Kibrarn of the Alusenm OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. -Pounded by private subscription, in 1861. From the Library of LOUIS AGASSIZ. Be No RZ: Mar. 5% Te Sn | “ Zeitschrift für die (esammiten Naturwissenschaften. Herausgegeben (Ü von dem Naturw. Vereine für Sachsen und Thüringen in Halle, redigirt von €. Giebel und W. Heintz. Jahrgang 1862, Neunzehnter Band. Mit 9 Tafeln. Berlin, G Bosselmann. A 1862. IX IE 5 a | “ortiard ReE alleine ehe N ei Anhalt. Original- Aufsätze. Andersen, C. H, eine Birkhahnbalze mit Erläuterungen . . . 213 Bischof, C., die silurischen Bildungen des Unterharzes . . . 383 Giebel, C., zur Anatomie der Papageien nach Chr. L. Nitzsch’s Untersuchungen mitgetheilt (Taf. 3—7.) . . . . 133 ——, ornithologische Beobachtungen aus Chr. L. Nitzsch’s hand. schriftlichem Nachlasse mitgetheilt . . . iötjea -all408 Hadelich, W., über die Bestandtheile des Gnakhanzen, 0m 424 Heintz, W., über die Diglycolsäure (Paraäpfelsäure) (Taf. 8) . 295 Karsten) HA, zur Kenntniss des Verwesungsprocesses (Taf. 9) . 323 Loven, S, über einige im Wetter- und Wenersee gefundene Cru- staceen . . .. DNMSROR: ED. 1994 Nitzsch, Chr. L., üben die Familie der Passerinen „BRD 389 Siewert, M., über eine neue Darstellungsweise der Chrbssnre und einige chromsaure Salze (Taf. 2) . . .. BES MI Suckow, @ , Krystallographisches und Chemisches (Taf. '8) 242 Trenkner, W., über das Vorkommen des Kohlenkalkes bei Grund ammHarz, (af): 0% Sokienn. Dale N 1 Mittheilungen. Bruzelius, R. M., zur Kenntniss der skandinavischen Gamm3a- riden 68. — Cederström, @. C., über den gemeinen Querder 71. — Giebel, C., Omphalia in der subhereynischen Kreideformation 250. — Goeppert, H., die in der silurischen, devonischen und Kohlenformation vorkommende Flora 72. — Heintz, W., Analyse eines dichten Braun- eisensteins von der Grube „eiserner Johannes“ bei Kamsdorf 245. — Züthe, H, Untersuchung einer Hornblende aus Brackendorff in Ungarn 152. — ZAichter, R., Profil im Thale der Sormitz (Taf. 9.) 447. — Schroeker, K. A:, chemische Untersuchung eines aus der hallischen Mutterlauge auskrystallisirenden Salzes 160, — sSiewert, M., Bestim- mung von Kochsalz neben unterschwefligsaurem Natron 250. — Steen- strup, J., neue Korallengattung Herophile und über Knospentreiben 74. — Tieftrunk, F., Aufsuchung von Lithium- und Rubidiumverbin- dungen in der hallischen Salzsoole 157. — Wislicenus, J., vorläufige Notiz über eine neue Synthese der Milchsäure 76; Synthese der Pa- ramilchsäure 448. — Zinken, C., Limulus Decheni n. sp. im Braun- kohlensandstein bei Teuchern 329. IV Literatur. Allgemeines. AH. Berlepsch, neuestes Reisehandbuch für die Schweiz (Hildburghausen 1862) 451. — TA. Gerding, Sieben Bü- cher der Naturwissenschaft (Hannover 1862) 450. — Kgl. svenska Vetenskaps academiens Handlingar 1859. III. a. 77. — Ofversigt af kgl. vetenscaps academiens Förhandlingar (1861. nro. 1—6.) 78. — Oversigt over det kgl. danske videnskabernes selskabs forhandlingar og dets Medlemmers Arbeider 1860: 79. Meteorologie. Merian u. Kittel, mittler Barometer- und Thermometerstand in Basel und Aschaffenburg 331. — J. Zamont, Zusammenhang zwischen Erdbeben und magnetischen Strömungen 254. Physik. Dove, über eine durch Photographie hervorgetre- tene direkt nicht wahrgenommene Lichterscheinung und über photo- graphische Darstellung des geschichteten electrischen Lichtes 166; Beschreibung eines Photometers 453. — Edmund, Untersuchung über die bei Volumveränderung fester Körper entstehenden Wärmephäno- mene sowie deren Verhältniss zu der dabei geleisteten mechanischen Arbeit 165. — Zrankenheim, über die durch Verletzung eines Kry- stalls entstehenden Krystallflächen 165. — Jacobson, über die von Pasteur beobachteten Anomalien am ameisensauren Strontian 163; über die Bildung der hemiedrischen Flächen am chlorsauren Natrion 164. — Meyerstein, das Electrogalvanometer 458; Methode der Bestimmung des Brechungscoöfficienten 332. — Neumann, einfaches Gesetz für die Vertheilung der Electrieität auf einem Ellipsoid 167. — Pfaff, über die Gesetze der Polarisation durch einfache Brechung 457. — Rüdorff, über das Gefrieren des Wassers aus Salzlösungen 242. 452, — KReischauer, die Abhängigkeit der Verdunstung von der Grösse der exponirten Oberfläche 331. — Schröder, neue Methode die sphärische Aberration mit Hülfe der Interferenz zu untersuchen 166. — Tyndall, über die Absorption und Strahlung der Wärme durch Gase und Dämpfe und über den physischen Zusammenhang von Strahlung, Absorption und Leitung 79. Chemie. Abel u. Field, einige Resultate der Analysen käuf- lichen Kupfers 461, — Aschoff, über die Säuren des Benzo@harzes 92. — Borodine, über Bromyaleriansäure und Brombuttersäure 338. — Buigner, über den in sauren Früchten enthaltenen Zucker 341, — Bunsen, über Cäsium und Rubidium 255. — Cannizzaro, Zersetzung der Salzsäure durch Aetzbaryt 467. — Casselmann, Analyse einiger Mineralquellen zu Soden und Nauenheim 167. — Czjzek, zur chemi- schen Technologie der Thonerde 87. — Debray, Bildung krystallisir- ter Phosphate und Arseniate 168. — St Claire Deville u. Debray, die Fabrikation von Sauerstoffgas 87. — Field, über Extractum Gentianae 265; allgemeine Verbreitung von Wismuth in Kupfererzen 461. — Prankland, Tyndall u. Roscoe, eine blaue Linie im Lithionspectrum 335. — Freund, sogenannte sauerstoffhaltige Radikale 91. — Geuther, das magnetische Chromoxyd 87. — Gibbs, über Platinmetalle 461. — Gorup-Besanez, Anwendung des Ozons zur Herstellung alter vergilb- ter Drucke, Holzschnitte und Kupferstiche 167; einfache Gewinnung und Reindarstellung des Glycogens 170. — Harcourt, die Superoxyde des Kaliums und Natriums 334. — Hesse, einige Flechtenstoffe 98. — Hlasiwetz, das Phloroglucin 468. — Hofmann, Metamorphosen des Bromäthyltriäthylphosphoniumbromids 90; die Trennung der Aethyl- basen 258; die Arsenikbasen 259; Versuche in der Methyl- und Me- thylenreihe der Phosphorbasen 168. — Kekule, Einwirkung von Chloral auf Natriumalkoholat 464; über organische Säuren 465. — Kolbe, di- Vv rekte quantitative Bestimmung der Kohlensäure kohlensaurer Salze und Brauneisensteinanalyse 337; Reduktion der Schwefelsäure zu Schwefelwasserstoff durch Wasserstoff im status nascens 460. — Kolbe u. Lautemann, über die Säuren des Benzoäharzes 340. — Kolbe u. Schmitt, direkte Umwandlung der Kohlensäure in Ameisensäure 462. — Kromeyer, über Absynthiin 342. — Lang, über neue Platin- oxydulverbindungen 168. — Zieben, Einwirkung schwacher Affinitäten auf Aldehyd 363. — v. Ziebig, über den Peru-Guano 258. — Lönig, die Produkte, welche durch Einwirkung des Natriumamalgams auf Oxaläther entstehen 339. — Zudwig, aus dem chemisch-pharmaceuti- schen Institute in Jena 168. — Marcet, Untersuchungen über den Magensaft 171. — Maithiesen u. Forster, die chemische Constitution des Narcotins und seiner Zersetzungsprodukte 264. — Al. Mitscher- lich, Untersuchung des Alaunsteines, Löwigits und der Thonerde- hydrate 256. — Naumann, Bildung von anderthalb Chlorkohlenstoff durch Einwirkung von Chlor auf Buttersäure 337; Bildung von Butyl- milchsäure aus Buttersäure durch Vermittlung der Monobrombutter- säure 338. — Oser, über das Propylenoxyd 464. — Peckholt, Unter- suchung der Nüsse und Rinde der Myristica bicuhyba 171. 265; über Croton erythraema 342. — Perkin, Farbstoffe aus dem Steinkohlen- theeröl 98. — Petienkofer, Beiträge zur Darstellung des Bittermandel- öles und eines gleichmässigen Bittermandelwassers 467. — Pfaundler, die Acetylquercetinsäure 469. — Reissner u. Voley, Ausmittlung einer Vergiftung durch Coniin 170. — Aemper, neue eisenhaltige salinische Mineralquelle 460. — Aussel u. Matthiesen, die Ursache der blasigen Struetur des Kupfers 336. — Schad, über einige aus Bromäthylen und Bruzin entstehende Verbindungen 169. — Scheibler, über wolfram- saure Salze und einige Wolframverbindungen 90. — Schifj, Nachweis geringer Mengen gasförmiger schwefliger Säure 87; Verbindungen des Glycerins mit den Säuren des Arsens 92. — Schischkoff, vor- läufige Notiz über das vierfach nitrirte Formen 464. — Schunk, Zucker im Harn 470. — Strecker, die chemischen Beziehungen zwi- schen Guanin, Xanthin, Theobromin, Kaffein und Kreatinin 92. — Thudichum, die Leucinsäure und einige ihrer Salze 469. — Vogt, über Benzylmerkaptan und zweifach Schwefelbenzyl 341. — Wich, Darstellung und quantitative Bestimmung der Molybdänsäure 88. — Will, zur Kenntniss der Krokonsäure 261; über die Zusammensetzung und Entstehung der Rhodozonsäure 262. — Wurtz, Reduktion des Butylglycols und des Propylglycols zu Butylalkohol und Propylalkohol 462. — Zinin, Einführung von Wasserstoff in organische Verbindüngen 340. — Zmwenger u. Kind, über das Solanin und dessen Spaltungs- produkte 96. Geologie. Binder, geologische Verhältnisse des Tunnels zwischen Heilbronn und Weinsberg durch die Gypsmergel des untern Keupers 483. — Credner, Geognosie der Umgebung von Bentheim 477. — Fraas, über den Lehm 484. — Fötterle, Fahlerzvorkommen im Avanzagraben im Venetianischen 181. — Gümbel, geognostische Be- schreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes (Gotha 1861) 182. — Geinitz, die Silurformation bei Willsdruff und der Orthit im Syenit des Elbthales 269; über die Dyas oder Zech- stein und Rothliegendes 270. — Hector, geologische Aufnahme der Gegend zwischen dem Ö©bern See und dem Stillen Ocean 485. — Zudnig, Braunkohlenlager im Tertiärbecken von Teplitz 266; geoge- netische und geognostische Studien auf einer Reise durch Russland und den Ural (Darmstadt 1862) 271. — Micksch, über die Lihner Steinkohlenformation 348, — Preussner, Geognosie der Insel Wollin 483. — v. Richthofen, Geognosie der Umgebungen von Nangasaki 344. — Sandberger, kurzer Abriss der allgemeinen Geologie (Wies- VI baden 1862) 272. — Schuppli, Geologisches aus dem obern Thurgau 268. — sSenft, Wanderungen und Wandelungen des kohlensauren Kalkes 267; der Gypsstock bei Kittelsthal mit seinen Mineralein- schlüssen 481. — Stoliczka, eigenthümliches Auftreten krystallinischer Schiefer in SW-Ungarn 342. — Stur, die Alpen zwischen der Drave und Save 483. — Wallace, die Gesetze, welche den Absatz der Blei- erze auf Gängen beherrschen, erläutert durch Untersuchung der geo- logischen Bildung der Erzreziere von Alston Moor (London 1861) 101. 173. — Winkler, der Oberkeuper in den bayerischen Alpen 180. Oryctognosie. Credner, Vorkommen des Asphaltes bei Bent- heim 471. — Damour, metallisches Zinn und Platin in den goldfüh- renden Lagerstätten Guianas 272. — St. Claire Deville, künstliche Zinn- oxyd- und Rutilkrystalle 273; Bildung von Eisenoxydul-, Martit-, Pe- riklas- und Manganprotoxydkrystallen 274. — Feistmantel, neue Vor- kommnisse im Kohlensandstein bei Radnie 474. — Gerhard, über la- mellare Verwachsung zweier Feldspathspecies 475. — Haugthon, mi- neralogische Notizen 470 — Haidinger, über Meteoriten 111. — Ja- netzlaz, Cachalonbildung in den Hornsteinen der Champagne 111. — Jackson, zu Dhurmsalla in Indien gefallener Meteorit 184. — Jentzsch, Structur der Mellitkrystalle in Thüringen 353. — v. Kokscharow, mi- neralogische Notizen 192; über den russischen Monazit und Aesch- ynit 349. — v. Kobell, über Linarit vom Ural 146. — Zang, über den Pyrosmalit 186. — Nöggerath, mineralogische Mittheilungen 109; Pseu- domorphosen bei Trier 353. — Pisani, Analyse des Gedrits 272. — Rammelsberg, über einige nordamerikanische Meteoriten185.— @.v. Rath, Titanitkrystalle im Trachyt am Laacher See und neues Vorkommen vulkanischen Eisenglanzes 352; Zirkon am St. Gotthardt 353; minera- logische Mittheilungen 474. — H. Rose, blaues Steinsalz von Stass- furt 474. — Peters, über den Biharit und Szajbelyit 351. — v. Rei- chenbach, über die nähern Bestandtheile des Meteoreisens 184. — Tamnau, Entstehung der Eisenkiese in der Braunkohle 183. — Tscher- mak, Analyse des Cancrinits 110. — Zippe, über den rhombischen Vanadinit 110. Palaeontologie. Beyrich, Posidonien in baltischen Jura- gesteinen 186; zwei Avicula im deutschen Muschelkalk 490. — Bil- ling, neue Gattungen aus dem Silurium in Canada 355. — Binkhorst, Monographie des Gastropodes et des Cephalopodes dela Craie supe- rieur de Limburg (Bruxelles 1861) 188. — Bornemann, Pflanzenreste in Quarzkrystallen 486. — Chapuis, nouvelles recherches sur les fossi- les desterrains secondaires dela province de Luxemburg 187. — Des- hayes, verticale Vertheilung der Muscheln im Pariser Becken 354. — Dunker, Mollusken im plastischen Thone von Grossalmerode 280. — Grey Egerton, nomenklatorische Bemerkungen über devonische Fi- sche 190. — Ehrenberg, über massenhaft jetzt lebende oceanische und die fossilen ältesten Pteropoden 189. — Ewald, Omphalia bei Qued- linburg 186. — Gaudry, Knochen von Pikermi 115. 191. — Geinitz, Sigillarien in dem untern Rothliegenden 486. — Hoernes, die fossi- len Mollusken des Tertiärbeckens von Wien II. Band (Wien 1862) 274. — Jourdan, Rhizoprion neuer Delphin; . Dinocyon Thenardi 114. — Koch, Beiträge zur Kenntniss der norddeutschen Tertiärformation 275. — Ludwig, Kalamitenfrüchte aus dem Spatheisenstein von Hat- tingen 487; zur Paläontologie des Ural 487; die Korallen im Kohlen- kalk von Perm 488. — v. Meyer, Pleurosaurus Goldfussi 492. — Op- pel, die Brachiopoden des untern Lias 488. — Roemer, Nautilus bilo- batus im schlesischen Kohlenkalk 489. — Semper, Beiträge zur Kennt- niss der Tertiärformation 275. — Speyer, Tertiärconchylien von We- steregeln 280. — A. Wagner, die fossilen Fische aus dem lithogra- vo phischen Schiefer Bayerns 490. — Weber, Blätter im vulcanischen Tuff bei Andernach 113; aus der Braunkohle des Westerwaldes 113. Schaaffhausen, fossile Affen 114. Botanik. 2ertoloni, Miscellanea botanica 281. — Braun, Ab- änderung der Blattstellung bei Araucaria brasiliensis 192; neue Isoe- tes 192; sonderbare Wirkung der Späthfröste auf die Blätter der Ross- kastanie und anderer Bäume 193. — Caspary, das Verhalten der Pflan- zen zu Verwundungen 280; Beiknospen an Polystichum filix mas 281. Fresenius, über Diatomeen 281. — Groenland, Monstrositäten von Pa- paver 198. — Hahn, über die Entzündbarkeit der Blühten von Dic- tamnus albus 492. — Herbich, die Verbreitung der in Gallizien und der Bukowina wildwachsenden Pflanzen 493. — v. Jäger, über ran- kende Gewächse 195. — v. Martens, die Laubmoose Würtembergs 195. — Aildebrandt, die Farbe der Blühten 117. — Nägeli, Morpholo- gie und Systematik der Ceramiaceen 494. — Naudin, die wahre Hei- mat der Melone 197. — Peters, naturwissenschaftliche Reise nach Mos- sambique, Botanik (Berlin 1862) 361. — Schacht, anormales Wachs- thum des Dicotylenstammes 115. — Schmarda, die Kokospalme auf Ceylon 2831. — Fr. Schmidt, die Flora der Insel Sakhalin 198. — Schmidt u. Müller, Nachtrag zur Flora von Gera 281. — Schnitzlein, über die Stacheln der Grossulariae 118; die Schuppen in den Blu- men der Sedumarten 119. — Sielzner, interessante Beobachtung an einem Weinstocke 369. — Struck, Nachtrag zur meklenburgischen Flora 281. — Weiss, Fluorescenz der Pflanzenfarbstoffe 492. — Zabel, Nachtrag zur Flora von Neuvorpommern und Rügen 281. — Zeller, die Würtembergischen Ösecillarien 194. Zoologic. Adams, neue Mollusken von China und Japan 372. — Bates, Beiträge zur Insektenfauna des Amazonenthales 375. — Brandt, die Zahl der Halswirbel der Sirenien und über die verschie- denen Entwicklungsstufen der Nasenbeine bei den Seekühen 208. — Brücke, die Elementarorganismen 284. — Chyzer, Berichtigungen und Ergänzungen zur Crustaceenfauna Ungarns 510. — Ehlers, Halicryp- tus spinulosus Sieb 120. — Engelmann, zur Naturgeschichte der In- fusorien 199. — Frauenfeld, zur Kenntniss der Insektenmetamorphose 511; dritter Beitrag zur Fauna Dalmatiens 375. — Giraud, Beschrei- bung neuer Lydaarten 511. — Günther, systematische Uebersicht der Familien der Stachelflosser 377; neue Schlangen aus dem Britischen Museum 381. — Heller, zur Crustaceenfauna des Rothen Meeres, 124. 381. — Gegenbaur, über Didemnum gelatinosum 372. — Ayrtl, über gefässlose Netzhäute 127; über die Nierenknäuel der Haifische 512. — Jan, Iconographie generale des Ophidiens 126. — Keferstein, über Lucernaria 503; Rhabdomolgus neue Holothurie 516; über die Nemer- tinen 506. — Koch, über einige Opilioniden 124. — Krauss, über ei- nige für Würtemberg neue Säugethiere und Varietäten derselben 209. — Mettenheimer, über die Ohrenqualle 370; Augen des violetten See- sternes 371. — Möbius, neue Gorgoniden des naturhistorischen Mu- seums zu Hamburg 503. — Müller, die Rhizocephalen neue Gruppe der Schmarotzerkrebse 289. — Zeydig, über das Nervensystem der Anneliden 124. — v. Pelzen, neue Vögel in der Wiener Sammlung 126. — Peiers, neue Eintheilung der Scorpione und neue Arten 205; Herpetologisches 291. — Samuelson, die Honigbiene (Nordhausen 1862) 125. — Schneider, Metamorphose der Actinotrocha branchiata 121. — Stein, neues Infusorium im Darm von Regenwürmern 500; weitere Beobachtungen über die Conjugation der Infusorien und die geschlecht- liche Fortpflanzung der Stentoren 500. — Steindachner, über Leucifer aracanthus ünd über die äussern Kiemenanhänge der Protopterusar- ten 207; ichthyologische Mittheilungen 511. — Strahl, neuer Acantho- vIu cyclus und Allgemeines über das System der Dekapoden 201; neue Rüppelia und über die Grenze der Brachiopoden 203; neue Dekapo- dengattung Jagoria 204. — Strauch, Essai d’une Erpetologie del’ Al- gerie (Petersberg 1862) 513. Correspondenzblatt für Januar 129—132; für Februar 211—212; für März 293—294; für April bis Juni 516—521. Druckfehler I’... MED pr Anzeigen . ...:..e...ee.n.. 181. 382, 524. Zeitschrift für die Gesammten Naturwissensechaften. 1862. Januar. Ne l. Ueber das Vorkommen des Kohlenkalks bei Grund a/H. (Taf. 1.) von W. Trenkner. Am nordwestlichen Einhange des Iberges, dicht nord- östlich oberhalb der Bergstadt Grund, werden seit länge- ren Jahren Geröllstücke eines dichten, schwarzgrauen Kal- kes gefunden, der zahlreiche Versteinerungen umschliesst. F. A. Roemer hat in der zweiten Abtheilung seiner „Bei- träge zur geologischen Kenntniss des nordwestlichen Har- zes“ (S. 89.) zuerst davon Erwähnung gethan und die Pe- trefacten beschrieben. Nach dem genannten Autor stimmen diese Kalkge- rölle mit den sogenannten Plattenkalken Westphalens und dem black limestone, dem untersten Gliede des Culm, in Devonshire überein. Im vierten Hefte der erwähnten „Bei- träge“ beharrt Roemer um so mehr bei dieser Ansicht, da die Kalke, ausser einem schon früher daraus bekannten Goniatites cyclolobus Phill., einen Productus cora d’Orb. und einen Nautilus trochlea M’Coy geliefert haben. Er hält dafür, dass diese Kalke dem Kohlenkalke Englands und Irlands im Alter gleichstehen. Auffallend bleibt es frei- lich immer, dass die Grunder Kalke so arm an Produkten sind; denn bis jetzt ist erst das von F. A. Roemer be- schriebene und abgebildete Bruchstück des Productus cora d’Orb. gefunden und mir selbst ist, trotz mehrjähriger Durchforschung der Kalkgerölle, nicht die Spur von einem Productus in die Hände gerathen. In den belgischen Koh- lenkalken von Vise und Tournay spielen dagegen die Pro- ducten eine Hauptrolle, wie aus de Konincks Descript. XIX. 1862. il 2 des animaux foss. ete. genügend zu ersehen. Trotz dem gewinnt die F. A. Roemer’sche Ansicht um so mehr Halt, wenn man die Goniatiten dieser Kalkschicht mit denen des Iberger Kalkes und des Posidonomyenschiefers vergleicht. Für die Bestimmung der Schichten des nordwestlichen Har- zes geben überhaupt die Goniatiten den besten Anhalte- punkt. Sie treten zuerst in den Wissenbacher Schiefern auf, dessen Goniatiten sich durch einen nur einfach getheil- ten Rückenlobus leicht kennzeichnen, Die Goniatiten des Iberger Kalkes haben schon meist einen doppelt getheilten Rückenlobus. Im Kohlenkalke und Posidonomyenschiefer zeigen die Goniatiten in einem mehrfach getheilten Rücken- lobus das Stadium ihrer höchsten Entwicklung. Demnach hat F. A, Roemer vollkommen Recht, wenn er den Koh- lenkalk mit dem Posidonomyenschiefer auf gleiche Alters- stufe stellt. Wenn damit nun auch dem schwarzen Iberger Kalke eine gebührende Stellung in den Schichtenreihen des nord- westlichen Harzes angewiesen, so war man über die La- gerungsverhältnisse desselben bislang noch völlig im Un- klaren, weil das Gestein anstehend noch nicht beobachtet worden. Dass F. A. Roemer den Kalk anstehend nicht ge- kannt, geht aus „Beiträge etc.“ Ill. S. 89. hervor und seit dem der Autor die hier ceitirte Bemerkung machte, habe ich selbst, bis zum Frühjahr 1861, vergebens nach der Schicht gesucht. So viel lag klar vor, dass, wenn überhaupt der Koh- lenkalk hier noch anstehe, die ganze Schicht nur eine ge- ringe Mächtigkeit haben könne, denn das Vorkommen jener Kalkgerölle beschränkt sich nur auf die geringe Ausdeh- nung von etwa 400 [1‘ und bedecken dieselben eine Bo- denfläche, welche in einer relativen Höhe des Iberges von 150° über der Thalsohle angetroffen wird. Die F. A. Roemer’sche geognostische Karte vom nord- westlichen Harze giebt das Vorkommen des hiesigen Koh- lenkalkes unrichtig an. Nach ihr müsste die ganze südliche Partie des Iberges aus Kohlenkalk bestehen. An der Süd- und Südwestseite des Iberges wird jedoch nicht einmal eine Spur von Kohlenkalk angetroffen. Derselbe ist viel- 3 mehr an dem Nordwest-Abhange des Iberges zu suchen, wie oben bereits angegeben. Da hier im Iberger Gebiete weder Goniatiten- und Clymenienkalke, noch Cypridinen- schiefer irgendwo anstehen; so musste die fragliche Koh- lenkalkschicht jeden Falls zwischen dem Ibergerkalke und den Posidonomyenschiefern des Culm zu suchen sein. — Auffallend war es mir, dass jene Geröllstücke sich nicht unterhalb ihres Vorkommens, in der Thalsohle zwischen dem Iberge und dem Hübichensteine, ja nicht einmal am Abhange des Iberges selbst, zwischen der Stelle ihres Vor- kommens und der Thalsohle, angetroffen werden. Es waren hier zwei Annahmen möglich. Erstlich die, dass die Ablagerung des Kohlenkalks hier überall von je- her keine grössere Dimension gehabt habe, dass die an sich geringe Schicht durch atmosphärische oder sonstige Einflüsse zerstört und man also in den Geröllstücken nur die Trümmer einer gewesenen Schicht vor sich habe. In Erwägung dieser Annahme durfte man jedoch mit Sicherheit schliessen, dass eine an sich so unbedeutende Schicht, deren ganzer Körperinhalt vielleicht kaum an 1000 Kubikfuss in sich schliesst und die dabei einen erstaun- lichen Reichthum einer fossilen Fauna in sich birgt, ge- wiss nur als ein Fragment einer grössern Schicht zu bean- spruchen sei, die irgendwo in der Nähe noch als anstehend gefunden werden müsse. Die reiche Fauna dieses Kalkes lässt vielmehr auf ein Kohlenmeer von ziemlich bedeuten- der Ausdehnung schliessen und liess es sich demnach nicht annehmen, dass ein Tümpel von einigen Hundert Quadrat- fuss Fläche, im Stande gewesen wäre, jener reichen Fauna alle die mannigfachen Lebensbedingungen zu bieten, die derselben nothwendig gewährt werden mussten. Die zweite Annahme war die, dass bei einer nach Ablagerung des Kohlenkalkes siattgehabten Hebung des Iberger Kalkes, der erstere auf letzterem abgerutscht und, durch einen Abbruch seiner Schichten, auf dem Iberger Kalke jene Gerölle zurückgelassen habe. Im weitern Verfolg dieser vorläufigen Annahme musste erst noch einmal gründlich untersucht werden, ob der Koh- u6 4 lenkalk an der Stelle, wo die Geröllstücke angetroffen, nicht dennoch anstehend aufgefunden werde. Im Frühlinge 1861 liess ich abermals einen Schurf ausführen und traf den Kalk in Bänken von ca. 14° Breite und in einer Mächtigkeit von 20‘ anstehend. In Erman- gelung eines Compasses konnte ich Fallen und Streichen der Schicht nur annäherungsweise bestimmen. Es fällt die- selbe unter einem Winkel von 16° nach Nordosten ein. Das Streichen ist beinahe rein östlich. Durch einen Aufschluss der Schicht war es möglich, die einzelnen Partien derselben, die sich petrographisch und palaeontologisch unterscheiden, zu beobachten. Es stellen sich dieselben in ihrer Reihenfolge von oben nach unten folgender Massen dar: ji. Thonschieferbrocken. 3. Gerölle eines fleischfarbigen, gelblich angelaufenen, dichten Kalkes mit Phillipsia alternans und Phill. cras- simargo F. A. Roemer. Geröllstücke eines rauchgrauen, sehr dichten, im Bruche muscheligen Kalkes mit Spririgera concentrica Var. glo- bosa v. Buch, Goniatites tumidus F. A. Roemer, Te- rebratula Dunkeri F. A. Roemer und Spirifer macroga- ster F. A. Roemer. 4. Dunkelgrauer, grobkörniger, wackenartiger, in regel- mässigen Bänken lagernder Kalk, mit eingesprengtem Quarz und Kalkspath, enthaltend: Turbinolopsis recta F. A. Roemer, Pecten subradiatus F. A. Roemer, Car- dium rectangulare F. A. Roemer, Euomphalus catillus Sow, Goniatites crenistria Phill., Goniatites cyclolobus Phill., Goniatites platylobus Phill., Bactrites Stein- haueri Sow, Actinoceras giganteum de Koninck. . Schwärzlicher Kalk, spröde und beim Anschlagen glas- artig zerspringend mit Inoceramus carbonarius F. A. Roemer und Terebratula contraria F. A. Roemer. In Nr. 4, dieser Reihe fand ich auch ein ausgezeich- net schönes Exemplar eines Nautilus und verschiedene Te- rebrateln und Gasteropoden, die mir nicht bekannt sind. Der Nautilus ist jeden Falls eine vom Nautilus trochlea M’Coy, den F. A. Roemer in der vierten Abtheilung seiner > a 5 Beiträge abgebildet, ganz verschiedene Species. Spirigera concentrica Var. globosa v. Buch stimmt mit der von F. A. Roemer eben daselbst abgebildeten Form aus dem obern Devon von Rübeland vollständig überein. Diese Spirigera sowohl, als auch Euomphalus catillus sind von mir in dieser Schicht zuerst aufgefunden worden. Ob die erstere bereits im Kohlengebirge anderswo nachgewiesen, weiss ich nicht. Euomphalus catillus Sow. wird hoffentlich von mir richtig bestimmt sein; er scheint mir mit dem von Goldfuss (III. pag. 87. tab. 191. fig. 6.) aufgeführten durch- aus identisch. — Goniatites crenistria Phill., Inoceramus carbonarius F. A. Roemer und Terebratula contraria F. A. Roemer sind die im hiesigen Kohlenkalke am häufigsten vorkommenden Versteinerungen; namentlich kommt der ge- nannte Goniatit in erstaunlicher Menge vor. Nachdem nun das Anstehen dieser Kohlenkalk - Frag- mentschicht ausser Zweifel gesetzt war, musste versucht werden die Hauptschicht aufzufinden. Sie musste jeden Falls in der Richtung des Hangenden, also im Gebiete des westlich vom Iberge, im sogenannten Königsberge anste- henden Thonschiefers zu finden sein. Diese Thonschiefer führen Calamites dilatatus Göppert, Calam. transitionis Göpp. Bornia scrobiculata Sternb. Sie gehören also dem Culm an. Sie haben das anomale südöstliche Einfallen, sind je- doch in der Nähe des Iberger Kalkes stark eingebogen und lagern sich mantelartig an denselben mit einem süd- westlichen Einfallen unter einem Winkel von ca. 20°. In dem hohlen Fahrwege, bei den am Fusse des Iberges ge- legenen letzten Häusern von Grund kann man die Anla- gerung des Thonschiefers an den Iberger Kalk sehr deut- lich beobachten. Die auf Tafel I. gegebene Profilzeichnung wird die hier in Rede stehenden Verhältnisse näher veranschaulichen: a, a. Iberger Kalk, dem obern Devon angehörig. b, b. Thonschiefer, dem untern Kohlengebirge angehörig. e: Thonschiefer - Schuttkegel, zwischen Hübichenstein, Winterberg und Iberg. d‘, Kohlenkalk, Fragmentschicht am Iberge anstehend. 6 d“. Kohlenkalk, vielleicht unter b liegend und von die- sem bedeckt. e. Verwerfungsspalte. Aus der oben angeführten Schichtenreihe des hiesi- gen Kohlenkalks ergiebt sich klar, dass derselbe sowohl, als auch der Iberger Kalk früher von den Thonschie- fern des Kohlengebirges unmittelbar überlagert waren. Ich wüsste nicht, wie man sonst die den Kohlenkalk bedecken- den Thonschieferbrocken erklären wollte. Durch eine Hebung der Iberger Kalkmässen, wahr- scheinlich durch das Empordringen des bei Leebach, Bun- tenbock und Altenau und zwischen Goslar, Langelsheim und Lautenthal zu Tage stehenden Diabases veranlasst, konnten nun möglicher Weise die den Iberger Kalk be- deckenden Schichten des Kohlengebirges eine UVeberkip- pung erlitten haben. Alsdann wäre aber jeden Falls der Kohlenkalk das Hangende des Culmthonschiefers geworden und müsste dann der Kohlenkalk am östlichen Einhange des Königsberges, nach dem Hübichenstein zu, zu Tage anstehend getroffen werden. Da nun in dem westlich den Iberger Kalk begrenzenden Gebiete, trotz sorgfältiger Un- tersuchung, nichts als Thonschiefer anstehend gefunden wird; so kann von einer Ueberkippung der Schichten des Kohlengebirges hier nicht die Rede sein. Die mit dem Iberge in ununterbrochenem Zusammen- hange stehende, ebenfalls aus dem Iberger Kalk bestehende und auffallend grotesk gebildete Felsenmasse des Hübichen- steins, führt vielmehr zu einer andern Schlussfolgerung. Der Hübichenstein bildet eine von Süden nach Nor- den, nach Westen zu sanft geneigte, nach Osten (dem Iberge) zu beinahe senkrecht abfallende, riffartige Kalkpar- tie, die an ihrem Nordende in zwei Felspyramiden (dem eigentlichen Hübichensteine) emporragt. Muss man nun eine; durch die Diabase des nordwestlichen Harzes be- wirkte Hebung der Iberger Kalkmassen annehmen, so liegt ferner die Annahme sehr nahe, dass, bei dieser Hebung die Hübichensteiner Kalkpartie sich vom Iberge losgelöst und nach Westen zurückgesunken. Durch den Abriss der Hübichensteiner Kalkpartie wurden natürlich die auflagern- 1 den Schichten des Köhlengebirges (Köhlenkalk ünd Thon- schiefer) mitgehoben. Der Effect dieser Hebung müss, wie die Beschaffenheit der am Nordfusse des Hübichen- steines und dem nördlich unmittelbar ängrenzenden kleinen Winterberge änlagernden Thonschiefer zeigen, ein bedeu- tender gewesen sein. Diese Schiefer zeigen nämlich eine durchaus verworrene Schichtung. Theils fallen sie gegen den Kalk ein, theils $ind sie vielfach gebogen, theils ist gar keine reguläre Schichtung an ihnen wahrzunehmen. Sie zeigen also unverkennbar Spuren einer bedeutenden Irritation, sie lagern auch eben da, wo sie bei einer He- bung des Iberger Kalkes und dem Zurücksinken der Schich- ten des Kohlengebirges nothwendig mit in Contact kom- men mussten. Erwähnung verdient hier noch, dass zwischen dem Hübischensteine und dem kleinen Winterberge ein Thon- schiefer-Schüttkegel (c. des Profils) sich findet, der ohne jegliche Schichtung, als reine Trümmeranhäufung sich kund giebt. In einem kleinen Thaleinschnitte zwischen dem Iberge und Winterberge finden sich ausserdem ver- einzelte Geröllstüicke von Kohlenkalk und zwar aus der Schicht Nr. 5. der oben angeführten Reihe. Sie enthalten die Terebratula contraria F. A. Roemer (Beiträge I. S. 31. Tab. IV. Fig. 25.) in zahlreichen Exemplaren. Da sie der untersten Schicht des Kohlenkalkes angehören, so liesse sich ihr Vorkommen, als Trümmergestein der losgerissenen Köhlenkälkschichten hinreichend erklären. Und dies um so mehr, da in der Nähe nach allen Seiten hin nur der Iber- ger Kalk zu Tage steht und ausserdem die Verbindung einer hier als anstehend angenommenen Kohlenkalk- schicht, mit der am Nordwest- Abhange des Iberges zu Tage anstehenden Kohlenhalk- Fragmentschicht, durch keine ver- nünftige Schlussfolgerung zu construiren wäre. Wenn wir nun annehmen müssen, dass das Hübichen- steiner Kalkriff seine Entstehung einer gewaltsamen Los- trennung vom Iberge verdankt und der zwischen dem Iberge und Hübichensteine liegende Thaleinschnitt als ein echtes Aüufriss- oder Spaltungsthal im Kleinen anzusprechen ist; so haben wir die Hauptschicht des Kohlenkalkes jeden Falls 8 an der Westseite des Hübischensteins zu suchen. Hier steht jedoch nirgends Kohlenkalk zu Tage an, sondern, wie das Profil zeigt, umlagert hier der Thonschiefer man- telartig den Iberger Kalk. Es muss demnach der Kohlen- kalk, bei der beregten Hebung des Iberger Kalkes und in Folge dessen, nach Westen hin auf dem Iberger Kalke abgerutscht sein und liegt nun wahrscheinlich in dem zwischen dem Hübichenstein und Königsberge liegenden Thaleinschnitte, von den Thonschiefern des Kohlengebir- ges bedeckt. Das Profil deutet diese muthmassliche La- gerung an. Leider können zwischen dem Hübichenstein und Kö- nigsberge, in der Thalsohle namentlich, keinerlei Aufschluss- arbeiten ausgeführt werden, weil das ganze Terrain von Wiesengrundstücken bedeckt ist. Auch liegen hier in die- sem Bezirke keinerlei bergmännische Aufschlussarbeiten vor, die demnächst über das Richtige unserer Ansicht entschei- den könnten. Anlangend nun endlich die ganz eigenthümliche Ein- lagerung und das abnorme Einfallen der am Iberge an- stehenden Kohlenkalk - Fragmentschicht (d‘ des Profils), so finden diese Verhältnisse vielleicht in Folgendem ihre Er- läuterung. Wer den Iberg kennt, weiss, dass derselbe vom Schei- tel bis zum Fusse hinunter vielfach zerspalten und aufge- rissen ist. Viele dieser Spalten sind durch Eisenstein und Baryt ausgefüllt, viele sind unausgefüllt und klaffen offen zu Tage aus. Bei weitem die grösste Zahl dieser Spalten haben eine Streichungsrichtung von Südost nach Nordwest, sie laufen also der Längsachse des Iberg- Winterberger Kalkstocks- elipsoids genau parallel. Unter diesen Spalten ist für un- sere Kohlenkalkfrage besonders eine von Wichtigkeit, die man von der am Südostabhange des Iberges gelegenen Eisensteinsgrube „Schüffelberg“ an dem ganzen Südab- hange nach Nordwesten zu, bis zur Stelle wo der Kohlen- kalk ansteht, verfolgen kann. Die Profilzeichnung deutet dieselbe unter e an. An der Südostseite des Iberges ist diese Spalte durch eine Thonschiefer-Einschüttung ausge- 9 füllt, welche, ohne eigentliche Schichtung, Gangmassen auf- weist, die Kupferkies und silberhaltiges Bleierz sporadisch eingesprengt enthalten. Von diesen Erzen sind früher auf dem Baue „Neuer Ludwig“ grössere Quantitäten zu Tage gefördert und hat man sich dadurch zu der voreiligen Hoff- nung verleiten lassen, dass die aus dem Wildemänner Re- viere in der Richtung nach dem Iberge zu streichenden Erzgänge, im Iberge selbst weiter fortsetzten und vindieirte man damit dem Silberbergbau im Iberge eine glänzende Zukunft. Ob die hiesige Bergwerksverwaltung diese An- sicht theilt, weiss ich nicht. Doch lässt dieselbe, seit dem erfolgten Durchschlag des tiefen Ernst Augusts Stollens, vom Knesebecker Schachte ab, einen Querschlag nach dem Iberge treiben, der jeden Falls später die Verhältnisse des östlichen und südöstlichen Iberges und der unmittelbar auf- lagernden Schichten des Kohlengebirges in ein klares Licht stellen wird. Bis dahin bin ich freilich der Ansicht, dass die in Verwerfungsspalten des südöstlichen Iberges einge- lagerten, erzführenden Thonschiefermassen weiter nichts als verworfene Schichtenfragmente sind, die mit den den Iberg südöstlich und östlich anlagernden Kulmschichten nicht mehr in Connex stehen. Diese Verhältnisse der Schichten des südöstlichen Iber- ges werfen übrigens ein aufklärendes Licht auf die Einla- gerung der Kohlenkalk -Fragmentschicht am nordwestlichen Iberge. Die beregten Kohlenkalkschichten sind wahrchein- lich ebenfalls als verworfene Schichtenfragmente anzuspre- chen. War nämlich die oben angedeutete, auf dem Profil unter e bezeichnete Verwerfungskluft bereits vor der oben näher beschriebenen Hebung des Iberger Kalkes vorhanden, so konnte die durch den Abriss der Hübichensteiner Kalk- masse abgebrochene Kohlenkalk - Fragmentschicht (d‘) im Zurücksinken nach Osten leicht in jener Spalte verwor- fen werden und so ihre jetze Lagerung erhalten. Wenige Schritte oberhalb der Stelle, wo die Kohlenkalkschicht am Iberge zu Tage ansteht, kann man sich von dem Dasein der hier in Betracht gezogenen Verwerfungsspalte überzeu- ‚gen. — Von einer Wechsellagerung des Iberger Kalkes mit dem Kohlenkalke kann hier durchaus nicht die Rede sein. 10 Ob die hier erörterten Verhältnisse des hiesigen Koh- lenkalkes — so weit sie nämlich die Lagerung der noch nicht aufgefundenen Hauptschicht betreffen — spätern Forschun- gen und Untersuchungen Stand halten oder nicht, ist eine Frage, die mich für jetzt durchaus nicht berührt. Man kann von mir, als Laien, eine erschöpfende gründliche Un- tersuchung nicht verlangen und wollte ich mir von vorne herein eine solche nicht anmassen. Was ich durch vorliegende Arbeit will, ist lediglich das, Männer von Fach zu veranlassen, die verwickelten und interessanten Verhältnisse des hiesigen Kohlenkalkes in Untersuchung zu nehmen und damit der Geologie des nordwestlichen Harzes in ihrem Fortschreiten behülflich ge wesen zu Sein. Schliesslich gebe ich hier noch eine Zusammenstel- lung der bis jetzt im hiesigen Köhlenkalke gefundenen Ver- steinerungen. Zusammenstellung der im Kohlenkalke von Grund a/H. bis jetzt gefundenen Versteinerungen. Corallen. Turbinolopsis recta F. A. Roemer (selten). Brachiopoden. Productus cora d’Orb. (erst einmal gefunden). Terebratula contraria F. A. Roemer (sehr häufig). n Dunkeri Q (weniger häufig). : angusticarina „ (sehr selten). Spirifer macrogaster 5 (weniger häufig) Spirigera concentrica v. Buch (selten). Conchiferen. Pecten aurilaevis F. A. Roemer (selten). er subradiatus 5 (selten). Avicula uniplicata ; (selten). Inocerämuüus carbonarius , (häufig): Cardium rectangulare „ (selten). al Gasteropoden. Natica sublirata F. A. Roemer (sehr selten). Euomphalus catillus Sow. (selten). Cephalopoden. Örthoceras inaequistriatum F. A. Roemer (selten). E regulare v. Schloth. (häufig). r costellatum F. A. Roemer (selten). 5 annulare 5 (selten). Bactrites Steinhaueri Phill. (weniger häufig). Actinoceras giganteum Sow. (selten). Cyrtoceras unguis Phill. (selten). Goniatites erenistria Phill. (sehr häufig). a truncatus ,„ (weniger häufig). x reticulatus „ (selten). " tumidus F. A. Roemer (weniger häufig). 5 eyclolobus Phill. (selten). n discus F. A. Roemer (selten). spiralis Phill. (selten). Nautilus trochlea M’Coy (sehr selten), Crustaceen. Phillipsia erassimargo F. A. Roemer (selten). 5 alternans n (selten). Die von mir aufgefundenen, unbekannten Species wer- den vielleicht später einmal beschrieben werden. Ueber eine neue Darstellungsweise der Chromsäure und einige chromsaure Salze (Taf. II.) von M. Siewert. Da man bei der Darstellung der Chromsäure nach der Fritzsch’schen Methode aus zweifachehromsaurem Kali mit- telst Schwefelsäure nie reine d. h. vollkommen schwefel- säurefreie Chromsäure erhält, die Methode ausserdem be- deutende Quantitäten Schwefelsäure erfordert, wenn grös- 12 sere Mengen Chromsäure dargestellt werden sollen und auch die Ausbeute an letzterer stets hinter der Berechnung zu- rückbleibt, so zog ich, da es mir bei einigen Versuchen darauf ankam, grössere Mengen schwefelsäurefreier Chrom- säure zu haben, die Methode von Maus vor, die jedoch in der Ausführung noch langweiliger und umständlicher ist, als die von Fritzsche. Ich war daher sehr erfreut, eine Erfahrung, die ich bei der Prüfung des Verhaltens der con- centrirten Salpetersäure gegen verschiedene chromsaure Salze machte, zur leichtern Darstellung von reiner Chrom- säure mit Vortheil benutzen zu können. Da man bei der Einwirkung von Salpetersäure auf neutrales chromsaures Kali je nach der Concentration der Flüssigkeit 2-, 3- und, wie ich im Verlauf der Arbeit zeigen werde, 4-fach chrom- saures Kali erhält, so versuchte ich, ob es in derselben Weise gelingen würde, mehrfach chromsaure Barytsalze zu erzeugen. Der Versuch ergab aber ganz andere Resultate. Als frisch gefällter und vollkommen ausgewaschener chrom- saurer Baryt mit verdünnter Salpetersäure gekocht wurde, trat nur eine geringe Lösung ein, es wurde jedoch selbst nach dem Erkalten aus der Flüssigkeit nicht alle Baryterde als chromsaures Salz abgeschieden, sondern die saure Flüs- sigkeit zeigte eine gelbrothe Färbung. Beim Verdunsten der Flüssigkeit wurde theils chromsaurer, theils salpeter- saurer Baryt abgeschieden, während etwas freie Chrom- säure gelöst blieb. Auf Zusatz von destillirtem Wasser trat aber wieder Umsetzung zu chromsaurem Baryt und Salpetersäure ein. Als zu dem Versuch statt verdünnter concentrirte Salpetersäure in grossem Ueberschuss ange- wendet wurde, trat nach anhaltendem Kochen fast vollkom- mene Lösung ein, nach dem Erkalten der Flüssigkeit kry- stallisirte der noch in der heissen Mischung von Chrom- säure und Salpetersäure gelöst gewesene salpetersaure Ba- ryt vollkommen heraus, der nach Befreiung von der sau- ren Flüssigkeit nach einmaligem Umkrystallisiren fast voll- kommen rein war. Ich behandelte nach diesem Versuche 200 Grm. chromsauren Baryts mit viel überschüssiger Salpe- tersäure, die mit wenig Wasser verdünnt. Nachdem ich die kochende salpetersaure Chromsäurelösung von dem schon 13 ausgeschiedenen salpetersauren Baryt abgegossen hatte, übergoss ich den Rückstand noch 2mal mit concentrirter Säure, erhielt aber selbst nach anhaltendem Kochen nur noch sehr wenig gefärbte Flüssigkeiten. Sobald nach dem Erkalten der vereinigten sauren Flüssigkeiten der grösste Theil des salpetersauren Baryts herauskrystallisirt war, wurde die Hälfte der angewendeten Salpetersäure abdestillirt. Nach dem Erkalten der so concentrirten Flüssigkeit wurden nur noch wenige Krystalle von salpetersaurem Baryt abgeschie- den, und in der Flüssigkeit liess sich mit Schwefefelsäure keine Spur Baryt mehr nachweisen. Um die fernere De- stillation der Salpetersäure zu erleichtern wurde Platindraht in die Retorte gegeben und die Destillation über freiem Feuer fortgesetzt, bis sich an den Retortenwänden Chrom- säurekrystalle abzuscheiden anfingen. Nach dem Erkalten wurde die nicht krystallisirte Flüssigkeit aus der Retorte ausgegossen und im Wasserbade zur Trockne verdampft. Die feste Chromsäure, welche sich nicht durch Schütteln aus dem Retortenbauche entfernen liess, wurde im Wasser gelöst und ebenfalls im Wasserbade zur Trockne gebracht. Da die so erhaltene Chromsäure aber noch nicht ganz frei von Salpetersäure war, wurde sie in einer Porzellanschale über freiem Feuer erst völlig getrocknet, noch warm ge- pulvert und nochmals in kleineren Portionen so lange über einer kleinen Flamme unter beständigem Umrühren des Pulvers erhitzt, bis sich in der Wärme kein Geruch nach Salpetersäure mehr wahrnehmen liess. Das so erhaltene Pulver sieht geglühtem Eisenoxyd ähnlich aus, färbt sich beim Erhitzen fast schwarz, wird aber beim Erkalten wie- der roth. Das feine Pulver reizt die Nasenschleimhäute sehr bedeutend. Diese Darstellungsweise hat den Vorzug, dass man kein Material dabei verliert, man gewinnt alle Chromsäure des Barytsalzes als reine Säure; den Baryt als reines sal- petersaures Salz, und die angewendete Salpetersäure lässt sich entweder zu neuen Darstellungen von Chromsäure oder als Reagens im Laboratorium anwenden. Die Ana- lyse ergab, dass die so dargestellte Chromsäure vollkom- men rein war. 14 1) 0,3060 Grm. wurden im Porzellantiegel vorsichtig durch Glühen zu Chromoxyd reducirt und daraus 0,2337 Grm. Cr20°?, entsprechend 6,3075 Grm. oder 100,48 Proc. Chromsäure erhalten. 2) 0,2211 wurden mit 3,927 Grm. Eisendoppelsalz und Schwefelsäure versetzt, und dagegen 34 u Chromlö- sung gebraucht. Es waren also 0,052943 Grm. Sauerstoff aus der angewandten Menge Substanz zur Oxydation des Eisenoxyduls abgegeben worden, diese entsprechen 0,2206 Grm. = 99,73 Proc. CrO®., Noch ehe mir v. Hauer’s Mittheilung !) über das durch Lösen zweifach chromsauren Kalis in wässriger Chromsäure dargestellte 3fach chromsaure Kali bekannt war, hatte ich bei Darstellung der reinen Chromsäure nach der Methode von Maus Krystalle erhalten, die weder Chromsäure noch doppelt chromsaures Kali sein konnten; ich fand bei der Analyse, dass die Krystalle nicht ganz reines KO.3CrO° waren. 1) 0,1622 Grm. des Salzes wurden mit basisch salpe- tersaurem Quecksilberoxydul gefällt, der Niederschlag gab nach dem Glühen 0,0930 Grm. Cr?O? -- 75,45 Proc. CrO®. 2) 0,5783 Grm. wurden mit 5,5217 Grm. Eisendoppel- salz und Schwefelsäure versetzt und 6,8 vo Chromlö- sung dagegen gebraucht. Es waren also 0,10725 Grm. O abgegeben, entsprechend 0,4469 Grm. — 77,29 Proc. CrO®, Die erhaltenen Krystalle waren also nicht ganz rein, denn der berechnete Chromsäuregehalt ist 76,14 Proc. Ein Versuch den Rest des Salzes umzukrystallisiren, um rei- nere und schönere Krystalle zu erhalten, lehrte mich aber, dass dieses Salz nur aus sehr bedeutend überschüssige Chromsäure (oder concentrirte Salpetersäure) haltender Flüs- sigkeit erhalten werden kann, indem es mit Wasser in Be- rührung in freie Chromsäure und 2fach saures Salz zer- fällt. Da schon von Mitscherlich und später von Bothe ”) 4) Journ. f. prakt. Chemie. LXXX. 221. 2) Ebenda XLII. 184. 15 die Bildung des 3fach chromsauren Kalis durch Einwirkung concentrirter Salpetersäure auf 2fach chromsaures Kali be- obachtet worden war, stellte ich Vergleichungshalber dieses Salz in letzterer Weise dar, konnte aber in Bezug auf die Krystallform der auf diese verschiedene Art dargestellten Salze keinen Unterschied wahrnehmen. In Bezug auf die Darstellung dieses schönen Salzes möchte ich nur noch be- merken, dass es vortheilhaft ist, die Lösung des 2fach chrom- sauren Kalis in der concentrirten Salpetersäure 5—10 Mi- nuten sieden zu lassen, weil, wenn man nach der von Bothe gegebenen Vorschrift verfährt, neben wenigen Krystallen des 3fach sauren Salzes hauptsächlich unverändertes 2fach sau- res Salz erhält. Hat man aber nicht die genügende Menge Salpetersäure zur Lösung angewandt, oder die Lösung zu weit abgedampft, dann pflegt das 3fach chromsaure Kali so innig gemischt mit salpetersaurem Kali zusammen zu kry- stallisiren, dass es kaum möglich ist, die beiden Salze me- chanisch von einander zu trennen. Ich fand nach mehr- fachen Versuchen, dass es ganz leicht sei, zuerst und allein die Hauptmasse des Salpeters herauskrystallisiren zu lassen, wenn man, nachdem man die concentrirte Lösung einige Zeit hat kochen lassen, die Flüssigkeit mit Wasser verdünnt. Der Salpeter ist nämlich viel weniger in verdünnter als in concentrirter Salpetersäure löslich- Dampft man nach der Abscheidung des Salpeters die Flüssigkeit auf das Volumen ein, das sie vor der Verdünnung mit Wasser besass, und setzt noch von neuem concentrirte Salpetersäure zu, so er- hält man bei langsamem Erkalten der Flüssigkeit vollkom- men reine und schön ausgebildete Krystalle des fach chrom- sauren Kalis, die, wenn man sie noch schöner und grösser haben will, nochmals aus reiner concentrirter Salpetersäure umkrystallisirt werden können, da sie in Wasser nicht ohne Zersetzung löslich sind. Lässt man die Lösung dieses Salzes in concentrirter Salpetersäure längere Zeit im Sandbade stehen, so dass das Lösungsmittel zur Hälfte verdunstet, so wird die Flüs- sigkeit braunschwarz, vollkommen undurchsichtig, und setzt nach dem Erkalten eine glasharte zusammenhängende Kry- stallkruste ab, welche im wesentlichen aus 4fach chrom- 16 saurem Kali besteht, indem die concentrirte Salpetersäure auch dem 3fach sauren Salze noch einen Theil seiner Ba- sis entzieht, unter Bildung neuer Mengen von Salpeter, welche aber in der concentrirten Flüssigkeit gelöst bleiben. Als diese dichten schwarzen Krystallkrusten wieder in rei- ner Salpetersäure aufgelöst wurden, erhielt ich das 4fach saure Salz in reinerer und für die Analyse brauchbarerer Form. Es krystallisirt in dünnen prismatischen Blättchen von der Farbe des Quecksilberjodids und ausserordentlichem starken Glanz. Die Krystallform lässt sich jedoch nicht mit Genauigkeit bestimmen, weil die Blättchen zu dünn und brüchig und sehr zerfliesslich sind. Die Krystalle schei- nen zum rhombischen System zu gehören, erreichen ihre grösste Ausdehnung nach der Endfläche und besitzen Ab- stumpfungen der Säulenkanten, so dass sie als achtseitige Täfelchen erscheinen. Zur Analyse wurden die Krystalle auf einem porösen Ziegelstein von der.grösten Masse der Mutterlauge befreit, dann zwischen Filtrirpapier gut ausge- presst, und dann so lange zwischen 130— 140° C. erhitzt, bis kein Geruch von Salpetersäure mehr bemerkt werden konnte. 1) 0,6084 Grm. wurden mit 6,25 Grm. Eisendoppel- salz und Schwefelsäure versetzt und 11 co Chromlö- sung dagegen gebraucht, es waren also 0,11875 Grm. O abgegeben, entsprechend 0,4948 Grm. = 81,14 Proc. CrO3, 2) 0,4503 Grm. mit 6 Grm. Eisendoppelsalz und Schwe- felsäure versetzt und 43 a Chromlösung dagegen ge- braucht, es waren also 0,08805 Grm. O abgegeben, ent- sprechend 0,36687 Grm. = 81,47 Proc. CrO3,. Berechnet Gefunden I. II. KO 47 19,03 — = 4CrO? 200 80,97 81,14 81,47 247 100,00 Das Salz wurde nochmals aus Salpetersäure umkry- stallisirt, gut ausgepresst, und bei 210° im Luftbade ge- schmolzen; es erscheint dann schwarz, ist sehr hart, giebt 17 ein gelbbraunes Pulver, das ausserordentlich schnell zer- fliesst, und mit Wasser übergossen vollkommen klar gelöst wird. Aus der Lösung krystallisirt 2fach chromsaures Kali heraus. 1) 0,4241 Grm, wurden mit 4,979 Grm. Eisendoppel- salz und Schwefelsäure versetzt und 25 co— Chromlö- sung dagegen gebraucht, es waren also 0,0816 Grm. O ab- gegeben, entsprechend 0,3405 Grm. = 80,30 Proc. CrO3. 2) 0,4114 Grm. mit 4,3987 Grm. Eisendoppelsalz und N Schwefelsäure versetzt und 12,375 Tr Chromlösung da gegen gebraucht; es waren also 0,07987 Grm. O abgegeben, entsprechend 0,3328 Grm. = 80,88 Proc. CrO3, 3) 0,5273 Grm. mit HCl und Alkohol reducirt, das Chromoxyd mit NH? kochend gefällt und aus dem Filtrat der Kaligehalt als KCl bestimmt, gaben 0,3220 Grm. Cr?O? entsprechend 0,4237 Grm. = 80,35 Proc. CrO3, und 0,1563 Grm. KCl entsprechend 0,0988 Grm. = 18,52 Proc. KO. 4) 0,7560 Grm. ebenso behandelt gaben 0,4648 Grm. Cr?O®, entsprechend 0,6116 Grm CrO? = 80,90 Proc., und 0,2270 Grm. KCl, entsprechend 0,1434 Grm. = 18,97 Pre. KO. Gefunden Berechnet I. 1. Il. IV. KO — — 18,52 18,97 19,03 CrO? 80,30 80,88 80,35 80,90 80,97 98,87 99,87 100,00 Die vier Kalisalze der Chromsäure krystallisiren also sämmtlich ohne Krystallwasser, anders verhalten sich die beiden Natronsalze, von denen das neutrale 10 Atome, das saure 2 Atome enthält. Letzteres lässt sich nicht aus dem erstern durch theilweise Sättigung des Natrongehaltes durch Salpetersäure darstellen, sondern kann nur durch Verdun- sten der Lösung des neutralen Salzes in sehr viel über- schüssiger reiner Chromsäure über Schwefelsäure oder unter der Luftpumpe in gut ausgebildeten Krystallen erhalten wer- den. Sie sind, wie schon Moser angegeben hat, schön rubin- oder hyacintroth, und sehr leicht löslich, von pris- matischer Gestalt. XIX. 1862. 2 18 Die Messungen mit dem Reflexionsgoniometer erga- ben (Taf. II. Fig. 1.) 2.00 1.970439: b : p'= 124086‘ p’:q = 152°48‘ ga:p = 149918: p:b = 114% Die;Flächen p‘ und q sind jedoch so klein, dass sie bei weniger gut ausgebildeten und spiegelnden Krystallen kaum bemerkt werden, indem die Endfläche p vorwiegend wird. Das Salz verliert wie das neutrale schon bei wenig erhöhter Temperatur (ca. 30° C.) etwas von seinem Kry- stallwasser, wird bei 110°C. völlig wasserfrei und schmilzt bei noch höherer Temperatur. 1) 0,562 Grm. lufttrockner Krystalle gaben 0,069 Grm. Verlust = 12,27 Proc. HO. 2) 0,158 Grm. wasserfreies Salz wurden mit 1,611 Grm. Eisendoppelsalz und Schwefelsäure versetzt, und 5 ca Chromlösung dagegen gebraucht, es waren also 0,02888 Grm. O abgegeben, entsprechend 0,1203 Grm. = 76,14 Proc. CrO®, 3) 0,2856 Grm mit 3,2551 Grm. Eisendoppelsalz und 17,2 u Chromlösung titrirt, gaben 76,15 Proc. CrO®. 4) 0,2074 Grm. mit Alkohol und Salzsäre reduecirt, mit NH? kochend das Cr?O? gefällt; und aus dem Filtrat der Natrongehalt als NaCl bestimmt, gaben 0,1203 Grm. Cr203, entsprechend 0,1583 Grm. — 76,32 Proc. CrO? und 0,0927 Grm. NaCl, entsprechend 0,04912 Grm. = 23,63 Proc. NaO. Berechnet Gefunden Na0.2CrO? 87,92 — 2HO 12.038 202 72727 100,00 an Berechnet Gefunden 1. ul. IV. NaO 23,67 _ 23,03 20703 1..76,33.,, „76.14, 76,15. 100026032 100,00 99,95 19 Aus dem ?2fach sauren Natronsalz durch Behandeln mit concentrirter Salpetersäure die den Kalisalzen entsprechen- den 3- und 4fach sauren Natronsalze darzustellen, ist mir nicht gelungen. Doppelt Chromsaures Ammoniak. Zur Darstellung dieses Salzes benutzte ich die nach der Methode von Maus dargestellte Chromsäure. Dieses schon von Brooke seinen Eigenschaften und seiner Kry- stallform nach beschriebene Salz lässt sich, wie das ent- sprechende Kalisalz, durch Einwirkung concentrirter Sal- petersäure in 3fach chromsaures Ammoniak überführen. Da aber bisher nur die von Darby!) und von Abel und Richmond?) mit einander in Widerspruch stehenden Anga- ben über die Zusammensetzung desselben existirten, hielt ich eine Analyse nicht für überflüssig, wiewohl ich keinen Grund hatte an der Richtigkeit der Untersuchungen der beiden letztern Chemiker zu zweifeln, weil wir kein einzi- ges aus wässriger Lösung krystallisirendes Ammoniaksalz einer Sauerstoffsäure kennen, das nicht neben NH3 auch noch HO enthielte. Darby hatte für das 2fach chromsaure Ammoniak die Formel NH?.2CrO? aufgestellt. Wenn D. nicht ausdrücklich angeführt hätte, dass er sein Ammoniaksalz durch mehrfaches Umkrystallisiren aus Wasser gereinigt habe, und dasselbe durch Verpuffen in wasserfreies Chrom- oxyd in Form grüner Theeblättchen umgewandelt worden sei, so würde sich aus den bei seinen Analysen gefunde- nen Zahlen schliessen lassen, dass er 3fach chromsaures Ammoniak unter Händen gehabt habe; denn die von ihm gefundenen Werthe für Chromsäure = 84,96 Proc. 85,20 Proc. stimmen fast genau zu der Formel NH?0.3Cr03, welche 85,25 Proc. für die Chromsäure verlangt, (wenn das Atomgewicht des Chroms = 26 angenommen wird), wäh- rend das 2fach saure Salz 79,36 Proc. CrO? verlangt. Bei der Wasserstoffbestimmung erhitzte er das Salz theils für sich, theils mit chromsaurem Bleioxyde in einer Glasröhre mit vorgelegtem Chlorcaleiumrohre und erhielt das erste !) Annal, d. Chem. u. Pharm. LXV. 204. 2) Quart. Journ. of the chem. soc. III 199, 2* 20 Mal 20,9 Proc., das zweite Mal 23 Proc. Wasser, während sei- ner Berechnung nach 22,96 Proc. gefunden werden mussten. Den Verlust im erstern Falle erklärte er sich daraus, dass sich beim Erhitzen des 2fach chromsauren Ammoniaks für sich in einem Glasrohre ein Theil des Wasserstoffs in Form von Ammoniak, d. h. unverändert verflüchtigt habe, wie er durch den Geruch glaubte bemerkt zu haben. In dieser Beobachtung hat sich Darby aber entschieden getäuscht, denn wenn man das Salz in einem Reagensglase vorsichtig erhitzt, so tritt eine heftige Verpuffung ein, ein Theil des gebildeten Chromoxydes wird bei grösseren Mengen des Salzes herausgeschleudert, Wasser beschlägt die Wände des Glases, und es macht sich der Geruch einer Oxydations- stufe des Stickstoffs, aber nicht der des Ammoniaks be- merklich. Setzt man auf das Proberöhrchen einen Kork mit einer Gasableitungsröhre, welche ganz oberflächlich in schwefelsaure Eisenoxydullösung taucht, so färbt sich an dieser Stelle die Flüssigkeit braunschwarz wie bei der Sal- petersäureprobe; der Geruch des nicht von der Eisenlösung absorbirten Gases lässt ausserdem keinen Zweifel über seine Natur. Da das von mir dargestellte doppeltchromsaure Am- moniak nicht aus Salpetersaurer Flüssigkeit erhalten war, so war keine Täuschung darüber möglich, dass ein Theil des Stickstoffs aus dem Ammoniak sich im Momente der Verpuffung mit einem Theile des Sauerstoffs der Chrom- säure verbindet. Der Verpuffungsrückstand ist fast rein grün, und zeigt nur hin und wieder einzelne schwarze Pünktchen, und muss also neben Chromoxyd auch noch etwas unzersetzte Chromsäure in Form von chromsaurem Chromoxyde enthalten. Dieselben Verpuffungserscheinungen treten beim 3fach chromsauren Ammoniak auf, nur bleibt hier nicht wie beim 2fach sauren Salze in der Hauptsache grünes Chromoxyd zurück, sondern die erhaltenen sogenannten Theeblättchen sind grauschwarz und werden erst bei längerem Glühen an der Luft und über dem Gebläse grün. Ich komme auf diesen Körper später noch einmal zurück. Wenn man nach den von Darby gegebenen Zahlen für den Chromsäuregehalt sich zu der Annahme geneigt 21 fühlt, derselbe möchte nicht 2fach, sondern 3fach chrom- saures Ammoniak vor sich gehabt haben, so scheint auch die Wasserstoffbestimmung mit dieser Annahme in Ueber- einstimmung zu stehen. Darby fand 20,90 und 23,00 Proc. HO, während die Formel NH?0.3CrO? 20,6 Proc. HO ver- langt. Die zu hoch ausgefallene Bestimmung Darby’s im 2ten Falle erklärt sich vielleicht dadurch, dass das bei der Verpuffung. gebildete Stickstoffoxyd mit Wasserdampf und Sauerstoff in Berührung in Salpetersäure überging, welche mit dem Wasser im Chlorcalecium absorbirt wurde, und den Wasser d. h. den Wasserstoffgehalt erhöhte. Richmond und Abel!) stellten die Zersetzung des 2fach chromsauren Ammoniaks als der Formel NH?O.2Cr0? — N-+4HO0 + Cr?O? entsprechend hin, was zwar der Hauptsache nach wahr sein mag, aber das Auftreten des Stickstoffoxydgases lässt sich nicht !in Abrede stellen. Sie bestimmten neben dem in der Verbindung enthaltenen Ammoniak, auch die Menge des bei der Oxydation des Wasserstoffs sich bildenden Was- sers, und fanden 28,89 und 28,08 Proc. Wasser, resp. 3,21 und 3,12 Proc. Wasserstoff, während sie 3,07 berechnet hat- ten, wobei sie freilich das Atomgewicht des Chroms = 26,3 zu Grunde legten. Nimmt man Cr = 26 an, so ver- langt die Formel NH?O.2CrO? 28,57 Proc. HO und dem entsprechend 3,17 Proc. H. Bei der Analyse des mehrfach umkrystallisirten Salzes gaben: 1) 0,5562 Grm. des bei 100 °C. getrockneten Salzes mit 5,9596 Grm. Eisendoppelsalz, Schwefelsäure und 20,1 co. Chromlösung titrirt 0,10555 Grm. O ab, entsprechend 0,4398 Grm. = 79,07 Proc. CrO?. 2) 0,2086 Grm. mit 3,02 Grm. Eisendoppelsalz, St felsäure und 27,3 nn Chromlösung titrirt 0,03979 Grm. O ab, entsprechend en Grm. = 79,48 Proc. CrO®. 3) 0,7214 Grm. des bei 130 getrockneten Salzes mit 1) Quart. Journ. of the chem. soc. IIL 199. 22 Alkohol und Salzsäure reducirt, und mit Ammoniak kKko- chend gefällt 0,4325 Grm. Cr?O® = 0,5691 Grm. oder 78,88 Proc. CrO?. 4) 0,5559 Grm. 0,1589 Grm. HO = 28,60 Proc. ent- sprechend 3,17 Proc. H. Es wurde das Salz im Kohlen- säurestrome erhitzt. Die Gase, welche bei der Verpuffung des mit chromsaurem Bleioxyd gemischten Salzes auftreten, wurden wie bei der Analyse stickstoffhaltiger organischer Körper erst über glühendes Kupferoxyd, und dann über metallisches Kupfer geleitet. Letzteres wurde stark oxydirt. Gefunden Berechnet I. II. II. IV. 2Cr0O® 79,07 79,48 78,88 — 79,36 H® — — — 3,17 3,17 Es scheint mir hiemit bewiesen, dass die Zusammen- setzung des sauren chromsauren Ammoniaks NH?O.2CrO? angenommen werden muss, wie schon Richmond und Abel gegen Darby behaupteten. Krystallwasser enthält das Salz aber eben so wenig wie das entsprechende Kalisalz. Dreifach chromsaures Ammoniak. Dieses Salz wird aus dem vorhergehenden, wie schon "oben bemerkt, ganz in derselben Weise gewonnen, wie das entsprechende Kalisalz. Die Krystalle sind dunkelgranat- roth und geben ein rothes Pulver, haben einen starken Glanz, sind von der salpetersauren Mutterlauge befreit nicht zerfliesslich, sehr leicht in Wasser löslich, wobei sie in Chromsäure und doppelt chromsaures Ammoniak zerfallen, und nehmen beim Erhitzen auf 110° — 120° schwarzrothe Farbe an, verpuffen stärker erhitzt sehr heftig und liefern einen grauschwarzen Verpuffungsrückstand in Form von Theeblättchen. Die säulenförmigen Krystalle sind bei vollkommener Ausbildung sehr flächenreich, und zeigen, wenn auch im allgemeinen dem 3fach chromsauren Kali isomorph, doch einige Abweichungen in den Winkeln. In ihrer einfachsten Form sind die Gestalten als vierseitige gerade rhombische Säulen mit rhombenoetaedrischer Endigung zu betrachten. 23 Die Säulenkanten p sind meist nicht nur durch das Auf- treten eines stumpferen Prismas erster Ordnung, sondern auch eines Prismas zweiter Ordnung abgestumpft, von welchen die Fläche b solche Ausdehnung gewinnt, dass die Krystalle als sechsseitige Säulen erscheinen. In den meisten Fällen ist die Endigung ein einfaches Rhomben- octaeder, häufig tritt noch ein einfach schärferes, seltener ein zweifach schärferes neben dem ersteren auf. In eini- gen Fällen findet sich noch auf a gerade aufgesetzt die Fläche s. (Taf. I. Fig. II. und III.) 2 :b = 90% p:pana= 79012‘ b = 100%48° 12206’ 14106’ 161°18° 110022’—28° 110027: 106024'— 28’ 138044/—52° 160°40° 130°10° 133020° 123040° 150° (9) 130020° a 149040’ 1) 0,5845 Grm. mit Alkohol und Salzsäure reducirt, gaben 0,3532 Grm. Cr?O®?, entsprechend 0,4647 Grm. oder 84,73 Proc, CrO?3, 2) 0,2123 Grm. wurden mit 2,4629 Grm. Eisendoppei- DS DS NUlNUN® = ° LS [>] Be nn Sa 8 oo 80 22 797%0% oe Ps oe o2pseeoTungd ou naanı ES salz, Schwefelsäure versetzt, und 8,7 Chromlösung dagegen gebraucht; es waren also 0,0433 Grm. O abgege- ben, entsprechend 0,1804 Grm. = 84,97 Proc. CrO%. 3) 0,2657 Grm. wurden mit 2,8923 Grm. Eisendoppel- salz und Schwefelsäure versetzt und 6 CT Chromlö- 24 sung dagegen gebracht, es waren also 0,05423 Grm. O abgegeben, entsprechend 0,2259 Grm. = 34,98 Proc. CrO®. 4) 0,3732 Grm. gaben im Kohlensäurestrome verpufft, die Gase über CuO und Cu geleitet, 0,0779 Grm. HO = 20,87 Proc., entsprechend 2,31 Proc. H, die Rechnung ver- langt 20,62 Proc. HO und 2,27 Proc. H. Berechnet Gefunden I. I. II. IV. 3CrO® 85,25 84,73 84,97 84,98 — 4H 2,27 u — —_ 2,31 Es kommt somit dem 3fach chromsauren Ammoniak die Formel NH?0.3CrO? zu. Es zeigt sich also auch bei den Alkalisalzen der Chrom- säure, wie bei denen anderer Säuren, dass die Kali- und Ammoniaksalze untereinander in näherem Zusammenhange Stehen, als diese mit den Natronsalzen. Sämmtliche Kali- und Ammoniaksalze der Chromsäure sind wasserfrei, wäh- rend die Natronsalze zur Bildung ihres Moleculs mehrerer Atome Krystallwassers bedürfen. Ein dem 4fach chromsauren Kali entsprechendes Am- moniaksalz darzustellen, gelang mir nicht. Auf den Unterschied der Verpuffungsrückstände des zweifach und dreifach chromsauren Ammoniaks habe ich schon früher aufmerksam gemacht. Das bei der Verpuf- fung des erstern zurückgebliebene Chromoxyd ist fast rein grün und zeigt nur hin und wieder einige grauschwarze Pünktchen, während das bei der Verpuffung des letztern erhaltene Chromoxyd durchweg grauschwarze Farbe zeigt, und vollkommen homogen zu sein scheint. Dem Ansehn nach konnte man es für Chromsuperoxyd halten, oder für ein sehr inniges Gemenge von Chromoxyd und Chromstick- stoff. Es gelang mir jedoch in keiner Weise darin Stick- stoff nachzuweisen; und es ist auch schon an und für sich unwahrscheinlich, dass sich aus dem dreifach chromsaurem Ammoniak, welches 3 Atom Chrom auf 1 Atom Stickstoff enthält, mehr Chromstickstoff bilden sollte, als aus den zweifach sauren Salze, bei welchem die für die Bildung des 25 Chromstickstofis erforderlichen Mengen der Elemente in den richtigen Verhältnissen gegeben sind: NH?.0.2Cr0?= Cr?N+4H0 +30. Der Zersetzungsprocess ist jedoch ein ganz andrer, als der durch diese Formel ausgedrückte, nämlich wie schon oben angeführt NH?.0.2Cr0°?=Cr?0°’++4H0O-+N. Zur Untersuchung benutzte ich immer frisch darge- stellte Zersetzungsproducte des 3fach chremsauren Ammo- niaks und bereitete sie stets, da sich beim Aufbewahren ihre Zusammensetzung änderte, in derselben Weise. Ich erhitzte kleine Mengen der gepulverten Krystalle auf einem grössern Platindeckel (welcher dadurch allerdings etwas an- gegriffen wird) so lange, bis die Zersetzung des Salzes an einer kleinen Stelle anfing, und liess dann, nach Entfer- nung der Flamme, die Zersetzung sich selbst vollenden. Ich fand, dass die so erhaltenen Rückstände fast völlig gleich zusammengesetzt waren. Die unzersetzt gebliebene Chrom- säure lässt sich aber nur theilweise mit Wasser ausziehen, es ist daher unmöglich aus der Gewichtsveränderung des ausgewaschenen und im Kohlensäurestrome getrockneten Rückstandes einen Schluss darauf zu ziehen, ob Chrom- stickstoff darin enthalten sei, oder nicht. Liesse sich näm- lich die Chromsäure durch Auswaschen mit Wasser völlig entfernen, so müssten die Rückstände, wenn Chromstick- stoff in ihnen enthalten wäre, beim Glühen an der Luft an Gewicht zunehmen, indem Cr?N in Cr?O? übergeht. 0,3550 Grm. gaben nach dem Trocknen in Kohlen- säurestrome bei 130°C noch 0,0030 Grm. ab = 0,84 Proc. Verlust. Ich versuchte die Chromsäure durch weiteres Glü- hen der Theeblättchen im Kohlensäurestrome völlig zu zer- stören, aber ohne dabei zum Ziel zu kommen. 1,0396 Grm. des in Kohlensäure stark geglühten, bei Luftabschluss erkalteten Rückstandes zeigten noch einen Verlust von 0,0019 Grm. = (0,18 Proc. Jedenfalls also keine Gewichtszunahme, die auf Anwesenheit von Chrom- stickstoff hätte schliessen lassen können. Da mir leider nicht die Apparate zur Verfügung stan- den, die gasigen Zersetzungsproducte einer nähern Unter- 26 suchung zu unterziehen, um daraus einen Schluss auf den ganzen Zersetzungsprocess machen zu können, so musste ich mich darauf beschränken, nur ein paar qualitative Ver- suche in dieser Beziehung anzustellen, und den festen Rückstand einer nähern Analyse zu unterwerfen. Der Pro- cess scheint jedoch nach allen meinen Beobachtungen ein so complieirter zu sein, dass er sich schwerlich durch eine einzige Formel ausdrücken lässt. Bei dem ersten qualita- tiven Versuch mengte ich das bei 150° C. getrocknete fein gepulverte Salz mit trocknem eisenfreiem Sand, brachte das Gemenge in ein an dem einen Ende zugeschmolzenes Glas- rohr das bis zur Hälfte mit Magnesitpulver gefüllt war, und fing die Verpuffungsgase über Natronlauge auf, nach- dem vorher alle Luft durch die entwickelte Kohlensäure aus dem Apparate vertrieben war. Das bei der so weniger heftig erfolgenden Zersetzung des Salzes aufgefangene Gas war vollkommen farblos, und wurde nicht von der Natron- lauge absorbirt. Zutritt von Luft erzeugte keine rothen Dämpfe von salpetriger Säure. Stickoxydgas befand sich also diesmal nicht unter den Gasen, ebenso wenig liess sich der Geruch nach Ammoniak bemerken als das Gefäss eingekehrt vurde. Das Gas war anscheinend reiner Stick- stoff, denn ein glimmender Holzspahn wurde ausgelöscht, so bald er in das Gefäss getaucht wurde. Möglicherweise war bei dieser langsamen Zersetzung eine Spaltung einge- treten, die sich durch die Formel ausdrücken lässt: 2(NH?O .3CrO3) = 6Cr0?-+-2N + 8HO. Bei dem zweiten Versuche wurde das Salz nicht mit Sand gemischt in derselben Weise verpufft. Bei der plötz- lich durch die ganze Menge desselben eintretenden Zer- setzung liessen sich schon in der luftfreien Röhre deutlich rothe Dämpfe wahrnehmen, die, durch den Kohlensäure- strom in das mit Natronlauge gefüllte Gefäss getrieben, dasselbe im ersten Mouwient roth färbten, aber eben so schnell auch sammt der Kohlensäure vom Alkali absorbirt wurden, während ein farbloses nicht absorbirbares, indiffe- rentes Gas zurückblieb. Trotzdem ich zu diesem Versuche die dreifache Menge des Salzes angewendet hatte, war das Volumen des farblosen Gases im Absorptionsrohre kaum 27 dem beim ersten Versuche erhaltenen gleich. Der Zer- setzungsprocess bei der schnellen Verpuffung erfolgt also in anderer Weise als bei der langsamen; denn es wurde neben Stickstoff, auch Sauerstoff und Stickstoffoxydgas entwickelt. Die Gleichung, welche diesem Process ent- sprechen könnte, wäre 3(NH?0.3Cr03) = Cr?0!5+12HO + N+-NO?-FO Cr?03 = 4Cr?0°?-++CrO?. Nach der Analyse des festen Verpuffungsrückstandes ist aber das Verhältniss der unzersetzten Chromsäure zu dem des gebildeten Chromoxydes 4 : 43. 1) 0,2668 Grm. frisch dargestellten Verpuffungsrück- standes gaben mit Eisenoxydulsalz und Normalchromlösung titrirt 0,00365 Grm. = 1,37 Proc. Sauerstoff ab. 2) 0,2544 Grm. in derselben Weise 0,0031 Grm. = 1,30 Proc. Sauerstoff. 8) 0,5050 Grm. zeigten beim anhaltenden Glühen 0,0193 Grm. = 3,82 Proc. Verlust (Sauerstoff und Wasser) und 96,18 Proc. Cr?O3. 4) 0,3562 Grm. ebenso 0,0132 Grm. = 3,73 Proc. Ver- lust und 96,27 Proc. Cr2O?., 5) 0,2725 Grm. von einer andern Darstellung gaben mit Eisenoxydulsalz und Normalchromlösung titrirt 0,003856 Grm. = 1,41 Proc. Sauerstoff ab. 6) 0,3039 Grm. in derselben Weise 0,0041 Grm. = 1,87 Proc. Sauerstoff. : 7) 0,3621 Grm. zeigten nach dem Glühen 0,0132 Grm. — 3,64 Proc. Verlust und 96,36 Proc. Cr?Ö3. 8) 0,4494 Grm. einer neu dargestellten Portion wur- den in einer Verbrennungsröhre abgewogen und im Koh- lensäurestrome geglüht, wobei das entweichende Wasser in einem Chlorcalciumrohre aufgefangen wurde. Der Verlust im Ganzen betrug nach halbstündigem Glühen 0,0171 Grm. = 3,80 Proc. Davon kommen auf Wasser 0,0109 Grm. = 2,42 Proc., somit auf Sauerstoff 0,0062 Grm. = 1,38 Proc. 9) 0,3736 Grm. von einer andern Darstellung in der- selben Weise behandelt zeigten nach dem Glühen einen Gesammtverlust von (0,0131 Grm. = 3,50 Proc. Davon ka- 28 men auf Wasser 0,0073 Grm. = 1,96 Proc., somit auf Sauerstoff 0,0058 Grm. = 1,54 Proc. 10) 0,3800 Grm. derselben Masse nach 48 stündigem Aufbewahren im verschlossenen Gefäss gaben ebenso be- handelt 0,0160 Grm. = 4,21 Proc. Verlust, dann kamen auf Wasser 0,0121 Grm. = 3,15 Proc. und somit auf Sauerstoff 0,0039 Grm. —= 1,03 Proc. Die Masse hatte somit beim Aufbewahren schon Wasser angezogen. I. 11° ST: IV. V. SV avalle 45Cr?0? — — 96,13 96,27 — — 96,36 60 1,37 1,30 — — 21,41 1,37 _— 8HO — — — — vo. I. Berechnet 96,20 96,50 96,61 1,38 1,54 1,35 2,42 1,96 2,04 100,00 100,00 100,00 Der schwarze Verpuffungsrückstand (schwarze Thee- blättchen) enthält also keinen Stickstoff in Form von Chrom- stickstoff, sondern nur Chromoxyd, Wasser und etwas der Zersetzung entgangene Chromsäure. Ob die unzersetzte Chromsäure eine chemische Verbindung mit einem Theile des gebildeten Chromoxydes eingegangen ist, wage ich nicht zu entscheiden, die schwarze Farbe scheint jedoch dafür zu sprechen, so wie der Umstand, dass ich bei den verschie- denen Verpuffungen fast constant dieselbe Zusammensetzung fand. Der Zersetzungsprocess lässt sich durch die Formel ausdrücken: 30(NH?0.3CrO°) = (43Cr203+4Cr0?+8H0) + 13N0°+ 17N-+112HO. Ich nehme unter den gasigen Zersetzungsproducten salpetrige Säure an, weil bei jeder Verpuffung der Ge- ruch dieser Verbindung bemerkbar wird, in einem mit Koh- lensäure gefüllten Verbrennungsrohre rothe Dämpfe auftre- ten und Eisenvitriollösung durch Absorption dieses Gases schwarzbraun gefärbt wird. 29 Chromsaurer Kalk. Bei der Digestion von reiner Chromsäure mit über- schüssigem gepulvertem Marmor erhält man eine gelbbraune saure Lösung von chromsaurem Kalk, aus der beim Ver- dunsten über Schwefelsäure im Vacuum gelbe säulenförmige Krystalle des neutralen Kalksalzes anschiessen. Dieselben waren zwar gross genug, um Messungen mit dem Reflexions- goniometer zu gestatten, besassen aber nicht genügend spie- gelnde Flächen. Sie waren opak und schienen dem schwe- felsauren Kalk nicht isomorph, sondern quadratische Säu- len mit quadratoctaedrischer Endigung zu sein. Wie der Gyps enthalten sie 2 Atome Krystallwasser, die sie erst bei starkem Glühen vollkommen verlieren und beim jedesmali- gen Erhitzen zinnoberroth und nach dem Erkalten wieder gelb werden. Das Salz ist in reinem Wasser schwer lös- lich, leicht in Chromsäure haltiger Flüssigkeit. 100 Theile reinen Wassers lösen bei 14° C. nur 0,414 Theile (CaO.CrO? —+2HO) auf, d. h. ein Theil Salz bedarf bei dieser Tem- peratur 241,3 Theile Wasser zur Lösung; dieselbe ist hell- gelb gefärbt. 1) 1,1000 Grm. verloren beim Glühen 0,2012 Grm. = 18,29 Proc. HO. 2) 0,4705 Grm. verloren 0,0903Grm. — 19,19 Proc. HO. Gefunden Berechnet I. Il. Ca0.CrO° == — 81,25 2HO 18,29 19,19 18,75 100,00 Da das Salz so schwer in reinem Wasser löslich ist, erhält man beim Verdunsten der wässrigen Lösung viel weniger gut ausgebildete Krystalle als aus Chromsäurehal- tiger Flüssigkeit. Krystalle des zweifach sauren Salzes konnte ich nicht in solcher Reinheit erhalten, um eine Analyse anstellen zu können. Chromsaures Bleioxyd. Das Chromgelb, die Verbindung, welche man durch doppelte Zersetzung des essigsauren oder salpetersauren Bleioxydes mittelst chromsauren Kalis erhält und gewöhn- 30 lich für neutrales chromsaures Bleioxyd hält, ist, wie ich schon in einer frühern Arbeit!) zu bemerken Gelegenheit hatte, kein Salz von constanter Zusammensetzung. Ich be- nutzte frisch dargestelltes und rein ausgewaschenes Chrom- gelb zur Digestion mit reiner Chromsäure oder Salpeter- säure, um zu versuchen, ob es möglich sei, auf diese Weise ein doppelt chromsaures Bleioxyd zu erhalten. Kochende verdünnte oder concentirte Chromsäurelösung löst jedoch das Chromgelb nicht, kochende concentrirte Salpetersäure löst es schwierig, aber bei mehrmals erneuter Salpeter- säure vollkommen zu einer braungelben Flüssigkeit auf. Aus der Lösung scheiden sich beim Erkalten kleine braun- gelbe stark glänzende Krystalle aus, welche jedoch kein doppelt, sondern nur einfach chromsaures Bleioxyd sind. Setzt man Wasser zu der salpetersauren Lösung, so schei- den sich hellgelbe nadelförmige Krystalle aus, die sehr häufig zwillingsartig durcheinander gewachsen sind. Man kann ihre Bildung unter dem Mikroskope gut beobachten, wenn man neben einen Tropfen der gelbbraunen sauren Lösung einen Wassertropfen bringt und beide allmälig zu- sammenfliessen lässt. Kocht man die mit Wasser verdünnte salpetersaure Lösung, ehe die Ausscheidung der gelben Kry- stalle eingetreten ist, so erhält man nach dem Erkalten ebenfalls die dunkelbraunen Krystalle, welche schon mit blossen Auge erkennbar sind und die Form des schwefel- sauren Eisenoxydul-Ammoniaks zu haben scheinen. Ich konnte jedoch keine so gut ausgeprägten Individuen erhal- ten, dass sie mit dem Goniometer messbar gewesen wären. Dampft man die salpetersaure Lösung des Chromgelb ein, so krystallisirt salpetersaures Bleioxyd heraus, und es bleibt ; Chromsäure in Lösung. Chromsäure in dieser Weise dar- zustellen ist aber nicht vortheilhaft, da das chromsaure Bleioxyd in Salpetersäure zu schwer löslich ist. Zur Analyse wurden die am Boden des Becherglases ausgeschiedenen braunen Krystallkrusten zuerst auf einem porösen Stein von der Hauptmasse der salpetersauren Mut- terlauge befreit, dann zwischen Filtrirpapier gut ausgepresst 1) Diese Annal. XVII. 530. 31 und bei 130° getrocknet. Die von H. Roset) angegebene Methode zur Analyse dieses Salzes fand ich unzulänglich. Denn digerirt man im hohen bedeckten Becherglase auf dem Sandbade das chromsaure Bleioxyd mit Alkohol von 84 Proc. und reiner rauchender Salzsäure längere Zeit bis zum Kochen der Flüssigkeit, was ganz gut ohne Verlust geschehen kann, so wird nicht eher alles Chromgelb zer- setzt, bis eine vollkommene Lösung eingetreten ist. Unter- bricht man die Digestion früher, so bleiben immer Theile des Salzes unzersetzt. Aus der grünen noch mit absolu- tem Alkohol versetzten Flüssigkeit krystallisirt sehr bald das gebildete Chlorblei aber nicht vollständig heraus. Das entstandene Chlorblei wurde auf einem gewogenen, vorher mit Salzsäure und Wasser ausgewaschenen Filter mit abso- lutem Alkohol ausgewaschen. 1) 0,6550 Grm. gaben 0,5116 Grm. PbCl, entsprechend 0,41052 Grm. oder 62,67 Proc. PbO, während die Berech- nung 69,07 Proc. anlangt. Das Filtrat gab mit Schwefel- ammonium einen schwarzen Niederschlag von Schwefelblei und Chromoxydhydrat. 2) 0,7005 Grm. gaben 0,5482 Grm. PbCl entsprechend 0,4544 Grm. oder 64,87 Proc. PbO. Das Filtrat wurde mit Schwefelsäure versetzt und abgedampft, um die salzsauren Salze in schwefelsaure zu verwandeln. Die syrupartige Flüssigkeit mit Alkohol aufgenommen und das abgeschie- dene schwefelsaure Bleioxyd bestimmt, es betrug 0,0244 Grm. entsprechend 0,01796 Grm. oder 2,56 Proc. PbO. Das Filtrat gab wiederum mit Schwefelammonium einen schwarzbraunen Niederschlag, zum Beweis, dass selbst das schwefelsaure Bleioxyd in saurer Chromoxydlösung nicht ganz unlöslich ist. 3) 1,0800 Grm. mit Alkohol und Salzsäure bis zur vollkommenen Lösung gekocht, der Alkohol verdunstet, nach Zusatz von Schwefelsäure bis zum beginnenden Ver- dampfen derselben abgedampft, vorsichtig nach dem Erkal- ten mit Alkohol aufgenommen, und das abgeschiedene schwefelsaure Bleioxyd mit Alkohol ausgewaschen, gaben ı) Handb. d. anal. Chem, I. 370, 32 1,0034 Grm. PbO.SO® entsprechend 0,73882 Grm. oder 68,40 Proc. PbO statt 69,07 Proc. 4) 1,0131 Grm. wurden mit Alkohol und Salzsäure bis zur vollkommenen Lösung und Reduction gekocht, der Al- kohol verdunstet, durch die noch warme Lösung Schwefel- wasserstoffgas bis zur Sättigung durchgeleitet, das ent- standene Schwefelblei abfiltrirt, dasselbe nach Einäscherung der Filters durch rauchende Salpetersäure in schwefelsau- res Bleioxyd verwandelt und als solches gewogen. Es wur- den erhalten 0,9446 Grm. PbO.SO?, entsprechend 0,69553 Grm. oder 68,64 Proc. PbO, aus der vom Schwefelblei ab- filtrirten Flüssigkeit wurde mit Ammoniak und Schwefel- ammonium vollkommener reines Chromoxydhydrat abge- schieden, dasselbe betrug nach dem Glühen 0,2416 Grm. Cr?O?, entsprechend 0,3180 Grm. oder 31,38 Proc. CrO3. Diese Methode scheint mir die genaueste und am wenig- sten umständliche zu sein. Gefunden Berechnet PbO 68,64 69,07 CrO®? 31,38 30,93 100,02 100,00 Die braunen Krystalle sind also einfach chromsaures Bleioxyd, die nur eine Spur chromsäurehaltiger Mutterlauge eingeschlossen hatten. Chromsaure Thonerde. Die ursprüngliche Arbeit, durch die ich überhaupt zu einer längeren Beschäftigung mit Chrompräparaten geführt wurde, bestand in dem schon vielfach unternommenen Ver- suche, die Chromsäure an Stelle der Schwefelsäure in den Alaun einzuführen. Um nicht getäuscht zu werden, war es daher meine erste Sorge, schwefelsäurefreie Substanzen zu dem Versuche zu verwenden !). Ich benutzte die mit Salpetersäure aus chromsaurem Baryt ausgeschiedene reine !) Bei der Digestion von überschüssigem chromsaurem Baryt mit Alaunlösung erhält man zwar eine rothe Chromsäure haltige Flüssig- keit, aber die gewünschte Verbindung wird daraus nicht erhalten, höch- stens durch Chromsäure gefärbte Krystalle des gewöhnlichen Alauns. 33 Chromsäure, um darin rein ausgewaschenes Thonerdehydrat zu lösen. Durch lange fortgesetztes Digeriren beider Kör- per bei Siedehitze ist jedoch keine vollkommene Lösung der Thonerde und Sättigung der Chromsäure zu erzielen. Die durch Asbest filtrirte Flüssigkeit wurde unter der Luft- pumpe bis zu einem dicken Syrup abgedampft und das Verhältniss beider Bestandtheile bestimmt. 1,3683 Grm. Substanz wurden in Wasser gelöst, die Thonerde mit Ammoniak gefällt und gaben nach vollkom- menem Auswaschen 0,0860 Grm. = 6,28 Proc. Al?O?. Das erhaltene chromsaure Ammoniak wurde mit Schwefelsäure sauer gemacht und mit Eisenoxydulsalz und Normalchrom- lösung titrirt. Es wurden 0,1684 Grm. Sauerstoff abgege- ben, entsprechend 0,7017 Grm. oder 51,28 Proc. CrO?°, wo- raus sich das Verhältniss von Al?O®: CrO? = 2:17 ergiebt. Die beim Lösungsversuche ungelöst gebliebene Thonerde enthielt ungefähr auf 10 Atom Al?O®? nur 1 Atom CrO®., Die erhaltene chromsaure Thonerdelösung wurde in 3 Theile getheilt, zu jeder Probe eine zur Sättigung der freien Chromsäure nicht genügende Menge reiner Kali-, Natron- und Ammoniaklösung hinzugefügt und der Verdun- stung über Schwefelsäure überlassen. Krystalle wurden je- doch nicht erhalten. Ebenso erfolglos blieben andere Versuche aus Chrom- säure, chromsaurem Natron (resp. Kali und Ammoniak) und salpetersaurer Thonerde Chromsäurealaune zu gewinnen. Diese Arbeit wurde im Laboratorium zu Halle begon- nen, der grösste Theil der Untersuchungen jedoch im La- boratorium zu Göttingen ausgeführt. Halle, im December 1861. XIX. 1862. 3 34 Ueber einige im Wetter- und Wener-See gefundene Crustaceen von S, Loven. (Aus d. Öfversigt af Kgl. Vet.-Ak.s Förhandl. 1861. No. 6; Vortrag v. 10. Octbr. 1860, übers. von Fr. Creplin.) In unseren grossen Binnenseen sind vor nicht langer Zeit einige Thierarten entdeckt worden, welche wohl eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Es war im April- monate d. J., als der Freiherr G. C. Cederström mit- theilte, dass er im vergangenen Jahr 1859, im Frühjahr, bei Aspa, am nordwestlichen Strande des Wettersees ein Individuum von Idothea Entomon und später nahe Jönkö- ping eine Art der Gattung Mysis gefunden habe. In einer Sammlung niederer Thiere aus dem Wener, welche der Freiherr Cederström vorher an das Reichsmuseum ge- schenkt hatte, fand sich bei näherer Untersuchung nicht allein dieselbe Art Mysis, sondern auch ein merkwürdiger, für unsere Fauna neuer Gammarus. So unerwartete, bloss zufällig angetroffene, aber sogleich von Bedeutung sich zeigende Funde mussten die Vermuthung erwecken, dass noch andere Seethiere in diesen unseren grossen Binnen- seen zu entdecken sein müssten, und der Studiosus Hjal- mar Widegren, welcher den Auftrag hatte, während des Sommers im Wettersee und dessen Umgebungen die Un- tersuchungen der Fischereien auszuführen, deren allgemeine Leitung die K. Landtbruks - Akademie mir anvertraut hatte, es übernommen, auf’s genaueste nachzuforschen, was sich besonders in diesem Binnensee von niederen Thieren finden möchte. Als Hr. Widegren nach dem Schlusse des Som- mers das Gefundene an das Reichsmuseum abgeliefert hatte und die ferneren auf sein Anregen durch das Wohlwollen Anderer beschafften Beiträge hinzugekommen waren, waren die neuen Funde folgende: Mysis relicta n. sp. Cancro oculato Fabr. perquam affınis, sed dignoscenda aculeis marginis laminae caudalis inter- mediae circ. 20, postica versus sensim majoribus et inter 35 se magis remotis, penultimo JUENR fundum ineisurae po- site. Long. 20 mm, Hab. in lacu Vettern, inter Charas, prof. org. 6—]7, ad Jönköping, G. C. Cederström, Widegren, A. Johnsson; prope Motala, G. C. Ced.; in lacu Venern, Idem. Idothea Entomon (L.), — Lacustres, a baltieis aliquantum di- versae minores sunt: ultra 45 millim. ullam nondum vidi, balticam e sino bottnico 72 millim. longam. Testa te- nuior. Forma paullo elongatior, thorace aliquantum bre- viore, et ad segm. quartum nonnihil minus lato, abdo- mine evidenter elongato in ind. Vett, 43 mm. longo, cap. 0,09, thor.0,39, abd. 0,52 =1 - - Balt. 43 - - - 0,01, - 043 - 0,4 =1 Epimeron primum, lobum capitis aliquanto magis ex- cedit, angulo antico externo productiusculo; reliqua po- sterius magis acuminata, 5, 6 gracilia. Pedes minus ro- busti, art. quinto graciliore; postici, ut in baltieis, longitu- dine haud parum variabiles. Sexuum eaedem differentiae. Feminae thorax ad segm. quartum latior; tubera lateralia segm. primi — quartum magis elevata; epimera minora, marg. ext. rectiusculo 1. leviter sinuato. Pedes breviores. Antennae inferiores breviusculae, flagelli artieulis 1—3 coa- litis, <—10 et 11o, apicis, liberis — in mare usque ad 1—3, 4—14, 15. In feminis gestantihus — a 23mm. longis usgque — sternum membranaceum, cavum, et intra basin cujusque pedum 1—-5 lamina marsupialis ovata, magna, quarta majore, prima minore, eujus in non gestan- tibus rudimentum squama appressa semielliptica; apertura oviducti longitudinalis, utrinque ovata, intra basin laminae, in segm. quarto. In maribus canalium efferentium exitus appendieibus binis semiovatis praeditus, et in secundo ab- dom. segmento, ad angulum internum laminae internae, stylus utringue eopulatorius rectus, in aliis efformatus, liber, canaliculatus, productus, laminam duplo excedens, in aliis, adultis, rudimentarius, adnatus laminae, quam parum superat. Differentiae juniorum eaedem: abdomen elon- gatius, caput majus, thorax brevior ; segm. septimum serius efformatum , epimeron ejus in individuo 8mm. primo ab- dominis brevius, vix ullum, in 12 mm. epimero sexto triplo g# 36 fere brevius, in 18 mm. dimidio, in 24 mm. apicem ejus- dem nondum attingit, nec apicem epimeri abdominis secundi. Flagellum antennarum inferiorum aetate auctum; articuli in indivv 8 mm. 1—3 coaliti,.... 4 apieis. a 4—5 6 - er 4—7 3 - 0.0.24 - 1-3 - 4—8 9 - un ende Sg 4—10 11 - a DE EEE 4—12 13 - NR: NAH NO EIGLEE BIN DE 4—13 14 - Hab. in lacu Vettern, ad Aspa, (Cederström), ad Om- berg (Widegren), ad Jönköping, a piscatoribus „Skrubba“ dieta (A. Johnsson). Pontoporeia affinis Lindström, Öfvers. af K. Vet. Ak.'s För- handl., 1855, p. 63. — Hab. in lacu Vettern, pluribus loeis (Widegren). Gammarus loricatus Sabine, Supplement to the Appendix of Capt. Parry’s voyage, containing an account of the sub- jects of nat. hist. p. 231. tb. 1. fig. 7. Kröyer, Danske Vid.-Selks.’s Skr., VII. p. 250. tb. 1. fig. 4. Naturhist. Tidskr. II. p. 258., IV. p. 145. Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. II. p. 52. — Hab. 33 mm. longus in lacu Vet- tern, ad Hjo (Widegren); ad Lemunda (A. Olofson), a pi- scatoribus „Syrsa“ dietus. Gammarus cancelloides Gerstfeldt. M&m. de l’Ac. de St. Pe- tersb. par divers savans, VIII. p. 287. 288., IX. tab. fig. 8. Varietas: antennis superioribus longiusculis, tertiam par- tem corporis excedentibus, flagello art. 17— 26., flagello appendiculari art. 2°; antennar. infer. flag. art. 6—7.; tuberculis in segmentis thoracis 5 prierib. distinetis, in 6, 7 obsoletis, dorsualibus in thorace evanidis, in seg- mentis2prioribus abdominis validis, spiniformibus, in tertio obsoletis Long. 18 mm. -— Hab. in lacu Vettern, ad Om- berg, Lemunda (Widegren, Olofson); in lacu Venern (G. C. Cederström). Diese Thierarten zeigen nun in ihrer geographischen Verbreitung besonders überraschende Verhältnisse. Die Gattung Mysis ist offenbar eine Meeresform; alle ihre bis Jetzt bekannten Arten leben im Meere, mehrere von ihnen 37 im höhern Norden, unter ihnen eben Mysis (Cancer O, Fr.) oculata, welcher M. relicta am meisten gleicht. Von den zahlreichen Arten der Gattung Gammarus leben einige im süssen Wasser; diese alle aber sind weit verschieden von dem ausgezeichneten G. loricatus Sab., welcher in seiner rechten Heimat, dem Eismeere, wo er bisher beim arkti- schen Amerika Prince Regents Insel, Grönland und Spitz- bergen gefunden worden, die ansehnliche Länge von 52 mm. erreicht und somit einer der grössten bekannten Amphi- poden, und, obzwar im Wettersee kleiner, doch auch dort eine bedeutendere Grösse hat, als irgend eine der Bohus- länischen Arten. Pontoporeia affinis Lindström, nahe ver- wandt mit der grönländischen P. femorata Kröy., ist bisher nur in der Ostsee angetroffen worden. Dort und im Eis- meer hat die Idothea Entomon ihre Heimat. Von diesen Meerescrustaceen der grossen Binnenseen hat man sonach noch kein einziges an der so wohl durchforschten westlichen Küste von Skandinavien gefunden; die Ostsee dagegen be- sitzt ihrer zwei, unwahrscheinlich ist es freilich, dass sie auch die anderen beherberge, denn ihre arme Fauna ist weit weniger untersucht worden, als sie es verdiente. Der G. cancelloides Gerstf. endlich ist als Süsswasserthier nur im Baikal und Angarä entdeckt worden. Durch die Frei- gebigkeit des Hrn. J. Fr. Brandt konnte ich unsere Indivi- duen mit einem, obgleich etwas beschädigten aus dem Bai- kal vergleichen. Ich fand Nichts, was Veranlassung geben könnte, ihn als Art zu sondern. 3 Wir besitzen demnach, eingeschlossen in unseren Bin- nenseen, eine Gruppe fremder Thiere, welche von jenen auf das Meer hinweisen, nicht allein auf das westliche, son- dern, durch die Ostsee, über Land, auf das schwach-salzige Eismeer, und eine Art, welche auch in einem sibirischen Gebirgssee vorkommt. Es ist in hohem Grade seltsam, dass ein und dieselbe Thierart gleichzeitig und beständig sowohl in Süsswässern und im Meere lebt; so wesentlich, als die Natur der erstern von der des letztern verschieden ist. Die süssen Gewässer, verbreitet über das Festland und demselben untergeordnet, welches sie aufnahm, haben in ihrer Fauna Vieles mit die- 38 sem gemeinschaftlich, zahlreiche luftathmende niedere Thiere, Larven und ausgebildete. Das Meer, ein Ganzes für sich, hat fast Nichts gemeinschaftlich mit dem Lande. Mollusken, . und von ihnen Gastropoden und Lamellibranchien, ferner Crustaceen und Bryozoen, besitzen die Süsswässer wie das Meer, dieses aber in ohne Vergleich grösserer Mannigfal- tigkeit, die Süsswässer einen Reichthum von Insecten und vielen Arachniden, das Meer allein Tunicaten, Echinoder- men, Akalephen und Korallen. Unzählige Flüsse führen ungeheure Mengen von Eiern oder Jungen ihrer Thiere aus, zahllose Wege, durch welche Thiere aus einem Süss- wasser in ein anderes gelangen, existiren auch zwischen den Süsswässern -und dem Meere, und umgekehrt; aber nirgends findet man Limnaen, Paludinen, Najaden, Dytiken oder andere Süsswasser-Insecten im Meere, da, wo dieses seinen vollen Salzgehalt hat, zu Hause, und wenn seine niederen Thiere in einen grossen Fluss eingewandert sind, so halten sie sich in der tiefen Furche, in welcher das Meerwasser ein Bett für sich unter dem Flusswasser bildet. Treibt ein heftiger Sturm das Meerwasser plötzlich in ein Süsswasser oder eine Flussmündung, so werden deren Fische getödtet.!) Beudant übersiedelte Süsswasser-Mollusken in ein Wasser, welches 0,04 Kochsalz enthielt, und alle waren binnen kurzem todt.?2) Wie ein Gift wirkt süsses Wasser auf Meerthiere. Die blaue Varietät von Asterias rubens, welche so reichlich am Strande bei Bohuslän vorkommt, wurde plötzlich steif, mit eingezogenen Fusspapillen, als Sie aus dem Meerwasser in süsses versetzt ward. Als sie in diesem !/, Stunde lang gelegen hatte, begann sie, wie- derum in Meerwasser gesetzt, um eine Weile von neuem sich zu rühren; nach einer Stunde in süssem Wasser war sie schon sterbend und blieb lange schwach, nach 2 Stun- den war sie todt. Meermollusken, welche sich nicht in ihre Schale zurückziehen können, sind in hohem Grade empfindlich. Aplysia punctata Cuv., in süsses Wasser ge- !) Wie im Liimfjord 1825. Forchhammer, Geognost. Studien am Meeresufer; Leonhard u. Bronn, Jahrb. 1841. p. 11.; in Start Bay in Devonshire; De la Beche, Geol. Manual. 3. ed. p. 31. 2) Annales de Chim. et de Phys. II. 1816. p. 32. 39 senkt, zog sich plötzlich krampfhaft zusammen und leerte mit Heftigkeit ihren Purpursaft aus, nach 5 Min. wieder in Meerwasser gelegt, blieb sie zusammengezogen und krank. Beudant machte Versuche mit einer Menge schalentragen- der Meeresmollusken; alle starben plötzlich. Quatrefages fand Meer- Annulaten fast augenblicklich in süssem Wasser sterbend.!) Das Kochsalz ist das Entscheidende: seine Ge- genwart wirkt tödtend auf Süsswasser-, seine Abwesenheit auf Meerthiere. Dies merkwürdige Verhalten aber findet nieht in gleichem Grade bei allen Thieren Statt. Am we- nigsten davon abhängig sind die Fische. Periodisch be- geben lachsartige Fische jedes Jahr sich aus den Süsswäs- sern, in denen sie geboren werden müssen, zum Meer hinab; hochnordische Heringsarten steigen im Nachsom- mer in Siberiens und Kamtschatka’s Flüsse und laichen in ihnen;?) Alosa Finta steigt im Frühling aus allen Meeren Europa’s hoch in deren Flüsse hinauf, und andere Arten aus dem atlantischen Meer in die von Nordamerika; Flun- dern gehen im Frühjahr in die Mosel, die Loire, die Rönne (Pleur. Flesus), in die Seine (Pl. Limanda), den Rhein (Pl. Solea); Petromyzon marinus wird im Süsswasser erzeugt; Aale, welche im Meer erzeugt werden, steigen als Junge in die Süsswässer und gehen in das Meer zurück, wenn die Fortpflanzung bevorsteht. Bei den rückgratslosen Was- serthieren, mit ihrem im allgemeinen geringen Bewegungs- vermögen, sind solche mehr oder weniger periodische Wan- derungen nicht beobachtet worden; aber vermöge uns un- bekannter Veränderungen in ihrer Organisation sind viele von ihnen befähigt, sich allmählich an ein Medium zu ge- wöhnen, welches, schnell über sie gekommen, ihnen plötz- lich todtbringend geworden sein würde. Beudant beobach- tete, dass, wenn süsses Wasser nach und nach mit Koch- salz versetzt wurde, bis es, nach 5 Monaten 0,04 davon aufgelöst enthielt, Limnaeen, Planorben, Physa fontinalis, Ancylus, Valvata eristata, zu leben fortfuhren, während Pa- ludina vivipara, P. impura und Neritina fluviatilis aus der 2) Comptes rendus, 1843. II. 962. 2) Pallas, Zoogr. Rosso -Asiat. III. 209. — v. Baer, Beiträge zur Kenntn. des russ. Reichs. IX. 1. 87. 40 Seine weit mehr litten und Unionen, Anodonten und Cyela- den schon früh umkamen. Im Meerwasser, welches er 5 Monate hindurch nach und nach verdünnte, blieben nicht wenige Arten am Leben, als Patella vulgata, Litorina, Pur- pura, Cerithium, Columbella, Arca, Venus, Cardium, Ostrea, Mytilus, andere waren schon todt, hatten aber einen Ge- halt von nur 0,02 Kochsalz vertragen. Es ist wohlbekannt, wie die Auster gezwungen werden kann in einem fast süs- sen Wasser zu leben. Wenn aber Verhältnisse und Ver- suche wie diese zu Tage legen, dass das Individuum ge- wöhnt werden kann, so vermögen sie doch selten darzu- thun, ob die Fortpflanzung der Art so fremde Lebensbe- dingungen ertragen könne. Veränderte äussere Verhältnisse wirken, wie Darwin bemerkt, zunächst auf die Thätigkeit der Geschlechtsorgane. Die Entwicklung der Eier, wenn es dazu kommt, allezeit äusserst empfindlich gegen äussere Einflüsse, muss durch die selbst plötzliche Berührung mit einem der Art fremden Medium gestört werden. Daher findet sich an jeder Flussmündung eine Gränze für die Meer- sowohl, als die Süsswasserthiere. Es giebt für sie keine Wahl. Es ist für den Lachs eine Lebenssache, in laufendem süssem Wasser zu laichen; in dieses muss er aus dem Meere steigen. Bisweilen jedoch begiebt es sich, dass die Veränderung des Mediums, in welchem die Was- serthiere leben, so langsam vor sich geht,’ und auf eine solche Weise, dass, selbst wenn einige Arten untergehen, andere den neuen Einflüssen widerstehen, begünstigte For- men, welche mit einigem Verlust an der Grösse und nur geringen Abweichungen von der typischen Gestalt aus- dauern, wo die andern umkommen, wie unter den höhern Thieren, welche in der Gefangenschaft gehalten werden, einige Arten sich reichlich fortpflanzen, andere steril blei- ben. Der Lake of Stennis auf den Orkney-Inseln hat sich in den neuesten Zeiten allmählich aus salzigem in süsses Wasser und Sumpf verwandelt, und während dieser gros- sen, aber langsamen Veränderung haben Cardien und My- tii mit neu dahin gekommenen Limnäen und Neritinen fortgefahren zu leben, nachdem andere Meerthiere unter- 41 gegangen sind.!) Ein solches gemischtes Wasser, und zwar ein sehr sehr grosses, ist die innere Ostsee, deren arme Fauna aus in dieser Hinsicht begünstigten Thierarten von beiden Seiten, Süsswasserthieren, welche sich an ein Brack- wasser gewöhnen konnten, Meerthieren, welche bei dessen geringen Gehalt an Kochsalz zu leben vermögen, besteht. 22 eigentliche Süsswasserfische — unter denen die Cypri- nen sich meistens an die Buchten halten und einige wenige dem in dem offnen See liegenden Gotland angehören, — Limnaeus balticus, welcher eine Form von L. ovatus ist, Physa fontinalis, ein oder die andere Bithinia tentaculata, — aber keine Paludina, kein Planorbis noch Unio, keine Anodonta noch Cyclas — leben dort zusammen mit 20 Meerfischen, mit Cardium edule, Mytilus edulis, Tellina bal- tica und Mya arenaria, mit Arten von Nereis und Polyno&, Crangon und Palaemon. „An die wenigen Arten,“ äussert Lindström, „welche der Ostsee eigenthümlich sind, heftet sich ein um so grös- seres Interesse, als man bei ihnen, wie bei Idothea Ento- mon und Pontoporeia affınis eine gewisse Verwandtschaft mit arktischen Formen, Id. Sabinei Kröy. und Pont. femo- rata Kr. verspüren kann.“ ?) Der von Ekström bei Mörkö entdeckte, ferner bei Neder-Calix (Aabom), in den Scheeren von Stockholm (Ce- derström), in Brävik (v. Yhlen) und bei Gotland (G. Lind- ström) gefundene Liparis barbatus ist von einer arktischen Gattung, und die Art hielt Ekström für identisch mit einem bei Kamtschatka gefangenen Fische; Lumpenus nebulosus Fries, kürzlich im Brävik entdeckt und dem Reichsmuseum von Hrn. G. von Yhlen verehrt, ist eine hochnordische Form, und von Pleuronectes Platessa beschrieb Nilsson aus der Ostsee eine Varietät, welche dem Pl, dwinensis Lillje- borg nahe kommt. Es ist eine alte Angabe, dass der See- bulle, Cottus quadricornis L., welcher in der innern Ostsee so allgemein bekannt ist und auch im Wettersee lebt,?) gleich- !) Murchison, Verneuil and Keiserling, Geol. of Russia in Eu- ropa. I. 302. 2) Öfvers. af Kgl. V.-Ak.’s Förhandl. 1855. p. 49. ®) Fries, Ekström och Wright, Skandinaviens Fiskar, P- 38. 42 falls den Baikal und das Eismeer bewohnen soll;) — das aber scheint noch der Bestätigung zu bedürfen. Die Gat- tung ist am ausgebildetsten im höchsten Nordmeer und mit Cottus Scorpius L. dürfte sogar eine hochnordische Art, C. porosus Val.?), identisch sein. Die Idotheen treten am ausgebildetsten in den Mee- ren der beiden Polargegenden auf; Glyptonotus antarcticus Eights ®) wetteifert in Grösse mit den nordischen. Idothea 1) Georgi erwähnt seiner als im Baikal und den beiden Angarä- Flüssen vorkommend, „spannelang“, selten, Reise, I. p. 179, — Pallas sagt: „E sinu fennio et ostico fluvii Nevae maximos et pulcherrimos habui, simillimos baicalensibus. In Jenisea, lacu Baikal et fluvis rivu- lisque ad illum pertinentibus, usque ad mare glaciale frequens est, nec minus vulgaris eirca Kamtschatkam.“ Tilesius aber setzt hinzu, dass er drei Jahre hindurch keinen einzigen bei Kamtschatka gesehen habe; Zoographia Rosso -Asiat. III. 127. — Sabine führt an, dass zwei Indi- viduen von 5—6“ L. bei der Melville-Insel gefangen, in jeder Hin- sicht mit der Beschreibung und Zeichnung des C. quadricornis bei Bloch, III. p. 146. t. 108. übereinstimmten. Suppl. to the Appendix ;of Cap. Parry’s Voy. 1819— 20. p. 213. — J. C. Ross führt sie als bei Boothia gefangen an, setzt aber hinzu, dass sie-von den Eskimo Port Kan ny yoke genannt werde, ein Name, welcher nach O. Fabrieius dem C. Scor- pius Fabr. (Kaniok) zukommt; App. J. Ross 2d. voy., p. 52. — Richard- son beschrieb in der Fauna bor. amer. III. p. 44. einen bei der Mün- dung des Kupferminenflusses gefangenen C. hexacornis; nachdem er aber an demselben Locale im J. 1849 gefischte Exemplare mit Exemplaren im British Museum verglichen hatte, fand er, dass die Art C. quadicor- nis war: Belcher, the last of arctic Voyages, Il. 349. Aber es wird, wie Kröyer bemerkte, aus Yarrell’s Brit. Fishes, ed. Richardson, U. 64, nicht klar, was der dort aufgenommene C. quadricornis sei, welcher beim nordöstlichen England vorkommen soll und unter C. Scorpio auf den Londoner Markt gebracht werde. — Mit diesen Angaben muss der seit 0. Fabricius nicht näher beschriebene C. scorpioides verglichen werden. 2) Cuvier et Valenciennes, Hist. nat. des poiss., VIII. suppl.p. 498. — Guer, Icon. Poiss. t. 11. f. 3. Beschreibung und Figur passen voll- kommen auf unsern C. Scorpius, dessen Seitenlinie ganz so ist, wie sie von C. porosus beschrieben wird; in der Mitte einer Reihe von geraden Schleimröhren, jede mit kleiner Oeffnung und hinter dieser eine drei- eckige Grube; ungefähr in der Mitte jeder solchen Röhre gehen zwei andere schief nach hinten gerichtete ab, eine kürzere, gerade, nach oben und eine längere und gekrümmte, nach unten. Bei baltischen Männchen sieht man im obern Winkel eine Hautfalte mit darin verborge- nem Stachel, welcher nach unten eine ähnliche, unbewaffnete, entspricht. >) Sill. Journ. XXI. 391. 43 Entomon (L.) durch ihre Grösse — sie gehört zu den gröss- ten der bekannten Isopoden — und ihre Häufigkeit bekannt in allen Theilen der innern Ostsee unter dem Namen Krä- vika in Norbotten, Syrmask in Österbotten, Krabbdragare in Södermanland, Djupmack auf Gotland, ist selten schon im Sunde, südlich von Kopenhagen, unbekannt bei Kullen und niemals beobachtet an der ganzen Westküste von Skan- dinavien. Schon Pallas gab dagegen an, dass sie von Stel- ler bei Kamtschatka gefunden worden seit); aber eine von ihm hinzugefügte, offenbar unrichtige Angabe, dass sie auch den indischen Ocean bewohne, warf über die ganze Sache einen Zweifel, welcher sich nicht durch die im gan- zen wenig genaue, fernere Beschreibung der kamtschatki- schen von Tilesius?), noch durch die in den englischen hochnordischen Reisen befindlichen Angaben über ihr Yor- kommen beim arktischen Amerika°), entfernen liess. Ganz anders war es, als Brandt, welcher die von Middendorff mitgebrachten Crustaceen einer kritischen Behandlung un- terwarf, Idothea Entomon als aus dem Eismeer, dem Ochotz- kischen Meer und Kamtschatka angab®). Seitdem ist sie uns noch näher, bei Peissen, von Nylander und Gadd, wel- cher letztere die Güte gehabt hat, Exemplare von dersel- ben mitzutheilen, gefunden worden. Durch Hrn. v. Mid- dendorff’s Güte konnte ich schon vor mehreren Jahren der Akademie ein Individuum dieser Art vorlegen, welches zwi- schen den Mündungen des Oby und Petschora gefangen worden, und die Schlüsse hinsichtlich der Vorzeit der’ Ost- see, welche hier etwas näher entwickelt werden sollen, an- deuten. Anihren Stranden, an der ganzen nördlichen Küste des Eismeers, wenigstens vom Varangerfjord an, ist diese Art verbreitet. Beim arktischen Amerika dagegen und dem nördlichen Grönland ist eine andere, nahestehende Art hei- misch, Idothea Sabinei Kröy., über deren Verhalten zu Id. !) Spieil. zool., fasc. IX. p. 64. t. V. fig. 1-6. 2) M&m. de l’Acad. de St. Petersb. V. p. 373. ?) Sabine, Supplement to the App. of Capt. Parry’s Voy. for the diseovery of a north - west pass. in the years 1819 — 20. p. 227. — Owen, Zoology of Beechey’s Voy. p. 91. Adams, Sutherland’s Voy. II. p. CCXIV. *) v. Middendorfi, Sibir. Reise, II. Zoologie, I. 145. 44 Entomon (L.) Prof. Steenstrup in Kopenhagen die genaue- sten Erläuterungen mitzutheilen beliebt und Hr. J. E. Gray die Güte gehabt hat, ein an der Repulse Bay von Dr. Rae gefangenes Exemplar zu senden. Solches sind einige der hervorspringenden Züge arkti- schen Thierlebens in der innern Ostsee, deren arme Fauna keine verarmte europäisch - boreale, sondern eine Zusam- menkunft zäh ausdauernder Ueberbleibsel einer asiatisch - arktischen Thierwelt, Neuankömmlinger von Westen aus der Nordsee und den Stränden nahe, auswandernder Süsswas- serformen ist. Die weit reichere, rein marine an der west- lichen Küste von Skandinavien hat auch ihre hochnordi- schen Arten — ich habe vor langer Zeit diejenigen aufzu- stellen gesucht, welche in den Bestand ihrer Mollusken- fauna eingehen !), — aber das arktische Element ist nicht ganz dasselbe auf beiden Seiten. Die Untersuchungen der Geologie über den Zustand des Nordens während der Zeit, welche zunächst der histo- rischen voranging, — O. Torell hat sie in seiner Schrift über die Mollusken Spitzbergens ?) zusammengestellt — ver- breiten Licht über diese eigenthümlichen Verhältnisse. Jens Esmark’s schon 1824 aus Beobachtungen in Norwegen hergeleitete Schlüsse, Sefström’s grossartige Auffassung des Riefenphänomens, welche durch Böthlingk und Silje- ström ihre volle Bedeutung erhielten, Keilhau’s, Forch- hammer’s, Nilsson’s u. Durocher’s Werke, Steenstrup’s Un- tersuchungen der in die Torfmoore niedergelegten Ve- getation, Rink’s Schilderung von Grönlands Binnenlands- eise, Desor’s und Martins Vergleichungen der nordischen Verhältnisse mit gleichartigen in der Schweiz und Nord- amerika, Chambers Beobachtungen, von Post's Monogra- phien von Bergrücken und Trümmergesteinbetten, Erd- mann’s Chartenlegung der weichen Erdschichten, endlich Weibye’s, Rördam’s, Olbers’, Paykull’s, Kjerulf’s und Sars’ Forschungen haben die handgreiflichen Merkzeichen der 1) Öfvers. af K. V. A. Förhandl. 1846. p. 252. 2) Bidrag till Spitzbergens Mollusk-Fauna, jemte en allmän öfver- sigt af arktiska regionens naturförhallanden och forntida ut bredning. I. Stockh. 1850, 45 Eiszeit, der Jökelzeit, der Glacialperiode zu Tage gelegt, welche unser Norden, eben wie England und das nördliche Amerika, in noch reicherem Maasse, als die Züge der Alpen, besitzt, wo Venetz und Charpentier, Agassiz, Guyot, Dau- bree u. A. auf so vortreffliche Weise deren Entstehung und Bedeutung aus einander gesetzt haben. Zu einer Zeit, welche im grössern Theile des übrigen Europa’s durch die gleichzeitige Gegenwart der jetztleben- den Landsäugethiere mit vielen verschwundenen, mächtigen Arten bezeichnet war, auf welche der Mensch als Wilder Jagd machte, trat allmählich eine Periode ein, in welcher über weit ausgedehnte Strecken — in denen früher, wie es jetzt wieder ist, ein mildes Klima geherrscht hatte — die Wärme abnahm, die Feuchtigkeit sich vermehrte und die atmosphärischen Verhältnisse entstanden, welche, wenn auch nicht gleichzeitig überall, doch innerhalb grosser Räume Bildungen von ungeheuren Eismassen auf den Anhö- hen des Festlandes und dessen Thälern veranlassten. Skan- dinavien nebst Finnland, das weitausgedehnte nordische Ge- biet, in welchem die Granit- und Gneissbildung auf über- wiegend grossen Flächen jetzt entblösst liegt, nur zu einem sehr geringen Theile von sedimentären Lagern bedeckt, wurden damals — wie es in unseren Tagen auf Grönland ist — von einem bis an tausend Fuss mächtigen Inlands- eise überdeckt, aus welchem nur die höchsten Berges- spitzen mit scharfen Kämmen hervorragten. Alles Uebrige, Alles, was weniger als 5000‘ über dem gegenwärtigen Mee- resspiegel liegt, ist voll von Merkmalen, welche das Eis hinterlassen hat, ist abgerundet, gefurcht, geritzt, abge- scheuert, abgeschliffen, bedeckt von den lockeren Massen, die der Frost abgesondert und Eis und Wasser weiter ge- trieben haben. Von mehreren Puncten in einem gemein- schaftlichen Bezirke aus, welchen die höchsten gegenwär- tigen Gebirgszüge von Skandinavien und — wie es schei- nen will — zugleich Gegenden zwischen den Westerdalar und Jemtland ausmachen, welche nunmehr nicht zu den am höchsten liegenden gehören, nahm das grosse Eis die Richtung seiner Bewegungen in den orographischen Formen, welche der festen Oberfläche im Voraus gegeben waren, 46 und in den Thälern schossen überall seine Arme gegen das Meer als Jökeln!) hinab, welche bis zu dem damaligen Meeresstrande hinabschritten. Wie ausgedehnt und wie begränzt das nordische Eis- land war, darüber ist nur noch eine Andeutung gewonnen worden. Alles das lockere Material würde wieder zu der festen Masse gelegt, würde für diese kein geringer Zu- wachs Sein; aber das Land war auch vermöge seiner Er- hebung über die Meeresfläche grösser und ausgedehnter als jetzt. Die Riefeln zeigen sich an vielen Stellen unter diese fortlaufend, so weit man sehen kann, und Nordenskiöld d. Aelt. entblösste bei Helsingfors ein geriefeltes Felsenstück auf 32° tief unter der Meeresfläche. Verfolgt man auf Charten, welche die Richtung der Riefeln zeigen, die äus- sern Gränzen des nordischen Gneiss-Granit- Landes, gegen das West- und das Eismeer ‚ von Kullen bis zum Weissen Meere, gegen den Onega und Ladoga und den finnischen Meerbusen, so strahlen überall die Riefeln in die Thäler aus gegen das Meer. Es ist jedoch ein bemerkenswerther Umstand, dass man, ihre Richtung an den Küsten der Ost- see betrachtend, sie an der östlichen Seite des bottnischen Busens mit Finnlands Landhöhe zum Centrum, nicht nach dem Meer hin gehen, sondern, als ob sie durch eine von Skandinaviens Gebirgshöhe, von der schwedischen Seite kommende Vis a tergo, in der Richtung von Nordwest nach Südost aus dem Botten- zum finnischen Busen hinstreichen. Auch hierbei folgen sie jedoch gegebenen orographischen Formen; denn, so wie vielmals bemerkt worden, halten in Finnland die Betten der Seen und Wasserläufe auf eine merkwürdige Weise die Richtung, welche auf der schwe- !) Einer Mittheilung des Hrn. Rydquist zufolge entspricht dem isländischen Jökull (Glacier) linguistisch das norwegische Jukel, Jukull, Jökul, Isjukel, welches jedoch Eiszapfen bedeutet, während die islän- dische Bedeutung nach Iver Aasen (Ordbog over det norske Folke- sprög) in Norwegen unbekannt sei; doch zeigen die Charten das Ge- birge Jökeln in Hallingdal und Jökelfjord in der Finnmark, Das Da- lekarlische hat Ikel, Aisikel, Norrbottn. Ikel, immer in der Bedeutung von Eiszapfen, sowie im Englischen Icicle, Northumbr. Ice. Das Wort scheint im allgemeinen eine Eismasse zu bedeuten, welche am Ende schmilzt. Glacier — Eiszapfen. 47 dischen Seide herrschend ist, und obgleich die Flüsse zu beiden Seiten des Wassertheilers [? Vattendelare] einen ent- gegengesetzten Lauf haben, ist es dennoch, als ob ihre Thäler eine Fortsetzung der norländischen seien. Man kommt dem Gedanken ganz nahe, dass das Eis die Sen- kung des Bottenbusens!) angefüllt und somit im Zusam- menhange der Richtung der Thäler nach vorwärts schreiten gekonnt habe. Aber nahe im Süden von dort ergeben sich Zeichen eines vergangenen Landes. Die silurischen Bil- dungen in Esthland, Ösel, Gotland, Öland, sind ohne Zwei- fel Fragmente eines einmal zusammenhangenden, grössern Landes, welches jetzt die Vertiefung der Ostsee ist.?) Von der lebenden Natur, welche auf dem hohen Lande existirte, das vom Eise bedeckt ward und welche, als die Wärme ihr entzogen wurde, erst verarmte und dann unter- ging, können keine Ueberbleibsel auf uns gekommen sein. Waren in den Thalsenkungen tertiäre Lager vorhanden, be- merkt Torell, — sie finden sich noch nicht weit ausser- halb des skandinavischen Bereiches — so wurden sie ohne Zweifel frühzeitig und vollständig entfernt. . Das Eis zeigt sich in seinen Bewegungen, wo sie zur Beobachtung der jetzigen Zeit kommen, und in den stark ausgeprägten Spu- ren, die ihre vormals weit ausgedehnten gleichförmigen Wirkungen hinterlassen haben, als ein mechanisches Agens von der höchsten Kraft. Es ergiebt sich deutlich, dass die Verminderung der festen Masse ansehnlich war und dass von sedimentären Bildungen die jüngsten, wahrscheinlich weichsten, welche zuerst unter die Arbeit des Jöckels ka- men, bald verschwanden oder als Zeichen ihres Daseins nur solche festere Stücke hinterliessen, welche in ihrer Masse eingeschlossen waren, wie die Feuersteine in der Kreide, und es lässt sich vermuthen, dass das, was noch in fester Kluft vorhanden ist, meistens zu den älteren oder ältesten Bildungen gehören werde. Feuersteine aus zer- störten Kreidebetten liegen in Bohuslän zerstreut in der 1) Vgl. Desor, Sur la physiognomie des lacs suisses, Revue Suisse 1860. Auszug in d. Biblioth. de Geneve, Archives VII. 346. 2) Vgl. Friedr. Schmidt, Beitr. zur Geol. d. Insel Gotland. Arch. f. d. Naturkunde Liv-, Esth- u. Kurlands. ıste Serie. II. p. 403. 48 weichen Eerde und in den Stein... des Meeresstrandes; in altem, ungestörtem Grus auf Bokenäs, auf Oroust wohl erhaltene Umwandlungen des für die weisse Kreide des nördlichen Europa bezeichnenden Ananchites ovatus Lamk; aber erst weit weiter weg von den Centralgegenden des Eises, im südwestlichen Theile von Schonen, findet sich die Bildung, zu welcher ihre feste Kluft |? fast klyft] gehört hat, fragmentarisch in zerstreuten, unbedeutenden Flecken. Dagegen machen silurische Lager die Hauptmasse hier im Norden erhalten gebliebener sedimentärer Bildungen aus, wenngleich auch von diesen Vieles weggeführt, ausgetilgt oder unkenntlich geworden ist. Eben das Vorhandensein, dieser Reste und deren Zustand legt es zu Tage, dass das umfassende Wirken des Eises durch eine grosse Verände- rung'im Verhalten zwischen Meer und Festland beschränkt und abgeschlossen ward. Die bis dahin über das Meer erhöhte Erdoberfläche sank allmählich zu einem bedeutenden Theil unter dasselbe hinab, das Meer trat heran und stieg auf, der Strand, bis dahin entfernt, zog sich nach und nach höher, und die Jö- keln schmolzen mit der Zeit. Es dürfte sich einmal zei- gen lassen, dass diese Veränderung nicht gleichmässig ge- schah, dass vielmehr die feste Oberfläche sich wechselweise hob und senkte und dass die Jökeln von Zeit zu Zeit zu- nahmen; aber Beobachtungen bewiesen auf das sicherste, dass das Meer schliesslich ungefähr 500‘ höher am Strande hinauf stand, als jetzt. Da, wo ein Jökel mit dem Meere zusammenkommt, findet er sein Ende und schmilzt. Was durch das Sinken des Landes unter das Letztere gerieth, war von der unmittelbaren Einwirkung des Eises, und je tiefer, auch gegen die des Meeres, geschützt. Es ist ver- muthlich das Werk des Eises, dass von einer grossen silu- rischen Bildung, welche einmal das ganze Flachland öst- lich vom Wenersee bedeckte, nur um hinaufgeschobene plu- tonische Massen herum etwas übrig ist, aber weiter weg auf ihrer nördlichen Stossseite, als auf der Leeseite. Man dürfte auch selbst der Vorstellung Raum geben können, dass Öland und Gotland ihre länglichen Formen und ihre an der westlichen Seite geebneteren, an der östlichen in 49 einer gewissen Richtung mehr kantigen Strandlinien durch die Einwirkung des Eises erhalten haben, aber durch den Schutz des Festlandes oder dadurch, dass die Bewegung des Eises durch irgend eine vorliegende Erhöhung, von welcher die Gotska Sandö eine Andeutung ist, verringert worden sei. Es war aber das Sinken unter die Oberfläche des Meeres, wodurch diese Reste des baltischen Silurlan- des vor völliger Zerstörung geschützt wurden. Grössere und kleinere Fragmente der Gebirgsarten des eisbedeckten Landes, :Probestücke einer Mutterkluft (moderklyft ?) nicht selten von solcher Beschaffenheit, dass sie unter dem Jökel in unkenntlichen Schlamm verwandelt, auf dessen Oberfläche, oder in dessen Eis eingeschlossen, dem Strande zugeführt werden mussten. Dort lösen sich von dem hervordringenden Jökel ungeheure Stücke ab, welche als Eisberge mit dem Strome forttreiben und aus- sen im Meere Haufen von Steinen niederlegen, die in der Länge der Zeiten sich zu Bänken ansammeln, z. B. solchen, wie die Wallrossbänke bei Spitzbergen !), oder sie weit weg nach Gegenden führen, für welche sie Fremdlinge sind. In einem weiten Kreise, welcher mit dem nordischen Gneiss - Granitlande zum Centrum durch Russland und das nörd- liche Deutschland geht, und den man zum Theil als die Gränze eines Eismeers bezeichnend ansehen kann, liegen unzählige Steine nordischen Ursprungs in der lockeren Erde zerstreut, hier und da zu grösseren Mengen ange- häuft, und von Moskau an durch Polen, Schlesien, das nördliche Deutschland bis nach Holland so reichliche Pro- bestücke von Esthlands und Schwedens silurischen Bildun- gen und andere von unsern sedimentären Lagern, dass sie reichhaltige Beiträge zu der Paläontologie des Nordens lie- fern könnten. Die Senkung fuhr fort, die Jökeln schmolzen herab und ihre Arme zogen sich nach den Thälern hinauf, gegen den Centralbezirk zurück, innerhalb dessen die einzelnen Mittelpunkte sich mehr als zuvor geltend machten. Die von ihnen zurückgelassenen Jökelfelder (Moränen, [Glet- ı) O. Torell, a. a. O. p. 8. XIX, 1862. 4 50 scherwälle, schwedisch Jökelgärden]) trifft man noch an vielen Stellen an. Jenns Esmark sah in Gegenden von Norwegen, in denen man jetzt erst bei 2— 3000‘ Höhe und gegen Nordost zerstreute Schneemassen perennirend findet, alte Jökelfelder von mächtiger Grösse über das Thal nahe an der Meeresfläche ausgebreitet, und nahm wahr, wie die Sohle des Thales gehöhlt und die Seiten von dem seit lange verschwundenen Jökel zerschnitten und geschlif- fen waren.!) Spätere Forscher haben sie an mehreren Stel- len des inneren Norwegens gesehen, bei der Fogstue liegt nach O. Torell eines mehrere 1000‘ über dem Meere, und eines, 100° mächtig, ist von dem Fondalsjökel an der Mün- dung des Thales hinterlassen worden.?) Trümmergesteins - Betten nehmen in Schweden bedeutende Räume ein — v. Post und Erdmann haben uns mit ihnen bekannt ge- macht ?) — ungeordnete Massen von unbestimmt kantigen Steinen von frischem Bruch, theils auf einer oder der an- dern Seite gerieft oder geschliffen, die meisten der Gebirgs- art fremd für die Umgebung und von dahinter, bisweilen niedriger gelegenen Stellen dahin geführt, ohne Ordnung eingestreut in einem feinen, hartgepackten Grus scharfkan- tiger Körner, eingehüllt in einen thonartigen Schlamm der zu Staub gemahlenen Gebirgsart — „mit diesen Worten“, sagt Torell, „könnte ich jedes Jökelfeld auf Spitzbergen beschreiben.?) Das Meer bedeckte nach und nach einen grossen Theil des mittlern Schwedens. War die Oberfiäche des Landes von der Höhe und Tiefe so, wie sie jetzt ist, und die Sen- kung auf allen Punkten dieselbe, so näherte sich ein Meer von Osten, ein anderes von Westen her, und beide begeg- neten sich auf der Landhöhe. Die Ufer des Wettersees ı) Magazin for Naturvidenskaberne, I. 1. 1824. p. 28. 2) Torell, a. a. O. p. 98. 3) v. Post, Öfversigt af Vet.-Ak.’s Förhandl. 1856. p.>1.4p9982. Vet.- Ak.’s Handl. 1855. p. 347. — Erdmann, Geol. Karta öfver Fyrisans dalbäcken mednägra ord till belysning etc. Stockholm, 1857. — Olbers, Geol. Kartor öfver Inlands Torpe och Inlands södra och en del af In- lands nordra härad, 1859. 1860. — Paykull, Om de lösa jordlagren i en del af Mälardalen, Stockholm, 1860. %) 2&& O.p. 101. 51 zeigen, in ihrem südlichen Theile, an mehreren Stellen be- deutende Terrassen, an der östlichen Seite, zwischen Grenna und Ödeshög, drei Absätze, bei 70, 125, 200° Höhe über dem See, von denen der höchste somit beinahe 500° über dem Meere steht.!) Mit demselben Masse deuten Lager von Meerschalen im südlichen Norwegen und in Wermland die einstmalige Meereshöhe an. Folgt man dem Strande die- ses Meeres, die krumme Linie von 500°: so sieht man in Westen die Nordsee mit langen, schmalen Baien (fjordar) in das südliche Norwegen eindringen — der gegenwärtige Mjös macht den innersten Theil einer solchen aus — von Bohuslän springen nur einige wenige Inseln über die Mee- resfläche hervor, und der Wener ist die grosse Tiefe einer Bucht, welche da, wo die langgestreckten Seen von Dals- und Wermland sich jetzt befinden, mit langen Armen zwi- schen schmale Landspitzen und bedeutende Inseln einläuft; und alle diese Baien (Fjordar) haben mit vielen von denen, welche jetzt die skandinavischen Küsten theilen, es gemein, dass in ihrem innern, am meisten zusammengedrängten Theile die grösste Tiefe Statt findet. Ueber das ganze Flachland von Westgothland, wo die silurischen Berge sich mit ihren Trappmassen als Inseln über die Wasserfläche erheben, ausgestreckt ist diese Bucht in Osten bei der Landhöhe, westlich und nördlich vom Wettersee begränzt von einer Scheerengruppe, einer Folge von Inseln, nach Norden und Süden hingestreckt und mit leichtem Wasser- lauf zwischen sich. Aber an der andern Seite von dieser Scheidegränze begegnet uns ein noch grösserer, vom Ööst- lichen Meer eingenommener Bezirk, vom Flachland Ost- gothlands bis zu den inneren Höhen der Dalar (Dalekar- liens). Im Süden von diesen beiden Meeresbuchten, welche solcherweise geschieden sind, liegt ein ansehnliches Hoch- land, das jetzige Smäland. Es stellt sich als immer wahr- scheinlicher heraus, dass in der Periode, welche hier in Rede steht, dieses Hochland mit dem Continent zusammen- hing, zu einer Zeit vielleicht durch einen Rückstand des baltischen Festlandes, von dessen sedimentären Lagern ı) J. Backlund, Posttidningen, 1849. No. 260. 4* 52 etwas auf Bornholm, im Südwesten von der Gneiss- und Granithöhe sich erhalten hat. Nilsson’s und Forchhammer’s Forschungen haben, sowie Wilcke’s im vorigen Jahrhundert ausgeführte merkwürdige Arbeit über den Hafen bei Lands- crona,!) die zahlreichen Zeichen dazu vor Augen gelegt, dass Schonen, vormals ausgedehnter als jetzt, einmal mit den dänischen Inseln und dem Continent einen Zusammen- hang gehabt habe, welcher den, seitdem abgebrochenen, Weg abgab, auf welchem, wie Nilsson gezeigt hat, unsere Fauna mehrere ihrer Säugethiere bekam, eine Fortsetzung vom sedimentären niedrigen Lande des nördlichen Deutsch- lands mit dessen Flüssen. Wenn aber solcherweise während einer Zeit die in- nere Ostsee im Süden von dem westlichen Meer abgesperrt war, so stand sie dagegen in Verbindung mit dem östlichen. Schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts, wo es durch Swedenborg’s Beobachtungen augenscheinlich geworden, dass das niedrige Land des mittlern Schwedens vordem vom Meere bedekt war, konnte Andreas Celsius den Gedanken ausspre- chen, dass die skandinavische Halbinsel einmal eine Insel gewesen sei, und dass deren südlicher Theil aus mehreren Inseln bestanden habe. Er nahm an, dass der bottnische Busen vordem näher an das Weisse Meer gegangen sei, SO dass man dahin durch den Ulo Elf und Sumpf zu Wasser habe kommen können.?) Geologen späterer Zeiten, welche die Entstehung diluvialer Bildungen und die Bewegungen der nordischen Halbinsel verhandelt, haben die Annahme eines solchen vorzeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Eismeer und der Ostsee verfochten, am bestimmtesten Forch- hammer,?) welcher in die Gegend, die jetzt der Onega und Ladoga einnehmen, den Meeresarm verlegte, der einmal das Eismeer mit dem finnischen Busen vereinigt habe. Oestlich von diesen grossen Seen, an der Dwina, trafen ı) Öfversigt af K. Vet.-Ak.’s Förh., 1849. p. 257. 2) Vet.-Ak.’s Handl., IV. 1743. p. 48. 3) Ueber die Bestandtheile des Meerwassers, seine Strömungen und deren Einfluss auf das Klima der Küsten von Nord-Europa; Be- richt über die Versammlung der deutschen Naturforscher in Kiel, Se- paratabzug p. 23. 26. 53 Murchison und Keiserling, 150° über dem Meere, Lager von fossilen Eismeerschnecken an. Eine wenig bedeuten- dere Erhöhung des Meeresspiegels würde hier hinreichen, das Eismeer in den finnischen Busen zu leiten, mit 500° von einem grossen Theile von Finnland nur eine Schee- rengruppe ührig bleiben und die Bucht eines östlichen Mee- res sich in die Landhöhe des mittlern Schwedens hinein erstrecken. Das Meer, welches auf das sinkende Festland hinauf- stieg, war ein Eismeer. In den zahlreichen Lagern von Schalen seiner Mollusken, welche sich auf seinem sinken- den Boden ansammelten, und jetzt, in Norwegen und Dals- land bis zu beinahe 500°, die Beweise seines Daseins lie- fern, herrscht ein überall so in die Augen fallender arkti- scher Charakter, dass dieser schon vor mehr als 20 Jahren gleichzeitig in Schottland, in den Clydebänken, von Smith, und in Schweden, aufgefasst wurde.!) Kürzlich ist er von Sars in Norwegen ein Gegenstand von Untersuchungen ge- worden.?) Es ist dieser hochnordische Charakter in der übrig gebliebenen Fauna, welcher den geognostischen Be- weisen für die Eiszeit eine vermehrte Stärke verlieh, und Edward Forbes entwickelte daraus seine treffliche Darstel- lung des Zusammenhanges zwischen Britanniens gegenwär- tiger Fauna und Flora und den geologischen Veränderun- gen, welche zuletzt dessen Bezirk trafen.?) Die Lager, welche diese subfossilen Schalen enthalten, machen keine für unsern Theil der Erde locale Bildung, sondern eine For- mation aus, welche, so wie sie im westlichen Schweden, bis Warberg,*) und in Norwegen, vom Meer — und seiner Tiefe — aus bis beinahe zur Höhe von 500° mit ihren Thonarten mit Polythalamien und hochnordischen Arten von Arca, Leda und grossen Yoldien, seinen Schalensand- 1) Mem. Vern. Soc. VIII. 1. 49. — v. Buch, Berliner Bericht, 1851. 50. — Öfvers. af K. V.-A.’s Förh. 1846. 254. 2) Sars og Kierulf, Jagttagelser over den postpliocene eller gla- ciale Formation i det sydlige Norge. Christiania, Universitetets Program for förste Halvaar 1860. ®) Mem. geol. Survey of Great Britain, 1846. 336, a) O. Torell, a. &.0. 78. 54 bänken von mannigfaltigen ächt arktischen Meerarten, un- ter denen Saxicaven in ungeheurer Anzahl sich nicht bloss in England und Schottland, sondern auch, in weiter Aus- dehnung, in Nordamerika, in Canada, und vom Ontario bis nach New-York wieder finden. Ueber Massen von Grus und Thon ohne Versteinerungen („boulder clay“), welche auf geriefelten Gebirgsflächen ruhen, liegt dort „Leda-clay“ bis 20° mächtig mit Yoldien, Fusus tornatus, Pecten islandi- cus u. m., und oben auf diesem der geschichtete „Saxicava - Sand.“ Dieselbe hochnordische Gestaltungsweise herrscht in den Lagern, welche östlich von uns auf der Kaninhalb- insel im Taimyrlande bis auf 60‘ über d. M., am Petschora bis 80° über dem Flusse, an der Dwina, wo sie die Waga aufnimmt (23 Arten) 150‘ über d. M., im russischen Lapp- land 30° über d. M.!) Da, wo Ueberbleibsel von solchen Thieren wie diese vorhanden sind, hat sich das Land unter ein Eismeer gesenkt. Es ist wichtig, ihre südliche Gränze zu bestimmen, um auszumitteln, ob sie im südlichsten Theil von Schweden vermisst werden. Ihre Abwesenheit dort würde, in Verbindung mit der Anwesenheit fossiler Kno- chen von ausgestorbenen Säugethieren, gemeinschaftlich mit dem Continente, der Annahme eines Festlandes da- selbst, gleichzeitig mit dem baltischen Eismeere, Stärke verleihen. So wie jetzt das nördliche Polarmeer sich hinsichtlich seiner Molluskenfauna verhält, so verhielt es sich auch, als es sich über das sinkende nordische Festland erhob. Sein Einfluss erstreckte sich weit umher. Philippi, Milne Edwards, Sars haben auf nordische Mollusken, Crustaceen, Fische aufmerksam gemacht, welche man fossil auf Sieilien antrifft, oder die noch das Mittelmeer bewohnen, seitdem sie, wie Edw. Forbes zeigte, während der Eiszeit dahin ge- riethen. Die Senkung von 500‘, welche im Norden erwie- sen worden, würde, wenn wir berechtigt wären, sie für eine so grosse Strecke als regelmässig anzunehmen, das öst- liche und nördliche Europa unter ein Meer setzen, dessen Strände dem adriatischen Meere sehr nahe kommen wür- 1) v. Middendorff, Reise, Mollusken, p. 278. 55 den. Aber mit der eigenthümlichen Fauna des Kaspischen Beckens hat die glaciale Nichts mehr als Cardium edule, die von den canarischen Inseln an bis zur Finnmark ver- breitete harte Muschel, gemein, welche fossil oder lebend, im Ustürt zwischen dem Kaspi und Aral, in der Sahara, !) in der Ostsee, so oft vorkommt, als ein Meer sich im Brack- wasser verwandelt oder endlich sich zurückgezogen hat. Die Bildungen, welche das Eismeer veranlasste, die Merkmale, welche es von seiner Anwesenheit hinterlassen hat, sind auf der östlichen und westlichen Seite unsers Lan- des verschieden. Das lose Material ist dasselbe, Trümmer- gesteins-Bänke, Gerölllager, Sand von lacustrer und mariner Entstehung, Thonarten, Schnecken - und Muschellager. Aber ihre Formen sind andere auf der westlichen, und die dort in den grossen Jökelzeitbänken liegende Fauna ist reicher. Es sind nicht bloss die Thiere des Strandes selbst dort, sondern auch solche, welche eine ziemlich bedeutende Tiefe verlangen. Torell hat in seiner Schrift die leitenden Arten angeführt: Saxicava von ansehnlicher Grösse, Mya udde- vallensis, Astarte corrugata, Pecten islandicus, Tellina cal- carea, Arca glacialis, Terebratula spitzbergensis, Yoldia ar- ctica, Leda pernula, Natica clausa, N. Johnstoni, Tritonium norvegicum, Tr. clathratum, Trichotropis borealis, Marga- rita undulata, Piliscus commodus, Scalaria Eschrichti — alle von einem kräftig ausgebildeten, vollständig nordischen und arktischen Charakter. Auf der östlichen Seite kam es an- ders. Ueber die breite Fläche des Landes, welche sich ganz langsam hebt, stieg das Meer allmählich, bildete seichte Gewässer, und die lange, nicht sehr gebogene Strandlinie zog sich von Zeit zu Zeit aufwärts. Da, wo das Meer die !) Die Sahara, durch abwechselnde Erhebungen und Senkungen bald eine Wüste, bald ein Golf, welcher bei Gabes mit dem Mittel- meere zusammenhing. In der östlichen Sahara bei Chott Melrir, 80 Meter unter dem Mittelmeer, im Meeressande Cardium edule, in der westlichen Sahara, 500 bis 600 M. über dem Meer, in Daya d’Habessa. unter einer Salzrinde von 25 Centimetern, Sand mit Card. edule, Mela- nien, Melanopsis, Paludina acuta, Physa intorta, Limnaeus. Colomb, Exploration des Ksours et du Sahara de la Province d’Oran, Alger 1858. p. 45. — Paul Mares, Bull. soc. g&ol. 2de serie. XIV. 524. — Laurent, ibid. 617. 56 Trümmergesteinsbetten, das Werk der Jökeln, von eckigen, ebenen (? frisk) oder geriefelten Steinen antraf, machte es aus ihnen Geröllrücken und -Feld. Forchhammer that den Ausspruch, dass unsere Bergrücken „Riffe“ gewesen seien, Desor sah in ihnen ein Material, welches das Eis hervor geführt, das Meer umgearbeitet habe, v. Post und Erdmann haben ihren innern Bau zu Tage gelegt. Im Boden Rücken von Geröllsteinen ohne Riefen, durch Abnutzung gerundet, oft oval mit ihrer Längsachse nach der Richtung des Rückens — des Strandes — ebenmässig geordnet in der Lagerung, die grössten am tiefsten, diese umgeben von dem herabgesunkenen thonigen Schlamme, welcher von den oberen herabgespühlt worden, die ein rei- nes, gerundetes Grus umgiebt, welches auch die Betten bedeckt, und sich in Stauberden (moar) ausbreiten mit einer von der des Gerölllagers verschiedenen Lagerung. Oben auf den Gerölllagern mantelförmige Lager von Grus, von kantigen Stücken, mit auf eine besondere Weise einge- mengtem Gerölle, eine Bildung, wie auf einem jetzigen Seestrande, und von Sand in abschüssigen Bänken, mit Schalen von Meerstrandmollusken. Es sind lange, hier und da abgebrochene Riffe, mit seichtem Wasser hinterwärts, fast so wie die Charten sie an der Südwestküste von Island darstellen. Die Jökeln waren auch noch nicht weit weg, ihre Stöme (Elfvar) führten Massen von Sand davon, oder ver- breiteten mit sanfterem Laufe, wie Weissflüsse (? Hvitäar), über seichte Flächen und auf das Riff geschichtete Thon- betten, den von dem Jökel zu Staub zermahlenen Schlamm, und betteten, neben Fragmenten des ursprünglichen Kalk- steins, Schalen von den Schnecken und Muscheln ein, welche derzeit am Strande lebten, so wie solche sich nahe der Ober- fläche auf sandigen, thonigen Stellen, Cardium edule, Tel- lina baltica, oder auf Steinen, Litorinae,*) Mytilus edulis, finden. Aber Cardium, Mytilus und Litorina sind klein von Wuchs, ein Zeichen, dass der Strand oft mit süssem Was- ser bespühlt wurde. Weiter hinaus, etwas tiefer, lebte die 1) Öfvers. af K. V.-A’s Förh. 1850. p. 27. — Lindström, ibid. 1852. P. 203. 204. 57 Muschel, in welcher Otto Torell die Art der Yoldia, Y. ar- etica Gray, wieder erkannte, die er bei Spitzbergen von allen lebenden dem Jökel am nächsten, in weniger bedeutender Tiefe fand. Durch die fortwährende Senkung kam das ein- mal gebildete Riff unter Wasser, wurde mit Sand oder von den Jökeln mit neuen Trümmergesteinsmassen bedeckt, und das Meereis umschloss am Strande grosse Steinblöcke, welche es während der periodischen Bewegungen des Meers auf das Riff oder weit weg davon trieb.!) So entstanden, während das Meer von Osten her immer weiter vorrückte und vermuthlich periodisch still stand, ein Riff und ein Rücken hinter dem andern. i Im Gegensatze zu den mächtigen subfossilen Lagern, nicht allein von Strandmollusken, sondern auch von sol- chen, welche ziemlich tiefen Stellen angehören, die die westliche Seite unsers Landes bis auf beinahe 500° Höhe darbietet, besitzt die östliche Seite — soweit die Unter- suchungen es bisher an die Hand gelegt haben -- nur jene dünnen Lager mit einigen wenigen litoralen Arten, in dem Bergrücken bei Örebro bis etwa 130° Höhe,?) und nahe an der jetzigen Meeresfläche Yoldia arctica. Wenn auch nicht so reich, als die westliche Fauna, dürfte doch die östliche nicht so arm gewesen sein, als es nach den ge- ringen Ueberbleibseln den Anschein haben will. Die Scha- len der Mollusken, welche gleichzeitig mit jenen lebten, aber mehr in der Tiefe, sind vielleicht im Boden der Ost- see zu Suchen; von ihnen haben wir bis jetzt keine Kennt- niss. ES ist aber ihre Fauna, zu welcher man die arkti- schen noch lebenden Meerthiere in der Ostsee, und die Colonie, welche noch in unseren grossen Binnenseen aus- hält, zu rechnen. Zusammen mit den in den Rücken und Thongebilden (Leror) subfossilen, zum Theil noch lebenden Arten machen sie einen Rest der Fauna aus, welche mit dem Meere von Osten, vom jetzigen Weissen Meere her kam, dessen Salzgehalt, sowie im allgemeinen der des Po- !) Schon im vorigen Jahrhnnderte war bei uns Gahm aufmerk- sam auf die Wirksamkeit des Meereises, Steinblöcke von der Stelle zu verschieben; s. seine Beskrifning öfver Öland. Upsala, 1768. p. 201. 2) Nach einer Mittheilung vom Hrn. Grafen A. v. Rosen. 58 larmeers, geringe ist, welches gleichwohl, wie es scheinen will, besonders hochnordische Arten beherbergt.) In der Örberga-Kirche in Ostgothland, nahe dem Wettersee, be- wahrt man seit alten Zeiten eine Rippe von einem Wallfisch auf, welcher, wie eine Sage es anzudeuten scheint, in der Nähe gestrandet ist. Dieser dürfte denn auch vermuthlich auf dem östlichen Wege gekommen sein, sowie wahrschein- lich ebenfalls der, welchen Lilljeborg vor kurzem beschrieb, und der auf Gräsö im Roslag gefunden ward.?) Diese Verschiedenheit im Inhalt der subfossilen Lager an der westlichen und der östlichen Seite des Landes fes- selte schon Leop. v. Buch’s Aufmerksamkeit. Bei Tärbeck, auf dem höchsten Punkte von Holstein, 262° über d. M., bei Waterneverdorff nahe der Ostsee, bei 50° Höhe über d. M. fand man Ostrea edulis, Buccinum undatum, Litorina litorea, Cardium edule. Sie beweisen, sagt L. v. Buch, dass Schleswig eine Meerenge zwischen der Nordsee und der schon geschlossenen Ostsee gewesen, deren Fauna nich- allein, nach v. Middendorffs Auffassung, eine verarmte, sont dern auch eine verkümmerte europäisch-boreale sei. Auf diesem Wege empfing die Ostsee ihre wenig zahlreichen, kleinwüchsigen Meerthiere und es ist deutlich, dass, wenn die Nord- und die Ostsee als zwei Meeresbuchten tief in die Mitte von Schweden eingedrungen, sie doch dort nie- mals in unmittelbarer Verbindung gewesen sind.) Der hochnordische Charakter in den Schalenlagern der west- lichen Seite wurde in seiner ganzen Bedeutung nicht von L. v. Buch aufgefasst, der wichtige Fund der Yoldia arctica bei Stockholm, eine Frucht der unter Erdmann’s Leitung bewerkstelligten geologischen Untersuchung,*?) war noch nicht geahnet worden, und noch weniger stand es zu ver- muthen, dass nicht allein die Ostsee, sondern selbst die Binnenseen, lebende Rückbleibsel einer arktischen Fauna !) Unter anderen Amphithoe aculeata (Oniscus) Lepechin, Acta petropol., 1778. I. 247. = A. Edwardsi Sab. 2) Öfvers. af K. V.-A.’s Förh. 1859. p. 327: 3) Berliner Bericht, 1851. p. 47. #) Leonhard u. Bronn, n. Jahrb. 1859. p. 254. — Post-och Inri- kes-Tidningar, 1860, No. 129, 59 darbieten möchten, welche nicht gemeinschaftlich mit de- nen des westlichen Meers wären und gerade dadurch einen andern Ursprung andeuteten. Aber es ist dennoch ein be- merkenswerthes Verhalten, dass, wenn die beiden Eismeer- buchten gleichzeitig waren, und nur getrennt durch die Scheerengruppe, welche von den erhöhtesten Punkten der gegenwärtigen Landhöhe gebildet wurde, Meerthiere der Art nach so hervorstehend, wie Idothea Entomon und Gam- marus loricatus, nicht in das westliche Meer hinübergegan- gen sind. Darf man annehmen, dass das ehemalige Eis- meer nicht auf eimal über der ganzen Breite des Landes stand; — dass die Senkung nach Zeit und Maass ungleich, dass sie vielleicht weniger bedeutend war und später ein- traf an der östlichen, als an der westlichen Seite? Wäh- rend der langen Zeit aber, in welcher die Ostsee durch den Sund und die Bälte mit dem Kattegatt in Verbindung stand, haben diese und mehrere andere jener eigenthüm- liche Thiere, wie es scheint, sich nicht nach den Küsten des Kattegatts begeben. Jeder, welcher sich mit dem Sam- meln von Meerthieren beschäftigt hat, ist im Stande ge- wesen zu bemerken, dass viele derselben mit einer ausser- ordentlichen Ausdauer an dem Bezirke fest bleiben, welchen sie bewohnen, und selten ausserhalb dessen Gränzen ange- troffen werden. Die Meerthierfauna, welche während der Jökelzeit an unseren Küsten lebte, ist der Anfang der gegenwärtigen, Aber nur wenige Arten derselben existiren noch als le- bende. Es trat wiederum eine Veränderung im Verhalten zwischen Land und Meer ein, welche auf’s neue in unglei- cher Weise die beiden Meere und deren Bewohner berührte, eine Periode der Hebung nämlich, in welcher das Land all- mählich, vermuthlich periodisch, vielleicht ungleichmässig, jedoch zu seiner gegenwärtigen Höhe nach und nach stieg. An der westlichen Seite geschah, während das Land noch zu einem bedeutenden Theile gesenkt war, eine Verände- rung in deren Fauna, bis dahin arktisch, dann ihren gegen- wärtigen, weit südlicheren Charakter annahm. In beson- deren Lagern von Meermolluskenschalen, welche, auf den ehemaligen Meeresboden abgesetzt, jetzt von der Nähe des 60 Strandes bis zu einer ansehnlichen Höhe über ihm liegen, ist das hochnordische, vorher ausschiesslich vorragende Element grossentheils verschwunden, wogegen Arten von germanischem oder celtischem Ursprung oder aus dem Mit- melmeere zum Vorschein kommen.!) Es ist eine neue Bil- dung, welche bei uns, an unser westlichen Küste, die gla- ciale ablöst und ausserhalb unsres Landes auch da auftritt, wo die glaciale nicht gefunden worden zu sein scheint. Zu ihr gehören ohne Zweifel auch die Lager bei Tarbeck. Die Glacialfauna war zu stark ausgeprägt und erstreckte sich zu weit umher, als dass für sie so fremde Thiere, wie Ostrea, gleichzeitig an Dänemarks Küsten hätten leben können. Während es das Schicksal der westlichen Glacialfauna war, in der Berührung mit einem südlichern Meere zum Theil dessen Fauna zu weichen, hatte die Hebung des Lan- des einen ganz andern Einfluss auf die östliche. Die Ost- see wurde vom Eismeer abgesperrt. Die letzte Verbindung zwischen diesen Meeren, welche schliesslich abgebrochen wurde, ging durch die Gegend, wo die grossen Binnenseen, der Onega und der ungeheuer tiefe Ladoga sich jetzt be- finden, in der so stark markirten Gränze zwischen dem skandinavischen gneiss -granitischen Bezirke, reich an Thä- lern, Seen und Flüssen, und dem sarmatischen, sedimentä- ren Lande mit ebenen Flächen und leicht zu überschauen- dem Gewässer. Sie ist vom Weissen Meer an bis zum finnischen Busen voll von metamorphischen und eruptiven Massen und zahlreichen Dislocationen.?) Holmberg hat gezeigt, wie Finnland in einer späten Zeit durch Hebung verändert worden, wie das grosse Saimawasser vordem eine weit bedeutendere Ausdehnung gehabt habe, als jetzt, wo im Norden der Höyitiain und der Pielisjärvi, in NO. ein oder der andere See im Gouvernement Olonetz, in SO. wahrscheinlich der Ladoga und das Newabecken vereinigt waren und Karelen zum grössern Theil unter Wasser stand, 1) Öfvers. af K. V.-A.’s Förhandl. 1846. p. 255. — Sars og Kie- rulf, den postpliocene eller glaciale Formation i Norge. Christ. 1860. pag. 65. 2) Murchison, Russia. p. 23. 61 und wie durch periodische Hebungen Inseln und Höhen hervorkamen, Karelen austrocknete und Sümpfe und Torf- moore die Stelle der Seen einnahmen. !) In Schweden ist der Mälar, ein zusammengesetzter See als Folge von Was- serbuchten (Fjärdar), deren jede sich in der orographisch gegebenen Richtung, NNW. — SSO. ausstreckt, welche aber nun zu einem Wasser in O. und W. vereinigt sind, und im Norden davon wendet der Dalelf seinen Lauf, ungleich den anderen Flüssen, nach NO., nachdem sein Spiegel den Quellen der Wasserzüge, welche dem Mälar zuströmen, so nahe gekommen ist, dass man füglich vermuthen kann, er sei selbst einmal in eine von dessen Buchten ausgelaufen, durch des Landes Hebung aber abgeleitet worden. Vom Weissen Meer her kann man solcherweise gegen SW. eine Linie verfolgen, welche hervorragende Spuren von Bewe- gungen trägt. Das niedrige Land des mittlern Schwedens, mit seinen eruptiven Massen und tiefen grossen Binnen- seen, ist vielleicht in höherm Grade, als das übrige Skan- dinavien, Veränderungen in Höhe und Tiefe unterworfen gewesen. Durch fortgesetzte zoologische Beobachtungen, zusam- mengestellt mit geologischen, so dass sie sich einander beleuchten, wird mancher Zug in der Geschichte unserer Natur, welcher jetzt noch dunkel ist, bald aufgeklärt wer- den. Die Periode, welche mit der Zeit des Eises beginnt und sich in die gegenwärtige fortsetzt, dürfte keinen so einfachen Verlauf gehabt haben, wie er hier dargestellt ist. In anderen Theilen von Europa hat man zwei kalte Zeiten, mit einer mildern zwischen denselben, beobachtet, Viel- leicht wird man auch bei uns irgendwo Erdlager entdecken, an deren Bildung eine Landvegetation, ruhend auf älteren glacialen, von jüngeren bedeckten Bildungen gehabt hat. Keilhau befragte schon vor langer Zeit die Zoolo- gen nach dem wahrscheinlichen Schicksale der Thierarten, welche die Meeresbuchten bewohnten, die durch Hebung in Binnenseen verwandelt wurden. Die Arten, welche wie die Lachse, von Geburt Süsswässern angehören, aber zu 1) Öfversigt af Finska Vetenskaps-Societetens Förhandl., IIL 55. 62 gewissen Zeiten des Jahres im Meere leben, werden, sagt er, abgesperrt vom Meer, gewiss lange in dem neuen Bin- nensee ausgehalten haben; ist es aber wohl anzunehmen, dass irgend eine der Thierarten dieses Schlages sich in jenem bis zu unserer Zeit halten und ihre Natur als eines Süss- und Salzwasserthiers in die eines blossen Süsswas- serthiers haben verändern können? Er weist auch darauf hin, dass die Form von Lachs („Hunner-Öret“), welche den Mjös bewohnt, der vordem aufhörte eine Meeresbucht zu Sein, von dem gemeinen Lachse mehr abweicht, als die Art, welche A. C. Smith, 1784, 16 Jahre vor Eröffnung des Trollhättakanales nach Trysild aus dem Wenersee steigen sah, der längere Zeit ein Salzwasser blieb.!) Die neuen Funde nordischer Meerthiere in unseren Binnenseen lassen diese Frage von neuem aufwerfen. Die östlich nordische Meerfauna, welche endlich in der Ostsee eingesperrt blieb, war damals vielleicht keine reiche Fauna, aber auch keine arme. Je mehr sie aber abgesperrt wurde, in desto höherm Grade wurde sie den Einflüssen vom Fest- lande unterworfen, von denen das Süsswasserleben so ab- hängig ist. Erdmann bemerkt,?) dass in den Thonarten, welche über den geschichteten abgesetzt wurden, die Li- torinen fehlen, — sowie in der jetzigen innern Ostsee, we- nigstens an den schwedischen Küsten, — ein Zeichen, dass die Salzigkeit schon vermindert war, und in gewissen Spä- teren Ablagerungen Limnäen und Neritinen auftreten. Aber in einem so grossen Becken wie die innere Ostsee ist die Verdünnung sehr langsam vor sich gegangen. Da wo das Meer, welches sich von dem steigenden Lande zurückzog, in dessen Vertiefungen einen Theil seiner Fauna zurück- liess, musste es anders kommen. In den kleineren Becken musste die Veränderung — Vergiftung — schnell vor sich gehen und binnen kurzem die Meerthiere vertilgen. In den grösseren, tieferen, hoch gelegenen, deren Zuflüsse im Verhältnisse zu der eignen Wassermasse geringe waren, 1) Förhandlinger ved de skand. Naturforsk. andet möde i Kiö- benhavn 1840. p. 297. 2) Post-och Inrikes Tidningar 1860. p. 129. 63 da ging die Veränderung langsam vor sich. Gab es dort Echinodermen, Akalephen, Tunicaten, höhere Crustaceen, so mussten sie bald verschwinden, von Annulaten, anderen Crustaceen, von Mollusken musste auch die eine Form nach der andern vertilgt werden, einige wenige begünstigte aber, solche, welche in einem höhern Grade, als andere die Fähig- Keit besassen, sich in das fremde Medium zu schicken, und die schon in ihrer vorigen Heimat, dem wenig salzreichen Eismeere, sich daran gewöhnt haben, dort z. B. zu leben, wo schmelzende Jökeln das Wasser aussüssten oder an Flussmündungen in einem oder dem andern der grössten Gewässer, länger als andere ausharren und schliesslich allein am Leben bleiben mussten. Arten vom Lachsgeschlechte, für welche es wichtiger ist, in grossen Flüssen zu brüten, als in das Meer zu wandern, konnten wohl das Leben in grossen Seen vertragen, welche in ihrer ansehnlichen Was- sermasse einige Aehnlichkeit mit dem Meere hatten; sie konnten sich in die Flüsse begeben und sich dem Binnen- see, wie einem Meere, wieder zuwenden, wie der „Ockla“ im Wener- und Wetter-See, „Salmo ferox* im Saggat- Träsk,!) wie der Omul, S. migratorius, im Baikal. Ein solches Wasser ist der Wettersee. Mit seiner Oberfläche nahe 300° über dem Spiegel der Ostsee, seinem Boden bis 120‘ darunter, ist er eine schon während der ältesten silurischen Zeit entstandene Kluft. Der Omberg hat an seiner linken Seite die in den See hinein abschlies- senden Schieferflötze, welche in diese Stellung versetzt wurden, ehe die wagerechten Kalklager von Borghamn abgesetzt waren. 2) Während der Eiszeit hat er sich wenig verändert — ist damals mit Eis angefüllt gewesen ?) — da- nächst ist er die Tiefe einer Meeresbucht, eine Bai (Fjord), und so ein Gebirgssee geworden. Er hat noch Vieles von einem solchen. Nur unbedeutende Flüsschen ergiessen sich in ihn; aus starken Quelladern in seinem Boden — „Wärms- !) Om Fiskfaunan och Fiskerierna in Norrbottens län. Resebe- rättelse af H. Widegren, afgifven till K. Landtbruks- Akademien d. 10. Mars 1860. p. 8. 30. 2) Hisinger, Anteckningar till Sveriges Geognosi, VI. 126. 3) Vgl. Desor, Physionomie des lacs suisses, 1. c. 64 lor“ vom gemeinen Manne genannt (nach Mittheilung vom Freihrn. G. C. Cederström) — erhält er sein reines, kal- tes, durchsichtiges, von leichten Winden bald aufgerühr- tes Wasser. „Nur hinsichtlich eines Theils seiner Ufer,* schreibt der Studirende Hjalmar Widegren, „in den unbedeutenden meistens im nördlichen Theile zu beiden Seiten sich finden- den Buchten ist der Wettersee jedem andern Binnensee gleich. In sie ergiessen sich einige im Verhältnisse zur ganzen Wassermasse des Sees unbedeutende Zuflüsse, oder sind es in See verwandeltes Sumpfland, so ist das Wasser dunkel, der Boden weich und grasbewachsen, und es kom- men dort von Wassergewächsen fast alle vor, welche man in den kleineren Seen von Ostgothland antrifft, Nymphaeen, Nuphar luteum, Lobelia dortmanna, Isoötes lacustris, My- riophyllum, Equisetum fluviatile u. s. m., Binsen- und Ried- grasarten an den Ufern. Im Wasser trifft man von Ento- mostraken am allgemeinsten Sida cerystallina, Daphnia mu- cronata, D. Pulex, Polyphemus Pediculus, Lynceus lamella- tus, L. trigonellus, L. truncatus, Cyclops 4-cornis, die ge- wöhnlichen Dytici und andere Wasserinsecten, von Mollus- ken Unionen und Anodonten, Pisidien, Cycladen, Planorbis- und Limnaeus- Arten, von Fischen am allgemeinsten Arten von Cyprinus. Wenn man aber diese seichten, unbedeu- tenden Theile von der Oberfläche des Sees absondert, so zeigt sich der eigentliche Wettersee mit einem ganz andern Charakter und hat in seinem Wasser, in seinen wenigen Arten von Thieren und Gewächsen eine nicht unbedeutende Aehnlichkeit mit den in Lulea-Lappmark gelegenen grös- seren Seen und zu gleicher Zeit mit den nördlichsten Theile des Bottenbusens. Die grosse Tiefe folgt dem östlichen Strande, von der Gegend von Jönköping an den Küsten- strecken von Skarstad — 400° — und Ölmestad vorbei, — bei Hjo an der andern Seite noch 180° — zwischen Grenna und Wisingsö, Omberg, Borghamn — 420° — und das Hofva-Näs vorbei, im Norden zwischen Rökn und dem Medevilande und südlich von Stora Aspö, 300‘ In den grössten Tiefen ist der Boden so hart, dass man kaum mit dem Kratzeisen Etwas, wenn nicht ein wenig von dem 65 feinsten und auf seinen Stellen fast schieferförmig gelager- ten Staubsande, erhalten kann. In einigen Höhlen hier und da vor Borghamn trifft man auf 420‘ einen hellen, biswei- len dunklern Thon, aber keinen eigentlichen Blauthon, etwas gemischt mit einem gelben Gries; bei ungefähr 180° ist der Gries herrschend, gemischt mit feinem, hellgelben, thon- artigen Schlamm, nie mit kleinen Steinen. In den grossen Tiefen leben Cottus 4-cornis, Idothea Entomon, Gammarus loricatus, cancelloides, Pontoporeia affinis, Mengen von En- tomostraken; kein Mollusk aber kam zum Vorschein, und auch kaum sonst noch ein Wesen aus dem Thier- und Pflan- zenreiche. Bei 280 — 240‘ fanden sich einige kleine Pisi- dien, bei 120° Limnaeus vulgaris. Höher hinauf, bei 40° fangen auf dem Sandboden Characeen an, aber keine an- deren Gewächse, unter ihnen bei 80 — 20° zahlreiche Indi- vidum von Mysis relicta, und einige Valvatae, Pisidien, Cy- claden, — ausser diesen aber in dem eigentlichen Wetter- see keine Mollusken. Aus 11 Arten besteht die Fischfauna im Saggatträsk: Perca fluviatilis, Esox lueius, Cyprinus Phoxinus, Salmo ferox Jard., S. Fario L., S. Salvelinus L., Coregonus oxyrrhynchus (L.) Nilss., Coregoni sp. („Asp“ im Wettersee), C. Albula, Thymallus vulgaris, Lota vulgaris. Alle diese finden sich auch im Wettersee, nur statt des S, ferox Jard. S. Ocla Nilss.. Aber zugleich lebt in dem eigent- lichen Wettersee Cottus 4-cornis, welcher der Fauna des nördlichsten Bottenbusens eben so wie Gasterosteus aculea- tus und Muraena Anguilla, angehört. — Der Strand, an welchem keine fruchtbaren Thäler bis zu dem See hinab- gehen oder wo die Tiefe, an wenigen Stellen, bis an die Bergwand hinan tritt, besteht aus mehr oder weniger san- digen und steinigen Strecken, auf denen wenigstens noch ein Meergewächs, nämlich Elymus arenarius L., vorhan- den ist.* „Von Gewächsen, welche den Meeresküsten angehö- ren“, theilt Hr. Cand. S. O. Lindberg mit, „besitzt die Um- gebung des Wettersees, ausser Ribes nigrum, welches vor- zugsweise die steinigen Strandufer der Ostsee liebt, Rumex maritimus L. (Omberg an mehreren Stellen und bei Linkö- ping), Chara aspera Willd. (Omberg im Takersee m. mehr. XIX, 1862. A) 66 St.), Potamogeton marinus L. (Motalastrom, bei Hageby- höga zwischen Motala und Wadstena u. s. w.), Carex are- naria L. (Borghamn an mehr. St., auch am Wenersee), Ely- mus arenarius L. (Jönköping, Medhamra in Ostgothland, Carlsborg). Von phanerogamen Gebirgsformen findet man keine charakteristische, nur einige, welche auch auf ande- ren hohen Bergen im südlichern Schweden gefunden wor- den sind, als Bartsia alpina L. und Sceptrum carolinum Rudb. Von Moosen giebt es dagegen mehrere Arten, welche ausserhalb des Gebirges anderswo nicht, als auf Omberg wahrgenommen worden sind, nämlich: Orthothe- cium intricatum Br. Eun., Bryum julaceum Sm. und Gym- nostomum curvirostre Hdw. Ausserdem findet sich auch im Kirchspiele Motala am Mühlensteinbruche bei Lemanda und auf dem Hälberg ein anderes ausgezeichnetes alpini- sches Moos, Anoectangium compactum Schwaegr. Diese hier genannten Arten gehören nicht zu denen, welche spo- radisch über einen grossen Theil des Landes verbreitet sind, sondern sie sind bloss der den Wettersee umgeben- den Gegend und dem Gebirge gemeinschaftlich. — Auf Halle - und Hunneberg glückte es mir im vorigen Som- mer zwei bisher ausschliesslich alpinische Formen anzu- treffen, Cerastium alpinum L. und ein Moos, Mielichhoferia Hornsch. — Hr. Wahlberg hat auch erwähnt, dass Alnus incana W., welche noch am Wettersee häufig ist, eine nor- dische Art sei. Diese Gewächsarten, in denen wir vermuthlich Ueber- bleibsel einer vorzeitlichen Meeresstrand- und Gebirgsve- getation sehen, verschwinden jetzt unter dem Reichthum einer südlichern, eingewanderten Flora. So verhält es sich nicht mit den fremden Thierarten. So weit sich eine Süss- wasserfauna von südlicherer Gestaltung findet, bleibt diese in der Nähe der Landfauna, in den seichten Buchten, stehen, während die Gebirgswasserfauna und die Eismeerthiere lie- ber den grössern und tiefern Umfang des Sees einnehmen. Bei genauer Untersuchung der Binnenseen des mittlern Schwedens werden sich vielleicht die den Süsswassern fremden Thiere, von denen hier die Rede ist, auch noch in mehreren anderen Seen, als in den grössten, dem We- 67 ner- und Wettersee, finden. Der Austausch ist lebhaft zwi- schen den Süsswassern. Es verdient da untersucht zu wer- den, wiefern diese Thiere sich in einem gewissen Maasse von der reinen Süsswasserfauna abgesondert zu halten su- chen, oder ob und auf welche Weise sie mit dieser zu- sammen leben und sich nach deren Verhältnissen bequemt haben. Die Mischung von Thieren und Gewächsen, welche ihre Heimat in einem begränzten Bezirke, einem Binnensee z. B., hat, beruht nicht allein auf gewissen Eigenschaften des Wassers, des Bodens und der Umgebung, sondern auch auf der unter diesen und anderen äusseren Einflüssen ent- standenen feinen Abwägung wechselseitiger, während des veränderten Individuumlebens ungleicher Bedingungen. Schliesslich kann man fragen, ob die Meerthiere, welche jetzt in den Binnenseen leben, in ihrem Bau irgend eine Abweichung zeigen, welche aus dem Aufenthalt in einem ihrer Art fremden Medium hergeleitet werden könne. Eine solche Frage lässt sich nicht beantworten, ehe man eine sehr grosse Anzahl von Individuen aus verschiedenen Ge- genden des Meers mit einer grossen Anzahl aus Süsswas- sern verglichen hat. Man kann gleichwohl bemerken, dass sich bei der Idothea des Wettersees, wie oben erwähnt ward, in den wechselseitigen Verhältnissen der Körpertheile kleine Verschiedenheiten darbieten, durch welche die er- wachsenen Individuen einige Aehnlichkeit mit den jungen, unausgebildeten behalten, Dasselbe scheint mit dem Cot- tus 4-cornis des Wettersees der Fall zu sein. Der Gammarus, welcher oben als G.cancelloides Gerstf. aufgeführt worden, ist, so weit bisher bekannt, nur in den Wasserläufen Sibiriens, im Angara und Baikal gefunden worden. Es sind diese Gewässer, in denen der Cottus 4-cornis nach Pallas und Georgi leben soll. Was der Wet- tersee im kleinen, das ist der Baikal im grossen,!) der grösste Gebirgssee der Erde, 1655‘ (Par. M.) über d. M., eine tiefe Kluft, in welche man vergebens das Senkblei an einer 2100° langen Schnur ausgeworfen hat, mit klarem, !) Ritter, Allgem. Erdkunde, III. 4.; VII p. 338. — Alkinson, Travels in the regions of the upper and lower Amoor, p. 387. 5* 68 von leichten Winden schnell aufgerührtem Wasser. Er ist ein Meer für den Omul, Salmo migratorius, welcher sich dort aufhält während seiner Wanderzeit, und im Herbst, um zu laichen, in dessen östliche Zuflüsse hinauf steigt. Im Baikal, wie in dem kleinen Oro, welcher durch den Mama, Witim und die Lena Verbindung mit dem Eismeer hat, im Onega, im Ladoga, welcher durch die Newa im Zu- sammenhange mit der Ostsee steht, im Saima, welcher im Wuox bei Imatra einen Fall von 50° hat, leben Seehunde, und zwar, wie es scheinen will, von ein und derselben Art, nämlich Phoca annellata Nilss. 1) einer hochnordischen und zugleich baltischen Form; eines Meerthiers, wie dessen ganze Gattung. Zwar ist es bekannt, dass Seehunde, wenn sie Fische verfolgen, weit in die Flüsse hinauf gehen, in den Tana bis Utsjoki, in die Oder bis Frankfurt a/O., in die Elbe bis Dessau, und dass sie aus einem Flusssystem zu einem andern hin kriechen.?) Wenn man aber hier die grossen Entfernungen vom Meere, die bedeutenden Fälle, die weit getrennten Wassersysteme betrachtet, so kommt man bald zu der Vermuthung, dass auch die Verbreitung dieser Meerthiere in die Süsswässer ihre Ursache in um- fassenden Veränderungen, betreffend das Verhältniss zwi- schen Land und Meer, habe. Mittheilungen. Beitrag zur Kenniniss der skandinavischen Amphipoda Gammaridea von Ragnar M. Bruzelius. Der Verf. hatte (ef. Bd. XVIII. p. 493.) durch die Untersuchung sehr vieler im Stockholmer Reichsmuseum, ferner iin den zoologischen Museen zu Lund und Upsala vorhandener und endlich von ihm selbst gesammelter Specimina der genannten Amphipoden Gele- genheit, nicht allein mehrere neue Arten aufführen, sondern auch ı) Pallas, Zoogr. R.-A., I, 114. — Georgi, Reise, I. 156. — Nilsson, Skandin. Fn. I. 286. — Lilljeborg, Vet. Ak. Handl., 1850. p. 243.; Skand. Naturf. Mötet, Stockh. 1851. p.. 217. 2) Boll, Mecklenb. Archiv, I. 74., X. 71. 69 Exemplare aus weit getrennten Theilen von Skandinavien, dem Eismeer und der westlichen Küste der Halbinsel, dem Sund und der Ostsee untersuchen und vergleichen zu können, und wurde dadurch in den Stand gesetzt, die folgende reichhaltige, mit Cha- rakterisirung in lateinischer und sehr ausführlichen Beschreibungen in schwedischer Sprache versehene systematische Aufstellung der von ihm beobachteten und untersuchten Arten der verschiedenen Familien und Gattungen der Amphipoda gammaridea nach Dana’s Eintheilung in die vier Familien Dulichidae, Orchestidae, Coro- phidae und Gammaridae, welchen beiden letzteren er jedoch die Gränzen anders, als Dana, gesetzt hat, darbieten zu können. Ihr voran geht die Verzeichnung der von ihm benutzten reichen Literatur. Amphipoda gammaridea Dana. Fam. I. Dulichidae Dana. I. Laeimatophilus Bruz. 1. Laetmatophilus tuberculatus, n. sp. * Fam. I. Corophidae Dana. I. Corophium Latr. 1. Cor. longicorne (Fabr.). 2. Cor. crassicorne, n. sp.” 3. Cor. affine, n. sp. II. Erichthonius M. Edw. 1. Er. difformis M. Edw. Ill. Jassa Leach. . Jassa capillata (Rathke). IV. Podocerus Leach. 1. Pod. anguipes (H. Kröy.). 2. Pod. calcaratus Rathke. V. Autonoe, n. gen. 1. Aut. punctata, n. sp. 2. Aut. anomala (Rathke)? *. 3. Aut. grandimana, n. sp.* 4. Aut. erythrophthalma (Liljeb.) 5. Aut. longipes (Liljeb.). 6. Aut. macronyx (Lilj.). (*) VI. Amphitho& (Leach.) 1. Amph. podoceroides Rathke. 2. Amph. pygmaea Lilj. Fam. IH. Orchestidae Dana. I. Orchestia Leach. 1. Orchestia litorea Leach. II. Allorchestes Dana. . All. Nilsoni (Rathke). Fam. IV. Gammaridae Dana. 1. Stegocephalus won 1. Stegocephalus inflatus Kr. II. Anonyz Kröyer. 1. An..Ampulla (Phipps). 2. An. tumidus Kr. 3. An. na- nus Kr.? 4. An. VahliKr. 5. „an. Holbölli Kr, 6. An. gulo- sus Kr. 7. An. Kröyeri, n. sp." 8. An. litoralis Kr. 9. An. Edwardsi Kr. ) [5 70 III. Pontoporeia Kr. 1. Pont. affinis Lindström. 2. Pont. fureigera, n. sp.”, IV. Gammaurus (Fabr.) 1. Gamm. Sabini Leach. 2. G. annulosus Rathke. 3. G. Locusta (L.). 4. G. Pulex (de Geer). 5. G. poeeilurus Rthk. 6. G. obtusatus Montagu. 7. G. palmatus (Mont.). 8. G. Sun- devalli Rthk. 9. G. assimilis Liljeb. 10. G. Loveni, n. sp.* 11. G.laevis, n.sp. (*) 12. G. dentatusKr. 13. G. brevicornis n.sp. (*) V. Eusirus. Kröy. 1 Eusirus cuspidatus Kr. VI. Eriopis, n. gen. 1. Er. elongata, n. sp.* VII. Phoxus Kr. 1. Ph. plumosus Kr. 2. Ph. Holbölli Kr. VIII. Paramphitoe, n. gen. 1. Par. panopla Kr. 2. Par. pulchella Kr. 3. P. hystrix (Owen). 4. P. compressa (Liljeb.). 5. P. bieuspis (Kr... 6. P. tridentata, n.sp.* 7. P.elegans, n.sp.* 8. P. laeviuscula (Kr.). 9. P. norvegica (Rthk.). IX. Acanthonotus Owen. 1. Acanth. Serra Kr. X. Dexamine Leach. 1. Dexamine tenuicornis (Rathke). XI. Iphimedia Rathke. 1. Iph. obesa Rthk. XII. Ampelisca Kröy. 1. Amp. aequicornis, n. sp.* 2. Amp. tenuicornis Liljeb. 3. A. laevigata Liljeb. 4. A. macrocephala Liljeb. 5. A. Gai- mardi Kr. 6. A. carinata, n. sp.* XIII. Haploops Liljeb. 1. Hapl. tubicola Lilj. 2. Hapl. carinata Lilj. XIV. Bathyporeia Lindström. 1. Bathyp. pilosa Lindström. XV. Oediceros Kröy. 1. Oed. obtusus, n. sp.* 2. Oed. affinis, n. sp.(*) 3. Oed. saginatus Kr. XVI. Leucothoe (Leach). 1. Leuc. elypeata (Kröy.)? 2. Leuc. norvegica Liljeb. 3. Leuc. articulosa (Montagu). XVII. Laphystius Kröy. 1. Laph. Sturionis Kr. XVIII. Nicippe, n. gen. 1. Nicippe tumida, n. sp. * XIX. Pardalisca Kröy. 1. Pard. cuspidata Kr. 71 Die auf den angeführten 4 lithogr. Tafeln skizzirt abge- bildeten Arten sind vom Unterzeichneten hinter ihrem Namen mit einem * versehen worden; sind nur einzelne Körpertheile ge- zeichnet, so ist das Sternchen eingeschlossen: (*) Mitgetheilt von Creplin. Ueber den gemeinen Querder von @. ©. Cederström. Herr Sundevall führte an, dass der Freiherr Ceder- ström sich veranlasst gefunden habe, die Richtigkeit der Beob- achtung zu bezweifeln, die in Deutschland vor einigen Jahren gemacht worden, nach welcher der Querder (Ammocoetes) eine Larve der kleinen Pricke (Petromyzon Planeri) sein würde, ob- gleich diese Beobachtung mit aller möglichen Sorgfalt gemacht zu sein und keinen Zweifel übrig zu lassen scheine. Bekanntlich unterscheiden sie sich, ungerechnet grössere Verschiedenheiten in den inneren Theilen, dadurch, dass Ammocoetes augenlos ist und einen hinten abgestutzten, an den Seiten zweilippigen Mund, fer- ner eine ganz niedrige Flossenkante längs des Rückens hat. Pe- tromyzon hat dagegen grosse deutliche Augen, einen runden Mund und hohe getrennte Rückenflossen. Die Anleitungen zu den Zweifeln des Freih. Cederström daran, dass die erstere die Larve der letztern sei, sind folgende: 1. Die kleine Pricke findet sich in Schweden bloss in den südlichen Landschaften; dem Freiherrn Cederström ist es mit Sicherheit nicht gelungen, sie nördlich von Wexiö anzutreffen. Er hatte freilich geglaubt, sie einmal in einem Bache nahe Jön- köping und einmal bei Finspang (im NÖ. Ostgothland) zu er- blicken, erhielt aber an beiden Stellen nicht Gelegenheit, sich Gewissheit zu verschaffen, ob es wirklich die erwähnte Art war. Dagegen findet sich der Querder in grosser Menge viel weiter nach Norden, z. B. im Gefle-Fluss bei Gefle, in Dalelf u. s. w. 2. Der Querder ist oft grösser, als die kleine Pricke, und hat oft ausgebildete Eier. Der letztere Umstand möchte jedoch nicht viel beweisen, weil ausgebildete Eier sich z. B. auch bei Schmetterlingspuppen in einem sehr frühen Stadium finden. 3. Die Bemerkung, welche Herr Sundevall sogleich ge- gen des Freiherrn Cederström Ansicht gemacht hatte, dass die grossen sowohl, als die nördlichen Exemplare des Querders wahr- scheinlich Larven der grossen oder eigentlichen Pricke (Petrom. fluviatilis) seien, welche weiter rs gemein sei, wurde, we- nigstens bis auf weiter, dadurch widerlegt, dass Freih. Ceder- ström ein völlig ausgebildetes Exemplar der grossen Pricke, versehen mit Augen, hohen, weit getrennten Rückenflossen, run- dem Munde u. s. w., mitgetheilt hatte, welches bedeutend kleiner war, als die gewöhnlich vorkommenden Exemplare des Querders. 12 Es erhellt hieraus, dass irgend ein wesentlicher Umstand in der Geschichte dieser Thiere unerläutert ist, und da dieser schwerlich von Anderen, als Denen, welche an einer Stelle woh- nen, an welcher der Querder einigermassen als gemein vorkomme, auszumitteln sei, so hatte Frh. Cederström gewünscht, dass seine Beobachtungen zur Nachricht für Andere bekannt gemacht würden. (Öfvers. vet. akad. Förhdl. XYIII.91—92.) Creplin. una Ueber die in der silurischen, devonischen und untern Kohlenformation vorkommende Flora v. Göppert. Schon i. J. 1847 gab ich eine Zusammenstellung der Pflan- zen, welche ich in den damals ziemlich allgemein als Uebergangs- gebirge oder Grauwacke bezeichneten Schichten beobachtet hatte”), und vier Jahre später in einem besondern, als Supplcmentband zu den Nova Acta der Leopold. Akademie erschienenen Werke **) ausführlichere Beschreibungen und Abbildungen dieser Pflanzen. In einem besondern Abschnitte verhandelte ich in demselben ihr Vorkommen in den verschiedenen, bis dahin auf der Erde ent- deckten Schichten, so wie ich auch die Erhaltungsweise dieser Pflanzen in den Schichten erwähnte. Ich gab danächst eine Zu- sammenstellung; welche unserer damaligen Kenntniss vom geolo- gischen Alter der Fundstellen entsprach, um darzuthun, wiefern auch die Pflanzen, wie die fossilen Thiere zum Charakterisiren des geologischen Alters der betreffenden Formation dienen könn- ten. Seit der Zeit haben sich unsere Anschauungen von der Uebergangsformation durch Murchison’s grosse Werke (Siluria, 1854 und 1859), welche eine genauere Beurtheilung der mit je- nen Namen bezeichneten Schichten herbeiführten, so verändert, dass selbst jene Bezeichnung veraltet ist. Unter diesen Umstän- den dürfte ich wohl berechtigt, ja selbst im Interesse meiner eignen, erst nach mehrjährigen Beobachtungen veröffentlichten Arbeiten verpflichtet sein, sie nicht allein einer neuen kritischen Durchsicht zu unteıwerfen, sondern sie auch mit den seit jener Zeit durch Anderer und meine eigenen Forschungen gewonnenen thatsächlichen Ergebnisse zusammenzustellen und das Ganze, so- weit als möglich, in Uebereinstimmung mit den jetzt herrschen- den geologischen Ansichten zu bringen. Es ist hier nämlich nicht bloss die Rede von einer Dar- stellung des ersten Anfargs der Pflanzenwelt, so wie sie in der silurischen und devonischen Form auftritt, sondern auch von ei- ..) Ueber die fossile Flora der Grauwacke oder des Uebergangs- gebirges, besonders in Schlesien; in Bronn und Leonhard’s neuem Jahrbuche 1847, S. 675—786. A **) Fossile Flora des Uebergangsgebirges Gr.-4, 290 Seiten und 44 ill, u. schw. Steintafeln in Fol. u. 4. 3 13 ner schärfern Sonderung der Flora der eigentlichen Kohlenfor- mation, welche zufolge der Resultate meiner früheren und für die gegenwärtige Zeit noch mehr bestätigten Forschungen in eine ältere oder untere und eine jüngere oder obere Abtheilung zu theilen ist. Die ältere begreift in sich sowohl die Pflanzen des Bergkalks oder Kohlenkalks, als auch die der sogenannten Grau- wacke, oder, nach neueren Untersuchungen der Geologen, die Pflanzen, welche in den Posidonomyenschiefern und Murchi- son’s jüngster Grauwacke vorkommen, die wiederum dem Mill- stonegrit der Engländer oder dem Sandstein ohne untergeordnete Schicht entspricht. Um zu diesem Resultate zu gelangen habe ich die grösste Sorgfalt auf die Bestimmung der Fundstellen der Pflanzen verwendet und versucht, durch Vergleichung mit denen, welche sich in der gewöhnlichen Steinkohlenperiode finden, die hierdurch gewonnenen Resultate mehr zu begründen. Wenn ich bedenke, dass man seit dem Bekanntmachen meiner ersten, nur auf schlesische Verhältnisse gebauten, aber in mehr als 20 Jah- ren fortgesetzen Arbeiten, auch in anderen Gegenden von Deutsch- land die von mir als sichere Führer dargelegten Pflanzen (Cala- mites transitionis, Cal. Römeranus, Sagenaria Veltheimana und die dazu gehörende Knorria imbricata) gefunden hat, darf ich wohl die Hoffnung hegen, dass diese Bestrebungen auch ausser- halb Deutschlands eine entsprechende Anerkennung finden dürften. Die ganze Abhandlung wird jetzt hinsichtlich ihres bereits ange- deuteten Inhalts in folgende sechs Abschnitte getheilt werden: 1. Literäre Verhältnisse. 2. Uebersicht der erwähnten Arten. 3. Systematisch kritische Uebersicht der wirklich aufgenom- menen Arten. 4. Geologische Uebersicht dieser Pflanzen nach den einzel- nen Abtheilungen der sogenannten Uebergangsformation und der Länder, in denen sie vorkommen. ; 5. Schlüsse aus den sämmtlichen Beobachtungen. 6. Erklärung von zwölf Tafeln. Herr v. Kieser, gegenwärtig Präsident der Kaiserl. Leop- Carolin. Akademie, veranlasste die Bekanntmachung dieser Ar- beit, deren wesentlichte Resultate die folgenden sind: Die Anzahl der sämmtlichen, bisher bekannten Arten im Bereiche der genannten Flora, beträgt 134, welche so vertheilt sind: A. Nach den verschiedenen Ordnungen und grösseren Familien: Algae 30 Arten Cladoxyleae Jung 4 Arten Calamariae AD Noeggerathieae Sr rn, Asterophyllitae AN Sigillarieae Do Filices 64 „ Coniferae 07, Selaginea sr. Incertae sedis SR 184 Arten, 74 B. Nach den verschiedenen Formationen: 1. Silurische Formation, 20 Arten: a. untere silurische Forma- tion, 17 Arten *), b. obere silurische Formation, 3 Arten. Alle gehören zur Abtheilung der Fucoiden. Devonische Formation. a. untere devonische Formation, 5 Ar- ten, 4 Fucoideen und eine Landpflanze [Sigillaria**) Haus- manniana], erstes Vorkommen der Landpflanzen, b. mittlere devonische Formation 1 Landpflanze, (Sagenaria Veltheimiana), c. obere devonische Formation, 57 Arten, unter denen 4 Fu- coides. Die übrigen sind Landpflanzen, von den Familien der Bregnen, Calamiten, Equisetaceen, Lepidodendroneen, Ly- copodiaceen, Sigillarien und Coniferen. 3. Kohlenformation, untere Kohlenform; a. Kohlenkalk, 46 Ar- ten, unter welchen nur eine einzige Meerespflanze, die übrigen Landpflanzen derselben Familien, wie in der oberen devoni- schen Formation. Nur kommt die Familie der Nöggerathien hinzu. b. Kulmgrauwacke mit Posidonomyenschiefer, 23 Ar- ten; nur eine Meerpflanze; die übrigen sind Landpflanzen der- selben Familien, wie die vorigen. c. jüngste Grauwacke, 5l Arten, nur Landpflanzen derselben Familien, wie bei den vo- rigen Abtheilungen der untern Kohlenformation. Meerespflan- zen oder Fucoiden fehlen hier ganz. D Die obere oder jüngere Kohlenformation enthält 816 Arten. Die permische Formation, deren Monographie bald gedruckt werden wird, enthält, ebenfalls nach meinen Berechnungen, 183 Arten, so dass also die Anzahl der bis jetzt bekannten fossilen Pflanzen der ganzen paläozoischen Formation 1183 Arten beträgt. (Overs. vid. Selsk. Forhdl. 1860. p. 116—119.) Creplin. uw Beschreibung einer neuen Korallengaltung Herophile, und Beobachtungen über Knospentreiben v. J. Steenstrup. Die neue Korallenform (Herophile) zeichnet sich durch eine von Kalktheilen durchdrungene feste, drehrunde Hornachse und eine besonders regelmässige Struktur und Verzweigung der- *) Fünf gehören auch der dänischen fossilen Flora an, nämlich: Chondrites antiquus, Dietyonema Hisingeri, Caulerpites cactoides, Forch- hammera silurica und Palaeophycus tubularis. - ***) Das Vorkommen dieser Pflanze in der devonischen Forma- tion dürfte doch einigem Zweifel unterliegen. Hausmann fand sie nämlich auf der Gränze zwischen den „Thälern“ und Norwegen in el- nem Wirthshaus in Idre, in einer losen Platte, welche die Unterlage des Kamin’s bildete und man darf daher kaum unbedingt annehmen, dass sie zu der in der Nähe anstehenden Sandstein- und Porphyr- bildung gehöre, in welcher man bisher keine andere Versteinerung ge- funden hat. @. Forchhammer. 75 selben, am allermeisten jedoch durch ihre kleinen, schief birnför- migen Polypen aus, welche auf sehr dünnen Stielen ab- wechselnd an zwei Seiten längs der dünnen, leicht gebogenen Aestchen der Koralle stehen, während ausserdem ein solcher Po- lyp in der Spitze dieser selbst sich befindet. Die Aestchen sind wiederum abwechselnd an den zwei Seiten etwas grösserer Aeste gestellt, und diese wieder auf dieselbe Weise an anderen Aesten, u. s. w., bis man zuletzt die Hauptäste in ähnlicher Ordnung aus dem Stamme selbst hervorkommen sieht. Es entsteht hier somit eine grosse Aehnlichkeit zwischen der Anordnung der Thiere an einem solchen Korallenbusch und der Stellung der sogenannten Fiedern an einem Blatte, welches der Botaniker ein mehrfach ge- fiedertes mit abwechselnden Fiederchen und Endblatt nennt. Der genetische Zusammenhang zwischen den Thieren an ein und demselben äusserlichen Aste (? Ydregren) weist sich bald als ein solcher aus, dass das Endthier die Mutter (Amme) aller übri- gen, in die doppelte Reihe gestellten sei, und dass es durch Knos- pentreiben allmählig das eine derselben nach dem andern abge- setzt, während dess aber zugleich seinen eignen Stiel verlängert habe, welcher dann nach und nach zum Aste geworden; jede neue hinzugekommene Knospe hat sich stets zwischen der zuletzt ent- wickelten und der Amme entwickelt, wesshalb man dem End- thiere zunächst ein oder ein Paar weniger entwickelter Polypen- thiere finden wird, welche entweder gar keinen oder nur noch einen sehr kurzen Stiel besitzen. Solcherweise sind auch die vorausgehenden grösseren Aeste zu ihrer Zeit entstanden. In demselben Verhältniss, in welchem der Endpolyp zu den äusser- sten Verzweigungen oder den Aestchen steht, stand der Endpolyp eines frühern Astes zu dessen Seitenpolypen, den gegenwärtigen Endthieren, und solcherweise kann ein jeder Seitenpolyp an dem Aestchen sich selbst zu einem Aestchen ausbilden, indem er Knos- pen heraustreibt und seinen Stiel verlängert. — Diese Ordnung der Herophilen-Colonie in ihrer genetischen Entwickelung wurde mit der der Dendrophyllien und Heteroporen unter den Sternkorallen, der Diphyiden unter den Quallen, der Naiden- und Salpen-Ketten und endlich der Bandwürmer, in an- deren Thierklassen, zusammengestellt und dem Entfaltungsgange entgegengesetzt, welcher sich im Knospentreiben bei den Seefedern (Pennatulinen), den Strobilae u. m. zeige. Ue- ber diese und mehrere andere Formen für das Hervortreten der Knospen wurde ausserdem eine Reihe von Betrachtungen ange- stellt. Die Art ist von Westindien und wurde H. regia ge- nannt. Das beschriebene hübsche Exemplar, welches 3° hoch ist und Hunderte von Aesten in allen Entwicklungsstufen trägt, ist vor vielen Jahren dem Könige Christian VIII. von einem Seeoffizier gegeben worden und kam mit Sr. Maj. particulären Sammlungen in die Museen des Staates. — Es hat unter dem 76 angeführten Gattungs- und Artnamen eine längere Zeit hindurch im Universitätsmuseum gestanden. Die ausführlichere Mittheilung wird späterhin geschehen. (Ibidem 121—125.) Creplin. Vorläufige Notiz über eine neue Synthese der Milchsäure. (Briefliche Mittheilung an die Redaction.) Wenn die Constitution der Milchsäure wirklich durch die Formel «o(0) Er @ oder, gemäss den früher von mir entwickelten Prineipien”**), durch eo, “ne (so auszudrücken ist, so müsste sie sich aus dem Aethylenglycol ebenso darstellen lassen, wie die Propionsäure aus dem Aethyl- alkohol, nämlich durch Vermittlung eines Oyanürs. Ich habe daher das „Glycolmonochlorhydrin‘‘ Wurtz’s €,H, 0) cı im zugeschmolzenen Glasrohr, zusammen mit etwas absolutem Alkohol, bei 1000 auf ein Molecül reines Kaliumceyanür einwir- ken lassen. Es entsteht dabei Chlorkalium. Die filtrirte alko- holische Flüssigkeit hinterliess beim Verdunsten einen schwach gelblichen, auch in Wasser, schwer aber in Aether löslichen Syrup. Diesenselben Körper erhält man auch neben Bariumsulfat und Ka- liumsulfat, wenn man auf Baryumglycolsulfat Cyankalium, zu- sammen mit etwas Alkohol, bei 130 — 150° wirken lässt. Es gehen hierbei folgende Processe vor sich SH ol, « K a @ H — | — d a) ci er EN > s6, R R €&,H 2 E K so so 2 10 eo et Ben) ar 9.4 Ort IM Kocht man den gelblichen Syrup mit Kaliumhydratlösung, so ent- *) Limpricht, Lehrbuch der organischen Chemie p. 336. **) Diese Zeitschrift, Bd. XIV, S. 96. 17 wickelt sich Ammoniak und es entsteht ein Kaliumsalz. Das überschüssige Kaliumhydrat muss durch Einleiten von Kohlensäure in Karbonat verwandelt werden. Verdampft man die Flüssigkeit nun zur Trockne und zieht das Salzgemenge mit absolutem Al- kohol aus, so hinterbleibt ein vollkommen amorphes, hellgelbes Kaliumsalz, welches sich in allen Stücken wie Kaliumlactat ver- hält. Die Gleichung, nach welcher es gebildet wird, kann daher wohl nur die folgende sein: ren. co, N + 19470 = So O4 ni K Ich habe dieses Kaliumsalz durch Zinksulfat zersetzt und dabei neben Kaliumsulfat ein Zinksalz erhalten, welches in kaltem Wasser schwer löslich ist, vollkommen die Krystallformen des Zink- lactates zeigt und durch Schwefelwasserstoff in Schwefelzink und eine Säure zerlegt wird, welche nach dem Verdampfen der wäss- rigen Lösung von Aether aufgenommen wird und nach dem Ab- dunsten desselben als ein hellgelber Syrup zurückbleibt. Geschmack und sonstige Eigenschaften dieser Säure sind in jeder Beziehung die der Milchsäure. Noch stand mir nicht ssviel Material zu Gebote, um neben diesen Versuchen Analysen anzustellen; den- noch zweifle ich nicht im Geringsten an der Identität der erhal- tenen Säure mit der Milchsäure. Gegenwärtig beschäftigt, die Versuche in grösserem Massstabe anzustellen, hoffe ich in Kur- zem die Richtigkeit meiner Behauptung revidirt darthun, und. damit den Beweis führen zu können, dass die Milchsäure das „nähere Radical“ oder „unvollkommene Glycolmolecül* Gais 0 im Werthe eines einatomigen Alkoholradicales enthält. Zürich, im Januar 1862. J. Wislicenus. Literatur, Allgemeines. Kongl. Svenska Vetenskaps-Akade- miens Handlingar. Ny följd. Bd. III., Heft. 1. Stockholm 1859. 4. — Enthält zwei naturwissenschaftliche Abhandlungen. 1. Auf 104 S. Beitrag zur Kenntniss der skandinavischen Amphipoda Gammaridea von Ragnar M. Bruzelius. Dazu Taf. I-IV. — 2. Auf 20 8. Analytische Untersuchungen schwedischer Mineralien u. s. w. von E. Walmstedt. Öfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhand- 78 linger. Ärg. 18.1861. No.1—6. Mit 4 Tafeln. — Naturwissenschaft- licher Inhalt: 1. S. 3-17. Neue Methode, das Leitungsvermögen der Körper für die Wärme zu bestimmen; von A. J. Angström. Taf. I. — 2. S. 19-34. Hymenomycetes novi vel minus cogniti in Suecia 1852 — 1860 observati; auct. E. Fries. — 3. S. 35—37. Neue Me- thode, Kohlensäure zu bestimmen; von Al. Müller. — 4. S. 41-51. Gab es Menschen auch im südlichen Schweden, schon zu der Zeit, in welcher Elephanten, Nashörner und andere lange seitdem ausge- storbene Thierrassen im südlichern Europa lebten? VonS.Nilsson. — 5. S.53—57. Ueber die Bahn des Fayeschen Kometen; v. Ax. Möl- ler. Zusatz zu dems. Aufs. S. 58—62. — 6. S. 67—90. Verzeich- niss der in der Ost-Finnmark beobachteten Vögel, nebst einzelnen Bemerkungen, einige derselben betreffend; von Chr. Sommerfelt, Pfarrer in Naeseby. — 7. S. 91—92. Ueber den gem. Querder (Am- mocoetes branchialis); Beobb. vom Freih. G. C. Cederström. — 8. S. 93—110. Beitrag zur Erörterung der Synonymik der skandina- vischen Flechtenarten; von Th. M. Fries. — 9. S. 111. Circa novi- tias Lichenae norvegicae obseryatio; Ser. W. Nylander. — 10. S. 114—118. Ueber merkwürdige in Dalekarlien gefundene Crusta- ceen aus der Ordnung der Cladocera; von H. A. Euren. (Latona setifera Straus (Daphnia O. Fr. M.), Acantholeberis dentata, n. sp., und Erwähnung einer der Cattung Holopedium nahe stehenden Art.) Dazu Taf. II. — 11. S. 119—154. Untersuchung über die bei der Volumveränderung der festen Körper entstehenden Wärmephänomene, u.s. w.; von Er. Edlund. Taf. I. — D. S. 159—162. Gediege- nes Wismuth von Bispberg; v. L. Svanberg. — 13. S. 163—178. Ueber einige ammoniakalische Chromverbindungen; v. P. T. Cleve. — 14. S. 179—187. Derivate vom Toluol; v. C. W. Blomstrand. — 15. S. 189—190. Moose, eingesammelt auf Spitzbergen im J. 1858 vom Prof. A. E. Nordenskiöld; von S. O. Lindberg. — 16. S. 191—193. Eine neue Art der Gattung Astrocarpus; von C. F. Ny- man. Taf. IV. — 17. S. 195—212. Nova methodus familias quas- dam Hemipterorum disponendi; auct. C. Stal. — 18. S. 217—223. Bericht über das, was sich bei der Kgl. Akad. d. Wiss. während d. J. 1860—1861 zugetragen hat; abgegeben vom beständigen Secretär d. Ak. am Feiertage, d. 6. Apr. 1861. — 19. S. 227—231. Beitrag zur Kenntniss der Doppelverbindungen des Platinchlorürs. — 20. S. 235242. Antimon-Cinober; vonL.Svanberg. — 21. S. 243—247. Der Wasserstand im Mälar und der See während der Jahre 1857—1860. Tabelle, mitgeth. v. A. Erdmann. — 22. S. 249—253. ‚Pilzarten wärmerer Länder in europäischen Gewächshäusern. — 23. S. 255— 272. Anzeichnungen, betr. eine in Paris sich befindende Linn &ische Pflan- zensammlung; v. Th. M. Fries. — 24. S. 273—283. Neue Anzeich- nungen über die nordische Moosvegetation; v. Cand. S. O. Lind- berg. — 25. S. 285-314. Ueber einige im Wetter- und Wenersee gefundene Crustaceen; von S. Loven. (S. die Uebersetzung die- ses Aufsatzes oben S. 52.) Creplin. 19 Oversigt over det Kgl. danske Videnskabernes Sel- skabs Forhandlinger og dets Medlemmers Arbeider i Aaret 1860. Af Selskabets Secretair G. Forchhammer. Kjöbenhavn. Gr. 8. 247 S. — Naturwissenschaftlicher Inhalt: 1. S. 1-31. Reinhardt, Bemerkungen über den Nestbau und die Fortpflanzungsverhältnisse der Crotophaga-Gattung. — 2. S. 32—36. Hansteen, die Verän- derungen der magnetischen Inclination und Intensität. — 3. S. 116—119. Göppert, über diein der silurischen, devonischen und unteren Koh- fenformation vorkommende Flora. (S. die Uebersetzung $. 72—74). — 4. S. 121—123. Steenstrup, Beschreibung einer neuen Korallen- gattung (Herophile) aus der Ordnung der Oktaktinien und Beobach- tungen über den Gang im Knospentreiben bei dieser und mehreren anderen niederen Thieren. (S. ebenfalls die Uebersetzung S. 74—76.) — 5. S. 125—139. Bendz, Beitrag zur Erläuterung der anatomischen Verhältnisse im Gesichtsorgan, welche den Umfang und die Verän- derung des Gesichtsfeldes bei den Säugethieren begünstigen. — 6. S. 185—193. Steenstrup und Lütken, Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse und Lernäen des offenen Meeres, und über einige andere neue oder bisher nur unvollständig bekannte parasiti- sche Copepoden. (Auszug aus einer Abhandlung, welche, mit Beglei- tung von zahlreichen Figuren und Analysen auf 15 Tafeln, in den Schriften der Gesellschaft erscheinen wird. — 7. S. 195—196. Prof. d’Ar- rest, Bericht über die Beobachtung der totalen Sonnenfinsterniss, welche in Spanien am 18. Juli 1860 Statt fand. — 8. S. 198—235. Andrae, Erweiterung einer von Laplace in der Mecanique celeste angegebenen Methode zur Bestimmung einer unbekannten Grösse durch gegebene unmittelbare Beobachtungen. Creplin. Physik. John Tyndall, über die Absorption und Strahlung der Wärme durch Gase und Dämpfe, und über den physischen Zusammenhang von Strahlung, Absorp- tion und Leitung. — In diesem Theile der Physik ist unsere Kennt- niss ungemein beschränkt. Melloni fand mit seinem thermoelectrischen Apparate, dass für eine Strecke von 5 bis 6 Metern die Absorption der strahlenden Wärme durch die atmosphärische Luft vollkommen unmerklich sei, Franz in Berlin mit demselben Apparate, dass die in einer 3 Fuss langen Röhre enthaltene Luft 3 Prc. von der hindurch gesandten Wärme einer Argand’schen Lampe absorbire. Der Verf. bemerkt, dass dies Resultat von einem Fehler der Beobachtungsweise herrühre. — Damit das Galvanometer eine grössere Empfindlichkeit habe als gewöhnlich, wo man den Magnetismus des Kupferdrahtes durch einen magnetischen Compensator aufhebt, ersetzte er die grüne Seide, mit der sonst diamagnetischer Kupferdraht umwunden war und die in Folge irgend einer Eisenverbindung, die zum Färben benutzt war, die Nadel vom Nuilpunkte wegführte, durch weisse und besei- tigte so den Uebelstand eines magnetischen Gewindes. — Nach dem, was wir jetzt vom Verhalten flüssiger und starrer Körper wissen, müsste das Absorptionsvermögen der strahlenden Wärme bei Gasen 80 und Dämpfen, wenn es überhaupt wahrnehmbar ist, für Wärme aus dunkler Quelle am grössten sein. Da nun nach Melloni eine Glas- platte von !/ıo Zoll Dicke alle Strahlen, die von einer die Tempera- tur des siedenden Wassers besitzenden Quelle und gr. Proc. von den Strahlen aus einer Quelle von 400% absorbirt, so konnte die Röhre, durch die die Wärme hindurchgesandt werden sollte, nicht durch Glasplatten, sondern mussten durch Steinsalzplatten verschlossen wer- den. Zuerst experimentirte er mit einer 4 Fuss langen und 2,4 Zoll weiten Röhre von planirtem Zinn, deren Enden durch in messingenen Ansätzen befindlichen und an zwischen gelegten vulkanisirten Kaut- schuk angedrückte Steinsalzplatten geschlossen waren. Mit der Röhre war ein T-förmiges Stück verknüpft, das auf der einen Seite mit ei- ner Luftpumpe, auf der andern mit dem einzuleitenden Gase commu- nieirte. Dicht an das eine Ende der horizontal befestigten Röhre wurde ein Leslie’scher Würfel mit heissem Wasser, vor das andere eine thermoelectrische Säule mit Galvanometer gebracht. War die Röhre ausgepumpt, so betrug die Ablenkung 30°. Wurde neue tro- ckene Luft in die Röhre eingeschlossen, so erfuhr die Galvanometer- nadel nicht die geringste Ablenkung; derselbe Fall trat ein bei O, H, N. Keine andere Erfahrung machte der Verf., als er die Tempera- tur des Wassers erniedrigte und erhöhte, so dass die Ablenkungen bezüglich kleiner und grösser wurden. Diese negativen Resultate könnten vielleicht von der Eigenschaft des Galvanometers, dass seine Grade ungleiche Beträge von Wärmewirkungen organisiren, herrüh- ren; bei den kleinen Wirkungen nämlich befand sich zwar die Nadel in der empfindlichen Lage, aber die totale durch die Röhre gehende Wärmemenge war so unbedeutend, dass man nicht beobachten konnte, ob ein kleiner Bruchtheil absorbirt sei; bei den grossen Ablenkungen dagegen befand sich die Nadel in einer solchen Lage, dass erst eine bedeutende Abnahme der Wärme eine Aenderung hervorgerufen hätte. Deshalb musste immer mit grossen Wärmemengen operirt werden, während die Nadel, die die Absorption angeben sollte, fortwährend Lagen ihrer grössten Empfindlichkeit einnehmen musste. Dieser Ge- danke wurde Anfangs mit Hilfe eines differentialen Galvanometers ausgeführt. Sein Gewinde bestand aus zwei neben einander gewickel- ten Drähten, von denen jeder unabhängig vom andern von einem Strome durchlaufen werden konnte. Die Thermosäule wurde an dem einen Ende der Röhre aufgestellt und mit den Enden des einen Gal- vanometerdrahtes verbunden. Vor dem andern Ende befand sich eine schwach rothglühende Kupferkugel. Jetzt wich die Nadel bis zur Hemmung zurück. Nun verband man die Enden des andern Drahtes mit einer zweiten Thermosäule so, dass wenn man letztere der Kup- ferkugel näherte, ein dem ersteren entgegengesetzter Strom durch das Galvanometer ging. Durch Annäherung der zweiten Thermosäule an die Kupferkugel konnte man die Nadel bis auf Null zurückführen. Jetzt hatte man also eine kräftige Wärmefluth und zugleich befand sich die Nadel in ihrer vortheilhaften Lage. Als man nun bei Luft- 8 erfüllter Röhre eine Neutralisation der Ströme hervorgerufen hatte, wurde die Luft entfernt. Anfangs bewegte sich die Nadel plötzlich in einer Richtung, die da anzeigte, dass durch die theilweise ent- leerte Röhre eine geringere Wärmemenge ging, als durch die Luft- welle. Bald aber wandte sich die Nadel nach einem Stillstande, sank rasch auf Null und schlug bleibend nach der anderen Seite aus. Diese anfängliche Anomalie rührte daher, dass beim Auspumpen sich die in der Luft befindlichen Wasserdämpfe niederschlugen; war die Luft vor Eintritt in die Röhre getrocknet, so bewegte sich die Nadel stets in einer Richtung, bis sie das Maximum ihrer Ablenkung erreicht hatte, zum Beweise, dass in allen Fällen strahlende Wärme durch die in der Röhre befindliche Luft absorbirt worden war. — Nach vielem Hin- und Herschwanken hinsichtlich der Wärmequelle entschied sich der Verf. für siedendes Wasser, weil es, wenn auch die Wirkun- gen schwächer waren, doch in constanter Temperatur erhalten wer- den konnte, so dass die kleinen Ablenkungen als wahre quantitative Absorptionsmaasse angesehen werden konnten. — Der zu den Absorp- tionsversuchen schliesslich angewandte Apparat ist zu complicirt, als dass er im Einzelnen beschrieben werden könnte. Im Wesentlichen besteht er aus einer im Innern polirten messingenen Röhre, die durch Steinsalzplatten geschlossen ist und evacuirt werden kann; an dem einen Ende ist ein Messingrohr, das evacuirt werden kann, angebracht, dessen der Steinsalzplatte gegenüberliegende Seite die mit Lampen- russ bestrichene die Wärme ausstrahlende Kupferfläche des mit sie- dendem Wasser gefüllten Würfels ist; damit nicht Wärme durch Lei- tung zur Steinsalzplatte gelange, ist das Messingrohr von Wasser mit constanter Temperatur umgeben. Vor dem anderen Ende der 4 Fuss langen Röhre befindet sich die thermoßlectrische Säule mit 2 Reflectoren, von denen der eine der die Röhre schliessenden Stein- salzplatte zugekehrt ist, der andere dagegen einem anderen compen- sirenden Leslie'schen Würfel. Die Compensation wurde durch einen dazwischen gesetzten und frei verschiebbaren Doppelschirm vervoll- ständigt. Die Verfahrungsweise war die, dass Experimentirröhre und Messingrohr möglichst luftleer gemacht werden; die von der beruss- ten Fläche des Leslie’schen Würfels ausgestrahlte Wärme geht durch Messingrohr, Steinsalzplatte, Experimentirröhre, andere Steinsalzplatte, trifft durch den Reflector verdichtet die eine Seite der Thermosäule; die Nadel des mit der Säule in Verbindung stehenden Galvanometers wird abgelenkt; durch den die andere Seite der Thermosäule erwär- menden Leslie'schen Würfel und durch den eingeschalteten Doppel- schirm wird die Nadel genau auf Null zurückgeführt. Dann wird die erforderliche Menge des zu untersuchenden getrockneten Gases ein- gelassen und aus der Ablenkung der Galvanometernadel die Absorp- tion genau bestimmt. Das Galvanometer war nach der von Melloni angegebenen Methode (La thermochröse etc. p. 59) genau kalibrirt. — Die von Feuchtigkeit und Kohlensäure befreite Luft des Labora- toriums bewirkte eine Ablenkung von 1°, Stickstoff 10, Wasserssoff 10, XIX, 1862. 6 82 durch Elextrolyse erhaltener und durch viele mit Jodkaliumlösung ge- füllte Röhren geleiteter Sauerstoff, so wie auf gewöhnlichem Wege erhaltener Sauerstoff 10, dagegen der nicht durch Jodkalium geleitete also mit Ozon vermengte Sauerstoff 4°. Bei Quellen von hoher Tem- peratur war der Unterschied zwischen Ozon und gewöhnlichem Sauer- stoffsehr auffallend. Die gesammte Wärmemenge, die bei diesen Ver- suchen durch die Röhre gesandt wurde, bewirkte eine Ablenkung von 710,5, entsprach also, wenn man die Wärmemenge, die nöthig ist, um die Nadel von 0% auf 1° abzulenken, als Einheit annimmt, 108 Wärmeeinheiten, so dass die Absorption ungefähr 0,33 Proc. beträgt. Trotz vielfacher Versuche gelang es dem Verf. nicht Sauerstoff, Was- serstoff, Stickstoff und atmosphärische Luft hinsichtlich ihres Absorp- tionsvermögen zu ordnen, doch glaubt er dem Wasserstoff das schwäch- ste Absorptionsvermögen zuerkennen zu müssen. Hier hat man Mi- nimalabsorptionen von Gasen. Interessant ist die Zusammenstellung mit der Absorption des ölbildenden Gases, das von den untersuchten am stärksten absorbirt. Als die Nadel in Folge der Compensation auf 0° stand und ölbildendes Gas zugelassen wurde, ergab sich eine bleibende Ablenkung von 700,3. Nach der vollständigen Entfernung des Gases und nach Einschiebung einer polirten Metallplatie zwischen T'hermosäule und Compensationswürfel rief die gesammte durch die evacuirte Röhre gehende Wärmemenge eine Ablenkung von 75° her- vor. Da nun die Ablenkungen von 709,3 und 75° resp. 290 und 360 Einheiten entsprechen, war ungefähr 81 Proc. Wärme durch das öl- bildende Gas fortgenommen worden. Die Wirkung des eingelassenen ölbildenden Gases war eine solche, wie erfolgen würde, wenn die Steinsalzplatten plötzlich mit einer opaken Schicht überzogen wür- den. Dass aber nicht etwa ein solcher Ueberzug sich bildete, zeig- ten die mannichfaltigen Versuche, die der Verf. nach dieser Seite hin anstellte; so wurde z.B. eine sorgfältige polirte Steinsalzplatte nicht trübe, als man sie lange Zeit gegen einen Strom des Gases hielt. Es ist merkwürdig, das ein Gas von solcher Durchsichtigkeit für: das Licht so ungemein opak für Wärmestrahlen jeglicher Art ist. — Jetzt wurde die Frage aufgeworfen, welche Relation zwischen der Dichtig- keit des ölbildenden Gases und der ausgelöschten Wärmemenge statt- finde. Zuerst suchte der Verf. die Frage dadurch zu lösen, dass er ein gewöhnliches Quecksilbermanometer mit der Luftpumpe verband und dann, nachdem die Experimentirröhre ausgepumpt und die Gal- vanometernadel auf Null gebracht war, ölbildendes Gas einliess, bis die Quecksilbersäule einen Zoll herabgedrückt war; dann wurde neues Gas eingelassen, bis die Depression 2 Zoll betrug u. s. w. Dabei zeigte sich nun keine bestimmte Relation zwischen Dichte des Gases und der Absorption durch dasselbe, nur wurde bemerkt, dass mit zu- nehmender Dichte das Verhältniss zwischen je zwei aufeinander fol- genden Absorptionen sich immer mehr der Einheit nähert. So ver- doppelt eine Versiebenfachung der Dichtigkeit die Absorption, 'wäh- rend Gas von 20 Zoll Spannung nur 2!/, Mal so viel absorbirt wie 83 Gas von einem Zoll Spannung. Wenn man aber bedenkt, dass ölbil- dendes Gas von einem Zoll Spannung eine Ablenkung von 56° be- wirkt, so ist klar, dass dasselbe einen grossen Theil der vom Gase absorbirbaren Strahlen auslöschen muss, dass demnach die folgenden Portionen, indem sie auf eine immer geringere Wärme zu wirken ha- ben, einen fortwährend kleineren Effect ausüben müssen. Deshalb kam der Verf. auf die Idee, ob nicht die Absorption der Dichtigkeit proportional sein würde, wenn man sehr kleine Quantitäten Gas ein- fürte, so klein, dass die Anzahl der durch dasselbe ausgelöschten Strahlen eine verschwindende Grösse sei im Vergleich zu der ge- sammten Menge derer, die der Absorption fähig sind. Durch das Ex- periment wurde diese Ansicht bestätigt. — Das Absorptionsvermö- gen des ölbildenden Gases wird weit übertroffen von dem der Dämpfe einiger flüchtigen Flüssigkeiten. Bei Schwefeläther z. B. war die Absorption doppelt so gross, als bei ölbildendem Gase; auch nähern sich die successiven Absorptionen rascher der Gleichheit. Bei An- wendung einer kleinen Maasseinheit galt auch hier das Gesetz der Proportionalität bis zu einer gewissen Grenze. In gleicher Weise wurde mit 13 anderen Dämpfen operirt; nur dass die Volumeinheit bei den verschiedenen abgeändert wurde. Der Schwefelkohlenstoff zeigt sowohl für gleiche Volume beim Maximum der Dampfdichte, als auch für gleiche Spannungen das schwächste Absorptionsvermö- gen unter allen untersuchten Dämpfen. Bei sehr kleinen Quantitäten absorbirt ein Maass Schwefelätherdampf, im Maximo der Dichte, 100 Mal so viel strahlende Wärme als ein gleiches Volum Schwefelkoh- lenstoffdampf, bei seinem Dichtemaximum. Untersucht wurden ferner Amylen, Aethyljodid, Methyljodid, Amyljodid, Amylchlorid, Benzol, Me- thylalkohol, Ameisenäther, Aethylpropionat, Chloroform und Alkohol. Beim Alkohol wurde eine Maasseinheit von 0,5 Cubikzoll genommen, damit ein Effect erzielt würde gleich dem von Benzol bei der Maass- einheit von 0,1 Cubikzoll. Und demnach nimmt bei gleichen Span- nungen von 0,5 Zoll der Alkohol genau doppelt so viel Wärme fort wie das Benzol. Auch zwischen Alkohol und Schwefeläther findet eine ungeheure Verschiedenheit statt, wenn gleiche Maasse beim Maxi- mum der Dichtigkeit angewendet werden; damit aber die Spannung bei beiden Stoffen gleich werde, muss die Dichtigkeit des Alkohols um viele Maale erhöht werden. Daraus folgt also, dass wenn gleiche Spannungen dieser beiden Substanzen verglichen werden, der Unter- schied zwischen ihnen bedeutend abnimmt. Aehnliche Bemerkungen gelten von vielen Substanzen. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei gleichen Spannungen der Dampf des Aethylpropionats ein grös- seres Absorptionsvermögen zeigen wird als der des Aethers. — Wie oben erwähnt, war die messingene Experimentirröhre innen po- lirt. Als nun der Verf. einmal Chlor in sie hineinbrachte, wurde die .Galvanometernadel rasch und stark abgelenkt; beim Auspumpen aber und selbst beim zehnmaligen Einlassen von trockner Luft blieb sie hartnäckig auf 40% stehen. Die Ursache war die, dass das Chlor das 6* 84 Metall angegriffen und dessen Reflectionsvermögen theilweise zerstört hatte; so nahm denn die durch die Wandung der Röhre bewirkte Ab- sorption eine Wärmemenge fort, die fähig war die obige Ablenkung hervorzubringen. Der Verf. wollte sich nun der Vorsicht halber da- von überzeugen, dass diese Fehlerquelle an seinen Versuchen nicht hafte. Deshalb überzog er das Innere der Messingröhre auf 2 Fuss sorgfältig mit Lampenruss und bestimmte jetzt mit ihr bei einer ge- meinschaftlichen Spannung von 0,3 Zoll wiederum die Absorption al- ler der Dämpfe, die er schon untersucht hatte. Da nun die Ordnung der Absorption in beiden Röhren meist dieselbe, und die absorbirte Menge in der blanken Röhre im Allgemeinen das ebenso vielfache wie in der geschwärzten ist, so wird der Verdacht, als könnten die in der blanken Röhre beobachteten Effecte von einer durch die Dämpfe be- wirkten Aenderung des Reflectionsvermögens ihrer innern Fläche her- rühren, vollständig gehoben. In der geschwärzten Röhre machte sich die Ordnung der Absorption folgender Substanzen so: Alkohol, Schwe- feläther, Ameisenäther, Aethylpropionat, während sie in der blanken Röhre: Ameisenäther, Alkohol, Aethylpropionat, Schwefeläther war; bei abermaliger Untersuchung würden diese Unterschiede wohl ver- schwinden oder sich wenigstens erklären lassen, besonders da kleine Unterschiede in der Reinheit Absorptionsdifferenzen hervorbringen. — Der Verf. kommt noch einmal auf die Wirkung der sogenannten Gase auf strahlende Wärme. Ausser Sauerstoff, Stickstoff, Wasser- stoff, atmosphärischer Luft und ölbildendem Gase, von denen schon oben gesprochen ist, wurden noch Kohlenoxyd, Kohlensäure, Schwe- felwasserstoff und Salpetergas untersucht. Die Wirkung dieser Gase ist in Verhältniss zu den Dämpfen sehr gering, so dass die Maass- einheit aufgehoben werden musste und die Menge des hineingelasse- nen Gases durch die Depression des Quecksilbermanometers bestimmt wurde. Beim Kohlenoxyd war die Absorption der Dichte des Gases proportional bis zur Spannung von 3,5 Zoll, ähnlich bei der Kohlen- säure, bei dem Schwefelwasserstoff bis zu 2,5 Zoll; beim Salpeter- gase zeigt sich die Abweichung vom Proportionalitätsgesetz schon von Anfang an. — Wie oben erwähnt, zeiht der Verf. den Dr. Franz eines Versehens; letzterer fand bei einer 3 Fuss langen und innen geschwärzten Röhre für atmosphärische Luft eine Absorption von 3,54 Proc; der Verf. mit einer 4 Fuss langen innern polirten Röhre nur ungefähr ein Zehntel dieser Grösse; ferner erschien dem erste- ren die Kohlensäure als ein schwächeres Absorbens als Sauerstoff, während letzterer das Absorptionsvermögen der Kohlensäure für kleine Quantitäten fast 150 mal so gross wie das des Sauerstoffes fand; für die atmosphärische Spannung würde es wahrscheinlich noch das 100fache gewesen sein. Der Widerspruch lässt sich dadurch erklä- ren, dass Franz eine Argand’sche Lampe benutzte und ‚die Experti- mentirröhre durch Glasplatten verschloss, Melloni aber fand, dass von den Strahlen einer Locatelli’schen Lampe 61 Proc. durch eine Glas- platte von 0,1 Zoll Dicke absorbirt werden. Folglich wurde wahr- » 85 scheinlich von den Strahlen der Lampe die Franz benutzte, ein Vier- tel verbraucht, um die beiden Glasplatten zu erwärmen, die nun als secundäre Wärmequellen Wärme gegen die Thermosäule ausstrahlten; bei Einlassung kalter Luft wurden die Platten abgekühlt und die Weg- nahme ihrer Wärme musste einen Effect erzeugen, der genau dem einer wahren Absorption gleicht. — Der Verf. berührt nun in Be- treff des Effects unserer Atmosphäre auf polare und terrestrische Wärme einen interessanten Punkt. Er fand nämlich an einem Tage, dass die Luft, die das System der Trockenröhre durchstrichen hatte, eine Absorption 1 erzeugte, während die ihren Wasserdampf enthal- tende Luft des Laboratoriums eine Absorption 15 bewirkte. Demnach bewirkte die an jenem Tage in der Atmosphäre enthaltene Menge Wasserdampf eine 15 Mal so grosse Absorption als die Atmosphäre selbst. Demnach ist es sehr wahrscheinlich, dass die von Pouillet nachgewiesene Absorption der Sonnenstrahlen durch die Atmosphäre hauptsächlich von dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf herrührt. Der grosse Temperaturunterschied im Sonnenschein, am Mittag und am Abend rührt also wohl hauptsächlich von der verhältnissmässig dünnen Schicht von Wasserdämpfen, die dicht an der Erde liegt, her; am Mittag ist die zu durchbrechende Dicke gering, am Abend ver- hältnissmässig sehr gross. Die intensive Hitze der Sonnenstrahlen auf hohen Bergen rührt nach dem Verf. nicht davon her, dass sie nur ‚eine geringe Dicke der Atmosphäre zu durchdringen haben, sondern von der Abwesenheit des Wasserdampfes in grossen Höhen. Dadurch werden die dunkeln Wärmestrahlen nicht ergriffen. Aber der Was- serdampf, der eine so zerstörende Wirkung auf die dunkeln Strah- len ausübt, ist so gut wie durchsichtig für Lichtstrahlen. Die Ver- schiedenheit in der Wirkung der von der Sonne auf die Erde herab- kommenden und der von der Erde in den Himmelsraum ausgestrahl- ten Wärme wird also bedeutend durch den Wasserdampf der Atmos- phäre vergrössert. Jede Verminderung des Wasserdampfes in der At- mospäre muss eine Veränderung im Klima hervorbringen. Aehnliches gilt, aber in geringerem Grade, von der in der Atmosphäre verbrei- teten Kohlensäure, während eine fast unwahrnehmbare Beimischung von einem Kohlenwasserstoffdampfe ungeheure Effecte auf die terre- strischen Strahlen und somit auf die Klimate ausüben würde. Da- mit also die Erde eine verschiedene Wärmemenge bewahre, braucht man nicht Veränderungen in der Dichte und Höhe der Atmosphäre anzunehmen, da eine geringe Veränderung in den veränderlichen Be- standtheilen derselben dazu ausreichen würde und vielleicht die von den Zoologen aufgedeckten klimatischen Veränderungen erklärt. -- Der Verf. geht nun auf die Wärmestrahlung der Gase über. Die .Lichtmenge, die eine Flamme aussendet, hängt hauptsächlich von dem Glühen jener Substanzen ab. Melloni zog eine Parallele zwischen dieser Wirkung und der von strahlender Wärme. Er fand die Strah- lung seiner Alkohollampe bedeutend vergrössert, wenn er einen Pla- tindraht in der Flamme aufhing, ingleichen, dass der von einer Ar- 86 gand’sche Lampe aufsteigende heisse Luftstrom, wenn darin ein Draht- bündel angebracht ward, eine reichliche Strahlung gab, während ohne dasselbe keine Spur von Wärme zu entdecken war. (La thermo- chröse etc. p. 94). Dies sind die einzigen Versuche, die über diesen Gegenstand angestellt sind. Der Verf. brachte vor eine auf einem Stative befestigte und mit konischen Reflectoren versehene Thermo- säule einen Schirm von polirtem Zinn, hinter dem eine Alkohollampe, deren Flamme vom Schirm ganz verdeckt war, aufgestellt war. Die über den Schirm aufsteigende Gassäule strahlte ihre Wärme gegen die Säule und erzeugte eine bedeutende Ablenkung. Dasselbe ge- schah, wenn eine Kerze oder ein Strahl von Leuchtgas sich hinter dem Schirme befand. Hier wirkten die erhitzten Verbrennungspro- ducte auf die Säule, aber es liess sich auch die Strahlung aus blos- ser Luft nachweisen, wenn man eine heisse Metallkugel hinter dem Schirme anbrachte. Diese Wirkung rührt nur von der Ausstrahlung der Luft her, da eine Strahlung der Kugel auf die Säule nicht mög- lich ist und kein Theil der erhitzten Luft sich der Säule so nähert, dass sie durch Contact Wärme empfinge. Zunächst wurde unter- sucht, ob die Gase in ihrem Ausstrahlungsvermögen verschieden sind. Zu dem Ende wurde vor die Thermosäule ein Doppelschirm von blan- kem Zinn und davor ein Argandscher Brenner, der durch eine Röhre mit dem vom zu untersuchenden Gase angefüllten Behälter in Verbin- dung stand, gestellt. Ueber dem Brenner befand sich eine Kupfer- kugel, die die Luft durch Contact erhitzte. Der in Folge hiervon aufsteigende und auf die Säule wirkende Strom wurde durch einen auf der anderen Seite angebrachten grossen Leslie’schen Würfel com- pensirt, so dass die Galvanometernadel auf Null stand. Nun wurde das Gas durch den Brenner getrieben, kam mit der Kugel in Berüh- rung und stieg in einem erhitzten Strome vor der Säule in die Höhe, Die Kugel war übrigens durch den Schirm ganz verdeckt. Sauer- stoff, Wasserstoff und Stickstoff waren wirkungslos; die übrigen Gase zeigten nicht nur eine hervortretende, sondern auch ungleiche Wir- kung. Ihre Strahlungsvermögen befolgen genau die Ordnung ihrer Absorptionsvermögen (Luft, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Koh- lenoxyd, Kohlensäure, Salpetergas, ölbildendes Gas.) Ein interessan- ter Weg um sowohl die Ausstrahlung als auch die Absorption nach- zuweisen, ist der, dass man die polirte Seite eines Leslie’schen Wür- fels, die so nur eine geringe Ablenkung hervorruft, mit einer Luft- schicht überzieht, was dadurch erreicht wird, das man aus einem schmalen Schlitz eine Schicht irgend eines Gases vorüberleitet; eine Strahlung wurde beobachtet. Die Absorption durch eine Luftschicht lässt sich zeigen, wenn man den Würfel mit kaltem Wasser füllt, doch nicht mit so kaltem, dass die Wasserdämpfe der Atmosphäre darauf niedergeschlagen werden. — Mit einer theoretischen Betrachtung des physischen Zusammenhanges von Strahlung, Absorption und Leitung schliesst der Verf. — (Pogg. Ann. Bd. CXIII. 1861. No. 5.) Hhnm. 87 Chemie. H.Sainte-Claire Devilleund H.Debray, über die Fabrikation von Sauerstoffgas. — Die Darstellung des Sauerstoffgases wurde von den Verff. ausser mit Braunstein, chlorsau- rem Kali, Chlorkalk, salpetersaurem Natron, salpetersaurem Baryt und Baryumhyperoxyd auch mit schwefelsaurem Zinkoxyd und Schwefel- säure versucht, um die für die Darstellung im Grossen billigste Sub- stanz zu finden. Die beiden letzten Darstellungsweisen sind sehr vortheilhaft, namentlich die letztere. Man lässt Schwefelsäure durch ein. zum Rothglühen erhitztes Rohr streichen, worauf sie in Sauerstoff und schweflige Säure zerfällt, welche man wieder zur Darstellung von Schwefelsäure benutzen kann. Auch aus dem schwefelsauren Zink- oxyd erhält man beim Rothglühen die nutzbaren Produkte Sauerstoff, schweflige Säure und Zinkoxyd, eine Methode, die ebenso anwendbar wäre als die vorige, wenn nicht das Material kostspieliger wäre. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. CAVIL, 295.) B. 8. Hugo Schiff, Nachweiss geringer Mengen gasförmi- ger schwefliger Säure. — Das beste Mittel zur Nachweisung der schwefligen Säure ist mit Stärkekleister versetze Jodsäurelösung» wobei jedoch manchmal die Reaktion durch Umsetzung des Jods mit der schwefligen Säure vereitelt wird. Ein ebenso empfindliches und fast sichereres Reagens ist ein in gelöstes Quecksilberoxydulnitrat getauchter Papierstreifen; es scheidet sich bei Gegenwart von schwe- feliger Säure Quecksilber aus, das eine graue Färbung hervorbringt. — (Ann. d. Chem. uw. Pharm. CAVIII, 91.) B. 8. Joh. B. Czjzek, Beiträge zur chemischen Technologie der Thonerde. — Verf. analysirte Geschirrporzellan von Schlag- genwald in Böhmen, von der Glasur befreit, Porzellanerde von Giess- buhl bei Karlsbad, Kalifeldspath von Altsattel unweit Ellbogen, Schlag- genwalder Porzellankapselmasse, Braunkohle von Reichenau bei Fal- kenau in Böhmen, feines Steingut aus der Fabrik von Apsley Pellat & Comp. in England, unglasirt, Töpferthon von Krottensee unweit Eger, und sogenannte Porzelian- oder Strassknöpfchen. — (Journ. f. prakt. Chem. Bd. 83, p. 363.) O0. K. Anton Geuther, über das magnetische Chromoxyd. Man erhält das magnetische Oxyd des Chroms, indem man Chromaci- chlorid durch ein stark erhitztes Glasrohr streichen lässt, wodurch sich dann neben den schwarzen Krystallen des gewöhnlichen Oxyds die violettfarbigen des magnetischen bilden; an beiden Enden des Roh- res bildet sich wegen weniger starker Hitze eine unkrystallisirte Masse, die wegen ihres Gehaltes an Chromsäure zerfliesslich ist. Die violetten Krystalle zeigen starken Magnetismus, während die unkry- stallinischen Krusten viel schwächer magnetisch sind. Wöhler, der diese Darstellungsweise angegeben hat, fand, dass diese Masse in ei- nem Strome von Wasserstoffgas erhitzt, unter Bildung von Wasser am Gewicht verliert, und nahm an, dass dieses von einer Beimengung von braunem Chromoxyd herrühre. Das krystallisirte magnetische Chromoxyd zeigt nach dem Glühen keinen Magnetismus mehr und 88 einen Gewichtsverlust von 2,4—6,5 pC., wobei es zugleich eine grün- liche Farbe annimmt. Glüht man dasselbe in einer Röhre im Wasser- stoffstrome, so entsteht Wasser und gewöhnliches Chromoxyd, und es zeigt sich ein Gewichtsverlust von 5,15 pC. Hieraus folgt, dass die magnetische Verbindung des Chroms ein Oxyd desselben ist, das mehr Sauerstoff enthält, als das grüne Oxyd. Man erhält das magne- tische Chromoxyd auch noch dadurch, dass man reine aus Fluorchrom bereitete Chromsäure bis zur Bildungstemperatur des Oxyds erhitzt. Die obige Bestimmung des Verlustes führt zu der Formel CO, = (2Cr303-++CrO;3). Das magnetische Oxyd ist eine sehr beständige Ver- bindung, unlöslich in Salzsäure, Salpetersäure und Königswasser und wird durch kochende Alkalien oder durch Schmelzen mit Alkalihydra- ten in Chromoxyd und Chromsäure zerlegt, das specifische Gewicht der Verbindung ist fast 4 — (Annal. der Chem. u. Pharm. CXVIII, 61.) B. 8. Arthur v. Wich, über Darstellung und quantitative Bestimmung der Molybdänsäure. — Man stellt die Molybdän- säure entweder aus Gelbbleierz oder aus Molybdänglanz dar. Eine der besten Methoden ist die von Elbers: gepulvertes Gelbbleierz wird mit concentrirter Schwefelsäure versetzt, wodurch der im Mineral befindliche kohlensaure Kalk zersetzt und beim Erwärmen Molybdän- säure abgeschieden wird, die man mittelst Wasser von dem entstan- denen schwefelsauren Bleioxyd trennt; durch Abdampfen erhält man dann die Molybdänsäure. Nach Delffs zerlegt man das Erz folgender- maassen: man reinigt es zuerst mit verdünnter und kocht es dann mit concentrirter Salpetersäure. Die Molybdänsäure scheidet sich theils aus, theils löst sie sich in der überschüssigen Säure; durch Wasser muss man letztere entfernen, wodurch immer Molybdänsäure mit ver- loren geht, weshalb diese Methode nicht praktisch ist. Nach Christel zersetzt man das Gelbbleierz durch Schmelzen mit calcinirter Soda; man kocht dann aus, setzt Salpetersäure hinzu und filtrirt die aus- geschiedene Molybdänsäure ab. Wöhler schlägt vor, das Erz mit Natronlauge zu kochen und Schwefel hinzuzusetzen, das entstandene lösliche Schwefelnatrium - Schwefelmolybdän wird vom Schwefelblei dann abfiltrit, Schwefelsäure zum Filtrat gesetzt, und aus dem rei- nen Molybdänsulphuret darauf die Säure dargestellt. Mauritius Me- thode unterscheidet sich nur dadurch, dass hier durch die kochende Mischung des Erzes mit Natronlauge und Schwefel Schwefelwasser- stoff geleitet und das entstandene Schwefelnatrium-Schwefelmolybdän durch Salzsäure zersetzt wird. Wicke zerlegt das in Ammoniak sus- pendirte Erz ebenfalls mit Schwefelwasserstoff, wobei ein Doppelsalz von Ammoniumsulphid und Molybdänsulphid entsteht, das ziemlich schwer löslich ist und mit Salzsäure zerlegt wird. Wittstein schmilzt das Erz mit Natronschwefelleber, wobei Natriumsulphid und Mo- lybdänsulphid entstehen, die dann auch mit Salzsäure zersetzt werden. Mahla mischt das Erz mit Kienruss, behandelt es dann in einer schwach glühenden Röhre mit Chlor, wobei Molybdänchlorid und Bleichlorid 89 sublimiren, welche er durch Ausziehen mit starkem Alkohol trennt; das gelöste Molybdänchlorid wird dann durch Salpetersäure in Mo- lybdänsäure übergeführt. Ganz reine Molybdänsäure erhält man fol- gendermaassen aus der unreinen. Man löst diese in Soda, dampft ein, mischt das Gemenge von molybdänsaurem Natron und unzer- setzter Soda mit Salmiak und glüht, wobei sich Chlornatrium, stick- stoffhaltiges Molybdän und Molybdäncxyd bildet; durch Waschen entfernt man das Chlornatrium und führt mit Salpetersäure die bei- den Molybdänverbindungen in Säure über. Svanberg nnd Struve lö- sen die rohe Molybdänsäure in Ammoniak, setzen beim Abdampfen kohlensaures Kali hinzu und glühen dann im Platintiegel. Beim Lö- sen in Wasser bleiben die Verunreinigungen wie Kupferoxyd, Eisen- oxyd, Thonerde zurück, man dämpft dann ab, mengt mit Schwefel, glüht, und trennt das entstandene Schwefelmolybdän von den verun- reinigenden schwefelsauren und phosphorsauren Salzen durch Aus- ziehen letzterer mit: Wasser. Um aus Molybdänglanz Molybdänsäure darzustellen, röstet man denselben bei dunkler Rothgluth und reinigt dann die entstandene rohe Säure wie angegeben; oder man erhitzt den Molybdänglanz so lange, bis kein Schwefel mehr verbrennt und behandelt dann mit Salpetersäure oder Königswasser, worauf man die rohe Säure wie vorhin reinigt. Wöhler stellte die Molybdänsäure aus dem Molydänglanze durch Sublimiren in einer glühenden Glas- röhre, durch die atmosphärische Luft geleitet wurde, dar. Quantitativ bestimmt man die Molybdänsäure entweder als Molybdänoxyd oder Schwefelmolybdän oder neutralen molybdänsauren Baryt. Freie Mo- lybdänsäure oder an Ammoniak gebundene bestimmt man dadurch, dass man beim Glühen Wasserstoff darüber leitet, wodurch Molyb- dänoxyd entsteht, woraus man den Gehalt an Säure berechnen kann. Ist die Molybdänsäure mit Alkalien verbunden, so fällt man aus der Lösung mit salpetersaurem Quecksilberoxydul molybdänsaures Queck- silberoxydul. Der Niederschlag wird getrocknet, gewogen und durch Glühen im Wasserstoffstrrom in Oxyd verwandelt, woraus die Säure berechnet wird. Oder man versetzt die Lösung mit Sch wefelammonium im Ueberschuss, fällt mit sehr verdünnter Salzsäure, worauf sich Mo- lybdänsulphid mit Schwefel abscheidet; die noch Molybdän enthaltende Flüssigkeit wird abfiltrirt und abgedampft, der Rückstand wird mit Ammoniak und Ammoniakbisulphid gelöst, aus welcher Lösung man mittelst Salzsäure das noch übrige Molybdän als Sulphid ausfällen kann; dieses Molybdänsulphid wird auf einem besondern Filter ge- sammelt. Man trocknet und wägt das vom Schwefel befreite reine Schwefelmolybdän. Man bestimmt ferner die Molybdänsäure durch Fällung in neutraler oder saurer Lösung mit Schwefelwasserstoff, Um die Molybdänsäure aus ihrem Barytsalz bestimmen zu können, setzt man zur ammoniakalischen Lösung derselben Bariumchlorid, worauf mnn das Salz erhält. Sehr genaue Resultate erhält man, wenn man neutrales molybdänsaures Natron mit Baryumchlorid mengt und diess im Platintiegel glüht: man kocht mit Wasser aus, fügt Alkohol 90 hinzu und bestimmt die Molybdänsäure aus dem nun abgeschiedenen molybdänsauren Baryt. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. CAVIII, 43.) B. S. Mittheilungen aus dem Universitätts-Laboratorium zu Königsberg. Dr. C. Scheibler, Untersuchungen über wolframsaure Salze, und einige Wolframverbindungen. — Die selbst: von namhaften Forschern nach und nach erschienenen Arbeiten über die Wolframsäure und ihre Verbindungen haben so verschiedene Resultate ergeben und so verschiedene Ansichten über die Constitution ihrer Salze begründet, dass Verf. eine erneute Unter- suchung derselben motivirt hielt. Aus den Resultaten der ausführ- lichen Untersuchung zieht Verf. selbst folgende Schlüsse: 1. dass die Wolframsäure in zwei wesentlich von einander verschiedenen Modi- fikationen auftritt; 2. dass die früher als zweifach saure Salze (oder als Parawolframiate nach Laurent) bezeichneten Verbindungen der gewöhnlichen Modifikation der Wolframsäure nach der allgemeinen "Formel 3RO,7WO; + xaq oder 2RO,3W0; + RO,4WO; + xaq. zusammengesetzt sind; und 3. dass die als Metawolframsäure bezeich- nete löslich Modification der Wolframsäure nur eine Reihe sauer rea- girender, meist sehr löslicher Salze nach dem allgemeinen Typus: RO,4WO3 + xaq oder (RO 3H0O)AWO; + (x—3) aq zu bilden vermag. Hinsichtlich des Atomgewichts führen den Verf. seine Untersuchungen zur Annahme des von Schneider, Marchand, v. Borch und Dumas zu 92, H = 1, festgesetzten Zahl im Gegensatze zu Riche, der im Mittel aus fünf,Versuchen die Zahl W = 87 ableitete. Verf. hat im Verlaufe seiner Arbeit keinen Umstand gefunden, wel- cher dazu drängte die Wolframsäure als ein Gemenge sich sehr ähn- lich verhaltender Säuren anzusehen, sowie alle dahin abzielenden Ver- suche nur ein negatives Resultat en — (Journ. f. prakt. Chem. Ba. 83, p. 273.) A.W.Hofmann, ee des Bromäthyltriäthyl- phosphoniumbromids. — Diese Substanz ii) entwickelt etwa bei 2000 Bromwasserstoffsäure und es bildet sich Elal- lyl-triäthylphosphoniumbromid. (H. nennt das Radikal Elallyl Viuy]). Es ist jedoch schwer, in dieser Weise die Substanz [E*H? (EB) %,\ rein zu erhalten. Aus dem Aethylenhexäthylphosphoniumoxyddihydrat bildet sich bei trockner Destillation zuerst Triäthylphosphin und Elallyltriäthylphosphoniumoxydhydrat, welches letztere sich bei höherer Temperatur in Triäthylphosphinoxyd und Elaylgas zerlegt, nach den Gleichungen: ) (62H) Pig Ha) 02 — (EHSPP-+H:0+ er u io — £2H41 (ExHs)?PO. Jene Elallylverbin- ae KemeR]) o x 91 dung wird leicht erhalten durch Einwirkung von essigsaurem Silber- oxyd auf die Eingangs erwähnte bromäthylirte Bromverbindung bei 1000. Es entsteht dadurch ihr Acetat nach der Gleichung €2H*Br)(£2H$)?P an €:H?0 ),)® ( X Brit? , ®| = 2BrAg FRE2HIS)(GaHS)>P]} + re ©. Dieselbe Basis ns sich auch bilden, wenn Silberoxyd, und Wasser das Zersetzungsmittel jenes Bromids ist. Allein in diesem Falle entstehtOxäthyltriäthylphosphoniumoxydhydratnnach der Gleichung [(&?H“Br)(&2H®)?P] BEahaNE | © — 2AgBr + NDS NT ® Phosphorsuperbromid erzeugtaus der salzsauren Verbindung dieser Basis wieder die bromäthylirte Basis als salzsaures Salz nach der Gleichung [(&?H59)(€2H>)3P]JCl+ PBr5 = HBr-+-P®Br?+ (G2H*Br)(62H3)3P]Cl. — Behandelt man die Lösung des bromäthylirten Bromids mit Schwefel- säure und Zink, so entsteht Bromwasserstoff und Triäthylphosphonium- bromid nach der Gleichung [(62H4Br) (€2H5)?P]Br +2H = HBr+ [C&2H5)@P]Br. — Diese Bromverbindung der bromäthylirten Basis bil- det sich auch durch Einwirkung von Bromäthylbromid, das mit dem Bromäthylen (Bromelayl) nur isomer, nicht identisch ist, auf Triäthyl- phosphin. Das Endprodukt der Reaction ist aber Aethylenhexäthyldi- phosphoniumdibromid. In dieser Reaction gleichen sich also die beiden Bromide. — (Philos. magaz. Vol. 22, p. 385.) Hz. Aug. Freund, über sogenannte sauerstoffhaltige Ra- dicale — — Lässt man Natrium auf das Chlorid einer einbasischen Säure einwirken und auf die entsprechende Natriumverbindung wie- der ein Molekül des Chlorids, so müssten folgende Zersetzungen eintreten: sta = alte un! nltc Rt Bei Anwendung von Chloracetyl und Natrium gelangt man nicht zu dem gewünschten Resultate. Trägt man hingegen Natriumamalgam in Chlorbutyryl so lange ein, bis die Masse dick wird, und destillirt das überschüssige Chlorbutyryl ab, so erhält man Butyryl, das auch nach seiner Reinigung über Chlorcalcium doch keinen constanten Siede- punkt zeigt. Freund hob die bei 245— 2600 übergehende Portion besonders auf und fand bei der Analyse die Formel: CH = EL. Erhitzt man das Butyryl mit Aetzkali und de- stillirt ab, so geht eine gelbliche ätherische Flüssigkeit über, die mit kohlensaurem Kali entwässert, bei 170° siedet und nach der Analyse die Zusammensetzung des Ketons der Buttersäure zeigt. Bei diesen Versuchen ergab sich noch eine merkwürdige Reaktion des Chlorbu- tyryls auf Aether und Zink, indem sich hierbei ein dem Chloräthyl ähnliches Gas entwickelt, so dass folgende Zersetzung vor sich zu gehen scheint: Ne: a)+ le e)+7 A =2 En E H,0 2 E \o) Sr ee + 2er cl Hi ) Eine ähnliche Zersetzung 92 findet Statt bei Einwirkung von Zink auf Jodacetyl bei Gegenwart von Aether. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXVIIL, 33.) B. S. Hugo Schiff, Verbindungen des Glycerins mit den Säuren des Arsens. — Beim Auflösen von arseniger Säure in Wasser mit Glycerin, entsteht eine Verbindung der ersteren mit letz- terem, die man rein erhält, indem man gleiche Aequivalente beider Substanzen kocht, wobei ein dickflüssiges Oel entsteht, das bei 00 zu einer Gallerte erstarrt. Diese Masse ist in Wasser löslich ‚und ‚. kann wahrscheinlich durch die Formel ao, dargestellt werden. Durch Kochen scheidet sich hieraus arsenige Säuse aus; bei höherer Temperatur zersetzt, entstehen Zersetzungsprodukte des Glycerins und Dämpfe von arseniger Säure. Auch gepulverte Arsensäure löst sich in Glycerin auf und man erhält eine der vorigen ähnliche Masse, die aber weniger consistent und dunkler ist; sie unterscheidet sich ‚von der vorigen noch dadurch, dass sie neutral reagirt und Kreide zersetzt. Mit pankreatischem Safte entsteht wie bei der vorigen Verbindung keine Emulsion und Schwefelwasserstoff fällt ebenfalls fünffach Schwefelarsen. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXVIIL, 86.) B.S. H. Aschoff, über die Säuren des Benzoäharzes — Kolbe und Lautemann haben in einigen im Handel vorkommenden Benzoesorten neben Benzoösäure noch Zimmtsäure gefunden. Verf. untersuchte zwei Sorten Sumatra-Benzo&ö, von denen die erste Qua- lität enthielt: Zimmtsäure 11,2 pC. In Aether und Alkohol lösliches Harz 18,99, In Alkohol, nicht in Aether lösliches Harz 5,4 „ Beimengungen 4,5 .,„ Die zweite Sorte enthielt keine Zimmtsäure. Ausserdem giebt Verf. eine Tabelle der Schmelzpunkte verschiedener Gemische von Benzo£- säure mit Zimmtsäure. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe Bd. CVII, 153.) 0. K. A. Strecker, über die chemischen Beziehungen zwi- schen Guanin, Xanthin, Theobromin, Kaffein und Krea- tinin. — Unter den Beziehungen der stickstoffhaltigen Bestandtheile des Harnes sind bisher nur die zwischen Harnsäure und Harnstoff und zwischen Harnsäure und Allantoin deutlicher zu Tage getreten. Strecker hat ferner schon früher das Guanin, von dem bekannt war, dass es bei gewissen Zersetzungen wie das Kreatin Harnstoff giebt, in Xanthin verwandelt, jetzt aber neue, höchst interessante Er- gebnisse weiterer Versuche mitgetheilt, von welchen wir hier ei- nen allgemeinen Auszug geben, indem wir in Bezug auf die Spe- cialitäten der Arbeit auf die Originalabhandlung verweisen. — Zu- nächst führt Verf. zwei neue Verbindungen des Guanin an, die in Entstehungsweise, Zusammensetzung und Eigenschaften völlig den von ihm beschriebenen Derivaten. des Sarkin und Xanthin, entspre- chen. Es sind dies das salpetersaure Guanin-Silberoxyd, 93 C;H;N;QAgN®;, welches sich bildet, wenn eine Lösung von salpeter- saurem Guanin mit Silbernitrat vermischt und der flockige Nieder- schlag aus kochender Salpetersäure krystallisirt wird; ferner gewanu Verf. durch Auflösen des Guanin in kochendem Barytwasser beim Erkalten Krystalle von Guanin-Baryt €;H3BazN;®. — Nach Unger soll bei der Einwirkung eines Gemenges von Salzsäure und chlor- saurem Kali auf Guanin fast ausschliesslich Oxalsäure und Ammoniak neben kleinen Mengen einer nicht genau untersuchten Substanz, die Unger Ueberharnsäure nennt, entstehen. Strecker erhielt unter glei- chen Umständen von letzterem Körper nur zuweilen, und dann sogar stets höchst geringe Mengen, wogegen er eine ganze Anzahl anderer Derivate aus der bei der Zersetzung des Guanin durch chlorsaures Kali und Salzsäure resultirenden Flüssigkeit abschied. Die klare Flüssigkeit wurde zum Syrup abgedampft, und mit Aetherweingeist ausgezogen. Es blieb fast nur Chlorkalium zurück. Die Lösung schied in gelinder Wärme Krystalle von Parabansäure €3H2Na®; ab, die durch Zusammensetzung und Reactionen sicher erkannt wurde. Die Mutterlauge gab dann bei weiterem Verdampfen in dicker Flüs- sigkeit noch einmal Krystalle die sich als Parabansäure erwiesen, während die dicke Flüssigkeit die Chlorwasserstoffverbindung einer neuen organischen Base, welche Streeker Guanidin nennt, neben Oxa- lursäure und Xanthin enthält. Die dicke Mutterlauge wurde mit Wasser verdünnt, mit kohlensaurem Baryt neutralisirt und durch Al- kohol ausgefällt. Im Niederschlag waren oxalursaurer Baryt, Chlor- baryum und Xanthinbaryt. Die alkoholische Lösung wurde verdampft und der trockne Rückstand mit absolutem Alkohol ausgezogen. Es löst sich das salzsaure Salz des Guanidins, welches in wässriger Lö- sung durch schwefelsaures Silber in das schwefelsaure Salz verwan- delt wurde. Dieses schied sich durch Zusatz von absolutem Alkohol als zähe, bald krystallinisch werdende Masse aus. In den vereinigten alkoholischen Flüssigkeiten fand sich viel Harnstoff. Aus dem schwefelsauren Salz erhielt Str. durch Zusatz von Barytwasser -das Guanidin in wässriger Lösung, welche beim Verdunsten über Schwe- felsäure im Vacuum die Basis als kaustisch schmeckende, krystallini- sche Masse hinterliess, die an der Luft unter Kohlensäure- und Was- serraufnahme zerfliesst. Str. erhielt sie in freiem Zustande nicht in zur Analyse genügender Reinheit, stellte aber ihre Formel durch Ana- lyse folgender Verbindungen fest. Salzsaures Guanidin-Platinchlorid = &H;N;, HCl, PtCl.. Kohlensaures Guanidin = 2-6H;N;, H,®, 69.. Saures oxalsaures Guanidin — 6H;N;, &H3®:. Es steht daher fest, dass dem freien Guanidin die Formel &H,N,; zu- kommt, wenn man es als Ammoniakbase betrachtet. Die Bildung des Guanidin aus Guanin erklärt sich aus der Gleichung: i 6HN@+H,0+30 = 6H.N,0; + G4H,N; +60, Guanin. Parabansäure Guanidin. Wird das Guanidin oder seine Verbindungen starker erhitzt, so tre- 94 ten mellonartige Produkte auf. Es scheint daher das Guanidin in na- her Beziehung zum Cyanamid zu stehen und Strecker giebt ihm daher die Formel GN N oder | z (&r wonach es die Bestandtheile von Gyadamıd und Ammoniak enthält. Eine ähnliche Verbindung hat früher Dessaignes durch Einwirkung von oxydirenden Körpern auf Kreatin erhalten, das Methylura- min CsH;N;, das sich als methylisirtes Guanidin GN EN3}Nz H4 schreiben lässt. Neben diesen bildet sich Oxalsäure: GHsSN:9& + ©, = &H&, + & GHıNs N; "Kreatin Oxalsäure Methyluramin. Ein weiterer Zusammenhang zwischen Guanin und Kreatin giebt sich darin zu erkennen, dass letzteres unter anderen Umständen Methy|- parabansäue, die der Parabansäure des Guanins enspricht und mit dieser grosse Aehnlichkeit besitzt, liefert. 60, 6.0, CO )N, €60),N, 2 H. CH; Parabansäure. Methylparabansäure. Da das Kreatin durch Barythydrat in Harnstoff und Sarkosin zerlegt wird, letzteres aber als Methylglycocoll betrachtet werden muss, so drückt Str., es als aus Cyanamid und Methylglycocoll zusammenge- setzt betrachtend, seine rationelle Formel folgendermassen aus: GN N Ha GN Nas Kreatin = 6H,0 oder. an N CB; €H; Hu): HB; Danach wird die Formel des Bo FOR _ 6:Ha Kreatiniin = £H; N Ha und die des &aN: Gunin = en N; Die Zusammensetzung des Guanin, welches sich hiernach von dem Kreatinin dadurch unterscheidet, dass es anstatt Methyl Wasserstoff und ausserdem noch 2-€EN, die dem letzteren fehlen, enthält, kann nicht auffallen, wenn man sich erinnert, dass eine Anzahl Basen exi- stiren, denen ähnliche rationelle Formeln beigelegt werden müssen. 95 Z. B. Cyananilin = CaNz.2.G5H7,N. Cyanmelaniliin = &.N3.&ı3HısN:. 7 Cyancodein u. a. m. 2 Schon früher gab Str. an, dass das Guanin durch Einwirkung von salpetriger Säure in Xanthin verwandelt wird, und bestätigt jetzt seine Beobachtungen durch neue Versuche. Es ist dies deshalb von Interesse, weil das Xanthin sich mit Theobromin und Kaffein in eine homologe Reihe stellen lässt, wenn sie sich nicht etwa zu ein- ander wie Methyl-, Dimethyl- und Trimethylamin verhalten. Für das Theobromin und Kaffein hat Verf. die letztere Ansicht nachge- wiesen, indem es ihm gelang, das erste durch Substitution von Me- thyl für Wasserstoff in Kaffein zu verwandeln. Er löste Theobromin in Ammoniakflüssigkeit und setzt Silbernitrat hinzu, so erhält man einen gallertartigen Niederschlag.der sich in warmem Ammoniak ziem- lich leicht löst. Verjagt man alles freie Ammoniak durch Auskochen, so setzt sich ein körniger Niederschlag von Theobrominsilber ab, der bei 1200 schnell‘ sein Wasser verliert und dann der Formel €6,H;AgN,®, entspricht. Mit vollkommen trocknem Jodmethyl län: gere Zeit auf 1000 erhitzt, wird Jodsilber abgeschieden, dem man durch Auskochen mit Alkohol Kaffein entziehen kann, welches sich in, Form feiner haarförmiger Krystalle abscheidet und nach seinen Eigenschaften wie durch Elementaranalyse bestimmt als solches er- kannt wurde. Der Vorgang lässt sich durch die Gleichung &:H-AgN:®& + EHI = 6sHuN.:® + AgJ Theobrominsilber. Kaffein, ausdrücken. Das Kaffein ist also ein Theobromin, in welchem ein Atom Wasserstoff durch Methyl vertreten ist. — Verf. hat dann das Xanthin derselben Behandlung unterworfen, um womöglich Theobro- min daraus darzustellen, erhielt aber nur einen mit letzterem isome- ren, nicht identischen Körper, dessen ausführliche Beschreibung er sich vorbehält. — Nach Stenhouse und Rochleder entsteht aus Kaf- fein bei der Einwirkung von Salpetersäure oder feuchtem Chlor. ein in Blättchen krystallisirender Körper, welcher als Cholestrophan bezeichnet wird. Gerhardt bezeichnete ihn zuerst als zweifach me- thylirte Parabansäure, worauf Hlasiwetz einen nicht glückenden Ver- such. machte, ihn aus der Parabansäure durch Erhitzen mit Jodme- thyl darzustellen. Str. dagegen ist auf ähnlichem Wege wie bei der Umwandlung des Theobromin in Kaffein zum Ziele gelangt. Durch Versetzung einer warmen Lösung von Parabansäure mit Silberlösung entsteht, namentlich bei vorsichtigem Zusatz von Ammoniak in gros- ser Menge, ein Niederschlag von der Formel &3 Ag N ®;, in wel- chem also aller Wasserstoff der Parabansäure durch Silber vertreten ist. Wurde diese Verbindung mit Jodmethyl erhitzt, se entstand Jod- silber. Die Masse wurde mit Alkohol ausgezogen. Verf. erhielt da- durch breite silberglänzende Blättchen von Cholestrophan €;H;N,®;, welches daher in der That als zweifach methylirte Parabansäure an- zusehen ist. 96 63©; 629: GOYN; £$)N, X Ha 2CHs3 : Parabansäure. Cholestrophan. Im Kreatin und Kreatinin, Glycocoll, Guanin und Xanthin kann man also dieselben Radicale, nämlich Cyan, Glycolyl, Carbonyl, Methyl und Wasserstoff, in verschiedenartiger Verbindungsweise annehmen. Im Theobromin und Kaffein, welche sich eng anschliessen, ist das Ra- dical Glycolyl durch Lactyl vertreten. Auch für die Harnsäure las- sen sich die gleichen Radicale und die folgende rationelle Formel annehmen: CaNa 6H,9|N Ar\ H3a2)58 welche indessen nach Str. selbst nur insofern Beachtung verdient, als sie den Ausdruck gewisser thatsächlicher Beziehungen zu den vorhin erwähnten Körpern darstellt. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXVIIL 151.) J. Ws. Zwenger und Kind, über das Solanin und dessen Spaltungsproducte. — Die Verf. hatten schon früher bemerkt, dass das Solanin beim Kochen mit Salz- oder Schwefelsäure in Trau- benzucker und ein neues Alkaloid, Solanidin, gespalten werden kann. O. Gmelin bestätigte bald darauf diese Entdeckung, glaubte aber ge- funden zu haben, dass das Solanin weder eine Basis, noch stickstoff- * haltig sei. Die Verf. haben nun aber mit aller Bestimmtheit nach- gewiesen, dass das Solanin zu den ächten Alkaloiden gehört. Ein- mal wiesen sie im Solanin wie auch im Solanidin mit aller Evidenz Stickstoff nach, stellten ferner bestimmte Verbindungen beider mit unorganischen und organischen Säuren dar, und fanden auch, dass das Solanin, allerdings nur sehr schwach, aber doch deutlich alkalisch reagire. Das zu ihren Untersuchungen dienende Solanin wurde durch Auskochen von Kartoffelkeimen mit schwefelsäurehaltigem Wasser dargestellt. Die schnell ausgepresste Flüssigkeit liess dann auf Zu- satz von Ammoniak einen Niederschlag fallen, der noch vielen phos- phorsauren Kalk enthält. Aus ihm wurde das Solanin durch kochen- den Alkohol ausgezogen und durch mehrmaliges Umkrystallisiren ge- reinigt. Es schiesst dann in äusserst feinen, farblosen, seidenglän- zenden Nadeln an, welche in Wasser und Aether fast unlöslich sind. Die Krystalle schmecken schwach bitter, schmelzen bei 2350 zu ei- ner gelblichen Flüssigkeit, welche beim Erkalten amorph erstarrt. Höher erhitzt verkohlt es mit einem Geruch nach verbranntem Zu- cker. Es reducirt Gold- und Silberlösungen, ist auf die alkalische Kupferlösung ohne Einwirkung. Die Verf. fanden die Zusammenset- zung des Solanins der Formel &4sH,oN®ıs entsprechend. Bei der Dar- stellung von Solaninsalzen tritt leicht bei dem geringsten Säureüber- schuss Zersetzung ein. Es darf daher die Lösung nicht durch Ab- dampfen concentrirt werden. Die Verf, konnten nur durch Auflösen 97 der Basis in Alkohol, Versetzen mit Säure in geringem Ueberschuss und Fällen durch Aether die Salze von unveränderter Zusammenset- zung darstellen, die auch nicht anders, als durch wiederholtes Lösen in Alkohol und Ausfällen mit Aether gereinigt werden können. So stellten die Verf. folgende Verbindungen dar: salzsaures Solanin 643 Ho N 9,6, HC1 saures schwefelsaures Solanin €sHrN Os, H,9,59; neutrales schwefelsaures Solanin = 264 H5N-&:is H39, SO; Platinchlorid-salzsaures Solanin = €&s3H.N®;s, HCl, Pt Cl, Oxalsaures Solanin = 264 H7 NO, Hr 9, &, 9; Kocht man die Lösung des Solanins in verdünnter Schwefelsäure so lange, bis die gelblich gewordene Flüssigkeit sich zu trüben anfängt, so setzt sich beim Erkalten ein weisses krystallinisches Pulver, das schwefelsaure Solanidin, ab, während Traubenzucker in der Lö- sung bleibt. Die Krystalle des schwefelsauren Salzes werden in ver- dünntem Alkohol gelöst, mit kohlensaurem Baryt zerlegt und der Niederschlag nach dem Trocknen mit absolutem Alkohol ausgekocht. Die heiss filtrirte Flüssigkeit scheidet nach dem Erkalten das Sola- nidin in weissen Krystallen aus. Noch bequemer kann man das So- lanin durch Kochen mit Salzsäure zerlegen, da das gebildete salz- saure Solanidin in Wasser und Salzsäure viel schwerer löslich ist als das schwefelsaure Salz und daher ohne erheblichen Verlust vollstän- dig mit Wasser ausgewaschen werden kann. Die Chlorverbindung wird dann in verdünntem Alkohol gelöst, durch Ammoniak das neue ‚ Alkaloid gefällt und aus Alkohol und Aether umkrystallisirt. Nament- lich in letzterer Flüssigkeit hat man ein ausgezeichnetes Trennungs- mittel des Solanidins von Solanin, da dieses darin vollkommen un- löslich ist. — Die Krystalle des Solanidins sind sehr feine, farblose Nadeln von starkem Seidenglanz, in Wasser so gut wie unlöslich. Die alkoholische Lösung schmeckt bitter und adstringirend. Bei ra- schem Erhitzen schmilzt es etwas über 200° und erstarrt beim Er- kalten wieder vollkommen krystallinisch. -In einem Luftstrom subli- mirt es beim Erwärmen, etwas über seinen Schmelzpunkt erhitzt, fast vollständig, bei langsamem Erhitzen indessen tritt schon vor dem Schmelzen Zersetzung ein. Es reducirt Gold- und Silberlösung nicht, wird durch kochendes Kali nicht verändert, durch concentrirte Sal- petersäure beim Erwärmen heftig oxydirt, von Schwefelsäure zu ei- ner rothen Flüssigkeit gelöst, die nicht mehr Solanidin, sondern die schwefelsauren Salze zweier neuer Alkaloide enthält. Auch das So- lanidin bildet mit Säuren bestimmte Salze, von etwas grösserer Be- ständigkeit als die des Solanins. Sie krystallisiren meist leicht, schme- cken sehr bitter und sind in Wasser und Säuren fast unlöslich. Die Formel des Solanidins ist = €53H„N®. Die Verf. erzeugten fol- gende Verbindungen und stellten ihre Formeln durch Analysen fest: salzsaures Solanidin = 635HuoN®,HCl Platinchloridverbindung = £3H,N®,HCI, PtCl; Schwefelsaure Salze wurden auch erhalten, gaben aber keine ganz XIX, 1862, 17 ı 4 98 constante Zusammensetzung, sondern erwiesen sich als nicht vollkom- men trennbare Gemische von saurem und neutralem Salz. — Aus der durch Zerlegung des Solanins mit Schwefelsäure erhaltenen Zu- ckerlösung wurde der Traubenzucker in vollkommen ausgebildeten Krystallen von allen Eigenschaften des reinen Traubenzuckers und der Zusammensetzung -&H14®©; dargestellt. Die Zerlegung des So- lanins muss, da dabei keine anderen Producte als Solanidin und Zu- cker entstehen, nach folgender Gleichung vor sich gehen: £&3aHoN®ıs + 6H3@ = €; Hu N® + 3.&Hu4®:. Es ist damit bewiesen, dass auch die Alkaloide mit Zucker gepaarte Verbindungen bilden können, die die Verf. Gluco-Alkaloide nennen. - — (Ann. d. Chem. d. Pharm. CXVIIL, 129.) J. Ws. Perkin, Farbstoffe aus dem Steinkohlentheeröl. — Der Verf. gibt eine neue genaue Darstellungsweise der jetzt vielfach angewendeten Anilinfarben, als Anilinpurpur, Violin, Rosein, Fuch- ‘ sin, Bleu de Paris, Anilin-Grün, Rosolsäure, Pikrinsäure und der Naph- thalinfarben als Alizarin und Azulin. Er verbreitet sich dann über die Methoden mit diesen Körpern zu färben, und kommt zu dem Resul- tat, dass die wenigstens dieser schönen Farbstoffe bis jetzt für die Färberei verwendbar sind, da sie entweder der Seife oder dem Lichte nicht widerstehen. Selbst der Anilinpurpur unterscheidet sich vom Orseilleroth durch sein verschiedenes Verhalten gegen Lampenlicht, selbst wenn 2 Stoffe im Tageslicht gleiche Nüance zeigen, erscheint Orseilleroth mit derselben Tinte bei Gaslicht, während Anilinpurpur einen Stich ins Blaue zeigt. Die blauen Farbstoffe: Bleu de Paris, Azulin und Chinolinblau unterliegen gleichfalls im Kerzenlicht einer Veränderung; das erstere bewahrt sein Blau am meisten, das Azulin wird mehr schmutzig blauviolet; das Chinolinblau wird violet mit einem Stich ins Rothe. Angewendet wurden bisher in der Färberei nur Anilinroth, Fuchsin, Pikrinsäure und Azulin; mit dem Pariser Blau werden Versuche gemacht. Nitrophenyldiamin eignet sich nur für Seidenfärberei, widersteht aber der Lichteinwirkung vollkommen. Unglücklicherweise sind die schönen Chinolinfarben zu vergänglich, um brauchbar zu sein. — (Quart. Journ. XIV. pag. 230.) Swt. O. Hesse, über einige Flechtenstoffe. — Die in den Flechten befindlichen Säuren, Carbohydrochinon-, Orsellin- und Ever- ninsäure gehören nicht einer, sondern drei neben einander fortlaufen- den Reihen an, was Hesse durch seine Versuche ermittelt hat. Die Everninsäure, aus Evernia prunastri nach Stenhouse’sAngaben darge- stellt, giebt bei der Analyse die empirische Formel C3,H1s014 und ihr Barytsalz C»sH1ıs BaO1s + HO. Die Everninsäure wird aus dersel- ben Evernia mittelst Auskochen durch Wasser und nachherigem Be- handeln mit Salzsäure dargestellt, eben so wie auch durch Kochen der Everninsäure mit Baryt. Bei der Analyse ergiebt sich die Formel: CısHıo0s. Bei der Zersetzung dieser Säure mit Salpetersäure, ent- steht ein neuer Körper von gelblicher Farbe, Evernitinsäure, deren Kalium-, Baryum- und Bleisalze leicht darstellbar sind. Ausser Ever- 99 nitinsäure und Kohlensäure bildet sich beim Kochen der Evernsäure mit Baryt, noch eine süssliche Substanz, die wahrscheinlich zweifach gewässertes Orcin C4Hs0; + 2HO ist. Das Erythrin wird aus der Flechte Roccella fuciformis durch Behandeln mit Kalkmilch dar- gestellt und ergiebt bei 1009 getrocknet die Formel: C;gH30 O2s, wäh- rend die über Schwefelsäure getrocknete Substanz immernoch 4 Aequi- valente Krystallwasser besitzt. Das Erythrin geht mit Kalk, Magne- sia und Blei Verbindungen ein. Brom scheidet aus in kochendem Wasser gelösten Erytbrin eine harzige Masse, Quadribromerythrin C;;H23Br4 02; ab, als mit 4 aeg. Wasser krystallisirt, wovon jedoch drei durch Stehen über Schwefelsäure schon entfernt werden kön- nen. Die Orsellinsäure entsteht durch Kochen von Erythrin mit Na- tronlauge und hat die Formel: CisH303 + 2HO. Bei 170° zerfällt sie in Kohlensäure und Orcin. Mit Brom behandelt giebt sie ge- bromtes Orcin C4#H;Br3 04. Kocht man Erythrin längere Zeit mit Alkohol, so entsteht orsellinsaures Aethyl, das durch Umkrystallisiren mit verdünntem Alkohol und behandeln mit Thierkohle rein erhalten wird. [Cıs H(0sH;) O5]; es ist leicht löslich in heissen Säuren und durch Chlor und Brom leicht zersetzbar. Beim Hineinleiten von Chlor in die Lösung dieses Aethylsalzes scheidet sich eine weisse krystal- linische Masse aus von der Zusammensetzung: Cıse H; Cl, (C, H;) Os . bichlororsellinsaures Aethyl; ebenso kann man ein bibromorsellinsau- res Aethyl darstellen, das mit alkoholischer Bleizuckerlösung behan- delt, ein Salz liefert von der Formel: Ca H3BrzPb3 053. Bei der Zer- setzung des orsellinsauren Aethyls mittelst Salpetersäure erhält man Oxalsäure und eine harzige Substanz von der Zusammensetzung: CioH1o 012: Das Pikroerythrin C343H1s014 entsteht bei Zersetzung des Erythrins mit Alkohol oder Basen z. B. Kalk oder Baryt. Es ist we- der mit Salicin noch mit Arbutin homolog und zersetzt sich beim Be- handeln mit Kalihydrat in Essigsäure, Kohlensäure, Orein und ein rothbraunes Harz. Bei Einwirkung von Brom entsteht Bibrompikro- erythrin: C4HısBr2O14. Das Orecin ist ein Spaltungsprodukt der Or- sellinsäure und hat nach der Analyse die empirische Formel: Cj4Hs04 + 2HO. Durch Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure und Sättigen mit kohlensaurem Blei erhält man basisch oreinbischwefel- saures Blei Ci Hs Pbs Ss; O2, während die lufttrockene Verbindung die Formel ergiebt: CiaHs Pb, 84018 + 2PbO + 6HO. Das Erythro- glycin C3H100,; ist mit dem Phyein nicht identisch; es schmilzt bei 120° und wird durch Kalihydrat in Essigsäure und Wasserstoff zer- setzt. Wird es mit Schwefelsäure behandelt und Bleicarbonat hinzuge- setzt, so fällt aus der Lösung erythroglycinschwefelsaures Blei nieder CısHı1 PbzSs02s + 12HO. Das Baryumsalz, das man durch Behan- deln mit Schwefelsäure und kohlensauren Baryt erhält, ergiebt die Formel: CjeH1ı1Ba3Ss 02; + 6HO. Das Kalksalz, durch Kochen mit Oxalsäure und Hinzusetzen von kohlensaurem Kalk erhalten, ist ein weis- ses hygroskopisches Pulver von der Zusammensetzung CısH1ıCa3SsO2s + 6HO. Hiernach kommt der Erythroglycinschwefelsäure die For- 7* 100 mel zu ChseH1sSsO 2: Die Roccellsäure wird aus Roccella fucifor- mis dargestellt, indem man die Flechte mit Aether auszieht, abdestil- lirt und die zurückbleibende Krystallmasse in Borax löst, worauf sich Roccellsäure abscheidet; oder man extrahirt die Flechte mit Kalkmilch, kocht mit Salzsäure, entfernt diese Lösung, kocht darauf mit Natron- hydrat, wo sich dann beim Uebersättigen mit Salzsäure grüne Flok- ken von Roccellsäure abscheiden, die man, um sie zu entfärben, mit Chlor behandelt. Eine dritte Darstellungsweise ist die, dass man die Flechte mit Ammoniak übergiesst,-filtrirt, das Filtrat mit Chloreal- eium ausfällt und den Niederschlag mit Salzsäure zersetzt, worauf rohe Roccellsäure auskrystallisirt, die man durch Lösen mit Natron- lauge und abermaliges Abscheiden mit Salzsäure reinigt. Ihre Ana- lyse ergiebt die Formel C3,Cl3205. Rauchende Salpetersäure und rauchende Schwefelsäure zersetzen sie; sie schmilzt bei 132% und ist flüchtig bei 200°. Mittelst alkoholischer Kali- und Natronlösung, und durch Behandeln mit Ammoniak erhält man ihr Kali, Natron und Am- moniaksalz ; mit Chlorbaryum erhält man das Baryumsalz C3)H30Ba203. Mit Chlorkalium kann man ihr Kalksalz, mit schwefelsaurer Magne- sia ihr Magnesiasalz darstellen. Auch ihr Blei- und Silbersalz sind darstellbar. Löst man Roccellsäure in Alkohol und leitet trockenes Salzsäuregas hinein, so erhält man das Aethylsalz C34 Hao (Ca H5)2 Os. Setzt man die Säure einer Wärme von 280° aus, so entsteht ihr An- hydrid C4,Hs006s; ein schwach gelbliches Oel, das durch Ammoniak in Roccellsäure und Roccellaninsäure zerlegt wird. Erhitzt man Roc- cellsäure mit Anilin auf 180°—200°, so entsteht ein pechartiger Rück- $ (Cı2H5)2" N stand von Roccellphenylamid: End B die Roccellsäure gehört 2 hiernach in die Oxalsäurereihe und muss also die Formel haben: H C20z' CzoH 30" (Os. C303" H' / Die Usninsäure findet sich in Usnea florida, Cladonia rangiferina und Ramalina calicaris und hat nach den Analysen noch keine sichere Formel erhalten können. Man kann eine Alpha- und Beta-Usninsäure unterscheiden. Mann erhält die Alpha-Usninsäure durch Behandeln der Ramalina calicaris mit Kalkmilch und Uebersättigen mit Salzsäure; ‘nach Hesse hat sie die Formel: Cs Hıs O1. Das Kaliumsalz erhält man durch Kochen der Säure mit Kaliumearbonat. Dieses Salzes Ana- lyse ergab die Formel: C3, Hı KO), + 6HO. Die Alpha-Usninsäure ist in kochendem, Ammoniak haltendem Alkohol löslich. Die Beta- Usninsäure stellt man aus der Cladonia rangiferina dar, indem man die Flechten mit Natronlauge löst, dann mit Salzsäure abscheidet und in dem Niederschlage die Beta-Usninsäure von den Humussubstanzen durch Ausziehen mit Aether trennt; ihre Formel jst nach Hesse’s Ana- lyse C3gH1s 014. Sie unterscheidet sich von der Alpha-Usninsäure 101 hauptsächlich durch ihren niedrigen Siedepunkt 115° und ihre Sub- limirbarkeit. — (Ann. d. Chem. Pharm, CVII, 297.) B. S$. Geologie. Wallace, die Gesetze, welche den Ab- satz der Bleierze auf Gängen beherrschen, erläutert durch Untersuchung der geologischen Bildung der Erz- reviere von Alston Moor (London 1861). — Der Verf. gibt zu- nächst eine Uebersicht der Gänge in der Gegend von Alston Moor, welche ihre jetzige Gestalt durch zum Theil beträchtliche Entblössun- gen erhalten hat, nachdem zuvor starke Hebungen darin hervorgetre- ten waren. Die Gänge von Alston Moor sind nicht Schwindungs- risse der Bodenschichten. Eine solche Lehre, abgeleitet von dem Ver- halten des Thons an der Luft, erscheint unhaltbar, wenn man eine Erhärtung der Schichten unter dem Drucke eines darüber befindlichen Meeres annimmt, Dieses konnte nur eine Verminderung der Nichtig- keit hervorrufen. Gang- und Spaltenbildung sind sehr verschieden. Letztere wirkt nur zu geringer Tiefe im Vergleich zu jener. Die Wirkung der Ursache, welche Spalten in harten Gesteinen hervor- brachte, konnte geleitet werden durch ein krystallinisches Gefüge der ‚letzteren in Folge der Hitze, als die Gesteine in der Tiefe dem Drucke mächtiger Gebirgsmassen unterworfen waren, welche jetzt durch De- nudatio nentfernt sind. Kalksteinschichten, welche dem Gipfel eines Gebirges, selbst wenn unter starkem Druck angehören, pflegen zahlrei- chere und weiter geöffnete Spalten zu zeigen, als eben dieselben, wenn sie in Thälern liegen und weniger tief unter der Oberfläche. In letz- term Falle ist auch das Gestein dichter und härter. Einige Gänge von Alston Moor haben die Schichten um nicht weniger als 300 Fuss ver- worfen. Auf der gehobenen Seite eines dieser mächtigen Gänge zeigt sich nahe der Oberfläche eine Kalkbank stark zerklüftet, die Klüfte oft mit weichem Thone gefüllt. Auf der andern, niedergegangenen Seite ist dieselbe Bank sehr dicht. Wallace macht nun darauf auf- merksam, dass die spätere Entblössung und damit zusammenhängende Entlastung der Unterlage wohl nicht ohne Folge auf diese geblieben sein dürfe, zumal dann, wenn die betreffenden Schichten von .zahl- reichen, einander unter nahezu rechten Winkeln durchsetzenden Li- nien grösserer Weichheit durchsetzt waren. Möglicherweise besitzen die einzelnen Theilchen der Gesteine ein Streben, sich von einander zu entfernen in horizontaler, wie in verticaler Richtung und so nach diesen Weichheitslinien schmale Risse entstehen zu lassen, welche allmählig durch Wasser, Kohlensäure u. s, erweitert werden würden. Jedenfalls müsste die Spaltenbildung eintreten erst nach der Gestaltung des Terrains durch Eisbildung, nach der Ausbildung und nach der Entstehung der Gänge. Die Gänge von Alston Moor nun zerfallen nach Richtung und Ausfüllung in drei Abtheilungen, deren erste diejenigen umfasst, welche von O. nach streichen, jedoch bis zu einer Abweichung bis N. 600 0.—S. 600 O. nach der Magnetnadel. Sie sind im Allgemei- nen erzreich und enthalten Erze, sobald ihr Nebengestein aus einer 102 harten Kalk- oder Sandsteinschicht besteht. Die Gänge der zweiten Abtheilung streichen in nordsüdlicher Richtung, jedoch mit noch grös- seren Abweichungen als die der ersten Abtheilung. In den Schichten oberhalb des Great Limestone der Bergkalkformation führen sie selten Erze und nur sehr wenig Gangmineralien überhaupt. In dem Great Limestone selbst haben sie viel Bleierz geliefert, sowie Blei- und Kupfererze in den Schichten darunter. Diese beiden Gangelassen werden geschnitten durch eine Zahl kleiner Gänge, welche theils "S. 550 O., theils S. 550 W. des Compasses verlaufen. Gleich denen der zweiten Abtheilung führen sie oberhalb des Great Limestone nur wenig Gangmineralien; tieferwärts scheinen sie Kupfer- und Eisen- kiese, Kalkspäthe u. s. w., aber nur selten Bleierze zu führen, im Kalke wie im Sandsteine. Diese Gänge sind schwach, nur die Great Sulphur Vein macht darin eine Ausnahme, gleich wie in dem ausserordentlichen Reich- thume an Gangmineralien, namentlich Quarz und Pyrit. In Betracht ihrer grossen Weite und ihrer Ausfüllung, welche von denen der übri- gen Gänge so sehr abweichen, scheint dieselbe jedoch für sich allein zu stehen. Bei Crossgill beträgt ihre Weite 300 Fuss, und es ge- währt den Anschein, als sei es ursprünglich ein weit offener Spalt gewesen, dessen Seiten gegen einander hereinkamen, wodurch eine Reihe paralleler Risse entstanden, welche später mit Quarz und Ei- senkies erfüllt wurden. In ihrem Verlaufe von NW—SO. verändert sich die Beschaffenheit ihres Inhaltes an verschiedenen Stellen. Bei Cashburn besteht derselbe hauptsächlich aus wenig krystallisirtem Quarze. Zwischen Crashburn und Crossgill bemerkt man ihren Zug an einer Reihe niederer, runder Hügel, die vornehmlich aus Quarz- mineralien bestehen, welche dem Einflusse der Atmosphärilien längern Widerstand leisteten, als ihre Umgebung. Bei Crossgill führt sie neben Quarz viel schwach goldhaltigen Pyrit, in einigen schwachen Schnüren auch Kupferkies; bei den Noonstones ist ihre grosse Weite augenscheinlich mit Quarz angefüllt; am Tyne River ist dessen we- niger und von unreinerer Beschaffenheit; bei Darngill Bridge endlich weicht ihr Verhalten wenig von dem der mächtigen OW-Gänge der Gegend ab, indem der Quarz verschwunden und der Gang da mit Douk (oder Douke, vom sächsischen Deagan, mit Wasser kneten. Eine weiche Masse, zumal in den Cross veins, zumal da, wo das Ne- bengestein aus Schiefern besteht; offenbar verwitterten Schiefer, ob- gleich nicht selten ebenso fest, als ein Urgestein, aber. ungeschichtet) erfüllt ist, wo er die Schiefer (shale oder plate) durchsetzt. Die OW- Gänge, mit Great Sulphur Vein Krenzen, zeigen sich auf beiden Sei- ten der letzteren nicht verändert, welche desshalb von Wallace für jünger angesprochen wird. Südlich von ihr und in paralleler Rich- tung verläuft ein Whin Dyke, aber ohne Schichtenstörung, so dass es scheint, als sei eine geöffnete Spalte sobald mit geschmolzener Masse erfüllt worden, bevor die Seiten einsinken konnten. Doukburn Vein wird in ähnlicher Weise von diesem Dyke geschnitten, der also eben- 103 falls jünger zu sein scheint, als die erzführenden OW-Gänge. Der Dyke verliert sich alsbald und dürfte daher nicht im Zusammenhange stehen mit dem Lagerbasalte der dortigen Gegend, welcher, zwischen die Schichten eingeschoben, alle Störungen und Verschiebungen mit diesen gemein hat. Es folgt nun eine Beschreibung der vorzüglicheren Gänge. Die OW- Gänge verdanken ihr Bestehen und ihre Richtung der Spannung, welcher die Schichten unterworfen waren, als sie aus ihrer wage- rechten Lagerung gehoben wurden, und bevor die jetzt bemerkbaren Hebungen erfolgt waren, welche zum Theil. 5000 Fuss betragen. Dabei treten nirgends Spuren gewaltsamer, vulkanischer Thätigkeit mit ihrer Bildung auf. Als „eross veins“ werden diejenigen bezeichnet, welche etwa 30° O. von S., nach dem wahren Meridiane streichen. Sie finden sich von allen Grössenverhältnissen. Eine Verschiebung der Schich- ten um 260 Fuss steht in Verbindung mit einigen Strecken von Carrs Vein, während Cowhill Cross Vein die Schichten nur um einige Zoll verwirft. Indessen wechselt das Mass der Verwerfung bei den ein- zelnen Gängen selbst bedeutend. In den Schichten oberhalb des Great Limestone führen nur wenige späthige Mineralien, dagegen brechen diese ganz besonders dann ein, wenn die Gänge in dem genannten Kalke stehen, worin ein wesentlicher Unterschied gegenüber den OW- Gängen liegt. Die Mächtigkeit in diesem Kalke wechselt stark. In manchen Theilen eines bestimmten Ganges finden sich grosse Mengen von Mineralien, während in nur kurzer Entfernung dergleichen fehlen und die Ausfüllung aus Douk besteht. Die Mineralführung der OW- Gänge pflegt härter zu sein als diejenige der Cross Veins. Die öst- lichste in dem Distriete von Coal Cleugh ist Coal Cleugh East Cross Vein, welche ihre östliche Wange um etwa 96‘ emporgeworfen hat. Nur in geringem Abstande nach W. streicht ein andrer Gang, dessen westliche Wange etwa 88‘ gehoben ist. Die von diesen beiden Gän- gen hervorgerufenen Verwerfungen heben einander zum grossen Theile auf, und in nicht geringer Tiefe unter der Oberfläche müssen beide Gänge sich zu einem einzigen verbinden. Ihr Verlauf bleibt in den Distrieten von Coal Cleugh und Kilhope fast ganz parallel, weiter gegen Süden aber wird der westlichere mächtiger und verwirft die Schichten um viel weniger als 120°. Ausser einer Reihe anderer Gänge folgt weiterhin im Nenthead-Distriete Rampgill und Scaleburn Cross Vein mit nur 4‘ Verwerfung auf der Ostseite, aber reich an Bleierz, zumal an der Südseite von Rampgill und an der Nordseite von Scaleburn Vein. Im weitern Verlauf gegen Norden tritt dieser Gang in Zusammenhang mit dem östlichen Theile der Gruppe mäch- tiger Cross Veins, welche das Gebiet von Alston Moor auf der Ost- seite des Nent River durchsetzen. In Haygs Mine fallen alle diese Cross Veins in zwei zusammen, Carrs Vein und Wellgill Cross Vein, für welche dasselbe gilt, wie für die beiden oben zuerst genannten im Coall Cleugh Districte. Manche dieser Gänge, wie Carrs Vein, 104 Wellgill Cross Vein, Black Ashgill Vein zerschlagen sich. Letztere keilt sich endlich gegen S. aus. Ebenso weiterhin Garrigill Burn oder Old Groves Vein, einer der bedeutenderen Gänge. Es folgt dann noch eine Reihe ähnlicher Cross Veins. In Bezug auf die Bildung dieser Gänge gelangt Wallace zu dem Schlusse, dass dieselbe nicht später erfolgte, als diejenige der OW-Gänge, obgleich dies-die An- sicht in dortiger Gegend sei. Vielmehr seien sie gleichzeitiger Ent- stehung. Was endlich die quarter Point Veins anbelangt, so sind die- selben im obereren Theile des Distriets im Allgemeinen von geringer Grösse, und betragen die Verwerfungen nur wenige Zoll. Die mäch- tigste in den Nenthead Mines ist Rampgill Second Sun Vein ‚mit ei- ner Dislocation der Schichten um etwa 6°. Im untern Theile des Distriets sind sie mächtiger; so hebt ein solcher Gang in der Rod- derup Fell Mine die eine Seite um nicht weniger als 40‘. Ihm pa- rallel streichen einige andere, noch grössere Gänge oder Dykes in den alten Kohlenwerken am Gildendale Head. Da die Quarter Point Veins von OW-Gängen geschnitten werden, nicht aber von Cross Veins, so scheinen sie älter als jene, jünger als diese. Wallace leitet aus dem Vorhergehenden folgende, allgemeine Schlüsse ab; 1. Old Red Sandstone, Mountain Limestone und die Coal- Measures lagerten sich in Folge gleichmässiger Senkung des Bodens über weite Strecken gleichmässig wagerecht ab. 2. Am Ende der Kohlenperiode und vor Beginn der permischen Zeit wurde diese wagerechte Lagerung gestört, durch Senkungen oder wahrscheinlicher durch Hebungen. Die Cross Veins entstanden einfach als Brüche parallel den Linien der grössten Wirkung. 3. Später bildete sich die grosse Hebungslinie von Cross Fell gegen Osten; damit zugleich die Reihe von OW-Gängen, deren Bildung und! Richtung offenbar ab- hängen von der Spannung der Schichten in Folge .ungleicher He- bung und unregelmässiger Wendungen dieser Linie grösster Kraft- äusserung. Zu dieser Zeit waren die Kohlenlager noch nicht von dem Millstonegrit hinweggerissen. 4. Dies erfolgte demnächst, sowie Absatz der permischen Formation, wobei die Thätigkeit der entblös- senden Kräfte durch die Linien der grössten Erhebung der Gesteine geleitet wurden. Während dieser Periode lagerten sich die Schichten von der permischen bis zur pleistocenen Formation ab. Am Ende derselben ragten die Spitzen der peninischen Gebirge und deren öst- lich von Cross Fell als Eilande über den Meeresspiegel hervor, indem sie etwa 1800’ niedriger standen als jetzt. Von diesen eisbelasteten Inseln rissen sich Gletschermassen los und trieben hinweg, Gegen Schluss der Eiszeit wurde das ganze Land zwischen den peninischen Bergen und der Nordsee langsam gehoben. Hiebei wurde die He- bungslinie selbst, sowie die damit verbundenen Gänge kaum oder gar nicht gestört. 5. Geschah die Hebung bis zu ungefähr 1800’, so musste die Ursache in grosser Tiefe verborgen sein, welche sonst keine Störungen zu Wege brachte. 105 Das zweite Buch nun behandelt die Gesetze der Metallablage- rung nach Anleitung des Verhaltens in den Gängen von Alston Moor. Die Bleierze sind in denselben nicht gleichmässig eingelagert, viel- mehr enthalten oft grosse Strecken der reichsten Gänge nur ganz geringe Mengen. Die Förderung wechselte selbst da, wo sie Statt fand, von 100 bis 1 Bing (8 cwt.) auf den Faden. Da nun die Gänge ursprünglich leere Spalten waren, so muss die Einführung der Bleierze in einzelne Theile derselben die Folge be- etimmter, vorgängiger Ursachen sein. Nimmt man eine Gleichförmig- keit der Naturgesetze an, so muss auch eine gewisse Classe derartiger bestimmter Ursachen stets der Ausscheidung der Bleierze zu Grunde gelegen haben. Es sind nun in der Hauptsache zwei verschiedene Lehren für diese aufgestellt, deren eine sie aus dem Nebengesteine eingeführt werden lässt, während die andere Sublimation aus grosser Tiefe und einen Zusammenhang mit vulkanischen Einflüssen annimmt. Die Gesetze für die Vertheilung des Erzes in den Gängen mö- gen dabei immerhin abweichen von denen für den wirklichen Ursprung; jene mögen mechanische, letztere chemische sein, wenn die Metalle selbst noch weitere Elementenverbindungen wären. Sind sie hingegen einfache Körper, in Gestalt gasiger Ausströmungen aus dem Erdinnern emporgedrungen, so mag die Vertheilung oder Anhäufung des Erzes in einzelnen Theilen der Gänge nach seiner Ablagerung hin und wie- der durch die ganze Ausdehnung der Spalten in den Gesteinen er- folgt sein. Stammt aber das Erz aus Gesteinen her, in welchem seine Anwesenheit nicht nachgewiesen werden kann, so ist wohl die An- häufung zu einer und derselben Zeit geschehen. Die Versuche Becquerels und Anderer haben gezeigt, dass die Metalle in Lösungen krystallisiren und mit andern Körpern durch electrochemische Thätigkeit in Verbindung treten konnten, wobei Kör- per hervorgingen, welche den natürlichen Mineralien ganz gleich wa- ren. So interessant derartige Versuche auch vom wissenschaftlichen Standpunkte aus sind, so geben sie doch dem Bergmanne keine An- weisung über die unregelmässige Verbreitung der Metalle auf den Gängen. In Bezug auf jene Versuche muss man sich aber ferner er- innern, dass Krystalle mancherlei Art sich da finden, wo es keine der Art von nutzbaren Metallen gibt. Auch wird durch sie kein Licht über die Quelle verbreitet, aus welcher die Metalle stammen mögen. Sie zeigen nur, dass electrochemische Kräfte möglicher Weise wäh- rend der ganzen, langen, zur Ablagerung nöthigen Zeit in schwacher Thätigkeit gewesen seien. Kein Mineral in den Gängen von Alston Moor erscheint so un- regelmässig nach seiner Menge und Verbreitung in verschiedenen Thei- len desselben Ganges und in derselben Schicht, als eben das Bleierz. Es findet sich mit Quarz, Kalkspath, Eisenspath, Eisenkies, Eisen- oxydul, Flussspath, Blende u. s. w. und fehlt häufig in derselben Schicht, sobald die Gänge grosse Mengen des einen oder des andern dieser Mineralien enthalten. Seine Anwesenheit steht also nicht im 106 Zusammenhange mit dem Vorhandensein oder dem Fehlen eines die- ser Mineralien. Rühren auf Gängen einbrechende Erze von Sublimationen aus der Tiefe her und finden sie sich reichlich nur an solchen Stellen, wo die Ausströmungen freien Weg nach oben hatten, so mussten die Ursachen ihren Sitz in grosser Tiefe haben. Alsdann ist die an- 'scheinende Nichtübereinstimmung der Erscheinungen in dem Absatze der Erze auf den Gängen durchaus nicht leicht zu erklärer, selbst durch die sorgfältigste Verallgemeinerung. Die Anzeichen derartiger Ursachen . können sogar gänzlich verschwinden, sobald als die Ab- scheidung erfolgt war, und dies zumal, wenn es sich um geschmolzene Massen in einem Zustande vulkanischer Thätigkeit handelt. Bei Alston Moor sind die Gänge am ergiebigsten an Stellen weit ab von plutonischer Thätigkeit, am reichsten in der That im obern Theile des Mountain Limestone, wo man keine Feuergesteine gefunden hat, weder in Gestalt von Gängen, noch als Lager zwischen den geschichteten Massen. Der untere Theil der Schichten in diesem Distriete enthält allerdings ein Lager basaltischen Grünsteins und einen Basaltgang, aber die Erzgänge waren nur sehr wenig bleireich an den Stellen, wo diese Massen das Nebengestein bildeten. In dem ganzen Districte spricht nichts für eine Abstammung des Bleies aus der Tiefe durch Sublimation oder für eine Einfürung der Aue ine masse in geschmolzenem Zustande. Dagegen. spricht das Auftreten geschwefelter Metalle und an- derer Mineralien in den Sprüngen der Eisennieren in Thonen und andere Umstände für die Möglichkeit einer Zuführung in gelöstem Zu- stande. Das Auftreten der Metalle auf Gängen erscheint daher als Folge von Verbindungen und Veränderungen, welche nicht immer, wenn überhaupt jemals in unmittelbarem Zusammenhange mit vulka- scher Thätigkeit zu stehen brauchten. Ist es nun höchst wahrschein- lich, dass die Einführung des Bleierzes in die Gänge von Alston Moor von einer Abscheidung aus dem Nebengesteine oder von einer Zer- setzung desselben herrühren, so muss man die Ursachen in den Er- scheinungsversuchen, welche sich an den reichen Theilen der Gänge und der Nachbarmassen darstellen, sowie an denen der unergiebigen Stellen. Die Thätigkeit der vorhandenen Ursachen musste daher an Kraft mit der hervorgebrachten Wirkung im Verhältnisse stehen, vor- ausgesetzt, dass keine andern Umstände störend eintraten; wie z. B. eine solche Modification sich ergeben würde aus einer Ungleichmäs- sigkeit in der offenen Weite des Ganges. W. bespricht nun die Erscheinungen an Rampgill Vein. Die Bleierze der Gänge von Alston Moor erscheinen in Absätzen mit ho- rizontalen Begrenzungen, von einander getrennt durch Schichten von Schiefer (plat oder shale; platt, weil bei der Austrocknung an der Luft ein Zerfallen in dünne Blätter Statt hat); in denen zumeist nur selten Bleierz enthalten ist.. Um dies Verhalten an einem gleich- mässig weiten Gange in einer besondern Schicht zu betrachten, in 107 welcher die Gänge im Allgemeinen am ergiebigsten sind, an Stellen, wo es auch das Nebengestein ist: dürfte eben ein Theil von Ramp- gill Vein am Geeignetsten sein, und zwar der von der Grenze zwi- schen den Distrieten Coal Cleugh und Nenthead bis zum Nent River. Derselbe hat nicht weniger als 300000 Bings (je 8 cwt.) geliefert. Ein Horizontal-Verticalschnitt dient zur Verdeutlichung. Es ergibt sich, dass an dem reichen Theile des Ganges die Schichten des Ne- bengesteines von O. nach W. einfallen oder nach dem Thale zu, wel- ches der Gang unter nahezu rechtem Winkel kreuzt. An dem un- edeln Theile findet das Entgegengesetzte Statt. In dem edeln Theile ferner brach das Erz in grösster Fülle unabänderlich da, wo der Gang von einer Quarter Point Vein gekreuzt wurde, obgleich letztere kein Mineral von Werth enthalten. Die Schichten heben sich allmählich in ihrer Richtung südostwärts jene die antiklinale Hebungsachse der Gegend. Es ist deutlich, dass sämmtliches Wasser, welches in diese Spalten gelangt, in den offenen Räumen zwischen harten Schichten nach Rampgill Vein hinfliessen muss, und dass die offenen Räume in diesem Gange die Circulation westwärts bis zur Kreuzungsstelle mit Patterdale Vein unterhalten. So würde Ramgpill Vein einen Haupt- kanal darstellen, in welchem alle kleinen Gänge ihre Wasserführung ergiessen. Da die Neigung der Schichten, wie gesagt, gegen W. ge- richtet ist, so muss auch die Bewegung der Flüssigkeiten dahin ge- richtet gewesen sein. Der unproduktive Theil wird von zahlreichen Cross Veins geschnitten, sowie von N- und Südspalten, welche mit letzteren in Verbindung stehen. Diese Gänge führen aber wie be- merkt, oberhalb des Great Limstone allein Bleierz oder andere Gang- mineralien, sondern sind gewöhnlich nur mit Douk erfüllt; welcher offenbar aus thonigem Schiefer besteht, der durch hindurchdringende Flüssigkeiten zersetzt oder durch die Reibung bei Bildung des Gan- ges zermalmt ist. Und ein Dyke aus zermalmtem Thone, der fest in das Innere eines Ganges gepresst ist, ist der freien Circulation des Wassers ungünstig, ist auch die Neigung der Schichten noch so vor- theilhaft, wenn dasselbe auch langsam durchdringen mag. Wahr- scheinlich wurden die OW-Gänge in den Platebeds zur Zeit ihrer Bildung mit diesem weichen Thone nahezu angefüllt. Dadurch wurde auch in Rampgill Vein in solchem Gesteine die Bewegung des Was- sers gehindert. Nun besteht der grösste Theil der Schichten unter dem Great Limestone hier vornehmlich aus Schiefer, und wurde so- mit der Wasserzugang abgeschlossen. An andern Stellen geschah dies durch die mächtigen Cross Veins. In Bezug auf das Wasser, welches der Bergmann im Innnern der Erde trifft, hat man zwei verschiedene Theorien aufgestellt, nach deren einer die Gänge Canäle sein sollen, in denen einst Wasser aus grosser Tiefe zur Oberfläche emporstieg und aus welchem Wasser sich die in Lösung vorhanden gewesenen Erze abschieden. Manche leiten sogar auch die Quellen der Jetztzeit, selbst solche in der Nähe der Gebirgsgipfel von solchen aufsteigenden Zuflüssen ab. Für eine 108 Gegend wie die von Alston Moor, welche aus geschichteten Gestei- nen besteht, ist eine derartige Aufstellung unhaltbar. Denn welches wäre die Kraft, welche eine Wassersäule von mehreren tausend Fuss Höhe ihrer Schwere entgegen heben könnte? Ueberdies sind ja die Schichtgesteine, durch welche sie sich erheben musste, von sieben Thälern durchschnitten und von mancherlei Spalten zerrissen. Auf- steigende Quellen scheinen daher für die Ausfüllung dieser Gänge nicht annehmbar. Es bleibt demnach nur übrig, ein Niedersinken des Wassers von der Oberfläche vorauszusetzen, welches mit der Verdun- stung des Wassers in stetem Wechsel spielt. Die Menge des Was- sers, welche jährlich auf den gehobenen Distriet von Alston Moore herabfällt, beträgt für die höchsten Theile der Gegend wohl nicht un- ter 55—60 Zoll. Wenngleich ein gewisser Antheil dieser Feuchtig- keitsmasse alsbald wieder verdunstet, so dürfte doch wohl die Menge dieses verdunstenden Wassers gegenüber der in andern Gegenden zurückstehen, da hier während eines grossen Theiles des Jahres der Himmel mit Wolken bedeckt ist, welche von den Hügeln angezogen wurden, sogar im Sommer. Die nicht verdunstete Wassermasse läuft Theils auf der Erdoberfläche ab, Theils sickert sie ein. Letzteres erfolgt vornehmlich mit Hilfe der Spalten in den här- teren Gesteinen. Da in den thonigen Schichten offene Risse seltener sind, so fliesst das Wasser in jenen, bis es in Quellenform zu Tage tritt. Das erste Gesetz für die Bewegung des Wassers im Innern der Erde ist daher, dass unter sonst gleichen Umständen die Menge des bewegten Wassers unterhalb des Gipfels der Gebirge in umge- kehrtem Verhältnisse stehen müsse zur Entfernung von der Oberfläche und in geradem zu dem Abstande von der Wasserscheide des Gebir- ges. Die Menge des herabsteigenden Wassers richtet sich auch nach der Steilheit der Abhänge, und ergiebt sich daraus als zweites Ge- setz, dass die Menge des versinkenden Wassers zu dieser in um- gekehrtem Verhältnisse stehe. Geht man auf geneigte Schichten ein, so wird das Wasser in deren Spalten leichter sich bewegen, wenn die Schichtenneigung mit dem Abhange der Hügelseiten über- einstimmt, als wenn sie gegen das Innere der Berge gerichtet ist. Der erstere Fall wird eine freiere Bewegung nahe der Oberfläche verstatten, letztere eine minder freie, aber für das Eindringen in grös- sere Tiefe günstigere. Hieraus folgt das dritte Gesetz, dass die Leich- tigkeit der Bewegung nahe der Oberfläche sich verhält gerade wie die Stärke der Schichtenneigung gegen die Seiten des Hügels und umgekehrt; dass aber die Reihe, welche die Menge des zur Tiefe ge- henden Wassers darstellt, sich dem Nullpunkte rascher nähern muss, wenn die Neigung gegen die Hügelspitze gerichtet ist. Offene Räume, wie bei Gängen, stimmen insofern mit den ge- wöhnlichen Spalten überein, als sie das Heräbsinken des Wassers und seine Bewegung in der Längenerstreckung des Ganges erleichtern. Dagegen zeigen sie eine wichtige Abweichung darin, das der Bruch, welchen ein Gang in einer Thonschicht erzeugt, wenn auch der Be- 109 wegung nach der Längsrichtung ungünstig, doch dem Wasser ver- stattet, freier durch diese Schicht zu dringen, als durch dieselbe in unaufgerissenem Zustande. Man gelangt zu dem vierten Gesetze, dass die Wassermenge, welche den Weitungen mächtigerer Gänge zu- geht und darin cireulirt, im Verhältniss stehe zu der Anzahl der schma- len Gänge oder Spalten, von welchen die Gesteine der Gegend in et- was verschiedener Richtung durchsetzt werden. Das fünfte Gesetz endlich lautet dahin, dass wenn die Bewegung des Wassers im In- nern der Erde befördert und geleitet wird durch gewisse Ursachen, welche in Verbindung stehen mit andern, welche dagegen hindernd auftreten — an allen Orten diese wechselseitigen Beziehungen vor- handen sein müssen, und dass die Stärke der Wirkung, welche von der einen Reihe ausgeübt wird, beständig abnimmt, wie diejenige der anderen steigt, und umgekehrt, dass aber in einer Gegend, welche von mächtigen Cross Veins durchsetzt wird, die Abweichungen und Umkehrungen am grössesten und plötzlichsten erfolgen müssen. [Schluss folgt.] Oryctognosie. Noeggerath, mineralogische Mitthei- lungen. — 1. Ein Stück Kupfer von der Kupferhütte bei Hettstädt zeigt eine Gruppe von verzerrten Octaedern in einzelnen über einen Zoll gross. Die Krystalle sind aber eigentlich nur Ske- lete, bestehen aus drahtförmigen Schnüren, welche die Kanten und Ecken der Octaeder bezeichnen und deren Masse durchziehen. Dei- ters gibt über die Entstehung derselben Aufschluss: Bei Scheibenreis- sen des Schwarzkupfers im Heerde des Schachtofens bilden sich die Krystalle an den untern Seiten der Scheiben, zumal an den zuletzt gerissenen. Der Kupfergehalt des Schwarzkupfers übersteigt selten 95 pC., die Krystalle haben aber 96,89 pC. und daher wohl auch die ausgezeichnete Tendenz oktaedrisch in der Form des reinen Kup- fers zu krystallisiren. Storer (on the Alloys of Copper and Zinc. Cam- bridge 1860) hat gefunden, dass alle in den verschiedensten Verhält- nissen dargestellten Mischungen von Kupfer und Zink regulär kry- stallisiren und glaubt deshalb, dass Kupfer und Zink isomorph seien; da aber die von N. beobachteten Zinkkrystalle hexagonale waren: so meint Storer, dieselben beständen nicht aus reinem Zink. Sie stam- men aus einem Altenburger Schmelzkessel, der sehr reines Zink aus Galmei liefert. — 2. Der dunkel violblaue Flussspath von Wölsendorf in Bayern riecht beim Ritzen nach Schrötters Untersu- chung nach Ozon, von welchem 0,02 pC. darin nachgewiesen wurden. — 3. Eisen aus dem Schweissofen eines Puddingswerkes zu Esch- weiler ganz bedeckt mit grossen sehr ausgebildeten Kry- stallen des in der Olivinform krystallisirenden halbkieselsauren Ei- senoxyduls. Es ist der gar nicht seltene Fayalit, doch hier durch Schönheit der Krystalle ausgezeichnet. — 4. Bernstein aus dem Kreidegebirge von Siera in Asturien in einem 21/3‘ langen Stücke. — 5. Titanhaltiger Magneteisensand aus Neuseeland besteht aus microskopischen abgeriebenen octaedrischen Krystallen. Er kömmt 110 an der W-Küste am Mount Egmont unweit der Stadt Taranaki zu Tage vor auf mehre englische Meilen Erstreckung 9—20‘ mächtig ganz in- fein pulverisirtem Zustande, sodass er durch ein Sieb mit 4900 Oeff- nungen auf den Quadratzoll durchläuft. Vom Winde aufgetrieben bildete er einen für die Augen sehr schädlichen Staub und entwickelt im Sommer auch eine furchtbare Hitze in seiner Umgebung. Er wurde in Australien verschmolzen und lieferten 100 Pfund mehr als 50 Pfund des feinsten raffinirten Stahles, das durch seinen Titangehalt an Härte und Zähigkeit alles übertrifft, was je an Stahl fabrieirt worden. Eine englische Aktiengesellschaft hat die Verwerthung übernommen und kann den Centner Stahl mit 7 Thlr. für Europa liefern. Die chemi- sche Analyse des Sandes ergab 27,53 Eisenoxydul, 66,22 Eisenoxyd, 6,17 Titansäure. Der Stahl besteht aus 0,87 Kohlenstoff, 98,66 Eisen und 0,32 Titan, keine Spur von Schwefel, Phosphor, Arsen, Kiesel. Solch titanhaltiger Magneteisensand kömmt überall in vulkanischen Gegenden vor, und scheint aus zerstörten vulcanischen Gesteinen aus- gewaschen zu sein. — (Sitzgsber. niederrhein. Gesellsch. Bonn 1861. Ss. 6. 55. 77.) Zippe, über den rhombischen Vanadit. — Dies Mine- ral kömmt im Adolfstellen des Zanchenbleibergbaues am Obir bei Kappel in Kärnten jedoch nur als Seltenheit vor. Die kaum 1/a'' grossen Krystalle sind rhombische Pyramiden meist als einfache Ge- stalten, nur selten mit schwachen Abstumpfungen einiger Kanten. Die Flächen sind glatt und glänzend, doch nicht vollkommen eben, daher die Messungen schwankend. Die Zahlenwerthe gibt Z. an. Die Krystalle sind grösstentheils unordentlich mit einander verwach- sen. Auf der Druse sitzen als spätere Bildung auf kleine kugelför- mige und nierenförmige Gestalten mit deutlich drusiger Oberfläche deren microskopische Gestalt dieselbe wie die der Druse ist. Der Bruch ist uneben. Glanz ziemlich lebhaft zwischen Demantglanz und Fettglanz; Farbe nelkenbraun, Strich oraniengelb, ins Ockergelb ge- neigt. Die Krystalle durchscheinend mit röthlichbrauner ins Hyacint- rothe geneigter Farbe. Spröde; Härte 3,0—3,5; spec. Gew. 5,83. Das gepulverte Mineral ist in verdünnter Salpetersäure ohne Aufbrausen vollkommen auflöslich. Vor dem Löthrohre schmilzt es auf Kohle in der äussern Flamme leicht zu einem braunen Kügelchen, das sich un- ter Blasenwerfen in eine schwarze Schlacke umändert, in welcher Bleikörnchen sichtbar werden. Mit Borax auf Platindraht gibt es eine dunkelgelblichrothe, nach dem Erkalten dunkel olivengrüne Perle. Somit stimmt das Mineral mit dem Dechenit specifisch überein, den- noch nennt es Z. rhombischer Vanadit und reiht es neben dem Kallo- chrom im System ein. — (Wiener Sitzungsberichte XLIV. 197—200.) Tschermak, Analyse des Cancrinits von Ditro in Sie- benbürgen. — Bei Ditro fand sich ein Gestein bestehend aus ortho- tomen Feldspath, blauem Sodalith, dunkelgrauem Eläolith und fleisch- rothem Cancrinit mit untergeordneten Körnern von Magnetit und Glim- merblättchen. Der Cancrinit ist vollkommen theilbar, Härte 5,0—5,5, 111 spec. Gew. 2,42, seine Analyse ergab 5,2 Kohlensäure, 37,2 Kiesel- säure, 30,3 Thonerde, 5,1 Kalkerde, 17,4 Natron, 4,0 Wasser. Seine Zusammensetzung würde demnach entsprechen der allgemeinen For- mel 5(RO,)2(R20;) 4(RO). Die frühern Analysen weichen davon ab. Es scheint als hätten Nephelin, Davyn und Cancrinit ursprünglich die- selbe Zusammensetzung gehabt und der Cancrinit am meisten verän- dert ist. Hermanns Stroganovit ist kein kalkreicher Cancrinit sondern als ein Umwandlungsprodukt des Nephelins zn betrachten. — (Zbda 134—136.) ? Haidinger, über Meteoriten. — 1. Meteoreisen von Ro- gue River Mountain im Oregon und von Taos in Mexiko. Erstres hat nach Jacksons Analyse: 89,0 Eisen, 10,29 Nickel, 0,729 Zinn und Kieselerde. Evans hatte die Masse 4° breit und 3—4‘ hoch freiste- hend auf jenem Berge entdeckt und nur eine Unze abgelöst. Mit seinem Tode wird die über 200 Centner schwere Masse sobald nicht herbeigeschaft werden. Sie gehört in die Klasse des Pallaseisen, dichte Grundmasse mit eingewachsenen Olivinkrystallen. Das Mexika- ner Stück hat ganz die gestrickte Strucktur des Toluca-Eisens und gibt schöne Widmannstättsche Figuren, ist nickelhaltig. — 2. Dan- denong-Meteoreisenmasse in Melbourne ist 30 Centner schwer und auf den Dandenong Ranges 40 Meilen östlich von Melbourne gefunden worden. — 3. Meteorit von Yatoor bei Nellore in Hindostan fiel am 23. Januar 1852 um 4!/; Uhr Nachmittags unter Knall und Gedröhn und schlug etwa 16‘ tief in den Boden ein. Er war zerstückelt und wog 19!/a Wiener Pfund. Seine weisse Farbe ist sehr merkwürdig. — 4. Meteörit von Parnalla bei Madua. Es waren zwei Steine, ei- ner 37 Pfund, der andere viermal so schwer, wovon ein Stück von 1 Pfund 7!/, Loth in die Wiener Sammlung gelangte. Er gleicht ganz dem von Bremervörde. Seine sehr dünne Rinde ist bräunlich schwarz, wenig glänzend mit rundlichen Vertiefungen, der Bruch grau und braun gefleckt mit zahlreichen hellgrauen ganz rundlichen Einschlüs- sen. Die Loupe zeigt eine feinste Mengung ungleichartiger Theil- chen. Im Ganzen gleicht seine Zusammensetzung dem Steine von Assam. — 5. Meteoreisen von Nebraska, wovon die Wiener Samm- lung ein Stück von 1 Pfund 85/; Loth erhielt, hat eine dunkelbraune Rinde, zeigt die Widmannstättschen Figuren, wog in ganzer Masse 35 Pfund und fiel am rechten Ufer des Missouri. Die Analyse ergab 94,288 Eisen, 7,185 Nickel, 0,650 Magnesium, 0,350 Calcium und Spu- ren von Schwefel; spec. Gew. 7,362. — (Ebda XLII. 744—746; XLIL. 583; ALIV. 73. 117—120.) Jannettaz, Kachalongbildung in den Hornsteinen der Champagne, Seine. — Bei Brissur-Marne tritt in einem Stein- bruch im Calcaire de Champigny ein Haufwerk von Hornsteinstücken im mitten unregelmässiger Hornsteinbänke auf, die mit Kieselkalk wechsellagern. Der durchscheinende Hornstein ist stellenweise noch durchsichtiger als Achat und dann wieder von opaken Bändern einer weisslichen Materie durchzogen, deren Entstehung sich verfolgen lässt. 112 Die Hornsteinstücke sind nämlich von ziemlich grossen an einander- stossenden Zellen durchlöchert, deren noch vorhandene Zwischenwände gleich ihnen selbst mit der weissen Materie erfüllt sind. Diese ist durch- scheinend, in allen Stücken einer Kieselgallerte ähnlich und so Jange sie in der unterirdischen Atmosphäre des Steinbruches liegt so weich, dass man sie ritzen und schneiden kann. Beim Trocknen wird sie zerreiblich, löst sich in feinen Kieselstaub auf, nimmt jedoch allmäh- lich eine grosse Consistenz an und bildet die weissen Streifen im Horn- stein. Sie entsteht aus einer molekulären Umänderung der Hornsteine in Kieselgallerte von der Peripherie nach dem Centrum hin, löst sich wie diese Gallerte in Kali, manche Theile auch in Salzsäure. Sie ist in Alkalien um so löslicher, je weniger lange sie der Einwirkung der Atmosphäre ausgesetzt ist und enthält vielmehr eingeseihetes Wasser als der Hornstein. Einen Monat lang in der Luft von gewöhn- lichen Feuchtigkeitsgraden liegend, hält sich noch 0,05 Wasser, das sie unter der Luftpumpe oder durch Einfluss von Schwefelsäure im "geschlossenen Raume bis auf 0,01 verliert und soviel findet sich auch im Hornstein. Dieselbe Materie enthält noch Spuren von Eisen, Alaun und Kalkerde. Bringt man die weissesten und homogensten Proben, an Ort und Stelle in destillirtes Wasser und behandelt sie sogleich “ mit Kali: so kann man sie bisweilen vollständig auflösen. Die Ma- terie rührt von einer molekülaren Zersetzung des Hornsteines her, indem derselbe aus dem unlöslichen Zustande in den der löslichen Kieselerde übergeht und Wasserfrei bleibt. Diese Löslichkeit wird unterstützt durch die ausserordentliche Feinheit der Kieseltheilchen, welche jetzt durch Filtra hindurchgehen. Sie fliessen zusammen, der so entstehende Teig erhärtet und. es entstehen im Hornsteine der Gänge die unregelmässigen Bänder einer dem Kacholong ziemlich ähnlichen Kieselvarietät. — (Bullet. soc. geol. XVII. 673—674.) v. Kokscharow, mineralogische Notizen. — In einigen Goldseifen des südlichen Ural am Flusse Sanarka kommen mit Euklas kleine Gerölle von schön schwefelgelber Farbe vor, auch einzelne Krystalle. Dieselben sind Chrysoberyll ganz in der Krystallform des brasilischen, rhombische Prismen, dessen scharfe und stumpfe Kanten durch die Flächen des Brachy- und Makropinakoids stark abgestumpft, dessen Enden durch die Flächen des Brachydomas zu_ geschärft und deren Combinationskanten durch die schmalen Flächen eines Prismas abgestumpft sind. Ausserdem führen dieselben Gold- seifen in Geröllen und Krystallen noch einen grünen Chrysoberyll, dessen Krystalle oft Drillinge sind. — Einen ausgezeichnet schönen und grossen Euklaskrystall erhielt v. K. aus den Goldseifen am ‚ Sanarka. Derselbe misst 3 Centim. Länge und halb so viel Dicke, ist ganz durchsichtig, auf der Oberfläche etwas abgerollt, grünlich- weiss, am obern Ende mit einem leichten grünlichblauen Stich. Vrf. bildet ihn ab und bestimmt seine sehr reiche Combination. — Mit je- nem Euklas finden sich Körner und Kryställchen von Zirkon bis 2mm gross, durchsichtig, bräunlich weiss bis wasserhell, einzelne reich : 113 an Combinationsflächen. Ferner kommen daselbst vor sehr schöne halbdurchsichtige Krystalle von Monazit, schön röthlichbraun, reich an Flächen, auch als Zwillinge, wie sie von diesem Mineral noch nicht bekannt sind. Die Zwillingsebene ist die Fläche der zweiten vollkömmenen Spaltbarkeit „P». Ausführlich beschreibt sie Verf. in den Memoiren der Akademie. — Die seltene Fläche des basischen Pinakoids e = 0P an Rutilkrystallen kömmt auch an den Kry- stallen derselben Goldseifen vor, sehr gut ausgebildet und glänzend. Einige Krystalle zeigen an ihren Enden blos diese einzige Fläche des basischen Pinakoids. — Bei dem Dorfe Mankowa in Nertschinsks fin- den sich sehr schöne Chiastolithkrystalle, bräunlichweiss bis schmutzig röthlichweiss, an den Kanten stark durchscheinend, immer Zwillinge oft sehr deutlich mit allen vier einspringenden Winkeln. — Genaue Messungen der Krystalle des Kokscharowit, im Original nachzusehen. — Verf. bemerkt, dass die Topaskrystalle vom Urulga in Transbaikalien ihre schöne dunkel weingelbe Farbe verlieren, wenn sie einige Monate im Tageslicht liegen, und dieselbe in schmutzig bläulichweiss verändern. Er führt specielle Fälle dafür an. — (Bullet. Acad. Petersburg IV. 563—570.) @. Palaeontologie. Weber, Blätter im vulkanischen Tuffe von Plaidt bei Andernach. — Diese Blätter verlegen die Bildung des Tuffes in die Tertiärzeit, also viel weiter zurück als man aus andern Gründen annahm. Die betreffenden Pflanzen wuchsen an Ort und Stelle und wurden dort in die vulkanische Asche eingehüllt. Sie gehören grösstentheils denselben Arten an, welche in der nieder- rheinischen Braunkohle zumal bei Rott vorkommen, als Salix elon- gata, Populus latior, Alnus Kefersteini, Juglans bilinica, Acer pseudo- campestre, Rhamnus Decheni, Ceanothus ebuloides, Cinnamomum po- lymorphum u. a. nicht näher bestimmte Arten. Ferner ein Blatt, das Zingiberites niteairniaefolius heissen soll und unter den tropischen ingwerähnlichen Pflanzen sein Analogon hat; ein ganz ähnliches be- schreibt Ludwig aus der wetterauer Braunkohle irrthümlich als Con- vallaria latifolia; auch im Bernstein kömmt Zingiberites vor. Derselbe stellt nach einer Sammlung von Blättern aus der Braunkohle des Westerwaldes bei Westerburg fest, dass dieselben_mit den niederrheinischen einer Epoche angehören, indem alle Arten auch bei Rott vorkommen, nämlich; Libocedrus salicornioi- des, Salix elongata, Populus ovalis, Carpinus grandis, Ulmus Bronni, Alnus Kefersteini, Quercus neriifolia, grandidentata und lonchitis, Fi- cus lanceolata, arcinervis, elegans, populina, tiliaefolia, Dodonaea pteleaefolia, Acer trilobatum, grossedentatum, integrilobum, indivi- sum, Xanthoxylon’ Bronni, Sapotaeites Ungeri, Dombeyopsis Decheni, Dassia lignitum und ambigua. Die meisten finden sich auch in der Wetterau. Ein eigenthümlicher Samen, Artemisia ähnlich, lässt sich nicht befriedigend deuten. Die Kohle ist ein sehr dichtes bituminöses Gemenge von Pflanzenresten und erinnert: mehr an die Salzhäuser als an die Rotter Kohle. Von Wirbelthieren lieferte sie nur einen XIX. 1862. 8 114 Frosch. — (Sitzungsberichte niederrhein. @esellsch. Bonn 1861. Januar $. 19—21.) Schaaffhaussen, fossile Affen. — Im Darmstädter Mu- seum befindet sich ein im tertiären Sande von Eppelsheim mit Di- notherien etc. entdeckter Oberschenkel eines grossen Affen, wozu später noch ein oberer Eckzahn mit Furche gekommen ist. Der Schen- kel ist seit 1828 in der Sammlung und Cuvier erhielt davon einen Gypsabguss, antwortete aber darauf nicht. Kaup gab in Bronns Jahrb. 1838 eine Notiz darüber, die Niemand beachtete. Es ist aber dieser Eppelsheimer Affe der ältest bekannte unter den fossilen, denn die subhimalayischen wurden erst 1836 entdeckt. [Warum hat Hr. Kaup diesen wichtigen und interessanten Fund nicht wissenschaftlich ver- werthet?] — (Sitzungsberichte niederrhein. Gesellsch. Bonn. December 1860. 8. 5.) Jourdan, Rhizoprion neuer Delphin. — Zur Aufstellung dieser Gattung gab ein Schädel aus dem obermiocänen Meereskalke zu Bari bei Lyon Veranlassung. Derselbe ist verlängert und die Un- terkiefersymphyse scheint die Hälfte der Kieferäste einzunehmen. Beide Kiefer haben zweierlei Zähne. Hintere Backzähne oben 7, unten 6 von abgeplatteter dreiseitiger Form mit gezähnelten Rändern, und zwei Wurzeln, so dass der hintere schneidende Rand wie aus drei bis fünf Kerben gebildet erscheint mit ebensovielen eng ver- wachsenen und der Achse parallelen Halbeylindern. Die vordern Backzähne sind einwurzlig, 24—26 in jeder Reihe, hinten noch zu- sammengedrückt und dreikantig werden sie nach vorn drehrund und spitzig. Die Nasenlöcher öffnen sich an der Schädelbasis etwas hin- ter der Mitte beider Augenhöhlen nach oben, sind von vorn nach hinten sehr verlängert, vorn mit einer doppelten Rinne, die mit den Intermaxillarkanal zusammenhängt, welcher breiter und regelmässiger wie sonst bei den Delphinen ist. Die Zusammensetzung des Schädels im Allgemeinen ist delphinisch, nur sind die Jochbogenförtsätze und ° der Jochbogen selbst stärker. Der Unterkiefer ähnelt zumeist Del- phinorhynchus. Da die Zähne so sehr eigenthümlich sind, erhebt J. das Thier zum Typus einer eigenen Familie [bei der völligen Ue- bereinstimmung der Schädel nicht gerechtfertigt]. Der Schädel misst 1m05, der Unterkiefer 0m, 95, die grösste Breite zwischen den Jochbö- gen 0m82. Unter den lebenden ist.Platanista des Ganges zunächst verwandt, mehr aber noch der fossile Squalodon. — (Comptes rendus 1861, L1II. 958-962.) Derselbe, über Dinocyon Thenardi n. sp. — Eine Hunde- gattung, Amphicyon verwandt, so gross wie A. major von Sansans, begründet auf einen rechten Unterkieferast mit Fleisch- und drei Kau- zähnen, Lück- und Eckzahn, einzelne Schneidezähne und fünf rechte Mittelhandknochen, welche an der Grive Saint Alban bei Bourgoin im Isere in einem röthlichen Thon der Spalten des Unteroolith ge- funden worden. Die Zähne ähneln denen des Wolfes, haben dieselbe Formel, aber die Höckerzähne sind relativ stärker, die Metacarpen 115 ungleicher. Die Grösse die dreifache des grössten Bären. Amphicyon hat noch einen dritten Kauzahn, einen comprimirten längsstreifigen - Eckzahn. Die Ueberreste wurden begleitet von 31 andern Säuge- thieren, Vögeln und Amphibien und von einem Dinotherium levius. Die Lagerstätte ist miocän. — (/bidem 962.) Gaudry, Knochen von Pikermi. — Alle Raubthiere dieser reichhaltigen Lagerstätte sind eigenthümlich und G. unterscheidet folgende. Promephitis Larteti die kleinste der vorkommenden Arten, von Iltisgrösse und dem Stinkthiere verwandt, oben mit 3.1.1.1.1, unten mit 3.1.2.1.1 Zähnen. Der obere Fleischzahn hat einen klei- nen innern Zacken; der Kauzahn ist sehr gross, länglich, mit drei Querjochen. Der untere Fleischzahn ist vorn dreieckig, hinten mit einem Forsatz versehen, der Kauzahn rund und mittelgross. Abwei- chend von Mephitis ist der kleinere Fortsatz des obern Fleischzahnes und der länglich runde, statt quadratische obere Kauzahn. Thalassictis robusta aus Bessarabien lieferte zu Pikermi mehre Schädel und Bein- knochen, — sie stellen das Thier zwischen Hyaena und Viverra. Der Humerus hat das Oleeranonloch und die Knochenbrücke von Civetta, Radius und Calcaneus wie bei der Hyäne, die Hinterfüsse vierzehig. Thalassietis Orbignyi Lart liegt in vielen Zähnen und Knochen vor, ist um !/; kleiner als vorige, der erste obere Kauzahn minder in die Quere gedehnt, der untere Fleischzahn hat die innern der 3 vordern Spitzen in gleicher Höhe mit den zwei andern, die Zähne sind schmä- ler, ihre Zacken spitzer, der Schädel schlanker, die Jochbogen min- der weit abstehend etc. Hyaena Chaeretis nähert sich den Viver- rinen, ihr oberer Fleischzahn ist ächt hyäninisch, 4 untere Lückzähne, wovon der erste verkümmert, während an den drei andern der Haupt- . zahn höher wie bei der ächten Hyäne; sie sind schmäler, am Grunde weniger angeschwollen und nähern sich etwas denen der Viverren. Der untere Fleischzahn hat innen noch ein kleines Spitzchen. Hyae- nictis graeca ist eine Hyäne mit dem kleinen Kauzahn der Viverri- nen, ihr Fleischzahn hat einen breiten kurzen Talon mit 3 Höckern; 4 Lückzähne; der horizontale Ast des Unterkiefers länger als bei der Hyäne. Mustela pentelici beruht auf einem Unterkieferaste ganz wie bei M. canadensis, nur grösser und die längern Zähne weiter auseinander stehend. Drei Katzenarten von der Grösse des Servals, des asiatischen Luchses und des Panthers; ein Machairodus in zahl- reichen Resten grösser als der Löwe. — (Ibidem LI. 722.) Botanik. Schacht, anormales Wachsthum des Di- kotylenstammes. — Im normalen Verhältniss bildet sich um ein centrales Mark ein einfacher radienartig von Markstrahlen durchsetz- ter Gefässbündelring, der wieder aus einem innern Ringe, dem Holz- ringe, und einem äussern, dem Bast- oder Rindenringe zusammenge- sezt ist. Die Dickenzunahme des Stammes und der Wurzel erfolgt durch eine gleichfalls ringförmige Schicht zwischen Holz- und Bast- ring gelegen und Cambium oder Verdickungsring genannt. Indem nun diese Bildungsschicht nach der einen Seite junges Holz nach der SE 116 andern junge Rinde erzeugt, wächst der;Holzring an seinem äussern Umkreis, die Rinde aber an ihrem innern Umkreis und darauf beruht das normale Dickenwachsthum; das Längenwachsthum erfolgt an der Spitze. Das abnorme Wachsthum lässt sich unter 4 Punkte zusam- menfassen: 1. Durch wiederholte Spaltung des Verdickungsringes in je 2 Bildungsschichten entstehen nach einander zahlreiche concen- trische Gefässbündelkreise von übrigens normalem Bau d. h. mit ei- nem Holz- und einem Basttheile beide durch das Cambium von ein- ander geschieden. Es ist hier stets der jüngste äusserste Cambium- ring, der in 2 neueRinge zerfällt und kann diese, Spaltung eine voll- kommene d. h. sich über den ganzen Umkreis des Stammes oder der ‚ Wurzel ausdehnende, oder eine partielle d.h. sich auf kurze Strecken beschränkende sein. Erstenfalls erhalten wir nach einander zahlreiche vollständig von einander getrennte concentrische Gefässbündelringe wie in der Wurzel von Beta und Salsola, desgleichen im Stamme der Phytalacca dioica, den Cocculusarten und den Cyeus, in andrer dage- gen erscheinen mehr oder weniger unvollständig von. einander ge- trennte Gefässbündelkreise wie im Stamme einiger baumartiger Cheno- podiaceen, denen sich Beta und Salsola für ihren Stamm anschliessen. Zwischen Wurzel und Stamm derselben Pflanze zeigen sich hier. we- sentliche Unterschiede. 2. Durch ein Zurückbleiben oder gänzliches Aufhören der Holzbildung an gewissen Stellen des Verdickungsringes, wo statt des Holzes von nun ab Rinde erzeugt wird, so dass keilar- tige Rindenbildnngen den Holzring durchsetzen. Bei den. Bignonia- ceen, welche den tropischen Schlingenpflanzen angehören und von de- nen allein solches Verhältniss bekannt ist, zeigen sich zuerst vier solcher Rindenkeile, je 2 sich gegenüber liegend, so dass der Quer- schnitt des Stammes ein Kreuz darstellt. Bei weitrem Dickenwachs- thum bilden sich ebensoregelmässig neue Rindenkeile zwischen jenen, wodurch der Holzring immer mehr zerklüftet wird und ein neues zier- licheres Ansehen gewinnt. 3. Durch Bildung mehrer normalen Ge- fässbündelringe um einen centralen ebenfalls normalen Ring, welche mit einander durch eine gemeinsame Rinde verbunden sind. Bei Paul- linia und Sorjania, tropische Schlingpflanzen, ist die Zahl der seitli- chen Gefässbündelringe mit eigenem Marke verschieden, aber nach der Art, constant; auch kehren die seitlichen Gefässbündelringe ein- zeln in gesetzmässiger Weise nach einem bestimmten Verlauf zum Hauptgefäüssbündelkreise. der Mitte zurück. Die Differenzirung des Stammgewebes in mehre Gefässbündelkreise muss im allerjüngsten Zustande der Stammanlage, vor sich gehen und wird wahrscheinlich dieselbe Erklärung finden, welche Henry für die Bildung mehrer Ge- fässbündelringe in der Wurzel einiger Sedumarten gegeben. 4. Durch Zerreissung des normalen, Gefässbündelringes vom Marke aus, indem vom innern Umkreise des Holzringes ausgehend eine Rindenbildung, d. h. ein Gewebe, das in seinem, Zellenelement vollkommen den se- eundären Rinden oder der Bastschicht entspricht, erfolgt, durch welche der bereits vollständig geschlossene Holzring, unregelmässig in mehre 117 Stücke gesprengt wird, während das aus dem Marke hervortretende Rindengewebe die entstandenen Risse der Holzringe ausfüllt, um sich mit der äussern Rinde zu vereinigen. Bei der tropischen Ipomaeä tuberosa mit sehr starkem windenden Stamme. Durch Combination dieser vier Wachsthumsformen kommen die manichfachsten und wun- derbarsten Erscheinungen in der Gefässbündelvertheilung des Stam- mes zu Stande: so vereinigt sich bei Ipomaea 1 und 4, bei Bignonia unguis 2 und 4 u. a. — (Sitzungsberichte niederrhein. Gesellsch. Bonn 1861. S. 42—44.) Hildebrand, die Farbe der Blühten. — Dieselben sind niemals an die Zellenmembrän, stets an den Zellinhalt gebunden und zwar entweder an den flüssigen Zellsaft oder an feste in ihm schwim- mende Körperchen, Das Blau ist immer in flüssiger Form vorhan- den mit nur zwei Ausnahmen: bei Strelitzia reginae schwimmen zahl- reiche blaue Körnchen im farblosen Zellsaft, bei Tillandsia amoena ist in letztem je eine grosse blaue Kugel enthalten. Violet ist eben- falls stets an den Zellsaft gebunden, nur bei Amorpha fruticola schwimmt in dem violeten Zellsaft noch ein dunkelvioletes Körnchen. Auch Roth ist immer flüssig mit Ausnahme von Adonis aestivalis. Anders ver- halten sich Gelb, Orange und Grün, die fast stets an körnige Stoffe gebunden sind. Die gelben und orangen festen Körper zeigen eine verschiedene Gestalt, sind spindel- oder ringförmig, kugelig oder lin- senförmig, dreieckig; bisweilen ist der gelbe Farbstoff auch in klei- nen Bläschen enthalten, welche im farblosen Zellsaft schwimmen z. B. bei Hibbertia dentata, Dillenia scandens; gelbe oder orange Färbung des Zellsaftes kommt nur selten vor so bei den gelben Georginen, bei Crocus luteus. Das Grün ist stets an einen körnigen Stoff, das Chlorophyll gebunden, nur bei der grünblühenden Medicago sativa fand sich grüner Zellsaft. Braun und Grau, in vielen Fällen auch brennend Roth und Orange erscheinen nur dem unbewaffneten Auge als solche, unter dem Microskop sind sie aus mehren Farben zusam- mengesetzt und zwar Braun und Grau aus Gelb und Violet oder Grün und Violet oder Orange und Violet; brennend Roth und Orange aus Bläulichroth mit Gelb oder Orange. Die anscheinend schwarze Farbe von Blühtentheilen rührt stets von einem sehr dunkel gefärb- ten Zellsaft her, meist von violet; bei dem Adonisröschen enthalten die Zellen an den schwarzen Flecken der Blühtenblätter dunkelrothe Körnchen in einem violeten Saft. In nür wenigen Fällen sind alle Zellen der betreffenden Blühtenorgane gleichmässig gefärbt z. B. bei den orange Perigonialblättern von Strelitzia reginae, Lilium chalcedo- nicum, Eccremocarpus scaber; meist liegt die Färbung nur in einer oder einigen der äussern Zellschiehten; ausnahmsweise sind die ge- färbten Zelllagen von einer ungefärbten umschlossen z. B. bei Eche- veria campanulata und fulgens. Die Zusammensetzung von Braun und Hochroth aus mehren Farben wird verschiedentlich bewirkt: das Braun entweder durch einen violeten Saft, in welchem gelbe Körnchen schwimmen so bei dem braunen Goldlack und bei Lotus jacobaeus, 118 oder dadurch, dass. unter einer Zelllage mit violetem Saft und sehr wenigen gelben Körnchen mehre Zellschichten mit farblosem Saft und gelbe oder grünlichgelbe Körnchen folgen, welch’ letztre durch das Violet der ersten hindurchscheinen so bei Scopolina utropoides; bis- weilen entsteht auch schon durch ein Roth, welches schwach bräun- lich ist, mit Gelb eine braue Färbung so bei Bletia Tankervilleae. Die brennend rothen Blühten haben theilweise in demselben einen brennend rothen Saft, in einigen Fällen jedoch und zwar regelmässig da, wo noch gelbe Theile in demselben Blühtenorgan vorkommen, ist das brennende Roth aus bläulichen Roth und Gelb zusammenge- setzt und zwar sind entweder in denselben Zellen ausser einem blau- rothen Saft gelbe Körnchen enthalten so bei Arten von Canna, Zin- nia elegans, Rosa bicolor oder es folgt auf eine äussere Zelllage mit blaurothem Saft eine andere mit gelbem so bei Euphorbia fulgens, indem das Gelb durch das Blauroth hindurchscheint, entsteht das feurige Roth bei dieser Pflanze. Die Blühten mit diesen interessan- ten Farbenmischungen sind am leichtesten zu beobachten bei Canna, Rosa bicolor, Euphorbia fulgens, Cheiranthus Cheiri, auch die braunen Flecken bei einigen Varietäten von Viola tricolor werden dadurch her- vorgebracht, dass gelbe Körnchen in einem violeten Safte schwim- men. — (Zbda 64—66.) A. Schnizlein, über die Stacheln der Grossularia (Ri- bes). — Der Unterschied von Dorn und Stachel ist bei einigen Pflan- zen noch nicht sicher gestellt, so bei den Stachelbeerarten. Schlei- den behandelt ganz richtig den Stachel unter den Gebilden der Ober- haut, der Dorn kann Zweig und kann Blatt sein und man muss also Zweigdorn und Blattdorn unterscheiden, worüber Schleiden nur zu kurz hinweggeht, auch Andere keinen genügenden Aufschluss geben. Die Stacheln der Grossularien nennt Bischoff in seiner Terminologie Dornen, in seiner speciellen Botanik Stacheln, dort stellt er sie mit denen von Berberis zusammen und deutet sie als Blattrippe und die übrigen Botaniker deuten sie ebenfalls widersprechend. Meist war es die äusserliche Aehnlichkeit der häufig zu dreien auftretenden Sta- cheln, sie mit denen von Berberis zu vergleichen und als Blätter zu deuten, denn bei dieser Pflanze hat man es offenbar mit einem ver- holzten Blatt zu thun. Aber bei Ribes verhält sich die Sache ganz anders. Hier sind die Stacheln sehr verschieden in Rücksicht auf ihre Zahl, in der sie beisammen stehen, manche Arten zeigen fast stets nur einen Stachel und wo gewöhnlich drei auftreten, entsteht oft nur einer. Dennoch sind die Stacheln hier blos zufällige Organe, wie Deckblätter, Tragblätter und Nebenblättchen. Auch fehlen an vie- len Zweigen die Stacheln ganz. An jungen Zweigen treten sie an der Basis der Blätter oder eigentlich eiwas oberhalb derselben an deren Kissen auf und zwar wenn ein Blatt schon 1,5wm erreicht hat, unterhalb der Mittellinie der Blattrippe oder des Stieles, anfangs als ganz kleine spitzige Wärzchen. Erst später erscheinen zu beiden Seiten dergleichen Wärzchen und bilden zuletzt die drei Stacheln. 119 Sie sind somit weder Deckblatt noch Nebenblättchen. Ihre Ausbil- dung schreitet sehr langsam vor, noch wenn das Blatt schon ganz entfaltet ist, sind sie noch sehr klein und weich, erst im Laufe des Sommers erhalten sie ihre Grösse und Härte. Ganz umgekehrt ver- hält sich Berberis, deren Dornblatt entsteht sehr früh und zeigt sich als selbständiges Organ. Hier findet man auch drei Gefässbündel in den Dornen, keines bei Grossularia, ja es liegt unter ihm schon im jungen Zustande eine Schicht Zellen, welche die Grenze zwischen Blatt und Stengel zu berühren pflegt und diese Zellen liegen, wäh- . rend die darunter und darüber der Länge nach gestreckt sind und das in das Blatt übergehende Gefässbündel innerhalb vor dem Sta- chel hinläuft, ohne an ihn einen Zweig abzugeben. Da also weder ein Uebergang in ein Laubblatt nachweisbar ist, die Entwicklung erst nach völliger Ausbildung-des "Blattes beginnt und es kein Gefässbün- del enthält: so muss dies Gebilde als Stachel, nicht aber als Dorn betrachtet werden. Es ist deshalb ein ganz verschiedenes und für Erklärung anderer Fälle Lehrreiches, weil es eine so bestimmte Stel- lung einnimmt und die Bedeutung des Blattkissens mehr hervorhebt. Wenn Wydler und Schimper auf die Regelmässigkeit in der Stellung der Stacheln bei Rosa hingewiesen haben: so wird auch dieser Fall ein Glied abgeben in der Reihe der Betrachtungen, welche sich auf solche Verhältnisse richten, denn Grossularia zeigt bald nur den Mit- telstachel, bald aber auch noch die seitenständigen. — (Nürnberger Abhandlungen 1861. II. 38—45.) Derselbe, die Schuppen in den Blumen der Sedum- arten. — Diese Schuppen sind bei den verschiedenen Arten so ver- schiedener Gestalt, dass sie die Terminologie nicht unter Schuppen zusammenfassen kann. Dieselben befinden sich an der Basis der Aus- senseite der. Stempel und stehen in der Mittellinie des Rückens der- selben oder innerhalb der Staubblätter des ersten Kreises, welche den Kelchblättern gegenüberstehen. Sie entsprechen sehr wohl einem dritten Kreise von Staubblättern, was auch ihre Gestalt bestättigt, in welcher häufig Neigung zu einer Spaltung an der Spitze bemerk- lich wird, die aus der Andeutung einer Antherenbildung erklärt wer- den dürfte. Man muss sie also als Staminodien auffassen. Zur Cha- racteristik der Arten werden nun die Schuppen beschrieben: I. Tele- phium: Sedum maximum fast rectangulär, etwas gebogen, oben schwach ausgerandet, stumpf zweizahnig; purpurascens ziemlich rectangulär, etwas gebogen, an der Spitze unregelmässig und sehr schwach stumpf zweizähnig; fabaria rectangulär, an der Spitze sehr schwach ausge- randet; anacampheros zusammengedrückt spatelförmig, Scheibe 11/, mal sobreit wie der Stiel, etwas eckig gerundet, an der Spitze abge- rundet; stellatum fast quadratisch mit etwas breiterem Grunde, an der Spitze stumpf ausgerandet oder sehr klein und stumpf dreizäh- nig. II. Cepaea: Sedum cepaea dreieckig oder herzförmig, am Gip- fel theils einfach zweilappig oder auch noch schwach gekerbt oder ohne deutliche Lappen unregelmässig schwachkerbig; hispanicum drei- ; «120 eckig, am Gipfel entweder zweilappig und jeder Lappen schwach ge- kerbt oder ungleichmässig mehr gekerbt; villosum querquadratisch, rundlich, zweilappig mit einwärts gebogenem Rande des sehr kurzen Stieles; atratum quadratisch, nach oben verengert und am Rande et- was bauchig an der Spitze kurz und stumpf zweizähnig; annuum spatelförmig, an der Scheibe schwach wellig gerandet. III. Seda genuina: $. album spatelig dreieckig, mit sehr kurzem Stiel, der Rand der Scheibe ungleichmässig rundlich gekerbt, in der Mitte kaum merklich vertieft; dasyphyllum spitz eiförmig, am obern Umfange schwach ausgerandet; acre etwas querquadratisch an den Seiten ein- gebogen, am Gipfel abgerundet, schwach zweilappig; sexangulare kurz quadratisch mit etwas erweiterter Scheibe, deren Aussenwand schwach ausgebuchtet ist; repens Gestalt lineal zungenförmig; anopetalum quadratisch nach oben verjüngt, in der Mitte eine schwächere Erha- benheit, an den Ecken mit kleinen Zipfeln; reflexum rectangulär, an den Seiten etwas eingebogen, an der Spitze mit fast gerader Linie ausgerandet, stumpf zweizahnig. — Verf. stellt nun die Formen über- sichtlich zusammen, sie entsprechen grossentheils den übrigen ver- wandschaftlichen Verhältnissen. Auch ihre Farbe verdient Berück- sichtigung. Die Eintheilung der Gattung ist noch sehr ungenügend. Zum Schluss bespricht Verf. noch einige ausländische Arten und fin- det, dass die geographische Verbreitung einige Beziehung zu den Formen der Staminodien hat. — (Zbda 45-52). —_e Zoologie. Ehlers, Halicryptus spinulosus Sieb. — v. Siebold entdeckte den Halieryptus spinulosus im J. 1849 zwischen Weichselmünde und Heubude am Seestrande zwischen Tang und be- schrieb denselben in den preuss. Provinzialblättern. Er überliess dem Verf. die Exemplare zur erneuten und eingehenden Untersuchung. Der Körper des Wurmes ist rein cylindrisch, vorn und hinten gleichmäs- sig abgerundet. Länge 35mm, Dicke 5mm und kleiner, Vorn liegt von einem kleinen Walle umgeben die Mundöffnung, in welcher fünf im Kreise stehende braune hornige Zähne sich finden mit den Spitzen nach hinten gerichtet. Am hintern Körperende liegt der runde After, jederseits daneben eine feine Punktöffnung der Genitalien. Den Leib umgeben flache Ringfurchen, 90—100, die breitesten Ringe in der Körpermitte bildend. Soweit die Ringfurche geht, stehen feine Spitz- chen. Der vordere nicht geringelte Theil zeigt 25 parallele Längs- rippen aus Spitzchen gebildet. Auf der Bauchseite schimmert der weisse Bauchnervenstamm hindurch. Die Leibeshöhle wird vom Darm- rohr durchzogen, dessen Anfang macht ein kurzer fleischiger Schlund- kopf, auf welchen der viermal so lange Mitteldarm folgt und dann der sehr kurze Enddarm! An den Schlundkopf inseriren zehn. platte schmale Muskelbänder, die weiter hinten von der Leibeswand ent- springen. Zu jeder Seite des Darmes flottirt eine verästelte Ge- schlechtsdrüse. Die Körperwandung besteht aus der äusseren Haut, aus Chitin und der Subcuticularschicht und einer aus Ring- und Längs- 121 fasern gebildeten Muskelschicht. An den Spitzchen der Oberfläche lassen sich zwei Abschnitte unterscheiden. Auf einer breiten Basis erhebt sich der Kegel, dessen Spitze sich fast plötzlich haarförmig verdünnt. Der Kegel ist hohl. Andern Kegelspitzen fehlt das haar- förmige Ende, sie haben eine stumpfe Spitze mit feinem ausgesetzten Spitzchen. Die Höckerchen der vordern Rippen sind platte Körper auf breiter Basis, auf der Spitze derselben sitzt ein zweizinkiger Kör- per auf, der dunkel und solide ist. Unten umgibt sie ein gezack- ter heller Saum, dessen klare Substanz den ganzen Höcker über- zieht. Den Mund umgeben feine perforirte Wärzchen. Die Muskel- schicht bietet nichts Eigenthümliches. Die Flüssigkeit in der Leibes- höhle ist milchig, schmutzig röthlich und enthält Blutzellen ähnliche Körperchen. Ein Gefässsystem fehlt gänzlich. Die äussere Chitin- haut schlägt sich in den ‘Schlund hinein und bildet hier die Zähne. Der Schlundkopf ist dickmuskulös, deutlich vom Mitteldarm abge- schnürt, die Muskelfasern sind ringförmige und radiäre. Die Zähne nehmen nach hinten an Grösse ab und stehen im Quincunx, richten ihre Spitzen nach hinten, die vordern grossen zeigen eine viereckige Basis mit scharfer Hauptspitze und zwei Nebenspitzen jederseits, -die hintern kleinern sind zahlreicher und ihre Hauptspitze kleiner, blattartig. Der Mitteldarm ist im Leben gelbbraun, hat eine äussere aus Ring- und Längsfasern bestehende Muskelschicht und innen die Chitinschicht auf einer Subcuticularschicht gefaltet. Eine Einschnürung setzt den Enddarm ab, der im Leben grünlich ist, seine Structur dieselbe wie im Mitteldarm. Der Inhalt des Darmes waren Sand- Sandkörner und Algensporen, auch Spuren animalischer Theile. Das Nervensystem besteht aus einem Schlundringe und dem Bauchstrange, der keine Fäden abzugeben scheint. Die Geschlechter sind getrennt. Der Ausführungsgang der männlichen Drüse ist ein Cylinder, der sich in der Drüse vielfach verästelt. Die ganze Drüse flottirt frei in der Leibeshöhle. Die weibliche Drüse hat ganz denselben Bau. Das Thier scheint in der Tiefe der Ostsee im Schlamm zu leben. Auch bei Rügen wurden zwei- Exemplare gefunden. — oz für wiss. Zool. AI. 401—415. Tf. 34.) A. Schneider, Metamorphose der Actinotrocha bran- ehiata. — Diesen Wurm entdeckte Joh. Müller 1854 bei Helgoland und verwies ihn zu den Turbellarien, dann untersuchte ihn R. G. Wa- gener, worauf ersterer erklärte, dass er unreif sei. v. Siebold ver- muthete darin eine Bipinnaria, Agassiz die Larve einer Doris. Auch Gegenbaur beschäftigte sich damit, und Krohn fand dann, dass er sich in einen 2!/,‘ langen Wurm verwandele, der zu den Gephyreen gehört. Die Verwandlung erfolgt sehr schnell. Verf. fand im vorigen Herbst zahlreiche Exemplare bei Helgoland und verfolgte die Meta- morphose, indem er die Larven in Gefässe setzte. Drei davon waren am andern Tage schon in junge Sipunkuliden verwandelt, andere nah- men an Grösse ab, die Tentakeln wurden zu blossen Stummeln, Kopf- schirm und Räderorgan verschwanden ganz, alles wie es Gegenbaur 122 beobachtete. Diese Rückschritte machten die zu jungen Larven, die Metamorphose erfolgt nur bei den reifen. Das Thier ist nämlich sehr gefrässig, frisst Peridinien, Diatomeen und Algensporen, die es in Gefangenschaft nicht reichlich erhält. Die Entwicklung verläuft also. Auf der Bauchseite der Actinotrocha hinter dem Raume zwischen den beiden mittelsten Tentakeln knospt ein Schlauch, der auf der einen Seite blind geschlossen, auf der andern nach aussen mündet. Der Schlauch wächst und erfüllt in vielen Windungen die Leibeshöhle. Kurz vor seinem blinden Ende ist er an den Darm angeheftet und zwar am Hinterende des Magens. Nun stülpt sich der Schlauch nach aussen in der Weise eines Schneckenfühlers um und zieht den Darm in sich hinein. Die Leibeswand der Actinotrocha schwindet bis auf ei- nen Theil der Tentakeln und das Stück, welches hinreicht den Schlauch zu schliessen. Mund und After kommen an das Vorderende zu lie- gen. Der Wurm ist 11/a—3‘' lang, walzig, hat am Vorderende einen Kranz von Tentakeln um den Mund, der After liegt nur etwas hinter dem Tentakelkranze, doch ist seine Oeffnung nur von Claparede ge- sehen. Die Zahl der Tentakeln ist 24, die in doppelter Reihe stehen, vom Bauch nach dem Rücken zu grösser werden und mit langen Wim- pern besetzt sind. Die Körperoberfläche ist kurz bewimpert, nur das Hinterende unbewimpert, dasselbe eichelförmig angeschwollen und mit kleinen Warzen besetzt, mit denen das Thier sich festhält. So- weit der Wimperbesatz reicht, steckt der Wurm in einer durchsich- tigen homogenen Röhre, die nach hinten scheinbar in die äusserste Haut übergeht und auf ihrer Oberfläche klebrig ist. Der Schlund ist anfangs weit, dann plötzlich verengt und sein Lumen kaum noch sichtbar. Etwas hinter halber Leibeslänge geht er in den sehr weiten Magen über und aus diesem entspringt der Mastdarm, der bald nach vorn umbiegt und grad zum After läuft, auf der vordern Fläche des Magens sitzt unten ein schwarzer Körper an die Leibeswand ange- wachsen, der schon bei Actinotrocha vorhanden ist und helle Kugeln enthält, welche sehr klein und von einer dünnen Pigmentschicht um- hüllt sind. Das Gefässsystem bilden zwei Längsstämme, welche Darm, Oesophagus und Magen begleiten und an der hintern Darmbiegung in einander übergehen. Nach Claparede ist dieser Bogen mit langen coecumartigen Ausläufern besetzt, die sich lebhaft contrahiren. Vorn treten- die Gefässe in die Tentakeln und verbinden sich mit deren Hohlraum. Da Blut ist durch seine Blutkörperchen schön roth ge- färbt ,' strömt in dem einen Gefäss zu dem Tentakel, in dem andern zurück. Der Schlauch entsteht, wenn die Larve 1,5mm misst als eine paukenförmige Aufwulstung der innern Körperwand. Die Tentakeln sprossen allmählig hervor. Der Schlauch ist anfangs flaschenförmig, seine Mündung eng, querelliptisch, die Wandung aus einer innern dicken structurlosen und einer äussern zelligen Schicht gebildet. Ist der Schlauch ganz ausgebildet, so hat seine Wand auch Längs- und Querfasern und seine Form ist platt ringförmig. Die beiden Gefäss- stämme entstehen als zelliger Beleg auf der Darmwand. Auf der - 123 Grenze von Magen- und Darmwand liegt ein Büschel Blindsäcke ähn- lich deren am hintern Gefässbogen. Die Blattkörper und das vordere Ringgefäss entstehen aus zwei Haufen kleiner Zellen an der Mündung des Schlauches, die anfangs farblos, später roth sind. Der Mastdarm verändert seine Structur zur Zeit, wo die Blindsäckchen hervorsprossen, wird länger und zeigt deutliche Zellstructur. Der Tentakelkranz um- gürtet die Larve bald in grossen bald in kleinen Bogen. Der grös- 'sere Bogen reicht weiter nach hinten, der kleine bildet einen Kreis. Anfangs besteht der Kranz nur aus einer Reihe grosser Tentakeln, dann sprossen hinter denselben und an ihrer Basis die kleinen hervor, diese sind glatt, zungenförmig, aber auch bewimpert und hohl. Ob diese oder die der ersten Reihe am Wurm bleiben, liess nicht ermitteln. Schon in einen sehr frühen Stadium kann man den Schlauch gewalt- sam hervorstülpen, später geht das nicht mehr, doch mitunter stülpt er sich von selbst aus, doch krankhafter Weise. Kurz vor der Eichel ist das Hinterende des Magens an den Schlauch angewachsen. Legt man den ausgebildeten Schlauch frei, so sieht man die künftige Stel- lung der Tentakeln schon vorbereitet. Sie stellen sich nämlich alle an die Oeffnung des Schlauches und geben demselben die Gestalt des Wurmes. Endlich stülpt sich der Schlauch hervor, das an der Oeffnung liegende Stück zuerst, dann das Uebrige. Die Larve ver- liert dabei schnell ihre Gestalt, die Leibeswand wird zum unförmli- chen Sack, der Mündung des Schlauches aufsitzend, die grössern Ten- takeln fallen ab, ebenso die dicke Wulst um den After, der aber noch einige Zeit durch ein Büschel grösserer Cilien sich auszeichnet, der Mund ragt bis zuletzt auffallend hervor, das hervorstehende Stück des Oesophagus geht am Mundrande in einer scharfen Biegung in die Leibeshaut über, welche den Oesophagus röhrig umgibt. Dieser äussere Theil des kleinen Rüssels hat übrigens mit der Oesophagus- wand grosse Aehnlichkeit in Dicke, Farbe, Lichtbrechung, so dass man vermuthen möchte, er würde durch Einstülpung in den Wurm hineingezogen und zum Oesophagus verwendet. Das Vorrücken des Magens in den Leibesschlauch kann man am besten an den schwar- zen Blindsäcken erkennen. In diesem Stadium der unvollendeten Ausstülpung bietet die Larve einen sehr verwirrenden Anblick dar. Einzelne Stücke der Tentakeln und des Räderorgans haften daran. Der oben aufsitzende Sack verschwindet allmählig und der Wurm ist fertig. Dieser lebt nun ohne Veränderung fort bis nach 8—14 Tagen die Tentakeln sich röthen, ihre Wimpern verlieren und dann tief carminroth werden, ebenso ihre Umgebung, dann fallen sie ab, dabei wird das Vorderende kugelig und besteht nur aus feinkörniger Masse, einige Tage später stirbt der Wurm. Nach all’ diesem gehört er in die Nähe von Sipunculus, der aber nicht durch Knospung son- dern durch wirkliche Metamorphose aus seiner Larve hervorgeht nach -Krohn’s Beobachtungen, die Schn. jedoch auf. Knospung zu deuten versucht. Die neue Art nennt Schn. A. pallida kaum 1‘ lang, matt- weiss mit einem Stich ins röthliche, höchstens 10 Tentakeln breiter 124 und kürzer wie bei A. branchiata, die Entwicklung unbekannt. — (Müller’s Archiv f. Anatom. Physiol. ete. 1862. S. 47-65. Tf. 1. 2.) Leydig, über das Nervensystem der Anneliden. — Bei den Hirudineen besteht der Bauchstrang deutlich aus zwei Längs- stämmen, die bei jungen Egeln weiter auseinander liegen wie bei rei- fen und auch in den Knoten ihre Selbstständigkeit nicht ganz aufge- ben. In der untern Schlundpartie sind sie durch Querbrücken ver- bunden, zwischen welchen Muskeln hindurch treten. Ausserdem ist ein dritter schwacher Längsstrang vorhanden, der von der untern Schlundpartie entspringt und hie und da durch Querbalken mit dem andern verbunden ist, Auch bei den Lumbricinen bleiben die Längs- stränge stets getrennt und dieselbe Theilung der untern Schlundportion. Bei den Gephyreen dagegen ist nur ein Bauchmarkstrang vorhanden. Die Commisuren des Hirns zeigen bei Lumbricus und Chaetogaster einen Spalt, und damit ihre Duplieität. Bei den Egeln sind die Ge- hirn- und Bauchknoten von follikulärem Habitus, bei den Lumbriecinen und Branchiaten dagegen völlig glatt. Ferner überzeugte sichL. be- ° stimmt, dass das Bauchmark vieler Hirudineen innerhalb des Bauch- gefässes liegt, dass die bisher dem Sympathicus verglichenen Nerven wirkliche Hirnnerven sind und mit den auf dem Magen gelegenen Ein- geweidenerven in keiner unmittelbaren Verbindung stehen, dass das Neurilem des Bauchmarkes bei manchen Anneliden und Gephyreen eine eigenthümliche Muskulatur enthält u. s. w. — (Ebda. S. 90-124.) Heller, zur Crustaceenfauna des rothen Meeres. — In dieser zweiten Abhandlung (cf. Bd. XVIII, p. 86.) beschreibt Vrf. folgende Anomuren: Dromia tomentosa, Remipes pietus, Pagurus varipes, depressus, Clibanarius carnifex, signatus, Caleinus rosaceus, Porcellana rufescens, Boscii, carinipes, leptocheles, inaequalis, dann die Macruren: Palinurus Ehrenbergi, Hymenocera elegans, Alpheus Edwardsi, tricuspidatus, laevis, insignis, gracilis, charon, monocer»s, Hippolite Hemprichi, paschalis, orientalis, Oedipus nudirostris, Har- pilius Beaupressii, Anchistia inaequimana, Palaemon Audouini, Lys- mata pusilla, uud schliesslich den Amphipoden Orchestia inaequalis. Eine Tabelle stellt die rothmeerischen Arten nach ihrer geographischen Verbreitung zusammen. Danach findet sich eine ziemlich beträcht- liche Anzahl derselben zugleich im indischen Ocean, auch im japani- schen Meere, ein Theil dieser und andere Arten an der Ostküste Afrikas, einige um Australien, weniger im Mittelmeere und die we- nigsten an der amerikanischen Küste. —- (Wiener Sitzungsberichte 1861. Juli XLIV. 241—245. 3 Tff.) j L. Koch, über einige Opilioniden. — Die Opilioniden sind sehr schwer bestimmbäar, Farbe und Zeichnung ist unsicher und selbst die Form einzelner Körpertheile schwankt bei ihnen. So ist Zahl und Stellung der Zahnhöckerchen zwischen dem Augenhügel und dem Vorderandsausschnitte sehr veränderlich. Diese Thiere lassen sich auch schwerer wie andere Spinnen aufziehen, sie verschmähen die dargebotene Nahrung und sterben, daher man ihre Entwicklungs- 125 zustände noch gar nicht genügend kennt und doch ist das junge Thier von dem reifen sehr verschieden. K. verbreitet sich über folgende Arten: Homalenotus monoceros Koch in Spanien. Platybunus agilis n.sp. lebt gesellig am Fusse schattiger Felsen bei Nürnberg; Pl. den- ticornis Koch in dunkeln Waldungen bei Nürnberg, die einzige über- winternde Art; Acantholophus hispidus Koch gemein um Nürnberg an Felsen; horridus Koch ebenda sehr selten; Platylophus rufipes nur ein Exemplar; alpestris; Koch in den Alpen weit verbreitet; Ce- rastoma cornutum Koch, überall, auch auf Bäumen; curvicorne Koch konnte Verf. nicht finden; brevicorne scheint nur Jugendzustand zu sein vielleicht von cornutum; cornigerum Koch in dunkeln Waldungen auf Fichten sehr gemein; Opilio fasciatus Koch im Oetzthale auf nas- sen Felsen; nigricans Koch die grösste deutsche Art, das Männchen wird ausführlich beschrieben; petrensis n. sp. an der Engelswand im Oetzthale; tridens Koch sehr gemein bei Nürnberg; saxatilis Koch ebenfalls häufig und sehr variabel; grossipes Herbst auf jungen Fich- ten bei Nürnberg sehr gemein; canescens Koch im bayerischen Hoch- lande; albescens Koch an Fichten bei Nürnberg; rufescens Koch in Oberbayern ; Leiobunum bicolor Koch weit verbreitet, das Weibchen wird ausführlich beschrieben; L. limbatum n.sp. häufig in München; Nemastoma flavimanum Koch im bayerischen Hochgebirge in faulen, Baumstücken und bei Muggendorf unter Steinen; N. quadricorne n. sp. bei Nürnberg an dunkeln Orten. — (Regensburger Correspondenzblait KV. 131—144.) J.Samuelson, die Honigbiene, ihre Naturgeschichte, Lebensweise und mikroscopische Schönheit. Nebst einem Versuche über Instinkt und Vernunft als Beitrag zur vergleichenden Seelenkunde,. Aus dem Englischen von Edw. Müller. Mit 8 Tafeln. Nordhausen 1862. 8°. — Es gehört dieses Buch zu jener Art eng- lischer populärer Schriften, in welchen Gegenstände, sehr eingehend und doch anziehend und klar auch für den gar nicht Eingeweihten besprochen werden und die eine Verbreitung in Deutschland verdie- nen. Unsere Bienenliteratur ist, sehr reichhaltig und der Verieger dieses Buches Ad. Büchting hat selbst soeben eine Bibliographie für Bienenfreunde veröffentlicht, welche diesen Reichthum nach. Titel, Jahreszahl und Preis der einzelnen Schriften aufführt, aber es ist uns keine Schrift bekannt, welche. in gleicher Weise belehrend und unterhaltend für den: wissenschaftlichen Entomologen, für den Bienen- züchter und für den Freund der belebten Natur wäre, womit; wir je- doch keineswegs behaupten wollen, dass es unserer Literatur an sehr schätzenswerthen Schriften über die Bienen fehlt. Verf. schildert den; äussern und innern Bau der Biene, ihre staatliche Einrichtung, ihr Leben und endlich ihren Instinkt, wobei er in weitere Betrachtungen über die geistigen Fähigkeiten der Thiere sich einlässt. Wenn: wir auch nicht, mit allem, was er in diesen letzten beiden Abschnitten behauptet, übereinstimmen können; so müssen wir doch die ganze Dar- stellung und Auffassung alsder allgemeinsten Beachtung werth empfehlen. 126 Jan, Iconographie generale des Ophidiens. 1. livrais. Decembre 1860. fol. tb. 1—6. Milano. — Verf. hat sich seit einer Reihe von Jahren mit besonderer Vorliebe mit den Schlangen be- schäftigt und im Museum zu Mailand, dessen Director er ist, einen seltenen Reichthum an Arten zusammengebracht. Ausserdem sind ihm von den meisten Öffentlichen und Privatsammlungen — der Ber- liner und der des british Museum nicht — die Exemplare zur eigenen Untersuchung mitgetheilt worden. Mit Hülfe dieses überaus reichen Materiales beabsichtigt er eine Iconographie der Schlangen heraus- zugeben, zu deren Subscription er mit der vorliegenden ersten Lie- ferung einladet. Dieselbe ist auf 300 Tafeln in Folio, auf 50 Liefe- rungen zu je 6 Tafeln berechnet, deren Preis sich nicht über 12 Fran- ken stellen wird, aber erst nach der Zahl der Subscribenten festge- stellt werden soll. Der Text erscheint nach Ausgabe aller Tafeln in Octav. Da die Zeichnungen bereits vollendet vorliegen, auch der Text bereits redigirt ist: so werden die Lieferungen schnell und ohne Unterbrechung folgen, sobald die Kosten durch die eingehenden Sub- scriptionen gedeckt sind. Das Unternehmen ist ohne Zweifel von hoher wissenschaftlicher Bedeutung und verdient die Beachtung und Theilnahme der Herpetologen sowie der Zoologen überhaupt um so mehr, als die Systematik der Schlangen, ihre Familien, Gattungen und Arten zum grossen Theil noch sehr unsicher bestimmt sind, ihre Bearbeitung in Dumerils und Bibrons Herpetologie nicht befriedigt, überdiess auch seit deren Erscheinen das Material sich bereits an- sehnlich erweitet hat. Jans Tafelü, von Lebrün lithographirt stellen ganze Thiere und deren einzelne zur Bestimmung wichtigen äussern wie innern Körpertheile dar und genügen nach den vorliegenden sechs ersten den Anforderungen, welche man an die Benutzung einer so umfassenden und in ihrer Herstellung sehr kostspieligen Mono- graphie stellen kann. Indem wir unsern Fachgenossen die Anschaf- fung dieses bedeutungsvollen Werkes angelegentlichst empfehlen, sprechen wir gegen den Verf. zugleich den Wunsch aus, den schon fertig ausgearbeiteten Text neben den Atlaslieferungen erscheinen zu lassen, damit die Benutzung des Werkes eher ermöglicht wird. v. Pelzeln, über neue und wenig bekannteRaubvögel der Wiener Sammlung. -—- Verf. verbreitet sich über: 1. Cathar- tes urubutinga Natt. (= Vultur brasiliensis Buss, C. aura Wied,? ?C. burrovianus Cass, septemtrionalis Gray, jata Bp und uruba Wied) alt und jung diagnosirt. 2. Milvago crassirostris sehr nah verwandt M. montanus Orb, nur sehr geringfügig unterschieden, aus Chili. 3. Leucopternis superciliaris aus Brasilien zunächst verwandt dem L. Kaupi Bp. 4. L.'palliata ebendaher steht L. polionota Gray zunächst, ist demselben vielleicht identisch, was sich bei Gray’s flüchtiger Be- handlung wie gewöhnlich nicht sicher ermitteln lässt. 5. Buteo minu- tus Brasilien und Cayenne hat einen längern Schwanz als B. brachy- urus Vieill, sonst identisch und wenn sich Verf. von der Werthiosig- keit solcher Differenzen in dem Längenverhältniss der einzelnen Glie- 127 der am Skelet durch direkte Messungen überzeugt hätte, würde er sicherlich den längern Schwanzfedern keine specifische Bedeutung zugeschrieben haben. Der Buteo brachyurus hat bereits Namen genug und man sollte wesentlichere Eigenthümlichkeiten aufsuchen, bevor man die Synonymie vermehrt. — (Wiener Sitzungsber. XLIV. 7—76.) Hyrtl, über gefässlose Netzhäute. — Verf. hat vor kur- zem die Existenz gefässloser Herzen nachgewiesen und findet nun auch, dass nur die Netzhaut des Menschen und der Säugethiere Ge- fässe führt, die der übrigen Wirbelthiere dagegen vollkommen ge- fässlos ist. Seit 30 Jahren in den feinsten anatomischen Untersuchun- gen geübt, hielt er immer die Abwesenheit der Gefässe in der Netz- haut bei Vögeln, Amphibien und Fischen für ein Missgeschick seiner Injectionen, bis er durch die geschicktesten Versuche von dem wirk- lichen Mangel derselben sich überzeugte. Die Zahl der darauf sorg- fältig untersuchten Thiere ist eine sehr bedeutende. Die Gefässlosig- keit der Retina erstreckt sich aber nicht auf den Nervus opticus. Selbiger ist von seinem Austritte aus dem Vorderhirn bis zur Ein- trittsstelle in den Bulbus gefässhaltig, jedoch ohne eine arteria cen- tralis einzuschliessen. Seine grössern Gefässe gehören dem Neuri- lem an und senden nur spärliche und äusserst feine Fäden in die Marksubstanz dieser Nerven. Niemals lässt sich am Querschnitt ei- nes vollkommen injicirten Sehnervens der drei Wirbelthierklassen ein centrales Gefäss auffinden wie solches bei den Säugethieren gemein ist. Die Anangie der Netzhaut ist demnach keine Behauptung mehr, sondern eine erwiesene Thatsache. Aus jeder Ordnung der Klassen untersuchte Verf. verschiedene Arten und Gattungen und gelangte stets zu demselben Resultate. Alle Donaufische, alle Haien und Ro- chen des adriatischen Meeres, zahlreiche Amphibien vom Python und Alligator bis zum Laubfrosch, alle Familien der Vögel vom- Strauss bis zum Zaunkönig, alle entbehren der Gefässe in der Netzhaut. Die Injection wird am sichersten von der Carotis aus unternommen. Bei grossen Fischen präparire man dieselbe von ihrem Ursprunge aus der ersten Kiemenvene. Führe zu diesem Behufe von den beiden Mundwinkeln aus mit der Knochenscheere zwei Parallelschnitte nach hinten, lege den aushebbaren Boden der Mund- und Nasenhöhle nach hinten um, lüfte dicht vor dem obern Segment des ersten Kiemenbo- gens die Schleimhaut des Gaumens nahe an der Seitenwand der Hirn- kapsel und präparire sie soweit los, bis man in der Mittellinie auf die Vereinigungsstelle der rechten und linken vordern Kiemenvene stösst. Verfolgt man die erste Kiemenvene gegen den ersten Kie- menbogen hin: so kömmt man bald auf dem Ursprung der Carotis und vonhier aus injieirt man gegen das Auge. Kleinere Fische müs- sen von der arteria coeliaca aus gegen die Augen injicirt‘ werden mit sehr verdünnter Masse, Bei grossen beschuppten Amphibien ist von der Schnittfläche des Halses die einfache oder doppelte Carotis leicht zu finden und zu injieiren. Bei kleinen Schlangen und Echsen ist die aorta abdominalis gegen den Kopf hin zu injiciren. Bei nackten 128 Amphibien wird‘ der Bulbus arteriosus dicht über den Herzen wie zur Injection des ganzen Tieres behandelt. Grosse Vögel werden durch die Carotis injieirt, kleine Vögel von der Aorte oder einer Ano- nyma aus, die Ernährung der Retina ist bei den Mangel der Gefässe nur durch Imbibition möglich. Bei den Vögeln kann das zur Ernäh- rung der Netzhautschichten dienende Plasma nur aus den Gefässen der Ruyschiana kommen und muss sich durch die Zellen der Pigment- schicht in die Retina imbibiren. Bei den ungeschwänzten Batrachiern und allen Ophidiern wird das Gefässnetz der Hyaloidea die Ernäh- rung besorgen, eben dieses bei den Fischen. Vielleicht hat die Anan- gie der Netzhaut darin ihren Grund,. dass die Hervorstülpung der Augen aus. der Hirnblase Statt findet, wo letztre noch keine Blutge- fässe hat, oder es geschieht diese, Hervorstülpung an einer Stelle des Augenhirns, welche gefässlos ist. Zur Formirung der Netzhautbilder wirkt die Gefässlosigkeit gewiss ungünstig, da bei den Säugethieren die; Gefässchicht, der Retina, welche den brechenden Medien des Au- ges näher liegt, als: die nervösen Elemente dieser Membran, ein Gitter über die sentitive Netzhautsphäre breitet, durch dessen Maschen nur das, Licht auf letztere gelangen kann. Es mag dies eine Unvollkom- menheit des Sehens bedingen, der wir uns nicht, bewusst werden, da sie immer fortdauert, welche aber im Vogel-, Amphibien- und Fisch- auge nicht, vorbanden sein kann. Das Gefässnetz der Hyaloidea im Auge der ungeschwänzten Batrachier, Schlangen und Fische ist so sehr weitmaschig, dass die durch dasselbe bedingte. Beirrung des Weges der. Lichtstrahlen zur Retina eine ungleich geringere sein wird. als sie im. Säugethierauge durch das engmaschige: Gefässstratum: der, Netzhaut gegeben ist. Nur die Allantois der: Reptilien besitzt ein. weitmaschigeres Gefässnetz als, die Hyaloidea. — (Wiener Sitzungs- berichte XLIIL. 207-212.) @l. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen ın Halle. 1862. Januar. N > Sitzung am 8. Januar. Eingegangene Schriften: - 1. Schriften der kgl. physicalisch-öconomischen Gesellschaft zu Kö- nigsberg. 2. Jahrg. 1861. Heft 1. Königsberg 1861. 4°. 2. Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. XVII. XVIIl. Mit Tafeln. Zürich 1860. 61. 40, 3. Sitzungsberichte der kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaf- ten zu München, 1861. I. Heft. 5. München 1861. 8°. Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den kgl. preuss. Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde von K. Koch. Berlin 1861. No. 44—52. Bulletin dela Societe geologique de France. 2 Serie XIX. feuil- les 1—6. Paris 1861. 8°. R. Caspary, über das Vorkommen der Hydrilla verticillata in Preus- sen. Königsberg 1861. 4%. 4 Tff. — Geschenk des Herrn Verf.s. H. Loew, neue Beiträge zur Kenntniss der Dipteren. Achter Bei- trag. Berlin 1861. 4°. — Geschenk des Herrn Verf.s. 8. Ed. Külp, Lehrbuch der Experimentalphysik. Dritter Band. Mit 200 Holzschnitten. Darmstadt 1862. 8°. — Geschenk des Herrn Verlegers J. Pf. Diehl. i Nachdem der Vorsitzende Hr. Giebel einen kurzen Verwal- tungsbericht über das 15. Lebensjahr des Vereins erstattet hatte, wurde zur Wahl des Vorstandes geschritten und durch Acclamation | die frühern Mitglieder desselben auch für das laufende Jahr gewählt. Es fungiren somit als Vorsitzende: die Herren Giebel und Heintz, als Schriftführer: die Herren Taschenberg, Kohlmann, v. Landwüst, als Cassirer: Herr Kayser, als Bibliothekar: Herr Hahnemann, und im wissenschaftlichen Ausschusse die Herren: Volk- mann, Girard, Schrader, Schaller, Knoblauch, Franke, Kle- mann, Krause. Hr. Siewert sprach, seine frühern Vorträge fortsetzend über den Thee, die Geschichte seiner Einführung, seine Bereitung, Ver- fälschung, seinen Handel und die Wirkungen auf den menschlichen Organismus. XIX. 1862. g r ae 1 130° Hr. Giebel lenkte die Aufmerksamkeit auf die von Kölliker beobachteten Talgdrüsen auf dem rothen Lippenrande des Menschen, welche sich meist in den Mundwinkeln, auch gereiht auf dem ganzen Rande, seltener bloss in der Mitte desselben vorfinden. Schliesslich sprach derselbe über die nach Erforschung des Rhonethales durch Desor angenommenen 2 Eisperioden. Man hat dort 2 Schichten von Gletschertrümmern gefunden, welche unter sich verschieden und durch eine Diluvialepoche getrennt sind. Der Vortragende konnte sich zu- nächst noch nicht für diese Ansicht entscheiden. Sitzung am 15. Januar. Zur Aufnahme angemeldet wird Hr. Ferdinand Tieftrunk Chemiker und Privatassi- stent des Hr. Prof. Heintz durch die Herren: Zinken, Taschenberg, Giebel. Hr. Giebel theilt den brieflichen Bericht des Herrn Eisel aus Gera mit über die dort beobachteten Erscheinungen der am 9. h. zwischen 3?/, und 4 Uhr Nachmittags besonders im Königreich Sach- sen, auch schwach hier wahrgenommenen Erderschütterung. Sodann zeigt derselbe das Surinamische Wasserhuhn (Podoa surinamensis) vor und bestätigt aus Nitzsch’s Untersuchungen der Weichtheile und seinen eigenen am Skelet, das die dem Thiere in letzterer Zeit bei den Wasserhühnern angewiesene Stelle im System die allein richtige sei. Hr. Zinken legte ein sehr rudimentäres Stück eines Nautilus mit noch ungeschwächtem Perlmutterglanze vor, welches auf Meer- sand-Conglomerat aufsitzt, der in der Lattorfer Braunkohlengrube, stellenweise mächtig abgelagert ist. Sitzung am 22. Januar. Eingegangene Schriften: Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel III. 1. 2. Basel 1861. 8°. Quarterly Journal of the geological Society. London 1861. vol. XVII. No. 68. Novbr. 1861. Entomologische Zeitung. Herausgegeben von dem entomologischen Vereine in Stettin XXI. Jahrg. Stettin 1861. 8°. ; Flora Universalis in colorirten Abbildungen.. Ein Kupferwerk zu den Schriften Linnes, Willdenows etc. Herausgegeben von Dr. Da- vid Dietrich. Neue Serie 1. 2. Jena bei A. Suckow. — Geschenk des Herrn Verlegers, Als neues Mitglied wird proclamirt: s Herr Ferdinand Tieftrunk, Chemiker und Privatas- sistent des Herrn Heintz. Hr. Giebel berichtet über F. E. Schultze neueste Untersu- chungen der Schleimbautkanäle bei den Fischen und Molchen, deren Nervenendigungen grosse Analogie mit denen der Geruchs-, Geschmack- und Gehörnerven zeigt, weshalb in ihnen nicht bloss ein Schleim ab- sonderndes, sondern ein Empfindungsorgan vermuthet wird. Sodann charakterisirte derselbe unter Vorlegung typischer Exemplare die ver- schiedenen Gruppen der Wasserwanzen. Sitzung am 29. Januar. Eingegangene Schriften: 1. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1859. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft in Berlin. XV. Jahrg. Redigirt von . Dr. E. Jochmann. Berlin 1861. 8°. 2. Bulletins del’ Academie royale des sciences, des letres et des be- aux arts de Belgique. 28. annee. VII. VIII. 1859. Bruxelles 1859. PzeSper 131 . Annuaire del’ academie royale de Belgique 1860. XXVI. Bru- xelles 1860. . Der Naturen Bloeme von J. van Maerlant, uitgegeven door J.H. Bor- manns. Brussel 1857. I. 80, . Rymbydol van J. van Maerlant, uitgegeven door J. David. 1—III. Brussel 1858—59. 8°. . Ad. Quetelet, dela necessite d’un systeme general d’observations nautiques et meteorologique. Lettre de M. Maury. 8°. a uw a» w 7. — —, dela statistique consideree sous la rapport du physique, moral et del’ intelligence del’ homme. Bruxelles 1860. 40. 8. = 2 table de mortalite d’apres la recensement de 1856. Bruxel- es, 49. 9. — —, observations des phenomenes periodiques. Bruxelles 40, 10. — —, sur la difference de longitude des observatoire de Bruxel- les et de Berlin, determine en 1857 par des signaux galvaniques. Bruxelles 4%. — No. 5—9. Geschenke des Herrn Verfassers. 11. Bulletin dela Societe des sciences naturelles de Neuchatel. Tom. V. cah. 3. Neuchatel 1861. 8°. Zur Aufnahme in den Verein wird angemeldet: Herr Stud. C. G. Weisker hier durch die Herren: Heintz, Giebel und Taschenberzg. Der Vorsitzende Hr. Giebel theilt zunächst mit, dass einer brieflichen Nachricht zu Folge die diesjährige Pfingstversammlung in Gera nicht statt haben kann wegen der zu dieser Zeit dort tagenden Lehrerversammlung, und wird deshalb Erfurt vorgeschlagen. Hr. Zinken legt eine Theepflanze Thea Bohea aus dem leip- ziger botanischen Garten vor, und Abbildungen von Theobroma cacao nebst einer Reihe daraus gewonnener Präparate: verschiedener Boh- nen, Tafeln und Butter; sodann zeigte derselbe ein schön gehaltenes Exemplar] von Anodonta lignitum im Hangenden des Braunkohlenla- gers von Ettersleben vor. Hr. Taschenberg bezeichnet die Raupe von Gracilaria syrin- gella als Veranlassung der im vorigen Sommer so massenhaft vorkom- mende Verunstaltung der Blätter von Syringa vulgaris und verbreitet sieh über die Naturgeschichte dieses Insekts. annnınnannanann Die Vereinsschriften stehen den verehrlichen Mitgliedern, welche dieselben nicht voll- ständig besitzen, zu folgenden sehr ermässigten Preisen zu Gebote und sieht der Vorstand recht zahlreichen Aufträgen entgegen. Abhandlungen des naturwissenschaftl. Vereins für Sachsen und Thüringen in Halle. Herausgeg. von C. Giebel u. W. Heintz. I. Band. 1. Heft. gr. 4. Mit 23 lith. Tafeln. 1856 — 1858. (Ladenpreis 8 Thlr.) 4 Thir. Inhalt: ]) A. Schmidt, der Geschlechtsapparat der Stylomma- tophoren. Mit 14 Tafeln. 2) C. Giebel, die Versteinerungen im Mu- schelkalk von Lieskau bei Halle. Mit 7 Tafeln. 3) 7%. Irmisch, mor- phologische Beobachtungen an Gewächsen aus den Familien der Me- lanthaceen etc. Mit 2 Tafeln. Dieselben I. Bd. 2 Heft. gr.4. Mit 121ith. Tfin. 1858u. 1859. (Ladenpreis 7 Thlr. 25 Sgr.). 3 Thlr, Inhalt: 4) F. $S. W. Schwarz, de affectione curvarum addita- menta quaedam etc. 5. C. Giebel, die silurische Fauna des Unterharzes. Mit 7 Tfln. 6) Derselbe, Beiträge zur Osteologie der Nagethiere. M.5 Tfin. 9* 132 Dieselben I.Bd. gr. 4. Mit 15 lithogr. Tafeln. 1858— 1861. (Ladenpreis 18 Thlr.) 6 Thlr. Inhalt: 1) 7A. Irmisch, über einige Arten aus der natürlichen Pfianzenfamilie der Potameen. 2) 7. Zew, die Dipteren-Fauna Süd- afrika’s. Erste Abtheilung. 3) O0. Heer, Beiträge zur sächsisch-thü- ringischen Braunkohlenflora. Nebst einem Anhange: über einige sie- benbürgische Tertiärpflanzen von C. J. Andrae. NB. Beide Bände zusammengenommen für 12 Thlr. statt‘ des Ladenpreises von 335/, Thlr. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, herausgeg. von dem naturw. Vereine für Sachsen u. Thüringen in Halle, redig. von C. Giebel u. W. Heinz. Jahrg. 1853—1861. & 2 Bde. & 6 Hefte a 6 Bogen. gr. 8. Einzelne frühere Jahrgänge 1!/s Thlr. — bei Abnahme von min- destens vier Jahrgängen & 1!/, Thlr.— für alle 18 Bde. zusammen 10 Thlr. Jahresbericht des naturwissenschäftlichen Vereines in Halle. Jahrg. I—V. 8. Mit 14 Tafeln. (Ladenpreis 8 Thlr. 25 Sgr.). 2 Thlr. Giebel, Dr. €. &, die silurische Fauna des Unterharzes nach Herrn C. Bischof’s Sammlung. Mit 7 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1858. (Ladenpreis 3 Thlr.) nn — —— Beiträge zur Osteologie der Nagethiere Mit 5 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1857. (Ladenpreis 3 Thlr.) 1%/, Thir. — —— Die Versteinerungen im Muschelkalk von Lieskau bei Halle. Mit 7 lith. Tafeln. gr. 4. 1856. (Laden- preis 4 Thlr.) 14/, Thlr. Heer, Osw., Beiträge zur näheren Kenntniss der sächsisch-thü- ringischen Braunkohlenflora. Nebst einem Anhange über einige siebenbürgische Tertiärpflanzen von C. J. Andrae. Mit 10 Tafeln. gr. 4. 1861. (Ladenpreis 3 Thlr..) 2 Thlr, Irmisch, Dr. Th., Ueber einige Arten aus der natürlichen Pflanzen- familie der Potameen. Mit 3 lith. Tafeln. gr. 4. 1858. (Ladenpreis 4 Thlr.) 2 Thlr. —— — Morphologische Beobachtungen an einigen Ge- wächsen aus den natürlichen Familien der Melanthaceen, Irideen und Aroideen. Mit 2 lith. Tafeln. gr. 4. 1856. (Ladenpreis 2 Thlr. 20 Segr.) ı Thlr. Lew, Dr. Herm., Director d. königl. Realschule in Meseritz, die Dipteren-Fauna Südafrika’s. I. Abtheil. Mit 2 Tfin. gr. 4. 1861. (Ladenpreis 10 Thlr.) 5 Thlr. - Schmidt, Adolf, Der Geschlechtsapparat der Stylommatopho- ren, in taxonomischer Hinsicht gewürdigt. Mit 14 lith. Tfln. gr. Fol. 1855. (Ladenpreis 5 'Thlr.) +12 Chin. Schwarz, Fr. S. H., de affectione curvarum additamenta quaedam. gr. 4. 1856. (Ladenpreis 1 Thlr. 25 Sgr.) 42); Thlr, an Druck von W. P]lötz in Halle. Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenscehaften. 1862, Februar. Ne I Zur Anatomie der Papageien "Taf. TIT— VII nach Chr. Nitzsch’s Untersuchungen mitgetheilt von ©. Giebel. Chr, L. Nitzsch untersuchte in den Jahren von 1824 bis 1835 eine ziemliche Anzahl von Papageien, eini- ge Arten in mehren Exemplaren, auf ihre weichen Theile und legte die Beobachtungen begleitet von theils skizzen- haften theils sehr naturgetreuen ausgeführten Abbildungen in seinen ornithologischen Collectaneen nieder. Meines Wissens hat er selbst davon nichts publicirt und die sehr sorgfältigen Beobachtungen bieten des Interessanten und selbst Neuen soviel, dass sie trotz ihres dreissigjährigen Alters noch keineswegs veraltet sind, ja um so mehr Be- achtung verdienen, da unsere Ornithologen sich leider nur zu wenig um den innern Bau der Vögel bekümmern. Von ganz besonderem Werthe sind Nitzsch's myologische Ar- beiten über die Papageien. Ich stelle in Nachfolgendem das Zusammengehörige aus des Verf. zerstreuten Notizen zusammen und übernehme für die Form dieses Aufsatzes die Verantwortlichkeit, das Sachliche ist ganz Eigenthum Nitzsch’s. Die Untersuchungen des Auges und der Zunge habe ich bereits Band IX. S. 392. Tf£.7.9. und Band XI. S.19. Tf. mitgetheilt und wiederhole dieselben hier nicht. Die untersuchten Arten, die ich den Collectaneen ge- mäss unter Psittacus aufführe, sind folgende: Nymphicus novae Hollandiae Palaeornis Alexandri Vig Wgl. — pondicerianus Vig Platycercus Pennanti Vig Trichoglossus haematodes Lath — erythropterus Lath Macrocereus macao Wgl ZI, 1862. 10 134 Macrocercus ararauna Wegl Psittacus aestivus Kuhl — militaris Wgl — dominicensis Wgl — macauana Vieill — leucocephalus Wgl Sittace carolinensis Briss — Dufresnianus aut — solstitialis Wgl — cunicularis aut — auricapillus Dlig Pionus menstruus Wgl — pertinax Wgl — purpureus Wgl — rufirostris Dlig Psittacodes sinensis Wgl. (= viridissimus Kuhl) Domicella garrula Wogl — funereus aut — atricapilla aut — Leachi aut Psittacula pullaria Wgl — severus Wgl Plyctolophus galeritus Wgl Psittacus erithacus Wgl — cristatus Wol — ochrocephalus Wgl — sulphureus Wgl Die pterylographischen Untersuchungen konnte Nitzsch über noch zahlreichere Arten ausdehnen, doch hat er die wesentlichen Resultate derselben in der von H. Burmeister herausgegebenen Pterylographie veröffentlicht. Muskulatur. Taf. 3. 4. 5. 6. Die Zungenmuskeln sind bei den Papageien zwar durch Zerfallen oder Verdoppelung mehrer überhaupt sehr zahlreich, aber von verhältnissmässig sehr geringer Stärke, während die Zungennerven um so grösser und stärker sind, weil nämlich die Zunge hier viel mehr Geschmacksorgan als Ingestionsapparat ist. Die einzelnen Muskeln der Zunge sind folgende: TER I. Die vom Unterkiefer zur Zunge oder dem Zungen- bein gehenden Muskeln: Tafel III. 1) Musculus genioglossus Fig. 2a. 4a. nennt Nitzsch das Muskelpaar, welches vorn dicht neben der Mittellinie der innern Kinnfläche des Unterkiefers dünn bandartig ent- springt und an den Seitenrand des Zungenkernes geht. Es zieht die Zunge nach vorn und hebt sie zugleich. Bei allen zur Untersuchung gezogenen Papageien ist dieses Muskelpaar deutlich entwickelt, bei vielen andern Vögeln dagegen fehlt es oder es ist wie bei den Raubvögeln, wo es im Frenulo der Zunge vom Rachen aus durchscheint, so sehr schwach, dass es leicht übersehen wird. | 2. M. mylohyoideus transversus Tiedem oder der quere Unterkiefermuskel Meckels, Fig. 1b. u. 2c. zerfällt in 135 einen vordern und einen hintern. Der vordere, M. mylohyoid. transvers. anterior, 2b, entspringt vorn an der innern Flä- che des Unterkiefers neben dem vorigen nach aussen und ‚geht unter dem Zungenbeine weg, um sich mit dem gleich- namigen Muskel der andern Seite zu verbinden. Der hin- tere, M. mylohyoid. transv. posterior, 2c, entspringt neben dem vorigen und läuft unter den Zungenbeinhörnern weg, um sich an die Wurzel des Zungenstieles anzusetzen. Er ist viel schmäler als der vordere. — Bei Ps. domicella ist der quere Unterkiefermuskel jedoch nur einfach und geht sonderbarer Weise nur zur Trachea, von welcher eine grosse Strecke im Kopfe liegt. 3. M. geniohyoideus Sten (m. conicus ossis hyoidei Tiedem., der: tiefe Vorwärtszieher Meckels) ist gleichfalls in einen vordern und hintern getheilt, welche einen sehr verschiedenen Ursprung haben. Der vordere, m. geniohyoid. anterior bei d Fig. 1. 2.3. 4. entspringt nämlich vorn an der innern Fläche des Unterkiefers hoch oben neben dem vo- rigen an der Wurzel des Kieferastes und geht zum letzten Drittel des ersten langen Gliedes des Zungenbeinhornes, erstreckt sich auch wohl noch etwas zum zweiten, umgibt hier bei den Papageien aber das Zungenbeinhorn nicht so, wickelt dasselbe nicht ein wie bei vielen andern Vögeln. Der hintere, m. geniohyoid. posterior e in Fig. 1—4. ent- springt weit von dem vordern entfernt .am untern Rande des Unterkieferastes, etwa in der Mitte seiner Länge und geht an das sehr kurze zweite Glied des Zungenbeinhornes seiner Seite. Der bezeichnendste Name für diese beiden Muskeln ist M. myloceratoideus anterior und posterior. . 4. M. mylohyoideus obliquus Tiedem oder der Heber des Zungenbeins Meckels kömmt hinten von der äussern Fläche des Endes des Unterkieferastes und theilt sich als- bald in einen vordern und hintern Muskel. Der vordere, M. mylohyoid. obliquus anterior, Fig. 1. 2. f, schmal band- förmig, geht an die seitliche Flügelspitze des Zungenbein- körpers. Diese Flügelspitze (vergl. Bd. XI. p. 42. Tb. 6. Fig. 34—41.) zeichnet das Zungenbein der Papageien besonders aus und dient überdiess noch dem M. thyreohyoideus und einen von der Trachea herkommenden dünnen Muskel zur 10* 136 Anheftung. — Der hintere M. mylohyoid. obliquus poste- rior Fig. 1. 2. g, breiter und kürzer, setzt sich an die Seite des Zungenstieles unter dem M. ceratohyoideus an. II. Die vom Larynx oder Rumpf zur Zunge oder dem Zungenbein gehenden Muskeln: 5. M. thyreohyoideus Fig. 2. 3. h, entspringt als ein dünner schmaier Muskel jederseits unterwärts am Corpus thyreoideum, geht gerade nach vorn über dem M. cerato- glossus superior hinweg und inserirt sich an den seitlichen Flügeldorn des Zungenbeinkörpers. Er zieht diesen zum Larynx hin rückwärts. 6. M. thyreoglossus Fig. 3. i, nennt Nitzsch den Muskel, welcher jederseits mit und neben dem vorigen vom Corpus thyreoideum mehr nach aussen entspringt und über die Wurzel der Zungenbeinhörner und die Muskeln hinweg nach vorn geht und sich auf der Oberfläche des Zungenbeinkernstückes seiner Seite ansetzt. 7. M. sternohyoideus Fig. 4. k, entspringt von der Furcula oder dem Brustbein und geht neben der Luftröhre hinauf unter den Zungenbeinhörnern hinweg um sich an den schon erwähnten Flügeldorn des Zungenbeinkörpers anzusetzen. Er zieht das ganze Zungengerüst zurück. III. Die die Theile des Zungengerüstes Sn einander bewegenden Muskeln. 8. M. hypoglossus rectus Tiedem.- Fig. 4. ], ent- springt als ein kurzer breiter Muskel unten am vordern Ende des Zungenbeinkörpers und heftet sich an die untere Seite des Zungenkernes. Er liegt mit seinem gegenseiti- gen sehr nah zusammen zwischen dem M. ceratoglossus inferior und lateralis und zieht die Zungenspitze nach un- ten. Er fand sich nur bei Ps. macao, nicht bei Ps. leuco- cephalus. 9. M. ceratoglossus inferior oder besser noch basio- glossus Fig. 2. 4. m, entspringt unten von der Wurzel des Zungenbeinhornes seiner Seite, läuft lang und dünn unter dem Flügel des Zungenbeinkörpers weg und setzt sich an die untere Fläche des Zungenkernes aussen neben dem vorigen. Er zieht mit dem folgenden die Zungenspitze 137 nach unten und fehlt andern Vögeln. Bei Ps. macao und Ps. leucocephalus wie der folgende. 10. M. ceratoglossus lateralis Fig. 2, 4. c, hat wie gewöhnlich seinen Ursprung an der äussern Seite des er- sten Stückes des Zungenbeinhornes und geht neben dem vorigen zur untern Seite der Zunge. Er spreizt die Zun- genbeinhörner und zieht einzeln wirkend die Zunge schief. 11. M. ceratoglossus superior Fig. 3. p, kömmt oben liegend von der innern Seite der Wurzel des Zungenbein- hornes und geht dicht neben seinem Socius auf die obere Fläche der Zunge. Er streckt diese und nähert die Zun- genbeinhörner einander. Er fehlt den Hühnern und Trappen. 12. M. hypoglossus obliquus Tiedem. Fig. 4. n, liegt unter dem vorigen und geht schief von der Seite des Zungenbeinkörpers zum hintern Rande des Zungen- kernstückes seiner Seite. 13. M. ceratohyoideus Fig. 4. r, geht von der in- nern Seite jedes Zungenbeinhornes als breiter Quermus- kel zum Zungenstiel und nähert die Zungenbeinhörner ‚einander. Die Kiefermuskeln der Papageien sind um drei Paare vermehrt gegen die anderen Vögel, am stärksten unter allen Arten bei Ps. Alexandri Taf. IV. 1. M. temporalis Fig. 1. t, entspringt von der ziem- lich kleinen Schläfengrube, die er ganz ausfüllt, indem er zugleich den hintern- Schläfendorn belegt, geht als ein ziemlich breiter starker Muskel schief nach vorn und setzt sich an den obern Rand der mittlern Strecke des Unter- kieferastes. Er ist bei Ps. leucocephalus besonders klein, dagegen bei Ps. domicella noch viel grösser und breiter wie bei macao und hüllt beide Schläfendornen ein. 2. M.masseter N. Fig. 1.m, kömmt vom untern Theil des knöchernen Orbitalrandes und vom Zygoma, bedeckt einen Theil dieses und des Musculus temporalis und inserirt sich an den obern Rand und den vordern Theil der äussern Fläche des Unterkieferastes. Er ist bei Ps. macao schmä- ler und schwächer wie bei Ps. ochrocephalus, bei leucoce- phalus breit und dünn, bei domicella sehr breit und flei- schig und bei garrulus besonders stark, ebenso bei sulphu- 138 reus, pullarius, ist dagegen bei Alexandri zum grössern Theil mit dem M. temporalis verwachsen, scheint andern Vögeln zu fehlen. 3. M. orbitomaxillaris oder besser noch M. sphenoma- xillaris Fig. 2. 0, muss der von Meckel als Masseter beschrie- bene Muskel heissen. Er stellt sich nach Beseitigung des eigentlichen Masseters und M. temporalis sehr deutlich und gut als ein langer dünner, unten sehniger Muskel dar, welcher aus dem hintern Theil der Orbita hinter dem Ur- sprung des vordern mit dem Thränenbein verwachsenen Schläfendornes entspringt und über dem Pterygoideus ex- ternus und internus hinweg geht nach unten, um sich mit ziemlich dünner Sehne an eine Leiste in der Mitte der in- nern Fläche des Unterkieferastes anzufügen. Er hebt wie die vorigen beiden den Unterkiefer. - 4, M.ethmomaxillaris N, Fig. 1.2.e, den Meckel namenlos erwähnt, entspringt ganz vorn und oben aus einer Grube des Orbitalgewölbes, geht über den vordern obern Theil des M. pterygoideus lateralis hinweg nach unten und inse- rirt sich an die innere Fläche des vordern Theiles des Un- terkieferastes. Er ist bei Ps. domicella ungemein stark und gross, bei Ps. sinensis sehr breit und mit zwei Sehnen oben in der Augenhöhle entspringend, die aber einen fleischig entspringenden Theil zwischen sich haben und mit diesem eng verbunden sind. 1 5. M. pterygoideus Fig. 2.pt, entspringt als ein sehr star- ker Muskel von der äussern Fläche am Seiten - und Hinter- rande der Gaumenbeine, welche perpendikular. gesenkt sind, und geht schief nach unten und hinten zum untern und hintern Theil der innern Fläche des Unterkieferastes, schlägt sich hierauf nach aussen und. belegt äusserlich hoch hinaufgehend den hintern und grössten Theil der äussern Fläche des Unterkieferastes seiner Seite. 6. M.pterygoideus internus s.palatobasilaris N Fig. 2. pi, entspringt von der obern Fläche und dem innern freien Rande des Gaumenbeines seiner Seite, und mit einer zweiten Schicht vom Flügelbeine, unter dem er weggeht und inse- rirt sich als ein breiter starker rhomboidalischer Muskel an die erhabene schiefe Linie der Basis cranii und des Hin- 139 terhauptes. Er ist in Ursprung und Anfügung sehr von vorigem verschieden, aber seitlich mit ihm verbunden, dass man ihn bei oberflächlicher Beobachtung für einen Theil desselben halten möchte. Bei Ps. sulphureus ist er dage- gen aufs deutlichste vom M. pterygoideus getrennt. — Den Raubvögeln fehlt dieser M. palatobasilaris oder der innere und hintere Theil des M. pterygoideus, der ihm ent- sprechen möchte, geht von den Gaumenbeinen bis zu den Flügelbeinen und endet hier, zur Basis cranii geht kein Muskel. 7. M. quadratomaxillaris Fig. 2. q, geht von der untern Kante des freien Fortsatzes des Quadratbeines als ein hier schmaler schwacher Muskel an den innern Rand der Ge- lenkfläche des Unterkieferastes seiner Seite. Er hilft wie die vorigen den Unterkiefer heben und den Schnabel schliessen. 8. M. orbitoquadratus Fig.2.aq, kommt von der hintern Augenhöhlenwand und geht gerade herunter zum obern Rande an die innere Fläche des freien Fortsatzes des Quadratbei- nes. Meckel hält diesen und den vorigen Muskel ganz ir- riger Weise für einerlei, die Wirkung beider ist eine ge- rade entgegengesetzte. Der M. orbitoquadratus hebt den freien Fortsatz und zieht das Quadratbein nach vorn, un- terstützt also offenbar die Wirkung des Schnabelöffners. Er ist bei Ps. leucocephalus sehr stark und ansehnlich. 9. M. apertor rostri major N s. externus kömmt vom Hinterhaupte hinter dem Gehörgange und inserirt sich spitz an die hinterste untere Ecke des Unterkieferastes. Er ist bei Ps. domicella wie auch der folgende sehr breit’ und _ kurz. 10. M. apertor rostri minor s. internus N scheint den Papageien ausschliesslich eigenthümlich zu sein. Er ent- springt tiefer als voriger und unter demselben von dem Processus mammillaris des Hinterhauptes und geht gerade nach unten an die innere Leiste und die hinter der Gelenk- fläche befindliche Grube am Ende des Unterkieferastes. — Die drei Schnabelöffner, welche Tiedemann u. A. bei En- ten angeben, sind nur einer und können nur ganz willkür- lich getrennt werden. Meckel gedenkt derselben auch nicht, gibt aber für Papageien drei Schnabelöffner an, 140 während Nitzsch überall deren nur zwei Paare jederseits gefunden hat. Der Musculus humerocutaneus ist bei Pa. ochrocephalus und rufirostris vorhanden und verbindet sich bei beiden Arten mit dem grossen Brustmuskel. Bei Ps. macao erscheint er als eine sehr dünne blasse Faserschicht an der Seite der Brusthaut und geht unter die Achsel- höhle. Bei Ps. macauana fehlt er ganz und gar. Von den Bauchmuskeln erstreckt sich der M. ob- liquus externus über alle Rippen, nur die erste oder bis- weilen zwei ersten ausgenommen (bei Ps. dominicensis über sechs Rippen, bei leucocephalus, ochrocephalus u. a. über fünf Rippen), der M. obliquus internus spannt sich wie gewöhnlich zwischen der letzten Rippe und dem Be- ckenrande aus. Die M. abdominis recti pflegen ganz flei- schig zu sein, bei Ps. dominicensis sehr dünn, schieffaserig. Den M, transversus abdominis lässt Meckel überall vom Schambeine, den beiden letzten Rippen und vom M. obli- quus internus mit Faserbündeln entspringen, so fand es Nitzsch nur bei Ps. ochrocephalus und dominicensis. Von den Muskeln der Vordergliedmassen zeichnet sich der M. pectoralis secundus durch seine sehr beträchtliche Grösse aus; er reicht bis oder fast bis an das Ende des Brustbeines und belegt grossentheils die hohe Crista sowohl als die Platte des Sternums. Der sonst grösste M. deltoideus primus ist bei den Papageien auffallend klein und bildet nur einen sehr schma- len Streif, der ungefähr bis zum Ende der vordern Leiste des Humerus geht; bei Ps. sinensis ist er sehr gross, min- der und etwas weiter hinabgehend bei macao, noch schmä- ler und schwächer und zugleich vom tensor patagii be- deckt bei domicella und garrulus; bei pullaris aber be- stimmt an beiden Flügel gänzlich fehlend. Der M. infraspinatus, der die Insertion des M. pecto- ralis secundus bedeckt, ist sehr stark, ebenso der M. su- praspinatus, der wie immer unter der langen Ursprungs- sehne des M. biceps liegt. Der M. tensor patagii magnus ist ungemein breit und gross und bedeckt wie sonst den - M. deltoideus primus, den obern Theil des Humerus und: 141 selbst den kleinen M. deltoideus. Er wird durch ein Fleisch- bündel vom Halshautmuskel und ein zweites vom grossen Brustmuskel verstärkt, stellt zugleich den kleinen Beuger oder levator antibrachii dar, und gibt ausser der Hauptsehne zwei Sehnen ab, welche in den Kopf des extensor carpi radialis und die obere Fascia des Vorderarmes übergehen. Beide Sehnen sind noch durch sehnige Zwischenstreifen mehr oder minder verschmolzen, gleichsam in eine sehr breite Aponeurose. Nur bei Ps. sinensis gehen beide Seh- nen weit getrennt von einander zum Vorderarm. Die lange Flughautsehne besteht in ihrer mittlern Strecke meist aus elastischer Substanz und gibt hier seh- nige Streifen zum Vorderarm ab. Sie wird gebildet bei Ps. ararauna 1. aus einer Portion des langen Seitenhals- muskels, welche bevor sie die Schulter erreicht sich in eine aus contractiler elastischer Substanz bestehende Sehne verwandelt, die lange isolirt bleibt, ehe sie sich mit der eigentlichen Flughautsehne verbindet; 2. aus dem tensor patagii; 3. aus einem abgehenden Stratum des Brustmus- kels; 4. aus einer starken Sehne von einem zweiten sol- chen Stratum des Brustmuskels, die zu der Portion des Tensor geht, welche sich gegen den Vorderarm herunter wendet und die Stelle des levator antibrachii vertritt. Diese Sehne ist sehr gut bis zum Vorderarm zu verfolgen, indem sie sich von der breiten, aber sehr dünnen aponeurotischen Haut, die zum Vorderarm geht, durch Stärke hinlänglich unterscheidet. } Der M. coracobrachialis ist bei Ps. garrulus ungemein gross und entspringt hier vom obern Rande. des Brustbeins und der äussern Fläche der Furcularhaut. Der M. communicans patagii und ebenso der sterno- ulnaris fehlen. | / Der M. biceps brachii ist dick und fast bis zu seiner Insertion fleischig ungetheilt. Der Anconaeus longus geht über keine Patella bra- chialis. Er hat bei Ps. ararauna einen Seitenkopf und ver- bindet sich nicht mit M. latissimus dorsi posticus, der selbst stets vom M. latissimus dorsi anticus völlig ge- trennt ist, 142 Der Pronator longus und brevis gehen über die Mitte des Radius hinaus oder bis in dieselbe wie bei Ps. ara- rauna. Ueber die übrigen Flügelmuskeln vergleiche man Taf. VI. Fig. 1.: es bezeichnet 2. den Tensor plicae alaris se- cundus, 3. den Deltoideus major, 4. Latissimus dorsi anti- cus und 5. posticus, 6. Anconaeus longus, und 7. brevis, 8. Biceps brachii, 9. Extensor metacarpi radialis longus, “und 10. brevis, 11. Flexor metacarpi radialis, 12. Flexor communis pollieis et digiti secundi, 13. Extensor digiti se- cundi radialis. i - Von den Muskeln der hintern Gliedmassen fehlt der Musculus femoris graeilis allen Papageien und Kakadus und ist vorhanden nur bei den Aras so Ps. ara- rauna, macao und macauana, wo seine Sehne wie gewöhn- lich in den Bauch des durchbohrten Zehenbeugers geht. Der Flexor cruris biceps ist zweiköpfig und gemein- lich sehr stark. Sein kurzer Kopf entspringt sehr nahe am Ende des Femur und die gemeinschaftliche Sehne geht nicht in den Gastrocnemius, sondern zwischen den innern und mittlern Kopf desselben an die innere Seite der Tibia zugleich mit der des Schienbeinbeugers, mit welchem die- ser Muskel so eng verbunden ist, dass beide leicht für ei- nen gehalten werden. So bei Ps. leucocephalus und den meisten anderen Arten. Bei Ps. dominicensis dagegen geht nur die eine breite Sehne an die innere Fläche der Tibia, die andere Sehne aber an den Gastrocnemius. Bei Ps. garrulus reicht der kurze Kopf sehr weit nach vorn. Der Gastrocnemius entspringt mit drei Köpfen, von welchen der mittle dem äussern näher verbunden ist. Der Peronaeus hrevis fällt durch seine ausnehmende Länge und Stärke auf. Er entspringt ganz oben vom obern Ende der Fibula zwischen dem äussern Kopfe des Gastroc- nemius und dem Tibialis anticus und bewirkt eine sehr kraftvolle Drehung des’ kurzen Laufes und Fusses, so dass die äussere Seite desselben ganz nach oben gewendet wird und die Zehen nun in eine quere Richtung kommen. In dieser Richtung halten nämlich die Papageien das Futter mit dem einen Fusse, je nach den verschiedenen Arten 143 blos mit dem rechten oder blos mit dem linken, obwohl der Muskel stets an beiden Füssen gleich entwickelt ist. Bei Ps. novae Hollandiae geht der Peronaeus durch einen Henkel der Tibia, welcher sich dicht neben dem Henkel für den M. tibialis anticus befindet. — Der Peronaeus lon- gus sive communicans fehlt gänzlich bei Ps. dominicensis, Alexandri, novae Hollandiae, ist aber vorhanden bei Ps. domicella, garrulus, macao, doch nur schwach und geht zur Strecksehne des Laufes ohne eine Sehne zu den Zehen- . beugern zu senden. Der Daumen hat keinen langen dorchbähren Zehen- beuger. Aber es sind fünf Sehnen vorhanden sogenannte durchbohrte Beugesehnen, welche die Zehenglieder ausser dem Daumen bewegen. Von diesen gehört jene, welche zum ersten Gliede der innern oder dreigliedrigen Zehe geht, einem besondern tiefliegenden Muskel an, welcher ganz oben an Fibia und Fibula oder mehr von letztrer wenn nicht gar vom Femur entspringt. Die andern vier Sehnen gehören einem gemeinschaftlichen Muskel an und es geht die eine Sehne zum zweiten Gliede der zweiten Zehe, die zweite zum ersten Gliede der viergliedrigen Zehe, die dritte zum zweiten Gliede derselben, indem sie die vorige Sehne durchbohrt, selbst aber von der nagelgliedbeugenden Sehne durchbohrt wird. Dies ist also der sogenannte durchboh- rende und durchbohrte Beuger, welcher hier ‚jedoch kein eigener Muskel ist. Endlich die vierte Sehne geht an das zweite, vielleicht auch an das dritte Glied der fünfgliedri- gen Zehe und ist zugleich an das erste Glied mit einem Zipfel angeankert. — Der Extensor digitorum -communis gibt auch eine Sehne an den Daumen und streckt diesen ebenso wie die übrigen Zehen; der gewöhnliche eigene kurze Fussdaumenstrecker fehlt gänzlich. — Die beiden Nagelbeuger haben zusammen etwa ebensoviel Masse als die durchbohrten Zehengliedbeuger. Ihre beiden Sehnen, von dem fleischigen kurzen Beuger des Daumens am Laufe verdeckt, gehen durch ein wirkliches Loch einer knöcher- nen Protuberanz an der Wurzel des Laufes, bleiben auch am Lauf noch getrennt, bei Anfang der Zehen aber theilt sich die eine, nämlich die obere in vier, die andere in drei 144 Sehnen; die eine der vier obern geht zum Daumen, die andern drei verbinden sich mit den drei untern, jede durch diese Verbindung entstandene geht zum Nagelgliede einer der drei übrigen Zehen. — Der Extensor brevis digiti tertii ist gross und lang und streckt beide Vorderzehen. Gefässsystem. Im Gefässsystem der Papageien ist das Verhalten der Carotiden von besonderem Interesse, indem dieselben eine dreifache Verschiedenheit bieten. Es ist nämlich entweder nur eine und zwar die linke vorhanden oder beide sind ausgebildet und die rechte ändert ihre Lage. Nur die linke Carotis besitzen Ps. galeritus, passerina, cristatus, sulphu- reus, vielleicht alle Kakadus. Sie verläuft bei allen vorn im Canalis caroticus der Wirbel. Bei den Arten mit bei- den Carotiden liegt die linke frei unter der Haut und die rechte verläutt vorn am Halse von Muskeln bedeckt so bei Ps. macao, wo zugleich die rechte Jugularvene dreimal soweit wie die linke ist, bei Ps. ochrocephalus, wo die linke Carotis viel stärker ist und die Carotidendrüsen aus einer braunen vordern und gelben hintern Masse bestehen, ferner bei Ps. macauanna, aeruginosus, auricapillus, sol- stitialis, rufirostris, erithacus, dominicensis, Dufresnianus, leucocephalus, menstruus, purpureus, Pennanti, cunicularis und Pezoporus novae Hollandiae. Bei andern Arten ver- laufen beide Carotiden dicht neben einander im vordern Canalis caroticus der Wirbel, nämlich bei Ps. haematodes, domicella, sinensis, grandis, garrulus, pondiceranus, pulla- rius, Alexandri. Das Herz pflegt bei den Papageien gross, dickkegel- förmig, bei einigen gestreckter zu sein, neigt sich aber bei einzelnen wie Ps. erithacus fast gar nicht nach rechts. Luftröhre. Taf. 6. Die Luftröhre besteht gemeinlich aus sehr harten Kno- chenringen, welche oben am breitesten und weitesten sind, nach unten immer enger werden, endlich kaum halb so dick wie oben sind. Während das Lumen der Röhre oben quer oval ist, ist es unten ganz kreisrund. Der randliche 145 Ausschnitt der Ringe liegt bald in der Mitte bald an der Seite, und zeigt sich überhaupt sehr unregelmässig. Ge- wöhnlich hat die Luftröhre ihre Lage an der rechten Seite des Halses. Bisweilen ist sie jedoch anfangs weniger weit z. B. bei Ps menstruus, oder aber sogleich .bauchig weit bei Ps. erithacus und gar nicht gedrückt. Der meist grosse obere Kehlkopf ist mit spitzen Papillen besetzt, ohne Längs- kamm im Grunde der Stimmritze und ohne Spur einer Epi- glottis. Höchst eigenthümlich erscheinen die Anzieher der Trachea oder die Muse. sternotracheales dadurch, dass die sehr dünn, schwach sind und weder an das Brustbein noch an irgend einen andern Knochen gehen, sondern sich in weichen Theilen verlieren. Sie verdienen bei den Papa- geien überhaupt gar nicht den Namen sternotracheales. Bei Ps. erithacus sind sie sehr schwache Muskeln, ihrer ganzen Länge nach begleitet von einer dünnen glänzenden Sehne und verlieren sich in die häutig zellige Masse, wel- che die grossen Gefässstämme umgibt. Bei Ps. sulphu- reus findet sich jederseits nur eine sehr feine Sehne ohne Spur von Muskelfasern, die gleichfalls an die grossen Ge- fässe geht. Auch bei Ps. leucocephalus sind sie kaum be- merkbar fein. Bei Ps. Alexandri und solstitialis sind sie fleischiger als gewöhnlich, aber bei Ps. purpureus fehlen sie gar gänzlich. Die letzten Ringe der Luftröhre Taf. VI. Fig.5. verwach- sen mit einander, um den untern Kehlkopf zu bilden, der jederseits sehr ausgeschweift und vorn und hinten zugespitzt ist, von vorn und hinten gewöhnlich auch dasselbe Ansehen hat. Der erste ganz knöcherne und seitlich abgeplattete Bron- chialring Fig.7.b, legt sich eng aber beweglich an den untern Rand der Trachea an, verbunden mit demselben jederseits durch einen sehr starken, breiten, kurzen Muskel Fig.5.b, der zugleich an die äussere Trommelhaut geht. Ein zweiter, län- gerer und drehrunder Muskel Fig. 5. a, den Papageien beson- ders eigenthümlich, entspringt über jenen an der Luftröhre und setzt sich an den fünften und sechsten knochigen Bronchialhalbring, frei über jenen hinweggehend und einen seitlichen Henkel bildend. _Hierdurch und durch äussere deutliche Zusammendrückung an der Ursprungsstelle der 146 Bronchien erhält der untere Kohlköopf der Papageien sein höchst eigenthümliches Ansehen. Die Zusammendrückung der ersten Bronchialhalbringe ist so stark, dass sie fast halbmondförmig sind und sich einander auffallend nähern. Vorn bleibt zwischen ihnen und der Schneppe des Tra- chealrandes ein häutiger Raum, der dehnbar ist. Die äus- sere Trommelhaut, welche zwischen dem ersten Bronchial- halbring und dem zweiten entfernten sich befindet, wird grossentheils von einer beweglichen Knorpelplatte Fig.7.e,und _ ausserdem noch von einem Querbande eingenommen. Die folgenden fünf Bronchialhalbringe Fig.7.f, sind sämmtlich eben- falls knöchern und zwar zu einem Stück vereinigt, unbeweg- lich, doch so dass man sie noch isoliren kann; die ersten zwei oder drei berühren zugleich die der andern Seite, die übri- gen aber gehen in die freie innre Membrana tympaniformis über. Die nun folgenden Bronchialhalbringe sind knorpelig und senken sich meist schon in die Lunge ein. So ist es bei Ps. erithacus, dessen männlichen untern Kehlkopf wir Taf. VI. Fig.2.3.4. dargestellt haben, auch bei Ps. Alexandri, sinensis, pullarius, domicella, purpureus, menstruus, leucoce- phalus, die etwas abweichenden Bildungsverhältnisse bei Ps. sulphureus erläutern Figur5. 6.7. Hier nehmen nämlich beide Muskeln die ganze Breite der Seiten des Tracheen- endes ein und der äussere bedeckt den innern völlig, der- selbe verschmälert sich gegen die Bronchien hin und in- - serirt sich spitz. Bei dem sonst ähnlichen Ps. cristatus liegt der äussere lange Muskel nicht in der Mitte jeder Seite, sondern weit mehr nach vorn und reicht auch wei- ter nach hinten, bis zum achten Bronchialhalbringe. Der innere Muskel dagegen verhält sich wie bei Ps. sulphureus. Verdauungsapparal. Taf. 7. Am Schlunde der Papageien Fig. 1. sackt sich stets ein kurzer weiter Kropf aus, der bei wenigen Arten wie Ps. sul- phureus, ceristatus und menstruus blos bauchig hervortritt, bei Ps. erithacus schon stärker sich absetzt, bei den mei- sten übrigen Arten aber plötzlich von der Speiseröhre ab- gesetzt ist, bei Ps. domicella sogar förmlich abgeschnürt erscheint. 147 Im Schlunde verlaufen Längsfalten, oft regelmässige acht oder sechs, bis zur Gränze des Vormagens. Hier enden dieselben bei Ps. menstruus, leucocephalus, Alexandri, purpureus in deutliche weisse Hornspitzen Fig. 3. welche ei- nen Kranz bilden und zweifelsohne den Rücktritt der Spei- sen verhindern sollen. Bei Ps. ochrocephalus sind diese Spitzen nicht so deutlich ausgebildet, bei Ps. sinensis treten statt ihrer stumpfe Tuberkeln auf und bei allen übrigen Arten wie Ps. macao, militaris, macauanna, pertinax, au- ricapillus, solstitialis, viridissimus, haematodes, dominicen- sis, Dufresnianus, pullarius, Pennanti und sulphureus, wel- che darauf untersucht wurden, enden die Falten ohne Aus- zeichnung. Wo sie plötzlich aufhören, bemerkt man zwi- schen ihnen gemeinlich deutliche Schleimöffnungen. Der Vormagen Fig.1.2. a, setztsich durch allmählige Verdi- ckung, äusserlich von Schlunde ab, immer deutlicher durch seine Drüsenöffnungen Fig. 3. welche bald dicht gedrängt, bald isolirter stehen, weit geöffnet sind oder eng und bis zum Un- deutlichen. BeiPs. viridissimus, menstruus, leucocephalus hat die innere Fläche des Vormagens ein zellig schwammiges Ansehen. Länge und Weite des Vormagens ändern übri- gens sehr ab, durch beträchtliche Grösse zeichnen sich Ps. ‘ sinensis, erithacus, macao und ochrocephalus aus, einige x zugleich durch Krümmung. Jugabildung kömmt bei den Papageien im Vormagen niemals vor. Dagegen ist dersel- be stets durch einen Zwischenschlund Fig. 3. vom Magen geschieden, der bei Ps. auricapillus, sinensis länger als der Vormagen, bei Ps. macauanna von der Länge desselben, bei erithacus, solstitialis, macao ebenfalls noch sehr gross und weit, bei Ps. menstruus, cristatus, dominicensis, hae- _ matodes kurz bis sehr kurz, doch oft noch beträchtlich weit ist. Der Magen hat eine verhältnissmässig geringe Grösse und sehr gewöhnlich eine runde käseförmige Gestalt. Ob- wohl allgemein Muskelmagen und oft mit deutlichen Seh- nenscheiben auf beiden Seiten ist er doch nur bei Ps. cri- status, dominicensis, auricapillus deutlich und selbst dick muskulös, bei andern Arten ist er schwach muskulös so bei Ps. macao, ochrocephalus, sinensis, erithacus, bei noch 148 andren wie Ps. sulphureus, solstitialis u. a. scheinbar blos häutig. Die innere Lederhaut des Magens bildet sehr ge- wöhnlich dichte anliegende Zotten Fig. 3, die nur bei Ps. macauanna, solstitialis, dominicensis sehr kurz, bei Ps. sul- phureus und erithacus blos Papillen sind und bei Ps. pul- larius, leucocephalus, Alexandri ganz undeutlich werden. Die Darmlänge beträgt bei Ps. ochrocephalus mit 1‘11%“ Rumpfeslänge 44”, bei Ps. solstitialis mit 2 6“ Rumpfes- länge 2°, bei Ps. leucocephalus von 1'7” Gesammtlänge 8'6“, bei Ps. ceristatus 38“ Die Duodenalschlinge ändert in ihrer Länge gewöhnlich ab. Die innere Darmfläche ist deutlich mit Zotten ausgekleidet, welche nach hinten im- mer kürzer werden und im Mastdarm ganz fehlen, wo statt ihrer häufig Grübchen und helle Punkte vorkommen. Blind- därme fehlen allen Papageien durchaus. Die Leber Taf. VI. Fig. 8, bei allen Papageien ohne Gal- lenblase, ist stets asymmetrisch und mit sehr seltenen Aus- nahmen derlinke Lappen erheblich kleiner als der rechte. Die Ausnahme bildet Ps. dominicensis, bei welchem der linke Lappen ebensolang und zweimal so breit wie der rechte ist. Daran schliesst sich Ps. leucocephalus, wo der linke eben- falls noch breiter, aber doch kürzer als der rechte ist, und ganz ähnlich rufirostris, bei andern wie pullarius und cri- status ist der linke etwa ein Drittheil so lang wie der rechte, dann folgen die andern Arten mit immer kleinern linken Lappen bis macao, wo der rechte wohl achtmal so gross ist wie der linke, dieser nach hinten sich zuspitzt, jener dagegen sich breit gerundet erweitert. Bei Ps. ma- cauanna sind beide Lappen sehr schmal und nach hinten zugespitzt, bei solstitialis der kleine linke dreieckig, der rechte schmal und lang, nur bei Dufresnianus beide Lap- pen von gleicher Form, aber der linke von der halben Grösse des rechten. Das Pankreas Taf. VII. Fig. 2. d, zerfällt bei Ps. macao vollständig in zwei Drüsen: die rechte ist ein einfacher lan- ger Streif, dernoch lange nicht den Winkel der Darmschlinge erreicht, die linke theilt sich an dem obern Ende gabelförmig. Eben dieses Zerfallen findet sich bei Dufresnianus und domini- censis, purpureus und menstruus: das rechte Pankreas stets 149 mit einem, das gelappte linke mit zwei Ausführungsgängen. Bei andern Arten wie ochrocephalus, leucocephalus stehen beide Pankreas durch eine breite Brücke in Verbindung und bilden also nur eine, immer aber tief gelappte Drüse. Die Milz Tf.7, fig. 2f zeigt nur geringfügige Unterschiede in der Grösse und Form. Sie ist sehr klein und rund bei Ps. pertinax, ochrocephalus, erithacus, solstitialis, grösser und rund oder doch rundlich bei macao, Alexandri, cristatus, klein und länglich bei auricapillus, und rufirostris, sehr gross oval bei macauanna und dominicensis, fast birnförmig bei purpureus. Die Nieren pflegen deutlich dreilappig und längs der Mittellinie auf eine weitere oder kürzere Strecke ge- trennt zu sein. Bei Ps. macao und macauanna nehmen die nur schwach getheilten Lappen nach hinten sehr merk- lich an Breite zu und sind dieselben längs der Mittellinie völlig getrennt. Letzteres ist auch bei ochrocephalus der Fall, aber hier ist zugleich der hintere Lappen gänzlich vom mittlen abgerückt und nur durch Gefässe noch mit demselben verbunden, auch die Nebennieren sehr gross. Bei militaris fehlt absonderlicher Weise der linke vordere Lappen, sie sind randlich nur schwach getheilt, nach hin- ten breiter und in der Mitte wiederum aus einander ge- rückt. Bei pertinax, solstitialis und aeruginosus zeichnet sich der vordere Lappen durch überwiegende Breite aus, der Mittellappen durch Kleinheit und die Trennung in der Mittellinie ist auf eine sehr kurze Strecke beschränkt. .Bei rufirostris werden die Hinterlappen sehr kurz und die Tren- nung in der Mitte ist vollständig, ebenso bei’ haematodes und leucocephalus mit sehr grossen Vorderlappen auch bei purpureus und cristatus‘, bei menstruus und Dufresnia- nus sind die Hinterlappen wieder grösser, bei erithacus endlich die hintern Lappen in der Mittellinie mit einander verschmolzen und die Uretren auffallend weit. Die Hoden pflegen länglich oval oder von ellipti- schem Umfange und sehr ungleicher Grösse zu sein. Nur bei Ps. erithacus sind beide von gleicher Länge und relativ sehr gross, ähnlich bei leucocephalus, klein und schwärz- lich bei Pennanti, bei ochrocephalus klein und länglich, XIX. 1862. 11 150 der linke sehr viel länger als der rechte, ebenso bei per- tinax und auricapillus. Von den Ovarien ist bei Ps. rufirostris, militaris, haematodes, Dufresnianus, leucocephalus, menstruus, purpu- reus und sulphureus nur das linke, bisweilen sehr gross, vorhanden, bei ochrocephalus und aeruginosus findet sich hin und wieder ein rudimentäres rechtes, nur bei macauan- na erscheint auch das rechte vollkommen ausgebildet, wenn auch stets merklich kleiner als das linke. Die Nasendrüsen, klein und rundlich oder herzför- mig verstecken sich tief in der Orbita oben am innern Augenwinkel. Die Bürzeldrüse fehlt unter den Papageien bei Ps. ochrocephalus, dominicensis, rufirostris, Dufresnianus, leu- cocephalus, menstruus, purpureus, bei den andern unter- suchten Arten ist sie vorhanden, aber ändert in Grösse, Form, Länge ihres Ausführungsganges und Federbesatz desselben ziemlich erheblich ab. An der herzförmigen Bürzeldrüse bei Ps. macao fand Nitzsch keine Oeffnung am Zipfel (ob vielleicht nur monströs?) ’und einen zweiten mittlern nach hinten gerichteten unter der Haut liegen Zi- pfel, der mit Schmiere angefüllt war. Der freie Zipfel ist mit einem Kranze von Oelfedern besetzt. Bei macavuanna ist die Drüse sehr gross und tief getheilt, 'mit langem am Ende befindlichen Zipfel, bei pertinax beide Hälften ganz von einander gezogen und ihr gemeinschaftlicher Zipfel dünn und lang, mit sechs Oelfedern besetzt, der Ausfüh- rungsgang in demselben doppelt. Bei erythropterus trägt der schmale cylindrische Zipfel einen weissen Doldenfe- dernbusch und die Drüse einen Kranz von orangegelben Federn, bei Leachi der dünne cylindrische Zipfel nur blass- graue Dunen. Bei ararauna ist die Drüse sehr breit und befiedert, bei severus herzförmig mit grauen Oelfedern, bei pertinax, auricapillus, solstitialis, haematodes, erithacus sehr breit herzförmig, mit einem dichten Bündel von Oelfedern, ähnlich nur ansehnlich dicker bei garrulus, dünner bei pul- larius, Pennanti, sinensis, pondicerianus, Alexandri und Pe- zoporus novae Hollandiae. 151 Erklärung der Tafeln. Tafel TEN, Psittacus macao. Fig. 1. Unterkiefer von unten nach Wegnahme des Hornüberzuges. 5. M. mylohyoideus transversus, d. M. conicus Tied = myloceratoideus anterior Nitzsch = geniohyoi- deus Steno. e. M. myloceratoideus posterior Nitzsch. f. M. mylohyoi- deus obliquus anterior. g. M. mylohyoideus obliquus. — Fig. 2. Zun- genmuskeln von unten: @. M. genioglossus Nitzsch. d. M. mylohyoideus transversus anterior, ec. M. myloh. transversus posterior, d, conicus Tied >= geniohyoideus Steno = myloceratoideus anterior Nitzsch, bed ent- springen von der innern Fläche des Unterkieferastes dicht am Anfange der Schnabelbedeckung.* Eine Drüse. e. M. ceratoglossus. / M. my- lohyoideus obliquus anterior. g. M. mylohyoideus obliquus. A. M. my- loceratoideus posticus Nitzsch = genohyoideus Steno. — Fig. 3. Zun- genmuskeln von oben: d. M. myloceratoideus anterior Nitzsch — coni- eus Tied. e. M. myloceratoideus posticus Nitzsch. A. M. thyreohyoi- deus. ©. M. thyreoglossus Nitzsch. ce. M. ceratoglossus Tied = cerato- glossus lateralis Nitzsch. p. M. ceratoglossus superior Nitzsch. — Fig. 4. Dieselben von unten: a. M. genioglossus seitwärts gelegt cf. Fig. 2a. !. M. hypoglossus rectus Tied. c. M. ceratoglossus Tied = ceratoglos- sus lateralis Nitzsch. d. M. conicus Tied = myloceratoideus anterior Nitzsch. e. M. conicus Tied = myloceratoideus posticus Nitzsch = goniohyoideus Steno. A. Scheint der Muskel zu sein, welcher von der Furcula oder dem Brustbeine entspringt, hier sich aber nicht an den Larynx, sondern neben dem thyreohyoideus und mylohyoideus obliquus an die seitliche Flügelspitze des Zungenbeinkörpers setzt. 2. M. hypo- glossus rectus Tied. m. M. ceratoglossus inferior s. basioglossus Nitzsch. n. M. hypoglossus obliquus. r. M. ceratohyoideus. Tafel IV, Fig. 1. Kopf von Ps. macao ohne San im Durchmesser um ein Drittheil verkleinert: m. Masseter Nitzsch, e. M. ethmomaxillaris Nitzsch. t. M. temporalis. n. Nasendrüse. — Fig. 2. Derselbe nach Wegnahme des Masseter und Temporalis: e. M. ethmomaxillaris Nitzsch. o. M. orbitomaxillaris Nitzsch = Masseter Meckel. pt. M. pterygoideus externus s. palatomaxillaris. / Os ptery- goideum. 09. Os quadratum. g. M. quadratomaxillaris. »:. M. ptery- goideus internus. ag. M. orbitoquadratus. Tafel V. Zungenmuskeln von Ps. leucocephalus vergrössert: Fig. 1. von oben: a. M. ceratoglossus superior. b. M. hypoglossus ob- liquus Tied. c. M. ceratoglossus. d. M. thyreohyoideus. e. M. mylo- hyoideus obliquus. — Fig. 2. von unten: b. M. hypoglossus obliquus. c, M. ceratohyoideus. Tafel VE. Fig. 1. Linker Flügel des Ps. leucocephalus von der Rückseite: 2 Tensor plicae alaris secundus. 4. M. latissimus dorsi anticus. 3. M. deltoideus. 5. M. latissimus dorsi posticus. 6. Anco- naeus longus, 7 brevis. 8. M. biceps brachii. 9. Extensor metacarpi radialis longus, 10 brevis. 11. Flexor metacarpi radialis. 12. Flexor communis pollicis et digiti secundi. 13. Extensor digiti. 117 152 Fig. 2. Unterer Kehlkopf von Ps. sulphureus: von vorn vergrössert, a. Sehne statt des M. thoracotrachealis. — Fig. 3. Derselbe von der linken Seite. — Fig. 4. Derselbe nach Wegnahme des äussern Muskels. Fig. 5. Unterer Kehlkopf von Ps. erithacus von hinten, vergrös- sert: a die äussern langen Muskel, b die innern kurzen: Muskel. — Fig. 6. Derselbe von der linken Seite. — Fig. 7. Desgleichen ohne Muskeln: a letztes Tracheenstück aus einigen verwachsenen Ringen ge- bildet, b erster Bronchialring, beweglich und knöchern, c Quersehne, an welche sich der kurze Muskel inserirt, d Hautstelle, hinter welcher ein starkes Querband liegt, e bewegliche Knorpelplatte, f fünf knöcherne Bronchialhalbringe gegen einander ganz unbeweglich. — Fig. 8. Leber von Ps. menstruus. Tafel VER. Fig.ı. Schlund von Ps. menstruus bis zum Ma- gen, natürliche Grösse. — Fig. 2. Ebenfalls von Ps. menstruus: «a. Vor- magen, b Magen, ec. Darmschlinge, d. zweites Pankreas, e Pankreatische Gänge, f. Milz. — Fig. 3. Schlund, Vormagen und Magen von innen gesehen, daneben ein Stück Vormagen vergrössert. Mittheilungen aus dem chemischen Universitäts-Laboratorium in Halle. I. Untersuchung einer Hornblende aus Brackendorff 2 in Ungarn. Vor Kurzem hatte ich Gelegenheit, im Laboratorium des Herrn Professor Heintz eine strahlige Hornblende aus Bracken- dorff in Ungarn zu analysiren, die neben den gewöhnlichen Be- standtheilen dieses Minerals über 5 Procent Natron enthielt. Es wurden zwei Analysen ausgeführt, bei denen im Wesentlichen dieselben Methoden befolgt und auch nur wenig von einander abweichende Resultate erhalten wurden. Nur die Aufschliessung des Minerals fand in beiden Untersuchungen auf verschiedene Weise statt, indem nämlich bei der ersten die Abwesenheit von Alkalien vorausgesetzt wurde, bei der zweiten dagegen, den Er- gebnissen der ersten Analyse zufolge, ein Alkaligehalt nothwen- dig angenommen werden musste. Da nun das Vorhandensein von Natron in dem in Rede stehenden Mineral sowohl vom chemi- schen als mineralogischen Gesichtspunkte aus nicht ohne Inter- esse ist, so dürfte es gerechtfertigt erscheinen, wenn ich eine kurze Zusammenstellung der von mir befolgten Trennungsmetho- den nebst den Resultaten, zu denen dieselben geführt haben, hier folgen lasse. — 153 I. Bei der ersten Untersuchung, bei welcher ich, wie er- wähnt, von der Annahme ausging, dass keine oder nur unwäg- bare Mengen von Alkalien zugegen seien, wurden 1,440 srm. der fein gepulverten Substanz angewendet. Die abgewogene Quan- tität wurde zuerst im Luftbade bei 100° erhitzt und, als hier keine Gewichtverminderung eintrat, über einer Gasflamme so lange geglüht, bis das Gewicht constant blieb. Der Verlust be- trug 0,017 grm. oder 1,18 Procent. — Die wasserfreie Sub- stanz wurde sodann im Gasgebläse mit kohlensaurem Natron (dem Vierfachen ihres Gewichts geglüht) und die Masse eine Vier- telstunde lang im Fluss erhalten. Nach dem Erkalten wurde der Inhalt des Tiegels in eine Porzellanschale gebracht, mit etwa der zehnfachen Menge Wasser übergossen und überschüssige Salz- säure hinzugefüst. Die Flüssigkeit, in welcher somit die vor- handenen Basen als Chlorverbindungen gelöst und ein Theil der Kieselsäure suspendirt war, wurde im Wasserbade zur Trockene verdampft, bis keine Dämpfe von Salzsäure mehr entwichen. Der Rückstand wurde mit kalter Salzsäure durchtränkt, eine halbe Stunde bei Seite gestellt, und dann mit heissem Wasser angerührt. Hiedurch lösten sich die Chlorverbindungen auf und die Kieselsäure blieb als feinstes weisses Pulver zurück. Nach- dem das Anrühren mit heissem Wasser mehrere Male wieder- holt und die dekantirte Flüssigkeit filtrirt worden,‘ wurde die Kieselsäure auf das Filter gebracht, vollständig ausgewaschen, getrocknet und geglüht. Es wurden 0,703 grm. erhalten, welche, auf die bei 100° getrocknete Substanz bezogen, einen Pro- centgehalt von 48,80 ergeben. — Aus der Flüssigkeit wurden Thonerde und Eisen von Magnesia und Kalk nach der neuen Methode von H. Rose *) mittelst Ammoniak und Erhitzen der Mischung, bis der Ammoniakgeruch verschwunden war, abge- schieden. Der gut ausgewaschene Niederschlag wurde in eine Platinschale gebracht, in Salzsäure gelöst, die Lösung mit koh- lensaurem Natron nahe zu neutralisirt und, nachdem sie bis zum Kochen erhitzt war, mit Kalihydrat im Ueberschuss versetzt. Das auf diese Weise gefällte Eisenoxydhydrat wurde nun von der im überschüssigen Kali gelösten Thonerde durch Filtration getrennt und im Filtrate die Thonerde nach sorgfältigem Aus- waschen des Eisenniederschlages in der Weise bestimmt, dass die alkalische Lösung mit Salzsäure angesäuert, mit etwas chlorsau- rem Kali gekocht und sodann der durch Ammoniak erzeugte Niederschlag auf dem Filtrum gesammelt wurde. Die Wägung des geglühten Niederschlages ergab einen Thonerdegehalt von 0,046 grm. oder 3,18 Procent der bei 100° getrockneten Sub- stanz. — Das Eisenoxydhydrat wurde nochmals in Salzsäure *) Poggendorff’s Annalen. Bd. 110. $. 292. 154 ' gelösst und durch Ammoniak gefällt. Es hinterliess, als es nach sorgfältigem Auswaschen und Trocknen geglüht war, 0,322 grm. Oxyd, welche auf Oxydul berechnet 0,289 grm. ergeben. Die bei 100° getrocknete Substanz enthielt daher 20,06 Procent Eisenoxydul. Das auf Oxydul berechnete Eisenoxyd war indess, wie die zweite Analyse zeigte, noch mit einer geringen Menge Mangan verunreinigt. — Die Flüssigkeit, aus welcher durch Uebersättigen mit Ammoniak Thonerde und Eisenoxyd gefällt waren, wurde mit Oxalsäure versetzt. Als sich nach längerem Stehen der Niederschlag vollständig abgesetzt und die darüber befindliche Flüssigkeit geklärt hatte, wurde abfiltrirt. Der oxal- saure Kalk wurde ausgewaschen, getrocknet und dann in der ge- wöhnlichen Gasflamme, hernach aber im Gebläse geglüht, um ihn in Aetzkalk zu verwandeln. Das Gewicht betrug, als es durch Glühen im Gasgebläse nicht weiter vermindert wurde, 0,270 grm. oder 18,74 Procent der bei 100° getrockneten Substanz. Um aber Gewissheit zu erlangen, dass der aus dem oxalsauren Kalk zunächst gebildete kohlensaure Kalk vollständig in Aetzkalk über- geführt worden sei, schien es zweckmässig den erhaltenen Aetz- kalk durch Benetzen mit einer concentrirten Lösung von kohlen- saurem Ammoniak, Verdunsten und äusserst schwaches Glühen wieder in kohlensauren Kalk umzuwandeln. Auf diese Weise ergaben sich 0,484 grm. kohlensaurer Kalk, welche 0,271 grm., also hinreichend genau der obigen Menge Aetzkalks entsprechen. — Es blieb nun noch übrig, in der von dem Kalkniederschlage getrennten Flüssigkeit die Magnesia zu bestimmen. Die Flüs- sigkeit wurde, da sie bereits überschüssiges Ammoniak enthielt, unmittelbar mit phosphorsaurem Natron versetzt. Als sich nach zwölfstündigem Stehen der. Niederschlag abgesetzt hatte, wurde die Flüssigkeit abfiltrirt, der Niederschlag auf dasselbe Filter ge- bracht und durch Auswaschen mit ammoniakhaltigem Wasser von allem Natrongehalte befreit. Durch Glühen der getrockneten phosphorsauren Ammoniak - Talkerde ergaben sich 0,119 grm. pyrophosphorsaure Magnesia, entsprechend 0,0426 grm. Magne- siumoxyd, woraus sich für die bei 100° getrocknete Substanz der Procentgehalt zu 2,96 berechnet. — Hienach ist das Gesammitresultat der Analyse folgendes: 0,017 grm. H 118 0,7038 „ Si 48,80 0.046,00, 0A 33,18 0,289 „ Fe 20,06 0,270 „ Ca 18,75 0,043 Mg 2,96 1,368 Ben 94,93 Die Summe ik in dem untersuchten Mineral ed nen Bestandtheile war also um 0,072 grm. oder 5 Procent zu 155 niedrig ausgefallen. Es lag daher die Frage nahe, ob nicht doch vielleicht ein Alkaligehalt in der Substanz vorhanden und durch dessen Vernachlässigung jenes Minus herbeigeführt sei. Um diese Frage zu beantworten, war es nöthig, eine zweite Untersuchung vorzunehmen, die zugleich zur Bestätigung der er- steren dienen konnte. II. Zu der zweiten Analyse wurden 1,891 grm. angewen- det, die mit der zuerst analysirten Quantität gleichzeitig 'gepul- vert waren. Der Wassergehalt betrug diesmal 0,021 oder 1,11 Procent. Die vom Wasser befreite Substanz wurde nun in ei- ner Platinschale mit Flusssäure übergossen, welche zu diesem Zwecke mittelst Fluorcaleium und Schwefelsäure frisch bereitet war, und dann die Mischung bis zum andern Tage bei Seite ge- stellt. Nach 24 Stunden konnte die Substanz als vollständig aufgeschlossen betrachtet werden; denn die Mischung enthielt jetzt nicht mehr ein graues, sondern ein höchst fein vertheiltes, weisses Pulver, das beim Umrühren mit dem Platinspatel kein kratzendes Geräusch mehr veranlasste Es wurde nun reine Schwefelsäure hinzugefügt, um die vorhandenen Basen in schwe- felsaure Salze überzuführen, und dann das überschüssige Schwe- felsäurehydrat und Fluor durch Erhitzen über einer Gasflamme entfernt. Die erkaltete Masse wurde mit concentrirter Salz- säure versetzt und nach längerem Stehen viel Wasser hinzu- gefügt, bis eine vollständige Lösung erzielt war. Aus der Flüssigkeit, welche jetzt die Basen als schwefelsaure Salze und ausserdem freie Salzsäure enthielt, wurde Eisenoxyd und Thon- erde durch überschüssiges Ammoniak gefällt und die Trennung beider ganz wie bei der ersten Analyse ausgeführt. — Die Be- stimmung der Thonerde wurde .durch einen Unfall unmöglich gemacht. Das durch Kali von der Thonerde befreite Eisenoxyd besass eine dunkelbraune Farbe, welche mich bereits bei der er- sten Analyse auf die Vermuthung geführt hatte, dass vielleicht auch wägbare Mengen von Mangan in der Substanz enthalten sein möchten. Da nun diese zweite Untersuchung vorzugsweise zur Bestätigung und Berichtigung der ersteren dienen sollte, so durfte auch dieser Umstand nicht übersehen werden. Es wurde daher, um das Eisen vom etwa vorhandenen Mangan zu schei- den, die salzsaure Lösung nach und nach mit Ammoniak ver- setzt, so lange noch der Niederschlag von der dunkelrothen Flüs- sigkeit wieder gelöst wurde, und mit dem Zusatz von Ammoniak aufgehört, als ein dauernder Niederschlag sich gebildet hatte, während die Flüssigkeit noch gelblich gefärbt war. Dann wurde zu der Mischung bernsteinsaures Ammoniak gesetzt, wodurch das vorhandene Eisenoxyd als bernsteinsaures Salz gefällt wurde, während das Mangan in der Lösung blieb. Der von der Flüs- sigkeit getrennte, ausgewaschene und geglühte Niederschlag gab 0,408 grm. Eisenoxyd, denen 0,367 grm. Oxydul oder 19,40 156 Procent der bei 100° getrockneten Substanz entsprechen. — ‚Die vom bernsteinsauren Eisenoxyd abfiltrirte Flüssigkeit wurde am- moniakalisch gemacht und eine Woche bei Seite gestellt. Dar- nach hatte sich ein brauner Niederschlag von Manganoxydul- oxydhydrat in derselben gebildet, welcher abfiltrirt, ausgewaschen und geglüht wurde. Es wurden 0,002 grm. Manganoxyduloxyd erhalten, denen 0,0018 grm. Manganoxydul entsprechen oder 0,1 Procent der bei 100° getrockneten Substanz. Die vom Man- ganoxyduloxydhydrat getrennte Flüssigkeit gab bei längerem Stehen keinen Niederschlag mehr, war also als vollständig man- ganfrei zu betrachten. — Die Kalkbestimmung geschah ganz wie bei der ersten Ana- lyse, nur mit dem Unterschiede, dass die Zurückführung des durch Glühen im Gebläse erhaltenen Aetzkalks in kohlensauren Kalk für unnöthig erachtet wurde. Es ergaben sich 0,3637 grm. Aetzkalk oder 19,18 Procent. — Bei der Magnesiabestimmung fand insofern eine Abweichung statt, als die ammoniakalische Flüssigkeit, statt mit phosphorsaurem Natron, mit reiner Phos- phorsäure versetzt wurde, da ja die Ermittelung der Alkalien der Hauptzweck der ‚Untersuchung war. Es wurden 0,182 grm. pyrophosphorsaure Magnesia erhalten, denen 0,066 grm. Magne- siumoxyd oder 3,49 Procent entsprechen. — In der von der phosphorsauren Ammoniak-Talkerde abfitrirten Flüssigkeit konn- ten nur noch Alkalien als Basen vorhanden sein. Behufs der Abscheidung der letzteren wurde die Flüssigkeit erhitzt und durch Zusatz von essigsaurem Bleioxyd von der zur Fällung der Magnesia überschüssig hinzugesetzten Phosphorsäure befreit. Das überschüssige Bleioxyd wurde sodann mit Ammoniak und koh- lensaurem Ammoniak ausgefällt und der aus phosphorsaurem, oxalsaurem, schwefelsaurem, kohlensaurem Bleioxyd und Chlor- blei bestehende Niederschlag durch Filtration und Auswaschen von der Flüssigkeit getrennt. Als jetzt in die Flüssigkeit Schwe- felwasserstoff geleitet wurde, nahm dieselbe eine braune Farbe an, ohne jedoch einen , Niederschlag zu bilden; immerhin aber zeigte sich hinlänglich, dass noch Blei gelöst war. Am folgen- den Tage hatte sich ein deutlicher Niederschlag abgesetzt und die darüberstehende Flüssigkeit war vollkommen farblos. Es “wurde nun die Flüssigkeit abfiltrirt und nach sorgfältigem Aus- waschen des Niederschlages zur Trockene verdampft. Der Rück- stand wurde geglüht, um die Ammoniaksalze, essigsaures Am- moniumoxyd und Chlorammonium zu verjagen. Es blieben 0,205 grm. lösliche Chlormetalle zurück, deren Lösung mit Pla- tinchlorid keinen Niederschlag gab». Um vollkommene Gewiss- heit zu erlangen, dass die rückständige Substanz wirklich aus Chlornatrium bestehe, wurde ein Theil derselben in die Löthrohr- flamme gebracht, welche sofort intensiv gelb gefärbt wurde. Es waren also 0,205 grm. Chlornatrium erhalten worden, welche 157 für die bei 100° getrocknete Substanz einen Natrongehalt von 0,1086 grm. oder 5,75 Procent ergeben. — Stellen wir nun die Resultate beider Analyen zusammen, so ist gefunden: :C 108 Mit NaÜ aufgeschlossen. Mit HEI aufgeschlossen. Si 48,30 ; ul Al 3,18 ai Fe 20,06 (mit Mn verunreinigt) 19,40 Mn — 0,10 Ca 18,75 19,18 Mg 2,96 3,49 Verlut = Na 5,07 5,75 #118 1,11 Nehmen wir aus beiden Analysen das Mittel, so ist die Zusam- mensetzung der untersuchten Hornblende folgende: Sauerstoff Si 48,80 25,34 ee 2 Al 3,18 1,49 Be Fe 19,73 4,38) Mn 0,10 0,02 Ca 18,96 5,39 a Mg 3,22 1,29 13,49 Na 5,41 1,39 18101415 1,02 100,55 In den aufgefundenen Bestandtheilen verhält sich, der Sauerstoff der Basen zu dem der Säuren wie 12,47: 26,83 = 1: 2,15 und bei Hinzurechnung des Wassers von 1349 26,833 = 1:.1,99. Die Formel des analysirten Minerals ist demnach: RSi H. Lüthe. II. Aufsuchung von Lithium- und Rubidiumverbindungen in der Halle’schen Salzsoole. ‚Nachdem von Bunsen und Kirchhoff mittelst des Spectral- apparates die Existenz der Verbindungen zweier neuer Alkali- metalle des Cäsium’s und Rubidium’s in mehreren Soolquellen, z. B. in der Dürkheimer Soole und auch in einem Silicate, dem Lithionglimmer (Lepidolith) nachgewiesen ist, erschien es nicht 158 uninteressant, die Gegenwart eines dieser Metalle oder wenn mög- lich beider in der Halleschen Salzsoole darzuthun. Zur Untersuchung wurde eine Quantität von ca. 30 Pfund Mutterlauge genommen, wie sie auf der hiesigen königl. Saline als Abfall von der Bereitung des Kochsalzes und schwefelsauren Kali’s gewonnen wird. Zur Abscheidung der massenhaft darin enthaltenen alkalischen Erden wurde die hell weingelb gefärbte dickflüssige Lauge mit kohlensaurem Natron in der Kälte über- sättigt, so dass schliesslich stark alkalische Reaction sichtlich war. Letzteres musste geschehen, um bei der darauf folgenden Mani- pulation alle Magnesia auszufällen. Der entstandene starke Nie- derschlag der kohlensauren alkalischen Erden war von so volu- minöser Beschaffenheit, dass eine rasche und vollständige Tren- nung durch Filtration Schwierigkeiten darbot, weshalb der Nie- derschlag mit der Flüssigkeit einige Zeit gekocht wurde. Hierdurch bekam der Niederschlag eine dichtere Beschaffenheit und war leicht zu filtriren. Nach dem Auswaschen wurde das Filtrat, das von etwas aufgelöstem Kupfer grün gefärbt war, eingedampft und auf diese Weise Chlorkalium und Chlornatrium mit der Vor- sicht abgeschieden, dass die erhaltenen Krystallisationen stark ab- gewaschen und ausgepresst wurden. - Nachdem so die in Untersuchung genommene Soole auf ein verhältnissmässig kleines Volum gebracht worden war, wur- den die letzten Krystallisationen, die, mittelst des Spectralapparates untersucht, schon sehr starke Lithionreaction zeigten, behufs der Darstellung eines Lithionsalzes gesammelt. Durch das dann noch bedeutend weiter eingeengte Filtat wurde, um aufgelöstes Kupfer zu entfernen, Schwefelwasserstoff geleitet. Es bildete sich ein schwacher Bodensatz. Nach Filtration des Schwefelkupfers wurde das Filtrat mit Salzsäure sauer gemacht. Nach geschehener Fil- tration wurde aus dem salzsauren Filtrat durch Verdunsten noch ei- nige Male Chlorkalium und Chlornatrium abgeschieden und dann zur Trockniss verdampft. Das trockne Salz hatte eine entschieden gelbe Farbe angenommen, entweder von Eisen oder organischer Sub- stanz herrührend. Um im letzteren Falle weiterer Störung im Gange der Analyse überhoben zu sein, wurde das Salz im Pla- tintiegel geschmolzen. Dabei verschwand zwar die gleichmässig gelbliche Farbe der Masse, concentrirte sich aber auf einzelne Punkte, welche beim Glühen graubraun, beim Erkalten hell schwe- felgelb erschienen. Beim Auflösen der Schmelze in kochendem Wasser und Filtriren blieb der gelbe Körper ungelöst auf dem Filter zurück und ergab sich später beim Auflösen in Salzsäure “ und Fällen mit Ammoniak als Eisenoxyd. Die gelöste Schmelze wurde nach dem von Bunsen und Kirchhoff in Poggend. Ann. Bd. 113, p. 373 angegebenen Verfahren partiell mit Platinchlorid in der Siedehitze gefällt, fünf- mal mit dem dreifachen Volum Wasser ausgekocht und kochend 159 . heiss von dem jedesmal restirenden Niederschlage decantirt. Die durch diese Manipulation bedeutend veringerte Menge der Platin- chlorid-Doppelverbindungen wurde unter Zuhülfenahme der redu- cirenden Gase von schwedischem Papier in schwacher Rothglüh- hitze zersetzt und das zerriebene Pulver, das aus metallischem “ Platin, Chlorkalium und möglicher” Weise aus Chloreäsium und Chlorrubidium bestand, mittelst des Spectralapparates untersucht, jedoch nur das Kaliumspectrum beobachtet. Deshalb wurde die rückständige Masse mit wenig Wasser ausgekocht, filtrirt, das kochende Filtrat von Neuem mit Platinchlorid gefällt und wie- derum mit Wasser dreimal ausgekocht. Die rückständigen Dop- pelsalze wurden alsdann, da die versuchte Reduction durch Pa- pier unvollkommen geschehen war, im Wasserstoffistrom bei kaum merklicher Rothgluth zersetzt, pulverisirt und wieder mittelst des Bunsen-Kirchhoffschen Apparates untersucht. Das Resultat war dem ersten vollkommen analog; nur das Kaliumspectrum war sichtbar. — Jetzt war bei so reducirten Mengen die Hoffnung schwach, nöch eines der neuen Alkalimetalle zu finden, doch wurde der Versuch wiederholt. Das graue Pulver mit heissem Wasser ausgezogen, das zum Kochen erhitzte Filtrat wieder mit Platinchlorid gefällt und zweimal mit kochendem Wasser aus- gekocht. Sodann wieder auf oben schon angegebene Weise in der Hitze zersetzt, mit Wasser extrahirt eingedampft und noch einmal der Beobachtung im Spectralapparat ausgesetzt. Wider alles Erwarten sah man jetzt neben dem immer noch sehr leb- haften Kaliumspectrum die characteristischen violetblauen Ru- bidiumlinien. Es ist also in der That in der Halle’schen Soole Rubidium enthalten, jedoch nur in so geringer Menge, dass dieselbe zur Darstellung von Rubidiumverbindungen im reinen Zustande nicht benutzt werden kann. Aus 30 Pfund Mutterlauge, welche von der Bereitung des Chlornatriums und schwefelsauren Kali’s restirte, war nur so viel eines Chlormetalls abgeschieden worden, dass es etwa zu 8 bis 10 spectralanalytischen Versuchen verwendet wer- den konnte. Diese geringe Menge Chlormetall enthielt aber im- mer noch sehr überwiegend Chlorkalium und nur sehr wenig Rubidium. Nach den Versuchen von Kirchhoff und Bunsen !) ist Chlorrubidium neben Chlorkalium noch zu erkennen, wenn letzteres etwa das 100—150-fache beträgt. In jener kleinen Menge Chlormetall kann man daher etwa 1 Proc. Chlorrubidium - annehmen. Die bei noch alkalischem Zustande der Lauge zuletzt ab- geschiedenen Krystallisationen wurden, um daraus, wie schon oben erwähnt, wenn möglich ein Lithionsalz darzustellen, in Was- . ser gelöst, schwach sauer gemacht und Schwefelwasserstoff hin- 1) Poggend. Ann. Bd. 113, p. 308. 160 durch geleitet, um das aufgelöste Kupfer zu entfernen, durch wel- ches die Lösung schon beim Eindampfen eine grüne Farbe an- genommen hatte; sodann wurde filtrirt und durch fortwährendes Eindampfen Chlorkalium und Chlornatrium entfernt. Der letzte Rest wurde ammoniakalisch gemacht, mit Schwefelwasserstoffam- moniak versetzt, aaf diese Weise Eisen entfernt, dann das über- schüssig zugesetzte Schwefelammonium durch Salzsäure zerstört, vom Schwefel abfiltrirt und unter fortwährender Beseitigung des sich abscheidenden Salzes weiter eingedampft. Der letzte, auf ein verhältnissmässig kleines Volum gebrachte Rest wurde zur Trockne gebracht und geschmolzen, in wenig Wasser gelöst und mit kohlensaurem Ammoniak kochend gefällt. Es entstand ein flockiger, voluminöser Niederschlag, der seine physikalische Beschaffenheit durch längeres Kochen nicht änderte. Er wurde filtrirt, wenig ausgewaschen, gepresst und ebenfalls vor- läufig aufgehoben. Die Auskochungen der Platindoppelsalze konn- ten vielleicht noch Chlorlithiumplatinchlorid enthalten. Sie wur- den behufs der Abscheidung des Platins mit Schwefelwasserstoff behandelt, vom Schwefelplatin, welches sieh erst bei längerem Kochen aus der Flüssigkeit vollkommen abscheidet durch Fil- tration getrennt, zur Trockniss eingedampft und geglüht. Die geschmolzene Masse wurde in Wasser gelöst, abgedampft, und so noch ein Theil Chlorkalium und Chlornatrium ausgeschie- den. Die zuletzt abgegossene Flüssigkeit wurde mit kohlensaurem Ammoniak versetzt und es ergab sich so noch etwas Lithion, wel- ches wie die beiden ersten Portionen gereinigt wurde. Schliess- lich wurden die drei erhaltenen Niederschläge in vielem Wasser kochend gelöst und durch Abdampfen und Krystallisiren lassen daraus ungefähr !/,, Gramm kohlensaures Lithion gewonnen. Das Ergebniss dieser Untersuchung stellt die Gegenwart von Lithium und Spuren von Rubidiumverbindungen in der Halle’schen Salzsoole ausser Zweifel. —F. Tiefirunk. III. Chemische Untersuchung eines aus der Multerlauge der hiesigen Saline auskrystallisirenden Salzes. Wenn die Mutterlauge der hiesigen Saline bis ungefähr zur Hälfte ihres Volumens eingedampft wird, so krystallisirt beim Er- kalten ein Doppelsalz von Chlorkalium und Chlormagnesium her- aus, das vermuthlich die Zusammensetzung des Carnallits besitzt. (2MgCl + KCl + 12HO.) Durch Umkrystallisiren kann man dieses Salz nd wieder bilden, also auch nicht von dem dasselbe verunreinigenden Chlor- natrium befreien. Aus einer wässrigen Lösung desselben schies- sen nur Krystalle von Chlorkalium an. Da dass Salz ausserdem sehr schnell Feuchtigkeit anzieht, so liegt hierin ein zweiter Uebelstand, der die chemische Untersuchung erschwert. 161 Bei einer, unter Anleitung des Herrn Professor Heintz im; Laboratorium der hiesigen Universität ausgeführten Analyse welche von Herrn Bergrath Bischof dadurch veranlasst wurde, dass derselbe das dazu erforderliche Material freundlichst mit- theilte, wurde folgender Gang eingeschlagen. Fünf Proben von a, 1,1940 Gramm b;.: 1,0987 ı ., c, 0,9445. „ d, 0,8310 ,„ & 0, ‚7460 Gewicht wurden in Wasser Belös, nd die letztere (e) zur Be- stimmung des Wassers benutzt, während die sub d zur Bestim- mung des Chlors diente. In den drei übrigen Proben wurde das Magnesium bestimmt und zwar in (b) und (ec) nach der Schaffgotsch’schen Methode mittelst kohlensauren Ammoniaks und in (a) durch phosphorsaures Natron. Die Schaffgotsch’sche Me- thode ergab ziemlich übereinstimmende Resultate, nämlich 0,1363 - Gramm (b) und 0,1138 Gramm (c) Magnesia, Ei chend ei- nem Gehalte von 7,44 und 7,55°/, Magnesium. Dagegen wurde der Gehalt an Magnesium mittelst phosphor- sauren Natrons zu 0,4715 Gramm phosphorsaurer Magnesia oder 8,53%), Magnesium bestimmt, so dass die Schaffgotsch’sche Me- thode an Genauigkeit hinter der andern, anerkannt sehr genaue Resultate gebenden, zurückzustehen scheint. Die mittelst kohlensauren Ammoniaks gefällte Magnesia enthält stets noch Spuren von Alkalien, die nach dem Trocknen und Glühen des Niederschlages mit Wasser ausgezogen werden müssen. Da aber die Magnesia in Wasser nicht absolut unlös- lich ist, so fällt die Magnesia-Bestimmung meist etwas zu nied- rig, die Bestimmung der Alkalien zu hoch aus. In allen Fällen muss man, wie auch hier geschehen: ist, die mit Wasser ausgezögenen Alkalien, bevor man sie mit der den Rest der Alkalien enthaltenden Flüssigkeit vereinigt, etwas ein- engen, die sich abscheidende Magnesia abfiltriren und mit in Rechnung bringen. Zur Bestimmung des Gehaltes an Alkalien in dem fragli- chen Salze, wurde das bei dem dritten Versuche (e), nach Ab- scheidung des Magnesiums durch kohlensaures Ammoniak erhal- tene Filtrat benutzt. Dasselbe wurde eingedampft, der Rückstand geschmolzen, gewogen und wieder in Wasser gelöst. Das Ge- wicht betrug 0,271 Gramme. Durch Platinchlorid wurde das Kalium aus der Lösung ge- fällt, der Niederschlag auf einem bei 100°C. getrockneten und gewogenen Filter gesammelt, getrocknet und gewogen. Das Ge- wicht des Kaliumplatinchlorids betrug 0,7375 Grammen, woraus sich ein Gehalt an Kalium von 13,34°/, berechnet, während die 162 Differenz den Gehalt an Natrium zu 1,26 pC. ergiebt. Der folgende Versuch ergiebt aber, dass diese vermeintliche Natrium- verbindung noch viel Kalium enthielt. Die vom Kaliumplatinchlorid getrennte Flüssigkeit wurde, um das Natrium qualitativ in ihr nachzuweisen, durch Schwefel- wasserstoffgas von Platin befreit, nach Zusatz einiger Tropfen concentrirter Schwefelsäure eingedampft und der Rückstand mit kohlensaurem Ammoniak anhaltend geglüht, wodurch das Na- : trium in schwefelsaures Natron übergeführt werden sollte. Die geschmolzene und erstarrte Masse wurde in einigen Tropfen Was- ser gelöst und die Lösung zum Krystallisiren hingestellt. Die Menge der anschiessenden Krystalle war natürlich sehr gering und, ein Verwittern derselben nicht zu bemerken. Die Lösung der Krystalle gab mit Platinchlorid einen Niederschlag von Kalium- platinchlorid; indessen färbte sie auch die farblose Gasflamme in- tensiv gelb. Nimmt man nun obige 0,271 Gramm Chlormetall nach die- sen Versuchsresultaten als Chlorkalium an, das nur Spuren von Chlornatrium enthält, so beträgt der Kaliumgehalt des Salzes 14,95 pC. Das Chlor wurde in der vierten Probe (d) als Chlorsilber bestimmt, und das Gewicht des letztern zu 1,227 gefunden, ent- sprechend einem Chlorgehalte von 36,49 pC. Zur Bestimmung des Wassers wurden 0,746 Grammen des Salzes unter einer Decke von Bleioxyd geglüht. Durch die Ge- wichtsdifferenz vor und nach dem Glühen bestimmte sich das Wasser zu 0,305 Grammen oder 40,88 pC. Das Resultat der Untersuchung stellt sich also foiesalie massen heraus: Magnesium (Mittel aus 3 Versuchen) 7,84 pC. Kalium (mit Spuren von N atrium) 14, 95 4, Chlor 36, ‚49 E Wasser 40,88 » - 100,16 pC. Dividirt man mit den Atomgewichten in die gefundenen procen- tischen Mengen, so findet man für Magnesium 0,653 Kalium 0, 382 Chlor ik 026 Wasser 4, 542 Hieraus ergiebt sich, abgesehen von einem kleinen Ueber- schusse an Wasser und Chlorkalium die Formel KCl + 2MgCl # 12HO. Dies ist eben die Formel des Carnallit, welcher folgende Zusammensetzung, besitzt: 163 Magnesium 8,65 Kalium 14,09 Chlor 38,34 Wasser 38,92 100,00. Halle, den 15. Februar 1862. K. A. Schroeker. Literatur, Physik. Frankenheim, über die durch Verletzung eines Krystalles entstehenden Krystallflächen. — Verf. widerlegt einen Theil der von v. Hauer in den Berichten der Wiener Akademie XXXIX, 620 und XL 539 und 589 aufgestellten Behaup- tungen und kommt durch Experimente zu dem Resultate, dass durch Anfeilen nie eine Krystallflähe erzeugt wird, wenn nicht Ursachen vorhanden sind, welche sie auch ganz ohne Anfeilen hervorbringen würden. Die Wirkung kann dadurch bloss ausgedehnter und deutli- cher werden. — (Pogg. Ann. Bd. 113, 1861. No. 7.) Hhnm. Jacobsen, über die von Pasteur beobachtete Ano- malie am ameisensauren Strontian. — Ameisensaurer Stron- tian krystallisirt in hemiödrischen sich nicht deckenden Formen; er unterscheidet sich von den meisten ähnlichen Krystallen dadurch, dass seine wässrige Lösung keinen Einfluss auf die Lage der Polarisations- axe des durchgehenden Lichtes übt. Auch kommt (Compt. rend. 1850. S. 31. p. 482) diesem Salze die wichtige Eigenschaft zu, dass rechts oder links hemiedrische Krystalle, für sich aufgelöst und abgedampft, nicht, wie die weinsauren und andre hemiödrische Salze, wiederum in derselben hemiödrischen Art, sondern in beiden zugleich krystallisiren. Hierauf fussend machte Pasteur einen Unterschied zwischen einer ‚Hemiedrie, welche die Folge einer eigenthümlichen Anordnung der chemischen Atome eines Moleküls sei, und einer bloss von der phy- sikalischen Anordnung der Moleküle herrührenden Hemiedrie. Die letzte beschränke sich auf die Krystalle, höre mithin auf, sobald sie gelöst werden. Der Verf. fand aber, dass, es mochte die Ameisen- säure aus Stärke oder aus Glycerin und Oxalsäure dargestellt sein, die beiden hemiödrisch verschiedenen Arten von einander getrennt und aufgelöst in denselben Formen wieder herauskrystallisirten. Ein Unterschied Jag nur darin, dass die Krystalle bei der ersten Darstel- lungsweise überwiegend links, bei der zweiten überwiegend rechts hemiedrisch werden. Die auf verschiedene Weise entstandenen Amei- sensäuren sind also, obwohl sie vor der Hand chemisch vollkommen übereinstimmen, doch nicht identisch und zeigen vielleicht unter Um- ständen wie nach Pasteur die beiden Weinsäureu verschiedene che- mische Reactionen. Der ameisensaure Strontian würde also keine « 164 Ausnahme von der Regel machen und es kann also vor der Hand angenommen werden, dass hemiedrisch verschiedene Körper durch blosse Auflösung und daher anch wohl durch blosse Aenderung des Aggregatzustandes niemals in einander übergeführt werden können. — (Ibidem.) j Hhnm. Derselbe, die Bildung der hemiedrischen Flächen am chlorsauren Natron. — Marbach entdeckte den interessanten Zusammenhang, der zwischen der Drehung der Polarisationsebene und der Hemiedrie beim chlorsauren Natron stattfindet. Biot (Compt. rend. T. 43. p. 705 und Pogg. Ann. Bd. 99, S. 450) fand, dass man einem Krystall von chlorsaurem Natron, der keine hemiedrischen Flä- chen zeigt, dieselben geben kann, wenn man mit einem Messer Ecken und Kanten, ungefähr in der Richtung jener Flächen abschneidet und den so behandelten Krystall in eine concentrirte Lösung des Salzes bringt. Der Krystall zeigt in seiner durch Wachsthum ver- grösserten Form neue hemiedrische Flächen, die seiner optischen Wirkung entsprechen. Frankenheim (Pogg. Ann. 1860, Bd. 111) macht diese Thatsache nicht vom Abschaben, sondern von der Gegenwart fremder, bei der Manipulation hinzugetretener Körper abhängig. Das chlorsaure Natron krystallisirt gewöhnlich in Würfeln, die häufig tafelförmig abgeplattet und an den Kanten oft durch die Flächen des Granatoäders abgestumpft sind. In der Regel treten die Flächen des Tetraäders und des Pyritoäders hinzu, bei deren gemeinschaftlichem Vorkommen sich die Art der Hemiedrie oder vielmehr Tetartoödrie nach rechts und links unterscheiden lässt.- Verf. nahm nun eine An- zahl Krystalle ohne hemiedrische Flächen und schnitt sie mit einem scharfen Messer an. Die eine Hälfte wurde mit Aether, dann mit einer fast concentrirten wässrigen Lösung desselben Salzes und end- lich nochmals mit Aether abgewaschen, und dann ohne auch nur im Mindesten mit den Fingern berührt zu werden, in eine kaltgesättigte Lösung desselben Salzes gebracht, die zum Verdampfen neben Schwe- felsäure gesetzt war. Der andere Theil wurde nicht gewaschen, ei- nige Krystalle absichtlich viel mit den Händen berührt, sonst aber, gleich behandelt. Nach einigen Tagen zeigte sich, dass an den ge- waschenen Krystallen die Schnittfiächen zugewachsen waren, ohne dass eine hemiedrische Fläche entstanden war, während bei den nicht gewaschenen Pyritoöder- und Tetraöderflächen sehr schön ausgebildet waren. Bei den viel begriffenen, an denen nur die Nebenflächen um eine Würfelfläche angeschnitten waren, fanden sich die entsprechen- den hemiedrischen Flächen nicht bloss an der Schnittfläche, sondern auch um die andern Würfellächen ausgebildet, und auch noch Gra- nato@derflächen. Als ferner Krystalle ohne hemiedrische Flächen viel mit den Händen in Berührung gebracht und unangeschnitten in die concentrirte Lösung zum Wachsen hingestellt wurden, zeigten sich ebenfalls die hemiedrischen Nebenflächen sehr bald. Kein Zweifel also, dass diese Flächen von einer durch die Hand verursachten Ver- unreinigung herrühren; aber welcher Stoff des Schweisses ist dabei 02 165 thätig? Es lag nahe, zu untersuchen, ob eine dünne Fettschicht so merkwürdig einwirkt. Der Erfolg entsprach der Voraussicht; ebenso war es bei Anwendung von Wachs. Brachte man die Krystalle, statt in eine ätherische Fettlösung in eine solche aus Baumöl, so zeigten sich in Folge geringerer Adhäsion des Oels erst nach wiederholter Operation hemiedrische Flächen. Verf. brachte auch zu den in einer gesättigten Lösung von chlorsaurem Natron liegenden Krystallen ohne hemiedrische Flächen in Wasser lösliche Körper hinzu. Ein Tropfen Ameisensäure und Ammoniak brachten keine neuen Flächen hervor; dagegen bildeten sich in glycerinhaltiger Flüssigkeit nicht nur an den wachsenden Krystallen, sondern auch bei den neu entstande- nen dig Nebenflächen aus; ebenso begünstigte der Harnstoff die Ent- stehung des Tetraöders; auch Weinsteinlösung wirkte. Es geht also hieraus hervor, dass nicht das Anschneiden von Flächen an Krystal- len, wohl aber die Anwesenheit eines fremden Körpers auf die Bil- dung neuer Flächen Einfluss hat. — (/bidem) Hhnm. Edlund, Untersuchung über die bei Volumverände- rung fester Körper entstehenden Wärmephänomene, so wie deren Verhältniss zu der dabei geleisteten mechani- schen Arbeit. — Vor 11 Jahren stellte Clausius für die mechani- sche Theorie der Wärme die Behauptung auf, dass in allen Fällen, wo mechanische Arbeit durch Wärme entsteht, eine Wärmemenge verbraucht wird, die der entstandenen mechanischen Arbeit propor- tional ist, und dass umgekehrt durch Anwendung einer gleich gros- sen mechanischen Arbeit dieselbe Wärmemenge wieder hervorgebracht werde. Verf. weist auf experimentellem Wege nach, dass derselbe Grundsatz auch gilt, wenn mechanische Arbeit durch die Elastieität fester Körper erreicht wird. Wenn ein elastischer Körper sein Vo- lum während Verrichtung oder Absorbirung von mechanischer Arbeit verändert, so verändert sich auch seine Temperatur. Wenn nun der Körper derselben Volumveränderung unterliegt, ohne dass äussere mechanische Arbeit dabei entsteht oder verschwindet, so musste, wenn der aufgestellte Grundsatz richtig sein soll, die Veränderung in der Temperatur des Körpers von der im erstern Falle verschieden sein. Dieser Unterschied in dem Wärmezustande des Körpers könnte nur von der äussern mechanischen Arbeit herrühren. Natürlich dürfen die Veränderungen des Volums nicht über die Elasticitätsgrenzen hin- ausgehen. — Die untersuchten Körper waren drahtförmig; ihre obern Enden wurden an einem dicken eisernen Arme, der sich an einem dicken eisernen vertical in einen Thürrahmen festgeschrobenen Bal- ken befand, befestigt; die untern Enden wurden an einem Hebel an- gebracht, auf dem ein Messinggehäng mit Gewichten, die die Drähte spannen sollten, auf einer Relle hin- und hergeschoben werden konnte. Um die Temperaturunterschiede zu erforschen, war ein thermoelectri- sches Element an dem Drahte angebracht. Auf das Detail der sinn- reichen Vorrichtung kann hier nicht eingegangen werden. Die Re- sultate, zu denen der Verf. kam, sind folgende: 1. Wenn ein Metall XIX, 1862. 12 166 innerhalb der sogenannten Elastieitätsgrenzen gedehnt wird, so er- kaltet es, die Abkühlung ist in diesem Falle proportional mit der me- chanischen Kraft, wodurch die Ausdehnung verursacht wird. 2. Wenn sich hierauf das Metall zu seinem ursprünglichen Volumen wieder zusammenzieht, und dabei eine ebenso grosse mechanische äussere Arbeit verrichtet, als die, welche bei dessen Ausdehnung verloren ging, so erwärmt sich das Metall ebenso viel, als es sich im ersten Falle abgekühlt hat. Diese Erwärmung ist also ebenfalls proportio- nal mit der Kraft, womit das Metall vor der Zusammenziehung ge- streckt gehalten wurde. 3. Wenn dagegen das gestreckte Metall sich zu seinem ursprünglichen Volumen zusammenzieht, ohne bei der Zu- sammenziehung eine äussere mechanische Arbeit zu verrichten, so er- wärmt sich dasselbe mehr, als im ersteren Falle. Der Unterschied zwischen beiden Erwärmungen ist proportional der äusseren me- chanischen Arbeit, welche das Metall während der Zusammenziehung in dem einen Falle verrichtet. 4. Aus diesen Sätzen folgt, dass, wenn ein Metall innerhalb der sogenannten Elasticitätsgrenzen von einem Volumen V, in ein anderes V, übergeht, die dabei entstehende Ver- änderung in dem Wärmegrade des Metalls nicht ausschliesslich von dem ursprünglichen und dem schliesslichen Volumen oder deren Ver- hältniss zu einander abhängig ist, sondern im wesentlichen Grade von der Art, auf welche dieser Uebergang bewerkstelligt worden ist. — (Pogg. Ann. Bd. 114; 1861. No. 9.) Hhnm. Schröder, über eine neue Methode die sphärische Aberration mit Hilfe der Interferenz zu untersuchen. — (Ibidem.) ? 4 Dove, über eine durch Photographie hervorgetretene direct nicht wahrgenommene Lichterscheinung und über photographische Darstellung des geschichteten electri- schen Lichtes. — Dem Verf. wurde von dem Photographen Gün- ther die Mittheilung gemacht, dass bei der Aufnahme einer Amazone, die mit senkrecht erhobener Lanze nach einem unter dem Pferde lie- genden Löwen stösst, in der Verlängerung der Lanze ein Lichtstrei- fen sich dargestellt habe, welcher bei der Aufnahme selbst nicht wahr- genommen worden sei. AlsD. das negative Bild im Steoroscope auf- stellte, zeigte sich dieser Lichtstreif als ein sehr kenntlicher schwar- zer Streifen; eine Andeutung der Verdunkelung zeigte sich auch un- ter dem rechten Pferdehufe und dem linken Arme der Amazone. Die Aufnahme war am 4. Mai gegen 10 Uhr Morgens erfolgt. Indem D. auf die Thatsache, dass die im Frühjahr eintretenden Graupelwetter oft so stark electrisch sind, dass sie zu dem unter dem Namen Elms- feuer bekannten Leuchten der Spitzen Veranlassung geben, aufmerk- sam macht, hält er es für nicht unmöglich, dass hier ein solches Leuchten stattgefunden habe, das sich bei der Tagesbeleuchtung we- gen zu geringer Helligkeit direct nicht wahrnehmen liess. Die Wit- terungsverhältnisse in jener Zeit passen dazu. — Es schien wün- schenswerth zu entscheiden, ob schwache electrische Lichterschei- 167 nungen sich photographiren lassen. Eine Geissler’sche Röhre, die die Schichtung vortrefflich zeigte, gab in 5 aufeinander folgenden photo- graphischen Aufnahmen von 31/3 bis 6 Minuten Dauer die Schichtung als eine Reihe perlenartig aneinander sich reihender Kugeln, das blaue Licht von geringerer Intensität in einem grossen Raume ver- breitet, den Draht umhüllend. Die ununterbrochene Bewegung der scheibenartigen Schichtung kann man sich also als eine Rotation um feste Mittelpunkte denken, die dadurch auf dem Bilde eine Kugel- form erzeugt. — (Jdidem.) Hhnm. Neumann, einfaches Gesetz für die Vertheilung der Electricität auf einem Ellipsoid. — Verf. kam durch Rech- nung zu folgendem Satze: Auf einem Ellipsoide vertheilt sich die Elec- trieität in der Art, dass ihre Dichtigkeit in jedem Elemente der Oberfläche umgekeht proportional ist mit dem Flächeninhalt desjenigen Diametral- schnittes, welcher zu jenem Elemente parallel läuft. — (I/bid.) Hhnm. Chemie. Gorup-Besanez, Anwendung des Ozons zur Herstellung alter vergilbter Drucke, Holzschnitte und Kupferstiche. — Verf. hat mit ausgezeichnetem Erfolge das Ozon angewendet, um alte vergilbte oder durch Beschmutzen mit or- ganischen farbigen Stoffen verdorbene Drucke etc. wie neu wieder herzustellen, da bei nicht allzu lange andauernder Einwirkung des Ozons die Druckerschwärze nicht im Geringsten angegriffen wird. Das Ozon wird in einem Glasballon mittelst Phosphor entwickelt und das zu reinigende Papier dann, ohne den Phosphor und das Wasser zu entfernen, aufgerollt und gleichmässig mit Wasser befeuchtet, an einem Platindrahte hineingehängt. Meist genügt eine Einwirkung von zwei oder drei Tagen, um die fleckigen, farbigen Stellen verschwin- den zu machen. Man darf nun die Papiere indessen nicht gleich trocknen, da sie hierbei ausserordentlich leicht brüchig werden und schnell nachdunkeln. Sie werden daher zunächst so lange in oft er- neuertes reines Wasser gelegt, bis ihre stark saure Reaction ver: schwunden ist, sodann durch mit einigen Tropfen Sodalösung ver- setztes Wasser gezogen, auf geneigte Glastafeln gebreitet und so 24 Stunden lang mit einem dünnen Wasserstrahl gewaschen. Man lässt sie auf den Glastafeln nahezu trocknen, löst sie dann ohne Ge- fahr ab und presst sie zwischen Filtrirpapier. Mit geringen Modifi- cationen wird dieses Verfahren sich auch in grösserem Maassstabe ausführen lassen. Metallfarben, Flecken von Fett und Pilzen (Stock- flecken) werden nicht verändert, die Tinte aber wird vollkommen zer- stört.. Zwar erscheinen die Schriftzüge mit blassgelber Farbe (von Eisenoxyd) wieder, können aber durch Eintauchen in salzsäurehalti- ges Wasser ganz entfernt werden. — (Ann der Chem. und Pharm. CXVIII, 232.) J. Ws. Dr. W. Casselmann, chemische Untersuchung einiger Mineralquellen zu Soden und Neuenhain. — Nachdem von der Nassauischen Regierung 1858 die für den Kurort Soden so wich- tige Sprudelquelle erbohrt worden ist, hat Ver. eine chemische Unter- 1232 168 suchung derselben sowie noch mehrerer anderer, bei Soden befindli- cher Quellen unternommen. Die Resultate derselben sind zu um- fassend, um hier im Auszuge wiedergegeben werden zu können. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83. p. 385.) 0:5 H. Debray, Ueber die Bildung krystallisirter Phos- phate und Arseniate. — Aus einer grössern Reihe von Versu- chen, hinsichtlich deren wir auf das Original verweisen, zeigt sich, dass die Temperatur, bei der man die Auflösungen der Phosphorsäure oder Arsensäure mit metallischen Carbonaten zusammenbringt, die Bedingung der Verschiedenheit ihrer Zusammensetzung ist. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83. p. 428.) 0. E. J. Lang, über neue Platinoxydulverbindungen. — Verf. theilt die Darstellung und Analyse einer Reihe schwefligsaurer und salpetrigsaurer Platinoxydul-Doppelsalze mit den Alkalien, Erden und dem Silberoxyde mit, sowie einiger analoger Doppelverbindungen des Palladiumoxyduls. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83.p. 415.) O.K. H. Ludwig, Mittheilungen aus dem Laboratorium des chemisch pharmaceutischen Instituts in Jena. — Ent- halten theils von L. theils von dessen Assistenten Kromeyer ausge- führte Analysen von Knochenmehl, Beinschwarz, Knochensuper- phosphat, (Knochendünger.) — (Arch. d. Pharm. II. Reihe, Bd. CVII. 2». 280.) 0. &. A. W. Hofmann, Versuche in der Methyl- und Me- thylenreihe der Phosphorbasen. — Trimethylphosphin wirkt heftig auf Bromäthyltriäthylphosphoniumbromid ein. Es entsteht Athylen-trimethyl-triäthyl-diphosphoniumbromid, das durch Silberoxyd in Bromsilber und das Oxydhydrat dieses Phosphoniums übergeht. Letzteresist eine starke Basis — [(E*H4)"(CH3)°(EH>) ton, die zwar leicht lösliche, aber doch krystallisirbare Salze bildet. — Aethylendibromid (Bromelayl) wirkt auf Trimethylphosphin ganz wie auf Triäthylphosphin, nur heftiger. Es bildet sich Bromäthyltri- methylphosphosiumbromid [(&°H*Br)(&EH®)3P]Br und Aethylen- 2Ht" 3)5P” €?Ht) Fr Br2. Er- steres ist in kaltem Alkohol schwer, dieses leicht löslich. Silberoxyd erzeugt aus jenem das Oxydhydrat des Oxäthyltrimethylphosphoniums _ [EHoJCHSP] hexamethyldiphosphoniumbromid [‘ ©, eine starke Basis. H. hat das Platindoppel- salz dieser, und der bromäthylirten Basis, sowie das Dibromid, Di- Jodid und das Platinsalz des erwähnten Diphosphoniums untersucht. — Dijodmethylen wirkt auch heftig auf Triäthylphosphin. Es bildet sich eine kleine Menge Jodmethyltriäthylphosphoniumjodid, das in Wasser leicht, in Alkohol wenig, in Aether nicht löslich ist. Aus kochendem Alkohol krystallisirt es beim Erkalten in schönen Zoll langen glänzenden Krystallen = [(&H2J)(E2H5)>PJ. Durch sal- petersaures Silber entsteht Jodsilber und das salpetersaure Salz der 169 jodmethylirten Basis. Ebenso entsteht durch Silberoxyd das Oxyd- hydrat des jodmethylirten Phosphoniums. H.hat auch die Chlorplatin- verbindung untersucht. Eine dem Aethylenhexäthyldiphosphoniumbromid entsprechende Verbindung konnte H. in den Produkten der erwähnten Zersetzung nicht auffinden. In der Mutterlauge von diesen Krystallen fand er dagegen Triäthylphosphonium-, Oxymethyltriäthyl- phosphonium-, Methyltriäthylphosphoniumjodid und Tri- äthylphosphinoxyd. Die Oxymethylverbindung ist äusserst leicht löslich in Alkohol und Wasser, kann durch Silberoxyd in das entspre- chende Oxydhydrat umgewandelt werden, das mit Salzsäure und Pla- tinchlorid eine leicht lösliche Verbindung eingeht. Die Zusammen- setzung der Jodverbindung ist [(€H?®)(6?H®)?P]J. Die erwähnte Methylverbindung ist in Alkohol und Wasser löslich, aber in Aether unlöslich. Sie besteht aus [(&H3)(&2H5)?P]J. Die Bildung dieser Sub- stanzen kann durch die Gleichungen: 2[(&2H5%®P + €H2J2 + H20 = [(E&?H5)?HP]J + [(EH29)(6?H5)3P]J 3(€2H°)®P+ €H2J2+H29 = [(E°H5)’HP]J-+[(&H?>)(E2H>)>P]JJ+(62H>)?P® ausgedrückt werden. — (Philos. magazine Vol. 22, p. 388.) Hz. L. Schad, über einige aus Bromäthylen und Brucin entstehende Verbindungen. Sch. hat Bromäthylen auf gepul- vertes Brucin einwirken lassen. Bei 1000 löst sich letzteres schnell auf. Die wasserklare Flüssigkeit erstarrt zu einer weissen krystalli- nischen Masse, die sich in siedendem Wasser löst und beim Erkalten gafbenförmig gruppirte perlmutterglänzende Blättchen absetzt. Sie sind farblos, geruchlos, leicht löslich in heissem Wasser, schwer in Alkohol, nicht in Aether. Die Lösung giebt mit Silberlösung einen Niederschlag von Bromsilber, der aber nur die Hälfte des Broms enthält. Beim Sieden mit Silberoxyd tritt alles Brom aus der Ver” bindung aus. Die Analyse ergab die empirische Formel &3H30Nz & Bra. Der Körper entspricht dem Hofmann’schen Trimethylbromäthylammo- niumbromür und ist Brucinbromäthylammoniumbromür; Na CH (&2HsBr) Fällt man die Lösung mit Silberlösung und setzt darauf Salzsäure im Uerschusse hinzu so fällt bei Vermischen des ‚klaren Filtrates mit Platinchlorid ein flockig orangegelber, bald krystallinisch werdender Niederschlag Br. Gas Has © N) (H.Br) Ch PiCh. Wird die ursprüngliche Verbindung mit frisch gefälltem Silberoxyd und Wasser gekocht, so erhält man neben dem die ganze Brommenge enthaltendem Bromsilber äine stark alkalisch reagirende, Kohlensäure absorbirende, beim Eindampfen einen zähen Firniss zurücklassende Lösung, welche mit Salzsäure und Platinchlorid einen hell citronen- gelben Niederschlag giebt, dem die Formel N; u Cl, PtCh 170 zukommt. Die alkalische Lösung enthält also eine Ammoniumbasis, das Brucinvinylammoniumoxydhydrat: €3Hs® 2 &.H, 2. - H Verf. stellte ein saures schwefelsaures Salz derselben in grossen durch- sichtigen rhombischen Krystallen dar, die an der Luft verwittern. In wasserfreiem Zustande, in welchen es erst bei 130° ühergeht, ist es zusammengesetzt nach der Formel , SO, 23 Hs & ®:. N | Bei 1009 getrocknet enthält es noch 2H;®, frisch krystallisirt 3H® Krystallwasser. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXVIIL, 207.) J. Ws. Gorup-Besanez, einfache Gewinnung und Reindar- stellung des Glycogens. — Wird durch sanftes Drücken aus ei- ner mit 2 Ventilen versehenen Kautschoucspritze ein Wasserstrom in die Pfortader eingeführt und so durch die Lebercapillaren getrieben, so geht nach-der Beobachtung von Gerlach die dunkle, von Blut her- rührende Farbe der austretenden Flüssigkeit allmählich in Hellrosa und dann in milchiges Weiss über. Es gelingt nach G.-B. leicht, aus dieser letzteren Flüssigkeit reines Glycogen darzustellen. "Sie wird zur Abscheidung der Albuminate nach Ansäuerung mit Essigsäure rasch aufgekocht und das Filtrat mit dem doppelten Volum Alkohol von 900 vermischt. Es entsteht sofort eine reichliche flockige Fälluag, welche nach einigen Stunden auf dem Filter gesammelt, mit Alkohol ausgewaschen, im Wasser gelöst und abermals mit Essigsäure ge- kocht wird. Es scheiden sich geringe Mengen eiweissartiger Stoffe aus. Das Filtrat giebt beim Vermischen mit gleich viel Alkohol wie vorhin einen schneeweissen flockigen Niederschlag von etwas fett- haltigem Glycogen. Durch Ausziehen mit Aether wird es vollkom- men gereinigt und im Vacuum gotrocknet. Man erhält es so als vollkommen weisses, stärkeartiges aber nicht organisirtes Pulver, das alle Eigenschaften des Glycogens von Hensen, Scherer, Lochner, Ke- kul& u.s.w. hatte und bei der Elementaranalyse die Zusammensetzung €sH1ı0®; (bei 1000 getrocknet) ergab. — (Ann. der Chem. u. Pharm. CAXVIIL, 227.) Reissner und Voley, Ausmittlung einer Vergiftung durch Coniin. — Verff. untersuchten den Mageninhalt eines ver- gifteten Mädchens hinsichtlich der anorganischen Substanzen nach Sonnenscheins Gang der Analyse. hinsichtlich der Alkaloide nach den Methoden von Duflos und Stass. Sie fanden Coniin, die von ihnen erzielten Präparate, so wie den Inhalt dreier Flaschen, deren Eti- quetten auf Coniin oder dessen Salze lauteten, unterwarf Prof. Leh- mann einer erneuten Untersuchung. Er bestätigt die Anwesenheit des Coniins in den betreffenden Substanzen sowohl durch die be- treffenden Reactionen als durch einige bisher bestrittene oder unbe- kannte.. Eine der betreffenden Flaschen hatte am Stöpsel ein krystal- 171 linisches Pulver abgesetzt, welches sich als schwefelsaures Coniin erwies. Es gelang L. auch künstlich sowohl das schwefelsaure als das chlorwasserstoffsaure Coniin krystallisirt zu erhalten. Die Kry- stalle des ersteren scheinen sechsseitige rhombische Tafeln zu bilden, die des letztern kleine flache Nadeln, die an der Luft durchaus nicht zerfliesslich sind. Das Coniin-Platinchlorid löst sich in kochendem Alkohol, scheidet sich beim Erkalten desselben aber nicht krystalli- nisch sondern amorph wieder ab. Das Coniin zeigt ausserdem die Eigenschaft in warmem Wasser schwerer löslich zu sein als in kal- tem, welche Eigenschaft, soweit bis jetzt bekannt, keinem andern flüchtigen Alkaloid zukommt. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe Ba. CVII, p. 258.) 0. K. Th. Peckolt, Untersuchung der Nüsse und Rinde des Becuibaumes, myristica bicuhyba Schott. — Die Rinde, der aussfliessende blutrothe harzartige Saft (Becuibablut) die Früchte und Wurzelrinde dieses Baumes werden sämmtlich als Heilmittel benutzt. Die Untersuchung des Saftes liess denselben als aus folgenden Stof- fen bestehend erscheinen Fetter harzartiger schmieriger Stoff 11,20 Saures Harz 49,08 Gerbstoff und Extractivstoff 563,75 Becuibinsäure 4,52 Gummi 65,04 = Wasser 2244,59 Verlust 61,82 3000,00 Die Becuibagerbsäure gleicht fast vollständig der Kinogerbsäure. Wird die Becuibagerbsäure durch Schwefelsäure ausgeschieden, so setzt die hellrosarothe schwefelsaure Flüssigkeit mit kohlensaurem Natron gesättigt ein dunkelvioletrothes Pulver ab, welches gereinigt einen carmoisinrothen Farbstoff darstellt, welcher wohl als der eigen- thümliche Farbstoff des Becuibablutes betrachtet werden kann.. Im Extracte der Rinde des Baumes sind annähernd dieselben Bestand- theile wie im Blute enthalten. Wenn man das wässrige Extract trock- net und mit heissem Alkohol auszieht, so setzt dieser beim Erkalten eine kleine Portion Krystalle in glänzenden röthlich schimmernden Blättchen ab, welche mit dem aus dem Safte erhaltenen Becuibin iden- tisch sind. — (Arch. d. Pharm. Bd. 107, p. 158.) 0. K. Marcet, Untersuchungen über den Magensaft. — Der Verf. theilt mit, dass er zufällig die Beobachtung gemacht habe, dass Magensaft die Polarisationsebene des Lichtes nach links drehe. Um diesen Gegenstand näher zu untersuchen, brachte er zwei Hunden Magenfisteln bei, um stets reinen Magensaft haben zu können. Nach 30—40-stündigem Fasten liess er die Thiere weichgekochte Knorpel oder die Luftröhren von Ochsen oder Schafen fressen, die vorher klein geschnitten waren. Eine oder anderthalb Stunden nach der Fütterung fing er dann 2—-5 Unzen Magensaft auf. Nachdem der- 172 selbe durch mehrfache Filtration vollkommen klar und auch in grös- sern Lagen durchsichtig geworden war, beobachtete er oft im Saccha- rimeter von Soleil ein Drehung von 40°. Die Acidität des Saftes schwankte zwischen 0,085—0,303 pC. an Salzsäure. Nach Entfernung der Salzsäure durch Digestion des Magensaftes mit Bleioxydhydrat besass die filtrirte etwas alkalisch reagirende Flüssigkeit dasselbe Drehungsvermögen. Durch Fällung der alkalischen Flüssigkeit mit Alkohol erkannte er, dass der die Drehung des polarisirten Lichtes bedingende Körper mit dem von Lehmann Pepton genannten Körper in seinen Eigenschaften übereinstimme. Zur Darstellung der Substanz _ in reinem Zustande wurde der filtrirte Magensaft zum Kochen erhitzt, um Albumin und Pepsin zu coaguliren, filtrirt, mit dem dreifachen Volumen Alkohol von 56° versetzt, die alkoholische Flüssigkeit vom Niederschlage nach 24 Stunden abfiltrit, der Alkohol abdestillirt, der Rückstand zum Syrup eingedampft, mit sehr verdünnter kalter Schwe- felsäure versetzt, mit Alkohol wieder gefällt, und der Niederschlag mit Alkohol ausgewaschen. Die wässrige Lösung ward mit Bleioxydhydrat gekocht und schliesslich die geringen Mengen Blei und Kalk aus der erhaltenen alkalischen Flüssigkeit mit einigen Tropfen einer sehr ver- dünnten Lösung von Ammoniak und oxalsaurem Ammoniak entfernt. Die Flüssigkeit, zum dünnen Syrup nach der Filtration eingedampft, ist vollkommen klar und etwas alkalisch, nicht krystallisirbar. Nach dem Trocknen bleibt eine bröckliche sehr hygroscopische Sub- stanz. Es ist jedoch zu bemerken, dass durch die Behandlung mit Bleioxydhydrat ein grosser Theil des Peptons gefällt wird; denn eine Flüssigkeit die vor der Behandlung mit Bleioxydhydrat die Polari- sationsebene um 32,50 gedreht hatte, drehte sie nach der Behandlung nur noch um 13,5°. Durch Kochen mit Wasser wird die Polarisations- fähigkeit des Peptons nicht beeinträchtigt. Auch nach 24-stündigem Stehen der wässrigen Lösung ist noch keine Abnahme im Drehungs- vermögen zu bemerken, nach zwei oder drei Tagen dagegen geht dasselbe in Folge eintretender Entmischung verlören. Das absolute Drehungsvermögen bestimmte M. auf 1° im Soleil’schen Saccharimeter für 0,024 grm. in 25 Cubikcentimeter Flüssigkeit. Durch Gerbsäure wird die Substanz gefällt, nicht von salpetersaurem Silberoxyd, durch Quecksilberchlorid nur getrübt. Mit neutralem essigsaurem Bleioxyd giebt sie in reinem Zustande keinen Niederschlag, wohl aber mit ba- sischem, der Niederschlag ist aber im Ueberschuss des Fällungsmittels löslich. Weder Säuren noch Alkalien bringen eine Veränderung her- vor. Die Substanz enthält sowohl Schwefel als auch Stickstoff. Der reine Magensaft, den sich M. dadurch verschaffte, dass er den Hunden Quarzpulver in den Magen brachte, ist durchaus wirkungslos auf das polarisirte Licht; es sind daher nur die durch die Verdauung thierischer Substanzen, besonders der Knorpel und Luftröhren, ent- stehenden Verdauungssäfte, welchen diese Eigenschaft zukommt. Er bewies dies dadurch, dass er in einer verschlossenen Flasche nicht drehenden reinen Magensaft mit gekochten Knorpeln eine Stunde 173 bei 40° digerirte. Die erhaltene Flüssigkeit polarisirte so stark, dass der Apparat zur Messung der Drehung nicht mehr genügte, nämlich 66%. — (Quart. Journ. XIV, p. 256.) Smt. Geologie. Wallace, die Gesetze, welche den Absatz der Bleierze auf Gängen beherrschen, erläutert durch Untersuchung der geologischen Bildung der Erzreviere von Alston Moor (London 1861). (Schluss zu S. 109). — Uebrigens ist für das Hinabsteigen der Gewässer unter die Oberfläche einer Gegend auch die Beschaffenheit der Alluvialdecke von Wichtigkeit. Während das Wasser an der Erdoberfläche in der Hauptsache nur eine zerstörende Wirkung übt, zeigt es im Innern der Erde ausser diesem noch eine wiederherstellende Thätigkeit. Jene zerstörende Wirkung offenbart sich z. B. an der sicherlich erst, nachträglichen Ausweitung und Ausnagung der Spalten in den oberflächlichsten Schichten des Kalkes gegenüber dessen grösserer Geschlossenheit in der Tiefe. Kommen Theile von Gängen durch die entblössende Thätigkeit an der Oberfläche in den Bereich der zerstörenden Mächte, so werden auch sie in der Regel ihres reichen Inhaltes beraubt und nach der Sprache der Bergleute von Alston Moor „gebröchen“, und die Schichten „ungesund“, so dass derartige Strecken für Bergbau- unternehmungen ungünstig werden. Dass die niedersteigenden Ge- wässer oft reichliche Mengen von Kohlensäure aus der Atmosphäre mit in die Tiefe nehmen, zeigen die Gruben von Alston Moor, wo die Arbeiter nicht selten durch dies Gas ausserordentlich belästigt werden, ohne dass irgend etwas dafür spräche, dasselbe mit vulkani- schen Erscheinungen in Zusammenhang bringen zu müssen. Vielmehr steht sein Auftreten in den Gruben in Zusammenhang mit dem Zu- stande der Atmosphäre. Die Wirkung der Kohlensäure offenbart sich in den Gängen von Alston Moor nicht allein durch den Einfluss auf die Gangmineralien, sondern auch auf das kalkige Nebengestein, an welchem man eine gewisse Umformung der Theilchen beobachtet, indem in Folge davon ein krystallinisches Ansehen hervortritt, wel- ches ursprünglich nicht vorhanden ist. Zuweilen enthält es auch eine grössere Menge von Kohlensäure als der reine Kalk, welche nur hin- zutreten konnte, wenn sich das Gestein in einem gelockerten Zustande befand. Dasselbe erscheint alsdann jetzt härter, als der gewöhnliche Kalk, ist aber in Folge des Entweichens der Kohlensäure an der Luft rascheren Zerfallen ausgesetzt. Der Kalk ist ferner an manchen Stel- len so mit Eisen durchtränkt, dass er zu einem reichen Eisenerze ge- worden ist. Die Kalkschichten werden horizontal durch dünne, tho- nige Zwischenschichten von einander getrennt; einzelne dieser kalki- gen Unterabtheilungen nun sind leichter zerstörbar als die andern und werden daher „Flat Posts“ genannt. So gibt es deren im Great Limestone drei. In der Nähe der Gänge enthält der Kalk, zumal dergleichen Flats Posts grosse Weitungen und Höhlen, die oft mit schön krystallisirten Späthen bekleidet sind. Die Flats enthalten mitunter Bleierze und zwar alsdann in diesen Hohlräumen, an deren 174 Wänden oder auf dem Boden. Die Ausdehnung dieser Hohlräume ist oft bedeutend; so beträgt die Masse des hierfür entfernten Kalkes z.B. in dem Low Flat Post des Great Limestone etwa 5000000 Cubik- fuss. Die zerstörenden Mittel drangen ursprünglich durch sehr schmale NS-Spalten ein, deren Stärke die eines Pennystückes nicht übersteigt, und welche mit den Cross Veins in Verbindung stehen. Die Umwand- lung und Zerstörung des Kalkes erscheint am grössten in der Nach- barschaft von Handsom Mea Cross Vein. Nächst dem Great Lime- stone ist der Tyne Bottom Limestone betroffen. ‘Von den in diesen Flats abgesetzten Bleierzen sind zum Theil ansehnliche Mengen ge- fördert worden. In den Sandsteinschichten sind ähnliche Vorgänge wieder ausgezeichnet, doch findet man in ihnen ebenfalls kleine Höh- lungen neben den Gängen, auf ähnliche Weise durch Zerstörung her- vorgegangen. In der Nähe oder im Innern der Gänge haben die Sand- steine manche Veränderungen erlitten, indem sie oft härter geworden sind, indem sich zuweilen Bleierzschnüre in ihnen finden, ohne dass indessen andere Zeichen von Umwandlung hervortreten. Eine Folge dieser Zerstörung und dieser Ortsveränderung in den kalkigen und sandigen Schichten ist nun ein mindestens theilwei- ser Wiederabsatz der gelösten Massen. Die OW-Gänge ziehen sich namentlich in den Schieferlagen zusammen, undist der schmale Raum alsdann mit weichem Thone erfüllt. Wasser durchströmt die Gänge von oben nach unten, wenn letzteres der Fall ist, die Bewegung in horizontaler Richtung dagegen ist namentlich ermöglicht, in den of- fenen Räumen zwischen den Seiten aus Kalk- und Sandstein. Hält nun das hier sich bewegende Wasser Stoffe aufgelöst, welche aus dem Nebengesteine aufgenommen sind, so entsteht die Frage, ob die an den Wänden der Gänge abgelagerten Körper, je nach den einzel- nen Schichten, in irgend einem Zusammenhange mit dem einschliessen- den Gesteine stehen. In den Schichten zwischen dem Grindstone Sill und dem Little Limestone ist weniger Quarzmasse in den Gängen abgelagert, als man nach der quarzigen Natur der Schichten erwarten sollte. Da- gegen herrschen Flussspath, Kalkspath und znweilen Eisenoxyde vor. Der Kalkspath ist in den manichfaltigsten Formen krystallisirt, und sind im Allgemeinen seine Krystalle da am Vollkommensten ausge- bildet, wo die grössten Mengen von Bleierz niedergelegt sind. Wahr- scheinlich stammt der kohlensaure Kalk aus dem Sandsteine, dessen Bindemittel er abgab. Im Nenthead-Distriete und im Little Limestone enthalten die Gänge häufig viel Blende und Eisen, auch mehr Quarz als in den höheren Schichten. Flussspath und Kalkspath sind hier gleichfalls - nicht ungewöhnlich, sowie auch in den Coal Sills darunter. Der Quarz pflegt namentlich die Zinkblende zu begleiten, aber nicht umgekehrt. Im Great Limestone brechen mehr verschiedenartige Mineralien mit einander, als in höheren Tiefen. Dabei findet sich jedoch Fluss- spath in den Nenthead Mines selten in beträchtlicher Menge. In 175 früheren Perioden aber muss er häufig vorhanden gewesen sein, da Abdrücke seiner Krystalle im Quarze nicht ungewöhnlich sind, selbst auf Gängen, welche jetzt keine Spur des Minerals mehr aufweisen. Bei Garrigill hingegen, in den Cowper-Dyke-Head’s Mines bricht Flussspath zugleich mit Kalkspath im Great Limestone reichlich ein. Eine dünne Schnur Bleierz liegt gewöhnlich dem Kalke zunächst, während der Rest des ehemals offenen Raumes von den späthigen Mineralien mit vereinzelten Bleierzklumpen erfüllt wird. Bisweilen ist die Mitte des Ganges reich an Drusenräumen. :In den Distrieten von Weardale und Allenhead sind die Gänge in allen Schichten mit Bleierz, Kalk- und Flussspath erfüllt, führen aber wenig Blende. In den Sandsteinen unterhalb des Great Limestone führen die OW-Gänge meist mehr Quarz als in den Plate Sills, dem Firestone u. s. w., und mehr als die Gänge des Great Limestone selbst. Im Nenthead-Distriet scheint die Blende sich zu verlieren, wenigstens erscheint sie selten als Hauptmineral in Massen, wenn gleich einzelne Krystalle auch häufig sind. Quarz ist unterhalb des Great Limestone nicht das vorherrschende Mineral, da sowohl die OW-Gänge, als die NS-Gänge viel Kalkspath enthalten und wohl ganz damit erfüllt sind. ‘ Ebenso die Gänge im Tyne Bottom Limestone. Hier finden sich oft Prismen bis zu vier Zoll Länge und einem Achtelszoll Stärke, aufge- wachsen in kleinen Höhlungen der Flats, durchwachsen einander bis- weilen oder stehen regelmässig wie die Stacheln eines Stachelschwei- nes. Am schönsten traf man sie da, wo die Flats am bleireichsten waren. Zugleich mit ihnen erscheint Quarz, nicht selten wohl kry- stallisirt, ferner Chalcedon und viel Eisenkies. Manche Theile der Tyne Bottom Mine liefern auch schöne Flusspathkrystalle, deren manche in der Mitte eine kleine, mit Wasser erfüllte Höhlung besitzen. In dem Lagerbasalte dieser Grube sind die Gänge erfüllt von-Kalkspath und etwas Eisenspath, führen aber kein Bleierz. Im Allgemeinen ist die Vertheilung der Gangmineralien, welche leichter sind als das Bleierz, und deren Bestandtheile man von der Zersetzung des Nebengesteines ableiten könnte, eine minder regel- mässige, als man erwarten sollte. Bei freier Bewegung der Flüssig- keiten sind sie gut krystallisirt, sonst aber erscheinen sie mehr un- ausgebildet. Merkwürdig ist, dass die Gänge in der Nenthead Mines viel Blende enthalten, deren Verlängerung in Garrigill keine. Die Einwirkung der Gesteine auf die Menge und Art der Mineralien in den Gängen zeigt sich am deutlichsten am Bleierze, welches unter ge- wissen Bedingungen in den Kalk- und Sandsteinschichten oberhalb des Tuft so reichlich auftritt, während dieselben Gänge in den Kal- ken und Sandsteinen unterhalb dieser Schicht unter genau densel- ben Umständen selten Bleierze führen, ausser in geringen Men- gen. Der Tuft bildet also eine Scheidelinie, so dass man glauben muss, dass die Körper, welche das Blei hergegeben haben, unterhalb desselben weniger reichlich vorkommen, als darüber. Diese Eigen- thümlichkeit in den oberen und unteren Lagen- des Bergkalkes 176 scheint aber nicht auf dem Norden von England allein beschränkt zu sein. Nach den früher angeführten Schlussfolgerungen muss, wenn die Abscheidung des Bleierzes von der Bewegung der Flüssigkeiten abhängt, ein Zusammenhang bestehen zwischen den Gesetzen, welche deren Eindringen beherrschen, und der Menge des abgeschiedenen Bleierzes. Es hat den Anschein, als ob in dem Distriete von Alston Moor die Aussonderung der Erze eine sehr unregelmässige sei, zu weiterer Aufklärung hat man sich diesem District in einzelne Theile zu zerlegen, in denen jeder Gang ähnlichen Bedingungen der Mine- ralisirung unterworfen gewesen sein mag. Die Grenzen dieser Theile dürfte man nach den Wasserscheiden der Berge zu ziehen haben, auch den wichtigen Cross Veins oder auch anderen, gleich deutlichen Kennzeichen, und so viele Gruppen von Erzgängen als möglich auf- stellen. Der Verf. beginnt mit der Betrachtung eines Theils der Nent- head Mines im südlichen Theile des Alston Moor, welche nahe der Grenze zwische Cumberland und Durham liegen. Hier finden sich Bedingungen, welche der freien Bewegung der Flüssigkeiten theils günstig, theils ungünstig sind. Die vornehmlich erzführende Schicht, der Great Limestone steht tief unter der Oberfläche in ungünstiger Lage. Es finden sich daher auch reine Erze in den hier auftretenden Gängen. Gegen Osten in der Linie von Middle Cleugh Second Sun Vein heben sich die Schichten, und demnach enthält dieser Gang ein- zelne, wenige Erze, wenn gleich unbauwürdig. Wo unterhalb Hand- some Mea die Schichten günstig liegen, enthalten denn auch die OW- Gänge Bleierze in der oberen Lage, als in den Slate Sills, dem Fi- restone und Little Limestone, sogar im-High Coal Sill. Es stellt sich nach Allem ein genauer Zusammenhang der Schichtenstellung mit der Erzführung heraus. Ebenso weiter westlich in dem Striche zwi- schen Handsome Mea Cross Vein und Cross Vein. In Middle Cleugh Second Sun Vein und Long Cleugh Vein erscheint der Inhalt stark „gebrochen,“ also nachträglich verändert. Die OW-Gänge hören auf, Bleierze im Great Limestome zu führen, sowie sie bis unter den Gip- fel von Middle Fell reichen, indem sie dem ersten Gesetze der Flüs- sigkeitsbewegung unterworfen sind. Gleich den OW-Gängen verhal- ten sich die Cross Veins. In den Flats trifft man Bleierze nur da, wo der Great Limestone sich beträchtlich über seine regelmässige Lagerung erhebt oder von den Cross Veins stark abfällt. Der Verf. geht nun auf die Gänge an der O-Seite des Nent Ri- ver ein in einer Ausführlichkeit, der hier nicht gefolgt werden kann. Es ergiebt sich zunächst eine Nichtübereinstimmung in der Lage der antiklinalen Hebungsachse der Gegend und der Wasserscheide, wo- durch das erste der oben angeführten Gesetze eine Einschränkung erleidet. Eine bedeutende Flüssigkeitsmenge muss in Schichten tief unter der Höhe des Coal Cleugh Distriet ceirculirt haben. Auf der O-Seite von Bridge Cleugh bestanden diese einschränkenden Umstände nicht. In Rampgill und in-Righ Coal Cleugh Vein wechselt der Erz- 177 reichthum mit den ihn beherrschenden Bedingungen. Rampgill Vein zeigt sich für die Einführung der Bleierze günstig nach dem vierten Gesetze. Das fünfte ist es, welches hier die Erzführung der übrigen Gänge gegenüber der unpassenden Lage für den Flüssigkeitswechsel bedingt. Die Gänge, welche das Middle Fell Gebirge durchsetzen, lassen erkennen, dass das fünfte Gesetz für diesen District wenig Einfluss geübt hat. Middle Fell ist von den östlichen und’ westlichen Bergreihen durch Caple Cleugh und Ashgill Burn getrennt. Die Flüs- sigkeiten, welche in jenem sich bewegen, hängen gänzlich von denen ab, welche unmittelbar aus der Atmosphäre herniederfallen. Durch sie ist den Gängen zum Theil bereits wieder etwas von ihrem Ge- halte entrissen. Zwischen Nagyshead und Great Sulphur Vein ist der Great Limestome in einer ziemlich weiten Ausdehnung von seinem Ausstrei- chen stark durch Spalten zerrissen, und so sehr zersetzt, dass grosse „swallow holes“ (Schwalbenlöcher) durch das Einstürzen der Decke weiter Höhlen auf der Oberfläche auftreten. Manche derselben haben auch durch die beiden harten Sandsteine darüber gebrochen, deren Mächtigkeit in dieser Gegend beträchtlich ist. Viele der Gänge nun sind deshalb arm, zeigen geringe Nachhaltigkeit oder sind wohl erst nachträglich wieder ausgesogen. Bei günstigerer Beschaffenheit des Kalkes sind auch die Gänge reicher. Will man die Erze in Dampf- form aus der Tiefe aufgestiegen sein lassen und demnach eine Ver- theilung in der ganzen Ausdehnung der Gänge mit Unterbrechungen annehmen, so musste mit der Abtragung des Landes durch die Thä- tigkeit des Regens und der Flüsse der Inhalt der Gänge einer Zer- setzung und Wiederbildung durch die Gewässer unterworfen sein, welche unter der Oberfläche ihren Weg nahmen. Stammt das Erz aber aus den Nebengesteinen, so erfolgte die nothwendige Zersetzung und Wiederbildung in den Gängen durch circulirende Gewässer. Wäre erstere Annahme richtig, so müssten die Erze der Gänge in den Schichten unterhalb des Great Limestone der Zersetzung ‚und Neubildung in derselben Weise unterworfen sein, als in den oberen Schichten. Die Erfahrung aber hat gezeigt, dass die Gänge in den unteren Lagen minder erzreich sind, als in den oberen. Der Grund davon durfte in den Umständen liegen, welche der Bewegung der Flüssigkeiten weniger günstig sind. Bevor nun auf diese Umstände näher einzugehen, ist zu bemerken: h' 1. Dass der Great Limestone nicht in seiner ganzen Mächtig- keit gleich erzreich ist. Die reichsten Theile sind gewisse Stellen, welche die grösste Zerstörung und Umwandlung erlittten haben. Reiche Ablagerungen finden sich wohl häufig in den sogenannten Tumbler Beds, welche, selbst in der Nähe der Gänge, selten durch chemische Kräfte angegriffen sind. Der High Flat Post lässt sich als der ergie- bigste Theil dieses Kalkes ansehen und ist auch in erstaunlicher Weise angegriffen. Unter demselben liegen zwei oder drei minder erzreiche, aber auch frischere. Der Middle Flat Post führt weniger Erz als 178 der High Flat, noch weniger der Low Flat, so: dass die Basis der Schichten am ärmsten und frıschesten ist. — 2. Stammt das Erz von der Seite her, so müssen sowohl der Kalk, als der Sandstein früher Erztheile enthalten haben. — 3. Da die Gänge in den Sandsteinen oft sehr reiche Aufschlüsse gegeben haben, obgleich jene minder zersetzbar sind, als die Kalke, so ist es wahrscheinlich, dass die Sand- steine selbst bleireicher seien. Bei Alston Moor ist die Lage der Schichtenreihe, welche als die „Lower Strata“ bezeichnet worden, stärkerem Wechsel unterwor- fen als die der „Upper Strata.“ An manchen Stellen sind sie weit über den Grund der Thäler gehoben, bilden selbst den Gipfel der Berge; an anderen stecken sie in grosser Tiefe unter der ganzen Mächtigkeit des Bergkalkes und eines Theils des Millstone Grit. Im ersteren Falle wechseln die Bedingungen für die Begünstigung der Flüssigkeitsströmungen in den Gängen ähnlich wie bei den Gängen in oberen Schichten; im letztern ist dies nur in geringem Masse mög- lich, da sie alsdann der Oberfläche so fern sind. Was demnach die Abgabe des Bleierzes an die Gänge nahe der Oberfläche anbelangt, so liegen dafür die meisten Versuchsarbei- ten vor. Dieselben sind aber im Allgemeinen nicht günstig, und muss daher geschlossen werden, dass den betreffenden Schichten selbst das Blei fehle. Wo indessen in vereinzelten Fällen eine Bleiführung er- mittelt worden ist, ist sie durch ganz besonders günstige Umstände hervorgerufen worden, welche den Zutritt metallhaltiger Flüssigkei- ten erleichterten. Wallace geht endlich auch auf die Gänge in Thonschiefer und granitischen Gesteinen über. Wennin dem Distriete von Alston Moor so deutlich der Bleierzgehalt der Gänge von dem Durchsickern und der Bewegung der Flüssigkeiten in den geschichteten Gesteinen ab- hängig sei, so könne auch kein anderes Land, welches sich über den Spiegel des Meeres erhebt, frei sein von der Einwirkung dieser Kräfte. Sie müssen die Abscheidung der Blei-, Zink-, Kupfer-, Zinn-, Silber- und vielleicht auch Golderze in allen andern Gegenden und in allen möglichen Schichten hervorrufen. Die darauf mitwirkenden Bedin- gungen können besonderen Zufälligkeiten unterliegen und verwickel- ter sein, als es bei Alston Moor der Fall ist. Hier gelangte das Erz vornehmlich erst mit der Eiszeit in die Gänge, während anderwärts die Gewässer bei Weitem länger thätig gewesen sein mögen und schon früher, bevor die Schichtgesteine von Alston Moor sich niederschlugen. Wie nun bei Alston Moor der Einfluss der Nebengesteine, zu- mal des Kalkes, auf den Beierzreichthum sich herausstellt, so auch in Cornwall und Devon, wo es vorzüglich zersetzte Granitgesteine sind. De la Beche erklärt diese Zersetzung durch die Wirkung des Wassers unter starkem Drucke und bei hoher Wärme, welche letztere wenigstens bei Alston Moor nicht zur Hilfe gerufen zu werden braucht. Das Gold findet sich vornehmlich in den älteren, paläozoischen . 179 Gesteinen, zuweilen eben sowohl in diesen selbst, als in den Massen feurigen Ursprungs, welche in diese eingedrungen sind, häufiger noch in quarzigen Gangmassen, von denen mehr oder minder metamorpho- sirte Schiefer durchsetzt werden. Im Allgemeinen zeigt sich das Gold am reichsten nahe der Berührung solcher Schiefer mit dem Feuergesteine. Sein Auftreten scheint sich ebenfalls an die Nähe at- mosphärischer Einflüsse zu lehnen, wie es gegen die Teufe hin ab- nimmt. Auch die Silbergruben von Potosi, in gelblichem, festem Thone stehende Gänge eisenschüssigen Quarzes mit gediegenem Sil- ber und Silberglanz, waren nahe der Oberfläche ergiebiger als wei- ter nach unten. Es scheint daraus auch für diese edeln Metalle, wie für die unedleren, die Thätigkeit atmosphärischer Kräfte angezeigt. Man muss wohl zugeben, dass die Gegenwart ungleicher Ge- steine die wesentliche Bedingung für die Ablagerung oder Bildung der Erze an manchen ’Stellen abgab. In der Zeit, als die Elvans u. Ss. w. sich bildeten, wurden die Gesteine nach verschiedenen Rich- tungen zerrissen, und diese Risse begünstigten das Durchsickern des Wassers. Ausserdem war die Temperatur des Nebengesteines nied- riger, als die der eindringenden, geschmolzenen Massen; die Abküh- lung der letztern hinterliess daher offene Räume, in welche keine Flüs- sigkeiten dringen konnten, um in den Spalten hin und her zu ziehen. Alsbald begann die Zersetzung der beiden Gesteinarten, und aus den Lösungen scheiden sich metallische Körper ab. Mitunter wird man diese allerdings wohl aus den Temperaturen allein ableiten müssen. Es scheint, als ob in metallführenden Gesteinen, deren Beschaf- fenheit auch von denjenigen des Bergkalkes verschieden sein mag, nicht selten sehr reiche Erzablagerungen auftreten, wenn zwei Gänge einander ‚unter spitzen Winkeln schneiden. Es fand aber alsdann an diesen Stellen ein reichlicher Wasserzufluss statt, um die Erztheil- chen herzuzuführen, wobei das Begegnen zweier Strömungen von Be- deutung sein mochte. Manche Reviere haben reiche Erze in Gängen tief unter dem Spiegel des Meeres geliefert, z. B. in Cornwall. Das streitet gegen die in Vorigem aufgestellten Grundsätze. In der That konnte unter solchen Umständen eine freie Circulation nicht Statt haben. Lyell nimmt zwei Ursachen für die Circulation von Wasser in der Erde an, einmal durch die Wärme der Sonne und dann durch die innere Wärme des Erdkörpers selbst. Auf ersterer beruht die Füllung der Gänge von Alston Moor. Liesse sich eine Circulation in Folge letz- terer Ursache nachweisen, so wäre zu untersuchen, ob in anderen Gegenden und in Gesteinen von mehr gleichförmiger Härte durch sie Erzabscheidungen hervorgerufen seien oder nicht. Indessen ist wohl das Aufsteigen von Wasser aus dem Innern unseres Planeten nicht annehmbar und, ausser im Falle vulcanischer Thätigkeit, unnachweis- bar. Um also das Auftreten der Erze unter dem Meeresspiegel zu begründen, würde es einfach genügen, die Vermuthung aufzustellen, dass das Land einstmals eine höhere Lage gehabt habe, in welcher 180 die Circulation des Wassers vor sich gehen konnte. Es würde als- dann die Tiefe, bis zu welcher die Erze reichen, ein Mass abgeben für die günstige Höhe des Landes über der See. Wallace spricht sich in den Schlussbemerknngen dahin aus, dass er geneigt sei, für den Fall der Unmöglichkeit, in den Schicht- gesteinen von Alston Moor Blei nachzuweisen, den Gedanken Raum zu geben, dass sich dies Metall aus noch elementäreren Körpern er- zeugt habe, welche jetzt zwar noch unbekannt seien, aber durch die Verwitterung des Gesteines in Freiheit gesetzt worden und von dem durchziehenden Wasser aufgenommen wurden. Gleich Silber und Kupfer mag wohl auch Blei im Meereswasser vorhanden sein, und wäre alsdann der Erzreichthum der oberen Bergkalkschichten Folge stärkerer Abscheidung als zur Zeit des Absatzes der tieferen. Wahr- scheinlich wurde Bleiglanz nicht ursprünglich der Oberfläche sehr nahe abgeschieden, obgleich es jetzt in Folge der Denudation biswei- len in den Gängen nicht sehr tief getroffen wird, sondern meist mehr oder minder in kohlensaures Oxyd umgewandelt. Es möchte daher scheinen, dass, wenn Bleiglanz die Gänge erfüllt, das circulirende Wasser geringere Mengen Sauerstoff enthielt, als das unmittelbar aus der Atmosphäre herniederfälit. Stg. Winkler, der Oberkeuper in den bayerischen Alpen. — Unter Oberkeuper begreift W. die Schichten mit Avicula contorta, welche Stoppani neuerdings &tage infraliasien, Martin Infralias und Gümbel als obere Abtheilung des Alpenkeupers, Muschelkeuper ge- nannt hat. W. untersuchte sie an der Kothalpe bei Fischbachau in Oberbayern. Das Gebirge steigt daselbst von seiner mächtigen Ba- sis mit der 2600‘ hohen Stufe des bewohnten Querberges aus der nur 1400‘ hohen Manfall-Innebene auf und ist hier tertiär. Darüber erheben sich langgestreckte Rücken dem liasinischen Flysch ange- hörend. Dann folgen die mächtigen Hochgipfel des Breitenstein, Wendelstein, Tospitz, Schuhnagelwände bis 6000‘ Höhe. Erst inner- halb der nördlichen Grenze dieser Kalke treten die Schichten des Oberkeupers auf, auf Jochen und in tiefen Gruben. Die an einem hohen Grate sich ausbreitende Kothalpe zieht von der Basis der senkrechten Wände des Breitensteines im Bogen SO an die Wendel- steinkuppe hinüber. Die Lagerungsverhältnisse muss man an ihren Gängen aufsuchen. Die Kothalpe ist sehr reich an schönen Petre- fakten in weichem Mergel, der leicht verwittert. Einige Arten treten in riesenhaften Exemplaren auf. Die gesammelten Arten sind fol- gende: Gyrolepis (ist doch ein ganz unbegründeter Name), Serpula constrictor, Trochus alpis sordidae, Turbo alpinus, Pleurotomaria al- pina, Sigaretus cinctus, Actaeonella cinceta, Turbonilla alpina. Turri- tella Stoppani, alpis sordidae, Anomia fissistriata, Ostraea Haidingerana, Pecten Liebigi, Mayeri, bavaricus, coronatus, simplex, Lima flexico- stata, praecursor, Gervillia Wagneri, praecursor, inflata, caudata, Pinna Meriani, Lithophagus faba, Clidophorus alpinus, Leda alpina bavarica, Schizodus cloacinus, Myophoria inflata, Cardita minuta, 181 multiradiata, austriaca, spinosa, Astarte longirostris, Cardium rhae- ticum Mer, Corbula alpina, Pleuromya bavarica, alpina, Tellina ba- varica, Cidaris alpis sordidae, Pentacrinus bavaricus, Thamnastraea granulata, rectilamellosa, alpina, plana, confusa, Prionastraea Schaf- haeutli, Achilleum grande, alle von der Kothalpe und dann von Lahne- wiesgraben bei Garmisch: Nemacanthus speciosus, Ammonites pla- norboides, Cypricardia decurtata, Modiola Schafhaeutli. Nach Stoppani bezeichnet diese Fauna eine neue, vierte, unterste Etage des Jura, Gümbel verweist sie zur Trias. W. führt Stoppani’s Beweise an und widerlegt dieselben. Es ist keine einzige entschieden jurassische Art darin und bilden diese Schichten wirklich ein eigenes Formations- glied wegen des Reichthums und der Eigenthümlichkeit ihrer Fauna, und zwar sind sie die oberste Trias wegen des Typus ihrer Fauna und ihres Niveaus. Verf. führt die Arten dieser Fauna im Einzeln auf, nämlich 85 Gattungen mit 239 Arten. Gliederthiere [? Würmer kommen vor] fehlen. Dazu kommen von Stoppani 176 Arten, so dass also der Reichthum sich mit dem anderer Formationsglieder messen kann. [Die Anzahl der Arten ist aber zur Begründung eines For- mationsgliedes durchaus gleichgültig. So wenig von ihren Arten eine nach oben wiederkehret, ebenso abgeschlossen ist sie aber auch nach unten. Nach Gümbel sollen allerdings ziemlich viele mit St. Cassianern, Raibler, Hallstättern identisch sein, was jedoch keines- wegs begründet worden ist. Dagegen ist die Fauna der triasischen zunächst verwandt, wie Verf. durch Vergleichungen darthut, und er hält den Namen Oberkeuper für den passendsten. — (Geol, Zeitschrift AIII. 459—521. Tf. 5-—9.) Foetterle, rom im Avanzagraben im Venetianischen. — Nördlich von Forni Avoltri im Deganothale an der Kärntner Grenze zweigt sich in W-Richtung der Avanzagraben fast bis an die steilen Abhänge des Monte Peralba ab. Die N-Ge- hänge des Grabens gehören dem Mte Cadinis und Mte Avanza, die südlichen dem Mte Cadino an. Letztrer besteht aus Esinokalk, dem Werfener Schiefer und Verrucano folgen; ihm folgt in W. steil auf- gerichteter weisser Kalk der Gailthaler Schichten; fast in der Mitte des N-Gehänges aber tritt Glimmerschiefer auf, der den Verrucano von dem Gailthaler Kalke trennt und gewaltsam emporgetrieben wor- den; er zieht in WO-Richtung von Valle Sesis bis in den Bordaglia- graben. An der Grenze des Glimmerschiefers gegen den Bergkalk wurde eine Contactgangbildung aufgefunden, welche vorwaltend aus Quarz und Kalkstein, schwarzem Schiefer und Schwerspath besteht und Fahlerz und Bleiglanz führt. Die Gangmasse hat ein breccien- artiges Ansehen und sticht vom Kalk und vom Glimmerschiefer hart ab. Von letzterem ist sie ziemlich scharf getrennt und zeigt oft ein sehr deutliches Saalband; gegen den Kalk hin beobachtet man aber einen allmähligen Uebergang, im Gestein und in der Erzführung. Der Gang ist 5—6‘ mächtig und führt überall Fahlerz eingesprengt, “häufig auch Nester desselben. In den angrenzenden Kalk dringt das XIX. 1862, 12 182 Erz oft mehre Klafter tief ein und tritt dann in mehre Linien dicken und mehre Zoll langen Striemen auf. Der Gang tritt an der Grenze beider Gesteine überall zu Tage und da die Gangmasse ziemlich reich an Fahlerz ist und das Kupfer desselben leicht oxydirte; so sieht man an manchen Punkten die Wände auf eine grosse Fläche mit den lebhaft grünen und blauen Farben der Kupferoxydverbindungen be- deckt. Das Fahlerz enthält 30 bis 36 pC. Kupfer-und 10 bis 11 Loth Silber sowie stets !/s pC. Quecksilber. Die mit Fahlerz eingesprengte Gangmasse zeigte 4,6 bis 13 pC. Kupfer und 11/a,—3 Loth Silber. Das Vorkommen des Bleiglanzes scheint jedoch nicht bedeutend zu sein dieses Fablerz wurde schon vor Erfindung des Pulvers Gegen- stand des Abbaues, hat aber seit langer Zeit geruht. Erst 1857 nahm eine Gesellschaft die Schurfarbeiten auf und jetzt ist der Gang in einer Länge von 150 Klaftern angefahren und bis 60 Klafter Tiefe die Erzführung gleichbleibend. — (Geolog. Reichsanstalt XII. Berichte Seite 107.) C. W. Gümbel, geognostische Beschreibung des baye- rischen Alpengebirges und seines Vorlandes. Herausge- geben auf Befehl des kgl. bayer. Finanzministeriums Mit 5 Blättern einer geogn. Karte von Bayern, einem Blatt Gebirgsansichten, 42 Pro- filtafeln und 25 Holzschnitten. Gotha bei J. Perthes 1861. 8°. 9508. — Unstreitig eine der bedeutendsten monographischen Arbeiten, welche die Geologie unseres Vaterlandes aufzuweisen het. Verf. untersucht seit einer Reihe von Jahren mit königlicher Unterstützung die geo- gnostischen Verhältnisse Bayerns und legt in diesem ersten Bande nebst dazu gehörigem Atlas, der sehr schön in Buntdruck ausgeführt ist, den Anfang seiner Untersuchungen dem geologischen Publikum vor. Nach Umgränzung des Gebietes gliedert er das Alpengebiet, schildert die bayerische Hochebene und idie Thalbildung und gibt dann ein alphabetisches Verzeichniss der bekannten Höhen. Im zwei- ten Abschnitt legt er die geognostischen Verhältnisse dar, wobei er die Trias, den Jura, die Kreide und die Tertiärbildungen mit gros- ser Ausführlichkeit behandelt. — 1. Bunter Sandstein ( Werfener Schichten), wozu auch der Verrucano der Ostalpen gehört als unte- res Glied, die Gyps-, Anhydrit- und Steinsalzstöcke als oberes Glied. Die Eruptivmassen sind Melaphyre. Die Petrefakten beschränken sich auf 22 Arten, worunter drei neue Ammoniten. 2. Der Muschel- kalk (Guttensteiner Schichten) gliedert sich in 1. untersten mergligen Kalk mit Encrinus liliiformis, 2. kalkige und dolomitische, schwarze weissaderige, fast versteinerungsleere Schichten, 3. plattige schwarze Kalke mit Retzia trigonella und Spiriferina Mentzeli (Richthofens Vir- gloriakalk) mit ebenfalls einigen neuen Arten. 3. Keuper in mächtiger vielgliedriger Entwicklung. a. die Alpenlettenkohlengruppe (Part- nachschichten) enthalten von den Arten der ausseralpinen Lettenkohle elf; eine petrefaktenreiche Mergelschicht im Scharitzkehlthale ‘bei Berchtesgaden stimmt mit St. Cassian. b. Untrer Keuperkalk und Dolomit (Hallstätter Kalk, Esinokalk) führt 67 Arten, wovon 13 bei 183 St. Cassian. c. Untrer Muschelkeuper der Alpen (Raibler Schichten) liefert 98 Arten, meist identisch mit Raibler und Cassianer, acht auch mit Kössenern und fünf mit ausseralpinen Keuperischen. Diese drei Abtheilungen bilden den untern Keuper. d. Die Hauptdolomitgruppe (Dolomit des Dachsteinkalkes) bildet die Hauptmasse der bayerischeu Kalkalpen und in ihrer untersten Schicht herrscht häufig Rauchwacke und Gyps, in der obersten Plattenkalk, eingelagert sind die bitumi- nösen Schiefer von Seefeld mit ihren Fischen. Der obere Keuper oder die rhätische Gruppe ist e. der obere Muschelkeuper (Kössener Schichten, Gervillienschichten) lieferte 166 Arten, davon 6 identisch mit St. Cassian, 16 mit ausseralpinem Bonebed, und f. oberer Keuper- kalk (Dachsteinkalk) macht ein wohl unterscheidbares Glied in der obersten Schichtreihe des Alpenkeupers aus, auf dessen Grenze ge- gen den Lias er steht. Von seinen 42 Arten kommen auch 19 in den-Kössener Schichten vor. — 4. Lias (Adnether, Hierlatzschichten, Fleckenmergel) gliedert sich paläontologisch, aber nicht petrogra- phisch. Von 162 Arten sind 103 identisch mit ausseralpinen. 5. Oberer Jura, wenig mächtig, wenig ausgedehnt und arm an Petrefakten. G. unterscheidet: a. Vilser Kalk, b. Kalkstein von Au mit Ammonites Lamberti, c. rother Jurakalk des Haselbergeck alle drei nur Facies des Kellowayrok, d. Barmesteinkorallenkalk (Oxfordien), e. buntfar- biger Aptychenführender Kalkschiefer von Ammergau (Kimmeridgien). 6. Kreideformation zeigt mehr Uebereinstimmung mit dem Westen, nur in den jüngsten Schichten mit der Gosau. Die Nierenthaler Schich- ten bilden die Abtheilung des .Belemnitella mucronata, die Gosau die Gruppe des Hipp. cornuvaceinum, Sewermergel, die Inoceramenmergel, Sewenkalk, Inoceramenkalk, Galt die Schichten mit Turrilites Ber- geri, Schrattenkalk, Foraminiferen- und Caprotinenkalk, untere Kreide- bildung mit a. Toxaster complanatus, b. Aptychus Didayi, c. Toxaster Campechei. 7. Tertiäre Bildungen: eocaene (Nummulitenschichten, Fiysch, Häring in Tyrol), oligocäne (Trauenstein, Chiemsee, Peissen- berg), neogene, jüngere subalpine Molasse. 8. Diluvial- und Alluvial- gebilde. — Der folgende Abschnitt bringt die geognostischen 'Folge- rungen betreffend die Oberflächengestaltung den Alpen, den Aufbau der nördlichen Kalkalpen, das Verhältniss der Gesteine zum organi- schen Reiche und zuletzt eine Aufzählung der nutzbaren Mineralien. Gl. Oryctognosie. Tamnau, Entstehung der Eisenkiese in der Braunkohle. — Zuvörderst wird die ursprünglic dichte und derbe Braunkohle brüchig, bläht sich aus einander und zerfällt. Dann nimmt man ganz feine, oft mit dem blossen Auge kaum be- merkbare Schnüre von Eisenkies wahr, die ein Gewebe von sehr klei- nen ÖOctaödern bilden. Diese Schnüre werden stärker und stärker und bilden zuletzt compakte Massen von Pyrit in hexaödrischen und octa&drischen Gestalten. So legte es T. in Proben von Aussig dar. Bei Proben von Littmitz fällt es auf, dass dicht neben einander und offenbar unter ganz gleichen Umständen erzeugt, beide Arten des 12 184 _ Eisenkieses auftreten nämlich Markasit in schönen Krystallen und Pyrit in grossen Würfeln. Beide Mineralien kommen theils in dem über der Braunkohle liegenden schwarzen thonartigen Schlich, theils in der compakten Braunkohle selbst vor und erscheinen theils ein- zeln für sich, theils zusammen an demselben Stück, wobei bald der Markasit, bald der Pyrit die Grundlage bildet, während sich das andere Mineral offenbar später dieser Grundlage aufgelagert hat. Zu- weilen stehen auch beide an demselben Stück so im Gleichgewicht, . dass man sie nur als gleichzeitig gebildet annehmen kann. Warum die gleiche chemische Verbindung hier in der einen Gestalt als Mar- kasit und dort dicht daneben unter vollkommen gleichen Umstän- den als Pyrit erscheint, lässt sich nicht begreifen. — (Geologische Zeitschrift XIII. 356.) Ch. Th. Jackson, zu Dhurmsalla in Indien gefallener Meteorit. — Der Meteorstein am 14. Juni 1860 gefallen bot -den sehr sonderbaren Umstand, dass wie wohl die Masse entzündet und geschmolzen auf den Boden niederfiel, dennoch die alsogleich aufge- lesenen Stücke in der Hand so kalt waren, dass die Finger erstarr- ten. Das würde zeigen, dass der Meteorit in seinem Innern die in- tensive Kälte des planetarischen Raumes (— 50°C.) bewahrte, wäh- rend er durch den Eintritt in die Atmosphäre auf seiner Oberfläche ins Glühen gerieth. Er wäre wie Agassiz bemerkt analog dem ge- backenen Eise der chinesischen Köche. Der Stein sieht übrigens ge- nau so aus wie der vor vielen Jahren zu Weston in Connecticut ge- fallene, ist granitgrau mit schwarzen .Flecken von Meteoreisen, das sich aus dem Pulver mit dem Magnet ausziehen lässt und sehr nickel- haltig ist. Spec. Gew. 3,456. Die Gangmasse ist ein dem amorphen Olivin ähnliches Silikat, dessen Basis hauptsächlich aus Magnesia be- steht. 1 Gramm des Steines analysirt ergab 40 Kieselsäure, 26,6 Talk- erde, 27,7 Eisenoxyd, 0,4 Thonerde, 3,5 metallisches Eisen und 0,8 me- tallisches Nickel. Die gesammte Menge des erhaltenen Eisenoxyds betrug 33 Procent und davon wurde in Form von Eisenoxyd das mit dem Magnet ausgezogene Meteoreisen abgezogen. — (Poggendorffs Annalen 1862. CXV. 175.) v. Reichenbach, über die nähern Bestandtheile des Meteoreisens. — Eine eigenthümliche Eisenverbindung vieler Me- teoreisen besteht in äusserst feinen, geraden Nadeln, die auf der polirten Eisenfläche nicht sichtbar sind, aber nach der Aetzung blass- röthlichgelb erscheinen (Tänit oder Bandeisen). Stark verdünnte Säu- ren lösen das Balkeneisen und Fülleisen, lassen aber nächst Bandei- sen und Glanzeisen auch diese Nadeln unangegriffen und legen sie metallisch glänzend blos. Sie liegen meist parallel im Meteoriten. Ihr Vorkommen ist an keine besondere Substanz gebunden. Verf. fand sie im Balkeneisen, Fülleisen und Schwefeleisen. In den Eisen- partikeln der Steinmeteoriten liessen sie sich noch nicht auffinden, auch in der ganzen Pallasgruppe nicht. Sie werden chemisch wohl aus Eisen und Nickel bestehen in demselben Verhältniss wie im Band- 185 eisen. Sie wurden bisher nicht unterschieden, aber müssen es, denn der Lambrit ist stets grünweiss bis bläulichweiss, Tänit röthlichgelb aber formlos, die Nadeln röthlichgelb, aber krystallisirt. Sie sind ein wohlcharakterisirter näherer Bestandtheil des Meteoreisens, dessen klarer Erkenntniss nur noch die chemische Weihe fehlt. — Eisenkü- gelchen sind in den Steinmeteoriten häufig, kommen aber auch im Eisen vor. Verf. erkannte sie in dem Eisen von Schwetz, Durango u.a. Auf den Schnitten erscheinen sie stets rund und ergaben sich als Kügelchen von 1“ Durchmesser und viel kleiner, sind bläulichhell eisengrau, unter der Loupe wie spiegelblankes Metall, umgeben von einem weissen Kreise. Sie sind wohl Glanzeisen. — Mohr (moire metallique) findet man überall da, wo das Eisen deutlich in Körn- chen abgesondert erscheint. Die Körnchen erscheinen nach dem Aet- zen schraffirt, jeder nach eigener Richtung. Sie erscheinen am meisten auf geschmiedeten und gehämmerten Meteoreisen. — (Zbda 148—156.) Rammelsberg, über einige nordamerikanische Me- teoräten. — 1. Meteorstein von Bishopsville, S-Carolina, fiel im März 1843 von 13 Pfund Gewicht. Unter der theils schwarzen theils blaugrauen glasigen Rinde ist die innere Masse weiss, krystallinisch, einem zersetzten Albitgranit sehr ähnlich. Shepard nennt diese weisse Masse Chladnit. Sie ist ungemein brüchig, bildet nach innen einglied- rige fast zollgrosse Krystalle mit rauhen Flächen. Sartorius v. Wal- tershausen findet den Chladnit dem Wollastonit ähnlich und erkannte microscopische zwei- und eingliedrige Krystalle. Das sp. Gew. 3,039 bis 3,116. Beide haben auch die Analyse gegeben (nach Shepard — nach Waltershausen): Kieselsäure 70,41—67,14, Thonerde —1,48, Ei- senoxyd —1,70, Magnesia 28,25—27,12, Kalk —1,82, Natron —1,39, Wasser —0,67. Sehr nah stellt sich ein von Stromeyer analysirter Oliyin in der Eisenmasse von Grimma. R. bemerkte nichts von Kry- stallen, nur leichte Spaltbarkeit und fand 57,52 Kieselerde, 2,72 Thon- erde, 1,25 Eisenoxyd, 0,20 Manganoxydul, 34,80 Magnesia, 0,66 Kalk, 1,14 Natron, 0,70 Kali, 0,80 Glühverlust. R. erkennt darin ein Ge- menge und sondert beide. Daher der Chladnit unhaltbar. 2. Meteor- stein von Waterloo, Seneca Co, New York fiel im Sommer 1826 oder 27 und enthält nach Shepard 78,8 Kieselsäure, 6,28 Thonerde, 8,72 Eisenoxyd und 4,75 Wasser. Ist sicherlich nur ein eisenhaltiger Thon, der durch kochende Chlorwasserstoffsäure grösstentheils zersetzt wird, auch etwas Kalk enthält. — 3. Meteorstein von Richland bei Co- lumbia, S-Carolina fiel 1846 oder 47, ist eines theils gelbe, theils graue Masse, in der sich kleine glänzende vielleicht Quarz-Körnchen und schwärzliche Punkte zeigen. R. fand darin 70,42 Kieselsäure, 20,25 Thonerde, 3,86 Eisenoxyd, 4,47 Magnesia, 1,21 Kalk, 0,28 Glühverlust. Auch sie hält R. für einen Thon, vielleicht ein Ziegelstück. — 4. Me- teoreisen von Rutherford, N-Carolina, von Shepard und Wöhler ana- lysirt ist nichts als ein schlechtes weisses Roheisen von Säuren schwer angreifbar mit 15,7 pC. Kiesel. — (Berliner Manatsberichte 1861. 895—900.) ü 6 186 Fr.v.Kobell, über Linarit vom Ural. — Unter Bleierzen aus den Vadainskischen Gruben im Nertschinskischen fand sich ein Mineral, das der Analyse gemäss Linarit ist. K. fand schwefelsaures Bleioxyd 76,41 pC., Kupferoxyd 17,43 pC., Wasser und eine Spur von Chlor 6,16. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83. p.- 454.) 0. &. J. Lang, über den Pyrosmalith. — Wahrscheinlich we- gen der grossen Seltenheit des Minerals existirt erst eine Analyse desselben, 1815 von Hisinger veröffentlicht, welche keine Klarheit über die Zusammensetzung zu verbreiten im Stande ist. Verf. er- langte von Svanberg genügendes Material, um mehrere Analysen aus- zuführen, welche Eisen, Mangan, Thonerde, Kalk, Kieselsäure, Chlor und Wasser in Verhältnissen ergaben, aus denen er die Formel FeCl + 2(Rz2Si + ARSi + 4H) ableitet. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83. p. 424.) 0. K. Palaecontologie. Ewald, Omphalia bei Quedlinburg. — Aus den Kiesgruben an der Strasse von Quedlinburg nach Gern- rode sind längst Conchylien bekannt, welche verschwemmten tertiären ähneln, aber zoologisch doch von allen tertiären abweichen und sich eng an Kreidearten anschliessen. Die wichtigsten darunter sind jene Schnecken, für welche Zekeli in seinen Gosaugastropoden die Gat- tung Omphalia aufstellte. Das Vorkommen einer Gattung aus dem Rudistenbänken der Alpen und S-Europas im nördlichen Deutschland muss auffallen, zumal da das subhercynische Kreidegebirge noch keine solche Arten geliefert hat. E. hat sie jedoch neuerlichst auch hier auf ursprünglicher Lagerstätte angetroffen nämlich in und um Wed- dersleben in dunkelgrauen Thonen und den darin befindlichen Sand- schmitzen, welche zum Senonien gehören. Diese Senon-Omphalien stimmen mit denen aus den Kiesgruben specifisch überein, aber nicht mit den alpinen, welche überdies in einem etwas ältern dem nord- deutschen Turon-Pläner analogen Gliede vorkommen [conf. Märzheft]. — (Geologische Zeitschrift XIII. 140.) Beyrich, Posidonien in baltischen Juragesteinen. — Unter baltischen Jura begreift B. die jurassischen Gesteine, welche theils in Blöcken im Diluvium nördlich der Elbe theils in den Oder- mündungen und im Camminerkreise anstehend vorkommen. Letztere sind als Theil eines grossen jurassischen Distriktes zu betrachten, der sich ursprünglich über den südlichen Theil des jetzigen Ostsee- gebiets ausbreitete und dessen Zertrümmerung das Material für das " erratische Vorkommen jurassischer Gesteine geliefert hat. Die ältes- ten anstehenden auf Gistrow, auch in erratischen Blöcken bekannt, gehören dem Niveau des Ammonites Parkinsoni an. Wie überall in Deutschland ist es auch für den baltischen Jura schwierig, die Aequi- valente des Grossoolith von Unteroolith einerseits und den Kelloway- gesteinen anderseits zu unterscheiden. Ein Ammonites aspidoides Opp wurde zu Nehmitz im Camminer Kreise gefunden. Am verbrei- testen in der Mark sind die Kellowaygesteine mit Ammon. Jason und in denselben findet sich auch Ammon. macrocephalus zuweilen, 187 sehr zahlreich. Wahrscheinlich fehlen dem baltischen wie dem frän- kischen Jura besondere Schichten mit A. macrocephalus. Von die- sen Gesteinen mit den beiden Ammoniten lassen sich andere unter- scheiden, welche die Ammoniten des obersten Kelloway, A. ornatus oder die noch jüngere A. Lamberti und A. cordatus einschliessen. Letzte sind seltenin der Mark, häufiger in Schlesien, Polen und Preus- sen. Nur sparsam zerstreut finden sich ausserdem in der Mark zer- streut weisse Jurakalke theils oolithische mit Korallen, Nerineen, Pla- nulaten, theils dicht und thonig mit Exogyra virgula und andere Ar- ten des Kimmeridgien. In Blöcken verschiedenen Alters haben sich kleine Posidonien gefunden, die Quenstedt aus Schwaben als P. Par- kinsoni und P. ornati beschrieb, Ewald an der Porta Westphalica über dem Lager mit Amm. macrocephalus antraf und schon früher Pusch in Polen als Begleiter des Amm. Parkinsoni auffand. Sie erscheinen überall in grosser Menge. Ununterscheidbar gleich sind sie im bal- tischen Jura vereint mit A. Parkinsoni, aspidoides und ornatus, iden- tisch mit den polnischen von Panki und den schwäbischen von Lau- fen aus dem braunen Epsilon. Sie kömmt also vor von den obern Lagen des Unterooliths bis zu den obersten des Kallowien und wurde von Römer Posidonia Buchi genannt — (Zbda 143.) F. Chapuis, nouvelles recherches sur les fossiles des terrains secondaires delaprovince de Luxembourg. I.partie Bruxelles. (Memoires acad. XXXIII.). — Verf. hat bereits früher eine Abhandlung über diese Fauna geschrieben und vervollständigt dieselbe mit der vorliegenden, in welcher er folgende Arten beschreibt Belemnites umbilicatus, paxillosus, incurvatus, apiciconus, Nautilus ara- tus (striatus, semistriatus, intermedius), clausus, Ammonites Johnstoni, sinemuriensis, angulatus, Kridion, Loscombi, Guibalanus, armatus, Da- voei, Henleyi, capricornus, Zieteni, Jamesoni, fimbriatus, margarita- tus, hybridus, brevispina, aalensis, Murchisonae, Sowerbyi, Blagdeni, Martinsi, Parkinsoni, Pholadomya jurassioides n. sp., Voltzi, Haus- manni, Roemeri, socialis, triquetra, Pleuromya crassa, galathea, gla- bra, Candezei n. sp., rugosa.n. sp., angusta, Agassizi, Omaliana n.sp., marginata, Ceromya erycina, pinguis, cordiformis, Queteleti n. sp., Koninki n. sp., major, concentrica, Cardinia quadrata, Lycetti n. sp., ovalis, abducta, concinna, Oppeli n. sp., gigantea, Ryckholti n. sp., Anatina Deshayesea n. sp., Tancredia angusta, Dechayesea n. sp., lueida, donaciformis, axiniformis, Cidaris Wrighti, Pedina gigas, Echi- nus bigranularis, E. subconoideus, Holectypus depressus, hemisphae- rieus, Hyboclypus ovalis, Echinobrissus cunicularis, Clypeus sinuatus und bei all diesen z. Th. gemeinen Arten gibt Verf. wieder die zum Ueberdruss aufgeführten Synonymenlisten mit den Citaten, wozu? um dieselben auswendig zu lernen, dazu sind sie doch wahrlich schon oft genug gedruckt worden. Wir erkennen in solchen Gelehrtenkram nichts weiter als eine nutzlose Zeit- und Geldverschwendung. Denn d’Orbignys Prodromus neben seiner Pal. france, zu eitiren ist doch geradezu lächerlich, da man in ersterem nur den blossen Namen fin- 188 det. Zum Schluss gibt Verf. noch ein Verzeichniss der Arten nach den Localitäten und eine Tabelle über die geognostische Stellung der Arten, die sich doch recht gut mit der vorigen verbinden liess. Un- seres Erachtens nach hätte die Abhandlung einen viel wohlthuendern Eindruck gemacht, wenn sie mit Weglassung alles Unnützen ihren Umfang von 150 Quartseiten auf 50 Seiten beschränkt hätte. J. T. Binkhorst van den Binkhorst, Monographie des Gasteropodes et des Cephalopodes dela craie superieure de Limbourg suivie düne description de quelques especes de Cru- staces du meme depöt. I. Bruxelles 1861. 4°. — Bekanntlich kom- men in der Kreide Bucht- und Canalmündige Schnecken im Allgemei- nen nur wenig vor und die Kreidefauna Ostindiens schien fast einen tertiären Charakter zu haben, als man solche zum ersten Male in tro- pischer Menge darin fand. In der Mastrichter Kreide ist die Selten- heit aller Schnecken sehr auffallend gewesen, doch nur weil die Samm- ler sich auf die lockeren zerreiblichen Schichten beschränkten und die harten Zwischenschichten unbeachtet liessen. Aus diesen nun hat Verf, allmählig 106 Arten entnommen, von denen erst ein Duzend beschrie- ben worden. Dieselben weissen auf eine tropische Küstenfauna. Nur 4 Arten finden sich in dem Grünsande von Aachen wieder. Die Ab- handlung bringt folgende Arten, die wir als sehr interessanten Bei- trag zur jüngsten Kreidefauna vollständig aufzählen, die neuen ohne Autor: Rostellaria papilionacea Gf, nuda, Turbinella supracretacea, plicata, Tritonium Koninki, Cancellaria obtusa, reticulata, Pyrula am- bigua, filamentosa, tuberculosa, planissima, fusiformis, nodifera, par- vula, plicata, Fusus Noeggerathi, lemniscatus, glaberrimus Müll, squa- mosus, formosus, obliqueplicatus, Buccinum supracretaceum, ‘Voluta deperdita Gf, monodonta, corrugata, Debeyi, Oliva prisca, Mitra lim- burgensis, Waeli, cancellata Swb, Volvaria cretacegs, Cypraea Des- hayesi, Natica patens, ampla, Royena d’Orb, fasciata Gf, cretacea Gf (= exaltata, lamellosa Roem, vulgaris Reuss), praelonga, spissilabrum, Bronni, Chemnitzia clathrata, Cerithium tuberculiferum, teetiforme, alternatum, plieiferum, maximum, novemstriatum, Nerinea ultima, Apor- rhais limburgensis, Turritella quingue cincta Gf, plana, Omaliusi, sini- stra, nitidula, conferta, falcoburgensis, ciplyana, Vermetus clathratus, Scalaria Haidingeri, Solarium cordatum, Kunraedtense, Xenophora onusta Borg, Nerita montis St. Petri, rugosa Hoen, Turbo detritus, bidentatus, Strombecki, rimosus, granulocinctus, inflexus, quadratus, scalariformis, rudis, Herclotsi, pilogranus, granulosoclathratus, carini- ferus, Zekeli, Trochus Goldfussi, Montis St. Petri, lineatus, sculptus, Infundibulum ciplyanum Ryckh, Delphinula spinulosa, Haliotis anti- qua, Emarginula fissuroides Bsq Mullerana Bsq, supracretacea Ryckh, conica, Dewalquei, radiata, Hoeveni, depressa, clypeata, Kapfi, Hip- ponyx Dunkeranus Bsq, Patella parmophoroidea, Acmaea laevigata, Siphonaria antiqua, Dentalium Nysti, Actaeon granulatolineatum, Avel- lana gibba, ventricosa. Die Fortsetzung stellt Verf. in Aussicht und gehen wir derselben bald entgegen. _ 189 Ehrenberg, über massenhaft jetztlebende oceanische und die fossilen ältesten Pteropoden. — Verf. untersuchte bekanntlich den untersilurischen Grünsand von Petersburg und er- kannte darin viele organische Reste, ja dass die Grünsandkörner selbst organischen Ursprungs seien nämlich theils Polythalamien theils mi- kroscopische Mollusken, die gekammert sind, übrigens alle Euompha- lüs ähnlich. Letztere sollten die Familie der Panderellae bilden, und theils endlich Enkriniten. Die Tiefgrundschnecken des ägeischen und kretensischen Meeres lieferten analoge Beispiele massenhaften Vorkom- mens mikroscopischer Mollusken, ähnliche auch der Tiefgrund des Rothen Meeres, darunter Pteropoden, welche die Panderellen er- läutern. E. dehnte diese Untersuchungen auf den Busen von Neapel und Triest aus und fand die frühern Resultate auch hier. Nirgends sind im Küstengrunde junge Gasteropodenschalen, wohl aber zahl- reiche Cymbulien oder Pterotrachaeen und Clioideen, die gewöhnlich nicht an der Oberfläche erscheinen. Nur Clio, Cleodora, Creseis, Pte- rotrachea u. a. haben constant so kleine Schalen und leben in so grossen dichten Schwärmen beisammen, dass ihre sehr dünnen Scha- len nach dem Absterben noch im Schlamm erkennbar bleiben. Die früher dafür eingeführten Namen Brachyspira und Pleurospira sind also keine jungen Gasteropoden, sondern Pteropoden und Heteropo- den. Die Synapta und Entoconcha mirabilis Joh. Müllers gehört ebenfalls hierher und ist kein Gasteropode, vielmehr ein Pteropode. Nun hat Krohn nachgewiesen, dass Pteropoden und Heteropoden ihre Schalen im Larvenzustande abwerfen und das unterstützt sehr Vrf.s Ansichten von dem massenhaften Auftreten dieser Schalen im jetzigen wie im silurischen Urmeere. Auffallend sind noch zwei Umstände. Während die urweltlichen Grünsandformen der Pteropoden wirkliche Steinkerne sind, sind die gleichzeitig vorhandenen Crinoideenglieder Umwandlung der Kalksubstanz. Ferner sind im jetzigen Meeres- grunde, ziemlich zahlreiche überaus kleine deutliche Bivalven Arca, Nucula, Lithotomus in 840—1158° Tiefe von !/3—!/20''' Grösse aufge- funden, die schwer für junge Brut zu halten. Wahre Gastropoden lieferte der Tiefgrund des mexikanischen Golfs in Cerithium und Voluta 1—2‘' gross. Es gibt also in grossen Tiefgründen neben den Pteropoden noch mikroskopisch kleine Acephalen und Gasteropoden. Auf einer Tafel bildet E. weitere silurische Grünsandformen ab in 100 maliger Vergrösserung. Die kleinsten messen !/ıa‘“, die grössten 1/a‘'‘, letztere erscheinen dem blossen Augeals feiner Sand. Fig. 1—18 schliessen sich an die Cymbulien der Pteropoden an, Fig. 19—21 sind den Clioideen vergleichbar, Fig. 22 ein Enkrinitenglied. Die Cym- bulien sind Panderella Spirale auf beiden Seiten vertieft sichtbar, dicht anschliessend, Anfang verhüllt, 4 Arten; Cymbulia Spirale auf beiden Seiten sichtbar, rechts flach, links vertieft, anschliessend, eine Art; Tiedemannia Spirale frei nicht anschliessend, überall unverhüllt, 3 Arten; dann 2 Creseis. — (Berlin. Monatsber. 1861. $. 434—446. Tf.) 190 GreyEgerston, nomenklatorische Bemerkungen über devonische Fische. — Verf. will die Systematik der Fischfauna des Old red Sandstone streng revidiren und gibt darüber folgende Be- merkungen. Pterichthys schon 1839 aufgestellt und 1840 begrün- det hat die Priorität vor Eichwalds Asterolepis, den Pander neuer- dings wieder vorgezogen hat, da er erst 1840 für Reste zweierlei Fische eingeführt worden, nämlich für Chelonichthys und Pterichthys. Auch Asmus Homosteus fällt damit zusammen. Die M’Coyschen Ar- ten erhalten folgende Nomenklatur: Chirolepis curtus MC = Ch. Cum- mingae Ag, Ch. maerocephalus MC = Ch. Trailli Ag, Ch. velox MC ist eine Aicher begründete Art. Chiracanthus grandispinus M’C gute Art, Ch. lateralis M’C = Ch. minor Ag, Ch. pulverulentus M’C sehr kleinschuppig und sichere Art. Diplacanthus gibbus MC ist eine dem D. crassispinus ähnliche Art, aber durch längere Stacheln der Rücken- flosse unterschieden, D. perarmatus MC ist D. longispinus Ag ähnlich, aber kürzerim Rumpfe und mit dichteren Rückenflossenstacheln. Dip- lopterus gracilis MC = Diplopterus Agassizi Träill, D. macrolepido- tus MC = D. macrocephalus Ag, der Agassizsche Name ist nach E. aufrecht zu erhalten, weil die Art aus Schichten von Lethen Bar in Russland stammt, dagegen Dipterus macrolepidotus Sm aus dem Caith- nessflags, Osteolepis arenatus MC, O. brevis MC, Triplopterus Pol- lex seni MC nicht mit der aus den Poissons fossiles dazu gezogenen Abbildung, welche vielmehr zu Osteolepis gehört. Glyptolepis soll irrthümlich nur eine Bauchflosse haben, hat aber deren zwei. Dip- terus wie vorige ein Cölacanth aber von derselben verschieden und hat nur eine Afterflosse, während Agassiz und M’Coy fälschlich zwei angeben. Dipterus brachypygopterus und macropygopterus Sm sind identisch mit D. macrolepidotus Ag, D. Valenciennesi SM aber ist eine gute Art, kleiner, gleichförmiger hoch, mit kürzeren Flossen. Conchodus MC beruht auf zu unvollsändigen Ueberresten. Von Ho- loptychius Ag müssen die grössern Arten als Rhizodus Oyen ge- trennt werden und die Gattung dann als eigener Familientypus be- trachtet wegen der vollständig verknöcherten Wirbelsäule und zweier Rückenflossen. H. Andersoni Ag = H. Cummingi Ag, H. princeps MC = H. giganteus Ag, H. Sedgwicki MC gute Art. Gyroptychius MC ist als Gattung aüfrecht zu erhalten, aber von MCoy irrthümlich zu den Cölacanthen gestellt, sie gehört neben Diplopterus und Osteo- lepis. Ihre beiden Arten G. angustus und G. diplopteroides sind si- cher. Platygnathus Jamesoni Ag. ist gut, aber die Reste von den Orkneys gehören zu Asterolepis. Placodermata sind nach M’Coy alle Cephalaspiden mit Ausnahme von Cephalaspis selbst, und noch ei- nige Coelacanthen. Pander dagegen begreift .darunter Pterichthys, Coccosteus, Asterolepis, Heterosteus, Chelyophorus, dann wieder die ächten Cephalaspidae (Cephalaspis, Pteraspis, Auchenaspis) nur einen gepanzerten Kopf, die Placodermen einen Panzer um den ganzen Leib haben. Wohin Asterolepis und Heterosteus gehören, müsse noch ent- schieden werden. Von Pterichthys hat E. 1848 zwei Platten beschrie- 191 ben als hintere Ventralplatten, welche MCoy richtiger als Verlänge- rungen der hinteren Ventrolateralplatten bezeichnet, da E. einen Quer- bruch als Naht gedeutet hatte. Wohl aber ist die an ihm als Rücken- flosse beschriebene Flosse wirklich eine solche und nicht eine After- flosse wie MCoy annimmt, bei Pt. quadratus fand E. sie in natürlicher Lage. Pterichthys hat auch zwei Bauchflossen von Stacheln gestützt. in Form und Grösse mit der Rückenflosse übereinstimmend , von Af- terflosse keine Spur. Coccosteus Ag soll nach MCoy fünf Platten zur Ergänzung der Scheibe unter dem Thorax haben wie Pterichthys, hat aber deren sechs, weil zwei mittle Platten hintereinander liegen, eine centrale rautenförmige und eine vordere dreieckige, eingekeilt zwischen die zwei vordern Bauchplatten. C. microspondylus soll nach MCoy ausnahmsweise getrennte knöcherne Wirbel haben, das ist irrthümlich, die embryonale Chorda dorsalis bleibt lebenslänglich, aber die Neurapophysen der Wirbel sind eigenthümlich gebildet, in- dem ihre untern Enden keulenförmig anschwellen und dann leicht für die Wirbelkörper selbst gehalten werden können. MCoy hat diese Verhältnisse ganz falsch aufgefasst. Sein C. microspondylus ist nicht verschieden von C. latus Ag und C. pusillus = minor Mill. C. tri- gonaspis MC beruht auf der vordern Mittelplatte des Unterthoraxes von C. decipiens Ag. Wegen der Darstellung des Panzers von Coc- costeus verweisen wir auf das Original. — (Quarterly journal geolog. XVI. 118—136.) Gaudry, über Säugethierknochen von Pikermi bei Athen. — Zähne von Dinotherium dieser Lagerstätte waren schon früher bekannt, G. fand noch eine Tibia und Fibula viel grösser als bei dem grössten Elephanten, lang 0m95, was mit Elephas verglichen auf einen Femur von 1m56 und eine Körperhöhe von 4m50 deutet. Die Tibia ist merkwürdig durch die Abplattung der untern Gelenk-- fläche, deren grosser und kleiner Durchmesser = 0m34 : 0m12 ist, daher die quere Ausdehnung derselben sich nicht allein auf die Ge- lenkfläche des Astragalus, sondern auch des Wadenbeines erstreckt. Dann eine Rotula von 0m2 Länge, ein Astragalus vom Typus der Ma- stodonten, aber mit einer schiefern und längern Tibialfläche, ein Fer- senbein, woran die Fibulafläche gross und die Kuboidfläche verhält- nissmässig sehr schief zum Talon ist; Kahnbeine deren Fläche für das grosse keilförmige so klein ist, dass ein Daumen nur als Rudi- ment vorhanden gewesen sein kann; endlich mehre keilförmige Beine und Metatarsen. Dabei lagen Knochen der vordern Gliedmassen, ein rechter Cubitus mit einer Speiche, die wohl 1m14 lang gewesen sein muss, ein Humeralstück, drei Metacarpen grösser als von Mastodon und für Gang eingerichtet. — Helladotherium Duvernoyi muss die frühere Camelopardalis Duvernoyi heissen, das Thier ist mit Giraffe, Ochs und Antilope verwandt, ohne Hörner, mit weit abstehenden Jochbögen, 6 Backzähnen, in jeder Reihe ohne accessorischen mitt- len Cylinder. — Metarctos n. gen. hat nur drei Backzähne, näm- lich einen sehr langen und nicht hohen hintern, dessen Krone im 192 ersten Drittheil von einem kleinen Querhügel überragt wird, ei- nen Fleischzahn, der vorn zwei grosse äussere Zacken und ein in- neres Höckerchen, hinten einen Ansatz hat, und nur einen Lück- zahn, dann eine grosse Lücke bis zum Eckzahn, der mässig gross ist und eine senkrechte Rinne hat wie bei den Katzen. Schneide- zähne ziemlich gross. Der zahntragende Kieferast stark gebogen, dick und kurz, der aufsteigende Ast sehr lang und weniger schief als bei andern Carnivoren. Lück- und Fleischzahn ist caninisch, aber die Grössenverhältnisse eigenthümlich. Es ist ein Urside mit Katzen- verwandschaft. A. Wagner führt das Thier als Gulo primigenius auf, weil die Reste dem G. diaphorus von Eppelsheim -sehr nah stehen, der aber zu Metarctos zu versetzen ist. — Leptodon graecus steht zwischen Palaeotherium und Paloplotherium, mit ungemein schmalen untern Backzähnen, der erste zweilappig, der zweite mit einem An- fange des dritten Lappens, der dritte sehr stark entwickelt. Die ächten Backzähne haben innen keinen zusammenhängenden Basalwulst, nur schwache Anschwellungen. Das Thier hatte die Grösse eines kleinen Schweines, entspricht in der Anzahl der Zähne, den einfachen Halbmonden und dem dritten Halbmond des 7. Zahnes dem Palaeo- therium, aber weicht davon ab durch die zwei Halbmonde des gros- sen ersten Zahnes und den Anfang des dritten Halbmondes am sech- sten, erinnert an Paloplotherium durch den Mangel der Basalwülste und den Ansatz hinten am sechsten Backzahn. — (Comptes rendus LI. 802. 926.) el. Botanik. Braun, Abänderung der Blattstellung bei Araucaria brasiliensis. — An acht Stämmen des Berliner Gar- tens beobachtete B., dass dieselben ausser einigen complicirteren Ver- hältnissen der Hauptblattstellungskette 9) und analogen Verhält- bi) 8 . . vo 1-45 Be nisse mit Blattpaaren (8. +3) auch csmplicirte Stellungsver- 2 2? = 1 hältnisse dreizähliger Quirle ( a ) aufweisen, welche sonst im Pflan- zenreiche z. B. bei Dipsacus und Plantago nur höchst selten vorkom- men. — (Berliner Monatsberichte 1861. S. 268.) Derselbe, neue Isoätes. — Unter den Einsendungen der japanischen Expedition fand sich eine neue Isoetes, welche von der inländischen ]. lacustris durch ein kleineres wenig blättriges Rhizom, feinere Blätter mit spärlichen Spaltöffnungen, den Mangel des Schleiers etc. unterschieden ist und der nordamerikanischen I. riparia näher steht. Ihre Diagnose fasst B. also: J. japonica: rhizoma 'parvulum, paucifolium, bisulcatum; folia basi in vaginam membranaceam hyali- nam dilatata; velum nullum; ligula oblongotriangularis, acuta, spo- rangii dimidii longitudine; sporangia oblonga, latitudine duplo lon- giora; macrosporae 0,41mm crassae, reticulato-favosae; microsporae 0,03mm Jongae, 0,02mm crassae, glabrae. Nach dem Bau der Blätter- 193 gehört die Art zu den palustres s. amphibiae, die beim Austrocknen der Sümpfe fortleben. Isoötes bietet das Eigenthümliche, dass ana- loge Arten in weit entlegenen Gegenden vielleicht in allen verchie- denen Florengebieten vorkommen. Wenn selbst in der mittelländi- schen Flora seit 15 Jahren noch 7 oder 8 neue Arten entdeckt worden sind, darf man aus fremden Welttheilen noch viele erwarten. Aus Amerika sind ja erst 7 bekannt, nämlich ausser der I. lacustris noch 3 N-Amerikaner, 2 aus Columbien und Brasilien, eine aus Chili. Aus Ostindien kennt man 2, 1 von den Südseeinseln, 1 aus Neuholland, 2 von Vandiemensländ, 1 von Isle de France, 1 aus W-Afrika. — (Zbenda 459.) Derselbe, sonderbare Wirkung der Spätfröste auf die Blätter der Rosskastanie und anderer Bäume. — Im Jahre 1861 waren Februar, März und Anfang April ungewöhnlich mild, dann trat das umgekehrte Verhältniss ein, April und Mai wa- ren sehr kalt, am 21 April bis — 6°, am 3. Mai Schnee. Es erfroren die jungen Triebe und Ansaaten und die ganze Vegetation stand still. Am 24. März gab es schon Birkengrün und Märzveilchen, der Ler- chensporn stand Ende März in voller Blühte, die Traubenkirsche war grün, die Alpenjohannisbeere zeigte am 31. März offene Blühten, die Aprikose blühte in den ersten Apriltagen und die Kaiserkrone öff- nete am 4. April ihre Blühten. Die Rosskastanie entfaltete am 1. April ihre Laubblätter. Dann also der Stillstand. Die Birken waren am 9. Mai noch nicht weiter als am 24. März, die Robinien fingen erst am 21. Mai an Blätter zu zeigen. -Die ersten Rosskastanien blühten am 20. Mai, allgemein erst Ende Mai, also vom Aufbrechen der Laub- knospen bis zur Blühte 50 Tage, während in Deutschland normal 21 Tage sind, nach Braun selbst in den Jahren 1853 bis 1859 im Mittel 23 Tage (18—32 Tage). Im J. 1861 kamen die Laubknospen 19 Tage zu früh, die Blühten 8 Tage zu spät. Als im April die Kälte eintrat, waren die Laubknospen durchgehends ausgebreitet, die Blattstieie abstehend, die gefingerte Spreite hängend, die einzelnen Blättchen aber hatten eine eigenthümliche Faltenlage, indem zwischen je zwei Secundärnerven sich eine nach oben erhabene Falte befindet, das Blätt- chen somit jederseits in 16 bis 22 sehr spitzwinklich von dem Mittel- nerv auslaufende Falten gelegt ist. In diesem Zustande wurden die Blätter vom Frost getroffen und davon ihre Blattfläche durchlöchert und zerspalten. Die Ausschneidungen der Blattfläche treten haupt- sächlich in den Mittellinien zwischen den fiederartig geordneten Se- cundärnerven der Theilblätter auf, wo sie wenn die Affektion eine geringe ist als kleine zwischen den Secundärnerven reihenweise ge- ordnete Löcher erscheinen, die wenn sie grösser werden oft nur durch schmale Brüche getrennt sind. Zuweilen treten ausser der mittlern Reihe noch zerstreute Löcher auf, so dass die Blattfläche eine un- regelmässig siebartige Beschaffenheit erhält. Die erste Andeutung zu solcher Löcherbildung zeigt sich durch bleiche gelbliche durch- scheinende Punkte, welche die Reihe der Löcher fortsetzen oder die- [4 194 selbe anfangen. Bei stärkerer Affektion treten grössere mit den Se- cundärnerven abwechselnde und denselben parallele lange Spalten von 3—9‘'' Länge und !/a—2‘' Breite auf, bald mehr dem Mittelnerv genähert, bald zwischen Rand und Mittelnerv, bald auf beiden Seiten des Mittelnerven bald nur auf einer Seite. Gewöhnlich tritt nur eine grössere Spalte zwischen zwei Secundärnerven auf, zuweilen 2 bis 3. und noch ausserdem Löcher. Der Rand bleibt allermeist ungetheilt, erst bei stärkster Affektion spaltet auch er und geht sogar der ganze Saum verloren und es entstehen tief fiederspaltige Blättchen, deren Lacinien bald lanzet- bald linienförmig sind und bisweilen sehr fremd- artig aussehen. Dass all diese Formen Folge einer wirklichen Aus- schneidung sind, beweist die genaue Untersuchung des Randes der Löcher, Spalten und Einschnitte. Selbiger hat keineswegs die Be- schaffenheit des normalen Blattrandes. Statt der normalen Zahnbil- ‚dung geht der Schnittrand bald geradlinig über schwächere und stär- kere Nerven, die deutlich abgeschnitten erscheinen, bald ist er wie ausgefressen und bildet unregelmässige Buchten’ und Läppchen, welche dem Verlaufe der stärkeren Tertiärnerven entsprechen. Sämmtliche Schnittränder sind ausserdem durch einen schmalen ausgebleichten bräunlichen Saum von den natürlichen Blatträndern unterschieden. Viele der ausgeschnittenen Blättchen haben auch eine gekräuselte Fläche, zumal solche die im Wachsthum etwas zurückgeblieben sind. Die ganze Erscheinung war in der Berliner Gegend allgemein, doch geschützt stehende Bäume weniger afficirt wie freie, die Wipfel mehr als die untern Zweige. Ausser Aesculus hippocastanum auch Ae. car- nea, flava, discolor. Im J.1854 trat am 24. April eine Kälte von —40 ein und die schon aufgebrochenen Knospen wurden ähnlich afficirt. Der Frost ist unzweifelhaft die Ursache der Veränderung der Blätter. Bäume mit ähnlich gefalteter Knospenlage zeigen dieselbe Einwirkung, B. fand sie bei Acer tataricum, platanoides. — (Zbenda 691—699.) G. Zeller, die würtembergischen Oscillarien. — Uhn- ter den Süsswasseralgen zeichnet sich Oscillaria durch weite Ver- breitung und schnelles Wachsthum aus. Die Arten gedeihen in jeder Pfütze und erscheinen schnell und verschwinden mit dem Austrock- nen wieder. Einzelne Arten wachsen in der Stunde bis 1/2‘. Man kennt deren überhaupt etwa 60, wovon 40 in Deutschland und der Schweiz gefunden werden, aber aus Würtemberg erst 7 bekannt sind, nämlich: O. antliaria Jürg gemein mit 2 Varietäten, tenuis K mit 4. Varietäten, limosa K mit 2 Varietäten, nigra Vauch, dubia K, froe- lichi K, fenestralis K und dann noch die neue 0. pallida: ©. strato pallide virescente, bulloso; trichomatibus !/gon‘ crassis, continuis, rectis, punctis opacis impletis, demum obsolete articulatis, articulis diametro parum brevioribus, subtiliter punctatis, capitulis tumidulis, rotundatis, puncto hyalinonotatis, in Weinberggräben am Fusse der Achalen. Später wurde noch O. Kützingana Naeg im Mineralbad zu Berg entdeckt. Eine am 16. August in Urach eingelegte und völlig eingetrocknete O. uncinata wurde am 4. September wieder aufge- 195 weicht und wucherte zwölf Stunden später ganz ungemein üppig. Eine im Juli 1860 getrocknete O. nigra wuchs nach 14 Monaten aufgeweicht in einigen Tagen bis zu 1‘ Fadenlänge aus. — (Würtemberg. Jah- reshefte XVIII. 71—75.) G.v. Martens, die Laubmoose Würtembergs. — Verf. zählt nach Schimpers Synopsis geordnet die einzelnen Arten mit Angabe der speciellen Standorte auf ohne Vollständigkeit zu beanspruchen. Würtemberg gehört zum südlichsten Theile der mittlen Flora und zählt bisjetzt 228 Arten, davon lieferte das Unterland 170, der Schwarzwald 113, Oberschwaben 96, die Alp 73. Wie viel noch feh- len mögen, erwäge man daraus, dass Schimper für die Getreideregion des Rheinthales von Basel bis Mainz 350 Arten angibt, Seubert für Baden 360 aufzählt. — (Ebda 76—112.) J. v. Jaeger, über rankende Gewächse, namentlich über Epheu. — In einem fast einen Morgen grossen Garten bei Karlruhe mit 7° hoher Mauer und einem Wohnhaus umschlossen fand J. im Juni 1860 die W-Wand des Hauses mit jungem Epheu 10—12' hoch überzogen, der sich dicht an den ziemlich glatten Kalkbeleg ange- setzt hatte, aber höher hinauf sich nicht mehr zu halten vermochte. Die Mauer aber war ganz überwachsen bis über den Rand. Hier waren die Aeste an einen Pflaumenbaum übergesprungen und hatten denselben dicht überfilzt, wovon Zweige wieder zur Mauer übersetz- ten. Man nahm diese Epheuhülle ohne grosse Mühe ab, trotzdem ging der Baum zu Grunde und ein zweiter ebenfalls überwucherter verdorrte gleichfalls. Auf ähnliche Weise waren die Zweige anderer Bäume des Gartens durch Parmelia parietina und pulverulenta zer- stört. Die Schwämme veranlassen jedoch mehr als Flechten und Epheu eine Erkrankung der Rinde, welche auch Bast und Holzkörper ergreift. Die Mispel dringt gleich auf den Holzkörper ein. Der Epheu bedarf bedarf der lebenden Pflanze nicht und kömmt auf Stei- nen und Mauern ebenso gut wie an Bäumen fort. Verf. beobachtete Weiteres an Apfelbäumen. Ein solcher 40—50 Jahre alt über der Wurzel 13‘ dick mit 3 und 2 seitlichen Hauptästen, die er an seiner östlichen Seite bis zu dem dritten Seitenaste mit jungem Epheu über- zogen, der sich auch auf der andern Seite auszubreiten anfing. Der untere Ast von 5‘ Durchmesser war schon früher abgestorben, völ- lig von Rinde entblösst und ohne Epheuüberzug, da die feste Be- schaffenheit des Holzkörpers dessen Anheftung nicht gestattete. Auch sind ja die Epheuzweigchen auf der obern Fläche ziemlich glatt, auf der untern aber etwas filzig und in der Mitte der untern Fläche be- findet sich ein aufgerissener brauner Strich, der sich meist von einer Blattstelle zur andern der alternirenden Blätter ausdehnt. Aus die- ser rauhen Stelle erheben sich zuerst kleine Fortsätze, welche sicl zu dünnen braunen Zapfen ausbilden, gleichsam einen Kamm dar- stellen. Bei weiterm Wachsthum theilen sich diese Zapfen wurzel- förmig und suchen in Ritzen der Rinde oder Mauer einzudringen. Derselbe Vorgang wiederholt sich bei Seitenzweigen, welche sich 196 aus den Knospen der Blattwinkel entwickeln, wenn dieselben auf ei- ner Fläche Raum finden sich auszubreiten. Ist dies nicht der Fall und entwickeln sich die jüngern Zweige über einander, so verflechten -sich ihre Wurzeln und es erscheinen Wurzelfortsätze nach allen Sei- ten. Aeltere Aeste fand J. auch mit dünnen 2' langen Wurzelfort- sätzen ringsum besetzt, so bei einem 5‘'‘ dicken Epheuast, der von einem Pflaumenbaume zur Mauer übersetzte. Für die Vermuthuug, dass diese Wurzelfortsätze auch die Funktionen von Luftwurzeln ha- ben, lässt sich kein Nachweis führen. Inzwischen verändert sich ihre Funktion im Verlaufe der Entwicklung. Anfangs dienen sie vorzugs- weise zur Anheftung des von dem Boden aus genährten und sich er- hebenden Stammes. Indem sie jedoch unter günstigen Umständen sich zu verästelten Wurzeln entwickeln, dienen sie unmittelbar auch zur Ernährung der Zweige und fördern daher auch das Wachsthum in den höhern Theilen unabhängig von dem noch wahrscheinlich fort- dauernden Zusammenhang der Epheustämme mit der in der Erde be- findlichen Wurzel und der fortdauernden Ernährung von der Wurzel aus. Indem sich aber die Epheuzweige vielfach unter sich verflech- ten, bildet sich selbst wieder ein Boden für die Entwicklung der jün- gern Aeste und daher die Bildung eines dichten Filzes um fremde Gegenstände, der also der Rinde der Bäume nachtheilig wird. Big- nonia radicans entspricht in ihrer Entwicklung nur den zwei ersten Stadien der Entwicklung des Epheus. An ihren Blattwinkeln finden sich zwei bis drei Häufchen wurzelartiger Fortsätze, welche meist blos zur Anheftung an fremde Gegenstände dienen. Sie vermögen sich auch an ganz platte Flächen von Holz festzusetzen ohne je sich wurzelartig zu verästeln. Dies geschieht aber wenn sie zufällig auf die Ritze einer Mauer treffen. Dann dienen sie wesentlich mit zur Ernährung der Pflanze, für deren Anheftung sie als abortive Wurzeln allein bestimmt waren. Diese letztre Funktion spricht sich am rein- sten in den Scheiben an der Spitze der Ranken der Hedera quinque- folia in Verbindung mit der Rankenbildung 'aus. Auffällig ist, dass aus den tellerförmigen Ausbreitungen, mittelst der sich diese Pflanze an fremde Körper fest anklebt, sich nie Wurzeln entwickeln. Diese Verhältnisse hat schon Malpighi angedeutet und von Mohl beleuchtet. Die niedersten Stufen des Parasitismus bezeichnen gewissermassen die Plantae simpliciter scandentes volubiles cirrhosae, sofern sie sich bloss einer andern Pflanze oder Gegenstandes bedienen, um einer Eigenthüm- lichkeit ihrer Vegetationsweise in Absicht auf Stand oder Stellung ge- nügen und daher auf mehre Aeste derselben Pflanze sich um sich selbst wenden, um so den Halt zu gewinnen. Es liegt darin häufig zugleich die erste Bedingung des Absterbens durch blosse Umschlin- gung einer Pflanze. In andern Fällen bedingt dies Verhältniss die Störung der Funktion eines Organes ohne Alteration seiner Structur oder mit Veränderung des Gewebes einer oder mehrerer Organe, oder die eine Pflanze dient dem Parasiten als Nährpflanze (Cuscuta) ohne wesentliche Störung der Vegetation der Nährpflanze, die letztere 197 als nothwendige Bedingung für die Entwicklung der Parasiten, den von aussen eindringenden Parasiten stehen gewissermassen die durch Krankheit der Nährpflanze z. B. die Exantheme entstandenen Parasiten entgegen, welche erst in der Folge die Entstehung von Parasiten veranlassen. Es führt dies auf die Eintheilung der Parasiten in pri- mitive und secundäre. Manche vegetabilische Schmarotzer geben auch Veranlassung zu Entstehung thierischer Organismen, welche mehr weniger zugleich als Parasiten auf der Nährpflanze leben mit mehr we- niger specifischem Gepräge. — (Ebenda 62—70.) Naudin, die wahre Heimat der Melone. — Die Meisten verlegen das Vaterland der Melone in die Länder des Kaukasus und kaspischen Meeres, Wildenow in das Land der Kalmucken. Beweise dafür fehlen und es ist sogar unwahrscheinlich, dass jene Gegenden mit ihren empfindlich kalten Wintern wilde Melonen haben können. Alles deutet vielmehr hei der Melone auf ein entschieden tropisches Temperament. Sie stammt aus Indien, von wo sie nach Persien und der Türkei gelangte und dann über Europa sich verbreitete. Noch jetzt wächst sie in Indien wild aber so eigenthümlich, dass sie die Botaniker nicht wieder erkannten. Ein Officier der indischen Armee schreibt darüber: Es ist merkwürdig, dass die indische Cultur der Melone obwohl in ihrer Heimat doch den Character einer fremdlän- dischen hat in dem Sinne, dass man die Melone zu einer Jahreszeit baut, in der sie im Urzustande nicht vegetirt und deshalb, weil der Boden zu dieser Zeit so ganz dürr ist, dass die Samen nicht keimen können oder doch die jungen Pflanzen verdorren. Im west- lichen Indien findet sich die Melone in drei Zuständen. 1. Wildwach- send an trocknen und fast ganz unfruchtbaren Orten; da keimt sie im Juni oder Juli zur Zeit der Erndte, wenn die Regenzeit bereits eingetreten ist, wächst sehr rasch, blüht und reift ihre Früchte im September. Die schönsten wilden Früchte haben die Grösse eines Eies, sind hochgelb, mit glatter Rinde, ohne Rippen, haben weiss- liches, dünnes Fleisch, das kaum zuckerhaltig. 2. Angebaut in ihrer natürlichen Jahreszeit, d. h. in der Regenzeit, aber doch auch nur mit wenig Sorgfalt gepflegt. Da erreichen die Früchte mittle Grösse, entwickeln starken Melonengeruch, haben weisses oder schwach röthliches Fleisch, festes oder teigiges, fast ganz ohne Zuk- ker. 3. Künstlich getriebene während der heissen und trockenen Jahreszeit vom Februar bis Mai tragen Früchte in allen Grössen, Formen, Farben und Eigenschaften, sehr kleine, enorm grosse, runde und lange, glatte und genetzte, mit oder ohne Rippen, halb gefärbte, marmorirte, geruchlose und sehr wohlriechende, das Fleisch weiss, grünlich, gelb, orange, roth, von sehr verschiedener Güte. Man pflanzt sie fast ausschliesslich im Kies der Bäche, wo die Wurzeln noch Feuchtigkeit finden, ohne weitere Bearbeitung des Bo- dens als ihn zu ebnen oder etwas zu erhöhen; so gedeihen die Pflanzen sehr gut; reihenweis 2—3 Fuss aus einander, dann bei ei- niger Grösse mit etwas Taubenmist versorgt. Gemeinlich pflanzt _ XIX, 1862. 14 198 man Gurken dazwischen, die sich mit den Melonen verbastardiren, wodurch die vielen geschmacklosen Melonen entstehen. Die schön- sten und schlechtesten wachsen zwischen und neben einander, aber weil die Samen nicht rein sind. Sich selbst überlassen oder wild wachsend liefert die Melone überhaupt nur fade Früchte, unsere Gar- tenfrüchte sind also durchaus künstliche Produkte entstanden durch sorgfältige Cultur und erhalten durch gewissenhafte Auswahl der Sa- men. Ob die Gurken sich wirklich mit ihnen verbastardiren, möchte sehr fraglich sein, vielmehr mischen sich sehr leicht die verschiedenen Varietäten der Melonen. Die wilde Melone ist als Cucumis rubescens C. turbinatus und C. maderaspatensis beschrieben. — (Aegels Garten. flora März $S. 126—128.) Grönland, Monstrositäten von Papaver. — 1. Umbildung der Staubgefässe in Carpellen bei Papaver somniferum. Mehr solche Carpellen enthielten auch vollkommen ausgebildete Samenkörner, weil nicht alle Staubgefässe umgebildet waren. 2. Eigenthümliche Ano- malie an Papaver bracteatum DC. Diese Pflanze brachte eine ge- wisse Anzahl Blumen hervor, deren Blumenblätter an ihrem Rande zusammengeschweisst waren und so eine vollkommen monopetale Blumenkrone bildeten, so dass sie eine scheinbare Aehnlichkeit mit den Blumen einer riesigen Ipomoea erlangten. An ein und derselben Pflanze traf man alle Umbildungen von der ganz freien polypetalen Corolle bis zu den monopetalen und zwar waren bald nur zwei Pe- talen mit einander verwachsen, bald auch dieselben nur am Grunde mit einander verbunden. Ob letztere Monstrosität durch Samen fort- pflanzbar ist, wird nicht festgestellt, dagegen ist die an Papaver som- niferum erwiesen fortpflanzbar. Selbige wurde auch im Petersburger Garten beobachtet, wo aber diese Fortpflanzung als regelmässige stark bezweifelt wird. — (Ebenda Januar S. 36.) Fr. Schmidt, über die Flora der Insel Sakhalin. — Verf. untersuchte grosse Strecken dieser Insel und gibt darüber vor- läufige Mittheilungen. Das eine Gebiet der Insel geht an der W- Küste bis Choi und in Osten bis zum Golf der Geduld 49° Br. und wird characterisirt durch Vorherrschen von Larix dahurica und Pinus. pumila. Der übrige Theil der Insel ist vorherrschend von immer- grünem Nadelwald, Picea ajagensis und einer Edeltanne eingenommen, wozu an Gehängen und in Flussthälern Laubholz tritt und auf den Höhen Betula Ermanni. Häufig ist Taxus und 2 Juniperus. Pinus cembra fehlt und die Zirbelkiefer bleibt stets strauchartig. Myrica gale, Betula alba, Middendorfi, nana, Alnus hirsuta, Alnobetula fruti- cosa, Alnus, 8 Salix, Populus suaveolens und tremula, Quercus, Fraxi- nus mandschurica, Phellodendron, Juglans, Dimorphantus, Eleuthero- coccus senticosus, eine baumartige Araliacee mit Trugdolden, Xylo- steum chrysantum, Sambucus racemosa, Calyptrostigma Middendorfi, Viburnum opulus und dahuricum, Vitis Trochostigma mit wohlschme- ckenden Früchten bis 30° hoch kletternd, ein kletternder Celastrus, Acer mono und dedyle, Evonymus macropterus, 5 Spiraea, Ribes rubrum, 199 Rubus idaeus, Vaceinium vitis idaea, uliginosum, praestans und neue Arten, Ledum palustre, Chamaedaphne caliculata, Andromeda poly- folia, Loisleuria procumbens, Rhododendron chrysantum, Rosa rugosa, cinnamonea, Prunus padus, Maacki, Pyrus baccata, Sorbus sambuci- folia, 2 Hydrangeae, Arundinaria bedeckt alle Berge. Im Ganzen sammelte Schm. etwa 500 Arten. Die Waldorchideen sind sehr zahl- reich, die Leguminosen und Corollifloren sehr arm, die meisten Gat- tungen treten artenarm auf, nur Carex mit 25 Arten, dann Polygonum mit neun, Salix mit acht, Artemisia und Vaccinium mit sieben, Spi- raea, Viola, Ranunculus mit sechs. — (Bulletin acad. Petersbourg V. 33—35.) —e Zoologie. W. Engelmann, zur Naturgeschichte der Infusorien. — Verf. lenkte seine Aufmerksamkeit besonders auf die Conjugationszustände, welche nach Stein und Balbiani bei Para- maeeium bursaria und aurelia eine geschlechtliche Fortpflanzung ein- leiten. Beide sahen, dass während der Vereinigung zweier Individuen aus der Substanz des Nucleolus Spermatozoen sich entwickeln, durch deren Eindringen in den Nucleus dieser zur Bildung von Keimkugeln und Embryonen veranlasst wird. Das bestättigt E., bei zwei Indivi- duen von Param. bursaria hatte sich der Nucleus bedeutend vergrös- sert und war in zwei grosse Kapseln zerfallen, welche parallele stab- förmige Körperchen enthielten. Ein andermal hatte sich jede dieser beiden Kapseln wieder in zwei lange an den Ecken angeschwollene Schläuche verlängert, die ebenfalls mit stabförmigen Körperchen an- gefüllt waren. Auch sah E. drei Individuen in Conjugation. Auch bei Param. aurelia bestättigt E. das Vorkommen von Spermatozoen im Nucleus. Zuweilen füllt derselbe den ganzen Körperraum aus. Die herausgedrückten Spermatozoen zeigen deutlich eine kurze com- pactere Vorder- und eine grössere etwas dünnere und durchsichtigere Hinterhälfte bei meist 0,008mm Länge. Conjugation wurde ferner bei P. ambiguum im Salzsee bei Eisleben beobachtet, bei P. colpoda mehren Trichodaarten, Cyclidium glaucoma, Cinetochilum margarita- ceum, Coleps hirtus, Prorodon, Nassula aurea, Lacrymaria elegans, Amphileptus fasciola. Immer waren beide Individuen mit ihren Vor- derenden verschmolzen, nur die Amphilepten in der ganzen Länge. Vorticella convallaria wurde massenhaft in Conjugation angetroffen. Sehr häufig auch Chilodon cucullatus in verschiedenen Zuständen, ferner bei Aspidisca, Euplotes, Stylonychia, Pleurotricha, Oxytricha, worüber sich E. im Einzelnen verbreitet. Es kommen hienach bei den Infusorien zweierlei Art der Conjugation vor, von der nur die eine mit der geschlechtlichen Fortpflanzung in Beziehung steht. Die erste besteht in der vollkommenen Verschmelzung zweier Individuen zu einem einzigen. Das ist bei Stylonychia mytilus, pustulata* und histrio nachgewiesen und bei mehren andern höchst wahrscheinlich Bei der zweiten Art vereinigen sich die Thiere nur mit einem Theile ihrer Vorderkörper, bleiben in diesem Zustande mehre Tage und trennen sich dann wieder. Beide Individuen sind nach der Trennung 14* 200 äusserlich wie innerlich stets ganz verändert, gehen aber allmählig wieder in die ursprüngliche Form zurück. Das gilt wenigstens von den Oxytrichinen und Euploten. Bei den Paramaecien, Colpidien und andern holotrichen Infusorien lassen sich nach der Trennung keine oder nur sehr geringe äussere Veränderungen wahrnehmen. Durch diese zweite Art der Conjugation wird die geschlechtliche Fortpflan- zung eingeleitet. Bei keiner Art kömmt Quer- und Längstheilung zugleich vor. Der Nucleolus war bei etwa 30 bis 40 Arten beobach- tet, Verf. fügt noch 12 hinzu, und beschreibt denselben. Weiter ver- folgt er die Entwicklung peritricher Infusorien, bei Epistylis plicatilis, erassicollis, flavicans, Carchesium polypinum und aselli. Von letzte- rer Art fand er am 1, April 1860 ein abgestorbenes grosses Exemplar, das in seinen körnerarmen Innern eine grosse homogene Kugel mit grossem runden Kern besass. Daneben lag hufeisenförmig gekrümmt der kleiner gewordene Nucleus. Am 2. April fanden sich noch acht Exemplare mit je einer Embryonalkugel. Diese lag meist dicht unter dem Peristomrande und an ihrer Oberfläche befand sich ein sehr langsamer veränderlicher kleiner Hohlraum. Andere Formen stellten eine spätere Entwicklungsstufe dar. Es hatte sich nämlich der grosse runde Kern der Embryonalkugel in zwei ovale Körper getheilt. Zu- weilen fanden sich ausserdem noch zwei solche ovale Körper im Pa- renchym, von denen sich nach Einwirkung von Reagentien eine deut- liche Membran abhob. Häufig besitzen die Mutterthiere an der Aussen- seite einen grossen kegeligen Auswuchs, der nach vorn schmäler wird, aber keine Oeffnung zeigt. Darin ein grosser kugeliger Kör- per als Embryonalkugel. Ob der Embryo immer durch diesen Aus- wuchs hervortritt ist zweifelhaft, denn oft tritt der reife Embryo nur durch eine Spalte in der Oberfläche des Mutterthieres nahe am Pe- ristomrande heraus. Derselbe ist ovalrund, sehr klein, vorn mit ein oder zwei Zonen langer Wimpern versehen, besitzt einen contractilen Raum und rundlichen Kern und schwimmt sehr stürmisch umher. Oft sass er stundenlang noch in der Spalte des Mutterthieres. Ueber die Entwicklung der Embryonalkugeln aus dem mütterlichen Kern gaben nur wenige Exemplare Aufschluss. Eines mit grosser Embryo- nalkugel zeigte in dem kleiner gewordenen Nucleus mehre kernar- tige Gebilde. Ein anderes ohne grosse Embryonalkugel hatte einen verkleinerten Nucleus und neben diesem noch sechs kleine kugelige Körper mit centralen Bläschen versehene Körper zerfallen. Wahr- scheinlich entwickeln sich diese, wenn die erste Embryonalkugel Em- bryonen entwickelt hat, der Reihe nach ebenfalls zu Embryonalkugeln, aus denen dann eine ganze Reihe von Embryonen hervorgeht. Gleich- zeitig treten an vielen Exemplaren grosse Höcker auf meist in der hintern Körperhälfte und enthalten viel kleine kugelige stark licht- brechende Körperchen, die sich auch im Parenchym des mütterlichen Körpers in grösserer Zahl angehäuft finden. Sie sind aus dem Zer- fallen des Nucleus hervorgegangen. Stein hält diese Körperchen für Anfänge zu befruchtenden Elementen. Dasselbe beobachtete E, noch 201 bei Zoothamnium affıne. Nachdem er dann noch über die Entwicklung der Acineten Beobachtungen mitgetheilt, beschreibt er folgende neue Arten und Gattungen. Chasmatostoma: Körper formbeständig, nieren- förmig, etwas platt gedrückt, gleichförmig bewimpert, in der Mitte der platten Bauchseite eine ovale kleine Mundspalte mit innen be- festigter undulirender Membran; Art Ch. reniforme bei Leipzig. La- eryamaria elegans. Conchophthirus curtus. Microthorax: Körper ge- panzert, platt gedrückt, fast oval, hinten breit abgerundet, gleich- förmig bewimpert, Mund in einer rundlichen Peristomvertiefung in der linken Körperhälfte dicht vor dem Hinterende gelegen; Nucleus und contractiler Raum einfach; Arten: M. pusillus, sulcatus. Depra- nostoma: Körperform beständig, biegsam, langgestreckt, vorn und hinten langsam verschmälert, mit planer Bauch- und gewölbter Rücken- seite, die ganze Bauchseite mit Reihen gleichlanger Wimpern besetzt, die glatte Rückenseite nur an den Rändern steif bewimpert, Mund unter einer Hornleiste vorn und seitlich, Art: D. striatum. Gastro- styla: elliptisch, vorn schmal, hinten stumpf gerundet, fünf bis sechs starke griffelförmige Stirnwimpern, eine Reihe Borstenwimpern bis zu den fünf starken Afterwimpern, zwei Randwlmperreihen, Art: G. Steini, Pleurotricha setifera.. Uroleptus mobilis, agilis. Oxytricha strenua, parallela. Astylozoon: Körper contractil, ungestielt, fast glockenförmig, mit scharf zugespitztem und nach der Rückenseite ge- neigten Hinterende, Oberfläche glatt, mit vorstreckbarem Wirbelorgan, Peristomrand wulstig verdickt, hinten mit starken Schnellborsten, ‘Art: A. fallax. Carchesium aselli. Epistylis nympharum. Alle.von Leipzig. Gelegentlich zählt Verf. auch die im Mansfelder salzigen See beobachteten Infusorienarten auf. — (Zeitschr. f. wiss. Zool. AT, 347-393. Tf. 28—31.) Strahl, neuer Acanthocyclus und Allgemeines über das System der Dekapoden. — Die Gattung Acan- thocyclus Luc. umfasste bis jetzt nur die eine Art A. Gayi_d’Orb von Valparaiso, welche Meyen in mehren Exemplaren aus Chile an das Berliner Museum schickte. Ausser dem besitzt letzteres noch grosse und kleine von nur 2‘ Länge, Männchen und Weibchen und Exemplare einer neuen Art aus Chile. Diese sind 101/5‘‘ lang und 12‘ breit, zeigen auf dem Rückenschilde eine etwas schärfere Mar- kirung der Regionen, und eine abweichende Behaarung. Mit dichten kurzen Haaren besetzt sind nämlich auf der Rückseite die Gegend zwischen den seitlichen Zähnen, auf der Bauchseite die Pterygostomien, Kieferfüsse, Epistomien, ein Haarbüschel unten vorn vor dem rostrum bifidum der Stirn, ferner ist behaart die obere crista der coxa der hintern Gangfüsse. Die Art soll A. villosus heissen, hat noch stärkere und kürzere vier hintere Gangfüsse wie A. Gayi. Die Gattung steht Corystoides Edw zunächst, die nur ein einziges Antennenpaar hat. Bei beiden ist Epistomium und Pterigostomium verschmolzen mit oder ohne Vermittlung des ersten Gliedes des äussern Fühlers. Das kömmt bei Dekapoden häufig vor. Hier interessirt uns weniger die bekannte \ 202 Verschmelzung des 3. 4. 5. Abdominalsegmentes, aber beachtenswerth ist jene Verschmelzung bei den Oxyrhynchen MEdw mit Ausschluss seiner Parthenopidae. Diese ausgeschlossen gewinnen die übrig blei- bendenden Majidae und Macropodidae an anatomischer Präcision und es passen auch alle neuen Genera von Dana hinein. Nur mit einem Genus hat sich Dana geirrt, mit Macrocheira in Folge derselben In- consequenz, mit der man früher Elamene neben Inachus stellte. Der äussere Habitus allein entscheidet nicht über die Stellung. Wenn nun auch Elamena jetzt richtig neben Hymenosoma steht, so sind die anatomischen Charactere dafür doch noch nicht richtig erkannt. Dass das grosse Epistomium der Oxyrhynchen wirklich aus der Verschmel- zung des ersten Fühlergliedes mit dem Epistomium und Pterigosto- mium entsteht, sieht man z. B. bei Micippe, Oregonia, wo die Tren- nungslinie zwischen Fühlerglied und Epistomium zu beiden Seiten des Operculum nur chitinhäutig und nicht verkalkt sind. Zuweilen ist diese ursprüngliche Trennung durch eine Fissur am Rande von der Höhle des innern Fühlers her angedeutet z.B. bei Mithrax, Pisa, Hyas u. a. Zu den so definirten Oxyrhynchen müssen nun noch Eurynome und Eumedonus gestellt werden, die nicht mehr unter die Parthenopiden passen. Die Betrachtung des äussern Fühlers, das Verhältniss seiner Theile zu benachbarten Skelettheilen erweist sich innerhalb der Bachyuren wichtig für die Systematik. Die vorhin be- zeichneten Abtheilungen sind gewissermassen extreme, zwischen de- nen Vermittlungen liegen. Bei vielen Brachyuren zeigen die Glieder der äussern Fühler das gleiche Verhalten wie bei den Makruren, sind nämlich vollständig frei und nach allen Seiten hin beweglich, dahin gehören Dana’s Hymenieineen und Myctiris, überhaupt die Pinnotheri- den, auch die Ocypodiden und sämmtliche Gecarciniden und Macro- cheira. Beiden noch übrigen Brachyuren sind die Fühlerglieder zwi- schen Epistomium, Pterygostomium, dem ersten Gliede der inneren Antennen und z. Th. auch der Stirn fest eingekeilt und büssen einen grossen Theil ihrer freien Beweglichkeit ein. Nur das dritte Glied und die Geissel bleiben frei. Hieher gehören Dana’s sämmtliche Co- rystoidea, Leucosoidea, der Rest der Grapsoidea und die sämmtlichen Cancroidea nebst den Parthenopinen. Hier lässt sich wieder eine scharf getrennte Unterabtheilung aufstellen, die von jenen Brachyuren gebildet, wird, bei denen sich die Stirn nicht an der Einkeilung der Glieder des äussern Fühlers betheiligt, vielmehr das erste Glied des innern Fühlers festklemmt und so einen Spalt schafft, in wel- chen der äussere Fühler sieh einkeilt. Das ist bei den Partheno- pinen, Calappiden und Matutiden der Fall. Aus der Betrachtung des äussern Fühlers allein ergeben sich also 4 Gruppen der Bra- chyuren Dekapoden: 1. Brachyuren ohne äussere Fühler oder höch- stens mit dessen erstem Gliede, Brachyura orbata wie Bellia, Cory- “stoides, Acanthocyclus. 2. Brachyuren mit vollständig freien und be- weglichen Fühlern, Br. liberata. 3. Brachyuren, bei welchen die er- sten beiden Glieder oder nur das erste Giied zwischen die Nachbar- 203 theile eingekeilt ist, Br. incuneata. 4. Solche, bei welcher das erste Fühlerglied durch Verschmelzung mit den Nachbartheilen zu einem Stück verwachsen ist. Die Makruren sind viel: einförmiger. Solche ohne äussere Fühler kennt man noch nicht. Acanthocyclus hat so viele entschiedene Brachyurencharactere, dass man die Gattung nicht einmal unter die Anomuren stellen kann. — (Berliner Monatsberichte 1861. 8. 713—717.) Derselbe, neue Rüppelia und über die Grenzen der Brachyuren. — Dana beschreibt eine Rüppelia als fraglich identisch mit R. annulipes ME, aber sie ıst eigenthümlich und muss R. trun- cata heissen, weil der Stirnrand nicht deutlich gezahnt sondern fast glatt ist und weil der untere Augenhöhlenrand mit 4 kleinen Zähn- chen besetzt ist und keine horizontale Leiste auf den Zähnen des Seitenrandes vorhanden ist. Rüppelia zählt also nun 4 Arten. Sie steht Ozius Leach zunächst durch das getheilte Spatium praelabiale und die Gestalt der ersten Glieder des äusseren Fühlers. Dieses Glied ist nämlich knieförmig von innen nach aussen gebogen. Die Uebereinstimmung im äussern Bau ist bei beiden Gattungen so gross, dass man sie füglich vereinigen könnte, wenn nicht ein Gruppencha- racter sie trennte. Bei Rüppelia tritt nämlich Pterygostom und Stirn so dicht zusammen, dass die Augenhöhle nach innen vollständig ge- schlossen ist, während sie bei Ozius einen Spalt zwischen sich lassen, in den sich die beweglichen Theile des äussern Fühlers einschlagen. Die Ozinen Dana’s vermitteln den Anschluss der Eriphinen an die Xanthinen und Chlorodinen insofern bei den Ozinen, Xanthinen, Chlo- rodinen und weiter bei den Portuniden niemals das Pterygostom dicht an die Stirn tritt und die Augenhöhle nach innen vollständig schliesst, vielmehr hier stets ein Spalt bleibt. Ist dennoch die Augenhöhle nach innen geschlossen; so geschieht dies immer durch das erste grosse Glied des äussern Fühlers wie bei Melissa, Etisus, Thalamita. Die Eriphinen möchten wohl zunächst an die Oxyrhynchen angereiht werden, die Verf. als Brachyura perfusa charakterisirte; bei letztern bewirkt nämlich die Verschmelzung des Pterygostoms mit dem ersten Gliede des äussern Fühlers und mit dem Epistom vollständigen Schluss der Augenhöhle und das zweite Glied des Fühlers inserirt sich stets auf der Höhe und vor der Augenhöhle. Die Jncuneaten zerfallen in die Cancroiden, Grapsoiden und Leucosier. Bildung der Kaufüsse und des Athemapparates wie auch die Lage der männlichen Geschlechts- organe bedingen diese Gruppirung. Dana stellte auch die Corystoidea als besondern Typus auf, allein diese gehören zu den Cancroiden. Die Leucosier beschränkt St. auf Dana’s Leucosidae mit Dorippe und Aethusa. Die Calappiden und Matutiden werden mit den Par- thenopinen vereinigt, während Oncinopus zu den liberata in die Nähe von Hymenosoma sich stellt. Diese Vereinigung ist wohl gerecht- fertigt wegen der Uebereinstimmung in der Lage des zuführenden Kanales der Kiemenhöhle und der männlichen Genitalien; grosse Ver- wandtschaft zeigen auch die meist langhändigen stark gekielten Schee- 204 renfusspaare; überdiess betheiligt sich an der Einkeilung des ersten Gliedes des äussern Fühlers die Stirn. nicht mehr, sondern dies Glied ist nur zwischen Pterygostom und dem ersten Gliede des innern Füh- lers eingeklemmt, die übrigen Theile derselben sind frei beweglich und es wird mithin gleichsam ein Schritt näher zu den liberata ge- macht. In dieser Abtheilung schliessen sich in Betreff des Baues der äussern Kaufüsse die Parthenopinen mehr dem cancroiden Typus, die Matutiden und Calappiden hingegen gränzen an den Leucosoiden Typus an. Hierher gehört Zebrida AW, mit einigen Bedenken auch Harrovia AW, ebenso Ceratocarcinus und Gonatonotus. Die Grapsoiden werden nur von den Dana’schen Grapsoiden gebildet, nachdem die liberata davon getrennt sind. Grapsus nach Ausstossung von Leptograpsus, Metagrapsus etc. durch die Species pharaonis, strigosus, Webbii etc. repräsentirt kann nicht bei den Brachyuren verbleiben, weil der Bau ihres äussern Fühlers ganz abweicht. Grapsus hat kein Operculum an der Basis der äussern Fühler, sondern mittelst eines Gelenkstük- kes. Dasselbe ist kein vollständiger Ring, sondern nur ein Halbring, der mit seinem Ende in einem Charniergelenk sich bewegt und eine doppelte Funktion hat. Er trägt nicht bloss den äussern Fühler mit seinem Nebenorgan, der Fühlerdeckschuppe, sondern enthält auch noch die Ausführungsöffnung für die Absonderung der apfelgrünen Drüse. Das Gelenkstück besitzt bei allen Macruren und Anomuren ein Tuber- culum, das am Gipfel durchbohrt ist und durch das sogenannte tympa- num verschlossen ist. Das tympanum hat aber im Centrum einen Spalt, der durch Muskeln geöffnet und geschlossen werden kann und durch einen Schlauch in die sogenannte Gehörblase führt, welche die Absonderung der grünen Drüse sammelt. Die Brachyuren zei- gen nicht eine Spur von Fühlerdeckschuppen und von den Dromiden zu ihnen ist nur ein Schritt. Denken wir uns nämlich den Schlitz in dem tuberculum der Dromia nach der einen Seite hin ausgeführt, dass hier der peripherische Rand vollständig getrennt ist; so ha- ben wir das Operculum der Brachyuren in seiner ganzen Gestal- tung. Dasselbe hat keineswegs eine dem Steigbügel im Gehörorgan der höhern Thiere vergleichbare Construction, es ist vielmehr eine Klappe, die nach aussen am Pterygostom eingelenkt ist und nach der Medianlinie des Thieres hin gelüftet werden kann. Oeffnung und Schliessung ist willkürlich. Wenn nun Grapsus ganz von den Brachyuren zu entfernen ist: so kann auch der Gruppenname Grap- soildeen für Brachyuren nicht bleiben, die Gattungen daselbst mögen nach Planes die Haniden heissen, aber auch Brachyura ist kein pas- sender Name mehr, alle Dekapoden, deren äusserer Fühler ein Oper- culum zeigt, sollen opercularia, alle übrigen mit tuberculum am äus- seren Fühler tubercularia heissen. Die Anomuren fallen damit weg, sie stimmen im Bau des äussern Fühlers mit den Makruren überein. — (Ebenda 1004—1009.) - Derselbe, neue Dekapodengattung Jagoria. — Diese Gattung gehört zu den Makruren und zwar den Salicoguen und 205 schliesst sich an Euphema, Oplophorus und Ephyra. Das dritte Ab- dominalsegment hat oben mitten auf der Firste eine comprimirte nach vorn gerichtete Spina und die vier vordersten Beinpaare bestehen aus je 2 Aesten, nur das fünfte Paar ist einfach und zugleich das längste; nur die beiden ersten Paare haben Scheeren. Der Arm des letzten Fusspaares ist längs seines. hintern Randes mit einer Reihe spitzer nach aussen gerichteter Zähne besetzt. Die Art, J. serrata 10‘ lang wurde in der Nähe von Trinidad gefischt. — (Zbenda 551.) Peters, neue Eintheilung der Scorpione und neue Arten. — Scorpiones: Hinterleib dreizehngliedrig, nicht abgesetzt vom Cephalothorax, die sechs letzten Glieder zu einem dünnen Schwanz- theil umgewandelt, das letzte Glied mit Giftdrüse und Giftstachel; Oberkiefer scheerenförmig, Unterkiefer mit grossen scheerenförmigen Tastern; das Coxalglied des ersten und zweiten Fusspaares sendet je einen die Mundwerkzeuge ergänzenden Unterlippenfortsatz ab; die beiden ersten Fusspaare stossen in der Mittellinie zusammen, die bei- den letzten sind durch ein verschiedenartig gestaltetes kleines Ster- num getrennt; an der Bauchseite des ersten Abdominalsegmentes lie- gen zwei die Geschlechtsöffnungen verdeckende Genitalplatten; der Ventraltheil des zweiten Abdominalsegmentes ein oder zweigliedrig, mit seitlichen gegliederten Fortsätzen, welche am hintern Rande die kammzahnförmigen Fortsätze tragen. Das 3. bis 6. Ventralsegment jederseits mit einer Spaltöffnung versehen, welche in einen gefalteten Lungensack führt. Stets oben auf dem Cephalothorax 2 grosse der Mittellinie genäherte Scheitelaugen und jederseits auf dem vordern Theile desselben 2 bis 5 Seitenaugen, die man als Haupt- und Neben- seitenaugen unterscheiden muss. Bekanntlich theilte Ehrenberg die Scorpione in Scorpio mit 6 Augen, Buthus mit 8, Centrurus mit 10 und Androctonus mit 12 Augen und Buthus wiederum in Heterome- trus, bei welchem das dritte seitliche Auge durch einen grössern Zwi- schenraum von den beiden vordern getrennt ist und in Isometrus, wo die drei Seitenaugen in gleichen Abständen stehen; Androctonus wie: der in Liurus, bei welchem die Schwanzglieder oben keine Kiele ha- ben, und in Prionurus mit stark gekerbten Leisten auf allen Schwanz- gliedern. Koch erhob die Ehrenbergischen Gattungen zu Familien, während Gervais alle wieder unter Scorpio vereinigte, weil nämlich die kleinen Seitenaugen für die Systematik oben nicht wichtiger seien wie die Beschaffenheit der Schwanzglieder, die Kämme und die Ge- stalt des Cephalothorax. P. revidirte nun diese Eintheilung mit Hülfe des schönen Materials in der Berliner Sammlung, zog dabei den bis- her übersehenen Bau des Sternums und der Oberkiefer in Betracht. Die Seitenaugen wechseln in Zahl bei ein und derselben Art und ha- ben deshalb grosse Verwirrung veranlasst. So theilen sich nach Ger- vais bei einer Art vom Himalaya die grossen Seitenaugen an einer oder an beiden Seiten, noch mehr variiren die Nebenseitenaugen und fehlen auch an einer oder an beiden Seiten. P. gibt nun folgende besser begründete Eintheilung:_ 206 I. Telegonini. Das Sternum bildet eine linienförmige $Si- chel, in deren Concavität sich die Genitalplatten hineinlegen, so dass diese letztern auf dem ersten Blick unmittelbar an das Basalglied des 2: Fusspaares zu stossen und Sternaltheile ganz zu fehlen scheinen. Beide Finger der Oberkieferscheere nur mit einer einzigen Reihe von Zähnen versehen. Seitenaugen sehr klein, auf einen kleinen Hügel zusammengedrängt, jederseits zwei oder drei, Körper meist ganz glatt, glänzend. Amerika, Neuholland. — 1. Telegonus Koch Schwanzglie- der ganz glatt, unten keine Spur von Kielen. T. versicolor Koch Brasilien (=? T. vittatus Gerv). 2. Cercophonius n. gen. Schwanz- glieder gekielt, Art ist Telegonus squama Gervais Vandiemensland. 3. Acanthochirus n. gen. Schwanzglieder schwach gekielt, ein Dorn an der Innenseite der Hand, vor der Einlenkung des beweglichen Fingers; Art: A. testudinarius n. sp. Vandiemensland. 4. Bothriurus n. gen. (= Brotheas Koch part.). Stachelglied mit einer tiefen run- den Grube auf der Dorsalseite, Art B. bonariensis Koch La Plata. Il. Scorpionini. Sternum gross, quadratisch oder penta- gonal mit parallelen Seitenrändern. Beide Finger der Oberkiefer mit einer Reihe von Zähnen. Hauptseitenaugen 2 oder 3, Nebenseitenau- gen 1 oder 2. A, Hände spindelförmig: 1. Yagjovis Koch. Sternum doppelt so beit wie lang, Hauptseitenaugen 2, Nebenseitenaugen 1 oder 2. Arten: V. mexicanusK, nitidulus K, carolinus K. B. Hände stets breiter als hoch, a. Mit 2 Hauptseitenaugen. 2. Drotheas Koch (partim) (= Chactas Gervais) Art: Scorpio maurus Geer. 3. Scorpio Leach mit Sc. carpathicus L (= Sc. europaeus Latr). 4. Scorpiops n. gen, Sternum länger als breit, so breit wie die Unterlippenfort- sätze des zweiten Fusspaares; hinterer Rand des Cephalothorax wink- lig ausgeschnitten; Hände platt, kantig; jederseits 2 Hauptseitenau- gen, das hintere zuweilen in 2 getheilt. Art: Sc. Hardwicki Gervais Himalaya. 5. Urodacus n. gen. Sternum breiter als lang, so breit wie die Unterlippenfortsätze des zweiten Fusspaares, Stirnrand bo- genförmig ausgeschnitten; Hände breiter als hoch, stark gekielt, Schwanz diek mit starken Kielen, unten nur drei Kiele, jederseits 2 grosse Hauptseitenaugen. Art: U.novaehollandiaein Westaustralien. b. Mit drei Hauptseitenaugen. 6. Zemiscorpion n. gen. Sternum so breit wie die Unterlippenfortsätze des zweiten Fusspaares, Stirnrand kaum ausgeschnitten, Körper und Extremitäten flach, Schwanz dünn lang höher als breit, gekielt, Stachelglied mit zwei seitlichen Tuberkeln hinter der Basis des kurzen Stachels; das hintere seitliche Auge et- was kleiner, mehr nach innen stehend. H. lepturus Mendeli bei Bag- dad. 7. Ischnurus (Sisyphus) Koch: Sternum so breit wie die Unter- lippenfortsätze des zweiten Fusspaares, Cephalothorax wenig ausge- randet, Körper und Extremitäten sehr platt, Schwanz dünn, höher als breit, schwach gekielt, Stachelglied ohne Dorn oder Tuberkel un- ter dem Stachel, jederseits drei grosse Seitenaugen am Rande des Cephalothorax; Vorderfläche des Vorderarmes flach nach innen mit scharf vorspringendem Rande: J. melampus Koch. 8. Opisthacanthus 207 n. gen. (= Ischnurus Gerv) Vorderarm ähnlich wie bei Ischnurus, Schwanzglieder abgerundet, hinteres Seitenauge dem vorhergehenden genähert und nach innen gerückt. I. elatus Gerv. Amerika. 9. Da- eurus n. gen. (= Centrurus Koch) Scheitelaugen hinter der Mitte des Cephalothorax, Schwanzglieder abgerundet, ungekielt: C. galbineus Koch Centralamerika. 10. Opisthophthalmus (Atreus) Koch mit Sc. ca- pensis Hbst (und pilosus) Koch, O. latimanus Koch. 11. Heterometrus Ehbg (= Buthus Ehbg) mit H. palinatus Ehbg. 12. Diplocentrus n. gen. Körper, Taster und Schwanz der vorigen, Scheitelauge gleich hinter dem vordern Drittel des Cephalothorax und ein Dorn unter der Basis des Giftstachels. D. mexicanus n. sp. III. Centrurini. Sternum klein dreieckig, länger als breit, die Seitenränder nach vorn convergirend, hinten ganzrandig, der beweg- liche Finger der Oberkieferscheere mit 2 Reihen von Zähnen, der unbewegliche mit nur einer; vorderer Rand desjCephalothorax gerade, Stigmata mittelgross, unter der Basis des Giftstachels ein Dorn, Hände spindelförmig; jederseits drei gleich grosse Hauptseitenaugen und keine, 1 oder 2 Nebenseitenaugen. 1. Centrurus Ehbg (= Isometrus Ehbg Lychas Koch, Tithyus Koch, Atreus Gervais) Schwanzglieder gekielt. a. sehr schlanke: Sc. americanus DGeer. b. weniger schlank. Sc. 'hottentotta Hbst, Sc. biaculeatus Luc. 2. Uroplectes n. gen. Schwanzglieder ungekielt: U. ornatus n. sp. IV. Androctonini. Sternum klein dreieckig, vorn zugespitzt oder abgestumpft, hinten ganzrandig, beide Finger der Oberkiefer- scheeren mit zwei Reihen von Zähnen, vorderer Rand des Thorax ge- rade, Athemspalte gross, Hände der Taster spindelförmig, kein Dorn unter dem Giftstachel, drei Hauptseitenaugen und stets 2 deutliche Nebenseitenaugen jederseits. 1. Prionurus Ehbg (= Androctonus Ehbg) mit Pr. funestus Ehbg und 2. Zuthus Leach (= Liurus Ehbg) mit Sc. oceitanus Latr. — Verf. beschreibt nun noch die von ihm in Mossambigue gesammelten Scorpione als Ischnurus troglodytes, asper, Opisthophthalmus glabrifrons, Heterometrus reticulatus (Koch), cari- natus, Centrurus americanus (= Scorpio americanus und maculatus Hbst, Sc. gabonensis und guineensis Luc, Isometrus filum Ehbg), Cen- trurus trilineatus, Uroplectes ornatus, flavoviridis, Prionurus mossam- bicensis. — (Berliner Monatsberichte 1861. 8. 507—516). Fr. Steindachner, über Leucifer uracanthus n. sp, und über die äussern Kiemen-Anhänge der Protopterus- Arten. — Die Art erhält folgende Diagnose: Segmentum anten- nale superne finem anteriorem versus in tres spinulas (mediam mi- norem et laterales longiores) productum, carapace 1!/.—12/3 longius; oculi elavati, praelongi, */; segmenti antennalis aequantes, pedun- culotenuissimo, cylindrico et globo apicali grandi instructi. Seg- mentum abdominis sextum dente antico valde acuto curvato, postico obtuso et recurvato. Segmentum caudale laminä caudali internä plus duplo brevius margine libero postico exciso, duos dentes laterales formante, maris infra gibbosum, gibbosulä latä. — E mari atlantico. 208 Was die drei Fortsätze über der Basis der Vordergliedmassen anbe- langt, welche sich bei den Protopterus-Arten vorfinden, so hält St. dieselben mit Peters für äussere Kiemen. Untersucht man mehrere Exemplare derselben Species aber von verschiedener Grösse, so fin- det man, dass bei kleinen Individuen diese drei Fortsätze stets län- ger und frischer erscheinend sind als bei älteren. Je mehr das Thier in seiner Entwicklung fortgeschritten ist, desto mehr verkümmern diese Fortsätze und fehlen endlich bei alten Individuen von mehr als drei Schuh Länge gänzlich. Aus diesem Grunde glaubt Verf. diese drei Fortsätze zu jeder Seite der Pectoralen für äussere Kiemen halten zu müssen, die jedoch nur für das embryonale Leben des Thieres und vielleicht auch für die ersten Jugendzustände desselben von Be- deutung sein dürften. Sobald das Thier vollkommen entwickelt ist, verkümmern sie, da die Lungen ihre Funktionen übernehmen und fal- len zuletzt gänzlich ab. Da nur völlig ausgewachsene Exemplare von Lepidosiren in den Museen zu finden sind, so wäre es nicht unmög- lich, dass man aus diesem Grunde die Reste der äusseren Kiemen nicht mehr vorfand, dass sie jedoch bei jungen Individuen sich zei- gen würden. — (Verhandl. zool. botan. Verein Wien 1861. $. 365—366). J.F.Brandt, die Zahl der Halswirbel der Sirenen. — Bekanntlich werden Manatus und Rhytine gewöhnlich nur 6 Halswir- bel zugeschrieben. Blainville lässt bei Manatus den’Körper des sech- sten verkümmern und dessen Bogen frei im Fleische liegen, und stützt sich bei dieser Ansicht noch auf die sieben bei Halicore, welche Zahl er auch bei Manatus australis zählte. Rhytine hat ganz entschieden 7 Halswirbel, die erste Rippe tritt mit ihrem Köpfchen an den Kör- per des 7. Halswirbels heran und das veranlasste denselben als ersten Rückenwirbel zu deuten. Bei Manatus weicht im Vergleich zu Rhy- tine die Einlenkung der ersten Rippe um eine noch weiter vorgeschrit- tene Entwicklungsstufe ab. Das Köpfchen derselben verbindet sich nämlich gar nicht mit dem achten Wirbel, sondern seine vordere Hälfte artikulirt mit dem 6. Wirbel, der also funktionell dem 7. von Halicore und Rhytine entspricht. Die hintere Hälfte des Köpfchens der ersten Rippe dagegen artikulirt mit einer Gelenkgrube des Körpers des 7. Wir- bels, der also funktionell erster Rückenwirbel ist, aber seiner Form nach ist er Halswirbel. Man könnte den Wirbel als blosse Anomalie betrachten, dass er eine Rippe trägt und dann wäre die Ausnahme von nur 6 Halswirbeln bei Manatus beseitigt. — (Bullet. acad. Peters- burg V. 7-10.) Derselbe, über die verschiedenen Entwicklungsstu- fen der Nasenbeine bei den Seekühen. — Die Knöchelchen, welche Cüvier bei Manatus als Nasenbeine deutete, können auf keine anderen Schädelknochen bezogen werden. Die Nasenbeine der Sire- nien bieten aber sehr merkwürdige, seither unbeachtete Abweichun- gen, die sich bis zur Verkümmerung sowie umgekehrt später zur völ- ligen Verschmelzung mit den Stirnbeinen steigern können. Sie er- scheinen bald nur als zwei fast kegelförmige oder mandelähnliche in 209 einer vom Stirn- und Siebbeine gebildeten Höhle gelagerte Knochen, deren vorderes Ende gar nicht oder nur wenig als Streifen am äus- sern Seitentheile des vordern Stirnbeinrandes hervortritt. An einem Schädel von Rhytine und an einem von Halicore sah Br. den genann- ten Saum sich gegen die Mitte des vordern Stirnbeinrandes hinzie- hen. Ein zweiter Schädel zeigt den Saum so ansehnlich, dass er je- derseits nicht nur die Mitte des vordern Stirnbeinrandes erreicht und mit dem des Nasenbeines der entgegengesetzten Seite zusammenstösst, sondern eine solche Breite und Länge gewonnen hat um ein wahres viereckiges Nasenbein zu bilden. Bei einem dritten alten Schädel scheinen die Nasenbeine mit den Stirnbeinen verschmolzen zu sein. Die von Cuvier bei Manatus schlechthin als Nasenbeine angesehenen Knöchelchen werden daher als eine niedere in der Entwicklung ste- hen gebliebene Stufe von Nasenbeinen anzusehen sein. Sie können nur als Basaltheile derselben betrachtet werden, bei denen aus Ent- wicklungsmangel die an den vorderen Stirnrand sich legenden plat- tenartigen Theile, welche man als eigentliche Nasenbeine zu betrach- ten gewohnt ist, nicht zum Auftreten gelangten. — (Ibid. 10—12.) Krauss, über einige für Würtemberg neue Säuge- thiere. — Zu den früher schon bekannten Säugethieren Würtem- bergs sind in neuester Zeit noch folgende erkannt worden. Vesperugo Nathusii, Vespertilio mystacinus’und Daubentoni also nunmehr 11 Ar- ten Fledermäuse, ferner zu Crossopus fodiens und Sorex vulgaris noch Crocidura leucodon und araneus. — Am 22. September 1859 wurde bei Schloss Wartstein Oberamt Münchingen eine Gemse geschossen. In den Chroniken ist nirgends eine Notiz zu finden, dass jemals in Würtemberg eine Gemse vorgekommen und ist dieser Bock zweifels ‚ohne aus: den bayerischen Alpen öder dem Vorarlberg verjagt oder verirrt und ist nur auffällig, dass das Thier eine so weite Strecke durchlaufen und solange sich aufhalten konnte ohne erkannt zu wer- den. Sie war schon !/, Jahr vor dem Erlegen im obern Lauterthal bemerkt worden und nach dieser Zeit wieder oft von Förstern und andern Leuten gesehen. Sie wog 48 Pfund und schien zweijährig zu sein. — Eine weisse Spielart vom Dachs wurde nach Schreber 1724 in Sachsen erlegt, und Blasius hat nie eine solche gesehen. In Würtemberg wurden deren im J. 1859 zwei erlegt. Die im Lember- ger Wald bei Poppenweiler ist weiss, stellenweisse graulich, mit grau- lichem Streifen zwischen Augen und Ohren fast bis zur Schulter lau- fend, an beiden Vorderfüssen und dem rechten Hinterfusse ganz weiss. Die andere wurde bei Hossingen geschossen und ist noch weisser mit einigen graulichen Flecken. — Ein graulich weisser, erst 2 oder 3 Jahr alter Fuchs wurde 1859 bei Weikersheim erlegt. Er hat nur auf dem Rücken einen röthlichen Schimmer, sein Wollhaar ist bläu- lichgrau, zwischen Ohren und Nase ein gelblicher Anflug, hinter den Ohren schwarz. Häufiger kommen schwärzliche Varietäten vor, so bei Böblingen 1858 unten mattschwarz, übrigens graulich mit leicht rothgelbem Anflug, bei Dongdorf 1853 eine mehr rothgelbe, bei Feuer- 210 bach 1852 eine sehr dunkele. — Häufig sind schwarze Eichhörnchen, aber erst ein rein weisses ist beobachtet, ferner ein weissgrauer Feldhase bei Ulm 1860, ein blasserer bei Mössingen, ferner ein weis- ser Rehbock bei Eberstadt. Im Oberamt Blaubeuren wurde 1860 ein Rehbock mit abnormem Geweih todt aufgefunden, der wahrscheinlich von dem schweren Geweih gedrückt nicht mehr aufstehen konnte und so verhungert ist, denn sein Lagerplatz war ganz vom Laube be- freit und abgerutscht. Er war im Winterkleide, nicht gerade abge- magert. Beide Geweihstangen sind mit zahlreichen häutigen festen Auswüchsen überzogen und durch diese zu einem nur an der Spitze in zwei Zapfen getheilten Klumpen von 26 Centim Höhe und 15 Cen- tim. Breite verwachsen. Die Auswüchse stellen längliche rundliche Lappen und Knollen von Ya—2‘ Grösse vor, die dicht und trauben- förmig an einander gereiht sind und überall röthlich grau behaart erschienen. Sie sind mit einem Stiele auf dem Geweih selbst ange- heftet. Das Gewicht des Geweihes mit dem Schädel beträgt 9 Pfund 6 Loth. Die Hoden waren sehr klein und äusserlich kaum sichtbar. Bei einem andern Bock mit monströsem Geweih fehlte sogar der ganze Hoden und die Ruthe war sehr dünn. Das Geweih selbst be- steht aus einer porösen Knochenmasse mit vielen Zacken, knorrig. — (Würtemberger naturwiss. Jahreshefte XVIII. 36—45.) 4. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. — 1862. Februar. Ne I. Sitzung am 6. Februar. Eingegangene Schriften: 1. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für Anhalt in Des- sau XX. Jahrg. 1861. Dessau 186I 8°. 2. Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde, redigirt von Dr. Carl Koch 1861 No. 52, 1862 No. 1—4, Berlin 49, Hr. Siewert spricht über eine neue Art der Analyse, welche sich auf das Diffusionsvermögen der einzelnen chemischen Stoffe stützt, von Graham angegeben und Dialyse genannt worden ist. Sie erweist sich von grossem Vortheile für Reindarstellung gewisser Stoffe, für die Nachweisung der krystallinischen Giftstoffe bei gerichtlich che- mischen Analysen, und für die Erklärung einzelner physiologischer Processe im thierischen Organismus. Hr. Giebel berichtet die widersprechenden ‚Resultate der Un- tersuchungen Barrands und Lipolds über die Colonien im böhmischen Silurbecken und entscheidet sich zunächst für Lipolds Ansicht, wo- nach eigene Colonien in älteren Schichtensystemen nicht existiren. Ferner theilt derselbe Cederströms an die schwedische Akademie ge- richtete Bedenken mit, dass der Querder der Larvenzustand der klei- nen Pricke sein solle. Schliesslich legt derselbe verschiedene zum Theil sehr grosse Exemplare des Moluckenkrebses vor, erläutert daran die Organisationsverhältnisse der Gattung Limulus und giebt eine systematische Uebersicht der 5 lebenden und 6 fossilen Arten. Sitzung am 13. Februar. Ein von dem Hr. Oberförster Knorr eingesandter im Diluvium bei Sangerhausen aufgefundener Zahn wird von Herrn Giebel für einen Pferdebackzahn aus dem Öberkiefer erklärt, ferner ein schönes bei Merseburg geschossenes, von Hr. v. Landwüst vorgelegtes Exem- plar eines entenartigen Tauchers für Mergus albellus. Hr. Giebel zeigt der Versammlung die neue geologische Karte Siebenbürgens von Franz v. Hauer vor und Hr. Zinken einige interessante Vor- kommnisse von Petrefakten und Mineralien: 1. Einige gut erhaltene Exemplare von Pectunculus pulvinatus, die sich im Tertiärsande bei Werkerhagen vorfinden, 2. schöne Stufen eines schlackigen Gelbeisen- steines, der reich an Manganerzen ist und in einer mächtigen Bank bei Immenhausen ansteht, 3. Ein Stück versteinertes Holz aus dem 212 Braunkohlenlager bei Tieschütz, welches sich durch Weichheit, Weisse und asbestartiges Ansehen auszeichnet. Hr. Taschenberg legte schliesslich eine Anzahl vom Vereins- mitgliede Hr. Schreiner in Weimar mit vorzüglichem Geschick prä- parirter Schmetterlingsraupen vor, verbreitete sich ausführlicher über den äussern und innern Bau der Raupen und machte auf die Unter- schiede derselben aufmerksam, die besonders in Grösse, Form, Be- kleidung, Färbung, Lebensweise und Lebensdauer begründet sind. Kirn. = ehteinete Raupensammlungen empfehlen sich ganz besonders für chulen. Sitzung am 19. Februar. Eingegangene Schriften: 1. Verslagen en Mededeelingen der Koninkljke- Akademie von We- tenschkappen XII. Amsterdam 1861 8°. 2. Sitzungsbericht der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaf- ten zu München II, 1 München 1861 8°. 3. Nachricht von der Georg-August’s-Universität zu Göttingen No. 1—22. Göttingen 1861 8°. { Hr. Giebel-erstattet Bericht über Leydigs neueste Untersu- chungen des Nervensystems der Anneliden. . Hr. Siewert spricht über Cacao und Chocolate, die Geschichte der Einführung, die Bereitung, den Consum und die physiologischen Wirkungen dieses Getränkes erörternd. Sitzung am 26. Februar. Eingegangene Schriften: 1. Sitzungsbericht der königl. Akademie der Wissenschaften in Wien XLII. No. 29. XLIII. Bd. No.4.5. XLIV. Bd. 1. Abth, No. 1. 2. Wien 1861 8°. 2. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rhein lande und Westphalens 18. Jahrg. Bonn 1861 8°. 3. Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1860—1861. Frankfurt a./M. 1861 80°. Hr. Zinken legt Moorkohle und Lignite von Schwittersdorf unweit Eisleben vor und verbreitet sich über ihr Vorkommen. Hr. Taschenberg berichtet B. Wagners in Fulda angestellte Beobachtungen über die Naturgeschichte der neuen Kornmade (Ceci- domyia secalina Löw) wonach dieselbe Zweifelsohne die berüchtigte Hessenfliege (Cecidomyia destructor Say) ist. Hr. Giebel berichtet über Ehlers Untersuchungen des in der Ostsee selten vorkommenden Wurmes Halicryptus spinosus v. Sieb. Schliesslich weist ebenderselbe auf Schaffhausen’s Versuche über die Urzeugung hin, welche ganz das bestätigen, was Redner früher in seiner Schrift: „Tagesfragen aus der Naturgeschichte,“ für diese Theorie beigebracht hat. Druck von W. Plötz in Halle, Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. — 1862. März. Ne Ill. Eine Birkhahn-Balze mit Erläuterungen. Zwei Vorträge, gehalten im akademischen Verein zu Lund, den 20. und 27. October 1860 von 6, H. Andersen. Aus dem Schwedischen übersetzt von Dr. C. Krey. I. Die Birkhahn-Balze. Ungmön i lunden pa jaglnätet band - Morgonfrisk, morgonklädd; Atterbom. „Stehen Sie auf, Herr Andersen! und sputen Sie sich, wenn Sie mit wollen auf Birkhähne!‘“ liess sich vor nun fast 10 Jahren in einer dunklen Frühlingsnacht ein tiefer Bass aussen vor meinem Kammerfenster vernehmen.“ „Was ist die Uhr?“ fragte ich von Innen schläfrig und unschlüssig. ,„Das weiss ich nicht. Aber auf der Worth flog ein Birkhahn über mir gerade zur Moorniederung. Ich‘: fürchte, die Balze beginnt, ehe wir hinkommen.“ — Diese Befürchtung war für mich ein unwiderstehlicher Sporn; in ein Paar Minuten war ich wach und in den Kleidern, öffnete das Fenster, um nicht unnöthiger Weise Jemanden durch Thürgeknarr und Jagdstiefeltritt zu wecken, reichte dem draussen Stehenden meine Jagdflinte und kam auf demselben Wege nach, um ohne Aufenthalt den Weg nach dem Balzplatze einzuschlagen. — Da unser Schritt eine Strecke der Landstrasse folgte und sonderlich Merkwürdiges sich nicht darbot, so benutze ich die Gelegenheit, so gut das Dunkel es gestattet, meinen Begleiter vorzustellen, eine lange, ziemlich magere Gestalt, einen Sechsziger, an Leib und Seele gesund, wenn nicht gerade Unwetter im Anzuge war und die Gicht ihn einen oder zwei Tage zu Hause XIX. 1862. 15 214 hielt. Der Soldat Flink, No. 11 beim Königl. Kronbergi- schen Regiment, Skatelöfs Compagnie, hatte ausser dem Verdienste, der Krone über 40 Jahre gedient zu haben und mit bei Leipzig und in Norwegen gewesen zu sein, noch viele andere; ein geschickter Jäger und Fischer war er auch, im Schmiedehandwerk nicht unerfahren, strich an Sommerabenden die Geige und besass einen unerschöpf- lichen Vorrath von Liedern, Sagen und wundersamen Er- zählungen, welche. er mit einer gewissen Meisterschaft vortrug. Das Letztere wird erklärlich, wenn ich berichte, dass er in seiner Jugend selbst wohl Lieder und Kriegs- gesänge gedichtet und in Värend unter dem Volke lebte, das der Friethiofssänger. rühmt. wegen ihrer „Sagen zu Tausend, entstellt und doch eine lebende Edda, Auszugsweise gedichtet, ein Bild vom Asgard der Väter“). Unsere Bekanntschaft wurde auf der Jagd geknüpft und gepflegt. Kürzlich gingen wir zusammen aus auf’s Auerhahnspiel und früher im Winter lauerten wir dem Fuchs aus dem Stallfenster auf, wobei der Alte gut schoss, wäh- “ rend ich in’s Blaue hielt. Auf der Birkhahnjagd vor dem Balban hatte ich dagegen das beste Glück und Flink fehlte “und fluchte fast den ganzen Vormittag. Endlich behauptete er, seine Flinte sei verhext, ging nach Hause und kochte sie aus, eine Procedur, die so bewerkstelligt wurde, dass er den Lauf mit dem unteren Ende einige Minuten in ei- nen Topf mit kochendem Wasser stellte, in welchem ge- schnittene Zwiebeln die Finesse ausmachen sollten. Nach gewöhnlicher Behandlung mit dem Wischen u. s. w. wurde er mit Ingredienzien geladen, worüber ich niemals eine Aufklärung erhielt. Aus ziemlich sicheren Gründen ver- muthe ich jedoch, dass Faulbaumzwecken einen Bestandtheil davon ausmachten. Dann wurde das Gewehr gegen Osten abgeschossen und nun war nach des Alten Meinung der Zauber gelöst. Wie es sich damit verhielt, lasse ich dahin gestellt sein, gewiss aber ist, dass der Alte seine Flinte rein bekam und hernach vortrefflich schoss. Aber nun gehen wir mit der Herren gütigen Erlaub- niss von der Landstrasse ab, lassen das Geschwätz bei Seite und sehen uns ein wenig besser vor, wenn wir nicht ris- e 215 kiren wollen, zwischen dem Blaubeer-Gestrüppe auf die Nase zu fallen. Der Fusssteig führt Anfangs durch einen Erlen- bruch, wo man zwischen Bälten herumspringen muss, bald aber kommen wir auf festeren Boden und wandern am Rande einer mit Birken dicht bewachsenen Höhe dem Ziele unserer Wünsche immer näher. Es war gerade in der Zeit, wo die Bäume ausschlagen, diesen wunderbar erfrischenden Tagen, wo Grosses und Kleines auf eine Zukunft hinweist, und eine Hoffnung ausspricht. Das Dunkel lässt uns nichts von dieser Herrlichkeit erkennen, aber man fühlt es der Luft an, besonders wenn man im Birkenwalde geht. Noch fehlt der schmale Streifen am Himmelsrande, welcher das Nahen der Morgenröthe verkündet und die Sänger des Waldes schweigen noch. Die Birken mit ihren blendend weissen Stämmen und luftigen, feinzweigigen Kronen glei- chen im Dunkel einer unzähligen Menge hoher Spring- brunnen, deren Strahlen sich oben in einer Masse kreis- förmig niederfallender Wassertropfen auflösen. Und über sie alle wölbt sich ein tief blauer Himmel, dessen Sterne nicht so klar wie in einer Winternacht funkeln, dagegen aber einen milderen und ruhigeren Schein verbreiten. Bald lichtet sich der Birkwald, wir kommen hinaus auf ein ausgebranntes Haideland, gehen von dort durch Kiefernschonung und Wachholdergesträuch hinab zu einem mit dünn stehenden Zwergtannen bewachsenen Moorplan “ und wenden uns dann in den Hochwald, wo Moose im Schatten riesengrosser Zeitgenossen des dreissigjährigen Krieges und der Schnapphahn Kämpfe aufs Beste zu wu- chern suchen; doch bald kommt uns wieder die Moornie- derung entgegen, die sich nun zu einem grösseren Moor- plane erweitert. — — Hier standen wir beide still und lauschten gespannt, da man das Spiel vom entgegenge- setzten Ende des Moors hier hätte hören müssen, falls die Balze schon angefangen. Aber wir hörten keinen andern Laut, als des Waldes festliches Rauschen und ferne her das lachende Huhuhu der Ohreule, welches Flink mit ei- nem gedämpften „der Teufel hol’s“ und einem dreimaligen Ausspucken beantwortete; denn solch ein Geschrei gilt für Unheil verkündend, welches man doch möglicherweise durch 15* 216 . Ausspucken abwenden kann, besonders wenn der Schrei, wie jetzt, weit genug aus der Ferne ertönt, um nicht direkt auf uns abgesehen zu sein. — Schweigend und vorsichtig setz- ten wir unseren Weg am Rande des Moores fort, so dass wir endlich unbemerkt und ohne weiteres Abentheuer zur Schiesshütte gelangten, welche, wie die mit Riedgras und Sphagnum bewachsene Ebene, die daran grenzte, etwas höher und trockner lag, als der weiterhin gegen die Moor- niederung abschüssige Theil des Moors. — Wir kamen gerade zu rechter Zeit, denn kaum waren wir in die aus buschigen jungen Tannen gebildete Hütte eingetreten und kaum war die improvisirte Thür mit einem zu diesem Zweck ausersehenen Tannenzweig geschlossen, als schon ein Klat- schen hinter uns daran mahnte, dass wir nicht mehr allein auf dem Platze wären. In meinem Herzen dankte ich dem Alten, dass er mich mitten in der Nacht herausgestöbert hatte, um mir auch den Anfang der Balze zu zeigen, die ich früher nur Gelegenheit hatte, später gegen Morgen, wo das Spiel in vollem Gange war, mit anzusehen, aber mein äusserer Mensch beobachtete ein aufmerksames Stillschwei- gen. Gerade uns gegenüber auf der anderen Seite gab sich auch ein Lebenszeichen kund, ich konnte jedoch nicht weiter Notiz davon nehmen, denn in demselben Augenblick kam ein Hahn gerade über die Hütte geflogen und setzte sich einen kleinen Büchsenschuss weit davon nieder, richtete den Schwanz auf und fing an zu kudern, schwieg aber plötzlich wieder, als merke er Verrath. Im nächsten Au- genblick gerieth er doch wieder in Feuer, sprang im Ziekzack ein Stück vorwärts, wandte den Kopf nach allen Seiten, alles unter einem kurzen, oft unterbrochenen Kudern, wel- ches aber gegen das Ende immer zusammenhängender und tonvoller wurde, in immer höhere Tonarten überging und mit einem Blasen und einem hohen Sprunge endete, als gerade zwei andere Acteure die Bühne betraten. Sie ka- men von der entgegengesetzten Seite, setzten sich aber näher zu uns hin, besonders der eine, von dem ich ‚bald mehr erzählen werde. Alte Bekannte, wie sie zu sein schie- nen, kam es zwischen ihnen und dem zuerst gekommenen zu keiner Feindschaft oder Herausforderung; sie hatten auch 217 alle ausreichenden Raum, sich zu wenden, kuderten, blie- sen und hüpften nach Herzenslust. Aus verschiedenen Richtungen kamen nun fast zugleich 16 —18 Birkhähne, so dass das Spiel gegen 20 männliche Theilnehmer zählte, uns in der Hütte nicht mitgerechnet; das Kudern wurde immer lebhafter und der Tagesstreifen stand fast in gleicher Höhe mit den ferneren Waldgipfeln. Es ist sicher schön, das muntere Spiel des Birkhahns an einem klaren Frühlingstage zu hören, wenn der Vogel auf dem Gipfel einer buschigen Tanne steht, doch ist mir das Morgenspiel vor Sonnenaufgang kräftiger und klangreicher erschienen. Selten findet man im Walde einen herrlicheren Chor und selbst aus der Entfernung gehört in den stillen, frischen Morgenstunden, macht er einen unbeschreiblichen Eindruck. — Die zuletzt angekommenen Birkhähne waren geneigter zu Zank und Schlägerei, als die ersten auf dem Platze, hielten sich mehr an der Aussenkante der Balze, sträubten die Halsfedern und sprangen gegen einander auf wie die Haushähne. Wenn einer der Kämpfer irgendwo am Haupte des Gegners mit dem Schnabel einen sichern Griff vollführt hatte, so feierte er seinen Triumph auf die Weise, dass der Delinguent wohl fünf Minuten und länger ganz nach dem Willen des Machthabers in diversen Bogen- windungen umher geführt und jämmerlich zerzaust wurde, bis der Sieger ermüdete und ihn losliess, da dann der Un- terlegene immer mit grösster Hast sich aus dem Staube machte, um einer Repetition des durchgemachten Cursus zu entgehen. Ein Schütteln der Federn schien ihn inzwi- schen sowohl von dem Schimpf als auch von dem Schaden frei zu machen, denn unmittelbar darnach fing er an zu kudern und zu blasen eben so vergnügt, als sein stärkerer Gegner. In der Mitte des Balzplatzes hielten sich die älte- ren Hähne, welche unter unaufhörlichem Spiel und Um- herwandern neidlos den ritterlichen Uebungen der Jugend zusahen und mit wenig Ausnahme unter sich gute Freund- schaft pflegten. Sie zeichneten sich vorzüglich durch ge- waltiges Hüpfen und Springen nach jedem Blasen aus und besonders einer von ihnen schien es alles Ernstes darauf angelegt zu haben, durch die komischsten Stellungen und 218 überraschendsten Saltomortale’s und Battements uns in der Schiesshütte dahin zu bringen, durch ein homerisches Ge- lächter der ganzen Balze ein Ende zu machen. Dieser Vo- gel, desgleichen von Possirlichkeit ich nie gesehen habe, verdient wohl besonders erwähnt zu werden. Er gehörte sicher zu den älteren, dass aber dieser sein Rang zu An- fang des Frühlings ihm kräftig bestritten worden, davon zeugte sein ganzes Aussehen. Am ganzen Vorderhalse bis hinauf zum Schnabel, an einem Ende des Nackens und Hinterhalses waren alle Federn ausgerupft und auch im Uebrigen war sein Aeusseres keineswegs geschont. Unauf- hörlich spielend wanderte er umher, unterbrach jedoch bisweilen dieses löbliche Vornehmen durch die besessen- sten Kapriolen. Nach jedem Blasen machte er nämlich im Sprunge eine einfache oder doppelte Volte, kam, den Kopf nach einer ganz anderen Seite gewendet, nieder, streckte den Hals von Neuem vor und begann das Spiel, welches mit einer neuen Volte beendigt wurde u. s. w. Oft kam er der Seite nahe, wo wir sassen, streckte seinen nackten Hals, sträubte die isolirten Federruinen, die sich dort be- fanden, wendete den Kopf bald nach rechts bald nach links, blinzelte mit den Augen und gab sich alle erdenkliche Mühe, zugleich geschäftig und mit Wahrung einer gewissen lä- .cherlichen Würde, uns eine möglichst vielseitige Uebersicht über sein Muskelspiel beim Kudern zu gewähren. Nach einem Sprunge mit zugehöriger Volte, die er niemals aus- liess, zeigte er sich wieder in einer Menge neuer Stellun- gen, schlug Rad mit dem etwas defecten Schwanz und wandte sich einer andern Seite zu, — Während aller dieser Vor- -gänge sprangen die Hühner umher und gackelten mit vor- gestreckten Hälsen, theils auf dem Balzplatz selbst, theils und besonders am Waldrande, wo sie zu unserem nicht geringen Verdruss ihr Wesen trieben, denn bisweilen sahen oder hörten wir ein Huhn nur ein Paar Ellen von uns entfernt und manchmal kamen sie auf die Hütte zu wie in der Absicht, wegen irgend einer Angelegenheit hineinzugehen. Da es lange schon schusshell genug war und ich fürchtete, dass mein alter Kamerad blos aus Artigkeit gegen mich sich unthätig verhalten, machte ich Mine anzulegen, 219 als ein grosser schöner Hahn sich meiner Schusslinie nä- herte. Flink aber hielt mich zurück, indem er die Hand auf meinen Flintenlauf legte und flüsterte: „Schiessen Sie den nicht! Schiessen Sie auf die, welche sich schlagen!“ und fügte hinzu: „darf ich commandiren, so schiessen wir zugleich!“ Ich nickte Beifall und hielt mich fertig und sobald das bedeutungsvolle „Drei“ über des Alten Lippen ging, knallten beide Schüsse dahin mit dem Erfolg, dass vier Birkhähne ins Gras bissen. Wir hatten nämlich beide aufHähne gehalten, welche jeder seinen Gegner am Schopf gefasst hielt und es glückte, das Paar zusammen zu be- kommen. — Nicht minder merkwürdig war die Wirkung der Schüsse auf die übrigen Birkhähne: die ganze Balze war verschwunden und während wir in der Hütte einen Jagdschluck nahmen, in ein Stück Käse bissen, was sich in meiner Jagdtasche gerade vorfand, und dann eiligst die abgeschossenen Rohre luden, nahm man kein Leben im Walde wahr, mit Ausnahme des heiseren Tons einiger auf- gescheuchter Graumeisen. Hätten uns nicht die geschos- senen Birkhähne von der Wirklichkeit überzeugt, so hätte man die Ereignisse des Morgens leicht für Zauberei, für ei- nen Traum halten können, so wenig verrieth der bältige, vom Buschwerk bekränzte Platz vor uns, dass er wenige Augenblicke vorher der Schauplatz des frohesten Gesell- schaftslebens gewesen, wo die aufgeweckteste Munterkeit die Losung .des Morgens war. Links lag das Moor still und öde und mir zur Rechten stand Flink, welcher nach allen Seiten hin spionirte, nachdem er gebührend einen Priem genommen und den Hagelbeutel eingesteckt, der rauhen Eisenhagel enthielt, wie man ihn aus dem Form- sande der Giesserei bei Huseby aufsammelt und wie er allgemein in der Gegend von den Schützen benutzt wird. — Nun liess sich ein Kudern hören, dann mehrfaches und bald darauf kamen die Birkhähne auf den Platz und das Spiel kam von Neuem in Gang. Nun war's heller Tag, die Bewegungen der Hähne konnten mit Genauigkeit wahr- genommen werden und unser alter Bekannte mit dem nack- ten Halse war womöglich noch possirlicher. — Es muss eines Jedem Geschmack überlassen bleiben, ob er das Spiel 220 des Auerhahns oder das des Birkhahns und die davon abhängende verschiedene Jagd für angenehmer hält. Die frühe Stunde, der stille hohe Wald mit den blinkenden “ Sternen darüber, der majestätische Vogel und sein geheim- nissvolles, halbgedämpftes Spiel gibt der Auerhahnjagd et- was Wunderbares, Mystisches, welches seine Wirkung auch auf den alten Jäger nicht verfehlt. Das Spiel des Birkhahns dagegen ist lauter und froher, es klingt volltöniger und harmonirt besser mit der lichten Morgenstunde, welche die ganze Natur erfrischt, wo mehrere Vögel auf einer Stelle versammelt sind, und ihre Bewegungen sind lebhafter, wenn auch nicht so achtunggebietend. Vielleicht bieten aber die Birkhähne einen noch angenehmeren Anblick, an einem klaren und kalten Wintermorgen, wenn der Birkwald durch den Reif fast dichter erscheint, als in seinem Laubkleide, und eine grössere Schaar Birkhäne durch tausend verschie- dene Stellungen und Bewegungen der sonst starren Natur Leben verleiht. Bei jeder Bewegung des Vogels fällt der Reif nieder und bricht im Fallen die Sonnenstrahlen, wie ein glänzender Silberstoff 2). Nach einer Weile machte der Alte „Gewehr fertig!“ und ich zögerte nicht, seinem Beispiele zu folgen; auf sein Commando brannten wir, wie früher, beide zugleich los und fällten jeder einen Birkhahn. Ich hatte auch jetzt zwei kämpfende Hähne aufs Korn genommen und mich darauf gestützt, beide zu bekommen, aber der eine blieb unbeschä- digt und fuhr lange Zeit fort, nachdem wir geschossen und dadurch die übrigen Kameraden verscheucht hatten, den schon todten Rival zu hacken und zu zausen; danach erhob er den Kopf, sah sich nach allen Seiten um, gab einen schnarrenden Ton von sich und machte sich davon. — Beim Laden fragte ich Flink, ob ich nun nicht einen der alten Hähne schiessen dürfe, welche sich immer in meiner Schusslinie aufhielten, aber er rieth auf das Ernsteste da- von ab, weil ich dann leicht den Spielhahn selbst nieder- schiessen könnte, den, der zuerst des Morgens sich nieder- setzte und blies, und dann wäre es mit der ganzen Balze zu Ende, wenigstens für dieses Jahr. „Der Spiel-Birkhahn ist wie eine Schellen-Kuh; wenn sie dabei ist, halten sich / 221 die Thiere zusammen, ist sie aber fort, so kann man sie aus allen Winkeln zusammen suchen“. Als ein warnendes Beispiel erzählte er, wie in seiner Jugend eine ausgezeich- nete Balze bei seinem damaligen Wohnort, Wieslanda, voll- ständig gesprengt wurde, weil man den Spiel-Birkhahn. fort- geschossen, und wie sie erst im dritten Jahre danach wieder besucht wurde, aber auch dann und später von einer weit geringeren Anzahl Birkhähne, als früher. Meine kühnen Pläne nahmen inzwischen ein schimpfliches Ende, denn als wir nach erneuerter Rückkehr der Birkhähne unseren Schuss losbrannten, schoss ich einen kapitalen Pudel zu nicht geringer Belustigung des Alten, welcher meinte, dass sei die Strafe für meinen unzeitigen Eifer, obgleich ich seiner Vorschrift gemäss auf einen Birkhahn an der Aussenseite gehalten. Noch einmal vor Sonnenaufgang kehrten die Vögel zurück und würden uns Gelegenheit geboten haben einen glücklichen Schuss zu thun, wenn sie nicht alsbald in zerstreuten Abtheilungen auf die Tannengipfel geflüch- tet wären, die kurz darnach von den Sonnenstrahlen ver- goldet wurden. Da begann nun das Sonnenspiel, während wir die ge- fallenen Helden auflasen und uns nach Hause begaben. Wären wir noch ein Weilchen in der Hütte geblieben, so hätten wir möglicherweise noch zwei Schüsse thun kön- nen, denn wenn die Birkhähne auf den Baumgipfeln im Sonnenaufgange gespielt haben, so wenden sie sich ge- wöhnlich wieder zum Balzplatz und halten sich da noch etwa eine Stunde auf, wonächst sie wieder auf die Gipfel steigen. Flink hielt indess die Jagd schon für hinlänglich lohnend und es war nicht seine Art, das Jagdglück auf die äusserste Probe zu stellen. - Ueber den Heimweg ist nicht viel zu sagen. Es bleibt immer ein mattes und unvollständiges Unternehmen, die’ Schilderung einer Frühlingslandschaft im Sonnenaufgang zu versuchen; ihre volle reine Jungfräulichkeit kann nur bei der Schilderung verlieren, die muss man sehen und empfinden, dann weiss man, dass sie für's Leben unver- gesslich bleibt. — Hiermit schliessen wir diese Jagdfahrt, deren Detail 222 ich so treu, als es die dazwischen liegenden Jahre und ver- änderten Umstände zugelassen, geschildert habe — mögen wir in Kürze eine Erklärung für den Instinkt suchen, dass mehrere Individuen sich an einer bestimmten Stelle ver- sammeln, um unter Tönen und Gebärden, welche zu ande- ren Jahreszeiten nicht bemerkt werden, eine Handlung zu vollbringen, die auf die Erhaltung der Art oder der Indi- viduen Bezug hat. Damit kommen wir zu dem Kapitel der I. Erläuterungen. Freuet euch des wahren Scheins Euch des ernsten Spieles; Kein Lebendiges ist Eins, 2 Immer ist’s ein Vieles. 2 Göthe. Was ich hier zu bieten wage, ist eine kurze Darstel- lung der verschiedenen Hauptarten zeitweise eintretender Geselligkeit bei den höheren Thieren, um daraus möglichst ein allgemeines Bild zu gewinnen, was vielleicht unter nie- deren Formen einen Anknüpfungspunkt findet. Eben wurde erwähnt, dass diese Vorgänge in das Bereich des Instink- tes fallen, in gleicher Weise das eine Jahr wie das andere sich wiederholen. Von dem Instinkte hat Onkel Adam eine bilderreiche Darstellung gegeben, woraus wir Folgendes, den Unterschied desselben von und das Verhältniss desselben zu dem Grund des bewussten Handelns Betreffende entleh- nen: „Der Instinkt ist ein auskrystallisirter Geist, für jedes Thier verschieden, wie der Krystall es ist für jeden ver- schiedenen Gegenstand, geschlossen in sich, begränzt durch unwandelbare Formen, bis ins Kleinste mit mathematischer Genauigkeit entworfen und vorher bestimmt. Der Unter-. schied zwischen Instinkt und Verstand ist, dass der erste nicht bildbar ist, wogegen der letztere alle möglichen For- men annehmen kann, die armseligsten, wie die edelsten. Der Krystall kann nicht umgeformt werden, ohne eine Zer- störung zu leiden. So ist es auch in der Welt des Geistes mit dem Instinkt. Man könnte den Instinkt einen gebun- denen Geist nennen und das Vermögen zu Gedanken und Schlüssen die Befreiung eines Geistes, was theilweise auch bei vielen Thieren möglich ist, aber doch gehemmt innerhalb einer gewissen engen Grenze, indess der Mensch 223 dasteht, fähig einer völligen und ewigen Befreiung aus den Banden der Materie. — — Aber in demselben Masse, in welchem der Instinkt weniger scharf ausgeprägt ist, das heisst, in demselben Masse, in welchem das Thier nicht allein nach Naturnothwendigkeit handelt, hat es auch das Vermögen einer freien geistigen Thätigkeit und ist in und mit’ demselben empfänglich für Cultur. — — Der Verstand trügt oft, Berechnungen sind oft ohne Werth, aber der In- stinkt trügt nie. Was das Thier durch den Instinkt zu wis- sen bekömmt, ist Wahrheit, was das Thier in Uebereinstim- mung mit seinem Instinkt thut, ist auch das einzig Rechte und Mögliche.“?) Mit dieser Auseinandersetzung vor Au- gen und die Birkhahn-Balze im Gedächtniss führen wir zu- erst die Vorgänge an, die damit am meisten Aehnlich- keit haben. Unter den gemeineren schwedischen Vögeln stellen ein Paar Beckasin-Arten ähnliche Balzen an und von aus- ländischen Formen könnte man eine grosse Anzahl, beson- ders Hühnerarten aufzählen. An der Balze des Prairiehahns, worüber wir aus Nordamerika eine interessante Beschrei- bung erhalten, nehmen Tausende von Individuen beider Ge- schlechter Theil unter einem dumpfschallenden Geschrei, “welches man weit hin hört und was von allen Theilneh- mern fast gleichzeitig angestimmt wird, auf einmal aber verstummt, um bald wieder gemeinsam zu beginnen. Un- gefähr so hört man auch an stillen Frühlingsabenden in unseren Mooren und Teichen die Musik zum Begattungs- spiel der Frösche anstimmen von einem Männchen, in des- sen gurgelnden Ton alle übrigen dann einstimmen. Findet sich bei diesen Spielen ein dem Spielbirkhahn entsprechen- der Führer, so dürfte sein wesentliches Geschäft das eines Concertmeisters sein. — Aehnliches Verhalten begegnet uns bei den Säugethieren und Fischen, welche in Polyga- mie leben. Die Männchen der Wiederkäuer und Hufthiere kämpfen verzweifelt um die Weibchen, streifen weit umher und haben in den Wäldern gewisse einsame Lieblingsplätze (in Schweden Ständ genannt) wohin sie mit eigenthümli- chen, weit schallenden Tönen die Weibchen locken und die Gegner herausfordern. Das Laichen der Fische ist natür- 224 lich nicht durch eigene Töne ausgezeichnet, aber schon die Benennung giebt zu erkennen, dass die Uebereinstimmung des Vorganges mit der Vogelbalze ins Volksbewusstsein über- gegangen ist.*) — Das allgemeine Gesetz, dass die Thiere zur Paarungszeit die schönsten und reinsten Farben anneh- men und ihrem äusseren Ansehen nach sich bedeutend ver- ändern, gilt vielleicht vorzugsweisse von den Männchen dieser Thiere. Dieselben erhalten auch characteristische, oft hernach verschwindende Vertheidigungsmittel gegen den Angriff ihrer Rivale: der Haken des Lachses, der Kragen des Kampfhahns und auch die Hirschhörner, welche zur Paarungszeit am festesten sitzen, sind solche Vertheidigungs- waffen. Dazu kommen bisweilen eigene Apparate zur Ver- stärkung des Tons?) u. s. w. — Die wesentlichste Verän- derung berührt jedoch die Sinnesbeschaffenheit: scheue und zahme Thiere werden wüthend und heimtückisch, wie es der Fall ist mit dem Elenstiere und dem Auerhahn und der wilde kalecutische Hahn tödtet, sagt man, wie der Hirsch, oft einen schwächeren Gegner, der ihm in’s Gehege ge- kommen. — — Für sich betrachtet sind alle diese Vor- gänge nichts anderes, als Kennzeichen einer merkwürdigen, zeitweise wiederkehrenden Entwickelungsphase in dem Les ben der in Frage stehenden Thiere, ein ekstatischer Zu- stand, in welchem frühere Gewohnheiten, Laute und zum Theil Formen- und Farbencharactere gegen neue vertauscht werden. Das einzelne Thier ist hierbei weniger dieses ein- zelne, als ein Mittel zum Fortbestehen des Geschlechts, der einzigen Unsterblichkeit, die man dem Thiere zuerken- nen kann. In diesem Wirrwarr, dieser vorübergehenden Sinnesabwesenheit, — die so weit gehen kann, dass man zu einer gewissen Zeit des Auerhahnspieles auf den spie- lenden Vogel fehlschiessen kann, ohne dass er es merkt oder fortfliegt, — herrscht doch eine gewisse Einheit und Ordnung nicht blos im Spielen (man vergleiche, was oben vom Prairiehahn und von dem in seiner Existenz einiger- massen gefährdeten s. g. Spielbirkhahn gesagt worden) son- *) Im Schwedischen ist der Ausdruck für Beides: lek: fisklek, fagellek. 225 dern auch in dem gemeinsamen Wahlplatz für Kämpfe und Freuden, der bestimmten Zeit, ja! nach einer späteren An- gabe sollte der Brachsen zur Laichzeit in ordentlichen, von mehreren Individuen gebildeten Gliedern vorwärts gehen. °) Das letzt genannte Verhalten erinnert an die wan- dernden Raupen eines Nachtschmetterlings (Gastropacha processionea L.) welche zu Gliedern vereint sind, in denen ein jedes Thier durch einen Seidenfaden mit seinem Nach- bar verbunden ist, und alle augenblicklich die Bewegungen des vordersten nachahmen. Dies ist auch wie vom In- stinkte hervorgerufene Individuen - Vereinigung, in deren Organisation man eine gewisse Einheit bemerken kann, aber sie hat die Erhaltung der Individuen und dadurch nur in zweiter Stelle die Erhaltung der Art zum Ziele. Hier- her gehören bei den höheren Thieren die regelmässig zu bestimmter Zeit und Stelle wiederkehrenden Züge, wozu die Wanderungen gewisser Fische und Schildkröten, die Züge der nordamerikanischen Wandertaube und verschiede- ner afrikanischer Antelopenarten colossale Beispiele abgeben. Gewöhnlich ist ein älteres Männchen der Anführer der Heerden (Antelopen, die Rennthiere Sibiriens) und eine Ar- beitsvertheilung zeigt sich auch darin, dass Wächter aus- gestellt werden, wenn die Heerde ruht oder weidet (Kra- niche, Gänse, Antelopen.) Schliesslich erwähnen wir auch einige der bisher beobachteten Beispiele einer äusseren Form der solchergestalt vereinigten Individuen mit dem Bemerken, dass das jedes Jahr zu einer bestimmten: Zeit eintreffende Eintreten der Wanderung und die Beobach- tung eines bestimmten’ Weges durch gewisse von Alters her durchwanderte Pässe®) schon den Anfang einer sol- chen andeutet. Ich gehe nun zuerst daran, eine Begeben- heit zu erzählen, wovon unsere Lehrbücher der allgemei- nen Geschichte gewiss nichts vermelden, deren Wahrheit jedoch völlig so zuverlässig ist, als die von Crusenstolpe’s kleinen Ereignissen. — Eines guten Morgens im Anfange dieses Jahrhunderts bemerkte man in dem Hauptorte ei- ner der französischen, westindischen Inseln eine ungewöhn- liche Bewegung, Truppenabtheilungen zogen hin und wie- der auf den Gassen, und auf dem Angesichte der Bürger 226 las man Unruhe und Schrecken. Die Engländer waren über Nacht auf der Insel gelandet, man hatte sie am Strande ihre Glieder ordnen gesehen, man hatte sogar die rothen Röcke der englischen Infanterieuniform gewahrt, so dass ein Irrthum nicht möglich sein konnte und man erwartete jeden Augenblick ihr Anrücken. Was war zu thun? Die kleine Truppe, die auf der Insel vorhanden war, war kaum ausreichend, die Citadelle zu vertheidigen, geschweige Land und Stadt. Aber es waren Franzosen. Sie wollten wenig- stens dem Feinde einen tapfern Widerstand zeigen, ehe sie sich in der Festung einschlossen, die sich wahrscheinlich nur wenige Tage halten konnte. Der Commandant über- nahm selbst den Befehl, die Garnison rückte in militärischer Ordnung aus und entfernte sich unter fröhlichem Feldge- schrei immer. weiter von der Stadt, wo man bald in der Erwartung war, Geschützsalven und klein Gewehrfeuer zu hören. Aber alles blieb still und mit der Erwartung wuchs die Unruhe. War das Pulver unbrauchbar? War man viel- leicht dem Feinde sogleich auf denLeib gerückt und machte die Sache mit dem Bayonett aus? War die ganze Truppe von einer überlegenen Macht umringt und gefangen ge- nommen, bevor man einen einzigen Schuss thun konnte? Die Vermüthungen und Grübeleien wurden, wie gewöhnlich, immer kopfloser und überstiegen alles Mass. Alle Einwoh- ner der Stadt standen eben im Begriff davon zu laufen, um sich in Wald und Morast vor den grimmigen Feinden zu verbergen, als ein Freudengeschrei das Nahen der tapferen Vertheidiger verkündete. — Sie rückten in selten guter Ordnung heran, nicht ein einziger Mann schien verloren, oder nur verwundet. Den Einwohnern stand der Verstand stille. Endlich als der Anführer halt! commandirt, stürz- ten Neugierige von allen Seiten vor, um Aufklärung über die Anzahl und Stellung des Feindes u. s. w. zu erhalten, welches alles man mit einem schallenden Gelächter und dem Berichte beantwortete, dass man keine anderen Feinde wahrgenommen, als eine Menge hochbeiniger rother Vö- gel, welche in wohl geschlossenen Gliedern längs der ab- schüssigen Küste spazierten und wohl den Krabben und Muscheln, keinesweges aber den Einwohnern der Stadt ge- 227 fährlich sein konnten. — — So war die Sache auch wirk- lich, die gesellschaftlichen Flamingovögel haben die eigen- thümliche Gewohnheit, in ordentlichen Gliedern, wie die genannten Schmetterlingsraupen und die Brachsen zur Laich- zeit zu gehen. Eine aufgescheuchte Phantasie hatte aus den Leibern englische Uniformen und aus den Hälsen Bayo- nette gemacht. Dies sind die einzigen gesellschaftlichen Vögel, welche als solche beschrieben werden, die in einer gewissen Ord- nung gehen, — wenn man nicht den bekannten sogenann- ten Gänsemarsch hierher rechnen möchte — aber Vögel und andere Wirbelthiere, welche bei ihren Zügen eine ge- wisse Totalform bilden, kennen wir mehrere. Kraniche, wilde Gänse und viele andere Sumpf- und Schwimmvögel bilden beim Fluge einen spitzen Winkel, wo der vorderste Vogel als Anführer und Leiter der Heerde anzusehen ist. Diejenigen, welche das Hinaufgehen der Aalbrut in unsern Strömen beobachtet haben, beschreiben es, wie eine ein- zige dunkle Masse mit gemeinsamen Bewegungen und nach einer Zeitungsnachricht ’) würde wenigstens eine von den Erscheinungen der grossen Meerschlange eine ähnliche wan- dernde Colonie von Heringen gewesen sein, welche in Form eines Cylinders an der Meeroberfläche fortging. — Diese letzterwähnte Nachricht, mitgetheilt von dem befehlenden Capitain und sogleich nach der im nördlichen Atlantischen Ocean am 27. August 1858 statt gehabten Begebenheit auf- gezeichnet, passt der Sache nach so gut zu den übrigen hierher gehörenden Vorgängen, dass wir uns nicht das Ver- gnügen versagen können, sie Wort für Wort hier mitzu- theilen. — Sie lautet, wie folgt: „Wir befanden uns am Bord des Schiffes Cl...... unter 45° 30° nördlicher Breite und 31° 20°? westlicher Länge. Um die Mittagszeit be- merkten wir gerade vor der Curslinie des Schiffes einen Gegenstand auf der Meeresfläche, welcher einer sich win- denden Meeresschlange von ungeheurer Länge und Grösse glich. Beim ersten Anblick, ich muss es gestehen, wurde sowohl ich, als die Besatzung von grossem Schreck einge- nommen und ich liess das Schiff einige Striche von seinem Curs abfallen, um nicht gerade auf das Ungeheuer los zu 228 segeln, welches vor unser Aller Augen deutlich ein leben- des Wesen von mindestens 200 Klaftern Länge zu sein schien, in bogenförmigen Bewegungen sich fortwand und dem Ansehen nach mit glänzenden, schillernden Schuppen versehen war. Der Wind war gut, und die See ziemlich stille mit einem unbedeutenden Weilengange; das Schiff hatte alle-Segel beigesetzt unter einer Fahrt von 3—4 Mi- nuten in der Stunde. Beim aller ersten Hinsehen schien der Gegenstand am meisten einer Menge in gerader Linie an einander befestigter Theertonnen zu gleichen, welche sich. auf der Meeresoberfläche hoben und senkten, als wir uns aber mehr näherten, bemerkten wir deutlich Leben und Bewegung des Körpers, sowie dass derselbe sich fort- bewegte. Unsere Furcht verwandelte sich inzwischen bald in Neugierde und nachdem wir uns genugsam davon ver- gewissert hatten, dass das, was wir sahen, nicht etwa ein Riff oder fester Gegenstand war, sondern bestimmt etwas Lebendiges, liess ich wieder gerade auf denselben zusteuern, während ich beständig mit wachsamem Auge allen seinen Bewegungen folgte. Je näher wir dem Gegenstande ka- men, desto sicherer schien es uns Allen, dass wir uns in unserer Vermuthung, dass derselbe eine sich schlängelnde ° Seeschlange wäre, nicht getäuscht hätten und noch in’ei- ner Entfernung von 50 Klaftern hätten wir alle an Bord uns davon versichert halten können, dass es sich so ver- hielt. Zu unserer äussersten Verwunderung schien unser Nahen das Ungeheuer nicht im mindesten zu stören, wel- ches ruhig seine gleichmässige, fortschreitende Bewegung fortsetzte. „Als wir nun nicht länger einem Zusammentreffen mit der ungeheuren, sich schlängelnden Bestie ausweichen konn- ten, bereuete ich, die Wahrheit zu sagen, recht aufrichtig meine Kühnheit und Neugierde, und Furcht und Unruhe ergriff uns Alle. Während wir so auf das Aeusserste er- schreckt waren und der Zusammenstoss, durch den wir aus- ser Zweifel in einen allzu ungleichen Kampf gerathen wä- ren, in einigen Augenblicken erfolgen musste, entdeckten wir erst, dass dieses ganze künstlich sich schlängelnde Volumen nichts anders, als ein Heringszug war, welcher 229 auf so curiose Weise seinen Weg an der Meeresoberfläche nahm. Als wir darüber hinsegelten, hielt die aneinander- gepackte Fischmasse sich so vollkommen dieht zusammen, dass sie-durchaus einem festen Körper glich, in einer ein- zigen langen und geraden Ausdehnung, wobei der beson- deren Fortbewegung der Individuen kaum ausreichender Raum gelassen wurde, und diese nur vermittelst tauchen- der und hüpfender Bewegungen unter und über der Was- serfläche erfolgte, so eben und gleichmässig, als ob die Be- wegungen durch eine Maschienerie hervorgebracht wären. Das Wunderbarste war jedoch der obere, bestimmte und abgemessene Gang der Fische in einem Cylinder von un- gefähr 6 Fuss im Durchmesser, an Bewegung und Gestalt auf das Unglaublichste einer schwimmenden Schlange glei- chend, bis das Auge entdecken konnte, dass jede ein- gebildete Schuppe der Schlange aus einem springenden Fisch bestand. „Ein Theil der Besatzung versuchte alsbald, leere Pützen nieder zu werfen, um Fische einzuschöpfen, aber sie kamen zu spät mit ihrem Vornehmen, denn während das Schiff sachte über das ganze Fischband hinglitt, änderte dieses nicht seinen Zusammenhang, sondern wurde bloss von dem Schiffsrumpf niedergedrückt.“ „So hing es diesmal mit dem so viel besprochenen Meerungeheuer zusammen, welches, wenn nicht eine ge- nauere Untersuchung statt gefunden, für immer in unseren Gehirnen gespukt und Anlass gegeben haben würde zu ei- nem vielleicht wunderlichen, aber nicht zuverlässigeren Be- richt als der von der grossen Meerschlange. O. A. C.* Derjenige, welcher von irgend einem Versteck aus einen Rudel Hirsche hat vorbei ziehen sehen, wird sich ohne Zweifel erinnern, wie pünktlich und augenblicklich die Bewegungen des Anführers nachgeahmt werden. Wenn sich auch die Heerde im stärksten Sprunge befindet, so steht sie wie durch einen Zauberschlag fest auf dem Bo- den und stampft mit dem Vorderfusse auf .die charakteri- stische Weise auf, sobald der Alte an der Spitze Gefahr wittert. — „Wenn der Lachs den Fluss hinaufgeht, sam- melt er sich in grössere oder kleinere Schaaren, in NorIr- XIX. 1862. 16 230 land Stegar oder Duner genannt. Der Zug, sagt man; bil- det dann mehrentheils zwei Arme in spitzem Winkel, eben so wie der Zug einiger Sumpf- und Schwimmvögel während des Ziehens. An der Spitze des Zuges geht ein älter und grosser Lachs, welcher jeder Zeit ein Rogner (Weibchen) ist. Zuletzt im Zuge gehen die kleineren Männchen.“ ®) Die Bewegungen der Makrelenzüge gleichen einer wohl exercirten Soldatenabtheilung; macht ein Fisch eine Wen- dung, so machen sie sie alle, wie viele Tausend ihrer auch sein mögen, demzufolge die Fischer an unserer Westküste auch recht gut wissen, dass entweder bloss ein oder der andere Fisch, oder auch die ganze Schaar ins Garn geht. — Es ist Sache der künftigen Beobachter, die Totalform der Fischzüge und der ziehenden Vogelschaaren, wo man solche. findet, zu bestimmen, was nicht so’ schwer sein dürfte, wenn die Aufmerksamkeit einmal auf diese Seite ge- richtet ist. °) | Vorzüglich merkwürdig sind inzwischen diese Wande- rungen durch die Wirkung, welche sie auf das übrige Ver- halten der daran Theil nehmenden Individuen ausüben. Ein Thier, welches unterwegs zufällig von der Schaar getrennt wird, ist fast immer als verloren anzusehen. Richtungs- los, wie ein erweckter Nachtwandler wandert es hier und dort hin ohne bestimmtes Ziel, findet keine Ruhe, hält sich aber doch innerhalb eines kleinen Kreises, ohne den Ver- such zu machen, die Kameraden zu erreichen. Sein son- stiges Vornehmen ist ein Abbild dieses verwirrten Zustan- des; sogar vor dem Feinde flieht es selten und sucht sich nicht zu vertheidigen. Der Character des Thieres ist durch- aus verändert. Schon Faber lenkt die Aufmerksamkeit auf - die Scheuheit der wilden Gänse während der Zugzeit, wo- gegen sie an den Brutstellen so zahm sind, dass sie über- allumher laufen. Viele Vögel, welche sonst Tagthiere sind, werden während des Ziehens Nachtthiere und erhalten ei- gene, sonst nicht gehörte Stimmen. Alles scheint zu be- weisen, dass das Individuum hier in etwas Höherem auf geht und nur ein Mittel, ein Organ geblieben ist, welches eigentlich bei allen Instinktäusserungen der Fall sein dürfte; ‘In Zusammenhang mit den Begattungsvorgängen und 231 den regulären Wanderungen müssten einige andere gemein- same Instinktäusserungen bei den höheren Thieren beschrie- ben werden, z. B. die gesellschaftlichen Baue der Biber und einer afrikanischen Finkenart!®) so wie die unregelmässigen Auswanderungen, wozu die Wanderungen des Berglemming die bekanntesten Beispiele bilden,!!) aber der Raum gestat- tet nur die Erwähnung dieser Vorgänge. Auch diese schei- nen durch die gleiche Richtung, die gemeinsame Arbeit auf eine innere Einheit hinzudeuten, wenn es auch der Beobachtung hier noch nicht geglückt ist, irgend einen Führer, oder eine hervortretende Arbeitsvertheilung nach- zuweisen. 1?)- Unter den Vorgängen zeitweise auftretender, vom In- stinkte gebundener Geselligkeit bei höheren Thieren bleibt uns nur ein einziger allgemeiner vorkommender übrig, näm- lich das Nest mit den Jungen, welchem wir um der Sache selbst willen nicht vorbei gehen dürfen. Hier begegnet uns eine entschiedene Arbeitsvertheilung, die Familie ist eingetheilt in nährende und zehrende Mitglieder, ganz wie nach den Ansichten gewisser Mitbürger die menschliche Gesellschaft. Den ersteren, den Eltern, ist die Arbeit als Loos zugefallen, sie sorgen instinktmässig für Schutz und Nahrung der Jungen und sind so uneigennützig und eifrig thätig, dass sie selbst während dieser Zeit nicht zunehmen, sondern im Gegentheil jederzeit abmagern und durch das Ausfallen der Haare und Federn ihre Gebrechlichkeit dar- thun. Die Jungen dagegen repräsentiren die Zukunft, wach- sen immer mehr heran, folgen den Eltern oft mehre Jahre, bis sie selbst völlig ausgewachsen. sind.1?) — Während der Zeit der Paarung und des Auffütterns der kleinen Jun- gen, müssen inzwischen die älteren Kinder sich selbst hel- fen, kommen aber hernach oft wieder zurück und bringen die Zeit bis zur nächsten Paarung bei den Eltern und den jüngern Geschwistern zu. Auf solche Weise kommt bis- weilen eine dritte Generation in die Familie hinein z. B. in die Wintergesellschaften der grossen Möven und ein rus- sischer Bericht von dem „Pestum“ (Kinderhüter) des Bä- ren theilt selbst dem vorjährigen Jungen gewisse bestimmte Obliegenheiten gegen die kleinern Geschwister zu, — dem- 16* 232 nach der Beginn zu einer Arbeitsvertheilung. Der junge Bär hat nemlich den Auftrag, dahin zu sehen, dass diesen bei ihren Spielen nicht irgend ein Unglück zustosse, ihnen über gefährlichere Stellen fortzuhelfen u. s. w. und wird von seiner Frau Mutter mit Ohrfeigen abgestraft, wenn er nicht zur Zufriedenheit seine Schuldigkeit gethan. 1%) Fassen wir nun die obengedachten Instinktäusserun- gen in Absicht auf Geselligkeit und Coloniewesen zusam- men, — auf deren Grund etwas liegt, „was aussieht, wie ein Gedanke,“ welcher bald in einem Leiter oder Anführer Gestalt annimmt, bald durch eine bestimmte gesetzmässige Ordnung in der scheinbaren Unordnung sich offenbart, bald nur dunkel aufleuchtet in dem gemeinsamen Streben, der gleichen Richtung, der Gemeinsamkeit in Bezug auf Zeit und Raum in concreter Bedeutung, — und fragen dann: was bedeutet alles dieses? so stehen wir vor dem Haupt- punkt unserer Darstellung. Es muss hier zuerst darauf gesehen werden, in wie weit diese Vorgänge als isolirte Facta in der Natur dastehen, oder aus bereits bekanntem Verhalten bei anderen Thieren oder Gewächsen hergeleitet werden können. Die besprochene Einheit weiset uns zu- nächst auf den Individualitätsbegriff hin, und die in eini- gen Fällen hervortretende Ordnung und Arbeitsvertheilung scheint auch anzudeuten, dass wir hier mit einem Organis- mus, wenn auch nicht von der handgreifiichen Art, wie er sich der äusseren Betrachtung täglich darbietet, zu thun haben. Die eminenten Untersuchungen in Betreff der In- dividualitäts-Frage, — welche, zum grösseren Theile von skandinavischen Forschern ausgeführt, einen frischen, grü- nenden Lorbeer auf die an Ehren reiche, alte, nordische Naturforschung gelegt, — erwähnen auch unter den ver- schiedenen Stufen der Individuen von der Celle bis hinauf zum Baum, eine Art, welche ganz ausnehmend der Indi- viduenvereinigung bei höheren Thieren gleicht, nämlich die so genannten zusammengesetzten oder Totalindividuen. Alle unsere Bäume, die Korallen und viele andere Vorgänge während der Entwicklung der niederen Thiere, so wie end- lich der Bienenschwarm mit seiner bestimmten Einheit und Arbeitsvertheilung, sind bekannte Beispiele solcher zusam- 233 mengesetzter Individuen. Aber höher hinauf sollen diese nicht angetroffen werden. Eine Art von Individuen, wie sie bei allen Gewächsen und mehreren niederen Thieren vorkommt, verschwindet spurlos bei den höheren. Schon die Unwahrscheinlichkeit einer solchen Ausnahme von dem gewöhnlichen Gange der Natur giebt dem Zweifler ein Recht, unter den höheren Thieren eine Andeutung dieser zusam- mengesetzten Individuen zu suchen und es scheint, wie wenn diese Andeutung in den oben besprochenen Indivi- ‚duenvereinigungen oft ganz ausgeprägt uns vor Augen tritt. Hat man Recht, z. B. die Tanne und den Bienenschwarm zusammengesetzte Individuen zu nennen, so dürften die Birkhahn-Balze, die Processionsraupen, der Antilopenzug; der Heeringszug, die Fuchsfamilie mit derselben Geltung für Individuenvereinigungen angesehen werden können. Schon beim Bienenschwarm ist der gemeinsame Stamm der Gewächse und Polypen durch ein gemeinsames Streben er- setzt worden, entsprechend der schon grösseren Vollkom- menheit der einzelnen Individuen und dem schon weniger gehemmten Vermögen, dass ein jedes für sich in den gros- sen Haushalt der Natur einzugreifen vermag, ein Vermö- gen, welches die niederen und einfacheren Organismen nur in einer grossen Menge beisammen auszuüben im Stande wären. Bei den höheren Thieren wird das Individuum noch vollkommen und die Individuenvereinigung dem zu folge weniger in die Augen fallend, weniger concentrirt. Die Bienencolonie bleibt noch bestehen während des ganzen Lebens der Individuen, höher hinauf wird auch dieses Band gelockert; das einzelne Thier wird im Allgemeinen frei, aber bisweilen wird es von diesem dunklen, reflexionslosen Trieb erfasst und in den Zauberring des Instinktes hineingezogen; es ist nicht mehr seiner selbst mächtig, sondern wird vor- wärts getrieben durch eine Riesenkraft, welche kein Hin- derniss kennt, bis dass die Handlung, für deren Ausübung die Kräfte des Einzelnen nicht ausreichen würden, auf diese Weise vollführt wird, wo dann das ermattete Werkzeug wie- der zu sich selbst kommt, um nach einiger Zeit Ruhe und Erholung aufs Neue von dieser unerklärlichen Macht, die blind ohne Räsonnement handelt, ergriffen zu werden. So 234 dürften die Wanderungen, so die mit der Erhaltung der Art in Zusammenhang stehenden Individuenvereinigungen erklärt werden können. !?) Wagten wir die Vereinigung der Individuen bei den Wirbelthieren mit den zusammengesetzten Individuen der niederen in Verbindung zu bringen und die oben gegebene Darstellung der Hauptsache nach für richtig anzunehmen, so ist dadurch ein neues, zum Theil eigenthümliches Licht über gewisse Lebensverhältnisse der Wirbelthiere verbrei- tet worden. Das Junge eines geselligen Thieres entsteht wie ein Organ bei einem Totalindividuum, einem Stocke, so wie z. B. bei einem Polypenstocke der Medusen, um von der Corallachse zu geschweigen. Je mehr es heran- wächst, desto schwächer wird das Vereinigungsband mit den Eltern, gleich wie die Medusen auf dem Stocke immer schwächer abgeschnürt werden. Endlich kann es sich selbst helfen, hat aber kaum die gehörige Fertigkeit hierin zu er- werben vermocht, bevor die Zugzeit eintritt. Nun wird es gleichsam verzaubert, will ohne Rast und Ruh mit den Ca- meraden in andere Gegenden, um nach kurzer Ruhe daselbst wiederum von diesem unsichtbaren Bande, dieser unbe- zwinglichen Wanderungslust, deren Forderung ohne Wider- rede befriedigt werden muss, ergriffen zu werden. Es wen- det sich nun zurück zu der Gegend, wo es aufgezogen, ohne anderen Wegweiser, als den innern Trieb, und ist kaum von den Anstrengungen der Reise wieder hergestellt, als es schon wie ein Organ in eine neue Individuenverbin- dung, in die Begattungszeit, eintritt. Auf diese Weise wird das gesellige Thier zwischen entgegengesetzten Mächten hin und her geworfen: auf der einen Seite die eisenharte Naturnothwendigkeit, welche augenblicklich und ungestüm ihr Recht geltend macht, aber die Art erhält; auf der an- deren das Streben der einzelnen Individualität nach Selbst- ständigkeit und Unabhängigkeit für eine Zeit lang, ohne Begriff von der Zukunft. Sollte es nicht ein glücklicher, wenn auch unbewusster Eingriff in diesen Dualismus sein, wodurch der Mensch unter den geselligen Thieren seine wichtigsten. Culturthiere erworben? Wie kann man sich die Unterwürfigkeit desriesengrossen Elephanten gegen den 235 Menschen denken, wenn er nicht von der angeborenen An- lage, sich an einen höheren Leiter anzuschliessen, als Glied in einen Organismus einzugehen, dess Thun und Absicht er nicht zu fassen vermag, bestochen ist?!) Der Hauptcharakter. des Organismus dürfte weniger eine strenge abgeschlossene äussere Formbegrenzung, als eine innere, das ganze Wesen beherrschende Einheit sein, welche gerade die äussere Begrenzung zu veranlassen strebt. „Fleisch und Blut sind Hypothesen, aber der Geist ist Wahr- heit,“ sagt irgend ein Schriftsteller. Eine vollständig äus- sere Begrenzung erreicht das Individuum noch weniger in dieser Welt, solange die Naturseite, der Instinkt, auf ein unauflösliches Band zwischen den geschaffenen Wesen hin- weiset, in Folge dessen auch das Individuum in der ganzen organischen Natur nicht etwas vollkommen Abgeschlosse- nes ist. Am wenigsten scheint diese Abhängigkeit auf den niedersten Stufen des Lebens hervortreten zu sollen, wo die Art der Arbeitsvertheilung, die wir Gesellschaftsunter- schied nennen, noch nicht als ihr Bundesgenosse sich gel- tend gemacht hat. Die Vermehrung durch Knospenbildung und Theilung lässt uns inzwischen das Individuum kaum isolirt sehen, sondern immer im Fortpflanzungsgeschäft be- fangen, und der Einzelne ist hier so unbedeutend, dass er allein wenig auszurichten vermag. Demzufolge ist der Co- lonisationstrieb am grössten bei den niedrigsten Formen und erst weit höher hinauf vermag das einzelne Individuum als etwas für sich Bestehendes für einige Zeit von seines Gleichen sich loszumachen. Liegt nun diesem Verhält- nisse eine Ahnung von dem Unvermögen des Einzelnen, gewisse bestimmte Geschäfte zu vollführen, zu Grunde und tritt dieses Unvermögen am mächtigsten bei den Gewäch- sen und niederen Thieren hervor, welche ihr ganzes Le- ben in der Colonie zubringen, so kann man erwarten, dass gleichartige Vorgänge bei höheren Thieren sich unter den niederen Gruppen derselben zeigen werden. In der That finden wir auch die zeitweise eintretende Geselligkeit und damit zusammenhängende Metamorphosen hauptsächlich bei den Wiederkäuern und Nagern und deren homologen Grup- pen, vertheidigungslosen, zahmen Pflanzenfressern , welche 236 nur äuf diese Weise, aufgenommen in die Schildburg einer höheren Individualität, die Obliegenheiten vollbringen Kön- nen, welche ilir und ihrer Nachkommenschaft Bestehen be- dingen. Und so wie diese sich zu vollkommeneren Thie- ren verhalten, verhält sich ja die zarte, unschuldige Jugend zu den Eltern. Es ist gezeigt; dass zwischen den einzelnen Individuen ünd der Individuenvereinigung in psychischer Beziehung ein gewisses gegenäätzliches Verhalten Statt hat. Ein ähn- licher Gegensätz begegnet uns im System. Wo die Indi- viduen am höchsten ausgebildet sind, ist das Band in der individuenvereinigung schwächer und diese hat selbst nur eine kürze Dauer. Wo die Individuen klein und schwach sind, ist dagegen die Individuenvereinigung, das zusam- mengesetzte Individuum, sehr ausgeprägt, das Vereinigungs- band auch im Aeussern realisirt und oft für das ganze Le- ben bleibend. Hier kann die Arbeitsvertheilung den ver- schiedenen Individuen der Vereinigung ein verschiedenes äusseres Gepräge geben, angepasst dem verschiedenen Platze und Geschäft derselben, so dass man 2. B. bei den Siphönöphoren nicht bloss Ernährungsthiere und Geschlechts- thiere, Söndern auch sprössende Individuen, Individuen für Stellveränderung, für feste Einfügung, für Vertheidigung, für Angriff ü. s. w.. unterscheiden kann. !7) Höher hinauf kantı dies schwerlich geschehen, sondern wir haben uns hier wesentlich an den verschiedenen innern Trieb zu hal- ten. Dass dieser Anführer, Wächter, Vorrathschaffer ü. s. w. hervörruft, welche durch diese Geschäfte organisch sich vön den übrigen Mitgliedern unterscheiden, haben wir eben erwähnt und wenn nun hierzu bisweilen eine ziemlich con- stante äussere Form komint, so dürften die Anforderungen an einen Organismus in der Hauptsache zutreffend sein. Sehen wir übrigens schon bei den niederen, permanenten Förmen, den Bäumen, eine gewisse regellöse Freiheit in der Tötalform und Verzweigung bei derselben Art, so dürfte &8 eher Verwunderung erwecken, dass bei den höheren Thieren so formstrenge Individuenvereinigungen zu finden sind, wie die Kranichschaar, die oben eitirte Meerschlange und der Brachsenlaichzug, als dass es ung bei der Mehr- 237 zahl schwer wird, in dieser Beziehung eine gewisse Regel zu entdecken. Ich fürchte, dass es mir nicht geglückt ist, diese Auf- fassung der Bedeutung von Individuenvereinigungen, welche ich für eine bisher nicht ausgesprochene Consequenz der Ansichten Steenstrups und Jac. Agardh’s halte, deutlich zu machen und will deshalb, um Missverständnisse zu vermei- den, einige Worte hinzufügen.!?) Die Individuenvereini- gungen sah man früher als Handlungen einer unergründli- chen Weisheit und eines merkwürdigen Vorsehens der Thiere an, welche solches unternahmen. Später kam man dahin- ter, dass der Biber ein dummes Thier ist und dass die Zug- vögel oft sich in der Witterung irren. Die alte Erklärung wurde unbefriedigend und lächerlich, man hatte keine neue an die Stelle zu setzen, die ganze Sache kam in Verges- senheit und wurde für werthlos gehalten. — Die neue Schule dachte nicht daran, dass dasjenige, was bei den nie- deren Thieren zur Entwicklungsgeschichte gehört und da als wichtig anerkannt wird, bei den höheren oftmals in der Lebensweise aufgesucht werden muss. Sie beschäftiget sich bei den höheren Thieren- gewöhnlich nur mit dem Körper- lichen, Handgreiflichen und betrachtet die Individualität, den Geist in der Natur, wie eine Fiction, weshalb sie auch, wenn sie consequent sein will, den Menschengeist ebenso betrach- ten muss, wenn sie nicht die Hoffnung auf eine Wissens- einheit, auf einen Zusammenhang in der Wissenschaft ei- nem unlösbaren Dualismus opfern will. Jede Entwicklung weis’t doch eine Reihe von Vorgängen auf, welche, indem sie nicht nur überhaupt in regelmässiger Ordnung hervor- treten, sondern auch auf das Bestimmteste auf einen Aus- gangspunct, ein Ziel und einen planmässigen, zwischen bei- den liegenden Verlauf hinweisen, ein gemeinsames Prin- zip, einen die ganze Entwickelung regulirenden Lebens- grund andeuten. Und man muss dieses Princip wohl nicht bloss wie eine den Process leitende Idee, oder eine den specifischen Typus einer Formreihe bedingende Kraft an- sehen, sondern wie ein lebendes Wesen, welches die Idee als innere Bestimmung und Kraft, als ein Mittel zur Ver- wirklichung in sich begreift, ein Wesen, welches in seiner 238 innern Gestaltung dem äusseren Dasein vorangeht, gleich- sam wie der Vorsatz älter ist, als die Handlung. Dass die von Zeit zu Zeit sich bildenden Thiercolonien sonach als zusammengesetzte Individuen betrachtet werden können, dürfte hierdurch als erwiesen zu betrachten sein. Was durch diese Betrachtungsweise gewonnen wird, wäre eine klarere Uebersicht über diese verwickelten Begebenheiten, ein erweitertes Instinktgebiet, eine neue, engere Begren- zung der bewussten Thätigkeit im Thierleben. Es zu wagen, Vereinigungen, welche morphologisch noch nicht näher characterisirt worden und zum Theil es noch nicht haben werden können, als Individuen zu be- trachten, das wird man als Idealismus, vielleicht als My- stizismus bezeichnen. Das entgegengesetzte Lager wird uns des crassesten Materialismus beschuldigen, weil wir genöthigt waren, diese reflectionslosen Vorgänge bei Thie- ren aus der eigentlichen Thierpsychologie zu verweisen. Wir können uns darin nicht helfen. Die Zergliederer wer- den sich schon helfen, auch wo nur unseres Herrn Secir- messer diese Individuen seciren kann, und die alten Natur- forscher brauchen darum nicht aufzuhören, das Begattungs- spiel, die Wanderungen u. s. w. zu bewundern, weil wir nachzuweisen gesucht, dass sie auf dem Entwicklungsgange in der Natur gegründet seien. Es kann überdies aus an- deren Gründen in Frage kommen, ob nicht ein in vielen Modificationen die ganze Natur durchdringendes Gesetz in noch höherem Masse, als das „Curiose“ Unerklärliche und Vereinzelte den Menschen daran mahnen muss, mit dem liebenswürdigen Franzen zu erkennen: Kann so viel Schönes schon der Schöpfung Leben In jeder Ader zu verkünden streben, Wie schön muss da die Quelle sein, die wahre, die ewig klare! Anmerkungen zur Birkhahn-Balze: ı) Es. Tegner, Kronbruden, I. a Sängen (Samlare Skrifter). 2) Wilh. von Wright, in der Zeitschrift für Jäger 1834. 837. Zu den Erläuterungen: 3%) Vrgl. Onkel Adam, Efemerider, 2.dra Häftet, Stockholm 1860. 8—19. | 239 % Der Kehlsack beim Männchen des Laubfrosches und eine bisher nicht näher beschriebene (?) oder erklärte Blasenbildung an den Seiten des Halses beim Cupidohahn, einer Art nordamerikanischen Birk- hahns, kann mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit so betrach- tet werden. Auch das Elenthier hat einen langbehaarten Halsbeutel, welcher vielleicht etwas Analoges ist, welches inzwischen nur durch eine zu rechter Zeit angestellte Beobachtung an dem lebenden Thier festgestellt werden kann. 5) C.R. R(oselli), Om Fiskar, Amfibier och Foglar, som finnas uti eller i trakten af Mälaren. Stockholm 1860. 13. 6) Dieser Umstand ist eine wichtige Stütze für Steenstrup’s Theorie von der Entstehung der Knochenbreceien. 7) Siehe Aftonbladet No. 287 den 10. December 1858. 8) Nilson, Skandin. Fauna IV. 383. ») Es liegt nicht in unser Absicht, hier Specialfacta zu häufen und wir machen deshalb nur ein Paar allgemeine Bemerkungen. Ei- gentlich hat man bisher nur bei den Vögeln, welche hoch und gleich- mässig fliegen eine gewisse wechselseitige Ordnung wahrgenommen, weil diese hier am leichtesten zu sehen ist. Inzwischen dürfte auch bei Thieren mit bogenförmigen und schlängelnden Bewegungen etwas Aehn- liches nachgewiesen werden können, obwohl man die Einheit hier erst durch einiges Nachdenken findet. Wer würde z. B. beim ersten An- blick in den Stieglitz- und Hänflings-Schaaren, welche zur Herbst- und Winterzeit im südlichen Schweden umherstreichen, eine Ordnung ver- muthen. Wenn ein solcher Haufe zwitschernd und fliegend sich vorwärts bewegt, so hat das Ganze eine nicht unbedeutende Aehnlichkeit mit dem regellosen (?) Spiel in einem sogenannten Mückentanz an einem klaren Sommerabend, und doch ist die scheinbare Unregelmässigkeit in der Vogelschaar nur die unausbleibliche” Folge von dem bogenförmi- gen Flug eines jeden Individuums. — Dieselbe Täuschung dürfte bei der Beobahctung des zickzackförmigen Fluges vorhanden sein. Wäh- rend der Monate August und September sieht man oft Schwalben (Hi- rundo urbica L) in Menge sich auf hohen Gebäuden sammeln, von wo sie nach einem lauten Aufschreien pelotonweise ausfliegen, um einige Minuten sich in der Luft umzutummeln und dann allmählich zur Aus- gangsstelle zurück zu kehren und nach einer Weile das Spiel zu er- neuern. In diesen Uebungen zum bevorstehenden Zuge ist eine gewisse Ordnung unter den Tausenden von Individuen, die daran Theil nehmen, unverkennbar. In Lund können Beobachter, wenn sie wollen, auf der Pfeilerreihe um das Chor der Domkirche, dem Dache und Ge- simse eines hohen Gebäudes am Kraftsmarkt und dem Hause der Herrn Brinck & Larsson am Tegner Platze Sammelplätze für solche Veran- staltungen finden. — Während einer Wanderung in den Kullabergen - nördlich von Krapperup sah der Verfasser Hirundo urbica und rustica, die zu demselben Zweck ein Paar aus der Haide hervorstrebende Fels- gipfel südlich von den hohen Kullen sich ausersehen hatten. Sie sassen hier Vogel an Vogel und zeigten ihre weisse Brut, ganz wie es der Be- 240 schreibung nach auf den Vogelbergen der Lofoden aussieht, aber hier waren es Landvögel, welche sich zum Zuge übten, nicht: Wasservögel, beschäftigt mit der Aufziehung der Jungen. 10) Diese Compagnieschaft wird noch intimer unter den Strauss- weibchen und bei dem südamerikanischen Crotophaga Ceni (vergl. Rein- hardt, Oversigt over det danske Vid. Selskabs Forhandll. No. 1. 1860,) wo mehrere Weibchen in ein gemeinsames Nest legen, ein Verhältniss, welches im Norden ausnahmsweise bei den Seehühnern und der Lestris parasitica (Faber, über das Leben der hochnordischen Vögel, Leipzig 1826) nur auf eine eigene Weise umgestaltet bei einem gewöhnlichen Fisch, Gasterosteus pungitius L eintreten mag. 11) Andere Beispiele sind besonders bei den Nagern beobachtet. So bei den Eichhörnchen schon von Linne (Gottl. Resa 222.), bei ge- wissen nordischen Lemmingarten — den Berglemming nicht eingerech- net — von Wolley (Naturforsk. Möt. i Christiania 1856 Forhandll. 216 ff.) bei den Hasen in Sibirien von Wrangel (Sundevall’s Ärsberätt. i Zool. 1840. 128 sq.). Meine eigenen Beobachtungen führen auf ein ähnliches Verhalten bei den Fledermäusen. Die Wanderungen der Tannenhähne scheinen auch in diese Klasse von Vorgängen gebracht werden zu müssen, 22) ]n wiefern die besonderen Verbindungen in der Bibercolonie nur während der Aufführung des gemeinsamen Baues oder auch später eine Einheit ausmachen und in gewissem Verhältniss unter sich ver- schiedenartige Arbeiten vertheilen, darüber entbehren wir bis auf weir ter bestimmte Angaben. Viele Vögel bauen: ihre Nester dicht zusammen z.B. die Krähe, mehrere Schwalben, die Misteldrossel, einige Reiher- arten und viele Wasservögel, besonders der Geschlechter Sula, Carbo, Mormon, Uria, Alca (Vogelberge), — aber noch weniger von diesen weiss man (mit Ausnahme von Faber’s Erzählung: am angef. Ort 104 ff.) ob irgend eine Gemeinschaft beim Bau, beim Brüten und Aufziehen der Jungen Statt hat. Zwischen diesen Vorgängen und Wanderungen ste- hen die Winterschlafcolonien der Murmelthiere und Fledermäuse als eine eigenthümliche Form von Geselligkeit, die wohl verdient näher be- achtet zu werden. 13) Dies gilt von den warmblütigen Wirbelthieren. Die übrigen folgen mit wenig Ausnahme dem Gesetze anderer organischen Wesen, indem die Frucht nicht so schwach ist, dass sie bei dem Brüten und einige Zeit darnach sollte genöthigt sein, den Eltern zur Last zu fallen, sondern sie wächst und entwickelt sich auf eigne Hand. (Die Nager, die Wiederkäuer und die autophagen Vogeljungen helfen sich bald selbst, ein merkwürdiges Annähern an den Normalzustand in der Natur, wenn es zusammengehalten wird mit der Geselligkeit dieser Gruppen und der Bedeutung, welche wir weiterhin darüber geben werden. Die | Annäherung an niedere Thiere in einem Fall steht neben der Annäherung in einem anderen). Die Beutelthiere bilden eine Zwischenform, indem die ganze Gesellschaft beweglich wird, wie bei den trächtigen Weibchen der gewöhnlichen Säugethiere und die surinamische Beutelratte (Didel- phys dorsigera L.) gibt ein lange bekanntes Beispiel davon, dass auch 241 beim Anwachs der Jungen in gefährlichen Augenblicken eine Art Total- individuum wieder zusammentreten kann. Von diesen Erscheinungen ist der Schritt zur Pipa, Alytes obstetricans und Syngnathi nicht ferne. 14) Der, welcher die Naturereignisse in seiner Totalität sehen will, wie sie sind und nicht zerpflückt, kann kaum umhin, das Vorhan- densein eines ähnlichen Schutzbündnisses — besonders während der Wanderungen — sogar zwischen verschiedenen Arten zu finden. Wir erinnern nur an die temporäre Vereinigung bei den Regenpfeifern (Charadrius apricarius L.) welche dem Isländer Anleitung gegeben, die Tringa alpina „Louthräll“ zu nennen d. h. des Regenpfeifers Sclav (Fa- ber am angef. Ort 36); — und wenn man zur Winterzeit draussen in einem Nadelgehölz eine Schaar Pari und Reguli mit untermischten In- dividuen der Certhia familiaris antrifit und sie eine Weile beobachtet, findet man bald, dass der kleine muntere Parus cristatus der ganzen Gesellschaft Tambourmajor ist; — anderer Beispiele zu geschweigen. 15) Die scharfsinnigen Forscher (Steenstrup, Jac. Agardh, Alex. Braun und Andere) welche sich mit den Untersuchungen über das In- dividuum und dessen im Pflanzen- und Thierreich gegründeten höhern Potenzen beschäftigt haben, scheinen ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Individuen-Vereinigungen bei höheren Thieren, als commensurabel mit den zusammengesetzten Individuen der niederen gerichtet zu haben. Sie führen an, dass die einzelnen Individuen höher hinauf immer schär- fer geschieden werden, worunter auch bald einbegriffen wird, dass sie immer unabhängiger von einander werden, aber dies hindert ja nicht, dass sie zu gewissen Zeiten, — wenn die vegetativen Tendenzen, Nah- rung oder Fortpflanzung, über alle anderen Functionen die Ueberhand gewinnen, — vereint und unabhängig werden können. Daneben wird die verschiedene Vollkommenheit bei verschiedenen Individuen als Vor- aussetzung für die Coloniebildung besprochen. — Es ist gewiss wahr, dass zwischen Männchen, Weibchen und Jungen bei den Wirbelthieren der Unterschied nicht so grell hervorsticht wie zwischen der Larve und dem ausgebildeten Insekt, zwischen dem Blatte, Staubfaden und Carpell, aber in der That dürfte der Unterschied ganz derselbe sein; und es verdient vielleicht bemerkt zu werden, dass der Unterschied in der äus- seren Erscheinung zwischen beiden Geschlechtern bei den Wirbelthieren vielleicht gerade bei den Polygamisten unter den Säugethieren und Vö- geln am grössten ist. — Gegen die oben gemachte Darstellung möchte vielleicht eingewendet werden, dass das Blatt niemals Staubfaden oder Carpelle wird, sondern wie der Arbeiter im Bienenstock eine fixirte nie- dere Form des zur Fortpflanzung geschickten Individuums ist, wo da- gegen die Insektlarve seiner Zeit ein ausgebildetes Insekt wird, das Säugethier-Junge, Männchen oder Weibchen. Das wäre ein wesentlicher Einwurf, wenn die Individuenvereinigungen bei den höheren Thieren permanente wären, das aber sind sie nicht, sondern sie geben sich plötz- lich zusammen und lösen sich ebenso schnell wieder auf. Die Indivi- duenvereinigung hat nicht Zeit zu warten, bis die Weibchen befruchtet, das Nest gebaut, die Jungen herangewachsen, die Züge vollendet sind, 242 denn dann käme sie zu spät — und träfe in den beiden letzten Fällen keinen zu Hause — sondern der innere Trieb erfasst die Individuen so wie sie sind, vollkommen oder unvollkommen, Eltern oder Junge, aber verlässt sie nicht so wie sie sind, sondern beim Anfange einer neuen Ent- wicklungsphase, ein Umstand, welcher eine Art Vergleichspunkt mit dem Generationswechsel bietet, womit wir uns indess nicht aufhalten wollen. 16) Der Gegenstand liest unserer Darstellung ferner, und wir werden nicht näher darauf eingehen, wie interessant er auch sein könnte. Wir erlauben uns nur zu bemerken, das oben gegebene Erklärung Licht über die Erscheinung verbreitet, dass Raubthierjunge, während sie her- anwachsen, leicht gezähmt werden können und ihren Wärtern sehr er- geben sind, aber gewöhnlich in älteren Jahren immer wilder und un- bändiger werden und schliesslich durch die strengsten Mittel nicht zu Mässigung und Folgsamkeit- gebracht werden. Das Junge findet näm- lich in seinem Wärter einen Vorgesetzten und Vertheidiger, welchem zu folgen der Instinkt ihm gebietet, bis es ausgewachsen ist, wo die frühere Lebensweise ein naturwidriger Zwang wird, von dem das Thier auf alle Weise sich loszumachen sucht. 17) Vergl. Rudolph Leuckart, über Polymorphismus der Individuen oder die Erscheinung der Arbeitsvertheilung in der Natur. Giessen 1851. — Eine kurze Uebersicht des Inhalts gibt auch ‚der Verf. im Archiv der Naturgeschichte. 20. Jahrgang II. 298. 18) Fis ist schwerer, als Mancher glaubt, sich für wissenschaftliche Grundsätze und Corollarien Gehör zu verschaffen. Eben erst hat das zoologische Studium sich von der einseitigen Richtung emanzipirt, wel- che während eines Vierteljahrhunderts bemüht war, in einen Theil eine Einsicht zu erhalten, wie in das Ganze. Man hat zu erkennen ange- fangen, dass die Wirbelthiere nicht die einzigen sind, welche die Ehre haben, Thiere zu heissen und eine nähere Aufmerksamkeit verdienen. Man hat in Folge hiervon angefangen, die schiefe Stellung zu allgemei- nen Fragen aufzugeben, welche von Beurtheilung derselben abzustehen nöthigte. Aber man hat nur den Anfang gemacht. Aus der eigenen Natur der Sache dürfte inzwischen hervorgehen, dass die sogenannten höheren Thiere nur ein Glied in der Kette der lebenden Wesen sind, dass ihre Eigenschaften und Triebe bei der Erklärung müssen vergli- chen werden mit den bei einfacheren Organismen wahrgenommenen und dass man im Dunkeln tappt, wenn man sie bei der Betrachtung von den niederen Formen trennt. h Krystallographisches und Chemisches. Taf. VII. Von @. Suckow. I. Kryslallographische Notiz über den Boracit. Der Boraeit ist eine nicht allein durch den hemiedri- schen Charakter ihrer Combinationen, sondern auch durch ihre Zwillingsbildung sehr merkwürdige Mineralspecies. 243 Von Weiss ist bereits am wasserhellen Bergkrystalle vom Dauphine eine Zwillingsbildung mit geneigten Axen- systemen nach einer Fläche von P, beobachtet worden; wobei die Hauptaxen beider Individuen den Winkel von 84033‘ und so die mit dem Namen eines herzförmigen Zwillings benannte Form bilden !). Eine in gewisser Hinsicht mit dieser Form verwandte Erscheinung stellt die in beigefügter Figur (A. Taf. VIII.) ange- 2, 00.0 gebene, seltene Combination 2 _ (») (r) des Boracites ! £ vom Schildsteine (bei Hänebire) dar?2). Indem nämlich beide Individuen dieser Combination durch Juxtaposition und mit parallelen Axensystemen zu einem Zwillinge nach dem Gesetze verbunden sind, dass die Zusammense- tzungsfläche parallel einer Rhombendodekaäder- fläche, die Umdrehungsmasse auch hier normal ist, so, dass um dieselbe das eine Individuum gegen das andere durch 180° verdreht ist, so erhält die Doppelbildung das herzförmige Ansehen, wie Figur B. II. Ueber die chemische Wechselwirkung zwischen kohlen- saurer Magnesia und phosphorsaurer Kalkerde. Die Prüfung kohlensäurehaltigen Wassers, welches !) Siehe Abhandlungen der Königl. Akademie d. Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1829. 8. 81. 2) Das einzige Exemplar, welches ich von dieser Krystallbildung besitze und dem sel. Bergsecretair Chr. Zimmermann zu Clausthal verdanke, stellt eine trübe Masse dar. Da dieselbe ursprünglich in Gypsfelsen (resp. in Anhydrit) eingewachsen war und theils Steinsalz- körner, welche überaus klein und nur unter der Loupe erkennbar sind, eingesprengt enthält, theils ganz kleine, leere, offenbar zuvor von Stein- salz erfüllt gewesene Räume umschliesst, so scheint die durch die ganze Masse hindurch verbreitete Trübung die Folge einer durch Wasser ver- mittelten Wechselwirkung zwischen boraxsaurer Magnesia, Chlornatrium und schwefelsaurer Kalkerde zu sein und somit die auch für den von Heintz nachgewiesenen und im Band XI, S. 265 dieser Zeitschrift er- wähnten Chlorcaleiumgehalt des Stassfurter Boracites gültige Interpre- tation zu bestätigen, welche ich bereits im Jahre 1853 ebenfalls in die- ser Zeitschrift (Bd. I, S. 434) zu geben versuchte, indem ich diese Zer- setzung als einen zunächst auf Erzeugung. von Chlormagnesium und boraxsaurem Natron, sodann auf Bildung von schwefelsaurer Magnesia und Chlorcaleium gerichteten Process deutete. 244 mit offieineller kohlensaurer Magnesia (magnesia carbonica) und phosphorsaurer Kalkerde (in Form von officineller Kno- chenerde) 21 Tage lang in Berührung gestanden hat, lässt einen beträchtlichen Gehalt an phosphorsaurer Magnesia und kohlensaurer Kalkerde erkennen, woraus sich ergibt, dass bei dem Contacte der in der Ueberschrift erwähnten Verbindungen, nach dem Berthollet’schen Gesetze, ein auf Erzeugung der sehr leicht im Wasser (und zwar in-15 Thei+ len desselben) löslichen, daher auch von den Pflanzen leicht assimilirbaren und namentlich die Cerealien ernährenden, deshalb auch auf viele unserer flüssigen und festen Nah- rungsmittel (Bier, Brod) übergehenden phosphorsauren Magnesia (sowie ausserdem auf Bildung kohlensaurer Kalkerde) gerichteter Process der Wahlverwandtschaft erfolgt. Demgemäss scheint es keinem Zweifel unterworfen, dass innerhalb der versteinerungsführenden und zwar mu- schelschalenhaltigen Dolomitgesteine eine ähnliche Westen wirkung fortwährend Statt findet !). Namentlich dürfte dies von den versteinerungsführen- den Kalksorten des Muschelkalkes der Trias gelten, welche ausser dem kohlensauren Kalke mehr oder weniger Carbo- nat von Magnesia enthalten und dadurch dolomitisch auf- treten, während die die Reste der daselbst vorkommenden Muschelschalen theilweise constituirende phosphorsaure Kalk- erde, ebenso wie die kohlensaure Magnesia, im Laufe der Zeiten in kohlensäurehaltigem Wasser löslich ist und beide Verbindungen gegenseitig zersetzbar sind 2). ı) Die Beantwortung der Frage, welcher Abkunft die phosphor- saure Kalkerde der Weichthiere und Weichthierschalen ihr Dasein ver- danke, gehört zwar in das dunkle Gebiet der Protogäa; indess dürfte die Annahme, dass im Meerwasser, aus welehem sich die Weichthiere als ein Material der Flötzgebirgsgesteine dereinst abgesetzt hatten, die phosphorsaure Kalkerde, ebenso wie der Sauerstoff in der Luft, ursprüng- lich mit vorhanden war, statthaft, wenigstens nicht so bedenklich er- scheinen, als diese Verbindung erst aus der Substanz des Apatites zu deduciren. 2) Die allmälige Zerstörung der aus phosphorsaurer und kohlen- saurer Kalkerde bestehenden Muschelschalen als auch der aus phos- phorsaurer Kalkerde und Chlorcaleium zusammengesetzten Chlor-Apatite durch kohlensäurehaltiges Regenwasser hat ohne Zweifel in der leichten Auflösbarkeit des kohlensauren Kalktheiles der Muschelschalen, sowie 245 Mit diesem Verhalten, d. h. mitder Auflöslichkeit der phosphorsauren Kalkerde in kohlensaurem Wasser har- monirt nicht bloss der Umstand, dass die Knochenasche für den Weinbau ein äusserst wirksames Düngemittel auf dolomitischem Boden, sondern auch die harn- und somit phosphorsäuresalzreiche Mistjauche auf Wiesen zum üppi- gen Gedeihen der Süssgräser anwendbar ist!). Aber auch für direct nicht dolomitische, sondern selbst für magnesia- haltige Silicat- und Aluminatgesteine dürfte diese Reflexion schon deshalb geltend zu machen sein, weil es Thatsache ist, dass der zu Krageröe in Norwegen, zu Logrosan in Estremadura, zu Amberg in Bayern und zu Pilgramsreuth im Reuss’schen Voigtlande vorkommende, erdige Phosphorit ebensowohl auf granitischem (und zwar magnesiaglimmer- haltigem), als auch chloritischem, daher auch auf thonschie- ferigem Boden zur Veredelung dieser Bodensorten mit gün- stigem Erfolge angewendet worden ist. Die nämlich an der Zusammensetzung dieser Gesteine betheiligten kiesel- und alumsauren Magnesiaverbindungen unterliegen der all- mähligen Einwirkung der atmosphärischen Kohlensäure in der Weise, dass sich doppelt kohlensaure Magnesia erzeugt, welche mit der Substanz des Phosphorites auf die oben angegebene Weise zur Entstehung von phosphorsaurer Mag- nesia in Wechselwirkung tritt. des Chlorcalciums der Chlor-Apatite ihren nächsten Grund, während ausserdem zu der Verwandlung des dichten Apatites in erdigen Apatit (erdigen Phosphorit) der Gehalt an Eisenoxydul Veranlassung gibt, in- dem dieses leicht höher oxydirbar und als Eisenoxydhydrat geeignet ist, die übrige Masse des Apatites zu bräunen und aufzulockern. Die Zer- störung des Apatites beurkundet sich übrigens selbst schon auf einzelnen Krystallflächen, indem da zunächst auf den Y/.P- und oP-Flächen Rau- heiten und Unebenheiten zum Vorschein kommen, von welchen aus dann die Zerstörung weiter um sich greift. ‘) Was der dolomitische Muschelkalkboden an und für’ sich, d. h. ohne Mithülfe eines an kohlensauren Salzen reichen Düngers be- züglich der Ernährung der Pflanzen vermag, dies lehrt die chemische Prüfung der Asche, z. B. der an schroffen Felsengehängen der jena’schen dolomitischen, mindestens 40 Fuss weit von unterhalb belegenen Dünge- feldern benachbarten Flötzmuschelkalkschichten isolirt wachsenden Car- duus acaulis L. XIX, 1862, 7, 246 Mittheilungen. I. Aus dem chemischen Universitäts-Laboratorium in Halle. Analyse eines dichten Brauneisensteines von der Grube „eiserner Johannes“ bei Kamsdorf. Zu dieser von dem Stud. phil. Herrn M. ©. Bucholz aus- geführten Analyse wurde genau 1 Grm. der lufttrocknen Sub- ; stanz verwendet. Beim Erhitzen im Luftbade von 100°C. hin- terbleiben davon 0,978 Grm., die beim Glühen noch 0,131 Grm. oder 13,39 Proc. Wasser abgaben. Da ein Vorversuch gelehrt hatte, dass durch Salzsäure das Mineral nur äusserst schwer vollständig aufgeschlossen wurde, so ward der Rückstand mit dem dreifachen Gewicht kohlensau- ren Natrons anhaltend in Fluss erhalten, worauf die Kieselsäure in gewöhnlicher Weise abgeschieden wurde. Sie wog 0,0352 Grm., entsprechend 3,60 Proc. Im Filtrat wurde Eisenoxyd, Thonerde und ein Theil des in reichlicher Menge vorhandenen Mangans durch Ammoniak ge- fällt und der Ueberschuss des Fällungsmittels vollständig verduns- tet. Aus dem Niederschlage wurde zunächst die Thonerde in bekannter Weise (durch mehrfach wiederhohlte Fällung mit Na- tronlauge) abgeschieden. Ihr Gewicht betrug nur 0,0076 Grm. d. h. 0,78 Proc. Mangan und Eisenoxyd wurden durch bern- steinsaures Natron geschieden und -ersteres endlich durch über- schüssiges kohlensaures Natron gefällt. An Eisenoxyd wurde er- halten 0,7017 Grm. oder 71,75 Proc. Das Manganoxydoxydul betrug 0,0097 Grm. Hierzu kommt aber noch dasjenige Mangan, welches durch Ammoniak nicht niedergeschlagen worden war. Dies wurde durch Schwefelammonium und der wieder gelöste Niederschlag durch kohlensaures Natron gefällt. Die davon abfiltrirte noch eine Spur Mangan enthaltende Flüssigkeit ward durch Erhitzen mit Salz- säure vom Schwefelwasserstoff befreit, nach dem Erkalten mit starkem Chlorwasser vermischt, mit Ammoniak gefällt und die Mischung bis der Geruch nach diesem Reagens verschwunden war, erhitzt. Die beiden Manganniederschläge wogen nach dem Glühen 0,0677 Grm. Im Ganzen waren also gefunden 0,0774 Grm. Manganoxydoxydul, entsprechend 0,0791 Grm. oder 8,09 Proc. Manganoxyd. ; Die nun noch in der Lösung enthaltene Kalk- und Talk- erde wurden endlich nach bekannten Methoden (durch oxalsau- res Kali und phosphorsaures Natron) abgeschieden. Herr Bucholz fand 0,0095 Grm. Aetzkalk und 0,0208 Grm. pyrophosphorsaure Magnesia, entsprechend 0,97 Proc. Kalk und 0,0075 Grm. oder 0,77 Proc. Magnesia. 247 Die Resultate der Analyse sind also folgende: In 0,978 Grm. In 160 Theilen. Wasser 0,131 Grm. 13,39 Kieselsäure 0,0352 „ 3,60 Thonerde 0,0076 „ 0,78 Eisenoxyd 0,7017 „ 71,75 Manganoxyd 0,0791 „ 8,09 Kalkerde 0,0095 „ 0,97 Magnesia 0,0075 0,77 "0,9716 Can: 99,35 Lässt man die Kieselsäure, Thonerde, Kalkerde und Talkerde als unwesentlich ausser Betracht, so ist die Zusammensetzung des Minerals in 100 Theilen berechnet Wasser 14,36 14,44 3HO Eisenoxyd 76,96 85,56 2Fe?03 Manganoxyd 8,68 100 100 Das Manganoxyd 'vertritt in diesem Brauneisenstein offenbar das Eisenoxyd. Die Formel für denselben ist daher die normale des nicht krystallisirten Brauneisensteins (der krystallisirte, der Göthit, hat bekenntlich die Formel Fe?03-+HO) nämlich 2Fe?0°? + 3HO, nur ist ein Theil des Eisens durch Mangan vertreten. W, Heinız. U. Bestimmung von Kochsalz neben unterschweflig- saurem Nalron. Bei mehreren Analysen verschiedener Sodaproben und Roh- lauge, in denen Kochsalz neben kohlensaurem und Aetznatron, Schwefelnatrium , unterschweflig- und schwefelsaures Natron vor- handen waren, versuchte ich es nach der von Mohr !) angegebe- nen Methode das Chlornatrium mit Zehentsilberlösung zu bestim- men, aber ohne brauchbare und übereinstimmende Resultate bei den einzelnen Versuchen zu erhalten. Mitunter wurde gar kein Niederschlag mit Silberlösung erhalten, in manchen Fällen anstatt Chlorsilbers nur Schwefelsilber oder eine Mischung beider. Um den Grund dieser mangelhaften Resultate zu erfahren, mischte ich besiimmte Mengen Normallösungen von Kochsalz und unter- schwefligsaurem Natron, Da diese beiden Salze neutral sind, ist es nicht erst nöthig, wie bei den Sodaproben, die überschüssigen Al- kalinität mit Essigsäure abzustumpfen, sondern es konnte gleich nach Zusatz von wenigen Tropfen neutralen chromsauren Kalis mit Zehentsilberlösung der Kochsalzgehalt bestimmt werden. Ich erhielt aber gar keinen Niederschlag von Chlorsilber, weil das vorhandene unterschwefligsaure Natron das gebildete Chlorsilber augenblicklich auflöst. %) Lehrbuch der Titrirmethode, erste Auflage pag. 149. 150. 17* 948 :9bsN: s [ f Alsje 200. 7 NaCl und a0C. Na0.S20?2 4 5HO gemischt und mit chromsaurem Kali gelb gefärbt waren, trat auf Zusatz von 1CC. = AgO.NOS schon eine schwach rothe Fär- bung von AgO.CrO? ein, die sich auf weitern Zusatz der Sil- berlösung verstärkte, aber von Chlorsilber war keine Spur ge- fällt worden. Als den Versuchsproben eine bestimmte Menge mit Normalnatron gesättigtes Schwefelwasserstoffwasser beigege- ben wurde, entstand schon nach dem ersten Zehntel Cubikcenti- meter braune Färbung der Flüssigkeit von gebildetem Schwefel- silber, welches jede Möglichkeit, eine andre Farbenreaction zu er- kennen, benahm. v Ich machte darauf mehrere fruchtlose Versuche die unter- schweflige Säure und den Schwefelwasserstoff vor der Titrirung des Chlornatrium zu zerstören. Zuerst übersättigte ich ein Ge- misch von NaO.CO?, NaO.S?0? + 5HO, und NaCl mit Nor- malschwefelsäure, verdünnte stark mit Wasser, und suchte durch Kochen die unterschweflige Säure zu zerstören und fortzukochen; das Resultat war ungenügend. Sodann wurden 2 Proben von NaCl und NaO.S?O? zur Trockne eingedampft, die erste Probe für sich, die zweite mit Salpeter geschmolzen. Beide gaben eben- falls ungenügende Resultate. Es blieb daher nichts anderes übrig als das unterschweflig- saure Natron, resp. Schwefelnatrium durch — Jodlösung zu zerstören, und dann die Summe vor Chlor und Jodnatrium (resp. Jodkalium) mit, Silberlösung zu bestimmen. Die zu diesem Zwecke taugliche Jodlösung enthielt */;oo Atom Jod, und. wurde so dargestellt, dass 1,27 Grm. Jod ("oo At.) und 5,22 Grm. Jodkalium (= ?/;o0 At.) in. 80 CC. Wasser gelöst und dann nach geschehener Lösung des festen Jods zu 1000 CC. verdünnt wur- den. Von dieser Lösung entsprachen also 100 CC. 10 CC. = un- terschwefligsaurem Natron und 40 CC. 7 Silberlösung. Auf diese Weise gelang es nun ganz leicht aus der Differenz der verbrauch- ten Anzahl CC. Silberlösung die unbestimmte Menge Chlor ei- ner Mischung von Kochsalz und unterschwefligsaurem Natron zu bestimmen. 1) Es wurden 5CC. - Na0.S20?--5HO mit sco.n NaCl gemischt, stark verdünnt, mit klarer Stärkelösung versetzt, und mit Jodlösung blau titrirt, es wurden 50,1 CC. Jodlösung ver- braucht. Diese entsprechen 20,04 CC. Silberlösung. Die mit Jod- 249 blau titrirte Flüssigkeit wurde darauf mit neutralem chromsau- ren Kali versetzt, und mit Silberlösung gemessen, es wurden 25,2 CC. verbraucht also 0,16 CC. mehr als berechnet. Dies kommt daher, dass man das Ende der Reaction bei Tageslicht nicht ganz deutlich erkennen kann, da das entstandene Jodsilber die Flüs- sigkeit etwas gelbröthlich färbt. Bei einiger Uebung lässt sich jedoch sehr leicht der richtige Punkt bestimmen, wenn alles Chlor und Jod ausgefällt ist. 1) 2) 5CC. = unterschwefligsaures Natron brauchten ge- N nau 50 CC, Jodlösung, dazu wurden 10 CC. Kochsalz und einige Tropfen Chromlösung gesetzt, es wurden zur Fällung 30,1CC. = Silberlösung gebraucht, also 0,10 CC. zu viel. 3) 5 sc unterschwefligsaures Natron mit 10 cc Kochsalz versetzt, dagegen genau 50. CC. Jodlösung. Die N 100 schwach blaue Flüssigkeit mit Chromlösung versetzt, brauchte 30,08CC. Silberlösung zur Fällung der Haloidsalze ; also 0,08CC. —; & N 4) 5 CC. — „ unterschwefligsaures Natron mit 5 CC. T Koch- salz und 2CC. hie versetzt und mit Stärke und Jodlösung blau titrirt, brauchten 63,6 CC. — Jodlösung, da- N 100 gegen wurden von der Silberlösung 30,5 CC. gebraucht, um die Flüssigkeit En e: färben, also 0,06 CC. Silberlösung zu viel. 5) 2 ca? "=" unterschwefligsanres Natron mit 5 CC. = Koch- salz und 1,5 CC. Schwefelwasserstoffwasser brauchten 29,8 CC. vs Jodlösung um schwach blau gefärbt zu werden, und nach Zu- satz von Chromlösung 16,90 CC. Silberlösung bis zur schwachen Reaction, also sind 0,02 CC. Silberlösung zu wenig verbraucht. Dass in diesem letzteren Falle die für Zerstörung des Schwefelwasser- stoffes verbrauchte Menge Jodlösung nicht mit dem vorhergehen- den Falle übereinstimmte, lag daran, dass ein verschiedener Ver- dünnungsgrad angewendet war. 6) 5,5000 Grm. einer calcinirten Soda wurden in Wasser gelöst, vom unlöslichen abfiltrirt und gut ausgewaschen. Die Flüssigkeitsmasse betrug300 CC. Davon brauchten 100 CC. 31,2 CC. ı) Ich habe es vortheilhaft gefunden, die mit der Jodlösung titrirte Flüssigkeit 1—2 Stunden stehen zu lassen, und dann. erst mit Silber- lösung den Kochsalzgehalt zu bestimmen. 250 Normalsalpetersäure. Diese Flüssigkeit wurde mit 15 ce£ sal- petersaurer Barytlösung versetzt, mit NH?O.CO? und NH? kochend gefällt und völlig ausgewaschen. Der Niederschlag wurde mit 5CC. Normal-Salpetersäure kochend gelöst und 1,3 CC. Normal- Aetznatron dagegen verbraucht. 100CC. mit der entsprechenden Menge Normalsalpetersäure gesättigt, mit KO.CrO3 versetzt um mit AgO.NO?° den Kochsalzgehalt zu bestimmen, gab eine ganz trübe Reaction. — 100 CC. mit 31,1CC. N.NO? und mit Stärkelö- N sung versetzt brauchten 0,5 CC 100 Jodlösung = 0,045 Proc. Na0.8?02; dieselbe Flüssigkeit mit KO.CrO® versetzt, brauchte 1500. AsO.NO® d. h. 1,3CC. als Mass für das NaCl d.h. 0,43 Proc. Das Gewicht des Rückstandes betrug 0,0344 Grm. = (0,65 Proc. Na0.C0? = 93,60 Proc. Na0.S0? = 5,23 „ NaCl — 1,0437 05 Na0.S20? = 0,045 „ Rückstand = 0,65 19,955 Es ist unverständlich, wie Mohr selbst in der zweiten Aus- gabe seines Lehrbuches der Maassanalyse (pag. 422) eine als Bei- spiel dienende Analyse für die Richtigkeit seiner Methode anfüh- ren kann, und dieselbe als empfehlenswerth bezeichnet, während sie in Wirklichkeit unbrauchbar und unmöglich ist. Privatlaboratorium zu Halle im Februar 1862. M. Siewert. III. Omphalia in der subhereynischen Kreideformation. Im Jahre 1858 erhielt ich von Herrn Franke, Besitzer der Papierfabrik in Weddersleben bei Quedlinburg, einige Schnecken, welche derselbe beim Aufwerfen eines Grabens in einem Thone gefunden hatte. Die nähere Vergleichung derselben führte zu dem überraschenden Ergebniss, dass sie der Zekelischen Gosau- gattung Omphalia zugehören und ich legte sie unter dem Na- men Omphalia subhercynica in die Sammlung, hoffend dass wohl gelegentlich noch andere nicht minder interessante Arten dersel- ben Loealität dazu kommen möchten. Im eben mir zugehenden Heft der deutschen geologischen Zeitschrift (siehe oben S. 186.) hat auch Herr Ewald diese Schne- cken bei Weddersleben erhalten und gleichzeitig als verschieden von den Salzburgischen und denen der Provence erkannt. Meine 251 Exemplare sind grössern Theils Steinkerne und nur zwei noch mit der Schale versehen. Sie stehen der Omphalia Kefersteini Gastrop. d. Gosauform. 27. Tf.2. Fig. 3 sehr nah, welche Gold- fuss bereits als Cerithium Kefersteini Deutschl. Petrefakt. III. Tf. 174. Fig. 11. abgebildet hat. Die Unterschiede liegen in der breiten markirten Nahtfurche der Umgänge und dem Mangel star- ker Längsrippen, statt deren nur schwache unregelmässige Längs- streifen auftreten, welche von den ebenso starken Wachsthums- streifen gekreuzt werden. Die Seiten der Umgänge zeigen über ihrer Mitte eine breite flache Hohlkehle und verdicken sich über dieser wieder deutlich zur Begrenzung der Nahtfurche; in der untern Hälfte sind sie bis auf die erwähnte Streifung eben, der letzte Umgang erscheint gekielt und unterhalb des Kieles treten auf der Basis noch drei erhabene Kiele auf, dazwischen die Längs- streifen und die Wachsthumslinien stark runzelig. Der Nabel ist eng. Die Steinkerne gestatten keine sichere Bestimmung da sie mit denen verschiedener Arten übereinstimmen. Giebel. Literatur, Physik. Rüdorff, über das Gefrieren des Wassers aus Salzlösungen. — Die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit ihren Aggregatzustand verändert, wird durch gewisse physikalische Einflüsse modificirt; so wird nach Buff und Magnus (Pogg. Ann. Bd. 38) der Siedepunkt des Wassers um mehrere Grade erhöht, wenn eine bedeutende Adhäsion an der Wandung des Gefässes stattfindet und noch bedeutender ist nach Faraday, Griffiths und Legrand diese Er- höhung, wenn in dem Wasser ein Salz aufgelöst ist. Ebenso übt die Gegenwart eines Salzes bei allen Temperaturen einen wesentli- chen Einfluss auf die Spannkraft des Wasserdampfes; sie ist geringer, wenn er sich aus Salzlösungen entwickelt, wie v. Babo und Wüllner (Pogg. Ann. Bd. 103 und 110) gezeigt haben. Die Einflüsse, die den Gefrierpunkt des Wassers ändern, sind noch nicht gehörig erforscht, doch scheint es, als ob alle diejenigen Einflüsse, die den Siedepunkt des Wassers erhöhen, den Gefrierpunkt desselben erniedrigen. So gefriert nach Sorby und Mousson das Wasser in Capillarröhrchen erst bei — 70 oder — 15°C, je nach- der Weite der Röhren. — Aus vielen älteren Beobachtungen geht hervor, dass sich aus Meerwasser und andern Salzlösungen bei viel niedrigerer Temperatur Eis bildet als dies bei reinem Wasser der Fall ist. An numerischen Bestimmungen fehlte es aber ganz bis bei Gelegenheit des Streites zwischen Erman und Despretz über das Maximum der Dichtigkeit von Meerwasser und Salzlösungen letzterer einige einschlagende Versuche anstellte, die sich aber nur auf wenige Salze und auf Lösungen, die in ihrer Con- 252 centration nur wenig unterschieden waren, ‘bezogen. R. will nun diese Lücke ausfüllen. Sowie aus einer siedenden Salzlösung nur reiner Wasserdampf sich entwickelt, so erleidet auch, wenn sich aus einer Salzlösung Eis bildet, nur das Lösungswasser eine Verän- derung des Aggregatzustandes. Hierfür spricht schon der Umstand, dass nach Nairne aus dem Eise, das sich im Meerwasser gebildet hat, trinkbares Wasser bildet, das in Bezug auf sein speecifisches Gewicht und seinen Salzgehalt dem Quellwasser sehr nahe kommt; Parrot fand, dass das in Salzlösungen gebildete Eis nur wenig Salz enthält, und zwar um so weniger, je langsamer die Eisbil- dung vor sich gegangen ist. Dieser Salzgehalt rührt daher, dass in dem Eise seiner schiefrigen Struktur wegen eine nicht unbedeu- tende Menge von Salzlösung zurückbleibt. — Um die Temperatu- ren zu ermitteln, bei welchen die Ausscheidung von Eisstücken ver- schiedener Salzlösungen stattfindet, wurden die zur Untersuchung verwandten Salze möglichst rein dargestellt, bei geeigneter Tempe- ratur von ihrem Krystallwasser oder ihrem hygroscopischen Wasser befreit, und eine bestimmte Quantität in 100 Grm. Wasser gelöst. Die so hergestellten Lösungen wurden in Glasgefässen in eine Kälte- mischung aus Kochsalz und Schnee gestellt und ihre Erkaltung an einem Thermometer abgelesen, mit welchem sie stets umgerührt wer- den. Dieses Umrühren ist nothwendig, denn sonst geht die Eisbil- dung von den Gefässwänden aus und die äussern Schichten haben eine viel niedrigere Temperatur als die inneren Schichten; in der be- wegten Flüssigkeit dagegen beginnt die Eisbildung plötzlich überall, wobei das Thermometer auch plötzlich um mehrere Grade steigt und längere Zeit hindurch stehen bleibt. Diese Erscheinung zeigte sich bei allen Salzlösungen, die oft bedeutend unter 0° abgekühlt waren; bei plötzlich eintretender Eisbildung stieg das Thermometer. Was also nach Farenheit beim Wasser unter bestimmten Umständen eintritt, ist bei Salzlösungen ganz allgemein der Fall. Nairne machte jedoch beim Meerwasser diese Entdeckung. Als Gefrierpunkt'der Salzlösung oder als die Temperatur, bei der sich in der Salzlösung Eis bilden kann, nimmt R. die Temperatur an, die das Thermometer annahm, sobald sich Eis bil- dete. Da aber die Menge des ausgeshiedenen Eises, namentlich bei con- centrirten Lösungen, einen merklichen Einflus auf den Procentgehalt des flüssig gebliebenen Theils der Lösung hat, und der Gefrierpunkt, wie sich zeigte, von dem Salzgehalt der Lösung abhängt, so müsste, um den Gefrierpunkt der Lösung genau zu ermitteln eine zu grosse Ausschei- dung von Eis vermieden werden. Man erreichte dies, indem man ein Körnchen ‘Schnee in die Lösung warf, nachdem man den Gefrierpunkt derselben annähernd bestimmt und sie um 00,3—0°,5 C. unter diese Tempe- ratur abgekühlt hatte; das Thermometer stieg dann nur sehr wenig und die jetzt angezeigteTemperatur ist der Gefrierpunkt der Lösung: Nach- dem sich Eis gebildet hatte, blieb das Thermometer auf diesem Gefrier- punkte beim fernern Abkühlen längere Zeit stehen, bis die sich allmäh- lig vermehrende Eismenge gross genug war, um auf den Procentgehalt 253 der übrigen Lösung einen merklichen Einfluss auszuüben; dann sank das Thermometer. Entfernt man die Lösung aus der Kältemischung und setzt das Umrühren bei der gewöhnlichen Temperatur von unge- fähr 120 C. fort, so steigt das Thermometer, bis es auf derselben Tem- peratur, wie vorhin beim Abkühlen, so lange stehen bleibt als noch Eis in der Lösung vorhanden ist und erst, wenn dieses fast völlig verschwunden ist, tritt eine Temperaturerhöhung ein. Die Zahl der Salze, die sich zu diesen Versuchen eignen, ist eine geringe, da nur wenige Salze bei einer unter dem Gefrierpunkte des Wassers liegen- den Temperatur in solcher Menge löslich sind, dass sich daraus Lö- sungen von hinlänglich verschiedener Concentration herstellen lassen, und viele unter diesen erniedrigen wieder den Gefrierpunkt so wenig, dass die Zahlen für diese Lösungen von verschiedener Concentration mit verhältnissmässig zu grossen Beobachtungsfehlern versehen sind. Tabellen für die Gefrierpunkte verschieden concentrirter Lösungen von Kochsalz, ‘Chlorkalium, Chlorammonium, salpetersaurem Ammo- niak, salpetersaurem Kali, salpetersaurem Natron, salpetersaurem Kalk und kohlensaurem Kali werden gegeben; aus ihnen ergiebt sich, dass die durch verschiedene Mengen desselben Salzes bewirkten Erniedri- gungen des Gefrierpunktes den Mengen des gelösten wasserfreien Salzes proportional sind. Nähmen sie beim Lösen erst Krystallwasser auf, und löste sich dann erst die wasserhaltige Verbindung in Wasser, so müsste die Menge des wasserhaltigen Salzes in einem ganz an- dern Verhältnisse stehen, als die Mengen des wasserfreien Salzes und an eine Proportionalität wäre nicht zu denken. — Aber bei einigen Salzen, so beim Chlorcalcium fand keine so einfache Beziehung zwi- schen der Erniedrigung des Gefrierpunktes und der Menge des ge- lösten Salzes statt; ersterer nimmt nämlich in einem grössern Ver- hältnisse als letzterer zu. Man kommt aber wieder auf die Proportio- nalität, wenn man annimmt, dass sich Chlorcalcium beim Auflösen zunächst mit 6 Aequivalenten Krystallwasser verbindet und mit die- sem verbunden sich in dem übrigen Wasser auflöst; ebenso ist es mit dem Chlorbaryum. Auch Kochsalzlösungen, die mehr als 14 Grm. Kochsalz in 100 Grm. Wasser enthalten, weichen von der eben er- wähnten Proportionalität ab; es erklärt sich diese Abweichung da- durch, dass von —90%C. ab in einer Kochsalzlösung ein wasserhaltiges Salz gebildet wird, das auf den Gefrierpunkt des übrigen Lösungs- wassers einwirkt. Durch Lowitz ist das Vorhandensein eines solchen Salzes nachgewiesen, das nach Mitscherlich und Marx 4 Aequivalente Wasser enthält; nach Lowitz bildet es sich bei —120C, (168 Delisle’- sche Grade), nach Mitscherlich bei —8° bis —10°C. Versuche mit Lösungen von Kalihydrat und Schwefelsäure ergaben ebenfalls, dass sich bei abnehmender Temperatur Hydrate mit zunehmendem Was- sergehalte bilden, die erniedrigend auf den Gefrierpunkt des andern Wassers einwirken, nur dass sich bei diesen Lösungen die Verände- rungen in ’der Constitution des gelösten Salzes öfters wiederholen. Gemische von Alkohol und Wasser sowie Zuckerlösungen scheinen : 254 ähnliche Abweichungen zu zeigen. — Es ergeben sich also aus demi Vorhergehenden folgende Sätze: 1. bei wässrigen Salzlösungen wird der Gefrierpunkt des Lösungswassers proportional den Mengen des gelösten Salzes erniedrigt. 2. Einige Salze erniedrigen den Gefrier- punkt als wasserfreie Salze. 3. Andere wirken auf die Erniedrigung des Gefrierpunktes als wasserhaltige Salze. 4. Noch andere Salze erniedrigen den Gefrierpunkt bis zu einer gewissen Temperatur als wasserfreie, bei niedrigerer Temperatur als wasserhaltige Salze. 5. Daraus folgt, dass die Versuche über die Erniedrigung des Ge- frierpunktes wässriger Salzlösungen ein Mittel darbieten, zu entschei- den, ob ein Salz als wasserfreies, oder mit einer bestimmten Menge Wasser verbunden sich in Lösung befindet. — Auch Wüllner, der da fand, dass die Spannkraft der sich aus Salzlösungen entwickelnden Dämpfe proportional der Menge des gelösten Salzes vermindert wird, musste annehmen, dass sich einige Salze als wasserfreie, andre als 'wasserhaltige in der Lösung befinden; und zwar sind es ganz dieselben, die R. als solche bezeichnet. Demnach geben sowohl die Versuche über die Verminderung der Spannkraft der Wasserdämpfe als auch die über den Gefrierpunkt des Wassers aus Salzlösungen Auskunft über die Constitution von Salzlösungen. — Die Versuche über das Gefrieren des Wassers aus Salzlösungen geben auch Auf- schluss über die durch eine Kältemischung zu erzielende Temperatur- erniedrigung. Da nämlich klar ist, dass beim Zusammenbringen von Schnee mit einem Salze die Temperaturerniedrigung nie unter den Gefrierpunkt einer mit diesem Salze gesättigten Lösung herabge- hen kann, weil wenn die Temperatur unter den Gefrierpunkt der ge- sättigten Lösung sinkt, sich Eis ausscheidet und sich die Tempera- tur wieder bis zum Gefrierpunkt der Lösung erhöht, so lässt sich aus der Abhängigkeit der Löslichkeit des Salzes von der Tempe- ratur und der Beziehung, die zwischen dem Salzgehalt und dem Gefrierpunkte dieser Lösungen stattfindet, der Gefrierpunkt der ge- sättigten Lösung bestimmen. So kann durch Vermischen mit Koch- salz und Schnee eine Temperatur von —210C. erzielt werden, da da nach Poggiale der Gefrierpunkt einer gesättigten Kochsalzlösung bei — 21°C. liegt. — Dufour hat eine Arbeit über denselben Gegen- stand veröffentlicht und ist nicht zu der erwähnten Proportionalität gekommen; der Grund hiervon liegt einerseits darin, dass er die An- sicht hegt, aus einer Salzlösung bilde sich salzhaltiges Eis, andrer- seits darin, dass er die Lösung weit unter den Gefrierpunkt abkühlte, so dass sich dann plötzlich sehr viel Eis bildete. — (Pogg. Annalen Bd. 114; 1861. Nr. 9.). Ahnm. J. Lamont, Zusammenhang zwischen Erdbeben und magnetischen Störungen. — Vrf. beobachtete am 26. Dec. 1861, Morgens 8 Uhr im magnetischen Observatorium zu München, dass sämmtliche magnetische Instrumente (zwei zur Bestimmung der De- clination, zwei für die Intensität und zwei für die Inclination) eine ungewöhnliche Unruhe zeigten, darin bestehend, dass der Stand schnell 255 S und unregelmässig um mehrere Theilstriche zu- und wieder abnahm, und zugleich ein Zittern in verticaler Richtung eintrat. Das Zittern der Nadeln hielt nur kurze Zeit an, die schnellen Aenderungen des Standes aber dauerten allmählich an Heftigkeit nachlassend bis gegen 81/, Uhr fort. Nach einigen Tagen stellte sich heraus, dass genau - mit; obiger Beobachtung gleichzeitig ein Erdbeben an verschiedenen Punkten Griechenlands grosse Verwüstungen angerichtet hatte. Hier- mit’ist neuerdings festgestellt, dass nicht bloss die Erschütterungen, die ein Erdbeben hervorbringt, auf grosse Entfernungen sich verbrei- ten, sondern dass Auch die Kräfte, die das Erdbeben erzeugen, zu- gleich den Magnetismus der Erde in gewissem Grade modificiren. Die Modification besteht ohne Zweifel darin, dass ein Erdstrom her- vorgerufen wird, was sich auch im obigen Falle insofern bestätigt hat, als die an der Münchener Sternwarte aufgestellten Erdstromvor- richtungen ‘zur angegebenen Zeit ungewöhnlich grosse Thätigkeit zeigten. Recht bemerkenswerth ist, dass das Erdbeben, das in Grie- chenland am 18. April 1842 stattfand, auf die Münchener Magnetna- deln eine ähnliche Wirkung hervorgebracht hat, während von an- dern oft in geringerer Entfernung vorkommenden Erdbeben bisher nichts wahrgenommen ist. — (Poggend. Ann. Bd. 115, 1862. Nr. 1.) Hhnm. Chemie. R. Bunsen, über Cäsium und Rubidium. — Das Cäsium und Rubidium sind dem Kalium so ähnlich, dass sie nur durch Spektralanalyse davon unterschieden werden können. Das Rubidium ist daran erkennbar, dass es noch zwei starke rothe Linien jenseits der Frauenhoferschen Linie A besitzt; am wenigsten findet es sich in dem Lepidolith, Spuren davon auch in fast allen Sool- quellen. Man stellt es am leichtesten aus dem Lepidolith dar; in- dem man es in die Chlorplatinverbindung überführt, und diese von dem Chlorplatinkalium durch Auskochen trennt; durch Reduciren des Rückstandes mit Wasserstoff und abermalige ähnliche Behandlung er- hält man das Chlorrubidium. Mit Quecksilber bildet das metallische Rubidium ein leicht oxydirbares Amalgam, dass das Wasser zersetzt und sich gegen Kaliumamalgam noch ‚positiv verhält. Das Atomge- wicht des Rubidium Rb = 85,36. Folgende Verbindungen sind dar- gestellt: Rubidiumoxydhydrat RbOHO + aq in Alkohol und Wasser leicht löslich, in seinem Krystallwasser schmelzbar, wirkt kaustisch, ist zerfliesslich und zieht leicht Koblensäure an. Kohlen- saures Rubidiumoxyd RbO,CO; + agq. ist in Alkohol unlöslich, stark alkalisch reagirend und zerfliesslich. Salpetersaures Ru- bidiumoxyd RbO,NO; krystallisirt in dihexagonalen Prismen und ist leichter löslich in Wasser als Salpeter. Schwefelsaures Ru- bidiumoxyd RbOSO:;. krystallisirt im rhombischen System und ist dem schwefelsauren Kali isomorph, mit schwefelsaurem Kobaltoxydul und schwefelsaurer Thonerde bildet es wie das schwefelsaure Kali Doppelsalze. Chlorrubidium RbCl ist ein wasserfreies, leicht lös- liches und in Würfeln krystallisirendes Salz. Chlorplatinrubi- 256 dium (RbCl,PtC],,) ist ein hellgelbes, aus mikroskopischen regulären Octaödern bestehendes Pulver, das leichter löslich in Wasser ist, als das Chlorplatinkalium. Das Cäsium, so genannt von seiner bei Srö liegenden Linie, ist fast immer neben dem Rubidium vorhanden, :am reichlichsten im Dürkbeimer Soolwasser; in den Lepidolithen findet es sich nur in sehr geringen Spuren. Man stellt es aus der Mutter- lauge des Dürkheimer Soolwassers dar. Man fällt mit Platinchlorid, reinigt es von Chlorplatinkalium durch Kochen mit Wasser und vom Chlorplatinrubidium, indem man beide in die kohlensauren Salze ver- wandelt und das Cäsiumsalz mit Alkohol auszieht. Um die letzten Spuren von Kalium und Rubidiumsalz zu entfernen, setzt man Baryt- wasser hinzu, dampft ab und zieht mit wenig absolutem Alkohol aus, worin sich nur das Cäsiumoxyd löst. Man stellt das Amalgam des Cäsiums aus Chlorcäsiumlösung im Kreise der Säule dar. Dasselbe zersetzt das Wasser, oxydirt sich schnell an der Luft und verhält sich gegen das Rubidiumamalgam electropositiv. Das Atomgewicht des Cäsiums ist Cs — 123,4. Die hauptsächlichsten Verbindungen sind: Cäsiumoxydhydrat Cs0O,HO + aq. kohlensaures Cä- siumoxyd €sO,CO,, salpetersaures Cäsiumoxyd CsO, NO; mit RbONO; isomorph, schwefelsaures Cäsiumoxyd CsOSO; das ebenfalls Doppelsalze bildet, Chlorcäsium CsQl, zerfliesslich, wäh- rend RbCl es nicht ist, und Cäsiumplatinchlorid CsCl,PtCl,, schwerer löslich als Kal BONNEan — (Annal. d. Chem. und Pharm. CAXIAX, 107.) B. S. Alexander Mitscherlich, Fortsetzung der Beiträge zur analytischen Chemie. Untersuchung des Alaunstei- nes, des Löwigites und der Thonerdehydrate. — 1. Me- thode der Trennung der Schwefelsäure, der Thonerde, der Kalkerde, der Magnesia, des Kalis und Natrons. Bei der gewöhnlichen Methode die Schwefelsäure durch Chlorbaryum zu fällen erhält man den schwefelsauren Baryt nie rein, da er, sei es durch Adhäsion, sei es durch Krystallisation die fremdartigen Kör- per der Lösungen mit einschliesst. Verf. löst daher den gut ausge- waschenen und getrockneten schwefelsauren Baryt nochmals in con- centrirter Schwefelsäure, aus der er ihn dann durch Wasser abschei- det. Bei Trennung der Thonerde von der Magnesia, empfiehlt Verf. einen bedeutenden Ueberschuss von Salmiak vor dem Fällen der Thon- erde durch Ammoniak zuzusetzen. Die Magnesia bestimmt Verf. als solche, erhalten durch Glühen der kohlensauren Ammoniak-Magnesia, sowie er den Kalk als schwefelsaure Kalkerde nach dem Fällen mit Oxalsäure bestimmt. Das Chlorkalium fällt Verf. zuerst aus der con- centrirten wässrigen Lösung durch Platinchlorid, dampft das Filtrat ein und fällt es durch Alkohol. Durch Erhitzen mit Schwefelsäure ‘ scheidet er dann das Platin aus dem Platinchloridnatrium ab. — 2. Analysem des Alaunsteines begreifen Alaunstein von Tolfa und von Muzzai — 3. Die Wasserbestimmung des Alaunstei- nes wurde in der Weise ausgeführt, dass die bei verschiedenen Tem- 257 peraturen von 100° bis zur schwachen Rothgluth entweichenden Quan- titäten bestimmt wurden. Ist das Wasser aus dem Alaunstein durch Erhitzen.entfernt, so ist derselbe zersetztin ein Gemenge von wasser- freiem Alaun und Thonerde. Doch ist es nicht möglich vollständig alles Wasser zu verjagen, ohne zugleich etwas Schwefelsäure mit aus- zutreiben. — 4. Verhalten der Thonerde zum Wasser. Verf. giebt die Quantitäten Wasser, welche aus gefälltem Thonerdehydrat bei verschiedenen Temperaturen entweichen an, so wie auf gleiche Weise ausgeführte Wasserbestimmungen des Gibbsits und Diaspors. Thonerde, die verschiedenen Glühtemperaturen ausgesetzt gewesen ist, kann nachher verschiedene Quantitäten Wasser wieder aufnehmen. Ist sie aber der Weissgluth ausgesetzt gewesen, so nimmt sie keine Spur _ Wasser mehr auf. — 5. Die rationelle Zusammensetzung des Alaunsteines ist vom Verf. durch die Formel (KS+AlS + 2AlH,) ausgedrückt. Er besteht also aus einem Atom schwefelsau- ren Kalis, einem Atom neutraler schwefelsaurer Thonerde und zwei Atomen Thonerdehydrat. — 6. Die Darstellung des künstli- chen Alaunsteines gelingt, wenn man: schwefelsaure Thonerde im Ueberschuss, Kali- Alaun und Wasser im zugeschmolzenen Glas- rohre einer Temperatur von 230°C. aussetzt. Der entsprechende Ammoniak- und Natronalaunstein entstand auf analoge Weise schon bei -1900. Wendet man statt der schwefelsauren Thonerde, schwe- felsaures Eisenoxyd an, so erhält man die den vorigen Thonerde- entsprechenden Eisenoxyd-Verbindungen, welche sich durch schö- nere Krystallisation auszeichnen. Die Versuche mit‘ den schwefel- sauren Salzen der Magnesia, des Eisenoxyduls, Manganoxyduls, Kup- feroxydes und der Kalkerde entsprechende Alaunsteine darzustellen, blieben resultatlos. — 7. Löwigit kommt in der Tolfa und in: Un- garn neben dem Alaunsteine vor, auch in der Steinkohle bei. Tabrze in Oberschlesien ist er gefunden worden. Da sein chemisches und phy- sikalisches Verhalten von dem des Alaunsteines verschieden ist, so schlägt Verf. vor dies Mineral, welches zuerst von Löwig chemisch untersucht ist, nach diesem Chemiker zu benennen. Der Verf. hat dies Mineral auf dieselbe Weise wie den Alaunstein untersucht. Es kommt weder in der Natur krystallinisch vor, noch ist es gelungen künstlich dasselbe krystallinisch darzustellen, und ist nach des Verf. Analysen als eine Verbindung von schwefelsaurem Kali mit basisch schwefelsaurer Thonerde und chemisch gebundenem Wasser nach der Formel (KS + 3Ai S + 9H) anzusehen. — 8. Die Darstellung des Löwigites verlangt das schwefelsaure Kali im Ueberschusse. Es entsteht, wenn schwefelsaures Kali mit Aluminit und Wasser, oder schwefelsaures Kali mit schwefelsaurer Thonerde in einem verschlosse- nen Glasrohre bis 200°C. erhitzt werden. — 9. Folgerungen aus diesen Beobachtungen auf die Bildung des Alaunsteines und desLöwigites in der Natur. Die Natur der Fundorte dieser Mineralien scheint alle Bedingungen, welche auch die künstliche Dar- stellung derselben verlangt, zu erfüllen. — 10. Hinsichtlich der Ge- 258 winnung des Alauns im Grossen und Literatur desselben verweisen wir auf das Original. — 11. Verhalten einiger Ver- bindungen des Kaliums, des Natriums, des Calciums und des Baryums bei hoher Temperatur. Bei der Temperatur des Gasgebläses verliert schwefelsaures Kali etwas Schwefelsäure, der Rest reagirt alkalisch. Schwefelsaures Natron verflüchtigt sich etwas. Kohlensaures Kali verdampft und löst etwas Platin auf, kohlensaures Natron sogar ziemlich stark, es scheint hierbei sich die Kohlensäure früher als die Basen zu verflüchtigen. Chlorkalium, Chlornatrium und Chlorcalecium geben ebenfalls Dämpfe, schwefelsaure Kalkerde verliert Schwefelsäure. Kohlensaurer Baryt verliert anfangs an Gewicht durch entweichende Kohlensäure, nimmt dann wieder durch Bildung von Platinoxyd zu. Platinmohr löst sich bei Zutritt der Luft in geschmol- zenem Baryt auf und wird durch Salzsäure zu Platinchlorid aufge- löst. — 12. Beschreibt Verf. ein Metallbad zum Erhitzen der Glas- röhren, die einem innern Drucke zu widerstehen haben. — (Journ. f. pract. Chem. Bd. 83. p. 455.) 0.K. v. Liebig, über den Peru-Guano. — Die starke und rasche Wirkung des Guano, die die der phosphorsauren Erden und des Ammoniaks, wenn diese vermengt dem Boden zugesetzt werden, bei weitem übertrifft, beruht wahrscheinlich eben nicht allein auf dem grossen Gehalte an phosphorsauren Erden und Ammoniak, sondern auch auf einem Gehalte an Oxalsäure, die sich gewöhnlich in grös- serer Menge in den bessern, an Harnsäure armen Guanosorten findet. Beim Abfiltriren des Guano nach Ausziehen mit kaltem oder heissem Wasser erhält man oxalsaures Ammoniak in Lösung; lässt man hin- gegen den mit Wasser befeuchteten Guano stehen, so nimmt die Oxal- säure ab und Phosphorsäure tritt an ihre Stelle, da sich erstere mit dem vorhandenen phosphorsauren Kalk umsetzt, was durch gegenwär- tiges schwefelsaures Ammoniak vermittelt wird, das den phosphorsau- ren Kalk etwas löslich macht; auch schon durch Zusatz von Schwe- felsäure, Kohlensäurehaltigem Wasser oder Essigsäure wird diese Um- setzung sehr beschleunigt, während sie sonst in kaum merklichem Grade Statt findet. Beim Düngen der Felder nun wird durch den Regen die Phosphorsäure löslich gemacht, welche durch Oxalsäure ersetzt wird, und sie trägt dann mit dem Ammoniak ganz besonders zur Fruchtbarkeit der Aecker bei. — (Annal. d. Chem. und Pharm. CAIA, 11.) B. 8. A. W. Hofmann, über die Trennung der Aethylbasen. — Die Darstellung der Aethylbasen durch Einwirkung von Ammoniak auf Jodäthyl bietet grosse Schwierigkeiten, und die vier Gleichungen, welche man gewöhlich für ihre Bildung aufstellt, sind nicht ganz richtig NH® + @H5J — [(€2H9)H?N]J. NH2(€2H5) + €2Hs.J = [(€2H>)2H2N]J. NH(€2H5% + €2H5,J — [(€H5S®HN]J. N(€2H5)? + €2H5.J — [(€?H5)N]J. denn es bilden sich bei der Einwirkung meist alle vier Körper gleich- 259 zeitig und hauptsächlich der letztere, so dass man wohl zu der An- nahme berechtigt ist, es fänden gleichzeitig 4 Processe statt, die sich durch die Gleichungen ausdrücken lassen NH3 + €2H®.J [(&%? H5) H3N] J. 2NH® + 2€2H:.J [C(&?H5)?H?2N]J + (H4N)J. 3NH®? + 3€2H®.J [((&?H5? HN] J + 2(H#N)J. 4NHS + 46€?H%.J [(&2H5)N]J + 3(H#N)J. Das Gemenge dieser Jodide giebt bei der Einwirkung des Kalihy- drats Ammoniak, Aethyl-, Diäthyl-, Triäthylamin und das Hydrat des Teträthylammoniumoxydes, das in der Hitze in Triäthylamin und Alkohol zerfällt. Obgleich die Siedepunkte dieser Verbindungen sehr verschieden sind, ae Aethylamin 180 Diäthylamin 57,50 Triäthylamin 919 so lassen sie sich doch nicht durch fractionirte Destillation von ein- ander scheiden. H. ist es gelungen eine Trennungsmethode zu fin- den, nach welcher man diese drei Körper sehr leicht rein erhält. Sie besteht darin, das Gemisch der drei Basen mit Oxaläther zu di- geriren. Dadurch geht das Aethylamin in Diäthyloxamid, einen schön krystallisirenden, in Wasser schwer löslichen Körper über; aus dem Diäthylamin entsteht Diäthyloxaminsäureäther, eine bei sehr hoher Temperatur siedende Flüssigkeit, während das Triäthylamin unver- ändert bleibt. Die beiden erstern Körper bilden sich nach den Glei- chungen en em 28 a5 9% 3E5 et) = Ne) (casa + CH @ Diäthyloxamid. sodann für das Diäthylamin 6292 62H5)2 &292)(6?H5)2 G2H5 ae u N} Hy _ no ne + mo Das Product der Einwirkung wird im Wasserbade destillirt, und’ giebt zuerst ein Destillat von völlig reinem Triäthylamin. Den Rückstand in der Retorte lässt man erkalten, und erhält auf diese Weise das Diäthyloxamid, das man aus Wasser umkrystallisir. Bei der De- stillation desselben mit Kalihydrat, erhält man dann reines Aethyl- amin. Die ölige Flüssigkeit, aus der bei 0° kein Diäthyloxa- mid mehr herauskrystallisirt, wird bei 260° destillirt. Der so er- haltene reine Diäthyloxaminsäureäthyläther giebt dann bei der De- stillation mit Kalihydrat reines Diäthylamin. — (Phil. Mag. Vol. 22, p. 477.) Smt. i A. W. Hofmann, über die Arsenikbasen. — Durch Ein- wirkung von Monarsinen auf Bromäthylbromid gelang es nicht die den Phosphorbasen entsprechenden Arsenbasen darzustellen; die bei- den Körper reagirten zwar auf einander, aber erst bei sehr hoher Temperatur, und die in Form der Platindoppelsalze abgeschiedenen neuen Verbindungen von einander zu trennen war nicht möglich. 260 Bei der Einwirkung des Aethylendibromides auf Triäthylarsin ‘wurden bessere Resultate erhalten. H. erhielt drei Reihen von Verbindungen: 1. Die Monarsonium-Reihe. Um Nebenproducte zu vermeiden, liess er einen grossen Ueberschuss von Aethylendibromid auf Triäthyl- arsin in zugeschmolzenen Röhren bei einer 50°C. nicht übersteigen- den Temperatur einwirken. Beim Eröffnen der Röhren entweicht et- was Gas. Aus dem Reactions-Rückstande wird mit Wasser die neue Verbindung ausgezogen, welche beim Verdunsten desselben hrystalli- sirt. Kochendes Wasser löst die Verbindung sehr leicht, kaltes schwer. Alkohol löst sie in der Kälte ebenfalls wenig, in der Siedehitze aber sehr leicht und lässt ‘dieselbe beim Erkalten in schönen Krystallen anschiessen. Die Zusammensetzung entspricht der analog darstellba- ren Phosphorverbindung, sie besteht aus - €2H!®AsBr? = [(€?H*Br) (62H)? As] Br. Die Lösung dieses Salzes wird durch Behandlung mit Silberoxyd und Salzsäure in das entsprechende Chlorid übergeführt, das mit Platin- chlorid eine schön nadelförmig krystallisirende, in kaltem und kochen- dem Wasser sehr schwer lösliche Doppelverbindung giebt, welche enthält [(&°H#Br) (E&?H5)? As] Cl + PtCl2, Die freie Basis musste also nach der Gleichung entstanden sein | (GHHABr)(CHS)RAs]Br +48 to = [ERNCHNAT) G 4 2A8Br. 9, Die Diarsonium-Reihe. Das Bromid dieser Reihe entsteht, wenn das Bromid der vorigen Reihe auf Triäthylarsin bei 1500C. ein- wirkt, die Umsetzung geschieht in zwei Stunden. Der neu entste- hende Körper besteht aus (CH As 4 (&>H ensnael Br? und giebt mit Silberoxyd eine, sehr starke Basis [(62H9) NAT? 9 Die Doppelverbindung des Chlorides mit Platinchlorid ist ein hell- gelber, in Wasser schwer löslicher krystallinischer Niederschlag, der sich in concentrirter kochender Salzsäure unverändert löst, und sich beim Erkalten in schönen Krystallen absetzt. — 3. Die Arsammo- nium-Reihe. Die Körper dieser Reihe entstehen, wenn das Bromid des Bromäthyl-triäthylarsonium mit Ammoniak und Monaminen behan- delt wird, die Reaction vollzieht sich in zwei Stunden bei 100°C, Das erste Product enthält [ein und gibt mit Silberoxyd eine Base von ae Form 4) (.C2H5)3 H3 ur, [(&?H%) (E2H5)>H el | 92 CHAT rn - welche mit Salzsäure gesättigt wiederum mit Platinchlorid ein in Nadeln krystallisirendes Doppelsalz bildet. — (Philos. magaz. Vol. 22, p. #73.) Smt. 261 H. Will, Beitrag zur Kenntniss der Krokonsäure. — W. hat, um über die Zusammensetzung der Krokonsäure Genaueres zu erfahren, einige Salze derselben analysirt, und namentlich ihren Wassergehalt genau zu ermitteln gesucht. Die Krokonsäure selbst, nach Gmelin’s Angabe durch Sättigen von zerriebenem, krokonsauren Kali mit Schwefelsäure und Ausziehen mit Alkohol dargestellt, bildet blass schwefelgelbe Krystalle, denen die Formel €;H,30; + 3H,® zu- kommt und welche bei 1000 leicht ihr Krystallwasser verlieren. Durch Vermischen einer mit Salzsäure schwach angesäuerten Lösung von krokonsaurem Kali mit Chlorbaryum entsteht der in Wasser ganz un- lösliche Niederschlag von krokonsaurem Baryt. Bei 1000 ge- trocknet zeigte das Salz die Zusammensetzung 26; B220; + 3H,®, Das Wasser entwich bei 2000 nicht, höher erhitzt, verglimmt das Salz und wird schwarz. — Aehnlich wie das vorige Salz entsteht der kro- konsaure Kalk. Bei 1000 getrocknet hat er die Zusammensetzung &; Ca30; + 3H2©, verliert aber bei 1600 den ganzen 25,2 pC. betra- genden Wassergehalt ohne Zersetzung. — Auch das krokonsaure Bleioxyd ist ein gelber Niederschlag, dem dieFormel &;Pb,0;+2H,& - zukommt. Das Krystallwasser (9,38 pC.) entweicht erst bei 1800. — Das krokonsaure Silber fällt als orangerother Niederschlag beim Ver- mischen von neutralem krokonsauren Kali mit Silberlösung. Im Va- cuum über Schwefelsäure getrocknet, ist es wasserfrei und nach der Formel €;Hg2®; zusammengesetzt. Bei stärkerem Erhitzen lässt es unter Funkensprühen reines Silber zurück. Eigenthümlich ist das Verhalten der Krokonsäure gegen Oxydationsmittel. Die gelbe wässrige Lösung des Kalisalzes wird durch Uebermangansäure sofort entfärbt, wobei die Krokonsäure vollständig in Kohlensäure ver- wandelt wird. Auch Salpetersäure und Chlor bringen sofortige Ent- färbung hervor: erstere unter Entwicklung von Stickoxyd, letzteres ohne jede Gasbildung. Es entsteht hierbei eine neue, farblose Säure, die Leukonsäure, nach der Gleichung 66H +9+3H® = 6H;,& Krokonsäure. 2 Leukonsäure. Wird die durch Salpetersäure oder Chlor entfärbte Lösung des kro- konsauren Kali mit Barytwasser bis zur schwach alkalischen Reaction versetzt, so entsteht ein flockiger, gelblichweisser Niederschlag von leukonsaurem Baryt, dem, im Vacuum über Schwefelsäure ge- trocknet, die Formel €;H,;Ba3 9 zukommt. Auch das leukon- saure Silber bildet einen gelblichen Niederschlag von der Zu- sammensetzung 6;H;Ag3®s, ebensodasleukonsaure Blei &;H;Pb;-&. Auch ein im Wasser schwer lösliches leukonsaures Kaliumsalz von der Formel &H,K®; hat Verf. dargestellt und analysirt. Es ist durch diese Versuche also nachgewiesen, dass aus der a 6;®; Krokonsäure Hs h ©, durch Aufnahme von & und 3H,® eine neue Säure, die Leukonsäure Si 1% 43 entsteht. — (Ann. d. Chem. u. Pharm, CAVIIL, 177.) R J. Ws. XIX. 1862. 18 262 H. Will, über die Zusammensetzung und Entstehung der Rhodizonsäure. — Ueber die Rhodizonsäure liegen nur we- nige in der Absicht ihre Zusammensetzung zu ermitteln, angestellte Versuche vor, deren Ergebnisse nicht einmal mit einander übereinstim- men. W. hat, im Besitz einer etwas grösseren Menge der bei der Kaliumdestillation sich ergebenden sogenannten „schwarzen Masse “ (Kohlenoxydkalium), daraus rhodizonsaure Salze dargestellt, indem er zuerst rhodizonsaures Kali wesentlich nach der Methode Heller’s bereitete. Die „schwarze Masse“ wurde durch Schlämmen mit Steinöl von grösseren Kaliumpartikelchen möglichst vollkommen befreit, das schwarze Pulver zuersi wiederholt mit starkem, dann mit wässri- gem Weingeist, dem zuletzt etwas Essigsäure beigemengt wurde, ausgezogen, bis die abgegossenen Lösungen nicht mehr gefärbt wa- ren und ihre alkalische Reaction verloren. Das zurückbleibende, fast salbenartige hellgelbrothe Pulver wurde dann mit Weingeist ausge- waschen und unter der Luftpumpe getrocknet. Das so erhaltene rho- dizonsaure Kalium lässt sich unverändert aufbewahren. Es enthält geringe Mengen höchst feinzertheilter Kohle, ist aber sonst rein. Verf. hat dieses Kalisalz und ferner die Salze des Baryum, Blei und Silber, welche durch doppelte Zersetzung einer Lösung des ersteren mit Salzen dieser Metalle als rothe Niederschläge entstehen, analysirt und folgende Resultate erhalten. im Vacuum getrocknet bei 100—1500 getrocknet. rhodizonsaures Kalium | 6; Hı KR, 6; Hz K2&% 7 Baryum E; Hi Ba, Or 2 Cs Ha Ba, Os » E Blei &; H3 Pb; ©, Es H Pb; Os » Silber Es HAgs &s Allerdings stimmen die analytischen Ergebnisse nicht immer scharf zu diesen Formeln, es kann aber im Ganzen-nicht wohl zweifelhaft sein, dass sie richtig sind. Die Rhodizonsäure erscheint demnach als dreibasische Säure u |® 3 und unterscheidet sich von der Krokonsäure bei verschiedener Basi- cität durch ein Plus von Hz, ® in der empirischen Formel. — Was: die Bildung des krokonsauren Kali’s aus dem rhodizonsauren anbe- langt, so wurde früher behauptet, diese sei ein Spaltungsvorgang und es entstehe als zweites Spaltungsprodukt Oxalsäure. Abgesehen da- von, dass sich die reine Lösung von rhodizonsaurem Kali an der Luft gar nicht verändert, so giebt sie, wenn sie mit Kalilösung ver- dampft wird, allerdings krokonsaures Kali, welches indessen frei von oxalsaurem Salze ist. Nur beim Verdampfen einer alkalischen Lösung des unreinen rhodizonsauren Kali’s lässt sich die Bildung von Oxalsäure beobachten, welche letztere nach W. aus gewissen Verunreinigungen des rhodizonsauren Kali’s entstehen soll. Er fand ferner, dass auch aus rhodizonsaurem Kalium durch Oxydation ver mittelst Salpetersäure und Chlor leukonsaures Kalium entstehe. Aus 263 dieser Untersuchung geht hervor, dass zwei als Rhodizonsäure be- nannte Säuren existiren, die ächte Will’sche und eine andere von Brodie durch Einwirkung von absolutem Alkohol auf reines Kohlen- oxydkalium erhaltene. Das ächte rhodizonsaure Kalium ®; ent- 230, durch Aufnahme von H»3® und © und Ausgabe von K. Aus beiden kann krokonsaures Kali entste- hen. — (Ann. der Chem. und Pharm. CXVIII, 187.) J. Ws. C. Neubauer, über Kreatinin. — Das Kreatinin findet sich im Muskelsaft neben Kreatin, das sich aus ersterem durch Auf- nahme von 2 Aequ. Wasser regenerirt und auch im Harn. Das in dem Harn befindliche Kreatinin hat seine Quelle somit in dem Krea- tin der Muskeln. Zur Darstellung des Kreatinins aus dem Harn kann man folgenden Weg einschlagen: man dampft den Harn etwas ein, fällt mit Chlorcaleium und Kalkmilch aus und verdunstet die Mutter- lauge bis zum Herauskrystallisiren des Kochsalzes; die stark con- centrirte Flüssigkeit wird dann mit Chlorzinklösung versetzt, und die entstandene Krystallmasse mit Bleioxydhydrat behandelt. Das Kreatinin kann dann von dem daraus entstandenen Kreatin durch Alkohol getrennt werden. Ganz rein von Kreatin erhältman es, wenn man es zuerst mehrmals aus erhitztem Weingeist umkrystallisirt, dann die Krystallmasse zerreibt, mit 90-procentigem Alkohol 24 Stun- den digerirt, abdampft und die erhaltenen Krystalle mit Alkohol. wäscht. Zur quantitativen Bestimmung des im Harn befindlichen Krea- tinin dient auch am besten das Chlorzink. Man versetzt den in einer bestimmten Zeit gesammelten Harn mit Kalkmilch und fügt Chlor- caleiumlösung hinzu, so lange noch ein Niederschlag entsteht; dann wird filtrirt und mit Weingeist gemischt, den entstehenden Nieder- schlag filtrirt man ab und versetzt das Filtrat mit Chlorzink, wo sich dann Kreatininchlorzink abscheidet. Nach den Analysen kommen auf 1609 CC. in 24 Stunden ausgeschiedenen Harns 1,120 grm.; auf 1 Kilo- gramm Körpergewicht also durchschnittlich 0,02055. Setzt man zu reiner Kreatininlösung eine Lösung von Chlorcadmium, so entsteht ein krystallinischer Niederschlag von Kreatininchlorcadmium. Die Krystalle sind von starkem Glanze, ziemlich durchsichtig und leich- ter löslich in Wasser als das Kreatininchlorzink. Nach der Analyse ergiebt sich für diese Verbindung die Formel: C3H;,N30, + CdCl. Lässt man eine Mischung von Kreatinin und Chlorcadmium langsam über Schwefelsäure verdunsten, so entstehen glänzende Krystalle, die bei 1000 in Pulver zerfallen und wahrscheinlich anders, wie die vorhin erwähnten zusammengezetzt sind. Das salpetersaure Kreatinin-Queck- silberoxyd erhält man beim Vermischen einer concentrirten Lösung von reinem Kreatinin mit concentrirter, neutraler salpetersaurer Queck- silberoxydlösung. Diese Verbindung ist in kaltem Wasser schwer, in heissem leicht löslich, und scheidet sich dann beim Erkalten in stern- förmigen Nadeldrusen aus. Sie reagirt alkalisch und nach dem Zer- 18* steht aus dem von Brodie 264 setzen mitSchwefelwasserstoff undEindampfen erhältman salpetersaures Kreatinin. Der Verbindung kommt die Formel zu C;H;N;0;, + NO; + 2HgO. Bei der Bestimmung des Harnstoffsim Harn mit salpetersaurem Quecksilberoxyd wird daher immer Kreatinin mit gefällt. Mischt man Kreatininlösung mit neutraler salpetersaurer Silberoxydlösung, so scheidet sich beim Kochen salpetersaures Kreatinin-Silberoxyd in weissen, kugelförmigen Nadelaggregaten aus. Dies ergiebt die For- mel (CsH-N30s+ NO; -+ AgO). Wenn man zu reiner verdünnter Krea- tininlösung übermangansaures Kali setzt, so scheidet sich Mangan- superoxyd aus und in der Flüssigkeit findet sich oxalsaures Methyl- uramin, das man durch Abdampfen, Ausziehen mit Alkohol und Um- krystallisiren rein erhält; führt man es in salzsaures Methyluramin- platinchlorid über, so ergiebt dieses die Formel (C,;H-N; + CIH + PtC],). Die Zersetzung lässt sich also so formuliren: 2(C3H;N303)-H8HO-+80 — [2(C4H7N3) + C4H30; + 4HO] + C;H30;. Dass Oxalsäure entstanden ist, lässt sich leicht durch Bleizuckerlösung nachweisen. Mischt man Jodäthyl, absoluten Alkohol und Kreatinin, schliesst dies in eine zu- gesehmolzene Röhre ein und erhitzt auf 1000, so löst sich das Krea- tinin, welche Lösung beim Erkalten zu einem Krystallbrei erstarrt. Diese in Alkohol und Wasser leicht, in Aether unlösliche Masse be- steht aus dem jodwasserstoffsauren Salz einer Base, das die Formel be- sitzt: E2H!2N®O2J. Setzt man zu der wässrigen Lösung des Jod- äthylkreatinins ein Aequivalent Silberoxyd, so entsteht Aethylkreati- nin und Jodsilber. Die Lösung des ersteren liefert beim Verdun- sten keine Krystallmasse und fällt Eisenchlorid- und T'honerdelösungen. Durch Sättigen mit Salzsäure und nachheriges Eindampfen erhält man eine fein nadlige Krystallmasse. Die Verbindung ist in Was- ser leicht löslich und giebt bei Zusatz von Platinchlorid Krystalle von der Zusammensetzung (Ci2HıaN30zC1 -+ PtCl), — (Ann. d. Chem, und Pharm. CAXIX, 27.) Bay A. Matthiessen und G. C. Forster, Vorläufige Notiz über die chemische Constitution des Narcotins und sei- ner Zersetzungsproducte. — Die Verf. fanden das Narcotin der Formel 62H2NQ?7 gemäss zusammengesetzt und bestreiten die Angabe von Hinterberger, wonach diese Substanz in verschiedenen Arten von verschiedener Zusammensetzung vorkomme. — Das Co- tarnin, das aus dem Narcotin durch oxydirende Substanzen entsteht, besteht aus E12H1N®3; es bildet sich nach der Gleichung 62H23N0' + Q — E10H1095 + Ei2H13NO3 Narcotin Opiansäure Cotarnin Die Opiansäure zersetzt sich durch heisse concentrirte Jodwasser- stoffsäure. Es bildet sich Jodmethyl in grosser Menge neben einer anderen durch Hitze und Luft, besonders bei Gegenwart eines Alka- lis leicht zersetzbaren Substanz Durch Erhitzen der Opiansäure mit einem Ueberschuss concentrirter Kalilauge zerlegt sie sich in Meco- nin und Hemipinsäure nach der Gleichung 2 (610 H10.95) — 10H! .94 + £10 N1095 Opiansäure Meconin . Hemipinsäure 265 Jodwasserstoffsäure zersetzt Meconin, wie Opiansäure. Es entsteht Jodmethyl und jene leicht zersetzbare Substanz. Durch dasselbe Reagens wird die Hemipinsäure in Jodmethyl, Kohlensäure und eine Säure von der Formel &7H6®* verwandelt nach der Gleichung £10H108° + 2HJ = 26H?J + €9, + 67H50: Die neue Säure ist wenig in kaltem, leicht in heissem Wasser, Alko- hol und Aether löslich. Sie reagirt stark sauer, krystallisirt aus heis- sem Wasser in kleinen nadelförmigen Krystallen, die 14,80 Proc. Kry- stallwasser enthalten und deren Formel ist 2(6’7Hs@* + 3H2®. Sie ist schmelz- und sublimirbar. Mit Eisenchlorid färbt sich die freie Säure und ihr Ammoniaksalz intensiv blau, welche Farbe durch Ammoniak blutroth wird. Sehr verdünnte Salpetersäure wandelt das Cotarnin in salpetersaures Methylamin und Cotarnsäure, eine neue Säure, um. Diese Säure löst sichleicht in Wasser, reagirt stark sauer, ist wenig in Alkohol löslich und wird aus der Lösung darin durch Aether niedergeschlagen. Essigsaures Blei wird dadurch gefällt und ebenso salpetersaures Silber. Dieser Niederschlag kann aus kochen- dem Wasser umkrystallisirt werden. Das Salz besteht aus GIH!0A 9298; Die Bildung der Säure ist daher durch die Gleichung EH!N 9? + 2H2® + NH®? — ElH1295 + NIN(EH3,H°)]9% ausdrückbar. Ist gGıM1®3 das Radikal der Cotarnsäure, so kann das Cotarnin als Me- 11 H10.&3 thyl-Cotarnylimid = N betrachtet werden. Kocht man Nar- cotin mit concentrirter wässriger Jodwasserstoffsäure, so bildet sich Jodmethyl. Die Verf. erhielten aus 20 Grammen jenes Körpers 19 Gramm von diesem. Demnach enthält das Narcotin drei Atome Methyl so gebunden, dass sie leicht ausgeschieden werden können, Daraus er- klärt es sich, dass bei der Destillation desselben mit Alkali Trime- thylamin entstehen kann, obgleich sich daneben stets auch Ammoniak, Methylamin und Diamethylamin bildet. — (Phil.mag. V0l.22.p.398.) Hz. Th. Peckholt, Untersuchung der Nüsse und Rinde des Becuibabaumes, Myristica Becuhyba Schott. — ’Die Fort- setzung der Untersuchung (siehe diese Zeitschr. Bd. 19. S. 171.) be- greift die Macis (den fleischigen Samenmantel) der Nüsse des Becuiba- baumes. Sie hat süsslichen mehlartigen Geschmack, ohne Arom, den Speichel carmoisinroth färbend. Sie enthält neben Eiweiss, Gummi, Stärkmehl, ein fettes, dickflüssiges, später festes, klares goldgelbes Oel, einen fetten flüchtigen Stoff, nur in kochendem ab- soluten Alkohol löslich, Becuibaharz in kaltem Alkohol löslich und Spuren von Gerbstoff. Der medicinische Gebrauch der Wurzeln, Rinde und Nüsse ist sehr vielartig. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe, Bd. CVII. p. 285.) 0. E. Fieldhaus, über extractum gentianae. — Das nach der Pharmacopoe dargestellte extr. gentianae schimmelt leicht, was Verf. einem Gehalt von Pectin zuschreibt. Er schlägt deshalb vor letzte- res durch Alkohol zu fällen, und im Wasserbade abzudampfen. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe Bd. CVIl. p. 294.) 0. K. 266 Geologie. Ludwig, Braunkohlenlager im Tertiär- becken von Teplitz in Böhmen. — Am S-Fusse des Erzgebir- ges treten Kreidegebilde in einem schmalen Bande von Kulm über Mariaschein und Graupen bis Altosseg auf, zuunterst auf den kry- stallinischen Silikatgesteinen und Thonschiefer untrer Quadersand- stein mit 70—80° S-Einfallen, darauf Pläner mit 80—50° S-Neigung. Die Porphyrlager setzen unter dem Becken von Teplitz fort, treten in demselben mehrfach zu Tage und bilden bei Janegg einen flachen Höhenzug, schon in der Kreide bei Schönau Porphyrberge, denen sich pflanzenreiche Quader mit aufgelagertem Pläner anschliessen. Die Tertiärformation ruht überall auf Pläner. Der von Dreihunken und Judendorf am Erzgebirge über Weiskirchlitz nach Teplitz zie- hende Zug von Thonporphyr, Quadersandstein und Pläner schneidet das Tertiärbecken von Aussig-Teplitz an dem von Ullersdorf und Bilin fast vollständig ab. Nur die Thonschichten setzen aus dem ei- nen ins andere über, kein Braunkohlenlager. Die Scheidung erhöht noch ein mächtiger Basaltrücken von Soborten über Probstan bis nach Dreihunken, der vor der Tertiärbildung hervorgetreten. Auch bei Modlan im Teplitz-Aussiger Becken bildet Basalt die Unterlage der Tertiärschichten, der hier mehre Kuppen bildet.. Er trat zu andrer Zeit als der Phonolith hervor. Das Teplitz-Aussiger Becken erfüllen Thonmassen mit Braunkohlenlagern. In den untern an der Elbe lie- genden Theilen wird es von jüngern Basaltmassen durchbrochen. Die Kohlenflötze bilden verschiedene kleinere Mulden. Am Fusse des Erzgebirges liegen übergreifend über die aufgerichteten Schich- ten des Pläners graue tertiäre Thone. Die nahe dabei auftretenden Kohlen sind nicht so mächtig als gegenüber am Fusse des Mittelge- birges, sie haben nur 20—25‘ Stärke bei 30—45° S-Einfallen und be- stehen aus erdiger zerbröckelnder Kohle. Bei Mariaschein !/; Meile tiefer im Becken ergab ein Bohrversuch bei 250‘ Tiefe keine Kohle und da bei der Senseler Windmühle die Kohlen des Mittelgebirges sich herausheben, so ist bei Mariaschein ein Sattel zu vermuthen. Die unterste Schicht über der Teplitz-Aussiger Mulde ist ein weiss- licher oder grauer glimmerhaltiger Letten 4—14’ mächtig, bei Mol- dan ragt derselbe in 20—25’ hohen Rücken in die Kohlen hinein. Die Kohlenflötze bedecken nur einzelne Theile der Mulde. Bei Mol- dan ist ein meilenlanges Flötz aufgeschlossen. Hier im S. heben sich die Kohlen sammt den Letten am Basalt von Moldan und des Wäscherberges heraus, sind schwach und schlecht, liegen auf Basalt mit 5—60 N-Einfallen, weiter heben sie sich gegen N. heraus und fallen südlich ein. Das Kohlenflötz ist 36 — 40° mächtig und schnei- det am Sohlletten scharf ab, die untern 32-38‘ bestehen aus erdiger strukturloser Braunkohle. Ueber dem Rücken des Sohllettens be- finden sich gewöhnlich feinerdige lockere oder russige Kohlen, die sehr der Selbstentzündung unterworfen sind. Die oberste Bank der erdigen Kohle ist sehr fest, pechartig glänzend und unter dem Ham- mer klingend. Darauf ruht eine 2' dicke aus stark verändertem bi- 267 tuminösen Holze bestehende Lage und darüber 6° mulmige Kohle, auf welcher der Dachletten ruht. [Schluss folgt]. — (Darmstädter No- tizblatt Nr. 2, S. 20—24.) F. Senft, die Wanderungen und Wandelungen des kohlensauren Kalkes. — Verf. sammelte seine Beobachtungen am Thüringer Walde und fasst die Resultate derselben in folgende Sätze zusammen. 1. Die Kalktuffablagerungen des NW-Thüringens lagern theils in ehemaligen Wasserbecken von Seen, morastigen Tei- chen oder Torfmooren, theils in kluftigen Thaleinschnitten an den Berggehängen der Trias und können entstanden sein a. durch erdigen Kalkschlamm, welchen die aus den Muschelkalkbergen hervorkommen- den Bäche in jenen Wasserbecken absetzten; b. durch wirklich ge- lösten Kalk sei es kohlensauren, sei es quellsalzsauren, welchen rie- selnde Bäche und Quellen allmählig theils in offenen Felsklüften theils an den Ufern ihres Rinnsaales und sumpfiger Seebecken bei der Verdun- stung des Lösungswassers niederschlugen. aa. Der gelöste kohlensaure Kalk wurde durch Quell- und Rieselwasser geliefert und überzog die von ihm berührten Pflanzenreste entweder mit einer kalkspathigen oder mit einer aragonitischen Krystallrinde. bb. Der quellsalzsaure Kalk aber entstand durch den Einfluss von quellsalzsaurem Ammo- niak, welches sich aus der Fäulniss der auf dem Boden der Gewässer oder Moore befindlichen oder auch der schon von kohlensaurem Kalke inkrustirten Pflanzenreste entwickelte und wurde durch dies eben ge- nannte Humussalz entweder durch die Wiederlösung des schon vor- handenen Kalktuffes in den Ueberzügen der Pflanzenreste oder durch Auslaugung der in den fauligen Pfianzenmassen vorhandenen Kalk- erde gebildet, aber später durch Einfluss von Luft oder Sauerstoff- haltigem Wasser in kohlensauren Kalk umgewandelt. c. Durch Kalk- schlamm und gelösten Kalk zugleich. 2. Die auf die oben angegebene Weise gebildeten Kalktuffmassen erscheinen nun nach ihrer Ablage- rungsweise und ihrem Gefüge verschieden: a. der nur durch Kalk- schlamm gebildete Kalktuff lagert nur in alten Seebecken, ist stets geschichtet und entweder fest und sandig körnig oder lose und er- dig krümlig. Die in ihm vorhandenen Schnecken sind nicht inkru- stirt, sondern nur in ihrem Innern mit erhärtetem Kalkschlamm aus- gefüllt. b. Der nur durch gelösten kohlensauren Kalk gebildete Kalk- tuff lagert in der Regel in engen Buchten oder Schluchten oder am Ufer von Rieselbächen, ist ungeschichtet oder undeutlich geschichtet, fest zuckerkörnig krystallinisch und meist sehr porös, weil sich die einzelnen Krystalle mit ihren Ecken nicht innig berühren können. Schliesst er viele Pflanzenreste ein: so erscheint er auch sehr röhrig, während die Kruste dieser Reste häufig aus 2—3 übereinander lie- genden aragonitischen Schalen bestehen und oft in ihren Höhlen von Aragonitnadeln besetzt erscheinen. Ist diese Abart des Kalktuffes aus incrustirten Moosen und Algen entstanden: so erscheint er in den obern Lagen ganz röhrig und in den untern Lagen aber porös sandig körnig und aus lauter kleinen Bruchstücken von zerdrückten 268 j Kalkröhrchen zusammengesetzt. c. Der nur durch Oxydation von quellsalzsaurer Ammoniak-Kalkerde entstandene Kalktuff bildet in der Regel die Sohle und Zwischenlagen in Torfmooren und ist in ganz frischem Zustande kleisterähnlich, im trocknen aber mürbe oder lose und erdig- oder sandigkörnig. d. Ausser diesen drei reinen Kalktuffarten gibt es aber auch noch zwei gemischte, nämlich ei- nen ursprünglich aus Kalkschlamm gebildeten, geschichteten, seiner Hauptmasse nach zellig porösen und sandigkörnigen Kalktuff, dessen Röhren, Zellen und Ritzen mehr minder ausgefüllt sind von einer krysallinischen Kalkspathmasse oder dessen einzelne Körner gewisser- massen von einem kalkspäthigen Bindemittel umschlossen erscheinen. Er findet sich in alten Seebecken oft in Wechsellagerung mit dem rein sandigkörnigen Tuff und ist jedenfalls dadurch entstanden, dass Kalk- lösung seine schon abgelagerte Masse durchdrang. bb. Einen ur- sprünglich aus wahrer Kalklösung gebildeten ungeschichteten Tuff, dessen Masse aus incrustirten Moosen und Algen entstanden und später durch quellsalzsaures Ammoniak, welches sich aus der Zer- setzung dieser ebengenannten Pfianzen erzeugte, angeätzt und z. Th. in sandig- oder erdigkörnigen Tuff umgewandelt worden ist. Er er- scheint als ein Gemenge von abgerundeten Kalkspathkörnern und kleinen krystallinischen Röhrentrümmern, die durch ein krümelig- oder sandigerdiges Kalkbindemittel unter einander verkittet sind und fin- det sich meist in den untersten Lagen von röhrig krystallinischem Quellentuff, jedoch bildet er oft auch die untersten Lagen von Mo- rasttuff in ehemaligen Sumpfteichen. Wegen des Details derin mehr- facher Hinsicht interessanten Beobachtungen müssen wir auf das Ori- ginal verweisen. — (Geolog. Zeitschrift 1861. XIII. 263—346.) Schuppli, Geologisches aus dem obern Thurgau. — In der Umgegend von Bischofszell treten als unterste Bildung fast horizontale Sandstein- und Mergelschichten auf. Horizontale Nagel- fluelager begleiten stückweise die Thur und Sitter bis zu ihrer Ver- einigung; wie aber die Thur den Lettenberg durchbrechend in das weite Thurthal tritt, verlässt sie auch das felsige Bett der Nagelflue- schichten. Diese sondern sich in zwei Abtheilungen, eine obere, welche die Höhen der Hügel bildet und eine untere, welche mit dem Molas- sensandstein wechsellagert und von der Thur und Sitter bespült wird. Erstere tritt besonders mächtig am Lettenberg auf, wo sie von der östlichen Grenze her bei Zihlschlacht beinah eine Viertelstunde lang den Rücken derselben bildet. Gegen N. flacht sie sich unter sehr kleinem Winkel ab und trägt schönen Tannenwald, gegen S. bildet sie eine 100° hohe steile Felswand mit mehren Höhlen. Ihre Gerölle sind von sehr verschiedener Grösse und rundlich, grossentheils Quarz-, Feldspath- und Glimmergestein, auch Gerölle südlicher Abstammung fehlen nicht als gelblichweisse und grauschwarze Kalkarten von weis- sen Kalkspathadern durchzogen verkittet durch einen sehr grobkör- nigen gelben Sandstein. Das ganze Gestein ist sehr hart. Nicht sel- ten sind Gerölle, die schon gebrochen in der Masse liegen. Diese Er- 269 scheinung erhält ein besonderes Interesse im Zusammenhange mit den sehr häufigen Eindrücken, welche die Gerölle von einander erlitten haben. Sehr oft sitzt die convexe Oberfläche eines Rollsteines in ei- ner ganz entsprechenden concaven Aushöhlung eines andern. Die Menge der gebrochenen Gerölle in der Nagelfluh deutet auf mechani- schen Druck, dem neben andern Ursachen die Eindrücke zuzuschrei- ben sind, die untere Nagelflue, welche die Molasse und obere Nagel- flueschichten unterteuft, besteht aus viel kleineren Geröllen und scheint weniger hart zu sein. Das Cäment nimmt einen grössern Raum ein und scheidet sich oft in dünnen Sandschichten oder in runden Nestern von 2—6’ Durchmesser aus. Der Molassensandstein liegt noch inner- halb der Grenze der jüngeren Formation und bildet an mehren Or- ten Schichten, die zu Bausteinen dienen. Er ist gewöhnlich feinkör- nig, graubläulich oder gelblich und besteht aus eckigen Quarzkör- nern mit silberweissen Glimmerblättchen. Sehr interessant ist der in ihr eingelagerte Kalkmergel oder Leberkalk, der am mächtigsten bei Heidelberg auftritt. Er ist röthlich mit viel weissgrauen Flecken, in seinen unteren Schichten so hart, dass er mit Pulver gesprengt wird, in den obern dagegen bröckelt er in scharfkantige Bruchstücke, zeigt unter der Loupe viele runde Zellen, leere und mit schwarzer Kohle erfüllte. Nach oben geht er in Sandmergel und Sandstein über mit vielen Versteinerungen. Früher wurde er zu Mörtel verwendet und besteht aus 64 kohlensaurem Kalk, 20 Kieselerde, 16 Thonerde. In der Gegend treten auch viele Kalktufflager auf, deren einige sich noch fortbilden. Das Wasser ist allgemein sehr kalkhaltig und setzt in Gräben und Wasserleitungen schnell eine harte Kalkkruste ab. Die Diluvialmassen, zumal Lehm und Sand sind sehr mächtig. Wenn der auf einer Lehmschicht ruhende Sand von Luft und Wasser abgeschlos- sen ist, gleicht er einem weichen Sandstein, der aber durch Wasser in einen beweglichen Schlamm verwandelt wird. Bischofszell steht auf solcher Sandschicht, welche die Terrasse des Bischofsberges zwischen der Thur und Sitter bildet. Die Schicht ist sehr quellenreich. Die Ackerkrume ist ein schwerer Thonboden reich an kohlensaurem Kalk. Auf den Ebenen dehnen sich weite Torflager aus, deren Unterlage ein weisslich bläulicher Letten ist auch Kalkmergel. Die Thalsohle des vereinigten Thur- und Sitterthales liegt 1550‘ hoch, Bischofszell selbst 1672‘ über den Meere, oder höchster Punkt des Bischofsberges 2016‘, die Eisenbahnstation Sulgen als tiefster Punkt 1504. Die Gegend ist sehr wasserreich und deshalb auch von einer üppigen Vegetation bedeckt, zumalschöner Waldkultur. — (St. Galischer Ber.1861 8.4652). Geinitz, die Silurformation bei Wilsdruff und der Orthit im Syenit des Elbthales. — Die Auffindung der.Grap- tolithen in dem Kieselschiefer zwischen Leinbach, Lotzen und Lam- persdorf westlich von Wilsdruff verweist diese Schiefer an die obere Grenze der untern Silurformation. Es hatten diese von Naumann schon sehr. genau beschriebenen Schiefer bisher noch als Urschiefer gegolten zumal da eigentliche Urthonschiefer und metamorphosirte 270 Thonschiefer z. Th. mit deutlichem Chiastolith wie namentlich auf der Höhe bei Buchardswalde in der Gegend zwischen Wilsdruff und Nossen sehr verbreitet sind. Die besonders auf der Lampersdorfer Höhe vielfach beobachteten Graptolithen sind Monograpsus triangu- latus, priodon, Becki und nuntius. Die Kieselschiefer schliessen sich somit eng an die an Graptolithen reichen Kiesel- und Alaunschiefer von Langenstriegis bei Frankenburg, Oberkamsdorf bei Zwickau so- wie bei Ronneburg, Oelsnitz, Heinrichsruhe, bei Schleitz u. a. ©. des Voigtlandes an, wo sie überall denselben geologischen Horizont be- haupten wie in Böhmen, — Auch das Vorkommen des Orthits in dem Syenit bei Seligstadt und Lampersdorf ebenso wie das im Syenit des Triebischthales zwischen Garsebach und Robschütz SW von Meissen stimmt sehr mit dem im Syenite des Plauenschen Grundes bei Dres- den und ist auch am rechten Elbufer zwischen Dresden und Moritz- burg wie bei Berbisdorf nachgewiesen worden. — (Denkschriften der Isis in Dresden 1860. 8. 67—68.) Derselbe vereinigt die Zechsteinformation und das Rothliegende unter dem Namen Dyas, verweist aber die von Murchison zu dieser Gruppe gezogene untere Partie des bunten Sandsteines zur Trias, da zwischen den obersten Schichten des Zech- steines und den daran gränzenden tiefsten Schichten des bunten Sand- steines oder den bunten Letten sehr häufig eine ungleichförmige La- gerung wahrgenommen wird. Hierdurch weicht also die Dyas we- sentlich ab von dem Permien. Die Zechsteinformation ist eine Mee- resbildung, das Rothliegende hat einen vorherrschend limnischen Charakter. Die obere Abtheilung des Rothliegenden ist während der Bildung der untern Gruppe des Zechsteins entstanden. Die Gliede- rung der Dyas ist folgende: A. Zechsteinformation. a. Oberer Zechstein (Upper Magnesian Limestone). 1. Plattendolomit (dolomitischer Kalkschiefer, Stinkkalk, Stinkstein. Upper yellow limestone, Conglobated limestone in N-England; rothe und bunte Dolomit führende Mergel oder Letten in NW- England). b. Mittler Zechstein (Middle Magnesian Limestone). 2. Rauhwacke oder Dolomit (Rauhkalk, Riffzechstein, z. Th. Breceie und Asche, vertreten durch Gyps, Anhydrit, Salzthon und Stein- salz oder Eisenstein. Concretionary- und Shelllimestone oder Crystalline und Fossiliferous limestone in England). c. Untrer Zechstein (lower Magnesian Limestone). 3. Zechstein, nach unten in das Dachflötz und in bituminösen Mer- gelschiefer übergehend (Compact Limestone). 4. Kupferschiefer bituminöser Mergelschiefer, Marl slate). 5. Weissliegendes (Grauliegendes, Ulmanniasandstein, vertreten durch Kupferletten in Hessen, das Mutterflötz oder Sanderz in Thüringen und durch einen ältern Dolomit bei Gera). 271 B. ARothliegendes, theilweise die limnische und eruptive Parallelformation des ma- ° rinen Zechsteingebirges. B. a. Oberes Rothliegendes in NW-England mit dem oberen Zechstein wechsellagernd, in Deutschland vom obern Zechstein überlagert, in der Gegend von Hänichen bei Dresden noch überlagert durch den Porphyr von Hänichen. B. b. Unteres Rothliegendes mit rothen und bunten Schieferletten und Sandsteinen, schwa- chen Kalk- und Kohlenflötzen, Brandschiefer u. s. w., mit Ein- lagerungen verschiedener Eruptivgesteine, namentlich Felsit- porphyr und Pechstein, Melaphyr oder Basaltit mit seinen grün- lichen und bräunlichen Mandelsteinen an seiner Basis begin- nend mit der Region des grauen Conglomerates. Die Dyas schliesst sich geologisch und paläontologisch an die ältern Formationen eng an und bildet den Schluss der paläozoischen Periode. Verf. beschreibt in seiner grossen Monographie über diese Formation 9 Saurier, 41 Fische, 28 Crustaceen, 3 Annulaten, 3 Cephalopoden, 3 Pteropoden, 27 Gasteropoden, 39 Conchiferen, 39 Brachiopoden, 3 Radiaten, 12 Corallen, 12 Foraminiferen, 7 Schwämme, zusammen 218 Arten. — (Sitzungsberichte der Dresdener Isis 1861. 8. 63—65.) R. Ludwig, Geogenische und geognostische Studien auf einer Reise durch Russland und den Ural. Mit 3 Holz- schnitten und I5 Tafeln. Darmstadt 1862 bei G. Jonghaus. 80%. — L. reiste 1560 nach dem Gvt Perm und dem Ural behufs geologisch bergmännischer Untersuchungen und gibt zuvörderst eine allgemeine Uebersicht derselben betreffend die in Russland auftretenden Formatio- nen. Der zweite Abschnitt behandelt die Holzanschwemmungen und Torfmoore an der Wolga, Kama und im Ural als Beitrag zur Ent- wicklungsgeschichte der Kohlenflötze. Hiebei beleuchtet er folgende Sätze über die Entstehung von Braun- und Steinkohlenlagern in allen Formationen: 1. Alle bauwürdigen Stein- und Braunkohlenlager sind auf dem Festlande in gemässigtem oder kaltem Klima an dem Orte, an welchem wir sie finden in Mooren gewachsen, keines ist im Meere und keines durch“"Anschwemmung von Holz oder Torfsubstanz gebil- det worden. 2. Alle Torf-, Braun- oder Steinkohlenschichten sind sehr allmählig aus kleinen, im Feuchten und langsam wachsenden Pflanzen entstanden, keines ist Produkt eines gewaltthätigen Ereignisses, einer Fluth oder Erdrevolution; vulkanische Ereignisse haben keinen An- theil an der Kohlenstoffansammlung. 3. Nur die Torflager, welche mit Erde bedeckt wurden, können sich zu Stein- und Braunkohlen- flötzen umändern, die welche unbedeckt an der Oberfläche verblei- ben verwesen, sobald sie trocken gelegt wurden und bilden einen humusreichen Boden. 4. Die mit den Kohlenflötzen vorkommenden Erzlager ebenfalls Sumpfbildungen entstanden aus der Einwirkung der Moose und anderer Pflanzen auf Metallsalze enthaltende Flüssig- "272 keiten. 5. Die Anordnung der Kohlenflötze in grössern und kleinern Mulden ist bedingt durch ihre Entstehung aus Torf, welcher in Mo- rästen wuchs; später eingetretene Lagerungsstörungen haben diese Mulden tiefer eingebogen, geknickt und gefaltet, zerrissen. Der dritte Abschnitt behandelt die Eisenstein- und Kupfererzbildung im Ural in andern Gegenden Europas als Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Erzlager, der vierte endlich die Steinkohlenformation am Ural. Aus beiden Abschnitten werden wir soweit der Raum es gestattet, in den nächsten Heften noch Einzelnes mittheilen. G. Sandberger, kurzer Abriss der allgemeinen Geo- logie. Ein übersichtlicher Leitfaden für Schüler und Freunde der Wissenschaft nebst einer Einleitung über die Bedeutung der geolo- gisehen Wissenschaft. Zweite umgearbeitete vermehrte Auflage. Mit 5 Tafeln und einer geologischen Karte von Mitteleuropa. — Um das zeitraubende und lästige Diktiren bei dem Schulunterrichte zu ver- meiden, liess Verf. diesen sehr kurzen Abriss drucken. Derselbe ist ganz zweckmässig eingerichtet und den Schülern besonders zu em- pfehlen. Da er nur das Allgemeinste bringt: so wird jeder Lehrer je nach seinem Bedürfnisse die ausführlichern Vorträge leicht gehö- rigen Orts anschliessen und der Schüler das weitere Material nach- tragen können. @l. Oryctognosie. F. Pisani, Zusammensetzung des Gedrits und dessen Spinellgehalt. — Verf. analysirte dieses von Dufrenoy zu Gedr& im Dept. der Hochpyrenäen aufgefundene Mineral und fand bei zwei Stücken die Resultate sehr abweichend von den frühern, aber in beiden einen Gehalt von 0,08 und 0,11 Spi- nell. Die Analyse ergab A. B. Kieselerde 42,86 43,58 Alaunerde 16,52 17,07 Eisenprotoxyd 18,82 15,96 Talkerde 15,51 18,30 Kalkerde 1,90 0,75 Wasser 4,50 3,92 100,11 ; 99,58 Nach Descloiseaux hat der Gedrit die optischen Eigenschaften des Anthophyllits und wäre als ein Alaunerde-Anthophyllit zu betrachten. — (LInstitut 1861. 190.) Damour, metallisches Zinn und Platin in den gold- führenden Lagerstätten Guianas. — Man fand an den Ufern des Appronague Goldplättchen bis zu 100 und 120 Grammen Gewicht, mit 0,94—0,96 reinem Goldgehalt und darunter einzelne hellgelbe mit nur 0,88—0,90 Gold und 0,10—012 Silber nebst Spuren von Kupfer. Während die meisten dieser Plättchen durch Fortrollen abgerundet sind, enthalten sie doch oft noch die scharfkantigen Eindrücke damit verbunden gewesener Eisenkieskrystalle, die wohl erst allmählig ver- schwunden sind, nachdem diese Metalle an die Oberfläche gelangten. Ein 85 Centigramme wiegendes Plättchen von Aicoupai von silber- 273 weisser Farbe und 13,65 Gewicht unter dem Hammer sehr dehnbar bestand aus 0,420 Platin, 0,182 Gold, 0,184 Silber, 0,206 Kupfer, de- ren Verbindung mit einander bis jetzt noch nicht nachgewiesen war; doch lösten sich Kupfer und Silber leicht in heisser Salpetersäure auf und hinterliessen eine braune schwammige Goldmasse mit weissen Plättehen und Körnchen von Platin. Wahrscheinlich ist diese Stufe nicht durch Zusammenschmelzen, sondern in der Kälte durch galva- nische Reduktion entstanden unter Verhältnissen wie am Lake su- perior sie vorgekommen ist. — (Comptes rendus 1861. LII. 688—690). St. Claire Deville, künstliche Zinnoxyd- und Rutil- krystalle. — Die schönsten Zinnoxyd- oder Cassiteritkrystalle bil- den sich ganz leicht auf die früher angegebene Weise der Reaction eines Stromes von hydrochlorsaurem Gas auf amorphes Zinnoxyd, nämlich in Form eines quadratischen Octaöders, dessen Flächenwinkel von 135° zu den Seitenflächen eines quadratischen Prismas haben. Sie bestehen aus 78,7 Zinn und 21,3 Sauerstoff. Auch die Zersetzung des Zinnchlorürs durch Wasser in eigenthümlichen leicht herzustellen- Vorrichtungen liefert sehr viele und schöne Zinnoxydkrystalle den vorigen ähnlich. Auch kleine Titanoxyd- oder Rutilkrystalle lassen sich darstellen durch Einwirkung desselben Gases auf amorphe Titan- säure, obwohl die Erklärung dieses Processes schwierig ist. Ferner wenn man Titansäure mit Zinnprotoxyd mengt: so erhält man in der Rothglühhitze ein Titanat, das durch Kieselerde sehr leicht in ein Silikat und krystallisirte Titansäure zerlegt werden kann, deren Kry- stalle sehr rein und farblos sind, wenn es die verwendeten Substan- zen waren, die aber die Farbe des Rutils annehmen, wenn man dem zuschmelzenden Gemenge etwas Mangan- und Eisenoxyd zusetzt, welche ja auch die Rutilkrystalle in der Natur zu begleiten pflegen. Bei der Zersetzung des Zinnprotoxydtitanats in einem irdenen Tiegel in der Rothglühhitze genügt schon die Kieselerde des Tiegels selbst zur Trennung der Titansäuura und zur Erzeugung des Rutils. Fügt man noch etwas Quarzsand bei: so erhält man eine an Zinn sehr reiche Gangart, welcher Rutilkrystalle von 5—6mm Länge eingemengt sind, deren Enden vor dem Löthrohre auf zinnfreie Titansäure rea- giren, deren Basen aber stets mit Zinn imprägnirt sind, daher die Analyse im Ganzen ergibt Titansäure 85,7, Zinnsäure 13,8. Ihre Form ist die natürliche, achtseitige Prismen mit Winkeln von 135°, welche die quadratische Säule characterisiren. D. nimmt an, dass der Eisen- glanz, der Periklas und der Martit, wie er sie mit allen ihren Kry- stallflächen dargestellt hat, inmitten eruptiver Vorgänge durch salz- saure Ausströmungen entstehen, dergleichen man in einigen vulkani- schen Schloten nachgewiesen, wie man sie denn in der That oft auch mit Chlorüren und selbst zerfliessenden Chlorüren imprägnirt findet, in dessen Folge sie sich in den Sammlungen gern zersetzen. Anders freilich verhält es sich mit dem Zinnoxyd und zumal mit dem Rutil, denn als D. sie nach den Beimengungen prüfte, die über ihre Ent- stehungsweise Auskunft zu geben vermöchten, fand er in Rutilen ver- 274 schiedenen Ursprungs immer nur Vanadium und zwar mitunter’ in ansehnlicher Menge, so dass der Rutil von St. Yrieix z. B. einer der reichsten davon ist. Vanadium ist aber bis jetzt nur in Mineralien wässerigen Ursprunges gefunden worden. — (Comptes rendus LIIL. 161—164.) Derselbe, Bildung von Eisenoxydul-, Martit-, Peri- klas- und Manganprotoxydkrystallen. — Durch die Wirkung der Ströme salzsauren Gases erhält man Eisenoxydul. Wird dieses einen langsamen Strome jenes Gases ausgesetzt: so bildet sieh Eisen- protochlorür und Eisenoxydul und zwar ohne Wasserdampfentwicklung. Das in der Platinschüssel zurückgebliebene Eisenoxydul erscheint in Form kleiner Oktaöder aus 71,7 Eisen und 28,3 Sauerstoff. — Martit oder Magnoferrit. Mengt man derbe Talkerde stark caleinirt und Eisensesquioxyd beide in kleinen Körnern in einem Schiffchen durcheinander, durch welches dann der Gasstrom geleitet wird: so erhält man einen durch etwas Eisensesquioxyd leicht gefärbten Periklas und dann schwarze glänzende Krystallchen in regelmässiger Okta&- derform mit Winkeln von 109°, deren Kanten durch Rhombendode- kaöderflächen modifieirt sind wie beim Spinell und bestehend aus 79,0 Eisensesquioxyd und 20,8 Magnesia. Nun kommt am Vesuv und Mont Dore ein Mineral vor, das nach Rammelsberg besteht aus jun- ger Lava 84,2, Eisensesquioxyd und 160 Magnesia, aus alter Lava . 84,35 und 15,65, daher scheint es, das künstliche Produkt stelle den reinen Magnoferrit vor, während Rammelsberg in dem von ihm ana- lysirten Mineral die Möglichkeit einer Beimengung von Eisenglimmer vorgesehen hat, welche sich demnach bestättigte. Auch scheint es, dass der Martit oder das oktaödrische Eisensesquioxyd aus Brasilien nur eine Epigenie und dass die allein feststehende Krystallform die- ses Oxyds das Rhomboeder von 86010’ ist. — Periklas. Geht der Gasstrom langsam durch caleinirte Magnesia: so entstehen kleine farblose oder grünliche oder gelbliche Periklaskrystalle in unregel- mässigen Oktaödern, welche bei Anwendung höherer Temperatur an- sehnlich gross werden können und aus 98,4 Magnesia mit 1,8 Eisen- sesquioxyd bestehen. Auch Chlormagnesiumdämpfe zerlegen sich bei Einwirkung von Wasserdampf und geben gleichfalls durchsichtige Oktaöder. — Hausmannit. Rothes Manganoxyd krystallisirt sehr leicht in demselben Gasstrom in Quadratoctaödern von 109028’ und in Cub- octaädern mit Smaragdfarbe und Diamantglanz, wenn irgend ein Man- ganoxyd durch Wasserstoff reducirt wird, und in dem rothglühenden Apparat nebst etwas Wasserstoff einige Blasen von salzsaurem Gase nach langen Pausen eintreten, welches lediglich durch seine Anwesen- heit wirkt. Die Zusammensetzung ergibt 66,8 Mangan und 23,2 Sauer- stoff. — (Ibidem 199—202.) @. Palaeontologie. M. Hoernes, die fossilen Mollus- ken des Tertiärbeckens von Wien. II. Bd. No. 3.4. Bivalven. Mit 20 lithogr. Tafeln. Abhandlungen der kk. geologischen Reichs- anstalt in Wien IV. 3.4. — Diese neue Doppellieferung des aner- 275 kannt; geschätzten. und sehr wichtigen Werkes behandelt in der frühern gründlichen Weise folgende zugleich abgebildete Arten: Cytherea Lamarcki Ag | Card. Michelottianum Venus umbonaria L Dujardini Hoern islandicoides Lmk Aglaurae Brg celathrata Duj praecursor Mayer cineta Eichw fascieulata Reuss burdigalensis Mayer multilamella Lmk plicata Gm Haidingeri Hoern vindobonensis Mayer Basteroti Desh scalaris Bronn marginata Hoern ovata Penn Dosinia orbicularis Ag exoleta L eineta Pult Adansoni Phil Grateloupiairregularis Bast Cytherea Pedemontana erycina L Raulini Hoern Circe eximia Hoern minima Mt Pisidium priscumEıchw Isocardia cor L subtranversa d’O Peecchiolia argentea Mr Cypricardiatranssylva- nica Hoern CardiumKübecki Hauer discrepans Bast pectinatum L eingulatum Gf fragile Brocch multicostatum Broch moeschanum Mayer hians Brocch Hoernesanum Grt burdigalinum Lk edule L turonicum Mayer Mayer hirsutum Br papillosum Poli Schmidti Hoern hungaricum Hoern Riegeli Hoern Majeri Hoern planum Desh semisulcatum Reuss Haueri Hoern arpadense Hoern Petersi Hoern edentulum Desh apertum Mstr plicatum Eichw carnuntinum Partsch obsoletum Eichw conjungens Partsch Chama gryphoides L gryphina Lk austriaca Hoern. F.E. Koch, Beiträge zur Kenntniss dernorddeutschen Tertiärconchylien (Ringicula und Aporrhais). — Von Rin- gicula beschreibt Beyrich nur 2 norddeutsche Arten und bildet de- ren Spindelfalten nicht ganz genau ab, nämlich R. striata Phil aus dem Sternberger Gestein und R. auriculata Men von Reinbeck und Bocup. Dazu fügt Verf. noch R. Grateloupi d’Orb aus dem Stern- berger Gestein und von Wismar ganz der aus den Faluns von Leog- nan gleich und R. Semperi n. sp. aus dem Septarienthon von Mallis. — Bei Aporrhais zieht Beyrich unter A. speciosa Schloth, Formen zusammen die Verf. aus einander hält und schliesst sich Boll an, der 4 Arten darauf trennt. Verf. lässt jedoch die ersten 3 als Subspe- cies gelten und hält nur A. tenuis streng aufrecht, von welcher Bey- rich ungenügende Exemplare hatte. Verf. beschreibt dieselben, näm- lich A. speciosa Schl var. Margerini Kon, var. bicarinata Boll, welche Boll als gute Art aufrecht erhält, var. megapolitana Beyr und A. ten- uis Boll. — (Meklenburger Archiv 1861. XV. 197—215.) Semper gibt Beiträge zur Kenntniss der Tertiärfor- mation und zwar 1. über die Conchylien von Lieth bei Elms- horn. Dieselben sind Conus antediluvianus Brug, Mitra Borsoni Bell, Nassa dicipiens n. sp., vielleicht Varietät von N. syltensis Beyr, N. 276 prismatica Brocch, Cassis saburon Brug, Cassidaria echinophora L, Aporrhais alata Eichw, Murex spinicosta Bronn, Fusus eximius Beyr, F. Meyni n. sp., F. semiglaber Beyr, distinctus Beyr, gregarius Phil, abruptus Beyr, crispus Bors, attenuatus Phil, Turbinella labellum Bon, Cancellaria subangulosa Wood, Pleurotoma intorta Brocch, cataphracta Brocch, turricula Brocch, obeliscus Desmoul, rotata Brocch, Zimmer- manni Phil, testiva Doderl, nov. spec., obtusangula Brocch, Lunatia sordida Swains, Turritella subangulata Brocch, tricarinata Brocch, marginalis Brocch, eine Mörchia, Dentalium badense Partsch, muta- bile Desh, Venus subeincta d’Orb, Isocardia Olearii n. sp. (= J. Forch- hammeri Beck), Astarte anus Phil, vetula Phil, Steinvorthi n. sp., 2 unbestimmbare Arten, Cardita scalaris Swb, orbicularis Swb, Nucula georgiana n. sp., Limopsis aurita Brocch, und einige unbestimmte Arten. — 2. Notiz über das Alter und die paläontologische Verwandschaft der Fauna des Glimmerthones. Diese La- ger des untern Elbgebietes versetzte Mayer in die Stufe von Tortona. Nach Beyrich ist die Fauna älter als diejenige des Coralline Crag, der zur Stufe von Piacenza gehört, welche wieder unmittelbar auf die ältere tortonische Stufe folgt, also ist in N-Deutschland der Glim- merthon das Aequivalent der Formation von Tortona. Aber keine ein- zige paläontologische Thatsache unterstützt diese Annahme, beide führen durchaus verschiedene Arten. Der Glimmerthon ist vielmehr am nächsten verwandt den tiefern Schichtern des Crag. — 3. Notiz über die Gattung Cancellaria. Crosse zählt in seiner Monogra- phie dieser Gattung im Journ. de Conchyliol. 93 lebende Arten auf, die mit Ausnahme -von 4 arctischen alle tropisch und subtropisch sind. Dann zählt derselbe die fossilen gruppenweise auf, nämlich Trigonostome wie C, trochlearis, spinifera, canaliculata, sulcata, cassi- dea etc, Purpuriforme als C. contorta, Bellardii, doliolaris etc., Mitri- forme wie C. crenulata, elegans etc., in allem 81 Arten. S. ist mit diesem Verzeichnisss der fossilen nicht zufrieden, weil viele Arten darin fehlen und die aufgeführten nicht kritisch gesichtet sind. Von den 25 Arten N-Deutschland fehlen darin 13, welche S. aufzählt*), fügt dann noch neun Arten von Hörnes, Sowerby u. A. ergänzend hinzu und hebt die Zahl der fossilen damit auf 102 nebst einer frag- *) Hier werden auch C. Thuringiae und C. similis von Schraplau und Biere angeführt und verwahrt sich Verf. gegen jede Verantwort- lichkeit für diese Arten, da die paläontologischen Arbeiten des Unter- zeichneten ihm von jeher nichts als grosses Misstrauen eingeflöst haben. — Wer hat denn die hochwichtige Autorität eines Semper schon für Andrer Beobachtungen verantwortlich gemacht, dass derselbe ein ein- faches Citat mit einer so plump arroganten Verwahrung begleiten muss! Er hat meine die verwandtschaftlichen Beziehungen beider Ar- ten deutlich angebende Begründung der Arten vor sich gehabt, die- selben sind ihm aber vollkommen unbekannt geblieben, natürlich weil er meine Angaben gar nicht gelesen hat. Giebel. 32T: lichen aus der Kreide. Er beleuchtet dann die Zahlenverhältnisse für die verschiedenen Tertiärabtheilungen und geht zu speciellen Bemer- kungen der einzelnen Arten über. C. Sowerbyi Bell (= mitraeformis Swb). Die von 'Crosse unter 12. C. Brocchii und 28. C.hirta Brocch aufgeführten Arten sind identisch, denn Bronn und Bellardi- haben sie schon vereinigt. Auch €. calcarata Brocch und subhirta d’Orb scheinen identisch zu sein. €. spinulosa Brocch und lyrata Brocch verbinden Michelotti und Hoernes mit einander. C. minuta Nyst, Nysti Hoern, subangulosa Wood identifieirt Beyrich. — 4. Catalog einer Sammlung Petrefakten des Sternberger Gesteines beruht auf einer Sammlung von Koch und ist bestimmt den bezüg- lichen Arbeiten von Philippi und Karsten eine sichere Grundlage zu geben. Karstens Creseis Vaginella und Daudini gehören unter Va- ginella depressa Daud. Verf. beschreibt Vaginella tenuistriata, de- pressa Daud (= lanceolata Bell, Cleodora strangulata Münst, V. Mün- steri Bronn) und geht dann zu den Gasteropoden über: Conus spec., Ancillaria Karsteni Beyr, Ringicula striata Phil, Grateloupi d’Orb, Voluta Siemsseni Boll, subgranulata Schl, Mitra semimarginata Beyr, semisculpta Beyr, hastata Karst, Philippii Beyr, Terebra Beyrichi (= T. plicatula Beyr), cineta Schl, Buccinum Bolli Beyr, Nassa Schlot- heimi Beyr, pygmaea Schl, Cassis megapolitana Beyr, Aporrhais spe- ciosa Schl, tenuis Boll, Tritonium flandricum Kon, Murex capito Phil, Tiphys cuniculosus Dech, Schlotheimi Beyr, sejunetus (= tubifer Karst, fistelatus Boll), elegantulus Phil, Waeli Nyst, elongatus Nyst, Can- cellaria evulsa Sol, pusilla Phil, granulata Nyst, Turritella, Vermetus, Adeorbis carinatus (= Delphinula carinata Phil), Xenophora Lyd- lana Bosq (= Trochus crispus Karst), Sigaretus clathratus Recl (=S. canaliculatus Bast, haliotoideus Gratel, subcanaliculatus d’Orb, cana- lieulatus Karst), Natica conomphalus Sdb (= glaucinoides Karst, ca- stanea Boll), micromphalus Sdb (= hemiclausa Karst), N. dilatata Phil (= sordida Kart), Actaeon punctatosulcatus Phil (= Tornatella tornatilis Karst, Act. striatus Boll), Bulla lineata Phil, terebelloides Phil, Voluta striata (= Bullina striata Boll, Bulla apieina Phil), Dentalium sp., D. KickxiNyst (= striatum Boll, elephantinum Karst); Corbula subpisum d’Orb (— rotundata Gf, nucleus Phil), Neaera sub- cuspidata d’Orb (= cuspidata Phil Gf), Mactra trinacria (— trian- gula Gf), Syndosmya Bosqueti Semp (= Ligula donaciformis Nyst), Tellina Nysti Desh (= tumida Phil, elliptica Karst), Cytherea Bey- richi (= suberycinoides Gf, erycina Karst), Cardium cingulatum Gf (= turgidum Mstr, multicostatus Phil, hilanum Phil), tenuisulcatum Nyst (striatulum Phil), Kochi Semp (papillosum Gf£, Phil, Karst, Boll), Axinus unicarinatus Nyst, Lucina gracilis Nyst (— uncinata Karst, circinata Boll, radula Boll), Cardita sp. (= scalaris Boll, orbicularis Boll), Astarte Kickxi Nyst, Nucula peregrina Desh (= laevigata Gf), Lyellana Bosq (= sulcata Phil), N. sp. (= fragilis Karst), compta Gf (= sulcata Boll), praemissa (= margaritacea Gf Phil), Leda glaber- rima Mstr (= laevigata Boll), pygmaea Mstr, gracilis Desh (= Nu- XIX, 1862. 19 278 eula minuta Phil, rostrata Boll, striata Karst), Limopsis Goldfussi Nyst, (= Pectunculus minutus Gf, auritus Boll) *), Limopsis retifera Semp (= Pectunculus minutus Phil, Trigonocoelia decussata Boll), Pectunculus Philippii Desh (= P. pulvinatus autor), Arca pretiosa Desh (= quadrilatera Gf, barbatula Karst), A. gemina Semp (= di- dyma Gf£ Phil), A. Speyeri Semp (= diluvii aut), P. decussatus Mstr (= plebejus Mstr, textus Phil). — 5. Ueber Woodia Deshayesana n. sp. Es begreift diese von Deshayes 1858 begründete Gattung 1: gestreifte Arten: W. digitaria (= Tellina digitaria L, Lucina digi- talis Lk, Lueina curviradiata Nyst) lebend im Mittelmeer, fossil im Crag, W. excurrens (= Astarte excurrens Wood) im Crag, W. burdi- galensis Desh miocän im Becken der Gironde, W.plicatella (= Astarte plicatella Bosq) unteroligocän bei Lethen, und 2. glatte Arten: W. crenulata Desh eocän im Grobkalk, W. marginalis Desh eocän, W. profunda Desh eocän, W. Deshayesana n. sp. bei Westeregeln, 3. un- gleichseitige, aussen gestreifte oder gerippte Arten: W. lamellosa Sdb unteroligocän im Mainzer Becken. Die neue Art von Westeregeln erhält folgende Diagnose: testa minuta, glabra, fragilis, orbiculato- trigona, globosa, subaequilateralis, antice declivis, postice gibbosoin- flata; umbonibus parvis, antice conniventibus, marginibus acutis, utro- que latere obligque crenulatis, crenulis posticalibus et anticis elonga- tis, angustis, medianis minoribus, cardine crassiusculo, dentibus duo- bus in valvula sinistra inaequalibus, antico crasso, breviori, transver- sali, nach 2 linken Klappen. — 6. Ueber einige Eulimaceen und Pyramidellaceen der Tertiärformation N-Deutschlands. Niso minor Phil (= terebellata Karst, terebellum Phil) oberoligoeän im Stern- berger Gestein, Eulima von Adams 1856 in Eulima und Leiostraca ‘aufgelöst: 1. ächte Eulima; Mathildae Semp im Glimmerthon auf Sylt, Eichwaldi Hoern obermiocän bei Reinbeck und 2. Leiostraca: spec. ein Bruchstück von Latdorf unbeschreibbar, Eu. Hebe Semp im Sep- tarienthon von Mollis und im Sternberger Gestein, Eu. subula d’Orb bei Cassel und im Sternberger Gestein, Eulima subulata Donov miocän bei Reinbeck, Eu. Kochi Semp im Sternberger Gestein, sp.ind. ebda. Aus der Familie der Pyramidellaceen: Odontostoma aglaja Semp von Latdorf: regelmässig kegelförmig, Umgänge eben deutlich abgesetzt, *) Verf. begründet sein oben angeführtes Misstrauen 'gegen alle meine paläontologischen Arbeiten, indem er hier meine Ringicula substriata (cf. Bd. XVII, S.32) gewaltsam herbeizieht mit der Behaup- tung, ich habe den scharfen ausgebildeten Mundrand einer Actaeon- art für den weggebrochenen verdickten Mundrand einer Ringicula' an- gesehen. Diesem mehr als Dreistigkeit bekundenden Machtspruche des Semperschen Scharfsinnes gegenüber muss ich es wirklich be- dauern, dass es mir unmöglich ist, den stumpfen zackigen Bruchrand der Mündung an beiden Exemplaren meiner Ringicula substriata mit- telst der Feile in einen scharfen ausgebildeten Actacon-Mundrand zu verwandeln. Giebel. 279 A mit Querfurchen bedeckt, Mündung verhältnissmässig weit geöffnet, fast kalbkreisförmig, rechter Mundrand innen glatt, der linke mit einem schwachen horizontalen Zahn; O. angulatum Semp von Latdorf nach einem fragmentären Exemplare schlank kegelförmig ganz glatt mit tiefliegenden Nähten, mit scharf gekielter Schlusswindung, fast rhombischer Mündung, hochsitzendem Zahne am linken Mundrande und mit Nabel; O. Bosqueti Semp von Westeregeln thurmförmig, schlank, zugespitzt, glatt, letzter Umgang gerundet, Mündung birn- förmig, am rechten Mundrande innen fünf Leisten; O. bollanum Semp im Sternberger Gestein, O. fraternum Semp bei Westeregeln, Lat- dorf, im Sternberger Gestein schlank kegelförmig mit schwach ver- tieften Nähten, letzter Umgang gerundet, Mündung schmal mit spitzem obern Winkel, innen am rechten Rande bis 6 schwache Leisten; O. sp. ind. im Sternberger Gestein. Eulimella eine Art in ungenü- - genden Bruchstücken von Latdorf, Eu. Sandbergeri Semp von We- steregeln schlank nadelförmig, glatt, mit gerader Spindel und rauten- förmiger Mündung, Eu. eustyla Semp im Sternberger Gestein. Me- nestho cryptostyla Semp (= ?Auricula gracilis Phil, ?Turbonilla sub- gracilis d’Orb, ?Rissoa unidentata Phil) im Sternberger Gestein. Turbonilla eine Art miocän bei Gühlitz, T. subeylindrica (= Auricula subeylindrica Phil) oberoligocän bei Niederkaufungen und im Stern- berger Gestein, T. Sandbergeri Bosq im Sternberger Gestein, T. Speyeri Semp ebda, T. ino Semp ebda, T. Philippii Doderl obermiocän bei Reinbeck, T. Bolli Semp im Sternberger Gestein, T. variculosa Semp ebda, T. helena Semp ebda, T. Kochi (= ?Chemnitzia Kochi Phil), ebda und bei Cassel, T. Euterpe Semp (= ?Chemnitzia terebellum Karst) im Sternberger Gestein, Stylopsis quadristriata (Eulima qua- dristriata Phil) im Sternberger Gestein und bei Cassel. — 7. Ueber Buceinum Caronis Brong. Es begreift diese Art Ebura Caronis (= Nassa Caronis Brong, Buccinum Caronis Bronn) eocän bei Ronca und Pseudoliva Brugadina (= Buccinum mutabile Bors, B. Caronis Serres, Eburna spirata Grall, Buceinum eburnoides Math, Nassa Ca- ronis Mich, Buccinanops. eburnoides d’Orb) miocän bei Turin und Tor- “ tona, im Wiener Becken, Siebenbürgen, in der Molasse bei St. Gallen. — 8. Ueber Discospira foliacea (= Orbis foliacea Phil) im Glim- merthon des nördlichen Schleswig. — 9. Neue Tertiärconchylien: Murex Neugeboreni (= plicatus Hoern, Neugeb) im Tegel von La- pugy, Phos Hoernesi (= Buccinum polygonum Hoernes) ebda und im Wiener Becken, Fasciolaria Pecchiolii von Siena in Toskana, Mar- ginella Bellardiana miocän bei Orciano, pliocän bei Coroncina, Mar- ginella Aglaja (= eburnea Brongn) eocän bei Ronca, M. Beyrichi ver- schwemmt im Diluvium, Obeliscus obtusatus von Coroncina und bei Bologna, Solarium Emiliae von Coroncina, Torinia Theresae von Siena und Bologna, Jole Adamsana von Siena, Odontostoma Neugeboreni von,Lapugy, Turbonilla Gastaldii von Siena und Asti. — (Meklen- burger Archiv 1861. XV. 221—409.) 19* 280 '0.Speyer, Tertiärconchylien von Westeregeln: Voluts Dunkeri n. sp., Pleurotoma coronata Mstr, granulata Lk, Stalagmium Nysti Gal, Leda Galeottiana Nyst, Cypricardia pectinifera Sowb. — (Palaeontographica IX. 80-85. tb. 16.) ' Dunker, Mollusken im plastischen Thone von Gross Almerode: Cyrena tenuistriata Dkr, Limnaeus fragilis L, pachy: gaster Thom, fabula Brongn, Planorbis depressus Nyst, acuticarinatus Dkr, Schulzanus Dkr, Ancylus Brauni Dkr, Cerithium Gallottii Nyst, Paludina Chastelii Nyst, Hydrobia acuta Drap, H. pupa‘Nyst, H. Schwarzenbergi Dkr,,H. angulifera Dkr, Melanopsis praerosa L, Me- lania spina Dkr, M. horrida Dkr. — (Zbda. $.86—90. tb.16), Gl. Botanik. Caspary, das Verhalten der Pflanzen zu Verwundungen. — Wird von Vaucheria und Bryopsis, einzelligen Wasseralgen, ein Stück abgeschnitten, so bildet sich auf der Wunde eine neue Haut. Anders bei vielzelligen höhern Pflanzen. Hier ster- ben die verletzten Zellen ab und noch andere unter der Wunde, aber nicht tief unter der Wunde entsteht häufig eine Korkschicht, durch welche die Pflanze sich von Neuem gegen zu starke Verdunstung und schädliche Einflüsse schützt, so auf Aepfeln, Pflaumen, Kirschen, Bir- nen, die verletzt werden, solange sie noch grün sind. Sehr interes- sant ist die Korkbildung auf durchschnittenen Kartoffeln, bei denen auf der ganzen Schnittfläche in Rinde, Kambium und Mark eine Neu- bildung von Kork eintritt. Bei dikotylen Bäumen, die sich alljährlich verdicken, geht die Neubildung von Gewebstheilen, wodurch eine Wunde geheilt wird, vorzugsweise nur von der Kambiumschicht aus, die zwischen Rinde und Holz liegt und alljährlich zu beiden eine neue Schicht hinzufügt. Wird das jüngere noch Saft leitende Holz; der Splint oder gar der Kern blos gelegt und die Wunde kann vom Kambium nicht mehr mit neuen Holz- und Rindenschichten bedeckt werden, so verfault das Holz in Folge der Einwirkung von Luft, Licht, Wasser etc.; der Baum wird hohl. Am Rande der Wunde bil- det jedoch das Kambium neues Holz und neue Rinde, die es über die verletzte Stelle hinschiebt, so dass alljährlich sich der Umfang derselben beträchtlich vermindert und wenn die Wunde im Verhält* niss zur Neubildung nicht zu gross ist, endlich eine Zeit eintritt, in der die Verletzung von neuem Holz und Rinde ganz zugedeckt wird: Jedoch findet sich noch viele Jahre hindurch zwischen den sich über der Wunde berührenden Rändern der alljährlichen Neubildung ‚eine trennende Rindenschicht, Diese aber wird dünner und dünner, hört endlich auf, es entsteht eine ganz zusammenhängende Holz- und Rin- denschicht über der Wunde. Verf. belegt dies mit Präparaten von der Hainbuche, dem kletternden Geisblatt, Buchenholz, Kastanienbaum: Bei Abschneiden von Aesten in Gärten, Promenaden, an Landstrassen ist wohl zu beachten, dass die Wunde baldigst ausheile; zu dem Ende muss ein Ast dicht an der Stammfläche abgeschnitten werden. Lässt man von einem abgeschnittenen Aste einen Stumpfen ‘von einigen Zollen stehen, so überwallt die Wunde nicht, der Ast fault aus, die 281 Fäulniss greift auch den Stamm an. In Forsten kann durch falsches Entästeln sehr beträchtlicher Schaden entstehen. — (Königsberger physie. öcon. Gesellsch. II. 11—13 der Berichte.) Derselbe beobachtete an Rhizomen von Polystichum Fi- lix mas, dass aus’dem Grunde der Blattstiele, welche bis auf ein etwa Zoll langes lebensfrisches stehenbleibendes Stück absterben und sich noch lange am Rhizom erhalten, auf dem Rücken oder der Seite derselben 1/a—3/s‘‘ über ihren Ursprunge öfters eine Beiknospe sich entwickelt, welche mehre Blattanlagen und öfters auch Wurzeln zeigte und zur Vermehrung der Pflanze leicht dienen kann. — (Zbda. 14.) G. Fresenius, über einige Diatomeen: Navicula tri- gramma in der Sulz bei Weilbach, N. bohemica Ehb der vorigen auffallend ähnlich, N. sculpta Ehrb, N. cuspidata Kütz, Pinnularia silesiaca Bleisch vom Mainufer bei Frankfurt, Amphora salina Smith im Bad Nauheim in den Ringgräben der Soole. — (Abhandl. Senkenbg. Gesellsch. IV. 63—72. Tf. 4.) i A. Bertoloni, Miscellanea botanica. — Verf. gibt zuerst eine historisch gelehrte Abhandlung über die Ceder und beschreibt dann folgende Pflanzen: Cordia tenuifolia aus Guatemala, Saxifraga florulenta Morett von Nizza, Rosa longicuspis Indien, Swartzia macro- sperma Guatemala, Azolia magellanica Willd (= filieuloides Lk von Rio Janeiro, A. bonariensis von Buenos Ayres. — (Mem. Acad. Bo- logna AI. 198-204. tb. 11—15). Zabel gibt einen ersten Nachtrag zu seiner Flora von Neuvorpommern und Rügen (1859), in welchem er für eine grosse Anzahl Arten neue Standorte aufzählt. — (Meklenburger Arch. AV. 418—424.) - Struck, desgleichen zur Meklenburgischen Flora mit einigen neuen Standorten und als neu gefunden Weisia tenuis Müll bei Schwanebeck. — (Edda. 424.) R.Schmidt und O.Müller bringen einen vierten Nachtrag zur Flora von Gera, indem sie 10 für dieselbe neue Arten auf- zählen und für bereits bekannte neue Standorte namhaft machen. — (Geraer Jahresbericht IV. 50-52.) Schmarda, die Kokospalme auf Ceylon. — Die zur An- pflanzung bestimmten Nüsse werden auf Baumzweigen oder lufti- gen Holzgestellen im Schatten aufgehängt, wo in der warmen ewig feuchten Luft der SW-Küste der Keimungsprocess sehr bald beginnt. Im N. und ©. der Insel, wo die Anpflanzungen mehr und mehr zu- nehmen, die Luft aber in einem Theile des Jahres sehr trocken ist, werden die Nüsse mit Sand und Meerespflanzen bedeckt und täg- lich mit Wasser besprengt. Sobald der Keim 18 ist und die jungen Blättchen eine solche Consistenz erlangt haben, dass sie nicht mehr von so vielen Insekten angegriffen werden, versetzt man sie in 2‘ tiefen Gruben und wirft etwas Salz hinein, welches an der Küste eine blosse Ceremonie, im Innern der Insel aber nothwendig ist. Die Gruben werden mit Blättern und Matten bedeckt, um die jungen 282 Pflanzen gegen die sengende Sonnengluht zu schützen und mit einem Gerüst aus Stangen wie mit einem Schanzkorbe umgeben, um isie vor dem weidenden Vieh zu sichern. Sobald die Basis der Blätter den Rand der Grube überragt, wird diese zugeworfen und die junge Palme sich selbst überlassen. Mit 3 Jahren ist die Krone 3‘ hoch, im vierten Jahre blüht sie in den günstigsten Lagen zum ersten Male und reift 12 Monate danach ihre ersten aber nicht zahlreichen Früchte. In minder günstigen Lagen blüht sie erst im fünften und in hoch gelegenen Orsten erst im achten Jahre. In den ersten Jah- ren ist die Blattbildung überwiegend und die Stammentwicklung sehr gering, nach dem zehnten Jahre aber ändert sich dieses Verhältniss, der Stamm schiesst rasch in die Höhe und wird schlank, mit 20—25 Jahren hat sie ihre volle Höhe von 80—100 Fuss. Werden die Stämme nicht durch Insektenfrass zerstört oder durch Toddyabzapfung er- ‚schöpft: so erreichen sie ein Alter von 100 Jahren und mehr. Wie bei allen baumverwüstenden Insekten sind es nicht die reifen Thiere sondern die Larven, welche durch ihren Frass zerstören. Der Cocos- palme schadet besonders eine Bockkäferlarve, Kuruminia der Sing- halesen, Lamia rubus Fabr, indem sie Gänge in der Richtung der Gefässbündel bohrt und die Stämme zernagt. Schm. sah keinen Stamm, der nicht oft mit Hunderten von Schnecken bedeckt gewesen wäre. Es ist eine grosse Helix und zwar Helix haemastoma, welche jedoch nur die schmarotzenden Pflanzen abweidet. Ebenso ungefährlich ist der grosse Varanus bengalensis von 3—4’ Länge, der in den Kronen der Palme Vögel und Eier sucht. Die Singhalesen unterscheiden mehre Spielarten der Palme, unter denen die mit glatten gelben Früch- ten am meisten geschätzt, Cokoskönigin genannt und um die Tempel gepflanzt wird. In der Nähe von Galle steht ein Stamm von Gabe- lung in mehr als 30‘ Höhe, jeder Stamm mit seiner Krone. Selbst die Eingeborenen bewundern dieses einzige Exemplar mit getheiltem Stamme. Für den Singhalesen ist die Cokospalme von höchster Wich- tigkeit, da an der Küste sein ganzer Haushalt von ihr abhängt; er hegt für sie nicht nur eine grosse Vorliebe und Verehrung, sondern assimilirt ihr Leben, das er fast poetisch auffasst, mit dem eigenen in dem Glauben, dass sie am besten in der Nähe der menschlichen Wohnung gedeiht, weil sie die Gespräche der unter ihr wandelnden Menschen liebt. Sie spielt eine grosse Rolle in ihrer Poesie und be- sonders wird die weibliche Schönheit im Ganzen oder in einzelnen Theilen bald mit dem Stamme, Wedeln und Nüssen, bald mit dem ganzen Baume verglichen. Die Cokospalme macht sich nicht blos in der Hütte, um die Tempel und beim Export, sondern selbst in den Ge- richtshöfen geltend, indem ein grosser Theil der Processe sich um ihren Besitz dreht. Der Stamm dient als Bauholz, ist aber viel we- niger geschätzt als das der Tal Gaha-Palme; deren Blätter dienen zur Bedachung, zur Anfertigung von Körben und Matten. Die an- gezapfte Blühtenspindel liefert Toddy, einen süssen Saft, der frisch und gegohren getrunken wird und aus dem der feinste Arack destil- 283 lirt werden kann. Durch Zusatz von gebranntem Kaffee wird die Gährung verhindert und dann kann Zucker durch einfaches Abdampfen des Saftes gewonnen werden. Der Toddy wird auch zur Bereitung von Essig und Hefe benutzt. Wichtiger aber ist die Frucht. Die äussere dicke faserige Fruchthülle wird abgelöst, wie unser Flachs und Hanf geröstet, und liefert dann eine starke obwohl harte Faser, welche zu vortrefflichem Tauwerk, groben Matten, Säcken u. dergl. verarbeitet wird und theils so theils roh unter dem Namen Coir einen wichtigen Handelsartikel ausmacht. 40 Nüsse geben 6 Pfund Coir. Die junge kleine Nuss ist dicht, füllt sich aber bei zunehmendem Wachsthum mit Wasser, das anfangs klar und herb ist, aber bei zu- nehmender Reife trüb und süsslich wird und durch seinen Gehalt an Schleim, Gummi, Eiweiss und Zucker ein angenehmes und erfrischen- des Getränk darstellt und durch einen kaum wahrnehmbaren, 'schwach zusammenziehenden Beigeschmak den Durst besser löscht als Wasser. Eine Nuss enthält ungefähr ein Pfund Wasser. An der durststillenden Eigenschaft zweifelt Niemand, aber leise Bedenken steigen auf, wenn man das Wasser der Cokosnüsse als Arzenei und Schönheitsmittel preisen hört. Ein englischer Arzt behauptet, es bewahre die Haut vor Runzeln, erhalte den Teint frisch u. dgl. und schreibt eine orien- talische Hyperbel, die einem Pariser Parfumeur Ehre machen würde. Aus der Flüssigkeit schlägt sich an der innern Seite der Nuss eine feste Schicht nieder, aus der später der Kern wird, indem sie aus dem halbflüssigen Zustande in den festen übergeht. Dieses Frucht- fleisch ist im frischen Zustande weiss, in dünnen Scheiben durch- scheinend, von mandelartigem Geschmack und wird als Leckerei ent- weder allein gegessen oder mit Zucker als Backwerk, das wie Man- delpastetchen schmeckt, zu Pudding, am häufigsten jedoch als Zuthat zur Bereitung des Kurri verwendet, wobei es durch seinen grossen Oelgehalt die Stelle des Fettes vertritt. Der grösste Theil der Nüsse bleibt jedoch bis zur vollen Reife hängen, zu welcher Zeit die Quan- tität des Wassers geringer, die des ölhaltigen Fleisches aber grösser geworden ist, um zur Oelbereitung verwendet werden zu können. Die ausgelösten Kerne werden an der Sonne getrocknet und heissen dann Copperah; sie werden in einfachen, aus einem ausgehöhlten Baumstamme bestehenden Oelpressen gepresst oder an die Oelmühlen der europäischen Pflanzer verkauft. 1000 Stück Copperah kosten 38 bis 40 Schilling und 40 Nüsse geben eine Gallone Oel. Die Sing- halesen gebrauchen das Oel nicht nur zur Bereitung der Speisen und wie die ansässigen Europäer zur Beleuchtung, sondern auch allein oder in Verbindung mit andern Stoffen als Arzenei und Schönheits- mittel. Allgemein ist seine Anwendung als Haarmittel und zum Ein- reiben des Körpers. Letztere Gewohnheit mag ihren Grund wohl darin haben, um bei Tage die zu starke "Transpiration und bei Nacht Erkältungen zu verhüten. Ein feineres Speiseöl wird durch Kochen des zerriebenen frischen Kernes in Wasser gewonnen, wobei das auf- schwimmende Oel abgeschöpft wird. Die Schale dient als Büchse, 284 E Schüssel und Teller, als Becher zum Trinken und gibt zuletzt.noch ein gutes Feuerungsmaterial. Die Zahl ‚der Cokospalmen wurde zur Zeit der englischen Besitzergreifung schon auf 11 Millionen "ange- geben, dürfte aber seitdem die Pflanzungen im N. und O. der’ Insel eine grosse Ausdehnung erreicht haben, jetzt wohl das: Doppelte: be- tragen. — (Schmarda’s Reise I. 220 ff.) _e Zoologie. E. Brücke, die Elementarorganismen. — So nennt Verf. die Zellen, aus welchem der Organismus sich aufbaut und deren Umwandlung in die verschiednen Gewebe zuerst Schwann nachwies. Die Entstehung der einzelnen Zellen geschieht nach Schwann frei im Blastem durch Aggregation von Molecülen und Aufsaugung von Flüssigkeit. Das hat sich nicht bestätigt. Als morphologische Bestandtheile der Zelle erkannte derselbe die Zellenmembran, den Zellinhalt, den Kern und das Kernkörperchen. Aber es war schon damals schwierig alle Theile aller Arten von Zellen in diesem Schema unterzubringen so die faserigen und röhrigen Gewebe, und die Flim- merzellen. Funke und Kölliker entdeckten ein Gebilde an Cylinder- zellen der Darmzotten, das sie für einen verdickten porösen Theil der Zellenmembran hielten, das aber nach Br. eine gegen die Darm- höhle offene Tute ist und mit der Zellenmembran nichts zu schaffen hat. Die Streifen des Gebildes, welches Stäbchenorgan heissen soll, rühren nicht von Porenkanälen her, sondern sind der Ausdruck einer Zusammensetzung aus einzelner prismatischen Stücken und ‚diese sind kein Theil der Zellenmembran, sondern stehen in direkter Ver- bindung mit dem Inhalte. Auch gibt es ferner isolirte Gewebe, die sich nicht in jenes Schema bequem einfügen, so die Spermatozoen. Ist denn aber in jenem Schema die Organisation der Zelle schon er- schöpft? Wir sehen ja die Objecte nicht, welche sich von ihrer Um- gebung weder durch ihr Absorptionsvermögen noch durch ihren Brechungsindex unterscheiden, und auch noch andere werden uns ent- gehen. Der Unterschied im Absorptionsvermögen muss schon ein beträchtlicher sein um die Sichtbarkeit des Objects zu begründen und solche Unterschiede ergeben sich an einzelnen Bestandtheilen der Zellen häufig und wir bezeichnen diese als Pigmentkörner, ohne zu wissen dass sie wirklich solche sind. Im Uebrigen ist, die Ab- sorption in eben diesen Materialen so gleichförmig,. dass wir nichts erkennen. Die wesentliche Basis für alles mikroscopische Unterschei- den bleibt vielmehr eine Verschiedenheit des Brechungsindex und auch diese hat für unser Auge ihre Grenzen: die Zellenmembran. erscheint nur uns strukturlos, das Protoplasma erscheint bloss als eine, ,homo- gene Masse, ob sie es wirklich ist, sehen wir eben nicht. Wir müssen aber den lebenden Zellen, abgesehen von der Molecularstructur der organischen Verbindungen; welche sie enthält, noch eine andere und in anderer Weise complicirte Structur zuschreiben und diese ist es, die wir Organisation nennen. Die zusammengesetzen Molecüle der organischen Verbindungen sind hier nur die Werkstücken, die nicht 285 in einförmiger Weise eines neben dem andern aufgeschichtet, sondern zu einem lebendigen Baue kunstreich zusammengefügt sind. Die Zellenmembran. Es ist allgemein anerkannt, dass die Cel- lulosemembran der Pflanzenzelle in der Membran der thierischen Zelle nicht ihr Analogon findet. Jene ist wie die Kalkschale das Haus der Schnecke, so das Haus der Pflanzenzelle, später ihr Sarg. Die Mem- bran der Thierzelle ist zunächst ihre Haut. Ist die Membran aber nothwendiges Attribut der Thierzelle? Heisst Haut nur die äusserste Schicht, so kann man jeder Zelle eine Membran zuschreiben. Muss dieselbe aber eine grössere Festigkeit haben, um den unterliegenden Inhalt zusammen zu halten und ’zu schützen: so hat nicht jede Zelle eine Membran. Man muss die Existenz der Membran wirklich nach- weisen. Schulz und Schwann benutzten zu diesem Nachweise das Verhalten der Zellen zu Wasser und erklärten danach die Blutkör- perchen für Zellen. Aber wirklich erwiesen ist damit deren Zellen- natur noch keineswegs. Ein anderes Erkennungsmittel der Zellen- membran ist die Faltung, aber eben nicht zuverlässiger. Ein drittes nur bedingungsweise brauchbares die Molecularbewegung. Die Be- wegung der Pigmentkörner im Innern der Zelle ist wie die im freien Wasser, aber sie kann ja auch in Kanälen im Zellenleibe oder in Höh- len, welche keine Zellenhöhlen sind stattfinden, wie sie Br. bei den Speichelkörperchen fand, bei deren Zerquetschung die Körner nicht ausfliessen. Sehr wichtig gilt das sogenannte Abheben der Zellen- membran auf Wasserzusatz, Br. hält dies Merkmal für das unsicherste. Der allein sichere Weg die Existenz der Zellenmembran zu erkennen, ist offenbar der, dass man die Membran vollständig isolirt, dies gelingt vollständig aber bei denen des Cylinderepitheliums und gerade bei die- sen zeigt sich, dass die Membran nicht die ganze Zelle gleichmässig umgibt, sondern nur einen tutenförmigen-Mantel um dieselbe bildet und darauf beruht eben die Möglichkeit hier ausnahmsweise die Zel- lenmembran ohne mechanische Verletzung des Inhalts zu isoliren. Durch Zerquetschen der Zellen und so bewirkte Entleerung ist die Membran von Purkinje, Raschow, Schwann demonstrirt, aber Flüssig- keit wird aus jedem Zellenleibe den man quetscht, herausgepresst, aber ob das Zurückgebliebene eine blosse Membran ist oder ob nicht vielmehr die zusammenhängende Hauptmasse der in verschiedenen Regionen des Zellenleibes vertheilten festen Theile es sind, das wird sehr schwer zu entscheiden sein. Zuletzt ist ein Beweis, dass man die Zellenmembran an der unversehrten Zelle an ihren Umrissen er- kennt. Sie muss sich dabei durch ihre Dichtigkeit hinreichend vom Zelleninhalt unterscheiden, auch eine gewisse Dicke haben. Eine einfache Contour um den Inhalt reicht dazu keineswegs aus, ein zwei- ter Umriss muss noch erkannt werden. Bei den Pflanzen ist die Cellulosemembran als eine Ausscheidung vom Zellenleibe immer durch ihre Dicke erkennbar. An der thierischen Zelle ist die Membran ein integrirender Theil ihrer selbst und wenn sie dicker wird: so wächst sie wie jeder andere Theil der Zelle oder durch Verhärtung 286 neu herbeigezogener Theile. Dieser Verhärtungsprocess scheint’ in unmittelbarem Zusammenhange zu stehen mit der Bildung gewisser Intercellularsubstanzen. Die Lehre von diesem hält Br. für eine Irr- lehre. Die Intercellularsubstanz bildet sich selbst erst aus Zellen. Denken wir uns, dass die äusserste Schicht jeder Knorpelzelle sich unter stetem Wachsen in die Substanz umwandle, die wir Knorpel- substanz’im engern Sinne nennen, und dass sie sich dabei mit den gleichen Schichten der benachbarten Zellen in der Weise verbinde, dass sich die Grenze nicht mehr unterscheiden lässt; so haben wir die Intercellularsubstanz, sowie sie die mikroscopische Untersuchung nachweist. Ist der nicht mit in diese Metamorphose hineingezogene Theil des Zellenleibes dann noch mit einer eigenen anders lichtbre- chenden Schicht, Zellenmembran, Knorpelzellenkapsel umgeben, so ist eine secundäre Bildung, zu der entweder der bereits metamor- phosirte oder der noch nicht metamorphosirte Theil die Grundlage geliefert hatte. Ersteres scheint Br. wahrscheinlicher. Aus dieser Bildungstheorie der Knorpelsubstanz lässt sich auch der Streit über die Entwicklung des Bindegewebes vermitteln. Dass die Fasermasse desselben sich zwischen den Zellen aus einer von ihnen verschiedenen, Intercellularsubstanz entwickeln solle, ist gar nicht nachweisbar. Rollett erkannte den Zusammenhang der Fasern mit den Zellen, aus denen sie hervorgegangen waren und mit deren Kernen ganz un- zweifelhaft. Auch lässt sich die unmittelbare Verbindung der Inter- cellularsubstanz des Knorpels mit und der unmittelbare Uebergang zu der Fasermasse des Bindegewebes durchaus nicht in Abrede stel- len, was uns aber leicht erklärlich sein wird, wenn. wir eben jene Intercellularsubstanz als ein ursprünglich auch aus den Zellen her- vorgegangenes Produkt betrachten. Virchows Bindegewebskörperchen betrachtet Br. mit ihren Kernen als den Theil des Zellenleibes, der nicht mit in die collagene Metamorphose hineinbezogen worden ist. Dies sind Bindegewebskörperchen, deren Analogie mit den Knochen- körperchen sich unzweifelhaft nachweisen lässt, während diese Ana- logie zu andern Formen desselben Namens zurückzuweisen sind. Solche Formen sind Zellen mit Ausläufern, die sich in elastische Fasern umwandeln, Zellen mit Ausläufern, die mit der Entwicklung der collagenen Substanz in keinem nachweisbaren Zusammenhange stehen, verzweigte Hohlräume und Gewebslücken. Die Entwicklung des secundären Knochens ist der des Bindgewebes ganz gleich und die Analogie zwischen Knorpelkörperchen, Knochenkörperchen und Bindgewebskörperchen bleibt vollkommen aufrecht, ebenso alles was Virchow über die Rolle dieser Körperchen in pathologischen Pro- cessen gelehrt. Br. nimmt an, die leim- und chondringebende Sub- stanz entstünde durch Metamorphose eines Theiles des Zellenlei- bes, aber würde die Behauptung nicht schlagend widerlegen können, dass sie vielmehr als eine vom Zellenleibe ausgehende Neubildung, auf der Oberfläche derselben sei. Am menschlichen Organismus ist es im Allgemeinen leicht zu sagen, was Metamorphose, was Neubil- _ 287 dung sei, anders aber mit der Zelle, deren Structurverhältnisse sich unsrer Beobachtung entziehen. Wie soll man hier bestimmen, in wel- cher Form die Zelle das Material für die Bildung jener Substanzen aufnimmt, in welcher sie es abgibt. Die Cellulosenmembran der Pflan- zenzelle ist Neubildung, denn sie besteht aus einem Material durch- aus von dem des Zellenleibes verschieden. Eine Nöthigung der Art besteht aber für die besprochenen Intercellularsubstanzen so wenig wie für die thierische Zellenmembran, denn obgleich das leim- und das chondringebende-Gewebe chemisch verschieden sind von den Sub- stanzen in der Hauptmasse des Zellenleibes, so ist der Unterschied nicht der Art, dass es unmöglich wäre, dass die eine Substanz all- mählig durch Aufnahme und Abgabe gewisser Stoffe in die andere umgewandelt werde. Wesentlich bestimmend ist, dass namentlich beim Sehnengewebe ausser dem Kern nur ein so kleiner Theil des . Zellenleibes zurückbleibt. Kern und Kernkörperchen. Noch gilt allgemein, dass jede Zelle wenigstens in ihrer erstern Jugend einen Kern gehabt haben müsse. Alle Zellen von phanerogamen Pflanzen haben wirklich in ihrer Ju- gend Kerne, aber bei den Cryptogamen werden dieselben z. Th. ver- misst. Es ist auch Vermehrung durch Theilung und durch Sprossen- bildung ohne dieselben beobachtet worden. Freilich kann der Kern einen Brechungsindex haben, der dem des Zelleninhaltes sehr nah steht und dann entgeht er der Beobachtung, aber so lange man ihn nicht sieht, ist es doch nicht gerechtfertigt, den Kern als wesentlichen und noth- wendigen Theil in das Schema aufzunehmen, das man sich für den Elementarorganismus entwirft. Bei Vermehrung der Zellen durch Theilung sieht man bisweilen wenn die neue Zelle einen Kern be- kommen soll, wie sich zuerst der Kern der alten theilt, noch ehe sich die übrige Masse sondert. Bei der freien Zellenbildung sieht man ferner von den Tochterzellen zuerst die Kerne und diese Art der Zellenvermehrung ist nie an kernlosen Zellen beobachtet. Deshalb schreibt man den Kernen eine besondere Funktion bei der Fortpflan- zung der Zellen zu. Unterstützt wird diese Ansicht durch Balbianis Entdeckung, dass der Nucleus bei Infusorien der Eierstock, der Nu- cleolus der Hoden ist. Aber Balbian hat nie Selbstbefruchtung, Be- fruchtung des Eierstockes eines Individuums .durch seinen eigenen Hoden gesehen, sondern nur gegenseitige durch Begattung. Es ist nicht allgemein gerechtfertigt, dass der Kern die wesentlichste Rolle bei der Fortpflanzung spielt. Die Theilung der Zellen findet häufig ohne Intervention von Kernen Statt, sie geht vom Protoplasma selbst zus und warum soll sie das nicht bei Anwesenheit eines Kernes? Ferner soll der Kern das erste sein, das sich bei Entstehung von Tochterzellen bildet. Wohl ist er zuerst da, aber er liegt im Proto- plasma eingebettet und wer kann sagen, das sich der Leib der Tochter- zelle in ihrem ersten embryonalen Zustande lange vorher, ehe eine Zellenmembran auch nur angelegt ist, von dem Leibe der Mutterzelle durch unsere optischen Hülfsmittel unterscheiden lasse? 288 Der Zelleninhalt soll eine Flüssigkeit sein, die sich zwischen Kern und Membran ansammelt, Br. hält'ihn für: die Hauptmasse des Zellenleibes selbst, den complieirten Aufbau aus festen und flüssigen Theilen. Er ist weder flüssig noch fest im Sinne der Physiker, man kann ihn auch nicht schleimig, gallertartig, sulzig nennen. Die‘ Le- benserscheinungen weisen auf einen complieirten Bau des ) Zellenin- haltes, so zunächst die Bewegungserscheinungen. Es ist ‘bekannt, dass die contractile Substanz der quergestreiften Muskelfasern aus dem Zellinhalte entsteht, ferner ist am demselben schon ein ziemlich tomplicirter Bau erkannt, dass die Sarcous elements aus denen einer- seits die Fibrillen andrerseits die Bowmann’schen Scheiben "bestehen wiederum aus Flüssigkeit und aus ausserordentlich‘ viel kleineren Körpern zussmmengesetzt sind, die Br. Disdiaklasten genannt "hat: Margo’s Untersuchungen am Schliessmuskel der Bivalven zeigten fer- ner, das bisher als glatte betrachtete Muskeln bei starker Vergrösserung als quergestreifte sich erweisen und wie diese Sarcous elements ent- halten. So wird es sich wahrscheinlich bei allen glatten Muskelfasern oder contractilen Faserzellen verhalten. Wir haben hier nur Zellen, die nach zwei entgegengesetzten Richtungen aus einander gewachsen sind und sich in der Richtung ihrer Längsachse auf angebrachte Reize verkürzen. Andere Zellen verzweigen sich in zahlreiche Ausläufer, die alle sich auf Reize zusammenziehen, ja so sehr einziehen, dass die vielfach verzweigte Zelle einem rundlichen Klumpen gleicht. ‘Solche Zellen mit Fortsätzen, welche alle gegen die äussere Oberfläche ge- richtet sind, hat das Chamaeleon, und solche deren Fortsätze nach allen Richtungen parallel mit der Hautoberfläche verbreiten, die Frösche und vielleicht alle Amphibien mit Farbenwechsel. Warum soll die, contractile Substanz, welche hier den Zellenleib in allen Richtungen durchsetzt, einfacher gebaut sein als der contractile Muskelinhalt. Bis jetzt haben wir keine Art contractiler Substanz so weit erforscht, ‚dass wir einen Zusammenhang kennen zwischen ihrer Struktur und ih- ren physiologischen Eigenschaften. Wo das bewegende Pigment fehlt, übersehen wir auch die Bewegungen von Zellen. Zellen in Gewebe eingeschlossen und Zellen frei in Flüssigkeit schwimmend wie die Lymphkörper von Wirbelthieren und die Blutkörper von Wirbellosen haben Bewegungen gezeigt. An vielen Pflanzen überzeugte man sich, dass die Zellsaftströmungen nur vom lebendigen Zellenleibe ausgehen und nicht Strömungen einer freien Flüssigkeit sind. Dieselbe irr- thümliche Auffassung war es, dass man die Molecularbewegung in den Speichelkörperchen als eine Bewegung kleiner Körnchen in einem Bläschen mit Flüssigkeit auffasste. Br. sah nie ein solches Bläschen platzen und denInhalt ausfliessen, sondern die Zelle platt werden und ihre Körnchen starr, weil sie durch Quetschung getödtet. Es ist ein wirkliches, auf complicirten Bau begründetes Leben und dieser‘ Bau muss ein sehr zusammengesetzter sein, wenn’ wir hinzunehmen, ‘dass die Zelle nicht blos Bewegung hat, sondern sich ernährt, wächst, fortpflanzt. Alle diese Elementarorganismen, "thierische und‘ pflanz- 289 liche, sehen in ihrer ersten Jugend einander ähnlich wie auch die Em- bryonen der einzelnen Thierkreise, der Wirbelthiere, Gliederthiere Cephalopoden u. s. w. Das Schema: feste Zellenmembran, flüssiger Zellinhalt, Zellkern mit Kernkörperchen ist werthlos geworden, das weitere Anklammern an dasselbe ist für den Fortschritt der Histo- logie geradezu schädlich, man nimmt Membranen an, wo keine sind, behandelt den Zellinhalt als flüssig so lange das Gegentheil nicht direct erwiesen, nimmt einen Kern an, wo nie einer gesehen. Wäre es nicht angemessen mit diesem Schema auch den Namen Zelle fallen zu lassen und dafür Elementarorganismen zu sagen [noch besser wohl Elementarorgane]. — (Wien. Sitzungsber. ZXLIV. October b. 384—406.) Fr. Müller, die Rhizocephalen, eine neue Gruppe Schmarotzerkrebse. — Verf. untersuchte diese an Peltogaster erinnernden Krebse bei Desterro. Der in den Leib des Wirthes ein- gesenkte Kopf treibt pflanzenartig Wurzeln, hohle Röhren, welche viel verzweigt dessen Eingeweide umspinnen und ihre Brut stellt sich in die Mitte zwischen die der Lernäen und Rankenfässer. Sie sollen Rhizocephalen heissen und sind sehr häufig bei Desterro. Der Schma- rotzer der Porcellana wird Lernaeodiscus Porcellanae, der des Pagu- rns Saceulina purpurea heissen können. Der erste sitzt einzeln oder zu zweien auf dem Schwanze seines Wirthes zwischen Schwanz und Brustschild, gleicht einer fleischigen, blas fleischfarbenen Scheibe über 10mm breit, vorn und hinten tief ausgebuchtet, jederseits in 5—7 Lappen getheilt, deren verbreitetes Ende wieder eingebuchtet ist. Auf der Rückenfläche der Scheibe in der Nähe des Randes oft noch kleine Hervorragungen, auf der Bauchfläche fällt der Eierstock in die Augen, der fast’ die ganze Fläche bis an den Ursprung der Randlap- pen: einnimmt, hinten eine breite und seichte Bucht, vorn aber einen schmalen hinterwärts keulenförmig verdickten und ihn bis zur Hälfte theilenden Einschnitt hat. Unter dem Eierstock liegen zwei sehr grosse rundliche Drüsen, ihre anfangs engen dann weiten und sehr dünnhäutigen Ausführungsgänge verlaufen an ihrer innern Seite nach hinten und münden vermuthlich in die Bruthöhle. Es sind die Hoden. Ebenfalls unter‘ den Eierstocke breitet sich nämlich eine zartwandige Höhle aus, die eine röthlich durchsichtige Flüssigkeit enthält, im aus- gedehnten Zustande scheint sie ein Netzwerk zwischen den einzelnen Eiergruppen sich hinziehender Röhren zu zeigen, die von einer im vordern ‚Einschnitte des Eierstocks liegenden Blase ausgehen, indem dann über den stärker vorspringenden Eiern die Farbe der dünnen Flüssigkeitsschicht fast unmerklich wird. In der hintern Ausbucht der Scheibe liegt eine grosse gekerbt randige Oeffnung, durch welche Wasser aus und einströmt. Sie führt zur weiten Bruthöhle, welche aufgeblasen die ganze Rückenfläche einnimmt und sich in die Rand- lappen erstreckt, die blos Aussackungen derselben sind. Meist ist sie prall gefüllt mit Eiern. Nähern sich diese der Reihe: so erscheint der Scheibenrand durchsichtiger und endlich Randlappen und Rücken schwarz punktirt durch die Augen der Brut, die nie ausschwärmt 290 und gleichzeitig schon wieder frische in totaler Furchung begriffene Eier in der Bruthöhle hat. Das in die Bruthöhle einströmende Was- ser dient nur zum Athmen der Eier. Auch bei vielen andern Kru- staceen mag die Befestigung der Eier am mütterlichen Körper we- niger durch den gewährten Schutz als durch den steten Wasserwech- sel für die Entwicklung der Brut nöthig sein, denn abgelöst gehen sie zu Grunde. In der vordern Ausbucht der Scheibe liegt ein ge- wölbtes Chitinschild mit concentrischen Streifen. Aus seiner Mitte entspringt ein kurzer Hals, der die Haut der Porcellana durchbohrt. Innen umgibt ihn ein starker Chitinring, der sich nach oben in eine zackige glänzende Krone fortsetzt und durch Chitinisirung der Kopf- haut entsteht. Kleine Chitinplättchen trifft man bisweilen noch ober- halb der Krone, die von der weichen Kopfhaut nur wenig überragt wird. AmKopfe keine Spur von Mund, Augen, Fühlern. Von seiner obern Fläche entspringen zahlreiche Röhren, die theils blind enden theils sich verästeln und besonders nach dem Darme der Porcellana hinziehen, diesen umspinnen und zuletzt in feine Reiserchen auslau- fen. Sie enthalten in ihrer zarten Haut zahlreiche Fettkügelchen. Dafür dass die Wurzeln durch den Hals mit dem weiten Flüssigkeits- behälter unter dem Eierstocke in Verbindung stehen, ist sicherer Be- weis das, wenn man den Kopf des Schmarotzers aus dem Leibe des Wirthes herauslöst, erfolgt ein augenblickliches Erblassen des Ler- naeodiscus durch Entleeren jener röthlichen Flüssigkeit. Ob die mit blinden Wurzeln beginnende Höhle für die ernährende Flüssigkeit auch blind endige, ist noch unentschieden. Männchen fand Verf. nicht. — Sacculina purpurea an Pagurus ist minder häufig. Er hängt als dicke schwach gebogene purpurrothe Wulst über 6mm lang und halb so dick am Grunde des weichen Hinterleibes. Der Anheftungspunkt liegt auf der hohlen Seite der Wulst. Der Gast ist ebenso windschief wie der Wirth. Wenn man als untere die hohle Fläche nimmt, mit der das Thier festsitzt und das Hinten durch die Oeffnung der Brut- höhle bestimmt: so ist von beiden Seiten, die unterhalb durch Darm und Eierstock, auf dem Rücken durch eine seichte Furche geschieden sind, hinten die linke, vorn die rechte stärker entwickelt. Die Oeff- nung der Bruthöhle ist ein kleiner Längsspalt und zeigt die Wasser- strömung wie bei Lernaeodiscus. Links läuft der Rand in eine scharfe Ecke aus. Darm und Eierstock bilden einen schmalen an beiden En- den verjüngten Streifen, der sich vom Anheftungspunkte vorwärts fast bis zum Vorderrande, hinten bis zur Oeffnung der Bruthöhle er- streckt. Das concentrisch geriefte Schild am Anheftungspunkt ist schwach entwickelt, die goldene Krone im Innern des Wirthes mit breiten Aesten versehen, deren Zweige allmählig in die dünnere Kopf- haut verfliessen, während Lernaeodiscus spitze scharf umschriebene Zacken hat. Die Kopfwurzeln erstrecken sich auf der linken Seite des Pagurus nach hinten und bilden zwischen den Leberschläuchen ein dichtes Büschel aus wenigen Hauptstämmen entspringender Röh- ren von dunkelgrasgrüner Farbe. — Die Larven beider Schmarotzer 291 stimmen auffallend überein. Die von Lernaeodiscus ist 0,2mm Jang und 0,12mm breit, trägt am Hinterende zwei kurze Spitzen, der Vor- derrand läuft jederseits in ein kurzes an der Spitze nach hinten ge- bogenes Horn aus, den Rücken deckt ein Schild, auf der Unterfläche liegt ein grosses queres schwarzes Auge, von dem sich ein starker Nerv hinterwärts verfolgen lässt. Die Basis der drei Fusspaare liegt etwa in der Mitte zwischen Mittellinie und Seitenwand, das vorderste entspringt dicht hinter dem Auge, das letzte am Ende des zweiten Fünftels der Länge. Das vorderste hat ein dickes walziges Grund- glied und ein kurzes Endglied mit 2 langen Borsten; das zweite trägt auf dickem Grundgliede einen längern äussern Ast mit 5, einen kur- zen innern mit 3 langen Borsten. Das dritte Fusspaar ist sehr kurz, sein äusserer Ast trägt 4, der innere 2 lange Borsten. Zwischen den mittlen Fusspaar entspringt ein dreieckiger Schnabel mit rückwärts gerichteter Spitze. Der weite Darm, der den Schnabel noch etwas nach vorn überragt, ist anfangs noch dicht mit brauner Dottermasse gefüllt. Die Larve von Sacculina unterscheidet sich durch ihr viel grösseres Rückenschild, Mangel des Auges, mehr eiförmige Leibes- gestalt und gerade Stirnhörner. Hiernach diagnosirt M. die Crusta- cea rhizocephala also: Larve mit 3 Paar Schwimmfüssen, die beiden hintern zweiästig, mit zwei seitlichen Stirnhörnern, zwei Spitzen am Leibesende und häutigem Rückenschild. Das reife Thier weichhäutig, ungegliedert, ohne Augen, Fühler und Füsse und Mund, Kopf in das Wohnthier eingesendet, am Grunde zu einem Chitinkranze verhärtet, durch wurzelartige blinde Fortsätze Nahrung aufnehmend. Zwitter mit beweglichen Spermatozoen, ohne Eierstöcke, mit weiter hinten geöffneter Bruthöhle. Gattungen: Peltogaster Rathke, Sacculina, Ler- naeodiscus. — (Wiegmanns Archiv 1862. ZXVIL. 1-9. tb. 1.) Peters, zwei neue Fischgattungen aus dem Ganges: Pterocryptis gen. Siluroideorum von Crytopterus Blkr leicht zu un- terscheiden, da die Analflosse mit der Schwanzflosse verwachsen ist. Art Pi. gangetica. — Acanthocobitis gen. Cobitiformium: kein beweg- licher gabelförmiger Infraorbitalstachel, aber das os infraorbitale vor und unter dem Auge mit einem stumpfen unter der Haut liegenden Dorn vorspringend, Unterkieferrand in der Mitte ausgeschnitten, 6 Bartfäden, Kopf schuppenlos, Augen frei, die sehr lange Rückenflosse über den Bauchfiossen stehend. Art: A. longipinnis. — (Berliner Mo- natsberichte 1861. 712.) N Derselbe, zwei neue Schlangen: Mizodon variegatus an der Goldküste, Frenalschild höher als lang, die glänzend glatten Körperschuppen in 15 Längsreihen, die hintern Submentalschilder doppelt so lang wie die vordern, 143 Bauchschilder, 76 Paar Schilder unter dem Schwanze. Die bekannte Art M. regularis Fischer hat 19 Körperschuppenreihen, gleich grosse Mentalschilder etc. — Bo- thriopsis n. gen. einfache Schwanzschilder, Supraorbitalschilder, Schup- penbegrenzung der Gesichtsgrube und Lippenschilder wie bei Bothrops. Art: B. quadriscutatus aus Quito. — (Zbda. 358—360.) 292 Derselbe, neue Scinoidengattung: Sepomorphus, Trom- melfell unsichtbar, vier dreizehige Extremitäten, die innere Zehe an allen sehr kurz, weiter nach oben gerückt, Nasenlöcher, Augenlider und Beschildung im Allgemeinen wie bei Seps. Art S. caffer: supra olivaceoviridis, subtus olivaceocanus, squamis basi nigropunctatus; scuto interparietali neque lato ac frontali; digitus aulicus medius ex- terno aequalis, digitus posticus tertius secundo dimidio longior; series squamorum corp. long. 20, caudae 13, im Kaffernlande. — (Zbda 422.) Derselbe, neue Eidechsengattung: Jenosaurus stimmt durch die Bildung der Zunge am meisten mit Cyclura, in der Form der Zähne und in der obern Körperbekleidung mehr mit dem Gek- konen, in der Bekleidung des Bauches und Schwanzes mit den Va- ranen überein. Schliesst sich, wenn sie nicht als eigener Familien- typus betrachtet werden soll, den Iguanoiden an. Art X. fasciatus in Mexiko von Gray als Culina grandis beschrieben. — (Zbda. 452.) Derselbe, neue Schlangen. — Unter Silybura führte P, in seiner Monographie der Uropeltacea auf Cuviers Uropeltis ceyla- nicus und Grays Silybura Ellioti, und hat neuerdings von beiden die Originalexemplare verglichen in Leyden und London und gibt da- nach eine Characteristik mit der Synonymie: 1. S. ceylanica (= Uro- peltis ceylanicus Cuvier Müller Cocteau Guerin, Pseudotyphlus cey- lanicus Schlegel, Siluboura ceylanica Gray, Coloburus ceylanicus DB, Siluboura Ellioti Gray) Schwanzscheibe des Weibchens deutlicher be- gränzt, schräg abgestumpft. und aus schwächer gekielten Schuppen gebildet wie bei dem Männchen; im Madras. 2. S. macrolepis n. sp. (= 8. ceylanica Gray, Proceed. zool- XXVI. 262 excl. synonym) mit ner 15 statt 17 Längsreihen Körperschuppen, mit grösserm Kopf und Kopfschildern, Nasenlöchern und Augen, mit breiterer Schnauzenspitze; andrer Färbung etc., wahrscheinlich von Ceylon. — Typhlops strio- latus n. sp. vom Ganges. — Geophidium n. gen. Gebiss, Kiefer und Habitus wie Colobognathus, aber nur ein Paar Präfrontalschilder. Art: G. dubium nach einem Exemplar unbekannter Herkunft in der Berliner Sammlung. — Streptophorus (Ninia) maculatus n. sp. (= St. Sebae Peters) aus Costa Rica. — ZElaps hippocrepis in einer neuen Varietät von Santo Thomas de Guatumala. — (Zbda. 901. 922.) cd @l. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen a 1862. März. Ne Ill Sitzung am 5. März. Eingegangene Schriften: 1. Carl Fuss, Beitrag zur siebenbürgischen Käferfauna. Separat- abdruck aus den Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbür- gischen Vereins für Naturwissenschaften 1861. 8°. 2. Der zoologische Garten, Zeitschrift für Beobachtungen, Pflege und Zucht der Thiere III. Jahrg. März 1862. Frankfurt a/M. 8°. 3. Sitzungsberichte der k. bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. II. Heft. 2. München 1861. 8°. x Das Decemberheft der Vereinszeitschrift liegt zur Verthei- lung aus. Der Vorsitzende Hr. Giebel theilt mit, dass die 18. General- - versammlung des Vereins unter Geschäftsführung des Hr. Oberlehrer Hellwig in Erfurt am 10. und 11. Juni werde abgehalten werden. Derselbe legt einige interessante Spinnen vor, die afrikanische Solpuga araneoides und einige südamerikanische Arten der Gattun- gen Goniosoma und Gonyleptes und charakterisirt dabei die Familie der Phalangiden. e Hr. Siewert verbreitet sich ausführlich über das Bier, dessen Geschichte, die Arten, die Bereitungsweise, den Consum, wie er sich in den 40 Jahren herausstellte, die Anforderungen an ein gutes Bier, die Wirkungen und die nicht ausbleibenden Verfälschungen desselben. Hr. Stadelmann macht folgende Mittheilung: Herr Hilde- brandt, Medizinal-Assessor und Departements-Thierarzt in Magde- burg hat, gestützt auf den von der Wissenschaft behaupteten Satz, dass thierische Gifte durch Wärme zersetzt werden, nach langjähri- ger Praxis gefunden, dass der Biss toller Hunde und in Hautverlet- zungen eingebrachtes Milzbrandgift ohne nachtheilige Wirkungen blei- ben, wenn die verwundete Stelle sofort und bis eine Stunde lang in Wasser von 50—60%R. gehalten wurde und empfiehlt dieses einfache Mittel bis zur Herbeischaffung eines Arztes. Sitzung am 12. März. Eingegangene Schriften: 1. Mittheilungen der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Be- förderung des Ackerbaues der Natur- und Landeskunde in Brünn. Brünn 1861. 4°. XIX. 1862, 20 294 2. Correspondenzblatt des zoolog. mineral. Vereins in Regensburg 15. Jahrg. Regensburg 1861. 8°, 3. Monatsberichte der k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1861. Berlin 1862. 8°. Hr. Siewert verbreitet sich wie in frühern Vorträgen über die verschiedenen Getränke so dieses Mal über den Branntwein und knüpft daran die neueste Entdeckung in der Chemie, aus fetten Säu- ren die zugehörigen Alkohole darzustellen. Hr. Giebel macht auf Hyrtl’s Beobachtungen aufmerksam, wel- cher nach 30jährigen Untersuchungen und den feinsten Injeetionen nicht nur gefässlose Herzen bei einigen Amphibien entdeckte, sondern auch der Netzhaut im Auge der Vögel, Amphibien und Fische jedes Blutgefäss vollständig abspricht. Sitzung am 19. März. Der Vorsitzende Hr. Giebel eröffnet der Versammlung, dass des Herr Ministers v. Bethmann-Hollweg Excellenz mittelst hohen Rescripts vom 10. h. dem Vereine zur Herausgabe der beiden ersten Bände seiner Quartalhandlungen eine ausserordentliche Unterstützung von 100 Thlr. bewilligt habe, dass ferner vom Acclimatisationsvereine in Berlin eine neue Samensendung zu Acclimatisationsversuchen ein- gegangen sei. Hr. Siewert verbreitet sich über die Ansichten Liebigs rück- sichtlich des Wachsthums der ein-, zwei- und mehrjährigen Pflanzen. Hr. Giebel legt unter erläuternden Bemerkungen Gümbels gros- sen geologischen Atlas über die baierischen Alpen vor. Sitzung am 26. März. Eingegangene Schriften: Wochenschrift des Vereins für Gärtnerei und Pflanzenkunde No. 9—12. Berlin 1862. 4°. Hr. Giebel meldet abermals den Tod eines der ältesten und in der Wissenschaft hochgeachteten Vereinsmitgliedes, des Hr. Ober- bergrath Zincken in Bernburg. Derselbe legt mehrere Arten der Gattung Omphalia vor aus der Salzburger Kreide und aus der Gegend von Quedlinburg und spricht über deren Eigenthümlichkeiten. Hr. Siewert spricht über die neuesten Versuche im Gebiete der Agrikulturchemie, welche beweisen, dass Landpflanzen ohne di- recte Aufnahme von organischen Nährstoffen, die Kohlensäure der Luft ausgenommen, in einer rein wässerigen Lösung ihrer minerali- schen Aschenbestandtheile wachsen, zur Blühte und Frucht kommen können. Diese Versuche beweisen ferner, dass jedem unorganischen Bestandtheile eine bestimmte Funktion in der Entwickeiung der Pflanze zukomme und kein Aschenbestandtheil durch einen ihm chemisch sehr nahestehenden ersetzt werden könne, wie etwa Natron durch Kali, Kalk durch Magnesia. Druck von W. Plötz in Halle. Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. 1862. April. N IV, — Ueber die Diglycolsäure (Paraäpfelsäure) Taf. VII. von W. Heintz. Aus Poggend. Ann. Bd. 115. 8. 280. u. 452. mitgetheilt vom Verfasser. In meiner Arbeit über zwei neue Reihen organischer Säuren!) erwähnte ich S. 475 der Entdeckung einer Säure, welche mit der Aepfelsäure isomer ist, und deren Baryt- und saures Ammoniaksalz ich bis dahin einer näheren Un- tersuchung unterworfen hatte. Das Hydrat der Säure konnte ich noch nicht darstellen, weil mir nach den angestellten Versuchen das Material ausgegangen war. Seitdem habe ich mich vielfach mit der Bildungsweise dieser Paraäpfel- säure beschäftigt und namentlich nachzuweisen gesucht, dass dieselbe nach der Gleichung €?H?C1Na®? 4 6?H°’Na®° + NaH@ = CINa + €*H?Na?05 + H?0 gebildet werde, indem ich der Ansicht nachging, dass sie das Radical Gly- colyl zweimal enthalte und also Diglycolsäure genannt wer- den könne. Längst schon war ich mit diesen Versuchen beschäftigt, als mir Wurtz seine Abhandlung: Transformation du gaz olefant en acides organiques complexes ?) übermittelte, wo- nach er dieselbe Säure auf andere Weise erhalten zu ha- ben scheint. Durch Einwirkung von Salpetersäure auf Diglycol, einen Körper, der das Radical Aethylenyl zwei- » (E?H%)? mal enthält, und dessen Formel Wurtz p2t9° 4) Poggendorfis Annalen Bd. 109, 8. 301 und 470.* 2) Auch Comptes rendus T. 51, p. 162. XIX. 186%. 21 296 schreibt, dem aber nach Wislicenus Schreibweise die €2?H* Y 27J4 Formel © : © (” Io zukommen würde, erhielt Wurtz \ H eine Säure, deren Kalk, Silber und saures Kalisalz und deren Hydrat er näher untersucht hat, und der er nach (€ Hu | 9: ertheilt, die nach Wislicenus Schreibweise in Pr Formel €?H?® €?H?®@) H) den Analysen dieser Verbindungen die Formel o\ ® umgewandelt werden muss. Diese Sub- stanz ist also Diglycolsäure. Sie ist isomer mit der Aepfel- säure und also mit der von mir etwas früher entdeckten Paraäptelsäure gleich zusammengesetzt. Wurtz vermuthet, dass sie mit der letzteren identisch sein möchte. Diese Vermuthung hat sich durch die Versuche, welche ich mit der Paraäpfelsäure angestellt habe, vollkommen be- stätigt. Schon im Sommer 1860 hatte ich das Hydrat der- selben dargestellt und mich davon überzeugt, dass diese Säure sehr leicht in grossen Krystallen anschiesst, die voll- ständig farblos und wasserhell sind, an der Luft liegend aber bald weiss und undurchsichtig werden, ohne zu zer- fallen. Dieselbe schmilzt schon unter 150°C. zu einer farb- losen Flüssigkeit, kocht dann bei weit höherer Temperatur ziemlich lange ohne sich zu färben. Bei 190° stösst, sie ohne zu kochen Dämpfe aus. Die Krystalle der Säure hat-. ten in der Form grosse Aehnlichkeit mit denen der Säure, welche mir Wurtz im Herbst 1860 in Karlsruhe zu zei- gen die Freundlichkeit hatte. Ich habe indessen eine Reihe, von Salzen der Paraäpfelsäure untersucht, darunter auch das saure Kali- und namentlich das Kalksalz, welche, wie ‚ auch das Hydrat der Säure in ihren Eigenschaften, wie in ihrer Zusammensetzung so vollkommen mit denen der von Wurtz dargestellten Körper übereinkommen, dass an der Identität der auf so verschiedenem Wege gewonnenen Säu- ren nicht mehr gezweifelt werden kann. Deshalb habe ich nun auch den Namen Paraäpfelsäure aufgegeben und den 297 von Wurtz gegebenen, die Constitution der Verbindung andeutenden, Diglycolsäure, vorgezogen. Diglycolsäurehydrat. Wird saures diglycolsaures Ammoniak, dessen Darstel- lung ich schon in meinem früheren Aufsatz ausführlich be- schrieben habe, in wässriger Lösung genau mit Ammoniak neutralisirt, und zu der kochenden Flüssigkeit eine eben- falls kochende Lösung von essigsaurem Bleioxyd gebracht, so bleibt die Mischung oft zuerst klar, setzt aber allmäh- lich ein weisses Salz ab, das in Wasser nicht ganz unlös- lich ist. Aus diesem Bleisalze wird das Diglycolsäurehydrat leicht mit Hülfe von Schwefelwasserstoff abgeschieden. Dampft man die vom Schwefelblei abfiltrirte Lösung ein, so schei- det sich bei hinreichender Concentration das Diglycolsäure- hydrat in schönen, grossen, farblosen Krystallen aus. Diese Krystalle sind gerade rhombische Prismen. Ich habe jedoch davon zwei Formen beobachtet. Bei der einen war die schiefe Endfläche auf eine stumpfe ($), bei der anderen auf eine scharfe Säule (s) gerade aufgesetzt. Er- stere Form habe ich nur einmal erhalten, und vermag ich nicht anzugeben, welche Umstände die Bildung derselben bedingen. Ausser den Flächen des rhombischen Prismas fanden sich auch die Abstumpfungsflächen der stumpfen wie der scharfen Seitenkante. Figur 1. Tafel VIII. stellt die Form derselben dar. Die bei der Messung der Winkel ge- fundenen Werthe sind: A:p = 125° B:p —= 90° S:p = 1180 30‘ S:S= 113° B:S = 123° 30‘ A:S = 1460 30° Während die Krystalle dieser Form stets nur sehr kurze Prismen darstellten, war die andere Form bedeutend gestreckter. Hier fand sich auch stets die hintere End- hälfte vor, die ich bei jenen Krystallen nicht beobachtet habe. Die zweite Form erscheint, wie Figur 2. Tafel VII. = 91* 298 darstellt. Die Messungen der Winkel haben Folgendes er- geben: A:p = 124° 30‘—125° s:3ı 18) A:s = 127° A: = 125° 30’—125° p:% = 110° (109° 40°—110° 30) Diese Messungen scheinen nachzuweisen, dass die Kry- stalle als rhombische zu betrachten seyen, weil die Flä- chen p und & mit der Hauptaxe denselben Winkel bilden. Indessen der Umstand, dass stets die eine der beiden Flä- chen glänzend, die andere matter erschien, und dass bei der anderen Form, die, wie wir gleich sehen werden, leicht auf diese zurückgeführt werden kann, nur die eine Fläche vorkam, scheinen zu genügen, die Krystalle als klino-rhom- bische zu bezeichnen. Dass aber die Krystalle genau dem- selben System angehören, folgt einmal daraus, dass die schiefe Endfläche in beiden Fällen auf die Fläche A unter demselben Winkel gerade aufgesetzt ist und dann daraus, _ dass die Tangenten der halben Winkel, welche die Flächen des rhombischen Prismas mit einander bilden, in dem Ver- hältniss von 1:2 stehen, d. h. also bei gleicher Klinodia- gonale in beiden Formen verhält sich die Orthodiagonale wie 1:2 tang 1, 113% — 1,5108 tang !, .74% = 0,7536. Sind diese Krystalle der Luft ausgesetzt, so werden sie weiss und undurchsichtig, wobei sie an Gewicht verlieren. In der Hitze verhalten sie sich ganz, wie Wurtz von sei- nen Krystallen angiebt. Die Analyse der Säure führte mich zu derselben For- mel, welche Wurtz für das Hydrat der Diglycolsäure auf- gestellt hat. Die gefundenen Zahlen sind folgende: Gefunden ' Berechnet Kohlenstoff 35,32 35,67 35,82 = 4€ Wasserstoff 4,60 4,61 4,458 = 6H Sauerstoff 59,58 59,72 59,70 = 50 100 100 100. Die zu der ersten Analyse verwendete Substanz besass 299 die zuerst, die zur zweiten benutzte die zuletzt beschrie- bene Form. Dessenungeachtet war die Zusammensetzung dieselbe, was allerdings vorausgesetzt werden durfte, sobald die Identität des Krystallsystems beider Formen festgestellt war. Der Wassergehalt beträgt ein Molecül, welche Quan- tität 11,84 Proc. erfordert. Im Mittel sind 11,78 Proc. ge- funden worden, demnach drückt die Formel €?H°Q°--H2Q die Zusammensetzung der Krystalle der Diglycolsäure aus, Die Diglycolsäure ist farb- und geruchlos, reagirt und schmeckt stark sauer, den Fruchtsäuren ähnlich. In Wasser und Alkohol löst sie sich leicht auf. In Aether istsie eben- falls, doch schwieriger löslich. Die concentrirte wässerige Lösung wirkt nicht drehend auf die Polarisationsebene ein. Kalkwasser wird in keiner Weise dadurch gefällt. Stron- tian- und Barytwasser geben anfänglich damit auch keine Niederschläge. Zuerst setzt sich aber aus diesem, später auch aus jenem ein krystallinischer Absatz ab, der dort unter dem Mikroskop als aus langgestreckten Rechtecken, oder an beiden Enden zugespitzten prismatischen, hier aus kleinen körnigen Krystallen bestehend sich darstellt, deren Form zu complicirt ist, um unter dem Mikroskop erkannt werden zu können. Chlorbaryum, Chlorstrontium, Chlor- calcium fällen die Säure nicht. Auf Zusatz aber von Am- moniak fällt sehr bald das Baryt-, später das Kalk- und Strontiansalz nieder. Wie schon oben erwähnt schmilzt die Säure unter 150°C., und erstarrt beim Erkalten theils strah- lig, theils blättrig krystallinisch. Löst man sie dann in Wasser, so krystallisirt sie aus der Lösung beim freiwilli- gen Verdunsten derselben unverändert wieder heraus, die Krystalle haben die Form der Diglycolsäure, verwittern an der Luft, geben mit Barytwasser die schwer lösliche Barytverbindung, genug durch Schmelzen wird die Säure nicht verändert. ‚Durch salpetersaures Silberoxyd wird die Lösung der Diglycolsäure nicht gefällt, auf Zusatz von Ammoniak ent- steht aber ein weisser Niederschlag, der im Ueberschuss des Fällungsmittels löslich ist. Diese Lösung verändert sich durch Kochen nicht. Verdampft man das überschüs- sige Ammoniak in der Kochhitze, so setzt sich das Silber- 300 salz beim Erkalten in Form weisser, feiner, sechsseitiger Täfelchen ab. Diglycolsaures Kali. Mit Kali verbindet sich die Diglycolsäure in zwei Ver- hältnissen, ein saures und ein neutrales Salz bildend. Das saure diglycolsaure Kali ist schon von Wurtz beschrieben worden. Auch ich hatte es, noch ehe mir die Arbeit von Wurtz bekannt geworden war, dargestellt und analysirt. Die Methode der Darstellung war die von Wurtz angewendete. Es wurde nämlich von zwei gleichen Men- gen der Säure die eine mit kohlensaurem Kali genau neu- tralisirt und nun die’andere Hälfte hinzugethan. Es schie- den sich schwer lösliche Krystallchen aus, die durch Um- krystallisiren in ziemlicher Grösse erhalten werden konnten. Oft erscheinen dieselben trübe. Dessenungeachtet ist es mir gelungen, ihre Form festzustellen, und die meisten Winkel an denselben zu messen. Diese Messungen wurden noch besonders dadurch erschwert, dass stets mehrere Kry- stalle mit einander‘ verwachsen waren. Sehr häufig wiederholt sich dasselbe Individuum in gleicher Stellung. Oft sind sogar vier solcher Krystalle in der Weisse mit einander combinirt, dass diese Combi- nation das Aussehen einer Backzahnkrone erhält. Sehr häufig vereinigt sich auch eine ganze Reihe solcher Kry- stalle in derselben Weise. Die Form eines einfachen Kry- stalls ist in Figur 3 Tafel VIII. dargestellt. Er bildet ein rhombisches Prisma, dessen scharfe Seitenkante durch eine stark ausgebildete Fläche gerade abgestumpft ist. Es findet sich die vordere und die hintere schiefe End- fläche vor. Auch Abstumpfungen der beiden Endecken habe ich beobachtet, aber die von diesen Flächen gebilde- ten Winkel nicht messen können, weil sie nur sehr wenig ausgebildet waren. 7 Die Werthe der gemessenen Winkel sind im Mit- tel folgende: 301 S:S = 112° 54° S:p = 121° 37‘ p:B = 90° = ©:B.,— 908 0 11807302 B:S = 1230 36’ Unter dem Mikroskope wurde noch der Winkel ge- messen, den die Fläche p mit der stumpfen Seitenkante des Prismas bilde. Er fand sich nahe gleich 129%. Aus den Winkeln, die die Prismenflächen mit einander und mit der schiefen Endfläche bilden, lässt dieser Winkel sich auch berechnen, und danach ist er gleich 128° 59°. Daraus folgt, dass die Fläche x mit der Hauptaxe einen weniger stump- fen Winkel bildet, als die Fläche p. Die Verwachsung dieser Krystalle ist stets der Art, dass die einzelnen Individuen, sich in gleicher Stellung wie- derholend, entweder parallel der Fläche p oder der Fläche B, die mit einander rechte Winkel bilden, an einander gelegt sind. Sind je zwei solcher Individuen nach der einen Weise verbunden, und combiniren sich diese Combinationen noch auf die andere Weise, so entsteht die backzahnartige Form. Wiederholen sich die Krystalle in grösserer Zahl neben ein- ander, so geschieht diess durch Auseinanderlegen paral- lel der schiefen Endfläche p. Die Krystalle erhalten dann eine Form, die durch Figur 4. Tafel VIII. erläutert wird. Sehr häufig erscheint die Verwachsung noch complicirter. Doch beobachtete ich stets, dass die entsprechenden Flä- chen solcher Combinationen parallel waren, also gleichzeitig spiegelten. Die Krystalle sind in der Richtung der Fläche p sehr vollkommen spaltbar. Das saure diglycolsaure Kali löst sich, wie schon oben erwähnt, in Wasser schwer auf, in Alkohol ist es nicht lös- lich. Kocht man esmit käuflichem, absoluten Alkohol, und filtrirt, so reagirt die abfiltrirte Flüssigkeit nicht sauer. Lässt man aber die Lösung zur Trockne verdunsten, so bleibt eine kaum sichtbare Spur des Salzes zurück, die aber doch genügt, um einem Tropfen Wasser saure Reaction zu er- theilen. Hiernach darf das Salz gewiss als in wirklich ab- 302 solutem Alkohol unlöslich betrachtet werden. Die Krystalle dieses Salzes enthalten kein Wasser. “-Bei der Analyse, die mit bei 110°C. (I und II) zuletzt bei 130°C. (III und IV) getrockneter Substanz ausgeführt wurde, wobei sie nur äusserst wenig an Gewicht verlor, er- hielt ich folgende Zahlen: | Kohlenstoff —. — _ 27,83 27,88 46 Wasserstoff —- — 2.96. 2 MESEE Kalium 21,92 22,21 22,77 22,48 2274 1K Sauerstoff — — — 46,73 46,47 5 100 100. Hiernach kommt dem Salze die Formel €?H?0?) €*H°K9° oder KH \ 0? ZU. Das neutrale diglycolsaure Kali wird gewon- nen, wenn man Diglycolsäure oder saures diglycolsaures Kali mit kohlensaurem Kali genau neutralisirt, und die Lö- sung verdunstet. Es bleibt ein dicker Syrup zurück, der sich über Schwefelsäure mit einer weissen festen Schicht bedeckt, die aus langen nadelförmigen Krystallen besteht. Bei der geringen Menge der mir zu Gebote stehenden Sub- stanz gelang es mir nicht, deutliche Krystalle dieses Sal- zes zu erhalten. An feuchter Luft ist es übrigens zerfliess- lich. In Alkohol ist es ganz unlöslich, selbst in der Koch- hitze. Löst man es in verdünntem kochenden Alkohol auf, so trübt sich die Lösung beim Erkalten, und nach länge- rer Zeit setzen sich in der Kälte kleine kurze prismatische Krystalle ab, die von einem Tıopfen wässeriger Lösung derselben umgeben sind. Die Menge der sich bildenden Krystalle ist sehr gering. Diglycolsaures Natron. Mit dem Natron bildet die Diglycolsäure ebenfalls zwei Salze, ein saures und ein neutrales, die genau so darge- stellt werden können, wie das entsprechende Kalisalz. Das saure diglycolsaure Natron krystallisirt in kleinen tafelförmigen Krystallen, deren Form nicht näher bestimmt werden konnte, Sie erscheinen als rechtwinklige Tafeln mit abgestumpften Ecken. Die Kanten waren meist 303 abgerundet und so gaben denn auch die Flächen nicht deutliche Spiegelbilder. Dieses Salz löst sich im Wasser ziemlich schwer, aber doch leichter als das entsprechende Kalisalz auf. In Alko- hol ist es nicht löslich. Es verhält sich dagegen genau wie das®saure Kalisalz. Wird es erhitzt, so bläht es sich auf. Bei der Analyse dieses Salzes, welche mit bei 130° C. getrockneter, gepulverter Substanz ausgeführt ward, wurden folgende Zahlen erhalten: \ \ I, Il. berechnet. Kohlenstoff _ 30,53 30,73 4 € Wasserstoff — 3,19 3,20 5H Natrium 14,66 14,52 14,84 1 Na Sauerstoff — 51,76 51,23 5® 2100:29.151008% Die Formel für dieses Salz, das bei 130° fast gar nicht an Gewicht verliert, das also kein chemisch gebundenes €? H* 93! Wasser enthält, ist also &* H® Na®° oder Na, H 02, Das neutrale diglycolsaure Natron bleibt beim Verdunsten seiner wässrigen Lösung zunächst als eine sy- rupartige Flüssigkeit zurück, die, wenn sie über Schwefel- säure sich selbst überlassen bleibt, bald zu einer festen, weissen, nur wenig krystallinisch erscheinenden Masse ge- steht. Es ist mir.nicht gelungen Krystalle dieses Salzes zu erhalten. Die mir zu Gebote stehende Menge desselben war zu gering. An der Luft zerfliesst es nicht. Es ist selbst in kochendem Alkohol unlöslich. Löst man es in kochendem verdünnten Alkohol, so trübt sich die Lösung _ beim Erkalten, und nach längerer Zeit setzt sich eine nur geringe Menge eines feinen Pulvers ab, das unter dem Mi- kroskop als aus äusserst kleinen, oft concentrisch gruppirten Nädelchen bestehend sich darstellt. Diglycolsaures Ammoniak, Auch mit dem Ammoniak liefert die Diglycolsäure zwei Salze, ein neutrales und ein saures. Das saure diglycolsaure Ammoniak ist, wie die sauren Salze des Kalis und Natrons wasserfrei. Es lässt sich leicht dadurch gewinnen, dass man die freie Säure 304 mit Ammoniak übersättigt und die Lösung kochend ein- dampft. Zuerst entweicht das überschüssige Ammoniak, nach und nach beginnt aber die Flüssigkeit sauer zu werden, und endlich scheidet die eingedampfte Lösung das Salz, welches in kaltem Wasser schwer löslich ist, in Form langer’ prismatischer Krystalle aus. . Dieses Salz ist, wie die schon in meiner früheren Arbeit!) angeführten Annalysen beweisen, der Formel €?H5(N Ht).g° €: H?9° ’ ; (NH®),H Wasser lösen davon 3,08 bis 3,44 Theile auf. In Alkohol ist es nicht löslich. Kochender käuflicher absoluter Alko- hol nimmt jedoch so viel davon auf, dass das Filtrat freilich nur sehr schwach sauer reagirt. Beim Verdunsten dessel- ben bleibt ein deutlicher Rückstand, der einem Tropfen Wasser stark saure Reaction ertheilt. Die Form der Krystalle gebe ich?) als schiefes rhom- bisches Prisma mit so starker Abstumpfung der schiefen Seitenkanten an, dass sie ein fast tafelartiges Ansehen an- nehmen. Die schiefe Endfläche scheint etwa unter einem Winkel von 120° auf die stumpfe Seitenkante gerade auf- gesetzt zu sein. Ich hoffte, die Form dieser Krystalle, so- bald mir mehr’ davon zu Gebote stehen würden, messen zu können. Diese Hoffnung ist jedoch nicht in Erfüllung ge- gangen. Bis jetzt habe ich nicht so gut ausgebildete Kry- stalle erhalten können, dass ihre Winkel messbar gewesen wären. Dieses Salz bildet leicht übersättigte Lösungen. Seine concentrirte Lösung dreht die Polarisationsebene nicht. Wird dieselbe mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt, so entsteht ein pulveriger, weisser, selbst in kochendem Wasser sehr schwer löslicher, in Salpetersäure löslicher, in der Kochhitze weiss bleibender Niederschlag. Unter dem Mikroskop erscheint dieser Niederschlag amorph. Essigsaures Bleioxyd erzeugt einen weissen, selbst in kochendem Wasser schwer löslichen Niederschlag. Aus der kochenden Lösung setzt sich nach längerer Zeit das Salz in Form kleiner wasserklarer Krystalle ab. oder ©? gemäss zusammengesetzt. 100 Theile !) Poggendorffs Annalen Bd. 109, S. 447. * 2) Poggendorfis Annalen Bd. 109, S. 481. * 305 Durch schwefelsaures Kupferoxyd wird darin nach eini- ger Zeit ein blauer, aus kleinen mikroskopischen Kügel- chen bestehender Niederschlag erzeugt, der auch in kochen- dem Wasser nur wenig löslich ist. Schwefelsaures Zinkoxyd erzeugt in der Lösung des Salzes anfangs keinen, später einen aus kleinen Körnchen von unregelmässiger Gestalt bestehenden Niederschlag. Salpetersaures Quecksilberoxydul fällt sie sogleich. Der Niederschlag ist weiss, verändert durch Kochen seine Farbe nicht und löst sich nicht. Er erscheint amorph. Nur wenige, äusserst kleine Nädelchen, die oft sternförmig grup- pirt sind, findet man mittelst des Mikroskops. Salpetersaures Kobaltoxydul erzeugt nach einiger Zeit einen geringen röthlichen Niederschlag, der unter dem Mi- kroskop krystallinisch erscheint. Er besteht aus kurzen prismatischen Krystallen. Schwefelsaure Magnesia bringt darin keinen Nieder- schlag hervor. Chlorbaryum erzeugt nach einiger Zeit einen weissen Niederschlag, der selbst in vielem kochenden Wasser sehr schwer löslich ist. Beim Erkalten der heissen Lösung bil- den sich aber Krystallchen. Chlorcaleium giebt in der Lösung dieses Salzes keinen Niederschlag. Dampft man die Mischung beider Salze ein, so bleibt ein Rückstand, der durch einige Tropfen Kalk- wasser zu einem dicken Brei wird, der sich aber in etwas mehr kochenden Wassers wieder auflöst, und dann beim Erkalten neutrale diglycolsaure Kalkerde in Krystallen ab- setzt. Das neutrale diglycolsaure Ammoniak hoffte ich dadurch zu erhalten, dass ich das saure Salz in Am- moniakflüssigkeit auflöste und diese Lösung mit absolutem Alkohol versetzte. Es entstand aber kein Niederschlag. Deshalb setzte ich noch Aether hinzu, worauf sich die Flüs- sigkeit trübte. Allein unter der ätherischen Flüssigkeit sammelte sich eine Flüssigkeit an, die auch nach mehreren Tagen nicht Krystalle abgesetzt hatte. Deshalb brachte ich diese letztere Flüssigkeit unter eine Glocke über Aetzkalk, wobei sie allmählig zu einem 306 dicken Syrup eintrocknete, der zuletzt zu einer strahlig krystallinischen festen Masse gestand, die sehr leicht in Wasser löslich war. Die Reaction des Salzes war aber schwach sauer, so dass ohne Zweifel schon ein Theil des Ammoniakgehalts des Salzes entwichen war. Diglycolsaures Natron - Ammoniak. Sättigt man saures diglycolsaures Ammoniak genau mit kohlensaurem Natron in der Kälte, so bleibt, wenn man die Lösung im Wasserbade verdunstet ein kaum sauer rea- girender Rückstand. Löst man diesen in heissem Wasser, so scheidet sich beim Erkalten ein schwer lösliches, sauer reagirendes, in kleinen Krystallen anschiessendes Salz aus, das in Ammoniak leicht löslich, daher ohne Zweifel saures digelycolsaures Natron ist. Ueber Kalk in einer Ammoniak enthaltenden Atmosphäre verdunstet, bleibt ein an Ammo- niak zwar sehr reiches, aber sauer reagirendes Salz zurück, das also auch nicht reines diglycolsaures Natron - Ammo- niak ist. Diglycolsaures Kali - Natron. Dieses Salz erhält man, wenn man das saure Kalisalz mit Natron genau sättigt. Dampft man die Lösung ein, so bleibt ein syrupartiger Rückstand, der endlich kleine Kry- stalle absetzt. Diese erscheinen als Convolute kleiner, wie es scheint flacher prismatischer Krystalle von Perlmutter- glanz. Dieses Salz ist in Wasser sehr leicht, in Alkohol. dagegen nicht löslich. Schon unter 100° ©. schmilzt es in seinem Krystallwasser. Grössere Krystalle zu erhalten ge- lang nicht. Daich aber eine verhältnissmässig grosse Menge dieses Salzes dargestellt hatte, so konnte ich es doch mehr- fach umkrystallisiren. Das so rein dargestellte Salz ergab bei drei Annalysen folgende Zusammensetzung: I II. III. berechn. Wasserfreie Säure 59,99 59,87 — 59,69 &*H?6* Kali 24,02 23,89 24,21 24,26 K | Natron 15,99 16,24 — 16,05 Na 100. 100. 100. Da das Salz mehrfach umkrystallisirt war, so ist nicht zu bezweifeln, dass ich es nicht mit einem blossen Gemisch des neutralen Kali- und Natronsalzes zu thun hatte. Die 307 4 174 Eormel fr das kuyetäinsiee Sr = H 2 _1e K, Na ® +24 e wonach es 15,65 Proc. Wasser enthalten muss. Diglycolsaure Magnesia. Wird ein neutrales Alkalisalz der Diglycolsäure mit ei- nem neutralen Magnesiasalz gemischt, so entsteht kein Nie- derschlag. Man kann aber das Magnesiasalz der Diglycol- säure darstellen, indem man letztere in wässriger Lösung mit Magnesiahydrat sättigt. Die Lösung hinterlässt, wenn sie zur Trockne verdunstet wird, eine weisse amorphe Salz- masse, die sich in Wasser nicht ganz leicht löst, durch Ko- chen damit aber aufgelöst wird. Ueberlässt man eine con- centrirte heisse Lösung der Erkaltung, so scheidet sich nur eine kleine Menge des Salzes in Form kleiner, mikroskopi- scher Krystalle aus, die gerade rhombische Prismen zu sein scheinen. Dieses Salz ist schwer in Wasser löslich, aber doch leichter, als die Verbindungen der drei andern alkalischen Erden mit der Diglycolsäure. Es enthält eine bedeutende Menge chemisch gebundenen Wassers, das aber bei 100°C. nicht ausgetrieben werden kann und erst bei 200% und mehr vollständig entweicht. Selbst bei einer Temperatur von 240° C. wird das wasserfreie Salz nicht zersetzt. Er- hitzt man es stärker, so schmilzt es nicht, bläht sich auch nicht wesentlich auf, schwärzt sich aber und verbrennt end- lich unter Zurücklassung vollständig weisser Magnesia. Die Analyse dieses Salzes führte zu folgender Zusam- mensetzung: Gefunden Berechnet Kohlenstoff 22,77 22,86 4 € Wasserstoff 1,84 190 4H Magnesia 11,67 1143 2 Mg Sauerstoff 38,68 3310 5@ Krystallwasser 25,04 25,71 3 H?Q 100. 100. Die Formel für dieses Salz ist also €* H? Mg? 05+ €* H? (0%; H 2 2 3H2O oder de2 ‚o +3,10. 308 Diglycolsaure Kalkerde. Dieses Salz stellte ich namentlich dar, um die Iden- tität der von mir entdeckten Säure mit der von Wurtz Diglycolsäure genannten festzustellen. Nach den Angaben dieses Forschers krystallisirt dieses Salz in schönen, glän- zenden , nadelförmigen Krystallen, die, in kaltem Wasser fast unlöslich, in kochendem sich leichter lösen, wenn sie auch selbst darin immer noch schwer löslich sind. Beim Erhalten dieser Lösung bilden sich jene langen glänzenden Nadeln. Die kochende Lösung dieses Salzes wird durch salpetersaures Silberoxyd in weissen körnigen Krystallchen gefällt. Alle diese Eigenschaften habe ich an dem aus meiner Säure durch Sättigen mit Kalkmilch und Umkrystal- lisiren gewonnenen Salze bestätigt gefunden, und auch die Analyse hat dieselben Resultate ergeben, welche Wurtz erhielt. Namentlich ist der Wassergehalt, der erst bei 180°C. vollkommen entweicht, characteristisch. Ich konnte mich mit einer Wasser- und einer Kalkbestimmung. begnü- gen, da die Gleichheit der Zusammensetzung der Säure selbst mit der von Wurtz untersuchten schon festgestellt ist. Im krystallisirten Salz fand ich 38,0 Proc. Wasser und im wasserfreien 23,48 Proc. Calcium. Die Rechnung nach der Formel ee i 0? +6 no verlangt 38,57 Proc. Ca, Ca H ; Wasser und im wasserfreien Salz 23,26 Proc. Calcium. Diglycolsaure Strontianerde. Dieses Salz erhält man entweder durch Fällung eines löslichen Salzes der Diglycolsäure mittelst Chlorstrontium, oder durch Sättigen der Säure selbst mit Strontianerdehy- dratlösung. Es entsteht dadurch ein farbloser, körnig kry- stallinischer Niederschlag, der in kaltem Wasser schwer, in Alkohol nicht auflöslich ist, und der die durch die Formel €? H* 9° 3 Sr Sr sitzt. Die Analyse lieferte folgende Resultate: ©? + H? © ausdrückbare Zusammensetzung be- 309 T: I. berechnet Kohlenstoff — 20,26 2022 4 € Wasserstoff — 2,32 2,583 Strontium 36,38 36,90 36,80 2 Sr Sauerstoff — 40,02 4,45 609 OEO2H "100° Das Salz enthält ein Atom Wasser (H?®). Bei 240°C. entwichen 8,25 Proc. Wasser. Die Formel für das krystal- lisirte Salz ist also die oben schon aufgestellte, welche 7,67 Proc. Wasser verlangt. Diglycolsaure Baryterde. Von diesem Salz hatte ich schon in meiner früheren Arbeit !) mehrere Analysen geliefert, die zu dem seltsamen Resultat geführt hatten, dass ein in der Kälte durch Fäl- lung von schwach sauer reagirender Lösung von diglycol- saurem Ammoniak mittelst Chlorbaryum dargestelltes Salz bei 100° C. 9,58 bis 9,39 Proc. Wasser leicht und schnell abgab, während ein heiss in derselben Weise erzeugter Niederschlag, der sich nicht augenblicklich nach Mischung beider Salze bildete, bei 110° und selbst bei 150° nicht an Gewicht verlor. Jenes Salz enthielt 56,49 bis 56,79 Proc. Baryterde, dieses dagegen nur 52,74 bis 53,15 Proc. Letz- . teres konnte also bei 150° nicht vollkommen vom Wasser befreit werden, während jenes, so schien es, bei 110° C., leicht wasserfrei erhalten wurde. Bei Wiederholung dieser Versuche fand sich jedoch, dass alle früher erhaltenen differirenden Resultate einzig darauf beruhten, dass die diglycolsaure. Baryterde durch blosses Auswaschen nicht von dem Ueberschuss an Chlor- baryum von dem gebildeten Salmiak befreit werden kann. Der durch Glühen daraus erzeugte kohlensaure Baryt ent- hält stets ziemlich viel Chlorbaryum, mag das Salz noch so sorgfältig gewaschen worden sein. Durch Umkrystallisiren gelingt es aber leicht, das Salz rein zu erhalten. Das so gewonnene verlor bei 100° C., - ja bei 200° C., nur einige Zehntel Milligramme an Gewicht. Die Analyse ergab in dem so getrockneten Salz 53,17 Proc. 2) Diese Zeitschrift Bd. 15. S. 221. 310 Baryterde. Wurde es aber auf 240° C. erhitzt, so verlor es bei zwei Versuchen 6,47 und 6,28 Proc. Wasser und der Rückstand enthielt 57,04 und 56,54 Proe. Baryt. Dem- nach entspricht die Zusammensetzung dieses Salzes ganz der des diglycolsauren Strontians; seine Formel ist €* H* Ba? 0° + H?®. Diglycolsaures Zinkoxyd. Zur Darstellung dieses Salzes hatte ich die Lösung eines neutralen Alkalisalzes der Diglycolsäure mit schwe- felsaurem Zinkoxyd gemischt. Es war ein weisser Nieder- schlag entstanden, der längere Zeit in der Flüssigkeit sich selbst überlassen zum Theil in einzelne grosse, trübe Kry- stalle überging, welche als schiefe rhombische Prismen er- schienen von ähnlicher Form, wie die zuerst beschriebene Form des Hydrats der Paraäpfelsäure. Durch einen un- glücklichen Zufall ging die Schale, worin sich die Krystalle gebildet hatten, mit ihrem Inhalt verloren. Ich hatte mich nur vorher noch davon überzeugt, dass sie in kochendem Wasser sich nicht lösten, aber dadurch völlig milchweiss und undurchsichtig wurden. Dampft man die so verdünnte Mischung jener beiden Salze, dass sogleich kein Niederschlag entsteht, im Wasser- bade stark ein, so setzt sich das Zinksalz der Diglycolsäure in blättrig krystallinischer Form ab. Sammelt man die Kry- stalle auf einem Filtrum, presst sie aus, vertheilt sie wie- der in wenig Wasser, presst sie wieder aus und widerholt diese Operation mehrmals, so erhält man sie vollkommen rein. Durch freiwilliges Verdunsten der Mutterlauge von die- sem Zinksalz entstanden wasserklare kleine Krystalle, die schiefe rhombische Prismen zu bilden schienen. Sie wur- den gepresst, nochmals mit Wasser ‚abgespült und wieder gepresst. Von diesen Krystallchen hatte ich nur sehr we- nig erhalten. Doch erschien mir namentlich eine Wasser- bestimmung wünschenswerth, um den vermutheten Unter- schied dieses in der Kälte krystallisirten von jenem durch Eindampfen gewonnenen Salze festzustellen. Es fand sich dass das erstere Salz 21,35 Proc. Wasser enthielt, während das in der Wärme ausgeschiedene frei von chemisch ge- bundenem Wasser war. 311 Die Analyse der trocknen Substanz hat zu folgenden Zahlen geführt: < I. III. berechnet. Kohlenstoff — — 24,39 24,36 4€e Wasserstoff —. — AST 2.05 4H Zink 32,93 33,06 33,42 33,01 2 Zu Sauerstoff — — 40,02 40,60 50 100. 100. Das in der Kälte krystallisirte Salz enthält 3 Atome H?O, denn ein Salz von der Formel &* H* Zn? 0° + 3H? 0 erfordert 21,51 Proc. Krystallwasser. Die Analyse hat er- geben 21,35 Proc. Diglycolsaures Kupferoxyd. Mischt man die Lösung eines neutralen Alkalisalzes der Diglycolsäure mit Kupfervitriollösung, so entsteht in con- centrirter Lösung sogleich, in verdünnter nach einiger Zeit ein selbst unter dem Mikroskop wenig krystallinisch erschei- nender Niederschlag, der durch Waschen mit Wasser leicht rein erhalten werden kann. Dieses Salz ist in Wasser äusserst Schwer, in Alkohol nicht löslich. In der Hitze bleibt es unverändert, selbst wenn man sie bis 180°C. stei- gert. Erhitzt man stärker, so schwärzt sich das Salz ohne zu Schmelzen. Bei der Analyse des bei 160 bis 180° getrockneten Salzes erhielt ich folgende Zahlen: I. I. berechnet Kohlenstoff — 24,08 24,58 46: Wasserstoff — 2,31 2,05 4H Sauerstoff — 41,40 40,96 5 Kupfer 32,22 32,21 32,41 2 Cu - 100. 100. Bei 160 bis 180° C. hatte dieses Salz 3,13 Proc. Wasser abgegeben. Es scheint noch etwas Wasser chemisch ge- bunden zu sein, welches selbst bei 170 bis 180° nicht voll- kommen ausgetrieben werden kann. Von der Reinheit des- selben habe ich mich überzeugt. Es enthielt keine Spur Schwefelsäure, keine Spur Alkali. Nimmt man an, es seien XIX. 1862. 29 312 noch 1,5 Proc. Wasser in demselben enthalten, so wäre die Zusammensetzung des Salzes folgende: gefunden berechnet Kohlenstofi 24,44 24,58 4 € Wasserstoff 2,17 2,05 4H Sauerstoff 40,69 40,965 5 Kupfer 32,70 32,41 2 Cu 100. 1007 Bei dieser Annahme würde die Gesammtmenge des Wassers 4,6 Proc. betragen. Dies würde der Formel €:11° 93 m ( N 2 entsprechen, welche 4,41 Proc. Wasser verlangt. Diglyeolsaures Bleioxyd. Dieses Salz, welches ich zur Darstellung des Hydrats der Diglycolsäure benutzt habe, wie weiter oben angege- ben ist, bildet sich, wenn eine neutrale Lösung eines digly- colsauren Alkalis mit essigsaurem Bleioxyd versetzt wird. Weder in der Käite noch in der Wärme entsteht der Nie- derschlag augenblicklich nach Mischung der beiden Salze. Bald aber beginnt seine Ausscheidung und nach kurzer Zeit ist dann namentlich, wenn man die Flüssigkeit umrührt, ein starker weisser Bodensatz gebildet, der auf einem Filtrum gesammelt und mit Wasser leicht ausgewaschen werden kann. Dieses Salz bildet kleine, schneeweisse, mikroskopische Krystalle, die entschieden Prismen sind, deren Endflächen mit einander sehr spitze Winkel bilden. Es enthält kein chemisch gebundenes Wasser. Wird es bei 100°C. oder bei 150° C. erhitzt, so verliert es nicht an Gewicht. Stei- gert man aber die Temparatur.bis 200° C. so färbt es sich etwas und nun ist ein wenn auch nur sehr geringer Ge- wichtsverlust bemerklich. Erhitzt man noch stärker, so schwärzt es sich ohne zu schmelzen und hinterlässt end- lich, an der Luft erhitzt, ein Gemisch von Bleioxyd und Blei. In Wasser ist es nicht unlöslich. In Salpetersäure und Salzsäure löst es sich leicht auf. 313 Bei der Analyse dieses Salzes erhielt ich folgende Zahlen: I. I. berechnet Kohlenstoff — 14,16 14,16 46€ Wasserstoff — 1,42 SYS AlE Blei 60,50 61,05 61,06 2 Pb Sauerstoff en 93,37 .2360: 50° 100. 100. Hiernach wird die Zusammensetzung dieses Salzes durch die Formeln 1 4 3) €* Ht Pb? O5 oder ee \ 9? ausgedrückt. Setzt man voraus, dass die Diglycolsäure sich von der Aepfelsäure dadurch unterscheidet, dass jene nur zwei, diese dagegen, wie T. Krug!) nachgewiesen hat, vier Atome Wasserstoff enthält, welche durch Metall vertretbar sind, so darf jene Säure, wenn sie mit überschüssigem basisch essigsauren Bleioxyd bei Abschluss der Luft gefällt wird, nicht mehr Wasserstoff gegen Blei austauschen, als zwei Atome. $ Um diess zu versuchen, verfuhr ich genau nach der Methode, welche mich zu der Entdeckung des sechsbasi- schen zuckersauren und des vierbasischen weinsauren Blei- oxyds geführt hatte?). Als aber die Lösung von saurem diglycolsauren Ammoniak in die kochende, klare Lösung von basisch essigsaurem Bleioxyd einfiltrirt wurde, schied sich nichts ab. Ich liess deshalb die Flüssigkeit, nachdem sie in einen Kolben filtrirt war, in welchem etwas Wasser in starkem Kochen erhalten wurde, 24 Stunden mit einem Kork verschlossen stehen, durch welchen ein mit kauti- schem Kali gefülltes Rohr darauf befestigt wurde. Aber auch nach dieser Zeit, war kein merklicher Niederschlag entstanden. Es ist also auf diese Weise kein diglycolsau- res Bleisalz darstellbar. Das Silbersalz der Diglycolsäure ist schon von Wurtz?) - ı) Zeitschrift f. d. gesammten Naturwiss. Bd. 18. October-Novem- berheft 1861. 2) Poggendorffs Annalen Bd. 111. S. 291*. 2) Compt. rend. T. 51. p. 162. 22 314 untersucht worden, deshalb habe ich mich nicht mit dem- selben beschäftigt. Die Diglycolsäure, welche zu den vorstehenden Unter- suchungen gedient hat, war auf dieselbe Weise dargestellt worden, wie die Quantität. derselben, welche ich früher er- halten hatte. Sie war also als Nebenproduct bei Zersetzung der Monochloressigsäure durch kautisches Natron gewon- nen worden. Zwei Umstände veranlassten mich, eine andere Methode zu ihrer Darstellung aufzusuchen. Einmal ist nach der an- gewendeten eine grosse Menge Monochloressigsäure erfor- derlich, um nur’eine ‘kleine Menge dieser Säure zu erhal- ten, da die allergrösste Menge jener in Glycolsäure über- geht. Ich wünschte also eine vortheilhaftere aufzufinden und dann hoffte ich, eine Methode ausfindig zu machen, die zugleich auf die Constitution der Diglycolsäure ein Licht werfen könnte. In letzterer Beziehung haben die anBestellten Versuche “kein günstiges Resultat geliefert; deshalb will ich diese Versuche nur kurz erwähnen, obgleich sie gerade die Publi- cation dieser Arbeit so lange verzögert haben. Wie schon im Eingang erwähnt, hoffte ich, die Digly- -colsäure durch Einwirkung von glycolsaurem Natron auf Monochloressigsäureverbindungen nach der Gleichung €?H?Na9° + €? H?CIM ®? erzeugen zu können. Glycolsaures Natron erhielt ich theils durch Sät- tigen von reiner Glycolsäure, theils durch Fällung von gly- colsaurem Zinkoxyd durch kohlensaures Natron, Filtriren, Abscheidung eines Restes von Zink durch Schwefelwasser- stoff und Uebersättigung mit Essigsäure. Die eingedampfte Masse ward endlich zur Entfernung des essigsauren Natrons mit Alkohol ausgezogen. Dieses Salz habe ich durch Krystallisation aus ver- dünntem Alkohol in ziemlich grossen, bis sechs Linien lan- gen, zwei Linien breiten Krystallen erhalten, welche die Form der Figur 5. Tafel VIII besassen. Messbar waren nur die Winkel, die Mmit a, b, a’ und die: diese Flächen unter sich 315 bildeten. Denn die Flächen $, die Flächen des rhombischen Prismas waren, wie auch die Zeichnung andeutet, stets et- was gebogen. Die ausführbaren Messungen haben Fol- gendes ergeben: a:M —= 1229 42° «:M = 122 35 b:M = 122 .37 a:b = 140 26 db: = 140 15 $:S ist ein sehr spitzer Winkel (annähernd 32°.) Hiernach sind die Krystalle rhombische Prismen, deren scharfe Seitenkante, die in der Zeichnung nach vorn liegt, sehr. stark abgestumpft ist, so dass sie dadurch Tafelform erhalten, das Ende des Prismas bildet ein Octaäder, das auf die Säule schief aufgesetzt ist und mit der Abstumpfungs- fläche der scharfen Saitenkante nahezu denselben Winkel bildet, wie ein gerade auf letztere aufgesetztes Flächenpaar dessen Kante zuweilen durch die gerade Endfläche abge- stumpft ist. Dieses Salz ist leicht in Wake? er in Alkohol löslich, schmilzt in höherer Temperatur, wirft Blasen und zersetzt sich dann. . Die Lösung in Wasser ist mit merkli- cher Kälteerzeugung verbunden. Bei der Analyse desselben fand ich darin 8,41 und 8,77 Proc. Wasser, das schon bei 150° C. entweicht.. Die trockne Substanz enthielt 31,57 Proc. Natron. Hiernach ist, das Salz der Formel 2(6?H?Na®,)+H?Q® gemäss zu- sammengesetzt. Wird das glycolsaure Natron aus Wasder hrystallisirt, so enthält es im lufttrocknen Zustande noch einmal so viel Wasser. Bei 110. bis..130°C. verlor es 15,95 Proc. Wasser. Diesen Krystallen gebührt die Formel &?H? Na@?-+-H?@. Dieses. glycolsaure Natron verwendete ich zu den Ver- suchen -in vollkommen getrocknetem Zustande. Ich liess es so auf Monochloressigsäurehydrat und auf Monochloressig- säureäther bei Temperaturen von 160° bis 200° C. ein- wirken. Im ersteren Falle hatte sich keine Diglycolsäure aber neben glycolsaurem Natron Glycolid gebildet. Denn als 316 die Masse mit kaltem Wasser gewaschen, der unlösliche Rückstand mit vielem Wasser gekocht und die kochende Flüssigkeit filtrirt wurde, setzte sie beim Erkalten ein wei- sses Pulzer ab, das alle Eigenschaften des Glycolid besass. Bei der Analyse lieferte es folgende zahlen: gefunden berechnet Kohlenstoff 40,72 41,336 122€ Wasserstoff 3,70 345 2H Sauerstoff 55,58 55,17 29 } 100. 100. Bei der Einwirkung des Monochloressigsäureätners auf glycolsaures Natron bei Gegenwart von Alkohol entsteht, wie ich schon früher angegeben habe !) Glycolsäureäther und Chlornatrium. Werden beide Körper ohne Alkoholzu- satz im zugeschmelzten Rohre erhitzt, so bildet sich Gly- colid und Glycolsäureäther. Diglycolsäure konnte in dem Producte nicht gefunden werden. Die Zersetzung erfolgt also nach der Gleichung €?H?(€?H?°) C1O?-+-€?H?Na 0° = €?H?9?-+€?H?(€?H°)0°+NaCl. Nur einmal, als ich Monochloressigsäureäther mit gly- colsaurem Natron und nur wenig Alkohol im zugeschmelz- ten Rohr erhitzt hatte, war eine sehr kleine Menge Digly- colsäure gebildet worden, die ich an der Schwerlöslichkeit des Baryt- und sauren Ammoniaksalzes und an den Kry- stallen des letzteren erkannte. Der Versuch, durch Einwirkung der Hitze auf ein Ge- misch von Glycolid und Glycolsäurehydrat in der Weise Diglycolsäure zu erzeugen, wie es Wurtz gelungen ist, aus Aethylenoxyd und Glycol Diglycol zu erhalten, führte ebenfalls nicht zu einem günstigen Resultat. Auch durch starkes Einkochen von glycolsaurem Na- tron mit überschüssigem Natronhydrat über freiem Feuer, bis alles Wasser verdunstet war, erhielt ich kein diglycol- saures Salz, wie auch durch Kochen von Glycolid mit Kali- hydratlösung nur glycolsaures Kali gebildet wird. !) Poggendorffs Annalen Bd. 114, $. 448.* 317 Ein Versuch monochloressigsaures Natron mit glycol- saurem Natron gemischt zu erhitzen, führte ebenfalls zu keinem günstigen Resultat. Das zu diesem Versuch dienende monochloressigsaure Natron war einfach durch Sättigen der wässerigen Lösung der Säure mit kohlensaurem Natron in der Kälte darge- stellt worden. Die Lösung ward unter der Luftpumpe ver- dunstet, wobei keine deutliche Krystallisation eintrat. Als eine Probe des Salzes auf diese Weise vollkommen ge- trocknet war, wurde sie im Luftbade erhitzt. Sie erhielt sich vollkommen unverändert bei einer Temperatur, die 100° C. nicht ganz- erreichte. Bei 100° C, aber ‘oder et- was darüber schmolz sie, wurde braun, und blähte sich in Blasen auf. Unter 100° C. lässt sich das Salz aber vollkommen vom- Wasser befreien, wie folgende Analysen lehren: I. 0,3495 Grm. der bei 100° C. getrockneten Substanz hinterliessen bei sehr schwachem Glühen 0,1754 Grm. rei- nen Chlornatriums, entsprechend 50,19 Proc. II. Aus ebenso behandelten 0,3682 Grm. erhielt ich 0,1837 Grm. oder 49,89 Proc. Chlornatrium. In beiden Fällen war dieses Salz frei von kohlensau- rem Natron. Der Rechnung gemäss soll das wasserfreie monochloressigsaure Natron 50,28 Proc. Chlornatrium hin- terlassen. Dieses ganz wasserfreie Salz liefert, wenn es mit gly- colsaurem Natron genau gemischt und bis 140, 160 oder 180° C. erhitzt wird, keine Diglycolsäure. Ein anderer Versuch, durch höhere Temperatur gly- colsaures Natron in diglycolsaures Salz umzuwandnln, ge- lang ebenfalls nicht, führte aber zu einigen nicht uninter- essanten Beobachtungen, die deshalb hier kurz erwähnt werden sollen. Das bei 100° C. sein Krystallwasser verlierende gly- colsaure Natron fängt erst bei 210°C. an, etwas gelb zu werden. Bei 230° ist es geschmolzen und immer noch we- nig gefärbt. Bei 260° C. wird es braun und nimmt lang- sam an Gewicht ab. Es entweicht dabei Kohlensäure und ein kaum sauer reagirendes Wasser, se wie ein gelbliches, 318 brenzlich und entfernt dem Krausemünz- oder spanisch Hopfenöl ähnlich riechendes Oel destillirt ab. In dem Rückstande in der Retorte kann neben viel unzersetzter Glycolsäure Oxalsdure und Kohlensäure leicht nachgewiesen werden, Diglycolsäure aber ist nicht darin enthalten. Scheidet man die Oxalsäure durch Chlorcaleium ab, filtrirt und dampft das Filtrat kochend ein, so setzt sich daraus ein in kochendem Wasser schwerer als in kaltem löslicher Niederschlag ab, den zu untersuchen von Inter- esse war, da er sich ähnlich wie äpfelsaurer Kalk verhielt. Deshalb -verwandelte ich ihn durch kohlensaures Am- moniak in Ammoniaksalz und fällte die neutrale kochend- heisse Lösung desselben mit kochender Lösung von essig- saurem Bleioxyd, wobei ein theils amorpher, theils aus äusserst kleinen, feinen, mikroskopischen Nädelchen beste- hender Niederschlag entstand. Bei Zersetzung dieses vor- her ausgewaschenen Salzes durch Schwefelwasserstoff und Verdunsten wird die Säure in Form eines gelben Syrups erhalten. Die Menge derselben war bei meinen Versuchen so gering, dass ich nur wenige Versuche damit anstellen konnte. Ein krystallisirbares Kalksalz daraus zu gewinnen gelang nicht, und die Analyse des Bleisalzes brachte es zur Evidenz, dass die Säure nicht Aepfelsäure war. Sie lieferte folgende Resultate: 16 II. Il. berechnet. _ Kohlenstoff — 22,83 22,01 22,70 146 Wasserstoff — 2,01 2,07 1,89 14H Blei 59,63 59,80 55,77 95,96 4Pb Sauerstoff — 19,36 19,65 19,45 96 210077 1710038 20, 1002, Diese Analysen können nur dazu dienen, darzuthun, dass die erhaltene Säure weder Aepfelsäure noch Diglycol- säure ist, sondern eine neue Säure seyn muss. Die Formel €!*H1:pp*Q° soll aber nur die‘ relativen Mengen der Be- standtheile des analysirten Bleisalzes ausdrücken. Sie er- laubt keinen Rückschluss auf die Zusammensetzung der darin enthaltenen Säure, weil das Bleisalz gewiss noch nicht rein war. Mangel an Material, wie an Zeit hat mir 319 bis jetzt nicht erlaubt, die Versuche mit dieser Säure fort- zusetzen. Beim Erhitzen des Hydrats der Glylolsäure auf 200 bis 240°C. bildet sich etwas Diglycolsäure, aber in zu ge- ringer Menge, um diesen Umstand zur Darstellung der Säure nützen zu können. Bei anhaltenderem Erhitzen ent- steht hierbei aber Glycolid, dass jedoch sehr dunkel braun gefärbt ist. Stellt man diesen Versuch in einem Destilla- tionsapparat an, so entweicht ein saures Wasser, das sehr stark nach Dioxymethylen riecht, dessen Vorhandenseyn auch daran erkannt werden kann, dass, wenn dieses Was- ser mit Barythydrat in geringem Ueberschuss versetzt und gekocht wird, an Stelle des Geruchs desselben, der nach Melasse auftritt. Hiernach ist nicht zu zweifeln, dass bei der Erhitzung der Glycolsäure über 200° Dioxymethylen gebildet wird. Daher mag auch das Dioxymethylen seinen Ursprung ge- nommen haben, welches ich!) bei der Destillation der Aeth- oxacetsäure erhielt. Dabei entsteht zunächst Aethoxacet- säureäther und Glycolsäure, die, wie wir nun wissen, bei der Kochhitze jener Säure (fast 200°) in Dioxymethylen übergehen kann. Sollte das Dioxymethylen nicht als der Aldehyd des näheren (typischen) Radixals der Glycolsäure angesehen werden können? Seine Formel würde dann sein ine l. H | Bei der Sättigung dieser Dioxymethylen enthaltenden Flüssigkeit durch Barythydrat trübte sie sich, und der weisse Niederschlag bestand aus diglycolsaurer Baryterde, welche durch kohlensaures Ammoniak:in das charakteristische saure Ammoniaksalz verwandelt werden konnte. Da die Monochloressigsäure auch durch blosses Ko- chen mit Wasser zersetzt wird, so war es von Interesse, zu untersuchen, ob bei dieser Zersetzung neben Glycol- säure auch Diglycolsäure entstehe. In den Produkten der 1) Poggendorff’s Ann. Bd. 114, S. 470. \ 320 Zersetzung fand sich jedoch diese Säure nicht, wohl aber reichlich Glycolsäure. Dampft man die mit Wasser gekochte Monochloressigsäure im Wasserbade ein, so bleibt ein Rück- stand, der sich in Wasser nicht ganz löst. Das weisse Pulver, welches zurückbleibt ist Glycolid. Bei der Analyse desselben erhielt ich folgende Zahlen: gefunden ‚berechnet Kohlenstoff 40,24 41,38 26 Wasserstoff 4,01 3,45 2H Sauerstoff 55,75 55.17 20 100 100. Zwar stimmt das Resultat der Analyse mit der Rech- nung nicht vollkommen überein. Es scheint mir aber wahr- scheinlich, dass die Substanz noch etwas Wasser enthielt, das in der Hitze einen Theil des Glycolids in Glycolsäure- hydrat verwandelte. Das Glycolid war in diesem Falle offenbar durch Ein- wirkung der gebildeten Salzsäure auf Glycolsäurehydrat entstanden. Mit der Thatsache, dass Diglycolsäure in saurer Flüs- sigkeit aus Monochloressigsäure nicht entsteht, scheint eine Beobachtung im Widerspruch, die ich gelegentlich machte, die mich aber schliesslich zu einer Methode geführt, die Diglycolsäure in reichlicheren Mengen darzustellen. Ich hatte nämlich durch Einleiten von salzsaurem Gas in eine grössere Menge in absolutem Alkohol gelöster Monochlor- essigsäure den Aether dieser Säure dargestellt, der aus der Flüssigkeit durch Wasser gefällt wurde. Die von dem Ae- ther getrennte Flüssigkeit hatte ich im Wasserbade zur Trockne verdunstet und den nicht bedeutenden Rückstand, um glycolsaure Kalkerde darzustellen, mit Kalkhydrat ge- kocht. Die filtrirte Flüssigkeit setzte aber beim Erkalten eine reichliche Menge der Krystalle des diglycolsauren Kalks ab. Eine Probe des umkrystallisirten Kalksalzes gab näm- lich in Wasser gelöst und mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt einen weissen Niederschlag, der sich in der Koch- hitze nicht, wohl aber in überschüssigem Ammoniak löste und durch Kochen sich in dieser Lösung nicht schwärzte. 321 Das glycolsaure Silberoxyd wird in nur schwach ammonia- kalischer Lösung im Kochen zersetzt, so dass sich ein dunk- ler Silberspiegel absetzt. Freilich, wenn die Menge des überschüssigen Ammoniaks gross ist, so bleibt, wie ich mich überzeugt habe, die Flüssigkeit auch klar. Die Kry- stalle des Kalksalzes verloren auf 180 bis 200° C. erhitzt 38,42 und 37,95 Proc. Wasser und enthielten 20,03 und 20,18 Proc. Kalk. Der Theorie nach enthalten sie 38,57 Proc. Wasser und 20 Proc. Kalk. Die Bildung des diglycolsauren Kalks bei dieser Gele- genheit konnte durch Einwirkung des Aethers auf das Hy- drat der Monochloressigsäure, oder durch Zerlegung des Monochloressigsäureäthers durch Kochen mit Wasser ge- schehen sei. Aber directe Versuche lehrten, dass unter diesen Umständen keine Diglycolsäure entsteht. Im letzte- ren Falle wird der Aether allerdings zersetzt, aber in Alko- hol und in Monochloressigsäure, die dann natürlich weiter in Glycolsäure und Salzsäure zerlegt wird. Im ersteren Falle dagegen war bei meinem Versuch aus der Monochlor- essigsäure der Aether derselben gebildet worden, so dass durch Wasser mehr davon ausgeschieden wurde, als zu dem Versuche angewendet worden war. Diese Versuche erklären also die Thatsache nicht, wes- halb der Rückstand von der Monochloressigsäureätherbe- reitung durch Kochen mit Kalk eine so reichliche Krystal- lisation von diglycolsaurem Kalk lieferte. Sie waren aber so vielfach abgeändert, dass fast keine andere Möglichkeit blieb, als dass der Rückstand von jener Aetherbereitung Monochloressigsäure gewesen und diese durch Kochen mit Kalk und vielem Wasser nicht in Glycolsäure, sondern in Diglycolsäure übergeführt werde.- Deshalb übergoss ich einige Grammen Monochloressig- säure in einem geräumigen Kolben mit vielem Wasser, über- sättigte die Lösung mit Kalkhydrat und kochte sie so lange bis sie wieder sauer reagirte. Dann wurde wieder etwas Kalkhydrat hinzugefügt und dies so lange wiederholt, bis die alkalische Reaction selbst nach längerem Kochen nicht mehr verschwand. Nun leitete ich durch die kochende, vollkommen farblose Flüssigkeit Kohlensäure und filtrirte, 322 nachdem der überschüssige Aetzkalk in kohlensauren Kalk verwandelt war, kochend heiss. Beim Erkalten des Filtrats setzte sich eine reichliche Krystallisation von diglycolsau- rem Kalk ab, der vollkommen ungefärbt war. Die hier- von abfiltrirte Flüssigkeit dampfte ich im Wasserbade zur Trockne ein und erhitzte den Rückstand mit absolutem Al- kohol, um das Chlorcaleium auszuziehen. Sowohl diglycol- saure als glycolsaure Kalkerde ist in Alkohol unlöslich. Es entstand ein weisser Niederschlag, der auf einem Fil- trum gesammelt, gewaschen und gepresst und endlich aus Wasser umkrystallisirt wurde. Auch er lieferte noch eine bedeutende Menge diglycolsaurer Kalkerde. Als die davon geschiedene Flüssigkeit einige Zeit stehen blieb, erstarrte sie, und die nun ausgeschiedenen feinen Krystallchen be- standen aus glycolsaurer Kalkerde. Bei der Einwirkung ‘des Kalkhydrats auf Monochlor- essigsäure war also neben Diglycolsäure auch etwas, aber nur eine verhältnissmässig sehr geringe Menge Glycolsäure gebildet. Dass das zuerst krystallisirte Salz wirklich diglycol- saurer Kalk war, geht daraus hervor, dass es bei 180 bis 200° C. 36,36 Proc. Wasser verlor und dass das trockne Salz 23,29 Proc. Calcium enthielt. Die wasserfreie diglycolsaure Kalkerde enthält 23,26 Proc. Caleium. In der krystallisirten diglycolsauren Kalk- erde sind zwar 38,5 Proc. Wasser, allein die analysirte Substanz enthielt sicher eine kleine Menge eines an Was- ser ärmeren Salzes. Denn kocht man die nadelförmigen Krystalle des diglycolsauren Kalks mit. wenig Wasser, SO zerfallen sie zu einem Pulver. Dieses entschieden an Was- ser ärmere Salz war ohne Zweifel dem sechs Moleeüle Was- ser (HO*) enthaltenden in Nadeln krystallisirten Salz in kleiner Menge beigemischt, und daher der Zurz zu 'ge- ring gefundene Wassergehalt. Wenn es mir auch richt gelungen ist, eine Methode der Darstellung der Diglycolsäure aufzufinden, durch wel- che der Nachweis geliefert würde, dass diese Säure zwei Atome Glycolyl enthält, so sind die vielen deshalb ange- stellten Versuche doch Veranlassung gewesen, dass ich 323 eine Methode fand, durch welche fast die ganze Menge der Monochloressigsäure in Diglycolsäure übergeführt wird, durch welche es also gelingt, diese Säure auf sehr einfache Weise in reichlicher Menge darzustellen. Den erst erwähnten Be- weis zu führen, ist aber auch deshalb minder erforderlich, als Wurtz’s Methode der Darstellung dieser Säure, jene Annahme zur Genüge rechtfertigt. Zur Kenntniss des Verwesungsprocesses Taf. IX. von ex H. Karsten. Zweiter Beitrag. Mitgetheilt aus Poggend. Ann. Bd. 115. S. 343 von dem Verfasser. Oxydation der in der Atmosphäre enthaltenen gasförmigen Kohlenstoff- verbindungen. Die von mir im Bd. 109, S. 346 von Poggendorff’s Annalen mitgetheilten Versuche über die Oxydation kohlenstoffhaltiger, organischer Verbindungen lieferten den Beweis, dass diese Körper mit‘ dem Sauerstoffe der Atmosphäre bei gewöhn- licher Temperatur sich zu Kohlensäure und Wasser verbin- den, dass die Gegenwart von stickstoffhaltigen Verbindun- gen, welche bisher die Chemie anzunehmen für nöthig hielt, um den Verwesungsprocess einzuleiten, nicht, von Bedeutung für den Oxydationsprocess ist, dass selbst reine Kohle in der Luft auch bei gewöhnlicher Temperatur, nur langsamer sich zu Kohlensäure oxydirt, wie dies durch Er- höhung der Temperatur in beschleunigter Weise geschieht. Ferner zeigte ich dort, dass auch unter Wasser be- findliche organische Kohlenstoffverbindungen mit dem Sauer- stoffe der Luft in hinreichende Berührung gebracht, Koh- lensäure geben und zwar in grösserer Menge als im trock- nen Zustande. Bei unvollkommener Einwirkung des Sauer- stoffgases gehen sie in diesem Zustande in Fäulniss über, d.h. sie geben neben Kohlensäure auch Kohlenwasserstoff- gase und andere gasförmige, bisher meistens nicht genau 324 bekannte Verbindungen; während sie bei vollkommenem Abschlusse des Sauerstoffs unverändert bleiben !). Es blieb nun nach dem Abschlusse jener Untersuchun- gen noch übrig zu bestimmen, wie sich diese gasförmigen Kohlenstoffverbindungen des Fäulnissprocesses und die ne- ben ihnen in der Atmosphäre vorhandenen dampfförmigen und festen organischen Körper (Riechstoffe ete.) während ihrer Verbreitung in der Atmosphäre verhalten; welche für den Lebensprocess des thierischen Organismus (als Miasmen) von so hoher Bedeutung sind. Schon die Ergebnisse jener Arbeit machten es höchst wahrscheinlich, dass auch diese Kohlenstoffverbindungen in Berührung mit freiem Sauerstoffe in ähnlicher Weise wie jene verändert werden würden, doch schien es mir im In- teresse der Wissenschaft erwünscht, durch das Experiment diese Vermuthung zu bestätigen. Zwei Methoden boten sich zu diesem Zwecke dar, die als sich einander ergänzend, beide auszuführen waren. Erstens nämlich muss atmosphärische Luft, welche flüchtige Kohlenstoffverbindungen enthält, wenn sie durch eine Kette von abwechselnd mit atmosphärischer Luft und mit Kalhwasser angefüllten Behältern geleitet wird, an je- den der letzteren so lange Kohlensäure abgeben, bis alle in ihr enthaltenen Kohlenstofiverbindungen gänzlich 0xy- dirt sind und zwar in den ersten Behältern grössere in den letztern geringere Mengen von. Kohlensäure, wenn die zwi- schen ihnen eingeschalteten lufterfüllten Räume, gleich gross sind. Zweitens muss atmosphärische Luft, die mit Kohlen- stoffverbindungen geschwängert ist, nachdem sie geglüht wurde, nur an den ersten mit Kalkwasser oder Kalihydrat gefüllten Apparat Kohlensäure abgeben, durch diesen von 1) Dass auch durch lebende Pflanzen unter gewissen Umständen Kohlenwasserstoff- und Kohlenoxyd-Gas ausgeschieden wird, wurde während der Ausführung der hier mitgetheilten Versuche durch B ous- singault (Compt. rendus Nov. 1861) nachgewiesen, so wie Pasteur andererseits auf eine grössere Quantität fester organiseher Stoffe, welche in der bewegten Atmosphäre sich schwebend erhalten, aufmerksam ge- macht hat. (Annales de chimie 1862 Jan.) 325 Kohlensäure befreit, dann jedoch nichts mehr an die übri- gen, durch welche sie darauf geleitet wird. Die erste dieser beiden Methoden war schon von den HH. Ch. W. Eliot, Frank und H. Storer ausgeführt . worden; da diese Chemiker jedoch ihre Versuche zur Be- antwortung einer andern Frage anstellten, und ich über- diess nicht wusste, ob bei ihren, übrigens mit grosser Sorg- falt ausgeführten Versuchen, die Berührung der untersuch- ten Luft mit den zur Verbindung der verschiedenen Appa- rate angewendeten organischen Substanzen (Kork, Kau- tschuck), welche nothwendiger Weise das Resultat trüben mussten, vermieden worden war, wiederholte ich selbst dieselben. Tafel IX, Figur 2. zeigt einen der mit Kalkwasser gefüllten Apparate, deren ich mich mehrerer, zu einer zu- sammenhängenden Kette verbunden, zu meinen Versuchen bediente. Der Pfropfen a ist mit einer hinreichenden Schicht von Quecksilber bedeckt, um die durch das aufgesetzte Rohr b hindurchstreichende atmosphärische Luft an der Be- rührung mit demselben zu hindern. Das Quecksilber wird durch die sehr langausgezogene Spitze des Rohres 5b in dasselbe vermittelst eines anderen, ähnlichen, noch länger und dünner ausgezogenen, als Stech- heber dienenden Rohres eingefüllt. Vor dem Füllen der Apparäte mit Kalkwasser wurde die darin enthaltene Luft durch kohlensäurefreie Luft er- setzt; ebenso wurde das Rohr b, welches zwei Apparate mit einander verbindet, sogleich nach dem Aufsetzen auf den Pfropfen vermittelst eines langausgezogenen Rohres mit kohlensäurefreier Luft gefüllt, dann das Quecksilber hineingefüllt, hierauf wieder in dasselbe entkohlensäuerte Luft hineingetrieben (um die etwa während der letzten Operation hineingetretene atmosphärische Luft zu entfer- nen) und dann dasselbe sofort in der Mitte seiner lang aus- gezogenen Spitze rasch zugeschmolzen. Die zur Untersuchung durch den Apparat geleitete Luft wurde nicht hindurchgesogen, sondern hineingedrückt, 326 wodurch um so mehr der Eintritt von Luft an einer etwa nicht schliessenden Verbindungsstelle vermieden wurde 9). Bei der Ausführung der ersten Methode, ungeglühte atmosphärische Luft durch den Apparat zu leiten, die dann, während der andauernden Oxydation der in ihr enthaltenen Kohlenstoffverbindungen, in allen, besonders aber in den ersten Apparaten etwas kohlensauren Kalk erzeugen musste, ersetzte ich eins der kleinen Röhren 5b durch ein sehr gro- sses 200 Cubikcentimeter enthaltendes Rohr, in welchem sich, falls meine Voraussetzung richtig war, eine grössere Menge von Kohlensäure bilden musste, als in den kleinen Röhren, mithin der auf diess Rohr folgende mit Kalkwas- ser gefüllte Apparat nach Beendigung des Versuches mehr kohlensauren Kalk enthalten musste, als der zunächst vor- hergehende. 120 Liter Luft wurden so langsam, in einzelnen Bla- sen, durch den Apparat hindurchgepresst, dass in 12 Stun- den etwa 5 Liter hindurchgingen. Um diese zu dem Versuche verwendete atmosphäri- sche Luft von der in ihr enthaltenen Kohlensäure zu reini- gen, wurde dieselbe, bevor sie in das Kalkwasser trat, durch drei mit Kalihydrat gefüllte Apparate geleitet. Wie früher (Poggend. Ann. CIX. 349) beschrieben, bildet sich nicht der weisse undurchsichtige Niederschlag von koh- lensaurem Kalke an den Wandungen des Glasrohres bei der Eintrittsstelle der Kohlensäure in das Kalkwasser, wenn die in dasselbe eintretende Menge Kohlensäure sehr ge- ringe ist (besonders in der Kälte), sondern nur Krystalle von wasserhaltigem kohlensaurem Kalk, die sich auf dem Boden und an den Wandungen der Glaskugel neben etwas gallertartig aussehendem Kalkhydrat absetzen. Da nämlich die durch den Apparat geleitete Luft in der concentrirten Lösung von Kalihydrat, durch die es zuerst hindurchgeht, sehr ausgetrocknet wird, führt sie aus der concentrirten !) Uebrigens war bei dem Beginne des Versuches der ganze Ap- parat vollkommen luftdicht hergestellt, und es trat keine Lockerung der Verschlüsse während der Dauer des Versuches ein. 327 Aetzkalklösung Wasser fort, weshalb sich etwas Kalkhydrat ausscheidet. Schon nachdem 60 Liter Luft durch den Apparat ge- presst waren, zeigte Sich an dem untern in das Kalkwas- ser reichenden Ende des ersten Rohres desjenigen Appa- rates, welcher auf das grosse lufterfüllte Rohr folgte, auf seiner inneren Wandung der bekannte weisse Beschlag von kohlensaurem Kalk, während alle Röhren der übrigen Ap- parate noch bei Beendigung des Versuchs frei von demsel- ben waren. Dem entsprechend enthielt auch dieser Appa- rat eine grössere Menge von krystallisirtem kohlensauren Kalk wie die übrigen, welche, wenn auch unwägbare Men- gen doch deutlich Spuren von demselben erkennen liessen und zwar durch die Entwicklung von Luftblasen, wenn nach der Entfernung des Kalkwassers durch kohlensäure- freie Luft einige Tropfen Salzsäure auf den Absatz ge- bracht wurden. Das Ergebniss dieses einen Versuches allein beweist jedoch noch nicht die Richtigkeit der Voraussetzung einer in der Atmosphäre andauernd vorsichgehenden Oxydation von Kohlenstoffverbindungen; es könnte demselben entge- gengesetzt werden, dass die Lösung von Kalihydrat nicht hinreichend gewesen sey, die schon in der Atmosphäre vorhandene Kohlensäure zu binden, oder auch, dass eine Lösung von Kalihydrat oder Kalkwasser überhaupt nicht im Stande sei, die atmosphärische Luft gänzlich von Koh- lensäure zu befreien. Die letztere Ansicht ist wirklich von sehr tüchtigen Chemikern, z. B. von den Hrn. Eliot und Storer aufgestellt worden, und diese führten in der Ab- sicht, die Richtigkeit derselben zu beweisen, ihre in den Proceedings of the american Academy of arts and sciences Sept. 1860 veröffentlichten Versuche aus. Wie erwähnt scheinen diese Chemiker nicht die noth- wendigen Maassregeln getroffen zu haben, die von ihnen untersuchte Luft während des Durchstreichens durch ihre Apparate von der Berührung mit organischen Substanzen fern zu halten, so dass eine zweifache Fehlerquelle das XIX. 1862. 23 328 Ergebniss ihrer Versuche trübte ’). Die eine derselben ver- mied ich durch die oben gezeigte Zusammenstellung meines Apparats. Das Vorhandensein der zweiten bestätigte sich durch meinen zweiten Versuch, bei welchem ich die Luft, vor dem Durchgange durch den Apparat, in einem 1 Meter langen und 15 Centimeter weiten, mit Kupferoxyd gefüllten Platinrohre glühte, so dass alle etwa in der Atmosphäre enthaltenen, gasförmigen Kohlenstoffverbindungen durch diese Operation in Kohlensäure verwandelt sein mussten, bevor sie durch die Kali- und Kalk- Be gewa- schen wurde. Auch hier wurde, wie in eh ersten Versuche, die zu prüfende geglühte Luft zuerst durch drei der oben gezeich- neten, mit Kalihydrat gefüllten Apparate und dann erst durch Kalkwasser geleitet. Ebenso wurden auch bei die- sem Versuche 120 Liter atmosphärische Luft und zwar während 12 Stunden etwa 5 Liter Luft durch den Appa- rat geleitet. Nach Beendigung dieses Versuches erschienen alle -mit Kalkwasser gefüllten Apparate vollkommen unverän- dert (ausgenommen, dass sich ihr flüssiger Inhalt etwas verringert hatte) Krystalle hatten sich nicht abgeschieden, dagegen, ebenso wie bei dem ersten Versuche, etwas gal- !) Die Bildung von Kohlensäure in einem Kautschukrohre durch die Oxydation desselben während des Durchgangs von atmosphärischer Luft ist ganz bedeutend. An das Ende des oben beschriebenen Appa- rates brachte ich ein fusslanges, rabenkieldickes Rohr von sogenanntem vulkanisirten Kautschuk, welches mit einem mit Kalkwasser gefüllten Kugelapparate in Verbindung stand, in welchem die durch das Kaut- schukrohr geleitete kohlensäurefreie Luft nochmals gewaschen wurde. Nach Beendigung des oben beschriebenen Versuches, war die ganze unter Kalkwasser stehende Oberfläche des Glasapparates mit Krystallen von kohlensaurem Kalke bedeckt. Um annähernd quantitativ (die in dem Kautschukrohre gebildete Kohlensäure zu bestimmen, liess ich während 14 Wochen durch ein 3,2 Meter langes Kautschukrohr, dessen innerer Durchmesser 4,7mm betrug, einen sehr langsamen Strom trockner, koh- lensäurefreier Luft hindurchgehen, die dann durch eine gewogene Quan- tität von Kalihydrat gewaschen und darauf wie in Poggdfi’s Annalen Bd. 109, 8.349 beschrieben, durch Chlorcaleium getrocknet wurde. Die gewogenen Apparate hatten nach Beendigung des Versuchs um 0,1166 Grm. zugenommen. 329 lertartiges Kalkhydrat. Eine Gasentwicklung, nach dem Hinzuthun von Salzsäure, unter oben angegebenen Vor- sichtsmaassregeln, konnte bei der aufmerksamsten Beobach- tung nicht erkannt werden; es hatte sich augenscheinlich kein kohlensaurer Kalk gebildet. Dieser Versuch beweist demnach ersiens, dass eine Lösung von Kalihydrat die in der Atmosphäre enthaltene Kohlensäure vollkommen zu absorbiren vermag, und zwei- tens, dass vorsichtig und hinreichend geglühte Luft, nach- dem sie durch Kalihydrat geleitet ist, frei von Kohlen- säure ist und bleibt; während ungeglühte Luft durch den- selben Apparat geleitet und durch die gleiche Menge Kali- hydrat gewaschen, noch ferner deutlich erkennbare Mengen von Kohlensäure an letzteres abgiebt, die sich also wäh- rend des Durchgangs der Luft durch den Apparat gebildet haben muss. Schliesslich kann ich nicht unterlassen, Herrn Dr. Finkener meinen Dank hierdurch öffentlich auszusprechen für seine bereitwillige Unterstützung bei Zu- sammenstellung der complicirten Apparate im Laboratorium des Hrn. H. Rose. Mittheilungen. Limulus Decheni aus dem Braunkohlensandstein. bei Teuchern. In der Gegend von Teuchern Prov. Sachsen, findet sich eine ausgezeichnete tertiäre Sandsteinbildung südwestlich von dem genannten Orte bis nach den Dörfern Schortau, Schölkau und Reissen sich erstreckend, welche in einem Dreiecke je eine Stunde etwa von einander entfernt liegen. Der Sandstein wird von san- digem Lehme oder auch von Lehm, gelbem oder ganz weissem Sande bedeckt, besteht bei Schortau aus einem feinkörnigen, fe- sten Sandsteine, bis 15° mächtig durch mehr oder wenige hori- zontale und verticale Klüfte in Blöcke von verschiedener Grösse getheilt. Die obere Partie der Sandsteinlage, so wie deren Aus- gehendes ist meistens sehr dicht, von ebenem und muscheligem Bruche und hat z. Th. das Ansehen einer gefritteten Quarzsand- masse oder von Biscuit. Bei Schölkau ist der ebenfalls weisse 3a 330 Sandstein nur noch 2 bis 3 Fuss mächtig und ist noch dazu in unregelmässige Blöcke zerklüftet. Eben so bricht der Sand- stein bei Reissen, in einer Mächtigkeit von 6 bis 8° auftretend, so unregelmässig, dass er eben so wenig wie der vorige, als Baumaterial so gesucht wird als der Schortauer Sandstein. Bei Reissen wird die dichte Varietät von Sandstein nicht mehr ge- funden, sondern nur die feinkörnige. Der Sandstein wird von einem 2—18‘° mächtigen Flötze einer z. Th. hellgelben, sehr bituminösen („schmierigen“) Braun- kohle unterteuft, welche in den Steinbrüchen gleichzeitig mit dem Sandsteine gewonnen wird. In einem Steinbruche bei Schortau, auf einer 15° mächti- gen Sandsteinbank angelegt, welche von 10° Lehm bedeckt wird und unter welcher 1—2‘ Sand und Sandsteinstücke, 5° Braun- kohle, 2° Thon und weisser Sand liegen, fanden sich, und zwar in der untern Partie des Sandsteins Dicotyledonenblätter, deren Bestimmung noch erfolgen soll und bei 2’ Tiefe in Sandsteinen eine circa 4' lange, 5“ und 2!/,‘ weite Höhlung, an dem einen Ende sich zuspitzend, welche offenbar von einem Stücke Coni- ferenholz herrührte. Stark hervortretende Jahresringe und Aeste waren sehr scharf abgedrückt; das Holzstück war an den Kanten abgerundet und wahrscheinlich ein Stück Treibholz gewesen. Die Holzsubstanz war völlig verschwunden, eine schwache Lage von Eisenoxydhydrat bedeckte zum Theil die Flächen der Höhlung. An einer benachbarten Localität, an welcher 4 — 6' gelber und weisser, lockerer Sand den Sandstein bedeckt, wurde kürzlich ebenfalls eine aber weit kleinere Höhlung gefunden, welche an- scheinend ebenfalls einem Coniferenholzstücke ihre Entstehung verdankt, die aber nicht leer, sondern mit zu Sandstein verfeste- tem Sande ausgefüllt war. Der interessanteste Fund in dem Schortauer Sandsteine ist aber derjenige eines Limulus, welcher etwa 6‘ tief mitten im fe- sten Gesteine angetroffen wurde. Die Länge des ziemlich gut erhaltenen und nur in der Mitte des Kopfschildes etwas zusam- mengequetschten Abdruckes, aus einer Patrize und einer Matrize bestehend, ist, vom Ende des Kopfschildes bis zu demjenigen des Abdominalschildes gemessen, 8“ Rheinl. Maass, die grösste Breite des Kopfschildes 6°/, Zoll, die Länge des Abdomens 3 Zoll, seine grösste Breite 4°/; Zoll. Die Schale, welche grössten- theils noch auf der Patrize sitzen geblieben ist, hat eine Stärke von 21/, bis 3 Linien und ist in Sandstein verwandelt; sie würde, scheint es, völlig abgelöst werden können. Auf dem Abdominalschilde befinden sich 13 Linien von einander entfernt zwei Reihen von je 5 Kerben auf beiden Seiten der mittleren Furche; die beiden ersten Kerben sind 5 Linien von der mit dem Kopfschilde gebildeten Fuge entfernt; jede Reihe nimmt ei- ne Länge von 1°/, Zoll ein, so dass die letzten Kerben noch 331 14/, Zoll vom Ende des Abdominalschildes liegen. Die ersten 3 Kerben jeder Reihe sind je 1!/, Linien und die beiden andern 1 Linie lang; von Randstacheln am Abdominalschilde, wie solche an den lebenden Limulus vorhanden, ist nichts zu bemerken; ebenso sind die Augenhöcker am Kopfschilde nicht mehr vor- handen und scheinen bei der Versteinerung bereits abgerieben gewesen zu sein. Die Mitte des Kopfschildes befindet sich 24/, Zoll über dem untern Rande desselben. Ich erlaube mir für diesen in der Tertiärformation noch nicht aufgefundenen neuen Limulus, zu dessen specieller Beschreibung ich Herrn Giebel in den Stand setzen zu können hoffe, den Na- men Limulus Decheni in Vorschlag zu bringen. Halle, den 31. April 1862. C. Zincken. Literatun Meteorologie, Mittler Thermometer- und Barome- terstand in Basel nach Merians Beobachtungen im J. 1860 und in Aschaffenburg nach Kittels Beobachtungen im Jahre 1859. Aschaffenburg. Basel. Januar 332,752 + 0,7330 2,80 Februar 330,086 2,898 —0,9 März 329,850 5,748 42,8 April 326,835 8,232 6,1 Mai 326,480 12,319 117 Juni 327,950 16,080 12,9 Juli 328,975 18,978 13,3 August 328,032 17,106 13,2 September 327,541 11,789 10,9 October 326,177 9,179 7,8 November 328,709 2,695 2,3 December 327,073 —. 0,835 1,0 2,08 Die Aschaffenburger Mittel sind aus den dreimaligen täglichen Be- obachtungen, die Baseler aus dem täglichen Maximum und Minimum berechnet, zu letztern ist der mittlere Barometerstand 272.389, — (Würzburger Zeitschrift II. 103. Baseler Verhandlungen III. 45.) b Physik. C. G. Reischauer, über die Abhängigkeit der Verdunstung von der Grösse der exponirten Ober- fläche. — Gewöhnlich wird angenommen, dass die von einer Flüssig- keitsoberfläche ausgehende Verdunstung der Grösse der exponirten Oberfläche proportional ist. Aber in der Praxis ist dieselbe fast im- mer eine Function von einer Menge Nebenumstände, wie Luftbewe- gung etc., deren Einfinss entschieden nicht proportional der Grösse ‘der Oberfläche ist. Streicht ein Luftstrom über eine exhalirende 332 Oberfläche hin, so wird er am Rande mit Wasserdunst geschwängert, und in der sich nun bereits unter einem grössern Dunstdrucke befin- denden Luftschicht wird bei ihrem Gange über die Verdunstungsober- fläche offenbar auch eine langsamere oder schwächere Wasserabgabe der letztern statthaben. Bei atmidometrischen Beobachtungen wird dieser Umstand von grossem Einflusse sein. Der Verf. legt die Un- richtigkeit des Gesetzes, wie es gewöhnlich ausgesprochen wird, durch Experimente, die sich auf die Praxis des Laboratoriums beziehen, dar. Er nahm 3 flache runde Glasgefässe von verschiedenem Durchmesser A,B,C, füllte sie bis nahe zum Rande, um den Einfiuss der Höhe der Gefässwandung, der von Bedeutung ist, möglichst herabzustimmen, und überliess sie an der Luft des Laboratoriums der spontanen Ver- dunstung. Es waren die Durchmesser und die Oberflächen der drei Gefässe der Reihe nach: 41,7; 69,5; 97,8 Millimeter und 1365,7: 3793,7; 7512,2 []Millim. Es ergab sich, dass während fünf Tagen 1 [7] Decim. _ von A 44,5 Gr., von B 41,89 Gr., von C 36,13 Gr. hatte verdunsten lassen, oder dass während die Oberfläche wie 100 :278:550 wuchs, die Dunstmenge nur wie 100:264:450 zunahm. Man sieht hieraus, wie die grössere Oberfläche in ihrer Dunstlieferung verhältnissmässig hinter der kleinern zurückbleibt. — Schon oben ist erwähnt worden, dass die freistehende Höhe der Gefässwandung von grossem Ein- flusse ist; ein andrer Nebeneinfluss ist die durch die Flächenanzie- hung der Wandung hervorgerufene Krümmung der exhalirenden Ober- fläche. Der erstere Einfluss macht sich offenbar in einer dem Wachs- thum der Oberfläche entgegengesetzten Weise geltend. Die gleich hoch frei über die Flüssigkeit hervorragende Wandung zweier ver- schieden grosser Atmidometer wird bei dem kleineren offenbar eine relativ viel beträchtlichere Verlangsamung der Verdunstung als bei dem grössern bewirken. Wenn also in zwei verschieden grossen Atmidometern die Verdunstung voranschreitet, so sinkt das Niveau in dem kleinern wegen der verhältnissmässig rascheren Dunsterzeugung auch schneller als in dem grössern, während zugleich in der zuneh- menden Höhe der freistehenden Gefässwandung ein energisches Hin- derniss der Verdunstung erwächst. Nach einer gewissen Zeit muss daher ein Augenblick eintreten, wo wirklich beide Atmidometer eine ihrer Oberfläche proportionale Verdunstung angeben; über jenen Zeit- punkt hinaus wird aber ein umgekehrtes Verhältniss stattfinden und nun vielmehr das grössere Atmidometer eine relativ grössere Dunst- menge liefern. Von der Richtigkeit dieser Argumentation hat sich der Verf. durch den directen Versuch überzeugt. Weniger bedeutend ist der Einfluss, der von der Krümmung der freien Oberfläche her- rührt, wenigstens bei einigermassen grossen Atmidometern, besonders auch deshalb, weil bis zu einem gewissen Grade eine Ausgleichung durch das Wachsthum der freien Wandungsböhe stattfindet: nur bei Atmidometern von sehr kleinen Dimensionen wird der Einfluss ein wesentlicher sein. — (Pogg. Ann. Bd. 114, 1861. Nr. 9.) HAhnm. Meyerstein, Methode zur Bestimmung der Brechungs- 333 coefficienten. — Verf. hat sein Spectrometer in Pogg. Ann. Bd. 98. beschrieben; es diente zur Bestimmung des Brechungs- und Zer- streuungsverhältnisses verschiedener Medien. Das Instrument ist so eingerichtet, dass, wenn man den Brechungexponenten n eines Pris- mas für irgend einen Farbstrahl bestimmen will, man die Ablenkung messen muss, die dieser Strahl erfährt, wenn er so durch das Prisma hindurchgeht, dass die Richtung seines Austritts senkrecht zur Prismen- fläche ist. Nennt man g den brechenden Winkel des Prısmas, u die I an u, Hierbei tritt der sin Uebelstand auf, dass man in der Grösse des brechenden Winkels p beschränkt ist. Derselbe darf nämlich nicht grösser sein als der Gränzwinkel der inneren Reflexion für das betreffende Medium, z. B- für Flintglas (nr = 1,66) nicht grösser als 37%, Durch eine kleine Veränderung nur, die der Verf. an seinem Instrumente angebracht hat, ist es möglich geworden, ausser nach der eben angegebenen auch nach der Fraunhofer’schen Methode (der der Minimalablenkung) sowie nach einer dritten Methode zu beobachten, die sich besonders durch ihre Einfachheit empfiehlt, und die kurz auseinandergesetzt werden soll. Bezeichnet p den brechenden Winkel eines Prismas, « den Ein- trittswinkel, # den Austrittswinkel eines bestimmten Farbstrahles, so ist allgemein: sin$ — singpy n2— sin2«— cos p sine; hieraus kann n berechnet werden, sobald man « und £% bestimmt hat. Durch un- mittelbare Messung erhält man den Winkel «u, um welchen der aus- tretende Strahl gegen den eintretenden abgelenkt ist, und da wu = a4 ß—ygyist, so hat man die Summe «+/. Damit nun aus dieser Summe allein « und £ einzeln erhalten wird, richtete Fraun- hofer den Verlauf des, Strahls durch das Prisma so ein, dass Einfalls- und Austrittswinkel einander gleich werden. Aber man wird «und £ auf einem allgemeinern Wege bestimmen, wenn man ausser der Summe auch die Differenz besagter Winkel finden kann. Diese Differenz kann man nun wirklich messen, denn es ist hierzu nur erforderlich die Drehung zu beobachten, die man mit dem Prisma vornehmen muss, um Eintritts- und Austrittswinkel unter einander zu vertauschen; diese Vertauschung ist übrigens daran erkennbar, dass nach ihr der Ver- lauf des Strahls durch das Prisma, mithin auch der Ablenkungswinkel wı wieder derselbe ist. Bezeichnet man die Drehung, d.h. «—£ mit d, ) PREHL una gemessene Winkelablenkung, so ist n = soist: at? = p-+u, und a—Pß = d, mithin « = Yytuzd % She ßB = 5; demnach erhält man durch Substitution: I /I-cosp cos (p-+ u) + [eosp—cos(p-+ w)] cosd der: sin p St: ur 3 < d PHP 12 I engen Se vi + cotg? 5 te? te? z. Führt man den sın 57 2 334 5 : 0) Hilfswinkel A, der durch die Gleichung: tg = cotg zu tg = 185 bestimmt ist, ein, so ergibt sich für den Brechungsexponenten die sin -_ cos & Formel: 9, =, 777g \Teosr" Bei dieser Methode zur Bestimmung ein Y cos 5) der Brechungscoöffieienten für irgend einen Strahl hat man also zwei Winkel zu bestimmen. Die Ausführung wird aber dadurch wesent- lich erleichtert, dass ein Fehler in der Bestimmung des d einen ver- hältnissmässig äusserst geringen Einfluss auf den Werth von n hat, wie sich aus der Betrachtung der für n gegebenen Formel ergiebt. Es stellt sich heraus, . dass ein Fehler von 00,1 in d bei einem bre- chenden Winkel von etwa 60°, selbst wenn d gross ist, niemals mehr als 2 bis 3 Einheiten der vierten Decimale in n austrägt, während dieser Fehler in n sogar unter 1 Einheit der vierten Decimale bleibt, wenn d 7° bis 8° nicht übersteigt. Da nun d für die Minimalablen- kung gleich 0 ist, so braucht man nur, um für d einen kleinen Werth zu erhalten, den betreffenden Farbstrahl resp. die Fraunhofer’sche Linie in der Nähe der Minimalablenkung einzustellen. — Hierbei kann auf die Meyersteinsche Schrift über „das Spectrometer“; Verlag der Dauerlich’schen Buchhandlung in Göttingen, 1861, aufmerksam ge- macht werden. — (Pogg. Ann. Bd. 114, 1861. Nr. 9.) Hhnm. Chemie. V. Harcourt, über die Superoxyde des Ka- liums dnd Natriums. — Die kleine Menge dieser Metalle, die Gay-Lussac und Thenard einerseits und Humphry Davy andrerseits zu ihren Versuchen zu Gebote standen und der Umstand, dass bei derselben die Metalle plötzlich bei hoher Temperatur oxydirt wur- den, sind die Veranlassung gewesen, dass die Constitution derselben nicht richtig ermittelt worden ist. H. der bei seinen Versuchen diese Fehlerquelle vollkommen vermieden und namentlich dafür gesorgt hat, dass das angewendete Metall vollkommen rein, vollkommen frei von Oxyd war, fand, dass das Kaliumsuperoxyd der Formel KO%, das Natriumsuperoxyd aber der Formel Na02 gemäss zusammenge- setzt ist. Diese Formeln hat H. durch die Analyse der Producte, der Oxydation namentlich durch die Bestimmung des Metallgehaltes und des im Wasser leicht austreibbaren Sauerstoffs bestätigt. — Bei der Oxydation des Kaliums bildet sich zuerst ein graues Häutchen, welches dann tief blau wird. Dann verwandelt sich die Masse in ein weisses Pulver, welches immer noch stark Sauerstoff anzieht und in ein Pulver von der Farbe des Chromgelb übergeht. Bei 280°C. einige Stunden erhitzt, bäckt es zusammen. An der Luft zieht es Feuchtigkeit an und entwickelt die Hälfte seines Sauerstoffgehaltes — Bei der Bildung des Natriumsuperoxydes sind die Erscheinungen ähnlich den eben beschriebenen, nur weniger deutlich. Das Natrium- superoxyd ist nur in der Hitze gelb, in der Kälte weiss. In viel Wasser gebracht, bewirkt es ohne bedeutende Gasentwickelung starke / 335 Erhitzung. Lässt man eine solche Lösung über Schwefelsäure ver- dunsten, so bilden sich grosse sechsseitige Tafeln, die aus NaO2-+8HO bestehen, die aber über Schwefelsäaure noch 6HO verlieren, indem sie zerfallen. — Versucht man die Lösung des Kaliumsuperoxyds in Wasser auf gleiche Weise durch Verdunsten des Wassers über Schwe- felsäure zum Krystallisiren zu bringen, so entwickelt sich bei einer gewissen Concentration Sauerstoff; Krystalle bilden sich nicht. — Im Silberschiffehen erhitzt oxydiren die Superoxyde das Silber; das Natriumsuperoxyd schmilzt dabei schwer, das Kaliumsuperoxyd aber ist leichter schmelzbar. — Schwefeldampf erzeugt mit Kalium- und Kaliumsuperoxyd ein höheres Schwefelmetall, schwefllige Säure und mehr oder weniger schwefelsaures Alkali. — Joddampf wird von dem Natriumsuperoxyd unter Sauerstoffentwicklung absorbirt. Es bildet sich dabei ein Gemenge von Jodnatrium und jodsaurem Natron. — Kohlenoxyd wird bei 100—150°C. davon absorbirt, Es bildet sich kohlensaures Natron. — Kohlensäure erzeugt schon unter 100°0C. die- selbe Verbindung, aber unter Sauerstoffentwickelung. — Kaliumsuper- oxyd geht durch Kohlenoxyd: und Kohlensäure in ähnlicher Weise in kohlensaures Metalloxyd über. Nur entwickelt sich auch in jenem Falle Sauerstoff. — Stickstoffoxydul erzeugt mit Natriumsuperoxyd unter Stickstoffentwickelung salpetrigsaures Natron. — Dieselbe Sub- stanz bildet sich durch Stickoxyd. Hierbei entsteht aber kein Stick- stoff. — Dieses Gas wird durch Kaliumsuperoxyd in Untersalpeter- säure umgewandelt, gleichzeitig findet man aber in den Producten salpetrig- und salpetersaures Kali. — (Quarterly journal of the che- mical society Vol. 14, p. 267.) W. Hz. ; Frankland, Tyndall und Roscoe, über eine blaue Linie im Lithionspectrum. — Fr. und T. fanden, dass bei Ver- flüchtigung von Lithionsalzen mittelst des Bunsenschen Brenners nur die von Bufß®n angegebenen beiden Linien im Lithionspectrum er- scheinen, dass dagegen noch eine mit der blauen Strontiumlinie d zu- sammenfallende carmoisin- bis hellblaue Linie auftritt, sobald man den electrischen Funken zwischen 2 Kohlenspitzen, überspringen lässt, die mit Lithionsalzen befeuchtet sind. Fr. beobachtete auch 3 blaue Linien, wenn er in derselben Weise Chlornatrium untersuchte. Er macht das Auftreten dieser neuen Linien abhängig von der hohen Temperatur, die beim Ueberspringen des electrischen Funkens oder der Verbrennung des Wasserstoffs im Sauerstoffstrome entsteht. Tyn- dall untersuchte den Funken der zwischen zwei reinen Kohlenspitzen überspringt, fand ihn aber nicht die beiden blauen Lithionlinien lie- fernd. Er lässt es unentschieden, ob das Auftreten der neuen Linien von der hohen Temperatur, oder von der Elasticität des Mediums abhängt, in dem der Dampf eines Körpers sich befindet. Roscoe kommt nach seinen Untersuchungen über diesen Punkt zu folgenden Schlüssen. Die Lage der hellen Linien ist unabhängig von der Tem- peratur, von der Gegenwart andrer Substanzen und allen anderen Bedingungen, ausgenommen der chemischen Zusammensetzung der 336 Dämpfe. Nichts destoweniger liefern Dämpfe von derselben Zusam- mensetzung unter verschiedenen Verhältnissen verschiedene Resultate. Es ist die Veränderung der Masse der nicht leuchtenden Dämpfe, welche diese Abweichung hervorbringen. Wenn man die Dichtigkeit der Dampfsäulen, deren Licht untersucht wird, vergrössert, so erhöht sich auch die Lichtstärke der Linien, aber in verschiedener Weise. Nach einem ganz besondern Gesetz wird nämlich die Intensität der hellen deutlichen Linien weniger vergrössert, als die der weniger sichtbaren. Der Eindruck den eine Linie auf das Auge ausübt ist sodann abhängig sowohl von ihrer Breite als von ihrer Helligkeit, so dass eine breitere weniger helle Linie weniger sichtbar erscheint, als eine von umgekehrten Verhältnissen, wenn die Dichtigkeit der nicht leuchtenden Dämpfe gering ist, aber viel deutlicher als die andre wird, wenn man die Dichtigkeit der Dämpfe erhöht. Wenn man die Lichtintensität des ganzen Spectrums ermässigt, so erscheinen nur noch die Hauptlinien. Die Temperatur scheint auch einen Einfluss auf das Erscheinen der Linien auszuüben. R. bemerkt aber ausdrück- lich, dass in dem Maximum der Lichtstärken keine Veränderung ein- tritt, wenn die Temperatur erhöht wird; aber die Intensität der Li- nien ändert sich in der Art, dass diejenigen, welche bei sehr hoher Temperatur die sichtbarsten sind, es nicht bei niederer bleiben. Dieser Umstand erklärt nach R. das Erscheinen der verschiedenen Linien desselben Metalls in verschiedenen Lichtquellen. Er be- weist dies durch die Beobachtungen, die er beim Calciumspectrum machte; er schaltete in den Entladungsstrahl der Leidener Flasche eine mit Wasser gefüllte Röhre oder einen nassen Faden ein, be- feuchtete die Electroden mit Chlorcaleium und erhielt dann ganz die- selben Erscheinungen, wie bei Verflüchtigung mittelst des Bunsen’- schen Brenners. Schaltete er diese Widerstände nicht ein, so traten Linien auf, welche vorher nicht sichtbar waren, währe die, welche vorher sichibar waren, fast verschwanden. R. beobachtete in dieser Weise zwei blaue Linien im Lithionspectrum, von denen die eine mit der Strontium d‘-Linie coineidirt, die andre mit einer Strontium- linie, die erst erscheint, wenn man das Funkenspectrum dieses Me- talls untersucht. Die Strontium öÖ-Linie und die erste blaue Lithion- linie scheinen jedoch nicht ganz zusammenzufallen; die Reinheit des Lithions von Strontium war dadurch ausser Zweifel gesetzt, dass bei der Coineidenz der blauen Linien die orangen und rothen Strontium- linien «, ß, y nicht beobachtet werden konnten. Die gelbe Natrium. linie fand er aus 2 dicht nebeneinander liegenden Linien bestehend. — (Philos. magaz. Vol._22, p. 472 und Vol. 23, p. 63.) Shot, W.J. Russell und A. Matthiessen, über die Ursache der blasigen Structur des Kupfers. — Die Verff. weissen nach, was auch von Dick!) schon vor ihnen geschehen ist, dass wäh- rend bekanntlich das geschmolzene Silber beim Erkalten deshalb blasig !) Philos. magaz. Vol. 11, p. 409. 337 wird, weil es in der Hitze Sauerstoff absorbirt, den es beim Erkalten wieder abgiebt, das Blasigwerden des Kupfers dadurch veranlasst wird, dass es an der Luft geschmolzen sich oxydirt Kupferoxydul bildend, das in dem flüssigen Kupfer sich löst und durch Kohlehaltige Körper oder durch Schwefel zur Bildung von Kohlenoxyd oder schwe- fliger Säure Anlass giebt, welche Gase die Blasenbildung bedingen. Denn nur dann wird das flüssige, chemisch reine Kupfer blasig, wenn Euft einerseits und Kohle oder Schwefel andrerseits Gelegenheit fin- den auf dasselbe zu wirken. — (Philos. magaz. Vol. 23, p. 81.) Hz. AH: Kolbe, directe quantitative Bestimmung der Koh- lensäure kohlensaurer Salze und Braunsteinanalyse.— Das zur Bestimmung der Kohlensäure einzuschlagende Verfahren ist dem bei der organischen Elementaranalyse ähnlich. Man bringt das ge- wogene Carbonat in ein gut verschliessbares Glaskölbchen, in das ein Trichterrohr mündet, durch das man beim Beginn der Analyse die zer- setzende Säure einsaugen kann, dessen Mündung jedoch, damit keine Kohlensäure entweichen kann durch eine auf dem Boden des Kölb- chens befindliche Quecksilberschicht abgeschlossen wird. Ausserdem mündet in den Kolben noch ein mit einer Kugel versehenes Rohr, um die Wasserdämpfe zu condensiren, an dem ein langes Chlorcaleium- rohr zum völligen Trocknen der Kohlensäure angebracht ist; am Ende dieses Rohres nun wird der Liebigsche Kugelapparat mit Kalilauge gefüllt befestigt, der noch mit einer kleinen Röhre mit geschmolze- nem Kalihydrat gefüllt in Verbindung steht, um das aus der Kali- flüssigkeit beim Hindurchstreichen der Luft verdunstende Wasser zu- rückzuhalten. Gegen Ende muss die Flüssigkeit in dem Kölbchen zur Austreibung der letzten Kohlensäure bis zum Kochen erhitzt wer- den. — Ebenso kann man auch die Braunsteinanalyse einrichten. Man bringt dann zu der gewogenen Substanz in dem Kölbchen Schwefel- säure- und erhitzt bis zum Kochen; aus der Zunahme des Kaliappa- rats kann man dann den darin gewesenen kohlensauren Kalk berech- nen. Nachdem man dann den Apparat wieder zusammengesetzt hat, lässt man den Kolben abkühlen, setzt dann Oxalsäure hinzu und be- schleunigt die Entwickelung der Kohlensäure durch Erwärmen, aus der Zunahme des Kaliapparats findet man die Menge der entwickel- ten Kohlensäure, aus der man den Gehalt an Manganhyperoxyd be- rechnen kann. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXIX, 129.) B. 8. ‘Al. Naumann, über Bildung von anderthalbfach Chlorkohlenstoff durch Einwirkung von Chlor auf Butter- säure. — Leitet man trocknes Chlorgas durch Buttersäure unter Einwirkung von Sonnenlicht, so wird die Flüssigkeit nach und nach zäher und die Einwirkung verringert sich bedeutend, wenn man nicht das Gefäss in heisses Wasser stellt. Späterhin reicht auch dieses nicht mehr hin, und man muss mit einer Flamme erhitzen, jedoch nicht bis zum Sieden der Flüssigkeit; hierbei entsteht dann ein weisses Subliment, während in der Retorte eine klebrige Flüssigkeit, die beim Erkalten Krystalle absetzt, zurückbleibt. Krystallisirt man das Sub- 338 limat mit Aether um, so scheiden sich farblose Krystalle, zum rhom- bischen Systeme gehörig, ab, die bei der Analyse sich als anderthalb- fach Chlorkohlenstoff €,Cl; ausweisen, was auch noch durch den Schmelzpunkt 160° und den Siedepunkt 180° bestätigt wird. Die in der Retorte mit der zähen Flüssigkeit zurückgebliebenen Krystalle sind ebenfalls anderthalbfach Chlorkohlenstoff. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. CAXIX, 120.) B. 8. A. Borodine, über Bromvaleriansäure und Brombut- tersäure. — Monobromvaleriansäure und Monobrombuttersäure er- hält man nach Peligot auf folgende Weise. Man bringt ein mit Brom gefülltes Glasgefäss in eine verschliessbare Flasche, die das Silber- salz der organischen Säure, deren Bromsubstitutionsprodukt darge- stellt werden soll, enthält. Durch den Bromdampf entsteht einfach gebromte Säure und Bromsilber, welche erstere man durch Ausziehen mit Aether erhält und durch Schütteln mit Quecksilber von Brom be- freit; man lässt dann den Aether verdunsten, löst in kohlensau- rem Natron, und scheidet darauf wieder mit Salzsäure erstere Säure aus, die man über Chlorcaleium trocknet. Die Monobromvalerian- säure ist farblos, ölig, von stechendem Geruch und wenig löslich in Wasser; bei der Zersetzung entwickelt sich Bromwasserstoffsäure und neben dieser findet sich dann noch Valeral und Valeriansäure. Ihre Salze sind leicht löslich und sehr wenig beständig. — Die Monobrom- buttersäure ist der vorigen sehr ähnlich. Bei der Einwirkung von Bromdampf auf essigsaures Silber entsteht keine Monobromessigsäure, sondern Bromsilber, Kohlensäure und ein andres bromhaltiges Gas: &H; Ag + 2Br = BrAg + €0, + EHsBr. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. CAIX, 121.) B. 8. Alex. Naumann, über Bildung von Butylmilchsäure aus Buttersäure durch Vermittlung der’'Monobrombutter- säure. — Man stellt zuerst die Monobrombuttersäure dar, indem man Brom und Buttersäure zu gleichen Molekülen in eine Röhre ein- schliesst und diese im Wasserbade erhitzt; sie wird jedoch auf diese Weise nicht ganz rein erhalten, weil sie sich schon bei 2000 zersetzt. Da sie auch durch Bildung von Salzen nicht ganz rein erhalten wer- den konnte, so wurde die auf obige Weise erhaltene benutzt, um die Butylmilchsäure darzustellen. Man übersättigt die Flüssigkeit mit Natronlauge, setzt überschüssige verdünnte Schwefelsäure hinzu und schüttelt mit Aether. Nach dem Verdunsten desselben bleibt ein gelb- brauner Syrup zurück, den man mit kohlensaurem Zinkoxyd versetzt; hierauf wird abfiltrirt und abgedampft, wobei sich Krystallblättchen absetzen, die sich nach der Analyse als butylmilchsaures Zinkoxyd ausweisen (&4H7 Zn ©; + H,®), deren entwässerte Krystalle sehr leicht wieder Wasser anziehen. Die Butylmilchsäure erhält man aus dem Zinksalz durch Einleiten von Schwefelwasserstoff, Abfiltriren und nach- heriges Eindampfen; der zurückbleibende Syrup ist Butylmichsäure €,H,®;. Sie ist leicht löslich in Wasser und Alkohol; und beim Er- hitzen entsteht ein Sublimat, das nicht so leicht löslich und nicht 339 mehr zerfliesslich ist. Das butylmilchsaure Zinkoxyd ist leicht löslich in heissem, wenig in kaltem Wasser und wird durch Aether und Alko- hol nicht aufgenommen. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CAIA, 115.) 2.8. ‚.C. Löwig, über die Producte, welche durch Einwir- kung des Natriumamalgams auf Oxaläther gebildet wer- den. — In der Fortsetzung seiner Untersuchungen der Desoxalsäure (siehe diese Zeitschr. Bd. 17, S. 77.) giebt Verf. zunächst die Analyse des sauren desoxalsauren Kali, welches sich auf Zusatz‘ von Essig- säure aus der kalischen Lösung nach einigem Stehen als blendend weisses Salz in harten Krystallkrusten abscheidet. Die Analyse die- ses Salzes sowohl, wie die des daraus durch salpetersaures Bleioxyd dargestellten Bleisalzes würde für die Zusammensetzung der Säure ein Atom Wasser mehr verlangen als nach den bisherigen Analysen anzunehmen ist, CıoHsO1.. Da aber in dem Desoxaläther nur eine Säure von der Formel CjoH3 013 anzunehmen, auch das aus dem sau- ren desoxalsauren Kali dargestellte Silbersalz bestimmt eine dieser letztern Formel entsprechende Säure enthält, lässt Verf. vorläufig die Frage über die Natur des einen Aequivalent Wasser im Kali und Bleisalze unentschieden. Vom Desoxaläther löst sich 1 Theil in 10 Thei- len Wasser von 16°C., welche Lösung unter denselben Bedingungen wie Frucht- und Traubenzucker reducirend auf Kupfersalze wirkt. Wird eine verdünnte mit ein wenig Schwefelsäure versetzte Lösung des Desoxaläthers in einer zugeschmolzenen Röhre längere Zeit der Temperatur des kochenden Wassers ausgesetzt, so bleibt dieselbe vollkommen-wasserklar, und öffnet man die Röhre nach dem Erkal- ten, so entweicht unter Explosion und heftigem Brausen reine Koh- lensäure. Der Desoxaläther ist vollkommen verschwunden und die Lösung enthält ausser Weingeist eine von der Desoxalsäure verschie- dene Säure. Diese Säure stimmt sowohl in ihrem Verhalten zu Kalk und Gypswasser, als auch nach den Analysen des Silber-, Blei- und sauren Kalisalzes genau mit der Traubensäure überein. Ihre Entste- hung lässt sich durch die Formel CoH3 013 + 3HO = C;H401,2H0 + 200, darstellen, wonach die dreibasische Desoxalsäure unter Aufnahme von 1 Atomen Wasser und Ausscheidung von 2 Atomen Kohlensäure in die zweibasische Traubensäure zerfallen wäre. Aus dem neben dem kry- stallisirbaren Desoxaläther bei Einwirkung des Natriumamalgams auf den . Oxaläther entstehenden syrupartigen Aether, dessen Säure die gleiche Zusammensetzung hat, wie die desfesten Aethers wird durch Behandlung mit rauchender Salzsäure eine Säure erhalten, welche sich von der Traubensäure und Desoxalsäure durch ihr Verhalten zu Kalkwasser, von der Weinsäure durch den Mangel eines schwer löslichen sauren Kali- salzes unterscheidet. — Verf. glaubt in der Entstehung der Desoxalsäure den Weg für die künstliche Erzeugung der Fruchtsäuren sehen zu können, denn einerseits lässt sich die Traubensäure in die Weinsäure zerle- gen, und wird gewiss bei der langsamen Einwirkung des Natrium- amalgams auf die Aether der Traubensäure oder Weinsäure die Ent- Y 340 stehung noch anderer Aether der Fruchtsäuren beobachtet werden; andrerseits lässt sich die Entstehung des Desoxalsäureäthers auf das Kohlenoxydgas zurückführen, wenn man annimmt, dass durch die Ein- wirkung des Natriumamalgams auf 5 At. Oxaläther durch Verlust von 5 Atom Sauerstoff ein zusammengesetzter Aether von der Zusammen- setzung 5AeO + CiOıo gebildet wird, und dass derselbe durch Auf- nahme von 5 Atom Wasser in zwei Atome Weingeist, und ein Atom Desoxaläther zerfällt. — (Journ. f. pract Chem. Bd. 84. p.1) O.K. H. Kolbe undE. Lautemann, über die Säuren desBen- zoöharzes. — Ausser der Benzoäsäure findet sich im Benzo&harze noch eine andre Säure, die nicht, wie angenommen wurde, mit der Toluylsäure identisch ist. Man stellt sie aus dem Harze dar, indem man dieses fein gepulvert mit einem Theil gelöschten Kalk und Was- ser kocht und dann filtrirt. Zu dem durch Eindampfen concentrirten Filtrat wird Salzsäure gesetzt, worauf sich nach und nach Krystalle abscheiden, die man durch Umkrystallisiren reinigen kann. Aus die- sem Kalksalz der Säure kann man durch weitere Salzsäure die Säure selbst. abscheiden. Sie schmiltzt bei 94°, ist löslich in Wasser Alko- hol und Aether, leicht und unverändert sublimirbar, übermangansau- res Kali erzeugt in der sauren wässrigen Lösung Bittermandelöl. Nach der Analyse hat sie die Formel: 3HO.C,H1,0s; und sie wäre eine dreibasische Säure, wogegen die leichte Verflüchtigung spricht. Aus der Reaction mit übermangansaurem Kali lässt sich nun schlies- sen, dass sie Zimtsäure, die dieselbe Reaction zeigt, enthält, so dass diese Säure aus Benzoäsäure und Zimtsäure besteht, was man auch nach Darstellung des Ammoniaksalzes durch fraktionirte Fällung be- stätigt findet. Man erhält diese Säure auch, wenn man 2 Theile reine Harnbenzoösäuresjund 1 Theil Zimtsäure in Wasser löst und kocht, worauf jene Säure beim Erkalten auskrystallisirt. Sie ist also wahr- scheinlich nur ein Gemenge aus Benzoösäure und Zimtsäure und keine chemische Verbindung. Löst man sie in vielem heissen Wasser auf, und filtrirt rasch das zuerst Ausgeschiedene ab, so ist dies die reine Zimtsäure. Man prüft Benzo&säure auf Zimtsäure, indem man mit Kalkmilch kocht, das Filtrat mit Salzsäure fällt und übermangansau- res Kali hinzusetzt, worauf, wenn Zimtsäure zugegen ist, Bitterman- delöl entsteht. — (Ann. d. Chem. uw. Pharm. CXIA, 136.) B. 8. N. Zinin, über die Einführung von Wasserstoffin organische Verbindungen. — Verf. hat in einer frühern Ab- handlung (diese Zeitschr. Bd. 18, $. 148) angeführt, dass bei der Ein- wirkung von Chlorwasserstoffsäure und Zink auf eine alkoholische Benzillösung Benzoin herauskrystallisirt, wenn die Reaction nicht zu weit geführt worden war. Führt man die Reaction aber weiter, so kann man auch noch in das Benzoin Wasserstoff einführen. Die Zu- sammensetzung des dadurch gebildeten neuen Körpers ist noch nicht ermittelt. Bei Einwirkung von Salzsäure und Zink auf Bittermandelöl in Alkohol gelöst enisteht ein harzartiger Körper, der in Alkohol fast unlöslich in Aether leicht löslich ist, und sich beim Verdunsten des- S4l selben theilweise in farblosen Krystallgruppen absetzt. — (Journ. fi ° pract. Chem. Bd. 84. p. 15.) 0. K&. K. Vogt, über Benzylmerkaptan und zweifach Schwe- felbenzyl. — Bringt man Benzylsulfonchlorid (Cı2 H;)($20,) Cl. mit Zink und verdünnter Schwefelsäure zusammen, so entzieht der sich entwickelnde Wasserstoff dem Chlorid mit dem Chlor 4 Sauerstoff- atome, so dass Benzylsulfhydrat (C1>C1,)S.HS, Chlorwasserstoffsäure und Wasser entstehen. In dem Rückstande findet sich nach dem Ab- destilliren aus dem Benzylsulfhydrat das zweifach Schwefelbenzyl. Das Benzylsulfhydrat ist eine farblose ölige Flüssigkeit, mit dem spec. Gewichte 1,078, und dem Siedepunkte 165°, mit Wasser nicht misch- bar, aber löslich in Alkohol, Aether und Schwefelkohlenstoff; es verbrennt mit weisser Flamme. Nach der Analyse hat es die Formel CHsS2. Es löst Schwefel und Jod und tauscht leicht ein Wasser- stoffatom gegen ein Metallatom namentlich gegen Quecksilber aus. Benzylsulphid-Natrium (C2H;)S, NaS entsteht beim Behandeln von Benzylmerkaptan mit Natrium, beim Einleiten von Kohlensäure ent- steht wahrscheinlich NaO. (Ci2H;S3)(C302)O, eine dem salicylsauren Natron analog zusammengesetzte Verbindung. Die Verbindungen mit schweren Metallen sind gelb oder bräunlich gefärbt, sehr voluminös, schmelzbar und lassen sich durch concentrirte Mineralsäuren in die Metallsalze und Benzylsulfhydrat zerlegen. So erhält man Benzyl- sulfid-Blei (CıaH;)S.PbS beim Vermischen einer alkoholischen Lösung von Benzylsulihydrat mit essigsaurem Bleioxyd. Auch das Benzyl- suifidkupfer und Benzylsulfidquecksilber sind leicht darstellbar. Letz- teres Salz bildet mit Quecksilberchlorid ein Doppelsalz: (Cı2H;)S.HgS -+ HgCl. Das Benzylsulfid-Silber entsteht beim Vermischen von al- koholischer Benzylsulfhydratlösung mit salpetersaurem Silberoxyd. Behandelt man Benzylsulfhydrat mit Salpetersäure, so entsteht eine weisse Krystallmasse, die in Alkohol löslich ist, in weissen glänzen- den Nadeln krystallisirt und sich als Schwefelbenzyl CH; Sz erweist. Es schmilzt bei 60° zu einem Oele, ist schwer flüssig und unzersetzt destillirbar. Durch unmittelbare Einwirkung von Wasserstoff auf das zweifach Schwefelbenzyl lässt sich wieder Benzylsulfhydrat erzeugen. Auch bei Behandlung des Benzylsulfhydrats mit fünffach Chlorphos- phor entsteht zweifach Schwefelbenzyl. Behandelt man zweifach Schwe- felbenzyl längere Zeit mit Salpetersäure, so wird es zu Benzylschwe- felsäure oxydirt. Wenn man auf Aethylsulfonchlorid Wasserstoff in statu nascendi wirken lässt, so entsteht Aethylsulfhydrat: (C4H;) [8204] Cl +6H = (C;H;)S.HS. + HCI + 4HO. Mit Sublimatlösung giebt dasselbe Aethylsulfidquecksilber-Quecksilberchlorid. Auch das Chlorid der Essigschwefelsäure erleidet mit Wasserstoff in statu nascendi zu- sammengebracht die nämliche Zersetzung, in dem es Thiacetsäure wird. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CAIX, 142.) B. 8. M. H. Buignet, über den in den sauren Früchten ent- haltenen Zucker, seinen Ursprung, seine Natur und seine Umwandlungen. — In den Früchten ist ursprünglich Rohrzucker 342 der sich während des Reifens theilweise oder ganz in Traubenzucker verwandelt. Die Umwandlung ist nicht durch die Anwesenheit der organischen Säuren, sondern einer stickstoffhaltigen fermentartigen Materie bedingt. Die Quelle des Zuckers der Früchte ist nicht allein das Amylum, sondern wahrscheinlich auch ein in den unreifen Früch- ten vorkommender Stoff, welcher die Fähigkeit besitzt, das Jod mit noch grösserer Kraft zu bilden als das Amylum, und mit ihm eine farblose Verbindung zu bilden. Dieser Stoff scheint sich den Gerb- stoffen zu nähern. Er liefert unter dem Einflusse mässigconcentrir- ter Schwefelsäure, wie das Tannin der Galläpfel und unreifen Früchte, rechts drehenden Zucker. — (N. Repert. f. Pharm. Bd. 8. p. 311.) 0.K. Mittheilungen aus dem Laboratorium des chemisch pharmaceutischen Institutes des Professors Dr. H. Lud- wigin Jena. — J. Kromayer, Assistent genannten Institutes, un- ternahm eine Arbeit zur Isolirung der Bitterstoffe aus Wermuth, weis- sen Andorn und Bitterklee, wovon zunächst der des ersten, Absyn- thiin, beschrieben wird. Verf. erhielt dasselbe zuerst neutral, wäh- rend die frühern Bearbeiter desselben Gegenstandes einen Körper von saurer Beschaffenheit erhalten hatten. Das Absynthiin, in Alkohol und Aether leicht löslich, scheidet sich beim Verdunsten der Lösung in öligen Tropfen ab, die beim längeren Stehen zu einer harten undurch- sichtigen Masse, von undeutlich krystallinischer Beschaffenheit er- starren. Die Zusammensetzung berechnet Verf. aus der Analyse zu 2(E10H14Q2) + H,© und hält esnach seinen Eigenschaften für einen Aldehyd. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe Ba. CVIIL. p. 1320.) 0.K. Th. Peckholt in Cantagallo; Croton erythraema Mart., . Pao de Sangue, auch Cangue de Drago. — Der Saft dieses in Brasilien einheimischen, dem mexikanischen Croton Drako ver- wandten Baumes, ist als Specificum gegen Wunden auch innerlich gegen Hämorrhagien sehr geschätzt. Die Untersuchung liess in dem- selben Gerbstoff, Gallussäure, Schleim, Pectin, Eiweiss, Zucker, Farb- stoff, anorganische Salze, sowie eine sehr kleine Quantität benzo&- artigen Harzes durch ihre Reactionen erkennen. Ferner fand Verf. einen Stoff, der sich aus der Lösung des Saftes in Wasser mit hell- ziegelrother Farbe niederschlug, und nach seinen Reactionen eine noch unbekannte Säure, der Verf. den Namen Erythraeminsäure beilegt, zu sein scheint. — (Arch. d. Pharm. II. Reihe Bd. CVIII, p.142.) 0.K. Geologie. Stoliczka, eigenthümliches Auftreten krystallinischer Schiefergebilde im SW-Ungarn. — Verf. untersuchte diese Schiefer südlich vom Günsfluss zwischen Güns, Lockenhaus, Tatzmannsdorf und Hodiez. In SW-Richtung tauchen einzelne kleine Inseln derselben aus den jüngsten Tertiärbildungen auf bei Burg und Wappendorf, bei Sulz und ganz an der steierischen Grenze bei Kalch und Sperdieza, so dass man die unmittelbare Fort- setzung dieses Zuges nur in der Steiermark in dem nämlichen Ge- bilde südlich von Marburg suchen kann. Sämmtliche Schiefer zeigen meist ein deutliches Fallen nach W oder NW unter 60—70° und das 343 Ganze stellt sich somit als ein Bruch gegen die grosse ungarische Ebene dar. Es sind keineswegs eigentliche krystallinische Schiefer, sondern sie gehören jenen metamorphischen Gebilden an, welche nach Lipold, Stur und Peters die Schieferhülle der Centralalpen zusammen- setzen und die Umbildungsproducte alter Sedimente sind. Die Haupt- masse des Zuges bilden grosse uml graue Schiefer in zahlreichen Varietäten. Sie gehen stellenweise in ächte Chloritschiefer, theils in schiefrigen Serpentin über mit viel Chrysotil, bei Glashütten nächst Schlaning mit Kupferkies; auch Wechsellagen der dünnen Schiefer mit sehr dünnblättrigen Glimmerschiefern sind nicht selten. Dem- nächst wichtig tritt auf Kalkglimmerschiefer sehr mächtig bei Güns, Rechnitz und Lockenhaus. Durch Abnahme des Kalkes und Vor- herrschen des Glimmers geht derselbe über in Thonglimmerschiefer, der dann an den Spaltflächen eine ausgezeichnete parallele Streckung oder Fältelung zeigt. Weisser krystallinischer Kalk tritt darin an mehren Orten auf. Den grünen Schiefern eingelagert finden sich bei Burg, Sulz und Kalch dunkle bläuliche Kalke zum grossen Theil in Dolomit umgewandelt. Bei Kalch überlagert von schwarzen graphi- tischen Schiefern mit viel Schwefelkieskrystallen, diese z. Th. ganz in Brauneisenstein verwandelt z. Th. von solchem überkrustet, ein- gelagert auf Spatheisenstein. Letztere Schiefer und Kalke stimmen vollkommen mit den von Stur aus den Radtstädter Tauern beschriebe- nen, während die grünen und Kalkglimmerschiefer als die zwei wich- tigsten Gesteine der Schieferhülle der Alpen bekannt sind. Ob nun dieses ziemlich entfernte Auftreten ächt alpiner Gesteine das be- treffende Gebirge als eine Forsetzung der Centralalpen auffassen lässt oder ob man es hier mit einer abgesonderten Hebungskette zu thun hat, das müssen weitere Untersuchungen entscheiden. — (Jahrb. ‚Reichsanst. XII. Sitzungsberichte $. 114.) Stur, dıe Alpen zwischen der Drave und Save — Das untersuchte Gebiet begreift den westlichen Theil Slavoniens von . der Grenze Croatiens an der Illowa im W. bis an die Linie Essek- Diakovar in OÖ. Aus den Ebenen im N. der Drave, im S. der Save von W. nach O. sich gegen die Donau langsam herabsenkend erhebt sich mit vorgelegtem Hügellande ein niedriges Bergland in W-Sla- vonien, das durch Hügelreihen mit den westlich in Croatien sich er- hebenden Bergen in unmittelbarer Verbindung steht. Gegen O. sinkt dieses Bergland zum Hügellande herab und verschwindet in der Ebene. In dem slavonischen Berglande lassen sich drei Berggruppen deutlich durch Einsenkungen geschieden erkennen. Die bedeutendste derselben liefert !die Flüsse Orljava, Bjela und Pakra und beginnt östlich von Daruvar und Pakrac, reicht bis Kutjevo und Gredistje. Sie mag Orljavagebirge heissen. Die zweite Gruppe liegt in S. von - Pozeg, Pozeganer Berggruppe und erstreckt sich von Cernik N, bei Neu Gradiska bis nach Pleternika. Endlich die Brooder Gruppe nörd- lich von Brood am linken Ufer der Lonja bis Diakovar sich ausdeh- nend. Die Ebenen der Drave und Save bestehen aus alluvialen und XIX, 1862, 24 344 diluvialen Gebilden, das Hügelland aus den jüngsten tertiären Schich- ten vorherrschend den Congerienlehmen, Tegeln und Sanden, nur in den Berggruppen erscheinen ältere Formationen, die sich auf kry- stallinische Gesteine, auf Trias und älteres Neogen beschränken. Der geologische Bau W-Slavoniens ist also minder complieirt und viel einfacher als der der Alpen, dagegen treten die Formationen eigen- thümlich auf. Granit und Gneiss bilden die Hauptmasse des Orljavage- birges, die untergeordnete im Pozeganer. Krystallinische Schiefer, zumal Glimmerschiefer und Hornblendegestein herrschen an dem SO- Rande des ersten, fehlen aber in den andern Gruppen. Als ältestes Sediment ruht darauf bei Pozeg rother Porphyrtuff von Feldspath- gesteinen begleitet. Darauf und im Orljavagebirge auf den krystalli- nischen Schiefern folgen Schiefer und Kalke oder Dolomite der Trias, in letzterm ausgedehnter als im Porzeganer. Jura und Kreide feh- len gänzlich. Vielleicht gehört aber die Pozeganer Hauptmasse der Kreide an, es ist ein Conglomerat und Sand. Das Neogen scheidet sich in drei Glieder. Das älteste besteht aus marinem tegeligen Sand und Sandstein und aus Leithakalk. Dann folgen den Cerithienmer- geln des Wiener Beckens entsprechend weisse Mergel und gelbe Kalk- mergel. Diesen untergeordnet treten eigenthümliche Schiefer und. Letten auf als Aequivalent der Schichten von Radoboj. Diese beiden Glieder bilden allein die Brooder Gruppe und erscheinen in den an- dern beiden Gruppen nur an den Rändern und Gehängen, auch an tiefen Stellen im Orljavagebirge. Mit den Gesteinen des mittlen Neogen steht in innigster Verbindung der Trachyt und Rhyolith und deren Tuffe. Der Trachyt bildet bei Vucin ein ansehnliches Gebirge, während der Rhyolith einen schmalen dem krystallinischen Gebirge aufgesetzten von Trachyttuffen umgebenen Grat constituirt. Das obere Neogen: Congerienmergel mit eigenthümlicher Molluskenfauna, Süss- wasserkalk und Belvedernschotter, bildet das Hügelland, welches die Berggruppen verbindet und von der Ebene scheidet. Die Ebenen bestehen aus Sand und Schotter, darüber aus Löss. Von nutzbaren Mineralien finden sich Eisensteine neben dem rothen Porphyrtuff bei Blako. Sie enthalten 4,7 Kieselerde und Thon, 90,9 Eisen und 4,4 Wasser. Die verwitterten Feldspathgesteine liefern einen feuerfesten Thon. Braunkohle ist reichlich vorhanden, ein bedeutendes Lager im Conglomerat von Pozeg, ferner in den Sandsteinen unweit Kutjevo und dann nördlich bei Daruvar. Lignit an mehren Orten. Naphta- quellen bei Petro voselo; jodführende warme Quellen bei Lippik, ei- senhaltige Thermen bei Daruvar. — (Zbenda 115—11$.) von Richthofen, über den geognostischen Bau der Umgebungen von Nangasaki. — Der Hafen von Nangasaki ist eine der vielen tiefen Buchten zwischen den gebirgigen Ausläufern der Insel Kinsin. Diese westlichste der 3 grossen Inseln Japans glie- dert sich gegen W. in eine kleine Welt von Halbinseln und Inseln und erinnert an Griechenland, ist aber noch reicher und mannichfal- tiger, an landschaftlicher Schönheit zu den ersten der Erde gehörig, 345 Die Gebirge von Nangasaki wiederholen genau den Charakter der W-Küste von Kinsin. Die tief einschneidende schmale Bucht von Omura und der breitere Golf von Awa schnüren eine Halbinsel ein, welche nur durch die schmale Landenge von Nagage mit dem Lande zusammenhängt und selbst wieder aus zwei langen Landzungen be- steht. Die Umgebungen der Bai sind äusserst pittoresk, felsige In- seln lagern vor ihrem Eingange und steile Wände bilden ihre Einfas- sung, dahinter der weite Hafen. Die Stadt liegt gerade da, wo mehere Quellthäler sich vereinigen zu dem Hauptthal. Ein Kranz von an- sehnlichen Gebirgen zieht sich ringsum das Wasserbecken, die Kamm- höhe derselben beträgt 800°. Die bedeutendsten Höhen sind der Ka- wara yama 1949' engl., Hikosan 1286‘, Hok wassan 1453‘, Inassa yama 1194‘, Ynaya yama 1634‘. Die meisten Gipfel sind gerundet, die Thä- ler aber steilrandig, die Pässe vollkommen sattelförmig. Die geolo- gische Structur ist ausserordeutlich einfach. 1. Krystallinische Schie- fer stehen jenseits der Wasserscheide vom Hafen aus mächtig an in einem eigenen Gebirgszuge. Sie wenden sich von dem ersten Auf- treten bei Mogi nach O. und setzen wahrscheinlich quer über. den Golf von Awa nach der Landschaft Simabara. Westlich lässt ihre Grenze sich auf die Höhe des Gebirgsrückens verfolgen, wo sie scharf gegen die trachytischen Gesteine abschneiden. Das N-Cap der Bucht mit dem Dorf Dainokabi besteht ganz aus trachytischen Gesteinen, das S-Cap zeigt keine Spur derselben. R. sah nur Glimmerschifer überall von derselben Beschaffenheit mit WO-Streichen und steilem S- Einfallen und in ungestörter Schichtung. Er bildet einen unregel- mässigen Zug von abgerundeten Kuppen mit steil eingeschnittenen Thälern mit zackig in einander greifenden Wänden, Dsisiyama ge- nannt. Der höchste Gipfel ist der Kawarayama mit dichtem Gestrüpp bewachsen und schwer zugänglich. Die Inseln vor der Bai dürfen von Europäern nicht betreten werden. Sie scheinen zum Theil tra- chytisch zu sein, die südlichen zeigen Trachytconglomerate und Gip- fel von Glimmerschiefer. 2. Trachyt und trachytische Reibungscon- glomerate. Nur hie und da ragt ein Gipfel reinen Trachytes aus den Conglomeraten hervor. Es ist ein schwärzlich grauer Trachyt von feinem Korn und dichtem Gefüge ganz entsprechend dem im Eperies- Tokayer-Gebirge. In der graulich schwarzen Grundmasse liegen kleine Krystalle von zwei weisslichen Feldspäthen, deren einer Oligoklas ist, auch Hornblendekrystalle und Augitkörner, zerstreute grüne Olivin- körner. Die Blöcke dieses Trachyts liegen überall bei Nangasaki. Eine grössere Eruptivmasse den Glimmerschiefer durchbrechend bei dem Dorfe Mogi. Die eigentliche Eruptivmasse der Reibungsconglo- merate ist viel schwieriger erkennbar als die dunkeln Einschlüsse, fast immer ist sie verwittert, oft ganz thonig und weich. Doch schei- nen auch als Grundmasse mehere Varietäten von Trachyt aufzutre- ten, welche verschiedenen Eruptionen angehören. Zwei derselben erkannte R. Ein dritter Trachyt entspricht dem weissen, welcher in Ungarn der letzten Eruptivperiode angehört, Der Gebirgscharakter 24* 346 ist durch den Mangel an festem Gestein anders als sonst in Trachyt- gebirgen, die Höhen sanfter, die tiefern Gehänge steiler, alle berast, das ganze ein pittoresker Getreidegarten. Verfolgt man die Grenze des Eruptivgesteines: so findet man stets einen schroffen unvermit- telten Uebergang von dem Reibungsconglomerat aus Trachytmasse und Trachytbruchstücken zum Glimmerschiefer. Nicht ein einziges Bruchstück des letzten in jenen eingeschlossen, nicht ein einziger Trachytgang setzt in das ältere Gestein. Auch zeigt der Glimmer- schiefer gar keine Veränderung durch Hitze. Nur die Umgebungen des Dorfes Mogi bieten entgegengesetzte Beispiele, so stürzt am Cap Kitawurasaki eine steile Bergwand auf rauhen Klippen ins Meer. Die äusserste von ihnen besteht aus Glimmerschiefer, die Felswand aus geschichteten trachytischen Tuffen, ihr Fuss aber und die zunächst angrenzenden Klippen zeigen das schönste Contactphänomen. Die Grundlage der Tuffe wird hier von einer Trachytmasse gebildet, die den Glimmerschiefer durchbrochen und sich darüber ausgebreitet hat. Sie hat ihn dabei zertrümmert und eine Menge grosser Blöcke ein- geschlossen, ist aber ganz frei von andern Trachyten. Diese Blöcke sowie der angrenzende Glimmerschiefer sind in eine hornsteinartige spröde und rauhe Masse von dunkellauchgrüner Farbe verwandelt. Das Gestein hat noch die Streifung des Glimmerschiefers, springt aber nicht mehr nach dessen Flächen. Je mehr man sich der äus- sersten Klippe nähert, desto mehr tritt der ursprüngliche Charakter des Glimmerschiefers hervor. — Die einschliessende Masse des Rei- bungsconglomerates ist der Zersetzung mehr unterworfen als ihre härtern Bruchstücke. Sie liefert’ einen ziemlich ergiebigen Boden, bei Inassa auch Porcellanerde, bei Nangasaki noch eine besondere Zersetzungsart. Nach dem Onoyama aufsteigend und von hier gegen Mogi sich wendend geht man am Rande eines tiefen Kessels hin, der den Ursprung eines bei Dainokubi mündenden Thales bildet und er- reicht vor einem Passeinschnitte die Grenze des Glimmerschiefers. Längs dieser ganzen Berglehne ist das Trachytconglomerat stark zer- setzt, gelbbraun, alle Einschlüsse stark zersetzt und concentrische Schalen bildend. Dieselbe Erscheinung auf der Wasserscheide zwi- schen Nangasaki und Nekongasi, welche auch aus intensiv zersetztem Trachyteonglomerat besteht. Die zersetzten Massen an beiden Orten erinnern auffallend an die Trachytconglomerate, in welchen der edle Opal bei Dubnik in Ungarn auftritt. Auch dort ist das Bindemittel erdig gelbbraun und lässt noch die ganze Structur des Trachyts z. Th. mit den Feldspathkrystallen erkennen, führt auch zersetzte Bruch- stücke mit schaliger Structur. Milchweisser Opal in den Fugen und Spalten und zwischen den Schalen fehlt auch bei Nangasaki nicht. Die Ursache dieser Zersetzung scheinen Gasexhalationen und heisse ‚ Quellen gewesen zu sein. Die Nähe des grossen Vulcanes Unsen in Simabara spricht dafür. — An den Conglomeraten nächst Nangasaki fehlt jede Spur einer Schichtung, es sind Reibungsconglomerate, da- gegen erscheinen in einiger Entfernung nach allen Richtungen hin 347 schön geschichtete trachytische Tuffe. So vor Mogi an der Bai von Awa, wo sie von Bohrmuscheln bewohnt werden, die auch weit über der Fluthhöhe liegen, so dass die Küste sich gehoben hat. Noch bes- sere am Vorgebirge Kitawurasaki. Hier lagern über der Eruptiv- masse sehr grobe Conglomerate deutlich nach N. einfallend, dann fol- gen feinere und weissliche Sandsteine, in der Höhe die Zwischenschich- ten immer feinerdiger, zuletzt sind es feste graue Mergel mit sehr dünnen Einlagerungen von Braunkohle, dazwischen setzen die Tufl- conglomerate fort. Doch bilden die Kohlen keine bauwürdigen Flötze. Zur Altersbestimmung dieser Tuffe und Kohlen fehlt es an jedem Anhalt, nach andern Theilen von Japan ist es wahrscheinlich, dass die Trachytperiode im ganzen Lande der mittlen Tertiärzeit angehört. Die Insel Kinsin. liebt eine grössere Manichfaltigkeit als Nan- gasaki. Zwar bilden auch da krystallinische Schiefer, Trachyt, Vul- cane und Tertiärgebilde die Hauptmasse, aber andere Bildungen kom- men hinzu. Granit fehlt nicht. Der Halbinsel Nangasaki liegt zu- nächst die von Simbara ganz aus dem Vulcan Unsen bestehend. Die- ser ist ein breiter regelmässiger Kegel, wohl über 6000’ hoch. Bei Ausrottung des Christenthums warf man die Christen in dessen Kra- ter. Jetzt darf kein Europäer dorthin. Beiderseits schliessen sich an ihn andere sehr hohe Berge, dann folgt in N. und S. eine lange Abdachung, nach N. wieder Gebirge, in S. das Meer. Die Abdachung besteht wahrscheinlich aus Tuffen und Tertiärgebilden. Seit einem Jahrhundert soll der Vulcan ausser Thätigkeit sein. Die Insel Ama K’sa bildet die Fortsetzung von Simabara und hat Braunkohlen, Por- zellanerde, einen grobkörnigen grauen Quarzsandstein, Kupfererze im Glimmerschiefer, alles deutet auf Fortsetzung des Gebirgsbaues von Nangasaki. — Zum Fürstenthum Fisen gehören die Halbinseln Nan- gasaki und Simabara als äusserste Ausläufer und ihre Gebilde schei- nen auch weiterhin fortzusetzen. R. sah eine Sammlung dorther, Darin Chloritschiefer mit Magneteisenstein, grünen Talk, Greisen mit eingesprengtem Eisenkies, ein quarziges Gangmittel in einem glim- merigen Schiefer mit Eisenkies, Bleiglanz und Blende, ferner Blei- glanz mit Schwefelkies, auch Kupferkies. Aus nichtkrystallinischen Gebirgen Schiefer mit Eisen- und Kupferkies, Titaneisensand, glimme- rigen Quarzsandstein, kleine Krabben in einem festen grünen Mer- gel bei Firando. Fisen ist reich an Kohlen, welehe in Nangasaki Absatz finden, die aber für Dampfschiffe zu viel Rückstand lässt und die Maschinentheile stark mitnimmt. Es ist Braunkohle. Auch Queck- silber kömmt bei Firando vor, doch nur sehr wenig.. Das Fürsten- thum Tsikusen scheint geologisch kaum von Fisen abzuweichen. Mehr Interesse bietet Higo, welches den grössten Theil der W-Küste von Kinsin einnimmt. Auch dort scheinen krystallinische Schiefer zumal Gneis das Grundgebirge zu bilden. Der merkwürdigste Berg ist da- selbst der Asoyama, ein sehr hoher thätiger Vulcan, von ihm sah R. grosse Stücke reinen Schwefels, grosse schöne Krystalle von Ei- senkies, Alaun, Antimonglanz, von einem andern Berge Realgar, auch 348 Magnetkies. Ockerige Concretionen vom Aso, welche in einer zer- reiblichen braunen Hülle eine fette weisse Masse einschliessen, wer- den vom Volke gegessen. Sehr interessant ist noch das letzte Für- stenthum an der W-Küste, Satsuma. Die südlichen Ausläufer dessel- ben begrenzen die Vandiemen Strasse von Norden mit überaus in- teressanten Ufern. Da überragt der Pik Horner ein schöner Kegel von 6000‘ Höhe alle Berge und viele Ufer sind wild zerrissen. Die südliche Insel Jakunosima ist ein einziges steiles Gebirge mit 5810‘ Gipfelhöhe, die Insel Iwogasima ein sehr steiler unregelmässiger Ke- gel 2324‘ hoch mit grossem dampfenden Krater und sehr viel Schwe- fel liefernd, auch die Insel Yarabusima hat einen Vulcan, Takesima ist sanft mit schroffen Ufern, ebenso nur höher Kurosima. Die Samm- lungen von diesen Inseln zeigen Gneis mit Eisenkies, Kupferkies, Blei- glanz, Blende in Quarz, trachytische Gesteine, Agalmatolith, Alunit- fels, Titaneisensand, der stark nach schwefliger Säure riecht, Gyps auf trachytischem Gestein, feinkörnigen Tuff und opalisirtes Holz. Al- les deutet darauf hin, dass der Gebirgsbau der W-Küste von Kinsin überall wesentlich derselbe ist und Nangasaki den Haupttiypus darstellt. — (Geolog. Zeitschr. XIII. 243—261.) Micksch, über die Lihner Steinkohlenformation. — Die Kohlenformation von Lihn, Neudorf, Ellhotten bis nördlich gegen Grünhof gehört dem O-Theile des Pilsener Kohlenbeckens an, in wel- chem Thurn und Taxis Bergbau treiben. Es wird von silurischem Schiefer im O. und durch das rothe Gebilde in der Ausmündung des N-Flügels im Lihnerthale begränzt. Im N. von Grünhof bildet das Terrain eine Hochebene mit 1069‘ höchster Höhe, von da senkt sich die Oberfläche wellenförmig bis in das Thal des Sulkowtauches südlich, der niedrigste Punkt ist 953‘. Südlich gegen Neudorf er- hebt sich die N-Abdachung des Ochsenberges sanft und erreicht im höchsten Punkt 1072‘. Das Terrain ist also durch den Lihner Thal- einschnitt in zwei Flügel getheilt, den nördlichen von Grünhof, den’ südlichen von Ellhotten und Neudorf. -Der silurische Schiefer scheint überall das Liegende zu bilden, ist im N-Flügel kalkführend, im S- Flügel die Scheidelinie zwischen Barrandes A und B. Am NO- und SO-Rande des Pilsener Beckens ist die Auflagerung der Kohlenfor- mation auf Silurium deutlich zu beobachten. Im Hangenden des Uebergangsschiefers, der sich längs des Radbusathales von Schlomitz nördlich gegen Pilsen ausbreitet, steht der Thonschiefer am Eichen- berg, Lillitzer Schlossberge und an der Radbusabrücke. Die schief- rige Structur ist meist ganz verschwunden, geht in ein dichtes Ge- stein über, und unterscheidet sich durch die grössere Menge des Feld- spathes, durch Caleit und Pyrit von den tiefern Schiefern. Diese Mi- neralien durch ihre Schmelzbarkeit erklären sehr gut die Erschei- nungen an ihren Verschlackungen, die theils als blasiger Basalt oder eine lavaähnliche Abänderung dieses Gebirgsgesteines gehalten wurde, so in Schlackenwall bei Bukowetz im NO von Pilsen. Derselbe be- steht aus rein geschmolzenen Massen und nicht ganz geschmolzenen 349 Stücken. Auch am Schlossberge bei Lillitz kommen ähnliche Ver- schlackungen und Frittungen vor. Auch sie zeigen, dass der Feld- spath, Kalk und Schwefelkies wesentlich zum Schmelzen dieses Schie- fers beigetragen haben und so diese Basalt und Bimstein ähnliche Beschaffenheit verursachten, die als ein Kunstprodukt nachgewiesen ist. Die silurischen Schiefer sind versteinerungsleer. Ihr Bau am O-Rande der Kohlenformation ist folgender. Der Schiefer am Fusse des Lillitzer Schlossberges ist dunkelgrau, sehr fest, splitterig im Bruch, auf den Klüften mit Eisenoxyd überzogen, mächtig geschich- tet. Zwischen dem untern und obern Schichtencomplex liegt verwit- terter Schiefer, lichtgrau mit Concretionen von Brauneisenstein, mit fein zertheiltem Calecit, Schwefelkieswürfeln. In anderer Abänderung ist er grünlichgrau, vollkommen spaltbar, Kalk führend. Höher hin- auf fehlt der Kalk. Vom Schlossberg südlich ist der Thonschiefer verwittert röthlich braun, seine Schichtung sehr verwirrt. Weiter am linken Ufer der Radbusa wird die Verwitterung und Störung grösser. Die erste Kuppe nächst der Lillitzer Wehr besteht aus Aphanit in Blöcken lichtgrünlich grau mit dunkeln Partien und Quarz führend. Die nächste zweite Kuppe besteht aus grünlich grauem Schiefer, regelmässig geschichtet, Quarz führend, sehr fest, auf den -Klüften mit Eisenoxyd, ähnlich der zweiten Varietät in Barrandes A. Zwischen beiden Kuppen liegen einzelne Granitblöcke. Weiterhin in SO-Richtung bis an die Schlowitzer Berge sind die Silurschiefer grünlich grau, sehr fest, theilweis gelöchert wie Fruchtschiefer mit viel Quarz in Rhomboödern, zur azoischen Abtheilung gehörig. Es fallen an der O-Grenze der Kohlenformation die Silur- und azoischen Schiefer der Etagen A und B ziemlich steil unter dieselbe ein und in diesem Theile des Kohlenbeckens steht das Kohlengebirge in Rük- ken und Anhöhen an, jedenfalls sehr mächtig. Die Bohrversuche wurden in beiden Flügeln bis auf das Grundgebirge fortgeführt. Den besten Aufschluss gibt‘ der Hauptschaeht der Mathildenzeche, vom Rande des Beckens 250 Klafter entfernt im W. gelegen. Hier wur- den durchsunken: aufgelöster gelber Sandstein mit Lignit, Kohlen- sandstein, Braunkohlenflötz 4°, grobkörniger Kohlensandstein, sammt- schwarze Schieferkohle 4°, Wechsel von grobem und feinkörnigen Sandstein mit Sigillarien, conglomeratischer Sandstein, schwarzgrauer Schieferthon mit Stigmaria ficoides, Schieferkohle 2‘, Schieferthon mit Anthracit und Schwefelkies, schwarzer Schieferthon mit Quarz, grauer grobkörniger Sandstein, Quarzconglomerat, silurische Schiefer. Ueber- haupt an reiner Kohle 11‘3“. Im S-Flügel ist das Kohlengebirge viel weniger mächtig. — (Regensburger Correspondenzblatt XV. 171—181.) @l. Orycetognosie. v. Kokscharow, über den russischen Monazit und Aeschynit (Petersburg 1861. 4°.). — Der Monazit findet sich an zwei Orten am Ural, anstehend im Ilmengebirge in einfachen Krystallen und dann in den Geröllen der Goldseifen des Flusses Sanarka auch in Zwillingen. v. K. bestimmt die Krystallge- 350 stalten. Als Menge dies Mineral 1826 zuerst fand, hielt er es für eine Varietät des Zirkons, Breithaupt beschrieb die Krystalle und gab ihnen den Namen Monazit 1829, dann Brooke als Mengit und ausführlicher G. Rose. Die Krystalle sind tafelartig und liegen in einem Gemenge von Feldspath, Albit und zweiachsigem Glimmer, sind klein, ausnahmsweise bis 3em Durchmesser, meist mehr minder zersetzt, im frischen Zustande fettglänzend, röthlich braun, an den Kanten stark durchscheinend, ihr Bruch uneben und fettglänzend, deutlich spaltbar nach allen Richtungen. Verwittert sind die Spalt- flächen undeutlich, die Farbe minder lebhaft, die Flächen rauh, matt. Härte zwischen Apatit und Feldspath. Der Monazitoid hat dunklere Farbe, durchwächst oft die Krystalle des Samarskit und Columbit und hat noch einige andere Krystallflächen, spec. Gew. — 5,281, gibt beim Erhitzen etwas Wasser, leuchtet vor dem Löthrohre stark. Die Analysen des Monazit ergaben nach Kersten und nach Hermann: K H Phosphorsäure 28,50 28,05 Thonerde 17,95 — Ceroxydul 24,78 37,36 Lanthanoxyd 23,40 27,41 Kalk 1,68 1,46 Manganoxydul 1,86 —_ Zinnsäure 2,10 1,75 Titan und Kali Spur Magnesia 0,80 100,27 96,83 Hermann analysirte auch zwei Varietäten des Monazitoids und fand 2. b. Spec. Gewicht - 5,28 5,18 Tantalsäure 6,27 3,75 Phosphorsäure 17,94 22,70 Ceroxydul 49,35 Lanthanoxyd 21,30 13,55 Kalk 1,50 Wasser 1,36 — - 97,72 100 Unter den Geröllen in den Goldseifen im südlichen Ural, im Lande der Orenburgischen Kosaken und am Sanarka kommen sehr kleine schöne Krystalle von Monazit vor, 3mm gross, tafelförmig, sehr glän- zend, scharfkantig, fast durchsichtig und von schöner röthlichbrauner in das Hyacinthrothe ziehender Farbe. Sie bieten sehr complieirte Combinationen, z. Th. in noch nicht beobachteten Zwillingsgestalten. Verf. bestimmt dieselben näher. Das spec. Gewicht des russischen Monazits stellt er auf 5,106—5,110, während Breithaupt es auf 4,922 bis 5,019 und Brooke auf 4,880 angeben. Der Monazitoid unterscheidet sich in seiner Krystallisation und den physikalischen Eigenschaften nicht im Mindesten von dem Monazit und die chemische Zusammen- setzung ist so schwankend, dass Hermann annimmt, es gebe Gemenge 351 von Monazit und Monazitoid. Verf. hält letztern für einen bloss ver- unreinigten Monazit. — Der Aeschynit kömmt im Ilmengebirge bei Miask vor, nur krystallisirt in langen primatischen Krystallen; eingewachsen in einem Gemenge von fleischrothem Feldspath, Albit und grünlich schwarzem Glimmer. Der grösste Krystall mass 6 Cen- timeter Länge und zwei Centimeter Dicke. Verf. bestimmt dieselben näher. Härte 5,5, spec. Gew. 5,140 nach Brooke, 5,188—5,210 nach Breithaupt, 4,90— 5,10 nach Hermann, 5,118 nach dem Verf. Spalt- barkeit fehlt gänzlich. Die Krystallflächen sind meist matt und rauh, wie zerfressen, umschliessen oft einen Kern von Feldspath oder ent- halten auch eingewachsen Zirkon. Hartwall! fand 56,0 Titansäure, 20,0 Zirkonerde, 15,0 Ceroxyd, 3,8 Kalkerde, 2,6 Eisenoxyd, 0,5 Zinn- oxyd. Hermann gibt drei Analysen N T. I. III. Niobsäure 33,39 35,05 33,20 Titansäure 11,94 10,56 25,90 Zirkonerde 17,52 17,58 €e 22,20 Ceroxydul 2,48 15,59 5,12 Eisenoxydul 17,65 4,52 5,45 Yttererde 9,35 4,62 1,28 Lanthanoxyd 4,76 11,13 6,22 Kalkerde 2,40 Spuren — Wasser 1,56 1,66 1,20 Flusssäure Spur —_ — Mangan Spur —_ — Talkerde Spur —_ — Wolframsäure Spur — —_ 101,05 100,51 100,57 Wegen der Krystallmessungen müssen wir auf das Original ver- weisen. — ART Peters, über den Biharit und Szajbelyit. — 1. Der Biharit aus den Umgebungen des Werkthales von Rezbanya kam früher massenhaft vor und wurde seither als Agalmatolith aufgeführt. Er ist mikrokrystallinisch, findet sich derb und dicht in feinkörnigem Kalkstein eingewachsen, auch in einzelnen Adern verzweigt. Die Masse ist wenig spröde, fühlt sich fettig an, hängt etwas an der Zunge. Bruch uneben bis splittrig. Härte 2,5, spec. Gew. 2,737. Gelb, grün, bräunlich, lauchgrün; kleine Splitter durchsichtig; lebhafter Fettglanz, die schaligen Abänderungen mit Perlmutterglanz; deutlich doppelt brechend; vor dem Löthrohr unschmelzbar; mit Kobaltsolution erst rosenroth, dann violet; im Kolben viel Wasser gebend; gepulvert in erhitzter Säure aufbrausend, aber nicht gelatinirend. Die Analyseergab Kieselsäure 41,135 Thonerde 13,475 Magnesia 28,916 Kalkerde 4,267 Kali 4,864. Wasser 4,461 97,718 352 Danach entspricht dasMineral der Formel 6(2R0.Si0,) + 2(A1z03.28i0,;) +4HO und stellt eine Vermittlung zwischen der Steatitgruppe und den mikrokrystallinischen Alkali-Thonerdesilikaten her. Der Name Biharit ist von- dem Gebirge entlehnt, in welchem es vorkömmt. — 2. Szajbelyit. In demselben grauen feinkörnigen Kalkstein kommen auf den Bruchflächen zahlreiche helle runde und von einem dunkeln Saume umgebene Flecken vor. Deren Inneres und Aeusseres zeigt eine sehr verschiedene Härte, das Aeussere hat Kalkspathhärte, der Kern aber lässt sich kaum mit dem Messer ritzen. Bei der Behand- lung mit Säure schied sich unter heftiger Gasentwicklung ein trübes Pulver ab. Dieses’ besteht aus nadelförmigen Kryställchen, die lose oder mit einander gruppirt sind, auch erscheinen viele mit Kryställ- chen besetzte Körperchen einem mit Nadeln besetzten Kissen ver- gleichbar. Die Nadeln sind ein wasserhaltiges Magnesianatronborax und wahrscheinlich dem Hayesin identisch oder dem Volgerschen Parasit. — (Wiener Sitzungsberichte XLIV. 153.) G.v.Rath, Titanitkrystalle in den trachytischen Aus- würflingen des Laacher-Sees. — Dieselben finden sich in Be- gleit von Augit, Magneteisen, Magnesiaglimmer, Hauyn in den we- sentlich aus glasigem Feldspath bestehenden Blöcken schön auskry- stallisirt in Zwillingen oder einfach. Die einfachen Krystalle gleichen ziemlich den in den Syeniten, Phonolithen, Trachyten eingewachsenen. Die Zwillinge stellen eine neue Form dar, indem sie als lange Pris- men mit dem vordern Kantenwinkel von 113° 45°. Sie sind stets mit demselben Ende aufgewachsen und zeigen in der Endigung entwe- der einen scheinbar rhombischen Character, wenn beide Individuen symmetrisch, oder es tritt die monoklinische Form deutlich hervor, wenn ein Individuen das andere überragt. In Vesuvauswürflingen ist der Titanit selten und dann auch in anderer Form. — Wirtgen entdeckte in den Bergen von Plaidt bei Colberg ein neues Vorkommen von vulkanischem Eisenglanz. Aus der mit Löss und Bimsstein bedeckten Ebene steigt hier eine vielgipflige Gruppe vulcanischer Klip- pen empor, 500‘ höher als Plaid, etwa 12 Schlackengipfel, um sie her eine grosse Lavadecke, die in N. an der Rauschenmühle, W. im Thal der Nette, O. bei Saffıg unter Bimsstein und Löss hervortritt. Einen interessanten Anblick gewährt das kleine Gebirge von Ochtendung aus. Von der linken zur rechten erheben sich der Langenberg, Michels- berg, grosse Wannen, gegen OÖ. mehr kleine Gipfel, an den röthlich schwarzen Wänden durch Steinbrüche aufgeschlossen. Den deutlich- sten Krater der ganzen Gruppe bildet der Michelsberg, doch ist er grösstentheils zerstört. Der nach aussen gerichtete Abhang des Wal- les neigt sich unter 20°, die innere Böschung unter 15—17°%. Die Krateröffnung ist nach Plaidt gewandt. Der nach O. sich an diesen Krater anreihenden grossen Wannen zeigt in den Steinbrüchen vor- trefflich das Innere dieser vulcanischen Berge entblösst. Sie bestehen aus Schichten von Schlacken, entweder gar nicht oder nur unbedeu- tend mit einander verschmolzen. Zwischen den Schlackenschichten 353 liegen hand- bis fussdicke Lappen fester Lava, die an ihrer Ober- fläche gleichfalls verschlackt sind. Die Schichten sind durch blosse Aufschüttung des vulcanischen Materials entstanden. Ein Theil war beim Niederfallen bereits erstarrt, ein anderer noch bildsam floss am Abhang hinab und gestaltete sich zu jenen lappenförmigen Lava- massen. Der Fundort des Eisenglanzes liegt im NW-Theile der Hü- gelgruppe an dem grössern ‘der beiden Köpfe. Hier durchsetzt die Schlacken ein Kluftsystem, dessen feine Spalte sich vielfach windend ‚und verzweigend-bei einer Gesammtbreite von 3—4’ auf 40° senk- rechte Höhe an der Schlackenwand sich verfolgen lässt. Die Spal- ten sind bedeckt mit Eisenglanzkrystallen so schön wie die vesuvi- schen, entweder in rhombo&@drischen Formen mit abgestumpfter End- ecke oder in zollgrossen dünnen Täfelchen. Nach den räthselhaften oeta&drischen Eisenglanzen von Vesuv sucht man bei Plaidt vergeblich. Derselbe berichtet noch über das Vorkommen des Zir- kons am St. Gotthardt nahe dem Gipfel der Fibbia. Schon Lardy hat denselben erwähnt, aber wegen der grossen Seltenheit blieb er unbeachtet, nun hat Kranz den Zirkon aufgewachsen mit Eisenrosen daselbst gefunden in Krystallen, welche vollkommen auf Lardy’s Be- schreibung passen. — (Niederrhein. Sitzungsber. 1861. $. 111—114.) " Nöggerath, Pseudomorphosen aus der Gegend von Trier. — Phosphorsaures Bleierz von der Oberfläche aus in dicken Schalen auf seinen sechsseitigen Säulen in Bleiglanz verwandelt von Bernkastel an der Mosel. Diese Pseudomorphosen von Bleiglanz nach phosphorsaurem Blei sind das schönste was irgend der Art beobach- tet, die Säulenkrystalle in reichen Gruppen haben eine Länge und Dicke von 1“—15‘‘. Werner nannte sie Blaubleierz, Pseudomorpho- sen von Weissbleierz nach Schwerspath vom Bleiberge in der Eifel. Die ursprünglich vielflächigen Schwerspathkrystalle_sind durch und durch in Weissbleierz verwandelt und an 15°‘ gross. Es ist merk- würdig, dass man noch niemals auf den Klüften des Bleiglanz führen- den Sandsteines, in welchen sich jene Pseudomorphosen finden, die ursprünglichen Schwerspathkrystalle entdeckt hat. Aller Schwerspath scheint fortgeführt zu sein, was allerdings bei einem so schwer lös- lichen Körper wie der schwefelsaure Baryt ist, auffällt. Grosse Stücke fossilen in seiner Textur wohl erhaltenen Holzes reich mit Kupfer- schwärze durchdrungen aus dem Buntsandsteine von Zeven. Wahr- scheinlich hat die ursprüngliche metallische Imprägnation dieses Hol- zes aus Kupferglaserz bestanden, welches durch allmählige Wegfüh- rung des Schwefels in Kupferschwärze verwandelt werden. Aehnliche Erscheinungen kennt man aus dem Kupferschiefer von Thalitter in Hessen, aus dem Rothliegenden in Böhmen. — (Rhein. Verhandl. 1861. Correspondenzblatt 53.) Jenzsch, die Structur der Mellitkrystalle in Thürin- gen. — Der Mellit krystallisirt im quadratischen System und zeigt denn noch in ausgezeichneter Weise die optische Zweiachsigkeit. Po- lyedrisch. Ausser der Pyramide treten an seinen Krystallen in der 354 Regel das Prisma zweiter Ordnung und die stark gewölbte Basis auf, selten das Prisma erster und eine Pyramide zweiter Ordnung; die Krystalle sind gewöhnlich kurz, nur ausnahmsweise langsäulen- förmig. Ihre Farbe zwischen hell weingelb und dunkelorangegelb; obgleich sie nicht selten kleine Mengen von Braunkohlentheilchen umschliessen, gibt es doch nur wenige ganz rauhe Krystalle, dennoch lassen sie sich schwer messen, da ihre Flächen oft gebogen oder auch mit eigenthümlichen Zeichnungen bedeckt erscheinen. An einer recht- winklig zur krystallographischen Hauptachse geschnittenen Imm di- cken und völlig durchsichtigen Platte bemerkt man zwischen gekreuz- ten Polarisirern bei Anwendung geradlinig polarisirten Lichtes, dass die Platte aus zwei Hälften besteht, welche bei Drehung der Platte um 360% zu viermal aber abwechselnd etwas heller und dunkler er- scheinen; schon mit freiem Auge erkennt man da, wo beide Indivi- duen zusammengewachsen, einen dunklen Streifen. In beiden Hälf- ten der Platte zeigt das zu Beobachtungen mit convergirend polari- sirtem Lichte eingerichtete Polarisationsmicroskop zwischen gekreuz- ten Polarisirern sehr deutliche von einem ovalen Ringsysteme umge- bene Hyperbeln. Die Ebene der optischen Achsen des einen nimmt zu der des andern Individuums eine rechtwinklige Lage ein. Jeder Punkt auf der etwas dunkler gefärbten Grenze beider Individuen zeigt ein kreisförmiges Ringsystem und ein unveränderlich gleicharmiges dunkles Kreuz. In diesem Falle erscheint bei dem optisch zweiachsi- gen Mellit ein Bild ganz ähnlich dem wie bei optisch einachsigem. Einfache Mellitkrystalle scheinen überhaupt selten vorzukommen. Auch von dem als poly@drisch beschriebenen Vesuvian untersuchte J. Kry- stalle und fand, dass man es bei dem Vesuvian gleichfalls mit regel- mässigen Verwachsungen von Krystallindividuen zu thun habe, bei denen die Ebenen der optischen Achsen rechtwinklig auf einander stehen. — (Neues Jahrb. f. Mineral. $. 194.) @. Palaeontologie. Deshayes, verticale Vertheilung der Muscheln im Pariser Tertiärbecken. — In der neuen Bearbeitung seiner Conchylien des Pariser Beckens hat Deshayes die Zahl der Bivalven von 351 in 19 Gattungen der ersten Auflage auf 1041 in 85 Gattungen erhöhen können. Er theilt gegenwärtig dieses Schichtensystem in folgende Glieder. I. Untere Sande mit 323 Arten. a. Süsswassermergel und Sande von Rilly, nur 5 Arten. b. Meeressande von Bracheux, stellenweise auf Kreide lagernd, mit 104 Arten. c. Lignite, auf b ruhend mit 47 Arten. d. Meeresformation mit den obersten Nummuliten zu Aizy, Laon, Coeuvres, Laversine mit 50 Arten. e. Sande des Soissonnais mit 170 Arten. II. Grobkalk mit 478 Arten, wovon 34 aus voriger Stufe überge- gangen sind. f. Grob-Glauconie von Chaumont, 140 Arten. 355 g. Fester und loser Grobkalk, 367 Arten. h. Sande im O. meerisch, gegen die Mitte des Beckens Fluvio- marin, 163 Arten. .III. Mittle Sande, deren drei Abtheilungen i k 1 sich nur nach ih- rer Oertlichkeit unterscheiden, 308 Arten und zwar in i 253, in k 74, in 1 42. IV. Obere Sande von Fontainebleau über dem Gypse, 65 Arten, alle eigenthümlich. m. Bank mit Ostraea longirostris zu Versailles, 62 Arten. n. Vorkommen bei Ormoy, 8 Arten. o. Obere Mühlsteine und die Kalke der Beauce, keine Art. Die einzelnen Glieder betreffend hat a keine mit andern Schichten gcmein, b theilt zwei mit c, 2 mit d, b mit de, 7 mit e, ferner theilt c eine mit de, 2 mit e, dann d 22 mit e. In die zweite Stufe gehen über 3 aus b, 2 aus c, 5 aus d, 24 aus e und gehen dieselben zu 7 in f, 3in fg, 8in g, 3 in gh, 13 in gfh über. In der zweiten Stufe treten abgerechnet jene gemeinsamen Arten nur 412. In der dritten Stufe gehen aus i 28 in k, 16 in kl und 2 in 1 über, aus k 7 nach 1 über. Aber unter ihrer Gesammtzahl von 308 sind 96 aus der zwei- ten Stufe herübergekommen, wovon i 38 erhält und 14 an k, 8 an kl liefert, so dass 61 in i aussterben. Unter den 34 Arten, welche die zweite Stufe aus der ersten erhalten hat, gehen 8 noch in die dritte über. Die vierte Stufe, obwohl nur streckenweise durch die Gypse von der vorigen Gruppe getrennt, besitzt dennoch eine durchaus ei- genthümliche Fauna, aus m gehen 8 Arten nach n. — (Bullet. soe. geol. 1861. XVII. 370—388.) E. Billing, neue Gattungen aus dem silurischen Sy- steme Canadas. — In den Beschreibungen und Abbildungen zum Geologischen Bericht über Canada Decas I—IV. 1858. 59 gibt B. unter vielen bereits bekannten auch eine Anzahl neuer Gattungen, deren Diagnosen wir nach Bronns Jahrbuch 1862. S. 242 hier mit- theilen, da uns das in Deutschland wohl noch sehr seltene Werk nicht zugänglich ist. “anıdh, Pachyocrinus eine Kelchbasis, deren 5 Basalia in der Grund- fläche eingesenkt liegen, damit wechselständig folgen 5 grosse dicke und jene dickwulstig umgebende Subbasalia oder Radialia, wie es bei keiner andern silurischen Gattung der Fall ist. Art P. crassibasalis untersilurisch im Chazy limestone. Hybocrinus Becher kugel- bis birnförmig, an einer Seite stärker als an der andern gewölbt und mit 5 fünfseitigen Basalia, 5 damit alternirenden Radialien und 2 schief aufeinander stehenden überzäh- ligen Interradialien, wovon das grössere die Stelle eines Radials ein- nimmt und dieses verkleinert neben das andere Interradiale empor- drängt. Arme ungetheilt, aus einer Gliederreihe. Säule rund und kurz. H.conicus und tumidus im Trentonkalk, pristinus im Chazykalk. Palaeocrinus Becher ei- oder birnförmig aus 5 fünfseitigen Ba- salien, damit alternirende 4 hexagonalen und 1 heptagonalen Subra- 356 - dialien und 5 damit alternirenden Radialien. Das siebenseitige Sub- radiale trägt auf seinem freien Oberrande 2 bis 3 kleine Interra- dialia. Arme schlank und mit dem zweiten Gliede frei werdend. Fünf Ambulacralgruben laufen von der Mitte der Bauchfläche zu den Armen, um in deren Achsen einzudringen. Mund wahrscheinlich am Rande über den überzähligen Täfelchen. ‘Säule rund oder fünfkantig. Steht neben Cyathocrinus und Poteriocrinus. P. striatus im Chazy- kalk, angulatus, rhombiferus und pulchellus im Trentonkalk. Carabocrinus Kelch kugel- bis eiförmig, 4 Basalia pentagonal und 1 hexagonale, 3 hexagonale Subradialia, 1 sieben- und 1 fünf- eckiges kleiner. Erste Radialia gross, tafelförmig, die 2 folgenden klein und frei in einem mehrfach dichotomen Arm fortsetzend. Von den drei überzähligen Täfelchen stehen 2 nebeneinander in der Sub- radiale und ganz von Radialform auf jenen in der Radialzone, doch ohne Arm. Auf der obern Fläche laufen 5 Ambulacralrinnen von der Mitte, wo eine Oeffnung zu sein scheint, nach den Armen aus, wäh- rend der Mund im Rande über den überzähligen Täfelchen liegt und noch eine andere kleine vorragende Oeflnung halbwegs zwischen diesen und der Mitte liegt. Dass eines der 2 Interradialien auf den Basaltäfelchen aufsteht, unterscheidet diese Gattung von Cyathocrinus und Poteriocrinus, wo sie nicht so tief herabreichen. C.radiatus, tu- berculatus und Vandordlandti im Trentonkalk. Porocrinus Kelch kegelförmig, 5 pentagonale Basalia, damit al- ternirende Subradialia, 3 hexagonale, 2 heptagonale abwechselnd. 5 erste Radialia, ein damit fast gleichartiges überzähliges Interradiale schief, unter diesem noch ein anderes vierseitiges. Auf den Vereinj- gungspunkten je dreier Täfelchen sowie am obern Winkel je zweier Radialia stehen kleine runde Kammrauten wie bei den Cystideen, wo- durch die Gattung sich von .Cyathocrinus, Poteriocrinus etc. unter- scheidet. P. conicus im Trentonkalk. Heterocrinus Hall klein und mit den aneinander liegenden Ar- men fast walzig. Auf 5 Basalia folgen 5lange wechselständige Arme, aus anfangs einreihigen 3 und 4 Gliedern zusammengesetzt, die sich an der Kelchbildung betheiligen und auf deren letzten sich die Arme gabeln, frei werden und Pinnulae tragen. Ueberzählige Täfelchen stehen zwei auf einander zwischen den einzeiligen Radialia. H. cana- densis (= H. simplex Hall), tenuis, inaequalis, articulosus alle im Trentonkalk. Cleioerinus Kelch gross, kegel- bis birnförmig, 5 Basalia, Ra- dialien 5 damit alternirend, einzeilig bis mit dem dritten Gliede, worauf je zwei Zeilen ruhen, die nach. einiger Zeit durch 4—8—16 er- setzt werden, aber alle wie sie zu einem Arme zusammengehören, eine geschlossen zusammenhängende lange und breite Flosse darzu- stellen scheinen. Eines der Basalien trägt noch eine aus 3 über ein- anderfolgenden Asseln gebildete überzählige Reihen, die bis zwischen die Dichotomien der Arme hinaufreicht. Cl. regius, grandis, magni- ficus im Trentonkalk. 397 Glyptocrinus Hall Becher birn- bis kugelförmig, oft gross; Ba- salia 5 klein, fünf- bis sechsseitig, damit wechselständig 5 Arme, zu- erst mit 3 einzeiligen Gliedern, dann gegabelt und jeder Ast wieder aus drei breiten Kelchtäfelchen gebildet, deren letztes ein schmales Axillare mit je 2freien kurzen einzeiligen mit Pinnulae besetzten Fin- gern trägt. Zwischen den fünf Armen und mit deren 4 ersten Glie- dern alternirend liegen je 3 interbrachiale Zonen ebenso liegender sechsseitiger Asseln übereinander, die aus je 1, 2, 3 Asseln neben ein- ander zusammengesetzt sind, nur in einem Interradius ist noch ein siebentes oder selbst achtes Täfelchen mehr. Säule drehrund oder fünfkantig, etwas rosenkranzförmig; Täfelchen oft mit Skulpturen. Gl. priscus, ramulosus, marginatus, ornatus, lacunosus alle im Trentonkalk. Reteocrinus Kelch aus nicht geschlossenen, sondernin Netzform zusammengefügten Täfelchen gebildet, deren jedes aus einem centra- len Kern und 3—5 Strahlen besteht. Von solcher Beschaffenheit sind 5 Basalia, 5 Subradialia, 5 Radialia; das unpaare subradiale hat 5 Strahlen statt 4 wie die übrigen. R. stellaris und fimbriatus im Tren- tonkalk. Syringoerinus unvollständig bekannt, z. Th. ein langer dünner drehrunder Arm aus zwei Zeilen wechselständig aneinander geschlos- sener Täfelchen gebildet, welche oben mehr auseinander weichen und dann in mehren Zeilen breiter sehr niedriger Glieder fortzusetzen scheinen. S. paradoxicus im Trentonkalk. Blastoidocrinus sehr häufig aber nur in zertrümmerten Exem- plaren, scheint ein Pentatrematites zu sein, dessen Täfelchen zweiter Zone nur bis zum untern Ende der Pseudoambulacra reichen, statt sie zu umfassen, daher dann die Täfelchen der dritten Zone statt auf die obern Interambulacralecken beschränkt zu sein, bis dahin herab- reichen müssen. Mund und Genitalmündungen sind nicht beobachtet. Davon abgesehen, dass die Pentatrematiten sonst nicht sehr zum Aus- einanderfallen geneigt sind, bliebe also kaum ein specifischer Unter- schied von deren Arten übrig. Bl. carchariaedens im Chazykalk. Glyptoeystites ist Echinoencrinus ähnlich, aber unregelmässig und an Porenrauten viel reicher. Kelch cylindrisch eiförmig aus 4 Zonen von Asseln gebildet, wovon die Basale 4, die 2. bis 4. je fünf Asseln enthalten; in der ersten sind 3 fünf- und 1 sechseckiger die der zweiten sind im Ganzen damit wechselständig, die der drit- ten und vierten sehr ungleich; der weite Mund etwas unter der hal- ben Höhe mit seinen Unterrande auf demjenigen Täfelchen der zweiten Reihe ruhend, welches über dem sechseckigen der ersten steht und ohne Klappen. Ambulacralöffnung oben fast in der Mitte und 5 Am- bulacralrinnen in unregelmässiger Stellung zu den Armen aussendend, daneben ein kleiner Porus. Porenrauten 10—14 in ganz unregelmäs- siger Vertheilung. Die Arme zurückgeschlagen und auf dem Kelche nach unten herablaufend; die Ambulacralrinnen des Scheitels zwischen zwei Reihen breiter Täfelchen verlaufend; die Armrinnen der Seiten mit zwei gegliederten Reihen von Pinnulis eingefasst. Säule dreh- 358 rund, kurzgliedrig, von ansehnlicher Dicke am Kelche und rasch ab- nehmend gegen ihre Basis. Gl. multiporus, Logani, Forbesi im Tren- 'tonkalk. Pleurocystites Kelch herzförmig eirund zusammengedrückt; die dorsale Seitenfläche von grossen vieleckigen Täfelchen zusammen- gesetzt, während auf der ventralen ein breit ovaler Raum mit zahl- reichen kleinen Plättehen bedeckt erscheint. Arme frei, nur 2 ter- minal, ansehnlich, zweizeilig und ihre Rinne längs der freien Innen- seite noch von feinen Täfelchen gesäumt. Mund am Grunde der lin- ken Seite. Eine kleine Oeffnung nächst dem obern Scheitel; die Am- bulacralöffnung unbekannt. Drei Porenrauten, davon 1 in der untern und 2 in der obern Hälfte. Säule’kurz und von der Basis bis zum Kelche rasch sich verdickend, ihre Glieder niedrig und von abwech- selnd ungleicher Stärke. Pl. filitextus, robustus, squamosus, elegans, anticostensis alle im Trentonkalk. Comarocystites Körper suboval; Becken aus 3 Täfelchen, über welchem noch 8—11 unregelmässige vielgliedrige Zonen meist hexa- gonal von Asseln liegen. Mund fast im Scheitel mit Klappen. Arme frei, rinnenartig ausgehöhlt, einzeilig, langgliedrig, beiderseits längs der Rinne mit einfachen vielgliedrigen Pinnulis. Ambulacralmündung im Scheitel zwischen den Armen. Säule rund und eben. Alle Tä- felchen von blasiger Textur, aussen platt oder grubig. Ü. puncta- tus im Trentonkalk. Amygdalocystites Körper eiförmig; Becken aus 3 Täfelchen, über welchen noch. 8 oder mehr vielgliedrige Zonen liegen. Der Mund nächst dem Scheitel und durch Klappen geschlossen. Arme lang, auf den Körper zurückgeschlagen, zweizeilig, aber nur eine Reihe Pinnulis tragend. Ambulacralöffnung im Scheitel; Armrinne längs einer Seite der Arme; Säule rund; Täfelchen nicht zellig. ‘A. florealis, radiatus, tenuistriatus im Trentonkalk. | Malocystites Körper eiförmig bis kugelig, aus 40—50 Täfelchen gebildet; Mund meist scheitelständig; Ambulacralöffnung an einer Seite über der Mitte; Arme zurückgeschlagen auf den Körper, in ei- nigen Arten zahlreich. Täfelchen dick, solide. Säule unbekannt. M. Murchisoni und Barrandei im Chazykalk. Palaeocystites ei- bis birnförmig, aus zahlreichen porentragen- den Täfelchen gebildet, indem nämlich radiale Kanälchen in deren Dicke verlaufen und auf der innern Oberfläche längs der Nähte mün- den. Säule, Arme, Mündungen unbekannt. Steht Amygdalocystites nahe. A, tenuiradiatus, Dawsoni, Castmanni in Chazykalk. Ateleoeystites sehr klein, 1/2‘ und etwas abweichend von den “Cystideen. Körper zusammengedrückt, abgerundet länglich viereckig, die Dorsalseite eben, deren Täfelchen in 4 Zonen, in den Basalen 4 Asseln hoch und schmal, fast von halber Körperhöhe, in der zwei- ten 3, wovon die mittle so breit wie 2 der vorigen und oben schief abgestutzt ist., die dritte ergibt 4—5 noch kleinere Plättchen, wovon 3 über den schiefen Mitteltäfelchen stehen. In der vierten Zone sieht 359 - man 3—4 kleine Plättchen den Dorsaltheil des Kelchrandes bilden. Endlich treten oberhalb aller noch einige kleine Plättchen hervor. Die Bauchseite ist wie bei Pleurocystites aus vielen kleinen Täfelchen zusammengesetzt. A. Huxleyi im Trentonkalk. Palaeasterina Salter: spitz fünfeckig, flach, die Radien oben mit mit 3—5 Höckerreihen, zwischen welchen eine getäfelte Scheibe die Ecken ausfüllt. Fühlergänge seicht und von quadratischen Täfelchen eingefasst, zwischen welchen andere etwas kleinere die ganze Unter- seite bedecken; die 5 die Mundhöhle umstehenden sind dreieckig, Stachelkämme tragend. Die Arten nur 4—5‘‘ breit, P. rigida und stellata im Trentonkalk, rugosa in der Hudsonrivergruppe. Stenaster: Radien fast linear, lanzetlich, keine Scheibe in der Mitte. Die Rinnen gesäumt von soliden länglichen viereckigen Am- bulacraltäfelchen. Oralasseln 10 dreieckige. Ambulacralporen in 2 Reihen. Dorsalfläche klein getäfelt, die Täfelchen höckerig und nicht dicht anschliessend. St. pulchellus im Trentonkalk. Petraster: tief sternförmig gespalten mit langen und gleichmäs- sig abnehmenden Radien. Bauchseite mit Rand-, Ambulacral- und einigen Scheibentäfelchen. Taeniaster: tief sternförmig strahlig, ohne Scheiben- und Rand- täfelchen. Arme lang, schlank, biegsam, mit kleinen Stacheln bedeckt und mit 2 Reihen Ambulacralporen. Adambulacraltäfelchen verlän- gert und etwas übereinander geschoben;‘ Adambulacralknöchelchen in der Mitte zusammengezogen und an beiden Enden verbreitert. T. eylindrica im Trentonkalk. - Edriaster (= Cyclaster B) Körper sitzend, kreisrund, scheiben- förmig, von zahlreichen unregelmässigen vielseitigen Täfelchen be- deekt. Mund weit und etwas fünfeckig. Fünf Ambulacralrinnen, jede aus 2 Reihen länglicher Knöchelchen und mit 2 Paar Porenreihen. Mund umgeben von 5 Oral- und anscheinend 5 Binnenknöchelchen. Die Nähte zwischen den Ambulacralknöchelchen in gewissen Erhal- tungszuständen so erweitert, dass nur 1 statt 2 Porenpaare neben einander zu sein scheinen. E. Bigsbyi. Cyclocystoides: scheibenförmig kreisrund, beide Seiten bedeckt mit vielen kleinen körnerartigen Täfelchen mit anscheinend strahliger Anordnung; der Rand ringartig umgeben mit dicken quadratischen Täfelchen, deren jedes an seinem äussern Rande 2 tiefe stumpfovale Aushöhlungen zeigt, die bei vollkommener Erhaltung wieder von mehren kleinen Schüppchen bedeckt sind und so einen röhrenartigen Kanal um das ganze Thier bilden. Dieser Kanal scheint durch eine porenartige Oeffnung im Grunde jeder Aushöhlung mit dem Innern des Thieres im Zusammenhange gestanden zu haben. Der Rand ferner mit einer langen Röhre verbunden, die ähnlich dem Rüssel mancher Crinoideen aus vielen kleinen polygonalen Täfelchen gebildet war. C. Haeli und Davidsoni im Trentonkalk. Ctenodonta Salt, Genus Arcacearum, Ledaförmig, fast gleichsei- tig, quer, Vorderseite stärker, Wirbel genähert, nicht vorragend. XIX. 1862. 25 360 Schlossrand vorn. und hinten mit einer Reihe gekrümmter Zähne. Band hinten äusserlich auf einer Bandleiste, kein gefurchtes Schloss- feld. Die beiden Muskeleindrücke mit einigen kleinen Narben daneben. und nicht erhöht umwandet. Mantelrand einfach. Ct. nasuta (= Tel- linomya Hall), Logani, contracta, gibberula, astartaeformis mittel- untersilurisch. Cyrtodonta: Isocardia- oder schief Arcaähnlich, aufgebläht, gleich- klappig, ungleichseitig, Wirbel nächst dem Vorderende, Hinterseite breiter als die vordere und breit zugerundet. Der vordere Muskel- eindruck bisweilen sehr tief, der andere flach. Am Vorderende des Schlossrandes liegen 3 schief von oben nach hinten und unten zie- hende Zähne übereinander, etwas vor oder unter dem Wirbel, am hintern 2 bis 3 andere dem Rande parallel. Mantelrand einfach; Band äusserlich, zuweilen ein schmales Schlossfeld unter oder hinter den Wirbeln. Viele Arten im Blakriver- und Trentonkalk. Vanuxemia, Subgenus der vorigen Gattung, höher, kürzer, schie- fer, fast Megalodonförmig, die vordern und hintern Zähne (3—7) län- ger. Zwei Arten im Trentonkalk und der Hudsonrivergruppe. Matheria: quer, gleichklappig, ungleichseitig, Wirbel nach vorn gerückt, Rücken- und Bauchrand parallel, Schlosszähne in der linken Klappe 2 kleine stumpfe, in der rechten einer, kein Seitenzahn. Band äusserlich. M. tener im Trentonkalk. Eichwaldia, gen. Brachiopodum, Schnabelklappe mit durchbohr- tem Buckel, das Schlossfeld darunter eine vertieft geschlossene Platte, das Innere getheilt durch eine undeutliche Längsscheidewand, das der kleinen Klappe mit einer entsprechenden starken. Längsleiste bis zum Stirnrande. Beide Klappen ohne Schlosszähne. Ei. subtrigonalis im Blackriver und Trentonkalk. Scalites Conr. genus Janthinidarum, Schale dünn, kreisel- bis scheibenförmig, oben flach, Umgänge kantig, Mundrand mit tiefem Ausschnitte, doch ohne Band mit 4 Untergattungen: Scalites kreisel- förmig, Gewinde oben flach, unten thurmförmig vorspringend, kein Nabel. Raphistoma Hall: linsenförmig, niedrig, Gewinde flach oder wenig gewölbt mit anliegenden Nähten; "Umgänge aussen scharfkan- tig und oft auch kantig gegen den mässigen Nabel.: Helicostoma Salt: Helixförmig, niedrig, scheibenartig, Gewinde fast flach, Umgänge aussen stumpfkantig, unten abgerundet, Nabel weit. Ophitela Vanux: scheibenförmig, Gewinde oben concav, Nabel unten ganz offen und alle Umgänge neben einander zeigend, welche aussen abgestumpft oder zweikantig sind. Mündung dreieckig. Harmotoma, Subgenus Murchisoniae, begreift die thurmförmigen Arten, welche mit dem Holopleaband den Mundeinschnitt von Mur- chisonia und eine runde vorn nicht ausgeschweifte Mündung verbin- den. Zahlreiche Arten in der Blackriver- und Anticostigruppe. Trochonema Salt: voriger sehr ähnlich, kreiselförmig, dünn- schalig, mit wenigen Umgängen, welche spiralkantig und radialstreifig sind, Nabel weit geöffnet, innere Lippen dünn und wenig zurückge- 361 schlagen, Peritrem vollständig, Tr. umbilicata im Blackriver und Trentonkalk. Ennema Salt: ebenfalls nur wenig abweichend, kreiselförmig, dünnschalig mit wenigen kantigen Umgängen, deren Zuwachsstreifen scharf und fadenförmig sind. Innenlippen nicht zurückgeschlagen. Peritrem einfach. Mund unten ausgebuchtet, kein Nabel, E. stri- gillata, pagoda. Loxonema Phill, gen. Pyramidellidarum, verlängert, vielgewin- dig, mit. einfacher unten verdünnter und oben ausgebuchteter Mündung. Kein Nabel. Pasceolus: ei- bis kugelförmige Körper, Ischadites ähnlich, aber abweichend durch die Gestalt der plattenförmigen Zeichen auf den innern Kernen, welche pentagonal und hexagonal statt viereckig sind. Das Thier war in einen dünnen lederartigen Sack eingeschlossen und am Grunde befestigt durch eine kurze röhrenförmige Fortsetzung seiner äussern Hülle. Vielleicht ein Tunikat. Beatricea begreift baumstammartige Fossilien aus dem Silurium von Anticosti, gerade, 1—14‘ dick mit einer drehrunden Achsenröhre, worin Querwände, aus concentrischen Schichten gebildet. — Der neuen Arten schon bekannter Gattungen beschreibt Verf. sehr viele z. B. 5 Cyrtoceras, 22 Orthoceras, 7 Syringopora etc. @l. Botanik. M. C. H. Peters, naturwissenschaftliche Reise nach Mossambique auf Befehl seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. in den Jahren 1842—1848 ausgeführt von W, Pe- ters. Botanik I. Abtheil. mit 48 Taff. Berlin 1862. — Nach langer Unterbrechung ist der zweite Theil dieses schönen Reisewerkes er- schienen und die Reichhaltigkeit des Inhaltes sowie die Gründlich- keit der darin niedergelegten Untersuchungen entschädigt für das ver- zögerte Erscheinen hinlänglich, das übrigens durch den Tod von Klotzsch und die nothwendige Vertheilung der Arbeit an mehre Bo- taniker veranlasst worden ist. Es enthält dieser erste Theil die Le- guminosen bearbeitet von Bolle und Klotzsch, die Myrtifloren, Caly- cifloren, Gruinalen, Terebinthineen, Tricoccen, Frangulaceen, Pölyga- linen, Acera, Hesperiden, Guttiferen von Klotzsch, die Columniferen von Garcke, Caryophyllinen, Parietalen, Peponiferen, Nelumbia, Rhoea- den, Polycarpieen, Corniculaten, Discanthen, Petulanthen, Personaten, Tubifloren, Nuculiferen, Contorten, Caprifolien, Campanulinen von Klotzsch. Wir zählen hier nur die darin beschriebenen neuen Arten auf, um unsere Leser auf die hohe Wichtigkeit auch des botanischen Theils von Peters’ Reise aufmerksam zu machen: Leguminosae Mimosa violacea Cordyla africana Zygia Petersiana Elephanthorrhiza Pe-| Schotia capitata Albizzia mossambicen- tersiana Afzelia Petersiana sis Erythrophlaeum ordale| — attenuata Acacia Petersiana Cassia Petersiana Trachylobium mossam- — mossambicensis — tettensis bicense — purpurea Gorskia conjugata Bauhinia mucora 25* Bauhinia punctata Petersiana Sophora inhambanen- sis Capassa violacea Rhynchosia melano- sperma discolor Eriosema pauciflorum c6nsanguineum floribundum macrophyllum incanum gracile Galactia mucronata Anarthrosyne cordata gracilis densiflora Sesbaniamossambicen- sis Tephrosia crotalarioi- des Indigofera nensis oligophylla tenuicaulis consanguinea tettensis Crotalaria arvensis pilifera hyssopifolia gracillima virgulata - lJaburnoides maxillaris pallida cleomoides mossambicensis Myrtiflorae Syzygium cordifolium Lepidanthemum tripli- nervium Calyciflorae Sonneratia mossambi- censis Nesaea humilis Isnardia discolor inhamba- Br 362 Ceriops mossambicen- sis Combretum elaeagnoi- des microphyllum Sheadendrum molle pisoniaeflorum Poiorea mossambicen- sis glutinosa senensis Gruinales Biophytum Petersia- num Therebinthineae Vepris querimbensis Ochna mossambicensis Hitzeria edulis Tricoccae Euphorbia angularis tettensis Acalypha senensis Calyptrospatha pubi- flora Cephalocroton mollis Argyrodendron Pe- tersii bicolor Briedelia melanthesoi- des Phyllanthus deflexus vaccinioides dilatatus Be senensis Frangulaceae Chailletia mossambi- censis deflexa- Scutia discolor Celastrus censis Polygalinae Er senensis mossambi- stenopetala Lophostylis pallida Acera Sapindus xanthocarpus Hesperides. Trichilia capitata Columniferae Hibiscus aristaevalvis caesius variabilis Sterculiaipomoeaefolia Cola quinqueloba Grewia inaequilatera lepidopetala Caryophyllinae Giesekia aspera Acanthocarpaea sulcata scabrida Arversia depressa Orygia mucronata Parietales Clemanthus senensis Chlanis tettensis macrophylla Wormskioldia glandu- lifera tanacetifolia Jonidium hirtum Peponiferae Momordica cardiosper- moides Bryonia tenuis Cephalandra senensis Nelumbia Nymphaea Petersiana Rhoeades Chilocalyx tenuifolius macrophyllus Decastemon hirtus zanzibaricus Symphyostemon stric- tus Dianthera Petersiana Anomalostemon boro- rensis Thylachium querim- bense — verrucosum Boscia mossambicensis Streblocarpusscandens pubescens _— Physanthemum glau- cum h Petersia rosea Polycarpicae Clematis Petersiana Cissampelos macrosta- chya senensis hirta Corniculatae Vahlia macrantha Discanthae Loranthus roseus hirsutiflorus Cissus paucidentatus bororensis Vitis mossambicensis Petalanthae Diospyrus macrocalyx senensis squarrosa bicolor r Myrsine querimbensis Personatae _ Pretrea loasaefolia artemisiaefolia senecioides Rogeria microcarpa Spathodea acuminata puberula Tecomaria Petersii Nomaphila quadrangu- laris — glandulosa Asystasia podostachys subhastata floribunda acuminata pubescens scabrida multiflora querimbensis Barleria rhynchocarpa querimbensis consanguinea squarrosa spinulosa - 363 Barleria senensis capitata Blepharis pungens acanthodioides Crossandra pubescens puberula Adhatoda formosissima striata mossambicensis microphylla Rhinacanthus gracilis Eranthemum senense Blechum hamatum Dicliptera mossambi- censis Alectra hirsuta Liperia micrantha pedicellata Buchnera mossambi- censis longifolia verbenoides Striga pubiflora Rhamphicarpa serrata Gerardianella scopifor- mis Tubiflorae Solanum acanthocalyx duplosinuatum pharmacum phoricum mossambicense tomentellum tettense Convolvulaceae Convolvulus involucel- latus Hewittia asarifolia hirta Calycanthemumleucan- themum Prevostea mossambi- censis Breweria malyacea Nueuliferae Cordia querecifolia Erethia amoena Erethia mossambicen- sis Tournefortia stenoraca Heliotropum longifo- lium — pygmaeum — senense Cynoglossum _platy- phyllum Selago lacunosa Clerodendron ovale incisum stenanthum mossambicense robustum Cyclonema mucrona- tum tettense spinescens discolor — — Poemna senensis Vitex Petersiana tettensis dentata — Contortae Merystostylus grandi- - florus macrocalyx — brachycalyx Sebaea involucrata Dregea macrantha Gymnema crenatüm Astephanus recurvatus Daemia barbata Gomphocarpus nutans — pauciflorus Strophanthus Petersia- nus Holarrhena febrifuga tettensis glabra Adenium multiflorum Willughbeia Petersiana senensis cordata Jasminum tettense _— — 364 Caprifolia Oxyanthus querimben- Campanulinae Pentanisia zanzibarica sis Lobelia pterocaulon — suffruticosa Agathisanthemum Bo-]| — subulata — nervosa jeri — asperulata — cymosa -— Petersiü — humilis Diodia senensis Kohaulia lasiocarpa -- Petersiana Pavetta incana — macrophylla — lavendulacea — gracilis — longifolia Wahlenbergia inham- Canthium zanzibaricum banensis Die neuen Gattungen erhalten folgende Charactere: Gorskia: Caleyeis folia 4 inaequalia, aestivatione in alabastrum globosum arcte coalita, sub anthesi imbricatim rupta, denique ex- pansa. Corolla nulla. Stamina 10 hypogyna, filamenta filiformia, li- bera, alterna tertia parte longiora, antherae omnes perfectae, bilocu- lares. Ovarium stipitatum, ovale, basi attenuatum, compressum, gla- brum uniloculare, ovulis duobus. Stylus filiformis, germine triplo longiore, revolutus; stigma paullo incrassatum pag. 16, tb. 3. Capassa: Calyx campanulatus bilabiatus, labio superiore uni- inferiore tridentato, dente medio patente. Corollae papilionaceae ve- xillum erectum unguiculatum alas oblongas obovatas hastatas ungui- culatas paullo superans, carinae alis brevioris subconformis petala longe stipitata, dorso coalita. Stamina 10 monadelpha, vagina integra. Ovarium stipitatum quadriovulatum, ovulis amphitropis. Stylus cur- vatoobliquus; stigma minutum. Arbor Sphinctolobii facie; foliis al- ternis imparipinnatis magnis submembranaceis stipulis herbaceis sti- pellisque spinescentibus instructis; inflorescentia terminalis racemoso- paniculata. pag. 28, tb. 5. Hitzeria: Flores monoici. Masc. Calyx cyathiformis profunde quadrifidus. Corollae petala 4, calyci inserta, iisdem alterna et lon- giora, aestivatione valvata. Stamina octo inclusa, quorum quatuor petalis opposita breviora; filamenta libera subulata; antherae bilocu- lares introrsae apieulatae longitudinaliter dehiscentes. Ovarii rudi- mentum nullum. Fem. Calyx quinquefidus. Corollae petala 5. Sta- mina decem rudimentaria efoeta. Germen superum triloculare, loculis uniovulatis. Stylus brevis. Stigma peltatosubtrilobum. Drupa char- tacea, putamine tenui monospermo. Semen adscendens atratum. Em- bryonis exalbuminosi cotyledones crassae planoconvexae, radicula supera lateralis cotyledonibus accumbens. Arbor foliis imparipinnatis 2—4 jugis foliolis oppositis membranaceis integerrimis utrinque pu- bescentibus; floribus aggregatis parvis, interrupte spicatis; spieis in apice ramorum axillaribus pedunculatis. pag. 89. Calyptrospata: Flores monoici. Racemi spicaeformes androgyni axillares solitarii pedunculati. Masc. Calyx 4 partitus pedicellatus, laciniis ovatis acutis, dorso glandula sessili instructis. Stamina 8 di- stincta; filamenta crassa; antherae biloculares oblongae, basi fixae, in alabastro inflexae. Fem. Calyx sessilis. Ovarium trigonum lepi- dotum triloculare, loculis unioyulatis. Styli tres laciniati erecti, basi 365 subconnati, laciniis tenuibus irregularibus. Capsula tricoeca lepidota, coccis subglobosis bivalvibus monospermis. Semina subglobosa stro- phiolata, Frutex ramosissimus subglaber; foliis alternis petiolatis de- ciduostipulatis; floribus spicatoracemosis axillaribus androgynis, mas- culis superioribus in glomerulos interruptos bractea minuta stipatos collectis, femineis ternis interbracteam persistentem magnam corda- tam remota serratam subacutam foliaceam conduplicatam, extus sparse lepidotam sessilibus. pag. 97. tb, 18. Argyrodendron: Flores dioici. Masc. Spieae racemiformes in apice ramorum axillares solitariae pedunculatae. Calyx globosus 4 dentatus lepidotus, aestivatione valvatus, laciniis aequalibus subconni- ventibus. Petala 4 obovata biloba inclusa calycis dentibus alterna. Stamina 4 distineta inclusa ad basin ovarii rudimenti hirti inserta. Antherae ovales biloculares longitudinaliter dehiscentes. Glandulae nullae. Fem. Racemi simplices terminales. Calyx 5lobus lepidotus, laciniis ovatis obtusis. Germen obtusetrigonum triloculare triovulatum lepidotum. Styli tres distincti. Stigmata bifida lobis teretibus con- volutis. Capsula tricocca lepidota, coccis bivalvibus monospermis. Semina ovalia pallida crustacea caremcula umbilicali instructa. Ar- bores fruticesque Crotonis facie argenteolepidotae; foliis alternis membranaceis exstipulatis integerrimis, extus ad basin glandula sti- pitata saepissime instructis; racemis staminigeris axillaribus soli- tariis pedunculatis; racemis pistilligeris terminalis paucifioris abbre- viatis. pag. 101. Acanthocarpaea: Flores hermaphroditi unibracteati. Calyx 5 partitus, laciniis aequalibus membranaceis candidis, dorso viridistriatis recurvatoacuminatis. Corollae petala nulla. Stamina 7 inclusa hy- pogyna ima basi coalita. Filamenta e basi dilatata subulata glabra. Antherae rotundatoovatae versatiles.. Pollinis granula lenticularia. Ovarium compressiusculum glabrum, carpellis 2 facie commisurali planis, compositum, biloculare.e. Ocula in loculis solitaria funiculo ba- silari inserta, libera. Styli 2 brevissimi subcoaliti, carpellorum com- missurae contrarii. Stigmata majusula sphaerica flavescentia. Fructus compressiusculus seriatim tuberculosoechinatus, dicoccus, basi calyce patente stipatus, carpellis secedentibus. Semen reniforme planocon- vexum. Albumen centrale farinaceum. Embryo annularis periphericus, radicula descendente, cotylis semiteretibus incumbentibus. Herbae perennes virgatim ramosae; foliis angustis alternis integerrimis; flo- ribus cymosis,; cymis oppositi foliis brevipedunculatis. pg. 137, tb. 24. Clemanthus: Flores unisexuales. Involucellum nullum. Fem. Calyx coloratus glaber cyathiformitubulosus 5fidus, in fundo glan- dulis 5 pedicellatis pezizaeformibus laciniis congruis instrutus, la- ciniis linearibus erectis, apice cucullatim constrictis. Corollae petala coronaque nulla. Stamina sterilia 10 alternatim in aequilonga, basi in annulum gynophorum cingentem connata,ab brevia subulata, 5 lon- giora in laminam linearioblongam membranaceam uninerviam rectam acutam producta. Ovarium stipitatum ovatooblongum uniloculare. 366 Ovula in placentis parietalibus tribus planis indivisis plurima hori- zontalia anatropa. Stylus subnullus. Stigmata 3 dilatata ramoso- reniformia. Frutex scandens sarmentosus; foliis alternis palmatilobis ; petiolis apice biglandulosis, basi brevi bistipulatis; stipulis petiolo partim connatis; pedunculis axillaribus patentim ramosis, ramis late- ralibus paucifloris cirrhosocircinnatis; floribus articulatopedicellatis, basi attenuatis. pag. 143. ; Chlanis: Flores abortu polygami. Calyx ebracteatus triphyllus, foliolis coloratis rotundatis concavis imbricatis deeiduis, extus pu- bescentibus. Corollae petala 12, obovata obtusa hypogyna inaequalia subunguiculata patentia imbricata. Stamina inclusa numerosissima hypogyna; filamenta filiformia libera; antherae terminales elongato- rostratae biloculares angustae, ab apice longitudinaliter dehiscentes, basi in filamentum apice dilatatum decurrentes. Ovarium sessile li- berum uniloculare hirtum multiovulatum. Ovula in placentis parieta- libus numerosissima pendula anatropa. Stylus terminalis fistulosus hirtus. Stigmata 3 bifida erecta, lobis acutis. Capsula oblonga sub- erosocorticata hirsuta unilocularis sexvalvis, valvis crassis medio pla- centam dilatatam gerentibus. Frutices ramosi, ramis lignosis strictis robustis, ramulis abbreviatis: foliis obovatis alternis integerrimis mem- branaceis; stipulis petiolaribus geminis lineari lanceolatis deciduis; floribus subterminalibus solitariis pedicellatis. pag. 144. ‘ Chilocalyx: Calyx bilabiatus 4partitus, laciniis subulatis in- aequilongis, lacinia inferiore longiore, tubo perbrevi, dorso inflato. Corollae petalae, 4 elongato subspathulata acuta aequalia inferne at- tenuata, fauei calycis tubi inserta. Stamina 11—12 aequalia erecta exserta fertilia; filamentis filiformisubulatis glabris stricetis, basi in tubum atque cum stipite germinis connatis; antheris linearibus, utrin- que brevi emarginatis, dein revolutis. Germen plus minus longe sti- pitatum lineare, inferne apiceque attenuatum uniloculare. Ovula juxta placentas intervalvulares geminas numerosa amphitropa. Stylus’ sub- alatus strietus. Stigma minutissimum. Capsula siliquaeformis sti- pitata unilocularis bivalvis, valvis parallele trinervosis glabris a septo seminifero persistente secedentibus. Semina numerosa reniformia radiatim costata et costis per foveas elongatas transversim conjunctis exalbuminosa, strophiola inferne hippocrepica, superne compressa se- miamplexa. Embryonis arcuatoconduplicati cotyledones incumbentes, radicula conica. Herbae ramosae tenaces glabrae striatae; foliis al- ternis trifoliatis petiolatis, foliolis divaricatis, floralibus setiformibus _ parvis caducis; floribus in apice ramorum racemosocorymbosis e fla- vidolilacinis. pag. 154, tb. 28. Decastemon: Calyx tetraphyllus foliaceus, foliolis lanceolatis ae- qualibus erectis. Corollae petala 4 oblongosubobovata longe ungui- culata aequalia- Stamina 10 fertilia toro parvo hemisphaerico postice in glandulam elongatam producto inserta; filamentis declinatis inaequi- longis, basi monadelphis; antheris oblongis, basi emarginatis, apice deinde revolutis. Ovarium stipitatum uniloculare, ovulis juxta pla- 367 centos intervalvulares geminas plurimis campylotropis. Stylus decli- natus brevis. Stigma hemisphaerico incrassatum. (Capsula, siliquae- formis stipitata stricta hirsuta aut glandulosohispida, utrinque atte- nuata unilocularis bivalvis, valvis parallelenervosis a septo seminifero persistente solutis. Semina plurima reniformia transversim interrupto- eristata dense et levissime concentricostriata rufescentia. Embryonis exalbuminosa arceuatoconduplicati cotyledones incumbentes, radicula conica. Herbae ramosae hirsutae aut glandulosohirtae, foliis alternis trioctofoliatis; foliolis versus basim cuneatoattenuatis; floribus in apice ramulorum axillaribus pedicellatis. pag. 157. Symphyostemon: Calyx 4partitus longissimus sparsim scaber deciduus, superne atratus, foliolis lanceolatis subulatoacuminatis sub- “ 'serratis. Corollae petala 4 aequalia oblongospathulata longissime unguiculata rosea, supra unguem flavidomaculata. Stamina 10, basi oblique monodelpha, postice fissa; filamentis declinatis toro insertis; antheris oblongis linearibus, basi emarginatis, dein apice recurvis. Germen plus minus longe stipitatum uniloculare. Ovula juxta placen- tas intervalvulares geminas numerosa amphitropa. Stylus brevis stri- cetus. Stigma obtusum. Capsula siliquaeformis stipitata substrieta glabra, utrinque attenuata unilocularis bivalvis, valvis parallelenervo- sis a septo seminifero persistente solutis. Semina plurima reniformia congressiuscula transversim plicata fuscorufescentia. Embryonis exal- buminosi arcuatoconduplicati cotyledones incumbentes, radicula co- nica. Herba ramosa strieta hirta aut albidosetosa; foliis alternis 3—5 foliolatis; foliolis spathulatis basi cuneatis hirsutis; floribus in apice ramulorum axillaribus pedicellatis congestis. pag. 159. Dianthera: Calyx tetraphyllus glaber deciduus submembranaceus foliolis subaequalibus. Corollae petala 4, posteriora minora oblonga, basi unguiculata, anteriora majora ovalia aut obovata, basi atienuata. Stamina 4—10 inaequalia toro pulvinato postice in glandulam cupu- laeformem producta inserta, quorum 2—8 sterilia breviora clavata aut compressa subinde apice appendiculata, 2—4 anteriora fertilia lon- gissima declinata; filamentis subulatis; antheris oblongis, basi emar- ginatis basifixis dein apice revolutis bilocularibus longitudinaliter de- hiscentibus. Germen plus minus longe stipitatum uniloculare. Ovula Juxta placentas intervalvulares geminas numerosa amphitropa. Stylus distinctus. Stigma subcapitatum. Capsula siliquaeformis, interdum breve stipitata unilocularis bivalvis; valvis a replo seminifero per- sistente secedentibus parallelevenosis venis arcu acutangulo hine inde anastomosantibus. Semina numerosa reniformia concentrice scrobicu- lata exalbuminosa primum puberula, strophiola inferne, hippocrepica, superne compressa semiamplexa. Embryonis arcuatoconduplicati co- tyledones incumbentes, radicula conica. Herbae ramosae glabrae glau- cescentes aut sparsim glandulosae; foliis alternis petiolatis tri-septem- foliolatis, foliolis angusto linearibus glabris, floribus in apice ramorum azillaribus pedicellatis uni-aut versicoloribus. pag. 160, tb. 27. 368 Anomalostemon: Sepala 4 lanceolatosubulata acuminata purpura- scenti muricata decidua. Petala 4 flavescentia, ima basi toro inserta elongatooblonga spathulata unguiculata decidua, 2 exteriora angu- stiora. Stamina 6—8 inaequalia, quorum 2 breviora et minus evo- luta. Filamenta glabra subdeclinata libera toro obliqua inserta. An- therae basi fixae ellipticae, utringue emarginatae, duae minores steri- les, loculis longitudinaliter dehiscentes. Ovarium lineare uniloculare stipitatum, ovatis juxta placentas intervalvulares geminas plurimis campylotropis. Stylus brevis strietus. Stigma capitatum. Capsula siliquaeformis compressa stipitata, versus apicem attenuata unilocu- laris bivalvis, valvis parallelenervosis hispidulis a replo seminifero persistente solutis. Semina numerosa reniformia subcompressa leviter punctulata nitida pallide fuscescentia. Embryonis exalbuminosi ar- cuatoconduplicati cotyledones incumbentes, radicula conica. Herba ramosa pubescenti hirta, foliolis inferioribus trifoliolatis, superioribus seu floralibus integris; floribus in apice ramorum axillaribus conge- stis pedicellatis flavidis. pag. 162. Physanthemum: Calyx 3partitus, laciniis ovalibus submucro- natis 5 nerviis glabris ex albidoflavis in alabastro valvatis inflatis. Petala nulla. Annulus coronaeformis in fauci calycis crenatodentatus. Stamina numerosissima carpophoro supra basin inserta. Filamenta filiformia libera exserta in alabastro spiraliter torta. Antherae ob- longae brevi apiculatae, basi emarginatae, infra medium dorsi affixae. Ovarium oblongum subtrigonum, utrinque -attenuatum oblonge stipi- tatum triloculare dissepimentis 3 spuriis ovula plurima gerentibus. Stigma obtusum. Bacca oblonga trilocularis. Frutex ramosus glaber; foliis alternis parvis ovatis brevi mucronatis, utrinque glaucis in sicco conduplicatis; floribus axillaribus pedicellatis; pedicellis ebracteatis; calycibus tripartitis inflatis, laciniis intus excavatis; corollis annulatis coroniformibus dentatocrenatis fauci calycis insertis. pag. 167, tb. 29. Petersia: Calyx bipartitus herbaceus in alabastro valvatus; la- ciniis oppositis subcoriaceis ovatis breviacutis cymbiformibus, extus evanescente pubescentibus, intus albidotomentosis. Corollae petala sex oblonga obtusa colorata evanescente pubescentia calycis laciniis triplo longiora in fundo calyeis inserta. Stamina numerosissima toro- infra carpophorum inserta, exserta; antheris ovatis, apice attenuato- obtusis, basi truncatis, dorso excavatis; filamentis liberis subulatis. Germen oblongourceolatum obtusum sexangulare semisexloculare mul- tiovulatum evanescente pubescens longe stipitatum. Stigma umbilica- tum. Bacca coriacea oblonga sexangularis polysperma. Semina plu- rima reniformisubglobosa in foveolis nidulantia, testa crustacea. Em- bryonis exalbuminosi cotyledones convolutae. Frutex scandens, spi- nosus; foliis distichis alternis integerrimis; stipulis geminis, uncinato- spinosis; floribus axillaribus solitariis pedicellatis; pedicellis ebrac- teatis. pag. 168, tb. 30. Calycanthemum: Sepala 5 aequalia. Corolla campanulata. Fi- lamenta inaequilonga. Antherae reniformes. Stylus pilosus, basi in- 369 crassatus deciduus. Stigmata 2 patentia ovata granulata. Ovarium turbinatum basi apiceque incrassatum biloculare 4 ovulatum. Suffru- tex subvolubilis incanopubescens; floribus parvis axillaribus solitariis rarissime binis. pag. 245, tb. 40. Merystostylus: Calyx 4partitus, laciniis oblongis aut ovatolan- ceolatis acuminatis ecarinatis 3—5 nerviis. Corolla infundibuliformi- hypocraterimorpha marcescens, tubo tetragono, dein ad basin inflato, limbo 4 partito subinfundibuliformi, lobis elongatis acuminatis. Sta- mina 4 didynama tubo corollae inserta inclusa stylis longiora, filamen- tis compressis brevissimis; antheris fuscis brevibus ovatis obtusis, basi emarginatis immutatis. Ovarium oblongum bifidum quadrangulare disco hypogyno 8 radiato impositum, apice in stylos duos bifidos at- tenuatum, valvulis introflexis, dorso carinatis, 4 loculare, ovulis angulo centrali utrinque insertis. Styli 2 bifidi inclusi in fructu cum valvu- lis bipartitis. Stigmata capitellato penicillata. Capsula 4 locularis bivalvis ab apice septicide dehiscens, valvis profunde bifidis, placen- tis margine infero valvarum insertis, loculis approximatis. Semina minuta oblonga striata apiculata. Herbae biennes herbaceae glabrae aut glandulosopubescentes; caule stricto elato, rarissime ramoso; cy- mis axillaribus terminalibusque pedunculatis in paniculam digestis. pag. 267. Agathisanthemum: Calycis tubus brevis turbinatus demum glo- bosus; limbus profunde 4fidus, laciniis angustis subaequalibus in si- nubus nudis. Corolla infundibuliformis 4fida, laciniis ovatolanceola- tis obtusis apertis, aestivatione subimbricatis, tubo inferne barbato. Stamina 4 medio tubo inserta; filamentis brevibus glabris, antheris introrsis brevibus semiexsertis. Discus epigynus tenuis. Stylus fili- formis apice bilobus exsertus. Capsula subglobosa apice libera, lo- eulicidebivalvis, valvis bifidis. Suffruticuli erecti ramosi, caule ramis- que obsoletetetragonis puberulis; foliis oppositis oblongis subsessili- bus; stipulis utrinque triquadrisetis; cymis capitatis densifloris in apice ramorum brevi pedunculatis; floribus parvis brevi pedicellatis. pag. 294. Stelzner, interessante Beobachtung an einem Wein- stocke. — An einem Gewächshause in Gent steht ein alter Wein- stock, Frankenthaler, dessen Reben ins Innere des Hauses gezogen und hier die ganze Glasfläche bedecken. Das Haus diente in der letz- ten Zeit für Kalthauspfianzen und wurde deshalb nur Frostfrei ge- halten, der Weinstock entwickelte im April seine ersten Triebe. Aber im letzten Winter wurde das Haus für wärmere Pflanzen verwendet und in Folge der höhern Temperatur waren schon Anfang Februar alle Reben in voller Thätigkeit Rasch und üppig war das Wachs- thum und reich die Traubenmenge bis an die kleinsten Triebe. Ge- lindes Wetter und Sonnenschein begünstigten die Vegetation, so dass viele Trauben in den ersten Tagen des März schon nahe am Blühen waren. Aber plötzlich am Morgen des 5. März- hingen alle Triebe so schlaff herab, dass der Stock zu Grunde zu gehen schien. Was 370 war geschehen? Es wurde vermuthet, untersucht, um das Räthsel zu erklären. Die heftige Kälte von 8°R. an jenem Morgen konnte auf die innere Temperatur des Hauses nicht eingewirkt haben, denn es war entsprechend geheitzt und die Wärme im Hause erhalten. Tro- ckenheit der Wurzeln und viele andere mögliche Gründe gaben kei- nen Ausschlag. Schon sollten die Reben abgeschnitten werden, als plötzlich die Ansicht geltend gemacht wurde, ob nicht der nur theil- weis und nur zufällig eingebundene äussere Stamm, der in frühern Jahren gar nicht geschützt war, durch die unerwartet eingetretene Kälte in seiner Safteirculation gehindert worden sei. Schnell wurde der Stamm mit warmem Wasser begossen und dann ganz mit Dünger eingeschlagen. Schon nach einer Stunde erholten sich sämmtliche hunderte von Trieben vollkommen und wuchsen kräftig weiter. Am 18. März stand der grösste Theil der Trauben in voller Blühte. In frühern Jahren war der Stamm von aussen nie gedeckt worden, aber der Stock hatte auch nie so früh getrieben und daher war der Ein- fluss der niedern äussern Temperatur nicht so bemerkbar wie dieses Jahr, wo Triebe bis 3° Länge sich entwickelt hatten. Am interessan- testen war die Schnelligkeit, mit der sich sämmtliche Triebe erholten und die einen sehr augenfälligen Beweis von der Schnelligkeit geben, welche bei der Safteirculation statt findet. — (Berliner Wochenschr. f. @ärtn. Pflanzenk. 1862. No. 18. $. 144.) —e Zoologie. C. Mettenheimer, über die Ohrenqualle, — 1. Ueber deren Bulbus sensitivus. An dem papillenartigen Träger der Augen fallen am meisten auf die Krystallhaufen und der Pigment- fleck. Ehrenberg hat schon nachgewiesen, dass die Augenpunkte nicht an der Spitze, sondern auf der Oberseite der Sehpapillen liegen und diese Lage ist für das Sehen die geeignetste. Das Krystallhäufchen liegt dicht vor dem Augenpunkt und nimmt die äusserste Spitze der Papille ein, in seinem grössten Theile jedoch auf die untere Fläche gedrängt. Diese Lage der Krystalle führt sehr leicht auf ihre Deu- tung als Otolithen. Freilich reflektiren sie auch das Licht ganz aus- gezeichnet. Hat man die Quallen in einer weissen Schale so tief, dass die Sonnenstrahlen nicht hineinfallen: so sieht man von den Sehpa- pillen nichts als die prachtvollen rothen Augenpunkte. Sobald aber die Sonnenstrahlen es treffen, verschwindet das lebhafte Roth, es wird zu einem kleinen bläulichweissen Lichtfünkchen. Entweder also zei- gen diese kleinen Leuchten der Qualle die Gegenwart der andern schon auf einige Entfernung an, oder man muss annehmen, dass das unvollkommene Auge den im Wasser abgeschwächten Lichtstrahl erst nachdem er durch die Krystalle eine vielfache und brillante Reflexion erlitten hat, befähigt wird zu empfinden. Ehrenberg hat übrigens den Augenfleck viel zu roth dargestellt, bei starker Vergrösserung wird er braunroth. Das Pigment ist körnig und in zarte 'kugelige Zellen eingeschlossen wie in den Augenflecken des Seesternes, Bald scheint es mehr braun, bald mehr violet, bald blasser bald dunkler. Ausser den kugeligen Pigmentzellen finden sich noch in’ die Länge 371 gezogene Häufchen. Unter der Pigmentschicht liegen helle ungefärbte Elemente, grössere und kleinere Zellen, auch Fetttropfen und Fasern von äusserster Zartheit. In Seitenansichten der Papille sieht man zwischen den körnigen und zelligen Gebilden zwei sehr zartwandige Kanäle; der obere verläuft dicht unter dem Augenpunkt und gränzt diesen von dem Krystallhäufchen ab, der andere liegt der äussern Oberfläche näher und trennt die Krystalle von einer dünnen Schicht von Nesselzellen, welche gleichsam das Epithelium der Papille bildet. Eine eigenthümlich gelbliche Farbe verräth diese Schicht stets bei durchfallendem Lichte. Auch die Krystalle sind gelblich durchschei- nend, die meisten sechseckig mit rundem oder sechseckigem Kern aus 2—3 Kernkörperchen bestehend. Viele Krystalle haben treppen- artig gezahnte Ränder wie die Fasern der Linse. Dass die Krystalle in Zellen eingeschlossen sind wie Virchow meint, sah M. nicht. — 2. Zur Histologie der Ohrqualle. Das Epithelium des Schirmes könnte man einem Pflanzengewebe vergleichen. Meist sieht man die beiden Wände zweier sich, berührender Zellen hier und da durch Intercel- lularsubstanz verkittet. Die glashelle Substanz enthält bei ganz jun- gen Thieren in einer strukturlosen Masse zellenärtige Körper mit Ausläufern, jede solche Zelle mit 2—8 rundlichen fein granulirten Kernen. Die muskulöse Schicht auf der concaven Seite des Schir- mes ist bei kleinen Individuen schwer zu erkennen, bewahrt aber ihre Contractilität sehr lange. Ihre Elemente verdienen nicht den Namen von Fasern, es sind sehr blasse und zarte, an beiden Enden zugsespitzte Faserzellen mit äusserst fein granulirtem Inhalt und mit Anschwellungen. In enger Verbindung mit der Muskelschicht fand sich ein räthselhaftes Gewebe: bestehend aus Zügen paralleler, un- endlich feiner Fäden, in welche Nester von Tropfen eingebettet sind. — 3. Zur Entwicklungsgeschichte. Die !/a’’ Durchmesser haltenden Exemplare weichen wesentlich von den grossen ab, sind viel schöner gefärbt. Bei 2‘ Grösse verlieren die Gefässe ihre schöne Farbe, werden blass mit grünlich bräunlichem Schleim. Eierstöcke, und Randfäden behalten ihre Farbe. — 4. Die Bewegungen der Ohren- qualle hält M. für willkührliche wegen ihrer eigenthümlichen Art. Die Ganglien scheinen im Randtheile der Scheibe zu liegen und im mittlen Theile müssen sich andere Nervencentra befinden. — (Müller’s Archiv f. Anat. 1862. S. 214—226. Taf. 5.). Derselbe, Augen des violetten Seesternes. — Astera- eanthion violaceus lebt in der Tiefe unweit der Insel Pöl vor Wismar und M. erhielt viele Exemplare von !/;—1!/3‘“ Durchmesser und mit der prachtvollen violeten Farbe, nicht blass scharlachroth mit bläu- lichem Stich wie in der Nordsee, auch mit dunklerer Sehpapille. Diese ist gekrönt von einer flach nach oben und äuswärts gekrümmten Fläche, welche die rothen Pigmentflecke trägt und der Länge nach in zwei Hälften getheilt ist. In der Mittellinie häuft sich das Pig- ment am meisten, seitwärts sind die Flecken in parallele Reihen geordnet schief gegen die Mittellinie. Doch keineswegs immer 372 lässt sich diese regelmässige Vertheilung erkennen. Die Zahl der Pigmentflecken steigt bis über 50 und scheint sich mit dem Alter zu vermehren. Sie sind von ungleicher Grösse, alle gleich gesättigt carmoisinroth. Die Sehpapille vorsichtig herausgeschnitten ohne Druck und Zerrung zeigt keine Spur einer Linse, jeder Fleck ist eine zu- sammenhängende Ablagerung von dunkelrothem Pigment; durch Druck kommen dazwischen helle Stellen vor. Und dieser helle Kern besteht aus runden wasserklaren Zellen und aus Myelintropfen, bildet aber kein zusammenhängendes kugeliges Organ. So also wie es Verf. frü- her in Norderney beobachtete. Die Flecken sind rund mit sehr scharf gezacktem Rande, weil sie sich in feine Fasern ausziehen und diese sind wohl die Elemente der Sehnerven. Die Linse fehlt und dürfte für diese Thiere auch überflüssig sein. Die Papille besteht aus einem System von Rings- und Längsfasern, von denen jene die Cortical-, diese die Marksubstanz darstellen. Der Stiel enthält schon bei die- sen kleinen Thieren viel körniges orangefarbenes Pigment. Auch rothe Pigmentflecke kann man bisweilen am Stiel der Papille finden. Häckels Darstellung des Seesternauges vermochte M. nicht wieder- zufinden. — (Zbda. $. 210—213. Taf. 5.) Adams diagnosirt folgende neue Mollusken von China und Japan, deren wohl verschiedene mit denen in Dunkers Mono- graphie beschriebenen identisch sein werden :#Cylichna japonica ähn- lich der C. arachis Quoy, C. proxima ähnlich C. Sarsi Phil, C. venu- stula von Gestalt der C. alba Brown und mit der Skulptur von C. con- cinna, C. cimata verwandt der C. umbilicata Montg, C. latiuscula ähn- lich der C. rimata, C. lepidula ganz eigenthümlich, C. consobrina ne- ben C. rimata, C. parallela ähnelt C. involuta, C. assimilis verwandt der C. involuta, C. pumila eigenthümlich, C. candidula theilt die Cha- raktere der C. venustula und concinna, C. inedita. Tornatina delica- tula ähnelt pusilla Pfeiff, T. succinceta verwandt der truncata Ad. Vol- vula opalina, spectabilis, cylindrella, ovulina, radiola, attenuata. Ha- minea fulgida sehr ähnlich der curta Ad, H. lucida neben brevissima und pygmaea Ad. Scaphander japonicus ähnelt sehr lignarius, Sc. Cumingi voriger ähnlich, Sc. elongatus, sulcaternus, Sieboldi ähnlich pectinatus, Sc. dilatatus. Atys amphorella steht bei tortuosa Ad, A. scrobiculata ebenso, A. punctulata (Roxania) ähnlich R. Cranchii Leach, A. (Alicula) translucens ähnlich A. suceisa_Ehbg, A. secalina, A. vol- vulina. Sao [warum dieser schon verbrauchte Name] noy. gen. mit S. folliculus, phiala, elliptica. Philine scalpta, cremata, acutangula, striolata. — (Ann. mag. nat. hist. 1862. Febr. 150—162) Gegenbaur, über Didemnum gelatinosum MEdw, Bei- trag zur Entwicklungsgeschichte der Ascidien. — Diese kleine Ascidie lebt bei Helgoland in Colonien von 10—50 Stück, welche durch eine weiche gallertartigeund völlig durchsichtige Mantelmasse ver- einigt sind. Die Individuen erscheinen im Stocke als gelbliche Punkte von höchstens !/s“‘ Grösse. In den nicht proliferirenden Stöcken hat jedes Individuum mit seinen Nachbaren keine andere Verbindung als 373 den gemeinsamen Mantel, in dem es wieder zumeist durch seine ei- gene Mantelschicht abgegränzt, eingebettet ist. Jedes Thierchen ist länglich, lässt einen vordern und hintern Körperabschnitt unterschei- den durch Einschnürung. Der vordere längere Abschnitt enthält den Athemsack und einen Theil des Enddarmes, der hintere die andern Eingeweide. Der Athemsack ist etwa dreimal solang wie breit, am Eingange mit 8 breiten Tentakeln besetzt, deren Ränder unregelmäs- sig gekerbt sind; eine innere Lamelle trägt die Kiemenspalten und eine äussere besteht aus circulären Muskelfasern, letzte ist am vor- dersten Theile des Athemsackes continuirlich und bildet unter den Tentakeln einen Schliessmuskel, löst sich nach hinten aber in ein- zelne oft sich schräg kreuzende Züge auf. Die Kiemenspalten stehen in Querreihen, meist vieren, jeder Spalt länglich und mit einem wim- pertragenden Wulste umrandet. An einer Seite des Athemsackes ver- läuft wie immer das Endostyl, welches für eine Wimperrinne die Grundlage bildet. Am hintern Ende des Athemsackes beginnt trich- terförmig der Schlund, der sehr schnell eng wird und in den Magen sich einsenkt. Dieser ist der erste von drei weiten Abschnitten, der weiteste, die beiden anderen kleiner mehr rund oder oval, alle drei sehr dickwandig, mit innern starken Ringfalten, innen mit schön gel- ben Epitelzellen ausgekleidet. Von der letzten Einschnürkung setzt sich der Enddarm zur Seite des Athemsackes fort und verengt sich nur am After, der unmittelbar nach aussen mündet in der Nähe der Mund- öffnung. Vom Nervensystem sah G. nur Spuren, vom Circulations- apparat gar nichts, auch von Excretionsorganen nichts. Der weibliche Geschlechtsapparat besteht aus einem höchst einfachen Eierstocke. Am untern Ende der Darmschlinge liegt eine Höhle, nach aussen vom verdünnten Mantel umgeben, in diese ragt von der Wandung des Darmrohres her ein dünner glasheller Fortsatz mit 1—3 kolbigen Anschwellungen von zunehmender Grösse. Jede derselben schliesst einen mit einfacher Epitellage ausgekleideten Raum ein, der ein Ei birgt. Ihre Wandung besteht aussen aus einer structurlosen dünnen Membran, darunter aus einer Lage Pflasterzellen und innen folgt das homogene Protoplasma der Eizelle. Immitten_des letzten lagert ein stark lichtbrechender runder Körper, in diesem ein’ kleinerer, darum die Dotterkörperchen. Der Stiel des Eierstocks verliert sich zwischen den dunklen Theilen der Darmwand. Trotz der Durchsichtigkeit der Mantelmasse muss dieselbe in zwei Massen geschieden werden. Die eine umschliesst jedes einzelne Individuum wie ein länglich ovaler Sack und besteht aus zartwandigen Zellen mit wasserklarem Inhalt und wandständigem Kern, aussen von einer dünnen Membran umgränzt. Die gemeinsame Mantelmasse besteht auch aus bläschenförmigen Zel- len, die aber durch viele Intercellularsubstanz geschieden sind. — Von den drei Eianlagen entwickelt sich die terminale, ihr Ei wird 0,3 gross, dessen Dotter geht durch gelblich ins bräunliche über, die Dottermolekülen verwandeln sich gleichzeitigin gleichgrosse runde Körnchen. Der Furchungsprocess tritt ein, wenn das Ei den mütter- 374 lichen Leib verlassen hat und sich in die gemeinsame Mantelmasse eingebettet, wie es dorthin gelangt, sah G. nicht (der Eierstocksstiel ist solide), wohl durch eigenes Vordringen in einem Mantelspalt. Vom Furchungsprocess kommen die Stadien mit 16-40 Furchungs- kugeln am häufigsten vor, erst später bilden sich um dieselben Mem- branen und endlich lauter gleiche grosse Zellen innerhalb von der Dotterhaut. Die Differenzirung beginnt mit der Bildung des Larven- schwänzchens. Eine Menge Zellen hebt sich als schmaler Wulst ab, vergrössert sich allmählig vom breitern Ende aus, um endlich die Cir- cumferenz des Embryo bis zur Hälfte zu umgreifen, dann lösst sich am zugespitzten Ende die Verbindung mit dem Embryonalkörper. Es ist nun eine äussere aus kleinen Zellen bestehende Lage und ein aus querlie- genden grossen Zellen bestehender Achsenstrang zu unterscheiden; der ganze übrige Körper besteht noch aus gleichartigen Zellen. Aber auch hier differenziren sich nun die äussern Zellenschichten durch heller wer- den und die dunklere innere Masse wird buchtig, sie wird zum Körper der Larve, die äussere helle Lage zum Mantel. Zunächst vergrössert sich am Körper die Stelle, wo das Schwänzchen sitzt, dann die Fort- sätze, und bald zeigt sich, dass aus einem derselben die Anlage des Athemsackes hervorgeht. Sobald an diesem Endostyl, Athemspalten und die betentakelte Oeffnung sich zeigen, hat sich eine andere Pro- tuberanz in einen zweiten Athemsack umgebildet. Der erste Sack hat gleich anfangs einen Höcker gegenüber der spätern Bauchfurche, auf dessen grösstem Vorsprunge treten Pigmenthaufen auf, inmitten derselben bildet sich ein sphärischer stark lichtbrechender Körper aus einer weissen Substanz bestehend. Es ist das Auge der Larven. Mit der Ausbildung beider Athemsäcke entwickeln sich andere Fort- sätze am Embryonalleibe. Eine Gruppe derselben, 3—4, lange die Mantelsubstanz divergirend durchziehende Stiele, am freien Ende knopfförmig verdickt, solide, aus runden Zellen bestehend, die sich in einen kolbigen Achsentheil in einen glockenförmigen Mantel fan- den, beide durch Flüssigkeit getrennt. Was dieselben bedeuten, weiss man noch nicht. Eine zweite Gruppe von Fortsätzen, anfangs jenen ganz gleich später aber gehen ihre Enden in pelottenförmige Körper über und es wandelt sich ihre äusserste Zellenschicht in ein Lager senkrecht auf die Platte stehender langer Zellen um. Ihre Bedeutung ist ebenfalls räthselhaft. Die dritte Gruppe bildet zweigförmige un- gleich grosse Knospen. In diesem Stadium verlässt ein Theil der Larven das Lager um frei zu leben und neue Colonien zu begrün- den, andere bleiben in der Mantelmasse. Beide Knospen stellen Or- gane zweier verschiedener Individuen vor. Man beobachtet wie die grössere der beiden Knospen sich in eine Darmschlinge differenzirt, die mit dem grössern Athemsack in Verbindung tritt. Es entstehen daraus die drei weiten Darmabschnitte, der Enddarm wächst erst spä- ter hervor. Auch die zweite kleine Knospe schlägt eine gleiche Ent- wicklung ein. Mit der Anlage dieser später sich differenzirenden und mit der vollständigen Differenzirung der früher sich entfaltenden 375 Knospe ist das gesammte Baumaterial der Embryonalanlage zur Ver- wendung gekommen. Die kleine Knospe scheint dicht am Magen des zuerst gebildeten Individuums zu sitzen und wenn dieses schon sein Schwänzchen abgeworfen hat, ist jenes immer noch Spross. Es ge- hen also aus einem einzigen Eie zwei anfänglich verbundene Indivi- duen hervor, von denen eines früher zur Ausbildung gelangt als das andere, obgleich beide gleichzeitig in der Larye angelegt waren. — Der solide Achsenstrang des Schwänzchens vermehrt mit der Entfal- tung der beiden Athemsäcke seine Elemente und bildet einen mitt- len Hohlraum, der in die Zellmasse des gemeinsamen Körpers führt. Von der äussern Zellschicht scheidet sich eine zarte homogene Mem- bran ab, welche an der Basis des Schwänzchens in den Mantel fort- setzt. Mit Ausbildung des ersten Ascidienindividuums geht das Schwänzchen durch Rückbildung verloren, auch die erste Gruppe der Fortsätze und das Sehorgan am Athemsack verschwindet. Die gemeinschaftliche Mantelschicht bleibt auch später für beide Indivi- duen das Gemeinsame, nur dass er für jedes noch eine eigene Zellen- schicht bildet. Die geschilderten Entwicklungsstadien kommen in der- selben Colonie neben einander vor, Die gemeinsame Mantelsubstanz der Colonie ist der fortwachsende Embryonalmantel des ersten Thie- res. — (Müllers Archiv 1562. S. 149—168. Tf. 4.) Bates setzt seine Beiträge zur Insektenfauna des Amazonenthales mit den Longicornen fort: Aethomerus antennator Fbr, rufescens, Lacordairei, Myoxinus n. gen. mit M. pictus (Acan- thoderes pietus Erichs), Alphus centrolineatus, canescens, senilis, scutellaris. — (Ann. magaz, Febr, 117-124.) Gl. Heller, Synopsis der im rothen Meere vorkommen- den Crustaceen. — Verf. führt im Ganzen 210 sp. auf, von denen 48 als neu kurz diagnosirt werden, darunter repräsentiren 4 Arten die neu gegründeten Gattungen Pseudomicippe, Zozymodes, Camp- tonyx, Cryptochirus, eine fünfte Gattung Hypocoelus wird auf den Cancer esculptus Hbst gegründet. Von den früher schon beschrie- benen Arten wird die betreffende Literatur genau angegeben, die neuen Gattungen und Arten dagegen diagnosirt, Wir haben diesel- ben bereits Bd, XVIII. 380 nach dem Bericht der Wiener Akademie aufgezählt. — (Verhandl, d.zool. bot. Vereins in Wien AT. p. 3—32.) y. Frauenfeld, dritter Beitrag zur Fauna Dalmatiens. — Verf, gibt hier ein dürftiges Verzeichniss von Orthopteren und Hymenopteren aus genanntem Lande, die er theils von da mitgebracht oder neuerdings erhalten hat und reiht diejenigen ein, welche Germar in seiner Reise nach Dalmatien erwähnt. Unter den Orthopteren finden sich 3 neue Arten (1) mit ihren Diagnosen und ebenso verschie- dene neue sp, unter den Hymenopteren. (2) Es sind folgende: (1) Tham- trizon pallidus Brunn. Th, inter minores hujus generis. Castaneus vitta lata pallida a vertice usque ad anum continuata; pronoti postice magis producti lobis deflexis, medio et postice late flavo-marginatis; elytris g' incumbentibus, longitudine tertiae partis pronoti, @ latera- XIX. 1862. 206 376 libus vix conspicuis; cercis Jg’ subulatis. incurvis, basi longe den- tatis; ovipositore subrecto, corporis longitudine; femoribus posti- eis vitta externa parum distincta, margine inferiore spinulis minimis nigris; tibiarum posticarum carina interna apicem versus fusco-pun- ctata (individuis pallidis non conspicua), plantulis liberis tarsorum posticorum articulum primum subsuperantibus. Long. corp. 15mm, pronoti 6mm, femorum posticorum 19mm 4, in 2 20 6,5mm, 22mm, ovipositoris 14mm. — Th. dorsatus Brunn. Th. minima species hujus generis; fuscescens, pronoti lobis deflexis et abdominis lateralibus ca- staneis; elytris Z' longitudine quartae partis pronoti; cercis J' interne excavatis, apicem versus teretibus, abrupte acuminatis, simplieibus (non mucronatis) pubescentibus, lamina subgenitalem multo superanti- bus; femoribus pöstic. articuli primi longitudine. @ ignota. Long. corp. 12, pronoti 5, femor. postic. 15mm, — Th. appendiculatus Brunn, Th. fuscescens, punctis 2 frontalibus medianis aliisque lateralibus nigris vertice linea tenuissima media albida pronotum non continuata; pronoti brevis lobis deflexis circumeirca late flavo-marginatis; elytris Z' incumbentibus dimidii pronoti longitudine, fusco-maculatis, Q paulo minoribus orbicularibus, se tangentibus; abdominis vittis atris latera- libus ad segmentum 4. extensis; ovipositore rectissimo, cercis g' lon- gissimis, glabris, teretibus, clavatis, simplicibus (non mucronatis), fe- moribus, postieis interne et externe strigis parallelis nigris; tibiis anticis et mediis ad insertionem spinarum nigropunctatis; tarsorum articulis nigro-marginatis, plantulis liberis tarsorum posticorum arti- culo primo paulo brevioribus. Long. corp. 18, pronoti 6, femor. postic. 22mm /, in 9 23mm, 6,5mm, 23mm ovipositoris 20mm. Von Hyme- nopteren werden Wlesme neue Arten (2) diagnosirt, ohne ihnen einen Namen zu geben: Hylotoma sp. Atro-coerulea: abdomine (vaginis ex- ceptis) femoribus tibiisque pallide fulvis; mandibulis rufomaculatis; alis obscuris, apicem versus subhyalinis, nervis cum stigmate nigris © long. 9mm. Cephus sp. Niger, nitidus: antennarum summo apice, abdominis compressi cingulo segm. 3, 4, 5) tibiis omnibus tarsisque anterioribus ferrugineis; alis iridentibus, infuscatis, nervis nigris, costa stigmateque castaneis, cellula cubitali secunda nervos 2 recurrentes excipiente (9 terebra parum inflexa segmentorum 2 longitudine) Z'. Long. 18mm. — Campoplex sp. Niger, canopubescens: abdominis compressi segmentis 3, 4, 5 maculaque apicis 1 et 2 luteis; antennis obscure ferrugineis subtus pallidioribus, articulis 2 basalibus nigris; facie orbitis internis, macula inter antennas, elypeo, mandibulis, pal- pis, maculis 2 triangularibus mesonoti, macula sub alis alteraque la- terali pectoris scutello et post scutello luteis; pedibus posticis nigris tibiis et tarsis fuscis, anterioribus luteis, basi coxarum latereque su- periori femorum nigris; alis hyalinis, iridentibus, squamula lutea long. 14mm, — Priocnemis sp. Niger: metanoto, abdominis segmento primo et secundi dimidia parte antica rufis; segmento 3. lateribus et 4. dorso albido maculatis; tibiis antieis latere interno rufescentibus; alis infuscatis Q long. I9mm, dem P. variegatus F verwandt, aber be- 377 stimmt von ihm verschieden. — Hoplisus sp. Niger: celypeo, mandi- bulis, orbitarum internarum parte infera, antennarum articulo 1. subtus, prothoracis margine, maculis 2 subscapularibus scutellique, linea, lu- teis; abdominis segmentis 4 anterioribus luteo marginatis; ventre . toto nigro; pedibus (coxis exceptis) luteis, femoribus partim ferru- gineis; alis subhyalinis vel parum infuscatis, cellulo radiali secunda- que cubitali fuscomaculatis f'! long. 9mm. — Anthophora sp. Nigra: thorace villositate fusco-nigra dense vestito; abdominis segmentis 3 primis margine griseo fasciatis 9. Thorace ferrugineo villosa, fascia inter alas nigra; abdominis fasciis griseis Obsoletis: antennarum ar- ticulo 1 subtus, genis clypeo (nigro bimaculato) labro maculaque man- dibularum, albido-luteis; femoribus tibiisque posterioribus incrassatis d' long. 16mm, — Anthidium sp. 1. Nigrum: supra fulvo, subtus al- bido villosus; genis, clypeo (macula unica nigra), mandibulis punctis- que 2 verticis, luteis; abdominis segmento 1. villoso, lateribus luteo maculato, 2.—5. luteo fasciatis, fascia in medio interrupta vel sub- interrupta, lateribus profunde emarginata, 6. fere toto luteo utrinque spinoso, 7. luteo marginibus nigris quingue-spinoso,;, segmento ven- trali ultimo bispinoso; pedibus nigris, tibiarum laterale externo, tar- sorumque articulo 1. luteis; alis sordide hyalinis, nervis nigris, squa- mula luteo marginata f* long. 8mm, — Anthidium sp. 2. Nigrnm, pallide fulvo-villosum: clypeo, genis, mandibularum basi, albido lu- teis; lineis 2 verticis 2 scutelli maculisgue abdominis quadrupliei serie, femorum anticorum latere infero, tibiarum latere externo tar- sisque luteis; abdominis segmento 6. utrinque spinoso, ultimo apice trispinoso, spinis lateralibus dilatatis, subemarginatis, intermedia acuta J long. Tmm. — (Verhandlungen d. zool. botan. Vereins in Wien Al. p. 97—107.) Tschbg. Günther, systematische Uebersicht der Familien der Stachelflosser. — Verf. gründet seine Eintheilung hauptsäch- lich auf den Bau der Flossen und wird erst später die Principien seiner Systematik speciell darlegen Er löst die Ordnung der Pha- ryngognathen hauptsächlich auf osteologische Untersuchungen gestützt auf, und lässt auch die Familie der Cataphrakten fallen, dagegen ist er genöthigt eine Anzahl neuer Familien aufzustellen, doch ist die nachfolgende Uebersicht nur als ein vorläufiger Entwurf zu betrachten. I. Eine weiche Rückenflosse und eine Afterflosse. After vom Schwanz- ende entfernt, hinter den Afterflossen, wenn diese vorhanden sind. I. Acanthopterygii perciformes: Körper mehr minder comprimirt, hoch oder länglich, nicht langstreckig. Keine vorstehende Afterpapille; kein Superbranchialorgan. Die Rückenflossen nehmen den grössten Theil des Rückens ein; deren stacheliger Theil wohl entwickelt, im Allgemeinen mit steifen Dornen, von mässiger Ausdeh- nung, etwas länger oder ebenso lang wie der weiche; der weiche Theil der Afterflosse ähnlich der weichen Rückenflosse, von mässiger Ausdehnung oder ziemlich kurz. Bauchflossen thoracisch, stets vor- handen, mit einem Dorn und 5 oder 4 starken Strahlen. 378 1. Bauchflossen 1.5, selten 1.4; keine Deckelstütze; eine Seitenlinie. a. Seitenlinie ununterbrochen; weder schneidende noch Mahlzähne ; keine Bartfäden an der Kehle; die untern Brustflossen verzweigt. a. Zähne am Gaumen, verticale Flossen nicht schuppig. Percidae. ß. Gaumen zahnlos; Körper länglich oder wenn hoch mit schup- penlosen verticalen Flossen. Pristipomatidae. y. Verticale Flossen beschuppt; Körper hoch oder wenn läng- lich mit borstenförmigen Zähnen in den Kiefern oder sam- metartigen Binden am Gaumen. Sgquamipennes. b. Seitenlinie unterbrochen. Nandidae. c. Ein Paar beweglicher Bartfäden an der Kehle. Mullidae. d. Entweder schneidende Zähne in den Kiefern oder Mahlzähne an den Seiten. Sparidae. e. Kieferzähne zu einer schneidenden Lamelle verschmolzen. Hoplognathidae. f. Die untern Brustflossenstrahlen nicht verzweigt, weder schnei- dende Zähne noch Mahlzähne in den Kiefern. Cirrkitidae. 2. Eine Deckelstütze für das bewaffnete Praeoperculum, die vom Infraorbitalringe entspringt. Scorpaenidae. 3. Keine Seitenlinie; Dorntheil der Afterflosse lang. Polycentridae. 4. Bauchflossen mit einem äussern und innern Dorn 1. 4. 1. Teu- thididae. II. Acanthopteri beryciformes: Körper comprimirt, läng- lich oder hoch; Kopf mit grossen schleimführenden Höhlen, die nur von dünner Haut bedeckt sind. Bauchflossen thoracisch, mit ei- nem Dorn und mehr als fünf, bei Monocentris mit nur zwei weichen Strahlen. Berycidae. Ill, Acanthopterygii kurtiformes: nur eine Rücken flosse viel kürzer als die Afterflosse, welche lang ist. Kein Super- branchialorgan. Äurtidae. IV. Acanthopteri polynemiformes: zwei ziemlich kurze Rückenflossen etwas entfernt von einander; freie Fäden am Schulter- gürtel unter den Brustflossen; Kopf mit wohl entwickelten Schleim- kanalsystem, Polynemidae. V, Acanthopteri seiaeniformes; die eich Rückenflosse ist mehr, meist viel mehr als die stachelige oder als die Afterflosse. Keine Pectoralfäden; Kopf mit wohl entwickeltem Schleimkanalsy- stem. Seiaenidae. VI, Acanthopteri xiphiiformes: der Oberkiefer ist in ein langes keilförmiges Schwert ausgezogen. Xiphüdae. VO. Acanthopteri trichiuriformes. Körper langstre- eckig, eomprimirt oder bandförmig; Mundspalte gross mit einigen kräftigen Zähnen an den Kiefern oder am Gaumen. Der Stacheltheil und weiche Theil der Rückenflosse sowie die Afterflosse sind fast gleich gross, lang, vielstrahlig, zuweilen in falsche Flossen endigend; Schwanz- flosse gablig oder fehlend. ZTrichiuridae. 379 VIH. Acanthopteri cottoscombriformes: Die Dornen mindestens in einer der Flossen entwickelt; die Rückenflossen entwe- der vereinigt oder dicht beisammen; die stachelige Rückenflosse wenn vorhanden stets kurz, zuweilen in Tentakel oder in eine Saugscheibe verwandelt, die weiche stets lang wenn jene fehlt; Afterflosse ähn- lich entwickelt wie die weiche Rückenflosse und beide meist viel län- ger als die: stachelige, zuweilen in falschen Flossen endigend. Bauch- flossen thoracisch oder jugular, niemals in einen Haftapparat verwan- delt, Keine vorstehende Afterpapille. 1. Eine Rückenflosse vorn mit mehren stechenden Stacheln; ein oder mehrere Knochenstacheln an jeder Seite des Ser Zähne comprimirt, abgestutzt oder gelappt, engin einer einzel- nen Reihe. Aeronuridae. 2. Skelettheile solide, keine Deckelstütze; Zähne conisch oder drei- eckig oder fehlend. a. Stacheltheil der Rückenflosse vorhanden, zuweilen rudimentär; Körper comprimirt, länglich oder hoch. Wirbel10.14. Carangidae. b. Körper hoch mit zwei deutlichen Abtheilungen der Rücken- flosse. Wirbel IO + x, 14 + y. Cyttidae. c. Rückenflosse ohne deutlichen Stacheltheil. Kopf und Körper comprimirt. Wirbel 10 + x, 14 + y.- &. Gezähnte Fortsätze ragen in den Oesophagus hinein. Siro- mateidae. ß- Keine Zähne im Oesophagus. Coryphaenidae. d. Zwei Rückenflossen, zuweilen falsche Flossen; Schwanzflosse gablig. Cycloidschuppen von mässiger Grösse. - Wirbel 10-+x, 14 + y. Nomeidae. e. Zwei Rückenflossen; entweder falsche Flossen oder der Sta- / cheltheil aus freien Dornen bestehend oder in eine Haftscheibe umgewandelt oder die Bauchflossen jugular und vierstrahlig. Schuppen fehlen oder sind sehr klein. Scombridae. f. Körper mehr minder langstreckig. Eine stachelige Rückenflosse oder ein stacheliger Theil meist deutlich, die Stacheln durch Haut verbunden; keine falschen Flossen; Schwanzflosse nicht gablig; Bauchflosse aus einem Dorne und 5 weichen*Strahlen. Appendices pyloricae fehlen oder in kleiner Zahl. &. Wirbel 10 oder 10--x, 14-+y. ZTrachinidae. ß. Wirbel 10. 14. Malacanthidae. 8. Die stachelige Rückenflosse vorhanden, Bauchflossen jugular 1.2. Batrachidae. h. Die stachelige Rückenflosse auf dem Kopf vorgerückt und mehr minder in Tentakel umgewandelt. Pedieulati. 3. Eine Deckelstütze für das bewaffnete Praeoperculum, die vom Infraorbitalring entspringt. a. Körper nackt oder mit gewöhnlichen Schuppen bedeckt oder unvollständig gepanzert mit einzelnen Reihen plattenförmiger Schuppen. Cottidae. 380 b. Körper vollständig gepanzert mit knöchernen gekielten Plat- ten oder Schuppen. Cataphracti. 4. Skelet weich. Comephoridae. IX. A. gobiiformes: Die stachelige Rückenflosse oder der Stacheltheil derselben stets vorhanden, kurz, entweder nur mit bieg- samen Dornen oder viel weniger entwickelt als der weiche Theil; die weiche Rückenflosse und die weiche Afterflosse von gleicher Ausdeh- nung. Bauchflossen thoracisch oder jugular, wenn vorhanden, aus 1 Dorn und 5 selten 4 weichen Strahlen. Eine vorstehende Afterpapille. 1. Analdornen 0—2, Bauchflossen. a. Bauchflossen ganz in eine vollkommene dem Bauche anhän- gende Scheibe umgewandelt. Discoboli. b. Bauchflossen mit stets deutlichen Strahlen, zuweilen in eine Flosse vereinigt. Gobüdae. 2. Analdornen 6; keine Bauchflossen. Oxudercidae. X. A. Denn rmes: Körper niedrig, subcylindrisch oder comprimirt, langstreckig; Rückenflosse sehr lang, ihr Stacheltheil wenn deutlich sehr lang ebenso wie der weiche oder mehr; zuweilen die ganze Rückenflosse nur aus Dornen bestehend; Afterflosse mehr min- der lang; Schwanzflosse abgerundet oder abgestutzt, wenn vorhanden. a. Körper bandförmig; keine Deckelstütze; Bauchflossen thora- cisch, 1. 5. Cepolidae. b. Bauchflossen jugular, 1. 5. Zrichonotidae. c. Eine Deckelstütze, vom Infraorbitalringe entspringend. Hete- rolepididae. d. Bauchflossen jugular, armstrahlig; eine vorstehende Afterpa- pille; keine Analdornen oder nur sehr wenige. Dlennüdae. e. Analdornen zahlreich. Acanthoclinidae. f. Keine Bauchflossen; keine vorstehende Afterpapille; Körper aal- förmig; zahlreiche freie Rückenflossendornen. Mastacembelidae. XI. A. mugiliformes: Zwei Rückenflossen, die vordern kurz wie die hintern oder aus schwachen Dornen gebildet; Bauchflossen abdominal, 1. 5. a. Bezahnung kräftig; 24 Wirbel. Sphyraenidae. b. Bezahnung schwächer; Wirbel 10+x, 14-+y. Aiherinidae. c. Bezahnung schwach; 24 Wirbel, Mugilidae. XI. A. gasterosteiformes: Die stachelige Rückenflosse besteht aus isolirten Dornen wenn vorhanden; die Bauchflossen ha- ben wegen der Verlängerung der Beckenknochen, die an dem Schul- tergürtel hängen, eine abdominale Lage. a. Bauchflossen an den Beckenknochen, mit einem Dorn und eini- gen rudimentären Strahlen. Gasterosteidae. b. Bauchflossen von den Beckenknochen entfernt, mit 6 weichen Strahlen. Fistularidae. XIH. A, centrisciformes: Zwei Rückenflossen, die stache- lige kurz, die weiche und die Afterflosse von mässiger Ausdehnung, Bauchflossen wirklich abdominal, unvollständig entwickelt. Centriscidae. 381 XIV. B. gobiesociformes: Keine stachelige Rückenflosse ; die weiche Rücken- und die Afterflosse kurz oder von mässiger Länge, auf dem Schwanze gelegen; Bauchflossen subjugular, 1. 5 (4), mit einem Haftapparat zwischen ihnen oder ganz fehlend; Körper nackt. a. Ein Haftapparat zwischen den Bauchflossen. Gobiesocidae. b. Keine Bauchflossen. Psychrolutidae. XV. A. channiformes: Körper langstreckig, mit mässig grossen Schuppen; keine Flosse mit Stacheln, Rücken- und Afterflosse lang. Kein Superbranchialorgan, nur ein Knochenvorsprung an der innern Fläche des Os epitympanicum. ÖOphicephalidae. XVI. A. labyrinthibranchii: Körper comprimirt, länglich oder hoch, mit mässig grossen Schuppen. Ein Superbranchialorgan in einer accessorischen Kiemenhöhle zum Aufbewahren von Wasser. a. Stacheln in der Rücken- und Afterflosse. Zabyrinthiei. b. Weder in der Rücken- noch in der Afterflosse Stacheln Zueio- cephalidae. B. Rücken- und Afterflosse entwickelt. After vor den Bauchflossen. Aphredoderidae. C. Körper bandförmig, mit dem After nah am Ende; eine kurze Af- terflosse hinter dem After; Rückenflosse von Körperlänge. Zophotidae. D. Keine Afterflosse; Schwanzflosse rudimentär oder nicht in der Längsachse des Fisches. Skelet weich. Trachypteridae. E. Keine weiche Rückenflosse oder nur eine rudimentäre; Bauchflos- sen abdominal aus einigen ungegliederten und gegliederten Strah- len bestehend. Notacanthi. — (Wiegm. Arch. 1862. ZXV III. 53—63.) Derselbe beschreibt neue Schlangen aus dem British Museum: Natrix laevissima Ostindien, Spilotes Salvini Guatemala, Zamenis gracilis Westindien, Psammophis taeniata Indien, Phragmito- phis tricolor (= Hepetodryas tricolor Schleg), Hydrophobus semi- fasciatus unbekannter Herkunft, Philodryas Reinhardti S-Amerika, Dromicus mentalis W-Indien, Rhamnophis aethiopissa W-Afrika, Die- mansia cucullata Sydney, D. torquata Percy Inseln, Hoplocephalus temporalis S-Australien, H. nigrescens Sydney, Callophis nigrescens _ Ostindien. — (Ann. mag. nat. hist. Febr. S. 124—132.t5.9 & 10.) @l.- 382 Bücher- Anzeigen, Neuer Verlag der HM. Laupp’schen Buchhandlung (Zaupp & Siebeck) in Tübingen. In allen Buchhandlungen zu haben. Quenstedt, Prof. Dr. Fr. Aug, Epochen der Natur. Mit zahlreichen Original-Holzschnitten. Complet in 1 Band. broch. Lex.-8. Ladenpreis fl. 9. 30 kr. Rithlr. 5. 20 Ngr. In unserem Verlage ist erschienen: Die botanischen Ergebnisse der Reise 8. K. H. des Prinzen Waldemar von Preussen in den Jahren 1845 u. 1846, durch Dr. Werner Hoffmeister, Leibarzt S. K. H. Auf Ceylorn, dem Himalaya und an den Grenzen von Tibet gesammelte Pflanzen beschrieben von Dr. Fr. Klotzsch und Dr. Aug. Garcke. 43 Bog. Folio mit 100 lithographirten Tafeln. Geb. Preis 20 Thaler. Berlin, Februar 1862. Königliche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei (R. Decker). Im Verlage der Stahel’schen Buch- und Kunsthandlung in Würzburg ist soeben erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Würzburger naturwissenschaftliche Zeitschrift Herausgegeben von der physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg und redigirt von 5. Müller, A. Schenk, N. Wagner. 2. Jahrgang 1861. 1. Heft. (5 Bogen in gr. 8°). Mit 4 lith. Tafeln, Preis des Bandes oder Jahrganges von 3—4 Heften fl. 3. 30 od, Thlr. 2. . Die günstige Aufnahme des ersten Jahrganges dieser Zeitschrift und die weite Verbreitung derselben lieferte der Verlagshandlung den entsprechenden Beweis allseitiger Anerkennung und wird von Seite der Redaction Sorge getragen, dass durch gediegene wissenschaft- liche Beiträge der Ruf dieser Zeitschrift immer fester begründet werde. Bei Perthes, Besser & Mauke in Hamburg erschien und ist in fast jeder Buchhandlung vorräthig: Base, Zach., Factorentafeln für alle Zahlen der 7ten Million oder genauer von 6000001 bis 7002000 mit den darin vorkömmen- den Primzahlen. 1862. 4°, cart. 6 Thlr. Preuss. Courant. 1 — Druck von W. Plötz in Halle Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. 1862. Mai u. Juni. Ne NV Vı Ueber die silurischen Bildungen des Unterharzes von @Brischor Nach dem Erscheinen der „Silurischen Fauna des Un- terharzes,“ welche bis zum Jahre 18538 das Auffinden von etwa 100 Arten organischer Reste nachweist, und nach Abgabe meiner ganzen Sammlung an die Universität Hei- delberg, war ich, ohne die bekannten Fundpunkte aus den Augen zu lassen, ferner vorzugsweise bemüht in den Thonschiefern nach Versteinerungen zu for- schen, denn die früher gefundenen Vorkommnisse be- schränkten sich darin auf nur wenige Arten. Die Armuth an Versteinerungen konnte an und für sich in diesen alten und mächtig anstehenden Schiefern nicht befremden, obschon die Kalkeinlagerungen stets leidliche Ausbeute ergaben. Der Umstand, dass sich die Kalkscha- len der Petrefacten im Kalklager besser, als im Thonschie- fer erhalten konnten, indem die wandernde Gebirgsfeuch- tigkeit den Kalk aus letzterem leichter entfernt und nicht einmal immer durch andere Bestandtheile (Kiesel, Eisen- oxyd etc.) ersetzt, erschwert das Auffinden ausserordent- lich und hat wiederholt zu der Vermuthung Veranlassung gegeben, als seien die mehrgenannten Schiefer ganz ver- steinerungsleer. Es ist, ich möchte sagen, häufig nur ein schwacher Hauch vom Petrefact übrig geblieben, welcher dem ohnerachtet oft die zuverlässige Artbestimmung ge- stattet, und ich muss ausdrücklich noch bemerken, dass es in der mächtigen Thon- und Grauwacken-Schieferfolge im- merhin meistens nur sehr einzelne und schwache Schich- ten sind, in denen sich bisher organische Reste fanden. XIX. 1862. DUEN 384 In der Nähe derselben zeigt der Thonschiefer meistens eine eigenthümlich holzähnliche Textur. Im Ganzen habe ich nun bisher etwas über 60 Ark Versteinerungen in den hiesigen silurischen Schiefern nach- gewiesen und ich freue mich um so mehr, dass mein Freund Herr Giebel die gründliche Bestimmung derselben und die Herausgabe eines Nachtrages seiner silurischen Fauna des Unterharzes auf diese neuen Vorkommnisse übernommen hat, als sich hierzu noch wesentliche Funde auch aus den Kalklagern gesellten. Der Herr Referendar Heine, welcher im Auftrage des Königlich Preussischen Ministeriums die geologische Karte des Unterharzes aufnimmt, hat dabei neuerdings manchen wichtigen Fundpunkt ermittelt. Die speciellste, wenn auch mühsame Ergründung der organischen Reste ist zur Er- klärung der so wverworren erscheinenden Schichtenfolge ganz besonders wichtig. Bekanntlich zeigen die Schichten, wie solche auch auf der Karte, Tafel VII., in Giebels silu- rischer Fauna des Unterharzes, bei den bisher bekannten Fundpunkten verzeichnet stehen, ein östliches Einfallen von etwa 60° und der Lauf der Selke durchschneidet die Schichten von Mägdesprung bis zum Meiseberge in der ' Richtung dieses Einfallens von Westen nach Osten. Die östlichen Schichten müssen hiernach, wenn Ueberkippun- gen nicht nachgewiesen sind, zunächst als die jüngsten erscheinen. Merkwürdig ist es indessen, dass gerade diese östli- chen Schichten (im Streichen des Dachschieferbruches) die meisten Graptolithen, die westlichen, also liegenden Schich- ten im Mägdesprunger Plattenbruche aber viele Pflanzen ergaben. Etwa 3000 Fuss weiter in westlicher Richtung liegt am linken Selkeufer das Krebsbacher Thal. In demselben finden sich Thonschiefer, welche aber nicht nach Osten, sondern etwa 56° nach N. 15°W einfallen und worin ich in einer kaum 4 Zoll mächtigen Schicht etwa 40 Arten, meist silurischer Petrefacten auffand. Ist es möglich noch mehrere derartige, in den cha- racteristischen Arten übereinstimmende, Punkte zu finden, 385 wie dies auch mit den Kalklagern des Scheerenstieges, Ka- nonenberges, Holzmarkes und dem Hangenden des Schne- ckenberges geglückt ist, so wird die Wahrscheinlichkeit immer mehr unterstützt, dass wir es mit- einer grossen Menge mittelgrosser Gebirgsbruchstücken zu thun haben, welche hier zumeist durch Grünstein gehoben sind. Wir sehen deutlich, wie constant die Grauwacken- und Thon- schiefer in bestimmten Winkeln brechen und dann parallele- pipedische Stücke bilden. Letztere konnten ihrer Form ge- mäss bei der Hebung durch flüssige, plutonische Massen, worauf sie theilweise schwammen, nie in horizontaler Lage bleiben und bei der Uebereinstimmung genannter Winkel kann uns selbst eine Uebereinstimmung der Aufrichtung, also des Einfallens mehrerer, aneinanderstossender Bruch- stücke nicht befremden, welche zu der Meinung einer un- natürlichen Schichtenmächtigkeit auch andern Orts verleitete. Bei Beschreitung der Schichtenköpfe in der Richtung des Einfallens treffen wir daher selbstredend Wiederholungen derselben Arten von Petrefacten und es schien mir daher wesentlich förderlich, auf vielen Punkten die möglichste Menge Versteinerungen zu ermitteln und durch letztere das Alter dieser Punkte und die Uebereinstimmungen dersel- ben festzustellen, ; Ist dies ferner geglückt, so wird es vielleicht auch erlaubt sein den nutzbaren Mineralien sicherer nachzufor- schen, welche in Gängen auftreten, die sich mehr genann- ten Sprungwinkeln oder auch gewissen Flächen der: rhom- bischen Gebirgsbruchstücke innig anschliessen. Ich gebe nun ein bis auf die neuesten Beobachtungen fortgesetztes Verzeichniss der bis jetzt beschriebenen Ar- ten, um deren Verbreitung in den verschiedenen Localitä- ten im Einzelnen nachzuweisen, wobei die Rubrik H = Han- gendes, L=Liegendes bedeutet. Ueber die neuen Arten wird die demnächst erscheinende Arbeit meines Freundes Herrn Giebel specielle Auskunft geben. 27” % 386 Arten. Dendrodus laevis Giebel Ctenacanthus abnormis G. Ichthyodorulithes spec. Haifischzahn. Harpes Bischofi R. Proetus pietus G. Cyphaspis. hydrocephala R. Phacops angusticeps G. Phacops Sternbergi Barr. Dalmannia tubereulata G. Lichas sexlobatus R. Acidaspis Selcana R. Acidaspis Hereyniae G. Brontes Bischofi R. Brontes spec. Cheirurus ? (Cyphaspis) Calymene subornata ? Bronteus signatus R. Serpulites depressus G. Orthoceras virgo G. Capulus acutus G. Capulus acutissimus G. Capulus Bischofi G. Capulus selcanus G. Cap. uncinatus G@. Cap. Zinkeni G. Cap. vetustus Kon. Cap. haliotis G. Cap. multiplicatus G. Cap. contortus G. Cap. virginis G. Cap. disjunctus G. Cap. naticoides G. Tentaculites laevis R. Tent. spec. indet. Pterinaea striatocostata G. Pt. spec. indet. Lima Neptuni G. Venus ingrata G. Nucula silens G. Spirifer Bischofi R. Scheeren- GT en Ey ER Ee Bm ml mn — ar‘ Schnecken- berg. H.|L. Rirj +++ +1 + Ei elle BER EFT Diversa. ‚Holzmark Kanonenb. Holzm.- Hein- richsburg 387 Arten. Spirifer speciosus Br. Sp. Hercyniae G. Sp. laevicosta aut. Sp. sericeus R. Sp. subsinuatus R. Sp. fallax G. Sp. selcanus G. Sp. crispus aut. Sp. spurius Bar. Athyris nucella G. Ath. rotundata G. Ath. prisca G. Atrypa reticularis Br. Atr. socialis G. Atr. marginiplicata G. Atr. spec. indet. Rhynchonella cuneata Dav. Rh. Bischofi G. Rh. obliqua G. (Fig. 11) Rh. obliq. G. (unsymmetr. Fig. 1) Rh. subeuboides G. Rh. pila Sandb. Rh. Wilsoni Rh. selcana G. Rh. bellula G. Rh. nympha Pentamerus costatus G. Pent. galeatus Br. Pent. integer Baır. Pent. Knighti Sow. Pent. spec. indet. Orthis gracilis G. Orth. alata Murchis. Orth. spec. indet. Orth. spec. indet. Strophomena depressa Br. Str. Zinckeni G. Leptaena transversalis Wahlb. Lept. subulata Röm. Lept. acutostriata G. Lept. vetusta R. Lept. Sowerbyi Barr. Scheeren- stieg. Bj! FEB ss, ee er a an a ED a u a 5 En en +++ ek FE ML. —|+ + el .: Zi ar + + — + — 4 ++ ii rt ji —|+ = ale —|+ =. —|+ aan -ı DL —|+ —|+ a Fe Badehlz. Badehlz. Badehlz. Badehlz. Badehlz. Badeholz Teufelsb. 388 No. Arten. 77. |Lept. Bischofi Röm. 78. | Chonetes striatella Kon. 79. \Discina rugata Gieb. 80. ! Disc. reversa G. 81. |Disc. Bischofi G.. 82. |Rhodocrinus spec. indet. 83. | Actinocrinus laevis Mill. ? 84. | Genus et spec. ind. mit 4 Stacheln 85. |Monoprion sagittarius 86. | Retepora Bischofi G. 87. | Aulopora striata G. 88. | Pleurodietyum seleanum G. 89. | Palaeocyclus porpita M’Edw. 90. | Cyathophyllum undulatum 91. |Cyath. spec. indet. 92. | Alveolites repens M’Edw. 93. |Dania multiseptosa G. 94. |Chaetetes Bowerbanki M’Edw. 95. |Chaet. undulatus G. 96. | Beaumontia antiqua G. Crinoideenarme (S. 63) ? G. Knorria (S. 62) G. Sagen. (Asp. G.) Bisch. Göp. ®) 106 | Summa. Scheeren- stieg. E.|L. | | 2 er | | ı.| 67.| 17. Schnecken- berg. H.|L. +++ Bere SESsstseren — +++ 155. | Diversa. | — Holzm. Teufelsb. Badehlz. Dachschie- ferbruch. Teufelsb. Badehlz. Holzmark Kanonenb, Badeholz., BE $Piefecnbe: Mägdespr. Plattenbr. Plattenbr. Die Zahl der gemeinschaftlich am Schneckenberge und Scheerenstiege vorkommenden Arten ist nach den seitherigen Be- obachtungen von 14 auf 29 gestiegen und wenn an einigen Fund- punkten nur erst wenige Arten gefunden sind, so liegt dies kei- neswegs an einer Armuth der on meer. sondern weil es daselbst an geeigneten Aufschlüssen zu ergiebiger Ausbeute fehlte. 389 Ueber die Familie der Passerinen von Ohr. L. Nitzsch. (Aus dessen handschriftlichem Nachlass von 1836 mitgetheilt.) Wenn es eine der ersten und wichtigsten Aufgaben der Naturgeschichte ist, die natürlichen Affinitäten der Na- turkörper aufzusuchen oder was dasselbe ist, bei der An- ordnung derselben von der Natur selbst gegebene und be- stimmte Gruppen herzustellen, so ist auch ein möglichst vielseitiges Studium derselben erforderlich, denn eben in durchgreifenden und vielseitigen Aehnlichkeiten besteht das Wesen der Verwandtschaften. Zwar geben sich Naturgruppen oft genug durch ein- zelne Merkmale, die auch dem oberflächlichen Beobachter augenfällig werden, oder gleich durch ihren sogenannten Habitus, und es sind wie bekannt unzählige Verwandtschaf- ten der Thiere und Gewächse nach dem äussern Gestalt- schein oder aus wenigen Merkmalen selbst von denen er- rathen worden, die sich nie um etwas weiteres bekümmert haben. Allein wie oft der äussere Schein und die aus- schliessliche Beachtung einzelner Merkmale getäuscht und auf ungehörige Zusammenstellungen geführt hat, wie oft wesentliche Verwandtschaften gänzlich verkannt worden, würde sehr überflüssig sein mit Beispielen zu belegen. Ge- setzt aber, diess wäre nicht oder seltner der Fall, so wird eine blos auf jene Art, so zu sagen, nur nach ihrer Schale bestimmte Gruppe so lange der Rechtfertigung und Begrün- dung entbehren, als eine durchgreifende und vielseitige Uebereinstimmung ihrer Glieder nicht nachgewiesen ist. In keiner der höheren Abtheilungen der Thierreihe, welche man Klassen zu nennen pflegt, scheint die Berück- sichtigung möglichst vieler oder aller Bildungsverhältnisse zur wichtigen Bestimmung ihrer wesentlichen Affinitäten nöthiger zu sein als in der Klasse der Vögel. Diese Klasse zeigt wie bekannt in allen ihren höhern und untergeordneten Abtheilungen eine Conformität wie sie sonst in keiner Gruppe ähnlichen Ranges existirt, Die Dif- ferenz ihrer disparatesten Typen, welche etwa Raubvögel 390 Pinguine und Strausse sein möchten, verschwindet so zu sagen, in nichts, wenn man die sehr bedeutenden Bil- dungsextreme, welche Nagelthiere, Hufthiere, Cetaceen und Schnabelthiere unter Säugethieren, Squamata, Testudi- nata und Nuda unter Amphibien, Knochenfische, Plagios- tomen und Cyclostomen bei den Fischen darstellen; der theils weit grösseren nicht zu gedenken, die in den soge- nannten Evertebratenklassen bemerklich werden. Aber eben wegen dieser Conformität des immer sich selbst so wundersam ähnlichen immer augenblicklich und entscheidend sich aussprechenden Klassentypen, treten die Charactere der untergeordneten Gruppen der Vögel so zu- rück, dass sie äusserlich sich öfters gar nicht kund thuen und nur durch mühsame Untersuchungen des ganzen, zu- mal innern Baues erkannt werden können. Die Säugethiere bieten schon in ihren Zähnen und Bewegungsgliedern, die Amphibien in ihrer Hautbede- ckung und Rumpfbildung, die Fische in ihren Kiefern und in den Theilen des Kiemenapparats sehr bedeutsame, höhere und untergeordnete Abtheilungen bezeichnende- äusserliche Verschiedenheiten dar, zu denen sich in jeder dieser Klas- sen noch so manche andere von grösserem oder geringe- rem Werthe gesellen. Dagegen bei den Vögeln kein äus- serer Theil von solcher Bedeutsamkeit, dass er jenen ganz gleich gestellt werden könnte. Freilich wird sehr allgemein der Ansicht gehuldigt, dass die hornigen Kiefer der Vögel die Stelle des bei dem Säugethieren so ausdrucksvollen Gebisses vertreten und auch als Ordnungsprineip ungefähr gleichen Werth haben. Dieser Ansicht gemäss spielt denn auch der Schnabel in den orni- thologischen Definitionen fast überall mithin eine Haupt- rolle und es werden bis auf diesen Tag nicht selten nach den geringfügigsten Verschiedenheiten der Kieferform de- nen vergleichbar, die bei Säugethieren in einer Gattung ja wohl in dem Kreise einer Art z. B. des Hundes vorkom- men, und da mit Recht für ganz untergeordnet oder nichts bedeutend erachtet werden, Familien und Gattungen unterschieden. a Allein wiewohl die Schnabelverhältnisse bei der Cha- 391 rakteristik der Vogelgruppen nicht zu übersehen sind, die- selben auch zumal in Verbindung mit andern Merkmalen nicht verwerfliche Kennzeichen vieler Gattungen und man- cher Familie abgeben, so stehen dieselben doch häufigst mit den anderweiten wesentlichen Uebereinstimmungen und Unterschieden der Vögel in dem complettesten Widerspruch. Wenn wir sehen, dass Repräsentanten ganz heteroge- ner Gruppen gerade in den Formverhältnissen des Schna- bels übereinstimmen, dass hierin namentlich, z. B. die Edel- falken manchen Papageien, die Eisvögel den Reihern und Seeschwalben, die Colibris den Mauerspechten und Necta- rineen, die Raken den Krähen, die Kolien den Finken, die Häkler den Schwalben, der Todus den Platyrhynchen u. s. w. ganz gegen ihre anderweiten Organisationsverhältnisse, ungemein ähnlich sind; wenn wir sehen, dass andrerseits in manchen Familien die ‚sonst in allen ihren Theilen das Gepräge der vollkommensten Verwandtschaft tragen, aufge- drückt ist, wie vor allen in der der Passerinen die allerver- schiedensten Formen der Rhamphotheren vorkommen, so kann mann jener Ansicht unmöglich beitreten, Man wird einwenden, dass Theile jeglicher Art so auch das Gebiss der Säugethiere bedeutende Deflexe in manchen sehr natürlichen Gruppen darstellen, allein sicherlich ist keine naturgemäss zusammengestellte Vogelgruppe durch die Schna- belbildung so bestimmt bezeichnet, als es unter dem Säug- thieren z. B. Carnivoren, Nagthiere und Wiederkäuer und so viele Gattungen durch ihr Gebiss sind, als welches schon durch sehr bedeutende numerische Verschiedenhei- ten, abgesehen von den qualitativen, weit mehr Anhalt und Bestimmtheit gewährt als die meist nur graduellen und re- lativen nur auf einem Mehr oder Weniger der Länge, Breite, Höhe und Krümmung fast immer beruhenden Differenzen der Schnabelbildung. € Von den übrigen äussern Merkmalen, welche bisher zu Charakteren höherer oder untergeordneter Gruppen der Vögel benutzt wurden, gilt dasselbe. Die Verhältnisse der Nasenlöcher, Zunge, Flügel, Schwingen und vorzüglich der Füsse können mehr oder weniger bestimmend sein, haben aber selbst in Verbindung mit den Schnabelverhältnissen 392 angewendet noch nicht die Bedeutsamkeit des Gebisses. Auch die Nacktheit des untern Theils desCrus gibt allein so wenig für die Sumpf- oder Wadvögel, als die Schwimmhaut für die Schwimmvögel ein sicheres Kennzeichen ab, wiewohl wir beide Verhältnisse in Erman- gelung besserer zu diesem Behufe freilich benutzen. Die erwähnten Theile sind die einzigen, welche bisher von den Ornithologen bei ihren Gruppencharaktern in ge- wisser Allgemeinheit angewendet wurden. Dass ihre al- leinige Berücksichtigung auf manche wichtige theils völ- lig verkehrte Gruppirungen geführt hat, und dass es vor allen bei den Vögeln der Beachtung einer viel grösseren Zahl und zwar hauptsächlich anatomischer Verhältnisse (denn diese sind und müssen nun einmal die mehresten sein) bedarf, wenn wirkliche Affinitäten ermittelt und mög- lichst genau bestimmt werden sollen, dayon bin ich um so mehr überzeugt worden, je länger ich meine Untersu- chungen über diesen Gegenstand fortgesetzt habe. Wiewohl fast alle Ornithologen nur auf die äusserlich sichtbaren Bildungs- und Lebensverhältnisse ihr Augenmerk richteten, so wurde doch nicht einmal diesen eine genügende Aufmerksamkeit zugewendet. Vielmehr sind Verhältnisse ganz unbeachtet gelassen, die gewiss Berücksichtigung ver- dienten. Von den mannichfaltigen Verschiedenheiten der Gaumenfläche, welche wenigstens so gut wie die Zunge zu den äussern Theilen gezählt werden kann, von den Dif- ferenzen in der Gruppirung des Conturgefieders, von der verschiedenen Form und Bekleidung eines fast allen Vögeln zukommenden merkwürdigen äussern Secretionsorgans (der sogenannten Oeldrüse) anderes zu geschweigen, ist vor mei- nen Publikationen nirgends die Rede gewesen, und doch liefern diese Verschiedenheiten oft viel bestimmtere und bessere Merkmale der Familien und Gattungen, als die im- mer benutzten und hervorgehobenen, aber nicht selten völlig bedeutungslosen Schnäbel und Füsse. Es meinte zwar Leisler, dass nur solche Kennzei- chen der Vögel probat und zulässig seien, die auch an aus- gestopften Präparaten sich nachweisen liessen und demnach müssten freilich wenigstens Gaumen und Zunge, wo 393 nicht alle eben erwähnte Theile und Bedingungen ja alle anatomischen bei Seite gelassen werden, allein ich glaube, dass dieser Aeusserung, wiewohl sie von einem sonst sehr ehrenwerthen Manne ausgegangen ist, schon durch die blosse Erwähnung zu viel Ehre wiederfährt. Was die innern Bildungsverhältnisse der Vö- gel betrifft, so ist, bei der überhaupt bestehenden Trennung der Naturgeschichte und 'Zootomie von den eigentlichen Ornithologen auf jene gar nicht oder höchst sparsam Rück- sicht genommen worden. Irgend genügende anatomische Charactere sucht man in ihren Schriften vergebens. Aber auch die Zootomen haben durch ihre obgleich schätzbaren Untersuchungen die natürliche Systematik der Vögel wenig gefördert; denn sie haben sich nie ernstlich die Aufgabe gestellt, Naturgruppen der Vögel durch ihre Beobachtungen zu begründen. Sie haben, immer nur die vergleichende Methode befolgend, wo die Organe einzeln, nicht in ihrer Verbindung abhandelnd niemals die bezeich- nenden und leitenden Bildungen genügsam beachtet, und hervorgehoben, was doch gerade bei den Vögeln vorzüg- lich nöthig war. Daher sind die in den vergleichenden anatomischen Werken gegebenen Musterungen der Bildungsverschieden- heiten der Vögel fast ohne Resultat für die natürliche Grup- pirung gewesen, wie selbst schon die Gruppen beweisen, die bei diesen Expositionen zum Grunde gelegt wurden. Gewiss würden Cuvier und Meckel nicht eine Familie der Klettervögel statuirt, sie würden nicht Eisvogel, Wiedehopf, Colibri, Bienenfresser und Mauerschwalben zur Familie der Singvögel gestellt haben, wenn sie bei ihrer Untersuchung dieser Gattungen irgend Gruppenmerkmale gesucht und gefunden hatten. In den anatomischen Gattungscharacteren, welche ich dem nun bis _zum 8. Bande vorgeschrittenen Naumann’- schen Werke einverleibt habe, ist an Gründen, die hier nicht erörtert zu werden brauchen, fast immer nur ein Theil des durch eigene Untersuchungen gewonnenen Materials benutzt. Manche dieser anatomischen Beiträge, zumal die 394 frühern sind dürftig genug ausgefallen. Allein man wird auch bei dem mühsamsten und sorgfältigsten Studium aller den innern Bau der Vögel berührenden Werke, selbst des am reichsten ausgestatteten Meckel’schen, eben aus dem oben berührten Grunde, schwerlich im Stande sein aus dem ‚dort dargebotenen Stoff gesetzt auch, dass weit mehrere Gattungen als geschehen berücksichtigt wären, eine einzige solche Reihe anatomischer Merkmale zusammenzusetzen, als so manche an dem vorbemerkten Orte gegeben sind. Dass übrigens die Klasse der Vögel von dieser Seite nicht blos in jenen allgemeinen zootomischen Werken, son- dern überhaupt mehr als die meisten andern vernachlässigt ‚worden ist, beweist die ausnehmende Seltenheit ornitho- tomischer, mehre organische Systeme beachtender Mono- graphieen; ein Mangel, welcher bei’ der beträchtlichen An- zahl specieller theils höchst gründlicher anatomischer Ab- handlungen die über einzelne Arten und Gattungen anderer Thierklassen, vorzüglich Säugethiere aber selbst über so viele niedere Thiere sogar über Rothwürmer und Binnen- würmer erschienen sind und jährlich an’s Licht treten, un- gemein auffallen muss. Unter diesen Umständen glaube ich keineswegs etwas Ueberflüssiges unternommen zu haben, wenn ich bei mei- nen anatomischen Untersuchungen der Vögel hauptsächlich darauf ausgegangen bin, eine geeignete Basis für die natür- liche Anordnung derselben zu gewinnen, indem ich nach Kräften bemüht war, nicht nur eine möglichst grosse An- zahl von anatomischen Monographien der Genera mir zu bilden, sondern auch so viele Verhältnisse und Organe als möglich nach ihrer Bedeutsamkeit für die Gruppenbestim- mung zu prüfen und auf den Grund dieser Untersuchungen die natürlichen Familien der Biegel und ihre Charactere zu reguliren. Als ein Beispiel der Ergebnisse dieser vor vielen . Jahren begonnenen und bis jetzt [1836] fortgesetzten Arbeit, lege ich die Characteristik einer Familie vor, welche bisher weder jemals nach ihrem Umfange richtig bestimmt noch durch irgend genügende Merkmale bezeichnet wurde, nämlich die Familie der von mir sogenannten Passerinen 395 oder Gesangvögel, unstreitig eine der ausgezeichnetsten und gleichförmigsten und zugleich bei weitem der umfäng- lichsten unter allen von ähnlichem Range, indem wenn wir die Zahl aller bekannten Vögel auf wenigstens 5000 *) anschlagen müssen, so werden sicherlich weit über 2000 Arten allein »auf die Passerinenfamilie kommen. Wiewohl bei der Characteristik natürlicher Gruppen auch anderweit oft wiederkehrende, und nicht ganz allge- meine Verhältnisse insofern sie sonst nur in andern Ver- bindungen vorkommen, von Werth sind und nicht entbehrt werden können, so werden wir doch nicht im geringsten bei der Schilderung der Passerinen auf solche beschränkte sein, im Gegentheil bieten sich in dieser ausgezeichneten Naturgruppe nicht wenige Bedingungen der Organisation dar, welche nach meinen bisherigen Untersuchungen die- selbe vor allen übrigen Vögeln oder doch vor allen oder den meisten Luftvögeln, denen sie zunächst untergeordnet ist, auszeichnen. Wir gedenken des Schnabels nicht, da dieser ausser dem Mangel der Wachshaut die grösseste Verschiedenheit und gar keine Uebereinstimmung darbietet. Auch die Füsse sind äusserlich wenig auszeichnend und bestimmend, sie sind nie paarzehig, immer stehen drei Zehen vorn (es müssten denn, wie es bei Phytotoma tri- dactyla sein soll, eine fehlen), eine hinten. Aber gleich im Gefieder zeigt sich eine vielfältige Uebereinstimmung in mehr oder weniger characteristischen Verhältnissen, von denen grösstentheils bisher niemals die Rede war. Die Conturfedern nämlich haben nur einen sehr schwachen flaumigen Afterschaft, aber keine Dunen zwischen sich, eine einzige Gattung ausgenommen. Die Zahl derselben ist wenn auch nicht die kleinste, welche bei Vögeln vorkommt, doch gehört sie zu den ge- ringern. Sie bilden ohne Ausnahme eingeschränkte Fluren Pterylae und lassen den grössesten Theil der Oberfläche *) Bonaparte zählt in Summa 4099 Vogelarten und die von ihm aufgeführten Genera, welche den Passerinen angehören, haben nach seinen einzelnen Angaben der Arten zusammen 1976. — [Seitdem ist diese Zahl verdoppelt: worden]. 396 des Rumpfes unbesetzt, wie auch einen grössen Theil des Halses und der Glieder. An diesen Conturfederlosen aber von Conturfedern überlegten Stellen, welche ich Raine Apteria nenne, stehen keine oder nur sehr einzelne Dunen. Die Conturfederfluren sind die gewöhnlichen, näm- lich ausser Kopf, Flügel, Unterschenkel-, After- und Schwanz- flur, welche schon durch ihren Namen kenntlich bezeichnet sind: eine Spinalflur, welche vom Kopf oder Genick anfängt und bis zum Schwanz oder der Oeldrüse fortgeht, die beiden Schulterfluren, welche quer über den Oberarm laufen. Die beiden Lendenfluren, die schief über die Ober- schenkel gehen. Die beiden Unterfluren, welche vereint vorn am Halse anfangen, dann sich theilen und zu beiden Seiten zur Unterfläche des Rumpfes sich erstrecken und vor dem After enden. Die Verhältnisse dieser Fluren wenigstens der Spinal- und Unterflur besonders des ersten sind sehr characteristisch. Die Spinalflu r bildet immer ein Continuum, ist nie- mals zwischen den Schulterblättern an der Grenze der In- terscapularis abgesetzt und erst auf dem Unterrücken in ei- nen meist rhomboidalen, bisweilen der Länge nach ge- schlitzten Sattel ausgebreitet. Die Unterfluren sind am Rumpfe weit von einander ent- fernt, sie haben keinen oder nur einen ganz kurzen Seitenast und erreichen niemals den After noch weniger die Schwanzflur. Diese Verhältnisse finden sich ausserhalb dieser Fa- milie eben nur noch bei Trogon und etwa Pogonias in sol- cher Vereinigung. Es treten aber hier doch anderweite Unterschiede ein. Die Schulterfluren der Passerinen sind klein we- nigstens schmal, sie liegen sehr abwärts quer über dem Oberarm und sind durch ein grosses apterium alare su- perius von der übrigen Befiederung des Flügels getrennt. Die Lendenfluren sind ebenfalls klein und verbinden sich weder mit der Schwanzflur noch erreichen sie das Knie. Der Brustarmfittig oder das Hypopterum fehlt oder besteht nur aus Halbdunen und wird wie der Unterflügel- 397 rain oder das apterium alare inferius von grossen Federn, die am Rande der grossen Flughaut sitzen, bedeckt. Das Parapterium (Oberarmfittig) besteht nur aus wenigen kurzen Federn. Die Zahl der Schwingen ist bei allen Passerinen zwischen 17 und 22, beträgt aber am häufigsten 18 oder 19, wenn nur 18 da sind, sind der Handschwingen blos 9, sonst immer 10. [Diese Verschiedenheit ist in einer so grossen Familie für äusserst gering zu achten; mehr bei Ptilops 23—24]. Der Schwanzfedern sind so gut wie immer 12. Nur Menura hat mehr, nämlich 16. Nur Glaucopis vielleicht weniger, nämlich 10, auch Edolius scheint 10 zu haben. Dass die Sylvien 12 und nicht 10 haben, wie in einem sonst vortrefflichen Handbuche steht, ist ganz gewiss. Die Oeldrüse ist immer in die Breite gezogen und mit einem sehr kurzen, schmalen, abgesetzten, fast cylind- rischen am Ende abgerundeten Zipfel versehen, dem der Kranz der Oelfedern gänzlich fehlt, wie sie denn überhaupt hier ganz nackt’ist, nur bei Cinclus ist sie mit kleinen Du- nen bekleidet. Kein anderer Vogel hat dieses Organ von ganz gleicher Beschaffenheit, bei weitem die mehresten ha- ben am Zipfel desselben den Oelfederkranz und wo dieser fehlt, bildet jener ein Continuum mit dem Körper der Drüse und ist von konischer Gestalt. Sehr umfängliche Untersuchungen haben mich zur @e- nüge erkennen lassen, dass man mit Unrecht die oft so characteristischen Verhältnisse dieses Organs sowohl als der Pierylose gänzlich vernachlässigt hat. Bei Beachtung der angegebenen Momente wird man nicht leicht zwei- felhaft sein, ob eine fragliche Vogelgattung dieser Famllie wirklich angehöre oder nicht, sobald nur zur Untersuchung einer vollständigen Haut derselben Gelegenheit ist. Das Nestdunenkleid besteht immer nur aus vergäng- lichen Flaumarten an den Spitzen einiger Conturfedern. Aber ebenso ist es auch bei vielen andern Familien. Das Knochengerüste der Passerinen bietet immer höchst ähnliche und viele auszeichnende Verhältnisse dar, von denen ich einige hervorhebe, 398 Allgemein und eigenthümlich ist der innere Theil des Oberkieferknochens, welchen ich einstweilen Muscheltheil nennen will, insofern derselbe hier schmächtig lang zur Gau- menspalte hin gebogen und am Ende muschelförmig ge- höhlt ist, Das Thränenbein wenn es vorhanden ist verbrei- tert niemals die Stirn und ist seiner ganzen Länge nach vorn an den seitlichen meist grossen Flügel des Riechbei- nes dicht angelegt. Es scheint aber vielen gänzlich zu feh- len. Beides ist eigenthümlich. Die Gaumenbeine sind am Hinterrand ausgeschweift und bilden am Ende des Seitenrandes eine scharfe Ecke. Sie erhalten dadurch eine wenigstens bei Luftvögeln aus- gezeichnete Form, zu welcher Annäherungen in andern Fa- milien selten sind. Ganz eigenthümlich und besonders merkwürdig ist der Vomers, welcher nämlich ursprünglich aus einem rechten und linken Knochen besteht, die sich mittelst eines Querriegels verbinden und zu einem Stücke meist der Figur eines II oder 7 nicht unähnlich zusammenwachsen. Diese Bildung habe ich bei keinem der vielen von mir untersuchten Passerinenschädel vermisst sonst aber ist der Vomer niemals ein ursprünglich paariger Knochen. Alle Passerinen (jedoch sonderbarer Weisse nicht die Kreuzschnäbel) haben in einem Querbande hinten an dem Gelenk der Unterkieferäste ein oder zwei kleine Knochen, die ich Metagnathia genannt, dergleichen ausser dieser Familie nur sehr einzeln und selten vorkommen. Alle besitzen das Siphonium, eine knöcherne Röhre, welche die Luft aus der Paukenhöhle in die pneumatischen Räume des Unterkiefers führt. Es fehlt in der That keinem Vogel dieser Gruppe, selbst nicht dem Zaunkönig und Gold- hähnchen. Ausser den Gesangvögeln scheinen ihn nur die Mauerschwalben und seltsamer Weise die Chara- drien zu besitzen. Bei allen ist die Furcula sehr ausgezeichnet, durch einen lamellenartigen nach hinten gekrümmten Griff und durch hammerförmig ausgebreitete obere Enden. Diese Verbreiterung der oberen Enden entsteht durch die Anfül- 399 lung eines eigenen schon von Geoffroy St. Hilaire entdeckten, später verwachsenden Knochens, welchen ich Epiclidium genannt habe. Dasselbe findet sich ausserdem nur noch bei der Spechtfamilie und den Eisvögeln. Ihr Brustbein unterscheidet sich von dem aller üb- rigen Vögel (ausser Merops und Kakadus) durch einen ga- belförmigen Mittelgriff. Am Hinterende hat es stets nur ein- fache Hautbuchten. Alle Passerinen besitzen Nebenschulterblätter (Scapulae accessoriae) und zwar sehr ausgebildete von der Form eines zusammengedrückten Kegels. Dieser Knochen findet sich noch bei Raubvögeln und Spechten, aber nur bei den letzten von derselben Form. Bei allen enthält die Sehne des Musculus anco- naeus longus eine wirkliche das untere Ende des Ober- armknochens reibende Patella brachialis, welche aus- serdem in keiner Familie constant, und überall selten ist. Ferner ist ein kleines bewegliches Knöchelchen, von mir Hypocarpium genannt, welches hinten an der Hand- wurzel liegt und allemal der ersten Armschwinge zur An- fügung dient und diese anzieht, in sofern es selbst von einer Muskelsehne gezogen wird, wie ich nach den umfäng- lichsten Untersuchungen glauben muss, ein eben so aus-- schliessliches als allgemeines Eigenthum dieser grossen Familie. Eben so haben, wie es scheint, alle Passerinen (aber nur diese) eine Tuberosität hinten am obern Ende des Os metatarsi, welche ganz geschlossene Kanäle für den Durchgang der Sehnen der langen Zehenbeugenden Mus- keln bildet. In der Muskulatur ist die completteste Analogie und Uebereinstimmung der ganzen Familie unverkennbar. Es lassen sich auch eine beträchtliche Anzahl von mehr oder weniger characteristischen Verhalten derselben her- vorheben, jedoch scheint fast keine dieser Gruppe ganz ausschliesslich zu zukommen, indem die Familie der Spechte vorzüglich von dieser Seite viele Aehnlichkeit zeigt. Ge- wiss aber haben alle Passerinen folgende Muskelverhältnisse vor den meisten Vögeln voraus. XIX. 1862. 28 400 Der Deltamuskel ist auffallend gross und lang, zu- gleich in eine äussere längere und innere Portion oben ge- schieden, indem letztere vom Nebenschulterblatt, dieses um- hüllend entspringt. Er reicht bis zum untern Ende des Oberarmknochens, was ausser der Spechtfamilie sonst nie- mals der Fall ist. Bei allen ist der kurze Spanner der grossen Flughaut ein eigner Muskel, ganz getrennt von dem langen und seine einfache Sehne geht in den Kopf des Extensor metacarpi radialis longus. Auch das ist eine sonst nur noch der Spechtfamilie zukommende Auszeichnung. Allen fehlt der schlanke Schenkelmuskel Tie- demanns, ein Muskel, welcher durch die Verbindung sei- ner Sehne mit dem durchbohrten Zehenbeuger so merk- würdig ist und deswegen längst die Aufmerksamkeit der Anatomen auf sich gezogen hat. Allein sehr mit Unrecht hat man von dieser Verbindung die Fähigkeit vieler Vögel durch bloses Beugen des Knie- und Fersengelenkes die Ze- hen zu krümmen und auch im Schlafe sich auf Zweigen fest zu halten hergeleitet; denn dieses thun ja gerade haupt- sächlich Passerinen, die den Muskel nach meinen vielfälti- gen Untersuchungen bestimmt niemals besitzen, während derselbe bei manchen Vögeln, vorzüglich Wasservögeln, die selten oder nie auf Bäume kommen und von jener Fähig- keit wenn sie auch dadurch bedingt würde, keinen Gebrauch machen, sehr ausgebildet ist. Der freilich auch ausserdem oft vorkommende gänzliche Mangel derselben ist merkwürdiger Weise allen Ana- tomen ausser Meckel unbemerkt geblieben. Meckel aber kannte nur vier Gattungen von Schwimmvögeln als Beispiele wo er fehle, welche ihn obendrein gerade in jener irrigen Ansicht bestärkten. Ferner sind bei allen Passerinen und nur bei ihnen die beiden Nagelgliedbeuger (oder durchbohrenden und tiefen Fusszehenbeuger) ihrem ganzen Verlauf nach getrennt, was in den übrigen Gruppen niemals der Fall ist. Eben so allgemein und auszeichnend ist das Verhält- niss des Extensor digitorum communis longus, 401 indem dieser Muskel bei den Gesangvögeln blos die Ze- henglieder streckt und gar nicht bis zu den Nagelgliedern reicht, als-welche nur durch elastische Bänder aufge- richtet werden. Wenn Meckels Angabe, dass den Krähendie M. rectiabdominis fehlen richtig wäre, so würde man mit grösster Wahrscheinlichkeit a priori diesen Mangel für allge- mein in dieser Gruppe erachten können und das würde eine sehr erhebliche Eigenheit sein; allein die Krähen besitzen diese Muskeln so gut wie alle übrige Vögel. — Was die em- pfindenden Organe erlangt, so zeigen Hirn, Nerven und Gehörorgan die grösseste Uebereinstimmung jedoch keine bemerkenswerthen allgemeinen Besonderheiten, aber das Geruchsorgan der Passerinen ist mehr oder weniger aus- gezeichnet, wenig durch den Mangel wirklicher oberer Mu- scheln, und durch immer ausgebildete sehr längliche ein- gerollte mittle, desto mehr aber durch die meist sehr complicirten untern oder vordern Muscheln, an denen man immer seitliche lamellenartige Vorsprünge und oft einen sehr zusammengesetzten Bau von sonderbarer Art wahrnimmt. Kämen solche Formen wie ich an den untern Mu- scheln so vieler Passerinen gefunden in grösserem Mass- stabe, bei so leicht zu Gebote stehenden Vögeln vor, als die meisten Passerinen sind, die dergleichen haben, so würde sie wohl längst Aufmerksamkeit und Verwunderung erregt haben, allein sie finden sich nur bei kleinen Vögeln, die höchstens nur auf Knochen jund Rumpfeingeweide unter- sucht werden, und so ist denn von diesen sonderbar com- plieirten Muscheln nirgends die Rede. Im Auge der Passerinen ist der Fächer vorzüglich durch seine Grösse und eine bis auf 30 steigende fast nie unter 20 betragende Faltenzahl merkwürdig und auszeich- nend, denn wie es scheint kommen in keiner der übri- gen Familie (etwa und kaum die der Hühner ausgenommen) so viele Falten des Fächers vor. Auch das Zungengerüst ist eigenthümlich genug. Der Zungenkern besteht immer aus zwei paarigen Knochen- stücken, die sich in der Mitte berühren, aber nie verwach- 28* 402 sen, und der hintere unpaare Fortsatz des Zungenbeins den man Zungengriffel nennen kann, ist unbeweglich, fast immer spatelförmig und flachgedrückt. So und nicht anders ist denn auch: das Zungenbein der Lerche beschaf- fen, von welchem freilich eine deutsche Zeitschrift den ge- nauen Cuvier einmal bei Gelegenheit seines mit Geoffroy über Principien der Zoologie geführten Streites sehr wun- derliche Dinge sagen liess; allein Cuvier redet vom Zun- genbein des Brüllaffen, welcher im französischen Alou- atte heisst, was der deutsche Uebersetzer für Alouette nahm und so übertrug. Wir haben die Gesangvögel bereits in so vielen be- zeichnenden Bildungsmomenten übereinstimmend gefunden, dass wir von den Verdauungsorganen und den üb- rigen Eingeweiden ein Gleiches erwarten dürfen. Schon die Gaumenfläche, welche so bedeutende, bisher von den Ornithologen nie beachtete Verschiedenhei- ten zeigt, bestätigt dies. Alle Passerinen sind an ihrem Gaumen gleich kennt- lich. Die Gaumenleiste oder Stufe fehlt oder ist nur ange- deutet, die Gaumenspalte ist weder linienförmig verengt, noch durch den Vomer getheilt; übrigens befinden sich spitze Papillen sowohl auf der Fläche des Gaumens als auch am Choanen- und dem meist etwas zweilappigen Hinterrande. Alle Singvögel haben wenigstens 2 meist aber 3 Paar sehr längliche Gulardrüsen, niemals die sonst so ge- wöhnliche breite Drüsenmasse vorn im Kinnwinkel. Alle besitzen eine lange schmächtige unter dem Zy- goma liegende Parotide oder Mundwinkeldrüse, der- gleichen sonst bei keinem Luftvogel noeh Erdvogel und ausser dem nur bei zwei Familien der Wasservögel von ähnlicher Beschaffenheit vorkommt. Der drüsenreiche Vormagen entbehrt immer je ner erhöhten Juga, welche ich bei. vielen andern Vögeln wahrgenommen habe. Der eigentliche Magen ist zwar keineswegs im- mer ein starker Muskelmagen, aber doch nie so dünn und dilatabel in seinen Wänden als bei Raubvögeln, Papa- geien und vielen andern; kurz wie ein completter Hautmagen. 403 Die Blinddärme fehlen keinem Vogel dieser Ab- theilung, aber sie sind nie länger als der Durchmesser des Mastdarmes, hingegen ist das Divertikel oder der bei Was- servögeln zumal sehr allgemein in der Mitte der Darmlänge befindliche dritte Blinddarm wenigstens als constante Bildung niemals hier vorhanden. ; Unter den Luftvögeln haben nur noch Tagraubvögel (unter Erdvögeln nur Tauben unter Wasservögeln nur ei- nige kleine Familien und anomale Arten) so kurze Blinddärme. Die innere Darmfläche zeigtin der grössten Strecke bei allen ungemein regelmässige und zierliche Längszickzak- falten wie sie ausserdem besonders bei Schnepfenvögeln, unter Luftvögeln aber ausser den Passerinen wohl nur bei einigen Cuculinen vorkommen. Die Form der Leber ist immer höchst ähnlich. Die Leberlappen sind wenigstens ungleicher als bei den übri- gen Luftvögeln, der linke viel kürzer als der rechte. Das Pankreas ist stets doppelt oder dreifach bei Pa- rus biarmicus, besteht aus zwei völlig getrennten Massen, das eine dieser beiden Pankreas bildet durchgängig einen hinten abgerundeten nach vorn spitzen Lappen im Winkel der Darmbiegung, in welcher es liegt. Kein anderer Vo- gel scheint in dieser Form des Pankreas mit den Passeri- nen völlig übereinzustimmen. | Die Milz ein sonderbares Organ, welches den Säuge- thieren, vielleicht auch den Vögeln ohne merklichen Nach- theil gänzlich ausgeschnitten werden kann, von dem lange Zeit berichtet wurde, dass es bei allen Vögeln klein und von rundlicher Form sei, hat bei den Singvögeln bis auf sehr seltene Ausnahmen z. B. Regulus, Parus caudatus, biarmicus durchgängig eine sehr längliche dreh- runde wurmförmige Gestalt. Bei allen Passerinen finden wir dieselbe eigenthümliche Bildung der Athem- und Stimmorgane. Alle haben nicht nur knochenharte vollständige Ringe der ziemlich drehrunden Trachea, sondern was nur bei Luftvögeln gar nicht und ausserdem sehr selten sich wie- derholen möchte, auch knöcherne Halbringe der Bron- ehien. 404 Alle besitzen zumal einen starken Muskelapparat am untern Kehlkopf von einer Muskelzahl und Einrichtung ‘ die sonst in der ganzen Klasse der Vögel ohne Beispiel ist. Es sind wohl fünf wenigstens bei den grössern Arten gut zu erkennende Muskelpaare, welche diesen Apparat (ich nenne ihn Singmuskelapparat) constituiren, während die mehresten Vögel bloss ein Paar, einige gar keins, nur die Papageien zwei haben und kein Vogel ausser den Sing- vögeln mehr als 2 Paare solcher wirklichen untern Kehl- kopfsmuskeln besitzt. i Dieser merkwürdige Muskelapparat bedingt den Gesang; der, wie alle Vogelstimmen hauptsächlich mit dem untern Kehlkopf hervorgebracht wird, und nur dieser Familie, wie wohl in sehr verschiedener Qualität und Vollkommenheit eigen ist, weil nur sie jene Muskeleinrichtung am Stimm- organ besitzt. Sonderbar ist, dass diese Vorrichtung bei der ver- schiedensten Qualität des Gesanges immer dieselbe und selbst bei den grössesten Gesangvirtuosen dieser Abtheilung keine andere ist als bei Raben und Sperlingen und selbst als bei den nicht singenden Weibchen, deren Kehlkopfmus- keln nur schwächer sind. Auch die Luftzellen des Rumpfes welche die ein- geathmete Luft aus den Lungen aufnehmen, bieten bei allen Passerinen eine Besonderheit dar, die ausserdem nur bei Spechtvögeln und dem Wiedehopf vorkommt. Die vordere Seitenzelle communiecirt nämlich mit der der andern Seite, indem die Seitenwände der zwischen beiden befindlichen Sternalzelle ganz durchbrochen, eigentlich nur durch Fäden angedeutet sind, und so eigentlich diese Sternalzelle mit den Seitenzellen verschmilzt. Das Blutgefässsystem dieser Vögel zeigt nicht minder die grösseste Gleichheit bei allen, namentlich auch in einem Verhältniss der Kopfschlagader, welche sich zwar in der Reihe der Vögel noch oftmals wiederholt, aber nur als Eigenthum einzelner Arten oder Gattungen oder wenig umfänglicher Familien vorkommt. Die Singvögel haben nämlich ohne Ausnahme nur eine gemeinschaftliche Arteria Carotis und zwar nur die 405 linke, welche erst in der Nähe des Kopfs sich in eine rechte und linke Arterie theilt. Mit diesem Verhältniss ist eine Ungleichheit der Ent- wieklung und des Verlaufs der beiden Venae jugulares constant verbunden, indem bei allen Singvögeln die rechte Halsvene weit grösser ist und statt seitlich, vielmehr hinten am Halse herabsteigt. Endlich spricht sich auch noch in den Nieren die Eigenthümlichkeit dieser Vögelfamilie aus, insofern selbige stets von der Schenkelvene durchbohrt werden, die sonst immer unter ihnen weggeht um sich mit der Nieren- vene zu verbinden; auch sind am Rande derselben keine deutlichen Abtheilungen bemerklich. Es war meine Absicht, eine grössere Reihe nicht blos allgemeiner, sondern vorzüglich mehr oder weniger eigen- thümlicher Verhältnisse dieser grossen Familie hervorzu- heben und zusammenzustellen. Die Anzahl der bei allen Gliedern derselben übereinstimmenden aber nicht gerade weniger eigenthümlichen Bildungen ist natürlich ohne Ver- gleich grösser. Ja die Uebereinstimmung des ganzen Baues der Passerinen ist bis auf wenige Modificationen fast total und .complett zu nennen. In der That finden wie hier ein endloses Einerlei in allen anatomischen Systemen, wie es in keiner andern Vo- gelpruppe von gleichem Range vorzukommen scheint. Wer daher z. B. einen Raben vollständig durchana- tomirt hat, hat somit den Bau von mehr als zweitausend Vogelarten z. Th. bis auf die kleinsten Details erkannt. Bei dieser bewundernswürdigen, ganz ausnehmenden Gleichförmigkeit des Familientypus der Passerinen ist es gewiss höcht unerwartet, dennoch in einigen Gattungen die sich sonst in jeder Hinsicht als ächte Verwandte dieser Familie erweisen, auf Deflexe von ganz sonderbarer, theils einziger Art zu stossen. Denn was kann wohl sonderbarer sein als die con- stante Kreuzung der Schnabelspitze bei den Kreuz- schnäbeln, welche ausserdem auch im Mangel des ligamenti jugomandibularis transversi eine andere Merkwürdigkeit und diese nur noch mit den Edelfalken gemein haben, wäh- 406 rend jene Kreuzung der Kieferspitzen sonst durchaus nur als eine individuelle Monströsität vorkommt. Was kann wohl unerwarteter sein als der, von Lund bei der brasilischen Passerinengattung Euphone nachge- wiesene, ganz einzige Mangel des Magens d. i. jeder Er- weiterung des Nahrungskanals an der Magenstelle. Wo kämen ausserdem bei Singvögeln oder Luftvögeln überhaupt solche Spiralwindungen der Trachea vor ihrem Eintritt in die Brusthöhle vor, als bei der Barita Ke- raudrenii beobachtet ist. Wenigstens bei den übrigen Sing- vögeln beispiellos sind auch, wie es scheint z. B. die Pneumaticität des Oberschenkelknochens der Pirole, die Pterylose bei Cephalopterus ornatus, die Puderdunenfluren bei Ocypterus, die Zahl der Schwanzfedern bei Menura. Der dichte, auch die Conturfederfluren beherrschende Dunenbesatz nebst der Grösse der Nasen- und Bürzeldrüse bei Cinclus, welche Verhältnisse in der gleichfalls sonst in dieser Ordnung beispiellosen Schwimm- und Tauchfähigkeit ihren Grund haben. Diese eben genannten, doch immer nur in Einzelhei- ten abweichenden Gattungen sind, wie gesagt, wahre Singvögel, Es sind aber mit den Passerinen oder mit solehen künstlichen Gruppen, die ihrem Gehalte nach wenigstens theilweis den Singvögeln angehören, selbst von den Cory- phaeen der Wissenschaft mehrere Genera verbunden worden, deren innerer Bau dieser Zusammenstellung gänzlich ent- gegen ist. Indem ich diese Gattungen namhaft mache und ihnen ihre anderweit zugehörige rechte Stelle anweise, wird sich der Umfang und Inhalt unserer Passerinenfamilie schen durch Beziehung auf Illiger’s und Cuvier’s Anordnungen am kürzesten bezeichnen und mit diesen in Parallele brin- gen lassen. Es sind also dem Typus der Passerinen fremd und mit Unrecht ihnen zugestellt worden, die Gattung Trochilus und Oypselus, welche mit Hemiproene unsere Familie der Macrochiren bilden, ferner: 407 die Gattungen Upupa, Buceros, Alcedo, die ich zur Familie der Lipoglossae vereinige. Die Gattungen Coracias, Merops, Prionitis, Todus» welche die Cuculinae Calopterae bilden. Die Gattungen Caprimulgus, Nyctornis, Podargus eben- falls Glieder einer Unterabtheilung der Cuculinen. | Die Gattung Colius und Opisthocomus als welche mit Musophaga und Corythaix eine besondere Amphibolae constituiren. 2 Wenn wir also diese Gattungen, wie es ihre ganze Organisation nothwendig erfordert, von den zu nennenden Ordnungen abziehen oder ausschliessen, so entsprechen un- seren Passerinen die in viele Unterfamilien getheilten Am- bulatores llligers, die Passerinae Cuvier’'s und die Ordnungen Omnivorae, Insectivorae, Granivorae, Anisoda- ctylae und Chelidones Temmincks zusammengenommen. Gloger hat nach Publikation meines Systems eine Fa- milie der Passerinen angenommen, welche alle Luftvögel mit Ausnahme der Raubvögel enthält, und die, eigentlichen Passerinen als solche mit Singmuskelapparat bezeichnet. Linn& und Latham hatten unsere Passerinae in zwei Ordnungen Picae und Passeres vertheilt, aber nicht nur die oben erwähnten Gattungen, sondern auch noch die soge- nannten Klettervögel zu erstern gezählt. Ja Linne ver- band sogar noch die Taubengattung mit seinen Passeribus, welche Latham in eine eigene Ordnung setzte. Da schon Illiger und Cuvier mit Recht die Kletter- vögel von den genannten (unsern Passerinen nur vergleich- baren) Ordnungen ihres Systems entfernt haben, so war es unnöthig die frühere Anordnung von Linne und Latham bei der Aufzählung der nicht dahin gehörigen Genera zu berücksichtigen, aber ich kann nicht unbemerkt lassen, dass gerade gewisse Klettervögel nämlich die von mir gegrün- dete Familie der Spechtvögel und Pieinae es sind, welche sich den. Passerinen unter allen am meisten nähern und mehrere Bedingungen der Pterylose, des Skelets und der Musculatur zumal der letztern gerade nur mit die- sen gemein haben. Ein Umstand der einige anatomische 408 Merkmale, wie nicht unerwähnt gelassen wurde, etwas in ihrem bezeichnenden Werthe beschränkt hat. Durch die mitgetheilte Characteristik der Passerinen ist diese Familie als eine vollkommen natürliche Gruppe, wie ich hoffe, für immer begründet worden. Ein so com- pletter Parallelismus, eine Uebereinstimmung in so vielen characteristischen Merkmalen kann nicht ohne Verwandt- schaft gedacht werden. Es gibt, meine ich, keine natürlichen Gruppen, wenn die so bestimmte Gruppe der Gesangvögel keine ist. Eben darum vielleicht ist ihre Subdivision in untergeordnete Grup- pen wohl schwierig. Ich weiss sehr wohl, wie viel meinen Untersuchungen, von deren Resultaten ich hier ein Beispiel zu geben mir erlaubt habe, noch fehlt um überall vollständig und erschö- pfend zu sein. Dass sie dies nicht sind, kann Niemand mehr beklagen als ich. Aber diejenigen, weiche überhaupt den Geist des natürlichen Systems erfahren haben, und denen ein Urtheil in dieser Angelegenheit zusteht, werden mir die Anerkennung nicht versagen, dass mein Bestreben durch diese ein Menschenalter hindurch fortgesetzten Ar- beiten der Wissenschaft zu nützen, um einige wesentliche Lücken auszufüllen, nicht ohne allen Erfolg geblieben sind. mnııınnnannnnnn ” Ornithologische Beobachtungen aus Chr. L. Nitzsch’s handschriftlichem Nachlass mitgetheilt von 0. Giebel. 1. Cygnus. In osteologischer Hinsicht unterscheiden sich die Schwäne von den Enten und Gänsen sogleich durch die grosse Anzahl der Halswirbel, indem C. plutonius 24, C. olor und musicus 23 besitzen. Erstere Art hat 10 Rückenwirkel, wovon aber die vier letzten zugleich Becken- wirbel sind. Ebenso verhält sich C. musicus und beide Arten zeigen 11 Rippenpaare, das letzte Paar hinten frei. Schwanzwirbel kommen 9 vor. Das Brustbein erscheint 409 etwas länger wie bei den Gänsen und ist am untern Ende stets eine ziemliche Fläche frei von Muskeln, nur mit Haut bedeckt. Das Schulterblatt unterscheidet sich nur durch grössere Länge von dem der Gänse. Auch stimmt die Fur- ceula mit denselben überein, nur bei C. musicus krümmt sie sich absonderlich nach innen mit dem untern Winkel. Die Schlüsselbeine sind bei C. plutonius sehr kurz. Von den elf Rippenpaaren haben zehn den Rippenknochen. Der Oberarm ist wohl noch einmal so lang wie die Scapula und reicht angelegt über das Hüftgelenk hinaus, ist pneumatisch. Der Vorderarm hat die Länge des Humerus, ebenso der sehr schmächtige Handtheil, dessen kleiner Finger ver- kürzt ist, der grosse Finger mit sehr ansehnlichem dritten Gliede und der Daumen mit grossem Klauengliede. Das Becken ist länger wie bei den Gänsen, sonst ohne erheb- liche Eigenthümlichkeiten, auch die hintern Gliedmassen ohne auffällige generische Eigenthümlichkeiten. Der Lauf ist ziemlich so lang wie der Oberschenkel und viel kürzer als die Tibia. Die Rippen scheinen nicht pneumatisch zu sein, wohl aber die meisten Rippenknochen. Bei C. plu- tonius findet sich aussen an der Furcula ein grosses schie- fes Luftloch. Der kleine Brustmuskel hat nicht die Länge des Brustbeines und keine gerade äussere Gränzlinie wie bei Enten und Gänsen, sondern eine schiefe nach der Crista sich hinziehende und in oder wenig unter der Mitte der Brustbeinlänge endend. C. olor zeigt eine deutliche Grube an den Stirnbeinen für die Nasendrüse und diese selbst ist mittelgross, glatt, sonderbar schief halbmondförmig, nach unten sehr breit und sehr gekrümmt. Die tiefliegende Scheidewand der hin- tern Nasenöffnungen ist mit spitzen Papillen besetzt. Der ungemein muskulöse, 5° lange Magen hat einen sehr star- ken und deutlich gesonderten Sehnenhenkel jederseits. Im 2‘ langen Schlunde beginnt der Vormagen mit einem Kranze einzelner sehr weiter Drüsenöffnungen und dann hinter ei- nem Zwischenraume folgen zahlreiche Drüsenöffnungen in ziemlich regelmässiger Anordnung bis zum Muskelmagen hin. Die ganze Länge des Darmes beträgt 14'4“, die Länge der Duodenalschlinge 10, des Pankreas 7“, der eine Blind- 410 darm 1’4'%‘, der andere 1‘2, der Mastdarm 9 lang und 6°4‘ vom After entfernt ein sehr kleines Divertikel. Die innere Darmfläche des Duodenum ist zum Theil zellig, dann breitzottig, im Dünndarm gegen den Mastdarm hin werden die Zotten vollkommener, drehrund, aber zugleich viel kür- zer, im Mastdarm wieder breiter, blattartig. Die Blind- därme zeigen nur in der Wurzelhälfte wahre Zotten, in der Endhälfte sind sie glatt. Die Leberlappen sind ungetheilt am Rande und der linke wohl doppelt so breit wie der rechte. Die langgezogene oben abgerundete Gallenblase verdünnt sich ganz allmählig zum Gallengange und der Lebergang entspringt dicht daneben unten aus dem rechten Leberlappen, beide Gänge münden mit den beiden pankrea- tischen Gängen unmittelbar hinter einander in den Darm. Die Milz ist rund und ziemlich gross. Die Nieren messen über sechs Zoll Länge, sind sehr schmal und randlich viel- fach eingeschnitten. An der Trachea macht sich erst ober- halb der Furcula eine knorplige Linie in der Mitte be- merklich, welche weiter aufwärts ganz zur rechten Seite sich wendet. Die letzten zehn Ringe sind nicht gegen ein- ander beweglich. Am untern Kehlkopf keine Spur eigener Muskeln. Oben von der Trachea geht ein Paar sehr starke Seitenmuskeln an die Furcula. Die eigentlichen M. thoraco- tracheales setzen sich an den vordern Seitenfortsatz des Brustbeines. C. musicus hat gleichfalls eine sehr grosse Nasen- drüse, welche von der Stirn in die Augenhöhle fortsetzt, aber nicht in eine wirkliche Grube des Stirnbeines einge- senkt ist. Am Augapfel erscheint die Cornea in die Quere gezogen und nahe an derselben an der Vorderfläche des Bulbus inserirt mit breiter dünner Sehne der M. rectus ex- ternus, der internus ist viel stärker. Die Nickhaut hat einen breiten kragenartigen Umschlag. Der obere Larynx zeigt statt. der Mittelreihe Papillen im Längsspalt des Hin- tertheils nur ein Paar Zähne und der Seitenrand der Stimm- ritze ist unmittelbar mit Zähnen besetzt, während bei C. olor dieselben am Randende entfernt stehen. Im Grunde der Stimmritze findet man keine Spur von der bei den- Enten vorhandenen unpaaren longitudinalen Crista. Die / 411 Trachea, ohne jede Spur der knörpligen Längslinie von C. olor, besteht aus sehr harten breiten Ringen und dringt bei Männchen und Weibchen in die Crista Sterni ein, bevor sie in die Brusthöhle geht. Der letzte Trachealring ist sehr schmal gedrückt, von der Seite gesehen aber doch breit. Die langen steifen Bronchien sind in der ersten Strecke durch eine Haut verbunden, so dass man sie nicht aus einander ziehen kann. Vor ihrem Eintritt in die Lun- gen erweitern sie sich bauchig und treten dann verengt ein. Ihre steifen Knochenringe sind nach aussen breit und gehöhlt, am Rande zackig und durch diese Zacken und Höcker unbeweglich mit einander verbunden. Der Vor- magen ist im Wesentlichen wie bei C. olor, ebenso der sehr stark muskulöse Magen mit seinen losen Sehnen- henkeln. Der Darm misst 12° Länge, wovon 8” auf den Mastdarm kommen; von den Sehr dünnen Blinddärmen der eine 12“, der andere 10“ lang. Das sehr kleine Divertikel liegt gerade in der Mitte der Darmlänge. Der ganze Darm ist inwendig zottig, die Blinddärme nur im ersten Drittheil, weiterhin mit sechs niedrigen Längsfalten. Der rechte Le- berlappen hat 6, der linke nur 3° Länge, und an der Com- missur beider Lappen tritt ein langes Läppchen hervor. Die Milz ist kleiner als bei C. olor. Das sehr grosse Herz ist schlaffwandig. Die rechte und linke Carotis laufen dicht neben einander vorn am Halse von Muskeln bedeckt zum Kopf hinauf. Der M. gracilis femoris hat eine enorme Grösse und besteht gleichsam aus zwei Bäuchen. 2. Cereopsis novae Hollandiae hat so wenig wie Cy- gnus am Schädel Hautinseln über dem grossen Hinterhaupts.- loche, dagegen einen ringsum geschlossenen Orbitalrand und sehr tiefe Gruben auf den Stirnbeinen für die Nasen- drüsen, so dass deren Zwischenraum als schmale hohe Leiste hervorsteht. Die Gaumenbeine, Flügelbeine und Un- terkieferfortsätze verhalten sich im Wesentlichen wie bei den Gänsen. Halswirbel 13, Rückenwirbel 9 und eben soviel Rippenpaare, deren letzte drei von den Beckenknochen berührt und mit denselben wie unter sich und mit den Kreuzwirbeln verwachsen, Pneumatisch sind alle Wirbel mit Ausnahme derer des Schwanzes, das Brustbein, die 412 Schulterknochen, Rippen, Becken und Oberarm, dagegen der Oberschenkel markig. Die Seitenlinie, welche auf dem Brustbeine die Grenze und Richtung des kleinen Brust- muskels bezeichnet, geht schief nach der Crista und nicht gerade zum Abdominalrande wie bei Cygnus. Der Magen ist ein sehr quer gezogener, stark muskulöser Entenmagen mit vollkommener Ansabildung; der Darm 5°2“ lang, die Duodenalschlinge 41/,“, der Mastdarm 3, die sehr weiten, an der Spitze keulenförmigen Blinddärme 11“, das Diver- tikel in der Darmmitte ganz klein. Die innere Darmfläche zeigt sehr deutliche Zotten; das Pankreas ist aus mehren länglichen Lappen gebildet, der rechte Leberlappen 34/,, der linke 2!/,‘ lang, mit Gallenblase; die Milz fast kugel- rund. An der sehr kurzen Zunge reicht vorn die hornige Platte nicht auf die Oberseite und der sehr kurze Zungen- kern hat kein Loch. Die Luftröhre besteht aus harten Knochenringen, deren vordere dreizehn fest mit einander verwachsen; die Bronchialhalbringe dagegen bleiben weich und knorpelig. Die sehr langen schmalen Nieren haben ein mittles Nebenläppchen. Nur der linke Eierstock ist vorhanden. 3. Anser. Die Gänse haben 17 Halswirbel, nur A. au- tumnalis 16, A. aegyptiacus 14, dagegen alle 9 Rückenwir- bel und 7 Schwanzwirbel. Das Schulterblatt ist breiter und kürzer wie bei den Enten, der Oberarm nicht nur viel län- ger sondern auch weit über das Gelenk des Femurs hinaus- reichend ganz abweichend von den Enten. Der Vorderarm hat die Länge des Humerus, ebendieselbe der Handtheil. Der Brustbeinkamm ist viel weniger als bei Enten nach vorn zugespitzt und weit weniger oder gar nicht halswärts gezo- gen. Das Becken scheint nicht so erheblich von dem der Enten abzuweichen. Die Knieleisten der Tibia sind hier wie bei allen Enten etwas taucherartig gethürmt. Die hintern Fortsätze des Unterkiefers biegen sich viel weniger auf- wärts wie bei den Enten. Die Eindrücke für die Nasendrü- sen auf der Stirn sind bei A. bernicla flach, bei den andern Arten blosse Abstumpfung des obern Orbitalrandes. A. bernicela s. torquatus hat bei 1’ 101/,“ Länge und 3’ 7 Flügelbreite eine Darmlänge von 6’ 7°, den einen 413 Blinddarm von 5“ 6‘, den andern von 5” Länge, beide sehr dünn im Verhältniss zur Dicke des Darmes. Genau in der Mitte der Darmlänge ein deutliches Divertikel. Der Vor- magen zeigt keine Spur von Jugabildung. Der Magen ist enorm gross und muskulös mit ganz vollkommener Ansa- bildung jederseits, lose Sehnenhenkel, hinter welchen übri- gens noch eine tiefere, dicht anliegende Sehnenschicht wie gewöhnlich sich befindet. Zwei Carotiden von Muskeln ver- deckt dicht neben einander und durch Zellgewebe ziemlich fest verbunden. Die Trachea ist sehr hartringig, grössten- theils von vorn nach hinten gedrückt, eine Strecke hinter dem obern Kehlkopfe merklich erweitert, dann wieder je- doch weniger in der untern Portion der Halsstrecke vor ih- rem Eintritt in die Brusthöhle, wo die an die Furcula sich anfügenden Muskeln abgehen. Weiter abwärts wird ihr Lu- men rund und die letzten Ringe verwachsen unbeweglich mit einander. Die Bronchien sind in der Wurzelstrecke ganz häutig, ohne Ringe, dann folgen harte meist knochige Ringe, deren erste sehr weit und vollständig sind, die übri- gen enger uhd nach innen unterbrochen. Der äussern Wand der häutigen Wurzelstrecke jedes Bronchus ist eine Knorpel- platte eingewebt, welche man mit der Knorpelplatte des untern Augenlides vergleichen kann. Ausser dem gewöhn- lichen Querriegel zwischen beiden Bronchien ist noch ei- ner zwischen ihren Wurzeln dicht unter dem Ende der Tra- chea oder dicht unter dem Knochenriegel, welcher die bei- den Tracheenöffnungen für die Bronchien trennt, vorhan- den. Untere Kehlkopfmuskeln fehlen. Die Nasendrüsen bedecken als grosse lange nierenförmige Polster den gan- zen Raum zwischen den Augen und nach hinten bis auf .den Scheitel. Der rechte Leberlappen viel länger wie der linke und zugespitzt. Das Pankreas so lang wie die Duo- denalschlinge. Die Milz klein und ganz rund. Die langen orangegelben Nebennieren spitzen sich nach hinten zu und reichen nach vorn weiter vor als die Nieren, der mittlere Lappen schmal und kurz, der hintere über die halbe Länge ausmacht. Die Hoden sind länglich, A. leucopsis. Bei 1‘ 11“ 6“ ganzer Länge und 4' 2‘ 6“ Flügelbreite misst der Darmkanal 7‘ 6“, der eine 414 =. Blinddarm 15“, der andere 13“. Letzte beide sind an ei- nigen Stellen knäuelförmig gekräuselt; der Mastdarm 5‘ 34, das Divertikel 3° 8 vom After entfernt. Die Bursa Fabri- cii hat immer zwei grosse und mehre kleine kurze Längs- lappen. Der Vormagen ist sehr Drüsenreich und jede Drü- senöffnung deutlich umschrieben. Der enorm dicke und .muskulöse Magen hat auch hier lose Sehnenhenkel, ist sehr in die Quere gezogen, 2“ 9'“ breit und seine innere Leder- haut bildet jeder Muskelmasse gegenüber eine rundliche hornige Scheibe. Von den sehr ungleichen Leberlappen ist der rechte verlängert und zugespitzt mit Gallenblase, der kürzere linke schief abgestutzt: Die Milz rundlich. Die Parotis zerfällt in drei Portionen: eine vordere kleine rund- - liche, eine untere rundliche grosse und eine lange keilför- mige weit nach hinten sich erstreckende unter das Zygoma in die Augenhöhle tretend. Vorn zwischen den Unterkie- ferästen liegen zwei sehr dicke lange Kinndrüsen. Die Luft- röhrenringe sind sehr hartknochig. Der Musculus patagii communicans ist sehr ansehnlich. M. sternoulnaris Cari ist vorhanden und geht mit langer sehr dünner Sehne in die Achselhöhle ein. M. humerocutaneus fehlt nicht, Seine Sehne aber verschmilzt mit der des Brustmuskels. M. gra- cilis femoris von sehr bedeutender Stärke, auch der M. pero- naeuslongus sehr ansehnlich mit starken und breiten Sehnen. A. cygnoides hat sehr kleine Nasendrüsen nur den obern Orbitalrand bedeckend. Die harten Trachealringe ver- breiten sich im untern Drittheil der Luftröhre beträchtlich; die Bronchialhalbringe bleiben knorplich. Die Bürzeldrüse ist enorm dick, jede Hälfte cylindrisch eirundlich, mit di- ckem breiten, abgestutzten gemeinschaftlichem Zipfel, auf dessen Endfläche sich zwei schiefe schlitzförmige Oeffnun- gen befinden, deren jede in die Höhle der Halbdrüse führt. Der Bulbus ist deutlich in die Quere gezogen, etwas auch die Linse, welche hinten nur wenig mehr gewölbt ist als vorn. Das Pankreas ist doppelt. 4. Anas. Nur A. tadorna zählt 16 Halswirbel, die üb- rigen Arten 15, alle neun Rückenwirbel mit ebenso viel Rip- penpaaren, wovon nur das vorderste keine Rippenknochen hat. Schwanzwirbel 7 bei querquedula, crecca, sponsa, pe- 415 nelope, tadorna, moschata, autumnalis, 8 bei clypeata und strepera. Die verschiedene Anzahl der Schwanzwirbel hat gar keinen systematischen Werth, indem bald der vorletzte mit dem letzten innig verschmilzt, bald auch der erste mit dem Becken verwächst. Das Brustbein gleicht bei allen Arten wesentlich dem der gemeinen Ente, selten wird z.B. bei querquedula das untere Hautbuchtenpaar zu Hautinseln abgeschlossen. Stets bildet die Leiste, welche die äussere Gränze des M. pectoralis minor bezeichnet, eine gerade Linie, die der Crista Sterni ziemlich parallel gerade nach dem Abdominalrande zuläuft. Die Crista hat immer einen spitzen vordern Winkel, theils einen sehr spitzen und kopf- wärts gezogenen zumal bei sponsa, clypeata, querquedula, pondiceriana, strepera, weniger bei crecca, tadorna, casarca. Das Schulterblatt ist lang, dünn, säbelförmig, am Ende stumpf und nicht erweitert, reicht bis zum Becken. Die Furcula drehrund und ziemlich gespreizt, ohne Manubrium, bleibt vom Sternum entfernt. Oberarm etwas länger als Scapula, nicht bis zum Femoralgelenk reichend und bei allen Arten pneumatisch. Der Vorderarm erreicht niemals die Länge des Humerus und der schmächtige Handtheil überragt den- selben, der lange Finger mit drittem Gliede, der kleine „Finger etwa halb so lang wie das erste Glied des grossen Fingers. Das Becken bietet in der Breite des hintern Thei- les, der Richtung der Seiten, Länge und Annäherung der Schambeine je nach den Arten erhebliche Unterschiede. Hinter dem Foramen ischidiacum bleibt 'bei A. pondiceriana, clypeata und moschata eine häutige Insel. Der Lauf ist stets kürzer als der Oberschenkel. Die Knieleisten der Tibia zumal die vorderste sehr ausgebildet als ansehnliche Lamelle fast pyramidenartig gethürmt. Pneumatisch sind die Wirbel, Oberarm und Sternum, bisweilen auch die Schlüssel- beine, nur selten Furcula und Scapula, niemals Femur. A. crecca hat 3°4“ Darmlänge, einen 33‘ und ei- nen 3‘ langen Blinddarm; das sehr kleine Divertikel liegt nicht ganz in der Mitte der Darmlänge. Der Magen ist sehr breit und muskulös mit nicht gelöstem Sehnenhenkel, am vordern Rande scharf, am hintern dick und stumpf. Die Milz ist rund, die Nieren schmal und lang, der letzte XIX. 1862. 29 416 Lappen doppelt so lang wie der mittle, welcher gleiche Länge mit dem ersten hat. Die Nierenvenen bilden hinten eine Queranastomose. Die Hoden sind von gleicher Grösse und Form, dreimal so lang wie dick, die Nebennieren orange- farben nach hinten zugespitzt. Der Musculus subscapularis entspringt nur vom obern Theile der Scapula und auch noch von der innern Fläche des obern Endes der Furcula. Der M. coracobrachialis ist sehr stark und bedeckt fast die ganze hintere Fläche des Os coracoideums. Luftröhre und un- terer Kehlkopf unterscheiden sich auffallend von A. quer- quedula. Die Trachealringe sind hart, nur an der obersten Strecke hinten weich. Die Luftröhre zeigt oben und in der Mitte eine schwache Erweiterung. Die Knochenpauke ist eine blasige Erweiterung der linken Seite ohne Haut- fenster und kleiner als bei A. boschas, doch fast von der- selben Gestalt. Die Bronchien sind steif, obwohl die Halb- ringe nicht unter einander verwachsen sind. ? A. boschas. An dem Schädel einer noch im Dunen- kleide befindlichen Ente zeigten sich in der Stirnnaht drei Zwickelbeine dicht hinter einander, wovon das letzte sehr. lang war, und dann noch zwei in der Kreuznaht, wo die Stirnnaht in dieselbe übergeht. Ausgewachsene Exemplare haben einen stark muskulösen Magen, dessen Seiten bis zum Rande von einer glänzenden Sehnenschicht bedeckt sind. Dieselbe verdoppelt sich wie gewöhnlich im Centrum, bildet hier aber keinen losen Henkel. Der Darmkanal ist etwas über 4° lang, die Blinddärme etwas ungleich. Die Ruthe stülpt sich vom dickern Ende aus um und liegt in der Ruhe im Afterrande. Die ziemlich grosse Nasendrüse wird nach hinten breiter, ist schwarzbraun und auf der Ober- fläche etwas höckerig. A. querquedula. Die Bürzeldrüse hat dicke mit Oelfedern besetzte Zipfel. Die sehr kleine Nasendrüse liegt blos am Orbitalrande und zieht sich nach hinten. Der Flexor cruris biceps ist wirklich nur einköpfig, indem der kurze Kopf fehlt, Die Sehne des M. thoracoulnaris geht in eine breite Aponeurose in der Achselhöhle über, die sich theils an den M, pectoralis tertius inserirt, theils an die 417 grossen Gefässe und in eine Haut, welche einer Luftzelle unter dem Anfange des Halses zur Decke dient. A.tadorna hat bei 2° Körperlänge und 3'41/,“ Flügel- breite einen 8° langen Darm, wovon 6° 2“ auf den Mastdarm kommen. Bei einem 18“ langen und 32° Flügelbreiten Exem- plare die Darmlänge 5°9“, der Mastdarm 4*/,“. Die dünnen etwas gekräuselten Blinddärme messen 6‘ Länge. Der lange Vormagen zeigt innen grosse sehr deutlich geöffnete Drü- sen, welche durch die innere Haut hindurch scheinen. Der Magen ist klein, aussen mit festen Sehnenschichten. Im Duodenum finden sich feine Zotten, auf eine grosse Strecke breite dieke Zotten, im Mastdarm dieselben in parallele durch tiefe Furchen getrennte Längsreihen geordnet und von Blatt- förmiger stumpf dreieckiger Gestalt: eine zierliche Bildung an die innere Mastdarmfläche bei Libellen- und Aeschna- larven erinnernd. Das Darmdivertikel liegt dem After einige Zoll näher wie dem Pylorus. Um die Kloake legt sich wie auch bei A. acuta ein Muskelapparat, in den Muskeln zwei mit Fasertrabekeln durchzogene Höhlen und in diesen eine sonderbare grauliche weiche Masse. Das Pankreas ist dop- pelt und kürzer als die Duodenalschlinge, am Rande ge- lappt und mit eigenem Ausführungsgange, welche sich beide unmittelbar neben dem Lebergange inseriren. An der Le- ber erscheint der linke Lappen bei Weitem noch nicht halb so gross wie der rechte. Die Gallenblase ist sehr ansehn- lich und die Gallengänge sehr dick; die Milz klein und kugelrund. Die Nieren haben ziemlich das Verhältniss von A. acuta. Die Hoden sind angeschwollen oval. Die Ruthe ist kurz, ihre den Samen leitende Rinne jederseits von ei- nem quergezähnten Wulst eingefasst. Die Luftröhre ist stark gedrückt, der ganzen Länge nach gleich weit, aus durchaus knochigen Ringen bestehend, deren letzter auffallend lang ist. Die rechte Knochenpauke ist viel grösser wie die linke, die Wände beider sehr dünn, leicht eindrückbar, doch ganz knöchern. Die Musculi sternotracheales erscheinen ungemein stark und gehen fast vereint von der Trachea ab. Die Bronchien bestehen nur aus Knorpelhalbringen, die gegen einander beweglich sind. Beide Bronchien sind durch den bei Enten gewöhnlichen elastischen Riegel verbunden. Der 29° 418 obere Kehlkopf hat keine erhöhte Längscrista in seinem Grunde. Der M. communicans patagii hat eine sehr an- sehnliche Stärke und verwächst grossentheils mit dem lan- gen Kopfe des Biceps brachii. Die Nasendrüsen sind gross und halbmondförmig, auf dem Orbitalrande aufliegend. A. mollissima zeigt im linken Bronchus sonderbar ästig anastomosirende Halbringe, zugleich ist derselbe sehr bauchig und die Ringe schlagen sich mit ihren Rändern über einander. Die Luftröhre ist einer ungemeinen Strek- kung und Verkürzung fähig. Am sehr dick muskulösen Magen eine deutliche Ansabildung und die innere Lederhaut vorn und hinten ungemein dick und hart, fast unbiegsam. A. clangula. Die eben nicht grosse tief getheilte Bürzeldrüse ist am Zipfel mit Doldendunen besetzt. Die Iris schön gelb und ebenso das elastische Band Tiedemanns, die Cornea nicht sehr gewölbt, wohl aber die Sklerotika nach hinten; der Sehnerv steht sehr tief unter dem Mittel- punkte; die Krystalllinse gleicht fast einer vollkommenen Kugel, nur vorn ist sie etwas abgeflacht; der Ciliarkörper klein und eingeschränkt. Die Stirnhöhlen sind bei dem Männchen grösser wie bei dem Weibchen. Dieselben er- strecken sich von der Schnabelwurzel bis zu den Scheitel- beinen, sind durch eine mittle knöcherne Scheidewand ge- trennt, innen mit seröser Haut ausgekleidet und öffnen sich zwischen der obern und mittlen Muschel in die Nasenhöhle. Die mittle Muschel ist sehr gross und sitzt innen grossen- theils an dem langen breiten absteigenden Theil des Thrä- nenbeins und hat ihre äussere gewölbte Wand knöchern. Die Stirnhöhlen sind völlig leer. Die kleinen Nasendrüsen liegen etwas am Orbitalrande auf und gehen hinten breiter werdend herunter. Bei einem sehr kleinen Exemplare mass der Darmkanal 3°8, die Blinddärme 28‘ und 22, der sehr weite Mastdarm 33‘. Der Schlund ist am Halse er; weitert, nach unten wieder verengt,. der Magen nicht ge- rade sehr muskulös ‚und mit ungelöster Sehnenscheibe, das Darmdivertikel wie gewöhnlich, die Milz dreiseitig, das Pan- kreas doppelt, ein oberes und ein unteres; die Leberlappen sehr ungleich mit enorm grosser Gallenblase. Die Bursa Fabricii fehlt. Die Nieren nur in einen kleinen vordern und: 419 einen sehr langen hintern Lappen getheilt. Der Eierstock sehr gross. Am Ausgange des Oviductus liegt eingerollt eine kleine Clitoris ganz vom Bau der männlichen Ruthe nur ohne Rinne. Die Trachealringe sind schmal und hinten weich, der untere Kehlkopf sehr schief, die Bronchialhalb- ringe weich, doch so weit herumgehend, dass sie mit ihren Enden sich berühren. Die Luftröhre erweitert sich in der Mitte sehr beträchtlich und hat an dieser Stelle zwei sehr starke zur Furcula gehende Muskeln, während die M. sterno- tracheales sich tiefer ansetzen. Die Flughautsehne wird ge- bildet: 1. aus einem starken Stratum, welches vom Brust- muskel abgeht, 2. vom Tensor patagii radialis, 3. vom M. patagii radialis communicans, welcher wie gewöhnlich ver- eint mit dem langen Kopfe des Biceps entspringt. Der M. gracilis femoris ist sehr stark und verbindet sich mit dem durchbohrten Zehenbeuger. Die Patella brachialis und das Os vaginale bleiben knorpelig. Kein Knochen des Hal- ses, Rumpfes und der Gliedmassen ist pneumatisch. A. sponsa. Die Nasendrüse tritt als so schmaler schwacher Streifen am Orbitalrande auf, dass man sie leicht übersieht. Der Magen ist breit und stumpfrandig, sehr roth . muskulös und mit sehr deutlicher Henkelbildung der Seh- nenscheibe. Der Darmkanal misst 3° 3“ Länge, der Mast- darm 3“, die Blinddärme 3“, die Duodenalschlinge 4'/, lang und das Pankreas nur die halbe Länge derselben einneh- mend. Der rechte Leberlappen viel länger als der linke und mit grosser Gallenblase; die Milz klein und rundlich. Die Luftröhrenringe sind an der Vorderseite der Trachea auffallend verschmälert und lassen sehr breite, ganz dünn- häutige Zwischenräume, zumal in der untern Hälfte. Oben an der Luftröhre sitzt ein Muskelpaar, das zur Furculahaut geht und nicht wie beim Schwan an die Furcula selbst. . Nur das Männchen hat am untern Kehlkopf linkerseits die Knochenblase, dem Weibchen fehlt dieselbe. Zwischen bei- der Bronchien findet sich eine sonderbare weisse wie con- tractile Masse. Die Nieren waren bei einem Weibchen auf- fällig asymmetrisch, die linke normal dreilappig, während der rechten der Mittellappen fehlte, bei dem Männchen fehl- ten beide vordere und mittle Lappen gänzlich, nur die hin- 420 tern Lappen waren vorhanden, und die sonst auf jenen auf- liegenden Venenstämme ruhen hier frei auf den Rücken- wirbeln, die Nebennieren ganz isolirt, darunter die Hoden von gleicher Grösse. A. moschata. Die Nasendrüse ist klein und krümmt sich an der Orbita sehr hinterwärts. Von den Luftzellen ist die dritte Seitenzelle enorm gross und tief in die Brust- höhle reichend. Das Septum zwischen den Leberzellen setzt sich an den vordern oder untern Magenrand fest an. A. acuta. Die Nasendrüse zieht sich nur am Rande der Augenhöhle hin, hinten herunter. Die Bürzeldrüse hat äusserlich einen dicken breiten Zipfel. Der sehr stark mus- kulöse Magen bildet jederseits freie Sehnenhenkel. Der eine Blinddarm ist 5, der andere 4‘ lang, die Hoden von gleicher Grösse, 21/,“ lang und 1“ in der Mitte breit. Die Luftröhre aus harten Knochenringen von gewöhnlicher Ge- stalt gebildet. Das Männchen mit Knochenblase an der linken Seite des untern Kehlkopfes. Die Musculi sternola- ryngei von gewöhnlicher Bildung. Die Bronchien mit knor- peligen, aber unbeweglichen Halbringen, die jedoch mehr als einen halben Kreis beschreiben. Die Nieren wie ge- wöhnlich dreilappig, die beiden vordern Lappen gleich lang und beide zusammen kürzer als die hintern. Die Leber sehr ungleichlappig. Das Septum interhepaticum liegt gar nicht in der Richtung der Crista an das Brustbein, sondern weit mehr links, um den Raum der linken Leberzelle zu vergrössern. Um den After tritt ein sonderbarer Muskel- apparat auf. A. Penelope. Die Nasendrüsen bilden grosse breite nierenförmige Polster, welcke sich bei alten Exemplaren auf der Mitte der Niere berühren, bei jungen aber merk- lich schmäler sind. Der Vormagen wie gewöhnlich ohne Jugabildung, der stark muskulöse Magen mit freiem Seh- nenhenkel jederseits, die Blinddärme sehr dünn, 5!/, und 5“ lang, das Darmdivertikel weit hinter der Darmmitte ge- legen und papillenförmig. Die Milz klein und rundlich, die Gallenblase gross, die Leber aber verhältnissmässig klein, der mittle Nierenlappen mit dem hintern verschmolzen, Ho- den schmal und lang, Bursa Fabrieii gänzlich fehlend. Die 421 Luftröhrenringe hartknochig ohne Auszeichnung, der männ- liche untern Kehlkopf mit sehr grosser Knochenblase an der linken Seite. Die Bronchialhalbringe sind weich und bewegen sich nicht gegen einander; beide Bronchien durch einen Querriegel verbunden. A. elypeata. Bei 1‘5“3‘‘ Länge und 243 Filü- gelbreite misst der Darm 97“ Länge, der Mastdarm 31/,“, der-längere Blinddarm 5“, das Divertikel in 4° Entfernung vom After gelegen. Der Vormagen zeigt sehr starke Drü- sen, der kleine rundliche Magen ohne freie Sehnenhenkel, die innere Darmfläche mit in Zikzak gestellten blattartigen Zotten bis in den Mastdarm hinein. Die Bursa Fabrieii ist lang und hat innen zwei dicke hohe Längsfalten. Das Pan- kreas reicht nicht bis in den Winkel der Schlinge hinab. Die Leberlappen sind von nur wenig verschiedener Grösse, mit Gallenblase. Die Milz rundlich. Die Nieren von ge- wöhnlicher Form, der hintere Lappen so lang wie die vor- dern beiden. Am untern Kehlkopf des Männchens nur eine sehr kleine Knochenblase. Die Bronchien beginnen mit zwei beweglichen Knochenringen, dann folgen unbe- wegliche knorpelige Halbringe. Musculus gracilis vorhan- den und mit den Zehenbeugern verbunden. -Der Muscu- lus patagii communicans wie bei allen Enten, Tauben und Hühnern. Der Oberarm pneumatisch. _ A. fuligula hat eine ähnliche Nasendrüse wie A. ta- dorna, von mittler Grösse. Bei 1'3“8‘“ Länge und 24“ Flü- gelbreite misst der Darm 4°10“, die Duodenalschlinge 44, die Blinddärme 4'/, und 4“ Der Magen hat anliegende, aber nicht fest gewächsene Sehnenhenkel. Die Luftröhre ist anfangs weit und wird allmählig enger, ist hinten in der Mittellinie weich, knorplig. Die Knochenblase am untern Kehlkopf enthält ein Balkennetz. Die ersten beiden Bron- chialringe sind knöchern und beweglich, die folgenden knorp- lig, zwischen beiden Brönchien ein Knorpelriegel. A. rufina hat eine mittelgrosse Nasendrüse von halb- mondförmiger nach hinten erweiterter Gestalt auf dem Or- bitalrande aufliegend. Der Schlund ist sehr dünn und geht schnell in einen dicken kurzen Vormagen mit eben nicht zahlreichen aber sehr dieken Schleimdrüsen über: Der Ma- 422 gen ist sehr dick muskulös und hat freie Sehnenhenkel, seine innere Lederhaut ungemein dick und hart. Die ganze Darmlänge beträgt 5°5‘, die Duodenalschlinge 5“, der Mast- darm 6°, die Blinddärme fast 7“. Die Leber ist verhältniss- _ mässig klein, der rechte Lappen nur etwas länger, an der Commissur ein dritter Lappen, die Gallenblase gross; die Milz sehr klein und rundlich. Die Carotiden wie gewöhnlich dop- pelt, der M. communicans patagii vorhanden, spitz zulaufend, zur Flughautsehne. Der M. humerocutaneus verbindet sich mit der Sehne des M. pectoralis major. Der M. femoris gracilis wie immer bei Enten breit und stark, seine Sehne über eine sehr tiefe Rinne der grossen Patella gehend. Die weibliche Luftröhre ist von gleicher Weite und hat keine Knochenblase am Kehlkopf. Die männliche Luftröhre da- gen beginnt sehr weit, verengt sich dann in der Mitte des Halses und wird nach unten wieder sehr breit, um sich vor dem untern Kehlkopf nochmals zu verengen. Die grosse Blase am untern Kehlkopf besteht aus weissem Knorpel mit Knochenreifen. Die Bronchialringe sind knorpelig und fast vollständig. Die Nieren sind wie von einem ästig gewun- denen Netze bedeckt. Die Hoden fast 2“ lang und halb so dick, beide einander gleich. Die Ruthe ist auf der ein- gerollten Fläche mit harten wellenförmigen scharfen Quer- falten besetzt. A. ferina. Die Luftröhre ganz hartringig, ist sehr weit, nur vor dem untern Kehlkopfe verengt. Bei 1°5“ To- tallänge und 2‘4'/,‘ Flügelbreite misst der innere überall zottige Darm 4° Länge, der Mastdarm 5“6‘“, die Blinddärme 51/, und 51/,“. Das Darmdivertikel liegt gerade in der Mitte der Darmlänge. Die Bursa Fabricii ist von ansehn- licher Länge, innen mit zwei dicken hohen Längsfalten ver- sehen. Der ein Zoll lange Vormagen enthält kleine dicht gedrängte Drüsen. Der Magen ist ein enorm starker Mus- kelmagen mit sehr vollkommener Ansabildung. Der rechte Leberlappen ist noch einmal so lang wie der linke, die Nieren sehr schmal und lang, dreilappig. Der M. commu- nicans patagii sehr ansehnlich. A. glacialis hat sehr grosse, dünne, körnige Nasen- drüsen, welche auf der Mitte der Stirn sich berühren. Der 423 stumpfrandige Magen ohne freie Sehnenhenkel; der Vor- magen sehr diekwandig, die Leberlappen sehr ungleich, an der Commissur mit drei Läppchen, die Gallenblase fehlt; die Milz sehr klein, fast spindelförmig; die Nieren beit, durch eine mittle Längslinie getheilt, der mittle mit dem hintern Lappen verschmolzen. Die Luftröhre zeigt keine Erweite- rung, bildet aber vor der Pauke in einer 9‘ langen Strecke, wo sie in die Breite gezogen ist, fünf viereckige häutige Fenster, welche durch zarte Knochenbalken getrennt sind. Diese Fenster sind vorn jederseits durch einen Längsmus- kel begrenzt, hinten fehlen sie. Die Ringe in dieser Strecke schieben sich nicht in einander. Die Knochenpauke ist stark zusammengedrückt und hat ein grosses häutiges Fen- ster an der linken und ein kleines hinten auf der rechten Seite. Die Bronchien sind sonderbar verdeckt. Bei 1'21/,“ Totallänge und 2°10‘‘ Flügelbreite misst der Darm 5°1“, die Blinddärme 32‘ und 3“, der Mastdarm 2 8%, Die Bursa Fabricii ist sehr diekwandig und innen mit sechs sehr dicken Längsfalten versehen. A. fusca mit sehr breiten nierenförmigen Nasendrü- sen, die sich auf der Mittellinie der Stirn berühren. Der Vormagen sehr diekwandig und gross; der Magen ohne vollkommene Ansabildung, die Blinddärme 3 lang. Die Trachea in der ganzen Länge von gleicher Weite. A. marila. Die grossen Nasendrüsen stossen auf der Stirn fast zusammen. Bei 1'6“ Länge und 2°5“ Flügel- breite mist der Darm 7°4‘ Länge, die Duodenalschlinge 5“ lang, Pankreas kürzer, Leberlappen auffallend ungleich, der linke mit Gallenblase, die Milz rundlich, der Magen mit ziemlich vollkommenem Sehnenhenkel. Keine Bursa Fa- bricii. Die Luftröhre längs der ganzen Hinterseite blos weich, häutig. Die Knochenblase am Kehlkopf gleicht ganz der von A. rufina. A. nigra. Die Nasendrüsen sind enorm gross und dick, dunkelroth und glatt. Im Vormagen zwei undeutliche Juga. Der Magen sehr gross, ohne Sehnenhenkel. Blind- därme auffallend kurz, nur 8 lang. Bei 169“ Totallänge und 2‘8“ Flügelbreite hat der Darm 5‘3‘ Länge, der Mast- darm 3‘ lang. Das Darmdivertikel ist ein 3° langer ange- 424 legter Faden. Bursa Fabricii fehlt. Die Leberlappen sehr breit, an der Commissur zwei lanzetförmige Läppchen, die Gallenblase gross und rundlich; die Milz sehr klein und länglich. Die Luftröhre hinten ganz knorplig, ebenso vorn in der Mitte, die letzten Ringe ganz knorplig. Das Männ- chen hat keine Knochenblase am untern Kehlkopf. Die Bronchien aus unbeweglichen Knorpelhalbringen gebildet. Ueber die Bestandtheile des Güajakhärzes von W. Hadelich. Das Guajakharz, diese seit langer Zeit in der Pharmacie angewendete Drogue, stammt von dem in Westindien’ ein- heimischen „Guajacum.: officinale“, einem zur natürlichen Familie der Zygophylleen gehörigen Baume. Dasselbe fliesst entweder freiwillig, oder aus gemachten Einschnitten aus, oder aber die Gewinnung wird befördert, indem man die Bäume fällt, an einem Ende anbrennt und so das reiche Ausfliessen des Harzes am anderen Ende erreicht. Man unterscheidet: Guajakharz in Thränen und Guajak- harz in Massen, von denen die erste Sorte etwas theurer ist, sich jedoch nur durch die Form und einen geringeren Gehalt an Holztheilchen vor der anderen auszeichnet. Das Härz ist röthlichbraun, durchsichtig, doch meist mit einem, grünlichen Staube, durch Einfluss der Luft und des Lichtes hervorgebracht bedeckt, Gerieben entwickelt es einen va- nilleähnlichen Geruch, schmeckt bitterlich kratzend und hat ein spec. Gewicht von 1,205—1,228. _ Seine häufige Verwendung als Heilmittel, sowie seine interessanten Eigenschaften, von denen die Bläuung durch schwache Oxydationsmittel und der schöne Geruch vorzüg- lich zu nennen sitid, veranlasste viele Chemiker zu Unter- suehungen, von welchen ich hier einen kurzen Abriss gebe: 425 Literatur. Brandet), Buchner ?), Unverdorben), Jahn‘), Landerer°), Johnston und Trommsdorff®) beschäftigten sich zuerst mit dem Gegenstande. Ihre Ver- fahrungsweisen beruhten auf dem Verhalten des Harzes gegen die Lösungsmittel: Wasser, Alkohol, Aether und wässeriges Ammoniak, und als Resultate gingen hervor: erstens, dass man es mit einem Gemenge mehrerer Sub- stanzen zu thun gehabt hatte, zweitens, dass dieselben theils mehr, theils weniger den Charakter der Säuren tragen, und dass endlich drittens die Stoffe in der Guajakrinde zum Theil andere sind als im Harze. Man nahm also an als die Bestandtheile: drei verschiedene Harze (Unverdorben, Jahn), ferner noch Benzo@säure, und ein aromatisches Princip (Jahn); und procentisch (nach Buchner) Harz —s30,0 Rinde — 1635 Gummi — 65 In Wasser löslicher Extractivstoff = 2,0 100,00 Aus einer alkoholischen Tinktur der Guajakrinde er- hielt Landerer zufällig einen krystallisirten Körper, den er für den Träger jener bekannten blauen Färbung, die durch Oxydation entsteht, hielt. Dieser Stoff war in nur geringer Menge gebildet, wurde nie wieder gesehen, und muss es unentschieden bleiben, ob er mit dem von Trommsdorff beschriebenen Guajacin identisch ist, bis eine neue Unter- suchung der Rinde Aufklärung giebt. Im Jahre 1841 wies Thierry’) nach, dass nicht Ben- zoesäure, Sondern eine eigene von ihm Guajacylsäure ge- nannte Säure im Guajakharz enthalten ist, welche sich na- mentlich durch leichtere Löslichkeit in Wasser von der sonst sehr ähnlichen Benzo&- und Zimmtsäure unterscheidet. Auch fand derselbe Chemiker, dass dieser Körper sich nicht nach 1) Ergänzungsheft zu Buchner’s Repertorium p. 183. 2) Buch- ner’s Repert. 3, 281 und 75, 371. 3) Poggendorfi’s Annalen 7, 316. 4) Archiv der Pharmacie I. Reihe 33, p. 269— 277 und II. Reihe 23. 5) Repertorium f. d. Pharm. 52, 94. 6) Trommsdorff’s neues Journal Band 21, St. 1, S. 10. 7) Journal de Pharmacie et des sciences ac- cess. 1841, p. 381; Journ. f. prakt. Chemie 1841. Bd. 24, S. 333. 426 der von Righini (Journal de Chimie medicale 1836) mit- getheilten Methode, nämlich mit Anwendung von Magnesia als bindende Base, erhalten lasse, somit er die Autorschaft in Anspruch nehmen müsse, und nicht Righini?). Darauf nahmen Pelletier und Deville diese Arbeiten auf, stellten ein reines Harz von der Zusammensetzung: GC 71,00 EDwN. 7503 0 21,96 welches sie Guajacine nannten, durch Behandlung einer al- koholischen Guajakharzlösung mit einer eben solchen von essigsaurem Bleioxyd und Schwefelwasserstoff dar, erwähn- ten einen gelben Farbstoff, und 10 Procent einer in Ammo- niak unlöslichen Substanz als Bestandtheile des Guajakharzes. Dieselben Chemiker analysirten die Guajacylsäure Thier- ry’s, fanden ihre Zusammensetzung: c12 H® 08, dass sie einbasisch sei und, mit starken Basen bei Abschluss der Luft erhitzt, in Kohlensäure und ein sauerstoffhaltiges indifferentes, farbloses, angenehm nach bittern Mandeln rie- chendes Oel, vom spec, Gewicht 0,874 und der Zusammen- setzung: c10 H® O? zerlegt werde, welches sie Guajacen nannten. Die von Sobrero?) 1843 über die Produkte der trock- nen Destillation des Guajakharzes veröffentlichten Versuche veranlassten Pelletier und Deville °) controlirende. Ar- beiten in dieser Richtung zu unternehmen, welche mit de- nen von Voelkel*) 1854 und Ebermeyer°) über den- selben Gegenstand geschriebenen Sachen ein so voluminöses Material sind, dass ich hier nicht näher darauf eingehen will. Eine grosse AnzahlvonVersuchen wurden von Schacht‘) Schönbein ?) und van den Broek °) über die blaue’ 1) Compt. rend. 17, 1143 u. Journ. d. Pharm. Ser. 3, T. 6, p. 118, sowie Journal f. praktische Chemie 1844. Bd. 33, p. 316—318 und vorige Note. 2) Journal de Pharm. 1843. 4. p. 3831. 3) Journal de Phar- macie 1844. 6. p. 116. 4) Annalen d. Chemie u. Pharm. 1854. p. 345. 5) Journal für praktische Chemie Bd. 62, p. 291—295. 6) Archiv der Pharmacie II. Reihe, Bd. 35, S. 3. 7) Poggend. Ann. Bd. 73. 4. 480 u. Bd. 75. 3. 351—357. 8) Scheikundige Onderzoekingen 5.Deel, 6. Stuck. P: 226—256. 427 Färbung des Guajakharzes durch schwache Oxydationsmittel angestellt, die jedoch das Wesen der Erscheinung keines- wegs aufklärten. \ Hlasiwetz!) machte in der neusten Zeit (1859 --60) die Erfahrung, dass ein Theil des Guajakharzes mit den Al- kalien krystallisirbare Verbindungen eingeht, und es gelang ihm durch Benutzung dieses Umstandes, die reine, krystalli- sirte Guajakharzsäure sowie einige ihrer Verbindungen, Substitutions- und Zersetzungsprodukte darzustellen und zu studiren. Trotz der regen Bearbeitung des Thema’s blieben noch viele Lücken, so dass ich hoffen konnte mit Ausdauer manche derselben zu beseitigen; und somit gehe ich nun, nachdem ich diesen Ueberblick der Literatur vorangeschickt habe, zur Beschreibung meiner Arbeiten über. Wo es noth- wendig erscheint, werde ich beiläufig oder am Ende die Uebereinstimmungen und Widersprüche hervorheben. Voruntersuchungen. Einige Voruntersuchungen be- zweckten namentlich, den Gehalt an fixen Bestandtheilen festzustellen und zu erfahren, wie das flüchtige, nach Vanille riechende Oel abzuscheiden sei. Sechs, von verschiedenen Orten entnommene Proben Harz zeigten 0,163—0,780 Proc. fixe Bestandtheile, welche der Hauptsache nach aus Kalk- erde mit Spuren von Eisen, Kali und Tonerde bestanden; ausserdem enthielten alle Sorten wenig Stickstoff, im Mittel 0,5 Procent und ihre Auflösung in Alkohol röthete blaues Lacmuspapier schwach. Durch Destillation, sowohl mit Wasser, salzhaltigem Wasser, als auch Alkohol, lässt sich der Riechstoff nicht gewinnen. Wasser, welches mit gepulvertem Harze gekocht wurde, färbte sich gelb und hatte einen bitterlich kratzenden: Ge- schmack; es reagirte schwach sauer und verhielt sich ganz ebenso, wie der wässerige Rückstand, den man erhält, wenn man eine Auflösung des Harzes in 50procentigem Alkohol durch Destillation von diesem befreit, oder eine solche in 90procentigem in Wasser giesst. 1) Ann. d. Chemie u, Pharmacie (112, p. 183) u. (119, p. 266. 428 Guajacylsäure. Aus den eben erwähnten Flüssigkeiten suchte ich nach Thierry’s Angabe die Guajacylsäure dar- zustellen. Man sättigt dieselben mit Aetzbaryt ab, filtrirt, und zersetzt das Filtrat genau durch verdünnte Schwefel- säure,; vom gebildeten schwefelsauren Baryt wird abfiltrirt, die klare Lösung der mit Harz verunreinigten Guajacylsäure verdunstet, der braune Rückstand mit Aether digerirt und das nach dem Verjagen des Aethers zurckbleibende in klei- nen Portionen sublimirt. Auf diese Weise erhielt ich aus 4 Pfund Guajakharz ungefähr 1 Decigramm der sublimirten Säure, womit sich nichts beginnen liess. Den guajacylsauren Baryt inKrystallen zu erhalten, gelang auch nicht, da der gelbe Farbstoff zu hinderlich war. Wendet man statt des Baryts Blei an, so kann man dann auch durch Schwefelwasserstoff das Bleisalz zersetzen und so die Säure erhalten, indem man sie durch Sublimation noch reinigt. Um die Guajakharzsäure darzu- stellen, wird nach Hlasiwetz Guajakharzpulver mit Kalk- milch ausgekocht, wobei diese sich safrangelb färbt. Durch Uebersättigen mit Essigsäure oder andern verdünnten Säu- ren wird diese Flüssigkeit fast farblos und wenig Harz schei- det sich flockig ab; durch Kohlensäure geschieht dies auch, filtrirt man aber darauf und dampft langsam ab, um etwa den guajacylsauren Kalk so zu gewinnen, so hindert hier wieder ebenfalls Harz und Farbstoff denselben zu kry- stallisiren. Gelber Farbstoff. Da die Guajacylsäure in sehr ge- ringer Menge vorhanden war, wolite ich durch eine Be- handlung mit Bleiessig wenigstens versuchen, den Farb- stoff in beträchtlicher Menge zu gewinnen, dampfte zu dem Ende die ursprüngliche, gelb gefärbte Kalkmilch bis auf ein Minimum ein, wodurch fast sämmtlicher Kalk als kohlen- saurer abgeschieden wurde, filtrirte ab und wusch den Kalk- niederschlag vollständig mit Wasser aus, übersättigte das Filtrat durch Essigsäure, filtrirte wieder und liess es wäh- rend der Ferien 14 Tage stehen. Bei meiner Rückkehr fand ich, dass sich in der Flüssigkeit kleine, blassbräunliche tafel- förmige Krystalle gebildet hatten, deren geringe Menge sich wenig vergrösserte, obgleich ihnen noch eine Woche 429 dazu Zeit gelassen wurde. Sie wurden also auf einem Fil- ter gesammelt, ausgewaschen. und getrocknet, und waren dann im hohen Grade mit dem angenehmen Vanillegeruch behaftet. Die Mutterlauge fällte ich durch basisch essigsaures Bleioxyd aus, zersetzte den ausgeschiedenen gelben Nieder- schlag durch Schwefelwasserstoff; dann dampfte ich die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit zur Trockne ab, zerrieb den braunen Rückstand mit Sand und Wasser, kochte aus und dampfte das Filtrat wieder ein. Dies wiederholte ich mehrere Male, bis ich endlich einen rein gelben, in Wasser, Alkohol und Aetherleichtlöslichen, schwach sauerreagirenden Rückstand behielt. Derselbe ist ein Gemenge von Guajacyl- säure und Farbstoff, aus dem sich nach meiner Erfahrung durch Kochen mit in Wasser fein vertheiltem Blei- oder Zinkoxyde die erstere wegnehmen lässt, doch wird die Aus- beute durch diese vielen Manipulationen für beide Körper auf ein Minimum herabgedrückt. Die erwähnten Krystallchen konnten nun entweder die Guajacylsäure, oder das Chromogen, oder endlich ein ande- rer, indifferenter Körper sein. Sie lösten sich sehr schwer, mit Zurücklassung der bräunlichen harzigen Verunreinigung in vielem Wasser, leichter in Alkohol und Aether und kry- stallisirten am deutlichsten aus der alkoholischen Auflösung dureh freiwillige Verdunstung. Sie stellen dann, durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt, sehr kleine blassgelbe quadratische Octa@der dar, an denen die Endecken mehr oder weniger abgestumpft sind, so dass sie unter dem Mikroskope zuweilen wie qua- dratische Tafeln erscheinen. Leider waren sie zu klein, um das Messen der Winkel mittelst des Reflexionsgonio- meters zu gestatten, und ich muss mich darauf beschränken, die Formen, wie ich sie unter dem Mikroskope gesehen habe, hier so gut es gehen will, wiederzugeben. 430 Mit meinem geringen Vorrath an reiner Substanz zog ich es vor, statt Elementaranalysen lieber eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche Aufklärung darüber geben könnten, zu welcher Gruppe von organischen Körpern die- selbe zu zählen sei. Es sind folgende: Die hblassgelblichen Krystalle von eben beschriebener Form sind geruchlos, von rein bitterem Geschmack, hart, und zwar so, dass sie zwischen den Zähnen knirschen. Auf Platinblech schmelzen sie über der Flamme zu “einer durchsichtigen, blassgrünlichgelblichen Masse, indem Wasser fortgeht, zersetzen sich dann unter Entwickelung stechender Dämpfe, und verbrennen endlich ohne Rückstand mit wenig Leuchten. In einer, an einem Ende verschlosse- nen Glasröhre erhitzt, bildet sich bei höherer Temperatur ein braunes öliges Destillationsprodukt, während gar nichts von dem Körper unzersetzt sublimirt. In Alkohol, Aether, Essigäther, Schwefelkohlenstoff löst er sich ziemlich leicht, sehr schwer hingegen in Wasser, Benzin, Chloroform und Terpenthinöl. Diese Lösungen rea- giren vollkommen neutral, und die gesättigte wässerige bringt, in einem 24 Centimeter langen Rohre eingeschlossen, nicht die geringste-Drehung der Polarisationsebene hervor. Erhitzt man eine Mischung der Substanz mit Natron- kalk, so entwickelt sich Ammoniak, so dass die Anwesen- heit von Stickstoff unzweifelhaft ist; erwärmt man aber in einem Reagirglase ein wenig von dem Körper mit Kalilauge auf dem Wasserbade längere Zeit, so wird ein hineinge- 431 klemmtes Streifehen rothen Lacmuspapiers nicht gebläut, woraus man schliessen muss, dass der Stickstoff nicht in der Verbindung als Ammoniak enthalten ist. — Von wässe- rigem Kali, Natron, Ammoniak, Baryt, Kalk, Strontian wird sie mit tiefgelber Farbe gelöst, welche bei Zusatz einer Säure, selbst Essigsäure, sogleich verschwindet. Diese Ver- bindungen sind, wie es scheint, sehr lose, denn auch die Einwirkung der Kohlensäure der Luft, sowie Verdunstung des Ammoniaks, lässt den Körper wieder in seine Form als kleine Octaäder sich ausscheiden. Schwache Säuren, wie Essigsäure, verdünnte Mineral- säuren, selbst concentrirte Chlorwasserstoffsäure verändern ihn nicht, und selbst bei längerem Kochen wird nur die Auflösung eines Minimums, aber keine Spaltung erzielt. Mit concentrirter Schwefelsäure giebt er eine sehr cha- rakteristische Reaction; sie löst ihn nämlich leicht zu einer prachtvoll azurblauen Flüssigkeit auf, welche in dem Masse als Feuchtigkeit aus der Luft absorbirt wird, nach und nach durch die zwischenliegenden grünen Nuancen in Gelb über- geht. Erwärmt man gelinde, so restituirt sich die blaue Farbe wieder, und dies lässt sich wohl dreimal wiederholen, bis endlich doch theilweise Verkohlung eintritt. Setzt man gleich viel Wasser hinzu, so kommt eine prächtig violette Färbung vor, die aber rasch vorübergeht, indem Farblosig- keit eintritt. Rauchende Salpetersäure löst den Körper ebenfalls, aber mit schön orangegelber Farbe auf; wird noch con- centrirte Schwefelsäure hinzugethan, so tritt Roth ein. Mit Wasser lassen sich diese Auflösungen klar mischen. Chlor, Brom und Jod bringen ähnliche orange Reactio- nen hervor, wie Salpetersäure. Wässerige Auflösungen dieser Substanz werden gar nicht getrübt durch: Quecksilberchlorid, Eisenchlorid, Ferro- ceyankalium, essigsaures und schwefelsaures Kupferoxyd, aber fügt man zu letzterem Reagens noch Ammoniak, so entsteht die bekannte azurblaue Farbe, welche alle Kupfersalze zei- gen, doch bald wird sie schon bei gewöhnlicher Temperatur durch einen schmutziggrünen Niederschlag getrübt und bei dem Erhitzen fällt Kupferoxyd nieder. Hingegen bei essig XIX. 1862, 30 432 saurem Kupferoxyd wird die grüne Mischung nur tiefer grün durch Ammoniak und bleibt selbst nach dem Erhitzen klar. Neutrales essigsaures Bleioxyd bringt eine schwache weissliche Fällung hervor, basisches aber einen dicken gel- ben Niederschlag, und beide lösen sich sowohl in überschüs- siger verdünnter Essigsäure als auch in Kali leicht auf. Aus allen diesen Versuchen lässt sich mit ziemlicher Bestimmtheit folgern, dass ich es mit dem von Pelletier beiläufig angeführten gelben Farbstoffe zu thun gehabt habe. Das Verhalten des Körpers wie eine schwache Säure, seine vielen farbigen Reactionen, seine optische Inactivität, spre- chen dafür, dass er zu den stickstoffhaltigen Chromogenen zu stellen ist. Dass er ein im Harz bereits vorhandener und nicht erst durch die Behandlung mit Kalk gebildeter Stoff ist, geht daraus hervor, dass die ursprünglichen wässe- rigen Auszüge des Harzes das charackteristische Gelb- und Farbloswerden durch Basen und Säuren sehr deutlich zeigen. Seine Darstellung wird immer am einfachsten so gelingen, wie es mir der Zufall brachte, nämlich durch Behandlung des Harzpulvers mit Kalkmilch, Abdampfen, Wiederaufnehmen mit Wasser, Uebersättigen mit Essigsäure und langes Ruhen dieser Flüssigkeit. Die Anwesenheit des essigsauren Kalkes scheint das Krystallisiren zu befördern, Luft und höhere Temperatur aber den Körper zu einer harzartigen Substanz zu oxydiren. Leider fiel seine Auffindung in die letzten Wochen meiner Arbeitszeit, so dass ich die für Stickstoffbestimmun- gen und Elementaranalysen nothwendigen Mengen nicht mehr beschaffen konnte. Aus 3 Pfund Harz hatte ich un- gefähr 3 Decigramm erhalten. — Ich gehe nun weiter zur Betrachtung der Guajakharz- säure von Hlasiwetz. Guajakharzsäure. Bei ihrer Darstellung befolgte ich genau die von Hlasiwetz angegebenen Methoden, welche kurz folgende sind: Erste Methode: Man bringt eine ullso Holiene con- eentrirte klare Auflösung des Harzes mit einer solchen von Kali oder Natron zusammen, die ein Drittel vom Gewicht des Harzes an trocknem Kali enthält. Der nach einiger 433 Zeit entstandene undeutlich krystallinische Bodensatz wird abgepresst, mit Alkohol gewaschen, wieder abgepresst, mit kalihaltigem Wasser ausgewaschen bis er weiss ist, dann durch Erwärmen in solchem Wasser gelöst und umkrystal- lisirt. Dann wird er wieder gelöst und durch Zusatz von verdünnter Chlorwasserstoffsäure die noch etwas verunrei- nigte Guajakharzsäure abgeschieden, welche dann durch Krystallisiren aus concentrirter Essigsäure vollständig ge- reinigt wird. Bei der zweiten Methode wird das Harz gepulvert, mit Kalkmilch, die halb so viel Kalk enthält als Harz ange- wendet ist, 2 Stunden gekocht, das durch Filtriren von dem meisten Farbstoff getrennte Gemenge getrocknet und dann mit Alkohol ausgezogen. Die grüngefärbte Tinctur, welche man so erhält, wird dann weiter ganz nach der ersten Me- thode verarbeitet. Durch diese Reinigungsprocesse erleidet man grossen Verlust, so dass die Ausbeute an reiner Säure sehr gering wird. Ihre Eigenschaften, soweit sie von Hlasiwetz be- schrieben sind, fand ich ebenso durch meine Versuche. Als solche sind anzuführen, namentlich als Zeichen ihrer Reinheit: Dass sie an der Luft aufbewahrt, nicht grünlich wird, ferner, dass ihre Lösung in Alkohol durch Eisenchlorid nur grünlich, durch Chlorwasser gar nicht gefärbt wird, und dass endlich rauchende Salpetersäure in einer durch Wasser mil- chig gemachten alkoholischen Lösung gar keine Bläuung hervorruft. Concentrirte Schwefelsäure löst die Guajakharz- säure mit schön purpurrother Farbe auf. und bei dem Ver- dünnen mit Wasser scheidet sich ein weisses Substitutions- product ab. Ueber die Form der Krystalle, das optische Verhalten und die Löslichkeitsverhältnisse hat Hlasiwetz nur wenig angegeben, und ich suchte daher einige dahin gehörige Fragen zu beantworten. Die aus der Auflösung in Essigsäure, in concentrischen Gruppen angeschossenen Nadeln sind zu klein um Winkel- messungen zu erlauben. Unter dem Mikroskope nahm ich beistehende Form wahr, welche wahrscheinlich einer Com- bination des rhombischen Systems angehört A. 30 * 434 Die betreffende Combination bestände aus einer rhom- bischen Pyramide, an deren Endecken durch eine stumpfere : Pyramide eine Zuspitzung hervorgebracht wäre B (ähnlich wie bei Schwefel). Der polarisirte Lichtstrahl wird von der Guajakharz- säure nach Links gedreht. Die Beobachtung geschah mit einem Mitscherlich’schen Polarisationsapparate. Die Lö- sung in Alkohol enthielt 11°), Guajakharzsäure bei 15°, die Länge der Flüssigkeitssäule = 23 Centimeter, das spec. Gewicht der Lösung = 0,82, die beobachtete Ablenkung nach Links = 2,75° also ist 2,75 0,11.2,3. 0,82 das Molecularrotationsvermögen der Substanz. 1,85 Theile Alkohol von 90,2%, lösen bei 15° 1 Theil der Säure, für Aether gilt dasselbe Verhältniss; ferner neh- men Benzin, Essigäther, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Essigsäure dieselbe leicht auf, während sie in Wasser vollkommen unlöslich ist. Meine Elementaranalysen ergaben Folgendes: ® Die krystallisirte, bei 30° getrocknete Substanz verlor durch das Schmelzen, im Mittel von 3 Versuchen, 6,73%), Wasser, ferner: 1) 0,179 grm. gaben, bei 100° getrocknet, 0,473 grm. Kohlensäure und 0,141 grm. Wasser. wo — 13,235 435 2) 0,169 grm. gaben 0,444 grm. Kohlensäure und 0,12 grm. Wasser. 3) 0,19 grm. gaben 0,502 grm. Kohlenskure und 0,135 grm. Wasser. 1 II. III. berechnet C=72,06=12,01 71,60=11,93 72,13=12,02 40—=240—=72,72 H= 8,71= 8,71 7,897= 7,837 7,98= 7,98 26= 26= 7,87 0=19,21= 2,40 20,53= 2,56 19,89= 2,48 8= 64=19,39 330 Hiernach ergaben meine Analysen auch die empirische Formel: £20 1726 Q4 welche Hlasiwetz aufstellte.e Die krystallisirte Säure ver- lor bei dem Schmelzen 6,73°/, Krystallwasser, welches sich einem Atom nähert, denn dieses würde nach der Rechnung 5,170), ausmachen, krystallisirt also: £20 925 Q* 4 1 Atom Wasser. Da so viele Analysen der neutralen und sauren Al- kalisalze schon vorlagen, so habe ich nur eine Bleiverbin- dung dargestellt und analysirt. Guojakharzsaures Bleioxyd. In eine kochende, in einem Kolben befindliche alkoholische Lösung von basisch- essigsaurem Bleioxyd wurde eben solche der Harzsäure hineinfiltrirt, so dass Bleiessig im Ueberschusse blieb; dann wurde das Gemisch, woraus sich ein weisser Niederschlag abschied, von der Luft abgeschlossen, eine Stunde im Dampf- apparate erwärmt, und endlich durch Decantiren mit kochen- dem Alkohol und später Wasser, vom Bleiessig befreiet. Den Verschluss des Kolbens erreichte ich mit einem Kork, durch dessen Bohrung ein Stück einer Glasröhre ragte, welche durch ein ganz kurzes, seitlich etwas aufgeschlitztes und am Ende mit einem Glasstabe verstopftes Kautschuk- rohr verschlossen war. Auf diese Weise konnten wohl die Dämpfe hinaus-, aber keine che Luft hinein- dringen. Der möglichst rasch ern weisse Niederschlag, dessen Gewicht bei 100° constant blieb, erlitt auch nach längerem Trocknen bei 130° keine Abnahme. Da die Be- standtheile des Guajakharzes durch höhere Temperatur der 436 Oxydation natürlich noch zugänglicher werden, als sie es schon sind, erhitzte ich nicht weiter, zumal da die basischen Salze meist bei 130° ihr Wasser verlieren. 1) 0,17 grm., bei 130° getrocknet, gaben: Blei = 0,012 grm, } woraus sich 55,97 Procent Bleioxyd = 0,092? „ \ Blei berechnen. 2) 0,178 grm. gaben: Blei = 0,005 ! Ei ydl - 0,102 \ macht 55,62 Procent Blei. Das unzureichende Material gestattete nicht, noch die Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs auszuführen. so dass noch diese Versuche wünschenswerth sind; ebenso sehr ist die Erzeugung eines Aethers, die durch Behand- lung einer alkoholischen Auflösung der Harzsäure mit trock- nem salzsauren Gas nicht gelingt, vielleicht aber durch Er- hitzen dieses Bleisalzes in verschlossenen Glasröhren mit Jodäthyl sich erreichen lässt. Nach Hlasiwetz’s Arbeiten ist die Guajakharzsäure zweibasisch, und zu schreiben: ee doch wird es in Frage gestellt, ob sie nicht lieber 95,95 Procent Blei enthalten muss. Dass die Bleiverbindung bei 130° noch kein Wasser verliert, lässt annehmen, dass es eine neutrale ist. Durch Oxydation der Guajakharzsäure mittelst Salpetersäure erhält . man keine Oxalsäure, welcher Umstand die Annahme eines sauerstofffreien Radicals A (€ (€E2°H22) befürworten würde. Die Arbeiten von Herrn Prof. Heintz sowie des Herrn Dr. Krug unter des ersteren Leitung ha- ben gezeigt, dass oft die Bleiverbindungen für die Fest- stellung der Basiecität der nichtflüchtigen organischen Säuren entscheidend sind. 437 Braune Mutterlauge, von der Gewinnung der Gua- jakharzsauren Alkalien. Dieselbe ist noch stark alkalisch und mischt sich in jedem Verhältniss mit Wasser und Al- kohol klar. Ich liess dieselbe in einem Trockenraume bei ca. 30° etwas verdunsten, so dass sie die Consistenz einer recht dichten Melasse annahm, behandelte sie dann mit ab- solutem Alkohol und erhielt dadurch noch eine geringe Abscheidung von guajakharzsaurem Kali und eine klare braune Flüssigkeit. Von letzterer durfte ich annehmen, dass sie entweder ganz oder fast frei von Guajakharzsäure sei, da in absolutem Alkohol das Kalisalz derselben äusserst schwer löslich ist. In dieselbe leitete ich getrocknete Koh- - lensäure so lange ein, bis nichts mehr absorbirt wurde, wo- durch sich das Kali fast ganz als kohlensaures oder dop- pelt kohlensaures abschied. Die von demselben getrennte Flüssigkeit dunstete ich im Dampfbade unter Zusatz von Wasser und ein wenig Chlorwasserstoffsäure ab, bis der Al- kohol verjagt war und das Harz sich ausgeschieden hatte, welches dann durch Waschen mit warmem Wasser vom an- hängenden wenigen Chlorkalium befreit wurde und nach dem Erkalten eine spröde braune Masse darstellte. Diese war zum grössten Theil in Aether löslich, während ein hell- brauner Körper zurückblieb, und ich benutzte diese Eigen- schaft, um so die Harze zu trennen. Das in Aether un- lösliche werde ich weiter unten betrachten. Die ätherische Tinctur versetzte ich mit etwas Kali- lauge, welche sofort das gelöste Harz aufnahm, während der farblose Aether über derselben stand; diesen goss ich ab, verdünnte die Kaliharzlösung mit Wasser und fällte dieselbe mit essigsaurem Bleioxyd in 3 Portionen. Die grünlich- grauen Niederschläge wurden ausgewaschen. in Wasser ver- theilt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt. Das entstan- dene Gemenge von Harz mit Schwefelblei wurde getrock- net und mit Alkohol ausgezogen. ; Durch die verschiedenen Manipulationen mussten sicher etwa vorhandenes Gummi oder Guajacylsäure aus diesem Harze entfernt sein und die drei alkoholischen Lösungen enthielten eine in Aether lösliche Harzsäure mit Farbstoff verunreinigt. _Durch frischgeglühte Thierkohle liessen sie 438 sich nicht entfärben und wurden an der Luft vorüberge- hend blaugrün. Für die weitere Erörterung will ich sie mit A. bezeichnen. Bleiessig brachte in der Flüssigkeit, welche von den durch Bleizucker erhaltenen Niederschlägen abgelaufen war, eine kleine Menge eines gelben Niederschlages hervor, der sich als eine Verbindung des gelben Farbstoffes mit Blei- oxyd erwies. j Es gelingt nicht mit Hülfe von doppelt- oder einfach- _ kohlensauren Alkalien eine schärfere Scheidung der Bestand- theile dieses Harzgemenges zu bewirken, als dies mit Aether geschehen ist. Hat man eine Lösung des Gemenges in Am- moniak und leitet Kohlensäure hindurch, so findet bald eine- Ausscheidung von Harz statt, aber von Gemengen, indem die ersten Portionen aus viel von der in Aether löslichen mit wenig von der anderen, die letzten aus wenig der lös- lichen und viel der anderen Substanz bestehen. Wird Guajakharz gepulvert und mit Kalkmilch gekocht, so wird ein grosser Theil des Farbstoffes ausgezogen, die Guajakharzsäure kann dann noch unrein aus dem getrock- neten Gemenge durch Alkohol ausgezogen werden, und die beiden anderen harzigen Körper bleiben an Kalk gebunden zurück. Einen solchen, von Guajakharzsäure vollständig be- freiten kalkhaltigen Rückstand löste ich in Alkohol und Salzsäure auf, filtrirte in vieles Wasser und wusch das aus- geschiedene Harz aus. Dann wurde es derselben Behand- lung mit Aether, Bleizucker und Schwefelwasserstoff unter- worfen, die oben beschrieben ist, und die 3 Harzlösungen, die ich erhielt, seien mit B. benannt, B. hatte ganz dasselbe Ansehen und Verhalten wie A. und beiden suchte ich auf verschiedene Weise die reine Harzsäure zu entnehmen und zwar 1) durch partielle Fällung mit alkoholischer Lösung von essigsaurem Bleioxyd und Zersetzung des Nieder- schlags durch Schwefelwasserstoff. 2) Durch wiederholtes Behandeln mit Thierkohle. 3) Durch Lösen des abgeschiedenen Harzes in Kali, Ab- scheiden durch eingeleitete Kohlensäure und Auswa- schen mit Wasser. 439 4) Endlich durch Krystallisiren aus Lösungen in Aether, Alkohol und Essigsäure sowie mit Hülfe der Dialyse nach Graham. Trotzdem gelang es nicht vollständig, den Farbstoff fortzu- schaffen, auch krystallisirte die Substanz nicht, welche ich nun der Kürze wegen Guajakonsäure nennen will. Guojakonsäure. Sie stellt im feinvertheilten Zustande ein weissliches geruch- und geschmackloses Pulver dar, während sieim dichten aus hellbräunlichen spröden Stücken von muscheligem Bruch besteht. Sie schmilzt bei 95 —100° zu einer hellbräunlichen durchsichtigen Masse, welche bei dem Erkalten im Platinschiffehen ein lebhaftes knisterndes Geräusch, als Folge der ungleichen Zusammenziehung her- _ vorbringt. Ob der Schmelzpunkt nach einmaligem Schmel- zen höher gerückt ist, kann man deshalb nicht entscheiden, weil die Substanz auch nach dem Erkalten durchsichtig bleibt. Bei stärkerem Erhitzen in einem Glasrohr erzeugen sich die oft schon erwähnten öligen Destillationsproducte; hat die Luft Zutritt, so verbrennt die Substanz mit leuch- _ tender Flamme ohne Rückstand. Alkohol, Aether, Essigäther, Chloroform und Essig- säure lösen die Guajakonsäure sehr leicht, während sie in Wasser, Benzin und Schwefelkohlenstoff ganz, resp. fast ganz unlöslich ist. Die Lösungen in indifferenten Medien röthen blaues Lacmuspapier nicht. _ Die Guajakonsäure ist eine linksdrehende Substanz und ihr specifisches Drehungsvermögen beträgt 32,33. Die alkoholische Lösung enthielt 0,98 Procent, die Länge der Säule war = 24,7 Centimeter. Das specifische Gewicht der Lösung bei 15° = 0,83. Die beobachtete Ab- lenkung = 6,5° Links, also 6,5 2.72.10109802 47.083. 19 es Aus kohlensauren Alkalien wird von der schmelzen- den Säure die Kohlensäure ausgetrieben, die entstandenen Verbindungen sind unkrystallisirbar und in Wasser und Al- kohol leicht löslich, werden aber in diesen Lösungen durch Kohlensäure wieder zersetzt. 440 Von essigsaurem Calecium-, Baryum-, Strontium und Bleioxyd, sowie basisch essigsaurem Bleioxyd werden aus der alkoholischen Lösung der Säure helle Niederschläge ge- fällt, die in den Fällungsmitteln etwas löslich sind. Essig- saures Kupferoxyd wird nicht getrübt, salpetersaures Sil- beroxyd aber sogleich unter Bildung eines Metallspie- gels reducirt. Von Chlor, Brom, Jod, den Chloriden von Eisen, Gold und Platin, von übermangansaurem Kali, und von Man- gansuperoxyd wird die Lösung der Säure vorübergehend gebläuet. Rauchende Salpetersäure löst sie mit tief orangegelber Farbe auf und mischt sich dann klar mit Wasser; kocht man einige Zeit damit, so bildet sich Oxalsäure. In concentrirter Schwefelsäure löst sich die Guajakonsäure mit prachtvoll kirschrother Farbe auf, und bei dem Verdünnen mit Wasser scheidet sich dann ein flockiger violetter Niederschlag ab, welcher Schwefel enthält. Durch den verunreinigenden gel- ben Farbstoff enthält die Säure auch etwas weniges Stick- stoff, nämlich 0,8 Procent. Die Bestimmung desselben wurde nach der Methode von Will und Varrentrapp aus dem Bleisalze gemacht, weil sich die freie Säure mit dem Natron- kalk nur höchst unvollkommen mischen lässt. 1) 0,342 grm. Bleisalz, bei 130° getrocknet, gaben: 0,013 grm. Platin entsprechend 0,53 Procent Stickstoff, für die freie Säure berechnet = 0,79 Procent. 2) 0.487 grm. gaben = 0,019 grm. Platin = 0,55 Pro- cent Stickstoff, respective = 0,82 Procent in der Säure. Diese Verunreinigung mit dem Chromogene erschien mir doch nicht so bedeutend, um weitere Analysen unnütz zu machen, welche doch einigermassen einen Anhalt ge- ben können, bis es später gelungen sein wird, die Säuren vielleicht Krystallisirt und chemisch rein zu erhalten. Der Stickstoff gebot natürlich, dass ich mich bei den Verbren- nungen vor Eile hütete. Ich führte sie alle mittelst Gas, Sauerstoffstrom und dem modifieirten Apparate nach Mul- der aus ?). 1) Zeitschrift für analytische Chemie von Dr. Remig. Fresenius 1. Heft. 1862. 441 Letzterer, welcher statt des Liebig’schen Kugelappa- rates zum Auffangen der Kohlensäure Uförmig gebogene, mit Natronkalk und Chlorcalcium gefüllte Glasröhren trägt, bietet die Vortheile, dass einestheils der Druck ein sehr un- . bedeutender ist, wodurch etwaige kleine Undichtheiten nicht zu grossen Fehlern erwachsen, sowie andererseits, dass ein zu eiliger Gang der Analyse durch Färbung der Schwefel- säure, welche man zur Regulirung der Geschwindigkeit in einem Uförmigen Rohre einschaltet, sofort angezeigt wird. Die zu den nachstehenden Analysen verwendete Guajakon- säure wurde bei 100° getrocknet und war nach verschiede- nen Methoden gereinigt. 1) 0,179 grm. gaben 0,451 grm. Kohlensäure und 0,110 grm. Wasser. 2) 0,232 grm. gaben 0,464 grm. Kohlensäure und 0,140 grm. Wasser. 3) 0,358 grm. gaben 0,908 grm. Kohlensäure und 0,197 grm. Wasser. I. I. II. berechnet C=68,71=11,45 68,96=11,49 69,16=11,52 383=228=69,51 H= 6,81= 6,831 6,70= 6,70 6,08= 6,08 20= 20= 6,09 0=24,48—= 3,06 24,34= 3,04 24,76= 3,09 10= 80=24,39 328 woraus sich die empirische Formel: &19 H20 [aY) ergiebt. Die Bleisalze waren für die Analyse am besten geeig- net; ich stellte solche mit neutralem wie basisch-essigsau” rem Bleioxyde dar. Guajakonsaures Bleioxyd. Eine alkoholische Lösung der Säure wurde bei gewöhnlicher Temperatur mit einer solchen von essigsaurem Bleioxyde vermischt, so dass erstere in die letztere gegossen wurde. Die über dem graulich- weissen Niederschlage stehende Flüssigkeit enthielt über- schüssigen Bleizucker und reagirte sauer. Das Salz wurde dann mit Alkohol und endlich mit Wasser vollkommen aus- gewaschen und rasch getrocknet. Es hatte dann eine grau- grünliche Farbe, nahm, nachdem es bei 100° ein constan- 442 tes Gewicht gezeigt hatte, auch nach längerem Erhitzen bei 130° nicht ab und hatte folgende Zusammensetzung: 1) 0,345 grm. bei 130° getrocknet gaben nach sehr vor- sichtigem Glühen in einem bedeckten Tiegel Bleioxyd = 0,123 En woraus sich 37,39%, Blei Blei = 0,015 ,„ ) berechnen. 2) 0,397 grm. gaben: Bleioxyd = 0,136 ee — 36,94 Procent Blei. Blei — N wovon das Mittel = 37,16 Procent ist. Ferner: 1) 0,367 grm. gaben 0,567 grm. Kohlensäure und 0,120 grm. Wasser. 2) 0,328 grm. gaben 0,507 grm. Kohlensäure und 0,103 grm. Wasser. ıE an berechnet c=4, 23=17,03 42,19 = 17,03 38 —= 228 = 41,37 H= 3,63 = 3,63 3,48—= 3,48 20= 20= 3,63 O0= 16,98 = 2,12 17,17 = 2,14 12 = 96= 11,42 Pb = 37,16 = 0,35 37,16 = 0,35 2= 207 = 37,56 odl Wie ich schon weiter oben angeführt habe, sind die Blei-, Kalk- und Barytverbindungen etwas in dem über- schüssigen Fällungsmittel löslich, und man kann sie dann durch Vermischen dieser Flüssigkeiten mit viel Wasser als fast weisse flockige Massen wieder abscheiden. Ein so er- haltenes, mit Wasser vollkommen ausgewaschenes Product erkannte ich als ein Gemenge von dem neutralen Bleisalz mit Guajakonsäure, welches 18 Procent Blei enthielt. Durch schnelles Auswaschen mit Alkohol kann man ihm die beige- mengte Säure entziehen, geschieht dies aber langsam, so wirkt die Kohlensäure der Luft und das Salz zersetzt sich. Auch dieses Bleisalz verliert bei 130° nicht mehr Feuchtig- keit als bei 100°. Aus mehreren Bleibestimmungen erhielt ich 36,93 Procent Blei als mittleres Resultat. Die Wägun- gen ergaben für Kohlensäure und Wasser: 1) 0,164 grm. = 0,250 grm., Kohlensäure und 0,056 grm. = Wasser. 443 2) 0,170 grm. = 0,257 grm. Kohlensäure und 0,072 grm. Wasser, woraus sich weiter berechnet: I Il. berechnet 41,75 = 6,95 41,17 = 6,86 38 = 228 — 41,37 3,79 = 3,79 470 = 4,70 20 = 20 = 3,63 17,53 = 2,19 1720 = 2,15 12? = 9 = 17,42 Pb = 36,93 = 0,35 36,93 = 035 2= 207 = 37,56 | 651 Eine Bleiverbindung, welche genau auf dieselbe Weise erhalten worden war, wieich bei der Guajakharzsäure dies beschrieben habe, nämlich durch Behandlung mit basisch essigsaurem Bleioxyde, enthielt, bei 100° getrocknet, bedeu- tend mehr Blei, als das mit „Guajakonsaures Bleioxyd“ be- zeichnete Salz. 1) 0,182 grm. gaben: Bleioxyd = 0,085 grm.?! dies berechnet sich zu Blei —= 0,004 „ 1 47,58 Procent Blei. 2) 0,122 grm. gaben: i BT = a Ba macht 46,94 Procent Blei. Sie verlor gleichfalls, bei 130° getrocknet, nichts mehr an ihrem Gewicht. Fasse ich nun die Resultate dieser Analysen zusammen, so lässt sich vorläufig die Guajakonsäure mit der meisten Wahrscheinlichkeit als eine 2basische Säure betrachten, in welcher man das 2atomige Radical (CUHRGS oEQa | annehmen müsste, also: [2 EWH2Q! en 2 | ©? Guajakonsäure. Die bei 100° geschmolzene Säure, oder das Anhydrid: (€?H2093Q und die neutralen Salze R (E 19 2420 [0) 4) ee Aus dem Bleigehalt des zuletzt beschriebenen Salzes könnte man zwar auch die Formel ableiten: 444 (61°E1993) N 9: Pb? ) und danach die Säure für 3basisch halten, indess die bei der Analyse der freien Säure erhaltenen Zahlen würden hierzu nicht stimmen. Es bleibt also einem Anderen, dem die völlige Rein- darstellung der Guajakonsäure gelingt, noch vorbehalten, diese Zweifel zu lösen. Diese Substanz macht ca. 70,35 Pro- cent des Guajakharzes aus, und mit Mangel an Material würde also nicht zu kämpfen sein, wohl aber noch sehr mit der Beseitigung des Farbstoffes. ßHarz. Der vierte, wichtige Bestandtheil des Gua- ‚ jakharzes ist ein in Aether äusserst schwerlöslicher Körper, dessen Darstellung und Eigenschaften ich nun beschreiben will. Ich will ihn zur kürzeren Fassung „PHarz“ nennen. Nachdem ich aus den Harzgemengen, welche in der braunen Mutterlauge gelöst waren und dann durch Säuren abgeschieden wurden, durch Digestion mit Aether den gröss- ten Theil der Guajakonsäure entfernt hatte, unterwarf ich die Rückstände einer weiteren Behandlung mit Aether bis zur Erschöpfung, im Mohr’schen Extractionsapparate, wobei ich zur Erreichung der nöthigen Porosität die Substanz vor- her mit Sand mischte. Das auf diese Weise erhaltene Pro- duct wurde in Alkohol gelöst, mit frischgeglühter Thierkohle in der Wärme digerirt und dann die durch Verjagung des Alkohols möglichst concentrirte Lösung in Aether gegossen. Dadurch schied sich das Harz als ein hellbrauner flockiger Niederschlag ab, den ich durch mehrmalige Wiederholung dieses Processes zu reinigen suchte. Darauf wurde wieder in Alkohol gelöst und durch Ver- mischen mit Wasser ausgefällt, mit Wasser ausgewaschen, auf einem Filter gesammelt und getrocknet. Es ist dann ein rothbraunes geruch- und geschmack- loses Pulver, welches, ohne unzersetzt flüchtig zu sein, auf Platinblech mit leuchtender Flamme ohne Rückstand ver- brannte. Bei 200° erst schmilzt es- zu einer schwarzbrau- nen Masse und wird durch trockne Destillation in ölige Pro- ducte und Kohle zerlegt, indem sich auch weisse Dämpfe 445) von Stechendem Geruch entwickeln. Die Substanz enthält ebenfalls eine geringe Menge Stickstoff und wird von Alko- hol leicht mit brauner Farbe gelöst, ohne dann eine Ver- änderung des blauen oder rothen Lacmuspapiers hervorzu- rufen. Ebenso wird sie von Essigäther und Essigsäure leicht aufgenommen, während sie in Wasser, Benzin, Aether, Schwefelkohlenstoff und Chloroform unlöslich, resp. äusserst schwerlöslich ist. 1) 0,193 grm., bei 100° getrocknet, gaben 0,479 grm. Kohlensäure und 0,101 grm. Wasser. 2) 0,218 grm. gaben 0,543 srm. Kohlensäure und 0,114 grm. Wasser und daraus berechnen sich in Procenten: I: Il. berechnet oder berechnet C=67,68=11,28 67,93=11,32 28=168=68,29 40940 = 67,41 H= 5,82= 5,82 5,81—= 5,81 14= 14= 5,69 20= 20= 5,62 0=26,50= 3,31 26,26 — 3,28 8—- 64=26,01 12= 96=26,96 246 356 Die erstere empirische Formel: 14 H1!4 4 kommt zwar den Resultaten der Analysen näher, aber die nahe Verwandschaft der Substanz mit den Harzsäuren von so hohem Kohlenstoffgehalt lässt die Formel: £20 920 96 wahrscheinlicher werden. Die Substanz wird von Kali, Natron, Ammoniak leicht zu grünlichbraunen Flüssigkeiten gelöst, aus denen sie durch Säuren wieder abgeschieden wird; durch essigsaures Blei-, Kupfer-, Baryum-, und Calciumoxyd wird ihre alkoholische Lösung nicht gefällt, und Silbersalze werden rasch von ihr reducirt. Eine Behandlung mit basisch-essigsaurem Blei- oxyde und Schwefelwasserstoff, wozu mir aber das genü- gende Material und die Zeit fehlte, dürfte wohl am ehesten zu ihrer Reinigung verhelfen. Von vielen oxydirenden Agentien wird das #Harz grün gefärbt und verliert seine Farbe erst nach längerer Zeit wieder, so namentlich von ein wenig rauchender Salpetersäure, von Chlor, Brom, Jod und Eisenchlorid. In viel rauchender Salpetersäure löst sich der Körper mit rother, in viel concentrirter Schwefelsäure mit violetter 446 Farbe auf; erstere Lösung bleibt mit Wasser vermischt klar, aus der andern scheidet sich ein schmutzig braun- violetter flockiger Niederschlag ab. Nach diesen hier angegebenen Erfahrungen lässt sich noch gar nichts über die Natur dieses PHarzes sagen, und können dieselben nur den weiter anzustellenden Versuchen zur Grundlage dienen. Es folge nun eine kurze Zusammenstellung des von dem Guajakharze bekannten. f Das Harz enthält in 100 Theilen: Guajakharzsäure 10,50 Guajakonsäure 70,35 Harz 9,76 Gummi 3,70 Holztheile - 2,57 In Wasser unlösliche fixe Bestandtheile 0,79 Guajacylsäure, Chromogen und Verlust 2,33 100,00 Weder das rohe Harz noch irgend ein isolirter Be- standtheil desselben lässt sich durch Behandlung mit Säuren oder Basen in zwei Körper spalten, deren einer Zucker ist, so dass ich der Behauptung von Kosmann !), dass das gereinigte Harz (Gujacine, Pelletier's) ein Glucosid sei und sich durch vierstündiges Kochen mit verdünnter Schwe- felsäure spalten lasse, entschieden widersprechen muss. Die Producte der trocknen Destillation. Aus der Guajacylsäure bei Gegenwart von starken Basen: Das Guajacen (Pelletier u. Deville) C!°H°02 Aus dem Harze: Guajol (Voelkel) C°’ H?O? Guajacol (Voelkel) C159°0* Guajacylwasserstoff (Pelletier u. Deville) C!?H 20% Guajakbrandsäure (Unverdorben) c15H°03 Pyroguajaksäure (Sobrero) C15H 90% Pyroguajacin (Ebermeyer) c}4H'0? Aus der Guajakharzsäure: Pyroguajacin (Hlasiwetz) a [97 1) Journal de Pharmacie et de Chimie 38, 22, 447 Von diesen Formeln sind die von Voelkel und Hla- siwetz mit Recht adoptirt worden, da diese Chemiker durch die in der neueren Zeit gemachten Fortschritte der Wissen- schaft und Technik, sowohl die Darstellung, als Analyse mit grösserer Genauigkeit ausführen konnten als ihre Vorgänger. In Beziehung zu der Guajakharzsäure: £20 725 Q4 und zur Guajakonsäure £19 92? 96 würde sich das Pyroguajacin vielleicht später bringen lassen £19 922 93 doch über das Wie wage ich nichts zu schreiben. Das Pyroguajacin zeigt mit Schwefelsäure eine ähn- liche Reaction wie mein Chromogen, und es mögen wohl diese beiden Körper auch sehr nahe verwandt sein!) und auch der blauen Oxydationserscheinung des Guajakharzes in etwas zu Grunde liegen. Schliesslich kann ich nicht umhin, dem Herrn. Prof. Dr. Heintz, welcher mir bei der Ausführung meiner Ver- suche mit freundlichen Rathschlägen zur Seite gestanden hat, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Mittheilungen. Profil im Thale der Sormitz. Taf. IX. Kürzlich untersuchte ich ein durch Strassenbau neuaufge- schlossenes Profil im Thale der kleinen Sormitz und füge davon eine Skizze auf Tf. IX, fig.2 bei. Das Tiefste ist ein dioritartiger Grünstein von wollsackähnlichen Kontourformen, der nach längerer Einwirkung der Atmosphärilien sich in Glimmergestein (Delesse’s Diorite micaeee); umgestaltet und in diesem Zustande. leicht mit einem dunkelfarbigen Glimmerporphyr verwechselt werden kann. Darauf liegt, eine anfangs geringmächtige, dann aber fast zu ei- nem liegenden Stocke sich ermächtigende Bank schiefrigen Grün- 1) Annalen der Chemie und Pharmacie Bd. 119, p. 226 fi. XIX. 1862, al 448 steins von äusserster Zähigkeit mit reichliehem Kalkspath und hin und ‘wieder durchsetzenden Fettquarztrümmern. Derselbe wird bedeckt von einer mächtigen Bank eines dunkelgrauen Dio- ritporphyrs mit seltenen tombakbraunen Glimmerblättchen und noch seltenern abgerundeten Quarzkörnern, aber häufig einge- sprengtem Eisenkies. Das senkrecht zerklüftete Gestein hat auf den Kluftflächen Kalkrinden und geht weiterhin in eigentlichen Diorit über. Die Oberfläche der Bank ist äusserst uneben durch wellenförmige abgerundete .Wülste und concave Vertiefungen. Darauf folgt schieferiger Grünstein, abermals Dioritporphyr und nochmals schieferiger Grünstein, der oft mit darüber liegendem Dioritporphyr so verschmolzen ist, dass eine Grenze nicht mit Sicherheit bezeichnet werden kann. Im nördlichen Theile des Profils bilden die Gesteine eine Mulde, die von einem linsenför- migen Kalklager erfüllt wird. Der Kalk ist theils dicht und röthlichweiss, theils feinkörnig und weiss, innen aber von dünnen grünlichen Schieferhäutchen durchflochten. Ein Petrefakt daraus kenne ich bis jetzt nicht. Der krystallinische Charakter eines Theiles dieses Lagers bedingt wohl dessen convexe Oberfläche. Aufgelagert sind Schiefer, die unmittelbar auf dem Kalke und auf dem schieferigen Grünstein schwarz und von weissen Quarz- trümchen durchschwärmt sind, dann aber in die gewöhnlichen blauen Schiefer übergehen. Diese Schiefer, denen auch die Dach- schiefer Thüringens angehören, sind devonisch, was wohl durch das Vorkommen des Aporoxylon primigenium Ung. in verkiestem Zustande bewiesen wird. Das Streichen ist h. 101/, mit östli- chem Einfallen von 15 bis 20°. Eine Erklärung des Vorkommens versuche ich vorläufig nicht, sondern begnüge mich mit der Fest- stellung der Thatsache. Saalfeld im Mai 1862. R. Richter. Synthese der Paramilchsäure. Im Januarhefte dieser Zeitschrift (pag. 76) veröffentlichte ich eine vorläufige Mittheilung über eine neue Synthese der Milch- säure. Durch die Einwirkung von „Glycolmonocklorhydrin“ auf Cyankalium, oder auch von Baryumglycolsulfat auf letzteres hatte ich eine gelbliche,- syrupdicke Flüssigkeit erhalten, welche beim Kochen mit Alkalilösung Ammoniak entwickelte, il sich das Alkalisalz einer Säure bildete, die alle Eigenschaften der Milchsäure besass und deren Zinksalz auch die Formen des Zink- lactates zeigte. Es fehlte mir damals an Substanz, um Analysen anzustellen, da die Ausbeute eine höchst geringe war. Seither war ich bemüht, etwas grössere Mengen dieser Säure zu bereiten, namentlich auch, indem ich einen anderen als 449 den bisherigen Weg zur Darstellung des Zinksalzes einschlug, wel- cher mich auf früher ganz natürlicher Weise übersehene Thatsa- chen führte. Ich zersetzte nämlich nicht mehr das durch Kochen des Glycolmonocyanhydrins mit Natriumhydrat entstandene, durch Lösen in absolutem Alkohol von Natriumearbonat getrennte Na- triumlactat mit Zinksulfat, sondern fügte etwas überschüssige Salzsäure zum Natriumsalz und zog die Milchsäure durch Schüt- teln mit Aether aus. Nachdem letzterer abdestillirt war, erwies sich die rückständige syrupdicke Säure noch etwas Salzsäurehaltig. Sie wurde daher in Wasser gelöst und durch Erwärmen mit etwas Silbercarbonat alles Chlor abgeschieden. Die filtrirte Lösung wurde durch Schwefelwasserstoff vom Silber befreit und von Neuem eingedampft. Hierauf wurde die verdünnte Lösung der Säure mit Zinkcarbonat so lange gekocht, bis sie eben nur noch schwach sauer reagirte, dann filtrirt und im Wasserbade einge- dunstet. Es wurde wieder ein Zinksalz erhalten, das sich jedoch sofort als Gemenge zweier Salze erwies. Von dem in seinen Eigenschaften dem gewöhnlichen Zinklactat entsprechenden war wie früher nur sehr wenig vorhanden, während die grösste Menge sich in Wasser schnell löste. Diese letztere Lösung gab beim Verdunsten im luftleeren Raume nicht krystallinische Krusten, sondern ausserordentlich zarte, die Flüssigkeit breiartig erstarren machende Krystalle — die unter dem Mikroscope ganz die (aller- dings wenig von denen des gewöhnlichen Zinklactates unterscheid- baren) Formen des Zinkparalactates zeigten, namentlich häufig waren die charakteristischen keulenförmig gestalteten Krystallchen. Sie wurden zwischen Papier abgespresst, abermals umkrystallisirt und an gewöhnlicher Luft getrocknet. Ihre Eigenschaften waren folgende: Das Salz wird nicht nur von Wasser, sondern auch von Alkohol sehr leicht gelöst. Es verliert beim Erhitzen auf 110° sein Krystallwasser nur sehr langsam (ich gebrauchte im gewöhn- lichen Luftbade mehrere Tage dazu) und bräunt sich schon bei 130—135°, wobei es anfängt weich zu werden. Bei 150° schmilzt es unter Zersetzung und stösst ‚geringe Mengen von empyreuma- tischen Dämpfen aus. Der Krystallwassergehalt wurde zu 12,67 Proc. gefunden, Das Zinkparalactat €; H,Zn@, + H,O een 12,9 Proc. Bei vorsichtigem Verbrennen des open Salzes unter star- kem- Luftzutritt blieb reines Zinkoxyd zurück, dessen Zinkgehalt sich auf 26,96 Proc. Zink umrechnete. Die Formel €, H,Zn®, verlangt 26,75 Proc. Zink. Die ausführlichere Mittheilung des eingeschlagenen Ganges und der detaillirten Resultate meiner Untersuchung werde ich demnächst zur Veröffentlichung bringen, kann mir indessen nicht versagen, die aus ihr hervorgehenden theoretischen Hauptfolge- rungen in aller Kürze noch zu erwähnen. 3lE 450 Da aus dem Glycolmonocyanhydrin beim Kochen mit Al- kalihydraten sich Fleischmilchsäure in überwiegender Menge bil- det, so muss diese Säure als eine Ameisensäure Ci)\o angesehen werden, deren intraradicales W.asserstoffatom durch den " H als einaffines Radical wirkenden Atomcomplex a m © ver- & (« = | ;) [1 H: Das Radical €,H, ist in der Fleischmilchsäure das Ae- thylen. Es erklärt sich daraus die Natur des zweiten „typischen“ Wasserstoffatomes der Milchsäure auf das Allervollkommenste ; dabei ergiebt sich ganz ungezwungen der innere Unterschied der Paramilchsäure von der gewöhnlichen Milchsäure dahin, dass letz- tere nicht Aethylen €,H,, sondern Aethyliden €,H, enthält, Der Beweis scheint mir in ihrer Entstehung aus dem Aldehyd, welchen man aus ihr durch Electrolyse und trockne Destillation mindestens theilweise wieder gewinnen kann, auf der Hand zu liegen. Die weitere Ausführung aller hieraus in Bezug auf sämmt- liche Derivate der Milchsäure sich ergebenden Consequenzen verspare ich mir bis zu der angekündigten ausführlicheren Ver- öffentlichung. J. Wislicenus. treten ist: Literatur Allgemeines. Th. Gerding, Sieben Bücher der Na- turwissenschaft. Für Gebidete aller Stände und höhere. Lehr- anstalten. Mit 180 Holzschnitten und 6 Steindrucktafeln. Hannover bei C. Rümpler 1862. 80. — Eine übersichtliche Darstellung über die einzelnen Fächer der Naturwissenschaft, welche zunächst. als Leitfaden: für die Vorträge an der technischen und landwirthschaftlichen Lehr- anstalt in Göttingen und zu Repetitorien, dann aber auch als Führer beim Bestimmen der Individuen auf Exceursionen zu, dienen geeignet sein soll. Das Gebiet der Naturwissenschaften ist gegenwärtig ein so ungeheuer umfangreiches und wird im Einzelnen, so ungemein ge- pflegt, dass es die Kräfte eines Menschen weit übersteigt, allen Fort- 451 schritten zu folgen und überall sich wirklich zu Hause zu halten. Und doch nöthigt der Unterricht den Lehrer wenigstens die allge- meinsten Resultate der verschiedenen Disciplinen vorzutragen, diesen also auch zu folgen. Wir dürfen daher auch von vornherein an ein das ganze Gebiet umfassendes Lehrbuch nicht den Massstab der Be- urtheilung anlegen, mit welchem wir den Leitfaden für eine einzelne Disciplin bemessen, aber Sorgfalt der Bearbeitung, geeignete Auswahl des Stoffes, gewissenhafte Benutzung der besten Quellen und strenge. Verfolgung des gesteckten Zieles müssen wir beanspruchen und in dieser Hinsicht befriedigt uns das vorliegende Buch leider nicht. Das Bestimmen der Individuer auf Excursionen ist danach nicht möglich, weil es überhaupt auf eine eigentliche Charateristik der Gattungen und Arten nicht eingeht und. die beispielsweise erwähnten zum Be- stimmen doch zu kurz abfertigt, ja mitunter auch oberflächlich. Bos caffer und B. moschatus z. B. werden ganz gleich characterisirt, und nun gar die Insekten, Mollusken und Würmer! Die Botanik gibt sich nur als eine kurze Charakteristik der wichtigsten Pflanzen Deutsch- lands, kann aber natürlich auf 111 Seiten einem solchen Zwecke nicht genügend dienen und ist wie auch die Mineralogie also nach einem ganz andern Principe wie der zoologische Theil bearbeitet. Wenn ferner ein Gestein wie der Pyromerid Erwähnung findet, dann hätte man doch unter den Thieren und Pflanzen die wichtigsten Arten für den menschlichen Haushalt wenigtens erwarten sollen. Der paläon- tologische "Theil hält sich wieder abweichend in grösster Allgemein- heit und leider auch Oberflächlichkeit. Der Grundriss der Chemie und Physik zeigt, dass Verf. auf diesen Gebieten sich freier bewegt und seine Aufgabe mit mehr Glück gelöst hat. Das Wichtigste aus der Astronomie bildet den Schluss. — Wenn uns das Buch in der Ausführung seiner einzelnen Theile nicht befriedigt, so wollen wir damit dem Fleisse und Streben des Verf.’s keinen Vorwurf machen, aber warum hat er jene Abschnitte, deren er nicht hinlänglich Herr war, nicht von Fachmännern bearbeiten oder wenigstens revidiren lassen? Ein Buch für höhere Lehranstalten muss auch auf der Höhe der Wissenschaft stehen. H. Berlepsch, neuestes Reisehandbuch für die Schweiz. Mit 14 Karten, 5 Städteplänen, 7 Gebirgspanoramen und 16 Illustrationen. Hildburghausen 1862. — Soweit dieses Buch Führer für gewöhnliche Reisende ist, leistet es ziemlich dasselbe, was Bädeker’s albekannte und mit Recht hochgeschätzte Reisebücher bieten und unterscheidet sich von dessen Schweiz durch etwas andere An- ordnung der Reiserouten und reichere illustrirte Beilagen, vortheil- haft auch nöch durch die allgemeinen Abschnitte über die einzelnen Kantone und Gebiete. Wir machen unsere Leser insbesondere darauf aufmerksam wegen der darin eingeschalteten kurzen Aufzählungen der Pflanzen, die für manchen Reisenden ein besonderes Interesse haben möchten. Auch sind gelegentlich andere naturhistorische Notizen ein- gestreut, welche im Bädeker fehlen. b 452 Physik. Rüdorff, über das Gefrieren des Wassers aus Salzlösungen. — Dufour, welcher, wie in diesem Bande pag. 254 mitgetheilt wurde, sich ebenfalls mit Untersuchungen über das Gefrieren von wässrigen Salzlösungen beschäftigt hat und hier- bei nicht zu der von Rüdorff gefundenen Proportionalität zwischen den Gefrierpunkten der Lösungen und den Mengen des gelösten Sal- zes gekommen ist, weicht von Rüdorff hauptsächlich darin ab, dass er annimmt, aus Salzlösungen bilde sich salzhaltiges Eis, und der Salzgehalt dieses Eises rühre von festem Salze her, welches sich zugleich mit dem Eise ausscheide. Das Factum, dass der Salzgehalt des Eises stets geringer ist, als der der angewendeten Lösung, und um so geringer ausfällt, je langsamer die Eisbildung vor sich geht, erklärt er dadurch, dass die zurückbleibende Lösung fortwährend ei- nen Theil des ausgeschiedenen festen Salzes aus dem Eise wieder auflöse. — Rüdorff hat nun, um seine Behauptung, dass aus Salz- lösungen reines Eis gefriere und der Salzgehalt desselben nur von anhaftender oder eingeschlossener Lösung herrühre, zu beweisen, zwei recht schlagende Versuche angestellt. — Das prachtvoll di- chroitische Doppelsalz von Magnesiumplatincyanür, welches bei durch- fallendem Lichte die mannigfaltigsten carminrothen Nüancen, in zurückgeworfenem Lichte dagegen grüne metallische Farben zeigt, ist bekanntlich sehr löslich im Wasser und giebt in demselben stets eine ganz farblose Lösung. Als Rüdorff eine solche Lösung gefrieren liess, zeigte sich das entstehende Eis eben so wenig gefärbt, als die Lösung selbst. Erst nachdem der Lösung durch das gebildete Eis‘ eine so grosse Menge Wasser entzogen war, dass das zurückbleibende Wasser nicht mehr die ganze Salzmenge gelöst halten konnte, fing das Eis an, sich von ausgeschiedenen Salzkrystallen roth und grün zu färben. Ebenso entscheidend ist der zweite Versuch: Wasser lässt sich. bekanntlich bedeutend unter seinen Gefrierpunkt abkühlen, ohne dass eine Eisbildung eintritt; ebenso lässt sich eine Salzlösung mit Salz übersättigen, ohne dass sich Salz ausscheidet; durch ein Stück- chen Eis wird dann in ersterem eine plötzliche Eisbildung, durch einen Salzkrystall in letzterem eine Salzausscheidung hervorgerufen. R. vereinigte beides, indem er eine übersättigte Lösung von schwefel- saurem Natron mit Vorsicht noch unter ihren Gefrierpunkt erkältete. In dieser übersättigten und überkälteten Lösung brachte dann ein Eisstück nur eine Ausscheidung von Eis, nicht aber auch von Salz hervor, und ein Krystall von schwefelsaurem Natron schied nur Salz, aber kein Eis aus, was sich beides leicht daran erkennen lässt, dass das Salz sich zu Boden senkt, das Eis dagegen oben schwimmt, Brachte man gleichzeitig einen Eis- und einen Salzkrystall in die Lösung, so trennten sich Eis und Salz in derselben Weise. Schiede sich beim Hineinwerfen von Eis auch nur die geringste Spur von festem Salze aus, so würde diese die ganze Menge Salz, mit welcher die Lösung übersättigt ist, abscheiden. — Durch diese Versuche ist demnach Dufour’s Ansicht widerlegt und dargethan, dass beim Ge- 453 frieren einer wässrigen Salzlösung sich nur reines Eis, nicht aber auch Salz in fester Form abscheidet. In Bezug auf die Erniedrigung des Gefrierpunktes untersuchte R. noch eine grosse Zahl von Salzen und fand es überall bestätigt, dass eine Proportionalität zwischen der Erniedrigung des Gefrier- punktes und dem Salzgehalte besteht, wenn man annimmt, dass in gewissen Lösungen die Salze als wasserfreie, in anderen als wasser- haltige gelöst sind. Hiernach bestimmte er bei einer Reihe von Salzen die Anzahl der Aequivalente Wasser, mit welchen verbunden sich dieselben in den Lösungen befinden. — Versuche mit Kupfer- Chlorid ergeben, dass die Lösungen, welche weniger als 20%, CuCl enthalten, ein Salz mit 12 Aequivalenten Krystallwasser, die salzrei- cheren dagegen ein Salz mit 4 Aequivalenten Wasser gelöst enthalten. Diese Veränderung in der Constitution der Lösung, welche sich aus den Gefrierpunkten zu erkennen giebt, zeigt sich auch durch eine Veränderung in der Farbe der Lösungen, indem die Lösungen, welche Salz mit 12 Aequivalenten Wasser enthalten, blau, dagegen diejenigen, deren Salz sich mit nur 4 Aequivalenten Wasser verbindet, grün er- scheinen. — Auffallend ist noch folgende Erscheinung. Aus den Ver- suchen über das Gefrieren der Lösungen von Schwefelsäure ergiebt sich, dass in den Lösungen eine Verbindung der Schwefelsäure mit 10 Aequivalenten Wasser gelöst ist. Die Untersuchungen über das electrische Leitungsvermögen von Flüssigkeiten zeigen, dass sowohl Wasser als wasserfreie Schwefelsäure äusserst schlechte Leiter der Electrieität sind, dass aber durch die Verbindung beider ein guter Leiter erzeugt wird. Nach Wiedemann’s Bestimmungen zeigt aber weder.das erste, noch das zweite Hydrat der Schwefelsäure ein Mi- nimum des Widerstandes, sondern dieses findet bei einer Säure statt, welche in 100 Grammen Wasser 45,8 Grm. Schwefelsäure enthält. Eine solche Säure entspricht aber fast genau der Verbindung der Schwefelsäure mit 10 Aequivalenten Wasser. — Ob die Ueberein- stimmung dieser beiden Thatsachen eine blos zufällige ist, oder ob wirklich ein Zusammenhang zwischen beiden stattfindet, lässt. sich noch nicht ‚entscheiden. — (Monatsber. d. Berlin. Acad. März 1862.) Dove, Beschreibung eines Photometers. — Die bisher angegebenen Photometer versagen in der Regel ihren Dienst, wenn die zu vergleichenden Lichtquellen verschieden farbig sind, oder wenn es sich um die Bestimmung der Helligkeit des in einem gege- benen Raume zerstreuten Lichtes handelt, ferner wenn die Lichtmenge gemessen werden soll, die ein sehr kleiner oder nur schwach durch- scheinender Körper hindurchlässt. So kann im letztern Falle das für helle Flammen zweckmässige Bunsen’sche Photometer nicht angewandt werden; so schliesst die von Babinet angewandte Neutralisation der Polarisationsfarben zweier senkrecht auf einander polarisirten Licht- massen gleicher Intensität die Anwendung verschiedenfarbiger Licht- quellen aus. Die von Pouillet angegebene Methode, bestehend im Um- setzen eines positiven Daguerreschen Bildes in ein negatives, wenn 454 über das von demselben zum Auge gelangende zerstreute Licht das gespiegelte überwiegt, setzt ein Zimmer mit schwarzen Wänden voraus, ist auch nicht sehr empfindlich, wenn die zu vergleichenden Gegen- stände kleine Flächen darbieten. Das Rumford’sche und das auf Nebeneinanderlegen heller Lichtlinien eines rotirenden glänzenden Kügelchens beruhende und von Wheatstone angegebene Verfahren setzen gleichfarbige Lichtquellen voraus. Ebenso giebt die durch ge- kreuzte Nicols, Glassätze oder polarisirende Spiegel eintretende Schwä- chung des Lichtes ein unsicheres Bestimmungsmoment bei schwachen Liehtquellen ab, so lange die messende Bestimmung auf der Beur- theilung des wirklichen Verschwindens und nicht auf.dem Uebergange einer Erscheinung in die entgegengesetzte beruht. Das Dove’sche Verfahren dagegen ist empfindlich, ist auf helle und schwach leuch- tende, gleich oder verschiedenfarbige, durchsichtige und undurchsich- tige Gegenstände beliebiger Grösse anwendbar, auch zur Bestimmung der Lichtstärke optischer Instrumente geeignet; benutzt wird dabei ein Mikroskop. — Es giebt gewisse mikroscopische Objecte, wie z.B. die Haut einer Eintagsfliege, die dunkel auf hellem Grunde erscheinen, wenn man sie von unten beleuchtet, hingegen hell auf dunklem Grunde, wenn man den Beleuchtungsspiegel verdeckt. Schöner zeigt sich diess an mikroscopischen Photographieen z. B. an Major Dickson’s Tablet Rosthesne Church, wenn man sie bei 50 maliger Vergrösserung in einem Schickschen Microscop betrachtet. Die Beleuchtung von unten giebt eine tief schwarze Schrift auf weissem Grunde, bei Verdrehen des Spiegels die Beleuchtung von oben weisse Schrift auf schwarzem Grunde. Demgemäss wird wahrscheinlich die Schrift verschwinden, wenn das von oben und unten einfallende Licht gleich intensiv ist oder in einem bestimmten Verhältnisse zu einander steht, da ja die Einfallswinkel für beiderlei Licht verschieden sein können. Wie em- pfindlich das Verfahren ist, geht daraus hervor, dass wenn im Object- träger ein polarisirender Nicol befestigt ist und das gewöhnliche Ocular mit dem des analysirenden Nicol vertauscht wird, beim Drehen der analysirenden Vorrichtung die Schrift verschwindet, bei der ge- ringsten weitern Drehung aber die vorher dunkle Schrift in die weisse übergeht, dass ferner, wenn bei der Stellung des Verschwindens der Sehrift ein wenn auch nur schwach trübendes Glas eingeschaltet wird, die weisse Schrift auf dunklem Grunde sogleich erscheint, wenn die Einschaltung in dem von unten einfallenden Lichte erfolgt, dagegen die dunkle Schrift auf hellem Grunde bei der entgegengesetzten Ein- schaltung. Da nun klar ist, dass wenn nach einander das von unten einfallende Licht zweimal so getrübt ist, dass es durch Verschwinden der Schrift dem von oben mit unveränderter Helligkeit das Gleich- gewicht hält, die Lichtmengen in diesen beiden Fällen gleich sein müssen, so wird sich, wenn die Methoden, die bei verschieden hellen Lichtquellen die zur Gleichheit nothwendige Schwächung des stär- kern erfordern, in sich die Bestimmung für den Grad der Schwächung enthalten, hieraus die quantitative Bestimmung ihrer unter gleichen 455 Bedingungen verschiedenen Intensität ergeben. — Das Mikroscop kann aus der senkrechten Lage, wo der Spiegel benutzt werden muss, in die horizontale gebracht werden. — Die Schwächungsme- thoden sind: 1. Verkleinerung der Oeffnung des Objectträgers; 2. Ent- fernung der Lichtquelle von derselben; 3. Vergrösserung der wir- kenden Fläche der Lichtquelle durch Neigung derselben gegen die Oeffnung, welche die senkrechte Projection jener Fläche darstellt, in welchem Falle die cylindrische Oeffnung durch Ansatz einer innen geschwärzten Röhre so eingerichtet werden kann, dass nur parallele Strahlen das photographische Bild treffen; 4. Drehung des mit einem analysirenden Nicol versehenen Oculars, nachdem in die Oeffnung des Objectträgers der analysirende Nicol eingesetzt ist. — Zur Ver- kleinerung dient der Schieber, ein mit neben einander befindlichen allmählig an Grösse abnehmenden kreisrunden Oeffnungen versehenes metallenes Lineal, oder eine excentrische Scheibe mit abnehmenden Oeffnungen. Die Entfernung der Lichtquelle wird an einer Skala gemessen, deren Nullpunkt das photographische Bild ist. — Das ganze Verfahren modificirt sich für verschiedene Lichtquellen. — Diop- trische Absorptionsfarben und zerstreutes Licht durch- scheinender Körper. Bei senkrecht stehendem Mikroscop wird das Object von unten durch den gegen einen Theil des Himmels ge- richteten Spiegel, von oben durch die allgemeine Tageshelle erleuchtet. Die Dicke der die Oeffnung des Öbjectträgers verdeckenden Gläser wird nun so lange verändert, bis die Compensation eintritt. Bei ei- ner Uebercompensation der von unten einfallenden Lichtmenge er- scheint die Schrift nicht weiss, sondern lebhaft subjectiv gefärbt. Hat man nach einander für verschieden farbige Gläser die Compen- eation erhalten, so dient dies dazu, eine Farbenscala gleicher Helligkeit zu bilden. Will man aber wissen, in welchem Verhältnisse mit zu- nehmender Dicke die Helligkeit abnimmt, so bringt man zuerst für die grössere Dicke die Compensation hervor und verkleinert dann mit Hilfe des Schiebers die Grösse der Oeffnung, bis für die geringere Dicke die Compensation erreicht ist. Die Helligkeit steht bei parallel einfallendem Lichte im umgekehrten Verhältnisse der Oeffnung. Auch kann man den polarisirenden -Nicol in die Oeffnung einsetzen und dann den analysirenden dfehen, denn diesen afficirt-.nur das von un- ten polarisirt eintretende, nicht das von Oben einfallende zerstreute und daher unpolarisirte Licht. So erhält man auch mit dem Schieber oder den Nicols das Verhältniss des durchgelassenen Lichtes bei ver- schieden farbigen Substanzen von gleicher Dicke. Dabei stellt sich heraus, wie wenig das Auge die Lichtstärke, die ein durchscheinender Körper im Vergleich zu einem durchsichtigen hindurchlässt zu be- urtheilen vermag; die Vorstellung der Deutlichkeit wird dem Ur- theil über die Helligkeit untergeordnet. Bei einigen dichroitischen Krystallen zeigte sich ein erheblicher Unterschied, als die Compen- sation nach verschiedener Richtung vorgenommen wurde. Bei Prüfung sehr verdunkelnder farbiger Gläser wird der Spiegel zur Seite ge- 456 bogen und das Instrument nach Einschaltung der Gläser nach der Sonne gerichtet; ebenso bei der Bestimmung der starken Verdunke- lung durch Combination verschiedenfarbiger Gläser. Das Mikroscop wird horizontal gestellt, wenn die Absorption sehr durchsichtiger Substanzen (farblose Flüssigkeiten) bestimmt werden soll, ebenso, wenn die Flüssigkeit sehr wenig Licht durchlässt (Indigolösung). Bei Zeugen, Papier etc. erhält man die zunehmende Dicke durch Zusammenfalten. — Messung des von undurchsichtigen Kör- pern zerstreuten Lichtes. Hält man bei gewöhnlicher Tagesbe- leuchtung einen Bogen weisses Papier horizontal unter den Objekt- träger des senkrechten Mikroscops, so kann man die obere Beleuchtung so reguliren, dass man die dunkle Schrift auf weissem Grunde sieht. Mit gesteigerter Neigung wird der weisse Grund gegen die dunkle Schrift immer heller. Nimmt man dagegen einen matt schwarzen Bogen oder eine gleichförmig. angerusste Fläche, so erscheint bei allen Neigungen die weisse Schrift auf dunkelm Grunde. Erscheint dagegen bei einer farbigen Fläche in horizontaler Lage die helle Schrift auf dunkelm Grunde, so verschwindet sie bei einer bestimmten Neigung und geht bei Zunahme derselben in dunkle Schriftauf hellem Grunde über. So kann man beurtheilen, welche von zwei Farben . heller ist, man neigt nämlich die eine Fläche bis die Schrift ver- schwindet und bringt dann die andre Farbe in dieselbe Lage. Sie ist heller oder dunkler, je nachdem die Schrift schwarz oder weiss erscheint. Alles Seitenlicht muss dabei abgeblendet werden, was geschehen kann in der Weise, dass die an die untere Oeffnung des Objectträgers unmittelbar angelegte, 1 Fuss lange innen gerusste Fläche die Verlängerung der Sehaxe bildet; dabei finden sich die lothrecht gestellten Farbenscheiben am andern Ende der Röhre und sind um eine lothrechte Axe drehbar. Das Undurchsichtigwerden ei- nes farblosen durchsichtigen Körpers (Wasser) durch totale Reflexion tritt deutlich hervor, wenn man schief auf die. nach unten gewandte Seite der freien Oberfläche desselben in einem Glase sieht. D. spricht später über die Natur des von einer rauhen Fläche reflectirten Lich- tes: die rauhe Oberfläche eines undurchsichtigen Körpers wird nicht dadurch das Licht zerstreuen, dass er nach allen Richtungen geneigte Spiegel darstellt, denn unter dieser Voraußsetzung würde die Farbe des Körpers nicht bemerkbar sein, sondern im Gegentheile würde sie dem Lichte Flächen darbieten, welche das Eindringen unter nahe lothrechter Incidenz erleichtert. Eben deswegen verdeckt eine ge- steigerte Politur allmählig die Farbe eines Körpers. Man kann also das zerstreute Licht so ansehen, als wenn jeder Punkt ein selbst- 0 leuchtender wäre; dann würde die Helligkeit der Grösse Sinz Propor- tional sein, wo o die Oeffnung des Objectträgers und x die Neigung der zerstreuenden Fläche gegen die Axe des Mikroscops wäre. So könnte man die Helligkeit bestimmen; die volle Gültigkeit oder die Beschränkung dieser Methode könnte nur empirisch ermittelt werden. 457 Die aus der Combination von zwei verschiedenfarbigen Flächen resul- tirende Helligkeit kann mittelst der Fechner’schen Scheiben gefunden werden. — Prüfung leuchtender Körper. Hier wird eine uns von der Natur nicht gegebene Lichteinheit sehr vermisst. Man richtet das Mikroscop nach einander auf die beiden Flammen und ändert die Entfernung so, dass die Schrift zum Verschwinden gebracht wird. So findet man auch die verschiedene Helligkeit des Mondes in seinen verschiedenen Phasen, wenn man das Bild mit einem Lichte von vorn erleuchtet. Aehnlich verfährt man bei dem Funkenstrom eines Con- ductor, dem Lichte in den Geissler’schen Röhren u. s. w. — Licht- stärke optischer Instrumente. Das Mikroscop wird so aufge- stellt, dass während die Oeffnung des Objectträgers die Ocularöffnung des Fernrohrs bedeckt, die Axe des Mikroscops die geradlinige Ver- längerung der Axe des nach dem Himmel gerichteten Fernrohrs ist; die Bestimmung erfolgt durch Annäherung eines constanten Lichtes an die Vorderseite des photographischen Bildes. Ebenso prüft man Microscope. Die Reflexion von Spiegeln erfolgt nach der bei Zer- streuung rauher Flächen besprochenen Methode. Die Lichtstärke der einzelnen Theile des Sonnenspectrums erhält man dadurch, dass man die einzelnen Strahlen direct auf das horizontale Microscop fallen lässt. — Bestimmung der Helligkeit in einem gegebenen Raum. Man stellt das Microscop senkrecht an verschiedenen Stellen der Stube, während die von dem nach dem Himmel gerichteten Be- leuchtungsspiegel nach der Höhe gesendete Lichtmenge dieselbe bleibt. — (Pogg. Ann. Bd. 114, 1861. No. 9.) Hhnm. Pfaff, über die Gesetze der Polarisation durch ein- faehe Brechung. — In den physikalischen Lehrbüchern findet sich der Satz, dass das Licht am vollständigsten polarisirt sei, wenn es unter einem Winkel von 35% 24° auf Glas auffalle, und dass in diesem Falle sowohl der reflectirte als auch der hindurchgegangene Theil des Lichtes ein Maximum der Polarisation zeigt; damit aber das Licht vollkommen polarisirt sei, müsste es durch eine grössere Reihe paral- leler Glasplatten hindurchgehen. Der Verf. verwirft die Angaben über das hindurchgehende Licht und stellt den Satz auf: die Polarisation eines einfach gebrochenen Lichtstrahls nimmt zu mit der Abnahme des Winkels, unter dem er auf die brechenden Platten auffällt und mit der Zunahme der Plattenzahl. Sein Apparat besteht aus einer innern geschwärzten Röhre, die zum Ocular einen Nicol hat, vor dem eine senkrecht zur Axe geschliffene Quarzplatte angebracht ist; das vordere dem Objectiv entsprechende Ende istnur mit 2 kleinen runden 5mm von einander abstehenden und horizontal gestellten Oeffnungen in der Richtung der Sehaxe versehen. Vor den Oeffnungen befindet sich 1 Stativ mit 2 Säulen, die um eine horizontale Axe drehbare, zur Aufnahme von rechteckigen, aus Birminghamer Glas geschnittenen Ta- feln bestimmten Rähmchen tragen. Die Axe des Instruments wird gegen eine weisse von der Sonne beschienene Wand gerichtet; die Platten werden so gestellt, dass ihre Ebenen mit den Sehaxen zu- 458 sarhmenfallen. Durch den an jeder Axe befindlichen Zeiger wird jetzt der Stand notirt und dann gedreht. So konnte die Polarisation be- stimmt werden, da das Instrument dieselbe genau angiebt; sie war nämlich gleich, wenn die beiden Oeffnungen gleich gefärbt erschie- nen. Damit das Auge für die eine Farbe nicht abgestumpft wurde, konnte die Quarzplatte gedreht werden. — So fand Pf., dass 1 Platte bei 60 ebenso stark polarisirt als 2 Platten bei 120, 3 bei 180, & bei 221/20, 5 bei 271/20, 6 bei 31!/,0, 7 bei 360, 8 bei 390%, 9 bei 420, 10 bei 45°, 12 bei 481/,° und 2 Platten bei 60 ebenso stark als 4 bei 15°, 6 bei 26°, 8 bei 341/°, 10 bei 401/,0, 12 bei 431/,0, 14 bei 451/10. Demgemäss steht die Zahl der Platten in keinem einfachen Verhält- nisse zur Stärke der Polarisation. Für die Abnahme der Polarisation mit dem Wachsen des Winkels findet auch kein einfaches Gesetz statt. Für 1 Platte liegt die Grenze der Polarisation bei 55°, bei 2 bei 63!/,0, bei 3 bei 70°, bei’6 bei 75°, bei 10 bei 80-830. — Ref. hat vergebens auf eine Widerlegung oder Bestätigung der von Pfaff erhaltenen Resultate gewartet. — (Pogg. Ann. Bd. 114. 1861. No. 9.) Ahnm. Meyerstein, das Electro-Galvanometer. — Die Em- pfindlichkeit einer Nadel wird durch die Grösse des Ablenkungswin- keis Q@ gemessen, den ein bestimmter Strom hervorbringt, nun ist aber gwQ = 5 wo D die galvanische Directionskraft, G die magnetische Direetionskraft bedeutet. Sollnun tg@ möglichst gross werden, muss D möglichst verkleinert werden. Es kann dies nun, daD=Tm, wo m den Nadelmagnetismus, T den Erdmagnetismus bezeichnet, auf dop- pelte Weise geschehen: 1. durch Verkleinerung des Nadelmagnetis- mus (Nobili’scher Multiplicator mit astatischem Nadelsystem); 2. durch Verkleinerung des Erdmagnetismus T, was sich durch einen dem Erd- magnetismus entgegen wirkenden Magnet erreichen lässt. Die zweite nur wenig berücksichtigte obwohl wesentliche Vortheile darbietende Methode ist zuerst von Weber angewendet; auf ihr beruht auch M.'s Instrument, dessen Namen dadurch gerechtfertigt erscheint, dass es sowohl zur Messung der Spannungselectrieität als auch zur Messung der schwächsten galvanischen Ströme ein durchaus feines Mittel bie- ten. — In einer mit 3 Fussschrauben versehenen Holzplatte sind zwei flache, zum Tragen eines kreisförmigen oder elliptischen Multiplicators bestimmte Streifen von Messing eingelassen. An den gegenüberlie- genden Wänden des Multiplicators, zwischen welchen der Draht ge- wickelt ist, sind zwei Metallzapfen isolirt von den Seitenwänden be- festigt; mit dem einen ist das eine Ende, mit dem andern das andere Ende des Multiplicatordrahtes metallisch verbunden. Mit diesen Zap- fen wird der Multiplicator in die beiden yartig ausgearbeiteten Vor- sprünge der beiden Streifen gelegt, die demnach als Fortsetzung des Multiplicatordrahtes zu betrachten sind. So ist es zu gleicher Zeit möglich gemacht, dass Multiplicatoren mit verschieden feinem Drahte eingelegt werden können, An dem einen Ende eines sehr leicht ge- 459 arbeiteten messingenen Bügels ist eine feine englische Nähnadel be- festigt, auf welche ein schwingender Magnet mit feiner Durchboh- rung gesteckt wird. Dieser Magnet ist nach Weber’s Vorgange ring- förmig, indem der unwirksame Theil (die Mitte) weggenommen ist. Solche Magnete sind im Verhätnisse zu der Masse sehr kräftig und können als 2 mit gleichnamigen Polen an einander gelegte Magnete betrachtet werden. Statt des Kreisförmigen Ringes wird bei ellipti- schem Multiplicator ein elliptischer genommen. So werden die wirk- samen Theile des Magneten den Wirkungen möglichst nahe gebracht. Das andere Ende des Bügels trägt eine kleine Hülse, durch welche ein Zapfen, welcher sich an der Spiegelfassung befindet, mittelst ei- ner Schraubenmutter an dem Bügel in jedem Azimuth festgestellt werden kann. An dem obern Theile der Spiegelfassung ist ein klei- nes Schiffehen festgeschraubt, welches zur Aufnahme einer Axe dient, die an einem zur Aufhängung bestimmten Coconfaden befestigt ist. Das andere Ende des Fadens ist an einer Schraube angebracht, durch welche die Höhe des Ringmagneten geregelt werden kann, die Schraube aber befindet sich an einem an der Fussplatte befestigten Träger, Bis jetzt hat man es mit einem Unifilarmagnetometer, das mit einem Multiplieator versehen ist, und an dem man mit Fernrohr und Skala beobachtet, zu thun. Um nun dieses Instrument für die Messung schwacher electrischer und galvanischer Ströme möglichst empfindlich zu machen, legt man nach Weber oben auf das Gestell einen Magne- ten so auf, dass dessen Pole dieselbe Lage haben wie die des schwin- genden Ringmagneten. So wird die locale erdmagnetische und somit auch die Direetionskraft des schwingenden Magneten verkleinert, da ja der aufgelegte Magnet den schwingenden Magneten um seine Auf- hängungsaxe, also der erdmagnetischen Kraft entgegenwirkend drehen will. Die Stärke des aufzulegenden Magneten hängt ab: 1. von der beabsichtigten Verkleinerung der Directionskraft; 2.-von der Entfer- nung desselben. von dem schwingenden Magneten; 3. von der Stärke des; localen Erdmagnetismus. Der Hülfsstab muss ziemlich kräftig sein. Auf dem Träger wird ein verticaler Maassstab befestigt; an ihm kann eine den Hülfsstab tragende Hülse verschoben werden. Bei Näherung des Hülfsstabes gegen die schwingende Nadel hin, wird die Sehwingungsdauer vergrössert. Weil der Hülfsstab kräftig ist, bringt eine kleine Verschiebung eine erhebliche Veränderung der Schwin- gungsdauer hervor. Deshalb wurde der Hülfsstab auf 300mm festge- stellt und auf demselben Maassstabe noch ein Schieber mit einem ganz, kleinen Magneten, dessen Pole die Lage der Pole des Hülfssta- bes haben, angebracht. So kann mit Leichtigkeit eine jede Schwin- gungsdauer hervorgebracht werden. Der zweite Hülfsstab kann übri- gens auch mit umgekehrten Polen eingelegt werden. Ferner kann der verticale Maassstab um eine mit der Aufhängung der Nadel zu- sammenfallende Axe gedreht werden vermittelst zweier Schrauben, die in entgegengesetzter Richtung auf einen mit der Axe verbunde- nen Arm wirken. So wird erreicht, dass die magnetischen Axen der 460 Hülfsstäbe mit der der schwingenden Nadel zusammenfallen und dem- nach keine Ablenkung erfolgt. Um aber die Einstellung der Nadel möglichst scharf zu erhalten, kann das Azimuth des kleinen Magnets unabhängig von der gemeinschaftlichen Drehung durch eine Schraube und eine Feder geändert werden. Damit die schwingende. Magnet- nadel bald zur Ruhe gebracht werden kann, muss ein Dämpfer ange- bracht werden. Anstatt die Magnetnadel unmittelbar mit demselben zu umgeben und den Draht auf ihn zu wickeln, ist es zweckmässiger ihn über den die Nadel eng anschliessenden Multiplicator zu schie- ben, da bei diesem Arrangement die Strahlwindungen dem schwin- genden Magneten am nächsten sind, und die durch die grössere Ent- fernung des Dämpfers bedingte geringere Dämpfung durch eine et- was grössere Kupfermasse wieder vergrössert werden kann. Nach 3 bis 4 Schwingungen ist die Nadel fast völlig zur Ruhe gebracht. So können physiologische Versuche rasch hinter einander angestellt werden. — Damit man über die Empfindlichkeit des’ Instruments ein Urtheil fällen kann, giebt M. an, dass eine nur schwach geladene Leydner Flasche für das Instrument bei empfindlicher Aenderung eine zu starke Wirkung gab, dass ferner gut messbare und zum Theil an- sehnliche Ablenkungen erfolgten, als in grosser Entfernung vom Gal- vanometer eine mit Seide geriebene Glasröhre oder eine mit Wolle geriebene Siegellackstange an dem einen ‚Ende des wohl isolirten Zuleitungsdrahtes vorbeigeführt wurde, während das andere Ende abgeleitet war. — Um die Multiplicatorwindungen in die Richtung des magnetischen Meridians zu bringen, entfernt man alle Magnete, den Multiplicator und den Dämpfer und legt in die Zapfenlager, welche zur Aufnahme des Multiplicator dienen, einen Träger, der mit einer Stahlspitze zur Aufnahme einer gewöhnlichen Magnetnadel versehen ist.. Senkrecht gegen die Zapfen ist eine Linie gezogen, auf die man die Magnetnadel- durch Drehung des grossen Holzgestelles zur Ein- stellung bringt. Nachdem dies geschehen, entfernt man die Vorrich- tung und setzt das Instrument wieder zusammen. — Der Multipli- cator und der Spiegel ist mit einem Holzgehäuse umgeben, das dem Spiegel gegenüber eine mit Glas verschlossene Oeffnung besitzt. — (Pogg. Ann. Bd. 114. 1861. No. 9.) Hhnm. Chemie. Remper, über eine neue eisenhaltige, sa- linische Mineralqgnelle. — Die Quelle wurde zu Osnabrück beim Bohren eines artesischen Brunnens entdeckt. Ihre Bestandtheile durch einen hervorragenden Chlornatrium- und Eisengehalt characterisirt, sowie ihre Wirkung setzt sie an die Seite des Kissinger Rakoczy und des Homburger Elisabethbrunnens. — (Archiv f. Pharm. II. Reihe. Bd. CVIIL, p. 163.) 0.&. H. Kolbe, Reduktion der Schwere zu Schwefel- wasserstoff durch Wasserstoff im status nascens. — Ebenso wie die schweflige Säure durch aus Zink mit Salpetersäure entwickeltem Wasserstoff zu Schwefelwasserstoff reducirt wird, ebenso entsteht auch bei der Entwicklung von Wasserstoff mit reiner Schwefelsäure Schwe- 461 felwasserstoff, welcher durch die Schwärzung des Bleipapiers nach- weisbar ist. Je heisser und je concentrirter die Schwefelsäure mit dem Zink in Berührung kommt, desto mehr Schwefelwasserstoff ent- wickelt sich. Bringt man mit dem doppelten Volum Wasser ver- dünnte Schwefelsäure zum Zink, so entstent kein Schwefelwasserstoff mehr. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CAIX, 174.) B. S$, F. A. Abel und F. Field, einige Resultate der Analyse käuflichen Kupfers. — Die Schlüsse, welche sich aus einer gros- sen Reihe von den Verfassern ausgeführter Analysen verschiedener Kupfersorten ziehen lassen, sind folgende: 1) Arsenik und Silber findet sich fast immerin käuflichem Kupfer. — 2) Auch Wismuth ist wenigstens dann fast immer vorhanden, wenn das Kupfer aus anderen Erzen als den Carbonaten gewonnen ist. — 3) Antimon findetsich nicht so häufig im Kupfer, als man gewöhnlich meint. Die Verff. glauben, dass auf die Gegenwart des Antimons aus der Bildung eines weissen Nieder- schlags durch Zusatz von Wasser zu der concentrirten Lösung des Kupfers geschlossen sein mag, welche Fällung durch das Wismuth veranlasst war. — 4) Blei und Zinn findet sich im Kupfer selten, Eisen fast stets, doch wird dies wie der Schwefel durch den Raffina- tionsprozess fast vollkommen daraus entfernt. — (Ouarterly journal of the chemical society Vol. 14, p. 290.) Hz. F. Field, über die allgemeine Verbreitung von Wis- muth in Kupfererzen. — F. hat eine Reihe von Kupfererzen auf einen Wismuthgehalt untersucht und dieses Metall in Erzen aus Chili, Peru, Mexiko, Cuba, aus den vereinigten Staaten, Canada, England, Irland, Frankreich, Spanien, der Türkei, Afrika, Australien, gefunden, Erze von Deutschland und andern Gegenden hat er nicht untersucht. Nicht vorhanden ist Wismuth nach F. in oxydischen, kohlensauren Erzen undin dem gediegenen Kupfer von Chili, in den Phosphaten (Li- bethenit und Tagilit), in den Silicaten (Chrysocolla und Dioptas), in den Arseniden (Domeykit und Algodonit) und in dem Guayacanit (8Cu2S-+AsS5). Auch in den Malachiten von Sibirien, Russland, Australien und in denen von der Westküste von Afrika, sowie in den Doppelsulfiden von Eisen und Kupfer von Coquimbo (Cu2S + Fe2S?) konnte Wismuth nicht aufgefunden werden. Namentlich in von Schwe- fel freien Kupfererzen kommt dieses Metall nicht vor. F. schliesst, dass das Schwefelwismuth ebenso häufig die in der Natur vorkommen- den Sulfide des Kupfers begleitet, wie das Schwefelsilber das Schwe- felblei. — Quarterly journ. of the chemie. society Vol. 14, p. 304.) Hz. Wolcott Gibbs, Untersuchungen über die Platinme- talle. — Das Material, welches Verf. zu seinen Untersuchungen in grossen Mengen in der Münze zu Philadelphia zu Gebote stand, er- laubte ihn die verschiedenen Methoden die Platinmetalle zu tren- nen einem Vergleich zu unterziehen. Ddas californische Erz unter- scheidet sich durch eine relativ grössere Menge von Rutheninm “von dem zumeist untersuchten sibirischen Erz. Die Fremy’sche Me- thode das Erz von der Osmiumsäure zu befreien, fand Verf. nur 462 bei Erzen, die viel Osmium enthalten, mit. Vortheil anwendbar. Die Methode von Persoz, Weiss und Döbereiner, das Osmium-Iridium in Sulfide zu verwandeln, liess sich bei dem californischen Erze gut an- wenden. Für kleinere Quantitäten ergab sich die Wöhlersche Me- thode. Behandlung mit feuchtem Chlorgas, als die geeignetste. Für grössere Quantitäten ist die Methode von: Claus die vortheilhafteste, Das Erz wird mit 1 Theil Kalihydrat und 2 Th. Salpeter geschmol- zen, die erkaltete Masse mit Wasser ausgelaugt. Verf. ändert diese Methode noch dahin ab, dass er die Schmelze mit verdünntem Alkohol in einem eisernen Gefässe kocht, bis sie sich zertheilt. Das osmium- saure Kali wird hiebei zu löslichem osmigsauren und die Ruthensäure zu unlöslichem Oxyd redueirt. Letzteres enthält noch Osmium. Es wird in einer geräumigen tubulirten Retorte mit Salzsäure übergossen und abdestillirt bis keine Omiumsäure mehr übergeht, dann der Re- tortenrückstand mehrmals mit Säure abgedampft und mit Chlorkalium die Chloride des Eisens und Palladiums ausgezogen. Zurück bleiben dann die Chloride des Platin, Iridium, Rhodium und Ruthenium als unlösliche Doppelsalze. Die Erze kommen in Californien immer mit Gold zusammen vor. Das Gold wird mit schmelzendem Silber aus- gezogen der Rückstand mit Salpetersäure ausgekocht, der Rest, der dann noch bleibt wechselt auf die Million. Dollar Gold von. !/a bis 8 Unzen, und hat zur Zeit noch keine Verwerthung. — (Journ. 7: prakt. Chemie Bd. 84, p. 65.) 0. K. H. Kolbe und R. Schmitt, directe Umwandlung der Kohlensäure in Ameisensäure. — Breitet man Kalium unter einer mit lauwarmem Wasser abgesperrten und mit Kohlensäure fort- während gefüllt gehaltenen Glasplatte in dünner Schicht aus, so ist nach einem Tage ein Gemisch von doppelt kohlensaurem Kali und ameisensaurem Kali vorhanden: 2K + 2604 + 2HO = KOHGO, + 9} 004 Uebersättigt man mit Schwefelsäure, giesst die Flüssigkeit von dem entstandenen schwefelsauren Kali ab, destillirt und neutralisirt dann mit kohlensaurem Bleioxyd, so erhält man beim Verdampfen reines ameisensaures Bleioxyd. Aus Natrium, das ebenso der Ein- wirkung der Kohlensäure ausgesetzt wird, bildet sich ameisensaures Natron. Bei der Electrolyse jedoch einer concentrirten wässrigen Lösung von kohlensaurem Kali wird am Wasserstoffpol keine Ameisen- säure erzeugt. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXIX, 251.) B. $. A. Wurtz, Reduktion des Butylglycols und des Pro- pylglycols zu Butylalkohol und Propylalkohol. — Erhitzt man Propylglycol mit überschüssiger concentrirter Jodwasserstoff- säure, neutralisirt mit Kali und destillirt, so erhält man eine äther- artige Flüssigkeit von der Zusammensetzung des Jodpropyls &3H7J, das nach folgenden Reaktionen entsteht: + = Mlo+ Mo+ N GHmle+HJ = GHJ+ Hi. 463 Die Glycole in Glycerine umzuwandeln, indem das gechlorte oder ge- bromte Glycol mit essigsaurem Silber oder Silberoxyd behandelt wird, gelingt nicht, da die nothwendigen gebromten Verbindungen nicht dargestellt werden konnten. Der Theorie nach wäre die Reaktion: 6; H- Br ®; + AgsH® = &;H; ®; + AgBr. gebromtes Propylglycol. Aus Butylglycol erhält man durch Behandeln mit Jodwasserstoffsäure ebenfalls Jodbutyl €&H,J. Aethylglycol wird durch Jodwasserstoff- säure nicht reduceirt, es entsteht nach Simpson bei dieser Einwirkung Jodäthylen: & H®& + 2HJ = 209 + €2H4J2. — (Ann. der Chem. u. Pharm. 1. Suppl. 1861, 380.) B. 8. Adolf Lieben, über die Einwirkung schwacher Af- finitäten auf Aldehyd. — Wenn man Jodäthyl und Aldehyd in zugeschmolzenen Röhren erhitzt, so bleibt ersteres unverändert, letz- teres geht in eine bei 123—1240 siedende Flüssigkeit über, welche die- selbe Zusammensetzung wie der Aldehyd, aber eine dreimal so grosse Dampfdichte besitzt, sie hat also die Formel &sHı2©; und ist Par- aldehyd. Durch Schwefelsäure wird sie zu gewöhnlichem Aldehyd. Cyangas wird von Aldehyd bebeutend absorbirt. Schmelzt man diese Flüssigkeit in Röhren ein, so erhält man beim Erwärmen dieselbe iso- mere Modifikation. Man könnte hierfür die rationelle Formel aufstellen: er wodurch es zwischen Acetal und Aethylidenbiacetal zu £ 50 * stellen wäre: Ca E) Ca H: | 63 H, &.H;) ®, GH ,®, &.H;®8)®.. &B;\ &B:0| 6H:0 Wird Aldehyd mit wässriger Lösung von ameisensaurem Kali im zu- geschmolzenen Rohre erhitzt, so bilden sich zwei Schichten: die un- tere ist ameisensaures Kali in wässriger Lösung, die obere ergab die Formel 64H;®. Bei der Destillation in Wasserstoffgas oder Kohlen- säure geht ein farbloser Theil über, der &H;s® ist, ein andrer ver- wandelt sich unter Abgabe von Wasser in eine kohlenstoffreichere Verbindung. Die neue Substanz bildet sich also durch Austreten von Wasser aus dem Aldehyd und kann als & 1 betrachtet werden. In einer Röhre eingeschlossen und erhitzt, verwandelt sie sich in eine feste, schwarzbraune Masse. Aldehyd allein auf 100° erhitzt, erleidet keine Veränderung, ebenso wenig wenn man mit Wasser erwärmt. Eine Lösung von essigsaurem Natron und von Seignettesalz hat die- selbe Wirkung wie ameisensaures Kali. Die Umwandlung wird wahr- scheinlich dadurch hervorgebracht, dass alle diese Salze noch schwach alkalisch reagiren. Was die rationelle Formel des Aldehyd anbetrifft, so kann weder ab: } & noch Fe N noch GH.0 alle Reaktionen &H; erklären; den meisten Ansprüchen genügt noch H ‘ ‚ freilich © x XIX. 1862, 32 464 müsste dann €,H; auch als einatomiges Radikal fungiren können wie in den Verbindungen: 6?H3Cl, als N ©. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. Suppl. 1861. 114.) B. 8. Aug. Kekule, Einwirkung von Chloral auf Natrium- alkoholat. — Sehr viele Metamorphosen z.B. der fetten Säuren und ihrer Abkömmlinge können durch folgendes Schema ausgedrückt werden: En Hanf R| - To [0] “mM >,9. Lässt man Chloral auf eine alkoholische Lösung HS von Alkoholnatrium wirken, so entstehen als Hauptprodukte Chloroform CC Hl und ameisensaurer Aethyläther nach dem Schema: co ame H Ausserdem entsteht noch etwas Chlornatrium, ameisensaures Natrön, Aethyläther und eine geringe Menge einer höher siedenden Flüssig- keit. Durch Wasser lässt sich aus dem Produkte eine bei 61-620 siedende Flüssigkeit ausfällen. Dieser Körper ist ein Gemenge von Chloroform und Ameisenäther, das ziemlich mit der Formel stimmt &Hı0Cl;,®. Setzt man Schwefelsäure hinzu, so scheidet sich das Chloroform aus und der Ameisenäther zersetzt sich in Kohlenoxyd und Aethylschwefelsäure. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXIX, 187.) Oser, über das Propylenoxyd. — Das zu den Versuchen nöthige Propylen wurde nach Berthelot durch Zersetzung des Jod- allyls mittelst Quecksilber und Chlorwasserstoffsäure dargestellt, wonach das dabei entstehende Gas sofort in Brom geleitet wird. Aus diesem Producte kann dann das Propylen leicht erhalten werden. Durch Einwirkung von Salzsäure auf Propylenglycol wurde nun chlorwasser- stoffsaurer Propylenglycoläther dargestellt. Um ihn aus der resultiren- den Flüssigkeit zu erhalten, neutralisirt man mit kohlensaurem Natron, destillirt und fängt das bei 1270 Uebergehende auf. Es zeigte die Formel €; H;C1l© urd die entsprechende Dampfdichte 3,377 und das spec. Gew. 1,1302. Es ist in Wasser, Alkohol und Aether löslich, unlöslich aber in Salzlösungen. Durch wässriges Aetzkali oder durch Erwärmen mit kohlensaurem Natron wird es unter Bildung von Pro- pylenoxyd zersetzt. Die Analysen des erhaltenen bei 35° siedenden Körpers stimmen zu &3Hs®. Es ist eine neutrale ätherartige Flüssig- keit, von 0,859 specifischem Gewichte. Mit Chlormagnesium in einer zugeschmolzenen Glasröhre erhitzt, scheidet sich Magnesiahydrat aus. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1. Suppl. 1861, 253.) B. $. L. Schischkoff, vorläufige Notiz über das vierfach nitrirte Formen. — Das Nitroform EX3Cl, das aus Trinitroaceto- nitril durch Aufnahme von 2 Atomen Wasser neben Kohlensäure und Ammoniak entsteht, ist eine starke Säure und das Wasserstoffatom lässt sich leicht durch Metalle ersetzen. Setzt man es bei Sonnenlicht dem Bromdampfe aus, so tritt Brom für Wasserstoff ein und es: ent- steht ein öliger Körper, der unter 120 zu einer krystallinischen weissen 465 Masse erstarrt und sich bei 1400 zersetzt: &BrX3. Ebenso lässt sich das Wasserstoffatom durch N®, ersetzen, indem man einen Strom Luft durch eine Mischung von rauchender Salpetersäure, starker Schwefelsäure und Nitroform leitet und auf 100° erhitzt. Es entsteht ein in Wasser unlöslicher, ölartiger Körper, der bei 126° kocht, unter 13° erstarrt, die Zusammensetzung €X, hat, und viel beständiger als Nitroform ist. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXIX, 247.) B. 8. A.Kekule, Untersuchungen über organische Säuren. — 1.'Die Aepfelsäure geht durch Verlust von Wasser beim Erhitzen in Fu- marsäure und Maleinsäure über. Für diese letztere lässt sich die Formel re } ©, nicht anwenden, da die Säuren zweibasisch sind, wes- halb man zur Erklärung ihrer Reaktionen besser a ©, wählt, wodurch sie sich der Gruppe der wasserstoffärmern Substanzen: Allylalkohol, Akrolein etc. anreihen; die Fumarsäure ist dann der &;H4®, Ha Bernsteinsäure 10: entprechend, mit der sie überhaupt in naher Beziehung steht. Wenn man die Fumarsäure bei Gegenwart von Wasser mit Brom zusammenbringt, so verschwindet beim Er- wärmen: die Farbe des Broms und man erhält beim Erkalten Kry- stalle von Bibrombernsteinsäure &;H,Br3®,; durch Zersetzung des Silbersalzes kann man darausinaktive Weinsäure erhalten. Wenn man Fumarsäure mit Wasserstoff in statu nascenti, aus Wasser und Natrium- amalgam entwickelt, zusammenbringt, so erhält man Bernsteinsäure, die man auch bekommt, wenn man statt des Wasserstoffs Jodwasser- stoffsäure anwendet. Ganz ähnlich verhält sich die isomere Malein- säure, indem sie mit Brom ebenfalls in Bibrombernsteinsäure übergeht, wobei noch zugleich Bromwasserstoff und eine noch zu üntersuchende Säure entsteht; mit Wasserstoff giebt sie Bernsteinsäure ebenso wie mit Jodwasserstoffsäure. In vielen Beziehungen entspricht die Fu- marsäure dem Aethylen: Fi Aepfelsäure. Fumarsäure. &H#—-H,® = &:H.. GH; — H,® = 6,H,®.. G>H; + Bra == G>HasBr>. &4ıHs + Bra —— 6, H,04Br.. GH: + BrH = &H,Br. &4H:®8, + HBr —= 64H; 8,Br. G.Hs + Ha = 62H. CH, © — Ha = GıHs ©. Was die Beziehungen zur Weinsäure anbetrifft, so verhält sie sich wie das Radical derselben. — 2. Itaconsäure und Benzwein säure. Die beiden Zersetzungsprodukte der Citronensäure Stakon- säure und Citraconsäure scheinen der Fumarsäure und Maleinsäure zu entsprechen, indem bei Destillation von Itaconsäure und Citracon- säure ein Anhydrid entsteht, das durch Wasseraufnahme in Citracon- säure übergeht; in der Zusammensetzung sind sie von den zuerst erwähnten Säuren nur durch ‚EHz unterschieden: &4Hı®,; Fumarsäure und Maleinsäure. 6; Hs®,; Itaconsäure und Citraconsäure. Die Itaconsäure verbindet sich mit Brom direkt unter Wärmeentwick- 32* 466 lung bei Gegenwart von Wasser und man erhält einen Körper £&;HsBr2®. Diese Säure ist in Wasser sehr löslich, ebenso auch in Alkohol und Aether. Trägt man in ihre Lösung Natriumamalgam ein, so entsteht eine Säure von der Zusammensetzung 6; H;&, die man auch direkt aus der Itaconsäure durch. Einwirkung von Wasser- stoff in statu nascenti erhalten kann: & H£«9,+H,; — &H3®4,. Die- ser Körper ist vollständig identisch mit der Brenzweinsäure, die man daher als homolog der Bernsteinsäure anzusehen hat. Sie ist in Wasser, Aether und Alkohol löslich, schmilzt bei 110° und zeigt auch in den Salzen Identität mit der Brenzweinsäure. Es wurden brenz- weinsaures Ammoniak, dann das Kalk-, Baryt-, Blei- und Silbersalz dargestellt. Die Bibrombrenzweinsäure zersetzt sich beim Kochen mit Basen sehr leicht, indem Brom eliminirt und durch H2®, ersetzt wird, oder indem mit dem Brom zugleich 2H austreten: C; HsBr3 + 2H,& = ‚GC; Hs &% + 2HBr. Zer Hs Bra &; = 6;H, 9 4 2HBr. Erstere Reaktion findet bei Anwendung von Silberoxyd Statt, letztere beim Kochen mit kohlensauren Alkalien, Baryt oder Kalk; man erhält beim Eindampfen das Salz der neuen Säure, von K. Aconsäure genannt. Ihr Natronsalz ist in Wasser leicht löslich, krystallisirt in rhombischen Tafeln und zeigt die Formel €&;H; Na®, + 3H2©. Das Barytsalz wird sehr leicht durch Kochen der Bibrombrenzweinsäure mit Baryt erhalten. Die Aconsäure selbst bekommt man leicht aus dem Natronsalze durch Zersetzen mit Salzsäure. Wenn man Citra- consäureanhydrid mit Salzsäure behandelt, so erhält man keine An- einanderlagerung, sondern ein Substitionsprodukt: €&;H3Br®; Mono- bromeitraconsäureanhydrid.. — 3. Bibrombernsteinsäure. Man erhält sie am’ bequemsten, indem man Bernsteinsäure mit Brom und Wasser in zugeschmolzenen Röhren auf 180° erhitzt; als Nebenpro- dukte entstehen noch Bromwasserstoff, Kohlensäure, Bromoform und einige andere noch nicht näher untersuchte Körper. Bibrombernstein- säure mit Wasser und überschüssigem Brom erhitzt zerfällt: G4HıBr2 9; + 2H,.0 + 4.Bra = CGHBrz + 360; + 7HBr. Das neutrale Ammoniak-, Natron-, Kalk-, Silber- und Bleisalz erhält man leicht durch Sättigen der Säure mit den betreffenden Metallsalzen; saure Salze konnten nicht dargestellt werden. Den Bibrombernstein- säure - Aethyläther S ee ©, erhält man leicht durch Lösen der Bibrombernsteinsäure in Alkohol, Einleiten von Salzsäure und nach- heriges Fällen mit Wasser. Er schmilzt bei 58% und zersetzt sich bei 1500. Alle Bibrombernsteinsauren Salze zersetzen sich beim Kochen unter Bildung von Brommetall. Es können der Theorie nach 4 Zer- setzungen Statt finden: I. &H, Br &, + H,®—= HBr-+ €,H;Br-, Monobromäpfelsäure. 1I. &,H,Brz & HBr-+ &,H3Br®, Monobrommaleinsäure. III. &,H,Br 0, +2H,09 2HBr + -6,Hs ©; Weinsäure. IV. &H,Br®, HBr + &,H,©, (unbekannt.) Il 467 Die erste Zersetzung findet Statt beim Kochen des Natronsalzes mit Wasser. Nach dem Umkrystallisiren ergeben die erhaltenen Krystalle die Formel: 6&H,BrNa®;, das also als saures monobromäpfelsaures Natron betrachtet werden kann. Beim Kochen mit Kalkwasser er- hält man hieraus weinsauren Kalk: 6,H,Ca2©;. Lässt man Natrium- amalgam auf die wässrige Lösung des Salzes einwirken, so erhält man Bernsteinsäure. Mit Bleizuckerlösung erhält man aus dem Na- tronsalz das entsprechende Bleisalz. Beim Kochen des bibrombern- steinsauren Baryts scheidet sich bald ein pulverförmiges Salz aus, das sich als neutraler weinsaurer Baryt &,H,Ba2 0% + H>.® ausweist. Ausserdem erhält man beim Abdampfen ein in Warzen krystallisiren- des Barytsalz, dessen Analyse keine sichere Formel ableiten liess, die Zahlen stimmten am meisten mit saurem monobromäpfelsaurem Baryt, den übrigen Eigenschaften jedoch nach ist jene Substanz als Salz der Monobrommaleinsäure zu betrachten. Durch Zersetzung mit Schwefelsäure erhält man aus diesem Salz die Monobrommalein- säure; bei der Destillation zerfällt sie in Wasser und ein Anhydrid. Lässt man Natriumamalgam darauf wirken, so erhält man Bernstein- säure. Von den Salzen wurden das saure Natron- und Barytsalz und das neutrale Baryt-, Kalk- und Silbersalz dargestellt. Kocht man eine neutrale Lösung von bibrombernsteinsaurem Kalk, so wird die Flüs- sigkeit sauer und man erhält beim Neutralisiren mit Kalk ein krystal- linisches Pulver von weinsaurem Kalk. Diese Weinsäure ist optisch unwirksam, scheint jedoch mit der Traubensäure nicht ident zu sein. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1. Supplem. 1861. 129, 338.) B. S. Michael Pettenkofer, Beiträge zur Darstellung des ätherischen Bittermandelöles und eines gleichmässigen Bittermandelwassers. — Der Gehalt letzter Substanzen an Blau- säure und die Ausbeute an ersterer variirt bei den durch die Phar- macopöen gebotenen Darstellungsweisen sehr. Der Grund davon liegt nach den mehrfachen Versuchen des Verf’s. weniger in der Verschie- denheit der angewendeten bittern Mandeln als in der Art der Dar- stellung. Um sowohl die relativ grösste Ausbeute, als ein Bitter- mandelwasser von höchstem Blausäuregehalt zu erzielen, empfiehlt er die gepulverten, gut gepressten bittern Mandeln bis auf einen gerin- gen Theil nach und nach in kochendes Wasser einzutragen, einige Zeit lang mit demselben in Berührung zu lassen, darauf zu je elf Unzen der erkalteten Masse eine Unze der zurückgehaltenen unge- kochten Mandelkleie zuzusetzen und damit nach sechs- bis zwölf- stündigem Stehen der Destillation zu unterwerfen. — (N. Repert. f. Pharm. Bd. £&. p. 337.) 0. K. F. S. Cannizzaro, über die Zersetzung der Salyl- säure durch Aetzbaryt. — Salylsäure liefert nicht, wie Kolbe vermuthet hatte, beim Destilliren mit Baryt Parabenzol, sondern Ben- zol, das ganz identisch mit dem ist, welches man aus der Benzo&säure bei derselben Behandlung erhält. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1 Suppl. 1861. 274.) B. 8. 468 Hlasiwetz, über das Phloroglucin. — In dem Phloro- glucin (& Hs 0; + 2H2®) lässt sich der Wasserstoff leicht durch Brom und durch zusammengesetzte Radikale ersetzen. Das Nitro- phloroglucin entsteht bei Einwirkung von Salpetersänre auf Phlo- rogluein. Man nimmt bald eine dunkelrothe Färbung wahr, bei der die Operation abgebrochen werden muss, da, wenn die Einwirkung zu Ende ist, nur Oxalsäure sich vorfindet. Dampft man die dunkel- rothe Lösung ab, so erhält man Krystalle von der Formel: &s(N®sH;)®;. Das Acetylphloroglucin erhält man durch Einwirkung von Ace- tylchlorid auf Phloroglucin bei gewöhnlicher Temperatur, wobei sich viel Salzsäure entwickelt. Kleine farblose Prismen, die in der Hitze Essigsäure entwickeln, und die Formel haben: &(&H;©.H;)®;. Das Benzoylphloroglucin erhält man durch Einwirkung von Ben- zoylchlorid auf Phloroglucin in weissglänzenden Schüppchen von der Zusammensetzung &6s(367H;9.H;)9;. Die Verbindungen des Phloro- glucins mit Alkalien werden erhalten durch Vermischen der alkoholi- schen Lösungen der Aetzalkalien mit alkoholischer concentrirter Lö- sung von Phloroglucin. Das Phloramin erhält man durch Ueber- giessen des Phloroglucins mit Ammoniak, wobei die Flüssigkeit eine röthliche Farbe annimmt und nach einiger Zeit glänzende Krystalle ausscheidet. Es reducirt beim Erwärmen Silberlösung und ergiebt die Formel 2(€5H-N®s). Ebenso entsteht Phloramin durch Einwir- kung von trocknem Ammoniakgas auf Phlorogluein. Salzsaures Phloramin erhält man durch Uebergiessen des Phloramins mit ko- chender Salzsäure: 6; H;N®,Cl. Das salpetersaure Phloramin wird durch Behandeln des Phloramins mit concentrirter Salpetersäure erhalten: &H,N®.NH®;,. Das schwefelsaure Phloramin ent- steht beim Vermischen von Phloramin mit verdünnter Schwefelsäure 2(€;H-N®,),$H29,. Ebenso stellt man das essigsaure und ıoxal- saure Phloramin dar. Die Sulfophloraminsäure erhält man, in- dem man Phloramin im Wasserbade mit Schwefelsäurehydrat digerirt, dann mit kohlensaurem Baryt sättigt, filtrirt und die heise Lösung des Barytsalzes mit Schwefelsäure zersetzt und mit Kohle entfärbt. Lässt man eine ammoniakalische Lösung des Phloroglueins längere Zeit an der Luft stehen, so scheidet sich eine stickstoffhaltige Substanz in schwarzen spröden Massen aus, welche jedoch von keiner constanten Zusammensetzung ist. Nach den Analysen der Salze des Phloroglu- cins kann man darin das einatomige Radikal €5H;s ®, annehmen, so x dass die Formel des Phloroglucins ist: Ge ©. die des Amids: Be 2(&H50,)H3 N © H a Auch für die Entstehung des Phloridzeins aus dem Phloridzin ist die Bildung des Phloramins wichtig. In Chinon, das nur um die Ele- mente des Wassers von dem Phlorogluein differirt, lässt sich durch Phosphorsäure das Phloroglucin nicht überführen. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CAIZ, 199.) B. 8. N. die des schwefelsauren Salzes: 469 L. Pfaundler, über die Acetyl-Quercetinsäure — Schmilzt man Acetylchlorid mit Quercetinsäure in Röhren ein und erhitzt diese im Wasserbade, so entsteht ein klebriger Firniss, der mit Wasser behandelt sich in eine weisse flockige Masse verwandelt, die man durch Umkrystallisiren mit Alkohol in prismatischen in Was- ser Qnlöslichen Nadeln erhält. Die Substanz löst sich in Alkalien und in Schwefelsäure mit gelber Farbe auf, und ihre Zusammensetzung entspricht einer Biacetylquercetinsäure. Der flockige Niederschlag der durch Wasser aus den alkoholischen Mutterlaugen gefällt wird, wird beim Reiben zu einem stark elektrischen Pulver, dessen Zusammen- setzung der der Monoacetylquercetinsäure sehr nahe ist. Löst man Querecetinsäure und Harnstoff im Wasser auf, so entsteht eine Ver- bindung beider Körper, während sich beim Ueberschuss von Harn- stoff beim Stehen ein gelbes pulveriges Zersetzungsprodukt bildet. — (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXIX, 213.) B. 8. J. L. W. Thudiehum, über die Leucinsäure und ei- nige ihrer Salze — T. stellte diese der Milchsäure homologe Säure nach der bekannten Methode durch Einwirkung von salpetri- ger Säure auf eine warme, wässrige Lösung von Leucin und Extrac- tion durch Aether dar. Die Säure bleibt beim Verdunsten des Aethers als ein Syrup zurück, der allmälig in nadelförmige Krystalle über- geht, die strahlig um mehrere Punkte am Rande der Flüssigkeit ge- ordnet sind. Die feste Masse besitzt Perlmutterglanz, und die Con- sistenz von Stearinsäure. In Wasser ist sie leicht löslich, und diese Lösung schmeckt angenehm sauer, röthet Lakmus und zersetzt die Carbonate. Sie sinkt im Wasser unter. Auch in Alkohol und Aether ist sie löslich. In der Hitze des Wasserbades schmilzt sie und stösst dann sauer riechende Dämpfe aus. Nach langem Erhitzen im Was- serbad krystallisirt die Säure beim Erkalten nicht mehr. Die braun gewordene Flüssigkeit löst sich nun nicht mehr in Wasser. Sie sinkt darin als ein Oel unter und hat einen unangenehmen Geruch ange- nommen. Diese Substanz entsteht auch schon in kleiner Menge, wenn die wässrige Lösung der Säure gekocht oder heiss abgedampft -wird. Ueber die Natur dieses Körpers ist T. noch ungewiss. Wahrscheinlich entspricht er entweder dem Lactid oder ist das Leueinsäureanhydrid. — Die Analysen der Säure leiteten zu der Formel 6$H12®3, — Leu- cinsaures Ammoniak ist nicht krystallisirbar. — Das Natronsalz aber bildet freilich auch nur undeutliche Krystalle. — Leueinsaure Kalk- erde (&°H!1Ca®3) bildet Krusten, worin T. Krystalle nicht hat ent- decken können. — Leueinsaure Magnesia ist in Wasser schwer lös- lich und setzt sich beim Verdunsten der Lösung in Krusten ab. — Das Barytsalz bildet ebenfalls Salzkrusten beim Verdunsten seiner Lösung. — Leucinsaures Kobaltoxydul ist noch feucht blassroth, ge- trocknet aber fast weiss. Es löst sich in kaltem und heissem Was- ser ziemlich gleich schwer auf und scheidet sich in Form von Kru- sten beim Verdunsten der Lösung aus. Unter dem Mikroskop sieht (man darin concentrisch ‚gruppirte (Küchelchen bildende) Nadeln. Es 470 besteht aus EsH!!Co&®. — Leucinsaures Zink krystallisirt in weis- sen Nadeln, die Seidenglanz besitzen. Es ist selbst in kochendem Wasser schwer löslich. Durch Schwefelwasserstoff kann es nicht voll- kommen zersetzt werden. Es besteht aus 6$H!!Zn 3. — Leucinsau- res Quecksilberoxyd und Quecksilberoxydul wird leicht durch Reduc- tion des Oxydes zersetzt, das erstere geht besonders leicht in unlös- liche basische Salze über. Diese Salze sind weiss oder röthlich. — Leuecinsaures Kupfer bildet schwer lösliche, kugelförmig gruppirte, mikroskopische Nadeln, deren Zusammensetzung durch die Formel £SH!1Cu ©? ausgedrückt wird. — Leucinsaures Silber setzt sich beim Verdunsten der Lösung des kohlensauren Silbers in wässriger Leu- cinsäure im Vacuum in kleinen rhombischen Täfelchen ab. Dies scheint jedoch ein saures Salz zu sein. Durch doppelte Zersetzung erzeugt bil- det es einen weissen amorphen Niederschlag von der Formel &°H11Ag®2. — Leueinsaures Blei fällt, durch doppelte Zersetzung dargestellt, als ein flockiger Niederschlag zu Boden, der sich im Kochen ganz wie- der lösen kann. Ist die Menge der Flüssigkeit dazu zu gering, so schmilzt das nicht gelöste Salz zu einer weissen, weichen Masse, die beim Erkalten wieder brüchig wird, in Wasser und Alkohol selbst im Kochen nicht löslich ist und ein basisches Salz zu sein scheint. — (Quarterly journal of the chemical society Vol. 14. p. 307.) Az. E. Schunk, Zucker im Harn. — Der Verf. theilt seine Be- obachtung mit, wonach in dem normalen Harn Stoffe enthalten sind, die durch Säure unter Bildung mehrerer Körper, worunter eine Art Zucker, zersetzt werden. Diese Stoffe sind die extractiven Materien dieses Excrets. — (Philos. magaz. Vol. 23. p. 179.) Az. Oryctognosie. S. Haugthon, mineralogische No- tizen. — Ein bei Rilleter 1844 gefallener Meteorstein von 22,23 grm. absolutem Gewicht zeigte ein spec. Gew. von 3,761; war aussen schwarz, innen grau-weiss und von krystallinischer Structur; die Analyse ergab In Säuren unlöslich (Hornblende) 34,18 » » löslich (erdige Bestandtheile) 30,42 Eisen 25,14 Nickel: 1,42 Chromoxyd 2,70 Cobalt Spur Magneteisen 6,14 100,00 Die in Säuren unlöslichen Bestandtheile enthielten Si O2 55,01 Al2 O? 5,35 FeO 12,18 CaO 3,41 MsgO 24,03 99,98 woraus sich die Formel 4RO.3SiO? ergibt, also dem Anthophyllit sehr 471 nahe stehend. — Der Hislopit, gefunden in einem Strombett bei Tahli in Indien ist eine Art Kalkspath, dessen Analyse ergab: CaO.CO2 97,19 Grünes SiO2haltiges Mineral 2,81 100,00 Dolomite werden an vielen Stellen in Irland aus der Kohlenschicht gewonnen. 1. ein Dolomit von ‚blasser Milchfarbe, Saccharoid, die oberste Lage eines Kohlenkalklagers bildend, der unmittelbar unter dem weissen Sandstein sich befand, er enthielt Ca0.CO:? 61,20 Mg0.C0?2 37,80 SiO?2 0,20 Fe2 03 0,60 99,80 2. ein rosafarbener Dolomit von Clogrennan-Hill enthielt Ca0.CO: 54,15 Mg0.CO? 43,01 Al2O3 2,84 100,00 3. Dolomit von Brown’s-Hill bei Carlow von blaugrauer Farbe, der mit gelben Thonstreifen durchzogen und nicht krystallinisch war, und spec. Gew. von 2;781 besass, enthielt Ca0.C0:? 49,84 Mg0.C0?2 39,36 F e0.C0O, 0,99 A203 8,60 98,79 4. ein Dolomit von Booterstown bei Dublin von dunkelgrauer Farbe, enthielt Ca0.CO:2 47,21 Mg0.CO2 25,64 Fe0.C02 11,89 AO? 15,66 100,40 (Philosophical magazine Vol. 23, pag. 47.) Smt. Credner, Vorkommen des Asphaltes bei Bentheim. — Der fossile Brennstoff in der Bauerschaft Sieringshoek südlich von Bentheim besteht aus einem der Pechkohle ähnlichen Asphalt. Der- selbe ist dicht, mit ausgezeichnet muschligem Bruch, von starkem Fettglanz, pechschwarz, im Strich und Pulver schwarz, auch an dün- nen Kanten durchscheinend. Härte — 2,5, spröde. Geruchlos auch beim Reiben. Spec. Gew. 1,07 bei 10°R. In siedendem Wasser kaum erweichend, bei höherer Temperatur biegsam, ohne zu schmelzen. Er entzündet sich unter Luftzutritt bei Rothglühhitze, brennt mit lebhaf- ter gelber Flamme unter starker Rauchentwicklung und unter Ver- breitung eines bituminösen Geruches und hinterlässt eine aufgeblähte poröse Kohle. Die Analyse ergab nach Stromeyer 86,683 Kohlenstoff, 9,303 Wasserstoff, 0,659 Stickstoff, 2,821 Sauerstoff, 0,523 Asche. In 472 Terpentinöl und noch leichter in Schwefelkohlenstoff bis zu ungefähr 3/s löslich. Während der hohe Wasserstoffgehalt die Asphaltnatur bestätigt, weicht dieses Vorkommen doch durch seinen hohen Koh- lenstoffgehalt und den geringen an Sauerstoff und Stickstoff von an- deren Asphalten ab. Am nächsten steht es noch dem Asphalte von Cuenca in Peru. Nach den bergmännischen Aufschlüssen findet sich der Bentheimer Asphalt, der sich besonders zur Paraffingewinnung eignet, auf Gängen, welche sehr regelmässig in dem zum unteren Gault gehörigen sandigen Schieferthon aufsetzen. Am mächtigsten sind zwei 841/, Lachter von einander entfernte Gänge südlich vom Hakenbusch, minder mächtig die östlich davon erschürften. Alle strei- chen parallel von NNW gegen SSO h. 11!/; bei nahezu senkrechtem Einfallen. Sie durchschneiden die in h 61/3 streichenden und unter 15—20° S einfallenden Schichten des Nebengesteines fast rechtwink- lig gegen deren Streichen, nahebei in der Fallrichtung der letzten. Der in W gelegene Hauptgang ist auf 270 Lachter Länge aufgeschlos- sen. Ein 120‘ tiefer Schacht und die Abbaue geben über sein Ver- halten Aufschluss. Der Gang fällt oben unter 75—80°, tiefer unter 80—90° gegen O. Scharf im Hangenden und Liegenden gegen das Nebengestein begränzt füllt seine aus Asphalt, Letten und Schiefer- thon, seltener aus Kalkspath und rhombischen Schwefelkies beste- hende Masse eine geradlinig fortsetzende Spalte von Y,—2‘ Weite aus. Bisweilen, namentlich am Ausgehenden im Schachte theilt sich dieselbe in mehre, nur mit Asphalt ausgefüllte Trümmer, öfters lie- gen grosse und kleine Bruchstücke des Nebengesteines von Asphalt umgeben oder eine durch diesen verkittete Breccie bildend in der Gangspalte. Auch kommen einige vom Hauptgange auslaufende Sei- tentrümmer vor jedoch von nur kurzer Erstreckung. Südlich vom Schachte wurden in 40° Tiefe drei Asphaltlager von 3—6‘' Mächtig- keit beobachtet, welche im Liegenden des Hauptganges flötzartig zwischen den Schichten des Schieferthones vorkommen und bis zum Ausgehenden dasselbe fortzusetzen scheinen. Es sind Ausfüllungen von Nebenspalten, welche sich vom Hauptgange aus den Schichten parallel in das Nebengestein erstrecken. Der zweite Hauptgang gleicht in seinen räumlichen Verhältnissen und der Ausfüllungsmasse dem ersten vollkommen. Er ist bis 120° Tiefe untersucht worden. In ei- nem zwischen beiden Gängen in 45° Tiefe getriebenen Querschlage fand man einen schräg zwischen ihnen durchsetzenden 4—6‘ mäch- tigen Gang mit Letten, Kalkspath, Schwefelkies und wenig Asphalt. Die vorherrschende Gangmasse ist Asphalt. Gewöhnlich tritt am Hangenden und Liegenden ein schwacher Besteg von hellgrauem fet- ten Letten oder auch eine schwache Lage von einem unreinen mit Letten gemengten Asphalt auf. Die Mitte des Ganges füllt reiner Asphalt von 3—18° Stärke. Zwischen ihm liegen regellos grosse und kleine Bruchstücke des Nebengesteines z. Th. von Asphalt durch- drungen. Seltener finden sich in diesem Drusen von krystallisirtem Kalkspath, weiss oder lichtgrau, blättrig strahlig mit den Endflächen 473 des Rhomboeders. Eine regelmässige Zusammensetzung zeigt sich in der Gangmasse des in dem Querschlage zwischen den beiden Haupt- gähgen aufgefundenen Trumes. Auf beiden Seiten hat sich zunächst dem Lettenbesteg unreiner mit Schieferthon gemengter Asphalt, dar- über strahliger Schwefelkies, über diesem Kalkspath angelegt. Die Zwischenräume und Drusen des Kalkspathes sind z. Th. mit Asphalt ausgefüllt. Auch ausserdem findet sich Schwefelkies namentlich im Lettenbesteg und in den in den Gängen liegenden Bruchstücken von Schieferthon fein eingesprengt. Bisweilen bildet er einen Ueberzug an den Wänden der Gangspalten auf dem Nebengestein unterhalb des Lettenstegs. Die Gesammtmasse des Asphaltes lässt sich nach den jetzigen Aufschlüssen noch nicht berechnen. Die Gangspalten kön- men nicht wohl durch Hebung entstanden sein. Zwar fällt in diese Gegend die NW-Fortsetzung der Hebungslinie des Teutoburger Waldes, aber das von dieser Hebungslinie abweichende Streichen der Gänge spricht gegen den Zusammenhang, ebenso dagegen die ungestörte Lage des Nebengesteines. Die Ursache der Spaltenbil- dung dürfte vielmehr eine ganz örtliche gewesen sein und auf ei- ner bei plastischen Gesteinen häufigen Verschiebung der Schich- ten in deren Fallrichtung beruhen. Solche ursprünglich plastischen Gesteine treten bei Bentheim unter und über dem Hilssandstein als fette bituminöse Schieferthone sehr mächtig auf. Zur Ausfüllung der Spalten dürfte mehr der bitumenreiche untenliegende Schieferthon als das anstehende Nebengestein mit Ausnahme der zahlreichen von diesem stammenden Bruchstücke das Material und insbesondere den Asphalt geliefert haben. Pflanzenreste sind mit Ausnahme der Fucoiden in der hiesigen Kreide selten, der Bitumengehalt wird von verwesten Thieren namentlich Cephalopoden herrühren. Wenn das Wasser solche bitumenreiche Schichten durchdringt, führt es mechanisch Erdöl mit sich fort, das in den Spalten, durch welche das Wasser einen Aus- gang findet, beim Zutritt der Luft verdichtet wird und in Gemein- schaft mit den aus dem Wasser sich ausscheidenden Mineralien wie Kalkspath, Schwefelkies, Letten die Spalten allmählig ausfüllt. Für solche Annahme sprechen analoge Erscheinungen bei andern Vor- kommen des Asphaltes im nördlichen Deutschland, bei welcher ein Zusammenhang mit Kohlenflötzen oder mit andern Ablagerungen von Pflanzen nicht wohl gedacht werden kann. Becks beschrieb ein dem Bentheimer ähnliches Asphaltvorkommen bei Darfeld unweit Coesfeld. Ein dem Erdpech nahestehender Asphalt findet sich dort auf Gängen zwischen den gänzlich ungestörten Schichten der an Thierresten rei- chen senonischen Kalkmergel. Bei Limmer unweit Hannover beste- hen die Pterocerasschichten des Kimmeridgien in einer Bucht zwi- schen Limmer und Ahlem aus einem 10—20 pC. Bitumen haltenden lederfarbigen Kalkmergel, der das Material für die Asphaltfabrik in Limmer liefert. Bei Sehnde nördlich von Hildesheim tritt aus dem liasinischen bituminösen Schieferthon ein grünlichgelbes durcheich- tiges Erdöl hervor. Die Zeit der Ausfüllung der Bentheimer Gänge 474 betreffend kommen Diluvialgerölle in demselben nicht vor, ob die- selbe aber zur Kreide- oder der tertiären Zeit erfolgte, dafür fehlen Anhaltepunkte. — (Naturhistor. Jahresbericht Hannover XI. 39—42.) Feistmantel, neue Vorkommnisse im Kohlensandstein bei Radnic. — Das erste Vorkommen bei Heiligenkreuz ist Eisen- kies dicht und fein dem Kohlensandstein beigemengt. Letztrer hat ein gleichförmiges mittleres Korn und sparsames gelblichweisses tho- niges Bindemittel. Vorwaltend aber ist zwischen den Quarzkörnern feinkörniger poröser Eisenkies in feiner gleichmässiger Vertheilung. Das Gestein hat ganz das Ansehen eines etwas grobkörnigen Sand- steines mit Bindemittel aus Eisenkies. Einzelne kleine weisse Glim- merblättchen sind noch darin. Das Gestein bildet übrigens nur putzenförmige Partieen in einer Schicht. — Das andere Vorkommen ist dodekaödrischer Granat als Uebergemengtheil im Kohlensandstein in einem Schurfschachte bei Lhotka. Es ist eine Conglomeratschicht, die aus einem gelblichen glimmmerreichen feinkörnigen Sansteine mit Quarzstücken besteht, auch mit Thonschiefer, Gneiss und andern Bruch- stücken. Letztre sind abgerundet, die Thonschiefer meist scharfkan- tig. Das Sandsteinbindemittel gleicht im wesentlichen den Sandsteinen im Hangenden und Liegenden. Die Granaten sind auf 12“ Höhe in der Schicht eingemengt, stellenweise dicht gedrängt, oder auch spär- lich. Ihre Körner messen nur !/a‘, oft weniger, selten mehr. Alle sind Krystalle, vorwaltend Leucitoöder, bisweilen mit Dodekaederflächen in Combination, fast alle unvollkommen ausgebildet, die Flächen un- regelmässig entwickelt, oft uneben, die Kanten abgerundet, dagegen der Glanz sehr stark, die Farbe braunroth, bald undurchsichtig, bald durchscheinend. Ueber und unter der Conglomeratschicht sind Gra- naten nirgends beobachtet, auch an andern Orten von Radnie nicht und doch erscheinen die Krystallkörner für einen weiten Transport zu wenig abgerieben. — (Sitzungsberichte d. böhm. Gesellschaft. Prag 1861. S. 50-53.) A G. v. Rath, mineralogische Mittheilungen. — 1. Ti- tanit vom Laacher See aus den trachytischen Lesesteinen weingelb wird in seinen Krystallformen genau bestimmt. — 2. Epidot aus dem Zillerthal ebenfalls krystallographisch untersucht. — 3. Neue Flächen am Tesseralkies. Bisher scheinen nur Octaäder, Würfel, Granatoeder und Pyramidenoctaöder beobachtet worden zu sein, Verf. erkannte noch Leucitoöder, Pyramidenoctaöder (a:2:°%/2a), Fyramidenwürfel (a:3a: 2), Hexakisocta@der (2:3/22:2a), alle sieben Formen an einem Krystall. Immer herrscht das Octaöder vor, dann folgt Granatoäder und Leucitoöder. Oft sind die Krystalle auflallend verzerrt. — 4. Un- gewöhnliche Form des Anatas in einem Talkschiefer von Tavetsch. Es ist ein Octaöder, welches unter den sieben von Miller aufgeführten fehlt, aber von Dauber schon erkannt worden. — (Poggendorjf’s An- nalen CXAV. 466—483.). H. Rose, blaues Steinsalz von Stassfurt. — Dasselbe ist sehr hellblau, aber die Würfel nicht gleichmässig gefärbt, blaue 475 Theile liegen in farblosem Salze. Neben diesen Würfeln finden sich solche von einem vollkommen farblosen durchsichtigen und von ei- nem röthlichbraun gefärbten Salze, welche nicht die mindeste Ein- mengung von dem bläulich gefärbten enthalten; die farblosen, die braunröthlich gefärbten und die blauen Würfel sind scharf begrenzt. Die bläulichen bestehen nur aus Chlornatrium mit einer sehr geringen Menge von schwefelsaurem Natron vereinigt, die farblosen und röth- lich braunen enthalten sehr viel Chlorkalium. Die farblosen bestehen aus 2 Atomen Chlorkalium und 1 Atom Chlornatrium. Ein ähnliches Verhalten findet sich bei dem blauen Steinsalz von Kalucz in Galizien. Auch da gränzen blaue Würfel scharf an völlig farblose, jene be- stehen nur aus Chlornatrium, :diese sind reines Chlorkalium, dabei finden sich äusserst schwach :bräunliche Würfel aus reinem Chlor- natrium. Dagegen bestehen die an blaue Würfel angrenzenden farb- losen Würfel. von Hallstadt ebenfalls aus Chlornatrium und dasselbe wurde bei Wieliczka beobachtet. Das blaue Steinsalz löst sich wie das farblose im Wasser auf und bildet wie dieses eine ganz farblose Lösung, welche nicht alkalisch reagirt. Man könnte vermuthen, dass das blaue Salz seine Farbe einer niedrigern Chlorstufe des Natriums oder eines andern alkalischen Metalles verdanke, wie solche Chlor- verbindungen Bunsen dargestellt hat. Aber das blaue Salz, selbst wenn es ziemlich intensiv blau ist, löst sich im Wasser ohne die mindeste Entwicklung von Wasserstoffgas auf. — (Geologische Zeit- schrift XIV. 4.) Gerhard, über lamellare Verwachsung zweier Feld- spathspecies. — Breithaupt hat so eben nachgewiesen, dass ge- wisse als einfach betrachtete Feldspäthe aus zwei regelmässig mit einander verwachsenen Species bestehen. G. versucht diess durch Analysen zu bestättigen und es ist ihn für den Perthit gelungen. Derselbe besteht aus einem orthoklasischen und einem triklinischen Feldspath beide schon an ihrer rothen und weissen Farbe zu unter- scheiden. Das Gesetz ihrer Verwachsung ersieht man aus der ver- schiedenen Spiegelung der Lamellen. Hält man ein gutes-Spaltungs- stück so, dass die Achse a auf den Beschauer gerichtet ist und die Achse b eine’horizontale Lage hat: so spiegeln nur die rothen Lamellen; lässt man nun die Achse b sich ein wenig nach rechts neigen, so spiegeln nur die weissen Lamellen. Bei erstern steht daher P recht- winklig gegen M, während es bei letztern gegen M von rechts nach links geneigt ist., Beide Feldspäthe haben also die Achse ce gemein- sam und um dieselbe sind ihre Flächen ganz analog gruppirt. Das specifische Gewicht des analysirten Perthit betrug 2,601, das seiner rothen Lamellen 2,570, das der weissen 3,613. Die Analyse ergab für den Perthit I, die rothen, Lamellen II, die weissen Lamellen III. 476 I. Ox. II. Ox. III. Ox. Kieselsäure 65,827 34,87 65,36 34,50 16,23 35,62 Thonerde 18,45 8,65 18,27 8,65 18,52 8,68 Eisenoxyd 1,72 0,516 1,90 0,57 1,46 0,44 Kalk Spur Spur Spur Kali 8,54 1,45 12,16 2,10 3,34 0,57 Natron 5,06 1,31 2,25 0,58 8,50 2,60 Glühverlust 0,32 Li 32 ER 99,917 99,94 99,0 Die Sauerstoffmengen in den starken und schwachen Basen und in der Kieselsäure verhalten sich wie I. 0,96 : 3 : 12,09 II. 0,94 : 3 : 12,49 II. 0,96 : 3 : 12,09 Der Perthit ist nur ein Gemenge von Orthoklas und Albit und: be- steht aus ungefähr 54 Orthoklas und 46 Albit. Die übrigen Feld- späthe gestatten kaum eine Trennung ihrer Theile, doch mögen fol- gende nur aus jenen beiden bestehen. 1 Der schlesische Feldspath von Hirschberg, Lomnitz u. a. O., der durch die bekannte Aufwach- sung von ganz durchsichtigen Albitkrystallen auf den Säulenflächen ausgezeichnet ist. Dieser Aufwachsung liegt eine lamelläre Verwach- sung zu Grunde. Die Albitlamellen sind sehr fein und glänzend, las- sen sieh jedoch an dem durch Eisenoxyd gelb gefärbten Orthoklas leicht unterscheiden. 2. Die Krystalle des glasigen Feldspathes aus den Trachyten des Siebengebirges zeigen alle eine lamelläre Structur besonders die vom Drachenfels und von der Perlenhardt. Die La- mellen des einen Feldspathes sind glasartig und durchsichtig, die des andern mehr trübe und milchweiss. Erstere herrschen der Masse nach vor, bei letztrer ist eine Zwillungsstreifung nicht wahrzunehmen und dies könnte es zweifelhaft machen, ob die beiden mit einander verwachsenen Species hier Orthoklas und Albit seien. Indess wird dies schon durch die verschiedene Verwitterbarkeit der Lamellen wahrscheinlich. Die Analysen ergaben vom Drachenfels nach Lewin- stein I, nach Rammelsberg II, von der Perlenhardt nach Lewinstein III. T. Ox. II. Ox. II 0x. Kieselsäure 65,59 34,04 65,87 34,19 65,26 33,87 Thonerde 16,45 7,68 18,53 8,65 17,62 8,23 Eisenoxyd 1,58 0,47 Spur 0,91 0,27 Kalk 0,97 028 0,95 027 1,05 0,30 Magnesia 0,93 0,37 039 016 035 0,4 Kali 12,84 2,18 10,32 1,75 11,79 2,00 Natron 2,04 053 342 0,88 249 0,64 Das Sauerstoffverhältniss ist 1. 1,24 : 3 : 12,53 2. 1,06 : 3 : 11,86 - 3. 1,09 : 3 : 11,95 was nur auf Orthoklas und Albit führen kann. Eine weitere Bestäti- gung liefert das spec. Gew. des Drachenfelser Feldspathes, das 2,60 477 also höher wie bei reinen Kalifeldspathen steht, aber sehr genau mit dem des Perthit übereinstimmt. — 3. Der Adular vom St. Gotthardt. Während manche Krystalle ganz durchsichtig sind, ziehen sich durch andere ganz feine weisse Lamellen parallel der Querfläche, wodurch die vollständige Durchsichtigkeit aufgehoben wird. Noch andere zei- gen eigenthümlich zerfressene Flächen. — 4. Die durch das Auftreten der Querfläche bekannten Krystalle von Elba. Sie verhalten sich ge- rade wie die vorigen, nur treten die weissen Lamellen häufiger auf. — 5. Die Feldspathkrystalle von Mursinsk in Sibirien. Die Lamel- len haben ziemlich das Ansehen der unter 2, sind aber stärker aus- gebildet. Bei manchen Stücken sind die Lamellen des einen Feld- spathes fast ganz durch den Einfluss der Gewässer ausgezogen und nur ein Skeletartiges Gebilde von Orthoklas zurückgeblieben. In an- dern der Wirkung der Gewässer minder ausgesetzte Stücken sind dagegen noch beide Feldspäthe vorhanden. Dass auch hier Orthoklas und Albit verwachsen sind, dafür spricht die Bildung der auf den Hirschberger Feldspäthen aufgewachsenen Albite, welche den Beweis für die im Verhältniss zu andern Feldspäthen grosse Löslichkeit des Albits liefert. — 6. Grosse Feldspathkrystalle von Schaitanka bei Mursinsk, welche mit Turmalin und Rauchtopas zusammen auftreten. Albit bedeckt hier die Flächen M. und zieht sich in Lamellen ins In- nere der Krystalle hinein, so dass genau die Zeichnung des Perthit entsteht. — 7. Die grossen Feldspathzwillinge von Zwiesel zeigen eine ganzähnliche Verwachsung. — 8. Orthoklasischer Feldspath aus der Delawara County in Pensylvanien. Vollkommen glatte Or- thoklaslamellen sind meist farblos und durchsichtig, nur an einigen Stellen zeigen sie ganz die rothe Farbe der entsprechenden Lamel- len des Perthits. Die zahlreichen dünneren Albitlamellen haben den Glanz und die Spiegelung derer des Perthits und sind besonders durch Zwillingsstreifung ausgezeichnet. Merkwürdigerweise gehen diesel- ben nicht der Querfläche sondern einer Säulenfläche parallel. Von demselben Fundorte kommt auch der bekannte Sonnenstein, Perthit, der ebenfalls eine Verwachsung von Orthoklas und Albit zu sein scheint und mit dem Perthit selbst die grösste Aehnlichkeit hat. — 9. Ein ausgebildeter Feldspathkrystall aus Grönland in der Freiber- ger Sammlung als Perthit zeigt die Lamellen beider Feldspathe schön und gross. — 10. Albit vom Rabenstein bei Zwiesel zeigt die Albit- lamellen vorherrschend und eine entschieden triklinisehe Form. Die La- mellen stimmen in Farbe und Glanz vollkommen mit denen des Dra- chenfelser Feldspathes. — Es ist also das Vorkommen einer lamel- lären Verwachsung von je zwei Feldspathspecies ein sehr verbreite- tes Vorkommen, welches noch an vielen andern Orten beobachtet wer- den wird. Es wirft dasselbe zugleich ein Licht auf die chemische Constitution der Feldspathe. — (@eol. Zeitschr. XIV. 151—159.) @. Geologie. Credner, die geognostischen Verhält- nisse der Umgegend von Bentheim. — Dicht an der holländi- schen Grenze erhebt sich völlig isolirt der Zug der Bentheimer Berge 478 in einigen Reihen von O nach W streichend. Der grösste derselben ist der Bentheimer Berg, südlich davon liegt der Gildehäuser Rücken, und weiter noch zwei niedrige Rücken, nördlich von erstem steht isolirt der Isterberg. Die Bentheimer Gruppe und die angrenzende Niederung besteht aus Wealden und unterer Kreide, deren Schichten streichen h 7!/g W nach O und sie werden auch’in die Gegend von Salzbergen bis zur Ems fortsetzen. Die Ems richtet ihren Lauf unterhalb Rheine NNW, dann unterhalb Kloster Bentlage mehrfach gewunden bis Salz- bergen gegen WNW, durchschneidet also die Schichten in schräger Richtung, doch meist nur in tiefem Bett treten die Gesteine hervor. Oberhalb Holsten erscheint im Emsbett Lias, dessen vielfach gestörte Schichten von SO nach NW streichen mit SW Einfallen. Thalabwärts bei Holsten scheint Muschelkalk anzustehen. Weiter thalabwärts am linken Ufer der Ems 10 Minuten von Salzbergen stehen steil aufge- richtete dunkle Wälderthone, desgleichen an der Salzberger Fähre. Oberhalb des Fährhauses bei Holsten findet sich schwarzer Schiefer- thon mit Nieren von thonigem Sphärosiderit und Steinmergel. Da- zwischen etwas unterhalb der Canalschleuse eine Bank dichten dun- kelgrauen Kalksteines mit Gryphaea arcuata und Monotis inaequiyal- vis, darüber Nieren dichten dunkelgrauen Steinmergels mit Liaspe- trefakten. Auf dieses Sinemurien folgen Schieferthone mit Sphaero- sideritnieren, vielRhynchonella variabilis, kleinen gekielten Ammoniten und glatten Pecten. Darüber Schichten mit Amm. amaltheus, fimbria- tus, costatus, Belemnites paxillosus und Amm. capricornu. Ueber diesem Mittlen Lias scheinen bei der Schwefelquelle im Bentlager Kalke die Posidonomienschiefer aufzutreten und darüber die Wealden- schichten zu folgen. Letzter beginnt nach F. Roemer mit dem Ser- . pulit aus dünnen Lagen eines bituminösen Kalksteines mit Serpula coacervata bestehend. Aufwärts folgen 1—3’ starke Bänke eines dich- ten Kalksteines mit Cyrenen, die sich wiederholen bis zu der Wen- dung, welche die Ems von O. kommend dem Bentlager Wald entlang und dem Streichen der Gesteinsschichten fast parallel auf eine längere Erstreckung nimmt, wo mehrfach die Cyrenenschichten aufgeschlossen sind. Sie bilden in 2—6‘‘ starken Lagen eine 4° mächtige Muschel- bank, deren 9 Arten Dunker abbildet. Darauf ruht eine 20° mächtige Lage sehr bituminöser dünnblättriger Schieferthone mit Cypris val- densis, als oberstes Wealdenglied. Die Lagerung der Wealdenschich- ten ist viel regelmässiger wie die des Lias, ihr Streichen von O. nach W, ihr Fallen 50° S. Die darüber licgenden Schichten beste- hen aus schwarzgrauen bis dunkelgrünlichgrauen und bläulichen Tho- nen mit Sphärosideritnieren und sandigen Zwischenschichten. Sie lie- ferten Belemnites subquadratus. Ein Theil der folgenden jüngeren Schichten ist durch 300° tiefe Versuchsschächte aufgeschlossen und durch ein 900° tiefes Bohrloch bekannt. Sie bestehen aus magerem dunkelgrauen Thongestein mit Lagen von Sphaerosiderit unter 33—42° ‘ S-fallen. Ueber denselben setzt bei der Saline Gottesgabe eine 2—3‘ starke Grünsandlage quer durch das Bett der Ems, mit Ammon. in- 479 terruptus und Bel. minimus, also Gault. Dazu gehören auch die fol- genden Thonschichten mit Bel. minimus. In den obersten Schichten fand Hosius nahe bei Rheine Ammon. lautus. Weiter aufwärts am Canale treten im Hangenden der Minimusthone dünngeschichtete Mer- gelkalke gelblich grau 100° mächtig auf, versteinerungsleer, wahr- scheinlich Flammenmergel oder Tourtia. So tritt also im Emsthal unterhalb Rheine der Gault in 1500 Mächtigkeit auf. Darüber lagert Pläner am Stadtberge bei Rheine vielfach aufgeschlossen. Zuerst hellgraue Mergelkalksteine und dichte Kalksteine mit Ammon. va- rians und Inoceramus striatus, 140° mächtig, nach oben mit Nautilus elegans von 10‘ Grösse. Darüber 40‘ mächtige hellgraue Kalkmer- gel, dann weisser dünngeschichteter Kalkstein 60° mächtig mit Ammon. varians und Inoceramus striatus, weiter gelblichweisser blättriger Kalk- mergel 15°, weisser dichter ebenflächiger Kalkstein mit hellgrauen mergligen Zwischenlagen, dann grauer dünngeschichteter wulstiger Mergelkalkstein mit Mieraster cor anguinum; die gesammten Pläner- schichten über 300° mächtig. — Die Niederung der Ems zwischen Rheine und Salzbergen bedeckt Diluvialsand mit nordischen Geschie- ben, erst bei Salzbergen tritt festes Gestein auf, Wealden, anfangs steil aufgerichtet dann flach südlich fallend. In S von Salzbergen zuoberst Cyrenenkalke, 6—8‘' starke Schichten eines schwarzgrauen und okergelben Kalksteins mit Schieferthon. Ein Bohrloch durchsank denselben bei 500‘ Tiefe noch nicht, darüber lagert 100° mächtig schwarzer dünnblättriger Schieferthon mit reichem Bitumengehalt und Sphärosiderit, Exogyra sinuata, Bel. subquadratus, also Hilsthon. Durch einen andern Versuchsschacht wurden die nächst folgenden Schichten des Hilsthones aufgeschlossen, welche bestehen aus ei- nem grauen mageren Schieferthon mit Lagen thonigen Sphärosi- derits. Weiter gegen S. bei der Dickmannschen Ziegelei steht hell- grauer Quarzsandstein an, in welchem eine 1a“ starke Lage reiner Pechkohle sich fand. Unmittelbar darauf ruht 100° mächtig hellgrauer fetter Schieferthon, nach oben mit viel Sphärosiderit, mit Belemnites brunswicensis und B. pistillum also untrer Gault oder Speeton clay. — Westlich von Salzbergen entzieht Diluvialsand und Moorboden die Wealdformation dem Beobachter. Erst jenseit der Vechte über den Bentheimer Wald bis nahe zur holländischen Gränze gegen W. erscheint sie wieder. Aus der Ebene zwischen Bentheim und Nord- horn erhebt sich der Isterberg 240° hoch, bestehend aus kleinkörnigem gelblichweissen Sandstein, streichend h 6!/, mit 5—100 N-Fallen. Da- mit stimmt auch das Verhalten der Schieferthone am N- und S Fusse. Während sie sich dicht auf der S-Seite den Wealdschiefern des Bent- heimer Waldes unmittelbar anschliessen, führen die auf der N-Seite im Hangenden des Sandsteines liegenden sandigen Schieferthone Cy- renen. Es ist also oberte Wealdenbildung. Die von Jugler beschrie- benen Eindrücke im Isterberger Sandstein sind keine Thierfährten sondern Auswaschungen wulstiger Concretionen. Der Wealdenschie- fer, dem an der S-Seite des Isterberges thoniger Sphärosiderit ein- XIX. 1862. 33 480 gelagert ist, verbreitet sich in der !/, Meile breiten Ebene bis zum Bentheimer Berge. Bei einem Bohrversuche durchsank man Kalk- steinbänke mit Cyrenen und Melania-strombiformis als oberste Schicht. Vom Schwefelbade bis südlich von der Schüttorf- Bentheimer Strasse überschreitet man die Schieferthonschichten, welche feinkörnige hell- gelbe Sandsteine zu Zwischenschichten haben. Darauf ruhen graue Mergelschiefer mit Nieren von dichtem Mergel 26— 30‘ mächtig, die Grundlage des Bentheimer Sandsteines bildend. Dieser erhebt sich steil felsig aufsteigend zum scharfkantigen Bergrücken, streicht OW. mit 15—20° S-Einfallen. In den Steinbrüchen tritt zu unterst über dem Mergelschiefer ein hellgrauer wulstiger Sandstein mit Streifen von weissem und licht grünlichgrauen Thonmergel auf. Darüber 3 bis 4° starke Bänke eines rein gelblich weissen Sandsteines 40‘ mäch- tig mit schwachen Zwischenlagen von Sandschiefer, dann wieder Bänke kleinkörnigen Sandsteines, welche den Kamm und S-Abhang des Ber- ges bilden. Zu oberst am S-Fuss liegt gelblichweisser Mergelsand- stein und Sandschiefer von fettem schwarzen Thon überlagert. Es leidet keinen Zweifel, dass dieser Bentheimer Sandstein das oberste Glied der Wealdformation bildet. Versteinerungen fehlen mit Aus- nahme jener Cyrenenschichten, doch kommen in den untern Bänken häufig Concretionen vor, die organischen Ursprungs sind, im Kern aus lockerm mergligen Sandstein bestehen, von einer zarten Schale eines grünlich weissen Thonmergels umgeben, dessen Oberfläche mit Spitzen in die Kruste eindringt. Jenseits der aus thonigen Unter- grund bestehenden Niederung am Fuss des Bentheimer Berges betritt man eine Erhebung, welche gegen W. zum Hakenbusch fortsetzt. Auf ihr steht unter Dammerde ein gelblich grauer Mergelsandstein mit Avicula macroptera, Lima, Pecten, Ostraea. Die hangenden Schich- ten werden kalkhaltig und wechseln mit grauen sandigen Mergeln. Diese Bildung stimmt völlig überein mit dem zum Hils gehörigen Gildehäusersandstein. Weiterhin treten Schieferthone auf, nach unten schwarzgrau, blätterig, nach oben lichter gefärbt, sandig mit vielen Nieren und mit Crioceras Emerici, semieinctus, capricornu, Mya elon- gata etc. Die Schichten entsprechen der untersten Gruppe des Gault. Die höhern Gaultschichten liegen unter der mit Moor bedeckten Nie- derung zwischen Sieringshoek und Ochtrup. Westlich vom Bent- aeimer Wald wird der Wealden von Diluvium und Mooren bedeckt, nur in Brunnen und Bohrlöchern nachgewiesen. Ein 830° tiefes Bohr- loch durchsank die Schieferthone nicht. Die Anhöhe von Hagelshoek entspricht der W-Fortsetzung des Bentheimer Berges und besteht gleichfalls aus oberm Wealdensandstein. ‘Südlich davon dehnt sich eine 10 Minuten breite Niederung aus mit schwarzem Thongestein als Untergrund, sie wird in S. vom Gildehäuser Berge begränzt. Derselbe zeigt einen kleinkörnigen mergligen Sandstein 50° mächtig mit Crioceras Duvali, Belemnites, Thracia Philippii, Goniomya caudata, Panopaea recta, Inoceramus neocomiensis, Lima Carteroni, expansa, Pecten crassitesta, laminosus, Avicula Cornuelana, in den obern Mer- 481 geln auch Fukoiden. Der Hilssandstein des Gildehäuser Berges reicht bis zu dessen südlichen Fuss hinab, die angrenzende Ebene erstreckt sich bis Ochtrup. Hier treten dieselben Bildungen wie bei Bentheim in Salzbergen auf. — (Jahresbericht der naturhist. Gesellschaft in Han- nover AI. 31—39 mit Karte.). Senft, der Gypsstock bei Kittelsthal mit seinen Mi- neraleinschlüssen. — In dem Zechsteingürtel am NW-Rande des Thüringerwaldes lagert in dolomitischen Kalksteinen und Mergeltho- nen eine mächtige Gypszone, welche von Reinhardsbrunnen bis Kit- telsthal bei Eisenach sich erstreckt und hier mit einem interessanten Stocke endend. Die Zechsteinformation wird hier W und N vom Bunt- sandstein überlagert, O und $ von Glimmerschiefer unterteuft. Die im Stocke selbst auftretenden Gypsmassen sind von oben nach unten: 1. Fasergyps mit mergligen Thonzwischenlagen, je eine mächtige Lage rauchbraun gebänderten Fasergypses mit schwarzgrauen, glim- merreichen Zwischenlagen und zahlreichen Dolomitkrystallen. 2. Dich- ter Gyps mit Dolomitspathrhomboödern, rauchbraunen Bergkrystallen und schwärzlichen Specksteinnieren. 3. Feine 6°‘ starke Thonzwi- schenlage. 4. Dichter Gyps mit Gypssteinen. Der vorherrschend auftretende dichte und Fasergyps zeigen wieder mancherlei Abände- rungen. Der dichte Gyps nimmt die untere Hälfte des Stockes ein und wird bei 40—50‘ Mächtigkeit durch eine Thonschicht mit Faser- gypsschnüren in zwei Bänke getheilt. a. Die untere Bank besteht aus fast reinem schwefelsauren Kalkerdehydrat, weiss, graulich, grau- schwarz, braun geadert und gefleckt, stellenweise so reich an glän zenden Gypsspathlinsen, dass das Ansehn porphyrisch wird. b. Die obere Bank vielfach zerrissen ist vollkommen dichter harter Gyps, blassbräunlich , weiss oder weissgrau, ist schwefelsaures Kalkerdehy- drat mit Spuren von Manganoxyd, das auch auf den Spaltwänden braune Dendriten bildet und als Pulver die Kluftflächen überzieht. Sol- ches Pulver besteht aus Mangansuperoxyd, Manganoxyd, Eisenoxyd, etwas Baryterde und kömmt dem Wad gleich. Diese Bank führt un- ten Sterne von Schwalbenschwanzoxyd, einzelne oder in Schnüren ge- reihte oder wird durch einander liegende, ferner mieroskopisch kleine Lamellen von Kaliglimmer, die man erst beim Schlemmen des Gyp- ses bemerkt. Höher finden sich viele Speksteingeschiebe, bald. fest mit dem Gyps umwachsen oder auch locker eingewachsen, noch hö- her erbsengrosse sehr schöne Doppelpyramiden von durchsichtigen nelkenbraunen Bergkrystallen und 6-12 grosse Dolomitspathrhom- bo&der. 2. Ueber dem dichten Gyps folgt eine Zone von Fasergyps in NW 8‘, in der Mitte 22°, in SO des Bruches 8—10’ mächtig. In der Mitte desselben unterscheidet man 3 Ablagerungen: 1. Unten eine dunkelrauchgraue und weissgebänderte Lage 10‘ mächtig. 2. Darüber eine weisse langfaserige in 3—5‘‘ starke Lagen gesonderte Abthei- lung reinen Fasergypses 8° mächtig. 3. Oben eine 2° mächtige rothe thonige Schicht mit Gypsspathschnüren. Die unterste Schicht be- steht in den unmittelbar über dem dichten Gypse befindlichen La- 33* 482 ger aus einer schwarzgrau und weissgebänderten Fasergypsmasse, deren einzelne weisse Fasergypszonen 2—4‘* hoch und durch schwarz- graue erdige Zwischenlager getrennt sind. Die Zwischenlager selbst bestehen aus einem Gemenge von silberweissen Kalkglimmerschüpp- chen, rauchbraunen Gypsspathblättehen und einer schwarzbraunen er- digen Substanz, die bei der Analyse Kieselsäure, Eisenoxyd, Mangan- oxyd, Magnesia, Kalkerde und Kali zeigt. In dieser Fasergypsmasse finden sich die meisten und grössten Dolomitkrystalle, oft verwandelt in eine erdige dichte Masse. — Die Specksteinknollen [Frapollis me- tamorphosirte Seeigel vom Nordrande des Harzes] bestehen aus 29,65 Magnesia, 66,94 Kieselsäure, 1,05 Eisenoxyd und Thonerde, 1,60 Was- ser. Die Dolomitspathkrystalle 4—12“‘ gross, einfache spitze Rhom- boöder, oft mit gerader Endfläche, sind chemisch sehr verschieden. Einige sind rein und frisch, ihre Härte 3,5—4, spec. Gew. 2,85 farb- los oder weiss, durchsichtig und perlmutterglänzend, bestehen aus 55,520 kohlensaurer Kalkerde und 42,482 kohlensaurer Magnesia, 1,998 Wasser also ziemlich CaQOCO? + MgOCO2. Andere sind mechanisch verunreinigt durch Glimmerblättchen und Quarz, ihre Härte 4, ihr spec. Gew. 2,86--3,1 grau oder gelbweiss, nur stellenweise durchsich- tig, oft mit brauner Rinde aus Glimmerschüppchen oder einem schwarz- braunen Silicat, bisweilen besteht daraus auch der Kern der Krystalle und nur ihre Hülle ist Dolomitspath. Die in Zersetzung und Um- wandlung begriffenen Krystalle haben eine rissige oder mehlige Ober- fläche, sind matt, grau oder gelbweiss, undurchsichtig, spec. Gew. 2,63. Fünf analysirte Krystalle ergaben 18,532 —25,644 Kalkerde, 14,436 — 22,955 Magnesia, 37,4 bis 41,87 Kohlensäure. Daraus ersieht man, dass alle in Umwandlung begriffenen Dolomitkrystalle bedeu- tende Mengen kohlensauren Kalkes verloren haben. Erbsengrosse sechsseitige Quarzdoppelpyramiden, deren Mittelkanten abgestumpft sind, rauchbraun, glasglänzend, durchsichtig, einzeln eingewachsen in dichten Gyps scheinen in einer gewissen Beziehung zu den Dolomit- krystallen zu stehen. Kaliglimmer in äusserst kleinen Schüppchen vorherrschend in den Fasergypslagen, welche die Spalten ausfüllen und namentlich in der nächsten Umgebung der Dolomitkrystalle. Wie sind all diese Mineralien in den Gypsstock gelangt? Etwa aus Zer- setzung und Umwandlung des über dem Gypse lagernden dolomiti- schen Kalksteines mit dem Gypsstocke zugleich? Mit Nichten. Der dichte Gyps ist entschieden älter als der über ihm lagernde Kalk- stein und hat sich in verschiedenen Zeiten gebildet. Alle Speckstein- knollen und Krystalle liegen in dem dichten Gypse, der durch eine 20‘ mächtige Fasergypszone von dem aufliegenden Dolomit getrennt ist. Auch sind die im Fasergyps liegenden Krystalle um so mehr umgewandelt je weiter sie nach oben vorkommen. Ferner sind die Specksteinknollen wirkliche Geschiebe und Gerölle durch Fluthen in den Gyps geführt, noch jetzt trifft man sie sehr häufig in dem Ver- witterungsboden des Magnesiaglimmerschiefers und Glimmerdiorits am Fusse des Ringberges uud im Seebacher Thale an der Struth. 483 Ebenso ordnungslos sind die Glimmerblättchen im Gypse vertheilt. Beide können erst eingebettet sein, als der Gyps breiartig, schlammig war. Die Dolomitkrystalle bildeten sich erst, als der angefluthete Gyps durch Verdunstung seines Lösungswassers sich schon zu einem dieken Brei verdichtet hatte. Endlich deuten gerade die in der buch- tigen Spalte auf dem dichten Gypse vorkommenden, wellig gebänder- ten und mit angewitterten oder halbzersetzten Dolomitkrystallen, Glim- merblättchen und Eisenoxydultheilchen lagenweise untermischten Fa- sergypsmassen darauf hin, dass sie nicht nur lange nach der Bildung des dichten Gypses, ja höchst wahrscheinlich aus einer theilweisen Lösung der obern Lagen des letztgenannten Gesteines entstanden sind, sondern sich auch vor der Ablagerung des dolomitischen Kalksteines gebildet haben müssen. Beide Dolomitkalk wie Gyps scheinen aus einem gemeinschaftlichen Muttergestein entstanden, welches unter sei- nen chemischen Bestandtheilen die nothwendigen Stoffe enthielt. Es mag theils der Magnesiaglimmerschiefer theils ein Hornblendgestein am Ringberge das Material geliefert haben und Verf. beleuchtet beide noch in dieser Beziehung. — (Geolog. Zeitschrift XIV. 160-177.) Preussner, Geognosie der Insel Wollin. — Die Insel gehört zur Kreideformation, deren oberstes Glied am meisten ausge- prägtist. Die weisse Kreide mit Feuersteinbänken tritt 60— 70° mäch- tig auf, so rein wie bei Stubbenkammer und sehr versteinerungsreich zumal an Seeigeln, demnächst an Terebrateln und Inoceramus. Nach unten wird die Kreide sehr thonig und glimmerig, hat nur noch 50 pC. Kalk. Die Lagerung ist sehr ungleich, die Schichten vielfach zerris- sen, streichen von SW nach NO mit N-fallen. Am kleinen Vietziger See erscheint sie sandig mit 50 pC. Thon, weiter bei Misdroy 150° über den Meere ohne Feuersteine nur mit 35 pC. Kalk. Eine Stunde davon nördlich an der Küste beim Swinerhöft und Jardansee mit 200‘ steilem Absturz in den See und bei 120‘ Tiefe mittelst eines Bohr- loches nicht durchsunken. Hier ist sie sehr thonig, blaugrau mit viel zerbrechlichen Inoceramus, auch Schwefelkies in einer Schicht in Plat- ten, Adern, Knollen so reichlich, dass er bergmännisch gewonnen wird. Ueberlagert wird die Kreide von einem 80—-100° mächtigen schwarzen sandigen Thon mit viel granitischen, Jura- und Kreidege- schieben. Die Jurageschiebe führen viel Trigonien, Astarten, Phola- domyen und Ammoniten. — (Zbda 7.) Binder, geologische Verhältnisse des Tunnels zwi- schen Heilbronn und Weinsberg durch die Gypsmergel des untern Keupers. — Die zwischen Lettenkohle und Schilf- sandstein liegenden Gypsmergel sind überall als sehr bunte brüchige und schüttige Mergel bekannt und stehen eirca 400° mächtig an dem Hügel, welchen der Tunnel durchbrieht. Zur Orientirung in ihnen dient eine Schicht mehrer Kalkbänke auf Heilbronner Seite, welche viele kleine Muscheln und Bleiglanz führt. Im Innern des Berges schloss man einen sehr festen schwarzen Thon auf durchzogen von Bänken derben festen grauen Gypses, und dieses ist der normale Zu- 484 stand der Ablagerung, der gegen Tag hin um so mehr verändert er- scheint durch den Einfluss des Wassers. Da wo das Wasser anfängt einzubrechen, ist der Thon brüchiger und hat eine hellere grünlich- schwarze Färbung, stellenweise eine dunkelrothe. Der Gyps in den Nestern und Klüften wird hell, häufig roth und krystallinisch faserig. Je näher gegen Tag das Wasser mehr einwirkt, um so brüchiger, hel- ler und bunter wird der Thon ähnlich den Mergeln zu Tage, gleich- zeitig erscheint der Gyps mehr zersetzt und haftet schliesslich nur noch als Pulver an den Mergeln. Auffallend ist, dass im Innern die leitende Petrefaktenschicht aus einem Wechsel von Gyps- und Kalk-- bänken besteht und die verkalkten Muscheln im Gyps liegen. Auch in dieser Schicht wird der Gyps allmählig vom Wasser vollständig zersetzt und ausgewaschen. Es war anfangs schwierig den Zusam- menhang der in verschiedenen Stadien der Umwandlung begriffenen Ablagerung zu erkennen und zu seiner genauern Feststellung und zu näherer Untersuchung der wirkenden Kräfte fordert Verf. auf. — (Würtembergische naturwiss. Jahreshefte AVIII. 45—47.) Fraas, über den Lehm. — Verf. weist auf die Schwierig- keit hin auf Karten in grösserm Massstabe die Formationsgrenzen und jüngsten Bildungen genau einzutragen. Dass man Ackerkrume und humösen Boden sowie Schutthalden am Fusse der Berge nicht berücksichtigt ist natürlich, ebenso nothwendig dass auch geringmäch- tige Tertiärlager eingetragen werden. Aber zwischen diesen beiden liegt ein System von Schuttland, Lehm, Löss u. dergl. bald wenige Fuss bald viele Klafter mächtig, das die Oberfläche der Ebenen bil- det oder in die Thäler hinabsteigt und die Formationsgränzen gänz- lich verdeckt. Solange Diluvium und Alluvium noch als zwei scharf getrennte Formationen galten, zeichnete man ersteres ein, allein heutzu Tage ist das Diluvium keine Katastrophe mehr, sondern das Resultat einer ruhig und lang wirkenden Zerstörung des älteren Gebirges und das bestättigt sich auch in Würtemberg. Es ist rein unmöglich Al- tersunterschiede aufzufinden, welche die Schichtendeckenden Verwit- terungsproduckte in ein System bringen könnten. Von dem kaum et- was verwaschenen Schichten an bis zum reinen Lehm, dem man sei- nen Ursprung nicht ansieht, gibt es tausendfache Uebergänge An der Weinhalde bei Kanstadt, dem grossen Mamutfelde vom J. 1860 lagen Zähne und Knochen von Elephanten und Nashornen ebenso in dem reinen Keuperschutt wie in dem bis zur letzten Verwitterung vollendeten Lehm, desgleichen fanden sie sich ebenso in dem alluvia- len Remssand von Scharndorf wie in dem Albschutt von Amstetten. Es wäre also Bergschutt, Remssand u. dergl. als Mamutführend mit besonderer Diluvialfarbe auf der Karte anzugeben, was doch ganz un- zulässig. Dazu kommt nun, dass von allen Seiten aus Europa Nach- richten eingehen, welche an der Diluvialität von Nashorn und Mamut stark zweifeln. Feuersteinwaffen, Menschenknochen, Mamut, Nashorn liegen in vollständig gleichem Zustande der Erhaltung bei einander in demselben Lager, ja einige der Knochen tragen unverkennbare 485 Spuren der Bearbeitung durch jene Feuersteininstrumente. Lyell wil sogar in den Kiesbänken von St. Acheul zwischen Amiens und Abbe- ville ein altes Lager menschlicher Ureinwohner erkannt haben, welche in Gesellschaft des Mamut das nördliche Frankreich bewohnten. Aehn- liches wurdein der Schweiz nachgewiesen. Das Alles lässt das junge Alter der sogenannten diluvialen Thiere nicht mehr zweifelhaft und der Fund von Mamut, Rhinoceros, Auerochs, Riesenhirsch, Höhlenbär bezeichnet keine antediluviale Zeit mehr, keine Bildungsepoche der Erdoberfläche, werth auf der geognostischen Karte eingetragen zu werden. Es sind alle petrographischen und paläontologischen Mo- mente zur Unterscheidung von Diluvium und Alluvium gefallen, nur eine grosse Periode der Neuzeit, die Zeit der Verwitterung der Ge- steine bleibt noch. — (Zbda. 59—62.) J. Hector, geologische Aufnahme der Gegend zwi- schen dem Obern See und dem Stillen Ocean in 48—55° N. Br. — Der mittle Theil N-Amerikas ist eine grosse dreieckige Hoch- ebene zwischen den Rocky Mountains, den Alleghanys und dem Lau- rentianischen Gebirgsjoch, das längs der N-Grenze der Vereinten Staa- ten von Canada bis zum arktischen Meere reicht und eine Wasser- scheide zwischen dem mexikanischen Golfe und dem Eismeere bildet. Die N-Seite fällt von dem Felsengebirge gegen den Laurentianischen Zug 6‘ auf die engl. Meile ab, ist von Steppen mit Spuren alter Ent- blössungen unterbrochen, welche drei verschiedenen Gesichtsebenen angehören, deren älteste von Süsswasser herrühren, die zweite den Driftablagerungen angehören, die dritten und höchsten in der grossen Prairieebene entblösste Kreideschichten darstellen. Diese Abstufung ist jedoch längs dem östlichen Rande am Winipegsee u. s. w. nicht mehr vollsätndig vorhanden. Die O-Achse sendet einen Arm um die W-Seite des Obern Sees bestehend aus metamorphischen Gestei- nen und Graniten des Laurentianischen Gebirges. In W davon liegt ein Belt, wo auf dem Grunde des Plateaus untersilurische und devo- nische Gesteine blos liegen, über denen sich Kreideschichten erheben, welche längs des ganzen Felsengebirges hin vorherrschen und nur hie und da durch vereinzelte Tertiärbecken überdeckt werden. Die Felsengebirge bestehen aus kohlenführenden und devonischen Gestei- nen mit massigen Quarziten und Conglomeraten, auf welche in W-Rich- tung ein Granitstreifen folgt, der den Boden des grossen Thales zwi- schen den Rocky und den Cascade Mountains einnimmt, letzte sind vuleanischer Natur. In W davon herrschen längs der Küste des Stil- len Oceans Kreide- und Tertiärgesteine, mit Ligniten, welche von der Hudsonsbai Compagnie für die Dampfschifffahrt und Gasbereitung ausgebeutet werden und von gleichem Alter zu sein scheinen mit an- dern ausgedehnten Lignitlagern in der Prairie, wo aber auch ter- tiäre Lignite gefunden werden. Jedenfalls wird das Vorkommen von Kohlenablagerungen auf Formosa und Japan, auf Vancouvers, in den Kreideschichten an der W-Küste N-Amerikas, zumal im britischen Gebiete und längs des Saskatschevan von grossem Gewichte bei Er- 486 örterung der Frage über die Ausführbarkeit eines Verbindungsweges durch Canada, die Prairien und britisch Columbia nach den östlichen britischen Besitzungen sein. — (Zondon Edinb. philos. magaz. 1861. AA1. 537.) @l. Palaeontologie. J. G. Bornemann, Pflanzenreste in Quarzkrystallen. — Organische Einschlüsse im Diamant er- wähnen schon Petzholdt und Göppert, Kohle in Kalkspathkryställen Blum, in Quarzkrystallen wurden noch keine organischen Theile mit Sicherheit nachgewiesen und doch sind diese Vorkommnisse häufig. Verf. beobachtete Holzsubstanz in krystallisirtem Quarz zuerst bei fossilen Stämmen aus der obern Steinkohlenformation zu Oberlung- witz im Chemnitzer Becken: Die rohen Stammstücke erscheinen an- fangs als schwarze Steinmassen mit Pechkohle überzogen, in deren Rissen Bleiglanz angeflogen war. Die innere schwarze Kieselmasse zeigte unter dem Microscop Holzstruktur: deutlicher wurde dieselbe erkannt in einer kleinen ganz von Bergkrystallen drusenartig ausge- kleideten Spalte mitten in einem Stammstück. Die Struktur glich sehr genau der des von Goeppert aus dem Uebergangskalk von Fal- kenberg in Schlesien beschriebenen Araucarites Beinertanus aber Verf. findet sie mehr mit Gingko biloba als mit Araucarien übereinstim- mend und betrachtet sie als die Stämme der Noeggerathia, einer Ueber- gangsstufe zwischen Coniferen und Cycadeen. Die Quarzkrystalle jenes Stückes sind meist vollkommen frei und allseitig ausgebildet in der Kohlensubstanz eingebettet, hexagonale Prismen mit Zuspit- zung durch die Grundpyramide, meist schwarzbraun und undurch- sichtig durch die eingeschlossene braune Holzsubstanz und Kohlen- theilchen. Bei starkem Glühen verschwindet die braune Farbe und es bleiben in den Krystallen nur die Kohlentheilchen zurück. In den meisten Krystallen ist die eingeschlossene Pflanzensubstanz gänzlich zerrissen, die aufgelösten Holzfasern haben durch die Krystallisirende Kieselsubstanz eine eigenthümliche Anordnung erfahren, durch welche sie an'den Enden der Krystalle meist besenförmig aus einander ge- spreizt und so gestellt wurden, dass ihre Theilchen mit der Längs- richtung rechtwinklig zu ‘den Pyramidenflächen zu stehen kommen. In manchen zeigen sich sehr wohl erhaltene Theile prosenchymatöser Zellen, an denen sieh die Reihen prächtig erhaltener mit sich kreu- zenden Spalten versehener Tüpfel erkennen lassen. In der Mitte eini- ger grossen Krystalle finden sich sogar die getüpfelten Prosenchym- zellen noch im Zusammenhang mit Reihen wohl erhaltener Markstrah- lenzellen. Die Bildung dieser Einschlüsse erklärt sich so, dass die aufgelöste Kieselerde in das Innere der Stämme eindrang und beim Krystallisiren die zufällig ergriffene Pflanzensubstanz auf dieselbe Weise einschloss wie krystallisirender Alaun einen in die Auflösung gehängten Faden einschliesst. — (@eol. Zeitschr. XIII. 675-681. Tf. 16.) Geinitz, Sigillarien in dem untern Rothliegenden. — 1. Sigillaria von Alvely in Shropshire in einem röthlichen Sand- steine in einem undeutlichen Exemplare. 2. Sigillaria vom Körnberge 487 bei Kleinschmalkalden in einem röthlich glimmerreichen Sandsteine; der $. mammillaris Brgn nahe stehend, aber unbestimmbar. 3. Si- gillaria Danziana n. sp. von Schmalkalden mit Walchia piniformis auf einem sandigen Schieferthone, ungerippt mit grossen, fast qua- dratisch rhombischen Blattkissen in schiefen Reihen angeordnet und von flachen Rändern umgeben. Der für den Durchgang der Gefässe bestimmte Punkt liegt über der Mitte im innern Scheitel einer sehr stumpfwinkligen Linie, welche die beiden etwas gekrümmten und schief laufenden Seitenspalten des Blattkissens verbindet. — (Geolog. Zeit- schrift XI. 692—694.).4 Ludwig, Calamitenfrüchte aus dem Spatheisenstein bei Hattingen an der Ruhr. — Die untersuchte Frucht liegt mit unveränderter Form in einem feinkörnigen, kohlenhaltigen, durch Sehwefeleisen verunreinigten Spatheisenstein, die Höhlungen theils von Schlamm theils von kohlensauren Verbindungen erfüllt, die Holz- faser verkohlt, grossentheils herausgefallen oder ganz in Sphärosi- derit verwandelt. An dem einem Stück lassen sich Theile von 14 Aehren erkennen. Die kurz gestielten Aehren sitzen im Wirbel um die Aestchen, haben eine cylindrische Form, oben und unten zusam- mengezogen, 7°m lang lem dick, mit vielen eng anliegenden, breiten, oben scharf zugespitzten, einrippigen, kronenartig über einander ge- ordneten Deckblättchen besetzt. Diese stehen auf kreisrunden, radial gerippten an der gegliederten Mittelsäule befestigten Scheiben so, dass je 15 neben einander eine Krone bilden, deren Zacken genau auf die Mittelrippen der darüber stehenden Deckblättchen treffen. Dadurch entstehen längs der Mittelsäule 20—25 über einander lie- gende Kammern. In der Mitte jeder cylindrischen Kammer sind an der Mittelsäule je 5 Häufchen von Sporenkapseln angeheftet. Diese selbst sind nussartig, lang ei- oder flaschenförmig, mit starker glän- zender Schale, kreisrund im Querschnitt, je 4 symmetrisch um eine kurze dornartige Spindel geordnet, in einer blasenförmigen Hülle. Solcher Häufchen von 4 stehen in jeder Kammer 5 um die Mittel- säule, so dass sich 20 Sporenkapseln in einer Kammer befinden; die Träger gerade senkrecht über einander, am untern Ende hohl, auf kurzen aus der langfaserigen Holzmasse der Mittelsäule hervorste- henden Zäpfchen steckend. Die Mittelsäule ist wulstig, gegliedert und mit einer dünnen fein gestreiften Oberhaut bedeckt. Die Aeh- ren haben viel Aehnlichkeit mit den von v. Ettingshausen in der Steinkohlenflora von Radnitz abgebildeten von Calamites communis, früher als Volkmannien gedeutet, doch sind sie nicht identisch. Die Sphärosideritflötze liegen unter einer Schicht mit Goniatites creni- stria und gehören zum Culm, sie führen noch Sigillaria Brongniarti, Calamites transitionis, C. communis, Sagenaria Veltheimana, Sigil- ' laria hexagona. — (Palaeontograpkica A, 1—16. tb. 2.) Derselbe, zur Palaeontologie des Ural. — 1. Süss- wasserconchylien der Steinkohlenformation im Ural. Am SW-Abhange lagern an und auf devonischen Thonschiefern quarzitische Sandsteine 488 und dichte graue und schwarze Kalkschichten mit sehr vielen Pro- duetus, Korallen und Foraminiferen, alle der Kohlenformation ange- hörig. Die tiefste Schicht letztrer Formation enthält nur schwer be- stimmbare Thierreste, ihr folgen Schieferthone und Sandsteine mit Productus giganteus und Chonetes papilionacea. Darauf folgt Kalk- stein mit Prod. giganteus, hemisphaericus, Lithodendron fasciculatum, dann schwarze Schieferthone mit Kieselschiefer und Schwefelkies und dünn geschichteter Kalkstein mit viel Kohlenarten. Das Dach des Kalkes bilden grob- und feinkörnige Sandsteine mit Schieferthon und Kohlenflötzen, darüber fester, dünngeschichteter Quarzfels, auf dem linken Uswaufer aber ein kalkiger kohlenreicher, schiefriger Mergel und Schieferthon mit viel Bivalven, alle sehr klein. Verf. deutet zu- erst seine hier abgebildeten deutschen Arten auf Unio tellinarius Gf, U. thuringensis n. sp., Anodonta carbonaria Kon, A. ovalis Mart, A. angulata Rykh, ferner A. subparallela Keyserl, Unio Eichwaldanus MKV, A. tenera Eichw, Cyclas nana Kon, A. uralica n. sp., A. ob- stipa n. sp, Cyclas obuncula n. sp. — 2. Süsswasserconchylien aus dem Kalkstein des Rothliegenden von Kungur im Gouvt. Perm: Unio lepidus, Planorbis Kungurensis und Paludina borealis, alle drei neu. — 3. Pflanzenreste aus der uralischen Steinkohlenformation: Stig- maria arenaria n. sp., cochleata n. sp., Socolowi Eichw, Pilularia prin- cipalis, Gastromyces farinosus, Pinites Merklini, alle neu. — (Ibidem 17—36, tb.3 $ 4.) Ludwig, die bei Lithwinsk unweit Perm im Kohlen- kalke vorkommenden Korallen. — Verf. sammelte diese Ko- rallen an Ort und Stelle und verglich sie mit denen, welche Keyser- ling aus dem Petschoralande beschrieb. Seine Bestimmungen weichen aber von denen Keyserlings ab und wird er alle auf 18 Tafeln dar- gestellt in den Paläontographieis ausführlich bekannt machen. Hier vorläufig die Uebersicht. I. Polycyclia. A. Flabellata. a. Tubu- lata: Columnaria solida an der Uswa. b. Eporosa: Cyathophyllum. ca- lamiforme ebda, Heliophyllum colosseum im Spiriferenkalk, H. den- ticulatum, arietinum, multiplex, humile, gracile alle im Spiriferenkalk bei Kiselowsk. c. Astraeidae; Lithodendron fascieulatum Phill im Productuskalk, Lonsdaleia floriformis MEdw im Spiriferenkalk. B. Pinnata: Zaphrentis impressa ebda, alveata, gigantea, Cyathaxonia carinata, aperta, gracilis, sguamosa, cinceta alle ebda. — II. Mono- cyclia oectactinia. a. Tubipora: Harmodites parallelus Fisch, confer- tus Keyserl, ramulosus Park, capillaris, arborescens, Aulopora glome- rata. — Bryozoa: ÜCeriocava crescens, Fenestella carinata MCoy, Tubulipora antiqua, Vincularia lemniscata, muricata. — (Bullet. nat. Moscou 1862.). Oppel, die Brachiopoden des untern Lias. — Derselben sind erst wenige bekannt geworden, Davidson zählt nür 2 Spiriferinen auf, Terquem von Hettange nur 3, mehr d’Orbigny, nämlich 20, von denen jedoch nur 7 sicher unterliasinische Arten sind, dann in bes- serer Begründung Quenstedt die schwäbischen und andere soeben 489 Deslongchamps. Verf. kennt nunmehr 22 ausseralpine und 26 alpine Arten des untern Lias und beschreibt dieselben. A. Ausseralpine. a. Unterregion des Unterlias. 1. Terebratula perforata Piette (psilo- noti ©). 2. T. retusa Mart. 3. Rhynchonella costellata (Terebratula costellata Piette). 4. Lingula Kurri And. b. Mittel- und Oberregion des Unterlias: 5. Terebratula Pietteana (= T. vicinalis arietis @), 6. T. arietis (= T. vie. arietis @). 7. T. basilica. 8. Rehmanni Bach (= T. ovatissima @). 9. T. cor Davids (= T. causioniana d’O). 10. T. spec. ind. (= T. numismalis Q@. Jura tb. 12, fig. 11) nur in un- genügenden Exemplaren. 11. Fraasi (= T. vicinalis @. Jura tb. 12, fig. 1). 12. T. sinemuriensis. 13. Spiriferina Walcotti d’O (Spirifer Waleotti Sowb). 14. Spiriferina lata Martin. 15. Spiriferina pinguis d’Orb (Spirifer pinguis Ziet tb. 38, fig. 5, Sp. tumidus Buch). 16. Spi- riferina betacaleis @. 17. Rhynchonella rimata. 18. Rhynch. Deffneri (Terebratula triplicata juvenis @). 19. Rh. belemnitica (= Terebratula belemnitica @. Jura tb. 8, fig. 15). 20. Rh. plicatissima (= Terebra- tula plicatissima @, Rh. anceps Dew Chap.). 21. Rh. ranina Süss (= Terebratula oxynoti @, Rh. Buchi Dew Chap.) 22. Lingula Da- vidsoni. — B. Alpine untere Liasarten vom Hierlatzberg: 23. Tere- bratula Andleri. 24. T. Engelhardti. 25. Terebratula sp. ind. ähnlich T. numismalis. 26. T. mutabilis. 27. T. Partschi. 28. T. Ewaldi. 29. 'T. stapia. 30. T. Beyrichi. 31. T. nimbata. 32. Spiriferina al- pina. 33. Sp. brevirostris. 34. Sp. angulata. 35. Rhynchonella Emme- richi. 36. Rh. rimata. 37. Rh. Fraasi. 38. Rh. plicatissima @. sp. 39. Rh. polyptycha. 40. Rh. retusifrons. 41. Rh. Greppini. 43. Rh. Gümbeli. 44.-Rh. Albertii. 45. Rh. inversa. 46. Rh. Kraussi. 47. Rh. prona. Während unter den Cephalopoden der Hierlatzschichten sehr characteristische Arten sich finden, welche auch ausserhalb der Alpen vorkommen und hier ihr Lager im untern Lias haben, be- schränken sich dagegen die Brachiopoden fast ganz auf die alpinen Gebiete. Die vier ausserhalb der Alpen vorkommenden Arten lassen sich nicht einmal mit voller Gewissheit identificiren. Aber es ist unter den Hierlatzbrachiop»den keine einzige sichere mittelliasinische Art. — (Geolog. Zeitschr. XIII. 529—548, Tf. 10—13.) F. Roemer, Nautilus bilobatus im schlesischen Koh- lenkalk. — Sowerby beschrieb diese Art aus den Kohlenkalk von Closeburn in S-Schottland und zeichnet sich dieselbe aus durch die Biegung ihrer Kammerwände zur Bildung zweier elliptischer Höhlun- gen. Später führte Prestwich eine Art mit demselben Charakter als N. clitenarius von Coalbrook Dale auf, zu welcher Verneuil eine kleine Art von Kosatschi Datschi bei Miask stellte. d’Orbigny vereinigt beide Arten. In Deutschland kannte man diese Art nicht, R. erhielt sie aus dem Kohlenkalk von Falkenberg in der Grafschaft Glatz. Ihr Gehäuse ist kuglig, der Nabel eng, fast cylindrisch, die Zunahme der Umgänge in der Breite sehr rasch, in der Höhe weniger schnell; der Sipho liegt in halber Höhe der Kammern. Auf einem Umgang kommen 20 Kammern. Die Nahtlinie bildet auf der Rückenmitte einen zungen- 490 förmigen Lappen nach vorn, daneben jederseits einen flacheonvexen Bogen nach hinten. Die Schale zeigt nur sehr feine Wachsthums- linien. Die Diagnose der Art fasst R. also: Testa globosa auguste umbilieata; anfractibus tribus vel quatuor amplectentibus; apertura lata, subreniformi: septis crebris, medio antrorsum inflexis et cavita- tem bipartitam efformantibus; suturis septorum in medio dorso lo- bum linguaeformem antrorsum spectantem delineantibus; siphunculo centrali; superficie laevi, lineis inerementi subtilissimis, vix perspi- cuis. — (Geolog. Zeitschr. XIH. 695—698. tb. 13.) Beyrich, zwei Avicula im deutschen Muschelkalk. — Die eine dieser Arten gehört zu den Aviculae gryphaeatae der alpi- nen Trias, welche B. als eigene Gattung Cassianella von Avicula trennt. Typus derselben ist Avicula gryphaeata von St. Cassian, es fehlt ihr ein vorderes Byssusohr in der rechten Klappe gänzlich, wodurch sie Gervillia näher steht, von der sie aber durch die einfache Bandgrube verschieden ist. Das Schloss besteht aus ein Paar Zähnen unter dem Wirbel und einem langen leistenförmigen hintern und einem kürzern vordern Seitenzahn. Die fragliche Art fand sich bei Mikultschütz in Oberschlesien und ist identisch mit Cassianella tenuistria Goldf spec. von St. Cassian. Die zweite Art von Schwerfen bei Commern hat Aehnlichkeit mit Avicula contorta der Kössener Schichten, welche - nicht zu Cassianella gehört, während ihre Begleiterin A. speciosa eine Cassianella ist. Monotis salinaria soll Typus der neuen Untergattung Pseudomonotis sein. — (Zbda. AIV. 9.) A. Wagner, Monographie der fossilen Fische aus den lithographischen Schiefern Bayerns. 1. Plakoiden und Pyknodonten. (München 1861. 40. 4 Tff.) — Verf. hat schon mehr- fach seine Untersuchungen über die betreffenden Fische publicirt, fasst dieselben hier aber durch neue erweitert zusammen in eine vollstän- dige Monographie. Nach einer sehr dürftigen historischen Uebersicht wendet er sich sogleich an die Plakoiden und beginnt deren Darstel- lung mit Chimaera. Dieselbe lieferte nur Ch. (Ischyodon) Quenstedti in einem 5l/sa‘ langen Exemplar, von welchem nur ein Zahn und der Flossenstachel eine nähere Beschreibung gestattet. Die Haien begin- nen mit Palaeoscyllium n. gen. der lebenden Ginglymostoma zunächst stehend nach der Stellung der Flossen. Die Art P. formosum ist 11/a‘ lang und gestattet das Exemplar keine eingehende Vergleichung. Sphe- nodus hat keine Basalhöcker an den Zähnen und verdient kaum von Oxyrrhina getrennt zu werden, dennoch stellt Verf. Sphnitidus n. sp. auf mit 2—10‘“ grossen Zähnen von der Form des Sph. longidens Ag, nur schmäler, was zur Begründung der Art freilich nicht aus- reicht. Notidanus wurde in einem vollständigen Exemplar und in ei- nem Zahn gesammelt. Erstes bildet N. eximius (= N. Münsteri Beyr), hat abweichend von den lebenden eine knöcherne gegliederte Wirbel- säule. Die Zähne weichen von N. Münsteri ab, indem diese Art klei- nere fünfzackige besitzt. N. Wagneri (= Aellopos Wagneri Ag) ge- hört nach der Wirbelform in diese Gattung, unterschieden von vori- 491 ger Art durch längere Wirbel und längere Rückenflosse. N. inter- medius n. sp. ein isolirter Zahn, der ebenso gut auch von voriger Art herrühren kann. Acrodus faleifer in einem Exemplar mit völlig zerdrücktem Kopfe, mit ächten Akrodontenzähnen, mit 72 Wirbeln bis zur Mitte der Schwanzflosse, zwei Rückenflossen mit je einem starken Stachel, abgerundeten Bauchflossen und spitzdreieckigen ge- kielten Schuppen. Squatina alifera.in zwei Exemplaren, wovon Thau- mas fimbriatus Mstr nicht zu trennen ist. Sp. acanthoderma Fraas in mehren Exemplaren von Nusplingen scheint nach W nicht verschie- den von voriger Art. Sq. speciosa (= Thaumas speciosus Meyer) in einigen Exemplaren schon von v. Meyer beschrieben. Aellopos scheint generisch nicht eigenthümlich zu sein. Ae. elongatus Mstr dürfte das hintere Ende von Sp. acanthoderma sein. Rochen: Asterodermus lie- ferte A. platypterus Ag in zwei Exemplaren, welche Agassiz und v. Meyer beschrieben haben. Spathobatis unterscheidet sich von Rhi- nobates durch ächte Roehenmerkmale und lässt sich nach W nicht ge- nerisch von Asterodermus trennen. Sp. mirabilis n. sp. in einem Exem- plar mit 176—178 Wirbeln, sehr langen sichelförmigen Rippen, über- aus kräftigem Brustgürtel, einfachen Flossenstrahlen. Euryarthra Mün- steri Ag eine sehr grosse Brustflosse stammt von Spathobatis. Aste- racanthus ornatissimus Ag fragment eines Flossenstachels. — Die Ganoiden nimmt W nach Heckels Untersuchungen über den Bau ih- rer Wirbel und theilt sie in Rautenschupper und Scheibenschupper mit je 4 Familien. Erstere beginnen mit den Pyknodonten. Die ver- einigten Gaumenbeine und Vomer tragen Zähne, der Oberkiefer ist zahnlos, die untern Vorderzähne sitzen auf besonderen Knochen, ‚sind eckzahn- oder meisselartig, die Zähne der fünf Gaumenreihen aber Mahlzähne, im Unterkiefer 3 bis 6 Reihen. Eigenthümliche Reifen umgürten den Rumpf und sind Hautrippen zum Ansatz der Schup- pen dienend. Knöcherne Wirbel fehlen gänzlich, nur Halbwirbel sind vorhanden. Die Gattungen haben Streifen am ganzen Rumpfe und kegelförmige Vorderzähne: Gyrodus mit tiefgabliger Schwanzflosse und Mesturus mit voller Schwanzflosse, oder sie haben Reifen nur am Vorderrumpfe und meisselförmige Vorderzähne: Microdon mit seicht ausgeschnittener Schwanzflosse, Mesodon mit voller Schwanzflosse. Gyrodus hat Verf. schon früher behandelt. Hier folgende Arten: G. titanius n. sp. (= G. circularis, rhomboidalis, punetatissimus, multi- dens Ag), ferner G. hexagonus (= Microdon hexagonus Ag, G. rugo- sus Q, Mierodon analis Ag, G. lepturus Wagn); G. platurus (= Mi- erodon platurus Ag); G. macrophthalmus Ag (= G. frontatus Ag) wozu wahrscheinlich auch G. maeandrinus Mstr gehört; G. rugosus Mstr; G. gracilis Mstr ist vielleicht Jugend von G. macrophthalmus; Mesturus n. gen. in einem Exemplar M. verrucosus ganz wie 'Gyro- dus nur durch die ausgefüllte Schwanzflosse unterschieden. Micro- ‚don mit M. elegans Ag, dem Pycnodus notabilis Mstr und formosus Wagn zufallend und M. nanus n. sp. von nur 2° Länge ohne posi- tive Merkmale also ohne Begründung. Mesodon mit M, Heckeli n. 492 sp. 2‘ lang, M. macropterus Ag in 3 Exemplaren, M. pulchellus n. sp. wiederum ohne eigene Merkmale. v. Meyer, Pleurosaurus Goldfussi von Daiting — Verf. beschrieb diese Gattung bereits 1831 nach einem Exemplar in Münsters Sammlung, welcher selbst 1839 ein zweites Exemplar als Anguisaurus bipes bestimmte. v. M. vereinigte beide, wogegen aber Wagner sich erklärte, um später die Identität doch anzuerkennen. Die Münchener Sammlung enthält jetzt 6 Exemplare, eines findet sich in Haarlem und zwei in Hannover, und noch zwei in der Heidelberger Sammlung. Alle hat v.Meyer untersucht und bringt nun die Gattung Pleurosaurus in die eigene Familie der Acrosaurier. — (Palaeontogra- phica &. 37—45, tb. 7.) Gl. Botanik. A. Weiss, Fluorescenz der Pflanzenfarb- stoffe. — W. hat die Fluorescenzfarben sehr vieler Blühtenfarbstoffe untersucht, indem er sich des von Stokes dazu empfohlenen Apparates bediente... Es wurden nur frisch dargestellte Farbstofflösungen ent- weder im concentrirten oder verdünnten oder mit chemischen Rea- gentien vermischten Zustande angewendet, und bald homogenes ein- farbiges Licht durch Einschaltung gefärbter Gläser, bald unzerlegtes directes Sonnenlicht als Beleuchtungsmedium benutzt. Die Resultate der Untersuchung sind im wesentlichen folgende: 1. Gelbe Extracte liefern eine grüne oder rothe, blaue entweder wieder blaue bis vio- lette oder rothe und grüne Fluorescenzfarben bei directem Sonnen- licht. Bei Einschaltung farbiger Gläser zeigen violette Strahlen die grösste Manichfaltigkeit in den Fluorescenzfarben, rothe Strahlen än- dern jede Fluorescenzfarbe in roth um; dieselbe Erscheinung findet statt, wenn man anstatt den Pflanzenextract mit farbigem Lichte zu beleuchten die durch directes Sonnenlicht erzeugten Fluorescenzfarben durch gefärbte Gläser beobachtet. 2. Die mit Wasser verdünnten Farbstofflösungen zeigen immer blaue oder nahezu blaue Fluorescenz- farbe, mag die ursprüngliche Fluorescenzfarbe sein, welche sie wolle. 3. Mit Ammoniak versetzte Extracte immer nahezu grüne Fluorescenz- farbe, 4. mit Salpetersäure versetzte Extracte gelbe oder rothe Fluo- rescenzfarbe. W. glaubt, dass die Fluorescenz aus einer Umsetzung von Licht in Wärme zu erklären sei, und dieselbe daher die Quelle der Eigenwärme der Pflanzen wäre, ohne jedoch für seine Annahme Beweise beizubringen. — (Ber. d. naturf. Gesellsch. z. Bamberg V, 19.) Hahn, über die Entzündbarkeit der Blühten von Di- ctamnus albus. — H. bestätigt die von Linne’s Tochter beobachtete Erscheinung, welche seitdem nicht wieder beobachtet wurde, dass, wenn man sich Abends mit einem Lichte der Blühtenkrone von Dietam- nus nähere, eine kleine Flamme daran auflodere. Er fand, dass die Er- scheinung nur dann stattfinde, wenn die Blumenkronen eben abge- blüht haben. Blumenkronen, deren untere Theile schon abgeblüht haben, während die oberen noch in der Entwicklung begriffen sind, zeigen die Lichterscheinung nur an den unteren abgeblühten Theilen. Er glaubt, dass die Erscheinung dadurch bedingt sei, dass von den 493 kleinen braun-röthlichen Drüsen des Stengels um diese Zeit ein äthe- risches Oel in so reichlicher Menge entwickelt und abgedunstet werde, dass eine Entzündung desselben möglich ist. — (Jahresbericht der na- turforschenden Gesellsch. zu Hannover AI. 30.) Smt. Fr. Herbich, über die Verbreitung der in Gallizien und der Bukowina wildwachsenden Pflanzen. — Nachdem Verf. das von ihm botanisch durchforschte Gebiet kurz charakterisirt hat und!zu dem Behufe es eintheilt in: I. das westliche Gebiet, a. Ebene, das Hügelland und niederes Gebirge, b. Westkarpathen (Beskiden, Pienninengebirge, Alpen der Tatra), II. die nördliche Sandebene und das sumpfige Torf- und Moorland, III. das östliche Gebiet, a. podo- lische Hochebene von Galizien und der Bukowina, b. subkarpathisches Hügelland und Solaquellen-Gebiete Galiziens und der Bukowina, c. Ostkarpathen in der Bukowina und in Galizien der Kolomeaer, Stanislawower Kreis und der östliche Theil des Stryer Kreises: führt er unter diesen Rubriken 360 Pflanzen mit ihren genaueren Standorten auf, an die sich IV. Nr. 361—485 anschliessen, welche in den West- und Ostkarpathen zugleich vorkommen. Als in I. a. vorkommend he- ben wir besonders hervor:- Valeriana tripteris L, Galium rotundifo- lium L, Omphalodes scorpioides Lehm, Stachys alpina L, Ribes alpi- num L, Arabis Halleri L,; Circaea intermedia Ehrh, in I.b.: Carex ornithopoda Willd, Corallorrhiza innata RBr, Carduus arctioides Willd, Leontodon incanus Schrk, Teucrium montanum L, Symphytum cor- datum WK, Primula Auricula L, Alyssum medium Host, Gypsophila repens L, Spiraea chamaedryfolia L, Phaca australis L u. a. II. Die nördliche Sandebene und das sumpfige Moorland fängt von der schle- sischen Grenze an, zieht sich längs der Weichsel, dem San und dem Buch 45 Meilen lang hin und hat im Bochnier Kreise ihre geringste Breite von 2 Meilen im Rzeszower Kreise die bedeutendste von 10 Meilen; durchschnittlich liegt sie 600° über dem Meere. Von Sand- pflanzen kommen hier unter andern vor; Nardus strieta L, Coryne- phorus canescens PB, Panicum glabrum Schrad, Teesdalia nudicaulis RBr, Helichrysum arenarium DeC. Die zahllosen Sümpfe und Wasser sind oft mit Nuphar, Nymphaea (hierunter candida Presl, semiaperta Klinggrf, alba v. oligostigma Casp) Ceratophyllum, Stratiotes, Utri- cularia, Hottonia, Potamogeton und Myriophyllum dermassen.angefüllt, dass man sie nur mit grosser Mühe zu Kahne befahren kann. Die Nadelwälder dieser Gegend sind auf die wenigen Vaccinium myrtill., uliginos., Oxycoccos, Ledum palustre und Calluna vulgaris beschränkt, Die Carex, Sceirpus, Eriophorum und Juncus-Arten der Torfwiesen sind die allgemein an solchen Localitäten verbreiteten. III.a. die po- dolische Hochebene aus tertiärem Kalk und Sand gebildet, ist unter andern durch folgende Pflanzen charakterisirt: Andropogon Ischae- mum L, Atriplex nitens Rebent, Senecio umbrosus WK, Ligularia si- birica Cass, Cirsium pannonicum Gaud, Campanula bononiensis L, An- chusa Barrelieri Bess, Marrubium vulgare L, Diacocephalum Ruy- schiana L, D, austriacum L, Erynchium planum L, Saxifraga hirculus 494 L, Lepidium draba L, Bunias orientalis L, Silene chlorantha Ehrh, Linum perenneL, L. flavum L, Astragalus onotrychis L, Orobus lae- vigatus WK, Sieyos angulata L, Aposeris foetida Less, beide letztere Pflanzen auch im westlichen Gebiete verbreitet. Die letztere findet sich hier in zahlloser Menge mit Ranunculus ficaria, R. cassabicus, Anemone nemorosa, A. ranunculoides, Secilla bifolia, Hepatica triloba u.a. b. Das subkarpathische Hügelland mit seinen grossen Salz- und Salzthonlagern liefert verhältnissmässig wenig Salzpflanzen: Lepigo- num medium Wahlb, Salsota Kali L. c. Die Ostkarpathen, soweit sie dem Gebiete angehören bilden im Allgemeinen die höchsten Re- gionen desselben. Nur auf diesen (6300°) wachsen Sesleria disticha Pers, Aronicum Clusii Koch, Senecio carpathicus Herb, Saxifraga bryoides L, S. carpathica Rchb, Carex curvula All, Veronica petraea Baumg, Gentiana prostrata Haenke, etwas tiefer Laserpitium alpi- num WK, Salix retusaL, S. herbacea und retieulata L. — (Verhandl. d. zool. bot. Vereins in Wien AI, p. 233—70 mit Karte.) Tschbg. Nägeli, Morphologie und Systematik der Ceramia- ceae. — C. A. Agardh begriff unter Ceramiaceen alle rothen ge- gliederten Algen mit äusserlicher Frucht, J. Agardh schloss die mit Keimbehältern versehenen Gattungen aus und nahm nur die mit Keim- häufehen begabten Florideen darin auf, Ebenso fasste Kützing unter Trichoblastae die Algen mit dem Charakter: Phycoma trichomaticum saepe corticatum zusammen. N. selbst suchte die Ordnung besser zu begründen und auch J. Agardh lieferte eine neue Bearbeitung. Auch nach letztrer lässt N. unter den Ceramiaceen alle Florideen, welche blos aus gegliederten Fäden (Zellreihen) bestehen. Bei den meisten kommen Cystocarpien neben den Tetrasporen vor, bei ein- zelnen fehlen diese oder jene. N. meinte, die Tetrasporen seien die weiblichen Organe und werden von den Spermatozoen der Antheri- dien befruchtet, die Cystocarpien dagegen seien die geschlechtslosen Keimfrüchte. Diese Deutung hält er noch aufrecht. Er untersucht nun die Gattung Callithamnion im ältern Sinne. Das Thallom (Laub) besteht aus verzweigten gegliederten Fäden. Bei einigen kommen kriechende und aufrechte, bei andern nur letztere Thallomfäden vor. Im ersten Falle treten die kriechenden entweder als selbständiges, meist unbegrenzt fortwachsendes und bisweilen sich verzweigendes Gebilde und die aufrechten als Aeste desselben auf; oder die lie- genden Fäden entspringen erst als Ausläufer aus dem Grunde der aufrechten und erzeugen selbst aufrechte Aeste. Die aufrechten Strah- len des Thalloms sind häufig alle gleichwerthig. Grösse und Ver- zweigung können zwar sehr ungleich sein, aber zwischen beiden Extremen gibt es an derselben Pflanze alle möglichen Akstufungen. Bei andern Callithamnieen hat sich die Scheidung in zwei constant verschiedene Organe bestimmt vollzogen, die einen Strahlen wachsen unbegrenzt in die Länge, die andern sind begrenzt. Ausserdem muss man aber von den normalen Strahlen die adventiven trennen. Es können Adventiväste oder Adventivzweige sein und entspringen an 495 andern Stellen als den normalen z. B. aus den Berindungsfäden oder dem untern Ende der Thallomglieder, während die normalen Seiten- strahlen auf dem obern Ende der letzten stehen. Die Keimfrüchte sind zuweilen von Hüllzweigen umgeben, welche an andern Seiten der Gliederzellen entspringen als die normalen Seitenstrahlen. Die begrenzten aufrechten Thallomstrahlen bilden ihre Spitze auf zweierlei Art aus. Bei einigen werden die Glieder nach dem Scheitel hin kür- zer und dünner, die Scheitelzelle selbst ist am kleinsten und nach oben spitz. Dabei verdicken die Zellen ihre Wandungen ziemlich stark und stellen eine dornförmige Spitze dar, bei andern werden die obersten Zellen der begrenzten Strahlen länger, schmäler, dünn- wandiger als die übrigen, bilden ein endständiges Haar von kurzer Dauer. Ausser den niederliegenden, aus aufrechten entspringenden Thallomfäden gibt es noch vorzugsweise nach unten wachsende an den aufrechten Fäden. Einige derselben sind verzweigte Zellenreihen, legen sich dicht an die Thallomstrahlen an, wachsen auf denselben nach unten und bedecken sie mit einem dichten fädigen Geflecht, darum wurden sie Berindungsfäden genannt; an der Basis der Pflanze bilden sie eine scheibenförmige Ausbreitung (Haftscheibe). Andere sind einfache verlängerte Zellen, weder unter sich noch mit den Thallomstrahlen verwachsen und sich mit einem scheibenförmigen ge- lappten Ende auf fremde Körper festsetzend. Andere endlich von den Thallomstrahlen horizontal abgehend und frei endigend haben das Aussehen von Wurzeln neben dem Bau von Berindungsfäden und Stolonen, ebenso gegliederte und verzweigte Fäden, welche schief nach unten wachsen und zuweilen mit ihrer Spitze auf einen Gegen- stand sich festsetzen ohne eine Haftscheibe zu bilden. Es sind also drei Kategorien von vegetativen Organen vorhanden: aufrechte Thal- lomfäden, niederliegende, Berindungsfäden und Stolonen und drittens Wurzelfäden. Alle mehrzelligen Strahlen der Callithamnieen wachsen ausschliesslich durch Theilung der Scheitelzelle in die Länge. Glie- derzellen theilen sich nie. Die Wände in den Scheitelzellen. sind bald horizontal bald schief. Alle Seitenstrahlen entspringen aus den Gliederzellen. Ihre erste Zelle bildet sich so, dass die Gliederzahl sich etwas nach aussen erhebt und ein Theil derselben an dieser Stelle durch eine schiefe oder verticale Wand abgeschnitten wird. Dabei zeigen sich Modificationen. Als Regel gilt, dass die normalen Verzweigungen eines Organes oder gleichwerthige Tochterstrablen aus dem apikalen Ende der Gliederzellen entspringen. Die Verzwei- gungen der aufrechten Thallomfäden stehen also auf dem obern, die der horizontalen und Siolonen auf dem vordern, die der nach unten gerichteten Berindungsfäden auf dem untern Ende der Glieder. Un- gleichwerthige Organe haben häufig einen andern Ursprung. Zwar stehen die begrenzten Zweige ausschliesslich auf dem obern Ende der Ast-Glieder, aber die aufrechten Thallomfäden kommen meist aus dem mittlen Theile der Glieder der kriechenden Thallomfäden und aus dem Grunde der Glieder der Stolonen. Die Adventiväste entspringen XIX. 1862. 34 496 oben, in der Mitte, selten unten an einer Gliederzelle der Berindungs- fäden, andere kommen aus dem Basilartheile oder der Mitte der Glie- der der aufrechten Thallomfäden. Die Berindungsfäden und Stolonen entspringen an den aufrechten Thallomfäden meist aus den Basilar- theile, selten aus der Mitte der Glieder. An den kriechenden Thal- lomfäden sind die Wurzelhaare häufiger ein Produkt des Basilartheiles, können aber auch in der Mitte oder am Apikalende der Glieder be- festigt sein. — Die Entwicklungsgeschichte der Systeme gleichwer- thiger Strahlen bietet drei Fälle. Bei den einen wachsen die Mutter- strahlen in gleichem Masse in die Länge wie die Tochterstrahlen und diese erscheinen als die seitlichen Verästelungen jener. Bei andern entwickelt sich der Tochterstrahl schneller und überragt bald den Mutterstrahl, die Fäden gewähren das Ansehen von Dichotomien. Bei noch andern endlich entwickelt sich je der begrenzte Tochter- strahl mehr als sein ebenfalls begrenzter Mutterstrahl, so dass er ihn an Länge übertrifft und an Stärke gleichkömmt, dadurch wird das unverzweigte Ende des Mutterstrahls seitlich geschoben und der Tochterstrahl erscheint als die direkte Fortsetzung von dessen unterm Theil. So entstehen gemischte Strahlen, Sympodium genannt, wo- nach man die erstern als monopodial, die zweiten als kamptopodial bezeichnen kann. — Die Thallomstrahlen stehen einzeln oder zu zwei gegenüber oder zu mehren quirlständig. Einzelständig kehren sie sich entweder nach allen Seiten und bilden eine Spirale mit den Di- vergenzen ®/ı—!/s oder sie alterniren rechts und links mit einer Di- vergenz von !/a und liegen also in vier Ebenen. Seltener sind sie einzeilig, noch seltener einseitig zweizeilig. Der erste Tochterstrahl an einem Seitenstrahl ist dem Hauptstrahl zugekehrt, abgekehri oder seitlich. Die Sporenmutterzellen stehen, wenn das Thallom aus gleich- werthigen Strahlen gebildet ist, an den Strahlen der letzten Ordnun- gen, also an einfachen oder wenig verästelten Zweigen. Wenn unbe- grenzte Aeste und begrenzte Zweige vorkommen sind sie stets an letztern befestigt. Zuweilen sind die Sporenmutterzellen die Scheitel- zellen von normalen Thallomstrahlen, also gestielt, ihr sehr häufig eingliedriger Stiel hat die Stellung und Beschaffenheit eines Zweiges, Häufig sind die Sporenmutterzellen seitlich an den Zweigen, so dass sie die Stelle eines Thallomstrahles einnehmen, sind also sitzend an den Gliederzellen. Trägt eine Pflanze nur einen Seitenstrahl auf jedem Gliede, so ist an einem Gliede ebenfalls nur eine Sporenmutter- " zelle befestigt. Kommen auf einem Gliede zwei gegenständige Seiten- “ strahlen vor: so findet man bei solcher Art auch opponirte Sporen- mutterzellen. In all’ diesen Fällen sind die letztern durch Metamor- phose aus einem ganzen Thallomstrahl oder aus dem Endtheil eines solchen hervorgegangen. Sie befinden sich aber auch seitlich sitzend oder gestielt an Gliedern der Zweige, in andrer Stellung als die Sei- tenstrahlen und haben häufig einen oder zwei derselben neben sich. Solche können ausnahmsweise in Adventivzweige sich verwandeln, Die Sporenmutterzellen, welche nicht die Stellen von normalen Seiten- 497 strahlen einnehmen, haben gewöhnlich eine birnförmige Gestalt mit dem dünnen Ende befestigt oder stehend auf einem 1—2-gliederigen Stiel. So kommen sie einzeln, sehr häufig aber zu 2 und 3 in einer senkrechten Reihe an einem Gliede vor. Die aber, welche die Stelle von Thallomzweigen einnehmen sind oval oder rundlich und sitzen mit ziemlich breiter Basis auf. Sind diese gestielt, so gleicht ihr Stiel einem Zweige. Sind sie sitzend: so befinden sie sich an dem obern Seitentheile eines Gliedes. — Rücksichtlich der Sporenbildung in der Mutterzelle gibt es sechs Kategorien: 1. Aus der Mutterzelle entsteht unmittelbar eine einzige Spore. 2. Die Mutterzelle theilt sich in zwei Zellen und jede dieser durch eine mit der ersten parallelen Wand abermals in zwei Zellen, so dass vier Sporen in einer Reihe hinter einander liegen. 4. Die Mutterzelle theilt sich in zwei Zellen, jede theilt sich nun abermals durch eine auf der ersten rechtwinklige Wand, die vier Sporen haben eine kugelquadratische Gestalt und lie- gen bald in einer Ebene bald wie die Ecken eines Tetraäders. 5. Die Mutterzelle theilt sich gleichzeitig in vier Zellen tetraädrisch. 6. Sie theilt sich in zahlreiche Sporen mit Viertheilung beginnend und Zwei- theilung endend. — Die Antheridien stehen meist seitlich an den Thallomzweigen zu 1—3 an einem Gliede. Jedes entsteht aus einer Zelle, welche seitlich von der Gliederzelle abgeschnitten wird. Diese Zelle theilt sich, indem von ihr durch schiefe Wände einige äussere und obere Stücke als Zellen abgetrennt werden. Letztre können sich in gleicher Weise theilen. Es entsteht so ein trichotomischer und di- chotomischer auch wohl ein fiederartiger Zweig mit kurzen Zellen und gedrängt stehenden Verzweigungen. Auf der letzten Zelle bil- den sich je 2—4 Samenzellen. Das ganze Antheridium stellt eine halbkuglige oder lang planconvexe Masse dar mit der Basilarzelle am Thallomgliede befestigt. Diese seitlichen Antheridien stimmen in der Stellung mit der Sporenmutterzelle überein. Wo aber letztere den Platz eines Seitenstrahles einnehmen, findet sich auch das Antheridium an der nämlichen Stelle. Bilden sich mehre Antheridien an demselben Gliede: so behauptet das erste jenen Platz, die folgenden befinden sich in gleicher Höhe neben demselben und bilden mit ihm einen Quirl. Es gibt noch andere Stellungen der Antheridien. — Die Keimfrüchte werden stets seitlich an einer Gliederzelle der aufrechten - Thallomstrahlen angelegt. Ihre Entwickelungsgeschichte stimmt bei allen bis in ein ziemlich vorgerücktes Stadium überein. Seitlich an der Gliederzelle bilden sich vier Zellen im Kreuz. Wenn die erste Zelle sich lange vor den andern bildet: so entsteht aus ihr ein ge- wöhnlicher vegetativer Zweig. Folgt die Anlage der andern drei un- mittelbar nach: so bleibt die erste verkürzt und ungetheilt und bildet einen einzelligen verkümmerten Zweig. Aus der zweiten, dem ein- oder vielzelligen Zweige gegenüberstehenden Zelle entwickelt sich ein eigenthümlicher Complex von mehren Zellen, welcher durch blassen zartkörnigen Zellinhalt, durch zarte Membran und dadurch characte- risirt ist, dass seine oberste Zelle ein einzelliges abfallendes Haar 34* 498 trägt. N. nennt diese Gruppe Trichophor. Aus der dritten und vier- ten Zelle entstehen Complexe von Keimzellen. In jeder beginnt ein Zellenbildungsprocess dem bei der Bildung der Antheridien ähnlich, indem von einer Zelle 2—3 äussere oder obere Partieen durch schiefe Wände als Zellen abgeschnitten werden. Das wiederholt sich und es entsteht ein dichotomisch und trichotomisch getheilter Faden mit kur- zen polyedrischen Gliedern und dicht gedrängt beisammen liegenden Verzweigungen. Die weitere Ausbildung der Zellencomplexe aus der dritten und vierten Zelle verhält sich bei verschiedenen Gattungen ungleich. Meist verwandelt sich die ganze Masse in ein Keimhäufchen Die dichten Zellen der ganzen Verzweigung werden grösser und fül- len sich mit festem rothen Inhalt, dazwischen wenig Galterte; an der Oberfläche aber wird eine reichliche Gallertmembran gebildet. Das Keimhäufchen gewährt nun das Ansehn, als ob in einer Mutter- zelle viele Zellen sich gebildet hätten, entspricht aber doch morphö- logisch einem gegliederten Faden. Das Keimhäufchen steht also auf einem ein- oder mehrgliedrigen Stiel. Daran können noch neue sich entwickeln. Befinden sich die Keimhäufchen am letzten Gliede der Zweige: so bildet sich der Seitenstrahl zwischen ihnen nicht aus. Dafür legen sich die Seitenstrahlen an den vorhergehenden Gliedern als Hüllzweige um die Keimhäufchen. Befinden sich die letzten tiefer an den Zweigen und Aesten: so mangelt ihnen diese Umhüllung, dä- gegen ist der zwischen ihnen befindliche Zweig ausgebildet und sie haben oft scheinbar eine axilläre Stellung. Bei andern Callithamnieen geht die Ausbildung der Keimhäufchen anders vor sich. Jeder der Zellencomplexe aus der dritten und vierten Zelle wird zum Keimboden von fast halbkugliger Gestalt. Derselbe besteht aus einem verzweigten Faden mit gedrängt stehenden radialen Verzweigungen und verkürzten Gliedern. Auf den oberflächlichen Zellen bilden sich die Keimzellen, jede birnförmig und yon einer eigenen Gallertmembran umgeben. Solche Keimfrüchte befinden sich dicht an einem Zweigende, an dem unter der Scheitelzelle stehenden Gliede. Die Scheitelzelle verküm- mert, der zwischen den Keimfrüchten ‚stehende Seitenstrahl abortirt. Die beiden gegenüberliegenden Keimböden vereinigen sich zu einem oft scheinbar endständigen Keimboden von kugliger Gestalt. Sie mö- gen Keimköpfchen heissen. Noch andere Gattungen bilden Keimbe- hälter, deren Entwicklung noch unbekannt ist. Ausser den Sporen, ' Antheridien und Keimfrüchten kommen noch sogenannte Seirosporen vor, rosenkranzförmige verzweigte Fäden, deren dickwandige und mit unlöslichem Inhalte gefüllte Glieder sich leicht trennen.. Die Seiro- sporen sind weder die Mutterzellen der Sporen noch vertreten sie die Keimfrüchte, sie sind vielmehr abnorme Brutkeime und heissen besser Seirogonidien. Kützing trennte Callithamnion in Callithamnion mit nackten und Phlebothamnion mit berindeten Stämmchen und Aesten. Das er- klärt Nägeli für künstlich und stellte schon vor 20 Jahren 10 Gattun- gen auf, aber gegen ihn trat Agardh auf, freilich mit gänzlicher Ver- 499 achtung der Morphologie, so dass N. mit, vollem Rechte dessen An- schuldigungen zurückweist. Wir gehen auf diese Erörterungen nicht ein, sonden geben N.’s Uebersicht der Gattungen und Untergattungen von dem alten Callithamnion an. I. Die aufrechten Thallomfäden mit lauter gleichwerthigen Strahlen. A. Sporenmutterzelle die Stelle eines ganzen vegetativen Strah- les oder seiner Scheitelzelle einnehmend. 1. Die aufrechten Thallomfäden von kriechenden entspringend, mit gegenständiger oder einseitiger, zuweilen vager Verzweigung. a. Kriechende Fäden ohne Haftwurzeln, kreuzförmige Tetrasporen, Rhodochorton. b. Kriechende Fäden mit Haftwurzeln, tetraedrische Tetrasporen oder Polysporen. «&. Umhüllte Keimköpfehen Zyperotham- nion: Tetrasporen terminal Euerpothamnion, dieselben seitlich sitzend Rhizophyes, theils Tetrasporen theils Polysporen terminal Anisarith- mium, Polysporen theils terminal theils seitlich sitzend Meristospo- rium. ß. Keimbehälter Zejolisie. 2. Die aufrechten Thallomfäden mit regelmässiger alterniren- der Verzweigung. a. Wachsthum monopodial Callithamnion: Tetra- sporen tetraedrisch, seitlich sitzend, Antheridien einzeln an einem Glied Eucallithamnion, Antheridien quirlständig an einem Glied Da- sythamnion, Polysporen seitlich sitzend Pleonosporium, Tetrasporen tetraedrisch terminal Compsothamnion. b. Wachsthum sympodial, Te- trasporen tetraedrisch, seitlich sitzend Dorythamnion. B. Sporenmutterzellen nicht an der Stelle eines vegetativen Strahles, oft mit einem solchen theils einzeln, theils zu 2 und 3 an einem Glied. 1. Tetraedrische Tetrasporen oder Disporen Poecilothamnion: manche Zweige mit hinfälligen endständigen Haaren, tetraedrische Tetrasporen Eupoecilothamnion, Disporen oft gestielt Miscoporium, keine entständigen Haare, Wachsthum monopodial, tetraedrische Te- trasporen Maschalosporium. — 2. Haplosporen Monospora. II. Aufrechte Thallomfäden mit unbegränzten Aesten und be- gränzten Quirlzweigen. A. Tetrasporen die Stelle eines ganzen Zweigstrahles oder sei- ner Scheitelzelle einnehmend, meist gestielt, in der Ebene des gefie- derten Quirlzweiges liegend. 1. Diese Ebene geht durch den tragenden Ast, Tetrasporen kreuzförmig und tetraedrisch, Pterothamnion. — 2. Diese Ebene ist ein tragender Ast tangential, Tetrasporen kreuzförmig, Antithamnion. B. Tetrasporen nicht die Stelle eines Zweigstrahles einneh- mend, rechtwinklig zur Ebene des gefiederten Quirlzweiges inserirt, sitzend kreuzförmig Spondylothamnion. Verf. behandelt nun die Gattungen im einzelnen und auch de- ren Arten, worüber wir jedoch auf das Original verweisen müssen. — (Münchener Sitzungsberichte 1861. II. 297—415. Tl.) —_e 500 Zoologie. Stein, neues Infusorium im Darm von Regenwürmern. — Im Darm von Regenwürmern wurden bisjetzt Plagiotoma lumbrici Duj und Opalina lumbriei und armata St beob- achtet. St. löste die Gattung Opalina in vier auf, wovon O. lumbriei zu Anoplophrya und O. armata zu Hoplitophrya kömmt. Eine vierte Regenwurmart fand er bei Prag in Lumbricus anatomicus und nennt sie Hoplitophrya armata. Sie ist etwas länger als breit, rundlich dreieckig oder kurz oval, ziemlich dick. Ihr Haftapparat besteht aus einem hammerförmigen Hornhaken dem vordern Ende genähert, sein Stiel der Bauchwand angewachsen; vom kropfartigen dichten vordern Ende geht rechtwinklig und frei ein spitzer stark gekrümmter Ha- ken ab und der Stiel setzt sich über den Haken hinaus in einen lan- gen Hornbogen fort, der sich mit dem der andern Seite verbindet. Dazwischen auf der Bauchseite ein System eigenthümlicher Furchen, welche vom Hornbogen entspringen. Auf der rechten und linken Seite finden sich einige contractile Behälter. Der Nucleus liegt in der rech- ten Hälfte und ist strangförmig fast von Körperlänge, auf seiner rech- ten Seite hinter der Mitte ein ovaler Nucleolus. Der eine Regenwurm lieferte 15 Exemplare, ein zweiter 2, die grössten waren 1/20‘ lang. — (Prager Sitzungsberichte 1861. 42.) Derselbe, weitere Beobachtungen über die Conju- gation der Infusorien und die geschlechtliche Fortpflan- zung der Stentoren. — Verf. nennt laterale Syzygien zwei der Länge nach an einander liegende und zum Theil verbundene Infuso- rien und terminale Syzygien, bei welcher die Individuen hinter ein- ander liegen. Für beide unterscheidet er noch gleichnamige und un- gleichnamige, je nachdem beide Individuen mit gleichnamigen oder ungleichnamigen Körpertheilen verbunden sind. Die ungleichnamigen terminalen Syzygien kommen am häufigsten vor, sie sind stets durch Quertheilung aus einem Individuum entstanden. Aber es gibt auch gleichnamige terminale, wo das vordere Körperende des einen Indi- viduums mit dem vordern des andern verschmolzen ist, und diese sind nur durch Conjugation zweier Individuen entstanden. St. beob- achtete sie nur bei Enchelinen und bei Didinium. Die Vorticellinen und Ophridinen werden nie in ungleichnamiger terminaler Syzygie angetroffen, d. h. sie vermehren sich nie durch Quertheilung. Sie bilden laterale Syzygien. Die von ihren Stielen abgelösten mit hin- terem Wimperkranze versehenen Vorticellinen kommen auch in latera- len Syzygien vor und solche scheinen durch Conjugation zu entste- hen. St. fand sie häufig mit Embryonalkugeln und reifen Embryonen versehen. Schon O. F. Müller deutet die Conjugation bei jenen For- men an, aber erst Balbiani nahm 1858 seine Ansicht wieder auf und erkannte in den lateralen Syzygien von Paramaecium bursaria einen Begattungsakt. : Er beobachtete, dass sich während der Syzygie der Nucleolus jedes Individuums zu einer mit Spermatozoen gefüllte Kap- sel zu entwickeln beginnt und dass später nach erfolgter Trennung bei- der Individuen aus dem Nucleus eines jeden mehre eiähnliche Körper 501 hervorgehen, welche sich zu Embryonen entwickeln. St. hatte schon weiter gehende Beobachtungen gemacht. Balbiani liess beide Indivi- duen sich wechselseitig befruchten und die Eier auf Kosten ihres Nuc- leus sich entwickeln, aber St. zeigte, dass durch die Syzygien ledig- lich eine geschlechtliche Zeugung vorbereitet werde, indem sich zu- vörderst der Nucleolus jedes Individuums zu einem männlichen Ge- schlechtsorgane umzugestalten beginnt. Erst längere Zeit nach Lö- sung der Syzygie stelle jedes Individuum ein geschlechtsreifes her- maphroditisches Thier dar, das sich selbst befruchtet, indem die aus dem Nucleolus entwickelten Spermatozoen in den vergrösserten Nucleus eindringen, worauf dieser in die Keimkugeln zerfällt, die sich endlich zu Embryonalkugeln entwickeln. Zur weitern Verfolgung dieses Bil- dungsganges beobachtete Verf. die lateralen Syzygien von Paramaecium aurelia massenhaft und fand alle stets in demselben Stadium, beide Individuen vollständig organisirt mit zu einer Spermatozoenkapsel umgewandelten Nucleolus. Bisweilen war jedoch ein Individuum um !/3 kleiner als das andere und einmal bildeten sogar 3 eine Syzygie. Auch diese Erscheinungen erklären sich am leichtesten durch Conju- gation. Syzygien mit nur lose an einander liegenden Individuen trennte St. gewaltsam und fand bei beiden einen ganz kleinen homo- genen runden, noch dem Nucleus aufsitzenden Nucleolus, wie solcher dem gewöhnlichen Thiere eigen ist, den doch das eine Individuum nicht haben könnte, wenn jene Syzygie das letzte Stadium der Längs- theilung wäre. Endlich sah St., wie zwei Individuen gegen einander schwammen, sich berührten, rasch umkreisten, dann mit den Bauch- seiten auf- und niederglitten und endlich vollständig mit einander ver- schmolzen. So war für die Paramäcien die Conjugation ausser allem Zweifel gebracht und dasselbe gelang auch für die Euploten nament- lich Euplotes patella und charon, wo der Nucleolus früher übersehen war, nun aber auch mit Spermatozoen gefüllt aufgefunden worden. Bei erster Art konnten auch Embryonalkugeln, die Entwicklung und Geburt der Jungen beobachtet werden. Letztere gleichen täuschend den Embryonen von Stylonychia mytilus und Urostylus grandis und werden durch den Mund oder vielmehr durch eine am Innenrande des Peristoms gelegene Längsspalte geboren, welche zu dieser Zeit die Stelle des Mundes einnimmt. Unter allen lateralen Syzygien aber sind die der Oxytrichinen die eigenthümlichsten, die Verf. daher im- mer noch als Längstheilung auffasste. Es Sind ungleichnamige, die linke Seite des einen Individuums mit der rechten des andern verbun- den, beide nur mit dem vorden Drittel, selten bis zur Mitte mit ein- ander verschmolzen, das eine mit einem vollständigen Peristom und Mund versehen, das andere ohne beide, auch mit anderer Bewimpe- rung. Dennoch liegt auch hier nur Conjugation vor. Jede laterale Syzygie endet damit, dass in jedem der beiden Individuen ein neues Individuum angelegt wird, welches sich mehr und mehr ausdehnt und das ursprüngliche Individuum vollständig resorbirt. Die neuen Indi- viduen bilden die eigentliche geschlechtsreife Generation und reissen 502 sich von einander los, bevor noch alle Reste der ursprünglichen voll- ständig resorbirt sind. Die früher als Endglied einer Längstheilung gedeutete Stylonychiensyzygie ist der Anfang der Conjugation, St. beobachtete wiederholt die allmählige Vereinigung beider Individuen. — Die Entwicklung lebendiger Jungen im Innern der Stentoren be- obachtete schon Eckhard 1846, was O. Schmidt bestättigte, während Claparede und Lachmann einen andern Entwicklungsgang der Jungen erkannten, Verf. fand erst ganz neuerdings Stentoren mit Embryonal- kugeln und reifen Embryonen bei Prag; es waren St. polymorphus, coeruleus, Mülleri, Roeselii, alle ein und derselben Art angehörig. Viele Individuen enthielten nur 1 oder 2 Embryonalkugeln von Yas—!/4s‘'“ Durchmesser, andere 3 bis 5 noch einmal so grosse und mehre kleine und noch reife Embryonen. Im letzten Falle liegen diese Gebilde dicht zusammen gedrängt neben dem stark geschlängelten strangför- migen Nucleus, der oft an beiden Enden keulenförmig angeschwol- lenist. Die Embryonalkugeln sind hell, durchscheinend, farblos, ganz homogen, mit grossem centralen feinkörnigen Kern und einem nahe an der Oberfläche gelegenen lebhaft contraktilen Behälter, statt des-. sen oft auch zwei vorhanden sind. Von den grossen Embryonalku- geln schnürt sich ein Segment ab und dies wird zum Embryo. Zu dem Ende treibt der Kern der Kugel zuerst einen zapfenförmigen Fortsatz und. um diesen gliedert sich eine entsprechende Portion von der lichten Substanz der Embryonalkugel ab. Bevor sich diese Por- tion. durch tiefere Einschnürung schärfer als eine kleinere Kugel von dem Reste der-Embryonalkugel absetzt, scheint es als stecke in einer grössern Embryonalkugel eine kleinere. Die kleinen Kugeln verwan- deln sich dadurch in Embryonen, dass auf einem Theil ihrer Ober- fläche lange zarte Wimpern hervorwachsen, die mit ihren freien En- den so gegen einander geneigt sind, dass sie um den vorden Pol der Kugel einen matt schwingenden Schopf bilden. Die ganz reifen Em- bryonen sind kurz, walzenförmig, in der Mitte eingeschnürt, an bei- den Enden gleichmässig abgerundet. Nur die vordere Hälfte ist be- wimpert, die hintere völlig nackt und vor ihrem Ende mit einem Kranze von 8—9 fingerförmigen geknöpften Tentakeln gekrönt. Die ein oder zwei contraktilen Behälter liegen in der Mitte des Körpers, der Nucleus am vordern Ende. Die Embryonen brechen stets auf der- Rückseite der Mutter nach aussen hervor. Die Embryonen der Sten- toren sind also wie die meisten Infusorienembryonen acinetenähnlich und ganz von der Gestalt der jüngsten frei lebenden verschieden. Oft sah Verf. grosse Stentoren ohne Nucleus, aber mit 1—6 gleich grossen Kugeln den grössern Embryonalkugeln ähnlich und ohne con- traktile Behälter und auch mit kleinerem centralen Kern. Es sind Keimkugeln, die sich später in Embryonalkugeln verwandeln. Diesem Zerfallen des Nucleus in Keimkugeln geht ohne Zweifel ein Befruch- tungsakt voraus. Die farblosen als männliche zu deutenden Stentoren zeigen entweder einen aus blasigen Anschwellungen bestehenden Nu- leus oder denselben zerfallen in 3—6 sehr ungleiche rundliche Schläuche. 503 Mit der Form: hat sich auch; die Substanz des Nucleus wesentlich ver- ändert, sie erschien in eine dunkle grobkörnige Masse umgewandelt oder bestand ganz aus zahllosen, dicht gedrängten spindelförmigen Körperchen, welche sehr leicht durch Druck sich isoliren liessen und dann in dichten Zügen durch das Wasser trieben als starre weber- schiffehen ähnliche Körperchen von Y/s70—N/as0‘' Länge. Ohne Zwei- fel sind sie die reifen Spermatozoen. — (Zbda. 62—77.) K. Möbius, neue Gorgoniden des naturhistorischen Museums zu Hamburg. — Verf. beschreibt folgende Arten: So- landeria verrucosa: ramosa, flexilis, subflabelliformis, trunco, ramis ramulisque rotundis, irregulariter, verrucosis; axis purpurascens; COr- tex extus purpureus, intus flavus, aus der Algoabai an der S-Spitze Afrikas. Die Gattung Solandria diagnosirt Verf.: Polyparium ramo- sum, sclerobasis calcareocellulosa; epidermis spiculis siliceis und un- terscheidet sich die früher bekannte Art S. gracilis durch platte Zweige mit Polypen in zwei gegenüberstehenden Reihen. — Lophogorgia crista: ramosa, cernua, purpurea, ramis. dichotomis, trunco ramisque compressis, ramulis teretibus, aus derselben Bai. — Gorgonia radula: subflabelliformis, ramosa, dense verrucosa, ramis pinnatifidis vel bipin- natifidis, superficie coenenchymatis granulosa, violacea, von der. Iusel St: Thom& im Busen von Guinea. — Muricea horrida: arborescens, ramosissima, ramis teretibus, verrucis polypiferis, cylindratis, obtu- sis; coenenchyma spiculis fusiformibus, verrucosis, fulvis suffultum, von Peru. — (Verhandl. der Leopold. Akad. XATX,. 3 If.) W. Keferstein, über Lucernaria Müll. — Diese inter- essante Uebergangsform zwischen den Anthozoen und Acalephen be- obachtete K. in 2 Arten, octoradiata Lk und L. campanulata Lx bei St. Vaast la, Hougue unweit Cherbourg. Ihr Körper gleicht einem Becher oder Trichter mit doppelten Wänden. Am Anfang des Stie- les verwächst die innere Wandung in vier Zipfeln mit der äussern, so, dass zwischen den Zipfeln vier Eingänge bleiben und der Stiel selbst nur von der äussern Wand gebildet wird. Im Trichtergrunde, wo die innere Wand sich in die 4 Zipfel theilt, schickt sie einen Cy- linder, den Mund des Thieres wie einen kurzen Klöppel im Grunde einer Glocke nach aufwärts. und füllt so den engen Raum im Trichter ziemlich aus. Man vergleiche den Körper mit der Scheibe einer Qualle, der Hohlraum zwischen beiden Wänden ist durch vier schmale Scheidewände getheilt,. welche auf die vier Zipfel laufen, während die Kammern am Rande des Bechers communiciren und als weite Radiärgefässe der Quallen zu betrachten sind, hier aber besser Ma- gentaschen heissen. Selbige münden zwischen den Zipfeln der innern Wand in die Magenhöhle. Die äussere Wand lässt sich der Gallert- scheibe der Medusen vergleichen, die innere stellt dann den Schwimm- sack vor, der mit vier schmalen Streifen daran haftet. So ist Lucer- naria gleichsam als Hemmungsbildung einer Meduse zu betrachten, als Knospenzustand. Dies Verhältniss tritt noch deutlicher in der Stellung der Randtentakeln und der Genitalien auf. Erstre entsprin- 504 gen in Gruppen vereinigt am Scheibenrande, wo die Radiärgefässe sich mit dem Ringgefässe vereinigen und sind als blosse Aussackungen dieses Gefässsystemes zu betrachten. Gewöhnlich ist zwischen ihnen die Glocke tief eingeschnitten und bisweilen sitzt in diesen Ausschnit- ten eine Randpapille, die einem Tentakel gleichwerthig ist. Die Ge- nitalien liegen wie bei vielen Medusen in der Wand der Radiärge- fässe. Der einfache Stiel der Glocke heftet sich mit seinem blinden Ende an Seepflanzen, Zostera. Die Glocke besteht also aus der Gal- lertscheibe der äussern Wand des Bechers und dem Schwimmsack, der innern Wand desselben. Die Gallertscheibe ist von einer äussern und innern Bildungshaut überzogen, dazwischen liegt die Gallert- masse ganz ohne zellige Elemente nur mit feinen Fäserchen. Die Häute bestehen aus dichten Zellen. Am Becherrande biegen sich beide Bildungshäute zum Schwimmsack um, wo die Gallertmasse zwischen ihnen fehlt. Im Bechergrunde sind die 4 Zipfel des Schwimmsackes mit den Spitzen an die Gallertscheibe angewachsen und diese An- wachsstelle setzt bis zum Becherrande fort, wodurch die vier Zwischen- wände entstehen. In der äussern und innern Bildungshaut liegen Nes- selkapseln, auf der Ausserfläche der Gallertscheibe meist in rundli- chen erhöhten Flecken mit gelblichen Pigmentkörnern, auf der Ober- fläche des Schwimmsackes dagegen in Einsackungen zumal am Rande. Die Glocke verschmälert sich ziemlich plötzlich in den Stiel, dessen Ende sich fussartig wie bei den Aktinien ansetzt. Er ist eine direkte Fortsetzung der Gallertscheibe und seine Wand tritt in den innern Hohlraum mit vier Wülsten vor, deren obere Enden gerade auf die vier Zipfel des Schwimmsackes stossen. Die untere Fläche des Fus- ses ist trotz eines kleinen Blindsäckchens geschlossen. Die acht Hau- fen der Tentakeln stehen auf armartigen Erhöhungen am Rande, zu je zweien den innern Scheidewänden nahe gerückt, sind starr und büschelartig, eigentliche Aussackungen des Gefässsystemes mit der innern und äussern Bildungshaut, bei Jungen oft noch mit Gallert- masse zwischen beiden Bildungshäuten, bei alten mit maschigem Zell- gewebe und in der äussern Lage mit Muskelfasern. Ihre Zahl be- trägt in jedem Haufen 25—27, alle knopfartig endend. Bei L. cam- panulata sind die 5 an der Unterseite sitzenden Tentakeln besonders gebaut, kurz, an der Basis mit einer Verdickung der äussern Haut, die von Nesselkapseln gefüllt ist wie der Endknopf, von Milne Ed- wards als Blasen beschrieben. Die bei einigen Arten am Rande zwi- schen den Armen sitzenden Randpapillen sind Ausstülpungen der bei- den Bildungshäute mit der zwischenliegenden Gallertmasse und sit- zen etwas unterhalb des Randes, haben einen innern mit dem’Gefäss- system communicirenden Hohlraum und sind kugelig oder ganz ten- takelartig. Im Grunde der Glocke ist wie bereits angegeben der Schwimmsack in 4 dreieckige mit den Enden an die Gallertscheibe angewachsene Zipfel getheilt, wodurch 4 bogenfensterartige Zwi- schenräume im Schwimmsack entstehen, welche von der Magenhöhle in die Radiärkanäle führen. Oberhalb der Theilungsstelle schickt 505 der Schwimmsack das Mundrohr nach oben, das sehr beweglich ist und zusammengefaltet werden kann. Die von Lamouroux in dessen Wandung beobachteten harten scheibenförmigen Körper fand K. nicht. Die aus Krebsen und Mollusken bestehende Nahrung wird nur im Magen verdaut. An den Rändern jener Zipfel entspringen zahlreiche wurmförmige innere Mundtentakeln, welche in den Magen hineinra- gen, die innen solide sind und aus Gallertmasse von der äussern Bil- dungshaut überzogen bestehen, auch viele Nesselkapseln enthalten. Zu dem Magengefässsystem muss man den Hohlraum im Stiel, und den Hohlraum zwischen der Gallertscheibe und dem Schwimmsack in der Seitenwand der Glocke rechnen, welche während der Verdau- ung wahrscheinlich vom Magen abgeschlossen sind. Diese Räume sind mit feinen Cilien ausgekleidet und ihr Inhalt ist eine klare, oft Körnchen enthaltende Flüssigkeit. Die Muskulatur ist sehr ausge- prägt. Sie besteht bei L. octoradiata im Stiel aus den 4 erwähnten Längswülsten, aus 4 platten Faserbündeln in der Gallertmasse, welche in der Fussscheibe entspringen und an den Zipfeln des Schwimm- sackes plötzlich aufhören. Bei L. campanularia fehlen dieselben gänz- lich, ihr Stiel ist auch nur sehr wenig contractil. In der Glocke am Schwimmsack kommen ringförmige und radiale Muskelfasern vor. Die radialen Bündel liegen je eines in der Mittellinie eines jeden Armes und je zwei treffen in der Spitze eines Schwimmsackzipfels zusammen, am obern Enee gehen sie in die Tentakeln aus einander. Die circulären Muskelstränge beschränken sich auf den Rand des Schwimmsackes, ziehen von einem Arm zum andern, enden in deren Spitzen. Die Geschlechtsorgane sind getrennt und wie in der gan- zen Familie der Thaumantiaden im Verlaufe der Radiärkanäle ange- bracht. In der Wand eines jeden dieser breiten Kanäle finden sich zwei nach ihrem Hohlraum vorspringende Wülste vom Ende der Arme bis in die Zipfel des Schwimmsackes verlaufend. Fabricius und La- mouroux hielten dieselben für radiale Därme. Sie bestehen aus ne- ben einander liegenden kugeligen Ausstülpungen der innern Bildungs- haut des Schwimmsackes, in welcher sich vielleicht aus einer Wuche- rung der äusseren Bildungshaut die Keime entwickeln. Die innere Bildungshaut enthält soweit sie die Geschlechtsorgane überzieht viel braunes Pigment bei den Weibchen, während die Hodenschläuche weiss sind. Die Eierschläuche sind dicht gefüllt mit röthlichen Eiern. Die Samenschläuche haben im unreifen Zustande innen ein lappiges Ansehen durch die grossen körnigen Samenbildenden Zellen. Ist der Samen reif, sieht ein solcher Schlauch ganz gleichmässig aus und ent- hält höchst bewegliche Spermatozoen mit grossem Kopfe. Ueber be- fruchtung und Entwicklung hat K. keine Beobachtungen. — O.F. Mül- ler stellte Lucernaria zuerst auf, Fabrieius erkannte eine zweite Art, Lamarck brachte sie zu den medusenartigen Thieren, Cuvier aber in die Nähe der Actinien und fand damit den meisten Beifall. Neuer- dings haben Milne Edwards und Leuckart sie wieder davon getrennt und zum Tpyus eiuer eigenen Gruppe erhoben, während Gegenbaur 506 sie zu den Octactinien bringt, Huxley sie wieder zu den Medusen versetzt. K. hat ihre engen Beziehungen zu den Medusen hier spe- ciell dargelegt, und betrachtet sie als Unterordnung der Hydrasme- dusen. Er fasst nun ihre Gattungscharaktere zusammen und wendet sich dann zur Feststellung der Arten. 1. L. quadricornis Müll EL: fascicularis Fbr): Glocke flach, der Stiel länger wie die Glocke, die langen Arme paarweise vereint, jeder mit bis 100 Tentakeln , ‚Grösse 70 Millim., an der norwegischen Küste, Grönland, Faröern und Shet- landsinseln. 2. L. aurieula Fabr: Glocke tief trichterförmig, fast cy- lindrisch, mit 8 kleinen fast gleichweit stehenden Armen und je einer Randpapille dazwischen; Stiel ebensolang oder länger wie die Glocke; Länge 40mm; Grönland. 3. L. octoradiata Lamk (= L. aurieulata Rathke) Glocke ziemlich flach trichterförmig, mit 8 gleich weit abste- henden kurzen Armen und grossen Randpapillen dazwischen; Stiel so lang wie die Glocke hoch; Länge 30mm, Nordsee und atlantisches, Meer. 4. L. campanulata Lamk (= L. auricula Montg, octoradiata Lk, convolvulus Johnst, inauriculata Owen) Glocke ziemlich tief trich- terförmig mit 8 gleichweit abstehenden langen Armen, Stiel kaum so- lang wie die Glocke hoch, ohne Muskelwülste; Länge 45mm, im Ca- nal. 5. L. cyathiformis Sars (= Depastrum cyath. Gosse, Carduella cyathif. Allmann, Calieinaria eyathif. MEdw) Glocke becherförmig mit erweitertem Rande, der ganz und mit 8 Haufen von Tentakeln besetzt ist; Stiel so lang wie die Glocke hoch; Länge 15mm, an der englischen und norwegischen Küste. 6. L. stellifrons (= Depastrum stellifrons Gosse) Glocke becherförmig; oben unter der Mündung ein- geschnürt, Rand achteckig, Arme fehlen, Tentakeln in acht Haufen zwischen den Ecken, Stiel so lang wie die Glocke; an der englischen Küste. Beay Greene vereinigte L. quadricornis, octoradiata, und cam- panulata in eine Art L. typica. Fabrieius beschreibt noch 'L. phry- gia, die aber, nicht dieser Gattung angehört, sondern nach Steenstrup eine Kolonie von Hydroidpolypen ist. — «(Siebold u. Kölliker’s. Zeit- schrift XII. 1-26. Tf.1) Derselbe, Rhabdomolgus neue Holothurie bei St; Vaast: 10mm lang, schlauchförmig, in der Haut mit vielen carmoisin- rothem Pigment und mit fünf fast pigmentlosen Längsstreifen, vorn mit 10 langen, lappig gerandeten Tentakeln um den Mund, mit gelb- lichem Darm. Nervensystem und Wassergefässsystem lässt sich nicht erkennen. Der Eierstock ein Schlauch von 2/3 Körperlänge neben dem Darm gelegen. — (Ebda. 34. 7f. 11.) Derselbe, über die Nemertinen, — — Verf. beobachtete unter Steinen am Ebbestrande von St. Vaast la Houge viele Nemer- tinen. Ehrenberg legte bei deren Unterscheidung ein zu, grosses Ge- wicht auf die Zahl und Stellung der Augen, Diesing theilte sie in vier Gruppen nach der Kopfbildung, ähnlich auch Schmarda und M. Schultze. Leiztrer jedoch nur in zwei Gruppen Anopla und Enopla. Diese nimmt K. zur Characteristik seiner Arten auf, I. Ne- mertinea enopla, der Rüssel mit stacheltragendem Apparate. Fam, 1, 507 Tremacephalidae: die Kopfspalten sind kurz, quer oder trichterförmig, am Gehirn die obern Ganglien wenig nach hinten verlängert, die Seitennerven am hintern Ende der untern Ganglien entspringend. a. Ohne Lappenbildung vorn am Kopf. 1. Polia Chiaje: Kopf deut- lich vom Körper abgesetzt, meist mit Augen, Mund nahe dem Vor- derende, Körper hinten verschmälert. 2. Borlasia Oken: Kopf nicht vom Körper abgesetzt, meist mit Augen, Mund einige Kopfbreiten vom Vorderende entfernt, Körper hinten wenig verschmälert. Identisch ist Lineus Sowb und Ommotoplea und Polystomma Ehb. 3. Oer- stedtia Quatrf: Kopf nicht vom Körper abgesetzt, Seitennerven nahe der Mittellinie verlaufend.. — b. Mit Lappenbildung vorn am Kopf, 4. Mierura Ehbg: Kopf nicht abgesetzt, vorn mit einer Querfurche, so dass ein oberer und ein unterer Lappen entsteht, zwischen denen der Rüssel heraustritt; mit Augen; Mund vom Vorderende entfernt. Vielleicht gehört Tetrastemma dazu. 5. Prosorhochmus n. gen.: Kopf nicht abgesetzt, vorn mit drei Lappen; der Rüssel unter dem herzförmig getheilten Vorderende hervortretend; mit Augen; lebendig sebärend. 6. Lobilabrum Blainv: Kopf nicht abgesetzt, vorn mit vier Lappen, indem der obere und untere Lappen herzförmig ausge- schnitten ist; der obere aber viel tiefer. — II. Nemertinea anopla ohne Stachelapparat im Rüssel. Fam. 2. ARhochmocephalidae: Kopf- spalten lang; am Gehirn deckt das obere Ganglion das untere völlig und die Seitennerven entspringen aus den Seiten des untern. a. Ohne Lappenbildung vorn am Kopf. 7. Lineus Sowb: Kopf deutlich ab- gesetzt, etwas verbreitert, meist ohne Augen, Kopfspalten bis zur Höhe des Mundes; Körper hinten allmählig zugespitzt, 'platt, sehr lang und äusserst contractil, gewöhnlich verknäuelt. Typische Art L. longissimus Sowb. 8. Cerebratula Renieri: Kopf nicht abge- setzt, etwas verschmälert, aber abgestutzt endend; Kopfspalten bis zur Höhe des Mundes: Körper nach hinten nicht verschmälert, platt, von mässiger Länge und geringer Contractilität. Identisch ist Leu- ckarts Meckelia. Die Arten im Mittelmeer. 9. Nemertes Cuy.. Kopf nicht abgesetzt, Kopfspalten lang, bis zur Höhe des Mundes, meist mit Augen; Körper platt, von mässiger Länge und Contractilität. Hieher auch Huschkes Notospermus drepanensis — Notogymnus dre- panensis Ehbg. — b. Mit Lappenbildung vorn am Kopf. 10. Ophio- ctephalus Chiaje: Kopf abgesetzt, etwas verschmälert, aber abge- stutzt endend und vorn in der Medianlinie mit einer von der Rücken- seite auf die Bauchseite laufenden Furche, wodurch der Kopf zwei- lappig wird; Kopffurchen lang, bis zur Höhe des Mundes reichend; keine Augen; Körper lang. -- Fam. 3. Gymnocephalidae: Kopfspalten ganz fehlend; Gehirn ähnlich dem der Poliaden, aber die obern Gang- lien decken die untern noch viel weniger; die Seitennerven entstehen aus der ganzen hintern Seite der untern Ganglien als eine allmählige Verjüngung derselben. 11. Cephalothrix Oerst: Kopf nicht abge- setzt, sehr läng und zugespitzt, der Mund weit vom Vorderende ent- fernt; Körper drehrund, sehr lang fadenförmig und äusserst contractil. 508 Die hier nun speciell beschriebenen Arten sind: Borlasia mandilla (= Polia mandilla Quartref.), B. splendida, Oerstedtia pallida, Pro- sorhachmus Claparedi, Nemertes octoculata, Cephalothrix ocellata, C. longissima. An diesen Arten machte Verf. folgende anatomische Beobachtungen: Die äussere Haut besteht aus einer die Cilien tra- tragenden Cuticula und einer dicken Schicht feinkörniger Substanz. In letztrer keine Spur von zelliger Bildung, wohl aber das Pigment. Meist bilden die Schleimdrüsen den grössten Theil dieser feinkörnigen Schicht, sie sind ovale, oft gelappte dünn häutige Körper stark Schleim absondernd und scheinen nach Aussen zu münden, bilden gemeinlich nur eine Reihe unter der Cuticula, bisweilen mehre Reihen hinter einander. Bei Cephalothrix ocellata zwischen Schleimdrüsen und spär- lichem Pigment viele Aragonitkrystalle.. Die Cuticula erscheint als gleichmässige Schicht, aus welcher die Cilien hervorwachsen. Un- mittelbar unter der Haut liegt eine die ganze Körperhöhle ausklei- dende Schicht von Muskeln, über der die von Quatrefages angege- bene fibröse Schicht niemals beobachtet wurde. Die meisten Fasern verlaufen der Länge nach. Nur bisweilen ist die Muskulatur com- plieirter, so bei Cerebratulus marginatus. Hier wird die Körperhöhle von einer Schicht Längsmuskeln begränzt, darauf eine starke Lage Ringmuskeln, dann die mächtigste Schicht der Längsmuskeln und un- ter dem Pigment wieder eine feine Lage von Ringmuskeln, ausser- dem noch viele mächtige Radialfasern. Andre Muskeln fehlen, selbst der Rüssel hat keine Retractoren. Diese Muskulatur umgränzt eine Leibeshöhle, welche die Organe ausfüllen und in der eine Flüssigkeit eirculirt, die kleine platie Körperchen führt. Der Darmkanal be- ginnt unter dem Gehirn mit einem Längsspalt als Mund und verläuft geradlinig durch den Leib. Oben hat er eine breite Längsrinne und seine dicken Seiten sind in regelmässige Taschen ausgesackt. Nur bisweilen folgt hinter dem Munde ein enger Theil, meist gleich die Seitentaschen. Kernhaltige Fäden befestigen den Darm an die Lei- beswand, seine eigene Wandung besteht aus einer äussern structur- losen Haut und einer innern feinkörnigen Belegmasse mit Cilien. Der Inhalt besteht aus Infusorien. Der Rüssel öffnet sich vorn in der Spitze des Kopfes und liegt vielfach geschlängelt in der Leibeshöhle. Er besteht aus einem ausstülpbaren, gewöhnlich mit Papillen besetz- ten Theile, einem drüsigen und einem muskulösen Theile, seine Wand aus Ring- und Längsmuskeln, welche einen soliden Strang bilden. Bei den unbewaffneten Nemertinen ist der erste und zweite Theil nur durch eine Verdickung der Längsmuskulatur geschieden. Bei den be- waffneten liegt zwischen beiden noch ein besonderer Apparat, der die Stacheln trägt. Selber besteht aus zwei Theilen, einem vordern als blosse Verdickung der Längsmuskulatur, welcher die Stacheln in sich entwickelt und häufig drüsige Stellen enthält, und einem hintern als bulbusartige Anschwellung den Ausführungsgang bildend, ohne Ringmuskeln und mit rundlichem Hohlraum, der nach vorn einen dün- nen Kanal sendet, welcher sich neben der Basis des Hauptstiletes 509 - öffnet. Quatrefages hielt den Rüssel für den Darm, Claparede erklärt irrthümlich den Hohlraum für blind. Inmitten des vordern Theiles des Stachelapparates befindet sich das Stilet, ein kegeliger mit Basal- wulst versehener Stachel, der auf einem ovalen Handgriff aufsitzt und mit diesem in einem erweiteten Fuss in die Muskulatur eingelassen ist. Zur Seite des Stilets liegen in der dicken Längsmuskulatur sta- chelbildende Taschen zwei oder viele, wo in runden Blasen Stacheln entstehen und die mit einem weiten Gange im Grunde des vorstülp- baren Rüssels sich öffnen. Die Stacheln der Seitentaschen stehen in keinem genetischen Zusammenhange mit den Stacheln des Stilets; wie sie fungiren, ist noch räthselhaft. Verf. beleuchtet nun kritisch die verschiedenen Deutungen des Rüssels und Darmkanales, hinsicht- lich deren wir auf das Original verweisen. Das Nervensystem besteht aus dem Gehirn: und den beiden Seitennerven. Ersteres meist sehr gross zeigt zwei Doppelganglien, welche durch zwei den Rüssel hindurch lassenden Commissuren verbunden sind. Bei den Tremacephaliden besteht jede Gehirnhälfte aus zwei ovalen Ganglien mehr vor- als über einander liegend; das obere deckt nur den vordern Theil des untern, im vordern Theile beide mit einander verwachsen. Bei den Rhochmocephaliden bedecken die obern Gang- lien die untern gänzlich und die Seitennerven treten anders her- vor. Die Seitennerven enden dicht neben dem After und geben in unregelmässigen Abständen Fäden ab, welche zur Haut zu gehen scheinen. Die Kopfspalten sind Einsenkungen mit stärkerer Be- wimperung. Bei den Rhochmocephaliden besonders ausgebildet sind sie tiefe Spalten vom Vorderrande bis zur Höhe des Gehirnes reichend, aber immer blinde Einsenkungen der Haut. Bei den Tremacephali- den sind sie schwächer und mit längeren Cilien wie der übrige Kör- per versehen. Mit ihnen stehen eigenthümliche Seitenorgane im Zu- sammenhange, die durch dicke Nerven mit dem Gehirne verbunden sin. Es sind solide Körper, welche sich innen an die Kopfspalte an- setzen. Ihre Deutung ist sehr schwierig. Die Augen pflegen blosse Pigmenthaufen zu sein, sehr selten mit einer Linse, stets mit Ner- ven. ÖOtolithenblasen sah K. nur bei Oerstedtia pallida auf der Rück- seite jedes untern Hirngangliens. Das Gefässsystem besteht aus zwei Seitenstämmen, in welchen das Blut von vorn nach hinten, und aus einem Rückgefäss, in welchem es von hinten nach vorn fliesst, alle drei hinter dem Hirn verbunden und endlich aus einer Kopfschlinge, durch welche die Seitengefässe vorn in einander übergehen. Alle Ge- fässe haben contractile Wandungen. Die Seitengefässe bilden oft im vordern Theile verwirrte Schlingen, das Rückengefäss verläuft gerade. Das Blut ist farblos ohne Körperchen oder röthlich, bei Borlasia roth mit Blutkörnchen in Capillargefässen strömend. Das von M. Schulze beobachtete Wassergefässsystem fand noch kein anderer Beobachter. Die Geschlechtsorgane sind getrennt und bei beiden Geschlech- tern von gleichem Bau. Es sind Schläuche an die Leibeswand fest- gewachsen und bisweilen zwischen die Darmtaschen sich drängend. 510 Ihre Keime treten durch besondere Geschlechtsöffnungen nach aussen oder durch Platzen der Leibeswand. Die Entwicklung verfolgte K. nur bei Prosorhochmus Claparedi. — (Zbda. 51—92. Tf. 5—7.) @l. Dr. Cornel Chyzer, Berichtigungen und Ergänzun- gen über die Crustaceenfauna Ungarns (Verhandlungen des zool. botan. Vereines in Wien 1858, p. 505—518.). — Verf. gibt die Diagnose zweier früher aufgestellten Arten, um sie zu berichtigen, fügt neue hinzu und erläutert an einer Tafel Abbildungen den Text: Es- theria cycladoides Joly: Testa Cycladibus simili, striis inerementi eir- eiter 24—26, marginibus excepto dorsali rectiusculo curvatis, umboni- bus prominulis. Long. testae 11— 12mm, altitudo 8—9mm, crassities 4--5mm (Numerus primus desumtus est a maribus, secundus a femi- nis animalium a me investigatorum), Caput laeve, subtus truncatum; articuli ramorum antennarum posteriorum circiter 16; segmenta po- steriora abdominis in parte dorsali in spinas validas exeuntia, po- stremum dorso spinulis pluribus in medio maximis armatum. Pedum paria 24. Pars tibialis pedum foliaceorum in margine externo lobo seu processu destituta; ramus abdominalis appendicis externi (bran- chialis autorum) in margine externo supra dilatatus, processum quasi coronoideum (Kronenfortsatz) formans. Appendices sacciformes cy- lindrici. Rami dorsales appendicum externorum, branchiatum, in 10,, 11., 12., 13. et 14. pari pedum feminarum cylindriei pilis destituti. Clypeus larvarum labrum imitans apice trilobus, lobis acutis. Color flavescens, — Estheria pestinensis Brühl: Testa forma exteriore, Ar- cas imitante, striis incrementi 14 vix ultra. Marginibus superiore recto, inferiore rectiusculo, anteriore posterioreque curvatis. Long. testae 5—8mm, altitudo 3,5—4,7mm, crassities 1,5—2,5mm. Dantur ta- men et multo minores et multo majores. Caput subtus in apice ro- tundatum, spinam hanc speciei propriam ferens. Ramus antennarum posteriorum anterior 14, posterior 13 articulorum. Segmenta poste- riora abdominis in parte dorsali setis minimis instructa, postremum dorso spinulis, aequalibus haud conspicuis armatum. Pedum paria 24. Pars tibialis pedum foliaceorum in margine externo in processum gla- brum. Forma et longitudine lobum tibialem ultimum plus minus ae- quantem producta; ramus abdominalis appendicis (externi-branchialis autorum) in margine externo supra non dilatatus, sed laminam trian- gularem, solum apice sibi adhaerentem, pilis validis 10—11 instructam ferens. Appendicis sacciformes ovales. Rami dorsales appendicum externorum feminarum in pari pedum 10., 11., 12., 13. et 14. cylin- drici pilis privati. Clypeus larvarum labrum imitans, non trilobus, sed rotundatus. Color brunnescens. — Branchipus hungaricus n. sp. in der oben angeführten Arbeit desselben Verf.’s fälschlich für B. dia- phanus gehalten. Fronte in feminis nuda, simplici, in maribus in pro- cessum quadratum apice truncatum producta. Cornibus marium va- lidis biartieulatis, articulo secundo versus lineam medianam corporis directo; lamina frontalis, articulus cornuum 1. et 2. inter se incisu- rum ovalem utringue includentes, articulus 2, contortus, apice in acu- 511 leum exiens. Articulo basilari externe seu antice adhaeret utrinque lamina plana in spiram contorta, in marginibus, externe circa 17 in- terne c. 8 processibus digitiformibus praedita; cornibus feminae multo brevioribus, simplicibus laminis supra nominatis carentibus, biarticu- latis, articulo basilari pyriformi, in facie interna aculeo valido cur- vato praedito, articulo 2 aculeo articuli pfimi simili. Labrum versus apicem angustatum apice in tuberculum mamillare productum. Pedes in margine interiore 6-lobi excepto tarsali angustato; lobus tibialis infimus omnium maximus, margine undulato, pilis validis raris obsito. Margo exterior pedis praeter appendicem sacciformem, laminam pel- lucidam cerenatum quasi triangulum et super hanc unam minorem fe- rens. In pedibus paris ultimi appendicum pedis externorum folia- ceorum solum rudimentum adest. Abdomen seu cauda in appendices 2 lanceolato utrinque setosos, longitudine 2—3 ultimorum articulorum exiens; articuli primi duo partes genitales externas ferentes, saccus ovorum solum longitudinis primorum articulorum duorum, his adnatus, apice in processum uvulae similem productus. Long. ! sine cornu- bus 16—20mm. Laminae in cornubus 7mm longae, Q 20mm, saccus ovorum 2mm, — (Verh. d. zool. bot. Vereins in Wien AT, p. 111—120.). Frauenfeld, Beitrag zur Kenntniss der Insekten- metamorphose aus dem Jahre 1860. — Verf. hat besonders Flie- gen gezogen und gibt die Pflanzen an mit den daraus gezögenen Arten; vorzugsweise wendete er den Missbildungen der Pflanzen seine Aufmerksamkeit zu. Wir verweisen auf die Arbeit selbst, welche ei- nige neue Resultate enthält. — (Zbenda 163—174.) Dr. J. Giraud, Description de deux hymenopteres nouveaux du genre Lyda accompagne&e de quelques obser- vations sur les especes connues de ce genre, qui se trou- vent en Autriche. — Verf. führt die in Oestreich aufgefundenen Arten der Gattung Lyda nach Hartigs Eintheilung auf und berichtigt dabei einige Irrthümer dieses Autors. So stellt er L. campestris L in die 1. Sect., weil nach der Klugschen Abbildung dieser Art ein Seitendorn an den Vorderschienen zukomme. In Sect. 2 vereinigt er Hartigs 3 Arten L. abietina J', annulata @ und annulicornis © var. unter dem ältern Dalmanschen Namen L. Falleni Dalm. Analect. Ent. 95 (1823). Daran schliesst er die Diagnose und Beschreibung zweier neuen, zwischen L. cyanea und pratensis einzureihenden Arten, welche auch auf Taf. II. abgebildet werden, es sind 1. L. pumilionis n. sp. Obscure viridi-coerulea: capite piloso, rufo, antice viridi-aeneo; abdo- mine rufo, basi apiceque coeruleis; pedibus nigris tibiis et tarsis an- tieis rufis; alis subhyalinis, nervis nigris (2). Capite viridi-coeruleo; tibiis tarsisgue omnibus testaceorufis (Z'). Long. 10—14mm, 2. L. la- ricis n. sp. Nigra nitida; capite thoraceque flavo pictis: abdomine ferrugineo-marginato; pedibus nigris tibiis tarsisque ferrugineis; alis hyalinis, fascia fumosa ZQ Long. 1I—11mm — (Zbenda p. 81—92.) Franz Steindachner, Ichthyologische Mittheilungen. — Verf. spricht über folgende Fische: 1. Holocentrum caudimacula- XIX. 1862, 35 512 tum Rüpp, neue Wirbelthiere von Abyssinien = H. spinifer Rüpp., Atl. zur Reise t.23 F. 1. — 2. Myripristis maculatus n. sp. — 3. Cir- rhitichthys graphidopterus Polkr. Nat. T. Ned. Ind. IV. p. 106. — 4. Ueber Cuy-Valenciennes Genera Mesoprion und Diacope. — 5. Pria- canthus holocentrum Blkr. = P. Schmidtii Blkr. Enumer. Spec. Pisc. Archip. indici p.3 No. 27. — 6. Dascyllus marginatus Ehr — Poma- centrus marginatus Rüpp = Dascyllus xanthosoma Blkr Nat. Tjidsch v. Ned. Ind. II. p. 247. — 7. Amphiprion percula C. V. — A. tuni- catus ©. V. = Anthias polymnus var. u. Amphiprion polymnus Bloch = Anthias polymnus Bloch. — 8. Ueber das Geschlecht Noyacula Valene. — 9. Xyrichthys argentimaculata n. sp. vom Cap. — 10.X, Arago — Labrus Arago Q. Gaim. hierzu Taf. IV. Fig. 1. — 11: Ueber das Geschlecht Leptopterygius Trosch. — 12. Ueber das Geschlecht Pagrus und Chrysophrys Cuv. — 13. Chelichthys psittacus =, Tetro- don psittacus Bloch, hierzu Taf. IV. Fig. 2. — 14. Zur Fischfauna des Isonzo. Caesio multiradiatus n. sp. (Taf. V. Fig. 1.) — Acan- thurus fuscens n. sp. (Taf. V. Fig. 2.) — Ueber das Pleuronectiden- Geschlecht Bothus Bonap und die Art B. Bleckeri Steind. — Ueber Chrysophrys spinifera Steind — Pagrus spinifer, Cur. — Sparus spi- nifer Forsk — Pagrus longifilis Cuv. Val. — Sargus natalensis n. sp. Wir müssen über das Nähere auf die Arbeit selbst verweisen, da sie sich im Auszuge nicht geben lässt. — (Ebenda p. 71—80, p. 133—144, p. 175—182.) Hyrtl, über die Nierenknäuel der,Haifische. — Nach den bisherigen Ansichten besitzen die Säugethiere zusammengesetzte Nierenknäuel, d.h. aufgeknäuelte Wundernetze, deren einPol mit dem zuführenden arteriellen Gefässe des Knäuels zusammenhängt, während der andere dem abführenden Gefässe des Knäuels seine Entstehung gibt; die Pole liegen sich dabei nicht gegenüber, sondern neben einander. Vögeln, Amphibien und Fischen schreibt die Sage nur ein- fache Knäuel zu, d. h. solche, deren Gefäss, ohne in ein bipolares Wundernetz zu zerfallen, -einfach sich zusammenballt, wie ein zwi- schen den Handflächen auf ein Kügelchen gebrachter Faden. Verf. weist nun nach, dass diese Knäuel bei den Haifischen (Scyllium, No- tidanus, Galeus, Acanthias oder Mustelus) zusammengesetzt sind, und behauptet zugleich, dass es einfache nirgends gebe. Der Nachweis kann durch unvollkommene Injection geliefert werden; bei einem Netze müssen sich mehrere Haltepunkte der Injectionsmasse darstellen, bei einem einfachen Knäuel nur einer; in vorliegendem Falle wurden 16—24 gezählt. Die Zweige des viel gespaltenen Muttergefässes eines Knäuels verbinden sich wiederholt mit den nächst gelegenen Nachbarn und münden mit ihnen zu sehr kurzen Stämmchen zusammen, deren Durchmesser jenen des noch ungespaltenen Knäuelgefässes bis zum Doppelten übertrifft. An verschiedenen Stellen der Nieren treten die Knäuel in verschiedener Anzahl auf oder fehlen an einzelnen auch ganz. Die Niere der Haifische besteht nicht, wie jene der Rochen, aus isolirbaren Lappen, sondern erscheint bei ventraler Ansicht mit- 513 getheilt, bei dorsaler Besichtigung dagegen durch Spalten einge- schnitten, welche die Grenzen der wohl früher vorhanden gewesenen isolirten Lappen andeuten. Jedes zwischen zwei Einschnitten lie- gende Feld erhält eine besondere Arterie aus der Aorta. Diese zahl- reichen Nierenarterien treten in den Mittelpunkt des Seitenrandes dieser Felder ein und zerfallen alsbald in ein Büschel kurzer Reiser, deren jedes einen Knäuel bildet. Die Knäuel liegen sonach um das Centrum der Dorsalfläche jedes einzelnen Lappens und zwar so zahl- reich, dass man deren 40—60 an einem Lappen zählt. Je weiter vom Centrum der Dorsalfläche der Lappen entfernt man das Nierenparen- chym untersucht, desto spärlicher werden die Knäuel und verschwin- den endlich ganz. Unter den Knäueln finden sich einzelne, deren zu- führende Arterie schon eine gute Strecke vor dem Knäuel Aeste ab- gibt, die neben dem Hauptzuge der Arterie zum Knäuel laufen, um in dessen Wundernetz unterzugehen. Sie geben in der Regel ausser- halb des Knäuels keine feineren Zweige zum Nierenparenchym, obwohl bisweilen einer derselben einen einfachen Seitenast abwirft, der dem Knäuel ausweicht, rückläufig wird und sich in Capillarien auflöst, in welchem Falle dann der über und über strotzend gefüllte Knäuel kein ausführendes Gefäss besitzt; er hört somit auf bipolares Wunder- netz zu sein, sondern erhält dadurch die volle Bedeutung eines viel verzweisten Divertikels an den feineren Aesten der Nierenarterie. Das austretende Knäuelgefäss ist an den Knäuel aller Wirbelthiere merklich schwächer als das eintretende, dies hat eben seinen Grund einfach darin, dass jenes ein Zweig eines primären oder secundären Theilungsastes der Knäuelschlagader ist; eine dünne Schlagader kann aber natürlich keinen dicken Seitenast abgeben. Die Oberfiäche der riesigen Glomeruli der Knorpelfische ist zahlreicher und tiefer ge- furcht, als jene der warmblütigen Thiere. Eine dieser Furchen, und zwar die, welche der Eintrittsstelle des Knäuelstiels gerade gegen- über liegt, ist durch Breite und Tiefe von den übrigen unterschieden und sieht aus, als wenn sie der Krater eines im Innern des Knäuels befindlichen Hohlraumes sein könnte. Verf. nennt sie Stigma oder Umbo und weist durch Querschnitte solcher besonders präparirten Knäuel eine innere Höhlung (alveolus) nach, die im Umbo ihre Ab- zugsöffnung hat. Der Dornhai (Acanthias vulgaris) wird schliesslich demjenigen empfohlen als vorzugsweise leicht zu injieiren, welcher die Versuche nachmachen will. — (Zbenda p. 123—132.) Tschbg. Alex. Strauch, Essai d’une Erpetologie de l’Algerie, St. Petersburg 1862. 4°. — Trotz mehrer sehr schätzbarer Arbeiten über die Amphibien Algeriens fehlt es doch noch an einer vollstän- digen Zusammenstellung derselben, welche Verf. hier auf eine kriti- sche Bearbeitung des ganzen Materials gestützt gibt. Nachdem er in der Einleitung die Arbeiten seiner Vorgänger aufgezählt, recht- fertigt er seine Classifikation. Er trennt nämlich die nackten Amphibien als besondere Klasse von den beschuppten, löst die Saurier in zwei gleichwertige Ordnungen auf, indem er die Krokodile mit ihren vor- 35* 514 weltlichen Verwandten als Hydrosaurier den andern gegenüberstellt. Letztre sondert er in 8 Familien, die Schlangen in 7, die Klasse der nackten Familien in 3 Ordnungen. Er characterisirt die Familien, Gattungen und Arten mit befriedigender Ausführlichkeit und gibt, wo es nöthig schien auch analytische Uebersichten, so dass die Ar- beit auch beim Bestimmen viel Erleichterung gewährt. Wir zählen hier noch die einzelnen Arten mit ihrer Synonymie auf. Testudo campanulata Walb — T. marginata DB T. pusilla Shaw — mauritanica DB graeca Poir ibera Gerv Cistudo lutaria Gessn = europaea Gray Emys leprosa Schweigg = Sigriz DB vulgaris Schlegel Chelonia corticata Rond = caouana Schweigg Sphargis coriacea Rond Chamaeleo cinereus Aldrov —= vulgaris Cuv africanus Schleg Platydactylus facetanus Aldrov = moralis DB fascicularis Cuv Tarent. maurit. Günth Pl. Delalandi DB Hemidactylus cyanodactylus Raf = verruculatus DB maculatus Gerv Gymnodactylus mauritanicus DB Stenodactylus guttatus Cuv St. mauritanicus Guich Varanus scincus Merr = arenarius DB Psammos. griseus Fitz Agama colonorum Daud A. agilis Oliv A. ruderata Oliv = mutabilis Merr Uromastix spinipes Daud U. acanthinurus Bell = temporalis Val Tropidosaura algira L = Algira barbarica Gerv Lacerta viridis Daud Lacerta deserti Günth L. ocellata Daud = viridissima Wagl L. muralis Laur L. perspicillata DB Acanthodactylus vulgaris DB = Belli Gray A. scutellatus Aud A. Savignyi Aud = vulgaris Eichw Lacerta pardalis Schleg A. lineomaculatus DB A. Boskianus Daud Eremis guttulata Lichtst E. pardalis Lichtst Pseudopus Pallasi Opp = serpentinus Gerv Scincus officinalis Laur Sphenops capistriatus Fitz Gongylus ocellatus Gmel — Tiliqua ocellata Gray Euprepes vittatus Oliv —= Olivieri DB Eu. Savignyi DB Plestiodon cyprium Aldrov = Aldrovandi DB = Scincus cyprius Gerv Seps chalcides Column = tridactylus Gerv Heteromeles mauritanicus DB = Lerista Dumerili Gerv Anguis fragilis L Ophiomorus miliaris Pall = Anguis punctatissimus Gerv Trogonophis Wiegmanni Kaup — Amphisbaena elegans Gery Eryx jaculus L Simotes diadema DB spec. Coronella austriaca. Laur 515 Coronella laevis Schleg C. girundica Daud = Cor. laevis Schleg Coronella cucullata DB spec. = laevis Schleg Macroprotodon mauritan. Grv Lycognathus cucullatus Gerv C. taeniata DB spec. C. textilis DB spec. Tropidonotus natrix L Tr. viperinus Latr = tesselatus Eichw chersoides Wagl Zamenis Cliffordi Schleg — Periops hippocrepis Wagl Z. hippocrepis L = Periops parallelus DB Coluber hippocrepis Gerv Calopeltis hippocrepis Wagl Z. atrovirens Shaw —= viridiflavus Wagl Z. florulentus Schleg Rhinechis scalaris Schinz — Coluber Agassizi Gerv Psammophis sibilans L —= moniliger Schleg Ps. punctatus DB Coelopeltis lacertina Wagl = insignitus Wagl Coluber monspessulanus Roz Coluber Aesculapi Gerv Psammophis lacertina Schleg C. producta Gerv Vipera aspis L Vipera lebetina Forsk -- Echidna mauritanica DB Vipera daboia Roz Vipera echis Schleg Vipera brachyura Schleg Echidna mauritanica Gerv Vipera minuta Eichw V. Avicennae Alp — Echidna atricauda DB V. cerastes L — (Cerastes aegyptiacus DB V. carinata Merr — Echis carinata DB Echis frenata DB Vipera echis Schleg Rana esculenta L = R. viridis DB tigrina Eichw Discoglossus pietus Otth Hyla arborea L = viridis DB Bufo vulgaris Laur B. viridis Laur — variabilis Gerv B. pantherinus Boie — arabicus Gerv mauritanicus Schleg Salamandra maculosa Laur Euproctus Rusconii Gene Eu. Poireti Gerv — Triton Poireti Schleg , Triton nebulosus Guich. @l. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. 1862. April. Mai. Juni. NEW. V. Sitzung am 7. Mai. Eingegangene Schriften: 1. Memorie della Accademia delle scienze dell’ Istituto di Bologna. tomo X. Bologna 1859. 4°. 2. Rendiconto delle Sessioni dell’ Accademia delle scienze dell’ Isti- tuto di Bologna anno 1859—61. Bologna 1861. 8°, 3. Elfter Bericht des geognostisch montanistischen Vereines für Steier- mark. Gratz 1862. 80. 4. R. de Schlagintweit, general hypsometry of India, the ‚Himalaya and Western Tibet. Leipzig 1862. 4°. 5. ——, theoretical considerations and tables in reference to India Hypsometry. Leipzig 1862. 4°. No. 4. 5. Geschenk des Herrn Verfassers. 6. Vierter Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden der Natur- wissenschaften in Gera. Gera 1861. 4°. Mit 2 Tf:. 7, B. Auerswald, Botanische Unterhaltungen zum Verständniss der heimatlichen Flora. 1 Lieferung mit 8 Tff. Leipzig 1862. 80°. 8. Quarterly Journal of the geological society of London. vol. XVII. No. 1. London 1862. 8°. , Das Februarheft liegt zur Vertheilung aus. Hr. Zinken spricht über eigenthümliche Vorkömmnisse im Koh- lensandstein bei Teuchern. Das Interessanteste ist ein Limulus, für welchen er denNamen L. Decheni vorschlägt (cf. Seite 329); zugleich legt derselbe einige über der Braunkohle lagernde Sandsteine vor mit eigenthümlichen Kernen von Eisenoxydhydrat. Hr. Giebel zeigt eine bei Grönland aus 1200 Fuss Meerestiefe gefischte Alecto Eschrichti vor und spricht über deren Organisations- verhältnisse, berichtet sodann Gegenbauers Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau des bei Helgoland vorkommenden Didem- 517 m num. Schliesslich legt Herr Weisker einige von ihm bei Saalfeld im Eisenkalkstein aufgefundene Versteinerungen vor, deren nähere Bestimmungen sich Hr. Giebel vorbehält. Sitzung am 21. Mai. Eingegangene Schriften: 1. Wilh. C. Peters, Naturwissenschaftliche Reise nach Mossambique. Botanik. I. Abth. Berlin 1862. 4°. Geschenk des Herrn Ministers v. Mühler Excellenz. 2. Verhandlungen der kk. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Band XI. Heft 1-5. Wien 1861. 3. Wochenschrift des Vereines für Beförderung des Gartenbaues in den königl. preuss. Staaten no. 16—19. Berlin 1862. 40. 4. Aug. Neilreich, Nachträge zu Maly’s Enumeratio plantarum pha- nerogam. imperii austriaci universi. Wien 1861. 8°, | 5. Ernestus de Berg, Additamanta ad thesaurum literaturae botanicae altera. Petropoli 1862. 8°. Das Märzheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung vor, ausser- dem die Einladung zur 18. Generalversammlung in Erfurt. Hr. Giebel legt eine Zecke in zwei lebenden Exemplaren vor, welche ihm von Herrn Prediger Neide in Friedeburg zur Bestimmung mitgetheilt waren. Dieses Thier gehört der in 6 Species aus tro- pischen Ländern bekannten Gattung Argas an, lebt dort in Häusern und saugt unter sehr schmerzhaften Stichen Blut an Menschen. Die vorgelegte Art, von den bis jetzt bekannten specifisch verschieden, veranlasst ebenfalls sehr schmerzhafte Stiche und ist bis jetzt nur im Hause des Herrn Neide und zwar zahlreich beobachtet worden. Hr. Zinken gibt noch einige nachträgliche Bemerkungen über seinen Limulus Decheni und spricht dann unter Vorzeigung von Exem- plaren aus dem anhaltischen Steinsalzwerke bei Stassfurt über blau- gefärbtes Steinsalz und über kleine cubische, z. Th. mit Flüssigkeit angefüllte Höhlungen in dessen Krystallen. Achtzehnte Generalversammlung. Erfurt, den 10. und 11. Juni. Der Geschäftsführer Hr. Hellwig eröffnete die im Saale von Vogels Garten zusammengetretene Versammlung mit einer Ansprache und ersuchte darauf den Vorsitzenden Hrn. Giebel um Vorlegung des Verwaltungsberichtes über das verflossene Jahr. Es ergab dieser Be- richt eine Einnahme aus den Jahresbeiträgen der Mitglieder und den Eintrittsgeldern neu aufgenommener von 624 Thaler und ein Vermö- gen an Druckschriften von 298 Thaler, die Ausgabe dagegen stellt sich auf 752 Thlr. 10 Sgr. 10 Pf., nämlich 150 Thlr. Defieit und Ein- nahmeausfälle aus vorigem Jahre, 305 Thaler Druckkosten, 133 Thaler für Lithographien, für Bibliothek, Miete und Botenlöhne 60 Thaler 14 Sgr. 10 Pf., für Generalversammlungen, Porto und Bureaubedürfnisse 518 78 Thaler 26 Sgr. und Redaktionsunkosten 37 Thaler. Die Zahl der wirklichen Mitglieder stellt sich auf 276, der correspondirenden auf 15. Nachdem noch des Zuwachses und der Benutzung der Bibliothek, der Thätigkeit in den wöchentlichen und den allgemeinen Versammlungen, dem Fortgange und Stande der Zeitschrift und der zeitweiligen Un- terbrechung der Quartabhandlungen gedacht war, übergab der Vor- sitzende die Kassenbelege zur Prüfung, welche auf Vorschlag des Geschäftsführers den Hrn. Siewert und Schäffer übertragen wurde. Hr. Bischof auf dem Mägdesprunge sendet einen Bericht über seine neuen reichhaltigen paläontologischen Sammlungen in den silu- rischen Bildungen des Unterharzes ein, deren einige Hr. Giebel un- ter erläuternden Bemerkungen vorlegt, wie derselbe auch die ausführ- liche Bearbeitung für die Quart-Abhandlungen des Vereines übernom- men hat. — Hr. Richter in Saalfeld theilt brieflich seine Beobach- tungen über ein neu aufgeschlossenes Profil im Thal der kleinen Sor- mitz mit, welches einen eigenthümlichen noch nicht erklärten Wech- sel von Diorit, schiefrigem Grünstein, Dioritporphyr und schwarzen Schiefer zeigt. Eine Abbildung des Profils war dem Berichte beige- fügt. — Von Hrn. Burmeister in Buenos Aires werden die Re- sultate seiner Untersuchungen der im dortigen Museum befindlichen Ueberreste der vorweltlichen Riesengürtelthiere, Glyptodon, brieflich mitgetheilt. Derselbe unterscheidet nach der Panzer- und Schädel- bildung drei Arten, wovon zwei neue sind. Zur Erläuterung dieser Unterschiede legt Hr. Giebel Panzerfragmente vor, welche Hr. Bur- meister dem Universitätsmuseum in Halle eingesendet hat. Hr. Gie- belerläutert die Organisationsverhältnisse und Lebensweise der Zecken und verbreitet sich speciell über deren Gattung Argas unter Vorle- gung zweier lebenden Exemplare von Friedeburg bei Halle, welche er mit den bereits bekannten sechs Arten vergleichend als neu cha- rakterisirt und zur Beobachtung ihres weitern Vorkommens in unse- rer Gegend auffordert. Darauflegt derselbe eineihm von Hrn. v. Schau- rodt in Coburg zur Untersuchung mitgetheilte Suite prächtig erhal- tener Bernsteininsekten vor und schildert einige neue Arten dersel- ben specieller, imbesondern der Gattung Cimex, Flata, Hesperia. Hr. Siewert theilt eine von ihm gefundene Methode zur Be- stimmung der Salpetersäure in salpetersauren Salzen mit, welche darauf beruht, diese Säure in alkoholisch alkalischer Lösung mittelst Was- serstoff im Entstehungsmomente in eine äquivalente Menge Ammo- niak überzuführen, das gebildete Ammoniak in titrirter Schwefelsäure aufzufangen und auf diese Weise leicht maassanalytisch bestimmen zu können. Geprüft wurde die Methode an salpetersaurem Kali, Na- tron, Bleioxyd und Baryt und vollkommen bewährt gefunden. Hierauf wurde die erste Sitzung geschlossen und die Anwesen- den wandten sich zur Betrachtung einer von Hrn. Schreiner aus- gestellten Sammlung sehr schön präparirter Raupen und einer sehr reichhaltigen paläontologischen Sammlung hauptsächlich aus dem Er- furter Muschelkalk, Nach dem gemeinschaftlichen Mittagsmahle wurde 519 der Dom unter Leitung eines sehr unterrichteten Führers besucht, dann einige Kunstgärten und der Abend wieder im geselligen Bei- sammensein in Vogels Garten verbracht. Die zweite Sitzung am 11. Juni Vormittags 9 Uhr wurde mit dem Bericht über die Prüfung der Kassenbelege durch Hrn. Siewert eröffnet, der Alles richtig befunden, worauf nach Ertheilung der De- charge zur Wahl der nächstjährigen Versammlungsorte geschritten wurde. Für die Pfingstversammlung wurde zur Feier des zehnjähri- gen Bestehens des Vereines Halle, für die Herbstversammlung Mühl- hausen gewählt. Zur Aufnahme angemeldet wird: Hr. Weiss, königlicher Salinenbeamter in Dürrenberg durch die Herrn Heun, Hellwig und Giebel. Hr. Heintz legte die Präparate vor, welche er bei Untersu- chung der Zersetzungsprodukte der Monochloressigsäure durch Am- moniak erhalten hat, die Bildungsweise und Natur dieser neuen Kör- per nur mit wenigen Worten erläuternd, weil die Resultate dieser Untersuchung bereits durch den Druck veröffentlicht sind. — Der- selbe theilt darauf die Resultate von Versuchen mit, die er mit dem Glycolamid angestellt hat, um den Grund des Unterschiedes dieses Körpers und des Glycocolls zu entwickeln, mit dem derselbe vollkom- men gleich zusammengesetzt ist. Beide Körper unterscheiden sich durch ihr Verhalten gegen Basen und Säuren. Während das Glyco- coll sehr beständige Verbindungen sowohl mit Basen als mit Säuren bildet, geht Glycolamid mit ersteren gar keine Verbindungen ein, wird in der Hitze dadurch zersetzt, indem sich glycolsaures Salz und Ammoniak bildet, kann sich aber mit Säuren verbinden; doch werden diese Verbindungen schom durch Wasser zersetzt. Die beiden Kör- per unterscheiden sich dadurch, dass in dem einen der durch Metall vertretbare Wasserstoff des Glycolsäurehydrats noch vorhanden, das dadurch nicht vertretbare Wasserstoffatom aber ausgeschieden ist (Glyeocoll), während beim Glycolamid gerade das umgekehrte Ver- hältniss obwaltet. — Zuletzt berichtete Derselbe üher die Produkte der Umsetzung des Monochloressigsäureäthers durch essigsaures Na- tron das dabei vorzüglich auftretende, von ihm entdeckte Produkt, den Acetoxacetsäureäther, vorlegend. Dieser Aether wird nach des Vortragenden Untersuchung durch Ammoniak so zersetzt, dass Acet- amid und Glycolamid neben Alkohol entstehen. Basen, wenn sie im Ueberschuss angewendet werden, erzeugen daraus neben Alkohol gly- colsaures und essigsaures Salz, wenn aber der Aether im Ueberschuss bleibt, so bildet sich das Salz einer neuen Säure die Acetoxacetsäure, deren Kalksalz der Vortragende vorzeigte. Darauf legte Hr. Giebel einige seltene und sehr schön er- haltene Petrefakten aus der Braunkohle von Latdorf bei Bernburg vor, welche ihm von Hrn. Mette zur Untersuchung übergeben wor- den, verbreitete sich über einige derselben die er schon früher be- schrieben berichtigend, auch über mehre neue Arten und versprach 35 LE 520 die ausführliche monographische Bearbeitung der Latdorfer Tertiär- fauna für die Abhandlungen des Vereines. Weiter zeigte derselbe ein sehr grosses braunrothes Exemplar der Hausmaus, welches drei Jahre in seiner Stube unter listigem und schlauem Betragen gelebt hatte, und endlich noch den in Sammlungen sehr seltenen Anomalurus Pelei von Fernando Po nebst Schädel, dessen eigenthümliche Ver- wandtschaft mit dem Eichkätzchen und Stachelschweinen erläuternd. Hr. Schäfer schilderte ausführlich die höchst interessanten Erscheinungen eines Blitzschlages in eine Kirche nahe bei Jena. Nach einer Pause hielt Hr. Giebel einen Vortrag über das Auge der Thiere, worin er besonders bei den neuesien Untersuchun- gen über den Bau der Augen bei den niedern Thieren verweilte. Auch an diesem Tage wurde ein gemeinschaftliches Mittagsessen in Vogel’s Garten genommen und der Nachmittag zu einem Spazier- gange nach der Rhodaer Höhe verwendet. Mit dem Abendzuge ver- liessen die Mitglieder Erfurt, dessen gebildetes und gelehrtes Publi- kum dieser Versammlung eine überraschend geringe Theilnahme ge- schenkt hatte. Sitzung am 18. Juni. 1. Memoires de la Soc. imperiale des sciences naturelles de Cher- bourg VIII. Paris et Cherbourg 1861. 8°. 2, Bulletins de l’Academie royale de Belgique 30 anne. 2. Serie. Tom. XI. 1861. Bruxelles 1861. 8°. 3. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft XIIL.4. XIV.1. Berlin 1861. 8°. Als neues Mitglied wird proclamirt: Hr. Weiss in Dürrenberg. Hr. Siewert spricht über Wasserleitungen und die Bedingun- gen eines guten Trinkwassers, wonach dasselbe eine Temperatur von 7—10°C., einen gewissen Grad von Kohlensäure und kohlensaurem Kalk, aber keine Beimischungen von organischen Substanzen haben muss. Das hallische Trinkwasser ist zu hart, indem es zu viel Kalk enthält. Hierauf spricht Hr. Hahnemann über die eigenthümliche Be- leuchtung bei totalen oder ziemlich totalen Sonnenfinsternissen und erklärt dieselben nach Simmler’s Untersuchungen darüber für Fluo- rescenzerscheinungen im Grossen. Sitzung am 25. Juni. Eingegangene Schriften: 1. Programm der Realschule zu Erfurt. 1862. 4°. 2. Eliter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft in Hannover. Hannover 1862, 40, 3. Abhandlungen der naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg. II. Bd. Nürnberg 1861. 8°. 4. Fünfter Bericht der naturforschenden Gesellschaft zu Bamberg. 1869—1861. Bamberg 1861. 8°, 521 5. Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Na- turkunde zu Hanau. Hanau 1862. 8°, 6. Sitzungsberichte der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag Jahrg. 1861. Prag 1861. 8°, 7. Transactions of the Illinois natural history Society II. Springfield 1862. 8°, 8. Dr. Bollmann, Photographische Monatshefte No. 1. Juni 1862 Braunschweig 1862. 8°. Hr. Weitzel verbreitet sich ausführlich über die Fluorescenz und Phosphorescenz, welche nach Emsmanns Behauptung ein und dasselbe Phänomen sein sollen, womit der Vortragende nicht über- einstimmen kann. Hr. Giebel legt einige nordamerikanische Vogelbälge vor und setzt den Unterschied unseres auch in Nordamerika vorkommenden Seidenschwanzes (Bombycilla garrula) von dem besonders in Mexiko häufigen Cedervogel (B. cedrorum) aus einander. Hr. Siewert, an eine hiesige Polizeiordnung in Betreff der Kloakenreinigung anknüpfend, macht auf die Zweckmässigkeit der Respiratoren bei diesem Geschäft aufmerksam, welche die englischen Gesetze vorschreiben. Anzeige Den geehrten Mitgliedern, welche die Schriften des Vereines noch nicht vollständig besitzen, bringen wir unsere Bekanntmachung vom Januar d. J. Seite 131 in Erinnerung. Der Vorstand. Die XIX, Generalversammlung findet am 29. September in Suderode am Harz statt. Der Vorstand. uaunnnnnnnnnn Druckfehler Seite 37, Zeile 17 v. u; lies Angaraä statt Angarä. 38, „ 14v.o. „ Limnöäen statt Limnaen. 41, „ 2 v. o. streiche das eine sehr. 42, Anmerk. Zeile 3 v. o. lies fennico et ostio statt fennio et ostico. 42, Anmerk. Z. 13 v. o. dort statt Port. 5 ” »„ 19 v. o. lies quadricornis st. quadicornis, 44, »..» 2 v.u. lies naturförhällanden och forn- tida utbredning. 44, Zeile 3 v. u. 1859 statt 1850. 46, „ Tv. o. streiche: würde. 5 „ 17 v. u. lies hin gehen sieht. 48, Zeile 1 v. oben lies Erde statt Eerde, setze zu Stein... („Stenmalar“). 48, Zeile 7 v. o. streiche das Fragezeichen in der Klammer. 50, „ 2 v.o. lies Jens statt Jenns. 51, „ 13v. u ,„ seichtem statt leichtem. 53, „ 5Bv.u „ lagttagelser st. Jagttagelser. 54, „ 15 v. o. schiebe vor Da ein: gefunden worden sind. 56, „ 25 v. o. lies Ströme statt Stöme. 60, „ 6v.o. „ unserer „ unser. 63, „ 26 v. 0. „ abschiessenden st. abschliessenden. 64, „. Twu. „ Skärstad statt Skarstad. 66, „ 16 v.u. „ nitida Hornsch. 67, „ 2v.u. „ Atkinson statt Alkinson. 71, „ 15vu ,„ im Dalelf statt in Dalelf. 78, „ 14v.o. „ Näseby statt Naeseby. »„» » 18vo. „ Lichenzae statt Lichenae. 0. 3 „ 115 statt 114. 213 im Motto: lies jagtnätet statt jaglnätet. 214, Zeile 13 v.o.1. Frithiofssänger st. Friethiofssänger. 214, „ 12 v. u. lies Wischer statt Wischen. 214, »„. 9vwu. „ Faulbaumzwecke statt Faulbaum- zwecken. 214, Zeile 3 v. u. lies gütiger statt gütigen. u 215, „ 2v.o. „ ein statt einen. 216, „ 13v.u. „ Unrath statt Verrath. 219, „ 18v.u. „ bültige statt bältige. 219, „ l1vwu. „ Jeden statt Jedem. 220, „ 14v.u. „ gespitzt statt gestützt. 5233 Seite 224, Zeile3 v.u. ; Spiel ktatt Spielen. 225, „ 10 v.o. „ eine statt wie. DOT Gy Wa A er sn Oh: „ 2%39, „ 1v.o. „ ebene statt obere. „ 233, „ 15v.u „ vollkommner statt vollkommen. „ 235, „ 18 v. o.1l. Geschlechtsunterschied statt Gesell- sellschaftsuüterschied. Seite 237, Zeile 10 v. o. lies Voraussehens statt Vorsehens. » 2338, „ Tw.u. ist die vierte Zeile des Verses „Die ewig klare“ nicht besonders abgesetzt. Seite 238, Zeile 5 v. u. lies Samlade statt Samlare. „ 2422, „ 9vwo. „ dass statt das. „ 243, „ 15v.o. „ Umdrehungsaxe auf ihr statt Um- drehungsmasse auch hier. Seite 245, Zeile 6 v. u. lies phosphorsauren st. kohlensauren. 524 Bücer- Anzeigen. Im Verlage der H. Laupp’schen Buchhandlung (Zaupp & Siebeck) in oberen ist soeben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Epochen der Natur V Fr, Aug. Quenstedt, Professor in Tübingen. Mit zahlreichen Holzschnitten. Dritte Lieferung. (Bogen 33 — 54. Schluss). Subscriptions-Preis: Fl. 2. 48 Kr. Thlr. 1. 20 Ner. „ Das nun vollständige Werk, 54 Bogen, Lex -8° umfassend, mit gegen 700 feinen Holzschnitten kostet im Subscriptions- Preise Fl. 8. 24 Kr. Fl.5. — Ende Juni d J. tritt ein erhöhter Ladenpreis ein. mnunnnnnnnnannn Für Naturforscher und Aerzte! In der ©, F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig und Heidelberg ist soeben erschienen: Leuckart, Professor Dr. Rudolf, Die menschlichen Parasiten und die von ihnen herrührenden Krankheiten. Ein Hand- und Lehrbuch für Naturforscher und Aerzte. Mit 142 Ab- bildungen in Holzschnitt. Erster Band. Erste u. zweite Lie- ferung. gr. 8. geh. 3 Thaler. Der Verfasser glaubt durch die Herausgabe dieses Werkes nicht bloss dem Zoologen und Arzte einen Dienst zu erweisen, sondern überhaupt einem jeden Freunde der wissenschaftlichen Thierlehre. Er glaubt damit namentlich auch dem Oekonomen und Lehrer ein Buch zu liefern, dessen Inhalt dieselben in mehrfacher Hinsicht in- teressiren muss. Der erstere wird daraus gar Manches lernen, was sich direct oder indirect für die Zwecke einer rationellen Thierzucht verwerthen lässt, während der letztere eine genügende Veranlasssung finden wird, die wichtigsten Thatsachen aus der Naturgeschichte der Parasiten in den weitesten Kreisen zu verbreiten. Das vorstehende Werk erscheint in zwei Bänden, welche zu- sammen aus circa 70 Druckbogen bestehen werden. Die den Schluss des ersten Bandes bildende dritte Lieferung kommt noch im Laufe pes Jahres 1862 zur Ausgabe. Der Ladenpreis für das vollständige Werk wird ungefähr 7 Tha- ler sein. wunan 525 Verlag von €. &. Kunze in Mainz und in allen Buchhand- lungen zu haben: Sandberger, G., Abriss der allgemeinen Geologie. Für Freunde und Schüler der Wissenschaft. Zweite Auflage. Mit 5 litho- graphirten Tafeln, einer geologischen Karte von Mitteleuropa in Farbendruck. gr. 8. geh. 16 Sgr. Die erste Auflage war in drei Monaten nach ihrem Erscheinen vergriffen. nnuunnuunnnnno Soeben erschien in Zerd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung in Berlin: Johann Keppler und die Harmonie der Sphären. Vortrag gehalten im wissenschaftlichen Verein zu Berlin am 8. Februar 1862 von W. Förster, Privatdocenten ander Universität'und erstem Assistenten‘ an der Sternwarte zu Berlin. Velinpapier. 8. ‘geh. 3 Sgr. Waturwiffenfchaftliche Werke welche bei & Bosselmann in Berlin erschienen und durch jede Buchhandlung zu beziehen sind. Abhandlungen des naturwissenschaftl. Vereins für Sachsen und Thüringen in Halle. Herausg. von C. Giebel u. W. Heintz. 1. Bd. 1. Hft. gr. 4. Mit 23 lith. Tafeln. 1856 — 1858. 8 Thlr. Inhalt: 1) A. Schmidt, der Geschlechtsapparat der Stylomma- tophoren. Mit 14 Tafeln. 2) C. Giebel, die Versteinerungen im Mu- schelkalk von Lieskau bei Halle. Mit 7 Tafeln. 3) 7A. Irmisch, mor- pholog. Beobachtungen an Gewächsen aus den Familien der Melan- thaceen etc. Mit 2 Tafeln. Dieselben I. Band. 2. Heft. gr. 4. Mit 12 lithog. Tafeln. 1858 u. 1859. 7 Thlr. 25 Sgr. Inhalt: 4) F. $. W. Schwarz, de affectione curvarum addita- menta quaedam. 5) C. Giebel, die silurische Fauna des Unterharzes. Mit 7 Tafeln. 6) Derselbe, Beiträge zur Osteologie der Nagethiere. Mit 5 Tafeln. Dieselben II.Bd. gr.4. M.15lith. Tfin. 1858—1861. 18 Thlr. Inhalt: 1) TA. Irmisch, über einige Arten aus der natürlichen Pflanzenfamilie der Potameen. 2) 7. Z&emw, die Dipteren-Fauna Süd- afrika’s. Erste Abtheilung. 3) O0. Heer, Beiträge zur sächsisch-thü- ringschen Braunkohlenflora. Nebst einem Anhange: über einige sie- benbürgische Tertiärpflanzen von C. J. Androe. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. Jahrg. II—V, 8 Mit 15 Tafeln, 8 Thir. 25. Sgr. 526 Giebel, Dr. €. @., die silurische Fauna des Unterharzes nach Herrn C. Bischofs Sammlung. Mit 7. lithogr. Tafeln. (IX. u. 72 S.) gr. 4. 1858. 3 Thlr. ——— Beiträge zur Osteologie der Nagethiere. Mit 5 lithogr- Tafeln. (IX u. 74 S.) gr. 4. 1857. 3 Thlr. ——— Die Versteinerungen im Muschelkalk von Lieskau bei Halle. Mit 7lith. Tafeln. (IX u. 748.) er. Fol. 1856. 4 Thlr. Heer, Osw., Beiträge zur näheren Kenntniss der sächsisch-thü- ringischen Braunkohlenflora. Nebst einem Anhange über einige siebenbürgische Tertiärpflanzen yon C(. J. An- drae. Mit 10 Tafeln. (IV u. 32 S.) gr. 4. 1861. 3 Thlr. Irmisch, Dr. Th., Prof., über einige Arten aus der natürlichen 'Pflanzenfamilie der Potameen. Mit 3. lith. Tafeln. (VII u. 56 S.) gr. 4. 1858. > 054 Ehlr. — —— Morphologische Beobachtungen an einigen Ge- wächsen aus den natürlichen Familien der Melanthaceen, Irideen und Aroideen. Mit 2 lith. Tafeln. (III u. 22 S.) gr. 4. 1806. 2 Thlr. 20 Sgr. Lew, Dr. Hlerm., Director der königl. Realschule in Meseritz, die Dipteren-Fauna Südafrika’s. I. Abthl. Mit 2 Tafeln. (XXXXI u 330 S.) gr. 4. 1861. 10 Thlr. Schmidt, Adolf, der Geschlechts-Apparat der Stylommatopho- "ren, in taxonomischer Hinsicht gewürdigt. Mit 14 lith. Tfln. (VI u. 51 S.) gr. Fol. 1855. 5 Thlr. Schwars, Er. S. H., de affectione curvarum additamenta quae- dam. (V. u. "40 S.) gr. 4 1856. 1 Thlr. 25 Sgr. — u — Druck van W, Plötz in Halle. Vapfıl. ex. KertschrJi S. ges Ndtrmess. Ib BP Drsgeurf you Butsgf’ 013 gshbuog en a r a 5 e Te Arlsch2iJF I Was. » Vütternuss ISC2.XIX. 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