebungen, welche bei einem strengen Gläubigen eine ziemliche Zeit in Anspruch nehmen, und Besuchen bei seinen Freun- den in der Regel Nichts zu thun hat, ist keineswegs besonders an- ziehend und zeigt meistens ein sonderbares Gemisch von europäischem und orientalischem Geschmack. Einige Stühle (vite), ein Tisch (mtsa) von dunklem Holz, von Bombay hierhergebracht und ziemlich plump gearbeitet, ein oder mehrere Spiegel (kio) an den sonst nackten weifsen Wänden, einige Vasen von grobem Fayence, eine amerikanische Uhr (s*d) oder sonstige kleine Zierrathen in den zahlreichen, mit verschie- denen Fächern versehenen Wandnischen vertreten das europäische Mo- biliar. Der Fafeboden ist mit Strohmatten, den gewöhnlichen einfachen (majdmbe) und hie und da mit kleineren buntfarbigen (maktka), be- legt, die von den nördlich gelegenen Inseln und Küstenstrichen kom- men nnd je nach ihrer Feinheit oft sehr theuer bezahlt werden. Rings an den Wänden sind schmale bunte persische Teppiche (usvlia), aus Mascat hierher zum Verkauf gebracht, ausgebreitet. Auf ihnen sitzt oder Hegt der Herr, im Gespräch mit seinem Hausfreunde oder Anderen, betelkauend (tofüna tambü), und stützt sich auf die zahlreichen, um ihn herumliegenden Kissen. Seine Waffen bis auf den Dolch, seinen

342 E- Q^aas:

steten Begleiter, bat er abgelegt, ebenso den Tuchrock, den Turban und die Sandalen; ein weifees oder rothes Mützchen bedeckt seinen sorg- fältig geschorenen Schädel, ein einfaches weifses Hemd seinen Körper. Gehört der Mann zu den streng Gläubigen, so hat er auch wohl sei- nen Rosenkranz (dasbihi), von grofsen dunklen Rosenholzperlen (smäi) gefertigt, neben sich oder läfet die Ferien, eine nach der andern, durch die Finger gleiten. In den Ecken des Zimmers bemerkt man die ver- schiedensten Gegenstände; da liegen Sättel, Pferdegeschirre, Waffen, Gerätschaften aller Art, wenn der Hausherr weiter kein Geschäft treibt, und Waarenballen und eine Menge Handelsartikel in buntem Gemisch durcheinander, wenn er vielleicht Kaufmann ist; denn Ord- nungsliebe und Reinlichkeit gehört bei der hiesigen Bevölkerung keines- wegs zu den hervorstechenden Eigenschaften.

Bei den Vornehmen ist es Sitte, des Vormittags zwischen 10 und 12 Uhr bei der öffentlichen Audienz (beräsd), die der Sultan nm diese Zeit giebt, zu erscheinen, dem Herrscher ihren staläm (Aufwartung, Grufs) zu machen, oder, wie man hier am häufigsten sagt, zur Berasa zu gehen (nenda berasäni) ' ). Dorthin begiebt sich ein Jeder im gröfee- sten Staate, mit Schwert und Dolch bewaffnet und von so vielen Nach- läufern begleitet, als ihm nur zu Gebote stehen. Die letzteren bleiben auf dem grofsen freien Platze vor dem Palaste, der von bunt geklei- deten Menschen wogt und wohl selten eine gröfsere Menschenmenge sieht als zu diesen Stunden.

Besuche bei Freunden werden hauptsachlich in den beiden letzten Stunden vor Sonnenuntergang und des Abends nach dem letzten Ge- bet in der Moschee gegen 1\ bis 8 Uhr gemacht. Von 4 bis 6 Uhr Nachmittags sieht man häufig, besonders in den von den Reichen be- wohnten Quartieren, grofse Männerversammlungen auf den Berasa s vor den Häusern, auf denen die Anwesenden theils nach orientalischer Manier mit untergeschlagenen Beinen, theils auf europäische Weise sitzen. Der Hausherr ist, wenn er zu den Vornehmeren gehört, natur- lich zu stolz, um zu anderen, als zu seines Gleichen zu gehen, dagegen giebt es Leute genug, die es für eine grofee Ehre schätzen, zu seiner Bekanntschaft zu gehören, ihm täglich ihre Aufwartung machen und seine Berasa in den angegebenen Stunden von Besuchern nicht leer werden lassen. Bunte Strohmatten oder Teppiche liegen auf den Ban- ken ausgebreitet, und wenn der Wirth, dem der Besuch gilt, besonders

') Berasa bedeutet eigentlich die steinerne Bank, die an der Infeeren Haus- mauer angebracht ist, manchmal die ganze Hausfront einnimmt, manchmal auch von geringerer Länge ist; ferner bedeutet es die Verandah, die Vorhalle zunächst der Hausthttr und das offene Zimmer, in dem der Sultan alltaglich seine Audienzen zu ertheilen pflegt.

Die Bewohner Zanzibar*». 343

höflich sein will, so lafet er Beinen Gästen Kaffee (kahdtca) bereiten, den man hier leidenschaftlich, aber stets ohne Sahne und Zucker trinkt. Ein Sclave erscheint, in der einen Hand ein zierlich gearbeitetes bauchiges zinnernes Gefafs mit langem gebogenen Ausgufs, welches den beliebten Trank enthält, in der andern eine Menge in einander gesetzter, 1| Zoll hoher und beinahe eben so weiter Glas- oder Porcellanschfilchen (t?t- kömbe vidögo), von denen zwei für Jeden der Anwesenden bestimmt sind, da das eine zur Aufnahme des Kaffee's, das andere als Unter- tasse dient. Den Gästen wird so viel als Jeder wünscht eingeschenkt, und nicht gering ist die Zahl der Täfschen, die von Jedem getrunken werden. Während dieser kleinen Recreation wird wenig oder gar nicht gesprochen, man schwelgt nur in dem Genüsse des duftenden schwar- zen Moccatranke8. Erst nachher öffnen sich die Schleusen der Bered- samkeit; es werden die verschiedenartigsten Gespräche über Tages- neuigkeiten, Regierungssachen und Familienverhältnisse geführt. Mit Sonnenuntergang, sobald vom Flaggstocke des Sultans her der allabend- liche Schüfe fällt, und der muassini (Muazin) mit lauter Stimme das Gebet absingt, welches die Gläubigen zur Moschee ruft, trennen sich die Versammelten, um die religiöse Arbeit zu verrichten, oder doch Andere glauben zu machen, dafs sie es wirklich thun. Vielleicht kom- men sie später noch einmal zusammen. So sind die Männer ganz allein auf den Umgang mit Männern angewiesen, denn auch bei fest- lichen Gelegenheiten gehen beide Geschlechter stets getrennt ihren Ver- gnügungen nach.

Der Szuaheli ist aufserordentlich ceremoniös, und hält sehr streng auf Etiquette. Gehen mehrere Bekannte zusammen, so wird dem Reich- sten, also Angesehensten stets der Vortritt gelassen, und wenn er auch nur einen halben Schritt vor dem ihm im Range nächststehenden herwan- deln sollte; äufserst selten sieht man mehrere in einer Front zusammen- gehen, sie müfsten denn gleichviel werth oder ganz genaue Bekannte sein. Gleiche Ceremonie herrscht bei den Besuchen der Leute unter einander, besonders beim Empfang und beim Abschiede, und man be- dient sich dabei meistens der arabischen Begrüfsungsformeln.

Im Hause des zu Besuchenden angekommen, läfst man sich durch den als Portier fungirenden Sclaven anmelden, und wartet in der Vor- halle so lange, bis der Hausherr von der Anwesenheit des Fremden benachrichtigt ist und Erlaubnifs zu seinem Empfange gegeben hat, oder am dies selbst zu thun herbeikommt. Sitzt der Herr des Hauses aber gerade vor seiner Wohnung auf der Berasa, so befiehlt er, sobald er sieht, dafs der Besuch ihm gelten soll, schnell noch mehr Matten und Teppiche herbeizubringen, die harte Bank damit zu bedecken und zum Sitzen bequemer zu machen. Wann er selbst sich erheben, wie

344 E- QnaaflJ

viel Schritte er seinen Gästen entgegengehen mufs, um sie wardig ihrem Stande gemäfs zn empfangen, richtet sich genau nach ihrem Range, und ebenso, falls der Besuch im Hause stattfindet, ob er sie in der Stnbe, in der Thür oder Vor derselben empfangen mnfs. Der Wirth erhebt sich, und geht seinen Gästen entgegen, natürlich ohne in seiner grofsen Höflichkeit den Ruf: steräe! steräe! (bleib' sitzen) 211 beachten, verneigt sich vor ihnen, indem er die rechte Hand auf die Brust legt und sie mit den Worten: szaläm aletkum (Friede sei mit Buch) begrüTst '). Die Gäste machen dieselbe Geremonie und erwie- dern seinen Grufs mit aletkum staldm. Hierauf reicht man sich die Hände und läfet noch einige übliche Begrufsungsworte und Erkundi- gungen nach dem gegenseitigen Befinden folgen. Während all dieser Förmlichkeiten steht man sich noch immer steif gegenüber. Dann fahrt der Wirth seine Besucher nach der Bank, wo man sich mit Berück- sichtigung derselben Etiquette niederläfst, die man auch beim Gehen beobachtet, d. h. der Vornehmere setzt sich stets zuerst.

Steht der Gast unter dem Range des Hausherrn, so erhebt sieb dieser erst, wenn der Fremde schon ganz nahe ist, oder leistet viel- leicht auch dem Rufe: steräe, steräe! diesmal willig Folge, macht sei- nen szaldm, ladet den Besucher mit einem: karib, karib, schick (tritt näher, Herr, tritt näher) ein, heranzukommen, und bringt ihn endlich mit einem kakitdko (setze dich), das einige Male wiederholt werden mnfs, ehe es der höfliche Gast befolgt, glücklich neben sich auf die Bank zum Sitzen.

Der übliche Szuaheli - Grufs ist: jdmbo? (wie befindest du dich), worauf man erwiedert: jdmbo szdna (ich befinde mich sehr wohl) m u>d? (und du), oder: szijdmbo (ich bin nicht wohl). Bei Mädchen heilst es auch wohl käna lulu (wie eine Perle), käna margiänne (wie eine Koralle), käna fedhaluke (wie ein Edelstein). Der Grufs der Sclaven ihren Herren gegenüber ist: jämbo buäna, jdmbo blbi (was machst dn. o Herr, o Herrin)? oder: schikämo buäna, schikdmo bibi (wörtlich fiher- setzt: ich fasse deine Hand an, o Herr, o Herrin), wobei der Grfifeende ein Knie beugt und dem Gebieter die Hand kfifet, der es selbst bei dem geringsten Sclaven nicht unterläßt, seinerseits ein Wort des Graftes zo sagen.

Beim Abschiede werden dieselben Ceremonien mit derselben Weit- läufigkeit wiederholt; der Wirth giebt seinen Gästen je nach ihrem Range das Geleit, verabschiedet sich mit Händedruck und szaldm von ihnen und empfiehlt sie dem Schutze Allahs und des Propheten.

1 ) Man nennt diese Ceremonie fdnja szaldm, Jemand seinen Grafs des Frieden« darbringen. Auch heilst fdnja szaldm Jemand seine Aufwartung machen.

Die Bewohner Zancibar'». 345

Auf Szuaheli lautet der Abschiedsgrufs: cofaieW, cohaäri 8%dna9 oder: cokaeri cu ondna (leb' wohl, leb* recht wohl, oder: leb' wohl, auf Wiedersehen).

Auch beim Vorübergehen bei dem Hanse eines Bekannten, der vielleicht gerade vor der Thüre sitzt, ist es Sitte, einen Augenblick stehen zu bleiben, seinen staldm zu machen, während der Hausherr denn hier wird jedes Haus nur von einer Familie bewohnt aufsteht und den dargebotenen Grafs mit derselben Förmlichkeit erwiedert; selbst die Prinzen der königlichen Familie machen von dieser allge- meinen Höflichkeit keine Ausnahme.

Die Szuahelis halten drei Mahlzeiten am Tage, die erste bei Sonnen- aufgang, die zweite hauptsächlichste zwischen 11 und 12 Uhr, und die letzte kurz nach Sonnenuntergang. Zum Essen (djacvlo) bedienen sie sich keiner anderen Gerätschaften als der Finger, die sowohl vorher als nachher nach den Gesetzen des Koran sorgfältig gewaschen wer* den. Die Speisen der Vornehmeren sind Ochsen-, Ziegen-, Schaffleisch and Geflügel, besonders Hühner, welche es hier in Zanzibar wie über- haupt in ganz Afrika in grofser Menge giebt. Wie bei uns die Juden, so essen auch die Szuahelis nur von dem Fleische eines Thieres, wel- ches nach mohammedanischer Art geschlachtet ist, d. h. es mufs bei semer Tödtung der vorgeschriebene Spruch des Koran gesagt worden sein, sonst gilt es als unrein und wird von Niemandem angerührt. Schweinefleisch kommt nie auf den Tisch, da sein Genufs von dem Propheten untersagt ist; das Schwein wird auch im zahmen Zustande auf der ganzen Insel nicht angetroffen. Die wenigen wilden Schweine, welche weiter im Innern hausen, werden nur wegen des Schadens, den sie häufig auf den Plantagen anrichten, gejagt, das getödtete Thier aber den wilden Hunden als Beute überlassen.

Yamswurzeln, Manioc, Bataten, verschiedene hier wachsende Ge- müse, die Fruchte der heifsen Zone und besonders Reis bilden den vegetabilischen Theil der hiesigen Mahlzeiten. Der Reis vertritt hier zu Lande die Stelle des Brotes, kommt bei jedem Essen vor und er- scheint unter den verschiedensten Formen auf dem Tische. Mit Curry (fecAffot), einem Gemisch von pulverisirter Gurkume, Gewürzen, Cocos- nüssen und noch mehreren Ingredienzen, die man viüngo $a tschusi (Glieder der Curry) nennt, bildet er das Lieblingsgericht, das auf einer wohlbesetzten Tafel nie fehlen darf.' Verschiedene Pillau's, bei denen der Reis mit Fleisch vermengt ebenfalls den Hauptbestandteil bildet, wissen die Leute sehr schmackhaft zuzubereiten, obschon sich der Eu- ropäer erst an die scharfen Gewürze, vor allem an den rothen Pfeffer gewöhnen mufs, den inan in sehr starken Dosen bei allen Speisen an- wendet. Süfsen Backwerken sind die Leute sehr zugethan; in den

346 E- Qnaat:

Häusern der Reichen findet man dieselben beinahe stets in mannich- faltiger Auswahl vorräthig; dort bildet ihre Zubereitung einen ange- nehmen, willkommenen Zeitvertreib für die Frauen, und ihre Consu- mirung ist ebenfalls eine der Hauptbeschäftigungen des hiesigen schönen Geschlechts. Den Europäern, die in Zanzibar ansäfsig sind, werden diese Confecte häufig von ihren arabischen Freunden zugesendet, be- sonders an den hohen Festen des Jahres, dem Rhamadan und Haddj. Aber auch aufserdem bekamen wir oftmals aus dem Harem von einer der dort wohnenden Damen, der bibi Holle, einer Schwester des jeui- gen Sultans, ohne sie jemals von Angesicht zu Angesicht gesehen zu haben, ganze Ladungen des verschiedensten Zuckerwerks zugeschickt; manchmal liefs sie sogar durch ihre geputzte kleine Sclavin, die Ueber- bringerin der Herrlichkeiten, sagen, wir mochten ja davon essen, denn sie hätte die schönen Sachen alle mit eigener Hand zubereitet; meistens aber waren die Backwerke zu sufs und zu sehr voll Ghee («omfi, die hiesige Butter), um wohlschmeckend zu sein, und ob die gleichzeitig überbrachte Botschaft wirklich wahr gewesen oder nur eine Erfindung der Abgesandten war, um dem Geschenk in unseren Augen mehr Werth zu geben, wage ich nicht zu entscheiden. Mehr als wir selbst freuten sich aber unsere Diener über diese Geschenke, denn ihnen wurde, wie sie sehr wohl wufsten, bei Weitem der gröfseste Theil der beliebten Süfsigkeiten überlassen. Häufig bekamen wir aber auch Fruchte zum Geschenk, und diese waren für uns entschieden das Angenehmste; denn die uns gesandten Sorten waren oft das Vorzüglichste ihrer Art; vor Allem die Mango's, die von aufsergewöhnlicher Gröfse und ausgezeich- netem Wohlgeschmack Alles übertrafen, was hier von dieser Frucht auf dem Markte zu kaufen war, die Pemba-Mango's, so genannt, weil sie auf der nördlich von Zanzibar gelegenen Insel gleichen Namens heimisch sind; hier kommen sie nur vereinzelt vor.

Die Szuahelis sind außerordentlich starke Esser. An ihnen wird der von den Nordländern so allgemein geglaubte Satz, dafs die in heifeen Zonen lebenden Leute wenig essen, jedenfalls zu Schanden* denn sie können, besonders von Reisspeisen, erstaunliche Portionen zu sich nehmen, und sind nur dann mäfsig, wenn sie nicht viel zu Ter- zehren haben. Aus der Menge der Speisen, die sie ihren europaischen Gästen vorsetzen, und aus ihrer Verwunderung über die geringe Efs- lust derselben läfst sich leicht schließen, wie grofs ihr eigener Appetit sein mufs. Das gewöhnliche Getränk der Bewohner Zanzibar s ist Wasser, welches bei den vornehmeren Klassen und bei festlichen Ge- legenheiten häufig mit Scherbet vermischt wird, den man in Menge von Frankreich importirt. Der Koran verbietet den Zanzibarianern den Genufo aller starken berauschenden Getränke. Dafo dies Gebot

Die Bewohner Zanribar's. 347

aber wirklich allgemein befolgt wird, darf man nicht glauben ; bei der gröberen Mehrzahl ist es gewifs nicht der Fall, denn es werden jähr- lich viele hundert Kisten mit Cognac und Liqueuren aus Europa hier importirt Wenn nur der äufsere Schein nicht verletzt wird, so glau- ben die Meisten ihren religiösen Verpflichtungen genug gethan zu ha- lben; in der Heimlichkeit thut Jeder gern, was ihm beliebt.

Von Gastmählern sind die Szuahelis keine groben Freunde; nur bei außerordentlichen Veranlassungen, Verlobungen, Hochzeiten und anderen Festlichkeiten laden sie sich gegenseitig ein, um sich in Ge- meinschaft an Speise und Trank zu erfreuen; aber die Gastfreund- schaft, diese schöne Sitte, welche sie von ihren Stammvätern, den Ara- bern, geerbt haben, und welche sie auch meistens ausüben, veranlagt sie, einen Freund oder Fremden, der gerade wahrend der Essenszeit zu ihnen kommt, zur Theilnahme am Mahle aufzufordern.

Parfumerien aller Art lieben die Szuahelis, besonders die Frauen, außerordentlich und sie leisten bei dem heifeen Klima auch gute Dienste. Die gebräuchlichsten sind das Rosenöl (mafüia maräschi), das Rosen- wasser (maräscki) und das Sandelöl (mafuta standäH), welches einen sehr starken, und wenn es im Uebermafs angewendet wird, unange- nehmen Geruch verbreitet, weshalb es auch meistens nur von Leuten geringeren Standes angewendet wird. Das kostbare Rosenöl wird von Mascat eingeführt und steht auch hier ziemlich hoch im Preise; man verkauft es in ganz kleinen Flaschchen von je ein Dollar und in grös- seren, die etwa eine Unze enthalten und bis 4 Dollars kosten, doch mufe man sich beim Ankauf dieses werthvollen Artikels sehr vor Be- trügereien in Acht nehmen, da mit demselben häufig Verfälschungen vorgenommen werden, die nur bei genauer Untersuchung ermittelt wer- den können. Das Rosenwasser, ebenfalls von Mascat kommend, pflegt man mit dem Waschwasser zu vermischen, bei heifeem Wetter ist es auch in der That außerordentlich erfrischend, und die zahlreichen bau- chigen Flaschen von grünem und rothem Glase, zur Hälfte mit dickem Bastgeflecht umgeben, die man überall auf den platten Dächern der Häuser herumstehen sieht, zeigen, wieviel davon hier in Zanzibar ver- braucht wird. Wie es bei uns Sitte ist, das Taschentuch mit irgend einem Parfüm zu versehen oder ein Riechfiäschchen bei sich zn tragen, so parfumirt man hier die Kleider, die man täglich trägt, und zwar ist dieses bei beiden Geschlechtern allgemein Sitte. Man bedient sich dazu einer Art Weihrauch (iidt)9 kleiner Stückchen Holz, der Zweige und Sprossen eines karambuki genannten Strauches, der an der Küste und im Innern des Festlandes häufig angetroffen wird. Von Farbe sind sie dunkelbraun. Um mit ihnen zu räuchern, wirft man sie auf einige glühende Kohlen, die man mit einem trichterförmigen thönernen

348 E- Qnaas:

Gefafse bedeckt; den sich bald entwickelnden, angenehm riechenden Dampf läfdt man in die darüber gehaltenen Kleidungsstücke ziehen xmZ parfömirt dieselben dadurch auf mehrere Tage. Aufserdem gebraucht die geringere Klasse vorzugsweise eine schwarzbraune, unserer grü- nen Seife sowohl in Farbe als Consistenz ähnliche Salbe, tibu genannt, mit der man den Körper einreibt. Ans den verschiedensten vegetabi- lischen Stoffen zusammengesetzt ist diese Salbe wegen ihres penetran- ten Duftes vorzüglich geeignet, den unangenehmen Geruch mensch- licher Ausdünstungen, namentlich der Neger, zu verdecken. Tagelang hält dieser Geruch an und verschwindet erst nach mehrmaligem Wa- schen gänzlich. Die beiden letztgenannten Parfüms werden gewöhnlich von kleinen Mädchen, die überall in der Stadt damit herumziehen, in Häufchen und kleinen Kugeln von je ein Peis (circa 4 Pfennige) ver- kauft.

Das Tabackrauchen (wüta tumbdcco) ist bei den Szuahelis, der arabischen Sitte entgegen, nur sehr wenig in Gebranch ; änfserst selten sieht man Jemand aus der vornehmen Klasse rauchen ; in diesem Falle aber bedient man sich dazn der Wasserpfeifen, hier huka oder kiko genannt, welche in den verschiedensten Formen und zu den verschie- densten Preisen zu haben sind, von der grofsen an, die man beim Ge- brauch neben sich hinstellen kann, weil sie mit einem breiten Fnfse und einem sehr langen biegsamen Abzugsrohre versehen, und deren Aufsenseite auf die mannichfaltigste Weise, wie die Griffe der Dolche, mit einer Art Mosaik von Gold- und Silberdraht verziert ist, bis zu den kleinen unansehnlichen Pfeifen herab, welche die armen Leute zu besitzen pflegen. Bei diesen dient eine kleine Kalebasse als Watser- reservoir, und von den zwei dünnen, in dieselbe mündenden Bambus- rohren ist die kürzere, welche senkrecht steht, oben mit einem trichter- förmigen thönernen Aufsatz versehen, der den Taback und die Kohle aufnimmt, die andere längere Rohre aber mit einem kleinen Mundstuck. Der beim Bauchen verwendete Taback wird an vielen Orten der festen Küste und der umliegenden Inseln gebaut, ist jedoch nur von geringer Qualität und wird häufig mit Rosenblättern vermischt, mit Melasse an- gefeuchtet, zusammengeknetet und als kleine Kugel in den Feuerbe- hälter der huka gebracht. Einen angenehmen Geruch aber hat auch diese Mischung nicht. Wie in Arabien so herrscht auch hier, beson- ders bei den Leuten geringeren Standes,' die Sitte, dafs mehrere zu- sammen aus einer Pfeife rauchen. Häufig habe ich die Arbeiter, wenn sie einen Augenblick freie Zeit hatten, eine Pfeife hervorholen, mit den übelriechenden Stoffe füllen und in Brand stecken sehen. Alsdann setzen sich alle Theilnehmer mit untergeschlagenen Beinen im Kreise hin, oder kauern sich auch nur auf die Erde nieder, und lassen die

Die Bewohner Zanribar*». 349

Pfeife die Runde machen, indem ein Jeder nur ein Paar Züge that, bis der dampfende Inhalt vollkommen verzehrt ist. Selbst vorüber- gehende Bekannte werden dann mit zu dem Genosse eingeladen und müssen, ehe sie ihren Fufe weiter setzen, in der Eile einige Mund voll Dampf mitnehmen.

Vom Schnupfen (cunuka tumbäcco) gilt dasselbe wie vom Rauchen. Auch diese Gewohnheit ist bei Manchen zur Leidenschaft geworden, und sie wird schon von Jungen im Alter von 13 bis 14 Jahren geübt. Auch hier ist die Meinung verbreitet, da& das Schnupfen den Verstand schärfen soll; es scheint aber bei denen, die sich des Tabacks im Ueber- mafs bedienen, die entgegengesetzte Wirkung zu äufsern. Den Schnupf- taback bewahrt man in einem kleinen, unseren Riechfläschen ähnlichen Geföfee von Steingut oder Porcellan (kipätu) auf, und trägt dieses an einer kleinen Schnur um den Hals stets bei sich. Auch hier gilt es als eine Höflichkeit, seinen Freunden eine Prise anzubieten, nur mit dem Unterschiede, dafs der Betreffende hier nicht selbst zulangen kann, sondern sich eine kleine Dosis des braunen Pulvers auf die Rückseite der Hand schütten läfst.

Verbreiteter als Rauchen und Schnupfen ist das Betelkauen (fo- funa tambu)y gleichmäßig im Gebrauch bei Männern und Frauen, bei Alt und Jung. Das Betelblatt (tambü) kommt von dem sogenannten Betelpfeffer (piper betle), einer rankenden Pflanze, die hier häufig wachst, ist von einem frischen saftigen Grün, auf der Oberfläche glän- zend, hat einen glatten Rand und ungefähr die Grölse und Form eines Bohnenblattes. Eine Menge Leute beschäftigen sich damit, dasselbe zu pflücken und nach der Stadt zum Verkauf zu bringen; man bekommt 60 bis 70 Stück für einen Peis, sie sind also billig und Jedem zugäng- lich. Zu ihrer Aufbewahrung dient eine kleine vierkantige Dose (ki- pätu, keijjaluba) von Holz, oder auch nur ein kleines Lederbeutelchen, welches zugleich die anderen Ingredienzien enthält, die nöthig sind, um den Genufe zu vervollständigen, ein wenig Taback und die Arecanufs (pöpo). Letztere ist die Frucht der hier wachsenden Areca- Palme (areea catechü), hat in ihrem Aussehen und in ihrer Grölse Aehnlich- keit mit der Muskatnufe, ist eben so hart wie diese und von aromati- schem Geschmack wie das Betelblatt. Ein kleines Stückchen dieser Nulls, etwas Taback und ein wenig Kalk, den man entweder von einer Mauer abkratzt, oder auch von den an vielen Stellen der Stadt zahl- reich dastehenden Kalkhaufen nimmt, werden in die eine Hälfte des Blattes gewickelt denn das ganze wäre zu grofs für eine Portion und der Bissen in den Mund geschoben, wo er durchgekaut wird und der betreffenden Person wohl eine Stunde lang Genufs und Unterhal- tung gewährt. Nie habe ich eine, widerlichere Gewohnheit gesehen

350 E- Qnaas:

als dieses Betelkauen, welches vermöge der Schärfe des ausgeschiede- nen Saftes die Zähne mit der Zeit schwärzt, abbröckeln lfifst and die ganze innere Mundhöhlung, besonders das Zahnfleisch, hochroth firbt. Selbst ein hübsches Gesicht wird dadurch gänzlich entstellt, doch soll der Betel den Mund und Athem rein halten, ein Vortheil, durch den das Unangenehme der Gewohnheit keineswegs ausgeglichen wird. Natur- lich trifft man es nicht bei allen Personen in gleichem Mafse an; es zeigt sich daher auch nicht überall gleich abstofsend und man findet noch Leute genug, welche die prachtvollsten Zähne haben.

Aufserdem spielt der Betel im ganzen gesellschaftlichen Verkehr eine grofse Rolle. So z. B. ist er das erste, was dem Fremden im Hause des Gastfreundes angeboten wird, und als Geschenk von einem Mädchen gilt er als eine verblümte Liebeserklärung.

Von europäischem Leben und Treiben haben nur sehr wenige Leute hier zu Lande einen auch nur annähernden Begriff, die Mehrzahl von ihnen hat kaum jemals die Gestade ihrer heimathlichen Insel verlassen und die gereisten Leute sind höchstens einmal nach Mecca gekommen, um die vom Propheten gebotene Pilgerfahrt zu machen, oder nach an- deren Städten des südlichen Arabiens oder der Ostküste Afrika's; sie sind also nie über die Grenzen der morgenländischen Civifisation hin- ausgelangt. Der Ideenkreis dieser Menschen ist in Folge dessen ein aufserordentlich beschränkter; Zanzibar gilt ihnen als das non phts uUra von Schönheit, sowohl was die Bauart der Häuser als ihren Com- fort und das ganze Leben überhaupt anbetrifft. Oft hört man sie höchst naiv fragen, ob es bei uns auch so schöne Häuser gäbe als hier, and erregt ein bedenkliches Kopfechütteln , wenn man bemerkt, dafe Zan- zibar im Vergleich mit einer europäischen Stadt nicht viel bedeute.

Räderdampfschiffe (tnerkdbo a tnösche oder merkdbo tochdn) waren schon mehrere hier gewesen, zuerst eine amerikanische Dampfrregatte im Jahre 1850 oder 1851. Diese Art Schiffe war daher jetzt den Zanzibarianern nichts Neues mehr. Desto gröfseres Erstaunen erregte aber im Jahre 1858 das Erscheinen des kleinen englischen Schrauben- dampfers Lvnx, der sonst gewöhnlich im Canal von Mozambique kreuzte, um den unerlaubten Sclavenhandel zu verhindern, des ersten Schiffes dieser Art, welches hier eingelaufen war. Bei dem Rad- dampfer sah man die bewegende Kraft ganz deutlich, aber hier war gar Nichts zu bemerken; ein kleiner Wasserstrudel und etwas Schaum war Alles, was man hinter dem Heck wahrnehmen konnte und was von einem unter dem Wasser befindlichen Gegenstande Kunde gab, der das Schiff vorwärts treiben mufste, da alle Segel auf den Raaen festgemacht waren.

Eines Tages ging sogar der Sultan in höchsteigener Person an

Die Bewohner Zuurfbar9». 351

Bord, und ich zweifle sehr, dafs Höflichkeit allein die Ursache seines Besuches war; die Neugier, das Wunder des Tages zu sehen, mag dabei wohl eine grofse Rolle gespielt haben. Er selbst nebst seinem Onkel, dem alten Szeyd Soleman, und einigen der angesehensten Ara- ber in dem vordersten, mit zwölf schwarzen Ruderern bemannten Boote, das mit reichen persischen Teppichen ausgelegt, durch ein breites weifses Sonnensegel vor den sengenden Strahlen des Tagesgestirns geschützt ist und hinten am Heck an einem kleinen Flaggstocke die rothe Landes- farbe wehen läfet. Hinter ihm die anderen Boote, welche das zahl- reiche Gefolge, sowie eine Menge Neugieriger enthalten und nachher in buntem Gemisch wie ein Bienenschwarm die Meeresfläche rings um das Kriegsschiff bedecken. An Bord des Schiffes angekommen wurde der Sultan mit den höchsten Ehrenbezeigungen empfangen, die nur königlichen Personen zu Theil werden. Ein Salut von 21 Kanonen- schüssen wurde gelöst und die Raaen des Kriegsschiffes waren mit einem Thefle der Mannschaft besetzt; hoch oben standen die Leute, wie es schien frei in der Luft, denn die straffgezogenen Leinen, an welchen sie sich festhielten, waren so dünn, dafs man sie von unten aus kaum bemerken konnte. Zum Zeichen, dafB das Schiff, so lange der Sultan darauf verweile, als sein Eigenthum zu betrachten sei, wehte anstatt der englischen Flagge die rothe arabische vom grofsen Top. Kaum waren die Empfangsfeierlichkeiten zu Ende, so lichtete der Dampfer seine Anker, setzte seine Maschine in Bewegung und ging, in geringer Entfernung vom Lande, langsam aus dem Hafen, um dem Sultan Gelegenheit zu geben, Alles für ihn Neue genau zu beobachten. Ein eben so interessantes Schauspiel als' das in seinem bunten Flaggen- schmucke mit der bewegten Menschenmenge auf dem Verdeck beinahe gerauschlos dahingleitende Schiff gewährte der Strand, der in der gan- zen Ausdehnung der Stadt, von Schangani bis Melinde, von einer grofsen wogenden Menge von Menschen bedeckt war, die alle das niegesehene Schauspiel anstaunen wollten. Hier konnte man die verschiedensten Conjecturen über die Construction der Schraube hören, eine immer abenteuerlicher als die andere, doch begnügten sich die meisten, wenn sie, wie leicht denkbar, die höchst weisen Erklärungen der klugen Spre- cher nicht verstehen konnten, verwunderungsvoll den Kopf zu schütteln, und mit den gewöhnlichen Anrufungen Allah's die Kunst der Europäer zu preisen. So lange der Lynx noch mit wenig Dampfkraft arbeitete and langsam vorwärts kam, begleitete ihn der ganze Schwärm der am Lande befindlichen Leute, längs des Ufers hingehend ; allein bald konn- ten sie nicht mehr mitkommen und mufsten sich mit dem Nachsehen begnügen. Leider widerfuhr dem Dampfer auf seiner weiteren Fahrt ein Unglück, indem er durch Unachtsamkeit des Steuernden auf die

352 & Quftfts:

von Schampany (French Island) nach Süden sich hinstreckende Sand- bank gerieth, und dort beinahe eine Stunde festaafe, bis das Steigen des Wassers es war glücklicherweise Fluth ihn wieder flott machte und ihm die Fortsetzung seiner Fahrt erlaubte. Er nahm seinen Cour* zwischen French Island und dem festen Lande, ging nördlich der vier den Hafen einschneidenden Inseln herum, und kam des Nachmittags durch den westlichen Pafe wieder auf der Rhede vor Anker, wo dem Sultan, als er das Schiff verliefe, dieselben Ehrenbezeigungen zu Tbeil wurden, wie am Morgen bei seiner Ankunft.

Ein anderer Gegenstand des allgemeinen Erstaunens und der Be- wunderung war der kleine Wagen (gedda), den sich die Residenten eines hiesigen französischen Hauses hatten kommen lassen. In den Strafsen der Stadt zu fahren, war freilich wegen ihrer Enge, ihrer vielfachen Krümmungen und scharfen Ecken keine Möglichkeit, aber Ausfahrten auf die andere Seite der Lagune und Nasimoje wurden oft angestellt und gingen jedes Mal in Begleitung von Hunderten neugie- ger Menschen vor sich; denn ein Wagen war ebenfalls ein noch nie gesehenes Schauspiel in Zanzibar, wo man entweder zu Fufs geht oder sich der Pferde und Esel zum Reiten bedient, wo selbst die Landes- erzeugnisse aus den Meilen weit von der Stadt entfernten Plantagen nur auf den Köpfen der Sclaven hierher zu Markte gebracht werden. Und trotz des traurigen, ja man kann dreist sagen halbwilden Zostan- des, in dem die meisten Menschen hier leben, beneiden sie doch den Europäer nicht um seine Civilisation und seine Genüsse, oder im besten Fall doch nur um die leiblichen; sie befinden sich in ihrer Lage gani glücklich, sobald nur ihre leiblichen Bedürfnisse befriedigt werden.

Was Religionssachen anbetrifft, so sind die Szuahelis, obwohl selbst Mohammedaner, doch ausnahmsweise gegen Andersgläubige sehr tole- rant und hindern Niemand in der Ausübung seiner religiösen Pflich- ten. Sie sind im höchsten Grade unwissend, da sie in den hier vor- handenen Schulen Nichts lernen, als das Lesen des Korans und noth- dürftig das Schreiben. Leetüre irgend welcher Art ist hier gar nicht vorhanden, und wirkliche Kenntnisse, das Verständnils des Korans, die Gelehrsamkeit, sind hier wie auch anderwärts unter den Gläubigen nur auf gewisse Familien beschränkt. Gleichwohl halten sie sich ab Mo- hammedaner mit dem den Anhängern dieses Glaubens innewohnenden Dünkel doch für etwas Besseres als andere Menschen, obgleich sie dies die Ungläubigen nicht so fühlen lassen, als es an anderen Orten von den Bekennern des Islam geschieht. Selbst im Rechnen, sogar wenn es auf ihren eigenen Vortheil geht, sind sie wenig gewandt und den hier wohnenden Banjanen bei Weitem nicht gewachsen.

Gegen ihre Sclaven sind die Szuahelis beinahe ohne Ausnahme

Die Bewohner Zanribart. 353

milde Herren, denn der Prophet hat ihnen geboten, den Sclavea wie ein Glied der Familie zu behandeln ; mag indefs dies der richtige Grund sein, mögen andere selbstsüchtigere Motive oder ihre eigene Indolenz sie zu dieser Handlungsweise veranlassen, so bleibt sie nichtsdestowe- niger anerkennungswerth, obwohl sie allein nicht im Stande ist, ihren übrigen Untugenden, von denen Sinnlichkeit, Eitelkeit und Prunksucht nicht die grossesten sind, das Gleichgewicht zu halten. Zu ersterer werden sie theils durch das Klima des Landes prädisponirt, theils ist daran der Mangel jeder geistigen und sittlichen Bildung Schuld, und sie verleitet zu Handlungen, die bei uns als die strafwürdigsten Ver- brechen betrachtet werden, hier aber kaum Anstofs erregen. Eitelkeit und Prunksucht zeigt sich bei Allem, was aufserhalb des Hauses ge- schieht. In schönen Kleidern auf der Strafse herumzuspazieren, wäh- rend zu Hause Alles schmutzig und unordentlich ist, sich einen kost- baren Dolch, eine schöne Sclavin anzuschaffen, während im Hause vielleicht nur zwei Gläser für drei Personen vorhanden sind, darauf werden grofse Summen verschwendet, aber um etwas Gemeinnütziges zu thun, dazu reicht das Geld niemals aus.

Eine malslose Indolenz und unzerstörbare Apathie ist dem Szua- heli angeboren; er hat sie gleichmäßig von seinem afrikanischen und arabischen Blute ererbt und vereinigt in seiner Person die schon an sich nicht geringe Quantität dieser Untugenden, welche jede der beiden Nationen allein besitzt. Mit der gröfsesten Gemüthsruhe sieht er dem allmählichen Verfall seines Hauses sowohl im Innern wie im Aeufsern zu, und lädst durch seine Nachlässigkeit kleine Schäden, die durch eine unbedeutende, wenig kostspielige Reparatur im Anfang gehoben werden könnten, nach und nach immer gröfeer werden, bis die Ausbesserung zuletzt bedeutende Unkosten verursacht. Heisüro (es macht Nichts), die Sache ist zu geringfügig, heifst es, so lange der Schaden noch leicht zu beseitigen ist; selbst wenn die Reparatur ganz unumgänglich ist, rafft sich der Szuaheli nur zu einem: nschälla (wenn Gott will, wird es geschehen) auf. Dies letztere ist überhaupt eine Redensart, die bei allen Ständen, Arm und Reich gleichmäßig in Gebrauch ist. Der Sclave, dem etwas befohlen wird, antwortet nschälla; der Freund, den man zu einem Besuche einladet, nimmt die Einladung mit nschdüa an ; der Kaufmann, den ich frage, ob seine Waaren bald anlangen wer- den, erwiedert nschälla; auf die Frage, ob er sie mir verkaufen, ob sie billiger sein werden, wird stets das unvermeidliche nschälla gehört Selbst bei Ereignissen, deren Erfolg leicht vorauszusehen ist, wenn z. B. ein Sack mit Waaren in's Wasser gefallen ist, was doch ein höchst triftiger Grund zu der Vermuthung ist, dafs sein Inhalt durchnäfst sein wird, selbst dann sucht man sich noch durch nschälla wenigstens auf

Z«K»cfax. f. tilg. Erdk. Ntut Folg«. Bd. VIII. 23

354 &• Quaaß:

kurze Zeit zu trösten. Der Mann, von dem ich glaube, dafe er mich betrügt, and dem ich dies geradezu sage, giebt mir durch sein mckäila den Trost, dafs, falls ich von ihm doch betrogen werde, der liebe Gott daran Schuld ist, gegen dessen Willen zu murren sich nicht ziemt Dieses nschälla, ein Hermaphrodit, von dem man nicht weife, ob es Ja oder Nein bedeutet, eine nichtige Redensart, durch die Niemand ge- bunden wird, eine Eselsbrücke des Verstandes und der Moral, ein Hemmschuh der Entschiufskraft, dieses tuchdüa erschliefst uus den ganzen Charakter des Morgenländers mit seiner Indolenz und allen daraus hervorgehenden Fehlern.

Wie ruhig und phlegmatisch auch für gewöhnlich der Szuaheli in seiner äufseren Erscheinung wie in seinem Handeln sein mag, so kann er doch in der Rede sehr lebhaft werden und sich bei der geringsten äufseren Veranlassung von Ausbrüchen seines Zornes hinreifsen lassen, ein Beweis, wie schwach bei ihm die Herrschaft der Vernunft über die einmal erwachten Leidenschaften ist. So sind die Szuahelis, auf der einen Seite an die halbwilden Stämme Afrika's grenzend, auf der an- dern in die Halbcivilisation des Orients übergehend, ein sonderbares, noch unter sich selbst höchst mannichfaltiges Gemisch der Grandcha- raktere ihrer beiderseitigen Stammältern, zum Guten weniger geneigt als zum Bösen , weil sie von dehnbaren moralischen Grundsätzen ge- leitet werden und der Schein bei ihnen das Hauptmotiv ihrer Hand- lungen ist.

Neben den Szuaheliß bilden die Hindi 's und Banjanen den wichtigsten Bestandteil der Bevölkerung Zanzibar's. Sowohl Hindi's wie Banjanen sind hier nicht einheimisch; beide stammen aus Ostin- dien und kommen nur hierher, um sich ein Vermögen zu erwerben und dann in ihre Heimath zurückzukehren. Zanzibar und die ganze Ostküste Afrika's ist ihr Californien, in dem sie sich durch Industrie und Thätigkeit das überall so heifs gewünschte Gold verschaffen. In ihren Händen ist beinahe der ganze Handel der hiesigen Gegend und es giebt unter ihnen ausserordentlich reiche Leute, die für grofee Häu- ser in Bombay oder für ihre eigene Rechnung bedeutende Geschäft*' machen. Was den Handel anbetrifft, so sind sie, wie bei uns die Jo- den, unermüdlich thätig, unternehmend, erfinderisch, Nichts ist ihnen zu geringfügig, jeder Gewinn und wenn er auch noch so klein, ist ihnen wichtig; sie wissen, dafs viele Pfennige doch am Ende einen Thaler machen und sammeln wohlweislich jeden einzelnen. Wo man hier an der Küste nur immer einen Hindi oder Banjanen antreffen mag, da giebt es sicherlich etwas zu handeln und zu verdienen; an den klein- sten elendesten Plätzen findet man sie, stets im Verkehr mit den Ein- geborenen begriffen; von Zanzibar beziehen sie die ihnen uöthigen

Die Bewohner ZaasiWs. 355

Waaren und schicken die dafür eingetauschten Landeserzeugnisse wie- der dahin zurück. Während der Banjane im Allgemeinen mehr den Bxport nnd Import der in- und ausländischen Producte besorgt, be- schäftigt sieh der Hindi, natürlich nicht ohne Ausnahmen, vorwiegend mit dem Handel in den hier am Platze selbst gebrauchten Artikeln. So verkauft der Banjane Elfenbein, Gummi Copal, Sesam etc. in grö- beren und kleineren Partieen, der Hindi hat in seinem Laden Allee, was cor täglichen Leibesnahrung und Nothdurft gehört; der erstere ist der em gros Händler, der letztere der Detaillist. Die Wohnungen und Läden beider liegen im Mittelpunkte der Stadt und entsprechen nur sehr wenig den Anforderungen, die man bei uns zu machen ge- wohnt ist. Eine lange, beinahe durch die ganze Stadt von Norden nach Süden, wenn auch nicht ohne beträchtliche Krümmungen gehende Strafte heifst der Basar ($6ko), und ist auf beiden Seiten vom Anfang bis zum finde mit den Verkaufslokalen der Hindis besetzt. Sie ist mei- stens kaum 7 8Fufe breit, schmutzig, mit grofeen Steinen, die weit aus der Erde stehen, bepflanzt, und weil sie ungepflastert, bei Regen- wetter nur für Barfufsler passirbar. Die Häuser zu beiden Seiten sind unansehnlich, altersgrau, zerfallen, theils mit einem niedrigen oberen Stockwerk versehen, theils nur ein Parterre-Geschofs enthaltend; die Läden befinden sich meistens nur in dem auch bei vielen anderen Häu- sern vorhandenen, auf Pfeilern ruhenden Vorplatze, der vielleicht 4 5 Fufe tief und 8 Fnfs lang ist, die inneren Wände sind mit einer Menge Fächer versehen, auf denen in der buntesten Reihe alles aufgeschichtet und nebeneinander gestellt ist, was nur hier irgend gefordert werden kann; Teller, Tassen, Milchtöpfe, Nadeln, Garn, Uhren, Handwerks- geräth, Messer, Gabeln, Löffel, Farben, Papier, Rohrfedern, alles steht friedlich neben- und untereinander; wie die eigenen Besitzer dieses ganzen Krams darunter das Verlangte finden können, ist jedem aufser ihnen selbst unbegreiflich, und läfet auf ein sehr ausgebildetes Organ für Ortssinn schliefen. Hiermit ist die Reihe der ausgestellten Arti- kel aber noch keineswegs abgeschlossen. Vor dem Schaufenster, das zugleich als Thür dient, ist eine kleine wohl 2 Fufs breite Zugbrücke angebracht, sie ist jetzt heruntergelassen, steht auf mehreren unten befestigten Füfsen und ist über und über mit Körben, Schüsseln und Töpfen besetzt, welche die verschiedensten Hülsenfrüchte, Korn, Wei- zen, die zur Bereitung des Curry nöthigen Stoffe, Kaffee, Zucker, Sy- rup, Cocosnufs- und Sesamöl, SassapariUewurzel und getrocknete Kräu- ter enthalten. Mit ähnlichen Sachen ist auch der Boden des Ladens selbst bedeckt und nur soviel Raum freigelassen , dafs der Verkäufer oder die Verkäuferin eben sitzen oder kauern, und allenfalls vorsichtig sieh bindurchwinden kann. Durch die kleinen Vorbaue auf beiden

23#

356 E- Qaaas:

Seiten , die noch alle mit einem Makutidache versehen sind, um die Waaren bei Regen trocken zu halten , wird die ohnehin schon sehr schmale Strafte bis auf eine Breite von 2 bis 3 FnJs reducirt, so dals die an zwei gegenüberstehenden Läden stehenden Käuferinnen auch ohne Crinolinen sich beinahe berühren. Und gerade hier ist der Ver- kehr außerordentlich stark; es hält manchmal schwer durchzukommen, da überall Käufer und Käuferinnen stehen, und nach beendetem Ge- schäfte mit dem Ladeninhaber erst die Tagesneuigkeiten durchsprechen, auch unglücklicher Weise manchmal noch einige Ochsen langsamen Schrittes durch dieses Gedränge ihren Weg suchen.

Der Hindi ist, was seine Gesichtsbildung, seine Kleidung, Le- bensart und Religion betrifft, dem Araber ähnlich. Sein Teint zeigt die verschiedensten Abstufungen von dem bräunlichen der südlichen Völker Europas bis zu schmutzigem Gelb ; den Bart, der nicht so voll ist wie beim Araber, trägt er wie es ihm beliebt, das Kopfhaar ist glatt abrasirt; seine Kleidung ist ein Lendentuch und darüber ein fei- nes weüses bis auf die Knöchel reichendes Hemd, das oberhalb der Hüfte mit einem zwei bis drei Mal um den Leib gewickelten weiten Shawl zusammengehalten wird. Seine Kopfbedeckung bildet entweder ein weifs und roth carrirter Turban von Muslin, ein weifses Käppchen oder eine kleine, oben und unten gleich weite, ganz bunte Mütze. Ein anderer weiiser Shawl über die Schultern geschlagen, vollendet nebst den ledernen Sandalen den Anzug, der, wenn er rein ist, seinen Mann recht stattlich erscheinen läfst; von Schmucksachen trägt er nur Ohr- ringe und vielleicht eine Halskette. Die Frauen der Hindis sehen, wie sie in den kleinen Boutiquen sitzen, obwohl es unter ihnen sehr hübsche Gesichter giebt, im Allgemeinen schmutzig und elend ms. Sie haben dieselbe Gesichtsfarbe wie ihre Männer und ihre groben bren- nenden schwarzen Augen sind das schönste an ihnen. Tag für Tag, Jahr aus Jahr ein in den dunklen Löchern der engen verbauten Häuser ein- geschlossen, zu denen Luft und Licht nur spärlichen Zutritt haben, müssen sie verkommen und können nur als Schatten von dem gelten, was sie bei einer anderen Lebensart sein könnten. Ich habe solche Frauen nie anders auiser dem Hause gesehen, als an den beiden gro- ben Festen des Islam, Rhamadhan und Haddj ; doch dann gegen ma- homedanische Sitte ohne Maske. Ihre Kleidung besteht aus einem lan- gen gestreiften seidenen Hemde, dessen Lieblingsfarbe roth oder cax- moisin ist; das Haar haben sie entweder lose herunterhängend, oder auf dem Hinterkopf in einen Knoten aufgesteckt Die Augenbrauen färben sie schwarz und tragen, auiser einem schweren goldenen Ringe oder Schlosse in der Nase, noch goldene Halsketten, Ohrgehänge, Arm- und Fu&ringe, scheinen überhaupt den Schmuck sehr zu lieben.

Die Bewohner ZaazibarY 357

Ihre Kinder patzen sie, so lange diese noch klein sind, ebenfalls gern, womöglich mit schonen seidenen Stoffen in den buntesten, grellsten Farben nnd behängen sie noch dazu mit Schmucksachen aller Art. Darin, dafs sie dieselben im Gesichte mit verschiedenen schwarzen Strichen nnd Linien bemalen, folgen sie nnr dem allgemeinen Gebranch nnd Aberglauben der Eingebornen, die hierin ein Präservativ gegen Krankheit und Zauberei erblicken. Die Religion der Hindi» ist der Mohamedanismus, doch gehören sie wohl nicht ganz demselben Glau- bensbekenntnifs an, wie die Szuahelis, die Sunniten sind; denn ich habe viele von ihnen ihre Gebete häufig des Abends auf dem vor un- serem Hause liegenden Quai, also öffentlich, verrichten gesehen, was ich bei den Szuahelis nie bemerkte; auch haben sie im Süden der Stadt am Strande des Meeres einen eigenen Tempel, dessen schon früher Erwähnung gethan ist. Bei Hochzeiten und sonstigen festlichen Gelegenheiten veranstalten sie öffentliche Umzüge, bei denen zur Be- gleitung der gotna und eines tamtam gesungen und getanzt wird. Kleine Knaben sind dabei die Hauptacteurs, sie haben Schwerdter und Stöcke in der Hand und fuhren unter einander, so oft der Zug, was sehr oft geschieht, anhält, Scheinkämpfe aus. Vielleicht liegen diesen Prozessio- nen noch sonstige religiöse Verpflichtungen zu Grunde.

Ganz verschieden von ihnen, sowohl was Religion, als was Sitten und Aussehen anlangt, sind die Banjanen. Unter diesem Collectivna- men fafst man gewöhnlich diese nach Kutsch, einer nördlich von Bom- bay in der Nähe der Küste gelegenen Insel, gehörigen Leute zusam- men, obschon er eigentlich nur eine ihrer Kasten, in die sie sich theilen, bezeichnet. Die Anzahl der hier wohnenden mag wohl 5 600 betra- gen. Sie kommen in der Regel schon als Knaben hierher, treten in das Geschäft eines Freundes oder Verwandten, kehren nach einer Reihe von Jahren, wenn nicht reich doch meist wohlhabend in ihre Heimath zurück, und überlassen das Feld anderen ihrer Landsleute zur Aus- beute. Der Handel ist es, dem sie sich mit Leib und Seele hingeben, zu dem sie geschaffen scheinen, doch giebt es unter ihnen auch recht geschickte Handwerker, Goldschmiede, Uhrmacher, Tischler, Schmiede, nur müssen sie zu allem, was sie anfertigen sollen, ein Vorbild haben; in der Nachahmung sind sie sehr geschickt, an Erfindungsgeist aber fehlt es ihnen. Ihre Religion ist der Brahmadienst, sie beten zu der dreifachen Gottheit Indiens und haben in ihren Häusern kleine Bilder von Holz oder Stein, vor denen sie ihre Andacht verrichten. Die hier in Zanzibar lebenden theilen sich in zwei Kasten, die Banjanen und die Batias, die streng von einander geschieden sind, und selbst wieder meh- rere Rangklassen haben. Die Batias bilden die höhere Kaste und sind dadurch kenntlich, dals sie oberhalb der Stirn an ihrem Turban ein

358 E- Quaas:

kleines Hörn tragen; sie halten sich ausserordentlich streng an die ihnen vorgeschriebenen Lehren und Gebräuche, rühren nichts an, wm von einem Thiere kommt, weder Fleisch noch Eier, (Butter macht eine Ausnahme) und leben nnr von Pflanzenkost. Reis ist ihre Hanptnah- nung; Süfsigkeiten und den Ohee, die hier fabricirte Butter, lieben äe leidenschaftlich und können davon ungeheure Portionen vertilgen. Sie essen nie von Tellern, sondern lassen alle Speisen in dem zierlich zu- geschnittenen 4 5 Zoll im Durchmesser haltenden Blatte des Banianen- Baumes auftragen; niemals essen sie von demselben Blatte zum «wei- ten Male, jeder neue Tisch erfordert eine andere Unterlage, auch be- dienen sie sich keines anderen Oeräthes dabei, als ihrer Finger, die sowohl vor als nach der Mahlzeit sorgfältig gereinigt werden. Da Nie- mand sehen darf, was sie essen, so ist es Sitte, während der Mahl- zeiten die Thüren des Hauses verschlossen zu halten; sollte Jemand, der zu einer niederen Kaste gehört oder vielleicht gar eines anderen Glaubens ist, sie beim Essen betreffen, so müssen alle Speisen als un- rein weggeworfen und ein neues Mahl zubereitet werden. Ich habe sogar gehört, dafs bei den gewöhnlichen Mahlzeiten im Hause, sobald mehrere zusammen speisen, keiner sehen darf, was der andere genie&t dafs sie sich daher gegenseitig den Rücken zukehren, doch weife ich nicht, ob dies wahr ist; bei grofeen Festessen, wie sie sehr häufig Statt finden, wird eine solche Sitte nicht beobachtet. Ihr einziges Getränk ist reines Wasser, welches der strenge Batia ans einem ihm eigens ge- hörigen kleinen kupfernen Becher trinkt, dabei aber das Gefife nicht an die Lippen setzt, sondern das Wasser aus einiger Entfernung lang- sam in den Mund giefst. Auch dieser Becher ist Gegenstand grober Sorge, sollte ein Unreiner ihn berühren oder gar benutzen, so moüi er im ersteren Falle verschiedene Maie abgescheuert, im anderen aber ganz weggeworfen werden. Nicht nur der Oenufs alles dessen, was vom Thiere kommt, ist ihnen untersagt, sondern auch der Anblick von Blut macht sie unrein und sie müssen sich dann erst durch verschie- dene Ablutionen wieder reinigen, von denen eine das Waschen mit dem Urin der Kuh, des ihnen heiligen Thieres sein soll. Die Leute nehmen sich vor dieser Art Uebertretung wohl in Acht; nicht einmal vor un- serer Küche gingen sie am Vormittag gern vorbei, wenn sie rochen, dafs darin gebraten wurde, sondern machten Heber einen weiten Um- weg durch den Hof. Ein Thier zu todten, ist ihnen untersagt, und der Batia wird keinen Muskito, keinen Floh, der ihn sticht, fangen oder wissentliich todten, höchst liebenswürdig jagt er die Quäler fort. Im Customhause war einst eine Schlange, welche die dort sich auf- haltenden Leute beunruhigte. Wie sollte man sie aber entfernen, da man ihr Blut nicht vergiefsen und das Haus durch ihren offenen Mord

Die Bewohner Zanzibar's. 359

verunreinigen konnte? Man half sich dadurch, dafe man ihr Loch in der Mauer ausspionirte und sie lebendig darin vermauerte. Dafe der Banjane von einer friedfertigen Natur ist, kann man aus dem Gesag- ten wohl schliefeen, er versteht nicht mit Waffen umzugehen, tragt nie- mals Waffen bei sich; hat er sich an Jemand zu rächen, so kann er dies auf keine andere Manier thun , als indem er das Vermögen , den Handel seines Feindes zu Grunde richtet; furchtsam und feige sind sie von den hiesigen Einwohnern wenig geachtet, eigentlich verachtet and durften sich noch vor 12 bis 15 Jahren, ehe der verstorbene eng- lische Gonaul Hamerton Ordnung und Ruhe stiftete, kaum auf den Strafsen sehen lassen. Selbst jetzt kommt es noch mitunter vor, dafs sie von Negerjungen mit Steinen geworfen und mit Schimpfreden verfolgt werden. Das Aeufsere des Banjanen ist sehr einnehmend und ange- nehm. Sie haben einen gelbbraunen, mehr oder weniger hellen Teint, glänzende schwarze Augen, eine gerade Nase und einen feingeschnit- tenen Mond voll der schönsten Zähne, ihre Gliedmaßen sind meistens wohl proportionirt, Hände und Füfee klein, ihr Köper schlank, doch eher zur Fülle als zum Gegentheil geneigt, aber zum Ertragen von Beschwerden und angestrengter Thätigkeit wenig geeignet. Ihre Klei- dung ist ein feines weifses Tuch mit rother Kante, um die Lenden ge- schlagen und bis zu den Knieen herabhangend ; mit dem einen Ende wird es zwischen den Beinen aufgeschürzt gekreuzt, und sieht beinahe aus, wie ein Paar weite Hosen. Darüber wird ein feines, ebenfalls weifses langes Hemd gezogen und mit kleinen Bändern über die Brust zuge- bunden, die Aermel desselben haben beinahe die doppelte nöthige Länge und sind am Arme in unzählige kleine Falten in die Höhe ge- zogen; ein zweites weifses Tuch mit eben solcher Kante wie das er- stere wird über die Schultern gehängt und auf die verschiedenste Manier getragen. Die Kopfbedeckung der Banjanen bildet eine Art Turban von rothem oder violettem sehr feinem Stoffe, der aber ganz anders gewunden wird, als es bei den Arabern und Hindis Sitte ist Er ist höher als der bei diesen gebräuchliche und hat eher die Gestalt ei- ner Pickelhaube; an dem Turban sieht man hauptsächlich, wie schon frü- her bemerkt wurde, welcher Kaste sein Eigenthümer angehört. Reiche Leute haben den Turban an der vorderen Seite mit einem breiten, in das Zeug selbst eingewirkten Goldstreifen geschmückt. Ihn zu wickeln soll eine höchst mühsame, zeitraubende Arbeit sein und es «ollen zu einem einzigen Turban einige 20 30 Ellen Zeug gehören, daher läfst ihn der Banjane auch immer in seiner Form, und benutzt ihn nicht, wie der Ssuaheli und Hindi den seinigen, zeitweilig als Umschlage« tuen. Bin solcher Turban ist das gewöhnliche Abschiedsgeschenk des Customhaus-Pächters Ludda, eines Batia, an seine nach Haus zurück-

360 E. Qnaas:

kehrenden Landsleute. Für gewöhnlich im Hanse oder anf der Strafte, wenn sie nicht in Staatskleidern sind, bedecken sie den Kopf mit ei- ner Mutze von Seidenzeug, die auf der einen Seite mit einem Schirm von demselben Stoff versehen ist. Sie tragen diese Kappe entweder so, dafis die Klappe nach hinten kommt nnd den Nacken bedeckt, oder biegen den Schirm nach oben, setzen die Mutze beliebig anf, die dann, weil sie auf der einen Seite ans rother, auf der andern ans grüner Seide besteht, ein sonderbares Aussehn bekommt. An den Pulsen tra- gen die Banjanen grofse unförmliche Schuhe mit langem, nach hinten gebogenen Schnabel. Das Kopfhaar ist schwarz, lang nnd glänzend, wird bis auf die Mitte (den Scheitel) abrasirt und auf die verschie- denste Manier getragen, bald lose herabhängend, bald als Zopf, bald in Form eines Knotens auf dem Hinterkopf festgesteckt. Trägt der Banjane aber einen Turban, so darf es nie darunter hervorkommen, sondern wird sorgfältig den Blicken entzogen. Vom Bart darf der Banjane nur den Schnurrbart stehen lassen, der bei ihm zum Cere- moniel erforderlich ist ; wenn wir beim Tode eines Angehörigen einen Flor um Hut und Arm binden, so schneidet der Banjane seinen Bart ab und druckt dadurch seine tiefste Trauer aus. Der oben geschil- derte Anzug ist das Staatskleid. . Im Neglige* e, wie man die Banjanen täglich nach dem Strande gehen sieht, erscheinen sie bei Weitem nicht so anziehend ; denn dann haben sie nur einen schmutzigen Lappen um die Lenden gebunden, nnd nur manchmal, wenn es kalt ist, ein ähn- liches unsauberes Tuch um Kopf und Schaltern gewickelt. Von Schmuck- sachen tragen Erwachsene Ohrgehänge und Halsketten mit daran hän- genden sonderbar gestalteten Medaillons, beides oft reich mit Edelstei- nen, besonders Rubinen und Smaragden besetzt, nnd auch den oberen Rand der Ohrmuschel haben die meisten mit vielen kleinen Lochern durchbohrt, in die sie bei festlichen Gelegenheiten kleine goldene oder silberne, mit werthvollen Steinen verzierte Nadeln stecken; an dem zweiten Zeh eines ihrer Fufse tragen sie in der Regel einen 3 4 Li- nien breiten silbernen Ring. Kinder haben um den Hals einen halb- mondförmigen Schmuck von Goldblech, nach Art der gorgelt bei den französischen Officieren. Die Banjanen verehren die Kuh als ein hei- liges Thier, und schaffen sich eine solche an, wenn es ihnen irgend möglich ist. In einem grofsen Hofe in der Nähe des Palastes des Sultans halten sie eine Menge dieser Thiere, und ernähren sie, ob auf gemeinschaftliche Kosten, kann ich nicht sagen ; aofser diesen gehöreo ihnen aber noch eine Menge andere, die sie frei am Strande herum- laufen und sich ihre Nahrung suchen lassen. Wo sie nur können, su- chen sie ihr heiliges Thier vom Tode des Schlachtens zu retten, und wohl nie wird es ihnen einfallen eines der ihrigen an diesem Zwecke in

Die Bewohner Zanzibar't. 361

verkaufen, wie erpicht sie Mich sonst auf Geldgewinn sein mögen. Ihre Todten verbrennen sie nach indischer Sitte; der Leichnam wird, in ein reines Tuch gewiekelt und das Gesicht wohl zugedeckt, auf ei- oer Rohrbahre von seinen Angehörigen nach dem Orte der letzten Ceremonie getragen. Jeder der ihn Begleitenden nimmt ein oder meh- rere Bündel Holz mit, aus diesen wird an einem abgelegenen Orte, gewöhnlich am Strande, im Süden der Stadt (denn sie haben es nicht gern, wenn Fremde der Ceremonie beiwohnen), ein Scheiterhaufen er* richtet, der Todte darauf gelegt und verbrannt Während dessen kauern sie alle, Gebete murmelnd, rund um die Flamme. Ist der Leichnam vom Feuer verzehrt, so werfen sie die gesammelte Asche in das Meer, und kehren still nach Hause zurück. Die Banjanen kommen, wie schon früher bemerkt, meist als Knaben hierher, bleiben bis zu ihrer Mannbarkeit hier und gehen dann auf ein oder zwei Jahre in ihre Heimath, um sich mit dem ihnen bestimmten Mädchen zu verhei- rathen; es herrscht nämlich unter ihnen der Gebrauch die Kinder schon frühzeitig miteinander zu versprechen. Reisen sie dann wieder nach Zanzibar, so lassen sie ihre Frauen in Kutsch, da diese, ebenso wie die Mädchen das Land nicht verlassen dürfen. Die Banja- nen haben demzufolge hier gar keine Frauen ihres eigenen Stam- mes und müssen sich mit schwarzen Sklavinnen begnügen, was bei ihren vielen Eigentümlichkeiten und ihrem scrupulösen Wesen eigent- lich auffallend ist. Sollten sie Kinder mit diesen erzeugen, so lassen sie dieselben erziehen und behandeln sie sehr gut, wie sie auch über- haupt gegen ihre Sklaven milde Herren sind. Allgemeiner Gebrauch ist es bei ihnen, sich bei festlicher Gelegenheit mit rother Farbe Striche auf Stirn und Schläfe zu malen ; selbst vor dem Gebet, welches sie in ihrem Hause vor ihren Penaten verrichten, ist es nöthig erst einen kleinen rothen Kreis oder Punkt über der Nasenwurzel auf der Stirn zu zeichnen; auch dem Gürtel oder der Schnur, die sie auf dem blofsen Leibe tragen und Niemandem zeigen, scheinen sie einen be- sonderen magischen Einflute zuzuschreiben. Genaueres kann man darüber nicht erfahren, weil sie in Bezug auf Alles, was ihre Religion betrifft, sehr geheimnisvoll sind. Eines ihrer gröfsten Feste ist Ihr Neujahr, der Tag, an dem ihre Handlungsbücher geschlossen und neue angefangen werden. Auf diesen Tag rüsten sich die Banjanen schon im Voraus. Ihr Haus wird von oben bis unten gereinigt und innen frisch geweifst und zwar in Ermangelung von Pinseln mit einem fei- nen Reisbesen; von ihren Freunden borgen sie sich Stühle, Spiegel, Bilder und andere Zierrathen, deren sie habhaft werden können, um ihren Laden und die daneben befindliche Stube zu schmücken. Am Abende dieses Tages pflegten wir durch die von ihnen bewohnten Stra-

362 B. Qua*a:

feen eu gehen , diese sahen dann recht festlich aus. Aller Schmutz und Unrath des ganzen Jahres ist aus den hellerleuchteten Laden entfernt. Der Besitzer selbst steht und sitzt in seinen Feierkleidern in der Nähe der Thür und ladet seine Freunde, die vorüber ge- hen, freundlich zum Eintreten ein. Den Hauptschmuck des Ladens bilden ein oder mehrere greise messingene Leuchter; auf einem mas- siven langen Fufee ruht eine grofse runde mit Oel gefüllte Schaale, an deren Rande ringsherum kleine erhöhte Rinnen angebracht sind, welche die Dochte in sich aufnehmen; 20 bis 30 solcher Flammen befinden sich auf einem Leuchter und erhellen, in der Mitte des La- dens aufgestellt, sowohl diesen, als auch die enge StraTse draufcen, auf der es von Menschen, Szuahelis und Negern wogt. Alles will die wohl mit Recht als geizig verschrieenen Banjanen als Spender der Freude in ihrem Olanze sehen. Schwärmer und Frosche werden von allen Ecken losgelassen, Pistolen und Gewehre abgefeuert, Ge- jauchze und Geschrei herrscht fiberall. Nur mit Muhe gelangten wir dann durch die schmutzigen Strafsen denn das Fest fallt leider in die kleine Regenzeit , nachdem wir die uns bekannten Banjanen besucht, ihnen die Hand gereicht, guten Tag gesagt und uns einen Augenblick bei ihnen niedergelassen hatten. Daranf lenkten wir unsre Schritte nach dem Hause des reichsten unter ihnen, des Customhaus- Pachter* Ludda. Er hatte uns zu einer Festlichkeit eingeladen, die an einen solchen Tage bei den Vornehmeren stattzufinden pflegt, zu einem Tante von Bajaderen, oder wie man es in Ostindien nennt, zu einer Ntüek. Ludda befindet sich noch unten in seinem Empfangszimmer, wo er nebst seinen beiden Söhnen auf einem persischen Teppich sitzt, der auf den Seiten mit gepolsterten Rollen belegt ist; bei unserem Eintritt steht er auf, reicht jedem von uns die Hand, wir lassen uns auf die bereit stehenden und schnell herbeigeholten Stuhle nieder und sind Zeugen eines der Hauptacte dieses Tages. Alle Banjanen nämlich, die in Ge- schäftsverbindung mit ihm stehen und ein Conto bei ihm eröffnet ha- ben, bringen ihm heute Abend ein Geschenk an Geld von 1 bis 20 oder 30 Thlrn., jeder nach seinem Vermögen und der Grofse seiner Schuld bei ihm. Dieses Geschenk wird schweigend, aber mit lächeln- der Miene in den vor dem Hausherrn stehenden Geldkasten gelegt; man notirt seinen Betrag und eröffnet dem Geber in dem neuen Bache fürs nächste Jahr ein frisches Conto, dessen Ausdehnung sich wahr- scheinlich nach der überreichten Gabe richtet. Gesprochen wird nur sehr wenig; der Besucher setzt sich nur einen Augenblick hin ond entfernt sich bald wieder, doch wird das Zimmer den ganzen Abend hindurch nicht leer, und es mag eine ganz erkleckliche Summe ent- kommen. Endlich fährt unser Wirth uns hinauf in seinen grofsen Saal,

Die Bewohner Zanzibar's. 363

eigentlich sein Comptoir, ein recht geräumiges hohes Zimmer, das ganz and gar mit gewöhnlichen und bunten Strohmatten auegelegt ist Auf der rechten Seite stehen die Stuhle für die Europäer, auf der lin- ken liegen persische Teppiche für die anderen Besucher. Mehrere Leuchter wie die oben beschriebenen, erhellen den weiten Raum; nach und nach beginnt er sich zu füllen; gravitätischen Schrittes kommen Banjanen, Hindis und Szuahelis an, reichen dem Hausherrn die Hand und setzen sich mit verschränkten Beinen auf ihren angewiesenen Platz nieder. Das ganze Corps de bauet besteht aus vier Personen, zwei Musikern und zwei Tänzerinnen, von denen die erste alt, häfslich, Taback und Betel kauend, ihrer schönen jungen Gefährtin wahrschein- lich als Folie dienen soll, um deren Beize in noch besseres Licht zu setzen. Sie lassen sich erst einen Augenblick nieder und beginnen die Toilette für den Tanz zu machen. Die Alltagskleider werden ab- und ein sehr weites Kleid mit kurzer Taille von braunem Seidenstoff angelegt, das von den Hüften in unzähligen Falten bis auf die Mitte des Unterschen- kels hinabfallt, enge Höschen von dunklem Stoffe verhüllen den übrigen Tneil des Beines, so dafs nur Gesicht, Schultern, Arme und Füfse ent- blöfst sind. Ein grofser rother Sbawl von schwerem Seidenzeuge, mit golddurchwirkter Borte dient beim Tanze zum Coquettiren und Panto- minenspiel, silberne Ketten, 6 bis 7 mal oberhalb der Knöchel um das Bein geschlungen, begleiten die Musik mit ihrem Klirren. Der Tanz selbst bewegt sich nach dem Rhythmus der Musik bald in langsamen, bald in schnelleren Bewegungen und Drehungen und wird von dem Gesänge der beiden Tänzerinnen nach ziemlich einförmigen Melodieen begleitet; die Alte übernahm dabei den Alt, die Jüngere den Sopran. Was den Inhalt der Lieder betrifft, so blieben wir leider aus Unkennt- nifs der Hindostansprache darüber in Dunkelheit, doch sollen die Lie- der meistentheils von Liebesabenteuern handeln. Die Tänzerinnen wenden sich dabei oft an einzelne Zuschauer und singen ihnen mit freundlich lächelnder Miene einige Verse ihres Liedes gerade in das Ge- sicht hinein. Aufeer diesen poetischen Ergüssen wurden noch Panto- minen aufgeführt; so liefe das Mädchen unter andern einen Drachen steigen, holte ihn wieder ein und begleitete ihr ausdrucksvolles Gebehr- denspiel mit recht graeiösen Bewegungen der Arme und zierlichen Dre- hungen und Schwenkungen des ganzen Leibes; Alles hält sich in den Gren- zen des Anstandes, und man gewahrt Nichts, was dem Bilde entspricht, das man sich bei uns von einem Bajaderentanze macht. Der rothe Shawl spielt eine Hauptrolle, er liegt bald in zierlichen Falten über die Schul- tern, bald umhüllt er die ganze Gestalt wie ein Schleier, kurz er ist in fortwährender Bewegung, und trotzdem er neidisch den Blicken oft Alles entzieht, ist er doch eine angenehme Zugabe in den Händen

364 E. Quaas:

der höbscheren, jüngeren Tänzerin, die sowohl durch ihr Aeolseres, als durch ihr lebhaftes Mienenspiel unser Interesse fesselte. Eine an* dere Quelle der Unterhaltung für uns waren die beiden Musiker; der eine ein wohl 6 Fnfs langer , weifs behemdeter bärtiger Hindi beglei- tete auf seiner kleinen, mit einer Menge Saiten bezogenen, sonderbar geformten Ouitarre Tanz und Gesang und spielte den maiire de danse, den Souffleur, und fiel von Zeit zu Zeit als Chorus ein. Er schien an den Rockschofs der kleinen Tfinzerin geheftet zu sein, denn er ging ihr vor und rückwärts auf Schritt und Tritt nach und klimperte mit der ernsthaftesten Miene auf seinem Instrument Sein kleiner College, ein untersetzter Bursche, war nicht minder sehenswerth; er schlug die Trommeln, von denen er zwei von 6 7 Zoll Durchmesser in einen weifsen Shawl eingewickelt, um den Leib befestigt trug. Es war un- endlich spafshaft zu sehen, wie er die Trommeln vor seinem Bauche mit den gelben Fingern bearbeitete und bei Kraftstellen, wenn er mit dem Ballen der Hand aufschlug, die Augen schwärmerisch zum Him- mel verdrehte. Er hatte sich die Alte zum Leitstern auserwählt, und gab in der Beharrlichkeit, in ihrem Kielwasser zu segeln, dem Guitar- renspieler nichts nach. So dauerte der Tanz mit nur kurzen Unter- brechungen wohl die ganze Nacht fort. Da Jeder an diesem Tage freien Eintritt hatte, war der Saal nach und nach beinahe ganz gefallt und der Platz für die agirenden Personen immer mehr beschrankt worden ; Araber, Hindis, Banjanen, alles safs bunt durcheinander und an der Thor standen die Neger, Kopf an Kopf gedrängt; der Saal enthielt soviel Menschen, als er nur irgend fassen konnte. In Folge dessen herrschte denn auch trotz der offenen Fenster eine beinahe un- erträgliche Hitze, die wir nur durch unsere kleinen Fächer mildern konnten, von denen Jeder beim Beginn der Unterhaltung einen zur Dis- position bekam. Oegen 1 i Uhr hatten wir des Vergnügens genug und entfernten uns, nachdem wir der hübschen Kleinen ein Geschenk ge- macht, aber die übrigen Zuhörer blieben jedenfalls noch viel länger da; die Hindis und Banjanen sind solche Freunde dieser Unterhaltung, dafs sie ganze Nächte lang still sitzen, zuhören and zusehen können.

Diese Mädchen kommen meistens von Bombay auf A venture nach Zanzibar, tanzen, singen, sind auch sonst nicht allzu spröde und kehren nach einigen Jahren mit recht ansehnlichen Ersparnissen in ihre Hei- math zurück ; sie lassen sich sehr gut bezahlen, ein Abend kostet in der Regel 15 20 Dollars und sie kommen auf Verlangen auch zu Eu- ropäern.

Am Tage nach dem eben beschriebenen Feste pflegen die Ban- janen ihren Geschäftsfreunden ab Geschenk einen Teller mit Candifr» sucker, oder mit Backwerk zu übersenden, das indels so au&eror-

Die Bewohner Zansibar's. 365

deutlich suis und voll Ghee ist, dafs man es gar nicht geniefsen kann. Andere Festtage, wie solche noch in Menge existiren, feiern die Banjanen nicht, wenigstens nicht öffentlich, sondern nur anter sich durch Gastm&hler, von denen sie grofse Freunde sind. Selbst ihre Sonntage unterscheiden sieh durch Nichts von den gewöhnlichen Ta- gen; das Geschäft geht diesen Leuten über Alles und wird Tag für Tag, Jahr aus Jahr ein getrieben.

Die Banjanen wohnen wie die Hindis in der Mitte der Stadt, aber meist in den nahe am Strande gelegenen Strafsen; eine derselben be- ginnt auf Schangani; sie ist schmal, schmutzig, und sieht sich, obwohl vielfach gekrümmt, beinahe durch die ganze Stadt. Zu beiden Seiten liegen die Verkaufsläden, kleine dunkle Löcher voll Unrath aller Art. Der Inhaber sitst gewöhnlich in dem kleinen Nebenstubchen oder im Laden selbst auf einer mit gepolsterten Rollen umgebenen Matte und vor ihm steht ein kleiner mit messingenen B&ndern beschlagener Ka- sten, der die Briefe, Handlungsbücher und Baarschaft des Kaufherrn enthalt. Kommt man des Morgens vor 7 Uhr durch eine dieser Stra- fsen, so sitzt alles vor den Thuren, geniefst die hier nicht allzu frische Morgenluft, und reinigt und putzt sieh mit einem kleinen Stuckchen Holz, das von einem hier wachsenden Strauche kommt, sorgfältig die Zahne. So leben die Banjanen hier still und friedlich, ein Kaufmanns« volk, von dem jeder einzelne Zanzibar als den Ort betrachtet, wo er sein mitgebrachtes Capital verwerthen will, als den Boden, auf dem seine rastlose Thätigkeit ihre reiche Erndte bringen soll; sie gehen und kom- men sich in bestimmten Zeiträumen periodisch immer wieder erneuernd, und die Abreisenden fiberlassen den neuen Ankömmlingen das Feld zur weiteren Ausbeutung. Da sie aufserordentlich sparsam leben» we- nig für ihre eigenen Bedürfbisse brauchen, gelingt es ihnen auch mei- stens nach einer Reihe von Jahren mit einem mehr oder minder gro- ben Vermögen in die Heimath zurückzukehren. Nur wenige giebt es, die nicht dies als das Endziel ihrer Muhe erachten, sondern die Tage ihres Alters hier in der Fremde unter einer Bevölkerung, die sie gewisser- maafeen verachtet, beschließen wollen.

366

XIV.

Ueber die Wärmeabnahme in höheren Breiten.

Von H. W. Dove.

Durch die Polar -Expeditionen der Engländer und Amerikaner wissen wir, dafs die Kneten der Baflinsbay nirgends mit dem ameri- kanischen Pestlande zusammenhangen, daft diese Bay vielmehr auf ihrer Westseite durch drei Verbindungswege mit dem Polarmeer zu- sammenhangt, in welches der Macquenzie mundet Der nördlichste, der Jones -Sund, trennt das durch den Smith «Sund von Grönland ge- schiedene Grinneü-Land und Nord- Lincoln von dem Parry'scheo Ar- chipel der Inseln North Devon, CornwaUis, Melville und Patrick, der mittlere, dargestellt durch den Lancaster-Sund, die Barrow-Stralse, den Melville-Sund und die Banks-Strafte, trennt diesen Archipel von dem süd- licher gelegenen Franklin'schen Archipel, unter welchem ich die Cock- burn- Inseln, North Somerset, Prince of Wales Land, Prince Alberte Land und Banks Land verstehe, so dafs die Hudsons -Strafte und Bay, der Fox Channel, die Fury und Hecla- Strafte, der Golf von Boothia, die Bellot- Strafte, die Victoria -Strafte, die Dease- Strafte und die O ronation Bay erst den amerikanischen Continent nach Norden hin be- grenzen. Die am weitesten nach Norden ragenden Punkte dieses Con- tinent»: Point Barrow, Cap Bathuret und die Nordspitze von Boothia Felix an der Bellot- Strafte liegen daher unter einander und mit den Nordcap in Buropa in nahe gleicher Breite, während der asiatische Continent nur im Cap Taimyr und Tscheljuskin bedeutend höher hin- aufreicht.

Die mit zunehmender Breite erfolgende Warmeabnahme laftt sieb in den verschiedenen Continenten daher bis nahe zu demselben Breiten- kreise hin fesstellen. Je mehr Punkte an dieser Grenze bestimmt sind, desto sicherer werden die Schlüsse aber die weiter hin erfolgende Ver- theilung der Wärme in den Gegenden, welche directen Beobachtungen unzugänglich sind. Nur Grönland greift über diese Grenze weit genug hinauf und herunter, um die Warmeabnahme vom 60. bis nahe nun 80. Parallel feststellen zu können. Für Amerika leisten dies die dem Continent vorliegenden Inseln, für welche durch die Polar -Expeditio- nen ein reiches Material vorhanden ist. Aber diese standen bisher ziemlich unverbunden da, indem die filteren Land -Expeditionen von

üebcr die Warme»bi»hiM in höheren Breiten. 367

Franklin und Back, die neueren Reisen von Rae und Richard- en ausgenommen, die einsigen Anknüpfungspunkte an die südlicher gelegenen Forts der Hudsonsbay-Compagnie und die wenigen sicher bestimmten canadischen Stationen bildeten.

Die Annahme, dafs der sogenannte amerikanische Kältepol in die Breite von 73* bis 74° in die Barrow-Strafse falle, gründete sich auf die älteren Beobachtungen der Expeditionen von Parry und Ross. Da die Sommerwärme auf der Winter- Insel und Igloolik im Fox Chan- nel sich niedriger ergab als auf der Melville- Insel, so schlofs man ohne Weiteres, dafs besonders im Sommer hier die Wärme nach Norden hin zunehme. Dafe die Veränderlichkeit des Klima's, darunter verstanden die Abweichungen einzelner Jahrgänge von den aus vielen Jahren be- !

stimmten mittleren Werthen, so grofs werden könne, dafs der Sommer in einem bestimmten Jahre in einer südlicheren Breite kälter ist als der eines anderen Jahres in einer höheren Breite, versteht sich von selbst. Bei der Entwerfung der Monats -Isothermen in ihrer ersten Darstellung, bei welcher nur jene» ältere Material benutzt werden konnte, habe ich mich nicht berechtigt gehalten, das durch die Erfah- rung Gegebene zu modificiren, aber aus den wenigen Anhaltspunkten geschlossen, dafs sämmtliche Isothermen ihre concave Seite hier nach Norden kehren, und die Gestaltänderung in der jährlichen Periode so aufgefafst, dafs die kälteste Stelle vom Winter zum Sommer hin hier sich nach Osten bewegt, wofür die Richtung des aus der Baffinsbay herabkommenden eisfuhrenden Stromes außerdem entschieden spricht Diese Darstellung war eine hypothetische, weil damals die Wärmever- theilung im nördlichen Grönland vollkommen unbekannt war, sie schliefst aber schon die später ohne alle Kritik aufgestellte Behauptung einer in diesem Gebiet erwiesenen Ueberschreitung eines Kältepols und dar- auf gegründeten Versicherung des Vorhandenseins eines mit erheblich höherer Temperatur begabten, permanent eisfreien, zugänglichen Polar- beckens aus, in welches Franklin gelangt sein sollte und welches von Neuem zu erreichen daher die bei seiner Aufsuchung gestellte Auf- gabe sei. In der „Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der Erde. Bertin 1852. 4." habe ich S. 13 die Temperatur des Nordpols im Juli zu 0V6 bestimmt, eine Wärme über dem Frostpunkt des Meerwas- sers, in der Breite von 809 die Wärme der drei Sommermonate zu 0.8, 0.9 und 0.1. Daraus geht hervor, dafs in den Sommermonaten eine zusammenhängende Eisdecke hier unwahrscheinlich ist, weil die Temperatur des der freien Insolation ausgesetzten Meeres an sich schon höher ausfallen mufs als die im Schatten bestimmte Lufttemperatur, und zwar naturlich desto unwahrscheinlicher, je weniger sich die freie Bewegung des Meeres hemmende Inseln über die Oberfläche dessel-

368 H. W. Dove:

ben erheben, aber noch unwahrscheinlicher ist ein stets offenes Meer, wenn man berücksichtigt, dafe ans denselben Daten die mittlere Jahres- wärme des Pols 13°. 3 ist, unter 80 Breite noch 11*. 2. Dafe die letzten Gründe der verwickelten Gestalt der Isothermen in der Con- figoration des Festen und Flüssigen sn suchen seien, habe ich dadurch gezeigt, dafs die Isanomalen sich dieser im Großen und Gänsen ent- schieden anschließen. Eine stete Berücksichtigung derselben ist daher auch da nothwendig, wo es sieb darum handelt, innerhalb eines klei- neren Gebietes von den scheinbar localen Anomalien sich Rechenschaft au geben.

In Beziehung auf die arktischen Gegenden der neuen Welt kann man in dieser Beziehung folgende besondere Fälle unterscheiden:

1) Das Festland endet nach Norden plötzlich an einem inselfreien Polarmeer.

2) Es liegt ihm eine durch mannichfache Wasserstraßen getrennte Inselwelt vor.

3) Diese Wasserstraßen ziehen ohngeföhr in der Richtung der Me- ridiane und gestatten also, die Wärmeverbreitung der Luft auf einer wenigstens zeitweise flussigen Grundfläche zu untersuchen.

4) Ein festes Land bildet in dieser Richtung den Uebergang aus der gemäßigten in die kalte Zone.

Der erste Fall verwirklicht sich an der Westseite des amerikani- schen Gontinents, der vierte in Grönland, während der zweite und dritte dazwischen fallen.

Die am Ewihpack in Ikogmut von Netzvetof angestellten und von Wesselovski berechneten Beobachtungen und die von Richard - son am Tukon erhaltenen bilden ein continentales Verbindungsglied zwischen Point Barrow am Eismeer, an welchem die Mannschaft des Plover zwei Jahre hindurch stündliche Beobachtungen anstellte, und Sitcba am Stillen Ocean, dessen Wärme durch zwanzigjährige Beob- achtungen sicher festgestellt ist, während die im Kotzebue-Sund er- haltenen ein mit dem Yukon in gleicher Breite liegendes Verbindungsglied am Meere bilden. Hier läßt sich also der Einfluß eines von Eis größ- ten Theiß bedeckten und eines eisfreien Meeres im Gegensatz einer continentalen Lage scharf bestimmen. Die folgende Tafel enthält die Ergebnisse dieser Beobachtungen (Grade Reaumur).

üeber die Wärmeabnahme in höheren Breiten.

369

Point Barrow

Kotzebue- Snnd

Yukon

Ikogmut

Port Cla- rence

Sitcha

Breite

71f 21'

66° 58'

6o»

61° 47'

60* 45'

57« 3'

Lange

156 17

165 7

147

161 14

165

135 18

Jannar

—22.55

—19.56

—26.16

—13.20

-19.19

—0.01

Februar

—24.24

—21.11

—25.97

—16.00

—13.89

0.49

März

—20.75

—16.89

—19.18

—13.29

—12.18

1.46

April

—12.67

—7.78

—8.60

—3.79

—9.11

3.61

Mai

—5.28

—0.89

4.11

0.70

0.32

645

Juni

0.12

2.01

9.55

7.53

3.74

8.85

Juli

1.88

8.02

15.00

8.52

7.92

10.45

August

2.85

5.31

12.40

7.23

6.08

10.60

September

—2.68

2.84

2.96

5.08

3.80

8.45

October

—13.25

—3.11

—4.62

—2.04

—4.17

5.58

November

—18.00

—13.67

—17.98

—8.48

—13.93

2.86

December

—20.10

—11.89

—22.41

—11.67

—14.09

0.84

Winter

—22.30

—17.52

—24.85

—13.82

—15.72

* 0.44

Frühling

—12.90

—8.52

—7.89

—5.46

—6.94

3.84

Sommer

1.62

5.45

12.32 %

7.76

5.91

9.97

Herbst

—11.32

—4.65

—6.55

—1.81

—4.75

5.63

Jahr

—11.05

—6.31

—6.74

—3.33

—5.37

4.97

Man ist nach den Erfahrungen niederer Breiten gewohnt, den Ein- flute der Meeresnähe auf die Temperatur darin zu suchen, dafs die Winterkälte in noch höherem Orade gemildert werde, als die Sommer* wärme abnimmt, auch spricht sich in der That dies in der Temperatur- curve von Sitcha sehr deutlich aus. Wie anders verhält sich hier das Polarmeer, dessen Eismassen im Winter ihm den continentalen Cha- rakter aufdrucken, während ihr Schmelzen in der heifseren Jahreszeit so viel Wärme beansprucht, dafe die auf dem Festlande hervortretende an der Küste wie abgeschnitten erscheint. Der Winter von Point Bar- row und Yukon unterscheidet sich wenig, während der Juli dort 13 Grad kalter ist Gerade das Entgegengesetzte zeigt sich, wenn wir Ikogmut mit Sitcha vergleichen, ihre Sommer unterscheiden sich nur um 2 Grad, ihre Winter um 14, wodurch sich erläutert, dafs der Kotzebue-Sond an der Verbindungsßtrafße beider Meere die Mitte hält.

Ganz anders sind die Verhältnisse an einer ununterbrochen nach Norden hin verlaufenden Küste, wovon Grönland den Beleg giebt. Hier ist die Temperatur -Abnahme das ganze Jahr hindurch eine viel gleich* artigere, nur mit dem Unterschiede, dafe die grosseste Kälte sich desto mehr verspätet, je länger die Winternacht anhält, in welcher die Erde nur durch Ausstrahlung Wärme abgiebt, ohne durch Insolation etwas zu empfangen.

Zeitubr. f. all«. Brdk. Nene Folge. Bd. Till. 24

870

H. W. Dote:

Renselaer- Hafeu

Wolsten- holm Sand

Upernivik

1 Godthaab

Lichtenau

Breite

78# 37'

76° 30'

72° 48'

644 10*

60» 22'

Länge

70 40

68 56

55 40

52 24

45 40

Januar

—27.30

—25.37

—19.7

—8.72

—4.37

Februar

—26.40

—29.34

—22.4

—8.64

—2.92

März

—30.36

—21.99

—18.6

—7.29

—2.04

April

19.24

—15.89

—13.0

—4.44

0.67

Mai

—8.49

—2.75

-2.6

0.07

3.51

Juni

1.25

3.43

1.9

3.15

5.75

Juli

2.72

3.79

3.3

4.41

6.43

August

0.17

0.75

2.9

3.93

6.08

September

—8.23

—2.33

—0.5

1.62

4.10

October

—16.44

—9.19

—5.5

—0.96

1.03

November

—24.45

—22.49

—9.7

—4.47

1.91

December

—28.39

—26.25

—17.2

—6.45

—4.32

Winter

—27.36

—26.99

—19.77

-7.94

—4.20

Frühling

-19.36

—13.54

—11.40

—3.89

0.71

Sommer

0.55

2.66

2.70

3.83

6.09

Herbst

—16.37

11.34

—5.23

—1.27

1.07

Jahr

—15.64

—12 30

—8.89

—2.32

0.92

Verwickelter werden eich die Verhältnisse darstellen, wo eine Inselgruppe dem Continent nach Norden hin vorliegt. Hier kommt es natürlich auf die herrschende Windesrichtung an, ob eine bestimmte Knete dem Einflute des sie bespülenden Meeres ausgesetzt sein wird, oder ob umgekehrt sich der Einflufs des Landes weiter hinaas auf die See hin erstrecken wird. Sowohl aus den Beobachtungen der Älteren als der neueren Polar -Expeditionen geht entschieden hervor, dafo die vorherrschende Windesrichtung im ganzen Pany' sehen Archipel auf die Nordwestseite fallt Für die Ueberwinterungsstellen desselben bildete aber bisher der Victory-, Sberiff- und Felix- Hafen auf Boothia Felix die einzige Möglichkeit, das Klima dieser polaren Inselwelt mit dem Festlande zu verbinden. Ob aber diese Halbinsel, dem Einfluß des polaren Meeres mehr entzogen, bereits einen continentaleren Charakter annähme, hing davon ab, ob das nach Nordwest hin vorliegende Prince Wales Land in der That mit Victoria Land und Prince Albert Land zusammenhinge oder nicht. Durch die im Jahre 1859 erschienene Voyage of the Fos in the Arciic Seas, a Narraiive of the Discovery of the Fate of Sir John Franklin and hi$ Companions by Captmm M'Clintock* ist aber erwiesen, dafe Prince Wales Land eine durch den MOlintock-Ganal von Victoria Land getrennte Insel ist, wodurch also die Westküste der Boothia -Halbinsel dem Einfluis der Eismassea.

Ueber die Wärmeftbaanm* in höheren Breiten. 371

des Melville -Sundes viel directer ausgesetzt wird, als es sein wurde, wenn dieser allein durch den Peel -Sund vermittelt wurde. Diese Reise ist daher nicht allein dadurch wichtig, dafs sie den lange gesuchten Aufschlafs über das Schicksal der Franklin'schen Expedition giebt, und zugleich feststellt, dafs die südliche Nordwest- Durchfahrt bereits von Franklin entdeckt wurde, sondern auch dadurch, dafs sie unsere geo- graphischen Kenntnisse wesentlich erweitert.

Der Bericht des Capitata M'Clintock enthält nicht das Journal der mit Normal -Instrumenten des Kew - Observatoriums angestellten Beobachtungen. Dieses ist aber in der ^Fourth Number of Meteorolo- gical Papers published by Authority of the Board of Trade 1860tt er- schienen, mit einleitenden Bemerkungen des Admirals Fitzroy, dessen Güte ich die Mittheilung desselben verdanke. Ich habe die Monats- mittel der Temperatur berechnet und die Mittags -Beobachtungen ver- mittelst der stündlichen Beobachtungen an dem unter nahe gleicher Breite mit Port Kennedy liegenden Point Barrow auf wahre Mittel re- ducirt. Port Kennedy liegt aber am Eingang der Beilot -Strafse, also an der nördlichsten Spitze des amerikanischen Gontinents,

Beginnen wir mit dem westlichsten Theile des Archipels, so liefert die Reise von Mae Clure zwei Stationen auf der Südseite des Mel- ville-Sundes, nämlich Mercybay und Prinoe Wales -Strafse bei Banks- land, denen sich die Melville -Insel und Dealy- Insel an seiner nörd- lichen Seite anschließen. Die Stelle, wo der Resolute und Intrepid in der Barrow -Straise verlassen wurden, die Griffiths- Insel,. Assistance- Bay auf Cornwallis, die Beechey-Insel am Eingang des Wellington- Canals bestimmen die Temperatur der Barrow -Strafse, während die Penny-Strafse und der Wellington- Canal durch die Stationen der Bel- cher'echen Expedition, Northumberland-Sund und Disaster-Bay, be- zeichnet werden, als deren Fortsetzung nach Süden die Stationen in Prince Regents Inlet, nämlich Port Leopold, Battybay auf North So- merset und Port Bowen auf Cockbnrn Island angesehen werden kön- nen, an welche sich wiederum die des Boothia- Golfs und Fox Channel, nämlich Port Kennedy, Boothia Felix, Igloolik, Winter-Insel und Fort Hope anschliefsen. Ich lasse diese Stationen in den folgenden Tafeln in derselben Reihe wie alle bisherigen Beobachtungen in Reaumur- schen Graden ausgedrückt hier folgen:

24 f

372

H. W. Dove:

Melville-Snnd.

Pr. Wales- Strafse

Mercybay

MelviUe

Dealy- Insel

Breite

72° 47'

74^ 6'

74° 47'

74« 56'

Länge

117 44

117 54

110 48

108 40

Januar

—28.64

—30.01

—29.30

—30.15

Februar

—30.97

—28.54

—30.50

—28.08

März

—27.03

—26.09

-25.31

—23.96

April

—16.31

—15.98

—17.24

Mai

—5.85

—9.67

—6.77

Juni

1.82

—0.22

1.87

Juli

2.46

2.11

4.64

August

2.22

1.50

0.27

September

—5.24

—4.17

—4.21

October

—14.32

—14.58

—13.95

—14.7«

November

—18.75

—21.16

—23.37

—19.03

December

—24.61

—24.46

—26.24

—25.99

Winter

—28.07

—27.67

-28.68

2&07

Frühling

—16.40

—17.25

—16.44

Sommer

2.17

1.13

2.26

Herbst

—12.77

—13.30

—13.84

Jahr

—13.78

—14.27

—14.17

Barrow

-Strafse

und W<

illington

-CanaL

Barrow-

Griffith-

AssiBtance-

Beechey-

Disaster-

Northan-

berlind-

Saud

Strafte

Insel

Bay

Insel

Bay

Breite

74° 41'

74° 40'

74° 14'

74° 5'

75f 31f

76# 52'

Länge

101 22

95 0

117 54

91 15

92 10

97 0

Januar

—30.53

—28.00

—27.11

—28.23

—30.83

—32.00

Febrnar

—32.50

—28.67

—27.47

25.43

—32.11

—27.37

März

—28.42

—25.64

—24.18

-19.99

—27.93

—22.09

April

—11.06

—17.47

—15.64

—13.41

—12.07

—18.04

Mai

—10.24

—8.84

—5.78

—10.07

—7.68

Juni

0.12

1.02

2.18

—1.82

—0.96

Juli

2.58

3.29

2.31

1.64

August

1.60

1.11

1.86

0.60

September

—6.28

—4.76

—6.01

—6.06

.—6.00

October

—12.42

—14.49

—13.56

—12.89

—9.99

—14.84

November

—23.19

—17.56

17.20

—19.17

—22.37

—17.16

December

—27.75

—24.40

23.73

—27.47

—26.70

—30.00

Winter

—30.26

—27.02

—26.10

—27.04

—29.88

—29.79

Frühling

—17.78

—16.22

—13.06

—16.69

—15.94

Sommer

1.73

2.19

0.78

0.49

Herbst

-13.96

—11.84

—12.69

—13.01

—12.67

Jahr

—13.11

—12.67

—14.55

—14.48

Ueber die Wärmeabnehme in höheren Breiten.

373

Prince

Regent

Iulet

Port

Port

Port

Leopold

Bowen

Battybay

Kennedy

Breite

73° 50'

73° 14'

73° 12'

72°

Länge

90 20

88 56

91 10

94 10'

Janaar

—30.09

—27.07

—23.08

-29.91

Februar

—29.87

—26.37

—22.31

—29.95

März

—24.36

—26.83

—21.78

—21.65

April

—18.67

—17.11

—13.27

—16.13

Mai

—6.41

—7.69

Juni

1.83

2.39

Juli

2.02

5.74

August

—0.65

0.43

September

—2.72

—9.18

—3.62

October

—9.91

—9.40

—10.43

—9.55

November

—20.67

—16.44

—19.23

—18.76

Decembcr

—24.36

—22.69

—21.09

-28.84

Winter

—28.11

—25.38

—22.15

—29.33

Frühling

—16.78

15.16

Sommer

1.07

2.85

Herbst

—9.52

—11.28

—10.64

Jahr

—12.65

—13.07

Boothia- Golf und Fox Channel.

Boothia Felix

Igloolik

Winter- Insel

Fort Hope

Breite

69° 59'

69° 21'

66° 11'

62« 32'

Länge

92 1

82 2

83 11

86 56

Januar

—26.97

—21.39

—24.52

—27.25

Februar

18.45

—22.92

—24.88

—26.08

Märe

—26.97

—22.67

—18.99

—26.71

April

15.37

—14.60

11.34

—15.98

Mai

—7.27

—3.05

—3.87

—6.28

Juni

0.96

0.07

0.51

—0.28

Juli

4.12

3.15

1.49

4.20

August

2.97

0.81

216

6.62

September

—2.93

—3.07

—0.17

—1.52

October

—10.19

—8.12

—8.33

—8.64

November

—16.63

—22.52

—10.72

—13.92

December

—24.19

—26.78

—20.55

—22.79

Winter

—26.54

—23.70

—23.32

—25.37

Frühling

—16.54

—13.44

—11.40

—16.32

Sommer

2.98

1.34

1.39

3.51

Herbst

—9.92

—11.23

—6.41

—8.03

Jahr

—12.58

—11.75

—9.94

—11.55

374 H. W. Dove:

Die nördlichsten Stationen Rcnselaer-Hafen, Northumberland-Sund, Disaster-Bay, von 7&J-9 bis 75£° nördlicher Breite, haben eine Sommer- wärme von 0f.55, 09.49, 0#.79, und ein Jahresmittel von 15-.64, 14°. 48, 14*. 55. Dies ist die niedrigste Sommerwärme und das niedrigste Jahresmittel, welches überhaupt auf der Erde bekannt ist, denn die bei Spitzbergen und auf dem Grönländischen Meere in 79* 50' erhaltenen Temperaturen der drei Sommermonate waren 1*.69, 3V60, 2°. 71, das Somroermittel also 2f.67.

Wie dies mit der Behauptung zu vereinigen ist, dafs mit dem Fortschreiten nach Norden im amerikanischen Polarmeer die Sommer wärmer werden, verstehe ich nicht, eben so wenig wie man bei Beur- theilung der Temperatur einzelner Stationen die Lage derselben voll- kommen unberücksichtigt lassen konnte. Der Sommer der Mercybay, nach Nordwest hin der Einwirkung der Banks -Strafse ausgesetzt, ist über einen Grad kälter als der der Prince Wales -Strafse, welche durch das Banksland dieser Wirkung mehr entzogen ist. Der Winterhafen. in welchem Parry auf der Melville -Insel überwinterte, liegt auf der Südostseite derselben, also durch diese Insel und die Patrick-Insel nach Nordwest hin dem Einfluss des Meeres entzogen. Darf man sich nun wundern, dafs hier der Sommer wärmer, dafs die Thierwelt und Ve- getation kräftiger entwickelt, und dafs dasselbe von der Nordwestseite des Litton- Golfs gilt? Der Sommer der Melville -Insel, 2*. 26, ist da- her nahe gleich dem der Prince Wales -Strafse, 2°. 17.

Die Temperatur des Meerwassers war im Jahresmittel im Northum- berland-Sund — 0°.9, im Winter nämlich —1 Q.33, im Sommer 0*.32. und nur im wärmsten Monat erhob sie sich über den Nullpunkt um 0°.02, während im Melville- Sund das Meerwasser im Juni 1V07. im Juli 1*.26 erreichte. Das Wasser der Cornwallis von North Devon trennenden Penny- Strafse ist also kälter als das der grofsen, nach der Baffinsbay fuhrenden Verbindungsstrafse, welche den Haupt weg für die aus dem Polarmeer treibenden Eismassen bildet. Der freien Wirkung der über die Penny-Strafse strömenden Nordwestwinde ausgesetzt, mute daher die Westküste von North Devon eine permanente Abkühlung er- fahren, wodurch die Sommerwärme verhindert wird, sich beträchtlich über den Frostpunkt zu erheben.

Dem selbst in den Wintermonaten, wenn auch langsam, erfolgen- den Drängen der Eismassen nach Süden mag es zuzuschreiben sein, dafs wenn in einem bestimmten Jahre eine jener Verbindungsstrafsen sich frei zeigt, sie in einem anderen vollkommen gesperrt ist In dem Verlauf der Küste in Beziehung auf die herrschende Strömung des Wassers, in der Richtung, in welcher die Fluthwelle sich dem Lande nähert und die Ebbe sich von ihm zurückzieht, in der steilen oder all-

Ueber die Wärmembnahine in höheren Breiten. 375*

mählichen Neigung des Meeresbodens mögen die Grande zn suchen sein, warum wie an der St. Patrick -Insel die gröfeeren Eismassen erst in einer bestimmten Entfernung die Küste wallartig umsäumen oder bei Steilküsten sich unmittelbar an das Land anlegen, warum ferner gewisse Strafeen fest stets verstopft sind, während andere viel häufiger sich offen zeigen. Das Aussehen der Eismassen des M'Clintock-Canals deutete auf eine so alte Verstopfung, dafs M'Clintock es für un- möglich hält, dafs Parry's Schiffe diesen Weg gewählt haben können, um die Stelle zu erreichen, wo sie im April 1848 verlassen wurden, er glaubt daher, dafs ihre Fahrt durch den Peel -Sund erfolgte. Dies würde erläutern, warum in den Temperaturcurven dieser Gegenden einzelne Jahrgänge sich erheblich unterscheiden können, und warum an be- stimmten Stellen locale Anomalien in der Temperaturverbreitung her- vortreten, die eben als Anomalien aufzufassen sind und nur zu allge- meineren Schlüssen berechtiget], wenn die Gestalt der Isothermen durch mehrere, übereinstimmende Abweichungen zeigende Stationen sich fest- stellen lädst. Zu welcher Klasse der Anomalien, zu zeitlichen oder localen, die Temperaturverhältnisse der Winter- Insel gehören, wage ich nicht zu entscheiden. In der vierzehnjährigen Beobachtungsreihe von Godthaab in Grönland war der Sommer von 1843 1 •. 13 wärmer als gewöhnlich, im Jahre 1819 hingegen 2°, 38 zu kalt. Soll man für Igloolik und Winterhafen einen geringeren Spielraum der Veränderung annehmen? Dies würde sich nicht rechtfertigen lassen, da Rae in verhältnifsmäfsig geringer Entfernung in zwei auf einander folgenden Jahren so verschiedene Temperaturen im Frühjahr fand, dafs er gerade die Veränderlichkeit als bezeichnend für diese Gegenden hervorhebt. Aber eben so möglich ist, dafs Igloolik und die Winter -Insel sich zu Port Kennedy und Port Bowen wie in Nowaja Semlja die Karische Pforte zu Matoscbkin Schar verhält, wo, weil hier das Eis dichter treibt, der Sommer an der südlicheren Station kälter ist als an der nördlicheren.

Von dem Bewegen der Eismassen selbst im Winter haben die neueren Beobachtungen die auffallendsten Belege geliefert. Die dem Beobachtungsjournal von M'Clintock beigegebene, dem Comhill Maga- zine entlehnte Karte enthält den Lauf des am 14. August 1857 vom Eise nördlich vom Lancaster- Sunde an der grönländischen Küste ein- geschlossenen und bis zum 23. April 1858 in die Breite von Godthaab' in der Mitte der Baffinsbay nach Süden forttreibenden Schiffes, eine Erscheinung analog der, welche Kane in der „{/. & Grinnell Expedi- tion in Search of Sir John Franklin" lebendig beschrieben hat, dessen Schiff vom Januar bis Juni von der Mündung des Lancaster -Sunde* bis Disco in der Baffinsbay vom Eise umschlossen getrieben wurde,

376

H. W. Dore:

nachdem es mit kurzer Unterbrechung eine Ähnliche Fahrt vom Wel- lington -Canal aus bereits gemacht hatte.

M'Dougall's ^Etentful Voyage of H. M. Discovery Skip Resolute to the Arctic Region* in Search of Sir J. Franklin 1852— 1854* ent- hält auf der beigegebenen Karte den wahrscheinlichen Lauf des am 15. Mai 1854 am Eingang des Melville- Sundes südlich von Cornwallis verlassenen Resolute durch die Barrow-StraJfee und den Lancaster-Sund bis zu der Stelle, wo es am 10. September 1855 an der Westküste der Baffinsbay in 68° Breite aufgefunden wurde.

Ich habe aus den Journalen der beiden Schiffe der Expedition von Grinnell und M'Clintock das Mittel genommen, und daraus für die Luftwärme der Baffinsbay folgende Werthe erhalten:

Lancaster- Sund

Baffinsbay

Mittel

Kane

M'Clintock

Januar

—21.75

—25.19

—23.47

Februar

-27.35

—21.08

—29.22

März

—21.82

16.10

—18.96

April

—10.69

—11.02

—10.86

Mai

—5.29

—1.88

—3.58

Juni

1.22

1.47

1.35

Juli

1.75

2.38

4.15

2.76

August

1.33

1.71

2.11

1.72

September

—4.53

—4.70

—4.62

October

—13.31

—11.69

—12.50

November

—17.62

—16.13

—16.88

December

—20.80

—23.66

—22.23

Winter

—23.30

—23.31

—23.31

Frühling

—12.60

—9.67

—11.13

Sommer

1.77

2.58

1.94

Herbst

—11.82

—10.84

—11.33

Jahr

—10.31

—10.96

Die hier sich ergebenden niedrigen Temperaturen zeigen hinläng- lich, welchen weit nach Süden hin abkühlenden Einflufs das Polarmeer äufsert. Die Wirkung dieses eisfuhrenden Stromes labt sich der Wir- kung einer Quelle in höheren Breiten vergleichen, welche, wenn sie in Island hervorbricht, hier durch ihr niedriges Jahresmittel alle Ve- getation ertödtet, die sich vor ihr geschützt in dem kurzen Sommer freudig entfaltet hätte.

Um das Polarbecken nach allen Seiten hin so viel wie möglich mit Stationen zu umsäumen, fuge ich auf der Sqite des alten Contineats noch die folgenden Stationen hinzu. Die Länge von Greenwich ist hier ostlich.

Ueber die Warmeabnahme in höheren Breiten.

377

Hammer- fest

Kafiord

Karische Pforte

Taimyr- land

Ustjanak

N.Ko- lymsk

Breite

70° 40'

69° 58'

70° 37'

71° 5'

70° 55'

68° 32'

Lange

23 46

23 34

57 44

118 20

138 24

160 56

Januar

—4.22

—6.12

—15.50

—31.45

—29.08

Februar

—4.35

—7.36

—19.18

—30.16

—25.71

Man

—2.54

—5.27

—18.98

—22.03

—22.23

April

—0.08

—1.05

—12.83

—14.45

—8.46

Mai

2.46

3.16

—6 44

—7.34

—6.99

—0.65

Juni

6.18

7.00

0.42

1.53

2.65

6.87

Joli

9.44

9.89

1.91

7.47

9.18

August

8.26

9.91

2.45

8.49

7.77

September

5.71

5.35

—0.88

—1.31

—2.00

—4.80

October

1.80

—0.02

—5.22

—5.80

15.2L

—12.50

November

—0.36

—3.28

—12.78

—24.06

—17.89

December

—3.45

—4.50

—8.70

—28.93

—23.90

Winter

4.01

—5.99

12.79

—30.18

—26.23

Frühling

—0.05

—1.05

—12.75

—14.49

—10.45

Sommer

7.06

8.93

1.59

5.83

6.53

Herbst

2.38

0.68

—6.30

—20.63

—11.73

Jahr

1.57

0.64

—7.56

| —12.97

1

An den nördlichen Grenzen der drei Continente sind die Tempe- ratarverhältnisse in den einzelnen Abschnitten des Jahres daher sehr verschieden. Das ganze Jahr hindurch ist die Nordspitze von Europa ra warm, der Ueberschufs besonders bedeutend im Winter, aber noch unverkennbar im Sommer. In Nowaja Semlja bleibt der Winter noch milder als in Ost -Asien und Amerika in gleicher Breite, nicht aber der Sommer. In Ost- Asien ist der Winter erheblich zu kalt, aber der Sommer zu warm. In Nord -Amerika endlich fällt das ganze Jahr unter den mittleren Werth der entsprechenden Breiten.

Kane fand den Smith -Sund durch eine Eismauer vollständig ge- sperrt, welche das von seinem Begleiter gesehene offene Meer von der Baffiosbay trennte. An der amerikanischen Seite ist der Eiswall nie durch- brochen, durch M'Clure die nordwestliche Durchfahrt nur dicht an der Nordküste Amerika' s vollfuhrt worden bis zu einer Stelle, welche von Ost her in günstigen Jahren erreichbar ist. Parry's Vordringen nach Norden von Spitzbergen aus wurde dadurch unmöglich, dafe die Eis- massen, welche er überschreiten wollte, nach Süden trieben. Die Ge- heimnisse der Polarwelt sind daher noch un erschlossen, aber die Tem- peraturverhältnisse machen es wahrscheinlich, dafs die von Europa aus *u unternehmenden Fahrten geringeren Schwierigkeiten begegnen wür- den, als die bisher unternommenen. Schon ein einziger Jahrgang Be- obachtungen von Spitzbergen würde eine wesentliche Lücke in unseren klimatischen Kenntnissen ausfüllen.

378

Miscellen.

Der nordöstliche Theil des Gouvernements Nbhne Nowgorod.

Ueber den nordöstlichen, von der Wolga nnd der Wetluga eingeschlossenen Theil des Gouvernements Nishne Nowgorod, der, weil er von allen Verkehrs- strafsen weit ab liegt, nur sehr wenig bekannt ist, hat Herr Archangelski dem Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft eine ausführliche Abhandlung ') ein- gesandt, welche uns besonders deshalb interessant gewesen ist, weil sie die be- deutende Verschiedenheit zwischen den auf dem linken nnd den auf dem rechten Wolgaufer gelegenen Theilen des Gouvernements hervorhebt Es scheint fast, als ob eine so unbedeutende, aber fortlaufende Erhebung, wie die des rechten Wolga- Ufers, inmitten eines ausgedehnten Flachlandes eine sehr bemerkenswerthe phy- sische Grenze bilden kann. Für unsern Zweck wird es genügen, wenn wir den wesentlichen Inhalt der Abhandlung in Kürze zusammenstellen.

Von den am rechten Wolgaufer gelegenen Theilen des Gouvernements, be- merkt der Verfasser, unterscheidet sich das hier in Rede stehende Gebiet in we- sentlichen Punkten, und man kann sagen, dafs, je mehr man sich von der Wolga nach NO. entfernt und sich den Urwäldern der Grenzdistricte nähert, desto mehr auch die Cnltur des Bodens und die Civilisation der Bewohner abnimmt.

Im Centrum dieses Gebiets liegt das Kirchdorf Pokrowskoje, das zum Kreise Makariew gehört Es ist nur von einigen kleinen Feldern und im SO. von den Wiesen an der Ijanda umgeben, die sich in die Wetiuga ergie&t; schon in ge- ringer Entfernung erheben sich überall dichte Wälder. Der Charakter dieses Gebiets ist so rauh an<J unfreundlich, dafs es von den Bewohnern der Berg- scite, d. i. des rechten Ufers der Wolga, schlechtweg Sibirien genannt wird. Wo- hin man blickt, überall sieht man nur Wald und Wald, der, von höher gelegenen Punkten betrachtet, in den verschiedensten Tinten bis in weite Ferne sich ab- stuft und zuletzt wie ein Nebel mit dem Horizont verschwimmt In dieser Wal- dung liegen oasengleich nnd erst dann sichtbar, wenn man unmittelbar vor ihnen steht, die spärlichen Dörfer mit ihren kleinen Ackerfeldern zerstreut, alle höchst einförmig, mit dem einzigen Unterschiede, dafs einige auf höheren, andere auf niedrigeren Stellen des Waldes angelegt sind.

Abgesehen von den sumpfigen Niederungen ist der Boden im Allgemeinen sandig und besitzt selbst zur Erzeugung einer dürftigen Vegetation nur spärliche Mittel. Ein mageres, weitläuftig stehendes Gras, das während des Sommers in der Schwüle, welche sich in dem Walddickicht ansammelt, bald verwelkt, entspriefct dem dürftigen Erdreich, und selbst die der Ueberschwemmung ausgesetzten Stellen ermangeln im Sommer eines frischen, zusammenhängenden Rasens. Das Klima ist von dem der Bergseite so verschieden, dafs man nicht 50 Werst, sondern um volle 10 Breitengrade nach Norden vorgerückt zu sein glaubt Im Winter tritt

l) H*1TO H3T» BOCnOMHHauiH O 3aBOJURCKO-BeTJySK3KOsl CTO-

poH-B HHweropOACKOH rytfepiUH. Im W)ä*mik 1858, Heft 8.

Der nordöstliche Theil des Gouvernements Nishne Nowgorod. 379

diese Verschiedenheit nicht so scharf hervor; desto empfindlicher ist sie im Som- mer. Die auffallendste Eigenthämlichkeit des Soinmerklima'B ist die unerträgliche Hitze am Tage, and die Feuchtigkeit und Kälte «nr Nachtfeit. Sie mag in der Abwechselung von Sandboden und Sümpfen und in der dichten Waldung ihren Grund haben. Das unermefsliche Walddickicht, welches von allen Seiten die klei- nen Oasen umgiebt, auf denen die Dörfer liegen, ist für jeden mälsigen Wind undurchdringlich und verstauet ihm nicht, die schwüle Temperatur zu versehen* chen. So herrscht auf den kleinen Lichtungen fast immer Windstille, die nur durch heftige Gewitter mit starken Stürmen dann und wann unterbrochen wird» Wahrend sich nun bei dieser Windstille anf dem Sandboden in den Dörfern eine drückende, den Menschen erschlaffende Temperatur entwickelt, steigen mit Sonnen* Untergang aus den Sümpfen feuchte Dünste auf, die bald als dichter Nebel die ganse .Landschaft einhüllen und von einer empfindlichen Kälte begleitet sind* Die- ser starke Temperatnrwechsel ist nicht nur den Gartengewächsen mehr oder min* der nachth eilig; auch die Gesundheit der Menschen hat darunter viel zu leiden* Doch sind es nicht sowol die starken Schwankungen der Temperatur während der täglichen Periode, als die unzeitigen, sehr spät im Frühjahr und früh im Sommer eintretenden Nachtfroste, welche das Hauptanglück der Bewohner bilden und sie häufig der dürftigen Ernten berauben, die sie sonst vielleicht dem mageren Bo- den abringen könnten. Selten bleiben diese zerstörenden Froste in einem Jahre ganz ans, aber zum Glück wiederholen sie sich in einem und demselben Jahre nicht hantig. Die Bewohner, die an diese Cnzuverlässigkeit des KKma's gewöhnt sind, säen deshalb z. den Buchweizen regelmässig zweimal ans, einmal zur ge- wöhnlichen Saataeit, und dann viel später, am wenigstens von einer Aussaat eine Ernte zu erzielen. So Ut es hier mh dem Klima bestellt, während 50 Werst südlicher, anf der Bergseite der Wolga, Pflaumen und Birnen regelmäfsig reifen.

Aach das Wasser hat in jenem Gebiet eine eigentümliche Farbe. Es sieht ans wie stark eingekochter Thee und wird von den Bewohnern des rechten Wolga- Ufers das Waldwasser a genannt Aber ungeachtet seiner dunkelbraunen Farbe ist es so durchsichtig, dafs man noch in einer Tiefe von mehr als 7 Fufe auf Sandboden die Gegenstände deutlich erkennen kann, die auf dem Grunde liegen. Der Hauptflufs ist die Ljunda, die das Kirchdorf Pokrowskoje anf drei Seiten umgiebt nnd nach starken Krümmungen durch Wald und Wiesen 13 bis 15 Werst unterhalb Pokrowskoje in die Wetlnga mündet. Sie treibt viele Mühlen nnd wird im Sommer auch zum Holzflößen benutzt; aber das letztere Geschäft gelingt selten, da der Flufs den benachbarten Wald nnd die Wiesen oft sehr weit, bis 6 Werst weit, überschwemmt, und die hcrabgeflöfsten Balken entweder an den Münldämmen hängen bleiben oder weit über die Wiesen fortgeführt werden. Auf den der Ueberschwemmnng ausgesetzten Ljunda- Wiesen giebt es viele Seen mit fast ganz schwarzem Wasser, in denen mancherlei Arten von Fischen, namentlich Hechte nnd Barsche vorkommen. Die Fische halten sich aber meist an Stellen anf, die im Sommer schwer zugänglich sind, so dafs su dieser Jahreszeit ein Fischereibetrieb nicht stattfindet. Im Frühjahr wird der Fisch in Reusen ge- fangen, die kegelförmig ans Lindenbast geflochten sind und am oberen Ende eine Oeffhung haben, welche In einen über Reifen ausgespannten grofsen Sack führt Sobald das Wasser von den Wiesen zurücktritt, werden diö Reusen hinter den Oeff-

380 MitceUen:

nungen von Verschlagen, die an den niedrigeren Stellen des Flusse* angebracht sind, aufgestellt und der Fisch wird durch das abfliegende Weiser in sie hinein- geführt. Riefst die Ljnnda wieder in ihrem gewöhnlichen Bett und hat sie ihre gewöhnliche Durchsichtigkeit wieder erlangt, so fangt man den Fisch auch mit Angeln, und «war die Hechte und Barsche, indem man ein kleines Fischchen tu dem dicken, eigentümlich geformten Angelhaken befestigt. Im Herbst harpunirt man den Fisch mit dreizackigen Gabeln. Uebrigens haben die Fische in dem „Waldwasser* auch eine eigentümliche Farbe. Die Plötze, Brachsen und andere

! Fische, die in der Wolga silber- und goldfarbig sind, haben in der Ljnnda eine

l dunkelblaue oder schwarzbraune Farbe, und sind aufserdem viel dicker und fetter.

! Nur bei den Barschen nehmen die Schuppen in dem »Waldwasser* eine dunklere

| Farbe nicht an.

Man könnte meinen, dafs der Wald, der das ganze Gebiet bedeckt, auch den hauptsächlichsten Beichthum der Bewohner bildet. In Wahrheit aber kann er nicht einmal als eine erhebliche Erwerbsquelle betrachtet werden. Er besteht meist aus Tannen und Birken; Fichten kommen zwar auch vor, aber sie sind in Folge der niedrigen Lage und der vielen Sümpfe nur dünn und als Bauholz nicht gut zu verwerthen ; auf solchem Terrain gedeihen nur die Tannen gut, unter die sich hier und dort Birken mischen; sie kommen als hochstämmige Baume vor, doch bei Weitem nicht in solchen Dimensionen, dafs sie Aufmerksamkeit erregen könnten. Bei dem Bau der Hänser ziehen die Bewohner das Tannenholz dem Fichtenholz wegen seiner Weifse und grösseren Dauerhaftigkeit entschieden tot. Abgesehen von der Mangelhaftigkeit des Holzes und ron der CnbrauchbarkeH der Ljnnda zum Flöfsen tragt anch noch die Schwierigkeit, die Bäume über die Sümpfe bis an die Ljunda zu befördern, dazu bei, das Aufblühen des Holzhandels zu verhindern. In Folge dieser Uebelstande kann man selbst von den hochstämmi- gen Waldungen, die weiter im Innern vorkommen sollen, keinen Nutzen ziehen. Eigentümlich ist auch die Armuth an Filzen in den hiesigen Waldern. Nar in sehr regenreichen Jahren sollen sie sich in hinreichender Menge Torfinden; gewöhnlich müssen die Bewohner sich ihren Vorrath daran in fremden und zu- weilen sehr entlegenen Wäldern suchen. Reichlicher sind hier Beeren zu finden, obgleich anch nicht in jedem Jahre; aber meistens fehlt es vom ersten Frühjahr ab bis spät in den Herbst hinein nicht an Sträuchern, die reife Früchte tragen. Erdbeeren sind durch den ganzen Wald verbreitet; Himbeeren und Brombeeren wachsen vorzugsweise an warmen Stellen. Auf ziemlich hohen Sträuchern sieht man die grobkörnigen Trunkelbeeren, die sich zwar nicht durch besonders ange- nehmen Geschmack auszeichnen, aber wie die Brombeeren gut den Durst loschen. An sumpfigen Stellen sieht man die gesunde, rothwangige Moosbeere (vocemnm oxycoecos), und auf etwas höher gelegenen Punkten Freifsel- und Heidelbeeren.

Eine andere Hilfsquelle, die, wenn nicht zur Bereicherung, so doch als Unter- stützung für den Lebensunterhalt der Bewohner verwerthet werden könnte, be- sitzt der Wald während des Sommers in seinen gefiederten Bewohnern. Einige auf dem rechten Wolga- Ufer bekannte Vogelarten kommen hier allerdings nicht vor; sogar die Dohlen, die unzertrennlichen Gesellschafter des Menschen, habe ich auf den mir persönlich bekannten Gebieten dieses Kreises nie angetroffen. Desto zahlreicher stellen sich in der Waldwildnifs an den Bachen die Nachtigallen !

Der nordöstliche Theil des Gouvernements Nishne Nowgorod. 381

ein, toh denen man im Frühjahr hunderte an Einer Stelle schlagen hört Im Bor so nennt man eine sandige, mit Birken nnd Fichten bewachsene Gegend hört man ron Singvögeln nur den Kuckuck. Aber dieser Mangel wird reich- lich ersetzt durch den Ueberfiufs an anderen Vögeln. Der Bor ist reich an Hasel- und Birkhühnern, der schwane Wald nnd die Wiesen an Waldschnepfen, Becas* sinen und anderem „Rothwild", und die Jagd auf diese Vögel könnte recht vor- teilhaft werden.

Von wilden Thieren kommt, obwol nicht häufig, im finstersten Wald- dickicht der Bär vor, der zuweilen auch den jungen Gerstenfeldern oder anderen von ihm besonders geliebten Anpflanzungen seinen Besuch abstattet Auch Ren- tiere und Elennthiere sollen hier noch hausen. Füchse sind sehr häufig; aber schwarzbraune und die im höchsten PreiBe stehenden sübergrauen trifft man doch nur selten. Am zahlreichsten sind Eichhörnchen, Hasen und Wölfe. Die letz- teren laufen hier in solcher Menge herum und sind so unverschämt, dafs sie spät Abends nnd in der Nacht zu Hunderten die Ansiedelungen umschwärmen und auf ihre Beute lauern. Wenn sie vom Hunger geplagt werden, sind sie in Bezug auf ihre Nahrung durchaus nicht wählerisch: sie zerreifsen nicht blofs Kühe und Schafe, sondern auch die Hunde, die vor den Thflren Wache halten, und von dem Blutbad, das sie unter den Hasen anrichten, bemerkt man im Wald und auf den Wiesen überall zahlreiche Spuren.

Von diesem Wildreichthum ziehen die Einwohner selbst nur geringen Nutzen. Mit der Jagd auf Vögel beschäftigen sich nur wenige Bauern und einige Gutsbe- sitzer. Mehr wird den vierfufsigen Thieren nachgestellt, aber auch vorwiegend ron I*euten, die von der Bergseite der Wolga herübergekommen sind, in Pokrows- koje einen Jagdschein gelöst haben und nun sich den ganzen Winter bis Ostern mit dem WOdfang beschäftigen. Hasen, Wölfe und Füchse fängt man in Fallen.

Was den Ackerbau betrifft, so fehlt es bei Pokrowskoje in den Wäldern nicht an ausgedehnten Ackerfeldern, auf denen besonders Hafer, Hirse, Buch- weizen und Erbsen gesäet werden; Boggen wird nur in geringer Menge gebaut, und Weizen säen nur Sehr wenige, die ihre Felder reichlich zu düngen im Stande sind. Aber nicht blofs der Weizen, sondern auch die andern Getreidearten be- dürfen anf diesem mageren Sandboden einer sorgfältigen Düngung, wenn sie eini- germaisen gedeihen sollen. Gewinnt man das fünfte Korn, so wird die Ernte für eine selten gute gehalten; gewöhnlich gewinnt man nur das dritte oder zweite Korn nnd in heifsen Sommern kaum die Aussaat Die armen Leute, welche nicht die Mittel besitzen, ihre Felder hinlänglich zu düngen, lassen diese, wenn sie er- schöpft sind, im Stich, hauen an einer andern Stelle den Wald um, brennen ihn ab nnd reinigen den Platz, so gut es angeht Die Ernten auf diesem Neuland sind Anfangs nur mittelmäfsig, da es bei dem ersten Mal nicht möglich ist, den mit Baumstümpfen bedeckten und von Wurzeln durchzogenen Boden ordentlich zu bearbeiten. Aber allmählich verbessern sich die Ernten so weit, dais sie den anf gedüngten Feldern erzielten gleichkommen, und wenn man dem Neuland ei- nige Erholung gönnt, so kann man es wohl zehn Jahre zum Ackerbau benutzen. In Folge des unfruchtbaren Bodens und des rauhen unbeständigen Klima's ist Ton Gartenbau gar nicht die Rede und der Gemüsebau befindet sich in trau- riger Lage. Man pflanzt in den Gärten Kohl, Gurken, Kartoffeln und andere

382 Mitteilen:

Nahrungsmittel; aber Alles gedeiht so schlecht, dafs die nur in gering« Menge gewonnenen Fruchte weder an Geschmack noch an Aassehen mit den in der Stadt gekauften an vergleichen sind. Der Kohl, der Hanptbestandtheü der mai- schen Snppen, wird fast alljährlich von Raupen so aufgefressen, dal* den Laud- ierten nur die Stengel bleiben. Gartenliebhaber haben versucht Aepfel zu ziehen; aber sie haben nur einige magere wilde Büsche erzielt, die nicht einen Apfel trugen. Gepfropfte Apfelbäume halten hier nicht ein einziges Jahr ans.

Die Bewohner sehen sich also genöthigt, zu andern Erwerbszweigen ihn Zuflucht zu nehmen. Mit der Arbeit auf den Wolgabarken haben sich immer nur Wenige abgegeben, und neuerdings hat auch die Zunahme der Dampfschif- fahrt auf der Wolga diesem Berufszweige starken Abbrach gethan. Dagegen sind zwei andere Beschäftigungen allgemein unter Reichen und Armen verbreitet: die Gewinnung von Lindenbast und das Flechten von Matten. Den Bast schält man im Frühjahr ab , und wählt dazu gewöhnlich die Zeit vor dem Pflü- gen, oder zwischen dem Pflügen nnd der Aussaat, so dafs diese Thaugkeit mit der Feldarbeit nicht zusammenfällt. Man verkauft den getrockneten und in Bündel zusammengepackten Bast im Kirchdorf Woskrescnsk oder in der Stadt Semenow oder auch an Ort und Stelle an Aufkäufer. Die Matten, mit deren Herstelion« eine grofse Anzahl von Stühlen in heUsen, besonders dazu eingerichteten Stuben beschäftigt ist, finden ihren Hauptabsatz im Kirchdorf Lysskow, wo sich bei dem lebhaften Getreidehandel häufig ein starker Bedarf an Matten fühlbar macht, oder auch in Nishne Nowgorod. Doch ist dieser Erwerbszweig, je nach dem Ginge des Getreidegeschäfte«, grofsen Schwankungen unterworfen; und da er überdiefs mancherlei Auslagen erfordert, sehen ßich die armen Leute von ihm ausgesehta* sen, oder auf ihre wohlhabenderen Nachbarn verwiesen,! welche ihnen die Mittel zu dieser Thätigkeit nur unter sehr drückenden und unvortheilhaften Bedingung« gewähren.

Bei so beschränkten Hilfsquellen ist die Armuth in dem Kreise natürlich grofs. Unter hundert Familien giebt es höchstens eine, die man wohlhabend nennen konnte. Die meisten bekommen Fleischspeisen im ganzen Jahre nicht einmal zu sehen; und die Milch, welche die hiesigen schwachen Kühe auch nur In geringer Menge liefern, wird für die Kinder aufbewahrt, während die Erwach- senen von Quark leben, der in Wasser aufgelöst wird. In dem fortwährenden Kampfe mit Noth und Elend verkümmern die Leute so, dals man hier selten ein gesundes und zufriedenes Gesicht sieht, und Gebrechlichkeit ist hier nicht die ansschliefsliche Eigenschaft des Alters. Ein grofser Theil der Bevölkerung lebt von Almosen; um sie zu erbetteln, werden einige Familienmitglieder auf die ge- treidereiche Bergseite geschickt. Ein Pferd, eine Kuh oder andere Haurthie» gehören durchaus nicht selbstverständlich zum Besitz eines hiesigen Landnunnei; ■chon aus Mangel an Ackervieh müssen viele Felder unbestellt bleiben. Um die Einwirkung dieser traurigen Verhältnisse auf die Körperbeschaffenheit zu ermes- sen, darf man nur die Bewohner des hiesigen Kreises neben die der Bergseite stellen. Dort sieht man von Arbeit und gesunder Nahrung gekräftigte, blähende Gestalten, mit mehr oder minder blondem und fast immnr weichem Haar, hier verkümmerte Menschen mit gelblicher Gesichtsfarbe und dunklem, struppigem Haar, das nie einen Kamm gesehen hat Auch die Wohnungen machen den Ein-

Der nordöstliche Theil des Gouvernements Nishne Nowgorod. - 883

druck des tiefsten Elends. Trotz des Holzreichtimms bestehen sie doch nur ans jämmerlichen Hütten, die so schmutzig wie Schweineställe und so verräuchert sind, dafs man die ursprüngliche Farbe der Wände nicht mehr erkennen kann.

Der Dialect der hiesigen Einwohner unterscheidet sieh von dem der Bewoh- ner der Bergseite hauptsächlich 1) durch die Vertauschang gewisser Laute; sie sagen *. B. stets tsch statt z; 2) durch eine sehr gedehnte Aussprache der ac- centuirten, und eine sehr kurze Aussprache der übrigen Sylben, wodurch die Sprache eine dem Ohr sehr unangenehme Ungleichförmigkeit erhält. Dafs von geistiger Bildung hier nicht die Bede sein kann, braucht kaum bemerkt zu wer- den; es fehlt nicht blofs an Schulen, sondern auch an Kirchen; manche in das Kirchspiel Pokrowskoje eingeplante Dörfer liegen SO Werst von der Kirche ent- fernt. Aufserdem fehlt den Bewohnern auch diejenige geistige Anregung, die auch ohne Schulen und Kirchen der Bevölkerung in solchen Gegenden zu Theil wird, welche von belebten Wasser- oder Landstrafsen durchschnitten werden. Sprüchwörter und Volkslieder haben in diesem Gebiete ein eigentümliches Ge- präge. Jene sind meistens charakteristischen Eigenschaften des Landes entlehnt; so deutet s. B. das Sprüchwort: »Wenn es auch kalt ist, so giebt es doch keine Bremsen* auf die Schwärme von Inaecten, die hier im Sommer den Menschen plagen. Die Lieder drucken entweder Klagen über hingeschwundene bessere Zeiten aus, oder einen gewissen Neid gegen die Vortheile, deren sich die Be- wohner der Bergseite erfreuen, wie z. B. ein Lied, welches mit den Worten be- ginnt: „Jenseite des Flusses, jenseits der Wolga, da giebts ein lustiges Leben 1"

Aniser den ursprünglichen Landeseinwohnern leben hier noch andere, wo möglich noch armseligere Leute, theils mit jenen zusammen, theils in besonderen Dörfern. Sie sind vor einigen Decennien aus dem Gouvernement Tula hierher versetzt worden und werden deshalb gewöhnlich die Tuljaken genannt. Schon auf dem Wege hatten sie mit Elend, Hunger und Krankheiten zu kämpfen ge- habt und kamen in trauriger Lage in ihre neue Heimath an, wo sie, mit der Natur derselben unbekannt, aufscr Stande waren, selbst die spärlichen Yortheile sich zu sichern, die den hiesigen, Verhältnissen abgerungen werden können. Sie bil- den hier die ärmste, aber auch zugleich die sorgloseste Volksklasse. Einige ihrer Dörfer besitzen ziemlich guten Boden; nichtsdestoweniger bleiben die Aecker un- bestellt; statt sich mit dem Feldbau abzugeben, wandern die Meisten jenseits der Wolga umher, theils um zu arbeiten, gewöhnlich aber um zu betteln. Nur zu bestimmten Festtagen im Jahr, die der Mutter Gottes von Kasan gewidmet sind, kehren diese Vagabonden aus allen Weltgegenden in die ihuen zugewiesene Hei- math zurück, um sich mit den gesammelten Almosen ein Fest zu bereiten und ihres gesegneten Geburtslandes zu gedenken. Uebrigens sind die Tuljaken trotz ihrer grofsen Annnth kräftiger und gesunder als die Landeseingebornen, denen sie auch an Fähigkeiten überlegen sind. Könnte man es dahin bringen, dafs sie ihre Sorglosigkeit und Faulheit ablegten, so würden sie in allen Erwerbszweigen den Eingeborenen den Vorrang ablaufen,

n.

384

Das griechische Städtchen Stenimach in Bulgarien1).

Am nördlichen Abhänge des Rhodope-Gebirges, zwischen zwei Ausläufern desselben, die eine kleine Schlacht bilden, 3 Stunden südlich von Phutppopofe, liegt das auf den Landkarten mit Stanimak bezeichnete griechische Städtchen Namens Stenimach (6 JEwiftuajro?), wie die Griechen selbst es nennen. Sie lei- ten den Namen etymologisch von Ziert)- p<*xn ab, und die byzantinischen Schrift- atelier nennen den Ort £tt(t)r>jf»axoq, woraus eine barbarische Ausdrocksweise: Svavlpaxa (Stanimak) gemacht hat. Nach einer alten Ueberlieferung, die sich im Munde der Einwohner erhalten hat, sind die Stenimachoten Athenienser, und es scheint darnach, da/s eine Einwanderung dorthin von Athen aus stattgefunden habe.

Die Lage des Orts ist bezaubernd. Ein nicht unbedeutender Hais, der m ! den Bergschluchten des Rhodope-Gebirges seine Quellen hat, durchströmt ihn in der Richtung von Süden nach Norden in mehreren, durch Kanäle geleiteten Bi- | «hen, welche Mühlen, Od- und ähnliche Trieb- und Walkwerke in Bewegung setzen. Im Südwesten erheben sich die Ausläufer des Rhodope, die meistens mit Wein und mit Bäumen bewachsen sind, während nach Norden eine weite Ebene bis zum Fufse des Hämos sich ausdehnt, der seine schneebedeckten Spitzen stolz bis in die Wolken erhebt, die auf ihm zu lagern scheinen, und diese Ebene, die im Westen an den Ausläufern des Orbelos beginnt und an .den Küsten des Eo- zinos, Hellespont und ägäischen Meeres endigt, wird ihrer ganzen Länge nach Tom Hebros durchflössen, der die meisten andern Flüsse und Bergstrome des Rhodope und Hämos gleich wie auch den, der den Ort Stenimach durchschneidet, letzteren zwei Stunden unterhalb Philippopolis, in sich aufnimmt Eine besondere Eigentümlichkeit der Lage des Orts Stenimach ist ein angenehmer und höchst belebender Wind, der dort herrscht und den die Einwohner Abendwind (totp* j ro<?) nennen.

Stenimach ist von hohem Alter, wie sich auj vielen Zeugnissen, ans Ceber» bleibsein alter Kunst und aus Inschriften ergiebt, von welchen letzteren ein Theü in der von dem Griechen Tsonkalas herausgegebenen historisch -geographischen Beschreibung von Philippopolis veröffentlicht, andere an die archäologische Ge- sellschaft in Athen gesendet worden sind. Auch aus der byzantinischen Zeit giebt es noch manche Ueberbleibsel , wie z. B. eine halbe Stunde südlich Trümmer eines Tempels und eines Schlosses unter dem Namen Kali?, exütiren, das anter dem Kaiser Alexios erbaut worden war.

Vor etwa hundert Jahren herrschte in Stenimach in Folge glücklicher Hin* delsergebnisse ein besonderer Wohlstand, der sich in der Einrichtung der Htotr und sonst im Aeuiseren kund gab. Aber die Türken sahen dies und die Ste- nimachoten selbst mit Mifsgunst an, um so mehr, da diese letzteren zugleich ab sehr tapfer bekannt waren, und sie lauerten daher auf eine passende Gelegenheit, sie zu berauben und zu plündern. Dies geschah zuerst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts durch einen gewissen Sinapi, der die Stenimachoten überfiel nnd

*) Nach einem Berichte in der zu Athen erscheinenden Nktt riaM^u

Notis fiber H. Duveyrier's Reite nach Tunesien. 885

den Ort verwüstete, und 15 Jahre später wiederholte dies der Rauber Zmin-Aga, bei welchen Gelegenheiten Entere die ihnen nachgerühmte Tapferkeit und Aus- dauer bewiesen. Demnngeachtet wurde Stenimach bald wieder aufgebaut und bevölkert* und es erlangte unter allen Ortschaften der Provinz ?on Philippopolis leinen besonderen Ruf. Die Zahl der Einwohner betragt gegen 10,000, welche zwei besondere Gemeinschaften auf beiden Seiten des Flusses, wovon die west- liche vorzugsweise Stenimach, dagegen die östliche AmpeUnos heifst, und eine dritte unterhalb des Ortes nach Norden, Namens Tsiprochori, ausmachen. Nur in dieser letzteren wohnen auch einige Türken; alle übrigen sind Griechen 9 und die Sprache, die sie reden, ist ein reines Griechisch, ähnlich dem Dialecte, wie er im Peloponnese und im westlichen Griechenland gesprochen wird, und frei von Barbarismen.

Der hauptsächlichste Geschäfts- und Erwerbssweig der Bewohner Steiiimachs ist Weinbau und Seidensucht, die sich immer mehr vervollkommnet; aber sie treiben such viele andere Beschäftigungen.

Zu den sieben Kirchen, die Stenimach im August 1859 besafs, ward damals noch eine achte erbaut. Aufserdem gab es dort bereits vor 15 Jahren swei Schulen, und swei andere Schulen, sowie eine Ersiehnngsanstalt für Mädchen, wurden neuerdings errichtet. Besonders haben reiche Griechen in Kischenew (in Bessarabien) und in Petersburg um ihre Anstalten und die Begründung derselben och verdient gemacht, und ein anderer Patriot hat der Bibliothek der einen jener Schulen eine ansehnliche Reihenfolge der griechischen Dichter und Schriftsteller der stereotvpirten Leipziger Ausgabe sum Geschenk gemacht.

K.

Notiz über H. Duveyrier's Reise nach Tunesien.

In einem Briefe an Herrn Prof. Barth, datirt Biskra, 23. April 1800, macht H. Duvejrier folgende Mittheilungen über seine Reise nach Tunesien: »Von Tuggurt ging ich nach Ssuf und von da nach Nafta auf einer unbereisten Route. Ich will Ihnen die lächerliche Gefahr, welche auf dieser Grenzregion und sogar weiter in der südlichen Sahara von Tunis herrscht, nicht beschreiben. Die dortigen Verhältnisse sind etwas unerwartetes für ein „Belad el Machsen". Ich besuchte Töser und Tägiüs, durchschnitt dann den weiten Schott Faraun. Xefsiwa, in dem ich nun war, interessirte mich im höchsten Grade. Es ist ein reiches Land (für die Sahara) und ist von Ruagha-Negern bewohnt1). Ich fand zn Teil i min römische Ruinen und swei Inschriften, deren eine 9Badriano amdäori municipii D. Z>. P. P." Kebilli, die wohlhabendste Stadt von Nefslwa, besitzt fünf Moscheen; ich besuchte drei davon und glaube in den Steinsaulen mit geschmückten Capitälen, welche alle stützen, Reste von christlich-römi- scher Arbeit erkannt zu haben.

Von Nefsäwa ging ich längs des Schott, zwischen seinem südlichen Rande und der Kette von Tabaga, über Hamma nach Gabess. Nach ein paar Tagen

>) Also diese ganze Zone ursprünglich von Negerstammen bewohnt B.

Z«tuchr. f. attg. Brak. Nmm Folge. Bd. VIII. 25

386 Miseeuen:

Rast trat ich die Rückkehr an durch da» Land der Hamamma, Silgi, wo ich eine interessante Inschrift ausgraben lieft, und El-Gettir und erreichte Gafsa, wo der Bey Hamfida sein Lager hatte.

Qafsa ist, wie Sie wissen, ganz aus Materialien von römischen Controetio- nen gebaut; und einige derselben sind noch in gutem Zustande, die zwei „Ter- mfl " oder BadesteÜen in den lauen Quellen und ein kleiner Bogen. Ich conto 15 leider sehr verstümmelte Inschriften in den Straften.

Dann ging ich nach Töser zurück und ron dort nördlich nach den klein« Bergdörfern von Schebika, Tamarhsa und Midi ss, dann nach Negrin (al- gierisch), wo wahrend meines zweitägigen Aufenthalts drei kriegerische Anfüge gemacht wurden. Ich erforschte etwas südlich von Negrin die bedeutenden rö- mischen Ruinen von Besseriini und ging nach Biskra zurück.

Das wichtigste Resultat dieser schnellen Reise ist gewifs die bedeutend« Cor- rection, welche ich in der Karte der Regentschaft, wenigstens in ihrem ffidtichea Theile anbringe. Die beste Karte von Tunesien ist die neue des Kriegtdepot in Maarsstabe von TnAffö » und auf dieser Karte ist der Djerid im AUesMinen etwi 4 Grad su weit nach Norden! Nefriwa muls dadurch sehr nach Süden rück«: aber ich werde es bald besser wissen!

Vom 1. Februar \»s tum 30. Min habe ich 18 Breitenbestmuaangeo, ea- mal Declinationsbeobachtungen und sweimal Längonboatimin engen su Oaftm sei Töser angestellt. "

Aufserdem theilt Herr Duveyricr mit, dafs er sieh eben an einer Baue « das Gebiet der Tuareg südlich von der algerischen Sahara rüstet, in welchen er j etwa sechs Monate su verweilen gedenkt

Ueber die Cultur der Vanille auf Räumon ')•

Zu den Culturgewächsen der Insel ReunioiT ist neuerdings auch die Vwifle getreten, seitdem die Versuche einer künstlichen Befruchtung geglückt sind. Die Vanille ist schon im Jahre 1817 durch M. Marchand von Mauritius nach Bennioo verpflanzt, dann durch Mr. Freon hier weiter verbreitet worden ; von ihrer Cnhor ist natürlich erst die Rede, nachdem der Creole Edmond eine Methode kfiattKcber Befruchtung entdeckt hat Es giebt im Lande zwei Arten: die kleine die w- breitetste, welche aus Mexico stammt und das beste Product liefert; uod die starke, mit grofsen dicken Blattern, deren Schoten vor vollkommener Beife ib- fallen und von untergeordneter Qualität sind.

Als Schlinggewächs raufs die Vanille unter Bäumen gepflamtt werden, «■ die sie sich ranken kann. Es sind hieran alle Bäume geeignet, die nicht die Rinde wechseln, vorzugsweise aber Mangobäume (Mangifera tndfca), Schwanhoh

>) Nach einem Aufsatz von David de Floria auf der Insel Reunion ia denA* nate» de Vagriadtm-e du colonies et det rtgion* tropicalet. Jmvier 1860, emer neuen, von M. Paul Madinier herausgegebenen, sehr mteressanten Zeitschrift, die w der Aufmerksamkeit unserer Leser empfehlen,

üeber die Cultur der Vanille auf Reunion. 38t

(Aeada Ubbek Will.), Drachenblutbäume {Draccuna draeo), Brotfruchtbäume (Ar- tHarjm mtogrifokus), Bembax malabaricum und Jatropha cureas, die letztere kann jedoch nicht allein angewendet werden, da ihre Blätter gerade dann fallen, wmn die Vanille tragt Man pflanzt diese Baume 5 bis 6 Fufs von einander ent- fernt in Reihen tob Westen nach Osten, und verbindet sie durch ein Gestell, auf welchem die von Baum in Baum sich schlingenden Vanilleranken Stützpunkte finden können, so dafs sie weniger der Gefahr ausgesetzt sind, durch WindstöTse oder durch herabfallende Aeste zerrissen zu werden. Um das Letztere zu ver- meiden, missen die Baume sorgfältig von trockenen Aesten gesäubert werden; such kommt viel darauf an, dafs die Vanille, die des Schattens bedarf, doch von dem durch das Laub durchschimmernden Sonnenlicht getroffen wird. Auf Reunion rieht man zur Anlage von Vanille* Pflanzungen westliche Gehänge vor; an der Körte mufs man sie gegen 8eewmde möglichst zu schätzen suchen. In Mexico halt man darauf, dafs der Fufs der Bäume , an denen die Vanille gepflanzt ist, stets beschattet und mit f Fufs hohem Grase bedeckt ist, damit die zarten, dicht unter der Oberfläche hinkriechenden Wurzeln der Pflanze durch dasselbe geschützt

Man verpflanzt die Vanille durch Stecklinge mit mindestens drei Knoten, an den Fnfr der Baume oder Zäune, um die sie sich ranken soll, gewöhnlich in der Zeh rom Man bis zum Mai. Doch kann auch die Zeit vom September bis zum December dazu benutzt werden, wenn man nur während dieser trockenen Jahres- leh ftr hinlängliche Bewässerung sorgt. Ein feuchter Boden, der bei Dürre nicht spaltet, die Wurzeln also nicht zerreifst, gilt auch in Mexico als unumgänglich für das Gedeihen einer Vanille -Pflanzung. Ein Terrain, auf dem das Regenwasser stehen bleibt, wird ebenfalls für ungeeignet gehalten.

Die Stecklinge werden auf die Erde gelegt, so dafs die Gäbelchen dem Baume togekehrt sind, man bedeckt je nach ihrer Länge zwei, drei oder vier Knoten mit Erde, und befestigt die Ranken mit einem runden, nicht schneidenden Faden. Die Stelle wird dann gut bewässert und die Erde festgetreten, um die Einwir- ke**; der Luft zu verhindern, die für schädlich gehalten wird.

Wie viel Zeit die Vanille auf Reunion zu ihrer EntWickelung braucht, wird nicht angegeben. In Mexico tragen die jungen Pflanzen schon im zweiten Jahr asd bind im dritten vollständig entwickelt; dann geben sie noch drei bis vier reiche Erudten, aber im siebenten Jahre hat die Ertragfähigkeit schon merklich »bgenommen und man mufs die Pflanzung erneuern. Auf Reunion mufs die Er- neuerung nach acht bis zehn Jahren erfolgen.

hu Juni tritt die Blftthezeit der Vanille ein und dann beginnt der schwierig- ste Thefl der Cultur, die künstliche Befruchtung. In der VaniReblftthe sind die Stanbgefäfse von dem Stempel durch ein Häutchen getrennt, welches die natür- liche Befruchtung unmöglich macht. In Mexico, wo die Pflanze wild vorkommt, tenuitielt ein Inseet den BefruchtungBprocefs ; und da man bei der Verpflanzung der Vanille nach Java dieses Inseet nicht mit hinüberführte, gewann man in Java »üerdiiigs kräftig wachsende und Üppig blühende, nicht aber fruchttragende Ran- ken. Der Creole Edmond hat gelehrt, jenes trennende Häutchen vermittelst eines dünnen, wohl abgerundeten Instruments zu entfernen; nach Beseitigung desselben druckt man mit dem Daumen und dem Zeigefinger Stanbgefäfse und Stempel leise

25

KQMmmdD, so dafs der Pollen die Nirbe berührt. Es gehört mMer Operation eine geschickte Hand, damit die sarten Organe nicht mietet werden. Man be- frachtet gewöhnlich die meint erscheinenden Blüthen, um, wenn der Protei* ge- lungen ist, zum Vortheil der Frucht die übrigen beseitigen iu können. Ist die Vanille reich an Blüthen, so befruchtet man an jeder Blüthentraabe nur fönf ba sechs Blüthen; tragt sie nur ein paar Blüthentrauben, so kann man aas jeder auch mehr Schoten, acht bis swölf, sich entwickeln lassen.

Die Reife der Schoten wird dadurch angezeigt, dais der Stiel derselben gelb wird; sobald die Schoten selbst eine gelbliche Färbung erhalten, darf nun die Ernte nicht langer aufschieben, damit die Schoten nicht planen. Genietete Scho- ten sind allerdings, da sie eine vollkommene Reife erlangt haben, hinsichtlich de» Aroma'8 die besten; aber man mufs sie, um sie in den Handel geben zs können, Torerst der mühsamen Operation des Nahens unterwerfen, indem man die Spate in lauwarmes Wasser taucht, die Schoten dann mit Bändern fest umwickelt, ne trocknen läfst und dabei die Bänder fester sieht, je mehr der Umfang der Schote durch das Trocknen abnimmt Durch diese Operation erhalten die Schoten eine runde Form, die als auffallend von der Handelswelt nicht gern gesehen wird.

Da nun die Schoten au verschiedener Zeit reif werden, und sie weder über- reif , noch grün abgepflückt werden dürfen, in welchem letstem Falk sie tebr schwer trocknen und bei feuchter Witterung sogar in Fäulnifs fibergehen, unft man die Plantage alle zwei bis drei Tage sorgfältig absuchen. Die reifen wirft man in einen Korb und taucht diesen 18 bis 20 Secnnden in einen Kessel nii heifsem, aber nicht kochendem Wasser. Darauf breitet man sie auf trockene« Matten ans und läfst sie hier eine Viertelstunde liegen« damit die Waesertropfes abfliefsen. Sodann setzt man sie auf Tischen, auf denen wollene Decken heget, 0 bis 8 Tage oder noch langer der Sonne aus, legt sie aber jeden Abend ia Kasten, die ebenfalls mit Wollenzeug ausgeschlagen sind, damit sie schnitte». Sobald sie braun und welk geworden sind, bringt man sie, um den Trockeapio- cefs zu Tollenden, an einen schattigen luftigen Ort, wo sie ebenfalls auf Tttcao mit wollenen Decken ausgebreitet werden. Bei dieser Behandlung werden a> rollkommen trocken und behalten doch die Geschmeidigkeit, die der Hendekutaod wünscht.

Während die Schoten der Sonne ausgesetzt sind, mufs man sie um 3 Chr Nachmittags, wenn sie noch warm sind, ziemlich stark zwischen den Fingen drücken, um sie etwas abzuplatten, das Oel und die Samen, die sieh mehr «nies angehäuft haben, gleichmäfsiger über die ganze Schote zu verweilen und ihr da- durch Geschmeidigkeit und den von der Handelswelt gewünschten Glanz sa ver- leihen. Diese Operation mufs man vollziehen, wenn die Schoten schon ziemhcB welk sind.

Die trockenen Schoten, d. h. diejenigen, die schwarz oder richtiger choeo» ladenfarbig geworden sind, werden ausgesucht und in Kisten von verzinntem Blech gelegt; darauf werden die gleich groben in Bündel von je 60 Stück sosasuna> gebunden und je 60 Bündel in eine eben solche Kiste, deren Breite der Uage der Schoten entspricht, verpackt. Der Handelsstand legt Werth auf diese Ver- packung, die der menicanischen entspricht. Ein Ettquett auf der Kiste zeigt an die Anzahl der Bündel, die Länge der Schoten» ihr Netto -Gewicht and das Oe-

Bin Ausflug von DamMkui nach Sekkä und Gassüle. 389

wicht der Kitte. Die Blechkisten werden für den weiteren Transport in hölzerne Kneten gestellt and, am den Rost fernzuhalten, mit Sagespahnen umgeben. n.

Ein Ausflug von Damaskus nach Sekkä und Gassüle.

Von Herrn R. Doergens, der nach bamaskus gegangen ist, um den K. Prenfa. Consnl, Herrn Dr. Wetzstein anf seiner neuen Reise nach dem Hauran tu begleiten und dabei astronomische und meteorologische Beobachtungen anzu- stellen, sind an Herrn Prof. Dore Briefe aus Damaskus eingetroffen. Der Rei- sende hatte Berlin am 14. Febr verlassen, sich am 18. in Triest eingeschifft und nach einer ziemlich sturmischen Fahrt, während deren auf Corfu, Cephalonia, Zante, Svra, Smyrna, Rhodos und Cypern angelegt wurde, am 3. März Beyrut glücklich erreicht- Die mitgenommenen Instrumente waren sämmtlich unversehrt Schon am 5. machte sich Herr Doergens mit einem deutschen Reisegefährten, den er auf dem Schiffe kennen gelernt hatte und der vortrefflich türkisch sprach/ beide zu Pferde, einem Kawassen, den der Preufs. Consnl in Beyrut, Herr Weber, den Reisenden mitgegeben hatte, auf einem Maulthier, ferner einem Maulthiertreiber in Fnfe und einem Maulthier für das Gepäck, auf den Weg nach Damaskus. Eine französische Gesellschaft baut eine Landstrafse von Beyrut nach Damaskus über den Libanon; sie ist auf eine Strecke von 2 bis 3 Meilen fertig; dann wurde der Weg immer schlechter, je mehr es bergan geht; er ist an manchen Stellen sehr steil und macht zahlreiche Windungen zwischen colossalen Felsen oder über Berg- kimme. Die Reisenden kamen an vielen Maulberpflanzungen vorbei, die auf dem Libanon bis zu einer gewissen Höhe sehr gut gedeihen sollen, und sahen auch die Seidenfabriken, die von einer französischen Gesellschaft angelegt sind. Nach achtstündigem Ritt erreichte man Hemene, ein von Maroniten bewohntes Dorf, wo man Nachtquartier nahm. Am folgenden Tage ging es über den Kamm des Libanon, dann bergab auf dem Wege nach Baalbek in das fruchtbare Thal Bikah; die folgende Nacht wurde in dem kleinen von Türken bewohnten Dorfe Temene zugebracht Von hier führte am nächsten Tage ein vier- bis fünfstündiger Ritt nach den Ruinen von Baalbek. Eine Viertelstunde von Baalbek entfernt liegt ein grofser Steinbruch, in welchem ein harter, eisenhaltiger Kalkitein gewonnen wird; aus diesem Steinbruch sind die Steine des alten Tempels genommen, und ein machtiger, quadratisch behauener Block , 60 bis 70 Fufs lang und 8 bis 10 Fufs stark, Hegt noch in dem Steinbruch und harrt seiner Verwendung. Ueber Zeb- dani und Sük Wädi Barada wurde dann die Reise nach Damaskus fortgesetzt, welches man am 9. erreichte.

Von Damaskus ans unternahmen Herr Consnl Wetzstein und Herr Doergens einen Ausflug nach Sekkä und Gassüle, zwei dem enteren gehörigen Dörfern, die, wie man auf der dem vorigen Bande dieser Zeitschrift beigegebenen Karte CTaf. H) sieht, ostsüdöstlich von Damaskus am Rande der Wüste Hegen. Ueber diesen Ausflug berichtet Herr Doergens folgendermafsen:

„Um 4 Uhr Nachmittags am 14. März ritten wir zum Stadtthor hinaus, der Consnl, ich, ein Kawafs und der Koch des Consuls, alle zu Pferde und gut be- waffnet. Vor der Stadt kamen wir an einem Kirchhof vorbei, auf dem fast jedes

390 MifcoUen;

Grab mit einem frischen Myrtfcenzweige geschmückt war. Die Grabhügel, von Lehm mit Grabsteinen, waren frisch übertüncht. Die Garten tob ßekaa erstrecken sich mehrere Standen im Umkreise, sie enthalten verschiedene Bannr arten: Oelbäume, Nufsbäume, Mandelbäume, Aprikosenbäume etc., letztere stan- den in voller Blüthe. Da die Tageszeit schon weit vorgerückt war und unser Ziel noch fern lag (bis Sekka, an Pferde c. 3 Standen), so ritten wir im Galopp. Nachdem wir die Gärten von Damaskus passirt, hatten wir vor uns eine grobe, ziemlich baumlose Ebene; hier fängt die Gegend, der umherstrafendea Bedusei wegen, an, unsicher zu werden. Es war drückend schwül, der Himmel war be- deckt, es wetterleuchtete etwas. Nach f Stunden passirten wir das Dorf El Meliha und darauf das Dorf Der el 'Aaafir. Von dem letztern bis Sekki wiren noch 2 Stunden, wir sahen auf diesem Wege ein Feuer, welches die auf dem Felde befindlichen Hirten angezündet hatten. Die Bauern nehmen zu Hirten gern Beduinen, weil diese am besten mit den Heerden umzugehen verstehen. Sie lo- ben beständig in ihren Zelten. Gegen i\ Uhr erreichten wir das erste der beiden dem Consul gehörigen Dörfer: Sekkä. Der Himmel war unterdessen hei- terer geworden. Wir stiegen in dem, für den Aufenthalt des Consuls bestimm- ten Hause ab, es ist das einzige hn ganzen Dorfe welches zweistöckig ist Die erste Etage desselben enthält zwei kleinere Zimmer and ein grobes, welches die Bauern den Divan nennen. Dieses Wort klingt in unsern Ohren sehr schön, man darf sich dabei aber nicht viel versprechen. Die Wände desselben sind (au Luft- ziegeln oder Pise') roh verputzt, die Decke besteht aus 3 bis 4 Zoll starken, ro- den Balken (meist Pappelholz), in Entfernungen von 4 bis 5 Zoll neben einander gelegt; darüber eine Bretterverschalung und darauf eine 3 bis 4 Zoll hoheSeaidrt von Lehm und kleinen Steinchen; diese Decke ist zugleich das Dach. Eine grobe hölzerne Bank war das einsige Möbel des Divans; der Schech des Dorfes brei- tete in dem Divan Decken auf den Fufsboden (welcher ebenso constrairt ist wie dio Decke) und ebenso in einem kleinen an den Divan stofsenden Zimmer, wel- ches einen Tisch und einen Stuhl enthielt und in dem wir ans niederließen, Es hatte sich kaum die Nachricht von der Ankunft des Consuls im Dorfe ver- breitet, so traten auch schon die Männer des Dorfes ein und begrfifeten nach ara- bischer Weise ehrfuchtsvoll den Consul, ihren Herrn; sie lagerten sich iujDrwB auf die Decken und Teppiche und wir nahmen- auf der Bank daselbst Fiats. Die Eintretenden zogen an der Thüre ihre Schuhe oder Stiefel ans und setzten sich dann mit untergeschlagenen Beinen in einer Reihe den Wänden des Divam ent- lang, so dafs jeder uns sehen und wir jeden einzelnen unterscheiden koontea. Ich war sehr erstaunt über den Anstand und das CeremonieU dieser Baoern; wenn ein Fremder eintrat, so erhoben sich alle Anwesenden, und der Fremde grüfste der Reihe nach jeden einzelnen, so dafs es jedesmal lange dauertet bis die Gesellschaft wieder zur Ruhe kam. Der Schech des Dorfes, ein alter ehr- würdiger Araber, mit -mächtigem Turban, in ganz weifsein Anzog (weite Hosen und Jacke) und rothledernen Stiefeln mit langen Spitzen, reichte den Kiitfee herum. Alle tranken aus einem kleinen Tässchen, welches hier jedem fiiueJaea von Neuem gefüllt wurde. Nach dem Genüsse des Kaffee'* verneigte sich ein Je- der gegen den Consul, den Hausherrn. Darauf wurden einige Assabis (lange Pfeifen) und Nargile's (Wasserpfeifen) herumgegeben, ans denen die Bauern gt-

Ein Auflag von Damaskus muh Sekkä und Gassfile. 391

imaehten. So safsen nun die Bauern da, sprachlos, Aller Augen anf nne gerichtet, und lauschten auf die Worte des Consuls. Ich hatte Zeit genug, mir die einzelnen Personen genauer anzusehen, und konnte nicht genug die aus* drackeroUen Gesichter dieser Bauern bewundern, von denen sehr viele ganz feine Profile hatten; fast alle tragen lange Barte; einige hatten ihr langes schwar- zes Haar geflochten. Die Kopfbedeckung, der machtige Turban oder die auf die Schaltern herabhängende Keffie giebt ihnen ein ganz imposantes Aussehen. Ihre Kleidung besteht in einem farbigen Hemde, weüsen weiten Hosen, kurzer Jacke and darüber die Abbeia, d. L ein schwarz und gelb gestreifter Mantel aus dickem Zeuge, ohne Aermel. Unser Abendessen wurde uns in dem kleinen Zimmer aufgetragen, wir setzten uns auf den Boden, auf dem das Essen stand. Püaf, dicke Milch, Dibbs (ein Tranbendecoct), Eier, Oliven und Brod (rund und dünn wie Papier), waren die Gerichte. Um 10 Uhr vertieften uns die Bauern und wir legten uns zu Bett, welches der Schech uns auf der Erde bereitet hatte.

Donnerstag den löten. Das Wetter war prächtig als wir aufstanden; wir konnten also auf eine herrliche Aussieht über den ganzen Horizont hoffen. Ge- gen 9 Uhr Morgens begaben wir uns auf den dicht bei Sekkä gelegenen Hügel, um daselbst Winkelmessungen vorzunehmen. Bei dieser Gelegenheit besah ich mir daa Dorf ein wenig näher. Die Häuser sind dicht zusammengebaut, dahinter liegen die Höfe als Aufenthalt fürt Vieh, und das ganze Dorf sieht aus als ob es mit einer Mauer umzogen sei. Die Mauern sind meist von Pisemauerwerk aufgeführt. Der Boden bei Sekka eignet sich sehr gut zum Pisetau. Man hat einen transportablen hölzernen Kasten, den man an die betreffende Stelle hin- bringt and in den man die Erde (der man Stroh und Sand und kleine Steinchen zusetzt) stampft Dieser Kasten ist 3 bis 3J Fufs lang, 2' bis 3 Fufs hoch und 1 bin 2 Fufs breit. Der Hügel von Sekka erhebt sich flach conisch bis zu ei- ner Höhe von vielleicht 80 bis 100 Fufs über der Ebene. Er ist mit vielen Ba- salten bedeckt, die man aber von den nahen, östlich gelegenen Vulkanen hierher tranaportirt hat» In früheren Zeiten soll auf dem Hügel ein Dorf gewesen sein. Er enthalt eine schwarzgraue, salpeterhaltige Erde, aus welcher man den Salpeter gewinnt» der zur Pulverfabrication verwendet wird. Oben auf dem Hügel ist der Gottesacker des Dorfes. Anf den Grabhügeln sahen wir kleine Fähnchen. Der Hügel von Sekka enthält viele kleine Höhlen, in denen sich Hyänen, Dachse und Lachse aufhalten sollen. Die Höhlen sind des lockern Bodens wegen sehr leicht zu graben. Von dem Hügel hatten wir eine sehr klare Aussicht auf den ganzen Horizont: westlieh der Antitibanon, östlich die Vulkanregion, südlich der Hauran und die Ausläufer des Antilibanon. Nachdem wir unsere Winkelmessungen been- digt, kehrten wir hVe Dorf zurück. An dem Mittagsessen nahmen die anwe- senden 8cheehs (ans den benachbarten Dörfern) und Bauern Theil. Da nicht alle anf einmal sich um den kleinen, sehr niedrigen Tisch, auf dem das Essen sich befand, lagern konnten, so geschah dies der Beine nach; jeder nach seinem Bange. Das Hauptgericht bestand in Burgul und einem gekochten Schaf, der eratere (gekochter Weisen) befand sich in einer grofsen Schüssel, die zwei Mann trogen und die fast den ganzen runden Tisch einnahm; der Burgul war in der Schüssel hoch aufgehäuft, oben auf der Spitze lag der Schafskopf, welchen der Schech bekam, eine besondere Ehre für diesen, weil er die Köpfe seiner Feinde

392

«erbricht Diejenigen welche gegessen hatten standen sofort auf «m andern Ftata zu machen und auf diese Weise aisen 35 bia 40 Personen; es werde dabei gar nicht gesprochen.

Nach Tisch machten wir uns cur Weiterreise fertig; nach einem halbetnnöj- gen Ritt erreichten wir Gassöle, das andere dem Consul zugehörige Dorf, wel- ches in derselben Weise gebant ist wie Sekkä. Wir stiegen beim Schach des Dorfes ab; bei nnserm Eintritt ins Dorf erhob die Frau desselben ein Freadea- geschrei (dies ist das Frohlocken der Weiber bei Hochzeiten). Ans dem nahen Dorfe El Higane hatte sich der Schech mit mehreren Bauern eingefunden. Narh- mittags war der Himmel bedeckt, Abends dagegen fast heiter, Funkeln der Sterne. Die Bauern waren wieder um uns herum; man rauchte und sprach sehr wenig; spat Abends holte man einen Vorleser, der einen arabischen Roman vorlas, dem Alle mit gespannter Aufmerksamkeit folgten; es war abwechselnd Gesang ond Prosa, ersterer ist sehr melancholisch. Gegen 1 1 Uhr legten wir uns schlafen. Das Leben dieser Bauern ist ein sehr bewegtes, hart am Rande der Wüste, sind sie fortwährend der Beduinen wegen in Gefahr, welche die Gegend durchstreifen ; so nahe bei der grofsen Stadt Damaskus! Kein Bauer geht ans, ohne eehr gut bewaffnet zu sein, und tritt eine Gefahr ein, so stehen alle zusammen und halten fest aneinander. In ihren Gesichtern prägt sich dieses Leben ans, fast jeder ist * mit Narben bedeckt, und doch scheinen die Bauern dieses Leben zn lieben. Sie wollen sich lieber ihren Besitz fortwahrend erobern, als ihn in trager Buhe ge- niefsen. Ihr Reichthum besteht in ihrem Vieh, ihren Pferden und in dem Schmuck ihrer Frauen.

Freitag den 16. März. Nach Tisch machten wir uns reisefertig. Fast aOe Bauern (40 Reiter an der Zahl) begleiteten uns nach dem ostlichsten und letzten Dorfe vor der Wüste El Higane ; unsere Cavalcade nahm sich sehr prächtig aus. Mehrere versuchten sich in ihren Reiterkünsten und ihren Lanzenbewegungen, wss einen hübschen Anblick gewahrte. Ohne Steigbügel und ohne Sporen «tüten sie auf dem Pferde und reiten rechts und links in Wellenlinien und stofsen geschickt ihre Lanzen. Das Pferd (meist Stuten, weil diese lenksamer sind) lenkt mau mit einem kurzen, dünnen, oben mit einem eisernen Ringe versehenen Stäbchen; der Ring tragt Eisenblechstücke, welche klappern. Die Lanze ist gegen \2 Fuff lang (Schilfrohr ans Bagdad). Wir sahen die Pflanze, deren Blatter Manna enthalten: die Tarsapflanze. Der Boden begann vulkanischer Natur an wer- den. — Nach 14 stündigem Ritte erreichten wir EI Higane, welches am Fnfse eines vulkanischen Hügel liegt Wir stiegen nicht beim Schech des Dorfes ab, sondern bei einem jungen Bauer, der den Consul sehr um diese Ehre gebeten hatte. Er gab sich alle nur mögliche Mühe um uns unsern Aufenthalt bei ihm so angenehm als möglich zn machen. Abends kam die Nachricht von dem Zn- sammenstofs zweier Beduinenstämme zwei Stunden südwestlich von Higane. Es wurde unter Anderem erzählt, die Beduinen hätten einem Bauer sein Pferd genom- men, für dessen Hälfte man ihm 18000 Piaster (= 1000 Thlr.) geboten habe. Man verkauft nämlich in diesen Gegenden die Pferde (Stuten) ganz oder anr Hälfte etc , im letztern Falle hat der Verkäufer auf die Hälfte der Füllen, die das Pferd bekommt, Anspruch.

Sonnabend den 17. März. Wir stellten den Morgen Winkehneesougen aaf

Ein Ausflog von Damaskus nach Sekkä und Gassule. 393

dem Hügel tob El Higene an und «war aaf dessen sadöetücher Partie, die Der Montane heiJsfc Vorher zeichnet» ich den Horizont, den ich mir in Gedanken, nach den vier Himmelsgegenden in vier Theiie abtheilte; jeden Theil zeichnete ich besonders. Dieses ist für das Notiren der Winkelmessangen ungemein be- quem; da die Boassete von 0 bis 390° getheilt ist, so schreiben wir den Win- kel, den wir für eine Bergspitse oder für ein Dorf etc. abgelesen haben, an die betreffende Steile der Zeichnung hinein. Für nach hat dieses Zeichnen den groben Vorteil, dafs ich mir dabei die Formen und Ansichten tief einpräge; der Anblick von dem Hügel ans ist mir so gegenwärtig, als hätte ich ihn gestern gesehen. Der Higel ist eino vulkanische Erhebung; das Gestein auf demselben ist meist Basalt mit eingesprengtem Olivin. Einige der mächtigen Basaltsteine liegen in merkwürdigen 8telhmgen zusammen und sind bei den phantasiereichen Beduinen Veranlassung zu absonderlichen Vorstellungen geworden: z. B. das Mäd- chen (ein länglicher, nach unten dicker werdender Stein), in der Nähe ihr Mann; dann die Wiege der Bärin; das waren mehrere Steine, die so zusammenlagen, dafs sie eine mnldenartige Vertiefung bildeten. Auf dem Hügel befanden sieh auch viele Bedmnengräber mit den ßymbolen der verschiedenen Stämme. Die Beduinen begraben ihre Todten gern auf Hügeln ')• Wir hatten eine husche Anasicht auf das Safegebirge, nnd der See von Higene, welcher nicht weit von dem Hügel liegt, ist dicht mit Gras bewachsen; östlich vom Hügel ist alles mit Tanabämmen bedeckt Während ich das Panorama des Horizonts zeichnete, ging der Consul zu dem in der Nähe nagenden Hügel Kasren und sammelte dort No- tixen über einige alte Ruinen. Wir wollten den See von Higane umreiten, doch rieth man ans davon ab. Alle dort weilenden Stämme hatten sich des oben er- wähnten Zasammenstofoe* zweier fremden Stämme wegen zurückgezogen und es konnte uns deshalb Niemand begleiten. Der See von Higane erstreckt sich von W. nach O. 1 Stunde und von N. nach 8. 2\ Stunden; er wird gebildet durch die Wasser der A'wagflusses. An seinem Nordostende ist ein langer Ca» naJ, durch den das Wasser in einen östlich gelegenen See fliefst, der noch von grofserm Umfange als der von Higane sein soll. Dieser heifst der See von Bau. Von weit gröfserem Umfange ist der nördlich gelegene See, der die Wasser des Baradä aufnimmt und See von 'Atene heifst, er soll Stunden breit und über 5 Stunden lang sein, wir haben ihn von Higane nicht sehnn können, obschon sein südlichstes Ende nicht mehr als 3 Stunden von uns entfernt sein konnte, wahrscheinlich ist er ebenfalls mit Gras bewachsen.

Mehrere Male sah ich einen Bauer auf der Tirababa (der Cither der Wüste) spielen; dies ist eine Violine, wenn man will, mit einer einzigen Saite, aus vielen Pferdehaaren. Den Resonanzboden stellt man durch eine straff ange- zogene Thierhant her, den Violinbogen macht man ebenfalls aus Pferdehaaren. Dieses so einfache Instrument, das einzige musikalische in der Wüste, verstehen die Beduinen sehr gut zu spielen, aber die Töne und der Gesang dazu haben etwas so Melancholisches an sicn, dafs ich es nie hören konnte, ohne dadurch traurig gestimmt zu werden. Das Dorf Higane, das ursprünglich viel gröfser ge-

») VergL hierüber l>r. Wetzsteins Bemerkungen in dieser Zeitschrift Bd. VII, 8. 184. 185.

394 IfiaeeHea:

wesen ist als jetzt, Hegt am aordwesüiehcn Abhänge des Htgeta gleichen 1 und ist nicht stark bevölkert Fünf Jahre lang lag es wüste und Jahre ist es neu bevölkert worden. Das Weichbild tob Htgene ist das ftrneht- barste des gansen Merglandes. Der Boden enthalt, wie die Bauern sagen, keine Wurzel. Die kleinen Pflänschen, welche der Winterregen hetaasgelockt hat» ver- schwinden im Sommer gans; in diesem Jahre waren, des ausgebliebenen Regens wegen, noch gar keine an sehen. In Hlgane giebt es keinen Banns.

Am Nachmittag dieses Tages ritten wir nach Sekka zurück, unterwegs kehr- ten die Schechs etc. in ihre Dörfer zurück. In Sekka befindet sich in dem Gar- ten des Consuls ein riesiger Maulbeerbaum. Durchmesser unten am Stamme 6 Fufs, Höhe 70 Fufs.

8onBtag den 18. Mars. Heute Morgen früh reriiefsen wir Sekka and erreich- ten gegen 10 Uhr glücklich Damaskus. Bei dem Dorfe El MeUha ist grofse Hanf- cuhur. Zwischen Hlgane und Gassale wittert an vielen Stellen das Sah aas der Erde (weifse Flecken). Bei Higane wachsen viel wilde Trüffeln, die in Bak- ken nach 8eham gebracht werden. Bei dem Dorm Der el Aaifir, miatheu fleh II und Meltha, fiieftt ein reicher und klarer Flufs, welcher, wie eine Menge anderer, gegraben ist; dies sind die Gewässer des AntUibanon, welche sieh unser der Erde sammeln ; man gräbt an einem bestimmten Punkte bis man Wasser hat und lei- tet dies dann zur Bewässerung der Wiesen wohin man es haben wüL*

Seitdem hat Hr. Doergens Damaskus noch nicht verlassen, da der Aufbrach zu der gröfseren Reise auf den 19. April festgesetzt ist, und diesen Aufenthalt zu Beobachtung der Instrumente benutzt Er hat für den Gang des Barometers und für die Höhe von Damaskus zahlreiche obachtungen (bis zum 17. April c 260) gemacht, und die Breite der Stadt sowohl nach der Höhe der Sonne wie nach der Höhe des Polarsterns bestimmt. Fir die Zeit der Reise ist es gelungen, in dem österreichischen Consul, Hern Pfiffia- ger, einen correspondirenden Beobachter zu gewinnen.

Heifse Mineralquellen in der Provinz Ssemipalatinsk.

Nach dem Russischen ' ). Im Allgemeinen* werden in denjenigen Gegenden Sibiriens, in tische und dschungarische Stamme nomadisiren, mit dem Namen ,

') Wjästnik der K. Russ. Geogr. Gesellschaft 1858. 6. Verfasser ist Herr Abramow, der unseren Lesern bereits durch den Bericht Aber das Erdbeben in Ssemi- palatinsk (Zeitschr. N. F. Bd. V, 8. 168 ff.) bekannt ist Indem wir auf die in dem zuletzt genannten Aufsatz enthaltenen Angaben über die oft wiederholten Erderschüi- tenragen, die im Gebiet des nördlichen Randgebirges der centralasiatischea Hoch- ebene verspürt worden sind, zurückverweisen, erinnern wir daran, dafs heifse Quellen östlich vom Baikal schon lange bekannt sind, dafs neuerdings auch am Ursprung des Irkut heifse Quellen entdeckt worden sind (vgL Zeitschr. Bd. VI, 8. 4M ff.), dafr nach der jetzt mitgetheilteu Abhandlung der westliche Theil des Randgsbirgss, der Alatau und Tabargatai, reich an heifsen Quellen ist, und dafs Atkinson an dem zwi- schen diesen beiden Endpunkten gelegenen Telezkoi-See ebenfalls heifse Quellen be- sucht hat Die Angaben Über vulkanische Erscheinungen in Thian Schau sind in Semenow's Abhandlung (Zeitschr. N. F. Bd. II, S. 88 ff.) susanimengestsllt and be- isuchtet

Heifse Mineralquellen in der Provinz Ssemipalatinsk. 395

varmesi imd heilten Mineralquellen bezeichnet Das Wort Arassan ist ein mon- gotisches oder dsehnngarischcs und bedeutet nach Einigen „warme", nach Anderen »heilige* oder „geweihte" Wasser. In der Provini Ssemipalatinsk und in ihrer Umgebung finden sieh mehrere solcher Quellen. Ich rühre hier einige Berichte ■her dieselben an nnd verbreite mich genauer über das im Mai 1857 von mir besuchte Arassan bei dem gleichnamigen Wachtposten.

Nach den Erzählungen der Kirgisen in der Provinz Ssemipalatinsk , die in der Nahe des 8ee's Alaknl im Kreise Ajagns, nicht weit vom Flusse Doleta, welcher rieh in den Alaknl ergiefst, nomadisiren, befinden sich hier warme nnd kalte Schwefelquellen Sie sind heilkräftig bei Skropheln, bei Leiden, welche von Erkältung herrühren, und bei andern von den Kirgisen nicht genau bezeich- neten Krankheiten. Ihr Nutzen ist den Mongolen und Dschnngaren schon lange bekannt Ans einer Vergleichung dieser Erzählungen mit den alten, im Besitz des Befehlshabers der sibirischen Linie, General-Lieutenant Glasenapp befindlichen Beschreibeingen des Dolmetschers Pntinzow, die er im Jahre 1811 bei seiner Reise von Bnchtarminsk nach der chinesischen Stadt Knldsha abgefafst hat, er. giebt sich, dafs dieses dieselben Quellen sind, welche Pntinzow sah. Er berichtet über sie Folgendes. Nicht weit vom Flusse Doleta, 7 Werst vom Karawanenwege entfern«, liegen Mineralquellen Namens Arassan. Da Pntinzow sie zu besuchen wünschte, trennte er sich von der Karawane und bog, von einigen Kirgisen, Ta- taren nnd einem Kalmyken begleitet, seitwärts ab. Der Kalmyk erzählte ihm, vor 80 Jahren (also etwa 1730) habe die Frau des Dschungaren-Khan's Galdan, da sie keine Kinder bekam, diese Quellen benutzt, und zwar mit Erfolg; ans Dankbarkeit habe Galdan in der Nähe derselben einen Tempel errichtet. Pntinzow sah diesen Tempel ; er war ans ungebrannten Ziegeln erbaut und hatte einen Kalk* überwarf; in ihm befanden sich 17 anf Steinplatten ausgehauene und mit Farbe angestrichene lamaische Burchane. Der Hügel, wie auch die zu beiden Seiten sieh erhebenden Berge werden von einem röthlichen ockerhaltigen Gesteine ge- bildet Dicht bei dem Tempel liegt das Bassin, in welchem Pntinzow nnd seine Begleiter badeten. Das Wasser schien bei dem Hineinsteigen heifs, dann aber nur warm, und roch nach Schwefel. Pntinzow blieb eine Viertelstunde in dem Bade und fühlte sich dadurch so erschlafft, dafs er kaum hinanssteigen konnte; nachher stallte sich bei ihm ein anhaltender Schweifs ein. * Er trank auch das Wasser, und der Geschmack schien ihm nicht widerwärtig. In dem Tempel be- fand sich unter Andern auch eine Inschrift, aus welcher sich ergab, dafs die Mongolen, „welche Alanen genannt werden", und die Kirgisen alljährlich zur Hei- lung von ihren Leiden Anfangs 8eptember hierher kommen und bis zum October hier verweilen. Der Kalmyk erzählte, dafs anfser dem Tempel hier auch fünf Hänser für die buddhistische Geistlichkeit erbaut waren, die in dem Tempel den Dienst versah, dafs aber nach der Vertreibung der Dschnngaren durch die Mand- schure-Chinesen nnd nach dem Sturz des Dschnngarenreichs im J. 1758 diese Hänser durch die von Westen einbrechenden Kirgisen zerstört worden wären. Zwanzig Sashen höher als diese Quelle, an demselben Ufer liegt am Fufse eines Felsens eine kalte Mineralquelle, die ebenso heilkräftig ist, aber nicht aus dem Innern der Erde hervorsprudelt, auch nicht fliefst, sondern unbeweglich wie in einer Schale daliegt.

396 Miscellea:

In dem niedrigen Tbeile des Manrak1), einer Abzweigung de« Tarbagatai- Gebirgee, liegt eine Mineralquelle Araaian, und neben ihr ebenfalls ein bnddniath •eher Tempel. Vor noch nicht langer Zeit wurde de von den Chinesen beavttt; jetzt haben sie sich, wahrscheinlich in Folge der Nahe der Bussen, zurückgezogen.

Im Altai, an den Quellen des Flusses Arassan -Kaba, nicht weis tos dem Berge Sart-tau, finden sich ebenfalls Schwefelquellen, die aus einem kleinen Htgd herauafliefsen. Sie haben kaltes und weifolichcs, milchihnliches Wasser und wur- den von den Chinesen sehr geschätzt. Die eine wurde von den Männern, die andere von den Weibern benutzt. Hier strömt eine grofse Menschenmenge zu- sammen, um bei verschiedenen Krankheiten Heilung zu suchen, und hn Tempel befinden sich zahlreiche Weihgeschenke, die aus verschiedenen chinesischen Stoffen bestehen.

Vier Werst hinter Kopal liegt am Bache Kopalka im Gebirge eine Imlke Schwefelquelle Arassan. Das Bassin war von froheren Bewohnern mit rohen Steinen eingefafst. Bei dem Einsng unserer Truppen und der Besitzergreifung des Kreises Kopal im J. 1846 fand man in der Nachbarschaft lamaische Bnrchans, die von Mongolen oder Dschungaren hier aufgestellt waren, ebenfalls Bculptur- Arbeiten auf Steinplatten mit mongolischen oder dschnngarischen Inschriften. Bei der Anlegung des Forts Kopal im J. 1848 wurden diese Steinplatten an den ver- schiedenen Bauten benutet, und es ist sehr zu bedauern, dafs die Archäologie dieser interessanten Gedenksteine dadurch verlustig gegangen ist.

An der Quelle des Flusses Kok-ssu (blaues Wasser) liegt ein Arassan, der am Ufer dieses Baches, des dritten Quellflusses der Tachimflda-Karagmi , eine Quelle bildet, welche ein kleines, mit rohen Steinen eingereistes Bassin etwa zu einem Viertel ausfüllt. Der Boden desselben ist mit feinem Sande von Granit und Franengta bedeckt. Nicht weit davon sind noch einige andere Lachen, die mit einem vom Grase grünlich gefärbten Wasser angefüllt sind; auch dieses Was- ser ist schwefelhaltig; es ist früher von Mongolen und Dschungareo benutat worden«

Die Mineralquellen, über die ich ausführlicher sprechen will, liegen im Kreise Kopal bei dem Piket und der Stanise Arassan, 599 Werst genau sudlich von Ssemipalatinsk und an dem Wege, der 29 Werst weiter nach Kopal fuhrt, etwa unter 45* 18' V. Br. 77° 30' O. L. von Paris1). Sie sprudeln am FoXk einer Abzweigung des Alatau hervor, in einem abschüssigen ThaL Unten fielst der nicht breite, aber reifsende und schaumende Bach Biön *). Hier ist sein Bett in den Granit eingeschnitten und mit ungeheuren Rollblöcken besäet, welche Stromschnellen bilden. Bei den Quellen hat man den Gebirgssug des Aftataa in Sicht, dessen Gipfel mit ewigem Schnee bedeckt sind; seine Höhe wird auf 11 506 bis 12000' angenommen.

Das Erdreich ist hier zum Theil ein salzhaltiger Thonboden, hanptsaehheb aber ein sandiger Steinboden. Nichtsdestoweniger giebt es hier, Dank der ArbeM-

') Südlich vom Dsaisang.

*) Es sind dieses dieselben Quellen, die in der «Reise von Omsk nach Wjer- noje", Zeitschr. N. F. Bd. IV, S. 248, beschrieben sind.

*) Der Biön ist ein kleiner Steppenflufs südlich von der Septa, der den Bslrhssrh nicht mehr erreicht.

Heils« Mineralquellen in der Provinz Ssemipalatinsk.

307

sankest der froheren und der gegenwärtigen Bewohner, viel Ackerfelder, die «11- jährlich an Boggen, Weisen, Gerste nnd Hafer reiche Ernten liefern. Obgleich es nnr selten regnet nnd in der Umgegend olles Grün während des Sommers ver- dorrt, leiden die Felder doch nicht an Dürre; denn sie werden durch die aryki (Wassergraben), die von den früheren Bewohnern angelegt sind, aus Quellen nnd Bachen bewässert. Diese aryki versahen nicht Mols die abschüssigen nnd ebenen, sondern auch höher gelegene Stellen mit Wasser: Noth nnd Anstrengung hat alle Schwierigkeiten überwunden.

In den Schluchten der Berge, welche das Thal von Arassan einfassen, findet sich Waldung von Roth- nnd Weifstannen; das Thal selbst ist durchaus waldlos.

Nach der geographischen Breite mufs das Klima von Arassan warm sein. Die Hitze steigt hier in der That bis auf 40° R.; aber sie wird gemildert durch kühle Nächte, durch häufige ungestüme Winde, die über das offene Land nach Westen cum Balkasch-See wehen, und durch die von den schneebedeckten Gipfeln des Alatan herabströmende Kälte. Der Winter ist kurz; er dauert nicht länger als 2^ Monat. Der Frühling beginnt im Februar. Bei meiner Rückkehr von Kopal hielt ich mich etwa 3 Tage in Arassan auf und beobachtete folgende Ther- mometerstände:

am 16. Mai (alten Style) um 2 Uhr Mittags in Kopal . . . + 24,0 R.

. 16-

. 17.

. 17.

. 17.

18. . 18.

16. . 19. , 19.

19.

Da dieses Gebiet noch nicht lange dem rassischen Reich einverleibt ist, sind die Mineralquellen von Arassan nicht blofs in Rufsland, sondern auch in Sibirien nur wenig bekannt, obgleich schon eine beträchtliche Ansahl von Personen ihre Heilkraft erprobt hat

Das Mineralwasser wird von zwei Quellen geliefert, die nicht sehr wasser- reich sind» Sie fallen drei Bassins, auf deren Boden Sand nnd ein feiner erdiger Schlamm von dunkelgrauer Farbe liegt. Früher waren diese Bassins nicht tief, nnd die Mongolen, Dschnngaren und Kirgisen, welche das Wasser benutzten,

■) Kissikauss (d. i. krummes Maul) ist ein schmaler Engpafs in einer Abzwei- gung des Alatan ; er folgt den Krümmungen einiger Bäche, und ist mit grofsen Fels- blocken, die von den Bergen herabgerollt sind, und mit feinem Schutt bedeckt. Nicht ohne Furcht kann man sich unter den überhangenden Felsen fortbewegen, die jeden Moment den Einsturz drohen.

10

n

Abends bei der Ankunft

in Arassan

. .

. + 9,»R.

6

»

Morgens in

Arassan

. -+• 12,o R.

2

n

Mittags

n

. + 26,oR.

10

»

Abends »

»

-+- 9,7 R.

6

m

Morgens »

9

4- 13,s R.

2

w

Mittags

»

-+- 28,o R.

10

*

Abends

n *

-h 10,5 R.

6

*

Morgens

»

. -r-14,eR

2

*

Mittags, in

der Gebirgs-

schlucht Kissikauss ')

>

17 Werst

von Arassai

i -+- 309o R.

10

w

Abends, im PiketBaskanal

k,

72 Werst

von Are«

lan

+ 12,0 R.

398 Miioellea:

konnten darin nur sitaen oder liegen. Nach der russischen Besitzergreifung eher wurden sie, um bequemer darin baden zu können, ▼ertieft und so weil gereinigt, dafs ihre Tiefe jetzt bis 1f Artchin beträgt Jetzt ist nnr wenig Schlamm anf dem Boden zurückgeblieben und in Folge dessen soll nach der Veraicherang der Kirgisen das Wasser kälter geworden sein nnd an Heilkraft verloren haben. Diese Meinung dürfte nicht nngegrfindet sein : der Schlamm hat vielleicht den Wlrme- stoff nnd einige Gase zurückgehalten, die jetst leichter ihren Weg durch das Wasser an die Oberfläche finden.

Das erste Bassin der warmen Quelle, etwa 34 Arschin im Quadrat grois, ist von den alten Einwohnern mit Steinen eingefafst. Das Wasser sprudelt in ihm an mehreren Stellen ans kleinen Oeffnungen hervor, denen auch Gase ent- schlüpfen, welche kleine Bläschen bilden, so dafs das Wasser an der Oberfläche wie kochend aussieht

Von diesem Bassin, welches für Leute höherer Stande bestimmt ist, zwei Sashen entfernt liegt ein «weites für den gemeinen Mann; es ist genau ebenso beschaffen wie das erste.

Die kalte Quelle mit einem von höisernen Balken eingereisten Bassin liegt etwa 65 Sashen von der ersten entfernt, etwas tiefer, am Abhänge des Thaies nach dem Ufer des Baches Biön su.

Diese Becken sind immer bis zum Bande mit Wasser gefällt, und damit das Wasser nicht überfliefst, wird es, nachdem es über eine Reihe von Steinen ge- führt ist und sich abgekühlt hat, durch die Gärten im unteren Theile des Thaies geleitet

Die Temperatur des Wassers der wannen Quelle betrug am 17. Mai im er- sten Bassin 28+ * R., in »weiten 27 *. In der kalten Quelle zeigte das Thermo- meter 16V R-

Das Wasser beider Quellen, besonders der kalten, hat einen Schwefelgeruch und schmeckt nach Kali und Schwefel. Ia ein weifses Glas gefüllt, erscheint et rein und durchsichtig, in den Bassins der warmen Quelle aber etwas bUnhch. Steht das Wasser der warmen Quelle einige Tage in einem unbedeckten Gefäfs, so verliert es allmählig die Wärme nnd das Schwefelgas und erhält einen wider- lichen faulen Geruch. Kocht man das Wasser der kalten Quelle, so verfliegt der Schwefelgeruch vollständig und es wird trinkbar. In fest angepfropften Haschen bewahrt es seine Eigentümlichkeit, es kann also auch in andere Gegenden ver- schickt werden.

Ans der chemischen Untersuchung, die der General- Stabs -Arzt Salugowski angestellt hat, ergiebt sich, dafs beide Quellen, die sich durch Nichts als ihre Temperatur unterscheiden, Schwefelquellen sind, ohne metalüsehe Bestandmcfle, und dafs sie enthalten: Schwefelwasserstoff, Schwefelsäure in ungebundenem Zu- stande, mehr aber noch gebunden mit alkalischen Basen, Kohlensäure, Schwefel, Kieselerde, schwefelsaure Magnesia, schwefelsaures Natron und Kali, Chlor-Mag» nium, Chlor -Calcium .und in besonders grofser Menge Chlor -Natrium.

Die Einwirkung auf den Organismus ist folgende ; bei dem Hineinsteigen ins Wasser fühlt man ein Brennen der Haut, das sich gleichmäßig Über alle Körper- teile verbreitet; das Athemholen und der Blutumlauf wird beschleunigt; dann bricht am ganzen Körper ein starker Schweifs aus, es macht sieh eine gewisse

Heifre Mineralquellen in der Provinz Siemipelatinik. 399

Schwache fühlbar, Schwere des Kopfes nnd Neigung zum Schlaf. Bei dem Hin- austreten ans dem Bade ist der Körper geröthet, er wird weich, dann weifs, nnd die Feuchtigkeit in Folge des hervorbrechenden Schweifte* erhält sich siem- tich lange.

Beim Baden in der kalten Quelle sieht sieh die Haut etwas zusammen, das Blut strömt nach den innern Theilen, und man spürt eine kräftigende Wirkung.

Wir übergehen die Aufzählung der Krankheiten, auf welche der Gebrauch dieser Wasser' heilsam einwirkt, und die diätetischen Regeln, die dabei su beob- achten sind, und fugen nur noch hinzu, dafs die Russen auch bei diesen Quellen buddhistische Burchane auf Steinplatten mit mongolischen und dsohungarischea Inschriften vorfanden. Darunter befand sich das sorgfaltig gearbeitete Bild einer Frau in dschungarischem Schmuck. Ihr Kopf war, wie es auf christlichen Hei- ligenbildern der Fall ist, im Halbkreis mit einer Glorie umgeben; in der Hand hielt sie ein Gefäfs, das mit einer sorgfältig gearbeiteten Guirlande mit Blfithen und Fruchten geziert war. Nach Aussage der hier nomadisirenden Kirgisen soll das Bild die Frau eines Dschungaren-Khan's darstellen, die durch den Gebrauch der Bäder ebenfalls ihren Wunsch, Nachkommen au erhalten, befriedigt sah.

Im J. 1850 gab es in Arassan nur folgende Gebäude: ein Haas von 15 Ar- schin in der Front, bestehend aus swei Zimmern ; aus jedem derselben fuhrt eine Thür auf eine Galierie, an deren Ende man auf einer Treppe in das Badehans hinabsteigt. Das Letztere besteht aus drei Zimmern, zweien für die warmen Bäder und einem Toilette-Zimmer zum Aus- und Ankleiden. Femer gab es noch eine Kaserne mit zwei Zimmern rar die von Kopal hierher geschickten kranken Sol- daten, weiterhin eine Küche, endlich einen hölzernen Bau über der kalten Quelle. Im J. 1856 wurde ein Garten von 7000 Quadrat -Sashen Gröfse angelegt: hier wachsen jetzt Tannen, Silberpappeln, Apfelbäume, Ebereschen, Bisebeeren, Kirsch» bäume, Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, Schlehen, Berberisbeeren und von der chinesischen Stadt KvJdsha eingeführt Wein, Aprikosen, Birnen und Pfirsiche; auch verschiedene Blumen sind von dort eingeführt Der Garten wird ron mehreren Quellen aus bewässert und ist in der Mitte mit Lusthäuschen ge- ziert, ron denen eines im chinesischen Styl erbaut ist

In den Jahren 1855 und 1866 wurden aus Kopal mehrere Kosaken hierher übergesiedelt und die Stanize Arassan, aus 23 Häusern bestehend, begründet Im J. 1867 baute man eine steinerne Kapelle, und die Ortschaft wird ohne Frage sehneH anwachsen, je mehr die Heilkraft der Quellen bekannt wird. Der Bück auf die Umgegend ist reizend. Die hohen schneebedeckten Spitzen des Alataa begrenzen den Horizont; vor ihnen liegen die Wiesen, die Quellen mit ihren Hinsern, mit dem Garten, den Pavillons, den Wasserleitungen und dem mit fri- schem Grün bedecktem Thal; endlich das Piket und die Stanize mit ihren säu- bern neuen Häusern, und weiter abwärts die weidenden Heerden: Alles vereinigt steh, Arsssan im Mai und Juni su einem angenehmen Aufenthalt su machen.

n.

400 Miscellen:

Die Karagassen1).

Die Karagassen bilden jetzt nur den unbedeutenden Best eine« Volkes, das sich in seiner eigenen Sprache Toffä nennt. Im J. 1851 suhlte man nur 543 Personen. Sie nomadiairen in der Taiga9) der Flüsse Oka, Uda, Birjussa und Kan und zerfallen in 5 Ulusse: 1) Der Karagassische, der von den Bussen mit diesem Namen bezeichnet wird, sich selbst «her Ssarych chasch (der gelbe Ulnft) nennt, ist der westlichste Stamm; er zahlte nur 89 Individuen, und nomadisirtan den Russen Agni, Eorma und Telegasch, die sich in den Kan, einen Nebenfluli des Jenissei, ergtefsen; seine Nachbarn sind die Kamvsinzen. 2) Der Schel- begorische oder Ssilpagurische, der sich selbst Akjauda nennt, zahlte 172 Seelen und nomadisirt an den Bächen Charabruen, Dvreinyech, Chaderussu, Chan, Ko- uterina, Chorat und Issyk-ssu, die in die Uda fallen3). 3) Der Kangassische, der sich selbst Chasch-tar nennt, zählte 105 Seelen und nomadisirt an der Jttschi- kema, die ton NO. in den obern Jenissei flieist; er ist den Sojoten benachbart. 4) Der Udin'sche oder Ssndin'sche, der sich selbst Kiiradjauda nennt, als ob er dunkler oder bräunlicher als die übrigen wäre, zählte 84 8eelen und nomadisirt an den Quellen der Uda. 5) Der Maller'sche oder Manshurische, der sich selbst Djopteiler nennt, bestand aus 92 Seelen und nomadisirt an den Quellen der Oka; er ist den am Irknt nomadisirenden Burjaten benachbart, mit deren Sprache er auch bekannt ist.

Was ihr Aeufseres betrifft, so erreichen die Karagassen kaum mittlere Gräfte; sie sind hager, aber wohl pcoportionirt; bei kleinen Köpfen und nicht breiten Schultern haben sie ein« enges Becken und kleine Hände und Füfte. Die Haare sind schlicht und schwarz; die Sara niedrig; die Augen klein, nicht «ehr ?or- tretend, dunkelbrann, gerade geschützt; die Backenknochen ( nicht sehr hervorste- hend; die Nase gerade., und schmal; der Mund klein; das. Gesicht rundlich, braun; tter Bart dünn und sparsam* Der ganze Gesichtatypns erinnert mehr an die Kirgisen der mittleren Horde als an die Mongolen« Der Hals ist lang, die Brust platt; die Knochen im Allgemeinen dünn, und die Leute sind deshalb ssulseror- dentlich leicht, sie wiegen etwa nur. 3 Pud* Ihr Gang ist eigentümlich: den Oberkörper, den Bald und den Kopf halten sie unbeweglich, etwas nach vorn gebeugt, nnd bewegen sich unherbar mit kurzen, schnellen Schritten vorwärts; diese Eigentümlichkeit rührt von ibrer Gewohnheit her, auf Benthieren an reiten und sich der Schneeschuhe zu bedienen. Das weibliche Geschlecht ist mit dem techssehnten Jahre herangereift. In Folge der geringen Entwicklung der Knochen und Muskeln sind die Karagassen kraftlos und zu anstrengenden körperlichen Arbeiten nicht geeignet. Gehör nnd Geruchssinn sind bei ihnen auieerordentlicfa

1 ) Nach dem 3oHOrpa»HqeCltiH CtfopHMffc, Th. TV. St Petersburg 1858.

*) Der Verf. leitet das Wort Taiga Ton dem Karagassisohen Daiga (weiter, d. i. fast immer mit Schnee bedeckter Berg) ab. Es ist aber in demselben Sinne auch sehr weit von den Karagassen entfernt im Osten gebräuchlich.

a) Der Verf. macht hier die auffallende Bemerkung, dafs die Uda nach ihrer Vereinigung mit der Birjussa die Iona bildet , und dafs die Iona nach ihrer Vereini- gung mit der Oka (sie!) die Tassjäewa bildet, die sich in die Angara ergielst; diese letztere werde von der Einmündung der Tassjäewa ab die »untere Tunguska* genannt

Die Karagassen.

401

scharf. Mit wunderbarer Geduld ertragen sie die Beschwerlichkeiten des Noma- denlebens, schlechte Witterang nnd Mangel an Nahrung.

Zur Beurtheilnng ihrer Sprache diene folgendes Vocabular für den Schelbi- gorischen Ulufs:

Gott

bwrchm

Mütze

kuscht

Löffel

chalbuga

beten

burchem

langer Pete

Um

Licht

ssula

teiner

Gürtel

«r

Thee

tschai

Vater

aidm

ünterbeinklei-

Zocker

ssachar

Mutter

ighim

der

tschabar

Geld

mungun

Sohn

ol

Hemd

ftfonnfffl

Brief

bitschik

Tochter

ghöss

Fausthand-

Papier

ssa/san

Kinder

wräch

schuh

ildüc

Gold

akan

alter M*im

aschkmjak

Sattel

jessr

Silber

akmungan

alte Fran

Icuskin jah

Messer

bsek

Kupier

bodd

Mann

irrk

Axt

ssiga

Blei nnd Zinn korgoden

Frau

epseki

Büchse

bo

Bär

kurssei

Bruder

dungtm

Flinte

triusckkö

Wolf

büre

iheste Schwe-

Pulver

tara

Luchs

US*

ster

ubam

Erde

dshir

VieWraÄ

tschechba

jongsteScnwe*

Wasser

ssuch

Bisamflhier

dorgö

ster

h&sstutuatn

Feuer

Ol

Benthier

to«t

Kopf

haschen

Ftufs

Ol

mannl. Ben-

l djara \ dshara

Gesicht

aian

Bach

Ödsen

thier

Nase

chai

tiefes Wasser

türun

weiht Ben-

Ange

garok

Fürth

Jdschuch

thier

ingen

Ohren

kulok

Sumpf

bolchdsch

BenÜnermilch ssütt

Haare

tschasch

Berg

dalh

Benthierge-

Backen

ganstan

Schneeberg

daigd

weih

mes

Lippen

erne

Eis

U>9Ch

Zobel

kusch

Zahne

tisch

Schnee

Jcir

Hund

ocht

Zunge

toi

Baum

njasch

Eichhörnchen dii

Bart

SSOchdl

Gras

guk

Fachs

tilg*

Hals

bokssän

Zirbelfichte

bütsch

danriscfaer

Schultern

hol

Zirbelnüsse

kussük

Hase

schoschdJc

Hand

ad(seh

Lärchenbaum dot

Pferd

ad

Finger

erghak

Birke

icaddön

Gans

gass

Brost

duisch

Taback

tamgho

Ente

utrak

Bauch

charan

Pfeifenröhr

donsa

Anerhahn

kosch

Backen

ochrd

Tabacksbentel itmoltschek

Habe

gusshm

F&fse

but

Feuerstahl

otok

Haselhuhn

gvschwil

Sohlen

ssata

Brod

hleme

Specht

dogorga

Rippen

egem.

Mehl

talan

Dompfaffe

chamsal

Her*

tschmjok

Fleisch

ich*

Eier

nenmrcha

Jurte

wh

Sab

tuss

««iuchr.f. allf. Brdk. N«o« Vo\f». Bd. VHf.

26

402

MnceUoti:

1 brd

11

2 üghli

20

3 lOßch

30

4 dort

40

5 beUeh

50

6 ahhß

eo

7 djedö

70

8 eehö/ß

80

9 tohof*

90

10 an

100

200

uAkt^ü/t

300

uUcAjü/s

400

dörtdjüfi

500

beüekfSfi

600

althjüf*

700

tfvijüf,

800

zehöfsdjü/h

900

tokoftdjüfs

000

ondjüfs

on bra

ihhon

titcj/on

dörton

beidon

altthon

tjedon

xehöson

tohoson

djüfi

Die Sprache derjenigen Karagassen, welche mit andern Völkern, mit den Kamysinzen, Tataren, Sojoten, Burjaten zusammenkommen, enthalt wahrscheinlich einige Abweichungen von der des Scheibigorischen Ulufs.

Die Karagassen leben in Jurten aus kegelförmig zusammengestellten Stangen Ton Lärchen- oder Tannenholz, die im Sommer mit Birkenrinde, im Winter mit gegerbten Fellen Ton Benthieren und besonders von Elennthieren bedeckt sind. Die Jurten werden am Ufer des Baches oder See's errichtet, an dem die Kam- gassen, im Winter des Pelzhandels, im Herbst des Fischfangs, im Sommer der Renthierweide wegen ihren Aufenthalt aufschlagen. Wenn sie an einen andern Ort ziehen, bleibt das Gestell der Jurten an dem alten Platze stehen. Die Zahl der Jurten hängt ab von der Anzahl der FamiHen, die durch die Bande der Stammverwandtschaft vereinigt sind. Eine besondere Regel wird bei dem Auf- schlagen derselben nicht beobachtet: es hängt von der Eigentümlichkeit der Localität ab. Eine Jurte hat am Boden 21 28 Fufs im Durchmesser. In der Mitte brennt, ohne Herd, das Feuer, an dem die Speisen und der Thee gekocht werden. An der dem Eingange gegenüberliegenden Wand hängt das Heiligenbild (meistens des EL Nicolaus des Wunderthäten) ; darunter befinden sich in Sacken die Habseligkeiten der Familie. Die Wand rechts vom Bilde ist der Ehrennksi; hier müssen die Gäste auf RenthierfeHe sich niederlassen und bewirthet werden; der Wirth und seine Frau, setzen sich an die Wand links vom Bilde. Rechts vom Eingange wird das Hausgeräth, links das specielle Eigenthum des Mannes. Flinten, Netze, Sättel u. dgl. aufbewahrt.

Das Hausvieh die Renthiere wird nicht in besonderen Jurten gehal- ten; es weidet das ganze Jahr hindurch unter freiem Himmel. Nur junge Ren- thiere nehmen die Karagassen zur Winterszeit bei strengem Frost in die von ihnen bewohnten Jurten.

Die Kleidung der Männer besteht ans einem Halbkaftan, der einen Werscnok über das Knie hinabreicht und einen schmalen, aufrechtstehenden Kragen hat: er wird von der rechten Seite vermittelst lederner Schleifen und Knöpfchen an- gemacht. Die Aermel, die an den Schultern und Händen weh sind, schKeleen eng an die Handwurzel an, so dafs sie von den Karagassen als Taschen besnsat werden, in denen sie beim Handelsverkehr ihre Zobelfelle verwahren. Die Un- terkleider bestehen ans engen Beinkleidern; an den FOfsen tragen sie eine Art Strumpfe (russ. iUchigi, karagass. itih)f die unter dem Knie und über den Knö- cheln mit Riemen festgebunden werden. Die dicht an den Kopf ansohlieisenden Mätzen werden unter dem Kinn befestigt und bedecken Ohren und Backen. Die

Die Karagassen. 403

Kleidung der Frauen ist fast dieselbe; nur der Kopfschmuck ist etwas verschie- den. Hemden ton Zitz sind nur bei den Wohlhabenden im Gebrauch. Im Win* ter bestehen der Hsibkaftan, die Strümpfe and die Mtitze aas Renthierfellen, das Hau* auf der innern Seite. Darüber tragt man an den Füfsen Kamaschen» die ans dem Fell der Renthierbeme, mit dem Haar nach aufsen gefertigt sind and ebenso wie die Strümpfe befestigt werden. Die Sommertracht wird ans gegerb« ten Renthierfellen gemacht. Der Schmuck besteht ans verschiedenfarbigen, be- sonders rotben and schwanen Tuchstreifen, die an den Kragen, die linke Brust- seite des Kaftans and an die Aermel bei der Handwurzel angenaht werden. Wohlhabende Frauen tragen farbige Glasperlen und seidene Streifchen.

Die Nachbarschaft und der häufige Verkehr mit den Rossen, die hier bei den Goldwäschen beschäftigt sind, ist auf die Kleidang der Karaganen, beson- ders der Männer, nicht ohne Emflofs geblieben. Viele erscheinen in russischen Tuch-Kaftanen, umgürten sich mit einer Leibbinde und tragen Stiefeln. Beson- ders die wattirten Tuchmützen mit breitem Schirm sind in allgemeinen Gebrauch übergegangen. Standespersonen tragen Mäntel mit kurzem, nur die Sehaltern be- deckendem Kragen, and zu dem Kragen sucht man sich gewöhnlich lachenden n rerechaffen, auf denen die Firmen der Fabriken entweder in das Tuch selbst eingewebt oder mit Buchstaben von Gold- oder Silberpapier aufgeleimt sind.

Die obere Kleidung wird mit einem Riemen zusammengeschnürt, an welchem der Beutel mit dem Taback und der chinesischen Tabackspfeife and der Feuer- ttahl hängen. Der Taback wird gewöhnlich mit Baumrinde vermischt; als Zunder benutzt man faules Hole.

Die Manner seheeren das Haupthaar. Unverheirathete Mädchen flechten es m eine Menge Zöpfe; wohlhabende tragen auf dem Kopf ein baumwollenes Tuch, du unter dem Kirnt zusammengebunden wird. Die Frauen flechten 'die Haare hi einen oder zwei Zöpfe, die sie mit einem langen schmalen, leinenen, mit ge- stickten Rändern versehenen Tuch bedecken; dieses wickeln sie mehrere Male am den Kopf und lassen die Enden auf die Schultern herabfallen. Mädchen sowohl, «ie Frauen, tragen silberne Ohrringe und um den Hals Schnüre von Glasperlen* Die Kinder laufen fast bis zum achten Jahr im Sommer ganz nackt herum.

Die Hauptnahrung der Karagassen besteht aus der Ssarana und dem Ziegel- tee. Die Ssarana ist die Zwiebel von Lilium martagon; sie wird ausgegraben and znr Aufbewahrung getrocknet; zum Gebrauch zerstöfst man sie and kocht daraas eine Art Suppe. Der Ziegelthee wird zerstofsen oder zerschnitten und in einem gufseisernen flachen Kessel gekocht; inzwischen wird in einem andern Kessel etwas Roggenmehl geröstet, zu welchem Renfhier- oder anderes Fett und Sah binzugethan wird; auf diese Mischung wird der Thee gegossen, and wenn beides gekocht hat, geniefst man es mit Löffeln. Bei besonderen Gelegenheiten, *• B. bei der Bewirthung eines Gastes, bei Hochzeiten und überhaupt dann, wenn in der Wirthschaft Ueberflafs vorhanden ist, essen die Karagassen auch Renthier- fleisch. Dieses wird gekocht; die Brühe verzehrt man mit Löffeln; dann wird Fleisch in grofsen Stücken herumgereicht, Jeder nimmt ein solches Stück zwischen die Zähne nnd schneidet davon mit grofser Geschicklichkeit kleinere Städtchen ab, ohne die Nase, die Lippen oder das Kinn zu verwunden, die dabei in grofter Gefahr zn schweben scheinen. Das Gehirn, die Leber und die Loa«

26#

404 Miscelten:

gen werden auf Stäben an dem Feuer in der Mitte der Jurte gebraten; das Ge- hirn gilt für den leckersten Bissen, An Geschmack gleicht das Renthierflei»eh dem Kalbfleisch, es ist nnr süfsücher. Außer dem Renthierfleisch essen die Ks- ragassen auch das Fleisch von Elennthieren, Beben, Bisamthieren u. a., ja selb« das von Zobeln nnd Wölfen, das sie, nachdem sie den Thieren das Fell abge- zogen haben, an Ort nnd Stelle braten nnd verzehren. Das stillt nach ihrer Mei- nung nicht blofs den Hunger, sondern es giebt auch besseres Jagdglück. No- madisiren sie an fischreichen Seen und Flüssen, was besonders im Herbst der Fall ist, so essen sie auch gern Fische, namentlich Aeschen («oho tkjmalbu) und Quappen. Im Herbst sammeln sie auch Zirbelnüsse, welche, wenn die Sn» rana schlecht gcrathen und die Jagd ungünstig ausgefallen ist und es den Leu- ten in Folge dessen an Mitteln fehlt Ziegelthee und Mehl au kaufen, neben den Waldbeeren für sie die hauptsächlichste, wenn auch sehr wenig nahrhafte Speite bilden. Wo sie mit den Russen näher bekannt geworden sind, sind sie grobe Liebhaber von Brod geworden. Zum Trinken bedienen sie sich vorzugsweise Wassers und «erlassener und saurer Renthiermilch. Auf geistige Getränke und sie leidenschaftlich erpicht, aber sie bereiten sie nicht selbst, sondern erhalten von den Russen Getreidebranntwein und von den Sojoten und Burjaten Milch- branntwein (airan).

Neugeborene Kinder wickeln die Karagassen in ein weiches Rentbierfell und legen sie in eine kleine Wiege, die bei dem Umherziehen an den Sattel gebun- -den wird. Sie haben auch Hebammen. Die Mütter säugen die Kinder so lange, bis diese im zweiten Jahr die Brust von selbst verschmähen«

Verlobungen werden von den Eltern abgeschlossen, so lange die Kinder noch jung sind« £s gilt für unangemessen, ein Weib aus dem eigenen üloft n neh- men. Der Vater des Knaben zahlt dem Vater der Braut den Kalym, der ge- wöhnlich in Zobeln besteht und bis zu dem Zeitpunkt, wo das Mädchen heru- gewachsen ist, allmählich, meistens 2 bis 3 Zobel jährlich abgetragen wird. Der gewöhnliehe Kalym steht an Werth 30 Renthieren gleich. Stirbt der Briatigun vor der Hochzeit, bo bleibt der Kalym, so weit er bezahlt ist, dem Vater der Braut; stirbt die Braut oder will sie einen andern heirathen, so wird derKilvm dem Vater des Bräutigams zurückerstattet. Nach vollständiger Berichtigung des Kalym wird die Ehe nach dem Ritas der rechtgläubigen Kirche vollzogen, nnd die Braut erhält ihre Aussteuer, welche in einer vollständigen Sommer- nnd eiser Winterjurte und etwa 15 Renthieren besteht Die Winterjurte ist ziemlich kost- spielig; sie besteht aus 7 Elennfellen, von denen jedes 15 Rubel werth ist D*& die Braut geraubt wird, kommt bei den Karagassen nicht vor.

Verstorbene werden beerdigt: auf einer Anhöhe wird ein Grabhügel oder ein Steinhaufen errichtet, oder das Grab wird mit Balken umzäunt

Obgleich die Karagassen einen schwächlichen Körperbau haben, sind sie doch im Allgemeinen ziemlich gesund. Zu den Krankheiten, die ihnen nicht von des Russen zugeführt sind, gehören aufser den vorübergehenden Leiden, die von Er- kältung herrühren, Hautausschlage, Wunden, die dadurch verursacht werden, dafr sie ihre Kleidung ungewechselt ohne Hemden auf dem blofeen Leibe tragen, An- genentznndungen, namentlich im Frühjahre in Folg« der Jagd auf frischem Schnee, von dem das blendende Licht der Frühjahrssonne reflectirt wird, und Unterleibs-

Die Karagassen. 405

leiden bei alten Personen, die ofi dem Hunger ausgesetzt lind und Um dann wieder mit erschrecklicher Gefräßigkeit stillen. Von den eingeschleppten Krank- heiten sind die verheerendsten die Pocken, die seit etwa 60 Jahren unter ihnen wüthen ttnd das Volk, das früher mehrere tausend Seelen zählte, anf seinen ge- genwärtigen geringen Best reducirt haben. Jetzt ist die Impfung eingeführt. Sehr schädlich wirkt auf den Gesundheitszustand auch die Völlerei in geistigen Ge- tränken, zu welcher die Karagassen sehr hinneigen. Mit der Heilung der Kranken befassen sich vorzugsweise die Schamanen. Natürlich ist bei ihnen tob einer vernünftigen Behandlung nicht die Bede, selbst wenn man nicht an die Besprechungen denkt, durch welche der Teufel ausgetrieben werden soll. Ich fand einmal in einer Jurte einen Knaben in einem hitzigen Fieber; neben ihm stand eine Menge kleiner Schächtelchen von Birkenrinde, die mit Quellwasser und einem geringen Zusatz von Benthiermilch angefüllt waren; aber an jeder Schachtel war ein Stäbchen mit einem Fetzen Hasenfell befestigt, und die Um- gebung des Knaben war auf Grund der Versicherung des Schamanen fest davon überzeugt , dafs dies eine sehr kräftige Arznei sei. Bei chronischen Rheumatis- men schicken die Schamanen die Kranken in die ihnen bekannten Mineralquellen '). Das Wasser einiger kalter Quellen und Bäche, z. B. des Agul, wird als sehr wirksam gegen Augenkrankheiten und Wunden gerühmt. Um die Kräfte erschöpf* ter Kranken wiederherzustellen, zeigt der Schamane auf ein Renthier, das ge- schlachtet werden müsse; dabei fallt ihm natürlich der Lowenantheil zu. Die von den Schamanen angewendeten Medicamente sind vorzugsweise dem Pflanzen- und Thierreich entnommen. Zu den beliebtesten Mitteln gehören Moschus, den ihnen die Kabarga, das tatarische Bisaxnthier, gewährt, und Bibergeil, das sie ron den Sojoten erhalten.

Die Hauptbeschäftigung der Karagassen besteht in der Jagd, namentlich auf Zobel und Eichhörnchen, die im November beginnt. Sie stellen den Thieren mit der Büchse und mit Hunden nach, nicht mit Fallen, die mehr bei den russischen Jägern gebräuchlich sind. Die Büchsen, die mit Steinschlofs und Gabelstützen renehen sind, kaufen sie von den Bussen; den Schaft und das Schlofs machen sie selbst. Die Karagassischen Hunde eine Art Spitze von weifsgelblicher Farbe und mittlerer Gröfse, suchen mit erhobener Schnauze die Witterung des Wildes. Haben sie es gefunden, so treiben sie es aus seinem Versteck unter einem Baume oder aus seiner Höhle durch Bellen heraus. Das Wild flieht, vom Hunde verfolgt, auf einen Baum, unter welchem der Hund so lange bellt, bis der Jäger auf seinen Schneeschuhen herangekommen ist. Dieser legt die Büchse auf die Stütze und zielt so lange, bis sich ihm das Wild in einer vorteilhaften Stel- lung präsentirt, denn er bemüht sich, es in die Stirn zu treffen, um den Pelz nicht zu beschädigen, und meistens gelingt es ihm auch.

Sonst jagen die Karagassen noch Elennthiere und Rehe. Sie schleichen sieh an diese heran, da sie die Stellen am See kennen, an die sich das Elenn, von

') Diese Quellen, an denen das Gebiet jenseits des Baikal sehr reich ist, sind fast sammüich von Schamanen und Lamen entdeckt. Der Ruf von wunderbaren Hei- longen, die durch Trinken und Baden bewerkstelligt sind, lockt schon aus weiter Ferne Badegäste herbei, unter denen sich auch viel Russen befinden.

406 Miscellen:

Insecten geplagt, hinzuziehen pflegt, tun flieh zu baden oder die Wasaerpsanten zu finden, auf die et besonders begierig ist Hier steht der Karagass hinter dem Gebüsch auf der Lauer. Im Harz und April, wenn der Schnee sehr tief, aber auf der Oberfläche so weit gefroren ist, dafs der Jäger auf seinen Schneeschuhen darüber hingleiten kann, das Wild aber einbricht, verfolgen die Karaganen Eleon- thiere und Behe auf Schneeschuhen. Auch wilde Renthiere werden geschossen, nicht in Fallen gefangen und wie bei den Tungusen gezähmt; das Letztere soll nach dem Aberglauben der Karagassen die Zobeljagd verderben. Die Fischotter jagen sie mit Hunden, folgen ihr. auf Schneeschuhen und schlagen sie mit Stockes todt, wenn das Thier erschöpft ist

Ander der Jagd beschäftigen sich die Karagassen auch mit dem Fischfang. Aeschen (jtalmo thymalku) und Forellen (aahno lenox) fangen sie mit Netsen von Pferdehaaren. Quappen harpuniren sie, oder sie jagen sie in seichtes Wasser und schieisen sie hier mit der Büchse.

Grofse Fürsorge hegen die Karagassen für ihre Renthiere, die ihren Haupt- retehthum bilden, ihnen Nahrung und Kleidung gewähren und sie sammt ihren Habseligkeiten bei den Wanderungen von Ort zu Ort tragen. Gewöhnlich ladet man einem Renthiei eine Last von 4 Pud auf; manche können indefs auch 6 8 Pud tragen. Wenn die Karagassen im Winter auf die Jagd ziehen, so wählen sie zum Stationsort einen Platz aus, in dessen Nähe sich viel Moos rar Weide für die Renthiere findet. Im Frühjahre, nach Beendigung der Jagd, ne- ben sie in die Thäler hinab, in denen das Gras früher aufspriefst; im Juni, wem Mucken und Insecten häufiger werden, welche die Renthiere bis zur Raserei pei- nigen, wandern sie wieder ins Hochgebirge, wo diese Insecten nicht vorkommen, und im Herbst begeben sie sich wieder in die Thäler, thcils des Fischfangs, theiL« der Renthierweide wegen, weil hier das Gras noch nicht mit Schnee bedeckt ist

Das Reiten auf Renthieren wird demjenigen, der daran nicht gewohnt ist, Anfangs schwer. Das lange und rauhe Haar und der ganze Bau des Üieres sind einem festen Sitz hinderlich. Man schwingt sich vermittelst eines langes Stocks auf das Beatbier hinauf. Die Steigbügel sind sehr kurz und man mob mit krummen Knieen sitzen, wenn man nicht die Erde berühren will. Die Hast des Renthiere ist sehr beweglich, und bei der geringsten Unaiimierksamkeit ver- liert man das Gleichgewicht Sonst ist der Gang des Thieres aiifserordentfics gleichmäfsig, sanft und sicher; ohne Schwierigkeit kommt es über Sümpfe fort, in denen Pferde versinken, und da es sein breites und hohes Geweih sehr schont, sucht es auch in Wäldern solche Stellen auf, wo der Reiter nicht durch Baum- äste behelligt wird , während das Pferd sich darum nicht kümmert und aar flu seine Füfse sorgt.

Die Karagassen sind übrigens dem ganzen russischen Reich dadurch von grofsem Nutzen gewesen, dafs sie es waren, welche die reichen ostsbarischen Goldlager entdeckt haben. Karagassischc Führer zeigten den Goldsuchern den Weg zn den Flüssen Chorma und Ungurbei, Zuflüssen der grofcen Birjussa, wo sich in der Folge das reiche Bergwerksrevicr von Birjussinsk bildete and von wo sich die Entdeckungen nach der Uda, Oka, Tunguska und weiter hin ausdehn- ten. Alle Expeditionen, die in dem Flufssjrstem des Kan, der Uda, Oka nml Birjussa Gold entdeckten, waren von Karagassischen Wegweisern geleitet, welche

Die Karegasien. 407

den Besitzern der Goldwäschen auf die»© Weise Millionen verschafften, während sie selbst nur ein Tagegeld erhielten, welches für die neuen Bedürfhisse, mit denen sie bekannt wurden, bald ausgegeben war. An ihre Zukunft hat man nickt gedacht Mir ist nur ein Fall bekannt und er scheint der einsige in dem gansen Revier von Birjussinsk au sein, dafs der Besitzer einer Wasche dem Karagassen, der ihn su ihr geführt hat, eine Pension ausgesetzt hat, welche in der tu seinem Unterhalt erforderlichen Quantität Mehl besteht. Aufserdem sind durch den Zu- drsng von Leuten, durch ihr Herumstreifen in den Wäldern, durch die dadurch verursachten Waldbrande die Pelzthiere verscheucht worden, so dafs das Jagd- gewerb der Karagassen mit der Entdeckung des Goldreichthums in eine üble Lage gefataen ist

In Folge des einförmigen Lebens sind die geistigen Fähigkeiten der Kara- gusen nicht entwickelt; aber sie fassen leicht, besitzen ein erstaunliches Orts* gedathtails und sind in Allem* was sich auf ihre Beschäftigungen bezieht, sehr gochickt, Das Jahr theilen sie in 13 Monate, jeden von 4 Wochen, und geben jedem Monat seinen Namen entweder nach ihren Beschäftigungen oder nach Na- turerscheinungen. Die Monate sind folgende: 1) Schomrai (vom 7. Mai bis 4. Juni), von «caemr, zartes Gras; 2) Dosarai (vom 4. Juni bis 2. Juli), von dorn, Binde, die Zeit, in welcher die Birkenrinde für die Sommerjurten gewon- nen wird; 3) Aikvsslai (vom 2. bis 30. Juli), von ai, Ssarana und kyssel roth, die Zeit, wenn die Ssarana roth ist d. i. blüht; 4) Ainarai (vom 30. Juli bis 27. Au- gust), von nur, graben, die Zeit, wo die Zwiebeln der Ssarana ausgegraben wer- den; 6) Eptunhai (vom 27. August bis 24. Sept.), von eptün, grofser Hammer, mit dem sie an die Zirbelfichten schlagen, damit die reifen Zapfen mit den Nüs- sen abiallen; b) Dsharrutterai (vom 24. Sept. bis 22. Oct), von JQtAor, Renthier- buü, und üiier9 brünstig sein; 7) Kuschterai (vom 22. Oct. bis 19. Nov.), von todfc, Zobel, fer, fangen, die Zeit, in der die Zobeljagd beginnt; 8) Ürglerai (vom 19. Nov. bis 17. Dec), von ürgler, Basttag, in Folge der kurzen Tage '); 9) Ssoogai (vom 17. Deo. bis 16. Jan.), von ssoog, Frost; 10) Ullussoogai (vom 15. Jan. bis 12. Febr.), von «Mim, stark, die Zeit der stärksten Kälte; 11) Chrn- goog (vom 12. Febr. bis 12. März), bedeutet »Wild auf Schneeschuhen jagen0;

12) Torbutei (vom 12. März bis 9. April), die Zeit, in welcher der Schnee backt;

13) Cttallarai (vom 9. April bis 7. Mai) bedeutet «mit Hunden das Wild jagen", zn der Zeit, wenn die Oberfläche des zusammensinkenden Schnee's in der Nacht gefriert, dais sie den Jäger auf Schneeschuhen trägt, während das Wild durch- bricht

Von Sternen kennen sie nur den grofsen Bäreu, Tjedeogar „das Siebengestirn", and die Flejaden, Ürgar. Wenn die letzteren im Sommer hoch stehen, ist das Gras *m Besten und man mufs die Benthiere anbinden, damit sie nicht zu viel fressen,

') Das karagassische Wort wird durch AH6BKa (Rasttag auf einer Reiae, oder Bahetag der Soldaten) übersetzt und erläuternd hinzugefügt, dafs in Folge der kur- zen Tage die Rasttage anhaltend (flRQBKB npO£0 JÄHTCJbHM ) sind. Das ist siebt einleuchtend. Sollte sich der Monatsname nicht darauf beziehen, dafs asa 6. Dec. der Seuglan, die allgemeine Volksversammlung und der Jahrmarkt stattfindet? ß^\tWih bedeutet auch speciell, sich seiner Geschäfte wegen an dem Gerichtsort einen Tag lang aufhalten.

408 Mtoeellen:

was ihrem Röcken schadet. Die Entfernungen bestimmen die Renthier- Tagereisen, die im Herbst und Winter 40, im Sommer nnd Frühling 30 Werst betragen. Die ihnen bekannten Maafte sind der Kulaach oder die Klafter, kleiner als eine Sashen; der Charfisch oder Tschetwert; derOigok oder Zoll ; nnd Dört-ürgök, eine Handbreite. Das Gewicht bestimmen sie nach Säcken a 2 Pud; zwei Säcke machen eine Benthierlast ans.

Obgleich ich mit den Karagassen oft nnd zu allen Jahresseiten zusammen- gekommen bin, habe ich sie doch nie bei Festen oder Spielen angetroffen. Ihre Zeit ist vollständig durch die Sorge für ihren Unterhalt in Ansprach Nur Ueberflnfs erlaubt zu feiern, nnd dieser ist bei den Karagassen finden. Bei solchen seltnen Gelegenheiten, auf Hochzeiten, wenn sie de« Katrin oder die Aussteuer erhalten, nach glücklicher Jagd u. s. f. essen' nnd trinken sie besser; das ist ihr ganzes Fest. Auch besondere Lieder habe ich nicht bei ihnen bemerkt. Nur auf der Reise hört man ihren Gesang: auf dem Renthier sitzend rufen sie in singendem Ton die Namen der Gegenstände aus, die ihnen ins Auge fallen, und fugen zuweilen noch ein Beiwort hinzu.

Die Karagassen gehören zum Kreise Nishne Udinsk im Gouvernement Ir- kutsk und stehen unter einem von allen Stammgenossen erwählten und von dem General-Gouverneur von Ostsibirien bestätigten Schulenga, der in seinen Besie- hungen zur Regierung Starost heifst, und der, zum Theil in Verbindung mit den Aeltesten der einzelnen Ulusse, die Gerichtsbarkeit ausübt. Der Jasaak wird in jedem Ulufs von einem Knjas nach »Gewehren" erhoben; jedes »Gewehr** zahlt einen schwarzen Zobel, der auf 12 13 Rubel taxirt und von den Kanflentea bis zn 20 Rubel bezahlt wird.

Am 6. December findet alljährlich der Ssnglan statt, die allgemeine Ver- sammlung, die zugleich der Jahrmarkt ist. Der Versammlungsplatz liegt an der Uda, 40 Werst von Nishne Udinsk. Dahin begeben sich der Kreishanptnuusm der Geistliche (um Taufen und Trauungen an vollziehen) und die Kaaflente. Der Kreishauptmann nimmt von dem Schulenga den von den Knjasen gesammelten Jassak in Empfang und quittirt darüber, er vertheilt die von der Regierung nv jedes »Gewehr* ausgesetzte Quantität Pulver und Blei, nimmt die erforderlichen Berichte entgegen und ertheilt mündlich die etwa nothigen Befehle. Nach Ueber- reichung des Jassak beginnt der Handelsverkehr.

Was das häusliche Leben betrifft, so übt der Hausvater die Herrschaft aas über die ganze Familie; selbst abgefundene verheirathete Söhne ehren seine Au- torität. Die Hausfrau hat für die Wirthschaft zu sorgen. Wenn der Mann mix den Söhnen auf die Jagd zieht, mufs sie mit der Familie an den Ort übersiedeln, den er ihr bezeichnet hat. Alle Mühen dieses Nomadisirens liegen anf den Schultern der Frauen.

Von Charakter sind die Karagassen still, sanftmüthig und im Verkehr unter einander freundlich. Begegnen sie einem Aeltesten, so nehmen sie seine rechte Hand zwischen ihre flachen Hände, verbeugen sich mit dem Kopfe nnd beugen auch das Knie etwas. Im Handel sind sie ehrlich, und zum Diebstahl nicht ge- neigt Ihr Hauptlaster ist Trunksucht Im trunkenen Zustande sind sie bereit, Alles was sie an sich haben für Branntwein durchzubringen; dann werden mt auch unverschämt und flachen, wobei sie sich jedoch meistens rassischer Schimpf-

Chinesische Bibliotheken. . 4Q9

«orte bedienen; zu Schlägereien aber kommt es aneh dann selten. Viele Kara- ganen sprechen fertig rassisch, freilich mit karagassischem Accent; Leute, die lesen konnten, habe ich nicht gefunden.

Die Kaiagassen sind schon seit vier Generationen Christen; aber ungeachtet ■Der Bemühungen der Geistlichkeit sind ihre religiösen Begriffe nicht entwickelt. Sie bekreuzen sich mit Inbrunst und verneigen sich vor den Heiligenbildern; aber bei dem ersten Besuch einer Jurte bemerkt man neben dem Bilde des H. Nico* tau, den sie besonders verehren, eine Art ledernen Sacks, der mit Adlerfedern, mit Schweifen von Eichhörnchen, Hasen und Renthieren, mit Blechstückchen und Kernen behangen ist Dies ist das Anratet, das sie vor Krankheit und jedem Unglück schätzt, das ihnen reiche Jagd, eine glückliche Reise und Segen in der BeDthieraeerde verschafft Diese Anmiete verschaffen ihnen die Schamanen, die in der Heimlichkeit und in fast unzugänglichen Gebirgsgegenden ihren Götzen- dienst treiben. Jetzt wollen die Karagassen es nicht gern einräumen, dafs unter ihnen Schamanen leben, und die eben erwähnten Anmiete bringen sie sofort bei Seite, wenn ein Russe in die Jurte tritt. Es hat aber noch jeder ülufo seinen oCosfflSAen.

Historische Erinnerungen irgend welcher Art haben sich bei den Karagassen sieht erhalten* Sie können nur sagen, dafs sie vor dem Erscheinen der Pocken viel lahlrdcher waren, uni dafs vor der Entdeckung der Goldlager die Jagd ei- nen viel besseren Ertrag gab. Auch über ihre Herkunft findet sieh bei ihnen keine Tradition, wie es doch z. B. bei den Jakuten der Fall ist Das Volk lebt ganz in der Sorge für die Gegenwart und hat kein Interesse für die Vergan- genheit. — xu

Chinesische Bibliotheken.

Mit tiefer Beschämung und Reue haben wir unserer Unzufriedenheit mit den Reglements gewisser deutscher Bibliotheken gedacht, als wir Macgowan's Be- merkungen fiber chinesische Bibliotheken lasen '). Da ein büligesjUrtheil es an- erkennen mufs, dafs jedem Wesen der Zweck der Selbsterhaltang der nächste ist, so sollten wir uns fuglich mit gröfserer Seelenruhe in den Gedanken finden, dafs dieser Grundsatz auch für das Bibliothekwesen als der in erster Linie massge- bende tu betrachten ist. Die Existenz öffentlicher Bibliotheken läuft ihm eigent- lich schnurstracks zuwider, und wo sie doch nun einmal nicht absolut zu besei- tigen ist, wird man dem Uebel wenigstens dadurch nach Kräften abzuhelfen suchen, dafs man die Bibliotheken so schwer als möglich zuganglich macht Nach diesen weisen Principien wird das Bibliothekwesen in China geleitet Oefient- Hchc Bibliotheken in unserm Sinne giebt es dort eigentlich gar nicht; selbst ein solches Institut, wie das Wan-lau Koh oder die Bibliothek im Palast Kienlung's zu Hanguchau, die ausdrucklich für die Benutzung des Publicums bestimmt war, ist nur denen zuganglich , welche von den Local-Behörden ein besonderes Privi- lepnm zur Benutzung derselben erhalten haben, und sie wird in Folge dessen

1 ) Abgedruckt im Journal of the North China Branch of tht Royal Asiatic Society. 1869.

410 Mitteilen:

selten oder gar nicht besucht. Vollkommen mustergültig sind dagegen die Vor- schriften Aber Prirat -Bibliotheken.

Eine der bedeutendsten Privat-Bibliotheken ist die der Familie Fan in Üttsgpo, die nach ihrem Katalog 4094 Werke in 53,799 fönen oder Bündchen (Brochnren) enthalt Sie wurde von der FamiHe Yang begründet, später, als dieses Geschlecht in Verfall gerieth, von den Fan's gekauft, unter denen sieh ein groJser Bücher- freund befand, und sie sammelte bald eine solche Fülle seltner Werke, da(j sie dem Kaiser Kienlang, als er die grofse kaiserliche Bibliothek in vervollständigen un- ternahm, eine wichtige Unterstützung gewähren konnte. Im J. 1774 lieft Kien- lung Kataloge der kaiserlichen Bibliothek verteilen und alle Privatleute unter Zusicherung von Belohnungen auffordern, solche Werke, die in der kaiserlichen Bibliothek nicht vorhanden waren, ihr einzusenden, sei es auch nur leihweise, damit von seltenen Werken neue Abdrucke veranstaltet werden könnten; im fol- genden Jahre wurde auch die Aufmerksamkeit der Buchhändler auf diesen Ge- genstand hingelenkt, aber ohne nennenswerthen Erfolg. Nur einige Familien un- terstützten das kaiserliche Unternehmen ; die Fan sandten 696 seltene Werke ein, die in der kaiserlichen Bibliothek nicht vorhanden waren, und erhielten dafür ein completes Exemplar des Kti kin Tu Shü Tsih ching oder der »Vollständigen Samm- lung alter und neuer Bücher", eines durch Kaiser Kanghi begonnenen und nv in wenig Exemplaren abgezogenen, mit beweglichen kupfernen Lettern gedruckten Sammelwerkes von 10000 Bändchen und 108 Bändchen lndicee, das in sechs Abtheilungen zerfallt: Astronomie, Geographie, Volkssnstände, Naturwissenschaf- ten und Künste, Classische Literatur und Politik; es befinden sich darunter 320 Bändchen über Botanik und 192 über die Fauna des Reichs.

Dafs die Bibliothek nach einer so werthvollen Bereicherung mit Arguseagen bewacht wird, dürfte keine Verwunderung erregen. Sie liegt im südlichen Theüe der Stadt Ningpo inmitten eines Gartens, der im chinesischen Geschmack mit Baumgruppen und Grotten, mit Miniatur -Bergen und Schluchten, Seen und Än- deren niedlichen Kunstwerken geziert ist. Jedes einzelne Familienmitglied hat nun vor die Bibliothek ein besonderes Schlofs gelegt, dessen Schlüssel von ihm selbst verwahrt wird. Es ist also nur durch den Consens sämmüicher Familien- mitglieder möglich, die Bibliothek zu öffnen, und es ist herkömmlich, dafs dieser Act auch nur in Gegenwart sämmtlicher Familienmitglieder vollzogen wiri Diese Regeln, setzt Herr Macgowan hinzu, gelten allgemein für alle grosseren Privat -Bibliotheken; und es springt in die Angen, dais nur in einem solchen Verfahren den Herren Bibliotheks-Custoden eine ausreichende Bürgschaft für eine ihrem Namen vollkommen entsprechende Amtsverwaltung gewährt werden kann. Für uns, die wir uns nur schwer entschließen können, die Interessen wis- senschaftlicher Arbeit den höheren Principien einer gesicherten Bibliothek -Ver- waltung unterzuordnen, ist es einigermafsen tröstlich zu vernehmen, dais diejenige Kategorie von Werken, welche fiir die geographische Wissenschaft besonders ron Belang ist, weniger in diesen Bibliotheken vertreten als im Lande zerstreut ist und also von einer sich hierfür interessirenden Gesellschaft leichter gesammelt werden kann. Wir meinen die Kategorie, welche von den Chinesen mit den Namen Tschi bezeichnet wird. Sie enthält die Beschreibung von Distrioten (Hien Tschi), Departements (Fu Tschi), Provinzen in topographischer, historischer und

Swatau and Mine Umgebung. 411

archäologischer, biographischer, statistischer, naturwissenschaftlicher und ethno- graphischer Beziehung, besteht also ans geographischen Monographien im weitesten Sinne des Worts, die werthvoller und im Detail reichhaltiger werden, je beschränk- ter die Localität ist, deren specielle Beschreibung sie bezwecken; es giebt auch Tschi's für einzelne Ortschaften, Seen, Berge, Tempel und Klöster. Die Tschf s ffir die Provinz Tschekiang allein würden eine Bibliothek von 700 Bändchen bilden; und die Zahl der Tschi's für das ganze Reich, schlägt Herr Macgowan aof nicht viel weniger als 10000 an* Die Herren Sinologen werden die weh- umthigen Gefühle würdigen, . mit denen wir in die Sprache der Himmlischen nicht eingeweihte Weltkinder diese bedeutenden Ziffern niederschreiben; für alte und neue Geographie dürften diese Bücher eine unerschöpfliche Fundgrube enthalten, und es ist sehr zu wünschen, dafs die Wissenschaftliche Gesellschaft in Shanghai mit Eifer daran gehen mögo, Werke dieser Art zu sammeln und zum Vortheü der geographischen Wissenschaft auszubeuten. n.

Swatau und seine Umgebung.

Ein in der China Mail mitgetheilter Privatbrief, dessen Inhalt von der Re- daction als sehr zuverlässig bezeichnet wird, giebt einige Nachrichten über den irischen Hongkong und Amoy gelegenen Hafen Swatau, der durch den Ver- trag von Tientsin dem auswärtigen Verkehr geöffnet ist, nachdem er schon län- gere Zeit von den Engländern als Station für den Opiumhandel benutzt war. Wir entlehnen dem Bericht Folgendes: „Der Swatau -Flufs, der eigentlich Hau heilst, ist ein grofser reifsender Strom, welcher an der Stadt Tschautschau vor- ülerfliefst, aber schon in geringer Entfernung unterhalb derselben sich in mehrere Arme theilt, welche sich abermals unter sich verzweigen, worauf dann der Haupt- ann in die Namoa-Strafse mündet. Diese Mündung ist ein Bassin, an welchem Swatau liegt, und in welches der Flufs in neun oder zehn verschiedenen, nioht sehr tiefen Kanälen sich ergiefst. Der tiefste soll der sein, welcher sich am weitesten westlich in das Bassin ergiefst. Ebendort nimmt dieses auch einen Flufs auf, der den Kiehyang-Bezirk bewässert, der jedoch, obwohl er verhältnifs- miLfsig tief ist, nicht wie der Hau eine ins Innere führende Verkehrs- Wasserstrafse bildet. Swatau und das davor liegende Double Island sind deshalb diejenigen Plätze, welche in Zukunft die Mittelpunkte für den fremden Handel abgeben «erden. Swatau kann ohne Umwege und leicht von allen umherliegenden Land- schaften und wichtigsten Städten erreicht werden, z. B. von der 9 engl. Meilen entfernten Stadt Tschauyang, dem 30 engl. Meilen entfernten Kiehyang, der etwa 25 engl Meilen entfernten Hauptstadt Tschautschau und dem etwa 10 engl. Meilen entfernten Tschinghai. Die Schwierigkeit für gröfsere chinesische Dschun- ^en> gegen den Nordostwind die See zu halten, hat sie genöthigt, einen Anker- platz halbweges in der Namoastrafse zu suchen, nämlich bei der Stadt Tunglung, die mit dem 15 engl. Meilen entfernten Tschautschaufu in Verkehr steht und dadurch auch mit dem Innern mittelst des Pebkiang, d. h. nördlichen Stromes, fremde Niederlassungen werden wahrscheinlich entweder anf Double Island, auf chinesisch Mau Sehn oder Mau Schü, d. h. Katzen- und Mäuse -Insel, oder auf dem südlicher gelegenen Festlande in Zukunft gegründet werden."

412 Miscellen:

Nach dem „Nautical Magazine*, welches im Mai -Heft einen vorläufigen und ziemlich dürftigen Bericht über die neu eröffneten chinesischen Häfen bringt, ist der Hafen Swatau besonders für Zucker-Export wichtig; im vorigen Jahre sollen mehrere hundert Schiffe, mit Zucker beladen, von hier nach Shanghai und andern nördlichen Häfen abgegangen sein. Von Einfahr- Artikeln sollen Baumwolle, wollenes Garn und Metalle guten Absatz finden. Der Verfasser bemerkt indefc sehr richtig, dafs der Platz für den Import nie sehr bedeutend werden wird, weil die Wassercommunication nach dem Innern sehr beschrankt ist Der Hangel eines ausgedehnten, auf Wasserstrafsen zugänglichen Hinterlandes ist es gewesen, der selbst viel bedeutendere Hafenplätze z. B. Canton und das als Stapelort des Bchwarzen Thee's so wichtige Fntschaufu, noch mehr aber Amor und Ningpo so entschieden gegen Shanghai in den Hintergrund gedrängt hat; und dasselbe üebel wird eben so auf Swatau lasten, wie auf Khiungtscheu, dem neu eröffneten Ha- fen auf der Insel Hainan. Der Handel in China hat bisher wesentlich den Cha- rakter eines Exportgeschäfts getragen und einen in Europa sehr fühlbaren Ab- flufs des baaren Silbergeldes nach China verursacht. Auf gesunde Grundlagen kann er nur durch Eröffnung solcher Häfen gestellt werden, welche das Geschäft eines ausgedehnten und leicht zugänglichen Hinterlandes concentriren. Von allen Bestimmungen des Vertrages von Tientsin ist deshalb die über die SchifHahrt auf dem Tangtsekiang bis Hankau die wichtigste; demnächst dürfte die Eröffnung der beiden nördlichsten Häfen, Niutschuang und Tengtscheu, besonders für die Ein- fuhr von Wollenwaaren von Belang sein. Wenn russische Tuche auf dem Land- wege nicht blofs bis in die chinesischen Hafenplätze, sondern durch CentrsJ-AiieQ bis Siam vordringen, so wird die Eröffnung von Häfen in solchen Breiten, in denen wollene Waaren ein entschiedenes Bedürfnifs sind, auch dem Handel Mittel- und West-Europa's in diesem Zweige die Concurrenz erleichtern, trotz der eigen- fhümlichen Verhältnisse, welche den Absatz von rassischen Tuchen als Tanscb- mittel für den chinesischen Thee begünstigen. Es wird hier namentlich dem deut- schen Handel Gelegenheit gegeben sein, der deutschen Tuchfabrication ein wich- tiges Absatzgebiet, von dem sie seit längerer Zeit verdrängt ist, wieder in ge- winnen. B.

Englische Nachrichten über den japanesischen Hafen

Niegata.

Als Ergänzung des in diesem Bande S. 161 mitgetheilten russischen Berichts von Capt. Maydell über den neu eröffneten japanesischen Hafen Niegata und ober die benachbarten Hafenplätze entlehnen wir dem Mai -Heft des Nautical Mag* zint folgende Bemerkungen: »Von Hakodadi segelten wir längs der Westküste Nipon's nach dem Hafen Niegata, der durch Lord Elgin's Tractat dem auswärti- gen Handel eröffnet ist. Wir machten zuerst bei Tabu-sima Halt und be- stimmten die Lage dieser Insel. Mr. Richards* Angabe dafür ist ungenau; er mois sich geirrt und einen der isolirten Berge des Hauptlandes für diese Insel genom- men haben; die Insel ist auch nicht 610, sondern nur 150 Falz hoch und lieft

Engtische Nachrichten über den jap&nesischen Hafen Niegata. 413

in 39° 11' 53" N. Br. und 139° 36' 39" O. L. '). Auch bei Äwtiima machten wir Halt, om die Lage der Insel zu bestimmen a) , und entgingen hier glücklich einem uns drohenden Mifsgeschick; denn der Wind sprang plötzlich um und trieb uns der Küste entgegen; wir retteten uns mit Verlust eines Ankers und 50 Fa- den Kabel. Vom October bis Mitte November hielten vir uns bei der Insel Sado auf. In Niegata zu landen hatten wir zweimal vergebliche Versuche ge- macht Als es uns endlich gelang, fanden wir hier eine Anzahl japanesischer Beamten, die von Jeddo hierhergeschickt waren und lebhaft wünschten, mit dem Capitata eines englischen Kriegsschiffes festzustellen, ob der Hafen für den aus- wärtigen Handelsverkehr geeignet sei. Sie sagten, dafs vom April bis October hier ein Landwind vorherrsche und das Wetter gewöhnlich schon sei, und dafs man in der andern Hälfte des Jahres, bei nordwestlichen und westlichen Winden, im Osten der Insel Sado guten Ankergrund finden würde 3). Wir mulsten aber abfahren, ohne zu einer definitiven Entscheidung gekommen zu sein. Wie lebhaft das Interesse der Japanesen für den Handel mit den Fremden ist, ergiebt sich daraus, dafs ans nach Sado ein Brief nachgeschickt wurde, in welchem man sich erbot, den Eingang in den Hafen zu vertiefen, wenn wir einen günstigen Bericht dar- über abstatten wollten. Das stimmt glücklicherweise wenig zu der übelberüch- tigten Abgeschlossenheit der Japanesen! "

„Die Umgegend Niegata 's besteht aus sehr niedrigen Sandhügeln, und der Eingang zum Hafen ist nur durch die Spitzen der Maate der darin ankernden Dschonken zu erkennen. Wenn der Wind von der See weht, so herrscht auf der ganzen Strecke quer vor dem Eingang eine starke Brandung, und ein Boot wurde sie immer nur mit Gefahr durchschneiden können« Bei Sado liegt der beste Ankerplatz vor dem Dorfe Oda, wo man im Winter gegen alle Winde geschützt ist Die Süd- und Westküste der Insel ist sehr rauh, felsig und steil, und bie- tet, soweit wir darüber urtheilen können, gar keinen geeigneten Ankerplatz dar. Die Gegend an der Sawa-umi-Bay, die von Point Ongi und Point Biuwu ein- geschlossen ist, an der Ostküste, ist dicht bevölkert und sehr angebaut Das Land sah in der That sehr einladend ans, und es war uns Allen höchst verdriefs- lich, da& wir keinen sichern Ankerplatz fanden, um die Umgegend erforschen zu können. Die Japanesen fanden wir überall zuvorkommend; sie sind uns bei un- seren Arbeiten nie beschwerlich geworden. * n.

/

Neuere Nachrichten von Missionären aus Micronesien.

Der von uns im VI. Bande dieser Zeitschrift (Nene Folge) S. 355 ff. mitge- teilten Abhandlung über Micronesien erlauben wir uns im Folgenden einige er-

') Tobi Sima wenn dieses, wirklieh dieselbe Insel ist wie Tabu sima be- stimmt Maydell zu 89° 8' 86" N. Br., 189° 42' 60" O. L.

') Das Resultat ist leider nicht angegeben; die Lage der Insel ist von Maydell »nf 88» 19' N. Br., 189° 14' O. L., von der holländischen Corvette Bali auf 38° 31'N.Br. und 189* 17' O. L. bestimmt

a) Dieses stimmt auch mit Capt, Maydell's Angaben Oberem; derselbe macht aber darauf aufmerksam, dafs die Insel Sado 20 italienische Meilen von Niegata ent- ferat ml

414 Miscellen:

gänzende Nachtrage von neuerem Datum hinzuzufügen. Wir haben a. a. 0., S. 372, unter den Inseln der Kingstnill- Gruppe (Süd- Micron esien) Apia oder Charlottens~Insel erwähnt. Seit 1857 hat daselbst der Missionar Bingham *«• nen Wohnsitz aufgeschlagen. Im April 1858 zahlte er die Bewohner und &ad genau 3211 Seelen; die Gesammtbevölkerung der Kmgsmill- Gruppe schätzt er auf 40000 (Missionaiy Herald 1859 p. 164) '). Von den Boden-Erzeugnissen uf Apia oder Apaiang schreibt er unterm 5. Man 1858: »Wir bemühen uns, nu an das Te papai zu gewöhnen, Arttm csculentum, das einzige Gemüse der Insel. Wenn dasselbe einige Stunden gekocht hat, kann man es mit einiger Mühe ser- malmen, doch hält es mit dem Kalo anf Hawaii keinen Vergleich aus. Die ein- zigen Früchte, welche hier wachsen , sind Kokoe- und Pandanns-Nusse; die Ein- gebomen nähren sich hauptsächlich von letzteren. Bisweilen giebt es Fische im Ueberflufs, dann vergehen aber wieder Tage und Wochen, wo gar keine so haben sind. Das Te papai fängt schon drei Tage, nachdem es geerndtet worden, an tu ▼erderben, daher wir es oft und in nur geringer Menge kaufen müssen, wu nicht immer möglich ist, weil hier kein Markt gehalten wird und das Gemüse auch nicht gerade in grofser Menge vorkommt. Das Anpflanzen von Bananen, SüTsen Kartoffeln, Zwiebeln und Kürbis ist völlig mifslungen, der Boden ist dafür durchaus nicht geeignet. Die Pflanzen gehen zwar nicht ans, aber sie gedeihen auch nicht. Geflügel und Schweine sind hier nicht zu haben. Wir hatten od Schwein mitgebracht, konnten es aber nicht füttern. Gegen Pandnnnraöjw zeigte es einen entschiedenen Widerwillen; von dem Te papai schien es nicht fett zu werden und Kokosnüsse bilden ein zu armseliges Futter. Der eigenttiehe Brodfruchtbaum wird nirgends anf der Insel angetroffen, nnr eine kleinere Abart die aber lange nicht so gut ist." (Vgl. Miss. Herald 1659, No. 22 u. 23.) Die Hauptstadt anf Apia oder vielmehr der Ort, wo das Oberhaupt der Insel readirt, schreibt Herr Bingham „Koinaua". Die früher von uns verglichenen Berichte nannten sie Quinans oder Kuinana. Ein blutiges Ereignifs brachte den Missionar mit den Bewohnern der sudlieh von Apia gelegenen Insel Tarawa (vgL a.a.O. S. 372) in nähere Berührung. Am 19. Februar 1858 kam eine Sehaar Tarain- ner in etwa hundert Canoes, von denen mehrere 40 bis 50 Fnfs lang waren, nach Apia, um die Bewohner der letztgenannten Insel anzugreifen. Ein hitiigef Gefecht entstand, in welchem die Tarawaner vollständig unterlagen und minde- stens 70 Menschen und 50 Fahrzeuge einbüßten. Eine Anzahl Männer, Frauen und Kinder von Tarawa, die sich, als der Kampf einen so unglücklichen Ausgang nahm, in's Meer stürzten und an's Ufer schwammen, wurde gefangen genommen und nach Koinana gebracht. Der Anführer der Tarawaner selbst fiel Aber es gab auf Tarawa noch einen zweiten Häuptling, der an dem Ueberfall nicht Theil genommen. Seine Anhänger kamen, nachdem die Schlacht geschlagen, nach Apia, um den dortigen Häuptling, Te Kaiiea,. der im besten Einvernehmen mit dem Missionar lebte, zu seinem Siege zu beglückwünschen, und dem kurz vorher verstorbenen Vater Te Kaiiea's ihre Ehrfurcht zu beweisen. .Viele von dieses

') Also ziemlich Übereinstimmend mit dem Engländer Rand all, der che Be- völkerung der ganzen Gruppe auf 47000, die der Insel Apia auf 8500 Seelen ver- anschlagte.

Neuere Nachrichten von Missionären ans Micronesien. 4 15

Tmrawanern," schreibt Herr Bingham, „brachte Te Kaiiea in meine Wohnung, damit sie mein nach amerikanischer Weise ans aufrecht stehenden Brettern er- bautes, 24 Fnfs tiefes und 16 Fnfs breites Hans sähen. Ein kleiner Compafs, dessen Nadel Te Kaiiea mittelst einer magnetisirten Messerklinge beliebig hin- ond herbewegte, war rar sie ein endlos wunderbarer Anblick, ebenso unsere Uhr mit ihrem Schlagwerk. Auch konnten sie sich nicht satt sehen an unseren Da- guerreotyp- Bildern, besonders nicht an dem Bilde des alten Missionars von Oahu. Zwei Tage später führte Te Kaiiea den Häuptling ron Tarawa su uns, damit auch er die Bilder in Augenschein nehme. Er war ein ansehnlicher Mann, mit angenehmen Gesichtszügen und sagte mir, er würde Missionare auf Tarawa gast- lich aufnehmen. Während er und seine Begleiter auf dem Hausflur Platz genom- men, stellte ich ihnen meine Frau tot, die ich, da sie leidend war, in einem Lehnstahl aus ihrem Gemach bringen liefe. Die weüse Frau war für Alle der Gegenstand ihrer grossesten Verwunderung.* (Vgl. Miu. Herald 1869, p. 22.)

Die Insel Mille oder Mulgrave in der Badack- Kette, die wir a. a. O. 8. 366 £ erwähnt haben, wurde ron dem Missionar Doane an Bord des »Mor- mng Star* am 17. November 1858 besucht. Er fand dort eine grofse Lagune, m welche das Schiff vom Norden her einfuhr. Die Bevölkerung benahm sich freundlich gegen die Fremden* Ihre Sprache ist verschieden von der Sprache der Bewohner der Balick- Kette, welche doch nur 150 engl. Meilen von der Ba- dack-Kette entfernt liegt. Es hielt schwer, sich verständlich zu machen, obwohl der unterschied sich nicht so sehr in der Stmctur und Grammatik, als besonders m den Worten kund gab. Die Insel Mille, die gröfseste in der Gruppe, schien Herrn Doane | Meile breit und 3 Meilen lang zu sein. Er nennt sie „einen kleV» neu Edelstein mit groisen Wäldern von Brodfrucht- und anderen Bäumen, einen hellgrünen Teppich mit dichter Belaubimg*. Die Bevölkerung der Insel, welche ein Atoll d. h. eine Ring -Insel ist, schätzte Herr Doane auf 600 Seelen, Die Insel ragt durchschnittlich nur 5 Fnfs Über dem Niveau des Meeres hervor.

Von Mulgrave fuhr der „Morning Star" am 29. November nach Majuro (Mediuro) oder der Airowsmitb- Gruppe. Diese Insel ist lang und schmal, dicht bevölkert und ausnehmend fruchtbar. Capitain Browns sagt: »Es ist ein herr- liches Eiland. An der Stelle, wo wir landeten, erhob sich der Boden von 6 an 10 Fnfs. Wir sahen hier stattliche Wälder von Brodfrucht- und Pandanus-Bia> men. Die Coeospalme und die Banane schienen ebenfalls häufig. Wir durch* wanderten, begleitet von 300 bis 400 Eingeborenen, Männern, Frauen und Kin- dern, die Insel an der Seite, wo die Lagune hegt. Alle schienen voll Verwun- derung und Freude. Am Bande der Lagune war der Anblick des Eilendes sehr schon. Etwa zwanzig grofse Canoes lagen hier in der Bai. (Vgl. Jtftat. Herald 1859 p. 163.)

Am 1. Deeember segelte das Schiff nach Bonham's -Insel oder Che- Inth (Kili), wo es am 3ten anlangte. „Dies Atoll,* schreibt Herr Doane, „ist von grofsem Umfange. In der Richtung von Nordosten nach Stdwesten Hilfst es wenigstens 35 engl. Meilen, in der Breite mag es jedoch nicht mehr als 10 bis 12 Meilen betragen. An allen Seiten wird es von kleinen Eilanden umkränzt, ▼on denen manche drei Meilen, einige aber nur eine Spanne (a tpan) lang, alle mit Bäumen und Gebüschen bewachsen sind. Die Insel Chelnth liegt etwa 80

416 Misccllen:

engl. Meilen von Ebon entfernt und hat eine für eine so grobe Insel nur geringe Bevölkerung von etwa 500 Seelen. Die Lagane besitzt fünf Einfahrten." (Vgl. Miss. Herald 1859, p. 163.) Beide Inseln, Majnro und Cheluth, gehören zu der Gruppe der Marschalls -Inseln, also zn Ost-Micronerien, die entere zur Radack-, die letztere znr Balick-Kette.

A. a. O. S. 368 berichteten wir, dafs sich Mr. Doane nnd Dr. Pierson auf Ebon, der südlichsten Insel in der Balick-Kette, niedergelassen hatten* Sie leb- ten dort unbel&stigt von den Eingeborenen, obwohl deren Charakter und Gewohn- heiten, nach ihrem eigenen Geständnifs , wild nnd gransam waren. So schreibt Dr. Pierson am 25. Mai 1858, nnd fügt hinzu, er habe wahrend seines nun- mehr fünfmonatlichen Aufenthalts auf der Insel die Erfahrung gemache» dafs die Bewohner von Ebon und den übrigen Eilanden ein wanderlustiges Volk seien. Sie fahren oft in grofser Anzahl von einer Insel zur andern und „gleichen, wie er sagt, in dieser Beziehung, sowie In ihrem Benehmen im Allgemeinen und in manchen Charakterzügen außerordentlich den Indianern in Amerika." »Die Ra- lick- Inseln/ fahrt er fort, «stehen alle unter einer Familie von Häuptlingen, wel- che Ebon zu ihrem Hauptquartier gemacht haben, weil diese unter allen Inseln der ganzen Kette die besten und meisten Nahrungsmittel darbietet.* Vor meh- reren Jahren zerstörte ein Orkan viele Brodfruchtbäume und Cocospahnen auf anderen Inseln. Es entstand eine Hungertnoth, der viele Eingeborene erlagen und in deren Folge blutige Kriege unter den Bewohnern der verschiedenen In- seln geführt wurden, wobei ebenfalls viele umkamen. Seitdem hat die Bevölke- rung abgenommen; sie betragt gegenwartig wahrscheinlich nicht mehr als 6000 oder 8000 Seelen (vgl a. a. O. S. 966). «So viel wie wir in Erfahrung gebracht haben,11 schreibt Dr. Pierson, »müssen wir annehmen, dafs die Badack-Kette nicht mehr bevölkert ist, als die Balick-Kette.* Demnach wurde die Bevölkerung bei- der höchstens 16,000 betragen, wonach die Angabe a. a, O. S. 366 von 30 bis 40,000 viel zu hoch wäre. Ueber die religiösen Ansichten und den Charakter der Bewohner von Ebon macht Dr. Pierson folgende interessante Bemerkungen. »Sie glauben," schreibt er, „an einen Himmel und an eine Hölle, und sagen, es gäbe zwei oberste Gottheiten, welche, so viel man wissen könne, die emsigen Wesen seien, die im Himmel wohnten. Ein böser Geist wohne in der Hölle. Die Seele komme nach dem Tode in ein fernes irdisches Paradies, wo sie ihren Aufenthalt nehme und gelegentlich in ihre frühere *L»*mrtK auf den Inseln zurück- kehre, um sich mit ihren Freunden durch Traume u. dgL zu unterhalten. Daher glauben sie auch, dafs jederzeit eine Anzahl abgeschiedener Seelen in der uns umgebenden Luft schwebe. Als ich den obersten Priester, der einer meiner be- sten Freunde ist, befragte, wie es denn in dem Paradiese aussehe, antwortete er, er wisse das nicht, da niemals Jemand von dort zurückgekehrt sei und zuver- lässige Mittheilungen darüber gemacht habe. Dann setzte er hinzu: „der Mensch stirbt, seine Seele entfernt sich, wir wissen nicht, wie es ihr weiter ergeht, von dem Jenseits besitzen wir keine Kunde.* (VergL Mus. Beraid 1859, p. 148.)

B.

Neuere Untersuchungen des B. Salado in der ArgenL Confoderation. 417

Neuere Untersuchungen des Rio Salado in der Argen- tinischen Confoderation.

Die ersten Nachrichten über die Resultate der Erforschung des Bio Salado durch Lieutenant Th. J. Page lauteten vielversprechend. Ihnen zufolge sollte der Rufs für die Zeit von 6 Monaten im Jahr, wenigstens bis Sepulturas, vielleicht sogar bis San Miguel, nicht weit von den Grenzen der Provinz Salta, schiffbar sein; auf dieser Strecke sei derselbe nur von Baumstümpfen und den Wasser- pflanzen zu reinigen, die der Fahrt an manchen Stellen hinderlich waren, um nur nachgehende Schiffe eine sofort brauchbare Wasserstrafse zu gewinnen. Eine Prüfung der ausführlicheren Berichte, die Lieutenant Page in seinem Werk über die Argentinische Confoderation niedergelegt hat, mufste diese Hoffnungen er* beblkh herabstimmen. Schon ein Blick auf die Karte des Stroms zwischen Santa Fe* und Monte Aguara (vergl. den Garton auf Taf. VI im fünften Bande dieser Zeitschrift) liefs erkennen, dafe der Bio Salado an Launenhaftigkeit seiner Krümmungen den Mäander noch übertrifft, und Page's Werk giebt eine Erlaute* rang hierzu, welche den Werth dieser Wasserstrafse betrachtlich hcrabdrückt An vier Punkten, die in gerader Richtung von Santa Fe\ 20, 33, »75 und 85 Mfies entfernt waren, hatte Page auf dem Flusse Strecken von beziehungsweise 75, 150, 300 und 340 Miles zurückgelegt; der Wasserweg ist also viermal so lang als der Landweg, und die Windungen sind zuweilen so wunderlich, dafs Page z. B. am 20. Juni nach einer Fahrt von 3 Miles an eine Stelle gelangte, welche von seinem Ausgangspunkt nur durch einen Isthmus von 300 Fufs Breite getrennt war. Noch bedenklicher war, dafs Page schon bei Monte Aguara*, dem Endpunkt seiner Fahrt mit dem Dampfer Yerba, nur eine Tiefe von 2\ Eufs fand, aller- dings im Juli, zur Zeit des niedrigen Wasserstandes; aber Monte Aguari liegt noch auf dem ersten Drittel des Weges von Santa Fe* bis Mater* oder einem anderen, in der Breite von Santiago del Estero gelegenen Hafenplatz. Was den mittleren Stromlauf, in der Provinz Santiago, betrifft, so giebt Page über die Fahrt des Lieutenant Murdaugh von Mirafiores abwärts bis Sepulturas nur dürf-, tage Nachrichten; und die Strecke von Sepulturas abwärts bis zur Grenze von Santiago hat Page nur zum Theil befahren, zum gröfseren Thefl hat er den Weg auf dem Ufer zurückgelegt, und ein Urfheil nach dem blofsen Anblick des Flusses kann nicht wie ein sicheres Resultat einer wissenschaftliehen Exploration be- trachtet werden. Mit Bestimmtheit sah man nur, dafs der Flufs bei niedrigem Wasserstande bis in die Provinz 8antiago nicht schiffbar war; ob er überhaupt Ar die Schiftehrt brauchbar war, hing davon ab, um wie viel seine liefe durch das Hochwasser durchschnittlich vermehrt wird und wie lange dasselbe anhält

Die neueren Untersuchungen haben nun gezeigt, dafs Lieutenant Page die Schiffbarkeit des Flusses vom amerikanischen Gesichtspunkt beurtheilt hat In den Vereinigten Staaten würde man einen Flufs von der Beschaffenheit des Sa- Udo allerdings getrost als schiffbar bezeichnen können; denn dort würden die Arbeiten, die zur Herstellung eines gesicherten Fahrwassers erforderlich sind, in kürzester Zeit ausgeführt sein. In der Argentinischen Confoderation indefs erregt man irrige Vorstellungen und sanguinische Hoffnungen, wenn man einen Flufa Ztiuchr. f. allg. Erdk. NtmFolg«. Bd. VIII. 27

418

als schiffbar darstellt, der erat durch künstliche Wasserbauten nutsbar gemacht werden kann; und dafs der Bio Salado solcher Wasserbauten bedarf, haben die neuesten Untersuchungen dargethan.

Auf Grund der Berichte des Lieut. Page hatte Sr. Estevan Barns mit der Regierung der Conföderation am 2. Juni 1856 einen Vertrag abgeschlossen, durch den er auf 15 Jahre das Privilegium der Dampfschiffahrt auf dem Salado unter voiiheilhaften Bedingungen erwarb. Ueber die Unternehmungen, die Sr. £. Bans zur Ausführung dieses Planes veranstaltet hat, berichtet er jetzt in einer ßchrin: „Documento» reiativos a 1a navegacion del Rio Salado del Narte de 1a Rawbbm Argentina. For Estevan Barns y Hubert. Buenos Aires 1860*, für deren schleu- nige Uebersendung wir unserem verehrten Gönner, dem KönigL Preutoschen Ge- schäftsträger in den La Plata-Staaten, Herrn v. Guiich, au besonderem Dank ver- pflichtet sind. Sie ist mit einer Karte ausgestattet, welche sich hinsichtlich der geographischen Lage der Hauptpunkte auf die Bestimmungen des Iaeut. Page stützt, wahrend die zwischen ihnen gelegenen Stromstrecken nach der Aumshme des Ingenieur Coghlan (1858 1859) niedergelegt sind. In den Stromkrümmimgen seigt diese Karte ziemlich erhebliche Abweichungen von der des LieuL Page; sis. ganz neu erscheint der Lauf des Flusses zwischen Monte Aguara und der Grenze der Provinz Santiago, der von der amerikanischen Expedition nicht be- sucht ist, und der Lauf des Bio de las Vivoras, des Abflusses der Lagune de las Vivoras, der sich unterhalb Monte Aguara, nicht weit vom Arroyo de h Cruz in den Bio Salado ergielst

Sr. Barns hatte sofort in Bio Janeiro drei Dampfschiffe gekauft, von denen eines tur den Verkehr zwischen Bosario und Santa Fe", die beiden andern für die Fahrt auf dem Salado bestimmt waren. Am 26. Januar 1857 begann der Dampfer Santa Fe, mit einer Barke (ckata) im Schlepptau, die Untersuchung des Bio Salado, also in der Zeit, in welche das Hochwasser des Salado falki soll; er gelangte aber nach U eberwind nng einiger Schwierigkeiten, welche durch Baumstümpfe verursacht wurden, und nachdem die Chata an einem solchen Bsnav smmpf gescheitert war, ebenfalls nur bis Monte Aguara, bis zu dem Punkte, an welchem die Fahrt des Lieut» Page auf dem Dampfer Yerba wegen des nie- drigen Wasserstandes (im Juli) ein finde nehmen muXrte. Auch jetzt, im Ja- nuar, war der FluXs zu seicht, und die Strömung zn stark. Die letztere Note ist sehr aurfallend, da Lieut. Page auf dieser Strecke, ebenfalls bei niedere» Wasserstande, nur eine Strömung von i bis 1 Mile bemerkt hatte und man dar- nach annehmen mufste, dafs der Bio Salado in dieser Beziehung vor dem Vermejo einen bedeutenden Vorzug besitze, der auch eine Bectificiniag und Ver- kürzung des Stromlanfes gestatten werde. In Monte Aguara wartete der Dampfe Santa Fl eilf Monate vergeblich auf höhern Wasserstand; man erfahr, dabist Innern die Bogen ausgeblieben waren , und in Folge dessen war der Frau ein gan- zes Jahr unbrauchbar. Es ergab sich also mindestens, dafs auf eine Schinmhransi- son für den Salado in seinem gegenwärtigen Znstande nicht in jedem Jahre mit Sicherheit zu rechnen ist.

Den unfreiwilligen Aufenthalt benutzte Sr. Barns, um mit den Indianern freundliche Besiehungen anzuknüpfen und durch kleinere Bootezpeditionen des mittleren Theil des Stromlaufes von den verdrießlichsten Hindernissen rem««

Neuere Untersuchungen des B. Salado in der Argent. Conföderation. 419

zn lassen. Aach diese Boote sahen sich durch die Seichtigkeit des Flusses be- hindert, and es drängte sich die Ueberaeagang auf, daXs der Bio Salado einer durchgreifenden Begalirung bedürfe. Um hierüber ein sicheres Urtheil sn gewin- nen, engagirte Sr. Barns in Buenos AireB den in Wasserbauten erfahrenen engli- sehen Ingenieur Coghlan , und dieser begann im November 1 858 seine Untersu- chungen, in die er auch den Bio de las Vivoraa einschloß. Das Besnltat der- selben hat er in einem Bericht suaammengefofst, welcher das für unsere Zwecke wichtigste Document der oben erwähnten Schrift bildet Wir entlehnen demselben folgende Angaben über die Beschaffenheit des Salado.

In der Provinz Salta ist der Salado bis Pasages ein nicht unbeträchtlicher, aber reifsender Flufs. Bis Matarä, in der Provinz Santiago, behält er seine Gröfse bei, aber seine Strömung wird geringer. An dem zuletzt genannten Punkt breitet er seine Wasser über weite Niederungen (banados) aus, die vom December bis Mai, nur Zeit des Hochwassers, vollständig überschwemmt werden und sich strom- abwärts bis Navicha (nicht Narvicha, wie Page schreibt) ausdehnen. Erst bei Narieha hat der Flufs wieder ein bestimmten Bett, aber seine Wassermenge ist durch jene lagnnenartige Ausbreitung erheblich vermindert. Als eine unbeträcht- liche Wasserader erreicht er Monte Aguara, aber unterhalb dieses Punktes vet> einigt er sich mit dem viel bedeutenderen Abflufs der Laguna de las Yivoras und gewinnt dadurch wieder so an Wassermenge, dafs er bis Santa Fe" als ein hüb- scher Flui* erscheint.

Bei der Bergfahrt fand Mr. Coghlan auf der Strecke von Santa Fe* bis zum Paso Miura, 4 Legnas, keine geringere Tiefe als 4 Fufs. Zwischen Miura und Monte Aguara bleibt der Flufs 100 bis 160 Fufs breit, aber es finden sich schon hier seichte Stellen, die bei niedrigem Wasserstande nicht mehr als 1 Fufs tief and. Die Ufer sind etwa 12 Fufs hoch und der Fall ist gering, etwa 5 Zoll pro Müe. Der Niveau- Unterschied zwischen Miura und Monte Aguara betragt 91 Foli *), die Strömung 1 Müe, was mit der Angabe des LieuL Page übereinstimmt Oberhalb der Vereinigung mit dem Bio de las Vivoras wird der Flnfs viel unbe- deutender und gewundener. Auf den ersten 4 Leguas steigert sich der Fall auf 18 Zoll pro Mile und der Flufs war so seicht, dafs selbst Bote von nur 9 Zoll Tiefgang an manchen Stellen den Boden berührten. Weiter aufwärts bis Matan- as (etwas unterhalb Sandia Paso) betragt die Tiefe durchschnittlich 4 bis 5 Fufs» bei niedrigem Wasserstande an manchen Funkten aber nur 18 Zoll. Die Ufer and hoch und fest, das Flufsbett bei niedrigem Wasserstande im Wasserniveau 30 bis 35 Fufs breit, die Uferränder sind 50 Fufs von einander entfernt. Der Fall ist gering (5 Zoll pro Mile), ebenso die Strömung; die nirgends ) Mile über* •teigt. Auf dieser ganzen Strecke empfängt der Salado keinen erheblichen Zu- ftnf«; er wird nur durch die Abflüsse der nicht weit von seinen Ufern gelegenen Lagunen gespeist, die sich zur Zeit des Hochwassers und der Ueberschwemmun- 8* angefüllt haben. Von Matanzas bis Navicha fand Coghlan, gegen den Sehluis

1 ) Danach würde Monte Aguara von Miura nur 218,4 millat, worunter wir doch nur Seemeilen verstehen können, entfernt sein, wahrend Page die Entfernung von Monte Aguara nach dem nur 4 Leguas unterhalb Miura gelegenen Santa Fe* auf UOMilMangiebt.

27*

420 Miscellen :

der trocknen Jahreszeit, den Flufs sehr seicht und hei Sandia Paso lag das Bett ollkommen trocken. Oberhalb Navicha beginnen nun die oben erwähnten Niederungen, die sich bis zur Boca de Matari, 7 Leguas unterhalb Matar* er- strecken. An der Boca de Matari vertheilt sich der Flnfs in zahlreichen Adern über die Niederung, die bei Hochwasser eine grofse Lagune bildet; Ton der Boca bis zur Laguna de S. Jose* kann man das eigentliche Fahrwasser noch einiger- mafsen verfolgen; aber von hier ab bis Navicha hat der Flufs gar kein ausge- prägtes Bett, sondern er breitet sich, einen Monat nach dem Eintreten des Hoch- wassers bei Matari, über die ganze Ebene ans.

Den Charakter dieser Niederung, welche dem untern Stromlauf das Wasser entzieht und es auf weiter Fläche einer schnellen Verdunstung Preis giebt, lernen wir aus Page's Bericht genauer kennen. Page bemerkt, dafs schon 16 Miles un- terhalb Matari die Ufer des Flusses immer niedriger werden, und dafs sie nach 24Miles einer grofsen Lagune Platz machen, der er den fürchterlichen Namen Toma Caphuyan (es soll bedeuten » Thomashöhle •) beilegt. Diese Lagune war im September, also noch vor Eintritt des Hochwassers, 5 bis 6Miles breit, bis 4 Fufs tief, und dicht mit totora's, eine Art Wasserlilien, bedeckt Mit großer Muhe bahnten die Leute dem Boote einen Weg durch die Wasserpflanzen, in ge- rader Linie, ohne dem eigentlichen Elnfsbett zu folgen, das an den Stellen, wo man es kreuzte, nur 2 Fufs tief war. Da man hier zu langsam Torwarts kam, liefe Page das Boot durch Schilf und Totora 3 Miles weit ans Land ziehen, so die Estancia del Estado (28° 19' 54" S. Br., 63 28' 58" W. L.), und es anf einem mit Ochsen bespannten Wagen 2 Miles weiter nach der Estancia Gramilh führen. Aber auch hier fand man noch keinen klaren Flufs; unabsehbar wie eine See breitete sich die Lagune nach Osten aus; doch konnte man das Ben des Salado, das hier 4 Fufs tief war, deutlich erkennen. Page spricht die An- sicht aus, dafs das Land sich hier gesenkt haben müsse; denn man versicherte ihm wie wir jetzt wissen, mit unrecht , dafs der Lauf des Flusses seit Menschengedenken keine Veränderung erlitten habe. »Gleichwohl kamen wir so einem Hause vorüber, das jetzt von mehrere Fufs tiefem Wasser umgeben war, obgleich es noch vor nicht gerade langer Zeit auf verhJUtnifsmäfsig hohem Grande stand und in der Umgegend als Casa alta bekannt war; und etwas weiter fuhren wir in 4 Fufs tiefem Wasser über die Stelle hin, wo die einst blühende Stadt Gnaüagasta gestanden hatte; die einzigen Ueberbleibsel derselben waren Fühle von dem unzerstörbaren Holz, das hier zu Lande wachst; wie Skelette ragten sie über das Gras und das Wasser hervor; noch vor 30 Jahren war der Plstx Ton den Agenten der Kauf leute in Buenos Aires und Santa Fe* häufig besucht, welche hier gegen Taback, Messer und Beile von den Chaeo-Indianern Pelzwerk und Honig eintauschten. Die Indianer brachten namentlich eine ungeheure Menge von Otterfellen hierher; aber bei der anhaltenden Dürre der Jahre 1827 bis 1829 ist die Flufsotter hier ausgestorben oder ausgewandert. „Auch bei Sauce Esquins, 8 Miles unterhalb Gnaüagasta, war die Lagune noch so mit Wasserpflanzen an- gefüllt, dafs die Expedition hier einen Tag rastete, um den Arbeitern, die für das Boot einen Weg bahnten, einen Vorsprang zu gönnen. Am folgenden Tage gab Page den mühseligen Versuch, zu Boot vorzudringen, ganz auf, nachdem er zu Boot die Lagune 20 Miles weit befahren hatte. Er setzte den Weg am Ufer

Neuere Untersuchungen des R. Salado in der Argent Conföderation. 421

fort und wurde am folgenden Tage von dem Gouverneur Taboada mit 40 Reitern eingeholt, der eine grofse Schaar von Indianern, welche in die Umgegend von Matara einen Raubzug ausgeführt hatten, verfolgte. Um die Indianer einzuholen, mafste die Reiterabtheilnng an das andere Ufer hinüber und die Lagune durch- reiten. Page schloß sich der Unternehmung an. „Um 9 Uhr safsen wir im Sattel and ritten, von ewei Soldaten geführt, in die Lagune hinein, durch die wir meh- rere Tage lang zu Boot vorwärts zu kommen gesucht hatten. Unsere Pferde arbeiteten sich in dem Schlamm und Wasser, das manchmal bis an den Sattel reichte, tüchtig ab. Bald schien der Führer fast ganz zu versinken; bald gerieth mein Pferd wieder in solche Tiefen, dafs ich, gar nicht gauchomäfsig, nahe daran war, nebenbei in das Wasser zu springen, das mir in meine langen Stiefel ge- flossen wäre. Für ein paar Schritt hatten wir festen Boden, und diese Stelle hielt ich für das eigentliche Bett des Salado. Endlich um 1 1 Uhr erreichten wir wieder Festland.- Von dieser Stelle, 28° 2t' 15" S. Br., 63» 12' W.L., er- streckte sich die Lagune noch 6 Legaas südostwärts bis Navicha.

Diese grofse Inundation rührt nach dem Ingenieur Coghlan daher, dafs der Rio Salado sein altes Bett verlassen hat Derartige Veränderungen des Flufs- lanfs sind bei den Pampasflüssen sehr gewöhnlich; sie werden meistens dadurch verursacht, dafs sich bei einer der zahlreichen Windungen dieser Flüsse das Treib- holz ansammelt und bald quer über den Flufslauf einen festen Damm bildet, der das Wasser aufstaut und es zwingt sich einen andern Weg zu suchen. Auch oberhalb Mataitf, auf dem Wege von Santiago nach Sepulturas, kommt man über ein altes verlassenes Flufsbett Bei Navicha liegt es ebenfalls westlich von dem jetzigen Flofslatif ; es ist bis La Fragna tief und deutlich zu verfolgen, weiterhin aber, bis zu der Stelle, wo es sich von dem jetzigen Flufslauf getrennt hat, ist es durch die Anschwemmungen, welche den Flufs in eine andere Bahn gelenkt haben, ziemlich verwischt.

Die Ausbreitung des Salado über ein so ausgedehntes Gebiet, durch welche er abgesehen von der Infiltration der Verdunstung eine weite Oberfläche darbietet, mufs natürlich den Wasserreichthum des Flusses in seinem unterm Laufe beträchtlich vermindern. Coghlan schlägt deshalb vor, das alte Flufsbett wieder zu reinigen, den Salado hineinzulenken und dadurch die Wassermasse, die jetzt nutz- los, ja zum Schaden der Umgegend sich ausbreitet, zusammenzuhalten. Aber der Ingenieur hält zur Sicherstellung der Schifffahrt noch andere Maisregeln für erforderlich. Er empfiehlt, den schnellen Abflufs des Hochwassers dadurch zu verhindern, dafs die in der Nähe des Flusses gelegenen Lagunen, sobald sie sich doch die Ueberachwemmungen gefüllt haben, durch Schleusen geschlossen und dann als Wasserreservoirs benutzt werden, aus denen der Flufs regelmäßig ge- speist werden kann. Diese beiden Vorschlage werden selbst für ein in der ersten Entwickelung begriffenes Land, wie die Argentinische Conföderation, nicht als m weit aussehende und zu kostspielige angesehen werden können. Mißlicher sieht es mit einer dritten Verbesserung aus, auf welche Coghlan das Hauptge- wicht legt Er will, zum Theil auch wohl in Anbetracht der ungleichen Tiefe des Flusses, auch im untern Laufe durch künstliche Anstauungen ein regefana- tiges Fahrwasser von mindestens 3} Fnfs Tiefe herstellen, und empfiehlt deshalb auf der Strecke von Monte Aguara bis Santa Fe* 12 Dämme und Schleusen an-

422 Miicellen:

zulegen. Die Kosten für diese Werke und die ganze Regutirung de« StromUnfi bis in die Breite von Santiago schlägt er Auf 500,000 Pesos an, und Sr. Ranu beabsichtigt, aar Beschaffung dieses Capitals eine Actiengesellschaft an bilden.

Ob mit diesem Kostenaufwand und durch die Ausführung der oben erwähn- ten Arbeiten der Zweck, den Salado regelmässig wenigstens für mehrere Monate im Jahr schiffbar zu machen, erreicht werden kann, ist auf Grand der bis jetzt Torliegenden Angaben noch nicht zu beurtheilen. Dafs aus der Ausführung des Werkes der Provinz Santiago, welche eine vorwiegend ackerbauende ist, ein gro- fser Vortheil erwachsen würde, unterliegt keinem Zweifel, und es wäre zu wün- schen, dafs es dem unermüdlichen Eifer des Sr. Rams gelingen möchte, die Mittel zur Beendigung eines Unternehmens zu gewinnen, dem er bereits fünf Jahre sei- nes Lebens gewidmet hat. n.

Plan zur Begründung eines Central-Erkundigung-Bureaus

zu Berlin fttr Auswanderung nach den britischen

Colonien.

In der April-Sitzung der geographischen Gesellschaft legte der Vorsitzende zwei beachtenswerthe Pamphlets aus der Feder des General-Consuls Herrn Sturz vor. Das eine fuhrt den Titel: Plan for securing to British North- America * iarger share than heretofore it hos received, of the emigration frcm tke United Kingdom as well as from Oermang and front other countries of Europe, together with tke means for the construction of a Raihcag hetween the Atlantic amd Paef/U Oeeans, Die zweite bespricht einen Plan, der für uns ein besonderes Interesse hat, und führt den Titel: Proposal for the establishment of a Central Office of Information in Berlin as a means of prornoting emigration from Crermang to the British Oohnies of North -America , Cape of Good Hope and Australasia. Em Bureau, auf so soliden Grundlagen begründet und mit solchen Bütteln ausgestatet, wie Herr 8turz es vorschlägt, würde nicht nur seinem nächsten Zweck, aBen de- nen, die sich für Auswanderung interessiren, umfassende und authentische Infor- mation zu ertheilen, dienen können ; es würde auch bedeutsamen Zweigen der geo- graphischen Wissenschaft werthvolle Hilfsmittel darbieten und wesentlich dazu beitra- gen, nicht blofs eine genauere, sondern auch eine der Gegenwart entsprechende Kenntnifs der britischen Colonien in Deutschland zu verbreiten, während wir Jetzt mit unseren Anschauungen über diese im raschesten Fortschritt begriffenen Lander meistens um einige Jahre hinter den wirklichen Verhältnissen der Gegen- wart zurückbleiben und die geographischen Handbücher oft noch Zustände dar- stellen, die mit den gegenwärtigen nicht mehr die entfernteste Aehnlichkeh be- sitzen. Das Central-Bureau, dessen Begründung Herr Sturz vorschlägt, soü, um seinem Zweck genügen zu können, nicht blofs mit einer vollständigen Sammlung von topographischen und geologischen Karten der einzelnen Colonien und Cole- nialdistricte, Plänen etc. ausgerüstet sein, sondern auch eine Bibliothek beritten, welche alle neuere Reisewerke über die Colonien, die in den letzteren selbst er- scheinenden Brochüren, mögen sie die Verwaltung derselben oder öffentliche Um-

Central-Erkundigungs-Bureau für Auswanderung nach den brit. Colonien. 423

leroehmungen, Ackerbau, Handel oder andere statistische Gegenstände betreffen, feiner die Coloniai-Almanachs, ParUamentary Papers and Cohmal Legislative JR+> parts enthalt und auiserdem mit einer Sammlung derjenigen Colonialzeitangen ver- banden ist, in denen amtliche Bekanntmachungen und sonstige Notizen zur Kennt- nis des gegenwärtigen Zuatandes der Colonien enthalten zu sein pflegen. Wenn wir in Anschlag bringen, dafs selbst gut ausgestattete deutsche Bibliotheken auch Ton den wichtigeren der hier aufgeführten Quellenschriften nur selten eine vollstän- dige und für den Entwicklungsgang der betreuenden Landereien wirklich instruc- fre Beihenfolge besitzen; dafs von den schriftstellerischen Erzeugnissen jenseits des Oceans, mit Ausnahme gröfserer Werke, nur ein äufserst geringer Theil bei dem gegenwärtigen Zustande des Buchhandels nach Deutschland gelangt; dafs nsmentheh Alle«, was in Brochürenform oder als Abhandlungen in periodischen Zeitschriften dort publicirt wird, für die deutsche Wissenschaft fast ganz verloren geht oder ihr nur durch Zufall zugänglich wird, wenn wir dieses Alles in Anschlag bringen, so werden wir den wissenschaftlichen Nutzen eines Instituts wfirdigen, welches von den Colonial-Begierungen selbst mit allen hier erwähnten (frellenschriften vollständig und fortlaufend versehen wird. Auch für die Ver- arbeitung des auf diese Weise zusammengebrachten reichhaltigen Materials hat Herr Sturz in seinem Plane zweckmässige Fürsorge getragen. Denn das Central- Bureau soU nicht blofs durch regelmässige Vorträge und durch Bearbeitung von Monographien über einzelne Colonien und einzelne Zweige der Colonialthätigkeit, wildern auch durch Herausgabe einer besonderen Wochenschrift für die britischen Colonien eine genaue Kenntnifs des ZuStandes dieser Länder in Deutschland ver- breiten. Mit großer Entschiedenheit hebt Herr Sturz hervor, dafs es nicht die Aufgabe des Instituts sein soll, zur Emigration überhaupt, oder zur Emigration nach einem bestimmten Punkt zu bewegen oder gar Emigranten zu sammeln, sondern narnfhlmfitlich , eine exaote Kenntnifs von jenen Colonien zu verbreiten, damit es Jedem möglich sei, sieh ein eigenes Urtheil sn bilden. Um so bestimmter tritt such die wissenschaftliche Bedeutung des Instituts hervor, und es springt in die Augen, dafs sie um so leichter festgehalten werden kann, je gröfser die An- nhl der Colonien ist, welche das ihrem eigenen Interesse gerade in einer Le- bensfrage dienende Unternehmen des Herrn Sturz befördern werden. Der Ver- faier hat seine Vorschläge mit so triftigen Gründen unterstützt, dafs sie, wie wir hoffen, an entscheidender Stelle Anklang finden werden. Wir unsererseits kön- nen im Interesse unserer Wissenschaft nur wünschen, dafs sie in dem Geiste, fon dem sie diotirt sind, und zwar bald ausgeführt werden mögen. n.

Neuere Literatur.

Wandkarte der Hemisphären auf Wachstuch von Dr. Vogel und Deutsch. 2 Blatt Leipzig 1859 , J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung. Auf schwar- zem Grund 14 Thlr., auf blauem 15j Thlr. Wenn in dieser Zeitschrift die obigen, vornehmlich unterrichtlichen Zwecken dienenden Wandkarten zur Besprechung gelangen, so geschieht es haupt- tuhKch, weil hier zum ersten Mal aaf Wandkarten die vertikalen Verhältnisse

424 Neuere Literatur:

der Erdtheile durch verschiedene, in bestimmter Folge auftretende Farbentöae, Höhenscbichten, dem Ange anschaulich gemacht sind. Auch die Anwendung eines dauerhafteren Materials, des Wachstuches oder Malertuches, ist ein Vorzug dieser Karte. Wachs papier zum Kartendruck mit Oelfarben anzuwenden, ist unter Andern schon von Schauenburg bei seinen Flufskarten Ton Europa und Deutschland versucht worden ; allein es trat dabei der Umstand, dafa eine größere Wandkarte aus mehreren Theilen zusammengesetzt werden mnfste, dem beabsich- tigten Gebrauche mit Kreide und Schwamm hinderlich in den Weg. Dieser Uetel- stand ist bei den obigen Wandkarten glucklich beseitigt, da die ganzen, 65 ZoO im Quadrat habenden Blatter aus einem einzigen Stuck starker Wachsleinirand bestehen.

Die Höhenschichten -Methode ist auch von v. Fapen bei seiner werthvoiwn Schichtenkarte von Mittel -Europa befolgt worden; die Karte ist aber vorzüglich für ein «pecielleres Studium bestimmt und stellt die sahireichen Höhenstafen mit sehr grellen, verschiedenen Farben nach Art der geognostisehen Karten dar, was weniger geeignet erscheint, beim Beschauen unmittelbar ein Bild der Boden- gestaltung zu geben. Auf den oben bezeichneten Wandkarten ist die Methode möglichst vereinfacht und für die Schule brauchbar gemacht worden*

Dafs es in dem geographischen Unterrieht von der grossesten Wichtigkeit ist, in dem Schüler ein möglichst richtiges Bild der Bodengestaliung der Lander zu erzeugen, weil dadurch das Verständnifs vieler anderer wichtiger Verhältnisse herbeigeführt wird, ist eine allgemein anerkannte pädagogische Wahrheit, und die Kartographie ist dem aus jener Ueberzeugung resultirenden Verlangen nach Kar* ten, die das Belief des Bodens möglichst deutlich, zur Anschauung an bringen vermögen, entgegengekommen, wie die weit verbreiteten Hand- and Wandkarten von v. LiechtenBtern, Sydow, Ewald n. A. zur Genüge beweisen.

Um ein Bild der Bodenplastik hervorzurufen, werden bekanntlich entweder verschiedene Arten der Schraffirung, oder diese in Verbindung mit einigen Fsr- bentönen angewendet, und es ist nicht zu leugnen, dafs, wenn die Schüler mit den Principien der Darstellung einigermafsen vertraut gemacht werden, es sehr wohl gelingt, ein solches Bild, wenigstens in grofsen Zügen, zu eraeogen. ADsm auch die sorgfaltigste Schraffirung läfst doch kein Urtheil hinsichtlich der abso- luten Höhe der dargestellten Ebenen und Gebirge zu, namentlich wenn letztere auf Hochebenen stehen. Diesen Vortheil einer sicheren Schätzung neben dem, den vertikalen Bau der Erdtheile zur klaren Anschauung zu bringen, gewähren die oben bezeichneten, von Dr. Vogel und Deutsch herausgegebenen Höhes- schichten-Karten. Die Idee zu denselben rührt besonders von dem Director Dr. Vogel her, der sich um die Methodik des geographischen Unterrichts bereits ein allgemein anerkanntes Verdienst erworben hat; die wohlgelungene Verwirk- lichung derselben ist hauptsächlich das Werk seines Mitarbeiters.

Das Meer wird auf den in Rede stehenden Wandkarten durch die schwane oder blaue Farbe des Wachstuches dargestellt, auf der sich das eingezeichnete geographische Netz deutlich genug abhebt. Zur Darstellung des Landes sind fünf Farbentöne, von gelbbraun bis dunkelbraun, angewendet worden, und zwar in der Art, dafs die Tiefländer mit dem hellsten, die Alpenländer mit dem dunkelste» Ton bezeichnet sind. Die fünf Farbentöne entsprechen Höhen von 500, IWfc

Dr. Vogel und Deutsch: Wandkarte der Hemisphären auf Wachstach. 425

2500, 4000 und 8000 Fn&. Da, wo Gebirge die Schneegrenze überragen, sind die Schneehöhen mit Weüa markirt worden; das in den tropischen Gegenden anf dem dunkelsten, nach den gemäfsigten nnd kalten Zonen anf den mittleren and lichteren Tönen erscheint Grönland nnd die meisten der übrigen nordamerika- nischen Inseln des arktischen Meeres, sowie die bekannten Küsten des Süd-Polar- lande», die nie von Schnee- nnd Eisbedeckung frei werden, sind ganz weUs dar- gestellt worden.

So gewahren die Karten eine sichere Schätzung der absoluten Höhen inner- halb der angegebenen Zahlengrensen nnd also auch der Höhe der Schneegrenze in verschiedenen Breiten.

In das so dargestellte Bodenrelief sind die Flüsse mit schwaner Farbe ein- geseichnet worden, nur will es ans scheinen, als ob dieselben für eine Wandkarte, die auch ferner Sitzenden Alles erkennbar darstellen soll, etwas kraftiger hatten gehalten sein müssen. Grofses Detail ist in jeder Beziehung vermieden worden nnd nur das znr Darstellung gekommen, was für die Schale ab das wirklich Kötbige and Erreichbare anzusehen ist. Es fehlen alle Namen nnd Ortschaften, die nach der Verfasser Ansicht in den Handatlas, das Hilfsmittel zur häuslichen Wiederholung, nicht aber auf die Wandkarte gehören. Auch in den Küstenlinien sind die kleinsten, nicht charakteristischen Einschnitte weggelassen worden.

Aus dem angedeuteten Prinzip der Darstellung des Terrains geht hervor, dais die Karten nur Massen, nicht aber Detail in den Gebirgszügen geben kön- nen. Dieses Detail aber kann und soll, soweit es für den Unterricht wünschens- werth erscheint, nach Betrachtung der allgemeinen Verhältnisse von dem Lehrer mit farbiger Kreide in die Karten hiaeingeseichnet werden. Diese geben gleich- sam nur den Grundrifs, auf welchem die Vervollständigung des Bildes vor den Angen der Schüler während des Unterrichts entstehen soll, und ein solches Ent- stehen des Bildes, an welchem die Schüler mit Hilfe des vor ihnen liegenden Atlas, der die einzelnen Gebirgszüge enthält, mitzuwirken im Stande sind, ist von bedeutendem nnterrichtlichen Werth.

Jedenfalls sind durch die in Bede stehenden, sauber ausgeführten Wandkar- ten, denen eine nach denselben Prinzipien gearbeitete Wandkarte von Europa (55 Zoll zu 61 Zoll, schwarz 6 Thlr., blau 6} Thlr.) bereits vorangegangen und in diesem Jahre eine dergleichen von Mittel -Europa (60 Zoll zu 61 Zoll, schwarz ? Thlr., blau 7f Thlr.) folgen wird, der Schule Unterrichtsmittel geboten worden, die der Beachtung wohl werth sind.

Die besonderen Vorzüge fassen wir schlielslieh in Folgendem zusammen:

1) Die Karten tragen bei sorgfältiger und gefälliger Ausführung besonders dem plastischen Element Rechnung und gestatten mehr als die bisherigen Karten in einem gewissen Umfange eine sichere Schätzung der absoluten Höhe.

2) Das angewendete Material ist ausserordentlich dauerhaft und läftt sich leicht mit Wasser, nöthigenfalls auch mit Seife reinigen.

3) Sie haben methodische Vorzüge, indem sie die Vervollständigung des Kartenbildes vor den Augen der Schüler gestatten, und vollkommen unterschrei- ben wir, was in dieser Beziehung Herr Director Dr. Vogel sagt: „Was dem Ma- terial für den Unterricht erst seinen rechten Vorzug vor dem Papier giebt, ist die Ermöglichung, die Wandkarten zu jeder Art von Einseichnun-

426 Neuere Literatur:

gen sei es für die Zwecke der physikalischen und politischen Erdkunde oder für die des geographischen Unterbaues der Ge- schichte oder Ethnographie zu benutzen. Dieselbe Karte, an wel- cher heute die neuere Geographie besprochen wurde, kann morgen mit dem Welt- reiche Karls des Grofsen oder Napoleons bezeichnet werden, während ein ander- mal wieder die verschiedenen Züge Alezanders, Hannibals etc., der Völkerwan- derung oder der Kreuzzüge, oder die Entdeckungsreisen des XV. oder des JU2L Jahrhunderts, mit farbigen Kreidestiften oder gewöhnlichen Gunnümrbeii, die auf diesem Grunde sehr schnell trocknen, auf ihr veranschaulicht oder fnrirt wer- den können, so lange als der Gang und Zweck des Unterrichts es eben erfordert Ist letzterer erreicht, so stellt ein nasser Schwamm das Bild in seiner Einfachheit, in welcher sich die Karte zum Gebrauch in jeder Volksschule eignet, wieder her, ohne den geringsten Sohaden anzurichten, ebenso, wie er es von Staub und Bauch reinigt. Ich schlage diesen Vorzug meiner Wandkarten ganz vorzuglieh hoch an, weil ich weifs, wie wichtig es ist, die Geschichte auf die Geographie und somit auf die Landkarte zu bauen, und doch das Unbequeme der Benutzung historischer Atlanten in zahlreichen Klassen nur zu oft empfunden habe. Die neuen Wand- karten können demnach in allen geographischen und historisches Lectionen als Wandtafeln benutzt werden, da sie die Kreide eben so gut und noch besser als diese vertragen.0

Diese Vorzüge werden nicht verfehlen, den Karten auch in weiteren Kreisen Freunde zu erwecken; zugleich aber werden sie einen weiteren, von den Ver- fassern bereits erstrebten Fortschritt in der Kartographie begründen, nämlich durch die Verbindung der bisherigen 8chrafnr- mit der Höhenschichten -Methode Karten- bilder zu schaffen, welche die Vorzüge beider Methoden in sich vereinigen und guten Reliefkarten wenig nachgeben. E. W.

Charakteristiken zur vergleichenden Erd- und Völkerkunde in abgerundeten Gemälden, für Schule und Haus, gesammelt und bearbeitet von Wilhelm Putz. 2 Bände. Köln 1859. Verlag der M. Du Mont-Schauberg'schen Buchhandlung. 464 und 727 S. 8. Diese Sammlung hat zunächst die Bestimmung, bei dem Gebrauche des vom Herausgeber verfafsten Lehrbuches der vergleichenden Erdbeschreibung zum Com- mentar zu dienen; die Sammlang macht daher auf eine ernstere Belehrung so- wohl, als auf eine gewisse Vollständigkeit und Symmetrie der Behandlung An- spruch und schliefst aus, was in irgend einer Hinsicht der Schuljugend vorzuent- halten. Daher empfiehlt sich dieses Werk durch eine gewisse Systematik; es ent- hält allgemeine Abschnitte, die in ähnlichen Werken ganz fehlen. Jede Schule wird den Beweis liefern, wie anregend solche Lesebücher für den geographischen Unterricht sind. In den ästhetischen Blumenstraufs möchte man dagegen gern noch viel Schönes einbinden. Wer möchte z. B. in dem Abschnitt: »die italische Halbinsel K nicht auch gern noch über den Freistaat San Marino Etwas ertahrea, vielleicht aus Karl Witte's »Alpinisches und Transalpinisches41; oder über den Luganer See aus den Reisebriefen aus der Schweiz und Mailand von Aug. Cor- rodil Wie schön und plastisch ist Aug. Kopisch' Schilderung der Insel Capri

W. Unschuld: Leitfaden cur darstellenden Statistik etc. 427

und Ihrer blauen Grotte 1 üeber Corsica hätte Gregorovius, ein Anderer übet Sardinien ausgebeutet werden können. Begangen wir nns aber an dem gegebe- nen Vielen und Trefflichen. Carl Bitter, Alex. v. Humboldt, O. B. Mendelssohn, r. Roon, Kohl, v. Gzoernig und Tiele andere bekannte Namen begegnen uns unter den fast 400 Schilderungen. Selten finden wir an der Auswahl zu tadeln; der Abschnitt „Hamburg" gehört hierher, weil er entschieden Unrichtiges enthalt, s. B. die Kenstadt Hamburgs mit dem Neubau verwechselt. Auch für Montenegro und Dalmatien hätte Kohl und I. v. DuringBfeld sich viel Schöneros abgewinnen lassen. Von dem Rechte der Berichtigung irriger und veralteter Angaben bat der Herr Verfasser immer noch einen su schonenden Gebrauch gemacht Kohl's Angabe über das Verhältnis der Bremer Handelsmarine su der Hamburger ist schon lange nicht mehr wahr, obwohl sie seiner Zeit richtig. Dürften wir uns einen Wunsch erlauben, so wäre es der, dafs bei einer, wie wir sicher hoffen, nicht ausbleiben- den ferneren Ausgabe Deutschland noch etwas reicher bedacht werden möge, s, B. durch RiehFs treffliche Schilderungen der Rhön und des Westerwaldes und durch anderer bekannter Verfasser Gemälde aus dem Hegau und der bayrischen Pfala, Westphalens, der Weser- und Eibmarschen, Mecklenburgs, und wo sonst die reiche MannichfaltSgkeit deutschen Bodens und Wesens interessante Erscheinun- gen bietet. 8.

Leitfaden nur darstellenden Statistik auf topographischen Karten, eine prak- tische Anweisung xur graphischen Uebersichtsdarstellung alles (sie) Le- benden und alles Industriellen nach dem bestehenden Quantitätsverliältnisse und der territorialen Verbreitung durch topographisch -statistische Karten, nach einer für Jedermann fafslichen, sehr leichten und originellen Me- thode, erfunden und verfallt Ton Wen sei Unschuld, Oberstlieutenant im k. k. österreichischen Generalstabe. I. und IL Theil, mit 6 lithogra- phirten Tafeln und einer Anwendungs-Beispielskarte in Farbendruck. Her- mannstadt, im Selbstverlage des Verfassers. 95 S. 4. Wer den vorstehend vollständig abgedruckten Titel aufmerksam liest, wird darin nicht blofs über den Inhalt, sondern auch über den allgemeinen Charakter des Werkchens einen Schlüssel gefunden haben einen untrüglichen, den das auf der Rückseite des Titelblattes abgedruckte Motto von „Unschuld* kaum noch zu bestätigen braucht. Der Verfasser will durch regehnaTsige Figuren verschie- dener Art die allenfalls auch durch Anschliefsung, Ein- oder Umschreibung zu Gruppen vereinigt werden sollen, dabei eine Unterteilung in Klassen zulas- sen — die statistischen Objecte topographischen Karten einverleiben. Kreise mit Centriwinkeln, gleichseitige und längliche Rechtecke, Rauten, Trapeze, liegend und stehend, gleichseitige Dreiecke u. dgl. sind diese Figuren, die durch Farben in Unterklassen unterschieden werden und denen um auch das Kleinste nicht verloren gehen zu lassen die positiven Zahlen eingeschrieben werden sollen. Eine topographisch-statistische Uebenichtskarte von Siebenbürgen bildet ein Bei- spiel der Ausfuhrung, zeigt aber zugleich, dafs von der Topographie, aufser den Bezirksgrenzen, Nichts Übrig geblieben. Getrauen wir uns auch nicht, dem Ver- fasser die Originalität seiner Erfindungen zu bestreiten, so hoffen wir doch noch im Stande zu sein, einige kleine Verbesserungen derselben an die Hand su ge-

428 Nenere Literatur:

ben. So s. B. wird die männliche und weibliche Bevölkerung graphisch darge- stellt durch ein grofses gleichseitige« Viereck, dessen unterer horizontaler Ab- schnitt, parallel mit der Grundlinie schraffirt, die männliche Bevölkerung danteilt, während die obere weifte Hälfte die weibliche Bevölkerung bezeichnen soll Bei dorn, in Europa wenigstens, regelweise höchst geringen Unterschiede in den Zahlen beider Geschlechter würde man, ohne die eingeschriebenen Zahlen, hsa- in Zweifel sein: welche Hälfte die größere. Dies könnte aber nie der Fall seio, wenn Herr Unschuld das Viereck in der Diagonale getheilt hätte. Ein ferner« Beispiel nicht gut gewählter Bezeichnung liefert das Wiesen- und Weidthmd- Zeichen. Das sfifse Weideland ist nur farbig; das saure farbig und einfach ge- strichelt; das gemischte farbig und doppelt gestrichelt bezeichnet: während die doppelte Strichelung für das saure und die einfache für das gemischte natürlicher gewesen wäre. Noch mehr: für die Bevölkerungsdichtigkeit ist je 30* einer klei- nen oblatenförmigen Kreisfläche ein Worth von 260 Köpfen per Qaadraüneüe beigelegt: Der Verfasser ist daher genöthigt, 3390 Einwohner per Quadtatmeik und 3000 Einwohner per Quadratmeile mit demselben Zeichen zu schreiben* Ebenso wenig kommt der Verfasser für den Bodenertrag mit seinem MaJse von 10000 Metzen, Klafter etc. = eines zwischen zwei concentrischen Kreisen liegenden Bogens aus: er hilft sich hier durch Einzeichnung eines zweiten Be- gentheiles. Für Bevölkerungsdichtigkeit dürfte als die hübscheste Bezeichnung wohl die in den Tabellen des vorletzten britischen Census angewendete gelten: ein Kreis mit Bienenzellen angefüllt; altbekannt ist auf topographischen Kartei anfserdem diejenige durch dichtere und schwächere Punktirung. Ohne die an- geschriebenen Zahlen wären die Zeichen des Verfassers im Probeblatte völlig un- verständlich: man betrachte z. B. die Confessionsrertheilung im Bezirke Nagr- Enved. Die graphische Statistik hat aber die Aufgabe: die Zahlen dem Geiste fafslich und ihre Vergleichung übersichtlich zu machen; sie stellt sich selber das Armuthszeugnifs aus, sobald sie noch der Zahlen bedarf. Nur zur Gewinnung ihrer Resultate bedarf die Statistik auch der Kenntnifs des gröfsten Details. Den Staub aber, der kein Qold enthält läfst sie liegen, denn die Zwecke der Statistik gehen immer in's Grofse. Möge das achtongswerthe Streben des Verfassen fort- fahren, seine Arbeiten zu läutern, auf dafs sie Fruchte tragen. Im Rcchcnifhafo- berichte über den internationalen statistischen Congrefs in Wien ist auch die Wichtigkeit der graphischen Statistik erörtert worden. S.

Eine Sommerreise nach Tripolis von Wilhelm Heine« Berlin, Besseres«

Buchhandlung (W. Hertz). 302 S. 8. Herr Heine, der bereits Europa, Amerika und das fernste Asien kennt and Andre kennen gelehrt hat, hatte den Auftrag erhalten, Darstellungen au dem Seekriege der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika gegen die Barbaressen in den Jahren 1801 1805 zum Schmuck der Säle des Capitols in Washington sn liefern. Die Studien dazu mußten an Ort und Stelle gemacht werden. Die Reise beginnt von Heidelberg und ihre Hauptstationen sind dann Tonion, Malta, Tri- polis, die Quarantaine auf Malta, Messina, Neapel, Livorno, Pisa, Genua nsd der St. Gotthardt Der Verfasser beschränkt sich aber nicht auf unterhaltend« Darstellung des Gegenwärtigen und Selbsterlebten. Die wechselvollen Ereignisse,

W. Heine: Sommerreise nach Tripolis. Japan und seine Bewohner. 429

die romantischen Abenteuer jenes Seekampfes sind episodisch eingeflochten und mach. sonst, namentlich hinsichtlich Malta's, Gozzo's und Tripolis, geht der Ver- fasser in die Vergangenheit, ja bis in die älteste Geschichte ausführlich zurück. Mit Vorliebe verweilt er bei den wunderbaren Heldenthaten der Johanniter-Ritter gegen die belagernden Türken und gegen ihre afrikanischen Vasallen und Bun- desgenossen. Ueberhaupt ist Tripolis nur der Wendepunkt der Reise. Es wird aber diese Stadt, wo die Wüste nur durch einen Palmenhain vom Meere getrennt ist, besonders noch vom Verfasser gewürdigt als der wichtige Ausgangspunkt der neueren afrikanischen Entdeckungsreisen eines Clapperton,. Lang, Richardson, Barth, Vogel Namentlich erfahrt man über die vielgenannten Beförderer aller dieser Beisenden, die Familie Warrington, Ausführliches. Das jetzige Haupt der- selben steht bei den Muselmannern sogar im Ruf eines Marabut (Heiligen). Auch dafs noch immer Hofihungen für Vogel gehegt werden dürfen, wird alle Leser dieser Zeitschrift befriedigen. Schlofs Chillon, la Valetta und Tripolis über ein- ander gestellt, bilden die hübsche Titelvignette.

Japan und seine Bewohner. Geschichtliche Rückblicke und ethnographische Schilderungen von Land und Leuten. Von Wilhelm Heine. Leipzig, Hermann Costenoble. 383 S. 8. Mit diesem Werke schliefst der in Amerika naturalisirte deutsche Maler und Schriftsteller seine Trilogie über dieses entlegenste aller Länder. Sein erstes Werk: Reise um die Erde nach Japan, an Bord des Expeditions-Escadre unter M. C. Perry, schildert die persönlichen Erlebnisse des Reisenden wahrend jener ewig denkwürdigen Expedition; das zweite Werk: Expedition in den Seen von China, Japan und Ochotsk, unter den Commodoren Ringgold und Rodgers, be- handelt die unmittelbaren Folgen jenes Unternehmens; das vorliegende Werk aber berichtet über die jenen Expeditionen vorhergehenden Ereignisse, und zwar be- ginnend bei der fabelhaften Urgeschichte des Landes. Marco Folo's Berichte, der Heerzng Kublai Khans, ferner Mendez Pinto's wiederholte Reisen, die Je- snitenerfolge und das entsetzliche Ende der begonnenen Christianisirung, die An- kunft und die Schicksale der Holländer und Englander, namentlich William Adam's Geschichte werden im Auszuge mitgetheilt Vor Allem aber verweilt der Verfasser bei den werthvollen Berichten unseres Landmannes Engelbert Kämpfer, gebürtig aus dem I#ippe'schen, der um 1690 Japan besuchte. Glücklicherweise fand sein Neffe Johann Kampfer einen bemittelten englischen Raritätensammler, der die Veröf- fentlichung der Reiseberichte seines verstorbenen Oheims, freilich in englischer Ue- bersetxung, vermittelte. Kämpfer selbst, nach seiner Rückkehr zum Leibmedicus seines Fürsten ernannt, hatte dazu nicht Zeit. Weniger ausführlich werden die neueren Beisenden Thunberg, Titsingh, Doeff, Golownin, Ricord, Fischer, Meylan Siebold, Glynn berücksichtigt. Eine chronologische Uebersicht der geistlichen und weltlichen Herrscher Japans, eine tabellarische Uebersicht der Perioden, zu welchen fremde Nationen Japan besuchten, eine detaillirte Angabe der Flächen- gröfse des Reiches (anscheinend nach v. Siebold) und eine Quellenangabe be- schliefst dies in gedrängter Kürze äufserst lehrreiche Werk. Es bildet, obschon zuletzt erschienen, billig die Einleitung der anderen beiden Werke. Sein Ver- dienst Desteht in der Zusammenbringung und Benutzung reicher und seltener Ma- terialien. Hoffentlich werden wir demselben fruchtbaren Schriftsteller noch für

430 Sitzungsbericht

weitere Bereicherungen unserer ReueJiteratur verpflichtet werden, da er bebaut- lieh theilgenommen hat an der Preußischen Expedition, die küntich die Anker lichtete, ihre Flagge unseren Nebenwohnern zu zeigen. S.

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 14. April 1860.

Nachdem die Gesellschaft, den Statuten entsprechend, in dieser Sitzung die Wahl der Vorstandsmitglieder für das nächste Jahr und die Abstimmung über die Vorschlage zur Aufnahme neuer Mitglieder Tollzogen hatte, legte der Vor- sitaende, Herr Prof. Dove, die eingegangenen Geschenke vor; 1) Magnetische und meteorologische Beobachtungen su Prag. Prag 1860. 2) Bulletin dt FAcademie Imperiale du sdenees de St. Petcrebourg. TomeL 1860. 3) JW sage Table and General SaiHng Directum. London 1859. 4) Becker, der Oet- scher und sein Gebiet Thl. 1 u. 2. Wien 1869. 1860. 5) de Sl Marti*, äudt sur la geographie et les populations primitives du Nord-ouest de VInde, Paris 1859. 6) Segundo informe del gefe del departemento de escuelas del Estado de Buenos Apre* por el ano de 1858. Buenos Ayres 1859. 7) Registro estaaunco dd Et- tado de Buenos Ayres 1857. Tom. I. Buenos Ayres 1858. 8) Göppert, die versteinerten Wälder im nördlichen Böhmen und Schlesien. Breslau 1859. 9) Steindachner, Beitrage rar Kenntniis der fossilen Fisch-Fauna Oesterrekbs. Wien

1859. 10) Plan for seewring to British North- America a larger skar* tke* hereto/ore it hos reeewed, of tke emigratum from the United Kingdom as wdl* from Gcrmany and from the other countries of Europe9 together with tke nem for the construetion of a raiheau between the Atlantic and Pacific Oeemu. 2?j J. J. Sturz. 11) Proposalfor the Establishment of a Central Office of bfv- mation as a means of promoting emigratum from Germany to the British Cekma of North-America, Cape of Good Hope and Australasia. By J. J. Sturz. Bern

1860. U) Bulletin de la soeiitide geographie de Paris. 4-* emHe. TohlXIL Janvier et Ftvrier. Paris 1860. 13) Zeitschrift ftür allgemeine Erdkunde. K. F. Vm, 2. Berlin 1860. 14) Petermann, Mitteilungen ans J. Perthes geographi- schem Institut No. 3. 4. Gotha 1860. 15) Preußisches HandalaarchiT. 18*0. No. 10—14. 16) Johnston, Regal Atlas of Modem Geography. V. Edmberek 1860. 17) Landeberg, Map of the Colong of Queensland. Sgdneg 18«. - 18) Lange, Karte tu A. v. Humboldts Reise in die Aequinoctialgegendea da nenen Continents. Leipzig 1860.

Bei Vorlegung dieser Werke bemerkte Herr Prof. Dove unter Anderem, dsA nach Chanikoff die Araber bereits im 12. Jahrh. sehr genaue Kenntniis tos der Dichtigkeit der meisten Körper und von der Abnahme der Schwere im Inaem der Erde gehabt haben. Ferner besprach Herr Dove den von Fizeau gefiefatn Beweis des Umlaufs der Erde um die Sonne mittelst der Polarisation des Lieh* nachdem frühere Versuche mittelst der Brechung desselben nicht gelungen mit*. Er erwähnte der Untersuchungen von Gussew über die Gestalt des Mondes, wel- che eiförmig ausfallt Ein Verzeichnis der Höhen der preufrischett Eissjabass- höfe, welches ans dem Handelsministerium eingegangen ist, wurde besprochen; dasselbe ist im vorigen Hefte der Zeitschrift für Erdkunde abgedruckt

der Berliner geographischen Gesellschaft. 43 1

Herr Wright legte zwei Maiskolben aus Indiana vor, und Herr Walter las «inen von dem Ersteren verfafsten Aufsatz vor, worin über dieses Prodact, im Vergleich mit andern Getreidearten, sowohl in Bezug auf den Nahrungsstoff, als auch auf die Preise gehandelt wurde. Am Schlüsse sprach der Verfasser sich ior die Einführung dieses Kornes in Deutschland aus.

Herr Barth machte zunächst einige Bemerkungen über Expeditionen in das Innere von Afrika, wonach Speke im Osten nach den Quellen des Nils hin auf* gebrochen ist, Boscher den Niaasa-See erreicht hat, wohin auch Livingstone vor* gedrungen war, jedoch wegen Mangels an Proviant sogleich umkehren mufste. Von Algier aus ist Herr Daveyrier gegen Süden vorgegangen. Hierauf sprach Herr Barth ausfuhrlich über die, bereits vor swei Monaten ganz kura zur Sprache gekommene Expedition von Du Chaillu im Westen von Afrika zur Untersuchung des Stromgebietes des Gaboon. Der Reisende hat diesen Strom 70 Meilen weit ▼erfolgt und seine Ufer und Zuflüsse geschildert. Er besitzt einen groften Was- serreich thum. Viele der Gesundheit schädliche Mangrove -Waldungen verhindern das Vordringen in das Innere. Der Vortragende besprach die ganze Reise Du Chailln's, die vorgefundenen Producta aus dem Thier- und Pflanzenreiche, und legte am Schlüsse eine zur Erläuterung dienende von ihm entworfene Skizze des durchwanderten Landes vor.

Herr Wolfers hielt einen Vortrag über den muthmafslichen neuen innem Planeten und dessen bisherige Beobachtungen, wonach erst wiederholte neuere Beobachtungen darüber entscheiden können, ob wirklich ein neuer Planet ent- deckt worden ist.

Herr Kiepert setste seinen in der vorigen Sitzung begonnenen Vortrag über das Werk: Les mysteres du disert etc. par Hadji- Abdel-Hamid Bey (CoL du Cou- ret)9 Paris 1859, fort, und zeigte, dafs der Verfasser ganze Stellen seines Bu- ches andern Werken entnommen habe. Ebenso beruhen die darin enthaltenen Karten anf astronomischen Bestimmungen, die der Karte von Arabien von Berg- baus buchstäblich entlehnt worden sind.

Sitzung vom 5. Mai.

üer Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Vorlegung und Besprechung der eingegangenen Geschenke: 1) Forster und Sprengel, Beitrage zur Länder- und Völkerkunde. Tbl. I— XIL Neue Beitrage. Tbl. I— XHI. Ijerpzig 1781 1793. 2) Sprengel, Auswahl der besten ausländischen geo- graphischen und statistischen Nachrichten zur Aufklärung der Länder- und Völ- kerkunde. Bd. I— XIV. Halle 1794—1800. 3) Barth, das Becken des Mittelmeeres. Hamburg 1860. 4) Bulletin de la soci€t€ de geographie. 4* ser. Tom. XIX. Mars. 5) Preufsisches Handelsarchiv. 1860. No. 15—17. 6) Proceedings of the Royal Goegraphical Society. 1860. No. 1.

Der Vorsitzende erwähnte eine ihm brieflich gewordene Mittheilung, nach wel- cher ein Negersdave, der von dem Sultan einem russischen General zum Ge- schenk gemacht worden ist, den Dr. Vogel eine Zeit lang im Innern von Afrika begleitet habe , und von dem möglicher Weise noch Nachrichten Ober jenen Rei- senden eingezogen werden können. Darauf zeigte er das Relief des Grafs-Glöck- ners von Dr. Keil nebst der Karte vor, die auch neuerlichst Petermanns Mit- iheirangen beigelegt ist, sowie zwei kleine Schriften desselben Verfassers, von denen die eine die Pflanzen- und Thierwelt der Kreutzkofl-Gruppe nächst Lienz in Tyrol, die andere eine physikalisch-geographische Skizze eben dieses Gebirgs- stockea entwirft, und aus welcher ersteren er wichtige Angaben über die dortigen Vegetationsgrenzen mittheilte. Die Kais, russische geogr. Gesellschaft veröffent- licht die Hauptresultate der Reise, welche Golubew 1859 nach Central- Asien zwi- schen dem Thianschan und Balkasch unternommen hat Demnach liegt der Issyk- Knl in einer Höhe von etwa 5000 Fufs, während schon 80 Werst nördlich davon sich das Land fast um die Hälfte dieser Höhe gesenkt hat. In einer zweiten Mittheilung bespricht Nebolsin den Einflufs der Eisenbahnen in Rufsland, wie

432 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft

namentlich durch die- Beförderung von zahlreichen Albeitern auf der Strecke «wi- schen Petersburg und Moskau nicht nur die Arbeitskräfte in überraschender Weise vermehrt, sondern auch für die Arbeiter selber günstige Erfolge erzielt werden. Herr Dove machte fernere Mittheilung, wie die Witterungs- Beobachtungen eine schnelle Verbreitung durch die Telegraphie fanden, dafs auf diese Weise die wich- tigeren Häfen in Frankreich mit einander in Verbindung gesetzt und Einleitungen getroffen worden seien, auch die englischen in den Bereich dieser Mittheilungen hineinzuziehen, welche für die Schifffahrt wesentlichen Nutzen gewahren. Daran echlofs endlich der Vortragende die Vorlegung neuer von ihm bearbeiteter Karten über die Temperatur der Erdoberfläche in den einseinen Monaten, die nach der Polarprojektion jedoch nur für die nördliche Halbkugel ausgeführt worden sind, da die südliche noch zu wenige Anhaltspunkte zu einer neuen Bearbeitung ge- währt. Während seine früheren Karten auf den Beobachtungen von etwa 1000 Stationen beruhten, sind auf den jetzigen die Resultate einer fast doppelt so gro- fsen Zahl niedergelegt. Die Bewegung des Kältepols in der jährlichen Periode und die Gründe für die eigentümliche Gestalt bestimmter Isothermen wurden näher erörtert.

Herr Koch erwähnte, wie in Nord- Amerika in neuester Zeit viele Producte gebaut werden, die sonst vom Auslande bezogen werden mufsten. Namentlich ist es der Thee, für dessen Anbau man passende Regionen aufgesucht hat und die man von Californien nach Texas hinüber und in den Südabhängen der Al- leghanys gefunden haben will, wo die immergrünen Blüthensträucher ihre Hci- math haben. Ebenso hat man seit etwa 30 Jahren den Anbau des Weins ver* sucht und passender als den europäischen den dort einheimischen gefunden, von dem namentlich zwei Arten bei sorgfältiger Pflege ein ganz gutes Getränk liefern. Daran knüpfte der Vortragende Bemerkungen über die Wälder Nord-Amerikas, an deren Veranschaulichung er eine colorirte Karte vorlegte. Während die Wäl- der im Östlichen Theile grofse Uebereinstimmnng mit denen von Ost-Asien haben, zeigt der westliche Theil eine weit gröfsere Aehnlichkeit mit Europa, nur dafi die Mannigfaltigkeit eine weit reichere ist, da hier nicht weniger als 235 ver- schiedene Baumarten vorkommen, selbst auf den Prairien und Savannen der in- neren Ebenen sind zahlreiche Baumgruppen, die jedoch erst weiter nördlich zu gröfseren Wäldern anwachsen. Als Eigentümlichkeit hob er die überaus starke Verbreitung des Wildhafers hervor, der nur zufällig durch Ansiedler hierher ge- kommen ist

Herr W. Rose machte bei der Vorlegung der neuesten Ausgabe von Bae- dekers Reisehandbüchern auf die Ergänzung aufmerksam, welche die Schweif in einzelnen Theilen z. B. in Wallis betrifft, die er aus eigener Anschauung ken- nen gelernt hat

Herr Barth legte zwei neue Karten vor, die eine vom Amur, die andere von den Mündungen des Gaboon, dessen Hauptarm bei Kap Lopez aufgefunden worden ist Dann besprach derselbe einzelne Aufsätze in den zum Geschenk gemachten Proceedings und das Werk von Dr. Jon, Müller, die Alterthnmer des ostindischen Archipels. Endlich erwähnte er des Problems, ob der Bahr el Abiad der Abflnfs des Ukerewe-Sees sei. Dagegen möchte sprechen, dafs die Regenzeit südlich vom Aeqnator in den Januar fällt, d. h. in die Zeit, wo die Waasermasse im Nil abnimmt Da überdies das Südende des Sees zwischen 2 3* S. liegt, seine Erstreckung nach Norden bis N. angegeben wird, so bleibt es auffallend, dafs die ägyptische Expedition auf dem Abiad gar nichts von ihm vernommen hat, obgleich allerdings über das Südende jener Expedition verschiedene Gradbe- stimmungen vorhanden sind. Der Vortragende schlofs mit einer Bemerkung über die Hindernisse der Schiff&hrt auf dem Zambese, welcher für den Handelsverkehr wenig Aussicht gewähre.

XV. Reiseskizzen aus Sicilien.

Von Dr. Ernst Häckel. (Vorgetragen in der geographischen Gesellschaft zu Berlin, am 2. Jnni u. 7. Juli 1860.)

Die im Folgenden mitgetheilten Reise-Erinnerungen sind auf einer ronfwöchentlichen Reise durch das Innere der Insel Sicilien gesammelt, welche ich im September und October 1859 in Gesellschaft eines Freun- des zu unternehmen Gelegenheit hatte. Dieselben machen in keiner Beziehung einen Anspruch auf Vollständigkeit, und ich wurde die Mit- theilung so unvollkommener Bruchstücke nicht für gerechtfertigt halten, wenn nicht einerseits eben jetzt, wo die Augen von ganz Europa auf Sicilien gerichtet sind, jeder Beitrag zu dessen Kenntnifs willkom- men erschiene, andererseits aber gerade das Innere der Insel weniger besucht und bekannt wäre, als die meisten übrigen Theile Italiens. Während in Venedig und Florenz, in Rom und Neapel, der Schwärm der Reisenden mit jedem Jahre bei dem erleichterten Verkehr bedeu- tend wächst, ist dies in Sicilien nicht der Fall. Auch begnügen sich die meisten Fremden, welche dorthin kommen, mit einem flüchtigen Besuche der interessantesten Küstenpunkte. . Das Innere zu durchwan- dern entschliefsen sich aber nur sehr Wenige, und es Jiat dies seinen naturlichen Grund in den vielen, aufsergewöhnlichen Unbequemlich- keiten und Hindernissen, die sich hier dem Reisen entgegenstellen. Die Bisenbahn ist hier noch eine unbekannte Gröfse, und von gröfseren, guten Poststraisen existirte bis vor kurzem nur eine einzige, die alte Strafee, welche von Palermo quer durch das Innere, über Castro-Gio- vanni, Leonfbrte, Aderno nach Taormina und längs der Küste von da nach Messina fonrte.

Neuerlich sind zwar auch mehrere andere Orte durch Postrouten in Verbindung gesetzt worden ; indefe sind viele, und zwar manche der interessantesten Punkte doch noch durch keine fahrbare Straffte mit den andern Verkehrspunkten verbunden, und so wird sich die altherge-

Ztittefar. f. aüg. Krdk. N rat Folg». Bd. VIII. 28

434 E Häckel:

brachte Art, Sicilien zu durchreisen, wohl noch einige Zeit erhalten; besonders da einem andern grofsen Uebelstande, dem Mangel an brauch- baren Wirthshäusern im Innern, noch nirgends abgeholfen ist Die Ge- bäude, die durch den stolzen Titel „Locanda nobile* oder v Alber go Inglese" dem Fremden comfortable Aufnahme versprechen, unterschei- den sich in Nichts von den andern Hütten der in Elend und Armuth, Schmutz und Ungeziefer ganz verkommenen ländlichen Bevölkerung, und man kann sehr zufrieden sein, wenn man daselbst aulser dem Obdach gegen das Wetter und aulser einem unreinlichen Strohlager für schwere Piaster so viel Eier, so viel Maccaroni erhalt, dafs man den Hunger nothdürftig stillen kann. £>ie elendesten Kneipen, welche wir im Apen- ninengebirge oder in der Campagna felice bei Neapel kennen gelernt hatten, erschienen uns immer noch relativ reich und bequem gegen diese sicilischen Hotels. Aus diesem Grunde richten die Reisenden, welche einen Giro durch die Insel machen wollen, sich gewöhnlich so ein, dafs sie in Palermo Maulthiere und einen berittenen Führer neh- men, welcher sie durch die ganze Insel begleitet und in einer Person Führer, Cicerone, Dolmetscher, Koch und Diener ist. Diese Führer sind so auf ihr Amt eingeübt, dafs man sich um gar nichts au beküm- mern braucht und sich ihrer Leitung getrost überlassen kann. Da- durch geräth man aber andererseits in eine Abhängigkeit, welche nicht Jedermanns Sache ist. Sowohl meinem Reisegefährten, als mir würde dieselbe im höchsten Grade das Reisen verleidet haben, und wir be- schlossen also, im Vertrauen auf unser gutes Glück und auf unsere Sprachken ntnifs, von dieser gewöhnlichen Reisemethode abzuweichen und uns ohne Führer einen Weg durch das Innere zu suchen. Wir fuhren also zunächst auf der neuen Poststraüse in gerader Linie voo Palermo quer durch das Innere nach Süden, nach Girgenti. Die Land- schaft, die wir hier durchschnitten, ist zum Theil, besonders in der Nähe von Palermo, gut angebaut; zum größeren Theil aber stimmt sie mit dem öden Gebirge* überein, das wir nachher bei S. Gateriaa wiederfanden, und das weiter unten geschildert ist

Girgenti ist die bedeutendste Stadt an der Südküste Sicüieaa, mit 15,000 Einwohnern, freilich kaum ein Schatten des alten, durch seinen reichen Handel und glänzenden Luxus berühmten Akragas oder Agrigentum, dessen jetzt noch zum Theil erhaltene Mauern in einem Umkreise von fünf Miglien 800,000 Einwohner umschlossen* Wir hatten schon vorher nicht viel Glänzendes von Girgenti gehört und erwartet, und doch wurden unsere schwachen Erwartungen beim Eintritt in die Stadt noch mehr herabgestimmt: solcher Schmutz und Elend, solche Armuth und Verkommenheit schauten aus den trüben Fenstern und schmalen Thüren der niedrigen Häuser hervor. Dieser düstere und

u Sicüien. 435

öde Anblick war uns neu, aber er kehrte nachher fast in jedem Städt- chen in derselben Weise wieder und nnr die drei greisen Städte an der Nord- und Ostküste, Palermo, Messina und Catania, die überhaupt, jede für sieh, einen besonderen Charakter tragen, sind davon ausge- nommen. Dieses Bild der Verkommenheit wird nnr zum Theil durch wirkliches Elend erzeugt; cum großen Theil ist die einförmige, düstere Bauart aller Häuser daran Schuld, die, in enge Gassen dicht zusammen gedrängt, alle denselben schmutzig graubraunen Anstrich zeigen, die- selben steilen braunröthlichen Dicher, dieselben schmalen Fenster, deren Glasscheiben zum Theil durch geöltes Papier ersetzt sind, und enge Hassthüren, zu denen zerfallene Treppen hinauffuhren. Keine weifee Maoer, keine grüne Umfassung bringt einige Abwechselung hinein, die dai Auge um so mehr entbehrt, wenn es durch die außerordentlich malerische Bauart der Wohnungen in Neapels reizenden Umgebungen Terwohnt ist: die freundlichen weifoen Häuschen mit dem flachen Kup- peldach und den grünen Jalousien, den weinumrankten Säulen der taftigen Veranda und dem üppigen Palmenschmuck des umschliefsen- deo Gartehens. Vergeblich sahen wir uns in Girgenti nach einem so freundlichen Häuschen um, wie sie Capri und Ischia zur grölsten Zierde gereichen. Erst in der Hauptstrafse, auf die wir nach langem Umher- zogen in den engen, winkeligen, steilen Gassen der Stadt gelangten, stießen wir auf einige besser aussehende Wohnungen, vor deren einer in grobem Wappenschild der Preufsische Adler hing, mit der Unter- schrift: Consuimio regio Pru*$iano. Wir machten sogleich die Bekannt* schaft des Herrn Consnls, welcher uns mit der sehr formellen Höf- lichkeit empfing, mit der alle Sieilianer dem Forestiare begegnen, und mit Vergnügen die seltene Gelegenheit ergriff, sich in seinem officiellen Charakter zu zeigen. Sehr bereitwillig instruirte er uns über die Se- henswürdigkeiten der Stadt und führte uns dann in das Casino Bmpe» 4>cJeo, ein für Leetüre und gesellige Unterhaltung bestimmtes Museum, das die wohlhabenden Kauf leute und sonstigen Patricier der Stadt ge- gründet und mit einer netten Bibliothek ausgerüstet haben. Aufser den Schätzen der italiänischen Literatur fanden wir darin zu unserer Ueber- raaehung auch mehrere französische naturwissenschaftliche Prachtwerke, wie BeJEon's Naturgeschichte, auch eine Uebersetzung von Humboldt's Kosmcs. Die- Girgentiner, die uns diese Sachen sehr zuvorkommend «eigten, machten auch im Uebrigen einen angenehmen Eindruck und rerriethen durch ihre wifsbegierigen Fragen mehr Bildung und Intelli- gent als wir sonst unter ähnlichen Verhältnissen in Sicilien gefunden haben.

Die speiste Auskunft über die Verhältnisse von Girgenti ertheilte ans der amerikanische Consul, der Sohn eines Danziger Kaufmanns,

28#

436 E, Hiekel:

welcher sich dort in wenigen Jahren ein bedeutendes Vermögen < ben hat. Nach seinen Angaben hat sich die Stadt in letzter Zeit wieder sehr gehoben und zwar allein durch ihren bedeutenden SchweMhaiidei, welcher die anderen Handelszweige, den Export von Handeln, Sumach u. s. w. jetzt fast ganz in den Hintergrand gedrangt hat. Alle Schwe- felminen im Südwesten der Insel führen ihre Producta nach dem Hafen von Girgenti, nnd wir begegneten allenthalben im Innern dieses Tbetles langen Zögen von Maulthieren und Eseln hier dem einzigen Trans- portmittel — deren Rücken mit grofsen Schwefelsacken belastet war. Da der Consum in den letzten fünf bis sechs Jahren, besonders in Folge der Traubenkrankheit, gegen welche der Schwefel allenthalben in Italien massenweise angewendet wird aufeerordentiich gestiegen, so ist der Preis innerhalb dieser Zeit im Verhältnifs von 3 zu 10 in die Hohe gegangen. In Girgenti leben etwa ein Dutzend bedeutendere Kaufleute, die kurz nach dem ersten Erscheinen der Tranbenkrmnkhen grofee Strecken schwefelhaltigen Bodens sich gekauft und dadurch binnen wenigen Jahren ansehnliche Reiehthumer erworben haben. Die Kosten der Production sind so gering, dafs die Mineneigeathömer Aber 100 f reinen Gewinn haben. Girgenti exportirt allein jährlich für etwa eine halbe Million Ducati Schwefel. Die nächsten Schwefelminen liegen nahe im Rücken der Stadt, und wir besuchten am folgenden Tage eine der gröfsten davon, die dem erwähnten Herrn selbst gehörte. Dieser Besuch war interessant durch die Aufschlüsse, die er uns Aber des höchst embryonalen Zustand des hiesigen Bergbaues nnd Maschinen- wesens eröffnete. Man kann sich keine einfachere und primitivere Me- thode denken, als die, deren sich die guten Sicilianer hier noch be- dienen. Nicht die gewöhnlichsten unserer Maschinen, Instrumente und Hilfsmittel sind bekannt; Hacke und Spaten sind fast die eimngen Werkzeuge bei dieser Handarbeit, und auf gut Gluck wird ohne alles festen Plan in das Gestein hineingearbeitet, wo nur irgend 8chwefel sich findet. Ist der eine Gang, auf den man zufallig gestoben ist, er* schöpft, so bohrt man sich in der Nachbarschaft neue Löcher und Hart die neuen Schächte und Stollen nach beliebigen Richtungen in den Berg hinein. Keiner der letzteren wird ausgemauert, sondern nur von Strecke su Strecke bleiben einzelne Säulen als Stolzen der Decke stehen. Die abgehauenen Stucke werden von anderen Arbeitern* in Körben auf dem Kopfe hinausgetragen und auf Haufen geschüttet, die sogleich an Ort und Stelle ausgeschmolzen werden. Auch diese Operation geschieht auf die einfachste Weise. Die kegelförmig aufgethfirmten ( werden mit einem, nur von einzelnen Schornsteinen durchbohrten '. von feuchter Erde umgeben, so vor Luftzutritt nnd Verbrennung ge- schützt und nun an dem frei gelassenen unteren Ende angezündet

Reiseskiase* ms Sidlien. 437

Der aufschmelzende Schwefel sickert unten ab and wird in Sinnen zu viereckigen Tafelformen geleitet, in denen er erstarrt. Wir wanderten durch einen der längsten Minengänge hindurch, der bald so eng war, da& wir uns nur mit Muhe hindurch zwängten, bald sich zu hohen Gewölben erweiterte, deren Decke mit schönen Cölestin- und Gyps- KiystaUen geschmückt war. Die Arbeiter, die wir überall antrafen, gingen wegen der druckenden Hitze, die in diesen oberflächlichen Stollen herrscht, völlig nackt und nahmen sich in ihrer dunkelbraunen Haut- farbe, die von einem dicken Ueberzuge feinen Schwefelstaubes hell- gelb gesprenkelt war, sonderbar genug ans. Es waren gute, treuher- nge Leute, welche die nie gesehenen Fremden voller Verwunderung «starrten, neugierig ausfragten und zuletzt beim Abschiede mit aus Schwefel gegossenen Flöten, kleinen Thieren und anderen Spielereien beschenkten^

Der greisere Theil der Bewohner von Girgenti ist gegenwärtig bei diesen Schwefelbergwerken beschäftigt und nur der kleinere Theil betreibt noch die Oultur der blühenden Gärten und reichen Frucht- felder, weiche sich am Fulse der Stadt bis gegen das Meer hin aus- dehnen. Diese stehen zum grofsen Theil auf den Trümmern des alten Abigas, welches aus der halbkreisförmigen Ebene, die hier dem Mec- reagestade entsteigt, terrassenförmig an den Hügeln hinan sich erhob. Beiderseits begranzt war diese weite herrliche Bühne von den beiden Hotten Akra gas und Ipsa und im Norden und Osten geschlossen von einer zusammenhängenden Hügelkette, auf deren nordwestlichem Vorsprang, dem alten Kamikos, das neue Girgenti zusammengedrängt üt, während der lange scharfe Felsgrath, der sich im Osten herum« zieht, mit einer Reihe prächtiger Ruinen gekrönt ist, die heutigen Tages noch in ihrer grofsartigen Anlage und schönen Ausführung an die glanz- volle Blüthe der alten dorischen Pflanzstadt erinnern. Auf der lang gestreckten Firste dieses wellig gebogenen Bergrückens sind auch die gigantischen Reste der ahen Stadtmauer fabt noch im Zusammenhange achtbar, welche tfaeile aus dem lebendigen Fels selbst gehauen, theils aus «rfgethürmten Riesenblöcken zusammengesetzt ist. In dieser einen Linie tagen vier der schönsten und gröfsten Tempel, von denen zwei noch wohlerhalten sind. Ihre mächtigen Quaderblöcke und hohen Säulen, obwohl nur aus der porösen gelben Mnschelbreccie der darunterliegenden Felsen gehauen, und durch keinen verkittenden Mörtel zusammen ge- halten, haben dennoch den vielen Erdbeben und Angriffen von zwei Jahrtausenden unerschüttert Widerstand geleistet. Von drei andern weiter unten liegenden Tempeln sind nur noch die Standorte durch wilde Trümmerhaufen bezeichnet. Der erhabenste von allen thront stolz auf fa& Gipfel der höchsten Bergkuppe, der Tempel der Juno Lucina,

438 E Hsekel:

ziemlich gut erhalten, an dessen einer Sehe sogar noch Sporen der alten Purpur -Wandmalerei sichtbar sind.

Von dieser Höhe umfafet der Blick nach Westen eines der üppig- sten nnd blühendsten Landschaftsbilder, die der Siden SieiMene bieten kann, voll wogender Kornfelder und frnchtschwerer Weingarten, die durch undurchdringliche Hecken stachliger Castus nnd Agaren von ein- ander getrennt werden. Noch nie hatten wir vorher alle die köstli- chen Ersengnisse des südlichen Himmels in so reicher Fülle nnd Pracht beisammen gesehen, nnd besonders als wir am Nachmittag mitten durch das Fruchtgelände hindurch nach dem eine Stande von der Stadt ent- fernten Hafenort, Molo di Girgenti, wanderten, versetzte uns die immer reichere und vollere Vegetation in stets neues Erstaunen. Namentlich gilt dies von der Agave americana und dem Cacius Opmmtia, die, ob* wohl beide ursprünglich nicht einheimisch und aus dem neuen Cooö- nent herübergebracht, dennoch su den wesentlichsten Charakterpflanxen der Mittelmeerflora gehören. So mächtig lang und breit sind hier die hechtblau bereiften, stachlich gesühnten Blätter der Agave, so hoch und stolz ihre candelaberartig versweigten, baumhohen Blumenstengel, dals man ihre ungleich kümmerlicheren Verwandten aas Neapels Um- gebungen kaum darin wieder erkennt. Ebenso ist es mit der Opuatis; ihre vielversweigten holsigen Stämme erheben sich su stattlichen, umfang- reichen Bäumen, deren dickfleischige, frischgrüne, mit dichtem und langes Stachelbüscheln bewehrte Scheibenglieder mit rothgoldeDen Frachten überladen sind. Diese letzteren sind unter der Benennung: indwutcbe Feigen, flehe d'JnäiOy allgemein in Sicilien beliebt, und sie liefern hier nach vorsichtiger Entfernung der dicken Stachelschaale ein ebenso saftig kühlendes und angenehm aromatisches Obst, als sie wenige Breites- grade nördlicher fade, geschmacklos und wässerig werden. Anmanrig bunt erscheint das Fruchtgelande durch die dunkelgrünen Citronen- nod Orangen -Garten mit goldig rothen Früchten, die wie kleine Inseln ia dem Meere der wogenden goldenen Kornfelder zerstreut sind. Ebenso werden letztere durch lange schmale Landstreifen gekreuzt, die voe einem niedrigen, mit fein gefiederten hellgrünen Blättchen gezieltes Strauche bedeckt sind, dem Gerbersumach, Rkus Coriaria Ln der nun Gerben des feineren Leders verwandt und besonders nach Nordamerika vielfach ausgeführt wird. Ueberall sind dazwischen zahlreiche Mandel- bäume zerstreut, die hier vorzüglich gedeihen und mehr Früchte tragen sollen als im übrigen Sicilien. Dazwischen drängen sich mächtige, weit verzweigte Feigenbäume, mit blauen und grünen Früchten überhäuft, und alte, umfangreiche Caruben oder Johannjsbrodtbäume, deren chcatei dunkelgrünes Blätterdach eine fast geschlossene gewölbte Laube bildet, die kaum dem kleinsten Sonnenstrahl in den inneren kühwohattigea

Reiseskissen ans Sfcüien. 439

hm «u den in schönem Bogen abwarte geschwungenen Aesten Zutritt gestattet. Seltener erscheint dazwischen die edle Kastanie and der Granatbaum, and die an anderen Stellen so entwickelte Dattelpalme wird bei Girgenti fast ganz vermüsk Am meisten von allen sogen jedoch die uralten ungeheuren Oelbaume unsere Aufmerksamkeit auf sich, die wir nie zu solchem Umfang hatten anwachsen sehen, selbst nicht in den berühmten Oliven waldern von Tivoli und im Sabinerge- birge. Der Volksmund schreibt diesen Bäumen ein mehr als tausend- jähriges Alter su, was bei dem langsamen Wachsthum des Oelbaums allerdings kaum wunderbar erscheint. Die bizarre Gestalt der hohlen, spiralig gewundenen Stamme, die unten spreizend auseinander gehen and auf vier bis sechs oft mehrere Fufs von einander entfernten klei- neren Stammen wurzeln, wird daher abgeleitet, dafe die Saracenen, beim Pflanzen der Oelbaume ein halbes Dutzend junger Stammchen in einen einzigen zusammen wachsen und verschmelzen machten, indem sie dieselben mit den von Rinde entblöisten Berührungsflächen zusammen banden, Ebenso wie nach unten, geht der phantastische Stamm auch nach oben in eine Anzahl flach zusammen gedruckter Stammchen aus- einander, die sich schwungvoll verzweigen und zwischen dem silber- grauen Laube Tausende von kleinen schwarzen Früchten verbergen.

Den schönsten Anblick gewährt das reiche Thal von Girgenti, wenn man auf der Höhe des Junotempels stehend über seine weite Rnndung hinweg den Blick auf das unendliche Meer schweifen lädst, dessen tiefes Blau gar prächtig mit der intensiv feuergelben Farbe des Gesteins contrastirt, oder wenn man weiter unten auf den Ruinen des Jnpitertempels steht, des kolossalsten aller Tempel, die nach Diodors Angabe das Altertimm aufzuweisen hatte. Freilich wurde er nicht ganz vollendet; denn gerade als das Dach aufgesetzt werden sollte, zerstörten die Carthagex die Stadt; aber die colossalen Trummermassen, die noch beute die 360 FuJs langen und halb so breiten Substructionen der Cella bedecken, die Bruchstücke der Säulen, in deren Cannelirung ein er- wachsener Mann sich völlig verbergen kann, und die 27 Fufe hohe Statue eines Giganten, einer Figur des Giebelfeldes, das einen Gigantenkampf darstellte, zeugen noch heute von der unübertroffenen Großartigkeit der Anlage. Von diesem niederen Standpunkte aus genietet man, durch die Säulenintervalle des nahen Dioskurentempels hindurchschauend, ei- nen besonders reizenden Blick auf die neue Stadt, die auf zwei Hügel- kuppen und deren Zwischenthal stolz ausgestreckt liegt und in dieser Entfernung, wo ihre kleinen terrassenförmig übereinandergebauten Häuser au groben, compacten Massen verschmelzen, das kümmerliche Anasehen ihres Inneren nicht ahnen laust.

Nachdem wir uneern Blick lange genug an diesem, mit aller Gluth

440 E. Hickel:

der südlichen Farbentone reich ausgestatteten Bilde geweidet, wendeten wir uns nach der entgegengesetzten Seite, nach Osten, und wurden hie' nicht wenig durch eine Landschaft überrascht, die in jeder Hinsieht gerade das Gegentheil der eben geschilderten war, so dafe wir hatten glauben können, mit einem Male in eine der nur wenige Breitengrade entfernten Wüsten Nord -Afrikas versetzt zn sein. Vollkommen nackt und öde fällt nach dieser Seite der Bergrücken, der die vier Tempel trägt? sehr steil in ein wildes, todtes Felsenthal ab, in dessen sandiger, von Trümmern überschütteter Tiefe das langsam hinkriechende Akragas- fiüfschen einen Ausweg nach dem Meere sucht Gegenüber steigt die Felswand ebenso schroff und steil, ebenso nackt und vegetationsleer empor und über ihr sind nach Osten hin lange vielgiiedrige Bergketten ausgestreckt, überall dasselbe nackte, rothgelbe Gestein, ohne Spuren einer Cultur nah und fern, eine todte Einöde, in der das Auge ver- gebens nach einem erquickenden Ruhepunkt sucht. Das einsige Grün, das sich, in der Nähe wenigstens, erspähen läfst, sind zahlreiche kleine Zwergpalmen, Chamaerops kumilis, deren f&cherförmiggefaltete und fingerig gespaltene starre Blättchen in Menge aus den Ritzen und Zwischenräumen der durcheinander geworfenen Felsblöcke hervor- schauen. Schon in den Umgebungen Palermos hatten wir diesen in- teressanten Zwergbaum kennen gelernt, den einzigen in Buropa ein- heimischen Vertreter der schönen Palmenfamilie. Aber dort fanden wir ihn stets ganz in dem lockeren Sandboden verborgen, so dafe nur die Spitzen der Blätter frei vorragten: hier dagegen erhebt sieh der kleine Baumstamm bis zu 5 Fufs über den Boden und trägt auf seiner Spitze die zierliche Krone der Blattfächer, welche vielfach von den Si- cilianern benutzt werden. Die zusammengebundenen Blätter liefern gute Besen, und ihre zähen und langfaserigen Gefafsbündel einen vor- trefflichen Bindfaden, aus dem zierliche Sessel geflochten weiden. Das Mark der sprossenden jungen Krone wird von den Bauern mit ebenso viel Vorliebe gegessen, als die reifen Früchte von den Ziegen, und die lockeren Bastnetze zwischen der Basis der Blattstiele liefern ein treffliches Werg. Aufser diesen Massen von Zwergpalmen bemerkten wir in dieser öden Trümmerwüste nur noch zwei bedeutendere Pflan- zen, den mit langer weifser Blüthenähre geschmückten blattlosen Schaft der Meerzwiebel (Scilla maritima), und die langen, kriechenden Ran- ken des dornigen wilden Capernstrauchs (Capparis spinosa). Um so auffallender war uns bei dieser Pflanzenarmuth die Unmasse von klei- nen weifsen Schnecken aus den Gattungen HeU.i und BvhmMS, die die Meerzwiebeln und Capern zum Theil dicht überzogen hatten; auch zahllose Eidechsen und Geckonen, denen die brennende Sennengroth auf dem nackten Fels zu behagen schien, huschten dazwischen umher,

Relsetkiisen aus Beulen. 441

and Sensalen von OriUen und Cioaden erfüllten die Luft mit ihrem monotonen Gesirpe.

8ofohe grelle Gontraste zwischen zwei unmittelbar aneinander sto- rsenden Landstrichen, wie die oben geschilderten, finden sich in Sk cüieri häufig, und wir hatten auf unserer weiteren Reise doreh das Innere noch mehrfach Gelegenheit dieselbe Beobachtung su wiederholen. Nor sind leider die nackten, vegetationslosen Gebirge bei weitem über- wiegend, und die üppigen nmchtreiohen Hesperidengärten erscheinen nur als isolirte Oasen in diesen Wüsten zerstreut Das gilt besonders von den welligen Hügelstrecken im mittleren und südlichen Theil des Inne- ren, während an den von der feuchten Seeluft erfrischten Küsten, be- sonders an der Nord* und Ostküste, die fruchtbaren Landstriche einen zusammenhängenden, nur stellenweise unterbrochenen grünen Bord bil- den. Aber auch hier stehen oft die schroffen Gegensätze unvermittelt neben einander, und während man mit dem einen Fuise noch in einem duftenden Orangengarten steht, tritt schon der andere in eine öde Stein- wüste hinaus, die Nichts als Dornen und Disteln trägt.

Wir hatten beabsichtigt, von Girgenti längs der Südküste über Alieata und Terranuova nach Modica und um die Südspitze herum nach Syraeos zu gehen. Indefs scheiterte dieser Flan an der Unmöglichkeit, Maolthiere sum Reiten zu erhalten, welche jetzt alle bei den Schwefel- bergwerken verwendet waren. In ganz Girgenti waren nur drei Maul-* thiere disponibel; der Besitzer derselben wollte sie aber durchaus nicht ohne die Letüca zum Traneporte hergeben; das Reisen mittelst der Lettica ist hier im südlichen Theile der Insel noch vielfach üblich, und der grandezzavolle Gentiluomo l&fet diese Art zu reisen eigentlich allein als anständig gelten. Die LetHca ist eine enge vollkommen geschlossene Sänfte, in der zwei Personen einander gegenüber Platz haben; sie ist zwischen zwei sehr langen parallelen Stangen befestigt, zwischen deren vordem und hintern Enden zwei mit Schellen behangene Maolthiere, wie in eine Gabeldeichsel, eingespannt werden. Der Führer reitet auf einem dritten Thiere nebenher und treibt die beiden andern dirigirend an; die Bewegung soll bei dem sicheren und festen Tritt der Maul- thiere sehr angenehm sein, um so unangenehmer aber der monotone Klang der ewig läutenden Schellen und der unbequeme Sitz und die druckende Hitze in dem enggeschlossenen Käfige. Natürlich gebt auch der freie Utnbliok in die Gegend völlig verloren. Ueberdies ist das Vergnügen sehr kostbar, mindestens 10 15 Thlr. för den Tag, und so sogen wir es denn vor, einen Postcourier su benutzen, der zufallig auf der neu eröffneten Strafte nach dem in der Mitte der Insel gele- genen Ckdflanisetta rühr.

Am Abend aus Girgenti abgefahren, erwachten wir am andern

442 B. Hftckel:

Morgen kurz vor Caltanisetta, in dem Moment, als eben <tie Bonne hinter einem langgestreckten Bergrucken im Osten emportanchte nnd die vielgipfligen, nackten, rothgelben Gebirgsketten im Westen mit einer so reinen nnd intensiven Purpurgluth übergois, dafs wir nur das berr- fcche Phänomen des Alpenglühens damit einigermafsen vergleichen cd können glaubten. Die nächste Umgebung von Caltanisetta war ziem- lieb gut angebaut; namentlich fielen uns üppige Gemüse- nnd Melonen- garten auf; aber weiterbin schien wieder der nackte Boden jeder ve- getabilischen Decke zu ermangeln und nur die bunten, rothen, gelben, violetten und schwanen Schwefelschlacken, welche zu hohen Kegeln vor den Eingängen der zahlreichen Minen an den Flanken der Berge aof- getkannt lagen, brachten einige Abwechselung in die öde Landschaft Was wir am meisten entbehrten, war der Anblick des Meeres, an dessen tiefblauen Spiegel und rauschendes Wogengetön wir jetst seit einem halben Jahre so gewöhnt waren, dafs uns jede dessen erman- gelnde Gegend nur halben Reis zu besitzen schien. Je niher wir Cal- tanisetta kamen, desto mehr bedeckte sich die Strafse mit zahlreichen Bauern und Hirten, welche Vieh trieben, und wir erfuhren, daie uns der Zufall das Glück gönnte, gerade zu dem grofsen sicilianiechen Cen- tralviehmarkt in Caltanisetta einzutreffen, der nur einmal jahrlich statt- findet und zu welchem Käufer und Händler mit groben Viehtraasporten aus allen Theilen der Insel zusammenkommen.

Die Stadt selbst sowohl, die an und für sich betrachtet, sich kaum von anderen Städten des Inneren unterscheidet, als auch die recht hübschen Hügel und Th&ler in ihrer Umgebung waren angefüllt mit den zahlreichen bunten Heerden und ihren Besitzern, die sieh im Schatten kleiner Gebüsche gelagert hatten. Wir hofften, bei die- sem Conflux vieler Bewohner aus allen Theilen Siciliens die denen Stimme in mannichnltigen bunten National-Costumen zu fanden uns aber in dieser Erwartung sehr getäuscht. 8owohl unsere weiteren Wanderungen, als eingezogene Erkundigungen belehrten uns, dais eigentliche National-Coetüme auf Sicilien gar nicht mehr existirea. Die Umgebungen Neapels, besonders die campanischen Inseln, und noch weit mehr Rom und sein Gebirge lieferten uns in dieser Bezie- hung viel reichere Ausbeute* Bestimmteren Charakter zeigte das ai- cilische Vieh, unter welchem sich sowohl der Qualität als Quantität nach am meisten die Rinder auszeichneten, alle von derselben kleinen, rothbraunen sicilianischen Race, die in Unteritalien sonst fehlt. Sie fallt auf durch den feinen Bau ihrer schlanken Füfee und das scharf- geschnittene Profil ihres feinen Kopfes, auf dem zwei unverhiltnuV mäfsig grofse, schön gewundene Hörner prangen, ein geheiligter Zier* rath, der in der Stube keines Sicilianers fehlt, und als unfehlbares

fiaiseskissen ms Sidlien, 443

Aznnlet gegen den mal" ocdtio, den bösen Bück, sowie gegen andern Osisleispnk, fiberall bei Vornehm and Gering in hohem Ansehn steht. Nächst den Bindern machten den besten Eindruck die Ziegen, statt** liehe, starkfofsige Thiere mit lang herabhangendem weHsen Seidenhaar and ebenfalls aafserordenttich langen and zierlich spiral gewnndenen Hörnern» Von einer viel kleineren and schwächeren Race waren die darefagangig schwarz gefärbten Sehaale, die mit ihrem dichten kraoaen Wollhaar, dem schwanen kleinen Kopf and den ebenfalls schwarzen aelir donnen Beinehen viele Aehnliehkeit mit den Lüneburger Haid- schnncken zeigten. Am schlechtesten and kfimmerliohsten genährt and am wenigsten entwickelt erschienen die Maohhiere und Esel, besonders aber die kleinen and mageren Pferde, woran freilich die aasnehmend schlechte Behandlung^ der diese armen Thiere in ganz Ita&en setzt sind, and von der sich nach hier deutlich die Spuren hauptsächlich Scheid sein mag.

Kalte Grausamkeit und völfiger Mangel alles Mitgeffihle für die Thiere ist bekanntlich ein allgemeiner Charakterzug aller romanischen Nationen, und sie stehen in dieser Besiehung tief unter den slawischen Völkerschaften, bei denen sich die Hanathiere, wie bei den Arabern, einer fast familiären Zärtlichkeit and sorgfältigen Behandhing erfreuen« Unter den Romanen gebührt aber vor allen andern den Italienern und besonders den Neapolitanern in dieser Beziehung der schlechteste BmL Zwar haben sie nicht die blutigen Stierkämpfe der Spanier; dafür aber qavaJen sie alltäglich ihre Pferde and Esel mit einer so empörenden* Grausamkeit, dafs die verhältniismäfsig kurze Qual des wenigsten» rasch an Tode gemarterten Stiers dagegen als ein glückliches Loos erscheint Ich könnte viele einzelne Beispiele hierfür anfahren, will aber hier nur eines hervorheben, das ich mehreremal selbst mit ange- sehen habe. Wenn im Toledo in Neapel eines der schwer beUdenea Lastthiere, wie es dort stündlich geschieht, auf den glatten Quader« platten ausgerutscht und gestürzt ist, so pflegt es sich wegen der auf« gebürdeten ÜDermäfirigen Last nur mit grofser Mühe wieder erheben zu können. Statt ihm nun dies durch Abnahme eines Theils der Last so erleichtern, sacht der Neapolitanische Eseltreiber seinen Zweck ein- facher doreh quälende Schmerzen zu erreichen and sticht das arme Opfer mit einem spitzen Eisenstachel in wunde Stellen auf den hin- teren Theil des Rockens und am Vorderbug, die zu diesem Zweck be- standig offen erhalten werden. In einigen Fällen nun, wo diese Qoal noch nicht heftig genug war, das arme Thier zum Aufepriogen zu be- wegen, nahm der Treiber sein Feuerzeug and zündete einen kleinen- Retoghündel an, den er dem Thiere anter die Flanke, auf die es ge- stürzt war» geschoben hatte. Dieses Mittel half denn auch in den ver-

444 R. Hlekelx

swcifeltsten Fällen. An solche barbarische Grausamkeiten ist dort so gewöhnt, dafe kein Mensch ein Wort darüber verliert «ad ' es einem Fremden einfallt, den Neapolitaner darüber zur Redesa setzen, so wird er verwundert angesehen, oder erhalt höchstens aar Antwort: vBh, non sono Christianif" (Je nun, es sind ja keine Christen!)

Solche Rohheiten, wie man sie in Neapel täglich rieht, sind ans in SfeiHen nur selten begegnet, wie wir denn fiberhaupt die 8fcüiaaer im Ganzen gutmuthiger, natürlicher nnd unverdorbener gefunden ha- ben, als die Neapolitaner. Dafe der Charakter beider Nationen trotz vieles Gemeinsamen in Sprache nnd Sitte doch vielfach verschieden, ja entgegengesetzt sieh äufeert, ist bekannt, and man wird bei etnen Vergleiche fast immer die Wagschaalc sich zu Gunsten der Sieäianer senken sehen. Ich kann in dieser Beziehung die Angaben anderer Reisenden von anderen Gesichtspunkten aus nur bestätigen. Ich gründe mein Urtheil auf die Erfahrungen eines Jahres, dessen Sommerhälfte ich in Neapel, die Winterhälfte in Messina zubrachte. Der wissen- schaftliche Zweck, den ich während dieses Aufenthalts verfolgte, dst Stadium niederer Seethiere, nöthigte mich während dieser ganzen Zeh zum täglichen Verkehr mit dem niederen Volke, zunächst allerdings nwr mit einer Classe desselben, mit den Bootsleuten, die mich tägfka bei meinen Bxcursionen auf das Meer begleiteten, und mit den Fischern und Fischerjangen, die mir ihre Beate zubrachten. Indefe hatte kh auch sonst vielfach Gelegenheit in das Leben und Treiben verschie- dener Volksklassen, besonders der niedersten, manchen Blick zu thas, wozu ja überhaupt der Fremde bei der extremen OeftentHchkett, mit der das ganze private Leben im südlichen Italien zur Schau getragen wird, fortwährend mannichfache Gelegenheit findet Auiserdem war mir aber gerade der Verkehr mit den Fischern doppelt lehrreich, da diese Leute einmal mehr als andere Gewerbtreibende einen ten, festen Charakter angenommen haben und dann denselben mit derselben Offenheit and Präcision äufsern. Um nun »uidfrM des Nutzens zu gedenken, den mir die dienstbaren Fischer in Neapel and in Messina gebracht haben, mufs ich bekennen, dafe die cmteteu nur so gut wie nichts geholfen, mir aber dafür sehr viel Aerger and Mähe, Zeit und Geld gekostet haben, während die Sidlianiachen Fischer durch ihre Bemühnngen den Erfolg meiner Arbeiten wesentlich gefordert ha- ben. Die Thierchen, um die es sich handelte, waren pelagische Ge- schöpfe ans verschiedenen Klassen der Wirbellosen, alle aber aasge- zeichnet durch ihr farbloses, durchsichtiges, krystallheilee Aussehen, welches ihre Erkennung und ihren Fang sehr erschwert Zu dieses eigentümlichen Thieren gehören z. B. die Helnrkhtbvden oder Warm- fisohehen, kleine, nur ein paar Zoll lange Fischchen, so glaahell und

RaiicsHmsa ms ftcflien. 445

dnMheteutig, dafe man die Schrift eine« Buche* durch sie hindurch Lesen kann. An» der Klasse der Warmer zählt dahin die Aktofe und Sagitta, ans dem Kreiae der Mollusken die zahlreichen reisenden For- men der Flügel- und Kielschneoken, dann der ganze Schwärm der merkwürdigen Seinen; ferner zahlen dazu die seltsamen Golomen der Schwimmpolypen, die feinen Glocken- und Rippen- Qnallen nnd viele andere aenderbare Geschöpfe ans allen Klassen der wirbellosen Thiere« Alle diese pelagisohen Thierchen, wie verschieden sie auch sonst sind, stimmen in ihrer Farblosigkeit und glasartigen Durchsichtigkeit überein und erfordern daher ein sehr scharfes Auge «nm Erkennen. Daau wird ihr Fang noch dadurch erschwert, dafe schon die leise Berührung des -Netzes diese ftufserst zarten Gesohöpfchen verletzt oder tödtet, und dafe man, um sie ganz und lebendig zu erhalten, genöthigt ist, sie in einem Becherglase zu schöpfen. Und diese alle brachten mir nun die Fiecherjungen von Messina nicht nur täglich lebend und besterhalten zu, sondern sie kannten auch die einzelnen, zum Theil nur durch «feine Unterschiede getrennten Spedes sehr genau und hatten für die meisten derselben besondere Namen. Hierdurch allein schon wird einerseits eine scharre Beobachtungsgabe und ein feines Usterschridungstalent, andrerseits eine gewisse Ausdauer und Arbeitslust, oder wenigstens eifriges industrielles Streben bewiesen. Von beiden war bei den nea* poHtaniscben Fischern nichts zu finden und alle Bemühungen, sie zu diesem feinen Geschäfte durch Geduld abzurichten oder selbst durch Geld su bewegen, waren vergebens. Das doice fear mtnte galt hier stets als höchstes Frindp; hatten sie genug Geld sich erschwindelt, um wieder ein paar Tage ihr faules Leben fortzuffihren, so konnte sie keine Versprechung, kein Geschenk bewegen, ihre unthfitigen Glieder sm rühren. Wie anders thatig waren da meine Messinesen, welche au Dntaenden in rastlosem Eifer und unermüdlichem Wettstreite stets zum Verdienen und Arbeiten bereit waren« Ebenso sind die Bootsleute und Matrosen von Sicüien ungleich unternehmender, thsÜger und geschiekler, als die von Neapel, und dieser selbe Zug, Interesse und Eifer bei der Beavfearbeuv wenn auch hauptsächlich nur in der steten Rücksicht auf den Gewinn, ist in allen andern arbeitenden Klassen wiederzufinden« wanreftd in Neapel unter gleichen Verhaknissen überall mehr Schlaff- heit, Indolenz und Massiggang herrscht. Eine natürliche Folge davon ist, dafe das Selbstgefühl und der Charakter beim Sieilianer viel, mehr entwickelt ist als beim Neapolitaner. Der letztere ist nur so lange nmthigj dreisc und bis zur Unverschämtheit fibermfithig, so lange man ihm bescheiden und anspruchslos begegnet; diese Unverschämtheit schlagt aber in das Gegentheil um, sobald man ihm fest und entschied den entfegen tritt. Dann wird er kriechend und sieht sich eilig feig

440 B Haekel:

zurück, wie ihm denn unerkannt wirklicher Math and männliche Ent- schlossenheit fehlen. Gegen eine wohlverdiente Züchtigung wagt er sieh nie zu vertheidigen und die Rastonata ist als ultima ratio bei ihm sehr wohl angewandt. Wollte man dagegen wagen, einen 8iei- tianer mit dem Stock zu schlagen, so wurde man sich leicht der theV liehen Erwiederung, vielleicht auch dem sehr beliebten Messenden in den Rucken aussetzen. Ueberhanpt vertragt er eine gewaltsame und herrische Behandlung viel weniger; aber er ist dafür auch selbst be- scheidener und tritt mit weniger Arroganz auf. Schon ans diesem Grunde mufs der Sicilianer den Neapolitaner verachten; aber er hat auch anJserdem Grund genug, ihn von ganzem Herzen zu hassen. Wie lebendig dieses Gefühl schon von Jugend auf in den Gemächern genährt wird, beweist unter andern ein charakteristischer Zag, der mich in Messtna oftmals ergötzte.

Unter den vielen abenteuerlichen, durchsichtigen pelagischen Tlueren, die mir meine Fischerknaben täglich brachten, fand sich sehr häufig ein seltsamer, glasheller Krebs aus der Ordnung der Amphipoden oder Flohkrebse. Dieses Thierchen, höchstens einen Zoll lang, welches der Gattung Phronima angehört, hat nur einen dünnen schmachtigen Leib, aber einen ungeheueren Kopf mit zwei eolossalen Augen und tigen Frefswerkzeugen. An dem sehmal zusammengedruckten stock sind sieben Fufspaare befestigt und das fünfte derselben ist au- verhiitnifemfifsig entwickelt und tragt je eine eolossale, zweifingrige, schneidende Seheere, die wie eine Messerklinge eingeschlagen werden kann. Diese furchtbaren Waffen gebraucht nun der Raubkrebs, um sieh in den kleinen, durchsichtigen, tonnenförmigen Gehäusen gewisset Mantelthierehen (Salpa) und gallertigen Melonenqmülen (Beroe) fest* zusetzen. Er früst den unglücklichen Inhaber derselben langsam auf and benutzt dann dessen Tönnchen zeitlebens als eigene Wohnung. Diese grausamen Schmarotzer nun sind bei allen Fischern in Mensina unter dem Namen NapoUtano bekannt und selten brachte mir era klei- ner Fischerjunge eines dieser Raubthiere, ohne eine maMtioee Bemer- kung gegen den Neapolitaner hinzuzufögen. „Seht, Herr, diesen ver- dammten Neapolitaner, er friist die arme, siciliäaische Bestie auf «od plündert ihr Haus. Aber nun kommt die Rache! Geh zum Teufel, ▼erfluchte Bestie!*

Zum Theü erklären sich diese Dissonanzen des Nationaleharakters schon aus der verschiedenen Geschichte beider Linder. Die glorrei- chen Zeiten der Blfithe, sowohl im grauen Alterthum, wo unter grie- chischem Binfluls Syracus, die Nebenbuhlerin Athens, ein« Zeh lang die ernte Stadt der Welt war, als spftter im Mittelalter, wo mn unabhängiges glückliches Königreich bildete, haben fruchtbar

ü SicüieD. 447

noch auf spiiave Zeit nachgewirkt. Die Saracenen, die zwei Jahrhun- derte hindurch die Intel beherrschten, am dann von den stärkeren Nor- mannen verdrangt zu werden, die glückliche Regierung der Norman- nenkönige nnd der ihnen folgenden Hohenstaafen , vor allen unseres grofsen Kaisers Friedrich II., der mit seiner Gemahlin Constantia von Arragonien und mehreren andern normannischen nnd hohenetaunschen Königen im Dome von Palermo begraben liegt sie alle haben sich in den prachtvollen Domen and Palästen, die noch heute der Haupt- stadt der Insel rar gröfsten Zierde gereichen, unvergängliche Denk- male gestiftet und in vielen trefflichen Einrichtungen lebt noch heute ihr Name unvergessen fort. Vielleicht ist durch alle diese verschieden- artigen Oocvpationen die gegenwärtige Bevölkerung Siciliens gemischter und ans verschiedeneren Elementen zusammengesetzt, als irgend eine andere in Italien. Aber sie ist in dieser Mischung nicht untergegangen, sondern hat neue Keime daraus empfangen und den eingepflanzten Cha- rakter in gewissen Richtungen, ja zum Theil sogar noch in der Kör- perbildong treu bewahrt So erinnert die dunkele Bevölkerung der Sfidküete, mit ihren schwarzen Augen, dem gelbbraunen Teint und den dicken rothen Lippen an den saraeenischen Ueprung; unter den Syraenaanem und Catanesen herrschen schöne grieohisohe Profile mit kurzen Stirnen, langen geraden Nasen und kleinem Munde; unter der Bevölkerung der Nordkuste, besonders in den Umgebungen von Pa- lermo, glaubten wir nicht selten in den helleren Augen und lichtbrau- nen Haaren den germanischen Typus wieder zu erkennen. Und ebenso, ja noch viel deutlicher lassen sich diese Einflüsse, sowohl der griechi- sche, als der normannisch -deutsche und saracenische, in der Sprache nachweisen, in der viele bezeichnende Ausdrucke jenen drei Sprachen entnommen sind. Diese vielfältige Mischung macht den sicilianischen Dialect, der schon an und für sich in den gleichen Vocabeln durch Umlantung der Vocale und AbscMeifung der harten Gonsonanten sehr vom italienischen abweicht, schwer verstandlich, und der Forestiere kann sieh in der schönen, normalen Umgangssprache von Florenz und Rom frei bewegen, ja er kann sogar an die Barbarismen des Neapo- litanischen Dialeets gewöhnt sein, ohne doch von einer skihanischen Unterhaltung, besonders auf dem Lande, nur ein Wort zu verstehen.

Von Caltanisetta aus machten wir eine Bxcnrsion nach dem drei Standen entfernten Santa Gaterina, einem elenden, kleinen Gebirgs- stadtenen, welches, nur wenige Stunden östlich von Castro -Giovanni, dem berühmten, alten Enna, fast genau im Mittelpunkte SkilienB liegt. Diese ganze Gegend kann als schlagendes Beispiel für die traurigen Veränderungen gelten, durch welche die im Altertbam fruchtbarste Insel jetzt zu einer der ödesten geworden ist. Wir bestiegen von S. Ca-

448 £• Hack«i:

terina ans einen der Berggipfel, von wo wir eine weite, Aussiebt aber einen groben Theil der Insel genossen. Schwerlich 1 man sieh nach unseren Begriffen von deutscher Gebirgslandschaft eine Vorstellung von der Jtargwuste machen, in die wir hier versetzt waren« So weit das Auge reichte, nach allen Richtungen dasselbe Bfld, nichts als mannichfach sich kreuzende und reihenweise hinter einander auf- steigende vielgipflige Gebirgszuge, meist sehr langgesogene zum Theil schnurgrade Contouren, die allmählich auf der einen Seite ansteigen und auf der andern in ein bis zwei schwungvollen Berglinien abfallen. Nirgends, weder nah noch fern, unterbrach ein Baum, eine Wohnung, ein Dorf die trostlose Einförmigkeit und man konnte sich vorstellen, plötzlich in eine, eben erst aus einer gewaltsamen Erdrevolution neu hervorgegangene, animalischen und vegetabilischen Lebens noch ent- behrende Schöpfung versetzt zu sein. Ueber alles erhaben erschien uns hier sum erstenmal, weithin im Osten ausgestreckt, der riesige Btna, eine gewaltige flach kegelförmige blaue Masse, die not ihrem breiten Fufe ganze Reihen niederer Berge bedeckte und von deren Gipfel ein feiner zarter Dampfstreifen wie ein Schleier über die Insel weithin sog. Die allgemeine Farbe der Gebirge war ein lebhaftes Rothgelb, welches sich weiter hin zu einem zarten Purpur und in der duftigen Ferne zu einem schönen Vlolet abstufte. Im Vordergrunde war dieses nackte Kalkgestein, welches im Glänze der untergehende« Sonne eine flammende Feueriarbe annahm, durch zahlreiche kleine weilse Gypshügel unterbrochen, deren rundlich gewölbte Kuppen scharf und nackt daraus hervortraten« Die einzige Vegetation, welche zwi- schen dem kahlen Gestein sich entdecken liefs, bestand aufser wenigem verdorrten Gras aus den weÜsen und gelben Bk&then einiger blattlosen Amaryllideen und Liliaceen. Nirgends in der dörren Wösto eine Spur von Wasser! Und das war dieselbe Gegend, die nach Diodors Be- sehreibung der Paradiesgarten von Sieilien war, wo die Hunde ober dem Dufte der zahllosen öppigen Krauter die Spur des Wildes ver- loren, und wo zahlreiche Quellen die blumigen Gefilde stets frisch er- hielten!

. Diese traurige Umgestaltung ist zwar das Resultat verschiedener, zusammenwirkender Ursachen, doch vor allem auf Sehuld der ruck- euhtstoeen Ausrottung der Walder zu schreiben. Sieilien ist jetzt so weit abgeholzt und entblöfet, dafe eigentlich nur noch ein einziger gröberer Forst existirt, der Bosoo di caronia, der sieh im Nordosten vom Fufc des Etna gegen die Nordköste hinzieht Die früher dkbt bewaldeten Montagne Madonie sind jetzt fast baumleer und nur hier und da existiren noch kleine, kaum nennenswerthe Gehölze. Dadurch ist es gekommen, dais Holz jetzt ein kostbarer Handelsartikel ist Als

Reiseskiuen nu Sicilien. 449

Brennmaterial benutzen die Sicilianer importirte Steinkohlen und Holz- kohlen aas dem Kirchenstaat, die ärmeren Leute das dornige Gestrüpp und Halbgesträuch der Ericen, Genisten und Cytisus- Arten, die sie von den entwaldeten Bergen zusammenholen. Fast aller Holzbedarf wird ans Nord -Amerika entnommen. Die zahlreichen nordamerikanischen Schiffe , die jeden Winter Tausende von Apfelsinenkisten aus Messina holen, bringen dafür in Bretter geschnittenes Holz herüber. Dafs der Preis aller Holzarbeiten in Folge dessen sehr hoch ist, versteht sich von selbst Wie schädlich jene rücksichtlose Ausrottung der Walder wirkt und wie die früher fruchtbarsten Landstriche dadurch plötzlich in eine todte Wüste verwandelt werden, ist durch die traurigen Bei- spiele von Klein -Asien, Griechenland, Spanien bekannt genug. Mit den B&umen verschwinden dje auf ihnen wohnenden Moose, welche durch ihre hygroskopischen Eigenschaften bekanntlich in der Oekono- mie der Natur von unschätzbarem Werthe sind. Mehr noch als von dem regenreicheren Norden, gilt dies von dem sonnigen Süden, wo die Moose allein im Stande sind, die mit den heftigen Platzregen herab- gestürzten Wassermassen in den zarten Behältern ihres zierlichen Blatt- zellennetzes zurückzuhalten, dafs sie nicht ungenutzt in den Spal- ten nnd Rinnen des trocknen Erdreichs abströmen, sondern aufbewahrt und allmaJich in ökonomischer Sparsamkeit an die Bäume, die sie er- nähren, und die Quellen, durch die sie die Felder speisen sollen, ver- theilt werden. So unscheinbar diese Wasserregulatoren sind, von so unberechenbarer Wichtigkeit sind sie für den ganzen Culturzustand der Gegend und von ihrer Existenz hängt geradezu die des letzteren ab. Die traurige Wahrheit dieser Erfahrung hat sich an Siciliens vordem blühenden Gefilden wieder in schlagender Weise bestätigt. Schritt für Schritt verödeten die Landschaften, deren ernährende Flüsse in Folge der Walderausrottung versiegten. Das Wasser stürzt mit den reichen Winterregen jetzt noch ebenso wie ehedem vom sicilischen Himmel herab; aber es wird nicht mehr durch die Moose zurückgehalten, und nicht mehr beschatten und erhalten die Bäume die Quellen der Ge- birge,

Nirgends fallen diese traurigen Folgen der Wälderausrottung schlagender in die Augen, als bei den sogenannten „Fiumaren", wel- che den steilen Küstenabfall des sicilischen Hochlandes in grofser An- zahl durchsetzen. Finmare bedeutet eigentlich „ausgetretener Flufs* ; hier indefe bezeichnet man damit allgemein die charakteristischen, kie- sigen Flufsbetten, welche den grofsten Theil des Jahres über trocken liegen, im Winter und Frühjahr aber nach den heftigen Regengüssen, die im Gebirge fallen, und während der Schneeschmelze, sich plötzlich mit Wasser füllen. Das ganze langgestreckte Küstengebirge, welches

Z«itiebr. f. allg. Brdk. N«ti« Folgt. Bd. VIII. 29

450 E. Häckel:

sich vom Etna längs des Oststrandes bis zum Vorgebirge Pelorum an der Nordostecke hinzieht, ist an seinem sehr steilen östlichen Abfalle von einer grofsen Anzahl solcher enger, rinnenformiger Querthäler ge- furcht, und diese erweitern sich, in den flachen nnd schmalen Küsten- saum vortretend, plötzlich zu einer breiten und flachen Rinne, welche in ihrem kurzen Laufe bis zum Meere an Breite noch zunimmt. Der kleine dünne Wasserfaden, welcher auch in der grofeten dieser Fiu- maren während der trockenen Jahreszeit nur mühsam in vielfach ge- schlängelten Windungen sich seinen Weg durch das lockere Kiesgeröll zum Meere sucht, läfst nicht ahnen, welche ungeheuren Wassermassen nach einem heftigen Regengusse, wie er häufig mit tropischer Rapi- dität und Intensität in das Gebirge niederstürzt, plötzlich das leere Bett erfüllen, Felsen und Erdstucke mit sich fortreifsend und Verderben und Verwüstung in das gartengleiche Küstengelände bringend.

Durch den steilen Abfall des obersten Gebirges erhalten die in das enge Bett eingezwängten Sturzbäche eine aufserordentliche Gewalt und schonen bei ihrer gewaltsamen Befreiung Nichts, was sich ihrem wä- thenden Laufe entgegen stellt. Was für Kiesmassen jedesmal durch diese periodischen Sturzbäche aus den oberen Theilen des Gebirge« losgerissen und in die unteren herabgeschwemmt werden, beweist schla- gend das Beispiel der wenig bekannten, aber sehr merkwürdigen Ab- badiazza bei Messina. Es ist dies die wohlerhaltene Ruine einer alten normannischen Kirche, auch S. Maria della Scala genannt, welche kaum 2 Stunden von der Stadt entfernt mitten in einer Fiumare unmittel- bar am Fufse des Autennamare-Gebirges liegt. Brombeeren and Epbeu, Waldrebe und Geisblatt ranken üppig durch die Fensterbogen hinein und zieren die schone saracenisch - normannische Architektur mit einem Kranze des frischesten Grüns. Aber die alten Treppen und Thfir- schwellen sind unter dem versandeten Boden begraben, und im Innern. wie rings im Umfange sind die herabgeschwemmten Kiesmassen bis zu solcher Höhe aufgethürmt, dafs man, durch das Bogenfenster des Westendes von hinten' eintretend, au niveau mit den Kapitalen der Säulen steht. Diese Kirche ist frühestens im eilften Jahrhundert er- baut, und wenn so in dem verhältnifsmäfeig kurzen Zeitraum von 80(1 Jahren solche Geröllmassen herabgeschwemmt werden konnten, so kann man ermessen, weloh außerordentliche Mengen Felsgerölls in allen diesen Fiumaren zusammen in immer zunehmender Progression herab- gespült, und welche Strecken fruchtbarsten Gartenlandes dadurch zer- stört und in nacktes Wüstenland verwandelt werden. Die Zahl dieser Fiu- maren ist zwischen Catania und Messina so beträchtlich, data man fast alle paar Tausend Schritte eine passirt; der Schaden, den dK Fiumaren anrichten , beschränkt sich nicht auf den Verlast des frucfct-

Reißeskizzen aas Sicilien. 451

baren Landes, welches der Wildbach beim heftigen Herabströmen mit fortreitet, und dadurch sein unfruchtbares, todtes Bett immer mehr* er- weitert. Auch zn kleinen Ueberschwemmungen giebt er häufig Anlafe, verwüstet die mühvoll angelegten Gärten und l&Tst Steingeröll und Felstrummer in denselben zurück. Und mit wie wenig Mitteln liefsen sich diese verderblichen Wirkungen in segensreiche verkehren. Durch die Anlage einfacher Mauern, Wehren und Schleusen liebe sich der wilde Strom dämmen, seine Gewalt vernichten und zugleich das kost- bare Wasser sparen, das, ökonomisch vertheilt, den Ertrag des frucht- baren Landes noch um Vieles steigern könnte, während es so ungenutzt in das Meer stürzt und die durchströmten Berge und Felder ebenso trocken und öde zurückläfst als vorher. Dies Verhältnis ist so ein- leuchtend und das Bedürfnifs so nahe liegend, dafs die Frage schon vielfaltig in Anregung gebracht ist. Allein dem einzelnen Bauer fehlen die Mittel zu derartigen Bauten, und dem Leidensgenossen zur Abwehr gegen das gemeinsame Uebel die Hand zu reichen, kann er sich nur schwer entschliefsen. Auch pflegt sich die allgemeine Indolenz des Italieners in solchen Fällen stets mit dem unschätzbaren Worte Pa%ienza\ zu trösten.

Von Santa Caterina nach Caltanisetta zurückgekehrt, beschlossen wir, unsern Weg nach Syracus durch die Mitte des südöstlichen Zip- fels der Insel zu nehmen. Wir mietheten also einen Führer und zwei Maolthiere, welche uns zunächst in fast ununterbrochenem, vierzehnstün- digem Marsche nach Caltagirone brachten. Die Sicilianer reisen im Sommer durch das Innere nur des Nachts, um nicht der unerträgli- chen Hitze der Mittagssonne ausgesetzt zu sein, gegen die man ver- geblich nach schützendem Schatten sucht. So brachen auch wir denn am 1 . October um Mitternacht von Caltanisetta auf. In der Nacht be- gegneten wir mehreren Reitern, die alle lautlos an uns vorüberzogen und unser: felicissima nottel nicht erwiederten. Am Tage dagegen war die Strafee völlig leer und wir begegneten keiner einzigen Seele. Mit Ausnahme des letzten, durch indische Feigencultur und Agavehn- gel ausgezeichneten Stückes vor Caltagirone , das wir um 2 Uhr Mit- tags erreichten, bot die ganze durchschnittene Strecke nichts Besonde- res, ein einförmig welliges Hügelland, mit bald tieferen, bald flacheren, aber nirgends schroffen und wilden Thälern, fast überall mit Stoppel- feldern bedeckt, ohne irgend welche Abwechselung und ohne Baum- wuchs. Was uns bei diesem fieifsigen Ackerbau sehr auffiel, war der völ- lige Mangel aller Dörfer. Während des ganzen vierzehstündigen Rittes kamen wir nur durch eine einzige Ortschaft, und diese kurz vor Cal- tagirone. Auch einzelne Bauernhütten waren nirgends zu erblicken. In dieser Eigentümlichkeit bleiben sich aber alle Gegenden im Innern

29#

452 E- Häckel:

Siciliens, seien sie wüste Berge oder fleifsig bebaute Hügel, völlig gleich. Eigentliche Dörfer in unserem Sinne existiren fast nirgends. Die ganze, Ackerbau und Viehzucht treibende Bevölkerung ist in ideine Städte zusammengedrängt, und diese liegen stets auf den Gipfeln der Berge. Als Grund dafür wurde mir theils die ungesunde Luft der Th&ler, in denen böse Fieber herrschen sollen, angegeben, theils be- hauptete man (und dies scheint mir wahrscheinlicher) diese Gewohn- heit habe sich noch aus der Zeit des Mittelalters her erhalten, wo die Binwohner in beständiger Furcht vor räuberischen Einfallen der Sa- racenen Schutz im Zusammenwohnen in befestigten, hochgelegenen Plätzen suchten. Während der kurzen Zeit, wo die Bauern den Acker bestellen, gehen sie, nothdürfög verproviantirt , am Montag auf ihre meilenweit entlegenen Aecker, arbeiten dort 5 Tage und kehren am Sonnabend in die Stadt zurück. Trotzdem die Städte aber frei auf Bergspitzen liegen, sind sie doch meist so isolirt oder durch vorliegende Kuppen verdeckt, dafe man viele Meilen durchreiten kann, ohne eine einzige anzutreffen.

In Caltagirone trafen wir wieder auf eine so eigentümliche Er- scheinung, dafs es wohl der Mühe verlohnt, -einen Blick darauf zu wer- fen. Es ist die bedeutendste Stadt des Innern, mit 28,000 Einwoh- nern, liegt aber so völlig von allem Verkehr isolirt und abgeschnitten, dafs es durch keine einzige gute Fahrstrafse mit einem Küstenort ver- bunden ist. Zwar gehen von den Thoren der Stadt einige gute Chaus- seen aus. Diese verlieren sich aber, wie bei vielen andern sicilischen Städten , bald in rauhe steinige Saumpfade, die nur für Maulthiere zu- gänglich sind. Wie selten hier der Zufall einen Fremden herfuhren mag, ergiebt sich aus der merkwürdigen Neugierde, mit der wir über- all verfolgt wurden, und die bei weitem alles vorher dagewesene über- traf. Schon bei unserem Einzüge versammelte sich ein dichter Schwärm von Gaffern und in den beiden Tagen unsere Aufenthalts waren wir. wo wir auch gehen und stehen mochten, überall von einem zahlrei- chem Gefolge Neugieriger umgeben, die uns zwar höchst zudring- lich, aber zugleich treuherzig und oft sehr komisch naiv über alles Mögliche und Nichtmögliche ausfragten. Aus den Prussiani, als welche uns der Pafs documentirte , wurden Pertiani oder Russiani gemacht, und diese, auf gleichlautenden Klang basirte Verwechslung kehrte in verschiedenen Orten in derselben Weise und so oft wieder, dafe ich die häufig ausgesprochene Behauptung: Prussia und Russia ist einerlei, und dies Land ist nichts weiter als eine Provinz von Persia, für ein stereotypes Dogma in der politischen Geographie der Sicilianer halten mufe. Mit Ausnahme ihrer zudringlichen Neugier machten die Galtagironesen übrigens durch ihr Wohlwollen und ihre zuvorkommende

ReiseskUzen ans Sicilien. 453

Freundlichkeit einen guten Eindruck, and wir fanden sie, wie alle Si- diianer in den abgelegenen Orten, in den meisten Beziehungen besser und kernhafter, als die Bewohner von Unter- und Mittel -Italien. Cal- tagirone* ist auch durch einen specifischen Erwerbszweig ausgezeich- net, nämlich die Fabrication von Terracotten, die ganz nach den an- tiken Mustern der in Pompeji so massenhaft gefundenen, gebrannten Thonfiguren geformt erscheinen, und auch nach eben solcher Methode mittelst hölzerner Messer modellirt werden. Diese Figuren bilden in ganz Italien einen sehr beliebten Handelsartikel und werden hauptsach- lich hier und in Catania gefertigt.

Von Galtagirone ritten wir in 16 Stunden nach Palazzuolo, um von dort nach Syracus zu gehen. Diese Strecke fahrte uns durch ei- nen der raubesten Theile der Insel, über das hohe Joch des Monte Lauro, der uns durch einen fast subalpinen Character überraschte. Die vorwiegende Bodenart bildet der gelbe Kalkstein von Syracus. Da- zwischen sind aber grofee Strecken, besonders von Vizzini bis Buchen und von dort bis Buscemi, von Basalt und Basalttuff eingenommen. Auf letzterem entwickelt sich, von frischen kleinen Bergbachen ernährt, eine kräftige Gebirgs-Flora, und Manches erinnerte uns lebhaft an einige Orte in den bairischen Voralpen. Besonders schön liegt Vizzini, auf hohem steilen Fels über einer finsteren tiefen Schlucht, die von einem wilden Bergbach bewässert wird. Ringsum steigen steile Berge auf, die bis zu den Kuppen dicht mit indianischen Feigen bedeckt sind. Auch hier mufs allenthalben früher eine weit blühendere Cultur ge- herrscht und eine zahlreiche, thätige Bevölkerung gewohnt haben. Von Palazzuolo, wo bedeutende griechische und römische Alterthümer in grofser Menge gefunden sind, ist dies bekannt. Aber auch auf dem ganzen einsamen Wege von Vizzini nach Palazzuolo, wo wir meilenweit kein Dorf erblickten, stiefsen wir an mehreren Orten auf von Epheu überwucherte Ruinen mittelalterlicher Gebäude, zum Theil, wie es schien, selbst Spuren stattlicher Paläste. Auf weiten Strecken hin führten durch das öde, rauhe, entvölkerte Gebirge breite Wege, die früher sorg- faltig gepflastert gewesen waren. Jetzt waren sie gänzlich demolirt und die meist herausgerissenen Quadern dienten nur dazu, den Weg möglichst ungangbar zu machen. Palazzuolo selbst ist ein sehr elendes Nest, und hier sowohl, wie in Syracus, welches wir am andern Tage erreichten, fanden wir neue Gelegenheit, uns aus den grofsartigen Bau- denkmälern früherer Jahrhunderte ein Bild von dem glänzenden Zu- stande zu machen, auf den griechische und römische Bildung einst die Insel erhoben hatten und an dessen Stelle in der tief gesunkenen Ge- genwart allenthalben nur Verfall, Verödung und Zerstörung sicht- bar ist.

454 E Hickel:

Den Beschlufs anderer Reise durch das Innere Sicüiens machte die -Besteigung des Etna, welche wir von Catania ans am 11. October unternahmen. Catania steht, wie Palermo und Messina, durch seinen ganzen Habitus außerhalb der einförmigen, öden Reihe der übrigen siciliscben Städte; aber während es jenen beiden Hauptstädten an Um- fang und Bedeutung nachsteht, übertrifft es sie bei weitem durch das freundliche und reinliche Aussehen seiner breiten Strafsen, die mit Rei- hen stattlicher, schmucker Häuser gesäumt sind. Und ebenso scheint auch die Umgebung von Catania der der beiden andern Städte an glän- zender Bluthenfulle und üppiger Fruchtbarkeit den Rang streitig zu machen. Die Stadt selbst steht, mit ihrer nächsten Umgebung, auf den Lavaströmen, die vom Etna herabgeflossen, beim Eintritt in das Meer erstarrt sind. Der Humus, der sich auf den obersten Schichten der alten verwitterten Lavadecke des Aetnafufses bildet, scheint an Productivität sowohl die tertiäre Muschelbreccie von Palermo and Gir- genti, als den Oneiss- und Glimmerschiefer von Messina zu übertreffen. Es ist, als ob der kohlschwarze Lavaboden mit verdoppelter Kraft alle Sonnenstrahlen aufsaugte und in sich concentrirte, um daraus die wun- derbare Würze und das süfse Feuer zu schaffen, dem der berühmte Etna -Wein im Benedictiner-Convent zu Catania seinen bewährten Ruf verdankt. Selbst noch in Nicolosi, das doch schon über 2000 Fufe hoch am Südabhang des Etna liegt, gedeiht der Wein so ausgezeich- net, dafs ich aus dem dortigen Garten des Don Giuseppe Gemmellaro eine Traube in Weingeist mitgebracht habe, deren Beeren unseren ge- wöhnlichen blauen Pflaumen an Gröfse gleich kommen.

Die Weingärten prangen hier überall am Fufse des Etna in einer Ueppigkeit, die selbst nach allem Vorhergesehenen uns immer noch überraschte. Gar prächtig heben sich die frischgrünen grofsen Blatt- lappen auf der dunkeln, von keinem Moose bedeckten Folie des kohl- schwarzen Lavabodens ab, und überall sind die anderen köstlichen Fruchtbäume des Südens, Granate und Feige, Johannisbrot und Man- delbaum, Orange und Olive, in so malerischer Unordnung zwischen den Weiii8töcken zerstreut, dafe man nicht müde wird, in diesem Pa- radiesgarten zu lustwandeln. Was uns jedoch am meisten in Erstau- nen versetzte, waren die herrlichen Gruppen von Paradiesfeigen oder Bananen (Mu$a), welche am südlichen und östlichen Fufse des Etna. besonders zwischen Catania und Giarra einzelne in den Vignen zer- streute Bauernhütten umgeben. Mit dem breiten Schirm ihrer zartge- webten, seidenglänzenden, bis 5 Fufs langen Blatter, die fiederig bis zur Mittelrippe vom Windeshauch zerschlissen sind, bilden sie das ange- nehmste Schattendach, und aus der Mitte des kurzen saftreichen Sten- gels ragt der Blüthenschaft hervor, dessen zart rosig und violett ge-

Reiseßkizaen aus Sicilicn. 455

färbte Blüthen mit den dunkelgelben Staubkolben zu dem ewig frischen Grün der Blätter den angenehmsten Contrast bilden. Allerdings bringt die Banane hier keine Frucht zur Reife. Aber es ist schon überra- schend genug, dieses Tropengewächs, welches nächst der Palme viel- leicht die edelste Gestalt des Pflanzenreichs ist und welches dem Tro- penbewohner die Stelle des Getreides ersetzt, hier in einer Frische und Fülle im Freien gedeihen zu sehen, die nicht ahnen läfst, dafs ihr eigentliches Vaterland erst 15 Breitengrade südlicher beginnt.

In der Gesellschaft der Banane ist auch die Dattelpalme (Phoe- nix dactylifera) hier besonders zahlreich ausgestreut und besonders schon entwickelt. Längs der ganzen Küste am Ostfufse des Etna zwi- schen Catania und Messina, einem der reizendsten Küstenstriche des Mittelmeeres, wird die Aufmerksamkeit des Reisenden durch immer neue schöne Gruppen dieses edelsten Baumes gefesselt. Die schönsten Exemplare sahen wir in Taormina, wo die Ruinen der meisten alten Sarazenen -Paläste von ein paar schuppig getäfelten Palmenstämmen überragt werden, mit deren zartgefiederter, kühngeschwungener Blätter- krone der Sirocco sein wildes Spiel treibt. Aber auch in Catania selbst sahen wir ausgezeichnet malerische Stämme, und als wir die beiden langen PrachtstraDsen durchwanderten, welche, ebenso wie der Cassaro und die Macquedastrafse in Palermo, die Stadt im Kreuz durchschnei- den, erstaunten wir über die Mannichfaltigkeit der reizenden Bilder, welche der Durchblick durch die säulengetragen Hallen der offenen Höfe in die Gärten bietet, und welche fast immer durch zwei Palmen ihren Abschluß erhalten. Dieselbe außerordentliche Ueppigkeit der südlichen Vegetation steigt noch einige tausend Fufs am Etna empor, und immer aufs Neue wird man durch weitere glänzende Beispiele der- selben überrascht. So begegnet man gleich oberhalb Catania den ma- lerischen Resten einer altrömischen Wasserleitung, welche in einem undurchdringlichen Mantel der üppigsten Schling- und Rankengewächse, Epheu und Gundelrebe, Brombeer und Capernstrauch, formlich versteckt sind. Weiterhin kommt man durch mehrere Dörfer, Gravina, Masco- lucia und Massannunziata, welche von einem dichten Kranze grüner frachtschwerer Obstgärten völlig eingeschlossen sind. Auch die vielen Kornfelder und Cactuspflanzungen dazwischen , welche die Strafoe bei- derseits ununterbrochen säumen, zeichnen sich ebenso vortheilhaft aus, und kaum haben wir die Agave, welche die einzelnen Grundstücke in Heckenform abgrenzt, wieder zu solchem Umfang heranwachsen sehen.

Aber, wie so oft in Sicilien, stehen auch hier die schroffsten Ge- gensätze unmittelbar neben einander, und nachdemtwir über 3 Stunden in diesem reizendenGartengelände allmählich bergan gestiegen waren, traten wir plötzlich aus dem grünen, duft- und blüthenreichen Dickicht

456 &• Häckel:

auf eine weite, nur wenig ansteigende, offene FlÄche hinaus, die uns durch ein vollkommen entgegengesetztes Bild überraschte. Da lag auf einmal in seiner ganzen, ungeheuren Breite der. riesige Vulcan vor uns ausgestreckt, welcher bisher hinter niedrigen Vorbergen sich versteckt hatte, rings umlagert von einer ganzen Schaar von Söhnen und En- keln, welche nackt und öde aus dem todten Boden emporstarren- An Vierzig beträgt die Zahl der gröfseren Krater und Doppelkegel, wel- che den vielen im Laufe der Zeit erfolgten Eruptionen ihren Ursprung verdanken, und zahllos ist die Menge der kleinen Au9wurfshugel, wel- che allenthalben dazwischen zerstreut sind. Erst hier verschafft man sich eine Idee von der ungeheuren Masse dieses GebirgBhaufens, gegen den der Vesuv als einzelner Vulcan verschwindend zurücktritt. Seh« sam fremdartig erscheint dem ungewohnten Auge die gleichmafsige, vollkommen reguläre und geometrisch scharf zugeschnittene Kegelform aller dieser Krater, seltsamer noch ihre Farbe, welche nur zum Tbeil in das allgemeine Trauerkleid der kohlschwarzen Lava pafst, zum Tbcil aber durch eingestreute lebhaft braune, rothe, gelbe und weifte Tinten in grellem Contrast zum ersteren steht. Der stattlichste von allen er- hob sich zu unserer Linken, der prächtig dunkelrothe Krater der Monti rossi, welcher der Eruption von 1669 seine Entstehung verdankt und dessen Zwillingsspitzen mit einem lockern, rothen Sande bedeckt sind, in welchem man Tausende der schönsten Pyroxen-Krystalle findet Ad den östlichen Fufs der Monte rossi lehnt sich das freundliche Nico- losi an, das höchste Dorf auf dem Etna. Mit Ausnahme der weni- gen Pinien, Cypressen, Lorbeeren, sowie einiger Obstbäume in seiner nächsten Umgebung, findet man in der ganzen weiten vulcaniscben Oebirgswüste nur hier und da einen kleinen grünen Punkt Meist ist der Boden völlig nackt und nur zum kleineren Theil mit etwas Wein und Korn bebaut.

Nur eine sonderbare Vegetationsform verdient hier besondere Er- wähnung. In einiger Entfernung erblickten wir zwischen den einzel- nen, durch Lavamauern quadratförmig abgetheilten Grundstucken, nie- drige seltsame Bäume in dichten Gruppen und Reihen, welche wir mit nichts Anderem, als den traurigen blattlosen Grasbäumen, den schat- tenlosen Casnarinen und Eucalypten Neuhollands vergleichen zu können glaubten. Ein schlanker, etwa 20 Fufs hoher Stamm mit graugelber, glat- ter Rinde, bis | Fufs dick, löst sich plötzlich in einen struppigen Kopf von dünnen graugrünen Aesten auf, welche nur sehr spärlich mit klei- nen linealen Blättern bedeckt sind und weit nach allen Seiten hin spar- rig abstehen. Weiterhin fanden wir noch einige Exemplare, welche an den En^en der ruthenförmigen Aeste schöne gelbe Blfithentrauben tra- gen, und nun überzeugten wir uns zu unserer groben Verwunderung,

Reiaeskiuen ans ßicilien. 457

daß wir es mit Nichts weiter, als einem colossal entwickelten Ginster* gtraucb, der Genista Etnensis DG. zn thun hatten, welcher von den Etnabewohnern auch richtig „Ginestra* genannt, und, wie unser klei- ner Haideginster, zur Besenfabricaiion verwendet wird.

Es war Mittag, ab wir in Nicolosi anlangten, und da die dichten Wolkenhaufen, welche am Morgen das Etnahaupt verhüllt und uns Be- sorgnis eingeflöfst hatten, jetzt sich zum gröfsten Theil zerstreut hat- ten, beschlossen wir, noch heute die Besteigung des Gipfels auszufuh- ren. Ehe jedoch Fuhrer und Maulthiere bereit waren und wir unsern ans Catania mitgebrachten Proviant gehörig vervollständigt hatten, ver- gingen noch mehrere Stunden und diese verbrachten wir in lehrreichem Gespräch bei dem Doctor Giuseppe Gemmellaro, dem Arzte der Ort* schaft, welcher bei allen Etnareisenden durch die freundliche Unter- stützung, die er ihnen mit Rath und That gewährt, im besten Andenken steht Dieser sogenannte „Wächter des Etna" ist der jüngere Bruder des jetzt verstorbenen Don Mario Gemmellaro, welcher sich um die Kenntniis und Erforschung des Vulcans vielfache Verdienste erworben und seine Erfahrungen in einem trefflichen Buche „Gttida alf Etna* niedergelegt hat. Beide Brüder haben die Mineralien des Berges sehr vollständig gesammelt, und einen kleinen Theil dieser wichtigen und interessanten Sammlung konnten wir dort in Gemmellaro's Hause se- hen. Er hat auch eine Sammlung aller auf den Vulcan bezüglichen Schriften angelegt, unter denen vor allen das ausgezeichnete Pracht- werk unseres berühmten Landsmannes glänzt, des Göttinger Professors Sartorius von Waltershausen. Nicht weniger als 5 Jahre brachte die- ser treffliche Geologe auf dem Etna zu (davon allein 2 Monate in der Casa Inglese) um seine prächtigen Karten und Zeichnungen zu ent- werfen.

Endlich um 4 Uhr Nachmittags ritt unser Führer Antonio mit den marschfertigen Maulthieren vor, und nachdem wir den Proviant und das Gepäck, sowie etwas Oel, Kohlen und Wasser auf die drei Thiere vertheilt und uns durch einen letzten Schluck edelsten Feuerweins ge- stärkt, ritten wir voll Hoffnung und froher Erwartung dem Ziele un- serer lang gehegten Wünsche entgegen. Nicolosi liegt bereits 2100 Fofs hoch, also an der oberen Grenze der reg tone piemontese oder coltkata, der untersten der drei Zonen, in welche von Alters her sehr natorgemäfs der Mantel des Etna eingetheilt wird. Noch über 1 Stunde ritten wir in diesem untersten, bebauten Gürtel fort, da die flachhüge- lige Ebene, in welcher Nicolosi liegt, kaum merkbar gegen den Kegel ansteigt. Erst wo diese allmähliche Erhebung plötzlich in eine ziem- lich steile Steigung übergeht, beginnt scharf abgeschnitten die zweite oder mittlere Vegetationszone, die regione bot cos a oder nemorosa,

458 E- Häckel:

welche von 2000 bis 6000 Fufs reicht. Dieselbe besteht einzig und allein ans bald dichterem, bald dünnerem Laubwald, nur hier and da mit ein wenig Nadelholz gemischt, welcher sich nach Norden und Nordwesten in die Ebene hinabzieht und hier in den Bosco di caronia fortsetzt, den einzigen größeren Forst, den die Insel jetzt noch besizt. Dichtes Unterholz haben wir nirgends in diesem Walde bemerkt, und der Boden besteht theils aus demselben nackten, schwarzen, lockern Lavasande, der auch in den beiden andern Regionen vorherrscht, theils ist er dicht mit hohen Büschen unseres Adler-Farrnkrautes (JPteris oq*i- lina) bedeckt. Dieser breite Waldgürtel zerfällt wieder in zwei Unter- abtheilnngen: die untere Waldzone, von 2000 bis 3500 Fuis, besteht vorwiegend aus Eichen und Kastanien, die obere, von 3500 bis 6000 Fufs, aus Buchen und Birken. Dazwischen finden sich auch einzelne verkümmerte Kiefern. Der am massenhaftesten vorhandene Baum ist die Eiche, und zwar sind es ausschliefslich Arten von sommergrünen Eichen, welche den Waldgürtel bilden. Die in der regione pirwumiese stark vertretenen immergrünen Eichen reichen nur ausnahmsweise in den letzteren hinein. In der oberen Waldregion ist unsere Roth- buche (Fagus sifoativa) am stärksten vertreten, und die Birke, (sowohl unsere gewöhnliche ßetula alba, als eine dem Etna eigenthümliche Art B. Etnensis) sind weniger zahlreich eingestreut. An der obersten Hö- hengrenze gehen diese Bäume in ihre alpinen Zwergformen über und werden zu niedrigen, knorrigen, kriechenden Sträuchern. Besonders lafst sich an der Buche sehr hübsch die allmähliche Verkümmerung der Blattorgane zu Gunsten des starker entwickelten Stammes verfolgen. In den obersten Regionen wird diese, stufenweis mit dem Ansteigen in die Höhe zunehmende centripetale Entwickelung so auffallend, daft die Buche ihren specifischen Character dabei ganz einbüfst. Fast py- ramidenförmig erhebt sich auf einer breiten Unterlage von starken, knorrigen, weit zwischen den Lavablöcken verzweigten Wurzeln, die nur mit Mühe in dem lockern vulcanischem Geröll sich festhalten kön- nen, ein dicker und kurzer, knotiger und untersetzter Stamm, welcher sich nach oben rasch verjüngt und es eigentlich nicht zur Bildung einer Krone mehr bringt. Denn die von der knorrigen Achse rings abgehenden starken und kurzen Aeste schmiegen sich, ohne sich auszubreiten, eng an letzteren an und verrathen durch ihr dürftiges Blätterkleid hinreichend die Unbilden des rauhen Klimas, mit dem sie hier den gröfsten Theil des Jahres zu kämpfen haben. Mühsam win- det sich in zahlreichen Schlangenwindungen der schmale , jähe Saum- pfad zwischen dem vorstehenden Geäst dieser Stämme und Wurzeln hindurch, oft hohlwegartig vertieft und eingeklemmt. Die Steigung wird gleich beim Beginn der Waldzone sehr bedeutend und das un-

Refeeskizzen ans Sicüien. 459

unterbrochenen Hinanklimmen auf diesem steilen, vielverschlungenen Pfade fallt um so beschwerlicher, als der lockere, stark mit feiner vulkanischer Asche gemengte Sand dem klimmenden Fufse nirgends einen festen Stutzpunkt bietet und ihn oft trügerisch weiter zurückglei- ten läfst, als der Schritt vorher ihn hinauf gefordert hatte. Doch wurde uns wenigstens das Auffinden des Weges sehr ^erleichtert durch das helle Licht des Vollmondes, welcher kurz nach Sonnenuntergang, eben bevor wir den Baumgürtel erreichten, als dunkel blutrothe Scheibe zwischen den zerrissenen Schichtwolken im Osten emporgestiegen war, und nun, je hoher er stieg, desto voller und klarer vom schwarzblauen Himmelsgewölbe herabstrahlte und das dünne Blätterdach des Waldes leuchtend durchbrach. Die Begleitung des Vollmondes ist für die Etna- Reisenden ein unschätzbarer Vortheil, besonders in den acht Wintermo- naten, vom November bis Juni, wo man, da die Schutzhäuser ver- schneit sind, weder in der Casa deüa neee, noch in der Casa Ingiese übernachten kann. Man ist dann gezwungen, um bei Tagesanbruch auf dem Gipfel zu sein, ohne Unterbrechung von Nicolosi an in der Nacht in einem Zuge 8 Stunden bergauf zu reiten, oder vielmehr, da der Schnee im Winter tief bis in die Baumregion hinabreicht und die Maulthiere nicht darin fortkommen, zu Fufs zu steigen. Wenn dann nicht zufallig das volle Mondlicht den Weg zeigt, ist man ge- zwungen, besondere Führer mit Fackeln oder Laternen zu nehmen, bei deren unsicherem Lichte jedoch der schwierige Pfad doppelte Mühe veranlafst. Es mochte etwa 6 Uhr sein , als wir die höchste mensch- liche Wohnung auf dem Etna, die Casa del bosco Rinazzi in 3100 Fufe Höhe passirten, und um 9 Uhr hatten wir die obere Grenze der Re- gione nemorosa erreicht, wo wir uns am Fufse der letzten Bäume, mit deren bizarren Stämmen der Vollmond sein phantastisches Schatten- spiel trieb, lagerten, und uns und die drei Saumthiere durch einen Abendimbife zur weitern Bergfahrt stärkten, deren Beschwerden von hier an erst fühlbarer wurden. Für die bedauernswerthen Maulthiere war dies für heute und morgen der letzte Bissen, da sie von hier an wäh- rend des ganzen weitern Rittes, bis Nicolosi herab, weder einen Trop- fen Wasser, noch einen Gran Korn erhielten, und der hartherzige La- vaboden ihnen nicht einmal eine Distel zur Stillung des Hungers her- vorwachsen liefs. Und dabei sollten uns die armen Thiere noch über 3000 Fufs den allermühsamsten Lavapfad hinaufschleppen!

Wir betraten nun den dritten und höchsten Gürtel des Etna, die nackte oder Schnee-Zone (reg tone scoperta oder nevosa), welche die ganze obere Hälfte des Berges, von 6000 bis über 10,000 Fufs, einnimmt. Es ist das ödeste, wildeste, todteste Gebirge, das man sich -vorstellen kann. Von Baumwuchs, geschweige denn von menschlicher

460 E. Häckel:

Cultur ist keine Spur mehr sichtbar und alles thieriscbe Leben ist völ- lig verschwunden. Kein Zirpen einer Grille, kein Rascheln einer flie- henden Eidechse, kein Schrei eines Raubvogels, welche sonst auch die ödesten nnd vegetationslosesten sicilischen Landschaften beleben, unter- bricht hier die lautlose Grabesstille der erstarrten und erstorbenen Natur. Nackt und schwarz starren überall die zackigen, wild durcheinander geworfenen Lavablöcke aus dem todten Boden empor, theilweis oder ganz verhüllt durch dünnere oder dickere Schichten trockener, feiner vulcanischer Asche, welche auch alle Zwischenräume ausfallt und wie der bewegliche Flugsand bei jedem Wehen des Windes täglich Ort und Lagerung wechselt. Keine zusammenhängende Rasendecke vermag sich auf diesem beweglichen Boden zu bilden und ihm dauernd Leben zu verleihen; denn nirgends rieselt eine Quelle oder ein Bach, der al- lein in dieser Lavawüste grünende Oasen hervorzurufen im Stande wäre. Und wenn auch einmal hie und da eine kleine grüne Insel sich bildete, so würde schon die nächste Eruption, bei der sich wieder die ganze Oberfläche erneuert, sie unter der unfruchtbaren, todten Asche begraben. Diesen beiden Momenten, der steten Umgestaltung der Bo- denoberfläche und dem Mangel der bewässernden Quellen, ist es zuzu- schreiben, dafs sich auf diesen weit ausgedehnten Hochgebirgsflächen keine Alpen Vegetation zeigt, deren Entwickelung sonst das alpine Klima hinreichend begünstigen würde. So fehlt den Pflanzen, die in dieser obersten, während des größten Theile des Jahres von Schnee bedeckten Etnazone leben, der alpine Character ganz, und die äufserst dürftige Vegetation, weiche in den Spalten und Klüften dieses todten Gebirges, in der lockeren Asche und zwischen den harten Lavablöcken ihr kümmerliches Dasein fristet, trägt einen so eigentümlichen Habi- tus, dafs es der Mühe verlohnt, noch einen flüchtigen Blick darauf zn werfen. In dieser ganzen 4000 Fufs breiten Schneezone des Etna fin- den sich kaum 40 Phanerogamen und über 7000 Fufs hinaus nur noch 10 Arten, unter denen unser Wachholder- und Berberitzenstrauch (A- niperus communis und Berberil vulgaris) besonders zu bemerken sind; aufser den 5 sogleich zu nennenden noch Viola gracilis> Saponaria (Im- presso, Rumex scuiatus. In 7500 Fufs läfst sich wieder eine horizon- tale Grenzlinie um den Berg legen, welche die regione scoperla in ei- nen oberen und unteren Abschnitt theilt. Denn über dieser Grenze finden sich, die letzten 2000 Fufs, nur noch 5 Phanerogamen: 1) Se- necio Sinensis (Jan.); 2) Anthemis Etnensis (Schouw); 3) Roberlsia taraxacoides (DC); 4) Tanaeelum vulgare (L.); 5) Astragatus Sicute (Biv). Von diesen 5 Pflanzen fallt es sogleich auf, dafe nicht weniger als vier zu den Compositen gehören, einer Familie, die sonst in den Alpen, wenn auch gut vertreten, doch nicht vorwiegend entwickelt ist

Reiseskiuen ans Sicilien. 461

Die vierte derselben ist eine bei ans in Deutschland an allen Wegen gemeine Art (übrigens, nach dem Habitus zu urtheilen, doch minde- stens eine eigentümliche Varietät); die drei ersten sind dem Etna ei- genthümliche Pflanzen, welche sonst nirgends vorkommen. Die am meisten auffallende und characteristische Pflanze ist die fünfte, der Astragalus siculvs, welcher mächtige, halbkugelige Rasen bis zu 4 Fufe Durchmesser bildet, von denen aber nur die Oberfläche sichtbar ist, da alle Zwischenräume zwischen den dichtstehenden, holzigen Aesten des starken Halbstrauchs von herabgewehter Asche und Sand aus- gefüllt sind. So ragen nur die äufseren, mit langen Stacheln bewaff- neten und mit kleinen fleischfarbenen Bluthen gezierten Spitzen der dichtbeblätterten Aeste aus den Aschenhaufen hervor. Von den 10 Pflanzen, welche über 10,000 Fufs gehen, trägt kaum eine einen ei- gentlich alpinen Habitus, am ehesten noch die Saponaria, nächstdem die Antkemis. Dagegen sieht der Senecio, den wir unter allen am höch- sten hinauf fanden , nämlich noch 500 Fufs über die Casa inglese hin- auf, auf der halben Höhe des Aschenkegels, also 9500 Fufs hoch, gar nicht wie eine Alpenpflanze aus, sondern trägt an seinem ziemlich ho- hen, mehrblüthigen Stengel zahlreiche, dichtstehende, breite und ent- wickelte Blätter, was bei keiner echten Alpenpflanze der Fall zu sein pflegt. Ganz dieselbe Erscheinung findet sich unter ganz gleichen Verhältnissen auch auf dem Pic von* Teneriffa. Auch hier ist die nackte Lava des Vulcans in einem Höhengürtel von 5900 bis 10,400 Fufs von Alpenpflanzen entblöfst und dagegen mit einer Ginsterart, Spartium nubigenwn, bedeckt. Der Ginster des Etna dagegen gehört, wie wir unten gesehen, der Grenze zwischen den beiden unteren Regionen an. Uebrigens tragen die wenigen Pflanzen der regione nevosa kaum dazu bei, den öden und wilden Character dieser Hochgebirgswüste etwas zu mildern. Im Gegentheil lassen die schwachen, nur hier und da zerstreuten Spuren von Grün um so lebhafter den Mangel der bele- benden Vegetationsdeckc auf dem weit überwiegenden Gebiete der nack- ten schwarzen Lava empfinden.

Kaum kann man sich eine melancholischere Landschaft denken, als diese meilenweit in gleicher Einförmigkeit und Oede sich erstrek- kenden Lavafelder, deren zerklüftete Fläche nur hier und da durch ein kleines Schneefeld unterbrochen wird. Aber der blendende Schim- mer der letztern dient nur dazu, um das düstere Schwarz des Trauer- kleides noch greller hervortreten zu lassen, und das kalte weifse Licht der blassen Mondscheibe, das beim Heraufsteigen uns leuchtete, liefs dies leichenhafte Bild doppelt melancholisch erscheinen. Lautlos und schweigend zogen wir hinter einander unsern einsamen Pfad, und nur der Führer, welcher eine Strecke vorausritt, liefs von

462 E- Häckel:

Zeit zu Zeit mit halbunterdrückter Stimme eines jener klagenden, sicilianischen Ritornelie ertönen, deren durch mehrere halbe and ganze Töne herabgeschleifte und dann unendlich lang ausgehaltene, langsam absterbende Schlafstone ein trauriges Gefühl unbefriedigter Sehnsucht im Ohr hinterlassen. Bald verstummte indefe auch dieser letzte Ton. da die immer zunehmende Kälte durch einen eisigen Wind, der vom Gipfel herab mit schneidender Intensität zu wehen anfing, in sehr un- angenehmer Weise verstärkt wurde. Wir hatten zwar schon .vorher alle überhaupt auf der Reise mitgenommenen Kleidungsstocke über übereinander angezogen und wickelten uns nun noch fester in unsere Plaids; indefs selbst dieses trefflichste Garderobestuck aller Bergreisenden vermochte nicht, dem immer erneuerten Angriffe des eisigen Etnahao- ches Widerstand zu leisten. Um uns daher wenigstens zeitweis zu er- wärmen und die erstarrten Glieder wieder biegsam zu machen, gingen wir abwechselnd zu Fufs. Wir hofften dadurch zugleich unsere Maul- thiere etwas zu erleichtern, welche, seitdem es in der lockern Asche so steil emporging, nur sehr mühsam sich empor arbeiteten und laut stöhnten. Indefe hatte diese Erleichterung die traurige Folge, dafo sie sich sofort auf den Boden warfen und mit allem Gepäck amherwälz- ten, wodurch ein Theil des Proviants verloren ging. Der Weg wurde nun in der That sehr beschwerlich und wir arbeiteten una nur mit grofser Mühe keuchend empor. Immer lockerer wurde die Asche, in welche der Fufs bei jedem Schritt tief einsank und zurückglitt, immer jäher die Steigung des steilen, in beständigem Zickzack sich hinauf- windenden Pfades. Erst oberhalb eines grofeen Schneefeldes, welches eine tiefe Schlucht ausfüllte und aus welchem wir uns, da wir nun kein Wasser mehr hatten, reichlich verproviantirten, wurde der Weg wieder weniger steil und mühevoll. Ziemlich eben und glatt war die letzte, nur noch wenig ansteigende Strecke, etwa eine Stunde unter- halb der Casa Inglese. Doch pfiff hier der Wind mit so schneidender Schärfe über die glatte Fläche, dafo wir uns nur durch angestrengtes Laufen geschmeidig erhalten konnten und herzlich froh waren, als vir endlich in 9000 Fufs Höhe unser Asyl, die Casa Inglese erreicht hat- ten. Diese allen Etnareisenden äufcerst wichtige Schutzhütte liegt an einer ziemlich geschützten Stelle unmittelbar am südliehen Fufee des Aschenkegels und ist auf Anregung und mit Unterstützung zweier englischer Officiere von Gemmellaro im Jahre 1804 erbaut Seitdem bat sie alljährlich durch die Unbilden der Witterung, durch den Druck der Schneemassen, durch Ausbrüche und Erdbeben so gelitten, dafs sie häufig reparirt und einigemal fast neu erbaut werden mufete, was na- türlich in solcher Höhe viel Mühe und Kosten erfordert. Um so dank- barer mufs man Gemmellaro sein, dafs er sie dennoch immer wieder

Beiseakitzen «u Siciüen. 463

ausbessern und einrichten ließ, da ohne sie ein Uebernachten so nah dem Gipfel ganz anmöglich wäre. Die mittlere Temperatur betragt hier in den zwei wärmsten Monaten, Juli und August, nur5°R., wäh- rend sie zu derselben Zeit in Catania 21|° beträgt. Im Juli erst schmilzt der Schnee hinweg und im September bleibt schon wieder neuer liegen. Daß wir ausnahmsweise selbst Mitte October noch kei- nen Schnee auf der Casa Inglese fanden, ist nur auf Rechnung des außerordentlich heifsen und trockenen letzten Sommers zu schieben. In 5 Monaten, vom Juni bis October, hatten wir nur etwa 6 bis 8 Re- gentage gehabt und das Thermometer zeigte in Neapel im Juli meh- rere Tage 36* R. im Schatten.

Ein Theil der Schutzhütte war durch das Erdbeben von 1857 ein- gestürzt, so daß die Maulthiere jetzt keinen Stall mehr haben, und wenn sie draußen bleiben, häufig umkommen. Wir fragten den Füh- rer, was aus unseren Thieren, die mit Schweifs bedeckt, vor Frost und Ermüdung zitternd, in der eisigen Nachtluft vor uns standen, werden sollte, und er antwortete kaltblütig: „Je nun, sie bleiben draufsen und sterben, es sind ja nicht meine Thierel" Doch setzten wir es mit hal- ber Gewalt durch, dafs er sie mit uns hineinnahm, wo wir ihnen die eine der drei Abtheilungen des Hauses überliefsen. In einer andern suchten wir uns selbst, so gut es gehen wollte, einzurichten. Die Casa Inglese ist eine niedere steinerne Hütte, mit dicken, ziemlich wetter- dichten Wänden nach Art der Tauernhäuser in den deutschen Alpen. Wie diese letztern entbehrt auch sie jeglichen Comforts; doch gewährt sie hinreichenden Schutz vor Regen und Sturm, Nässe und Kälte; und wir waren sehr froh, außerdem eine große hölzerne Pritsche mit ei- nem halbzerstörten Strohsack vorzufinden, auf dem wir unsere ermat- teten Glieder ausstrecken konnten. Bald hatte der Führer aus den mitgebrachten Kohlen ein lustiges Feuer auf dem Boden angezündet, an dem wir die starren Gelenke aufthauten und den gesammelten Schnee schmolzen, aus welchem mit Hülfe von Kaffee und Rum ein sehr belebendes Getränk bereitet wurde. Dann legten wir uns nieder, um neue Kräfte zu sammeln; doch kam kein Schlaf in unsere Augen, da wir viel zu sehr von den Dingen, die da kommen sollten, erfüllt waren, und besonders den Sonnenaufgang zu versäumen fürchteten. Endlich um 5 Uhr Morgens brachen wir, die Maulthiere zurücklassend, wieder auf, um den Aschenkegel zu erklettern, dessen höchste Spitze noch gegen 1000 Fuß über der Casa Inglese erhaben ist. Derselbe ist zwar höher als der des Vesuv, aber weniger steil und leichter zu ersteigen, da die feuchtere Asche dem Fuße festere Anhaltspunkte bietet. So hatten wir denn mit Hülfe unserer langen Etnastocke schon in drei Viertelstunden den südlichen Rand des Kraters erreicht, wo

464 E. Hackel:

wir ans in der Nähe wärmender Famarolen in die heilfee Asche hin- setzten und erwartungsvoll nach Osten blickten.

Noch wogte dichter nächtlicher Nebel um uns and gedrängte Wolkenhaufen zn unsern Füfsen hinderten jeden Durchblick in die Tiefe. Doch versprach der klare tiefblaue Himmel über ans, an dem die Sterne schon erblaßten, einen klaren Tag. Bald wurde es lichter and lichter, und einzelne hochziehende Gruppen des Wolkenheeres be- gannen in zarten rothen Tönen zu schimmern. Die Böthe nahm zu und plötzlich standen ganze Reihen mächtiger Wolkenhaofen im Osten in der tiefsten Purpurgluth, mit Gold gesäumt, uns gegenüber. Aber mit dem erwarteten Schauspiel am Osthimmel sah es schlimm ans. Noch war keine Spur der Sonne zu sehen und eine ungeheure schwarz- blaue Schichtwolke schien uns ihren Aufgang verbergen zu wollen. Da plötzlich sprang unerwartet aus diesem schwarzen Lager ein rother Goldfunke leuchtend hervor, welcher rasch wachsend sich zn einem flachen Feuerstreifen, einer convexen Linse, einer breiten Ellipse, end- lich zu einem strahlenden Feuerball gestaltete, welcher schnell sieh völlig abrundend und zugleich erblassend am dunkeln Himmel empor- stieg. Und nun erst, als plötzlich das strahlende Licht sich durch alle die weiten Räume ergofs, wurden wir mit einem Male staunend ge- wahr, dafe wir in der That die Sonne aus dem Meere selbst hatten aufsteigen sehen, und dafs, was wir vorher für eine verhüllende Wol- kenschicht gehalten, nichts anderes als der ungeheuer hohe Meeresho- rizont selbst war, den wir in viel gröfserer Tiefe gesucht hatten. Kaum konnten wir uns an diesen Gedanken gewöhnen, und je mehr jetzt der erwärmende Hauch der jungen Sonne die Nebel ringsum zerrife und verflüchtigte, je mehr überall die Umrisse des wunderbarsten Pano- ramas klar und deutlich aus den sich sondernden Wolken hervortra- ten, um so mehr mufsten wir vor allem diese erstaunliche azurne Ring- mauer bewundern, welche wie eine einzige zusammenhängende, 10,000 Fufs hohe, verticale Wand von gleichmäßig dunkelblauer Farbe ringsum steil emporstieg und sich scharf und glatt vom heueren Himmel ab- setzte. Es bedurfte einer förmlichen Ueberlegung, um sich den seltsamen Anblick dieser starren, ganz homogenen Verticalmauer in die Vorstel- lung des horizontalen, beweglichen, ewig wechselnden Meeresspiegels zu übersetzen.

Nachdem das erste Erstaunen über diese erhabene Erscheinung vorüber war, eilten wir schnell vom südöstlichen Ende des Kraters nach Westen hinüber, wo uns ein neues, nicht minder seltsames Schaa- spiel erwartete: da steigt hoch über Land und Meer ein ungeheure«» dunkles Dreieck auf, dessen Grundlinie mit der Etnabasis zusammen- fällt, während die Spitze sich noch hoch über den westlichen Horizont

ReisetklzMn ans Sicflien. 465

in die Lüfte erhebt. Die glatten Seiten dieses gleichschenkeligen Drei* ecke sind so scharf zugeschnitten, seine Farben so dankelgrau, dafs es aussieht, als ob man diesen Theil der Insel und des Meeres durch ein dreieckiges geschwärztes Qlas betrachte. Es ist der Schatten des Btna selbst, welcher, so lange die Sonne noch so tief steht, das in seinem Schattenraum gelegene Stuck Siciliens und über die Küste hin- aus Meer und Himmel wie mit einem dfistern Schleier überzieht. Rasch, wie die Sonne stieg, sank auch dieses Riesenbild in sich zusammen, und nun erst gewannen wir Zeit, das zu unsern Füfeen ausgebreitete Kid, von dem die verhallende Wolkendecke plötzlich wie ein Vorhang weggezogen war, zu überschauen und vor allem einen Blick auf die bisher ebenfalls verdeckt gewesene näehste Umgebung zu werfen.

Wir standen jetzt auf dem scharfen Westrande des Kraters und konnten von hier dessen mächtigen Umfang gut überschauen. Kaum in einer halben Stunde würden wir ihn Umschriften haben, wahrend wir die beiden Trichteröffnungen des Vesuv in wenigen Minuten um- kreist hatten. Furchtbar steil und zerrissen stürzen ringsum die mit weifsen sublimirten Salzen und gelben Schlacken bedeckten Lavawftnde in die jähe Tiefe hinab, wo sie plötzlich scharf abgeschnitten an dem innern Kratermund enden. Ununterbrochen steigt eine dichte dunkle D&mpfwolke aus demselben hervor und von Zeit zu Zeit verkünden dampfe Detonationen f dafe es nur des Anstofees bedarf, um die hier schlummernden Riesenkräfte zur verheerendsten Thätigkeit zu wecken. Froher konnte man ziemlich bequem und gefahrlos an der innern Wand des Trichters zum Munde hinabklettern; allein seitdem das Erd- beben von 1857 das Terrain völlig verändert hat, ist es nicht mehr möglich, an den beinahe senkrecht abstürzenden Wänden des neuge- bildeten, fast cylindrischen Kraters hinabzusteigen. Durch jene Kata- strophe wurde der alte Auswurfokegel zum gröfsten Theil zerstört und die Form des Gipfels völlig verändert. Jetzt ist vom enteren nur noch ein einziger isolirter, mächtiger Lavafels übrig, welcher am Ost- rande der sonst ziemlich glefehmäTsig abgeschnittenen kreisförmigen Krateröffnung steil und kühn in die höchsten Lüfte hineinragt. Sobald wir uns überzeugt hatten, dafs diese Klippe erst die höchste Spitze sei und dafs wir erst von da aus den vollen Genufs des unvergleich- lichen Panoramas haben wurden, war unser Entsohlufs gefaist, ihn zu erklimmen, obgleich der Führer uns hoch und theuer versicherte, dafs dies ganz unmöglich sei, und dafs seit seiner Entstehung vor 2 Jahren noch keine Menschenseele auf diesen höchsten Punkt einen Fufe ge- setzt habe. Zum Glück liefsen wir uns .dadurch nicht abschrecken, ob- wohl er sich selbst weigerte, uns zu folgen. Die Mühe war nach al- lem. Vorhergegangenen verhältnUsmäfeig gering, und die Belohnung

ZtiUchr. f. aUg. Brak. Neue Folge. Bd. VIII. 30

466 E- Häckel:

dafür glänzend. Zunächst war schon die Rundwandernng um den gan- zen Rand des Kraters höchst interessant Erst von dem sehr steil angeschnittenen und niedrigen Nordrande ans gewannen wir den vol- len Einblick in die furchtbar großartige und wilde Natur dieses ent- setzlichen Höllenschlundes, dessen zerrissene Blöcke und nackte Zacken wie die Lausen und Spiefse eines infernalischen Arsenals durcheinan- der starrten. Die lebhafteste Phantasie kann sich den Eingang in den Orcus nicht erhabener nnd grauenerregender zugleich vorstellen, lie- ber alle Beschreibung erhaben aber war der überraschende Anblick des Panorama's von der Höhe des Gipfels, welchen wir nach letzter kurzer Anstrengung um 7 Uhr Morgens mos 12. October glücklich er- reichten. Kaum wufsten wir, wo zuerst den erstaunten Blick hinwen- den, auf die weite, schwarzblaue Flache des unennefslichen Meeres, oder auf die dreieckige bunte Insel zu unsern Füfeen, oder auf den Berg selbst in seiner merkwürdigen Plastik. Erst von hier aus, wo wir jeden Augenblick frei und unbegrenzt in alle verschiedenen Himmelsgegen- den wechselnd hinausschauen konnten, war es möglich, uns ein Ge- sammtbild des riesigen Vulkanes selbst in aller seiner Grofee nnd Vielgestaltigkeit zu entwerfen. Glatt und steil senken sich ringsum vom kreisförmigen Krater aus die nackten Flanken des schwarzen Aschenkegels in die gleichfarbigen Abhänge der regione scopertm hinab, deren weit ausgedehnte vegetationsleere Flachen die zahlreiche Sehaar der kleineren und gröfseren, zum Theil lebhaft nnd grell gefärbten, braun- rothen und gelben Krater und Doppelkegel tragen. Scharf abgeschnit- ten liegt rings unter diesem Conglomerat vulkanischer Berge der frische grüne Kranz des Waldgürtels , welcher sich nach Norden in den Boseo di caronia, nach Süden und Westen in die fruchtbare grüne Zone der regione piemontese fortsetzt Aber in dieser strebt das Auge vergeben» die wohlbekannten Gegenstande zu sondern. Hans nnd Dorf, Baus nnd Fels, Acker und Weinberg ▼erschmelzen zu einer einzigen, bun- ten, formlosen Masse, und selbst die gröfseren Orte, die an den run- den Buchten der Ostseite liegen, Catania, Agosta, Syracus, sind in n weite Ferne gerückt, um deutlich unterschieden zu werden. Nur die gröberen Formen der Höhenzüge und Thäler, scharf von der Sonne beleuchtet, treten sehr deutlich allenthalben hervor und so erscheint die ganze Insel mit ihrem überall zerschnittenen und gefurchten Pla- teau wie eine kleine sauber gearbeitete bunte Reliefkarte. Ihre Haupt- farben, Braun und Grün, sind durch zahlreiche zarte Nuancen von Roth, Violett und Blau verbunden. Bald aber kam Leben nnd Bewe- gung in dies starre geographische Bild. Die erwärmenden Strahles der steigenden Sonne losten und hoben die dichten Nebel, welche afe schmale, weifte Streifen den Lauf der Thalsohlen deutlich bezeichnet

Reiieskuien aus Sicilien. 467

hatten. Sie ballten eich zu randlichen Wolkenhaufen zusammen, wel- che hoher and höher stiegen and sich mit ihren Geschwistern aus den benachbarten Thälern vereinigten. So stiefsen sie zu dichtgedrängten Heerhanfen zusammen, welche in geschlossener Kette den Riesenvul- kan umlagerten. Sobald sich aber einzelne kühne Pl&nkler höher hin- aafwagten and den Gipfel erklimmen wollten, warf sie der eisige Sturm- wind, der uns das Athmen erschwerte, mit unwiderstehlicher Gewalt 10,000 Fufo tief an die Küste hinab, wo sie an den Rippen der Bergrücken zerschellten und in kleine Flocken sich auflösten, die wieder in die Tha- ler niedersanken. Lange ergötzten wir uns an diesem wechselnden Schauspiel; dann schweifte aber der Blick wieder mit immer neuem Vergnügen in die Ferne and sachte die fernsten sichtbaren Landstück- chen in dem Rahmen des ungeheuren Horizontes festzuhalten. Drei Meere nmfafst hier das Auge an den drei Seiten der Trinacria, nörd- lich das tyrrhenische, südwestlich das afrikanische, östlich das ionische; es sind die Verkehrsstrafeen, auf denen einst der im Centrum des Mit- telmeeres liegenden Insel von drei verschiedenen Völkerstämmen Wohl- stand und Kultur zugeführt wurde aus drei Erdtheilen: von den Grie- chen ans Kleinasien, von den Saracenen aus Nordafrika, von den Nor- mannen aas dem nördlichen Europa. Wie Vorposten lagern vor den drei Eckpfeilern des zierlich ausgezackten Küstenrandes die drei Insel- gruppen : im Süden über dem Cap Passaro die beiden Schwestereilande Malta und Gozzo, im Westen vor dem Hlybaischen Vorgebirge die klei- nen Aegaden, im Norden, am nächsten und schönsten, vom Cap Peloro nach Nordwesten ziehend, die Reihe der liparischen Vulkankegel, vor allen der thätige Stromboli, dessen fast rhythmisch wiederkehrendes Fenerspeien uns bei der nächtlichen Ueberfahrt von Neapel her so ergötzt hatte.

Im äufsersten Südwesten lag auf dem, Meereshorizont ein dünner blauer Wolkenstreif, den der Führer für die afrikanische Küste erklärte. Doch zweifle ich, dafs der Gesichtskreis des Etna sich so weit er- streckt. Um so deutlicher und schöner erschien die nahe Meerenge von Messina, durch den Halbstiefel Calabriens mit dem Südcap Spar- tivento von dem Golfe von Tarent geschieden, dessen Rundung sich weithin verfolgen liefs. Doch vor allen zogen im Westen die vielgipf li- gen Bergketten der Apenninen die Augen auf sich, welche in blauer Ferne den sonst rings geschlossenen Meereskreis durchbrachen und ohne deutliche Grenze in den dunkelblauen Himmel überzugehen schie- nen, dessen halbkugeliges Gewölbe sich mächtig und erhaben über die- sem ganzen prachtvollen Gemälde ausspannte. Lange konnten wir ans nicht trennen von diesem in seiner Art wohl einzigen Panorama, dessen Züge gewifs Jedem, dem das Glück es zu schauen vergönnte,

30#

468 E- G- EaveDtteln:

unauslöschlich in der Erinnerung bleiben werden. Endlich nöthigte uns die zunehmende Steifigkeit unserer vor Frost halb erstarrten Glie- der, an den Rückweg zu denken, und in weniger als einer Viertel- stunde hatten wir, in langen Sätzen in dem lockern Sande des Aachen-) kegeis hinabspringend, die Casa Ingiese wieder erreicht. Auf dem weiteren Rückwege machten wir einen kleinen Abstecher nach Osten, um das nahe berühmte Val del bove zu besuchen. Ueber weite, schwarze Lavafelder, die mit den weifsgebleichten Knochen der zahl- reichen hier umgekommenen Maulthiere wie übersäet waren, gelangten wir an den oberen Rand jenes furchtbaren Schlundes, welcher der Eruption von 1669 seinen Ursprung verdankt. Ein grober Theil des östlichen Abhanges des Etnagebirges wurde damals von tief hervor- brechenden, gewaltigen Lavaströmen unterminirt und stürzte plötzlich in sich selbst zusammen. So entstand dieser furchtbare Erdspalt, wel- cher, mit allem Gräuel vulkanischer Verwüstung reich ausgestattet» in das Innere der Hephfistischen Schmiedewerkst&tte selbst hineinzuführen scheint. Vergebens sucht das Auge in diesem Chas wild übereinander gestürzter Gebirgsmassen und Lavaströme nach einem einzigen Ruhe- punkt. Das ganze ungeheure Leichenfeld, in das man hier senkrecht mehrere tausend Fufs hinabschaut, erscheint von zwei langen, fast pa- rallel nach Ost hinablaufenden Gebirgswfinden eingesargt. Schwarze und braune Lavaströme erfüllen die dunkle Tiefe, nur hier und da durch grell abstechende rothe, gelbe und weifse Auswurfsmassen un- terbrochen. Am meisten zeichnen sich darunter die beiden neuen, sehr regelm&fsigen AuswurfBkegel von 1 852 aus. Der weitere Rückweg bot nichts Bemerken swerthes, und wohlbehalten langten wir Nachmittags um 3 Uhr in Nicolosi wieder an, wo wir, von Don Giuseppe freundlich empfangen und für alle Entbehrungen entschädigt, in behaglicher Rabe uns dem Nachgenusse aller der reichen Bilder überliefsen, mit denen diese überaus glückliche und lohnende Bergfahrt uns beschenkt hatte.

XVI.

Bu Derba's Reise nach Ghat.

Nach dem Französischen von E. O. Raven stein.

(Hierzu eine Karte, Taf. VI.)

Unter den Forschungen, die der Besitznahme der algerischen Sahara durch die Franzosen ihren Ursprung verdanken, ist die Reise des Herrn Ifl-

Bu Derbys Reise nach Ghat 469

mail Bo Derba von el-Aghuat nach Ghat im J. 1868 eine der wichtig, sten. Sohn einer Französin, in Frankreich erzogen, und dem Bureau Arabe zu el-Aghuat als Dolmetscher beigegeben, unternahm Bu Derba diese Reifte auf AnlaJ« der französischen Behörden hauptsächlich für den Zweck, den Handel der Sahara von Tripolis und dem englischen Ein- floss ab nach Algerien zu lenken. Seinem Berichte, der in der „Jte- tme Algerienne* erschien, ist eine Karte im Mafsstabe von 1 : 2,500,000 beigegeben (ohne Gradangabe)« Obgleich dieselbe offenbar nicht das Resultat sorgfältiger Aufnahmen ist, so hielten wir es dennoch für das Beste, die darauf angegebenen Distanzen beizubehalten, da die öfters zweideutigen und unvollständigen Angaben im Texte eine Berichtigung derselben nicht erlaubten. Die Höhen haben wir nach den von Bu Derba unterwegs angestellten Barometer -Beobachtungen annähernd berechnet. Aufser Bu Derba's Route haben wir auf unserer Karte noch des Hauptmann de Bonnemain Route von el-Wed nach Gheda- mes (Nouv. Ann. des Voy. Juin 1857), Richardson's Route von Ghe- dames nach Ghat (Travels in the Sahara) und Duveyrier's Route von Ghardaja nach el-Gol&'a (Bulletin der par. Geogr. Ges.) verzeichnet. Die grofse Dünenregion, el-Udj nach Bu Derba, wird auf Duveyrier's Karte als el-Erg angegeben, und wurde von M. Bonnemain auf seiner Reise nach Ghedames überschritten. Die südlichere Dünenregion, die Bo Derba im Wed Ighegharen nördlich hatte, durchreiste Richardson auf eine Strecke von mehr als 30 deutschen Meilen.

Am 1. August 1858 reiste M. Bu Derba von el-Aghuät ab und traf am 12. mit dem Scheikh Othman, der ihn als Führer begleiten sollte, in Gerera zusammen. Am 16. August traf unsrer Reisender in Negussa ein. Negussa war früher ein Ort von Bedeutung, dem selbst Wargla Tribut zahlte, wird aber gegenwärtig von kaum 100 Familien bewohnt. Der gröfste Theil der Häuser liegt in Trümmern. Man hat hier 33 artesische Quellen, und aufserdem im südlichen Theile der Stadt eine grofse Anzahl von Brunnen, die im Durchschnitte 5 Meter tief sind. In den Gärten findet man einige Fruchtbäume (wohl Datteln?). Hauptgegenstände des Anbaues sind Steck- und Mohrrü- ben, Zwiebeln, Tomaten, Melonen und Wassermelonen. Aufserdem auch etwas Gerste, Weizen, Taback und Baumwolle.

Am folgenden Tage (17. August) liefs man Wargla im Osten lie- gen und campirte um halb zwölf bei dem Dörfchen Ruissat, etwa 2 Stunden im Süden der Stadt.

Die Gärten werden hier aus 6 bis 7 Meter tiefen Brunnen be- wässert. M. Bu Derba sah sich gezwungen hier einige Tage zu ver- weilen, da Si-Othman vorgab, Geschäfte in Wargla zu haben. Am Abend des 18. August hatte er Gelegenheit einer Pantomine beizuwoh-

470 E. G. Barcnstein:

oen, mit der die Leute hier, wie an andern Orten der Sahara, dt« Neujahrsfest begehen.

20. Aug. Trotz eines heftigen Sirokko machte sich die kleine Karawane um 4 Uhr Abends auf den Weg. Sie bestand aus 12 Per- sonen ; 25 Kameele waren mit Lebensmitteln, Wasser nnd einigen Ge- schenken beladen. „Wir folgten einem aasgedehnten Plateau, el-Hs- deb. Zur Rechten sieht man den Hügel Kerimat, der von Weitem das Aussehen eines Zeltes hat. Auf seinem Gipfel konnte ich einige Ruinen sehen, Ueberreste eines Dorfes, das die Mosabiten gebaut hatten, ehe sie ihre gegenwärtigen Wohsitze einnahmen. Links hatten wir in der Ferne einige niedrige Hügel, die im Lande unter dem Namen el- Bekrat, i. e. die jungen Kameele, bekannt sind, und die Ausläufer einer Bergkette sind, die wir später überstiegen. Um halb 8 Uhr des Abend« schlugen wir unsre Zelte auf.

21 . Aug. Ein Viertel nach 3 Uhr waren wir auf dem Wege. Um 7 Uhr fragte ich nach dem Brunnen Tarfaia, wo die von Wargta kom- menden Karawanen gewöhnlich Halt machen; man zeigte ihn mir zur Linken in der Nähe von zwei Mamelons, die mit der Hauptkette der Bekrat in Verbindung stehen. Um 10| Uhr nöthigte uns die Hitze die Zelte aufzuschlagen. Um 6| Uhr Abends brachen wir wieder auf Nach einer Stunde, und ehe wir die^Bekrat und Tarfaia genannten Hügelketten überschritten hatten, zeigte man mir zur Rechten den Brunnen Hassi Buruba. Es erforderte 20 Minuten die Hügelkette iq überschreiten. Ihre Richtung ist im Ganzen von NO. nach SW. Die Gipfel sind abgeplattet ((horizontal) und fast alle von gleicher Hohe. Der Boden besteht aus hartem Sand, stellenweise mit einer dünnen Decke von grobem, travertin - ähnlichem Kalk bedeckt. Drei Viertel- stunden weiter überschritten wir eine zweite Hügelreihe, die mit der ersten parallel läuft, und um 9 Uhr kamen wir in einer Einsenkong an, die mit Tamarinden, Seita, Hade, Nessi, Alenda, Drin, Damno und Smehri bewachsen ist '). Nach der letztgenannten Pflanze wird diese Stelle Smehri genannt.

V) Wir fügen hier die wissenschaftlichen Namen einiger von Bn Derba mehr- mals erwähnter Pflanzen bei: el-Adjaren (Salsola lignosa),

Alenda (Ephedra alata) und Arta, eine ähnliche Pflanze, Azal, eine Art Ginster,

Bagnel (Anabasis articulata) nnd Beb bei, eine ähnliche Pflanze, Damran (Traganwn dunatum), Di ss, eine Art Binsen, Drin (Arthraterum pungens)y Hade (Anabasis alopecuroides), Nessi (Arthraterum plwnosum),

Ba Derba's Rebe nach Ghat 471

22. Aug. Um 3 Uhr früh hatten wir zur Linken den Brunnen Medjür, der gewöhnlich die zweite Haltestelle der Wargla-Karawanen ist. Man findet dort Wasser in Fülle , und die Umgebung bietet herrliche Weide für Kameele dar. Da uns jedoch Si-Othman hinrei- chend mit Wasser versehen glaubte, zog er es vor, uns den directen Weg von Ruiseat nach Djeribei zu fuhren. Das Wasser dort ist recht gut. Der Brunnen ist von Sanddünen umgeben, auf denen Damran und Hade wachsen; die letztere Pflanze, eine Lieblingsnabrung des Kameeis, wird von den Arabern „Dattel des Kam e eis u genannt.

23. Aug. Halt bei Djeribei.

24. Aug. Um 3-J- Uhr früh machten wir uns auf den Weg. Ghat liegt von hier nach SO., wir zogen es jedoch vor, eine Strecke weit nach S. zu gehen, weil wir so nicht nur Wasser fanden, sondern auch die berüchtigte Dünenregion an der engsten Stelle überschritten. Das Land ist hier sehr dürr und auf weiten Zwischenräumen wird das Auge des Reisenden nur durch einige wenige Bagnel, Nessi, Drin und Bebbel erfrischt, die auf einigen kleineu Bodenerhebungen (Plateaux) vorkom- men. Im Vergleich zu dem, was vor uns liegt, ist diese Gegend aber fruchtbar. Den Horizont bilden die unabsehbaren, einförmigen Dünen, die Farbe des Bodens ist ziegelroth und gelblich, Kalksteintrümmer oder schwärzlicher Thon bedecken ihn, und nur hie und da sieht man ein paar Remt- oder Bagnel-Stauden.

Um 10 Uhr früh schlugen wir unsre Zelte am Fufse einer kleinen, Seiseiet Deanun genannten, Dünenkette auf, die mit der grofeen Sand- wüste zusammenhangt.

25. Aug. Um 12}- Uhr Mittags setzten wir die Reise fort. Wir gingen noch immer nach S. über eine sandige Hochebene, und um 10 Uhr 40 Min. machten wir bei einem zweiten Ausläufer der Dünen- region, dem Seiseiet Asal, Halt. Sobald abgeladen war, warfen sich die Kameele auf die Alenda und Hade, die neben Azal die einzige Ve- getation dieser Stelle bilden, Trotz der groben Hitze machte sich einer unsrer Tuareg auf den Weg, den Spuren von Gazellen und Meha (eine Art von Antilope) zu folgen, und kam um 3 Uhr wirklich mit einer Gazelle als Beute zurück. Das Meha findet man von 25 Stun- den im S. von Wargla an, bis nach Ghat.

26. Aug. Nach 7 Stunden Marsches erreichten wir die den Be- wohnern des Landes unter dem Namen el-Udj bekannte Dünenregion.

Remt (Carowjflnm arUculateun), Seita (Limoniastrum guyonianum), S m e h r i (Helianthemwn), Tarfa, Tamarinde, Tolh (Äcacia Verek).

472 E- <*• Bavenetein:

Zwei Standen zuvor hatten wir die Tumiet genannten Maaieloos über- Bchritten, die den Reisenden als Wegweiser dienen. Diese weite, el- Udj genannte Region erstreckt sich von Nefza bis westlich von Gole'a. Ihre Breite ist von 55 bis 80 Stunden. Die Dünenreihen, ans denen sie besteht, erheben sich 50 bis 100 Meter and bilden durch Qnerjoche verbundene Parallelketten. Die in ihrem südlichen Theüe gelegenen Thäler werden el- Gassi genannt und sind 7 bis 8 Kilometer breit Ihre Sohle besteht aas dem nackten Fels, auf dem die Sanddünen anf- liegen.

Zwei grofse Thäler durchschneiden die Region in ihrer ganzen Breite. Das eine, im Westen, Wed el-Mia, nimmt seinen Ursprung bei Tu&t and verliert sich in der Einsenkung von Wargla. Das «weite, östliche, wird von den Arabern Wed Eesued (Aswad?) i. e. schwarze« Thal, genannt, nach der Farbe der Steine die es bedecken. Diese« Wed Essaed ist der untere Theil des Wed Ighegher, das im DjebeJ Hagar entspringt, die Gewässer des Westabhanges des Plateau der Ai- gar, and die des Oetabhanges des Plateau el-Moindyr empfingt, und sich in einer grofsen Niederung in der Nähe von Metmata, im Soden von Temassinin verliert.

Es ist meine Ueberzengang, dafs die unterirdische Wasseransamm- lung des Wed Righ durch Gewässer genährt wird, die von Plateaus im Norden und Süden abfließen. Diese zwiefache Abdachung ist wohl bemerklich. Die sudliche setzt sich bis zu den Gebirgen im So- den Gh&t's fort. Die Gewässer die dort entspringen fliefeen nach SO. (sie) und ergiefsen sich ins Wed Taffessaso.

Nach 6 Stunden Marsches kamen wir zur Ain et-Teiba, einer gu- ten Quelle. Das beständige Auf- und Absteigen zwischen den Dünen hatte unsere Leute und Kameele sehr ermüdet. Manchmal versperrten die Dünen den Weg ganz und gar, und da wir anhaltenden Südwind hatten, waren sie nach dieser Seite hin so schroff, dafs es für die Ka- meele unmöglich war hinabzusteigen. Ich gedachte ihnen mit Hilfe unserer Schaufeln einen Weg zu bahnen , aber Othman lächelte mich an, als er dies sah und sagte: „Auf diese Art wirst Du nie fertig wer- den, sieh wie man's machen mufs." Damit warf er seinen Haik ab; wir thaten dasselbe, stellten uns in eine Reihe, das Gesteht nach Nor- den, und indem wir ans mit den Händen fest auf den Boden stützten, traten wir hinter uns den Sand mit den Füfsen weg. Auf tfese Weise hatten wir bald einen passirbaren Abhang zu Stande gebracht Wenn man bedenkt, dafs diese Operation, inmitten des heifsen Sandes und unter dem Einflute des Sirokko sich mehrmals im Laufe des Taget wiederholte, so kann man sich das Ermüdende und Lästige dies« Theils unsrer Reise vorstellen.

Bu Derba's Reife nach Ghst 473

27. Aug. Ain et-Teiba ist schwierig so finden. Es hat das Ausse- hen eines Kessels der in den Fels gesprengt ist, welcher aus einem Con- glomerat von grobkörnigem Sand, Kies und schwefelsaurem Kalk be- steht. Die Dünen ruhen meist auf derartigem Fels. Die Ränder des Kessels werden von Flugsand gebildet und in der Vertiefung ist ein Teich von etwa 300 Meter im Umfang. Dieser Teich hat eine 8 Meter dichte Einfassung von Schilf und Binsen (<#*#). Das Wasser, das man darin findet, ist nicht trinkbar; es hat eine grünliche Farbe und den Gerach von faulen Eiern. Die Tuareg versichern, dafs es sehr kau- stisch sei. Ich selbst habe gesehen wie sie Lumpen, die sie hineinge- taacht und an der Sonne getrocknet hatten, als Zunder gebrauchten. Grfibt man jedoch i\ Meter vom Rande des Sumpfes etwa 2 Meter tief, so findet man gutes, trinkbares Wasser. Dies kommt den Wüsten- bewohnern so wunderbar vor, dafs sie den Ort von den Djenun be- wohnt glauben. Ich erklare dies auf folgende Art. Das Wasser, das bei Regen von den Dünen absorbirt wird, filtrirt durch den Sand, bis es auf ein festes Bett kommt, das eine unterirdische Wasser-Abdach- ung bildet Der Boden des Teiches liegt ziemlich tief und das Was- ser strömt ihm von den Seiten zu und steigt, bis es sein Niveau er- reicht hat Ein Beweis davon ist, dafs, wenn man das Wasser aus den benachbarten Senklöchern geschöpft und dadurch das Wasser des Sumpfes theilweise abgelassen hat , an den ihm nächstliegenden Wun- den verdorbenes Wasser durchsickert, das nicht trinkbar ist. Die Ue- berreste des den Teich umgebenden Pflanzenwuchses und der Kameel- koth , den der Wind hineintreibt , haben mit der Zeit das Wasser ver- dorben und ihm seine grünliche Farbe gegeben. Seine kaustische Eigenschaft verdankt es der Asche des Schilfs und der Binsen, die die Reisenden regelmfifsig abbrennen, damit sie nicht die Senklöcher über- wachsen.

Die Temperatur der Luft war 35* C, die des Wassers im Sumpfe 30* und die des Wassers das unsere Kameele tranken 26V

Die Scha'ambas haben hier sechs Palmen gepflanzt, die recht gute Datteln tragen. Im Schilf sah ich einige Lerchen, und ein Geier schwebte heute früh hoch flAer dem Teiche. Dies sind die ersten Vögel, die ich seit meiner Abreise von Ruissat sah. Von einem Sandhügel, 150 Meter im Osten des Ain et-Teiba sieht man eine ganz ähnliche Vertiefung, die aber trocken liegt. Die Araber erklären dieses Fac- tum durch eine recht nette Legende.

28. Aug. Oegen Mittag wurde der Südwind {guebU) sehr heftig.

Ich sah heute wie 5 bis 6 Meter hohe 'Sandhügel langsam vom

Winde fortbewegt wurden. Ich mufs übrigens gestehen, dafs diese Dü- nen, die man oft ganze Karawanen begraben läfst, in der Wirklichkeit

474 K. G. Ravenstein:

gar nicht so schrecklich sind. Die Bewegung des Sandes ist nie plötz- lich. —

29. Aug. Wir verlassen Ain et-Teiba and campiren 5 Standen weiter in den Danen.

30. Aug. Um 4 Uhr früh machten wir uns aaf den Weg. Nach einer Stunde (nach Süden) erreichten wir el- Gassi (i.e. das Feste), unter den Bewohnern wegen seiner Dürre und des Mangels an Was- ser berüchtigt. Es ist dieses ein von zwei Dünenreihen, die sich von der Hauptmasse abzweigen und nach Süden erstrecken, gebildetes Thal. Ich halte diese Gassi für den nackt gelassenen Boden des gro- fsen Plateau's, auf dem die Dünen eich aufgelagert haben. Der geo- logische Charakter dieser Gassi bleibt stets derselbe. Der Sand ruht auf einem Bett von weifa- gelbem Kalkstein, der dem Dolomit sehr ähnlich sieht. Dem Sande sind häufig Trümmer von grobkörnigem Kalke von dunkler Farbe und verschieden gefärbter Thon beigemengt

31. Aug. Wir setzen die Reise durch el-Gassi fort, wie auch am 1. September. An diesem Tage um 6 Uhr früh sahen wir zur Rech- ten ein paar isolirte Stauden von Alenda und Hade, wo wir Halt mach- ten. — Bei Sonnenuntergang brachen wir wieder aaf und reisten die ganze Nacht durch.

Um Mitternacht wurden unsere Reisenden durch ein Feuer beun- ruhigt, das sie hinter sich sahen. Man fürchtete Raaber and machte Anstalten sich zu verth eidigen, aber um 5 Uhr des Morgens klart« sich die Ursache des Feuers auf. Man fand Spuren einer Karawane, die in der Dunkelheit unbemerkt 600 Meter zur Linken pasairt war.

2. Sept. Um 7 Uhr wandten wir uns etwas nach Osten, um über die Dünenreihe zur Linken in ein anderes Gassi zu kommen. Um 9 Uhr hatten wir dies gethan, und in derselben Richtung fort- schreitend erreichten wir um 11 J Uhr el-Biod, das an der östlichen Seite des Thals liegt. Die Quelle el-Biod liegt in einer Vertiefung im Sande, am Fufee der Dünenreihe, die den Osthang des Thals bildet Ihre ganze Umgebung wird nach dem Aussehen des vorherrschend weifsen Kalkes „el-Biod" genannt Man findet hier 50 Palmen, die mein Khebir (Führer) Si-Othman gepflanzt hat, und die bereits recht gute Datteln geben. Wenn man 50 bis 60 Centimeter grabt, findet man Wasser; sein Geschmack aber ist bitter und salzig.

3. Sept. Trotz des schlechten Wassers war es nothig, hier einen Tag zu rasten. Die Umgebung bietet recht gute Weide dar; man fin- det Bebbel, Alenda, el-Adjaren, Arta, Damran, Drin und Hade. Den Angaben der Tuareg zufolge bildet el-Biod die Grenze «wischen ihnen und den Scha'amba.

Bn Derba's Heise nach GhAt 475

4. Sept. Etwa 2 Stunden SSO. von el-Biod kamen wir zu einer mit Tarfa bedeckten Einsenkung. Diese sandige Heischa erstreckt sich von NO. nach SW. und scheint die von uns durchreiste Region der Sand- dunen zu begrenzen. Anderthalb Stunden reichen hin dieses Thal zu durchschreiten, und man kommt dann auf ein weites Plateau, dessen fester Boden dem der Oassi ähnlich ist, nur dais der Kies anstatt aus Kalktrummern, fast ausschliefslich aus schwarzem Sikn besteht, der in solcher Masse vorkommt, dafs er dem Boden die vorherrschende Farbe verleiht Um 6 Uhr früh sahen wir zur Linken eine Hügelreihe. Da ihr Kamm fast horizontal ist, halte ich sie für den Abhang eines Plateaus, ahnlich dem auf dem wir stehen. Um Mittag wandten wir ans nach Osten und campirten in der grofsen Ravine Schebet el-Biod. Ihre Neigung ist von SO. nach NW., und nach einem Regen (liefst das Wasser nach der Heischa, die wir am Morgen durchkreuzt hatten. Letztere wiederum steht wahrscheinlich mit dem Wed Ighegher in Ver- bindung. Im Grunde der Ravine wächst etwas Daniran, Hade* Drin und Alenda, das Plateau aber ist ganz kahl.

5. Sept Um 6 Uhr Abends verliefsen wir Schebet el-Biod und um 4 Uhr des Morgens kamen wir ins Wed Ighegher. Unser Weg führte uns SSO. über ein Plateau, das th eil weise eben, theilweise zer- rissen ist. Wo wir an's Wed kamen, bildet ein weites Thal, das sich von SW. nach NO. erstreckt, das Flufsbett. Am Abhänge des Wed wachsen einige Tolh. Grofse Blöcke von Bimsstein scheinen den Ur- sprung des Thals anzudeuten, denn die Tuareg sagten mir, dafs die Bollwerke des Dschebel Haggar aus ganz ähnlichen Steinen bestanden. Sie sind sehr leicht, zellenförmig, von schwärzlicher Farbe, und haben das Ausseben eines Schwamms. Da das „Flufsbett" ganz trocken war, gingen wir ungehindert nach Osten und campirten in einer Ravine am Osthange des Thals, wo wir einiges Gesträuch und besonders Drin für unsre Kameele fanden. Die gehörnte Viper, die wir seit unserer Reise öfter gesehen hatten, scheint in diesem Thale zu brüten.

6. Sept. Etwa 4 Stunden von unserem Nachtlager kamen wir auf den ersten Ausläufer einer zweiten Region von Sanddunen, die sich nach Osten bis in die Nähe von Feszan, und im Süden bis auf zwei Tagereisen von Ghät erstreckt. Im Westen (und Süden) trennt sie das Wed Ighegharen vom Plateau der Azgar. Der erwähnte Ausläu- fer bildet einen Ellnbogen oder stumpfen Winkel, indem er sich erst nach Westen und dann zurück nach Osten wendet; im Scheitelpunkt des Winkels liegt Temassinin.

Nach einer Stunde stiegen wir in die el-Djua, d. h. die Furche» ge- nannte Vertiefung hinab, die sich von Westen nach Osten erstreckt

476 E- 6- Ravemtein:

and im Norden von dem Tinadaaden Plateau der Tuareg, im Süden durch die Dünenregion und im Westen durch den erwähnten „Eunbo- gen" begr&nzt wird.

In einer Ravine «wischen dem Wed Ighegher und Djoa fand ich mehrere fossile Muscheln. Im Kalkstein der die obere feste Schicht bildet, fand ich eine Dia imbricata; im unteren Kalkstein zwei Dia- dema seriale, zwei Spaniagus retusus und mehrere andere Muscheln, die ich nicht erkennen konnte.

Um halb 8 Uhr früh kamen wir bei der Sauia von Temassinin an. Man findet hier ein halbzerfallenes Haus aus ungebrannten Segeln erbaut, fünf oder sechs Garten mit fünfzig Palmen und einigen Fei- genbäumen, und endlich eine schlechterhaltene Kuba, wo der Marabut Sidi Musa begraben ist. Die Gärten werden aus einer 12 Meter tiefen artesischen Quelle bewässert, deren Wasser recht gut ist. Die Quelle ist jetzt ummauert, geht aber, wie mir 8i-Othman sagte, durch Thon. Temperatur der Luft 32*, die des Wassers 26*. Es ist dieses da« erste Wasser, das wir seit unserer Abreise von el-Biod antrafen. Schade, dafe die Tuareg nicht an verschiedenen Stellen des el-Djua Schäfte senken, denn ich bin überzeugt, sie würden unterirdische Wasserbecken finden."

In der Nähe von Temassinin campiren einige und zehn Familien unter elenden Gurbis von Palmzweigen. Eine Seuche hat alle ihre Kameele hingerafft und sie befinden sich jetzt in der grofsten Armuth, ihre Faulheit aber ist so grofs, dafs sie gar nicht daran denken, die Gärten gehörig zu bestellen, sondern sich mit Datteln begnügen. Dm die Santa wachsen einige Tamarinden, und es scheint, dafe man etwa 2 Stunden weiter abwärts in dem Thale el-Djua deren viele findet

7. Sept. Ich benutzte die Zeit meines Aufenthaltes, die Umgegend etwas genauer kennen zu lernen. Der an el-Djua grenzende Theil des Plateaus von Tinadaaden fällt auf etwa 15 Meter schroff ab. Ich bemerkte mehrere übereinander gelagerte Schichten von grünem und rothem Thon, bisweilen mit einem sehr weichen, gelblichen Kalkstein gemischt. Sie werden durch ein dünnes Gypslager getrennt and von Adern von schwefelsaurem Kalk durchfurcht. Ein Lager von com- pactem Kalkstein ruht auf dem Thon und bildet die obere Kruste. Auf dem Plateau selbst findet man die Sfifswassermuscheln Meiamm inquinata und Cyrena trigonaia in grofser Zahl.

Bu Derba horte hier, dafs Asgar und Haggar in offener Feind- schaft seien. Zu Ghat hätte sich das Gerficht verbreitet, die Franzosen gedächten sich der Stadt zu bemächtigen, wurden aber erst einen Mann schicken, das Land auszukundschaften. Bu Derba lieb hier acht i Kameele und 6 Fässer zurück.

Bn Derba's Boise nach GUt 477

8. Sept. Um 6 Uhr traten wir in die Dünen ein, die sieh endlich von Temassinin hinziehen, and schlugen unsere Zelte bei einer Tair genannten Stelle auf, wo wir Drin, Alenda und Hade für unsere Ka- meele fanden. In machte hier ein Loch im Sande, in dem ich 2 tellys Mehl und Kuskus, eine Last Datteln und einen Schlauch Butter begrub.

9. Sept. Nach 10 Stunden Marsches durch die Dunen campirten wir am Fufee dee Südabbanges einer von den Arabern Khanfussa, von den Tuareg Idjele genannten Hochebene, ein Name der „Käfer" bedeutet. Diese Hochebene ist von Dünen umgeben und wir fanden nur dürres Drin und etwas Tolh für unsre Eameele.

1 0. Sept. Um 2j> Uhr früh verHefsen wir unser Bivouak, gingen eine Stunde dem Khanfassa-Plateau entlang, und zogen dann weiter dnrch die Dünen. Auf dem Gipfel eines Mamelon, den der Sand nicht bedeckt hatte, fanden wir ungeheure Blöcke von Puddingstein, die so hart waren, dafe wir sie nicht zerschlagen konnten, ohne die Bestand- theile die ihn bildeten zu zerbrechen.

Um 7 Uhr sahen wir von einem Sandhügel aus ein ausgedehntes Thal zu unseren Füfsen liegen. Die Tuareg heifsen es Ighegharen, i. e. die Flüsse. Es erstreckt sich bis in die Nähe von Ohat und sein Abfall ist von SO. nach NW. Wed Ighegharen empfängt die Gewässer der Ostabdachung des Plateaus der Azgar; früher stand es wahrschein- lich mit dem Wed Ighegher in Verbindung, wird aber jetzt durch Dü- nen von ihm getrennt. Mehrere von Sand noch nicht bedeckte Stellen, die man inmitten der Dünen findet, scheinen diese Muthmafsung zu bestätigen. Wenn das Aussehen der Dünen schon traurig genug ist, so ist das Land vor uns noch trauriger. Das ganze Plateau (der Az- gar?) hat eine dunkle Färbung, die es dem von der Sonne geschwärz- ten und verkalkten Sandstein zu verdanken hat, der die Oberfläche bedeckt. Die wenigen Sträucher und einige von weifsem Sand gebil- dete Fleckchen machen fast glauben, dafs man eine ungeheure Brand- stätte vor sich habe.

In anderthalb Stunden waren wir ins Thal hinabgestiegen, das hier Issawi heilet. Vor uns lagen die Hügel von Tuskirin, die das äufserste Ende des Plateaus der Azgar bilden. Am Fufte dieser Hügel ent- springt die kleine Quelle Tuskirin, die lj- Meter tief ist. Darüber siebt man einen Erzgang von kohlensaurem Eisen, 5 bis 6 Meter dick, und mit einer Neigung von 35* nach SO. Er wird von Sandsteinen ein- geschlossen, die seine schwarze Farbe angenommen haben.

Bis hierher reisten wir nach Süden, wir wandten uns aber jetzt etwas nach Osten, um Tabelbalt zu erreichen, wo wir um 11-J- Uhr früh ankamen. Ein Palmbaum, ein unvollendetes Haus und einige Lehmmauern stehen hier als Zeugen des Versuchs, den ein Mann von

478 B. <*• Ravenstein:

Tuit machte, diese Stelle zu cultiviren, den aber die Händelsucht der Tuareg bald wieder wegtrieb. Die Quelle ist 6 Meter tief und um- mauert. Temperatur der Luft SO0, der Quelle 23V Tolh findet man hier ziemlich häufig, und das Thal erzeugt Drin und Guetaf.

11. Sept. Um 87 Uhr früh begegnete man einer Karawane aas el Süf, die auf dem Wege von Gh&t nach Wargla war, etwa 4 Stun- den vom Ain Tabelbalt. „Um 10£ Uhr machten wir bei der Quelle Einanin Halt, um Etwas zu essen, und am Abend campirten wir zwi- schen den Bächen Tanefokh. Unsere Richtung war immer SO.

12. Sept. Nach 3 Stunden liefsen wir zur Linken zwei schwarze Mamelons liegen, die von den Tuareg Tiebaben, i. e. Signale genannt werden. Etwas zuvor sahen wir vier Grabmaler von Kaufleuten aus Ghedames, die hier von den Scha'amba ermordet worden. Drei Stun- den hinter den Tiebaben kamen wir zum Wed Lemenu, das im SW. auf dem Plateau entspringt und sich nach NO. in 's Wed Ighegharen ergiefst. An seiner Mündung liegt Ain el Hadjadj, wo wir campirten. Das Wasser entspringt in einem ummauerten Senkloch 3 Meter tief, ist reichlich und gut. Temperatur der Luft 35 *, des Wassers 24*. Ain el Hadjadj dient, wie schon der Name andeutet, den Pilgern, die von Timbuctu und Tuat nach Mekka gehen, als Station.

Im Lauf des Tages hatten wir einen leichten Guferegen, der zehn Minuten anhielt.

13. Sept. 12| Stunden Marsches entlang dem Wed Ighegbaren, immer SO., an dem Wed Aizoniten, Wed Samon und Wed Inatal vor* bei zum Wed Tadjeran, wo wir campirten.

14. Sept. Um 6 Uhr früh brachen wir auf, und um 9 Uhr mach- ten wir an der Mündung des Wed Ihan Halt, wo wir gehofft hatten. Wasser zu finden. Der Brunnen aber war in Folge der Dürre der letzten sechs Jahre trocken; die meisten der früheren Bewohner sind nach Ahir oder Fezzan gezogen, und nur wenige Unglückliche oralsten zurückbleiben, da sie keine Mittel hatten, wegzukommen. Ihre Annutfa ist grofe. Ich selbst habe gesehen, wie Weiber die Erde aufwühlten, um die Arinkörner zu suchen, die die Ameisen angesammelt hatten. Ihrer eigenen Aussage nach bilden diese Körner, von denen jeder Ameisenhaufen genug giebt, um eine Kbek (Art kleiner runder Matte) zu füllen, mit Guetaf und dem Samen des Tolh fast ihre einzige Nah- rung. Sie essen gleichfalls den Gummi des letztern.

Das FJufobett hier ist mit Tarfa und Atiaal bewachsen, und leti- tere ist hier ein hoher Baum. Ich sah einige Gazellen und Spuren von zahlreichen Meha, Fahad (Luchs), Schakals und Hasen.

1 5. Sept. Von Ihan giugen wir nach dem Wed Tidjuschelt in an-

Bu Iferbft's Reite nach Ghftt. 479

ser Nachtquartier, das wir an einer, Interga genannten Stelle, wo wir kein Wasser fanden, aufschlugen.

16. Sept. Bei Tidjuschelt scheint das Wed Ighegharen einen stum- pfen Winkel nach O. zu machen. Wir hielten es daher für nöthig, es xu verlassen. Wir gingen über Plateau's, die zu einem Daia fährten, wo wir einige Augenblicke ausruhten. Um Uhr Abends erreichten wir Aglet Sidi Aly Elmaheni, im Thalweg des Wed Ilisi. Man mufe hier 2 Meter tief im Sande graben, um Wasser zu finden.

17. Sept. Rasttag.

18. Sept. Um 6* Uhr früh verliefsen wir das Wed Ilisi, und be- stiegen das Plateau, welches es vom Wed Takhmelet trennt. Wir cam- pirten in letzterem bei der Quelle Tadjnut. Sie hat eine Einfassung von Schilf, mit dreieckigen Stengeln und etwa 4 Meter hoch. Diese Gegend wird von Onagern (wilden Eseln) bewohnt, deren Spuren den sandigen Boden bedecken.11

Bu Derba traf hier einige Weiber an, deren Männer nach Ghe- dämes gegangen waren, um Lebensmittel zu suchen, und die bis zu deren Rückkehr von Drin u. s. w. lebten.

19. Sept. Wir brachten den Tag damit zu, die Ravine Tihinkelt zu erreichen. Auf dem Wege kamen wir im Wed Isekerak an den zwei Brunnen Inherault vorbei. Diese sind 2{ Meter tief und haben gutes Wasser. Temperatur der Luft 30°, des Wassers 23f C.

20. Sept. Eine Stunde nach unserer Abreise traten wir in ein kleines enges Thal ein, das nach seiner mit feinem weifsen Sand be- deckten Sohle Ighar Hamelen i. e. weifeer Flnfs genannt wird. Das Thal abwärts kamen wir in's Wed Tarat, einem der bedeutendsten Thälar des Plateau's des Azgar. Die schroffen, 40 bis 50 Meter hohen Gehänge dieses Thaies bestehen aus dicken Thonlagern, die ein dünnes Lager von geschichtetem Sandstein von dem oberen dunklen (fand) Sandstein trennt. Diese Sandsteine erstrecken sich von O. nach W. und gegen S. fallen sie unter einem Winkel von 20° ab.

Um 4f Uhr Abends campirten wir im Wed Tarat, das wir nach SSW. hinaufgestiegen waren.

21 . Sept. Früh am Morgen vertieften wir das Wed und nahmen unsern Weg nach SO. über eine weite nackte Ebene mit thonigem Bo- den. Am Fulse einer kleinen Dünenkette kamen wir nach den zwei Brunnen Tanit-Melet, die in Thon gegraben sind. Ihr Wasser ist brackisch. Temperatur der Luft 29* C, des Wassers 23* C.

Bu Derba fand hier ein Lager von Azgar- Tuareg, die ihn als Gast aufnahmen und die er daher nach Landesbrauch bewirthen und beschenken mufste.

480 E- BftTenitein:

22. Sept. 2| Uhr früh Abreise. Wir vertieften die Dünenkette, an deren Sfidabhange die Brunnen Tanit-Melet gelegen sind, und stie- gen auf ziemlich beschwerlichem Wege durch eine Rarine auf das Pla- teau von Tarurit. Die Oberflache dieses Plateau's ist sehr zerrissen und es ist daher beschwerlich zu bereisen. Die Route ist mit grofsen Sandblöcken besfiet, die mehr oder weniger phantastische Formen ha- ben. Es sind dieB die Ueberreste der Mamelons, die in Folge bestan- diger Zerstörung verschwunden sind und weiter in der Ebene zur Bil- dung der Sanddunen beigetragen haben. Der weüse Sand der Sahara dankt seinen Ursprung der Zerstörung der Felsen, die ihre Hochebe- nen und Berge bilden.

Um 10| Uhr frühstückten wir bei einem dieser Felsblöcke, der 15 Meter hoch war. An diesem Felsen findet man eine Unzahl von Namen eingekratzt, und altem Brauch zufolge hat Jeder ein Recht zu dieser Auszeichnung, der fähig ist, einen Stein über den Felsen weg zu werfen. Dieser hat danach seinen Namen „Idaret Hedjeren", d. h- „schwer zu passiren".

Um 6 Uhr Abends campirten wir in einer Ravine, wo wir kein Feuerholz finden konnten, und um unser Abendessen zu bereiten, mutete ich eine meiner Kisten zerbrechen. Der wenige Regen, der am 12ten gefallen war, hatte hingereicht, hier eine Masse von kleinen Pflanzen hervorzurufen.

23. Sept. Wir setzten unsere Reise über das Plateau fort und stiegen am Abend in eine Ravine hinab, die uns in's Wed Thekhesnn führte, wo wir um 6^ Uhr Abends unsere Zelte aufschlugen.*

24. Sept Am Morgen kam ein Neger als Bote von einem von Bu Derba's Leuten, der nach Gh&t vorausgeschickt worden war, um über die dortigen Zustande Nachrichten einzuziehen, im Lager an. Die gröfete Anarchie herrsehte zu Gh&t, der Häuptling der Azgar, dessen Leute sich empört hatten, hatte sich zurückgezogen und die Aufruhrer den Markt geplündert und drei Menschen ermordet. Bu Derba beschkfe indessen, 4| Stunden weiter nach der Quelle Tihubar im Wed The- khessin zu gehen, und dort fernere Nachrichten abzuwarten. Tempera- tur der Luft 83* C, des Wassers 26* C.

Am Abend kam Bu Derba's Bote selbst an mit der Nachricht, dafe die Ruhe wieder hergestellt sei und Mohammed ben Hatita die Gewalt wiederum in Händen habe.

25. Sept. „Um b\ Uhr waren wir auf dem Wege. Wir verliefe« das Flufebett, bestiegen ein Plateau und liefeen nach 2| Stunden den Mamelon Tilonin, der uns während der zwei letalen Tage als Weg- weiser gedient hatte, zur Rechten liegen. Vor uns erhob sieb der Ksar el Djenün. Um 12{ Uhr fanden wir am linken Ufer des Wed M&ik*

Bu Derba's Heise nach Oh&t 4g|

die kleine Quelle Ihenaren. Temperatur der Luft 34#, des Wassers 26 •. Das Wasser schmeckt nach schwefelsaurem Eisen.

Von hier ab verliefsen wir die bisherige südöstliche Richtung und wandten uns nach Süden. Am Abend campirten wir im Thal von Wa- riret, etwa 700 Meter vom Ksar el Djenün entfernt.*4

26. Sept. Fünf Stunden brachten Bu Derba nach Ghät. Er schlug sein Lager aufserhalb der Stadt auf, da er Gewalttätigkeiten befürch- tete. Die Franzosen waren nicht sehr beliebt; man glaubte, sie beab- sichtigten Ghät zu besetzen. Bu Derba wufste die Einwohner jedoch zu beruhigen. Er erklärte ihnen, dais die französische Regierung nur wünsche, den Handel zwischen Algerien, Ghedämes, Ghät und den Landern des Sudan zu fordern, aber keineswegs sich in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen. Er machte ihnen die Vortheile begreif- lich, die sie von der Ausdehnung ihres Handels ziehen würden.

Wir selbst müssen gestehen, dafs wir an eine Ausdehnung des Handels mit der Sahara oder gar mit dem Sudan durch die Sahara keinen Glauben haben. Die Bevölkerung der Sahara ist äufserst dünn, im Ganzen vielleicht kaum mehr als 300,000 Seelen, und der Handel des Sudan mufs sich mehr und mehr den Küsten Guinea'* und Sene- gambiens zuwenden, nach denen die Transportmittel wohlfeiler und wohl auch sicherer sind, als durch die Sahara.

Da neuere Reisende Ghät mehrfach besucht haben, übergehen wir die Bemerkungen, die Bu Derba über den Zustand dieser Oase giebt.

Am 4. October reiste er von Ghät ab. In Folge des schlechten Zustandes seiner Kameele kam er erst nach 22 Tagen an der Ain el Hadjädj an. Bei Takhmelet begegnete er einer Karawane von Tuät mit 100 Kameelen. Bis Tabelbalt hatte ihn der Tuareg- Häuptling Ikhenukhen begleitet, der von hier aus seinen Weg nach Tuät nahm. Bei Tair fand man die begrabenen Lebensmittel und in Temassinin die Kameele bis auf das fetteste, das angeblich gestorben sein sollte. Von Temassinin an hielt sich Bu Derba zur Rechten und vermied El Biod und Ain et Teiba, wo er fürchtete, mit Räubern zusammenzu- treffen. Am 4. Novbr. campirte er bei El Maiiah, einer Einsenkung 3 Stunden östlich von El Biod, und am 15. Nov. kam er zu Djeribei an, das die Räuber erst vor einigen Stunden verlassen hatten. Man war froh, als man am 18ten Ruissat erreicht hatte. Hier hörte man, dafs die Räuber im Süden von Temassinin zwei grofse Kameele weggenom- men hätten.

Am 28» November reute-' M. Bu Derba von Wargla ab, und am 1. December trafter wieder in El Aghuät ein.

Wir geben nun zum Schlafs M. Ismail Bu Derba's Barometer- und Thermometer -Beobachtungen, nach denen wir die annähernde

Zeitoehr. f. all«. Brdk. Nene Folg«. Bd. VIII. 3 1

482

E. G. Raven stein: Bu Derba's Reise nach Ghat,

Meereshöhe berechnet haben, bei Annahme eines mittleren Druckes von 337.4 Par. Linien auf der Oberfläche des Meeres and einer mittleren .Temperatur von 10 C.

Ort

3JH

gl

Mittlere Tempera- tur

Grade C.

Mittlerer 8tand des Baroroet.

Millim.

Jim Höhe § S S in Pariaer •SJSfl, Fat.

EI Aghuat

Oestlich von Medagin . .

Dait Namus

Mekeb el Atasch . . . Hassit Udei Seder . . . Gerera .......

Ben Trisch

El Atbia

Negnasa

Rnissat

El Hadeb

Tarfaia

Djeribei

Slaasel1) Dsamra . . . Asal ....

Tnmiet

Ain et Teiba .... El Gassi

El Biod

Schabet el Biod . . .

Ighegher

Temas8inin a) . . . . Tair .......

Tamaserga

Ehanfussa

Ain Tabelbalt ....

Tanefokh

Ain Hadj&clj

Tadjeran

Ihan

Interga

Bisi

Takhmelet

Tihinkent

Tarat

Tanitmelet

Tarurit, Platean. . . .

Titekhessin

Wariret

Ghat (20 Meter über der Stadt)

2 2 2

1 2 2 2 2 15 2 2 2 6 2 1 3 2 2 1 6 1 1 4 2 2 4 2 1 1 2 1 2 1 2 3 2 3 1 1 1 2 2 2

30

21

25*

26*

28

30

30

29*

27

27

29

43*

37*

40

41

43

31*

35

42i

36

38

35

30

38|

38

30}

31*

33

34

361

34

28

24*

26

20

32

22

23

18

21

22*

700

711

701}

*

702

1

715

0

726 \

740

6*

741* 750* 757*

0

4

754*

2

753

2

754

751

1 2

750*

+

750*

i

748

745]

3

743*

741

740 736*

i

734*

4

736

0

732*

14

728

731

.

732}

1

730

_

730*

0

725

_

724*

1

721

0

723

1

723

*

718

720

_

720

_

701*

4

713

0

710}

4

3*

2210

2110

2120

1640

1230

750

680

370

110

220

280

250

350

380

380

470

540

620

720

750

890

960

880

1030

itso

1060 1010 1100 1080 1270 1300 1430 1340 1340 1500 1470 1450 2140 1690 1790

1780

') Offenbar das arabische Selsele d. i. Kette. *) Temassanin nach Dr. Barth.

(K.)

483

Miscellen.

Die russische Marine im Jahre 1859.

Nach einem im Mor$koi Sbornik (2. Aprilheft 1860) abgedruckten Bericht des Inspecttons -Departements des manschen Marine -Ministerium« waren im Jahre 1839 folgende Kriegsschiffe ausgerüstet:

In der Ostsee: 9 Linienschiffe (darunter 6 Sehranbenschiffe und die bei- den ans Sebastopol nach Kronstadt gekommenen Schiffe Sinope und Cesarewitsch, die hier mit Schrauben versehen werden), 6 Sehranbenfregatten, 9 Bad -Dampf- Fregatten, 10 Corretten, 6 Clipper, 1 kaiserliche Dampfjacht, 2 Briggs, 5 Schoo- ner, 1 Tender, 8 Jachten, 6 Transporte, 4 Loetsschiffe, 19 kleine Dampfer und 75 Schrauben -Kanonenböte =161 Fahnenge.

Im Weifsen Meere: 1 Brigg, 1 Schooner, 1 Transport-, 3 kleine Dam- pfer = 6 Fahrzeuge.

Im Kaspischen Meere: 7 Schooner, 1 Transport, 9 kleine Dampfer = 17 Fahrzeuge.

Im Schwarzen Meere: 6 Schraubencorvetten, 1 kaiserliche Dampfjacht, 16 Schooner, 4 Transporte, i Lootsschiff und 5 kleine Dampfer =33 Fahr- zeuge *).

Im Stillen Meere: 3 Schooner, 2 Transporte, 5 kleine Dampfer = 10 Fahrzeuge.

Davon waren: Dampfschiffe

Segelschiffe

Ostsee .... 137

24

Weifses Meer . . 3

3

Kaspisches Meer . 13

4

Schwarzes Meer . 25

8

Stilles Meer . . 8

2

186 41

Im Gänsen 227 Fahnenge.

Aufserdem befanden sich noch an kleineren Fahnengen, als Leuchtschiften, Barken, Kanonenböten, Cuttern etc. in der Ostsee 262, im Weifsen Meere 7, im Kaspischen 17, im Schwanen 9, im Stillen 6 = 301.

') In dem zwischen Rufsland und der Pforte abgeschlossenen Zusatzvertrage zu dem Pariser Frieden vom 80. März 1856 lautet Art. 2: „Lee Hautet Partiet contrac- tantes te rdservent ctentretenir chaeune, dam cette «er, tim bdtiments ä vapeur de cinquante mitres de longueur ä la flottahon, dun Umnage de huit cents tonneaux au maximum, et quatre bäliments liger» ä vapeur ou ä voile, dun tonnage qui ne de- patsera pas deux cents tonneaux chaeun." Rechnet man noch die beiden Schiffe hinzu, die nach Art. 19 des Pariser Friedens jede der contrahirenden Mächte an der DonanmUndimg halten darf, so würde die rassische Marine im schwanen Meere 12 Fahrzeuge zahlen dürfen, nicht 88. Wenn man einem mächtigen Staat wie Kur- land in der Benutzung des Meeres, das seine Küsten bespült, Beschränkungen auflegt, die sich höchstens ein so ohnmächtiger Staat wie Persien von einem übergewaltigen Nachbar gefallen lüfst, so wird man freilich immer und von vorn herein darauf ge- fafst sein müssen, dafs die Wirklichkeit solcher unpraktischen Stipulationen spottet.

31*

484 Miaceüen:

Von den in der Ostsee ausgerüsteten Schiffen machten 27 (25 Dampf- und 2 Segelschiffe) Reisen in ausländischen Gewässern (12 nach dem mittelländischen Meere, 2 nach England und Frankreich, 13 nach China, Japan und dem Amur).

Ueber die Thätigkeit der Tschernomorischen oder Schwanen Meeres -flotte werden folgende Details mitgetheilt:

Die Corrette „Woin" brachte im Juni das 13. Schützenbataillon ans Anapa nach Nikolajew nnd das Infanterie -Regiment Minsk ans Mikolajew nach Kertsch, und im September mit der Corrette „Wepr", den Schooners „Don* und „Bom- bory" nnd dem Dampf boot „Taman" das Infanterie -Regiment Wolhynien ans Sewastopol nach Odessa.

Zur Verfügung des Chefs der Konstantinowsker (Noworoasijsker) Station standen seit 1858 die Corrette „Wölk" und die Schooner „Elborus" und „Pse- suape". Diese Schiffe wurden im Laufe des Jahres 1859 durch die Corrette „Wepr" nnd die Schooner „Salgir", „Noworossijsk", „Pizunda", „Tuapse*, „Ki- lasury" und „Anapa*4 abgelöst Auf der Snchumer Station befanden sich die Corrette „Rys" und die Schooner „Bombory" und „Redout-Kale", welche durch die Corrette „Subr", die Schooner „Souksu" und „Elborus" und den Transport „Theodosia" abgelöst wurden.

Die kaiserliche Dampfjacht „Tiger" und das .Dampfboot „Taman" dienten zu den Fahrten des Chefs des Seewesens in Nikolajew nach Sewastopol, Odessa und anderen Häfen.

Das Dampf boot „Ordinarez" befand sich in Galacz beim Commissar der eu- ropäischen Donau -Commission, Baron Offenberg; die Dampfer „Sulin* nnd wIn- kerman" wurden zu verschiedenen Auftragen gebraucht nnd letzterer löste im Herbst den bei der russischen Gesandtschaft in Constantinopel befindlichen Dam- pfer „Pruth" ab.

Der Schraubenschooner „Abin* diente zn üebungsreisen der Gardemarine, wobei magnetische Beobachtungen zur Bestimmung der Inclination vorgenommen wurden; diese Beobachtungen wurden im Herbst längs der Ostknste des Schwar- zen Meeres durch den Schooner „Psesuape" fortgesetzt

Zu Sondirungen im Asow*schen Meere wurde das Lootsschiff , Hymnik" ver- wendet, welches in der Folge durch den Transport „Rem* abgelöst wurde.

Als Wachtschiffe dienten: in Sewastopol der Schooner »Opyt", in Otacha- kow der Schooner „Aju-Dagh" und in Jenikale der Schooner »Skntachnaja* der später durch den Transport „Portiza" abgelöst wurde. L.

Koritsa in Macedonien *).

Koritsa, tttrk. Gjördsche (rxwortia), in einem 10 Stunden langen nnd 2 Stan- den breiten Thale gelegen, das ron hohen Bergen begrenzt nnd östlich durch Nebenzweige des Pindos, westlich durch die Berge ron Moschopolxs und Gor*1), im Norden aber ron dem bis nach Achrida (Ochrida) nnd zum Berge Skardos sich hinziehenden Gebirge Xerowuni gebildet wird, wurde erst unter der Türken- herrschaft erbaut und bewohnt. Der Flui* Derol, nach welchem auch der ganze

') Nach der zu Athen erscheinenden Nta flavSmQa.

a) Offenbar das allgemein slawische Wort für Gebirg. (K.)

Koritsa in Macedonien. 485

District benannt wird und welcher in du adriatUche Meer fliefst, ist nur 2\ Stan- den davon nach Norden entfernt. Koritsa selbst liegt 12 Standen südlich von Aclinda und 26 Standen nördlich von Janina, »wischen beiden Städten, und 12 Standen östlich von Berat Die Einwohnenahl betrog im Jahre 1859 10,000, unter denen kaum 1000 Türken waren, wogegen die übrigen zur griechischen Kirche sich bekannten, die, eben so wie im ganzen Districte, nur mit Ausnahme zweier Dörfer, Drenowo nnd Bombostitsa, wo die bulgarische Sprache, nnd Mo- schopoHs nnd Sipiska, wo anch die walachische Sprache in .Gebranch ist, die albanesische Sprache reden. Allein da die Albanesen pelasgischen Ursprungs (1), mithin von gleichem Stamme sind, wie die Hellenen, und anch diejenigen Alba- nesen, welche vor langen Zeiten gezwungen zum Islam sich bekannten (die sog. türkischen Albanesen), mehr griechische Gesinnungen bewahrt, als türkische ange- nommen nnd niemals mit den Türken sich vermischt haben, so kann hier ein Unterschied der Sprache nnd Nationalitat nicht von wesentlichem Belange sein. Das gleiche VerhaltniTs gut anch von den Sulioten, die ebenfalls albanesischen Ursprungs sind, nicht minder von den zahlreichen Albanesen auf den Inseln Hydra, Spetzia, Porös und an anderen Orten des Königreichs Griechenland, sowie aufser- halb desselben. AuTserdem wohnen in der Umgegend von Koritsa viel Türken, obschon in manchen dieser Dörfer christliche Kirchen bis auf die Gegenwart sich erhalten haben.

Der Handel, der sich in Koritsa in Folge der besonders vorteilhaften Lage des Orts und im Verhältnifs zu den umliegenden Districten von Kastoria, Ana- selitsa, Churupista, Devol, Prespa, Gkorra, Mokra, Oparis, Skrapari, Kolonie, Konitsa, Premeti u. a. in hohem Grade günstig entwickelte, würde der dortigen christlichen Bevölkerung noch mehr Gelegenheit haben geben können, zu grofsem Wohlstande zu gelangen, wenn sie nicht den Bedrückungen und Beraubungen der umwohnenden Türken ausgesetzt gewesen waren, wie dies auch an so vielen anderen Orten der Türkei der Fall gewesen. Viele gröfsere Städte der Umge- gend, deren Verwüstung offenes Zeugnifs dafür ablegt, sind in früherer oder spä- terer Zeit diesem Raubsysteme unterlegen, s. B. Emporia, Wartsi, Selasphoros (jetzt Swesda), Withikuk1)» Moschopolis, Sipiska f/zzis-^a), Linotopos, Nikolitsa und Bombostitsa, und manche dieser Ortschaften sind bis auf diesen Tag wüst und unbewohnt geblieben, wie s. B. Linotopos, während an andere dieser Orte nur wenige Familien neuerdings sich hingewendet haben. Ein gleiches Schicksal traf in den Jahren 1822 24, sowie 1858 zu mehreren Malen auch Koritsa, das unter verschiedenen Vorwänden von türkischen Grofsen gebrandschatzt und dessen christliche Bewohner von Mord, Raub und Plünderung heimgesucht wurden, so dafs viele davon nach Griechenland, der Moldau und Walachei und nach Aegyp- ten auswanderten. Indefs vergafsen diese Auswanderer auch in der Ferne ihre frühere Heimath nicht, indem sie zur Errichtung und zum Unterhalte griechischer Schulen und anderer öffentlicher Anstalten in Koritsa, zum Bau von Kirchen etc. bedeutende Summen hergaben.

In der Umgegend von Koritsa finden sich häufig Trümmer alter Burgen, in denen jedoch noch keine Nachgrabungen, namentlich nach Inschriften, stattgefun- den haben. Dergleichen Trümmer sind z. B. auf dem Berge von Emporia, der zu dem Höhenzuge des Pindos gehört und an Ort und Stelle den Namen Kiutet(?)

~») Wohl Wotskop bei Leake. (K.)

486 MitttUta;

fährt» ferner in den Dörfern Selasphoros, Zagradisti, Koliotisa(?), Wattsi, sowie in dem berühmten Kloster der Apostel Petrus und Paulus in Withiknk. In Sei« phoros giebt es namentlich einen alten unterirdischen Canal, der mit dem unweit befindlichen Flusse Derol in Verbindung steht, und nicht selten werden in die- sen Trümmern alte Münzen gefunden.

Die Burg Kiutet wurde bis vor etwa 25 Jahren von türkischen Albanesea bewohnt, die von jeder Abgabe an den Sultan frei waren und nur die Verbind- lichkeit auf sich hatten, die von Anderen gesahHen Steuern für denselben sicher su geleiten. Hinter dem Berge Kiutet liegen die Trümmer eines zerstörten Dor- fes, Namens Athanasitsa. Die daselbst aufgegrabenen riesigen Grundmauern der im Jahre 1225 wieder erneuerten Kirche zur Himmelfahrt Maria liefern den Be- weis, dafs diese Kirche ein anfserordentlich umfangreicher Bau gewesen sei.

Dem sonst so gesunden Klima der Gegend von Koritsa hat der nenerdingt gebildete See von Sowiana1), der vor ungefähr 50 Jahren nur ein kleiner Sumpf war, nun aber schon einen grofsen Theil der Ebene überschwemmt hat, empfind- lichen Nachtheil zugefügt, und besonders wird dadurch die Strömung des Flusse* Devol verhindert, was theils an sich und für den Verkehr, theils namentlich in- sofern unangenehme Folgen gehabt hat, als darunter das Fischen in dem durch seine Aale berühmten Flusse Derol leidet und erschwert wird. Auch ist hin und wieder das Erdreich der nahe gelegenen Hügel unterwaschen und herabgestürzt worden.

Im Allgemeinen findet die Bemerkung des dänischen Beisenden Ussing b seinen »Griechischen Reisen und Studien u (Kopenhagen 1857), dafs es »weni^ Länder giebt, wo die Städte so sehneil aufblühen und wieder abnehmen, ab iL der Türkei,14 und dafs namentlich „in ganz Thessalien die türkische Bevölkern:.,: im Abnehmen ist und manche Dörfer jetzt verschwunden sind,** auch in dar Vorstehenden sejne volle Bestätigung. Eines der auffallendsten Beispiele die-c? Art ist das dort ebenfalls genannte Moschopolis, welches, im vorigen Jahrhundert eine von zahlreichen Griechen bewohnte blühende Handelsstadt, in Folge des tür- kischen Raub- und Plünderungssystems fast ganz verschwunden ist. K.

Nachrichten über die Reise der Herren Baron v. Barnim und Dr. Hartmann in Nubien.

Von dem Herrn Baron v. Barnim und seinem Begleiter, Herrn Dr. Hart- mann, sind Briefe aus Chartüm vom 29. und 30. April eingetroffen, ans wel- chen Herr Prof. Ehrenberg in der letzten Sitzung der Geogr. Gesellschaft fol- gende Mitteilungen hervorhob.

„Der Weg von Wadi Haifa bis El Urdeh oder Kasr ed-Dongola bot geogra- phisch fast nichts Interessantes dar. Wir hielten uns meist am rechten Ufer de» Nil, mit Ausnahme einiger Biegungen desselben; so gingen wir von Wadi Sara* bis zum Katarakt von Satrab und vom Katarakt von Haifa bis Fergeh durch <h- Wüste. Wir schnitten dann noch die beiden grofsen Biegungen des Nil na«.H Westen ab, und durchzogen von Farek bis Kerman abermals die Wüste in direc m Richtung. Wir marschirten vom 13. bis 27. März, also 14 Tage, wovon ein RaJ.i-

l) Wohl Swrina in Vequesncr« Karte. (K.>

Bebe der Herren Baron v. Barnim und Dr. Hartmann in Nubien. 487

tag abgeht. Schon am 16. März Betete ein so heftiger Sturm ans Norden ein, dafs jegliches Arbeiten im Freien unmöglich wurde und selbst die nächsten Ge- genstände des dichten Staube* wegen kaum an unterscheiden waren; der Sturm hielt last bis Dongola an, dennoch ist es mir gelungen den Weg von Fergen bis Amärah aufzunehmen. Die Barkenreise (vom 30. März bis 4. April) von Urdeh bis Dabbefa bot nichts Neues, dagegen desto mehr die Beise durch die Steppe von Dabboh bis Chartum."

9 Diese Route, welche durch das Gebiet der Kubabisch geht, ist, so viel ich weifs, noch nicht bekannt, und auch auf Kieperts Karte von Aethiopien (zu Lep- sin*' Werk) ist nichts davon verzeichnet '). Ich habe daher mit möglichster Ge- nauigkeit die Boute zu bestimmen gesncht und darüber auch Manches zu Papier gebracht. Vier Stunden südlich von Dabbeh liegt der erste Brunnen, Stunden weiter südlich der zweite, hier geht rechts der Weg nach £1 Ob£d, links der Weg nach Chartum ab; man reist in einer Ebene, welche theils den Charakter einer steinigen Wüste, theils den einer sandigen Steppe trägt; zu beiden Seiten des Weges, der nur wenig ansteigt, ziehen sich niedrige Hügelreihen hin, welche sich nach dem zweiten Brunnen fast ganz verlieren, indem man in eine vollständige Ebene eintritt Am dritten Tage erhebt sich in der Bichtung des Weges (SSO.) eine lange Bergkette, welche man nach zehnstündigem Marsche vom zweiten Brun- nen aus erreicht. Fast senkrecht steigen die Berge 4 500 Fufs hoch aus der Ebene auf und erstrecken sich in einer Ausdehnung von etwa 36 Stunden auf der Westseite des Weges hin, lange Ketten und einzelne Kegel und Kuppen bildend. Auf der Ostseite des Weges zeigen sich nur kleine, vereinzelte Berggruppen. Achtzehn Stunden vom zweiten liegt der dritte Brunnen, 12 Stunden weiter der vierte, 10 Stunden weiter der fünfte, 13 Stunden weiter der sechste und letzte; in den übrigen 28 Stunden hat man keinen Brunnen mehr. Die Brunnen sind mit Ausnahme des ersten und zweiten nicht tief, meist mit schlechtem Wasser versehen, aber von reicher Vegetation umgeben, die, je südlicher wir kamen, desto mehr Frische und Pracht zeigte. Schon seit dem dritten Brunnen ist das Land eine vollständige Steppe; nur einzelne tafelförmige Erhebungen mit geringer Ansteigung sind steinig und ohne Vegetation. Temperaturbeobachtungen und Ni- vellements sind mit der auf einer schnellen Beise möglichen Genauigkeit durch- geführt worden."

«Meine Skizzen von Cairo ab enthalten 34 Blatt egjptische und nubische Denkmäler, 20 Blatt Costüme, 6 Blatt Barkenansichten und aufserdem 10 Blatt malerische Ansichten, theils in Quart, gröfseren Theils in Querfolio. Aufserdem sind 5 Karten und Pläne und ein Blatt mit Gebirgsprofilen gezeichnet.*

Herr Dr. Hartmann schreibt, dafs er als Arzt in Nubien mehr als in Aegyp- ten in Anspruch genommen wurde. „Kranke aller Art meldeten sich und ver- langten oft schleunige Abhülfe langjähriger schwerer Uebel. Interessante medi- zinische Beobachtungen, welche einst einen nicht unwichtigen Anhang zu unserem Tagebuche bilden werden, schlössen sich an diese ärztlichen Dienstleistungen an. Dagegen bedürfte es wohl eines längeren, emsigen Studiums in Chartum selbst, um das hier besonders nach Aufhören der Regenzeit herrschende, noch so my- steriöse Tropenfieber seinem innersten Wesen nach gründlich kennen zu lernen.

») Zuerst 1856 durch Herrn v. Heuglin bereist, dessen Erforschung nebst Karte im Jahrg. 1869 von Petermann' 8 Zeitschrift mitgetheilt ist. (K.)

488 MiBceUcn:

Die hier befindlichen Aerete vermögen über diese seltsame Krankheit nur dürftige Aufklärung zu geben. Für Zoologie und vergleichende Anatomie gewahrt un- sere Reise reichliche Ausbeute. Die von uns erlegten Säugethiere und Vögel werden gewöhnlich skelettirt, kleinere Amphibien, Fische, Inseeten und Wanner jedoch, behufs eines späteren Studiums ihrer innern Theile, in Weingeist aufbe- wahrt. Interessante Erscheinungen werden sogleich aufgezeichnet und niederge- schrieben. Soweit es die Anstrengungen der Reise gestatten, stelle ich mikroskopische Beobachtungen über die hiesige niedere Thierwelt an, und suche die merkwürdig- sten Dinge sogleich mittelst Bleistift und Farben zu Papier zu bringen. Eine kleine Sammlung infuBorienreicher Erden und SehlammabsUse wird später als Beleg dienen. Anthropologischen Studien stellen die grofse Mischung der hier wohnenden Menschenstämme, sowie religiöse und nationale Vorurtheile gro&e» oft unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Aber auch nach dieser Richtung ge- schieht, was die Umstände irgend erlauben. Einiges Interesse dürfte vielleicht dereinst eine Collection typischer Portraits der einzelnen Stämme (Araber, Bara- bra, Darrarer, Fungi u. 8. w.) gewähren. In botanischer Hinsicht lege ich ein Herbarium auffälliger Pflanzen an. Besondere Aufmerksamkeit wird den Cultnr- pflanzen gewidmet, auch wird keine Gelegenheit versäumt, Nachrichten über Bau und Gewinnung derselben einzuziehen. Einige Sämereien wurden gesammelt. Vielleicht gelingt es, auch fUr die Pflanzenkunde etwas Neues zu erlangen. Die Zahl der bis jetzt eingesammelten Pflanzenarten beläuft sich auf etwa 90. Für mineralogische Zwecke sammele ich Felsproben, zeichne Gebirgspronle und Stein- schichtungen, mache auch geognostische Beobachtungen, soweit dieses meine ge- ringen Kenntnisse in dieser Disciplin gestatten. Zwischen Cairo und Chartum habe ich über 300 malerische Skizzen und naturwissenschaftliche, ausgeführte Zeich- nungen angefertigt, erstere zum Theil im gröfsesten Format. Eine besondere Mühe habe ich darauf verwendet, die Vegetation und Thierwelt der Chala (Steppe) in einer Reihe von Skizzen darzustellen.*

„Nach langer und sorgfältiger Berathung, auch mit den unterrichtetsten Mit- gliedern der hiesigen europäischen Colonie, sowie mit dem General-Capitain der Provinz, Hassan Bey, sehen wir uns in die Lage versetzt, auf einen Lieblings- wunsch Verzicht zu leisten, und die Reise nach Gondar aufzugeben. In Cairo wufste man uns, auch an massgebender Stelle, so wenig genaue Auskunft über die Zustände dieser fernen Länder zu geben, dafc wir erst hier genauere Nach- richten einziehen konnten. Nach übereinstimmenden Berichten ist eine Reise auf dem blauen Flusse für die Monate Mai und Juni ohne ernstliche Gefahr vor kli- matischen Einflüssen wohl ausführbar. Die schlimme Zeit beginnt am blaues Flusse und hier in Chartum erst im September und dauert bis zur Mitte des No- vember, fällt also in das Ende der Regenzeit. Letztere erscheint in Abessimen bereits im Monat Mai und im Sudan im Juli. Im Mai und Juni fallen hier nur vereinzelte Regen. Wir würden gegen Ende des Juni hier zurück sein und dann den unteren Nil gewinnen können. Dar-Dongola, dessen Verhältnisse sich seit Prof. Ehrenberg's Anwesenheit sehr geändert haben, gilt hier jetzt als aufserst gesundes Land ; sollten dennoch bei unserer Rückreise irgend welche Besorgnisse in ärztlicher Beziehung stattfinden, so werden wir unverzüglich den Weg durch die Wüste Atmür zwischen Abu-Hammed und Korusko nehmen."

Das 8hire*-Thal und «eine Bewohner.

Nachricht über das Schicksal des Dr. Vogel.

Das tob Herrn Dr. Barth in der leisten Sitzung der geographischen Ge- sellschaft miigetheilte Schreiben in Besag auf das Schicksal des Dr. Vogel ist von Koenig-Bey, Secretaire des Cammandements dt San Altesse It Vice-Roi dEgypt*, ans Alexandrien 11. Juni 1860 an Herrn Jomard in Paris gerichtet und lantet vollständig folgendermafsen:

»Ich glaube Sie schon früher von des Schritten in Kenntnifs gesetzt an ha- ben, die Se. Hoheit der Vicekönig auf Ihren Wunsch unternommen hat, um das Schicksal des berühmten Beisenden Vogel aufzuklären. So eben empfange ich von Sr. Excellenz dem Kriegsminister einen Brief mit der Nachricht, da£s nach einem von dem Sultan von Darfur an den Mondir von Kordofan gerichteten und Sr. Hoheit mitgeteilten Schreiben sich auch in Darfur das Gerächt verbreitet habe, der unglückliche Betsende sei von dem Sultan von Wadai getödtet worden, der sich alles dessen bemächtigt habe was der Beisende in Besitz gehabt; dafs der Sultan von Darfur jetzt, wo der Sultan von Wadai gestorben und sein Sohn ihm in der Herrschaft gefolgt sei, an den letztem geschrieben habe, um ihn um die Auslieferung der dem Dr. Vogel gehörigen Papiere und des andern Nachlas- ses zu bitten, und dafe er, falls diese Gegenstande ihm ausgeliefert werden soll- ten, sich beeilen werde, sie dem Vicekönig zu übersenden; daueraber, felis der neue 8nhan, der nicht von ihm abhängig sei, die Auslieferung verweigern sollte, nicht im Stande sei, ihn dazu zu zwingen. Das sind die Nachrichten, die der Vicekönig erhalten konnte und die er Ihnen mitzutheilen mich beauftragt hat.1*

Wir bedauern hinzufügen zu müssen, dafs, den Nachrichten französischer Blätter zufolge, der Sultan von Darfur, der sich diesen Bemühungen zur Wieder- erlangung der Papiere des Dr. Vogel{unterziehen wollte, neuerdings aus seinem Lande vertrieben sein soll.

Das Shirä-Thal und seine Bewohner.

Von D. Livingstone ').

Der Shire* ist ein Abflnfs der grünen Fluthen des grofsen Nyassa Sees (14* 23* S. Br., 35 30' 0. L.). Er strömt nach Süden, ein klarer, schöner, schiff- barer Flufs, von 240 360 Fufs Breite, und erweitert sich 12 15 Miles vom Nyassa entfernt, zu einem schönen, wohl 5 6 Miles breiten, seeartigen Becken mit scharf begrenztem Wasserhorizont Darauf wird er wieder schmäler, und fliefst ruhig noch etwa 40 Miles weiter bis zu Murchison's Katarakten. Nach ei- nem unruhigen Lauf von 30 Miles tritt er aus dem Gebiet der Stromschnellen herans, als ein ruhiger Strom, der auf den 112 Miles seines weitern Laufs in sei- nem tiefen Fahrwasser grofse Dampfer tragen kann, und ergiefst sich endlich anter 17* 47r S. Br. in den Zambesi, 100 Miles von der Mündung des letztern in das Meer.

») Datirt Shire River Nov. 4, 1859, vorgetragen in der geographischen und ethnologischen Section der British Association for tke Advancement of Science.

490 Miacellen:

Das Thal, durch welches der Shirt fliefst, ist am südlichen Ende des Nyassa- Sees 10 12 Miles breit, erweitert sich aber bald zu einer Breite Ton 20—30 Miles, und wird auf beiden Seiten von Bergketten eingefaßt, von denen die öst- liche eine beträchtliche Hohe erreicht. Bei Chihisas (16° 2' 3" S. Br.t 35* l' O. L.), ein paar Miles unterhalb der Katarakte ist die östliche Bergkette nicht über 3 Miles vom Flusse entfernt, während die westliche so weit zurückgetreten ist, dafs sie vom Flufs aus nicht erblickt werden kann. Geht man von Chinin» nordostwarte, so gelangt man nach dreistündigem Marsch auf eine Höhe von mehr als 1000 Fufe, ungefähr in das Niveau des obern Shire^Thals (1200 Fu&), dessen unmittelbare Verlängerung diese Höhe zu sein scheint Ein weiterer Manch von 4 Stunden fuhrt zu einem anderen Plateau, das 1000 Fuia höher hegt, und von diesem erreicht man wieder in ein paar Stunden das höchste Plateau, das sich 3000 Fufs über den Meeresspiegel erhebt, und man befindet sich auf einem aus- gedehnten Tafellande, das sich mit diesen drei Terrassen bis «um Zomba er- streckt (dessen südliches Ende unter 15° 21' S. Br. liegt). Hier wird es unter- brochen, und die Eingeborenen berichten, dafs sich nördlich vom Zomba, der sich 20 Miles weit von Süden nach Norden hinzieht, nur ein schmaler Ismmas zwischen den Seen Nyassa und Tamandna (Shirwa) befindet In demjenigen Theile des Nyassa, den wir von seinem Südende übersehen konnten, lagen auf der Westhalfte drei Inseln. Die beiden Bergketten ziehen sieh längs seiner Ko- sten weiter und durch den Dunst, den das an vielen Punkten brennende Gnu verursachte, konnten wir die verschwimmenden Umrisse einiger hohen Berge hin- ter der Östlichen Gebirgskette erkennen. Auf dem Plateau erheben sich sahirei- che Hügel und Berge, z. B. der Chicadgura, der vielleicht 6000 Fufs hoch ist, und der von uns bestiegene Zomba, der eine Höhe von 7 8000 Fufs erreicht. Von diesem Tafellande erblickt man im Osten des Sees Tamandna die Müanje Mountains, die, wie es scheint, höher sind als der Zomba, und Monnt Clarendon, der seines stolzen Namens nicht unwerth ist

Diese ganze Gegend ist auffallend gut bewässert; überraschend zahlreich in die Menge von Flüssen und Gebirgsbächen mit klarem, kühlem Wasser. Im Laofe einer Stunde passirten wir einmal acht Flüfschen und eine starke Quelle, umi das war am Ende der trockenen Jahreszeit Selbst der Zomba hat seinen Flnf«. er ist 60 Fufs breit und strömt durch ein üppiges Thal nicht weit von der höch- sten Spitze. Der Berg ist auch gut bewaldet; an den Ufern der Strome wach- sen Bäume von ausserordentlicher Höhe, die ein gutes Bauholz liefern würden. „Ist dies Land zur Viehzucht gut?" fragten wir den Führer der Makololo's, der mit der Aufsicht über das Vieh beauftragt war. „Gewifs", antwortete er, «seht Ihr nicht, in welcher Menge hier dies und das Gras wächst, das das Vieh gern frifst nnd von dem es fett wird?" Und doch hält das Volk nur ein paar Ziegen und eine noch geringere Anzahl von Schafen. Wilde Thierc giebt es im Hoch- lande nicht, auch nur wenig Vögel; auch auf den Ebenen am obern Shirt, mit Ausnahme einer einzigen Stelle, wo wir ein paar Elephanten, Büffel n. dgL sa- hen, halten sich wilde Thiere nicht auf; dagegen sind hier neue nnd auffallend« Vogelarten zahlreich vertreten.

Im Thale des obern Shire* und auf der ersten Strecke seines untern Laoio. in den Hochlanden, ißt die Bevölkerung ziemlich dicht Das Volk lebt gewöhnlkt

Das Stürl-Thal und «eine Bewohner. 491

in Dörfern oder nicht weit ron ihnen in einseinen Weilern. Jedes Dorf hat sei- nen eigenen Häuptling, und die Häuptlinge in einem bestimmten Bezirk stehen unter einem Oberhäuptling, dem sie in manchen Beziehungen untergeordnet sind. Der Oberhäuptling eines Districts am obern Shire' ist eine Frau, die zwei Ta- gereisen Tom westlichen Ufer des Flusses entfernt lebt und Heerden beutet. Der Häuptling hat eine ziemlich weit gehende Gewalt; er kann dem Handelsverkehr Einhalt thun, bis er seine eignen Sachen verkauft hat. Einige bestanden darauf, su sehen, was ihre Unterthanen für die Lebensmittel erhalten hatten, die sie uns ▼erkauft hatten. Die Weiber fallen auf die Knie, wenn der Häuptling an ihnen vor- übergeht. Mongazi's Frau kniete nieder, als der Häuptling ihr unser Geschenk übergab, es in die Hütte au tragen. Eines Abends feuerte ein Makololo ohne Erlaubnifs seine Büchse ab; er wurde deshalb ausgescholten nnd mufste sein Pulver abliefern. ;Wenn er mein Mann wäre", sagte der Häuptling, »hatte er als Bufte auch noch ein Huhn geben müssen. " Für ihre Dörfer suchen sie mei- stens verständig und mit gutem Geschmack eine geeignete Lage aus, in der Nähe eines Flufses oder einer Quelle, wo prächtige schattenspendende Bäume wachsen. Fast jedes Dorf ist von einer hohen und dichten Hecke giftiger Euphorbia' $ um- geben, durch welche die Bewohner während der gröfsern Hälfte des Jahres den Feind erblicken können, während sie selbst von ihm schwerlich bemerkt werden können. Wenn dieselben ihre schon vorher vergifteten Pfeile durch die zarten Zweige schieisen, werden sie von dem giftigen Milchsaft des Strauches benetzt und ver- ursachen höchst schmerzhafte, wenn nicht gar tödtliche Wunden. Von den ver- letzten Zweigen träufelt beständig der Giftsaft herab, und hindert den Feind durch die Hecke hindurch zu dringen, denn der Saft zerstört die Sehkraft Die Hütten sind gröfser und stärker gebaut und haben höhere und hübschere Dächer, als die uns bekannten Dörfer am Zambesi. Der Boabab oder Versammlungsplatz (sprea* ding place) liegt an der einen Seite des Dorfes; hier ist der Boden geebnet und von Banvanen, den Lieblingsbäumen der Bevölkerung, angenehm beschattet. Hier kommt das Volk zusammen, um Taback und Bang (Hanf blätter) zu rauchen, um zu singen, zu tanzen, die Trommel zu rühren und Bier zu trinken. Auf dem Boabab eines kleinen Dorfes zählten wir 14 Trommeln von verschiedener Gröfse, die alle sorgsam auf getrocknetem Grase aufgestellt waren. Auch manche nütz- liche Arbeit wird an diesem Platz aufgeführt: man spinnt, webt, macht Körbe und Fischernetze. Wenn wir in ein Dorf kamen, gingen wir sogleich zum Boa- bab, wo auch das Fremdenhaus errichtet ist, und setzten uns dort nieder. Grofse Matten von zersplissenem Bambus werden sogleich herbeigebracht, damit wir uns auf ihnen ausstrecken. Unsere Führer erzählen einigen von den Leuten, wer wir sind, wie wir uns benommen hätten, seitdem sie uns kennen gelernt, wohin wir gingen und was wir beabsichtigten. Diese Mittheilung wird dann dem Häuptling überbracht. Ist der letztere ein verständiger Mann, so kommt er gleich, so- bald er von unserer Ankunft hört; ist er aber furchtsam und argwöhnisch, so wartet er, bis er gewürfelt hat, und bis seine Krieger, die er in aller Hast zusammen rufen lä&t, sich versammelt haben. Sobald der Häuptling er- scheint, klatscht sein Volk in die Hände, und klatscht so lange, bis er sich ge- setzt hat; dann nehmen seine Käthe ihre Sitze neben ihm ein und er bespricht sich ein paar Minuten mit ihnen. Ihnen gegenüber haben sich unsere Führer

492 Misceüen:

niedergesetzt. Darauf beginnt eine höchst kuriose Seene. Beide Parteien sehen sich ernsthaft an und sprechen ein Wort aus, wie s. B. Amkimatm (unser Häuptling oder Vater), und Jeder klatscht in die Hände; darauf ein «weites Wort, und zweimal wird geklatscht; ein drittes Wort, dreimaliges Klatschen, und gleichseitig berühren alle mit ihren geschlossenen Händen den Boden. Dann springen Alle auf, klatschen; setzen sich nieder und klatsch! klatsch! klatsch! lassen den Ton dann allmählich verhallen. Sie halten dabei vortrefflich Tact und der Häuptling dirighrt. Darauf mahlen unsere Fuhrer dem Häuptling, was sie su sagen für sweckmäfsig halten, und sieben sich unter leisem Händeklatschen, oder eine Hand auf die Brust gelegt, zurück; dasselbe thun auch die Unfeertha- nen, wenn sie beim Fortgehen an dem Häuptling vorüberkommen. Nach kurzer Unterredung mit dem Häuptling werden die üblichen Geschenke übergeben, und bald bringt das Volk Lebensmittel cum Verkaufe. In manchen Dörfern klatschten die Leute mit aller Kraft, wenn sie billigten, was der Häuptling uns sagte; in andern unterblieb das Klatschen uns gegenüber, aber wir bemerkten, dafs es statt- fand, wenn schwarze Fremde ins Dorf kamen. Der Häuptling am See, ein alter Mann, kam aus freiem Antriebe, uns zu sehen; er sagte, dafs er von unserer Ankunft gehört habe, setzte sich nieder unter einen Baum und lud uns ein, bei ihm zu wohnen.

Manche von den Männern haben sehr kluge Gesichter, mit hohen Stirnen und schön geformten Köpfen. In den außerordentlich mannichultigen Arten, wie sie ihr Haar arrangiren, zeigen sie grofsen Geschmack. Ihre Perlen-Halsbänder sind recht hübsch gearbeitet. Viele haben sowohl den oberen und mittleren, wie den untern Theil des Ohrs durchbohrt und tragen in jedem Ohr drei bis fünf Ringe. Das Loch im Ohrläppchen ist so grofs, dafs man den Finger hindurch- stecken kann; manche tragen darin ein Stück Bambus von 1 Zoll Länge. Wir bemerkten messingene und eiserne Armbänder mit sorgsam gearbeiteten Verzie- rungen; einige Männer prunkten mit zwei bis acht messingenen Ringen an jedem Finger, und selbst die Daumen sind nicht vergessen worden. Sie tragen kupferne, messingene und eiserne Ringe an Beinen und Armen. Einige haben ihre Vor- derzähne ausgekerbt, andere sie spitz zugefeilt, dafs sie wie die Zähne einer Säge aussehen. Den Weibern giebt der Ring, den sie in der Oberlippe tragen, einab- stofsendes Ausgehen; doch ist dieser Zierrath in den Hochlanden allgemein üb- lich. Man durchsticht zu diesem Zweck die Oberlippe und erweitert die Oeffhung allmählich, bis das PeUU, das manchmal sehr grob ist, hineingefügt werden kann. Ein Rang, den wir mafsen, war so grofs, dafs er die Lippe noch 2 Zoll über die Nasenspitze ausweitete; und wenn die Dame lachte, hob sich der Schmuck durch die Zusammenziehnng der Muskeln bis über die Augen. „Weshalb tragen denn die Frauen diese Dinge?" fragten wir den ehrwürdigen Häuptling Chinsurdi. Sichtlich überrascht über eine so einfältige Frage, antwortete er: „Der Schönheit wegen! Das ist das einzige Schöne was die Weiber haben! Männer haben Barte, die Weiber nicht Was für Geschöpfe würden sie sein ohne PeUU? Sie würden ja gar keine Weiber sein, wenn sie einen Mund hätten wie die Männer, aber ohne Bart!" Eine Frau, die ein grofsen zinnernes Ptlde trug mit einem Boden wie eine Schüssel, wollte dasselbe durchaus nicht verkaufen, weil, wie sie sagte.

Das Shirt-Thal und Mine Bewohner. 493

ihr Mann sie sehlagen würde, wenn sie ohne PeleU nach Hanse käme. Diese Ringe sind von Bambus, von Eisen oder von Zinn gemacht

Die dürftige Kleidung der Leute präparirte Baumrinde, Thierfelle (na- mentlich Ziegenfelle) und ein dicker, starker, baumwollener Stoff ist von ih- nen selbst verfertigt. Sie scheinen ein fleiTsiges Volk zn sein. Eisen wird aus den Bergen gewonnen und jedes Dorf hat ein oder zwei Schnielzhütten; von dem so gewonnenen Eisen verfertigen sie ausgezeichnete Hacken, Aexte, Speere, Mes- ser, Pfeilspitzen u. dergl. Sie verfertigen auch runde Körbe von verschiedener Gröfse, und irdene Topfe, die sie mit Bleien verzieren, welches, ihrer Aussage zufolge, in dem Gebirgslande gefunden werden soll; wir konnten nicht genau er- fahren, wo und in welcher Menge? Die Probe, die wir zu Gesicht bekamen, war nicht rein.

In allen Fischerdörfern am Ufer des Sahre* waren die Männer eifrig damit beschäftigt, Boaze ') zu. spinnen nnd daraus grofse Fischernetee zu flechten, wäh- rend andere daraus auf Webestühlen der einfachsten Art ein grobes Zeug webten; die Arbeit ging aberall sehr langsam vorwärts.

Das ganze Land ist zum Bamnwollenban sehr geeignet. Man hat hier zweierlei Baumwolle, Tonji manga* oder fremde Baumwolle, nnd Tonji cetdji* oder einheimische Baumwolle. Die erstere ist von guter Qualität und hat einen Stapel von -J bis 1 Zoll Länge. Sie ist perennirend; nach drei Jahren bedürfen die Pflanzungen einer Erneuerung. Die einheimische Baumwolle mufs im Hochlande alljährlich gepflanzt werden; sie ist von kurzem Stapel, und fühlt sich mehr wie Wolle denn wie Baumwolle an. Jede Familie scheint ein besonderes Baumwollenfeld zu besitzen, welches von Gras und Unkraut rein gehalten wird. Die fremde Baumwolle bemerkten wir am See nnd an verschiedenen Punkten auf einer Strecke von 30 Miles südlich von demselben, und auf einer eben so grofsen Strecke unterhalb der Kata- rakten am untern Shire\ Obgleich die einheimische Baumwolle in den Hochlanden jährlich angepflanzt werden mnXs, geben die Eingeborenen ihr doch den Vorzug, weil sie ihrer Versicherung nach „ein stärkeres Zeug giebt". Einer Anzahl intelligenter Eingeborenen an der seeartigen Erweiterung des Shire' machten wir bemerklich, dais sie mehr Baumwolle anpflanzen sollten; dann würden vielleicht die Englän- der kommen und sie kaufen. »Ja wohl", sagte ein ältlicher Mann, ein Kauf- mann, der viel nmherreiste, „das Land ist voll von' Baumwolle". Unsere eige- nen Beobachtungen haben uns davon überzeugt, dais diese Versicherung richtig ist Ueberall fanden wir Baumwolle. Felder von 2 bis 3 Acres sahen wir auf unserer Heise, als wir den Tamandua-See entdeckten, an den Katarakten; bei unserer jetzigen Tour, auf einer anderen Route haben wir nur Felder von höch- stens 4* Acre Grofse gefunden, meistens waren sie \ Acre grofs. Auf den Ebe- nen sowohl am oberen wie am unteren Shire* giebi es ausgedehnte Striche, auf denen Salz ausschwitzt. Hier könnte Sea ufand-Baumwolle a) gut gedeihen, da auf solchem Boden die fremde Baumwolle einen längeren Stapel bekommt. Die

') Die Fasern einer Pflanze, die an Festigkeit und Feinheit die des Flachses Übertreffen sollen.

a) Die beste Qualität von Baumwolle, von den Inseln an der Küste Georgiens.

494 Miscellen:

Baumwollenfelder leiden hier nie durch Froste, die hier unbekannt sind, und beide Arten erfordern aufserdem nur wenig Arbeit, durchaus nicht selche ant- reibende Anstrengungen, wie eie in den Vereinigten Staaten nothwendig sind.

Die Einwohner sind fleifsige Landwirthe, und der Boden belohnt ihre Mähe gut. Alle Dorfbewohner, Männer, Weiber, Kinder und Hunde wandern m Zei- ten aus, um auf den Feldern zu arbeiten. Bin Häuptling sagte uns, dal* aDe seine Unterthanen zum Hacken ausgesogen waren, und an anderen Orten sahen wir Leute zahlreich bei der Arbeit beschäftigt. Wenn Unland in Cahur genom- men werden soll, nmfafst der Arbeiter von dem hohen trocknen Grase so viel als er kann mit der Hand, bindet die Spitze in einen Knoten xnsammen, sticht mit der Hacke durch die Wnreeln und löst den Büschel mit etwas Erde an den Wurzeln vom Boden los, worauf er ihn aufrecht hinstellt Ist diese Arbeit auf dem ganzen Felde beendet, bo sieht dasselbe wie ein Erntefeld ans, da es überall dicht mit solchen 3 Fufc hohen Garben bedeckt ist Kurze Zeit Tor dem Be- ginn der Regenzeit wird eine Anzahl dieser Garben zusammengeworfen, Erde darüber gescharrt und das Gras darunter angezündet. Der Boden wird also ähn- lich wie bei nns in manchen Gegenden behandelt Wollen die Leute ein Wald- land entholzen, so verfahren sie genau so wie die Fanner in Canada und den westlichen Staaten der Union: sie hauen die Bäume um, lassen die Stumpfe etwa 3 Fuis hoch stehen, und bringen Stamme und Aeste auf einen Haufen, am sie anzuzünden. In großer Menge baut, man Lasaaver(?) auf Beeten von 3 bis 4 Fuis Breite und 1 Fuis Höhe; ebenso Mais, Reis, zwei Arten Hirse, Bohnen, Zacker- rohr, süfse Kartoffeln, Yams, Erdnüsse, Kürbisse, Taback und indischen Hanf. Am Nyassa-See sahen wir Indigo von 7 Fujjs Höhe» Aach viel Bier wird ge- braut, und die Eingeborenen sind grofse Freunde davon. Wir fanden ganze Dorfschaften beim Zechen, und sahen alle Sorten von Trunkenheit, die stumpf- sinnige, die alberne, die unruhig geschwätzige , und bei einer Gelegenheit sogar die handelsüchtige; ein kleiner Häuptling stellte. sich nämlich mit einigen seiner Leute uns entgegen und rief nns sn: »Ihr dürft hier nicht weiter l Ihr mute zurück 1" Hätte er sich nicht mit mehr Eile als Würde ans dem Staube ge- macht, so würde ihm wohl ein zorniger Makololo die Lost zu ähnlichen Hän- deln für alle Zukunft gründlich ausgetrieben haben. Der älteste Reisende in un- serer Gesellschaft machte die Bemerkung, dafs er während seines vierjährigen Aufenthaltes in Afrika nirgends so viel Trunksucht gefunden habe wie hier. Nichtsdestoweniger werden die Leute sehr alt. In den Hochlanden wird man überrascht durch die groäe Anzahl alter grauköpfiger Personen. Man kann daraus auf ein gesundes Klima schließen; der Reinlichkeit wenigstens haben nie ihr langes Leben nicht zu danken, »Warum wascht Ihr Euch?* fragten einige Weiber sn Chinsurdi die Makololo's. »Unsere Männer waschen sich nie." Ein alter Mann sagte uns, er erinnere sich, dafs er sich einmal gewaschen habe, ab er noch ein Knabe war, aber er habe es nie wieder gethan; und seht Ausse- hen gab uns keinen Grund, an seiner Versicherung zu zweifeln. Ein Barsch, der uns einige verworrene geographische Belehrungen aufdrängen wollte, folgte uns ein Dutzend Miles weit und stellte uns dem Häuptling Moena Moesj mit den Worten vor: „Sie sind gewandert; sie wissen nicht wohin nie ge- hen ". „Setze dem Mann doch den Kopf zurecht,* sagte ein Makololo -Haupt-

Das Shirt-Thal und seine Bewohner. 495

ling seinem Factotum, der sofort anfing den Barschen auszusehenden ; nichts- destoweniger wollte der sonderbare Geograph bei nns bleiben nnd wir konnten ihn nur dadurch los werden, daß die Makololo's ihm drohten, sie würden ihn an den Flofs nehmen nnd ihn abwaschen. Das Ricinus -Oel, mit dem sie sich einreiben, nnd der Schmutz dienen ihnen rar Ergänzung ihrer Kleidung, nnd sich zu waschen bedeutet bei ihnen so viel, wie die einsige Bekleidung ihres Ober- körpers zerstören. Nach dem Waschen frieren sie und fühlen sich unbehaglich. Wir bemerkten mehrere Personen mit Poekennarben. Als wir den Häupt- ling Mongazi, der etwas angetrunken war und sich sehr angenehm machen wollte, fragten, ob er wisse, woher die Krankheit käme, ob sie aber die See zu ihnen gekommen sei, antwortete er, er wtifste es nicht, vermuthete aber, sie wäre von den Englandern au ihnen gebracht Wie die anderen Africaner, sind auch diese Leute ziemlich abergläubisch. Wer angeschuldigt wird, einen anderen behext nnd seinen Tod verursacht zu haben, trinkt freiwillig oder gezwungen den Maiori, als Gottesgericht Auf unserem Wege nach dem See führte uns ein Häuptling freund- lich durch zwei Dörfer, deren Chefs durch den Maiori -Trank getödtet waren; und wenn ein Häuptling stirbt, glauben seine Unterthanen, dafs sie jeden Frem- den, der in ihr Dorf kommt, plündern dürfen. Ein Häuptling nicht weit vom Zomba, in dessen Dorf wir bei unserer Hinreise gefrühstückt hatten, trank vor unserer Rückkehr den Maiori, und vomirte; er war also unschuldig. Seine Un- terthanen legten durch Singen, Tanzen und Trommeln ihre Freude an den Tag. Selbst Chibisa, ein intelligenter und mächtiger Häuptling, hat einmal den Trank genossen; und als er uns die Versicherung gab, dafs alle seine «ahlreichen Kriege nur aus gerechten Gründen unternommen und seine Feinde stets im Unrecht gewe- sen waren, fugte er hinzu: »Wenn Ihr daran zweifelt, bin ich bereit, den Maiori zu trinken0. Am Abend des Tages, an dem wir zu Moena Moezi kamen, hatte ein Alligator sein Hauptweib genau von der Stelle fortgerissen, wo einige unse- rer Leute sieh ein paar Stunden vorher gewaschen hatten. Bei unserer Rück- kehr erfuhren wir, dals er in mehrere Dörfer Boten gesendet hatte, um sagen zu lassen, er wisse nicht, ob wir auf jene Stelle Medicin gegossen hätten, aber bald nachdem wir an der Stelle gewesen, wäre daselbst sein Weib von einem Alligator fortgerissen worden. Das erste Dorf wellte uns keine Lebensmittel ver- kaufen nnd Nichts mit uns zu thun haben, und der Häuptling des nächsten Dor- fes, der gerade auf dem Boabab lagerte, lief eiligst fort und liefs sein Ruheholz (wooden piüow) und seine Matte im Stich. Weiber laufen selten weg, viel- leicht haben sie mehr Math als die Männer. Wenn Jemand stirbt, stimmen die Weiber die Todtenklage an und setzen sie ein paar Tage lang fort Mit kla- gender Stimme werden ein paar Worte gesungen, die mit einem langen Ton: a a9 oder o o, oder ea, ea, « a endigen. DerTodte wird in derselben Hütte begraben, in der er gestorben ist; diese wird dann geschlossen und verfallt all- mählich. Am Ufer des obern Shire* fanden wir ein Dorf in Trauer, da einige Zeit Torfaer der Vater des Häuptlings gestorben war. Die Leute hatten sich seitdem nicht gewaschen, obgleich auf diesen Ebenen das Waschen mehr oder weniger Üblich ist, und sie wollten sich auch nicht eher waschen, bis einige ent- fernt wohnende Freunde, welche Flinten besaften, eingetroffen wären und einige Schasse über dem Grabe abgefeuert hätten. Das Zeichen der Trauer besteht in

486

schmalen Streifen von Pelmbttttern, die rnnd um Kopf und Arne, um Kopf, Hals, Brost, Knie, Enkel, Arme und Handgelenke gewunden werden. Die Leute haben einen Begriff von einem höchsten Wesen, das sie Pambel nennen, nad auch von einem zukünftigen Dasein. Der Häuptling Chinsurdi sagte, sie woll- ten Alle, dafs sie nach dem Tode noch einmal lebten; zuweilen kirnen die Tod- ten wieder zurück und erschienen ihnen in Träumen, aber sie sagten nie, woUa sie gekommen wären. In der That, hier ist ein fruchtbares Feld für men- schenfreundliche Unternehmungen. Hier bedürfen Tausende christlichen Unter- richts, hier sind Objecto für redlichen Handelsverkehr vorhanden, hier giebt e? es ein schönes gesundes Land, ohne die gefahrlichen Insecten, von denen Bar- ton und Speke geplagt wurden, und mit alleiniger Ausnahme einer kurzen Strecke von 30 Miles eine ununterbrochene Wasserverbindung mit England. Den Bewohnern darf nur für den Verkauf ihrer Baumwolle ein Markt eröffnet werden, dann können sie Baumwolle bauen, so viel verlangt wird, und dann wird auch, der Sklavenhandel ein schnelles Ende finden. * n.

Nachricht Über die Reise des Consuls Wetzstein von Da- maskus durch Gödftr und Gölän nach Ealat Mz£rib.

Ans einem neuen Schreiben des Herrn Do er gen s an Herrn Prof. Dotc, datirt aus Mserib 16« Mai, heben wir über seine Heise mit Herrn Consnl Wett- stein folgende Mittheilungen hervor:

«Seit einigen Tagen sind wir hier in Mserib anwesend. Ein paar Tage Base auf einer solchen Beise sind eine wahre Wohlthat, weniger der anegehalteoai Strapasen als vielmehr der Zeit wegen, die man dadurch gewinnt, Tagebuch, hv stmmente etc. nachzusehen und das Nöthige für die fernere Beise an ordnen. -Hier ist gegenwärtig die grofse Pilgerkarawane nach Mekka versammelt und des- halb ist grofser Markt, welcher von den Beduinen dasu benutat wird, ihre Eis- käufe su machen. Die Kauf leute, welche diesen Markt beeiehen, sind meist Dt- maseener. Wir wohnen in dem CasteU und haben eine sehr schone Ansskht saf den Schanplata dieses bunten Treibens. Die Zahl der Zelte betragt circa 1500, davon kommen c 250 auf die Kaufleute und Handler, die anderen auf die PS- ger, Soldaten, Pascha's etc.

Hier hat sieh so viel Fremdartiges vereinigt, dafs die Zeit unseres Aufeat- halts eigentlich an kura ist, um Alles ordentlich anzusehen. Erinnerten uns nicht die orientalischen Gesichter, die langen Barte, die buntfarbigen, theü* zerfetzt« Aniüge, das Geschrei in fremden Zungen, die Tausende von Kameelen und Bal- dachinen daran, dafs wir uns nicht in Europa befinden, so könnte man wohl glauben, daia wir einem groisen Volksfeste oder einem grofsen Jahrmarkt in der Heimath beiwohnten.

Was unsere Beise hierher anbetrifft, so sogen wir von Damaskus am 19. April aus in südlicher Richtung; auf unserem Wege untersuchten wir dann die kleineren vulkanischen Hügel Teil el Mer'i, Teil el Scha'ara etc. und den Teil d Hara, den gröfsten unter diesen vereinselt dastehenden vulkanischen Hageln. Vos diesem wendeten wir uns westlicher nach dem langen kmefbrmig gebogenen Ge*

Reise des Consuls Wetzstein ¥©n- Dtiu&skns nach Kafat Mzerib. 497

birgszmge BtHtscfc; wir waren mehrere Tage Gast* des Gouverneurs de* Provinz G61än; «r •veränderte tätlich seinen Ort, in nördlicher Eichung ziehend, und wir zogen' snifc ihm*; dann, trennten- wir uns von iam imd wendeten uns nach dem £1 Hisch. Wir bestieg*» den Haan cursub, die. henhato Spitze desselben, und zogen dann immer nördlicher, um den Znsammenhang des £1 Hisch mit dem Hermon zu untersuchen; anf diese Weise gelangten wir zum Hermon. Die Ruine Banias, welche wir bestiegen, liegt anf dem Berge gleichen Namens, welcher seiner For- mation 'wegen jramj^ermon gehört. .!•,,..■",,.-

Wir würden die höchste Spitze des Hermon, von der wir noch 6 bis 8 Stun- den entfernt waren, erstiegen haben, Wenn man dem Herrn Consul nicht entschie- den Ton diese» Vorhaben ahguathen hatte» der ungeheuren Eisfelder weg**, die sich oben noch befänden. Wir würden jedenfalls > von oben eine herrliche Aus- sicht auf die von nne schon durchreisten und noch zu durchreisenden Gegenden gehabt nahem ■-'!;;••

Van der Gegend des Hflnhon begaben wir: nns westlich vom El Bisch und zogen Südwestlich bin *n»v See Tiborias, zto de#een Ufer wir hinunterstiegen. Die Gegend sttfsefclin Tibetiaa und hier habe» wir dann .noch ordentlich durchzogen und kmneai am Donnerstag Abend. den tO« Mai hier an.

Bei der Abreise von Damaskus legte ich es dem Herrn Consul Pfaffinger noch mündlich dringend an'a Herz» an viel als möglich Barometerbeobachtangen während unserer Abwesenheit zn machen, welches er mir auch versprach. Auf der BeSse habe ich täglich im Durchschnitt fünf Barometerbeobachtnngen gemacht; die Breite habe ioh bestimmt von Kenakir, einem Punkte am Fnfse des Teil el Farns, und Mzerib; sämmüiche Ponkte stehen durch Winkelmessungen mit an- deren in Verbindung. Monddiatanzen habe ioh ebenfalls gemessen. Zeichnungen habe ich namentlich von Gebirgen gemacht*, alte Bauwerke haben wir in Gedur und Gölaa nur einige gefunden, die ich gezeichnet. Den £1 Hisch habe ich von verschiedenen Seiten gezeichnet, so dafs ich von seiner Gestalt ein ganz klares Bild habe.

Hier von dem Castell zn Mzerib ans haben wir eine sehr schöne Aussicht auf die von nns durchreiste Gegend. Die Hügel Teil el Gnmür, Teil el G&bie, Teil el Hara etc. erscheinen ziemlich alle in einer von SW. nach NO. (siel) lau- fenden. Linie liegend; links von ihnen, durch eine grofte Ebene getrennt, sieht man dem £1 Hisch, im Hintergrunde erscheint der Hermon majestätisch, dem be- sonders bei Sonnenuntergang prachtvollen Bilde einen grofsartigen Abschluß ge- bend. Ein Zelt führen wir nicht bei uns, wir schlafen unter Beduinenzelten, die von allen Seiten offen sind, so dafs wir ajbo eigwiüch imter freiem Hinimel näch- tigen; hier im Castell schlafen wir auf dem Dache desselben und haben in den letzten Nachten eine sehr niedrige Temperatur gehabt; während sie in den vor- hergehenden Tagen 20—30° war (im Max.), betrug sie in den letzten Nächten 12 13° bei starkem WesW

Heute werden wir wahrscheinlich Mzerib verlassen. In 30 Tagen werden wir, wenn Gott will, in Damaskus sein.

Bei der Anstellung von Barometerbeobachtungen unter den Beduinenselten habe ich immer meine Last mit der Kengier dieser Beduinen» Anfangs inoommo- dirte mich diea.em wenig,: jejtt lasse ioh mich nicht mehr dadurch stören und Zeitacfar. f. «llg. Brak. Nene Folge. Bd. VIII. 32

498 MiseeUen:

leide nicht, dafs einer in die Nähe de« Instruments kommt; je auftritt, desto mehr Respect haben sie. Die Bonssole halten die Beduinen, dt das eine Ende der Magnetnadel immer nach Süden zeigt und die Qehntsifa bleut, in Syrien nach Süden ist, weü Mekka südlich liegt, ffir einen Beweis Ton der Richtigkeit ihrer Religion/

Abich's Forschungen im Kaukasus während des Jahres

1859.

Ans einem Schreiben Abich's an Herrn Prot Kiepert hebe« wir folgende interessante Mitteilungen hervor:

»Tieferes Bindringen in die Geognode nnd die geographische Gfiederang des kaukasischen Gebirges als einen der Hauptzwecke meines Hierseins verfolgend, darf ich mit den Ergebnissen des ▼ergangenen Jahres dennoch zufrieden sein, wenngleich ein sehr regnerisches Frühjahr meinen Wanderungen ungewfifuiliette Schwierigkeiten bereitete und meine Erkrankung mir den Besuch des Hochgebir- ges im August und September unmöglich machte. Noch einmal habe ich das weite Gebiet der südöstlichen kaukasischen Schlammvulkane auf dem groben Dreieck «wischen Schemacha, Sallian und Baku gründlich durchwandert nnd meine Untersuchung bis auf die Inseln ausgedehnt, welche zwischen den Man- düngen des Kur und Pyrsagat der Westküste des Meeres sich nahe parallel er- strecken. Die Erweiterung der Anschauungen auf diesem lehrreichen Gebiete hat mich mit Thatsachen bekannt gemacht, die ein überraschendes nnd helles lieht auf das Wesen der Schlammvulkane werfen nnd notbigen, diesen Bildungen eine bei Weitem höhere Bedeutung eu geben, als ihnen bisher vindicirt worden ist Die geologische Tragweite dieser Bedeutung leitete den Gang meiner Untersuchung in den südöstlichen Theil des kaukasischen Gebirges zurück und veranlasste mich, ganz besonders demjenigen Theile desselben genügende Aufmerksamkeit an wie* men, der unter dem Namen des Gebirges von Lahitsch bekannt ist In diesem selbstständigen, durch pintonische Gewalten phyBiognonrisch äußerst grofimrtig ge- stalteten Gebirgszuge erhalt das kaukasische Mittelgebirge vom Meridian des 11,900 Fufo hohen Baba-Dagh an eine Verkette, deren absolute Höhen bis zu 9000 Fufs aufsteigen. Die antikfinale Achse dieses Vorgebirges von naä£nger Länge läuft der kaukasischen Kammlinie mit etwa W. 28* N. parallel und wirkt in gleicher Sichtung dislocirend bis Schemacha. Die verborgenen, jedenfalls aas grofser Tiefe emporwirkenden Ursachen, welche die häufigen in dem gebirgigen Theile des Gouvernements von Schemacha bedingen, auf das Deutlichste ihren Sitz in der Fundamental -Region des Gebirges von La- hitsch. Die Fortpflanzung der seismischen Stofse und Schwingungen bat sieh wirklicher genauer Beobachtung jedesmal jener Achsenrichtung angeschlossen gezeigt Mehr oder weniger versteckte Ausströmungen von brennbarem Kehlen-» wasserstoffgas finden sich im Innern des Gebirges, seiner Langenrichtnng folgend» Fortwährend brennende Gasquellen besuchte ich in der Nähe des Dorfes Bottcha, in absoluter Höhe zwischen 5000 und 6000 Fuft. 8ie geben an umfang nnd Intensität den analogen Erscheinungen bei Khinam an stauchen Abhang« de*

Abich's Forschungen im Kaukasus während des Jahres 1859. 499

dem kaukasischen Schiefergebirge nördlich vorliegenden Schah -dagh nichts nach. Der Gerdlmantscheu, in den baumlosen alpinen Thaleinsenkungen des Baba-dagh entspringend, setzt, nachdem er das umfangreiche Kesselthal von Lahitsch durch strömt hat, als wilder Bergstrom im engen Thalspalt durch das Lahitsch-Gebirge. Die Naturverhaltniase dieser Schlucht, welche die gäotektonischen Grundzüge die- ser merkwürdigen südlichen kaukasischen Vorkette blofslegt und die metamorphi- sehen, bis zur Vertikale aufgerichteten Schichten des Macigno und Kreidegebir- ges im mächtigsten Contacte mit ganz eigentümlichen platonischen Bildungen zeigt, fahren Scenen vor, die der Geologe und Naturfreund unbedingt zu den denkwürdigsten und imposantesten zahlen wird, die der Kaukasus besitzt

Ffir dieses Jahr sind meine Reisepläne ausschließlich auf den Kaukasus ge- richtet. Wenn es mir gelingt, dieselben auszuführen, so werde ich die Befriedi- gung haben, meine Aufgabe, so weit ich sie mir für das kaukasische Gebirge consequenter Weise stellen durfte, vollständig gelöst zu sehen. Mit dem Anbe- ginn des Frühlings begebe ich mich nach Daghestan, um die in den Jahren 1847 und 1852 daselbst begonnenen Untersuchungen fortzusetzen und über das ganze Gebirgsland auszudehnen. Damit der kriegerischen Eroberung des gesammten sudliehen Kaukasus auch die wissenschaftliche auf dem Fufse folge, „was um der Unbeständigkeit der menschlichen Dingo willen sehr zu beschleunigen ist", wer- den sich noch mehrere Akademiker von St Petersburg zur Ausführung einer um- fassenden Expedition nach dem Daghestan für den Sommer hier einstellen, durch welche die linguistisch -historische, die botanische und zoologische Richtung ver- treten sein wird. Für den hohen Sommer und Herbst beabsichtige ich die Durch- wanderung eines grofsen Theiles des westlich vom Terek gelegenen Hochgebirges bis zn den Kubanquellen und hoffe durch Grofs-Suanien nach Abchasien und nach hfingrelien zu gelangen. Ich mufs eine vollständige Durchführung dieser Excursionen um so mehr wünschen, da ich zugleich darauf rechnen mufs, die Verluste wieder ersetzt zu sehen, welche mir ein Brandunglück in St Petersburg durch die Vernichtung des paläontologischen Theils meiner kaukasischen Samm- lungen im September des vergangenen Jahres verursacht hat Für wesentliche Theile der von mir besuchten Ländergebiete südlich vom Kaukasus ist mir dieser Ersatz schon in dem vergangenen Jahre möglich gewesen. Ganz besonders darf ich mit meiner petrefactologischen Ausbeute ans Klein- Asien zufrieden sein.

Sie werden aus dem Vorstehenden ersehen, dafs ich auf dem Wege des Ab- schlusses meiner kaukasischen Aufgabe nicht feiere. Die Vervollkommnung einer physikalisch -geologischen Darstellung der kaukasischen Länder als Grundlage mei- ner Schilderungen ist Hauptziel, für welches ich in jetziger Zeit besonders wirke. Die Beweise nicht erstorbener Theilnahme meiner entfernten Freunde in Berlin an mir und meinen Bestrebungen würden mir wohlthuend sein und einen Ersatz bieten für so viele Entbehrungen, die sich in geistiger und wissenschaftlicher Be- ziehung von meinem Aufenthalte an hiesigem Orte nicht trennen lassen. Auch Mittheilungen in bestimmter Richtung ausgehender Wünsche würde ich gern zu erfüllen mich bemühen und zur Unterhaltung eines regen Verkehrs mit wahrer Befriedigung lebhaftesten Bedürfnisses das Meinige thun."

32*

500 Miscellen:

Die Stadt Tjumen !).

Die Kreisstadt Tjumen im Gouvernement Tobolsk igt jetzt berühmt ah eis Hauptsitz des westssibirischen Handels, wie sie es früher als Resident tatari- scher Chane war. Sie wurde, wahrscheinlich gegen das Ende des XIV. Jahrhun- derts von Taibuga begründet, einem Spröfsling der alten tatarischen Djnastie, die schon seit langer Zeit in Kisil-Tura am Ischim über ein mächtiges Reich ge» Jierrscht hatte. Sein Vater, On-Sson, war von einem gewissen Tschingii ge- stürzt und getödtet worden; dem Blutbad«, das der Usurpator anrichtete, entrann nur Taibuga, der jüngste Sohn On-Sson's, dessen sich Murat-Bii, der Haushof- meister Tschingii's, erbarmte; er schickte den Knaben an einen entlegenen Ort und liefs ihn hier auferziehen. Dafs Taibuga der Sohn On-Sson's sei, kam spä- ter Tschingü zu Ohren, lüt dem Versprechen, ihm die Herrschaft zu hinterlas- sen, rief der Chan den Jüngling zu sich. Taibuga hatte den Math dazu, und fand wirklich freundliche Aufnahme; der Chan schickte ihn mit einer Heeresab- theilnng gegen die Ostjaken, und in seinen alten Tagen theflte er sein Reieh mit ihm. Taibuga, entzückt von der schönen Gegend am Flusse Tora, in wel- cher das jetzige Tjumen Hegt, gründete hier eine Stadt und nannte sie zu Ks- ren des alten Chans Tschingitura. Wann und weshalb dieser Name in Tjmnei umgewandelt wurde, ist bei dem Mangel historischer Ueberliefernngen schwer n entscheiden. Einige leiten den letzteren Namen von dem tatarischen Wort hau*. zehntausend, ab, und meinen, dafs damit entweder die 8türke der Heerdeu oder die des Kriegsheers der hiesigen Chane bezeichnet sein möchte; aber zu Ortsnants haben die Tataren Zahlwörter wohl nicht gebraucht Andere leiten flm ab toi den tatarischen Worten tju, Eigenthum, Erbgut (vom Verbnm timak, zugthorto. zufallen) und vom Pronomen mjan, ich, oder mjaniki, mein, so dafs Tjumen oder Tjumaniki bedeuten solle «mein Erbgut", und meinen, dafs Tajbuga, als ikn nach Tschingii's Tode das ganze Reich seines Vaters wieder zufiel, die von ihn schon früher besessene Herrschaft durch diesen Namen ausgezeichnet habe. U den russischen Chroniken wird die Stadt, wahrscheinlich zum Unterschiede tu dem kaspischen Tjnmen, Wjelikii Tjumen, Grofs Tjumen genannt.

Unter Mar, dem Enkel Taibuga**, bemächtigte sieh der Chan von Kassa dieses Reiches und vereinigte es mit dem seinigen; aber Mehmet, ein Enkel Mart, schüttelte das Joch der Kasan'schen Herrschaft wieder ab. Er zog wei- ter in das Innere nach NO. und gründete um die Mitte des XV. Jahrhunderts am hohen Ostufer des Irtysch eine neue Residenz, Ssibir. Tjumen hatte seitdem bis zur Eroberung Ssibirien's durch die Russen besondere Herrscher, die bald Chane, bald Sultane genannt werden. Mit Rufsland kam dieses Reich zuerst im J. 1483 in feindselige Berührung; damals zog ein russisches Heer über den Ural, mar- schirte im Thal der Tura abwärts an Tjunen vorbei nach 8sibir und von hier am Ufer des Irtysch bis zum Obi nach Jngrien, worauf es mit reicher Beute nach Ustjug zurückkehrte. Dagegen machte Kuluk-Sultan von Tjumen ün J. 15tt

1) Nach einer Abhandlung Abramow's im Wjastnik der K. Russ. Geogr. Ge- sellschaft 1858.

Die Stadt Tjomen. 501

einen verheerenden Bftimll in das Gebiet von Penn. Die Eroberung Tjomen'« dnrefa Jennak fallt in das J. 1560.

Die alten Bewohner diele* Tataren -Reiches trieben Handel nach der Konda, nach Jugrien und Obdorsk, von wo sie Pelzwerk, Fische, Flaumfedern und Main- muthknochcn erhielten; zum Tausch gaben sie den Bewohnern des Nordens Ei- sen, Süherwaaren, Getreide und verschiedene Gewebe. Auch die Bulgaren un- terhielten mit Sibirien Handelsverbindungen und brachten Juchten, seidene und baumwollene Gewebe, Silber, Säbelklingen, Honig und andere Gegenstände dort* hin. Ihre Karawanenstrafse ging von der bulgarischen Hauptstadt nach NO. fast bis 67 N. Br., wandte sieh dann, ehe sie den Ural erreichte, mehr nach Süden, überschritt das Gebirge .unter 60 ° N. Br. und zog dann in derselben Richtung bis 80 O. I*., von wo sie sieh wieder nordostwärts nach Isker am Irtvsch wandte. Seit alten . Zeiten besuchten, auch die Bncharen Ssibirien ; ihre Karawanen brach- ten dorthin Baumwolle, Seidene und baumwollene Gewebe, Lämmerfelle, Felle, von Leoparden und Tigern, Cochenille und getrocknete Früchte,

Von Ueberresten aus der Tatarenzeit sind die Stadtbefestigungen zu erwähnen, die ans Wallen und Gräben bestehen. Der erste Graben, fast 7 Fufs tief und mit einem Erdwall versehen, beginnt am See Ljamin und geht, 600 Sashen weit, bis ans Ufer der Tum. Der zweite, gegenüber dem „Gorodischtsche" oder der alten Stadt, ist 24 Arnehin tief und hat einen 2 Arschin hoben und 70 Sashen langen Wall. Sonst war die Stadt last auf allen Seiten mit Schluchten umgeben. Die erste, die sich fast in gerader Linie an der Tora hinzieht, heifst die Tjumen'sche; sie war m alter Zeit mit Wasser gefüllt; die andere, der Wisebnewyi Bujerak (Kir* schenachlncht), streicht ihr parallel ; die dritte heifst Dedilow's Schlacht; die Sohle dieser Schluchten liegt in gleichem Niveau mit dem Wasserspiegel der Tara. Zwischen den beiden ersten lag die Stadt Tschragi; der Platz heifst noch jetzt die Zarenstadt {zartwyi gorodiachUche). Zwei Werst von Tjumea hegt noch jetzt eine grofse Anzahl von Kurganen ordnungslos nebeneinander; aber das Volk weifs über sie nicht mehr su sagen, als dals sie die Leichen der früheren Chane und anderer hervorragenden Personen enthalten.

Nach Jennak's Tode (1585) wurden die Wojewoden Wassil Ssukin und Iwan Mjasnoi nach Ssibir geschickt. Bei Tschingitura gründeten sie eine russische Stadt, die nach dem Namen des früheren Chanats Tjnmen genannt wurde, und bauten eine Kirche zu Ehren der Mutter Gottes. Im Jahre 1595 wurden neue Festungswerke angelegt, und in den Jahren 1600 und 1601 statt der ersten klei- nen hölzernen Kirche zwei gröfsere gebaut, eine ebenfalls der Mutter Gottes, die andere in der Vorstadt den Heiligen Borifs und Gljäb geweiht Die Festungs- werke wurden 1642 erweitert und mit Thürmen und Thoren versehen. Bald nach «Gründung dieser russischen Stadt zogen sich viele Einwanderer hierher, namentlich aus Perm, Ssolwytschegodsk und Ustjug Weliki. Diese letzteren brachten die Gerberei, die Seifensiederei und die Wollenweberei nach Tjnmen ). Um den bucharischen Handel heranzuziehen, wurden den Bucharen im J. 1596 Zollbegünstigungen zu Theil, und in Folge dessen erschienen nicht blofs ihre

*) Aufser den genannten drei Erwerbszweigen war in Ustjuk Weliki noch be- sonders die Malerei von Heiligenbildern zu Hause.

502 Mlsccllen:

Karawanen häufiger, Mildern viele Bucharen siedelten «ich hfer an. Der auf- blühendo Handel zog dann wieder die Einwanderung rasateher Fuhrleute nach sich, die im Jahre 1605 eine eigene Slobode gründeten. Man mala da« Land kennen, seinen fruchtbaren Boden, seine reiche Bewässerung, die schönen FhuV nfer und malerischen Gegenden, in denen Thaler und Hagel abwechseln, man mnfs dieses Land kennen, um die Anziehungskraft zu begreifen, die ee auf die Einwanderer ausübte. Aber in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts hatte die Stadt und ihr Gebiet noch viel an leiden durch die feindlichen Einfälle der Nogaier, Kalmyken, Kntschumowzen, Wogulen und Ostiaken.

Nach diesen historischen Notizen wenden wir den Blick auf den gegenwär- tigen Zustand der Stadt Tjnmen liegt 60 Werst sfidwestL von Tobolsk, unser 57 10' N. Br. nnd 83 ° 11 ' O. L., auf beiden Ufern der Tora, von denen das rechte, das Bergufer, 70 bis 80 Fufs hoch, das linke, das Wiesenufer, flach ist. Die Stadt zerfallt in vier Theilet die eigentliche Stadt, die alte Stadt (Gorodiacbt- schc), Satjumenka (wo die Fuhrleute wohnen) nnd Sarjätschje oder der Stadt- theil am linken Ufer der Tura. Das zur Stadt gehörige Gebiet vmmXet 3871 Dessjatinen nnd 69 Sashen, wovon 905 Dessjatinen und 1170 Sashen anf die Stadt selbst fallen. Der Boden des Bergufera ist thonig, darunter liegt ein gel- ber Sand; dieses Sandes wegen ist das Ufer nicht fest, es ist nehnehr aa man- chen Stellen, s. B. am Kloster anf weiten Strecken eingestürzt. Anf der Wiesem- eite ist das Ufer thonig nnd zum Theil sumpfig. Die Stadt ist regelmässig and schön, an manchen Stellen weitläufig gebaut Ihre greiseste Lange (ton W. nach O.) betragt 3 Werst 460 Sashen, die grosseste Breite 2 Werst 350 Sashen. Dia wichtigsten Gebäude sind zehn steinerne Kirchen, das Mönchskloster mit drei be- sonderen Kirchen, das ßathhaus, die Kreissehnle nnd die Kaufhalle; diese nnd noch etwa 25 andere steinerne Häuser, so wie viele hübsch gebaute und terateits hölzerne geben der Stadt ein malerisches Aussehen, besonders anf der Bergaehe, die sich beträchtlich über die Umgegend erhebt.

Die Tura kommt aus dem Kreise Turinsk in den von TJamen; ihr Bett ist bei Tjumen 80 bis 90 Sashen breit Im Mai nnd Juni, wenn der Flui* fiber- tritt, wird die Communication zwischen beiden Ufern durch einen Prahm, sonst durch eine auf flachen Booten ruhende Brücke vermittelt

Das Klima ist gemässigter als sonst im Gouvernement Tobolsk. Im Som- mer steigt die Hitze bis 29 9 R., im Winter bjs —33* R. Starke Gewitter and Hagel sind im Sommer nicht selten; nnd der letztere fallt zuweilen in sehr gre- fsen Körnern. Ich füge hier einen Auszug aus meinen meteorologischen Beob- achtungen vom 1. Juni 1851 bis 1. Januar 1853 bei. Die Beobachtungen wur« den täglich dreimal, um 6 Uhr früh, um 2 und um 10 Uhr Nachmittags aasge- führt; die Daten sind nach neuem Styl.

Mittlere Monatstemperatur vom Juni 1851 bis 1. Januar 1853. Grade Re'aumur.

Jahr. Januar. Februar. März. April. Mai. Juni. Juli.

1851 _ _ _. 15,36 14,85

1852 —15,37 —14,09 —6,32 2,33 9,68 11,48 15,39

Die Stadt IJunen.

503

Jahr. August. September« October. November. Deeember. Jahr.

1851 12,37 10,36 -0,62 —4,31 —9,14

1852 12,03 8,22 0,74 —9,24 —8,12') 0,56»).

Extreme der Temperatur ia Tjumen vom 1. Juni 1851 bis 1. Januar 1853.

1851

1862

IfjMriffinfft

MimwraiH

Differenz

MftTimtim

Aunfmum

Differenz

Januar

_

_

_ _

—3,5

—31,0

27,5

Februar

—2,5

—25,0

22,5

Min

7,0

—14,0

21,0

April

17,5

—12,0

29,5

Mai

20,0

1,5

18,5

Juni

29,0

4,5

24,5

22,0

0,0

22,0

Juli

24,6

6,5

18,0

25,0

8,0

17,0

August

22,6

4,0

18,5

23,0

5,0

18,0

September

23,5

0,0

23,5

20,0

-1,0

21,0

October

14.5

—8,0

22,5

18,0

—17,0

35,0

November

4,5

—18,5

23,0

0,5

—19,5

20,0

Deeember

0,5

—22,5

23,0 1

1,5

—17,0

18,5

Temperatur der Jahreszeiten *).

Winter. Frühling. Sommer. Herbst- Jahr.

1851 14,19 2,23

1852 —12,53 1,89 12,97 —0,09 0,56.

Aus einer Vergleichung mit den Beobachtungen, die an der Kreisschule zu Tjnmen in den Jahren 1830 und 1840 angestellt sind, gewinnt man für die Tem- peratur der Jahresseiten folgende Mittel:

Winter. Frühling. Sommer. Herbst. Jahr. —12,30 4,00 14,00 2,00 1,94.

') Der Deeember war schneereich und nebelig. Im Kalender für 1854 ist die mittlere Temperatur für November und Deeember in St. Petersburg auf 4,78 und —8,07 angegeben.

*) Januar und Februar waren 1852 sehr kalte Monate; im enteren sank das Quecksilber auf 81°, im zweiten auf 25°. Auch der Juni, in welchem mei- stens nördliche Winde herrschten, war ungewöhnlich kalt; am 7., 8. und 9ten fiel Schnee, und die mittlere Temperatur des Monats beläuft sich demnach nur auf 11,48. In Folge dessen ist auch die Durchschnittstemperatur des Jahres 1852 niedriger als gewöhnlich.

•) Jede au drei Monaten, der Winter vom 1. Decbr. (n. St) ab gerechnet.

504

Mfcoritai

Wittrtung in.Tjumfca,

dreimal täglich beob- achtet

Tage mit

Klar

Be- wölkt

Ne- belig

Schnee

Regen

Hagel

Ge- witter

Regen- bogen

Nord- licht

1851

Juni

24

53

5

1

8

.

*

2

__

Juli

18

35

20

-*-

14

2')

6

2

August

23

66

10

10

4

4

September

21

86

3

-*r

4

_

1

-«-

1

October

7

37

25

8

7

_

,

November

9

27

3t

10

2

Dedember

11

30

*?

12

1852

Janaar

27

45

8

5

Februar

29

43

9

3

.

-e-

2

Märe

25

44

18

4

April

36

43

«

5

4

_

»

Mai

22

60

3

2

12

-T

1

2

Juni

26

59

6

3

15

2

5

5

Juli

32

48

14

-—

17

_

3

3

~

August

30

53

10

r

10

3

2

_

September

19

62

4

8

October

10

68

6

7

3

-^

November

17

53

8

7

1

_

Dccember

13

28

46

7

Windesrichtung.

1851

N,

NO.

NW.

O.

S. .

SO.

SW.

W.

, Wind- ! still

Junj

5

6

14

3

4

16

18

10

!..

Juli

12

9

33

5

6

16

8

4

August

2

6

13

1

6

13

26

"

16

September

--

4

9

20

20

32

~

5

October

11

2

6

5

3

36

14

12

4

November

6

2

13

6

13

8

36

5

5

Pecember

2

2

4

3

22

25

26

7>)

1852

Janaar

2

8

1?

1

10

32

13

7

3

Februar

4

19

10

8

10

24

4

4

4

März

5

16

9

44

9

10

April

r-

1

5

6

5

36

15

5

14

■) Am 6. JhH »enterte der Hagel die Saaten im Bezirk Jelansk aaf 408 , im Bezirk Ssosonowsk aaf 96 Deesjattnen, Am 11. Jali fiel er in der Gräfte eines Tau- benei's, er zerstörte die Saaten in den Bezirkeu Antipinsk auf 365, Kalvmtk au/ 50 und Ssosonowsk auf 588 Dessjatinen, und erschlug Überdies im Bezirk Antipinsk 800 Schaafe und Schweine.

a) Vielleicht Druckfehler statt 9.

Die

505

1852

N. '

NO.

NW.

0.

S.

SO...

SW.

\w..

Wind- . stüi

Mai

3

4

16 '

2

5

18

24

8

13

Jxmi

3

15

18

2

6

4

18

17

8

Joli

4

24

6

14

2

17

14

e

6

August

9

U

18

3

8

3

18 .

0

6

September

1

10

13

«—

17

5

24

16

4

October

-».

7

18

2

7

5 *

38

12

4

Novbr.1)

2

1

7

10

12

7

37

12

December

4

e

3

23

2

39

10

3

Die gewöhnlichen Krankheiten in Tjumeu sind hitzige und kalte Fieber. Doch ist dos Klima, im Allgemeinen fftr die Menschen gesund. Dagegen tritt enter etat Heerdeu oft Viehsterben ein, und man weife nicht, ob dieses fcHma- tischen Einflüssen oder schädlichen Pflanzen zuzuschreiben ist Im Sommer 1851 fielen im Kreise Tjumpn 10162 Pferde, 1837 Kühe, 4059 Schaf* und 694 Schweine.

In den Gürten der Stadt sind tvl den übrigen' fruchttragenden Bäumen und Str&nchern ans warfneren Gegenden Feigen und Apfelbaume eingeführt, die für den Winter sorgfältig bei Seite gebracht und bedeckt werden müssen, außerdem Stachelbeeten, Kirschen, Himbeeren und Akazien. In den benachbarten Wildern kommen vor : Tannen, Fichten, Birken, Espen, Linden, Silberpappeln, Wachhol- der, Preifselbeeren und Moosheidelbeeren. Von Farbepflanzen finden sich auf Wiesen und in "vVÖdern: Lycopddiwn eomplanatum, FärberrÖthe, Farberseharte (Serratnkt Hnetoria), und aufserdem Anemone puUatilla, A. nemorosa, A. hepatiea, A. vernaK*, Lamium purpureum, Adonis vernaHs, Bulbocodiüm vernum, Anemone ra~ nmcoloides, Stächt* arventis, Gentauria- eibirteaxu A.

Aufser den gewöhnlichen Vögeln stellen sich hier auch Nachtigallen ein. Von Fischen kommen in der Tura vor: Lachsforellen (jsahno nebna), 'Plötze (cy- prinus rutitus), Hechte, Barben und der Kaulbars (perca cernua). Von Ver- steinerungen hat man nur Glossopetra aneeps serrata und Glossopetra aneeps in- te gerrima gefunden. An einigen Stellen am Ufer der Tura 'findet sich Salpeter. Von dem hiesigen Thon ist eine blaue Art zur Anfertigung glasirter Geschirre sehr geeignet; man findet sie in den Schluchten bei der Stadt und jenseits der Tura.

Die Bevölkerung der Stadt belief sich 1853 auf 9634, 1854 auf 9836 See* len (4955 Männer, 4881 Frauen), darunter 84 Tataren und Bucharen.

Die Einwohner von Tjumen haben einen kräftigen Körperbau, weifse Haut nnd rothe Wangen, und sind im Allgemeinen schön, namentlich das weibliehe Geschlecht. Selbst Leute von 60 Jahren haben noch frische rothe Backen. Von. Charakter sind sie lebhaft, eitel, arbeitsam, gewandt und flink* Selbst Kinder von 8 Jahren haben sich schon an ein Geschäft oder eine Handarbeit gewöhn)» nnd mit 16 Jahren ist der Jüngling ein perfecter Kaufmann, der es versteht, Kunden anzulocken, zu kaufen und zu verkaufen und mit großen Summen zu rechnen. Fast alle hiesigen Bürger und Kauften!? lassen ihren Bart wachsen

') Hier fehlen zwei Beobachtungen, wenn die Zahlen im Original richtig sind.

506

und die Frauen tragen zu Hanse Hemden mit weiten Aermeln und engen Man- chetten, und Sarafane, d. i. lange Böcke vorn mit Knöpfen, die mit einem sei- denen Gürtel umgürtet werden. Alle Frauen ans dem niederen Stande tragen auf der Strafte einen besonderen Kopfpute, die sogenannte Fata, von Zits oder ▼on Seide oder von Cannevas mit Gold gestickt. Junge Mädchen ans dem Kanf- mannstande pntsen sich gern mit reichem Schmuck und folgen allen Moden. Männer und Frauen sind sehr sauber und halten auch im Hanse auf Reinlichkeit Hinsichtlich des sittlichen Charakters wird man einen Rückschritt nicht in Abrede stellen können, und die Seufzer der alten Leute über die hingeschwun- dene alte Einfachheit und Rechtlichkeit der Sitten scheinen im Allgemeinen nicht unbegründet zu sein. Doch fehlt es nicht aa trefflichen und lobenewenhen Ei- genschaften. Gottesfurcht, Andacht beim Gebet und pünktliche Erfüllung der kirchlichen Pflichten sind überall bemerkbar. Unter den Kaufleuten findet sich eine nicht geringe Anzahl Aligläubiger; sie Terringert sich aber von Jahr zu Jahr, in Folge des Eifers, den die hiesige Geistlichkeit entwickelt. Das Fami- lienleben zeichnet sich aus durch Liebe und Eintracht unter den Verwandten, Gehorsam der Kinder gegen die filtern, und Respect vor älteren Personen und Vorgesetzten. Ein wohlthätiger Sinn und Freigebigkeit zum Besten der Kirchen, der Klöster und des Vaterlandes bilden gleichfalls rühmliche Züge in dem Cha- rakter der Tjumenzen. Besonderes Lob verdient die Fürsorge für den Unter- richt. Schulbildung wird hier für durchaus nothwendig erachtet. Selbst arme Leute halten es für eine unerläfsliche Pflicht, ihre Kinder in die Schule mn schik* ken, nnd wenn es bei dem lebhaften Handel und Verkehr auch dem grölsessen Theüe der Schüler nicht möglich ist, in der Kreisschule einen vollständigen Cur- sus durchzumachen, so lernen sie doch wenigstens in den Pfarrschulen Lesen, Schreiben und Rechnen und den Katechismus; wohlhabende aber machen mei- stens alle Klassen der Kreisschule durch. Tjumen besitzt eine Kreis- und zwei Pfarrschulen. Der enteren schenkte der Kaufmann erster Gilde Kondratü Kus- mitsch Scheschukow im J. 1853 ein steinernes zweistöckiges Haus, im Wcrthe Ton 16000 Rub. Silber, mit Wohnungen für den Director und zwei Lehrer. Un- ter Mitwirkung der Unterrichtsbehörde und des allgemein geachteten iTanftniiM zweiter Gilde Iwan Wassiljewitsch Ikonnikow erwarb im J. 1852 die Kaufmann- schaft für 3000 Rub. Silber ein gut gebautes, zweistöckiges, hölzernes Hans für die Pfarrschule in dem Stadttheile jenseits der Tura und setzte zur Erhaltung desselben und zur Besoldung der Lehrer jährlich eine bestimmte Summe aus. Aufser diesen Leistungen zum Besten der eigenen Stadt hat sich die Bürger- schaft auch bei anderen wohlthätigen Instituten durch beträchtliche Beiträge be- theiligt, wie sie z. B. 4000 Rub. für das Waisenhaus in Omsk und 8000 Ruh. Silber für eine Mädchenschule in Tobolsk beigesteuert hat Der Kreisschule hat die kaufmännische Bürger-Gesellschaft im J. 1851 ein Lustwäldchen vor der Stadt geschenkt, in welchem, aufser den Birken am Abhänge des Berges, Alleen von Akazien, Linden, Birken und Tannen vorhanden sind und Himbeeren, Johannis- beeren und verschiedene Blumen angepflanzt sind. In der Mitte desselben be- findet sich ein ron Scheschukow erbautes zweistöckiges Haus mit einer oberen Galleric und einer besonderen von Ikonnikow erbauten Gallerie, in welchem die Sommerfestlichkeiten der Kaufmannschaft stattfinden. Neben dem

Die Stadt Tjmnen. 507

Gebinde, des Ar den Aufseher bestimmt itt und die Köche enthält, befand «ich ein Gewächshaus mit verschiedenen Bhanen, frühen Beeren u. a. Früchten, dar- unter auch Feigen und Ananas. Dieser Garten umfafst eine ron Gräben durch- zogene Ebene nnd den Bergabhang nach der Tora hin; er wird sorgfältig in Ordnung gehalten.

Handel nnd Gewerbe erfreuen sieh in Tjumen bekanntlieh einer hohen Blft- the. Der wichtigste Gewerbsweig ist die Lederberettnng. In 46 Fabriken wer- den nicht weniger ab 400,000 Ochsen-, Pferde-, Schaf-, Ziegen- nnd Kalbfelle gegerbt. Die Juchten weiden nun Thefl ffir die Truppen, welche sieh im Gou- rernement Tobolsk befinden, zum Theil auch ron dem Gerieht aufgekauft, wel- ches hier die durch die Stadt passirenden Trupps Bzilirter mit Schuhwerk ver- sieht. Für 250,000 Bub. Silber schickt Tjnmen Juchten nach der Kirgisensteppe und über die Grenxe nach China, Taschkent und Buchara. Was noch übrig bleibt, geht theil« als Leder, theils an Pferdegeschirr, Schläuchen, Stiefeln, Faust- handschuhen ▼erarbeitet auf die Jahrmärkte des Tobolsker Gouvernements. Der Werth der von diesem Fabrjkxweige predncirten Waaren beläuft sich jährlich auf mehr als 600,000 Bub. Silber. Das Tjumen'sche Leder ist swar weh besser als das im übrigen Ssibirien prodncirte, steht aber dem von Kungur und Kasan sehr nach; dies gilt namentlich vom Kalbleder; der Grund liegt hauptsächlich darin, eWa es hier an Eichen fehlt; statt der Eichenrinde bedienen sich die Gerber der Binde der Sandweiden, die viel weniger Gerbestoff enthält

In aweiter Linie stehen unter den Gewerben der Muhlenbetrieb , die Talg- siederei und Lichtzieherei, die Glocken- und Eisengiefserei. Aufserdem beschäf- tigt sich ein nicht geringer Theil der städtischen und der ländlichen Bevölkerung mit der Anfertigung von Pferdegeschirr, Lederhandschuhen u. a. ledernen Waa- ren, die meistens am Sonnabend in der Stadt an die cum Markt hier ein treffenden Landleute aus den Kreisen 3jumen, Turinsk, Jalutorowsk, Kurgansk und Scha- drinak ▼erkauft, aber auch auf die verschiedenen Jahrmärkte in Städten und Kirch- dörfern des Gouvernements Tobolsk verrührt werden. Auch das Töpfergewerbe ist nicht unbedeutend: Schalen und Schüsseln, Näpfe und Töpfe gehen von hier nach allen Theilen des Gouvernements nnd werden ihrer Dauerhaftigkeit und Sauberkeit wegen den Fabricaten aller anderen Orte des Gouvernements vor- gesogen«

Nicht minder mufs man von den nicht fabricationsmälsig betriebenen Hand- werken sagen, dafs sie in blühendem Zustande sind. Thätigkeitstrieb ist ein charakteristischer Zug der Bewohner: an Werkeltagen sieht man nie Leute mü- fsig an der Thöre stehen oder unthätig su Hanse sitzen ; man sieht nicht einmal Kinder auf der Strafse spielen. Man sählte in Tiumen: 4 Gold- und Silberar- arbeiter, 3 Uhrmacher, 12 Schneider, 25 Schuhmacher, 82 Lederarbeiter, die Schuhe, Strumpfe und Handschuhe nähen, 33 Riemer, 14 Tischler, 10 Maler, 6 Färber, 2 Pelzwerkfärber, 4 Wagenbauer, 8 Schlosser, 6 Kupferschmiede, 27 Schmiede, 20 Ofensetzer, 79 Zimmerleute und 12 Frauen, die sich mit dem We- ben härener Teppiche beschäftigen '). Den Werth der von diesen Handwerken

') Diese Teppiche werden aas Wolle und Kuhhaaren angefertigt. Zum Färben der Haare bedient man sich meistens einiger hier wachsenden Pflansen: zum Roth-

908

prddtfdEten Manufacturen anzugeben ist nicht möglich; sieh* ist nur, dafr ne nicht bloß fiir den loeelen Bedarf genügen, sondern noch in die Umgegend and in ride benachbarte Städte aufgeführt werden. Aach die Frauen nehmen an der gewerblichen Thätigkeit Antheil; sie weben Hauslinnen und Matten» flechten Netze, nähen aus gewöhnlichem nnd sämischem Leder Schuhe und Hsndschnhc und ahnen den gansen Tag bei ihrer Arbeit; dafür erscheinen sie denn auch an Festtagen wohlgeputzt in der Kirche oder auf den Spaziergängen.

Außer diesem Fabrik- nnd Gewerbebetrieb beschäftigen sich die Tjumcnzen noch mit dem Waaren- Transport nach Tomsk nnd Ost-Satbirien, nnd von dort nach den Messen von Irbis nnd Nishne Nowgorod. Die Haup^Landstraiie geht von der Grense de» Gouvernement« Perm über TQumen, Isehim, Omsk, Kainsk, Korrwan, Tomsk nnd dann weiter nach Otuübirien bis Kjachta. Der Wasserweg von Tomsk nach Tjnmen geht anf dem Tom, dem Ohi, Irtysch, Tobol vnd der Tum, nnd ist 3000 Werst lang. Die Fahrzeuge bringen von Tomsk nach Tjn- men Thee, chinesische Waaren nnd Eisen, im Gänsen bis 300,000 Pttd an Ge- wicht. Die Fracht beträgt Ton Tomsk 50 bis 60 Kopeken, nnd nach Tomsk 35 bis 40 Kopeken für das Pud.

Seit 1845 findet in Tjnmen eine Messe statt, die das Geschäft «wischen Baisland nnd Ssibirien vermitteln soU. Sie dauert vom 1. Januar bis 1. Februar. Aber diese Messe kann doch die von Irbit nicht ersetsen, wie man erwartet hatte. Obgleich Tjnmen an der ssibirischen Hauptstralse and lrbit ISO Werst von ihr entfernt Hegt, hat das letstere doch das Uebergewicht, da es an den gro- ßen Handelsverkehr gewöhnt nnd für ihn eingerichtet ist Die ssibiiische Kanf- masmschaft wünschte, dsis die Märkte von Tjnmen nnd Irbit um swei Wochen später eröffnet würden, damit noch das Pelzwerk von Beresow nnd Obdorsk und ans Osfcßsihiriesi rechtzeitig in Trumen eintreffen könnte. Aber bei dem spa- teren Termin wären die Käufer in Irbit nicht mehr im 6tande gewesen, mit ih- ren Waaren auf dem Winterwege bis in die Heimath zurück an gelangen. Die Bagiemng war anfangs auf den Vorschlag eingegangen, kam aber 1849 davon wieder zurück, und seitdem ist der Umsatz auf der Messe zu Tjnmen in bestän- diger Abnahme begriffen, während der an Irbit steigt, wie man ans folgender Tabelle ersieht:

Irbit. Tjnmen.

Anfuhr. Verkauf.

17,426,355

22,246,801

23,642,150

26,902,611

29,101,400

ärben der Wurzel der Farberrdthe, zum Gelb der Furberscharte, zum Grün des £y copodium complanatwn; zum Blau braucht man Indigo.

1845

20,222,326

1846

26,934,736

184?

. 28,090,931

1848

31,150,214

1849

32,542,233

1850

35,861,241

1851

36,350,600

1854

1855

Im J. 1855 waren fni

Anfuhr.

Verkauf.

3,857,142

1,030,000

1,677,936

408,500

1,039,400

368,250

1,103,000

611,650

1,522,714

713,937

1,213,200

457,660

933,600

403,600

713,890

213,560

492,070

131,600

Die Stallt Tj*men. 800

wichtigsten Poeten: BaumwoHenwaaren (verkauft fttr 61,500 Bub.), Galanterie- Galanteriewaaren (9200 Bub.), leinene und hänfene Waaren für 10,000 Bnb.) nnd Nadeln (für 10,500 Bnb.).

An jedem Sonnabend findet in Tjumen ein grofser Markt statt, auf dem die Landleute der Umgegend Teppiche, Hansleinen, grobe» Tuch, ordinäre Möbeln, Siebe and Mehlbeutel, Wagen, Bäder, Schlitten von verschiedener Bauart nnd andere hölzerne Waaren, Lindenbast, Matten, Seile von Lindenbast, Birkenmeer und Harz bringen) ans den .Kreisen Schadrinsk und Irbit kommen Getreide und Pferde, ans Jalatorowsk und Kurgansk Getreide, Talg, Oel, Viehhäute und Ge- flügel. Im Sommer kommen e. 800, im Winter gegen 2000 Menschen auf diese Sonnabendsmärkte, sie verlassen die Stadt aber noch an demselben Tage. An- dererseits ziehen auch ans Tjumen viele kleine Kauf leute mit ihren Waaren das ganze Jahr hindurch in die verschiedenen -Städte von einem Markt zum andern.

Der ganze Waarennmsatt der Stadt belauft sieh mit Einschlufs des Mefs- rerkehrs duffefcschnittlteh anf 2 Mal. Bnb. Silber.

Wie in Bezug auf Gewerbe und Fabriken, verdankt Tjumen auch in com- mercieller Hinsicht seine Blutne nicht allein seiner günstigen Lage am Pnfse des Ural, an der Hanpt-Verkelffsstrafse und an dem Anfangspunkt eines ausgedehn- ten Stroms7Stems, sondern auch der Thätigkeit und dem Unternehmungsgeist seiner Bewohner. Die Stadt ist ohne Frage einer der wichtigsten Handelsplätze des westlichen Ssibiriens. n.

Erdbeben in Haiti.

Ueber ein furchtbares Erdbeben, welches die Insel Haiti sechs Wochen lang heimgesucht hat, berichtet Herr Dr. L. Müller aus Les Cayes auf Haiti, am 20. Mai 1860, an Herrn Prof. Dove:

„In der Nacht vom 7. zum 8. April Morgens zwischen 12 und 1 Uhr fühl- ten die Bewohner des von ans nur drei Lieues entfernten Fleckens Torbeck einen so heftigen Stofs, dafs sie die Häuser verliefsen und eine Procession veranstalte- ten, während wir durchaus Nichts verspürt haben. Den ersten heftigen Stofs, der sich über die ganze Insel verbreitete, fühlten wir am 8. April 4 Uhr 20 Minuten Morgens, dem gegen 0 Uhr ein zweiter sehr heftiger folgte, der in der Stadt L'Anse-ä-Veau 124 Hänser mit einem Schlage zerstörte. Beide Stöfse waren von heftigem Lärm begleitet und liefsen sich in keine der gewöhnlich angenom- menen drei Kategorien, der succussorischen, undulatorischen oder rotirenden, unter- bringen, vielmehr glaube ich, dafs es nöthig ist, noch eine vierte Kategorie an- zunehmen, eine rein vibrirende, die vielleicht für die Ausläufer weit verbreiteter Erdbeben charakteristisch sein möchte; sie unterscheiden sich sehr deutlich von den undulatorischen, zu denen die meisten spateren Stöfse gehörten, und ich kann sie mit nichts Anderem vergleichen als mit dem Eindrucke, den man in einem rasch dahinfliegenden Eisenbahnwagen empfindet; es ist, als ob Jemand die Häu- ser seitlich heftig rüttelte und man sieht die Mauern deutlich sich seitwärts be- wegen. • Die Stöfse folgten nun in folgenden Zeiträumen auf einander: den 8. April 9 Uhr 50 Min. Abends ein leichter Stofs mit Lärm, . 8. - 16 - 10 - - - heftige, - - - Jyibrirend>

510 MIsceHen:

den 9. April 4 Uhr Min. Morgens ein leichter Start ohne Urm,

- 9. - 4 - 30

. 9. . 5 - - - - » -

9.-8-30

-9.-9-10

-9.-10-15

- 9. - 11 - -

- 9. - 12 - 20 - Mittags ein etwas stärkerer Stols.

Wehrend dieser ganzen Zeit fand ein fortwährende« leichtes Schwanken der Erde statt. SämmtUche nicht besonders bezeichnete Stöise waren eben so wie dies Schwanken nndolatorisch. Den 9. April 1 Uhr Nachmittags ein leichter 8to(s, «9.-7

- 10« -. 10 - Abends ein sehr heftiger Stols, undulatorisch,

- 10. - 12 - - ein sehr heftiger und langer Stols, 11 Secondea,

▼ibrirend. Von da ab stündlich mehr oder weniger heftige Stöise bis gegen Uhr Morgens am 11. ApriL Da man jeden Augenblick den Untergang der Stadt fürchtete, so verliefaen beinahe sämmtliche Einwohner um diese Zeit dieselbe, am auf das höher gelegene Land zn fliehen, wo auch das Einströmen des Meeres weniger zu fürchten war. In ganz kürzer Zeit waren überall Bambushütten auf- geschlagen, die mit Cocosblättern und Zuckerrohr bedeckt wurden, und unter denen wir die folgenden Tage zubrachten. Die folgenden Stöfse waren leicht und kamen am Uten um 8 Uhr und um 10 Uhr Abends, am 12ten um 6 Uhr Morgens vier bis fünf deutliche Stöfse, um 9 Uhr Morgens und Nachmittags um 5, 7 und 10 Uhr, den 13ten 3 Uhr Morgens drei leichte Stöise, um 7 Uhr Abends, den Uten um 2, 4 Uhr Morgens und 10 Uhr 20 Minuten Abends. Während der Nacht fühlte man in der Ebene auf dem Lande zwei deutliche Sto&e, in der Stadt nur leichte Oscillationen. Den löten 8 Uhr Abends machte ein Stofs den Beginn von fortwahrenden Oscillationen, die bis zum 16ten Abends dauerten, wo um 11 Uhr 10 Minuten ein anderer Stob sie beendete. Den 17ten und löten fühlte man nur einzelne kleine, unregelmäfsige Stöfse. Den 19ten um Mitter- nacht kam wieder ein stärkerer Stols, denen andere um 3, 3J, 5 und 9 Uhr folgten, um 11| Uhr ein langer undulatorischer, etwa 15 8ecunden, und 50 Mi- nuten nach Mittag ein sehr heftiger, mit Lärm begleiteter, undulatorischer Stofc, der 6 Seeunden dauerte. Die folgenden waren am 20sten und 2 taten jedesmal um 10 Uhr Abends; am 22sten und 23sten fühlte man in dem oben genannten Torbeck fortwährende Schwankungen, wahrend wir Nichts fühlten. Am letzteren Tage um 9 Uhr Abends fand ein Stofs statt, dem am 24sten um Mitternacht und 3 Uhr Morgens andere folgten, der letztere kurz (2 Seeunden) aber heftig und mit Lärm begleitet Von da ab bis zum 29sten beobachtete man ein fortwah- rendes Schwanken, das aber nur bemerkbar wurde, wenn man sich gegen zwei verschiedene Gegenstände lehnte. Die letzten Stöfse fanden am 25st*n um Mitter- nacht und 9 Uhr Morgens, am 29sten um 3 Uhr Morgens und am 5. Mai in der Nacht statt. Seitdem habe ich und andere zuverlässige Beobachter Nichtt mehr gespürt, obgleich noch fortwahrend Mauern und Gebälke einstürzen, was

Erdbeben in Haiti. 511

aber mehr die Eblge der heftigen Regengüsse und Winde ist, die anf die erschüt- terten Gegenstände einwirken. Im Gänsen netten wir 68 deutliche Stöfce, unge- rechnet die Schwankungen. *

Die Richtung der Stdfse war, soweit man es ohne Seismometer benrtheüen kann, Ton SSW. nach NNO.» was erklärlich wäre, wenn wirküeh unser Erdbeben, wie man sagt, mit dem Ausbruche eines Vulkans bei Santa Fe* de Bogota im Zimammenhang stände; auffeilend wäre es nnr, dal* Venezuela und Curacao nach bestimmten uns angekommenen Nachrichten Nichts gefühlt haben. Das Meer war rBr das Auge an der Südseite der Insel ruhig, doch wurden die Stöbe auf den Schiffen im Hafen deutlieh gefühlt, und das Wasser eines Flüfschens, wo wir ge- wöhnlich unser Trinkwasser holen, wurde nach dem ersten Stofs { Lieue ober- halb der Mindung plötzlich salzig. Im Norden der Insel sog sich das Meer bei den heftigen Stoffen erst surfick und drang dann mit Heftigkeit auf das Land ein.

Was ich sonst noch über den Eindruck, auf Menschen und Thiere su sagen hätte» ist schon su oft wiederholt und habe ich nur die Aussagen froherer Be- obachter bestätigt gefunden.

Das Wetter war wahrend der ganzen Zeit bei uns schön, auf andern Punk- ten der Insel zum Theü sehr regnerisch. Was den Wind anbelangt, so wurde allgemein ein sehr heftiger und stürmischer Wechsel beobachtet, der sonst in dieser Zeit nicht stattfindet"

Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin

vom 2. Juni 1860.

Der Vorsitzende, Herr Prof. Doye, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) A. de Mtnusy, deacriptum giographique

et statUHque de la ConfideraHon Argentine. Tom. I. Parts 1860 2) Weifs, die

Gesetze der Satellitenbildung. Gotha 1860. 3) r. Richthof en, Geognostische Beschreibung der Umgegend von Pedazso* St Cassian und der Seisser Alp in Süd-Tyrol. Gotha 1860. 4) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Nw F. VUL Heft 3. 5) Petermann's Mitteilungen 1860. Heft 5. 6. 6) Archiv für wis* senachaftliche Kunde Rufslands. Bd. XIX. Heft 3. 7) Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt 1859. No. 4. 8) Zeitschrift für das Berg-, Hütten* und Salinenwesen im preufsischen Staate. VUL Lief, 1. 9) Preufsisches Han- delsarchiv. 1860. No. 18—21. 10) Notizblatt 'des Vereins für Erdkunde in Darmstadt. 1859 1860. No. 32—40.

Der Vorsitzende machte speciell auf de Moussy's Werk über die Argentini- sche Confederation aufmerksam, dessen ausführliche Daten über die klimatischen Verhältnisse von Montevideo , Buenos , Ayres u. a. wesentlich das ergänzen, was bisher von der Argentinischen Republik bekannt war. Derselbe theilte darauf die Ergebnisse der Berechnung des Journals der Reise von Mac Clintock mit, wo- durch die Temperatur des am weitesten in Boothia Felix nach Norden vorsprin- genden Punktes des amerikanischen Kontinents festgestellt wird. Er erläuterte darauf die auf den drei westlichen Verbindungswegen aus der Bafhnsbay in das Polarmeer erhaltene Warmevertheilung, und zeigte, dafs in diesem ganzen bisher

512 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft.

erforschten Gebiet die Temperatur nach Norden hin abnehme, indem er die lo- kalen Abweichungen einet an bestimmten Stellen uaregehaatog vertheüten Som- merwärme auf den *Einflufs der gegenseitigen Lage dea Landet und der Wasser- straJsen znrückxunrtej Die Annahme eine« eisireien Folarbeckemc toh höherer Wärme erscheine demnach durch nie Temperaturvertheflong unum-eehtfertigt, wenn auch ane der für den Pol und die Breite von 50Q im Mittel sich ergehenden Sonmwrwarme zeitweise eisfreie «Stellen desto wahrscheinlicher worden, je weni- ger seihe Bewegungen durch' aus seiner Oberfläche hervortretende Inseln gehemmt würden. Das von einem Begleiter Kane's gesehene offene Polarmeer aei durch eine undurchdringliche Eismauer von der Bafamibay geschieden, von keiner der Expeditionen aber den dasselbe angeblich nach der amerikanischen Sehe hin nur umsäumende EiswaU durchbrochen worden« Es sei daher wünschenswert*, statt wohlfeile Hypothesen über ein arktisches Eldorado' aufzustellen, das -durch so viele Aufopferungen gewonnene Beobachtungstaattrial so vollständig wie möguVoh aus- evfteutsn, um das Unerforschte in immer engere und bestimmtere Gremien eia- zuschliefsen. Darauf theilte Herr Dove Einiges aur dem Briete- mit, den Herr Doergens, der Begleiter des preußischen Konsuls in Damaskus, Dr. Wetzstein, in .Besag auf eine abermalige Reise nach dem Haaren an ihn gerichtet hat.

Herr Barth theilte Nachrichten iber Dr. Boscher mit, der am Nyandja-See erkrankt war, stark ausgeplündert wurde, nach den letzten Nachrichten ans Zan- ribar vom Mars sich jetzt wohler befindet und neue Hilfsmittel zur Fortsetzung seiner Reise von der Küste her erwartet Eine neue Expedition, mit Allem wohl ausgerüstet, .ist übrigens auf dem Wege sich ihm anzuschließen. Ein an Herrn Barth eingegangener Brief von dem französischen Reisenden Duveyrier macht die Mittheilung, data der ursprüngliche Plan desselben, die Gebirge zu erforschen, welche die Uebergange von Algerien zur Wüste bilden, wohl aufgegeben werden wird, da er jetzt eine jährliche namhafte Unterstützung von Seiten der französi- schen Regierung erhalten hat, zugleich aber den Auftrag, von Algerien über Ghe- damee einen Weg nach Thnbuktu au eröffnen, der aUerdmgs grofsen Theils schon durch Barth's Reisen erforscht worden ist. Zugleich theilt er Einiges über einen Ausflug mit, den er von Tnggurt über Nefta nach Gabes an der kleinen Svrte und von dort, nach Biekra zurück unternommen und auf welchem er mehrere Punkte astronomisch fixirt hat Daran knüpft Herr Barth einige Worte aber Mar- morn'* neuestes Werk über Sardinien.

Herr Dr. Hacke 1 sprach über die neuesten Zustande Siciliens, wie er «e im vorigen Jahre bei längerem Aufenthalt auf dieser Insel kennen gelernt bat Der Vortrag ist in diesem Heft der Zeitschrift abgedruckt.

Uebersicht der vom December 1859 bis zum Juni 1860

auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke,

Aufsätze, Karten und Plane.

Von W. Koner.

Geographische, statistische und nautische Zeitschriften.

Zeitschrift für allgemeine Erdkunde etc. Herausgegeben von Dr. K. Neumann. Nene Folge. Bd. VIII. Berlin (D.Reimer) 1860. gr. S.

Mittheilungen der Kais. Kön. Geographi- schen Gesellschaft. Itl. Jahrg. Heft 1—8. Redig. von Franz Foetterle. Wien 1869. gr. 8.

Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissenschaften zu Dannstadt und des mittelrheinischen geologischen Vereins. Herausgeg. von L.Ewald. II. Jahrg. N. 21-40. Januar 1859 bis Februar 1860. Darmstadt (Jonghaus) 1860. 8.

Mittheilungen ans J. Perthes' geographi- scher Anstalt über wichtige neue Er- forschungen auf dem Gesanuntgebiete der Geographie, von Dr. A. Peter-* mann. Bd.V. Heft 12. Bd. VI. Heft 1—6. Gotha (J. Perthes) 1859. 60. gr.4.

Bulletin de la Socie'te' de Geographie etc. IV« Sen 1869. T. XVIII. Octobre Decembre. XIX. 1860. Janvier Mai. Paris (Arthus- Bertrand), gr. 8.

Proceedings of the Royal Geographica! Society of London. Published ander the Authority of the Council, and edited by the Secretary. Vol. III. N. 6. IV. N. 1.2. London (Stanford) 1869—60. 8.

The Transactions of the Bombay Geogra- phica! Society, froro May 1857 to May 1858. Vol. XIV. Bombay 1869. 8.

Das Ausland. Eine Wochenschrift für Zducnr. L all*. Brak. Neu« Folge. Bd. VIII.

Kunde des geistigen und sittlichen Le- bens der Völker. 1859. N. 62. 1860. N. 1 -— 28. Stuttgart und Augsburg (Cotta). gr.4.

Archiv fUr wissenschaftliche Kunde von Rufsland. Herausgegeben von A. Er- na an. Bd. XIX. Heft 1 8. Berlin (G. Reimer). 1860. 8.

Aus der Fremde. Wochenschrift für Na- tur- und Menschenkunde der außereu- ropäischen Welt. Red.: A. Diezmann. Jahrg. 1860. N.l. Leipzig (KeU). gr.4.

Allgemeine Auswanderung -Zeitung. 13. Jahrg. 1860.. Red.: v. Buttner. Leip- zig (Wagner). Fol.

Le Tour du Monde, nouveau Journal des voyages, publie* sous la directum de M. Ed. Chaxton. N. 1 18. Paris 1860. 4.

Nouvellee Annales des Voyages, de la Geo- graphie, de l'Histoire et de l'Archlolo- gie. Red. par M. V. A. Malte-Brun. VIm# Se>. 1869. Novembre, Decembre. 1860. Janvier, Fevrier. Paris (Arthus- Bertrand). 8.

Revue de l'Orient, de l'Algerie et des Co- lonies. 1869. Juillet Dlcembre. 1860. Janvier Juin. Paris et Alger. gr. 8.

Revue Orientale et Amencaine publice avec le concours de membres de l'In- stitut, de.diplomates, de savants, de voyageura, d'orientalistes et crmdustriels par Leon de Rossy. T. II. N. 1 19. Paris 1860. 8.

Nouvelles Annales de la Marine et des

33

514

W. Koner:

Colonies. XI' annee. Paris (Dupont). 8. (20 fr.)

Tijdscfarift voor Nederlandsch Indie*. üit- geg. door W. R. v«an Hoövell. 21ste Jaargang. 1859. December. 22ste Jaarg. 1860. Janaar Mai. Z alt -Bommel. gr.8.

Freufsisches Handel« - Archiv. Wochen-, schrift für Handel, Gewerbe und Ver- kehrs-Anstalten etc. 1860. N. 1—26. Berlin (Decker), gr. 4.

The Nantical Magasine and Naval Chro-

nide. Vol. XXVIII. London (8impkin, Marshall & Co.) 1859. 8. (12 a.)

Morskoi Sbornik. See-Magazin. Heraasgtg. von der Admiralität. 1859. St. Peters- burg 3859. 8. (9 Thlr.)

Journal of the Statistical Society of Lon- don. Vol. XXm. P. 1. London (Par- ker & Son) 1860. 8. (2 s. 6 <L)

Mittheilungen des statistischen Bureaus inBerlin. 1860. N. 1—11. Berlin (Mitt- ler & Sohn). 8.

Biographien. Geschichte der Geographie. Lexika.

Gilman (D. C), Biographical Sketch of Dr< Karl Ritter. American Journ. of Science and Arte. See Ser. XXIX. 1860. p. 221.

Carl Bitter. Haym's Preuf tische Jahr- bücher. Band V. Heft 4. 1860.

de la Roquette, Notice sur la vie et les travaux de M. le baron Alex, de Humboldt Bulletin de la 8oc. de Giogr. 4* Ser. T. XIX. 1860. p. 209. Catalogue des ouvrages et de quelques opuscules composes ou publies par Alex, de Humboldt ibid. p. 252.

Stallo (J. B.), Alexander von Humboldt. Eine GedftchtnUsrede. Cwcinnati(Theo- bald &Theurkauf)1859. 12. (JThlr.)

v. Martins (C. F. P.), Denkrede auf Alexander v. Humboldt Manchen (Frans. inComm.). 1860. 4. (12 Sgr.)

Tr autsch old , Ein Gedenkblatt für Alexander v. Humboldt Bullet, de la Soc. Irnper. des Naturalisten de Mos- cou. 1859. N. 1. p. 292.

Blätter der Erinnerung an Alexander v. Humboldt Berlin (Hasselberg) 1860. 16. (24 Sgr.)

de Moussy (M.), Notice sur la vie de M. Bonpland en Amerique, Plata, Pa- raguay et Mission*. Bull, de la Soc.

de Geogr. 4' Ser. XDL 1860. p.414. Notes sur les manuscrits et lea col- lections de M. A. Bonpland par A. De- menay. ibid. p. 426.

Maury (A.)T Rapport sur lea travaux de la Socie*te* de geographie et am* les progres des sciences geographiqoe*, pendant rannee 1859. Bullet, dt la Soc. de Geogr. 4* Ser. T.XDL 1860. p. 6.

Volger (O.), Die Erdwiasenacliaft in Deutschland. Ein SeHenstnck ra der Abhandhing „la geologie en Allema- gne" in der Revue germanique. Stimmen der Zeit. 1860. Febr.

Bouillet (A.), Dietionnaire irnmnwl dliistoire et de geographie. Nouv. ÄiiL (16*), revue, corrigee et autorisee par le Saint siege et augmentee (Fan noa- veau Supplement. Paris (Hachette & Co.) 1860. XH, 1924 8. 8. et Sup- plement de 140 p. (21fr.)

Ho ff mann (W.), Encyclopldie derErd-, Volker- und Staatenkunde. 86. 87. Lief. Leipzig (Arnold) 1860. hoch 4. (a 4 Sgr.)

Geographische Lehr- und Handbucher.

Berghaus (H.), Was man von der Erde weifs. 82. Lief. Berlin (Hasselberg) 1860. gr. 8. (a \ Thlr.)

Daniel (H. A.), Handbuch der Geogra- phie. 2. Thl. Die europaischen Länder aufeer Deutschland. S.u. 6. Lief. Frank- furt a. M. (Verlag für Kunst und Wis- sensch.) 1860. gr. 8. (a 16 Sgr.)

Galle tti's (J. G. A), Allgemeine Welt- kunde oder Encyclopldie der Geogra-

phie, Statistik und Staatengeschichte. 12. Aufl. Von H. F. Brachem und M. Falk. 10. 11. Lief. Wien (Hartleben) 1860. (a 24 Sgr.

Hart mann (G. A.), Letf&den in zwvi getrennten Lehrstoffen ftr den geogra- phischen Unterricht in höheren Lehr- anstalten. 6. Aufl. Osnabrück (Rad- hörst) 1860. gr. 8. (6 Sgr.)

v. Klöden (G. A.), Handbuch der Erd-

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 515

kundc. 19. u. 20. Lief. Berlin (Weid- mann) 1860. gr. 8. (a j Thlr.)

Klun (V. F.), Allgemeine und Handels- Geographie. 1. TW. Allgemeine Geo- graphie. Wien (Qerold's Sohn) 1860. gr.8. (SThlr.)

Mein icke (G. €.), Leitfaden fllr den geographischen Unterricht in den unte- ren Gymnasialklassen. 8. Aufl. Prenzlau (Kalbersberg) 1860. gr. 8. (8 Sgr.)

POtas (W.), Leitfaden bei dem Unter- richte in der vergleichenden Erdbe- schreibung für die untern und mittlem Klassen höherer Lehranstalten. 4. Aufl. Freiburg in Br. 1860. gr.8. (9 Sgr.)

, Grundrifs der Geographie und Ge- schichte der alten, mittlem und neuem Zeit etc. 1. Bd. DasAHerthum. 10. Aufl. Coblenz(Badeker)1860. gr.8. f|Thlr.)

, Charakteristiken zur vergleichenden Erd- und Volkerkunde in abgerunde- ten Gemälden für Schule und Haus ge- sammelt und bearbeitet. 2. Bd. 051n (Dumont-Schauberg) 1860. gr. 8. (2£ Thlr.)

8t ein 's (C. G. D.) Kleine Geographie oder Lehrbuch der Erd- und Länder- kunde für Schule und Haus. In er- neuter Gestalt zum 5. Male herausge- geben von K. Th. Wagner. 25. Aufl. Leipzig (Hinrichs) 1 860. gr. 8. (18 Bgr.)

Steinhaus (A.), Lehrbuch der Geogra- phie für Handels- und Realschulen. 2. Thl. Politische Geographie. Leipzig (Hinrichs) 1860. gr. 8. (1 Thlr.)

Weidner (H.), Der Wanderer durch die Welt. Einfache Darstellung der Erde, Europa, Deutschland, Württemberg etc. Ludwigsburg (Riehm, in Comm.) 1860. qu. 4. ( J Thlr.)

Bruce (E. and J.), An Introduction to Geography and Astronomy, with the Use of Globes. With 30 Woodcui*. London (Simpkin) 1859. 12. (5 s.)

Buttler (J. O.), A Kew Introduction to Geography, in a Series of Lessons for Youth. 19th edit. etc. London (Wal- ker) 1859. 180 S. 12. (2 s. 6 d.)

Ewing (T.), A System of Geography on a New and Easy. Plan, frora, the Latest and Best Authorities : for the Use of Schools and Private Students. 19th edit. London (Simpkin) 1859. 12. (4 s. 6 d.)

Hughes (W.), Elementary Class-Book of Modem Geography. London (Philip) 1860 140 S. 12. (ls. 6 d>)

Bleaby (G.), An Initiatory Geography in Question and Answer. 2d edition. London (Law) 1860. (1 s. 6 d.)

Ansart(F.), Petite geographie moderne, a l'usage des eVoles primaires. 25* «Mit. Paris (Hachette & Co.). 216 S. 18. (75 cts.)

Bei es e (G.), La geographie mise a la porte'e des enfants ävec questionnaires. 2* edit., aecompagnee d'nn planisphere. Paris (Delalain). 860 S. 18. (1 fr. 50.)

, Petite geographie pour le premier age. 5e edit., aecompagnee d'on pla- nisphere. ibid. 180 S. 16. (75 cts.)

Gaultier, Geographie universelle. 8* Edition en Hollande. Entierement re- fondue par A. D. J. Mioulet. La Haye (Belifante freres) 1859. XII, 164 bl. 8. (1 fr. 25.)

Magin (A.) et Barberet (Ch.), Abrege* de geographie moderne k l'usage des classes elementaires, des e*coles et des Colleges. Nouv. edit. Paris 1859. XVI, 180 S. 18.

Maissas (A.) et Michelot, Manuel de geographie, contenant les tableaux de geographie des memes auteurs. Paris (Hachette) 1859. XII, 182 S. 8.

, NouveÜe glographique me'thodique, suivl d'un petit traitl sur la construc- tion des cartes, par M. Carle. Paris (Hachette) 1860. XVI, 360 S. 12.

Nouveau cours de geographie physique et politique ft l'usage des lycees et autres etablissements d'instruction pu- blique, redige conformement an deraier Programme officiel de l'Universite, pour aecompagner Tatlas de geographie de M. Babinet. Paris (Bourdin) 1860. 12.

(Prins, A. Winkler), Handboek der

aardrijkskunde. (Algemeen gedeelte,

l'stuk). Uitgegeven door de maat

- sohappv; »Tot Nut van't Algemeen a.

Amsterdam (Fr.Muller) 1859. (f. 1,90.)

V. Seydlitz (E.), Handboek der aard- rijkskunde; bewerkt naar den 8*"drok van „Leitfaden für den geographischen Unterricht" door J. Dornseiffen en J.

Knijper. Amsterdam (Binger) 1860. VIII en 248 bl. gr. 8. (f. 1,80).

van derMaaten, Kleine aardrijkskunde voor schoolgebruik. 7* verb. druk. Am- sterdam (Frijlink) 1859. XII, 152 bl. 8. (f. 0,55).

Ankjaer (8.), Geographisk - statistisk Haandbog. Andet Binds 8 9 da Hefte. Kjobenhavn 1859. 8. (a 24 fs.)

33#

516

W. Koner:

Mathematische und physikalische Geographie.

Gnyot(A.), Grundzttge der vergleichen- den physikalischen Erdkunde in ihrer Beziehung zur Geschichte des Men- schen. Nach des Verfassers Vorlesun- gen für Gebildete frei bearb. von H. Birnbaum. 2. Aufl. Leipzig (Hinrichs) 1860. gr. 8. (lj Thlr.)

Erslev (£.), Jordkloden ogMennoshyt, en alnundelig Skildring af den physiske Geographi. 1 löde Hefte. Kjeben- havn 1859. 8. (ft 12 fs.)

Ule (0.), Die Grundmafse und Grund- messungen im Weltgebünde. Die Natur. 1860. N. 22 f.

, Meerestiefe und Meeresboden. Die Natur. 1860. N. 16 f.

, Die Thalbildung. Die Natur. 1860. N. 8. 7. 11.

Mttller (K.), Ueber ursprüngliche und nachgefolgte SchSprungsheerde. Die Galapagos- Inseln. Die Inseln St He- lena und Juan Fernandez. Die Na- tur. 1860. N. 24 f.

Manry (M. P.)t »The Physical Geogra- phy of the Sea. New edit. London 1869. 690 S. 8. (5 8.)

Gialdi (A.), Bemarks on the Undula- tory Motion of the Sea and its Cur-

rents Proceedings oftheR. Geograph.

Soc. IH. 1859. p. 895.

Barth (H.), Das Becken des Mittelmee- res in natürlicher und kulturhistori- scher Beziehung. Vorlesung. Hamburg (MeUsner) 1860. 82 S. 8.

Schellen, Die Tiefen des Meeres und das unterseeische Atlantische Telegra- phenplateau. — Wettermanne illuetr. deutsche Monatshefte. 1860. April.

Physikalische Beobachtungen auf dem

Nord «Atlantischen Ocean. Peter- mannt MUtheÜ. 1860. p. 160.

Bache (A. D.), Gulf Staream Explora- tion». Third Memoir. Distribution of Temperatur« in the Water of the Flo- rida Channel and Streits. Amerieem Joum. of Science and Arte. See. Ser. XXIX. 1860. p. 199.

A. Vibe über den Golfstrom und den Malstrom an den Küsten Norwegens. Autland. 1860. N. 6. .

Eisberge im südlichen Ocean. Zeitsckr. f aUgem. Erdkunde. N.F. Vm. 1860. p. 171.

Ule (O.), Ueber die Eisberge des Süd- polarmeeres. — Die Natur. 1860. N. 22.

Buist, Physical Geography of the Red Sea. TransacU of the Bombay Geo- graphica} Soc. XIV. 1859.

Sir John Herschels Vorschlag eines kos- mopolitischen LangenmsisesL Aus- land. 1860. N. 22.

Erman (A.), Ueber einige Messungen zur Bestimmung der Horisonialcoinpo- nente des Erdmagnetismus, die Herr Kowalsky angestellt und bekannt ge- macht hat. Archiv für Wissenschaft!. Kunde v. Rufsland. XIX. 1860. p. 461.

d'Avezac, Apercus historiqnes sur La boussole et ses applications a Feinde des phenomenes du magnetisme terre- stre. Bull, de la Soc. de Geogr. 4* 84t. XIX. 1860. p. 846.

Galton (Fr.), Sun Signals for the Um of Travellers (Hand Heliostat). Pro- ceedings of the R. Geograph. Soc IV. 1860. p. 14.

Allgemeine Ethnographie.

Waitz (Th.), Anthropologie der Natur- völker. 2. Thl. A. u. d. Tit.: Die Neger- völker und ihre Verwandten. Ethno- graphisch und eulturhistorisch darge- stellt. Leipzig (Fleischer) 1860. gr. 8. (8} Thlr.)

Latham (R. G.), Philological, Ethnolo- gicai, and other Essays. London (Wil- liam & N.) 1860. 8. (10 s. 6 d.)

Latham (R. G.), Descriptive Ethnology. 2 vols. London (Van Voorst) 1860. 8. (32 s.)

Dechamps, Etudes des races humaines.

Methode naturelle d'ethnologie. fication de rhomme moral et phyaiqoe. Paris (librairie centrale des sciences) 1860. 8. (8 fr.)

Ueber die Pluralittt der Menscbenarten. Ausland. 1860. N. 10.

Ursprung und Verschiedenheit der Mes- schenracen. Ausland. 1860. N. 17.

Schieiden (M. J.), Ueber die Einheit des Menschengeschlechts. Wester- mann's illustr. deutsche MonaU-Eeftt. 1860. ApriL

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten and Pläne. 517

Zar Phrenologie. (Ans dem Journal pour Tons.) Ausland. 1860. N. 1.

The Natural Seleetion of Human Races. Journ. of the Indian Archipel. New Sex. in. 1. 1869. p. 99.

Menschliche Ueberreste ans einer Felsen- grotte des Düsselthals. Zeitschr. f. öligem. Erdkunde. N. F. VII. 1869. p. 490.

Boulgon, Portrait, caractere, moeurs,

nsages, coutumes des differents peuples da monde. Limoges et Isles 1860. 60 8. 8. Avec 12 pl.

y. Beer (K.), Bericht Über die neuesten Acqaisitionen der craniologischen Samm- lung. — Bull, de rAcad. de 8t. Ptters- bourg. I. 1869. p. 889.

The Europeanization of the Indian Races. Journ. of the Indian Archipelago. New 8er. HI. 1869. p. 117.

Allgemeine Statistik.

Kolb (G. Ft.), Handbuch der verglei- chenden Statistik, der V&lkerzustands- und Staatenkunde. Für den allgemeinen praktischen Gebrauch. 2. Aufl. Leipzig (Förstner) 1860. gr. 8. (2 \ Thlr.)

Unschuld (W.), Leitfaden zur darstel- lenden Statistik auf topographischen Karten, eine praktische Anweisung zur graphischen Uebersichts-Darstellung Al- les Lebenden und Alles Industriellen nach dem bestehenden Quantität»- Ver- hältnisse und der territorialen Verbrei- tung durch topographisch -statistische Karten. Thl. I. H. Mit AÜas in gr. Fol. Wien (Hermannstadt) (Lechner) 1869. gr. 4. (84 Thlr.)

Sc her er (H.), Algemeene geschiedenis ▼an den wereldhandel. Uit het Hoog- duitsch vertaald, met bijvoeging der aanteekeningen van Richelot en Vogel, door N. S. Calisch. Afl. 1 9. Haar- lem (Krusemann) 1869. gr. 8. (a f. 0,76.)

Betrachtungen Ober die verschiedenen Me- thoden bei Ausarbeitung der Handels- statistiken. — Preuft. Handelsarchiv. 1860. N. 17.

Egli (J. J.), Ueber Dieterici's Bevölke- rnngs- Summen der Erde. Petermann't Mitteilungen. 1860. p. 47.

Wappaus (J. E.), Ueber den Begriff und die statistische Bedeutung der mittleren Lebensdauer. Göttingen (Dieterich) 1860. gr. 4. (16 Sgr.)

Buist, On Prof. Owen and M. HornerT8 Views of the Age of Man upon the Barth. Transact. of the Bombay Geogr. Soc. XIV. 1869.

Ueber die 8terblichkeitsstafen bei verschie- denen Gewerben. Ausland. 1860. N. 18.

Kruger (Fr. J.), Die Ausbreitang des deutschen Volkes aber den Erdball. Teut. 1860. Heft 2.

Ravenstein (E. G.), Statistisch -geogra- phische Mittheilungen über die briti- schen Besitzungen in Europa und Ame- rika. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1869. p. 446.

Roy, Histoire des colonies francaises et des Etablissements francais en Amlrique, en Afrique, en Asie et en Oceanie, de- puis leur fondation jusqu'a nos jours, d'apres les documents publik par le ministere de la marine et des colonies. Nouv. e*dit. Paris 1860. 12.

Hommaire de Hell (E.), De la Situa- tion commerciale des producteurs de sucre dans les colonies francaises. Revue de VOrimt. 1860. p. 298.

Nautik.

Annuario marittimo perl'anno 1860 com- pilato dal Lloyd Austriaca coli' appro- vazione dell' eccelso i. r. governo cen- trale marittimo. 10. Annata. Triest (Direction d. österr. Lloyd) 1860. gr. 8. (1 Thlr.)

Bremiker (C), Annuaire nautique ou e'phe'me'rides et tables complfetes pour Fan 1862. Berlin (G. Reimer) 1860. gr. 8. (i Thlr.)

, Nautisches Jahrbuch oder vollständige

Ephemeriden und Tafeln für das Jahr 1862. Ebds. 1860. gr. 8. (\ Thlr.)

Almanak ten dienst« der zeelieden voor het jaar 1868, berekend voor den me- ridiaan ran Green wich; op last van het Departement van Marine uitgegeven door JacSwart. Amsterdam (Hülst van Keu- len) 1860. Vm, 179 bl. (f. 2,40.)

Swart (J.), Verzaameling van sterre- en zeevaartkundige tafelen, benevens eene uitvoerige verklaring en antwijzing van

518

W. Koner:

deraelver gebruik in de werkdadige sterre- en zeevaartkunde, ten dienst© der zeelieden. 9* verb. druk. Amster- dam (Halst van Keulen) 1859. XVI, 192 en 420 bl. gr. 8. (f. 6,50.)

Fharea des mers du globe, d' apres les do- cuments franeeis et etrangers iecueillis au De'pot des cartes et plana de la marine. Paris 1859. 8.

Mer du Nord, 2* partie, Cdtes nord et est d'ßcosse. Traduction du Pilote, pu- blik par ordre de l'amiraute* anglaise. Publik au De'pot des cartes et plans de la marine. Paris 1859. 8,

Graff (H.), Die Leuchttürme, Leucht- baaken und Feuerschiffe der ganzen Erde. 2. Ausg. mit Ergänzungen. Stet- tin (Müller), gr. 8. (cart. 1J Thlr., die Ergänzungen apart £ Thlr.)

VeiUnderungen von Leuchtfeuern, Seemar- ken etc., sowie die Schifffahrt betref- fende Verordnungen und Bekanntmar chungen im Jahre 1859. Herausgeg. von der Kautischen Gesellschaft zu Stettin. 1860. 10. Fortsetzung. Stettin (MUller). gr; 8. (9 Sgr.)

Swart (J.), Lichten in het kanaal tus-

schen Eigeland en Frankrijk. Ver- handel. en herigten bttrekktlijk het zee- wezen. 1860. N. 1.

Fitzroy (R.), Passage Table and Gene- ral Sailing Directions, published by Au- thority of the Board of Trade. Lon- don 1869. 98 S. 8.

Maandelyksche Zeilaanwijzingen van Java naar het Kanaal. Als nitkomsten van wetenschap en ervaring, aangaande win- den en zeestroomingen in sommige g*- deelten van den oceaan. Uitgegeven door het Kon. Ned. MeteoroL Institaut. Utrecht (Bosch cc Zoon) 1860. 6 en 80 bl. 4., met 4 gelith. uit&L platen en 2 tabellen. (Nicht im BuchhandeL)

Maandelijksche Zeilaanwijzingen ran het kanaal naar Java. Als uitkomsten Tan wetenschap en ervaring, aangaande win- den en zeestroomingen in sommige ge- deelten van den oceaan. TJitgegeven door het Kon. NederL MeteoroL In>ti- tuut te Utrecht in 1860. (3* omge- werkteenveTmeerderdeuitgave.) Utrecht (Kemink & Zoon) 1860. 2, Xu, 2 en 110 bl. 4. (Nicht im BuchhandeL)

Reisen durch mehrere Welttheile und Länder.

Aus dem Auslande. Bilder und Darstel- lungen aus der Erd-, Linder-, und Völkerkunde von einem Naturfreund«. Zwickau (Yerlagsbuohh. d. Volksschrif- ten-Vereins) 1859. 8. (6 Sgr.)

L'expeMition genoise des freres Yivaldi a la decouverte de la route maritime des Indes orientales au XIII* Biecle. Lettre au re*dacteur des Nouvellee annale* des Yoyages, a> l'occnsion d'un re'cent me"- moire de M. G. IL Pertz a ce snjet. Paris 1859. 8.

Darwin (Ch.), Journal ofBesenrohes into the Natural History and Geology of the Countries visited during the Yoyage of H. M. S. Beagle, round the World, an- der the Command of Captain Fitzroy. New edit. London (Murray) 1860. 525 S. 8. (9 s.)

Sc herz er (K<), Das zweite, dritte und letzte Jahr der Erdumsegelung Sr. Maj.

Fregatte „Novara" Mittheil. der K.

K. Geogr. Ges. III. 1859. p. 414. 425.

Voyage de circumnavigation de la frdgate autrichienne la Novara, 1857 59. Le Tour du Monde. 1860. N. 3. 5.

Malte-Brun (V. A.), Circumnavigation

de la fregate autrichienne Novara da 30 avril 1857 au 26 aout 1859. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. L p. 1SS.

Whiteoar (W. B.), Four Yeara Aboari the Whaleship; embracing Craises ia the Pacific, Atlantic, Indian, and Am- aretie Oceana, in the Yeara 1855 1859. Philadelphia 1859. 413 S. 12. (Ca.)

Far Off; or Anstralia, Afiriea, and Ame- rica Described; with Anecdotes and numerous Illuatrations. Part 2. New edit. London (Hatchard) 1860. 420 S. 12. (4 s. 6 d.)

Spaulding (J.), Stories of the Oceau; or, Gems rrom Seafaring Live. New York 1860. 177 S. 18. (30 c)

Kletke (U.\ Alex. v. Humboldta Beiden in Amerika und Asien. 4. Aufl. Lief. 1—17. Berlin (Hasselberg) 1860. gr. 16. (a4Sgr.)

Eothcn. Eastern Travels. New edition. London (Murray) 1860. 840 8. 8. (7 s. 6 d.)

Fr an kl (L. A.), Nach Jerusalem. Bei~ in Griechenland, Kleinasien, Syrien, IV lastina. Ins Kbräische übers, von M . E

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 519

Stern. (Wien) Leipzig (Hassel) 1860. 8. (1 Thlr.)

Onomander, Altes und Neues ans den Lindem des Ostens. Bd. m. Klein- Asien. Hamburg (Perthes -Besser & Mauke) 1860. III. 406 S. 8. (1 Thlr. 36 Sgr.)

Fliedner (T.), Reizen in het Heilige Land, naar Smyrna, Beiroet, Konstan- tinopel, Alexandrie* en Kairo, in de jaren 1851, 1856 en 1857. Met pla- teh en kaarten etc. Kit het Hoogd. door T. M. Loman. 1* 4* afl. Am- sterdam (Höveker) 1859. gr. 8. (f. 0,54.)

Dnfferin, Briefe ans hohen Breitegra- den. Bericht über eine Reise des Yacht- Schooners „Foam*" nach Island, Jan Mayen und Spitzbergen im Jahre 1856.

Braonschweig (Vieweg & 8.) 1860. gr. 8. (lf Thlr.)

Briefe ans Helgoland, England und Süd- Afrika. Zwickau (Verlagsbuchh. des Volksschriften-Ver.) 1859. 8. (6 Sgr.)

Reisgids. Nederland, Belgig, de Rijn, Pa- rijs. Met plattegronden etc. Zntphen (Plantenga) 1860. VIH, 864 bl. 6. (f. 2,80; in linnen f. 8,80.)

Coghlan's Belgium, Holland, theRhine, Switserland, and the fashionable Ger- man Watering Places; with the neces sary information respecting Passports, Money etc. 16th edit. London (Trüb ner) 1860. 260 S. 12. (2 s. 6 d.)

Jahn'* (C. F.), IllastrirtesBeisebuch. Ein Führer durch Deutschland. 9. Aufl. 2. Bd. Süd- Deutschland, die Schweiz, Strafeburg, Paris, London etc. Leipzig (Voigt n. Günther) 1860. 8. (1} Thlr.)

Europa.

Deutschland.

Payne's Hlustrirtes Deutschland. Uni- versal-Lexikon der Geographie, Stati- stik und Topographie sämmüicher deut- scher Bundesstaaten. Heft 8. 4. Leipzig (Payne). hoch 4. (e J Thlr.)

Heinzelmann (F.), Das deutsche Tater- land in Reisebildern und Skizzen. 4. Bd. Frankfurt a. M., Heseen-Darmstad Ba- den, Württemberg, Baiern etc. Leipzig (Fleischer) 1860. gr. 8. (14 Thlr.) Bildet den 4. Bd. der Supplemente zu Heinzelmann's Weltkunde.

Uit de vroemde. Episode's uit eene onuit- gegeven archaeologische reis in Duitsch- land, Boheme, Hongarye en Zwitser- land, in de lente en den voorzomer van

1859. Älgem. Konst- en Leiterbode.

1860. N. 8 ff. 19.

J ah n ' a (C. F.), Blustrirtes Reisebuch. Ein Führer durch Deutschland. 9. Aufl. 1. ThL : Nord-Deutschland. Leipzig (Voigt & Günther) 1860. 8. (1} Thlr.)

Baedeker (K.), L 'Allem agne et quelques parties des pars limitrophes. Manuel du voyageur. Coblenz (Bädeker) 1860. 8. (2 j Thlr.)

, Deutschland nebst Theilen der an- grenzenden Länder. Handbuch für Rei- sende. 1. Thl.: Österreich, Süd- und West- Deutschland, Ober-Italien. 9. Aufl. Ebds. 8. (2 Thlr.)

Berghaus (H.), Deutschland und seine

Bewohner. Ein Lehrbuch znr Selbstbe- lehrung für die Gebildeten aller Stande. 2 Bde. Berlin (Hasselberg) 1860. gr.8. (84 Thlr.)

Biffart (M.), Deutschland, sein Volk und seine Sitten. In geographisch -ethno- graphischen Charakterbildern. Lief. 5 9. Stuttgart (Nitsschke) 1860. gr.8. (a 12 Sgr.)

Schneider (J.), Neue Beiträge znr alten Geschichte und Geographie der Rhein- lande. 1. Folge. Düsseldorf (Schaub) 1860. gr. 8. (274 Sgr.)

Der Rhein und die Rheinlande, dargestellt in malerischen Original -Ansichten von L. Lange. 2. Abthl.: Von Mainz bis Köln. 2. Aufl. No. 48—50. 8. Abthl. Niederrhein. 60. 68. Heft. Darmstadt (Lange) 1860. O j Thlr.)

Baedeker (K.), Die Rheinlande von der Schweizer bis zur Holländischen Grenze etc. 11. Aufl. Coblenz (Baedeker) 1860.

8. (14 Thlr.)

(v. S t r a m b e r g), Denkwürdiger und nütz- licher rheinischer Antiquarins. 2. Abthl.

9. Bd. 8. 4. Lief. Mittelrhein. 8. Abthl. 7. Bd. 8. 4. Lief. Coblenz (Hergt) 1860. gr. 8. (f Thlr.)

Müller (Edw.), Der Thüringer Wald in der Brusttasche. 4. Aufl. Berlin (Ber- gemann) 1860. 16. (4 Thlr.)

Kurs (A.), Ein Ausflug nach Thüringen. Berlin (Hayn) 1860. 16. (4 Thlr.)

Deutsches Leben. Eine Sammlung ge-

520

W. Koner:

schlosftenef Schilderungen aus der deut- schen Geschichte mit besonderer Berück- sichtigung der Culturgeschichte und der Beziehungen zur Gegenwert. Bd. III. ThL 2. J. Falke, Die Geschichte des deutschen Handels. Leipzig (G. Mayer) 1859. 8. 428 S. 8. (1 Thlr.) Die deutschen Eisenbahnen im J. 1869.

Wissensch. Beil. d. Leipz. Ztg. 1%%0. N. 88— S7.

Die Flözerei am Oberrhein in Baden, Wtir-

temberg und Bayern, vom 14. 18.

Jahrhundert. Zeitschr. f. d. Gesch.

d. Oberrheins. XI. Heft 8. 1860. Einnahmen des Zollvereins und Verthei-

lung derselben Im J. 1869. Preufs.

Handelsaroh. 1860. N. 11. Deutschlands Städte vor hundert Jahren.

Monatsschr. f. deutsches Städte- u. Gemeindeten. 1800. I. p. 481.

Preufsen,

Die lindlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grund- besitzer in der preufsischen Monarchie. In naturgetreuen farbigen Darstellungen nebst Text. Herausgegeben von A. Duncker. Prov. Brandenburg. 10. 18. Lief. Frov. Pommern. 4. Lief; Prov. Sachsen. 6. 8. Lief. Prov. Westpha- len. 2. u. 8. Lief. Berlin (A. Duncker). qu. Fol. (s, 1| Thlr.)

Nachweisung der in die Häfen des preus- sischen Staats im Jahre 1869 ein- und von dort ausgegangenen Seeschiffe ein- schliefslich der DampftchinTahrt. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 12.

Stetistische Kachrichten von den preufsi- schen Eisenbahnen. Bearbeitet von dem technischen Eisenbahn-Bureau des Mi- nisteriums für Handel etc. 6. Bd. Berlin (Ernst & Korn) 1860. Fol. (8 Thlr.)

Goldsmid (F. H.), On the Stalistics of Prussia. Journ. of the Statistical So- ciety. Jane. 1860.

Vergleichende Statistik der Bevölkerung der Städte in den sechs östlichen Pro- vinzen nach den Zählungen von 1855 und 1858. Monatsschr. f. deutsches Städte- und Gemeindewesen. 1860. I. p. 466.

Abnahme des SchinTahrts-Verkehrs auf der Oder. Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1859. p. 467.

lieber den Wasserstand und die Schiff-

barkeit der Öder. Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VHI. 1860. p. 12.

Die Regulirang der Oder. Monatsschr.

. f. deutsches Städte- u. Gememdeumn. 1860. I. p. 112.

Höhe der. Bahnhöfe auf den pretüaisebea Eisenbahnen. Zeitschr. f. edlgewu Erdhunde. N. F. VHI. 1860. p. 241.

Lösch in (G.)f Danzig und seine Umge- bungen. 4. Aufl. Danzig (Anhuth) 1860. 12. (1 Thlr.)

H o f f m a n n , Verzeichnifs sämmtlicher Ort- schaften des Regierungs-Bezixks Brom- berg. Mit Angabe des Kreises, der Ge- richts-, Polizei- und Gemeindebesirke etc. Nebst Beilagen historischen und statistischen Inhalts. Bromberg (Aron- sohn) 1860. hoch 4. (1) Thlr.)

Brandes (H. K.), Ausflug von MemeJ naeh Muskau Im Sommer 1859. Lemgo (Meyer) 1860. 8. (\ Thlr.)

J 6 Je 4\j (J.), Der nordwestliche Thcü des Riesengebirges und das Gebirge von Rumburg und Hainspacn in Böhmen. Jahrb. der K. K. Geolog. Reieks- Anstalt. X. 1859. p. 865.

Fidicin (E.), Die Territorien der Mark Brandenburg oder Geschichte der ein- zelnen Kreise, Städte, Rittergüter in derselben. 8. Bd. Berlin (Guttentag) 1860. 4. (2JThlr.)

Berlin, Potsdam und deren Umgebungen. 18. Aufl. Berlin (Grieben's Reise-Biblio- thek N. 6) 1860. gr. 16. (J Thlr.)

Reichardt, Beschreibung des Steinsalz- bergwerkes zu Stafsfurth, K. preufs. Pro- vinz Sachsen. Verhandl. d. K. Leo- pold. CaroLAcad. d.Naturf. SEK. 1860. p. 607.

Zusammenstellung derjenigen Tagebuchs- Notizen etc., welche der K. Preufs. Oberst-Lieut F. W. Schmidt aber seine in den J. 1888 41 in West- falen ausgeführten Lokaluntersuchungen,

- und Überhaupt Aber seine daselbst an- gestellten antiquarisch-historischen For- schungen aufgezeichnet hat Aus dea hinterlassenen Papieren herausgegeben von E. 8 ch mi dt. Zeitschr. f. rat tri. Gesch. u. Altertkumsk. in Westfalen. N. F. X. 1859.

Dttntzer (H.), Die Romanisirung kölni- scher Strafsen- und Thornamen. Jahrb. d. Ver. von Alterthumsfr. \# Rheinlande. XXVII. 1859. p. 19.

Benrath (H.), Aachen, Burtecheid und ihre Umgebung. Ein Fahrer für Fremd:

Neu erschienene geographische Werke, Aufsitze, Karten and Pläne. 521

Nebst einer Abhandlung ttber die Heil* quellen Aachens und Burtscheids von A.Reumont. Aachen (Benrath & Vogel- sang) 1860. 16. (} Thlr.)

Die Hauptvertaderungen des antern Rhein- bettes, namentlich zwischen Köln und

Xanten. Artnal. des hist, Ver. für

den Niederrhein, insbesondere die alte ErzdiOcese Köln. Heft 7. 1869. p. 181.

Kreuznach. Illustrirter Wegweiser für Lust- reisende u. Kurgaste. Berlin (Grieben's Reise-Bibliothek N. 50) 1860. 16. «Thlr.)

Bad Kreuznach und die Rhein -Nahe -Ei- senbahn. Handbuch und Führer für die Besucher des Nahethals. 4. Aufl. Kreuz- nach (Voigtltader) 1860. 8. (} Thlr.)

Braunschweig. Hannover. Ham- burg. Mecklenburg.

Bock (A.), Braunschweig. Ein Stadtbild. Monatssehr. f. deutsches Städte- und Gemeindewesen. 1860. I. p. 196. 295.

Die ostfriesische Insel Borkum. Hanno- ver (RümpleT) 1360. 8. (J Thlr.)

Jahresbericht des Preufsisohen Konsulats

zu Harburg für 1869 Preu/s. Hon-

delsarckh. 1860. N.20.

Carl (H.) und Schlüter (A.), Statisti- sche Uebersicht von Harburgs Handels- und ScWfffahrtsverkehr im Jahre 1859. Harburg (Elkan, in Commiss.). gr. 4. (* Thlr.)

Handbuch für Reisende. Der neueste Weg- weiser und zuverlässigste Führer durch Hamburgi Altena und deren nahe und fernere Umgebungen. 7. Aufl. Altona (Heilbutt) 1860. gr.16. (1 Thlr. * Sgr.)

Illustrirter Wegweiser in Hamburg, dessen Umgebungen und Helgoland. 6. Aufl. Berlin (Grieben's Reise-Biblioth.) 1859. gr. 16. (4 Thlr.)

Entwicklung des Handels und der Zoll- verhlütnisse Hamburgs seit 1815. Preu/s. ffandelsarch. 1860. N. 18.

Hamburgs Handel im Jahre 1858 ibid.

1860. N. 5.

Raabe (W.), Mecklenburgische Vater- landskunde. Bis jetzt 10 Lieff. Wis- mar (Hinstorff). 8. (j Thlr.)

Linderaann (J.), Geographie von den Grofsherzogth. Mecklenburg -Schwerin und Mecklenburg- Strelitz. 2. Auflage. Schwerin (Hildebrand) 1860. 8. (J Thlr.)

Königreich Sachsen und die Säch- sischen Herzogtümer.

Das Königreich 8achsen in historisch- statistisch - topographischer Beziehung. 2. Aufl. 8. Lief. Leipzig (Schrader) 1860. Fol. (6 Sgr.)

Gottschalck (F.), Die sachsisch -böh- mische Schweiz. Ein Führer für Rei- sende. 8. Aufl. Dresden (Gottschalck) 1860. 16. (| Thlr.)

Leupold's (H.) Wanderbuch durch Sach- sen und die Nachbarlande. Eine Hei- mathskunde sowie ein Rathgeber für frohe Wanderer. 1. Bd. Dresden, seine Umgebungen und die sachsische Schweiz. Dresden (Meinhold & S.) 1860. 8. (i Thlr.)

Album der Schlösser und Rittergüter im Königreich Sachsen. - Herausg. von G. A. Poenicke: Hfl. 187 142. Leip- zig (Expedition des Albums), qu. Fol. (k 1 Thlr.)

Das Königreich Sachsen, Thüringen und Anhalt, dargestellt in malerischen Ori- ginal-Ansichten. I. Abthl. Das König- reich Sachsen. N. 41 47. Darm- stadt (Lange). Lex. 8. (k 8 Sgr. ; chin. Papier k 16 Sgr.; chin. Papier in 4. a 24 Sgr.)

Weidinger (C), Leipzig. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebungen. Leipzig (Weber) 1860. 8. (J Thlr.)

Album von Leipzig und seiner Umgebung. Sammlung der interessantesten Ansich- ten in Stahlstichen. Darmstadt (Lange) 1860. gr. 4. (1 Thlr.)

Album der Schlösser und ritterschaftlichen Besitzungen des Grofsherzogth. Sach- sen-Weimar-Elsenach in bildlichen Dar- stellungen mit Text von W. Rein. 1. Lief. Leipzig (Werl) 1860. qu. Fol. (k 27 Sgr. ; color. 1 j Thlr. ; Prachtaus- gabe 6 Thlr.)

Album der Schlösser und ritterschaftlichen Besitzungen des Herzogthums Sachsen- Meiningen in bildlichen Darstellungen mit Text von L. Bechstein. l.Lief. Leipzig (Werl) 1860. qu. Fol. (k 27 Sgr.; color. 1} Thlr.; Prachtausgabe 6 Thlr.)

Hessen. Württemberg. Bayern.

Ewald, Zur Statistik des Grofsherzog- thnras Hessen. Notizbl. d. Ver. für Erdkunde tu Darmstadt. 1869. N. 86.

522

W. Koner:

Beschreibung des Königreichs Württem- berg. Herausgegeben von dem Königi. statistisch - topographischen Bureau. 40. Heft. (Beschreibung des Oberamts Calw.) Stuttgart (Aue) 1860. IV, 878 S. 8. (1 Thlr. 24 Sgr.)

Schönhuth (O. F. H.), Die Burgen, Klöster, Kirchen und Kapellen des Würt- temberger Landes mit ihren Geschich- ten, Sagen und Mährchen. 1. Bd. Heft 1 10. 2. Bd. Heft 1 6. Stuttgart (Fischhaber) 1859. 1860. 16. (fc2Sgr.)

Greth (J.)> Album vom Bodensee, pho- tographirt von J. Albert 8 Hefte. Mün- chen (Zeller) 1860. qu. 4. (In engl. Mappe 4 Thlr.; einzelne Hefte 1 Thlr. 21 Sgr.)

Bock (L.), München. Ein Führer durch die Isarstadt und deren Umgebung. (Weber's illustr. Reisebiblioth. N. 22.) Leipzig (Weber) 1860. 8. (f Thlr.)

Wanderer (G.), Das bayerische Hoch- land, das Salzkammergut und derAll- gäu. Ein Führer für Reisende. Mün- chen (Leutner) 1860. 16. (} Thlr.)

Hartwig (Th.), Führer durch die süd- baverischen Hochlande vom Bodensee bis zum Königsee, nebst Reiserouten nach Innsbruck und Salzburg und eine Beschreibung von München. 4. Aufl. München (Lindauer) 1860. 8. (28 Sgr.)

Mair (W.), Eine Eisenbahnmhrt an'a bai- rische Gebirge. DevUches Museum, 1860. N. 23.

Oesterreich.

Steinhard (S.), Volksbibliothek der Länder- u. Völkerkunde. 8. Bd. Oester- reich und sein Volk. Bd. 1. Lief. 3 5. Bd. 2. Lie£ 1 6. Leipzig (Brand- stetter) 1860. 8. (a J Thlr.)

Mittheilungen aus dem Gebiete der Sta- tistik. Herausgeg. von der Direction der administrativen Statistik im K. K. Handels -Ministerium. Bd. VI. Heft 4. Bd. VII. Heft 4. Wien (Braumüller, in Comm.) 1860. Lex.8. (1 Thlr. 14Sgr.; 28 Sgr.)

Schmitt (F.), Statistik des österreichi- schen Kaiserstaats. 2. Aufl. Wien (Tend- ier & Co.) 1860. gr. 8. (1 Thlr.)

Karte zur Anfertigung statistischer Ueber- sichten nach Schmitts Statistik des österreichischen Kaiserstaates. Lithogr. Wien (Tendier) 1860. qu. 4. (2 Sgr.)

Ficker(A.), Die Voll

reichischen Kaiserstaates am 81. Octo- ber 1857 Pttermasm's Mittkeüunp*. 1860. p. 144.

Statistische üebersicht über die Bevölke- rung und den Viehstand von Oester- reich. Nach der Zählung vom 31. Oc- tober 1857. Herausgeg. vom K. K. Mi- nisterium des Innern. (Wien 1859.) Prag (Gredner). FoL (7 j Thlr.)

Handel Oesterreichs im Jahre 1859. Preufs. ßamdelsarck. 1860. K. 10.

Oesterreichische Bisenbahnen zu Ende des J. 1859. ibid. 1860. N. 2.

Sehram (K.), Gen Osten. Volksgeschich- ten und Sittenbilder ans Oesterreich. Bis jetzt 6 Lief. Berlin (Hollstein) 1860. 8. (a i Thlr.)

Bevölkerung und Viehstand in Böhmen. Nach der Zählung vom 81. October 1857. Herausgeg. vom K. K. Ministe- rium des Innern. (Wien 1859.) Prag (Credner). FoL (f Thlr.)

Malerisch -historisches Album des König- reichs Böhmen. Herausgegeben von E. HölzeL Lief. 15. 16. Olmtttz (Hölzel) 1860. qu. gr. Fol. (a 1\ Thlr. ; color. a 2\ Thlr.; Prachtausg. gemalt e &J Thlr.)

Wen z i g (J.) und Kr ej c i (J.), Der Böh- merwald. Natur und Mensch. 2. Lief. Prag (Bellmann) 1860. 8. (JThlr.)

Koristka (K.), Bericht über einige in den mährisch -schlesischen Sudeten im Jahre 1858 ausgeführte Höhenmes- sungen. Jahrb. der k. L. Gtolof. BeichsanstalL 1859. p. 237.

Malerisch-historisches Album von Mähren und Schlesien. [Herausg. von E. Höl- zel. 2. Serie. Lief. 4. Olmtttz (Hölzel) 1860. qu. gr. FoL 1 TMx. 6 Sgr.; color. 2 Thlr., Prachtausgabe gemalt 2} Thlr.)

An Autumn in Silesia, Anstria Proper, and the Ober Enns. By the Anthor of »Travels in Bohemia*. London (Newby) 1859. 890 S. 8. (10 s, 6 <L)

Bevölkerung und Viehstand von Oester- reich u. d. Enns. Nach der Zählung v. 81. October 1857. Herausg. vom k. k. Ministerium des Innern, Wien (Ge- rold^ Sohn, in Comm.). 1860. FoL (yThlr.)

Keil ( J. ), Physikalisch - geograph ische Skizze der Kreuzkofel- Gruppe nächst Lienz in Tyrol. Wien (Gerolds Sohn, in Comm.). 1859. Lex. 8. (6 Sgr.)

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 523

v. Bichthofen (F.), Geographische Be- schreibung der Umgegend von Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpen in Süd-Tyrol. Gotha (J. Perthes) 1860. gr. 4. (6| Thlr.)

Mast alier (£.), Ischl als klimatischer Alpencurork Wien (Typograph. lit. ar- tist. Anst.) 1860. gr. 8. (i Thlr.)

Strafs (K.F. H.), Salzburg, Ischl und Gastein nebst deren Umgebungen. Hand- buch fiir Reisende und Kurgaste. 4. Aufl. Berlin (Allg. Deutsche Verlags-Anst.) 1860. 8. ( j Thlr.)

Keil (F.), Der Grofs-Glockner und seine Umgebung; Bemerkungen zu seiner auf achtjährige Forschungen und Untersu- chungen gestützten Karte. Peter- mann* 8 Mittkeil. 1860. p. 86.

Becker (M. A.), Der Oetscher und sein Gebiet, aus eigner Beobachtung nnd bisher unbenutzten Quellen ge- schöpft von mehreren Freunden der Landeskunde. 2Thle. Wien 1859 60. XXVIII, 524 u. 444 S. 8. Mit Tafeln. (2 Thlr. 24 Sgr.)

v. Ruthner (A.), Uebergang aus dem Oetzthale in das Pitzthal über den Hochvernagt- und Sechaegertenferner.

Mitthtil. d. Wiener Geogr. Ges. III.

1859. p. 180.

Hall (Mrs. Newman), Through theTyrol to Yenise. London (Nisbet) 1860. 8. (7 s. 6 d.)

Pechmann (E.), Die geographische Breite von Innsbruck. Mittkeil. d. Wiener Geogr. Ges. HI. 1859. p. 66.

Das Innthal in Tirol und seine Neben- thäler* Fttr Eisenbahnreisende geschil- dert von W. M. Innsbruck (Wagner)

1860. 8. (iThlr.)

Hlub ek (F. X.), Ein treues Bild des Her- zogtums Steiermark als Denkmal dank- barer Erinnerung an weiland Se. Kais. Hoheit den durchL Erzherzog Johann. Gratz (Ferstl) 1860. XLV1H, 484 S. 4. (5 Thlr.)

Macher (M.), Medizinisch - statistische Topographie des Herzogthums Steier- mark. Gratz (Wiestner, in Comm.) 1860. gr. 8. (2£ Thlr.)

Costa (E.H.), Ein neu aufgefundenes Manuscript : Supplemente zu des Freih . von Valvasor Topographie von Krain. a

Mittk. ä\ hist. Vereine für Krain. 1860. Febr.

Dzimski (G.), Laibach und seine Um- gebungen nebst einer Beschreibung der

interessantesten Punkte In Krain. Ein Wegweiser für Fremde und Einheimi- sche. Laibach (Giontini) 1860. 16. (16 Sgr.)

Ungarn. Siebenbürgen. Croatten.

Magjarorzag statisztikai, birtokviszo- nyi es topographiai szempontbdl. (Un- garn aus dem Gesichtspunkte der Sta- tistik, des Grundbesitzes und der To- pographie. I. 1. Trencsiner Comitat. 2. Szolnoker Comitat. Herausg. von Alex. Fe*nyes). Pest (Rath) 1859. 162 S. 8. (a 12|Sgr.)

Vaterländische Mittheilungen aus dem Ge- biet der National-Oekonomie, Statistik, Geografie, Ethnografie etc. Herausgeg. von der Pest-Orner Handels- und Ge- werbekammer. l.Heft Pesth(Rath, in Comm.) 1860. Lex. 8. (lJThlr.)

v. Hauer (Fr.), Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn. Mittkeil, der Wiener Geogr. Ges. III. 1859. p. 71.

Wolf (H.), Barometrische Höhenbestim- mungen im nordlichen Ungarn Jahrb.

der h. h. geol Reichsanstalt. X. 1859. p. 555.

v. Alth (A.), Neue Höhenbestimmungen in der Bukowina, der Marmaros und dem KolomeaCr Kreise Galizien's. Jahrb. der h. h. geol. ReicksanstalU 1859. p. 845.

v. Andrian (F.), Bericht über die Ue- bersichts -Aufnahmen im Zipser und Gömörer Comitate während des Som- mers 1858. Jahrb. der k. k. geol. ReicksanstalU X. 1859. p. 585.

Wolf (H.), Straften-, Flufs- und Eisen- bahn-Nivellements im Honther-' und Neograder Comitate Ungarns« Mittk. der Wiener Geogr. Ges. HI. 1869. p. 120.

Jeitteles (L. H.), Quellentemperatur- Messungen in den Sudeten und Kar- pathen. MittkeU. der Wiener Geogr. Ges. III. 1859. p. 890.

Jeitteles (L. H.)r Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen u. Sudeten in seinen Beziehungen zur At- mosphäre- — Mittkeil. d. Wiener Geogr. Ges. HI. 1859. p. 397.

K lernen s (J.), Nachtrag zu den Mitthei- lungen und Untersuchungen Über das Erdbeben zu Si Hein am 16. Jan. 1858, Mittk. der Wiener Geogr. Cts. HL 1859. p. 51.

524

W. Koner:

v. Berg(E.)» Ana dem Osten der öster- reichischen Monarchie. Ein Lebensbild von Land und Leuten. Dresden (SchSn- feld) 1860. 8. (lJThlr.)

Andreae, Auszüge ans dem Berichte über eine im Jahre 1851 unternom- mene geognostische Reise durch die südlichsten Punkte des Banates, der Ba- nater MiUt&rgranze und Siebenbürgens. Verhandel. «. Mit t heil, des siebenb. Ver. f. Naturvnss. 1869. N. 7 f.

Reissenberger (L.), Dritter Kachtrag zur Uebersicht aller bis nun theils tri- gonometrisch, theils barometrisch be- stimmten Hohenpunkte in Siebenbür- gen. — Verhandl. u. Mittheil, des sie- benbürg. Vereins für Naturwiss. 1869. N. 12.

Folberth (Fr.), Die Rodnaer Sauerbrun- nen. — Verhandl. und Mittheil. d. sie- benbürg. Ver. f. Naturwiss. 1859. N.2f.

Lorenz ( J. R.), Die Quellen des libur- nischen Karstes und der vorliegenden Inseln. Mittheil, der Wiener Geogr. Ges. III. 1859. p. 108.

Höhe des Vrana-See's auf der Insel Cherso. Petermann's Mittheil. 1860. p. 154.

Die Schweiz.

Joanne (A.), Itineraire descriptif et hi- storiqne de la Suisse, du Jura franc als, du mont Blanc et du mont Rose. 8* e*dit, entierement refondue et conte- nant 10 carte», 6 plana de villea, 10 vues et 7 panoramas. Paris (Hachette & Co.) 1859. XIX, 866 S. 18.

Pteaks, Passes, and Glaciera: a Serie of Excunions by Members of the Alpine Club. 4th edit. London (Longman) 1860. 550 S. 8. (21 s.)

5th edit. Ebda.

The Cottages of the Alps; or, Life and Manners in Switzerland. By a Lady. 2 vols. London (Low) 1860. 590 S. 8. (21 s.)

Prime (S. J.), Letters from Switzerland. New York 1860. 264 S. 12. (1 D.)

Morlot(A-), ßtudes ge'ologiques et ar- chlologiques en Danemark et en Suisse. —Bullet, de la Soc. Vaudoise. T.VI. N. 46. 1860.

Zur Statistik der Schweiz. Grenzbo- ten. 1860. N. 19.

Perey ctTraxler, Sur le jaugeage du Rhone, fait a la coulouvrenieTe, prcs

Geneve le 80 juin et le Sjufllet 1853, bous la direction de M. Thury. Bullet, de la Soc Vaudoise. TL 1859. p.220.

Tscheinen, Waldbrand in Aletech, im Gebiete Naters und Zehnden Brig 1859. Vierteljahrssckr. der naturforsck. Ges. in Zürich. 1860. Heft 1.

Schlincke (L.), Die Jnragewftaser-Kor- rektion ausführlich ohne irgend ein Opfer Seitens des Bundes, der Kan- tone, Gemeinden oder Privaten. Solo- thurn (Jent & GaXsmann) 1860. gr. 8. (12 Sgr.)

Variation!» des eaux des lacs de Neucha- tel, de Bienne et de Moni. Bullet de la Soc. d. sciences naturelles de Neuchatel. V. 1859. p. 142.

Gonin (L.), Kote sur le dessechement des marais de l'Orbe. Bullet, de la Soc. Vaudoise. VI. 1859. p.247.

Frankreich.

Abrege* de geographie commerciale et hi- storiqne, contenant Im division de la France par bassins etc. 27* Mit. Paris

1859. 196 S. 8.

ProgrefB of French Agriculture. Dublin Universitv Magazine. June 1860.

Die Verkehrswege in Frankreich Premfs.

Handelsarchiv. 1860. N. 10.

Steinkohlen-Industrie und -Absatzwege in Frankreich. Preu/s. Handelsarehze.

1860. N.ll.

Ge'nje'rat (T.), £tude geographique et ethnographique sur les penplea qui avoisinent le cours inferieur dn Rhone et de la Durance avant la conqutte de la Gaule par les Romains, et re- cherches sur les villea de Vradalium et Aeria et sur le passage du Rhone par Annibal. Paris 1860. 48 S. (20 Sgr.)

Savy, Memoire topographiqne, jusqu'au V* siede, de la partie des Gaules oc- cupe'e aujourdliui par le dlpaitement de la Harne. Mim. de la Soc dagri- culture etc. du departement de la Marne. 1859.

Tre'moliere, ätude sur les monuments celtiques en general, et sur ceux de la Marne en particulier. ibid.

Jacobs (A.), Les trois ittalraires des Aquae Apollinares, explication de la partie qui concerne la Gaule. (Extrait de la Revue des Soc Savanto*). Paris (Durand) 1859. 20 S. 8.

Neu erschienene geographische Werke, AnfBätse, Karten und Plane. 525

Halleguen (E.)» Les Cdtee, les Arno- ricains, les Bretons. Nouvelles recher- ches d'archeologie, -de geographie et dlüstoire sur l'Amorique bretonne» Pa- ria (Durand) 1860. 48 S. 8.

Peigne'-Delacouzt, Supplement anx recherches aar l'emplacement de No- viodunum et de divers antares lieux du Soiaaonnais. Mim. de la Soc. de» Antiquaire* de Picardie. 2* Stfr. VII. 1860. p. 1.

Barban (A.), Notice sur les colonies itineraires Romaines de Moind et de Fenrs (Loire). Paris 1859. 8.

Germondy (A.), Geographie gallo -ro- maine. Cantons de Saint-Tropes et de Grimaud. Bull, de la Soc, d. »den- ce# , bellee-ltttres et arte du deparU du Vor. 27*anne'e. 1869.

Lenormant (Fr.), Memoire sur l'Alesia dea Commentaires de Cesar et sur les antiquitea d'Alise Sainte- Reine (Cote- d'Or). Paris 1860. 58 S. 4.

Clerc, £tude complete sur Alaise. AlaUe n'est pas l'Alesia de Cesar. OuTrage renfermant des notions utiles pour l'in- telligence de Hiiatoire des montagnes du Doubs, avec une carte explicative. Besancon 1860. VHI, 186 S. 8.

Creuly et Alfr. Jacobs, Examen hi- storique et topographique des lieux proposes pour repr&enter Uxellodu- num. Paris 1860. 8.

Pinard, Athis-Mons, son histoire, ses Souvenirs. Corbeil 1869. 16 S. 8.

Cousin, Trois votes romaines du Bou- lonnais. Mem. de la Soc. Duuker- quoise. T. VI. 1868—69.

Jacobs (A.), Geographie de Frtfdtfgaire et de ses continuateurs, et des Gesta regum Francorum. Paria 1859. 8.

Pigault de Beaupre*, Reconnaissance des voies locales existentes au V* sie- de. — Mem. de la Soc. DunkerquoUe. T. VI. 1868—69.

Boudon de Saint- Aman» (J. F.), Es- sai sur les antiquite's du departement de Lot- et- Gerönne. Agen (Noubel) 1869. 843 S. 8. Avec lithogr. et plana.

Lab es flirre, Geographie du departe- ment de Maine-et-Loire, a l'usage des ecoles. Angers(BaraaseO 1859.178 S. 18.

Brand (A.), Sur la geographie du d4- partement de Maine-et-Loire, a l'usage des ecoles, de M. Labessiere. Journ. cTeducation pepulaire. 1860. Mars.

Valiin (Ed.)» Voyage en Bretagne (Fi-

nistere), prece(d¥ d'une noüce snr la Bretagne au XIX4 siede. Paris (com- ptoir de la librairie de province) 1859. 8.

How we spent the Austumn; or, Wan- derings in Brittanny. By the Author of„TheTündy Betaut". London (Beut- ley)1860. S.8. (10 s. 9 d.)

de Chastellux, Le temtoire du de- partement de la Moselle, histoire et statistique. Metz 1860. XIX, 282 S. 4. (4Thlr.)

Carnandet (J.), Geographie historique, industrielle et statistique du departe- ment de la Haute -Marne. Chaumont 1860. 648 S. 12. (3 fr. 50).

Deribier du Catelet, Dictionnaire statistique et historique, ou histoire, description et statistique du departe- ment du Cantal. Ouvrage revu et aug- mente par les soins de l'Assocation Cantalienne. 6 voll. Aurillac (Venve Picut et Bonnet) 1859. gr. 8.

Raul in (V.), Geographie Girondine, pour servir de compiement a la statistique de la Gironde, de Jouannet. Bordeaux (Chaumas) 1859. 79 S. 8. (2 fr. 50.)

Mancel (J.), Une promenade dans la Marquenterre. Abbeville (Housu) 1869. 8. Vgl. Bull, de la Soc de Geogr. IV'Ser. XVIH. 1869. p.406.

Rignier (C. E.), Preois geographique et historique des cantons de Montier-en- der et Doulevant (Haute-Marne). Wassy (Dallomagne) 1859. 69 S. 8.

Jahresbericht des Preufs. Konsulates zu Dttnkirchen für 1859. Preufs. Han- deltarch. 1860. N.25.

Jahresbericht des Preufs. Konsulates zu Bordeaux für 1859. Preufs. Han- delsarch. 1860. N. 17.

de Martin (J.), Essai sur la topographie physique et medicale de la ville de Narbonne. Montpellier (Martel atne) 1869. 886 S. 8,

Three Montha' Rest at Pau in the Winter and Spring of 1869. By John Altrayd Wittitterly. London (Bell) 1869. 260 S. 8. (7 s. 6d.)

Taine (H-), Voyages aux Pyrenees, 8* edit, illustree par Gust. Dore. Paris (Hachette) 1860. Vin, 866 S. 8. (20fr.)

Mink (W.), Reise durch die Pyrenäen im J. 1857. Crefdd (Kühler, mComm.) 1869. gr. 8. (| Thlr.)

Eine Bergfahrt in den Pyrenäen. Grenz- boten. 1860. N. 10.

Lee (E.), The South of France; Notices,

536

W. Koner:

General and Medieal, of Hyeres, Can- nes, Pau, and the Pyrenean Baths. London (Adams) 1860. 114 S. 12. (8 8.)

Tonion: a War Port. Colburris New Monthly MagaMtne. May 1860.

Alliez, Les lies de Lerins, Cannes et les rivages environnants. Paris 1860. 514 S. 8. (2Thlr.)

Lee (£.), Nico and its Climate; with Notices of the Coast, from Marseilles to Genoa. London 1859. 190 S. 12. (8 s. 6 d.)

de Lacombe (F.), Niee et la Savoie au point de Tue topographique et mi- litaire. Spectoknr militaire. 2* Se*r. XXX. p. 88.

, La irontiere francaise de l'Est. ibid. p. 229.

Caillette de l'Hervilliers, Le mont Gannelon a Clairoix, pres de Com- piegne, e"tnde d"arche*ologie , de Philo- logie et d'histoire. Compiegne 1860. 8. (8 fr.)

Die Niederlande.

Holland-Almanak voor 1860. Uitgegeven door J. v. Lennep. Met staalgravuren. Amsterdam (Gebr. Kraay) 1860. 2, VIII, 8 en 259 bl. 8. (f. 8,90.)

Terwen (J. L.), Het Koningrijk der Ne- derlanden, voorgesteld in eene reeks van schilderachtige gezigten zijner be- langrijk8te plaatsen, merkwaardigateste- den, kerken, kasteelen en andere aan- zienlijke gebonwen van vToegeren en la- teren tijd. Naar de natnnr geteekend en in staal gegraveerd door onderschei- dene kunstenaars. 88 42* afl. Gouda (van Goor). gr. 8. (a f. 0,50; Pracht- uitgave in roy. 4. ä f. 1,20.)

Tegenwoordige Staat van het Koningrijk der Nederlanden. Beschrijving en af- beelding der steden, dorpen, heerlijk- beden, landgoederen en verdere merk- iraardige plaatsen in ons vaderland. Zuid-Holland, door A. W. Kroon. 15* en 16" afl. Amsterdam (Loman). Fol. (a f. 0,80).

Körte aardrrjkskundige beschrijving van het Koningrijk der Nederlanden en zijne buitenlandsehe bezittingen. Ter gebruike der lagere scholen. Gronin- gen (Folkers) 1860. 72 bL kl. 8. (f. 0,80).

Merkwaardige kasteelen in Nederland, door

Mr. J. van Lennep en W. J. Hof- dijk. 8*en laatste serie. Met platen en kaarten. 10*— 12* afl. Amsterdam (Tielkemeijer) 1859. (a f. 0,60.)

Briefe aus den Niederlanden. Magaz. f. d. Lit. d. Auslände». 1860. N. 12. 23.

Een iroord over het adres der Amster- damsch-Utrechtsche commiasie betrek- kelijk de spoonregen. Rotterdam (Kra- mers) 1859. 84 bl. gr.8. (f. 0,35.)

Philopatris, Een ernstig woord over de Noorder- spoonregen. 's Gravenhage (Gebr. Belifante) 1859. gr. 8. 97 bL (f. 0,80.)

Alewijn(J. P. Opperdoer), Kort betoog houdende ernstige bedenkingen tegen het plan der doorgraving van Holland op zijn smalst etc. Utrecht (Kemink &Zoon)1860. 41 bl. gr.8. (T. 0,50).

Memorie von toelichting op het voorloo- pig verslag over het kanaal door Hol- land op zijn smalst, ingediend door eene commiasie etc. Amsterdam (Spin en Zoon) 1859. 2 en 68 bL roy. 8. (f. 0,40.)

Magnenat (W. C), Open brief aan je- der Nederlander over de doorgraving van Noord-Holland op zijn smalst, en het Nederlandsche spoorwegnet. Amster- dam 1869. 8. (f. 0,25.)

Froger (W. A.), Ontwerpen en rappor- ten betreffende het verbeteren der groote handels-waterwegen van Amsterdam, en de te maken aanlegplaatsen voor stoom- booten in het T aldaar, met eene voor- rede etc. Met eene atlas. Amsterdam (Weytingh) 1859. XL en 170 bL gr. 8. (f. 5,80.)

Faddegon (P. P.), Het Noordzee-kanaal en de spoorweg van het Nienwediep op Amsterdam, met een zijtak van Uitgeest op Haarlem, enz. onmisbaar noodig. vor Noord -Hollands. Amster- dam (Wevtingh) 1859. 128 bL 8. (f. 1,86.)

Vergelijkende overzigten van nederland- sehe scheepvaart en scheepsbonw in de laatste jaren. De EconomisU 1860. April.

Handel und Schulfahrt der Niederlande

im J. 1858 Preufs. HandeUarekic.

1860. N. 5.

Algemeen overzigt van de scheepvaart onder Nederlandsche viag, op de JCe- deiiandsche en vreemde Oost- Indische bezittingen, Japan, China, Austrat! enz., gednrende het jaar 1859; ea voi-

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze Karten und Pläne. 527

ledig en naanwkeurig register Tan alle schepen onder Nederl. vlag etc. 9* jaarg. Amsterdam (Marlof & Zoon) 1860. 8. (f. 0,76.)

Statistiek van den handel en de scheep- yaart van het Konmgrijk der Neder- landen, over het jaar 1868. Uitgege- ven door het departement van Finan- den. 's Gravenhage (Gebr. Giunta d'Al- bani) 1859. 4, IV, 2 en 477 bl. Fol. (f. 6,60.)

Over den invoed van de droogmaking van het Haerlemmer meer op de tempera- tnur in de omgeving. Allgem. Künst- en Letterbode. 1860. N. 4.

Downing (S.), On the Drainage of HaarlemLake. Trcuuact. of the Roy. Irisk Academy. Vol. XXIII, 2. 1859. p. 449.

Schneider (J.), Die römische Nieder- lassung im Holedorn und der Teufels- berg bei Nymwegen. Jahrb. d. Ver. von AlUrthmif. im Rhtinlande. XXYII. 1869. p. 1.

ter Gouw (J. Aur.), Amsterdam. Oor- sprong en af leiding van de namen der grachten, eilenden, pleinen, Straten, Stegen, bruggen, sluizen en torens de- zer stad. 2edrak. Amsterdam (Gebr. Kraay)1869. 4 en 161 bl. 8. (f. 1,26.)

Jahresbericht des Preiüsischen Konsulates zu Amsterdam für 1869. Preufi. Bandeharchw. 1860. N. 14 f.

Bijdragen tot de kennis van den tegen- woordigen Staat der provincie Gronin- gen. Uitgegeven door de commissie voor de statistieke beschrijving der provincie Groningen. 8*stuk. Gronin- gen (de Exven C. M. van Bolhnis- Hoitsema) 1860. 8. (1* deel compl. f. 8,90.)

Delft, in eenige af beeldingen der schaon- ate monumenten, hoofdgebouwen en ge- zigten in en nabij de stad. Naar de natuur geteekend door C. Boa, op steen gebragt door C. J. Bob en met tinten gedrukt door P. W. M. Trap. Met daar- bij gevoegden tekst door T. van West- rheene. 8'— 12° afl. Delft (van Gessel) 1859. kl. 4. (a f. 0,40.)

De stad Utrecht. Album bevattende af- beeldingen harer voornaamste gebouwen en gezigtspunten. Naar de natuur ge- teekend en op steen gebragt in het lithogr. etablissement van P. W. van de Weijer, te Utrecht, met histor. bijschriften door Wap. 10*— 17* afl.

Utrecht (Broese) 1869. roy. 8. (a f. 0,80.)

Belgien.

Tarlier (J.) etWauters (A.), LaBel- gique ancienne et moderne. Geographie et histoire des communes Beiges. Pro- vince de Brabant; Canton de Genappe. Bruxelles. (Decq) 1869.

Handel und Schifffahrt zu Antwerpen im

J. 1859 Preuf$. Bandeitareh. 1859.

N. 6.

Hartwig (G.), Lirwet och Naturen i H5ga Norden. Badlakare i Ostende, öfwerssttning. FSrra Delen. Med en karte. Stockholm (Marcus). 5 och 859 S. 8. (8 R:dr.)

Jahresbericht des Preufsischen Konsulats zu

Ostende für 1869 Preufi. Handeln

archw. 1860. N. 19.

Das britische Beieh.

Beal (W.), Britein and the Gael; or, Notices of Old and Successive Races, but with especial Reference to the An- cientMen of Britein and its Isles. 2d edit. Plymonth(Whittaker) 1860. 160 S. 12. (2 s.)

Turner (T.), The Geographica! Reading Book. Part. 2. The British Empire. London (Groombridge) 1860. 116 S. 16. (8d.)

Abstract of the Registrar- Generali Re- turn of the Mariages in England and Wales during the Third Quarter and of the Births and Deaths during the Fourth Quarter of 1869. Jottrn. of the Statist. Soc. XXm. 1860. p. 117.

Handel und Schiffahrt Großbritanniens

im J. 1869 Preuf*. Bandeisarchiv.

1860. N. 14 f.

Handel Grofsbritanniens im J. 1869. ibid. 1860. N. 12.

Newmarch (W.), Results of the Trade of the United Kingdom during the Tear 1859; with Statement and Observation relative to the Course of Prices since the Year 1844. Jottrn. of the Statut. Soe. XXIII. 1860. p. 76.

Levi(L.), On the Distribution and Pro- ductiveness of Taxes with reference to the Prospective Ameliorations in the Public Revenue of the United King- dom. — ibid. XXIII. 1860. p. 87.

528

W. Koirec:

Trade of the United Kingdom. 1859, 58, 57. Journ. of the Staust. Soc.XXHI. 1860. p. 130.

Englands neue Tarifpolitik. Ausland, 1860. N. 10.

London at. a Glance: an Hlustrated Atlas of London, containing . Thirty-six Maps in Sections, a Key Map of the whole of London , Seven Thouaand Sheet Re- ferences, a General Index to the Pu- blic Buildings, Hotels etc. London (Hodgson) 1859. 12. (5 8.)

Sheldrake (W.)f A Guide to Aldershot and its Neigbourhoed. Kent 1860. 12. (2 s.)

Coghlan (F.), Guide to North Wales: Mode of Trarelling. Plans of various Tours, Manners of Costums etc. Lon- don (Simpkin) 1860. 160 S. 12. (2 s.)

B 1 a c k 's Tourists' Guide through the Coun- ties of Gloucester, Hereford, and Mon- mouth, including Descriptions of Bath, Bristol, Cheltenhara, Chepstow, Glou- cester, Hereford, Monmouth, Boss, Tin- tern Abbey etc. With Maps, Charts and niustrations. Edinburgh (Longman) 1860. 200 S. 8. (2 s.)

A Descriptlon of Manchester; giving an Historical Account of those limits in which the Town was formerly inoluded. Reprinted from a curious edition of 1788. By a Native of the Town. Man- chester (Vickers) 1860. (6 d.)

Jahresbericht des Preußischen Konsulates zu Liverpool fllr 1859. Preufs. Handelsarchw 1860. N. 8.

Ein Besuch in einer Yorkahire Kohlen- grube. — Ausland. 1860. N. 8.

The Diocese of York. The Constitu- tional Press Magazins, June 1860.

Ethnology and Literature of Comwall. London Review. January 1860.

Black 's Handboek for Kent and Sussex, With Maps and Illustrations. Edinburgh (Longman) 1860. 250 S. 18. (3 s.)

, Handbook for Kent etc. ibid. eod. 160 S. 18. (2 s.)

, Handbook for Sussex etc. ibid. eod. 8S. 18. (1s. 6d.)

Das schottische Hochland und seine Be- wohner. — Europa. 1860. N. 16.

Fontane (Th.)t Jenseit des Tweed. Bil- der und Briefe ans Schottland. Berlin (Springer's Verl.) 1860. 8. (1| Thlr.)

Eine Reise in s schottische Hochland. Morgenblatt. 1859. N. 51 f. 1860. N. 1.

Jahresbericht des Pwnfrisohen Konsulate«

zu Edinburgh und Leith für 1859.

Preufs. Handelsarchw. 1860. N. 18. Bemerkungen über die Herings -Fischerei

an den schottischen Kosten- Z. /.

öligem. Erdkunde. N.F. VIEL 1860.

p. 68. Black 's Picturesque Tourist of Inland.

8d edit. London (Black) 1860. 870 &

18. (5 s.) y. Reinsberg-Dttringsfeld. Irisch«

Feste. Ausland. 1860. X. 14. Die Shetland&insela. Westermamm's il-

lusir. deutsche Monatshefte, 1860. AprÜ

Schweden und Norwegen.

Leffler (E.), Den skandinariake Halv* En physisk-geographisk Sküdring. Med et Kort KjebenhaTn. 1859. (65 Ja.)

Deutsche Skizzen, aus Skandinavien. Magaz. d. Literatur d. Auslandes. 1860. N. 25 f.

Hogner (G.) och Thome*e (G.), Hisio- riskt, Geografiskt och Statistiakt Lexi- kon öfwer Swerige. Bis jetzt 17 Hefte. Stockholm (Bookman), p. 4.

Handel und SchimTahrt Schwedens im J. 1858. Preufs. ffandeUarck. 1860. N.9.

En Promenad i Stockholm. Med 7 Album- blad, walda uteigten. Stockholm (Beck- man) 1859. 4. (1 R:dr. 50 5re.)

Moritz (A.), Norwegen. Dlustrirtes Ta- gebuch der Reisen in Norwegen, zu- gleich vollständige Anweisung zur Be- reisung dieses Landes. 3. Aufl. Berlin (Griebea's ReisebibL N. 49.) 1860. 8. (2 Thlr.)

Williams (W. M.), Through Norway with a Knapsack. 2d edit. Loadoi (Smith &C.) 1859. 840 S. 8. (12 a.)

Roemer (F.), Die geologische Aufnahme von Norwegen. Petermamn Miithtü. 1860. p. 158.

My Norske Note- Book j or a Month ia Norway. By a Lady. London (Wester- ton) 1860. 12. (2 s.)

öfwersigt af Stadens historia och öfriga

. märkwärdigheter. Af E. W. B. Luud (Berlingaka Boktryck). 4 och 164 S. 8.

Topografiska och Statistiska Uppgifter on Göteborgs och Bohus Lin. Stockholm (Marcus) 1859. 2 och 95 S. 8. (75 öre.)

Neu erschienene geographische Werbe, Aufsätze, Karten und Plane. 529

Jahresbericht des Preußischen Konsulates su Gothenburg fUr 1857. Preufs. Handelsarchiv W60. N. 81.

Dänemark.

Trap (J. P.), Statistisk-topographisk Be- skrhrelse af Kongeriget Danmark. 9 11. Hefte. Kjebenhavn (Gad) 1869. 8.

Malte-Brun (V. A.), Les proyinees Da- noises an nord du Liim-Fjord d'apres M"* Marie Bojesen. Nouv. Annal. d. Vag. 1860. I. p. 29.

Handels- und SchiflYahrts -Verkehr Dane- marks und der Heraogthttmer Schleswig und Holstein im J. 1 868. Preufs. Han- delsarckiv 1860. N. 4.

8tatistisk Tabelvaerk. Ny Raekke, nit- tende Bind, inholdend Tabeller over Kongeriget Danmarks, Hertogdemmet Sleswigs og Hertugdemmet Holsteens Vare-Indfereel og Udfersel, Skibsfart og Braendeviins-Production m. m. for Aaret 1 858. üdgivet of det Statistiske Bureau. Kjebenhavn (Gyldendsl) 1860. 286 S. 4. (1 Rd.)

Statistisches Tabellenwerk. Enthaltend Ta- bellen über die Waaren- Einfuhr und Ausfuhr etc. Deutsche Ausgabe des 19. Bandes neuer Reihe. Ebds. 288 S. 8. (IRd.)

Prospecter af dansks Herregaarde udgivne af F. Riohardt og O. C. Secher. llteBinds 1—4 de Hfte. Kjebenhavn (Reitsei) 1869. (a 1 Rd. 24 fs.)

Skizzen aus Dänemark. I. Kopenhagen. _ Mag**./, d. Lit. d. Auslandes. 1860. Ä. 22.

t. Maack, Das urgeschichtliche Schles- wig-Holsteinische Land. Ein Beitrag cur historischen Geographie. Z. f. öligem. Erdhmde. N. F. VHI. 1860. p. 1. 112.

Holsteen og Lauenborg, fremstiller i Bil- ledei. Sämling af Prospecter af maer- keligeEgne og Byer. 1 Ode Hfte. Neu- stadt. Med 4 S. Text. qu. Fol. (1 Rd.)

Geerc, Die gemessenen Höhenpunkte in Schleswig-Holstein. Petermann's Mitr (heil. lUo. p. 191.

Die nordfriesische Insel Sylt. Wissenseh. Beil. d. Leins. Ztg. 1860. N. 82. 88.

Spieker (Th.), Vegetationscharakter der Insel Sylt. Zeitschr. f. d. ges. Natur» wissenseh. 1869. Aug. n. Sept. ZeHschr. f. aUg. Brdk. Naoa Folg«. Bd. VIII.

Das europäische Rufsland.

Bergmann (F. G.), Les 8oythes, les an- cfttres des peuples germaniques et slaves; leur e*tat social, moral, intellectuel et religieux. 2' «Mit. Halle (Schmidt) 1860. gr. 8. (} Thlr.)

Die hunnisch -scythische Völkerfamilie. Arch.f. wies. Kunde v. Rufsland. XIX. 1860. p. 71.

Flächeninhalt und Bevölkerung des Russi- schen Reichs. Nach den neuen Berech- nungen von G. Schweizer und P. y. Koppen. Peternanns Mittheil. 1860. p. 64.

Die neuesten Aufnahmen und Arbeiten des Kaiserl. Russischen Generalstabes in den verschiedenen Theilen des Russischen Reiches. ibid. 1860. p. 42.

v. Koppen (P.), Areal und Bevölkerungs- verhältnisse des Kaiserthums Rnfsland. Bull, de VAcad. de 8t. Petersbourg. I. 1869. p. 257.

Wangenheim v. Qualen, Beobachttra- gen über den Grund der Versandung im Wolga- Bassin und Andeutungen über die hohe Wichtigkeit dieses Stroms für das innere Volksleben. Bullet, de la Soc. Jmper. des Naturalistes de Moscon. 1860. N. 1. p.<168.

Auerbach und Trautsekold, TJeber die sfohlen von Central -Rnfsland. Nouv. Memoire» de la Soc. Jmper. des Naturalistes de Moscou, Tom. XUI. Livr. 1. Moscon 1860.

Allgemeine Uebersicht des auswärtigen

Handels von Rufsland im J. 1858

Preufs. Handelsareh. 18*4. N. 6.

TJeber die Ausbeute an Gold und ande- ren Metallen im russischen Reiche. Arch. f. wies. Kunde v. Rufsland. XEL 1860. p. 886.

Rassische Goldproduction. Ausland. 1860. N. 22.

Ueber Telegraphen -Linien in Rufsland. Archiv f. wissenseh. Kunde v. Rufsland. XIX. 1860. p. 227.

Jahresbericht des Preußische* Konsulates zu Petersburg für 1869. Preufs. Handelsarehiv. 1860. N. 14.

Jahresbericht des Preufsisohen Konsulates su Pernau für 1859. ibid. 1860. N. 11.

Jahresbericht des Preufsischen Konsulates zu Windau. _ ibid. 1860. N. 7.

Ein Streifzug » Livland. Oreneboten. 1860. N. 1».

84

530

W. Koner:

Neumann (K.), Ueber den religiösen Glauben und die Ceremonien der heid- nischen Samojeden im Kreise Mesen. Nach dem Russischen. Zeitschr. /. allg. Erdbund*. K.F. VIII. 1860. p. 65.

v. Seidlitz (C), Der Narowa-Strom und das Peipus-Becken. Arch.f. d. Natur- kunde Liv.-, Esth- u. Kurlands. II. 2. 1859.

v. Sievers (A.), DerKikkeperre-Soo, eine Wald- und Morast-Skizze. ibid. II. 2. 1 859.

Müller (Fr.), Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in den Bialowescher Wald und über die Auerochsen. Mitth. d. Wimer Geogr. Ges. III. 1869. p. 165.

Handel und Schiflfahrt Archangels im J.

1859. - Prtufs. Handeisarch. 1859. N. 6. Jahresbericht des Preufsischen Konsulate

su Moskau. ibid. 1860. N. 17. Kehlberg, Verzeichnifs der Erdbeben, welche in Sselenginsk in den J. 1847

1867 beobachtet worden. Bullet, de la Soc. Imper. des Naturalistes de Moscou. 1860. N. 1. p. 808.

Jahresbericht des Preufsischen Konsulates zu Odessa filr 1859. Prtufs. Han- delsarchw. 1860. N. 12.

Bruun (Pb.)v L'anoienne Hylee et ses diverses denominations. Bull, de TAcad. de St. Pettrsb. I. 1859. p.867.

, Le littoral de la mer Noire entre le Dniepre et le Dniestre, d'apres les cartes hydrographiques du XIV* et du XV* siecle. ibid. I. 1869. p. 878.

Neurussische Städte. 1. Nicolajeff. 2.Cher- son. Grenzboten. 1860. N. 12 f.

Die deutschen Colonien in Neu-Rufsland.

Ausland. 1860. N. 14. 15.

Spanien.

Vidal (J. L.), L'Espagne en 1860. Etat politique, administration, llgislation, in- stitutions economiques , statistique ge- nerale de ce royaume. Paris 1860. 228 S. 12. (26 Sgr.)

Skizzen aus Spanien. Morgenblatt.

1860. N. 11 ff.

Lee (E.), Spain and its Climates; with Special Account of Malaga. New Edit London (Adams) 1860. 144 8. 12. (8 s. 6d.)

A Vacation Tour in Spain. Bentleg's Miscellany. February 1860. March 1860. April 1860.

A Holiday Tour in Spain. By a Physician.

Colburn'i Ne*> Monthlu March 1860. April 1860. May 1860.

Dozy (R.), Observation» geographique* sur quelques anciennes loealite« de l'An-

dalousie Nouv. Annal. d. Vom. 1860.

I. p. 148.

Hendriks, On the Statwtics of Spain, 1857 1868. Journal of tke ÄM- tistical Society. June 1860.

Kon er, Die Bevölkerangsverhältaiase Spa- niens. — Z.f. allgem. ErdJt. N. F. VII.

1859. p. 487.

Madrid. Wettermanns illustr. deut- sche Monats -Hefte. 1860. N. 45.

Handelsverhältnisse Tarragonaa. Prmft. Handelsarckw. 1860. N. 17.

Handelsbericht aas Benicarlo. ibid. N.l 7.

Handelaverhältnisse Valencias ibid. N.l 7.

Jahresbericht des Preufsischen Vieekonai- sulates xu Barcelona fllr 1869. ibid.

1860. N. 6. Handelsverhältnisse Malagas. ibid. N. 22.

Italien.

Norton (Ch. E.), Notes of Travel and Study in Italy. Boston 1860. 1120 S. 8. (5 s.)

Gretton (Mrs. G.), The EngUshwoman in Italy: Impressions of Life in tbe Roman States and Sardinia, during a Ten Tears Residence. 2 vols. London (Hurst & B.) 1860. 8. (21 s.)

v. Lo8sow (E.)t Handbuch zur Reise nach und in Italien. Mit einer Zusam- menstellung von italienischen Dialogen etc. 4. Aufl. Berlin (Remak) 1860. 8. (2$ Thlr.)

Monte*mont(A.)f Voyagea anx Alpes et en Italie ou descriptions nouvelles de ces contrees. 4Bt eVlition. Paris (Artaus- Bertrand) 1869. 8. (6 fr.)

Coghlan's Handbook for Travellers in Northern Italy; compriaing 8ardinia. Venetian-Lombardy, and Tnscany etc. London (Trübner) 1860. 250 S. 11 (2 s. 6 d.)

A Walk over Mont Cenis. Bmlleg s Mis- cellany. N. 280. April 1860.

Descrizione geografico - storico - statistica delle provincie italiane che fbxone thea- tro della guerra nel 1859. Triest(Coeo) 1869. 8. (1 Thlr. 8 Sgr.)

Statistisches über die VergroTserong Sar- diniens. — Grentboten. 1860. N. 16.

Handel u. SohiffTahrt Venedigs im J. 1859.

Prtufs. HandtUarckw. 1860. N. 12

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Plane. 531

Jahresbericht des Preufs. Konsalats zu An-

cona für 1869. ibid. 1860. N. 18. du Rien (W. N.), Jongste opgravingen

te Rome. AUgem. Körnt- en Letter-

bode. 1860. N. 8. v. Kalckstein (A.), Rom und die Garn-

pagna. Eine Skizze. Berlin (Schneider)

1860. 8. (J Thlr.) L e j e a n (G. ) , Lea Slaves des Deux- Si-

cfles. Revue Orientale et americaine.

1860. Janvier. Naples and the Neapolitans. Bentleys

Miscellany. Jone 1860. Lacaita (J. Ph.), On Earthquakes in

Southern Italy. American Journ. of

Science. 8ec. Ser. XXVIII. 1869. p.210. Wentrnp (F.), Der Vesuv nnd die vul- kanische Umgebung Neapels. Vortrag.

Wittenberg(Herros4)1860.gr.8.(J Thlr.) Twenty-Four Hours on Mount Etna.

Bmtley's Miscellany. March 1860. Hittorff, Nottee sur les ruines d'Agri-

gente. Nouv. Annal. d. Voy. 1869.

p. 887.

Die europäische Türkei.

Mason (J.), Three Years in Turkey: the Journal of a Medical Mission to the Jews. London (Snow) 1860. 880 S. 8. (6 s. 6 d.)

Dauesy, Extrait du voyage en Tarquie et en Perse, execute' per ordre du gou- vernement francais pendant les annees 1846—46, par X. Hommaire de Hell. Partie g*ographiqae. Paris 1869. 168 S. 8. Mit 4 Taf.

Po u jade (E.), Chre'tiens et Turcs, scenes et Souvenirs de la vie politique et mi- litaire et religieuse en Orient. Paris 1860. 8. (7 fr.)

Ponjoulat (B.), Voyage ä Constanti- nople. Paris 1860. 12.

Die türkischen Eisenbahnen und ihre Fol- gen. — Allgem. Ztg. 1869. Beilage. N. 845—68.

Pischon (C. N.), Das Sklavenwesen in der Türkei. Eine Skizze. Zeitschr. d. deutsch, morgenländ. Ges. XIV. 1860. p. 242.

Stokes, Notes on the Lower Danube. Proceedmgs of the Roy. Oeogr. Soc. III. 1859. p. 206.

v. K. (W.), Ans der Moldau. Bilder und 8kizzen. Leipzig (Lorek's Eisenbahn- bttoher. N. 88) 1860. 8. (| Thlr.)

Moldauisches Badeleben. Europa. 1860. N. 22.

Jahresbericht des Preufsuchen Konsulates zu Galatz und Braila für 1859. Preufs. Handelearchiv. 1860. N. 25.

Militie*vitch, La Zadronga, Itude sur la vie en common chez les paysans

serbes. Trad. du serbe par Dozon.

Revue Orient, et americaine. 1860. Mars.

Handelsverhältnisse Serbiens im Jahre

1859 Preufs. Handelsarchiv. 1860.

N. 16.

Lejean, Voyage en Albanie et au Mon- tenegro, 1858. Le Tour du Monde. 1860. N. 6. 6.

Raul in (V.), Description physique de File de Crete. Bordeaux 1859. 8.

, L'ile de Crete Revue de V Orient.

X. 1859. p. 696. XI. 1860. p. 18. 110. 206. 260. 881.

Griechenland.

B i p p a r t (G.), Handleiding der Grieksche Geographie, Antiquiteiter en Mytho- logie. Bewerkt door W. A. Scheur- leer. Leyden (Gebr. van der Hoek) 1860. 8. Vergl. AUgem. Konst- en Let- terbode. 1860. N.21.

Greek Archaeology and Topography. The Journal of Classical and Sacred Philology. February 1860.

A u b e r i v e (Ch.), Voyage en Grece. Paris 1860. 12.

Heuzey (L.), Le Mont Olympe et l'Acar- nanie. Exploration de ces deux regions, avec l'ltude de leurs antiquitls, de leurs populations anciennes et modernes, de leur glographie et de leur histoire; ou- vrage aecompagne' de planches. Paris 1860. 499 S. 8. (6} Thlr.)

B u r s i a n , Mittheilungen zur Topographie von Böotien und Euboia. Berichte über d Verh. d. K. »acht. Ges. d. Wise. zu Leipzig. 1869. III. IV.

On the Long Walls at Athens. The Journal of Classical and Sacred Philo- logy. February 1860.

Das neue Athen. Ausland. 1860. N. 27.

Handel und Schiffahrt von Petras im J. 1859. Preufs. Sandeisarchiv. 1860. N. 26.

Cephalonia. Notes on the Ionian Is- lands Bentley's Miscellany. February.

1860.

34

532

W. Koner:

Asien.

de Rougemont (F.), Quelques rlflexions sur le caractere de la race slmitique. Bibl. univ. de Geneve. Nouv. Periode. VIII. 1860. p. 242.

Sibirien.

Frei-Colonisation nnd Leibeigenschaft im Gouvernement Orenburg. Arch. f. wiss. Kunde von Rufsland. XIX. 1860. p. 122.

Schott (W.), Ueber Wogulische Sprache und Sage. ibid. XIX. 1860. p. 288.

Werssilow, Ueber den Zusammenflufs der Angara und des Jenissei. A. d. Rus- sischen. — Zeitschr. f. all gem. Erd- kunde. N. F. VIII. 1860. p. 171.

Schtschukin's Reise von Irkutsk nach

den heifsen Quellen von Turansk.

Ibid. VI. 1859. p. 476.

Eichwald (N. N.), Ueber Tschudische Ausgrabungen. Nach dem Russischen.

Arch. f. wiss. Kunde v. Rußland. XIX. 1860. p. 55.

Eine zoologisch-botanische Excursion nach dem Aral ibid. XIX. 1860. p. 52.

Le fleuve Amour. Le Tour du Monde. 1860. N. 7.

Die russische Niederlassung Ayan an der Ostküste der Tatarei. Ausland. 1860. N. 28.

Topographische Skizze der Gegend zwi- schen der Castries-Bai und dem Amur.

Arch. f. wiss. Kunde von Rufstand. XIX. 1860. p. 18.

C o 1 1 i n s (G. M* Donough), A Voyage down the Amoor with a Land Journey through Siberia, and incidental Notices of Man- chooria, Kamschatka and Japan. New York 1860. 890 S. 8. (7 s. 6 d.)

Die Bedeutung des Amur -Landes in kom- merzieller Hinsicht. Preufs. Han- delsarchiv. 1860. N. 10 f.

Gerstfeldt (G.), Ueber die Zukunft des Amur-Landes. Peter mann' s Mittheil. 1860. p. 98.

v. Ditmar (K.), Die Vulkane und hei- fsen Quellen Kamtschatka'». ibid. 1860. p. 66.

Wolga- und Kaukasus-Lander.

Neue Nachrichten über die Kuma-Ma- nitsch- Niederung. Pttermann's Mit- theil. 1860. p. 80.

Rofam*fsler(Fr.), Swätoi-Ostrow, die heilige Insel des kaspisdun Sees. Aus der Heimatk, heranag. von Rofs- mäfsler. 1860. N. 20.

Bergstrisser, Die Wasserfahrt durch die ponto-kaspische Niederung. Arch. f. wiss. Kunde von Rufsland. XIX. 1860. p. 287.

Berger (A.), Die Bergvölker des Kau- kasus. Eine historisch - ethnographisch« Uebersicht. Petermanns MittkeU. 1860. p. 165.

v. Koppen (P.)y Die Rn«n«j»l» -g>nV»«i. sehe Statthalterschaft: offizielle Zusam- mensetzung und Areal-Berechnung der dem Russischen Scepter am Ende des J. 1869 unterworfenen g«nfc««u,»ii*« Länder. ibid. 1860. p. 9.

Lettre« sur le Caucase et la Crime«. Paris (Gide). 1859. 650 S. 8. VergLJteve de V Orient. 1860. Janvier. p. 70.

Moynet, Voyage au littoral de la mer Caspienne. 1. D'Astrakhan a Bakon. Le Tour du Monde. 1860. N. 1.

Langlois(V.), La Georgie. -_ Revue de V Orient. 1860. Janvier. p. 32.

Ab ich, Bericht an die KaiserL Akad. d. Wissensch. über seinen Aufenthalt im

Caucasus. 1859 Bull, de VAcad. Jap.

de 8t. Petersb. I. 1859. p. 211. $64.

Lee Natoukhais (Peuplade des Abadxekbe*. Caucase). Nouv. Anmal.d. Vom. 1860. I. p. 284.

China.

Blanchard, Races humaines. Les Chi. nois. Nouv. Joum. des connais*a*ea utilts. 1860. N.9.

Bo wring, Le peuple chinoia. Joum. d. missions evangiliques. 1860. N. 2.

Taylor (B.), A Visit to India, China, and Japan. Newly revised and edited by George Fr. Pardon. London (J. Blackwood) 1860. 800 S. 12. (8a.6cL)

Bell (G.), Voyage en China du capi- taine Montfort, avec un resume* hiato- rique des evenements des dix deroieres annees. Paris 1860. $60 S. 8. (lThlr.)

Du Bosch, La Chine contemporaine, d'aprea les travaux le plus recenta, trad- de rallemand. 2 yoL Paris 1860. 18. (7 fr.)

Neu erschienene geographische Werke, Aufsatze, Karten und Plane. 533

C o b b o 1 d (R. H.), Pletures of the Chinese, drawn by themselves. London (Murray)

1859. 220 8. 8. (9 s.)

Twelve Teara in China: the People, the Hebels, and the Mandarins. By a British Resident. WithlUnstr. Edinburgh (Ha- milton) 1860. 840 8. 8. (10 s. 6 d.)

Lavollle (Ch.), La Chine contempo- raine. Paris 1860. 18. (8 fr.)

China and Japan. The British Quarter ly Review. N. 62. 1860.

de Moges, Voyage en Chine et au Ja- pön, 1867—58 he Tour du Monde.

1860. N. 9 ff.

Reiseekizzen ans China. Suropa. 1860. N. 6. 9.

The Chinese Ports Opened by the Treaty ofTien-tsing. Nautic, Mag. 1 860. May.

Die neu erör/neten Häfen in China, Ja- pan and den Philippinen. Petermann' 8 Mittheil. 1860. p. 287.

OKphant (L.), Narrative of the Earl of Elgin's Mission to China and Japan in the Tears 1867—1869. 2 vols. Lon- don (Blackwood) 1860. 1000 8. 8.(428.)

2d edit. ibid. (42 s.)

Die Streitigkeiten der Engländer mit China. _ Ausland. 1860. N. 28.

Der Peiho-Flufs. ibid. 1860. N. 10.

Edkins (J.), On Chinese Notice» of their own Great Rivers. Proeeedtngs of theRoy. Geogr. Soc. III. 1869. p. 876.

Lord Elgin's Entdeckungsfahrt auf dem Yang-tse-kiang. Ausland. 1860. N. 17.

Ward (J.), Sailing Directions for the Yang-tsze-kiang, frorn Woosnng to Hankow. Journ. of the North China Brauch of the Roy. Atiatic Soc. N. 2. May 1869. Shanghai 1869.

Davis (J. F.), View of the Great Valley ~ of the Yang-tse-keang before and since its Occnpation by the Rebeis. Pro- ceed. of the R. Geogr. Soc. III. 1869. p. 164.

Der Yangtsekiang von Woosnng bis Han- kow. Nach den Sailing Directions des Capt. Ward Zeitschr.f. öligem. Erd- kunde. N.F. Vm. 1860. p.266.

Oliphant (L.), Notes of a Voyage np the Yang-tse-keang, from Wosnng to Han-kow. Proceed. of the R. Geogr. Soc. III. 1869. p. 162.

Em Ausflug von Hongkong nach den hei- fsen Quellen vonYnklak im Sinon-Kreise.

Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VIH. 1860. p. 74.

Ueber alte und neue Gebräuche der Mon- golen. Mit Beziehung auf Piano Car- pinfo Beschreibungen von dem Lama Galsan-Qombojew. Arch. für wise. Kunde v. Rufsland. XIX. 1860. p. 98.

Der See Kossogol in Central-Asien. Nach älteren und neueren Forschungen. Petermann 9 Mittheil. 1860. p. 86.

Atkinson (T. W.), A Jouraey through some of the Highest Passes in the Ala-tu and Ac-tu Mountains in Chinese Tar- tary. Proceed. of the R. Geogr. Soc. IH. 1869. p. 127.

Swinhoe (Robert), Narrative of a Visit to the Island of Formosa. Journ. of the North China Brauch of the Roy. Asiat. Soc. N. 2. May 1869. Shanghai 1869.

Swinhoe (R.), Ein Besuch der Insel Formosa. Zeitschr. f. allgem. Erd- kunde. N.F. VIII. 1860. p. 207. Vgl. Ausland. 1860. N. 26.

Blernatzki, Die Insel Formosa. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VII. 1869. p. 876.

Japan.

Pages (L.), Bibliographie Japonaise, on catalogue des ouvrages relatifs au Ja- pon, qui ont publies depuis le XV* siecle jusqu*a nos jours. Paris (Duprat) 1869. VI, 68 S. 4.

Vreemde landen en volken. Hun toestand en ontwikkeling, godsdienst en staats- wezen, behoeften en hulpbronnen, ge- woonten en zeden, beschreven naar de nieuwste bronnen. Met staalplaten. 2# deel. Japan. 1 4* afl. Amsterdam (Gebr.Kraay) 1859. gr. 8. (f. 0,60.)

Heine (W.), Japan und seine Bewohner. Geschichtliche Rückblicke und ethnogra- phische Schilderungen von Land und Leuten. Leipzig (Costenoble) 1860. gr. 8. (1 Thlr. 26 Sgr.)

de Lyndon, Souvenir du Japon, vues d'apres nature avec texte. Planche« chromolithogr. exe*cute*es a la lithogra- phie royale de C. W. Mieling. 1* livr. LaHaye(Mieling) 1860. qu. fol. (compl. 10 livr. f. 16.)

Kemish (S. B.), The Japanese Empire: its Physical, Political, and Social Con- dition and History; with Details of the late American and British Espe-

534

W. Koner:

ditions. London (Patridgs). 1860. 8. (8 s. 6 d.)

Briefe auf einer Heise von Japan nach Europa. Ausland. 1860. N. 1.

Williams (S. W.), Lecture on Japan

Journ. of the North China Brauch of the Royal Asiat. Soc. N. 2. May 1869. Shanghai 1869.

Japan. The Westmmster Review. N. 84. April 1860.

Die Japanesischen Häfen Niegata und Fiogo. Petermann's Mittheil. 1860. p. 194.

Aufnahmen und Entdeckungen im Japa- nischen Meere im J. 1869. ibid. 1860. p. 196.

Untersuchungen an der Küste von Japan.

Zeitschr. f. allgem. Erdhund*. N. F. Vm. 1860. p. 161.

Notes on the Coast of Japan. Nauti-

eal Magaz. 1860. May. Die Bussen unter Graf Putjatin in Jeddo.

Ausland. 1660. N. 8. Russische Reisen nach Japan (nach dem

Russischen des Morskoi Sbornik). Ge- sandtschaftsreise des Grafen Putjatin nach Jeddo. Arch.f. wies. Kunde von Rufsland. XIX. 1860. p. 248.

Schreiben eines Offiziers des Askold. ibid. p. 266.

Russische Reisen nach Japan. Sechs Wo- chen in Hakodade. ibid. XIX. 1860. p. 876.

Lord Elgin's Mission to Japan. Dublin üniversity Magazine. 1860. N. 828.

Lord Elgin und die Briten in Japan. Ausland. 1860. N. 18 f.

Steger (Fr.), Die Nipponfahrer oder das wiedererschlossene Japan. 8. u. 4. Hft. Malerische Feierstunden. l.Ser. 2.Abthl. Hft. 21. 22. Leipzig (Spamer) 1860. gr. 8. (a \ Thlr.)

Japanese Manners and Customs. Nau- tical Magazine. January 1860.

Japan und die Japanesen. Ausland. 1860. N. 26.

Rosenkranz (K.)y Japan und die Ja- paner. — Deutsches Museum. 1860. N. Uff.

Das Laternenfest in Nangasaki. Zeitschr. für allgem. Erdkunde. N.F. VIII. 1860. p. 262.

De handel op Japan. Het bijblad van deEconomist. 1860. l.Afl.

Handelsbericht aus Japan. Preufs. Sandeisarchiv. 1860. N. 2. 8.

Quarlea van Ufford (J. K. W.), De

schoraing van den japanschsn

DeEconomist. 1860. ApriL

Onze handelsbelangen in Japan. Tyd- schr. voor Nederlandsck lud*. 1860. L p. 166.

Maegowan, Lettre snr 1* reratraduction du christianisme au Japon, ferner 1869.

Journ, des Missions enamailiques. 1860. N. 1.

Chriatisnity in Japan. National Review. N. 20. 1860.

Kleinasien.

Briefe aus Kleinasien. Ausland. 1860. N. 2ff. llf.

Mordtmann's Reisen in Kleinasien Petermann's Mittheil. 1860. p. 112.

de Tchihatchef (P.), Jouzney in Aaia Minor. Proceedings of the R. Cfoogr. Soc. III. 1869. p. 370.

Theodor Kotschy'a neue Reise nach Klem- Aaien. III. Abschnitt: Reise von Tra- pezunt Ober Erzerum, den BimgoU und Mosch nach dem Wan-See, Erfor- schung der unbekannten Gegenden hu Süden dieses See'e and Rückreise nach Erzerum, 27. Juli bis 26. Octbr. 1869.

Petermann's MUtheüumgeeu 1860. p. 68.

Handel von Trapezunt und Persien im J. 1869.— Prtuf*. Handelsarchie. 1860. N. 22.

Der Handel von Samsun in Kleinaeifi, ibid. 1860. N. 1.

Ritter (Ch.), Description de lUe dla- bros et du tremblement de Terre qu'on y a send en aout 1869. ExtraH d'une lettre en date de Kourou Tscheasne* le 21 dlcembre 1869. Nomv.Astnal. d. Voy. 1860. L p. 129.

Geologie der Insel Cypern. Peter- mann's Mittheilungen. 1860. p. 154.

Syrien und Palästina.

Nablus und die Samariter. Grenzboten.

1860. N. 16 f. Guys (H.), Beyrout et le Liban, relation

d'un sejour de plosieurs annees dans ee

pays. 2 vol. Paris 1860. 8. (7 fr.) , Voyage en Syrie, peinture de mooun

musulmans, chre'tiennes et israelites.

Paris 1860. 8. (8 fr. 50 c.) Documenta sur la religion des Druse*.

Revue Orientale et ameridane, 1859.

Novembre.

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 535

Geography and Geology of the Eastern Districts of Syria. _ Edinburgh New Philos.Joum. 1860. N. 22.

Rey (£. G.), Voyage dans le Haouran et anx bords de la mer Motte, executes pendant les annees 1857 et 1858. Paria 1860. XXIV, 806 8. 8. 1" et 2* livr. de l'Atlas gr. in fol. de 10 pl. (3 Thlr.)

Wetzstein (J. G.), Reisebericht über Hanran und die Trachonen, nebst ei- nem Anhange über die sabäischen Denk- mäler in Ostsyrien. Berlin (D. Reimer) 1860. gr.8. (lThlr.)

v. Räumer (K.), Palästina. 4. Auflage. Leipzig (Brockhaus) 1860. gr. 8. (2 Thlr.)

de Z w art(A. C), Handleiding bij de aard- rijkakunde van Palestina. Met een seer naauwkeurig kaartje. Amsterdam (de Hoogh) 1859. 8. (f. 0,20.)

Granlund (V. G.), Palaestina. Kort Hi- storie*:-Geographisk Beakrifhing, efter de bästa käilor utarbetad. Stockholm (Eide & Co.) 1860. 84 8. 12. (506re.)

Unruh (G.), Der Zag der Israeliten aus Aegypten nach Canaan. Ein Beitrag zor biblischen Lander- u. Völkerkunde. Langensalza 1660. gr. 8. (24 Sgr.)

O sb o rn (H. 8.), The Pilgrim in the Holy Land; or Palästina Past and Präsent. London (Hogg.) 1869. 820 8. 12. (8 s 6d.)

Cubley (L. M. Miss), The Hills and Plains of Paiestine, with Illustration/» and De- scriptions. London (Day) 1859. 4. (31s. 6d.)

Bouraase* (J. J.), La Terre sainte, voyage dans l'Arabie, la Judee, la Sa- marie, la GalUee et la Syrie. Tours 1860. 512 8. 8. Mit 88 Tai. (2 Thlr. 10 Sgr.)

8tanley (A. P.), Sinai and Paiestine, in Connection with theirHistory. 5th edit. With Maps and Plans. London (Murray) 1860. 600 8. 8. (16 s.)

Isambert (E.), Une vUite au temple de Jerusalem et ä la mosquee d'Omar. Bull, de la Soc. de Geogr. 4* 8er. XIX. 1860. p. 880.

Arabien.

Pilgrimage to Mecca in 1859. Nau-

tical Magaz. 1860. April. Du Cour et (Hadji Abd-el-Hamid-Bey),

Les myateres du desert, Souvenirs de

voyages en Arie et en Afrique. 2 vol.

Paris 1860. 8. (7 fr.)

Du Couret (Hadji Abd-el-Hamid-Bey), L'Arabie Heureuse. Souvenirs de voyages en Afrique et en Asie, publies per Alex. Dumas. 8 vol. Paris 1860. 8. (8 fr.)

Zur Geschichte der Wahhabiten. Aut- land. 1860. N. 8.

Der Handel von Aden. Petermannt Mittheil. 1860. p. 240.

Armenien und Mesopotamien.

Wolff, The Koolagh; or Snowstorm at

Erzroom. The Consiitutional Pre/t

Magazine. 1860. June. Castaing, Expedition scientifique de

Mlsopotamie. Revue Orientale et

ameriöame. 1859. Noveuibre. Ein Tag in Nisibis. Ausland. 1860.

N.22. Texier, Les tribus arabes de l'Irak-

Arabi. Revue Orientale et amerir

caine. 1860. Avril.

Persien.

Hommaire de Hell (X.), Voyage en Tnrquie et en Perse, exVcute* par or- dre du gouvernement francais, pendant les annles 1846 48. T. IV. Paria 1860. 8. (10 fr.)

v. Bunge (A.), Die Russische Expedition nach Chorassan, 1858 u. 1869. 1. Reise durch das nördliche Chorassan von Aster- abad nachMeachhed, April bis Juli 1858. 2. Reise durch das südöstliche Choras- san von Herat nach Tebes und zurück, October bis November 1858. S.Reise durch Herat in die Wttste Luth nach Kerman und Rückreise Über Jesd, Is- fahan und Teheran nach dem Araxes, Februar bis Juni 1859. Petermann' t Mittheilungen. 1860. p. 205.

Principaux resultats de l'exploration du Khorassan par les Russes. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 106. Vgl. Ausland. 1860. N. 17.

Die Ergebnisse der Russischen Expedition nach Chorassan. . Petermann's Mit- theilungen. 1860. p. 198. Chanykow über die physikalischen Grundaüge von Chorassan. ibid. p. 194.

Weitere Mittheilungen über die russische Expedition nach Khorassan. Zeitsohr. f. allgem. Erdkunde. N.F. VH. 1869. p. 498. VUI. 1860. p. 160.

Tschrikow (E. J.), Ueber die Arbeiten der persisch -türkischen Grana-Commis-

536

W. Koner:

flion. Arck. f. wies. Kunde v. Ruft- lond. XIX. 1860. p. 218.

Abbott (K. K.), Notes on Ghümn. Proceedmgs of the R. Geogr. Soc. TU. 1859. p. 891.

Spiegel (Fr.), Die culturgeschicbtliche Stellung des alten Persien». Aus- land. 1860. N. 17 f. 20 f.

Der Hof und die Gesellschaft in Persien. Aus den Briefen der Lady Sheil. Westermann' $ illustr. deutsche Monate- Hefte, 1860. Mai.

Vorder- und Hinter-Indien.

East India Register and Anny List, cor- reeted to Mai 12, 1860. London (Al- len) 1860. 12. (10 s.; bound lls.6d.)

Sykes, Traits of Indian Gharacter. Journ. of the Roy. Asiat. Soc. of Great Brit.andIreland.XYVL. 1860. p.228.

Trevor(G.), India, its Natives and Mis- sions. London (Relig. Tract. Soc.) 1 860. 12. (8 s.)

V e n e d e y (J.), Engelska Ostindien. Hin- dnstan» Katar, Folk, Historia och Se- der Skildrade. Fri öfwersättaing trän Tyskan af KjHmann-Goftnson. Heft VIII— XL Stockholm (Beekraan) 1869 60. 4.

Br ad sh a w' s Railway etc. Throngh Route and Overiand Gnide to India, Egypt, •* and China; or, the Traveller*» Manual of how to Reach and bow to Live in the Three Residencies of India. New Edit for 1860. London (Adams) 1860. 16. (6 s.)

Russell (W.H.), My Diary in India in the Years 1868—69. With IUnstrations. New edit. 2 vols. London (Rontledge) 1860. 840 S. 8. (21s.)

Andrew (W. P.), The Indus and its Pro- vinces. London (Allen) 1869. 8. (10 s. 6d.)

Directions for the Coast of Sind and Ap- proach to Knrrachee Harbour. - Nau- tical Magazine. Febrnary 1860.

Rnral Life in Ben gel, illustrative of Anglo- Indian Saburban Xife; more particn- larly in connection with the Planter and Peasantry, the vWed Produce of the Soil and Seasons ; wkh copious De- tails of the Cultnre ancf .Manufacture of Indigo. Letters from ah Artist in India to his Sisters in England. By the Author of „Anglo- Indian Domestic

Life*. London (Tteket) 1869. 212 a

8. (18 s.)

Landwirthschaft in Bengalen. Ändernd. 1860. N. 10.

Guiaud (J.), Series of SU Vieira ofthe River of Mandoo, the Ancient Makem- medan Capital of Malwah in Central India. With Descriptive and Historical Notices, and an Appendix. London (Day & S.) 1860. Imp. FoL (81 s. 6d.)

Hangs (M.), Nachrichten ans dem west- lichen Ostindien. Ausland. 1860. N. 28.

Pardon (W. H.), On the Trigooometri- cal Snrvey and Physical Confignraüon of the Valley of Kashmir. ProceeeV inge oftheR. Geograph. Soc IV. 1860. p. 81.

Forbes (A. K.), Notes on Um Raine of Wallabhipnra. Journ. oftheR. Asiat Soc. of Great Britain and IreUsad. XVH. 1860. p. 267.

Statistisches Aber Ostindien. Peter- mann** Mitth. 1860. p. 166.

Handelsbericht ans Bombay. Ans»/«. BandeUareh. 1860. N. 25.

Valpy (R-), On the Recent and Rapid Progress of the Britisch Trade with India. Journ. of the Staust. Soc. XXni. 1860. p. 66.

Mann (J. A.), On the Cotton Trade of India. _ Journ. of the R. Asiat. Soc of Great Britain and Irelemd. XVH. 1860. p. 846.

Lange (H.), Adolphe Schlagintwnit. 8e§

ivoyages dans les Alpes, dans lTnde.

dans l'Himalaya et la Hanta- Asie, »

morV Nouv. Amol. d. Vog. 1859.

IV. p. 288.

de Rosny (L.), Le Ladak, d'apres h relation anglaise da Maj. Alex. Gm- ningham. Nouv, AsmaL d. Vog. 1860. I. p. 204.

The Goorkhas, Coles and cognate Tribet of the Ganges, Brahmaputra and Ira wadi. Journ. of the Indien Arckt- pelago. New Ser. III. 1859. p.111.

de Rosny (L.), L'empire Burman, d'aprei les sonrees anglaises. Rewue Orien- tale et americaint. 1869. Decembre.

Bnnnah. Colbum's New Memthlg Me- gat. 1860. Jone.

Marshall (W. H.), Foor Teva in Bnr- man. 2 vols. London (Skeet) 1860. 620 S. 8. (21 s.)

Notisen über Birma ans MankalTs Fosr

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Plane. 537

Years in Bnrmah. Ausland. 1860. N. 16.

J. W. Helfer' a gedruckte u. angedruckte Schriften Über die TenaMerim- Provin- zen , den Mergui-Archipel und die An- damanen-Inseln. Mittheil, d. Wimer Gtogr. Ges. HL 1859. p. 167.

Phayre, LesKarens du Tongou, dans la province anglaise du Pegou. Nouv. Anmal. de Voy. 1869. IV. p. 239.

Hall« (J. J.), Two Months in Arrah, in 1867. London (Longman) 1860. 12. (2 s. 6d.)

Maxwell (P. B.), The Law of England in Pinang, Malacca and Singapore. Journ. of the Indian Archipelago. New Ser. III. 1. 1859. p. 26.

Jahresbericht des Preufsischen Konsulates zu Singapore für 1859. Preufs. Han- delsarch. 1860. N. 18.

O'Riley, (E.), Notices of Karen Nee, the country of the Rayaor Red Karens. Joum. of the Indian Archipelago. New Ser. III. 1. 1869. p. 1.

The Affiliation of the three Classes of the Tribes of the Vindhyas. The Tchond and Gond; the Mall and Uraon; and the KoL . Joum. of the Indian Ar- chipelago. New. Ser. UI. 1859. p. 121.

Jahresbericht des preußischen Konsulates zn Akyab für 1859. Preufs. Han- deU-Arch. 1860. No 15.

Dnne wille, Culture de Canellier dans la pcesqn'üe de Malacca. Annal. de ragrieulture des colonies et de» rigions tropicales. 1860. Janvier.

Roy, Souvenirs et recits d'un ancien mis- Bionaire a la Cochinehine et Tong-King. Paris 1860. 192 S. 8.

Theurel, Mission du Tong-King. Lettre date'e dn Tong-King occidental, 10 jum 1859 Annal. de la propagation de la foi. 1860. Jan vier.

La Cochinehine en 1869, notes extraites öVnne correspondance ineMite. Le Tour du Monde. 1860. N. 4.

King (D. O.), Travels in Siam and Cam- bodja. Proceedings of the R. Geogr. Soc. UI. 1859. p. 865.

Girard (D.), Le commerce de Siam. Pa- ris 1860. 8. (1 fr.). Vergl. Revue de rOrient. 1869. X. p. 782.

Englands Handel mit Siam und die Hilfs- quellen dieses Landes. Ausland 1860. N. 22.

Ceylon. Die Andamanen.

Andrassy, Fragments d'un voyage en Orient, Ceylon. Le Tour du Monde. 1860. N. 6.

Tennent (J. E.), Ceylon; an Account of the Island, Physical, Historical, and Topographical ; with Notices of its Na- tural History, Antiquity, and Product- ions. 4th edit., thonrougbly revised. 2 vols. London (Longman) 1860. 8. (60 s.)

Geschichte der Insel Ceylon nach Sir Emer- son Tennent. Aueland. 1860. N. 9 f.

Notizen ans Sir Emerson Tennents Cey- lon. — Ausland. 1860. N. 1 f. 12.

Harlin (T.), Ceylon Fräser1* Maga- zine. 1860. May.

Ceylon. Weshninster Review. January 1860.

Ceylon and the Singhalese. North British Review. N. LXIH.

Die Weddahs auf Ceylon. Ausland. 1860. N. 11.

Notes on Buddhism in Ceylon and Siam. Joum. of the Indian Archipelago. III. 1869. p. 140.

Cnriosities of Ceylon. Colbum's New Monthly Magmine. February 1860.

The Andaman Isländers. Journ. of the Indian Archipelago. New Ser. UI. 1869. p. 106.

Mallitte, Les fies Andamans. Le Tour du Monds. 1860. N. 6.

Abenteuer eines deportirten Sipahi auf den Andamanen-Inseln. (Aus Chambers Jour- nal.) ~ Ausland. 1860. N. 20.

v. Lieb ig (G.), Reisebriefe ans Indien. 17. Von Calcntta nach denAndaman- Inseln. Ausland. 1860. N. 9. 18. 16.

Niederländisch Indien.

Logen (J. R.), Ethnology of the Indo- Pacifio Islands. P. II. Journ. of the Indian Archipelago. New Ser. III. 1869. p. 168.

Dulaurier (Ed.), Materiaux et instru- menta dont les Malays, les Javanais et quelques autres peuples de l'Oceaiiie se

servent pour ecrire Revue de V Orient.

1860. p. 819.

Aardrijkskundig en statistisch woorden- boek van Nederlandsch-Indi6, bewerkt naar de jongste en beste berigten. b*

538

W. Koner:

en 6* afl. Amsterdam (Tan Kämpen). 8. (a f. 1,25.)

Eenige aanteekeningen betreffende Neu- lands Indie*, omtremt zijne geschiedenis en plaatsbeschrijving, in verband met d' algemeene historie. I. Geschiedenis. Assen (van Gorcum & Co.) 1860. 19 bl. gr. 8. (f. 0,20.)

Friedmann, Niederländisch Indien im J. 1856. Zeitschr. f. öligem. Erd- kunde. N. F. VII. 1859. p. 896.

Blik op de tien laatste jaren in Neder- landsch-Indie*, een stem tot het Neder- 1 an dache volk. Amsterdam (de Erven H. van Munster & Zoon) 1860. 6 en 50 bl. gr. 8. (f. 0,60.)

Bake (R.W. J.C.), Jets over de O Ost-In- dische aangelegenheden van den dag. Een antwoord, aan het Amsterdarosche Handelsblad en het Handels- en Effec- tcnblad, en een woord, aangaande de laatst versehenen geschritten over on- zen kolonialen toestand. Amsterdam (Scheltema) 1859. 8. (f. 0,20.)

Becchouwingen over den toestand van Ne- derlandsch Indie*, en historisch overzigt betreffende het ontstaan van het ge- mcen overleg tasschen de regering en de Staten-Generaal, aangaande de Ko- lonien. (8* afl. van den 6*ajaarg. der Handel en Gesch. van het Ind. Genoot- schap te 's Gravenhage.) 's Gravenhage (8usan) 1859. 111 bl. gr. 8. (f. 1,20.)

van Doren (J. B. J.), Herinneringen en schetsen van Nederlands Oost* Indie*. Vervolg op de fragmenten uit de rei- zen in die gewesten. 2' deel, 8* afl. Am- stetdam (Sybrandi). gr. 8. (f. 1,95.)

Bnddingh (Ds. S.A.), Neulands Oost- Indie*. Reizen gedaan gedurende het tijd- vak van 1852 1857. 11# 18#afl. Rotterdam (Wijt & Zonen), (a f. 0,76).

Brnmmund n. v. Hoe*vell, Ueber die Alterthttmer des ostindischen Archipels, insbesondere die Hindu-Alterthttmer nnd Tempelminen auf Java, Madlira und Bali. A. d. Holland, bearb. von J. Mül- ler. Berlin (Asher & Co., in Comm.) 1859. 8. (4Thlr.)

De bevordering van welvaart in den In- dischen archipel, bniten Java. Tijd- schr. voor Nederlandsch Inda. 1860. I. p. 05.

Epp, Ueber europäische Colonisation im indischen Archipel. Ausland. 1860. N. 18. 16.

Friedmnnn, Die Bevölkerungszunahme

auf dem indischen Archipel und ihre Ursachen. - Ausland. 1860. N. 17.

Epp, Ueber einige Handelsproducte tro- pischer Pflaaten.— Ausland. 1860.N. 27.

Java. Schetsen en tafereien voor de Neder- landsche jeugd. Met gekleurde plaatjea. Leyden (Sythoff) 1869. 6 en 126 bL 8. (f. 1,40.)

Hassel man (J. J.), Beechouwingen om- trent het kultuurstelsel , eenige andere Indische aangelegenheden en vrijenarbeid op Java. Zelt-Bommel (Noman k Zoon) 1860. 10 en 76 bL 8. (f. 1.)

Die orographiscb- physikalischen Grund- züge Java's nach den Forschungen de» Dr. Fr. Junghuhn. Pelermasms Mit- tkeil. 1860. p. 188.

Java. Some Particulars of Government. Notes on a Visit. Nanäcal Magazine. March 1860.

Losse aanteekeningen, gehouden op eem reis over Java, in 1889. Ttjdschr . voor Nederlandsch Indii. 1860. p. 171.

Versieg van den handel, de scheepvaait en de mkomende en uitgaande regten op Java en Madura over het jaar 1 854. Batavia(Bruining), 's Gfaveohage (M art. Nijhoff) 1869. 4. (f. 5.)

Der Handel Java's im J. 1858 und 1859. Preufs. ffandeUarch. 1860. N.9. 18.

Produkten van Java. (Djati, Bamboe, Alang-Alang, Nipa.) Tijdsckr. voor Nederlandsch Jndii. 1860. I. p. 1.

Weitzel (A. W. P.), Batavia in 1858, of schetsen en beeiden uit de hoofdatad vanNe$rlandsch-Indi& Met eene kaartje. Gortnchen (Noorduyn & Zoon) 1860. 6 en 208 bl. gr. 8. (f. 2,76).

De vrije arbeid bij de tabaks-kultaur ia Rembang, volgens den beer van La- wick van Papst en volgens den beer Rochussen. Ttjdschr. euer Neder- landsch Indii. 1860. I. p. 92.

De eerste Nederlandem op Sumatra. Ttjdschr. voor Nederlandsch Inda 1860. I. p. 18.

Bleeker (P.), Minahaaee in Celebes. Joum. of the Indian Archipelaao. New Ser. III. I. 1869. p. 66.

Werken van het Koningklijk Inetituat toot taal-, land- en volkenkunde van Neder- landsch-Indie. Tweede afdeeling. Afzos- derlijke werke. De Nederiaade» to Ja- katra. Uit de bronnen, zoo uitgegeveae als niet uitgegevene, bewerkt door J. A. ran der Chijs. Amsterdam (Fr. Mul- ler) 1860. XH, 264 bL 8. (f. 2,60.)

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 539

Ecn Nederlandsch etabliseement te La- goendi. Jljdsehr. voor Nederlandsch Indii. 1860. I. p. 881.

The Strait of Banka. Nautical Maga- zine. February 1860.

S tan ton (J.), The Survey of Banka Strait Nautical Magazine. Maren 1860.

Die Molukken, Philippinen and Carolinen.

Kögel (J.), Zur Gesittung der christli- chen Franen und Mädchen in den Haupt- städten auf den Molukken. Ausland. 1860. N. 4.

Maller (S.), Geognostic Sketch of the Western Portion of Timor. Proceed- ings of the R. Geogr. 8oc. III. 1859. p. 868.

Bowring (J.), A Visit to the Philippinet Isles. London (Smith & £.) 1859. 480 8. 8. (18 s.)

Statistique economique des cnltnres des Philippines. - Annale* de Vagriculture des colonies et des regions tropicales. 1860. Mai.

de la Gironniere, Notice sur ragricul- ture des Philippines. Annales de Ya- griculture des colonies et desregions tro- picales* 1860. Mars et Avril.

Les ports de Manbon et d'Alabat dans Tue de Lucon. Nouv. Annal. d. Vog. 1860. I. p. 287.

8 c h e r z e r (K.), Einige Mittheilnngen über die Bewohner der Philippinen. Aus- land. 1860. N. 15.

Seereisen Kadu's, eines Bewohner der Ca- rolinen. — Autland. 1860. N. 24 f.

Afrika.

Vulliet (A.), Scenes et aventnres de voyage, histoires et recits deetines h interesser k l'tftude de la glographie. 3* partie: rtfeits sur l'Afrique. Paris (Meyrneis) 1859. 257 S. 8.

Der Suez - Canal.

L'Isthme de Snes. Journal de l'Union des deux mers. Bis jetzt 90 Nummern.

Pre*lot, Reconnaissance de l'isthme et dn canal de Suez, par le generai en chef Bonaparte, et etablissement des Francaia, sous sa conduite, snr divers points de cette contre'e en 1798 et 1799. 2* Mit, Paris 1860. 164 S. 8.

D assy , (G. F.), Notes on Sueis and its Trade with the Ports of the Red Sea. Constantinople 1859. 8.

de Labarthe (Ch.), Le Percement de l'isthme de Suez. Revue Orientale et amerieaine.. 1859. Decembre.

Blakesley (J. W.), M. de Lesseps and the Snes Canal. Macmillan's Ma- gazine. Maren 1860.

Bericht der Niederländischen Kommission Aber die Folgen des projektirten Suez-

Renales Preufs. Handelsarch. 1860.

N. 8 fT.

Die mercantUe und politische Bedeutung des Suez-Canals. Ausland. 1860. N. 4.

Pim (Bedford), Remarks on the Isthmus of Suez, with Special Reference to the

proposed Canal. Prooeedmgs of the Roy. Geogr. Soc. III. 1859. p. 177.

Die Nilländer.

B fu gs c h (H.), Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler, gesammelt während der auf Befehl Sr. Maj. d. Kö- nigs Friedrich Wilhelm IV. ▼. Preufsen unternommenen wissenschaftlichen Reise in Aegypten. 8. Bd. A. u. d. Tit.: Die Geographie der Aegypter nach den Denk- mälern aus den Zeiten der Ptolemäer und Romer. Leipzig (Hinrichs) 1860. hoch 4. (8f Thlr.)

B rüg seh (H.), Vorläufiger Bericht über meine zweite wissenschaftliche Reise nach Aegypten im Winter 1857 68.

Zeitschr. d. deutsch, morgenländ. Ges. XIV. 1860. p. 1.

Deutsche Briefe aus Aegypten. Magaz.

f. d. Lit. d. Auslandes. 1860. No. 11.

16. 24. Onr Trip to Egypt. By the Author of

„The Better Bay". London (Nelson)

1859. 226 S. 12. (2 s. 6 d.) Poitou (E.), Cn hiver en ßgypte. Tours

(Manie & Co.). 1860. 472 S. 8. (8 fr.) Noyes (T.Herbert), Egypt in 1859

Bentley's Miscellany. N. 280. April

1860. Ein Ausfiug in die Umgegend von Kairo.

Magaz. f. d. Lit. d. Auslandes.

1860. N. 15.

540

W. Kon er:

Didier (Ch.), Lee nuits de Caire. Pari« (Hachette) 1860. 8.

Handelsverhaltnisse Egyptens, mit beson- derer Berücksichtigung des Zollvereins.

Preu/s. ffandelsarch. 1860. N. 25. Bruce 's Travels and Adventives in Abys-

sinia. Edited by J. Morison Clingan. Edinburgh (Longman) 1869. 880 S. 16. (6 s. 6 d.)

The Frenoh in Abyssinia. Colbum's New Monthlg Magazine. February 1860.

Mission allemande admise en Abyssinie par le roi Theodore. Journ. d. mis- sions evangeliques. 1860. N. 2.

Voyages snr le flenve Blane jusqu'a lf£quateur et dans l'Afrique centrale, par M. J. Petherick. Nouv. Annal, d. Voy. 1860. I p. 111.

J. Petherick's Reise in den Nil -Landern bis zum Aequator. Petermann' s Mit- theil. 1860. p. 114.

Eine Fahrt den weifsen Nil aufwärts an den Aequator, und Reisen in das In- nere von Afrika in den J. 1867 58, von J. Petherick, britischem Consul in Chartum. (Vgl. Proceedings of the Lon- don Geograph. Soc.). Ausland. 4860. No. 4.

Munzinger (W.), Ein Jagdansflug von Keren im Lande der Bogos nach dem Berge Zad'-amba am oberen Laufe des Barka- Flusses. Zeittchr. /. allgem. Erdkunde. N. F. VIII. 1860. p. 141.

Le pays de Habab, le Mareb et le dtfsert de Bahiouda* Extrait des voyages de Tb. de Heuglin et da major comte L. ThUrheim en 1856 et 1857. Trad. de l'allemand par M. Dinome* Nouv. An- nal. d. Voy. 1860. p. 49.

Der Nordrand Afrika's.

Desoription de 1'Afrique septentrionale ;

par El-Bekri. Tradnite par Mac

Guckin de Slane. Paris 1859. 486 8. 8. Die mittelalterlichen Missionen in Afrika:

Die Missionen in der Berberei im 18.

nnd 14. Jahrh Eist, polit. BUf. d.

kathol. Deutschland. XLV. 1860. Hft

2. 8. Cherbonneau, Notice et extraits du

voyage d'El-Abdery a travers l'Afrique

septentrionale, au VII* siele de l'hegire.

Revue algerienne et colon. 1860. Avril.

Ditson (6. L.), Adventares and Observa- tions on the North Coast of Africa;

or, the Crescent and the French Cra- saders. New York 1860. 8718. 8. (Ca.)

Tunis. Algerien und Kabylien.

Keller (O.), Der karthagisch -römische Handel. Ausland. 1860. N. 15.

Heine (W), Eine Sommerreise nach Tri- polis. Berlin (Besserfahe Buchhdl.) 1860. 8. (lj Thlr.) VergL Ausland. 1860. N. 18.

Aucapitaine (H.), Crocodiles del'Oued Takmalet (8ah'ara tunisien). Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 282.

Annuaire de l'Algerie et des Colonies. Paris (Challamel eine') 1860. 8. (5 fr.)

Outrey (M.), Dictionnaire de tontes les localite's de TAlge'rie, contenant par ordre alphabe'tique les noms de villes, villages, hameaux, tribus, principaux marches, directions et distributions des postes, et lieux habites par les Euro- peens et les indigfenes des trois pro- vinces. Alger et Paris 1860. 424 S. 18. (2TMr.).

Blrard (V.), Indicatenr genrfrml de l'Al- ge*rie, description geographique, histo- rique et statistiqoe de tonte« les loea- lites comprises dans les trois provinces. 2*rfdit. Alger (Bastide) 1859. 608 8. 8.

Cooke (G. W.), Conquest and Coloniss- tion in North Afrika: being the Snb- stance of a Series of Letten from Al- geria published in the „Times*, and now by permission coUeeted; with In- troduction and Supplement, containing the most recent French and other In- formation on Morocco. London (Black- wood) 1860. 256. 8.8. (5 e.)

Tableau de la Situation des tabtiseanenti francais dans l'Algerie 1856 58. FV bliel par le miniatere de VAlgerie et des colonies. Paris (Challamel eine) 1869. fol.

Des grands travanx d'utilite* publique exe- cutes en Algene et dans les colonies.

Revue de T Orient. 1860. p. 828. Gastineau (B.), Qu'estrce <Jue 1' Algene.

Revue Orientale et americmne* 1860. Fevrier.

de Roosmalen, L'Algerie teile qu'eüe sera. Paris 1860. 8.

de Baudicour (L.), Histoire de la co- lonisation de l'Algerie. Paris (Challa- mel atneO 1860. 688 8. 8. (7 fr.)

Neu erschienene geographische Wecke, Anfratse, Karten und Pläne. 541

de Girardin (E.)» Ovfliaetien de l'JJ- gerio. Paris 1860. 8. (1 fr.)

Hardy, Importanee de l'Algene comme Station d'acclimatation. Ballet, de la Soc. imper. eoologiquedacclinnatation. 1859 Decembre et 1860 Janvier. Vgl. V Algerie agricole, commerciale st m- dmetrielle* Decembre 1869. Janvier et Ferner 1860.

Nicatl (C), Notice sur l'Algene consi- deree comme sdjour d"hiver poor les personnes valtftudinaires du nord et du miliea de rEurope. Bull, de la Soc. Vamdoiee. VI. 1859. p. 226.

Moavement eommereial et de la navigation en Algerie en 1869. Revue algi- rienne el coloniale 1860. Ferner. Mars.

Cardon (E.), Les chemins derer de l'Al- gene. Paris 1860. 8. (1 fr.).

Canqail, Ätudes economiqncs sur l'Al- gerie: administration, colonisetion, can- tonnement des indigenes. Oranl860. 8. (2 fr.)

Tb i baut, Algene et colonies, acclimate- ment et colonisation. Paris 1860. 12. (2 fr.)

Lcschevin, De la telegraphie en Alge*- rie. Revue algerienne et eoloniale. 1860. Janvier.

Sondagea artesiens en Algene. ibid.

Soorces thermales de la province d' Alger.

Revue algerienne et colon. 1860. Mars.

Bertherand (E. L.), Les eanx minerales et les bains de mer de 1'Agerie. Paris 1860. 8.

Hngonnet (F.), Scenes et moeurs de FA1- gerie: Une excursion dans les Tribus.

Revue contemporaine. 80. Sept. 1869.

Berthelot (S.), De 1'acclimatation en Al- gerie des principales euences forestieres des Ües Ganaries. Bullet, de la Soc. deQiogr. lY*Ser. XVIII. 1869. p.829.

Hardy, Galtore da Bamboa en Algerie.

Annalee de l'agriculture dee colonies et dee rigiont tropicale*. Mars 1860.

Cnlture de la vigne en Algene, 1868—69.

Revue algerienne et coloniale* 1860. Ferner.

Province de Gonstantine. Rapport dn pre*- fet an conseil general, session ordinaire de 1869. Goastantine 1860. 850 S. 8.

dn Bouchage, itade sar les ports de commerce de la province de Gonstan- tine. — Nemo. Amnal. de la Marine. 1869. Movombro*

Soorces thermales de la province de Con- stantine. Revue algerienne et colo- niale. 1860. Janvier.

Colonies snisses de Se*tif. Rapport da con- seil d'administration de ü Gompagnie genevois« des colonies de Se'tif, prä- sente* a l'assemblee generale le 29 ftf- vrier 1860. Paris 1860. 4.

B arges, Souvenirs d'un voyage a Tlem- cen, ancienne capitale da royanme de ce nom; histoire de cette ville et de- scription de ses monumenfts. Paris 1860. 8. (12 fr.)

Salomon, Etades sar les vignes de Tlemcen. V Algerie agricole. 1860. Mars Mai.

B nvry (L.), Die östliche Sahara der Re- gentschaft Algerien. ZeiUchr. f. öli- gem. Erdkunde. N. F. VIII. 1860. p. 81.

Exearsion dans la haute Kabylie et cx- cursion au Tamgoat de Sella Khedidja, par an jage d'Alger en vacances. Al- ger (Bastide) 1869. 280 S. Paris (Ghal- lamel afoe) 1859. 280 S. 8. (6 fr.)

Excursion de M. Henri Duveyrier a El- Golea. Extrait d'une lettre en data de Ghardaya, du 20 septembre 1869. Nouv. Annal. d. Voy. 1859. IV. p. 189.

Dnveyrier (H.), Ein Ausflug nach El- Gol6a (Sahara) Aueland. 1860. N.l. Tergl. Nouv. Annal. d. Voy. 1859.

Henry Duveyrier's Reise ür Nord -Afrika. II. Abschn. : Vorläufige Ergebnisse wis- senschaftlicher Forschungen im Wid Messäb und Reise nach El Golea. Juni bis October 1869. Petermann'e Mit- theil. 1860. p.68.

Duveyrier's astronomische Bestimmung von Ghardaja und El-Golea.— ibid. 1860. p. 118.

Dnveyrier (H.), Coup d'oeil sur le pays des Beni-M'zab et sur celui des Ghaanba occidentaux. Revue algerienne et Co- lon. 1860. Mars.

Aacap itaine (H.), 6tude sur l'origine et Thistoire des tribus de la Haute-Ka- bylie. Paris 1860. 18.

Devaax (C), Les KebsHes de Djerdjera. Stades nouvelles snr les pays vulgaire- ment appeles la grande Kabylie. Mar- seille (Gamvin freres) 1869. XIV. 468 S. 8. (4 fr.)

542

W. Koner?

Marocco.

Kiep ert (H), Bemerkungen zu der Karte von Marocco. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VIII. 1860. p. 82.

, Der nördliche Theil de« Sultanats Ma- rocco (Ifagrib el~Aksa) nach Reisebe- richten und französischen Karten zu- sammengestellt. Chromolithv Berlin (D. Reimer) 1860. Fol. (6 Sgr.)

Alermon y Dorregniz, Descripeion del Imperio de Marruecos, en que se trata principalmente de las instituciones, usos, costumbres etc. de aus habitantes, y de la topografia del pais. Malaga. 8. (4rs.; mit Karte 6 rs.)

Morocco. The London Review. N. 27. April 1860.

Richardson, Tour in Morocco. Edited byhisWidow. London 1859. 604 8. 8.

Thomassy (R.), Le Maroc, relations de la France avec cet empire. 8* eTlit. Pa- ris 1860. 444 S. 8.

Reinhold (W.), Marokko und die Ma- rokkaner.— Wettermanns ilkutr. deut- sche Monate-Hefte. 1860. Mars.

Cotte (N), Le Maroc contemporain. Pa- ri« 1860. 2988. 8. (lThlr. 6 Sgr.).

Fillias, L'Espagne etle Maroc en 1860. Paris 1860. 8. (2 fr.)

Marocco. Ausland. 1860. N. 7.

Voyagee an Maroc. 1670, 1789, 1860. Le Tour du Monde. 1860. N. 14.

Bilder ans Marokko Grenzbotcn. 1859.

N. 62.

Schi ck 1er, Quelques jonrs au Maroc. Le Tour du Monde. 1860. N. 1. 2.

A Peep into Tangier. Dublin Uwner- sity Magazine. Maren 1860.

Ein Ausflug nach Tetuan. < Ausland. 1860. No. 21.

Ueber den Handel von Marocco. Zeit- schr. f. allgem, Erdbunde. N. F. VIII. 1860. p. 157.

Die Westküste Afrika's bis zum Aequator.

O'Connor (L. S.), Account of a Visit to the King of Bar Sin, 64 miles to the North of the Gambia. Proceedings oftheRog.Geogr.8oe. III. 1859. p.877.

Lejean (G.), Le Senegal en 1859 et les routes commerciales du Sahara. Avec une grande carte coloriee de l'Afrique occidentale, dressle d'apree le« rlcents documents, grave*e par M. Erhart. Revue contemporaine. 1859. 15. Octob.

Koner (W.), Notizen Aber die französi- schen Colonien am SenegaL Zeitschr. f. allgem. Erdbunde. N. F. VI. 1859. p. 468.

Die Westküste von Afrika* Ausland. 1860. N. 8 f.

Statistiqne commerciale du Senegal Revue algerieune et colon. 1860. Man.

Simon (E.), £ tu des sur la cöte occiden- tale d'Afriqne. Revue de T Orient 1860. Janvier. p. 60.

, Etüde sur la cöte occidentale d'Afrique. La Cazamance Revue de r Orient. X.

1859. p. 661. 641.749.

Die Menschenopfer in Alt Galabar (West- afrika). — Ausland. 1860. N. 25.

Peureux, Mission de la Guinee, Lettre datee de Gabon, 6 man 1868. Annal. de la propagatum de la fei.

1860. Janvier.

Du Chailln's Reisen im äquatorialen Ajfrika. Petermanns Mittheil. 1860. p. 189. Vgl. Ausland. 1860. N. 21.

Nord -Central -Afrika.

Schauen barg (E.), Reisen in CentrzJ- Afrika von Mungo Park bis auf Dr. Barth und Dr. Vogel. 10 14. Lief. Lahr (Schauenburg & Co.) 1860. gr. 6. (a \ Thlr.)

The Life and Travels of Mungo Park in Africa. London (Chambers) 1860. 860 S. 18. (1 s. 6 d.)

Macqueen (J.), Observationa on the Geography of Central Africa. Pro- ceedingsoftheR.Oeogr.Soe. UL 1859. p. 208.

Barth (H.), Reisen and Entdeckungen in Nord- und Central -Afrika in den J. 1849 55. Im Auszuge bearbeitet nach dem in 6 Bdn. erschienenen Ta- gebuche. 7. 12. Lief. Schlafs. Gotha (J. Perthes) 1860. (a \ Thlr.)

, Voyages et dlconvertes dans l'Afri- que septentrionale et centrale pendant les annees 1849 a 1866. Traducnoa de rallemand per P. Ithier. Livr. 1. 2. Leipzig (Dorr) 1860. 8. (a j Thlr.)

, Lotgevallen en ontdekkingen op eene reis in het noorden en nüdden van Africa, op last der Britsche rege- ring in de jaren 1849 tot 1855 ge- daan. Naar het Engelach en Hoeg» duitsoh etc. 5* deeL 2* en 8* all. '• Hertogenbosch (Gebr. Malier) 1959. gr. 8. (a f. 1,20).

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Plane. 543

Barth (H.)> Heiser in Kord- og Mellem-

Arrika. 1 lOte Hefte. Kjebenhavn

(Weldike) 1859. (a 24 fs.) Barths African Researches. London

Review. January 1860. Dinome', La relation du docteur Barth

et la geographie arabe. Nouv. Annal.

d. Vog. 1859, IV. p. 294. Castaing, Souvenirs d'un indigene de

la Nigritie. Revue Orientale et aW-

rieame. 1859. Novembre.

Süd- und Ost-Afrika.

Macqueen (J.), Remarks on Portuguese Journeys in Central-Africa. Procee- ding» of the R. Geograph. Soc. III.

1859. p. 862.

Of Abbeokoeta: de dageraad tusschen de keerkringen: eene schets van het ont- staan en de vooruitgang der zending in Torriba. Uit het Engelsch naar den 5M drak vertaald , en tot op den jongsten tijd bijgewerkt door T. M. Looman. Amsterdam (Höveker) 1860. VIII, 880 bl. met 10 gelith. kaarten etc. 8. (f. 1,90.)

O'Connor (L. S.), Notes on an Expe- dition down the Western Coast of Aftica to the „Btfaga Islands', and the recently discovered river Kattafiny.

Proceedmg* of the R. Geograph. Soc. DI. 1869. p. 879.

Casalis (E.), Les Bassoutos, ou vingt- trois annees de sejour et d'observations au sud de lAfrique. Paris (Meyrueis & Co.). 1860. XX, 870 S. 8. (5 fr.)

Cumming (G.), La vie au de'sert Cinq ans de chasse dans l'interieur de l'Afri- que meridionale; publik par Alex. Dumas. 1N et 2* seYies. Paris (Levy freres)

1860. 569 S. 18. (2 fr.)

Coqui, Journey from Origstadt to De- lagoa Bay. Proceedmg* of the R. Geograph. Soc. III. 1859. p. 878.

Ein Tag hei dem Kaffernhäuptling San- diUi. Ausland. 1860. N. 6.

Reise nach Waya im westlichen Afrika.

ibid. 1860. N. 12. Broekhoven (A. C), Gids voor land-

verhnisers naar de Kaap de OoedeHoop. Zaid-Afrika. Een handleidingvoorkoop- lieden op dezelve. Uit de beste bron- nen zamengeeteld en met eenige be- langrijke, op ondervinding gegronde aanraerkingen, over de voordeelen de- zer kolonie voor emigranten verraeer-

ded. Amsterdam (Btthrmann) 1860. VIII, 266 bl. 8. (f. 1,95).

B eines (Th.), Notes on the Zambeai Expedition. Proceedings of the R. Geogr. Soc. III. 1869. p. 99.

Burton (B. F.) et Speke (J. H.), Ex- ploration in Eastern Africa. ibid. UI. 1859. p. 848.

Extracts from Reports by Captains Bur- ton and Speke, of the East African Expedition, on their discovery of Lake Ujiji etc. ibid. III. 1859. p. 111.

Resume' historiqne de l'exploration a la recherche des grands lacs de l'Afrique Orientale, faite en 1857—58 par.C. F. Burton et J. B. Speke. Nouv. An- nal. d. Voy. 1859. IV. p. 129.

Malte-Brun (V. A.), Les lacs de Tan- ganyika et Nyanza d'Uke're'we', decou- verts par les capitaines Burton et Speke, en 1868. Bullet, de la Soc. de Giogr. IV* Sir. XVIII. 1869. p. 846.

Captain Speke's Adventures in Somali Land. Blackwoods Magazine. May and June 1860. Vergl. Aueland. 1860. N. 27.

Livingstone's (D.) Resor och Forsknin- gar i Syd -Afrika, öfwersftttning fran Engelska Originalupplagan. H. 1. 2. Stockholm (J. & A. Riis) 1859. 1860. (a l R:dr. 60 5re.)

The Ethnological Resulte of Dr. Living- stone's African Exploration». Journ. of the Indian Archipelago. III. 1859 p. 127.

Latest Accounts from Dr. Lmngstone of the Central African Expedition. Pro- ceedinge of the R. Geograph. Soc. IV. 1860. p. 19.

Le lac Shirwa decouvert par le Dr. Li- ringstone dans l'Afrique Orientale. Nouv. Annal. d. Voy. 1859. IV. p.242.

Dr. Livingstone's Erforschung des Shire- Flusses und Shirwa-See's in Süd-Afrika, April 1859. Petermann' s Mittheil. 1860. p. 149.

Ladislaus Magyar über die grofsen See'n Inner-Afrika's. ibid. 1860. p. 114.

Ladislaus Magyar's Erforschung von Inner- Afrika. Nachrichten Über die von ihm in den J. 1850, 1851 und 1855 bereis- ten Länder Moluwa, Moropu und Lo~ bal. ibid. 1860. p. 227.

Schmidt (W.)f Ein Besuch in Guillimaa im J. 1858. Ausland. 1860. N. 18.

M(Leod(L.), Travels in Eastern Africa; with the Narrative of a Residence in

544

W. Koner:

Mozambique. 2 Vota. London (Horst & B.) 1860. 650 S. 8. (21 s.)

Mac Leod über Mozambique. (Ahm dem Economist) Ausland. 1860. N. 26.

Quaas (E.), Stadt und Hafen Zansibar. ZeiUchr. /. öligem. Erdkunde. N. F. VIII. 1860. p. 177.

Beb mann, Aus Sansibar. Ausland. 1860. N. 6.

Andersson's Beise nach dem Knnene. Pstermann's Mittheil. 1860. p. 116.

Mc Leod's Eastern Africa. The British Quarterly Review. N. 62. 1860.

Mann (B. J.), The Colon? of Natal: an Account of the Characteristics and Ca- pabilities of thia British Dependency. Poblished ander the* Authority of the Government Immigration Board, for the gnidance and Information of Bmi- grants. London (Jarrold) 1860. 8. (6 s.)

Krapf (L.), Travels, Besearches, and Misaionary Labours dnring an Eighteen Year's Besidence in Eastern Africa; together with Jonrneys to Jagga, Usam- bara, Ukambani, Shoa, Abessinia, and Khartum, and a Coasting Voyage from Mombaz to Cape Delgado. With an Appendix respecting the Snowcapped Mountains of Eastern Africa, the Soor- ces of the Nile, the Languages and Literatur« of Abessinia and Eastern Africa etc. by E. 6. Bavensstein. Lon- don (Trübner) 1860. 600 S. 8. (21s.) Vgl. Athenaeum. 1860. N. 1699. *

Die Afrikanischen Inseln.

Härtung (6.), Die Azoren in ihrer in-

I ftorn Erscheinung und nach ihrer ges~ | gnostischen Katar geschildert. Leipzig ! (Engelmann) 1860. Lax. 8. Mit Atlas in Pol. (8 Thlr.)

Thomas (Ch. W.), Adventnrea andOb- servations on the West Coast of Afirica and its Islands: Historie«! and De- scriptive Sketches of Madeira, Canary, Biafra, and Cape Verd Islands their Climate, Inhabitants, and Prodnctions: Accounts of Place«, Peoples, Cnstoms, Trade, Misaionary Operations etc. od that part of the African Coast lyisg between Tangier, Morocco and Ben- zuela. With Illustr. New York 1860. 479 S. 8. (7 s. 6 d.)

White (B.) and Johnson (J. Y.), Ma- deira, its Climate and Scenery: aRand- book für Visitors. 2d edit Edinburgh (Longman) 1860. 850 S. 8. (7 s. 6d.)

Palmer (E.), Notes on the Island of St. Helena; to aecompany bis new Map of that Island. Proeeedmgt of the R. Geograph. Soc. HI. 1869. p. 368.

Milhet-Fontarabie, Madagaskar- Revue algeriesme et coloniale. 1866. Fevrier.

Lab ar the, De la colonisatiouMe Ma- dagascar. Revue Orientale et omi- rioame. 1860. Janvier.

Ein Besuch in Madagaacar. Ausland. 1860. N. 8.

Die Bevölkerung Madagascara. ibid. 1860. N. 4 f.

Die Producta der Comorea. ibid. 1860. N. 26 f.

Amerika.

Dunster (H. P.), The Disco veries of Columbus and of the English in Ame- rica: including concise Narrations of ^the First Settlements formed by our own * Conntrymen in that Important Co^tinent. tnken from the most au- tUVi.tio* fiourcc". London (J. Blackwood) 1'^e. 420 S. 12. (5 s.)

d'Avezac, Un mot encore sur les na- vigations ge'noises. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 26.

Kohl (J. G.), Entdeckungs- und Besie- delungsge8chichte Nord-Amerika's. Autland. 1860. N. 26 f.

de Labarthe (Ch.), Stades sur la Con-

stitution du Nouveau-Monde et sur les origines amerieainea. Paris (Challamel amtf) 1859. 18 S. 8. The Indiens of America. Jemrn. of the Indian Archipelago. New Ser. HL 1. 1869. p. 101.

Die Polar-Regionen.

Simmonds (P. L.), The Arcste Region* and Polar Diseoveries dnring the Nko- teenth Century; with the Disoorerie» made by Capt. M'Clintock as to the Fate of the Franklin Expedition. New edit London (Boutledge) 1859. 400 & 8. (2 s. 6 d.)

Neu erschienene geographisch* Werke, Aufsätze, Karten und Plane. 545

Sargen* (E.), Arctie Adrentures by See and. Land, from the Earliest Date to the Last Expeditions in Seareh of Sir John Franklin. With Maps and niostr. Boston 1860. 600 8. 8. (7 s. 6 <L)

Lue hingt on (F.), Arctic Enterprise and ita Results since 1816. Macmülan's Magazine. 1860. February.

Arctic .Exploration». The London Re- view. N. 27. April 1860.

M'Clintock, The Voyage of the „Fox" in the Arctic Seas : a Narrative of the Discovery of the Fate of Sir John Franklin. With Maps andlllustr. Lon- don (Murray) 1869. 420 S. 8. (16 s.)

M'Clintock (F. L.), Discoveries by the Ute Expedition in Seareh of Sir John Franklin and his Party. Proceedmgs oftkeR.Gi04jrapk.Soc. IV. 1860. p.2.

, The North-West Passage. Athe- naeum. 1860. p. 61.

Iabiater (A. K.), The North-West Pas- sage. — ibid. 1860. p. 94.

Die Polarreisen und Mac Clintock'a Ex- pedition zur Aufsuchung Sir John Frank- lins. (Lorck's Zeithefte N. 12). Leipzig (Lorck) 1860. hoch 4. (jThlr.)

M'Clintock's Nordpolfahrt. Wester- msmm's illustr. deutsche Monate-Bcfte. 1860. N.46.

de L* Roquette, Note snr le dernier Toyage dn capitaine M'Clintock a la re- cherche de Franklin et de ses com- pagnons et snr lenrs droits decourerte da passage nord-ouest. Bullet, de la 3oc. de Qeogr. 4fl Ser. XIX. 1660. p. 861.

Malte-Brun (V. A.), La d£stinee de Sir John Franklin devoilee: retour du yacht Fox en Angleterre. Rapport du capi- taine Mac Clintock. Nouv. Amol. d. Voy. 1869. IV. p. 267.

, .Note bibliographique des artides con- secre's k Franklin et k sa recherche dans les Annale* des Voyages de 1846 k 1860. _ ibid. 1869. IV. p. 277.

, Expose' recapitulatii de l'expe'dition de Sir John Franklin 1846 48. ibid. 1669. IV. p. 279.

The Seareh for Sir J. Franklin. Fromt the Private Journal of an Officer of the Fox. Comhill Magazine. 1860. Ja- nnary.

The Voyage .of the Fox in the Arctic Seas. BlocicwoocTs Magazine. 1860. Ja- nnary.

Seitschr. f. allf.Brdk, Keue Folge. Bd. VIII.

Arctic Exploration. Colbum's New Monihly Magazine. 1860. Febmary.

The Fate of Sir John Franklin. The Eclectic: a Montklg Review and Miscel- lang. 1860. Febroary.

Franklin'» Fate and the Voyage of the Fox. Frazer's Magatme. 1860. Fe- bmary.

Hang h ton, The Voyage of the Fox in the Arctic Seas. Dublin Unwersity Magazine. 1860. Febmary.

The First Arctic Expedition to the North- West. The Eclectic: a Monihly Re- view and Mitcellany. 1860. Maren.

Franklin Expedition: An other Belio. Nomtical Magazine. Janoary 1860.

The Career, Last Voyage, and Fate of Captain Sir John Franklin. By Captain Sherard Osborn. London (Bradbnry) 1860. 110 S. 12. (2 s. 6 d.)

üle (O.), Die letzten Aufschlüsse über das Schicksal der Fraiiklln'schenExpeditiM.

Die Natur. 1860. No. 12. M'Clintock's arktische Fahrt und Enthül- lung von Franklin's Schicksal. Aue- land. 1860. N. 12. Vergl. Wiesensek. Beil. der Leipe. Zeitimg. 1860. N. 18.

M(Glintock über Sir John Franklin's Ver- dienst um die Entdeckung der nordwest- lichen Durchfahrt. Ausland. 1860. N. 6.

Dufferin, Lettres Ccritea des regions po- ' laires; traduitea de l'anglais avec l'au- torisation de l'auteur per F. de Lanoye. Onvrage illustre' de 26 rignettes snr bois et aecompagne' de 8 cartes. Paris (Ha- chette) 1860. XVI, 290 S. 8. (10 fr.) Vergl. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 84.

Hay es (J. J.), An Arctic Boat Journey in the Autumn of 1864. Edited, with an Introduction and Notes, by Dr. Norton Shaw. London (Bentley) 1860. 420 S. 8. (6 s.)

Hay es (J. J.), Letter on the Arctic Ex- pedition under the late Dr. E. K. Kane.

Proceedmgs of the R. Qeogr. Soc. DI. 1869. p. 146.

The Polar Exploring Expedition. A Spe- cial Meeting of the American Geogra- phica! and Statistical Society, held Maren 22, 1860. New York 1860. 80 S. 8.

La mer Polaire. Fragments dn voyage du Dr. Kane. 1863 66. Le Tour du Monde. 1860. N. 17.

Eine Episode aus Kanc's Polarreise. Ausland. 1860. N. 22.

35

546

W. Koner:

Ballantyne (R. M.), The World of Ice? . or, Adventares in the Polar Regions. With IUnstr. London ( Nelson) 1869. 820 S. 12. (8 s. 6 d.).

Eisbildungen an der grönlandischen Küste. (Aus A. v. Etzel's geogr. u. stattet. Be- schreibung Grönlands). Autland. 1860. N. 22.

Das britische Nord-Amerika.

Ballantine (M.), Hadson's Bar; or, Every-Day Life in the Wilds of North America, during Six Years' Residence in the Territories of the Hon. Hadson's Bay Company. Boston 1859. 298 S. 12. (5 s.)

Rameau (E.), La France aux oolonies. Ötude sur le developpement de la race francaise hors de l'Eurepe. Les Fran- cais en Amerique. Acadiens et Cana- dier. Paris (Jouby) 1869. XLHI, 855 S. 8.

Galt, (A. T.), Canada, 1849 to 1859. London (Hardwicke) 1860. (1 s.)

Longitnde of some of tbe Principal Plaoes in Canada, by Electric Telegraph. - Nau- tical Magazin*. Janaary 1860. Vergl. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. Till. 1860. p. 166. und Petermann' s Mittheil. 1860. p. 242.

Eine Fahrt auf dem Saguenaynusse in Ca- nada. Westermann'* illustr. deutsche Monatt-Hefte. 1860. Januar.

Caird (J.), Paa Stepperne Reiseskildrin- ger fra Canada og de Forenede Stater. Med et Reisekaart Eiter den engebke Original ved M. W. Kjebenhavn 1860. 162 S. 8. (72 fs.)

Wirtschaftliche Entwickelang Canada's. Preuf». Handelsarchiv. 1860. N. 18.

Mayne, Palmer and Begbie, British Columbia. Journeys in theDistricta bor- dering on the Fräser, Thompson and Harrison Rivers. Proceedings of the JB. Geograph. Soc. IV. 1860. p. 88.

Der Fräser River in Britisch Colnmbien, von der Mündung bis «um Fort Tale. Nach den Aufnahmen von Mayne and Begbie im J. 1869. Petermann's Mit- theil. 1860. p. 49.

Notes sar la Colombie anglaise. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 108.

A Visit to the Columbia River, and a Crnise round Vancouvers Island. Blackuwod't Magazine. 1860. February. Vgl. Ausland. 1860. N. 11.

Discovery of Captam J. Pallisar aal Dr. Hector, of practica*!* Passes tbroogh the Rocky Mountain* witain the British Possessions. Prooetdmgt ofthe R. Geogr. Soc. TU. 1859. p. 122.

Captain John Palliser's Erforschungs-Ex- pedition nach British Nord-Amerika in den J. 1857—59. Petermmm's Mit- theil. 1860. p. 11. V&. Auslernet 1860. N. 8.

Le capit. Palliser et l'exploration des mon- tagnes Rochenses. 1857 69. Le Tour du Monde. 1867 _ 59.

Die Canadische Expedition nach dem Red River unter Gladman, Hind, Dawson und Napier, in den J. 1857 u. 58. Petermann' $ Mittheil. 1860. p. 82.

Ravenstein (E. O.), Die Canadische Red -River -Expedition in den J. 1857

59 Zeitschr. f. allgem. Erdkunde.

N. F. Vni. 1860. p. 228.

Die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika.

Coolidge(A.J.)andMansfield(J.B.), A History and Deacription of New Eng-

I land, General and LocaL Dlascmted

I with nomerous engravinau, in 2 vols.

. Vol. I. Maine, New Hanpehir*, aad Vermont. Boston 1869. 1094 8. 8.

, (81 s. 6 d.)

I Marcy (R. B.), The Prairie Traveller: a Handbook for Overland Expeditions; with Maps, Blustrationa aad Itineraries

I of the Principal Routes betwesn the

j Mississippi and the Pacific New York

! 1869. 840 8. 8. (6 a.)

, The New Route frorn 8an Francisco to New Orleans Dublin Unioersitg Ma-

I gazme. N. 828. April 1860. Gevers Deynoot (J. M. W. T.), Aan- teekeningen op eene reis door de Ver- eenigde Staten van Noord- Amerika ea Canada. Met platen. 's Gtmvenhage (Mart. Nijhofi) 1860. 10 en 264 et roy. 8. (f. 8,50.) Moelling (P. A.), Reise-8kissen in Püt-

sie und Prosa. Gesammelt auf einer siebenmonatUchen Tour durch die Ver- einigten Staaten von Nord -Amerika. Galveston (Philadelphia, Schafer & Ko- radi) 1860. gr. 8. (2 Thlr.) Wachenbusen (H.), Das Bach der Rei- sen. Die interessantesten und aanartss

Neu erschienene geographisch© Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 547

Reiseabenteuer. l.Thl. Amerika 1. 8. Heft. Berlin (Verlags-Comptoir) 1860. gr. 8. (a i Thlr.)

Kohl(J. G.), Kitchi-Gami: Wanderings round Lake Superior. London (Chap- man & H.) 1869. 430 S. 8. (13 s.)

Mackay (C.), Lift and Liberty in Ame- rica; or Sketches of a Tour in the United States and Canada in 1867 58. 2d edit. 2 vols. London 1869. 680 S. 8. (21 s.)

Navigation sur le fleuve Saint-Latirent (aus den Illustr. London News). Nouv. Annal. d. Voy. 1869. IV. p.228.

Reise -Eindrücke auf amerikanischen Ca- nälen. Ausland. 1860. N. 20.

Armand, Tooneelen en schilderingen uit het leren in Amerika. Een verhaal naar het Hoogduitsch, door T. Raven. l*deel, 1* an. Groningen (Noordhoff) 1860. gr. 8. (f. 0,60.)

Manch (F.), Die Zukunft von Nord-Ame- rika und Blicke aus der neuen Welt in die alte. Bremen (Strack, in Comm.) 1860. gr. 8. (| Thlr.)

Nordamerikanische Culturzustaude. Wis- senscha/tl. Beilage der Leipzig. Zeit. 1860. N.44 47.

Kühne (Fr.), Consular- Bericht über den Handel der Vereinigten Staaten von Nordamerika. New York 1860. 82 8. 8.

Handel und Schifffahrt der Vereinigten Staaten von Nordamerika in dem Fi- nanzjahre 1868 69. Preu/s. Han- deUarchw. 1860. N. 6.

Kruger (Fr. J.), -Has Dentschthum in Nordamerika. Teut. 1860. Heft 8.

Brugger, Nachtrag zum Deutach thum in Nordamerika. Teut. 1860. Heft 4.

Bischoff, Die Sklaverei in den Verei- nigten Staaten. Ausland. 1860. N.8.

Graham (J. D.), On the Latitude and Longitude of eighteen Additional Po- sition* in the North and North -west oft the United- States. Proeeedings of the American Philo*. Soc. VH. 1869. p. 26.

Gowan's Bibliotheca Americana. II. Ch. Wooley, A Two Years' Journal in New York, and Part of its Territories in America. A New Edit. with an In- troduction and Copious Notes, by £. B. O'Callaghan. New York 1860. 177 S. 4. (10 s. 6 d.)

Jahresbericht des Preußischen Konsulates zu Baltimore für 1869. Preu/s. BtmdeUareh. 1860. N. 18.

Pelz (E.), Die deutsche Ansiedelung Neo- Bremen im Staate New Jener. Reise- bericht; Bamberg (Büchner) 1860« gr. 8. (6 Sgr.)

Woodworth (J.), Reminiscences of Troy, from its Settlements in 1790 to 1807, with Remarks on its Commerce, En- terprise, Improvements , State of Poli- tical Parties, and Sketches of Indivi- dual Character. New York 1860. 112S. 4. (1 D. 26 c.)

Fisher's River, North Carolina: Seenes and Characters. By „Skitt-, who was raised thar. niustrated by J. M'Lenan. New York 1869. 269 S. 12.

Reclus (E.), Fragment d'un voyage ä la

Nouvelle- Orleans 1866 Le Tour du

Monde. 1860. N. 12.

Jahresbericht des Prenfsischen Konsulates zu New -Orleans für 1869. Preu/s. Mandelsarch. 1860. N. 21.

Flachenraum des Staates Ohio. Aus- land. 1860. N. 16.

Der Negermarkt zu Savannah. ibid. 1860. N. 2.

Brinton (D. G.), Notes on the Floridian Peninsula: its Literary History, Indien Tribes and Antiquities. Philadelphia 1869. 202 S. 12. (6 s.)

Western Texas, the-Australia of America; or the Place to Live. By a Six Years' Resident. New York 1860. 286 S. 16. (60 c.).

Die Erforschung der Black Hills (Schwar- zen Berge) im Innern Nordamerika^ durch G. K. Warren und F. V. Hayden. Petermann' s Mittheil. 1860. p. 68.

Milbnrn (W. H.), The Pioneers, Prea- chers and People of the Mississippi Valley. New York 1860. 466 S. 12. (1 D. 26 c).

Domenech (E.), Sept annees de reeidenoe dans les grands deserts de l'Ame'rique eeptentrionale. Nouv. Annal. d. Voy. 1869. IV. p. 198. 809.

Jahresbericht des Prenfsischen Konsulates zu San Franzisko über den Handel Ka- liforniens für 1869. Preu/s. Han- delsarch. 1860. N. 17.

Notizen über den Mineralreichthum Cali- forniens, namentlich in Bezug auf Gold und Quecksilber. Ausland. 1860. N. 6.

Ueber Viehzucht in Californien. ibid. 1860. N. 4.

Schieiden (W.), Einige Bemerkungen über die Vegetation und Agricuhur Ca-

35»

548

W. Koner:

liforniens. Wutermann* s illustrirte deutsche Monats-Hefte. 1860. Febr. Tecumseh, der Shawnee- Häuptling. Ausland. 1860. N. 9 f.

Mexiko. Central-Amerika.

£tudea historiques sur le Mexique au point de vue politiqae et social, d'apres de document» originaux mexicains. Re- vue des raees latines. 1859. Aoüt.

v. Humboldt (A.), Reise in die Aequi- noctial- Gegenden des nenen Continents. In deutscher Bearbeitung von H. Hauff. 4.-8. Lief. Stuttgart (Cotta) 1860. gr. 8. (a i Thlr.)

Sevin (Ch.), Journey in Mexico. Pro- ceedmgs of the Roy. Oeogr. Soc. III. 1859. p. 108.

de Saussure (H.), Note sur la forma- tton du volcan de Jorullo (Mexique).

Bull, de la Soc. Vaudoise. VI. 1859. p. 196.

Volkszählung von Mexiko im J. 1867.

Petermann's MiUheil. 1860. p. 199. Jahresbericht des Preufsischen Konsulates

zu Mexiko für 1869. Preufs. Han- delsarch. 1860. N. 9.

Culture du vanillier au Mexique. An- nale* de Vagriculture des colonies et des regions tropicalis. Mai 1860.

Handel und Schifffahrt von Tampico in 1859. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 12.

Jomard, Coup d'oeil sur l'Amenque cen- trale et sea monuments. Paris (Chal- lamel afnl) 1860. 16 S. 8.

The Volcanoes of Central America. Harper*s New Monthly Magaz. 1869. November.

Die Vulcane von Central-Amerika.

Ausland. 1860. N. 27.

Tible, Climatologie du Guatemala, dans ses rapports avec la production de la Cochenille- Annales de Fagriculture des colonies et des rigions tropicales. Avril 1860.

Culture du nopal et production de la Co- chenille dans le Guatemala. ibid. Fevrier 1860.

Entdeckung neuer Ruinen in Chiapas durch Pontelli. Ausland. 1860. N. 14.

Squier (E.G.), Account of the Lake Yojoa or Taultfbe' in Honduras. Pro- ceedings of the Roy. Oeogr. Soc. HL 1859. p. 106.

A Visit to the Guajiqnero

Harper's New Monthly Magaune. 1859. October.

Ein Besuch bei den Guajiquero-Indianern. Ausland. 1860. N. 16 ff.

Jahresbericht des Preufsischen Konsulate zu San Miguel de Salvador für 1859. _ Preufs. Handelsarch. 1860. N. 25.

Castaing, L'avenir de Nicaragua. Revue Orientale ei americamc. 1860. Avril.

Weinland (E.), Ueber die Inselbildimg durch Korallen und Mangrovebusche im mexikanischen Golf. Württem- berg, naturwissensch. Jahreshefte. 1860. Heft 1.

West-Indien.

Samuel Champlain's Reise nach West-In- dien und Mexiko mit der spanischen SUbernotte von 1699—1602 Aus- land. 1860. N. 4.

Buxton (C), Slavery and Freedom in the British West Ladies. London (Long- man) 1859. 8. (2 s. 6 d.)

Zustande im britischen West- Indien und in Central-Amerika. Ausland. 1860. N. 7 f.

Trollope (A.), The West Indies and the Spaniah Main. 2d edit. London (Cbapman) 1859. 8. (15 s.) _ 9th. and 4th edit. ibid. 1860. (9 s.)

Abbott (J. S. C), South and North; ur Impressions received during a Trip to Cuba and the South. New York 1860. 862 S. 8. (6 s.)

Ho we (Mrs. Julia Ward), A Trip to Cuba. Boston 1860. 251 S. 12. (6 s.)

Fernandos (P. L.)v Industrie sucriere s Cuba. Annales de l'agricultmre des colonies et des rdgions tropieale*. Mars 1860.

Courtney (W. S.)f The Gold Field* of St. Domingo ; with a Desoription of tbe AgTiculture, of its Climate, Seasoua, Soil, Mountains, and its Principal Ci- ties, Rivers, Bavs and Harboro. New York 1860. 144 S. 12. (75 c)

Jahresbericht des Preufsischen Konsulat«« zu Porto- Plata ftir 1859. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 21.

Jahresbericht des Preu/sischen Konsulat« au Porte au Prince für 1859. ibid. 1860. N. 17.

Jahresbericht des Preufsischen K^pfulst*»

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Plane. 549

ftr die Insel Portorico fUr 1859. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 12.

Netscher (A. D. van derGon), De quae- stie van vrijen arbeid en immigratie in de West -In die" toegelicht. s* Graven- hage (Gebr. Belifante) 1860. 148 bl. gr.8. (f. 1,25.)

de Crisenoy (J.), fitades snr la Situa- tion e'conomique des Antilles francaises.

Annales de Vagriculture des coionies et des rigions tropicaies. Fevrier 1860.

&tat des denrees exportees de la Marti- nique et de la Guadeloupe en 1859, avec comparaison de l'annee pre'cldente.

Annalts de Vagriculture des coionies et des rigions tropicaies. Avril 1860.

Jahresbericht des Preufsischen Konsulates zu St. Thomas für 1859. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 9.

Süd-Amerika.

Voyage de D. Giov. Mas tat (aujourdhui 8. S. le pape Pie IX.) dans l'Amerique du Sud (de Gtnes a Santiago 1828 24). Le Tour du Monde. 1860. N. 16.

y. Tschudi (J. J.), Reise durch die An- den von Süd -Amerika. Petermann s Mittheil. 1860. Ergänzungsheft.

Neu-Granada.

Handelsverhltltnisse von Maracaibo. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 18.

Reise von Valparaiso nach Lima und über den Isthmus von Panama naoh Europa. _ Ausland. 1860. N. 6 ff.

Eine Fahrt auf der Panama -Eisenbahn. Westermann' s illustr. deutsche Monats- Hefte. 1860. April. Hai.

Panama. Ausland. 1860. N. 28 ff.

Santa -Marta und die Horqueta. Aus- land. 1860. N. 27.

Culture du Cacaover au Venezuela. Annales de Vagriculture des coloniee et des regions tropicaies. FeVrier 1860.

Bolivia. Peru. Chili.

Die Bevölkerung von Bolivia im J. 1858.

_ Petermann' s Mittheil. 1860. p. 199. Hill (S. S.), Travels in Peru and Mexico.

2vols. London (Longman) 1860. 6408.

8. (21 s.)

Das Kloster Ocopa in Peru. Ausland. 1860. N. 21.

Eine verunglückte Expedition in das Land der Tschuntschus jenseits der peruvia- nischen Anden. ibid. 1860. N. 22.

Chili.— The Universal Review. May 1860.

Ficker (A.), Die Bevölkerung von Chili nach dem neuesten Census. Peter- mann* s Mittheil. 1860. p. 185.

Kommerzielle Zustände Chili's. Preufs. Handelsarch. 1860. N. 2.

Handelsverhältnisse und handelspolitische Gesetzgebung der Republik Chili. ibid. 1860. N. 20.

Handelsbericht aus Valparaiso. ibid. 1860. N. 25.

Philippi (R. A.), Die Provinz Valdivia und die deutschen Ansiedelungen da- selbst und im Territorium von Llan- quihue. Petermann' s Mittheil. 1860. p. 125.

Die La Plata-Staaten.

de Moussy (A.), Apercu geographiqne ge*neral sur les regions Argentines. Nouv. Annal. d. Voy. 1860. I. p. 5.

de Moussy (M.), Expose* sommalre des principaux travaux gtfographiques exe*- cutes dans le bassin de la Plata, sur- tont depnis son emancipation de la me*- tropole. Bull, de la Soc. de Oiogr. 4e Sir. XVHI. 1859. p. 808.

Feenstra (Y.), Instructie voor de scheep- vaart op Rio de la Plata. Amsterdam (Stornier) 1860. 6enl80bl. 8. (f. 1,50.)

Ueber die Grenzen der nördlichen Pro- vinzen der Argentinischen Confödera- tion. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VII. 1859. p. 497.

Burmeister (H.), Physikalische Beschrei- bung der Gegend von Parana'. ibid. N. F. VI. 1859. p. 429.

Ein Schreiben H. Burmeister 's aus Tu- cuman vom 12. October 1859. ibid. N. F. Vm. 1860. p. 80.

Die Provinz Jujuy in der Argentinischen Confoderation. I_ibid. N.F. Vm. 1860. p. 167.

Ausfuhr von Rosario im J. 1859 Preufs. Handelsarch. 1860. N. 26.

Demersay (L. A.), Histoire physique, e'conomique et politique du Paraguay et des Etablissements des jesuites; ae- compagnee d'un atlas, de pieces justi- flcatives et d'une bibliographie. T. I. Paris 1860. LXIV, 480 8. 8.

550

W. Koner:

Keomann (K.), Corrientes Zeittchr.

/. allgem. Erdkunde. N. F. VII. 1869.

p. 466. Trivett (J. F.), Notes on Magellan Streits,

from the Atlantic to the Pacific.

Mercantile Marine Magat. 1869. Octob.

Brasilien. Niederländisch Guinea.

Wetherell (J.), Brazil. Stray Notes from Bahia: being Extracts from Letters etc., during a Residence of Fifteen Tears. Edited by W. Hadfield. Liverpool (Simpkin) 1860. 160 S. 8. (6 *.)•

Woldemar Schnltz's Reisen und Arbeiten in Brasilien. Petermann' t Mittheil. 1860. p. 169.

Ave'-Lallemant(R.), Reise durch Nord- Brasilien im J. 1869. 1. Th. . Leipzig (Brockhans) 1860. gr. 8. (2 Thlr.)

Lallemant's Schilderangen aas Südbra- silien. Autland 1860. N. 11. 14.

Bilder aus Südbrasilien. Europa. 1860. N. 4.

Brasilianische Skizzen. Autland. 1860. N. 24. 26 f.

Zustände in Süd -Brasilien. Deutsch« Ko- lonie Blumenau, Kolonisten-Beförderung und Parceria- System. Magax.f.d. Lit. d Autlandet. 1860. N. 22.

Die deutschen Colonien in Süd -Brasilien. Wettermann*» illuttr. demttehe Mo- nate-Hefte. 1860. Mai.

Actenstücke Brasilischer Seite, betreffend die Kolonisation des Kaiserreiches. Her- ansgeg. von J. Hörmeyer. 7. Heft. (Rudolstadt) Leipzig (Wagner) 1860. 8. (J Thlr.)

Moure (A.), Cuyaba et les Indiens da Brenl. _ Bull, de la 8oc. de Geogr. 4* 84t. XDL 1860. p. 868.

Almanak roor de Nederländseh West- In- dische besittingen en de Kost Tan Gui- nea, voor het schrikkeljaar 1860. Uit- gegeven met toestemming Tan Zijne Exe. den Minister van 8taat, Minister ran Kolonien, 's Grarenhage (Gebr. ▼an Cleef) 1660. LI en 262 bl. 8. (f. 8.)

Wolbers (J.)} Geschiedenis ran Suri- name, van de ontdekking van Amerika tot op den tegenwoordigen ttjd. 6" T afl. Amsterdam (de Hoogh) 1859. gr. 8. (f. 0,60.)

Australien.

Das Festland.

Lants, De Ontdekking van Niew- Hol- land. — Allgemein* Kontt- en Letter- bede. 1860. N.6.

M oller (K.), Australische Entdeckungs- reisen Die Natur. 1860. N.4. 6 ff. 20.

Die ersten Entdeckungsreisen nach Austra- lien. — Magern./, d Lit. d. Autlandet. 1860. N. 7.

Frauenfeld (G.)f Notizen gesammelt während meines Aufenthaltes auf Neu. holland, Neuseeland und Taiti, bei der Fahrt Sr. Maj. Fregatte Novara in je- nen Gewässern. Sitzungeher. d. Wie- ner Akad. d. Witt. Math.-natortc. Kl. XXXVIII. 1859. p. 717. Auch beson- ders abgedruckt. Wien (Gerold's Sohn, in Comm.) 1860. gr. 8. (} Thlr.)

Ho Witt (W.), Two* Years in Victoria; with Visits to Sydney and Van Die- men's Land. 2d edit London (Long- man) 1860. 820 S. 8. (6 s.)

Kings ley (H.), Naar Australie*! Herin-

neringen van George Hamlyn. üit het Engelsch. 2 dln. Amsterdam (van Kais- pen) 1860. gr. 8. (f. 7,80.)

My Experiences in Austnlia: being Be- collections of a Visit to the Australien Colonies in 1866 57. By a Lady. London (Hope) 1860. 860 S. 8. (10 1 6d.)

Ho rne (R. H.), Australien Facta und Pro- spects; to whieh is prefixed the Ab- thor's Australian Autobiography. Lon- don (Smith & E.) 1869. 260 S. 12. (6 s.)

Neue Expeditionen in Australien iV

termann't Miukeil. 1860. p. 46.

Die Eingebornen Australiens und ihre Zu- kunft. — Autland. 1860. N. 8.

Müller (K.), Aus dem Leben der nee- holllndischen Ureinwohner. Die >V tur. 1860. N. 10.

Bangari, König der australischen Schwar- zen. — Autland 1860. N. 16.

Australian Ethnology. North Brituh Review. N. 64.

Neu erschienene geographische Werke, Aufsitze, Karten und Pläne. 551

Mcidinger (H.), Die britischen Colonien in Australien in ihrer gegenwärtigen Entwickelung. Frankfurt a. M. (Sauer- läuder's Verl.) 1860. 8. (21 Sgr.)

Australische Zustände. Ausland. 1860. N. 24.

Chimmo (W.), Carpentaria to Batavia, Koepang, Sourabaya. r Nautical Mo- gaz. January 1860.

Exploration« in South Australia. By Messrs. Babbage, Warburton, Stuart, and others. Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. III. 1859. p. 161.

Handel der Provinz Süd- Australia in 1858.

Preufs. Handelsarch. 1860. N. 4. Sir Richard Mac Donnell's Reise ins In- nere von Süd-Australien. Petermanns MiUheü. 1860. p. 241.

Vom Edwards River nach Melbourne.

Ausland. 1860. N. 12 f. Goldausfuhr ans der Golonie Victoria.

Zeitschr. f. öligem. Erdkunde. N. F.

VI. 1869. p. 486. Australien Colonies and Supply of Gold.

Quarterly Review. January 1860. Die australischen Goldfelder. Aueland.

1860. N. 16.

Dampfschiffahrt auf dem Darling. Zeit- Mehr. /. allgem. Erdbunde. N. F. VI. 1869. p. 487.

Crawford's Untersuchungen der Barrier- und Grey- Berge in Australien. Pe- termann's Mittheil. 1860. p. 167.

La nouvelle colonie smglaise de Queen's- land en Australie. Now>. Annal. d. Voy. I. 1860. p. 241.

Die australischen Inselgruppen.

Outer Route from Sydney to Torres Strait Proceedings of H. M. S. Herald, Cap-

tain Denham Nautical Magaz. April

1860.

Thomson (A. 8.), The Story of New Zealand, Past and Present < Savage and Civilised. 2 vols. London (Murray) 1869. 680 S. 8. (24 s.)

Arthur Thomsons Geschichte der Unter- werfung von Neu- Seeland. Aueland. 1860. N. 19 ff.

Paupinel, Voyage * la Nouvelle- Z4- lande, visite k tous les Etablissements dirige's par les membres de la Congre*- gation de Marie. Annal, de la pro- pogaüon de la foi. 1869. Novembre.

Uaast (J. F.), Dr. Ferdinand Hochstet-

ter's Reise durch die nördliche Insel Neu-Seelands, 5. März bis 24. Mai 1869.

Petermann 9 Mit tke iL 1860. p. 107. Mittheilungen aus Neuseeland. Ausland.

1860. N. 4 f.

Statistique de la Nouvelle -Zelande. Nouv. Annal. d\ Voy. 1869. IV. p.238.

Die Aorere- und Parapara- Goldfelder auf Neu -Seeland. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VIII. 1860. p. 163.

Ausflug nach Mangatawhiri und an den Waikato (Neu -Seeland). Mittheil, d. Wiener geogr. Ges. III. 1869. p. 66.

Goldfelder und fossile Knochen in Neu- seeland. — Ausland. 1860. N. 14.

Wallace (A.), Notes on a Voyage to New Guinea. Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. III. 1869. p. 858.

Radiguet (M.), La Reine-Blanche aux lies Marquises, Souvenirs et paysages de l'Oceanie. II. Les moeurs des in- sulaires et l'occupation de F Archipel. Revue d. deux mondes. 1859. 1. Octob.

Kulczyoki (A.)v Geologische Notiz Über die Insel Tahiti und die Halbinsel Taia rapu. Jahresb. d. K.K. geolog. Reichs- anstalt. X. 1869. p, 570.

Die Chinesen auf Tahiti. Ausland. 1860. N. 9.

Macdonald (J. D.), Voyage a la grande Viti. Le Tour du Monde. 1860. N. 18.

Geschichte der christlichen Mission auf den Fidschi -Inseln. Bremen (Valett & Co., in Comm.) 1860. gr. 8. (1 Thlr.)

Williams (T.) and Calvert (J.), Fiji and the Fijians. Vol. I., the Islands and their Inhabitants, by T. Williams. Vol. 2. Mission History by G. Calvert. Edited by G. Stringer Rowe. 2 edit. revised. London (Heylin) 1860. 600 S. 8. (12 s.)

Lettre de deux missionaires nouvellement e'tablis dans l'Üe de Tanna, Nouveües- Hel>rides. Journ. d. missions evange'- liques. 1860. N. 1.

Colonisation de la Nouvelle -Cale'donie. Revue algerienne et colon. 1860. Mars.

Montrouzier, Histoire de la mission catholique de la Nouvelle -Cale'donie.

Ebds. 1860. AvriL Jacquemard et Bonnet, Nouvelle-Ca-

lldonie. «Exploration de la baie du sud. Revue algerienne et coloniale. 1860. Janvier. S ch er z er (K.), Das Gesetzbuch der Tonga- Insulaner. Ein Beitrag zur Entwicke

552

W. Koner:

hmgsgeschichte der "Völker Polynesiens.

Ausland. 1860. N. 1 f. Alexander (W. D.), A Visit to Hanna

Loa. Nautical Magazine. February 1860. Vergl. Zeitschr.f. allgem. Erd- kunde. N. F. VIII. 1860. p. 265. The Pulu Trade of the Sandwich Islands.

Nautical Magazine. January. 1860. Maigret, Lettre datle de Honolulu, lies

Sandwich, jnfflet 1859. Amml.

la propagaUon de la foi. 1860. Man. Lettre 4crite d'Honolnlu. Jemm, dt»

missions evangMiques. 1869. X. lt. Jahresbericht des Prenfsischen Konsulates

zn Honolulu für 1859 Premfs. Harn-

deUarch. 1860. N. 25. Seemannsleben anf den Crozett- oder De-

sert- Inseln. —Ausland. 1860. N. 1 f.

Atlanten, Karten und Pläne.

Atlanten.

v. Sp runer (K.), Historisch -geographi- scher Schul -Atlas des Gesammtstaates Oesterreich von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten. Gotha (J. Perthes) 1860. qn. gr. 4. (1| Thlr.)

Handatlas der Erde und des Himmels. Neu redig. Ausg. Lief. 46 49. Wei- mar (Landes- Industrie -Compt.). Imp. Fol. (ajThlr.)

Josenhaus (J.), Atlas der evangelischen Missions - Gesellschaft zu Basel. Unter Mitwirkung von R. Grofs bearb. 2. Aufl. Basel (Bohnmeier) 1860. qn. Fol. (2» Thlr.)

Woerl (J. E.), Atlas der Schlachten, Treffen und Belagerungen aus der Ge- schichte der Kriege von 1792 bis 1816. 140 Bl. mit kurzen Erläuterungen be- gleitet von F. v. Dürrich. Neue Ausg. 1. 7. Lief. Freiburg i. Br. (Herder) 1860. 4. (a I Thlr.)

Black's General Atlas of the World. New edit. embracing all the latest Dis- coveries. London (Longman) 1860. Fol. (60 s.)

M'Leod (Walter), Middle Class- Atlas; comprising a Serie« of six coloured Maps for the nse of Junior Candidates preparing for the Oxford Local Exa- minations. London (Longman) 1860. 4. (1 s. 6 d.)

Mnrphy's Historical Shilling School At- las , consisting of 1 6 Maps , coloured. Edinburgh (Simpkin). 4. (1 s.)

P h i 1 i p ' s National School Atlas. London (Philip) 1860. 4. (6d.; coloured 1 s.)

Philip 's Cabinet Atlas of »Modern Geo- graphy. 88 Maps and Index. New Edit. Edited by W. Hughes. London (Phi- lip) 1859. Imp. 4. (10 s. 6 d.)

Philip" s Library Atlas of Ancient and

Modern Geography. 47 Mape and In- dex. New edit Edited by W. Hughes. Ebds. Imp. 4. (15 s.)

The Harrow Atlas of Modern Geography; with Index. London (Stanford) 1860. Fol. (12 s. 6 d.)

Nieuwe Atlas voor gynraasiCa cn insti- tnten, door W. J. Geerling. Opdra- gen aan A. A. van Heus den. Arabern (Tjeenk Willink) 1859. 2 M. en 23 ge- lith. en gekl. Kaarten. 4. (f. 1,90.)

Babinet, Atlas nniversel de geographie physique et politique, aTnsage des coura superieurs et des gens da monde» 25 csxtes avec une introduction. Paris (Bourdin) 1860.

Leonhard (P. H.), Skole-Kort over Eu- ropa til Brug i Borger -og Almueskoler sant private Instituten. Tredie Udgnve. 4 BL Odense (Milo). (1 Bd. 48 fs.)

Schoolkaart van Europa. Geteekead door Lastdrager, onder toecigt van W. A. El- berte. 4 bl. Zwolle (de Erven J. J. Tijl) 1869. (f. 8,60; opgeplant en met rollen f. 6.)

Karten von Europa, namentlich von Central-Enropa.

Black's Map of Central and Southern Europe, shewing the New Boundaries of Franoe and Northern Italy. London (Longman) 1850. (1 s. 6 d.)

Birk (C), Telegraphen -Karte von Eu- ropa nach Mitteilungen der K. pren- fsischen Telegraphen -Direktion. 4 BL Cbromolith. Berlin (8chropp, tnComm.) 1860. Imp. Fol. (l|Thlr.)

Dies (F. W.), Deutschland, Königreich der Niederlande, Königreich Belgien nnd die Schweiz nebst Theilen der an- grenzenden Linder. Ges. von F. v.

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 553

Stttlpnagel und J. C. Bär. 4 Bl. Nene Ausg. Kapferst, a. iUum. Gotha (J. Perthes) 1860. Imp. Fol. (AufLeinw. u. in Carton 8 Thhr.)

Friedrich (L.), Post- and Eisenbahn- Karte von Deutschland, den Niederlan- den, Belgien nnd der Schweiz. Ausg. für 1660. Chromolith. Gotha (J. Per- thes) 1860. Imp. Fol. (4 Thlr.)

, Post-, Eisenbahn- nnd Reise -Karte von Mittel -Europa, 4 Bl. Nene Ausg. Kupferst. u. iUum. Ebds. 1860. Imp. Fol. (Auf Leinw. n. in 8-Carton 8 Thlr.)

Handtke, Deutschland und die Schweiz. Lith. n. iUum. Glogau (Flemming) 1860. Imp. Fol. (i Thlr.)

Handtke (F.), Post-, Reise- und Eisen- bahn-Karte von Deutschland. Neue Ausg. Lith. u. illum. Glogau (Flem- ming) 1860. (1J Thlr.; auf Leinw. n. in engl. Garton 2 1 Thlr.)

Hanser (G.), Post- und Eisenbahn-Reise- karte von Deutschland, Holland, Bel- gien, Schweiz etc. Neue Ausg. Stahlst, u. col. Nürnberg (Serz & Co.) 1860. (In 8-Garton 24 Sgr. ; auf Leinw. 2 Thlr.)

Hendschel (ü.), Neueste Eisenbahn- Karte von Central -Europa. Neue Ausg. Frankfurt a. H. (Jttgel's Verl.) 1860. Imp. Fol. (In 8 -Carton 1 Thlr.; auf Leinw. u. in 8-Carton J| Thlr.)

, Pest- und Eisenbahn-Karte v. Deutsch- land und den Nachbarstaaten. Neue Ausg. Ebds. 1860. Imp. Fol. (Auf Leinw. u. in Etui 8 Thlr.)

Kiepert (H.), Uebersichts- Karte von Mittel -Europa. Lith. u. coL Berlin (D.Reimer) 1360. Imp. Fol. (In 8-Car- ton 1 Thlr.)

Kon ig (Th.), Geschäfts- und Reise-Karte von Europa mit Angabe aller Eisen- bahnen, Dampfschiffslinien und Haupt- Poststrafsen. 4 Bl. Lith. u. col. Ber- lin (Mitscher & Röstell) 1860. gr. Fol. (1J Thlr.; in gr. 8-Carton 1{ Thlr.; auf Leinw. u. in gr. 8-Carton 2 Thlr.)

Kunsch (H.), Eisenbahn-, Post- und Strafsenkarte von Deutschland und den Nachbarstaaten. Neue Ausg. 2B1. Lith. u. color. Leipzig (Hinrichs, in Comm.) 1860. Imp. Fol. (In 8-Carton £ Thlr.)

, Eisenbahn -Karte von Mittel - Europa mit Angabe der Dampfschifffahrte- Ver- bindungen. Neue Ausg. Lith. Glogau (Flemming) 1860. Imp. Fol. (In 16-Car- ton i Thlr.)

, Post-, Reise- und Eisenbahn -Karte

von Deutschland, der Schweiz, den Nie- derlanden und Belgien etc. Neue Ausg. Lith. u. illum. Ebds. Imp. Fol. (In 1 6-Carton { Thlr. ; auf Leinw. 1 Thlr. H Sgr.)

Leuthold's Post-, Eisenbahn- u. Dampf- schiff karte der Schweiz und der Nach- barstaaten bis London, Paris, Nizza. Neue Ausg. Kupferst. u. illum. Leipzig (Hinrichs) 1860. Imp. Fol. (AufLeinw. u. in Etui 2} Thlr.)

Michaelis (J.), Eisenbahn -Karte von Central- Europa. 8. Aufl. 2 Bl. Lith. Dresden (Burdach) 1860. Imp. Fol. (4- Thlr.; in Carton 18 Sgr.; auf Leinw. 1 Thlr. 6 Sgr.)

Malier (H.), Karte der Eisenbahnen Mit- tel-Europa'» mit Angabe sämmtlicher Bahnstationen etc. 4 Aufl. Glogau (Flem- ming) 1860. Imp. Fol. (In 16-Carton 18 Sgr.; auf Leinw. 1| Thlr.)

Post- und Eisenbahn-Karte von Deutsch- land und den angrenzenden Ländern. Lith. Berlin (Wilhelmi) 1860. Imp. Fol. (2^Sgr.)

Uebersichts-Karte sämmtlicher Eisenbah- nen, Dampfschifffahrten etc. in Mittel- Europa. Neue Ausg. Lith. u. illum. Magdeburg (Kaegelmann) 1 860. gr. Fol. (In Carton {Thlr.)

Reymann (G. D.) u. v. Oesfeld (E. W.), Topographische Specialkarte v. Deutsch- land und den angrenzenden Staaten in 859 Bl. Lief. 146. 146. Glogau (Flem- ming) 1860. qu. Fol. 0 f Thlr.)

v. Stttlpnagel (F.), Atlas der Eisenbah- nen in Deutschland, Belgien, Elsafs, der Schweiz u. Ober-Italien. 14. Ausg. von H. Berghaus. Gotha (Perthes) 1860. gr. 4. (lThlr.)

Ziegler (J. M.), Nord- u. Mittel-Deutsch- land, nebst Dänemark. Kupferst. u. illum. Leipzig (Hinrichs) 1860. Imp. Fol. (J Thlr.)

Uebersichtskarte der Eisenbahnen von Mittel-Europa. Brookhaus' Reise-Atlas. Entworfen und gezeichn. v. H. Lange. Leipzig (Brockhaus) 1860. In 8-Car- ton. (i Thlr.)

Brockhans' Reise-Atlas. Entworfen und gez. von H. Lange. Leipzig. Plan der Stadt nebst einem Führer für Fremde. 4. Aufl. Nordhannoversche Eisenbahnen. Führer für Reisende auf den Eisenbahnen zwischen Hannover, Hamburg, Bremen und Emden, sowie nach Norderney. Berlin -Leipzig-

554

W. Koner:

Wittenberg«. Führer rar Fremd«. Augsburg- Lindau. Führer für Reisende auf der Eisenbahn zwischen Augsburg und Lindau. Stuttgart. Plan der Stadt nebst einen Führer für Fremde. Ulm Friedrichshafen-Bodensee. Füh- rer für Reisende. Leipzig (Brockhflus) 1860. (a { Thlr.)

Karten von deutschen Staaten.

Topographische Karte vom Preußischen Staate mit Einschluß der Anhaltinischen und Thüringischen Lander; östlicher Theil. Sect 181. Neuhaldensleben. 196. Homburg. 261. Weissensee. 274. Eisenach. 289. Meiningen. 291. Rudol- stadt 211. Halberstadt. 227. Hange- rode. 260. Mtthlhausen. 801. Coburg. 279. Altenburg. Berlin (Schropp, in Comm.). FoL (a 12J Sgr.)

Sect. 197. Magdeburg. 2. Aufl.

Ebds. (124 Sgr.)

Karte vom prenfsischen Staate mit beson- derer Berücksichtigung der Communi- cationen nach amtlichen Quellen bearb. und herausgeg. vom technischen Eisen- bahn-Bureau des Ministeriums. Berlin (D. Reimer, in Comm.) 1860. 12 Bl. Imp. Fol. (8 Thlr.; color. 9) Thlr.)

Handtke, Generalkarte vom preufsischen Staate. Lith. u. illum. Glogau (Flem- mlng) 1860. Imp. Fol. (| Thlr.)

Wilhelmi (J.), Plan von Berlin nach den neuesten Bestimmungen. Lith. Ber- lin (Wilhelmi). Imp. FoL (2£ Sgr.)

, Neuester Plan der Umgegend von Berlin. Lith. Ebds. Imp. Fol. (2 j Sgr.)

v. Schulz, Brandenburg mit seinen näch- sten Umgebungen. Imp. Fol. Berlin (Schropp) 1860. (iThlr.)

Brockhaus' Reise-Atlas. Entworfen und gez. von H. Lange. Chromolith. Leip- zig (Brockhaus), qu. 4. (In 8-Carton

^ Thlr.) Frankfurt a. d. O. Berlin

Stettin.

Müller (A. A.), Karte vom Regierungs- bezirk Merseburg in 6 Sectionen. Neue Ausg. Kupferst u. illum. Halle (Knapp) 1860. (12 Sgr.)

Lange (H.), Atlas von Sachsen. Ein geographisch - physikalisch - statistisches Gemälde d. Königreichs Sachsen. 1. Lief. Leipzig (Brockhaus) 1860. gr. Fol. (lf Thlr.)

Graf (C), Das Königreich Sachsen. Ku-

pferst. u. illum. Weimar (Landes -In- dustrie -Comptoir) 1860. Imp. FoL (i Thlr.)

Kunsch (H.), Topographische Karte der Umgegend von Leipzig. Nach den Ori- ginal-Aufnahmen der Flubregulirung und den Flur- Karten. Lith. Leipzig (Hinrichs) 1860. Imp. Fol. (J Thlr.; auf Leinw. 1} Thlr.; color. lj Thlr.; auf Leinw. 1| Thlr.)

Prediger (C), Karte vom Harzgebirge. Lith. Clausthal (Grofse) 1860. (In 16-Carton. 18 Sgr. ; color. 24 Sgr.)

Steinhauser(A.)T Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. Mittheil. d. Wiener gtogr.Ge*. HI. 1859. p. 108.

Graf (C.)v Nieder- und Ober-Ocaterreich oder das Erzherzogthum Oeeterreich un- ter und ob der Enns und das Herzog- thum Salzburg. Kupferst. u. illum. Wei- mar (Landee-Induetrie-Comptoir) 1860. Imp. FoL ( j Thlr.)

, Das Kaiserthum Oeaterreich. Kupferst u. illum. Ebda. 1860. Imp. Fol. (JTblr.)

, Die geforstete Grafschaft Tirol mit Vorarlberg und das Fürstenthum Liech- tenstein. Kupferst u. fllum, Weimar (Landes-Industrie-Compt) 1860. Imp. Fol. (JThbr.)

Pauli ng (J. J.), Das Herzogthum Kärn- ten. Lith. u. color. Klsgenrurt (Leon) 1860. qu. gr. Fol. (In 16-Carton. 1> Thlr.; auf Leinw. 1 Thlr. 24 Sgr.)

Karten der Schweiz, von Frank- reich, Ton den Niederlanden und England.

Panorama des Alpengebirges vom Schloß Waldburg in Schwaben. Lith. Mit Text Ravensburg (Dorn) 1860. Imp. FoL (In 16-Carton. 16 Sgr.; color. 28 Sgr.)

TschudÜB Schweizer - Karte Ar Rei- sende, entworfen und gez. von C. F. Baue. Revid. Ausg. Chromolith. St Gallen (Scheitlin & Zollikofer) 1860. qu. Fol. (In 16 Carton. Sl Sgr.)

Winckelmann (E.), Die Schweiz. Reise- und Postkarte. Revid. von B. Grofs. Chromolith. Stuttgart (Metzler). Imp. Fol. (Auf Leinw. und in 8 -Carton. 1J Thlr.)

Carte de la France a 1:80,000*. 28*livr.( contenant les feuilles de Toulouse, Auch, Orthez, Canon etAgen. Paris, an De^ p6t de le guerre.

Neu erschienene geographische Werke, Aufsitze, Karten und Plane. 555

Debombovry (G.), Atlas historique du de'partement actuel de l'Ain. 1™ partie. Lyon 1860. Fol. 83 S. mit 18 Karten.

Carte du departement de la Sarthe par J. Triger. Paris 1860. 1:125,000.

r an K e r k w i j k (J. J.), Staatkundige Kaart ▼an bet Koningrijk der Nederlanden. Opdragen oan Zijne Excellentie den Minister van BinnenlandscheZaken; ver- ▼aardigd in 1868. 1 bl. lith. 's Gra- ▼enhage (Gebr. J. & H. ran Langen- huysen) 1859. (f. 8.)

Topographische Kaart van het Koningrijk der Nederlanden, vervaardigd door de offleieren van den Generalen staf en gegraveerd op het Topographisch Bu- reau van het Ministerie van Oorlog, op de schaal van 1 : 50,000. Bl. 17 (Bei- len), Bl. 18 (Roswinkel), Bl. 2 1 (Z wolle), Bl. 22 (Goevorden), B1.28 (N.Schoone- beek). 's Gravenhage (Departement van Oorlog) 186.0. (N. 21, f. 2,80; N. 22 en 28, f. 4.)

Sehoolkaart van het Koningrijk der Neder- landen en het Groothertogdom Luxem- burg. Geteekend door Lastdrager, onder toezigt van W. A. E 1 b e r t s. 4 bl. Zwolle (de Erven J. J. Tijl) 1869. (f. 8,60.)

Kaart van de rigting der Noorder- en Zuider-epoorweg en zoo als dezelve op 19 November 1869 zijn aangenomen. 1 bl. lith. Amsterdam (Seyflardt) 1859. Fol. (f. 0,26.)

De Nederlandsche Spoorwegen in 1860 met aanwijzing der lijnen, die men voor- stelt van Staatswege aan te leggen. Amsterdam (Buffa & Z.) 1860. Fol. (f. 1.)

Kaart van de Nederlandsche Centraal-spoor- wegen. Aanvrage van E. W. Orame- rus, C. D. van der Vliet, F. H. Bunge, A. v. Hemert, A. Holtz- man. 1 bl. lith. Amsterdam (Erven H. ! van Munster & Zoon) 1860. (f. 0,40.)

Stanford'« Map of the British Metro- ! polis and Suburbs. London (Stanford) j 1860. (2 s. 6d.; coloured 8 s. 6 d.) :

, Map of Twelve Milee round London. I London (Stanford). (Case 2 s. 6 d.; coloured 8 s.) '

Karten von Schweden, Norwegen, Dänemark, Rufsland.

Gräf(C), Schweden und Norwegen. Ka- pferst, u. illnm. Weimar (Landes -In-

dustrie-Comptoir) 1860. Imp. Fol. (} Thlr.)

Cartographie van Denemarken. AI gem. Konat- en Letterbode. 1860. N. 18.

Bnll (A.)Y Jylland med dertil herende eer. Paa Grundlag af Matrikiens mi- norerede Opmaalinger, optaget i Mar- ken af L. Both in Aarene 1857 61. PI. I. (Danmark PI. VII.) Kjebenhavn. (2 Rd. 48 fs.) Extrablad IL (1 Rd. 82 fs.)

Oversigtskaart over Grofserer Andersens projeeterede Udvidelse af Kjebenhavns Havn mod 8yd, samt Udgravning af et Skibsleb gjennem Kallebodstrand til Kjegebugt. Tegnet og utgivet af L. Both. Kjebenhavn (Stinck). (24 fs.)

Geerz (F.), General-Karte von dem Her- zogthum Schleswig, Holstein und Lauen- burg, den Fürsten thümern Lübeck und Ratzeburg und den Freien und Hanse- städten Hamburg und Lübeck. Mit Text. (Berlin 1859.) Kiel (Schwere). Ausg. N. 1. Physisch-topographisch. Co- lor. m Thlr.); Ausg. N. 2. Nach den administrativen Eintheilungen. Color. (2^ Thlr.)? Ausg. N. 8. Nach den Län- dergrenzen. Color. (1 j Thlr.)

v. Blaramberg, Karte der astronomi- schen n. trigometrischen Punkte im Eu- ropäischen Rufsland u. Kaukasien. 6 Bl. M. 1:2,100,000. St. Petersburg 1869.

Karte der Wasser- und Wege-Verbindun- gen im Europäischen Rufsland und Kau- kasien 4 Bl. M. 1 : 8,800,000. St. Pe- tersburg 1859. (K. Rufs. Kriegstopo- graph. Depot.)

Z i e gl e r (J. M.), Polen. Kapferst. u. illum. Leipzig (Hinrichs) 1860. Imp. Fol.

Karten von Italien und Griechen- land.

Sohr-Berghaus, Karte v. Italien. Lith. n. color. Glogau (Flemming) 1860. Fol. (J Thlr.)

Nieuwe Kaart van Italic*, naar aankiding der tegenwoordige gebeurtenissen met geschiedkundige en statistieke aantee- keningen. 1 bl. lith. 's Gravenhage (Couve*e) 1860. (f. 0,26).

Johnstone's Map of the Seat of War in North Italy, coloured to show the New Arrangement of the Italien States. London (Stanford) 1860. (1 s. 6 d.)

556

W. Koner:

Sohr-B erghaus, Karte des Königreichs beider Sicilien. Lith. u. color. Glogau (Flemming) 1860. Fol. ({, Thlr.)

Black's Military Map of Upper Italy, shew- ing the New Boundaries. London (Long- man) 1860. (1 §. 6 d.)

Karte der Insel Sicilien. Lith. Glogau (Flemming) 1860. qu. Imp. Fol. (| Thlr.)

Karte von Sicilien. Chromolith. Berlin (Schropp) 1860. Imp. Fol. (4 Thlr.)

Karte des Kriegsschauplatzes im König- reich beider Sicilien. Lith. Stuttgart (Malte) 1860. Fol. (7 Sgr.)

Kaart van het eüand Sicilie*. 1 bl. lith. Arnhem(Thieme)1860. roy. 4. (f. 0,85.)

Kiepert (H.), Graeciae antiquae tabula in usum scholarum descripta. 9 Bl. Lith. u. color. Berlin (D. Reimer) 1860. Imp. Fol. (4| Thlr.)

Karten von außereuropäischen Ländern.

Karte der Kaukasischen Länder, photo- graphirt und auf den Maarsstab von 1 : 2,520,000 reducirt. St. Petersburg 1859. (K. Rufs. Kriegstopogr. Depot.)

Handtke und Leo, General -Karte des Persischen Reiches. Lith. n. illum. Glo- gau (Flemming) 1860. Imp. Fol. (| Thlr.)

Kiepert (H.), Wandkarte von Palästina fttr den Schulgebrauch bearb. 2. Aufl. 8 Bl. Lith. u. color. Berlin (D. Bei- mer) 1860. Imp. Fol. (2 J Thlr.; auf Leinw. und in Mappe 4-J Thlr.)

Carte de Tempi re chinois, dressle par A. Vuillemin et Berthe. Paris (Gar- nier fireres). Fol. (2 fr.)

China Sea. Sheet I. S. W. Coast. Sheet II. S. E. Coast. London. Hydrogr. Office. (k8..)

, Woosung River, surveyed by J.

Ward. 1858. ibid. fol. (8 s. 6 d.)

, Si-kiang, or West River, surveyed

by W.T.Bate. 1859. ibid. fol. 8 Sheets, (a 2 s. 6 d.)

China, Sheet EX. Yang-tse-kiang. Correc- ted to 1859. ibid. fol. (8 s. 6 d.)

China. Tang-tse-kiang. Nanking to Tunglien. ibid. fol. (9 s. 6 d.)

China. Yang-tse-kiang. Yunglien to Hankau. ibid. fol. (8 s. 6 d.)

Dufour(H.), Nouvelle carte de l'empire chinois, dresse'e d'apres les documents les plus rlcents, avec les plana de Pe*- kin et de Canton, accompagnee d'une

notioe historique et biogTaphique, par A. Leroy. Paris (Taride). foL Melvill de Carnbe'e (P.), Allgemeine AÜas van Nederlandsch Indifi. Uit of. fic. bronnen zamengesteld. Kaart van de Residentie Djocjakarta. Gou- vernement Sumatra's West Kust. N. 8. Bevattende het middendeel der Resi- dentie Padangsche boven en het Noor- derdeel der Residentie Padangsche bene den landen hegrepen tasschen de ber- gen Ophir en Talang. Residentie Japara. Oosterbelft der Residentie Samarang. Westerhelft der Residen- tie Samarang. Door W. P. Versteeg. Bl. 88 87. lith. en gekl. Batavia (van Haren Noman & Kolff). ZalU Bommel (Joh. Noman & Zoon). FoL f. 2,25.)

Petermann (A.), Atlas der neuesten Ent- deckungen in Afrika. Eine Sammlung von 12 Kartenblättern, welche die Re- sultate der in dem Decenninm 1850 1860 ausgeführten hauptsächlichsten Reisen graphisch veranschaulichen. Go- tha (Perthes) 1860. gr. 4. (3J Thlr.)

Birk (C), Karte des Kriegsschauplatzes von Marocco. Chromolith ogr. Berlin (Schropp) 1860. Imp. Fol. (| Thlr.)

Carte du territoire francais des environs de Saint-Louis, comprenant le Gandiol, le Tonbe*, le Oualo, Gaä, Rofo, et Bom- kol, levce d'apres les ordre« et sous la direction du colonel du ge*nie, L. Faid- herbe, par M. P. Brossard deCor- bigny, assiste* deE. Gaillard. Paris. M. 1:20,000.

Carte de Klnilba et du terrain environ- nant les mines, levee pendsst l'expe'- dition du Bambouk, executee en aout 1858 sous les ordre« de M. le colonel du genie Faidherbe, parM. H. Vin- cent 1 Bl. gr. fol. M. 1:10,000.

Amerique dressee par E. Desbuissons, sous la direction de C. CortamberL 1 feuille. Paris 1859.

Mapa de la Reptfbiica de Bolivia man- dado publicar por el Gobierno de la Nacion en la administracion del Pre- sidente Jose' Maria Linares y secreta- rio de Instruction publica Lucas Men- doza de la Tapia, levantado y orga- nizado en los aftos de 1842 ä 1859. Por el teniente coronel Juan Adaria, commandante Juan Mariano Mujia y

Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 557

mayor Lucio Camacho, aflo de 1859. 4B1.

Handtk e (F.), Karte vom Austral-Con- tinent. Lith. u. illum. Glogau (Flem- ming) 1860. Imp. Fol. (^ Thlr.)

Handtke (Fr.), Karte von Australien.

Lith. u. illum. Glogau (Fiemming) 1860.

ö Thlr.) Dr. Hochstetter's Karten von Neu -See-

land. _ Zeitschr. /. allg. Erdkunde.

N. F. VIII. 1860. p. 268.

Physik der Erde.

Annuaire de la Socilte* me'teorologique. 1860. Janvier -..May. Paris. 8.

Knochenhauer (K.W.), Ueber das elec- triache Luftthermometer. Wien (Ge- rold^ Sohn, in Comm.) 1860. Lex. 8. (8 Sgr.)

Mühry (A), Allgemeine geographische Meteorologie oder Versuch einer über- sichtlichen Darlegung des Systems der Erd-Meteoration in ihrer klimatischen Bedeutung. Leipzig (Winter) 1860. gr. 8. (1 Thlr. 6 Sgr.)

Schmid (E. E.), Meteorologie. Bog. 46 49. Allgemeine Eneghlopädie der Physik, herausgeg. von G. Karsten* 7. Lief. Leipzig 1860.

Mttller (J.), Grundrifs der Physik und Meteorologie. Für Lyceen, Gymnasien etc. 7. Aufl. Braunschweig (Vieweg & S.) 1860. gr. 8. (1 i Thlr.)

Di s turn eil (J.), Influence of Climate, in a Commercial, Social, Sanitary, and Humanising Point of View: being a Paper read before the American Geo- graphica! and Statistical Society: ac- companied by a Msp of the World, showing most important Isothermal Li- nes. New York 1860. 24 S. 4. (6 s.)

Julien (T.)f Courants et re'volutions de l'atmosphere et de la mer, comprenant une theorie aouvelle sur les deluges periodiques. Paris (Lacroiz & Baudry) 1860. VI, 240 S. 8. Vgl. Nouv. Annal. d. Vag* 1860. I. p. 218.

Wilkes (0.), Theory of the Winds. Ac- compaaied by a Map of the World, showing the Extent and Direction of the Winds; to which is added Sailing Directions for a Voyage round the World by the same Author. 2d edit. London (Trübner) 1859. 120 S. 8. (6 s.)

Piddington (H.), Saüor's Hornbook for the Law of Storms: a Practical Expo- sition of the Theory of the Law of Storm», and its Uses to Mariners in all parte of the World (with Charts and Transparent Storm -cerds). 8d edit en-

larged and improved. London (Williams &N.). 408 S. 8. (10 s. 6 d.)

Biron (P.), Atlas me'teorologique, repre^ sentant les faits terrestres et magne'- , tiques; 12 planchee in fol. coloriees, accompagnäes d'un volume de texte grand in 8 de 408 pages. Paris (Mal- let-Bachelier) 1860.

Bettziech -Beta, Die atmosphärische Hülle. Die Natur. 1860. N. 6.

Dove (H. W.), Ueber die Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Ober- fläche der Erde. Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1869. p. 417.

Lenz (E.), Ueber die stündlichen Tem- peraturänderungen der Luft und der Oberfläche des Meeres in den Tropen. _ Bull, de VAcad. Imp. de St. Peters- burg. I. 1869. p. 212.

Bettziech-Beta, Beiträge zur Wetter prophezeihung. Die Natur. 1860. N. 16.

F o r b e s (J. D.), Inquiries about Terrestrial Temperature; to which is added an In- dex to M. Dove's Five Memoire on the Temperature of the Globe. *. Trans- act. of the Bog. Soc. of Edinburgh. XXII. P. 1. p. 76.

Heer(0.), Die klimatischen Verhältnisse des Tertiärlandes. ZeiUchr. /. d\ ge- scmmten Naturvriss. 1860. Januar.

Benny (H. L.), On the Constants of the Barometric Formulae which make cor- rect allowance for the Hygrometric State of the Atmo8phere. Transact. of the Rag. Irish Academg. Vol. XXIII. 2. 1859. p. 628.

Benny (H. L.), On a New Barometric Formula for Mountain Heights, in which the Hygrometric Condition of the Atmo- sphere is systematically considered. ibid. Vol. XXIII. 2. 1859. p. 437.

Fritsch (K.), Ueber die Störungen des täglichen Ganges einiger der wichtig- sten meteorologischen Elemente an Ge- wittertagen. Wien (Gerold'« Sohn, in Comm.) 1860. Lex. 8. (14 Sgr.) Ab-

558

W. Koner:

dreck aus den SUsjungsber. d. Wimer Akad. d. Wies. Mathem.+naturwiss. Kl. XXXVIII. 1859. p. 688.

v. Wallerstorf -Urbair, Ueber das Verhalten und dieVertheilung der Winde anf der Oberfläche der Erde, sowie ins- besondere über die Windverhältnisse am Cap Hörn. Wien (Gerold's Sohn, in Comm.) 1860. Lex. 8. (16 Sgr.) Ab- druck aus d.Sitzungsber.d. Wiener Akad. d. Wies. Mathem-natwrw. Kl. XXXIX. 1860. p. 105.

Rowell (G. A.), An Essay on tbe Cause of Rain and its allied Phenomena. Ox- ford 1860. 162 S. 8. (5 s.)

Mühry (A.), Die geographische Verkei- lung des Regens auf der Erde. Pe- termann's Mittheil. 1860. p. 1.

Taylor (J. W.), On the „Aurora Borea- lis*. — Proceedmgs of the Roy. Oeogr. Soc. III. 1869. p. 117.

Kenngott (A.), üeber Meteoriten. Monateschr. des vrissensch, Ver. in Zü- rich. 4. Jahrg. 1859. Heft 10.

Dove (H. W.), Ueber das Klima des westlichen Europa. Zeitschr.f. all- gem. Erdkunde. N.F. VII. 1869. p.868. Vm. 1860. p. 97.

H e r t e 1 , Wetterbeobachtungen vom 1 . De- cember 1848 bis cum 80. Not. 1849. Neues LausitaischesMaga*. XXXVIII. 1860. p. 287.

Auszug aus den meteorologischen Beob- achtungen zu G6ttingen während der Monate Juni bis December 1869 und Januar u. Februar 1860. Göttmg. gelehrt. Anzeig. 1860. Beibl. N. 1. 8. 11.

Pres tel} Die jahrliche Veränderung der Temperatur in Ostftiesland. Ver- handl. d. K. Leopold. Carol. Akad. d. Naturforsch. XIX. 1860. p.285. Auch besonders abgedruckt. Jena (From- mann) 1860. gr. 4. (1 Thlr.)

Au sf e 1 d , Meteorologische Beobachtungen zu Schnepfenthal. Zeitschr. f. d. ge- sammten Naturwiss. 1859. December.

Looff s meteorologische Beobachtungen zu Gotha 1846 1869. Petermann's Mittheil. 1860. p. 112.

H o f f m a n n , Uebersicht der meteorologi- schen Beobachtungen im botanischen Garten zu Giefsen. 1858. Notizbl. d. Ver. f. Erdk. tu Darmstadt. 1860. N. 89.

Uebersicht der Beobachtungen des Grofs- hersogl. Katasteramts Im J. 1868.

Notmbl. ä\ Ver. f. Erdk. n DarmsUdL 1859. N. 88. 34.

Tabellarische Uebersicht der Witterung in Oesterreieh in den Monaten November u. December 1868. SiUungsher. d. Wiener Akad. d. Wiss. Mathem^-umtur. wies. Kl. XXXIX. 1860. N. 1. 4.

Merian (P.), Meteorologische Uebersicht der Jahre 1857, 68. Verkandl. <L naturforsch. Ges. m Basel, IL Heft 3. 1859.

, Mittel aus den meteorologischen Be- obachtungen in Basel in den 80 Jahren 1829—68. ibid.

Wolf, Ueber die Witterung in Zürich in

den J. 1856—59 VierUljakrsschr.

d. naturforsch. Ges. in Zürich. 1860. Heft 1.

Obserrations mlteorologique* feite« e Tob- serratoire de Genere sous la direetion de Mr. Plantamour. Bibl. umv. de Geneve. 1860. Zu Ende jedes Heftes.

Besame* me'teorologique pour Tanne« 1868 pour le Chaux -de- Fonds , Neuehatel, Chaumont et Fontaine*. Bull, de la 8oc. d. sciences naturelle» da Neuehatel. V. 1869. p. 124.

Peters, Resume* des obserrations me*teo- rologiques relatives aux Tenta faitea a

Coroaux, de 1812 a 1819 ibid. V.

1859. p. 148.

Resume' des phenomenes les plus resaar- quables qui se Bont passes a Neuehatel dans le 16"* siede de Tan 1600 a 1600. _ ibid. V. 1859. p. 108.

Tscheinen, Naturerscheinungen im Kan- ton Wallis auf den Simplon. Viertel- jahrsschr. d. naturftrsch. Ges. in Zürich. Jahrg. IV. Heft 8. 1859.

Siegfried, Chronik der in der Schweiz beobachteten Naturerscheinungen von Ja- nuar bis Juni 1869 ibid.

Dufour (Ch.), Resume' det obserrations me'te'orologiques faites a Monges par M. M. Burnier, Ch. Dufour et Ycrsin, pen- dant les annees 1860 54. _ Bull, de la Soc. Vaudoise. VI. 1869. p. 199.

B o b i 1 i e r , Obserrations me^orologiqnes fiütes aDunkerque pendant Tannte 1868. Mem. de la Soc. Dunkerquoise. T. VL 1858-69.

Pares, Deuxieme note sv le oirage aux enrirons de Montpellier. Annuairt de la Soc. miUorol. Vffl. 1*69.

de Geus (G. A.), Algemeene fefel ran weerkundige waarnemingea, gtdaau op den Huise Zwanenburg, Halfweg Am-

Neu erschienene geographische Werke, Aufeätxe, Karten und Plane. 559

iterdam en Haarlem, gemeente Hout- rijk en Polanen, gedurende het jaar 1869. Algem. KontU en Letterbode. 1860. N. 6.

We&rkundige warnemiogen op den haise Zwanenburg Algem. Konst- en Letter- bode. 1860. Zn Ende jeder Kummer.

Glaisher (J.), Remarks on the Weather, during the Quarter ending December 8 Ist, 185$« Joum. of the Statut. Boc. XXIII. 1860. p. 125.

Davy (J.), Kotice of an unusaal Fall of Rain in the Lake District, in January

1859 Tratuact. of the Roy. Soe. of

Edinburgh. XXII. P. 1. p. 41.

Lena (E.), Ueber eine bedeutende Ano- malie in der VertheUung der magneti- schen Declinationen, welche am Eingange des finnischen Meerbusens, sowie nord- lich und südlich von demselben beob- achtet worden ist. Bull, de VAcad. Imp. de SuPeterebourg. I. 1859. p.485.

Sabine (Edw.), Observations made at the Magnetical and Meteorological Ob- servatory at St Helena, with Discus- Mona of the Observations at St. Helena,

the Cape of Good Hope, the Falkland Islands, Carlton Fort in North America, and Pekin. Vol. II. 1844 to 1849. London (Longman) 1860. CXLVIII, 626 S. 4.

Loomis (E.), Observations of the Mag- netic Dip in the United States. Transact. of the American Philo». Soc. New Ser. XII. P. 2. 1859.

Friesach, Astronomische und magneti- sche Beobachtungen in Amerika, ange- stellt in den J. 1857 59 Sitzung».

her. d. Wiener Akad. d. Wies. Mathem.- naturw.Kl. XXXVIH. 1869. p. 598.

Hildreth (S. P.), Abstract of a Meteo- rological Journal, kept atMarietta, Ohio. American Joum. of Science and Arte. See. Ser. XXIX. 1860. p. 218.

Burmeister (H.), Berichtigungen zu den Barometerbeobachtungen in Parani. ZeiUchr.fallg. Erdkunde. N.F. VIII. 1860. p. 82.

Die Regenmenge in Süd-Australien 1889 bis 1859. Petermann'* Mittheilungen. 1860. p. 241.

Gedruckt bei A. W. 6 eh ad« io Berits, Grfinttnbe 18.

r

Litli Anst. v. Leopold KraaU in Berlin.

Zeitschrift

Taf.H

»klärung.

Geographische Karte

der Gegenden zwischen

Eider. SfcM» «mi Trtwif

im Jahre 1859.

Gezeichnet von

F. GEERZ.

Berlin

Lith Anst v Leopold Kraals in Berlin

1 1^7';

94-

i

R CGION

&CHEI

tca des Lab

ammrafesteflt vm

RAVENSTI

oder das Gebier Red Rhrer, iraeh

(ammissare 181 HEBT EXPED 1 , oder die TTmgi t^ui.Maiiitoba u, |rer, nafn. den. Ans rSOX u FLEMI

Ä

r*— .

!

•'I

^..

REISEN AN DER AEOUATORIALEN WESTKÜSTE VON AFRICA DU CHAILLU Jj

coMlnürt toh H .BARTJT /TP^^ \

\ fl»tl LvParis J

If itac hrifl für all^Krdkundf,

32

30

V

W.H'atii fttnch ufhcantl dl Thalbttlrmf.tRfttmi MojuOi bed/lster/ir 'Mir A

J

Ö st LU' Paris 2

T

TVi,

xUZ±

r

^

~\

r