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Zeitschrift

für

die Kunde des Morgenlandes,

herausgegeben

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Dr. Cliristian liassen^

brJcatlielieB ProfeSMr der Altindiscken Sprache and Litteratur aa der Rheiaiaek«* Friedrich- Wilhelma-Unirersitit , ausw&rtigem Mitflieda der Köaiglirh Baieriachea Akademie der Wissenschaften, der Asiatischen Gesellschaften zu Pari*, London, Caicutta, Batavia und Boston, der Königlich Norwcsiachen GeaeUschaft dar Wis»«n- •chaften au Urontheim und der ethnologischen Gesellschaft su Pari«, Cerrea|ioDdeBtea der Königlich ITraDxösischea Akademis der Insckrifiea uad acköaea Wiaaeaarhifua.

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Fünfler Band.

Mit zwei lithographirten Tafelu

H. B. KOEXIG. 1844.

95

^^^Atp.

1014 112

Verzeichnis^ der IHitarbeiter*

Herr Dr. O. Böhtlingk in Petersburg. ,j Professor Dr. H. Brockhaus in Leipzig. * H. V. Ewald in Tübingen.

yy ,y H. L. Fleischer in Leipzig,

j, Regierungsrath Dr. H. C. v. d. G a b cl e n t z in Altenbnrg. Professor Dr. J. Gildemeister in Bonn. Director Dr. G. F. Grotefend in Hannover. Professor Dr. Hupfeld in Halle. j, ,j J. G. L. Kosegarten in Greifswald.

3, Dr. Ad albert Kuhn in Berlin. Professor Dr. Ch. Lassen in Bonn. yf ,y ^; J. Müller in München.

j> }, jy C. F. Neumann in München.

j, A. F. Pott in Halle.

« * ff E. Rüdiger in Halle.

9, f, T. Roorda in Delft.

Geh.-Regierungsrath Prof. Dr. F. Rücke rt in Berlin. Professor Dr. A. W. von Schlegel in Bonn. }f ff jj A. Stenzler in Breslau.

ff Professor Wüstenfeld in Göttingen.

^.

Inhalt des fünften Bandes.

Seite I. Die Religion und der Staat der Sikh. Von C.

F. Neumann 1

n. Uebcr einige Syrische Gedichte des Gregorius

Barhebräus. Von P. Zingerle 49

IIL Kurdische Studien von E. Roediger und A. F. Pott. III. Naturgeschichtliches aus der Kur- dischen und andern Sprachen Westasiens (Fort- setzung von Bd. IV. S. 280.). Von A. F. Pott. 57 IV. E, Quatremere Ueber Phoeuicische Inschriften.

In abgekürzter Ucbersetzuiig von J. Gildemeister. 84 V. Erklärung seltener biblischer Wörter von Saa-

dias Gaon. Von Leopold Dukes 115

VI. Die 3Ioslemischen Schriftsteller über die Theorie

der Musik. Von /. G. L. Kosegarten 137

VII. lieber die Aethiopischcn Handschriften zu Tü- bingen. Von H. r. Ewald. 164

VIII. Ueber den Titel des Masüdischen Werks ^ij^

w^5>L>wl Von J. GUdemeister 202

IX. Ueber eine in Aden neu entdeckte Hiuijaritische

Inschrift. Von H. v. Eicald. 205

X. Himjaristische Alphabete und Verwaudtes. Von

J. Gildemeister 211

XI. Bemerkung zu einer Miftheilung des Megasthe- nes in Bezug auf Indische Geschichte. Von Th. Benfey 218

XII. Bemerkungen über dieselbe Stelle des Mega- sthencs. Von Chr. Lassen 232

XIII. Zur Theorie des ^loka. Von J. Gildemeister. . 260

XIV. Aus Dscharni's Diwau. Von F. Rückert. . . 281

ISeite iXV. Untersuchungen über die ethnographische Stel- lung der Völker im Westen Indiens (Fortsetzg. von Bd. IV. S. 488.). Von Chr. Lassen. . . 337 XVI. lieber die Saho-Sprache in Aethiopien. Von H.

V. Ewald. 410

XVII. Von morgenländischen Sprachvergleichungen in

Deutschland. Von demselben. ...... 425

Uebersichten und Beurtheiluugen:

1. lieber das Puschtu oder die Sprache der Afgha- nen von Bernh. Dorn, Ein erster Vorsuch über den Accent im Sanscrit von Otto Boethlingk. Von H. V. Ewald. 435

2. The Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol VII. Vol. VIII. Vol. IX, I— VI. Von Chr, Lassen 444

3. Die Götter Syriens, von F.Nork. Von G. . 470

4. The Dabistan, or school of manners, translated j. by David SheUj aud Anthony Troyer. Von Chr.

?i« Lassen 473

Zusätze^ und Terbesseriinseu.

Bd. IV, S. 372, letzte Z. lies Bu Wolke, K'ätaka. » 373j z. 18 lies dahin für dahier.

9 » 375, Z. 6 lies önf^ als ein besonderes Wort getrennt.

9 » 479 flgd. sind folgende Berichtigungen, zum Theil nach

Ouseley's damals nicht zugänglicher Oriental

Geography, nachzutragen :

» » 479, Z. 1 statt Kohistan bis Ghänem 1. Kohistan de*

Abu Ghänem. » » 479, Z. 18 statt aber 1. oben. » » 480, Z. 15 statt sieben I. sieben Bergen. » » 482, Z. 15 und 18 statt bei ihnen u-ird nicht zum Gebet gerufen 1. Niemand belästigt sie ; aus derOr. Geogr. ergiebt sich, dass ^^Lu nicht ^jLo zu lesen ist, sondern ^jLaj^ obgleich in dem Bfts. das v_j sonst einen Punkt zu haben pflegt » » 482, Z. 17 statt so sind es Baluk' 1. so sind es frucht- bare Berge, auf denen die Bäume kalter Ge- genden wachsen und Schnee (_^^', nicht ^_^) fällt. Bd. Y, S. 18rt, Z. 6 von unten lies egziabchaer, » » 190, Note 3) lies eben für oben. » » 191, Z. 18 lies enttäuscht für getäuscht. » » letzte Zeile lies Vogris für Vagris. » » 195, Note 1) Z. 4. fehlt das Wort Aera hinter Aetkiopische. » » 206, Z. 23 f. streiche das erste darauf. » » 207, Z. 9 von unten lies letzterem.

» » 26b', Z. 20 ist zu den Worten: * ausschliessen mussm fol- gende Note weggeblieben: *) Dies zeigt sich auch in dem Gebrauch ungewöhnlicherer For- men, z. B. MB in, 15663: vedivilagnamadh- yeva, wofür sonst Immer das auch in deuLezi- cis allein aufgeführte vedi vorkommt. » » 337, Z. 1 statt V. 1. XV.

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y

Die Religion uud der Staat der ISikh.

Unter allen clvilisirten Völkern und zu allen Zeiten gibt es eine kleine Anzahl Menschen, welche mit dem Un- verstände und der Verdorbenheit der Massen Mitleiden he- gen und sie zu einem bessern glücklichern Leben erziehen möchten. Diese Wackern suchen, wenn dem Willen die Kraft nicht mangelt, vor Allem die schlau ersonnenen oder in der Zeit zufällig entstandenen Religionszwiste zu be- seitigen und dann auf den Fundamenten der Selbstbe- herrschung, der Tugend und Gerechtigkeit, in dem gött- lichen Ideale verherrUcht, die ganze menschliche Gesell- schaft von neuem aufzubauen ; damit alle denkenden Wesen mit einander befreundet und Ruhe und Glückseligkeit heimisch würden auf Erden. Ein Mann dieser höhern Ge- sinnung war Nauak, der weise menschlich gesinnte Leh- rer der Sikh. Gleich wie Schakia, der Stifter des Bnd- dhaismus, der älteste bekannte Reformator des Brahmanen- thums, war auch Nanak der Kriegerkaste entsprossen. Die Kschatrias stehen nämlich der Geistlichen und Ge- lehrtenkaste am nächsten; ihnen sind, die Vedas ausge- nommen, alle andern Mittel der Geistesbildung, nament- lich die zwei grossen Dichtwerke der Nation, Ramayana V. i

und Mahabharata^ geöffnet. Sie sind deshalb eher im Stande^ durch das dicke Truggewebe der Priesterzunft zu schauen und sich eine reinere menschliche Fühlweise zu erwerben. Nicht so die übrigen Glieder des Hindu- staates 5 ihnen sind alle Bildungswege abgesperrt ; sie sollten ewig Kinder bleiben^ damit sie leichter am Gän- gelbande geführt werden könnten»

Nanak, von seinen Anhängern Baba und Guru, Vater und Lehrer, wohl auch Nirinkary der Allgegenwärtige ge- nannt^ ward in dem Dorfe Talwandi^ jetzt Rayapur an dem Ufer des Bayah oder Hyphasis, des Distriktes Bhatti im Kreise Lahor^ geboren; er war der einzige Sohn sei- nes Vaters Kalu^ welcher gemeinhin nur in Verbindung mit dem Namen seines Klans genannt wird^ Kalu AVerdi. Schon in frühen Jahren zeigte der Jüngling eine Nei- gung, dem gewöhnlichen Leben zu entsagen und sich der Welt des Geistes und der Reinheit zu widmen, was sei- nem den äussern Dingen ergebenen und sie allein schätzen- den Vater höchst unangenehm war. Vergebens waren alle Versuche, den^ in seinem Sinne, ungerathenen Sohn zu ei- nem weltlichen Geschäfte, zu den Freuden des Gewinnstes und des Reichthums zu verlocken; der einfältige fromme Nanak verstand sich nicht hierauf. Mit dem Gelde, das zum Salzhandel bestimmt war, ernährte er die halbver- hungerten Fakir, und glaubte so das allerbeste Geschäft gemacht zu haben. Der Gewinn dieser Welt, sprach er zu dem erzürnten Vater, ist vorübergehend und werthlos ; ich habe die Armen gespeist, ich habe für dich ein Ver- dienst eingesammelt, das ewig dauern wird. Kalu Werdi fügte sich endlich, auf Zureden des Ray*} oder Dorf- schulzen Bolar, und überliess den Sohn seinem unwider-

1) Ray bezeichnet einen niedrigem Grad als Radsciiah.

stehlichen Hange oder Schicksale. Nanak begab sich nun^ in Beo-leitung eines treuen Dieners und eines Musikanten auf Reisen ; er besuchte alle heiligen Orte, alle berühm- ten Tempel Indiens und hatte hier, wie die Legende be- richtet, mit Jogi und Fakir, die durch wundervolle Ka- steiungen sich zu Herrn der Naturkrafle emporschwan- gen, viele Kämpfe zu bestehen. Nanak sey aber nicht bloss selbst allen ihren dämonischen Zauberkünsten glück- lich entgangen, sondern habe es auch verstanden, seine unvorsichtigen Begleiter, welche nicht selten an den Ge- fährten des Don Quixote erinnern, ihien mannichfachen Schlingen zu entziehen. Herrschaft, Reichthura und Frauen« reiz, nichts vermochte den mit sich selbst klaren Lehrer von seinem grossen Vorhaben: die in Sekten und Reli- gionen zerfallene Menschheit zur Einheit Gottes zu sam- meln und aufzurichten, abzubringen.

Von den Indischen Wallfahrten ging Xanak nach Mekka und Medina, wo er mit HeiHgen und Gelehrten des Islam vielfach verkehrte und die Einheit und Allgemeinheit Gottes . allenthalben predigte. Jetzt sprach er es offen aus : er sey gekommen, eme Aussöhnung des Islam mit dem Brah- manismus zu bewirken, was die Schechs und Mulla, das grösste Wunder das seine Lebensbeschrciber uns berich- ten, wohlgefällig angehört hätten. Nanak, heisst es, sey auf diesen Reisen auch mit dem Padischah Baber bekannt geworden, welchem er seine monotheistische Lehre mit Festigkeit und Entschlossenheit verkündete ; sie habe dem hochbegabten Fürsten so gefallen, dass er den Lehrer bat, bei ihm zu bleiben, und reichlich für ihn soro-en wollte. Ist diese ganze Erzählung nicht erfunden, so ist doch so viel gewiss: der Guru der Sikh hatte keinen beson- dern Eindruck auf den Eroberer Hmdostans her\-orge- bracht. Baber berichtet üi seinen Denkwürdigkeiten über

die unbedeutendsten Kleinigkeiten^ erwähnt aber des be- rühmten Nanak mit keinem Worte. Viel wahrscheinlicher ist die Angabe^ Nanak habe mit Dschnyani Kabir ')^ dem Stifter einer berühmten monotheistischen Sekte Indiens^ viel- fach verkehrt und seinen Schriften Manches entnommen. Es sind jedoch die Lehren dieser und aller andern Frei- denker dem Wesen nach dieselben. Die äusserlichen Ce- remonien der Religionen^ sagt Kabir und seine Genossen^ sind gleichgültig ; wer in der Welt lebt^ richte sich nach ihnen ; diejenigen aber^ welche der Welt entsagen, mögen ihre Gedanken bloss dem einen höchsten Wesen zuwen- den^ ihm Lieder singen und sich alles eiteln Prunkes des äusserlichen Gottesdienstes enthalten. Wer da weiss was Leben ist^ fügt der erhabene Lehrer hinzu^ der wird das seinige benutzen ; nicht zum zweiten Mal wird er es er- halten. Wer die Menschen kennt^ wird nach seiner eige- nen Kraft und Einsicht leben; nicht von Andern wird er es erbitten^ sondern das eigene Wasser selbst sich holen. Wenn Wahrheit in der Seele brennt, so vernichtet sie alle weltlichen Sorgen. Es haben die Lehrer des Ostens und des Westens ihr Leben in Forschungen verzehrt.

1) Dschnyani Kabir bedeutet der Weise, der Höchste; es ist dies wahrscheinlich blos ein Titel dieses berühmten Sektenstiflers. Malcolm, Sketch of the Sikhs iin dem eilfteu Band der Äst atic ResearcheSf auch besonders gedruckt London 1812, wonach wir cltiren, 145) sagt irrthümlich, Kabir wäre ein Sufi gewesen und hätte zu den Zeiten des Schir Schah, welcher Humaiun vertrieb und von 1540 1554 regierte, gelebt. Wenn überhaupt ein Mann dieses Namens jemals gelebt hat, und wer möchte dies, sobald man auf Indische, Göttliches und Menschliches vermischende Erzählungen fussen muss, mit Sicherheit behaupten, so lebteer unter Sekander Lodi (1488—1517) und war dann der Zeitge- nosse Nanak^s. Wilson, Religious iSects of the Hindus, in den Asiat. Res. XVI. 53—56.

Wie oft habe ich nicht über das menschliche Geschlecht geweint^ und Niemand hat mit mir geweint. Wer mein Wort versteht , wird theihiehmen an meinem Leid ; er wird mein Genosse werden und ebenfalls Thränen ver- giessen *).

Nanak würde^ so wenig wie Kabir und alle diejenigen, welche sehr hohe Begriffe von der 3Ienschheit hegen und diesen gemäss Anforderungen an sie stellen, ein« aus- serliche Religionsgesellschaft gegründet haben, wenn er nicht Schüler und Nachfolger gehabt hätte, verständigern oder gemeinern Sinnes, die die Welt kannten und betro- gen. 3Ian mag mit Kabir hierüber klagen und weinen ; man wird sich aber am Ende gestehen müssen, dass Sklavenseelen, welche der Tugend unfähig, auch der Freiheit unwürdig sind und betrogen werden müssen. Na- nak selbst wies als einfacher menschlicher Lehrer, nicht als Gesandter des Höchsten, nicht als göttliche Emana- tion, den Muselman wie den Hindu auf die Einheit Got- tes hin ; er glaubte, es sey hinreichend einen Gott zu erkennen, sich die würdigsten Begriffe von ihm zu machen und nach diesen alle unsere Handlungren und Gedanken einzurichten^).' Nanak hat niemals die Wunderkraft in Au-

1) Wn-sON a. a. 0. 67. 70. Es ist dies ein Auszug aus den höchst merkwürdigen Sachis, die Kabir zugeschrieben werden. Muham- medaner behaupten, Nanak habe seine Weisheit einem Sind Hu- sain zu verdanken. Siyar ul Mutakherin d. h. Darstellung der neuesten Zeit. By Mir Gholam Hussein Khan. Revised by BRiees. London 1833. I. 110.

2) Dies ist der Inbegriff aller natürlichen Religionen. Lessing, über die Entstehung der geoffenbarten Religion, in den Sämmtlichea Werken, Berlin 1835, \111. 185. Die Religion innerhalb der Gränzen der blossen Vernunft. Vorgestellt von Immanuel Kant. Königsberg 1794. Lessing und Kant stehen auf derselben Stufe, auf Welcher bereits Kabir und Nanak standen.

Spruch genommen. Ganz anders seine Sikh^ seine Schü- ler; sie haben auch ihren Lehrer^ damit er den andern Propheten und Religionsstiftern nicht nachstehe^ für einen Avatar oder Gottmenschen ausgegeben und ihm viele Thaten und Reden angedichtet. Nach der Ansicht der Weisen Hindostans schreiten nämlich alle die geistigen wie .die physischen Kräfte stufenweise zu einer gewissen Höhe empor und sinken dann in derselben Weise wieder hinab; bis Geist und Körper ganz verkrüppeln und dem Untergänge zueilen. Ist es so weit gekommen, dann er- scheint Vischnu der Erhalter und Erretter des Weltalls, in Menschengestalt; um die gesunkeneu Wesen wieder zu sich emporzurichten. Solch ein verkörperter Vischnu ist Nanak den Sikh ; in diesem Sinne ward das Evangelium des Lehrers nach seinem Tode von den Aposteln seines Glaubens bearbeitet und gedeutet. Man liest nun in den Büchern des N^anak und seiner nächsten Nachfolger, gleich- wie in den andern heiligen Schriften der verschiedenen Religionsgenossen; eine Menge hochfahrender Prophezei- ungen und Wundergeschichten, aus welchen wir zur Be- zeichnung der Denk- und Vorstellungsweise dieser Jünger einige Bruchstücke mittheilen wollen.

Siehe, am Ende der Zeiten, so lautet das göttliche Wort der Sihk, wird Zwiespalt in der Welt entstehen, die Sünde wird siegen und das Weltall von Grund aus ver- derbt werden. Ein Volk wird gegen das aiulere kämpfen und sie werden, wie Bambusstäbe hart an einander ge- rieben, sich gegenseitig zu Asche verbrennen. Die Vedas werden missachtet, denn man wird sie nicht verstehen; es wird die Finsterniss der Unwissenheit über das Herz der Menschen sich lagern. Jeder wird seinen eigenen Weg .gehen ; der Eine betet den Mond an, der Andere die Sonne ; diese wenden sich zur Erde, zum Himmel, zur Luft, zum

Wasser und zum Feuer, während jene den Höllenrichter verehren. Irrthum und Wahn, eitle Sinnenlust und thörichte Kasteiunsfen reichen sich die Hände. Und so entstanden aus einem wahren Urgebilde eine Menge schlechter, wider- wärtiger Weisen. Und siehe, des Uebels war noch kein Ende. Der Freund Gottes, Muhammed, erschien, rief zwei und siebzig neue Sekten ins Daseyn und verbreitete Krieg und Zwiespalt über einen grossen Theil der Erde. Die Tempel wurden niedergerissen und auf ihren Trümmern Moscheen errichtet ; Kühe und alle hülflosen Wesen wur- den ohne Erbarmen geschlachtet und die im Sinne der Moslem Ungläubigen, Hindu und Armenier, Griechen und Abyssinier als Feinde verfolgt. So machte das Laster sich weit und breit im Weltall.

Jetzt erhob die unterdrückte Tugend ihren Klageruf zu dem Throne des Allmächtigen; er schuf Nanak, um die ausgeartete verworfene Welt zu erleuchten und zu er- neuen. Der heilige Mann verkündete Gott den Höchsten aller Wesen hienieden und tränkte mit dem Nektar, der seine Füsse gewaschen, die durstigen Jünger'). Wahr- heit, Tugend und Gerechtigkeit erhielten ihre frühere Kraft wieder ; die vier Kasten wurden zu einem Volke umge- bildet und eine einzige Weise der Gottesverehrung ein- geführt ; das unvernünftige kindische Spiel, vor den Füs- sen der Götzenbilder den Kopf zu bücken, ward abge- schafft und die in Laster versunkene Welt zur Reinheit erhoben.

Als Nanak seine Reisen vollendet hatte, fährt die biblische Geschichte der Sikh fort, stieg er zum Sumeru,

1) Dies bezieht sich auf dieEiaweihuiigsceremomeii der Sikh. Siehe weiter unteB.

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dem Indischen Olympus, empor, wo er von allen Weisen und Heiligen begrüsst wurde. Jeder wünschte, Nanak möge sich zu der Gottesverehrung in seinem Sinne be- kehren. Da erscholl plötzlich die göttUche Stimme in der Versammlung und sprach : Nanak soll eine eigene Re- ligion stiften, und sein Name werde der Freudenruf des Kali Juga, des verderbten Zeitalters. Von dem Himmel auf Erden zurückgekehrt, verkündete der Allgegenwärtige dem Hindu wie dem Muselman, dass sie beide ohne wahre Frömmigkeit nicht bestehen werden vor dem Throne der Allmacht, dass ihre Gebete nicht erhört werden und dass der Satan, all des religiösen Formelwesens ungeachtet, das Erdenrund beherrsche. Nanak ward vom Himmel ge- sandt, der Menschheit eine Schrift mitzutheilen, worin die verschiedenen Namen Gottes in einem, in dem Namen Gottes des Herrn, sich vereinigen ; wer anders ihn nennt, der fällt der List des Teufels anheim, dessen Füsse wer- den mit den Ketten der Sünde und des Elends gebunden. Moslem, spricht der Guru, Moslem, ihr habt die Tempel zerstört und die heiligen Schriften der Hindu verbrannt; ihr habt in Blau euch gekleidet und liebt es, dass euer Ruf von Haus zu Haus verkündet werde. Ich aber, der ich die ganze Welt gesehen habe, weiss, dass der Hindu von Hass erfüllt ist gegen euch und eure Moscheen. Ich bin von dem Herrn gesandt, die widersprechenden Glau- benssatzungen zu vereinigen ; desshalb beschwöre ich euch, leset diese heilige Schrift und eure eigene. Das Lesen ist aber ohne Gehalt, wenn man der Lehre nicht gehorcht ; denn Gott hat gesagt, es wird Niemand ohne gute Werke selig werden. Der Allmächtige wird nicht fragen, zu wel- chem Volke, zu welchem Glauben gehörst du; sondern er wird fragen, was hast du gcthan ? So vernehmt denn, dass die Zwistigkcitcu zwischen Muselman und Hindu

eben so ungerecht als gottlos sind. Hundert tausend Mu- hammede^ eine Million Brahmas , Vischnus und hundert tausend Ramas stehen vor dem Throne des Allerhöchsten ; sie alle werden untergehen, Gott allein ist unsterblich. Menschen^ in dem Lobe Gottes vereinigt, wie schämt ihr euch nicht, euch gegenseitig anzufeinden I Es zeigt dies deutlich, dass ihr vom Bösen beherrscht seyd. Der allein ist der wahre Hindu, dessen Her^ gerecht ist; der allein ist der wahre Muselman, dessen Leben rein ist.

Eines Tags, erzählt einer der Apostel, hörte Nanak eine Stimme vom Himmel herab, die rief: Nanak^ komm herbei! Wie hätte ich Macht, antwortete der Baba, in deiner Gegenwart aufrecht zu stehen! So schUesse die Augen, erschallte die Stimme ^). Gott trug ihm nun auf, sein Sendbote zu werden auf Erden ; Nanak hielt sich aber dieses heiligen^ schwierigen Amtes unwürdig. Wohlan, sprach Gott, ich selbst will dein Lehrer seyn, damit du der ganzen Menschheit Lehrer werdest. Mich zu lereh- ren, allgemeine Menschenliebe und Reinlichkeit'-, dies sind die drei Gebote, die deine Jünger befolgen sollen. Sie sollen die Welt nicht verlassen , sondern darin leben, zum Heile aller Wesen ; denn meinen Athem habe ich allen eingeblasen. Was ich bin, bist auch du, zwischen uns waltet kein Unterschied ^). Wa Guru, Heil dem Leh- rer, erscholl es jetzt aus dem Munde der Gottheit, und Nanak erschien, Licht und Freiheit auf Erden zu ver- breiten.

Keine Religion verdient mehr den Namen Religion des Friedetis, als die des Nanak. Waffen lege an, sagt der treffliche Mann, aber solche, die Niemand Schaden

1) Mau erkennt leicht die NachaliinuDg. Zweites Buch Mose Kap.3. 8) Das heisst, keine Einsiedler oder Mouche werden.

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bringen 5 Vernunft sei dein Panzerhemd^ wandle die Feinde in Freunde^ Gottes Wort sey deine einzige Waffe^ denn wie wundervoll sind nicht die Pforten^ ist nicht der Pal- last^ worin die Gottheit thront und Alles regiert. Unzäh- lig sind die Stimmen^ die sie preisen ; Luft^ Wasser und Feuer; Isvara, Brahma und alle andere Gottheiten; die Propheten, Weisen und Einsiedler^ alle preisen dich ! Es ist der Herr der Wahrheit^ der Wahre und wahrhaft Gerechte. Er ist und war^ er geht vorüber und geht nicht vorüber^ er erhält Alles^ das erhalten wird. In die- ser Weise geht es noch lange fort in dem Adi Granth '). Nanak müht sich vergebens ab^, gleichwie so viele an- dere treffliche Männer aller Zeiten und Völker^ das Un- aussprechliche auszusprechen^ das Unbegreifliche begreif- lich zu machen. In dem Sinne dieses Deismus oder Ide- alismus ward auch der äusserliche Gottesdienst, dessen man nun einmal nicht ganz entbehren konnte, eingerich- tet. Die ursprünglichen Tempel der Sikh sind einfache schmucklose Gebäude, aus welchen jede Abbildung der Gottheit verbannt war. Der Gottesdienst dieser östHchen ReHgionsgesellschaft ist so äusserst prunklos, dass er sich der Weise der Englischen Unitarier nähert. Es wer- den Lieder gesungen zum Lobe des Höchsten, zum Lobe des Lehrers der Milde und des Erbarmers ; alsdann wird die heilige Schrift in der Gemeinde herumgereicht und ihr Geld, Blumen und Früchte geopfert. Diese Gegenstände sind das Eigenthum des Priesters, welcher zufallig den Gottesdienst leitet ; am Ende theilt er dafür allerlei ge-

1) Die einzelnen Abtlieilungen des Adi Granth heissen Pidi, Trep- pen, denn sie füliren zur Erkenntniss des Waliren. Malcolm 169. Der Sikh Geistliche, auf welchen Malcolm sich häufig be- ruft, Mar nach Wii-sON (Asiat. Researches XVU, 237.) ein Mann, der alles Vertrauen verdiente.

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weihte Süssigkeiten unter die Mitglieder der Gemeinde aus, wie dies auch bei den Sekten der Vaischnavas Sitte ist, zu welchen die Sikh gehören *).

Solch eine einfache und nüchterne, jeden Sinnen- reiz verschmähende, jedes phantastische Gebilde aus- schliessende theologische Lehre durfte nur auf wenige Sikh oder Jünger '^} rechnen. Auch war in der That das Häuflein sehr klein, als Nanak, zu Kirtipur an den Uf^rn des Rawi, seine körperliche Hülle abstreifte und, wie Mo- ses, seinen Lieblingsdiener Lehana zu seinem Angad oder Stellvertreter ernannte. Er hatte keinen seiner Söhne und übrigen Verwandten hiezu würdig befunden. Dies war auch der Fall bei dem Tode des Angad (1552), welcher eben- falls die beiden Söhne überging und seinen treuen Diener, den Kschatria Amera Das zum Lehrer der kleinen Gemein- de einsetzte. Ihm folgte (1574) sein Schwiegersohn Rain Das, der die alte Stadt Tschak zum heiligen Platz der Sikh erhob und sie auch, nach seinem Namen, Ram- daspur nannte. Nach einem berühmten Wasserbehälter, welchen der Guru hier graben liess, ward der Ort Amri- ta Saras, später in Amritsir zusammengezogen, das ist Behälter der Unsterblichkeit, genannt "*). Amritsir ward in der Folgezeit ein heiliger Wallfahrtsort fiir alle Hindu und

1) Wilson, Asiat. Research. XVll. 233. 239., wo einige Kirchen- lieder nütgetheilt sind, die aber weder in ästhetisclier noch in wissenschaftlicher Beziehung von Werth sind.

2> Das Sanskritwort Sikscha, Jünger, lautet in dem Dialekte des Fünfflussgebietes Sikh, woher die Anhänger Nanak-s den Namen erhielten. ' '

.33 Saras heiast in mehreren Indischen, aus dem Sanskrit stammen- den Dialekten, Wasserbehälter und Amrita, Unsterblichkeit. Die Uebersetzuug Brunnen der Unsterblichkeit bei Ui'kgsl iKasch- mir tittd das Reich der Sikh. 111. 400.) ist ungenau.

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erhob sich dadurch zu einer bedeutenden reichen Handels- stadt. Es herrscht hier ein regeres Treiben, als sonst irgendwo im Pendschab ; die Läden prangen mit allen Waaren Hindostans. Das heilige spiegelklare Wasser- becken, eine grosse Seltenheit in diesem Land^ bildet ein Viereck von ungefähr hundertfünfzig Schritten im Umfange und erhält wahrscheinUch von lebendigem Quellwasser seine Nahrung, In der Mitte des Beckens erhebt sich ein prachtvoller Tempel des Hari oder Vischnu^ der mit ei- nem kunstreich gearbeiteten goldenen Dach gedeckt ist; eine grosse goldene Thüre führt in das Innere^ welches nach allen Seiten mit Marmor ausgelegt ist. Von Wes- ten her führt eine Brücke zum Tempel, in dem der erste Guru der Sikh thront^ wo er dem gläubigen Volke und den Neugierigen für Geld und andere Geschenke den Se- gen spendet. Es müssen die Waschungen zuvor in an- dern Richtungen vorgenommen werden , ehe die Pilger zur heiligsten Seite ^ g^g^^^ Osten, zugelassen werden. Ringsum des Wasserbehälters sind Tempel und Wohnun- gen für Guru und Fakir ; auch wird ein kleines leeres Gebäude gezeigt, wo Ram Das sein ganzes Leben verweilt haben soll *). Der Sohn und Nachfolger des Ram Das, Ardschun Mal oder auch bloss Ardschun genannt, hat die Schriften seiner Vorfahren in einem Buche verzeich- net, das gemeinhhi, um es von dem Werke des zehnten Lehrers, Govind, zu unterscheiden, Adi Granth, erstes Buch, genannt wird.

Das Adi Granth ist in Versen gesclirieben, besteht

1) HuKORi., Kaschmir. 111. 404. Der Baron zahlte den Segen des Sikhpabstes mit einem (Sack Rupien; dafür ward er aber auch Maharudschah Lord Baron Hügel 8ahib Bahadur titulirt. Auch Burnes ha4 eich hier einen Segen geholt. Travels 1. Ifil.

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aus zweiundneunzig Abschnitten und enthält die Schriften der ersten fünf Lehrer mit den Erläuterungen und Zusätzen des sechsten Ardschun Mal. Später wurden noch andere Schrif- ten der Vaischnav as dieser ersten heiligen Schrift der Sikli hinzugefügt '). Die Jünger des Nanak organisirten sich nun durch das Adi Granth förmüch zu einer eigenen reli- giösen Sekte, welche die Vedas wie den Koran verwarf und deshalb die Feindschaft der Hindu und Moslem in glei- chem Grade erregte. Ardschun (1606) ward ein Opfer die- ses gemeinschaftlichen Religionseifers, und sein Sohn Har Govind vertauschte deshalb das Wort Gottes mit dem Schwerte, um an den Mördern sehies Vaters Rache zu nehmen. Die friedliche pliilosophische Gemeinde des Na- nak wurde jetzt in eine Rotte wilder Krieger, in eine tollkühne Räuberbande umgeschaflfen, welche weder Er- barmen übte noch Erbarmen fand bei seinen glaubenstol- len Gegnern. Zwei Schwerter, schrie der erste kriege- rische Guru seinen Jüngern zu, zwei Schwerter trage ich im Gürtel ; das eine diene zur Rache meines erraor- deten Vaters, das andere zur Vernichtung der Wunder Muhammeds. Damit seine Anhänger desto kräftiger wür- den, gestattete ihnen der Guru alle Fleischspeisen, die Nanak verboten hatte; nur des Kuhfleisches sollten sie sich enthalten. Die Thaten Har Govind's und seiner Nach- folger Har Ray, Har Krischna und Tegh Bahadur, bis auf Guru Govind, den Sohn des letzten *}, erheben sich aber

1) aL\LC0LM 31. Wilson 238.

2) Auf Har Gowind, dessen Todesjahr 1 644 angesetzt wird, folgte sein Enkel Har Ray, der im Jahr 1661 starb, und diesem Har Krischna bis 1664. Nun entstand ein Streit über die Nachfolge zwischen Ram Ray, dem Sohne des verstorbenen Guru, und Tegh Bahadur, dem dritten Sohne Har Gowind's. Tegh Bahadur erhielt den Beifall derSikh, ward aber im Jahre 1675 von Patna,

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nicht über die in den Östlichen Ländern gewöhnlichen Meutereien und Raubzüge; sie sind spurlos vorüberge- gangen und der Beachtung umverth. Anders gestalten sich aber die Verhältnisse nach dem Tode des Tegh Ba- hadur (1675)^ der auf Befehl des fanatischen Orangseb hingerichtet wurde. Das Oberhaupt der Religion ward auch nicht einmal zum Scheine eines Verbrechens beschul- digt, sondern geradezu als Ketzer angeklagt und ermor- det. Dieser glaubenstolle Despotismus empörte auch das ruhigste Gemüth unter den Jüngern und rief zur uner- bittlichen Rache auf. Es ist der höhere Mensch zur religiösen und politischen Freiheit geboren^ wird er die- ser^ alles Andere weit überwiegenden Güter beraubt, so tritt er in den Naturzustand zurück ; er erklärt der Ge- sellschaft , die seine angebornen Rechte verhöhnt , den Krieg : Mord und Rebellion werden Pflicht.

Thoren sind wir^ eitle Thoren^ so sprach der jugend- liche Govind zu seinen Genossen^ wenn wir jetzt noch dem verfolgungssüchtigen Muselman vertrauen. Was uns in Güte versagt wird^ das soU^ das muss das Schwert uns erringen. Behalten wir die Frömmigkeit für uns und keh- ren den Stahl gegen «tinsere Feinde. Diese Rede machte Eindruck auf die tapfern verfolgten Genossen. Wie den alten Skythen^ so ward auch den Sikh Eisen und Staiil von nun an eine Gottheit^ zu der sie sich im Gebete richteten, und dies um so lieber, da mancher tapfere Mann hoffen mochte, im Kampfe gegen seine Verfolger sich Hab und Gut und selbst eine Herrschaft zu errin- gen. Wer weiss nicht, wie vielen Vorschub weltliche

wo er wohnte und wo sich eine Kapelle des Sikh-Gottesdion- stes befand, nach Delhi gebracht und daselbst ohne alles Recht und Gesetz öffentlich enthauptet.

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Vortheile, sinnliche Genüsse allenthalben und zu allen Zeiten dem Religionseifer leisten. Nanak wollte das In- dische Kastenwesen und den Religionsunterschied über- haupt abschaffen ; alle Menschen sollten in der Anbetung des höchsten Wesens vereinigt werden. Govind baute fort auf diesem breiten Ftmdamente. Die niedrigsten Glie- der der untersten Kaste ^ hiess es, seyen gleich den Brahmanen und Kschatria; die Nation möge zu einem einzigen Körper zusammenwachsen^ damit sie desto mehr^ desto eher im Stande sey^ das verhasste Joch des Islam abzuschütteln. Govind fühlte^ dass^ um so grosses zu vollbringen^ um so tief gewurzelte Vorurtheile auszu- rotten^ menschliches Zureden^ Vernunft allein nicht aus- reiche. Er wagte es deshalb^ nach dem Muster vieler seiner Vorgänger^ eine Prophetenrolle zu spielen. AVas menschUche Kraft und menschliche Einsicht auf den Men- schen nicht vermag, das soll im Namen der Gottheit zu Staude kommen.

Das höchste Wesen, erzählt Govind in dem Buche des zehnten Herrschers ^) , befahl mir in dem Kali Juga zu erscheinen. Ich für meinen Theil wäre lieber unge- boren und in dem Anschauen der Allmacht versunken ge- bheben. Es sprach aber Gott : Ich habe dich zu meinem Sohn erkoren^ dartlit du die vollkommene Religion den Menschen offenbarest. Tritt hinaus in die Welt, erhebe die Tugend und verfolge das Laster. Was nun der Höchste zu mir spricht^ das verkünde ich den Menschen ; ich bin der wahre Knecht Gottes ; daran zweifelt nicht : darum

1) Desima Padischahka Granth. Dieses Buch wird von den Sikh für eben so heilig gehalten, wie das Adi Granth selbst. Die Cte- schichte des Guru Gowind nach niuhammedanlschen Quellen, in dem Siyar ul Mutakherin. I. 113, stimmt in den wesentlichen Punkten mit den Angaben der Sikh zusammen.

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werde ich sprechen und den Mund nicht verschliessen. Ich spreche nicht eines Menschen Wort, sondern das Wort Gottes ;' ich kleide mich nicht nach der Norm eines Ir- dischen, sondern folge der Vorschrift des Höchste n ; ich bete keine Steine an und ahme die Religionsgebräuche der Welt nicht nach. Ich spreche den gränzenlosen Na- men aus und habe mich zum höchsten Wesen emporge- schwungen. Jeder der frühern Avatar hat eine besondere Religion gestiftet ; aber sie erkannten nicht das höchste Wesen, sie erkannten nicht die wahren Grundsätze der Tu- gend und Gerechtigkeit. Alle frühere Lehren sind unnütze ; diese meine Lehre präge dir tief in die Seele ein : in kei- ner andern Lehre wird es dir Wohlergehen, die meine nur erfasse mit ganzem Herzen. Siehe, als ich bereits die Worte des Höchsten einige Zeit in dieser Weise verkün- det hatte, da erschien mir Durga Bhavani *), die Göttin des kriegerischen Muthes, in einem Traumgesichte, von wundervollem Glänze umstrahlt. Sie hielt ein strahlen- des Schwert in ihren Händen, reichte es mir hin und sprach: Erobere die Länder der Muslim; es sollen viele derselben durch dieses Schwert erschlagen werden. Hier- auf erwachte ich und rief begeistert aus: dieser Stahl diene mir und meinen Jüngern zum Schutze, denn in sei- nem Glänze strahlt mir immer die 4ttajestät der Göttin entgegen. Drum sollt ihr immer Stahl ^) an euch tragen;

1) Durga Bhawant ist eloe der Frauen des Kerstörenden Princips, Siva.

8) Viele rolle kriegerisclie Völker liaben bekanntlich Ihren Waffen göttliche Verehrung erwiesen; wie noch heutigen Tags die Kal- mücken zu thun pflegen. Vallas, Sammlungen über die Munffo- tischen Völker II. 218. Olcg und seine Begleiter schwuren, wie Nestor sagt (Schloezkr, 111. 887), nach Russischem Brauch, bei Ihren Waffen.

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heili»- sey euch der Stahl : der Schutz des Allstahles ') komme über euch. Ihr sollt nicht mehr Sikh, Jünger, sondern Singh, Löwen, heissen^). Wo immer ihr einem Muselman begegnet, erschlagt ihn, ihr habt das Recht da- zu, wo immer ihr einem Hindu begegnet, prügelt ihn durch, beraubt ihn seines Gutes und theilt es unter euch ; ihr habt das Recht dazu. Die Länder zu verderben, wo der Muselman herrscht, sey euer Sinnen, sey euer Trachten. Auch in den äusserlichen Einrichtungen traf Guru Govind mancherlei Veränderungen. Da der Unterschied alles Kastenwesens aufgehoben war und auch der Gerinsr- ste als Proselyt angenommen ward, so fanden sich na- türlich viele Mitglieder der untern Kasten ein, welche froh waren aus der furchtbaren Sclaverei des Brahmanen- thums errettet zu werden. Es ward nun eine eigene schmutzige Einweihungsceremonie angeordnet, um in die Chalsa oder Kirche der Sikh aufgenommen zu werden; es sollte dadurch symbolisch die unbedingte Gleichheit aller Älitglieder der Kirchengemeinde angedeutet werden. Man lehrte zuerst den Convertiten seine Pflichten, ^''on nun an, heisst es, rausst du ein Krieger werden mit Leib und Seele; die Kirche zu vertheidigen und ihre Feinde zu vernichten sey künftig deine einzige Richtschnur. Kopf- und Barthaar lass waclisen ; in Blau kleide dich von Kopf zu Fuss; Stahl musst du immer bei dir traaren, in die- ser oder jener Form. Ist dies geschehen, so wird der Neubekehrte der Kirchengemeinde, welche, aus Nachah- mung des Pandschayat, des Indischen Schöppengerichtes, wenigstens aus fünf Personen bestehen muss, vorgestellt und erhält aus der Hand des Guru fünferlei Waffen: ein

1) Serv loh.

8) Früher führten bloss die krieo;erischen Radschputen diese Kh- renbenennung.

V. 2

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Schwert^ Bogen und Pfeil^ einen Dolch, einen Spiess und eine Flinte. Der Diakon wendet sich nun zu ihm und spricht die Worte : ,,Dieser hier ist dein heiliger Lehrer, und du bist sein Jünger/^ Es wird dann, während der Gemeinde einige Abschnitte des ersten Buches und des Buches des zehnten Herrschers vorgelesen werden, Zucker und Wasser in ein Gefäss gethan und mit einem Dolche umgerührt. Ist dies zu Ende, so ruft die ganze Gemeinde : Heil der Kirche des Lehrers ! Heil und Sieg dem Lehrer ! Heil ! eine Litanei, die fünfmal wieder- holt wird. Der Neubekehrte und der Lehrer waschen sich in der Zwischenzeit mit dem Zuckerwasser die Füsse und murmeln ein Gebet in wohlklingenden Versen, zum Lobe des alleinigen Gottes, das mit folgender Strophe beginnt: Allenthalben bin ich gewesen, habe mancherlei Gattungen der Frommen gesehen, Jogi und Jati, heilige Kasteiungen übende Männer, in Anschauung der Gottheit versunkene Männer, nach den verschiedensten Weisen und Sitten. Alle Länder habe ich bereist, aber das walirhaft Götthche nirgendwo gefunden. Ist das Gebet zu Ende, dann trinken Beide, Lehrer und Jünger, das schmutzige Fusswasser, während die Gemeinde mit überlauter Stim- me einfällt: Heil der Kirche des Lehrers! Heil und Sieg dem Lehrer! Heil! Hiemit ist das Pahal oder die Ein- weihungsceremonie zu Binde*).

Gott allein, sagte der Guru zu seinen Genossen, ist der Herr seiner Kirche; sie bedarf keines sterbUchen Menschen. Ich bin jetzt euer Führer und werde auch nach meinem Tode es bleiben. Leset das Buch und rich-

1) Malcoi-m 180. folg. Phinsep Origin of the Sikh Power in the Pu nj ab. Ciilcutta. 1834. 217. G. Foicstkb, Beise von Bengalen nach England. Deutsch von Meiners. Zürich 1796. I. 296.

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tet euch nach seinen Vorschriften 5 wer der Kirche treu ergeben ist, dem werde ich immer beistehen. In diesem theokratischen Sinn hat Govind seine Kirche, seinen Staat geordnet ; es sollten die Singh eine föderative Repnbük bilden, an deren Spitze ein Richter oder Herzog ge- stellt wird, um den« Staat nach aussen hin zu vertreten und zu schützen. Der Richter steht aber unter der Kir- che, handelt bloss in ihrem Geiste und ist ihr verant- wortlich. Jede Gaugemeinde steht unter einem eigenen, von dem Gau gewählten Grafen, dessen Amt es ist, den Heerbann anzuführen und im Frieden die Beschlüsse der Genossenschaft zu vollziehen. Bei ^\-ichtigen, alle Bür- ger oder Glaubensgenossen betreffenden Angelegenheiten werden die Häupter der Gaugemeinden zu einer Versamm- lung nach Ainrit«ir be^chieden, welche Guntmaia '), Ver- sammlung des Lehrers, genannt wird 5 denn der Lehrer oder heilige Geist spricht und handelt hier durch seine versammelte Kirche. Die Häuptlinge, welche allein die ganze Kirche repräseutiren, werden durch eiue von Go- vind angeordnete Klasse kriegerischer Geistlichen, Akali oder die Unsterblichen genaimt, zu der aUgemeinen Syn- ode beschieden. Die Akali sind die Wächter der Kirche und des Gesetzes; sie sind die Sittenrichter über die Häuptlmge und alle Genossen der Gaugemeinden. Ihrer heUigen geistlichen Macht ist Alles unterworfen ; des- halb sind sie auch allgemein gefürchtet. Selbst der3Ia- haradschah Ranadschit Singh war gezwungen oder hielt es für staatsklug, in der höchsten Blüthe semer Macht, von die- sem übermüthigen Tempelorden mancherlei Unbilde zu er-

1) Das Indische Wort mala ist nach seinem Urspnuige und seiner Bedeuti«. mit dem Germanischen mote, in Wittenagemote, und dem hej^en Englischen meetitig Terwaadt. (A. d. V. Es ist wohl eher das Sanskritwort matha, Sitz der Lehrer einer Secte. A.d.H.)

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tragen. Sie ziehen^ bis an die Zähne bewaffnet^ in grossen Banden im Lande herum;, rauben^ morden und trei- ben allerlei Unfug im Namen des unsterblichen Guru. So ehemals^ und so heutigen Tags noch. Man sieht sie in einzelnen Häuflein im Fünfflussgebiete herumziehen, in jeder Hand ein blosses Schwert^ %5wei an beiden Sei- ten^ auf dem Rücken eine Flinte^ an den Armen drei oder vier an den Rändern scharf geschliffene Stahlringc, wel- che sie^ wie behauptet wird; mit solcher Sicherheit zu schleudern wissen, dass sie ihrem Gegner damit, auf sechszig bis achtzig Schritt^ ein GUed vom Leibe abhauen können^). Jeder Sikh oder Singh ohne Ausnahme kann in diesen ; so wie in die andern geisthchen Orden^ de- ren mehrere im Pendschab sind, aufgenommen werden.

Während eines Gurumata sollen alle Fehden aufhö- ren, alle Leidenschaften schweigen und alle persönlichen Bestrebungen der Häuptlinge auf die Seite gesetzt wer- den. Nur das allgemeine Wohl, das Gedeihen der Kir- che sey die Richtschnur , des Denkens und Handelns. Haben die Häuptlinge um das Becken der UnsterbUch- keit sich niedergelassen, so bringen die Akali das erste Buch und das Buch des zelmten Lehrers Govind her- bei; vor welchen die ganze Versammlung sich tief ver- neigt und ausruft ; Heil der Kirche des Lehrers ! Heil und Sieg dem Lehrer ! Heil ! Es werden dann^ nach ei- ner Vorschrift Nanak's: zu essen und Andern zu essen zu geben f Kuchen aus Weizenmehl ^ Butter und Zucker der heiligen Schrift dargebracht und mit einem Tuche bedeckt. Die Akali erheben sich und mit ihnen die

1) OsBOBNS, Court and Camp ofRunjeet Singh. L|g|k)n 1840. 143. . folg. Die Seite 144 abgebildeten Akali sehen in tE| That furcht- bar genug aus.

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ganze Versammlung zu einem Gebete , das von Musik begleitet wird. Ist dies zu Ende^ «o gemessen Alle ohne Unterschied von den Kuchen^ um in dieser sjinbolischen Weise die Einheit und Gleichheit aller Gläubigen zu be- urkunden. Nach der Mahlzeit erheben sich dieAkaU neu- erdings und rufen: Häuptlinge, das ist ein Giirttmata. Hierauf erhebt sich die Versammlung nochmals zum Ge- bete^ rückt ganz nahe an einander ^ und der Xachbar spricht zum Xaclibar mit lauter Stimme : Das heilige Buch ist unter uns, lass uns schwuren, allen innern Zwist zu vergessen und einig zu seyn im Geiste. Dieser Augen- blick religiöser Begeisterung wird von der leitenden Priesterschaft benutzt^ alle Feindseligkeiten auszugleichen und die Gedanken der Versanunlung bloss auf das all- gemeine Wohl der Kirche und des Staates zu richten. Die Gegenstände, worüber die Sirdar zu Rathe sitzen, werden von einem eigens hiezu ernannten MitgUede der Versammlung vorgelesen. Die Beschlüsse eines Guru- mata sind für alle Sikh verbindlich ; wer ihnen wider- strebt, wird aus der Kirche gestossen und hat wahr- scheinlich auch das Leben verwirkt. Die erste heilige Synode der Singh ward von Govind selbst zusammen- gerufen und geleitet.

Niemand ist verpflichtet, bei der Gaugenossenschaft, wozu er ursprünglich gehört , zu bleiben, er kann sie, wenn ihm der Häuptling oder irgend etwas in der Mark missfallt, verlassen und sich in einer andern niederlassen. Dies Bewusstsein gibt dem gemeinsten Sikh ein Gefühl von Freiheit und Selbständigkeit, wie es sich selten in der übrigen kleinmüthigen Bevölkerung Hindostans *)

1) Kant hat vortrefflich die Gnmde entwickelt, warum der Hin- duismus die Bevölkerung kleinmüthig macht. Die Bellgion in-

21t

findet. Andererseits bildet das Recht der Freizügigkeit eine sichere Schranke gegen ein grausames Willkürregiment von Seiten der Häuptlinge. Will der Sirdar seine Unter- gebenen nicht verlieren^ so muss er sie freundlich und menschlich behandeln. Deshalb hat der freie Landmann wie der Pächter nirgendwo in Indien ein besseres Loos^ als im Fünfflussgebiete. Der letztere soll zwar gesetzlich die Hälfte des rohen Ertrags an den Grundherrn als Ab- gabe entrichten 5 dieser begnügt sich aber gewöhnlich mit einem viel geringern Zins. Nur die Unterthanen muham- medanischen Glaubens werden furchtbar gedrückt; sie dürfen weder laut beten noch Rindfleisch essen ; sie dür- fen keine Processionen halten und sich nur selten in den wenigen Moscheen des Landes versammeln. So tief hat während der langen blutigen Religionskämpfe der Wider- wille der Sikh gegen alles Muhammedanische Wurzel ge- schlagen^ das s sie selbst einen Widerwillen gegen die Per- sische und Arabische Sprache haben ^ weil sie wähnen^ diese Idiome hängen mit dem Islam zusammen'). Des- halb hasst auch dfer Muselman den herrschenden Sikh auf den Tod und mordet» ihn unbarmherzig^ wenn es im Ge- heimen geschehen kann'^}.

Zwistigkeiten über geringfügige Gegenstände werden durch ein Dorf- oder Schoppen-Gericht, das, nach alter Indischer Sitte^ wenigstens aus fünf Personen bestehen muss und deshalb Pantschayat genannt wird, entschie- den. Wichtigere Gegenstände werden vor eine Gau- oder Pürstenversammlung gebracht und nach dem herkömm-

□erhalb der Gränzen der blossen Vernunft. Zweite vermehrte Auflage. Königsberg. 1794. 284.

l) MvRRAY, in Phinsbp's Origin of tke Sikh power. 191.

8) WooD,Jo«r/jfy to thesource of the riverOxus.London 1841,84.

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liehen Gewohnheitsrechte der Hindu entschieden. Es ist aber dieses Gewohnheitsrecht nirgendwo verzeichnet^ son- dern bloss im treuen Gedächtniss der Aeltermänner auf- bewahrt. Jeder muss sich ohne Ausnahme diesen Ge- meindegerichten unterwerfen. Die Dorf- und Gau-Genossen leisten sich gegenseitige Hülfe, um gestohlenes Gut wie- der zu erlangen ; der Dieb wird nach dem Gutdünken des Beschädigten und nach dem AVerthe des gestohlenen Ge- genstandes gezüchtigt ; doch kann eines Raubes wegen Niemand mit dem Tode bestraft werden. Der Mord wird aber von der zur Rache verbundenen Verwandtschaft nur mit Blut gesühnt ; es muss in diesem Falle Gleiches mit Gleichem vergolten werden. Der Angeschuldigte kann aber auf ein Gottesurtheil sich berufen ; er kaim zur Probe der Unschuld seine Finger in siedendes Oel stecken oder mit blosser Hand eine glühende Pflugschaar eine Strecke weit tragen. Kommt er unbeschädigt durch, so ist seine Unschuld über allen Zweifel erhaben. Ein einsichtsvoller Geistlicher der Sikh, der mehrere Jahre in Calcutta lebte, sprach mit Begeisterung von dem Verwallungs-und Ge- richtswesen seiner Glaubensgenossen. Hier, pflegte er zu den Engländern zu sagen, wird dem Beleidigten schnell zu seinem Rechte verhelfen, während ihr, durch wun- derliche kostspielige Formen, durch langwierige und är- gerliche Schreibereien hingehalten, kein Ende zu finden wisst. Unser Gerichtswesen ist für edle freisinnige Men- schen eingerichtet, das eure für gemeine verschmitzte Schurken *). Diese republikanischen Einrichtungen waren für eine Genossenschaft, welche, wie die alten Römer, bloss aus Kriegern und Ackerbauern besteht, vortreflFlich

1) Malcolm 188. Murkav a.a.O. 193. Die Klagen über das lang- wierige kostspielige Englische Gerichtsverfahren sind allgemein in Indien.

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geeignet. Sie wurden aber bald^ sowohl durch die Herrsch- sucht der Grossen wie durch die Zügellosigkeit der Massen, untergraben. Man findet heutigen Tags nur ge- ringe Reste der Weise des ehemaUgen Gemeindewesens im Fünfflussgebiete.

Als nun der junge Guru , durch diese und andere Einrichtungen^ welche sämnitlich aus dem Gefühle her- vorgingen^ die zersplitterten Hindu zu einer einzigen Na- tion umzuschaflFen^ die im Stande wäre die Fremden aus Hindostan zu vertreiben: als Govind eine tapfere^ auf Leben und Tod kämpfende Kriegerschaar zusammenge- bracht hatte, trat er dem Padischah Orangseb und seinen fanatischen Statthaltern offen und kräftig entgegen. Ihr macht, so soll er dem Fürsten zu Delhi geschrieben ha- ben, aus Hindu Äluselman ; dies ist durch eure Religion erlaubt. Den Hindu war bis jetzt, durch götzendieneri- sche Brahmanen überlistet, die Aufnahme neuer Gläubi- gen nicht gestattet *) ; ich habe aber den reinen Glau- ben der Altvordern wieder aufgerichtet, ich werde aus Muselman Hindu machen. Sieh dich vor in deiner er- träumten Sicherheit, ich werde den Sperling lehren, den stolzen Adler zu Boden zu schlagen^). Govuid war un- ermüdlich in den Kämpfen gegen die Muselman ; doch konnte er sein Ziel nicht erreichen. Der Guru, sagen seine Jünger, prlanzte den Baum ; er sollte aber, gleich- wie viele andere Propheten, die reife Frucht nicht ge- messen. Seine wiederholten Kämpfe hat Govind selbst, in dem Buche des zehnten Lehrers, auf eine Weise be-

1) Es werden bekanntlich int Brnbrnanismus keine Proselyten an- geuummeu; wie wäre dies auch bei einer Kasteneintheilung möglich V

2) Malcolm 74. Unter dem Sperling sind die verachteten Kasten zu verstehen.

schrieben, die an die ergreifenden Heldenlieder Ossians erinnert^ an die jungen Krieger, die dieser besungen, „den Vätern gleich an Ruhm/* Govind spricht nicht bloss von sich ; er lässt auch seinen Genossen vollkom- mene Gerechtigkeit widerfahren. Wie ein die Wälder verzehrender Flammenstrom stürzten sie sich auf ihre Gegner; siehe, wie Kripal wüthet, wie er seine Keule schwingt und dem hochmüthioren Chan den Schädel ent- zweischläfft. Gleich wie Krischna ein irden Gefäss mit Butter zertrümmert, so leicht, spricht der begeisterte Guru, erschlug er den Häuptling, verspritzte sein Blut und zer- streute seine Gliedmassen im offnen Felde. Xand Chan ward von furchtbarer Wuth ergriffen ; mit Gewalt schleu- derte er den Speer und schwang den Degen. Der De- gen zersplitterte, da zog er den Dolch, um die Ehre des Stammes der Sondi zu wahren. Und siehe, mein mütter- licher Onkel Kripal kam nochmals herbei und vollbrachte nochmals Kriegerthaten, würdig eines ächten Kschatria. Der gewaltige Krieger, obgleich selber von einem Pfeile getroffen, hat mit einem andern einen mächtigen Chan vom Pferde zu Boden gestürzt. Wo die Schlacht am stärksten war, wüthete der Kschatria Sahab Chand und erschlug einen wilden Fürsten, einen Krieger aus Cho- rasan. Nun kreischten die blutdürstigen Gespenster und Geister nach Mord und Todtschlag ; das tolle Haupt der Dämonen lachte laut auf vor Freude und traf die Vor- bereitungen zu seinem schrecklichen Mahle, und die hung- rigen Geier flogen hin und her, nach dem Raube gierig. Als nun auch ich von einem Pfeile verwundet wurde, da legte ich den Bogen an auf den Gegner und ein Gleiches thaten alle Genossen. Ich zielte auf den jungen Helden Hari Chand, einen ausgezeichneten Fürsten unter den hundert Tausend der Radschah. Er fiel, und sein ganzes Heer, von

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Bestürzung geschlagen^ wendete sich um und floh vom Schlachtfelde. Durch die Gnade des Höchsten ward uns der Sieg zu Theil^ und nun erschollen unsere Triumph- gesänge. Alle Krieger waren erfreut, und wie Reger^ fie- len die Reichthüiner auf uns hernieder*).

Govind focht, mit welchselndem Glücke, sein ganzes Leben lang gegen die Moslem und ihren Padischah Orang- seb. Zwei seiner Söhne wurden gefangen und auf grau- same Weise hingerichtet, ein dritter fiel im Kampfe und an seiner Seite eine grosse Menge der tapfersten Singh. Der Guru nahm sich dieses so zu Herzen, dass er auf kurze Zeit des Verstandes beraubt wurde. Er blieb aber dem Vorsatze, sein Volk aus dem muhammedanischen Joche zu befreien, unerschütterlich getreu und starb als ein Märtyrer für die Freiheit seines Vaterlandes. Balladur Schah, der Nachfolger des Orangseb, suchte den gewal- tigen Krieger und sein unbeugsames Gefolge durch Milde und Freundlichkeit zu gewinnen. Govind, so lautet we- nigstens eine Angabe, erhielt im Dekkan ein kleines Le- hen, konnte aber auch hier seinem Lebensplane, gegen die Muselman zu kämpfen, nicht entsagen. Von dem Dolche eines Afghanischen Kriegers getrofi'en, starb er (1708) zu Nander, eine Stadt am Godaveriflusse, vier und zwanzig Meilen von Haiderabad entfernt*^). Mit Recht sind die

1) Malcolm 54. G. Foksteh, Reise I. 392. Die NacIiricliteQ dieses tüchtigen gewaadteu Reisendeu, dem Moorckoft und alle dieje- nigen, welche nach ihm dieselben Länder besuchten, vollkommnc Gerechtigkeit widerführen lassen, stimmen beinahe durchgängig mit den Angaben Mulcohirs überein. Höchst lächerlich klin- gen die Zurechtweisungen des Stubengelehrten und V'ielschrei- bcrs Meiners, welcher Forster häufig belehrt, (z. B. II. 07), wie er sich hätte benehmen sollen.

3) Nandcr, Hauplort des gleichnamigen Distriktes, liegt lOo 3< uördl.

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Sikh seines Lobes voll und stellen ihn auf eine Stufe mit Nanak. Guru Govind^ sagt einer derselben, ist der zehnte Avatar ; er war als Löwe geboren und zeigte sich als Singh sein ganzes Leben lang: er vernichtete die ruch- losen Türken *) und erhöhte den Namen des Herrn. In den Schlachten konnte ihm Niemand widerstehen, weder die Hadschah der Hindu noch die Chane der Muselman. Auf Befehl des Ewigen hat der Guni die wahre Erkenntniss unter den Menschen verbreitet und die Kirche eingerich- tet. Govind gründete den Staat der Singh und hat da- durch die ganze Welt mit Angst erfüllt. Die Tempel und heiUgen Plätze, die Begräbnisse und Moscheen, sie alle hat er veijjvüstet, vernichtet, er hat die Vedas und die Puranas, die sechs Schastras ^^3 und den Kor^ verworfen ; er hat das Gebet der Moslem abgeschafft und ihre Sul- tane erschlagen; alle Sekten hat er verwirrt und ver- nichtet. Als auf den Befehl des Guru Govind die Singh zum Schwerte griffen, erzitterten die Türken , und die Glaubensnomien Muhammeds ^^1lrden abgeschafft. Die Trommel des Sieges rollte in der Welt, und Furcht und Schrecken waren verschAvunden. So ward die dritte Re- ligion gegründet und nahm tägUch zu an Macht').

ßr. 770 38' östl. L. von London. An dem Orte, wo Grovind starb, ist ein Erziehuugsinstitut der Sikh errichtet, wo, wie Heber erzählt, im Jahre 1818 dreihundert junge Leute erzogen wurden.

1) Hier werden einmal ganz richtig die Beherrscher Hindostaas Türken und nicht, wie gewöhnlich, Mongolen genannt.

2) So werden auch die sechs Angas oder Wissenschaften genannt ; Aussprache; religiöse Handlungen; Grammatik; Poetik; Astro- nomie und Auslegung der Vedas.

3) Malcolm 190. Die Sikh nennen ihre Religion, neben dem Isluiii und Brahnianismus, gewöhnlich die dritte.

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Guru Govind hatte keinen Sohn hinterlassen ; eine Pro- phezeiung^ hatte überdies die vom heiligen Geiste be- wegten und geleiteten Führer auf zehn beschränkt. Des- halb w ard jetzt weder eine Versammlung der Gläubigen zusammengerufen noch ein neuer Lehrer und Führer ge- wählt. Gott allein, sagte ja der sterbende Guru, ist un- mittelbar der Beschützer und Leiter seiner Kirche. Der vieljährige Freund und Begleiter des verstorbenen Guru, Banda mit Namen, hielt die junge Gemeinde zusammen ; er forderte sie auf, die Verwirrungen, welche nach dem Tode Orangseb's in Hindostan entstanden, zu benutzen und wegen der erduldeten Drangsale, wegen der Ermordung des Guru und seiner ganzen Famihe an ihren Verfolgern Rache zu nehmen. Der Statthalter des Kreises Sirhind, welcher die unmündigen Söhne Govind's hatte hinrichten lassen, ward zuerst als Opfer auserkoren. Dieser Befehls- haber und alle seine Truppen wurden, da kein Pardon ertheilt wurde, bis auf den letzten niedergehauen; ein gleiches Loos traf, nach der Einnahme Sirhind's, die un- schuldigen Kinder und die Frauen eines andern muham- medanischen Grossen. Den grössten Theil der Einwohner der Stadt frass das unerbittliche Schwert dieser Wüthe- riche ; alle öffentlichen Gebäude und Moscheen wurden niedergerissen. Durch solch einen Erfolg begeistert, glaub- ten die Sikh, von nun an könne ihrer Macht nichts mehr widerstehen. In der That unterwarfen sie sich auch, wäh- rend eines Zeitraums von wenigen Monaten, alles Land zwischen dem Setledsch und der Dschumna, setzten selbst über diesen Fluss und machten verwüstende Streifzüge bis nach Mittelindien. Jede nur ersinnlichc Gräuelthat ward gegen die Unterthanen des Padiächah Bahadur ver- übt; wer sich nicht alsbald zu dem Glauben der Sikh be- kennen und ihre Tracht amichmcn wollte, der ward ohne

alles Erbarmen eine Beute des Todes'). Balladur Schah beeilte sich nun^ den Krieg mit den Maharatten und den Radschputeuj den ihm sein Vater hinterlassen hatte^ vor der Hand wenigstens durch einen Waffenstillstand zu en- den*)^ um dann alle seine Streitkräfte gegen die Sikh richten zu können (1709). Von der Niederlage, wel- che die Sikh jetzt erlitten, erhoben sie sich aber wäh- rend der Wirren, die nach dem Tode des Bahadur Schah (1712) das grossmongolische Reich zerrütteten, schnell zu neuer Macht empor. Dieser Fürst ist walirscheiulichj wegen seiner Hinneigung zu den Schiiten^ von den Sun- niten verffiflet worden. Bahadur war nämlich so unbe- sonnen^ mit sunnitischen Geistlichen und Gelehrten reli- giöse Zankgespräche zu halten und, wenn wir einem Schiiten glauben dürfen, sie sämmtlich zu besiegen. Zu welchen Verbrechen aber Sekteneifer und beleidigte Ei- telkeit verleiten können, weiss Jeder, der die Begeben- heiten der Weltgescliichte und die geheimen Falten des menschhchen Herzens kennt ^).

Als der Padischah Ferochsir den Thron seiner Väter bestieg (1713), waren die' Sikh die Herrn eines grossen Theils der nordwestlichen Länder des grossmongolischen Reiches. An ihrer Spitze stand der wilde Banda, welcher darauf ausging, das volksthümliche Gemeinwesen des

1) TheSiyar ul Mutakherin^ 25 sagt mit Unrecht, Guru Govind wäre damals noch am Leben gewesen und Schah Bahadur sey selbst gegen ihn gezogen.

2) Gbant Duff, Histury ofthe Mahnrattas I. 43. Malcolm 79.

3) Eradet Chan bei Jox. Scott, Histury of Dekhan II, 64, Der Schute, welchen Bahadur als Koranleser an einer Moschee an- stellen wollte, ward von der Congregation der Hanefiten in Stücke zerrissen. Siyar ul Mutakherin 27, wo diese letzten Ereignisse im Leben Bahadur^s auf sehr anschauliche Weise er- zählt werden.

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Guru Govind aufzuheben und sich eine Krone zu er- werben *). Anstatt des von Govind angeordneten Grusses sollte man: Sieg der Religion! Sieg der Kirche! sagen. Die blaue Kleidung so wie Fleischspeisen jeder Art wur- den verboten^ dann auch andere Veränderungen vorge- nommen^ ohne die Versammlung der Häuptlinge oder die Akali darum zu befragen. Diese Unsterblichen, deren Ein- fluss und Macht gebrochen werden sollte, waren natür- lich solchen Neuerungen sehr entgegen; viele von ihnen büssten ihre Beharrlichkeit bei den hergebrachten Ein- richtungen mit dem Tode'). Die meisten Sikh fügten sich aber, aus Furcht vor der unmenschlichen Grausamkeit dieses Mannes, der neuen Ordnung. Die Aufmerksamkeit des neuen Herrschers von Delhi ward alsbald auf das Pendschab gerichtet. Lahor war von den Sikh eingenom- men und der Statthalter ermordet worden. Der Komman- dant in Kaschmir, ein tapferer Türkischer Häuptling aus den Gegenden jenseits des Oxus, erhielt den Befehl, ein neues Heer zu werben, um diesen Mord zu rächen und das Land von den Sikh zu reinigen. Banda und seine Schaaren wichen vor der Tapferkeit und der Uebermacht der frischen, durch das Indische Klima noch nicht ver- weichlichten Turanitruppen zurück ; ein grosser Theil der Sikh, mit dem Anführer an der Spitze, flüchtete nach einer nördlichen Bergfeste ^) und erduldete hier alle Drang- sale des Hungers und des Durstes. Sie mussten sich end- lich den Truppen des Padischah ergeben. Die abgema-

1°) Im Siyar ul Mutakherin 109 heisst es ausdrücklich, Banda wollte sich eine Krone «rkumpfen.

2) Malcolm 83.

3) Malcolm nennt, 80, die Feste Loghad, hundert Englische Meilen nordöstlich von Lahor gelegen; im Siyttr ul Mutakherin 117 heisst sie Gandaspur.

«I

gerten Gefangenen wurden^ nachdem ihnen Hände und Füsse gebunden waren, enthauptet und in den nahen FIuss geworfen. Nur die Anführer sparte man für einen Triumph- zug auf; sie \vurden auf lahmen und schlechten Esebi und Kameelen nach Delhi geführt. Bei ihrem Einzug in die Hauptstadt setzte man Jedem eine papierne Kappe auf, und eine Anzahl Köpfe der Genossen, auf Spiesse gesteckt, ward vor ihnen hergetragen.

DieWuth des gemeinen feigen Haufens zu Delhi, der von Glaubenshass und Kache beseelt war, kannte keine Gränzen ; hätten sie nicht die Turanitruppen beschützt, so wären die Sikh lebendig zerbissen worden. Auf Be- fehl des Padischah wurden, in den Gängen des Basars, täglich hundert der Gefangenen enthauptet ; kemer von ihnen bekannte sich zum Islam , keiner flehte um sein Leben. Die Singh stritten sich im Gegentheile um die Ehre, wem zuerst die Seligkeit des Märtyrthums zu Theil werden sollte. Endlich kam auch die Reihe an Banda. Man gab ihm den Sohn in die Haud und befahl dem Va- ter, ihm eigenhändig die Gurgel entzweizuschneiden; Banda gehorchte sogleich, ohne einen Laut von sich zu geben. Jetzt ward ihm selbst mit glühenden Zangen das Fleisch vom lebendigen Leibe gerissen, bis er unter den furchtbarsten Qualen, die er mit der grössten Standhaf- tigkeit ertrug, sein Leben geendet hatte. Banda's Gesicht hatte einen angenehmen Ausdruck und zeugte von Ver- stand und Einsicht; dies bewog einen Vertrauten des Ferochsir, das Haupt der Sikh mit folgenden Worten an- zureden: Es ist mir unbegreiflich, dass ein Mann, aus dessen ganzem Wesen so viel Verstand und Scharfsinn leuchtet und der auch in der That ausserordentliche Be- weise seiner mannichfachen Fähigkeiten sreffeben hat: es ist unbegreiflich, dass solch ein Mann sich so schreck-

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lieh ruchlose Thaten zu Schulden kommen lassen konnte, die ihm nothwendig, in dieser wie in jener Welt, zum Verderben gereichen müssen. Banda soll, ohne das Ge- sicht zu verändern, hierauf Folgendes erwidert haben: Wenn die Menschen in dem Grade lasterhaft und schlecht werden, dass Redlichkeit und Gerechtigkeit keinen Schutz mehr finden auf Erden, dann erweckt die Gottheit ge- wöhnlich solch eine Geissei, wie ich war, um die böse Rotte zu verderben. Sind die Menschen gehörig bestraft, dann wird ein anderer Mann bestellt, um den Züchtiger zu züchtigen. So wenigstens lautet die Nachricht in den freilich parteiischen Berichten der muhammedanischen Ge- schichtschreiber *). Nach dieser grossen Niederlage, nach der Hinrichtung ihres Häuptlings und ihrer vorzüglichsten Anführer suchten und fanden die kleinen Häuflein der entronnenen Sikh in den Alpenlandschaften und Schluchten am südlichen Abhänge des Himalajagebirges eine sichere Zuflucht. Sie standen wohl zu diesem Zwecke, um sich einen Rückzug offen zu halten, schon seit längerer Zeit mit den einheimischen Radschah dieser Gegenden in freund- lichen Verbindungen. Die Singh erschienen zuerst wie- derum im offenen Lande, während der Wirren, welche nach dem Rückzuge Nadir Schah's in Hindostan sich er- hoben ; wir finden sie als Räuber und Wegelagerer auf ihrem alten Tummelplatze, im FünfFlussgebiete.

Die Lasten der Landbesitzer dieser Gegenden waren nach dem Rückzuge Nadirs unerträglich; die unglück- lichen Unterthanen des grossmongolischen Reiches sollten

1) Siyar ul Mutakherin 180. Scott, Dekkan II. 145. Es giebt eine Sekte der Sikh, welche behauptet, Banda sey entkommen, dann eines ruhijs^en Todes gestorben und habe seine zwei Söhne als Lehrer der Kirche hinterlassen. Malcolm 82.

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die ausgeleerten Staatskassen zu Delhi durch ihren Schweiss wieder anfüllen ; man war unbarmherzig genug, ihnen^ die ohnedies so viel gelitten hatten, noch zuzumuthen^ die Beute und den Rauh des Eroberers zu ersetzen. Die Be- wohner des Pendschab waren aber ärger gepeinigt als die anderen Provinzen ; da sie vermöge des Friedens Nadir gehörten, so verlangte man von ihnen, dass sie die Summen erschwingen sollten, zu welchen 3Iuhammed Schah sich verpflichtet hatte. Wird ihm die bürgerliche Gesell- schaft unerträglich, so tritt der Bessere und Tüchtigere hinaus, ergreift das Räuberhandwerk und wird der Feind aller derjenigen, die sich der bestehenden T>Tannei fü- gen, die durch Dulden oder Handeln sie unterstützen. Es tritt der Mensch in den ursprünglichen Zustand vor der Gründung der grossen Staatenvereine zurück und ist vollkommen in seinem Rechte. So auch die Landbesitzer aus dem Dschatstamme im Pendschab. Um sich von dem sklavisch gehorchenden Volke und den muselmanischen Herrn auch äusserüch zu trennen, schwangen sie die Fahne des Guru Govind. Wah Gurudschiki Fateh, Heil und Sieg den Ji'mgern des Guru, ward das Losungswort, unter welchem sie sich schaarten und gegen ihre Tyran- nen erhoben. Die Heiligkeit dieser Formel entschuldigte Mord und Raub; in ihrem Namen konnte man jede Schandthat begehen.

Die Bauern des Pendschab vertauschten jetzt die Pflugschaar mit dem Schwerte. Rottenweise Hessen sie sich, vermittelst der Einweihungsceremonie des Wasch- trankes, unter die Fahnen des Guru Govind anwerben, wählten dann ihre Hauptleute, fielen Dörfer und Städte an, raubten und mordeten. Es waren dies anfängUch Banden von zehn bis zwanzig Personen, in dem Hindi- dialekte des Landes Dscharwi oder Stras§enräuber ge- V. 3

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nannt, welche ohne allen Zusammenhang unter sich selbst^ auf eigene Gefahr und zum eigenen Vortheil^ auf Beute ausgingen, wovon allen Genossen gleiche Theile gereicht wurden. Der Name eines kühnen glückHchen Anführers ward bald^ wie dies zu geschehen pflegt^ auf einer grossen Landstrecke bekannt; er hatte nun am meisten Zulauf;, zu ihm zogen die grössten Waghälse, die wildesten grausamsten Kerle. Der erste Raub ward gewöhnlich auf gute Interessen angelegt : man schaffte sich damit bessere Waffen ; man rüstete sich^ um grössere Züge unterneh- men und reichere Beute machen zu können. Bald fühlte die Bande sich kräftig genüge ganze kleine Distrikte zu besetzen 5 hier wurden nun zum Trotze der Statthalter von Lahor offene Lager, Dehras geheissen, aufgeschlagen, aus welchen in der Folgezeit, wie aus denen der rö- mischen Legionen, mehrere grössere Ortschaften und Städte hervorgegangen sind. Wenn der Heerbann der Se- mindare, wenn die ilmen an Anzahl überlegenen Reiter- schaaren der Nawab sich versammelten und die Banden umzingeln wollten, so liefen die Räuber eilends in den verschiedensten Richtungen auseinander, zogen sich dann, wie vorher verabredet, nach einem bestimmten Vereini- gungsplatze zurück, in die Moorlande des Nordens oder in die schwer zugänglichen Thäler der südlichen Abhänge des Himalaja. War die Gefahr vorüber, hatte sich die Landmiliz aufgelöst und waren die Truppen der Regie- rung in ihre Garnisonen zurückgekehrt, dann brachen die Sikh aus ihrem Verstecke hervor und begannen das Räu- berhandwerk von neuem. So verfuhren sie auch, sobald der Afghane Ahmed Schah das Fünfflussgebiet überzog; nur einigemal waren die Jünger Govind's unvorsichtig genüge sich von den Durani überraschen zu lassen, und wurden daim schonungslos niodergcmotzelt. Eine Nieder-

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läge unfern Lodianah (1762) ist unter dem Namen Chalu Ohara oder das Blutbad berühmt; es sollen nach ei- ner Angabe fünf und zwanzig, nach einer andern viel wahrscheinlichem zwölf tausend Mann auf dem Platze gebUeben seyn*).

Unter diesen Umständen erhoben sich die Vorfahren des Ranadschit Singh schon ziemlich frühe zu überwie- gender Macht. Von dem Bauersmann Disu, dem Urahn der fürstlichen Familie des Pendschab, ist weiter nichts bekannt^ als dass er ein Dschat war aus dem Sansi Klane und drei Hufen Landes besass mit einem Brunnen darin ; nach den Brunnen wird nämlich im Pendschab an den Plätzen, wo die Flüsse zur Bewässerung nicht verwendet werden können, der Besitz gerechnet*); dieser Bauer wohnte in dem Dorfe Sukardschak^ in dem Distrikte Mandschhi, zwischen dem Ravi und Bayah gelegen- Sein Sohn Xodh Süigh freite um die Tochter eines benach- barten Gutsbesitzers, Gulab geheissen^ welcher sich be- reits zur Religion des Nanak bekannte. Der Uebertritt zu dem Glauben der Familie der Braut war die Bedingung der väterlichen Einwilligung ; der junge Bauersmann schlug ein; er verkaufte sein Erbe, gürtete ein Schwert um die Hüften^ nahm eine Fünte auf den Rücken^ setzte sich aufs Pferd und ward Freibeuter in der Bande eines be- rühmten Häuptlings. Kapur Singh. Nach dem Tode des Nodh (1760) verschmähte es sein Sohn Tscharat Singh, unter einem Hauptmann zu dienen ; er trennte sich von der Bande und war glücklich genug, mit Hülfe seiner

1) Pbixskp, Origin of the Sikh Power. 24. 85.

2) HuKGEL, Kaschmir und das Reich der Siek. 111. 339. In dem Fünf- iassgebiete hat der beste Boden ohne Wasser keinen Wertt, bringt kerne Ernte, sondern nur nnbranchbares Gr«stnippe.

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Brüder eine neue auf die Beine zu bringen^ die bald durch Kühnheit und Glück einen grossen Ruf erlangte. Durch den Einfluss der Familie seiner Frau erhielten die Räu- ber in einem Dorfe unfern Lahor einen sichern Schlupf- winkel, der vortrefflich gelegen war zu Raub- und Plün- derungszügen gegen die reichen Bewohner der Kreishaupt- stadt. Tscharat erhielt bald einen grossen Ruf und ausser- ordentlichen Zulauf; die nächste Umgegend, selbst die Strassen Lahor's wurden unsicher. Der Afghanische Statt- halter musste sich endlich zu einem Kampfe mit den verwegenen^ an Zahl täghch zunehmenden Banden ent- schliessen. Seine eigenen Truppen dünkten ihn aber nicht hinreichend zu diesem Unternehmen ; der Commandant von Lahor entschloss sich nun in einer unglücklichen Stunde^ andere Sikhbanden in Sold zu nehmen, um sie gegen die mächtigen Haufen des Tscharat zu führen. Sie gingen^ wie zu erwarten war^ mitten im Treffen zu ihren Brüdern über; der Afghane musste sich glücklich schätzen^ auf einem flüchtigen Pferd entrinnen und seine Schmach in- nerhalb der Mauern Lahors verbergen zu können. Sein ganzes Lager^ all sein Kriegsgeräthe fiel in die Hände der treulosen Sikh (1761).

Was half es^ dass Ahmed im folgenden Jahre her- beieilte und die Räuberhorden züchtigte^ dass er den Tempel der Sikh zu Amritsir in die Liift sprengen und den heiligen Wasserbehälter mit dem Blute und den Ein- gewciden der heiligen Kühe verunreinigen liess^ ein furchtbares Verbrechen in den Auffcn der Jünger des Guru Govind. Kaum dass die Nachricht erging^ der König der Durani sey über den Indus zurückgekehrt^ so krochen die Sikh aus ihren nördlichen Thalschluchten und Sumpf- waldungcn hervor^ strömten haufenweise nach Amritsir und hielten eine Volksversammlung, um sich über die Un-

^

ternehmungen, wie man an dem Feinde blutige Rache nehmen könne^ zu berathen ; es hatte nämlich für den Au- o-enblick die gemeinschaftliche Gefahr alle Bandenführer vereinigt. Zuerst zogen die Räuberschaaren nach dem be- nachbarten^ von Muhammedanern bewohnten Kasur. Der Ort ward eingenommen und rein ausgeplündert. Durch den Erfolg ermuthigt und durch die grosse Beule j die sie in Kasur machten^ zu weiterem Raube angetrieben^ beschlossen die Sikh ihre ganze Macht zu veremigen, sie sollen damals bereits vierzig tausend Bewaffnete gezählt haben^ und Sirhind anzugreifen. Die Muselman A\Tirden geschla- gen und der Befehlshaber dieses bedeutenden Platzes blieb selbst im Treffen. Die Wuth der glaubenstollen Sikh gegen diese wichtige volkreiche Stadt kannte keine Gränzen ; denn hier wurden die Söhne^ hier ward einer Sage nach Guru Govind selbst durch Wasir Chan^ den Statthalter Orang- seb's^ zu Tode gemartert. Sie machten Sirhind zu einem Schutthaufen und auch nicht ein Haus blieb unversehrt. Sirhind ist heutigen Tags noch den Sikh ein verhasster Ort. Einen Stein gegen diese verruchte Stadt zu werfen^ drei Ziegel von den Wällen abzubrechen und sie in die benachbarten Flüsse Setledsch oder Dschamna zu schleu- dern^ gilt für eine verdienstliche Handlung unter den Jün- gern Govind's *).

Ahmed erschien neuerdings (1763), ohne aber gegen die flüchtiffen Sikh etwas ausrichten zu können. In den Ruinen Sirhind's hörte er von einem Aufstande zu Kan- dahar ; er musste mitten im Sommer längs des westlichen Ufers des Setledsch und der Wüste nach 3Iultan und von da nach der Heimath eilen, um daselbst die Ruhe her-

1) Prixskp 86. Elphinstonb, Xrcount of the Kingdom of Cabuh II. .358.

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sustellen* Seine Durani; Balutscheii und üsbeg litten furcht- bar, sowohl von der Hitze Indiens wie von der Kälte Afghanistans, wo sich damals der Winter sehr früh ein- gestellt hatte. Nur noch einmal zog der König nach Hin- dostan (1767); aber auch diese Heerfahrt blieb erfolglos. Wie Raben umschwärmten die Sikhreiter das nach der Heimath zurückkehrende Heer der Durani, beunruhigten bald diese bald jene Seite, plünderten das Gepäcke und mordeten die Nachzügler. Hielt man Stand um sie zu züchtigen, so waren sie in der Eile auf und davon. Dies erregte solch einen Missmuth unter den Afghanen, dass sie gradezu erklärten, in Indien würden sie nicht mehr dienen. Ahmed musste also der Nothwendigkeit nachgeben und die Sikh in den beiden Provinzen Lahor und Sirhind gewälu-en lassen. Ihre Macht verbreitete sich nun in der grössten Schnelle über diese Länder; Lahor ward ge- nommen (1764) und unter vier Häuptlinge getheilt. Je- der Sirdar suchte unter der allgemeinen Verwirrung, so weit seine Macht reichte, Land an sich zu reissen. Die zahlreichen Häuptlinge erkannten Niemand als Oberherrn ; Niemand hatte das Recht sie zur Rechenschaft zu zie- hen ; es waren auch, nachdem die ursprünglichen Einrich- tungen im Laufe der Zeit ihre Geltung verloren, keine allgemeinen Satzungen vorhanden, nach welchen eine Herrschaft eingerichtet und ein bürgerliches Regiment ge- führt werden konnte. Zu einem tüchtigen bewährten Häupt- ling schlugen sich Verwandte, Freunde und Abenteurer, welche säramtlich auf ein gleiches Ziel losgingen. Nicht um die Gunst des Herzogs noch «m Sold diente und gehorchte man dem Führer; gleiche Theilung alles Er- worbenen, sey es liegende oder fahrende Habe, Menschen und Vieh, sie wurden beide nur als Sache betrachtet, war die stillschweigende Bedingung. Das eroberte Land gc-

hörte gleichmässig der ganzen .Genossenschaft, Misal ge- '-' nanut; dem Herzog gebührte im Kriege die Anführung, mid auch im Frieden hatte er, nicht durch ein Recht, sondern durch seine Stellung und sein Ansehen bei der Genossenschaft^ eüie Art schiedsrichterlicher Gewalt. Man gehorchte ihm nur in so weit als es das eigene Interesse oder in gefahrlichen Zeitläuften das Wohl des Ganzen er- heischte. Jede Genossenschaft handelte übrigens in allen vorkommenden Angelegenheiten, wie es ilir gut dünkte, ohne nach dem Treiben der Andern zu fragen. Doch fan- den beim Beginne des Sommers und Winters, im April und Oktober, zu Amritsir Versammlungen aller Häupt- linge und Gaugrafen statt, wo über die allgemeinen wich- tigen Interessen des Volkes, wie über grössere gemein- schaftliche Kriegszüge der streitenden Kirche, Dal genannt, berathen und Beschluss gefasst \\'urde. Bei solchen feier- lichen Gelegenheiten badete sich Jeder zuerst in dem hei- ligen Weiher, ging dann zu der Gurumata und sprach, wie Einsicht und Vortheil es geboten.

Das Haupt der Genossenschaft hatte die Verpflich- tung, die Länder, Städte und Dörfer, je nach dem Ver- dienste der Einzelnen und in Verhältniss zu den Rossen und Summen, die er zur Bande mitbrachte, unter die Gesellen zu vertheilen. Dem Anführer ward zuerst sein Theil ausgeschieden, der natürüch den des gememen Freien weit übertraf, und dann erst den Andern die Marken und Aecker Landes angewiesen. Sie gehörten ihnen von nun an als freies, keiner Abgabe unterworfenes Eigenthum^); doch durfte Niemand sein Gut an einen fremden, zur

1) Dem Kundigen wird die Aehnlichkeit mit den Einrichtungen der Deutschen Stänune, nachdem sie sich innerhalb der ehemaligen Provinzen des Römischen Reiches niedergelassen hatt«n, nicht entgehen. Gblmm, Deutsche Rechtsalterthümer 846.

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Genossenschaft nicht gehörigen Mann verkaufen. Er konnte aber^ wenn ihn die Noth dazu zwang, sein Loos ver- setzen und bestimmen, wem und unter welchen Bedingun- gen das Erbtheil zufallen solle. Stirbt ein Sikh, ohne einen letzten Willen zu hinterlassen, so wird -mit dem Erbe nach dem verschiedenen Gewohnheitsrechte in den ver- schiedenen Klans verfahren. Bald wird alle liegende und fahrende Habe gleichmässig unter die männlichen Nach- kommenschaft vertheilt, nur dass der älteste Sohn ein doppeltes Loos erhält 5 bald wird das Besitzthum in gleiche Theile an die Mütter vertheilt, zum Besten ihrer Söhne ; bald auch als Majorat betrachtet und ungetheilt dem äl- testen Sohne überlassen. Es sind dann zum Unterhalte der Jüngern Familienglieder eigene Landestheile ausge- schieden. Stirbt ein Sikh, ohne männliche Sprossen zu hhiterlassen, so erben die Wittwe oder Wittwen, der äl- teste Bruder oder seine männliche Nachkommenschaft. Um den Streitigkeiten über die Hinterlassenschaft so viel als möglich vorzubeugen, wirft der männliche Erbe ein weisses Kleid über die Wittwe oder Wittwen, steckt ihnen einen Ring durch die Nase und sie werden jetzt als seine recht- mässigen Frauen betrachtet*}. Sie müssen, so will es die Landessitte, dieser Nothwendigkeit sich fügen und in den Harem des neuen Besitzers wandern. Sind weder Söhne noch Brüder und Neffen vorhanden, so theilen gewöhn- lich die Wittwen unter sich nach gleichem Masse ; wie es aber bei ihrem Tode gehalten wird, linden wir nir- gendwo angegeben. Unter solchen Erbgesetzen ward das Besitzthum nach und nach in viele Theile zersplittert; die Gemeinen verarmten und verloren bald, einem mäch- tigen Häuptling gegenüber, ilircn ganzen Einfluss, ein

1) So auch bei den Afgluineu.

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Umstand^ welcher viel zur schnellen Erhebung der Macht des Tscharat Süigh und seiner Xaehkommen beigetragen hat. Die wenigen bedeutenden Familien der Muhamroedaner und Hindu^ welche sich unter der eisernen Herrschaft der Sikh behaupten konnten^ verliessen deshalb die Anord- nungen ihrer Gesetzgeber^ des Manu und Muhammed ; sie haben besondere Erbgesetze entworfen, damit das Be- sitzthum des Hauses beisammen bleibe und sie nicht aller Macht ^ alles Einflusses in dem Gemeinwesen beraubt würden').

Selbstwelir und Selbsthülfe war die Norm in allen Streitigkeiten der Genossen untereinander; beide ^ der Beleidigte wie der Beleidiger, forderten ihre Verwandt- schaft, ihre Freunde und Mannen auf und es begann dann eine Blutfehde, Gaha genannt, welche so lange dauer- te, bis sich die Parteien zu einem Austrage oder Sühne verstanden. Aus diesem Grunde \vurden alle Höfe mit Gräben und Schanzen umgeben und selbst die Häuser in den Städten, wie in den mittleren Jahrhunderten des Westens, burgartig gebaut. Die unterworfenen Provin- zialen sind ganz zu Knechten herabgesunken und dem Willen ihres Herrn preisgegeben ; er mag Geldstrafen über sie verhängen, sie einsperren und auf andere Weise misshandeln, der Provinziale kann bei Niemand klagen^ Niemand kann ihm helfen. In einem spätem Zeitraum der staatlichen Entwicklung; des Sikhvolkes hatten die Sirdar die Macht errungen, zur Sühne grober Verbrechen und Vergehen Geldstrafen zu erheben, welche nach demReich- thum des Schuldigen angesetzt wurden. Es ward und ist dies heutigen Tags noch eine reiche Fmanzquelle für die Häuptlinge und ihre habsüchtigen Beamten ; es werden zu

1) Pkinsep 33. 35, 19&— 801.

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dem Endzwecke alle 3Iittel_, alle Peinigungen angewen- det^ um wirkliche oder Scheinverbreclier zum Geständ- niss zu bringen. Zahlen muss Alles, der Gewinnende ein Geschenk; der Verlierende eine Strafe. Auch das scheusslichste Verbrechen kann das erste Mal mit Geld gesühnet werden; wiederholtes Blutvergiessen wird aber mit dem Verluste der einen oder beiden Hände^ der Nase und Ohren bestraft. Die Todestrafe kommt nur in äusserst seltenen Fällen zur Anwendung. Das gestohlene Gut muss die Gemeinde oder der Häuptling ersetzen ; wollen sie sich nicht hiezu verstehen^ so wird ihnen zur Vergeltung das Vieh fortgetrieben oder die Ernte weggenommen. Wenn die Fussstapfen des gestohlenen Viehs zu den Gemarken eines Dorfes nachgewiesen werden können ; so muss die Gemeinde für das Gestohlene haften oder die Fussstapfen jenseits ihrer Gränzen nachweisen. Wegen dieser Grän- zen entstanden aber, nach der Niederlassung der Sikh im Fünfflussgebiete ^ viele Streitigkeiten. Die früheren Eiu- und Abtheilungen aus der Herrschaft des Padischah von Delhi, die von den Kanundschis oder Normgebern be- richtet werden, waren aufgehoben ; die Gemeinden suchten bald dieses bald jenes Land an sich zu reissen^ und die Zwistigkeiten über Marken^) und Almendi führten nicht selten zu Mord und Todtschlag. Obgleich später allent- halben Fünfmännergerichte '^) angeordnet wurden, um das Recht zu finden, so gehören doch die Zwistigkeiten über die Marken heutigen Tags noch zu den am häufigsten vorkommenden').

1) Das Wort nämlich in dem Sinne des 6esanimt«igenthums einer 6e- oossenschaft genommen. GaniM, Deutsche Hechlsaltert/i. 497.

8) Das Pantschayat, wie andere bürgerliche Gebräuche der Hindu, findet sich auch bei den 8ikh.

3) PjuKPKP 34. 801,

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Neben diesen gleich berechtigten Genossenschaften gab es noch drei andere^ die aus den verschiedenen Verhält- nissen der Häuptlinge^ welche bereits bestanden^ als sie sich ursprünglich zusammenfanden^ hervorgingen oder aus den Bedinffunsren, unter welchen einzelne Genossen auf- genommen wurden. Häuptlinge geringer Macht schlössen sich nicht selten an mächtige Misal an und erhielten zur Belohnung ihrer Dienste, je nach dem Gutdünken der Markgenossenschaft^ mehr oder weniger Hufen Landes. Crefiel den Misaldar, wie diese Häuptlinge genannt werden^ die Verbindung nicht; so konnten sie ihr Besitzthum ver- äussern und sich nach einem andern Gau begeben. Nicht selten waren die Sirdar auch von einem mehr oder minder zahlreichen Gefolge oder Gesinde umgeben_, das den Befeh- len des Herrn unterworfen war. Die Ländereien, welche dem Gefolge aus dem AUod des Herrn angewiesen wurden, können aus diesem oder jenem Grunde wieder eingezo- gen werden; doch ist es auch den Tabadar, so heisst dieser Stand unter den Sikh, gestattet, dem Häuptling den Dienst zu kündigen und zu gehen, wohin Vortheil oder Lust Um zieht. Nicht selten verleiht der Sirdar kleine Theile seines Besitzthums an arme Verwandte oder dürftige Glieder der Genossenschaft, an Glücksritter oder Günstlinge, welche dafür sich zu allerlei Dingen, namentlich zu Kriegsdien- sten verpflichten müssen und deshalb Dschagirdar heissen. Zieht der Häuptling zum Kampfe aus, so müssen sie auf- sit^n, sich wohlgerüstet um ihn versammeln und auf eigene Kosten dienen ; diese Lehen können zu jeder Zeit wieder eingezogen werden. Die Markgenossenschaft hat natürhch hiebei gar keine Stimme ; denn es handelt sich ja bloss um das freie Eigenthum des Sirdars, welches er nach Belieben verwerthen kano. Es stand übrigens einem Jeden frei, einen Theil seines ächten Eigenthums für wohl-

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thätige Zwecke^ an geistliche und Bildungsanstalten zu vermachen ; die Hufen Landes gehörten dann diesen from- men Stiftungen auf ewige Zeiten ; Niemand ist, unter keinerlei Verwand^ befugt^ sie ihnen zu entreissen.

Zwölf Misal oder Markgenossenschaften waren jetzt vorhanden, welche^ das dienende Gesinde nicht mitge- rechnet^ siebzig tausend berittene Krieger liefern komiten. Die gemeinschaftliche Gefahr hatte diese frechen Haufen^ welche auch dem ärgsten Verbrecher die Aufnahme ge- statteten^ verbunden und bis jetzt von gegenseitigen blu- tigen Fehden abgehalten. Als sich aber die Durani aus dem Pendschab zurückzogen und das Schwert der Rache nicht mehr über den Häuptern der Jünger Govind's schwebte^ fielen sie selbst über einander her und zerfleischten sich gegenseitig. Es war des Rauhens^ Brennens und Mordens kein Ende ; Gräuel auf Gräuel folgten in unendlicher Reihe. Die Geschichte der Sikh dieser Zeiten bildet ein würdiges Seitenstück zu dem verruchten Treiben der Nachkommen des merowingischen Chlodowig. Unter den zahlreichen Raubrittern ragten aber bald Tscharat Singh und Maha Singh^ Vater und Sohn, hervor ; nicht weil sie menschlicher, weil sie milder gewesen wären, als die an- dern mord- und blutdürstigen Gesellen. Keineswegs. Un- ter den Reiterschaaren der Sikh hatten solche Eigen- schaften keinen Werth ; ja sie galten im Gegentheile für schandbare weibische Schwäche. Tscharat Singh und Maha Singh erhoben ihre Macht und ihren Namen durch grän- zenlose Gewaltthätigkeiten; wo diese nicht ausreichten, nahmen sie zu Hinterlist und Vorrath ihre Zuflucht. Solch ein wildes gefahrvolles licben kommt selten zu hohem Alter; Tscharat starb (1774) und hatte noch nicht die fünfzig erreicht. Der Räuberhauptmaun konnte jetzt seiner Familie, die aus zwei Söhnen und einer Tochter bestand,

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eine Herrschaft hinterlassen, mit einem jährlichen Ertrage von sechszig tausend Gulden schweren Geldes. Maha Singh^ der älteste Sohn und Erbe, war damals bloss zehn Jahre alt ; da hielten mehrere untergeordnete Häupt- linge die Gelegenheit für günstig, sich mit den Ihrigen von der Markgenossenschaft zu trennen, um selbständige Herr- schaften zu gründen. Die Freunde des Maha Singh handelten schnell und entscheidend ; bevor noch die Pläne dieser Sirdar ganz reif waren, wurde einer derselben mit Heeresmacht überzogen und als Verräther der Genossenschaft durch den Verlust des Landbesitzes bestraft. Dies schreckte die Andern ab und der Misal ward zusammengehalten.

Unter den Hindu verloben die Aeltern oder die näch- sten Verwandten nicht selten Kinder von zwei bis drei Jahren; die Sikh haben diese wie viele andere brahma- nische Sitten beibehalten. Die Heirath wird in der er- sten Zeit der Mannbarkeit, im eilften, zwölften oder drei- zehnten Jahre geschlossen. Maha Singh war ebenfalls von seinem Vater als Kind mit einem Mädchen des Dschind Klanes verlobt worden; im zwölften Jahre geschah die Vermählung auf dem östlichen Ufer des Setledsch, un- ter dem Zuströmen einer Menge Häuptlinge des Sikh- volkes. Zwei Jahre hernach (2 November 1780) ward ihm der Sohn Ranadschit geboren. Die Pocken befielen das Kind in so heftiger Weise, dass eine Zeit lang selbst sein Leben in Gefahr schwebte; nur grosse Geschenke an Brahmanen, an heilige Einsiedler und Kirchen, so glau- ben die Aeltern, haben den Sohn vom Tode errettet. Aber auch das inbrünstigste Gebet der Frommen war nicht im Stande, das Augenlicht unversehrt zu erhalten. Rana- dschit verlor ein Auge, und auf seinem Gesicht blieben eine 3Ienge widerlicher Spuren dieser furchtbaren Krank- heit zurück, die sich niemals verloren.

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Um diese Zeit hatten die Bhangdschi^) Sikh^ die mächtigste Genossenschaft des Volkes^ Multaii und Bha- walpur eingenommen und in diesen reichen Städten nach ihrer Weise furchtbar gehaust. Dies zog ihnen die Ra- che der Durani auf den Hals. Timur kam eilends von Kabul herbei (1781); die Räuber wagten es den Afgha- nen in einer offnen Schlacht entgegenzutreten^ erlitten aber solch eine furchtbare Niederlage^ dass die ganze Genossenschaft auf einige Zeit gesprengt wurde ; sie konnte sich von jetzt an nie mehr zur ehemaligen Stärke emporschwingen. Ein grosser Theil derselben wendete sich zu Maha Singh und die Macht dieses Häuptlings ward dadurch sehr erweitert '^}. Noch mehr war dies der Fall durch die Verlobung seines Solmes Ranadschit mit Mehtab Kunwar, aus dem Hause der Ghanni^) Sirdars^ so wie durch den kräftigen Beistand, welchen Maha Singh dem Ramgharia ^) Sirdar und dem Radschah des Gebirgs- landes Kangra in einer Fehde mit ihren Nachbarn leistete. Jetzt schon war Maha Singh der mächtigste Fürst des ganzen Fünfflussgebietes; nach und nach ward es Sitte^ in allen Streitigkeiten^ wo die Selbsthülfe nicht ausreichte, ilm zum Schiedsrichter der kämpfenden Parteien zu er- nennen. Hiedurch entstand eine verhältnissmässige Ruhe und Ordnung^ wie man sie seit vielen Jahrzehnten nicht

1) Die Genossenschaft hat ihrea Namen von dem häufigen Gebrauche eines Rauschlrankes, aus den Blättern der Hanfpflanze bereitet, Bhang genannt; sie war damals die mächtigste und konnte xeho tausend Reiter ins Feld stellen.

8) Prixsbp 48. Elphinstonk, Cabtil 11. 359.

3) Der Ort Ghanni liegt östlich von Lahor; diese Genossenschaft zählte drei tausend Heiter.

4) Ramgharia ist ebenfalls ein Ort östlich von Lahor; diese Ge- nossenschaft zählte drei tausend Reiter.

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wekannt hatte. Mit Freuden sah die Masse der Bevöl- kerung emer dem allgemeinen Räuberwesen steurenden Herrschaft entgegen *}.

Maha Smgh starb bereits im siebenundzwanzigsten Jahre seines Alters (1 792) ; er vrird von seinen Lands- leuten als ein Muster eines ächten vollkommenen Sir- dars gepriesen. 3Iaha war tapfer und klug und steuerte rasch auf das Ziel los, um Recht und Menschenleben unbekümmert. In seinem siebzehnten Jahre kündigte er der eignen Mutter den Gehorsam und Hess ihr nicht den ge- ringsten Einfluss auf die Regierung. Später ermordete sie der Sohn mit eigener Hand 5 er wollte sie in einem Ijiebeshandel mit einem Brahmanen überrascht haben^ eine Gräuelthat^ welche dem Fürsten in den Augen sei- ner verwilderten Landsleute nicht im Geringsten schadete. Nach dem Tode dos Maha übernahm die Mutter Rana- dschit's die Vormundschaft ihres jungen Sohnes, des ein- zigen^ welchen der Sirdar hinterliess^ und die Regierung des Landes ; sie ward hierin durch den ersten Beamten des verstorbenen Fürsten^ Lachu Singh, unterstützt.

Von einer eigentlichen Erziehung Ranadschit'S war keine Rede ; niemals lernte er irgend eine Sprache le- sen oder schreiben. Wozu jugendliche Lust und Muth- willen^ wozu die früherwachte Sinnlichkeit des südlichen Landes und aufbrausende Leidenschaften ihn antrieben^ dies Alles ward ihm, vielleicht mit Absicht^ in vollem Masse gestattet. Wahrscheinlich wünschten die Vor- münder^ der Jüngling möge sich zu Grunde richten, damit ihnen die Herrschaft bliebe. Das wilde Feuer des Vaters floss in den Adern des Sohnes ; dem erhabenen Muster des Maha ahmte Ranadschit nach; es ward nun

1) Prinskp 46.

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jedes Verbrechen^ durch angebliche kindliche Pietät^ ge- heiliget oder doch wenigstens* beschönigt. Auch hatte der Jüngling an seinem Onkel Dal Singh einen würdigen Rathgeber. Zuerst suchten sie die Vormünder aus dem Wege zu räumen. Den ersten Minister Lachu sandte man gegen einige aufrührerische Gutsherrn ; auf diesem Zuge ward er, bei Gelegenheit eines Wortwechsels, der zu- fällig entstand oder absichtlich hervorgerufen wurde^ er- mordet. Der junge Ranadschit und sein Onkel geriethen in Verdacht; sie hätten diese That veranlasst. Bald dar- auf ward die Mutter des jungen Fürsten *), unter einem ähnlichen Verwände^ welchen der Vater bei der seinigen angewendet hatte^ vergiftet (1797). Jetzt war der jun- ge Sirdar sein eigner Herr ; er athmete freier und suchte auf der Bahn fortzuschreiten, die Vater und Grossvater ihm vorgezeichnet hatten. Ranadschit verstand es, durch Gewalt und Hinterlist, die republikanischen und aristo- kratischen Einrichtungen seines Volkes zu brechen und an deren Stelle eine unvernünftige Willkürherrschaft zu errichten ; wie sie so häufig gefunden wird in der Geschichte des Morgenlandes.

Carl Friedrich Neumann.

>♦©»«>-

1) Es' scheint dies eine Sitte der jungen Despoten. So heisst es !n einem Bruchstüclce der Geschichte des Sallustius: Mithridates extremu pucritia regnum ingressus, niatre veneno interfecta. Doss JNero dasselbe that, ist bcliannt.

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II.

Heber einige Syrische Oediclite

des Ciresorlus Barliebraus.

Bereits vor mehreren Jahren schon erschienen einige fnr Freunde der Syrischen Sprache nicht uninteressante Blätter unter dem Titel: Ore^orü Barbebraei carmina N^iaca edidit Caesar a Lengerke. Regiomonti Borussorum 1836. Die kleinen darin enthaltenen Gedichte sind als Frühlingsliedchen und Nachahmungen Persischer Dichtkunst nicht ganz ohne Verdienst ; mit den Leistungen Herrn li e n g e r k e's aber bei ihrer Herausgabe kann man wenig zufrieden seyn^ da sowohl der Text als auch die Uebersetzung öfter sehr fehlerhaft ist.

Es wird zwar in irgend einer gelehrten Zeitschrift wahrscheinlich schon über diese Arbeit gesprochen wor- den sejTi ; da aber der Unterzeichnete in seinem Alpen- winkel keine Beurtheilung noch kennen gelernt hat, hält er es nicht für ganz überflüssig^ seine Bemerkungen über dies Werklein bekannt zu machen, falls noch wirklich keine Stimme darüber laut geworden wäre*). Fern von

1) Eine Recenjsion vonRosoieKR findet sich in derHallisdien ALZ. 1837. n. 70; beide Beurtheilungen, obgleich im Ganzen über- einstimmend, haben ihr Eigenthümliches. Dem Herrn Verfasser des obigen Aufsatzes ist es auch unbekannt eebUeben,dass 1837- V. 4

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jeder gelehrten Bibliothek kann ich übrigens Manches im Texte nur aus wahrscheinlichen und leicht sich darbie- tenden Conjecturen verbessern. Möge diese Arbeit als ein kleines Scherflein zur Kunde des Morgenländischen mit gütiger Nachsicht hingenommen werden.

Zuvörderst muss ich schon in der Vorrede von Hn. L. ein paar Aeusserungen rügen. Der Herausgeber klagt nämlich^ wie Eichhorn, Herder u. A.^ dass man bei Durch- suchung der Syrischen Gedichte ,^ad vepres et du- meta relegatus'^ scheine. Schon zweimal^ nämlich in der Vorrede zu der (1833 bei Wagner in Innsbruck er- schienenen) Heiligen Muse der Syrer^ und indem Vorwort zu den (1840 bei Rauch in Innsbruck erschie- nenen) Harfenklängen vom Libanon habe ich mich gegen die aus Unkenntniss der bessern Syrischen Gedichte entstandene ungerechte Verwerfung der Syri- schen Poesie freimüthig und nachdrücklich erklärt, und glaube bei Unbefangenen nicht ohne Erfolg die Ehre der Syrischen Muse gerettet zu haben. Es Hessen sich in der That aus dem h. Ephraem, den Ofßcieu der Maroni- teuj den Märtyrerakten so viele Gedichte von wahrem und grossem poetischen Werthe zusammenstellen^ dass sie eine hübsche Chrestomathie abgäben^ für die ich schon lange einen Verleger wünsche. Es fehlt den Syrern we- der an lieblichen^ noch an erhabenen Gedichten^ weder an feurigen lyrischen Ergüssen, noch an schönen Beschrei- bungen.

Ferner kann ich mit Hu. L. nicht einverstanden seyn.

38 die Particulae II-IV der Carmina erschienen, jedoch wie es scheint niclit. in den Huchhaiuicl gencbcn sind, von denen wc- nigstens die /.weite einer gründlichen Kritik von Uobdigkr H A L Z. Aug. 18.S8. 8. öSl-SS unterzogen ist.

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wenn er diese Syrischen Gedichtlein für Nachahmungen Arabischer Gedichte hält ; wer die Arabische und Per- sische Poesie kennt , wird sie mit mir eher für Xachah- mungen Persischer Dichtkunst ansehen^ die so gerne vom Frühlmg; der Nachtigall und Rose singt.

Gehen wir nun zu den Gedichten selbst^ und zur Beurtheilung des Textes und der Uebersetzung über.

Im 1. dieser Liedchen über den Lenz und die Rose steht im 2. Verse voo*, nach L. rursus. Allein das Metrum (das 12sylbige^ oder das 4sylbige, so dass 3 Verse in Einen verbunden sind) fordert noch eine Sylbe, und so glaube ich^ man müsse ImSjcim lesen. Rursus heisst im Syrischen vSoZ*

Das Gedicht heisst wörtUch übersetzt: ,^Sieh, der Nisan ist gekommen, und tröstet (and) be- lebt die Betrübten^ Und mit Blumen kleidet er Berg und Feld in Herrlich- keit. Zur Hochzeit der Rose ruft und versanunelt er als Gäste

die Blumen, Und dass aus dem Brautgemach der Bräutigam hervor- gehe, bahnt er den Weg.^^

D. h. der Frühling bahnt der Rose den Weg. Rose ist im Syrischen männlichen Geschlechtes, darUm wird sie als Bräutigam eingeführt. Ganz falsch übersetzt v. L. „Et qui ex thalamo egressus est, sponsus viam calcat.

Das ia^ im 2. V. muss in ]'ia^ verwandelt wer- den, des Metrums wegen , wenn man uicht dem ei- nen Vocal geben will.

Im 2. Gedicht muss im 1. V. das o des vorletzten Wortes zu A^^] gesetzt und . ..q^ oAo^.| gelesen werden. Das Wort Zoioj ist als Nebenwort gleich-

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wie gebraucht. Anstatt des unbekannten l^v^oo) schlage ich vor y ]rftCnvr> vexatloues^ oder jl^uoco impetus , in- cursus zu lesen. Unbegreiflich ist^ dass v. L. übersetzte : Imago sponsarum ornata est, anstatt: sponsarum instar, ecce^ ornati sunt flores u. s. w. Wörtlich übersetzt:

„Wie Bräute, sieh, sind geschmückt die Blumen des

Feldes , Und haben von den Angriffen des Sturms des Winters

Freiheit erlangt. Sieh , gelöst ist die Zunge der Cicade, und mit Gesum- me singt sie, Und steigt auf den Stengel der Narzisse, und die Myrthe flüstert der Rose zu.^^ Im 3. Ged. 1. V. muss das 2QiD? wieder adverbi- aliter mit gleichwie übersetzt werden. L. wieder falsch : Ecce rosae, imago sponsarum. Das ^ücu» kann Blumen überhaupt bedeuten. Das Liedchen lautet: Sieh, die Blumen gehn wie Bräute aus den Brautge- mächern Geschmückt hervor und brüsten sich prangend in der

Schönheit der Farben. Sieh sinnlos ward die Cicade aus Liebe der Blumen , Und singet wie ein Dichter der Rose zu mitten in den Gärten.^^ Im 4. Gedicht ist meiner Ansicht nach im 1. V. das ,itmoti^] ,o zum Subjekt f^o zu beziehen; das >aAaa)jb im 2. V. heisst, wenn ich nicht irre, hier „verstellt, nicht ganz entfaltet, gleichsam heuchlerisch nur zum Scheine,^^ welche Bedeutung es im Testamente des h. Ephraem hat. Das a\L^\M »"» 3. V. ist die 1.

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Person des 1. Aorists, nicht ein Hauptwort, wozuv. L. es macht, und daher im Lexicon freilich nicht als sol- ches zu finden. Das folgende JLgdj^A^ im nämlichen V. ist passiv oder reflexiv und heisst: 'sich schamlos preis- gebend, offen sich darstellend.

Somit heisst dies Gedicht wörthch verdeutscht : ,,Eine kleine Zeit^ da die Rose noch neu (frisch) war

(d. h. nicht ganz entfaltet ?), Wollte sie sich verbergen und verstellter Weise mitten

im Garten bleiben. Dann sah ich sie offen sich darstellen in den Schenken, Und sich hingeben den Ausschweifenden, wie eine Buh- lerin/^

Man vergleiche damit v. L. unrichtige Uebersetzung :

,,Tempus brevissimum quum fuisset, rosa recens cupivit occulle morari in ornatu medio horti; tunc faciem suam quum develaret in taberna, ani- mam suam adiecit ad prodigos meretricis simillima.

Bei dem 5. Ged. wage ich im 3. V. die Vermu- thung, das ^Q^ sey zu lesen ^ic\^, ond bestehe aus dem anführenden j und der Inlerjection t^^ ohel

Das folgende j^ ist pleonastisch. (Vergleiche Hoffmann Syrische Grammatik S. 320. n. 6. und Agrellii supple- menta pag. 210.). Das misertus est von ^Q,^^gibt keinen passenden Sinn, ist nur gezwungen.

Wunderbariich übersetzt v. L. die letzten Worte des 4. V., laos (]^'o ^ Plural) mit Stern, astrum, d. h. Ixisoo« Etwas solches kaim doch nur von oberflächli- cher Eile kommen. Wie kommen etwa Rosen in einen Stern? Aber ohne Dornen ist keine Rose.

Wörtliche Uebersetzunar : Zur Rose sprach ich: „Warum willst du in der Hand und am Busen seyn

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Jedes Schweigers^ Trunkenen, Wollüstlings und Schlem- mers V^ Die Rose entgegnete: ,;He du, schweig' und entferne

von mir das Geschrei ! Denn mein Leben ist dem Untergange nah und in die Gesellschaft der Dornen gekommen."

Dafür V. L. im 3. V. miserere mei apud tc und im 4. V. vita mea aliud in astrum perveuiet!

6. Ged. Im 2, V. hat v. L. nicht ganz treu über- setzt: Quidni abdit se formositas, daesheisst O^idni abdis formositatem tuam. Das \ .] '^ im nämlichen V. heisst nicht c a s t e , wie er übersetzt, sondern ist das Adjcctiv sehr, herrlich, schön. Den 4. V. hat er wieder durch astra anstatt Spinae entstellt. Das \Mjl]Z im 1. V. wird besser mit ausge- lassen seyn als nach v. L. mit contemtui te ex- ponis gegeben. |]Qi» im 8. V. hier aestus, nicht tem- pestas.

Das Gedicht heisst verdeutscht:

Zur Rose sprach ich: „Warum willst du ausgelassen

seyn, wie ein Lüstling? Warum verbirgst du deine herrhche Schönheit nicht zur

Zeit der Hitze V" Die Rose entgegnete : „Predige du dir selbst ! Denn lieber ist mir Liebeslust als an Dornen gereiht

(unter Dornen) zu seya.**^

D.h. nachv.L: quam quod in astra recipiarü Das 7. Ged. bietet wieder manches zu verbessern dar. Zuerst fragt es sich, ob im 2. V. das ]£u-.x— •.,♦ diese ungewöhnliche Form, nicht in ]A^i ^ zu verändern sey. Das VVvy» eben dieses Verses ist entschieden Par- ticip. Aphel von \L_i!'. Entschieden unrichtig hat ferner

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V. L. im 3. V. das ^pj für ,_,oup5 angesehen. End- lich glaube ich, das unsyrische |<^ V^ des 4. Vers, in yvr>%< verändern zu können.

Der gütige Leser halte nun beide Uebersetzungen zusammen.

V. Lengerke: ^^Rosam increpavi: Cur te emancipas Omnibus, et delirationis ebrii simillima in pe- ctore tibi omnis est praevaricatto. Rosarespon- dit : quod morbo laborat vita mea, et splendor mens ecce fugit. Quid est, cur avara sim? Quousque ardor suus pulchritudini reprimendus est?

Dagegen verdeutsche ich: Die Rose schalt ich: „Warum willst du dich jedem hin- geben, Und gleich einer trunknen Sinnlosen *) nimmt dich jeder- mann an den Busen ?^^ Die Rose entgegnete: „Kurz ist mein Leben, und meine

Herrlichkeit, sieh, vergeht. Warum soll ich geizig sevn? Hält wohl die Schönheit ihre Glut zurück ?^

Im 8. Ged. endlich ist folgendes za corrigiren:

Den 2. V. übersetzt v. L. „Nee permitte ei, ecce, te rapiendam.^^ Wegen des ] <n ecce, und des 5 vor dem ^ scheint mir das -«^^y ]a\ J^ .m /rv>V^/ \} zu übersetzen: Lass ihn nicht! denn sieh, er raubt dich/^ Der Sinn ist wenig verschieden. Im letzten V. ist f. 1 (T> wohl richtiger mit rubus zu übersetzen, als mit odiosi, worunter v. L. feindliche Thierchen versteht,

P

1) Wenn ]AaJL« Substantiv ist, muss es heissen : Nach der Ra- serei eines Trunkenen^ Der Text des letzten Verses ist mir als nicht gut abgeschrieben verdächtig. "Wegen des Sinnes die- ses 7. Ged. ist das öte in dea ersten 8 Versen zu vergleichen.

Cicaden u. d. gl. Man vergleiche des Sinnes wegen die ^Ibari Spinae im 5. u. 6. Gedichte.

Uebersetzung :

Zur Rose sprach ich^ da der Gärtner sie pflückte :

^;Slich ihn mit dem Dorne und lass ihn nicht ! Denn sieh^ er raubt dich!'^

Die Rose entgegnete: ;,Von meinem eignen Sinne hat er dies gelernt.

Damit er meine Schönheit aus der Gesellschaft der Dor- nen entferne.'^

Diese Bemerkungen bieten sich jedem der Syrischen Sprache Kundigen leicht dar. Leid ist mir nur, dass ich keinen Codex zur Besserung des Textes benutzen und also nur aus Vermuthungen manches ändern konnte.

Weit entfernt übrigens, der Ehre des gelehrten Herrn V. Lengerke nahe zu treten, erkläre ich hiemit auf- richtig, dass ich ihn als einen eifrigen Beförderer des Syrischen Studiums und besonders als einen Verehrer des h. Ephraem hochachte, über dessen Schriften er sich mit vielem Lobe ^) äussert.

Er wird der Syrischen Sprache zu Liebe es daher nicht übelnehmen^ dass ich die Gedichtlein^ deren Herausgabe sein Verdienst ist^ in manchen Stellen gegen seine An- sicht erklärte.

P. PlUS ZlNGERLE^

Prof. zu Meraii in Tirol.

»M9I<

1) Comnicnlatio II. ilc studio lilcraruin Syriucaruin coinmcndando, png. 39. und tu der Vorrede zur Coiuaionlatio criticu düKphrae- mo S. S. lutcrpretc.

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III.

Kurdische Slndieii

von

E. Roediger und A. F. Pott.

(Fortsetzung von Bd. IV. S. 260.)

III.

nratiirfr^sehlektllches aus der Kurdisrhen und anderu Sprachen ül'estasiens.

■^♦o»«-

Pflanzen.

Kurt Sprengel hat im I. Theile seiner Geschichte der Botanik 1817. so viele schwache Anfänge zu einer sy- stematischen Pflanzenkunde, z. B. bei den Arabern und selbst bei den Rabbinen, berücksichtigt, dass man nicht einsieht, aus welchem Grunde des im Bundehcsch §. XX\TI. bei Anquetil Zend-Av. II. p. 403 407. vorfindlichen, sicher schon auf älterer üeberlieferung beruhenden Versuchs ei- ner Pflanzeneintheilung nirgends von ihm gedacht wird. Auch fehlen dort, um nicht von der Indischen Flora und deren einheimischen Benennungen, welche letztern damals nur noch wenig bekannt waren, zu reden, die Pflanzen- namen des Persischen Sprachkreises beinahe völlig, ob- schon sich nicht das mannichfache Interesse wird abläug- nen lassen, dass sich gerade an diese knüpft. Die Ver- gleichung ergiebt, dass fast sämmtliche Pflanzennamen im Bundehesch, welche Anquetil glücklicher Weise aus dem Originaltexte in den Noten verzeichnet hat, sich aufs eng-

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ste an die Persischen anschliessend dergestalt^ dass sie in der Pehlvisprache grösstentheils nur Lehngut zu seyn scheinen. Unser Absehen in gegenwärtigem Aufsatze geht nur auf das Sprachliche; sollte dessen imgeachtet der Botaniker sich daraus die eine oder andere Notiz zu sei- nen Zwecken aneignen können^ desto besser. Da es uns zunächst nur um Aufhellung der Kurdischen Benennungen von Naturgegenständen zu thun war_, das Interesse der Sache uns sodann aber bald über die ursprüngliche Ab- sicht hinausführte, ohne dass wir uns irgend eine Art von Vollständio'keit als Ziel unseres Strebens hätten vorstecken können noch wollen^ so mag es Entschuldigung finden^ wenn manche Pflanzen, von denen wir den Kurdischen Namen nicht wissen^ dennoch besprochen worden sind^ sobald sich über andere orientalische Benennungen dersel- ben schien eine sprachlich nicht unwichtige Aufklärung geben zu lassen. Dahin gehört, ausser den Pflanzennamen im Bundehesch, ein grosser Theil von botanischen Aus- drücken, welche Du Gange in seinem GIoss. Graeco-bar- barura, ohne deren Herkunft nachzuweisen, aufführt. Diese sind nämlich von ihm zumeist handschriftlichen Glossen- sammlungen, die augenscheinlich nach Arabischen Quellen von Griechen für Griechen zu ärztlichen Zwecken verfasst wurden, entnommen und entweder Arabischen Ursprungs oder doch in der Arabischen Sprache üblich gew^orden, wenn gleich in jenen Sammlungen mit Griechischen Charakteren, oft sehr ungenau und kaum kenntlich, wiedergegeben. Deren vollständige etymologische Erläuterung wäre nicht nur für die bevorstehende Wiederausgabe des Ducangi- schen Glossars ein Bedürfniss, sie würde auch zur Be- stimmung der Synonymik mancher Pflanzen, die im Mit- telalter offlcinell waren, und mithin zur Geschichte der Pflanzenkunde in jenem Zeiträume überhaupt von einigem

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Werthe seyn, zumal hierauf Sprengel gleichfalls nicht ge achtet hat. Von uns fordere man nicht die Lösung einer Aufgabe, welche wir uns nicht stellten : es soll uns freuen^ wenn der bloss gelegentliche Beitrag, den wir liefem- andere, mit dem Gegenstande Vertrautere dazu bewegt.

Die hauptsächlichsten Pflanzenabtheilungen von zum Theil gar wunderlicher Art im Bundehescb bestehen kürzUch in folgenden:

1) dar (kurd. dar) und 2) derakht, p. v:j»3^»>, aus Sanskr. drihita (grown^ increased), wie p. jÄi*0 st. diihi/rt {Toch~ ter), umfassen Bäume mitungeniessbarer Frucht. 3) miteh, p. 8^; sind Fruchtbäume. 4) djordah, Getraidearten. 5) goul (p. ^ Rose)^ Blumen. 6) saperem, p. ^jf^y s. später ozzimo. 7) tereh, p. »y Gast I. 180. 8) arzareh, d. i. „tout ce qui renferme beaucoup de parties*^ Anq. II. 405.^ p. ^j^\ und ^UjI Ar. Cibi condimentura^ sive herbae sunt olerave. Gast. I. 6. Bei Gz. S. 212: plan- taggine, erba avezdr; foglie di pi belk (p. v^j) avezar. 9) gw'ah (herbe), kurd. ghiä (erba) Gz.^ gia (Heu) und giha (Kraut) Klpr., im Bulbassi ghiyah (grass) bei Rieh p. 396., p. Li (herba sicca), sLJ' (herba, pec. recens. germen et pabulum virens. Planta et foenom, herba sicca) Gast. 10) vahar, ,.tout ce qui porte du fruit ou s'c'panouit sans avoir ete travaille par la main de l'homme, et paroit dans la saison (qui lui est propre)^^ Anq. II. 405., d. h. wohl im Frühlinge, worauf der Na- me hindeutet. Bei Rieh I. 134. ist kurd. bahara eine Ge- traideart, die im Frühjahr gesäet ^^^^d und künstliche Be- wässerung erfordert ; welches letztere freilich der obigen Bestimmung entgegen wäre. Im Buchar. heisst der Win- terwaizen gatidum, der Sommerwaizen aber gandtim baheri (eig. Frühlings waizen, von J>-^ Frühling). Klapr. As. Polygl. S. 242.

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Baum dar (albero) Gz. S. 87« (pianta^ arbore) S. 212., dahr (Baum) und dar (Holz) Klpry der sie fälschlich (s, o.) mit p. v:>.3»jL> vergleicht. Arm, dsarr, Sskr. dum ran. (wood, timber), auch dru m., drula m., druma m. (a tree), woran sich Griech. daQvlhog' r] dQvg, maked. nach Hesych.,Pha- vor.^ Sqvq, ÖQVjiiog, ÖQtog und doQV (hasta), ÖQvvr] s. öqüittj (hölzerne Wanne^ Trog), Irl. doire (Holz) und </a/r (Eiche) u. a. Diefenb; Celt. I. S. 160 fg. lehnen. Mit Sanskr. faru dagegen, das nicht, wie die vorigen, zu drihy ruh (crescere) gehören möchte, und von tri (to proceed) stammen soll, stimmt vielleicht besser Engl, iree u.s.w,, wenn nicht viel- leicht durch das r Hemmung in die Lautverschiebung kam. Für Baum auch assa, a. Lac, Güld. ''

Holz dar (legno Gz. S. 176., nach 98. auch bastone, also: ein Stück Holz) und so auch Güld.,Klpr., p. bMen. BK., Sskr. däru. Im Bulbassi dar (tree), im eig. Kurd. dar (wood)j Lorist. tscheleg, Feileh heimeh b. Rieh p. 396. p. »,4^ Gast. I. 565. Tschöp (spina, per scheggia di le- gno) Buch, tschilb (Holz), p. »-j^, ^j^'

Mit dar und seinen Verwandten sind nun mehrere Wör- ter componirt, wie z. B. im Sanskr. devadäru, suradäru^ fivadäruj pitaduru (Pinus devadäru), amaradäru, auch frij snigdha, pidä (Pinus longifolia), gudadäru (Zuckerrohr), brahmadäru (Morus Indica) und mit taru z. B. dirghataru, bodhitaruj fäkataru, läkshutarUj latäfarUj viratarUj deva- taru, welcherlei Composita sich auch im Germanischen zahl- reich finden. Grimm U. 529. Im Pchlvi schemdar (Parbre a poil) Anq. II. 404. 405. j im Pers. yj äJ (ulmus), vrgl. ^^tXi^u*«* Gast. I. 358. ; J\0 iki>yM (alnus j eig. rothes Holz) Gast. I. 357., turc. -Ut ^js.

Albera (so ; wahrsch. albero, Schwarzpappel im Flo- rentinisclien), sorta di pianta spindar, bei Rieh I. 143. ispindar (a poplar), das wohl so mit dem Afgh. speen (white) componirt ist, wie Pers. ^t Juä*« (um eins der beiden

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d gekürzt) Populus alba, Cast, Pehlvi sapid-dar (le peup- lier blanc) Anq. H. 404. mit p. ^M-*; Sanskr. pr^7a; dass in spindar der Nasal eingeschoben sein sollte, wie in simhel (baffi), schumbet (feria), hat wenig Wahrscheinlichkeit. ^imaxÖQa bei Ktesias hat V. Kennedy leicht aus p. yXfJü* und ^L=> (Carduus, spina) als Weissdorn erklären, da er sich um des Ktesias ausdrückliche Uebersetzung des Worts yXvKV rjdv nicht schiert. Reland^ Diss. I. 229. erklärt den zweiten Theil darin aus Qvy,jj> (comedere), den ersten unpassend aus Lio (gratum, delectabile), an dessen Stelle Tychsen hinter Heeren s Ideen p. xÜLä (mentis impos, perturbatus, pec. prae amore) vorschlägt, welches allerdings in den Namen einiger Obstarten vorkommt. Un- ter Voraussetzung, das Wort sey wirklich Indisch und nicht Persisch, passte Sskr. svädukära (delicate in taste, dainty), dessen sv in den Persischen Idiomen zu khv hätte werden müssen, ziemlich. Kurd. katcak Pappel Rieh I. 105., p. t. ^j^ (platanus) und ^ly> jl^öI (po- pulus alba) s. u.

Weinstock dare tri (arbore d'uva, wie altnord. tin- tri, eig. Weinbaum, dessen zweites Wort folglich mit dem kurd. tri nichts gemein hat.) Gz. S. 276. 280. vgl. 287. Das Alban. öo'ia^ Weinstock, zeigt vielleicht nur einen zu- fälligen Anklang. Im Dialekte der Sorani ist »JU j' Wein- beere; der erste Bestandtheil folglich kurd. tr\ (uva) Gz.,^ bei Rieh I. 144. trae (grapcs), p. 398. im eig. Kurd. terea; im Lorist. aber engheer, Buch, angthj p. ,_^t (uva), im Hindi, ausser däkha, dräkshä, auch angüra (grape), ccyxovQ (uva) Add. p. 6.ad Du C, ayyovQiöa (uva acerba). Pehlvi angour (la vigne) Anq. II. 406; aber p. 404. dafür kalma, a. ^Sf Hebr. aiD. Usi tri (grappolo d'uva). Das p. »^' (cortex uvae) Cast. 1. 183. wird man wohl kaum, das zweite Wort zu erklären, für geeignet halten. Usi oder usek allein bedeutet grappolo, uva Gz. 157. 2S0. und entspricht ent-

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weder dem türk. f^^S, uzum, v. Schubert^ Reise in das Morgcnl. I. 247., mit Aufgeben des Schluss-m, oder dem p. (^Lü^ (botrus uvae), ^^ (granum, acinus_, et semen uvae ; auch botrus uvae), i.^*«iXfi (acinus, s. granum uvae) Cast. Im Lex Petrarchae p. 249. : Uva pers. angur^ koman. xuxum {^\^, fjy^' Tiendek (acino) Gz. S. 83., p. *jtJ sji^. Ungeachtet in letzterem das zweite d fehlt, stimmt dendek (grano, semenza di qualunque pianta, o d'uva) S. 157. auch in diesem Sinne vortrefFüch zu *u!l) (granum). Dem. y5o!j (granum), so dass der Anklang an »AiJ (fru- ctus s. baccae lauri) wohl als rein zufällig gelten muss.

Trockne Weinbeeren heissen im Dialekt der Sorani ' yty eben so nach Gz. mevis (zibibbo, uva secca), p. ja^a: viell. vom p. _^ (vitis). Im Lex. Petrarchae p. 249. : Zebibum, pers. majus, koman. churu xuxum. Der italiä- nischc Name zibibbo rührt von dem Arab. ^-ajoj Cast. 11. 1008. Zibibbo nero wird durch mevts mit resch schwarz und z. rosso durch m. sor rotli unterschieden. Forskai, Descr. Anim. p. 164. hat: Uva Corinth. ^jÄ^mI^ oder zebib dörbeli ^J^J'> "r^-^j *us Aleppo; sodann eben da: zebib djaebbel aus Griechenland. Medicis : muizidj go^ j-a.

Besslra (agresta) Gz., vgl, a. 8_»*o (dactylus immaturus).

Wein: scharab Klpr., p. v-»L_-i, woher p. .!j »-»l—^ (piucerna), aiuQcxTCTaf), accqamuQr^g Du C. Mei (eiusylbig) tVein, Gz., p. ^, erklärt sich vielleicht besser aus Sanskr. madya (id.) als auf die Bd. III. Heft I. S. 61. an- gegebene Weise. Vgl. Castell. II. 2010. (^öU (mel al- bum) mit Sskr. madhu Honig, aber »oLo (vinum). Most: Ijnu^ bei den Sorani.

Quercia dare berrü d. h. arbor glandum; hern), p.

l,Jj, Eichel, vgl. Sprengel, Gesch. d. Bot. I. 223. Kurd. palut, Oss. ballass. Eiche, Klpr. As. Polygl. S.90. Ta- rdsch (qucrcia, altra specie, che resta bassa senza grosso

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tronco) Gz. S.2^.. auch alboretti, che non crescono piü che all' altezza d"un uomo S. 83. und boschetto d'alberi piccoli infnittuosi S. 101. kann demzufolge nicht nr^n Jes. 44, 14. seyo, wenn Sprengel I. 21. daraus, dass dieser Name mit andern Eichenarten zusammengestellt werde, zuvermuthen ein Recht hat, es werde darunter Quercus ilex, die iramer- grüuende südliche Eiche, verstanden. Mongol. Isarassou (ebene) Klapr. Me'm. reL a TAsie T. HI. p. 349. klingt wenigstens sehr ähnlich, doch scheint Afgh. tirkh (brush- wood) noch näher gelegen. Hindi sitävriksha (oak).

Gehört hieher auch kurd. dariben (the terpentine tree) Rieh 1.143.? Es würde etwa Baum des Geruchs bedeuten; von beert Codore) Gz. S. 197.^ im eig. Kurd. biett, Lorist. bit (sraell) Rieh I. 398., wie p. ^syiJ^O (lignnm aloes). Boe heissen im Pehlvi die wohlriechenden Pflanzen Anq. n. 406., p. _^. und i^^ (odor), 0^->^ ^^^^ valde odori- feraj. Vielleicht jedoch thut Gr. raQi{ind^og , ziQuiiOvgj TQefU&og, TQifudiygf falls damit jenes Wort übereinkommt, Einspruch. Xach Schneider im Gr. Lex. wäre ztQfiiv&og die älteste Form, entsprechend dem Byz. reoueiTir/^, tqs- f-icaiivT^ Du C , türk. ^-jy:jL4 Jj, Terpentin. Der Möglich- keit eines Wechsels von m und b, so wie des Abstossens eines End-Linguals im Kurdischen ungeachtet, muss man doch, dariben mit zei)äßivd^og zu identificiren , Bedenken tragen, schon um des t vorne im Griech. willen, wenn man darin nicht etwa Sanskr. täru suchen will. Entnahm der Grieche das Wort aus dem Orient, so Hesse sich die oben versuchte Etymologie vielleicht nur unter der Vor- aussetzung retten, dass der zweite Bestandtheil dem Frä- sen tialpart. auf end von qJujjj (odoratum esse) gleiche. Durch Mittheilung des Hrn. Prof. v. Schlechtendal er- fuhren wir, dass Kämpfer, Amoen. exot. p. 414. von dem Persischen Baume Kasitdaan spricht, der eine Art aus der Gattung Pistacia zu seyn scbeme^ und ib. p. 409. die Pistacia silvestris s. Terebinthus mit dem Namen Ben oder Wen

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bezeichnet. Vgl. Pehivi ven (\e Pistachier sauvage) Anq. II. 406. und später: Myrobalanen. Dieses, vielleicht selbst mit kurd. been (Geruch), wo nicht mit Sskr. väna (A per- fume, a fragrance), verwandte Wort dürfte nun wohi je- denfalls in dariben gesucht werden müssen \ dagegen Ara- zudaan erinnert an kurd. kazuvän (Bottina, arbore frutti- fero), benist kazuvän (Gomma dell'albero bottina). Es will uns nämlich bedünken, als ob der uns unbekannte Baura- name bottina nichts sey als eine europäisirte Form vom

y oj

ar. .^^^ (Terebinthus arbor) Gast. II. 331. oder Hebr. 0>3i?3 Gen. 43. 11. Nuces terebinthinae bei Gast. II. 332., nach Sprengel Gesch. d. Bot. I. 23. die Früchte von Pistacia vera. Mit benist vergleicht sich bei Gast. II. 383.

os.*«Uj Pers. Resina terebinthina, also i. q. [»IxjJI (iUc Gast. 11. 2774. ; nicht ganz unverwandt scheinen wvxa«Lo und wAAJwLo Mastiche, resina, et fructus lentisci. ib. I. 143. Zu kasudaan oder kazuvän, welches letztere beinahe wieder auf den Einschluss des Wortes ven rathen lassen könnte, hat sich noch keine Parallele finden wollen ; denn das p.

cy^ij^ Nom. herbae, quae odore malum aurantium refert, an citrago ? Gast. I. 455. oder gar -y^^n, nach Sprengel I. 181., die Windenart Galystegia sepium R. Brown, bei Diefenbach Gelt. I. S. 87. mit dem Kelt. ouvßLrr^s, Epheu, verglichen, möchten wenig geeignet seyn, in Vergleich ge- zogen zu werden. Kvßaaia, bei Du G. GIoss. App. p. 1 16. Terebinthus erklärt, ist wohl der kyprische Terpentin von Pistacia terebinthus L., s. Schcdel Waarenlex. Art. Terpentin, und Forskai, Descr. Anim. p. 161. ,^yJ> LLuCJU-j. Es wäre in xvßäoia das (), vcrmuthlich durch Versehen, weggeblieben. ImSanskr. vrikuj sttradhiipaj yakslindhüpa, dhvpunga (Turpentine) ; sulaveshla Terpentin vom Sal- Bauinc, ^lipishta, vom ^aral, d. i. Pinus lougifolia.

Ganella (Zimmt, wie Kavüa bei Du G.) dartshini

Gz. S. 106.; daQüirr; Du C. App. p. 53., ferner im Gloss. selbst Taor'^i^vr^ und vreQxri^rjvi^f welches letztere aber wohl wegen des k mit P. vi>«-i>jJ zusammengesetzt ist. Im Lex. Petrarch. in Klpr. Me'm. rel. a l'Asie T. HI. p. 217. Canella, Pers. Darzani, Koman. Darfini, ^^^jLx^ .?3, und Flos cinnamoroi Gul dar^ini j^jc^Sj ^ . Afgli. ,^^-U:;^ Jlj (Ca- nelle) in Me'm. 1. 1. p. 452. Nikolaus Myrepsikus habe A. Juyo .!^. Zimmt, in uqoevlxov corrumpirt, bemerkt Sprengel I. 194. 219. Hindi däratschini (cinnamon). „Chald. »:^3m, p. ^-yo .tj s. j^juo^lj Cinnamomum. J>^ notat omne quod oblongum et ligneum esl'^ Reland^Diss. misc. T. II. p. 288. Die subjective Bedeutung ist demnach lignum Sinense, aus ^^y*:^o oder ^^y*f^y Sskr. Tshtna. Gildemeister, de Reb. Ind. p. 37. —jJUjuo, cinnamomum, bei Cast. 1. 392. ent- hält im zweiten Worte schwerlich eine Verstümmelung des vorigen, in welchem Falle der Name China's zwei-

mal darin steckte, sondern p. -^J (grati odoris res quaevLs} Cast. I. 261. Kosttschen übersetzt Anq. II. 406. durch la canelle, so dass auch darin der NameChina*s enthalten ist, wiewohl man sonst eher den Kostus als den Zimmt in dem Worte zu suchen geneigt wäre. Mau hat hier ohne Frage nicht an den ceylonischen Zimrat von Cinna- momum zeylanicum, woher Sinhalam sowohl alsNamevon Ceylon als für Cassia hark, im Sanskr., vielmehr ganz ei- gentlich an Cinnamomum ludicum vel Sinense zu denken, der von Cinnamomum aromaticum N.v. E., einem in China und Cochiuchina wild und cultivirt vorkommenden Ge- wächse, herstammt. Siehe Kosteletzky, Medizinisch-phar- mazeutische Flora S. 489. Während sonst die Gcntilnamen oft sehr vag und ungenau Waareu beigelegt werden, indem man diese nicht immer nach ihrer ursprünglichen Heiraath^ sondern manchmal nur nach ihrer vermittelten Herkunft be- nennt, ja selbst zuweilen die Gentiladjective geradehin nur ganz im Allgemeinen so viel als ,, ausländisch^ fremd ^' vor- V. 5

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stellen, ist also die obige Benennung gewiss in schärfer begrenztem Sinne zu nehmen. Kivvaf.ni}/^ov,Klvva[.ioVy ^ioap 2 Mos. 30;, 24. vgl. Sprengel I. 15. (Zimmt) und

KiwccßaQi, att. ziyyaßaQi, p. .Lxi Cast. I. 430., aber oÜi-ii (cinnabaris, minium) ib. 380., GvvdßQt Du C. App. p. 177., A. Ji-^j-, Cas^. IT, 1017., iQr^cpovQ Du C. App. p. 84,, Zin- nober, auf China zu beziehen ist sehr verführerisch^ um so mehr als tschinapishta Ceig. Chinakuchen j dann Minium or red lead) dahin deutet. Nichts desto weniger hat v. Bohlen vollkommen Unrecht, ein angeblich Sskr. Wort chinavari zu fingiren, und, um die Täuschung vollständig zu machen, dies vorn nach Englischer Weise mit ch zu schreiben. Dadurch ist auch mein Freund R. Wiegmann (Malerei der Alten, Hannover 1836. 8.221.) in Betreff der Etymologie von JüvväßaQi irregeführt, ohne dass dies je- doch dort nachtheiligen Einfluss auf die Untersuchung ge- habt hätte ; cinnabaris ist übrigens, wie er zeigte keineswegs bloss Zinnober, sondern auch Name eines vegetabilischen Products. Bloss aus Unwissenheit und falscher Gewohnheit sprechen wir in dem Namen : China das ch in Deutscher Weise aus, während diese von Spaniern, Portugiesen und Engländern herrührende Schreibung vielmehr, in Gemäss- heit mit dem Sanskr., in weiterem Sinne auch das trans- gangetische Indien umfassenden Worte (Gildem. Reb. Ind. p. 77.) : Tschina, die Aussprache Tschina= Ital. la Cina (aber auch China geschrieben) erfordert. S. Klaproth, As. Po- lygl. S. 357. Sina ist nach dem Arab. ^^^jyo gemodelt^ aber auch schlechtere Aussprache als q*^ Tshin. Demzu- folge muss man es als schlechthin unmöglich erachten, dass in obigen Wörtern die ersten Sylben ^KivvcO mit Sskr. Tshina übereinstimmten 3 in Lehnwörtern entspricht nie Grie- chisches y dem sanskr. palat. tsh = Engl, ch, Kai. ci (Hall. Ihb. 1838. S. 444.), und es wäre durchaus unhistorisch, die jetzige verderbte, beinahe gerade in ihr Gegentheil umgc-

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drehete Aussprache : China (mit Deutschem ch) und Zimmt. Zinnober (mit z für Lat. c vor ij Zimmt noch hhiten mit einem müssigen / aus cinnamomum) für das Griechische geltend zu machen. Isid. Origg. XVII. p. 543. und eben so Reland Diss. I. 215. leiten Kivvcciuouor von Kütra Hebr. (n:p) und ctfuofiov (vgl. Kuodäuojuov) und Isidor sagt ferner: Amomum vocatur^ quod veluti odorem cinnamomi referat. Nascitur in Syria et Armenia cet. Nach Ezech. XX\^I. 19. brachten die Javan Meusal 7■^lz^ ni]:^ Kassia und Zimmt (vgl. KiraQTp'^ Kinr^, species Casiae, Du C, and KiTTia aus Diosc. Sprengel 1. 148. vgl. S. 15.^ und Frz. canelle, Kaneel) nach Tyrus, und zwar aus Jemen (Kosen- müUer, Bibl. Alterthumsk. III, 182., vgl. Tuch, Kommentar zur Genesis S. 210.), also gewiss aus Indien über Arabien, so dass hier noch wahrscheinlicher der Ceylonische, als der oben erwähnte Indisch- Chinesische Zimmt zu verstehen seyn möchte. Movoovlov Du C. hiess eine vorzügüche Art Zimmt nach Mosul, womit zufolge Sprengel Gesch. d. Bot. I. 147 das Kap Guardafui gemeint sein soll. IMoi). tcq- oivr^y TU ävOi^ rov Kirafiiuiiov Du C. aus dem durch seine arabisch -griechischen Glossen besonders wichtigen Lexic. Reg. Cod. 1843. zu Paris. Das Wort fiov?. ist unstreitig verderbt, kaum jedoch aus dem vorigen Worte, viel eher, da die Zimmtblüthen, flores Cassiae, s. Schedel Waareu- lex. unter dem Art., Avie oben bemerkt, ^jij^JiO ^ heissen, aus yov)., selbst wenn sich die alphabetische Ordnung in dem angeführten Lexikon gegen diese Vermuthung auf- lehnen sollte. Kurd. kakiilla (cinnamomo) Gz. S. 112. Aehnlich, aber doch vielleicht ganz unvenvaudt sind die Wörter für: Maudel (s. u.), sodann bei Cast. I. 424.

idälä Xom. medicamcnti (etwa Sskr. KäkoWi) Ar. Carda- momum vulgare G., KaxovÄs, t6 liyo^evov xäxc'ov, was nach Einigen ebenfalls C. vulgare, wozu die Pehlvi-Form Käkore (le cardamon) Anq. II. 406. recht gut stimmen würde. Vgl. noch Forsk. Descr. Anim. p. 149. und JLsIäJJ,

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eine Art Agallochum, bei Gildem. Reb. Ind. p. 68. Re- land a. a. O. hält auch Kccqtiiov bei Ktesias (Herod. in.

111. hat an dessen Statt Käocpsa, Rinde) für P. iiy> (ein- namomum}^ o3 (arboris cortex;, ut Cinnaraomum^ cassia)

Cast. T. 427. Forsk. Descr. Anim. p. 149., und das an- geblich Ceylonische Koredhu. Im Malayischen und Tamu- lischen Kartivae (Laurus Cassia) zufolge C. Ritter, Erdk. Th. V. S. 823., der ebendaselbst auch von den Kardamo- raen handelt. Buchar. ugh'tiän (Laurus Cassia) aus dem Arab. Klpr. As. Polygl. S. 250. ^eXlxcc Du C. vgl. Gc(liiily.a, A. Krs^uLw Sprengel 1. 219. Das Blatt davon heisst im Sanskr., ausser päkarandshana, auch tamälapatra^ Ar. _?tX**»^ wohin das gezogen wird, was die Griechen vom fÄaXaßa&QOv sagen. Sprengel I. 219, Cast. II. 2472. und siehe weiter unten. B&kv^stirahhivalkala (The Laurus Cassia or its hark), surasa (Cassia bark), gudatvntscli. Tqi- tpt]div, TQiipldeiov' ^vloxivvccftiofiov Du C. p. 1615. ist wohl nur Deminutivform von ZQiipig und folglich: zcrstossener oder geriebener Zimmt. Im Magyar, fahaj (aus /a Baum und haj Haar; Schaale), der Zimmt.

Das Beiwort: Chiuesisch ist auch unstreitig enthalten in: Gomma gotta (medicina) raventtschini Gz. S. 156. Theilt das Gummigut^ welches nach Kostelctzky S. 1971. von Garcinia zeylanica u. s. w., doch s. Dulk, Preuss. Pharmakop. Ausgabe 3. Th. I. S. 534.^ ge\yonnen wird, etwa seiner gelben Farbe wegen den Namen mit dem Rha- barber, welchen die Chinesen ,,das grosse Gelb^^ und die Mongolen sArtra - mo</ow (Gelbholz) C. Ritter, Erdk. Th.II. Bd. I. S. 184. nennen? Forsk. Descr. Anim. p. 157. hat: Gutta. cXijUt V) i- c- Robb Rhabarbari. Ex. Ind. Purgans. Rabarbaro (medicina) rahvdnt (so, mit h) Gz. S.

225., P. cxi^tj Cast. I. 288. Ueber den Rhabarber und seine Heimath hat Ritter a. a. O. S. 179 186. eine aus- gezoichncte Untersuchung angestellt. S. 180. bringt derselbe

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aus einem Gloss. Graeco-Ar. bei Salmas. bei: octßavtt z^ivr^' TO ()eov, und CaQaßavT t tlIvt^' t6 ^iov ßdnßaQOv, das sey Reviaud Sini = Hheoo Sinense, oder Revand Chini. Gast II. 3487. Vgl. CaQußavirC ivjj t6 ()iov ßcxQßaQOv. Du C. App. ad Gloss. p. 77. und QaßavTir^ivtj Gloss. p. 1279. ; das erstere vielleicht mit Pers. j oder ;t (ex). Bei Du C. Gloss. p. 1580. und Add. p. 5.ist aQeßavTit^r^vij auf unstatthafte AVeise zerrii'Seu. Rheumrhaponticum Spren- gel, Gesch. d. Bot. I. 148. Ist nuu jener orientalische Name aus Rha ponticum entstanden, oder umgekehrt, durch Missdeutung, letzterer erst aus jenem? Vgl. Reubarbarum und reuponticum Sprengel]. 190. 194., ()ioi' ßäoßaQOv u.s.w.j besonders S. 219. tX3»^, als die ächte Rhabarber (Rheum palmatumX doch s. Dulk, Preuss. Pharmakop. Th.l.S.830. ff. Im Lex. Petrarchae in Klapr. Me'm. rel. a 1 Asie Th. III. p.219. Reubarbarum^ Persisch und Komanisch raitand, Jü^.. Für die erste Ansicht scheint das analoge Rha barbarum zu sprechen^ obschon, wenn man einmal rha (angeblich nach der Wolga benannt) für sich als besonderes Wort betrachtete, ^uch der Zusatz nahe genug lag. Ferner heisst im Kurd.

Assenzio pontico ghiäbend Gz. S. 95. aus bLa_^ (herba) s. o.^ und Pontus, wie uns dünkt« Bei Gast. I. 264.

II. 781. f^ß iJy»^^ (also mit dem Zusätze: Türkisch)

Absinthium Ponticum, quia circa Pontum frequens: unde semen contra vermes coUigitur^ et ex Chorasan deportatur Halebum. Ital. Semesanto, unde Lat. Sementina. Nach Sche- del's Waarenlex. Bd. II. u. d. W. Zittwersame soll Der- rnani'iurki die ordinäre Sorte, die beste dagegen Z?^rw<i«i- Shira%i, Wurmsamen von Sehiraz, seyn. Siehe auch Dulk, Preus.s. Pharmakop. Th. I. unter Cinae semen. „Die Blüthen- nkörbchen von Artemisia santouica L. (^^avdovixr^y Absin- 'ithium marinum Du C.), als Wurm- (oder Zittwer-) Samen. »Das ganze Gewächs wird in den Apotheken von Astrachan »als Absintliium ponticum aufbewahrt.« Kosteletzky S.700.,

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aber Wurmsamen wird auch von Absiothienarten (eben da S. 698— 99) entnommen, ^tDarmne daschtih (le D. des deserts), la Sementine de Perse« Anq. ZÄv. II. 398. aus obigem iu^üund j_^i^*^ (in deserto existens) vom u^-iii^ Kurd. dest Wüste. Sprengel I. 158.201.: zytver (ArtemisiaSan- tonica) und pontischer Wermuth (Artemisia ]!0ntica Cato cap. 159.) S. 119. Ausserdem im Pers. äJL^ Cast. I.

388. und ^5^*5» 222. (Abrotanum vel Absinthium pon-

O ... JJ...

ticum^ s. sementinum); ^y^ (austerus sapore 2. se-

mentina. Absinthium marinum) Cast. I. 466. Kurd. me- dshever (assenzio) Gz. Afgh. nagedunah, iu^JsJT^ü Ab- sinthe. — Du C. App. p. 170. hat ro ccßQOtavov ro ^Aq- fj.Eviy.dv 10 leyöixevov otj^^Aq (,isvi. GIoss. p. 1377. glx- aQf.tsvt]. p. 1496. oi)x, to aßqoTOvov. p. 1414. Govyi. Bei Castell. II. 3742., vgl. die Syrische Form 2487., g^ Ab- sinthium Ponticum. Sprengel 1. 223. bestimmt diese Pflanze als Artemisia ludaica L., schecha bei Rauwolf (Sprengel I. 356.), von der, wie man ehemals glaubte (s. Dulk 1. 354.), der Zittwersame kommen sollte. Eine Artemisia wird jeden- falls gemeint seyn; vielleicht Artemisia Abrotanum Linn., die, unter andern, auch als Wurmmittel dient. Forsk, Flor. p. LXXIII. giebt semsaek vel msaek (Artemisia abrotan.?) an, aber Descr. Anim. p. 146. Schiah, ^^ als Achillaea Ageratum (juyrjQurov). Du C. App. p. 18.: avxxidav und p. 17. ungenauer avöidav^ TOGEQicpov, 6 nkcctvxvfiivog, tOTL de levxog xal f-ielag. Du C. führt als Erklärung Ab- synthium bei^ und uipvvd^iov 0-aXätJGiov, riveg ds xal oeQÜpiov xalovöL bei Theophrast ist, zufolge Sprengel I. 159., Ar- temisia maritima. Chald. ^^\^ (Absyuthlum) Cast. II. 25. 539. Du C. Gloss. p. 1176: nixavoxxidav, (ti^a iativ^ t6 Tilazvxvfuvov (s. auch xsQafiir?^); wahrscheinlich mit Fers. ^Aj (radix). Die Belfusswurzel von Artemisia vul- garis Llnu. ist bei uns officinell. Dulk Preuss. Pharmak. I. 137.

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Bosco orman Gz., T. qU.^I (silva), Kirg. urtnan KIpr. Mem. rel. a TAsie T. IIJ. p. 353. Bei Rieh im Bulb. arman (forest), Lor. zor. eig. Kurd. hesheh, bei KIpr. As. Polygl. S. 299. kurd. besehe, p. *Ji^ Cast, 1. 160. Ob auch Ital. bosco, Busch u. s. w., die Klaproth herbeizieht, ver- waodt seien, steht sehr zu bezweifeln; mit mehr Grund dürfte man an tieIou, ara&fwg ivhov Du C. denken. Sonst hat Klaproth auch »i^^cA (Wald) als Kurd., Tscherkess. m^**, womit das (wenigstens bei Cast. nicht vorfindliche) Grund- wort p. *-i^, Eiche, in qUümmX^, Eichwald, übereinkom- men soll. Bei Forsk. Flor. p. XXXIV'. Türe, mesiae vel meisjae (Quercus robur) und neugr. fiiaaa{Q. eerris), Türk. xi^ (quercus). Selva, boscoso rel Gz.

Oriental plane tchinar Rieh 1. 105. 106. 161., Pehivi ischenar Anq. II. 404., p. .U=> (Platanus arbor. 2. Populus

alba nigrave) Cast. I. 213. A. ß^ H. 587 und )Lo II.

3209., schinar (Platanus orientalis) Forsk. Flor. p.LXXV. p. yj^\yi Ahornbaum. Siehe oben Pappel.

Cypresse selvi, »turc^^L« pro ^-m a.p.« Clod. lex. Türe. p. 159., Alban. aeXßly Pehivi sarv a. a. O., Hindi sarta.

Ginepro atrest Gz., wahrsch. p. ^.\ (Sabina, ju- niperus) und {j^^j^ (Sabina arbor).

Sabina Du C. App. p. 73. tnxovX, Cast. 1.9. II. 9. 292. J^( Ubhul effertur. Sabina et baecae ejus s. fructus. Du C. Gloss. p. 431. inXovX (mau verbessere imxovl), aaßira.

Cast. II. 634. ^^^^ Pers. Daemonum arbor, sc. Sa-

binae species Indica ; est arbor procera instar juniperi, multa in terrilorio Kasmir, folia habet splendida, provenit in montibus. Et cum Pers. ^ Lac hujus arboris. Vgl.

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Cast. I. 285. Das ist ohne Frage Sanskr. devadurif, d. h. Deorum (nicht, wie die Perser Sskr. deva zu dev um- deuteten^ Daemonum) arbor^ womit Pinus devadaru^ aber auch zufolge Wilson in Bengalen Uvaria longifolia (Jkäsh- Ma</arM) und in Dekan Erythroxylon sideroxyloides bezeichnet werden. Vielleicht Du C. vtevtsqov, s.u. Auch die Syrer haben einen: Baum Gottes, dovßad-, was aber xQVGoy.6(.irj ist. Sprengel I. 228. Cast. II. 642. Sskr. snigdha (eig. ölig) und snehaviddha (Pinus devadaru) u. s. w.

Du C. Gloss. p. 351. i'Qsli(.i, ra xovy.ovtccQia (nux pinea); p. 1722. läßß i^^elei^i oder /a/?s/?aA£^^/^ Wohl Cast. II. 1053. und 1096. unter c: ^^t wo> Bac- cae foras subnigrae, intus albae, molles, gustu suaves

atque esculentae. Das erste Wort ist jedenfalls «.-.o- Bacca, grauum u. s. w. Du C. App. p. 195. %a/r>; aävanccQ, ia OTQoßilcc. Cast. II. 1096. nr. p.: jjJLaoJ! w^:>- Nux pinea von ßy-*» Pinus pinea. Sprengel I. 223.: jL^aJl jiy^*o Pinus halepensis, von welcher der Zapfen jj^ heisst. Du C. p. 1008.: vtalyov^ct' tcc OTQoßila, vielleicht zu schreiben vr'^. wegen p. »j^Jb» Nux Indica. Pinastri conus, et ipsae nuces. it. Fructus pistaciis similis. Cast. 1.21 1. und 3 jJt> Nux avellana. Strobilus. II. 556. Vgl. Schedel, Waarenlex. Art. Pineen, Pinculen (Pineae nuces). Du C. App. p. 46. yavov und, vermuthlich richtiger, yQccvov p. 51. Du C. Gloss. p. 1008. vtbvteqov, xovxovvaQia lv~ dix^, vielleicht Sanskr. devadaru (Pinus devadaru); denn

nach Cast. I. 482. ist p. jIä^sj^ Pinus, pinastri species. 2. Papaver, und aavanccQ ix^ivr), xovxovvaQia ^Ivdixu bedeutet wörtlich pinus Indica. Dass das zweite Wort P. (^lA-A^ (Indiens) sey, lehren viele Beispiele. So oben Tamarinde unter d. W. Elephant. Ferner: oavvax^ ixx^v^h ifvl^ov ^IvöiHOVj d. i. wahrscheinhch das Blatt von Lauras Cassia, ,^\>J>S> ^v>Lm Forsk., Descr. Anim. p. 148.

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Siehe oben unter: Zimmt, und Cast. II. 2472. ^^1—'. P. -v>U, sjLw Cast. I. 322. Malabalhrum: quod a Ta~ malabaira (Sskr. tamälapatnif auch supatra, gandshadshuta) Indorum formatum, quo foliura Indicum designant. ^ETixth (ftXXov "irdixöv Du C. Gloss. p. 432.^ allein App. p. 73. tTCix^X' (pv)J.ov i^dioofcov. Nicht minder Du C. p. 1555. t^aßuQ aLaxxivTiyXtQXQOS hStxog, was in T'Caßaqg iy- Xtvti^ xeyxQog i. geändert werden muss, (^JJJ' (j«j^L> s. ob. miglio. Zr^tao, xlyxQog ^Ivöixog. Du C. App. p. 78. Ausserdem ib. p. 202. ut.i7ii]xiY%iy xvöionov ^Irdixör, d. i.

wohl der Sache nach s. a. a. Ar. u^ Cydonium Indum. Cast. n. 3758. Endlich:

Kardamomen Du C. p. 1344.: aer^Tuqa ixxtv tI (lies Ixxiyti), xäipvxov ^Ivdixov. p. 628. xaxpixov, recentioribus Graecis Cardamomum appellatur^ quod semina in ordincm digesta quibuslibet thecis involventibus quasi capsis conge- rantur. Ib. aej^ra^arCava/, p. 1376. dix^scf, p. 1353. aevTUQaxiC, (T£vra<)aTr/xX'*'«Matth. Silvaticus! Capsia, i. Seitaragi. DuC. App.p. 170. otxrct^aT^Xtdog, xa(//ixov ^IvÖLxoVf p. 171. aiTQa^. In Aegypten cÄrt5Ä«w, Karda- mom^ von Schubert^ Reise in das Morgenl. Th. II. S. 18., unstreitig dasselbe, als bei Forsk. Descr. Anim. p. 149. JL* w*:> (Cardamomum), mit Wechsel zwischen 1 und n. Vgl. T*>, v)>Ä* und ^\^ mit ]yi Cardamomum vulgare minus. Cast. n. 303. Bei Forsk. 1. 1. ^^^^^^ ^'5 (C, majus}, s. V. Zimmt, und -ccis^-ii^ (C. minus) Cast. I. 383. Hindi iluyatshi, elä (cardamoms), Sskr. elu Car- damoms, the seed of tlie Eletteria cardamomum^ orAIpinia Cardamomum: it applies to both the large and small car- damom^ but most commonly to the former; tsharmasam- bhava, eig. hauterzeugt; bahulä, tshhardikaripu ^ elikä, korangi, bald, sükskmdj gulmi (small cardamoms), mesha, bhrtngaparniku (small or Guzarati cardamoms)^ kanyä, kumärikä (eig. Mädchen), göpaiä, ludakdphalaj surabhi-

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tvatshf divyagandhä (Large cardamoms). üeber den Un- terschied beider Sorten s. Dulk, Preuss. Pharmak. l, 234.

BpQccTt], xsÖQog /nsyccXy], rj dyqia xT^TiaQtaaog. Du C. App. p. 41. rii^a jffn«/«, arbor cupresso similis, soIi orienti cognita. In Rosoh hascliana inter 10 genera cedrorum nu- meratur. Cast. II. 450. Vgl. Sprengel I. 22.

Weide Kurd. sughuit (willow) Rieh I. 105.^ Türk.

o^-i^-jw, öjf^ (salix). Im Pers. Jua_j und ,^^-0, Buchar. hid, bei Du C. (.mir, rj hia, Weide; dziä Du C. p. 150.^ vgl. Cast. II. 89. \h\ (salix). Kurd. shorabi (Weeping-willow) Rieh. Du C. p. 1338. Ga(pöäcp,9i\ier p. 1332. ocivoacp' 6 xvXog T/jg häag, ar. v«ä«iäjo (Salix subserrata Willd.) Sprengel L 25. 224. Bei Forsk. Flor.p. LXXVI. S. Babylonica, bei Rauwolf ^rard (Sprengel 1.256.), ar. Vt^' Pers. tjLÄw« <-Xju seheint dasselbe mit Pehlvi premeschk Auq.II. 407. Zaqvaßä Du C. BeiMatthacus Silvatieus: Zarnah, sunt folia arboris magnae non facientis fruetum, similis salici, habcns odorenj; ut odor Citri. Ob zarnah bei Rauwolf Salix Aegyptiaca sey, fragt Sprengel I. 356., während er S. 224. ^jj geradezu so deutet.

Cast. I. 309. II. 1089. nr. 4. ^^j^ Pers. Plantae odo-

rätae nomen. (Crocus. Bos silvestris. Arbor magna, haud pomifera^ in monte Libano Gig.).

Sambuco ghid ghenly cioe erba puzzolente. Vgl.

P. (jÄJjüS' i. e. foetens corpore. 1^ Ovum foetidum 2^ Sambucus Cast. ; aus lAii , ^s^yj^ (foetens)^ das mit Sskr, gandha (Geruch) verwandt ist. Dieselben Elemente, als das Persische, nur in umgekehrter Ordnung, enthält Kurd. /e«cA ghenl (cadavero d'animali, quando puzza) Gz. S. 103. Auch im Lith. smirdeles, Attich, von smirdziu (foeteo).

Ebano ebanus, Hindi äbaaüsa, A. ^jtyXiSy aus dem Griech. sßevog, wie die beibehaltene Nominativcudung be- weist. Das Wort ist aber Hebr. D>??n (Diospyros ebenum)

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Sprengel I. 14. Bei Forsk. Flor. p. XCVI. j^^ und

j«-«äwi^. Pers.jxi; (Ebenus. Lignum quoddam^ quod ex India affertur^ egregiis arcubus paraodis idoneuni}^ iS^-fA- Sskr. tinJu, iindukaj tindiila, sphürdshaka, gdfara, ken- dtika (Diospyros glutinosa), ktilaka, käkatinduka, kendu (D. tomentosa)j käkendttj kälaskandha (D. raclauoxyloo)^ sindhuputra (eig. Sohn der Seej eine Art Ebenholz).

Baumwolle loka im eig. Kurd.^ P. &yjj Gossipiura a folliculis cxtractum. Cast. I. 496.; petnmek in Lorist. Rieh I. 398. Pam6/<(cottone^bombace) Gz., bambUjGü\d.,bambru

KIpr., Tscherk. bambi, Oss. bompag, P. ä-IjLj, T. ^ *aJLj- ouj (gossypiam), Walach. biimbacu, Alban. Tiu^jiovXy Ung. pamut, bei Du C. ßd/ußa^j ^Tiafinaxi, ßofirtaxiov, im Lex.Petrarchae Pera. pamba (a^^^^undKom&nischmagugh, Das MLat. botnbax erinnert stark anbombyx (Scidenwiirm) und lässt beinahe auf einen Orientalen Ursprung des Worts rathen, wie unwahrscheinlich dieser auch aus anderen Gründen wäre. Dass die Stadt Bombay, wie v. Bohlen muthmasst^ daher den Namen führe, oder auch vielleicht umgekehrt die Baumwolle von der Stadt^ bestätigt sich meines Wissens durch nichts. Pehlvi pembeh (cotonnier) Anq. II. 405. Poln. batcelna, Lith. bawilne sind slavisirt aus dem Deutschen batimwolie; Lith. heisst die Wolle:

wilna. Ar. ^^\y>' Gossipium et Pers. auJu v.\y>- qs. ^üaäjj^ per apocopen, Nux gossipü Cast. II. 511. er- klären vielleicht gossypium und gossympintis. Aus Ar. ^, Baumwolle, erklärt Sprengel I. 19. 182. 221. nicht nur Engl, cot^on, Kattun, sondern auch n;r:, xi-^iöv] doch heissen Flachs und Leinwand sehr ähnlich q1 *'^^; Kurd. ktän (lino). Im Sanskr., kshumu^ mälikä (Liuum usitatis- simum), umä aus ve (in einigen Formen u\ weben. Sskr. tüla mn., tülapitshu; karpäsa (cotton), -t (cottou- tree), p. (j*lj/ Carbasus, linteum ex gossj'pio ad con-

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ficiendas tunicas. Gast. I. 444.: Hindi kapäsa, rüi, semhala

(colton).

Zizypha sindshov Rieh I. 197., ^Iv^ifpay ^k^ivfpu Du C, so dass also %izyphus, Span, azufeifa, Jujube, Ital. giuggiolo vielleicht ein n eingebüsst haben. Vgl. Sprengel I. 180. 216. Gast. II. 3666. und Etym. Forsch. II. 36. Im Pers. Ou^sM.*^ und ^X^^Xm. ; aus dem Griech. ^^^yKM, Gast. I. 388. - Im Sskr. svuihiphala ie\g. süsse Frucht) karkandhuj kala; pitshtshhuladalä (Z. juj üb a), ÄwÄo/a, ku~ valtty kolij grhhti, ghontä, batlara^ gridhranakhi_, kantakin, verata.

Du G, App. p. 30. aTdifi' 6 (mftvog. Hebr. "ran m. (Rhamnus), ira Plur. Zizyphus Spina Ghristi, nach Sprenge! I. 12. Gast. IL 89. In Du G. Gloss. p. 149. araÖTJfi. Nach Gast. 1. c. i. q. g>-*^ Lycium^ rhamni species. Du G. p. 155. ttvöi]%l,a, l)a/iivov (pvXlcc; p. 19. fälschlich mit v: avai^t^. Forsk. Flor. p. LXIII. GVL Lycium Europaeuui, nach Sprengel I. 216. aber Zizyphus Spina Christi.

Du G. ^avXkv^ /cAei; (Lycium; lotus). Gast. II. 1165.

nr. 10.: ;;q^^> Succus tov \jat:os>- (lycii herbae Gig.)^ qui oculis indi solet. aXavov^ arundo aquatica.", vgl. II. 1192. Nach Sprengel I. 11. 216. ist ^jiiC3s> Lycium Rau- wolfii.

Du G. Gloss- p. 1655.: (pa'ila^axctQcct, aber p. 970. (.instla, Zax«(>a^, ^6 IvxiQv* Wahrscheinlich Gast. II. 3005. nr. 4. ^r^^ Lycii genus, und so auch vermuth- lich das unter 5., jedoch ohne Bedeutung augeführte

Du G. p. 1410.: öoi'xxaif, Itvmüavd-ct rj axay^a. 'iSym Spinosa arbor; cum UsaJ! Spina alba. Gast. II. 3711,

Du G. p. 1139.: nedovciQ oder nedovctQTj tu uv^ij tov ylvxaxävd^on. Wahrscheinlich Gast. I. 74. 77. Oj^\ «>L qs. a,vef.ioq)6qYi%ogy quod autumni tempore cam pondcre ad-

77

modura levem ventus per campos pen-olvat et asportet. Spina alba^ quo delectantur cameli cct.

B8QßeQT;g Du C. Gloss. p. 189., unsQ^neQig^BeT" beris, Osyacantha, p. 971., Berberize, Sauerdorn, Beissel-

* '^'^ beere^ Passelbeere Dulk I. 181., Ar. (j^;b ^\ i. q.

-AJt et \j^j^ jts^y Pers. Zirisjc. Cast. I. 51. II. 155.

Du C. Gl. p. 1008. : vTSQaiacci- 6 aoTiakadvg. Sprengel Gesch. d. Bot. I. 80. 156. erklärt aa.^u/xc^og für Spartiuni villosum W. und eine andere Art für Sp. horridum Sibth., aber ^^L*-i-yÄ Jo I. 222. für Sp. spinosum^ vgl. Cast. II. 899., wo dieser Ar, Dar SJisJan durch Aspalathus, erysi- sceptrum wiedergiebt.

Du C Gl. p. 374,: tlxäqd, ay.axia^ wahrscheinlich Ar. JbyJ (Acacia vera) Sprengel I. 225., mit beibehal- tenem Artikel.

MovQ' TO Of4VQviov Du C. Hobr. la (Art Acacie, wel- che die Myrrhe liefert) Sprengel I. 26. 88., jA (Mjnrrha)

Fofsk. Descr. Anim. p. 158.,Ar. »-* Arbor mjTrhae Cast. II. 2129. nr. 21. von -na (amarus fuit). Daher auch viel- leicht xvvafiovQ' 6 xöoTog 6 rttxQog Du C. App. p. 104., oder wohl richtiger xova/novQ p. 113,, nicht mit .^./.-.^^^

oder Ja.*M3 (Tamarix Orientalis), auf dessen Blättern sich

i> > ein Honig erzeugt, Sprengel I. 217., noch mit _bj*s5

Costus, Sskr, kushlha (Costus speciosus), sondern vielmehr

mit Pehlvi kouste (Coloquinte; s. sp.).

Lorbeer vTUQfiovT' t] dacpvr] Du C. ist vielleicht

corrumpirt aus Ar. c>-*^jJ5 Arbor Lauri Gigg.^ vi:/»-«^^'»^ Pers. Laurus. Cast. II. 662., indem man fälschlich darin

^b, Baum suchte. Pers. v:>-ä-».PJ Laurus. Cast. L 282. Du C. p. 1332.: aavxi^aQOvkyct^' tj daqyi], Ar. AM (Laurus nobilis) Cast. II. 2709. mit _5\Ä (arbor). Forsk. Descr. Anim. p. 150, 154.: AaAA el ghar (baccae lauri).

78

Unstreitig gehört in Betreff seines ersten TheiJes hieher auch: ai^sQOvnax' sl^og öivÖQOu. Du C. p. 1356. App. p. 168., vgl. Forsk. Flor. p. CIX. CXVII.

Sumach Du C. Gl. p. 1411.: oovf.i(xy.i (Rhus),

a. ^Uw (Rhus coriaria) Sprengel I. 183. Cast. II. 3562. "Po, Qovdiv, y.al QOvS^iv ro aofiaxiv. Du C. App. p. 165.

Du C p. 1535.: TaQ(ps' fivQixrg ra qivXXa. Cast. II. 1576. nr. 9. Is-b Tamarix arbor s. Myrica. Forsk. Flor. p. LXIV. Tamarix gallica.

Oleander x^q^ay^equ,' iq l)ododdg)vr]. Du C. App. p. 197., i. q. apud Cast. I, 234. ;,,pers. «;^y> i.e. Ve- neiium asinorum. Frutex s. arbor venenifera parva; Colo- cynthis : quod folia ejus et flores asinis canibus aliisque animalibus venena sunt. Diosc. IV. 82. et Raphanus sil- vestris. It. Neroon rhododaphne, s. Oleander.", vgl. Pehlvi khirzerd (le Laurier rose) An q. ZA v. II. 407. Der Oleander (Neriura odorum) steht im Rufe^ den Pferden tödtlich zu seyn, was mehrere, Etym. Forsch. II. 425. erwähnte Sans- kritbenennungen desselben ausdrücklich bezeichnen^ und giftig ist er allerdings. Kostelctzky S. 1061. Sskr. kara- viraka (A poison, the poisonous root of the Oleander). Die Plin. XII. 18. erwähnte, ebenfalls den Pferden tödtliche Pflanze im Lande der Ariani: „Frutex pestilens raphani, folio lattri, odore equos invitante, qui paene equitatu orba- vit Alexandrum primo introitu : quod et in Gedrosia accidit^* ist vielleicht keine andere. Das Ar. jc-J^^ (Nerium Olean- der) Sprengel I. 216. scheint aus dem Griech. (/; dyQia) dacpvj^ i. q. (wdodäfpvt] ib. 142. entstellt. Oleander 190. ist ein, aus Gr. (wöödavÖQOv umgestaltetes Wort, und zwar, weil der Lateiner darin sein laurus hören wollte, s. Du C. Gloss. Lat. lauriendrum, welches sich dann noch später gewissermassen zu oleum hinbeugte. Siehe ausserdem Du C. App. p. 54. d£YÖQOQ6dnvyü.\\c\\7iiy.Qodcccpvr^ mxAvLöiov. Im Sskr. fdlakumhha, und ftetapushpaka (Nerium ; the white variety), sugandhikusuma (A sort withyellowish flo-

79

wers). Vitandä The Oleander plant (Nerium odorum), ^atapräsa, hrikara, laladambti.

Sskr. visha (venenum) bezeichnet auch A vegelable poison (Aconitum ferox); d. i. \J*-*:i Herba Indica vene- nata, Napellus, thora. Gast. I. 161. If. 345. Wenn an der zweiten Stelle gesagt wird, es wachse vorzugsweise diese Pflanze in Sindiae urbe J^^, so scheint das eine Ver- wechselung mit Sskr. halähala, hulahulOf huhala u. s. w. (A sort of poison), Hindi halähala (venom), um so mehr da Sskr. huhähala als n. eben dieses, als fem. auf - u aber a small mouse bedeutet^ Castellus an der zweiten Stelle zufolge aber J^y* jjÄ-o Aniraalculum simile muri, quod inter radices illius plantae vivit^ ejusdemque antipharma- cum habetur. Vgl. Gast. I. 559. II. 849. JoJü?, Jj?:^, (3L^ Toxicum Lethale, aut certe ejus species. Gummi napelli. Aconitum Xapellus ist bekanntlich der bo- tanische Name eines giftigen Strauches. Siehe auch Wils. V. tatsanäbha.

Datura Sskr. Jhatfüra, Iliodi dhatüra (Thornapple),

P. »^'_^& et iJplj (vgl. Datura Tatula Sprengel I. 349.) Cast. I. 170.255. U^3857. Datura i. q. ^U j^b^ (eig. nux Daturae), Datura metel Sprengeil. 215. Auch dieser zweite Name findet sich im Sanskr. 5 nämlich mätula (D. metel), vielleicht verwandt mit matta (eig. intoxicated und auch Datura)^ mohana, purimoha (Stadt berauschend), khala (^schlecht), kanaka, kanfaphala (dornenfrüchtig ; Stech- apfel), trihatputali (eig. grosse Bignonie), ^atha, sumana^ kharadüshana (Eseln schädlich, Avegen seiner narkotischen Eigenschaften), dhüstiira und dhttrtta. Verwandte mit dem letzten Namen in abendländischen Sprachen s. Comm. Lith. II. p. 36. und vgl. Sskr. ridhura (perturbatus, agitatus) Lassenii Anthol. Siehe noch besonders Forskai, Descr. Anim. p. 151. und Cast. II. 52.

Hellebonis xctqßax Du C. Gloss. p. 1732, App.

80

p. 196., wo auch ungenauer laQßai, ou-> Cast. 11. 1389. nr. 12. xaQfi'Ticci ianrjt, 6 eUßoQog levxog (Pers. Ju-y* weiss Cast. I. 232.). XaqfXTiccg ^aiä, 6 i. 6 fielag, mit Pers. »La« schwarz^ »La« v-äj^- 1. 1. 2xaQg)j^ (elleborum nigrum) Du C. Gloss. p. 1383., xaQTtöv App. p. 94., iaöfpaT (eil. niger). ^Aaxkrjda, xai ^Avcc(pr]GTog, 6 iXsßioQog 6 Xevy.6g Du C. App. p. 29.

Hyoskyamus nkvt, (folia hyoscyami) und, wohl nicht ganz genauj nevt, und Tie'Qo (hyoscyamus) Du C, jPwu (H. pusillus, muticus, reticulatus) Sprengel I. 215. Cast. II. 375. H. Datora Forsk. Descr. Anim. p. 155.^ aber »;>>Lj Flor. p. LXIII.

Sandelholz Vgl. darüber C. Ritter Erdk. Th. V. 815 823. Im Sskr. und Hindi tshandana, DnCoavsTccv, aavTav, Cosm. Indicopl. TCccvdavav im Accusativ, pers. qv\a:>- und JiAa^ (Sandalinura lignum) Cast. I. 215. Bei Sprengel 1.214. j^-aoUw JiAä^o (Sirium myrtifoHum, weis- ses Sandelholz) aus Macassar (Celebes) und China; -♦i>t JtX-JLo (rothes Sandelholz), Sanskr. kuts/iandnna^ Ptcrocarpus santalinus Sprengel I. 222. Mix (weisses und rothes Sandelholz) Du C. (jloss. p. 922., was noch den nächsten Anklang an DUaS« oder D»aaS« (Pteroc. san- talinus, nach Sprengel I. 19.) gäbe, vorausgesetzt dass Sx beibehaltener Arabischer Artikel sey. Vgl. Cast. II. 1985. Das daselbst erwähnte Indische sercandoj bei Schedel, Waarenlex. Art. Sandelholz : sarcanda als der Baum, wovon das gelbe und weisse Sandelholz komme, hat nichts, wie a. a. 0. Castellus mcint^ mit den Seres zu thun, sondern ist vielmehr Sskr. säragandha (Sandal wood), eig. Geruch als Essenz habend^ sonst auch sugandha. Külika (A black kind of Sandal), filodbhava (A superior sort of Sandal wood, either the white or brass colourcd sort.)

Agallochum. P. v. Bohlen (Ind. Handel S. 71.) hat das Wort aus einem zwar sprachgerechten, allein in Betreff

81

des Suffixes bloss fingirten Sskr. a ff aru-kam gebeutet, wo~ gegen Gildenieister, Reb. Indd.p. 65.. meint, es erkläre sich aus Sskr. affurti mit einem muthmasslichen Prakritworte rukkha st. Sskr. rriksha (Baum), welche Ansicht im Zi- geunerischen ruk (Baum) Graffunder S. 39. einige Unter- stützung findet, obschon auch rohi im Sanskr. selbst Baum bezeichnet. Siehe auch Benfey, Griech. Wurzellex. I. Bd. S. 148. und vgl. a>S~»K (Excoecaria Agaüocha) Sprengel I. 24.. das Aloeholz, bei demselben 225. J>^ (Lex. Pe- trarchae p. 218. PeM. etid Lignum aloes) und -s^LcT welches letztere aber nach S. 220. Aquilaria ovata, ein wohlriechendes, geflecktes Holz^ ist. Siehe bei Schedel, Waarenlex., die Art. Alocholz, Agallociiehulz, Calambac- holz, Adlerholz, die von verschiedenen Bäumen zu stammen scheinen. Sskr. agarUj aguru Agaliochum (Aquilaria agal- locha Roxb.)^ auch agnikushtha (Feuerholz)^ kushthaka, vanatshandana, rarshika, kantshukinj löha; lohiia (A red kind of Agaliochum). Käkatunda A dark kiud of Ao-al- lochain, sonst kdlägtirtt. ^A'/äXh')xov und aquilaria sind of- fenbar europäisirte Formen mit falscher Etvmolo«ne

»'•wo

Pers. ^J3^ ^ignum aloes [also dasselbe Wort als aloe]

und Agaliochum) Gast. I. 47. ; ^^^JtX 46. ; ^IäJ c>w* 558. ; t^yiJiO (Geruchsholz) : ^<^^. u. s. \v. Xylaloe, Agaliochum II. 1612.; ^f> Agallochi genus optimum 3601.

Frutli meta Gz. S.68., Buch, meiva, P. «^^ (miveh et meiveh) Fructus quivis. Pehlvi miveh Anq. ZAv. s. o.

ifVÄ-/(frutta)Gz. S.130.. A. i^y'i JT^r« cfrntta nuova) ; schwerlich doch durch Verwechselung von k statt »i, noch auch mit kev, blau, bei Rieh, statt grün, verwandt?

I V) Musa paradisiaca aus Ar. -^ Gast. 11. 2011. Sprengel 1.217., Sskr. mofshä the plantain (Musa sapientam). Streun im Realwörterb. hat Platin, Plantin, Plantain, Pakona, Pa- V. 6

i

82

tona^ Musa^ Pisang (der Malayische Name Schleierra. l'Infl. p. 536.), Bananes als Synonyma. Vgl. C. Ritter Erdk. Th. V. S. 878. Der Zusatz sapientum ist nicht etwa durch Musa hervorgerufen worden, sondern durch Plin. XII. 12.^ wo die Frucht als Speise der sapientes (gymnosophistae) Indorum angegeben wird. Sskr. uyatatshtshhadä (lang- schattig)^ kadali von den grossen Blättern, vgl. Theophr. hist. 4, 5. Sprengel I. 69., hhänuphalä (Sonnenfrüchte tra- gend, weil man deren der Sonne darbringt), mandshiphaläy

gutshtshhaphald, nagaruushadhi, surataru.

% Kokosnüsse Pers. ^j^ Cast. I. 521.^ Ar. J^j^y

(Cocos nücifera) Sprengel L 189. 223., a^yk'Kl.Kx Cosm. Indopl.^ Sskr. nädlMla, nälikeraj ndnkeraj nänkeluy Hindi näriynla. Ritter, Erdk. Th. V. S. 834. ff. Was von Bohlen, Indien I. 38., behauptet, und worin Ritter (Erdk. Th. V., wo er von S. 834. jenen Baum bespricht) ihm beipflichtet, dass jenes Wort: saftig bedeute, beruht auf der Herleitung aus nurika (watery)^ die aber nichts weniger als gewiss genannt werden kann. Payodhara (milch- oder wasser- haltig}^ karakämhhas (iü der Schaale Wasser habend), khänodaka (beim Zerreissen Wasser habend), käufikophalaj mundaphala (kopffruchtig, aus myt'iologiscnen Gründen), kürtshafekhara aus kürtsha (a bunch) und ^ekhara (sum- mit), phalake^ara (an der Frucht faserig), dir4fhapädup%t (langer Baum), sutunga (sehr schlank) und hmga. Sprengel I. 189.: »Kosmas Indicopl. spricht von der Kokospalme '»unter dem Namen ccQyelXia, von dem süssen weinichteu wSafte derselben, den man Qoyxoaovqa nenne, wie noch »jetzt sura der Saft der Kokospalme hcisst. Für das Reifen »der Frucht gebraucht er den Ausdruck rayyii^ti: dies »Wort erinnert an den nialabarischen Namen der Kokos- »nuss, tenga.u Mit letztcrem stimmt wohl kaum obiges ttinga; allein stirä ist im Sskr. spirituous liquor. und der Kokosbaum heisst daher surukara (Palmwcin hervorbrin- gend). In (loyxooov^Mx bezeichnet violleicht das erste Wort :

^«8

Baum (Sskr. rfthi, Zig. ruk), vgl. ob. Agallochnm. Im Pers.

> bei Cast. I. 334. Zythum^ vinum^ vel potus ex oryza

confectus. ^oQoad siog, olvoTtoiög, als Indische Gottheit^ Athen. I. 24.^ vielleicht mit Sskr. deca (Gott). S. noch Reland Diss. T. I. p. 230. und suri, Saft aus den Knospen der Kokos- palme, in Strehlin^ techn. Wörterb. unter: Cocosbaum.

Cast. II. 263. f^j^ K'ux Indica major, vulgo Cocos. Sanskr. bäla.

üaXadovQj ßEXedioQ, ro avaxuQÖiov Du C^ .S^ (Semecarpuß anacardiuni) Sprengel I. 217.^ Cast. ü. 168. Forsk. Descr. Anim. p. 156. Gildem. Heb. Indd. p. 220. XQiGoßalavog Sprengel I. 173. Sanskr. rirarriksha The marking nut plant (S. anacardium), dahana, vishusya, vranakrtt.

Muscatnüssc Du C. (.loaxonäoi^ov (nux myristica,

nux aromatica) von Myristica moschata. Du C. von ijAo-

tiaxEQ sagt : Macer est Cortex ncali Punici, doch wohl mit

Unrecht, da uay.ert vielmehr die Schaale der Frucht von

M. moschata. Sprengel I. 161. Du C. p. 1159.: ■^ita-

718^8, ro ficcKSQ, und auch Tiäanaaa, netfnsg, Pens.

Beshese (Macis) im Lex. Petrarchae in Klapr. Mem. rel.

a l'Asie p. 218., d. i. Pers. jbiJ (Macis^ cortex nucis

myristicae) Cast., fc*wLj>*o (Macis)^ aber >,**n'>l \y>. (Nux

myristica) und Syi\y>' Cast. ü. 510. i. q. xovanoa

Da C. App. p. 113., im Lex. Petrarchae 1. L Pers. joosa

(nuces moschaXae). Bei Sprcagel J. 225. u*vj L-j (Mus-

eatttösse) und ^ ,t ■■,^,.,. IUj (Macis). Du C. GIoss.

p- 271, dudovi^ App. p. 55. deoöovie. Kauay^e

Glos», p. 558. -^ Pers. o^^^"^ (vierfarbig). Hmdi

dshäyaphala CXutmeg). Sskr. lata, surabhi, samudränta.

(Fortsetzung folgt.)

A. F. Pott.

»*©♦•-

84^

IV.

Etieiine Quatreinere

lieber Phönicische Inschriften.

In abgekürzter UebersetaEuitg 0*

l>t@tC)

lieber die ]¥unildeit und ihre l§(praehe*

(Journal des Savans 1838 p. 397—405.)

Der Name Nmniden ist eine jener wunderlichen Be- nennungen^ welche oft von fremden Nationen , sey es aus Unwissenheit^ oder aus irgend einem unerklärlichen Einfall^ einem Volke beigelegt wurden^ mit dem sie durch Zufall^ Handel oder Krieg in Beziehung kamen ^ und welche dann von Mund zu Mund fortgepflanzt^ von der Geschichte besiegelt und endlich selbst von denen aner- kannt wurden, die sich am meisten gegen so missbräuch- liche Bezeichnungen hätten wehren sollen. Das Wort Numiden hat bekanntlich kein Analogen unter den zahl- reichen Stammnameu des nördlichen Africa gehabt und ist nichts^ als eine sonderbare Verunstaltung des Griechischen

1) (Bei dem neuerlich wieder so lebhaft geweckten Interesse fUr die Phönicischen und Puoischen Sprachdenkmale, bei der Un- sicherheit, welche in der Erklärung der meisten Inschriften noch herrscht und jeden Fortschritt der Methode^ jede Berichtigung

85

roficcöeg, welches mit seiner weiten Bedeutung so gut ein Volk^ als das andre bezeichnen konnte, da alle Libyschen Stämme ein Hirtenleben führten. Polybius ist wahrschein- lich der erste, der das Wort JSofiadeg von einer bestimm- ten Africanischen Nation, mit Ausschluss der übrigen^ gebrauchte, und in einer Weise^ die sich natürlich erklärt. Als die Römer den Krieg gegen Carthago nach Africa verpflanzten, waren die weiten Länder von dem Carkha- gischen Gebiete an bis zum Flusse Mulucha von zwei grossen nomadischen Stämmen ohne Nationaleinheit^ den Ma£isylen und den Massaesylen, bewohnt, die unter zwei Königen, jene unter Massinissa, diese unter Syphax stan- den. Nach Besiegung des letzteren übertrugen die Römer sein l^and als Belohnung für die ihnen geleisteten Dienste dem Massinissa, und seit dieser Zeit bildeten die Massy- len und 3Iassaesylen vereinigt ein ausgedehntes Reich unter einem einzigen Fürsten, das sich nach Appian vom Mulucha bis zu den Gränzen von Cyrene erstreckte, aber schon bald, nach Jugurtha's Niederlage, der Römischen Republik einverleibt wurde. Die Massylen und Massae-

des Einzelnen dankbar anzuerkennen gebietet, und bei den son- derbaren Vorurtheilen, welche über diesen Gegenstand noch unter uns zu Tage kommen, hat es nicht unzweckmässig geschienen, QuATHEMKRK's Qeueste dahin gehörige Arbeiten durch diese Zeit- schrift in einem weiteren Kreise bekannt zu machen, als sie sonst wohl geworden wären. Sie sind in verschiedenen Artikeln des Journal des Savans enthalten, die sich zunächst auf 6k- sKNiirs Monumenta bezichen, und erscheinen hier ihrem wesent- lichen Inhalt nach vollständig, so jedoch^ dass sowohl der ei- gentliche Bericht über das genannte "Werk, als auch die ver- schiedenen einleitenden Betrachtungen über den Umfang und den Verlust der Phönicischen und Carthaglschen Literatur wegge- fallen sind. Die dadurch entstandene aphoristische Form dieser Bemerkungen wird ihrem Werthe keinen Eintrag ihun. J.Gildk-

MKISTBR.)

86

sylen waren die ersten nomadischen Völker, welche die Römer kennen lernten , und obgleich, seit jener Zeit, Massinissa alles versucht hatte, um sie an ein civilisirtes Leben zxi gewöhnen, waren sie doch noch unter seinem JEnkel nach Sallust's Bemerkung (Jug. 54. 90.) fast mit nichts, als ihrer Viehzucht, beschäftigt. Aus derselben Quelle (ibid. 19. 80) wissen wir, dass die Gaetulen, ein anderes Hirtenvolk, zur Zeit des Jugurthinischen Krieges den Römern noch fast unbekannt waren. Polybius wählte zur charakteristischen Bezeichnung dieses muthigen, ab- gehärteten Menschenschlages, der für Rom als Verbün- deter eben so nützlich, wie als Feind gefährlich war, den Namen No/tiädESj der unter der ungewöhnlichen Form Numidae in das Lateinische überging und von den Rö- mischen Geschichtschreibern angenommen, bis auf die mu- hammedanische Eroberung den Bewohnern dieses Theils von Africa bUeb. Es ist sehr merkwürdig, obgleich noch von Niemandem ausgesprochen, dass die einheimischen Völker des 'nördlichen Africa bis jetzt im Arabischen mit einem dem obigen vollkommen entsprechenden Namen be- zeichnet werden. Da diese Behauptung auf den ersten Blick paradox scheinen könnte, beeile ich mich die Be- weise dafür vorzulegen. Die von den Eingebornen ge- redete Sprache findet man häufig mit dem Namen Chauvia (Voyage de Peyssonnel I. 438) oder Schowiah (Shaw Travels I. 223) bezeichnet und die Völker, die sie spre- chen, heissen ebenfalls Schäwi '»^.*)^. In Makriz 's Ki- tab-alsolük (ms. 673, t. II. fol. 347 v.) wird gesagt, dass ein Vezir des Reiches Fez die Schäwi zu Hülfe rief und ihnen beträchtliche Geldsummen sandte, qI 5' j*^ JU* fi-^^ '^^^^ ^^'-'^^ wdÄXw! (Ad, und etwas später (348 r.) dass die Schäwi die Stadt verliessen: iiJL^.JuLt qc iü^UJt J»=»j. Ueber die Bedeutung des

Wortes kann kein Zweifel seyn ; es gehört nicht der Berbersprache an^ sondern der Arabischen und bezeich- net einen Nomaden, einen Hirten. Ihn Khaldun (Proleg. fol. 54 r.) sagt : ^l*it qjv>^ ^j^^ ^^I^ Vt*^^ ^4) \^j)>i\ ^yi ^♦JJ'Jc^ jJlx: qI/ ^ ;;Die Zenatah im Maghreb waren Schäwi (Hirten) und zahlten den gleichzeitigen Königen Tribut"^ und an einer andern Stelle (ibid. 46 r. v.)

^Ji\ 3 >,*l.ö.di jt (^^3f^ »^S r^)*^' ^Laj^*^ c^'ilt

^^Diejenigen Völker, die von Ertrag der Heerdcn, z. B. der Rinder und Schafe leben, sind vorzugsweise Nomaden, weil sie Weiden und Wasser für ihr Vieh suchen müssen, da das Umherziehen für dieses vortheilhafter ist. Sie heissen Schawi d. i. solche, die Schafe und Rinder be- sorgen, und sie entfernen sich nie weit in die Wüste, weil dort gute Weiden mangeln." Derselbe Schriftsteller sagt anderswo (Geschichte t. VI. fol. 89 v.) ; c^lj^t f^^ ^yj^"^^ 'ij^Lii «AjuudJt (jj^i yac qjSjäX«. ,,Einige von ih- nen sind in Aegypten und den Dörfern von Said zerstreut, wo sie theils Schuici (Hirten), theils Fellah (Bauern) sind ;" fol. 112 r.: w^Li ^1^ „wandernde Hirten;" VII. 299 r.: K^^LäJb t>^1 ,,er blieb allein mit den Schäwi (Hirten);" ^LbL-Jt ^\^^ ^5 Jai:>\^ AJ^I-^l 'iSi^ ,,Befehl über die Schuici (Hirten) und Aufsicht über die Heerden des Sul- tan." An einer andern Stelle (II. 7 r.) wo er von den Arabern, die sich mit Kameelzucht beschäftigen, spricht,

fügt er hinzu *UJJ ^ fU— äÜ ^^ Xj^I ^^^5 o' Ui'

L^ («{w'U^ qL5' Uj tÄJI^ „so wie die Schuiri sich aus- schliesslich der Schaf- und Rindviehzucht widmen, von der sie ihren Unterhalt ziehen.^' Dieselben bezeichnet er anderswo durch yü^ «Lfc ^>^^ (\\. 36 v. VII. 16 r.).

88

Aus diesen Stellen geht hervor, dass das Wort Schäwi keineswegs der Berbersprache angehört, dass es rein Arabisch ist und im Allgemeinen Hirt bedeutet, dass die nordafrikanischen Völker diesen Namen von ihrer Lebens- weise erhalten haben, und dass schauvia die Sprache eben dieser Hirtenstämme bezeichnet. Die Arabischen Eroberer in den Städten, denen an den einheimischen Bewoh- nern dies hartnäckige Festhalten an den Sitten und der Lebensweise ihre Voreltern auffallen musste, benannten sie nach ihrem Hirtenleben, ohne wahrscheinlich zu ahnen, dass dieselben in viel altern Zeiten aus demselben Grunde von den Griechischen und Römischen Eroberern einen ganz analogen Namen erhalten hatten.

lieber die Geschichte der Numiden will ich mich hier nicht verbreiten : aber ein Punkt verdient in hohem Grade eine gründlichere Erwägung. Gesemus hat in mehreren Stellen seines gelehrten Werkes über die Phönicischen Inschriften behauptet, dass die Punische Sprache die der Numiden gewesen sey. Da ich dieser Meinung nicht beitreten kann, werde ich die Gründe, auf die dieser schätzbare und kritische Gelehrte seine Annahme stützt, prüfen. Es sind folgende.

1 . Sallust giebt als Quelle seiner Nachrichten über den Ursprung der Numiden Punische Schriften an, die er sich erklären Hess, und die von dem König Hiempsal verfasst seyn sollten.

2. Cicero (gegen Verres IV, 40.) erzählt, dass Massinissa, die von seiner Flotte aus dem Junotempel auf Malta geraubten grossen Elephantenzähne wieder an ihren Ort bringen und mit einer punischen Inschrift ver- sehen liess, des Inhalts, dass dieser Tcmpelraub ohne sein Wissen geschehen und gleich wieder gut gemacht sey. Nun aber sagt Valerius Maxiinus, Massinissa habe

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die luschrift gentis suae literis eiugraben lassen. Woraus^ nach Gesemus, die Identität der Numidischen und Pu- nischen Sprache folgt.

3. In einer in Africa gefundenen Inschrift, die nach Gesesius Ansicht von dem König Hiempsal herrührt^ hat der Name der Alassaesylen eine vöIUg hebräische Form. Auch die Numidischen Personen- und Ortsnamen erklären sich leicht und natürlich aus der Punischen oder Hebrä- ischen Sprache.

Es sind dies Gesemus sämmtHche Argumente ; deren Bündigkeit wir nunmehr zu untersuchen haben.

Die Stelle des Sallust hat, irre ich nicht^ keineswegs den Sinn, den ihr der gelehrte Verfasser beilegt. Die Worte Jug. 17: libri Piinici gui regis Hiempsalis dice- bantiir bedeuten nicht nBücher die Hiempsal rerfasst haben sollleu. sondern r)die dem Hiempsal gehört haben solllen.u. Aus Plinius 18, 5. ist bekannt, dass die Römer bei der Eroberung Carthagos die Punischen, in der Bibliothek dieser Stadt befindlichen Bücher ihren Verbündeten schenk- ten. Gewiss erhielt Massinissa, der treue Freund Roms und unversöhnliche Feind Carthagos, davon den beträcht- lichsten Theil, und diese sorgfältig von Hiempsal bewahrten Bücher waren ohne Zweifel bei der Eroberung der Nu- midischen Hauptstadt Cirtha den Römern wieder in die Hände gefallen. Uebrigens würde auch bei der Voraus- setzung , dass diese Bücher in der That von Hiempsal verfasst gewesen, daraus nichts zu folgern seyn. Gewiss musste die Punische Sprache bei den Numiden sehr ver- breitet seyn; da die Carthagischen Heere stets aus ihnen ergänzt wurden, mussten Officiere und Soldaten mit einer Sprache vertraut werden, die sie alle Augenblicke reden hörten. Auf dieselbe Weise hatte nach Polybius I, 80. der Gallier Autarites und seine Gefährten in dem Gär-

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thagischcn Lager die Pimische Sprache gelernt^ auf dieselbe Weise später Jugurtha die Lateinische, als er unter Scipio Aemilianus vor Numancia diente (Sali. Jug. 101). Von der andern Seite war das Punische die Sprache der Politik, des Handels, der Literatur und folglich musste ihr Stu- dium für alle, die einen etwas höheren Rang in der Ge- sellschaft einnahmen, für alle, die wissenschaftliche und literarische Kenntnisse suchten, unerlässlich seyn. Folgt daraus, dass im achtzehnten Jahrhunderte der grosse Frie- drich, Gustav III, die Kaiserin Catharina Werke in Fran- zösischer Sprache geschrieben, dass die Russen und Türken 1774 ihren Friedenstractat in derselben Sprache aufgesetzt haben: dass damals Preussen, Schweden, Russen und Türken keine andre Sprache als die Französische gehabt haben ? Ist ein Reisender, der in Labore Französisches Commando hört, zu dem Schluss berechtigt, dass der Dialekt des Pendschab derselbe ist, den man in Frank- reich spricht? Die Numiden, die eine rohe und unvoll- kommene Sprache besassen, gebrauchten aller Wahrschein- lichkeit nach mit Vorliebe die feine und gebildete Sprache Carthagos, gerade wie die unterrichteten Männer dieses Volkes seit der Arabischen Eroberung sehr eifrig die Sprache ihrer Sieger studirten und, einige wenige Aus» nahmen abgerechnet, die von Berbern vcrfassten Werke Arabisch geschrieben sind.

Die Stelle des Valerius Maximus gegen Cicero ge- halten hat ebensowenig Beweiskraft. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Inschrift Massinissas in Puni- schen Charakteren war, denn es ist zu bezweifelii, dass die Numiden unter seiner Regierung eine besondere Schrift gehabt haben sollten. Die Sprache der Inschrift konnte die Numidischc seyn, aber es ist nicht einmal nöthig dies anzunehmen, und wahrscheinlich bediente sich Mas-

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sinissa absichtlich der Punischen Sprache sowohl als Schrift. Valerius Maximus^ der bei früheren Schriftstel- lern von einer von Massinissa gesetzten Inschrift las, musste natürlich glauben^ dass er die bei seinen Unter- thanen gebräuchUche Sprache und Schrift angewandt habe.

Die Numidische Inschrift endlich, auf deren Zeuguiss man sich mit so vieler Sicherheit beruft, drückt sie, auch vorausgesetzt, dass sie richtig gelesen, richtig erklärt sey, ^nrklich aus, was man sie sagen lässt? Ich meines Theils kann mich nicht überzeugen, dass ein Monument von so scheusslich barbarischem Stil von einem Könige Numidiens, von eincun Sohn Massinissas errichtet sey. Sicherlich waren die Numiden bei ihrem Soldaten- und Hirtenleben schlechte Künstler ; aber ein König, der durch ein öfFenthches Monument seinen Namen verewig«! wollte, hätte leicht und mit wenig Kosten aus Carthago oder einer andern Punischen Stadt Arbeiter verschreiben können, die im Stande waren, eine einigermassen menschliche Figur zu machen, anstatt der plumpen Caricatur auf dem Monument.

Zweitens, das Wort Hakembaalj welches Gesextus zu lesen glaubt, hat nach meiner Meinung mit dem Na- men Hiempsal nichts zu thun; ich kann unmöglich Rau- ben, dass die Numiden Punische Namen so sonderbar verunstaltet hätten, während wir sonst wissen, dass die von den Numiden wirklich anffenommenen Phöuicischen Namen gar keine Veränderung erlitten. Dies beweisen Namen \neAdherbal, Bomilkar u.a. hinlänglich. Der Name Hiempsal, der ein ganz fremdes Aussehn hat, hat daher nichts mit Hakemhaal gemein und kann nicht für Punisch angesehen werden.

üebrigens würde die Existenz Panischer Inschriften

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auf Numidiscliem Gebiete nicht beweisen , dass Einge- borne sie hätten setzen lassen. Ohne Zweifel waren in Cirtha und anderen Städten viele Carthager^ welche Kriegsunglück^ Handel oder andere Motive dahin geführt hatten^ und die in dem fremden liande ihre Muttersprache und ihr Alphabet beibehielten.

Die Etymologie des Wortes, welches nach Gesemus dem Namen Massaesylen entspricht, scheint mir sehr zweifelhaft. Hat je ein Volksname mit einem Wort an- gefangen^ das opera, facta bedeutet ? Ich werde sogleich meine Ansicht über den Ursprung dieses Namens mit- theilen.

Die Personennamen der Numiden^ diejenigen wenig- stens, welche uns Griechische und Römische Historiker aufbehalten haben, sind trotz der Versicherung des Hn. Geseniü§;, der Phönicischen Sprache fremd. Die Worte Massinissa, Gulussttj Hiempsal, lugurthuj Massiva^ Gauda, Massugrada, Narava , Nabdalsa u. s. w. können, wie ich mit Sicherheit zu behaupten wage, nicht auf Hebräische Wurzeln zurückgebracht werden. Gesexius Bemühungen zu diesem Zwecke haben nur zu unbefriedigenden Re- sultaten geführt. Wenn man die Numidischen Städte- namen untersucht, wird man gleichfalls nur ganz unge- w^öhnliche; dem Punischen völlig fremde Formen finden. Eine Ausnahme bildet nur die Hauptstadt Cirtha, deren Name allerdings Phönicisch ist und Stadt bedeutet. Aber dies erklärt sich leicht. Als Syphax sie gründete, hatte das bis dahin unter Zelten lebende Nomadenvolk kein Wort für den Begriff Stadt, und musste der Sprache seiner Nachbarn, d. h. der Carthager, den Namen der neuen Stadt entlehnen. Ganz so und aus demselben Grunde haben später die Berbern das Arabische ääjJw« Stadt mit einer leichten Veränderung in ihre Sprache übergenommen.

Nach Sallust (Jug. 78) war Leptis Magna von den Sidoniern gegründet; aber die Einwohner hatten in Folge häufiger Vermischung mit den Xuraiden ihre Sprache verändert. Daraus folgt; dass nach der Ansicht dieses Geschichtschreibers die Numidische Sprache von der Phö- nicischen ganz verschieden war.

Endlich wird meine Behauptung noch durch die Bilin- guis von Thugga bestätigt ; da dies 3Ionument sich in einer zu dem alten Numidischen Reiche gehörigen Stadt findet ; ist höchst wahrscheinlich die Inschrift in unbe- kannter Sprache wirklich Numidisch. Es lässt sich we- nigstens nicht annehmen^ dass beide Inschriften in der- selben Sprache und nur in verschiedener Schrift aufge- setzt seyen. Vielmehr ist mit Wahrscheinlichkeit vor- auszusetzen^ dass eüie die Uebersetzung der andern sey. So weit man davon nach den bis jetzt bekannt gemachten unvollkommenen Copien urtheilen kaim, ist es ein Grab- stein^ zu Ehren eines Xumiden errichtet und dessen lange Genealogie enthaltend. Eines Numiden^ sage ich, denn die Punische Inschrift scheint mit einer fast barbarischen Nachlässigkeit eingehauen zu seyn^ die andere dagegen, obschon sie verstümmelt ist; mit viel mehr Sorgfalt und Genauigkeit; welcher Umstand immer ein grosses Hin- derniss für die gänzliche Entzifferung sein wird*). Die Namen auf diesem Stein, die der Numidischen Sprache angehören, haben sonderbare, unbekannte, von den so cha- rakteristischen sonstigen Phönicischen ganz abweichende Formen.

1) (Seit obiges geschrieben ist, sind zwei, von einander unabhän- gige Versuche dazu gemacht worden, welche Gesknics unbe- greifliche Irrwege in Lesung dieser Inschrift rerlassen und das Problem seiner endlichen Lösung ziemlich nahe gebracht haben: der ein^von Wurm in Jahn's Xeuen Jahrbüchern für Phitol.

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Es ist gewiss^ dass lange vor Ankunft der PhÖnici- schen Colonien die Nordküstc von Africa mit nomadi- schen Urbevvohnern besetzt war^ die eine wahrscheinlich von der Phönicischen grundverschiedene Sprache redeten. Wenn sie mit den Tyrien und Sidoniern in Beziehung traten^ wenn sie von ihnen neue Bedürfnisse lernten und dadurch fremde Wörter in ihre Sprache aufnahmen^ so lag darin sicherlich doch kein Grund^ die Muttersprache ganz aufzugeben und die der Asiatischen Kaufleute an- zunehmen. Ein Hirtenvolk ändert weder Sprache^ nodi Sitten jC;, und ebensowenig haben die Araber bis heute die ihrige unter jenen Völkerschaften heimisch machen können.

Nun aber hat es gegeben und giebt noch jetzt eine Sprache, die mit geringem Unterschied von Aegypten bis zur Küste des Atlantischen Oceans geredet wird. Dies Idiom, das wir mit den Arabern das Berberische nennen, aber das bei den Eingebornen schiiah oder tamazigt heisst, ist mit keinem andern verwandt ; alles bezeugt sein hohes Alter ; ihm fehlen viele Wörter, die sich bei einem dem Hirtenleben fremden Volke unfehlbar gefunden hätten; es kann durch keines der erobernden Völker in das Land gebracht sein. Es ist daher mit aller Walirscheiulichkeit anzunehmen^ dass diese Sprache seit den ältesten Zei- ten xow den Nomaden Nordafrica's geredet wurde^ und dass die Numiden, d. h. die Äla^^ylen und Massaesylea

1888. Bd. XXIII. p. 27; der andre ganz kürzlich vou dem als glücklicliem Entzifferer bereits i-ühmliclist bekannten Mn. Ds SAUiyCV im Februurheffc des Journal Asiatüpie 1843. Letzte- rer hat naiiientlidi die Nominn propria und die Oeknnouiie der Inschrift auf eine fast Ka»^- befriedi«ende Art bestimmt, >väh- rend ersterer ein/.elne Buchstaben und einige Appellati va rich- tiger gelesen im haben scheint.) *

dieses nämliche Idiom redeten^ das trotz so vieler Um- wälzungen und Eroberungen sich bis jetzt mit wunder- barer Beharrlichkeit erhalten hat.

Vielleicht kann noch folgende Bemerkung zur Be- stätigung dienen. Wir haben gesehen, dass viele Nu- midische Namen mit der Sylbe mas, zuweilen mis anfingen. So die Namen der Massylen und Massaesylen^ die Xaraen Massinissüj, Massira, MassugraJa u. s. W. Nun heisst ma* in der Berbersprache Sohii^ und es scheint sehr natürlich anzunehmen, dass die Berbern die Namen ihrer Stämme mit diesem Wort anfingen, grade wie im Arabischen das gleichbedeutende _j-u oder 0J3 stets vor dem Namen der Stämme steht. Ebensowenig kann es auffallen, dass Personennamen damit beginnen. Ganz analog bezeichnen auch die Araber jemanden ohne seinen eigentUchen Na- men bloss durch ein dem Namen des Vaters oder Gross- vaters vorgesetztes Ehn, und nennen sich noch im heuli- gen Europa viele Juden Jacobsohn, Levisohn, Mendelssohn.

Erster Artikel.

Heber Gesenlus Illoniinienta Pltoenieia.

(Journal des Savans 1838. Oct. p. 624 b'37.)

Unter den Ursachen, welche in der Erklärung der Phönicischen Monumente so zahlreiche Irrthümer ver- anlasst haben, hebt der Verfasser vorzüglich zwei hervor, die Nichtbeachtung der Gesetze der Palaeographie und die Willkür, mit welcher man ohne Unterscheidung Wörter aller Dialecte in den Inschriften fand. Er hätte noch zwei andere hinzufügen können, die bisher eben so schädlich gewirkt haben. Einestheils hat man nämlich oft nicht

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zum Voraus untersuchen wollen, welchen Gegenstand man in einem vorliegenden Älonuraent zu erwarten hahe. Man kjann indess als ein fast ganz sicheres Factum annehmen^ dass ein isolirter auf dem Lande gefundener Stein nur ein Grabstein oder ein Votivmonument sey. Wenn allerdings diese so einfache und natürliche Regel^ von der mir noch keine Ausnahme bekannt ist^ ausserordenthch die Wich- tigkeit der Inschriften verkleinert, so entsteht doch auf der]n andern Seite der Vortheil daraus, dass der Interpret auf einen engen Kreis beschränkt; in welchem er nur Nomina propria^ Namen von Gottheiten und wenige an- dere Wörter erwarten darf, der Gefahr des Irrthums fast gar nicht ausgesetzt ist und nicht in Versuchung ge- räth, wilde und widersprechende Vermuthungen aufzu- stellen^ wie sie diese Art gelehrter Thätigkeit endlich lächerlich gemacht und ihr bittere und übelwollende Kri- tiken zugezogen haben.

Andererseits muss die Sprache derartiger^ für obscure Personen errichteter und blosse Votiv- oder Grablegenden darbietender Denkmäler durchaus die des gewöhnlichen Lebens seyn und sich nicht über die einfachste verständ- lichste Prosa erheben. So oft daher ein Interpret darin seltne, poetische Worte^ die sich ausschliesslich nur in den schwersten Büchern des A. T. finden^ zu sehen glaubte^ kann man mit Recht schliesscn^ dass die Erklärung zum wenigsten sehr zweifelhaft sey, und dass der Ueber- setzer sich durch leeren Schein habe täuschen lassen.

Die erste Inschrift, welche die Aufmerksamkeit des Verfassers auf zieh ziehen musste, war ohne Zweifel die Bilinguis von Malta, welche zuerst Bahthelemy bis auf einen nachher von Bayer gefundenen Buchstabon richtig entzifferte, llr. Gesemus glaubt in der zweiten Zeile ']12'S servus luus für MJS servus ejus lesen zu müssen j

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aber ich gestehe dem unmöglich beipflichten zu können. Wie wäre es anzunehmen^ dass die beiden Errithler des Monuments, die in der ganzen Inschrift von dem Gott Melkart in der dritten Person reden, an dieser einzigen Stelle die zweite gebraucht hätten? Ich weiss, dass ein solcher Weclisel des Genus sich häufig in den Schriften der jüdischen Propheten, m den Psalmen findet ; aber dies sind poetische Werke, in denen der Verfasser in der Begeisterung sich nicht um eine vollkommene Regelmässig- kcit der Verbindung zu bekümmern hat. Da man aber in Inschriften, deren Sprache im höchsten Grade prosaisch ist, ohne die augenschemlichste Gewissheit zu haben, unmögUch eine so auffallende Anomalie zulassen darf, so ziehe ich die alte Lesart nzv vor. Ein zweiter Punkt, über den ich die Bleinung des gelehrten Philologen nicht theilen kann, ist die Erklärung des •'~: u^5 durch ^-: r'K vir vovens. Der Einwurf gegen meine früher geäusserte An- nahme, dass die Assimilation des i eine wesentliche Schwie- rigkeit und ohne Beispiel sey, erledigt sich durch die noch während der Blüthe der Hebräischen Sprache ge- bräuchüche Form ^, zwischen welcher und dem ursprüng- lichen "i?rK^ jenes in der Mitte steht').

Die zweite von Gesexius behandelte Inschrift ist die zuerst von dem Fürsten von Torremuzza bekannt ge- machte, von der sich ein, jedoch unvollständiger, Gyps- abguss im Antikencabinet der k. Bibliothek befindet. Barthelemy hat seine Erklärung dieses Monumentes nicht publicirt, aber das von ihm im Journal des Sarans (1761, Dec. p. 84) mitgethcilte Alphabet bezieht sich augen- scheinlich darauf. Nachdem Gesemus die Arbeiten von SwiNTOX, O. G. TvcHSEv, Kopp und Drummoxd, deren

1) (S. u. S. 101.)

V.

in der That keine eine strenge Kritik aushält, angeführt hat^ entscheidet er sich für folgende Lesung und üeher- setzung:

I 2zn nü2 Di« f]io I n^ mn rh^z np2 I S";,: i2p ah-j nn nn

Conclare domus aeternae (^est) sepulchrum. Depositus est pius in hoc claustro. Spiritus remissionis (^eslj mater igno- miniae^). Ilannibal filitis Bar Malech.

Aber^ frage ich, darf man das auf einem Monument solcher Art erwarten? Können quasi-philosophische lie- flexionen in Inschriften^ die wie bemerkt nur Grab- oder Votivlegenden enthalten, Platz finden ? Irre ich nicht^ so ist der Sinn ein ganz anderer. Ich lese nämlich folgen- derraassen :

2:n nü3 nxi 1:2 -b^2 ^2C•;^ p S>*

Conclave domus aeternae, sepulchrum fabricatum; moaU'- mentum nuruum mearum Jadhemed et Emboschet, Hannibal filius Ebed-Molek.

Die ersten Worte haben keine Schwierigkeit und sind von allen Auslegern auf dieselbe Weise gelesen, lin findet sich mehrere Male im A. T. als cubiculnm, conclave, pe- netrale. Prov. 7, 27 steht z. B. ri.ia n^ri die Kammern des Todes. Der Ausdruck domus aeterna für Grab erinnert au die Stelle des Diodor I; 51, nach der die Acgypler ihre Häuser Gasthäuser und das Grab die ewige Wohnung des Menschen nannten. Das Wort VSlj oft defectiv 2V? ge- schrieben, entspricht dem häufigeren n2i*n. Das Nomen

1) (Oder vielmehr la den Addeudls S. 4«S.: j-iiraa X91Q m Spiritus mansuftus sine dedecurt.)

propriom "^W^- bezeichnet manus gratiosa, manus pulehra wie in dem Roman vom Tristan die Geliebte dieses Ritters Iseiilt aux bellesrnai HS hcisst. Das Wort l^^S'ps: eigentlich Mutter der Beschämung kann in weiterem Sinne für pudica genommen und als weiblicher Name betrachtet werden. Das letzte Wort haben die Erklärer einstimmig *]Sm2 ge- lesen^ aber ich kann unmöglich in einer Phönicischen Inschrift die rein Syrische oder Chaldäische Form 12 an- nehmen. Man kann sich leicht überzeugen^ dass in den Inschriften das "^ das als kleiner Kreis den Au«en ei- nes unerfahrenen Künstlers leicht ein blosser Punkt oder ein zufälliger Fehler der Vorschrift scheinen konnte, oft genug ausgelassen ist; andere Beispiele werden in der Folge vorkommen, und überall wird man augensdieinlich sehen, dass der Fehler eben nur dem Steinhauer zuzu- schreiben ist. Danach stehe ich nicht an, auch hier ein r herzustellen und '\>'p "^5? Diener Moloch' a zu l^en.

Zweiter Artikel.

(Journal des Savans. 1843. Sept p. 513—531.)

Keuentdeekte Athenii^he Ini>$c]trlfi«).

Ein Fragment einer Platte von Hymettischem Mar- mor wurde am 4. Mai 1841 zU' Athen in der Nähe des

*) Vor etwa zwei und dreissig Jahren besass der Spa- nische Generalconsul zu Tunis, Arnoldo de Solar einen Marmor mit einer langen und schönen Phö- nicischen Inschrift, der in den Ruinen von Ledschem dem alten Tysdrus, gefunden war. Hr. Dusgate, damals Englischer MarineofTicier, hatte diesen Stein

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Piraeus in dem Garten des Chioten Alexander Conto- stavli ausgegraben^ auf der zwei Inschriften^ die eine in Griechischen^ die andere in Phönicischen Charakteren^ be- findlich sind. Hr. Raoul-Rochktte, der davon eine Copie erhielt^ theilte mir dieselbe sogleich mit, und am folgen- den Tage legte ich der Academic der Inschriften eine Erklärung der beiden Texte vor. Der Griechische Theil enthält nur eine Zeile in Majuskeln^ während die Phö- nicische Inschrift aus zwei Linien in viel feineren Charak- teren besteht. Das Griechische kann also keine wörtliche Uebersetzung seyn^ es giebt aber den Phönicischen Text in abgekürzter Weise^ und lautet:

A^EFTE^YMIEAHBIO Y^UQNIA

d. i. Äsepte, Tochter des Symselemos, aus Sidon. Die Na- men Aseple und Symselcmos sind, wie man sieht^ der Griechischen Sprache völlig frerad^ was freilich bei einer Sidonierin nicht auffallen darf.

Die beiden Phönicischen Zeilen*) übertrage ich fol- gendermassen in Hebräische Schrift

bv3 ]a Sn^ p »an ^Sy]a\y^< p bs]n»

und übersetze : Ego Isbat, filia Aschmun-schillemj Sidonia. Hoc qiiod statuit mihi Itten-Baly filiiis Aschmun-lsillah , heri meij filii Schaül-min-'Baal.

Den Werth der in dem ersten Namen auf das Aleph folgenden Buchstaben kann man wegen ihrer unvoll-

oft gesehen. Was daraus geworden^ weiss ich nicht. Hr. von Solar ist todt, und über das Schicksal der Yon ihm gesammelten Monumente habe ich nichts in Erfahrung bringen können.

S. die erste Lithographie zu diesem Hefte.

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kommenen Form nicht ganz sicher bestirrimch ; tndeiss zeigt die Griechische Umschreibung ziemlich deutlich^ dass man darin » und d sehen muss. Der Xame Asehmun- schillern, der im Griechischen zu 2'y'1/3E'^/firM0^ verkürzt ist, enthält den des Phönicischen Gottes Aschmuriy mit welchem man auch sonst Eigennamen gebildet findet. So ist wahrscheinhch für Abdemon bei Jos. c. Ap. p. 449 Ahdismon zu lesen. Das Wort nSt? könnte D?.^ integer ausgesprochen werden, ich ziehe indess '^y? retribitit vor, so dass der ganze Xame die Bedeutung Aschmun retribitit hat, wie denn überhaupt die Phönicische Sprache gern Namen von Personen aus dem Namen einer Gottheit und einem im Präteritum oder Futurum stehenden Verbum zu- sammensetzte. Aehnhche Beispiele finden sich in ziem- licher Anzahl in den Inschriften. Das feminine Adjectiv rny, mit vier Buchstaben geschrieben, bestätigt die AVahr- nehmung, dass die Phönicier in ihrer Schrift fast überall die quiescirenden Buchstaben ausliessen. Ganz so steht auf den Münzen von Sidon C3"T2f.

Das folgende Wort tj^ habe ich durch quod übersetzt. Schon früher habe ich gesagt, dass dies wahrscheinlich das Relativum ""T^x war, das im Phönicischen sein 1 ver- loren hatte, wie es später im Hebräischen auch noch das s einbüsste. Hr. Gesemus hat meiner Äleinunor nicht beitreten wollen^ und die seinige, dass das fragliche Wort dem Hebräischen vj^n vir entspreche, beibehalten. Ich be- daure indess, erklären zu müssen, dass die von diesem schätzbaren Gelehrten angeführten Gründe mich keines- wegs überzeugt haben , und muss auf meiner frühern Deutung bestehen. Irre ich nicht, so giebt es keine unter allen Phönicischen und Pimischen Inschriften, in der das Wort ü't* mit Sicherheit nachgewiesen werden kann. In einer Votivinscription, die Hr. Falbe, ehemaliger Dänischer

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Generalconsul zu Tunis^ aus Africa mitgebracht hat; ist die weihende Person eine Frau: ist dabei anzunehmen^ dass die Phrase habe mit den Worten ms xin vir vovens anfangen könne? Erklärt man aber mit mir das Wort durch ">TüS; so erhält man den ganz natürlichen Sinn hoc quod vovit. Ferner müsste, wäre der von Gesenius voraus- gesetzte Sinn der wahre^ nothwendig der Artikel vor dem Substantiv und vor dem Participium stehen; ')'j^n ü»^?^ ; derselbe Fall tritt in der vorliegenden Inschrift ein und die Phrase müsste^ um nicht sprachwidrig zu seyn^ eine analoge Wendung haben, während bei meiner Erklärung der sehr einfache und natürliche Sinn entsteht : hoc quod finxitj, statuit mihi. In einer der Maltesischen Inschriften Uesst man nach dem Namen des Errichters des Monuments ]3K Dtr v;^^. Kann mau^ frage ich, hier anders übersetzen als : qui posuit lapidem? Zwei Zeilen weiter^ nach dem Namen des Gottes Baal-Hamman, heisst es iin Sd "au ^ü, wovon der einzige und wirkliche Sinn der ist: qtiia exaudivit omnia verba ej'us^'). In den Citischen Inschriften findet sich be-

1) (Geinuint siud die vou Gkskmus als Melitensia 3 and 4 bezeich- neten, deren erstcre Ifr. Ouatiikmeiik nacli obigen und einigen später gegebenen Andeutungen so liesst:

'^ jQ 323 Monumentum Molek-

-izrüTK Sya Baalis qui posu-

-aS . CD it ... Ba-

"X ]Qn hy alt Uammano lapi-

yaUU?X XI dem, quia exaudivit

T13T 73 umniii ejus verba.

Die drei durch Punkte bezeichneten Charaktere könnten in diesem Zusammenhange etwa rpll gelesen werden (die von allen ;;«;- wühnlichen abweichende Form des letzten Buchstaben scheint am leichtesten auf n zu führen), diesVerbum im Sinne von be- stimmen, d. i. weihen genommen, da die Bedeutung insculpsit (und daher auch ein etwaiges xiTW) nicht passend crsclieint. Die

lOS

ständig nach dem Wort n2X*3 monumenttim und vor dem' Namen dessen ^ der den Grabstein gesetzt hat^ das Wort WX, das auch hier wiederum nur durch das Rcla- tiyum qui übersetzt werden kann. Ich ersuche Iln. Gksenius, diese Gründe zu erwägen^ und hoffe, dass sie ihn zur Annahme meiner Meinung veranlassen werden*).

Ich komme zu einem Worte, das bis jetzt Niemand erkannt hat, ungeachtet es in den Phönicischcn Inschriften häufig genug vorkommt, nämlich zu dem Wort, welches ich K;p» lese und durch e/finxit, formarit übersetze. Irre ich nicht, so ist dies Vcrbum aus dem Griechischen tly.iov Bild entstanden. Es darf keineswegs überraschen, dass Griechische Lehnworte schon früh in die Sprache der mit Griechenland in so ausgedehnten Handelsverbindungen stehenden Phönicier, insbesondere der Cyprischen ein- gedrungen sind, da die Insel Cyprus mit Griechischen Colonien ganz bedeckt war. Und gerade bei diesem Wort ist es keine willkührliche Vermuthung, da auch das Syrische das ebenfalls aus elxtav gebildete ^n. in dem- selben Sinne hat, welches sich von dem Phönjcischen bloss durch Abfall des finalen n unterscheidet. Zum Be- leg könnte ich mehrere Citische Inschriften citiren ; da ich aber über diese noch im Einzelnen handeln werde, be-

Weodung erläutert das ganz analoge i^'^pT 1127 K3*t iO^n UCüb einer Palmyrenischeu laschrift. Seine Erklärung der Melit. 4 ist:

"jS'S 3»i*3 MunumentuiH Molek ~t?*7K "1DN Asari qui pusu- HviS n it Baali ^2><t, lapidem . . . . )

1) (Es darf nicht unerwähnt bleiben^ dass gleichzeitig Gesknius den vir vovens aufgegeben hatte im Thesaurus p. 1345.) b

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halte ich mir bis dahin vor, zu zeigen, dass das Wort iii ihnen stets in derselben Form und mit demselben Sinne vorkommt.

In der vorliegenden Copio scheint der nunmehr fol- gende Name mit einem > anzufangen : 'i2Y\\ Diese Form scheint auf den ersten Blick dem Phönicischen Sprach- gebrauch nicht ganz angemessen 5 so oft nämlich in den Inschriften ein Nomen proprium aus einem Substantiv und einem Verbum^ sey es im Präteritum oder Futurum^ zu- sammen gesetzt ist^ steht allemal das Verbum nach dem Substantiv^ wovon zahlreiche Beispiele in meinen folgen- den Erklärungen vorkommen werden. Man könnte daher in der Copie einen leichten Fehler voraussetzen und Statt ' ein a lesen^ so dass die wahre Form S2 "inp Baalis donum wäre. So findet sich auf einer unter Römischer Herrschaft geschlageneu Münze von Carthago^ als Name eines Suffeten, Muthom-Baal d. i. Sya "inc Indess da wir der Phönicischen Sprache bloss auf eine kleine Zahl we- nig charakteristischer Inschriften hin nicht mit Bestimrat- heit eine Namenform absprechen dürfen^ halten wir uns besser an die Texteslesart. Ohnehin finden wir in der Geschichte den von zwei 'lyrischen Königen getragenen Namen Ithobalf der, wenn ich nicht irre^ von Josephus etwas verunstaltet und Ittenbal zu lesen ist^ so dass ei dem in unserer Inschrift vollkommen entspräche.

Das Wort bi steht hier für Sv2. Schon früher hatte ich Gelegenheit und werde sie noch oft haben zu be- merken^ wie leicht das V von den Verfertigern der Phö- nicischen und Punischen Inschriften ausgelassen worden ist; es scheint selbst, dass in der gewöhnlichen Sprache der Buchstabe oft clidirt wurdc^ besonders in dem Wort S'J2y wofür man Si sagte. Dies zeigt sich in dem Namen der Königin S^rx, und ebenso war in dem Babylonischen

ins

Dialekt die Form Si in Gebrauch. Der Name nSv '[nvH heisst Aschmnn prosperavit.

Das Wort ^21 übersetze ich durch herus mens und nicht durch sponsus meus. Für dieses hätte ^w»^< oder »S?2 stehn müssen. Das Wort -1 bezeichnet nie den Gemahl ; es bezeichnet entweder den Herrn eines Sclaven^ oder einen Lehrer, oder den Meister in Beziehung auf Schüler. Aus der Stellung des Wortes ^31 geht deutlich hervor, dass nicht Ittenbal, der das Monument errichten Hess, sondern sein Vater Aschmun-tsillah der Herr der be- nannten Frau war.

Ich lese weiter S" 3 ]a Snu und erkläre : der vom Baal Geforderte. Der Name ist allerdings ziemlich lang, aber man braucht nur die Bibel aufzuschlagen, um ähnliche, aus einer kleinen Phrase bestehende Namen zu finden, in denen der Name Gottes mit einem Substantiv oder Verbum verbunden ist. So heisst der Vater Serubabels Si^^nSxu d. h. ich habe Gott angerufen^ und es liessen sich eine Menge anderer Beispiele beibringen. Selbst in den ersten JahrlAnderten des Chri<tenthums wählte man der- gleichen Namen häufig; die Carthagische Kirche bietet uns in einem Jahrhundert drei Bischöfe dar mit Namen Quod-vult-Deus, Deo-gratias und Habet-Deum.

Iiisehrift von ]%'ora.

Eine in Pula^ dem alten Nora in Sardinien entdeckte Inschrift ist auf verschiedene Weise von Arri, Gesemüs undBENARY*) erklärt worden. Der erstere hat nachher

1) CDem gelehrten Verfasser ist die von Wuum in den Netten Jbb. für Philol. 1S38. Bd. XXIII. p. 28. versuchte Deutung: Domus principis, qui et dux, quem pater Sardon beavit; huic pax obtinyat, Malchuttano, filio principis^ filii ducis L ae (hdoS) uQbekanut geblieben. Die gegen Hd.Quatrkmk- RB^s Lesung möglichen Einwendungen liegen zu Tage. Ueberhaujit

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seine Deutung gegen die der beiden Letzteren zu verthei- digen gesucht. Gesenius erklärt sie in .folgender Weise;

Domus capitis (j.e.dormiforimn^principis, qtii QeraQ paier Surdorum. Pacis amans ille. Pax contingat regno nostru. Ben Rosch filius Nagidi, L ejisis (_,jAc nomine gentilicio dubito'^0-

Ich meinestheils möchte keine dieser verschiedenen Erklärungen annehmen^ die mir in der That zu wenig natürlich und zu wenig den Gesetzen der Hebräischen Sprache angemessen erscheinen. Die folgende scheint wenigstens das Verdienst einer grossen Einfachheit zu haben.

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^ p 1U2

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DK []l3 'Dhl

1 \i p>S %

Monumentmn Rosch- Sar filii Rosch-Ah-sart filii Schalern Uschlucensis, filii Asalitten, filii Roschj filii Nur lisch- lucensis.

Zur Rechtfertigung dieser Deutung diene folgendes. Zunächst sieht man leicht, dass am Anfang der Inschrift zwei Buchstaben fehlen: dass das Wort t\i für n>a Haus nicht in der Bedeutung 6?r«/>' gebraucht werden konnte, ohne wenigstens, wie in den Maltesischen Inschriften, durch

vermisst man eine nähere Nachricht über die Beschaffenheit des offenbar nicht vollsläiidiKcn {Steines, aus der hervorginge, wo und wie viel etwa eu ergänzen sein müchte.)

m

ein hinzugefügtes dS7 die Formel domus aeterna zn bilden. Es ist dalier wahrscheinlich, dass die beiden Buchstaben s*3 durch einen Bruch des Steines verloren gegangen sind, so dass auch hier das gewöhnlich vorkommende Wort ri2]ra montimentum gestanden hat. Das Nomen proprium wi kommt vermuthlich von rfX"! Haupt. Nach dem folgenden u sind entweder einer oder zwei Buchstaben weggefallen : im crste- ren Fall könnte mau ein •" hinzufügen, um -'ü Anführer zu bilden, im letzteren hätten wir aS\r ü"! Rosch schalem als Eigennamen^ welche Lesart mir vorzuziehen scheint. Die Stadt, aus der der Gestorbene gebürtig war, findet sich nicht angegeben, vielleicht weil dies eine bekannte Sache war und er aus der Stadt stammte, in der er be- graben wurde, nämlich aus Nora selbst. Unmittelbar nach dem so gewonnenen Nomen proprium müssen wir das Wort Sohn erwarten, daher ich glaube p lesen zu müs- sen. Das Wort \r' kommt noch einmal vor als Name des Vaters des vorher benannten. Darauf folgt ein Wort, wel- ches ich itri»(n lese. Da es den Artikel hat kann es nur zweierlei bezeichnen, entweder einen Amtstitel oder ein Adjectiv zur Bezeichnung der Herkunft. Im letztern Fall müsste es nothwendig auf» ausgehen, daher es nur ein Titel seyn kann mit der Bedeutung : le pere chef. Dies mag der Titel der ersten Magistratsperson der Stadt gewesen seyn; in ähnlicher Weise hicssen nach dem Zeugniss des Pentateuch die kleinen Könige der Philister "jS^z »2X Vater des Königs, trugen die Könige von Edessa den Namen Abgurj und noch mehr entspricht der Bedeutung nach der Titel Ata-beg. In dem folgenden Wort, das ich ^ciSüKn lese, finde ich das Adjectivum zu Usellis , einer Sardini- schen Stadtj und wenigstens ist es natürlicher hier einen Bewohner dieser Insel, als einen Africaner zu sehen. Nach dem folgenden i scheint der Steinhauer das ] des Wortes p vergessen zu haben. Danach lese ich p^ScN. Wenn hier nicht etwa ein Fehler in der Zeichnung seyn sollte, ist an-

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zunehmen, dass in diesem Dialect, wie in vielen andern, das T in S überginge so dass bsK für den in Phönicischen nominibus propriis so häufigen Namen des Gottes ids stände, und das ganze Wort bedeutete: gegeben von Asal (^Asar) In der letzten Zeile müssen zwei Buchstaben \vee<refallen seyn; wir finden bei dieser Annahme das obige Wort »DlSuN, aus Usellis.

Inschriften von CStiiim.

Als Bauthelemy sich erijstlich mit dem Studium der Phönicischen Monumeiite beschäftigte , schrieb der da- malige Marineminister Graf von 3IorvilIe auf seine Bitte an den Französischen Consul in Cypern und beauftragte ihn, die durch Pococke bekannt gewordenen Citischen Mar- mortafeln nach Paris zu schaffen. Der Consul erwiderte, dass sie sämmtlich kurz vorher in den Ofen gebracht und zu Kalk gebrannt seyen. Zur Wiederauffindung der Originale, die, nachdem sie so viele Jahrhunderte lang von der Zeit und den Barbaren verschont geblieben, in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts und, wie es scheint, durch Europäische Hände spurlos untergingen, bleibt nicht die mindeste Hoffnung und wir sind daher zur Erklärung der Inschriften, abgesehen von dem einen nach Oxford gebrachten Steine, auf zwei genaue Copien Porters und die überaus nachlässigen Abschriften Pococke's beschränkt. Die Oxforder Inschrift blieb die einzige, mit w elcher man sich ernstlich beschäftigt hat, bis in neuester Zeit Ge- SENius eine fast vollständige Uebersctzung der Inschriften lieferte. Da ich indess von ihm in vielen Punkten ab- weichen muss, lege ich hier eine neue Deutung dieser Monumente vor.

Die erste und längste Inschrift ist unglücklicher Weise die von Pococke am nachlässigsten behandelte, so dass ihre sümmtlichcn Buchstaben auf die sonderbarste Art

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entstellt und fast unleserlich geworden sind. Hrn. GeseMüs Scharfsinn hat dieser Schwierigkeit wegen keine voll- ständige Entzifferung gewagt. Ich werde mehr unter- nehmen: ich glaube die Inschrift vollkommen herstellen zu können. Da dies aber nur durch Conjecturen geschehen kann, die vielleicht auf den ersten Anblick zu kühn er- scheinen werden, so muss ich die Entzifferung der übri- gen Inschriften voraus schicken.

OiLf Order Inschrift').

Kein Phönicisches Sprachdenkmal hat die gelehrte Kritik so viel beschäftigt^ als diese Inschrift. Nach den Versuchen Barthelemy'Sj Swinton's, Akerblad's^ Sacy's, Fabricy's, Kopp's, des verstorbeneu Caussin de Perceval, dessen in der Academie der Inschriften gelesene Abhand- lung unedirt geblieben ist, und Hamaker's hat Gesemus folgende Erklärung gegeben:

Ego Abdosiff filius Abdsttsimij filius Hori (jhunc) eippum ei quae per vitam meam consuevit mecum super cuhili meo placido in aetum omru posui Amath- Astarte, filia Thomaej filii Abdmelichi,

Ehe ich meine eigne Lesung vorlege^ erlaube ich mir über die vorstehende einige Bemerkungen. Zunäclist kann ich mich nicht überzeugen^ dass der alleiu stehende Buchstabe s im Phönicischen habe für is qui oder ea quae gebraucht werden können. Wenn dafür directe Beispiele in den Phönicischen Monumenten vorhanden wären^ so müsste man sich allerdings dem Augenschein ergeben^ bis jetzt aber ist dafür nicht das Mindeste beigebracht. Zweitens bezieht sich der Ausdruck "n3 per vitam meam, so oft er

1) (Ewald's Erklärung dieser Inschrift im vorigen Bande der Zeitschrift, mit der die obige am nächsten zusammentrifft, konnte dem Verfasser noch nicht bekannt seyn.)

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auf den Citischen Monumenten vorkommt^ nie auf eine Person^ die die Gefährtin des Verstorbenen während seines Lebens gewesen wäre^ sondern immer nur auf die Er- richtung des Monuments: D^'ns riXJQ Monumentum per vitam positum. Das Verbuni ]"□' in der Bedeutung wohnen existirt weder in der Hebräischenj noch, die Arabische aus- genommen^ in einer der verwandten Sprachen. Ist ferner dieses der Ausdruck für einen solchen Fall? Kann man sagen : eine Frau^ die auf meinem Bett gewohnt hat? Wahr- scheinlich hätte man sich doch des eingeführten und ge- wöhnlichen Wortes :i3*j cuhavit bedient. Ist es ausserdem glaublich; dass das Masculin gebraucht sey, wo von einer Frau die Rede ist? Dazu kommt ^ dass der Ausdruck Mina 3Dua cubUe requiei meae doch nicht wohl ein materi- elles Bett bezeichnen kann, sondern eben nur das ewige Ruhebett; das Grab. Auch ist nicht glaubUch, dass die Phö- nicier das Suffix der dritten Person Sing. Masc. durch ein K am Ende ausgedrückt hätten. Endlich macht in dem Ver- bum, welches Geseniüs nt< a"a> liesst^ das n sicherlich ei- nen integrirenden Theil des Wortes aus, wie die obige Athenische Inschrift unzweifelhaft gezeigt hat. Eben so ist eine Erklärung, die in eine Abkürzung von >nt< sieht, durchaus unzulässig.

Auf den ersten Blick sollte es scheinen, als ob nach den Arbeiten so vieler gründlichen Gelehrten eine so kurze Inschrift keine Schwierigkeiten mehr darbieten könnte. Nichtsdestoweniger ist es sehr gewiss, dass einige Worte noch dunkel sind und der Sinn im Ganzen keinesweges so fest gestellt, dass neue Versuche überflüssig wären. Daher ich die folgenden Vermuthungcn der Prüfung der diesen Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit werth schätzen- den Gelehrten vorlege.

Akkrulau's Lesung der ersten Zeile scheint mir un- widcrsprechlich. Nur füge ich seinen Bemerkungen hinzu, dass das Wort idx Asar in -iDNTTi bei den Phöniciern

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eine sehr wichtige Gottheit bezeichnet zu haben scheint, da man es in vielen Namen findet. In der von Barthe- LEMY erklärten Maltesischen Inschrift liest man Ebed Asar^ der Diener Asar's, und Asar-schamary der von Asar Be- schützte, jenes auch in der 23. Inschrift von Citiura. Jo- sephus c. Ap. p. 449 erwähnt einen König von Tyrus Na- mens Bodezor; ich glaube, dass man hier Abde%or d. i. Ebed Asar lesen rauss. Der Cultus dieser Gottheit muss ebenfalls bei den Assyrern sehr verbreitet gewesen seyn, da man drei damit zusammengesetzte Namen ihrer Kö- nige kennt: Teglat-P?tal-Asar, Schalman-Asar und Asar^ Haddon. Die vouAkerdlad angenommene Identität desiD;« mit dem Aegyptischen Osiris scheint mir überaus zweifel- haft. Eine andere nnedirte Inschrift, davon die Academic der Inschriften eine Copie besitzt, enthält den Namen TK *S^ Molek-Asar,

Die zweite Zeile beginnt mit den beiden Buchstaben cS , die eine w^irkliche Schwierigkeil darbieten und alle bisherigen Erklärer in grosse Verlegenheit gesetzt haben. Unter allen bisher vorgeschlagenen Conjecturen befrie- digt mich keine. Ich weiss nicht; ob die meinige glück- licher seyn wird.

Zunächst könnte man den zweiten Buchstaben für fehlerhaft eingehauen halten und mit einem Jod statt sei- ner ^S mihi lesen. In der That wäre diese Vermuthung nicht übermässig gewagt, da man die Figur nur umzu- kehren braucht, um ein Jod für Mem zu erhalten. Da aber der Charakter hier sehr bestimmt gezeichnet ist, möchte ich nicht zu diesem Mittel greifen. Wenn also eine andere Vermuthung nöthig ist^ lässt sich annehmen^ dass ein V entweder am Ende der ersten oder am An- fang der zweiten Zeile von dem Steinhauer vergessen sey, welches das Wort dS? aeternitas gebildet habe. Ein solcher Fehler darf nicht überraschen^ da es sich nicht

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von einem öffentlichen Monument handelt^ dessen Errich- tung sorgfältig überwacht seyn würde^ sondern von dem Grabstein einer blossen Privatperson^ dessen Besorgung Arbeitern überlassen war^ die ohne Zweifel nicht son- derlich in der Sprache bewandert waren, und sich we- niger um Correctheit, als um Symmetrie der Zeilen kümmerten.

Bei einer genauem Untersuchung der Phönicischen und Punischen Inschriften überzeugt man sich, dass die Steinhauer regelmässig das Vy das gewöhnlich nur in einem kleinen Kreis, in einer Art Punkt besteht, ausge- lassen haben. Beispiele davon habe ich schon angeführt und noch mehrere werden später vorkommen, so dass das Fehlen des JT wohl keinen treffenden Einwurf gegen die Richtigkeit meiner Erklärung abgeben kann. Ich lese demgemäss oSy nasa monumentum perenne. Gerade so heisst in der Inschrift des Fürsleu von Torremuzza [Melit. 2.] ein Grab üSl? ni domus aeterna.

Sodann lese ich nj;2p> und übersetze efformati, eßnxi. Man sehe, was ich oben über die Lesung und den Sinn dieses Verbums gesagt habe, von dem weitere Beispiele bei einzelnen Citischen Inschriften noch vorkommen wer- den. Ich hatte in einer früheren, vor längeren Jahren in der Academie der Inschriften gelesenen Abhandlung diese Deutung vorgeschlagen, aber zugleich erklärt, dass ich sie bestimmt verwerfe; aber seitdem hat mich die ent- deckte Athenische Inschrift und ein genaueres Studium der übrigen Citischen belehrt, dass diese Annahme die einzige ist, die sich mit der Bestimmung der Monumente und dem Sinn ihrer Texte vereinigen lässt. Das N macht; wie bemerkt, einen integrirenden Theil des Wortes aus und das n rauss daher das Afformativ der ersten Person seyn.

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Es folgen die Worte zhvh Tina 22tTi ^V stiper Iccttim qnietis meae in aelerninn.

Die drei letzten Buchstaben der Zeile sind bis jetzt von Allen sSd gelesen, ohne dass Jemand diesem Worte hätte irgend einen zulässigen Sinn geben können. Ich glaube, dass man darin sbl sehen muss, welches mit den drei er- sten Buchstaben der folgenden Zeile tiünSi etuxori meae giebt. Auf der von Barthelemy erklärten MaltSischen In- schrift hat das t eine der vorliegenden sehr ähnliche Figur. Das folgende Wort lese ich mit Sacy mnw'i n!2«S servae Astüjfes, und halte es für den Namen der Gattin dessen, der das Monument errichtet hat. Man setzte also im Phö- nicischen, wie im Syrischen, wenn zwei im Dativ und in Apposition stehende Noraina auf einander folgten, das Lamed vor beide. So steht auch in der Inschrift von Malta "j'-j^S

Zur Vergleichung dient der auf einer Citischen In- schrift vorkommende Name einer Frau -jS^Z n*:x Dienerin Moleks. In TakiedJin Fäsi's bibliographischer Geschichte der berühmten Mekkaner (ms. II. fol.45.r.) wird eine Frau Namens X^'ö *a^»JI iCoi, die Dienerin des Allbarmherzigen Fatimah, im Kitub Alaghuni \\L fol. 159.") eine andere Na- mens v_jIpJI iU\, Dienerin des Allgütigenj erwähnt. In dem- selben Werke (I, 136 r.) redet ein Araber eine Frau, die Um gastlich aufgenommen, mit äU! 'm\ L an.

Die folgenden Worte sind ohne Schwierigkeit und heissen filiae Tomi, filii Ebed-Molek. Ebed-Molek lese ich, Diener des Moloch, nicht Ehed Melek Diener des Königs^ welches mit dem Artikel heissen müsstc Ebed hammelek._ Auch würde diese Form dem constanten Gebrauch in iXcix Semitischen Sprachen widersprechen, in denen das Wort ebed, abd in der Composition stets einen göttlichen Namen nach sich hat. Das Arabische Abdalmelikj das zunächst diese Regel umzustossen scheinen könnte, bestätigt sie vielmehr, denn es ist sicher, dass es nicht Diener desKö- V. 8

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nigs, sondern Diener des höchsten Königs, Gottes, be- zeichnet.

In einer schon ohen angeführten Inschrift und in einer andern, ebenfalls der Academie gehörigen finde ich die beiden Nomina propria Molek-Baal und Molek-Asar, die aus den Namen zweier Gottheiten zusammengesetzt sind. Diese Namenform war besonders bei den Aegyptern ge- bräuchhch. In den kirchlichen und andern Schriftstellern findet man auf jeder Seite Namen wie Sarapamon, He- raclamoriy Besamon, Nilamdn und ähnhche.

Ich lese und erkläre also die ganze Inschrift folgeuder- massen :

-kSt obyb mna 32ujd hv n«:p» »ma aSi"!?]

Ich Ebed Asar, Sohn des Ebed Sesem, Sohnes Hor's, habe dies ewige Monument zu meinen Lebzeiten über meinem Ruhebett für immer errichtet für mich und meine Gattin Amat Aschtoret, Tochter Tom's^ Sohnes des Ebed Molek.

-<j|©»o-

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V. * Erklärung seltener blbliseher Wörter

von Saadlas Gaoau

Zum ersten Male aus einer Oxforder Handschrift be- kannt gemacht und erläutert

von E<eopold Itukes«

Dieses Docament des allerersten Anfangs der hebräischen Lexicographie, "welches zwar zaweilen genannt, aber nicht bekannt war, verdanke ich der Güte des Hrn. Prof. v. Ewald, welcher es hev seiner Anwesenheit in Oxford copirte. Der- selbe hatte auch sehr gehaltvolle Auszüge aus den bis jetzt sehr wenig bekannten Uebersetzungen und Commenlarien des Saadias zu Job und den Psalmen aus genannter Stadt mitgebracht, welche bald von seiner kunstgewandten Hand der OefiFentlichkeit übergeben werden sollen, wodurch die Exegese, welche demselben bereits so viel verdankt, aber- mals eine wesentliche Bereicherung erhalten wird. Eine kri- tische Notiz über die Werke des Saadias vom Schreiber die- ses wird sich diesen Mittheilungen anschliessen.

Da in genannter Abhandlung dieses Documenta welches eben den Lebern dieser Zeitschrift vorgelegt wird, näher

llj»

besprochen und sein Verhältniss sowohl zur Exegese über- haupt, als zu den Werken des Saadias insbesondere bestimmt dargelegt ist , so können hier einstweilen die allerkürzesten Andeutungen genügen.

Die Aufgabe dieser Abhandlung des Saadias ist singu- lare biblische Wörter dureh die Mischna und den Talmud zu erklären, eine Methode, welche schon durch den Talmud selbst begründet war , denn die Talmudisten erklärten ih- rerseits wieder singulare Wörter der Mischna durch bibli- sche Worte '), wovon auch Saadias Gebrauch machte, vrgl. No. 35, 54, 62, 80, 85. Dieser Versuch des Saadias wurde später von den Exegeten und Lexicographen benutzt, und auch von ihnen diese Methode befolgt.

Erwähnt wixd diese Abhandlung tles Saadias von dem berühmten Grammatiker und Lexicographen Jona ben Gan- nach (auch Abulwalid Marwan) 2) ^ welcher diese Methode nachdrücklichst empfiehlt. Bei andern jüdischen Schrift- stellern des Mittelalters ist diese Abhandlung nicht namcnt- h'ch erwähnt. Später wurde sie von Wolf ^) , Gesenius '•), Rappoport 5) und Munk <^) genannt.

Die Zahl der Wörter wix'd von allen diesen Schriftstel- lern auf 70 angegeben, wozu sie allerdings das Wort '}'^:?So!:N berechtigt, aber wie der Leser selbst sehen wird, sind ihrer 89. Es befindet sich diese Abhandlang in der Bodlejanischcn

1) Diesen Gegenstand iu seiner ganzen Ausdehnung habe ich in einer Abhandlung: über die Sprache des Talmuds zu eutwik- keln gesucht. Hoffentlich wird sich bald eine Gelegenheit dar- bieten, dieselbe bekannt zu machen.

2) Auszüge aus dessen hebr. Würterbucb, so wie ausJehuda ben Karisch grammatischen Arbeiten , haben die Freunde der Lite- ratur ebenfalls von Hrn. Prof. v. Ewa.ld zu erwarten.

3) Bibl. heb. nr, 859.

4) Geschiclite der heb. Spraclie und Schrift S. 99.

5) Bikure Haitim 1828. S. 30. Note 45.

6) Nutice sur Rabbi Saadia Gaou. Paris 1838.

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Bibliothek Cod. Huntington 573. Weil aber in der Hand- schrift sowohl die zu erklärenden Wörter aus der Bibel, als die zur Erklärung aus dem Talmud angeführten nicht nach den Stellen, wo sie sich finden, sondern ganz nackt hingestellt sind ; so mnssten diese Stellen aufgesucht und be- merkt werden, was bei dem Talmud keine leichte Arbeit ist.

(n'y T"b n2^) '^•'"12: nswa ficr er '75'^s (1

Das Wort 'j2-i^ 2 Chr. 2, 15 bedeutet so viel du brauchst uud ist dasselbe, wie das in der Mischna vorkommende ']'^~)^ er braucht, er muss.

Alle Ausleger geben dieses Wort so.

iii'y a"r mnins) rrns:^-! or«- c:in (2

Das Wort d:\\ Esther 1,8 heisst zwingen, wie im Tal- mud crixrr wer bewältigt.

Eben Esra zu dieser Stelle erklärt es beinahe eljen so und bringt als Beispiel ^i: cri« J«':? n r3T Dan. 4, 6.

\Jü^ fjs}\ Xxl Q* pjoü (3

p:c^ Sprüche 29, 21 kommt von dem arabischen rntt- fauniq.

Dieses im Qämüs gar nicht vorkommende Wort muss mundartig einerlei sein mit vüiJLi* , welches der Qamüs durcri C^ zart erklärt. Eben so Eben Esra zu dieser Stelle und David Rimchi in seinem Wörterbuch u. d. W. *)

Das Wort mbra 2 Kön. 23, 5 bedeutet die Bilder des Thierkreises j wie im Talmud.

David Kimcbi (Wörterbuch Art, ^T:) sagt darüber p iNnps initTnün ^■^rTls "jirja "^^ztz „Weil sie in ihrem Laufe zu fliessen scheinen (ä-'bn:), daher heissen sie mrT33".

1) Dieses Wort ist im Talmud häufig z. B. (N :> T D p 3) "»013 pSQ» ],er ist mehr verweichlicht."

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?i3i:m nann ^^"^^^n abiu n3i£s'(5 Das Wort n3i25 Spr. 25, 13 heisst wie die Kälte, jwie in Talmud i-;Di:m in der Kälte.

Eben so Eben Esra und Kimchi (Art. pS).

Das Wort mm-is^nn 2 Kön. 14, 14 heisst Vermischung, wie in der Talmudstelle: <iie Kinder würden vermischt.

Die chaldaische Uebersetzung giebt dieses Wort mit -^in N''i'^i'^ die Söhne der Grossen. Rascbi und Rimcbi u. d. W. folgen hierin nach.

pn •'sm (N p":i) ^^p^ii msj« (^^ c* pra (7

(^ S> n 72 aü}) Das Wort pta Esther 7, 4 bedeutet Schaden, wie im Talmud rfie Väter der Schäden d. h. Hauptschäden u. s. f. Eben so Eben Esra und Kimchi u. d. W.

n^m5>X3 müN •nas» (8 Das Wort "nns^ Job 21, 10 heisst schwängern, wie im Talmud eine schwangre Frau.

Eben so die chaldäische Uebersetzung y^'a'l'ü nmn, wel- cher Raschi, Eben Esra und Kimchi u. d. W. folgen.

(t's ?in »"a) n'n^nb a-^^n i<n'^^^ (9 NtTnii Dan. 3,4 heisst <ier Ruf, wie|: er »imä* ausru- fen lassen.

Eben so alle Ausleger.

(3% ü^ p"3) na-'bi 'inj« Nai tbj« naba (lo näb Ex. 3, 2 heisst die Flamme , wie im Talmud er macht es brennen.

In der Polyglotte ist es ebenfalls ^j^ (zünden) übersetzt. Donasch ben Librat ^) erklärt dieses Wort eben so, welches Eben Esra in seinem Buche Scfatk jether No. 140. bestrei-

2) Im Manuscript steht hier augenscheialich fehlerhaft ''TS^

3) Vergl. raeiue vurläuni^e Notiz über Donasch ben Librat im Literaturblutt de^ Orieuts 1843. No. 11. 13. 15.

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tet. Letzterer erkliärt dieses Wort wie Sra in der Mitte, welcher Meinung auch Raschi und Rimchi (Art. nr) sind. Letzterer cilirt auch die Meinung des Saadias, ohne ihn zu nennen. Die chaldäische Uebersetznng stimmt übrigens mit Saadias iiberein.

ms-ia) rn-j;:rr ^^2 N? (a":> r'-ria») ]mu)p» n^«a (11

' ^ II u

(3 y rt S

DTcJ^ Nu. 6,3 heisst etwas Eingeweichtes, wie im Tal- mud: im Wasser, worin etwas eingeweicht wurde.

Vergi. Sefath jetJier No. 56. Raschi stimmt mit Saadias überein, eben so Eben Esra und Rimchi u. d. W.

(i*":? 3 »*^aw') ^•'■'r: -t :rn3^-«m (12

Das Wort cnn-^im Dan. 1, 10 heisst ihr werdet rächt schuldig machen j wie im Talmud: dieser ist schuldig.

(=:*c) -i':::s -^.izz Nr -'s (13

"lOD 2 Chr. 23, 8 heisst befreien , weggehen lassen, wie im Talmud T!::3 er ist befreiet von einer Sache.

Die Wörter "11:23 und a"^Tl sind im Talmud oft gebraucht und sind sich entgegengesetzt.

('t -1x^2 '.-! p-iD r.az) ''p':iia') pai» imsy (14

"irriny Micha 1, 11 heisst seine Schätzung, wie im Tal- mud man schätzt (]'^n^"!w\).

Es wäre diese Stelle demnach so zu übersetzen: „er wird von euch nach Gutdünken nehmen" d. h. nach seiner eigen- willigen Schätzung. Rimchi in seinem Wörterbuche (Art. 1a2») bringt diese Erklärung im Namen des Jona ben Gannach. Vergl. auch dessen Commentar zu dieser Stelle.

(ü"y ö t":>) yinaa ^lörn msrn ^riin (15 n^'^bn Hiob6, 55 heisst das Eiweiss, wie in der Stelle: Chelmon heisst das Aeussere des Eies.

Rimchi u. d. W. erwähnt diese Erklärung, ohne Saa- dias zu nennen. Es wird daselbst auch eine andere Erklä- rung gegeben *).

4) Es sei erlaubt eine Stelle aus dem Wörterbuche des angefuhr-

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5) (t pnsD na^) m'nü'^"^ ly in'nn'^1 (16 irtl/ai'j Jes. 38, 21 heisst aufstreicJwn, wie in der Stelle: bis er das tieireide gestrichen hat.

Eben Esra zu der angeführten Stelle deutet auf das Ara- bische hin, ohne das "Wort zu nennen. Es ist -rj* salben.

ten Donascli hieherzusetzen, welcher sich hier an Saadias Er- klärung anschliesst.

"T"'-)! DSU ü-Jü U5'. üJ< ma^rn "inn d^ü lü"» üi< n^nnoi mabn ^löNn Nin ü^irnn riT "^nansi NbsM ^"im ""lä^i 5>:;n^/"o tö^n n:s>m üyo niü ( d a'-" sri<) np"^ [ü'^spr] ü:i>üt i:2D D2>ü tu'' -^^ d5>ü:D i7ji>ü -im Ti^^na inw p^mm (n •> u^'p l:*;:!-in) "^^iJjb C't ':» m31i) nj3\Nü las-üi b*<T ('n j*'*' 'la'ixjn) pü}n ^UJ?

'»);i?o !:DN-' Nb "^^N niriir; -m Nim ^'-ip»:! nan mairnb

,:•. ?7373N pJI^ pnSi Nim mU573 pUJb"J nr-J Dem Sinne nach:

„Du (Menachem ben Saruk) übersetzest diese Stelle: Ist Ver- stand in dem Geifer eines TValinsinni^en, du nimmst das Wort tZD2>U für Einsicht wie in der Stelle (Job 12, 20) „er nimmt die Einsicht der Alten". Dies ist unrichtig, sondern man ver- steht darunter das Eiweiss, welches mau ohne Salz nicht geniessen kann. Das Wort Ö5>£3 heisst hier Geschmack." Wie Mena- chem das Wort m^;:}! als wahnsinnig erklären konnte, da es im der Bibel und im Talmud auch gesund sein bedeutet, ist hier nicht angegeben, lieber Menachem vergl. Vorläufige Notiz a. a. O. No. 12, wo auch einige Proben aus dem Hamb. und Leidner Codex mitgetheilt sind. 5) Die hiehergehürige Stelle aus dem Donasch mag hier ebenfalls einen Platz finden.

■»n i3i2i> ]\m Nin binn pn^urr ):v iniaiT ninsi irri^j^i 1ÜD vpn nTi ;i")?nn a-^a^a pujbi ■):?üiöör) rtjiüö ^'^^p cdn pu))?a nNtrr tib?3i inn muj^jri pvübn ö:n nxi hdt hn

nnp nOIÜT n5>^^ pianril nnUJ^J „Du erklärtest das Wort in*^/3i1 umwickeln, dies ist unrichtig, es ist in der Bedeutung der Mischna zu nehmen, welche Bedeutung es auch im Ara- bischen hat , wo sich das tl in 5 verwandelt, wie dies dort öfter der Fall ist u. JDf.«

m

(n":> n"i3^3) rrb^SD lö^i np» N^rr:) ^p3?i^ (17 ^ipsb Lev. 25, 47 heisst t/ewi Haupt einer Familie, wie in der Talmudstelle : was die Hauptsache ist.

In der Polyglotte ist es ebenfalls 6y^^ TVurzeln über- setzt. Eben Esra zu dieser Stelle scbeint auf diese Erklä- rung zu zielen , ohne S^dias zu nennen. Kimchi u. d. W. hat sich an die talm*dische Auslegung gehalten. Onkelos giebt dies Wort gar nicht wieder.

(N* i"^) l-^rn yST; Ö"^D*ID5 DIU CTST (18

0'<s2 Hab. 2, 11 heisst ein Stück Holz, wie im Talmud =:''2"23 Balken.

Raschi und Kimchi sagen dem Sinne nach dasselbe. Vergl. auch Aruch u. d. W. (n"^ ü"s fnos) no-i^ö n? rsN"^ «r r«"iw"'a'a) ■'::' iss^a (19

ias:23 HL. 1, 12 heisst so \iel wie in der Talmud- stelle no"''iJ sich, anlehnen.

Die Stelle wäre demnach zu übersetzen : »während der König auf seiner Leime sass« u. s. f. Bei Kimchi u. d. W. wird diese Erklärung im Namen des Jona ben Gannach ge- geben.

(n":? n's »"a) ir^saio "lö« Nri rn"«aNn dn '^öj* "jüo: (20

Das Wort p32 Jes. 28, 25 heisst bezeichnet, wie das tal- mudische 'i^'^D Zeichen.

Von Raschi, Eben Esra und Kimchi eben so erklärt.

«3n'n3>3 mj^nb rsi !=;^mTi3n -iu:n O'^ncr: ^'■^72 (21

Das Wort ü-^in^D 2 Kön. 23, 11 heisst Umgehung, wie das talmudische mi<i*)D Weichbild.

Raschi zu dieser Stelle gesteht , dass er die Bedeutung dieses Wortes nicht kenne. Kimchi erklärt es wie Saadias, ohne denselben zu nennen.

•»:« ^SQi ]i\oi<-j nitö £:">-iXÄn (22 V. 8*

122

D'''ni:S3 Klagl. 1, 3 bedeutet Grämen^ wie das talmudi- sche litü Gränze, Gemarkung.

Eben so Raschi zu dieser Stelle. Eben Esra erwähnt diese Erklärung ebenfalls, ohne Saadias zu nennen. Er selbst hält dieses Wort für den Plural von "iliön p (Ps- 118,4), welcher Meinung auch Rimchi u„ d. W. sich anschliesst. Derselbe erwähnt übrigens (a. a. 0.)«auch die Meinung des Saadias, ohne denselben zu nennen.

n::)'>nn ni^DJ2r^ (a":> rt"p plrin) nu)a ^^ inD^nn ^nna (23

(f< 3> N 13 m3)

']nri3 Dan. 9, 24 heisst bestimmt (eigentlich ausgeschnit- ten), wie das talmudische niiTin ein Stück d. h. ein be- stimmtes Stück.

Eben so Rimchi u. d. W. In dem Commentar zu Da- niel, welcher dem Saadias zugeschrieben wird, ist dieses Wort gar nicht eiklärt.

(_i"3> t"3 iria) n-nTöa b^ tan^ fiNi-iJi ^iiisf tan^a (24

t=!n:33 Jer. 2, 22 heisst befleckt, wie das talmudische tans ein Blutflecken.

Diese Erklärung tritt bei Raschi und Rimchi nicht so bestimmt hervor.

<>)('t nniJz 'z p^iö na^) tzs-^irüa imaD'ip ^/-i nsTaD'na'« (25

6) Donasch tritt der Erklärung des Saadias bei. Der Artikel lau- tet bei ihm: (ffil'^3 ^"1^) inü pirHa DN^m I^I^önS''

Nijaa Nb Pins hp'O'n !:5> •'Tü-'biü «in D-i3 h-'pbn "^du? Dr-ii

;]ipm 5]Da inrjo-iDT c;ü3 ir.roo-ou) p-i*' nau»» iiu)r3 üaisispi inaüDiS'' ■ji-idst i"'Dpüä"> poriu^a maiujb \i\ü tTfi^pan P]03D DN r;2Ni:7on nasnn i:innn nascip-^n

fiatüDMn t=l'»2V:ü»DT „Du nimmst das ns^D'nr)"' von önr) {Bauch) (es würde demnach übersetzt werden müssen, er füllt sich dtn Bauch damit u. s. f.}j dies ist unrichtig, denn wU~lI3 ist ein

123

naöö'ns"» Ps. 80, 14 bedeutet zerwühlen, wie im Talmud : wenn es Ameisen zerwühlten.

Wörtlich bei Rimchi u. d. W.

TT!"« Nbi nins Nr [ifi^] nnns (26

nnriD Lev. 13, 55 heisst eine Verminderung, ||^e im Tal- mud mni! J<r nicht weniger.

In der Polyglotte ist es ebenfalls ÄXl^ Untergang gege- ben. Eben so rrl 1 irra|f Eben Esra and Kimchi u. d. W. Raschi hält es mit CSTins (2 Sam, 17, 9) zusammen und es bedeutet nach demselben eine Vertiefung. Onkelos giebt es 4*^n {iCian, welches mit Saadias Auslegung übereinstimmt. ( rr TiV^i^ n s niTa) nvi^a crnns T^rr a-'irVr'! CrVr^"! (27

Das Wort Q^irm 1 Köo. 6, 8 bedeutet, wie im Talmud, Kammern.

Kinichi eben so ohne Saadias zu nennen.

(■^''p nnuj) n^c^n": nb y^^y y^n (28

yn Ezech. 13, 10 heisst eine Wand, wie das talmudi- sche rr^-^rm.

Eben so die chaldäische Uebersetzang nebst Raschi und Kimchi.

(13 3? M D T^yd) r^n'z'O ix^^".^ ib r:n\-r triiD-^rya ir-st::") (29

i;''"::ü:t lob 18, 3 heisst wörtlich verstopft werden, wie das talmudische naöüi er hat sie verstopft.

Die Stelle wäre demnach zu übersetzen : „wir sind als beschränkt gebalten in euren Äugen." Eben so Raschi. Kim- chi (Art. nüa) hat die Stelle wörtlich.

dreibuchstabiges Wort, wovon man kein Zeilwort findet. C0^3 bingegen ist ein vierbiicbstabiges Zeitwort, welches sich in der Mischua findet« u. s. f. Es mag hier noch bemerkt sein, dass Eben Esra zu dieser Steile die Erklärung des Menachein er- wähnt, ohne seinen Namen zu nennen und ohne ihr seinen Beifall zu gehen.

124

(n% n"D ö^noE) m^in-^ nbn'' (30 nb^"^ Lev. 22, 22 heisst ein Geschwüry wie das n^ris-^ im Talmud.

Eben so bei Rimchi u. d. W. zu Ende.

# 7) {a"s n"^ mi?:) üdis idid;» 5)12 ^td*' (31 ):]13 Ps. 48, 3 heisst hier ein Ztveiy , wie im Talmud : sein Zweig neigt sich.

Kimchi u. d. W. erklärt es Laniltchaß. Vergl. die Note.

(S t"d ts-'r^s) mbL:?:rT n\Ni:t:öT (32 m4<?D53 Jos. 9, 5 heisst mit Flecken besetzt , wie das talmudische rr'rüü ein Fetzen.

Eben so Rimchi u. d. W. ohne Saadias zu nennen.

rtT.iiüfa IrN'-iuj'' man r7::i>T) (33 n353>n Ruth 1, 13 heisst sollen unverheirathet bleiben, wie das talniudische ^T3l5i> (welches eine Frau hedcntet, de- ren Mann abwesend ist, ohne dass man seinen Aufenthalts- ort kennt).

Auch bei Ripachi (Art, Hüiü, pn). Rasch! scheint auf diese Erklärung hinzudeuten und widerlegt sie.

7) Donasch tritt hier ebenfalls der Meinung des Saadias bei. Seine Worte lauten: fl')2 nc (V\: "^i:?) r^-^T^I") 5]13 ^ID""

nxDiür) (N "^ /■' S'Wi-'^') nsarr mobtö tDs> y^an 5^:^ tüi^o-j rro"» pjia ns-^ p^it '^n N^psi nn ^nt* TT*::pi id::>i isla

Ca-^mln It^nsb pinnm DTiTM 'nS^ i«"»! "^3 fJlS» Du hast das 5)13 IIB'' mit dem tlDSll nU);rU) in eine Rubrik gesetzt (das fjIS tlÖ"' wäre demnach zu übersetzen eine schöne Landschaft); dies ist unrichtig. Das hier erwähnte' C]13 ist in der ßibel selbst siugulär, es ist aber mit der Bedeutung desselben in der Mischna (Zweig) zu nehmen. Im Hebräischen sind die Wörter "T^ilp , P]35> , S)*)3 synonym. Der Berg Zion heisst ei« schöner Zweig, weil es der Oelberg ist."

125

Jr-n:3 Num. 24, 15 heisst durchdringend, wie io Talmud : bis es durchdringt.

In der Polyglotte ist dieses Wort mit ^\jtXi»> scharf ge- geben. Eben so Kimchi a. d. W. Rascbr und Eben Esra erklären dieses Wort gar nicbt.

' (3 p"z) r,:P2.-2r,^ ]^:*c::"2 ^rs: (35

■»:?n: 0badja6 heisst es wurden entblösst, wie das tal- mudische ."f?2 -~ etwas aufdecken , entblössen.

Diese Erklärung wird sebon im Talmud (Baba Kama3b) nach der cbaldäischen Uebersctzung des R. Joseph gegeben. Dieser übersetzt: T;":"i:rL:"i ^''riDN seine Gv/ieimuisse sind ent- deckt. Rascbi erklärt dieses Wort etwas anders, bat aber anch die Erklärung des Saadias. Eben Esra erklärt dieses Wort gar nicht.

n'!:?"'5D mrü s'Dd'^w ^töed t (36 siQz iSa. 20,3 heisst ein Schritt^ wie das t-almudische m^'iSD Schritte.

Eben so bei Kimchi u. d. W. im'y 2 0 ]-'::"n-':7) nr^-i rü2"!fi n''-::-! rc";; "irc-^:: (37 Das p""-:;-! Esra 3,-7 heisst Erlaubniss, wie das talmu- dische nra-).

Eben so Rascbi, welcher eine ausführliche grammatische Exposition davon gicbt. Eben Esra und Kimchi u. d. W. pflichten bei.

(a ^''Tinw) '\p':2rt n'^3, n"YnJ3 »n nninö (38

Das Wort rr-n-'j Jes. 30,33 heisst Flamme ^ wie im Talmud nmna.

«) (a":> n"D ma-ii) m-irin n'-« C\Vrn t:^ (39

8) Das \yort N"'^ln heisst im Talmud überhaupt Glied, einzelner Theil. Die fyirbelbeine heissea rj~nttJa*JnT»"rin; ein Leuch- ter, der zu «cArau^en ist, heisst rivb^n ?TD mi^is.

126

üwbn Uohesl. 7, Sheisst gegliedert, kettenartig, wie das talmudische m"'bin Wirbel, Schrauben.

Raschi hält es für Geschmeide und beruft sich auf das Arabische ^^^y Eben Esra schliesst sich dieser Meinung an, eben so Rimcht^Art. Ji^rt).

(^"'j -i"d mn^a) Pi^iroa ötp^ DciüN (40

ÜC3ÜN Hohesl. 5, 3 heisst beschmutzen, wie das talmudi- sche ?)21l27j beschmutzt.

Alle Ausleger so.

(a"3> t's 73"a) Vr-^a pn tjDb'^jjD (41

ü;:b'^55 Dan. 1, 10 heisst ewcÄ gleich, wie ihr, wie da|k talmudische ')'::''), ^n ^ei« Genosse.

Eben so Raschi und Eben Esra. In dem (anächten) Com- mentar des Saadias zu dieser Stelle findet sich hier noch ein nichtssagender Zusatz.

(ü":> t"5> pbin) tDi^i^T nwis inü^:: la^iT^ n2>a (42 inü223 lob 6, 17 heisst sich zusammenziehen , wie im

Talmud : das Geflecht der Ädern.

Eben so Eben Esra, welcher jedoch auch eine andere

Erklärung glebt. Rimchi (Xrt. n^lT) führt diese Erklärung

im Namen des Saadias an 9).

(n"5> 0 ö"a) STTJAÜn "«D^S? (^^ ^y'> H^']iJ2^ (43

JTTiJi^a Hag. 2, 19 heisst ein Speicher, wie das talmu- dische n^^;^^.

9) Es mag die ganze Stelle hieher gesetzt sein. tUT'D !T'^i>D ')1 NBÖ3^ NDD nX2NU) brS p^ülrb n^lT tTlip "JV^Ü?- (la'llT"«)

ujiTiDJi isMn pi pt:yäU) -i7oii:3 a-'T'-iön tsruü ^iD« ''Jaa •'p-'Qtt 'in*' iD0J*n3 nafra in'j::^ 'mpü %"2"'aT ?]-nnfi pra

''xn 1''T':»rt DQia piüi^): ^TOirST a-^^nsn R. SaacUah erklärt diese Stelle: „wenn es kalt wird, schruinpfen sie zusamn)eu<<. Das la^lT'^ wird in der talmudischen Bedeutung kalt sein geuotn- men u. s. f.

127

Eben so die cbaldäische Uebersetznng and die Commen-

tatoren.

[a'y t:':?n3">D) w^or: «^«3 m3>"'W ^-^^ ^ t2'»n5« T,iii2 (44

Das Dnr^ Geo. 26, 12 heisst Mass , wie das talmudi- >che ii"?rw sein Mos*.

Eben so Rascbi, Eben Esra und Kimcbi u. d. W.

(!a"y 72 "p '|"'~")n) m-ir^ t:*'::"»^ nmm (45 rr">iT^fl Jes. 59, 5 bedeutet zerschlageit, wie in der Tal-

nudstelle zerschlagene Finger.

Kitncbis Auslegung in seinem Cominentar zu dieser

»teile nabelt sich der des Saadias.

'0) (n":> t": naw) ncaioa (^i*^ O^ meciar (46

10) Eine Stelle ans dem (ungeJruckten) Wörterbuch des Mena- chem benSaruk (vergl. meine Notiz über denselben: Literatur- blatt des Orients 1843. No. 12.) dürfte dem Leser vielleicht nicht unwillkommen sein. Seine Worte (Art. tjID) lauten v;ie

folgt. mEEiiijbrr.i ]T>i:ci DTiDU} n"«: rr^a p".ab rnscTür vr>^

C'n n*"» D-'^nn) Tian -na:!: i "»nnn *^T2i*3 t:"«:» Ten tcn tq

y^ mcc"!t2b vm i-!S;i<a rN-s^o"^ "»ra n^{ -'u^ ">••-?- rrn

n2*rn KNT]"'r:? na: rmpim l"";!) n-"i3 i-^*:n n-^ ir::? ']■':■':?

C'a 'j) "»^uw "iBoa n;35W 'nm -lüx «in iNcnn Tiira): •jab mb r? t:-!::? '7\-iTniijj r:? =:i':;p „Das msc-icb

heisst Reden, uüd der Sinn der Stelle ist, wie es (Psalm 16,8) heisst: „ich habe Gott immer vor Augen", Moses sagte: „ihr sollt immer Gottes Gebote vor Augen haben« u. s. f., wie es auch (Sprüchw. 3, 3) heisst „binde sie um den Hals u. s. f.* Diese Erklärung, welche das Traditionelle ganz umgeht, klingt wie die des berühmten karäischen Lehrers R. Jefeth, welchen Eben Esra zuweilen citirL (Vergl. dessen Coramentar zu Ex.

4, 2. 4. 5, 5. 15, 4. 19, 8. 12, 27. 25, 4. Hos. 3, 4. Joel 2, 6. Obad. 1,15. Micha 5,2. Habak. 1,4. Hagi 2,9. Sechar. 1,8.

5, L 11,3. 13,7. Malach 2, 6. 12. Psalm. 8, 8. Daniel 2, 5.) Seine Werte lauten (bei Wolf BibL heb. IV 1095: ^•^"1nD^

C'a «3 PNpTn'^) tarn ^lam 1:23 mamo^a mcDio

128

n^DUiü Ex. 13, 16 heisst Kopfschmuck, wie im Talmud nsüiü ein Kopfschmuck der Frauen-

Kimclii u. d. W. wie Saa«lias. Rasclii und Eben Esra erklaren dies Wort etwas anders.

(4<"2> S ■j-^TüiTp) ") \"i2Tin 'lüi.vn nonna T,nt>^ (47

riD'ina Lev. 19, 20 heisst verlobt, wie in der Stelle : sei meine Verlobte (■'nenn).

In der Polyglotte ist das Wort eben so gegeben: Wjia^ verlobt. Eben Esra hat auch diese Erklärung, fügt jedoch auch eine andere hinzu. Eben so Kimchi u. d. W. und Haschi.

•2) (a'^ mni^i) \\^pa ]^^ Ui' nnip^ (48

n'Tipn Lev. 19, 20 heisst Strafe, wie das angeführte tal- mudische Wort *^).

üi>üii mir: iüi>üi dTTi ni<s ?N ^-^ ^*^^ "in'^ric i-rN tnj< "^rn :^ni73 ix^m p"«^:»;! piDsa ^72ia'\s ^■'■r:5> pn ]n::T;i

D^iJt -^in ]iiü?=) ü^nn rr-imi mm^i^n nnb ir'^i'a» a"'\'-i "iu;\

„Ich deute das Wort rilDü'IÜ umgeben, wie in der Stelle Ci"n ;rN J]Urn „wende dein Gesicht nach der Mittagseite hin". Der Siua dieser Stelle ist, wie das frühere ^es soll zum An- denken sein zwischen deinen Augen". Es ist der Gehraiich der Mensciien , dass sie, um sich einer Sache zu erinnern, sich ein Zeichen an die Hand befestigen. Daher legte uns der Schöpfer auch die Pflicht auf die Erstgeburten zu weihen, da- mit die Ereignisse in Aegyplen uns gegenwärtig sein sollen. Die Schrift spricht in der Ansdrucksweise der Menschen." Eben 1 Esra (a. a. O.) deutet auf die Erklärung des Meuachem hin, ohne denselben zu nennen.

11) Im Ms. heisst es hier !^D^^^

12) Im Ms. heisst es hier ^31~lpl

13) Saadias hat sich hier ganz an die traditionelle Auslegung des!

j

129

fn der arabischen Uebersetzang der Polyglotte ist die- ses Wort eben so gegeben »^^«.X^ bestraft. Rascbi und Eben Esra nebmen das Wort für Untersuchung von der Wuriel "ipa '*). Kimchi citirt diese Stelle des Saadias vollständi- ger, als sie hier ist **}. Vergl. auch Sefath jether >"o. 9. (3":? a's ^"a)**») i):Oi mwn «r^ ^ji^ ^ m-i.VT (49

^"iw Ps. 80, 13 heisst sie pflücken es ab, wie im Tal- mud mwrr der Winzer.

Eben so Rascbi.

(wx'j n'b m3-i3) rrWHD rrai^a pwö wro (50 »HD Ps. 109, 2i heisst abmagern, wie im Talmud ma- geres Vieh

Eben so Kimchi u. d. W.

noTiD önJ« ^nD\>ib f^yi ^y> tzsn? ■j-'n iims (51

('n p"iD Y^H '7m nsDö) uj-na Klagl. 4, 4 heisst brechen (das Brod) , wie in der Talmudstelle: man soll nicht brechen.

Talmud gehalten. In Cherithut S. 10a heisst es: Sn^lT "J"«'^:«'}

\x-ip3 \-!n pn^i '-I n:::x ? «in n^pböT ä:«^ mipa

.ST 7T')p':2 yz'^'^'^T't ;in5 N'':m2 j,\Voher wissen wir, dass das Wort mips Strafe, Schläge bedeutet? R. Isaak sagte: das Wort bedeutet, es soll ihm vorgelesen werden, denn es heisst anderwärts (wo die Rede von den Schlägen ist) : der erste der Richter liest vor (eine gewisse Stelle au» der Bibel)" u. s. f. Vergl. auch Note 15.

14) Auch diese Meinung ist im Talmud a/ a. O. ausgesprochen.

31 7\-^r,n -1"^p33 nü:« ■'CN 1 ,R. Aschi sagte: es soll Unter- suchung stattfinden."

15) Im ArL "ip3 liest man: yrdb ~I^J< "'S JT'n^'D "I "("ii^i" nn3T

ipa rtt) nsilw-in it\-! mpran» "'s? n"Tip3 „Saadias schreibt: es ist in der Bibel deshalb das Wort n"ip3 gebraucht, weil die Schläge mit einem Riemen von Ochsenleder (Tp3) ertheilt werden."

16) Im Manuscript steht hier m*1J<rT. Die im Text gegebene Stelle befindet sich in Saadias Commentar zu den Psalmen.

V. 9

-^'

130

(a'5> 'J: ^■'Jr'in) üJiX'in nx ^nfri üMW rt^lrr (*^j^ rnn (52

?nn Jes. 18, 5 heisst abschneiden, wie in der Stelle er Äat abgeschnitten.

Eben so Raschl und Rimchi (Art. TTD) mit einer klei- nen Veränderung.

MN sinür: (^>> ^y^ tu-^ppir^ tanüiü ö-^-^mü^j tzaisau) (53

Das a"'"«nro:a Jes. 25, 6 heisst zerflossen, wie in der Stelle: er hat zerfliessen lassen (geschmolzen).

Rasclii, Eben Esra und Kimchi leiten dieses Wort von ma (Mark) her. Vergl. Job 21, 24.

labwii^) \i>i?jn nn-^ib ')^vjt) tah ^n-^ib "i^ii> ü-i^^ni^Si (54

(n'3> ü'o r^:3-i u)-nü p'a

'in"'')^ lob 3, 8 heisst ihre Klagen, wie das talmudische rirr^ib ?Är Klaglied.

Schon im Midrasch rabha 69 b wird diese Erklärung gegeben.

•^IN^^ JrüiD 'Ti^ä^i 'j^^J (»~e!y* cy* '^' ^f^'- n'i\N"!^t (55

(n :s> a'a m^iiss) mW"! Esther 2, 9 heisst sich gebühren, wie in der Stelle: was ihm gebührt.

,).jaJI y^J a-i-iün nies (56 D. i. das Mark der Palme. Lev. 23, 40. Eben so in der Polyglotte. Vergl. Eben Esra zu die- ser Stelle.

^Ji1i\ *nr7 p (57 D. i. die Orange, eben da.

Eben so in der Polyglotte. Es correspondirt dem chal- däischen aTnniV.

17) In einem handschriftlichen Conimentar zu lob (vergl. meine Notiz darüber in Zion II S. 102) findet sich zu dem lob 36,31 vorkommenden Wort T^aiSJJ? die Erklärung von Saadias ange-

131

Jnas Arnos 9,9 heisst Sieft, wie im Talmud.

(n'y h'd l^^in) Y^ "«rs ^':r')5 "^^'.^y int ^a'ra (59

■'Jsra Ps. 139, 16 heisst imförmliche Masse , wie im Talmud ■^'2:",:, ungeformte Geräthe.

Eben so die spätem Commentatoren.

(a'y -''' p's) -'DT v':i-j: ^•'r^^rr n"'^ by (60

£3-':':::^ 1 Sam. 13, 18 heissen Raubthiere, wie das tal- mudische y.2.z.

Vergl. Arucli Art, yajc.

'8) (ü'y T^'p nz-J) .\-:^J5 n":rn ^-rria (61

■'ötra Ezech. 27, 21 heisst Kleider, wie das talmudische N^z-^ra das Kleid.

Die clialdäische UeLersefzung giebt diese "Worte mit NrSn'l '^'^11'):,^ himmelblaue fVolie. Raschi und Rimcbi in sei- nem Commentar und Wörterbuch u. d. W. erklären so wie Saadias. J<m n-i-rN-ii '•> "r:":) Nn"^2 rc.\üt N'L:::N'::a :^\TL:Mt:"^ (62

rTTiüNüT Jes. 14, 23 heisst ausfegen, wie das ähnliche Wort im Talmud.

Dieses Wort wird schon in Talmud so erklärt (Me- gilla 10 b).

^p-^pa n^-inö m^'^nsii (63

n''r"'r!'3 Jes. 2, 19 heissen Gruben, wie das gleiche tal- mudische: ein Loch. {29 Hz> Ä a) öw-^C-^YnJ njn/'a ^b«) ww« ■'a:: nw>j •.a>»'^':? (64

lax-'l: Kob. 2, 20 heisst eine Sache aufgeben, wie das talmudische Wort «W"' Verzicht leisten auf etwas.

führt: rsnnsn '\')^'J'< "'D Inii«; „dem der es (das Getreide) durch das Sieb wirft" Eben Esra (a. a. O.) erwähnt diese Er- klärung ebenfalls , aber ohne Saadias zu nennen. 18) Aus der im Text bezeichneten Talmudstelle geht hervor ^ dass f{A3^~5 das Unterkleid genannt wurde, im Gegensatz von ffil-rÖ welches das Oberkleid heisst. Das fir-D ''Zt^Jt wäre demnach „himmelblaue Unlerkltider-' zu übersetzen.

iH

132

Eben so Kimchi u. d. W.

tzJ'^Di^nü Esra 1, 9 heissen Schiachimesser, wie im Tal- mud: „das Haus, wo man die Messer bewahrt."

Kimchi u. d. W. sucht die Etymologie dieses "Wortes aus der hebräischen Bedeutung derselben zu entwickeln,

ft,tixi Lgi"^ riilw ^;7;y^*^^^ O-?^"^ '^^-5 oU^t ÖTl^lSo (66

n'^3i:n Ruth 2, 16 die Bündel; und ähnlich nennen sie (die Leute im Talmud) die Zange d:i:z , weil sie zusam- menfasst.

Die chaldäische Uebersetzung giebt es N^TiSN ]70 von den gebundenen Garben, Eben so Kimchi u. d. W. Raschi citirt eine passende Talmudstelle ^^).

niwXIJos Ex. 38, 8 heisst Spiegel , wie das talmudische. Von Raschi und Kimchi eben so erklärt.

20) (S5> j,'^ nn) niD^p ^-^'j vhi? h:ip72 scp"' (68

Oöip"^ Ezech. 17, 9 heisst wurmig, schimmlig werden

lassen, wie das talmudische moDp hahnig, dumpf.

Die chaldäische Uebersetzung giebt dieses Wort mit ;]üp^

abhacken , welches auch von Raschi, Eben Esra und Kiuichi

angenommen ward.

(n'2> 3 53) ^p3 bu) ns'n (*fly> q'» tr^nc^n (69 tn'^ns^ Hab. 3, 17 heisst Viehstdlle , wie das tulmudi- schc Wort.

Kimchi eben so.

19) Aus der im Text angegebenen Stelle geht hervor das b'^DH^ synonym ist mit fllD'^llS (zusammengebunden) und.dass erste- res Wort besonders lose zusammengebunden bedeutet.

20) Es hätte auch hier eine andere talmudische Bedeutung dieses Wortes benutzt werden können. DI&Dp heissen iiu 'J'aliuud Erdschollen, Klumpen; vcrgl. Nasir 68 a; Aruch Art. TTp«

133

^U)"« 7:>5n MrT «nn b:?:a Nr p^5^ "pj« "c n^:nnr (70

T^^nnr lob 2, Slieisst kratzen, wie das talmudische: mfl» </flr/" nicht abkratzen.

Eben so bei Kimcbi u. d. W.

N'-^rc-^TTC Dan. 3, 5 heisst Röhre, wie das talmudische rr;rs?0D die Röhren.

(^a'y'i !=:'"noD) rras:?» nsjr^ rrm^D *n»i:? (72

Tun? Joel 1, 17 heisst schimmlig werden, wie im Tal- mud : wenn das Brod schimmlig wird.

(Tj'p nr^) m^^n- ncii':^ ^-••n^sii^ (73

£=;n\*nD'TJ73 Joel 1, 17 heisst der Spund, welcher im Talmud rjatsQ heisst.

So giebt es schon die cbaldäische Uebersetzung nVin ■jinnsti-. Eben Esra citirt eine andere Erklärang dieses Wortes von R. Merenas, welcher auch Kinichi beitritt.

Laj? Ä^ulit »tXP^ o'"*** mr^n pn« 4<ui:i (74

m::£ Arnos 4, 2 bedeutet wie im Arabischen Brodkürbe.

Die chaldäisclie Uebersetzung giebt dieses Wort mit p^TS'^'nn fVaffen welche Erklärung von Raschi , Eben Esra und Kimcbi angenommen ward. Die zwei letztgenannten geben jedoch andere Erklärungen von diesem Worte. (N3> 3 3 p'::) [■'^■^-id::] N'^TinNnpu;2N:;r:: '^T:j€■:^v np^ü: (75

ip"a: RIagl. 1, 14 heisst emporspringen, wie das tal- mudische Nnp'ca mit einem Sprung.

Die cbaldäische Uebersetzung hat ip-^Tii« schwer werden Kimcbi u. d. W'. citirt diese Meinung im Namen des Ilay Gaon. Raschi und Eben Esra geben andere Erklärungen von diesem Worte.

Cr^rs) lynaa Tnrjm inn in n^-w tu us^n ^-."nn (76

( w\ r:;"j-: t p-is ->ninn lob 41, 22 heisst scharf , wie das taimudische Spitze.

134

■Wörtlich so Kimchi u. d. W. , ohne Saadlas za nennen.

n'nV3 Jes. 1, 31 heisst Werg, wie das gleiche talmudi- sche Wort.

(hd'p ns) mn ^üTD N-^itiürr i^iütüö (78 'J'^üu^ü lob 38, 33 heisst sein Kreis, wie das talmudi- sche Wort "nDiD Wechsel (welcher eben deshalb so heisst, weil er von Hand zu Hand geht.) Eben so bei Riracbi u. d. W.

21) iDiu>m -iirsips o-^^ ""^^ 1'"''' C^ •'S"*!) Nu. 23, 3 heisst mit Zwang, schwer, wie das tal- mudische i-DiuJn mif iVofÄ.

Kimchi bringt eine ähnliche Meinung im Namen des Je- liuda Cbiug (Art. !lDUJ). Eben Esra scheint auf die Meinung unsers Autors anzuspielen. Onkelos giebt es ■^T^n"' allein, welclier Erklärung Rasclii beitritt ^'^). In der Polyglotte ist dieses Wort mit ^^^ i5 in Stille gegeben , welches mit dem ChaU däischen übereinstimmt.

Tiitiip ^üinü (n!? nüt) y^pa TJsnM pcüöpp (80

(S ^'b m\>0

y*ip Jer. 46, 20 heisst Mord, wie das talmudische y^P'^ es wird geschlachtet.

Diese Auslegung wird schon im Talmud (Joma 32 b) nach der chaldäischen Ucbersetzung des R. Joseph gegeben. Eben so Raschi und Kimchi u. d. W.

l-'-ia Tai::s»nraj t^'^sj'^ a-'öi^» '['•m (81

t=i'^;nii:i> Sprüche 18, 18 gewaltig, wie in der Stelle: wenn zwei heftig in einem Processe agiren.

21) Das hebr. nSnSI 'laiDJ (Psalm 51, 19) giebt die chaldäische Uebersetzung ''DU^T "T'nn.

22) Derselbe setzt noch die' Worte hinau : "J'^Ntt) ''D'JÜ)^ tapiö pU)-) tlp'^nUJ it^N yoS „ruhig nachdeukeud imd schweit^sain'^

135

So auch von Kimclii u. d. W. erklärt. (a'y 'd niuj) CDi-ia \n r,^y Jr^n tr:«< tz^c-'oi (82 ä"iD"'sn Arnos 6, 11 heissen Splitter, wie in der Tal- mudstelle : es war zersplittert.

Wörtlich bei Rimchi. ^

nnai:D Ps. 60, 4 heisst Jm Äfl5f «e aufgerissen , wie das talmudische u'^i:^ Ai^^ , und wie im Targum zu Jer. 22, 14.

Vergl. Aruch u d. W. Auch Kimchi u. d. W. erklärt es so.

(a's /•> si>5:2) r:>;n nn:>"iyr ^*'*i"jp jiwX rrVr tr-: (84

T3>ir Ps. 114, 1 heisst Fremder, wie in der Talmud- stelle: n"!T3>iV; für Altsländer.

Eben so bei Kimchi u. d. W. Vergl. Eben Esras Se~

fath jether IVo. 42, wo im Namen des Saadias die "Worte

ns'J '^yj'z barbarisch redende als Erklärung des hier aufgc-

fubrten "jyb gegeben ist, welches aber dem Sinne nach eins ist.

(i\:> :2'j niD^n) p"»ab i): rr^n« 'j?» u3'':T»j<a-j (85

&:')\'<Jib Ps. 123, 4 heisst Legionen.

Vergl. Sefath jether ^o. 11. Donasch ben Librat be- streitet diese Meinung.

Törin les. 14, 12 heisst loosen, wie das talmudische 3">TDrn Loose.

Diese Erklärung wird schon vom Talmud selbst gege- ben (Sabbath. 149 a). Eben Esra und Kimchi erklären es jben so.

(3 «'■• ta-irs) ^^2:n nnn« i^msüi mmsiT) (87 mms 1 Kön. 7, 50 heissen die Löcher, worin sich die Angel der Thür bewegt, wie das talmudische n.TiD. Eben so bei Rimchi (Art. nis).

-^.

136

(S T m'T^S'a) •''^s Nirruj r7::1'^3^{ Koh. 12, 5 heisst die Blüthe, wie das talmudi- sche ni3rnjf.

Eine einfacheife Etymologie hei Riinchi (Art. i^ii«), wo- mit die Auslegung des Midrasch zu dieser Stelle überein- stimmt.

{i{s> s'a /2>) i'^ ns^uj ■'■lA vmüüs» isrisi (89

iDi^ lob 33, 21 heisst geglättet werden, wie das tal- mudische riD'iJ er Äflf geglättet.

Eben so bei Kimchi (Art. f^SÜ)). (3>'u mna?o) n"'::''i:n ;]ü2>r)n!: L^^^^m^j ni2t:5>7:im mirbnan (90

mDüi»^ les. 3, 23 heissen Hüllen, mit dem Worte >]t2Js>n^T!: sich einzuhüllen verwandt.

Eben so Eben Esra und Kimchi. Die chaldäische Ueher- setzung giebt dieses Wort mit N''D"i^l\ü Unterpßihl ^ Avelches auch Rasch! annimmt.

LgJt/^3 ^jdt 'iöjl\ xiaa] (* QjOtAAuJt j^f"*^

*) Erst nach Abdruck des auf S. 116 gesagten zeigte sich , dass in der Nuinerirung der Artikel in dem eingesendeten Manu- script ein Fehler vorgefallen und die wirkliche Zahl der er- klärten Wörter neunzig sei. Daher ist ohne Zweifel q_^«.»m^i

der richtige Titel, und das bisher angenommene qj^;»**'' aus einem in Arabischen Manuscripten so häufigen Fehler entstanden.

f

137

IMe moslemisclien Scliriftsteller über die Theorie der Musik.

Die Herausgabe des von El ispahani verfassten B u- ches der Lieder, in welchem häufig die Melodien der Lieder bezeichnet sind, veranlasste mich über die Bedeu- tim«*- der dabey gebrauchten Ausdrücke weiter nachzufor- schen, und ich habe daher in der Einleitung meiner Aus- gabe einiges hierüber vorgetragen. Ich glaube hier aber noch manches Nähere, wozu es dort an Raum gebrach, hinzufügen, und zugleich einige weitere Proben aus dea moslemischen Schriftstellern über die Theorie der Musik, Arabischen, Persischen und Türkischen mittheilen zu kön- nen. Zuvörderst muss ich etwas über die Einrichtung jenes Buches der Lieder sagen, woraus sich erge- ben wird, in welchem Zusammenhange die musikalischen Ausdrücke dort vorkommen.

Das Gerippe des grossen Werkes bildet eine Samm- lung berühmter Arien, und diese sind die ^^ls^ Lieder oder Gesänge, auf welche der Titel des Werkes sich bezieht. Eine einzelne solcher Arien führt in dem Buche in der Regel die Ueberschrifl oyo vox. Der Verfasser hat ein paar Hundert dieser berühmteren Arien zusammengestellt. Zuerst kommen d i e hundert ausgewählten Arien b^U:5\4j! cy^t äjUI welche auf Befehl des Chalifen Harun arraschid von den zu seiner Zeit vorzüglichsten Sängern V.

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ausgewählt wurden ; dieser Sammlung fügt dann El is- pahani noch eine lange Reihe andrer hinzu. Jene hun- dert ersten werden in den Handschriften am Rande bisweilen gezählt, so dass dann steht: erste Arie der hundert ausgewählten, zweyte Arie der hundert ausge- wählten, u. s. w. Die einzelnen Arien sind dem Texte nach meistens nur kurz, enthalten gewöhnlich zwey, drey, vier oder fünf Verszeilen j hin und wieder aber kommen auch längere vor. Diese Arientexte wurden meist aus grösseren Gedichten angesehener Dichter zum Behuf der Composition von den Componisten ausgezogen. Daher geschieht es öfter , dass El ispahäni, nachdem er ein grösseres Gedicht mitgetheilt hat, dann hinzufügt: «zu dem zweylen und dritten Verse hat Mabed (ein berühm- ter Sänger und Componist) die und die Melodie com- ponirt ; dagegen hat zu dem sechsten und siebenten Verse El garid (ein anderer berühmter Componist) die und die Melodie gesetzt.« Oft sind auch zu einer und derselben Arie zwey oder drey verschiedene Melodieen von verschiedenen Componisten gemacht. Aus den Be- richten über diese Arien besteht nun, wie gesagt, das Buch des El ispahäni. Die Berichte aber sind in fol- gender Weise abgefasst. Zuerst setzt er den Text der Arie hin. Darnach sagt er, in welchem Versmasse dieser Text gedichtet scy, und von welchem Dichter; auch erläutert er öfter einzelne Ausdrücke dieses Tex- tes. Ferner giebt er die Melodie der Arien an, und zwar so, dass er zuerst die Taktart bemerkt, bisweilen auch bloss die Taktarl. Hierauf theilt er historische Nachrichten über den Dichter des Textes mit, und endlich historische Nachrichten über den Componisten der Melodie. Diese historischen Aufsätze bilden die Haupt- masse des Buches, und dehnen sich oft ausserordentlich

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aus, untermischt mit zahlreichen andern Arien, welche nicht zur eigentlichen Reihe gehören, und Gedichten. Sie erzählen dann bald aus den alten Zeiten der heidnischen Araber, bald aus den Zeiten der Chahfen. Bey mancher Arie, die zur Reihe gehört, trifft es sich natürhch, dass ihr Componist schon früher vorgekommen, und dort sein Leben erzählt worden; der historische Artikel über ihn fällt daher bey seiner ferneren Erwähnung fort. Com- ponisten, Sänger und Sängerinnen werden etwa hundert abgehandelt. Dichter aber wohl dreymal mehr. Ausser- dem aber werden gelegenthch eine Menge andrer Com- ponisten und Dichter genannt, die keine besondere Arti- kel erhalten. Die Einrichtung des Werkes ist also un- gefähr so , wie wenn man über deutsche Arien in fol- gender Weise ein Werk ausarbeitete:

#

»Arie.

»Willst dich, Hektor, ewig mir entreissen, »Wo des Aeaciden mordend Eisen »Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt? »Der Text ist in fünffüssigen Trochäen, und von Frie- »drich Schiller verfasst. Mit dem Aeaciden meint er den »Griechischen Helden Achilles, dessen Freund Patroklus »bey der Belagerung Trojas von Hektor erschlagen war. »Die Melodie ist im Viervierteltakt aus C dur von »Johann Rudolph Zumsteeg. Friedrich Schiller ist einer »der vorzüglichsten Dichter. Er ward im Würtembergi- »schen geboren, u. s. w. Johann Rudolph Zumsteeg »ward zu Sachsenflur im Odenwalde geboren, u. s. w.u Die historischen Nachrichten verlassen bisweilen ganz die persönliche Geschichte des Dichters oder Sängers, durch dessen Erwähnung sie herbeygeführt worden sind, und schildern ausführlich politische Ereignisse, welche

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iq die Zeit jenes Dichters oder Sängers fallen, oder in entfernterem Zusammenhange mit ihm, oder einem seiner Vorfahren, stehn. Dadurch wird denn das Werk zugleich eine Quelle für die allgemeine Geschichte der Araber, sowohl in Bezug auf die Zeit vor Mohammed, wie in Bezug auf die Regierung der Omajjiden und der frühe- ren Abbassiden. Die Gedichte, aus welchen die Arien- texte entlehnt sind, werden oft auch vollständiger mit- getheilt. Die Componisten verfuhren mit dem Texte der Gedichte, aus welchen sie ihre Arientexte nahmen, bis- weilen ziemlich frey, indem sie die ursprüngliche Ord- nung der Verszeilen nicht befolgten, auch wohl einzelne Verszeilen hinzu fügten. So werden in meinem gedruck- ten Texte des Buches der Lieder S. 87. zehn Vers- zeilen aufgeführt aus einem Gedichte des Omar ben Abi rebia, welcher besonders als Liebesdichter berühmt und berüchtigt war, so dass man es gefährlich fand, seine Lieder jungen Mädchen hören zu lassen. Dann fügt Isfähäni in Betreff der Composition S. 88. hinzu: »Der Gesang ist von Kardam (einem Componisten) im ersten schweren Takt mit dem Vorfinger im Laufe des Mittel- fingers (diese Ausdrücke beziehen sich auf die Bünde im Griffbrett der Laute) nach der Angabe des Ishäk (d. i. des Sängers und Componisten Ishäk ben ibrahim cl maussili, welcher in einem grossen Werke vor der Zeit des Ispähäni die berühmteren Melodieen verzeich- nete) und zwar zur ersten und fünften Verszeile, dann zur zweyten und dritten.« Ein solches Um- stellen «ler Verszeilen und öfteres Weglassen von Vers- zcilen des ursprünglichen Gedichtes erschwert aller- dings für uns öfter das Verstehen der Arientexte. Der Ilinzufügung einer Verszeile durch die Sänger gedenkt Ispähäni in dem Artikel über den Säuger Ibn äischa.

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Er führt einen aus zwey Verszeilen bestehenden Arien- text auf, und sagt in Bezug auf ihn:

Äxj6\ äLIü o^t 3 ^j ^yMi ÄÄS^i e)j^^ j^UJfj

d. i. »die erste Verszeile des Gedichtes ist von Soheir ben abi solma ; die zweyte ist neueren Ursprunges^ und die Sänger haben sie hinzugefügt ; den Verfasser der- selben kenne ich nicht. Der Gesang ist von Ihn äischa, und die Melodie im leichten Takt des ersten schweren mit dem Ringfinger.«

Ueber die Musiktheorie der moslemischen '''jiker ha- ben wir eine Abhandlung von dem Franzosen \ illoteau erhalten^ welche in der Description de l'Egypte^ seconde edit. par Panckoucke^ tom. 1 4. etat moderne, abgedruckt steht. Villoteau war Musikkeimer, und mehrere Jahre mit dem französischen Heere in Aegj'pten gewesen, und hatte dort die damals übliche Musik der ägyptischen Ara- ber untersucht, und manche Melodieen aufgeschrieben mit den europäischen Musiknoten ^ nur setzte er diesen un- seren Musiknoten, da sie blos zur Bezeichnung ganzer und halber Töne eingerichtet sind, bisweilen Sternchen und andre Zeichen vor, um die in der jetzigen ägypti- schen Musik, so wie im Persischen Musiksysteme, üb- lichen Dritteltöne zu bezeichnen. Das erste Ca- pitel bey Villoteau ist überschrieben: De la musique Arabe. Allein es müsste richtiger heissen : De la musique Persanne. Villoteau theilt nämlich darin eine Uebersicht eines Musiksystemes mit, welches ganz aus Persischen

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Handschriften geschöpft ist, und worin überall jene musicalischen Kunstausdrücke gebraucht werden^ welche der Persischen Sprache angehören^ und nur in den Per- sischen Abhandlungen über diese Wissenschaft gefunden werden. Für die Kenntniss des Persischen Musiksystemes ist daher dieser Aufsatz Villoteaus sehr brauchbar^ ob- wohl nicht erschöpfend. Ich habe andre Persische Hand- schriften über die Musiktheorie, als die von Villoteau benutzten^ gelesen, namentlich das Werk q^^5 OcoLiL<j Makässid el alchän d. i. die Ziele der Melodieen von Abdelkädir, welches sich auf der Leidener Bibliothek befindet. Ich habe in diesem Werke dasselbe System wie in der Abhandlung Villoteaus gefunden ; nur sind die Kunst- ausdrücke im Makässid zum Theil etwas anders, als in den vo»" Villoteau gebrauchten Schriften. Die Darstellung im Mah.*'4sid ist übrigens ganz einfach und strenge ; man findet dan'^i nicht jenen blumenreichen und schwülstigen Styl, über welchen Villoteau in seinen Handschriften bis- weilen 1/lagt. Uebrigens ist es nicht eigentlich Villoteau, welche? a man jene Darstellung aus den Persischen Hand- schriften verdankt, sondern dem damaligen jungen Ori- entalisten Herbin zu Paris, einem bald nachher verstor- benen Schüler Sacy's , welcher Arabisch und Persisch verstand, dabey Musikkenner war, und die Auszüge aus den Handschriften für Villoteau machte. Villoteau selbst, obwohl er mehrere Jahre in Aegypten zugebracht hatte, verstand wenig Arabisch und Persisch ^ wo er sich auf Erklärung Arabischer und Persischer Ausdrücke einlässt, zeigt er, %vo er nicht Sacy's oder andrer Gelehrten Be- merkungen zu Hülfe nimmt, die deutlichste Schwäche. Er vermag gar nicht, Arabische Wörter von Persischen zu unterscheiden ; jeden Augenblick giebt er für Arabisch aus^ was Persisch ist. Etwas von der Arabischen Volks-

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spräche hat er ohne Zweifel durch den Aufenthalt in Aeoypten gelernt ; aber zum Verstehn geschriebener Texte scheint dies ganz unzureichend gewesen zu se\Ti. Das zweyte Capitel bey Villoteau ist überschrieben: De la pratique de la musique parmi les Egj'ptiens mo- dernes. Die hier mitgetheilten Nachrichten sind sehr schätzbar, da Villoteau berichtet^ was er als Ohrenzeuge in Aegypten vernahm. Das von den jetzigen Arabern in Aegypten befolgte Musiksystem ist das Persische mit der Abtheilung des Tones in drei Dritttheile, und die dort üb- lichen Kunstausdrücke sind grösstentheils jene Persischen^ welche sich in den Persischen Handschriften finden. Vil- loteau fand es anfangs sehr schwierig, die von ihm in Aegypten gehörten Älelodieen aufzufassen, weil sie mit Verzierungen überladen sind. Auch über die eigentliche Quantität der Intervalle blieb er lange zweifelhaft. Er sagt S. 134: »Ce ne fut qu'en examinant la tablature des instrumens de musique d Egypte, et surtout de ceux dont le manche est divise par des touches fixes, que nous commengämes ä nous apercevoir, que les sons ne se suivaient pas, ainsi que les notres, par tons et de- mi-tons. Alors nous reconnümes qu'un ton comprenait quatrc degre's et trois intervalles egaux, chacun d*un tiers de ton, et enfin nous füraes convaincus, que cet Intervalle que nous n'avions pu apprecier dans le chant de notre musicien, et qui etait plus petit que notre de- mi-ton mineur, ötait un tiers de ton. Depuis, les ma- nuscrits sur la theorie de la musique Arabe (richtiger: Persanne) nous ont confirmes dans cette conviction.« Diese Beobachtimg Villoteaus ist ganz richtig, und auch das - oben von mir erwähnte Persische Werk Makässid bestätiget die Persische Eintheilung des Tones in drey Dritttheile. Das kleinste Intervall heisst in jenem Werke

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*Aftj Rest, residuum^ welcher Ausdruck aus dem Grie- chischen Xalfifia stammt ; das nächstgrosse Intervall heisst

s^Ärs^ cNju Seitenintervall^ intervallum laterale^ das dann folgende j^^JL^JLb lXju Tonintervall^ intervallum tonicum , d. 1. der ganze Ton. Nun wird im Makässid cod. Lugdun. pag. 25. über das Verhältniss dieser drey Intervalle unter anderem Folgendes gesagt:

vi^^^^LäjI -suo^ ^aäj 2«^3 iXw [»jijW ,.jJjt J^iSj

ji VÜVW^t (J^A^J X<jÄJ iNäj -J V»j>J^ OwÄJ J^^^ OsÄJj Ä.LjJ jl Ci^^l Jw^jf Uli ^IcnJW jd Ut C>.JJ.^

C^V^MXJlj ^ftj uVjtJ viX.AJ ^..^JL:^ «>Jt4 J (jLxAb

ViÜAiAiMO jl> «O^! ^AÄJ «XäJ ü\XA) XÜi (^^-aJLJö^

d. i. »Oben ward gesagt^ dass das residuum das kleinste Intervall ist. Der Ueberschuss des intervallum laterale über das residuum ist demselben (d. i. dem residuum) gleich^ in Ansehung des Verhältnisses 5 aber in der Strecke a 1} ist es (das residuum) beträchtlicher als b— g. Das interValium tonicum übertrifft das intervallum laterale um ein residuum. Das intervallum tonicum ist demnach drey- mal das intervallum residui^ in Ansehung des Verhält- nisses.« Der Sinn dieser Stelle ist also : »der ganze Ton wird bey uns in drey residua (oder Limma) ab- getheilt, deren ers tes aber etwas grösser als das zweytc ist; das erste residuum mit dem zweyten verbunden giebt das intervallum laterale ; kommt noch das dritte residuum hinzu, so hat man den ganzen Ton.« Es wird diese Eintheilung in der Handschrift pag. 13. auch durch folgende Linie deutUch gemacht : a b £ d

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Von a bis b ist ein residuum oder Limma ; von b bis g wiederum eins ; von g bis d wiederum eins. Von a bis g ist das intervallum laterale oder zwey Drittheile ei- nes Tones. Von a bis d ist der ganze Ton.

Von den Taktarten oder oLcUül des persischen Mu- siksystems^ welche in den diesen Gegenstand betreffen- den Handschriften mehr oder minder ausführlich abge- handelt zu werden pflegen^ spricht Villoteau nicht. 3Iit seiner ebengedachten Abhandlung hat man noch zu ver- binden die gleichfalls von ihm verfasste Description des instrumens de musique des Orientaux^ welche im drey- zehnten Bande der Description de l'Egypte steht.

Im vorigen Jahre lieferte der durch seine Studien und Arbeiten über die Geschichte der alten Musik rühm- lich bekannte Hofrath Kiesewetter seine Schrift: Die Musik der Araber nach Originalquellen darge- stellt j begleitet mit einem Vorworte von dem Freiherrn von Haramer-Purgstall. ~ Auch dieses Werk scheint mir richtiger eine Schrift über die Musik der Perser, als eine Darstellung der Musik der Araber^ genannt wer- den zu können. Herr von Hammer übersetzte haupt- sächhch aus Persischen und Türkischen Handschriften für den der orientalischen Sprachen unkundigen Herrn Kiesewetter Materialien für dieses Werk^ bemerkt aber in dem Vorworte, dass er in der Musik Laie sey. Herr Kiesewetter benutzte dann die ihm von Hm, von Ham- mer gelieferten Uebersetzungen ^ und die Abhandlungen Villoteau's. Auch die ersten zwölf Bogen meines Pro- oemium zu meiner Ausgabe des grossen Liederbuches, worin aus dem Araber El färäbi, der die Musiktheorie abhandelt, Auszüge mitgetheilt sind^ hatte Hr. Kiesewet- ter, und Hr. v. Hammer benutzte auch die Arabische Abhandlung über die Musik, welche in den Abhandlun- V. 10

146

gen der Brüder der Reinheit steht^ und etwas jün- ger als das Werk des El faräbi ist. Nämlich El färäbi starb ao. 339 der Hedschra, und die Abhandlungen der Brüder der Reinheit wurden nach Herrn von Hammers Bemerkung im Vorworte zur Schrift Kiesewetters S. VIII. zu Ende des vierten Jahrhunderts der Hedschra verfasst. Aber in der Darstellung Kiesewetters scheint mir von jenen Arabischen Quellen wenig Gebrauch gemacht zu seyn. Wir finden vielmehr bey Kiesewetter jenes Sy- stem, und jene Tonweisen^ die Villoteau behandelt^ und ebenso das von mir obenerwähnte Persische Werk Ma- kässid^ welches gleichfalls Hrn. v. Hammer vorlag. Wir treffen hier also jene Tonweisen an^ die durch rein Persische Wörter^ wie tAÄ.^3i|^j i^jß «Jj-^aj^ :L^-wj3^_^ sii>^\j y bezeichnet sind, und deren ich in meinem Prooe- mium S. 34. gedacht habe, Herr Kiesewetter sagt frei- lich^ das von dem Araber El färäbi vorgetragene System sey ein den Arabern fremdartiges gewesen, und El fä- räbi habe es den Arabern nur aufzwingen wollen, und zwar ohne Erfolg ; das Persische System sey von jeher bey den Arabern in Gebrauch gewesen, und auch in Gebrauch geblieben. Allein schon eine Geschichte der Arabischen und Persischen Musik geben zu wollen, scheint mir ein gewagtes Unternehmen zu seyn. Meines Erachtens kann man zunächst nichts andres thun, als den Inhalt der einzelnen Werke über die Musiktheorie erfor- schen, und die Ansichten der Araber und der Perser auseinander halten. Ist dies ausgeführt, dann lässt sich eine wahrscheinliche Geschichte des Ganges geben, wel- chen die Entwicklung der Musiktheorie bey jenen Völ- kern nahm. Schon lange vor El färäbi soll der ao. 170 verstorbene Araber El chalil hon achmcd el ferähidi über Musiktheorie geschrieben haben, sowie er auch über

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Grammatik und Prosodik Schriften verfasste ; Ebn chal- lekan erwähnt unter den Schriften dieses Mannes

y

^♦ijJi das Buch der Töne. Für die Geschichte der

Anfänge der Arabischen Blusiktheorie würde es gewiss wichtig seyn, wenn jenes Buch des Ferähidi sich auf- finden Hesse. El färabi unterscheidet allerdings biswei- len seine Weise der Darstellung und seine Terminologie von derjenigen Art des Ausdruckes, welche zu seiner Zeit bey den praktischen Musikern seines Volkes üblich sey. Es scheint mir, dass er dasjenige, was er in der Praxis vorfand, wissenschaftlich entwickeln, und die ma- thematischen Gründe dafür nachweisen wollte, und dass er hiebey die Darstellung der Griechischen Musiker, wel- che ihm ebenso wie die Griechischen Mathematiker, be- kannt waren, benutzte, theils den Griechischen Musikern genau folgend, theils von ihnen abweichend. Ganz in ähnlicher Weise verhalten sich manche uusrer gelehrteren theoretischen Werke gegenwärtiger Zeit zu unsrer heuti- gen gewöhnlichen musikalischen Praxis , indem sie theils die Gründe für diese Praxis entwickeln, theils einiges in der Praxis gewöhnliche als falsch und unbegründet nach- zuweisen suchen. Die Eintheilung in Drittelt töne gebraucht El faräbi nicht. Er wendet nur die Griechi- schen Intervalle an , ebenso wie unsre abendländische

Musik, nämlich das .c-i-y-ä cXju intervallum tonicum oder den griechischen zovos d. i. den ganzen Ton, und die * .*.—-gj residuum oder das Griechische XeT/^fia d. i. den

H a 1 b t o n. Diese Arabischen Benennungen sind unstrei- tig den Griecliischen nachgebildet. Aber El färabi führt an, dass auch noch andre Benennungen für jene Inter-

148

valle üblich seyen ; z. B. der ganze Ton heisse auch

BJu« Spannung, Dehnung, welches eine andre Ue- bersetzung des Griechischen Wortes rovog zu seyn scheint ;

ferner heisse der ganze Ton auch BJyeJi Juu intervallum

rcditus; der halbe Ton heisse auch id»^ Ueberschuss, weil er der Ueberschuss der Quarte über zwey Töne sey. Hieraus darf man doch vermuthen^ dass schon vor El färäbi Arabische Benennungen der Griechischen Intervalle im Gebrauch waren. Die Griechische öleoig oder den Viertelton erwähnt El färäbi gleichfalls, und zwar

unter dem Namen SLi>y Lösung, weil das Wort d/eff^g

Lösung bedeutet ; aber in seinen Angaben über den Umfang einzelner Tongebiete und Instrumente macht er von diesem kleinen, wenig praktischen Intervalle eigentlich keinen Gebrauch. Die sonderbaren und unpraktischen In- tervalle des chromatischen und enharmo nis chen Klanggeschlechtes der Griechen führt El färäbi auch auf, den Griechen hierin folgend. Aber diese Intervalle werden wohl bei Griechen und Arabern nur theoretische Spitz- findigkeiten geblieben, und nicht in die Praxis überge- gangen seyn; sie entstanden nur aus mathematischer Theorie. El färäbi beginnt damit zu sagen, er wolle die Musik der Alten abhandeln, und er beschreibt daher die Intervalla, Genera, Octavas, Modos und Systemata der Töne nach der Weise der Griechen. Aber er schildert auch die Instrumente, welche die Araber gebrauchten, und die Tonleitern derselben, und was die praktischen Musiker in Anwendung zu bringen pflegten. Die von El färäbi entwickelte Taktlehro scheint von der Grie- chischen, welche uns unvollkommen bekannt ist, und gros- sentheils mit der Prosodik zusammenfällt, unabhängig zu

149

seyn. Dies war wenigstens die Meinung eines mit der Griechischen Musik vertrauten Mannes, des Hrn. Prof. Bellerroann zu Berlin^ Herausgebers des Werkes : Anonymi scriptio de musica ; Bacchii senioris introductio artis mu- sicae; Berolin. 1841., welchem ich über das von Elfar&bi vorgetragene Taktsystem die in meinem Prooemium zum grossen Liederbuche enthaltenen Auszüge vorlegte.

Doch ich wende mich nun zu El farabi selbst, um einige Älittheilungen aus seinem Buche zu geben. Die Leidener Handschrift desselben führt auf dem Blatte, welches dem ersten Textblatte vorhergeht , den Titel : ,^r,Lftil Jc*^ ^^ 0<4^ j,j^ ^\ vjL-JU j^^ÄA^i Vl^^ d. i. das Buch der Musik, verfasst von Aba nasr mohammed beu mohammed el farabi. Dass die Handschrift wirklich das Werk des ao. 339. p. H. verstorbenen El farabi enthalte, darf wohl nicht bezweifelt werden. Die späteren moslemischen Schrift- steller über !\Iusik, namentlich der oben von mir erwähnte, im neunten Jahrhundert p. H. lebende Perser Abdelkädir, Verfasser des Buches Makässid, citiren öfter Definitionen aus El färäbis AVerk, und diese Definitionen finden sich in der That in demjenigen Werke, welches die Leidener Handschrift enthält. Diese Handschrift ist von verschie- denen Händen geschrieben, von Schreibfehlern nirgends frei, an einigen Stellen, wo auch eine grobe, ungelenke Hand schreibt, sehr fehlerhaft. Die beigezeichueten Fi- guren, welche Tonverhältnisse und den Tonumfang ver- schiedener Instrumente darstellen, sind zum Theil auch fehlerhaft, wie sich aus der im Texte gegebenen Be- schreibung und Erklärung jener Figuren ersehn lässt* Eine zweyte Handschrift dieses Werkes von El farabi befindet sich im Escurial, und Casiri bezeichnet sie in der Biblioth. arab. hispan. tom. Lp. 347. also: Opus

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Abi nasser mohamad ben raohamad alpliarabi^ inscriptum Musices elementa, in tres partes divisum ; in quarum prima de huiusce artis principiis, secunda^de compositione tum vocum, tum instriimentorum^ tertia de vario compo- sitionum genere disscritur_, adiectis notis musicis et in- strumentorum fignris plus triginta. Diese von Casiri an- geführte Eintheilung jener Handschrift stimmt überein mit der Eintheilung der Leidener Handschrift ; nur hat Casiri den jenen di*ei partibus vorangehenden introitus J3-(Xo unerwähnt gelassen, lieber jene Handschrift des Escurial findet man einige Nachrichten in: Toderini Litteratur der Türkep^ übersetzt von Hausleutner^ Th. 1. S. 261. Ebendaselbst S. 248. wird gesagt^ in der Bibhothek des Sultan Abdulhamid zu Constantinopel befinde sich ein Werk des El farabi über Musik, betitelt: Medschalul Musiki. Dieser Titel^ wenn er so richtig geschrieben ist; könnte also etwa die Worte ^^^^-j-Ji JLs^ Tummel- platz der Musik seyn; dieser Titel kann vermuthen lassen^ dass dieses Buch des El farabi verschieden sey von demjenigen^ mit welchem wir uns hier beschäftigen^ d. h. von dem^ welches in der Leidener Handschrift ent- halten ist. Eine dritte Handschrift dieses Werkes aber^ und zwar eine sehr schöne^ wie Hr. von Hammer in dem Vorworte zu der obenerwähnten Kiesewetlcrschen Schrift S. IX. bemerkt, befindet sich auf der Ambrosiana zu Mailand, l^eider habe ich die Texte der Handschriften im Escurial und auf der Ambrosiana mit dem Text der Leidener Handschrift nicht vergleichen können ; ohne Zweifel würden sie für den Leidener Text viele Ver- besserungen und Berichtigungen gewähren.

Das Buch des El farabi beginnt in der Leidener Handschrift also:

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156

d. i. »Im Namen Gottes^ des barmherzigen^ des erbar- mungsreichen^ und es segne Gott unsern Herrn Mohammed, und sein Geschlecht, und seine Gefährten alle! Du er- wähntest dein Verlangen die Kunst der Musik, welche den Alten zugeschrieben wird, kennen zu lernen, und fordertest mich auf, sie dir in einem von mir verfassten Buche darzustellen, in welchem ich sie so zu erklären streben würde, dass der Leser es leicht fassen könne. Doch zögerte ich damit, in Betracht der Bücher, welche über diese Wissenschaft von den Alten zu uns gelangt sind, so wie derjenigen welche die späteren Männer verfassten, und diejenigen, deren Zeit der unsrigen nahe liegt. Denn ich hoffte in ihnen zu finden, was Deinen Wunsch befrie- digen, uns es überflüssig machen würde, ein neues Buch über einen Gegenstand zu schreiben, der bereits von an- dren entwickelt worden. Wenn die früheren Bücher schon alle Theile der Kunst vollständig abgehandelt haben, und es verfasst dann jemand noch ein Buch, welches er zwar sich selber bcylcgt, worin er aber nur vorträgt was schon andre vor ihm vorgetragen und erschöpft haben, so ist dies etvA'as Ucberflüssiges, oder eine Thorheit, oder eine Unredlichkeit ; wofern nicht etwa der Fall eintritt, dass das von dem früheren Verfasser Vorgetragene an Dimkel- heit leidet, entweder wegen der darin gebrauchten Aus- drücke, oder wegen andrer Umstände, so dass alsdann der spätere Verfasser es erläutern und leichter machen kann, indem er an das von den früheren Aufgestellte sich in seinem eigenen Vortrage anschliesst, immer dahin stre- bend , die Kunst zu vervollständigen in Bezug auf den Früheren. Dem späteren Verfasser bleibt dann in Betreff* seiner Arbeit nur das Verdienst der Ueberlieferuog , der

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Erläuterung^ und der Aufklärung dessen, was der andre verdunkelte. Allein ich fand in allen jenen Büchern einen Älangel an Vollständigkeit^ so dass nicht sämmtliche Theile der Kunst in ihnen abgehandelt werden^ imgleichen Män- gel in demjenigen, was darin vorgetragen ist. In den meisten derjenigen dieser Bücher^ welche den theoretischen Theil der Wissenschaft entwickeln^ sind in der Darstel- lung dunkle Ausdrücke gebraucht, wiewohl doch dieVer- muthung fern liegt, dass die Alten, welche sich mit dieser Kunst beschäftigten, darin zurückgeblieben seyen, und sie nicht vollständig erforscht haben, obgleich ihrer eine grosse Zahl war, und sie in ausgezeichneten Männern bestanden, welche ausserordentlich eifrig in der Erforschung der Wis- senschaften waren, die sie allen übrigen menschlichen Gü- tern vorzogen ; ihr Geist war scharfsinnig, sie studirten die Wissenschaften eine lange Reihe von Zeiten hindurch, der spätere unter ihnen suchte den früheren zu erforschen, und die Nachfolgenden unter ihnen fügten zu demjenigen hinzu, was die Vorangehenden ermittelt hatten. Nur sind entweder ihre Bücher, welche diese Wissenschaft voll- ständig behandeln, untergegangen, oder es besteht das^ was von ihnen in die Arabische Sprache übersetzt worden ist, in mangelhaften Schriften. Daher habe ich es denn für gut angesehen, deinen Wunsch zu erfüllen. Will je- mand in einer theoretischen Wissenschaft vollkommen wer- den, so muss er sich darinn drey Dinge erwerben. Das erste ist die vollständige Erlernung ihrer Grundlagen. Das zweyte ist das Vermögen, die aus jenen Grundlagen fol- genden Erscheinungen der AVissenschaft zu entdecken. Das dritte ist das Vermösren, die in dieser Wissenschaft ihm vorkommenden Irrthümer walirzunehmen, und das Ver- mögen, die Meinungen andrer Kenner der Wissenschaft aufzufassen, aus ihren mangelhaften Behauptungen das

15$

richtige auszufindeii, und die Versehii derjenigen unter ihnen ^ welche sich irrten, zu berichtigen. Demgemäss haben wir das von uns Vorgetragene in zwey Bücher gebracht. In dem ersten Buche haben wir zuvörderst abgehandelt was zur Erlernung der Anfänge dieser Wis- senschaft nützlich ist, sodann hinzugefügt was an jene Anfänge der Wissenschaftj sich anschliesst, und alle Theile der Wissenschaft darin vollständig beschrieben ; in diesem Buche haben wir bloss unsre eigene Ansicht von der Sache vorgetragen, ohne die Meinung irgend eines an- dern darunter zu mischen. In dem zweyten Buche aber berichten wir das, was von den berühmten Kennern dieser Wissenschaft uns überliefert ist, und erläutern was in ihren Reden dunkel ist ; wir untersuchen darin die Mei- nung jedes einzelnen, dessen Meinung wir in einem Buche von ihm vorgetragen finden; wir weisen nach, bis zu welchem Punkte jeder dieser Männer in dieser Wissen- schaft vorgedrungen ist, und berichtigen die Versehen bey demjenigen, welcher darin verfallen ist. Das erste Buch umfasst zwey Theile, einen Theil über die Einleitung in die Wissenschaft, und einen Theil über die Wissenschaft selbst. Den Theil über die Einleitung haben wir in zwey Capitel gebracht. Den Theil , welcher die Wissenschaft selbst enthält, haben wir in drey Abschnitte zerlegt. Der erste Abschnitt betrifft die Grundlage der Wissen- schaft, und die allgemeinen Dinge derselben. Dieser Theil allein ist von den meisten Alten, deren Bücher zu uns gelangten, so wie von den Späteren, welche den Spuren jener folgten, abgehandelt worden. Der zweyte Ab- schnitt beschäftigt sich mit den bey uns bekannten In- strumenten ; er erörtert ferner die Uebereinstimmung des in dem Abschnitte über die ürundlogen beschriebenen mit dem was auf den Instrumenten vorhanden ist; und wie je-

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nes aus den Instrumenten hervorgebracht werden kann; er setzt auseinander^ was aus jedem einzelnen Instrumente gewöhnlich hervorgelockt wird^ und giebt eine Anleitung dazu^ wie aus jedem Instrumente auch das hervorgebracht werden könne^ was bey demselben nicht gewöhnlich ist. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit den ver- schiedenen Arten der einzelnen Melodieen. Jeder dieser drey Abschnitte ist in zwey Capitel getheilt. Demnach enthält .dieses erste Buch überhaupt acht Capitel. Das zweyte Buch umfasst vier Capitel. Also besteht das Ge- sammte dessen, was wir über diese Wissenschaft aufffe- zeichnet haben^ in zwölf Capiteln.«

El faräbi sagt uns also in diesem Einwände seines Wer- kes^ dass er über die Musik zwey Bücher geschrieben habe, eins worin er nur sein eigenes Svstem vortruar. und eins worin er die Systeme andrer beschrieb und be- urtheilte. Nur das erste dieser beyden Bücher ist in der Leidener Handschrift enthalten. Ob das andre irgendwo vorhanden ist, weiss ich nicht ; unstreitig würde es uns über die Geschichte der Arabischen Musik, über das, was jn dieser Hinsicht vor der Zeit El farabis bey den Ara- bern vorgekommen war, erwünschte Aufschlüsse geben. Möglich wäre es, dass dies Werk sich zu Constantinopel in der oben erwähnten Handschrift Medschal ul mu- siki oder Tummelpla tz der Musik findet; der Aus- druck: Tummelplatz, Kampfplatz, könnte sich auf das Vorführen und Beurtheilen der verschiedenen Systeme beziehen. Indess, da uns über den Inhalt jener Handschrift durchaus nichts näheres bekannt ist, so müssen wr es bey dieser blossen Vermuthung bewenden lassen.

Die Eintheilung des ersten seiner Bücher giebt El faräbi am Schlüsse des eben mitgetheilten Einganges an, und diese Eintheilung ist denn auch in der Leidener

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Handschrift befolgt. Doch muss ich den Inhalt der ein- zelnen Capital hier noch etwas näher bezeichnen^ damit man einen ungefähren Ueberblick über das Ganze ^ "und den Gang"^ welchen die Darstellung darin nimmt, gewinne. In dem ersten Haupttheile^ welcher die Einleitung enthält, werden schon vorläufig einige Dinge, z. B. In- tervallen und Klanggeschlechter, abgehandelt, die nach- her im zweyten Haupttheile, oder in der Wissenschaft selbst, nochmals und ausführlicher untersucht werden. So steht auch im zweyten Haupttheile Abschn. 1. cap. 2. eine vorläufige Uebersicht der Taktarten ; aber hernach Abschn. 2. cap. 2. folgt die ausführhche Beschreibung der einzelnen Taktarten. Es zerfällt also die ganze Leidener Handschrift in folgende Abtheilungen, deren Inhalt durch Ueberschriften zum Theil einigermassen, zum Theil auch gar nicht angedeutet ist.

A. Ü^Üuajl ^5 JsÄ^vXjf

Die Elnleitun;^ in die Kunst.

Cap. i. J^"!>5 i^lÄj« Fol. 2. vers. Fol. 13. rect. Handelt vom Begriffe der Musik, von der Natur der Töne überhaupt, Unterschied zwischen den Tönen der mensch- lichen Stimme und denen der Instrumente, Unterschied zwischen praktischer und theoretischer Musik.

. ^ t, , . Q.*

Cap. 2. iCxiLÜi iÜlÄj« Fol. 13. rect. Fol. 24. vers.

Vom Unterschiede der Töne in Ansehung der Höhe und Tiefe, von den Intervallen und Octaven, von der Be- schaffenheit der Laute (nämlich des Instrumentes, wel- ches Laute heissl) und dem Tonumfange dieses Instru- mentes, von den Klauggcschlcchteru oder verschiedenen

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Arten der Quarte^ wobei die diatonischen, chromatiscnen und enharmonischen Quarten der Griechen erwähnt wer- den. Die diatonischen nennt EI färäbi die starken Ge- schlechter; die chromatischen und enharmonischen be- zeichnet er durch diese Griechischen, von ihm ins Arabi- sche übersetzten Ausdrücke, fasst sie aber auch wieder zusammen unter der gemeinschaftlichen Benennung der weichen Geschlechter.

Die Kunst selbst.

Abschnitt. 1. J^^' O*^' behandelt die KcLUoIl Jyol

•> > i d. i. die Grundlagen der Kunst; statt ^wol radices, fun- damental gebraucht El färabi öfter auch den Ausdruck

oL*«<—g- ?->■**<> und oLaäÄnwt ^ welcher eine Arabisirung des Griechischen GTor/,ila d. i. die Anfangsgründe, ist.

Cap. 1. ^^^\ iÜLäJ! Fol. 24. vers. Fol. 34. vers. Von der Entstehung der Töne durch das Zusammen- stossen zweier Körper, Ursachen der Höhe und der Tiefe des Tones^ consonirende und dissonirende Intervallen^ ge- nauere Ausrechnung der einzelnen, grösseren und klei- neren Intervalle.

Cap. 2. klsUJ? Ölijr Fol. 34. vers. Fol. 52. rect.

Von den systematis sonorum der Griechen^ dem systema eoniunctum und systema disiunctum^ von Griechischen Be- nennungen der in diesen Systemen enthaltenen Töne, von den sieben Octaven oder Schematis der Griechen, von den

Xodis oder Tropis, welche El faräbi öljuJuj d. i. Span- V. ' 11

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nungeri; Dehnungen, nennt^ weil sie bey Euklides und Aristoxenos Tovog Spannung heissen, ferner von den Mutationen, und allgemeine Uebersicht der Taktarten^ weil die Mutation oder der üebergang von einem Tone zum andern in gewissen Zeitfristen erfolgen muss.

Abschnitt. 2. J,liH ^^S behandelt das ^.^La'J! jJU:

d. i. die Wissenschaft der Composition, welche sich an die im vorhergehenden Abschnitte vorgetragenen Grund-

laffen anschliesst, daher El färäbi sie als oUJiiaA«^ , JUiJ

, - - £ -

subiuncta elementis bezeichnet. Es wird darin beschrie- ben, in wie weit die vorhin geschilderten Tongebiete aus den einzelnen Instrumenten hervorgelockt werden können.

Cap. 1. ^y/'iT i'ilijT Fol. 32. rect. Fol. 63. rect. beschäftigt sich mit der ausführlichen Schilderung der vier- saitigen und der fünfsaitigen Laute, der Lage der Töne auf den verschiedenen Saiten und Bänden dieses Instru- mentes, und den Tongebieten welche sie dem Spieler darbietet.

Cap. 2. kxiUjT 'i\^\ Fol. 63. rect. Fol. 91. rect. handelt von den übrigen Instrumenten und ihrem Tonum- fange, und von der Lage ihrer Töne, nämlich vom T u n b ü r, d. i. einer zweysaitigen Laute, deren es zwei Arten giebt, eine Bagdädische und eine Chorassanische, von den Bla- seinstrumenten, genannt Mi s mär und Surnaji, von der Cither, welche Rah ab genannt wird, und von der Harfe, welche bey ihm äJUo Sandsch heisst.

Abschnitt 3. eJLÜi ^J^i handelt von der Compo- sition der einzelnen Melodien oder '9^.j>\ qU^^I ^-J^^ compositio modorum specialium.

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Cap. 1. ^pf ÄJlijl Fol. 91. rect. Fol. 109. rect. von den Melodien^ welche aus den Tönen der Instrumente gebildet werden. Hier wird zuerst über die verschiedenen Systeme und Klanggeschlechter gesprochen^ aus welchen man die Töne zu einer einzelnen Melodie wählen kann, und augegeben welche Töne in dem einen oder anderen Systeme consonirende und welche dissonirende sind. Dann wird gehandelt von den anzuwendenden Mutationen oder Uebergängen von einem Tone zum andern, und daran knüpft sich dann wieder, wie oben Abschn. l.cap. 2., die Auseinandersetzung aller TaktarteU;, ausführlich nach der wissenschaftlichen Auffassung El faräbis, und auch nach der gewöhnlichen Darstellungsweise der praktischen Mu- siker. Endlich wird noch Anweisung zu verschiedenen Abwechselungen in den Melodien und Takten gegeben.

Cap. 2. iUjUÜ! iüLiüJ? Fol. 109. rect. -- Fol. 123. rect.

von den Melodien^ welche aus den Tönen der mensch- lichen Stimme gebildet werden, indem bei diesen letzteren nicht blos auf den Unterschied der Höhe und Tiefe zu achten ist, von der Verknüpfung der Töne mit den proso- dischen Füssen der Versmaasse^ von verschiedenen Klassen der Melodien, welche man annehmen kann nach Mass- gabe der verschiedenen Wirkungen, welche sie auf das Gemüth hervorbringen.

Auf diese Uebersicht des Ganzen wollen wir nun aus den einzelnen Kapiteln einige Proben folgen lassen, welche die Darstellungsweise El faräbis zeigen werden. (Die Fortsetzung folgt.)

f. G. L. Kosegarten.

104

VII.

lieber die Aetliiopisclien Haiidscliriften KU Tiiliiiigen.

Bei vielen Sendboten der Evangelischen Kirchen ent- faltet sich in unsern Zeiten eine eifrige Thätigkeit^, welche man auch vom rein wissenschaftlichen Standorte aus nicht ohne wahre Befriedigung verfolgt. Es ist die Wissenschaft selbst in ihren mannigfaltigen Bedürfnissen und Hülfelei- stungen^ welche sich mit ihrem christlichen Bestreben immer unauflöslicher zu verbinden scheint; und ein solches Ent- gegenkommen zweier nur nach oberflächlicher Ansicht sich widerstrebender Richtungen wird, wenn es sich nur län- ger erhält und so fortschreitet wie es jetzt glücklich ange- fangen hat, den Zwecken der Missionen sowohl in den fernen Erdtheilen höchst förderlich seyn als auch alle Freunde der Wissenschaft unter uns immer enger mit ihnen verknüpfen. Sogleich das erste aller Bedürfnisse Evange- lischer Sendboten^ das mit den fernen Völkern in ihren eignen Sprachen verständlich zu reden und ihnen brauch- bare Uebersetzungen biblischer Bücher zu geben, kann we- der ohne die Hülfe einer guten Wissenschaft befriedigt werden (denn dass die in vieler Hinsicht wenig genügen- den Uebersetzungen, welche man früher oft drucken liess^ dem Zwecke nicht entsprechen, hat man bereits zu eige- nem Schaden hinlänglich erfahren), noch ohne eine frucht- bare Rückwirkung auf die Fortschritte der Wissenschaft unter uns bleiben. Und wenn einst eine allesumfassende grosse Sprachwissenschaft unter uns entstehen wird^ wo

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nicht mehr wie jetzt bloss einige der nähern und bekann- tem Sprachen berücksichtigt werden und demnach in so engem Gesichtskreise unendhche Vorurtheile und Irrthü- mer entweder unvertilgt stehen bleiben oder auch neu sich bilden, sondern wo alle zusammen eine jede in ihrem wah- ren Wesen und von ihrer rechten Stelle etwa ebenso be- schrieben werden wie man längst alle Pflanzen- und Thier- arten der weiten Erde übersichtlich zu ordnen und zu er- läutern angefano^en hat: dann wird man einsehen dass die Bemühungen unsrer christlichen Sendboten und die Bibel- gesellschaften dazu viel mächtiger mitgewirkt haben als der Verkehr der Kaufleute welche sich ja mit dem Ver- ständnisse weniger Worte eines fremden Volkes behelfen können, oder als die Bemühungen gewöhnlicher Reisenden welche wohl ein paar Wortsammlungen aus unbekannten Sprachen bringen, aber selten ein wahres und deutliches Bild von ihnen zu geben gelernt haben. Sodann aber kön- nen wenigstens Evangelische Sendboten, wenn sie dem wah- ren Christenthume genügen wollen, nicht umhin die Irr- thümer der fremden Völker zuvor genauer erkennen und ihr ganzes Wesen und Alterthum sowie ihre off"enern oder verborgenem Kräfte und Hülfsmittel richtiger auffassen zu lernen, ehe sie auf eine im Grossen erfolgreiche Wirkung ihrer Predigt hoffen: denn ich bin noch immer der Mei- nung dass man früher die geistigen Mächte solcher Völ- ker welche eigne Literaturen besitzen zu gering geachtet und auch darum so geringen Erfolg vom Missionswesen erlebt hat; und auch solche Völker wie die Taitier und Gallas wird man diesseits doch nicht so bekehren wollen wie der vortreffliche Minister Guizot und seine Sendlinge es neuerdings anzupreisen scheinen. Lassen sich nun aber die ächtchristUchen Sendboten auf die Untersuchung der fremden Literaturen ein oder sind sie wenigstens nicht gleichgültig für dieselbe: so wird es kaum fehlen können dass sie von Zeit zu Zeit von dem unbekannten Reich-

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tliume mitthcilen den sie am günstigen Orte auflanden, und ein wechselseitig nützlicher Verkehr zwischen Wissenschaft und Mission wird sich auch auf diesem Wege von selbst anknüpfen.

Da Württemberg unter den deutschen Ländern ver- hältnissmässig am thätigsten die Missionszvvecke befördert, so habe ich das Glück gehabt seit den letzten Jahren die Universität meines zweiten deutschen Vaterlandes sich durch eine früher unerwartete Menge solcher orientalischen Hülfsmittel bereichern zu sehen. Die Namen Haebehlin von Tuttlingen^ Fjelstedt aus Schweden^ Isexberg aus Westphalen^ Krapp von Derendingcn bei Tübingen, wer- den stets in gutem Andenken bleiben. Es sind dies an sich keine sehr grosse Erwerbungen, weder glänzende Geld- zahlungen sind darauf verwandt noch ist viel lautes Lobes- erheben davon gemacht: aber in ihrem Zusammentrcflen haben sie doch, zumal bei einer Universität welche früher kaum einen ersten Anfang solcher Schätze besass, eine nicht geringe Bedeutung; und das Verzcichniss der Orien- talischen HaJidschriften zu Tübingen welches ich 1839 auf besondere Veranlassung veröflPcntlichte und dessen wich- tigster Theil sodann in den dritten Band dieser Zeit- schrift aufgenommen wurde, könnte schon jetzt in einigen Zweigen stark erweitert herausgegeben werden, da aus- ser den Zuflüssen von den 3Iissionen noch Ankäufe hinzu- kamen.

Für jetzt beschränke ich mich auf den noch ganz jung- fräulichen Boden des mittlem Theiles von Ost- Afrika, wo die Evangelischen Sendboten sowohl auf eine alte aber längst erstarrte christliche Kirche fund Evangelischen steht es allerdinffs an auch auf solche einzuwirken) als auch auf eine überwiegende Zahl von Heiden und Moslems stossen. Dort hat der kräftige FsENBEnr. die jezt herrschende Mund- art des alten Aethiopischen, das Amharische. welches seit den Zeiten des unter Deutschen nie genug zu preisenden

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HioB LuDoi.F •) in Europa so gut als vergessen war, so gründlich erlernt dass er es so eben inAVörterbuch Sprach- lehre und andern Druckschriften") allen Gelehrten zugäng- lich macht und zugleich in Afrika selbst durch die Ver- breitung solcher Drucksachen das Evangelium zu fördern hofft. Die Sprache der Gallas und andrer benachbarter Völkei* nicht semitischer Abstammung eignen sich Krapf und IsEN'BERG immer vollkommuer an^ schon ist durch ihre beiderseitige 3Iülie das Evangelium 3Iatthaei in die Galla- Sprache übersetzt und gedruckt 3). Dieselben achten auch auf die natürlichen Verhältnisse jeuer unbekannten Länder sehr fleissig, und haben bereits manche wichtige Bemer- kung darüber Englischen und Deutschen Gelehrten mitge- theilt. Vorzüglich glücklich ist aber der unermüdliche Krapf in der Aufsuchung Aclhiopischer Handschriften gewesen« in Schoa und Efat, den südlichsten Theilen des alten Aethi- opiens wohin er aus Tigre vertrieben sich zurückziehen musste, ist er bis in die entlegensten Klöster gedrungen und hat eine solche Menge Aethiopischer Bücher zusam- mengebracht, dass der alte Hieb Ludolf, welcher bei aller Dürftigkeit der ihm zu Gebote stehenden Hülfsmittel der Vater und fast einzige grosse Beförderer der Aethiopischen

1) Da alles ihn betreffende eine besondere Wichtigkeit hat, su möge bei dieser Glelegenheit auch auf die neulich erschienene kleine Schrift des verdienten Herrn Prüf. ^VKIJERs in Leyden aufmerksam gemacht werden: lets over lob Ludolf, den beroemden beoefenaar der EthiopLsche Letterkunde en Ctcschie- denis : ter gelegenheid der uitgave en vertaling van twee door hem opgestelJe Ethiopische. hfieven. 1839.

2) Xämlich L'ebersetzungen ins Amharische, da dies eine eigne Literatur noch nicht besitzt, so dass nun in künftigen Jahrhun- derten unser Isenberg von Afrikanischen Zungen als ihr Vater gepriesen werden kann. Alle diese Drucke sind 1S41 43 zu London erschienen.

3) 1842, der Aufschrift nach au Anköbar der Hauptstadt vonShoa, in der That zu London.

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Literatur in Europa zu nennen ist^ schier seine Freude daran gehabt haben würde; und noch weitere Entdeckun- gen dürfen wir den neuesten Nachrichten zufolge von sei ncni Eifer erwarten.

Die von ihm bis jetzt gefundenen Handschriften hat er zum grössten Theile schon nach Europa gesandt, wenige in ihrer ursprünghchen Gestalt, die meisten in Abschriften welche er durch dortige Gelehrte besorgen lässt. Zu letzteren ist denn gewöhnliches Papier gewählt, welches Europäer in Aethiopien einführen: während eine echtäthi- opische Handschrift noch immer so aussieht als wäre sie vor 2000 Jahren geschrieben. Denn wie die Aethiopen überhaupt auf einer Bildungsstufe stehen geblieben sind welche um viele Jahrhunderte hinter uns zurück liegt, und wie sie noch heute wie zu Herodot's und Horaer's Zeiten als die langlebigsten Menschen am fernsten llande der Menschheit auch die einfachsten und unveränderlichsten zu seyn scheinen: so glaubt man beim Anblicke ihrer gros- sen Uncialschrift und ihrer Pergaraenbücher übertausend- jährige Handschriften in der Hand zu halten, während frei- lich nähere Untersuchung meist ihr sehr junges Zeitalter erweist. Herr Krapf entschuldigt seine Wahl der Papier- handschriften damit , dass er zur Abschrift eines einzigen etwas starkem Werkes nach der Landessitte sonst wohl 30 Ziegenfelle nöthig hätte, wodurch denn auch die Ko sten sehr bedeutend steigen.

Da Krapf sowie die meisten deutschen Sendboten des Evangelium von der grossen Londoner Gesellschaft abhängt und ihr zunächst dienen muss : so erklärt es sich wie er die meisten Handschriften nach England befördert; der Univer- sität in Tübingen sind bis jetzt von ihm zehn, dazu einige andre die mir jetzt zu Gebote stehen seinen alten Würt- tembergischen Freunden zugesandt. Wie bald nun die Eng- länder mit der Beschreibung ihrer Schätze hervorrücken, muss die Zeit lehren : es ist dort gegenwärtig wenigstens

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ein Mann, Hr. Th. Platt^ welcher die dazu gehörigen Fähigkeiten besitzt und von dem wir eine Arbeit dieser Art erwarten können. Damit indess die hierher gekomme- nen Handschriften nicht so lange verborgen bleiben wie die 70 Aethiopischen des Vaticans^ welche schon vor 2 bis 300 Jahren dort waren aber erst jetzt nach einem äusserst ungenügenden V'erzeichnisse von der Hand des alten Rei- senden Wansleb bekannt gemacht sind *) : scheint es der Mühe werth sie sofort etwas näher zu beschreiben. Auch gehören Aethiopische Handschriften noch immer zu den in Deutschland sehr seltenen: und die einzige mir bekannte Sammlung welche sich mit der Tübingischen vergleichen Hesse, die durch Rüppel nach Frankfurt gekommene, ist meines Wissens noch nirgends näher bekannt geworden, ein Mangel den ich bei gegenwärtiger Arbeit besonders lebhaft gefühlt habe. Von den 11 Handschriften Bruce's hat man eine zu London 1827 gedruckte kurze Beschrei- bung; das etwa vor 80 Jahren zu Erlangen erschienene Werk Wincklers: xaiur/ua bibliothecae reg. Berolinensis Aethiopica ist mir unzugänglich.

Wie aber Aethiopische Handschriften in Europa bis jetzt selten sind, so ist uns Aethiopische Literatur ein bei- nahe noch völlig unbetretenes Feld: weder ihren wahren Umfang können wir sicher ermessen noch viel weniger ihre Geschichte und Entwickelunof übersehen. Nirffends ist wohl in neuem Zeiten ein so sichtbarer Stillstand ein- getreten: denn was Hiob Ludolf vor 150 Jahren über die- sen Gegenstand wusste und nach seiner Art sehr unter- richtend niederschrieb, ist noch immer das neueste, ausge- nommen dass seit den letzten Jahrzehenden einige Apokry-

1) In dem Buche: Script^ltruin Yeterum nova collectio e Vaticani« codicibiis edita ab Angrlo Maio. Tom. V. pag. 94—100. Es sind dort zusammen 71 Handschriften: aber die letzte, dasB. Hcnocli, ist später hinzugekommen.

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plien nach Europa gebracht sind welche jener herrliche Mann noch nicht kannte. Freilich scheint auch in diesem Afrika- nischen Indien keine zweite Sanskrit-Literatur zum Vor- schein kommen zu wollen; auf den ersten Blick erscheint die Aethiopische Literatur als eine ausschliesslich christli- che ; soviel wir bis jetzt sehen können^ ist sie dazu erst seit den Zeiten der Monophysiten recht ausgebildet, und wie ich glaube nicht bloss von Aegypten aus sondern auch durch Syrische Monophysiten welche entweder über Ae- gypten oder über das südliche Arabien nach Habesch ka- men ^) ; und dazu besteht wohl ihr Bestes oder doch für uns WerthvoUstes bloss in Uebersetzungen aus andern Sprachen, Dennoch verdient sie weit mehr Aufmerksam- keit als sie bis jetzt gefunden^ und namentlich würden sich jüngere Theologen mit ihr nützlich beschäftigen, da sie ähnUch wie die Syrische und die Armenische Literatur für die ältere Geschichte des Christenthuras sehr wichtige Denkmale besitzt und dazu ihre Sprache dem Hebräischen so nahe verwandt ist. Dass wir wenigstens sicher begrei- fen was sie enthalte und wie weit sie sich erstrecke, ist unentbehrlich: und vielleicht finden wir doch allmählich noch die Reste weit älterer Literaturen welche in jenen Gegen- den einst blüheten und die nur hier wie sonst an so man- chen Stellen der Erde durch die zu eifersüchtige Herr- schaft des jungen Christenthums soweit zurückgedrängt seyn mögen. Wir wissen dass es Aethiopische Codices rescripti gibt wo auch die ausgelöschten Buchstaben Aethi- opische sind-): und wird man gute christliche Schriften auso-elöscht haben? Es sind in den neuesten Zeiten In- Schriften auf Aethiopischem Boden entdeckt welche thcils

1) Es Hesse sicli eine lange Reihe von theologischen Ausdrücken nennen, Mclche von Syrien aus nach Aethiopien gekommen seyn müssen.

») S. Mai a. a. 0. S. 94 in der Anmerkung: in solchen Fragen abar kann man dem Cardinal Mai unbedingt trauen.

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ihrem lohaltc theils ihrcu alterthiimlichen Buchstaben nach in die vorchristlichen Zeiten zurückgehen *) ; und dass die Himjaritische Schrift der Aethiopischen verwandt sei lehrt schon eine flüchtige Vergleichung. So öffnet sich hier un- streitig für künftige Erforschungen der mannigfaltigsten Art ein neues Gebiet: und schon eine etwas sichere Geschichte der in so vieler Hinsicht ganz eigenttümlichen, auch schon mancherlei Missverständnissen ausgesetzt gewesenen Aethi- opischen Schrift würde sehr lehrreich seyn.

Bevor ich indess zur Beschreibung der mir zugäng- Hchen Handschriften übergehe , scheint es gut hier das kurze Verzcichniss von 62 Handschriften einzuschalten, welches Herr Krapf im Jahre 1840 hieher sandte und wel- ches einen Ueberblick über die schon damals von ihm be- sessenen Bücher gibt. Ich wiederhole es hier ganz so wie es nach Krapfs Schreiben in den hiesigen Missionsnach- richten vom Jahre 1841 -) gedruckt ist, füge jedoch unten einige Bemerkungen über den Sinn gewisser Wörter hin- zu. Zwar ist es bei einer überhaupt so wenig bekannten Literatur oft ganz unmöglich aus diesen kurzen Bezeich- nungen das wahre Wesen der gemeinten Werke sicher zu erkennen, wie auch unten aus der Beschreibung einiger dieser G2 Handschriften welche wir wirklich prüfen können genug erhellen wird: dazu sagt Krapf an jener Stelle selbst, er habe noch nicht Zeit gehabt diese Bücher zu lesen^ vermuthet jedoch es sei vielleicht manches brauchbare dar-

1) Ich meine die von Salt und die von Rüppel in seiner letzten Rcisebesciireibung bekannt gemachten grossen Inschriften, wor- über man den Aufsatz von Rokoigrr in der Hall. L. Z. 1839. im Juniushcfte vergleiche; sowie die zwei kleinern aber wegen der abweichenden Art von Buchstaben sehr merkwOrdigen In Isknbkrg's dictionary amiiaric and english pag. 209.

2) 8. 38. Man findet überhaupt in den TQbingischen Missionsnach- richten welche jährlich erscheinen manche bemerkenswerthe Nachricht von Krapf aus Habesch und Weigle aus Indien.

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in, da die Aethiopischen Bücher der Sage nach meist aus Schriften der verbrannten Alexandrinischen Bibliothek über- setzt seyenO, woraus man leicht schliessen mag wie wenig genügend die Bezeichnungen dieses Verzeichnisses und die wenigen eingestreuten Bemerkungen seyen. Doch glaube ich es werde bei der grossen Seltenheit Aethiopischer Bü- cher auch so vielen willkommen seyn. Die Schreibart der Aethiopischen Wörter darin ist von Herrn Krapf: ich selbst folge (da Aethiopische Typen der Druckerei fehlen) meiner sonst bekannten Umschreibeart Semitischer Wörter.

1. Chrysostomus^^.

2. Sirachj Ezra und Habela^y

3. Ekabani.

4. Lehaga Zadok.

5. Seifa Malakof^^,

6. Suaso 5).

7. Wudasie Marjam^^.

8. Amada Mistir (im Amharischen) ').

1) Zur Beantwortung der Frage wie es mit dieser Sage stehe, habe ich selbst einen Beitrag gegeben im dritten Bande dieser Zeitschrift S. 349.

2) Ist wohl dieselbe Handschrift welche unten unter Nr. 6. be- schrieben wird.

9) Habela ist also wohl auch ein Apokryphen^ von der Geschichte Abel's ausgehend.

4) D. I. Schwert der Göttlichkeit, wohl eine Streitsdirift gegen Ketzer.

5) D. f. Leitern, wohl solche Wörterbücher wie Ludolf in der bist, aeth. IV, 3, 3 sie beschreibt und wie unten bei Nr. 7. ein klei- nes Beispiel davon vorkommen wird ; ich habe dies Werk und das verwandte Nr. 26 bis jetzt vergeblich von Krapf zu erhal- ten gewünscht.

A) D. i. Lobgesänge auf Maria.

7) D. I. Funken des Mysteriums, da amada nach Isenberg im Afflbarischcn Funken bedeutet.

173

9. Tabita Tahiban und Mahlte Sa Zegie^).

10. Kyrillos'^y

11. Organon Marjam^^.

12. 4 Evangelien mit Varianten. la Ma%afa Golgatha*}.'

14. Turguainie fidel ^}, Kalat^} der 318 zu Nicaea, Baruch.

15. Mealad, Sammlung von Beweisstellen aus KW ').

16. Kidan^}.

17. Hazora Maskai *).

18. Malka Michael >»).

19. Saatata tnaalt wa selil^^}.

20. 4 Bücher Salomon und Hiob '*}.

21. Esma Keberte Mariam *3).

22. Melka Mariam, Jesus etc.

23. Melixa Sehm"^*) etc.

24. Abbo Melk. v

1) D. i. der Stolz (n*2i*n) der Weisen und da« Blutnenlied; letzterer Name würde auf weltliche Dichtung hioweisen^ ob- gleich Ludulf bist. aetb. IV, 2, 35. meinte sie hätten nur geist-' liehe.

2) Ist wohl das unter Nr. 7. beschriebene Buch.

3) Vgl. Ludolfs cumment. in bist. aeth. p. 346.

4) D. i. dat Buch von Golgatha.

5) D. i. Dolmetschung des Alphabets.

6) D. i. Aussprüche der 318 Bischöfe zu NIcäa.

7) mealad bedeutet Sammlung.

8) D. i. Bund, Versprechen, Testament.

9) D. i. Schutz des Kreuzes.

10) D. i. Bild MichaeFs, vgl. hier Nr. 22. 23. 35.

11) D. i. Stunden des Tages und der Nacht, (wenn lelit zu le- sen ist).

12) Ebenso zählen die Quellen Bnice^s: andre wie Luiolt bist. aeth. III, 4, 19. zählen 5 Bücher Salomos.

13) D. i. die hohen Namen der Maria.

14) Ist mir undeutlich.

174

25. Kleine Ahuschdkur (Almanache) ').

26. Erklärung des Suaso.

27. Canticum Canticorum.

28. Degua.

29. Salam la Mariam^) etC.

30. Melka Guebra Martfas Kedas^').

31. Ahho Gadel und Gadela Guebra Christas'^).

32. Tamera Mariam^-»^.

33. Wudasie Amlak^~).

34. 6?e/o/a Musie 7).

35. Melka Wudasie,

36. Kedasie (Liturgie)®).

37. Äewa Fetrat^).

38. Najara Mariam.

39. Masarala Mariam ^^').

40. Erklärung des Evangelium Matthael Cnach einzel- nen Kirchenvätern).

41. i?'aMs Mantasatvi^^') et Seraia Kenie^-^.

42. -4m</« negest i^) (ein mit Figuren ausgestattetes Zauberbuch).

43. Tamera Jasus.

44. Buch Henoch.

1) Siehe darüber das unten bei Nr. 6. bemerkte. 8) Ist bloss der Anfang eines Marienliedes. .3) Guebra ist Diener des h. Geistes.

4) Der Name Gadel weist auf geistigen Kampf bin, wie Nr. .53 Kampf der Apostel.

5) D. i. Offenbarunrf der Maria, vgl. Nr. 43.

6) D, i. Lobpreis Gottes.

7) D. f. die Decke Mose's, wahrscheinlich rin Aporryphon.

8) Vgl. Ludolf comment. p. 340.

9) D. i. Geschichte der Schöpfung.

10) D. i. Grund der Maria. '

11) Falsch gedruckt für Manfasawi, vgl. unten Nr. 8 h. 11.

12) D. I. Gesetz der Zuckt.

13) D. i. Schauplatz der Könige.

175

45. Dersana Michael ')•

46. Dersana Medhanalim^).

47. Felha negest^^.

48. Sakoka DengJiel^).

49. Mazafa Christena (Tauf-Ritus etc.)

50. Serata Bieta Christian s).

51. Retua Haimanot (Dogmatik) *).

52. Mazafa Mistir'^.

53. Gadela Hawarjat.

^54. Genzet^) (aus Athanasfiis etc.).

55. Mazafat Tectil (bei Trauungen).

56. Mazafa Keder (bei Ketzertaufen)*).

57. Antiakos, Wogris etc. *").

58. Bar los (Mönchsbuch) ").

59. Gezawi^^} (Bericht der kirchhchen Feste).

60. Ardeel (Gespräch Jesu während der 40 Tage).

61. Hamamat^^.

62. Dorho.

Demnach besass damals Krapf von den unten beschrie- benen Handscliriften noch nicht Nr. 1. 2. 3. 4. 14. 15.

1) dersän bedeutet Abhandlung, Homilie, vgl. unten N. 6. 8. 10. 8) Med-hena 'alem ist der Welterlöser.

3) S. unten Nr. t3.

4) D. i. Klaffe der Jungfrau (Maria).

5) S. unter Xr.

6) S. vielüiehr unten Nr. 10.

7) S. ebenfalls unten Nr. 9.

8) D. i. Bestattung.

9) S. unten Nr. 12.

10) Siehe unten Nr. 8.

11) Siehe unten Nr. 5.

12) Sollte dies Wort mit gizae d. i. Zeit zusammenhangen? oder vielmehr mit dem bekannten "yj?

13") D. i. Leiden, wohl in Bezug auf Christi Leiden.

176

woraus man abnehmen kann wie viele andre Bücher er in den letzten Jahreb noch gefunden haben wird.

Ich gehe nun zur Beschreibung der hiesigen Hand- schriften über, kann mich jedoch in der Anordnung nicht nach Hiob Ludolf richten , welcher bloss heilige und un- heilige Literatur unterscheidet und alle kirchlichen und the- ologischen Bücher auf die heilige Seite wirft: denn der Himmel verhüte dass bei uns jemals die theologischen Bücher als heilige gelten, und soweit sind doch selbst die Aethiopen nicht gegangen obgleich sie heilige Bücher in weit grösserer Zahl lieben als wir. Ich unterscheide viel- mehr vier Arten von Schriften, und führe daneben bei je- der Handschrift hiesiger Universität die Zahl an welche sie in der Bibliothek führt; sollten die Leser hier einiges an sich weniger anziehende vorfinden, so hoffe ich sie wer- den es der Neuheit des Stoffes vergeben.

I. Bibllselte Bücher.

1. Kufälie.

(Ms. aeth. 4. 80 Blätter in 4.)

Zu den biblischen Büchern im weitern Wortsinne kann man mit Recht auch alle die rechnen, welche in der Weise der altbiblischen von ungenannten Verfassern aber meist auf den Namen eines berühmten biblischen Helden gestützt fortgeschrieben wurden^ und welche die Protestanten als Apokryphen und Pseudepigraphen abzusondern sich ge- wöhnt haben. Gerade solche Bücher, welche einst beson- ders in Aegypten zu grossen Haufen dagewesen seyn müs- sen, haben sich nun in der Acthiopischen Kirche weit vollständiger als sonst irgendwo erhalten, als wäre diese Kirche auch in dieser Hinsicht plötzUch unverrückt da ste- hen geblieben wo alle Kirchen mit geringen Unterschieden in den ersten Jahrhunderten standen j da jedoch auf einen

177

solchen Stillstand nothwendig ein Rückschritt folgt^ so Ist es nicht sehr zu verwundern, dass solche Bücher bei den Aethiopen allmählig den kanonischen immer näher gestellt sind und dort jetzt auch als dogmatische Beweismittel gel- ten. Wie es indess auch mit der theologischen Geltung dieser Bücher seyn mag: für den Geschichtsforscher sind sie immer von Wcrthe, und die Aethiopische Kirche hat sich durch ihre sorgfaltigere Erhaltung obwohl unwissend kein geringes Verdienst um die Wissenschaft erworben. Schon sind in den letzten Jahrzehenden einige Bücher der Art auf diesem Wege in Europa wieder bekannt gewor- den: und dass noch andere so aus übertausendjähriger Vergessenheit unter uns wieder ans Tageslicht kommen können^ scheint keine vergebliche Hoffnung zu bleiben«

Das Werk der obengenannten Handschrift war unter diesem Namen schon Ludolfen bekannt Oj ohne dass er es indessen selbst gesehen hatte; aus dem Namen welcher Eintheilnng bedeutet kann man auch niclit das mindeste über seinen Inhalt schliessen. Sobald ich jedoch die Hand- schrift näher prüfte, fand ich dass der Name in derThat sehr abgekürzt sey und schwerlich der ursprüngliche seyn könne: in dem Werke selbst folgt immer ein Genitiv darauf wie kufulie tnavd el d. i. Eintheilung der Tagej oder von ähn- lichem Sinne. Nachdem ich mich mit dem Sinne des sehr weitschweifig geschriebenen Werkes etwas weiter vertraut gemacht hatte, zeigte sich mir bald dass es dasselbe Apo- kryphen seyn müsse welches die Griechen deutlicher xa Ia)ßr^).cc7a die Jubiläen oder auch Aan:rr^ rivsatg die kleine Genesis nannten -), und welches sich meines Wissens nir- gends weiter als bei den Aethiopen vollständig erhalten hat

1) Ludolfi lex. aetb. ed. altera p. 412., wo maa sieht dass schon das unten zu nennende Maghafa Mistir welches er besass dies Werk anführt.

2) Siehe FABRicn Codex apocrj-phus Veteris Testament; Tom. I. p. 848—64 der zweiten Aosgabc.

V. 12

178

Da dieses Werk nicht viel weniger als das B. Henoch unter uns bekannt zu werden verdient^ so hoffe ich bald eine Uebersetzung davon veröffentlichen zu können, und be- gnüge mich einstweilen auf sein Daseyn aufmerksam zu machen, ohne mich hier auf sein Wesen weiter einzulassen.

Eins jedoch möge hier noch berührt werden, wodurch diese Handschrift sich von allen übrigen unterscheidet. Vergleicht man nämlich viele Aethiopische Werke, so wird man finden dass sie immer mit dem basma ab vavald va- manfas qedüs oder mit ähnlichen Worten ebenso anfangen wie die Arabischen Bücher mit dem bismülahj nicht selten auch den Arabischen Büchern ähnlich eine längere Lob- preisung in geschmückterer Rede voranschicken ; wie denn die beiderseitigen Schriften ebenso gewöhnlich mit Amen schliessen. Woher kommt diese frömmelnde Verbrämung, welche sich der gesammten Literatur der Araber und Ae- thiopen (um jetzt nur bei diesen stehen zu bleiben) aufge- drungen hat? ist es etwas so naheliegendes, dass jedes Buch wie eine Predigt erscheinen muss? wann oder wo hat diese steife Einkleidung so mächtig zu herrschen an- gefangen? und wie kommt es dass Völker die doch sonst soweit von einander sich entfernen wie die Christen in Habesch und die3IosIims in diesen Sitten übereinstimmen? Diese Fragen, welche man meines Wissens noch nirgends aufgeworfen geschweige denn gelöst hat, sind für die Li- teraturgeschichte keineswegs ohne Gewicht: die ganze Literatur der alten Hebräer weiss von einer Sitte noch nichts der man die steife Frömmelei unter deren Zwange die Spätem so oft seufzen nur zu deutlich ansieht; auch dies Werk fangt ganz wie ein aus andern Kreisen gekom- menes einfach so an: %ntu nngara kufälie maväelät {dies ist die Geschichte der Eintheiluny der Tage~), und schlicsst ähnlich: bahja tafa^ama nagar zakufälie maväel Qhiemit ist zu Ende die Geschichte d. E. d. T.J, Wir müssen dem- nach schon aus dem völligen Fehlen der gewöhnlichen

179

Einkleiduug bei diesem Buche schliesseo^ dass es in Ver- hältniss zu so vielen andera Aethiopischen Büchern bedeu- tend alt und von einer ganz andern Seite her zu den Ae- thiopen gekommen seyn rauss.

2. Gadela Adam.

(Ms. aetfa. auf 206 Blättern in 4.) >).

D. i. der Kampf Adams. Diese Handschrift welche mit der unten Nr. 9. zu beschreibenden erst seit einigen Tagen mir unter Händen ist, enthält ein dem vorigen sehr ähnli- ches Werk, worin zwar vorzüglich die Lagen und Ver- hältnisse der ersten Menschen welche Gen. c. 2 und c 3 in wenigen grossen Umrissen geschildert sind, auf apo- krjT)hische Weise zu langen Darstellungen umgearbeitet werden, aber daneben noch sehr vieles andre sich einge- schaltet findet. Da das Werk näher beschrieben zu wer- den verdient und ich es ebenso wie das vorige bald weiter bekannt zu machen gedenke, so möge hier diese kurze Nachricht über sein Daseyn genügen. Die jetzigen Aethi- open berufen sich auch in ihren immer fort- aber leider nicht aufwärts gehenden dogmatischen Streitigkeiten auf Aussprüche dieses Buches 2): woraus allein schon erhellen würde, dass es wie spät es auch seyn mag dennoch dem- selben Stamme noch entsprossen ist welchen wir hier den biblischen nennen.

3. Saenodos. (Ms. aeth. 7, auf 407 Blättern in 4.).

Dies ist das vorzüglichste apokryphische Buch des Neuen Testaments, welches die Aethiopen f^t ebenso

1) An Herrn Prof. Lic. Hoffmann in Basel geschenkt, dessen aiu- gezeichneter Güte sie die hiesige Bibliothek verd.inkt,

2) Tübingische Missionsnachrichten Tom Jahre 1842 S. 44.

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hochachten als unsre kanonischen Bücher, und stimmt ob- wohl unter starken Abweichungen doch der fetzten Quelle nach mit den Clementinischen Canones et Constifutiones Apostolorum, auch Didascalia gwiannf, überein. Ludolf be- sass den Anfang einer Handschrift des Werkes und Hess was er davon in Händen hatte drudien^); eine wie es scheint vollständige Abschrift davon brachte Bruce nach Eu- ropa Biit^ wahrscheinlich dieselbe nach welcher Hr. Platt eine mir leider jezt nicht zugängliche englische Ueber- setzung veranstaltete -}. Die nach Tübingen gekommene Handschrift ist vollständig, zwar nicht so fehlerlos und zu- verlässig geschrieben als die meisten andern welche Herr Krapf hat anfertigen lassen, doch an einigen Stellen dem von Ludolf gedruckten Texte vorzuziehen. Als ich zuerst unter allen hierher gekommenen Handschriften diese näher untersuchte und die vielen Schreibfehler in ihr bemerkte, erschrak ich und fürchtete alle übrigen möchten von glei- cher Farbe seyn: zum Glück jedoch sah ich später bei den meisten übrigen, dass es auch unter den 17 Abschrei- bern welche Hr. Krapf in Bewegung setzte doch viele Ab- stufungen gab ; und wenn Ludolf im Allgemeinen über die Unsicherheit Aethiopischer Handschriften klagt, so kann ich versichern dass wenigstens einige der hieher gekom- menen von besserer Art sind.

4. Kaliementos. CMs. aetb. t-, 280 Blätter in 4.).

Dieses ziemlich umfangreiche Werk fängt wörtlich 60 an:

»Im Namen des Vaters Sohnes und b. Geistes des Einen Gottes. Es spricht der h. Clemens: Nachdem unser Herr und Gott und Erlöser Jesus Oiristua in den

1 ) Commcnt. in hist. actir. p. .304 ff,

2) Sie finilet sich im .3f)sten Bande der Orimtnl TransJations.

m

Himmel aufgefahren war^ trennten sich die Gehülfen (Apo- stel) fcis zu den Enden der Welt, um die Geschichte des h. Evangelium zu verkündigen, die Völker zum Glauben und Wissen zu führen und sie in der Heiligkeit der Wie- dergeburt zu taufen. Da nun deshalb die Apostel sich Ge- hülfen suchten welche mit ihnen in die Länder reisten, so ualira mich Simon Petrus und machte mich za seinem Gehülfen, weil icli an ihn und den der ihn gesandt glaubte und überzeugt uar dass er das Haupt der Apostel sey, auch wegen des Ausspruches unsers Herrn und Erlösers Jesus Christus im h. Evangelium »du bist der Fels und auf diesen Felsen u. s. w.« Nachdem er nun noch zwei Brüder genommen und zu seinen Gehülfen gemacht hatte, nahm er mich als ich eines Ta^cs bei ihm verweille und brachte mich in meiner Aeltern Land gcnamit Matrürjä (^sic)f und oifeubarte mir die Geheimnisse welche ihn un- ser Herr J. Ch. auf dem Oelbcrge gelehrt hatte. Um jene Zeit aber sassen die Apostel und alle die Gläubigen in grosser Gefahr und Unruhe wegen der gottlosen und un- gläubigen Juden, da diese die Gläubigen fortwährend töd- teten. So begab sich Petrus hier fort und kam mit mir in eine Stadt wo wir dadurch viele Gefahr antrafen^ dass die ungläubigen Juden viel stritten und zankten wegen der Geburt der h. Maria, von dieser aussagend sie sey nicht vom Geschlechte David's gewesen, um daraus das Kom- men unsers Herrn J. Ch. in die Welt zu läugnen ; auch gaben sie fortwährend den Griechen und Römern viel Geld zur Bestectung, damit sie ihnen die Gläubigen zu vernich- ten hülfea, die Apostel verhinderten über das Gesetz Mo- se's naclizudenken , und die erste Weltschöpfung nicht erfiibren. Ais ich nun diese ganze Mühe und Noth Fühlte welclie von den ungläubigen Juden über mich gekommen, forschte ich bei meinem Lehrer, bat ihn er möge mich leh- ren und mir sagen wie die erste Weltschöpfung gewesen (denn er kannte alle die Geheimnisse unsres Herrn J. Ch., ich aber kannte die Griechischen Sagen und Bücher, Ge-

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heimnisse und Wissenschaften), und erklärte so ihm mei- nem Lehrer welcher Verdruss und Eifer über mich ge- kommen weil die Juden wegen der h. Maria mich gezankt und verletzt hätten : »ich habe keine Einsicht in Gesetz und Propheten^ und doch haben sie mich viel wegen der Schöpfung Adam's zur Rede gestellt und schmähen mich stark wegen unserer h. Herrin Maria , ich finde aber in dem was ich weiss keine Antwort auf ihre Bosheit und unheiliffe Rede.« Solches alles erklärte ich ihm in tiefer Trauer: da kam ein Eifer über ihn und er sprach zu mir: »ich will dir mein lieber Clemens alles offenbaren warum du mich fragst, will dich über die erste Weltschöpfung unterrichten j dich wegen der h. Maria der Mutter des Lichtes überzeugen dass sie ohne allen Zweifel vom Stam- me der Söhne Jakob's ist, und dir erklären wie der Satan

aus dem Himmel gefallen.«

An dieser Probe werden meine Leser wohl genug ha- ben, um danach das Wesen eines Werkes zu schätzen welches schwerlich vor den Nestorianischen Streitigkeiten geschrieben seyn kann. Es zerfällt in sieben ganz lose aneinandergefügte und nicht einmal in eine fortlaufende Zahl gebrachte Theile (fol. 1. 62. 80. 152. 206. 216. 240.); am Schlüsse stehen die Worte: ^beendigt ist hier Cle- mens, der Gehülfe des Petrus, die Freude der Weisen und die Trauer der Verkehrten.« Man weiss aus Griechi- schen und Lateinischen Quellen, dass dem Clemens Ro- raanus ausser dcnCanones und Constitutiones noch mehrere Werke von einer gewissen philosophischen Art und Farbe zugeschrieben werden, wo er obwohl ein hochstehender und gelehrter Heide doch als ein Schüler Petri erscheint und von diesem sich fleissig belehren lässt. Ganz so er- scheint er auch In den 7 unverbundcn nebeneinanderste- henden Stücken dieses Werkes : aber ob sie dem Inhalte nach eine Verwandtschaft mit den von Cotelerius im er- sten Bande der Patres Apostoüri bekannt gemachten Wer-

183

ken habeu; bezweifle ich nach deu Stücken weiche ich bis jetzt vergleichen konnte völlig, und möchte sie auch dem Zeitalter nach für etwas jünger halten. Soviel wird man immer zugeben müssen , dass diese in Aethiopischer Sprache erhaltenen Stücke noch aus demselben Stamme emporgewachsen sind welchem die bis jetzt bekannten ent- keimten: und wer künftig einmal die ganze clementinisch- petrinischc Literatur nach ihrer doppelten Verzweigung, der gesetzlichen und der philosophischen^ genauer verfol- gen will^ wird nicht leicht die 3Iühe scheuen dürfen sich auch mit diesen Aethiopischen Siebensachen bekannt %u machen.

5. Bartos.

(Ms. aeth. 10, 31 Blätter in 4.).

Diese Aufschrift findet sich nicht nur in dem oben mit- gethcilten Verzeichnisse der 62 Handschriften, sondern auch in der Handschrift selbst von Krapfs Hand: sie scheint also, obgleich ich sie von einer Aethiopischen Hand ge- schrieben noch nicht gesehen habe, jetzt dort herrschend zu seyn. Bartos ist nun nach Ludolfs Wörterbuche die Phönikische Stadt Berytus, und aus diesem Namen un- streitig nur durch einen gerade bei der Aethiopischen Schrift leicht erklärbaren aber tief eingewurzelten Schreibfehler entstanden, wie dergleichen sich viele finden. Aber was lässt sich nicht alles bei einer solchen üeberschrift den- ken? Erst die Untersuchung der Handschrift selbst konnte über ihren Inhalt vergewissern: und ich sah bald dass sie nichts als Gebete enthalte die keinem geringern in deu Mund gelegt werden als der Jungfrau Maria; das erste soll Maria gesprochen haben als sie in der Stadt Bartos sich befand: daher der sehr zufällige Name. Die Stadt Berytos wird auch in den Clcmentlnischen Sagenkreis verwebt »), und man wird dies Werk für einen der letzten

1) Siehe Cotblbbii Patres Apostolici T. I. p. 771.

und freilich auch entartetsten Sprösslinge des biblischen Gebietes halten müssen. Wie gewisse Türkische Zauber- bücher sich auch zu uns iu grosser Zahl verirrt haben, so ist gerade dies Werkchen in Europa die verbreitetste Aethiopische Handschrift geworden und findet sich allein im Vatican dreimal 9 5 "«d da es bereits von Ludolf unter dem Namen ^alota rqiet d.i. Zaubergebet beschrieben ist^), mag ich nicht weiter davon reden.

Noch ein Werk ähnliches Schlages ist das welches am Ende des unter Nr. 8. zu beschreibenden Bandes steht.

II. Tlieoloslsche Buclier.

6. Affa varq d. i. Chrysostomos. (Ms. aetl). auf 147 grossen Pergamenblättern) ^).

Diese Handschrift enthält auf ihren ersten drei Blät- tern eine Lebensbeschreibung des Chrysostomos, genommen aus dem Tärtkh des Georgios Sohnes Amid's*), dem Bu- che Snksur (d. i. ovva^aqLOVj Heiligeiisage)^ dem AbU" thäkr d. i. dem Kalender^), und dem Buche des Johannes

1) Oei Mai a. a. 0. Cd. XLII. L. LX., wo aber alle drei Male falsch zelole tiket gelesen wird.

8} Comm. bist. aeth. p. 349 f.

8) Findet steh mit der folgenden Handschrift im Besitze des Herrn Oberhelfers Sakwky zu Tübingen, welcher sich seit über 20 Jahren um die Mission so viele Verdienste erworben hat.

4) Der Name ist zwar nach der bekannten äthiopischen Lautvcr- wechselung ^^o^{ geschrieben, aber gemeint ist ohne Zweifel die Chronik des v\a4.c ^jt, gewültnlich bei uns Elmakin ge- nannt, welche bis in das l.'3te Jahrhundert hcrabgeht.

5) Die Acthiopen nennen den Kalender, welcher oft auch eine kleine Chronik der Weltgeschichte gibt, jezt allgemein Abu- shakr: derName ist aber nicht Aethinpisch, sondern vielleicht aus Aegypten mit der Sache selbst gekommen ; auch kennt ihn Lu- dolf nicht, der doch einen Kalender vollständig mixtheilt, com- moat. p. 385 tt.

Mi

Madabbr d. i. des Vorstdiers '). Scbon aus dieser vor- aufgescliicklen Angabe der Quellen erhellt, dass hier nur spätere Berichte über den Kirchenvater znsainmengestellt sied. Nachdem sodaim auf zwei Blättern eine Uebersicht des folgenden Inhaltes gegeben ist, hebt erst das eigent- liche Buch mit einer neuen Einleitung an. £s sind nämlich Chrysostoraos Homilien über den Brief an die Hebräer, welche hier in Aethiopisrher Uebersetzung ^e^ebcn wer- den : das Werk besteht ganz wie in der gedruckten Grie- chischen Urschrift aus einer Vorbereitung und 34 Ab- schnitten, abweichend aber von den Griechischen Drucken besteht jeder dieser Abschnitte aus zwei Hälften, dem dersän d. i. der Erklärung des Textes und dem tagsä^ d. i. der daraus abgeleiteten Ermahnung; auch im Einzcl- aeo zeigte mir eine Vergleichung der ersten Horailie, dass wir hier kein bis jetzt unbekanntes Werk vor uns haben. ladess ist diese Acthiopische Uebersetzung auch in sofern merkwürdig, als gerade die Homilien über den Hebräer- brief zu den Werken Chrysostomos gehören welche der Kritik etwas mehr Mühe machen") und deren Unächtheit einst von Erasmus behauptet wurde; weshalb ich noch an- merke dass^ die Nachricht diese Homilien seien erst nach Chrysostomos Tode von einem Presbyter Coustantiuus her- ausgegeben in der Acthiopischen Uebersetzung fehlt.

Dagegen gewährt die Handschrift uns einen andern

1) Das .'Ubiopische sarSi soll iaa madabbr erkläreo^ dies ist alflo

wolil das Arab. uvX«: welcher Schriftsteller aber gemeint sey

ist mir jetzt nicht deutlich ; nach der Vorrede zur folgenden Handschrift von Kyrillos A>'erken war er Vorstand (Präfekt) der Aeg>rptischen Stadt Nikius, s. Hartmann^s fidrisü Africa p. 38b*.

2) Siehe die Vorrede zum 12ten Bande der Opp. Chrysostomi von Montfaucön. Paris 1735.

186

Nutzen. Die meisten hierher gekommenen Handschriften sind blosse Abschriften welche Hr. Krapf an Ort und Stelle verfertigen Hess, wenn er die Bücher selbst nicht erwer- ben konnte; er schreibt wie er einst 17 Abschreiber zu- gleich beschäftigte, und da sich in den Aethiopischen Klö- stern noch immer eine gewisse gelehrte Fertigkeit wenn auch mehr als blosses Handwerk erhalten hat, so sind viele dieser Papier-Kinder gewiss kaum geringer zu achten als ihre Vorältern aus Pergamen. Allein diese guten Ab- schreiber haben zwar nirgends versäumt nach Landessitte ) sich selbst und den für welchen sie ein Werk abschrie- ben mit allerlei frommen Wünschen in Ueber- und Unter- schriften flelssig zu nennen, ja einige haben den Namen Krapp auf Acthiopisch bis zum Ueberdruss häufig ange- bracht, wie aus stets neuer Dankbarkeit für ihren unerwartet gekommenen Lohnherren (denn Aethiopien ist allen Nach- richten zufolge das noch heutzutage glückliche Land, wo man mit sehr wenig Geld sehr viel erreichen kanuX lei- der aber haben sie dafür meist die altern Unterschriften weggelassen welche uns, da wir von dem Gange der Ae- thiopischen Literatur bis jetzt so gut wie nichts wissen, sehr lehrreich gewesen wären. Die vorliegende Pcrgamen- Handschrift giebt nun aber auf fol. 5 und am Ende die merkwürdige Nachricht, das Werk sey auf Veranstal- tung des Diakons Abilfatch Gabra-ebziabchär (d. i. wohl Aethiopische Uebersetzung von Abdallah} Sohnes des Fadl (ist wohl gewiss JwcaäJ!) Sohnes des Meemana-Pa- pas (d. i. Pappapistos) aus dem Griechischen ins Ara- bische, dann aber von einem gewissen Habakuk und Mi- chael dem Aelhiopen im Jahre des Erbarmens^) 7015,

1) Der auf dem Iczton BlaUe der hier besprochenen Uandschrift genannte Theodoros ist gewiss als der Veranstalter der Ab- schrift zu betrachten.

8) D. i. der Schöpfung, s. Ludolfi comment. p. ABU und uaton Nr.

187

Christi 1500, und der Märtyrer *) 1239 aus dem Arabischen in's Geez d. i. ins Aethiopische übersetzt. Von Ueberset- zungeii aus dem Arabischen ist nun auch bei den h. Bü- chern die Rede, wie schon Ludolf bemerkte, allein, weil er die Aethiopischen Uebersetzungen für vormuhammedanisch hielt, nicht begreifen konnte *) : hier aber haben wir ein nach der Zeitbestimmung ganz klares Zeugniss vor uns, und da unter den Arabischen Büchern nur die von Kopti- schen Christen in dem Muhammedanisch gewordenen Ac- «•ypten verstanden werden können, so irre ich schwerlich wenn ich hier einen ersten sichern Anhalt für die Aethio- pische Literaturgeschichte zu finden glaube. Es käme nun darauf an^ dies weiter zu verfolgen.

7. Kyrillos. V cMs. aeth. auf 128 Pergamen-Blättern).

Dieser Band enthält 1. auf 4 Blättern eine Lebensbe- schreibung des Kyrillos von Alexandrien, des berühmten Gegners des Nestorios; als ihre Quellen sind hier diesel- ben Bücher genannt welche wir an der Spitze des vorigen Werkes fanden, das Werk wird also überhaupt wohl aus derselben Uebersetzungs-Werkstätte hervorgegangen seyn wie das vorige. Hierauf steht 2. bis zum 23stcn Blatte die Abhandlung über »den rechten Glauben an unsern Herrn Jesus Christus,« an den Kaiser Theodosios gerichtet ; An- fang und Ende stimmt nach meiner Vergleichung voUkom-

9.; der Ursprung dieses Namens ist wohl daher zu erklären dass nicht bloss wie bei uns die Menschwerdung sondern schon die Schöpfung des Logos als das Werk des göttlichen Erbar- mens betrachtet wurde.

1) D. i. die aera Diocletiani, 284 n. Ch.

2) Comment. p. 295 f. Ueber das Alter der AethiApischen Ueber- setzungen biblischer Bücher sind meines Wissens noch keine tiefer gehende Untersuchungen angestellt.

188

men mit der Griechischen Urschrift überein *). Es folgt 3. (Arne alle neueUeborschrift bis zum 64 Blatte die erste der beiden Abhandlungen ähnliches Inhalts welche an die »Königinnen« gerichtet sind"): sie ist hier nicht als eine erste bezeichnet, und die andere welche sich sonst in Ky- riHos Werken findet fehlt ganz. Beide hier übersetzten Abliandlungcn sind anders als in unsern Drucken genau in Abschnitte cingelheilt. 4. Bis zum 97sten Blatte steht ein Gespräch zwischen Kyrillos und Paliadios über den Satz ■ndags Christus Einer sey ^%u Man kennt die 17 Di- alogen mit Paliadios in des Aiexandriner's Werken*): in- dess scheint der hier übersetzte bis jetzt unbekannt zu seyn, da er so anfängt: nKt/r. Der Lehre der h. Schriften kann durchaus niemand je genug haben, am wenigsten die welcho der Weisheit sich ergeben und die lebendig ma- chende Wahrheit in ihre Herzen aufgenommen haben^ wie geschrieben steht [hier die Stelle Matth. 4, 4.]: denn die Speise des Herzens ist das Wort Gottes und das geistige Brod welches die Kraft des Menschen stärkt, wie im Psal- ter geschrieben steht. Pall. Du hast recht.«

Den Rest der Handschrift füllt eine Menge kleiner Homilien und Briefe, zum Theil von Personen aus dem Zeitalter des Kyrillos von deren Schriften bis jetzt mei- nes Wissens noch nichts bekannt gemacht ist. Anfangs hat diese Sammlung den Anschein als sollten Homilien nach der Reihe der jährlichen Feste und Sonntage gege- ben werden: bald aber mischt sich fremdesein, so dass man merkt welche ganz andre Sammlungen der gegenwärtigen vorausgegangen waren. Die einzelnen Stücke sind folgende :

1) Nach der Aasgabe welche mir ject sn Gebote steht Paris 1605 Vol. 11. p. 673 ff.

2) Ebendas. Vol. II. p. eS€ ff.

3) Vg'. die zehjDte Katccbese des Kyrillos von Jcrusaloai dor- selbeo Aurüciiria,

4) A. a. 0. Vol. U. i». 335— AW.

t89

1. Homilie des Theo dolos Bischofs von Aidim in lalatien am Feste des Evang. Jolanne» den Sten Augus« u Ephcsos gehaiten ').

2. Des Kyrillos von Alexandri«! an dcmsciben 'este»).

3. Des Severns Erzbischofs v©a Sinope inPhrygica u Ephesos in der Marienkirche an Sonntag den 15ten Lugust gehalten ^}, an welchem auch die nächstfolgenden ieben gehalten seyn sollen.

4. Des Akakios Bischofs von Mditenem Armenien*).

5. Des Juvenalis Bischofs von Jerusalem»!.

6. Des Kyrillos von Alexandrien zwei^ darch die )lgcnde getrennt ^).

7. Des Reginas Bischofs vea Constantina in Ky- ras^

8. Des Eusebios Bischofs von Heraklea am Pontes ®X ft^ Des TheodotftS Bischofs von Ankyra in Galatien®).

10. Des Firmas Bischofs von Cäsarca in Kappadokien^^.

1> PiiKlet sicit scbaa Griechisch in GaUaudi BiblMÜieca Patrum Vol. IX. p. 456 ff.

2) Siehe a. a. 0. Vol. II. p. 45.

3) Ist mir unbekannt. Für Sinope steht in der Handschrift -Sinotfow.

4) Dfeser Akakios wird ia GallanJi bibl. Patrum T. IX. p. 506. erwähnt: Schriften aber sind meine« Wissens ven ihm nicht bekannt.

5) Aehnlich ist von diesem Jnvenalls" flor die Person bekannt^ s. die Werke des Kyrillos von Jerusalem nach der Ausgabe von Tontte (Paris 17S0) S. 36^ ff. nnd XCV.

6) Finden sich beide a. a. 0. Vol. ü. S. 46, ohne Angabe des Tages, auch in umgekehrter Ordnung.

7} Ist mir unbekannt. &) Ebeoso imbekauat. 9) Ich habe den Anfang dieser vergeblich in den gednickten Ho-

miiieff des Tbeodotos gesacht. 1») Van diesem Firmas (in der Handschrift Pirmimy fiden sich

bei Galland IX. p. 499—515 Briefe aber keine B««ü«

190

It,' Brief welchen alle Bischöfe der Synode an Jo- hannes Bischof von Antiochien schrieben*).

12. Homilie des Kyrillos in der Kirche Johannis des Täufers am Sonntag den 28sten April '^),

13—14. Brief des Johannes Bischofs von Antiochien an Kyrillos, und dieses an jenen 3).

15. Homilie des Epiphanios Bischofs von Kypros wegen des Glaubens *}.

16. Desselben über die Trinität.

17. Des Proklos Bischofs von Kyzikon, zu Weih- nachten in Konstantinopel gehalten 5).

18. Des Severianus Bischofs von Gabala über den Glauben an die Trinität •}.

19. Des Gregorios Bischofs von Cäsarea').

20. Zwei Homilien des Kyrillos und die eines Unge- nannten über Melchisedek.

21. Ueber die 318 Väter von Nicäa; darauf ausdrück- licher Schluss der Handschrift, woraus erhellt dass die Sammlung des Uebersetzers erschöpft seyn mochte.

Eine Dollmetschung altäthiopischer Wörter, welche zur Zeit der Entstehung dieser Handschrift schon unbekannt

1) lieber diesen Johannes vgl. die Werke des Kyrillos a. a. O. Vol. IL p. 89 ff. und den Anhang zum XlVten Bande von Gal- landi Bibl. Patrum S. 151 ff.

2) Ist kurz; scheint aber noch unbekannt zu seyn.

3) Siehe oben vorher zu 8).

4) In der Ausgabe der Werke des Epiphanios von Petav. Vol. II. p. 851 ff. finden sich zwar einige Homilien ^ aber weder diese noch die folgende.

.5) In der Ucberschrift steht Pesqolos irrig ; ebenso , dass diese Homilie über die Menschwerdung handle; es ist vielmehr die- selbe welche im IXten Bande von Galland's Bibliothek Seite U14 ff. steht.

6) Unbekannt^ da die Homilie dieses Redners im Anhange zum XIVten Bande von Galland's Bibliothek S. 1#5 verschieden ist.

7) Unbekannt.

191

seyn massten, durch die Worte einer bekannten Aethiopi- schen Volkssprache findet sich sowohl an der Spitze als nm Ende des Werkes. Ich würde diese Volkssprache so- Fort für das Amharische halten, wen» nicht für den Laut mja ein Buchstab hier erschiene dar sich sowohl in Ludolfs als in Isenberg's Werken über das Amharische nirgends findet. Jedenfalls ist die Handschrift auch wegen dieses merkwürdigen Stückes von Werth^ und würde mit der Für die Aelhiopischen Mundarten eben so lehrreichen lOten von Bruce zu vergleichen seyn.

8. Anteakos. (Ms. aeth. 3 ; 130 Blätter in 4.).

1. Anteakos ist die Aethiopische Aussprache für An- tiochos : und was lässt sich nicht alles unter einem Buche suchen welches eine solche Aufschrift an der Slirne trägt ? Als ich das Buch zu prüfen anfing und bemerkte dass es auch 5?Buch des h. Athanasios« heisse, ward meine Er- wartung zwar sehr herabgestimmt, völlig aber erst ge- täuscht als ich weiter fand, dass dies Werk bereits mit dem 13ten Blatte aufhöre und nichts sey als eine Art von höherem Katechismus. Die Annahme dabei ist die, Ante- akos ein vornehmer Kriegshauptmann sey einst zu Atha- nasios gekommen um ihm allerlei Zweifel und verwickelte Fragen aus der Religion vorzulegen und seine Antworten zu vernehmen; das Werkchen zerfallt danach in AQQulut, jede von diesen in Frage und Antwort, der erste 9«' dreht sich um die Zweifel über die Dreieinigkeit, der zweite um die über die Erschaffung der Engel, der 40ste beantwortet die Frage ob Aerzte Dämonen austreiben dürfen oder nicht?

2. Bis zum 19ten Blatte stehen kleine «Aufsätze über die [bösen] Gedanken« von Vagris ^). In diesem ohne

1) Vor diesem Worte muss im Anfange des Buches die Präposition em durcli Schuld des Abschreibers ausgefallen seyn, wie man auch aus der entsprechenden Unterschrift sieht.

192

alle weiteFe Bestimmung gelassenen Namen vermuthete ich den des Mönches Evagriosj dessen körnige Aus- sprüche zwar allein dem Mönchsleben zur Empfehlung dienen aber von söltener Tiefe und Wahrheit sind. Wirk- lich fand ich sodann^ dass es seine Schrift tceqI xwv o>a(i> XoyiOfj.biv ist: sie ist hier jedoch in einer andern Bearbei- tung erhalte» als die gedruckte Griechische und Altlatet- nische ist *), und eine Vergleiehung dieses Aethiopischen Textes würde einem neuen Herausgeber wohl nicht ohne Nutzen seyn.

3. Bis zum 49sten Blatte folgt nach einer sehr ge- schmückten Vorrede Cwelche meines Erachtens schon all- ein das spätere Alter des Verfassers darthun würde) das Ma^gaha haimunot d. i. Handbuch des Glmthens^ wie es gleich roTTt heisst, zum Gebrauche für die Gläubigen aller Arten, Mönche und Laien, Weiber und Männer bestimmt. Voran die Sätze der drei grossen Coneilien; dann der Glauben nach seinen einzelnen arnjä^ d. i, Capiteln. ' Hieran schliesst sich 4. das Werk: Faus manfasäti d. i. Geistliche Ar%enei, eine Sammlung von Canones der meist »amentlich angeführten alten Kirchenväter zur Verbesse- nmg der an Geistlichen bemerkten Fehler. Merkwürdi- ger seheint 3". von Blatt 76 an da« Werkt Fragen nnd deren Beantwortung von AbQesmu, dem Inhalte nach eine Aufforderung an die Geistlichen Laien zur Besserung des Lebens. Wer dieser Mönch Qesmu sey , ist mir nicht deutlich: man sieht indcss aus der Art wie von ihm ge- redet wird dass er als Heiliger verehrt Avurdej und so muss der Name enttveder aus Kosrnns entstanden seyn welcher zweimal im Aethiopischen Kalemler erscheint aber als Metropolit und Patriarch -), oder ist vielmcl^r aus

iy in OaManrfi BiWiothcc« P»trnin T. VIT. p. 575—7. 2) ÜBter dem 21 and Novcm^e^ sowie dem 3 Mlärx, a. Ludolfi comm. p. vWf^. 410.

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Kosmas verdorben, da mehrere dieses Namens Schriftsteller waren ^ und auch ein solcher im Aethiopischen Kalender erscheint-). Jedenfalls ist dieses Stück neu und verdient nähere Untersuchung.

6. Nach einem neuen Eingange wo der Abschreiber, den »Sünder Johannes Kropfs zur Jungfrau Maria beten lässt (man sieht also^ dass das lautere Evangelium in die Seele dieser Abschreiber noch wenig tief eingedrungen war)^ folgt von Bl. 91 an der Jersän, d. i, die kirchliche Rede ^,des glückseligen und heiligen Johannes Sohnes Ze- bedäi über die Grösse und Hoheit der h. Jungfrau'*. Wir haben hier also ein neues Apokryphen^ wo der Apostel Johannes gar zum Preise Maria's Schriftsteller wird. Die Einkleidung hat viel Apokalyptisches: auch ist bereits aus- ser der kanonischen Apokalypse eine apokryphische in Grie- chischer Sprache gedruckt 3), doch hat diese mit der hier Aethiopisch vorliegenden nichts weiter gemein. Als Probe des Werkes genüge die Uebersetzuug des Anfangs: ^,Er [Johannes] den der Herr wegeta seiner grossen Sitteurein- heit liebte, den liebt auch unsere Herrin Maria viel, Aveil ihr Sohn ihn liebte [dies ist wie der Wahlspruch des Buches] ; und sie redete ihn an und sprach: höre Johannes ich will dir im Geheimen ein Mysterium und Wunder er- zählen, welches durch keinen A'erstaud erkannt, durch keinen Gedanken erforscht und durch kein Auo-e erschauet wird, was mein Sohn m»d Geliebter, mein Herr und Er- löser Jesus Christus jnir geoffeubart hat als ich auf dem

1) Der Aegj'ptische Kosmas mit dem Zunamen Indicopleustes war auch theologischer Sehriftsteller ; die Akrostichen eines andern Kosmas aus Jerusalem theiit Galland in der ßibl. Paciuni T. XIII. p, 23t flF. mit.

2) Unter dem 1. und 22. Junius, jedoch in der Aussprache Qos^ man, s. Ludolfi comm. p. 417. 419,

3) In Birch's Auctarium codicis apocryphi Novi Test Fabriciani. Havn. 1804, p. 243 ff.

V. 13

194

Golgatha betete in jener Mittagsstunde am Freitage" u. s. w. Ich denke die Leser haben hieran genug.

9. Ma^hafa Mistir.

(Ms. aeth. auf 372 Blättern in 4.»)

D. i. Buch des Mysteriums. Als ich dies Buch bloss seiner Aufschrift nach kannte, fürchtete ich es möchte das Buch des Mysteriums von Himmel und Erde seyn, welches Ludolf gelesen hatte aber sehr ungünstig beurtheilte ^). Die nähere Ansicht zeigt aber bald, dass es ein davon gänzHch verschiedenes Buch sey und dass man das Mysterium wo- von es sich nennt/ obgleich mir in dem Werke selbst keine dies Wort erklärende Stelle aufgestossen ist, etwas be- scheidener, nämhch im Sinne der in der Aethiopischen Kirche orthodoxen Dogmatik nehmen müsse. Das Buch enthält eine sehr umständliche Widerlegung aller Ketzereien und fängt daher in der Einleitung mit den biblischen Beispielen von Unglauben und Empörung gegen die grossen Lehrer an. Sodann Averden bis Bl. 4 die Ketzereien, welche widerlegt werden sollen, alle genau in Satz und Gegensatz aufgezählt: es sind zusammen 27 (nicht 26, wie man nach der Randzahl leicht irrig glauben könnte); ihre Reihe be- ginnt mit Sabellios, geht dann bis auf den römischen Papst Leo und das Chalkedonische Concil herab, welches von der Aethiopischen Kirche als einer monophysitischen ver- worfen wird, und schliesst mit flen die Unsterblichkeit läugnendenSaddukäern,' einige Ketzereien werden auch ohne Namen ihrer Vertreter angeführt. Hierauf die ausführlichen Widerlegungen, welche man nach den Randbemerkungen dieser Handschrift auch wohl an Kirchenfesten vorzulesen pflegte. Unstreitig reicht dieses Werk die besten Hülfs- mittel dar um die wahre Lehre jener orthodoxen, d. i. aber mo-

1) Ao das Missionshaus in Basel geschenkt.

2) Commeiit. p. 847 f.

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nophysitischen Kirche zu erkennen. Auch in Hinsicht der Darstellung und Rede ist es sehr ausgezeichnet und gehört wohl zu dem Besten was die Aethiopische Literatur im kirchlichen Fache aus ihrer eignen Kraft hervorgebracht hat. Als Verfasser bezeichnet sich am Ende jeder Wider- legung ein gewisser Georgios, zwar in religiöser Beziehung immer viel von sich redend wie es gerade der Inhalt eines Abschnittes mit sich bringt, aber seine äussern Verhältnisse nirgends weiter er>vähnend. Indessen findet sich am Ende der 27 Widerlegungen Bl. 328 eine lange Unlerschrift, welche meines Erachtens vom Verfasser selbst abstammt und nicht bloss sein Zeitalter bestimmt sondern auch sonst wegen ihres Inhalts merk>vürdig ist, und über die in Aethio- pien gebräuchhchen Zeitrechnungen ein neues Licht ver- breiten kann. Sie lautet wörtlich übersetzt so: „Vollendet wurde dies Buch im Jahre des Erbarmens ^) 6932 nach Rö- mischer Rechnung, 6924 nach der Rechnung von Africa, welches noch vor Rom die Predigt Petri und Pauli hörte, 6917 nach der Rechnung der Aegypter, welche vom sie- benten Jahre des Nero an Christen wurden da der Evan- gelist Markos ihnen predigte und den Bischof Anianos ein- setzte, 6992 nach der Rechnung Aethiopiens, welches das h. Haus Gottes ist so an Christus glaubte ohne die Apostel . im 3ten Monate nach Hebräischer und im lOten nach Ae- gyptischer Rechnung 2); im zehnten Jahre der Herrschaft

1) Dass damit die Jahre der Welt gemeint seien,, ist schön oben bei Nr. 6 gesagt: wir sehen aber nun, was Scaliger und Lu- dolf nicht wussten, dass die gewöhnlich so genannte Aethiopi- sche von den .3 andern abweicht, welche offenbar dieselben seyn sollen die Scaliger Aera Constantinopolitana Paschalis, Aera Orientalis und Aera Constantinop. Lunaris nennt. Was die Cnterschrifl übrigens bei den Ländern bemerkt, könnte für die blosse Zeitbestimmung besser fehlen.

2) Die Hebräische nämlich vom Nisan , d. i. vom Frühling an ge- rechnet.

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Isaaq's')j ara 27teu Tage des Monats Pejon"j, das ist am 20ten des Senae am Abend, am 21ten des Monats Che- zlrän 9 Tage vor dem Anfange des Tamuz , am .... des Römischen Monats Julius, am Hebräischen Neumonde; in der 18ten Epakte^ im 6ten Pinthion-^)^ in der 3ten Indictio, der 6ten Epagomene; am 2ten Festtage des Evang. Jo- hannes; in der Stadt Sagelä^ am Mittwoch um 9 Uhr.« Da es weiter keinen Aethiopischen König des Namens Isaaq gibt als den, welcher von den bis jetzt bekannten Quellen freilich ohne ganz genaue Begränzung etwa in den Anfang des loten Jahrh. n. Ch. gesetzt wird*), womit denn auch die obigen Jahreszahlen v/enigstens im Grossen völlig übereinstimmen: so sieht man daraus, wie viele Zeitbe- rechnungen damals in Aethiopien genau bekannt waren und wie mancherlei Kenntnisse dort in bessern Zeiten zu- sammengeflossen seyn müssen.

Von Bl. 329 an folgt eine Sammlung von Stellen aus alten Kirchenvätern, die der Verfasser wie er Bl. 371 sagt selbst ausgewählt und seinem Buche als Beweismittel an- gehängt hat: ein Schreiben des Patriarchen Timotheos von Alexandrien an die Rechtgläubigen ^), Aussprüche des Gre' gorios Thaumaturyos und vieler anderen. Diese Mitthei- lungen sind meist kurz, und ich habe noch nicht Zeit ge- habt zu untersuchen wie viele davon schon in der Grie- chischen Urschrift gedruckt seyen.

1) Welcher also damals König von Aethiopien gewesen seyn niuss.

8) Gemeint ist der Koptische Monat payne, welcher allerdings un- gefähr dem Aethiop. senne, dem Syrischen chezirün, aber dem lateinischen Junius entspricht, sodass der folgende Name Julius ein Schreibfehler seyn muss ; auch Ist gewiss nur durch einen solchen der Tag des Römischen Monats ausgelassen.

3") Steht für plinthio/i, s. Scaligcr de cmendat. tompp. p. 091.

4) Nach Ludolf bist. 11^ 6, 4 der vierte vor Zera-jaqob.

5) Welches Schreiben wenigstens in Galland'« Biblioth- Pfttfum ' T. VII. p. .34.5—50 fehlt.

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10. Rctua haimanol. (Ms. aeth. 8; 186 Blätter lu 4.).

Dieser Band enthält Iloiuilieu auf alle Feste im Jalire^ nach den Monaten des Aethiopischeu Jahres (dessen Anord^ nung von imserra weit abweicht^ geordnet; von Blatt 61 bis 86 findet sich auch eine seräta sagJai d. i. eine Li- turgie welche an einem Feste anzuwenden scy. Alle Uo- milieu werden einem Reiudhaimdnöl zugeschrieben; man könnte dies für den wahren Namen eines Verfassers hal- ten, der schlechthin der Orthodoxe (denn dies bedeuten die Worte) genannt wäre: allein weder findet sich von dem sonst eine sichere Spur*), noch wird er in diesem Bande als geschichtliche Person näher bezeichnet; allen Zweifel löst aber Bl. 86, wo einmal hinzugesetzt ist ra itasamja semUj, was unserra Anonymus entsprechen würde. Die Homilien sind also einem ungenaimtcn Rechtgläubigen nur in den Mund gelegt; und das späte Alter des Werkes kann man auch aus seiner Vorliebe für lange geschmückte Einleitungen schliessen.

11. Seräta kehenat.

(yts. aeth. 8; 98 Blätter in 4.).

D. i. Gesetze des Priesterthums, ein Werkchen wel- ches bloss bis zum 9ten Blatte geht; es folgt dann bis zum 20sten ein verwandtes unter der Aufschrift: Gesetze der Kirche") und der Würden welche die h. Väter fest~ gesetzt haben ^ und noch ein ähnliches bis zum 25slen:

1) Zwar Ludolf bist. aeth. III, 4, 33 and lex. p. 131 hält ihn für einen gescbicbtiicheu Eigennamen, aber ohne nahem Nachweis; dagegen wird ähnlich in dera Ma^hafa Mistir (Kr. 9) Bl. 92 der Dersän eines nicht ,,weiter bestimmten Retua-hainiänot aus dem Lande Aethiopien'' angeführt.

2) Dies scheint also das Werk zu seyo^ welches Ludolf bist. aeth. III^ 4, 46 anfulirt aber seUisi nicAk erhalten konnte.

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Untersuchungen und Fragen der Väter. Von Bl. 25 66 liest man dieselben zwei Werke welche in der schon be- schriebenen Handschrift Nr. 8. Bl. 49— 90 stehen, jedoch mit stärkern Abweichungen 3 sowie von Bl. 79 an die Li- turgie sich wiederholt welche in der zuletzt beschriebenen bezeichnet ist. Dazwischen steht von Bl. 66 an die Rede des Bischofs von BehnesäO Pctros am Feste der Apostel Petrus und Paulus den 5ten Julius.

12. Das Maßhafa Qeder. {Ms. aeth. 9; 90 Blätter ia 4.).

Enthält Vorschriften wie der welcher seinen Glauben verläugnete oder mit Ungläubigen umging sich wieder zu reinigen habe. Das Werk scheint mir vielen Spuren zufolge zu den altern zu gehören und nähere Untersuchung zu verdienen als ich für jetzt darauf verwenden kann; sein Verfasser ist weder vorn noch am Ende genannt^ ob- gleich die Unterschrift einer altern Handschrift wirklich wiederholt wird; und schon der Name Qeder ist weder Aethiopisch noch sonst leicht erklärbar.

III. ReelitsbAclier.

13. Fetcha nagast. (Ms. aeth. 5; 418 Biätter ia 4.).

D. i. das Recht der Könige, ein Werk welches in zwei Hälften sowokl die kirchlichen als die bürgerlichen Rechte umfasst und welches man das Aethiopische Corpus Juris nennen könnte. Dies werthvolle Werk, welches uns auch für die dunkle Geschichte der Aethiopen viele Auf- schlüsse geben kann^ war Ludolfen noch ganz unbekannt^ gewiss bloss deswegen weil es in Aethiopien selbst zu den

1) In Oberägypten, s. Edrisii Africa p. 511. und Hamaker^» Au- mcrkuDgcn zu der Expugnatio Memphidis et Alexandriae.

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seltenern Büchern gehört. Ich enthalte mich für jetzt in eine nähere Beschreibung einzugehen^ da zu wünschen ist dass das Werk, welches auch in Frankfurt sich finden soll, sehr bald unter uns ein Gegenstand besonderer Un- tersuchungen und Abhandlungen werden möge.

VI. Philosophie. Gesehlehte.

14. Maßhafa Faläsfä. (Ms. aeth. «j; S4 Blätter in 4.).

ü. h. Philosophen-Buch, ein Werk welches Ludolf bloss dem Xamen nach kannte. Man könnte es ein philoso- phisches Spruchbuch nennen: es enthält Aussprüche Grie- chischer Philosophen sittlichen Inhalts, kürzer oder länger, mit oder ohne geschichtliche Einleitungen; Sokratas Pia- ton Aristoteles, Pythagoras Siraouides Diogenes, Alexan- der Demokritos und Galenos sind oft ausdrücklich genannt, noch häuüger werden die Weisheitssprüche auf unbestimmte Weise zurückgeführt. Indessen sind nicht nur auch von David und Salomo, sowie von so wenig bekannten Wei- sen wie Hoqar und Barzamar (oder Barzamahar S. 72 vgl. S. 77) Sprüche eingefügt^ sondern das Ganze hat auch sichtbar ein christliches Gepräge erhallen und an der Spitze steht zur Empfehlung der Weisheit ein weitschwei- figer christlich gefärbter Vortrag. Wenn wir also die Bei- träge der Griechischen Philosophen hier erst durch viele Zwischenhände gegangen sehen, so zweifle ich nach der näheren Ansicht mehrerer derselben doch nicht dass sie zu- letzt aus alten zuverlässigen Quellen geflossen sind , und wer sich die Mühe erschöpfender Vergleichung nehmen wollte, ßnde hier vielleicht noch manchen schönen Spruch welcher in den sonst bekannten Quellen vergeblich gesucht wird. Jedenfalls gehört diese Handschrift zu den älter» und merkwürdigem Zweigen Aethiopischer Literatur.

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Id. Zieuä Aihud.

(Ms. aeth. auf 25t grossea Blättern.) ■)> D. i. Geschichte der Juden. Ein Werk mit dieser ganz allgemeinen Aufschrift kannte schon Ludolf 2)^ ohne es selbst gesehen zu haben: und gewiss war es dasselbe welches nun uns vorliegt. Aber was erwartet man nicht unter solcher Aufschrift? und das seltenste oder auch das ge- wöhnlichste und nutzloseste kann endlich an den Tag kom- men; denn die Aethiopischen Bücher sind darin ganz den Arabischen gleich, dass die äussere Aufschrift meist so gut wie nichts aussagt und der vollständige Name eines Werkes erst hinter einer gezierten Vorrede unscheinbar verborgen ist. In gegemvärtigem Falle ist nun wenn nichts sehr wich- tiges doch wenigstens seltenes ans Licht gekommen: diese Geschichte der Juden ist die Josefs Sohnes Gorion' s, welche auch nach den genauen Untersuchungen der neue- sten Zeit 33 erst um den Anfang des 9ten Jahrh. in einer künstlich wiedererweckten Hebräischen Sprache geschrieben wurde und über deren geschichtlichen Werth schon frühere Gelehrte entschieden haben. Aus welcher Sprache und wann dieser Aethiopische Gorionides übersetzt ward, darüber be- lehrt uns hier keine gefällig verschonte Unterschrift: doch da es auch Arabische Uebersetzungen des Werkes giebt^) und wir schon oben das Arabische als Mittelglied in sol- chen Fällen vorfanden, so werden wir immerhin mit Recht annehmen können dass das Hebräische erst ins Arabische dann dieses ins Aethiopische übersetzt ward. So reihet sich

1) Eigenthum meines werthen Herrn CoIIegen Dr. Scrmh) in Tü- bingen.

2) Hist. aetb. III, 4, 46.; vgl. jedoch coinment. p. 852.

3) In Zunz's Geschichte der gottesdienstlichen Vorträge der Juden. S, 1J6— A4.

4) Wie eine Oxforder Handschrift zeigt, vgl. den Catalog der Handschriften der Bodleiana von Url. I. S. 170.

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deuu auch der Gorionides den weitverbreiteten Volksbüchern des Mittelalters an.

Das aber hätte wohl niemand erwartet und gewiss am wAiigsten Herr Krapf selbst, dass die Geschichte der Juden schon mit dem 89sten Blatte auf eine freilich ein wenig versteckte Weise zu Ende gehen und der ganze Rest der starken Handschrift durchaus nichts als eine Uebersetzuug der Arabischen Chronik des Aegj-ptischen Christen Elmakin enthalten sollte. Und doch ist es so: Diese Chronik er- scheint jedoch hier nur bis auf die Zeiten Kaisers Hera- klios und den Anfang des Islams herabgeführt, ist folglich nur die noch jetzt in der Urschrift nicht gedruckte erste Hälfte des Werkes oder die alte Geschichte, welche aber in den Händen der Christen am meisten gebraucht, auch wohl oft wie hier für das ganze Werk ausgegeben seyn muss^). Wir sahen schon oben bei Nr. 6 und 7., dass dieses Tärikh in Aethiopien sehr beliebt war : und wenn Elmakin^ weil er als christlicher Gcschichtschreiber eine Ausnahme anter so vielen muhammedanischen Chronisten macht, unter den Christen in Europa am frühesten übersetzt und theil- weise gedruckt wurde, so erfahren wir nun dass ihm unter den Christen südlich vonAegj-pten eine sehr ähnliche Ehre zu Theil ward. Nach der Unterschrift ward die Handschrift von Elmakin's Werke, aus welchen die gegenwärtige ge- nommen ist, im Jahre 1010 der Diokletianischen uud 765 der Arabischen Aera vollendet, ist also eine verhältniss- mässig sehr alte.

So viel für jetzt über die liiesigen Aethiopischeu Hand- sclurifteu: ich hoffe später in dieser Zeitschrift auf das wichtigste ihres Inhaltes noch mehrmals zurückzukommen.

H. Ewald.

1) s. NicolTs VerzeicHniss der Arabischen Handschriften der Bod- leiana S. 48. 501 i. Wir kennen also auch nun das TartÄA, woranf sich der König Claudius in seinem Briefe beruft, Lndolfl coinuient. p. 341.

202

Till.

lieber den TUel deis masudisclien ^IV^erkes

So oft bisher Masüdi's <.«A^tX.)t ^^r* genannt^ ange- führt, benutzt sind, so oft hat man diese Worte durch prata aurea^ prairies d'or^ meadotvs of gold, goldene Wiesen, Goldfluren u. s. w. gegeben, und wenn einer etwa an ei- nem so sonderbaren Titel Anstoss genommen haben sollte, hatte er doch nicht die Mittel zur Berichtigung dieser Uebersetzung in Händen. In der That liegt die Frage nahe, was man sich eigentlich unter dem Ausdrucke denken könne. Fluren, auf denen Gold wächst? Wiesen, die wie Gold glänzen ? Das würden keine besonderen Wiesen sein. Oder Wiesen, die Goldes werth sind, deren Ertrag Gold einbringt? Aber wesshalb sind dann gerade Wiesen ge- nannt, deren Produkt vielleicht den geringsten Werth hat ? Der Widerspruch in beiden Worten ist nicht zu leugnen; eine Wiese lobt man mit ihrem üppigen Wüchse, ihrer Blüthe, ihrem frischen Grün, wie ganz richtig ein bekanntes Werk Suyülhi's ycaiJt _ -tl die blühende Wiese heisst, aber mit dem Golde hat sie nichts zu thun. Und wollten wir sogar dem Masiidi^ der uns doch keine Veranlassung dazu gegeben, eine noch so kühne Verbindung, ein noch so fal- sches Bild aufbürden, wie wir es etwa bei unscrn heuligea Dutzendpoctcn, weil wir es nicht ändern können, dulden:

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wie passt dazu das einfache, ganz prosaische parallele Glied J>^ O'^'^"-^ "^ Edelsteingntheriy wobei sogar nicht einmal der Zwang des Heimes einen incorrecteu Ausdruck entschuldigt ?

Eine Stelle des Buches selbst wird erklären, was Mas- üdi mit dem Worte gemeint hat. Sie steht I. S. 234. der Sprengerischen Uebersetznng. Hr. Sprenger ("Elmultan raeans meadow of goldu} hat die Lesart der einen Leidener Handschrift befolgt : ^-A^»Ail __* qI-JJ^^ (1. ^aamäj») »-^^»fcäjj und zweifelt S. 385. selbst an der Richtigkeit dieser Er- klärung. In der That sieht man nicht, wie das Wort Multan dies heissen könne, und ohnehin haben die Araber eine ganz andere Bedeutung') desselben überliefert, die, wie anderswo gezeigt, ohne Zweifel die richtige ist. Daher hat Masüdi gewiss geschrieben, wie in dem andern Lei- dener Manuscript steht: «-aP«ÄJI -ji qLä^ jr^i« ^un steht zwar das Wort in keinem Lexicon, auch in ge- druckten Werken wird es schwerlich vorkommen, und ver- schiedene handschriftliche habe ich, wo der Inhalt es er- warten Hess, vergebeng durchgesucht: aber ich denke jeder^ der die Worte liesst^ wird sie auf den ersten Blick ver- stehen von einer Goldwäsche, die im Flusse von Multan sey.

SachHch hat diese Erklärung keine Schwierigkeit. Zwar ist gegenwärtig von Goldwäschen in der Gegend von Multan nichts bekannt geworden, aber wen wird es wun- dern, wenn unter den Stürmen, die über das Pendschab fuhren, neben so manchen andern auch dieser Industriezweig verlassen \vurde. Dass der Indus und seine Nebenflüsse aus den nördlichen Gebirgen Gold herabführen, steht durch die folgenden Zeugnisse fest. Ayeeu Akbaree II, 133.: »In some parts (of the Soobah of Labore} by siftmg and

1) Auch S. 385. ist Sprengers Uebersetzung: golden hoiise^ which is the meaning of Elmultan ungenau. Der Text sagt bloss:

m4

washing the sands of Ihe rivers they obtaiii gold.« Burucs Reise nach Bokhara. Weim.Uebsg. 1,86: 5?Wir fanden die Fischer auf dem Indus und dem Cabool mit dem Waschen des Flusssandes, um Gold zu gewinnen, beschäftigt. Dies wird mit grossem Vortheil betrieben. Einige der kleineren Flüsse^ wie der Sivan und der Hurroo liefern mehr Gold als der Indus^ und da ihre Quellen nicht entlegen sind, so könnte man hieraus die Ueberzeugung gewinnen, dass die Erze atif, der Südseife des Hiniulaya liegen.« II, 247. : jjDie edlen Metalle sind (im Pertdschab) spärlicher vorhanden, indessen wird im Saude des Acesines^ da wo dieser Fluss aus dem Gebirge hervorkommt^ Gold gefunden.« (Nur aus diesen drei Stellen ist offenbar genommen, was Ritter Asien V. 25. 116. hat.) Hassel Erdbeschr. XIV. p.47. giebt, ich weiss nicht auf welche Autorität hin, an, dass der Behuf Goldsand führe. Mag nun Masüdi, welches wahrschein- licher ist, vom Chenab in der unmittelbaren Nähe Multans, oder von seinem obern Laufe sprechen, so ist sowohl von ihm selbst, als auch von seinen Zuflüssen das Vorkommen von Goldsand bezeugt. Vielleicht hat sogar an der Benennung Goldhaus, die die Muslimen der Stadt gaben, dieser Um- stand eben so viel Antheil, als die Tempelschälzo der Durga Mülasthäni.

Und in diesem Sinne hat gewiss Masudi sein Werk benannt: Goldwäschen ß denn nicht bloss passt dies nun schlagend zu dem zweiten Titel : Edelsteiiig ruhen , sondern auch zu dem Inhalt und Zweck des Buches, in welchem er, diesmal Weniger um systematische und erschöpfende Darstellung bekümmert, als gesonnen eine unterhaltende historische Blumenlcso zu liefern, aus dem ungleichen De- tail seiner riesenhaften früheren Compilationen, die werth- Völlen Goldkörner wusch, aus ihren unscheinbaren Stein- massoQ die glänzenden Edelsteine brach.

J. Gildemeister.

«05

WJL.

Heber eine in Affen neu entileekte Him- jarisciie Inselirift«

Vor kurzem ist in Aden von Arbeitsleutcn beim Aus- höhlen einer neuen Strasse ein 20 Fuss unter der gegen- wärtigen Boden-Oberfläche verborgen liegender Stein ent- dedkt^ welcher 34 Zeichen Himjarischer Schrift in einer Reihe fortlaufend enthält Die Inschrift steht an einer kreisartigen Platte von reinem und sehr festem Marmor über welcher sich Reste eines Aufsatzes zeigen , und ge- hörte wahrscheinlich zu einem Altare. Captain Haines in Aden schreibt, sie sei zwar nicht so gut ausgeführt als manche andere die er gesehen habe, aber sie sei vollkom- men deutlich sowie ohne Riss und Verletzung; nur sei unglücklicher Weise beim Sprengen des Steines ein Stück von ihm abgebrochen.

Dem Unterzeichneten wurde ein getreues Abbild die- ser Inschrift aus Indien von dem bereits aus unserer Zeit- schrift rühmliehst bekannten Herrn Dr. Westergaard mit- getheilt, welcher in Bombay, wohin sie von Captain Ilaines mit einigen Bemerkungen über ihren Fund geschickt war, mit eigner Hand sie abzuzeichnen Gelegenheit hatte. Ob- wohl nun zu vermuthen steht sie werde über kurz oder lang auch in Indien oder England bekannt gemacht wer- den: so halte ich doch für nützUch sie sogleich durch un-« sere Zeitschrift herauszugeben , da sie obwohl kurz sehr klare und sichere Züge eioer Schrift darstellt von welcher

1) In dem hier beigegebenen Steindrucke ist sie bloss des Raumes wegen in %wei Zeilen vertheilt.

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bis jetzt nur wenige Denkmale und unter diesen wiederum nur zwei zwar ebenso zuverlässige aber auch ebenso kurze veröffentlicht sind, und da die Entzifferung dieser Denkmale gerade in Deutschland neulich ihren Anfang genommen hat.

Wie weit diese Entzifferung bis jetzt vorgerückt sei, sieht man am deutlichsten aus dem Anhange, welchen Rö- DiGER seiner Uebersetzung von Wellsted's Reisen in Ara- bien (Halle 1842, in 2 Bänden) so eben beigegeben hat, nachdem er selbst jahrelange Mühe darauf verwandt. Man ist an Rödiger gewohnt dass er gewissenhaft ^»d— ohne Selbstsucht zu Werke geht^ eine Tugend welche im ge- lehrten Gebiete wohl nirgends so sehr den ersten Rgng einnimmt als in den schwierigem Theilen orientalischer Studien. So ist es ihm gelungen am Ende der ersten In- schrift von Ssanä und der laugen von Hi^n-ghoräb eine Jahresbestimmung zu finden, zwar nicht (wie ich glaube) im einzelnen genau, aber doch so dass die Zahlen einer unbekannten Aera feststehen. Ferner sind einige Eigen- namen klar geworden, auch sonst taucht hie und da ein Wort aus dem weiten Meere uralter Verzauberungen mit neuem Leben hervor: aber die Versuche einen zusammen- hangenden Sinn irgendwo zu entdecken^ sind meines Er- achtens noch nicht so sicher, dass solche die darauf keine eigne Wortuntersuchungen anstellen wollen darauf weiter- bauen könnten. Am glücklichsten ist noch die kleine In- schrift von 5 Worten neben der grossen zu Hi^n-ghoräb erkannt^ jedoch auch in ihr ist (abgesehen von der Form des ersten Wortes) das zweite sehr gezwungen gedeutet.

Aber sieht man auf die geringen und zum Theil sehr unzuverlässigen Hülfsmittel, welche zu Gebote standen, so wird man dennoch jenen sparsamen sichern Ergebnissen ein gerechtes Lob zollen müssen. In der That waren es weniger die Züge der Buchstaben welche so viele Schwie- rigkeit machen konnten : obgleich auch darin einiges schwerer zu entdecken war und noch jetzt nicht sicher erkannt ist.

»07

Was aber bis jetzt so gut wie unentdeckt dasteht und doch erst dem Verständnisse eines etwas grössern Satzes seine rechte Sicherheit geben kann^ ist die Einsicht in die alte Himjarische Sprache selbst, von der man zwar bereits 80 viel sieht dass sie eine Semitische war, deren Eigen- thümlichkeiten aber im Vergleich zu ihren N^ielen Schwestern richtig zu erkennen noch nirgends ein rechter Versuch ge- macht ist. Es ist besonders diese für mich noch nicht gehobene sprachliche Uugewissheit über einige Haupt- sachen, welche mich abhält meine eigenen ziemlich stark abweichenden Erklärungsversuche der bisher bekannt ge- wordenen Inschriften zu veröffentlichen.

Die jetzt erscheinende Inschrift von Aden, einem Orte von wo bis jetzt keine bekannt war, besitzt nun sowohl in schriftlicher als in sprachlicher Hinsicht besondere Vorzüge. Elk schriftlicher übertrifft sie noch die beiden von Ssan'a, ncelche bis jetzt die deutlichsten und sichersten waren. Auch sind alle Züge ihrer Bedeutung nach deutlich :. nur über den "genauem Laut des 29ten Zeichens lässt sich alreiten. Die Schriftart selbst ist wieder eine etwas andere als die dre* welche wir bereits kennen, und die so weit von einander abgehen dass man sich in jede wieder neu einarbeiten muss. Am nächsten schliesst sie sich zwar an die Art der zweiten von Ssan ä, entfernt sich aber von dieser wieder stark durch den einfacher gewordenen Strich des "! und durch das schon ganz in den Aethiopischen Zug überge- hende Zeichen für ^ ; man muss jedoch bei letzteren die Aethiopischen Handschriften, nicht die Druckbücher vor Augen haben, in welchen das "i sehr wenig getroffen ist.

In sprachlicher Hinsicht gibt die Inschrift zwar fast nur Eigennamen, aber diese in einer solchen Verbindung dass sie auch auf andere Theile dieser und der übrigen Inschriften ein Licht werfen. Lauten nämlich die durch einen Strich als Trennungszeichen wohl unterschiedenen Worte in Hebräischen Buchstabenzügen so:

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Dpion \2 pm aSSn aaan p aissura

so erhellt 1) dass der erste Eigenname derselbe ist, wel- cher sich als viertes Wort in der 2ten Inschrift von Ssan'a jßndet, unstreitig ein willkommner Fund, da wir nun an diesem Namen nicht mehr zweifeln können. Dass die zu- sammengesetzten Personennamen deren zweites Glied Karib lautet echt südarabisch sind, hat schon Rödiger mit Recht bemerkt: aber dann wird auch das 6te Wort der langen Inschrift von Hi^n-Ghoräb Z. 1^ welches Rödiger ganz anders fasst, a^DTir zu lesen und als Eigenname zu be- trachten sein.

2) ergibt sich ganz deutlich ein doppeltes p in der Bedeutung Sohn, ein Wort welches allen übrigen Semi- tischen Sprachen ebenso gemein als dem Aethiopischen und Amharischen völlig unbekannt ist: an welchem Bei- spiele man schon abnehmen kann, dass das Himj arische, da es weder mit dem Aethiopischen noch mit dem ge\vöhn- lichen ArabiscWn zusammenfallen kann, eine sehr eigen- thümliche Sprache gewesen sein muss. Steht nun aber dies Wort fest, so wird man danach auch das 4te in der langen Inschrift von Hi§u-Ghoräb Z. 8, das vorletzte eben- daselbst Z. 6, und das 3te in der zweizeiligen von 'da verstehen müssen^ wie ich ferner glauben möchte die erste Zeile der vierzeiligen Insclu-ift von Ssan'a, wo n2 vorkommt, sei so zu fassen: Abdknläl es erhörte ^^ ihn Ahuli die Tochter des Gottes Gän^).

1) innvtJl^nachdem Aethiop. ^<t?^^<5 oder Aa^/'nadi dem Hebr.j;;^^

2) gän lese ich, nicht län, weil das Zeichen für l in dieser ganzen Inschrift sonst anderer Art ist ; ydn aber kann mit langem Vo- cale wie das Aethiop. gänaen einen Gott bedeuten^ der erst

später zum Dämon wurde. Neben ^^ff- hat auch der O^mus qU>,

jedoch wie er sich ausdrückt im PliiralsJnnc. Mit der Göttin Ahuli wäre dann der sonst hinreichend bekannte Götzennam«'

3) Das hinter p stehende Wort wird man demnach beidemahle als den Namen des Vaters fassen müssen, so dass das erstemal Sbn als ein Würdeiiame hinzugesetzt wäre, dessen Sinn freilich noch ganz unsicher* Die Inschrift kann vorn vollständig seyn, hinten aber lautet sie, da ein Stück des Steines verloren gegangen , vielleicht abge- brochen. Was aber bedeutet nun das m womit das 3te und 4fe Wort schliesst ? Dass die Endung den Plural bedeute, wird man an dieser Stelle doch unmöglich annehmen kön- nen: ich muss aber überhaupt ge»e\\ die bisherigen An- nahmen bezweifeln, ob diese Pluralcndung, welche im weiten Umfange des Semitischen nur innerhalb der schmalen Gren- zen des alten Kanaan sich findet, im Himj arischen wirklich vorkomme. Habe ich recht gesehen, so erscheint diese En- dung überall nur im Sinne eines Genitiv-vVerhältnisses,und würde sich dann leicht erklären lassen : ist aber eine solche Bildung auf den ersten Anschein sehr auffallend, so bedenke man welche nach den bekanntern semitischen Sprachen ganz unerwartete Freiheiten im Gebrauche von solchen sich hinten anlehnenden Wörtchen das Aethiopische aufweise.

Es ist dieser laugsame aber sichere Weg der den Ur- kunden genau nachgehenden steten Vergleichung und Zu- sammenstellung, welcher uns in den Irrgängen dieser sehr vereinzelten Reste einer uralten Bildung allmählig zu Sicher- heiten leiten kann. Hier ist so gut wie alles erst von vorn an zu entdecken : aber eben deswegen thut man am besten zuvor das aufzufassen und festzuhalten was durch seinen Zusammenhang oder seine häufige Wiederkehr unzweifel-

^^ zu vergleichen; und eine Göttin nnSx wird ja sogleich wieder in der 5Jten Zeile erwähnt. Wie übrigens die ähnlichen Zeichen für »7 und ^ doch hinreichend verschieden sind, so wird es sich in den Inschriften von Ssanä auch mit denen für n and 1 verhalten, welche Rödiger meines Erachtens nicht überall so unterscheidet wie die Züge es fordern und wie der Sinn den ich vorlänfig gefunden habe es empfiehlt.

V. 14

210

iiaftcr ist. So würde ich mich schwer entschliessen in dein 'pS^^ der grossen Inschrift Z. 5;, 3. mit Rödigcr das arab.

U^t zu ßnden. da rhu als Golf durch Schreibart und Zu- sammenhang der andern Stellen feststeht.

Möchten uns bald mehr solcher Hülfsmittel aus einem Lande zufliessen, dessen Wichtigkeit für uralte Bildung und dessen tiefen Einfluss auf spätere Völker wir früher wohl aus zerstreuten Kennzeichen vermuthen aber nicht sicher a-enuff und nicht im einzelnen beweisen konnten. So sehen wir schon jetzt, dass die Araber ihre Tar/M (Chro- niken) von diesem südlichen Volke haben müssen : im Him- jarischen hat dies Wort vollen Sinn, auch deutliche Ab- leitung (von m' welches wohl wie im Aethiop. Mond^ be- stimmt aber Zeitrechnung bedeutete), während es für das gewöhnliche Arabische ein bloss gelehrtes Wort ist^).

Im April 1843. Ewald.

1) Die Buchstaben auf dem sog. Steine Ali's wovon ich In der Zcitsch. Bd. IL S. 107. redete und welche allerdings in neuern Zeiten, wie ich Bd. IL S. 483. und in der Beschreibung der hiesigen orient. Handschriften S. 29. f. nachträglich bemerkte, von den Muhammedanern zu reinen Zauberformeln benutzt sind, halte ich noch jetzt für ursprünglich himjarische aber durch Unwissenlieit so weit entstellte Zflge dass ihre Entzifferung für jetzt wohl unmöglich ist. WillJemand daran zweifeln^ so sollte er zugleich angeben, zu welcher alten Schriftart sie denn sonst gehörten, da sie aus der Luft abzuleiten denn doch die schlech- teste Ausflucht sevn würde.

Die Fortsetzung des im vorigen Hefte erschienenen Aufsatzes über das Phönikische und Punischc, welche ich in der Vorrede zum ersten Bande der Geschichte Israels S. XV. ankündigte, werde iuh jetzt bis auf das nächste Heft verschieben, da in diesem wie ich vernehme ein gerade zur rechten Zeit gekommener Aufsatz eines berühmten Pariser Gelehrten mitgetbeilt werden wird, und da ich auch sonst gar keine Ursache habe damit zu eilen; ich kann vorläufig auf jene Vorrede verweisen.

211

1..

lliinyarisclie Alpliabefe und Veriraiidtes*

Der obigen Himyarischen Inschrift schliessen sich auF dem Steindruck einige neue aus Arabischen Handschriften gezogene Alphabete an , deren Mittheilung um der voll- ständigen Uebersicht willen nicht ganz nutzlos sein dürfte, wenn sie uns auch jetzt in der Hauptsache nichts Xcues mehr lehren. Sie kommen mit den im ersten Bande der Zeitschrift bekannt geraachten so nahe übercin, dass raau daraus auf eine und dieselbe^ und wahrscheinlich bei den spätem Arabern einzige Ueberlieferung schliessen rauss, deren nächste Quelle gewiss i# Ibn Alnadim's Kitub alfth- rist zu suchen ist.

Das unter B aufgeführte Alphabet fand ich auf dem letz- ten Blatte der Leidener Handschrift 1850, mit deren Inhalt es in keiner Beziehung steht, obgleich es von der Hand des Schreibers hinzugefügt schien. Darüber sind folgende Verse geschrieben, davon der letzte Ilalbvers mit einer kleinen Veränderung aus Ham. p. Ili genommen ist.

ikA>Lo cl» \^\ »Lc jöÄJ^ J^3 ts^^ t^*^^ l5***' t^**^!^ Hätte ich für mich selbst gearbeitet , so hättest du mich

lässiger ge fluiden, in dem, wonach ich strebe; Aber ich arbeite um meinem Nächsten zu nützen j denn die

Sättigung de* Edlen ist Schande j tcenn sein

Nächster Iittngert.

Das Alphabet selbst bietet etwa die fünf Züge für ö j^ ^Ji •« ^ in einer mit den Inscliriften noch genauer zusamnientreifenden Gestalt dar, als die bisher bekannten.

81«

Darunter befindet sich ein deutlich nach einem cursiven jüdischen Charakter genommenes Hebräisches Alphabet, das zur Vergleichung ebenfalls (unter C) mit abgedruckt ist. Die Züge sind hier um vieles entstellter, doch so dass sich der Grund der Verunstaltungen überall leicht begreifen lässt; man lernt dadurch die ursprüngliche Aecht- heit und Treue jener Ucberlieferung der Himyarenschrift desto höher schätzen.

Unter D folgt das glücklicherweise erhaltene *) Al- phabet aus dem Pariser Codex des Kitäb al fihrist, von welchem bereits durch Roediger im I. Bd. der Zeitschrift S. 335. und durch GbsexNius HALZ. 1841. N. 124. S. 381. die Rede gewesen ist. Es ist durch folgende schon von Sacy Me'm. del'Ac. des Inscr. L.p.264. citirte Worte eingeleitet:

J) Die meisteo der von dem Verfasser beschriebenen Alphabete fehlen (s. Rokdiger a. oben a. 0.)^ und statt ihrer ist ein leerer Raum gelassen; nämlich alle auf S. 10— 18 befindlichen. Diese Seiten bilden, wie man es in vielen der ältesten und besten Arabischen Handschriften trifft, eine von anderer Hand statt der ursprünglichen verloren gegangenen ergänzte Lage dieses alten und unschätzbaren Mauuscriptes, zu welchem, wie ich 1839 bei kurz auf einander folgendem Gebrauch beider gefunden, der seit dieser Zeit auch bekannt gewordene Leidener Codex * der vier letzten Abschnitte des AVerks als dritter Band desselben, von einer und zwar correcten und offenbar gelehrten Hand ge- schriebenen Excmplares gehört. Beide Bände sind ungefähr gleich- zeitig im siebenzehnten Jahrhundert aus dem Orient gebracht, und es ist um so mehr zu bedauern , dass sich nicht auch der zweite, Abschnitt 4-6 enthaltende Band in den Occident ge- rettet hat, als die im Besitz des Hrn. von Hamsikr befindliche neuere Abschrift an Correctheit weit hinter jenem Manuscrlpt zurückstchl.

Ueber die Hitnyarische Schrift. Ein glaubwürdiger Mann hat t er sichert von Yatnanischen Gelehrten gehört zu habetij, dass die Himyaren im Jlusnad , verschieden von unserm Alphabet, geschrieben hätten. Ich selbst habe ein Heft aus der Bibliothek Mdmitn's gesehen, betitelt: JVas der Fürst der Gläubigen, Abdallah Almämun, den Gott segne , ton verschiedenen Artikeln hat eintragen lassen^). Unter andern fand sich darin die Hitnyarische Schrift, die ich genau, wie sie in dem Exemplar stand, hier copirt hah.-. Cnpie des Alphabets.

1) Sacv's L'eber:>et2uug a ordonne aux inttrpretts de trtinscrire glaube~icli verliissen zu niüsseo^ und ich bezweifle aog^r, Aass die \\'urte in diesem .Sinne überhaupt Arabisch sein würden, du

wohl tf:>\Jij\ im Aecusativ oder *>tjüt i^Jui (^ oder etwas ähnliches erfordert wäre. (^^'■^ ist CoUectivform zu Ä.4^ Jj, die zwar in den Lexicis nicht aufgeführt, aber der ge- bräuchliche PJuial istj z. B. Ibn Khallikän X, p. 71. Wüstenf. und an mehreren gleich anzuführenden Stellen. Ich nehme es in der Bedeutung Artikel und denke an eine Art Collecfaneenbucb, in welches der Khalif gelegentlich einzelne anmerkungswürdige Gegenstände einzeichnen Hess, die in ahderm Zusammenhange keinen Platz hatten, wie z. B. eben diese Alphabete. Etwas zu bestimmt haben Nicoll und Pl'sky Catal. bibl. BodJ. II, p. 30. not. c, 96, 107_, 109, 348. und besonders 519,, namentlich wie es scheint geleitet durch die etymologische Combiaation ex- posuit = interpretatus est und enarravit, dem Wort die Bedeu- tung expositiOj uarratio, vita vindiciren wollen, doch ist in sämmtlichen angeführten Beispiele diese keineswegs nothwendig, da es sich in ihnen immer noch von Artikeln eioes historischen oder biographischen Werkes handelt. Eher hätte dafür Ibn Arabshäh Tim. p. fir Calc, n. 32*. M.: X9_jt.x J,l LJU»^" ^..^♦«^♦^Ljj ^jLkS"], wo es Manger und Wlllmet als Plural von

214

Allerdings ist dieses Alphabet^ zum Theil auch durch durch das Hineinschreiben der Arabischen Buchstaben^ viel entstellter; doch lässt sich^ zum Beweis, dass diese Entstellung bloss von den Abschreibern herrührt und nicht dem Verfasser oder seiner Quelle zugeschrieben werden kann, die Uebereinstiramung mit den andern Alphabeten bis zum J3 ohne Mühe verfolgen; von da an sind frei- lich nur noch einzelne Buchstaben zu erkennen. Einige Züge stimmen dagegen sogar noch genauer zu denen der Inschriften^ wenigstens ist dies bei dem von Roediger in der Tabelle bei Wellsteds Reisen (und eben so von Ge- SENiüs) als ijo aufgeführten und trotz der Orthographie der Monumente wohl als sicher zu betrachtenden Zei-

...L*>«» fassen und fälschlich duces erklären, eingeführt werden können. Aber diese Bedeutung hat das Wort gewiss erst er- halteii^ seit es vornämlich in biographischen Lexicis und ähn- lichen Werken gebraucht wurde ; zu der Stelle des Ibn Alnadim würde sie nicht passen und jedenfalls kann sie nicht die ur- sprüngliche sein, weil sie den gewöhnlichen Gebrauch des Wortes für Artikel (Kaiila p. fö, ö^, II, 34; Abulf. Geogr. Pr«:

IJluo iU>y ; Navavi p. toi**, 9: f^^j^^ *'*^/^* ^^ ^^^ «*y- mologischen Artikel über diesen Namen) nicht erklärt. Sollte die Bedeutung in der That von der gewöhnlichen des Verbums m"^ y, iuterpretatus est; ausgehn^ so möchte es, da es auch im Sinn von betiteln, ein Buch benennen vorkommt (Catal. bibl. Bodl. II. 185. und iU>jJ in der obigen Stelle) wohl eigentlich Rubrik, in dem doppelten Sinne dieses Wortes, heissen, sofern etwa die Rubrik der Uollmetsch des Inhalts ist. Ich kann indess die Frage nicht unterdrücken, ob das etj'molögisch so dunkle Wort, das gewiss nicht mit n;;^ = |»>». zusammenzustellen ist, am wenigsten durch eine fingirte Bedeutung trajecit flume.n (Gbsrmus Thes. p. J2b'3; Qnn »nuss ohnqhin uothwendig De- nominativ von Diäin sein)^ sondern mit j»JJ,, geradezu die Be- deutung Alphabet gehabt haben könne und in diesem Sinne in dem Titel des Mämilnischen Boches zu nehmen sey?

M

eben der Fall^ und ebenso zeigt sieb dks von Hoediger Versuch u. s. \v. S. 26. »uf die Aactorität der frühern Manuscriptalphabete für j angenommene Zeichen hier in einer den Inschriften durchaus gleichen Gestalt.

Endlich mag unter E noch das von Sacy a. a. O. S. 255. besprochene Aethiopische Alphabet aus demselben Ihn Alnadim abgebildet werden, wozu der Verfasser folgende von Sacv nur französisch initgetheilte Bemerkung macht : (^-a:^. t_5-**Ä. ^^j^ iüusÄ^ t^^f^ ^ r^ ü-i^ Üb

bcM 0;-> -^ /^ ^ O-?^^^ * 'IP* ^^ Lg**y.<^

tJj ^ijj^ ^i->5 0^!^ L5L^»i y vJjX^3 ->^^^ ^'^^

js^t^ LJx-M_5 LL:^ ^^-^5 yy^\*, c^'^ cr^*' ^^-^* ^^^'^

Auch die Hahessinier haben eine eigene Schrift. Ihre Buch- staben sind, wie die des Himyarischen Alphabets, nicht ^) verbunden, und sie laufen von der Linken zur Rechten. Die JVorte trennen sie durch 3 in ein Dreieck gestellte Punkte. Dies ist die Figur ihrer Buchstaben , die ich aus der Bi' bliothek Mdmiin's abgeschrieben habe. Beispiel der Schrift,

Die Buchstaben o und o, . und und ^, c und

c, Ja und Ja haben hier nur eine F'igur. So gröblich entstellt auch die meisten dieser Buchstaben sind^so lässt sich doch immer noch eine gewisse Zahl sehr w^ohl erkennen^ und dieser Umstand ist trotz der falschen Schlussbe- merkung hinreichend, um das Alphabet zwar für von den Copisten verunstaltet^ aber nicht gerade für visiblement controuve zu halten.

1) Die Texteslesart ist nämlich ohne Zweifel ein alter Schreibfehler im Ibn Alnadim für XLaÄ.» .xc und ging aus dem in altem Zeiten vielgebraochten und oft^ z. B. von Ibn al Ribthi und Ihn Abi Ufaibia ausgeschriebeoen Buche mittelbar in Häg'i Khalfa's Werk (vgl. Bd. I. der Zeitschrift S. 337.) über^ der das Kitib alfihrist selbst nicht in Händen gehabt haben kann.

216

. . Bei dieser Gelegenheit mögen zu den bisher (Roe- OIGER zu AVellsted II. 361.) erwähnten Aeusserungen Ara- bischer Geographen über die Hi rayarische Sprache fol- gende gefügt werden. Die eine^ allerdings weni«*- aus- sagende^ jedoch nicht; wie die übrigen, von Jcjthakhri abhängige^ findet sich in den Anciennes Relations p. 115, wo dieselben vom Lande Shihr^ dem alten Sitz der Ad, Himyar, und G'urhum sprechen^ und ist freilich in Renau- dots Uebersetzung (Ceux du pays ont la Suna en Arabe, fort ancienne, mais differente en beaucoup de choses, de Celle qui est entre les mains des Arabes^ et eile con- tient plusieurs traditions qui nous sont inconnues) nicht zu erkennen. Der Text lautet iCjolc iLx_jyiJ[j ioUJI *>^^ i-»j05 \ß>Ji^\ ^-JjÄJ ^ KijLXJs Sie haben im Arabischen einen alten Urdialect, davon die Araber das meiste nicht verstehen. Wichtiger ist eine, so viel ich sehe, noch nicht berück- sichtigte, obwohl längst (Wahl Neue Arab. Anthol.S.151.) gedruckte Stelle Masüdis (I. 348. der Sprengerischen Uebersetzung), die als unterscheidende EigenthümUchkeit der Sprache von Mahra angiebt^ dass das Suffix der zweiten Person (ji statt t^ laute. Die Nachricht über dieses Suffix im jetzigen Dialekt fehlen noch ; wenn aber Masüdi vielleicht nur von dem SufFix des Femininum hat reden wollen, so würde das sehr wohl damit stimmen, dass das Afformativ des Perfectum für ><6 des Masculinuni im Fem. in der That ij^ ist, und im Dual ebenfalls ein Zischlaut erscheint.

Es sei vergönnt^ hieran, Hrn. v. Ewalds Aufforderung S. 187 gemäss, noch folgende Notiz zu schliessen.

Der dort als üebersetzer des Chrysostomus erwähnte Abilfatch Gabra-egziabcher, Sohn des Fadl, Sohnes des Pabdela, Sohnes des Mcemana Papas, ist ohne Zweifel kein anderer als der malikitische Diakon und spätere

Metropolitan von Antiochien ^^ i).»iaäjt ^^ «Ut yXko g^^ ^^ YLL— j"i! iM^r^' *^'^ »■'*^? w*^ ^*" ™* vollständigem Namen Catal. bibl. Bodl. U, 470 heisst, dem die sogenannte Mel- chitische in London, in Wien 1792 (Paulus Memorab. V. 197.) und öfter in Schuair gedruckte Uebersetzung der Psalmen zugeschrieben vrird und von dem eine sol- che des Pentateuch wenigstens aus der Vorrede und den Randnoten des Pariser Codex 1 (bei Schnurrer De pent. Ar. polygl. Dissertt. phil. crit. p. 203. 233) bekannt ist. Er übersetzte unter anderen Griechischen Kirchenschriftstel- lern auch Johannes Damascenus (Catal. Vat. bei Mai Scr. vet. n. coli. IV_, 173.) und Chrysostomus in das Arabische vgl. Cat. bibl. Med. (wo eine karschunische Handschrift davon befindlich ist) p. 37. 130. St. Ev. Assemani setzt ihn hier in das elfte, bei Mai IV, 178. in das zwölfte Jahrhundert ; sein Zeitalter wird aber genau bestimmt durch seine eigne Angabe, dass er sein Werk crj-^5 ^^ V'-*^; davon sich ein Ms. in Oxford und das augebliche Autograph im Vatikan befindet, 1052 vollendet habe. NicoU. Cat. bibl. Bodl. p. 25. 26. 30. Mai IV, 304. Die geringen Verschiedenheiten obiger Namen lassen sich leicht heben: Pabdela ist offenbar durch das Koptische vermittelte Form für Abdallah, und die Worte meemana pappas müssen d&nn orthodoxer Metro- politan heissen. Entweder bilden diese den Titel des Ab- dalla ben Alfadhl selbst, oder seines Grossvaters Abdalla, denn Abdallae Archiepiscopi filius hat Assemani Cat. Med. p. 37, und das Wort Sohn ist ihnen fälschlich vorge- setzt, ein Irrthum, der eben so verzeihlich ist, als wenn der monophysitische Aethiope dem Melchiten das Prädikat rechtgläubig beilegt.

J. Gildemeister.

218

Heiiierkung' zu einer Ulittlieiliiiii^ des

Iflegastlieiies in Bezug auf Indische

Gescliiclite*

Dem Megasthenes , welchem wir so viele interessante Mittlieilungen über Indien verdanken, die um so schätzens- werther sind, da er sich längere Zeit am Hofe des Kai- sers von Indien Tschandragupias^ bei den Griechen Sandro- kyptos u. s. w. genannt, aufhielt, schulden wir auch fol- gende , ihm ohne Zweifel bei einer solchen Gelegenheit zugekommene Notiz über die Geschichte Indiens. 55 Von Dionysos bis Sandrokotos zählen die Inder 153 Könige und 6042 Jahre« berichtet Arrian (Hist. Ind. 9 ed. Raphelii) nach ihm. Dieselbe Notiz hat Plinius (Nat. Hist. VI, 17 cd. Sillig ; 21 ed. Hard. §. 59 ed. Stil.'), aber mit einigen Varianten : 35 Von Liber Pater bis zu Alexander dem Grossen (welcher theilweise Zeitgenosse des Tschandraguptas war) werden 154 Könige in 6451 Jahren gezählt; auch fügen sie drei Monate hinzu.« So die Vulg.; zwei der besten (Reg. I, 113 und drei andere Handschriften (Colb. I, II Paris.) haben statt 154, vfie Arrian, 153; in Bezug auf die Anzahl der Jahre finde ich keine Varianten angeführt; es scheinen deren aber ebenfalls zu existiren (vgl. Harduiu Nott. et Eraendatt. 411, Äa/ma*. Exercitatt. Plin. 697 b J}.), wie denn überhaupt im Plinius sich bei den Zahlen ge- wöhnlich sehr viele Varianten finden.

Diese Angabe des Megasthenes scheint auf den ersten Anblick von allem, was wir jn Bezug auf die ältere Ge- schichte in den bis jetzt ausgebeuteten einheimischen Quellen Indiens finden, sehr abzuweichen. Ich werde aber im Fol-

219

geuden eine Combiaatlon versuchen , wodarch sie einhei- mischen, in dem Wesentlichen ihres Inhaltes, so nahe tritt, dass sie für identisch mit iimen gelten zu dürfen scheint. £inige Punkte werden jedoch noch unerklärt bleiben und ich werde hier keioen Versuch machen, sie mit Indischen Ueberlieferungen in Verbindung zu bringen, um nicht durch Äluthmaassungen über Untergeordnetes die, wie mich dünkt, bestimmt hervortretende Uebereinstimmung in der Haupt- sache zu trüben. Eben so wenig werde ich mich hie' bevor diese Combination von andern Seiten geprüft ist, auf Erörterung der, wenn sie richtig ist, sich daraus ergeben- den, wie mir scheint, nicht unbedeutenden Consequenzen einlassen.

Doch zur Sache!

Es ist schon mehrfach bemerkt, dass bei den Indern ein fünfjähriger Cyclus existirte. Spuren desselben sollen sich schon in den Veden finden (Colebrooke, Miscellan. Essays Vol. I., on the Vedas, p. 106, 107). Mit ziem- licher Sicherheit lassen sie sich in den Asoka-Ioschriften erkennen (vgl. Journ. of the As. Soc. of Beng. 1838 p. 439 in der Dhauli-Inschrift pank asu pank'asu vasesu, alle fünf Jahre, vgl. ebils. 452 und 264j; eine Andeutung sehe ich im Bhdgavata-Pürana (111,11, 15); andere Erwähnun- gen sollen sich mehrfach finden (Äe/i/fey in Asiat. Research. T. VIII. p. 227*). Auf diesem fünfjährigen Cyclus beruht endlich das dritte der uns bekannten Jugasysteme der In- der (bei Bentley a. a. O. mitgetheilt). Denn genau be- trachtet ist es weiter nichts, als ein Versuch^ die bis zu der Zeil, wo dieses System gebildet wurde, in Bezug auf die Zahlenverhältnisse der grossen Periode gültig gewor- denen Grundsätze, auch auf diesen wahrscheinlich für hei- lig gehaltenen fünfjährigen Cyclus zu übertragen, welches aber nicht ganz gelang *).

1) Das Zahlenverfaältniss ist nämlich 4: .3: 2: 1 nach der Zahl der

299

Sehr natürlich und wohl die menschlich einfachste Methode eine grössere Periode *zu erlangen ist die Multi- plication durch 1000; so werden im ersten Jugasystcm die Zahlen 4: 3: 2: 1 durch 1000 multiplicirt um die Zahl der Jugajahfe zu erhalten und in allen drei Systemen werden

Beine^ welche Dharma, als Stier gedacht^ in jeder der 4 Pe- rioden {Jugas) hat. In dem ersten Juga-System werden diese zunächst mit 1000 multiplicirt; im Sten werden sie zunächst verdoppelt und die dann .entstandene Zahl mit 100 muitiplicirt. In beiden Systemen tritt zu jedem Juga eine Morgen - und eine Abend-Dämmerung, deren Zeit dadurch bestimmt wird, dass im ersten System jene Zahlen mit 100 multiplicirt werden, im zweiten System dadurch^ dass sie erst wieder verdoppelt und dann mit 10 multiplicirt werden. Also :

Istes System.

Istes Juga 4 x 1000 + 4 x 100 x 2 = 4800

2 « » 3 X 1000 + 3 X 100 X 2 = 3600

3 » ?j 2 X 1000 + 2 X 100 X 2 = 2400

4 « « 1 X 1000 + 1 X 100 X 2 = 1200

2tes System.

Istes Juga 4x2x 100 + 4x2x 10x2 = 960

2 w " 3 X 2 X 100 + 3 X 2 X 10 X 2 = 720

3 ?5 « 2 X 2 X 100 + 2 X 2 X 10 X 2 =. 480

4 « > 1 X 2 X 100 + 1 X 2 X 10 X 2 = 240

Um diese Zahlenverhältnisse auf den gegebnen fünfjährigen Cycliis anzuwenden mussten sie halbirt werden; also:

3tes System.

Istes J

2 »

3 »

4 »

uga

2 Jahre-

1 Jahr 6 Monat.

1 «

0 » 6 ')

isra . . . .

5 Jahre.

Dabei erhielt man aber keine Dämnteruug»iLeiten.

221

die Jahre des mahäjuga (des Götterjuga) mit 1000 raulti- plicirt. um die Jalire eines kalpa oder Brahmatags zu erhalten.

Wäre es nun nicht denkbar^ dass man einst, um eine grosse Periode überhaupt anzuzeigen^ den fünfjährigen Cyclus des Mahäjuga im dritten der in der Anni. erwähnten Systeme mit '1000 muUipHcirt habe , so dass sie 5000 Jahre betrug? Dafür spricht der Umstand, dass Gaufama Buddha seiner Doctrin eine Dauer von 5000 Jahr bestimmte (iSangermano A Description of the Burmese Empire translat. bv Tandy p. 38), womit augenscheinlich eine für eine grosse Periode geltende Zeit ausgedrückt werden sollte.

Es wird sich nun wahrscheinlich machen lassen, was jedoch hier zu weit führen würde^ dass die Entwickelung des Jugasystems in der gewöhnhchen Gestalt, in der wir es kennen, jünger ist, als die Trennung des Buddhismus vom Brahmathum. Wenn man sich nun vor dieser und überhaupt in älterer Zeit begnügt hätte, 1000 Mahajuga's des 3ten Systems, also 5000 Jahre, für eine grosse Periode zu nehmen und eine solche grosse Periode an der Spitze der Indischen Chronologie stand, welche den Brahmauen vorlag, denen Megasthenes seine Mittheilung verdankte, so wie später die grossen Jugasysteme an die Spitze ge- stellt wurden so >vürde uns erlaubt sein, von der dem Megasthenes überlieferten Zahl 5000 Jahre abzuziehen ; so blieben nach der Arrianischen Ueberlieferung 1042 Jahre, nach der des Plinius 1451.

Nach der jetzt gewöhnlichen Rechnung der Inder be- ginnt das jetzige 4te Juga, die /Tfl/i-Periode , im Jahre 3101 vor Chr.; allein diese' Fixirung ist spät und stimmt nicht mit vielen, sich sonst vorfindenden Daten. Wilford berichtet von abweichenden Annahmen der Dschainas (As. Res. IX, 210), die ich, so interessant und wichtig sie auch zu sein scheinen (z. B. 950 für Dschina gerade wie die Japanische Encyclopädie für Sakjasinha), da manches in

2»?

ihnen dunkel ist und sie für den nächsten Zweck, den wir hier verfolgen, gleichgültig sind, keiner Discussion unter- werfen will. Wir wenden uns vielmehr zu den Puranen selbst. Hier finden wir im Vischnu-Purana (in Wilson's Uebers. p. 484) angegeben, dass von der Geburt des Pa- rikshit an (d. i. von Beginn des K. J.) bis zur Krönung des Nanda 1015 Jahr verflossen seinj darauf, dass diese Angabe nicht mit den ebenfalls in diesem Purana sich fin- denden Einzelangaben über die Regierungszeit der Dy- nastieen und der einzelnen Könige in diesem Intervall stimmt , wird hierbei gar keine Rücksicht genommen , so dass man erkennt, dass es eine besondere, v^ou diesen un- abhängige Ueberlleferung ist. Dieselbe Nachricht findet sich auch bei Wilforü (As. Res. IX, 86^ 87), wo zugleich hinzugefügt wird, dass in den Puranen die Regierung des Tschandragupta 1055 nach Kali-Juga : also 40 Jahre später gesetzt werde. Die Quelle dieser letztern Nachricht kann ich nicht nachweisen j allein es stimmt damit

1) die Angabe, welche sich in seiner aus den Puranen geschöpften chronologischen Tafel (As. Res. IX, 116 Ta- fel) findet, nach welcher die Nandas im Ganzen 40 Jahre geherrscht haben (Mahänanda 28^ seine Söhne 12) ;

2) nähert sie sich dem Buddhistischen Bericht, welcher den Nandas 44 Jahre Regierungszeit gibt;

3) beruht auf dieser Ansetzung ein Datum in einem Mscpt. der MacKenzie-Sammlung, wo die Aera des Sa- livahana damit in Verbindung gebracht ist C Journ. ofBeng. 1838 S. 376). Diesem Datum gemäss hat Salivahana 1443 Kali-J. regiert; da nun seine Aera 78 nach Chr. be- ginnt, so fällt Kali-J. hiernacU 1365 vor Chr. Früher habe ich nun Tschandragupta' s Regierungsantritt 312 vor Chr. gesetzt; addirt man %a dieser Zahl jene 1055 (1015 von K. J. bis Nanda und 40 für die Nandas), so kommen 1367 für den Anfang des K. J. heraus^ also eine Differenz von zwei Jahren. So gewiss nun auch der Regierungsantritt

223

des Tschandragupta um 312 vor Chr. fällt, so ist doch die Chronologie dieser Zeit noch nicht bis auf zwei Jahre zu rectificiren und^ bei der sorgfältigsten Berücksichtigung aller Momente, steht nichts der Annahme entgegen, dass der Regienmgsantritt des Tschatidragupta erst von 310 vor Chr. an gerechnet werden müsse. In diesem Fall be- giimt auch nach diesem Synchronismus K. J. 1365 vor Chr.

Wir dürfen also die Annahme dass, von K. J. bis Nanda 1015, bis Aui Tschandragupta 1055 Jahre verflossen seyen, für eine alte, mehrfach gebilligte nehmen. Ehe wir jedoch die Anwendung davon auf den Bericht des 3fe~ gasthenes machen^ wollen wir auch die abw^Rienden chro- nologischen Angaben berücksichtigen.

Hier erscheint zuerst eine Angabe im Bhägav.-Pmr. (bei Wttsox Vishnu-Pur. p. 484 n. 81)^ nach welcher zwischen K. J. und Xanda 1115 Jahre verflossen seyen. Diese dürfen wir, bei der Menge von Zahlencorruptionen in den Puranen, unbedenklich als aus Corruption der Zahl 1015 hervorgegangen betrachten. Das Bhag.-Pur. bemerkt übrigens den Widerspruch, in welchem diese Angabe mit der Zahl steht, welche man durch Addition der Regierungs- jahre der Dynastieen erhält und fügt auch diese hinzu; wir werden sie sogleich berücksichtigen.

Eine dritte Angabe wird im Vishnu-Pur. ohne dass der Widerspruch bemerkt wird, in welchem sie sowohl zu der durch Addition der Dynastieen-Jahre sich ergebenden Zahl, als zu der Annahme eines Intervalls von 1015 Jahren steht letzterer Angabe geradezu angeschlossen (Vishnu- Pur. p. 485). Ihr gemäss standen die 7 Rishis bei Pari- kshits Geburt im Xakshatra Maffha und würden zu Nauda's Krönungszeit im Naksh. Pürväshadha stehen, also 10 Vj Naksh. durchlaufen haben, welches nach der mythisch- wissenschaftlichen Annahme ein Intervall von 1050 Jahr bildet. Diese Angabe allein theilt Väju-Pur. und 5 Hand- schriften des Matsja-Pur. mit. Man sieht, dass sie bloss

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auf dem Bestreben beruht , das Intervall mit einem , theils auf Mythen theils auf falschen Beobachtungen beruhenden, astronomischen Cyclus in Harmonie zu bringen ; historischen Werth hat sie also gar nicht.

Eine vierte Angabe beruht auf der Zusaramenzählung der Totalzahlen, welche für die Regierungszeit der Dy- nastieen angegeben wird. Diese giebt als Totalsumme des Intervalls das Bhäg.-Pur. neben der schon erwähnten von 1115 an und eine Handschrift des Matsja-Pur. allein. Sie ist aber noch weniger historisch, als selbst jene dritte; denn ihre Hauptzahlen sind runde. 1500 Jahre für den ganzen InteMmll; 350 Jahre (denn so haben Matsja und Bhäg.-Pur. vgl. Wils. Vishn.-Pur. p. 467 n. 17) für die die Saisunagas, gerade wie bei den Römern (vgl.NiEBUHR Römische Geschichte I, 297, 3te Ausg.); weiterhin sind die Totalsummen der Dynastieen in demselben Geist in runden Zahlen angegeben; 100 Jahre für die Nandas und noch weiterhin von den Maurjas bis zu den Barbaren- Königen 750 Jahre 1), die Hälfte von 1500; nur eine Zahl, die Totalsumme der Sunakas, 138, scheint nicht fingirt^ wie denn auch die Buddhistische Zahl für diese Dynastie (138 ohne Bhattijo) ziemlich nahe kommt '*)^ und theils ihr zu Gefallen, theils um die runde Zahl 500 für beide Dynastieen (die Sunakas und Saisunagas^ zu erhalten , ist die runde Zahl der letzteren: 360 zu 362 erweitert (ähnlich wie bei den Römern die runde Zahl 360 zu 364 u. s. w. umge- staltet wurde^ Niebuiir, a. a. 0. 298).

1) Maurjas 137. SuDgas 118. Kanwas 45. Andhras 4.5».

750. 2) Warum diese und die Zahl der Maurjas^ Sungas, Kanwas rei- ner erhalten, die andern aber fictiv enveiterl sind, darflber an einpm andorn Ort.

225

So ergiebt sich denn die Zahl 1013 bis Nanda, 1055 bis Tschandrag ttpta an und für sich als die unverfänglichste. Oben blieben uns nun von der Zahl des Megasthenes nach der einen Notiz 1042 Jahre für die Zeit vom Verlauf der an die Spitze gestellten grossen Periode bis zu Tschartr- dragupta's Thronbesteigung, und schon diese Zahl weicht von der Zahl 1055 nur wenig ab. Denken wir uns nun aber, dass in der aniiern Notiz (der bei Piintus} in den Zehnern das Richtigere bewahrt, dagegen in den Hun- derten gefehlt sei^ so wird die Uebereinstiminung noch grösser, nämlich 1051 statt der erwarteten 1055. Waren aber jene Zahlen in den dem Griechen und dem Römer vorliegenden Exemplaren des 3Iegasthenes, mit Zalüzei- rhen und nicht in Worten ausgedrückt, so war, wie dies aus unzähligen Beispielen bekannt ist, ein Verlesen sehr leicht möglich. Sechs Tausetui würde mit Griechischen Zahlzeichen IXIX geschrieben werden ; ob und wie dies ein Römer für 6400 habe nehmen können, will ich nicht untersuchen. Die Verwechselung lag, wenn man die Rö- mischen Zahlzeichen im Sinn hat, nicht sehr fem. Vierzig würde JJJJ bezeichnet sein, fünfzig dagegen \J['j dies wäre schwerhch zu verlesen gewesen ; wenn aber, wie sehr wahrscheinlich, fünfzig auch JJJJJ bezeichnet wer- den konnte und im Exemplar, woraus Arrian's 3Iitthei- limg floss, bezeichnet war, so musste es ein Grieche fast nothwendig für vierzig nehmen ; zwei endlich wird durch // und fünf durch JI bezeichnet, und diese beiden Zeichen waren in der That für einen Griechen leicht zu verwechseln, während ein Römer, wenn jene beiden Striche (in /I) zusammengeflossen waren, sie sehr leicht für eins (/) nehmen konnte.

* Doch wenden wir uns zu der Könifszahll Wenn «ich hier eine Uebereinstimmung zeigt, so wird maQ wohl V. 15

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noch weniger Anstand nehmen^ die beiden überlieferten

Zahlen 6042 und 6451 geradezu für Corrup-

tionen von 6055 zu nehmen.

Die Zahl der Könige betrug 1 53;, nach einigen Hand- schriften des Plinius 154. Denken wir uns nun ^ dass für jene grosse Periode von 5000 Jahren^ welche der eigentlich geschichtlichen Zeit vorangeschickt war, eine runde Summe von Königen angenommen war, so liegt schon von rein menschlichem Standpunkt aus die Zahl 100 am nächsten. Allein auch in speciell Indischen An- schauungen — in den Mythen insbesondere spielt die Zahl 100 eine höchst bedeutende Rolle. Dass in diesem Fall jeder der Könige 50 Jahre durchschnittlich regiert hätte, wird jeder, der Indische Angaben von Regierungs- jahren kennt, noch höchst gnädig finden. Scheiden wir diese 100, gleichsam vorgeschichtlichen, Könige ab, so bleiben 53.

Vergleichen wir nun die Indischen Angaben, so re- gierten nach Buddhistischen Nachrichten von Anfang die- ses Kalpa an 28 Könige (Journ. ofBeng. 1838 S. 925); eben so viele regieren zunächst nach Beginn des Kali- Juga, nach Brahmanischen Berichten, als Nachfolger des Parikschit (Vishnu-Pur. von Wils. p. 460). Für unsere Zwecke ist der Beweis , dass diese Regentenreihe eine rein mythische ist, gleichgültig. Doch bemerke ich, dass er sich mit Leichtigkeit geben lässt. Die Zahl 28 be- ruht, beiläufig gesagt, auf der Zahl der 28 Nakshatra's. Mit diesen 28 Königen gleichzeitig wird eine besondere Dynastie von Magadha aufgezählt; wir hätten schon an {ipnd für sich . das Recht, sie bei unserer Combination un- berücksichtigt zu lassen ; allein es lässl sich auch sehr wahrscheinlich machen, dass sie eine spätere Erfindung »ey und schwerlich zu Megasthene» Zeit schon von ihr

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die Rede sein konnte. Zunächst kennen sie die Bud- dhistischen Berichte, welche älter als alle Brahmanischen Berichte^ aber jünger als Megasthenes sind (die Ceylone- sischen)^ nicht ; 2) ist sie der Buddhistischen Darstelluuff nach unmöglich. Denn hier sind es erst die Xaudas welche die Dynastie von Pätaliputra (d. i. Mao-adhal gründen ; vor ihnen ist Vai<jäla, vor diesem Radschagriha und vor diesem Anga (Bengalen) der Sitz des Reiches gewesen; 3) finden sich auch in den Puranen Spuren eben dieser Darstellung, so sehr sie auch das Bestreben die den Xandas vorhergehenden Könige ebenfalls als Könige von Magadha aufzufassen, verwischt hat. a) So wie sich den Buddhistischen Berichten gemäss Bhattijo von der Herrschaft von Anga befreite und das unabhän- gige Reich von Radschagriha gtündete, so hat nach den Vaju- und Matsja-Puranen Sisunaga seine Residenz Benares (in Anga) verlassen und RadscJiagriha zum Sitz des Reichs gemacht (Wils. Vishn.-Pur. 466 n. 8) ; b) wie die JVanJas (nach Buddhistischer Darstellung) den Sitz des Reichs nach Pdt aliputra verlegen, so hat nach dem Vaju.-Pur. (Wils. a. a. O. 467 n. 15) Udajasva der achte Aer Saisunagas (welcher trotz der abweichen- den Stellung, die er in den Puranischen Listen einnimmt, ursprünglich mit dem Buddhistischen LHagibhaddako, dem 4ten nach BhaltijOf identisch ist) Pat' aliputra gegründet. Diesem gemäss irren wir sicherlich nicht, wenn wir erst mit den Xandas das Reich von Magadha beginnen la5-, sen. Daraus erklärt sich auch der höchst relevante Um- stand, dass das Intervall von K. J. an bis zur Thron- besteigung Nanda's in einer Totalzahl angegeben wird. Die Gründung des mächtigen Reichs von Magadha musste natürlich Epoche machen. Sobald dies aber bestand und zwar in dem glänzenden Umfang , welchen es unter

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Tschandragtipta erhielt und unter seinen Nachfolgern noch erweiterte, musste sich natürlich das Streben geltend machen; es für ein sehr altes auszugeben. Dieses ge- schah zunächst dadurch^ das« man die von der Geschichte (bei den Buddhisten) bewahrten nächst vorhergehenden Dynastieen als magadhische in Anspruch nahm und als- dann — da der Glanz des grossen Krieges dem Ahn- herrn dieser mächtigsten Dynastie nicht fehlen durfte noch eine mit den mythischen 28 gleichzeitige Königs- reihe liinr.u erfand. Diese Erfindung und Ausschmückung der Dynastie von Magadha geschah wahrscheinlich erst zu der Zeit als die Maurjas wieder in den Schooss der Brahmanischen Religion zurückgekehrt waren. Doch das zu verfolgen^ liegt unserra Zweck fern ; für diesen ge- nügt es nachgewiesen zu haben^ dass die besondere Dy- nastie von Magadha^ welche in den Puranen mit den 28 Königen gleichzeitig gesetzt wird; zu Megasthenes Zei^ nicht in Rechnung kommen konnte.

Auf jene 28 folgt bei den Buddhisten Bhattijo^ der- jenige König; unter welchem Gaufama Buddha geboren ist (mit welchicm also ihre Geschichte eigentlich beginnt). Brahmanischc Berichte lassen Pradjota folgen 5 wir hätten schon an und für sich Grund ihn und die ihm folgfenden Könige mit jenen S8 zusammenzurechnen ; da wir die erwähnte Magadhische Dynastie für eine spätere Erfin- dung erkannten ; allein es kommt hier noch eine beson- dere Notiz hinzU; wodurch sich Pradjota als ursprünglich identisch mit Bhattijo ergicbt. Ein Indisches Werk Bhä- garatdmrita berichtet, dass unter Pradjota zwei Jahre nach dessen Regierungsantrilt Gautama Buddha ge- bort sey (A*. Res. II.; 190 Trad. Fr.); und indem dessen Regierungsantritt den Puranischen Annahmen ge- ittHIÖ 1(H)1 nach K.J. gesetzt wird, wird für GautamaV

ft9

Geburt 1002 angegeben (ebds. 176). Mag nun dieses Werk, welches ich weiter nicht kenne ^ eine noch so späte und noch so schlechte Compilation sein ^ so kann es 1) nichts destoweuiger eine einzelne richtige Notiz enthalten ; 2) die hier gegebene Xotiz zu erfinden ist gar kein Grund vorhanden ; 3) sie hat gemäss dem System der doctior lectio alle Wahrscheinlichkeit für sich^ indem sie allen übrigen Nachrichten za widersprechen scheint ; 4) sie findet durch folgende Combination eine überra- schende Bestätigung ; nach Buddhistischen Xachrichten war Gaulama Buddha 20 Jahr alt^ als Bhattijo's Nachfolger zur Regierung kam (Joum. ai Beng. 1838 S. 923); nach Bhagavatamr. war er, wie eben bemerkt , 2 Jahr nach Pradjota's Regierungsantritt geboren ; folglich re- gierte Pradjota-Bhattijo 22 23 Jahre und diese Zahl gehen die Puranen dem Pradjoia einstimmig (Wils. Vishn.- Pur. 446 n. 3) *). Der Umstand, dass in den Buddhisti- schen Berichten Bhattijo Vater des Bimbisaro heisst, in den Puranischen dagegen der Vimbisdra des Vaju-Pur., welcher im Visclm.-Pur. Vidmisära, im 3Iatsja-Pur. Vin- dusena oder Vindhjaseua, im Bhagav.-Pur. Vidhisära genannt wird, als Sohn des Kschatraudschas (im Vischn.- Pur.) , Kschemadschit oder Kschemartschis (Vaj.) , oder Kschetradschaja (Bhägav.) bezeichnet wird, entscheidet dagegen gar nicht. Sonst müsste auch der Susunaga der Buddhisten, weil er bei ihnen an einer ganz andern

1) Einen andren Grand far die Identificining von Pradjota und Bhattijo giebt die Zahl der magadhischen Könige ab, welche man als Zeitgenossen der 88 ihm vorausschickte, verglichen mit der Zahl der von Vrihadbala stammenden llishvakuiden, welche dem Sakja vorausgeht (ViJhn. Pur. p. 463.); docb kann ich diesen Grund erst au einem andern Ort discutiren.

330

Stelle, als in den Puranen steht , ganz verschieden von dem Sisunaga der Puranen sein, Udajibhaddako verschie- den von Udajasva u. s. \v ; dagegen

üdajibhatfdako = Darbhaka

Anuruddhako = Udajasva

Mundo = Nandavarddhana

Nagadasako = Mahanandi

Susunaga = Mahapadma

Kalasoko = 9 Nandas

Nanda = Tschandragupta u. s. w.

Ein solches mechanisches Gegeneinanderstellen von Listen führt zu nichts , sondern in allen ursprünglich mythischen oder mythisch-gewordenen Stoffen muss nach bekannten Grundsätzen der scheinbare Zusammenhang zu- nächst aufgelöst und die in diesen scheinbaren Zusam- menhang getretenen einzelnen Faktoren müssen für sich betrachtet werden. Für unseren Zweck ist es übrigens gleichgültig, ob man uns zugiebt, dass Bhatlijo und Pra- djota ursprünglich identisch gewesen seyen, oder nicht, wenn wir nur das Recht wahren , ihn auf jene 28 folgen zu lassen und uns nicht nöthigen lassen, statt dieser die Reihe der diesen gleichzeitig gesetzten Magadhischen Könige zu zählen.

In diesem Fall erhalten wir 28 raytliische Könige der ersten Zeit des Kali Juga. Darauf folgen nach Brah- manischen Berichten 5 mit Pradjota beginnende Sunakasy auf diese 10 Saisunagasy auf diese 10 Nandas, also 28 + 5+10 + 10, im Ganzen 53 Könige; dann folgt Tschandragupta. Wir sehen also dieselbe Zahl von Königen ihm vorausgehen, welche wir nach obiger Ent- wickelung des Berichts von Megasthenes erwarten mussten.

Ist diese Combination richtig , so existirte zu Me-

t31

gasthenes Zeit, um es kurz ziLsammenzufassen, folgendes, in seinen einzelnen Theilen mit Indischer Ueberlieferung und Anschauungsweise stimmende^ chronologische System : 1) eine Zeit von 1000 3Iahäjuga^ deren eins durch den noch zu Asokas Zeit gebräuchlichen fünfjährigen Cyclus gebildet wurde. In dieser Zeit hätten 100 Könige ge- herrscht, dann eine mythische Zeit in welcher 28 Könige geherrscht hätten; endlich eine historische Zeit (seit 2 Jahr vor Buddhas Geburt datirend), in welcher 25 Könige (nach Brahmanischer Annahme) regiert hätten ; die beiden letzten Perioden umfassten eine Zeit von 1055 Jahren.

Thkodor BKNrST.

2^

Bemerkungen über dieselbe IStelle des Ifle^astlienes.

Die in dem vorhergehen den Artik'el behandelte Nach- richt des Megasthenes ist die einzige aus dera Alterthume erhaltene, von einem Ausländer herrührende Berichterstat- tung über Altindische Chronologie. Bei der bekannten Un- gewissheit der älteren Indischen Geschichte und der Ver- wirrung ihrer Zeitrechnung wäre es allerdings sehr wichtig, ein authentisches wenn auch kurzes Zeu^niss eines Fremden zu besitzen, aus welchem wir ersehen könnten, auf welche Weise die Inder ehemals ihre historischen Ueberlieferungen chronologisch anordneten. Wenn dieses Zeugniss klarer und unzweifelhafter Auslegung wäre, besässen wir ein vor- treffliches Mittel um zu beurtheilen, ob die jetzt geltenden Indischen Ueberlieferungen schon im Alterthume dieselben waren, oder ob sie seitdem Veränderungen unterworfen worden sind. Im ersteren Falle wäre zwar noch nicht ihre historische Wahrheit erwiesen, aber doch die Treue der jetzigen Ueberlieferung, und diese, so gesichert, wäre ein gewichtiges Moment bei der Beurlheilung des Werthes jener Ueberlieferungen selbst.

Da Megasthenes zur Zeit des ersten Seleukos in Indien war, längere Zeit sich dort aufhielt und zwar am Hofo des mächtigsten damaligen Indischen Königs, hatte er die beste Gelegenheit, über Indische Geschichte sich Kennt- niss zu verschaflfenj er sah noch das alte von inncrn re- ligiösen Umwälzungen und fremden Eroberern unberührte Indien; sein Zeugniss müsste höchst wichtig seyn, wenn es treu berichtete und vollständig: erhallen wäre. Das letzte

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ist nun schwerlich der Fall, wir besitzen wohl kaum mehr als einen Auszug; diesen üebelstand können wir nicht heben, wir müssen zu benutzen suchen, was noch vorliegt. Das crstcre dürfen wir nicht läugncn, so lange nicht ein- leuchtende Gründe un« dazu berechtigen und am wenigsten dürfte die Krilik deshalb seine Wahrheit bestreiten, weil etwa das Zeugniss jetzigen Indischen Ueberlieferungen widerspräche. Es kommt alles auf die gründhchc und ge- naue Prüfung an.

Der Verfasser der vorhergehenden Abhandlung hat, so weit mir bekannt ist^ zuerst den Versuch gemacht, Me- gasthenes Nachricht mit vorhandenen Indischen in Einklang zu bringeil. Dieses Verfahren ist gewiss das allein richtige ; wir müssen die Indischen Elemente nachweisen, ausweichen Megasthenes seine Berichte gezogen hat, iind zeigen, wie er zu dem Er oebniss gekommen ist, welches er darlegte; sein Bericht erhält erst dadurch seine w^alire Bestä(igung und eine solche ist im vorliegenden Falle um so unentbehrlicher, je weniger er zu den Geschichtschreibern des Alterthums gehört^ denen die Alten selbst ein unbedingtes Zutrauen schenken.

Megasthenes Nachricht weicht, wie auch Hr. Dr. Benfey bemerkt, sehr von alle dem ab, welches »wir in Bezug auf die ältere Geschichte in den einheimischen bis jetzt bekanntgewordenen Quellen Indiens finden er hält jedoch diese Abweichung nur für scheinbar und glaubt eine Com- bination gefunden zu haben, »wodurch jene Nachricht einheimischen in dem Wesentlichen ihres Inhalts so nahe tritt, dass sie für identisch mit ihnen gelten zu dürfen scheint.« Er gewinnt diese Combination nicht aus den ge- wöhnUch vorkommenden Indischen Darstellungen der alten Geschichte, sondern indem er einen Theil von diesen be- seitigt und an ihre Stelle andere, einzeln vorkommende und weniger beachtete Angaben setzt. Ich habe gegen dieses Verfahren an sich nichts einzuwenden; die Kritik

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muss ihr Recht so schonungslos gegen die Indische wie gegen jede andere Geschichte ausüben; nur muss sie bei ihrem Geschäfte^ sowohl wenn sie überliefertes zerstört, als wenn sie eigenes statt dessen aufbaut^ gegen sich selbst ebenso strenge verfahren und ihre eigenen Grundlagen ebenso scharf untersuchen, wie die Ueberlieferungen, welche sie prüft.

Ueber die in Frage stehende Stelle des Megasthenes habe ich seit langer Zeit mir eine Ansicht gebildet, die von der von Herrn Dr. Benfey vorgetragenen ziemlich ver- schieden ist. Da er selbst zu einer Prüfung der seinigen auffordert, ich es auch für wichtig halte, jene Stelle genügend erklärt zu sehen und diese nun einmal zur Sprache gebracht ist, sey es mir erlaubt, meine Bemerkungen hier soffleich anzuschliessen. Es kommt dann vielleicht ein Dritter und findet eine allen genügende Erklärung. Ich be- schränke mich dabei ganz auf das zur Sprache gehörige; Hr. Dr. Benfey knüpft an seine Erklärung mehrere Fol- gerungen , die im weiteren Umfange in die Kritik der Altindischen Geschichte eingreifen; diese hier zu prüfen, würde weiter, als hier zulässig ist, von dem eigentlichen Gegenstande abführen; die vorgetragene Erklärung der Mcgasthenischcn Stelle selbst muss aber hier geprüft werden.

Ehe ich die einzelnen Punkte der versuchten Combination durchgehe, muss ich zwei allgemeine Bemerkungen voraus- schicken. Erstens verbindet Hr. Dr. Benfey Brahmanische und Buddhistische Elemente; seine grösste Periode ist den Buddhisten entlehnt, er beginnt die historische Zeitrechnung mit der Geburt Buddha's. Die Verbindung so widerstrebender Elemente ist im Allgemeinen bedenklich ; ich will aber hier nur in Beziehung auf den besonders vorliegenden Fall hervorheben, dass eine Zeitrechnung nach Buddha's Geburt bei den Buddhisten selbst nicht vorkommt; sie rechnen nach seinem Tode, nach dem Jahre seiner Verklarung;

235

ebenso die G'aina nach dem Möxa ihrer Tirthankara. Dann sind wir ehenso wenig berechtigt, eine Buddhistische Zeit- rechnung zur Zeit des 3Iegasthcnes bei einem Brahmani- schen Könige anzunehmen. Kandragupta war nach allen Nachrichten ein Brahmanischer König und an seinem Hofe galt gewiss keine Buddhistische Chronologie,- es ist über- haupt keine Spur, dass die Brahmanen diese je angenom- men hätten. Es ist mir daher sehr unwahrscheinlich, dass Megasthenes bei den Brahmanen in Pataliputra eine Zeit- rechnung nach Buddhistischem Princip vorfand und noch mehr, dass diese mit der Geburt des Buddha anfing.

Ich bemerke zweitens, dass Hr. Dr. Benfey bei seiner Erklärung nur auf einen Theil der Xachricht: die Gesammt- zahl der Jahre und Könige zwischen dem Dionysos und K'andragupta Rücksicht nimmt. Aus Megasthenes sind aber ausserdem bei Arrian andere Angaben über die ältere Indische Geschichte und Chronologie erhalten, die uns, wenn ich nicht irre, eine viel bessere Einsicht in die Art der ihm zugekommenen Mittheilungen giebt, als jene Zah- len. Diese übrigen Angaben vertragen sich aber wenig mit dem angenommenen Systeme und hätten jedenfalls berück- sichtigt werden müssen, um die aus ihnen hernehmbaren Einwürfe zu beseitigen.

Ich wende mich nun zu der Erklärung der Stelle des Megasthenes selbst uud trenne, wie Hr. Dr. Benfey, die Angabe über die Jahre von der über die Zahl der Könige.

Die 6042 oder 6451^^4 Jahre von Dionysos bis auf Kandragupta werden zerlegt a) in eine Zeit von 1000 Mahäjuga, deren jedes durch den noch zu A^öka's Zeit ge- bräuchUcheu füijQ ährigen Cyclus gebildet worden sey. Dann b) eine mythische Zeit, in welcher 28 Könige geherrscht hätten; c) endlich eine historische Zeit (seit 2 Jahren vor Buddhas Geburt datirend), in welcher 25 Könige (nach Brahmanischer Angabe) regierten; die beiden letzten Pe- rioden umfassten eine Zeit von 1055 Jahre. (S. 231.)-

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Diese Jahre werden zusammengesetzt aus der Angabe, dass zwischen dem Parixit oder dem Anfange des Kalijuga bis auf Nanda 1015 Jahre verflossen seyen 5 von Nanda auf K'andragupta 40. (S. 222.). Die verschiedene Zahl bei Arrian und Plinius wird endlich durch die Annahme ausgeglichen, dass Plinius in den Zehnern das richtige bewahrt habe, in den Hunderten aber ein Fehler sey. (S.225.). Die nach Ab- zug der 5000 übrig bleibende 1051 Jahre entsprächen da- durch so ziemlich den obigen 1055 nach Indischen An- gaben.

a) In Beziehung auf die Vermuthung, dass eine Pe- riode von 5000 Jahren ehemals an die Spitze der Indischen Zeitrechnung gesetzt gewesen sey, bemerke ich folgendes. Eine solche Periode kommt nirgends als gebräuchlich bei den Indern vor und wird allein auf die Vermuthung ge- gründet, dass der fünfjährige Cyclus mit 1000 multipHcirt worden sey. Der kleine Cyclus von 5 Jahren ist allerdings wirklich im Gebrauch gewesen und der älteste, von wel- chem wir in Indien wissen. Auf ihn gründet sich der Fest- Kalender der Veda, wie schon Colebrooke aus einander gesetzt hat; er kommt sowohl in G j'Stis vor als in Gebeten und die einzelnen Jahre haben besondere Namen. Wie so viele Einrichtungen ist auch er von den Brahmanen zu den Buddhisten übergegangen und von diesen mit ihren Mis- sionen auswärts verbreitet worden ; alle fünf Jahre hielten sie grosse religiöse Zusammenkünfte^). Auf ihn gründen sich die Cyclen des Parä^ara, die zuletzt auf die gewöhn- lichen grossen Perioden hinauslaufen. Dass auf ihn ein be- sonderes Jugasystem begründet worden sey, beruht auf der zweifelhaften Auctorität Bentley's und kommt schwerlich in der Form, wie er es darstellt, wirklich in astronomischen Werken vor. Aber auch zuzugeben, dass das von ihm

1) Fahian ist bei ciucr snichcn Versammlung gcgeuwärtig in Kietclia uder Iskardii. S. Foe K. K. p. 2(i.

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aus einander gesetzte Jugasystera wirklich so vorkam, so finden wir nirgends eine wirkliche Anwendung davon ge- macht und wenn er es für eines der ältesten Systeme er- klärt, so entbehrt diese Behauptung bis jetzt jeder ander- weitigen Bestätigung *). Wir können dieses hier ununter- sucht lassen , da Hr. Dr. Benfey nicht die oOOOjährige Periode, wie sie bei Bentley für das Kalpa oder einen Tag des Brahma vorkommt^ annimmt, sondern eine solche ent- stehen lässt, indem der fünfjährige Cyclus mit 1000 mul- tiplicirt Worden sey. Dieses ist nun zwar an und für sich möglich^ es fehlen aber nicht nur Beweise für ihre An- wendung zur Zeitrechnung zu irgend einer Zeit bei den Biahmanen, sondern die ganze Einrichtung des Indischen Jugasystems macht es unwahrscheinlich, dass sie je im Gebrauch gewesen sey. Es wird dafür angeführt , dass Buddha seiner Lehre einen Bestand von 5000 Jahren pro- phezeit habe. Dieses ist richtig, aber weder wird diese Pe- riode weiter in der Buddhistischen Zeilrechnung gebraucht, noch kommt sie sonst bei den Buddhisten vor; die dem jetzigen Buddha vorhergehende Periode und diese hätte

1) Bentlkv spricht »n der angeführten Stelle ausser dem bekann- ten Juga«ysteme von zwei besondern, wiilche er aus dem sonst nicht bekannten astronomischen Buche Graha Mang'arl zieht and {As. Res. VIII, 224.) „zwei der ältesten jetzt bekannten Indischen Systeme, welche in frühen Zeiten zu chronologischen Zwecken gebraucht worden sind/' nennt. Es ist dabei bedenk- lich, dass nur er und sonst niemand von einem solchen Ge- ^ brauche etwas weiss. Wenn er weiter bei dem zweiten dieser Systeme ein Juga y^a 5 Jahren Makajiiga oder grossen Cyclus nennt und diesen aus einem Satja von 2, einem Tretä von l'/j, einemDväpara vor 1 und einem Kalijuga von '/i Jahre construirt, seist dieses wohl unmöglich so in dem Buche selb5t dargestellt. Ein Weltalter von einem halben Jahre! Die für ihn günstigste Annahme ist, dass er Götterjahre ohne weiteres in menschliche verwandelt hHt, doch niuss ich solchen, denen das Original- Werk zugänglich ist, überlassen, dieses aufzuklären.

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man doch wohl zunächst hier gewählt, wenn man eine Zeit- rechnung aus Buddhistischen Elementen zusammensetzte ist eine unendlich grosse ; die 5000 Jahre bilden nur einen kleinen Theil des jetzigen Weltalters, welches bis zur Er- neuerung und der Erscheinung eines neuen Buddha eben- falls eine unendliche Reihe von Jahren zu durchlaufen hat')-

Das Verhältniss der Weltalter oder untergeordneten Perioden ist stets das von 4: 3: 2: 1. Wenn die grosse Periode von 5000 Jahren eine wirklich gebrauchte war, müssen wir auch für sie eine Theilung in die vier Welt- alter mit ihren Morgen- und Abend -Dämmerungen an- nehmen; wir erhalten hier dafür eine erste Periode von 1600 + 200 + 200, eine zweite von 1200 + 150 + 150, eine dritte von 800 + 100 + 100, eine vierte von 400 + 50 + 50. Es ist hier zwar das Zahlen- Verhältniss der einzelnen Juffa zu einander aufrecht erhalten^ aber ich glaube, man kann ohne Bedenken die Behauptung aufstellen, dass wenn die Brahraancn erst einmal anfingen für ihre Vorstellung von den vier Weltaltern Zahlen zu suchen, sie nie mit halben Hunderten dabei rechneten. Das einfache Verhältniss von 4, 3, 2, 1. gab mit 1000 und 100 multiplicirt die natür- lichste Form der Juga und der Dämmerungen, wie es im gewöhnlichen System vorliegt und dieses ist gewiss das älteste System, wie das einfachste.

Man könnte nun zwar sagen, dass auf jene erste Pe- riode von 5000 Jahren, die Megasthenes vorgefunden haben soll, die Eintheilung in vier kleinere Juga nicht angewendet worden sei. Es fiele somit der obige Grund , die Künst- lichkeit des Systems, weg. Wir werden aber sehen, dass Megasthenes die ganze Indische Zq^rechnung in vier Pe- rioden einiheilt und in diesen noch die Dämmerungen un- terscheidet; er setzt drei solche frühere Perioden als ab- gelaufen i durch eine Theilung mit 3 wird aber eine Periode von 5000 Jahren ganz uuhaudtirlich.

]) S. Turnour's Mahävanaa, introd. p. XXVIII.

239

Ich halte nach dieser Auseinandersetzung die Annahme einer solchen ftinftausendjährigen Periode für sehr unwahr- scheinlich.

b) Die zunächst folgende Zahl 1015 wird in den Pnrana für die Zelt, die zwischen dem Regierungsantritte des Parixit, des ersten Königs im Kalijuga, und der Krönung des Nanda verflossen sey, angegeben. Da ich selbst diese für die ein- zig brauchbare chronolosrischc Ausgabe dieser Werke über die ältere Zeit halte, habe ich über sie hier nichts weiter zu bemerken, als dass Hr. Dr. Benfey Recht hat, die Va- rianten, die bei ihr vorkommen, zu verwerfen; die astro- nomischen Angaben, die dabei erhalten sind, zeigen , dass nur 1013 richtig seyn kann. Ich glaube, wir müssen uns an diese Zahl allein halten. Die übrigen Angaben, wodurch diese Bestimmung des Anfangs des Kalijuga gestützt wer- den soll , muss man ganz bei Seite liegen lassen. Man geht dabei von der Annahme aus, dass sich später einzelne Angaben über eine andere Festsetzung des Anfangs des Kalijuga, als die gewöhnliche d. 18. Februar 3102 vor Chr. G., noch erhallen hätten. Ich halte diese Annahme für un- begründet. Wenn Hr. Dr. Benfey sagt, CS-221.), die Be- stimmung des Kalijuga sey spät, so kommt es darauf an^ was er spät nennt; dass sie nicht ursprünglich war , ist sicher; Varähamihira ist der erste, von dem wir wissen, dass er sich des ^äka bediente; Ärjabhatta rechnete noch nach dem Kali und da er gewiss diese Zeitrechnung vor- fand, war sie älter als er. Ich trage daher kein Bedenken zu behaupten, dass die Festsetzung des Kali wie sie noch gilt in den ersten Jahrhunderten unserer Aera schon ge- schehen war; wie viel sie älter sey, lässt sich nicht, we- nigstens jetzt noch nicht, bestimmen. Nach welchem Grund- satze der Anfang des Kali bestimmt wurde, ist auch nicht klar; es ist wahrscheinlich, dass man dabei astronomische Ueberlieferungen zu Grunde gelegt hat. Die Lehre von den Weltaltern und ihrer Reihenfolge muss natürlich viel älter seyn , als die Festsetzung eines bestimmten Jahres

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für den Anfang des jetzigen. In den Stellen aus Arja- bhatta erscheint der Anfang des Kali als gleichzeitig mit dem Ende des grossen Krieges der Kaurava und Pandäva oder dem allgemeinen Untergange der königlichen Dynastien^ mit welchem das Bhärata schliesst; in der Einleitung zu diesem Gedichte wird der Kriea: in die Ueberffansfszeit xon Dvapara zu Kali gesetzt, und es lässt sich leicht aus den er- haltenen Ueb erlief erungen über die Vorzeit zeigen, dafs in der Vorstellung der Inder die Gränzscheide für die heroische Sagenreiche Vorzeit eben das Ende jenes grossen Krieges ist; aus der nachfolgenden Zeit erscheinen nur Verzeich- nisse von Namen, die von keinen Sagen getragen werden. Es konnte sich daher auch leicht der Anfang des jetzigen Weltalters, für welchen ein äusseres Ereigniss gesucht wurde, mit dem Ende des grossen Krieges in der Vor- stellung vereinigen; die Zeit dieses Krieges musste sodann den Bestimmungen über das Kali folgen und so wurden die Ueberlieferungen, die sich auf die Zeit nach dem Kriege bezogen, mit ihm in ein viel zu hohes Alterthum zurückgeschoben .

Die noch geltende Festsetzung des Kali und des grossen Krieges wird nicht auf einmal überall durchgedrungen seyn und dass man früher abweichende chronologische Ueber- Heferuuffen darüber hatte, lässt sich wohl mit Zuversicht behaupten. Die angeführte Angabe über die Zeit zwischen Parixit und Nanda lässt sich als eine solche betrachten. Ich kenne sonst nur eine von der gewöhnlichen abwei- chende Angabe über das Ende des grossen Krieges; diese kommt in der Chronik von Kashmir vor und setzt den grossen Krieg in das Jahr 2448 vor Chr. G. oder 053 Jahre nach dem Anfange des Kali. Diese Bestimmung gründet sich aber auf die eingebildete Bewegung der sieben Rishi und hat daher keine Gültigkeit; sie wird auf den Astro- nomen Varäha Mihira zurückgeführ( ; für das Kali hat die- ser die gewöhnliche Bestimmung.

Die Zeitrechnung nach dem Kali ist noch im Dckhan

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vielfach im Gebrauche neben dem ^akaO und überall gleichförmig. Er ist wenig wahrscheinlich, dass nachdem diese Aera so lange im Gebrauche gewesen und nie auf- gehört hat, gebraucht zu werden^ in späteren Werken ab- weichende Angaben über ihren Anfang vorkommen sollten. Wir wollen diese nun näher untersuchen.

Eine Angabe, welche m der vorhergehenden Abhand- lung interessant genannt, aber nicht weiter gebraucht wor- den ist, stammt von Wilford her 2) 5 er führt ein chrono- logisches Verzeichniss aus Assam an, welches die Gaina nach ihren Ideen gemodelt haben sollen; in ihm kommen ein Mitrasaha und Nrisiuha vor^ die er zu G ina und Gau- tama macht; die Gaina sollen den Anfang des Kalijuga entweder 1078 oder 1219 vor Chr. G. setzen. Wilford macht also den Mitrasaha und Nrisinha zu den zwei letzten Tirthankara der Gaina; diese heissen abeur ganz anders, die Gaina geben für beide andere Zeitbestimmungen, sie haben ganz andere grosse Perioden, als die Brahmanen und, wie überall bei AVilford, weiss man nicht, was er in seinen Quellen vorfand und was er ohne weiteres aus seinem eigenen Kopfe einschob. Es ist nur sicher^ dass man mit seinen Angaben nichts anfangen kann.

Aus Wilford ist auch die Angabc entlehnt, dass die Regierung des Kandragupta 1055 nach dem Kalijuga in den Puräna gesetzt werde 33. Dieses steht aber nirgends in den Puräna, sondern ist nur Wilford's Rechnung; er giebt der Nanda-Dynastie 40 Jahre und bringt also aus der obigen Zahl 1015 mit 40 diese Angabe heraus.

Eine dritte Angabe findet sich in einer Tamulischen Handschrift, welche eine Geschichte K'öla's enthält und von William Taylor ausgezogen worden ist*). Es ist eine

1).S. JoH.v Wabrex, Kala Sankalita. Madras. 1825. p. 18.

2) As. Res. IX, 209.

3) Ebend. IX, 86. 87.

4) As. Journ. of B. Vn,S71.fgd. Die im Text besprochene SteUe steht p. 376.

V. 16

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ganz späte Schrift, welche nach der Herrschaft der Mu- hammedaner im Dekhan geschrieben ist. Sie beginnt mit Legenden von Vikramaditja und ^älivähana, die in vielen Punkten von den sonst vorkommenden abweichen. Sie setzt den Tod des Cälivähana in das Kalijahr 1443. Dieses gäbe 1365 vor Chr. G. als Anfang des Kali^). Taylor fügt hinzu, dass diese Zahl nicht in Zahlen, son- dern in Worten geschrieben sey. Dieses mag seyn, sie ist aber dessen ungeachtet falsch, weil sie mit den übrigen Daten der Handschrift im Widerspruch steht. Sie setzt eine Reihe von 25 Königen zwischen Xira. Kola, dem Zeit- genossen ^älivähana's, und Uttama-Kola, der im Kalijahre 3535 starb oder 434 nach Chr. G. Wenn jene erste Zahl richtig wäre, würde jedem dieser 25 ganz menschhchea Könige über 141 Jahre Regierungszeit gegeben werden} giebt man ihnen eine natürliche, etwa 15, erhält man ohn- gefähr die gewöhnliche Epoche des ^älivähana. Den Nachfolgern des ^älivähana giebt die Handschrift 1442 Jahre, also so viel als vom Anfange des Kali bis auf ihn; dieses zeigte dass ein willkührliches Spiel mit Zahlen in Beziehung auf den Cälivähana getrieben worden ist.

c) Die dritte Zahl, die 40 Jahre der Dynastie der Nanda^ wird theils auf die Buddhistischen Angaben, theils auf Wilford-s begründet. Ich kann aber keine von beiden gelten lassen. Wilford kann die Angabe, dass N^anda 28, seine Söhne zusammen 12 Jahre regierten, nicht aus den Puräna haben; denn diese geben der Dynastie einstimmig die Gesammtzahl 1GÜ°). Wilford hat also die Angabe nicht aus den Puräna, sondern aus sich selbst. Wie kann

1) So auch James Prinskp, der auch auf diese Stelle aufmerksam gemacht hat. Die Rechnung ist aber nicht ganz richtig, da die Handschrift den Tod ^älivuhaua's in Kali 1443 setzt, seine Epoche aber, die 78 nach Chr. 6. beginnt, nicht von seinem Tode, sondern von seinem Siege über die ^aka datirt.

8) WiLSOW, Vishnu P. p. 468.

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man aber auf die Angabe eines Mannes bauen , der auf derselben Seite eben dieser Dynastie 137 oder 139 Jahre zuschreibt, ebenfalls aus den Purana ')?

Mit der zweiten Angabe^ der Buddhistischen, hat es folgende Bewandniss: die Buddhistischen Geschichten geben der Dynastie der 9 Xanda zusammen 22 Jahre "1; vor ihnen setzen sie eine Gesammtregierung von 10 Brüdern mit ebenso viel Jahren. Wir dürfen aber diese zwei Dynastien nicht zusammenrechnen, als wären sie nur eine; die voll- ständiger erhaltenen Buddhistischen Quellen halten sie aus einander. Ihre Zahlen haben aber hier noch geringeren

1) Ax. Res. IX, 87. Nach der ersten Angabe fügt er eine Stelle aus dem Brahmända Puräna an; ich setze die Worte her: the trords are these: .„Front the birih of Paricshit to Nanda (_I suppose his accession to the throne) there will be 1015 years; from Xanda to Pitloma and the Ändhras, 836 years." Nanda died 397 years B. C. and Puloma in the year 648, according to the annalsof China ; the difference is 975 years, instead of 836. If we suppose, that the 836 years are to be recJioned, from the end of the dynasty of Xanda, instead of the death of their progenitor , the numhers will agree perfectly tcell. This dynasty lasted, ei t her 137, or i39 y ears, according to the Puränas; tchich, added to 836, give exactly 970, the number of years required. Frei- lieb, wenn man in den Puräna liest, was man gerade braucht! 2) Mahävansa, cap. V. p. 21. „Kaläsoka hatte 10 Söhne, sie re- gierten zusammen 28 Jahre. Darauf folgten 9 Brüder, die nach der Reihe Könige wurden und 22 Jahre regierten." Diese letzten sind die 9 Nanda. Im Commentare zu der Stelle (s. bei Tüb- NOUR, infrod. p. XXXVin.) heisst es: „Käläsoka's Söhne waren 10 Brüder. Die Benennung 9 Nanda stammt daher, dass 9 von ihnen diese patronymische Benennung hatten.'^ Sie werden hier also mit den Söhnen des Käläsoka verwechselt. Im Dipavansa sind sie ganz ausgelassen. S. As.J. ofB. VII, 930. Die Barma- nisch-Buddhistische Geschichte setzt Bhadrasena, den Sohn Käläsoka's und 9 Brilder zusammen mit 22 Jahren, dann 9 Nanda mit 22 Jahren. S. As. Res. XX, p. 170.

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Werlh als die Bralimanischeii, weil sie offenbar zwei Reihen von Königen und ihre Jahre mit einander verwechseln.

Es ergiebt sich hieraus, dass die Annahme^ 1055 Jahre würden von Parixit bis auf die Regierung des Kandra- gupta gerechnet, einer sicheren Grundlage entbehrt. Eben- so unsicher ist die Zahl des Megasthenes selbst , die in doppelter Gestalt vorliegt, und die Annahme einer an die Spitze der Indischen Zeitrechnung gestellten grossen Pe- riode von 5000 Jahren. Ich glaube daher, dass die vor- geschlagene Erklärung der Nachricht des Megasthenes nicht genüge und wir nicht berechtigt seyen, auf diese ein so ganz von allen einheimischen Berichten abweichendes Sy- stem der Indischen Chronologie zu bauen.

Ich komme zur Zahl der Könige] da hier beide Angaben für 153 sprechen und die Variante 154 ohnehin keinen we- sentlichen Unterschied machte können wir die erste als die wirklich von Megasthenes überlieferte betrachten.

Hr. Dr. Benfey erklärt die Zahl der Könige auf fol- gende Weise. Erst werden 100 Könige angenommen für die Periode von 5000 Jahre , jeder mit einer Regierung von 50 Jahren; dann 28 mythische Könige ; dann eine Reihe historischer Könige, die 5 ^unaka (Pradjötaund 4 andere), 10 ^ai^unaga und 10 Nanda. Die historische Zeit fängt mit Pradjöta an, der 2 Jahre vor Buddha's Geburt zu re- gieren anfing. (S. S. 226—230.).

Wir wollen die zwei Punkte einzeln untersuchen j erst die Zahl der Könige, zweitens die Zeit des Pradjöta.

Eine Reihe von 100 Könige kommt nirgends in den Indischen Ueberlieferungen vor; die Wahrscheinlichkeit dieser Vermuthung steigt oder sinkt mit der vermulheten grossen Periode; dann muss auch die übrig bleibende Zahl der Könige 53 seyn, um sie zu rechtfertigen.

Die 5 ^unaka und 10 ^ai9unäga kommen so vor in den Brahmanischen Verzeichnissen der Könige von Magadha, es ist gegen sie nichts zu erinnern. Von den Nanda wer-

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de» aber nie in diesen Verzeichnissen 10 gezählt, nur 9^ hierin stimmen Buddhisten und Brahmanen H. Doch kommt auf diesen einen weniger hier nicht viel an. Die wich- lige Zahl ist hier die der 28 Könige^ die nicht in den In- dischen Verzeichnissen an dieser Stelle vorkommen, son- dern von Hrn. Dr. Benfey hieher gestellt werden. Die Indische Ueberlieferung setzt als Dynastie von Magadha, welche der der 9""*^**^ vorhergegangen , eine andere, Varhadratha genannt; sie zählt von ihr in Kalijuga 20 oder 21 Könijje, nur ein Puräna giebt 32 als Gesamral- zahl, ohne so vielXamon zu enthalten; kein einziges giebt 28'). Dagegen hat sie als Nachfolger der Pändava in Kalijuga eine Dynastie, die von Parixit 28 Könige enthält. Diese wird an die Stelle der gleichzeitigen Dvnastie von Magadha gesetzt; die Gründe sind folgende.

1. Die Buddhistischen Berichte kennen sie nicht und diese sind älter als die Brahmanischen. Trotz dieser be- stimmten Behauptung nehme ich mir die Freiheit zu glau- ben^ dass die Buddhistischen Verzeichnisse der Könige vor Buddha's Geburt nicht einmal den Werth der Brah- manischen haben , den nämlich , in einer spätem Zeit wirklich allgemein geltende Ueberlieferung gewesen zu seyu, und dass sie aus Brahmanischen Elementen mit vie- len Erdichtungen willkührlich erweitert worden sind. Ich brauche dieses hier aber nicht weiter zu verfolgen, da ich sogleich zeigen werde, dass die Buddhisten früher, als Hr. Dr. Benfey zugeben will, Könige in Magadha erwäh- nen, nur mit anderen Namen. Denn wenn zweitens be- hauptet wird, die Buddhistischen Berichte könnten unmög- lich der frühesten Dynastie erwähnen, weil sie erst das Reich von Magadha mit Nanda anfangen, so ist dem eut-

1) Daher Nava-Nanda, die 9 Nanda, Mahävansa, iMfrod.f.Lll.

woraus Turnour einen einzigen Namen macht. 8) Wilson, Vishnu P. p. -165

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gegenzustellen, dass sie es wirklich thun. Denn was ist Räg'agriha anders als das Reich von Magadha ? Wenn sie also Bhattija, Bimbasära und Ag'äta9atru 0 in Räg'agriha residiren lassen, so machen sie sie zu Königen von Ma- gadha. Wäre es nun auch sicher dass Nanda zuerst Pata- liputra zur Hauptstadt gemacht habe, so wäre das nur ein Wechsel der Residenz, wie der Dynastie und das Reich Magadha bestand schon früher. Wir haben aber auch hier einen anderen, und weit sichereren Bericht, den der Chine- sischen Pilger, die an Ort und Stelle waren, dass Kalä9Ök.a die Residenz nach Pataliputra verlegt habe 2). Es mag auch einmal die Residenz in Vai9äli gewesen seyn, wel- ches ja ganz nahe liegt; es kann nichts desto weniger Reich von Magadha heifsen, wenn die dort herrschende Dynastie Magadha beherrschte. Wenn nun unter den mythischen Dynastien der Buddhisten eine von Räg'agriha vorkommt, so ist auch hier nichts als Magadha gemeint. Sie geben ihr 25 Könige, der einzige Name, der bis jetzt bekannt geworden 3), ist Buddhadatta und offenbar Buddhistischer Erfindung. Ich muss endlich noch bekennen, dass ich schwach genug bin, dem Mahäbhärata zu glauben, dass es eine alte Dynastie von Magadha gab ; doch will ich hierauf keine Rücksicht nehmen, da Hr. Dr. Benfey sich bloss an die Buddhisten hält. Da diese wenigstens 25 Kö- nige (und wahrscheinlich noch mehr, da wir diese Ver- zeichnisse nicht im Zusammenhange kennen) in Räg'a- griha oder Magadha vor Bhattija anerkennen, so erlauben sie nicht, Bhattija unmittelbar auf die sogenannten 28 my- thischen Könige folgen zu lassen . Da Hr. Dr. Benfey eben hierauf das Hauptgewicht legt (S. 228.), brauche ich andere in seiner Beweisführung aufgestellte Gründe nicht zu erörtern. Es mag seyn, dass die 28 Könige, welche

1} Dipavansa, As. J. of B. VII, 087. und sonst.

8) Voe K, K. p. 386.

9) Dipavansa, a. a. O. p. 996.

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als Nachfolger des Parixit im Anfange des Kali stehen, mi^ den 2S zusammenhangen , welche die Buddhisten an den Anfang des jetzigen Weltalters stellen. Wenn wir die Einzelnheiten dieser zwei Reihen vergleichen-, zeigt sich deutlich, dass die Buddhisten sehr willkührlich ältere Ele- mente benutzt und umgestaltet haben. Sie beginnen mit einem ihnen allein zugehörigen ersten Könige Mahäsam- mata; unter seinen 28 Nachfolgern stehen Namen, die ursprünglich eine ganze andere Stelle hatten, wie Sagara, Bhagiratha, Bharata,die nach Ixvaku gehören; zu Sagara fügen sie einen erfundenen Sagaradeva hinzu. Andere Namen^ die ihnen auch eigen sind, verdoppeln sie durch Wiederholung mit Voransetzung des Wortes mahd oder gross. Von diesen 28 leiten sie nun eine ganze Menge von Dynastien ab, sie gelangen erst spät zu dem Ixvaku, mit welchem die Brahmanen das Sonnengeschlecht anfan- gen; diesem schicken sie sogar Aäma mit seinem Vater Da^aratha voraus. Dem Ixvaku geben sie noch 84,000 Nachfolger, ehe sie zu den unmittelbaren Vorfahren des Buddha gelangen ; zwischen dem Mahäsamraata und dem Ixvaku nehmen sie 252,539 Könige an *). Die Zahlen der Jahre stehen mit dieser Zahl der Könige im Verhältuiss. Die ganze ungeschlachte Erßndung soll dazu dienen, dem Buddha eine glänzende Abstammung zu geben. Wenn man hierin nicht eine willkührUchc masslose Erweiterung früher vorhandener Ueberlieferungen, und zwar Brahma- nischer, anerkennen will, wird die Kritik nie und nirgends eine nachweisen können. Die 28 Könige der Brahmanen gehören einer anderen Dynastie und haben andere Namen ; sie sieben im Anfange des jetzigen Juga, wie die Bud- dhistischen im Anfange des jetzigen Kalpa; wenn ein Zu- sammenhang statt findet, ist es sicher nur eine Entlehnung und die Buddhisten sind die entlehnenden. Es mag seyn,

1) Mahävania, Cap. II. Dipavanta, a. a. O. p. 995.

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wie Hr. Dr. Benfey vermuthet^ dass die Zahl 28 der Zahl der Naxatra entnommen sey; wenn dem aber so ist^ scheint es mir, dass die Folgerung, die aus dieser scharfsinnigen Vermuthnng für die Gültigkeit der zwei gleichzeitigen Königsreihen, der Nachfolger des Parixit und der ersten Dynastie von Älagadha, zu ziehen ist, gerade die um- gekehrte seyn muss. Die 28 Nachfolger des Parixit wür- den eher zu verdächtigen seyn, als die 20 oder 21 Kö- nige von Magadha, bei denen keine systematisch gewählte Zahl sich zeigt. Dafür, dass die letzteren auf einer äl- teren Ueberlieferung beruhen, spricht auch, dass bei ihnen in einigen Puräna die Dauer der einzelnen Regierungen angegeben wird ; ich will weder die Richtigkeit dieser Zah- len vertreten noch behaupten, dass die Zahl der Könige uns vollständig erhalten; ebenso wenig kann ich sie aber für rein erdichtet halten und glaube vielmehr, dass unter den verschiedenen Dynastien, welche in den Anfang des jetzigen Weltalters gesetzt werden, gerade diese noch am meisten Ansprüche auf Gültigkeit hat. Gerade weil das Reich von Magadha in der Zeit nach Alexander so bedeutend hervortrat, ist es am denkbarsten^ dass die frühe- ren Dynastien hier am sorgfältigsten aufbewahrt worden sind.

Ich kann nach dieser Erörterung die vorgeschlagene Aenderung, durch welche eine Dynastie von 28 Königen an die Spitze der Dynastien von Magadha statt der über- lieferten von 20 oder 21 gestellt werden soll, nicht für begründet halten und daher auch nicht glauben, dass eine genügende Erklärung für die von Megaslhenes angegebene Zaiil von Indischen Königen vor Kandragupta gefunden worden ist.

Ich komme endlich zu der Behauptung, dass die hi- storische Zeit der Indischen Geschichte 2 Jahre vor Bud- dha's Geburt oder mit dem Regierungsantritte des Königs Pradjöta auigefangen habe. Dieser wird mit dem Könige

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Bhattija^ unter dessen Regierung die Buddhisten die Ge- burt Buddha'S' setzen, identisch gemacht. Die Angabe über die Geburt des Buddha zwei Jahre nach dem Anfange des Pradjöta beruht auf eine Stelle des Bhägatalämrita, welche Sir William Jones mitgetheilt hat^). Ich übergehe die Gründe , mit welchen Ilr. Dr. Benfcy diese Xachricht stützen will^ da sie nichts beweisen können, sobald ge- zeigt wird, dass die Stelle nicht das enthalten kann, was Sir William Jones in ihr zu finden geglaubt hat. Dieses geht aus der folgenden Untersuchung sicher hervor,

Sir W^illiam Jones führt zwei Angaben aus dem be- zeichoeten Werke an ; eine Stelle im Original, welche er übersetzt: «er (Buddha) wurde sichtbar in dem 1002ten Jahre des Kalijuga;« dann eine, deren Inhalt er nur dahin angicbt, dass Buddha 2 Jahre nach der Staatsumwälzung, durch welchePradjöta zum Throne gelangte, gebohren seyn soll"). Pradjöta wird in allen Puräna und gewiss auch iu Bbägavatämrita, 1000 Jahre nach dem Kali gesetzt, also passt es, wenn Buddha 1002 nach dem Kali gebohren wird, dass er unter Pradjöta gebohren sey. Die Buddhisten

1) Ort the Chronology of the Hindus, in ^f. A««. II. oder Works, Yol. IV., 1. fgd. Ich führe aus der letztea Ausgabe an: s. p. 17. p. 36. Das BhägavatamriU wird beschrieben als ein metri- scher Commeatar zu dem Bhagavata Puräna. ^) Cm diese Erörterung verständlich zu machen, setze ich die iu Frage kommenden Dynastien her:

Brahmanische Angaben. Buddhistische.

1. Pradjöta, Sohn des ^unaka

4 Nachfolger 8. ^aif anäga ; ^i9uBäga Käkavarn'a Xemadharman

Xaträug'as Bhattija

Bimbasära Bimbasära

Agdta^atru Agäu?atru.

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setzen die Geburt unter Bimbasära's Vater, also sind Bhat- tija und Pradjota für dieselben zu halten.

Dieses wäre sehr richtigr , wenn das erwähnte Werk wirklich jene Angabe enthielte; die Worte sind aber diese:

d. h. »er wurde offenbar, als 2000 Jahre des Kali ver- flossen waren.« Sir W, Jones hat dvitaja Zweiheit, mit dvitija, der zweite, verwechselt ; wir wollen dem berühmten und um die Indischen Studien hochverdienten Manne das Versehen um so weniger anrechnen^ als er noch ganz ohne die Hülfsmittel arbeitete^ die uns jetzt zu Gebote stehen, üeber den Sinn der Stelle kann aber kein Zweifel seyn. Durch sie wird die andere Angabe, dass Buddha 2 Jahre nach Pradjota's Thronbesteigung gebohren unmöglich; das Bhägavatämrita kann Pradjota nicht zugleich 1000 Jahre nach dem Kalianfange oder 2101 vor Chr. G. und 2 Jahre vor 3101—2000 oder 1101+2 d. h. 1103 vor Chr. G. setzen. Es ist im Gegentheil die zweite Angabe gar nicht wörtUch da, sondern Jones leitet sie durch Rech- nung aus der übersetzten Stelle ab; Pradjota folgte 1000 nach dem Kali, Buddha war nach seiner Auslegung 1002 da- nach gebohren, also kam Pradjota 2 Jahre vor Buddha's Geburt zur Regierung» Es ist somit kein Grund vor- handen, die versuchte Gleichstellung der Könige Pradjota und Bhattija zu behaupten.

Dass eine Zeitrechnung nach Buddha'S Geburt und dazu bei Brahmancn sehr unwahrscheinlich sey, habe ich schon oben erwähnt. Ich muss im Gegentheil behaupten, dass die historische Zeitrechnung bei den Brahmanen mit dem Kalijuga oder Parixit und den gleichzeitigen Königen von Magadha anfing. Dass die jetzt vorkommenden Zahlen der Könige^ die Jahre der Dauer der einzelnen Regierun- gen wie der ganzen Dynastien geändert und zum Theil willkührlich bestimmt worden sind^ dass der Anfang des

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Kali zurückgeschoben worden ist, ist schon mehrfach dar- gethan worden.

Ich wende mich zuletzt zu den übrigen Angaben des Megasthenes. Seine ganze Darstellung ist diese.

Er stellt den Dionysos an die Spitze der Indischen Geschichte; die Inder hätten früher wie Wilde gelebt, ohne Städle und Tempel^ in Thierfelle oul Baumrinde gekleidet, von der Jagd und als Nomaden lebend ^) ; Dionysos habe sie besiegt, zuerst bei ihnen Städte gegründet und ihnen Gesetze gegeben, sie den Ackerbau und den Gebrauch des Pfluges und der Waffen gelehrt , die Verehrung anderer Götter und seiner selbst bei ihnen eingeführt. Dass diese Darstellung Megasthenes Werk sey, braucht wohl nicht weiter erwiesen zu werden; er geht darin so weit, auch die Einführung des Weines, der im eigentlichen Indien nicht wächst und nie im Gebrauch war, dem Dionysos zuzu- schreiben. Doch hat er wahrscheinlich Indische Ueberlie- ferungen über die Könige der Urzeit , des ersten Welt- aiters vor Augen gehabt; namentlich die Sagen vom Könige Prithu können verglichen werden. Dieses gehört aber nicht hieher, jedenfalls ist der Name Dionysos und die Ein- führung des gesitteten Lebens durch einen fremden Er- oberer 3(egastheues Zuthat.

Es heisst nun weiter'^): bei seinem Abffanffe aus In- dien habe Dionysos den Spatembas, einen seiner Genossen, zum Könige über die Inder bestellt j nach seinem Tode sey das Reich auf seinen Sohn Budyas (ßovdvag) überge- gangen; Spatembas habe 52, Budyas nur 20 Jahre regiert; ihm sey der Sohn Kradeyas gefolgt und von ihm an seyeu meistens in regelmässiger Folge Söhne auf \''äter ge- folgt; wenn die NachkommenschafL gefehlt habe^ seyeo nach dem Adel der Herkunft Könige eingesetzt worden.

1) Arr. Ind. VII, 2. fgd.

2) Ebend. VIII, 1. fgd.

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Es wird sodann sein Bericht über den Indischen He- rakles eingeschaltet, von dem die Inder behaupteten, er sey bei ihnen gebohren. Wir können diesen Theil übergehen; die Erwähnung *), er sey 13 Generationen später als Dio- nysos, stellt mit den übrigen Erwähnungen in keinem er- kennbaren Zusammenhange und trägt nichts zu ihrem Ver- ständnisse bei ; nur se0 erwähnt, dass ganz deutlich damit Krishna bezeichnet ist**).

1) IX, 10.

2") Dieses geht aus inclirern KrwähnuDgeu hervor. 1) Er werde vorzüglich von den Surascnern, durch deren Land der Jobare- floss und denen die grossen Städte Methora und Klisobora ge- hörten; es sind bekanntlich die ^ürasena, der Fluss Jainun:' und die Stadt Mathurä^ die schon in Mahilbhärata als ein Haupt- sitz des Krishna erscheint. 2) Er habe eine grosse Menge Krauen und Sohne gehabt; ihm werden {Vishnupiirän'a p. 4407 591.) 16100 Frauen und 180,000 Söhne gegeben. 3) Er solle nur eine Tochter, Pandaia, geiiabt haben, welcher er die Herr- schaft über das gleichnamige Land, in welchem sie auch ge- boren , hinterliess. Dieses findet sich nicht so in der Indischen Ueberlieferung, lässt sich aber aus ihr erklären. Der Name Pandaia muss Pändava sejn; die Schwester Krishuu's, Ar- g'una^s des Pauduiden Frau , gebährt den Abhimanju, dessen Sohne das grosse Reich zufällt, als alle Könige im grossen Kriege zu Grunde gegangen waren. Es scheint mir kaum zweifelhaft, dass dieses die Grundlage der Megasthenischen Darstellung sey. Nach der Indischen Sage hinterlässt Krishna keine Erben. 4) Er sey die Erde und das Meer durchzogen und habe alle Un- gethüme verfolgt (es ist zu lesen und zu interpungiren: ral xa~

&ä^avTa o, rt TieQ xay.ov xCvaSoi, iitv^eiv x. r. i.„ nicht : xaxov, *(-

yaiSo;), wobei er im Meere einen weiblichen Schmuck gefunden, den die Kaufleute noch zu Arrian's Zeit nach Griechenland brachten; er versteht darunter die Perlmuscheln. Es entspricht dieser Erzählung, die aber Erweiterungen erhalten hat, die Logende ( Vishnu P. p. ."^OS.) dass Krishna den im Meere und iu der Gestalt einer Seemuschel lebenden Kiesen Pank'ag'una getödtct und aus dessen Knochen seine Muschel gemacht habe. Die <^ankha oder Seemuschcln dienen auch als Fraueuschmuck.

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Meffasthenes hatte bei seinem Berichte sicher die Kö- lige von Palibolhra oder Magadha vor Augen ; wir müssen daher die Erklärung in den Angaben über die Anfänge der Dynastien dieses Reichs suchen. Die erste Dynastie vou Ufagadha im KaU wird abgeleitet vonKuru, einem derKö- lige von Hästinapura oder des Mondgcschlechts j in diesem etzen müssen wir den ersten Indischen König des Me- yasthenes suchen. Das Mondgeschlccht stammt nach der [ndischen Sage ab von dem Planeten Merkur oder BitJha, der mit der IIa, der Tochter des Manu, des ersten Gesetz- gebers und des Urvaters aller Königsgeschlechter , dea Purüravas, den ersten menschlichen Köui^: des Mondäne- schlechts, erzeugte. Da nun der Name Budhas und Budyas derselbe ist, ist die Annahme, dass Megasthenes mit seinem zweiten Indischen König den Budha meinte, nicht abzu- iveisen. Er konnte ihn den zweiten nennen^ weil dem ganzen Geschlechte ein früherer Stammvater, der gemeinschaft- liche der beiden grossen Königsgeschlechter, Manu, vor- anffestellt ward.

Ist dicRe Zusammenstellung, wie ich glaube, sicher, so Folgt, dass der zweite Name der des Pururaras seyn muss. Wir finden dafür Koadevag und selbst in dieser Form darf sr uns an unserer Erklärung nicht irremachen; denn wenn wrir uns dafür ursprünglich nQccQevag geschrieben denken^ babcn wir eine Gestalt des NamenSj welche der Indischea nahe genug steht und aus welcher leicht die jetzige Lesart entstehen konnte. Es ist hiebei zu erwähnen, dass für die Schrift Arriaus, in welcher diese Auszüge aus Megasthenes enthalten sind^ es noch an Vergleichung einer der besten Handschriften fehlt.

Es bleibt übrig zu sehen, ob der erste König der Mann der Inder seyn kann; denn diesen müssen wir an der Spitze der einen der zwei ältesten Indischen Dynastien finden, wenn wir glauben sollen, dass diese uns von Megasthenes acht überliefert worden ist. Der Manu, welcher an der

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Spitze der Indischen Königsgcschlechter steht, ist der sie- bente des Namens, der Sohn des Vivasvat oder der Sonne und daher Vaivasvata genannt. Es ist aber hiebei zu er- wägen, dass es ursprüngUch nur einen Manu gab, den Sohn des Brahma, des Schöpfers, dessen Demiurg er ist. Die Hymnen des Rigveda scheinen nur noch diesen einen zu kennen und es ist wohl nicht zu bezweifehi^ dass die Vor- stellung von 7 gewesenen Manu und 7 künftigen, wie sie jetzt gilt , erst mit der Theorie der grossen Perioden sich aus der des einzigen, ursprünglichen Manu entwickelt hat. Diesem ersten wird das Gesetzbuch gegeben und er ist der eigentliche Schöpfer. Sein unterscheidender Beiname ist Sväjambhuva und^ wenn man berücksichtigt, dass in diesem Namen zwei Laute sind, welche die Griechische Sprache zu Megasthenes Zeit längst nicht mehr kannte und das Alphabet nicht bezeichnen konnte, y und r,wird man kaum Bedenken tragen, ihn in Spatembas wiederzuerkennen. Me- gasthenes kann die verschiedenen Manu verwechselt oder nicht berücksichtigt haben ; es konnte auch zu der Zeit noch eine Ueberlieferung sich erhalten haben, nach welcher der erste Manu als Stammvater der noch regierenden Könige aufgestellt Avurde.

Ich halte mich nach dieser Auseinandersetzung für be- rechtigt zu behaupten, das zu Megasthenes Zeit die Dar- stellung der frühesten Indischen Geschichte ebenso begann, wie jetzt im Mahäbhärata und den Puränas. Die Ueber- cinstimmung in der Sache, die Aehnlichkeit der Namen sprechen dafür.

Es lässt sich noch eine Wahrnehmung an der Dar- stellung des Megasthenes machen; wenn er dem ersten Könige 52, dem zweiten 20 Jahre giebt, diese Könige aber göttliche und mythische Wesen der Inder sind, so ist kaum anders zu glauben, als dass die Inder ihnen entweder keine feste Dauer ihrer Regierung oder eine sehr grosse be- stimmten; die Jahre des Megasthenes erregen daher den

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Verdacht , willkührlich verändert oder erfunden worden zu seyn.

Eine zweite Stelle gibt eine andere wichtige Nach- richti^ng über die historischen Ueberlieferungen , welche zu Megasthenes Zeit in Indien galten. Sie ist leider lücken- haft^ doch ist ein Theil noch so erhalten, dass wir den wesentlichen Inhalt erkennen kön;ien.

Nachdem er die Zahl der Könige und der Jahre der Indischen Könige von Dionysos auf Sandrokottos in der früher erwähnten Weise angegeben, hatte er nach Arrian's Berichte folgendes hinzugefügt ^) :

Im Verlaufe dieser Zeit sey dreimal das All zur Un- abhängigkeit gekommen ; die Dauer dieser Unabhängig- keit sey einmal 300, ein anderes 120 Jahre gewesen. Es fehlt die Angabe über die Zahl der ersten dieser kürzeren Perioden.

Obwohl lückenhaft, lassen diese Worte noch klar er- kennen , dass nach der Darstellung, Avelche 3Iegasthenes erhielt und raittheilte, in der Vorzeit drei allgemeine grosse Umwälzungen der Dinge vorgekommen seyn sollten; die dadurch bewirkte Auflösung der früheren Zustände wurde nach Jahren in kürzeren Perioden bestimmt. Man kann über diesen Sinn im Allgemeinen nicht zweifelhaft seyn; eine nähere Bestimmung dessen, was Megasthenes unter dem Ausdrucke Freiheit oder Unabhängigkeit verstand, scheint in seiner oben erwähnten Bemerkung zu liegen^ dass mehrmals die regelmässige Nachfolge der Könige aufgehört habe und dann die vornehmsten als Könige ein-

1) Arr. Ind. IX, 9. Die Worte im Original sind diese: frta

Sty OVO xdi TtaaaqäxovTci xa'i t^axia^Cha' Iv St -coiiTousi rpl; »o näv €15 ei.£v^eqtt]v tjJv Se, xai e; TQiaxöata' Ttjy 3e,

tixoai Tt iittav xcu. ixaröv. Die Herausgeber bemerken, dass hier das Zeitwort zu llBv^tqCtjy und die erste Zahl fehle. Wahr- scheinlich fehlt aber auch eine nähere Bestimmung darübefi was unter iXtu&e^i^ zu verstehen sey.

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gesetzt worden seyeu. Er ineijite jedenfalls allgemeine Aenderungen der bestehenden Zustände.

Diese Darstellung stimmt nun so genau zu der noch allgemein geltenden Indischen, dass ich gestehe nicht ein- zusehen, wie diese in so wenigen Worten genauer wiederge- geben werden konnte, noch wie man diese Uebcreinstim- mung verkennen kann.

Wie jetzt, waren damals^ wenn die Lehre von den vier Weltaltern galt, drei Weltalter abgelaufen; Sandro- kottos lebte Avie Megasthencs im jetzigen Weltalter der Brahmanen. Wir kennen bei den Brahmanen keine andere Eintheilung der als historisch geltenden Zeiten und Dy- nastien als diese.

Die dreifache Wiederhohlung der Unabhängigkeit, deren Megasthenes gedacht , findet sich ebenso in der Indischen Ueberlieferung , als eine wiederhohlte Vernichtung aller herrschenden Königsgeschlechter, Auflösung des Bcstehen- i^en und Bildung einer neuen Periode. Die Gerechtigkeit und jede Tugend^ die Gesundheit, die Kraft und das Le- bensalter, der Segen der Werke, nehmen ab im Verhält- niss zu den Weltaltern und werden geringer, andere Ge- settze herrschen in jedem ; in Krita die Frömmigkeit , in Tirctä die Erkenntniss, das Opfer in Dvapara, in Kali bleibt mir die Freigebigkeit zurück ^). Es ist hier besonders aber dieses hervorzuheben, dass am Ende des Dvapara alle Kö- nilgc in dem grossen Kriege oder gleich nachher zu Grunde gehen; nur durch den wunderbar geretteten Pnrixit gewinnt das Geschlecht der Pändava eine künstliche Fortsetzung in 's neue Weltalter; die übrigen Familien, die aus der früheren Periode herstammen, gehen auch alle nachher aus. Ebenso tritt am Ende des driiten Weltalters eine solche allgemeine Vertilgung ein; Para^u Räraa vernichtet wie-

1) Manu, l, 81. fgd.

257

dcrhohlt alle Xatrijastärame und Könige ; nur wenige Nach- kömmlinge waren in verborgenen Zuflnchtsstätten auf %vunderbare Weise gerettet worden und wurden als Könige eingesetzt, weil das Unrecht mit der Herrenlosigkeit alles auf der Erde zu vertilgen drohte *). Weniger deutlich tritt eine solche allgemeine Vertilgung des frühem Zustandes am Ende des ersten Weltalters hervor, obwohl zwischen ihm und dem folgenden ein grosser und wesentlicher Un- terschied ist, da der ersten Zeit besonders die Begeben- heiten angehören, welche nicht menschlicher Art sind, die Thaten der Götter und Urväter, der Daitja und Dänava, dagegen mit dem zweiten Weltalter die für menschlich ge- haltenen ersten Könige zu regieren anfangen'*}.

Ist nun auch noch nicht klar, welches Ereigniss den Schluss des ersten Juga bildete, so tritt dieses ganz deut- lich am Ende der zwei folgenden hervor ; es tritt ein allge- meiner Sturz der Herrschaft^ eine allgemeine Unabhängigkeit von der königlichen Gewalt ein.

Es liegt in der Darstellung des Megasthenes enthalten, dass diese Auflösung der Zustände am Ende der grösseren Perioden eintrat; seine Zahlen sind für diese viel kleiner^ als die für die Dauer des regelmässigen Zustandes. Es trifft dieses genau mit der einheimischen Darstellung zu- sammen. Erinnern wir uns zuerst, dass am Ende wie am Anfange jedes Weltaltcrs eine kürzere Periode eintritt, durch welche das vorhergehende von dem folgenden geschie- den wird, eine sogenannte Dämmerung, auch Zwischenzeit oder Intervall genannt. Von der Vertilgung der Könige durch Para^iu Räma heisst es nun: j,'m der Zwischenzeit des Tretä und des Dväpara erschlug, von Zorn getrieben, Rama, die Zierde der Helden, oft die Königsgeschlechter."

1) Diese Erzählung ist am vollständigsten und äcbtesten im Ma- häbhärata enthalten, XII, Cap. 48, fgd.

2) S. Vishnu Pur. p. 397. not. 6. p. 360. u, sonst.

V. 17

258

Ebenso vom grossen Kriege: .,als die Zwischenzeit des Dväpara und Kali gekommen, war der Kampf der Kuru und Pändava in Samantapank aka'^^^.

So weit, glaube ich, sind wir im Stande die Nach- richten des Megasthenes genügend zu erläutern. Die Ein- theilung der ganzen Zeit in vier grosse Perioden, von de- nen drei verflossen waren; am Ende einer jeden ein grosses Ereigniss, durch welches der frühere Zustand der Dinge aufgelöst wurde; eine verhältnissmässig kürzere Dauer dieser Uebergänge: diese Darstellungsweise der für histo- risch gehaltenen Ueberlieferungen der Vorzeit herrschte damals schon in Indien und ist ihm mitgetheilt worden. Man leitete damals, wie jetzt, die älteste Dynastie von Magadha vom K' andravaiifa oder Mondgeschlechte ab und stellte Manu und Budha an die Spitze. Die Erklärung hat sich uns aus der einfachen Vergleichung der noch erhal- tenen Indischen Ueberlieferungen mit dem Berichte des Seleukidischen Gesandten ergeben, ohne die Nöthigung, an jenen etwas zu ändern.

Betrachten wir zuletzt die Zahlen, obwohl diese bei der Unsicherheit der wichtigsten unter ihnen uns wenig Aussicht auf Erfolg darbieten. Wenn es richtig is(^ dass seine Freiheitsperioden den Indischen Sandfijün^a entspre- chen, und nur die zweite und dritte Zahl erhalten sind, so bietet seine erste allerdings eine erwünschte Uebereinstim- mimg, da die Inder dafür 300 Götterjahre setzen, Mega- sthenes ebenso viele menscliHche; aber für die 200, die wir zunächst zu erwarten hätten, finden sich 120. Es wäro| leicht, hier eine falsche Lesart zuvermuthen; doch scheint mir dieses Verfahren nicht ralhsam, so lange es nicht aus andern Gründen sicher ist, dass Alegasthenes in seinen Zahlen Indische Götterjahre als menschliche gesetzt hat. Man könnte dieses auch aus seiner Gesammtzahlvcrmuthen

1) Mahäbh. I, V. 272. 288. Vol. \, p. 10. p. 11.

!^59

wollen. Da seine Zählung mit dem Grossvater des Pu- niravas anfangt, also waiirscheinlich mit dem Treta, hätten Vf'iT für das zweite und dritte Weltalter 6000 Jahre zu er- warten; denn so viel Götterjahre enthalten beide im Indischen Systeme. Dieses giebt aber einen viel zu nahen Anfang des Kalijuga, 42 oder 451 vor Kandragupta's Regierungs- antritt Ich verfolge diesen Gegenstand nicht welter, da ich kein 3Iittel weiss, ihn aufzuklären. Nur dieses ist klar, Megasthenes giebt nicht die grossen Zahlen der Inder 5 da- gegen hat er mehr Könige von Budha auf K'andragupta, als die Inder, welche nicht zwei Drittel seiner Zahl be- sitzen. Ich schliesse daraas, dass wir die alten Verzeich- nisse nicht unverkürzt vor uns haben.

Cim. L(AS>ssN.

i

XIII. Zup Theorie des Cloka.

Die genauere Untersuchung des epischen Versmasses der Inder hat zunächst den rein wissenschaftlichen Zweck , die Gesetze seiner Bildung und ihre metrischen Gründe aufzu- finden; daneben aber hat sie bei den ausgedehnten Massen und der zum Theil unbefriedigenden TextbeschaiFenheit der in ihm abgefassten Werke ein sehr grosses praktisches In- teresse für die Kritik, w^elche ohne .sichere Kenntniss des- selben einer wesentlichen Grundlage entbehrt. Die wissen- schaftliche Untersuchung ist vornämlich darauf gerichtet, welche Füsse in dem scheinbar so regellosen rQetruni mög- lich und warum sie möglich sind. Von diesem Gesichts- punkte aus hat Ewald in seiner 1827 erschienenen kleinen Schrift Veber einige Sanskritmetra aus unmittelbarer Be- obachtung des dichterischen Gebrauches eine die Sache in der That erschöpfende und unabänderliche Auseinanderset- zung gegeben. Für die Kritik hingegen, welche die Gesetze sucht , nach denen sie zu emendiren oder Lesarten zu wäh- len hat, herrscht das entgegengesetzte Interesse vor, zu wis- sen, ob ein Fuss unter gewissen Umständen oder unbedingt von den einzelnen Stellen des (j^loka ausgeschlossen ist; hier yt Gewissheit nöthig über manches Einzelne, über welches die Theorie ihr Endurthcil unbeschadet ihrer Richtigkeit im Grossen einstweilen noch offen lassen konnte. Und in die- ser Beziehung wird es von vorn herein nicht bloss lohnend,

i

261

sondern noth wendig erscheinen, vor allem Andern die Indi- schen Grammatiker zu befragen, deren genaue und auf einer viel breiteren Basis ruhende Beobachtungen man in jedem neuen Falle von Neuem schätzen lernt , und ihre Angaben an dem uns zu Gebote stehenden Material zu prüfen. Bis jetzt wenigstens ist die Frage nach der Möglichkeit oder Unm^lichkeit gewisser Rhythmen noch keineswegs abge- schlossen , vielmehr müssen die Beobachtungen in dieser Rücksicht noch lange forlgesetzt werden.

Die Resultate der Ewaldischen Untersuchungen waren : dass an der ersten Stelle alle Füsse erlaubt seyen, an der vierten nur der Dijambus ; dass an der dritten Stelle der Dijambus und der ihm metrisch gleichstehende dritte Epitrlt und an der zweiten Dijambus , dritter Epitrit , die beiden lonici und der dritte Paeon vermieden würden. Einige wi- derstrebende Verse aus dem Mahabhärata wurden sogleich durch Conjecturen beseitigt, welche sich nachher in der ver- hältnissmässig so guten Calcuttaer Ausgabe bestätigt gefun- den haben (Biig. III , 19. Sund. 1 , 9. b. Hid. IV , 23. , wo diese indess c äkarshatus hat , nicht c akrishatus) ; indess blieb noch immer eine gewisse Zahl derselben übrig , die bald darauf durch Ste>zlers fleissige Sammlungen im Brah- ma Vaiv. Pur. Spec. 1829. p. 9. noch vermehrt ward. Al- lein auch diese beruhen, wie die Calcuttaer Ausgabe zeigt, auf falschen Lesarten , welches im Eliuzeluen nachzuweisen nicht überflüssig ist.

Im vierten Fuss zunächst hat dieselbe in allen Fällen, wo Abweichungen angegeben sind, den reinen Dijambus. Der Vers Ram. I, 9, 33 (ich verdanke die Notiz der verschiede- nen handschriftlichen Lesarten Hrn. Lasse>'s gütiger Mitthei- lung) steht so allein in dem Ms. T. , das in dieser Erzäh- lung vom Rishyacringa viele neuere Zusätze hat (Praef. p. XLVI. LIV), und ist durch einfache Umsetzung des h leicht zu corrigiren.

Ijm dritten Fuss stehen ebenfalls die aus dem Mahäbha-

262

rata anAfeführten Beispiele in der Caicuttacr Ausgabe sämmt- lieh richtig. Von den aus dem Mmäyana genommenen müs- sen die folgenden wegfallen, in denen der anstössige Fuss entweder (vgl. Praef. p. LH) durch Zusammenschmelzung verschiedener Lesarten oder durch die Verbesserung einer zwar den richtigen Fuss darbietenden, aber falschen Lesart entstanden ist : I, 5, 6 ; 6, 4. 21 ; 9, 6 ; 13, 54 ; 2^ 16 ; 26, 20; 63, 28, wohin auch die nicht angeführte Stdle I, 3, 5 gehört. Vorläufig bleiben dagegen I, 9, 60, wo der gedruckte Text die Lesart aller Bengalischen Mss. bietet, so wie 48, 21 und 63, 1, wo sämmtliche verglichene Handschrif- ten der Commentatorenrecension übereinstimmen.

An der zweiten Stelle hat auch das Calcuttaer Mahä- bhärata Nal. 3, 13 den Dijambus; von diesem Verse wird un- ten die Rede seyn. Für den louicus a minori bleibt Indral. 5, 52 gültig; es wird sich zeigen, dass dieser Fuss gedul- det werden kann. Dagegen sind von den Beispielen aus dem Ramäyana I, 9, 16 und II, 16, 32 Druckfehler, die be- reits im zweiten Bande verbessert sind, und I, 54, 7 ist mit den Commentatoren die archaistische Form jp;^ zu lesen.

Die Form, welche die Indischen Grammatiker dem (^loka, bestimmt haben, lernt man aus drei verschiedenen Schriften kennen , nämlich aus Colebrooke's bekannter Abhandlung, Essays 11, 157 , aus Chezy's Thdorie du Sloka. Par. 1827. 8. und aus C. P. Brown A familiär analysis of Sanscrit ■prosody Lond. 1837. 8. Cukzy erzählt zwar von einem nom- bre prodtgieux d'exemples , einer quantile immense de vers, die er habe vergleichen müssen, um daraus die Theo- rie abzuleiten ; sein Schema stimmt indess ganz genau zu Colebrooke's etwas unbequem zu enträthselnden Regeln, und wenigstens können weder die damals gedruckten, noch auch die von ihm selbst herausgegebenen Texte zu dem nomhrc prodtgieux gehört haben, da diese eine andere Theorie ge- geben hatten, so wie z. B. Yag'nadatta 82 an der zweiten Stelle der von ihm verbotene Dijambus , das. 61 au der

dritten der erste Paeon steht. Bbows hat sein Schema von eiaem Brahmanen , wie es scheint , in Madras erhalten ; es ist indess kein anderes, als das Colebrookeische, zu dessen Elrklärung er es benutzen wollte. Alle drei stimmen daher mit einander ganz überein, nur hat, um dies gleich zu be- merken, CoLEBRooRE , wic CS scbeiot, nach einer andern Au- ctoi|;ität (er sagt : „5 or 7 species", ohne sich näher zu er- klären) für den zw eiten Fuss auch Dijambus, dritten Epitrit, zweiten Paeon und lonicus a majori zugegeben und fügt hinzu : „no instance occurs of w w ." Dies ist auffal- lend, da gerade vom lonicus a minori Beispiele vorkommen, nicht aber von den übrigen genannten Füssen , so dass es nahe liegt, hier irgend einen Fehler zu vermuthen.

Setzen wir die Angaben der einheimischen Metriker in unsere Ausdrücke um , so ergeben sich folgende einfache Regeln :

1) An der vierten Stello ist nur der Dijambus zu- lässig.

2) Ausgeschlossen sind an der zweiten und dritten Stelle der Dijambus und der ihm gleiche dritte Epitrit;

3) an der ersten und dritten die vier Füsse , welche dem choriambischen Rhythmus angehören: Choriambus, er- ster und vierter Paeon und Proceleusmaticus ;

4) an der zweiten Stelle die Füsse , welche mit zwei und mit nur zwei Kürzen beginnen und schliessen : lonicus a minori und dritter Paeon; lonicus a majori und zweiter Paeon.

Man sieht, wie genau diese Angaben hinsichtlich des Faktischen mit den von Ewald gefundenen Gesetzen über- einkommen ; sie fügen nur den allerdings sehr wichtigen Um- stand hinzu, dass auch an der ersten und dritten Stelle ge- wisse Füsse verboten seyen, und gewiss sind sie, bis auf das allerdings mögliche Vorkommen des lonicus a minori an der zweiten Stelle , vollkommen richtig , obschon ein gan2 befriedigender metrischer Grund für die Regeln 3. und 4.

264

sich nicht auf den ersten Blick zeigt, besonders da der lo- nicus a minori in dem längern episcJjen Metrum regelmässig an der Stelle eines , wie Ewald annahm und die Vedame- tren beweisen , ursprünglichen lambus erscheint. Erwägt man indess , dass das erste Bildungsgesetz des ^loka , die Eintönigkeit immer wiederkehrender lamben durch wider- streitende Rhythmen aufzuheben, nothwendig ein zweites zur Seite haben muss, welches diese Freiheit auf ihren Zweck beschränkt und die Ausartung in einen fremdartigen Rhyth- mus hindert , so hat vielleicht folgende Auffassung einige Wahrscheinlichkeit. Von dem iambischen Rhythmus sind am weitesten entfernt der choriambische und der ionische , und zwar letzterer noch mehr als ersterer ; näher steht wegen seines iambischen Anfanges der Antispast. Letzterer ist bei dem einfachen ^loka zu jenem Zweck ausreichend und so- gar der angemessenste , weil die Cäsur , vor der er steht, seinen Trochaeus scharf und stark gegen den Schlussiambus der andern Hälfte hervorliebt. Neben ihm wird der Chori- amb möglich, ist aber offenbar desshalb in viel beschränk- terem Gebrauch, weil er schon mehr vom iambischen Rhyth- mus abweicht. In dem längern Masse dagegen, in welchem der verunähnlichte Fuss nicht vor die Cäsur fällt , ist der Antispast dem lambus zu nahe, um anwendbar zu seyn, hier fordert das Ohr die stärker contrastirenden Rhythmen des Choriamb und des lonicus a minori. Ist der letztere hier nothwendig, so weicht er dagegen für den einfachen ^/loka vom lambus zu weit ab und findet sich daher nur äusserst selten angewendet. Noch mehr ist dies der Fall mit dem noch entfernteren lonicus a majori , den dazu seiner Fremd- artigkeit wegen das an den Grundrhythmus gewöhnte Ohr leicht als einen an der zweiten Stelle so entschieden verbo- tenen iambischen Takt J- -^ ^ auffassen könnte.

Es folgt ferner aus demselben Grundsatz, dass ein ent- fernterer und an einer Stelle gleichsam nur in zweiter Reihe zugelassener Rhythmus an den andern Stellen beschränkt

365

werden muss, damit nicht durch seine dann mügliche Wie- derholung ein fremdartiges Taktverhältniss länger fortge- setzt werde. Daher ist der choriambische Rhythmus von der ersten und dritten Stelle ausgeschlossen, weil drei oder auch nur zwei auf einander folgende Choriamben offenbar den iambischen Grundrhythmus aufheben würden. Die lo- nici, obschon von demselben weiter entfernt , können dage- gen an diesen Stellen, die nicht seine eigentlichen Triiger sind , stehen , wirken aber umgekehrt auf die zweite Stelle zurück, indem sie gewiss ihrerseits den principiell allerdings möglichen Gebrauch des lonicus a miuori gehindert haben. Die mehrmalige Wiederholung anderer Rhythmen übt keinen durchaus störenden Einfluss, doch ist sie selten, und nur von

drei Antispasten ^ sind die Beispiele hiluüg, weil bei

ihnen der lambus fortwährend durchklingt. Man sehe Ragh. I, 18. 75. IV, 1. 3. 12. 30. X, 28. 56. 78. XII, 56. 81. 95. 97. 101. XV, 73. XVIII, 47. 62. Rum. II, 41. 45. VI, 7. u. a. Wenn sich hieraus zeigt, dass die Bestimmungen der Indischen Metriker keineswegs willkührlich, sondern aus dem Wesen der Rhythmen begreiflich sind , so ist ferner zu un- tersuchen , in wie weit sie dem w irklichen Gebrauch der Dichter entsprechen. Um hierbei sicher zu gehen, darf mau, so scheint es, Texte, die von Europäischen Kritikern bereits unter gewissen metrischen Voraussetzungen recensirt sind, eben so wenig zu Grunde legen , als die Auctorität einzel- ner , wenn auch verhältnissmässig guter Handschriften von variantenreichen Werken , wie Ramäyana und Mahäbhärata. Man hat sich vielmehr zunächst nur an Werke zu halten, welche uns schon aus Indien in einem im Ganzen festen Texte überkommen sind , wohin vom älteren Stile unter an- dern Manu , vom neueren die von alten Commentatoren be- handelten Kunstgedichte gehören. Eine solche Untersuchung wurde, um beide Stilarten zu berücksichtigen , an der Bha- gavadgitä und an den beiden Kalidäseischen Epen nach Mal- linätha's Rccension, wie sie in Stenzler's Ausgaben vorliegt,

angestellt. Die erstere enthält 645 epische ^loka, also 1290 ' Halbcloka, die beiden letzteren zusammen deren 706, d. i. 1412 einzelne Verse, die als solche gezählt werden müssen, da sich zwischen dem ersten und zweiten Halbcloka nicht der mindeste wesentliche ünterscliied zeigt.

An der ersten Stelle bestätigen sie die Angabe der In- der vollkommen , da kein von diesen ausgeschlossener Fuss auch nur ein einziges Mal darin vorkommt. *). Das Ver- ■^ hältniss der übrigen Füsse ist im Kum. und Ragh. folgen- des : Zweiter Epitrit 175 ; Dispondeus 141 ; lonicus a min. 138; Dijambus 133; erster Epitrit 123; dritter Epitrit 116; vierter Epitrit 110 ; Ditrochaeus 107 ; dritter Paeon 104 ; Ion. a maj. 96; Antispast 86; zweiter Paeon 83. Oder diese Fasse nach den Rhythmen geordnet : w :=: 282 ;

i=: 251; —^ —249; ^ -^——242;

209; -w w 179. Die auffallende Gleichheit dieser Zah- len , zwischen denen der grösste Unterschied der von 2 zu 3 ist, darf nicht für zufällig gelten , und zeigt andererseits, dass durchaus ein inneres Gesetz die choriambischen Rhyth- men ausschliessen muss.

Ganz auf dieselbe Weise zeigt sich an der dritten Stelle kein Beispiel eines der sechs unstatthaften Fiisse , und das Zahlenverhältniss der Rhythmen bleibt ziemlich genau das- selbe, nur dass hier der Antispast den lonicus a minor! et- was überwiegt. Zweiter Epitrit 205; Dispondeus 187; vier- , ter Epitrit 152; Ion. a maj. 148; Ion. a min. 146; Ditro- chaeus 143; Antispast 135; erster Epitr. 120; dritter Paeon 97; zweiter Paeon 80. Oder vielmehr «— ±1 348;

*) In Beziehung auf Cuim's Schema hat Stbnzlbr a. a. O. drei

Beispiele des Clioriambus und vierten Paeon aus dem RämA-

yana beigebracht. Aber auch hier fallen I, 9 , 17 und 34 aus

oben angegebenen Gründen weg nnd 13, 31 ist Bengalische

' iiesart, wofür bei den Commcntaloren ein richtiger Fuss steht.

267

^339; ^ 255; >- w_ ^ 243; ^—ww

228.

An der zweifen Stelle endlich erscheint der ausgeschlos- Ncue lonicus a minori Bhg. II '16 nnd Kum. II 18. Bei wei- tem überM'iegend ist die Zahl der Antispaste und ersten Epi- trite ; sie beträgt in der Bhagavado^ita 1142, in den beiden Kunstgedichten 1293 (Antispast 409, erster Epitrit 884). Die übrigen theilen sich so , dass der choriambische Rhythmus am häufigsten und bei Kälidasa fast aussch liessend er^iciut ; denn der Dispondeus, der an sich kein Rhythmus ist, geht hier wohl nur vom Antispast aus.

1.

Chor.

Bhg.

31

Paeon 4.

52

Paeon 1. ')

4

Proc. 2)

8

2.

Ditroch. ^)

6

Epitr. 2. ")

24

3.

Dispond.

12

Epitr. 4.

10

95

30

Kai. 28 - 43

72

«« 33/

^ - «1«

An dieser Stelle zeigt sich zuerst ein Unterschied zwi- schen dem älteren und zwischen dem späteren Kunst-Stil, wel- cher offenbar die seltenern Füsse Ditrochaeus , Epitr. 2. , Paeon 1. und Proceleusmaticus mit Absicht vermeidet und sich ihrer so einzeln bedient, dass er dadurch gleichsam nur sein Recht auf sie scheint behaupten zu wollen.

Für den kritischen Gebrauch ergiebt sich aus dem Bis- herigen Folgendes. Der Jonicus a minori an der zweiten Stelle , von dem auch sonst einzelne sichere Beispiele vor-

1) Bhg. VI 26. VII 19. XIV 9. 15.

2) Bhg. III 5. VI 10. IX 26. XI 10. XIV. 5. XVIII. 23. 37. 38. Eagh. X 8

3) Bhg. II. 61. m 7. 37. VII 17. XIV 10- XV 9.

4) Kum. VI 73.

268

kommen, wie Manu I 53. II 85. IX 101 (Westergaard Radd. p. 293 not.), ist unanstössig, wenn die Lesart sonst sicher ist. üeber das wirkliche Vorkommen der übrigen unter 3. und 4. ausgeschlossenen Füsse sind zunächst noch ausge- dehntere Beobachtungen nach den Stilgattungen nöthig; je- denfalls wird man sie nur auf die beste handschriftliche Auctorität stehen lassen können. Dagegen scheint es , als ob Dijambus und dritter Epitrit an der zweiten und dritten Stelle nie zu dulden seyen, denn diese greifen in das oberste Bildungsgesetz des ^loka ein , durch welches er sich aus dem iambischen Tetrameter und im Gegensatz zu diesem entwickelte, so dass sein Wesen als eines neuen selbststän- digen Metrums erst in dem Gegenschlag anderer Rhythmen gegen den lambus des Schlusses beruht. Einen diesem Ge- setz widerstrebenden Fall wird man ohne Bedenken für eine Corruption halten dürfen und meistens Mird die Emendation nahe liegen. Wenn z. B. an der obigen Stelle Nal 3 , 13

>w/ S_/

der zweite Fuss iva prabhäm lautet (die Colebrookeische Re- gel Essays II 71, dass pr, hr, br, kr zuweilen keine Posi- tion machen , wird man , ehe eine Bestätigung dafür beige- bracht ist, nicht anwenden können, obschon sie in einem sol- chen Fall im Anfang eines neuen Wortes nach Analogie der Lateinischen Prosodie noch am ehesten denkbar wird), so ist gewiss iva vibhäm oder vielleicht, den Schriftzügen nä- her , iva ^ubhäm zu corrigiren und anzunehmen , dass der seltenere substantivische Gebrauch von ^ubhä jenes prabhä als Glosse in den Text gebracht hat. Wenn Manu IX, 48

bis jetzt ohne Variante im dritten Fuss mahishyag'ävikäsuc'a gelesen wird, so liegt die Vermuthung, es müsse mahisTiägä hcisscn , um so näher , je leichter jene Lesart aus der Re- flexion entstanden seyn kann, dass dem Sinne nach das Fe- mininum erfordert M'erdc, einer Reflexion, welche übersah, dass in dem vorhergehenden analogen Wort ebenfalls das allgemeine Masculinum ushtra stehe.

209

Nicht ganz klar ist es, worauf die fernere Angabc der Grammatiker (Brown S. 6) sich beziehe, dass sich in eini- gen Thfeilen der Veden , Gesetzbücher und älteren Puranen einzelne nicht mit jenem Schema zu vereinigende Verse fän- den, die als ärsha und unabhängig von prosodischcn Gesez- zen betrachtet würden , wie dieses auch bei andern Metren geschehe. Zum Theil mögen sie hier die altern Gestalten des Cloka im Auge gehabt haben; aber die Erwähnung der Gesetzbücher und Puranen kann wohl nur auf Licenzen in dem eigentlichen epischen ^loka hindeuten , der Art etwa, wie die beiden zuletzt angeführten Beispiele sind, bei denen allerdings noch immer die Mögfichheit eines alten Textfeh- lers am leichtesten zu vermuthen und in solchem Fall jeder einzelne Vers für sich zu betrachten ist. Oder endlich kön- nen noch gewisse vereinzelte, dem Schema nicht entspre- chende Verse gemeint seyn, deren sich allerdings finden und die mit Recht ärsha heissen würden. Dahin gehört zunächst, dass der erste Fuss gesetzmässig auch fünfsilbig sein kann. Diese Erscheinung ist meines Wissens, eine kurze und nicht ganz genaue Erwähnung bei Westergaard Radd. p. 173 ausgenommen , noch nicht besprochen , und es wird daher nöthig sein , da sie nur durch Induction erwiesen werden kann , eine hinreichende Zahl von Beispielen , die aus dem Mahäbhärata leicht noch vermehrt werden könnte, zugleich mit Angabe der bekannt gewordenen Varianten herzusetzen.

g'anameg'ayas- ya rag'arshe: MB. I, 9

Der IName G'anameg'aya so : MB. I 20. 97. 303. 1012.

1058. 1196. 1596. 1598. 1623. 2041. 2073. 2093. 2126.

2190. 2203. 2214. 2217. 3740. 3742. 3744. abhisäryatnä- nam anicam I 1221. aparäg'ito g'yotikacc'a I 1558. aditir ditir danu : kälä I 2520. aparag'ita : > panditakl) I 2736. ' abhishektuka- mam nripatim I 3.518.

bnlavat sapat- natam atra I 4040. aparäg'Ita: kundacjiyi I 4549. upapäclltam narais tatra I 4997. abhivadaya- mähe brahman I 5166. aiiugamyamä- no gandharvais I 7912, anagiyaraä- no gandharvais I 7913. upaniyamä- nam yaktamc'a II 1331. upagiyamä- na närihhir II 2027. abhivädaye tväm cirasä Indral. V, 20. Bopp*

abhiväde in der Calc. Ausg. III 1836. caranägatam c'a tyag'ela III 10566. caranägatä- smi te deva HI 10941. upag'ivanam kim svid asya III 17356. upag'ivanam c'a parg'anyo III 17357. purasham tvida- mm vyakhyähi III. 17404, amitaug ase tathogräya V 75. . aparäg'ito nishädacca V 84. 9aranagatä- smi te brahman V 382. caranägatam na tyag'eyam V 383.

Bei Holtzmann olme Variante aus dem Pariser Ms. vrishalipatir dvig'o ya9ca V 1345. abliivadayan- ti bhavatim V 3228. arunodaye pradrifyante VI 63. parimandalas tayor madhye VI 204. tanulomake- cada9anäm Manu III 10.

taavoshlhakecadacanam Ms. V, VI, VII bei Loiseleur. cacakürmayos tu raänsena Man. IH 270.

Ms. Dev. lässt tu aus. prapitamahans tathadityän Man. III. 284.

prapitämahäncc'adityan. Ms. Dev. bei Loiseleur. Aelmlicii hat die zweite Caicuttaer Ausgabe tu für tathä. da9alaxanä- ni dharmasya Man. VI. 93.

dacalaxauakam dharniain. Ms. Dev. mritavastrabhrit svanaryasu Man. X 35.

Oder inritav^strabliritsu nurtslni Calc. 2.

Dagegen inritavastrasvanar;yfisu. Ms. Dev.

271

avakirnivar- gam cuddhyartbam Man. XI 117.

avakirne vrate ciidiiyet Ms. Bomb, und avakimica cuddbyar- tham Ms. Wili. vishayopase- c'ag'asram Man. XII 32. caraaagatas- ya bhagavan Kam. I, 60, 26 Gorres. ag'itcndriyo 'smiti bhricam Räm. I, 66, 19 Gorr.

Beide Stellea so in allen Bengalischen Mss. Gorresio p. LXXVI.

Kritisch , um dies zu bevorworten, wird sich gegen den grössten Theil dieser Beispiele nichts ausrichten lassen. Die Diction derselben ist so einfach uud nothwendig, dass sie dem Sinne nach keiner Emendation bedürfen und nur eine sehr gewaltsame zulassen. Die angeführten Variauten sind, wo der Sinn nicht ganz derselbe bleibt , schlechter als der Text ; sie sind äusserlich namentlich bei Manu sehr wenig beglaubigt und tragen alle zu sehr den Stempel absichtli- cher metrischer Emendation , als dass sie nicht selber das höhere Alter der Texteslesart verrathen sollten.

In allen diesen Beispielen erscheint der fünfsilbige Fuss, I der übrigens auf die Wahl der Füsse in der zweiten Stelle I gar keinen Eiufluss übt, in der Form ^ ^ w ^ welche sichtlich auf den viersilbigen Grundfuss ^ zurück- geht. Es zeigt sich darin der erste Ansatz zu einer noch freiereu Ausbildung des Cloka, und es ist in der Natur der Sache begründet, dass diese zunächst an dem ersten Fusse als dem freiesten Statt finden und dass sie von dem iambi- schen Grundfusse ausgehn musste. Sehr ähnlich ist es, wenn in dem längeren epischen Metrum ebenfalls der erste Fuss fünfsilbig wird (Ewald a. a. 0. S. 18) , ohne dass es je- doch dort , so wie in diesem, nothwendig geworden wäre mit der fünften Silbe das Wort zu schliessen. Dem Wesen nach kommt die Umsetzung des Fusses indess mehr mit je- ner andern Erscheinung in dem zweiten Metrum überein, nach welcher für den lonicus der zweiten Stelle ^ auch www gesetzt wird (Eavald S. 17). Diese Auf- lösung der Länge in zwei Kürzen bringt jedoch etwas der

272

Natur des Cloka, der die Silben zählt, Fremdes hinein, und es ist desshalb in der Ordnung-, dass eine solche Freiheit nur in ihren Anfängen geblieben ist , während sie im zweiten Metrum seines lyrischen Charakters wegen sich mehr aus- breiten konnte. Wie aber die Indischen Schreiber bemüht ge- wesen sind, die Unregelmässigkeit allmählich wegzuschaffen, zeigen die obigen Varianten, und es steht zu vermuthen, dass dadurch aus dem Rämäyana und Mahäbhärata bereits eine grössere ursprüngliche Zahl vertilgt ist.

Von andern Formen kommen dagegen nur sehr selten einzelne Beispiele vor ; ich kann deren bloss ZAvei, die sicher scheinen, angeben, nämlich

dacacrotrlya- samo räg'ä MB. I 1722.

^ ' ^^

uttaräyanam c'a kramaco Man. VI, 10.

turäyanamc'a kramaco Ms. Dev.

Auch diese Füsse lassen sich einigcrmasscn auf den Rhythmus des lambus zurückführen, da die Arsis auf der dritten Silbe bleibt und stark genug ist , die Verlängerung der einen vorhergehenden Kürze möglich zu machen.

Ausser diesen giebt es ferner eine Reihe von ^lokcn mit neunsilbigem ersten Päda, welche sich nicht leicht den bisherigen beizählen lassen , sondern in denen eine Auflö- sung des zweiten Fusses Statt zu finden scheint. Während nämlich die vier ersten Silben die regelmässigen Füsse zei- gen und zum grösseren Theil so reich an Längen sind, dass in ihnen nicht an Auflösung gedacht werden kann, erschei- nen die fünf letzten regelmässig in der Form '-' ^ ^ ^, und so auffallend dies ist, und höchstens in dem erM'ähnten ( Verhältniss des zweiten Fusses in dem längern Metrum eine Analogie findet, so wird man sich doch kaum erwehren kön- nen, hier eine Auflösung des Autispast, als des nächsten Fus- ses der zweiten Stelle, anzuerkennen.

V9

na tat cakyam nivartayitum MB. I 3855.

panvädat kharo bhavali Man. II, 201, »•

paribhoktä krimir bhavati Man. 11 201, b. kenasvit ^ro- triyo bhavati MB. III 17332 »• cratena cro- triyo bhavati ib. 17333 »• dhritya dviti- yavän bhavati ib. 17333 *>. klm nu hitvä priyo bhavati ib. 17362 *•

manam hitvä priyo bhavati ib, 17363 ■• kirn DU bitvä .rthavan bhavati ib. 17362 b. kämam hitvä -rthavan bhavati ib. 17363 b- maanän na sa manir bhavati MB. V 1680. aväc'ya: kas- yac'id bhavati MB. V 3318.

Einmal erscheint an einer Stelle , wo der Parallelismus der Verse die Lesart zu sichern scheint, vor diesem ein an- derer, von dem obigen Schema ganz abweichender funfsil- biger Fuss :

kenasvid dviti- yavan bhavati MB. III. 17332 b- Ferner fünf kurze Silben nach vier langen:

kimsvit svapnan na nimishati MB. III 10648. kimsvit suptam na nimishati MB. III 17436. Endlich erwähne ich noch folgendes Verses :

cruddham pitribhyo na dadäti MB. V 1005.

der sich auf keine der obigen Weisen rechtfertigen lässt uad

dahingestellt bleiben mag*), während den übrigen wohl die

*) Man könnte statt daddti lesen dadjdt, obschou die umstehenden Verse in demselben Sinn den Indicativ haben, aber dergleichen rein metrische Conjecturen sind gefährlich, da gemeiniglich die . Corruption ganz anderswo zu liegen pflegt und sie die Entste- hung der falschen Lesart nicht erklären.

V. 18

274

Anerkennung nicht zu versagen ist. Auffallend ist es^ dass in fast allen fünfsilbigen zweiten Füssen das Wort bhavati steht; man könnte zu der Annahme einer zweisilbigen Aus- sprache desselben versucht seyn , falls sich diese noch aus einem andern Grunde wahrscheinlich machen Hesse. Aber im Manu und Mahäbhärata wird das schwerlich möglich seyn ; es ist undenkbar, dass einerseits zweierlei Formen so neben einander im Gebrauch gewesen, dass sie z. B. Manu 201 a. und b. je zweimal unmittelbar zusammengestellt wer- den konnten, und dass andererseits davon ausser diesem spe- ciellen Fall gar keine Spuren geblieben seyn sollten. Für die Vedasprache lässt sich allerdings aus den Imperativformen irn und ^h für irsfrr und vt^rrt RigV. 94, 12. 106, 2 auch auf eine entsprechende Indicativform schliessen ; allein in dem gedruckten Theile finden sich nur die Formen uö(^ 17, b. 28,1. 55,4. 95,1 und iTsnf^ 113,10, und dadurch wird die obige Annahme wenigstens vorläufig noch zweifel- hafter.

Mit Recht, ist oben gesagt, könnten dies^ Abweichun- gen von dem regelmässigen Schema , wie es die Indischen Metriker aufstellen , als ärsha betrachtet werden : denn in der That sind es Reste einer früheren, freieren Gestalt des ^loka, die vornämlich im Mahabhäräta um so leichter vor- kommen können , als dieses so viele eigenthümlichc Stücke enthält , die nach Form und Inhalt unbestreitbar ein bedeu- tend höheres Alter haben müssen, als der eigentliche Stamm des Epos. Diese ältere Gestalt des ^loka findet sich in den vier gedruckten Upanishaden , deren Text , soweit bis jetzt ein Urtheil darüber möglich ist, ebenfalls in einer im Allge- meinen ganz treuen Weise überliefert scheint. In folgender Beschreibung ihrer metrischen Verhältnisse *) , so weit sie

*) Cime näheres Eingehen erwähnt sind sie bei WiudiscfatDanu Saul(,ara p. 61.

275

den Cloka betreifen, citire ich die Seiten des Poleyschen Ab- drucks und nur bei der Icä Up. die Verszahlen.

An der ersten Stelle findet sich der Choriarab einigemal, z. B. 9,15. 11,16. 155,14, der erste Paeon 15,9 (?) , und ausserdem folgende fünfsilbige Füsse:

abhayam titir- shatam param 10, 7. pranavo dhanu: ^aro hyätmä 04, 11.

pratibodhavi- ditam matam 15(3, 12. , yad idam kimc'a g agat sarvam 17, 2.

evam tvayi nän- yalheto'sti Icä 2 b (falls hlet nicht ilas

zu streichen ist.)

Auch an der dritten Stelle finden sich einzeln die miss- liebigen Füsse Dijambus 15, 8. Ick 2 b; Choriambus 11, 16; erster Paeon 14, 3. lonicus a majori Ica 11, a. (wo getrennt zu sprechen ist: tad veda ubhayam sa ha).

An der zweiten Stelle treten auch hier in überwiegen- der Mehrzahl die Füsse des epischen Masses hervor : Auti- spast und erster Epitrit 96 mal ; Choriamb 7, erster Paeon 4, vierter Paeon 2 , Proceleusmaticus 2 mal ; vierter Epitrit 7 mal, Dispondeus 2 mal, Ditrochaeus einmal (92, 8). Dane- ben aber finden sich die verbotenen Füsse und fünfsilbige '-' •— ^ ~^ in nicht unbeträchtlicher Menge , so dass sie zusanunengerechnet den sechsten Theil .sämmtlicher ^loken ausmachen, und zwar folgender Gestalt:

Dijambus. mrityar yasyo- pasec'anam 10, 2.: abhayam titir- shatam param 10, 7. yatacc'ode- ti sürHo 13, 11. indriyebhya: param mano 17, 12. avig'n'anam vig'änatam 156, 11. pratibodhavi- ditam matam 156, 12. täte bhiiya i- va te tamo Icu 9 b, 12 b.

276

Dritter Epitrit.

ya: setur i- g'änän''^äm 10,2. tarn deva: sar- ve arpitus 13, 12. anyad evä- hur vidyayä 19a 10, a vidyämc'a a- vidyarac'a yas Ica 11, »• anyad evä- hu: sambhaväd Ica 13 a.

Zweiter Paeon. evam muner vig änata 14 , 8. anushthäya na ^oc'ati 14, 9. buddhicc'ana vic'eshtati 18, 2. yac'c'axushä na pacyati 115, 16. tat tvam pushann- apävrinu Ica 15 b. krato smara kritam smara I9U 17, b.

Dritter Paeon.

yadeveha tad amutra 13 , 13. yacc'hrotrena na 9rinotI 156, 2. andham tama: pravicanti I^u 9a j 12 a.

lonicus a majori»

nirityo sa mrit- yum gac'c'hati 13, 16. yat'präncna na präniti 156, 4. tad eg'ati tannaig'ati 19a 5 a.

Fünfsilbig w w w yas tu vlg'nä- navun bhavati 10,14, 11,4. yas tvavigna- navän hhavatl 10,12. 11,4.*) apramattas tadä bhavati 18, 5. atha martyo nirlto bhavati 18, 11. 13«

avyaktät tu para; purusho 17, 13.

Ausser diesem Beispiele findet sich eine Reihe von sol- chen, welche nicht unter obige Kategorien fallen und die da-

*) Es sieht zwar, weil ein Vokal folgt , bhavaly da , aber wegfn des parallelen vorbergelieudeu Verses inuss wohl bhavati ge- sprochen werden. Derselbe Fall ist bei 18, 11.

277

her einzeln zu behandeln sind. Einige unter diesen künnca leicht auf kritiscHfem Wege in ein regelmässiges Mass ge- bracht werden. Wenn bei IcA 5a:

tad eg'ati tannalg'ati lad dure tad antike im zweiten Päda eine Silbe fehlt, so ist gewiss die Lesart in dem Abdruck in Carey's Grammatik tad düre taddh'yan- tike die richtige. Wenn umgekehrt bei Icä 10 a:

anyad evähur vidyayä anyad evähur avidyajä

eine Silbe zuviel ist, so lässt gewiss richtig eine Londoner Handschrift , deren von Rosen ausgezogene Varianten Hr. Lassen mir mittheilt, das zweite 'eva aus. Der Vers

kham vayur g'yotir äpas prithivi vicvasya dharini 93,2

wird durch einfache Umstellung der Worte äpas und prithivi richtig. Der erste Pada:

sthänam anasamyanti 15, 9 ist gewiss mit der Form iyanti von ^ samiyanti zu lesen, und dies zu den obigen Beispielen des dritten Paeon an der zweiten Stelle zu zählen. Für den scheinbar ganz wilden Vers:

sasyam Iva martya: pac'yate sasyam iväg'ayale puna: 1, 15 ergiebt sich ein zulässiges J\1ass (mit drittem Epitrit an zwei- ter Stelle), w enn man beide Male iva durch das vergleichende na ersetzt. In

uttishthata g agrata prapya varan nibodhata 11, 16

hat gewiss ursprünglich die alte Form g'ägratana (Rosen ad RV. pag. 37) , die auch sonst in diesen üpanishaden vor- kommt, gestanden, undi

g'anam utmani maliatl nlyac'c'het tad yac'c'liet ^änta

ätmani 11, 15

würde metrisch verbessert, wenn, was freilich seine Schwie- rigkeit hat, entweder das erste ätmani oder uiyac'c'het feh- len könnte.

Ein Vers hat eine Silbe zu wenig und scheint diese nicht

278

durch Auflösung eines Halbvokals gewinnen zu können, nämlich : 't

ya: sarvag'n'a: sarvavid yasya g'n'Snamayam tapas 92, 7. Zahlreicher sind die Fälle mit überzähligen Silben, von denen einer sie an erster Stelle hat:

parusha evedara ylcvam karma tapo brabma paramritam

93, 16 ; ferner fünf an dritter Stelle :

yas tvavig'n/unavän bhavaty ayuktena ma- nasu sadS 10, 12

mrityo sa mrityum apnoti ya iha näne- va pacyati 13, 14. 16.

yathodakam caddhe 9uddham äsiktam tadrigeva bhavati 14, 7

lad eva brahma tvara viddhi nedam yad idam upäsate

155, 13. 15; 156,1.3.5.

v_/ <.— ' v»/ ,

ifävusyam idam sarvara yat kimc'a g'agat'yäm g'agat

und endlich folgender an der ersten , während zugleich in der letzten eine andere Schwierigkeit ist :

täte bhüya i- va te tamo ya u Vidyayäm rata: Icä 9b,

WO analog dem correspondirenden Verse

tato bbüya iva te tamo ya u sambhut'yiim rata: 19a 12 Ij

vidyäy^äm zu sprechen seyn möchte ; wenigstens scheint diese Auflösung des ä auch ausser dem Genitiv Plur. z. B. in mätä RigV. 89, 4; in m4 114, 8 b nothwendig zu seyn. Bin sicheres Urtheil über die zuletzt angeführten Verse scheint allerdings noch nicht möglich , während es schwer ist , sie metrisch gelten zu lassen und namentlich auch an der dritten Stelle einen fünfsilbigen Fuss anzunehmen. Eis ist möglich, dass die Lesarten unrichtig sind, und wer glaubt emendiren zu müssen, würde vielleicht in dem Vers ladcva das zweite idam streichen und na idam scandiren ; für ff'a- yali/äm, analog der Form ffidiä für tfuiiäyäm (Rosen ad Rig\'.

279

pag. 21) ein g'agati vermuthen ; oder , was die wenigste Schwierigkeit haben möchte, in den Versen purusha (hier mit Streichung des eva), mrityo und iato bhüya die Vokale trotz des ursprünglichen Visarga zusammenziehen. Möglich ist aber auch , dass der Verfasser , um gar nichts von der Fassung seines Gedankens zu opfern, den ohnehin hier viel loserem Vers geradezu aufgegeben habe und dass diese Verse oder Halbverse als* Prosa zu betrachten seyen. Diese Ansicht drängt sich auf, wenn man wahrnimmt, dass der Ausdruck vieler der obigen Steifen uebenstehendeu Versen , zu denen sie einen Gegensatz enthalten , mit sorgfältiger Genauigkeit nachgebildet ist, so dass es offenbar dem Verfasser darauf ankam, die Antithese nicht durch veränderten Ausdruck oder veränderte Wortstellung zu schwächen. Z. B. das obige

yas tvavig'o'änavun bbavaty ayuktena manasä sadä verdankt, wie in die Augen fällt, seinen dritten fünfsilbigen Fuss lediglich dem Gegensatz gegen den in unmittelbarer Nähe stehenden ganz regelrechten Vers

yastu vig'DuDavan bbavati yuktena manasä sadä.

Lässt man aber diesen Erklärungsgrund hier gelten, so muss er es auch für einige jener statthafteren Licenzen, z. B. die Päonen und den Epitrit im zweiten Fusse, welche aus p. 155. 156 oben angeführt sind.

Wie dem aber auch seyn möge, dieser Stellen sind zn wenige, als dass sie die Auifassung des metrischen Verhält- nisses der Upauishaden im Ganzen hinderten. Man kann vielmehr danach die Geschichte des Cloka mit ziemlicher Sicherheit verfolgen , und drei wesentlich unterschiedene Pe- rioden seiner Ausbildung erkennen. Die erste von diesen repräsentiren uns die Hymnen des Rigveda, in welchen sich die Entwicklung des Cloka aus dem iambischen Dimeter und der Anfang des Rhythmenwechsels zeigt, während das ent- schiedene Vorherrschen des Dijambus au der zweiten Stelle das charakteristische Merkmal dieser Stufe bleibt. In dem

280

ZM'eiten Stadium, dem der Upanishaden, ist der Gegenschlag des zweiten und beschränkter des dritten Fusses schon ganz vollständig zu dem schönen System, wie es in den Epen er- scheint , ausgebildet ; zugleich aber sind die später ausge- schlossenen in den Vedahymnen unbedenklichen Füsse noch gültig, wenn auch selten, und der Bildungstrieb ist so mäch- tig, dass er selbst anfängt über den dem Princip nach streng begränzten Umfang der Silbenzahl hinauszugehn und fünf- silbige Rhythmen zu schaffen. Die dritte Stufe ist die des epischen Cloka im engern Sinne; hier hat ein feineres rhyth- misches Gefühl auf gewisse Füsse als störende verzichtet und die Freiheit auf eine durch die Natur des Metrums vor- gezeichnete Gränze wieder beschränkt. Auch diese Be- schränkung hat ihren historischen Verlauf gehabt , der sich noch deutlich in dem Unterschiede des Cloka des alten epi- schen und des Kunst-Stiles ausprägt. In jenem finden wir noch den fünfsilbigen Fuss an zwei Stellen in einiger An- wendung, der bei den Kunstdichtern bis etwa auf einen oder andern absichtlichen Fall aufhört ; in diesem ist eine noch weiter gehende Beschränkung des zweiten Fusses auf den antispastischen und choriambischen Rhythmus nicht zu ver- kennen. Der Geschichte der indischen Metrik im Grossen, so weit wir sie kennen, ist dieser Bildungsgang vollkommen angemessen und er würde sich an einigen Metren auch im Einzelnen ähnlich nachweisen oder wenigstens wahrschein- i lieh machen lassen. j

J. GlLDESIEISTER. j

281

XIV.

Aus DscIiaiuPs Diivao«

/ Was ich hier gebe, ist ein kleiner, und vielleicht ein erster Theil von reichlichen Auszügen, die ich bereits im Jahre 1831 gemacht aus einer Handschrift der Gotha'- Bchen Bibliothek, die sehr schön und correct geschrieben ist, aber übel erhalten, vieles darin verwischt, verblasst und verschmutzt. Die erste Lage enthält lange Gedichte über Sultan Husein's Bauten, wovon hier nichts benutzt ist. Was ich abschrieb und übersetzte, hat mir natürlich far den Augenblick selbst gefallen ; doch habe ich neben manchem Spielenden auch einiges Abgeschmackte nicht fehlen lassen wollen, wenn auch nur um zu zeigen, wie die Anmuth Persischer Rede auch dieses erträglich und einigermassen angenehm machen kann.

Fr. Rueckert.

Anin. Um den Persischen Vers, den so viele duppelzeitige Sylben I äusserst schwankend machen, zu sichern und zu erleichtern, ist 1) das Jäi Idbäfet überall bezeichnet;

8) dasselbe, wo es metrisch lang, mit senkrechtem Kesra^ nach Analogie des senkrechten Fatha^ zu bezeichnen ver-

su-ht ; z. B. ic^A Q^ äni meni, - « o - und ^g^ .•^\

äni meni u - (du bist der meinige);

3) vor dem vokalischen He der Endsilbe, wo es metrisch lang, zuweilen ein senkrechtes Fatha gesetzt; z. B. lOL

I bade, «^b (bade Wein)

4) vor dem ^ (und), wo es lang, zuweilen ein Dham- ma; eben so vorjj' (du);

18»

282 I

^- ... o ...

^JOui\ ^^bj ^L> y t6^ ^t ^jjir

•^^^^ j_5^Ls (_f^j-=* vi;^*^ *:?-^^ i)^

8ü>ji' (3^^ lA'jj' i3U> (3^ -•♦^■^^

8.i *^f>-ic vi;^tj fc^^jl^ jtXir^ cl« Qi^V^oJ

5) das Elif des Anfangs, wo es durch Positiod den vorherge-- henden Endbuchstaben lang macht, ist tiberall mit Uauisa bu-j

zeichnet t j eben so das Medd^ wofür jedoch, da die Ein- richtung der Typen beide Zeichen -/.u conibiniren nicht cr-^ laubte, nach der Orthographie einzelner Arabischer Manu' Scripte z. B. des der Liauiasa ein doppeltes Elif geset

Ist; z. B. ^^\) Jyif bcwed 'an u , hingegen q! C)j

283

I. Dsehaml's lilebe.

Nie von rosemvangiger Cypresscn Anuiuth^ Dschami^

schweig^ Denn -du bist in diesem Garten wie die Lilie zun-

geureich.

Frisch vom Thau der Anmuth seh* ich deine Wang*

umschwommen ;

Eben aus dem Beet, o Rose, scheinest du zu

kommen.

Der Schönheit Kaftan legte die Ros' an wohlbe- flissen ;

Da sah sie deinen Liebreiz, und hat ihr Kleid zer- rissen.

Wandle durch den Garten ! denn was dort die Knospe

still gehegt, Hat die Rose dir zum Opfer auf die Schale nun

gelegt.

bewed an u u -. Eber so unterschieden ist ...!t J

büd 'an - o -, von ^ C>yi büd an . «) das'Oj-j::^^ ^^ü ist, wo es unterscheidende Flexion, ünität des Nomens, und Optativ des Verbums ist, nach der Hindo-

o

stanischen Schreibweise, mit j^ zu bezeichnen gewagt

worden, z. B. (^^ büde (er wörde »eyn) neben ^_5<^

budi (du wärest) j ^jüi jeke (einer) neben ^^^ jeki (Einheit).

284

•> 1:

-öi (jÄ-fcJ vi>s.>. ^•♦.Ä-o j^ »i' iV''^-' '■^*^

»Li ^LÄ j^ tV^^^ -./♦^Jiv* .•♦•i^^ior *i^

285

Soviel Herzen sind gefangen; und wie lang noch

um die AVangen

Legst du Locken Schling' an Schling", und Geflechte

IMns an Rinsf!

Wo deiner Locken Wallen du dalilngchst auf

der Flur^ Wird Verliebte sicher leiten Moschusduft auf deine

Spur.

Von deiner Hand traf Dschami's Herz im Busen

dieser Schmerz !

Eh ihm das Herz abhanden kommt ^ leg' ihm die

Hand aufs Herz!

Wenn nach Tagen deine Wang* ich wieder seh' vor

meinem Aug, Hindert mich am Sehen Augenwasser bald^ bald

Seufzer auch.

Nach dir aus Sehnsucht weinend ging ich zu Cy-

press und Palme ;

Wohl hält sich, wer in's Wasser fiel, an jedem

schwachen Halme.

\, Ist'S der dunkle Flaum des Bartes, deine süsse

Lipp' umgebend? Oder sind's Ameisen wimmelnd, mit dem Fuss «"»

Honig kl^'bend?

um

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■5*^ J^ O^*^ ^^ C^^^^ 7*** "^ 8'^l>gJ

297

Zwei türkische Wildjäger sind die Augen dein^ die

schlafen^ Und auf dem Kissen neben sich den Bogen liegen

haben.

Selbst beneiden sich die Augen deiner Wangen

Weide: Heimlich vor einander blicken sie auf dich all

beide.

Gärtner^ lass allein im Garten mich nicht ohne Lieb- chen gehn ;

Herbst den Frühlingsblumen bringen möchte meiner

Seufzer Wehn.

Ich Spiegel von der Wohlgestalt des Freunds muss

das versagen,

Rostflecke von unreinen Hauchs Vertraulichkeit zu

traffen.

Jeder will nach seinem Herzgelüsten was für sich

von dir. Alle diese sind Schmarotzer^ ich begehre dich von

dir.

Du fragst: wen wählst du, Dschami, vom Heer der

Schönen, sprich !

Da ich ein Auge habe^ wen wählt' ich wohl als

dich.

288

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289

Jede Nacht im Finstern lausch' ich unter Fenster \

und Balkon,* Dass ich^ wenn ein Wort du redest, höre deiuer

Stimme Ton.

Dschami^ da du doch zum Käufer nimmer taugst

für jene, O was hilft dir Gold und Silber blasser Wans*

und Thräne!

Gott ! krause nicht die Brauen ! genug , o schönes

Kind, Dass tausendfach gekräuselt schon deine Locken

sind.

Beim Staube deiuer Füsse! des Lebensquelles

Fluth Erquickt nicht so wie deines Lippenrubines

Gluth. f

Die Veilchen des Bartflnumes, g^

Um acht Rosenparadiese geh ich nicht ein Zweig- lein hin

Dieser V^ellchen, die dir spros^sen an der Seite vom

Jasmin.

Die Silberbarren der Arme.

Schenk' etwas einem Bettler! zwei Silberbarren

fein Trägst du iii deinen Aermelu an beiden Armen

dein. V. 19

290

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(11

291

In den Klaff des Herzens kamst du durch des Au- ges lichten Schein ;

Offen war die Thür, du kamst zum Fenster wie

der Mond herein.

O Reh des Moschusduftes, zur Wüste wor- den ist

Die Stadt; sag au, warum du aufs Land gegan- gen bist?

Entseelt dahin sank Dschami bei deines Abschieds

Hast ;

O Seelchen , sprich , warum du den Leib verlassen

hast !

Ach^ was eine Kerze bist du, dass du helle Nie willst machen eines Armen Kumraerzelle I

Hier^ Liebchen, steht zu Dienste mein Herz^ mein

Auge dortj Mishagt es dir am einen, kehr' ein am andern

Ort.

Niemals Rücksicht nalnucst du auf meinen Wunsch,

den stillen, Oder wenn du's thatcst, thatest du*s nur aus

Muth willen.

Am Morgen geht nach einem Geschäfte je- der aus^

Und Dschami steht m Thräneu, bis du trittst aus

dem Haus.

'292

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iLö tSr4>^3 (^I-^'SV^'^ JÜÄSJ O^y* iC^'^^

u^ji^ ^ rV^ >»' 15^ -y^ ^>-^^ ij'

-X*M.j^S^ .L\>.l»bj (.5«^^ ''—?• ^— ?^^b'

293

Kein Ruhebett verlang' ich, o wohl mir jede

Nacht,

Im Staube deiner Schwellen auf hartem Pfühl ver- wacht !

Du .schnallst den Gurt zum Unheil^ und ziehst des

Blickes Schwert ;

Siegsbeute dir I dein Streifzug, auf wen ist er

«rekehrt ?

Wie lange soll ich streifen das Gässleiu ab

und zu? Frag' doch einmal: was machst du dahier? wen

suchest duY

Dürft' auf deiner Schwell' ich als ein Hünd-

<i- IPv. lein wachen,

Vorrang einem Engel würd' ich geben kaum. Eine Lust ich hätte, dass zu meinem Herzen Dräng' ein Pfeil, der lag' in deines Köchers

' Raum.

* -

Wenn Dschami bei deinem Reitknecht Guade

fände, Ging', Deck' auf dem Rücken , er in deinem

Zaum.

Und willst du meineu Gruss mit keinem Dank

vergelten, So thu doch wenigstens den Mund auf, um zu

schelten.

294

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295

Heil dem Auge, das da fällt zuerst auf deine

Wangen

Morgens, wenn vor's Haus du trittst mit tausend- fachem Pranaren.

Wie sollt' ich ihn besitzen? genüge wenn einst

ich nur, Zu Staub geworden, küsse von seinem Fuss die

Spur. Die Fiebergluth der Liebe , die mir im Herzen

schwillt, Der Heiltrank ist im Becher des Todes, der sie

stillt. Einst wo nach allen Seiten weht meinen Staub

die Luft, An jedem Stäubchen finden wird man der Treue

Duft. Mit Blut darauf geschrieben wird seyn der Tren- nung Weh, Wo ich aus meinem Staube hervor als Blume geh.

Ich höre, dass mit Bücken du nach einem Schönen

jagst,

Von einem Tulpenwangigen ein Mal am Herzen

trägst.

O thu es nicht, o thu es nicht, da du ein rei- zeud Heer

Von schwärmenden VerUebten hast um dich so viel

du magst.

Da du in deinem Spiegel kannst dein eigen Ant- litz sehn,

O sprich, wie du mit einem Blick nach andrer

Schönheit fragst !

296

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297

Allah, Allah ! wie zart und fein du bist ! Welches Herzweh und Seelenpein du bist!

Ich an Thorheit bin so gethan wie du weisst^ Seit gethan so an Zauberein du bist.

Deine Wang' hebt aus Lockenhainen sich so Dass ein Neid jedem Rosenhain du bist.

Durch Rubingluth der feuchten Lipp* im Ring Aller Schönheit der Mittelstein du bist.

Dir geweiht ist mein Leben; sprich, o warum Nur geneigt mich dem Tod zu weihn du bist!

In die Sehnsucht des Munds versunken, o Herz, Eine Ameis' im Honigwein du bist.

An den Mund denkst du stets und an die Gestalt, Dschami, drum so gew^andt und fein du bist.

Du bist einen Kuss mir schuldig; wird's geschehn

niemaien,

Dass ich sehe deine Lippen ihre Schuld be- zahlen ?

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In der Liebe Pensum trog mein Herz den Preis

davon, ^ Weil ich repetirte lebenslang die Lection.

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299

Welch' Heil kaim er dir bringen, der Prediger der

Sladt,

Der, seinen Text auslegend, nur auskramt Flitter- staat !

Alle Schöpfungssonnenstäubchen Seiner Schönheit

Spiegel, Jeder Spiegel trägt von Seiner Wang' ein andres

Siegel.

Der du hältst wie mich in jeder Wildniss einen

Geistesirren !

Dessen Wangenlicht die Himmel Schmetterlingen

gleich umflirren!

Jakobs Kummer ist ein Stäubchen nur von meiner

Kummerzähre ;

Ehie Fabel ist vor deiner Schönheit Jusufs Wuu-

dermähre.

Wir verlangen unser baares Leben nicht um un- sertwegen,

Sondern nur als Liebesbettler es auf deinen Weg

zu legen.

Ist uns Haus und Hof verödet, Dank dass durch

das Glück der Liebe

An des Jammergaues Enden uns ein Kummerhäus- chen bliebe !

Herzberaubten ist kein Weg zu schwelgen im

Palast der Lüste ;

Unser sei hinfort die Treimung und ein Winkel in

der Wüste

Dschami, der von einem Schlucke Liebes weh ent- seelt gesunken,

Weh, wenn ihm vom Schenken nun das volle Mass

wird zugetrunken!

300

iöl»r vmth'ji'l

tJiycS jO (^]y>- Q^-^ ^y^^

-miYi

;l ,• 1

30t

So mit Armen möcht' ich deine Mitt' umfassen, Dass inmitten keinem Haar sei Raum gelassen.

O geh vorbei an Dschamis Haupt ! er hat Lust anzubeten^ wo dein Fiiss auftrat.

Heute Perl" um Perle \vein' ich meinem Gram, Weil die einzige Perle mir ans den Augen kam.

Hochgewachsen zwar ist die Cypresse dieser

Flur, Doch vor seinem Wüchse scheint sie mittel-

mässig nur.

Sag' nicht von jenem Schalk, es sei ein Kind

einfältig ; Es weiss uro einen Kuss dir Ausfhlchl' hundert-

fälüg.

Fremd ward idi in Collegium und Universität,

Indem mein Hauptbedürfniss nun nach der Schenke

geht,

Der Schwall von Wissensdünkel giebt keinen Lust»

geschmack ;

Willkommen Schall der Flöten und trunkner Scha- bernack !

Befrag nicht den Stadtdoctor um Liebchens Schön-

heitsflamm,

Die kaum mit hundert Zungen auslegen kann ihr

Kamm,

302

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303

Wo ist der Bundesbrecher, der Schenk? er komme,

dass Ich ihm den frommen Trödel verkauf* um ein paar

Mass ! Von Liebe sing und sage I denn keine Sage scholl Lieblich wie Lieb' in diesem Gewölbe sagenvoll. Verbrenne deiner Mühen Befiederung und Schwing', Und ruhe deiner Kerze zu Fuss, o Schmetterling! Vom Leibesdiener suche Herzengeheimniss nicht. Denn nicht in jeder Muschel ist einer Perle Licht.

Dem Schönheitsreiter fallen will ich in den Zaum,

den kecken ; Geh' es ihm Anlass, dass er mich die Peitsche

lasse schmecken I

Sieh hier mein Herz, das blutige, Türk hold und

kühn von Leibe I

Wenn etwa für dein Pfeilespiel du suchest eine

Scheibe.

Was könnte jener Schwelle an dir, o Dschami,

liegen,

Da hundert solche Bettler an jeder Schwelle

liefen !

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O Gott, was kann der Anlass seyn, dass sich ein

Fürst der Herzen

Mit einem armen Mann wie mir herablässt so zu

scherzen I

304

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307

Lerne Gott aus Gott erkennen^ aus Vernunft nicht

und Beweisen;

Braucht es Fackel oder Kerze um die Sonne dir

zu weisen?

Komm, Schenke^ da den Becher nun in den Hän- den hält

Im Garten die Narzisse^ die Tulipan' im Feld.

Laut liest vom Blatt der Rose die Nachtigall ein

Wort,

Was hundert Commentaren schwer auszulegen

fäUt.

Du dessen Weh zu tausend Malen Das Herz mir schlug mit tausend Maalen ! Könnt' ich wünschen^ um zu tragen deine Pein, Einen Leib mir, wie dein Herz, von Kieselstein!

Um meines Aug's Schlaflosigkeit, muthwillig Kind,

daferne Du sie nicht kennst, fr SLg' eines Nachts den Mond

nur und die Sterne.

Mit einem Streich nicht möcht' ich von ihm ge-

tödtet seyn; Zwei, dreimal will ich kosten die Wonne dieser

Pein.

Zum Mond in jeder Nacht dringt mein Ach Gott!

empor;

Wie, Mond, dringt es einmal, ach Gott, zu dei- nem Ohr?

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308

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309

Wo ist der Liebe Wohnung, und wo der Busse

Zell?

O diese Zell' ist dunkel^ und jene Wohnung

hell

Wo ist der Busse Trinkort, der Läebe Gast- mahl wo*?

Dort ein Brack wassertümpfel , hier ein SQsswas-

serquell.

Du bist das Schwarz' im Auge in Augen aller Welt j Was schadet's deiner Farbe, wenn sie in's Dunkle ^llt ?

O Schad* und Weh, dass Dschami im Missjahr der

Entbehrung

Umkam und nicht erlebte die Ernte der Ge- währung.

Verschieb nicht, mich zu tödten, aufs nächste

Morgenroth ; Wer weiss , wer nächsten Morgen am Leben ist

oder todt !

Sonst war ich nicht zufrieden selbst mit dir um-

zugehn. Nun bin ich schon zufrieden dich nur von ferne

zu sehn.

Ich bin die Frühlingswolke, du bist der Rosen- strauch ;

Es ist mein Amt zu w«inen, zu lachen dein

Gebrauch.

Ein Mond von fünfzehn Jährcheu brach Dschami's

Fingerband, Und nahm den fünfzig] ähr'gen Ertrag ihm aus der

Hand.

310

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311

Vom schlechten Nachwuchs dieser Zeit darf kein

Geschrei dich rühren ; Lass dich von Kalbsgeblöcke nicht, wie Samiri, '* verfuhren !

Ein Strom von Seelen fliesst im Gau des

Stolzen ; Soviel Verlieble sind um ihn zerschmolzen.

Wer dich zierlich sieht den Mailleschlagel heben, Möcht' als Ball dazu den eignen Kopf dir geben.

Spornstreichs flieg' ich, aber jagend hinterher Folgt und überholt mich deiner Reize Heer.

Zu Fusse kam des Wegs der Schah der Schönen, Das Röckiein knapp, das Mützchen schief gesetzt;

Um Liebende zu tödten, Blick und Braue Gespannt als Bogen und als Pfeil gewetzt.

Zum Kuss des Bodens drängte sich die Menge, Wo auf den Boden er den Fuss gesetzt ;

Und meine Thräneu, die nie still stehn können, Still Stauden sie vor ihm im Staube jetzt.

312

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313

Nicht Mensch noch Engel fasst sein Lob zusammen ; Gewiss von Mond und Sonne muss er stammen.

Fragt nicht das Loos, welch' andrer ihn soll

lieben ! Auf Dschami's Namen ist dies Loos geschrieben.

Entflohen ist mein Moschushirsch^ o weh, <• Entwichen mir^ das ich geUebt, das Reh.

Um Gott^ gieb Kunde mlr^ o Morgenwind^ Wo meines Rehes Weideplätze sind!

Aussagen kann ich nicht^ was mir geschehn. Seit ich nicht mehr den holden Mond gesehn.

Die Leute sehn's an meiner blut'gen Thrän'^ Ob ich nicht klage üchou, was mir geschehn.

Stet« in Erwartung rieht' ich früh und spat Das Ohr aufs Thor, das Auge auf den Pfad'.

Zum Leicheuhemde deiner Locken Duft

Nahm er in's Grab, süss dufte Dschami's Grufll

Minder Werth als Nichts erkennst du Dschami'n zu; Niemand kannte besser seinen Werth als du.

314

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313

O Herzchen, wenu Verliebte du mit einem Blick

bedenkestj Dass da mir aus zwei Augen nur ein halbes Biick-

chen schenkest!

Das schwarze Fleckchen das du siehst im Grüb- chen an dem Kinne,

Ein Mohrenbab' ist's, in die Grub' gefallen aus

Leichtsinne.

Nicht am Tubabaume drüben werd* ich deinen Wuchs

vergessen ; Kann ein Gra-shahn dich ersetzen, schönste wan-

dehider Cypresseu ?

Komm und ruh* in diesem Herzen^ obschon eine

enffe Derwischklause Raum nicht hat für emcs Schahs

Gepränge.

Falle Dschami's Haupt in Staub von deinem Fuss, Weil es doch dem Staub einmal verfallen muss!

Dschami konnte nicht durch eignen FleLss vom

Liebsten Kund' erlangen ;

O Genossenschaft der Freunde^ lasset ihn die Kund'

empfangen!

Ich wandelte beständig den Weg der Gnade ; Da sah ich dich am Wege, und kam vom Pfade.

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314

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315

O Schönheitsbild; das mir das schönste gilt, Gebildet hat dich Gott nach seinem Bild.

Der Gottschau Spiegel ist dein Angesicht; O gieb^s des Selbstbespieglers BUckcn nicht!

Nein Gott^ der Spiegel und das Bild bist du; Den AVahn der Zwdiheit, lass ihn hier nicht zu!

Geschieden ist das Bild vom Spiegel nie; Du bist in ihm enthalten ; glaub und sich !

Wer nicht im Geist der Einheit Faden fand. Dies Rälhsel ist unlösbar seiner Hand.

Ein Faden ist; doch tausend Knoten sind; Wer löst des Fadens Knoten all ffeschwind?

Wer; wie Dschami, von Knoten war umstrickt; Heil ihm; wenn er des Fadens End' erblickt !

Woher immer eintritt jener Mond mit offenem

Wangenlicht;

Wird mir sichtbar das Geheimniss: das ist Got- tes Angesicht.

Die Vollendung ew'ger Schönheit hat mein Aug* in

ihm erblickt;

Ob er fest sich strickt den Gürtel oder schief die

Haube rückt.

316

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Knecht der Anrauth seines Waiidelns bin ich , die

den Pilgersniaun Bald zum rechten Wege bringen , bald vom Weg

abbringen kann. Dass mein Flehn auf seinem Wege liegt^ was nützt

es, da sich doch^ Unter seinen Fuss zu blicken^ trägt der Stolze viel

zu hoch. Rechn', o Scheich^ nicht Götzenliebe Herzensmän-

uern an als Fehl ! Des Verliebten, des Geweihten Heimlichkeit ist Gott

kein Uchl. Liebeskunde^ die da Urkund' ewger Herrschaft ist^

wie nun Sollt' ein Mann im Doctorkragen sie mit Worten

kurz abthun? Seinen Freund im Fremden sehen, das ist Dschami's

Tränke^ ja ! Was ist hier denn fremde? nichts im Dasein als

nur Er ist da.

Das edle Leben geht dahin, wir nehmens nicht in

Acht, Und keinen anderen Ertrag als Kummer hat's

gebracht.

Dass wir des Monds Gefährten siud^ was haben

wir davou^ Wemi wir ihm weiter kommen ab auf jeder

Station !

Tubabauiu dein Wuchs, die Lippe Kauthers Brunn^

Huris die Wangen ;

Wird der Paradiesesgarten . nur von deinen Reizen

prangen ?

318

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319

Dschami; g«eb dir nicht vergebne Müh mit Rede- zauberei I

Jene zauberische Schönheit ist von deinem Zauber

frei.

Wenn dich auf des Hauses Dache sieht der Mond,

der nächtlich wache,

Macht ihn vor Besrhämunor bleich deine Wanjre

sonnenirleich.

Auf deinem AntUtz ist zu sehn der ew'gcn Schön- heit Feier^

Wo nicht als eine Scheidewand dazwischen tritt

der Schleier.

Wer bin ich denn, um meinen Kuss auf seinen Fuss

zu drücken? 0 möge den Steigbügel ihm zu küssen mir nur

glücken !

Wenn seine Lippe Perlen streut^ werd' ich von

Kopf zu Fuss,

Der Muschel gleich, ganz Ohr, um einzusaugen

seinen Gruss.

Gott, nach seinem Wangenmonde lass mir diese

Lust vergehn,

Oder gieb einmal in jeder Woche mir ihn doch

zu sehn!

Soll ich zum Entsagungsgaue wieder wandeln, da

o Leiden, Liebchens anmuthvolles Wandeln doch mir wird

den Weg abschneiden !

320

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Die Welt ist hell mir aufgethan von dir, Die Schöpfung eine Rosenbahn von dir.

Ob Vollmond nie mein Haus erleuchten mag^ Voll Monds ist Fenster und Altan von dir.

Weil du im Herzensraube Meister wardst, Nimmt Lehre jeder Abgott an von dir.

War' auch dein Mund so mördrisch wie dein Blick; Wem bUebe Lebensrettungswahn von dir ?

O sag nicht stets : was spricht denn Dschami an ? Nichts als dich selber spricht er an von dir.

Mein Hers liegt im Geflechte deiner Locke ; Wer bliebe frei und dächte deiner Locke ?

Die Herzen sind von diesem Strick gefangen 5 Fangstricke sind die Mächte deiner Locke.

Die Knechtschaft deiner Locke giebt den Adel^ Drum gab ich mich zum Knechte deiner Locke.

Kein andrer Schleier ziemt der Rosenwange^

Als dieser Musk^ «der achte, deiner Lockc^ V. 21

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Die Stelle deiner Lock' ist überm Momi«; Hoch sind die Hoheitsrechte deiner Locke.

Ein Glückstag bricht für Dschami jeden Morgen An aus der Nacht der Nächte deiner Locke.

Du bist der Mond^ vor welchem sich die Somr aus

Scham verhüllt ; Du bist die Ros', um die ^ie Knosp' im Schleier

Weh erfüllt. Mein Herz, dem tausend Thore Leids die Lieb* hat

aufgethan, Durch keine Pforte will es doch entlassen seinen

Wahn. Es ist doch eines Schahs Beruf^ das Reich wohl

anzubauu ; Wie magst du nur des Herzens Reich so im Ver-

vi^ d. falle schauul Der Zügel der Geduld ist mir in dem Gelüst ent- gangen, Zu des Fusskusses Glück wie dein Steigbügel zu

gelangen. O eile nicht so sehr zu gehnl wie soll das Leben

weilen ? Doch eben weil das Leben ja du bist, musst du

enteilen. Bemühe nur die Lippe nicht mit Dank auf alle

Grüsse! Ein einziger Dank genügt, dass er ein hundert

Grüsse büsse.

324

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325

Scheint, Dschami umzubringen, dir ein gutes Werk,

i nun, So mach nur dass du nicht versäumst das gute

Werk zu thun!

Verschleudre die Pfeile nicht allerwärts ! Genug zur Zielscheib' ist dir mein FIcrz.

Jeden Morgen geh' ich in den Garten, gleich dem

Morgenwinde,

Ob ich einen Duft von dir bei neuerblühten Rosen

finde.

Nehm' ich von Fehl ein Härchen an deinem Ge- sichte wahr.

So werde das Gesicht mir dafür schwarz wie

dein Haar !

Bald nahst du lieb mir Armen dich, bald bist du

lieber fern geblieben 5

Was dir beliebt und nicht beliebt, ich lass mir dei- nen Sinn beheben.

Wenn die Nacht kommt, o mein Abgott, tödtet mich

ein Schwert von Gram, Und das Leben kehrt mir, wenn im Morgenhauch

dein Odem ^kam,

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Wenn ich dich im Mesgid sehe (Scelenkibla deine

Schau), _

Wünsch' ich den Altar im Rücken, und vor's Ant- litz deine Brau.

336

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327

Im Gebet das Herz ist dir, der Blick der Kibla

zugekehrt ;

Auch den Blick dir zuzukelireu^ wäre mir das Glück

gewährt!

Schone doch der 3Iuselmauen^ schau nicht um dich

Überali !

Denn der Andacht Ordnung kommt durch deinen

Zauberblick zu Fall.

Dich vor Augen ^ wiederhol" ich meine Niederwer- fung hier;

Denn das Haupt empor zu richten^ hindert mich die

Scham vor dir.

Die Versammlung allerseits stimmt am der Lobge- sänge Chor^

Aber deine leisen VVörtchen sag* ich mir im Stil- len vor. Der Mueddhin ward in seinem Ruf zur Andacht

irre, da

Er die Aumuth deines Wuchses_, der Geberden An- stand sah. Jeder auf der Unterwerfung Antlitz liegt an seinem

Ort^ Doch auf Dschami's bleicher Wange liegt der Staub

des Gaues dort.

So sehr hab' ich gewöhnt an deine Nähe mich, 0 weh mir jede Stunde^ da ich nicht sehe dich.

Ich starb in deiner Ferne ; wo ist die Zeit hin, da

Den Glücksglanz deiner Wange mit jedem Blick

ich sah!

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329

Die Well mit deiner Sehe, mit deiner seh' ich sie; Mein ist dies Aug', im Auge bist du der Stern

allhie.

Von deinem Glänze wurden mir alle Schatten Licht ; Geh ewig mir, o Sonne der Schönheit, unter

nicht 1

Seit du gingst wie der Schlummer vom Auge,

welches quillt

Von Thränen, blieb in Wahrheit darin nichts als

dein Bild.

Da es nicht mein Glück ist selber dir einmal zu

nahn vertraut, O so sprich ein Wort mit andern, dass ich höre :.:t_ '^?,deinen Laut!

0 du Paradiesesvogel, könnte dich erreichen wer! Des Verlangens Netze spreit' ich, ob dein Flug

dich trag' hieher.

Wenn du deinen Schleier lüpfest, fällt Dschami in

Sang und Schall, Denn du bist der Schönheit Ros', er deine Sänger-

nachtigall.

Der Gemüthsruh Samen sät' ich ; doch das Traum- bild deiner Brauen,

Eh die Saat mir grünte, kam, sie mit der Sichel

abzuhauen.

330

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331

Nicht dem Paradiesesgärtner ist die Kunst ver-

liehn, Zarteres Gewächs als deinen zarten Wuchs zu

ziehn. 4

Freund feindselig, Himmel ungeneigt; Gluck un- gefüge ; Gott; wie da zu Stande bringen soll ich Liebes-

guüge!

Deines Angesichtes Spiegel zeigt ein Bild der

Seele ; Wozu dass man alle Bilder deiner Reiz' auf-

zälile ?

Da du so viel Zucker streust aus antwortfertVöm

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Munde;

Macht; mit dir Gespräch anknüpfen; eine süsse

Stunde.

Zu weilen dir zur Seiten geht nicht aU; Und dich zu sehn von weitem geht nicht an.

Süss ist es, dich von Zeit zu Zeit erblicken, Unsüss, dass es zu Zeiten geht nicht an.

Zur Blumenzeit im Felde ; sieh; nicht Tulpen sind

es, die da glühn,

Sind Feuer, die vom Staub empor Verbannter

Herzverbranuter sprühn.

333

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Dein Geheimniss sag' ich nicht^ um das mein Herz

im Blute steht^

Wie aus hefenreichem Fasse sich nicht Weinesduft

verräth.

Dein Schmerz verliess mein Herz nicht^ doch den Leib

die Seei'; es traf nicht ein,

Was ich gesagt: aufgeben würd* ich mit der Seele

deine Pein.

Still wartend bracht' ich Jahre zu im Staub an

deinem Thor ;

Der Geist ging mir vor Worten aus, du gingest

nicht hervor.

Diese Rücksicht, die er nimmt was kann sie from- men meiner Brunst^

Da er mir gibt seine Blicke, und den andern seme

Gunst!

In Gemeinschaft eine Seele schickt sich schlecht-

o Herz von Stein!

Bald will er mit mir vertraulich, bald vertraut mit

andern seyn.

Dass er mir unfreundlich ist, ist kein Verdruss

doch ein Verdruss

Ist's, dass ich ihn mir zum Trotz mit andern freund- lich sehen muss.

Dschami's See!' ist im Gespräch mit Liebchens

Bilde Nacht und Tag;

Wie natürhch, dass für andre nicht den Mu^d er

aufthun mag l

334

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335

Vor deinen Wangen haben die Götzen keinen

Glanz; So lang' die Sonne scheinet, wo ist der Sterne

Kranz? Vor Gluth in hundert Stücke zersprang mein Herz,

die nun Im Seufzerhauch sich einzeln hervor als Funken

thun.

Nun kann ich dir nur rathen, Herz, in Rathlosig-

keit Zu leben, da der Rath uns entgangen ist so weit.

Aussicht auf Bess'rung hab ich nicht ; wo hätt' ich

sie? das Lieben

Ist herb, das Liebchen hart, das Glück unhold, wie

sonst, geblieben.

Hätt' unter Liebchens Fuss sein Haupt Dschami

nicht hergegeben.

Wie dürft' er unter Liebenden es nun so hoch er- heben !

Von deinem Kummerkrauken ist der Hauch noch

übrig hier^ Nimm in Verwahr den Hauch! es ist sein letzter

Hauch nach dir. Ohn' eines Worts Vermittelung frag mich: wie geht

es dir? Zu ewiger Barmherzigkeit Vermittlung gnügt das

mir.

Tritt einmal nur , wo du wandelst , auf mein Haupt,

und geh vorbei;

Denk, dass in deu Weg gekommen dir Dom oder

Distel sei.

336

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Wohin einsam ich mich wenden mag nach meiner

Sonne Schein,

Kommt der schwarze Unglückswächter mir als Schat- ten hinterdrein.

Der Liebe Schweigsamkeit befreit von Frage mich

und Plage; Nicht mehr steigt wie in vor'ger Zeit zum Himmel

meine Klage.

(Schluss im nächsten Bande.)

-»♦©♦<>-

337

V.

Cntersiicliu^seii über die etlinosraphl-

scIie Stellung der Völker im H^esteu

Indiens.

(Fortsetzung von Bd. IV, S. 488.)

4) Die Braltui und Ibre Sprache»

a) Einleitung.

Nach den Untersuchungen über die Sprache und die Abstammung der Baluk'cn haben wir uns zunächst an die Betrachtung der Brahui zu wenden. Diese stehen in Be- ziehung auf Stamm- und Sprachverwandtschaft ganz ver- einzelt unter allen sie umgräuzenden Völkern da und je räthselhafter dadurch ihre Erscheinung ist^ desto anziehen- der und unabweisbarer wird es, den Versuch zu machen^ dieses Räthsel zu lösen. Das Hauptmittel dazu muss die Erforschung ihrer Sprache scyn; nur wenn es gelingen sollte^ dieser eine Stelle in einer grösseren Familie von Sprachen zu ermitteln, wird es möglich seyn^ auch dem Volke den gebührenden Platz zu bestimmen. Das Volk selbst besitzt keine auch nur scheinbar annehmlichen Ueber- lieferungen über seine Stammverwandtschafl; in der Eth- nographie ist das Volk noch nie einer Untersuchung ge- würdigt worden.

Es ist schon oben hervorgehoben worden^ dass die

Brahui von allen benachbarten Völkern, namentlich auch

von den mit ihnen politisch eng verbundenen und zum

Theil verschmolzenen Baluk'en, sich auf sehr markirte Weise

V. 2?

* du

durch den körperlichen Typus unterscheiden, wo dieser nicht durch Mischung entstellt oder verwischt ist 0- Eben so scharf scheidet die Sprache beide Völker. Wir fanden weiter^ dass die Brahui sich als Urbewohner ihres Landes betrachten; die Baluk'en dürfen uns unbedenklich als spätere Einwanderer des mittleren und östlichen Balukistans gel- ten ; wir kenneu gegenwärtig in diesem "Laude keine Be- wohner, die für älter als die Brahui ausgegeben werden könnten. Die Betrachtung der jetzigen Vertheilung der Wohnsitze der Baluk'en und Brahui scheint die Ansprüche der letzteren zu unterstützen; wir wollen daher diese zu- erst bestimmen.

Man kann im Allgemeinen das Verhältniss so angeben, dass die Brahui die inneren, centralen, gebirgigen Hoch- flächen Balukistans inne haben, die Baluk en ihnen hingegen im Westen und Osten in den niedrigeren Gebieten wohnen. Bei der oft schwankenden Anwendung der beiden Völker- namen werden die Angaben über die Verbreitung der Bra- hui-Sprache wohl das sicherste Kriterien für den jetzigen Landesbesitz der Brahui gewähren. Leech sagf^}: „die Brahui- Sprache wird gesprochen durch die ganze Khan- schaft Kalät, deren Gränzlinien durch Harraiid, Shäll, Ko- kak und Kech und durch das Garamsal genannte Gebiet gezogen werden können/' Diese Umgränzung scheint je- doch etwas zu viel den Brahui im eigentlichen Sinne nach Osten hin zuzuschreiben. Harrand liegt an der niedrigsten Kette über der Indusebene zwischen den Parallelen von Dera Ghäzi Khan und Mittunkot; so weit reichen die Bra- hui nicht, wovon nachher. Shall CQuelta der Afghanen) bezeichnet die Nordgränzc; wenn mit Kokak Kohak im W. Pang'ghur's gemeint ist, wäre dieses das Westende des Ge- biets; Kech(Kcg') ist der äusscrste Südwestpunkt, Garamsal

1) Ztschft. IV, 98. 475. 477. S) Am. Journ. of B. VII, 588.

339

(wohl Garmaer, das Gebiet mit warmem Klima) wird der südliche; niedrigere, heissere Theil der Provinz G'häla- vän seyn.

Ein noch späterer Berichterstatter, Masson, drückt sich kürzer^ aber im Ganzen übereinstimmend aus. „Das Brahuiki oder Kür Gälli (AdiS Patois) ist den Stämmen Sahäravän's und G'hälavän's eigeothümUch^^ O- Er hat ausserdem viele Angaben über die Verbreitung der Stämme der Brahui^ nur vermeidet er nicht gehörig die bekannte Verwechselung^} der Namen des eben erwähnten Volks und der Baluk'en und macht daher eine genauere Umgrän- zung der Brahui- Stämme unsicher 3).

Die von Masson angegebenen zwei Provinzen Baluk i- stans sind in der That wohl auch von Leech gemeint und andere Nachrichten zeigen, dass in ihnen eben die eigent- lichen, obwohl nicht ganz ausschliesslichen oder einzigen Sitze der Brahui sind.

Die Ostgränze Sahäraväns ist eine Reihe von Gebirgs- zügen, welche dieses Bergland von dem Tieflande Kak'ha Gandäva's trennen. Es heisst: Sahäravän wird durch paral-

1) Narratice of a Journey to Kalät, and a Metnoir of Eastern Balochistan, p. 394.

2) oben^ IV^ S. 99. Masson giebt Brahui als Form des Namens.

3) So sagt er in seinem besondern Abschnitte über die Völker des östlichen Baluk'istan's, p. 336.: ^,die zahlreichen Stämme, welche als Baloch betrachtet werden, können auf drei grosse Klassen zu- rückgeführt werden, die Brahui, die Rind und die Lumri}^ Er lässt den dritten grossen Baluk'stamm, die \harui (oben IV, 477.), aus und macht die Brahui zu Baluk'en. P. 346. „Die grossen Rind-Stämme, obwohl nicht Brahui^ werden unter die allgemeine Benennung Baloch eingeschlossen.'^ Als ob diese allgemein fttr die Brahui wäre. Er äussert p. 338. dass es schwierig sey, die Brahui von den andern zu unterscheiden und dass man vielleicht am richtigsten die fttr Brahui ansehe, welche die Brahuiki-Sprache sprechen. Allerdings und damit schlösse man vielleicht ursprüng- liche Brahui unrichtig aas, gewiss aber keine falschen ein.

lele Bergzügje, eine furchtbare Barriere, von Dädar und Kach Gandava getrennt; es sind ihrer drei, die östliche Kette über Kach Gandava wird von Stämmen der Rind (also Baluk en) bewohnt, die westHche von den Brahui *}. Die Kette hat keinen allgemeinen Namen; der Theil, der Kalät überragt, heisst Arbüi, die höhere über Kach: Täkäri^). Diese Kette setzt südwärts fort und scheidet Ghälavän vom Sind und Induslhale^). Auch hier werden Brahui die hohen Berge besitzen, da eben dieses Gebirge gewöhnlich das der Brahui genannt wird.

Gegen Süden ist die Scheidewand eben so stark her- vortretend, wie im Osten; ein Randgebirge scheidet das innere Baluk istan, das heisst hier G hälavän, vom heissen Ufersaum des Indischen Meeres. So wie man aus dem Thale des Puräliflusses durch den Pass Kohenwat (bei MasS«n stets Koharn Wat) das Hochland erreicht, flnden sich Brahui aus dem Stamme Minghal bis nach Kbozdär*); wie hier im Osten, so auch im Westen G'hälaväns sitzen Brahui, in Keg' und Pang'ghur; auch in den Gebieten zwischen dem Ost- und Westende ^). Ja es werden Brahui an der Küste im Süden des Randgebirges erwähnt; da es aber unsicher ist^ ob alle als solche aufgeführten Stämme wirklich dieses seyen einigen möchten wir entschieden ihre Ansprüche darauf bestreiten wird es rathsamer seyn^ die Gebirge im Süden von Bela bis Keg' als Gränze des Brahuigebicts zu betrachten®).

1) p. 308. p. 328.

2) p. 310. Man denkt dabei an den Namea der Arabiten.

3) p. 387.

4) POTTINGKR, p. 33. yiASSOTi, p. 345.

Ä) PoTTiNGKH, p. 304. Massün, p. 288. flg.

6) Bei Masson im Verzeichniss der Brahuistämme^ p. 338. Ebenso erregt es Zweifel, wenn es heisst^ es süssen Zweige der Meh- masäoi im Gebirge Luristans, p. 240. Sie werden auch wobl da wobnen^ aber kommen Brahui so weit nach Westen vor?

341

Gegen Westen werden Sahäravan und G'halavan von der grossen Wüste Baluk'istans durch die sich von N. nach S. folgenden Gebiete Nushki, Kharan, Mushki getrennt; in diesen Zwischenstricheu sind ebenfalls Brahui zu finden, sogar einer ihrer Hauptstämme, die Mirwari; aber ob auschliesslich, ist nicht ganz klar; einer der grossen Baluk'en - Stämme, die Xharui, besitzt die grosse Wüste, die von Nushki bis in die \ähe der Lora und des Ililmend sich erstreckt 1). Es ist hier also noch undeutlich, ob das Brahui- Gebiet ganz bis an die Gränze der Wüste reiche. Gegen N. wohnen in Mastang keine Afghanen, son- dern Dehwar oder ansässige alte Bewohner, sonst Tag ik genannt, dann Brahui; nördlicher in Shäll aber Afghanen, die Brahui verbreiten sich nur im Sommer mit 4hren Heer- den über die Ebenen *). Hier gränzen also beide Völker an einander.

Die eigentlichen Gebiete der Brahui sind also Sahära- van und G'hälavän; diese bilden das Hochland Baluki- stäns; im Osten und Süden liegen unter seinen Randge- birgen die niedrige Indusebeiie und das Ufer des Ozeans; im Nordwest stürzt es steil zur Wüste herab ; im Norden erreicht es nicht die grosse Kette des Khog'a Amrän, aber die grössere Erhebung des Landes setzt noch im Sahära- van fort und von diesem Laude „ist das Herabsteigen nach G'hälavän allmählig, aber entschieden" 3).

Baluk'istäa i^t im Ganzen ein unzugängliches und unwirthbares Land; die öde, wasserarme, sonucnversengte und stürmische Küste des Meeres bietet dem Handel keine Erzeugnisse, das innere Land nur wenige und geringe, der Schifffahrt öffnen sich keine sichern Landungsplätze. Nach Westen setzt sich das unwegsame und nur stellenweiso

1) Masson-, p. 338. p. 883. flg. Pottixger, p. 56. p. 107.

2) Masso.v, p. 313. 315.

3) Ebend., p. 337.

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anbaufähige Bergland fort und erhebt sich nach Kerman hin, wie in Buskurd^ noch höher; in einem grossen Bogen umlagern dann die Wüsten von Bunpur, Kerman, Seg'istan diese Gebiete; die nach Balukistän selbst benannte dringt weit in den Körper des Landes ein. Die Gefahren und Mühseligkeiten der Wege queer durch das innere Land von dem unteren Indus bis Kerman bezeugen genugsam die Be- richte über Alexanders des Grossen Durchmarsch. Die allein gangbare Verbindungsstrasse mit dem Westen geht aus von Kandahar; über die Khoga Amrau-Gebirge führen vier Pässe, von denen zwei verschiedene Spaltungen der grossen Route bezeichnen; der bequemste Pass Kotal Roghanni führt nach Quetta und von da durch den schwie- rigen Bolän-Pass nach Dädar und der Indusebene um Shi- karpur 0; durch den südlichem Kotal Bed gewinnt man die Hauptstadt des Landes Kelät; die Strasse geht dann südwärts durch Khozdär nach dem Kohanwat Pass im süd- lichen Gränzgebirge und durch ihn steigt man hinab zu dem einzigen doch nicht guten oder sichern Hafen Sunmiäni im Gebiete Las. Ueber Mastang geht eine Strasse von Kelät nach Quetta. Andere Wege sind zu schwierig, um Be- deutung zu haben.

Es ist das Land ein hochgelegenes und rauhes. Kelät soll 8000, südlicher Khozdär 7000 F. über dem Äleere he- gen; es sind strenge Winter mit Schnee und Eis, das Land ist waldarm, hat unsichern Regen, die Monsune; übersteigen die Südkette nicht, es ist kein nennenswcrther Strom im Lande, die Flüsschen vertrocknen oft im Som- mer; der Ackerbau kann nur selten durch Bewässerung den Regen ersetzen. Beinahe alle angebauten Theile sind Khushk avväh oder solche, welche ihre Trockene bcjam- roern. Es sind viele öde, bergige Striche^ es kann nur ein Land geringen, in einzelnen günstiger begabten Thcilen

1) Masson, Journeys, II, p. 181.

343

oascnhaft gelingenden Anbaus seyn; neben unseren Korn- arten gedeihen unsere Obstsorten; die Dattelpalme ge- hört nicht diesem hohen Theile des Landes, in den Handel liefert es Assa foetida und noch das altberübmtc Bdellion. Es kann kein Land zahlreich beisammen siedelnder Men- schen, grosser Städte seyn; in der That, die Braliui sind bei weitem der Mehrzahl nach Hirten. Die Bergflächen und die Ebenen sind an manchen Stellen reich an treff- lichen Weideplätzen ; die Brahui beziehen mit ihren Heer- den diese oder jene nach dem Wcciisel der Jahreszeiten. Das Land kann nicht sehr bevölkert seyn, schon wegen der vorherrschenden Heerdenzucht, dann weil grosse Striche Landes eine Hälfte des Jahres uubcnuzt liegen. Die Brahui werden so geschildert'): wenige Völker gleichen ihnen an Thätigkeit, Kraft und Abhärtung, sie vertragen die Kälte der Berge so gut, wie die Hitze Gandävas. Sie nähren sich vorzüglich von Fleisch, welches sie halb gebraten ohne Brod, Salz und Gemüse in grosser Masse verzehren. Sie sind sich sehr treu, sind gastfrei wie die Baluken, und ruhiger und fleissiger, weniger zu Raubzügen geneigt, doch tapferer und abgehärteter als jene, und nicht so habgierig, grausam und rachsüchtig. Ihre Gefälligkeit, Dankbarkeit und Harmlosigkeit werden gelobt. Sie zer- fallen wie die Baluken in unendlich viele Khel oder Stämme, vier und siebzig werden aufgezählt, ein Verein von Zel- ten heisst ein Toman, ihren Oberhäuptern gehorchen sie mehr als die Baluken. Durch ihr abgesondertes Leben und den Mangel an Verkehr sind sie unbeholfen und unge- bildet. Sie fechten nicht mit Speeren, sind treffliche Schützen und wissen gut das "Schwerdt zu führen, lieben sehr die Jagd. Ihre Heerdeu bestehen aus Ziegen und Schafen, mit deren Ertrag, Käse, abgeklärter Butter (jGht), Wollengeweben und Fellen sie sich ihre fehlenden Bedürf-

1) POTTmCKB, p. 70.

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nlsse einhandeln. Sie heirathen alle unter sich und sind Sunniten«

Die Brahui erscheinen allen anwohnenden Völkern ge- genüber als eigenthümlich; die nähere Aehnlichkeit mit den Baluk'en erklärt sich aus der Gleichheit der Naturbedin- gungen ihres Lebens, wir AVissen, dass sie in Sprache und Aussehen doch scharf sich von diesen unterscheiden. Es ist noch zu beachten, dass ihre Masse gerade auf das mittlere, innere Hochland zusammengedrängt ist, während die Baluken, die im Westen zu Hause sind, theils jetzt noch im Westen unter dem Hochlande wohnen, die Nharui nämlich, theils in den äussersten Ketten gegen das Indus- gebiet und in diesem selbst, die Stämme der Rind, der Mughsi CMagghazzi) und der Baluk'en in Sind. Sie müssen sich also durch das mittlere Balukistän hindurch gezogen haben, ohne die frühere Bevölkerung vertreiben zu können; wahrscheinlich haben sie diese aber ins Hochland zurück- gedrängt. Die Brahui erscheinen als die älteren Bewoh- ner, Sie behaupten selbst, Urbewohner zu seyn^).

Die Dürftigkeit der historischen Nachrichten über die ähere Geschichte Baluk'istans bietet keine Mittel dar zu entscheiden, in wiefern diese Behauptung begründet sey. Es bleibt nur übrig zu untersuchen , ob die Sprache dazu beitragen könne. Diese erscheint, um dieses hier gleich anzuführen, in ihrem Verhältniss zum Baiuk'i als die äl-

1) PoTTiNGKR, p. 271. Lrech glcbt an, a. a. 0. p. 539., dass die Brnhui sugeu^ ihre ursprünglicliün AVohnsitze wärea Aleppo ge- wesen und vor 20 Generationen sey eine grosse Anzahl von ihnen nach Baluk'iätan eiiigewundert. Er berichtet es jedoch nur von dem herrschenden fStumnic der Kambarani. Aehnlicber Weise sprechen die Barak! einen Arabischen Ursprung an. N. oben IV, S. 116. Die Brahui lassen nach Pottingkii den Muhainmed ihr Land besuchen und besit/.en keine Ueberlicferungen, welche älter ;iis der Islam vi-ärcn.

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tere und zurückgedrängte; denn wir werden benachrichtigt, dass einige Brahui-Stämnie, wie die Miiighal, des Baluki sich bedienen, so wie die Khane und Sirdär stets es sjirechen, * indem sie es als vulgär betrachten, sich in Brahuiki aus- zudrücken *J.

Für die Erforschung dieser Sprache sind uns erst in der neuesten Zeit die Hülfsmittel dargeboten worden, zwar nicht ganz hinreichende, doch sehr schätzbare uiid«dic bei sorgfaltiger Benutzung eine Einsicht in den Bau und die Bestandtheile derselben gewinnen lassen; wir verdanken sie wie die über das Baluki, zuerst dem Lieutenant Leech, dann Herrn Masso.v. Dieser hat ein gutes Wortverzeichniss iiM%ethei!t, welches sorgfaltig aufgefasst zu scjti scheint, sein lauger Verkehr mit dem Volke im Lande selbst befä- higte ihn vorzüglich dazu^). Er hat sonst ausser der oben S. 339. angeführten Angabe nur diese Worte: „Das Bra- huiki enthält nothwendiger Weise sehr viel Persisches oder Baluki, und sehr wenig Pashtu, aber ein grosser Theil davon muss einer unbekannten Wurzel zugeschrieben wer- den. Das einzige Werk in dieser Sprache, von welchem ich Nachricht erhalten konnte, war kein Original, sondern ein aus dem Persischen übersetzter Tractat über die Grösse Gottes und die Wunder der Schöpfung, Persische Schrift war darin gebraucht worden."

Ich schalte hier die Notiz ein, die Pottlnger über das Brahuiki gegeben, nicht sowohl wegen der darin auso^e- sprochenen Behauptungen, die ich zum Theil bestreiten muss, als um den Eindruck zu zeigen, welchen die Sprache auf diesen ausgezeichneten und genauen Beobachter machte. Nachdem er gesagt, dass das Baluki sich dem Gehör als Persisch ankündige 3), fährt er fort: „das Brahuiki ist im

1) Massox, p. 394.

2) p. .398 i03. 3} p. 54.

d4«

Gegcntheil so verschieden in seinen Lauten und seiner Bildung, dass ich mich nicht erinnere, je in ihm einen ein- zigen Ausdruck bemerkt zu haben, der irgend dem Persi- schen Idiome sich näherte. Es enthält eine ausgedehnte Beimischung alter Hinduvi Wörter, ein Umstand der aus der Geschichte erklärt werden wird, und es bietet^ wie es das Ohr trifft , eine starke Aehnlichkeit mit dem Peng äbi dar/^ *

Leech theilt zuerst die Formen der Declination und Conjugation mit; das Paradigma der Conjugation hat den Anschein nach einem, einem Brahui-Belehrer vorgelegten Muster gemacht worden zu seyn, denn es ist viel voll- ständiger an Formen, als die Sprachproben, während einige, welche in diesen erscheinen, fehlen; es ist sehr nützlich, weil wir ohne es zu besitzen keine genauere Einsicht in die Bildungen der Verbalformen uns verschaffen könnten. Es folgt dann auf vier Seiten ein Wortvcrzeichniss , auf dreien kurze Phrasen und zwei Liedchen^ die nächsten sieben Seiten geben uns eine brauchbare und anziehende Mittheilung; es sind zwei Novellen, die zweite ist die Ge- schichte der Upak69ä in dem Kathusaritsägara nach Isla- mitischen Anschauungen und Einrichtungen zugerichtet, auch die erste ist ohne Zweifel Indischen Ursprungs, aber auch ganz Mohammedanisch gefasst. Wir erhalten durch diese eine wesentliche Bereicherung unserer Hülfsmittel, namentlich lernen wir erst aus ihnen die schlichte Syntax und den unbeholfenen Stil der Brahui kennen, zugleich aber den wirklichen Gebrauch der eigenthümlichen gramma- tischen Formen. Sie müssen einem Märchenerzähler, wie sie in Osten vorkommen^ nachgeschrieben seyn und geben ein interessantes Beispiel aus der Gegenwart davon^ dass der reiche Schatz Indischer Dichtung lebendig sich im Volke erhalten, nicht nur in Indien selbst, sondern dass er auch nach dem unwegsamen Brahuilandc den Weg gefun- den hat. Die Uebersetzung ist hie und da nicht ganz genau

Uf

und zu frei; doch bleiben nur sehr wenige Stellen, deren wörtliches Verständuiss mir nicht gelungen ist. Es sind hie und da auch einige Fehler des Drucks ^ die ich nicht zu verbessern weiss.

b) Biiclistaben*

Die Brahui haben die Persische Schrift angenommen; L. sagt, die Buchstaben sind ,^die Persischen, mit Aus- nahme eines besondern /, welches dem Devanägari ver- doppelten 5T nahe kommt^ und eines /^ welches mit starker Behauchung aus dem Gaumen gesprochen wird." Es schei- nen also zwei besondere Zeichen von den Brahui hinzu- gefügt worden zu seyn. Ein th erscheint, obwohl selten, in den Sprachproben, jenes / wird in ihnen gar nicht be- zeichnet, was zu bedauern ist, weil es ein charakteristi- sches Element abgeben würde, lieber das Lautsystem be- merkt derselbe, dass die Cerebralen in Brahuiki vorkommen; eine andere Bemerkung ist nicht ganz klar abgcfasst 9 5 es scheint aus ihr hervorzugehen, dass es zwei adspirirte k und ff gebe ; die Proben geben nur ein kh, wie ein gh. Es sind allerdings (pT und ^, und noch mehr et und h in der Aussprache verschieden; vielleicht beachten die Brahui diesen Unterschied, je nachdem die Wörter In- dischen oder Arabischen-Persischen Ursprungs sind.

1) Nämlich diese: ,,Be-sides the NA^ari consonant 'Cconsonants?) the Brahuiky makes use of the Arabie ^ and c, and in using that character the l is sometimes pronounced , like the last n in the French non, or the Sanscrit Anusvära." Was das l hier besagen soll, weiss ich nicht, da e wohl einem r, nicht aber l in der Aussprache verwandt ist. Es ist aber auch kein wirkliches r, nur ein Anklang daran. L. muss die Fälle meinen, wo er ng, ngh, ah schreibt; das g oder gh entsteht hier jedoch nicht au.s einem ursprünglich Arabischen oder Persischen Ghain.

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Suchen wir uns aus den vorgelegten Proben eine An- sicht von dem Lautsysteme des Brahuiki zu gewinnen, so zeigt es sich als ein einfaches, weder durch das Fehlen gewöhnlich vorhandener Laute unvollständiges, noch durch das Vorherrschen besonderer Laute sich auszeichnendes. Es ist ohne harte Consonantenverbindungen, neigt sich dagegen zu Elisionen und Assimilationen derselben.

Die Voeale sind «, i, u, e, q, die alle ausser o lang und kurz seyn können; M. ist am genauesten in der Be- zeichnung der Längen, ein o finde ich jedoch nicht. Auch L. giebt die Längen meistens an und bezeichnet die Vo- eale genau, einige Mal schleichen sich jedoch trotz der Befolgung der Jones'schen allein empfehlenswerthen Vo- calbezeichnung Englisches ee für i, oo für ?«, u ein. Der Diphthong ai ist ziemlich häufig, %aif^ Frau, ainüy heute, ewadaij ehedem, baghair (Ar. yju) ausserdem. L. setzt

öfters auch eij ob für ai oder i oder einen besonderen Diphthong, kann ich nicht überall entdecken; so hat er rüpi-nä im Genitiv und rüpai~nä, rüpei-je (Accus.) neben rupet. Man erwartet neben ai ein au ; dieses kommt jedoch nicht vor und das selten vorkommende oti muss dafür stehen ; denn ich finde doulatmand^ reich, glücklich, toukal (Ar. taukW) khudunä, Anordnung Gottes, soudd kanningy Handel treiben, aus Per. saudä-gar, Kaufmann^ ge- schrieben. Ob ou überall als au zu fassen, ist mir nicht ganz sicher: /omä, Halskette, 1,4.*) zebou, schön, P. zebä, II, 4. 5. (wo falsch zabro), zabn, G, sogou^ fest; chouj G. muss aber das P._j^ seyn. Daneben findet sich eine Orthographie mit dem Halbvocal v nach Vocalen am Ende, einmal auch vor einem folgenden Consonanteu; in der

1) Ich bezeichne die zwei Nnvelleo mit I. und II. die Phrasensamin- lung mit 6. das Wurtverzeichniss von Lbrch mit L. das von Masson mit M.

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Isten p. sing, des Verbums ist dieses stets der Fall, ar, und daneben er, f'r; hier ist aber die vollständige Form ra. Sonst Purav, 1, 2. vollendet; chalav , L. Ring; darjäv für dq/yd, Fluss, G. avdast Excremeut, L. Ein ow in thow, Wind, M. Shevmd enthält shef, herunter, abwärts, hier ist kein Diphthong , sondern Erweichung des f zu r. Es sind zu wenig Beispiele, um etwas auf sie zu begründen.

Zu ai und ou kommt noch oi, in der 3ten pers. sing. des Futurum ; karoi, wird thun. Zwei oder drei Beispiele von oa scheinen blosse Druckfehler. Von ai ist endlich zu unterscheiden «7, welches eine Casusform ist und wofür auch de, de^ aber gewiss unrichtig zugleich ai, gefunden wird; de (wenn es nicht für de stehÜ ist ein uneigentlicher Diphthong, da d und e nicht in der Aussprache mit einander ganz verschmelzen können. Sonstige Verbindungen von zwei Vocalen, die keinen Diphthong bilden, sind nicht selten und entstehen meistens durch die Casusbildung, z. B. de-i, in der Sonne; hüli-dn ^ vom Pferde; selten wird der Hiatus vermieden durch Ent Wickelung eines Ilalbvo- cals aus dem i, wie hulijdn . Auch Fremdwörter scheinen in Brahuiki die offene Aussprache vorzuziehen : g iidri, Holcus Sorghum; hüshidr, aufmerksam, M. = P. koshjdr'^ zidrat, Ar. zijtlrat, Pilgerfahrt, heilige Stätte. So findet sich auch daria M. gesclirieben für darjd, Fluss.

Consonanten. Am vollständigsten ist die gutturale Klasse vertreten ; es sind k, kh, g, gh da. Ich habe schon erwähnt, dass die Sprachproben kh nicht in zwei Laute theilen, so wenig als gh. Kh gehört vorzüglich Persisch- Arabischen Wörtern^ khuJd, Gott, khofd, Furcht, 1, 1. Ar.

\Jfyi>. Khed^ Schweiss^ das Sanskritische steda mit Per- sischer Verwandlung, kann aus dem Neupersischen khai ^ßyi", nicht entstanden seyn. K und kh wechseln in ei- nigen Wörtern, ob dialektisch oder durch ungenaue Auf- fassung, weiss ich nicht; neben kul, alle, L. kommt khul

350

bei M. vor. Doch zeigt das Brahuiki keine Neigung das k zu adspirireii und kul wird wegen seines «^ im Ar. rich- tiger seyn. Gh kommt nur selten vor, ghala, Korn^ ghivanki, grün, ghwandj, breit, ghus, zornig^ gharib^ arm, Ar. X**iic, w*Jj£, sind die einzigen mit gh m Anlaute vorkommenden. Im innern erscheint es häutiger karigharj Stier, kughaz, Papier. Es entsteht aber ein gh in Br. aus dem Endhauche der Wörter, wenn sie durch Zusätze wachsen, wie %aifagJi-äe aus zaif oder zaifa. Ich komme hierauf später zurück. Das q in qwan, Indischer Feigenbaum, wird Druckfehler seyn, wie sonst wo es vorkommt.

Die Palatalen sind k' (wofür ich hier ch beibehalten) und g'. Ein g h erschÄnt nur in: kukud' äfine g hale, fange die Vögel, G. mit welchem Rechte, weiss ich nicht.

Die Cerebralen sind t und rf', beide selten und wohl Indischen Ursprungs. Es wird et auch hier oft wie r ge- sprochen,* so steht kokar, M. Vogel, eig. Hahn, neben ku- kud' , L. aus einer Prakritform kiiknda für Sanskrit kuk" kuta. Bei L. khürk j nahe, khttdk, auf dieser Seite} es wird dasselbe Wort seyn.

Die Dentalen t und ^ sind häufig; das //t, welches wir nach L.'s Angabe annehmen müssen^ findet sich nur selten bezeichnet; es kommt besonders in this, gab^ L. und den dazu gehörigen Formen vor, während tenning bei M. ge- ben, und selbst bei L. tes, du willst geben, geschrieben wird. Sonst finde ich nur thad-ho, schneidet, L. tholif, scheere den Bart, L. thotc, Wind, AI. im Anlaute. L. schreibt nathy Fuss, M. nat, L. math^ eine Ziege (Jbilly goat). Es muss demnach th wohl nur von geringem Ge- brauch seyn. L. schreibt sowohl gud, als gudh für Kleid^ G. I, 5. u. s. w. Das dh ist hier aus dem Baluk'i un- richtig angebracht; er hat sonst nur dhad-bo, landet, wedh kar, belagere. Ein dh gehört kaum dem Brahuiki.

Von den Labialen ist bei p und b nichts zu erwähnen}

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f ist wieder selten und gebührt, wie es scheint, besonders Arabisch-Persischen Wörtern, während ph den aus Indi- schen Sprachen eingeführten zugehört; doch steht /?/A-i, Alaun für Indisches ph in phit ; es wird auch di^^^us- sprache unterschieden seyn. FUfilj Pfeffer, fero%^ Türkis, P. pirozah, farzand, Kind, fakir, folddj Stahl (#f. poldd)y khofa, Furcht. Fash, II, 11, mit kanning, machen^ beisst erscheinen und ist Pers. uili, offenbar, deutlich ; barf, M. Schnee, auch Pers. Fildnj in hindk ßldn pirand zidrat, I, 10. ging zum heiligen Sitze eines gewissen Alten, ist das Ar. fuldn. Fahti, L. in, zeigt die Brah. Locativ-Eudöng, ein Beispiel von Gebrauch kommt nicht vor. Phur-ka, fülle, könnte P. ptity voll, enthalten j es möchte aber wohl aus dem Indischen purn a verkürzt seyn, mit ph für p, wie in Paogäbi bhar-nd, füllen. Phttlo, Nasenring; phulor^ sie werden plündern; phuden, kühl. F gehört aber auch ur- sprünglich dem Brahuiki, arfing fragen, u. s. w. und na- mentlich dient es zur Bildung der negativen Form des Verbums, obwohl es hierin mit p wechselt.

Das Brahuiki zeigt also nicht die Neigung des be- nachbarten Baluki zu aspirirtcn Consonanten, obwohl es sie nicht vermeidet; nur möchten die weichen Adspirirtcn nicht ursprünglich zur Sprache gehören , da gh selten, dh kaum und bh gar nicht vorkommen.

Die Halbtocale sind j, r, i, w, daneben r. Das^ im An- laut gehört meist Persischen Wörtern, jdr, Freund, y«, odcr^ jdzJa, eilf ; jdr-filling, M. zählen, ist vielleicht aus P. j'dd^ Erinnerung, Gedächtniss. Es wird jefi und eii, gieb, ge- schrieben; da QS ein Brahuiki-Wort ist^ möchte «//, rich- tiger seyn, jdhkf, kalt, ist wohl einheimisch. Die Schrei- bung mdljdt' u. s. w. ist seltener als hulidn, hdlxdt und j scheint wenigstens kein beliebter Laut.

Ueber r bemerke ich nur, dass es mit s in mehreren Fällen wechselt und am Ende öfters abfällt; auch wird es

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leicht im Innern elidirt, mär^ Sohn, Plur. mdk. Dieses kommt aber auch bei andern Consonantcn vor.

Ueber / finde ich nichts zu bemerken. W ist der ei- gentl^cjti labiale Halbvocal im Br. v erscheint am Ende, wie oben erv^hnt, nach a, (, e und für f, in shev für shef (S. 349.);* so steht auch havda, Woche, dagegen haft, sieben, bei L.

Die Sibilanten sind s, sh, %. Das letzte möchte nur fremden, namentlich Persischen Wörtern gehören, %anu, Knie, »j|- zamrüdj Smaragd^ zind, Leben, zargar, Goldschmidt, zamzir, Kette, -i^^;, %ehou, schön (oben S. 3480? »^«, Sattel, ^- zuy %uft, M. schnell, t)^« y zardäluy Apri- kose, und einige andere ebenso genau Persische. ZU, Nagel, M. und das oft vorkommende zaif, Frau (zif, Pers. ist Sünde), endlich zäghm, Schwert^ sind andern Ursprungs. Ich finde nur einmal zh^ in puzhar , Haar, 31. wobei an das Ar. shahr jtJi, Haar nicht gedacht werden kann. Ä und sA stehn in ursprünglichen Wörtern.

Die Nasalen sind m, w, wy das letzte kommt nur am Ende vor; am häufigsten in der Casus-Endung an, jedoch auch als ursprünghcher Endconsonant, \vie pun, L. Knie. Doch scheint die Bezeichnun«: im Druck bei L. nicht re- gelmässig beobachtet worden zu seyn. M. unterscheidet diesen Laut gar nicht, doch wird er in der Sprache vor- handen seyn und wohl durch eine dumpfere Aussprache sich von n unterscheiden. Das gutturale und das palatale n werden auch hier nicht durch die Schrift bezeichnet; sie können natürlich nur vor Consonanten ihres Organs stehen. Das näselnde n oder ng, ngh am Ende wird sogleich be- sprochen werden. *

H scheint ein schwacher Flauch im Anfange der Wörter zu seyn ; wir finden es öfters von einem der Berichterstatter gesetzt, von dem andern weggelassen; harwat, Gattin, M. arwat, L. ; arrafing, aufraffen, M. harfy nimm, L. Dieser

I

353

hat hichän, nicsse, neben ic/iänä, niesste; von Ar. ,j«JaÄ, niessen, wird auch ^LJac, '^alsän, Niessen, angeführt.

Ein leiser Hanch muss im Br. vielen Wörtern nach- hallen; dieser verhärtet sich, wenn das Wort den Zusatz eines \'ocals erhält und nimmt dann die Gestalt eines ph oder rtff an ; es muss dieser Laut seyn , den L. als eine nasalirende Aussprache eines Ghain betrachtet. Ghala^ ghal, II, 12. ghalla, Korn, M. L. bildet waVXvir.ghalaghuie, ghalaghuk, L. 549. Er übersetzt es 548. durch Nahrung und ebend. steht auch ghalaghkä, ohne Zweifel falsch; es gehört uk wie äte zur Flexion. Von zaifa^ zaif,, kommt zaifaghue, II, 7. von tirti mit iansfem Eudvocal uraghde, W, 14. von päJshä ebenso pädshdghäe, \, 11. u. s. w. In dem von L. aufgestellten Beispiele der Declinatlon eines Adjectivs und Substantivs (wobei das erste ganz unver- ändert bleibt) sind die Worte: sharaiigä narina, ein guter Mann, (richtiger der gute Mann); das erste Wort ist shar, gut, schön, welches in vielen der benachbarten Sprachen wiederkehrt 3 « dient als ein definitcr Artikel. Was hin- zutritt, ist also ang. Ein anderes Beispiel ist pirangd, II, 3. 4. der Alte, dessen Genitiv ptrangänä ebend. vor- kommt. E^ ist Pers. pir, alt und ang wieder Zusatz. Das Persische Wort hat kein hnales He; zwar mag »^^ pirah, welches kahl bedeutet, dasselbe Wort seyn, aber dieses hat gewiss nicht dem Brahiiiki eine Form pirah gegeben, in welchem ohnehin p\r sonst vorkommt und pirvi, II. 3. er- fordert eine Form pir. Man kann sich jedoch die Erschei- nung des gh und ng in den obigen Fällen nur so erklären, dass die Wörter der erwähnten Beispiele dem Brahuiki dann, wenn sie durch vocalische Zusätze wachsen, als »ai- fah, pirah, uruh gelten; das h wird verstärkt zu g. Hier waltet der mir noch unerklärliche Unterschied , dass die Wörter mit kurzem a meist ng setzen, die mit langem d gh vorziehen.

Man kann hiermit die Erscheinung im Persischen ver- V. 23

354

gleichen , wenn das latente finale He g wird oder nach Persischer Orthographie ^r hinzugefügt wird: bandah, Plur. bandahgun, die Sclaverei handahgi, oder bandagi. Im Brah. wird ein solches Persisches h auch zum bleibenden gh'^ so heisst dieses Wort hier eben bandagh, auch bandak geschrieben. Für die Nasalirung des Gutturalen bietet das Zend die Uebereinstimmuiigj dass h für ursprüngliches * ein ng annimmt, mananghe neben manahi. Diese Ver- gleichungen beziehen sich nur auf die Erscheinung als rein phonetisch und sollen eine Verwandtschaft der Sprache» nicht andeuten. f

Die sichern Beispiele dieses gh und ng kommen nur nach a und ä vor und wenn Vocale hinzugefügt werden; ob auch nach i, will ich später untersuchen. Nach anderen Vocalen finde ich gar keine Spur von ihnen , noch vor consonantischen Zusätzen.

Hiernach wären folgende Laute als die im Brahuiki geltenden aufzustellen; ich lasse die einzeln vorkommen- den, unsicheren weg:

Vocale: a, ä; e, e; i, «/ «/, w; o. Diphthonge : ai, äi, äeß oij ou (= ati), ConsonanteUj Gutturale: k, kh, g, gh; Palatale: ch fkjj, g' ; Cerebrale: t' , tt ; Dentale: t, th, d; t,abiale: p, f Cphjj *; Halbvocale: j, r, l, r, tv; Sibilanten: s, sh, «/ Nasale: m, n, n ; Hauchbuchstabe: h. Von diesen be- trachte ich /', et, % als nicht sicher ursprünglich der Sprache zugehörige Laute. Dieses Alphabet deutet auf keine be- sondere Verwandtschaft mit einer der bekannten Sprach- klasscn.

Die Verbindungen der Consonantcn sind die einfachen und natürlichen; havda und shevma. würden, wenn sie ganz sicher wären, auf eine Neigung zur Ausgleichung der Laute hinweisen; die weichen Consonanten d und m ver- ^ wandeln das harte f in v. Wir werden in der That später j zeigen j dass die Assimilation der Consonantcn tief in die '

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Sprache eingreift. Widersprechende oder harte Verbin- dungen, wie in eipuds, L. eine nicht näher bestimmte Bauraart, kdchin, ebenso, kommen sonst kaum vor und mögen nicht richtig gehört oder wiedergegeben worden seyn.

c} l¥oiiieii« Zalili«ort. Pronomen.

Eine grammatische Unterscheidung des Geschlecht» kennt das Br. nach L. nicht mehr. Wenn ein Bedürfniss eintritt, bei lebendigen M'esen das Geschlecht zu unter- scheiden, wird es, wie im Persischen und Baluk i ^} durch vorangesetzte Wörter bezeichnet; diese sind in der That auch dieselben : L setzt für männlich: narrangä QiarangdJ, für weiblich mädaghä, also nar und mudah mit dem defi- niten Artikel «. Mudah ist die acht Persische Form, im Baluk i ist tnuthin das entsprechende; nar ist ebenso rein Persisch, für Mann giebt L. sonst eine abgeleitete Form narina an, so dass nar, narrangd nur diesem gramma- tischen Gebrauch zu dienen scheint. Eine ältere Unter- scheidung des Geschlechts durch die Form könnte viel- leicht darin erhalten seyn, dass das Feminin gh , das Masculin ng vor dem Artikel und den Casus-Endungen hätte. Auch in den oben angeführten Beispielen ist pir männlich, %aif, weiblich. Bei andern Wörtern, wie urä, Haus, lässt sich das Geschlecht jedoch nicht bestimmen und es wider- spricht z. B. pädshäghäe.

Zahlen. Nach L. giebt es einige Wörter im Br., welche in beiden Zahlen gleich bleiben; in diesem Falle müsse ent- weder die Form des Verbums bezeichnen, in welcher Zahl ein Wort stehe, oder es geschehe durch ein Adjectiv quan- titativer Bedeutung. Die Beispiele sind: huli tawkr kek, das Pferd wiehert (macht Lärm), huli tawkr ker, die Pferde wiehern; ba% huli, viele Pferde. Er fahrt fort: „doch

1) Oben IV, 431.

356

sagen einig-e, auch dieses Wort (Ä?/fi) habe einen Plural** und er fügt das Beispiel der Declination dieses Wortes und des Wortes narina, Mann^ bei.

Es verhält sich nun gewiss nicht so, wie hier ange- geben ist und die Untersuchung der Sprachproben berech- tigt, eine andere Darstellung zu geben. Es sind allerdings Endungen zur Bezeichnung des Plurals da, sie werden aber oft weggelassen und sogar auch dann , wenn gar keine andere Bezeichnung der Mehrzahl eintritt. Ich bezweifle, dass ba%y Pers. bas, als blosser gramniatischer Exponent der Mehrzahl gebraucht werde , es steht überall in der con- creten Bedeutung für viel. Beispiele für den Nichtgebrauch sind nicht selten: baz duz are(^r), viele Diebe sind, G. baz skl, viele Jahre, hasht sad sälj 800. Jahre, irä tii, zwei Monathe, daJi rupei, 10 Rupien, G. So auch, wenn eine Casusendung hinzutritt, wie duazda sklnai paidk masuni, sie ist gebohren (zum Vorschein gekommen) vor zwölf Jahren, wo nai nur Casus ist.

Nach den Beispielen, die aufgestellt sind ^), wäre an- zunehmen, dass die Endung für den Nominativ des Plurals k nach vocalischen Ausgängen^ äk nach Consonanten sey, für die übrigen Casus dagegen ein / nach Vocalen, Ä'/nach Consonanten ; diesem / werden dann die Casusendungen angehängt, die im Singular und Plural dieselben sind. Ich glaube jedoch, dass / auch dem Nominativ des Pluralis zu- kommt.

1) Ich setze diese her:

huli, Pferdj Sing, N, hvli, 6. hulina,D.hcc.huli]ie^ Abi. htilidn'. PI. hulikj litäf f, Ute, litjän'.

Sharangä narina, ein guter Mann; da das Adjectiv ganz un- verändert bleibt, lasse ich es weg. Sing. N. narina, G. narlnanä, D. Acc. naAnaie (I. ne),

PI. narinaghäk, narinaghätä, narinayhäUf

Sing. Abi. narinagluin'. PI. narinaghiitijän'.

m^'

3&7

K ist die am häuflgsten erscheinende Form uud wohl richtig ausschhesslich dem Nominativ zugeschrieben. Ich stelle hier die Beispiele zusammen, sie zeigen oft starke Zusammenziehungen: niäk. Söhne, aus mar, also für »laraA;, G. 547. nak, Füsse^ aus nut, f. tiatäk\ dvxk, Hände aus däy 6. 549. ghalaghäk, Körner, s. oben S. 353. In einer Stelle ist es aber Accusativ: irä tue da ghalaghük harfennt, vor zwei 3Ionathen ärndtete ich diese Korner. Solche Plurale sind öfters verkannt : dk ttitkk ira tu kngud bisir, G. that mulberry will ripen in two months, aber tut ist das ^Vort, auch im Pers. also Plural, wie auch bisir. Mnchnak, L. Haarzangen, ist als Plural bezeichnet. Nach Halbvocalen und Nasalen scheint blosses k, nicht lik zu stehu: Uumkf Brüder, von ilum, G, 547. rotink, Eingeweide, L. bkhink, Armbänder, L. pkdink, Fussketten, L. Sark, G. 547. in pang sark tev, ich will fünf sar (nicht sark) geben. An- dere Beispiele sind noch diese : hamskeghkk kul, alle Nachbaren, n^23. aus P.hamskjah; kuchakäk, Hunde, 1,10. besser kuchikkk, M. hat kuchik; saut, I, 4. 5. Schmuck, PI. sahtkk, l, 7.

Aber auch / scheint bei dem Nom. Plur. vorzu- kommen; gharibktk ofk khush tnarer G. 548. jene Armen werden froh teyn, von gharib, wo dt den Plural bezeichnet, ä angehängter Artikel ist, wie m sharangk. Ein Beispiel scheint k und / zu verbinden : hamrkkt bashmasü , die Reisege- fährten wurden wach, von hamrk; oder richtiger das k ist aus dem h in Pers. hamrkh entstanden. Es sind dieses aber die einzigen Beispiele, die ich gefunden, eines Nominativs im Plural mit dt und /, wie dk und k. Die demonstra- tiven Pronomina bilden efk, ofk, dkfk von e, o, dk.

Die Casus des Plurals ausser dem Nominativ haben stets das t vor den Endungen, welche dieselben sind, wie im Singular. In einigen ist die Lebereiastimmung jetzt nicht vollständige ergiebt sich aber aus Aer genaueren Be- trachtung.

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Das Brahuiki hat einen merkwürdigen Reichthum an Casus^ die noch so kräftig und lebendig in der Sprache sind, dass diese des Gebrauchs der Präpositionen sich ent- schlagen kann, wie das Sanskrit. L. hat die meisten auf- gezählt, obwohl er eine wunderhche Theorie hat, nach welcher es keine Casus seyn sollen, und führt sie nicht alle in seinem Paradigma auf. Ich will sie der Reihe nach durchgehen und mit Beispielen belegen.

Genitiv: wä. Hulink kurra, des Pferdes Füllen, L. Andere Beispiele: mirknsL, des Emirs, G. shaharnä, der Stadt^ G, bkvnk, des Vaters^ G. Mekurkna. Q. Mekar.J, Mekrans, aus Mekran, G. rüpink, einer Rupie, für eine R. G. rupaink, des Silbers, silbern^ wo auch rüpink zu lesen; piranä, und mit dem Axü^cXpirangknk, des Alten, des Heiligen, oben S.3o3. Pangtik, der fünf^ l, 10. ktilank, aller I, 12, Er steht gewöhnlich vor dem regierenden Wort, jedoch nicht noth wendig: hukmat khudknkj Beschluss Gottes, I, 1.; pkdshk sifate hingas %aifnä, der Fürst hörte die Beschreibung der Frau^ wo zaifnk zu sifate gehört. Es sind keine Bei- spiele vom Genitiv des mit seinem Aflßx versehenen Plurals, es fehlt den angeführten pang'nk und kulank ; ich vermuthe, dass auch hier ursprüngliche Form gewesen und hulitk^ narinaghktk für -tnk stehen ; denn n verschwÄdet z. B. auch in tenk, des Selbst, von ten, in numk, eu<^r, nank, unser, von num und na/i. Man kötuite auch fink vermuthen.

Dativ und Accusativ worden durch e bezeichnet; L. setzt nur to denote donation; aber e schliesst auch die mei- sten andern Beziehungen eines Dativs in sich und fehlt nur selten, wo der Accusativ steht. L. setzt ne als gleichbe- deutend, diese Form ist jedoch höchst selten. Beispiel: dkde jete, L. gieb ihm, von dkd. Ich füge hinzu : Mulla Mansnre mkr as , dem M. Mansür war ein Sohn. II, 7. uraghe^ dem Manne, II, 4. IVmire pkre^ sie sprach zum i Vizir; wakile thisf sie gab dem Vakil, II , 8. Accusativ: bashkare dai%ie, er weckte den Schneider, 1, 5.; khkkhare

#

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lagafetj sie zündeten an das Feuer, 1, 2. ; bandaghe raikare, er schickte aus den Sciaven, II, 6. ; kkreme karenut, ich habe dein Werk gethau, II, 8. von kkrem; toukale khu- dä/iä kare, er that den Auftrag Gottes, II, 3. er führte ihn aus; duje sakht karer zaifwati (I. zaifghatf), sie leg- ten die Hand auf die Frau, wo also ein j eintritt, um den Hiatus in due zu heben. Sonst wird diese Rücksicht aber nicht genommen und es heisst z. B. fixe von /ü, Monath.

Der Accusativ scheint nach einigen Stellen sich dieser Endung entschlagen zu können: trä rupei katiekn khirkjkj er forderte v^on mir zwei Rupien, G. ; dkde mir henifene khalat, G. der Emir schenkte ihm ein Ehrenkleid; doch steht sie gewöhnlicher: Haidrkbkde khanänut, ich habe H. gesehen, G.

Im Plural erscheint sie ebenso: gudsJe sil, wasche die Kleider, G. 548. von gud, a/ die Pluralendung; gudäti, Acc PI. G. 549. ist wohl Fehler für e. Ghalaghkte kungo, wer- den die Körner essen, G. 549. %aif rupaite dakä, die Frau band die Rupien ein, II, 11. mulkkte kbkd karak, mache die Länder glücklich , G. pidäte harre , 1 , 11, reisse die Bäuche auf, wozu Acc. Sing, pide, ebend. HäaJey U, 10. Geschichten, Umstände, von hit.

Ne erscheint im Siiugular sehr selten; ich kenne nur ein sicheres Beispiel: kkhundene saläm kes y mache dem Lehrer den Gruss, von Pers. äAAü«</. Vielleicht gehört sälnai hieher, duazda sklnai paidk masuni, G. sie ist zwölf Jahre gebohren gewesen, der Accusativ steht imBr. in solchen Zeit- bestimmungen, wie I, 8. in demselben Wort e: dk khadar skle hinkiie, sie war viele Jahre fortgegangen, während vieler Jahre fort gewesen. Das Pluralzeichen fehlt.

Im Plural verbmdet ne sich mit / durch ein t. Gudk- tine, die Kleider, II, 22. kukuä utine g'htUe, fange die Vö- gel, G. romaghktine shola, schneide die Haare, vom Indi- schen rdma(nj, Haar.

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Für e 5vird auch e gesetzt, besonders nach langen Vocalen: soudkkarenut tenk hulie^ G. ich habe mein Pferd verkauft; kkzie salkm kes , mache dem Kkdi den Gruss; pädshä.e sal&m kes, U, 6. 7. u. s. w. Es sind dieses viel- leicht nur Fehler, so wie gewiss, wenn ai 11^ 4. in bäwai tenu päre, sie sprach zu ihrem Vater, für ösiwe steht.

Hiernach ergiebt sich eine Doppelform für den Dativ- Accusativ, ne erscheint in L.'s Schema im Sing, huline, in den Beispielen im Plur. mit einem verbindenden i, in gudkt- ine^ daneben ohne n in gudkte; diese Form setzt L. allein im Flur., während in den Sprachproben e vorzugsweise im Singular gebraucht wird. Auf diesen Wechsel der Formen mit und ohne n bauend habe ich schon für die Genitiv- Endung ä die andere Form na als die vollständigere an- genommen.

L. stellt auch einen Instrumentalis auf^ dem er die Endung ene beilegt: zaghm-eriej mit dem Schwerte, lat-en e,m\i dem Stocke. Das einzige vorkommende Bei- spiel, welches hieher gezogen werden könnte, ist das an- geführte äkhundene, welches jedoch deutlich Dativ ist und das cerebrale n nicht darbietet. Ich muss es daher dahin gestellt seyn lassen, wie es sich mit diesem Instrumentalis verhält. Da hier an keine theoretische Annahme eines ein- heimischen Gelehrten gedacht werden kann, bezweifle ich jedoch nidht den wirklichen Bestand in der Sprache. ' Für die Richtung nach einem Orte oder Gegenstände hin steht äi; L. giebt als Beispiel: t Haidrkbkdai karrä{l. katra)^ ich will nach H. gehen. Wie hier, wird auch sonst in den Texten ai geschrieben; ich flnde auch sehr häußg ä*», ie gesetzt. Dev Khorksanki, G. 549. ich will (sie) nach Khorasan führen. Haidrktradke , G 547. /enk chokkrie raikare xaifghke, II, 8. er schickte seine Sciavin zur Frau ; mit denselben Worten artrn/ke,\\, 6. ztir Gattin: tirkg/ike, ins Haus, II, 14. Aar ptrank zikra/ke ich will gehen zum Schreine des Alten , G. 539. sharkg/ike, zur Entscheidung,

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I, 12. aus Ar. c Ji, woraus Br. ahark wird. Dieses gh tritt nicht vor allen Casus - Endungen ein, das ä ist ein wesentlicher Theil der Endung ke und so unterscheidet die Sprache den Dativ pkäshsie, 11, 7. von diesem, deva nittne pkdshkghke, I, 11. ich >vill euch bringen zu dem Fürsten. Es ist daher Juwke, 1,7. Dativ von diik karenut, ich machte ein Gebet, in: kank duwke khudk kabul karetie, meinem

Gebete that Gott Genehmigung. Buk ist das Ar. Leo, du'k.

Falsch ist die Schreibart ai, weil dieses eine verschie- dene Endung mit bestimmter Bedeutung ist; wie I, 9. Äa;» koticalai sharnk Qshaharnk^, gehen wir zum Schulzen des Dorfes; es muss ~äi heissen. Kkn tenk miilkai, gehen wir nach CmsiQcm} eigenen Lande, für mulkki^ II, 5. Hinkk xtjkrat, ging nach dem Schreine, steht wohl irrig ohne diese Endung, 1, 10. Ebenso wird mitunter ai falschlich für den Dativ-Accusativ der Wörter auf d d. h. für ke gesetzt, wie ebend. warnai nishkn tisu, sie zeigten (sie) dem Jünglinge, fnr ftamke.

Wenn, wie es scheint, das « dieser Endung wesent- lich ist, müssen ki und de, de die allein richtigen Formen seyn. Die Bedeutung ist zuerst die örtliche^ die Richtung nach einem Orte; in sharkghki stand sie auch als Dativ des Zwecks, der Absicht. Vom Pluralis habe ich kein Beispiel gefunden.

Die Entfernung vom Orte und daher übertragen, die Ursache, wird durch die Endung an ausgedrückt; es ist natürlich dieselbe in bcic^u Fällen und ein Ablativ. L., der beide Fälle trennt, gicbt diese Beispiele: viatkn asify eins von zwei Q. iratkn asif), hulikn ditar, Blut vom Pferde, ustat (jistkn'J tluk, Gebet aus dem Herzen; M. giebt ust, Herz; tapkn durch die Wunde. Ich glaube, die voll- ständige Form sey jkn ; denn L. giebt im Flur. hulitjkn\ narinaghktijkn , dann knnjkn , von mir, und andere Formen der Fronomen; nur wird das j nach gewissen Conso-

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nanten ausgestossen. Pittäny I, 3. (er bildete) aus Holz; huUän shef mar, steige ab vom Pferde, G. daspukän, aus dem Schnupftuch, WyW.htnun , aus Hunger, H, 2. wa/aw , aus dem Vermögen, G. numä khktarkn , euretwegen, G. Khalk khalas chokarijkn ^ er warf einen Stein wegen der Sclavin, wie es scheint, aus Zorn über sie, wenn hier nicht «i stehen muss, II, 16. Zaifna. monaghkn tikhä^ stellte sie vor Gesicht der Frau, d. h. vor die Frau, II, 13. von tnon, Gesicht} II, 16. Plural. Da kul mirljk.n (L. meettjknj d. h. ee = i, und t' = r^ doulatmande, vor allen Emir ist er reich, 540. In baz tjesa da hertjkn *, tohat is the price of these bers, G. 547. scheint die richtige Uebersetzung : wie viel giebst du wegen (d, h. für) diese Ber. Das i am Ende ist später zu erörtern.

Zu der Bezeichnung des Seyns an einem Orte werden mehrere Endungen gebraucht, deren Unterschiede nicht leicht zu fassen sind. Das darin bezeichnet /i, wie L. angiebt. Sharti, in der Stadt, g angati kaskuney er ist ge- storben in der Schlacht. Die Beispiele sind häufig: bazartiy G. im Bazar, pidati, im Magen, G. uräti, im Hause, G. u. sonst, tenä uslatl pure, er sprach in seinem Herzen, 11,4. chiding-as düty{\,-tl) tenä karak, nimm eine Schelle in deine Hand, II, 21. zaifna diity halko, sie griffen audio Hand der Frau (ergriffen ihre Hand), I, 9. Nach Conso- nanten ist die Form atX, ustatx, g angati, doch ist dieses eh(jr ein Bindevocal, oder das schwebende a am Ende der Wörter, als ein eigentlicher Bestandlheil; wo gh am Ende eintritt, steht natürlich «/ly har chdr dvje sakht karer zaifghati, (bei L. zaipcaty), alle vier legten Hand an die Frau.

Beispiele vom Plural habe ich nicht gefunden ; dagegen finde ich eine Erweiterung der Form, die eigenthümlicher Art ist. I, 1. hinär sahrusetx, hinür muliibo khofank g ug^ asetif sie kamen in eine AVüstc, einen Ort fürchterlichen Schreckens} d, h. Ar. \j;s\m> und das Pcrs. «L>, Ort, hier g'dg

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(j^gdgK) geworden, fügen se mid ose vor der Endung ti ein. Da sich später ergeben wird, dass das Wort a«/, a«, ein, zu as verkürzt, als indefiniter Artikel Wörtern angehängt wird^ ist hier ohne Zweifel dieselbe Erscheinung. Sie zeigt sich auch bei andern Casus,

Das daran wird durch zwei Endungen ^ at und ai^ be- zeichnet; L. macht folgende Unterscheidung: „Stellung wird bezeichnet durch die Hinzufiigung von a/, wie: da kasarat duz are, von kasar, AVeg, es ist ein Dieb auf jenem Wege, wenn man von einem Wege als einem ganzen spricht, oder durch at, wie kasarat pirü aragh ase, es ist ein alter Mann auf dem Wege, im beschränkten Sinne redend."

Die gegebene Uebersetzung (^on that road^ scheint nicht ganz mit dieser Auffassung zu stimmen und der En- dung al eher eine demonstrative, also hervorhebende und dadurch beschränkende Bedeutung zuzuweisen. Ich suche erst die Beispiele zusammen.

II, 5. khimat (= Ar. iCjl) kul shaarat Q. shaharaQ bingasii, alle Leute in der Stadt hörten; die Stadt ist eben vorher erwähnt worden. I, 6. tenä khudsdnk barkatat (siViS Arab. barakat tS^J da zatfe jeti, bei deiner Gnade, o Gott, gieb dieser Frau Leben. I, 9. khudknk pinat sali, im Namen Gottes stehe ! pang sadat soudä ka- reniit tenä hulie, für fünf hundert verkaufte ich mein Pferd. Im Plural kommt at in einer Verbindung vor, wo gleich darauf ai gleichbedeutend gebraucht wird: II, 6. zaifa päre, khantijat, kä%ie(je) saläm kes kanä khantijaiy die Frau sprach, bei (meinen) Augen thue dem Kadi den Gruss, (sprich, er komme am Abend}, bei meinen Augen. 11,9. ebenso kanä khantiai, 11,3. khan/eai Tür tijai. End- lich auch mit dem indefiniten as , II, 3. hinä kasaraseat, er ging auf einem Wege.

Wir haben eben gesehen, da?s ai in gleicher Bedea-

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tung mit at gesetzt werdea kaniu Von seiaem Gebrauche kommen sonst diese Beispiele vor: ffwälai, im Korbe, II, 14. khalai tullf, setze dich bei der Mühle (L. eig. Stein zum Zerstossen des Korns) II, 18. hishhai Qblshai) swkr marak, reite auf einem Esel, G. helbo deai, leget euch in die Sonne, G ; dafür schreibt M. de-i tulingy in der Sonne sitzen; khkkharai tns, er sass am Feuer, II, 16, «ra wakhtai^ uu welcher Zeit, II, 21. mulläna, bängai, bei dem Rufe des Mulla (d. h. am Morgen), II, 23. begat, am Abend, II, 6, fgd. auch begae geschrieben; L. hat im Ver- zeichniss unrichtig begL Wenn II, 24. steht: Ainkr tenk uräfijm^ so scheint urktijki gelesen werden zu müssen^ da es heissen soll : sie gingen nach ihren Häusern. Es findet sich endlich ai auch nach dem indefiniten Artikel asx kasarseai tnlin(jg)j um am Wege zu sitzen, II, 8.

Es scheint hienach ai das daran, nn der Seiie , das dabei zu bezeichnen, z. B. am Feuer, am Wege, und auf die Zeit übertragen: bei dem Rufe, am Abend. Schwierig ist es zu fassen, in welchem Sinne ai in der Betheuerungs- formel bei meinen Augen steht und in bishai ist kaum die Lesart richtig.

In dem ersten Beispiel berührt sich at ebenso nahe mit tij wie sonst mit ai) doch hat /i deutlich die Bedeu- tung des Seyns in emer bestimmten Umgränzung. At steht wohl in allgemeinerer Bedeutung für das Seyn an einem Orte; dann wird es in Anrufungen gesetzt und steht bei der Summe, für welche etwas verkauft wird. Den Zusammenhang unter diesen Anwendungen versuche ich nicht aus so wenigen Belegstellen aufzufinden.

Das darauf wird durch « ausgedrückt; L. giebt diese Beispiele: huliä, auf dem Pferde; kata tikhakh , lege auf das Bett. Ich finde sonst nur: Aw/ia chist kar, steige aufs Pferd, G. hulijk swa.r masut, ich kam zu Pferde reitend, G-

To hat stets die Bedeutung der Begleitung, des Zu- sammenseyns mit jemand; L. neto hafar, ich will nicht mit

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dir gehen. Sonst: bariva ee (1. t} tune (I. neto), ich will mit dir gehen, kank märas zaifto masunij ein Sohn von mir war mit der Frau gegangen; bknai khkchk tenk arighto iaraghto^ *), sie schlief auf der Terrasse mit dem Manne, If, 15. kane handkdto harkm jete , gieb mir Ehe mit die- sem. Artralo von anrät, Gattin, in tenk ancafe karesns, 11 , 6. er hatte seiner Frau gemacht . ist mir zweifelhaft, da es leicht aus dem Dativ fe entstellt seyn karm und «r- ttaito heissen müsste.

Es kommt zwei Mal eine Form auf tn vor, in tnkrta^ n, 2. 19. wo der Dativ erfordert ist ; ich wage aber nicht daraus einen Casus zu»machen, da eine andere Erklärung sich als wahrscheinlich ergeben wird. Dagegen steht A-, ka in der Bedeutung von bei, nahe bei; bis jetzt habe ich nur Beispiele von Pronomen: kanek, bei mir, nek, bei dir und wahrscheinlich dkka, mit ihneq. Vielleicht gehört khurkj nahe, M. khudk (khudfk^, auf dieser Seite, L. hie- her. L. setzt iskk für: bis dahin; es ist wahrscheinlich aus der Phrase: t Sektrkniskk kkv, ich will bis nach Sehwän gehen. Doch scheint is allein für hinzu zu stehen, z.B. in kkzi his, II, 19. hin zu dem Kadi; Jare pkdshk is, er brachte (sie) vor den Fürsten^ II, 11. Ich bezweifele, dass in jener Endung auch kd enthalten ist. da is allein bis zu zu bedeuten scheint. Ein erscheint als Affix in tu asi kd nd ndk duk g od maror, innerhalb eines Monats werden deine Füsse und Hände geheilt seyn. Ich berücksichtige aber nicht weiter solche unsichere Spuren. Der Vocativ auf « ist sehen und deutlich Persischen Ursprungs, ja khudkwandk, o Gott, I, 6. khudkjk, ebend. ist eine andere Persische Form. Chunakk, o kleiner^ steht in dem einen Liede.

►1) L. hat sonst für Mann aragh; hier arigh und 11, 10. 11. arit, M. giebt hart, Gatte. Wäre dieses dasselbe Wort, würden auch >Yörter auf t das gh annehmeo. Äragh konunt jedoch zu oft vor.

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Fassen wir die Ergebnisse dieser Untersuchung zu- sammen^ so ergiebt sich folgendes Bild der Declination im Brahuiki, so weit es jetzt schon zulässig ist^ etwas all- gemeines aufzustellen.

Eine Unterscheidung des grammatischen Geschlechts findet sich nicht. Der Plural wird durch den Zusatz eines k oder / bezeichnet; das k gehört besonders dem Nomi- nativ, es tritt nach Consonanten, die nicht Nasale und Halbvocale sind, die vollständigere Form uk ein. T ist Pluralzeichen der übrigen Casus, es steht ät in den Fällen, wo uk gilt.

Die Endung des Genitivs ist /|a,' im Plural wird das n in einigen Fällen abgeworfen.

Das Object wird durch ne oder e bezeichnet, diese Endung vertritt den Accusativ, zugleich auch den Dativ anderer Sprachen; ne erscheint kaum im Singular, wo e herrscht; im Plural findet sich entweder blos c, also /e, oder mit einem vorangesetzten i auch tine.

Der angegebene Instrumentalis auf ene findet sich nicht in den Sprachproben.

Die Richtung nach einem Orte und dem Zweck der Handlung bezeichnet äi, auch «e, äe geschrieben. Für den Ablativ gilt «»', welches aus jän entstanden scheint.

Es sind mehrere Formen, welche den Ort bezeichnen; ti das Eingeschlossenseyn, ai das Dabeiseyn^ ä das Darauf^ at hat eine allgemeinere Bedeutung des Scyns an einem Orte. To zeigt dasZusammenseyn, die Bogleitung au, Ädie Nähe.

Die Pronomina haben dieselben Casus; ich setze zuerst die Paradigmata von L. her und füge dann die wichtigeren Beispiele aus den Sprachproben bei.

Erste Person. Sing. N. /, ich; G. kana, Dat. kanej Abi. kanjin'j PL N. nan, G. nank, D. nane. Abi. nanjan.

Kane steht für Dativ und Acc. Kane nishkn etabo, gebet mir ein Zeichen (zeigt mir), G. kane kula kalkune^ (/ have a coldy eig.) mich schlug ein Schmerz^ G. pxdati kank, in

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meinem Mageu, G. kank arwate, meiner Frau, I, 9. KhuVxsa kanejkn , du furchtest vor mir, G. kanean khwajä, er for- derte von mir, G. kanaiy bei mir, I, 2. (richtiger kanki^ weil es Antwort auf dinki, bei wem, ist); kanki, kanae, l, 7. basu kaneai, I, 19. komme zu mir, muss auch wohl kanki heissen. Konto jkri karak, mache Freundschaft mit mir. II, 6. kanek, bei mir. L. nank urkti, in uuserm Hause ^ u. s. w.

Zweite 'Person. Sing. N. ni. G. nä, D. n«, Abi. njkn. PI. num, G. numk, D. nitme, Abt. numjkn.

Mkk ne, dir Söhne, G. für deine Söhne, ne mkf arey ist dir ein Sohn, G. lumnk ne, deiner Mutter, II, 20. c/a afkl e, das deine Lage ist, II, 17. bkrnk mkikn, aus dem Vermögen deines Vaters, G. ne khitdk hes , dich brachte Gott, G. Es steht also, wenn richtig gedruckt ist, ne öfters auch für nu oder den eigentlichen Genitiv. Näe C= «äi) (die Reilie) ist an dich, bei dir. I, 2. Neto, in bafar neto , ich will nicht mit dir gehen , G , 547. wo gleich darauf: bariva ee tune in t neto zu verbessern, ich will mit dir gehen. Mehrere Casus erscheinen in dem ei- nen der kleinen Liedchen^ welches ich wörtlich übersetze ; o Zftbü, nane dir jeti, diik honenii, nane dir jeti, godi giduna(^na) nane dir jeti, diik phttdenä, nane dir jeti. o Schöne, gieb uns Wasser, deine Hände sind süss, gieb uns Wasser; o Herrin des Hauses, gieb uns Wasser, deine Hände sind kühl, gieb uns Wasser i).

1) L. Oh zahu! give me a little water, water front those hand* must be »weet; give mt a little water, o mistress of (thj/ slave's) house, give me a l. w., water from those hands must he cool, give me a l. w. Des Sinnes der Worte godi gidäna bin ich nicht sicher, godi kommt weiter nicht vor, gidä bedentet sonst: Ding, Sache. M. hat khUd'i, Haus, welches nach der Uebersetzung L.^s hier gemeint seyn müsste. fiei L, ist dik gedruckt.

US

Agar nnm pkre (jmrere)^ numä kh&tarän kireme kev, wenn ihr (es) sagt, will ich euretwegen die That thun. G. Ke(J(\) nutne khudk hes, dass Gott euch brachte.

Dritte Person. L. lülirt drei persönliche Pronomen unter dieser Benennung auf , die zugleich demonstrative sind. In der That zeigen die Sprachproben, dass ein be- sonderes persönliches Pronomen der dritten Person strenge genommen nicht vorkommt; am nächsten nähert sich die- sem Begriffe od oder o. Dieses, wie ed, e, bedeutet ei- gentlich jenes, dad, da, dieses. Diese setzen f vor das k und t des Plurals und verwandeln das auslautende d im Ablativ Sing, in rf*, wahrscheinlich eine Wirkung des der Endung an zugehörigen/, welches nach dem vorhergehen- den d verschwindet. L.'s Angaben sind: od oder o. Sing. N. od, o, G. ow«, D. ode, Abi. od an .

PI. N. ofk, G. 0/7«, D. ofle, Abi. oftjdn (Jj. of tjn'ä). ddd, da. Sing. N. da, G. ddnä, D. <ia</e, Abi. dädtän*

PI. N. däfk, G. dilftä, D. ddfte, Abi. duftjun. ed, e. Sing. N. ed, e, G. enä, D. ede, Abi. edän .

PI. N. eß, G. eftd, D. efte, Abi. eftjdn.

Od wird wahrscheinlich und so auch wohl ed und ddd, meist vor vocalischen Anlauten stehen, o vor Consonan- ten: od ichänä, er nicsste, G. Doch ifindc ich o ant ase, dieses was ist? II, 14. Es ist am häufigsten demon- strativ: o h\te i bingasut, ich habe diesen Umstand gehört, o bandugh g'angati kasknne, der Mann ist itj der Schlacht gestorben. Onk war ptirav tnas, seine Reihe (zu wachen) war vollendet, 1, 3. ona. bäe, dessen Ocfftiung. Ode khalk, ihn schlug er, II, 1. u. s. w. Od für Accus, ist nur Fehler für ode, in piranga. od tena mehtnm&n (I. mihmkn) kare, der Alte machte ihn zu seinem Gaste. ATäsi odai g/iusa- mas, der Kadi wurde zornig über ihn, II, 1. mar odkn peshan mas, der Sohn ging von ihm (dem Kadi) fort, II, 2.

Da. kana. arwat e, diese meine Frau ist, I, 9. dade jete, gieb ihm, G. </ä»ä saile karak, (hue dessen Anblick,

369

G. </ä/i (däti) peha, in diesen (Korb;) lege dich, IT, 14. Te in date kanä chokari e, diese ist meine Sciavin, I, 12., weiss ich nicht zu erklären: da würde hinreichen und jedenfalls muss so geschrieben werden; dä{/e wird für hier gebraucht, aber passt nicht hiehcr, so wenig als dfifi. DkflQe) khalk, er schlug sie, I, II. äkflk pide harre, reisse ihren Bauch auf, I, 11. dkftk barkme kare , er machte ihre Heirath. Diese Pronomina, wie die Adjective, stehen ohne Endungen, wenu sie Substantiven vorangehen, wie da ghalaghkk harfennt, G. aber ich finde auch du ba»ü tenk urktX, sie kamen in ihren Häusern an, II, 18.

E ist nicht blos Fronomen, sondern auch Copula (^neben o, ü) und dritte Person Singularis des Verburas Sern: da afkl t, o käzink ne afkl e, ewazirnä ne aß.1 e, e tcakiinä. ne afkl e, dieses ist deine Lage, und deines Itädis Lage, u. s. w. II, 17. Den Nominativ e oder ed habe ich nicht gefunden, ede, ihm, steht II; 20. eftk pidkte , ihre Bäuche, I, 12. u. s. w.

Als reflexives Pronomen gilt ten, dessen Genitiv tendf des Selbsts, als Possessiv in der Bedeutung eigen steht and nach der Verschiedenheit des Subjects auf alle drei Personen, im Singular wie im Plural, bezogen wird. L. giebt folgende Casus an: N. tenat. Selbst, G. tenk, D. tene, Abi. tenjkn, dann tenpaten , unter sich.

Den Xominativ tenat kann ich nicht belegen, es ver- hält sich auch wohl damit anders, wie später gezeigt wer- den wird. Soudk karenut tenk hufxe, ich habe mein Pferd verkauf!, G. ehidingas düty C~^0 '^"* karak, nimm eine Schelle in deine Hand, II, 31. Für sein steht es häufig, I zaif tenk araghe pkre^ die Frau sprach zu ihrem Manne. Acc. f tene kasifeva, ich werde mich tödten, II, 4. tenanto I (gedruckt: tehanto, wohl richtiger tenato) sikhakh , be- I halte bei dir selbst, G. Tenpaten ist dieser Stelle I, 2. ent- i nommen: maslat karer tenpaten^ sie machten eine Berathung mit einander. Paten ist aber gewiss keine Flexion und V. 24

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findet sich als Wort nicht in Br. Sollte pa nicht aus dem Persischen ä«, ha, mit, entstellt seyn und heissen: sie selbst mit sich selbst?

Ten in Br. wird nach den obigen Beispielen ganz so gebraucht wie ätman^ Seele, Selbst^ im Sanskrit; es ist natürlich das Persische ten, welches ursprünglich Körper bedeutet, aber dann auch für das Selbst steht. Auch in Baluk'i kam eine Spur dieses Wortes in solcher Bedeu- tung vor 1).

Der Genitiv tend kann die Stelle eines possessiven Pronomens nur in solchen Sätzen vertreten, in welchem der Besitz vom Subject ausgesagt wird ; wenn der Be- sitzende vom Subject verschieden, muss eine andere Be- zeichnung für sein und ihr eintreten. Dazu dienen die Genitive von od, ed^ ddd. Wenn ich nicht irre, hat das Br. noch ein anderes Wort für das Possessiv der dritten Person. Mkrta haft säl masj der Sohn ward sieben Jahre, 11, 1, und 19. Man könnte mdrto ändern wollen: bei dem Sohn waren sieben Jahre; dieses ist aber ein willkührhcher Nothbehelf. Heisst fa, seiu^ ist keine Schwierigkeit; es be- deutet dann: seinem Sohne gingen sieben Jahre vorüber. Läshet hesum, (meine Mutter ist gestorben), er brachte ihre Leiche, 11, 23. aus Pers. ji,^. If, 1. stehen diese Worte: bdwa{\. ti) Itimata kasko, Vater und Mutter starben; Mutter heisst stets liimOf es wird sein bedeuten. II, 14. arakhtia) päre, ihr Manu sprach, das Wort ist aragh. II, 21. I, 15. huriwa ta dere, ich will fragen, der welcher ist, wie II, 14. hurev o der e. II, 19. fiilli ferta khwkningke käzi his^ they scated him in a reading school under the käzi; es ist aber nothwendig tnllifer zu trennen, sie setzten ihn zum Lesen bei dem Käzi; also ta ihn. II, 18. ta harkas tenä vrdghiie hinär f alle diese gingen in ihre Häuser; ta also für sie. Ich finde auch /a, für Genitiv und Nominativ: I, 11. heaunut

1) 8. oben lY, 449.

371

sharkghai Q-ghki'), ich brachte (sie) zu ihrer Bcarthei- luDg. «S'Äam tamäj hesur pät (bei L. tamktk'), die Nacht traf ein, sie brachten Holz^ I, 2. I, 8. asitti. pkre, einer von ihnen sprach, es ist von vieren die Rede. Es scheint hiernach ein Pronomen ta, für ihn, sie und das Possessiv sein, ihr, vorhanden zu seyu, obwohl selten gebraucht; als Possessiv wird es andern Wörlern angehängt; von Flexionen ist nur der Genitiv des Plurals gefunden worden.

Das interrogative Pronomen der wird nach L. nur von lebenden Wesen gebraucht und unterscheidet nicht die Zahlen: wi der us, wer bist du? niim derrure (^der ure^j wer seyd ihr? Aber es heisst auch: da shaharnk pin der e^ welcher Name ist dieser Stadt? G. Gen. </«i/ia (fürSprwa), Dat. dere, Abi. derän . Ich finde ausserdem dinsJ , in awalko irkr dinii, I, 2. das erste Mal bei wem? Hat die Endung dt ursprünglich die Form nki? Don, wie, II, 6. hat eine adverbiale Form.

Für "unbelebte Dinge soll ant gebraucht werden, so wie arä: dieses auch relativ seyn. Das erste lautet auch ante, Ant (gedr. ant^ karinus, was hast du gethan, G. o ant ase, dieses was ist? 11^ 14. aute (^antej onä pds, was sagst du von ihm? II, 2. Antai, warum, in antat tifesa ta {mchitifes ata), warum giebst du es nicht? G. ist die einzige Biegung des Wortes, welche ich gefunden habe. Arä scheint nicht flectirt zu werden , ard trakhtai , zu welcher Zeit, II, 21. Arn steht auch für quodcuuqiie, L. hat dieses Beispiel: ard ä ki g'uirkn e, kane hämo dar~ kär e^ welches Ding, das gut ist, dasselbe ist mir brauch- bar (Pers. J^ ^o, brauchbar, uöthig). Wir sehen hieraus, dass auch das Persische ki sich einmischt, so wie auch cÄi, z. B. Chi wakht, L. wann. Dieses geschieht jedoch selten. Häufiger kommt das Persische Aar, jeder, all^vor; har chaxj alle vier, I, 8. hitrka8=iyj^ Jfj jedweder, alle, II, 18. u. s. w.

372

Hamaj derselbe, dasselbe, kam schon eben vor; in Baluk i lernten wir es in der Form hamai kennen *), Aus dem Stamme dieses Wortes harn mit dem Demonstrativ da hat das Br. handa., handkd gebildet ; zaifas g od kare handd pmtu», er bildete eine Frau aus eben diesem Holze, I, 3. kune handädto barkm jete, gieb mir Ehe mit eben diesem, II, 4. khabar handdd «, II, 16. eben dieses ist die Neuig- keit. Es wird kam auch in dieser Verbindung wiederhohlt: kank aregh (^araghy are ham handkd, afak ham handkd, II, 4. eben dieser ist (soll seyn) mein Gatte, es ist nicht (sonst) ein solcher ^j. Eine Form handunos kommt in zwei Beispielen bei L. vor: handunos i ut, handunos od e, wie ich bin? ist er ; ki wah wahna zaifas asak, handunos asak kl lälank phiuli, L. oh such a woman the image of a rose. Diese Worte sind aber sicher nicht fehlerfrei; gesetzt aber dass phiulX und wahna richtig sind^ müsste es wörtlich heissen: ah! welche Frau war es, sie war eine solche, wie das Bild einer Rose (oder Tulpe?). Ich weiss nicht, ob handunos Adverbium ist oder Pronomen , noch wie dunos zu erklären. Auch das Wort dohko in de^ Bedeutung solcher scheint mir zweifelhaft, das Beispiel lautet: dohko zabou znif as khanat bazartly eine wie schöne Frau sah ich im Bazar.

Durch die Spracliproben belegt ist das aufgeführte amro , welcher Art : o amro bandagh ase, der welcher Art Mann ist, L. da amro juwäno zaif ase-y I, 6. ist nicht fragend, sondern hcisst : die so beschaffene Frau ist schöiK Amarx darosy II, 14. wird übersetzt: bringe (mich) schnell; es ist aber ohne Zweifel aus amro zu erklären: wie willst du mich bringen. Die Endung i scheint unrichtig, da sie sonst nicht Advcrbia bildet ; man könnte aus dieser Schrei-

1) S. oben iV, 44A.

2) L. this shall be my hushand^ hf or no one*

373

bung vermuthen, dass amro aus hämo, htun and arä 2o-

samraengesetzt uod genauer hamaro,hamro zu schreiben sey.

Ein anderes Pronoininahvort ist khadr, khadar, um die Quantität zu bezeichnen; es erscheint als AfTix zu den Pronomiiialstämraen. L. führt nur akhadr für wie viel; auf. Nek rupaije akhadr are, wie viele Rupien «ind bei dir? bedink mehnsJ akhadre, wieviel ist die Miethe des Boots? G. Akhadr ki n\ tes, namo (KAamo) khadr i haier, L. wie viel als du giebst, so viel werde ich nehmen. Hamokhadr heisst also: so viel. Eine ähnliche Bedeutung entsteht durch die Verbindung mit da. So I, 9. da khadar skle hinkne, so viele Jahre ist sie fortgegangen gewesen, d. h. sehr viele. Da khadr g'kickhir, sehr viele Juwele, I, 12. dk khadr bring', II, 13. so viel Reis , für etwas. Ob die Form akhas daneben richtig sey, lasseich dahin gestellt; da huHnk bkhkakhase^ (akhadrase?) wie viel ist der Preis dieses Pferdes? Im Laute erinnert diese Bildung an das Baluk'i ihar, das Persische ier, Sanskrit iara^ für den Compara- tiv 1), ist aber , wie man leicht sieht ^ ganz verschieden ; denn es ist nicht ein Affix dr, dar'= tur, welches sich mit Pronominalslämmen verbindet, sondern khadr. Ich glaube jedoch, dass eine Beziehung auf diese dem Brahuiki fremde Bildung insofern bestehe, als dass aus dem Indischen katara^ wer von beiden, das Brahuiki ein Aifi.v khadar in der Be- deutung des wie viel gemacht hat. Akhadr möchte aus aräkhadr contrahirt seyn. 3Ian bedeutet etwas, einiges, man tcakht gidkrengk, einige Zeit verfloss, II, 5.

Zu dem Abschnitte vom Pronomen gehört endlich noch folgende Erscheinung. Wie in Baluk'i finden sich auch Anhängsel von Vocalen an die Substantive, seltener an die Adjective, welche hier wie dort am leichtesten sich als Pronominalthemate fassen lassen. Ich habe oben S. 353. schon das ä in sharangu und pirangk erwähnt. Der Nomi-

1) S. oben IV, S. 447.

374

nativ des letzten erscheint 11^ 3. 4. der Genitiv pirangknk, II, 3. Dass dieses u die Bedeutung eines definiten Artikels habe, erhellt aus dem Ausdruck filkn pirank, I, 10. eines gewissen Alten^ wo das ä fehlt, wie es muss. Der Ge- brauch im Br. ist jedoch äusserst selten, während es im Baluki oft eintritt und daher abzuleiten scyn möchte, da ä nicht im Br. Demonstrativ ist. Auch t ist wie im Br. vor- handen: da bertjkn-i von jenen Ber da; die Endung lautet stets nur an . Da shaharnk mkljkt (Ar. mklijkt, pl.) bist panch (sonst pang^ hazäri, das Einkommen von jener Stadt ist 25000. Salami this, gab den Gruss, II, 7. Auch dieses erscheint nur selten. Ai tritt ebenso auf: päron da- gink gosälai, wir werden sagen , es ist das Kalb einer Kuh ; es ist gosäl aus dem Persischen gösklah und ai ein Zusatz. Dieses erscheint noch seltener. Aus dieser Selten- heit schliese ich, dass dieser Gebrauch überhaupt dem Bra- huiki nicht ursprünglich angehöre.

Andere ähnliche Zusätze sind mir noch unklar und ich kann nicht entscheiden, in wie fern sie auf wirklichen Ge- brauch begründet oder nur fehlerhafter Darstellung zuzu- schreiben sind. So II, 3. kasarai pirü aragh ase, auf dem Wege war ein alter Mann; m ist sonst die verkürzte Form für sind, wovon unten. Ebenso v oder av, und was^ wie auch geschrieben wird, gleich ist, oti. II, 14, da ghalou macht mas, das Korn war wenig. Pürav steht für erfüllt, voll, also aus pxir^ und dkrjkv für dkrjk ist schon oben an- geführt. Ist hier ein Zusammenhang mit f in Jkfk, u. s. w. ?

Mehr Ansprüche auf Gültigkeit darf das zugesetzte o machen, weil dieses Pronomen im Br. vorhanden ist. Auch von diesem sind jedoch die Beispiele selten und die Sache unsicher. I, 6. g'uwano zaif ase , man kann hier das o trennen und zu zaif ziehen: „schön war die Frau"} viel- leicht auch in der Phrase, G. 549. da shaharle(^-ii) g' w&no gudh paida maroi, wird das Tuch gut (als gutes) in jener Stadt hervorgebracht? In muhibo khofank g ägaseil, 1,1. au

%

375

einem Orte der schrecklichen Furcht, hat das Ar. mahxb, ^„./u^, furchtbar^ ein o angenommen, dessen Bedeutung mir ganz unerklärlich ist

Ich füge hinzu, das a am Ende in einigen Wörtern bald steht, bald fehlt, wie zai'f und zaifa, dieses ist bedeu- tungslos und nur Schwanken der Aussprache. Ein häufiger Zusatz zu Substantiven ist das aus asit, asi, eins, ver- kürzte OS I, 3. Pirangk araghe masid as asakj dem alten Manne war eine Tochter, u. s. w. Auch contrahirt, wie warnks, ein junger Mann, aus trarnk und asj \j 9.

Die Adjective haben als solche keine Biegungen, auch keine Formen für die Vergleichungsgrade. Die Beispiele, welche L. aufstellt, zeigen, dass der Ablativ besonders dazu dient, die fehlende Form zu ersetzen. Du g'uwkn e, dieses ist gut; da g'uwkn osit (asit) e, dieses allein ist gut, L.: das ist besser; da kulkn g'uwkn asit e, dieses vor allem allein ist gut; da edkn g'uwkn e^ dieses vor jenem ist gut; da kul meettjkn (1. mirtjkn) doulatmand «, dieser ist mächtig vor allen Emiren.

Die Zahlworter von vier an sind Persisch; s. oben Bd. IV, S. 441. Ein lautet assit, M. asit, L. öfters ver- kürzt asi. Zwei: irat, M. L. es findet sich auch irä. Drei müsitj M. musit, L. Als Ordnungszahlen giebt L. nur diese: das Arab. awal, erster, eh, zweiter,- mustimiko , dritter, chkrmiko , vierter, pang'mikoj fünfter. Elo ist durch den Wechsel von r und / aus irat abzuleiten. Das eigentliche Brahui Affix imiko , womit mustimiko gebildet wird^ ist auf die Persischen Wörter chkr und pang übertragen. Nachher dagegen awal kopks, erster Pahar, irktmi kopks, zweiter P. , mustami k. , dritter P. , ehkrme k., vierfer P. Es ist aber awalkoj irktmikoj u. s. w. zu trennen; pks ist das Persische tj-Lj, Dauer einer Wache, erklärt durch das Indische pahar, aus S. prahara, Nachtwache. Awalko erscheint in den Texten, awalko wir dinkij bei wem das erste Mal? I, 2.

376 d) Terbuin.

£beuso sehr wie in der Declination unterscheidet sich das Brahuiki in der Conjugation von allen benachbarten Sprachen und hat hier noch entschiedener seinen ursprüng- lichen eigenthümlichen Bau sich gerettet, als in der De- clination, wo nach dem ersten Anscheine Indische Einflüsse vermuthet werden könnten^ wie es Ja3Ies Prinsep gethan hat. Ilicvon kann ers später gehandelt werden. Diese Selbständigkeit ist um so merkwürdiger, als der Wort- schatz überfüllt ist mit Persischen und Arabischen, dann auch mit Indischen Bestandtheilen. Um nur eines hier zu erwähnen , es besitzt das Brahuiki eine eigenthümliche Form des negativen Verbums.

Es ist leider nicht möglich, ein so vollständiges Bild von der Conjugation, wie von der Declination aufzustel- len. Zwar hat L. sehr schätzbare Paradigmata der Con- jugation mitgetheilt, die von einem Eingebohrnen herstam- men müssen ; denn sie geben eine viel vollständigere und systematischere Ucbersicht der Verbalformen, als aus den Sprachproben geschöpft weiden kann , während in diesen andere hervortreten, die L. nicht unerwähnt lassen konnte, wie z. B. das negaüve Verbum, wenn er aus den gesam- melten Materialien eine Darstellung der Conjugation selbst entworfen hätte. Man würde zu weit gehen, wenn man hieraus schliessen wollte, duss die Brahui ihre Sprache grammatisch bearbeitet hätten; es darf aber wohl gefol- gert werden, dass sich un(er ihnen einzelne Männer ßnden, welche, wahrscheinlich durch Erlernung des Persischen oder Arabischen^ einen Bogriff von Grammatik sich erwor- ben haben und dadurch fühig werden , die Formen ihrer Sprache systematisch zu ordnen.

Zu einer vollständigen Erkeuntniss der Conjugation reicht das vorhandene Material jedoch niclil ausj denn tiicils kom-

377

«

men Formea vor, welche nicht in jener Aufstellung be- rücksichtigt sind und vereinzelt stehen, daher schwer in ein System mit den übrigen zu bringen sind; theils sind Abweichungen in den Spracliproben von den Musterbei- spielen, von welchen es unsicher ist, ob sie dem täglichen Sprachgebrauche oder einer ungenauen Auffassung zuzu- schreiben seyen.

Das Brahuiki hat einen Infinitiv, der in ursprünglicher Form auf ning ausgeht und ein verbales Substantiv bildet; L. führt die Worte in der Form des Imperativs auf, M. da^eofen im Infinitiv und Xlurch ihn ersehen wir, dass die Sprache Consonanten oft assimilirt Beispiele; kanning, thun, die Flexionen stammen meist von kar'j banning, kommen, zu bas, bar. Es verschwindet das n umgekehrt durch Assimilation, wie nerring, fliehen, selling, waschen, arraffing, auflesen, oder verschwindet ganz, wie ilhing, öff- nen^ kahing, sterben. Da? n als ursprünglich hinzustellen, berechtigen uns Formen, wie banning, kanning, u. a. 3I.'s Verzeichniss enthält folgende Fälle: am häufigsten -nning; dann: -kking, -khing, -ghing, ^ching, -ting, thing, -ning^ -fi»9i -P'^g> -^»i'Wi -ring, -rring, -ling , -Hing, -sing, ssing, -shing, -sfing, -rzing, -hing und endlich tning. Es verwandelt also n meistens r, bei tn tritt nicht Assimila- tion ein, es verschwindet n nach zwei Consonanten, mit- unter auch nach einem ; in diesem Falle wird wahrschein- lich die vorhergehende Sylbe lang seyn, wie in rnting, ärndten, muching , nähen, obwohl nicht überall dieses be- zeichnet ist. Wo zwei gleiche Consonanten vor ing sind, ist Assimilation anzunehmen. Wir sehen €iier "eine Nei- gung zur Entstellung der Formen, dem Wohllaute zu Liebe ; andere Entstellungen werden dadurch w ahrscheinlich. Der Infinitiv wird wie ein Nomen behandelt und kann daher Casusendungen annehmen. Sala. kaning (^kan- ning) g'uwkn e, es ist gut, einen Rath (Arab. J^') zu pflegen, ist unflectirt. Tamk kkrem kaning te (Ji), er

378

machte sich daran (eig. fiel zu) das Werk zu thun, I, 4. lamä. gudh moghangati i-ghin.'), ein Kleid zu nähen^ 1,5. tamk pitingati, fing an zu jammern, II, 23. Ohne Flexion aber: kasarseai iulm(g), um an einem Wege zu sitzen, 1,8. Dev Khorksknki kharld kaninki (gewiss kaningi), G. 549. ich werde sie nach Khorasan bringen um sie zu verkaufen, hat das noch unklare i. Das locative ti erklärt sich leicht als Bezeichnung für das Beschäftigtseyn mit der Handlung, das Seyn im Handeln. Die Absicht wird bestimmter durch äe angedeutet: tullifer ta khwhiangke (wm^äe), sie Hessen ihn (bei dem Kadi) sitzen zum Lesen.

stellt zuerst ein Paradigma des Verbums Seyn auf ; es sind folgende Formen.

Präsens. Sing. 1. * asit uty 2. ni asit us, 3. od asit e,

PI. 1. nanasitun, 2.num asit ure^ Z. ddfkasit ur. Da asit ein bedeutet, ist dieses ein Beispiel des angehäng- ten Verburas Seyn: ich bin allein u. s. w. Ich lasse bei den folgenden Beispielen die Personalpronomen weg. Das selbständige Präsens: ich bin u. s. w. lautet:

Präs. Sing.

1. aret

PI.

1. aren

2. ares

2. areri

3. are

3. arer

Imperfect. ir) Sing.

1. asut

PI.

1. asun

2. asus

2. asure

3. asak

3. asur

Conjunctiv. Sing.

1. tnasut

PI.

1. tnasun

2. masus

2* masude (d'e = re.^

#

3. masuk

3. masur, ich möchte seyn, u. s. w.

1) Ich nenne dieses Imperfect das zweite, weil ich später ein erstes nachweisen werde. L. nennt masasut, l was being, zweites Imperfect, masunut^ J had beeil, dagegen Perfect. Es sind beide Couipositiouea mit Purticipien und jedenfalls das erste mehr

379

Perfecta I. Sing. 1. masas »^ PL 1. meuas un

2. masas us 2. masas ure

3. masas 3. masas ü Perfect II. Sing. 1. masttn ut PI. 1. masun un

2. masun us 2. masun ure

3. mas 3. masun ü Futur. I.^ Sing. 1. marev PI. 1. maren

2. mar es 2. mareri

3. marek 3. marer Futur. II. Sing. 1. »laro/ PL 1. maron

2. mar OS 2. maroJe Q-re^

3. maroi 3. maror Imper. Sing. 2. ni mar es PL 2. «wm marere

3. orf mar« 3. </«/Xr marer.

Es sind dieses Formen der Future, ich werde später noch andere Formen des Imperativs nachweisen.

Das zweite Beispiel bei L. harrafing ijiarraffing, bei M. arßng), fragen, stimmt nicht ganz mit dem ersten, L. verändert zum Theil die Benennungen, wie ich bei jedem Falle angeben werde. Zur leichlern Uebersicht stelle ich die vorhergehenden her.

Praes. Sing. 1. harraffiva PL 1. harrafon

2. harraff^isa 2. harrafore

3. harraffik. 3. harrafor.

Der Pluralis hat hier die Formen des Futur II.. dessen Singularis in der That als harrafol u. s. w. nachher ange- geben wird. Harraßna steht als 1. pl. eines andern Futurums;

ein Perfectum, als Iniperfectum, das zweite ein Plusquamperfect. Da der Gebraucli in der Bedeutung öfters schwankt, habe ich sie ihrer Verwandtschaft wegen Perfect I und II. bezeichnet. 1) L. nennt dieses Futurum das der Gegenwart, ich werde jetzt seyn; das zweite literal, I will hereafter be. Der Gebrauch be- stätigt dieses, da die erste Form und eine nahe verwandte auch die Gegenwart bezeichnen.

2. harraßre, 3. harrafir finden sich nicht. Eji ist bei L. hier gewiss eine unrichtige Darstellung. Da ein Futur I. harrafeva u. s. w. nicht aufgeführt wird, darf harrafiva als solches gelten. Imperf. I. 0 Sing. 1. harraffeta PI. 1. harraffena

2. harraffesa 2. harrafere

3. harraffek 3. harrafera (^~fer) Conjunct. Sing. 1. harrafut PI» 1, harrafuna

2. harrafus 2. harrafiide (-re)

3. harrafuk 3. harr a für Per f. I.^) Sing. 1. harrafesas ut PI. 1. harrafesas un

2. harrafesas us 2. harrafesas ure

3. harrafesas 3. harrafesas ü /»er/. II. 3) Sing. 1. harra/fen ut PI. 1. harraffen un

2. harraffen us 2. harraffen ure

3. harraffen e 3. harraffen ur Futur. 1.*) Sing. !♦ harrafiv PI. 1. harraäna

2. harrafos 2. harrafere

3. harrafoi 3. harrufemire

Es sind hier offenbar Vermischungen. 3. PI. gehört nicht hieher, 2. 3. Sing, kommen gleichlautend bei Fut. II. wieder, der hieher gehörige Singular stand oben bei Prä- sens. Da Fut. I. wohl nicht ursprünglich vom Präsens ver- schieden ist, werden alle Personen i und vielleicht e (wie 2. PI.) vor den Endungen haben. Fut. 11.^) Sing. 1. harrafot PL 1. harrafenun

2. harrafos 2. harrafonure

(j-fenure)

3. harrafoi 3. harrafenn

1) Bei L. Imperf. II. I w<w asking. j

2) L. Per^. / had asked. 8) L. Imperf. I asked.

4) L. zusanuneugeseUtus Futurum, / shall have asked. Diese Be- schreibung Icöonte nur aut ü. PI. luigeweiidet werden.

5) L, Futurum, / will ask.

381

Es ist klar, dass auch hier Verwechselung ist. Der Pluralis gehört dem Perf. II., der hieher gehörige steht >ben bei dem Präsens.

Imperat. Sing. 2. harraf PI. 2. harrafho

7a\xt Erläuterung dieser Formen habe ich folgendes za erwähnen.

Die Formen des Verbiiras seyn werden in Br., wie in lianchen andern Sprachen^ aus mehr als einer A\'urzel ge- »ildet, wir müssen hier ar oder as, mar oder mas anneh- nen ^), Die gewöhnliche Bedeutung des letzten ist trerJen, lie ursprüngliche rauss gehen gewesen seyn, weil diese loch deutlich hervortritt^ wie in mär peshan mas, der Sohn png heraus^ II, 2. Der Wechsel von r und * kehrt in *«r and bas, kommen, wieder.

Das eigentliche Verbum Seyn: ar und <fc scheint aber luch nicht das ursprüngliche gewesen zu seyn, sondern iieses ist das Uj welches durch viele Beispiele gesichert vird; die 3te P. Sing, nimmt ein e an, wahrscheinlich ein mderes Thema; für u wird oft o geschrieben, i nd hamroty ch bin dein Gefahrte, II, 3. aus hamrä ot\ für päre ho, \, 16. er sprach, ich bins, muss ot QhoO gelesen werden; landnnos i ut, wie ich bin, G. 541. Kdzi säheb us, bist lu der Herr Kadi? II, 16. ni der us, wer bist du, G. 540. ti (m) ani khomase us, aus welch einem Geschlecht bist lu, G. 547. tlurä khairafi hiis,, bist du im Wohlseyn? G. •47. da shaharnu pin der e, welcher Name ist dieser itadt, G. und oft. Ob i für ist zu nehmen ist in Beispie-

1) Ich habe ft-üher geglaubt, Ztschft. IV, 4.59, die Wurzeln ar und mar auf eine zurückführen zu können; diese Vermuthung muss ich jetzt zurücknehmen. Erstens kommt mar mit concreter Be- deutung vor, ist eine selbständige Wurzel und nicht verschieden

I von mas. Zweitens komuit m gar nicht vor bei der Bildung des Futurums der übrigen Verba. Es darf daher auch keine Ver- wandtschuft zwischen dem Br. mar und dem Präfix ma des Fu- turums in Baiuki gesucht werden. *

382

len wie ainu basunx, heute ist tfs heiss? oder das prono- minale Affix, ist mir unklar. Niim derr ure, wer seyd ihr? G. 540. Die dritte Pers. PI. wird gewöhnlich zu ii ver- stümmelt^ ein Fall, der auch in den analogen Formen sehr häufig ist. Ghalaghku {-ghäk) pnskunn, die Körner sind frisch, duk hanenn, deine Hände sind süss.

Das e, welches hier allein steht, bildet alle Personen des Präsens nret, u. s. w. Ich bezweifele nicht, dass diese Formen so zu erklären sind, dass das eigeiitliche Substan- tive Verbum et, es, e, en , eri, er, einer ursprünglich concreten Wurzel ar angehängt ist, welche die Bedeu- tung seyn erhalten hat; die Form bedeutet eigentlich: ich hin %u seyn u. s. vv. Man kann in et u. s. w. nicht Pronoraina suchen, weil diese verschieden sind; höchstens 1. PI. en lässl sich mit nan in Beziehung denken. Ut^ us u. s. w. der Form as angehängt, bilden das Iraperfect; der Begriff der Vergangenheit scheint hier in as liegen zu müssen. Das e der dritten P, Sing, wird hier durch ak eines Themas auf a ersetzt. Mit der Wurzel mar ver- bunden bilden beide Formen des Verbums seyn : et und o/, welches nur eine Variante für ut ist, die zwei Future; ia der ersten Person Sing, steht hier ev, nicht et, in der drit- ten ek. Die Bedeutung ist also: ich bin zu werden. 3Iit mas bildet ut, us u. s. w. den Conjunctiv, hier erscheint 3. Sing, nk, also die bei ut zu erwartende Form. Masastä und masunut enthalten wieder ut und zwei Participialfor» men, die eine auf us, die zweite auf un von mas. Diess Formen lauten auch es und en *).

Es ist wahrscheinlich, dass eine vollständigere Kennt- niss noch eine andere Form des Präsens «S^^w bieten würde; es kommt wenigstens ase öfters für ist vor: Mekurknk khisun ase, das Gold ist aus Alekran, G. Statt asak findet

1) M. hat päretni, er sprach; eine sonst nicht erscheinende Font And wahrscheinlich falsch für pareni.

383

sich asj wie 3Iulla Mansnre mär asy dem M. M. war ein Sohn, II, 19. Ob asas richtig sey, mit welchem Worte die zweite Erzählung angefangen wird, asas aragh as, es war ein Mann, weiss ich nicht. Da asak sicher steht, wie II, 4. mag es leicht ein Druckfehler seyn; es wäre sonst eine Form wie masas oder 3. S. Perf. I. Die zweite Participialform auf en findet sich von ar in diesem Satze: dandangk ernttt Cgcdr. dan danga.ernut), ich bin müde ge- worden, G. 547. Das Wort müde ist dandangti und ernut = arenut, ich bin gewesen ^).

Sehen wir ab von den, den Consonanten der Personen- endungeu vorhergehenden Vocalen. die u, o und e, in we- nigen Fällen «, nur in einem a (^asak} lauten, sind die re- gelmässigen Personenbezeichnungen die folgenden : Sing. 1, tj ta, seltener r, ta. 2. *, sa. 3. Ar, welches jedoch oft abfällt. PI. 1. n (auch n geschrieben^, na. 2. re^ ri {de ist nur falsche Orthographie, 3 = ^)^ 3. r, selten re, dagegen fehlt meist das e, ja sogar auch das r. Diese Consonanten ent- sprechen, wie schon bemerkt, nicht den Stämmen der Pronomina.

Die in den Sprachproben am häufigsten vorkommenden Worte sind wjaÄ=ffjar, werden^ und kanning {für karning^, thuu. Eine Menge Zusammensetzungen dieser Verba mit Substantiven, Adjectiven und Adverbien ersetzen einfache Wurzeln , welche das Br. nie hatte oder verloren hat Es mögen von beiden hier Beispiele folgen , um das auf- gestellte Schema zu bestätigen. / Haidrabädti (L. /e) ird \tü masunut, ich bin zwei Monathe in H. gewesen. Sehr

1) Dagegen ist arete, 6. 548. wohl nur Fehler: ilum, eta khudä, chou oe (1. od) arete, gwänosit (I. asit), L: Bruder, 6<itt weiss das, aber es ist gut, als Antwort auf die Frage, woher ist das Gold, Eta bedeutet sonst; gab. Es wird zu trennen seyn: chou od are, te (ta) g'wän asit, Gott gab's, wie (P'_^^) das ist, es (ist) einzig gut.

384

häufig ist mas, welches aus masas oder mastm, geworden, verkürzt und ohne Hülfsverbum die dritte Person vertritt. Ode muras mas, 11^ 1. ihm ward ein Sohn, huwat bewäa mos, ihr Vater ward erstaunt (P. (_y.^), II, 4. zargar bash mos, der Goldschmidt wachte auf, 1, 4. Mathusalem hasht sdl zindmas, M. lebte 800 Jahre. Das diese Erklärung von ma9 richtig ist, ergiebt sich daraus, dass die nicht von L. aufgeführte Form mastine, masuni, häufig vorkommt, d. h. das Participium masun mit dem Hülfsverbum e und dem zweifelhaften i. Ba% masiinl, (die Summe) ist gross ge- worden, ist gross; därjäv kharub tnasune , machit masune, der FIuss ist verdorben (Ar. uj^^)^ er ist klein geworden. Die Bedeutung des i als ein Delerrainativ-AfBx scheint durch dieses Beispiel erhärtet zu werden : buz sula marek paidä masum. Duäzdä sklnai patdä masuni , sie wird viele Jahre gebohren (P, ?Jujj) gewesen seyn; seit zwölf Jahren ist sie gebohren. Im ersten Satze kann » nicht für ist stehen, da marek vorhergeht.

Die dritte P. Plur. masunn (für masun -ur^ habe ich nicht gefunden, dagegen ist masn sehr häufig und eine weitere Zusaramenziehung. Rai tnasu , sie gingen den Weg, sie reisten (P. ^]^ neben u^j, Weg), II, 5. kul peshkn masu, alle gingen heraus, II, 18. kul hairkn mqsxL, alle wurden erstaunt, I, 10.

Masut wird in den Beispielen als Präteritum über- setzt, doch mag es auch, wie in dem Paradigma angege- ben wird, als Optativ stehen. Düsü Brahui masut, (ich habe die Brahuiki Sprache gelernt), jetzt bin ich ein Bra- hui geworden, G. 549. hulija. swär masut, damdaftrat, ich bin zu Pferde reitend gewesen, ich habe ausgeruht.

Von den beiden Formen des Futurums vertritt die eine zugleich den Imperativ, wie oben angegeben ist. Da shä^ hartx g waho gudh paidk maroi, wird iu der Stadt gutes Tuch hervorgebracht werden ^ G. 549. ud näk diik g od

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maror, deine Füsse (und) Hände werden heil seyn, ebend. Marev gort, ich will herum wandelu, 549. gharibktk ofk khtuh murer, jene Armen werden froh seyn; bäz »dl zind mo- res, sey lebend viele Jahre, G. 549. Mare ist gewöhnlich für 3. P. Imper. zaif päre, mubkrak (^ArSib.J mare, die Frau sagte, er sey glücklich. Die zweite Person Sing, kann zu mar verkürzt werden, httlijkn shef mar, korara herunter vom Pferde, G. 548. ja zu ma, wenn dieses richtig ist, pesha (sonst peshän aus P.",jiuu, pesh}, komm heraus, U, 24.

Eine häu6ge Form der 2. P. Sing. Imper. ist marak, bei den meisten andern V'erben schreibt L. : akh. Khktia- tckda marak, sey von guter Familie, oder geh C^^ ist vom Heirathen die Rede) in eine gute Familie {y^\yiJ>y khii~ nitwkdah, P. hat beide Bedeutungen) II, 4. bash marak, stehe auf, II, 16.

Von kanning führe ich folgende Beispiele an. Karenut, II, 7. 8. 9. 10., ich habe gethan, soudk karenut, ich habe verkauft, G. 547. kartnus. G. 549. (wohl karenu», wie zwei- mal 547.). Die 3. P. S. ist karene, l, 7. G. 549. g'od ka- rene, verfertigte, G. 548.

Die eine Form des Particips von kar hat also die Form en statt m«; ebenso entspricht dem masas von kar die Form kares; als 3. P. Sing. Perf. nimmt sie noch as an, wohl das angeführte as, denn diese Participia können auch andere Formen des HQlfsverbums anfägen, als die im Schema aufgeführten. Kizinä. hUe Mulla Mansür tenä anca/£Qo karesas, die Erzählung vom Kadi hatte M. M. bei seiner Frau gemacht, ihr gemacht. Diese Erklärung steht fest durch die Conjugation von benning (bei M.), hören, welches bei L. bing lautet; sein Particip ist bingas. Bingasutj ich .habe gehört, G. 549. bingas, er hörte, II, 7. PI. bhigasü, II, 5. aber auch bingasas, er hat gehört, II, 8. 9.

Aus der Form karek für 3. Sing. Fut., wie I, 10., fol- V. 25

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gen kareo und kares für 1. und 2. Es finden sich statt ihrer nur kev und kes , also zusammengezogen. Kkreme kev, ich will die That thun, G. 549. Kes steht oft im Sinne des Imperativs, II, 6. 20. ob ke, wie II, 13., dafür eintritt, weiss ich nicht; ke für karek, I, 8. ist gewiss ein Fehler des Drucks Eine Verkürzung der 3. Sing, kek steht bei L. 539. im Plur. ker, mit Präsens-Bedeutung. S. oben S. 355. Die zweite Sing. Imper. lautet ausserdem karak, saht ka- raky thue Geduld, II, 14. hosh karak, thue Verstand, II, 4. Es findet sich daraus verkürzt kar in htiltd chist kar^ G. 547. steige zu Pferde. Die zweite des Plur. Imper. erscheint in der Form mit bo, von der später zu handeln ist ; nabiaht CPers. nuvisht) kabo, schreibet, G. 548. Vom Fut. II. habe ich nur karoi, G. 549. wird thun, gefunden *).

Ihrer Bildung nach entsprechen die Formen 3. Sing. karek, kure, 3. PL karer, 1. Sing, karet den Präsensfor- men von «r, ihre Bedeutung ist aber stets die eines Im- pcrfects. Man könnte diese von den meisten Verben vor- kommende Form zwar in einigen Fällen als Präsens auf- fassen, in den meisten ist aber die Bedeutung des Imperfects sicher. Däftä barume kare^ er machte ihre Heirath, II, 4. II, 1. u. s. w. ne salkm iiarek, sie machte dir einen Gruss, II, 20. kabre taijkr karer, sie machten ein Grab fertig (Pers. Lö^ tajjär, fertig, und P. jji', Grab, Ar. -*ä); kulf karer , sie machten geschlossen (entstellt aus Ar. JJü», kufl, Hiegel), II, 22. Karera, in kul tcnk id' karera, sie machten sie alle zu ihrer Schwester, II, 18. wird wohl karer zu lesen seyn. Die 1. Sing, karet, ich machte, steht, l, 11* Ich will daher diese Form Impcrfect I. nennen, um ihr nicht einen ganz unpassenden Namen zu geben und weil auch schon die entsprechende Form haraffela als Imperfect

1) I, 7. steht zwei Mal kanou in der Bedeutung: ich machte, das dritte Mal gleich darauf karenut, die erste Form ist ganz uner- hört und kann nur IJruckfebler seyn.

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Vorkam. M. der mir von päning einige Biegungen auf- führt, schreibt pHret , 1. Sing, und pärt^ I , he did speak. Die Formen, welche aus der Wurzel mit Zusatz von et, u. s. w. entstehen, gehören also sowohl dem Imperf. I. als dem Futur I. und stehen auch in einzelnen Fällen für Präsens; nur 1. Sing, ist verschieden, da sie et oder ev lautet. Es ist also eine Form ziemlich unbestimmter Be- deutung. Kamt u. s. w. oder Imperf. 11. kommt nicht vor, diese Form ist überhaupt seltener.

Bas, kommen^ auch gehen, zeigt denselben Wechsel wie mos, es wird in den analogen Fällen bar; M. giebt den Infinitiv banning. Basune, ist gekommen, I, 15. Plur. bastinti (von L. irrig übersetzt mit is) , es hat hier den Sinn von sind geworden, G. 549. Häutig erscheint Imperf. II.; die 3. PI. ist basu, II, 5. u. s. w. vollständiger basur, II, 23. Ebenso 2. Sing, basus. Die öfters vorkommende Form bas, er kam^ würde nach dem Paradigma 3. S. von basunut seyu; sollte sie aber nicht besser zu basu/, basus, basü gezogen werden? sie wird ganz mit derselben Be- deutung gesetzt. Fut. I. 1. Sing, barec, 2. bares, II, 7. 20. 3. barek, mit der Bedeutung : er kommt eben an, I, 9. In pädshä bare kai II, 12. der Fürst wird gehen, muss auch barek stehen^ da kai keinen Sinn an der Stelle haben ka^; ai hat hier freilich auch keinen. Sonst steht auch bare statt barek, z. B. I, 8. musalman as bare, ein Muselmann wird kommen.

Die 2. Sing. Imperat. lautet barak, II, 6. auch bar,

II, 3. Die Formen bariva, barisa würden dem Präsens kar-

raffiva, harraffisa bei L. gehören; die Beispiele p. 5i7.

barica ee tune (ß. h. i neto), barisa ki kän, übersetzt er

aber selbst : / will go wilh you, are you going or how (die-

, ses ist aber ungenau, es heisst: willst du gehen? was, ge-

I hen wir?), wie sie in der That der Form nach dem Futu-

' rum gehören.

Diese drei Zeitwörter sind am vollständigsten in den

3S8

Sprachproben belegt; es wäre zwecklos, die übrigen alle mit derselben Vollständigkeit zu verfolgen. Ich will daher nur noch solches hervorheben, welches zur vollständigeren Kenntniss führen kann^ und einige noch nicht besprochene Formen behandeln.

Eine nur in einem Beispiele bisher entdeckte Form des Präteritums ist diese: ne khudä hatare , II, 11. Gott brachte dich, nachher irrig hatre-, M. hat atning, bringen, und li. hatbo , bringet. Es kann dieses nur eine Zusam- mensetzung der Wurzel mit dem Präsens are seyn.

Zusammeuziehungen, wie sie bei kar vorkommen, kehren in analogen Fällen bei den übrigen Zeitwörtern wie- der. Danning^ tragen, bringen, im Imperf. I. 3. S. darey 3u PI. darer j Praet. I. 3. Sing, darene, 3. PI. darenüj I, 11. 12., hat im Fut. 1. dev und deva, 1. Sing. G. 549. II, 14. Fut. II. Sing. 2. daros, II, 14. Päning, sprechen, pdre, er sprach, PI. purer, hat 2. Sing, pds A\is\pures, und steht als Präsens, G. 549. II, 2. Pdron, II, 15. wir werden sagen, Fut II.

Unerklärliche Wechsel zeigt die Wurzel tenning (31.) geben. This, er gab, 11^ 7. 9. 15. 22. tis, II, 11., PI. thisii, II, 17. tisü, \, 12. Das Futurum lautet tev, II, 17. Dem Imperativ liegt ein Thema et oder jet zu Grunde und eta, II,* 18. scheint: ich gab zu bedeuten. Man könnte bei this eine Vcrslümmcluug des Parlicips auf as annehmen, wir werden aber bei tuling, sitzen, ein ähnliches s ßndeu, welches nicht aus as entstanden seyn kann. Hes, et brachte, I, 9. II, 11. 14. 18., hesur PI. 1, 12. ist Imp. U, und hat ein ursprüngliches s, wie aus hesunut, I, 11. he- sunt, II, 23. erhellt. In der letzten Stelle könnte es pas- sivisch zu seyn scheinen, ihre Leiche ist gebracht worden.

Einige Zeitwörter haben den langen Vocal ä vor den Endconsonanten der Endungen des Iraperfccts und in den Participien auf an und as. Khuching, schlafen, (^khaching M,) khächä, er schlief, PI. khächür, II, 11. 18. 22. Hinäk,

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ging fort, I, 10. 11. hinär, II, 3. 18. u. S. w. hindne, v6\ gegangen, I, 9. II;, 23., während die 2. Sing. Imper. kurze« a hat, hinak, hina^ G. 548. Khwdjä, er verlangte, PI. khwa~ jdr , II, 23. 24. Von tamitig , fallen, daher eintreffen und auf etwas verfallen, beginnen: shdm tamd, (P. ^Li)^ Abend traf ein, I, 2. u. 8. w. de tamd, Tag traf ein, II, 4- tamä pitingati, sie begann zu jammern, II, 23. Hamode bundas tamdsas , daselbst fand sich ein Holzstoss, I, 3 gudd zaife sah tamdne, darauf ist der Frau Leben zuge- fallen. Khand, er sah, VI khandr, W, 3.24. I, 10. i:bcnso khandnut, G.o48. wogegen khanat, G. 54t. gewiss nur Feh- ler ist; I, 11. steht khandt, ich sah; aber khanoi, wird sehen, G. 549. khanisa, du siehst, mit Präsens- Bedeutung, II, 16. Solcher Bildungen mit langem d sind noch andere; mit » finde ich sali, stehe, salis, blieb stehen, I, 9. M. gicbt sel- ting, stehen. KhuUbo, furchtet, L, khulisoy du wirst fürch- ten, G. 548. und sonst noch einige. Die Infinitive zeigen in keiner dieser Wortklassen eine Verschiedenheit. In khulisa steht f, wie oben in barica, barisa.

Imperativ. Die zweite P. des S. hat uns schon oben die Form ak dargeboten; so wird in den Sprachproben meistens geschrieben; in seinem Verzeichnisse von Zeit- wörtern setzt L. Mufiger ArA. Kunakh, iss^ pirakh, brich, sikhukh , behalte, Wahrscheinlich tikhakh, da. tikhd, Fl, 13, hielt bedeutet und L, 539. tikhakh selbst giebt, nebst tikhy die verkürzte Form ohne ak. Da das k sonst Zeichen der dritten P. Singuiaris ist, erscheint diese Bildung autfallend. Das kh scheint abgefallen in jakha, huste. Ka sieht iu phiirka, fülle, pur-av heisst voll; dann in halmaka, fliehe, iiachher halmak , laufe (dieses ist vielleicht Zusammen- setzung mit ka, mache voll, Lauf). Wo das nackte Thema steht, wie kar^ ist wahrscheinlich jenes ak abgefallen; ja es scheint sogar noch das Thema selbst verkürzt werden zu können, ka und ma kommen öfters für kar und mar vor. iWeiter harf^ hin, nimm, geh fort(L. take uway), mugh, näfhe.

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u. B. w. Oder a bleibt, shola, giesse aus, hina, geh, mala, mach los, und u, wie tamd (h.tammd), falle, wenn richtig geschrieben ist. Die Paar Beispiele^ in denen e Endung ist, ffand kashe, rieche (eig. ziehe Geruch), G. 549. g'hale^ fange, ebend. scheinen das e zu viel zu haben, da keine Form ek für diese Person vorkommt. Auch die Endung i weiss ich nicht wo hinzustellen : hify, lerne, L. giri nety^ binde, und namentlich ety, jetiy L. 546. G. 547. 549. \, 6. jete, II, 4.

Wenn z. B. kes als Imperativ steht, so ist dieses nur die Verwendung der 2. Sing. Fut. I. als eine mildere Form des Befehls. Häußg kommt auf diese Weise kän, gehen wir, vor^ I, 8. II, 3. 5. u. s. w. Die dazu gehörige 1. Sing, ist kdv, G. 547. 549. II, 14, kkwa, G. 547. Die 2. S. kds, du wirst kommen, steht II, 7? im Sinne von mögest kommen. I, 2. hcisst kkchina, schlafen wir, also die Form des Fu- turums mit i, ebenso kkchin, II, 13. 92. In kdv u. s. w. scheinen die Vocale des Futurums, e oder o, von dem lan- gen Wurzelvocale verschlungen zu seyn. Die 3. PI. der Futur-Bildung : ir, habe ich nur ein einziges Mal angemerkt in: da tätdk irä tu kngud bisir, G. 549. diese Maulbeeren werden in zwei Monathen reif seyn. Es scheint aus hasir durch die Einwirkung des folgenden i entstanden zu seyn. Dagegen sind noch zw-ei Bildungen, w^he dem Imperativ eigcnthümlich sind, tak und bo.

Tak kommt in zwei Wörtern vor. Von halling, er- greifen, M., ist das Futurum halev j G. 545. 549. Aalkutti, hat ergriffen, G, 548. hallky ergriff, II, 24. halko, nahmen» lieber das k später. Halllak^ nimm, G. 548. II, 15. Bei Ij. im Verbalverzcichnisse erscheinen drei Wörter: bu% halbOf küsset (nehmet Kuss), halbo, bringet, und nachhei' kaufet; es ist stets das obige Wort und die zweite Form, des Imperativs.

Tuling oder tulling (bei M. tuling), sitzen, gehört zu 4en Wörtern, weiche das noch dunkle s annehmen ; /üsan4.

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vr&ti, ist im Hause gesessen, II, 13. (einmal gedruckt tHsne); fiisasuf, i^|^6as8; I, 11. his, er sass, II, 11. 12. u. s. w. fusur, PI. T7 2-5 tlagegen tullifer , setzten, II, 19. AI? Imperativ kommt vor fulltak, setze dich, II, 14. I. 2., bei L. im V'erzeichniss unrichtig tidlak; denn die Abkür- zung tullt, steht II, 12.

Es lässt sich vermuthen, dass tak der Imperativ eines Hülfs\'erbums sey; welches, ist nicht zu ermitteln, da kein Zeitwort bis jetzt zum Vorschein gekommen, von dem es herstammen könnte. I, 3. kommt vor tngh hallt, er greift vor sich hin, hier wäre also das Element / auch ausser dem Imperativ gebraucht. Oder verdruckt für hallk ?

Bo steht bei L. als 2. PI. Imp. von harrafing und wie harrafbo haben in den beiden Erzählungen alle Beispiele von dieser Form die Bedeutung der Mehrzahl. Num khkchboj schlafet, I, 2. harrabo , zerreisset , I, 12. wozu harkr {harrkr^, zerrissen, I, 12. harre (für harrek^ , er wird zerreissen, I, 11. gehören; eibo , gebet, I, 9. etaboy I, \%. jetboy \, 10. dabo^ traget, I, 12. (also aus </ar) ; pkbo^ aus pkrbo, redet, I, 10. wofür babo unrichtig, I, 9. tnalabo, öffnet, II, 17. L. unterscheidet in seinem \'erzeichniss und seinen Uebersetzungcn nicht, da er überall you setzt; die Bedeutung ist aber hinreichend festgestellt. Ich entnehme aus seinem Verzeichnisse nur kaboy machet, für karbo, und baah kabota, wachet auf, wo das fa aber wahrscheinlich falsch ist, da diese Endung für die 2. Plur. gar nicht vor- kommt. Auch bo möchte ein Hülfsverbum seyn , obwohl ich im Br. keine andere Spuren desselben entdeckt habe.

Nicht einem einzelnen Modus, sondern der Bildung gan- zer Zeitwörter wird das f gehören, welches in dem oben aufgeführten harrafing durch alle Bildungen hindurchgeht. Tullifer, (von tul, s. S. 390.) führt durch seine Bedeutung auf die eines Catissativs. Es ist schwer, aus so wenigen Beispielen die Sache sicher zu stellen^ doch beslätigen sie, so weit si& reichen. PülanU heisst G. 549. ich bin uass

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geworden, L. hat pklif-ho, waschet, also Zusatz von i/zu pal. Lagä in masidnu (masir , bei ruh murto lagu, II, 4. der Tochter Geist entbrannte zuaem Knaben^ uIsj intransitiv; L. hat lagaf, zünde an^ und I, 2. steht khi- khare lagafer, sie zündeten ein Feuer an. Kasif, L. lösche aus^ ist wohl dieselbe Bildung. Benifeney G. 548. nach L. er schenkte^ also Perfect. von henif; \\, 12. heisst es da gude benenas {\j. ben etias, cover yourself with this teil)y dieses Kleid ziehe an, oder wohl genauer: sey dieses üleid angezogen habend; also die Wurzel ist ben. Das erste Beispiel lautet vollständig so: ddde ainu mir benifene kha- lat , wörtlich: heute Hess der Emir ihn ein Ehrenkleid an- ziehen. / tene kasif eva, ich will mich selbst tödten, 11,4. kaaifenure, kasif enn, (L. kasafenu), sie haben getödtet, I, 10. 11, M. h&i kas fing, tödten. Kask heisst: er starb, kasko, sie starben, kaskune, ist gestorben, G. 54U. 548. II, 1. 23. K wird auch ein Bildungselement seyn ^) und von kas, sterben'*), ist kasif, tödten, gebildet; in kasif, lösche aus, scheint die eigentliche Bedeutung enthalten zu seyn. Wahr- scheinlich ist auch harrafing selbst noch ein Beispiel dieser Form, doch ist wegen der schwankenden Orthographie zweier im Laut und in der Bedeutung sich ähnUcher Wur- zeln hier der Nachweis nicht möglich ^j

X) Ausser kask und dem oben an}|;eführten hallk bietet khalk, schlug, khalkiine, hat geschlagen, ein sulchcs k dar, es fehlen aber von diesem Worte die Formen, in denen k nach der Ana- logie der zwei andern wegfallen niuss, ausser khatt, schlage, G. 546. von khaltak.

8) M. hat kahing, sterben, wahrscheinlich zu lesen kasing.

8) Nämlich M. hat arfing, fragen, urraf/iiig, auflesen In den Sprachproben heisst gwälas harrafi (1. -A), II, 14. sie nimmt einen Korb, also von harrafing; dann harftt, von arfing^ ich lernte, eig. erfragte, G. 549. wie M. Diesem widerspricht harfenut, ich irndtote (sammeltej, nach M. wäre dieses harraffenut^ und harfer, ' sie nahmen, II, «3. stimmt wieder nicht zu harrafi. L. hat end- lich im Sinne von lernen, erfragen, eine Form ohne f. Hur kanä

393

Die aufgeführten Beispiele scheinen sicher genu|a^, um dem Br. den Besitz eines caussativen Verbums zu siebern. Ganz sicher ist der einer negativen Form des Zeilworts. Ich will jedoch hier erst einiger ganz seltenen und aus der Analogie der übrigen Conjugation heraustretenden Bildun- gen erwähnen.

Folgende Formen sind abweichend : gidarengk, ging vor- über, von der Zeit, II, 4.5. \%rasengk, er ist an«:ekommen,I,9. 10. ich bin angekommen. G. 548. hadsetigk, drehete um, kehrte um, 11^ 20. dafür steht hadsk, I, 4. 6. Man könnte an eine Zusammensetzung mit einem Hülfsverbum seyn^ sengk, woraus mit r statt * auch rengk geworden, denken, weil unter den wenigen Beispielen von Biegungen bei M. auch pure sakniy er möge gesprochen haben, vorkommt. Nach seiner Orthographie ist dieses für sakuni , worin vielleicht dieselbe Wurzel enthalten seyn könnte. Es widerspricht aber dieser Vermuthung, dass die «wei ersten Wörter aus dem Persischen stammen, aus rasidan, ankommen, und guzkrdati, vorübergehen. Es wird daher engä hinzugefügt. Im Br. vergleicht sich damit nur die Form des Adjectivs mit dem zugesetzten «, wie aharrangk: diese Vergleichnng klärt aber nichts auf. Im Pengäbi gehen die Future auf ungk, engk, angi u. s. w. aus; mit diesen hat es aber eine andere Bewandtniss. Eher Märe ein Zusammenhang zu vermuthen mit dem Zusätze ga, gai in Baluk i, da dieser auch bei dem Perfect vorkommt. S. oben IV, 456.

Vollständigere Sprachproben würden uns wahrschein- lich andere Beispiele von Bildungen durch Zusammen- setzungen gewähren^ denn M. führt noch folgende Formen

tamäshe, vernilcm meine Belustigung; hurev (nachher II, \S. hu~ riwa} o (und ta) der e, ich will fragen, wer es ist, II, 14. Endlich I, 3. dänge henge hura , forschte (L. sieht, eig. griff herum} hierher und dorther.

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auf^ die ich zwar nicht belegen kann, die aber nicht aus der Luft gegriffen seyn können. Mit Ausnahme von päre sakni ist es stets kanning, welches dabei angewendet wird. Dieses bildet in den Sprachproben bei L. viele zusammen- gesetzte Verba aus Substantiven, Adjectiven und Partikeln, verbindet sich aber nie mit andern Zeitwörtern. Pkjikrri {siCy wohl päjikari), er spricht, päre kanni, er hat gespro- chen , akhar (1. agar) pkji kni (1. kam) , dass er spreche, pk kannij sprich. Pk wanni , dass er spreche^ ist wohl auch pkkanni zu lesen. Dieses sieht aus, wie eine voll- ständige Conjugation mit kanning,' allein, wie gesagt, die Sprachproben bei L. bestätigen weder den Gebrauch dieser Bildung im allgemeineu. noch die einzelneu Formen^ wie sie hier vorkommen.

Vom negativen Verbum finden sich folgende Beispiele. Es kommen zuerst mehrere in dem ersten Liede vor, welches ich ganz mit einer wörtlichen üebersetzung her- setze : gori marevy o marü o läl \ netu harev, o chunakk g uwkn, päsf bafes, o maru, o läl \ tes^ tifea^ o chunakk waruk, bkmbke salip, o gul i lälahy rkndi khanoi n^y o chunakk warnkj tenk karoi ne, o gul i susnn.

Um dich will ich wandeln, o Mondgesicht, o Tulpe, Ich will mit dir kommen, o kleiner Knabe, Du sagst (ja), du sagst nein, o Mondgesicht, o Tulpe, Du giebst, du giebst nicht, o kleiner Knabe, Stehe nicht auf der Terrasse, o Blume der Tulpe, Die Alte wird dich sehen, o kleiner Knabe, Sie wird dich zu der ihrigen machen, o Blume der Lilien.

Ij 1) gori übersetze ich aus Conjectur, L. hat: I will move OS a censer around thee, my preciuus Utile ruhy. M. hal sw-ar läl jäkut für Rubin, aber läl allein wird dieses schwerlich bedeuten. Mahrü^ yji*i '''' Persisch. —8. Te«, tifes, heisst wohl

\

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Päs wird hier negativ durch Einschiebuiig eines f] da es zuerst pkres geheissen hat, scheint f das r verdrängt zu haben; p wird b, ob das Br. nicht p-f in zwei Sylben hinter einander duldet? In iifes schiebt sich dagegen 1/ ein, oder Uses war ursprüngliche Forna. Wir hatten oben saHf stehe, hier wird p hinzugefügt. Bafar neto, ich will nicht mit dir gehen, G. 547. mit Verlust der Endung in baret.

Zu geben gehören noch agar tifesa, wenn du nicht giebst, II, 4. atttai tifesata, warum giebst du nicht, L. 548. ta muss aber auch hier es hcisscn und gelreimt werden; im nächsten Beispiele, ebend. ist ein Fehler: asi monu paisas tifarata, ich will nicht einen Monu geben, L.; aber man s eht II, 5. für einige und wird einzig bedeuten; L. lässt paisas aus, es ist P. poisah, u*^^ ein kleines Gewicht. muss heissen: einen einzigen, einen pais gebe ich nicht. Ist ia ihm? Denn das / der ersten Person fehlt auch in i muxür hich mafarUf l\, 2. ich will nicht irgend dein Verwalter (servant , L. das Arab. j^j heisst besuchen) seyn. Tipara, ich verstehe nicht, II, 20. wofür G. 548. tiprä. Ich kenne keine andere sichere Form dieses Wortes für wissen. Weiter: kapana , (^khapanaj, ich will nicht sehen, G. 548. Dagegen kaparolj ich will nicht thun, G. 547. aus karoty und G. 548. ist gedruckt: khautanut y ich habe nicht ge-

du giebst ein A''ersprechen^ u. s. w. 3. hamb, Terrasse, nach L. Gut i lälahf L. my briyht tulip ; gut auch Blume Oberhaupt im Persischen, steht so auch t. 5. Es ist hier ein Beispiel des Persischen Genitivs. 4.rdndi ist Indisch, Sanskrit randä, Wittwe. Die Wittwen werden in Indien oft verachtet und, da sie nicht wieder heirathen dürfen, unterhalten sie in manchen Gegenden unerlaubte Verbindungen. In Fr. Bcchanan's (Hamilton 's) Mysore und Eastern India sind viele Angaben hierfiber. 4. L. für chunaka w. : oh beautiful young maid. Aber warnä kommt nur für Jüngling vor und ohnehin wechseln hier noch die Verwe zwischen beiden. L. zieht alle vom dritten an zu dem jungea Manne.

sehen. Im -uta- muss aber ein Fehler seyn, da ich habe gesehen : khanunut lautet, und das negirende Element fehlt. Tifesa ist dasselbe als tifes, tifara und tipara sind mir in Beziehung auf ihre Endungen noch dunkel; mufara ist Negation zu marut^ ich will seyn, oder genauer zu ei- nem sonst nicht vorkommenden inarat. Dass / am Ende abgefallen , ergeben die letzten Beispiele, kapana i^t) ver- gleicht sich mit khanat, kaparot stimmt genau zu karot. Fa und pa sind hier als Negationen eingeschoben. In peshan mafa, II, 2. geh nicht hinaus, ist fa angefügt an das schon verkürzte ma. Pap, sprich nicht, himp, geh nicht (aus hin für hinak^, L. 543. In puskun afas, es ist nicht frisch, ist fa in «Ä, ase eingeschoben ; in afakj ist nicht, II, 4. 13. 24. hat fa das sa in asak ausgetrieben. Ganz eigenthümlich ist die Bildung II, 24. * tenä lumai {lume) kashepära, na(?h dem Zusammenhang und der Uebersetzung: ich will meine Mutter nicht herausziehen lassen; kashe^ zieh, kashä, zog, zeigen uns das Stammwort, das f des Caussativs ist ver^ schwunden und pura, \l^enn wir uns parat als vollständige Form denken, scheint das negative Verbum in flectirter Form angehängt zu zeigen.

Aus den wenigen Beispielen möchte ich nicht wagen, Folgerungen über die Aenderungen zu ziehen, welche ge- wöhnliche Biegungen in der negativen Gestalt erleiden; nur dürfte a als vorherrschender Vocal der negativen Verba in ihren Endungen angenommen werden dürfen. Dass die Negation in p und f enthalten liege, ist klar.

Ein Participtum des Präsens finde ich nicht; die der Vergangenheit sind oben aufgeführt. Sie dienen beinahe ohne Ausnahme zur Bildung der Perfecle; ein Beispiel des getrennten Gebrauchs ist gwälai gires dare^ sie trug ilm im Korbe liegend, II, 14. Viele Adjeetive endigen auf en und un und haben also eigentlich die Form von Participien, wie balun, lang, dick, ptuhkun, frisch, piun, weiss, phu- d^Hj kühl, hanetty süss. M. setzt meistens en und stets un.

397

Auch in kommt, wie in knbtn, schwer, vor; ein Particip dieser Form scheint nicht im Gebrauch zu seyn.

So sehr auch der Wortschatz der Brahuiki Sprache mit Persischen Wörtern überfüllt ist, so wenig Eiiifluss hat die Persische Grammatik auf grammatische Biegungen derselben. Nor in dem zweiten Liede fand sich die Per- sische Construction statt des einheimischen Genitivs und nur ein einziges Mal steht ein Persisch flectirtes Verbum in den Sprachproben, II, 13. aish ashrat ken, d. h. das Persische kitn für Br. kar j thue mir Liebesverkehr (Ar. '^ishrat, '^j^^, das vorangesetzte aish halte ich für das ver- druckte v-ä-i^jWÄÄ, Liebe; u^J^j^«, aish Leben, passt nicht

in den Zusammenhang der ganzen Stelle).

Obwohl die obige Darstellung weder ein vollständiges Bild der Conjugation im Brahuiki geben, noch dieses zur vollständigen Klarheit bringen konnte, reicht sie doch hin, um die wesentlichsten Züge des Systems der Verbalbiegung uns vorzustellen. Die Biegungen zerfallen m zwei Haupt- klassen , es sind entweder Verbindungen des einfachsten Exponenten des Seyns mit den zwei Participien der Ver- gangenheit: as oder es, un oder en\ hierzu dient die Form ut u. s. w. mit seltenem Eingreifen des mit e voca- lisirten Hülfsverbums. Oder es sind Verbindungen der Wurzel mit seyn ; ot u. s. w. bezeichnet dann die Zukunft, die Form mit i (j) die Zukunft, die unmittelbar bevorsteht. Et, evj u. s. W bedeutet dasselbe; beide Formen können auch die Gegenwart bezeichnen ; et auch die nächste Ver- gangenheit. Dem uf u. s. w. gehört auch diese Bedeutung Formen mit a^ die aber selten sind, haben auch diese, a dient vorzüglich zur Bildung der 2. Sing, des Imperativs. Dieser benutzt zugleich die Futurform mit e und wird durch Zusätze verstärkt. Der Ursprung der Consonantcn, durch welche die Personen bezeichnet werden, ist unklar. Die Sprache besitzt noch ein caussales Verbum und ein negatives.

398

e) Partikeln. HWortbildung:. Syntax.

Adverbial- Affixe mit bestimmter Bedeutung kommen nur wenige vor; insofern Casus der Pronomina mit solcher Bedeutung stehen^ sind schon bei diesen Beispiele gegeben. Am häufigsten ist de für den Ort. L. hat däd'e^ hier, ed e, dort, aräd'e, wo. In den Sprachproben, wie I, 2. 4, 9. II, 17. wird jedoch meistens </e geschrieben. Z>'e scheint richtiger, da ddde, u. s. w. nicht von Accusativen verschieden wäre, auf welche die örtliche Bedeutung nicht passt. Hamode, daselbst; 1, 3. hat hämo, kein hamod zum Stamm. Ade, I, 4. scheint dort zu bedeuten.

Ein anderes Affix ist nge^ ngi. Arängi^ wo irgend, hamengi, daselbst^ L. Also auch local. Dange, henge, I, 3. bedeuten dahin, hieher; da h im Anfange wechselt, schei- nen ade und A^n^e ein Thema a^^ha vorauszusetzen, von dem jedoch sonst nichts vorkommt. Harränk, so weit, L. wird arränk (M. setzt errur für das Interrogativ) seyn und wie weit bedeuten, weil k aus (s. S. 365.) verkürzt seyn muss ; erscheint in aräkdj woher, L. ehpr wohin. Ewadai, früher, L.; es muss Vormittag heissen, s. unten; padai, wieder, zurück, G. 546. dafür padä, 543. Gudä nachher, dann: aber, L. Dessen scheinbares Thema gu in gu maraky II, 24. gum marak, G. geh fort, scheint eher das Baluki go , mit (oben IV, 460.) zu seyn. D&s&y jetzt, G. II, 5.

On bezeichnet die Art. Don, wie, also aus der'y ha- mon, ebenso, 11^ 10.; handon, ja, L.; aber es heisst ebenso, und was nachher für ebenso gesetzt wird: handoan, ist gewiss nur Fehler für dasselbe. Wie der Zusatz os in han- dunos in dem Beispiele oben S. 372. zu erklären, weiss ich nicht. Für i sind diese Beispiele: ainari duros, \\, 14. über- setzt mit: bringe schnell, heisst: wie wirst du bringen. Monif L. gegenüber, ist von moM, Gesicht, musii, nahe,

399

L. wofür M. must, vor, giebt. Wie das in mehreren Phrasen G. 547. vorkommende dur, JuHl, ob etwa mit wie, zu erklären, entdecke ich nicht; z. B. dtträ. khairati hus (us'). wie, bist du im Wohlseyn, ist unbedenklich, aber kabil ne dura khe, L. = ist deine Familie wohl, und ähnliche, lassen in Zweifel, ob durk nicht tcohl bedeuten solle ; das sonst unerhörte khe stünde dann als ein Hülfsverbum.

Ich übergehe die Beispiele, wo bekannte Casus von Substantiven als Adverbia stehen. Auch Persische Wörter werden so gebraucht, wie ^ä^oi (richtiger^ ä^AarO, anstatt, L.; esistP. ^'äÄ, ^ä, Stelle, welches in ÄMrsä, über, L. die Form scheint angenommen zu haben. Aladk, langsam, L. wofür madänat, I, 4. muss in letzter Instanz vom Sanskrit manda herkommen.

Andere unklaren Ursprungs sind: shef, herunter; mur, jenseits; Äira, nur. Pizir, hinter, M. ist wohl P. boT^r, ab- wärts. Bash scheint aufwärts, auf, zu bedeuten : bashkeg^ Ij 2. wache (wecke), stehe auf, bash masj wache auf, I, 6. u s. w. L. hat 545. bashkabo ita), wecket auf (ihn) und bath (für i>ash) marak, stehe auf.

Einige Zeitadverbia zeigen Spuren eines eigenthüm- lichen Reichthuins. L. giebl diese: pagi, morgen, pklme^ übermorgen, knde, über übermorgen, knd ramk», nach über übermorgen, daro, gestern, mulkhudu, vorgestern, Äü mul~ khttdn, ehe vorgestern, kxxdir tnulkhudii, vor ehe vorgestern. Sonst ist ewadai (nach L. formerly^ mit Vormittag zu er- klären; es steht vor mang'an, Mittag, und dai ist statt </«i, am Tage. Dlgar, Nachmittag, ist Pers. Begk, L. richti- begki , begke in den Sprachproben, am Abend. Nem shaf, Mitternacht, P. nxmishab, die halbe Nacht. Für «mü, heute, ist ainn zu lesen. Morgen wird in den Sprachproben ent- weder mit roshan, Tag, Pers. röshän, Licht, wie roshan was, es ward hell, I. 7. bezeichnet, oder mit dem Islamiti- schen Gebetrufe, miillknk bktigai %aif bashmas , bei dem I Rufe des 5IuUk wachte die Frau auf.

wo

Das Brahuiki besitzt kaum einheimische und ursprüng- Hche Präpositionen und Conjunctionen. Das Fehlen der ersten erklärt sich aus der Vollständigkeit der Casusformen, welche die Beziehuni^en der Nomina im Satze hinreichend bezeichnen. Dasselbe ist mit einigen Ausnahmen der Fall im Sanskrit und ans demselben Grunde. Das Sanskrit be- sitzt aber die ursprünglichen Präpositionen der Indogerma- nischen Sprachen, nur verwendet sie diese in der classischcn Zeit beinahe ausschliesslich zu Zusammensetzungen mit Zeitwörtern und den von ihnen abgeleiteten Substantiven und Adjectiven. Auch zu diesem Gebrauch gehen sie dem Brahuiki ab. Es wird ursprünglich solche besessen haben, da die CasusafTixe offenbar sonst verschwundene Präposi- tionen sind. Ich unterscheide von ursprünglichen Präpo- sitionen solche, die nicht zu den ursprünglichen Bestaiid- theilen einer Sprache gehören, sondern aus schon fertigen Wörtern der übrigen Wortklassen entstehen. Das Brahuiki kann mit seinem Ueberfluss an Casus leicht aus den No- men diese Gattung bilden und es kommen einige Fälle der Art vor. Ich halte es für überflüssig Beispiele Anzuführen. Trotz seiner Neigung aus dem Persischen sich zu ergän- zen und bereichern, widerstrebt es seinem Charakter, auch Persische Präpositionen zu verwenden oder vielmehr, es hat es nicht nöthig. Beispiele, wie ba (6a) khairat^ zum Glück, kommen höchstens drei bis vier vor.

Das Fehlen der Conjunctionen ist aus der höchst dürf- tigen Ausbildung der Satzverbindung zu erklären. Die Sprache stellt ofanz kurze Sätze hinter einander, oft einzelne Zeit- Wörter, ganz ohne Verbindung, ich kenne in keiner Sprache etwas ähnliches. Einige Proben werden dieses nachher verdeutlichen. Die Folge ist, dass die wenigen Conjunc- tionen, welche in den Beispielen sich uns darbieten, allö aus dem Persischen haben entlehnt weiden müssen. L. führt nur u, und, lekin, aber, ki, dass, auf. Ausser ki und M, welches letztere nur II, 1. vorkommt, geben die

401

Sprachproben nur ja, oder, G. 548. agar, wenD; G. 547. magar, wenn etwa nicht, G. 548.

Die Syntax im Brahuiki beschränkt sich nach diesem auf einen sehr kleinen Umfang, auf die Regeln von dem Gebrauch der Casus und der Tempora. Es sind für un- sere Zwecke hinreichende Beispiele hievon gegeben, wir sahen daraus, dass die Sprache sich das Bewusstseyn der Bedeutung ihrer vielen Casus lebendig erhalten hat und sich ihrer mit bestimmter Unterscheidung zu bedienen weiss. Dieses gilt weniger von dera^Gebrauch der Ver- baiformen; zwar werden stets die aus den Participieo ge- bildeten Prälerita genau als Formen der vollen Vergangen- heit festgehalten; das Futurum auf o bewahrt auch stets seine Geltung, aber das auf e dient zugleich als eine mil- dere Form des Imperativs und geht in die Sphäre der ge- genwärtigen Handlung hinüber. Eine Form^ welche aus- schliesslich die Gegenwart bezeichnet, erscheint nicht in den Sprachprobi n, ausser von dem Verbum Seyn. Es kann dieses aber daher rühren, dass die ausführlicheren Sprach- proben Erzählungen sind. Ein Imperfectum erscheint da- gegen in bestimmter Absonderung. Vom Conjunctiv und Passiv geben die Sprachproben keine Beispiele. Die ne- gative Form des Verbums hat sich lebendig erhalten, und wahrscheinlich auch das Caussativum. Es ist hiebei nicht zu vergessen, dass wir die Sprache zu wenig kennen, um darüber urtheiicn zu können, ob sich nicht noch manches in ihr vorBnden mag, welches in den bisherigen 31ittheilungen keine Gelegenheit hatte, sich zu zeigen. Bei ihrer bestäü- digen Verwahrlosung von Seiten ihrer Besitzer, dem An- dränge mächtiger Einflüsse von Osten und Westen in den älteren wie in den neueren Zeiten ist zu verwundern, dass sie noch erhalten ist und dieses in Beziehung auf ihren eigenthümlichen Bau rein und frei von fremder Bei- mischung, obwohl schwerhch unverstümmelt.

V. 26

402

f) Bestandtheile der Sprache*

Das Bruhuiki muss in seinem gegenwärtigen Zustande sehr arm an nominalen Ableitung s formen seynj ich wüsste in der That nur die Adjectiv-Formen , die auf en und un ausgehen und zugleich Participia sind^ als solche anzufüh- ren; die einzige Form des abslracten Substantivs ist der Infinitiv. Die eigenthümlichen Brahuiki- Wörter sind vor- herrschend Benennungen der Art, wie sie den ärmsten Sprachen nicht entgehen^ Namen der Glieder des Körpers, der Alitglieder der Familie, der einfachsten Bedürfnisse, der allgeineinsteu Eigenschaften. Diese entziehen sich, wie man leicht denken kann, namentlich in einer so unvollständig überlieferten Sprache jeder Erforschung ihres Ursprungs. Wir wenden uns daher zur Betrachtung der verschiedenen Bestandtheile, aus welchen der Wortschatz des Brahuiki jetzt zusammengesetzt ist und treten dadurch an unsere Hauptaufgabe näher hinan.

In Beziehung hierauf ist Masson's Urtheil viel richti- ger, als das Pottinger's (oben S. 345.), die Sprache ist von Persischen und Arabischen Beimischungen wie über- fluthet. Die Aeusserung des ersten, dass auch Baluki- Wörter aufgenommen worden, kann ich aber nicht ver- treten; denn die Persischen Wörter im Brahuiki haben durchaus nicht den Zuschnitt der Baluki-Form, wo diese verschieden ist, sondern sind viel reiner und unmittelbarer überuunnuen. Einzelne, welche in beiden Sprachen stim- men, wie %aif, Frau, zaghm, Schwert, guJ, Kleid, sind dunkeln Ursprungs und köimen ebenso wohl aus dem Bra- huiki stan)men. Auch Afghanisches kommt, wie Masson sagt, nichts sicheres vor.

Iq Hinsicht der Persisch-Arabischen Beimischungen bil- den nun zwar die zwei Novellen nicht ganz den richtigen Maassslab für die Volkssprache, weil aus deutlichen Spu- ren, wie aus dem Beispiel mit ken S. 397., hervorgeht, dass

403

der Verfasser Persisch verstand und daher seine Eleganz in Persischen Ausdrücken suchte. In Schriften wird aber, wenn solche sonst vorkommen, derselbe F'allseyn. Vergleicht man aber auch die Wortverzeichnisse, erkennt man, dass der Persische Einfluss ein sehr grosser ist und nicht nur alle Beziehungen des Mohammedanischen Glaubens, Ge- setzes und Staats umlasst, sondern auch nach jeder an- dern Seite, obwohl in viel geringerem Grade, hinübergreift. Das Wortverzeichniss wird dieses deutlich zeigen und es sind schon Beispiele genug vorgekommen. Ich führe hier nur an Wörter, wie datid, Zahn, pehlu, Brust, regh, Sand, darakht, Baum, u. s. w. Die Zahlwörter von vier an (oben IV, 441.) zeigen allein schon diese starke Beimi- schung. Es besteht aber ni Beziehung auf diese Fremd- wörter das besondere Verhältnisse dass es meistens uur Substantive, Adjective und Partikeln, aber bemahe gar keine Zeitwörter sind; denn die einzigen Beispiele'): /////m- rengu und raseng$ köimen die Richtigkeit dieser Behaup- tung nicht umstosMo; auch diese nehmen eine Nicht per- sische Form an. Jene Persischen, wie die mit ihnen ge- kommenen Arabischen Wörter üben gar keinen EinHuss auf die Brahuiki-Grammatik aus, sondern müssen sich ihrem System unterwerfen- Das Brahuiki bewährt auf diese Weise grössere Kraft der Selbständigkeit, als das spätere Persische, welches Arabische Wörter mit Arabischer Form und Construction zulässt.

Die erwähnten Fremdwörter werden vielfach zur Bil- dung zusammengesetzter Zeitwörter gebraucht, wie Ara- bische im Persischen. Kanning, thun, machen, und man' ning (wenn der InHnitiv zu marak u. s. w. so lautet} dienen am häufigsten diesem Zwecke. Xaicishta-kanning, schrei- ben, ;yasa/iJ-Ar., billigen, /rar«r- (Ar.jtJ») Ä., ruhen, u«s. w.

1) Ausserdem gehört khwänning, lesen, hieher, bei M. und II, 9. Pers. kkwänden, ^w}ü|«^.

404

bei M. Raikare tent ehokarte, schickte seine Dienerin, II, 8. u. S, w. rat mos j ging^ ebendas. , P. rät = ru/i, rah; eig. machte den Weg, kam den Weg. Sicär (suwär^ maSf ritt, eig. kam als Reiter. Zaife kank durust karet, ich er- kannte meine Frau, I, II. eig. machte richtig, wie Engl. to make good. Und so viele andere Beispiele. Auch einhei- mische Wörter und Indische geben ebenso den Stoff zu solchen zusammengesetzten Zeitwörtern.

Aus dem dargelegten Verhältniss der Persischen und Arabischen Wörter im Brahuiki folgt zweierlei:: sie sind nicht mit den Baluk'en gekommen und fallen in eine Zeit, in welcher die Persische Sprache ihre jetzige Form hatte. Diese Bestimmung bietet freilich weite Gränzen den Ver- muthungen; doch wird so viel wohl mit Wahrscheinlich- keit bestimmt werden können, dass dieser Persische Ein- fluss erst nach der Bekehrung der Brahui zum Islam be- gonnen habe. Es scheint mir, dass die Herrschaft Mah- miid's des Ghaznewiden, der als Freund und Begünstiger des Persischen bekannt ist und mäch(i|f über diese Län- dergebiete waltete, die meisten Ansprüche hat, die Anfänge der Einwirkung des Persischen zu bezeichnen. Doch wäre es möglich , dass noch früher das letztere sich eine Bahn in dieser Richtung gebrochen hatte; wir wissen, dass we- nigstens der westliche Theil Baluk'istän's zu Iliuan Thsang's Zeit von Persien aus beherrscht wurde*), also in der er- sten Hälfte des siebenten Jahrhunderts. Doch wird jeden- falls die Haupteinwirkung später seyn und erst recht mäch- tig geworden, seitdem das Persische die Sprache der Höfe und des Verkehrs dieses Theils von Asien gewor- den war.

Pottinger spricht von vielen alten Hindu- Wörtern im Brahuiki (S. 346.). Geht man das Wortverzeichniss durch, scheint es^ als ob dieser Ausspruch unbegründet sey, es

1) oben IV, S. 108.

405

treten einem zwar Indische Wörter entgegen , wie pan/h, Weg, gand, Geruch, jedoch in geringer Anzahl und ohne Anschein eines höheren Alters. Jedoch glaube ich, dass jenes Unheil richtig ist, obwohl Pottinger wahrscheinlich andere Wörter vor Augen hatte, als die, welche ich an- führen werde.

Halten wir nämlich die oben gemachte Bemerkung fest, dass Persische Zeitwörter nicht in das Brahuiki ein- gedrungen sind und finden deren, die einen Persischen so gut wie einen Indischen Ursprung anzusprechen scheinen, muss man schon wegen des erwähnten Verhältnisses das letztere vorzuziehen ffeneijjt sevn. Ich wähle das oft vorkommende Wort kanning , dessen eigentliches Thema kar ist, zuerst als Beispiel. Die Sanskritwurzel kri thuu, machen, woher kar-6ti, er macht, kara^ machend, karmattj Werk, u. s. w. musste sich in dieser Gestalt kar , der gewöhnlichsten ihrer wirklichen Erscheinung, dem Brahuiki einprägen. Das Persisclie bietet ebenso kar-dan, thun, kur, Werk, und so scheinen die Ansprüche beider Sprachen gleich. Aber ausser dem erwähnten Grunde entscheidet für den Indischen Ursprung, dass andere Beispiele solcher Beimischung sich darbieten. Dauning, tragen, hat zum Thema dar und ist das Sanskrit dhar {^dliri), halten, tra- gen; das Persische stellt hier däshfan, wozu auch dar gehört, an die Seite. Folgende sind aber ohne Persische Mit- bewerber: kd , gehen, das Sanskrit gd; tenning ^ geben, woher /er, Skt. du. Es tritt hier die Tennis für die Media ein, bei dar fiel die Adspiration weg; ich vergleiche daher pkr, sprechen, mit Skt. bksh, r und s wechseln im Brahuiki. Harf, harraf, nehmen, ist mit (A/v,) Aar, nehmen, bis auf den Zusatz des /"gleich; cherring, zu Fuss gehen, vergleicht sich mit char. Shilling, wissen, ist wahrschein- lich g'na., im Persischen beruht shinäkhtan auf der alten iBiegung g'knkti. Einige andere sind weniger einleuchtend. {Zusammengesetzte Verba smd tsur ~ kanning , schwimmen,

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von /ara, Durchschiffen, täl-k, wä»en, von tulk, Wage, im Skt. Das Verbum seyn, a«, hieher zu ziehen, scheint zu ge- wagt, obwohl die Wurzel ganz identisch ist. Es sind der Zahl nach nicht viele Beispiele^ doch bei der kleinen Anzahl von uns bekannten Brahuiki -Verben, wie mich dünkt, genug, um eine besondere Indische Beimischung zu erweisen.

Denn sind die obigen Vergleichungeu richtig, so ge- hören diese Indischen Wörter nicht blos äusserlich der Masse des einheimischen Sprachschatzes, sondern sind mit dem innersten Kern der Sprache verwachsen; kanning ist dem Brahuiki ein unentbehrlich gewordener Beslandthcil, tenning j pkning , danning ^ kkning sind auch im beständi- gen Gebrauch. Sie müssen dem Brahuiki frühe eingefügt worden seyn, weil sie sich ganz dessen Conjugation anbequemt haben. Auch die Aenderungen der Laute, die in käning, tenning, päning sich zu erkennen geben, beweiseu eine frühere Aufnahmo, das Brahuiki nahm sie nicht un- verändert auf, sondern änderte sie nach seiner Art. Die Sprache besass noch grössere Kraft der Selbslbewahrung. Wir haben oben gesehen, dass ein b/i im Br. fehlt, daher rechtfertigt sich das Fehlen der Adspiration in ptir. Die zweite Erscheinung, dass die harten Consonanten k, t, p für g, d, b eintrelen, wird merkwürdiger Weise auch der niedrigsten Präkrit-Mundart, der Päi^äk i, zugeschrieben*).

Die oben aufgeführten Indischen Wörter sind nicht aus dem Peng äbi in*s Brahuiki gekommen, höchstens könnte -man es von tenning verrauthen, dessen Futurum tev lau- tet, der Infinitiv im P. devnk'y die übrigen Wörter sind sich aber nicht ähnlich.

Es ist mir leider nicht möglich mit den vorhandenea Ilülfsmitteln die Untersuchung in dieser Richtung zu be-^ stinunteren Ergebnissen zu führen. Die Zeit der zuletzt j behandelten Mittheilungen aus dem Indischen gehören, weuni

1) Inttit. ling. Praer. p. 489.

407

ich sie richtig betrachte , einer früheren Zeit als die Per* eischen. Es ist dabei das Zeugniss Hiuan Thsaug's nicht zu übersehen , dass zu seiner Zeit in diesem Lande den Indischen ähnliche Schriftzüge herrschten, die Sprache aber eiwas verschieden war. Wurde, wie hieraus erhellt, die Sirache damals mit Indischer Schrift geschrieben, mochte aich auf sie Indischer Einfluss statt finden und mehr soll wchl die Nachricht d^s Chinesischen Pilgers nicht besagen. Es ist höchst wahrscheinlich, dass der Islam nachher man- ch« Indische Element verdrängt hat, alle Benennungen^ •dieauf das Heideuthum Bezug halten, musstcn au.«getricben werden, üass ich das Zeugniss des Chinesen auf das Braiuiki beziehe, wird dadurch gerechtfertigt, dass wir sonst keine Sprache kennen, auf welche es gehen könnte.

Durch den fortwährenden Verkehr mit Indien sind ohne Zweifel noch in neuern Zeiten Indische Wörter nach Ba- luk'istän gewandert; diese brauchen hier nicht weiter be- sondersverfolgt zu werden; es sind äussere Zuthateu, wie die Persischen.

Auch das Indische hat, so wenig als das Persische, die Grammatik des Brahuiki verdrängt oder umgemodelt *J;

*) Jamks Pbi.vskp hat in einer Note zu Leech's .Mittheilung die Be- Iiauplun;; aufgestellt, As. Journ. of B. VII, p. 5S9. , Anss die Casus -E.iduogea im Br. deutlich näher zu den ^aiiskritischeo stimineD, als die iu den neueren Indischen Mundarten. Er hat aber dabei nicht gehörig unterschieden, was im Sanskrit allge- meines Zeichen eines Casus und was nur besonderer Zusatz »der eine eigenthuuiliche Aenderung einzelner Declinationen ist, und ist dadurch getäuscht worden. Am scheinbarsten ist seine Ver-> gleichung des Br. Instrumentalis en'e mit Skt. ^/m; dieses ist aber bekanntlich nur die besondere Form der Wörter auf a und ä die allgemeine. Die Vergleichung des Genitivs Skt. nah mit ßr. giebc dem 8kt. ein unwesentliches n uod weoo der Ablativ der Wörter auf a im Skt. in an übergehen kann, so hat diese, nur unter besondern Umständen erscheinende Form UiUiiö^ln-h dem Br. das an geben können. Dieselben £iawürfe lassen sich gegen dl« übrigen Vergleichungen erheben.

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auch bleibt der Sprache ein Stamm ursprünglich einheimK scher Wörter, der ihre eigentliche Grundlage bildet. Aus beiden Elementen , der Form und dem Material, welche dem Brahuiki eigenthümlich sind, können wir allein hoffei, dieser Sprache eine Stelle im linguistischen Systeme Asieis zu entdecken.

Bei einer genaueren Betrachtung des grammatischen Baues des Brahuiki dringt sich von selbst die Wahrnth- mung auf, dass eine allgemeine innere Aehnlichkcit mit Jen Dekhanischen Sprachen sich zu erkennen giebt; so der Rech- thum an Casus-Endungen, die im Singular und Plural gbich* sind, und die negative Form des Verburas. Es bieten sich weiter einige specielle Aehnlichkeiten in solchen Werten dar, welche zu den ursprünglichsten Bestandtheilen der Sprachen gehören, wie die Zahlwörter und Pronomina. Ich stelle zuerst diese Vergleichung an^ um mir die Be- rechtigung zu begründen, in dieser Richtung genauere Un- tersuchungen anzustellen.

Die vollständigen Formen der allein noch erhaltenen Benennungen der drei ersten Zahlen im Br. ergeben sich als diese: asit, ein, iVa/, zwei, müsit^ drei. Die Ordinal- zahl für zwei lautet elo neben irätmiko und zeigt den Wechsel von r und /. Die entsprechenden Wörter der drei wich- tigsten Dekhanischen Sprachen *), des Telingu^ des Karn'ut'a und des Tamil, sind die folgenden:

l. Tel. on'ä'u^) Karn, on'd'u^) Tara. onru.

8. »» r^n'ä'uy » Sraäu,\ «i iranJu, ]

» iru, \

3, n mud u, » tnuru, n muttru.

>) Ich liesitse auch nur für diese ausreichende HUlfsmittel.

») Ausserdem on'l'i; andere Formen sind oka, ukat'i. Ilen'duy £wei, iantet in Masc. und Fem. iddaru, tniiä'u wird muggulu.

t) in iM'cKBRKKLi/a gravimar steht p. li)7. ondii. Da d' und d nur durch ein oft undeutlich werdendes kritisches Zeichen sich unter- Mchciden, habe ich nach der AuHlugie der übrigen (f gesetzt.

409

Um die Verwandtschaft dieser Wörter zu erkennen, mnss man sich erinnern, dass das cerebrale ä oft mit r, dem es in der Aussprache gleicht , verwechselt wird, und dass r und s im Brahuiki leicht in einander übergehen, wie in mar und mas ; Einschiebsel von Nasalen in Wurzeln sind häufig; beseitigen wir diese uud stellen das r in den Dekhanischen Formen her^ ergeben sich diese Stämme: or j ir oder «r, mürf für das Br. as, ir , tniis. Die Ablei- tungs-Affixe im Br. sind von den Dekhanischen verschieden.

Die Pronomina der ersten und zweiten Person sind in den Dekhanischen Sprachen diese: Tel. nenn, ich, nann, mich, nä, meiner, der Plur. hat ein anderes Thema: mPmu, u. s. w. Karo: nknu, ich, nannu^ mich, nanna, meiner, nkvu, wir, u. s. w. Tam. wä«, ich, nkng-kul, wir. Das Br. hat dieses Thema für den Plur. nan^ uank^ u. s. w. Du lautet im Tel. nicu, Acc. ninu^ Gen. m. PI. miru. Karn. ninu, du, nintta, dich^ deiner, nicu, ihr. Tam. m, nij j du, ning-kal, ihr. Also n zum Thema, wie das Br.

Da diese hier angeführten Ueberelnstimmungen nicht zufallig seyn können, wird es der Alühe werth seyn, eine genauere Vergleichung des Brahuiki mit den Dekhanischen Sprachen anzustellen, um den Grad der Verwandtschaft schärfer zu bestimmen. Es ist klar, dass wenn diese Ver- wandtschaft sich herausstellen sollte, die Brahui eine eisfen- thümliche Stellung in der Indischen Ethnographie einneh- men und nicht wenig dazu beitragen werdeoj uns die ur- sprünghchen Völker-Verhältnisse Indiens aufzuhellen. (Schluss im nächsten Baude.)

C. L.

410

XVI.

lieber die (Salio- Spraclie in Aetliiopien*

Man weiss aus Tagesblättern, dass die beiden Brüder iVAbbndie auf königlich französische Kosten als Gelehrte eine längere Reise nach Habesch unternahmen, zunächst für Zwecke, welche von der Wissenschaft weitab liegen und deren Beurtheilung wir solchen Blättern überlassen müssen , die sich rein mit Religion und Politik befassen. Indessen hat einer der Brüder vor kurzem einige Ergeb- nisse seiner Sprachuntersuchungen bekannt gemacht')^ welche etwas näher zu betrachten ganz zu den Zwecken dieser Zeitschrift gehört.

Hr. d'Abbadie giebt zuerst eine Uebersicht über die „Aethiopischen Sprachen", deren er nicht weniger als 28 aufzählt, die Mundarten nicht einmal eingerechnet, so dass man glauben sollte, Africa sey ein zweites Amerika, des- sen Sprachen -Unzahl sprichwörtlich geworden ist. Der gelehrte Mann begnügt sich aber nicht mit dem blossen Aufzählen von Sprachen, deren grösstcr Theil uns Nicht- reisenden sogar dem Namen nach kaum bekannt ist, er thcilt sie auch in bestimmte Arten ein, und unterscheidet sie auf folgende Weise:

A. Semitische Sprachen: dahin gehöre nichts als 1. das Gee%, die bekannte äthiopische Büchersprache, welche man gewöhnlich schlechthin das Aethiopische nennt und welche noch jetzt in Dörfern bei Sarawe gesprochen werden soll. B. Vorattsselzlich semitische Sprachen (wir wissen nicht, was der Vf. sich unter dieser Bezeichnung

1} Im Joura. Asiatique von 1843. JulUet-Aoüt S. 10» 118.

411

gedacht hat): 2. Sprache Tögr-jana mit 4 Mundarten;

3. Sprache Tögray, mit der Mundart von Harkiko am ro- then 3Ieere und von Habab. Unter diesen beiden Namen wird der \'f. wohl dieselbe Sprache meinen, die man sonst T/<jfr<''- Sprache nannte, nur in weiterer östlicher Ausdeh- nung bis zum rothen Meere hin ; fseuberg nimmt in seinem Dictionary of the Amharic language (London 1841 ) oft Rücksicht auf einzelne Wörter aus ihr, die denn nicht sel- ten mit den äthiopischen übereinstimmen. C. Unter-Semiti-' »che Sprachen, d i. wie der Verfasser sagt, solche, welche viel eigenthümiiches , aber auch vieles mit dem Aethiopi- schen und Arabischen «rcmein haben. Dahin ffehören :

4. das Amharna , mit den Alundarten von Gondar, Go- dscham, Schoa und Lasta; man nannte dies sonst das Am-

' harische; 5. Sprache von Gurage im Südwesten, in der Nähe von jener gesprochen; 6. Sprache Adari in Harar; 1, Sprache von Gafat, in Theilen von Damot und Go- dscham (also westlich vom Tzana-See) gesprochen ; 8. das Ilinorma, die Sprache der Gallas, in zwei Mundarten; 9.

Sprache A^far jäc, jq zwei Mundarten von Tudschurra und Zulla am Meerbusen von Aden an bis unter die Azabo- Gallas nördlich davon; 10. Sprache Saho (wovon unten mehr3 in zwei Mundarten, der vorigen nahe verwandt;

10. Sprache der Ss6ma.l J^^o in zwei Mundarten^ an der bekannten Küste im entferntesten Osten. D. Sprach- slamm Chamiögna, mit 3 Sprachen, von denen aber der Vf. nicht das geringste Zeichen mittheilt. E. Sprachen unbekannter Verwandtschaft, wohin der Vf. nicht weniger als 14 rechnet, deren leere Namen hier aufzuzählen schwerlich von Nutzen wäre; wir bemerken daher nur, dass der Vf. auch die Sprache der Falascha (von denen unter Europäern schon so vieles sonderbare vermuthet ist) und die der Christen des bis jetzt ganz unbekannten Rei- ches Gomara oder Kaffa tief im Süden dahin rechnet.

413

Wir können nun nichts mehr wünschen, als dass der Vf. die Vorräthe von Wörtern, Sprüchen^ Sagen und Volksliedern, welche er zur Kenntniss so vieler Sprachen gesammelt hat, sobald als möglich vollständig bekannt mache. Was aber die obige Eintheilung und darin enthal- tene wissenschaftliche Beurtheihing so vieler Sprachen betrifft, so kann es dem Vf. wohl nicht schaden^ wenn er noch zur rechten Zeit auf die Unsicherheit seiner Ansich- ten und Meinungen aufmerksam gemacht wird. Welches Recht haben wir, blos die äthiopische Büchersprache für semitisch anzusehen? was sind denn voraitssetzlich semi- tische Sprachen, sobald man (yv'\^ doch der Verfasser sich dessen rühmt) Mittel sie zu untersuchen besitzt? was sind Unter - semitische Sprachen, wenn es nicht etwa so viel heissen soll als gemischte^ uad wenn man ihre Mischung nicht nachweist? und während der Vf. dahin solche Spra- chen rechnet, welche ihrer Wurzel nach unstreitig semi- tisch sind, wie das Amharische^ welches wir ja näher ken- nen und die Sprache des tief im Südosten liegenden Rei- ches Harari), wirft er auch solche Sprachen wie die der Gallas in dieselbe Reihe, welche, wenn sie eine mit Recht so zu nennende semitische Wurzel haben^ doch jedenfalls soweit von den andern abstehen, dass kein Sprachkenner sie z. B. mit dem Amharischen unter denselben Begriff bringen wird.

Indessen hat Hr. d'Abbadie eine der 28 Sprachen an derselben Stelle etwas weiter beschrieben : und es ist aller- dings der Mühe werth, dabei länger zu verweilen. Dies ist die Sprache des V^olkes ISaho, welches nicht weit

1) Engländer, und nach ihnen Hr. Berghaus auf seinen Karton, schreiben auch Hurrus; dass die Sprache dieses Landes wurzcl- hafl semitisch sey, schliesse ich aus den freilich nur wenif^en Bruchstücken davon, welche im CoilviXschQQ. Auslande 1840 Marx S. 303 gegeben sind.

413

von Mo^avra (cy^jt^ gewöhnlich Jfcwffora, am rothen Meere) in zerstreuten Stämmen lebt, ein von Anfang an kriegeri- sches Volk , welches sich rühmt in 13 Geschlechtern von seinem auf hohem Gebirge wohneudeu Urvater Aa'saor ^^M*ji| dem Sohue einer Löwin abzustammen. Der Name Saho ist aus der Tigre-Sprache, und bildet im Plural «SSe^o.* das Volk ist also gewiss dasselbe , welches andere Rei- sende Shiho nennen und mit Gallas und Danägil's zusam- menfassen 0.

Wohin man diese Sprache rechnen solle, ist Hrn. d'Abbadie zweifelhaft; er bemerkt^ ihre Laute seyen den semitischen ähnlich^ besonders habe sie das bekannte Merk- mal solcher, ein y; aber darin^ sagt er Aveiter, gleiche sie mehr den Indo-Germanischen Sprachen^ dass sie vom No- men oft das Verbum ableite, wie bolile (er fiel in den Ab- grund) von bol, Abgrund, robile (es regnete), von rob, Regen '^). Ein solches Urtheil verräth aber nur, dass man nie über Sprachen gehörig nachdachte; schwerlich wird es irgend eine Sprache oder einen Sprach.stamm geben, der sich an einem solchen Merkmale unterscheiden Hesse, weil jede Sprache aufs leichteste vom Nomen ein Verbum und umgekehrt bilden kann, wie es gerade der Sinn verlangt; vielmehr hätte uns der Verfasser genau sagen sollen, was bolile und, robile für Bildungen innerhalb dieser besondern Sprache seyen, welches man aus seinen Mittheiluugen nicht ersieht. Auch was er weiter in gleichem Sinne vorbringt, dass diese Sprache wenige dreilautige Wurzeln habe und

1) S. das Ausland ebend. Man sollte hier vor allem nicht über- sehen , duss die äthiopische Literatur selbst Verzeichnisse von Wörtern verschiedener Landes-Mumlarten besitzt, wie ich oben S. 190 f. gezeigt habe: Ur. d'Abbadie scheint aber solche Quellen nicht zu kennen.

2) Wie rob als Regen dem c'Z'2"^ deutlich entspricht, so kann man

bol mit ^-2,1 und '«jr^ (fallen) zusammenstellen.

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damit des bekannten Merkmals einer semitischen entbehre, könnte nicht durch die paar Beispiele, welche er abgeris- sen anführt, sondern nur durch umfassende Darlegung be- wiesen werden. Vollständig giebt nun der Verfasser die Bildung eines gewöhnlichen Verbum, bete (essen i)), und eines sogenannten unregehnässigen, des Verbums für den Begriff seyn. Jenes lautet nach ihm so: Gegenwärtiy :

nanu bennolinu, wir essen

atin hettona litin, ihr usun betona lon^ sie

anu betoliu^ ich esse

atu betlolitu^ du . ...

usuk betole, er ... .

ishe bettole, sie .... Hiezu giobt Hr. d'Abbadie nicht die geringste Bemerkung. Nun leuchtet aber zunächst am leichtesten ein, dass die voraufgestellten Fürwörter vollkommen semitisch sind so- wohl an Wurzel als an Bildung; das einzige tisuk, welches auffallen könnte, erklärt sich hinreichend, wenn man be- denkt dass sin eigentlich hue oder hud gelautet haben muss , dies aber auf ein früheres hula oder hutu zurück- wcistj dem usti nahe genug steht; ein k aber konnte ihm ebenso noch angehängt werden, wie ein -tu dem äthiopischen vee-tu^)y und die Bildung des weiblichen ishe daraus ist vollkommen semitisch. Die Verbalpersonen selbst aber ge- ben sich in jener Bildung beim näheren Betrachten als durchgängige Zusammensetzung kund aus z\wft Wörtern, deren jedes schon au sich eine volle V^erbalperson ist ; wir haben vorn ein beto, betto, beiOj betto; benno Cotfenbar aus betno

1) Dies bete mag maa immerbia mit dem sonst durcb alle semitischea sjprachün geiieudea j;'^^ zusawmcastellen , weiciies dasselbe be- deutet.

8) Wir verstehen nun auch vollkommen, wie im Ncu-Uimjarischen nach Fresntl im Journ. as. 1838. T. 6. p. 83. das (ji als siufQx der dritten Person mö;^lich ist, ohne dass wir deswegen nöthig hätten, es etwa vom Meupersischea abzuleiten.

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erweicht), betton, heton, Jiinlen dagegen^ nar io der weib- lichea dritten Person mangelhaft, ein aliu, alitu, ale, alinu, alitin, ahn: jenes ist schon eine vollkommene semitische Verbalbildung durch alle Personen, indem das / der zwei- ten Person sich in der Einzahl und Mehrzahl mit dem / der Wurzel vereinigt hat, ebenso aber auch ein / als Rest der weiblichen dritten Person erscheint; dieses ist eine nicht weniger klare Verbalbildung, wo in der ersten Person der Einzahl das -t/ wahrscheinlich aus dem äthiop. -ku geblieben ist. Da nun das äthiop. halö und amhar. ala ^ soviel als seyn bedeutet und dazu recht eigentlich den africanischcn Zweig des Semitischen unterscheidet, so kön- nen wir nicht zweifeln, dass jene gegenwärtige Zeit durch Zusammensetzung des einfachen Verbum mit dem des Seyns gebildet ist, welches ähnlich in vielen Sprachen wiederkehrt; während Hr. d'Abbadie schon durch die Schreibarten bettona litin, betona Ion genug zeigt, dass er an alles dies nicht gedacht habe.

Vergangen : bete, ich ass bette, bete, bette,

du er

sie

Zukünftig : beta, ich werde essen betta, du

beta, er

Befehlend:

bet,

beto,

betto,

benno,

beta.

ISS

er esse sie esse essen wir esset

betona, essen sie

betta, sie ......

benne, wir . . . benna, wir .....

betten, ihr . . . bettan, ihr

beten, sie . . . betan, sie

Die Bildung der Verbalpersonen an sich ist schon aus Obigem deutlich. Aber höchst merkwürdig ist , dass die Zeilbildung, welche, wie man nach semitischer Weise zu- nächst erwartet, das Vergangene bedeutet, durch den blossen Wechsel eines schliessenden a mit e auch die Zu- kunft aussagt: ich gestehe iudess , dass mir dies nur so

1) S. Isenberg's amharic grammarr p. 64j vgl. auch eine ähnliclie Zettbildung p. 66.

41«

vorkommt, als wenn das hebräische Perf, conaeq, n-in^ii«

welches bekanntlich den Ton nach hinten zieht, aber so die Zukunft bezeichnen kann, nun auch einmal ohne Vav ganz rein als selbständige Zeitbildung aufträte. Nun aber ist das Hebräische die einzige semitische Sprache, welche in dieser Seltsamkeit dem Saho begegnet, und aus deren Zustande sich die Bildung dieses erklärt; aus andern se- mitischen Sprachen heraus hätte sich etwas dieser Art nie bilden können; wir können also hienach ermessen, in wel- cher ungemein frühen Zeit das Saho sich vom gemeinsa- men Stamme getrennt haben muss. Dass sodann nach solchen Vorgängen sich ähnhch ein Imperativ bildete der nun ebenso vollständig werden konnte^ wie im Indo-Ger- manischen, ist nicht unerwartet; eine Mischung des Saho mit dem Indo-Germanischen würde aber nur ein Unbeson- nener daraus beweisen wollen. Auch ein Subjunctiv ^oder wie Hr. d'Abbadie es nennt verhe ä Vetat construif) hat sich nun daraus hervorgebildet vermittelst eines hinten antretenden -m, gewiss ursprünglich eines Wörtchens, wel- ches etwa unserm dass entsprach und wobei nur seine Anhängung besonders merkwürdig ist: betam, hettam, betanij bettatn; bennam, bettanam, betonanij z. B. anu betam fada^ ich wünsche zu essen. Mit dem, was man im Acthiopischen und Amharischen etwa ähnlich genannt hat, hat diess (anders als d'Abbadie wenigstens von letzterem behauptet) an Begriff und Art nichts gemein; vielmehr entspricht ihm der Subjunctiv im Aethiopischen.

Scheint es nun hiernach, als hätte das Saho das se- mitische Imperfectum ganz aufgeben können, weil es dessen Bedeutungen auf andere Weise ergänzt: so sehen wir doch eben diese den Semiten so ganz eigenthümliche Zeit- bildung in andern Fällen noch in voller Klarheit beibehalten, und es wird dadurch aufs neue sicher^ dass diese seltsame Sprache eine rein semitische Wurzel hat. Einmal nämlich

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findet sich noch eine von d'Abbadie die wirklich gegen- wärtige genannte Zeit, deren Bedeutun«:; wie sie sicli von jener zuerst gesetzten Gegenwart unterscheide, wir nicht erfahren. Sie lautet: betak arte, ich bin essend, bettak tane^ beta Jane, beta {betta?) taue; bennan nane , bettan /anön, beta janön. Das je erste Glied ist also wie oben, nur dass in der ersten und zweiten Person ein k sich anhängt, welches wir aus dem Aethiopischen begreifen; das je zweite Glied ist aber ein vollkommen semitisches Imperfeciumy von einer Wurzel an, welch mit dem oben im Perf. vorgekommenen al (seyn) wohl einerlei seyn mag. Zweitens kommt uns nun das oben erwähnte sogenannte unregelmässige Verbum zu Hülfe, welches so lautet:

Gegenwärtig :

Verg

angen :

Zukunft:

kio

ich bin

ekke

ich war

akke ich werde seyn

kito

du . .

tekke

du . .

takke du

keni

er . .

jekke

er . .

jakke er

sie . .

tekke

sie . .

takke sie

kino

wir . .

nekke

wir . .

nakke wir

kitin

ihr . .

tekkin

ihr . .

takkin ihr

kinun

sie . .

jekkin

sie . .

jakkin sie

Hier haben wir unverkennbar die auch im Aethiopischen gebräuchliche Wurzel q^^, deren schliessendes n sich freilich nur noch in der dritten Person Perfecli keni und kinun erhalten hat : doch hat ja das Saho hier nur fast die ganze Bahn zurückgelegt, welche auch das Arabische durch das dichterische »^ für ^, schon betritt. Aber wie das in einer einzelnen Sprache zerstreut und daher scheinbar ge- setzlos dastehende meist ehrwürdiger Rest früherer Bil- dung ist, so sehen wir hier nun wirklich noch das Iraper- fcctum in seiner ganzen Bedeutung, und zwar gerade so wie im Hebräischen, und in diesem fast allein »), nämlich mit

1) lo gewisser Hinaicht gehört auch das arab. jj^ ^IJ dahin. V. 27

418

dem Wechsel von e-a (der nach Obigem auch im Perf. wiederkehrt) in der kürzern Aussprache ekke als Iniperf. praeteriti; in der längern akke als Zukunft; nur dass im Hehr, jener gewöhnlich (doch nicht immer) mit dem Vav consequ. steht,. iai<»i ID«».

Ausserdem gibt d'Abbadie nur noch folgendes Verbum in der Bedeutung »ich war« eigentlich "ich wartete«: am- hale.j ambrtlte, ambale, amhalte ; ambalne, amballen, ambalenß es konMut in der Personbildung mit den obigen überein.

Das Causal - Verbum bildet sich im Saho beständig durch ein angehängtes -ösh. Die Anhängung statt der Vorsetzung ist in diesem Falle allerdings nicht weiter auf semitischem Gebiete üblich r allein etwas wesentliches liegt doch in diesem Unterschiede nicht; und was den Laut be- trifft, so bildet nicht nur das Amharische das Causal-Verbum sowohl durch as- als durch a- *) , sondern der so häufige zehnte Verbalstamm im Arabischen auf isf- kann, wie ich schon 1830 in der arabischen Grammatik zeigte, nichts seyn als das Reflexivum des Causale. Wir werden daher die Causalbildung auf -as (welches ja zerstreuter auch im Aramäischen und Hebräischen wiederkehrt) vielmehr über- haupt für die ursprüngliche, die auf -a für die gemilderte halten müssen.

Ueher das Nomen sind die Mittheilungen d'Abbadie's zu abgerissen und verwirrt, als dass ich^ da mir zu wenig sicherer Stoff vorliegt, hier viel darüber sagen könnte. Er meint, das Saho habe darin etwas sehr besonderes, dass es ein Ausrufwörtchen , wie 6 zur Bildung des X'ocativs dem Nomen anhänge, statt es ihm vorzusetzen: allein dies ist gar nichts so sehr cigeuthümliches, da es sich nicht mir auch in andern semitischen Sprachen findet, sondern

1) 8. I.sENiiKHa's aniharic dictiuuar^ p. 63, asbalä und abala von bald.

selbst im Indo-gerraanischeii; wie ich in mündlichen Vor-» trägen den Sanskrit- Vocativ (wenigstens in manchen der Fälle, wo er vom Nominativ abweicht) nie ohne diese An- nahme habe erklären können. Man mag also hieraus aufs neue erkeimen, wie unwesentlich in gewisser Hinsicht die Anhängung oder Vorsel^ung von Bildungs- Wörtchen istj sobald es sich vom Unterschiede ganzer Sprachen und Sprachstämme handelt. Wichtiger ist, dass er eine Art Status conslnicttis , wie ihn Ludolf im Aethiopischen be- schrieben habe, im Saho zu finden glaubt. Allein die Fälle, welche er anführt, sind vielmehr von sehr verschie- dener Art. Einmal meint er, ein i am Ende des Nomen bezeichne den status consfntctus: nun sind zwar die Fälle dieses angehängten i, welche ich aus seinem Aufsatze zir- sammenlese, schwer initer ein Gesetz zu bringen ; denn in den meisten Beispielen scheint dies i das Subject des Satzes (einen Nominativ, etwa im Gegensalze zu einem a des Accusativs) zu bedeuten, hjkwti d. i. der Mann von hjkwto i), re%anti d. i. der Anführer von rezanto"), jeli jalige (Gott weiss) von jalla Gott 3), andere aber lassen sich so nicht fassen, wie alt saratti ([die Antilope der Höhe) von ala ^ d. i. Höhe; allein zu einem status constructus, wie er im Aethiopischen ist, führt doch dies alles so wenig, dass

1) "'•n cig. Lebend, wie dasselbe Wort im Aethiop. so allgemeio Menschen bedeuten kann.

Ä) Es wäre schön, wenn wir bierin das seltene hebr. r^^^ wieder- fioden könnten; ich wüsste wenigstens für jetzt nichts gegen diese Annahme.

d> Da dies offenbar mit *I! zusammenhängt, so bestätigt das Saho den Satz (dessen Wichtiü;keit ich neulich anderswo weiter aus- einandergesetzt habe)^ dass ursprünglich alle semitischen Sprachen ohne Ausnahme f1eDseIb«n Namen fQr Gott hatten ; nach dem Aethiop. und Ainhar. könnte man daranzweifeln, aber die Wörter effzie und amläh können, eben weil sie eigentlich nur Herr be- deuten, ein ursprüngliches Wort flr Oott verdrängt haben-

420

man gar nicht begreift, was Hr. d'Abbadie unter diesem sich gedacht habe. Zweitens soll auch ein angehängtes / den Status constructus bedeuten: auch das ist unrichtig; vielmehr ergibt sich aus einer nähern Ansicht der zerstreuten Fälle, dass diess a/, welches als ta vorgesetzt den Artikel gibt, angehängt als Zeichen des Genitivs dient, in beiden Anwendungen also dem äthiop. za und dem aram. n ent- spricht, nur dass das Genitivzeichen in dieser Sprache (was sehr merkwürdig, aber nach Obigem nicht auffallend ist) äusscrlich ganz wie ein Casuszeichen im Indogermanischen erscheint, wie in dem Sprichworte: sau-t af zudimam miva^ ala-t af betam miva d. i. des Weibes Mund hört nicht zu reden, der Ziege Mund nicht zu fressen auf *). Wenn aber d'Abbadie endlich gar meint, der status constructus bedeute auch die Frage, wie kafi , d. i. heute? von kafa (heute, ohne FVage): so hätte er besser gethan, über die Mög- lichkeit, wie ein angehängtes i die Frage bedeuten könne^ zuvor weiter nachzudenken ; er würde dann gefunden ha- ben, dass dies -i? etwa so viel bedeute, als das lat. -ne? Dass die innere Pluralbildung '^), dieses Hauptmerkmal des Arabischen und Acthiopischen im Gegensatze zum Hebräischen und Aramäischen, dem Saho nicht fehle, schliesse ich aus mehreren Erscheinungen; Hr. d'Abbadie schweigt darüber. Wenn aber Wörter wie hjkwto die Ein-

1) af bedeutet wie im Acth. ii. Anihar. den Mund, mi ist die Ver- neinung, wie im Amhar. weniu;$teu.s das nachgesut/.te -m, Isrn- BERO'8 amharic. gr. p. 1.53.; über den Subjuuctiv betam ist oben geredet.

2) So habe ich seil etwa 10 Jahren in mündlicher Rede immer das genannt, was man sonst den pluralis fractus nennt; es ist eine wirkliche Pluraibildung, aber im Gegensatze zu der altern äussern eine Innere, welche vcrhältnissmassig jünger seyn muss: aus dem ursprünglichen -an oder -am als Pluralendung hat sich nur das ä erhalten, aber ist in das Wort selbst eingedrungen; diess ist wenigstens die üauptbildung.

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zahl Mensch und hjkic, als wäre dies eine wahre Pliiral- bildang, Menschen bedeuten, so müssen wir darin vielmehr die arabische Bildung der Vereijizelung (das sog. Nomen tinitatis') erblicken.

Der Artikel ist wie gesagt ta. Wenn sich nun das

bezügliche Fürwort und Adjecliv durch die Endung -tia

bildet, wie betatia, d. i. wer isset, so begreifen wir nicht

nur, wie dies Fürwort im Amharischenya lauten kann (aber

* dass nur keiner deswegen das Amharische aus dem Sanskrit

ableite!) sondern auch wie die Endung \J~ ) arara. -ai für die bezüglicheu Adjectiva entstanden seyn rauss.

Ueberblickcn wir noch einmal das Ganze, so werden wir nicht zweifeln, hier eine wurzelhaft semitische Sprache zu finden. Aber diese Sprache ist, obwohl jetzt zuerst bekannt werdend, eine in vieler Hinsicht höchst merk- würdige. Konnte man bisher vermuthen, das Aethiopische stelle etwa mit dem Amharischen^ als seinem neuem Zweige, den ganzen Umfang des Semitischen in Africa dar^ so lernen wir nun, dass es in Africa selbst höchst verschie- dene Zweige des Semitischen giebt, welche sich schon iu einer für uns bis jetzt uuermesslichen Urzeit getrennt haben müssen ; man bedenke doch, welche Zeit es gewesen seyn muss, als das Semitische noch seine dritte Verbalperson der Mehrzahl auch im Perfectura auf -ün ausgehen liess, welche dem Ursprünge völlig entsprechende Aussprache das Saho erhalten hat, während sie in allen andern, uns bis fetzt bekaimten Semitischen Zweigen verloren gegan- gen ist ^). Eine so grosse Trennung der Sprachen setzt aber auch immer eine entsprechende der Völker voraus:

1) Im Aethiop. und Amhar. isl daa -n sogar im Imperfectum überall verloren, so dass es auch deswegen den Unterschied des selb- ständigen und unselbständigen Modus auf eine neue Art durch inneren Yocalwechsel oder bestimmter durch das Eindringen eines neuen Yocals in den Stamm tu bilden gewöhnt ist.

4M9

welche ^anz neue Ansichten ergeben sich also aus dem Daseyn einer solchen Sprache in Africa für die Urgeschichten der semitischen V^ölker und Sprachen!

Für die genauere Erkenntnis« ferner jedes grössern Sprachstammes und aller besoudern zu ihni gehörigen Spra- chen, gewährt eine solche in den frühesten uns unbekannten Urzeiten losgetrennte Sprache den Nutzen, dass wir durch sie und ihre \^ergleichung auf überraschende Weise den Zustand und die Fähigkeiten der Ursprachen wieder näher erkennen und dadurch auch in den übrigen Sprachen manches viel sicherer verstehen. Hiezu dürfen wir nicht zögern, auch solche Sprachen näher anzusehen, die bis jetzt völlig im Dunkeln blieben und welche nie schriftlich geworden sind; ja wir möchten behaupten, dass die bedeutendsten Fortschritte, welche künftig die wissenschaftliche Sprach- kunde machen kann, gerade von solchen bis dahin unbe- achteten Seiten des grossen Gegeiistandes ausgehen müssen. «' Es ist der Vorzug höherer Sprachenkunde, dass sie Äüf ihrem weiten Gebiete, worin bis jetzt weniges sicher bekannt und noch wenigeres wissenschaftlich erkannt ist^ jede Sprache, die sie wirklich näher begreift, in ihren volksthümlichen Zusammenhang zurück weist und zugleich aus ihr selbst geschichtlicii erläutert, ob sie sich früher öder später von diesem getrennt habe. Der rechte Weg, so zuletzt alle Sprachen der Erde sicher zu übersehen und zu ordnen, ist jetzt möglich, nachdem die W^issenschaft die rechte Art, die Sprache zu betrachten, wenigstens im Allgemeinen gefunden hat: und wenn der Mensch alle Pflanzen und die kleinsten Thicre der Erde in eine wissen- schaftliche Uebersicht zu bringen längst angefangen hat, so sollte er doch wohl auch seine eignen Geschlechter für einer solchen Mühe werlh halten; auch ist damit gegen- wärtig desto mehr zu eilen, je schneller jetzt vor der Aus- breitung der Europäer kleinere Völker und Sprachen, welche eben der Wissenschaft die wichtigsten seyn können, für nimer zu verschwinden drohen.

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Dass zn diesem Zwecke die Missionarieii (zu dereo Zahl auch Hr. d'Abbadie gehört) die besten Dienste leisten können, habe ich in den letzten Jahren oft geäussert; und ich erkenne dankbar alles , was sie bei dem neuen Eifer, welcher üi jüngster Zeit in das Missionswesen gekommen ist, schon gethan haben. Aber zweierlei sollten diese Ar- beiter nie vergessen: einmal nicht sich selbst, durch die wechselseitige Eifersucht unter einander, weil der eine in Diensten Rora's ist und der andere in denen Englands; und leider zeigt auch Hrn. d'Abbadie's Beispiel , dass hier die bei weitem grössere Schuld auf Seiten der römischen Send- linge ruhet. Wer sein Höchstes darin setzt, dem jetzigen Rom zu dienen^ der hat den besten Theil seines Geistes schon anderweitig verschenkt: und was wird der übrige dem Christenthume und der Wissenschaft viel nützen! Zweitens sollten sie die Wissenschaft nie vergessen, wie sie sich unter uns ausgebildet hat und fortwährend aus- bildet; die Sprach-Wissenschaft dient nicht bloss durch das, was sie bereits enthält , sondern auch durch die Richtung, die sie dem Geiste gibt, bei einem noch unbe^Pluten Ge- genstände sogleich nach den wahren Kennzeichen und Un- terscheidungen zu fragen; sowie der Pflanzenkundige wohl weiss, worauf er bei einer neuen Pflanze besonders zu sehen und wie er sie wissenschaftlich eben so kurz als sicher zu beschreiben habe. AVäre Hr. d'Abbadie mit einer vollkomranern Kenntniss dessen, was Semitisch ist, zu der so merkwürdigen Saho-Sprache gekommen: so würde er sie nicht bloss richtiger aufgefasst, sondern auch deutlicher und sicherer beschrieben haben. Indess danken wir ihm auch so für das was er bringt.

Hat doch gerade im Gebiete der äthiopischen Sprachen schon vor anderthalb Jahrhunderten Lüdolf den Europäern aller Art und Farbe das beste Beispiel gegeben, wie ein Gelehrter würdig wirken kann. Er, ein evangelischer Staats- mann, aber nichts weniger als ein Secten-Christ, unternahm

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seine grossen äthiopischen Arbeiten alle in der Hoffhnng^ durch sie zur baldigen Wiederbelebung eines ganz erstor- benen christlichen Volkes zu wirken: diese menschliche Hoffnung täuschte ihn, das äthiopische Volk ist noch jetzt nicht viel aus seinem Schlafe erweckt, und lange Zeiten vergingen, ehe auch nur die Europäer seine Werke in dem Sinne benutzten, der seinem Wunsche entsprochen hätte. Aber nun sehe man, welche ungemeine Veränderung hierin seit den letzten zehn Jahren eingetreten ist^ wie Franzosen und Nichtfranzosen , Evangelische und Römische an den Ufern des rothen Meeres sich glücklich schätzen, eines der Werke Ludolf's besitzen und lesen zu können: und man wird erkennen^ dass eine wahre Mühe um eine grosse Sache nie vergeblich angewandt seyn kann.

Ich benutze diese Gelegenheit, den Freunden der äthiopischen Literatur die Nachricht zu geben, dass eine Sammlung neuer äthiopischer Handschriften, etwa eben so stark , wie die oben Seite 164 201 näher von mir beschriebene, durch Herrn Krapf's preiswürdige Bemü- hungen iH Ort und Stelle erworben, hier in Tübingen nächstens erwartet wird. Hr. Krapf ist im letzten Jahre (wie es heisst) in Folge französischer Umtriebe plötzlich aus dem Königreiche Shoa gewaltsam verbannt, ist dann in den Wüsten geplündert und mit genauer Noth dem Tode entronnen, hat aber dennoch wieder das Reich Tigre besucht und dort die neuen Handschriften erworben. Jetzt aus allen äthiopischen Reichen ausgeschlossen, wird er (so ist wenigstens sein bewundernswerther Eiitschluss) im tiefen Süden bis zum Aequator hin Roiche besuchen, von denen wir kaum die Namen wissen und wo dennoch Uoberreste eines alten Christenthums noch zu finden seyn sollen. Im Februar 1844.

Ewald.

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3LVII.

Von morgeiiläiidlscliep Spracheuverglel- chimg in Deutschland;

mit Rücksicht auf das Buch :

Ueber das Verhältniss der ägyptischen Sprache zum semi- tischen Sprachstamm. Von Theodor BENrBY. Leipzig: F. A. Brockhaus. 1844. XVI. und 366 S. in 8.

Diese Zeitschrift, so wie sie ihrem Plane nach ent- worfen und bis jetzt gleichmässig fortgesetzt ward, dem reinen Zweck der Wissenschaft dienend, ist ihrem Wesen nach allen Streitigkeiten fremd und muss gelehrte Zänke- reien, sofern die deutsche Lcsewelt daran überhaupt noch Vergnügen findet, solchen Zeitblältern überlassen^ welche sie drucken zu lassen für nützlich halten.

Allein es können Zeiten kommen, wo die AVissenschaft, auch die harmloseste und eingezogenste, nothwendigaus ihrer Ruhe hervortreten muss, will sie nicht durch Stillschweigen mehr gefährden lassen, als sie vor ihrem eigenen Gewissen verantworten kann. Wird eine Wissenschaft nicht etwa von solchen, die sich nicht zu ihren Kennern und Ausübern rechnen, sondern in ihrem eignen Lager von solchen verhöhnt und thatsächlich schwer verletzt , welche sich ganz so stellen, als gehörten sie zu ihr; so ist auch der ruhig der Kraft der Wahrheit vertrauende Mann nicht zu gut, um sich nicht so bald und so entschieden als möglich dem Einreissen verderblicher Richtungen entgegeuzustemmen ; denn wer je über die Möglichkeit des Bestehens eines menschlich Guten nachgedacht hat, der wird finden, dass alles Gute unter Menschen (und dahin rechnen wir auch jede echte

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Wissenschaft) nur dadurch keimt, gedeihet und sich erhält, dass die stets neu wuchernde Saat verderblicher Richtungen stets noch stärker sogleich im Entstehen abgewehrt werde, damit sie nicht gross geworden vielleicht für lange Zeit jeden Fortschritt zum Bessern hemmen.

Nun sind zwar die morgenländischen Wissenschaften, wie sie gegenwärtig in Deutschland getrieben werden können, von der Art, dass die Männer, welche sie mit reiner Liebe und mit ernstem Erfolge betreiben, an ihnen zugleich die beste Schule des Lebens hai>en, und dass man hier entweder ein tüchtiger oder gar kein des Namens würdiger Gelehrter werden muss. Auf diesen unermesslichen Gebieten regt sich allerdings seit etwa zwanzig Jahren ein neuer Geist in Deutschland immer mächtiger, welcher mit einer Gründ- lichkeit und iu einem Umfange, die beide frühcrhin unbe- kannt waren, solche Stücke menschlichen Wissens ergreift, welche doch irgendwo einmal ernster angcfasst werden müssen; wir sind nun wenigstens einmal so weit, dass wir begreifen können^ welche Art hier allein erspriesslich sey: aber bei allen einzelnen Erkenntnissen, die nun gewonnen sind, ist die Menge des noch wenig Erforschten oder ganz Unbekannten hier so ungeheuer, dass schon deshalb diese Studien, wenn sie wahre Früchte tragen sollen, zu den schwierigsten gehören. Es kommen die vielen andern grossen Schwierigkeiten hinzu, mit welchen diese Wissen- schaften unter uns zu kämpfen haben, und die ich hier nicht in der Kürze aufzählen kann ; schon dass in Deutsch- land fast jede Anwendung dieser Studien im Volksleben fehlt und der deutsche Geburts- und Geldadel ganz andere edle Leidenschaften Hebt (z. B. wie wir eben in Baden er- lebt haben, das sich Todtschiessen im trägen Frieden) als die Leidenschaft, seinen Geist durch die heitre Strenge der Wissenschaft zu läutern, liegt wie ein schweres Blei- gewicht auf diesen Studien. Allein mögen sie noch so schwierig seyn^ desto mehr können und müssen sie die

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stärken , welche sich mit voller Seele ihnen ergeben ; wer in ihnen etwas wahrhaft nützliches und dauerndes leisten ivill, der mnss woh! (hätte er es sonst noch nicht orethan) seinen Sinn von Neid, Hass und andern Krebsschädca der Art reinigen; und entweder hier wird man ein wahrer und durch nichts zu beugender Freund echter Wissenschaft odef nirgends. Ja man glaubt wohl nicht umsonst, dass ebeu dadurch diese jungfräulichen Wissenschaften für edlere Geister einen ganz eigenihümlicheu Reiz haben , sowie dass gerade in diesen weiten Gebieten alle wahrhaft aus Liebe arbeitenden Gelehrten sich leicht gegenseitig erken-' neu und schätzen müssen.

Aber leider muss man bereits eine sehr bedenkliche Seite dieser Wissenschaften bezeichnen, die sich in den letzten Jahren gebiWet hat und welche leicht noch weiter um sich greifen könnte. Die Untersuchungen über die letzten Gründe aller Sprachen und ihren Zusammenhang im Grossen können nicht mehr vermieden werden: sie drängen sich auf, sie dienen uns über manches ganz neue Aufschlüsse zu geben, und einmal mit Macht unter uns begouneuj müssen sie allmähiig sich vervollkoraranen oder wieder in das Nichts zurücksinken, woraus sie empor- tauchten. Man wird leicht ermessen, mit welchem Nach- drucke ich dies gegen die behaupte, welche wegen ein- zelner Missgriffe lieber an allen höhern Sprachuntersuchungen verzweifeln, oder welche das Gebiet dieser Forschungen gegen das Weseu der Sache in zu enge Grenzen ziehen, z. B. vor den Wurzeln einer Sprache eine gespenstische Furcht haben. Allein dies Feld ist schon an sich so dor- nenvoll, da man bei jeder besondern Sprache die seltene Geduld und Geschicklichkeit haben muss, zuvor wo nur irgend möglich, alles Einzelne genau zu verstehen, ehe »man über höheres, auch nur annäherungs^veise, eine richti- gere Vorstellung sich bilden kann. Seitdem nun aber in jDeutschland das Zauberwort «Vergleichende Grammatiku

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erscholl, oder vielmehr seitdem mau dies Wort (obwohl die Sache selbst der Sprachvergleichungen laugst vorhanden gewesen war) für etwas Bedeutendes anzusehen anfing: ist damit eine Büchse aufgethan, aus der die Wissenschaft mit immer neuen Uebehi beschenkt zu werden fürchten muss. Das "Vergleichen wird wie zu einer Handwerks- arbeit; man untersucht nicht zuvor die beiden Sprachen oder Sprachstämme, welche man dem Leser zum Besten vergleichen will, jede für sich in allen auch den feinsten Adern und Sehnen^ man lernt nicht jede Sprache erst aus ihrer eigenen Literatur so vollständig als möglich, und macht sie sich zu eigen, wie einen ebenso geliebten als gefügigen Besitz, wie ein Heiligthum, das man sich theuer erworben und daher nie wieder verliert oder gar miss- braucht: man liest nur die gangbaren gedruckten Gram- matiken und Lexica der einen oder der andern Sprache, die man dem Leser verglichen auftischen will , nimmt hier einen Fetzen und dort einen, wirft die zusammen und setzt sie dem Leser vor aber (weil man meist zugleich Auf- sehen erregen will) nur nicht in bescheidener Stille, denn wie würde dann das Werk sich selbst empfehlen? nein unter Verhöhnung des fremden Werkes, aus dem man die paar Fetzen genommen, unter Schreien und Lärmen am Alarkte, ja mitten im V^ ersuche offenbarster Sinnverdrehung nicht nur verständlicher, sondern auch ganz treffender und uolhwen- diger Worte Anderer.

Die letzte Hälfte der hier entworfenen Schilderung trifft freilich nicht alle Werke dieser Richtung; sie sind zum Theil sehr harndos. Alle haben nur das miteinander gemein, dass man jetzt, nachdem der Missbraiich, den sie treiben, völlig au den Tag gekommen ist, nicht ernstlich genug vor dem Übeln Beispiele warnen kann , welches sie geben. Geht dieses \' ergleichen so fort^ so geht eben da- mit auch alle gründhche Kenutniss morgenländischcr Spra- chen und jeder wahre Fortschritt auf diesem Gebiete unter;

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und gewöhnt man sich in der morgenländischen Sprachen- kunde an ein solches arbeitsscheues verworrenes Treiben^ so ist nicht abzusehen^ warum nicht nächstens auch die Volksgeschichte, die Literaturgeschichte und jedes andere Feld morgenländischer Wissenschaft von solchen, die sich für Wissenschaftsmänner ausgeben, ähnlich verwüstet werden sollte. Ich habe seit vielen Jahren keine Gelegenheit vor- übergehen lassen, sowohl mündlich als schriftlich vor diesen bedenklichen Abwegen zu warnen : ein Aufsatz, den ich in diesem Sinne in den G. G. A. 1835. St. 120. niederlegte, hat wohl damals einigen Lärm erregen, aber die dort aus- gesprochenen Wahrheiten hat niemand umstossen können. Das W^erk aber, von dem jene kurze Schilderung voll- ständig gilt, ist das obengenannte des Hrn. Theodor Benfey. Dass das Koptische mit dem Semitischen irgend eine Ver- wandtschaft zeige, haben schon manche frühere Gelehrte gemeint, und hier war nichts weniger zu machen, als die erste Entdeckung. Was jetzt zu thun ist, besteht allein in der genaueren Untersuchung und Vcrgleichung beider Sprachslämme durch alle ihre Theile, damit deutlich werde, wieweit sie miteinander übereinstimmen oder von einander abweichen; zu diesem Zwecke ist zwar weniger das Se- mitische erst genau zu erforschen^ da es besonders gram- matisch schon so genau erkannt ist, wie wenige andere Sprachen, als das Koptische, da für dieses in neuern Zeiten zwar Champollion, Peyron, Tattara, Rosellini viel gethan haben^ die eigentlich geschichtliche Sprachforschung aber, wie sie in Deutschland eingeführt ist, in ihm noch alles zu thun vorfindet. Allein wiewohl das Semitische den Vorrang genauerer Erkenntniss unter uns besitzt^ so ist es doch von Jedem, der es mit dem Koptischen vergleichen oder sogar (wie Hr. Benfey) es durch das Koptische erklären will, zuvor genauer zu verstehen; es ist in seinen Litera- turen zu erkennen^ oder trauete sich Jemand zu, es ohne alle Kenntuiss seiner Literaturen, bloss aus vorhandenen

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Grammatiken nützlich Vergleichen und erläutern zu können, 80 würde der doch wenigstens diese Grammatiken genau lesen und verstehen müssen; und sollte sich jemand sogar auf die Vergleichiing eines ganz besondern Sprachtheiles beschränken wollen (wie Hr. Benfey in seinem Werke nur einige Pronomina und deren Anwendung abhandelt), so kehrt tlie Forderung^ dann wenigstens die wenigen Abschnitte der Grammatiken j welche man gerade vergleichen will, sorgfältig zu verstehen, wo möglich noch dringender wieder.

Dass nun Hr. Benfey, wie sein Werk zeigt, von den semitischen Literaturen nichts versteht und alles, was er vom Semitischen beibringt, rein aus den neuern Gramma- tiken weiss, möchte noch hingehen; es ist nicht gut und muss seiner eignen Absicht schaden, doch wir wollen so viel von ihm nicht fordern, vielleicht hat er dann wenig- stens die Grammafiken desto sorfffältisrer anffjsehen. Allein auf dem Gebiete der semitischen Grammatiken traten ihm nicht nur meine Werke , insbesondere die verschiedenen Ausgaben meiner hebräischen Grammatik: es trat ihm auch mein Name entgegen und mein Geist^ und weil an jenem sich zu reiben gegenAVärtig einiges Aufsehen in der ge- lehrten Welt machen kann^ dieser aber, wie es scheint, nicht so leicht zu begreifen ist, so beschloss er, meinen Geist bei Seite zu lassen, meinen Namen aber dafür desto mehr zu verhöhnen , und damit bei der Welt sich selbst einen Namen, sowie in der Wissenschaft sich V'^erdienste zu erwerben. Weil ihm nun aber, zumal in Göttingen, wo er Privatdocent ist, auch das gar nicht -anders auszuführen war als dadurch, dass er sich in einen künstlichen Hass gegen mich versetzte (denn ich sinne umsonst darüber nach, was ihm denn eigentlich den Hass eingegeben haben könne}, der Hass aber, wie jede unedle Leidenschaft vor der Welt verhüllt werden muss^ so wirft er sich mit voller Begier in die Kcihc derer, welche die Thate» und Werke

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des sei. Geseuiiis lobpreisen; denn so scheint man ja um so sicherer auf mich schmähen zu können.

Nun ist das Verhäitniss zwischen mir and Gesenius ein ganz, anderes, als es auf den Gassen von raüssigen Leuten besprochen wird, und als die begreifen, welche von semitischen Literaturen und Sprachen nichts wissen. Da ich mich, soweit es in Kürze geschehen konnte, in der Vorrede zum ersten Bande der Geschichte Israels darüber ausgesprochen habe, kann ich das unverständige Wesen solcher, die hier keine Stimme haben, ganz ruhig sich selbst verzehren lassen; will dagegen ein ebenso sachkundiger, als von reiner Liebe zur Wissenschaft erfüllter Mann jenes Verhäitniss ausführlich darlegen, so könnte der vielleicht ein zur Zeit recht nützliches Werk damit ausführen.

Auch was Hr, Benfey mich zu lästern vorbringt, kann ich ganz übersehen: die Wissenschaft semitischer Gram- matik steht bereits fester als er begreift, und ein Lästerer kann hier nicht lange auf Leser und Zuhörer rechnen ; auch ist es ein eignes Geschick, dass, da es doch nicht so sehr zu verwundern wäre, wenn man in so schwierigen Sachen den einen oder andern Fehler mir nachwiese, Hr. Benfey mit aller Gier nicht das Mindeste hat aufspüren können, was wirklich dafür gelten könnte; der grösste Theil dessen, worüber er schreit, beruht rein auf seiner eignen Unwis- senheit und Verdrehung: ein ganz geringer besteht in Sa- chen, die er geflissentlich aus den frühern Ausgaben meiner Werke hervorsucht und in den neuem (auch in der Gram- matik von 1842^ welche er noch sehr wohl benutzen konnte) hätte anders finden können. Und während er sich anstrengt, seinen Lesern (als wären die alle so dumm, solches zu glauben) fast durchaus nur Schlechtes von mir zu sagen, nimmt er dennoch so überaus wichtige und durch alle meine verschiedenen Bearbeitungen semitischer Grammatik fest- gehaltene Wahrheiten stiilschweigend von mir an, wie dass der Imperativ erst aas dem Imperfectum stamme.

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So droht denn durch gewisse Christen ebensowohl wie durch Juden (Hr. Benfey ist Jude) auch in die raorgen- ländischen Wissenschaften ein Geist zu fahren, welcher uns nur zu sehr daran erinnert, in welcher Zeit und in welchem Lande wir leben. Es ist der Geist von 1830, aber nicht der lautere, welcher sich damals in vielen Ländern stärker regte, sondern der ihm beigemischte unsaubere, der nun, da jener gedämpft ist, ganz allein herrschen und lieber alles andre ausser sich zerstören möchte; da dieser nun in Deutschland sich sonst nicht regen kann , so hat er sich in die Labyrinthe der Literatur geworfen, wobei sich die Ohnmacht aller Censur so klar au den Tag stellt; und weil es in Deutschland keine Minister zu stürzen gibt, so muss man Üniversitäts-Professoren in den Staub ziehen, je besser sie »sind desto mehr. Aber noch stehe ich für Hrn. Benfey und alle Leute seiner Art aufrecht.

Was der blinde Hass hervorbringen musste, hat er hier gebracht: Hr. Benfey, nicht einmal die gangbaren Grammatiken sorgfältig lesend, verkennt und verdrehet das Richtigste. Ich lehrte schon seit 1830 in der arabi- schen wie in der hebräischen Grammatik^ dass die Endung der zweiten Person fem. singul. des Imperfects ^r ihr n nur zur Unterscheidung des selbständigen Modus von dem unselbständigen habe, veranlasst durch die häufigen Per- sonen des Plurals, welche sich auf -ün endigen. Diess ist so richtig und lässt sich so leicht noch weiter verfolgen, dass ich neugierig wäre den Mann zu sehen, welcher diese Wahrheit umstossen könnte. In der That bringt Hr. B. nicht im mindesten etwas besseres, da die Endung, welche bisweilen im Syrischen ...iXa- geschrieben wird und die er bloss aus der ersten besten syrischen Grammatik entlehnt, ganz anders geschichtlich verfolgt werden muss, als er diess thut: aber da er sich nicht einmal die Mühe giebt, meine Worte zji verstehen, verdreht er meine Ansicht da-

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Lin^ als »laubte ich, jenes blosse n mache den Plaral ans und die Pluraleudung sei an den Singular gehängt. Ich lehre ferner, das seltsame n welches vor Vcrbal-Suffixen eingeschaltet erscheint und welches die frühern Gramma- tiker Nun epenthelicum nannten, übrigens aber ganz uner- klärt Hessen*), zeige sich mehr bei dem Imperfectum als bei dem Perfectum : Ilr. B. schreit auf^ es zeige sich nur vor dem Imperfectum ; aber hätte er auch nur die zweite der von mir angeführten Stellen in der Quelle aufgesucht, so würde er gesehen haben ^ welchen guten Grund ich hatte, dies zu behaupten. AVeiter lehre ich, die arabi- schen Feminin-Endungen ^^j., <L seien ursprünglich von

der gewöhnlichen g_ nicht wesentlich verschieden, sondern als Nebenarten dieser zu betrachten: dies, im Einzel- nen richtig verstanden, wird sich gar nicht anders denken lassen^). Hr. B. fasst nicht nur die völlig verkehrte An-

1) Wie dies im Hebräischen jetzt erscheint, hängt es durchaus mit dem Wesen des Tones zusammen, wie ich dies so darstellen musste; hiemit ist jedoch die Frage, woher das n selbst komme, noch nicht erledigt: ich habe indessen diese Frage in der Gram- matik von 1848 bereits kurz beantwortet und beantworte sie aus- führlicher in der jetzt gedruckten grossem Grammatik.

J - CS

2) Wie ibj-M. von Oy^^S, ^^ von ^i\ sich ableiten könne, habe ich 1830 in der arabischen Grammatik noch nicht erklärt, seitdem aber mundlich schon oft gelehrt. Mau muss auch hier innere Um- bildung annehmen, eine ßildungsart, welche das Arabische weiter als irgend eine andere semitische Sprache ausgedehnt hat. Indem das a, womit der Stamm solcher Wörter be;;innt, bei der Feminin- Bildung sich wie in einem krampfhaften Zusammenziehen des Worte» zu dem a der alten Feminin-Endung - at hiubewegt und mit die- sem zu a verschmilzt, wird das t dazwischen erdrückt und es ent- steht eine neue Feminin-Endung, welche von vorn an kein mösliche« t in sich schliesst und daher auch ganz anders in der Schrift aus- gedrückt wird. Die weitere Unterscheidung dieser Bildung au

V. 28

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sieht, die Feminin- Endung sei |bloss -tj tu (o, wie er schreibt), während der Anfang jeder sichern Einsicht dieser ist, dass sie vollständig -al oder dafür -aÄ lautete, sondern er schiebt mir auch diese Verkehrtheit unter, wobei er es denn leicht hat, jenen Zusammenhang zu läugnen. Ich lehre in dem Hebräischen nij< als Zeichen des Accusativs sei ein altes Reflexiv-Pronomen verborgen, es entspreche sowohl dem syrischen Aj, welches selbst erst aus dem

äthiopischen kijat verkürzt ist, als dem arabischen Gt wel-

ches hinten nach dem langen Vocale das / abgeworfen hat*)' Ich will nun gar nicht anführen^ was Hr. B. selbst aus dem hebräischen nix macht: schon der eine Umstand, dass er an allen Stellen seines Buches das entsprechende

arabische Wort als Li anführt, ist für ihn bezeichnend genügt). So könnte ich noch lange fortfahren, Hrn. Ben- fey's Verfahren in dieser Richtung aufzuzeigen: doch] für die Leser dieser Zeitschrift habe ich vielleicht schon zu viel geredet.

Wenn nun Hr. B. so wenig das verstand^ was er in neuern Grammatiken vollkommen richtig auseinandergesetzt

den zwei Aussprachen ttJ>_j,*M und (^^ ist dann bloss aus dem Streben verschiedene Bedeutungen uuch im Laute zu trennen her- vorgegangen.

1) Ich habe die meisten Glieder dieser merkwürdigen Reihe schon früher dargelegt, weiter ist davon in der jetzt gedruckten grössern Grammatik die Rede.

2) Allerdings schreiben unsere Lexica auf die Aussage des Qämüs

Lt, woraus Gesenius in seinen Wörterbachern üt gemacht hat:

* allein so unterrichtend es wäre zu wissen , wie der Qamus der ersten Sylbe ausser t auch ein a als möglichen Vocal ziischrüibcn konnte, so steht doch für jeden, der die Literatur kennt, fest, das* fn den gewöhnlichen punctirten Büchern stets » erscheint.

i

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finden konnte: wie wird er dann verfahren, wenn er etwas A'cues über das Semitische aufzustellen unternimmt! Der hebräische und arabische Artikel Sn J^ soll aus den beideo koptischen Wörtern kha ro hervorgegangen seyn und ei- gentlich bedeuten gegen das Gesicht, dann was anbelangt; das semitische Fürwort n-> ein Wörtchen^ völlig so un- schuldig wie das deutsche der, soll aus dem ägyptischen ^ 0 d. i. sagen und dem hebräischen Hin znsammengezogea seyn und eigentlich bedeuten nämlich er; das -anna des verstärkten Imperfccts im Arabischen soll aus dem bekannten

^ hebr. nsn »i^he entstanden seyn, obwohl man es als das

wahre Leben dieser Wörtchen im Hebräischen und Ara- bischen bezeichnen niuss, dass sie nur voran gestellt Sinn haben. Ich denke das ist genug.

Was weiter die allgemeine Sprachphilosophie des Ver- fassers betrifft, so mögen folgende Beispiele davon genügen. Die Feminin -Endung -i im Sanskrit, lehrt der Verfasser sogleich vorn mit grossem Geräusche, sei nichts a^ das bekannte Pronomen i, das fem. von i (lat. is): aber woher bildet sich denn nun das » als fem. von i? ist es denn nicht einleuchtend, dass es nur eine und dieselbe Sprach- kraft seyn kann, welche hier von dem AVörtchen i ein fem. i und dort von tiulant ein fem. tudanti bildet? Die Dual-Endung sey eigentlich w, und dies komme von r«, dies wieder von dta: sehr wohl^ das ist allerdings greiflich! aber woher kommt das u in dtau selbst? woher das -au nicht bloss in Stämmen auf -a sondern euch in allen an- dern? woher das semitische ai (welches offenbar als Dual- zeichen dem Sanskrit au entspricht) in -»;j~« und andern

Wörtern? Die bekannte sanskrit Genitiv -Endung -sja sey eigentlich eine Adjectiv- Endung von der Wurzel aa d. L seyn (diese arme Wurzel, welche noch immer soviel herhalten muss, wenn der Spracherklärer nichts weiss!),

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fivasja bedeute eigentlich seiend von ^ica, und damit sei das Neuarabische vjj;^'**^^^ ^i V^ Buch (^BesiizJ des Diebes zu vergleichen.

Doch endUch genug mit Allem. Ich kenne die Werk© des Hrn. Verfassers zur Erklärung des Indo-Germanischen nicht weiter als nach den eben raitgetheilten Spuren: Avas das Semitische betrifft, so muss ich wünschen^ dass er Ge- duld und Aufopferung besitze, es erst zu lernen. Hr. B. mag wissen, dass ich ein guter Christ zu seyn mich bemühe: damit weiss er zugleich, welches meine Waffe sey gegen seinen zum Glück vollkommen grundlosen Hass; und wie sogar der Entschluss zu dieser Anzeige seines Werkes aus nichts geflossen ist als aus reiner Liebe zur Sache und zu ihm, so werde ich mich künftig freuen, wenn ich über seine Werke anders urtheilen kann als diesmal. Sollte er freilich künftig nicht einmal soviel begreifen, aus wel- cher Gesinnung ich in meinem gelehrten Leben handle: so wird er auch den Sinn dieser Anzeige seines Buches nicht erkennen. Die Wissenschaft hat gegen alle ihre Wider-, sacl^, die gelehrten und die nicht gelehrten, weiter keine Waffe als die Aufstellung der Wahrheit, sowie der echte Christ keine als die Liebe: aber diese beiden Waffen wird mir niemand nehmen.

Bilden sich künftig die Anfänge einer Sprachwissen- schaft, welche in einzelnen morgenländischen Sprachen unläugbar schon gegeben sind, durch gute Kräfte unter uns weiter aus, so wird Deutschland auch dadurch Ruhm nach aussen sowohl als neue innere Stärkung empfangen: wie jetzt aber die Sprachvergleichung von nicht wenigen in Deutschland getrieben wird^ wird dadurch nur die Zahl der Uebel vermehrt, an denen wir ausserdem schon genug leiden. Ewald.

Uebersichten und Beurtheiluugen.

I.

Ueber das Puschtu oder die Sprache der Afghanen j ron Berxb. Dorn. St. Petersburg 1840. 163 S. io 4.

Ein erster Versuch über den , Aceent im Sanskrit. Von Otto Boehtlingk. St. Petersburg 1843. 114 S. in 4.

Diese beiden umfangreichen Abhandlungen, welche ver- mittelst der Kaiserlich-Russischen Akademie und innerhalb der Reiho ihrer Abhandlungen erschienen sind, können uns lebhaft an die ausgezeichneten Dienste erinnern, welche diese in neueren Zeiten, was das Morgenländische Fach betrifft, einzig dastehende Akademie der Wissenschaft lei- stet. Was man auch immer im übrigen Europa über Russ- land denken mag, wir müssen eine Regierung preisen, die mit so grosser dauernder Gunst und dabei so wenig auf den unmittelbaren Nutzen bedacht, den Anbau von Wis- senschaften befördert , welche ihrer Eigenthümlichkeit zu- folge mehr als viele andere solcher Hülfe bedürfen. Zu Frähn und I. J. Schmidt, welche schon lange Zierden, sowohl jener Akademie, als dieser Wissenschafton waren^ sind nun in neueren Zeiten Dorn und Boehtlingk gesellt, jener schon durch mehrere gediegene Arbeilen, insbeson- dere aus dem Fache des Islamischen, dieser durch sehr gründliche Kenntnisse im Kreise der Indischen Welt rühm- lich bekannt.

Die Abhandlung DoRx's ist eine sehr schätzenswerthe mid erwünschte Fortsetzung zu meiner eigenen Abhandlung über das Puschtu, welche 1839 im 2. Bande dieser Zeit- schrift erschien und auf welche Dorn schon Rücksicht nimmt. Während indess meine Abhandlung (wie Dorn sagt) die erste in diesem Gebiete und während sie mehr wissen- schaftlich zusammengedrängt war, ist die Arbeit Doru's, ohne auf weitere Sprachvergleichung einzugeben, auf

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grössere Ausführlichkeit in der Erklärung des Afghanischen selbst angelegt, bestimmt einiges, was mir noch nicht ganz entschieden war, näher, und giebt vorzüglich aus hand- schriftlichen Divanen zweier Afghanischen Dichter und an- deren Quellen dieser Art, eine grosse Menge von Belegen; einige kleinere Gedichte sind fast vollständig mitgetheilt, und ist dies also wohl das erste Mal, dass eine Blumenlese Afghanischer Literatur gedruckt erscheint. Man wird sich künftig nach diesen beiden Abhandlungen eine ziemlich genügende Vorstellung über das Afghanische entwerfen können: da jedoch in dieser Zeitschrift schon mehrfach von den zwischen Indien und Persien schwebenden Sprachen die Rede war^}, so v^erwendeu wir den hier zugemesse- nen Raum wohl besser auf eine nähere Untersuchung der Arbeit Boehtlingk's über den Accent im Sanskrit.

Was ist eine Sprache ohne Accent? ein Glied ohne Bewegung, ein Gesicht ohne Farbe. Der feinste und zu- gleich der eigenthümlichste Geist einer Sprache giebt sich in der Macht zu erkennen, welche ohne ein einzelner Laut zu seyu, vielmehr alle Laute jedes Wortes scharf zusara- menfasst und so jedem Worte erst seinen lebendigen Sinn mittheilt, und welche doch wieder wie jede menschliche Macht einer noch höhern unterliegt und nach dieser sich bei jedem Volke verschieden gestalten und mit jeder Zeit verändern kann. Man hat wohl die Conjunctionen einer Sprache ihre feinsten und eigenthünilichsten Bestandtheile genannt: aber noch feiner und verschiedener ist der Zulaut (Accent), welcher wie die unentbehrliche geistige Zugabe erst Wort und Satz belebt.

Desto grösser war der Mangel, dass man bis jetzt den Accent der Sprache nicht beachtete, welche in Hinsicht der Laute die erste der Erde genannt werden kann. Die Schrift als Buchstabenschrift kommt freilich fast bei allen A'^ölkern spät oder gar nicht zu Hülfe um diesen geistig- sten Bcstandlheil einer Sprache für das blosse Auge ans- zudrücken; unter allen semitischen Völkern z. B. haben nur die Juden ihre heiligen Bücher mit dem Wortaccente versehen. Das gewöhnliche Sanskrit wird ohne Accente geschrieben; nur in Veda- Handschriften fniden sie sich, welche aber nur wenigen Gelehrten unter uns zugänglich sind; und die zerstreuten Vorschriften der altintlischen Grammatiker selbst hatte seit Colebrooke (dessen wenige

1) Vgl. Lassen'« Abhandlung Bd. IV. S. 410. f.

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Worte aber gerade über die Sanskrit-Accente Dr. Boeht- lingk wider Erwarten ungenügeud fand) kein Europäer näher erforscht. So hat sich denn der deutsche Heraus- geber des Panini durch das vorliegende Werk über die Sanskrit-Accente ein gutes Verdienst erworben, welches ich um so befriedigter anerkenne, je nielir ich bei den Vorträgen über Sanskrit -Grammatik wiederholt aufs ernst- lichste über den Sanskrit-Accent nachgedacht hatte. Dean es ist zwar unläugbar, dass schon die blosse Betrachtung aller Wortbildungen einer bestimmten Sprache, sobald sie tiefer eindringt, die Macht des Accentes an vielen Stellen erkennen kann, weil manche Bildung ohne den Einfluss einer solchen Macht anzunehmen gänzlich unerklärlich wäre; ich habe z. B. immer erkannt, was ich nun ganz nach Wunsch bestätigt finde, dass in dem so gewaltigen Wechsel der starken oder schwachen Endungen sehr vieles vom Accente abhängen müsse; allein um wie viel weiter als solche, wenn auch nothwendige Annahmen innerer Nothwendjgkeit, führen sogleich ausführliche und sichere Zeugnisse, welche uns noch aus dem Leben der Sprache selbst durch die alten Grammatiker überliefert sind I

Was der Verfasser aus diesen Quellen schöpfen konnte, hat er mit dem grössten Fleisse zusammengestellt , und noch dazu durch eine Anzahl gelehrter Anhänge und Er- läuterungen der Kunstausdrücke solchen^ die künftig die Frage über den Accent weiter verfolgen wollen, den etwas mühevollen Weg erleichtert.

Gehen wir nun etwas näher auf eine Sache ein, über welche der Verfasser selbst nach der bescheidenen Auf- schrift seiner Abhandlung nur einen ersten Versuch gelie- fert haben will, so hat das Sanskrit nach dieser Darstel- lung drei Accente, welche ganz den drei griechischen, dem Acutus, dem Gravis und dem Circumflex, entsprechen sol- len. Ich fürchte indess, dass diese drei Namen, besonders der eines Circuroflexes, nicht ganz wohl gewählt sind und leicht zu irrigen Folgerungen führen. Ich will nicht weiter hervorheben , dass der Verfasser §. 4 alle Fälle dieses Circumflexes aufzählt, welche allerdings wenigstens noch eine gewisse AehnUchkeit mit dem zu haben scheinen, was man sonst Circumflex nennt, dagegen aber §. 70 flF. noch einen ganz andern Fall seines Gebrauches nachholen muss, welcher mit jenen nichts gemein hat und doch der häu- figste ist; ferner dass der Circumflex danach auch kurze Vocale und zwar iu sehr grosser Menge, ja sogar sonst ganz tonlose Wörter unter gewissen Bedingungen treffen

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würde, welches alles doch schwer zu denken. Aber f^ägt man kurz und scharf nach dem wahren Verhältnisse jener drei Sanskrit- Accente, wie es vorliegt: so lässt es sich, genau betrachtet, unter das ganz einfache Gesetz bringen, dass der Gravis einem Acutus nur voraufgeht und das was Circumflex seyn soll ihm nur folgt. Dies ist folglich wie ein einziger Laut, der sich dreifach zertheilen kann^ aber dessen Mittellaut der einzig herrschende ist und die andern beiden von sich abhangen lässt. Wenn also die beiden an den Enden nur des mittlem wegen da sind (denn dieser kann da seyn auch wo jene fehlen, nie aber einer von diesen ohne jenen), so gibt es eben damit nur einen wahren Accent im Sanskrit-Worte, nur einen hohen Laut-Anstoss: und geht diesem eine Sylbe ohne solchen voraus, so senkt sie sich tief vor ihm und wird deshalb mit dem Gravis bezeichnet; folgt ihm eine ohne solchen, so ist sie noch wie ein Wiederhall und Anffang des eben erschollenen hohen Lautes, nur dass sie (wie einige Grammatiker ab- weichend lehrten §. 70. Anmerk.), wenn sogleich wieder eine andre Sylbe mit dem hohen Laute folgt, dann lieber tonlos bleibt oder sogar den Gravis empfängt. Kurz, das Verhältniss der drei Avesentlich immer zusammenhangenden Accente ist musicalisch:

gen schon deutlich seyn kann?) das Zeichen für den Acutus beständig fehlt; und so geht es auch aus allen den vielen einzelnen Gesetzen hervor, die der \'erfasser nach den Grammatikern erwähnt ').

Wie bloss hiedurch das Ganze verständlich wird , so ergibt sich manches Einzelne nun von selbst. Wo zwei Vocale, deren erster eigentlich in einer besonderu Sylbe den Acutus haben sollte, aus zwei Sylben in eine zusam- menfallen, da genügt das Zeichen, welches eigentlich für die zweite dienen würde, weil es durch »ich den Acutus

1) Nur dass der Gravi« der Grundton seyn und eigentlich alle Sylben umfiissen solle die keinen der /-wei andern haben, §. 2. wider- spricht nicht nur der andern Aussago S- 71., souderu auch dem Muster aus dem Yeda -Hymnus.

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voraussetzt, so dass hier bloss eine Abkürzung der Schreib- art zu finden ist. Ferner ergeben sich Xamen und Zeichen der drei Accente. Denn die Inder nennen das, was hier als Circuniflex bezeichnet ist nicht so (dann hätten sie es eher JJH genannt), sondern ^ ^ i . welches bloss soviel be- deutet als hell, klar. Der Acutus, welcher oben so ge- nannt ist, trägt den bestimmten Xamen udätta, d. i. hoch, hoher Lauf, und wird daher über der Sylbe durch 3 be- zeichnet: sein gerades Gegenthcil, der Gravis, heisst richtig aniulättn und würde demnach besser durch Tiefton übersetzt, Avird aber nur durch einen wagerechten Strich unter, sowiö* der Svarifa durch einen senkrechten über der Sylbe be- zeichnet.

Zwar könnte der Verfasser für sich anführen, auch Wilson übersetze Scarita durch Circumflex: allein dieser Gelehrte hat uns seine Gründe dafür nicht angegeben: und wir brauchen nun auch nicht mit dem Verf. Colebrooke zu beschuliligcn, er habe den Circumflex und den Acutus schlechthin mit einander verwechselt *)• Sollten diese zwei Namen überhaupt gewählt werden, so gesiehe ich, nicht zu wissen, warum lyan sie nicht geradezu umkehren sollte: aber besser sehen wir das wahre \'erhältniss ein und ent- halten uns künftig des ungehörigen Namens Circumflex.

Doch der grösste Nutzen dieser Einsicht ist wohl der, dass wir nun erst auch das innere Wesen des Sariskrit- Acceiites begreifen. Das Sanskvit hat demnach nur einen Wort-Accent, der zwar mujsikalisch modulirt ist und da- durch in seiner Art viel voilkommner und schöner lautet als ein einzelner im Griechischen oder sonst in einer Sprache mit mehrern an sich wechselnden Accenten, aber der doch zuletzt immer nur einer ist Dies ist zunächst das merk- würdigste: das Sanskrit bleibt sich als altertbümlich kern- hafte LautspraChe auch hier gleich: es hat noch gar keine Verschiedenheit und Färbung des Wort-Accents an sich, während in Sprachen, welche die Rehiheit und Stärke der einzelnen Laute melir und mehr einbüssen, der Wort-Accent am Ende so vielfach wird, dass im Sinesischen jedes Wort mit nicht weniger als 4 ganz abweichenden Accenten ge- lautet werden kann.

1) N. S. Eine Verwechselung der Sanskril- Namen und Zeichen muss icli allerdings bei Colebrooke, naclidem ich seine eigneo Worte eiogeseheu habe, zuaeben : ich behaupte nur, dass auf die Verwechselung der ^rjVcA/sc/»«;« Xamen nicht viel anliomuie. Warum sollte man künftig die drei Sanskrit -Xauien nicht entsprechend durch Tieflaut, Uochlaut und heller Laut wiedergeben können?

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Aber dieser eine Accent ist nicht bloss viel umfassender und daher melodischer als er sonst seyn könnte^ er hat auch noch eine viel freiere Stellung im j^anzen Umfange des Wortes. Im Griechischen, Hebräischen und andern Sprachen der Art wirkt schon das ganze Gewicht und der Zusammenhang aller einzelnen Laute des Wortes so auf den Accent zurück, dass dieser nur an gevvissen Stellen und Sylben des Wortes möglich wird^ auch nur immer einer im ganzen Worte seyn kann. Im Sanskrit ist der eine mächtige Accent noch ganz unabhängig von den ein- zelnen Lauten und Sylben des Wortes, und wählt sich an jeder Stelle eines längern Wortes die Sylbe aus, welche hervorzuheben in» Sinne des Sprachgeistes liegt , auch die erste eines vier- oder noch mehrsylbigern Wortes. Das Wort, wäre es auch noch so lang, hat im Vocativ, im Augment, im Üesiderativ- Stamme den Accent auf der ersten Sylbe; und zwar gilt dies^ wie es scheint, völlig durchgreifend und ausnahmslos. Die Adjectiva der Nolh- wcndigkeit dagegen ziehen den Accent immer gegen das Ende hin, weil ihre ganze Bedeutung auf der zusammeu- gesetzten starken Endung beruhet ^).

1) Wie die Sippsciiaft der Adjectiva der Nothwendigkeit (sog.partt. fut. pass.) entstanden sei, ist eine Frage, die meines AVissens nocii nirgends genügend beantwortet ist; ich theile deshalb hier in der Kürze die Ansicht mit, welche ich seit vielen Jahren münd- lich vortrage. Ks sind Adjectiva, die vom Infinitiv aus sich bilden, wie man aus solchen Sprachen sieht, die sie noch unisrhreiben müssen und wo, weil sich keine solche kurze Form dafür aus- gebildet hat, die Theile der Zusammensetzung unverhüllt und voll zu Tage liegen, wie im Deutschen, Hebräischen und übrigen Se- mitischen. Die Endung -tatja (für tuia) geht vom Infinitiv auf -tu, die andere -anlja von dem im Sanskrit seltenern In- finitiv auf -ana (welches eben der deutsche- Infinitiv ist) ausj die bekannten noch kürzern Endungen, bei denen sich die N'er- kUrzung hinten durch innere Vocalverstarkung der Wurzel selbst zu ersetzen sucht (wie kiirja) wären für spätere Abkürzungeo aus jenen zu halten. Ist dieses so, so würden sich daraus, wenn man es geschichtlich verfolgt, merkwürdige Folgerungen für den frühesten Zustand der mit dem Sanskrit verwaii<itcn Sprachen er- geben. Das Griechische z. B. und das Lateinische (wenn dessen Endung -tidus wie ich vermuthe für -njus oder -ndjus steht) würde sich erst dann von der Ursprache getrennt haben, als diese schon zu einer solchen feinen HIMung zweiter Stufe fortjieschritten war; anders das Deutsche, w-nn sich in dessen Umfange eine Hildung dieser Art nicht nachweisen lässt (vgl. J. Gkimm 's deut-^che Grammatik Bd. IV. S. 105.); wie ich denn überhaupt aus vielen Zeichen schliesse, dass ein Volk, je weiter es geographisch ent- fernt wohnt, desto früher vom Urstamnu; sich getrennt hat. Soviel

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Und ist dieser eine Accent so stark und umfassend, so versteht sicli ferner, wie er im Allgemeinen doch wieder weit seltener in Anwendung kommt als der griechische. Allerdings kann ihn ein Wort auch doppelt haben: doch ist dies ein seltener Fall . und dagegen haben ihn viele Wörter im Satze gar nicht, nicht bloss wie im Grie- chischen ähnlich die ihrem Wesen nach immer unselb- ständigen sich einem vorigen Worte anhängenden , wie -^; -^ u. a., sondern auch eine Alenge kleinerer Wörter wenn sie vorangehen und jedes einfache Verbum, wenn es einem Xoraen folgt, sowie jeder Vocativ, wenn er nicht vorn steht.

Ist endlich der eine Accent doch seinem Laute nach so äusserst lebendig und farbenreich, so begreift sich auch, wie er durch gewisse Veranlassungen bis zu einer Stärke gesteigert werden kann, wo man ihn in der That Circumflex nennen könnte. Begünstigt nämlich die Rede bei einem stärkern Ausrufe, einer Drohung, einer Frage, oder auch einem Grnsse, einem Segen und in ähnlichen Fällen eine ganz besondere Färbung des auslautenden Vocals, so dass der kurze Vocal sich dehnt, der Misch- und Doppellaut (J, 6; ai, aii) in zwei Vocale auseinandertreten und mög- licherweise jeder Vocal sich wiederholen kann, so wird da der Uilätta oder (wir denken doch gewiss folgerichtig, nur bei Wiederhall des Vocals) der Starita allerdings so gesetzt, dass man ihn mit unserra Circumflex vergleichen könnte. Allein dies ist eben nur ein ganz einzelner Fall, eine Färbung der Rede, und dadurch erst des Accents; oder noch bestimmter gesagt, dies ist der Satz-, nicht der Wort -Accent. Der Verfasser handelt über diesen Fall §. 67—69.

Die Schluss- Folgerung aus alle dem wäre, dass der Accent im Sanskrit mit dem ganzen Wesen dieser Sprache, wie es auch sonst erscheint, insbesondere also mit der ihr eigenthümlichen Lebendigkeit und Bewc<ilichkeit der Laute im engen Zusammenhange steht. Desto nothwentliger wird jede künftige Bearbeitung der Sanskrit-Grammatik auf ein Gebiet sorgfältige Rücksicht nehmen müssen, welches der Verfasser nacji den etwas schwer zugänglichen QueUeo

ist aber hieraus fQr den Accent deutlich*, dass er auf dieser En- dung eines Nothwendigkeits-Adjectivs ruhen inuss, weil sie eine der schwersten und bedeutsamsten in der Sprache ist, ganz wie im Griechischen -rkoz.

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zum erstenmale aufgeschlossen hat; es ist jetzt möglieh^ einen Hauptmangel der bisher in Europa gelehrten Sanskrit- Grammatik zu ergänzen. Auch hat der Verfasser schon rüstig mit der Anwendung den Anfang gemacht, indem er den Accent, wie ihn die alten Grammatiker lehren, auf alle Paradigmen überträgt.

Ewald.

2.

The Journal of the Asiaiic Society of Bengal. Edited by

James Prinsep, F. S. Vol. VII, January-December,

1838. Calcutta, 1838. 8". Dasselbe. Edited by the acting Secretaries. Vol. VIII.

January-December, 1839. New Series. Calcutta 1838. 8". Dasselbe. Edited by the acting Secretary. Vol. IX. No.

XCVII— CIL Calcutta, 1840. 8°.

Bei der Wiederaufnahme der am £nde des vorherge- henden Bandes unterbrochenen Anzeige der obigen Zeit- schrift wird es mir möglich seyn, mich viel kürzer zu fassen, als bei der früh(.'ren, theils weil mehrere von den in diesen Bänden enihaltencn Mittheiinngen schon durch anderweitige Benutzung ihre Beurtheilung oder Bearbei- tung gefunden haben , theils auch, weil nach der Aen- dcrung, welche seit dem Ilintritte Prinsep's in der Rich- tung der Zeitschrift eingetreten, der Gegenstände, welche für die Leser dieser Zeitschrift von Interesse seyn können, in zunehmender Abnahme so wenige geworden sind, dass sie nur noch in sehr beschränkter VVeise vor unser Forum gehört. Die Leser, für welche jene Zeitschrift zunächst bestimmt ist, werden wahrscheinlich sehr damit zufrieden seyn, dass physikalische und statistische Artikel die über- hand gewonnen haben ; die Freunde der historischen und antiquaristischen Kunde des östlichen Asiens werden es aber bedauern, dass auf den lebhaften Eifer der Entdeckung

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und Erforschung historischer Denkmale so schnell nach Prinsep's Abberufung ein so plötzlicher Stillstand derartiger Regsamkeit gefolgt ist.

Aus dem von Prinsep noch besorgten Jahrgange sind noch die Beiträge zur Sprachkitnde und zur Numismatik zu erwähnen. Auf dem ersten Gebiete sind die '.vich'igsten die von Leech über die Sprachen der Völker der Länder im Westen des Indus. Ich habe diese schon oben IV, 90. bezeichnet und dort und in diesem Bande benutzt; die übrigen werden später in dieser Zeitschrift ihre Steile finden. Ich begnüge mich daher mit der Erwähnung, dass in diesem Bande noch eine kurze Grammatik des Peng äbi mit einem Wortverzeichniss und Sprach)»robeu gegebeu ist, p. 711 flgd., dann kurze Wortverzeichnisse und Phra- sensammlungen folgender Mundarten; der Barakt, p. 7i7. der Pushai, p. 731.; der Laghimnii. p. 780.; der Kashgäri, p. 782.: der Tirhai, ebend,; der Dir, p. 784.; endlich der der Aimak im Paropamisus, p. 785. Diese sind, wie sie auch genannt werden, Mongolen, wie jeder sich leicht aus den Wörtcru überzeugen kann, die hier aufgeführt sind. Im nächsten Baude steht p. 1. von ihm (der aber jetzt Leac'H getauft wird), noch: A grammar of the Pashtoo, or Afghänee langnage, die auch in einem besondern Ab- drucke vertheilt worden ist; auch hier sind ein kurzes W^ortverzeichniss und Sprachproben beigegeben. Es sind vielfache Abweichungen in dieser sehr kurzen Grammatik von den früheren Mittheilungen über diese Sprache, unter welchen die von Ewald aus literarischen Quellen ge- schöpfte allein genügende Sicherheit hat. Leech hat wohl eine besondere Mundart vor Augen gehabt. Eine andere Ergänzung unserer Kenntniss dieser Sprachen ist oben S. 337. besprochen worden. Sonst ist nur weniges zur Kenntniss Asiatischer Sprachen. Zu der Vergleicluing der Indochinesischen Sprachen, von welcher schon oben, Ztschft. III, 175., die Rede war, hat Hr. W. Morton einige Be- merkungen hinzugefügt, welche zeigen, dass die Aehnlich- keit der Assamesischen Sprache mit der Bengalischen noch vollständiger ist, als dort angegeben ward; er bemerkt mit Recht, dass es eine grosse und zwecklose Verw irrung her- beiführen würde, wenn man für alle diese accentreichen Sprachen Lateinische Buchstaben mit Abzeichen anwenden wollte. Zu derselben Vergleichung fügt Hr. Williams, p. 707. die entsprechenden Chinesischen und Japanischen Wörter , die Tübetischen sind von Hrn. Ksoma Körüsi beigegeben.

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Zur Münzkunde liefert dieser Jahrgang einige sehr wichtige Beiträge von J. Prinsep. Ich kann mich auch hier über das meiste kurz fassen, weil die hier beschrie- benen neuen Griechisch - Baktrisclien und Indoskythischen Münzen sich jetzt auch in Wilson's Ariana finden und Hr. Raoul- Rochette eben im Begriffe ist, seine Beschrei- bung dieses Gebiets der N^umisniatik durch alles neuerdings hinzugekommene zu vervollstäfidigen. Auch sind wir in der Kenntniss des Alphabets etwas weiter gekommen, als Prinsep; doch nicht viel und wäre es ihm beschieden ge- wesen, seinen Scharfsinn länger diesem Gegenstande zu widmen, wären wir ohne Zweifel jetzt weiter. Er hat in dem Aufsatze p. 636.: Additions to Bactrian Numismatics, and discovery of the Bactrian alphahet, zuerst sein berich- tigtes Alphabet der 31ünzschrift und die richtige Erklärung der einheimischen Legenden veröffentlicht; es ist dieses eine seiner schönsten Entdeckungen und sein Werk, er hat ohne Hülfe oder Andeutungen von andern das Richtige gefunden. Ref. muss ihm namentlich nachrühmen, dass er mit einem Wurfe weiter gekommen ist, al^ Ref. selbst. Die später hinzugekommenen Berichtigungen des Alphabets, welche ich für sr-cher halte, habe ich anderswo (IV, 377. fgd.) angegeben. Prinsep bezieht sich in seinem Alphabete auch auf die Inschriften der Topen, und seine Angaben sind bei den Bemühungen, diese zu lesen, sehr zu beachten. Er halte, wie er es hier ankündigt (p. 646.), auch die Absicht, sich an diesen zu versuchen. Durch das freundliche Zu- trauen seines Bruders, Hrn. H. T. Pki.nsep, besitze ich einige seiner Entzifferungen dieser Inschriften; es sind darin sehr beachtungswerihe Vermuthnngen , obwohl sie noch keine Sicherheit gewähren. Kr hat richtig erkannt, dass die Sprache Prakrit ist. Ueber eine Klasse der in diesem Aufsatze beschriebenen 3Iünzen ist es noch nicht gelungen, zu grösserer Aufklärinig zu gelangen, Ich meine die merkwürdigen und sehr häuliijen Kadphises-.^lünzen, auf denen der König in vollständiger Tartarischer Tracht erscheint, zugleich aber als eifriger Verehrer des Gottes Civa sich zu erkennen giebt. Sie sind anderswo schon hinreichend beschrieben '). Die Griechische Legende ist entweder [iy/Cfy/HYC OOHMO K^UOICHC oder liACl- AEYC BAClAEiiN MHf'AC OOHMO hAJfDlCHC oder BACIAEYC HAClAEilN CiirUP OOHMO KAJOICUC).

1) Wilson's Ariana, p. 347. flp:.

2) Die leUte auf den Kupferinünxen. WiLsnx hat in der letzten Lebende OOMHIV, und so scheint auf einigen Exemplaren zu stehen. Es kann aber auch so nur Fehler seyn.

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Die einheimische Legende kommt auch in kürzerer und längerer Fassung vor, doch meistens in der letzten Weise und entspricht daim der dritten der (Griechischen.

Prinsep hat, p. 646. nach \'ergleichung sehr vieler Exemplare diese Legende dargestellt.

Es finden sich in der längeren einheimischen Legende zwei Wörter mehr als in der Griechischen. Prinsep las: mahäräg asa rtig udhiräg asa sabatra k a ihu k a mahihnrasa dhima Makadphifasa nanJata, und erklärte: "des grossen Königs, de» Königs der Könige, des hier und überall die Erde besitzenden, Makadphises, des Erretters.« Er schlägt noch anderes vor, welches jedoch nicht sicherer ist. Wich- tiger ist seine Bemerkung, dass einige Jlünzeu vor Kad- phises vavahima darzubieten scheinen, Avelches dem Grie- chischen OOHJIO entsprechen möchte. Hr. Wilson be- raevkt mit Recht CAn'ana, p. 258. p. 354 356.), dass nach Prinsep's eigenem Alphabe anders gelesen werden müsse,

etwa : sabatrapha ihatara mahihasa dahitma, und dass

keine dieser Lesarten einen genügenden Sinn gebe; er erklärt sich zugleich der \'errauthung nicht abgeneigt , dass die vier Sylbeu vor Kadphises das Griechische OOHMO darstellen. Diese Vermnthung, welche K. O. Müller gehört, möchte ich für sicher halten; denn in der einheimischen Legende steht überall ma vor dem Namen des Kadphises, vor diesem in einigen deutlich Ä/, oder nach ^4r. pl. XXL no. 17. bei Wilson he. Für 00- müssen in der einheimischen Schrift entweder auch zwei Vocale stehen oder Consonanten, welche dem Griechischen Alphabet fehlen, also, da j und h in der Arianischen Schrift uns bekannt sind und nicht hier stehen, r. Die Abbildungen stimmen nicht und ich weiss nicht, ob urahima oder tavahima zu lesen. Die Verglei- chnng mit den \amen Kmola Kadphises (Ztschft. IV", 397.) macht es klar, dass die Herrscherlamilic Kadphises in zwei Zweige zerfiel, Ooemo und Kozola. Durch diese Erklärung hebt sich der Einwurf des Hrn. C L. Grotefend iDie 3tänzen u. s. w. , S. 90.). Mit den zwei dem Ooemo vorhergehenden Woltern, denen nichts im Griechischen entspricht , weiss ich nichts anzufangen , noch ist es mir sicher , dass im Xamen des Königs (^Kaphsifasa) phs für z/(D richtig gelesen wird. In Beziehung auf das letzte Wort scheint es mir eine unumgängliche Annahme, dass darin das Indische Wort für gv)zt:o gesucht werden müsse. Das Haiiptbedenken ist, dass die Genitiv-Endung sa fehlt; diese scheint aber , so weit sich aus Abbildungen darüber urtheileu lässt, von der Gatä oder dem hohen Haarzopfe

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des Civa, der bis an den Rand reicht, verdeckt worden zu seyn, wie auf der Münze, Arinrta, X, no. 5. auch noch das ma des folgenden mahurdg asa fehlt. Die Orthographie dhädurasa für tuturasa oder tudurasa findet sich auch sonst, wie auf Münzen des Gondaphares, As. J. of B. V'II, 644. Ariana, p. 343.

Die auch in dieser Zeilschrift (IV, 188. III, 1610 be- sprochenen ÄJünzen der Satrapen - Könige von Suräshtra, deren Legenden p. 347. richtiger gelesen und zusammen- gestellt worden sind, liaben Prinscp die Veranlassung zu einer anderen schönen Entdeckung gegeben, zu der der alten Zahlzeichen. Diese kommen auch auf andern alten Münzen von Guzerat vor (p. 3">0.)j wie in mehrern alten Inschriften. Eine Tafel stellt die Formen der Zahlzeichen bei verschiedenen Indischen Völkern zusammen. Bei den ältesten sind ein paar Bestimmungen noch zweifelhaft. Eine andere Gattung von Münzen werden im Aufsatze p. 414. flgd. beschrieben und abgebildet. Erst zwei Mu- hammedanische, eine Persische des Husain Shah, geschlagen zu Isfahan 1694., und eine Indische des Shahab eddin Mu- hammed, des Stifters der Dynastie der Goriden in Indien, aus Ghazna 1199. Interessanter ist die Beschreibung von drei Sassaniden-Münzen, die mit zwei früher in 3Ianikjäla gefundenen ganz gleich sind, p. 418. Sie sind ihrem Typus nach ganz Sassanidisch , haben aber ausser den Pelilvi- Legenden auch Sanskritische. Sie stellen den Kopf eines Königs und auf der Reverse, wie es scheint, den eines göttlichen Wesens mit eigenthümlicher Kopfbedeckung dar. Prinsep hat von den fünf Exemplaren die Legende zusam- mengestellt; die Indische las er: f/* Hitivira Ahfina k'a paramefiara (7/* Vähitigun devag'anifa. Er bemerkt, dass die Sylbe nach dem zweiten p/t unsicher ist , in der Tliat ist die Gestalt in allen Exemplaren verschieden und man körnite auch Phä, Kd, Hu oder Ghd lesen; ein bei Herrn Wilson abgebildetes Exemplar scheint kd zu haben. Prinsep vergleicht die Titel der Sassaniden in ihren In- schriften , erklärt airdna mit Iranisch und bezieht derag anifa, gotierzeugt, auf die Benennung: Abkömmlinge der (»ötter, welche diese Könige sich geben; er erhebt diese Erklärung zur Gewissheit durch die Erwähnung, dass in der Inschrift des Samndragupta {As. J. of H. VI, 979.) dena pntra (nicht daivap.) Sohn der Gölter als Titel des Sassanidenkönigs gebraucht wird. Hr. Wilson liest zum Theil abweichend, Ariana, p. 401. Mit einer \'erbesserung, die ich Herrn Alexander Cünningham verdanke, lese ich; (>i Hitivira

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Airärla k'a Pärade^tara ^ri Vdhitigdna d^vag anita; ist aber wie gesagt unsicher und die Sylbe enthält wohl g, aber etwas anderes als d, der Name ist mir auch ganz unerklärlich. Es fehlt überall das regelmässige Zeichen des Nominativs. Die Erklärung Priusep's von Hitivira durch hridirira, tapfer im Herzen, ist unzulässig wegen des kurzen i in r/ra; nach der Stellung des k'a raüsste es ein Name oder ein Titel seyn. Pdrada ist ein bekannter Sanskrit-Völkername, der sonst die Farthcr bedeuten muss, hier aber wie Paruta in der Keilschrift , Pourttta in Zend für ein besonderes Bergvolk des östlichen Persiens zu stehen scheint. Der Name der Parther in der Keilschrift ist verschieden. Ptolemaios nennt die Bewohner der süd- lichen Paropamisaden-Iiänder /7ßo//;rßf '). Nach diesen Bemerkungen möchte ich auf folgende Weise erklären; »der Hitivira und Iranische Pärada - Beherrscher. Vätigäna (?) der gottgebohrene.u Einige andere solche Sassaniden- Münzen mit doppelten Legenden und Indischen Namen sind von Herrn Wilson beschrieben, Arian. p. 399.

Diese Müi:zen haben ein grösseres Interesse gewonnen, seitdem es Hrn. Professor J. Olshausen in Kiel gelungen ist, ihre Pehlvi-Legenden zu lesen. Auf der Reverse hat er haft haftdd^ sieben und siebenzig, und Khurdsdn Merwd gelesep, dem letzten Worte geht ein noch nicht erkanntes vorlrer^). Es ist die hier gemeinte Aera noch nicht zu bestimmen , der Sitz der Herrschaft , unter welcher diese Münzen geschlagen wurden, war also Merw in Khorasan. Hier wurde nun sicher kein Sanskrit gesprochen, noch De- vanagari im gewöhnlichen Leben gebraucht; wozu also die Indischen Legenden? Es müssen diese Sassanidcn auch Indischredende Völker beherrscht haben; wir wissen, dass solche in Kabuüstan einst weit verbreitet waren und bis zur Zeit Mahmüd's von Ghazna sich erhalten hatten, zum Theil es noch sind. Der Name des Königs ist jedenfalls nicht Indisch. Der Indischen Schrift nach fallen diese Münzen in die Zeit der letzten Sassaniden. Es wäre noch manches über die ganze Gattung dieser Münzen zu sagen, ich darf aber diese Bemerkungen nicht zu weit ausdehnen, und füge nur noch die hinzu, dass ausser den Pehivi- und

1) BuBNocF, Yapwrt, I, Not. p. C. Die Altpers. Keilinschriften, S. 99. Ptolem. VI, 18.

2) Die Pehlewi-Legenden auf den Münzen der letzten Sassaniden, u. s. w. zum erstenmale gelesen und erklärt voo Dr. Jrsxci Olshausen. Kopenhageo. 184.3.

V. 29

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Devanagari-Legenden einige und 25war auch die oben be- schriebene noch eine dritte Art von Charakteren darbieten, deren Kenntniss uns noch ganz abgeht.

Kurz vor seinem Abgange aus Indien hatte Prinsep's rastlose Thätigkeit sich einer anderen auch bis dahin kaum beachteten Gattung von AJünzen zugewendet, denen nämiich, welche Arianische und alte Devanagnri-Legendcn verbinden. Er hatte eine Tafel (p. 1047. pl. XXXII.) solcher Münzen besorgt, konnte aber selbst nicht den Commentar dazu liefern. Es sind ihrer zwei Abtheilungen; die erste nannte er Buddhistische Satrapen-Münzen, ich habe diese schon besonders bei einer früheren Gelegenheit behandelt (IV, 201.); die zweite (No. 1 10.), die er Indo-Baktrisch nannte, hatte er in dem Briefe, in welchem er mir die Tafel zusandte, auch richtiger gelesen, als nachher gescheben ist.

No. 2 10 haben dieselbe Reverse, sie sind jetzt auch in Prof. Wilson's Ariana p. 415. beschrieben. Es ist ein Kaitja oder kleines Buddhistisches Heihgthum, von einem Sonnenschirm bedeckt; rechts davon ein in vier kleinere zerlegtes Viereck, aus dem ein Baum mit dreifacher Ast- verzweigung hervorragt, also ein Indischer Feigenbaum, ich halte das Viereck für das heilige Gehegte, in welchem der Baum gepflanzt war, oder ist es eine Terrasse, wie sie in Ceylon für diese Bäume errichtet wurden? Untftr dem Kaitja ist ein Monogram oder richtiger wohl ein Sylnbol, mit der Gestalt beinahe eines allen Devanagari gh^ links davon zwei, von welchen das obere ein svastika ist, d. h. ein mystisches Zeichen für einen heiligen Lehrer. Die Münze bei Wilson pl. XV, No. 23. ist am schönsten er- halten und am deutlichsten abgebildet. Mit dieser Reverse stimmen Prinsop'« Münzen 2 10. genau, ausgenommen No. 6. wo der Baum über dem Kaitja steht, und aus einem neunfach geviereckten Räume sich erhebt, die zwei Sym- bole dem Kaitja rechts stehen, links aber ein Rad, über welchem ein Symbol; und No. 7. wo der Baum fehlt und die zwei Symbole dem Kaitja rechts stehen. Die Reverse trägt die Arianische Legende.

Die Obverse stellt eine gehörnte Gazelle dar, vor welcher rechts eine Figur aufrecht steht, nach Wilson eine weibliche; über dem Rücken des Thiers ist ein Symbol. Nur No. 6. scheint ein anderes Thier zu haben, die Her- ausgober dos As. J. nennen es einen Stier, was aber sehr unsicher ist; das Thier ist auch hier links gewendet, nicht rechts und die stehende Figur scheint ganz zu fehlen; was vor dem Thierc steht, ist ganz undeutlich. Es ist diese

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Münze ganz ohne Legende^ also eine ganz eigenthümliche. Die Ob Versen haben sonst Legenden sehr aller Indischer Schrift. Diese Münzen sind theils in Kupfer, theils iu Silber, und stammen aus dem Peng'ab und dem Duab. Prinsep las die Altindische Legende: mahärug asa tilg nah KunandasM amughabhiUisa, die Arianische, die nirgends ganz erhalten ist:' mahärag asa amäghabhalisa. Hr. Wilson die erste: mahuräg asa RanakanaJasa ainög/iabAalasa, das zweite ^doch als zweifelhaft bezeichnet. Hr. Alex. Cüx- MNGiiAM, wie Prinsep, jedoch amögluibhütisa. Da auf diesen Münzen die Vocalzcicheu so leicht unsichtbar wer- den^ dürfen wir wohl überall amoghabhütisa annehmen, ein passender Name oder Beiname eines frommen Buddhisti- schen Königs, ''dessen Seyn nicht eitel ist.« Gegen rag nah, jT^-.y welches allerdings auf Xo. 7. und 4. ziemlich deut- hch erscheint, erhebt sich der Einwurf, dass es nach ;/ia- häräg asa überflüssig ist ; Kun andasa oder Kunädasa, wie es mir zu lesen scheint, hat gegen sich, dass kn eine üble Bedeutung hat: schlecht. Es werden besser erhaltene Ex- emplare abgewartet werden müssen, um zur Sicherheit zu gelangen. No. \. ist eine verschiedene Münze: eine stehende, wie es scheint, behelmte Gestalt, mit einer kurzen Lanze in der ausgestreckten Rechten; erloschene Legende. Reverse: Reiter auf einem Elephanten mit Spuren von mahuräg asa und einem zweiten Worte in Arianischer Schrift. Die Tafel XL. giebt endlich alte Hindumünzea von Guanpur, die XLL von Ug'gajini; von den letzten tragen zwei die Inschrift Ug eninä Q-nä unsicher), die andern sind ohne Legenden; die ersten haben Altindische Legen- den, aus denen einige Namen noch zu lesen sind. Da wir aber noch gar nicht wissen, wo wir diese hinstellen sollen^ will ich es hier mit dieser kurzen Erwähnung be- wenden lassen.

Achter Jahrgang und die erate VL&ltte des neunten.

Die drei jetzt anzuzeigenden Bände bieten noch mehrere werthvolle Beiträge dar zur Erweiterung unserer Indischen Kenntnisse und die Herausgeber haben grosse Ansprüche auf unsern Dank für ihr eifriges Bestreben, das Journal im Sinne ihres Vorgängers fortzuführen. Es ist, wenn man die wissenschaftlichen Bestrebungen in Indien gerecht beurtheilen will, nothwendig, stets im Auge zu halten, wie

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verschieden in Indien die Bedingung^eri sind, unter welchen man sich rein wissenschaftlichen Arbeiten widmen kann, von denen, die in Europa, oder genauer auf dem Festlande Europa's im Allgemeinen gelten. Hier ist die Wissenschaft gewöhnlich ein Amt, nur wenige Begünstigte yjnncn sich aus freier Neigung der Wissenschaft widmen, diellithedigung des Staats ist in den meisten Fällen eine unumgängliche Bedingung der Erhaltung und Förderung wissenschaftlicher Anstalten und Leistungen. England ist in dieser Beziehung ganz verschieden; was die Regierung thut, ist eintropfen im Meere, verglichen mit dem, was Gesellschaften leisten, die von Privatleuten gestiftet und unterhalten werden. Es hat beinahe jede Wissenschaft ihre Gesellschaft, ihre Samm- lungen und Denkschriften. Die Vorzüge und Nachtheile jedes dieser Systeme gegen einander abzuwägen, wäre hier zu weitläufig, ich bemerke nur, dass das Englische System in solcher Ausdehnung nur in einem so constituirten Lande wie England gedeihen kann, namentlich nur in einem, in welchem ebenso viele unabhängige Existenzen sind. Wenn nun aber dieses System auf Indien übertragen wird, so tritt ein anderes und weniger günstiges Verhältniss ein. Die Engländer in Indien haben ihre öffentlichen Aemter, denen sie obliegen müssen, sie kommen gewöhnlich sehr jung hin und werden gleich mit amtlichen Arbeiten be- schäftigt, das Klima begünstigt nicht ununterbrochene, an- gestrengte Beschäftigung. Was daher dennoch freiwillig und aus Liebe zur Wissenschaft geschieht, darf um so mehr auf unsern Dank und unsere Anerkennung Anspruch machen; Männer, die wie Sir William Jones und Cole- BRooKE zugleich hohe und wichtige Aemter zu verwalten hatten und doch so grosses für die Wissenschaft gethan haben^ verdienen eine grössere Bewunderung, als wenn sie in unabhängigen \'erhältnisse:i in England gelebt hätten. Bei den aufgezählten Hemmnissen, welche der Hingebung an wissenschaftliche Bestrebungen in Indien entgegenste- hen, Klima, Berufsarbeiten, frühe Ilineinziehung in rein praktische Beschäftigungen, Mangel an vollständiger wissen- schaftlicher Vorbereitung, ist allerdings nicht zu verkennen^ dass eine Gefahr da sey, es könne ein Nachlassen des Ei- fers eintreten, es ist am Ende ni« mand da, der verpflichtet sey, ein übriges über sein Amt hinaus für die Wis- senschaft zu thnn, es findet sich nicht immer jemand, welcher seine Umgebung mit Eifer für die Wissenschaft zu elektrisiren versteht. Es stellt sich daher klar das Bc- dürfniss heraus, dass von oben herab es Jemanden zum

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Amte gemacht werde, sich um die Wissenscliaft zu be- kümmern, mit andern Worten, dass etwas von dem Systeme des Europäischen Festlandes in Indien eingeführt werde. Diese Bemerkungen sind durch mehrere Berichte der vor- liegenden Bände über die Angelegenheiten der Asiatischen Gesellschaft von Benaralen hervoroforufen. AVir sehen aus eiuem Schreiben des Hofes der Directoren an den General- Gouverneur (VIII, 958.). dass der Gesellschaft auf ihr Gesuch 300 llupien monatlich zugestanden worden sind, um für ihre naturhistorischen Sammlungen gehörige Sorge tragen zu können, und einen Custos dafür mit zu besolden; für andere Zwecke werden Unterstützungen in Aussicht gestellt, wenn das Bedürfuiss sie erfordert. Dieses ist sehr dankenswerth, macht es aber von zufalligen Umständen abhängig, ob die Gesellschaft gerade im rechten Moment die nöthigen Mittel habe. Man könnte, scheint es, auch wohl einen Sekretär für das philologische und antiquarische Fach anstellen, der Gesellschaft eine massige Summe be- willigen, um Nachforschungen nach Denkmalen und ihre Sammlung zu fördern, dann um die regelmässige Bekannt- machung ihrer Verhandlungen zu sichern. Man würde dann stets einen geeigneten Mann in Indien haben , um die In- teressen der Alterthurasforschung wahrzunehmen imd es der Gesellschaft möglich machen, ihre gelehrten Arbeiten der Welt schneller vorzulegen.

Für die Geographie Indiens ist der wichtigste Beitrag der Bericht Lieut. J/. Kittue's über verschiedene Reisen ia das innere noch so unbekannte Waldland zwischen Ben- galen, Orissa und dem Mahänada, VIII, 137. 367. 474. 606. 671. Es sind dieses Gegenden, welche in der Geschichte Indiens höchst unbedeutend erscheinen , für die Zukunft des Landes aber wichtig; sind, da sie sehr anbaufahior und noch sehr menschenarm sind. Sehr ausführliche statistische Nachrichten über jetzige Zustände enthält: Report on the setllement ofthe ceded portion of Azimgurh, hy J. Thomason, Esq. VIII, p. 77— 13G. Das Gebiet liegt zwischen Aude, Gorakhpur und Benares. Der March between Mhoic and Saugor, 1838. VIII, 805., dessen Fortsetzung auch die Aufschrift: On the Huli in Malica. By Khan Ali, IX, 311. trägt, rührt gewiss von keinem Orientalen, sondern von einem Herrn ConoUy her. Der brauchbarste Theil ist die Beschreibung des grossen Indischen Festes Huli {Hdläkä)^ doch würde sie nur gewonnen haben , wenn sie einfach gehalten worden und weniger reich an sehr digressiveu, aber nicht immer triftigen Bemerkungen wäre.

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Die übrigen geographischen Artikel beziehen sich auf die Gränzländer Indiens, lieber das kleine Land im Westen der Indus -Mündung, Las (oder früher Lus) erhalten wir umständlichere und kürzere Berichte: Account of a Journey to Beylah, and Memoir on the Province of Lns. By Lieut. Carloss, J. N. VIII, 184. Some accottnt of a Journey from Kurrachee to Hinglaj, in the Iais territory^ descriptive of the intermediate country , and of the port of Soumeanee (I. Sonm.). By Captain Hart, IX, 135. wozu eine Karte der Route, IX, 615. endlich eine Notiz über die Kupfergruben bei Bela, von Cptain De la Hoste. IX, 30. Das kleine un- bedeutende Land besass vor kurzem eine vergrösserte Wichtigkeit, weil* von seinem Hafen Sunmiäni eine grosse Strasse nach Kelat und von da nach Kandahar und Kabul geht. Das Heiligthum bei Hinglag' im W. von Las, ein Tempel der Mätä (Mutter) oder Mahämäja, wird viel be- sucht von Hindupilgern. Das interessante oberste Catadrü- thal oder Kanaivar wurde auf Veranlassung der Asiatischen Gesellschaft aufs neue besucht, vorzüglich behufs einer genauem Untersuchung der Geologie und der fossilen Ue- berresle dieses höchsten Himälaja's. In dem Journal of a trip through Kunaivar, Hungrung , and Spili, undertnken in the year 1838, etc. By Thomas Hutton, Lieut. VIII, p. 901. IX, 489. 555. wird unsere Bekanntschaft mit diesem Hochlande nicht nur in geologischer und naturgcschichtliclicr, sondern auch noch in politischer und socialer Kichtung er- weitert und vervollständigt. Dem Gebiet der neuern Geo- graphie fällt auch der Artikel : A Collection of facts which tnay he tiseful for the comprehension of Alexander the GreaVs exploits on the Western banks of the Indus {nith map^. By A. Court, VIII, 304. zu, denn was der Verfasser, bekanntlich bis vor kurzem General bei dem Räg'a der Sikh, ü r Alexanders Märsche eigenthümliches vorträgt, entbehrt der vollständigen Kenntniss der Alten und der genauen Abwägung ihrer Berichte, die in Europa ihnen zu Theil geworden sind; wir logen ihm diesen Mangel jedoch keineswegs zur Last, eine weitläufige Bibliothek alter Classiker kann man im Feldlager nicht mit sich herumführen. Seine Nachrichten umfassen das Gebiet zwischen dem Indus, Kabul, Khonar und llinduknsch, die Karte ausserdem das Land bis Kandahar, doch giebt sie nur für jenes Ge- biet eigentlich neues. Dieses östliche Kabulistan im Norden des Flusses Kabul ist noch nach den neuesten Ereignissen beinahe so unbekannt, wie früher , die fanatischen lusufzei wehren den Fremden den Zugang. Es ist, wie wir jetzt

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sehen, dasjenige Indische Land, in welchem die meisten antiquarischen Entdeckungen noch zu machen sind 5 die Chinesischen Buddhisten, die zwischen 400 650. nach Indien pilgerten , fanden das Land in seiner Biüthe und reich an reügiösen Denkmalen; Fahian giebt die Zahl der Klöster auf 500 an. Nach Court's Nachrichten müssen viele Werke der Baukunst, wenn auch in Huinen^ noch vorhanden seyn. Er zählt sieben Städte auf, von denen grössere Ueberreste bekannt sind, ausser kleinern in ihrer Nähe; zwölf Stellen , wo noch Stüpa sich Gudeu, dazu noch andere Denkmale. Es scheinen sich auch weitere Erläuterungen der Chinesischen Nachrichten aus Court zu ergeben; dass das Land am Suwat bei ihnen Uiljania (Ug- g'ana) und der Suwad, Suastus der Alten, ^itbharastu heisscn, ist bekannt. Sie nennen weiter die Hauptstadt Mengholi oder Mengkieli und setzen sie nahe dem Suwad^ da dessen Quelle 250 Li N. 0. von da lag '). Ich erkenne darin Manglore oder 3Iangavar bei Court am Ostufer des oberen Flusses; im Sanskrit nach einer früheren V'ermu- thung Mangala, vielleicht noch richtiger Mangalavaia. Geht man nordostwärts von der Hauptstadt zum Indus, und an ihm aufwärts, dann über die Berge nach dem kleinen Flusse Thalilo erreicht man die alte Hauptstadt. Diese Route führt nach dem Tal -Flusse, auf dessen Südufer Ruinen der alten Stadt Gank al sind. Ich übergehe andere Nach- richten der Chinesen, die ebenfalls aus den jetzt noch er- haltenen Denkmalen und Ueberlieferungen scheinen erklärt werden zu kötinen. Da mehrere Stupa hier von den Chi- nesen dem A9Öka zugeschrieben werden, würde es beson- ders wichtig seyn, dass dieses Land genauer untersucht würde.

Wir verdanken diese Berichte der Verbreitung der Sikh- Herrschaft in das östliche Kabulistan. Aus dem Umstände, dass Afghanistan in seiner ganzen Ausdehnung mehrere Jahre von den Britischen Heeren besetzt gewesen ist^ hesse sich erwarten, dass wir jetzt mit diesem Lande aufs genaueste bekannt wären. Diese Erwartung ist aber sehr wenig in Erfüllung gegangen. Ausser der Erzählung der Kriegsbegebenheiten beschränkt sich die vermehrte und berichtigte Belehrung meistens auf die äusserliche geographische Beschreibung; einiges ist der Naturgeschichte zu Gute gekommen, zumal der Mineralogie und Geologie;

1) Zur Geschichte, etc. S. 144. Foe K. K. p. 63. p. 59. »79.

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für die Kcnntniss der socialen Zustände und der innern Politik hat der Scharfblick und die Thätigkeit Elpiiinstone's mehr geleistet, als alle die späteren Werke. Seiner um- sichtigen Thätigkeit verdanken wir noch einen der schätz- barsten Beiträge dieser Jahrgänge, das Memoir on the Climate, Soil, Prodtice and Hnsbandry of Afghanistan and the Neighhouring Conntries. By Lieut. Irwin j VIII , 745. 779. 869. 1005. IX, 33. 189. Es ist diese Denkschrift auf die Aufforderung und zum Gebrauche Elphinstone-s aus- gearbeitet worden. Da die damalige Gesandtschaft nur einen Theil des Landes besuchen konnte, hat vieles auf mündliche Berichte hin aufgestellt werden müssen; dessen ohngeachtet bleibt diese Abhandlung für solche, denen es bei der Länderkemitniss um mehr zu thun ist, als um ein Wissen der Grade, Namen und Zahlen, eine sehr werth- volle Mittheilung.

Die übrigen geographischen Artikel beziehen sich auf die östlichen Gränzländer und Hinterindien. Der erste: Extracts from the Narrative of an Expedition into the Naga territory of Assam. By E. li. Grange^ VIII, 445. enthält nur weniges vom allgemeinern Interesse; Naga oder Berg- bewohner ist allgemeiner Name für die Avildcn \VaId- bewohner eines Theiles des Berglandes zwischen Assam und Silhet; hier geht der Zug in das Gebiet zwischen den Flüssen Kapili und Dhansiri, die beide nordwärts nach dem Brahmaputra strömen. Dagegen giebt das Journal of the tnission which visited Bootan, in 1837 1838, under Cptain R. Boileau Pemberton. By W, Griffith. VIII, 205. 251. zuerst eine umfassendere, allgemeine, obwohl noch nicht vollständige Beschreibung dieses Landes, welches als östliche Fortsetzung des Himälajagebiets für die geogra- phischen und physikalischen \VMssenschaften grössere Wichtigkeit hat, als die rohe, grausame und trotz seines Buddhismus unlitterarische Bewohnerschaft für den Ethno- graphen und Historiker.

Assam, eines der am reichsten begabten, aber auch, am meisten vernachlässigten Länder der Welt zog kurze Zeit die besondere Aufmerksamkeit der Englischen Ver- waltung auf sich, weil entdeckt wurde, dass iu seinen öst- lichsten Strichen die Thecpflanzc einheimisch war. Man erforschte die Arten und die Gegenden ihres Vorkommens, man zog Chinesen herbei und wollte England mit Indischem Thee versehen, weil Krieg mit dem wahren Theclande war. Diese Anstalten werden beschrieben in: Report on the manufactiire of Tea , and on the extent and produce

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of the Ten plantations in Assam. By C A. Bruce, Super- intendent of Tea culture, VIII, p. 497. mit einer Karle der Theegegend. Dieser Bericht wird sein wissenschaft- liches Interesse behalten, obwohl die Sache selbst seit dem Frieden mit China es fiir die Handelspolitik verloren hat; je mehr Thee man den Chinesen abkauft, desto mehr Zeuge werden diese kaufen ; es wäre kein Vortheil , aus Indien Thee zu ziehen und das Unternehmen scheint später ganz aufgegeben worden zu seyn.

Von Richardson, von dem schon früher Reiseberichte über die iimeren Gegenden Hinterindiens erwähnt worden sind (Ztschfi. I, 225. III, 154..), ist hier eine neue Mitlheiiung dieser Art gegeben: Journal of a Mission from the Su- preine Government to the Court of Siam, VIII, 1016. IX, 1. 2 49. Dieser Bericht hat schon dadurch einen Vorzug vor den früheren, dass er iu seiner ausfüiirjicheren Fassung mit- geiheilt ist; er beschreibt ausserdem noch unbesuchte Theile Siams. Die Reise geht von Maulmien an der Küste über die grosse Scheidekette ZN^schcn der Westküste und dem Siamesischen Stromsysteme bei den drei Pagoden, dann den grossen Kamburifluss hinunter zur gleichnamigen Stadt, ^vo die Sisaval einmündet, dann nach Bankok. Von der Rückreise, die von da gerade nordwärts bis Zimrae ging, ist nur der Anfang in diesem Bande gegeben. Eine grosse Karte ist beigefügt. Von dem ebenfalls schon erwähnten Deutschen Naturforscher J. W. Helfer (oben I\', 498.), ist die Fortsetzung seiner Berichte über Tenasserim mitge- tiieilt: Third report on Tenasserim, VIII, 97^1 Fourth re- port, IX. 155. Sie beschäftigen sich vorzugsweise mit den Bewohnern und ihren Zuständen, dann mit der günstigen Lage und der Tauglichkeit dieses Landes, tropische Cul- turen jeder Art in sich aufzunehmen ; im südlichsten Theile gedeihen Mangustine und Muskaten, die bekanntlich ein eigeuthüraliches, höchst mildes Klima erfordern. Der erste dieser Berichte enthält viele beachtungswerthe Angaben zum tieferen Verständniss des eigenthümlichen Characters, der alle sogenannten lliuterindische Völker durchdringt. Das von der X'atur höchst begünstigte Land Tenasserim war vor wenigen Jahren noch so unbekanut, dass die Britten es nur im Frieden mit den Barmaneu behielten^ weil sie es diesen nicht zurückgeben wollten. Man kennt und schätzt es jetzt allerdings besser als früher , doch ist das innere noch zum Theil so unbekannt, dass die Gränze gegen Slam nicht anders bestimmt ist, als durch die hohe Scheide- kette, deren Richtuug verschieden dargestellt wirdj der FIhss Pakshan^ die Südgränze . mündet um einen Grad

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weiter nach Süden, als man wusste. Eine berichtigte Karte des südlichen Tenasserira findet sich bei der: Note on the Map attached to the report of the Coal Committee , etc. Bf/ Capt. Macleod, IX, 582. Die Frage, die hier vorzüg- lich besprochen, aber nicht entschieden wird, ist eine in geographischer und commerzieller Beziehung wichtige. Das schmale Land, welches die Halbinsel Malacca mit dem Körper Hinterindiens verbindet, verengt sich noch mehr zwischen dem 12ten und 9ten, namentlich zwischen dem lOten und 9ten Grade n. B. und Älalacca wird beinahe, was es seiner Natur und Stellung ohnehin im wesentlichen ist, zu einer wirkUchcn Insel. Man nennt diese Land- enge Kräh. Es kommt hinzu, dass die meisten Flüsse dieser Küste zwar kurz sind, aber breite schiffbare 3Iün- dungen haben; es ist Thatsache, dass man durch Benu- tzuna: der Flussschiffart, wo diese von beiden Küsten her ins Innere in derselben geographischen Breite besteht, die Reise zu Land auf die weniger Tage beschränken kann, an einer Stelle sogar auf zwei. 'Einige Berichte behaupten, es wäre an einer Stelle eine Lücke der grossen Meridian- kette im Innern , nach andern ist dieses aber sehr zweifel- haft. Durch eine bequeme Queerstrasse dieser Art würde man die weite und beschwerliche Schiffarth durch die Ma- lacca-Strasse um die Halbinsel herum sich ersparen und eine grosse Erleichterung des Verkehrs zwischen den West- und Ost-Küsten Hinterindiens gew^innen. lieber die rechte Stelle des kürzesten und bequemsten Durchganges sind noch Zweifel; genaue Bestimmungen der Lage der Oertcr im Innern und sogar an einem Theile der Ostküste fehlen, lieber die eine Verbindungsstrasse sind später genauere Untersuchungen durch Richardson angestellt worden. Nach einem Auszuge aus seinem Berichte {^Augshurger Allg. Zeitg., 1844. No. 237.) segelte er 20 Engl. M. den für grosse Schiffe fahrbaren Kraw-Fluss von der Mündung hinauf, dann 8 M. in einem Boote bis zum Siamesischen Dorfe Kraw; von da bis nach K impohun (Kampun) an der Ostküste an der Mündung des gleichnamigen Flusses sind auf dem Landwege 27 Engl. M. Der Kampunfluss ist ebenfalls schiffbar, wie weit wird nicht gesagt. Die Gränze ist bei dieser Gelegenheit zwischen Siam und Te- nasserim festgesetzt worden, es fehlen die Angaben darüber. Das Gränzland ist sehr fruchtbar und namentlich reich an Zinn. Wenn der Krawfluss, wie es anzunehmen nöthig scheint, der Pakshan ist, müsste die bisherige Unsicherheit über die Lage der Landengo Kraw aufhören.

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Die Beiträge zur Sprachenkunde beziehen sich mit Ausnahme der schon erwähnten Mittheiluu;» über das Af- ghanische auf die Sprachen der ursprünglichen Bewohner des Himalaja in Nepal und Sikim und des vorliegenden Landes. Diese Völker waren uns zwar früher durch Kirk" patrick und Francis Hamillon bekannt geworden, wir er- halten hier aber über einige unter ihnen genauere Xach- richtcn, über andere ganz neue, und namentlich neue Bei- träge zur Kenntniss ihrer Sprachen in folgenden Artikeln: Note OH the Mechis^ taget her icith a small rocabulary of the Language. By A. Campbell, Esq. \'III, 623. Note on the Lepchas of Sikkim. By A. C. IX, 379. und ebend.59'% Note on the Litnboos, aitd other Hill Tribes hitherto un,- described, von demselben. Diese Völker gehören^ wie ich anderswo zu zeigen gesucht habe^ meistens zu dem Tu- betischen Volke^ dessen Hanptsitze im liöchsten Himalaja und auf dem jenseitigen Hochlande sind, jedoch finden sich auch Stämme von ihm in den unteren Theilen dieses Himalaja; die Bewohner Butans gehören auch zu ihneo. Das Brahmanenthum hat jüngere und beschränktere Ein- flüsse auf sie ausgeübt, als der Buddhismus; es ist bei einigen noch viel ursprüngliches erhalten. Die Xiclitindischea Bewohner des niedrigen Vorlandes der Gebirge und der Ebene, wie die Mek'h, haben eine nähere Beziehung zu den Hinterindisehen Völkern, sie haben sich viel nachgie- biger gegen die Einwirkung der Indischen Cultur gezeigt und in dem östlichsten Indien sind viele von ihnen jetzt als Hindu der unteren Kasten in den Staatsverband ein- getreten. Ich will hiemit nur auf das verdienstliche von Mittheilungen, wie die obigen, hindeuten ; da ich schon bei einer andern Gelegenheit ausführlicher meine Ansichten über ihre Eigenthümtichkeit, ihre ethnographische Stelluno- und ihre Beziehungen zu Indien habe vortragen können ij, vermeide ich hier darauf zurückzukommen.

Zur Erweiterung der Kenntniss der Litteraturgeaehichte Asiens findet sich kaum ein Beitrag; denn der Artikel: Sisupäla Badha, or death of Sisupdla by Mdgha. Translated with annotations, by J. C. Sutherlaad, Esq. VUI, 16, enthält nur die 20 ersten Strophen des längst bekannt «»-e- machten Gedichts. Eine andere Mittheilung hat Werth, als Beispiel vom neuern Stile der Sanskrit-Poesie und von der Willkühr der neuern Secten, die alte Lehre und My-

1) Indische Alterthiimsfcunde, 1, 441. 457.

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thengeschichte zur Verherrlichung ihres Sectengotts um- zuwandehi. Ich meine: The Mahimna{1i) statu, or a Hijmn to Shiva, wilh an English Iranslation. By the Rev, Krishna Mohana Banerji. VIII, 355, Also von einem bekehrten Hindu ^ der wenigstens gut Englisch gelernt hat. Dieser Lobgesang kündigt sich an als das Werk eines auf der Erde durch ein Vergehen festgehaltenen Gandharva's; von einem himmlischen Geiste hätte man ein Recht, eine besonders schöne Poesie zu verlangen; wer etwas mit der Indischen Literatur vertraut ist, weiss schon, wie solche Einkleidungen zu nehmen sind. Das Gedicht gehört der neuern Zeit^, sein poetischer Werth ist kein grosser, das Lob des Civa dagegen sehr gross, doch ist der Stil mei- stens weniger künstlich und bombastisch, als in andern ähnlichen neuern Ergüssen. Einzelne Ausdrücke haben schwerlich ein gesichertes Bürgerrecht im Sanskrit, wie manasa für manasa oder manas und vjäkrofi, Schmähung. Von andern Literaturen kommt nur: Specimen of the Burmese Drama, translated by J. Smith.j, etc. \'in, 535. vor. Aus dem begleitenden Bericht erhellt, dass bei den Bar- manen noch Schauspiele aufgeführt werden, denn das hier übersetzte Stück ist bei seiner Aufführung niedergeschrieben worden; es soll auch noch Handschriften von Dramen geben. Die dramatische Kunst scheint bei den Barmanen ohne Zweifel aus Indien zu stammen^ das Rämäjana und andere Indische Erzählungen liefern vorzüglich den Stoff. Die Skizze des Inhalts zeigt im vorliegenden Falle , dass die Dichtung bei den Barmanen von derselben Maasslosigkeit und unmotivirten Willkühr beherrscht wird, wie bei den übrigen Hinterindischen Völkern.

Ein Indisches astronomisches Instrument wird boschrieben in Description of an Afttronomical Instrument^ presenteJ by Raja Rum Sing, of Khota, to the Government of India. By J. J. Middleton, Esq. VIII, 831. Es ist ein Instrument zur Bestimmung der Tageszeit durch Beobachtung der Sonne, nach der Inschrift erst im Jahre 1756 verfertigt, aber nach alter Vorschrift in den Castra. Es ist genau beschrieben und abgebildet. Astronomischen Inhalts, näm- lich von den verschiedenen Arten des Jahres handelnd, ist das kurze Stück aus der früher (IV, 497.) erwähnten von Hammer'schca Uebersetzung des Türkischen Werks Mohit, von welcher hier plötzHch eine Fortsetzung auftaucht^ VIII, 823.

Von Denkmalen sind nur zwei beschrieben und abge- bildet: Proposed publication of Hindu Architeclural remains,

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VIII, 384. und Note on a pillar found in the Ganges near Ptibna, and of another al Kurra near Allahabad. By Lieut. M. Kittoe. ebend. ^1. Im ersten Artikel wird ein schönes Bild der Pärvati beschrieben. Der hier angekündigte Plan scheint nicht ausgeführt worden zu sevn, was sehr zu be- dauern ist. Wenn man überlegt, wie wenige zuverlässige und mit gehöriger Kenntniss ausgeführte Messungen, Zeich- nungen und Beschreibungen von den Denkmalen der Alt- indischen Felsen -Baukunst von einigen wie von dem merkwürdigen Tempel in Ag'ajanta giebt es nur eine flüch- tige Beschreibung bisher gemacht und ans Licht ge- fördert worden sind, wie sehr diese Werke der V^erwitte- rung und den Zerstörungen , welche die \'egetation an ihnen anrichtet, fortwährend ausgesetzt sind, muss man es aufs tiefste bedauern, dass nichts geschieht, um sie durch Beschreibungen der Forschung der Gegenwart und der Nach- welt so treu und vollständig, wie es noch geschehen kanu^ zu überliefern. Es kann diesfcs von keinem Privatmanne unternommen werden, nur von der Ostindischen Regierung, es ist eine Pflicht, die sie der Welt gegenüber zu erfüllen hat, die nicht schon erfüllt zu haben , ein schwerer Tadel ist. Erfüllt sie sie nie, wird die Nachwelt eine solche Gleichgültigkeit gegen die grossen Werke der Vorwelt, eine solche Knauserei nie begreifen können. Wie kläglich er- scheint sie in dieser Beziehung im Vergleiche mit der Französischen, welche uns das alte Aegypten, nachher Morea, daim Persepolis von befähigten Männern hat unter- suchen und in grossen Prachtwerken der Welt darstellen lassen. Sogar das kleine Toscana beschämt sie.

Was zur JMiin%kunde in diesen Bänden beigetragen worden ist^ lässt sich kurz behandeln. Es sind folgende Artikel: Account of Coins found at Bameean. By Captain Hay, IX, 68. Notice of some counterfeit Bactrian coins. Von Alexander Cunningham, ebend. 393. Notes on Captain Hay's Bactrian coins, von demsc\hen, ebend. 531. Ich fasse zusammen was hierüber zu sagen ist. Das südliche Afgha- nistan hat sehr geringe Ausbeute geliefert; das Land im Westen Kandahar's bis Seg'istän ist ebenfalls sehr arm an Griechischen Münzen , und nur an Münzen des Azes, des Gondophares und der ihnen verwandten Herrscher ist es reich (IX, 97.). Die hier sehr ungenügend abgebildeten Münzen sind alle sonst beschrieben, nur eine finde ich sonst nicht erwähnt; es ist eine des Lysias, welche die Büste des Königs darstellt mit der Reverse der Dioskuren-Haube und Palmzweige, wie sie auf Eukratides und Antialkidcs

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Münzen erscheinen. Die Legende ist die gewöhnliche. Von Hrn. Alexander Cuniilngham, dem einzigen, der nach Prinsep's Abgange die numismatischen Studien in Indien mit Eifer, Kenntniss und Erfolg weiter verfolgt hat, wird die Nach\veisung gegeben, dass seitdem die Baktrischen Münzen dort so gesucht und so gut bezahlt werden, schon mehrere Beispiele von nachgemachten vorgekommen sind. Zwei^ VIII, 343. ungenügend beschriebene Farthische Mün- zen sind nach seiner Angabe schon oben IV, S. 206. ge- nauer beschrieben worden. Gemmen, die um Kandahar gefunden worden sind, werden beschrieben in: Note of discoveries of Gems from Kandahar. By Lieut. Conolly, IX, 97. Sie sind verschiedener Art^ die Deutung noch unsicher.

Einen solchen Reichthum an merkwürdigen und wich- tigen Inschriften, Avie ihn der siebente Band darbot, wird man nicht hoffen dürfen^ so leicht wieder beisammen zu finden. Doch ist dieser Reichthum keineswegs erschöpft, wir wissen von manchen Orten^ dass an ihnen viele noch uncopirte Inschriften sich vorfinden, eine besonders danach angestellte Nachforschung \vürde auch an andern Orten ihrer entdecken, der Wunsch der Machthaber würde viele Mittheilungen von Einheimischen hervorrufen. Die drei vorliegenden Bände enthalten noch mehrere schätzbare In- schriften, die ersten Nachfolger Prinsep's haben noch mit seinem Eifer fortgewirkt. Ich gfche sie einzeln durch.

Sanscrit Inscription on the Slab remoted from above the Kothoutija gate of the Fort Rotas. By the Editors. VIII, 693. Sie gehört einem Räg'puten- Fürsten, Vira Mitra-Sena, aus dem Geschlechte Tömara , welches sich von den Pandava ableitet, es werden zehn Vorfahren des Fürsten aufgezählt. Er hatte Rotas, welches hier mit dem alten Namen Röhittlfva benannt wird, erobert, neu erbaut, dort Tempel dem ^iva und der Durga errichtet, auch in Kä^i (Benares) eine Wohnung einem ausgezeichneten Brah- manen erbaut» Die Inschrift ist in Versen in dem gewöhn- lichen, übertrieben lobenden Stile, von dem Poeten Civa Döva. Sie ist datirt Samvat J688 oder 1631. Die Ueber- setzung der Herausgeber ist bis auf einige Kleinigkeiten richtig. Sie nehmen an, dass die Eroberung der Feste Rotas, die hier gepriesen wird, nicht wahr sey, weil der Herrscher, dem Vira Mitra sie genommen zu haben sich rühmt, Sher Khan (im Text SPr Shdn, er für r^ geschrieben) genannt wird und der berühmte Beherrscher Indiens dieses Namens schon 1540 starb. Diese liüge wäre aber doch

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gar za frech den Zeitgenossen gegenüber gewesen; dazu wird Geläl eddin Shkh oder Akbar dist. 12. als Zeitgenosse des Vira.Mitra erwätmt und die Inschrift fällt in das vierte Jahr des Shäh G ihan. Die Eroberung der ;Feste ist aber früher geschehen als die Vollendung der Bauwerke und kann mit Sicherheit in die Regierung G ihangir's ( 16()5 1627) gesetzt werden. Shcr Khan jvird nicht als Kaiser bezeichnet, es muss also ein anderer seyn. Ich halte ihn für den Sher Afghan Khkn, an den die Nur Mahäl zuerst verheirathel war und Avelcher von Akbar ein Cagir in Bengalen erhielt. Er wurde auf Gihängir's Betrieb 1610 ermordet. Ich weiss freiUch nicht, ob Rotas zu seiner Statthalterschaft gehörte.

Notice of a Grant engrar ed on Copper, fotind at Kumbhi in the Saugor Territory. By the Editors. VIII. 491. Dieses ist die^Urkunde über die Schenkung eines Dorfes an einen Brahmancn von dem Kronprinzen Ag aja Sinha Deta. Dieser war der Sohn des Königs Vig aja oder G aja Sinha Deva, dessen ältester Bruder S'ara Sinha hiess. der Vater Gaja Karn'a. Es ist auch ein Geschlecht von Rag'puten, das Ktdak'uri genannt und von Kärfavirja. einem der Bha- rata, abgeleitet wird^ also ein Mondgeschlecht. Die Ur- kunde ist datirt Samvat 932 oder 875 nach Chr. G. Sie ist hier im Original und in einer Uebersetzung mitgethcilt, im Allgemeinen richtig, doch bleiben einige Lesarten, nament- lich Eigennamen, zweifelhaft, für welche ein Facsimile zu wünschen gewesen; dieses gilt besonders von der Auf- zählung der grossen Hofbeamten mit ihren Titeln, die zum Theil mit denen übereinstimmen, welche vom Lalitäditja iu Kashmir eingeführt wurden. Ich muss mich jedoch hier auf wenige Bemerkuu^n über die Avichtigsten Beziehungen der Inschrift beschränken.

Es -kommen zuerst zwei unerwartete fremde Völker- namen vor, die Hiina und Turushka. Der Grossvater Gaja Karna heirathete, heisst es, Availä, «die wie die Glücksgöttin aus dem Meere der Nachfolger der Hün'a gebohren ward*).« Also eine Königin aus einem fremden Geschlecht? Welche Huunen? denn die weissen Hunnen herrschen jetzt längst nicht mehr am Indus. Lebten noch Nachfolger von ihnen dort? Schwerlich. Ich möchte ver- muthen , die Richtigkeit der Lesart voraussfesetzt dass Hun a, wie sie sonst in Erwähnungen von fremden

1) Die LaxBu kam bei der Qairlung des Weltozeaos zum Verscfaeia.

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Völkern mitlaufen, nur unbestimmter Name für Innerasia- tische Völker sey. Es könnten vielleicht Türken gemeint seyn. Doch findet sich auch in einer anderen Inschrift aus dem Dckhan, Cäka 894. (972.), die Erwähimiig von Schlachten mit den Ilün a 0- Die Türken sind gewiss mit Ttirushka bezeichnet. Es heisst bei Gaja Sinha's Thron- besteigung habe "dej" König von Gug gara sein Reich ver- lassen, wie der Turushka^ andere seyen aus Furcht zum Ufer des Ozeans geflohen.« Die Prahlerei^ welche diesen Inschriften eigen ist^ berechtigt uns nicht, dieses wörtlich zu verstehen, es geht aber daraus hervor, dass die Turushka an den Westgränzen Indiens damals Macht besassen. In einer verstümmelten Sanskrit -Inschrift aus Hund bei Attok am Indus ist die Rede von dem Siege über «he ndrikta Turushka, jjdie mächtigen Turushka.« Der Schrift nach gehört sie etwa dem achten Jahrhundert {As. J. of R. VI, 876.). In der Geschichte Kashmirs wer- den sie um das Jahr 700 erwähnt. Der Chinesische Rei- sende Iliuan Thsang findet die ßaktrischen Länder im Besitze der Thoukieni oder Türken, am weitesten südwärts in Hupiän auf der Südseite des Hindukush. Sie scheinen sich nach seiner Zeit weiter nach dem Indus verbreitet zu haben. Es müssen dieses die Turushka seyn, das Wort bedeutet demnach in den angegebenen Stellen Türke.

Das Rag'puten- Geschlecht, zu welchem Gajasinha gehörte, wird Kulak tiri genannt, es ist den Herausgebern entgangen, dass dieses eine nicht unbedeutende Rollo in der Geschichte des Dekhans gespielt hat. Es ist nicht zu bezweifeln, dass es dasselbe ist, welches in andern In- schriften Kaluk'uri heisst. Es soll, obwohl dieses kaum richtig gelesen seyn kann, auch Kaiabhuri genannt werden. (Hindu Inscriptions, hy Walter Ellioi , in J. of the R. As. Soc. Vol. IV^, p. 19.). Die Herrscher waren ursprünglich

'^

\) J. of the R. A. S. m, 108, Die Worte sind Hünäviparan'eshv- akampitamatih, wiedergegeben: „Der beständige BescliüCzer der Uuuavi-Fürstcn (der Könij;e von Hün'adeya)," welches durch Hu- nawnr oder An«tre (an der Malabarkiiste) erklärt wird. Dieses ist offenbar unrichtig; auch wäre zu übersetzen : „(der Könifr), dessen Geist furchtlos in den .Schiachten mit den Huii'a war." Das zweite Wort ävii;a ist aber falsch we^eu des Metrums, Hiin'(rvi{-a, Herr der H. erfordert eine unerhörte Form lliin'äri. Das eingeklammerte Hün'ade{'a lässt vermutheu, dass auch so gelesen werden könne. Aber auch dieses stellt das .Metrum nicht her. Illin'i'idhi(,^a, „in den Schlachten mit dem Oberherrn der Hön'a" ist^ die metrisch richtige, ob auch die waliru Lesart, kann ich nicht entscheiden.

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Vasallen oder ManäaU^tara 4es grossen Karnät'a-Reichs und zwar iu der Provinz Kaljän'a. Einer von ihnen^ Vig ala, erhob sich wider seinen Oberherrn, vertrieb ihn im Jahre 1162. und nahm nachher die höchsten königlichen Titel an (a. a. 0. p. 10.). Dasselbe niuss nach unserer Inschrift Gaja Sinha früher gethan haben, da er auch die könig- lichen Titel sich beilegte. In dem hier benutzten Berichte über das Karuäta-Reich findetsich nichts zur Bestätigung oder Widerlegung. Der Name Gaja Siuha kommt auch sonst in diesen Dynastien vor. S. J. of the R. A. S, V, 346. III, 271. Die Kulak'uri leiteten sich ab vom alten Mond- geschlechte, als besonderer Stammvater galt der epische König Kartsvirja, Beherrscher der Haihaja (Inschr. 6.) i)* Er soll in Mahishmati an der Xarmada geherrscht haben, in dieser Gegend waren wohl die ältesten Besitzungen des Geschlechts. Das Dorfj welches geschenkt wird, rauss nach der Inschrift an der Narmada gelegen haben. Die Titel des Gaja Siuha erfordern noch einige Bemerkungen, weil sie nicht ganz richtig wiedergegeben sind und einige grosse Schwierigkeiten noch darbieten. Der Ausdruck ^ri VthnaJeva-pudunudhjäta, welches «der höchste der Ver- ehrer des Civa (Väma)" übersetzt wird^ rauss ganz etwas anders bedeuten. Cri bezeichnet, dass hier ein Königs- name zu suchen sey, pädänudhjäta bedeutet nicht Verehrer, sondern Sohn. Es kommt hinzu^ dass der königliche Titel vor Väraadeva wiederholt wird. Man vergleiche die ganz gleiche Fassung der Inschrift des G ajavarma bei Cohhrooke^ Ess. II, 309. Nun steht aber deutlich iu der Inschrift vom Vater des Gaja Sinha: dessen (des Jacaskarraan) Sohn war der hochgewaltige, als Gajäkarn a berühmte u. s. w. Dieses "Wort bedeutet das Ohr Gajä's, der bekannten Stadt in Bihär, und kann kein Ehrentitel seyn, sondern ist der ei- gentliche Xarae. Was auch immer die Veranlassung zu dieser Benennung gewesen seyn mag^ wir können nicht umhin,

1) Es ist merkwürdig, dass in der Inschrift eine Abweichung von der Puranischeo Ueberlieferung über die Könige der Sage vorkommt. Es steht nämlich richtig zuerst Purüravas, dann aber Bharata, „in dessen Geschlecht Kärtavirja am meisten herTorstrahlie."^ Es gilt Kärtavirja als Nachkömuiling des Haihaja, eines Sohnes des Jadu (^W'üsun's Vishiiu f. p. 417.3, Bharata stammt aber ab von einem andern Sohne des Jadu, nämlich Püru und ist später der Reihe der Geschlechter nach. Es ist wahrscheinlich Bharata ein- geschoben^ um die bei Wilson a. a. O. erwähnten Bharata abzuleiten. Elliot giebt nicht die ersten Stammväter an, sondern beginnt erst mit einem Sankarasu.

V. 30

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eines von zweien zu Verraulhen. Entweder sind Gajäkarna und Vämadeva für gleich zu halten; es lässt sich dafür an- führen, dass in der Reihe der Kälukja-Könige von Karnätä auch Doppelnamen vorkommen. Oder pädunudhjuta könnte auch designirter Nachfolger^ nicht blos Sohn bezeichnen. Dieses wäre aber erst zu erweisen. Die übrigen Titel des Königs G'ajasinha machen Ansprüche auf ein sehr grosses Reich, sie lauten: ^sdes Sohnes von seiner Majestät, dem Oberkönige der Erdenbeherrscher, dem höchsten Herr- scher Vämadeva, Seiner Majestät, des Oberkönigs der Grosskönige, des höchsten Herrschers, des höchsten Grosß- herrn, des Oberherrn über Trikalinga, des Öberherrn über die drei durch seinen Arm eroberten Reiche des A9vapati, des Gag'apati und des Narapati, des glückUchen Herrn Vig'aja Sinha Deva, des siegreichen ^).«

Ich bemerke zuerst, däss dem Vämadeva ein stolzerer Beiname gegeben wird, Oberkönig der Mahi^akra, der Er- denbehcrrscher^ als dem Sohne, der nur Oberkönig der mahuräg'a heisst; das letztere Wort gilt wenig mehr als das einfache König. Paraina-mähefvara ist ein sonst unge- wöhnlicher Titel; er ist hier tautologisch; mähefvara kann nur Adjectiv von mahefvara, grosser Herrscher, seyn, also der höchste grosshenlichc. Kann dieses der höchste der grossen Vasallen bedeuten? Dieses war nach der oben angeführten Angabe die gevvöhnliche Stellung der Kulak'uri. Ich vermuthe, weil Mahümand alefvara im Reiche Karn ata Titel der Grossvasallen war, dass hier parama Mand ale^- vara zu lesen sey. Der Name Trikalinga kommt, so viel ich weiss, sonst nicht vor; Trilinga für das Gebiet Telingana ist bekannt, kann aber nicht dasselbe seyn, da kalinga stets die Küste bezeichnet. Gab es eine Einthei- lUng dieser Küste in drei Gebiete? Mit dem folgenden Titel macht Vig'aja Sinha grosse Ansprüche. Die Benen- nungen Gag'apati, Elephantenherr, Afvapafi, Pferdeherr, Narapatif Männerherr, mit der hier fehlenden vierten K/ia- trapatij Sonnenschirmherr, gründen sich auf die der alten

J) Die OrigSualworte sind: sa k'a parama bhat't'araka tnahi^a^ kradhirag'a paramP^vara Qri Vama DPva padanudhjäta pct' ramabhat' t'äraka mahar(ig'adhirtig'a paramrfrara parama- mkhegvara TrikalingAdhipati ing'ahhi/g'öpArg'itHfvapati pag'a- patinarapati-r-Xg'jatrajAdhipati {"rimnd Vig'aja Sinha Ih'va pater vig'ajinah u. s. w. Ich habe nXtf'ja statt raj/a geschrie- bea^ wie es wegen upHrg'ita notliwendjg ist.

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epischen Ueberlieferan» unbekannte Vorstellung, dass in dem grossen alten Indischen Reiche vier Grossvasallen waren, nach ihren hohen Erb-Aemtern benannt; bei der Auflösung jenes Reichs machten sie sich unabhängig und bildeten eigene Reiche: der Gag'apati in Orissa, der Na- rapati in Dekhan, der A9vapati im Mahrattenlande, der K'hatrapati in G'ajapur in Rag'putana {Stirling, Orissa, io As. Res. XV, 225. 254. Fr. Bitchanan, Alysore, III, 471.). - Die Buddhisten haben auch diese Eintheilung Indiens an- genommen, wenden sie jedoch auf andere Weise an (Xote zu Foekoueki j p. 82.). Es macht Vig'aja Siuha also Ansprüche auf eine sehr ausgedehnte Herrschaft im Dekhan, es ist wahrscheinlich viel Uebertreibung dabei. Es kann diese Macht der Kulak uri auch nur vorüberge- hend gewesen seyn, da das Reich der Kalukja später noch bestand.

Bei der zunächst zu erwähnenden Inschrift: Notice of an Inscription ort a Slab, discorered in Fehruary , 1838, hy Cpt. T. S. Burt, in Bitndelkhund, near Chhatarpur. By the Editors. VIII, 159. kann ich mich kürzer fassen. Der Ort, woher die Inschrift stammt, heisst Khag'rao, S. O. von Khatarpur nahe bei Rag agarhi am rechten Ufer des Kena- flusses, wo noch viele Ueberreste alten Glanzes sind, be- sonders schöne Tempel und ausgezeichnete Bildwerke. Die Inschrift verherrlicht die Errichtung eines Tempels und Bildes des Civa von dem Könige Banga, 1019 Samvat oder 962 nach Chr. G. Sie ist in Versen, die zwar im spätem künstlichen Stile sind , jedoch besser als in den meisten Inschriften. Der Text und eine Uebersetzung von J. C. C. Sutherlaiid sind mitgetheilt; diese ist im Allgemeinen richtig, der Text nicht ganz fehlerfrei gedruckt. Das Geschlecht des Königs ist ebenfalls ein mondgebohrencs, sechs Vor- fahren werden aufgezählt, es ist noch nicht anderswoher bekannt. Die Herausgeber machen darauf aufmerksam^ dass die Inschrift Samvat 1173. oder 1016. vom Könige GajavarmaDeva erneuert worden ist und dass dieser viel- leicht der in der Inschrift As. Res. XII^ p. 357. erwähnte ist, obwohl dieser andere Vorfahren als Banga hat, jedoch auch nicht in der Inschrift des Banga als S'achfolger von diesem erwähnt wird. Es war also ein Thronwechsel ein- getreten. Ich hebe für die Sprache dieses hervor, dass der Sohn des Mondes iltandra), der Enkel des Atri, also der Planet Budha oder Mercur, hier mit dem sonst (mir wenigstens) unbekannten Namen K' undrdtreja benannt wird. Einen andern als Budha hier anzunehmen, verbietet di«

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allgemeine tJebere'instimmung der TJeberlleferung. Noch auffallender ist es, dass sein Sohn, der erste menschliche König, der sonst stets Purüravas heisst, hier Väjvarjaman genannt wird. Eine wichtige Ergänzung der Geschichte Guzerats , oder genauer des Theiles der Küste , welchen die Alten Larike, die Inder Lata (^Lura) nannten, enthält die Inschrift in dem Artikel: Accounl of Tamba Patra Plates dug iip at Baroda, with Fascimile and Translation. VIII, 292. Es ist die Landschenkung eines Königs Karka aus dem Jahr ^äka 734. oder 812. Er gehörte einer be- sonderen Dynastie, die ein neues Reich hier gründete, sechs Vorfahren werden aufgezählt. Gurg'ara erscheint hier als besonderer Staat, ausserdem \Verden die Könige von Mä- lava und Gaud'a (Bengalen) erwähnt. Diese Dynastie muss Nachfolgerin der Balhära's seyn, wenigstens in einem Theile des Landes. Es ist eine der am einfachsten geschriebenen und daher zuverlässigsten Inschriften. Die Uebersetzung ist \on einem Inder Saroda Parshad K akravarti und im Ganzen richtig, sowohl im gedruckten Texte als in der Uebersetzung sind einige Stellen jedoch zu berichtigen. Wenn man alle Inschriften aus diesem Lande zusammen- stellt, kann man jetzt eine ziemlich vollständige Uebersicht der Geschichte desselben gewinnen; dieses kann hier nicht meine Absicht seyn.

Uebcr die übrigen Inschriften ist wenig zu sagen. Ja Notices of Inscriptions in Behar , communicated by Mr. Ravenshaw. By the Editors, VIII, 347. sind Nachrichten von Sanskrit- und Persischen Inschriften; die letzteren sind raitgctheilt; von den ersteren waren die Abschriften so ungenügend, dass die Entzifferung der grösseren nicht gelingen wollte; eirie kleinere ist früher abgeschrieben und von Colehrooke {Trans, of the H. A. S. I, 201.) übersetzt. Andere kleine sind Aufschriften auf Buddha-Bildern, welche, so wie überhaiipt Ueberresto des Alterthums, in Süd-Bihar, namentlich bei Gaja häutig gefunden werden. Zwei grös- sere sind auf einer Säule und der Schrift nach bedeutend alt; eine dritte auf einem Stein befindlich ist in der A^öka- Schrift. Ein Facsimile einer der ersten ist mitgetheilt IX, 65. mit einem Entzifferungs- unti Erklärungs-Versuche der zwei Pandit Kamala Kdnta Vidjälanka und Harrimbu-' näth; ich bezweifele, dass viel richtiges darin scy. Dass es sehr nützlich und erleichternd ist, bei Arbeiten über Sanskrit -Texte sich der Flülfe der Pandit zu bedienen, leuchtet von selbst ein; wie sehr aber auch es Noth thut, befähigt zu seyn, eine strenge Coutrole gegen sie auszu-

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üben^ zeigt ein merkwürdiges Beispiel io dem letzten Jahr- gange. Mau braucht niciit absichtliche Täuschung voa ihrer Seite anzunehmen, es ist Unfähigkeit, sich einen Be- griff von dem zu bilden, was Kritik heisst. Wer gute Sanskrit -Handschriften untersucht hat, wird wissen, dass wo der Gegenstand ihnen bekannt ist, kenntuissvolie und sorgfältige Indische Gelehrte sehr richtig Fehler zu emeQ- diren verstehen ; bei Inschriften sind sie rathlos und können nicht begreifen, dass für uns nicht ein wilikührlich zurecht gemachter Text, sondern nur das thatsächlich vorhandene einen Werlh hat. Das erwähnte Beispiel findet sich in: Notice of an inscription from Oodeypore tiear Sagur, IX, 545. James Prinsep kannte schon die Inschrift und hob aus ihr hervor, dass sie das Jahr des Vikramäditja 1116. und das des ^älivähana 981 dem 446sten der besonderen Aera des Udajäditja gleich setzte, diese also im Jahre 613, anfange. Sagur liegt N. W. von der Quelle des Sonar. Der erste der vorhin genannten Pandit hat diese Inschrift gelesen, fand sie aber so fehlerhaft in Beziehung auf Grammatik und Ausdruck^ dass er darauf bestand, seinen Text und seine Uebersetzung nicht drucken lassen zu wollen, wenn nicht seine Emendationcn zugleich beigedruckt würden. Dieses ist nun geschehen und man kann hierin dem Pandit nur Recht geben. Denn aus dem was er gelesen hat, würde auch der scharfsinnige Gane^a keinen Sinn herausfinden. Dass er aber glaubte, ein so gewaltsam und wilikührlich zurecht gemachter Text könne irgend einen Werth als historische Urkunde haben, ist für uns ganz unbegreiflich, zur Charakterisirung der Vorstellungen eines Indischen Gelehrten über historische Wahrheit und die Grundsätze historischer Kritik höchst belehrend. Es werden nicht nur Worte umgestellt, Casus verändert u. s. w. sondern aus einer Reihe sinnloser Sylben mit beliebiger Aenderuug ein ganzer Satz gemacht. Ein Beispiel möge genügen; ich setze das gelesene über das emendirte:

T. nripati k a ribitdha mulavam rugjam kritvä

E. nripatir-atibiidho dhännikö mälavefo rägjam kritvä

T. ridutä (Lücke) süravira bhavati

E. pradätä svaparabalajutah furariro babhiiva^

T. shalamidait pupindtn bhüsharahd \ tebhjah putrah u. S. W.

E' ausgelassen | tasja putrah u. s. w.

Auf diese Art ist es leicht Geschichte zu machen. Ich will natürlich nicht versuchen einen so verdorbeuen

470

Text wiederherzustellen, nur bemerken, dass der Namß der Inschrift snravira, Sonnenheld, viel besser als der neue füravira oder Heldheld ist, und dass wer aus den vorhande- nen Elementen seine Hülfsmittel der Emendation sucht, tajöli putrah gelesen und daraus geschlossen haben würde, dass im vorhergehenden auch der Name der Mutter vorkommt. In den Vorbemerkungen wird aus der Verdorbenheit des Textes geschlossen, dass wegen der verworrenen Zustände des Landes die Kenntniss des Sanskrits ganz in Verfall gerathen sey. Man wird sich vergebens nach einem ähn- lichen Beispiele in irgend einer richtig gelesenen Inschrift umsehen und da es heisst, dass die Inschrift gut erhalten ist, muss es an der Ungenauigkeit und Unfähigkeit des Pandits gelegen haben, dass so wenig zuverlässiges zum Vorschein gekommen ist.

Zuletzt ist einer wichtigen Entdeckung zu gedenken, einer neuen Inschrift des Aföka: Inscription fotind near Bhabra, three marches from Jeypore on thc road to Delhi, By Capt. Burt. IX, 616. Diese ist von den frühern ver- füchieden. Da ich hoffe, meine Untersuchungen über alle A^oka-Inschriften in einem der nächsten Bände der Zeitschrift mittheilen zu können, genüge hier diese kurze Erwähnung.

C. L.

3.

Die Götter Syriens. Mit Rücksichtnahme der neuesten For- schungen im Gebiete der biblischen Archäologie von F. Nork. Stuttg. J. F. Cjist. 1842. 8. pp. VIII, 41 und 198.

Diese Zeitschrift pflegt sich zwar nicht damit zu be- fassen, ephemere I'roducte des Bucbhundels zur Anzeige zu bringen; doch kann immerhin auf den ausdrücklichen Wunsch der Verlagshandlung mit obigem Buche eine Aus- nahme gemacht werden.

Dasselbe zerfällt zwei leicht zu unterscheidende Thcile. Der eine gehört Hrn. F. Nork au. Die Manipr

471

dieses Schriftstellers ist bereits an mehr als einem Orte ganz hinläno:lich charakterisirt worden, und er hat sich so unverbesserlich gezeigt , dass es völlig überflüssig wäre, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Vor der AVissen- schaft ist er gerichtet und fallt fortan bloss der Poh^ei anheim.

Der Polizei" nämlich ist der andere Theil des Buchs verfallen. Dieser andere Theil ist nicht von Hrn. Xork, sondern zu ihm hat er einen Mitarbeiter gehabt, allerdings einen sehr unfreiwilligen. An Movers Werk über die Re- ligion der Phönicier hat sich diesmal die edle Industrie versucht, welche fremdes Eigenthura, in dessen Besitz sie sich gesetzt, zu zerfetzen und zu zerschneiden und dann in neuer Zusammensetzung und einigermassen unkenntlich gemacht auf den Trödelmarkt zu bringen liebt. Durch die erste Hälfte des Buches ziehen sich nämlich grosse Frag- mente des Movers'schen Werkes , leicht kenntlich an der klassischen Gelehrsamkeit, durch welche sie sich von den sehr magern und ungelehrteu Gaben des Verfassers unter- scheiden, theils in den Text verwebt, theils die Grundlage desselben bildend und gelegentlich mit den Zusätzen des Verfassers ausgestattet. Zur Bestätigung dieses Urtheils werden folgende Belege ausreichen: Der Artikel Baal Aleon S. 75. 76. steht wörtlich bei Movers S. 25S 60, ohne dass dessen die geringste Erwähnung geschähe. Der Artikel Thammuz ist folgendermassen zusammengeleimt: S. 80= Mov. 200; 81 = M. 201. 205. 206: 82 = M. 209; 83 = M. 243; 84 = M. 201. 202; 85 = M. 245. 246; 86 = M. 246. 247; 87 = M. 343. 203; 88 = M. 235. Der ursprüngliche Verfasser ist bloss vorher gelegentlich S. 70 in der Note erwähnt, um seine Etymologie des Namens anzuführen und S. 87. innerhalb eines Zusatzes aus Hrn. Norks eigner Feder gelegentlich citirt. Der Artikel Aschera ist von S. 102—115 aus M. 560 583, von S. 115—122 aus M. 678—688 copirt. Dadurch dass Hr. Nork S. 102 schon mitten in dem ausgeschriebenen Stück einmal die Worte : »sagt Movers, dessen Beweisführung hier w'Örtlich wieder gegeben wird« einschiebt und S. 115 den zweideutigen Ausdruck gebraucht: «auch hier folgen wir den Andeu- tungen Movers« (denselben Sinn hat auch wohl die nRück- sichtnahme der neuesten Forschungen« auf dem Titel, welchem Judendeutsch Salze wie der sehr ergötzliche auf S. 13: "Bei sei ein Dialect von Baal und beide nur La- bialdialecte für All, der Allah der Araber« >\ürdig zur Seite stehn), hält er sich für berechtigt, sogleich zwanzig

472

Seiten seines Buchs wörtlich aus Movers herüberzunehmen, wörtlich sa^e ich, denn solche unwesentliche Veränderungen wie z. B. S. 114.

Movers S. 581.

Um hier andere Analogien beizubringen, erinnere ich an den wahrsagenden Lor- beerbaum in Delphi u. s. w.

oder um hier andere Analo- gien beizubringen, der wahr- sagende Lorbeerbaum in Del- phi u. s. w.

sind nicht in Anschlag zu bringen. Durch ähnliche Cita- tionen eingeleitet finden sich Stücke des Movers'schen Buches S. 38—40. (M. 329—31.:) ; 62. 63. (M. 423J; 67-69. (M. 431—34.); 89—90. (M. 197. 198.); ohne irgend eine Erwähnung 91—93. (M. 590. 91.); 96. (M. 593.); 34. not. CM. 304.3; 57. 58. (M. 668.); 77. CM. 68.). Die völlige Unselbständigkeit und Unwissenheit zeigt sich durch die nachgeschriebenen Druckfehler z. B. S. 66. »die etruskische Form Hercole auf einer Patera bei Creuzer Symb. Bilder- heft T. 67, (vielmehr 57.). Zu wissen, dass die etrus- kische Form Hercle sei und so (eigentlich Herkle) auf dem angeführten Bilde steht, ist freilich von Hrn. Nork nicht zu verlangen. Die eigenen Verzierungen, mit denen er das fremde Gut zu versehen pflegt, sind regelmässig unbeschreiblich unsinnige Etymologien (terminus kommt z. B. noch S. 56. von dem '»koptischen Artikel t" und dem he- bräischen cÄercm [Bann], wozu denn erst ein »Termesu als Gott der Gränzen erfunden werden muss), unpassende Vergleichungen unverstandener Indischer und Persischer Dinge, missrathene Beziehungen auf den Thierkreis und drgl., und namentlich phallische Andeulungen; denn die Phantasie des Hrn. Nork ist so verdorben, dass er in Allem, was ihm vor Augen kommt, einen Phallus sieht.

Indess kein Buch ist so schlecht, dass sich nicht etwas aus ihm lernen liesse. Aus vorliegendem kann man allerlei neue Sanskritwörter lernen, z. B. malaka König cS, 33.), prah, hrah glänzen, leuchten, raya rex (3.), pal, hal strahlen (13.), hrahas Glanz (13.), pag facio (20), thak (inster sein (26.), kanna W^eib, verwandt mit yj Auge (30.), rag rasen, zerstören (33.), mnsch Finslerniss C^6.), sac decken (124.), u. drgl. mehr, das um So dankbarer anzuerkennen ist, als diese Wörter in den Lexicis, wie auch in den Schriftdenkmälern des Sanskrit nicht vorkommen, und wir ohne Hrn. Norks gütige Mitlhciluug ihre Kcnulniss gänzlich entbehrt hätten.

Zu Ehren der Verlagshandlung muss noch erwähnt werden, dass dieses Buch noch einmal unter einem andern

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Titel ausgegeben ist. Es befindet sich nämlich ganz , wie es hier ist, in des Verfassers iu demselben Jahr erschie- nener biblischer Mythologie, nur dass, charakteristisch genug für diese Art von Schriftstellerei, die Einleitung in den »Göttern Syriens« um eine Anzahl Seiten verkürzt ist, und zwar einfach in der AVeise, dass hie und dort einige Seilen weggelassen wurden. Auf den Titeln ist davon nichts bemerkt und es ist nur in der Vorrede der nBibl. Mytli.« kurz angezeigt. Leider werden den Schaden davon gerade die eifrigen Verehrer des Hrn. Xork zu tragen haben, die etwa seine Werke auf seinen Namen hin unbesehen anzuschaffen sich beeilen sollten.

G.

4.

The Dabistan, or school of Manners ^ translated from the original Persian, with notes and illustrationsj by DAriD Shea, of the Oriental department ^in the Honorable East India Company's College; and Asthosy TroyeRj Member of the Royal Asiatic Societies of Great Britain and Irelandj of Calcutta and Paris ^ etc. Paris 1843. 3 Vols. 8co.

Das hier aufgeführte Werk bringt uns eine anziehende und willkommene Bereicherung unserer Kenntniss des Mor- genlandes in Beziehung auf einen höchst wichtigen Gegen- stand; sein Zweck ist, die um die 3Iitte des siebzehnten Jahrhunderts in Asien bestehenden Religionen zu schildern. Der Verfasser ist ein Muhammedaner und es muss unsere Neugierde um so mehr rege werden, zu erfahren, wie ein solcher ihm so widerstrebende Religionen, wie die Christ- liche und die Indische auffassen und beurtheilen möge, je weniger es dem Islam eigen ist, sich über seinen beschränk- ten, ausschliessenden Standpunkt zu erheben.

Es ist daher nicht zu verwundern, dass ein Mann von so empfänglichem Sinne, wie Sir William Jones, der erste Europäer, dem das Dabistän bekannt wurde und zwar im Jahre 1787, eine lebhafte Freude über die Ent-

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deckung dieses Werkes bezeugte. Er drückte sich in einem Briefe so darüber aus: »Der grösste Theil würde einem wissbegierigen Leser sehr beachtungswerth seya, aber einiges kann nicht übersetzt werden. Es enthält mehr un- gewöhnliche und auserlesene Gelehrsamkeit iersagtrecondife learning^, mehr unterhaltende Erzählung, schönere Proben von Dichtkunst, mehr Freiraüthigkeit und Witz, mehr Un- anständigkeiten und Gotteslästerungen, als ich je in eit)em einzigen Buche beisammen gesehen habe.« {JVroyer's Pre- liminary Discourse p. V. oder Works of S. W. J. HI, 110.). Ich glaube zwar, dass dieses Urtheil in den meisten seiner Behauptungen zu beschränken ist, es zeigt uns aber, dass ein wohl bewanderter Keiuier das Buch für sehr wichtig hielt. Das eigentliche Motiv seiner lebhaften Theilnahme an ihm erscheint jedoch nicht in der obigen Stelle, sondern in einer seiner jährlichen Anreden an die Asiatische Ge- sellschaft, in welcher er erklärt, dass jjer eine glückliche Entdeckung gemacht habe , welche mit einem Male das Gewölk vertrieben und ein helles Licht auf die Urgeschichte Irans und des menschlichen Geschlechts geworfen habe, welches zu finden er lange verzweifelt habe, und welches aus keiner anderen Weltgegend hätte tagen können.«

Der Titel des Buchs Dabisfän al Mazähib (qLämoJ u^! üsJI) bedeutet eigentlich: Schule der Secten; die vor- gezogene Uebersetzung ist Francis Gladwix zu Liebe beibehalten worden, der das erste Capitel in das Englische übertragen hat; es ist wahrscheinlich dieses Stück das- jenige, welches 1809 ins Deutsche von Dalberg übersetzt worden ist, das Buch ist mir nicht zur Hand. Das voll- ständige Fersische Original wurde in demselben Jahre in Caicutta auf Kosten der Regierung von einem einhei- mischen Gelehrten nach Vergleichung mehrerer Handschriften herausgegeben; von diesem Drucke sind jedoch nur sehr wenig F^xemplare nach Europa gekommen und seinem In- halte nach blieb das Buch wenig bekannt und den meisten unzugänglich; sogar einem Dk Sag y war es vor 1821 nicht zu Gesicht gekommen {Journ. des Sav. 18'il, p. 18. p. 718). CoLEBHOOKE bcnutzto CS bei seiner Beschreibung einiger 3Iuhammedanischer Secten {Essays, II, 226. aus As. Res. VII.) und Levüen übersetzte ein Capitel daraus in seiner Abhandlung über die Seele der Iloshenier (As. Res. XI, 363.). Für seine vortreffliche Untersuchung über die Aechtheit des Desälir konnte Ersklne sich auch des Dabistäns be- dienen; sowie gleichzeitig Vans Kennedy für seine Dar-

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Stellung der von Akbar beabsichtigten neuen Religion (beide in Transact.of the Liter. Soc. of Bombay, II, 242,3420. Die vorliegende vollständige Uebersetzung ist durch die Gesell- schaft für Uebersetzung morgenländischer Werke in London veranlasst und auch auf ihre Kosten gedruckt worden. Der zuerst genannte Uebersetzer wurde durch seinen Tod seiner Arbeit entrissen, er hat sie nur bis Bd. H, S. 85. fortführen können; Hr. Troyer wurde darauf eingeladen, die Fort- setzung zu übernehmen und hat jetzt seine Aufgabe glück- lich gelöst. Er hatte schon früher sich mit dem Originale vertraut gemacht und bewies eben damals was eine unentbehrliche Begabung eines Uebersetzers des Dabistäu ist seine grosse Kenntniss des Sanskrits und seine aus- gedehnte Indische Gelehrsamkeit durch seine Ausgabe der Geschichte Kashmir's. Ohne dem sehr verdienstlichen ersten Uebersetzer sein verdientes Lob zu entziehen, dürfen wir glauben^ dass das Dabistäu einen viel befähigteren Be- arbeiter durch den Wechsel gefunden hat. Da mir das Original entgeht, kann icii keine Vergleichung mit der Ue- bersetzung anstellen; es ist aber kein Grund vorhanden zu bezweifeln, dass sie leistet was sie soll. Man erkennt leicht, dass sie mit Kenntniss, Gewissenhaftigkeit und Liebe gemacht ist; sie ist klar und fliesseud, einige Dunkelheiten sind bei dem oft abstrusen Inhalt unvermeidlich. Es ist eine Handschrift neben dem schon sorgfältig berichtigten _ Texte der gedruckten Ausgabe benutzt worden, die Les- arten sind im Allgemeinen sicher iPrel. Diso. p. CXCII.)- Die Uebersetzung ist reichlich mit gelehrten Erläuterungen ausgestattet, die seltenern technischen Ausdrücke im Ori- ginal beigefiigt; in den Abschnitten über die Indischen Secten war es oft schwierig, die in der Persischen Schrei- bung entstellten Sanskritwörter herzustellen , ich habe nur wenige Fälle bemerkt, wo mir etwas anders vorzuzie- hen scheint. Ein Index der Eigennamen und technischen Ausdrücke beschliesst das Ganze; eine ausführliche Ein- leitung {^Preliminary DiscoHrse, I CXCVII.) behandelt zuerst die Geschichte des Werks und was wir vom \'er- fasser wissen , giebt dann die Ansichten des Uebersetzers über das Desätir, aus welchem Werke der erste Theil des Dabistän, die Darstellung der ältesten Iranischen Religions- lehre, hauptsächlich geschöpft ist. Es folgt dann eineUe- bersicht des Inhalts des ganzen Dabistän. Im dritten Theil der Einleitung wird der Werth des Werks gewürdigt und Nachrichten von der Original- Ausgabe des Textes , der Ue- bersetzung, dem Verfahren und den Hülfsmitteln des \Je-

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bersetzers gegeben. Der Leser wird hieraus zu seiner Befriedigung ersehen , dass alles was geschehen konnte, zur Erläuterung und Brauchbarkeit dieser Uebersetzung des Dabistän von Herrn Troyer geleistet worden ist.

Der Name des Verfassers ist unbekannt. Sir William Jones glaubte, er sey Mohsan geheissen worden mit dem Beinamen Ftlni, der Verfängliche , und ein Kaschmirer. Gladwin hatte die Nachricht, er sey der Shaikh Mnhammed Mohsin gewesen, von dem auch eine Sammlung moralischer Gedichte herrühre. Erskine hat nachgewiesen (a. a. O. p. 374.), dass allerdings Mohsan Fäni aus Kaschmir, ein Sufi, Verfasser eines Diväns und Oberrichter von Allahabad unter Shäh G'ihän war, war, in seiner Biographie jedoch des Dabistäns keine Erwähnung geschehe. Vans Kennedy (ebend. 243.) schliesst auf die Verschiedenheit des Mohsan vom Verfasser des Dabistän, weil der letzte ein zu schlechter Gläubiger gewesen, um das Amt eines Richters über 3Iu- hammedaner bekleiden zu können. Doch möchte dieses nicht allein entscheiden, da die gelehrten Muhammcdaner dieser Zeit in Indien sich sehr freisinnig zeigen. Trif- tiger ist sein zweiter Grund, dass Mohsan bis 1646 sein Amt noch bekleidete, der Verfasser des Dabistän dagegen 1647 in Surat war und die vorhergehenden Jahre auf Reisen gewesen seyn muss. Die Annahme, dass dieser Mohsan Fäni geheissen, scheint in der That nur auf eine irrthümliche Auslegung einer Angabe im Anfange des Da- bistän zu beruhen, wo einige Verse mit der Bemerkung aufgeführt werden: »jMohsan Fäni sagt« (I, 3.). Diesen Versen gehen andere vorher, ein weiterer Bericht über den Verfasser, wie zu erwarten, wenn er sich selbst meinte, kommt nicht vor. Es scheint mir daher Erkine's Annahme, dass man nur aus Missverstand den angeführten Dichter zum Verfasser des Ganzen gemacht habe, begründet. Jene Worte sind durch ein Versehen im Drucke ausgelassen. Erskine hat endlich darauf hingewiesen, dass der V^erfasser des Dabistän eines Muhammed Mahsan erwähne, von dem er selbst Berichte erhalten (l)ab. I, 114.).

Ohne des Verfassers Namen zu erfahren, erhalten wir im AVerke selbst viele Nachrichten über sein Leben. Diese hat Troyer zusammengestellt p. XIV. Er muss um 1615 geboren worden seyn, sein Todesjahr ist unsicher; er lebte noch 1653. Da er des Auran<j Zeb nicht gedenkt * und ein Mann, der so tolerant in seinen religiösen An- sichten war, mussto Veranlassungen genug haben, des neu losbrechenden Fanatismus der Grossmogulischcn Herrschaft

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zu erwähnen vcrmnthe ich^ dass sein Werk in den ersten Jahren Aurang Zeb's geschrieben wurde; dieser trat die Regierung 1659 an.

Der Verfasser hat einen grossen Theil seines Lebens auf Reisen zugebracht, sey es als Kaufmann denn aus mehrern Stelleu, wie z. B. I, 126. sieht man, dass auch Kaufleute leicht von der rehgiösen Richtung der Zeit er- griffen wurden, sey es bloss aus der Xeigung, seine Kennt- nisse zu erweitern. Nach einer Stelle scheint er Persischer Herkunft gewesen zu seyn, er sagt II, 2., dass das unbe- ständige Schicksal ihn von den Ufern Pcrsiens in das Land der an die Seelenwandcrung glaubenden Götzenaiibeter ver- schlagen habe. Doch war er schon als Kind in Indien und hielt sich dort die meiste Zeit auf; wir finden ihn besonders in Kaschmir und dem Pengäb, auch in Guzerat und Patna, einmal auch in der Hauptstadt Kaiingas an der Ostküste; doch hat er 1643 noch eine Wallfahrt nach einem heiligen Grabe in Khorasaa gemacht. Ucberalk sucht er die ge- lehrtesten und hervorragendsten Männer der verschiedenen Secteu auf und lässt sich von ihnen über ilire Lehren un- terrichten. Ucber das Judenlhum wusste er nichts genü- gendes sich zu verschaffen^ bis er einen Rabbiner in Indien findet; dieser war jedoch Muhammedaner geworden und seine Belehrung ist nicht zum Besten ausgefallen (III, 293.), Etwas genauer ist er mit dem katholischen Christenthume durch seinen Verkehr mit Portugiesischen Priestern bekannt geworden (II, 305.). Seine Angaben über Indische Reh- gions-Lehreu und Gebräuche schöpft er vorzüglich aus Schriften^ doch hat er vieles durch mündliche Belehrung erfahren, hat viele Lehrer, fromme Männer und Büsser gekannt, weiss manche Geschichtchen aus ihrem Leben zu erzählen. Der Schüler eines sehr frommen und verehrten Brahmanen ist sogar sein Leiter gewesen, bis er für sich selbst sorgen konnte (11^ 145.). Ebenso vertraut ist er mit den Häuptern der Parsi-Secten CS. z. B. I, 108.). Er ist dem Sufismus sehr zugethan und als solcher setzt er sich über die bornirte Einseiligkeit des strengen Efuslims hinaus, betrachtet die Wahrheit nicht als ein ausschliess- liches Eigenthum des Islams und ist eifrig bestrebt ihr überall nachzuspüren. Dass er über den Islam selbst, seine Seelen , sowie über den Sufismus wohl unterrichtet war, versteht sich von selbst. Seine Unpartheilichkeit verdient ein unbedingtes Lob. Sein eigenes Zeugniss über seine Verfahrungsweise und die Absichten seines Buchs verdienen mitgetheilt zu werden CHI, 313.). »Der Verfasser bittet

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zuletzt zu bemerken, dass, nachdem er häufig die Zusam- menkünfte der Anhänger der fünf erwähnten Religionen (der Hindu, der Juden, der Christen, der Parsen und Mu- hammedaner) besucht hatte, ihn der Wunsch ergriff, dieses Buch zu schreiben, und was in diesem Werke über die Religionen der Länder berichtet worden ist hinsichts der Giaubenslelire der verschiedenen Secfen, ist aus dem Munde der Häupter jener Secten oder aus ihren Schriften erhalten worden. Was er ferner über Personen berichtet, die einer besonderen Secte gehören, so schrieb der Verfasser die Belehrungen auf, welche ihm von ihren Anhängern und aufrichtigen Freunden mitgetheilt wurden, auf solche Weise, dass keine Spur von Partheihchkeit oder Abneigung wahr- genommen werden möchte. Kurz, der Schreiber dieser Blätter hat kein anderes x\mt verwaltet, als das eines Ue- bersetzers.« Seine Wahrheitsliebe und Unpartheilichkeit können in der That nicht bezweifelt werden und wird auch von strengen Beifftheilern sehies WerRes, wie De Sacy und Ekskine anerkannt. Hierin und darin, dass er als unmittelbarer Augenzeuge aus einer merkwürdigen Periode der Bewegung in der Religions- Philosophie des Orients berichtet, liegt nach meinem Urtheile der grosse Werth seines Werkes. Auch enthält es vielerlei Nachrichten, die uns sonst fehlen Avürden.

Um den Werth seiner Berichte richtig zu schätzen, müssen wir suchen, uns näher mit seinen Eigenthümlich- keiten bekannt zu machen. Dass er Muhammedaner war, geht aus der Art, wie er des Korans und des Muhammed gedenkt, wie aus dem ganzen Werke hervor; er ist aber, wie gesagt, ganz frei von muslimischen Vorurtheilen. Beziehungsreicher ist der Umstand, dass er zugleich als ein Sufi betrachtet werden kann. Er sagt, soviel ich mich erinnere, dieses nicht ausdrücklich, aber es liegt in mehrern Darstellungen seines Werkes enthalten. Ich führe ein Bei- spiel an. Er bestreitet (HI, 286. flg.) die I-.ehre der meisten Aliden, dass der Fortschritt in der Vollendung keine Gränzen habe. Die Süfi, welche solches lehren, müssen auch be- haupten, dass Muhammed nicht der vollendete Prophet gewesen und es fehlt ihnen nicht an eigenen Aussprüchen desselben, um diesen Satz durch sein Zeugniss zu bekräf- tigen; so Avenn er sprach: »der, dem zwei Tage gleich sind, irrete.w Der Verfasser sagt, durch die Gnade meines Shaikh, des Lehrers der Leute Gottes, über den der Friede und die Gnade Gottes seyn möge, des Mulana Shah, fiel über mich den demüthigeu wie ein Sounenglauz und machte

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mir es klar, dass der Süfi Grade und eine Gränze der Vollendung habe; dass er, wenn er diese erreicht hat, dann auf dieser Höhe verbleibe.« Er giebt die Gründe an; jeder Zustand habe seine Vollendung, auf einer erreichten Höhe zu verbleiben sey Fortschritt, die Vervollkommnung eines forlschreitenden Zustandes vernichte den Fortschritt; er läugnet also die Behauptung eines endlosen Fortschreitens in der Vollendung. Die Worte 55zwei Taget, beziehen sich nach ihm auf die Zeit, die Stelle besage, dass die Fähig- keit eines Menschen, der sich der Betrachtung hingeben will, unzureichend sey. Diese Auslegung der Worte, fügt er hinzu, siud die meines Lehrers. Dieser wohnte in Kaschmir, wo der Verfasser sich so viel aufhielt, und da er einer der verehrtesten Lehrer des Süfismus heisst, wird es unbedenklich seyn, den Verfasser des Dabistän auch als solchen zu betrachten. Der Eiiifluss des Süfismus zeigt sich nicht nur, wie auch Hr. Troyer bemerkt, in der Weisc^ wie der V^erfasser Indische Jogi und Sannjäsi mit Der- wishen und Süfi verwechselt, sondern in seinen Deutungen Indischer Lehren und Ueberlieferungen. Seine Erklärung des Begriffs des Acatära, der Götlerverkörperung, fängt er so an (H , 25.). '^Dieses Dogma wird so von Shidosh, dem Sohne des Anosh ausgelegt; den Süfi gemäss u. s. w.« Shidosh gehört selbst der Secte der sogenannten Sipasier, die aber sehr viel von den Süfi angenommen haben. Bei einigen Erzählungen, welche aus der alten Indischen Ge- schichte seyn wollen, aber sehr von der Weise des alten Epos abweichen, wird das Joga Väsishtha als Quelle an- geführt (\l, 28. 256.). Dieses' ist die Geschichte der Er- ziehung des Räma und ein Theil einer Umgestaltung des Rämäjana im Sinne des Vedänta (nach Colebrooke's Essays, II, 102. I, SäT. Aus dem Titel könnte man eher auf Joga- Lehre schliessen.). Im Dabistän wird es auch Indrasä- hasrajoga Väsishtha, kaum richtig, genannt und ein Theil war von dem Süfi Mulla Muharamed in*s Persische über- setzt worden. Man sieht hieraus, dass der Verfasser be- sonders solche Quellen über Indische Dinge heranzog, welche unter den Süfi Geltung hatten.

Durch die Annahme des Sufisraus hat unser Bericht- erstatter zwar die Vorurtheile des Muslim ausgezogen, mit ihr aber zugleich die höchst willkührliche Art sich zu eigen gemacht, in welcher die Süfi die Ueberlieferung nach ihrem Systeme deuten. In Beziehung auf den Koran ist dieses hinreichend bekannt. Dasselbe Verfahren zeigt sich bei der Secte der Sipasier, die hier eine grosse Rolle spielen.

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Es sind dieses keine Zuthaten, die der Verfasser erdacht hat, sondern er theilt nur mit was ihm vorgelegt worden war; es herrscht aber eine Neigung bei ihm, mit Vorliebe Sufische Auffassungen und Deutungen aufzunehmen.

Ein kritisches Verfahren, wie wir es zur Bedingung machen würden, ist von ihm überhaupt nicht zu verlangen j seine unbefangene Leichtgläubigkeit geht jedoch etwas weit. Dass er die Wundergeschichten über die alten Pro- pheten der Völker im guten Glauben wiederholt, dürfen wir ihm nicht übel nehmen; allerdings aber, dass er auch Wunderthaten seiner Zeitgenossen und ihm wiederfahreuo wunderbare Begebenheiten ebenso treuherzig erzählt. Von einem Indischen Sannjäsi wird berichtet, dass er Milch aus Knochen herauszog, und andere Taschenspielereien verstand (II, 148.); ein frommer Gaina setzt Steine durch Sprüche in Bewegung (II, 215.), u.sav. Auch die Sipasier sind grosse Wunderthäter, nicht bloss die alten, sondern seine Zeitgenossen und Freunde. ''Diese erleuchteten 31änner haben, wie man berichtet, viele wunderbare und geheim- nissvolle Werke verrichtet, so z. B. haben sie in der oberen Welt die Sonnenscheibe verhüllt, sie bei Nacht und die Sterne bei Tage erscheinen lassen, in der unteren sind sie auf dem Wasser einhergegangen, haben Thiere verwandelt u. s. w.« (I, 107.). Wenn er auch meist dieses auf den Bericht anderer hin erzählt, so hat er auch selbst einen Sipasier Feuer verschlucken sehen (I, 117.) und er ist von einem Brahmanen von einer unheilbaren Krankheit in einem Augenblick geheilt worden, indem jener ein Bild des Pla- neten Mars in wohlriechendes, geweihtes Wasser tauchte und ein Gebet an das Gestirn richtete (I, 46.).

Dieses möge hier genügen^ um das Dabistän und seinen Verfasser zu charakterisiren. Er zeigt ein unermüdetes Streben, sich mit den Religions- Lehren der ihm zugäng- lichen Länder vertraut zu machen, er stellt uns wahrhaftig dar, was er erfuhr, nur ist er geneigt, das ihm mitgetheilt© im Sinne seiner eigenen Richtung aufzufassen; er ist yon muhammedanischen Vornrthoilen gariz frei, vermischt aber zu- weilen die verschiedenou Sectcn mit einander; seinem (ilauben ist nichts zu stark. Er hat eine ausgebreitete Bekanntschaft mit seiner Zeit und der in seine Bemühiuigen einschlagenden Litteratur; da wir jetzt so vieles aus der Asiatischen Litte- ratur kennen, welches zur Zeit Sir William Jones unbe- kannt war, beschränkt sich jetzt seine Kenntniss seltener Art meist auf die Bücher der Sipasier. Die Klage über Unanständigkeit ist höchst unbillig^ es sind im Ganzen,

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glaube ich, nur vier Stellen, die Hr. Troyer sich genöthigt gesehen hat, Lateinisch zu geben; die über Blasphemien begreife ich nicht; wie kann von eiuem Muhammedaner erwartet werden , dass er wie einer unserer Theologen sprechen soll? Die wichtigste Bedeutung des Buchs liegt aber darin, dass es eine treue Schilderung einer merkwür- digen Stufe des religiösen Bewusstseyns in den Persischen und Indischen Ländern darbietet, nicht sowohl in den un- teren Sphären des Leben» als in den Geistern, welche die höhere Bildung der Zeit besassen und von ihrer geistigen Richtung getrieben wurden. Die positiven Elemente des Islams, des Brahmanenglaubens und der Lehre der Zoroa- Strier sind so verflüchtigt und "^n Philosopheme aufgelöst worden, diese einapder aber so verwandt geworden, dass sie nicht sehr weit davon entfernt sind , in einander zu zerfliessen. Diese Richtung hatte schon vor der Abfassung des Dabistäns in den Bemühungen des Kaisers Akbar, eine neue Religion zu stiften, den ^'ersuch gemacht, sich im Leben zu verwirklichen. Die Bemühung starb bekanntlich mit ihm dahin , sein Sohn Gihängir stellte den Islam als Religion der Regierung wieder her. Als ein Erzengniss jener Richtung kann man aber solche neuere Indische Secten betrachten, in welchen Indische und 3Iuhamnieda- nische Elemente sich mischen.

Ich will jetzt den Inhalt des ganzen Werks kurz an- geben. Der Verfasser nimmt, wie aus der S. 478. ange- führten Stelle erhellt^ fünf Religionen an. Er fangt an mit der AltpersischsH, wahrscheinlich nicht sowohl weil er selbst Persischer Abstammung war, als weil diese nach seinem Urtheile die älteste seyn musste. Dieser Theil ist der merkwürdigste, zugleich aber der am meisten Bedenken erregende des ganzen Werks, es war dieser, der so sehr den Enthusiasmus Sir William Jones entzündete. Es wer- den die Anhänger dieser ältesten Religion mit sehr ver- schiedenen Namen benannt: Jezdanier, Abddierj.Sipiisier, Azarier, A%ar hoshang ier und andern; auch giebt es unter ihnen verschiedene Secten. Es bestand diese Secte noch zur Zeit des Verfassers und hatte viele uns sonst unbe- kannte Schriften über ihre Lehre. Das Hauptwerk ist aber das Desätir, welches eine Darstellung der ältesten Iranischen Rehgion und Geschichte zu seyn behauptet; der Bericht im Dabistän gründet sich hauptsächlich auf dieses Werk. Dieses soll eine Sammlung von Werken der verschiedenen ältesten Propheten -Könige, der Mahabäd^ seyn; es ist in einer eigenthümlichen Sprache, ^gx Asmäni

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oder himmlische^ geschrieben, von einer Persischen Ueber- setzung begleitet Das Desätir ist auch gedruckt in Bombay 1820. Die Urgeschichte, die hier vorgetragen wird, wider- spricht so schneidend allen ächten Ueberlieferungen der Aitpersischen Geschichte und ist so deutlich Indischen Vorsleilungen entnommen^ die Religion der Mahabadier ist so verschieden von allen zuverlässigen Darstellungen der Altpersischen Lehre, dass es Kritikern, wie De Sacy und William Erskine, nicht entgehen konnte, dass das Desätir ein Buch ohne alle Auctorität sey. Hr. Troyer sucht im Gegentheil diese zu retten. Ich muss es sehr bedauern, bin aber der Wahrheit d^s Zeugniss schuldig zu sagen, dass mir diese Rechtfertigung nicht genügt. Ich halte es sogar für thunlich , bei den Fortschritten , welche unsere Kenntniss Altpersischer Sprachen und Litteratur jüngst ge- macht haben, jetzt noch bestimmter und schärfer die lErgeb- nisse der früheren Kritik zu begründen. Da dieses aber nicht ohne genaues Eingehen auf alle hier einschlagende Fragen geschehen kann, behalte ich mir vor, dem Gegen- staude eme besondere Abhandlung zu widmen.

Erst mit dem vierzehnten Abschnitte des ersten Ka- pitels gelangen wir zum Zoroaster. Wir erhalten hier die modernen Legenden über ihn, über seine Zeitgenossen und die Könige der Vorzeit. Das Zardusht^ Nämeh wird als Quelle angeführt fl, 214.), wie die Beschreibung der Visionen des ArdiU Viruf (283.); das erste ist 1276. ge- schrieben. Auch die Geschichte kommt vor, dass der In- dische Weise Cf angranffhuk'a von Zoroaster bekehrt worden (I, 276.), so wie nachher auch Vjüsa (282.). Wenn der erste, wie es nicht unwahrscheinlich vermuthet worden ist, der berühmte Indische Philosoph (pankaräU drja ist, kann die Bildung dieser Legenden erst nach den Sassaniden geschehen seyn. Die Kritik übt die höchste mögliche Nach- sicht aus, wenn sie die Entstehung dieser AVundergeschichten aus Zoroasters Leben überhaupt in die Zeit der Sassaniden zurückführt.

Es muss hervorgehoben werden, dass besonders Jez- dänicr (d. h. Sipasier) und ihre Schriften als Gewährschaften angeführt werden, also die Lehrer der von der Zoroastrischen unterschiedenen Secte; so z. B. I, 240. 245. 259. 309. 348. 355. 369. u. s. w. In welchem Sinne die Jezdänier die Zoroa- strischen Ueberlieferungen deuten, möge ein Beispiel zeigen (I, 259.). »Der Prophet reicht zunächst dem Bishutan etwas von der gewcihetcn Milch; durch das Trinken wurde er von Todessciiraerzen befreit und gewann ewiges Leben.

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Einige Lehrer der Jeisdänier glauben, dass unter ewigem Leben die Erkenntniss der eigeneji Essenz und der Seele, die unvergänglich ist, zu verstellen sey; Milch wird er- wähnt, weil sie die Xahrung der Kinder bildet und die Wissenschaft die Nahrung des Geistes ist; weshalb Wis- senschaft mit geheiligter Milch verglichen wird.« Es ist dieses ganz die Sufische Weise.

Ueber Zoroastrische Werke erhalten wir einige Nach- richten zweifelhafter Gültifjkei'. Der Naiue ist meistens Avesta und Zand (I, 239. 244. 249. 2i»(). 350.), doch scrieint stets nur ein Werk gemeint zu seyn; auch Zandavasta (263.) und einmal auch Ashtava%and (271.). Es wird nun ferner behauptet (352. 354.), dass das Buch Zand zweierlei Art sey, das eine deutlich und ohne räthselhafte Ausdrücke, das 3Iah oder grosse Zand genannt; das kleine oder Knh Zand sey in Bildern und Räthseln geschrieben; das erste enthalte das Gesetz des Mahabäd und sey ein Theil des Desätir; es sey verloren gegangen unter der Herrscliaft der Fremden, namentlich der Griechen und Türken; das Kall Zand war noch erhalten, ging aber zum Theil in spätem Ucberfällen verloren. Trotz dieser Zerstörung durch die Griechen (darunter ist Alexander der Grosse zu ver- stehen , dem die Rarsen sehr unglaublich diese Barbarei aufbürden) richten sich noch Ardesliir und Niishirwan nach dem Mab Zand. Als Theil des Desätir ist es schon hin- reichend als späteres Machwerk bezeichuüt. Es sind hier Indische und Persische Benennungen gemischt, das h in Mali konnte in einem alten Persischen Worte unmöglich sich erhalten. Die Behauptung (35L 35f>.), dass Zoroasters Lehren in Parabeln und esoterisch verhüllten Worten dar- gestellt worden seyen, erscheint auch nur als spätere Er- findung; es heisst ausdrücklich, die Azar Sasanier legten gar keinen Werth auf den Wortsinn der Zoioastrischen V'orschriften, sondern nahmen sie figürlich. Ebenso geringe Gültigkeit hat die Nachricht (275.), dass zur Zeit des Ver- fassers (um 1650.) die Dusliir in Karman noch vierzehn vollständige Nosk des Zandavesta besassen, die übrigen sieben seyen in den früheren Kriegen zum Theil verloren gegangen. Diesem widersprechen alle anderen Nachrichten; auch die Namen der einzelnen Nosk sind hier nicht richtig angegeben. Der Bericht über die Gebräuche der Parsen ist aus dem bekannten Sadder, dem Ilnndertthore, verkürzt.

Der fünfzehnte Abschnitt berichtet über Alazdak, seine Lehre und Anhänger, welche zur Zeit des Verfassers die Tracht der Gueber oder Parsen mit der Muiiammedanischeu

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vertauscht hatten. Er hatte das dem Mazdak zugeschrie- Jbene Buch^ Desnad, selbst gesehen^ das aus dem Altper- sischen ins neue vor nicht langer Zeit übersetzt worden war. Dieser Abschnitt wird mit einer Bemerkung geschlos- sen, die ich hersetze, weil sie den Verfasser richtig zu würdigen beiträgt: «Dieses ist der genaue Bericht über die Systeme der Parsen, in welchen durchaus nichts aufge- nommen worden ist, welches nicht entweder ihren eigenen Schriften entnommen oder aus dem Munde der Anhänger der verschiedenen Bekenntnisse vernommen worden ist, weil ihre Feinde ihnen au3 Motiven des Hasses verschie- dene irrthümlichc Lehren zugeschrieben haben.«

Das zweite und dritte Kapitel behandeln Indische Sy- 3teme und Secten^ sie bilden einen der schätzbarsten Theile des Werkes, nicht sowohl wegen der Darlegung der höchsten Principien, auf welche diese Systeme begründet sind, diese können wir jetzt in den Originalwerken selbst besser erforschen als weil wir hier eine Schilderung des reli- giösen ZuStandes Indiens in einer bestimmten Zeit erhalten; es ist ein Bild der Wirklichkeit, reich an characteristischen Zügen, für die Geschichte der Secten ist manches hier zu gewinnen. Auch ist der Bericht im Allgemeinen als genau zu loben, obwohl nicht frei von Miss Verständnissen; es miscfien sich Anschauungen der Sufi und Jezdanier auch hier ein. Der Verfasser hat keine Mühe gespart, um sich richtige Kenntnisse zu .verschaffen; er hatte früher aus Büchern sich mit den Indischen Systemen bekannt gemacht; nach einer Berathung mit kenntnissreichen Freunden fand er sich veranlasst, vieles in seinem ersten Entwürfe zu berichtigen (II, 3.). In den zehn ersten Abschnitten des zweiten Kapitels werden beschrieben: das System der Mitnunsa, das der Smdrtu (der Orthodoxen, der Anhänger der Smriti, des Gesetzes), das des Vcdanta, des Sünkhia, nachher auch das des Njäja und der Materialismus der K ärvuka, denn die zwei letzten folgen nach dcMi drei grossen Seelen und stehen vor den Gaina; er betrachtete wohl auch das logische System des Njäja als nicht streng orthodox. Die drei grossen Secten sind die Jogi, die ^ükta und Vairugi , die einzeln aufgeführt werden. Was im eilften Abschnitte Lehre des Buddha genannt wird, ist, wie Ilr. Troyer bemerkt, die der Gaina. Der zwölfte Abschnitt enthält Nachtrüge und erwähnt kleinerer Secten; es ist besonders ein Bericht über die Sikh und den Stifter ihrer Secte Nanak beachtungswerth ; dann will ich hervor- jipben, dass durch das Dabistän die sonst gegebene Nach-

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rieht bestätigt wird, dass es noch kleine Secten in Tndicn giebt, welche ausschliesslich die Sonne, oder den Mond verehren. Auch einzelne Elemente, Feuer, Wind, Wasser, Erde erscheinen als Gegenstände eines besoudem Cultus CII, 234. flg.).

Den eigenllichen Buddhismus hat der \ erfasser keine Gelegenheit gehabt kennen zu lernen. Das kurze dritte Kapitel ist überschrieben Religion der Kera Tahitier. Dieser Bericht ist nicht aus Keuntniss von Tübetischen Schriflea geschöpft, sondern, wie erwähnt wird, aus der Mittheilung eines gelehrten Mannes der Sccte, mit dera der Verfasser sich nur mit Hülfe eines ihn wenig befriedigenden DoU- metschers unterhalten konnte. Es ist daher nicht seine Schuld, wenn die Lehre der Lama und ihre Staatseinrich- tung mit einem geistlichen und einem weltlichen Herrscher hier nur in sehr unvollständiger und halb verstandener Darstellung erscheinen. Vielleicht war der Belehrer nicht ein Bewohner des grossen Tübets, sondern aus einem der kleinen Buddhistischen Staaten im östlichen Himalaja. Die Bezeichnung Kera ist mir unbekannt.

Das vierte Kapitel handelt von den Judettj das fünfte von den Christen.

Das nächste Kapitel ist bestimmt, in zwei Abschnitten die zwei grossen Muhammedatiischen Secten zu schildern; es ist jedoch keine vollständige Darstellung und diese ist nicht sehr übersichtlich geordnet. Die vier nächsten Ka- pitel schildern heterodoxe Secten, die mehr oder weniger mit dem Islam im Widerspruch stehen; da sie weniger als die anderen bekannt sind, hat dieser Theil einen besondern Werth. Zuerst die Sädikier, die als ihren Propheten den Musailiraa, einen Zeitgenossen des Muhammed , verehren. Dann die Anhänger des Vähid Mahmud, der um 1203. auf- trat und eine besondere Sccte stiftete, welche ihn über Mu- hammed stellt, eine besondere Form der Seelenwanderung, eine eigene Weltschöpfung und eine Chronologie mit Perioden von 8000 Jahren lehrt, und heftig von Abbas dem Grossen verfolgt ward. A'ähid soll mehrere Schriften verfasst haben, das Hauptwerk heisst 3Iiz(in, die Wage, die Theile Nosk, also nach dem Zendavesta. Die Rosheniuh sind eine von Mijän Bäjizid, einem Afghanen aus dem Pengäb, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts gestiftete Secte, die noch bei Afghanischen Stämmen Anhänger zählt; mit Benutzung des Dabistän's hat Leyüen, As. Res. XI. aus- führlicher über sie berichtet. Der wichtigste ist der letzte Abschnitt, welcher die Lehre der Uähija beschreibt; so

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nannte nämlich Kaiser Akbar die neue von ihm versuchte Religion, über welche das Dabistän den besten Bericht giebt. Die zwei letzten Kapitel stellen die Lehren dar, welche im Sinne des Verfassers die höchsten sind , die Lehren der Philosophen, die Ergebnisse der eigentlichen Specula- tion. Am belehrendsten ist der Bericht über die iStifi, mit denen der Verfasser selbst so v^ertraut war; seine Darstel- lung enthält eigenthümliches ; sie bildet den Schluss , das letzte oder das zwölfte Kapitel. Das vorletzte berichtet über die Lehre der Weisen, wie er sie nennt. Er sagt, es gäbe zwei Secten dieser Philosophen, eine Orientalische und eine Occidentalische (III, 139.}; die erste wird als dieselbe mit der der Jezdanier oder Azarhoshangier be- zeichnet; Plato und die noch älteren Griechischen Phi- losophen sollen dieser Schule gewesen seyn. Es wird diese Orientalische Lehre allein genauer dargestellt (III, 144—147. 162.), sie hat ui der That grosse Verwandtschaft mit der der Jezdanier. Es ist ein sehr buntes Gemisch mystischer Philosopheme mit rauhammedanischen, biblischen und Indischen Vorstellungen. Sie lehrt eine Schöpfung von Intelligenzen , welche die planetarischen Sphären be- wohnen, und deren Körper Schatten reinen Lichts sind; eine Seelenwanderung mit vielen Stufen und Wanderungen durch verschiedene Gestalten (III, 142. 150. 156.), durch Himmel und Höllen, deren Ströme die Freuden und Schmer- zen der wandernden Sedle bezeichnen ; eine sehr künstliche Deutung der Vorstellungen vom jüngsten Gericht (III, 164.); zuletzt WMrd alles in eine Welt des Lichts und der Geister verwandelt. Ihre grosse Weltperiode besteht aus 360,000 Jahren nach dem Worte des Bcrzasp, dem Schüler des alten Propheten Tahmüras, dem Sohne des Königs Iloshang; also eine sehr alte Auctorität, die aber etwas verdächtig wird, wenn wir belehrt werden, dass dieser Cyclus tnahin k'erkh auf Persisch heisse; denn dieses kann nur Indisch mahän k'akra^ der grosse Cyclus, seyn. Das Prophetenfhura ist bei allen Völkern not h wendig und alle .Aussprüche der Propheten haben eine höhere Bedeutung; dieses wird er- läutert durch Abu Sinä's Deutung der Himmelfahrt des Muhammed (III, 177.). Sieht man ab von Anw Ansprüchen auf Erhaltung uralter Lehren, welche diese »weisen Männer« machen, die es aber Zeitverlust wäre, ernsthaft bestreiten zu wollen, und betrachtet daini die Nachrichten, welche der Verfasser von den sogenannten Nachfolgern dieser Philosophen raittheilt (111,204.), so ergiebt sich, dass diese Lehre, wenn ihr ein solcher Name zugestanden werden

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darf, besonders Parsen in Indien angehörte. Von denen, welche dem Verfasser persönlich bekannt \\'aren, leitete sich einer, Xaraeus Ilirbed , von Zoroaster ab, besass Arabische Gelehrsamkeit, lebte in Lahor und verkehrte viel mit Europäern: er schrieb Hymnen im Hindi, Arabi- schen und Persischen an die Majestät des Lichts der Lichter. Ein anderer. Manir, enthielt sich jeder Art von animalischer Nahrung. Ein dritter, Kärarän von Shiraz, bereichert seine Kenntnisse durch Umgang mit Christen und studirt die Evangelien, noch mehr aber die Werke der Brahmanea und bekennt sich äusserlich zum Prahmanenthum, obwohl er innerlich der Lehre der Philosophen treu bleibt; er sang Lobgesänge, wie sie unter den Ionischen Philosophen im Gebrauch sind , dem höchsten Gotte, den Intelligenzen und Gestirnen. Und dasselbe wird von den übrigen berichtet. Es sind ihnen die heiligen Lehrer aller Völker von gleicher Würde und Bedeutung , nur im Xamen verschieden , bei den Indern heissen sie Aratdra, bei den Griechen Hermes, bei den Muharamedanern Rasül (HI, 210.). Nach diesem geht, für mich wenigstens, aus allem hervor^ dass diese Secte nur in der Zeit der Amalgaroation der Richtungen, wie sie in Indien obwaltete, sich hat bilden können; ihre Persische Abstammung gab ihr vorherrschend eine Rich- tung auf die umgestaltete Forra^ welche damals die Zo- roastrische Lehre angenommen hatte. Diese Secte ist selbst von keiner grossen Bedeutung; die Erscheinung wird aber beziehungsreicher, wenn man erwägt, dass die Jezdanier grosse Aehnlichkeit mit diesen Philosophen zeigen und unter ganz ähnlichen Verhältnissen und gleichzeitig er- scheinen. Die Jezdanier treten nun aber mit grossen An- sprüchen auf, behaupten die älteste aller Religionen treu überliefert zu besitzen , führen ihre Geschichte über jede andere in die Urzeit zurück und führen zum Beweise ein Werk in einer nur ihnen bekannten himmlischen Sprache an. Da solche enorme Ansprüche wieder vertheidigt werden, wird es Pflicht der Kritik^ sie aufs neue zu prüfen.

C. L.

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