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C. Deicke, Phantasiebilder über die Ursachen einer Eemalzeh Eiszeit an Andeutungen über den damaligen Zustand der Erde (a Ki Ve ern wege H. Loew, die Bob chen Örtahidae LS RER. La INA 1 _—_ Nachtrag zu denselben . . . Mr satt 191 — —., Berichtigung der generischen Bestimmung ee fossilen Denen Rama) een ‚era 280 Rob. Pott, neue Darstellungsweise des ernel aus Camper 77406 — —, Schmelzversuch mit cymolschwefelsaurem Kali . . . . . 4ll Fr. Kon hen. Geognostisches über Spanien (Tf.3) . . . . . 165 G. Schubring, Theorie und Berechnung der Tonleiter. . . 65. 415 M. Siewert, we verschiedener Proben Hopfen aus derrAltmark. . . .,. AP! 0. a Beiträge zur Bee des a aenen .. 151 — —, Wasserabgabe lufttrockner Weizenkörner an trockne Luft 161 Mittheilungen. H. W. Dove, über die Witterung des Jahres des Misswachses 1867. 19. — Gewitter am Il. August und seine Wirkungen in und um Halle 97. — C. Giebel, flüchtige Erinnerungen von einer Reise in Italien 192. — 7%. Irmisch, über seltene Pflanzen Thüringens 17; Fund eines Stosszahnes von Elephas primigenius 18. — M. Kleemann und G. Schubring, Jahresbericht der meteorologischen Station in Halle 501. — v. Röder, subhereynische Orthopteren 15. — E. Taschenberg, einige Meteore dieses Jahres 18. — F. Thomas, die Deutung der Sonnen- flecke 22. Sitzungsberichte. Baldamus, Philopseus Bonellii neu in der Ornis Deutschlands und Regulus flavicapillus im Gebirge brütend 127. — Brenner, über die von der Deckensche Expedition nach Afrika 539. — H.Credner sen., über die thüringischen Porphyre 350; fossile Bohrmuscheln bei Goslar und Salzwerk Wieliezka 548. — 1. Credner Jun., über Eisenerze und einige Mineralien NAmerikas 537; Tellur- und Golderze aus Californien, Sil- ber und Kupfer am Obernsee 551. — C. Giebel, Semioptera Wallacei IV 62; Landois’ anatomische Untersuchung der Bettwanze 62; Dönitz’s über Noctiluca miliaris 62; Aebys Methode der Schädelmessungen 63; Rosel- linis Monumenti dell Egitto 64; Elodea canadensis in der Havel 127; über Sammlungen in Italien 348; Narica im Lieskauer Muschelkalk 541; Lepidilemur mustelinus 541; über verschiedene Gegenstände 545; fos- sile Chaetopoden 546; Baumaterialien im alten und neuen Rom 546; Bewegungsweise der Muschelthiere 547; Cistudo carolinensis mit nur 3 Nägeln 549. — Graf, über künstliche Eisbildung 545 ; verschiedene Ana- Iysen des Traubenzuckers 551. — Köhler, Krystalle von Cumarin 348; Brodbereitung in Afrika 349; Darstellung des Eisenoxydsaccharats 543; Lösch’s Untersuchung der Speichelverdauung 547; zur Aufsuchuug des Arseniks 551. — Zepsius, Cervus elaphus bei Naumburg 537. — Phi- lippi, Gehörknochen eines Fisches 537. — ZAey, Paraffin statt Oel bei chemischen Bädern 542. — Schubring legt verschiedene akustische Ap- parate vor 128; über Fechners psychophysisches Grundgesetz 351; künst- liche Eisbereitung 540; Bergkrystalle vom Galenstock in Uri 542; über Geisslersche Röhren 542; Eriesons Sonnenmaschine 546; legt Stereosko- pen vor 548. — M. Siewert, vergleichende Analysen baierischen und alt- märkischen Hopfenstaubes 62; Entbitterung der Lupinen 538; Nährwerth des Liebig’schen Fleischextractes 539; Verwandlung von Eisenoxyd in Brauneisenstein ‚540; schweizerischer Milchextraet 546. — Stadelmann, über Siewerts Entbitterung der Lupinen 538; Fenchelsamen gegen In- sektengeziefer 542. — Welcker und Giebel, die hier ausgestellte Gorilla- familie ist Artefakt 348. Literatur. Allgemeines. A. Arendt, Lehrbuch der organischen Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft auf rein experimenteller Grundlage 28. — 2. Blum, Lehrbuch der Physik und Mechanik für ge- werbliche Fortbildungsschulen (Stuttgart 1868) 279. — Z. Flentje, das Leben und die todte Natur (Cassel1868) 100. — (. Giebel, der Mensch, sein Körperbau, Lebensthätigkeit und Entwicklung (Leipzig 1868) 277; die nützlichen Vögel der Landwirthschaft. Kunsttableau (Stuttgart 1869) 509. — Jos. Kudelka, über drei optische Versuche 509. — @. Zange, die Halbedelsteine aus der Familie der Quarze und die Geschichte der Achatindustrie (Kreuznach 1868) 278. — R. Maly, Grundzüge der mo- dernen Chemie für Mediziner, Pharmaceuten und Chemiker 29. Astronomie u. Meteorologie. Astrand, neue einfache Zeit- und Längenbestimmung 280. — J. Hann, Einfluss der Winde auf die mittlen Werthe der wichtigeren meteorologischen Elemente zu Wien 280; die thermischen Verhältnisse der Luftströmungen auf dem Obir in Kärnten 282. — K. Jelinek, normale fünftägige Wärmemittel für 80 Sta- tionen in Oestreich 282; die Reduktion der Barometerstände bei Ge- fässbarometern mit veränderlichem Niveau 283. — Z. F. Kämtz, Tafeln zur rn und Reduktion meteorologischer Beobachtungen (Leipzig 1868) 101. Physik. W. Beetz, elektrisches Vibrationschronoskop 288. — A. Bettendorf und A. Wüllner, einige Versuche über specifische Wärme allotropischer Modifikationen 31. — C. Bohn, über negative Fluores- cenz 80. — H. Bu/f, Induktionsströme höherer Ordnung 289. — J. Derf- fel, Bemerkungen zur Temperatur in unserm Tonsystem 32. — Ems- mann, zur Geschichte der Fluorescenz 31. — Friesach, Einfluss des den Schall fortpflanzenden Mittels auf die Schwingungen eines tönenden Kör- pers 285. — 4. Geiss’er, neue Erfahrungen im Gebiete der elektrischen Lichterscheinungen 287. — @. Kirchhoff, über den Einfluss der Wärme- leitung in einem Gase auf die Schallbewegung 103. — F. Kohlrausch, ‚die von der Influenzmaschine erzeugte Elektrieitätsmenge nach absolu- V tem Masse 286. — @. Krebs, das Schlagwerk unter der Luftpumpe und das Merochord 32; neuer Adhäsionsapparat 284. — Z, Külp, Bestätti- gung der Relation 7 = ady 0? mit Hülfe der magnetischen Compensa. tions- oder Nullmethode 286. — (. Kuhn, die elektromotorische Kraft der Gase 288. — 4. Kundt, Schallgeschwindigkeit der Luft in Röhren 102; über ein Maximum- und Minimummanometer für die Druckände- rungen in tönenden Luftsäulen 103; über die Spektra der Blitze 509. — V. v. Lang, Orientirung der Wärmeleitungsfähigkeit einachsiger Kry- stalle 290. — Listing, neue Verbesserung des Mikroskopes 510. — E. Mach, einfache Demonstration der Schwingungsgesetze gestrichener Saiten 33. — @. Magnus, die Diathermanie des Sylvins 32. — 0.E. Meyer, zur Erklärung der Versuche von Stewart und Tait über die Erwärmung rotirender Scheiben im Vacuum 290. — Mohr, das neue physikalische Experiment von Kommerell 32.— 4. Paalzow, Bestimmung der elektro- motorischen Kraft, der Polarisation und des Widerstandes geschlossener galvanischer Ketten mit Hülfe der Wheatonschen Brücke 288; Leitungs- vermögen einiger Flüssigkeiten für Wärme 289. — Pincus, neue galva- nische Ketten für Aerzte und Physiker 288. — Poppe, Gestalt der Flamme des Bunsenschen Brenners 285. — dela Rive, die magnetische Polari- sationsdrehung 285: — MW. Rollmann, Pseudoskopische Erscheinungen 104; künstliche Darstellung von Blitzröhren 287. — 4. Terguem, über die chemische Harmonika 33. — #. Warburg, Einfluss der Temperatur auf die Elektrolyse 289. — A. Weinhold, vier Aufhängepunkte am Pen- del mit gleicher Schwingungsdauer 104. — A. Wüllner, Beziehung zwi- schen Brechungsexponenten des Lichtes und der Körperdichte 29; Dar- stellung eines künstlichen Spektrums mit einer Frauenhofer’schen Linie 284. Chemie. M. Berthelot, das Baryumalkoholat 290. — Bichlmayr, Vorkommen von Ammoniak im Blute 42. — Bickerdike, krystallisirte Phenylsäure 5ll.— Bizio, Glykolgehalt einiger Mollusken 39.— Böttger, Wirkung des destillirten Wassers auf Blei 34; Vereinfachung des von Wernike erfundenen Verfahrens der Vergoldung des Glases 5ll. — Bol- ley, Sitz der hygroskopischen Eigenschaft der Seide 5ll; zur quantita- tiven Bestimmung unverseiften neutralen Fettes in Seifen 512. — A. C. Brown und 2. Fraser, über die von derjenigen der ursprünglichen Al- kaloide abweichende Wirkungsweise des Strychnin-, Codein-, Thebain- etc. Methyljodürs 35. — Z. Brücke, Aufsuchen von Ammoniak in thie- rischen Flüssigkeiten 512. — AR. Bunsen, über das Rhodium 105. — E. Calberla, Beitrag zur Elementaranalyse stickstoffhaltiger Körper 511. — MW. L. Clasen, Einfluss der Kalidüngung aufRüben 512. — A. Claus, über Propylphycit und die sogen. Propylphyeitsäure 106; Zersetzung des Traubenzuckers in alkoholischer Lösung durch Kupferoxydtartron- säure 294. — Comaille, Analyse der Milch einer nur mit Fleisch ge- fütterten Katze 41. — Z. Dobell, Einwirkung von Pankreassaft auf Fett 513. — E. Dreschel, Reduktion der Kohlensäure zu Oxalsäure 107. — Th. R. Fraser u. Nassau, über das Akazga 513. — 4. Gautier, neue von Cyanwasserstoffsäure derivirte Base 291; Verbindung von Aldehyd und Blausäure 106; Verbindungen des Siliciums 513. — @inil, zur Ele- mentaranalyse 514; Bestimmung des Schwetelgehaltes im Roheisen 514. — Goppelsröder, Giftigkeit gefärbter Oblaten 514.— W. Wenneberg, über Cellulose 107. — 0. Hesse, über Conchinin 292. — Hilger, chemische Untersuchung der Schalen und Weichtheile lebender Brachiopoden 40. — J. Huch, Bereitung künstlichen Weines 108. — Z Kunheim, verbes- serte Paraffindestillation 109. — C. Zea, neues Reagens für unterschwef- ligsaure Salze 515. — @. Zeuchs, Werthbestimmung des Indigs 515. — A. Lieben, Darstellung reinen Phosphortribromürs 107; Synthese von Al- koholen mittelst gechlorten Aethers 516; Umwandlung organischer Chlor- verbindungen in Jodverbindungen 516.— J.v. Ziebig, Werth seines Fleisch- VI extractes für Haushaltungen 108. — W. Lossen, Einwirkung von Zinn und Salzsäure auf Salpetersäure-Aethyläther 293. — de Zuca, das schwe- felsäurehaltige Speicheldrüsensekret von Dolium Galea 40; einige wich- tige Bestandtheile des Oelbaumes 45. — v.de Zugnetz, pyrogallussaures Ammoniak 294; Methyl-, Aethyl- und Amylderivate des Oscins 516. — L. Marignac, Reduktion des Niobiums und Tantals 834. — W. Markow- nikojf, Acetonsäure 294. — Nessler, Reagens auf Ammoniak 517. — J. Nickles, neue Manganverbindungen 517. — TA. R. Noyes, Harnaus- scheidung 43. — Oser, ein Alkaloid der Alkoholgährung 38. — A. Otto, Einwirkung von nascirendem Wasserstoff auf Benzolelykolsäure 39; über Fischgalle 39; — und Gruber, Bestimmung von Schwefel in organischen Verbindungen 517. — 4. Pedler, die isomeren Formen der Valerian- säure 295. — J. v. Pelt, Nachweis des Pikrotoxins in mit Kokelskörnern verfälschtem Biere 37. — W. H. Perkin, künstliche Bildung des Cuma- rins und seiner Homologen 295. — Phipson, Vorkommen von Columbit in Wolfram 518. — Popoj}, Isomerie der Ketone 39. — Raynay, Ent- stehung von Myelinbildungen in einer mit Chlorkalium beschenkten con- centrirten Lösung von schwefelsaurem Natron 34. — Fr. Rochleder, Be- standtheile der Blätter der Rosskastanie 518; über Aesculin und Aes- culetin 519; über Isophloridzin 519. — de komilly, Bildung von Oyan 519. — C. Scheibler, Metapektinsäure ausZuckerrüben 520. — M. Simp- son, siehe Gautier. — (. Stalmann, einige Salze der natürlichen und künstlichen Valeriansäure 296. — 4. Strecker, Bildung von Glycocoll aus Harnsäure 107. — Tyro, Reagens für Kobaltsalze 520. — Alfr. Vo- gel, Methode der Eiweissbestimmung im Harn 42. — J. A. Wanklyn und R. Schenk, Synthese der Capronsäure 297. — Weselsky, Darstellung der Baryumdoppelceyanverbindungen 520. — Hüb. Wheeler, Mangansu- peroxyd und Harnsäure 521. — Th. Wilm und @. Wischin, Versuche . mit Phosgen und Phosgenäther 297. — J. Wislicenus und Stadtnicki, neue durch trockne Destillation der Weinsäure entstehende Säure 298. — W. Wolf, das Tyrosin als Stickstoff lieferndes Nahrungsmittel bei der Vegetation der Roggenpflanze in wässeriger Lösung 45. — 4. Wurtz, Identität des künstlichen und des natürlichen Neurins 298. Geologie. 2.v. Cotta, Erläuterungen zur geognostischen Karte von Dresden (Dresden 1868) 318. — (. A. Zossen, die Felsitgesteine am Rande des Auerberges bei Stolberg am Harz 109. — EZ. v. Mojsisovies, Gliederung der Trias bei Aussee 312; Umgebung von Hallstadt 315; der Salzberg bei Ischl 316. — /r. Pfaff, zur mechanischen Geologie aus dem fränkischen Jura 305. — Z. Pflücker v. Rico, die rhätischen Grup- pen in der Gegend von Göttingen 304. — Th. Petersen, der Basalt und Hydrotachylyt bei Darmstadt 524. — U. Schloenbach, die norddeutschen Galeritenschichten und ihre Brachiopodenfauna 300; die Kreideforma- tion im Isergebiete in Böhmen 311. — @.Stache, die Ursachen und tek- tonische Bedeutung der Klippen im Gebirgsbau der Karpathen 314. — D. Stur, geologische Karte des obern Granthals und obern Wagthales 110, die Umgegend von St. Cassian 521. — @G. Theobald, Geologie der Sulzfluh 306. — E. @. Zaddach, das Tertiärgebirge des Samlandes (Kö- nigsberg 1868) 46. — C. Zeuschner, der Dolomit im devonischen Ge- birgszuge zwischen Sadomierz und Chenciny 299. Orykiognosie. H. Credner, Vorkommen von gediegem Ku- pfer am Obern See 325. — Z. R. von Fellenberg, Analysen verschiede- ner Walliser Mineralien 49. — Huyssen, Sylvin bei Stassfurt 112. — A. Kenngott, Gyps und Anhydrit als Einschluss im Kalkstein 526. — C. Rammelsberg, Constitution des Dioptas 318; Krystallform des Har- motoms 319. — W. Root, Enargit in Californien 318. — @. Rose, zer- setzter Grossular aus Sibirien 118. — A. Sadebeck, Krystallisation des Kupferkieses 112. 321. — Shepard, Aquacreptit von Chester 318. — M. Websky, Sarkopsit und Kochelit neue schlesische Mineralien 527. — R. Th. Simler, Helvetan, neues Mineral 50. vu Palaeontologie. J. Barrande, silurische Fauna von Hof 330. — H. Brady, Synopsis der Foraminiferen des mittlen und obern Lias von Sommersetshire 116. — KK. v. Chroustchoff, einige neue Keuper- flanzen 528. — E. Desor et P. de Loriel, Echinologie helvetique (Wies- aden 1868) 329. — ZH. B. Geinitz, die fossilen Fischschuppen aus dem Plänerkalk von Strehlen (Dresden 1868) 332. — Osw. Heer, die miocäne Flora der Polarländer 113. — F. Karrer, miocäne Foraminiferen von Kostej im Banat 329. — F. EB. Koch und €. M. Wiechmann, oberoligo- cäne Fauna des Sternberger Gesteines 328. — C. @. Laube, die Schich- ten der Fauna von St. Cassian 5l. — Mahr, Sphenophyllum Thoni aus dem Kohlengebirge von Ilmenau 5l. — 4. F. Peters, miocäne Wirbel- thiere von Eibiswald in Steiermark 116; 333. — Fr. Aug. Quenstedt, Petrefaktenkunde Deutschlands Bd. II. Brachiopoden (Leipzig 1868) 330. — Fr. Roemer, Graptolithen bei Wittenburg im Katzbachthale 328. — U. Schloenbach, paläontologische Mittheilungen 332. — Ä. Zittel, zur Paläontologie der Lias-, Jura- und Kreideschichten in den Alpen 528. Botanik. J. G. Agardh, de Laminarieis 338. — SS. Bergen, zur skandinavischen Bryologie 337. — Bruhin, Teratologische Beiträge, Farbenänderungen an Blühten vorarlbergischer Pflanzen 119. — Döll, Bau der Grasblühte 340; Nachträge zur Flora Badens 342. — Flora Dresdens 337. — Gottsche, neue Jungermannia 121. — K. Koch, die neu- holländischen Gummibäume 56. — Körber, Flechten aus Istrien, Dalma- tien und Albanien 121. — v. Krempelhuber, Lichen esculentus eine Steine bewohnende Flechte 121. — Zeitgeb, zur Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane 334. — Zorentz, Studien zur Naturgeschichte einiger Laubmoose 122. — J. K. Maly, Flora von Steiermark (Wien 1868) 54. — Morren, Kultur der Theestaude auf Java 56. — Aug. Neilreich, Dia- gnosen der in Ungarn und Slavonien beobachteten, in Kochs Synopsis fehlenden Pflanzen (Wien 1867) 54; Nachträge zur Flora von Nieder- östreich (Wien 1866) 54. — (. 4. Oudemanns, Tabula analytica Quer- cuum in India batava crescentium 338. — W. Pfeffer, Didymodon theo- baldi, neues Moos 55. — Aeichard, abnorme Maispflanze; neuer Brand- pilz 120. — Schwendener, Gonidien und Fasern vieler Flechten stehen nicht in genetischem Zusammenhange, letzte sind Pilzfäden auf Algen 55. — J. Schumann, die Diatomeen der hohen Tatra (Wien 1867) 54. — W.C.Tichomirow, Peziza Kaufmannana 529. — Zoologie. Ant. Ausserer, die Arachniden Tyrols 58. — Belle, neuer Throscus 533. — Bilimeck, Fauna der Grotte Cahamilpa in Me- xiko 125. — Fr. Brauer, mehre Insektenlarven und Acrophylax cerbe- rus 345; neue exotische Libellen 59. — ZH. Burmeister, über Barypus, Cardiophthalmus und Odontoscelis 553. — C. A. Dohrn, Macrotoma he- ros; Exotisches 534. — v. Frauenfeld, zoologische Miscellen 126; Verwüstungen des Rapsglanzkäfers in Böhmen und Mähren 536. — H. Hagen, Notizen über Brauers Novaraneuropteren 60. — @. v. Haim- hoffen, Eichengalle von Cynips coriaria 125. — Hofmann, zur Natur- eschichte der Tineen 535. — C. Heller, die Bryozoen des adriatischen eeres 57. — Z. Koch, neue Arachniden- und Myriapodenfauna Süd- europas 58. — Z2. Kempelen, Thysa pythonissaeformis neue Spinne 59. H. Kowalewsky, zur Entwicklungsgeschichte der Tunicaten 343. — F. Ko- warz, sechs neue Dipteren 122. — Kriechbaumer, Zwitter von Erebia Media 126. — J. Mann, Schmetterlinge an der Kroatischen Militärgränze, bei Bozen und Trient 345. — J. Mick, zur österreichischen Dipteren- fauna 124. — Z. Müller, Tinercha Lomnicki 125. — Nowicki, neue Dip- teren 122. — Aug. Quennerstedt, zur schwedischen Infusorienfauna 342, — 4. v. Pelikan, monströser Bockkäfer 126. — J. Putzeys, les Brosci- des 532. — Schiner, neue Asiliden der Wiener Sammlung 123. — Schmidt-Goebel, zur Synonymie der Rhinosimi 534. — G. Semper, zur Entwicklungsgeschichte einiger ostasiatischer Schmetterlinge 125. — VIII Fr. Steindachner, drei neue Schlangen 126. — Tischbein, neue Hymenop- teren 544. Correspondenzblatt für Juli 61-64; für August 127—128; September, October 346—352; November, December 537—552. Witterungsbericht der meteorologischen Station in Halle für Juli a—c, August e—h, September, October i—q; November, De- cember r—y. Anzeigen 64. 352. d. Druckfehler. Bd.XXXI 8.294 Z. 3 v.u. lies Cabo Corrientes statt lobo corrientes. S.295 Z.13 v.o. „ an einem Tau „ auf einem Tau. IS.300 Z. 7 v.o. „ letzterer „ letztere. S.301 Z. 9 v.o. „ Chosnos-Archipel „ Chesnos-Archip. Ba.XXXILS.199 Z.12 v.o. „ geschlossen „ geschlocsen. S.202 Z.10 v.u. „ sind „end: 8.244 Z. 3 v.u. „ Passeggiata „ Passagiata. 3.268 Z. 9 v.o. „ aufgedunsenen „ aufgedrungenen. FT eitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. 1868, Juli. Ne VL. Die europäischen Ortalidae vom Prof. Dr. H. Loew, Direct. a.D. in Guben, Die Bearbeitung der nordamerikanischen Ortalidae für dieMonographs of N.A. Diptera hat mich zu einer eingehenden Untersuchung sämmtlicher bisher bekannt gewor- denen Formen dieser Familie genöthigt und zu dem Versuche einer systematischen Gliederung derselben geführt. Ich will das Resultat desselben, so weit es auf unsere europäische Ortalidenfauna Anwendung findet, hier mittheilen. Dass ich mich dabei lediglich auf diejenigen europäischen Arten be- schränke, welche ich in meiner eigenen Sammlung besitze, werden die natürlich finden, welche sich mit ähnlichen Un- tersuchungen auf dem Gebiete der Dipterologie beschäftigt haben und also aus eigener Erfahrung wissen, wie wenig die meisten der vorhandenen Artbeschreibungen auf eine genauere Angabe der plastischen Merkmale eingehen, auf welche es hier doch fast allein ankommt. Ich theile die ganze Familie der Ortalidae mn 2 Ab- theilungen;; bei der ersten Abtheilung ist die erste Längsader der Flügel beborstet oder doch deutlich behaart, bei der zwei- ten dagegen ganz nackt. In der ersten Abtheilung unterscheide ich 5 Gruppen, welche ich Pyrgotina, Ortalina, Cephalina, Platy- stomina und Pterocallina nenne. — Die zweite Ab- Bd. XXXII, 1868. i\ 2 theilung zerfälle ich in die beiden Gruppen der Ulidina und Richardina. Unter den Gruppen der ersten Abtheilung unterscheidet sich die der Pyrgotina von allen übrigen leicht durch die nicht plattgedrückte, meist sehr aufgetriebene Legröhre, ausserdem im Bereiche der nordamerikanischen und europäi- schen Fauna durch den Mangel der Ocellen. Eben so leicht unterscheiden sich die Pterocallina. durch die im Verhältniss zu seiner Breite äusserst auffallend geringe Höhe des Kopfs. Die übrigen drei Gruppen der ersten Abtheilung kön- nen keiner Verwechslung unterliegen, da sie, von anderen nicht unwesentlichen Organisationsunterschieden abgesehen, schon daran sehr leicht kenntlich sind, dass bei derjenigen der Ortalina sowohl die Epimeren der Vorderhüften als die der Mittelhüften mit einer starken Borste besetzt sind, wäh- rend bei derjenigen der Cephalina nur die Borste auf den Mittelhüften vorhanden ist, bei derjenigen der Platystomina aber beide Borsten fehlen. Die beiden Gruppen der zweiten Abtheilung unterschei- den sich dadurch, dass die Schenkel der Ulidina unbewehrt, die der in unserer europäischen Fauna nicht repräsentirten Richardina aber bedornt sind. Erste Abtheilung. Erste Gruppe: PYRGOTINA. Gen. 1. Adapsilia. Charakter: Das Gesicht mit parallelen, gut begrenzten, bis zum Mundrande reichenden Fühlergruben; zweites Fühler- glied verlängert, keine Ocellen. Erster Hinterleibsabschnitt bei beiden Geschlechtern verlängert ; die Legröhre des Weib- chens taschenförmig aufgetrieben. Der Bau des Gesichts unterscheidet Adapsilia von der Gattung Pyrgota, mit welcher sie nahe verwandt ist. Hierher: coarctata Wag. — Zweite Gruppe: ORTALINA. Gen. 1. Dorycer.a. Charakter: Augen rund; Backen sehr breit, Gesicht im 3 Profile überaus stark vortretend, nach unten hin sehr stark zurückweichend, gekielt. — Behaarung gewöhnlich, oder et- was länger als gewöhnlich; Thoraxrücken nur hinten be- borstet. Fühler vorgestreckt, ‚entweder von gewöhnlicher Breite und mittlerer Länge mit eiförmigem Endgliede, oder schmal und verlängert mit gestrecktem Endgliede. Die erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet. Die Gattung enthält graue Arten mit dunkel geflecktem Gesichte und mit scharf begrenzten schwarzen Striemen auf dem T'horax; die Flügel- zeichnung fehlt denselben entweder ganz, oder besteht aus grauschwärz- lichen Längsstriemen, welche sich in der Nähe der Flügelspitze mehr mit einander vereinigen, bei dem Männchen einer Art in einen grossen schwarzen Fleck zusammentliessen. Die Gattung zerfällt in zwei Sectionen, deren generische Trennung bis jetzt noch vermieden werden kann, aber unver- meidlich werden wird, wenn die Zahl der bekannten Arten mehr anwächst. Sect. 1. (Dorycera sens. str.). Fühler schmal und sehr ver- längert; Behaarung von gewöhnlicher Kürze. Hierher: maculipennis Macq. — scalaris Lw. — hybrida Lw. — graminum Fahr. — brevis Lw. — Sect. 2. (Percnomatia). Fühler von gewöhnlicher Breite und mittlerer Länge; Behaarung etwas länger als gewöhnlich. Hierher: inornata Lw. — Gen. 2. Tetanops. Charakter. Augen rundlicheiförmig; Backen breit. Kopf im Profile stark vortretend; Gesicht mehr oder weniger zu- rückweichend. Behaarung des ganzen Körpers überaus kurz; Mitte des Thoraxrückens nur hinten beborstet; die Borsten auf den Epimeren der Vorderbeine kleiner als bei allen anderen Gattungen der Ortalina. Fühler kurz, oft auffallend kurz; das dritte Glied der- selben eiförmig, oft rundlich eiförmig, etwas länger als das zweite. Die erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet. Diese Gattung enthält äusserst kahle Arten; Thoraxstriemen sind nicht vorhanden; der erste Abschnitt der Legröhre ist besonders gross; die Flügelzeichnung fehlt entweder fast ganz oder besteht doch nur aus einer schmalen Säumung der Queradern und mehr oder weniger deut- licher Fleckung am Ende der drei ersten Längsadern. Hierher: myopina Fall. — impunctata Lw. — psammo- phila Lw. — trimaculata Lw. — 1 * Gen. 3. Carmocaris. Charakter: Augen rund; Backen sehr breit; Gesicht im Profil stark vortretend, nach unten hin sehr stark zurück- ‚weichend, nicht gekielt. Die Behaarung verhältnissmässig lang; der Thoraxrücken bis vorn hin behaart und bebor- stet. Fühler kurz; das rundlicheiförmige dritte Glied kaum so lang als das zweite. Die erste Längsader nur aufihrem Ende beborstet. Enthält graue Arten mit ungezeichnetem Thorax und Hinterleibe und mit getrübten, am Vorderrande etwas gefleckten Flügeln. Hierher: bucephala Meig. — Gen. 4. Pteropoecila Character: Augen klein, rundlich eiförmig; Backen breit; Stirn stark vortretend. Die Behaarung gewöhnlich; der Thorazrücken nur hinten beborstet. Das abgerundete dritte Fühlerglied kurz, das zweite eben so kurz. Die erste Längs- ader ganz und gar beborstet. Hierher: lamed Schrk. — Gen. 5. Ptilonota. Character: Augen länglich eiförmig; Stirn wenig vortretend. Der Thorax auf seiner Mitte bis vorn hin beborstet. Das dritte Fühlerglied rundlich eiförmig, das zweite kürzer. Die Längsader nur auf ihrem Ende beborstet. Es gehören in diese Gattung aschgraue Arten, deren Thorax mit 4 et- was dunkleren Längslinien gezeichnet ist; die Flügelzeichnung dersel- ben besteht aus grossen schwärzlichen Flecken, welche bei mehreren Arten sehr zusammenfliessen, so dass dann die Flügelzeichnung fast getropft genannt werden kann. Hierher: centralis Fabr. — guttata Meig. — murina Lw. — Gen. 6. Ortalis. Character: Augen ziemlich gross, länglicheiförmig, Stirn nur mässig vortretend.. Die Behaarung gewöhnlich; die Mitte des Thoraxrückens nur hinten beborstet. Das abge- rundete dritte Fühlerglied kurz. das zweite mit ihm von gleicher Länge. Die beiden Queradern nicht mehr als ge- wöhnlich genähert; die erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet. Die Gattung enthält grössere oder grosse Arten mit grau bandirtem Hinterleibe und mit stark bestaubten Thoraxrücken, welcher bei den meisten Arten auffallende schwarze, bei einigen nur graue Längsstrie- 5 men hat, bei wenigen ungestriemt ist. Die Flügel sind mehr oder we- niger gefleckt. Hierher: Caph Lw. — grata Lw. — angustata Lw. — genualis Lw. — ornata Meig. — ruficeps Fhr. — gangraenosa Fahr. — laticeps Lw. — domimula Lw. aspersa Lw. — atripes Lw. — Gen. 7. Systata. Character: Ganz wie bei Ortalis, nur die beiden Queradern nicht in gewöhnlicher Entfernung, sondern ganz auffallend genähert. Die Flügelzeichnung besteht aus schwarzen Binden; der Hinterleib hat keine graubestäubten Querbinden. Hierhier: rivularıs Fahr. — Gen. 8. Loxodesma. Character: Ganz so wie bei Pteropaectria, nur die beiden Queradern nicht in gewöhnlicher Entfernung, sondern auf- fallend genähert. Die hierher gehörigen Arten stimmen mit den Systata-Arten zwar in der auffallenden Näherung der Queradern überein, unterscheiden sich von ihnen aber gerade so, wie die Pteropaectria-Arten von den Arten der Gattung Ortalis. In demselben Verhältniss, in welchem Systata zu Or- talis steht, steht Loxodesma zu Pteropaectria, der ihr bei weitem am nächsten verwandten Gattung. Colorit und Flügelzeichnung wie bei der ersten Section von Pteropaectria, nur bildet die dunkle Säumung der Queradern wegen der grossen Näherung derselben eine Querbinde. Hierher: lacustris Meig, — Gen. 9. Pteropaectria. Character. Augen gross, länglich; Stirn sehr wenig vor- tretend ; Gesicht ziemlich stark kielförmig; Backen schmäler als bei den andern Gattungen. Behaarung gewöhnlich; Thoraxrücken auf seiner Mitte nur hinten beborstet. Drit- tes Fühlerglied mehr oder weniger verlängert, am Ende abgerundet, das zweite sehr viel kürzer Die Queradern in gewöhnlicher Entfernung; die erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet. Die Gattung umfasst kleine glänzendschwarze Arten, deren Thorax nur eine schwache Spur von Bestäubung zeigt. Die Flügelzeichnung dersel- ben besteht gewöhnlich nur aus einer Schwärzung der Costal- und Sub- eostalzelle, mehr oder weniger deutlicher schwarzer Säumung der Quer- adern und einem schwarzen Vorderrandflecke; welcher etwas vor, oder an der Flügelspitze selbst liegt; doch erweitert sich bei manchen Arten 6 diese Zeichnung zu vier Querbinden, welche dann zu je zwei mit ein- ander verbunden zu sein pflegen. Die Gattung zerfällt in zwei Sectionen, die nach der Flügelzeichnung unterschieden werden können, da die übrigen Organisationsverhältnisse mit diesem Unterschiede Hand in Hand gehen. Sect. 1. (Pieropaectria sens. str.) mit nur gefleckten, oder unvollständig bandirten Flügeln. Hierher: afflicta Meig. — nigrina Meig. — paludum Meig. — palustris Meig. — parva Lw. — Sect. 2. (Thryophila) mit vollständig bandirten Flügeln. Hierher: frondescentiae Linn. — Gen. 10. Tephronota. Charakter: Drittes Fühlerglied auf der Oberseite gar nicht. ausgeschnitten, aber mit scharfer Vorderecke. Thorax auf seiner Mitte vor der Quernahtgegend gar nicht beborstet. Erste Längsader nur auf dem Ende beborstet; vierte Längs- ader nicht vorwärts gebogen; Hinterwinkel der Analzelle nicht zipfelförmig verlängert. ; Die Gattung umfasst kleine Arten, welche sich in der Körperform und namentlich auch im Baue des Kopfs den Arten der vorigen Gattung sehr nähern. Selbst wenn bei einem Exemplare die Vorderecke des dritten Fühlerglieds weniger scharf ist, oder bei dem Eintrocknen ihre Schärfe verloren hat, kann wegen des mit dichter grauer Bestäubung bedeckten Thorax der Tephronota-Arten kein Irrthum über die systema- tische Stellung entstehen. Die Flügelzeichnung besteht entweder aus vollständigen Querbinden, oder ist aus Flecken und Halbbinden, oder gar nur aus Flecken zusammengesetzt. Unter den europäischen Arten befindet sich keine mit vollständigen Flügelbinden. Hierher: bifasciataLw. — gyransLw. — rufipes Meig. — Gen. 11. Ceroxys. Character: Drittes Fühlerglied auf der Oberseite deutlich ausgeschnitten. Der Thorax auf seiner Mitte bis vorn hin beborstet. Erste Längsader nur auf dem Ende beborstet; vierte Längsader nicht vorwärts gebogen. Hinterwinkel der Analzelle nicht zipfelförmig verlängert. Es gehören hierher gelbgraue oder mehr aschgraue Arten mit unge- striemtem Thorax und grossfleckigen Flügeln, bei den allen die Fühler- borste deutlich behaart ist. Hierher: pietus Meig. — crassipennis Fabr. —- omissus Meig. — unicolor Lw. — acuticornis Lw. — canus Lw. — Gen. 12. Hypochra. Character: Drittes Fühlerglied auf der Oberseite deutlich ausgeschnitten. Thorax auf seiner Mitte vor der Quernaht- gegend nicht beborstet. Erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet; vierte Längsader nicht vorwärts gebogen ; Hinterwinkel der Analzellen nicht zipfelförmig verlängert. Die Gattung umfasst kleine grauweissliche Arten mit sehr beschränkter, meist nur aus einer Säumung der Queradern bestehender Zeichnung. Im Character dieser, sowie in dem der unmittelbar vorhergehenden und der beiden nachfolgenden Gattungen kann, wenn es sich blos um die Unterscheidung der europäischen Arten handelt, das von der Bil- dung der Analzelle entnommene Merkmal weggelassen werden. Ich habe es, als ein besonders gutes Unterscheidungsmerkmal von der ame- rikanischen Gattung Apospasmica (typische Art: Ort. fasciata Wied.), stehen lassen. Hierher: albipennis Lw. — Gen. 13. Anacampta. Character: ‘Drittes Fühlerglied auf der Oberseite deutlich ausgeschnitten. Thorax auf seiner Mitte vor der Quernaht- gegend unbeborstet. Die erste Längsader nur auf ihrem Ende beborstet: vierte Längsader am Ende vorwärts gebo- gen; Hinterwinkel der Analzelle nicht zipfelförmig verlän- gert. Umfasst robustere Arten mit graubestäubtem, ungestriemtem oder schwach- gestriemtem Thorax, glänzend schwarzem, meist graubandirtem Hinter- leibe und durch schwarze Querbinden, oder durch fast querbindenartige schwarze Flecke gezeichneten Flügeln. Uierher: urticae Linn. — cinifera Lw. — hyalinata Panz. — munda Lw. — Gen. 14. Holodasia. Character: Drittes Fühlerglied auf der Oberseite deutlich ausgeschnitten. Thorax auf seiner Mitte vor der Quernaht- gegend unbeborstet. Die erste Längsader in ihrem ganzen Verlaufe beborstet; vierte Längsader am Ende vorwärts gebogen; Hinterwinkei der Analzelle nicht zipfelförmig ver- längert. Die Arten gleichen den Anacampta-Arten sehr. Hierher: fraudulosa Lw. — Dritte Gruppe: CEPHALINA. Gen. 1. Cephalia. Hierher: rufipes Meig. — ä Vierte Gruppe: PLATYSTOMINA. Gen. 1. Platystoma. Hierher: umbrarum Fabr. — subtilis Lw. — tegularia Lw. — provincialis Lw. — lativentris Lw. — angu- stipennis Lw. — biseta Lw. — seminationis Linn. — subfasciata Lw. — Frauenfeldti Now. — arcuata Lw. pubescens Lw. -— aenescens Lw. -— gilvipes Lw. — Gen. 2. Rivellia. Hierher: syngenesiae Fahr. — Fünfte Gruppe: PTEROCALLINA, Der grosse Hauptstamm dieser Gruppe umfasst zahlreiche Gattungen, welche sich eng an diejenigen anschliessen, deren Typen Scatophaga fasciata Fbr., Trypeta ocellata Fabr., Tryp. obscura Wied., Ortalis vau Say, Platystoma annulipes Macg. und ähnliche Arten sind. Alle diese Gattungen zeichnen sich durch dichte Bestäubung und mehr oder weniger graue Fär- bung, rundes drittes Fühlerglied und den ausserordentlich grossen Abstand der Mündung der ersten Längsader von der Mündung der Hülfsader aus. Sie bilden, trotz den manch- faltigsten Verschiedenheiten in ihren übrigen plastischen Merk- malen einen sehr gut geschlossenen Verwandtschaftskreis. Ihnen schliesse ich, wegen des im Verhältnisse zu seiner Breite sehr niedrigen Kopfs, die einer passenden systemati- schen Unterbringung sehr grosse Schwierigkeiten entgegenstel- lende Gattung Psairoptera an. Sie unterscheidet sich durch im Uebrigen ziemlich abweichenden Kopfbau, durch die bei der Mehrzahl ihrer Arten mehr längliche Gestalt des dritten Fühlergliedes, durch die viel geringere Entfernung der Mün- dungen der Hülfsader und der ersten Längsader, so wie end- lich selbst durch die schwarze Körperfärbung von allen üb- rigen Gattungen dieser Gruppe so erheblich, dass sie die sonst in derselben herrschende Harmonie unleugbar in em- pfindlicher Weise stört. Gen. 1. Myennis. Hierher: fasciata Fahr. — Gen. 2. Psairoptera. Hierher: bipunctata Lw. — albitarsis Zett. — apicalis Wahlb. — bimaculata Wahlb. — angustata Wahlb. — 9 Zweite Abtheilung. Erste Gruppe: ULIDINA. Gen. 1. Seopter.a. Hierher: vibrans Linn. Gen. 2. Ulidia. Es ist unzweifelhaft, dass Timia apicalis Meig. in die Gattung Ulidia zu stellen ist. Timia erythrocephala Wied., auf welche die Gattung Timia begründet worden ist, kenne ich nicht. Wiedemann’s Angaben führen nicht auf die Vermuthung, dass sie ebenfalls eine Ulidia sein könne; eher möchte man eine Verwandtschaft mit der Gattung Empye- locera vermuthen; ohne Ansicht der Fliege selbst lässt sich nicht dar- über entscheiden. Hierher: apicalis Meig. — meyacephala Lw. — atrovirens Lw. — albidipennis Lw. — erythrophthalma Meig. — semiopaca Lw.— parallela Lw. — nigripennis Lw. — atrata Lw. — Gen. 3. Empyelocera. Hierher: melanorrhina Lw. — nigrimana Lw. — zan- thaspis Lw. — Gen. 4. Chrysomyza. Hierher: demandata Fbr. — Zweite Gruppe: RICHARDINA. Sie hat in der europäischen Fauna, wie es scheint, gar keinen Repräsentanten. Species novae. 1. Dorycera scalarisQ. — Dorycerae graminum proxima, tertio tamen antennarum articulo breviore et minus acuto, ab- domineque fasciis atris ornato. Long. corp. 4 lin. — long. al. 3t/, lin. — (Hispania). 2. Dorycera brevis 5 et Q. — Reliquis speciebus pro portione latior et obscurior, fronte minus projectä, pedibus maris fere totis nigris, foeminae nigro-variegatis, alis totis co- lore nigro et cinereo lituratis. — Long. corp. 35/s lin. long. al. 3 lin. — (Graecia et insulae archipelagi). 3. Ortalis genualis, 5 et 9. Ort. ornatae proxima, a quä ala- rum fasciä basali minus obliquä et limbo apicali in ma- ceulam magnam dilatato differt. — Long. corp. 21/,—31/a lin. — long. al. 21/,—31/3 lin. — (Sarepta). iv . Ortalis dominula, 9. — Ort. ornatae similis, sed distineta ‚thoraeis polline cinereo punctis nigris asperso, pedibus piceis alarumque venä transversä posteriore colore ob- scuro non limbatä. — Long. corp. 2!/ı lin. — long. al. al. 25/12 lin. — (Hispania.) . Ortalis aspersa, X. — Nigra thoracis dorso cinereo - polli- noso, non vittato, sed punctis nigris asperso, alis praeter basim luteo-nebulosam et praeter apieis limbum nigrum hyalinis. — Long. corp. 2”/ı2 lin. — long. al. 27/12 lin. — (Hispania). . Anacampta munda, 5. — Atra, nitida, abdomine non fa- sciato, alis hyalinis, fasci& inde a cellulae costalis fine oblique demissä, stigmatis parte altero et limbo apieis nigris. — Long. corp. 25/6 lin. — long. al. 25/s lin. — (Sarepta). . Platystoma subtilis 9. — A Platystom& umbrarum, cui pro- xima, fronte pilis longioribus vestitä, thorace minus con- vexo alarumque maculis minoribus distinguitur. — Long. corp. 2”/ı2 lin. — long. al. 31/3 lin. — (Sicilia). . Platystoma provincialis A. Platystomae tegulariae proxime affınis, a quä tegulis sublongioribus sed valde angustio- ribus abdominisque segmento paenultimo fere duplo lon- giore discrepat. — Long. corp. 35/s lin. — long. al. 31/a lin. — (Gallia Provincia). . Platystoma biseta, A et Q. — Platystomae seminationis si- milis et affınis, sed major, alis aequalius reticulatis tar- sorumque anticorum articulo ultimo in mare utrinque setä validissima instructo. — Long. corp. 31/6 lin. — long. al. 23/, iin, — (Hungaria). 10. Platystoma aenescens, & et 9. — Viridi nigra, abdominis ni- tidi segmento in mare ultimo mire elongato. — Long. corp. 21/ı lin. — long. al. 1”/ı2 lin. — (Sarepta). 11. Platystoma gilvipes, K’etQ. — Viridi-nigra, pedibus luteis. — Long. corp. 2?/ı lin. — long. al. 2 lin. — (Sarepta). 12. Ulidia semiopaca, 9. — Nigra, subvirescens, nitida, abdo- mine tamen praeter apicem opaco. — Long. corp. 2 lin. — long. al. 1!/3 lin. — (Gallia). 11 13. Ulidia atrata, 5 et 9. — Nigra, nitida, thoracis dorso | opaco, alis totis nigricantibus, adversus costam saturatius nigris. — Long. corp. 2'/s lin. long. al. 15/12 lin. — (Graecia). Ueber die Zusammensetzung verschiedener Hopfen- proben aus der Altmark von M. Siewert. (Mitgetheilt vom Verf. aus der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereins der Prov. Sachsen.) Weil der Hopfenbau da, wo er überhaupt möglich ist, . oder andere Culturpflanzen nur eine geringere Bodenrente gewähren, bei sorgfältigem Betriebe eine nicht unbedeutende Einnahme verspricht, hat die Hopfencultur während der letzten Zeit in der norddeutschen Ebene immer mehr an Ausdehnung gewonnen, und es würde auch bei noch grösserer Production als der bisherigen der Bedarf der Bierbrauereien Norddeutsch- lands an Hopfen noch lange nicht gedeckt werden. Rechnet man ferner hinzu, dass England fast seinen ganzen Hopfen- bedarf noch durch Ankauf bairischen Hopfens gedeckt hat, die Gewohnheit des Biertrinkens immer mehr die des Brannt- weintrinkens verdrängt, überhaupt das Biertrinken weiteste Verbreitung findet, also gewissermassen Volksbedürfniss ge- worden ist, so sieht man leicht ein, dass die Chancen für den norddeutschen Hopfenbauer sehr günstig sind. Bisher hat jedoch der norddeutsche Hopfen die Concurrenz mit dem bairischen und böhmischen noch nicht aushalten können, weil die Bierbrauer, durch frühere Erfahrungen vorsichtig gemacht, die Güte des norddeutschen Hopfens, wie er jetzt geliefert wird, noch im allgemeinen glaubten anzweifeln zu müssen. Der norddeutsche Hopfenbauer sah sich daher häufig, wenn er seinen Hopfen überhaupt los werden wollte, genöthigt, um einen billigeren Preis seine Waare nach Baiern resp. Böhmen zu verkaufen, damit sie von dort aus wieder nach Norddeutsch- 12 land als „echt“ eingeführt werden könne. Abgesehen davon, dass durch diese Operation der Handel nur erschwert, der Hopfen selbst aber eher schlechter als besser wurde, liegt es zu sehr im Intersse des Producenten und Consumenten schnellen und leichten Umsatz zu gewinnen, als dass es nicht der Mühe werth wäre, einmal die relative Güte nord- und süddeutschen Hopfens durch eine vergleichende Analyse festzustellen. Im allgemeinen sind die Principien für die Beurtheilung der Güte eines Hopfens sehr unzureichend, da noch zu wenig analytisches Material vorliegt. Der Brauer pflegt auch nicht nach Analyse zu kaufen, sondern beurtheilt die Waare nach Farbe, Geruch und dem anscheinenden Reichthum an den sog. Lupulinkörnern. Die Farbe des Hopfens soll eine grünlich-gelbe sein, weil diese Farbe die meiste Garantie für eine sorgfältige Behand- lung während des Trocknens bietet. Die röthliche bis braune Farbe ist weniger beliebt; denn einerseits zeigt sie an, dass die ursprünglich grünen Kätzchen verdorben sind, entweder weil nicht zurrechten Zeit geerntet wurde, oder beim Trocknen ein Versehen stattgefunuen hat; andrerseits dass die Kätzchen vom sog. rothen Hopfen herstammen, welcher im allgemeinen mehr Samenkörner als der grüne Hopfen enthält, die, wenn sie mit der Bierwürze gekocht werden, dieser einen unange- nehm kratzigen Geschmack ertheilen. Der Geruch des Hopfens ist abhängig theils von der geringen Menge ätherischen Oels (0,5°/0), theils vom Hopfenharz, welche beide in den sog. Lu- pulinkörnern enthalten sind. Die Menge des ätherischen Oels ist meist sehr gering und seine quantitative Bestimmung sehr schwierig; bis jetzt scheint nur so viel fest zu stehen, dass dieses Oel beim Lagern und Aufbewahren des Hopfens theils sich verflüchtigt, theils in übelriechende Zersetzungsproducte (Valeriansäuregeruch) übergeht, und einen Schluss auf das Alter des Hopfens zu ziehn gestattet. Da dieses Oel sich mit Wasserdämpfen leicht verflüchtigen und durch dieselben aus dem Hopfen abtreiben lässt, so kommt es wahrscheinlich als ein dem Biere Geschmack ertheilender Stoff nicht in Betracht, so lange der Hopfen im frischen Zustande benutzt wird; da- gegen können die Zersetzungsproducte, welche weniger leicht . flüchtig sind, beiAnwendung alten Hopfens, in welchem sich das Oel verharzt hat, dem damit gebrauten Biere einen un- 13 angenehmen Geruch und Geschmack ertheilen. Da die von mir untersuchten sechs Hopfenproben sämmtlich der vorjährigen Ernte entstammten, war dieser Geruch bei allen während des Kochens mit Wasser bemerkbar und es wurde deshalb auf eine Bestimmung des etwa noch vorhandenen ätherischen Oeles verzichtet. Die Menge des Hopfenharzes, welche sich mit Sicherheit feststellen lässt, ist wahrscheinlich für die Beurtheilung der Güte des Hopfens der wichtigste Factor. Der Geruch des Harzes darf durchaus nicht ranzig sein, da der Geschmack des Bieres hauptsächlich von diesem in die Bierwürze über- gegangenen Bestandtheil des Hopfens abhängt. So lange die Lupulinkörner noch eine hellgelbe Farbe beim Durchbrechen der Kätzchen zeigen, mit. der Loupe betrachtet glatt und glän- zend erscheinen, und der Geruch nach Valeriansäure beim Reiben der durchbrochenen Theile nicht bemerkbar ist, kann aber selbst ein nicht mehr ganz frischer Hopfen noch für brauchbar gelten. Man pflest bei der Beurtheilung des Hopfens noch den Gerbsäuregehalt in Betracht zu ziehen. Es scheint, als ob der Hopfen um so ärmer an Gerbsäure ist, je mehr Hopfenharz er enthält. Ausserdem scheint mit der Güte des Hopfens, d.h. grösserem Harzreichthum desselben ein geringerer Aschengehalt Hand in Hand zu gehn. Die chemische Zusammen- setzung der Asche der Kätzchen bietet jedoch wenig hervor- ragende Unterschiede oder Uebereinstimmungen, nur beim bairischen Hopfen gegenüber den Proben des Hopfens aus der Altmark ist erwähnenswerth, dass er den niedrigsten Kiesel- säure- und den höchsten Magnesiagehalt hat; während die schlechten Sorten aus der Altmark den niedrigsten Kali- und den höchsten Natrongehalt besitzen. Um näheren Anhalt für die Beurtheilung zu gewinnen, füge ich die Resultate meiner Analysen bei. Proben I—V. stammen aus der Altmark, Probe VI. ist ächt bairischer Hopfen. I. Späthopfen aufgesundem Torf gewachsen, von E.Schmidt, Lindstetterhorst; ist röthlich, sehr locker, enthält sehr viel Samenkörner und Stengel, hat kaum bemerkbaren Geruch und wenig Lupulinkörner; sehr kleine Kätzchen. -U. und IU. aus Holzhausen vom Händler Diederichs, 14 von grüner Farbe, die Kätzchen sind meist kurz, haben aber angenehmen Geruch. IV. Späthopfen vom Schulzen Erxleben zu Lotsche (Kreis Gardelegen) von lichthellgrüner Farbe, sehr angenehmem Ge- ruch, langen, dicken Kätzchen, enthält mehr Samen als der bairische Hopfen; das Harz fühlt sich beim Reiben zwischen den Fingern härter an als beim bairischen. V. Später Grünhopfen, sign. Hackenschlag. Eingesandt von Haberland zu Holzhausen bei Bismark. Ist gewachsen auf Kali- und humusreichem fetten Lettenboden Ansehn dem bairischen sehr ähnlich. Geruch und Weiche des Harzes dem bairischen Hopfen nichts nachgebend. VI. Bairischer Grünhopfen. Sämmtliche Proben sind ungeschwefelt. Too] WIEN TV Wässer?! near 517192,06'13,202713,52 10,55 IE 25 Bändlson elgoE admin) Tamm 106712, 5e)lno del Bier OR Asche . . . 920 6,94 7,53 806 6,74 6,70 Organ. Bestandtheile . 77,02 78,76 76,35 80,61 78,86 78,88 In Alkohol lösliche Be- standtheile. . . 13,50 20,00 19,60 18,00 25,50 23,00 Hierin Hopfenharz . 9,78 11,66 12,00 13,82 16,70 18,40 Nachd.Extractionin Al- kohol waren in Wasser lösl. Bestandtheille. . 8,56 11,50 11,00 12,50 12,00 12,50 Hopfen ohne vorherige Behandlung durch Alkohol mit Wasser ausgekocht, enthielt im Wasserextract: 43: ML. ER. Vo Ba Gerbsäure naht .nnl4;56418,79 74,38: 14,007 3497324 Asche . - 2.2.20 AB6in) 184,53 1 ABS en In Wasser u. Alkohol un- lösl. waren . . . 65,88 55,26 55,86 58,65 50,97 51,05 Aus vorstehenden Zahlen scheint der Schluss gezogen werden zukönnen, dass der beste Hopfen derjenige ist, welcher am wenigsten Asche enthält und beim Extrahiren mit Alkohol und Wasser den geringsten Rückstand lässt, und dass die an Hopfenharz reichsten Proben V und VI beziehungsweise am wenigsten Gerbsäure und am meisten in Wasser lösliche Mineralsubstanz enthalten. 15 In 100 Theilen Asche waren enthalten: I. EI. gRen PUR? VI. Kieselsäure . . . . 13,53 13,81 16,17 14,89 15,58 10,69 Phosphorsäure . . . 17,90 17,54 17,69 15. 52 16,48 17,21 Phosphorsaures Eisen- Be oe ao 1,27 2,26 1,62 Schwefelsäure . . . 409 4,74 379 385 471 4,14 Da ...0004 ,2,06..2:08.,14305 2,60. ,250 0,84 Ball a na 16,16, 19,33,17,63,13,74 14,91.15,58 Mazmesia, . . .'. 5,70 6,18 5,22 4,74 3,92. 7,66 Ballen. Alam rn 28,9135,15 25459 3561 33,93 32,21 Dh an 477: 100,9 O8 1,00 4,098 Kohlensäure*) . . . 14,56 2,98 . 9,85 6,88 4,64 9,23. Es würde sich für die Düngung des Hopfenlandes aus den obigen Aschenanalysen vorläufig nur der Schluss ziehen lassen, dass, da die Hopfenproben I und III, welche den ge- ringsten Harzgehalt besassen, auch die kaliärmste Asche hatten, der anzuwendende Dünger kalireich sein müsse. Da ferner der beste baierische Hopfen wenig Chlor und viel Magnesia enthält, so dürfte die Anwendung von möglichst chlorfreiem Magnesiabeidünger für die Ausbildung der weiblichen Hopfen- blühte von wesentlichem Vortheil sein. Mittheilungen. Subhercynische Orthopteren. Fam. Odonata Fab. l. Gen. Libellula. Linn. 1. quadrimaculata Linn. Hoym, Harzgerode. Mai, Juni. In diesem Jahre bei Gernrode in ungeheurer Menge gesehen, sogenannter Libellen-Zug. Gemein. 2. depressa. Linn. Harzgerode, Hoym. See bei Frose und Nach. terstedt. Juni-Juli häufig. *) Die Kohlensäure ist als Differenz berechnet, da die Resultate für die übrigen Bestandtheile das Ergebniss zweier fast übereinstim- mender Analysen sind. 16 3. cancellata Linn. See bei Frose und Nachterstedt, Salziger See bei Eisleben, häufig. 4. brunnea Fonscol. Harzgerode. Juni-Juli. Selten. 5. flaveola Linn. Hoym.- Juli-August nicht selten. 6. vulgata Linn. Hoym. August-November gemein. 2. Gen. Cordulia Leach. 1. aenea. Linn. Hoym, Mai-Juli selten, 3. Gen. Gomphus Leach. 1. vulgatissimus Linn. Hoym. Juni. Juli. einzeln. 4. Gen. Cordulegaster Leach. 1. annulatus Latr. Ilsenburg, auf dem Wege nach dem Ilsen- stein. Juni-August. Selten. 5. Gen. Aeschna Fabr. l. cyanea. Müll. Hoym. Juli— September. 2. mixta. Latr. Hoym. August — October. 6. Gen. Calopteryx. Leach. 1. virgo Linn. Hoym. Juni. Juli. August häufig. 2. splendens. Harris. Hoym. Juni— August häufig. 7. Gen. Lestes Leach. 1. barbara Fabr. Hoym. Juni — August nicht häufig. 8. Gen. Agrion Fab. . minium Harris. Mai, Juni nicht selten, . pulchellum Vanderl. Hoym, Juni—Juli häufig. puella Linn. Hoym, Mai— August, häufig. . cyathigerum Charp. Hoym. Juli—August häufig. SU Sn Fam. Ephemeridae Leach. 1. Gen. Ephemera Linn. 1. vulgata Linn. Hoym. sehr gemein. 2. Gen. Baötis Leach. . Auminum Pietet. Hoym, gemein, 2. venosa. De Geer. Harzgerode, Sternhaus an der Chausse naeh Gernrode. ei 3. Gen. Clo&. Burm. 1. diptera Linn. Hoym nicht häufig. v. Röder. 17 Ueber seltenere Pflanzen Thüringens. In Schönheit’s Flora von Thüringen und in dem Nach- irage zu diesem Buche, den der Verf. in der Linnaea veröffent- ‚licht hat, ist Carex limosa nicht mit aufgeführt. Ilse gibt in seiner Flora von Mittelthüringen (p. 309) als die beiden ein- zigen ihm in ganz Thüringen bekannten Fundorte der genann- ten Pflanze die Gegend von Jena und den Mühlhäuser Wald, an welchem letzteren Ort sie Dr. Möller entdeckte, an. Ich kann einen dritten Fundort hinzufügen. C. limosa wächst auf einem grossen Sumpfe in der unmittelbaren Nähe des Teufelsloches in dem Ilanfsee, einem zwischen Schlotheim und Neunheilingen gele- genen Laubwalde, mit Utricularia minor, Utr. vulgaris, Drosera rotundfolia und andern Sumpfpflanzen zusammen. Der Standort ist in Jahren, in denen der Wasserstand höher ist, nicht gut zugäng- lich; 1859 war das Wasser durch Abzugsgräben zum Theil ab- gelassen worden, und da fand ich beträchtliche Strecken in der Mitte des Sumpfes dicht von C. limosa überzogen. — Üarex elon- gata L., welche im nördlichen Thüringen nur selten vorzukom- men scheint, fand ich vor längerer Zeit schon in der Nähe des Possens bei Sondershausen, nicht fern von letztem Orte, auf dem sogenannten Schwuckensee wächst auch Sparganium minimum Fr. — Hr. Apotheker Grosser in Frankenhausen fand in der Um- gegend dieser Stadt Carex hordeistichos Vill., ferner Ophrys api- fera Huds. und Anacamptis pyramidalis Rich. Von der letztge- nannten Orchidee erhielt ich durch die Güte des Finders frische Exemplare; bezüglich der Gesammtgrösse der Blüthe und in der Form der Lippe zeigte sie mehrere Abänderungen. — Am Frauen- berge bei Sondershausen fand ich vor einigen Jahren einige we- nige Exemplare von Polyenemum majus A. Br., doch suchte ich im vorigen Jahre vergebens darnach. — Dass an demselben Berge Diplotaxis muralis vorkommt, habe ich bereits in der Bot. Zeit. bemerkt; ich habe die Pflanze daselbst wiederholt beobachtet, allerdings auf einer sehr beschränkten Fläche. — Veronica persica Poir. (V. Buxbaumii Ten.) ist um Sondershausen nicht selten; recht üppige Exemplare findet man im Herbstein feuci.ten Jahren; sie bewurzeln sich dann oft an den niederliegenden Stengeln und blühn im folgenden Jahr bis in den Mai und Juni hinein. — Auch Veronica opaca Fr., die ich früher übersehen hatte, kommt bei Sondershausnn vor. -— Epilobium tetragonumL. fand ich 1861 am Badensee zwischen Schlotheim und Gross-Mehlra; Epilob. obscu- rum Schreb. ist an fruchtbaren Stellen in den Sondershäuser Waldungen anf buntem Sandstein nicht selten. — Pirus (Sorbus) domestica findet sich in zwei ältern Bäumen in der Hainleite bei Sondershausen: der eine im Hachelbicher, der andere im Furra’- ischen Reviere, letzterer nicht gar weit von den Eibenbäumen, die ich vor längerer Zeit in der Bot. Zeitung beschrieben habe. Im Bd. XXXII, 1868. 2 18 vorigen Jahre trugen jene beiden Exemplare von P; dom. reich- lich Früchte; wie gewöhnlich fanden sich in den Früchten im- mer nur wenige gut ausgebildete Samen; eine Partie, die ich aussäete, keimte zeitig in diesem Frühjahr. — Von Pirus Aria sah ich am Zengenberge (Muschelkalk) unfern des Dorfes Rüx- leben ziemlich viel Exemplare, weis aber nicht, ob sie angepflanzt sind oder nicht. — Astrantia major, welche ich früher nur bei Jethaburg und in der Nähe von Holzthaleben und Grossbruchter fand, habe ich vor einigen Jahren auch bei Hachelbich im Schneid- graben beobachtet, dasselbst auch Laserpiti umprutenieum. — Schlies- lich bemerke ich, dass in dem letzten Jahrzehnt unsere Flora durch die Separation, durch Fluss- und Bachregulierungen, Trocken- legung der Wiesen, das Ausroden von Hecken und kleinen Feld- hölzern vielfache Einbusse gelitten hat, so dass mancher Stand- ort, den ich in meinem 1846 gedruckten Systemat. Verzeichn. der bei uns vorkommenden Pflanzen nur noch ein historisches Interesse hat. Th. Irmisch. Fund eines Slosszahns von Eleph. primägenius. In dem verwichenen Frühjahr wurden bei den Ausschach- tungsarbeiten an der nach Erfurt führenden Eisenbahn zwischen Son- dershausen und Greussen grössere Bruchstücke eines Stosszahns von Elephas primigenius ausgegraben. Sie wurden in das Fürst]. Naturalienkabinet in Sondershausen abgeliefert. Letzteres erhielt auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Knochen und an- dern Gegenständen aus den Tuffbrüchen und den Torfgräbereien bei Greussen. Th. Irmisch. Einige Meteore welche sich in diesem Jahre gezeigt haben. Ueber das Meteor, welches am 30. Januar in Preussen und Polen beobachtet worden ist und einen ausserordentlich glänzenden Anblick darbot, treffen von mehreren Seiten nähere Berichte ein. In Warschau und an andern Orten Polens wurde 31/2 Minute nach der Erscheinung in nordöstlicher Riehtung ein starker, . wie- derholter Knall, Donnerschlägen oder Kanonenschüssen ähnlich, vernommen, und die Erklärung davon geben Berichte aus dem Kreise Pultusk, wo bei Gostkow und Sielcee, 10 Meilen NNO., und bei Milosna, 3 Meilen ©. von Warschau, Steine, Bruchstücke des Meteors, gesammelt wurden. Diese Aörolithen waren bis zu 10 Pfund schwer und mit einer Art geschmolzener Laya be- deckt. In Sielce fiel ein förmlicher Steinregen, der einen Theil des gutsherrlichen Gartens übersäete. Aus dem Dorfe Ozerwon- ka wurden einige grössere Bruchstücke des Meteors an das Kreis- amt zu Pultusk abgeliefert. Das Phänomen kam dort aus der Jungfrau, beschrieb einen Bogen durch den Hercules, den Drachen und den grossen Bären und verschwand in der Andromeda. . Die 19 Höh>, in welcher das Zerplatzenstatt fand, wird anderwärts auf 200 angegeben. Die Zeitungen brachten ferner die Nachricht, dass zu dieser Zeit in Baden ein Meteor gesehen worden sei, es hat sich je- doch herausgestellt, dass ein Bewohner einer höheren Etage sich an jenem Abend veranlasst fand, die glühende Schlacke seines Ofens nicht auf die gewöhnliche Weise die Treppe herabzutransportiren, sondern ihr den kürzern Weg durchs Fenster anzuweisen, die dadurch entstandene feurige Errcheinung ist dann von einer er- regten Phantasie für ein Meteor gehalten worden. Weiter sollen am 29. Febr. d. J. zwischen Lasale und Canti (Piemont) Meteorsteine in grösserer Anzahl gefallen sein ; 11 Uhr Vormittags hörte man eine starke Detonation, auf welche unmittelbar eine zweite folgte. Hierauf vernahm man zwei Minu- ten lang, ein Geräusch, welches mit dem Krachen bei Feuerwer- ken oder bei einem Rottenfeuer die meiste Aehnlichkeit hatte, In ziemlicher Höhe sah man eine, anscheinend von Wolken umge- bene Masse in heftiger Bewegung und einige Augenblicke nach der Detonation fielen mehrere Massen hernieder, welche mit einem dumpfen Schlage in den Boden drangen. Es wurden 5 Stellen angegeben „ an welchen Theile des Aörolithen, der anfänglich die Riehtung Nordwest -Südost hatte, gefallen sein solle; bis jetzt sind jedoch nur drei Fragmente wirklich aufgefunden worden. Das bedeutendste davon hat ein Gewicht von 7 Kilogrammen. Die Steine sind mit einer Art Firniss überzogen, stark magne- tisch, haben ein beträchtliches specifisches Gewicht aber keine metallische Struktur, der Bruch ist körnig und zeigt am meisten das Aussehen eines Granits von feiner Textur, Im Laufe eines Jahrhunderts ist dies schon der dritte Fall von Meteorsteinen in der Gegend von COasale. Tg. Ueber die Wilterung des Jahres des Misswachses 1867. Aus den von mir seit 1838 veröffentlichten Untersuchungen über die nicht periodischen Veränderungen der Wärme und Feuch- tigkeit hat sich mit Entschiedenheit ergeben, dass die Abweich- ungen der einzelnen Abschnitte eines bestimmten Jahres von dem aus einer langen Reihe von Jahren sich ergebenden mittleren Werthe derselben, und zwar sowohl der Temperatur, als der Nie- derschlagsmenge, nicht die ganze Erdoberfläche umfassen, sondern sich zu derselben Zeit compensiren. Dem Zuviel an bestimmten Stellen derselben entspricht also ein Zuwenig an andern. Kos- mische Ursachen , sie mögen nun erwärmender oder abkühlender Art sein, würden die ganze Erdoberfläche in demselben Sinne afficiren; auf sie werden wir daher nicht hingewiesen. Es ist von vornherein also wahrscheinlich, dass das ungewöhnliche Vor- walten bestimmter Windesrichtungen jene Anomalien hervorruft. Von welchem Einfluss dieselben sind, geht ja eben daraus her- vor, dass, wenn wir den barometrischen Druck, die Temperatur, Pa 20 die absolute und relative Feuchtigkeit nach den Windesriehtungen ordnen, sich unmittelbar herausstellt, dass nördliche und östliche Winde besonders im Winter den Druck und die Trockenheit ver- mehren, hingegen die Wärme vermindern, südliche und westliche hingegen sich umgekehrt verhalten, dass endlich im Sommer jene Gegensätze mehr auf NW. und SO. als auf NO. und SW. fallen. Die daraus zu ziehende practische Folge, dass je freier der Pro- ductenaustausch unter den Völkern sich gestaltet, desto eher es möglich wird, vermittelnd aus den Gegenden temporären Frucht- reichthums in die des temporären Misswachses überzugreifen, hat sich, wie im Jahre 1816 in Beziehung auf Südrussland einer- seits England und Frankreich anderseits, so im Jahre 1867 in Beziehung auf Ungarn und das westliche Europa bewährt. Was aber dem Jahre 1867 eigenthümlich ist, war das, dass der Miss- wachs in zwei ganz verschiedenen Witterungssystemen hervortrat, und zwar deswegen, weil die Compensation nicht wie gewöhn- lich nur in der Richtung von Ost nach West erfolgte, sondern überwiegend auch von Süd nach Nord. Die Compensation wirkte daher nicht fördernd, sondern nachtleilig, und deswegen erhielt die Wirkung dieser anomalen Vertheilung auf die Ernteerträge eine so ungewöhnliche Intensität, die in manchen Gegenden mit allen Schrecken einer Hungersnoth auftrat. Es sind vornehmlich die Niederschläge, deren Vertheilung im Jahre 1867 so ungün- stig wirkte. Wie war diese Vertheilung? Um sie zu verstehen, müssen wir sie unter einem allgemeinen Gesichtspunkte auffassen. Die in der Gegend der Windstillen am stärksten erwärmte Luft steigt dort in die Höhe und fliesst in den höhern Regionen seit- lich nach den Polen ab, während sie unten zuströmt. Fiele die scheinbare Sonnenbahn mit dem Aequator zusammen , so würde das ganze Jahr hindurch sowohl die Stelle des Aufsteigens,, als die des Zustömens dieselbe bleiben. Da, wo die Luft aufsteigt und dabei durch Auflockerung sich abkühlt, verdichten sich die mit ihr sich erhebenden Wasserdämpfe und geben Veranlassung zu den mächtigsten Regengüssen, den sogenannten tropischen Regen. Die zuströmende Luft, der untere Passat, ist hingegen trocken , da sie bei ihrem Fortschreiten einen stets wärmer wer- denden Boden berührt, daher fähiger wird, mehr Wasserdampf aufzunehmen. Unter jener Voraussetzung des Zusammenfallens der Ekliptik und des Aequators würde daher eine unveränderte Regenzone am Aequator die Erde umschlingen, seitlich begrenzt durch zwei absolut wüste Gürtel, in denen gar kein Niederschlag erfolgen würde. Aber die in der Höhe der Atmosphäre zurück- fliessende Luft senkt sich allmählich herab und berührt in der Nähe der Wendekreise den Boden, Hier gibt sie Veranlassung zu den sogenannten subtropischen Regen. Jene beiden wüsten Gürtel würden also, wenn die Neigung der Ekliptik wegfiele, von zwei Regengürteln eingefasst sein; die Intensität dieser Regen 21 würde in der gemässigten Zone nach der kalten hin allmählich abnehmen. Aber eben wegen der Neigung der Ekliptik gegen den Aequator steht die Sonne nicht das ganze Jahr hindurch senkrecht über dem Aequator, sie oscillirt innerhalb der Grenzen, welche durch die Wendekreise bezeichnet werden, Das Ganze verschiebt sich daher während des Jahres mit dem Herauf- und Herunterrücken der Sonne, die dem Aequator nahen Orte treten daher eine Zeitlang in die Zwischenzone, zu einer anderen Zeit des Jahres in den Passat, sie haben deswegen ihre Regenzeit und ihre trockne. Ebenso ist es an der äussern Grenze der heissen Zone; nur fallen hier die Regen nicht bei höchstem, sondern bei tiefstem Sonnenstande. Wäre die Grösse der Verschiebung in allen einzelnen Jahren dieselbe, so würde auch jener Wechsel der trockenen und der Regenzeit derselbe sein. Dies ist aber nicht der Fall, da die Ströme des uferlosen Luftmeeres mannich- fach sich in den einzelnen Jahren modificiren. Eine zu lange Aufnahme in den Passat ist den Pflanzen verderblich, welche der Feuchtigkeit bedürfen, eine zu lange Aufnahme in die Zwi- schenzone für die, welche Trockenheit erheischen. Gerade so für die subtropischen Regen. Im Jahre 1867 war nun die Nord- küste Afrikas zu lange in den Passat aufgenommen, sie entbehrte ihre subtropischen Regen, die eben deswegen nun in höheren Breiten in bedeutenderen Massen als gewöhnlich herabfielen. Da- her der Misswachs in Algerien durch zu grosse Trockenheit, der in Ostpreussen und den Ostprovinzen durch ungewöhnliche Regen. Gerade entgegengesetzte Verhältnisse zeigten die Jahre 1857 und 1858. Hier versiegten in Deutschland bei furchtbarer Dürre die Quellen, der Rheinfall wurde eine winzige Stromschnelle, wäh- rend die enormen Ueberschwemmungen des Nils zeigten, dass die tropischen Regen damals ungewöhnlich weit hinauf in das Stromgebiet des obern Nils eingegriffen hatten. Es ist nicht un- wahrscheinlich, dass jene anomale Verschiebung nicht nur an den äussern Grenzen des Passats sich geltend gemacht hat, son- dern auch an den innern. In diesem Falle würde das Ernte- ergebniss gewisser tropischer Producte ein ungünstiges geworden sein, worüber noch keine Berichte vorliegen. Nach so wesent- lichen Abweichungen in der Vertheilung der Grundbedingungen für die atmosphärischen Ströme erheischt es in der Regel eine längere Zeit, das verlorene Gleichgewicht wieder herzustellen, Die ununterbrochene Aufeinanderfolge der heftigsten, sowohl die tro- pische als auch die gemässigte Zone betreffenden Stürme sind ein Beleg dafür, dass der Luftkreis sein verlornes Gleichgewicht wie- der herzustellen sucht. Aus der aufgestellten Tafel über die in Pariser Zollen aus- gedrückten Regenhöhen für die meteorologischen Jahreszeiten vom December 1866 bis November 1867 ersieht man, dass in Ost- und Westpreussen , Posen, Mecklenburg, Holstein, Sachsen, 22 Hannover, Westphalen, Rheinland und Schwaben die grosse Re- genmenge des Jahres 1867 überall sich zeigt, dass aber dieser Ueberschuss, in Schlesien und Sachsen weniger hervortritt. Wären die Beobachtungen der österreichischen Centralanstalt bereits er- schienen, so würde es möglich sein, die Ursachen directer nach- zuweisen, warum das südöstliche Europa eines Fruchtreichthums sich erfreute, der eine so ungewöhnliche Ausfuhr aus Ungarn, der Walachei und dem südlichen Russland hervorrief. Die öst- liche Grenze des die grossen Regenmengen veranlassenden Luft- stromes bleibt demnach noch unsicher. Das aber gleichzeitig mit der Mächtigkeit des Niederschlags im nördlichen Europa dem südlichen das subtropische Gebiet näher gerückt war, als es in der Regel der Fall ist, geht mit grosser Bestimmtheit schon aus den italienischen Beobachtungen hervor. Hier sehen wir, dass die gefallene Wassermenge entschieden zurückbleibt gegen die gesetzmässige, zugleich aber das Bezeichnende der subtropi- schen Regen in der bedeutenden Mächtigkeit der Herbstregen. Da diese erst im October eintreten, so haben sie bei einer Ver- gleichung des südlichen und nördlichen Europa in Beziehung auf die Entwickeluug der Vegetation von Frühjahr zum Herbst hin, die uns hier beschäftigt, eine geringere Bedeutung. Wenn man sie bei allen Stationen wegliesse, würde der Gegensatz zwi- schen dem nördlichen und südlichen Europa noch auffallender hervortreten. In Frankreich hingegen treten gerade die Herbst- regen zurück gegen die der anderen Jahreszeiten. Den grössten Ueberschuss in Preussen, nämlich fast eine Verdoppelung, zeigt Tilsit. Es ist unmittelbar einleuchtend, wie verderblich gerade in den Niederungen dies auf den Ernteertrag wirken muss.“ (Zeitschr. des königl. preuss. statist. Bureau.) H. W. Dove. Die Deutung der Sonnenflecke. Die wichtige Rolle, welche die Sonnenflecke in der’Entwick- lung unserer Wissenschaft von der Sonne spielen, bedarf kaum einer kurzen Andeutung. Als die ersten Anhaltepunkte, die für die Betrachtung der Sonne sich darboten, führten die Flecke zur Kenntniss der Rotation der Sonne und der Neigung der Sonnen- achse gegen die Ekliptik, sowie zu der von Wilson um 1744 be- gründeten Hypothese über die physikalische Beschaffenheit des Sonnenkörpers, welche in Frankreich und England noch jetzt vielfach festgehalten wird, auch von Schwabe in Dessau 1865 (diese Zeitschr. Bd. 25. p.563) noch vertreten wurde. Diese Theorie nimmt bekanntlich einen dunklen Sonnenkörper und eine mehrschichti- ge, zum Theil leuchtende Atmospäre (Photosphäre) an, und hatte ihren Grund in den verschiedenen Gestalten welche je ein Son- nenfleck zeigt, je nachdem er in der Mitte oder am Rand der Scheibe steht. Bekanntlich lassen die meisten Sonnenflecke einen 23 dunkleren Kern und einen weniger dunkeln Hof (Penumbra) un- terscheiden. Wenn nun ein in der Mitte der Scheibe stehender Fleck kreisförmig erscheint mit centralem Kern, so hat derselbe Fleck (in Folge der Perspective) am Rande der Scheibe nicht nur eine elliptische Form, sondern sein Kern liegt gleichzeitig excentrisch, und zwar erscheint er dem inneren Rand des Fleckes d. h. demjenigen welcher der Mitte der Sonnenscheibe zugewandt ist, näher gerückt. Die Annahme schien. nothwendig, dass der Kern in einer tieferen, der Sonne näheren Schicht liege als der äussere Begränzungskreis des Fleckes (als die sogenannte Penum- bra). Man erklärte die Flecke desshalb für trichterförmige Oeff- nungen in der Photosphäre, durch welche hindurch man auf den dunkeln Sonnenkörper (d, i. den Kern des Fleckes) sehe. Diese Theorie wurde unmöglich durch dieKirch'h off’sche Entdeckung der Spectralanalyse, welche für die astronomischen Objecte eine Bedeutung hat wie etwa die Hinzufügung eines neuen Sinnes zu den bisherigen fünf Sinnen des Beobachters,. Nach den Resul- taten dieser neuen Untersuchungs-Methode muss das Licht der Sonne herrühren von einem glühenden festen oder flüssigen Kör- per, der von einer stark erhitzten Gas-Atmosphäre umgeben ist, Kirchhoff, der diese Resultate 1861 veröffentlichte, versuchte selbst eine neue Erklärung der Sonnenflecke zu geben, von der wir unten zu reden haben werden, die aber keineswegs zwingend, nieht durchaus überzeugend genannt werden kann, Er betrach- tet (wie schon Galiläi gethan) die Sonnenflecke als Wolken in der Sonnenatmosphäre, und Spörer hat sich bekanntlich der Kirch- hoft’schen Erklärung vollständig angeschlossen. Nach des Ver- fassers Dafürhalten war es Zöllner vorbehalten, den wahren oder doch bis jetzt wahrscheinlichsten Weg zur Deutung der Sonnenflecke zu bezeichnen. In seinen „Photometrischen Unter- suchungen“ (Leipzig, 1865) gibt er als die drei ersten Entwick- lungsstufen der Weltkörper den glühend-gasförmigen, den glühend- flüssigen Zustand und den der Schlackenbildung an. Er bespricht die Bildung kleinerer oder ausgedehnterer Schlackenmassen, wel- che an heisseren Stellen der glühflüssigen Kugel des betreffenden Himmelskörpers wieder schmelzen, und sagt im Anschluss hieran von der Sonne (a. a. O.p. 245 £.): „Wir betrachten diese Erscheinungen, wie ich glaube, in den sogenannten Sonnenflecken. Ich kann daher die Ansicht Kirchh offs nicht theilen, welcher den dunklen Kern dieser Flecken als eine Wolke aus eondensirten Metalldämpfen ansieht, über welche sich in Folge der hierdurch nach oben verminderten Wärmeausstrah- lung in gewissem Abstande eine zweite, weniger dichte Wolke bildet, die alsdann zur Erklärung der Penumbren und ihrer ge- setzmässigen Veränderung am Sonnenrande dienen soll. „Mir scheint die Annahme jener zweiten Wolke etwas er- künstelt, um so mehr, da man bei Voraussetzung der schlacken- '94 artigen Beschaffenheit des dunklen Kerns schon mit einer Wolke über demselben ausreicht, um alle Erscheinungen der Penumbra ganz in der von Kirchhoff angegebenen Weise begreiflich zu machen. „Uebrigens glaube ich hierbei bemerken zu müssen, dass man bei allen bisher aufgestellten Theorien der Sonnenflecke den Ein- fluss der Refraction der Sonnen- Atmosphäre auf die Gestalt der an ihrer Oberfläche wahrgenommenee Objecte mit Unrecht gänz- lich vernachlässigt hat. Selbst wenn die Penumbra in gleichem Niveau mit dem dunklen Kern auf der Sconnenoberfläche sich befände, so würde man im Stande sein, lediglich durch Annahme einer hinreichend starken Refraction, sowohl die Vergrösserung des dem Sonnenrande zugekehrten Theils der Penumbra, als auch jene scheinbaren Vertiefungen zu erklären, welche sich am Sonnenrande öfter an der Stelle zeigen, wo in Fole der Rotation ein Fleck verschwindet. „Die interessanten Resultate, zu denen Kummer in seiner Abhandlung „über atmosphärische Strahlenbrechung“ gelangt ist, scheinen mir die Berücksichtigung der Refraction des Lichtes in der Sonnenatmosphäre für jede Hypothese über die Sonnenflecken durchaus nothwendig zu machen. Es sind zwei Umstände, wel- che die Dichtigkeit der Sonnenatmosphäre als Function ihrer Höhe modifieiren: die Schwerkraft und die hohe Temperatur an der Oberfläche der Sonne. Da beide Ursachen im entgegengesetzten Sinne wirken, so wird das Maximum der Dichtigkeit, und folg- lich auch des Brechungsvermögens nicht an der Oberfläche, son- dern in einem gewissen Abstande über denselben sich befinden. Durch diese Eigenthümlichkeit müssen die von Objeeten an der Sonnenoberfläche ausgesandten Strahlen jedensfalls Ablenkungen in ihrer Richtung erleiden, welche unter Umständen die Veran- lassung zu mancherlei optischen Täuschungen werden können. „So lange die Schlacken noch nicht durch grössere Aus- dehnung und Consistenz in ihrer Beweglichkeit auf der feurig- flüssigen Sonnenoberfläche gehemmt sind, werden sie analog den erratischen Felsblöcken in schwimmenden Eisschollen, vermöge der Centrifugalkraft des rotirenden Sonnenkörpers nach den Ae- quatorialgegenden getrieben werden, wie denn in der That die überwiegende Mehrzahl der Sonnenflecken nur in einer bestimm- ten Aequatorialzone beobachtet wird,“ Das ist wortgetreu alles, was der Verfasser der „photome- trischen Untersuchungen“ über die Sonnenflecke sagt. Die von Zöllner oben angegebene, aber nicht weiter ausge- führte Hypothese — nach welcher der Kern eines Sonnenflecks eineSchlacke ist, die schollenartig auf der glühendflüssigen Ober- fläche treibt, und welche über sich in der Sonnenatmosphäre die Bildung einer Wolke veranlasst, d. i. der Hof des Flecks — diese Hypothese dem grossen Publicum als die wahrscheinlichste 25 der bisher bekannten Deutungen darzustellen ‚ist der Zweck ge- genwärtiger Mittheilung. Dass die verhältnissmässig kurze An- gabe Zöllners solche Beachtung verdient (trotz der von ihrem Ur- heber selbst hinzugefügten Bedenken), scheint mir allermindestens für den gegenwärtigen Augenblick unzweifelhaft, wo die Auf- merksamkeit aller Gebildeten auf die bevorstehehende Sonnen- finsterniss gerichtet ist. Dass sie diese Art der Beachtung und der Verbreitung durch sachverständigere Federn bisher gar nicht (oder doch in den drei zu erwähnenden Fällen nicht) erfahren, scheint immerhin fast unerklärlich. Schreiber dieses ist weit da- von entfernt den HH. Referenten, von denen er selbst oft und gern gelernt, Vorwürfe machen zu wollen. Aber er muss zur Rechtfertigung seines eigenen Vorgehens anführen, dass z. B. in den Vorträgen Kleins über das Planetensystem (Gx=a, 1867 Heftlund 2) die Schlackentheorie Zöllners gänzlich unerwähnt geblieben ist, obwohl die Sonnenflecken und ihre Deutung aus- führlicher besprochen werden, und obwohl selbst (p. 24) der Ver- gleichszahl zwischen der Lichtstärke von Sonne und Vollmond nach Zöllners phot. Untersuchungen (p. 105) eitirt ist. Ebenso hat Bernstein in seinen mit gewohnter Durchsichtigkeit und Fasslichkeit geschriebenen Artikeln über Zöllners mehrerwähntes Werk in der Volkszeitung (1866, Nr. 52) die fragliche Deutung der Sonnenflecken in der oben von uns fixirten Form gar nicht erwähnt. Endlich sagt Engelmann bei Besprechung des Zöll- ner’schen Werckes in den Hildburghauser Ergänzungsblättern (I, p. 231): „Zöllner erklärt nämlich die Sonnenflecke als Schlacken= massen, die auf der glühenden Masse des Sonnenkörpers herum- schwimmen.“ E. giebt im unmittelbaren Anschluss hievon die Erklärung ‚dass hauptsächlich die etwas grössere Leichtigkeit mit der sich viele an den Sonnenflecken beobachtete Erscheinungen durch die Photosphärentheorie erklären lassen, der Grund ist, wa- rum diesselbe nicht allgemein gegen die nach heutigen physika- lischen Kenntnissen jedenfalls allein zu rechtfertigende Annahme einer grossen weissglühenden Masse umgetauscht ist.“ Die oben von uns fixirte Hypothese erklärt aber alle Er- scheinungen mit noch „grösserer Leichtigkeit“ als jede der beiden andern (nämlich die Wilson’sche und die Kirchhoffsche). Dass diess noch nicht hervorgehoben worden, dafür kann Schreiber dieses nur den Grund finden, dass Zöllners grosse Umsicht und Gewissenhaftigkeit alle sonst bei Erklärung der Sonnenflecken zu erwägenden Umstände in einer Weise hervorhebt, welche den Optiker gewiss ehrenvoll kennzeichnet, welche aber die nur kurz angedeutete Hypothese (die weit mehr wie eine allenfalls den Anhängern Kirchhoffs bei Annahme der Schlackenbildung zu machende Concession, denn wie Aufrichtung einer Hypothese sich ausnimmt) gleichsam überdeckt und in Schatten stellt. Un- möglich wäre es allerdings auch nicht, dass Zöllner selbst, als er jene Zeilen schrieb, weit mehr dazu geneigt war die Penumbren für‘ optische Erscheinungen zu halten, die etwa den Zerstreu- . ungskreisen ähnlich zu erklären wären. Dann wäre für uns um- somehr Grund vorhanden, die obige Hypothese hervorzuheben. Denn es ist die Zeit vorüber, in welcher der Grundsatz’ galt; dem grossen Publicum nur Abgeschlossenes vorzutragen. Auch ohne die bevorstehende Sonnenfinsterniss hätte, nach unserm Dafürhalten, die gebildete Welt einen Anspruch darauf, dass man sie mit derjenigen Deutung der Erscheinungen an der Sonne be- kannt macht, die augenblicklich wenigstens als die ausreichendste anzusehen ist. Handelt es sich doch um den Urquell der leben- digen Kraft auf der Erde, um die Sonne! Indem wir von der durch Zöllner begründeten Annahme ausgehen, dass die Sonne sich im Zustande der Schlackenbildung befinde, halten wir für die wichtigsten Stützen der obigen Hypo- these zur Erklärung der Sonnenflecke: l. Die relative Schärfe der Gränze zwischen Kern und Penumbra. Gerade zur Erklärung dieser Thatsache macht Kirch- hoff die gezwungene Annahme zweier über einander schwebender, getrennter Wolken. Warum diese Wolken nicht in continuirlichem Zusammenhang stehen, ist nicht recht einzusehen. Nach der Zöll- ner’schen Annahme hingegen ist die Penumbra jene Wolke, durch welche hindurch wir die Schlacke (als Kern) sehen. Die Gränze aber zwischen dem relativ dunklen Schlackenkern und der weiss- glühend flüssigen Sonnenoberfläche muss auch dann noch eine gewisse Schärfe haben, wenn man sie durch eine Wolke hindurch ' betrachtet. Dass diese Schärfe der Gränze bei starken Vergrös- serungen schwindet, erklärt sich durch ganz analoge Erscheinungen auf der Erde. Bei nebligter Luft sieht man die Contouren ir- discher Gegenstände bei schwacher Vergrösserung schärfer als bei starker. 2. Die (im Eingang beschriebene) excentrische Verschie- bung des Kerns, wenn sich der Sonnenfleck dem Rande der Sonne nähert. Die Wolke befindet sich ja über der Schlacke. Diese Erscheinung, welche die Trichterhypothese ins Leben rief, findet also auch hier die ausreichendste Erklärung. Dieser zweite Be- weisgrund könnte aber dadurch unzulässig erscheinen, dass Spörer jene alte Beobachtung der Randerscheinungen überhaupt in Zweifel zieht, indem er sagt: es komme die entgegengesetzte Hofstellung vor, und die dauernde Beobachtung eines Fleckes zeige fortwäh- rende Veränderungen desselben. Dem ist entgegenzuhalten dass in der von uns zu rechtfertigende Hypothese für alle diese Be- obachtungen Spörers Raum bleibt. Denn der Zusammenhang zwischen Kern und Hof ist ja hiernach kein so zu sagen. stereo- metrischer (wie bei der Trichterhypothese), sondern nur ein ge- netischer, und die Stürme in der Sonnenatmosphäre werden häu- fig die (reale) Centrirung von Kern und Hof alteriren. Neben- 27 bei sei hier bemerkt, dass selbstverständlich nicht (wie bei der Kirchhoff’ schen Erklärung) die atmosphärischen Strömungen als Hauptursache der Eigenbewegungen der Sonnenflecke anzusehen sind, sondern dass diese Bewegungen vielmehr durch: die Strör mungen der glühflüssigen Sonnenoberfläche ihre Erklärung finden, Die Möglichkeit der Erklärung endlich, welche Zöllner für die Randerscheinungen gibt, bleibt natürlich stehen, Aber es scheint nach obigem unnöthig, dass man eine so starke Brechkraft der Sonnenatmosphäre annimmt, wie sie hierfür nöthig sein möchte, 3. Die Aehnlichkeit zwischen dem Contour des Kerns und dem des Hofes. Wo sich eine Schlacke befindet, wird eine niedere Temperatur auf der Sonnenoberfläche statthaben müssen. Es bleibt zwar noch zu beweisen, istaber zu vermuthen, dass desshalb hier auch die Wärmeausstrahlung geringer sein muss, also die Bedingungen zu einer Wolkenbildung vorhanden sind. Die Form der Wolke muss demnach annähernd mit der der Schlacke über- einstimmen. Aber die relative Beständigkeit der Wolke wird nur eine scheinbare sein. Denn da die Strömungen in der At- mosphäre: andere sein können (und sein werden) als die in der Glühflüssigkeit, so wird die Wolke in steter Bildung und Wieder- auflösung begriffen sein, gleich der anscheinend ruhenden Wol- kenhaube eines irdischen Berggipfels. Gemeinsame Penumbren der Fleckengruppen erklären sich ebenso. Sonnenflecken ohne Penumbren sind Schlacken ohne Wolken; denn es ist unwahr- scheinlich, dass die Contouren beider sich decken. Wären es aber Wolken ohne Schlacken, so müssten sie eine andere Eigen- bewegung zeigen als die Kernflecken. Die kernlosen Flecke (oder solche, die den Kern nicht deutlich unterscheiden lassen) sind meist von geringer Grösse. Zur Erklärung ihrer eventuellen Wolkenlosigkeit führe ich wieder als Analogon die Bildung ir- discher Wolken an. An warmen Sommertagen bildet der Him- mel oft ein Abbild des Landes über dem er sich ausspannt. „Was über Wald und Wiese sich verdichtet, löst sich über der wärmeren Sandfläche wieder auf.“ (Dove). So wenig aber eine einzelne Baumgruppe die wolkenbildende Wirkung des Waldes hervorbringt, ebenso wird eine gewisse Ausdehnung der Sonnen- flecke nöthig sein, um die Bildung der dortigen Wolken (die wahrscheinlich aus andern Stoffen bestehen) zu veranlassen. Als das wichtigste Bedenken gegen die Richtigkeit obiger Hypothese scheint mir noch Zöllners Hinweis darauf zu bleiben, dass die Erscheinung der Penumbra überhaupt auf optischer Täu- schnng, beruhen könne. Dem möchte aber "4. die Beobachtung der bei totaler Sonnenfinsterniss sicht- bar werden den „wolkenähnlichen‘‘ Protuberanzen entgegenstehen. Dass diese nicht in Beugungsphänomenen ihr Erklärung finden, ist jetzt eine ausgemachte Sache. Wahrscheinlich sind die Pro- tuberanzen sogar mit den die Penumbren bildenden Wolken der 28 Sonnenflecke zu identifieiren. Hat doch sogar Lassel und noch zutreffender Swan 1851 die Uebereinstimmung zwischen der La- ge von Protuberanzen während der Finsterniss und von Flecken vor oder nach derselben beobachtet. Ob die Protuberanzen, wie Klein (a. a.O.p. 86) für wahrscheinlich hält, vorzugsweise flam- menähnlicher,, oder aber ob sie, wie unserer Hypothese am ehe- sten entsprechen würden, wolkenähnlicher Natur. sind, darüber werden uns die Spectral- oder Polarisations-Apparate der deutschen Expedition hoffentlich Aufschluss geben. Vorläufig liegt aber zur Verneinung der wolkenähnlichen Beschaffenheit kein zwin- gender Grund vor. Die Unbeständigkeit in der Form der Protu- beranzen lässt sich recht wohl mit der der Penumbren in Ein- klang bringen. Dass diese wolkenähnlichen Massen compacter und schärfer umgränzt, ihre Gestaltveränderung also auch auf- fälliger erscheinen muss bei seitlicher Beleuchtung als bei Be- trachtung im durchfallenden Licht, ist einleuchtend, sobald wir uns nur analoger Erscheinungen an den irdischen Nebel- und Wolkenmassen erinnern. (Ausland 1868, 29). Ohrdruf, den 1 Juli 1868. F. Thomas. Literatur, Allgemeines. Rudolph Arendt, Lehrbuch der anor- ganischen Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissen- schaft auf rein experimenteller Grundlage für höhere Lehr-. anstalten und zum Selbstunterrichte. — Vorliegendes Werk hat, wie der Verf. in der Einleitung hervorhebt, nicht den Zweck, neue Materialien für den Schulunterricht in der Chemie zu liefern, sondern bietet uns eine von der gewöhnlichen abweichende Methode des Unter- richts dar. Während nämlich bisher der in chemischen Dingen noch unerfahrene Schüler sogleich mit allgemeinen chemischen Begriffen, als Verbindung, Zersetzung, Reaction, Atom etc. etc. geplagt und ermüdet wird, wird derselbe nach vorliegendem Lehrgange sofort durch das Experiment mitten in die Chemie eingeführt, und wird genöthigt, durch eigenes Nachdenken den Grund und die Ursache der chemischen Er- scheinungen selbst aufzufinden. Es wird zu diesem Zwecke ausgegangen von den Veränderungen, welche die Metalle beim Glühen an der Luft erleiden, der Schüler wird sodann mit den einfachen Körpern nach und nach bekannt und im ersten Abschnitte der Begriff von chemischer Verbindung, Unterschied einfacher und zusammengesetzter Körper und der Affinität festgestellt. Im zweiten Abschnitte wird der Schüler mit den Symbolen und Atomgewichten bekannt gemacht, die Gesetze der 29 constanten und multiplen Propörtionen und die Lehre von der Valenz der Elemente entwickelt. Der dritte Abschnitt bringt complicirtere Verbindungen, Salze etc., zeigt, wie dieselben auf verschiedene Weise entstehen und wie dieselben wieder gespalten werden können, worauf dann im 4. Abschnitte die Auffindung der rationellen Formeln im Ge- gensatze zu den empirischen gelehrt wird. Im fünften Abschnitte end- lich wird auf Grund der Versuche, welche die volumetrische Zusammen- setzung der Hydrüre darthun, das Volumgesetz entwickelt. — Ob sich diese neue Lehrmethode bewähren wird, muss der’ Versuch lehren. Jedenfalls wird der Schüler durch dieselbe in fortwährender Spannung erhalten und angeregt, durch eigene Reflexion den Grund chemischer Veränderungen und die chemischen Gesetze selbst zu finden. Zeht. Richard Maly, Grundzüge der modernen Chemie für Mediziner, Pharmaceuten und Chemiker. — Durch vorliegendes Werk ist einem fühlbaren Mangel in der chemischen Literatur abgeholfen, nämlich dem einer kurzen gedrängten Uebersicht über die neuesten Theorien der Chemie und deren Anwendung auf die Praxis. Das Werk umfasst nur 562 Seiten, von denen der fünfte Theil der reinen Theorie gewidmet ist, während in dem Reste die ganze übrige Chemie abgehan- delt wird. Selbstverständlich ist es daher kein Buch für den rein wis- senschaftlichen Chemiker von Fach, wohl aber ist es sehr geeignet für denjenigen, welcher sich die Chemie in ihrer Gesammtgestalt in möglichst kurzer Zeit ins Gedächtniss zurückführen will, sowie für die, welche vielleicht seit Jahren sich mit theoretischer Chemie nicht beschäftigt haben und sich in kurzer Zeit mit den modernen Ansichten der Wissen- schaft vertraut machen wollen. — Was die Anordnung des Werkes anbetrifft, so handelt es im ersten Abschnitt über die allgemei- nen Eigenschaften der Körper und ihre Constitution! nach den .neue- ren Ansichten, während zum Schluss anch die ältere dualistische Anschauungsweise in Kürze erläutert wird. Im sachlichen Theile sind die Elemente nach ihrer Aeguivalenz geordnet und in dieser Reihen- folge abgehandelt. Von den seltneren sind nur die Namen angeführt. Beim Kohlenstoff sind sämmtliche Kohlenwasserstoffe und die einfacheren Verbindungen desselben mit ein-, zwei- nnd dreiwerthigen Elementen abgehandelt, während die übrigen organischen Verbindungen am Schluss des Werkes in einem besonderen Abschnitte zusammengefasst sind. Papier und Druck lassen nichts zu wünschen übrig und sind dem Texte nur die allernothwendigsten Abbildungen beigefügt, so dass das Werk dadurch nicht unnöthig vertheuert ist. Tcht. Physik. A. Wüllner, über die Beziehung zwischen Brechungsexponenten des Lichtes und Körperdichte. — Die hohe Bedeutung, welche eine genaue Kenntniss dieses Zusammenhanges in sich schliesst, so wie der Umstand, dass durch die umfangreichen Untesuchungen über diesen Gegenstand das Gesetz doch noch nicht genau aufgefuuden ist, haben Verf. veranlasst, noch einmal eine ein- gehende Prüfung der aufgestellten Formeln vorzunehmen. Verf. gelangt 36 3E5 n"—1 noch auch denn dabei zu dem Resultate, dass weder die Formel ihre Abänderung in — — Constans von allgemeiner Gültigkeit sind, sondern dass die Aenderungen des Brechungsexponenten den Dichtigkeits- änderungen allerdings sehr nahe proportional sind, obwohl die wahr- genommenen Abweichungen nicht mehr innerhalb der Grenzen der Beobachtungsfehler liegen. Das Gesetz der Proportionalität dieser Aen- derungen ist angenähert richtig, wie das Mariotte’sche, es kann nur angewandt werden, wenn es sich nicht um absolute Genauigkeit handelt. Nach einer eingehenden Discussion der möglichen Beobachtungsfehler theilt' Verf. seine umfangreichen Messungen mit, die er an den drei Linien des Wasserstoffspectrums unter Anwendung von Wasser, Alkohol, Schwefelkohlenstoff, Glycerin resp. Gemischen dieser Flüssigkeiten und Chlorzinklösungen von verschiedenem Wassergehalte erhalten. Die Tem- peraturen wurden dabei mannigfach geändert. Im Allgemeinen ergiebt sich, dass die Brechungsexponenten mit steigender Temperatur schneller abnehmen als die Dichtigkeiten, es kommen indessen auch Fälle vor, wo vollkommene Proportionalität existirt, in andern endlich nehmen die Brechungsexponenten langsamer ab als die Dichtigkeiten. Das spec. Brechungsvermögen ge Ä 5 R z . ist auch nicht einmal annähernd constant zu setzen, wogegen der Quotient —- sich in manchen Fällen genau in andern dagegen nur annähernd constant zeigt, so dass man, wenn man nur die drei ersten Decimalen von Brechungsexponent und Dichtigkeit in. Betracht zieht, zu fast genau dem nämlichen Resultate gelangt. — (Pogg. Annal. 133, 1—523.) Brek. C. Bohn, über negative Fluorescenz. — Neue Angriffe, welche Verf. durch Herrn Akin erfahren hat, veranlassen denselben, ° den Begriff der Fluorescenz überhaupt noch einmal festzustellen, so dass ein fernerer Streit, der aus principiellen Differenzen hervorgehen kann, unmöglich wird. „Wenn Strahlen, (Licht oder Wärme) auf pas- send ausgewählte Körper fallen und in Folge hiervon sofort, ohne dass eine Temperaturerhöhung oder eine ähnliche physikalische oder che- mische Aenderung im Zustand der Körper vorherzugehen hat, von diesen Körpern, mögen sie dicke oder dünne Schichten bilden, Strahlen aus- gesendet werden, welche andere Brechbarkeit haben als die erregenden, wenn die Qualität der ausgesandten Strahlen von der Natur der wirk- samen Körper und von der Qualität, nicht aber von der Quantität der erregenden Strahlen abhängt, so findet Fluorescenz statt.“ Die Fluo- rescenz ist die nächste und unmittelbare Folge der Absorption der Strahlen und ihr entscheidender Unterschied von der Wärmestrahlung hegt darin, dass bei letzterer die Qualität der ausgesendeten Strahlen bei ein und demselben Körper abhängig ist von der Quantität der ab- sorbirten; dass sie hingegen, wenn die absorbirten Strahlen überhaupt nur Wärme sind, unabhängig ist von der Wärmefarbe. Bei der Fluores- 51 «enz aber findet gerade das Gegentheil statt, nämlich Unabhängigkeit von der Quantität, dagegen Abhängigkeit von der Qualität der Strahlen. (Ebenda p 165—75.) Brek. Emsmann, zurGeschichte der Fluorescenz. — Die diese Zeitschrift Bd. XXXT. 29. mitgetheilte Bemerkung von Hoh erfährt eine Erweiterung dahin, dass schon Boyle und Pourchot am nephritischen Holze die Erfahrung gemacht haben, dass ein wässriger Auszug des- selben fluorescire. Boyle und Pourchot’s Notiz geht aber noch weiter zurück, indem bereits Athanasius Kircher in seiner „ars magna lueis et umbrae“ vom Jahre 1646 derselben Erscheinung Erwähnung thut. — (Zbenda p. 175-176.) Brek. A. Bettendorf und A. Wüllner, einige Versuche über specifische Wärme allotropischer Modificationen. — Diese gelegentlich ausgeführten Versuche wurden veranlasst durch die Diffe- renzen der Angaben über die spec. Wärme des Graphits, wie sie Reg- nault einerseits und Kopp andrerseits mittheilen. Die Verf. wandten Kopp’s Verfahren zur Ermittelung der spec. Wärme an, brachten aber eine Correction wegen der Temperatur der Umgebung an, während Kopp die seinem Verfahren anhaftende Unsicherheit dadurch zu ver- mindern sucht, dass er die Temperätur des Wassers im Calorimeter vor dem Eintauchen des erwärmten Körpers niedriger sein liess, als die der umgebenden Luft. Seine Resultate mussten etwas zu klein ausfallen. B. und W.’s Beobachtungen stimmen mit den Regnault’schen, die sie an Genauigkeit nicht erreichen, doch in recht befriedigender Weise überein. Die spec. Wärme eines Stückes Gaskohle, welche sie durch einen Strom von Bromdampf in der Rothgluht von: Eisen Befreiten und: welches nur 0,8 Procent fremde Bestandtheile enthielt, fand man im Mittel = 0,2040. Natürlicher Graphit von Ceylon wurde einem ähnlichen Läuterungsprocess unterworfen, und seine spec. Wärme darauf =0,1955 ermittelt. Hohofengraphit endlich hatte die spec: Wärme = 0,1961. Die spec. Wärme dieser sämmtlichen graphitartigen Kohlen ist höher als die des Diamants, welche Verf. = 0,1483 fanden. ‘Somit ergiebt sich, dass die Versuche Regnaults mit den vorliegenden besser übereinstimmen, als mit den Kopp’schen. Zur Uebersicht folgende Zusammenstellung: Spec. Wärmen nach B. u. W. Regnault. Gaskohlle. . . 2.....02040 . 2 .2.2.%.0,20360 Graphit von Ceylon . . 0,1955 . . 2... ..0,20187 Hochofengraphit - . . 0,1961 . 2... .0,19704 Diamäantıy. iur sl. ‚iQ, 1488-20 „ou. ash. 0,4687 Diese Abweichungen liessen erwarten, dass auch die spec. Wär- men allotropischer Modificationen anderer Elemente Verschiedenheiten zeigen würden: So finden denn die Verf. die spec. Wärme des krystal- linischen Arsens = 0,0830. (Regnault —= 0,0815) während die neuer- dings von Bettendorf entdeckte amorphe Modification des Arsens nur 0,0758. ergibt, eine Differenz, die weit ausserhalb der Grenzen der 32 Beöbachtüngsfehler liegt. — Die spec. Wärme des Selens berechnen die Verf. = 0,08404 (Regnault — 0,08371) wogegen die spec. Wärme des amorphen Selens bei einer Temperatur von 25— 38° grösser, nämlich — 0,0955 gefunden wurde. Erwärmt man das amorphe Selen bis gegen 50°, dann wird es bereits weich, und die spec. Wärme wird dann ent- sprechend höher, nämlich = 0,1125. — (Zbenda p. 293—311) Brek. G. Magnus, die Diathermansie des Sylvins. — M. hat einen Krystall von Sylvin — Chlorkalium — aus Stassfurt auf seine Fähigkeit die Wärme durchzulassen, untersucht und hat gefunden, dass derselbe sich dem Stassfurter Steinsalz analog verhält und zwar nicht blos in Bezug auf die Quantität der Wärme sondern auch in Bezug auf die Qualität derselben. — Weitere Versuche mit dem in reichen Masse zur Disposition stehenden Materiale dürften immer noch wünschens- werth sein. — (Pogg. Ann. 134, 302—304.) Schbg. Mohr, das neue physikalische Experiment von Kom- merell. — Mohr vergleicht die von H.K. beschriebene Walze (d. Ztschr. 31,379 und Correspbl. v. Juli) mit dem bekannten Joujou; Poggendorfi bemerkt aber, dass beide doch nicht ganz identisch sind, indem beim Joujou das Behaarungsvermögen, bei K. aber die Reibung die aufstei- gende Bewegung ermöglicht. — (Zbda 312—314.) Schbg. J. Derffel, Bemerkungen zur „Temperatur“ in unserm Tonsystem. — Verf. beweist die bekannte Thatsache, dass man von einem Grundtone ausgehend durch reine Quinten niemals zu einer Octave des Grundtones b&elangen kann auf die bekannte Weise (wenn nämlich 2P — (?/) , oder plog2=qlog?/., so sind p und q incommensurabel zu einander), und bestimmt durch Kettenbrüche die Näherungswerthe Bru- ches p/a nämlich 1, */2,?/5,"/ı2,*/aı u.s.w., wie diess schon Drobisch vor 16 Jahren ausführlicher gezeigt. — (Z5da290—302.) Schbg. G. Krebs, das Schlagwerk unter der Luftpumpe und das „Merochord“. — 1) Ein Schlagwerk, welches das „Verschwinden“ des Tones unter der Luftpumpe zeigt, muss wo möglich so eingerichtet sein, dass es erst unter der Glocke nach dem Evacuiren ausgelöst zu werden braucht und dass es auch nicht fortwährend schlägt, sondern dass der Ton jederzeit hervorgerufen werden kann. Diesen Zwecken genügt offenbar eine electromagnetische Einrichtung sehr gut. Verf. beschreibt einen möglichst einfachen derartigen Apparat, welcher auf dickwandigen Kautschukschlauch gesetzt wird, damit der Schall nicht durch die Luftpumpe selbst fortgeleitet wird. Preis c. 5 Thlr. 2) Um die Schwingungen einer Seite in aliquoten Theilen zu zeigen, bedient man sich meistens des Monochordes, damit sie aber besser ge- sehen werden, dürfte es passend sein, die Saite vertikal zu stellen. Verf. beschreibt eine einfache und practische Einrichtung eines solchen Apparates, den er Merochord (von griech. meros, der Theil) nennt; der- selbe kann zugleich mit einer Modifikation des Melde’schen Apparates versehen werden, nämlich mit einem Faden und einem daran’ befestigten Glasstabe, der in longitudinale Schwingungen versetzt werden kann und dadurch seinerseits den Faden in transversale Schwingungen versetzt 33 entweder der ganzen Länge nach, oder mit 1, 2,3... Knoten in der Mitte; eine dahinter befindliche weisse Fläche lässt dieselben deutlich erkennen. — (Pogg. Ann. 134, 432—440.) Schbg. A. Terquem, über die chemische Harmonika. — An der Röhre dieser chemischen Harmonika, die zum Theil aus Metall herge- stellt war, hat der Verf. eine Königsche „manometrische Kapsel“ ange- bracht, deren Flamme mit Hilfe eines durchsichtigen Spiegels mit der Flamme der Harmonika selbst verglichen werden kann. Die Analyse beider Flammen durch den rotirenden Spiegel zeigt, dass sie nicht in Uebereinstimmung sind. Terquem schliesst hieraus über die Ton-Bildung bei der chemischen Harmonika Folgendes: 1) der aufsteigende Luft- strom in der Röhre sucht unregelmässige Aenderungen in der Grösse der Flamme zu erzeugen. 2) Dadurch entsteht eine gewisse Periodieität im Eintritt der Luft in den untern Theil der Röhre, welche nach den be- kannten Gesetzen die stehenden Wellen und also den Ton erzeugen. 3) Diese Schwingungen der Luft bewirken die Schwingungen der Flamme. (vgl. die Abh. von Zoch diese Zeitschr. 28, 47.) Verf. unterscheidet 3 Formen der Flamme bei der Beobachtung im rotirenden Spiegel: bei schwachen Vibrationen, die sich nicht auf den unteren Theil der Flamme erstrecken, erscheint dieselbe im rotirenden Spiegel als continuirliche Sinuslinie; bei stärkern vibrirt die ganze Flamme und kann auch voll- ständig erlöschen, dann sind im Spiegel die einzelnen Flammenbilder vollständig von einander getrennt, und man muss annehmen. dass die Flamme eigentlich bei jeder Vibration erlischt und sich am heissen Brenner wieder entzündet— es kann aber auch drittens die Schwingungs- bewegung noch intensiver werden, wobei die Flamme in die Röhre hinein geht und im Spiegel also die Bilder zweier Flammen, einer aufrechten und einer umgekehrten abwechseln. Dieser letzte Fall tritt selten ein und ist ein Analogon zu der Verbrennung des Sauerstoffs im Ammoniak- gase (Heintz d. Zeitschr. 24, 31); denn es brennt hier Luft im Wasser- stoff; mit Leuchtgas dürfte der Versuch kaum gelingen. — (Pogg. Ann. 134, 468—472.) Schbg. E. Mach, Einfache Demonstration der Schwingungs- gesetze gestrichener Saiten. — Man spanne 2 Saiten kreuzweise übereinander (die eine etwa 2Cm. höher) und streiche beide gleichzeitig mit Fiedelbogen an: dann erhält man in dem Ueberdeckungsfelde beider überschwommenen Saitenbilder ein sehr schönes scharfes Parallelogramm, das sich langsam ändert und zeitweilig zu einer Geraden zusammen- schrumpft. Bei geschwärzten Saiten erscheint die Figur hell aut dunkelem Grunde — bei vergoldeten Saiten und untergelegtem schwar- zen Papiere aber dunkel auf hellem Grunde. Da die Figur stets ein Parallelogramm ist, so muss die Bewegung der Saiten mit constanter Geschwindigkeit erfolgen, was ja schon durch Helmholz mittels des Vibrationsmikroskopes bewiesen ist. Bei der Benutzung dieses Instru- mentes nimmt Mach statt des Stärkekörnchens, welches Helmholtz als leuchtenden Punkt auf die Seite gebracht hatte, einen Platindraht mit Bd. XXXII, 1868. 3 34 ängeschmolzenen Kügelchen, den er durch die geschwärzte Saite zieht. (Pogg. Ann. 134, 311--312.) Schbg. “ Chemie. Böttger, Wirkungdes destillirtenWassersauf Blei. — Verf. behauptet, dass die Wirkung des destillirten Wassers auf Blei von der Gegenwart kleiner Mengen kohlensauren Ammonijaks in dem- selben abhänge. Werde das destillirte Wasser, ehe es mit reinem Blei, welches selbstverständlich zu diesem Versuche benutzt werden muss, in Berührung kommt, gekocht, oder unter Zusatz von wenig SO, abde- stillirt, so greife es reines Blei nicht mehr an. Eine geringe Beimen- gung von Zinn zum Blei schütze das Letztere vor dem Angegriffenwerden (?). (Journ. de Chimie med. Avril 1868 p. 176.) K. L. Marignac, Versuch über die Reduction des Nio- biums und des Tantal. — Das Fluorniobkalium lässt sich leicht durch Natrium in einem Eisentiegel reduciren. Das Product dieser Re- duction ist aber nicht Niobium, sondern eine Verbindung des Niobs mit Natrium. Durch Wasser wird diese Verbindung zersetzt unter Bildung von Niobwasserstoff von der Formel NiH. Dieser ist ein schwar- zes Pulver von 6,0— 6,6 spec. Gew., unlöslich in HCl, NO° und verd. SO3, löslich in heisser conc. SO®, schmelzenden schwefeisauren Alcalien, siedenden caust. Alcalien und HFl. An der Luft erhitzt, verbrennt er zu Niobsäure. Im Graphittiegel mit Aluminium reducirt, bildet sich Al? Nb, ein krystallinisches metallglänzendes Pulver von 4,45—4,52 sp. Gew. Fluortantalkalium durch Aluminium reducirt gibt eine analoge Verbin- dung TaAl?, ebenfalls ein metallglänzendes krystallinisches Pulver von 7,02 spec. Gew., fast unangreitbar durch HCl, leicht löslich in HFI und nicht oxydirbar durch Glühen. Die angeführten Versuche und die Eigen- schaften der erhaltenen Körper geben Verf. die Veranlassung, Niobium und Tantal aus der Klasse der Metalle auszuschliessen und mit Silicium, Titan und Zirconium in eine Klasse zu stellen. — (Compt. rend. LXVI S. 180.) Teht. Rayney, über die Entstehung von Myelinbildungen in einer mit Chlorbaryumkrystallen besckenkten concentrir- ten Lösung von schwefelsaurem Natron. — Die Existenz des Myelins als chemischen Individuums wurde von Neubauer und Ref. gleich- zeitigin Abrede gestellt. Namentlich ergab sich aus den Untersuchungen des Letzteren (vgl. Band XXX dieser Zeitschrift p. 548), dass die Aus- drucksweise, wonach Alkohol, Chloroform, Phosphor etc. auf das die Hirn- und Rückenmarkssubstanz constituirende Myelin irgendwie, z.B. durch Aenderung seiner Löslichkeitsverhältnisse einwirke, eine irrige ist. Die Bezeichnung „Myelin“ ist also so zu sagen ein morphologischer Begriff für gewisse, in Flüssigkeiten von der verschiedenartigsten che- mischen Zusammensetzung (Zersetzungsprodukten von Hirnbestandtheilen, Mischung von Hirnbestandtheilen oder Seifenlösung mit Cholasterin, von Oel- und Caprylsäure mit Ammoniak u. s. w.) beobachtete, mikrosko- pische Bildungen. Liebreich’s Hypothese, wonach das Protaon bei der Entstehung des Myelin’s eine Rolle spielt, und Beneke’s auf vulka- nischem Boden stehendes Gebäude der vagesten Hypothesen fielen durch 35 Neubauers und Refrts Untersuchungen in Nichts zusammen. Während nun Neubauer an fetten Säuren und Ammoniak, Ref. an Hirnbestand- theilen und Derivaten derselben Beobachtung anstellten, liefert in neue- ster Zeit Rayney den Benekes Theorien einen letzten Gnadenstoss ver- setzenden Nachweis, dass Myelinformen sich auch aus rein anorgani- schem Material erzeugen lassen. Man bringt zu diesem Zwecke in eine Ya—!ı" tiefe Glaszelle eine saturirte Lösung von NaO, SO; und zwei Krystalle Chlorbaryum, schliesst die Zelle schnell durch ein Deckgläs- chen und betrachtet den Inhalt derselben durch eine Linse von 0,5—1,0" Brennweite. Vom Krystalle ausgehend und unter einer Temperatur- erhöhung um 4° Fahrenheit entwickeln sich die bizarresten und ver- schlungensten Myelinbildungen in Quasten, Schleifen u.a. Formen. Verf. behauptet nun, dass diese Figuren Hohlcylinder darstellten und deutet ihre Genesis folgendermassen. Der in der Glanbersalzlösung befindliche Chlorbaryum-Krystall umgibt sich mit einer sehr feinen Lage Ba0,SO;, wobei, während seine Ecken und Kanten stumpf werden, jedenfalls ein Minimum Ba@l in Lösung geht. Der Beleg von Ba0,SO; wird durch- brochen, hebt sich an dieser Stelle ab und die hierbei resultirende An- lage eines oben offenen Hohleylinders ist der Anfang der sich nun schnell entwickelnden Myelinbildung. Indem aus der obern mikrosko- pischen Oeffnung des Cylinders beständig ein Minimum sich lösenden und die Durchbruchsstelle des BaO, SO; Belages des Krystalles passi- renden Ba@l in die NaO, SO;lösung tritt, bildet sich ringsum die Oeff- nung des in Anlage begriffenen Cylinders immer und immer wieder eine neuekleine Schicht BaO, SO;3 und baut sich auf diesem Wege die Myelin- figur einem von unten nach oben aufgemauerten Thurme oder Schorn- steine vergleichbar, auf. Wird mit den Ba€l krystallen gleichzeitig Gummi- gutti in die NaO,SOslösung gegeben, so färbt das sich lösende;Pigment das Lumen des sich bildenden Myelin-Cylinders gelb. — (Medical Times and Gazetle January 18. 1868.) K. A. C. Brown und R. Fraser, Ueber die von derjenigen der ursprünglichen Alkaloide abweichende Wirkungsweise des Strychnin-, Codein-, Thebain- etc. Methyljodürs. — Ueber den Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die toxische Wirkung gewisser (giftiger) Substanzen ist so gut wie nichts bekannt. Die Verff. stellen eigenthümliche Gesichtspunkte über diesen interessanten Gegenstand auf, wonach die Addition im chemischen Sinne (von den Verff. „Condensation,“ genannt, die der Zustand unvollkommener Sättigung, z.B. des N in den Ammoniaken ist, worin er dreiwerthig auftritt), auf die giftigen Eigenschaften vermehrend oder vermindernd einwirken soll. Ihre Experimente sind auf die Veränderungen gerichtet, welche die Einwir- kung der Alkaloide durch den Eintritt der Methylgruppe und des Jods (Hydroxyls) erleiden, und untersucht hier zuvörderst das Methylstrychninjo- „dür. Dasselbe wird erhalten, indem man feingepulvertes Strychnin mit ‘ kohlensaurem Kali behandelt, einen Ueberschuss von in Weingeist ge- löstem Jodmethyl hinzufügt und die Mischung, durch ihr doppeltes Vo- umen $pir. vini rectificatiss. verdünnt, 24 Stunden lang digeriren lässt. 3 * 36 Jetzt wird der Alkohol abdestillirt und der Rückstand aus Wasser um- krystallisirt. Während nun !/so—%/2o Grm. Strychnin ein Kaninchen tödtet, wirken 12 Grm. Strychninmethyljodür auf ein dreipfündiges Kaninchen gar nicht giftig; vielmehr trat erst bei 15 Grm. Vergiftung und bei 20 Grm. der Tod ein. Merkwürdiger Weise erfolgte letzterer nicht unter den tetanischen Symptomen der Strychninvergiftung, sondern vielmehr unter denen der Vergiftung durch Curare d. h. Lähmung der intermuscularen Nervenendigungen bei Intaktheit der centripetalen Lei- tung (sensiblen Nerven) und des Herzens. Die Rücken- und übrigen Muskeln sind hierbei schlaff, kontraktil und von stundenlang andauern- der alkalischer Reaktion. Durch die chemische Verbindung des Strych- nins mit Jod-Methyl, wird also seine (centrale) Wirkung nicht nur ali- enirt (so, dass nun die peripherischen Nervenverbreitungen zuerst durch das Gift angegriffen werden), sondern auch gleichzeitig um das 140fache abgeschwächt. Ebenso verhalten sich Brucin-, Bodein-, Thebain- und Morphin-Methyljodür; sie bewirken keine Krämpfe mehr, sondern ver- halten sich dem Curare analog. Die narkotische Wirkung des Morphin’s äussert sich indess neben der curareartigen bei Kaninchen in merklicher Weise, Fraser nahm ı Grm. Morphinmethyljodür ohne Wirkung zu verspüren. Auf Nicotin äusserte sich die Gegenwart des Methyljodürs in der Art, dass die Convulsionen schwanden, ohne dass Lähmung der Muskelnervenendigungen eintrat. Verff. deuten darauf hin, dass, wie- wohl Strychnin und Curarin von Strychnosarten (Loganiaceae) abstam- men, doch die curareartig wirkenden Strichninderivate durchaus nichts mit dem Curarin zu schaffen haben. — (British med. Journal. March 7. 1868 p. 231.) „K. Prüfung der schwefelsauren Thonerde auf freie Schwefelsäure. — Die schwefelsaure Thonerde wird seit Jahren in der Industrie vielfach verwendet und scheint, weil ein gleiches Volumen dieses Salzes ein bedeutend grösseres Quantum Thonerde. enthält, als der Alaun, letzteren von Tage zn Tage mehr zu verdrängen. Doch ist diese Drogue sehr häufig durch freie Schwefelsäure verunreinigt, deren Gegenwart, weil die schwefelsaure Thonerde an sich sauer reagirt, nicht ohne Weiteres erkannt werden kann. Der Nachweis der freien SO3 kann auf folgende Weise geführt werden: 1) Da das Thonerde-Sulfat in Alkohol unlöslich ist, so nimmt letzterer bei der Digestion nur die freie SO, auf; man kann daher die Menge der letzteren mit Hilfe von zu dem (alkoholischen) Auszuge ge- setzten kohlensauren Natron durch Titriren bestimmen. Da indess die schwefelsaure Thonerde in Alkohol nicht absolut unlöslich ist, so ist diese Methode weniger exakt, als die folgende. .2) Neutralschwefelsaure Thonerdelösung, mit einem Aufguss von Campechenholz versetzt, färbt sich sofort tief violettroth, während die bezeichnete Mischnng bei Gegenwart freier SO; nur braungelb wird. Die Farbenunterschiede springen so in die Augen, dass sie auch ein Arbeiter leicht zu constatiren vermag. Bei Anwendung titrirter Lösun- gen soll (?) man auf diesem Wege den Gehalt des Thonerdesulfates 37 an freier SO; quantitativ zu bestimmen im Stande sein. — (Journ. de Chimie med. Janvrier 1868 p. 12.) K.— F.vanPelt, über den Nachweis des Pikrotoxin’s in mit Kockelskörnern verfälschtem Biere. — In England werden jähr- lich 408,600,000 Liter Bier consumirt. Man hat, ohne den Beweis führen zu können, angenommen, dass die Bierbrauer*) Kockelskörner, anstatt des Hopfens anwenden, eine Ansicht, welche durch den sicheren Nach- weis, dass jährlich 20,000 Kilogramm Kockelskörner, zur Verfälschung von 120,000 Tonnen Bier ausreichend, in England importirt werden, bedeutend an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Mit Recht fragt die Lancet: wenn sie nicht von den Bierbrauern consumirt werden, wer verbraucht sie denn? (dass so viel Kockelskörner zum Fischfange oder gar, um auszuplündernde Reisende zu betäuben, benutzt werden sollten, ist ge- wiss kaum glaublich. Uebrigens kann Ref. nach brieflicher Mittheilung des Prof. Dragendorff, ehemaligen Polizeichemikers in St. Petersburg, gegenwärtig in Dorpat, eines gewiss zuverlässigen Gewährsmannes, berich- ten, dass auch in Russland sehr grosse Mengen Pikrotoxin zur Bier- verfälschung dienen und Jahr aus Jahr ein Bierniederlager aus diesem Grunde von der Regierung mit Beschlag belegt wird). Der Pikroto- xingehalt der englischen Biere (London-Porter, Brown-Stout etc.) wird durchans genügen, die sich nach dem Genusse derselben einstellenden Kopfschmerzen, Aufregung und andern Beschwerden zu erklären und ebenso soll nach Schubert in Würzburg das bairische Bier gar nicht selten durch Kockelskörner verfälscht werden. Verf. empfiehlt besonders die übrigens alte Methode des Pikro- toxinnachweises im Bier nach Schmidt, welcher zwei verschiedene Wege, diesen Zweck zu erreichen, angibt. Entweder wird das Bier auf ?/s eingedunstet, der Rückstand durch Thierkohle möglichst ent- färbt und mit Bleiessig ausgefällt. Das Filtrat, ans welchem der Blei- überschuss durch HS entfernt wird, darf sodann nur schwach gelblich gefärbt sein und wird nur mit Amylalkohol (12 cub. Centimeter) ver- setzt und umgeschüttelt. Nach 24 Stunden ist die grössere Menge des Pikrotoxins in den Amylalkohol übergegangen. Dieselbe Manipulation wird mit neuzugefügtem Amylalkohol wiederholt bis dieser, ohne Rück- stand zu hinterlassen, verdampft. Von den vereinigten alkohol. Auszügen wird der Amylalkohol abdestillirt und der Rückstand zur Krystallisation gebracht. Die Wände der Krystallisirschale bedecken sich dann mit unreinem Pikrotoxin. Will man es ganz rein erhalten, so dampft man obigen Rückstand zur Trockniss ein und kocht ihn mit wenig SOz hal- tigem Wasser ein, filtrirt und schüttelt das Filtrat mit Aether, nachdem zuvor nochmals Thierkohle zugesetzt worden ist. Die Behandlung mit Aether wird mehrfach wiederholt und aus den vereinigten ätherischen Extrakten das Menstruum abdestillirt. Nimmt man jetzt den Rest in -*) Diese Angabe macht schon Alexander Merrice, Common- Crewer von London, in seinem 1802 erschienenen Buche über die Kunst Bier zu brauen; er musste es genau wissen. 38 Alkohol auf und lässt freiwillig verdunsten, so resultirt fast ganz farb- loses reines Pikrotoxin in Nadeln. Auf diese Weise hat Verf. von 2Grmt Kockelskörnern, welche dem Biere (2 Liter) zugesetzt waren, 12 Centi- grm. wiedergewonnen. (Dies ist kein Kunststück Ref.) Dass Schmidt’s Verfahren sehr umständlich ist, liegt klar am Tage. Ref. hat im vorigen Jahre (Berliner klin. Wochen-Schrift Nr. 47) eine weit einfachere Methode, welche gute Resultate gibt, ver- öffentlicht und erlaubt sich, da über dieselbe in der Z. S. nicht referirt worden ist, dieselbe an dieser Stelle kurz mitzutheilen. Sie beruht darauf, dass Zucker, Gummiarten, Dextrin etc. durch ammoniakhaltige Bleizuckerlösung unlöslich niedergeschlagen werden und das durch Blei- salze nicht fällbare Pikrotoxin durch Schütteln mit Aether aus sauren Lösungen ausgezogen werden kann. Das zu untersuchende Bier wird erst, bis es stark nach Ammoniak riecht, mit solchem versetzt und der entstandene Niederschlag, wenn es sich nicht um quantitative Bestim- mungen handelt, einfach, ohne zu filtriren, absetzen gelassen. Die wie- der klare Flüssigkeit wird nun so lange mit Bleiacetat in Alkohol ge- löst versetzt, als sich ein unlösliches Dextrin, Zucker u. s.w. enthaltendes Präcipitat bildet. Durch öfteres Probiren einer filtrirten Portion des zu untersuchenden Bieres kann ein zu grosser Ueberschuss von Blei vermieden werden. Mit dem voluminösen Bleiniederschlage fallen gleich- zeitig Farbstoffe und Extractivstoffe zu Boden. Jetzt wird Schwefelwas- serstoff in die Flüssigkeit geleitet, filtrirt, das Filtrat bis zur Syrups- consistenz auf dem Wasserbade eingeengt und der saure Rückstand mit'Aether, welcher nur Pikrotoxin aufnimmt, geschüttelt. Dies geschieht am besten in einem oben verschliessbaren Scheidentrichter; hat sich über dem mit wenig Wasser verdünnten Syrup eine klare Aetherschicht abgelagert, so wird die Trennung beider Flüssigkeiten bewirkt und beim Vertreiben des Anthers aus dem ätherischen Extrakte ein wenig ge- färbter Rückstand von Picrotoxin, welcher die charakteristischen Reak- tionen dieses Körpers gibt, erhalten. Dasselbe wird durch Abpressen zwischen Löschpapier und mehrmaliges Umkrystallisiren aus Alkohol vollkommen gereinigt; von 2Grm. Pikrotoxin in 1150 cub. Cent. Wasser und Bier gelöst, gewann ich wieder 1'/),Grm. Pikrotoxin ist sublimirbar, reduzirt Kupferoxyd in Oxydul, wird in concentrirter Schwefelsäure krokusfarbig gelöst, gibt bei hierauf erfolgendem Zusatz von saurem chromsaurem Kali eine der des Strychnin’s sehr ähnliche violette rothe Farbenreaktion, wird durch kein einziges Metallsalz gefällt, ver- bindet sich aber mit Kalk und Baryt, zersetzt durch Palladiumchlorür und Quecksilberoxydulsalze (z. B. salpetersaures) beim Kochen und gibt nach Langley, mit Salpeter verrieben, in Schwefelsäure gelöst und mit Natronlauge stark alkalisch gemacht, eine ziegelroth gefärbte Mi- schung. Pikrotoxin ist ein starkes tetanisches Gift. — (Nach Journ. med. de Bruxelles XLVI. Janvrier 1868 p. 61.) K. Oser, über ein Alkaloid der Alkoholgährung. — Unter den Gährungsproducten von Rohrzucker mit rein ausgewaschener Press- hefe weist Verf. eine Basis nach, welcher nach der Analyse die Formel 39 g13]]2N? zukommt. Die salzsaure Verbindung ist sehr hygroskopisch, gibt unter der Luftpumpe weisse blättrige Krystalle, bräunt sich schnell an der Luft und zeigt anfangs brennenden, hintennach stark bittern Geschmack. — (Journ. f. prakt. Chem. 103, 192.) R. Otto, über Einwirkung von nascirendem Wasser- stoff auf Benzoglycolsäure. — Wenn man Benzoglycolsäure in alkalischer Flüssigkeit mehrere Tage bei 30—40° mit einem grossen Ueberschuss von Natriumamalgam stehen lässt, dann die Flüssigkeit mit Säuren neutralisirt, so scheidet sich ein gelbliches Oel ab, aus welchem durch Aether Hydrobenzoäsäure aufgenommen wird. Der grösste Theil des Oels ist jedoch in Aether unlöslich und besteht nur aus einer neuen Säure €!°H1#97, welche nicht krystallisirbar, zweibasisch ist und einen eigenthümlichen, an frische Fäces erinnernden Geruch hat. — (Annal. d. Chem. u. Pharm. 145, 350.) Popoff, über die Isomerie der Ketone. — Verf. weist nach, dass die nach verschiedenen Methoden dargestellten Ketone nicht nur isomer, sondern identisch sind. Im Speciellen weist er dies nach für cH? : das Methylamylketon ee dargestellt durch Einwirkung von Chlor- {el U caproyl auf Zinkmethyl und durch Einwirkung von Chloracetyl auf Zinka- myl; ferner für das Methyläthylketon, dargestellt durch Einwirkung von Chlorpropionyl auf Zinkmethyl und von Chloracetyl auf Zinkaethyl. — (Ebenda 145, 283.) R. Otto, über die Fischgalle — Die frische Galle von Bellone vulgaris ist eine dickliche, nicht fadenziehende alkalische Flüs- sigkeit von gelbbrauner Farbe; sie gibt mit NO°.NO° die bekannte Gallenfarbstoffreaction. Nach Ausfällung des Schleims durch Alkohol wurde das Filtrat durch Kohle völlig entfärbt. Durch Aether wird daraus eine krystallinische Substanz gefällt, welche Taurin ist und den grössten Theil der Gallensubstanz ausmacht, während nur eine kleine Menge einer schwefelfreien, der Glycocholsäure entsprechenden Säure vorhanden ist. Die Asche der Galle enthielt Kali und Natron und zwar letzteres vorwiegend. In dem zur Ausfällung der taurocholsauren und glycocholsauren Salze benetzten Aether war eine kleine Menge Cho- lesterin enthalten. — (Zbenda 145, 352.) St. Bizio, über den Glykogengehalt einiger Mollusken. — Verf. kommt zu dem Resultate, dass die in Rede stehende Substanz thatsächlich Glykogen ist. Diese amylumartige Materie der Invertebra- ten wandelt sich, nach der Präcipitation durch Alkohol an der Luft getrocknet, in eine gummöse, durchscheinende Masse um, indem gleich- zeitig aus der Luft Wasser angezogen wird. Ferner wird dasselbe durch Albumin und Caseinzusatz auffallend langsam in die Milchsäuregährung versetzt. Unter Eintritt saurer Reaktion bildet sich hierbei ein lösli- cher und das Kupferoxyd reducirender Körper. Reines derartiges Gly- kogen war nach der Formel C,>H400;0, das hydratisirte gummöse Prä- parat (bis es nicht mehr beim Trocknen an Gewicht verior, im Luft- 40 bade erhitzt), nach der Formel C3;Ha5055 zusammengesetzt. Der mit dreibasisch essigsaurem Bleioxyd bewirkten Fällung kam die Formel: Ca4H4sPb2020 zu. — (Comptes rendus LAÄV Nr. 4. 1868.) K. Hilger, chemische Untersuchung der Schaalen und Weichtheile lebender Brachiopoden: Lingula ovalis und Rhynchonella. — Zur Bestimmung der anorganischen Bestandtheile wurden die Schaalen nach vorhergehendem Glühen, wobei die Differenz von 26,4—48,9 pC. den Gehalt an organischer Substanz angab, verwen- det. Die Analyse ergab für Lingula ovalis Rhynchonella I. I. 3Ca0,PO;: 84,942 85,242 86,651 Ca0,C0:: 10,756 10,356 11,234 Mg0,C0.: 2,936 3,126 0,864 F&0;,PO;: 0,772 0,763 0,021 SiO2: 0,179 0,169 0,315 "99,588 99,156 99,085 Fluor war nicht nachzuweisen. Die organischen Bestandtheile wurden durch Wasser bei erhöh- ter Dampfspannung ausgezogen und eine opalisirende Lösung erhalten, welche sich bei weiterem Kochen nicht mehr änderte. Durch Alkohol wurde darin eine in Essigsäure unlösliche, in Aetzkali dagegen lösliche, und durch Essigsäure eine im überschüssigen Fällungsmittel unlösliche, dagegen in essigsaurem Natron lösliche Präcipitirung bewirkt. Alaun erzeugte gleichfalls einen Niederschlag und blieb beim Eindampfen eine Gallerte zurück — (Chondrin). Die mit Essigsäure ausgefällte und fil- trirte Lösung wurde durch Alkohol, Bleiacetat und Ammoniak nicht weiter verändert. Den Rückstand von der Extraction durch Wasser zog Verf. mit Chlorwasserstoffsäure (verdünnter) aus und gewann dadurch eine aschen- freie hornartige Substanz, welche sich beim Kochen im Wasser nicht veränderte und weder in Alkohol, noch Aether noch in verdünnten Säuren oder in Alkalien löslich war. Stand dieser Körper hiernach dem Chitin nahe, so konnte doch Verf. die charakteristischen Reaktionen, wie Auftreten von Zucker, Ammoniakreaktion der sauren Lösung mit Gerbsäure nicht erhalten. Auch der Stiel der Lingula enthielt Chondrin. — (Journ. f. prakt. Chemie CII p. 418.) K. De Luca und Panceri, über das schwefelsäurehaltige Speicheldrüsen-Sekret von Dolium Galea. — Bereits Bö- decker und Troschel fanden in dem eben genannten Sekrete 2,6%), freie Schwefelsäure. Verff. untersuchten zwei Exemplare von Dolium, wovon das eine 2005, das andere 855 Grm. wog; die Drüsen wogen 150 und 80 Grm., so dass nach Abrechnung von 550 und 250 Grm. für die Schalen nur 1350 und 520 Grm. als Körpergewicht übrig blieben und die Drüsen ihrem Gewicht nach 1,—!/s des Körpers ausmachten. Der Ausführungsgang und die umgebende Tunica der Drüse ent- 41 halten selbst nach dem Tode noch so viel Contraktilität, dass das Dar- überstreichen mit dem Finger genügt, um eine Zusammenziehung her- vorzurufen. An die Luft gelegt entwickeln die Drüsen unter ihrer Hüllenmembran Blasen von Kohlensäure, deren Menge, wenn die aus dem Thier genommenen Drüsen gelinde erwärmt oder mit verdünnten . Säuren in Berührung gebracht werden, so erheblich zunimmt, dass sie sich bei in das Organ gemachten Einschnitten, wie bei einer moussiren- den Flüssigkeit zu entwickeln scheint; die grössere Drüse (150 Grm.) lieferte 372 Cub.-Cent. Kohlensäure. Das durch Auspressen der Speicheldrüse gewonnene Sekret ist farblos und durch seinen Gehalt an schwefel- und stickstoffhaltiger, durch Alkohol fällbarer Substanz opalisirend. Von freier Schwefelsäure herrührend, ist der Geschmack des Dolium-Speichel’s sehr sauer und verhält sich derselbe gegen kohlensauren Kalk und Veilchen-Syrup ganz wie die Mineralsäuren, entwickelt, auf Platinblech erhitzt, schliesslich weisse, schwere, reizende und stark saure (SO;) Dämpfe und hinterlässt nach dem Glühen eine aus Kali, Natron, Kalk, Eisen, Phosphaten und Salpeter? bestehende (Sulfate fehlten!!) Asche. Die Analyse des Do- liumspeichels ergab folgende Zahlen: 47 ® I» SpPR Freie Schwefelsäure 3,42 3,3 4.05 Gebundene 25 OR ae > Chlor (?) 0,58 06 0,21 ni Natron, Kalk, I online; Eisen und Phosphor 1,8 2,48 6,43 Wasser 94,0 93,6 89,50 100,0 100,0 100,0 Auch Tritonien, Cassis, Cassidaria, Murex und Aplysia enthalten nach Verff. freie Schwefelsäure im Speicheldrüsen Secret. (Letzteres hält sich (wie das Blut bei der Schwefelsäure-Vergiftung Ref.) sehr lange — bis drei Monate — unzersetzt; ja es können organische Stoffe, wie Eiweiss und Organe anderer Mollusken in dem Doliumspeichel conservirt (vor Fäulniss geschützt) werden. — (Comptes rendus LÄV. Nr. 13 u. 14. 1867.) K. Commaille, Analyse der Milch einer nur mit Fleisch gefütterten Katze 24Stunden nach dem Werfen. — Die Milch betrug 6 Cub. Cent. und reagirte leicht sauer. Sie enthielt in 1000 Theilen: Butter 33,31 Casein 81,17 Lactalbumin 59,64 Lactoprotein 4,67 Lactose und organ. Säuren 49,13 Asche | 5,85 10188, 770, Wasser 816,23 1000,00 (Journ. de Chimie med. 1867. Janvrier 2.7.) K. 42 Bichlmayr, über das Vorkommen von Ammoniak im Blute. — Bringt man mit desstillirtem Wasser befeuchtete Schnitzel schwedischen Filtrirpapiers in einen Kolben und lässt durch Schwefel- säure geleitete und getrocknete atmosphär. Luft in der Kälte darüber streichen, so tritt keine Trübung des Nessler’schen Reagens ein. Beim Erwärmen bis 60° wird Letzteres opalisirend und bei 75° trübt es sich braun, indem Ammoniaknitril gebildet wird. Füllte Verf. nun frisches defibrinirtes Blut in den Kolben und leitete in der Kälte Wasserstoffgas durch, so trat keine Veränderung des Nessler’schen Reagens ein, ebenso konnte die Flüssigkeit allmälig auf 70°C. erwärmt und eine halbe Stunde auf dieser Temperatur erhal- ten werden, ohne dass eine Bräunung erfolgte; vielmehr zeigte sich diese erst, und zwar schwach ausgesprochen, nach abermaliger halb- stündiger Erhitzung auf 80°. Verf. glaubt hiernach, die Prae- existenz von Ammoniak im Blute ausschliessen zu müs- sen, da bei der so lange forteinwirkenden Kochhitze sich im Blute recht wohl Zersetzungen geltend gemacht und zu Ammoniakbildung geführt haben könnten. Dieses Resultat widerspricht den Angaben von Kühne und Strauch, wonach Blut beim Erwärmen auch ohne Luftzutritt Ammoniak abgibt. Vorstehende Untersuchungen wurden unter Voit’s Leitung angestellt. — (Zeitschrift f. Biologie 1867 p. 381.) K. Prof. Alfred Vogel, Methode der Eiweissbestimmung imHarn. — Verf. wandte das Prineip der opitischen Milchprobe auch auf die Bestimmung des Albumingehaltes des Harn’s an. Den dazu er- forderlichen Apparat stellt man sich auf folgende Weise zusammen: ]) man nimmt ein viereckiges, 7 Cm. langes und ebenso breites Stück Eisenblech und biegt dasselbe in seiner Mitte so zusammen, dass sich die Ränder auf I Cm. nahen. Durch Anlöthuug von zwei vier- eckigen, 4 Cm. langen und 2,5 Cm. breiten Blechstücken, aus deren schmaler Seite ein keilförmiges Stück ausgeschnitten ist, am Anfange und Ende der genannten Rinne stellt man für letztere zwei Füsse dar und kittet sodann in der Rinne zwei gleichfals keilfürmige Glasblätt- chen auf 6,5 Cm. Entfernung und parallel zu einander ein. Das Ei- senblech wird schliesslich mit Asphaltlack überzogen. Ferner wählt man 2) ein Kölbehen mit Marke bis 50 oder 100 Cub. Cm. Inhalt aus, 3) bedient man sich einer Glaspipette zum Saugen (von 3 — 4 Cub. Cm- Inhalt), um den Harn in das markirte Kölbehen einzutragen, und hat man nun 4) noch ein kleines Becherglas zur Mischung des Harn’s mit Wasser, ein grosses mit Wasser gefülltes ebensolches Glas, um die ge- kochten Verdünnungen abzukühlen, sechs Reagensgläser von 20 — 25 Cub. Cm. Inhalt, einen Trichter, Spirituslampe, eine Stearinkerze und 5) von Reagentien Essigsäure, destillirtes Wasser und Lackmuspa- pier -nöthig. Erst wird sodann die Reaktion des Harn’s geprüft. Ist derselbe nicht zu sauer, so wird zu einer abgemessenen Portion (z. B. 43 100 0. C) solange Essigsäuere tropfenweise zugegeben, bis sich bl. Lackmuspapier schwach röthet. Färbt sich der Harn hierbei nur schwach, so ist der späteren starken Verdünnung wegen keine ;‚Fil- tration nöthig, wohl aber, wenn ein erheblicher Niederschlag entsteht, Enthält nun der Urin notorisch Eiweiss, so verdünnt man procen- tig und misst 3 Cub. Cm. von dem vom Niederschlage abfiltrirten Harn in den Kolben (2.), füllt diesen bis zur Marke mit destillirtem Wasser, schüttelt und giesst den Kolbeninhalt in das kleine Becherglas, über welches man das Kölbchen sodann, damit alles ablaufe, verkehrt aufstellt. Von der so verdünnten Flüssigkeit gibt man 6—8 Cub. Cm. in ein Probirgläschen, erhitzt zum Kochen, wobei eine Trübung (propor- tional dem Eiweissgehalte) entsteht, und kühlt in dem grossen, mit kaltem Wasser gefüllten Becherglase rasch ab. Kann man durch die entstandene Trübung die Gegenstände am Fenster erkennen, so nimmt man alsbald eine schwächere Verdünnung vor, giesst 6 Cub. Cm. Harn in das Kölbchen mit der Marke und setzt 50 Cub. Cm. Wasser zu. Im gegentheiligen Falle aber gibt man auch 2—3 Minuten die abgekühlte Probe in’ die Blechrinne (1.) und sieht durch die parallel gestellten Glasblättchen an derselben, indem man das Instrument sanft an die Augenbrauen andrückt und visirt, nach dem Kerzenlichte ; man nährt sich der Stearinkerze, indem das Tageslicht durch Gardinen, Fensterläden etc. abgehalten wird, von !/, Meter Distance bis in die nächste Nähe des Lichtes. Ist der Lichtkegel hierbei noch sichtbar, so muss die fol- gende Verdünnung einige p. Ct. reicher an Harn sein, ist hingegen kein Kegel mehr wahrzunehmen, so mnss die Wassermenge das nächste Mal gesteigert werden. So operirt man weiter bis eine Verdünnung, bei welcher der rothgelbe Lichkegel nur mit äusserster Mühe erkannt werden kann, hergestellt ist, ist hierbei der Zeitpunkt eingetreten, wo genannter Kegel nur wie in einem dichten Nebel gehüllt sichtbar ist, so hat man, um zum Endresultate zu kommen, bei der folgenden und zugleich letzten Verdünnung nur noch 0, 1-—0, 2°), Harn mehr zuzu- setzen. Man dividirt nun mit der Zahl der verbrauchten Cub.Cm. Harn in die Mittelzahl 2,3553 und findet so den Eiweissgehalt des Urin’s in Procenten. Natürlich muss, wenn man die Mischung im 50 Cub. Cm. Kolben vorgenommen hat, die Zahl der verbrauchten Cub. Cm. Harn verdoppelt werden. Hat man z. B. 4 Cub. Cm. Harn und 96 Cub. Cm. Wasser nöthig gehabt, um die Undurchsichtigkeit zu erreichen, so er- 2,3553 4 hält man — 0,5888%0. Meist genügen 5—6 Proben eines Urin’s, um zu positiven Resultaten zu gelangen, wozu ?!/» Stunde Zeit erfor- derlich ist. Von 35 Analysen ergaben nur 3 eine grössere Differenz, als 0,1%). von der chemischen Analyse. — (D. Archiv für Klin. Mediz. III. p. 147.) E. Th. R. Noyes, über die Harnausscheidung. — Vier Personen, nehmlich 44 1) Mann von 25 Jahren, gesund und circa 10 Stunden täglich be- schäftigt (Verf.); 2) Mann von 58 Jahren, asthmatisch, den ganzen Tag thätig; 3) Frau 49 Jahr alt, arbeitsunfähig, nervenschwach und leicht er- müdet; 4) Haushälterin stets beschäftigt und häufig an Kopfweh leidend; welche seit 10—12 Jahren fast rein vegetabil. Kost und wenig Fleisch genossen, dienten zu folgenden 4 Wochen dauernden Versuchen; Harn- stoffbestimmung nach Liebig: Diese Personen genossen e) 7 Tage lang gemischte Diät, ß) 7 Tage lang nur Fleisch, Milch, Eier, Butter; y) 7 Tage lang Vegetabilien, Milch, Kaffee, Thee; d) 7 Tage Speise wie sub. y, aber arbeiteten mehr. Der volle Effect veränderter Diät wurde stets erst am 3. Tage nach dem Wechsel bemerklich. Die Resultate N’s lassen sich resumiren wie folgt: ad «) Hier wurden Körpergewicht, spec. Gewicht und Menge von Harn und Harnstoff bestimmt; ad £) alle 4 Personen verloren 1,5 Kilo- grm. an Körpergewicht; Harn und Harnstoffmengen stiegen, dsgl. die festen Bestandtheile um 66°/,; Reaktion stark sauer; €l-Gehalt wenig alienirt; ein Plus an Harnstoff von 169°), und nach 2 Tagen viel Harnsäureab- satz; bei allen 4 Personen trat Verstopfung und Schlaflosigkeit ein; sie waren sehr gereizt. ad y) Menge (um 28 pC.) und spec. Gew. des Urin’s fielen; der Gesammtrückstand nahm um 42 pC. ab; Chloride variabel, und von den zum Kochen benutzten Na@l-gehalte der Spei- sen abhängig; Harnstoff nahm um 75°), ab, Körpergewicht wuchs da- gegen um 1 Kilogramm. ad d) Harnmenge nahm etwas ab, spec. Gew. des Urins stieg etwas; Summe der festen Harnbestandtheile blieb die- selbe, €l-gehalt ein gleicher; Harnstoff nahm bei den 3 arbeitenden Personen (l. 2. 4) etwas zu, und verloren sie je 1 Kilogramm aa Ge- wicht, während die unthätige Weibsperson (Nr. 3) an Gewicht zuge- nommen hatte. Die Personen, welche am meisten gearbeitet hatten, aber _ die geringste Ermüdung zeigten, schieden den wenigsten, die bei wenig Arbeit am meisten Ermüdeten dagegen den meisten Harnstoff aus. II. Versuche mit Kaffee (am Verf). Gemischte Kost wie sub d, doch weniger N-haltig, eine Woche die gewöhnliche Ar- beit, später bei jeder Mahlzeit Zugabe von 2 Tassen starken Kaffee’s. Der Erfolg hiervon war: „in der zweiten Woche stellte sich während der ersten drei Tage Harnausscheidung, Verstopfung und z. Th. Schlaf- losigkeit ein. Auf der Menge des Harn’s, sowie auf dessen spec. Gew. und Gehalt an festen Bestandtheilen schien Kaffee nicht zu wirken; Urin-Gehalt war danach vermehrt. III. Versuche über den Einfluss von Wachen und Schlafen auf die Harnstoff-Menge. Verf. theilte sich den Tag in 2 Hälften, wovon er die 1. arbeitend und die 2. meist schlafend zu- brachte. In jeder Hälfte nahm er regelmässig 1 Mahlzeit von 45 Z3xj Kartoffeln, „ Viii Liebesäpfel-Compot, „Vi Brod, „II Butter, „ Viii Wasser, und I Ei Summe ZXXXVi. Es ergab sich hierbei, dass der Tages-Urin beinahe genau das doppelte Volumen des bei Nacht gelassenen betrug; das spec. Gew. des Ersteren hatte indess nicht in der Proportion abgenommen, als das Volumen vermehrt war. Der Gehalt an festem Rückstande betrug am Tage 70°), mehr als Nachts. Der Nachturin war stark sauer, die Reaktion des Tagesurins stet alkalisch (%). Die Chlormenge stand mit der ausge- schiedenen Harnmenge im Verhältniss., — (/naug. Diss.; American. Journal of medic. sciences Octob. 1847 p. 345. und Cannstatts Zft. pro 1867 I. 1 phys. Chemie p. 159—169.) K. Dr. W. Wolff, das Tyrosin als stickstofflieferndes Nahrungsmittel bei der Vegetation der Roggenpflanze in wässriger Lösung. — Schon früher sind Versuche von W.Knop und dem Verfasser angestellt, welche darthaten, dass Leucin, Tyrosin und Glycocoll als assimilirbare Pflanzennahrungsmittel anzusehen seien. W. hat die Versuche fortgesetzt, um zu erfahren, welches Trockengewicht die Pflanze erreichen kann, und ob das Tyrosin direct von den Wur- zeln der Pflanzen aufgenommen wird, oder ob es nicht erst Umsetzungen erleidet, bei denen Ammoniak als Zersetzungsprodukt auftritt. Die Lö- sung enthielt in 1000 Theilen 0,5 Grm. KCl, 0,1 Grm. Phosphors. Kali; 0,2 Grm. MgOSO®, 0,17 Grm. 3 CaO.PO°, 0,5 Grm. Tyrosin. Das phos- phorsaure Kali wurde später auf 0,25 Grm. erhöht. Die Pflanze ent- wickelte sich vom Anfang bis Ende des Versuchs normal, und: besass ein Trockengewicht von 9,1 Grm. oder das 365fache ihres Samenge- wichtes. In der Vegetationsflüssigkeit konnte zu keiner Zeit Ammoniak oder Salpetersäure nachgewiesen werden, obgleich sich das Tyrosin zw einem geringen Theile zersetzt hatte. — (Landwirthschaftl. Versuchs- stationen Bd. £. $. 13). Techt. De Lucca, Ueber einige wichtige Bestandtheile des Oelbaumes. — Werden Oelbaum-Blätter längere Zeit mit absolutem Alkohol, welcher ihnen Wasser entzieht, digerirt, so bedecken sie sich mit sternförmig gruppirten Krystallnadeln; werden die genannten Blätter mit Alkohol gekocht, so scheiden sich dieselben Krystalle ab, jedoch mit vielen anderen in kochendem Alkohol löslicher Substanzen vermischt. Die gewonnenen Krystalle schmecken in reinem Zustande zucker süss, lösen sich gut in Wasser, schwerer in Alkohol, schmelzen bei 165° C. und sind nach der Formel C;H-O, zusammengesetzt; sie gleichen in allen Punkten dem Mannit. Wenn die Oelbaumblätter kaum entwickelt sind, ist ihr Gehalt an dieser Substanz sehr gering und nimmt während des weiteren Wachsthums der Ersteren beständig zu, um mit dem Be- 46 ginn des Blühens abzunehmen und, während das lebhafte Grün der Blätter vergeht, gänzlich zu verschwinden. Da der Oelbaum immer grün ist, und sich, wenn die alten Blätter abfallen, beständig neue bilden, so. ist das Laub des Oelbaumes auch zu jeder Zeit in bestimmten Maasse mannithaltig. Einfache Mazeration der Blätter mit Wasser, Durchseihen und Eindampfen der wässerigen Auszüge bis zu einem kleinen Volumen genügt, da der Mannit unter diesen Verhältnissen nicht gährt, zu einer billigen Gewinnung desselben. Noch mehr Man- nit als die Blätter enthalten die unbefruchteten Blühten des Oelbaumes. Sie werden Anfang Juni in Alkohol geschichtet und einen Monat lang damit digerirt. Der abgepresste, während der heissen Jahreszeit klar bleibende Alkoholauszug trübt sich mit dem Sinken der Temperatur im Herbst durch die ausgeschiedenen Mannitkrystalle. Zieht man jetzt die grössere Menge des Alkohols ab, so krystallisirt nochmals Mannit in Massen aus dem Rückstande heraus. Ebenso enthalten die unreifen Oliven viel Mannit; auch hier nimmt der Mannitgehalt dem Fortschrei- ten der Fruchtreife proportional ab und ist zur Zeit des grössten Oel- reichthumes der Früchte gleich Null. Mit dem Mannitreichthum der Pflanzentheile des Oelbaumes hält die in demselben nachweisbare Menge Chlorophyll genauen Schritt. Mannit und Chlorophyll verschwin- den, wenn die Olive völlig reif ist, vollständig und scheinen durch che- mische Umsetzungen zur Bildung des Olivenöles mit verwendet zu werden. Ausserdem wird aus den verschiedenen Pflanzentheilen des Oelbaumes der sehr wohlriechende Oelbaum-Gummi gewonnen, welcher brüchig ist, bei 130° C. schmilzt und, in Alkohol gelöst, höchst ange- nehm vannillenartig riecht. Man mischt denselben auch mit Terpen- thin und erhält so ein parfümirtes Siegellack. Auch auf heisse Metall- platten geworfen, verbreitet das Oelbaum-Gummiharz einen ausgezeich- neten Wohlgeruch. — (Journ. de Chimie med. Avril 1868 p.213.) K. Geologie. E.G.Zaddach, dasTertiärgebirge des Sam- landes. Mit 12 Tff. Königsberg 1868. 4°. — Verf. untersuchte im Auf- trage der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg das Sam- land und legte die Resultate dieser Untersuchung in vorliegender Mo- nographie nieder. Nach dem er das Gebiet näher bezeichnet, schildert er zuvörderst unter Bezugnahme auf die in Folio beigegebenen Karten und Tafeln im Einzelnen die Bucht von Neukuhren, die Wanger Bucht, Loppehnen, Sassau und Rauschen, die Georgswalder Buchten, die Ge- orgswalder Spitze und die Warnicker Bucht, die Warnicker Spitze, die zum Gute Warnicken und zu Grosskuhrn gehörige Küste bis zum Zip- felberge, die Schlucht von Grosskuhren und die Küste zwischen Gross- und Kleinkuhren, die Schlucht bei Kleinkuhren, und den Wachbuden- berg, die Küste vom Wachbudenberge bis zur Westecke von Bruster- ort, ferner längs der Westküste die Bucht von Rosenort, die Dirschkeimer Bucht und den Marscheiter Amtswinkel, die Kreislaker Bucht, Grosshub- nicken, die Küste von der Hubnicker Spitze bis Kraxtepellen, die Küste von Palmnicken. Nach diesen Detailschilderungen folgt die Vergleichung der West- und Nordküste mit den geognostischen Resultaten. Die 47 glaukonitischen Sande von der Bernsteinerde aufwärts bis zum Beginn der Braunkohlenformation haben sich in zwei Meeresvertiefun- gen abgesetzt, beide nur durch eine Sandbank von einander getrennt, welche einem von Westen her eintretenden Strome ihre Entstehung ver- dankte. Als der grüne Sand abgelagert war, hatte sich eine horizontale . Fläche auf dem Meeresgrunde gebildet, während die Bernsteinerde darun- ter sehr unregelmässig war. Die südliche Mulde hatte ihre eigenenen Zuflüsse und eigenthümliehe Ablagerungen, stand aber zweifelsohne mit dem nördlichen Busen in offenem Zusammenhange, daher die obere Bernsteinerde in beiden Becken und der dazu gehörige Triebsand glei- chen Ursprung hatten. Im nördlichen Becken ist der Bernstein überall in einer 3—5 Fuss mächtigen Schicht abgelagert, die 5—8 Fuss hoch von Triebsand bedeckt wird. Viel reichlicher wurde der Bernstein in die südliche Mulde getrieben, wie die doppelten Lagen und die im Gan- zen 15—20 Fuss betragende Mächtigkeit der Bernsteinerde bei Hubnik- ken und Kraxtepellen beweisen, auch wurde hier noch nach Abla- gerung der Glaukonitformation Sandstein eingeschwemmt. Im nördlichen Becken kommen häufig in den Knollen des Bernsteins Versteinerungen vor, in dem südlichen bis jetzt nur vereinzelte Haifischzähne. Eisen und Schwefelsäure kommen reichlich in der ganzen Glaukonitformation und in allen Erdschichten des Samlandes vor, aber nur in der nördlichen Mulde hat sich Eisenoxydhydrat und eisenhaltiger Sandstein gebildet. Die Verbreitung der Glaukonitformation und der Bernsteinschicht lässt sich leider nur an der Küste verfolgen, da Aufschlüsse im Innern des Landes fehlen. Beide sind in dem Gebiete zwischen Palmnicken, Brüsterort und Sassau vorhanden, die Bernsteinerde an verschiedenen Stellen in verschiedenem Niveau wahrscheinlich in zwei Becken mit unebenem Boden abgelagert. Auch die Glaukonitformation macht mit der Braunkohlenformation eine Mulde. Der Rand ihres westlichen Flügels liegt zwischen Marscheiten und Dirschkeim, an der Nordküste geht sie in der Schlucht von Grosskuhren aus, ihren Boden hat sie zwischen Georgswalde, Kreislachen und Kraxtepellen. Der Ostflügel erhebt ' sich von der Gaussups Schlucht, istaber nicht weiter zu verfolgen. Ostwärts imInnern des Landes bietet der Kausterberg bei Geidau Aufschluss über die Tertiärgebilde. Dessen Sand entspricht ganz dem groben Quarzsande, der beiHubnicken und Kraxtepellen zahlreiche Zwischenlager in der Braun- kohlenformation bildet. Er wird von jüngerem Diluvium bedeckt. Über- haupt erscheint die Vermuthung gerechtfertigt, dass im Samlande über- all, wo die Braunkohlenformation ansteht, unter derselben auch die Glaukonitformation und Bernsteinschicht nicht fehlen. Dass letztere tertiär ist, unterliegt keinem Zweifel mehr. Ihr Alter bestimmen die Fossilrestee Von Muscheln kommen häufig vor Ostraea ventilabrum, Cardium vulgatissimum und Pectunculus Thomasi oder polyodontus. Die Auster bildet stellenweise förmliche Bänke. Seltener findet sich Cyprina Philippii, von Schnecken am häufigsten Natica Nysti und Moer- chia Nysti, häufig auch Escharen und Celleporen, ferner Scutella ger- manica, Spatangus Jambiensis und Micraster bigibbus, eine Krabbe, sehr 48 nah verwandt dem lebenden Careinus moenas und endlich Haifischzähne, wahrscheinlich aus der Kreidezeit übergeführt. Der glaukonitische Meeressand ist nach Allem untertertiär, dem Magdeburger Sande, dem von Lethen in Belgien identisch, da die Hälfte der sämmtlichen Arten identisch ist. Demgemäss sind nun auch die preussischen Braunkohlen, weil über dem oligocänen Sande liegend, jünger als die märkischen und sächsischen, die unter dem Magdeburger Sande liegen. Zu demselben Resultate gelangte Heer nach Vergleichung der fossilen Pflanzen. Ob nun auch Bernsteinwälder zu gleicher Zeit vorhanden waren, oder schon früher und der Bernstein erst herbeigeschwemmt worden, lässt sich lei- der aus der Vergleichung der Thiere nicht ermitteln, da im Bernstein keine Meeresbewohner, im Sande keine Insekten und Landbewohner vorkommen, indess darf man die Entstehung des Bernsteines doch nicht bis in die Kreidezeit zurückschieben, sondern muss auch sie in die Tertiärzeit verlegen. Die Menge des vorkommenden Bernsteines aber spricht dafür, dass derselbe in den Wäldern angehäuftlag und in verhält- nissmässig kurzer Zeit dem Meere zugeführt wurde. Besondere Vorkomm- nisse, welche über die Herkunft der Bernsteinerde Auskunft geben könnten, sind selten. Verf. erhielt unzweifelhaft aus dem Grünsande der Kreide Kreidefeuersteine, silurische Geschiebe, krystallinische. Es scheint, dass der Grünsand der Ostsee das Material zu der Bernsteinschicht und der Glaukonitformation geliefert hat, und der Bernstein stammt wohl aus dem Lande, welches sich einst zwischön der jetzigen Küste des Sam- landes und den Inseln Bornholm, Gottland und Oesel ausbreitete; die Form seiner Stücke spricht gegen einen weiten Transport im Wasser. Er lag wahrscheinlich auf den Kreideschichten. Ganz Westpreussen mit dem angränzenden Pommern und etwa die Westhältte Ostpreussens waren einst vom Tertiärmeere bedeckt, das in SW mit dem grossen Norddeutschen Tertiärmeere in unmittelbarer Verbindung stand, im Nor- den griff ein Busen bis über Memel hinaus, die Ostküste lag etwa im 39. Meridian und wandte sich um Allenstein und Hohenstein nach SW. Das nördliche Festland nahm einen grossen Theil der jet- zigen Ostsee ein und erstreckte sich von Bornholm bis Petersburg. — Die Braunkohlenformation ist im Samlande sehr einfach und regelmässig, besteht aus grobem Quarzsand, gestreiften und aus Glimmersand. Ersterer tritt in drei Abänderunigen auf, die in einander übergehen und von Süden her angeschwemmt wurden. Die thonigen Ablagerungen sind thonige Sande und Lietten und herrschen besonders in. der mittleren Abtheilung der Formation, diese und die obere führen Braunkohlenflötze. Auch diese Formation führt Bernstein, aber nur in der mittlern Abtheilung und zwar deren unterer Lettenschicht, deren gestreiftem Sande. Hier hat der Bernstein eine Verwitterungskruste, die ihm in der Bernsteinerdenschicht fehlt. Er soll nach Berendt aus der letzteren aufgewühlt und in dem spätern Meeresboden abgelagert sein, welche Ansicht Verf. wiederlegt und ihn vielmehr von einer jüngern Vegetation abstammen lässt, deren Ueberreste in den Letten und Braun- kohlen aufbewahrt sind. Freilich wurde bis jetzt in der ganzen Braun- 49 kohlenformation noch kein Stück Holz mit Bernstein aufgefunden und die darin vorkommenden Nadelholzarten finden sich auch in andern Gegenden ohne Bernstein. Vielleicht ist dieser Braunkohlenbernstein von der ursprünglichen Lagerstätte, welche den ältern lieferte, erst in der spätern Zeit herbeigeführt. Die preussische Braunkohle unter- scheidet sich von der märkischen hauptsächlich durch das Fehlen des Formsandes und die Anwesenheit des eigenthümlichen glaukonitischen Glimmersandes mit seiner Bernsteinführung, auch noch durch die ge- ringe Entwicklung der Kohlenflötze. Einzelne Pflanzen der Bernstein- mulde reichen durch die Braunkohlenformation hindurch, die meisten jener aber waren vor dieser ausgestorben und hatten einer der heutigen Platz gemacht. Pappeln, Erlen, Kreuzdorn, Hainbuchen bildeten nun die herrschenden Arten, nebst einigen Nadelbäumen aus der Verwand- schaft der heutigen nordamerikanischen, kalifornischen und chinesischen, daneben eine Gardenia mit Schoten, eine Feige, Sapindus, Diospyrus, Acerates, Banksia, also ganz fremdartige Formen. Nach langer Zeit- dauer begann eine Hebung des Landes, die untere Lettenschicht ent- stand, in NW und O war der Meeresboden trocken gelegt und nur die Kohlenmulde stand noch unter Wasser und in diese führte der Strom neues Wasser bis sie ausgefüllt war. — Das Diluvium ist längs der Küsten ein sehr mannichfaltiges. 1. Der ältere Diluvialmergel, unter Sandmergel besteht aus Sand, Thon, Kalk, ist 10—40° mächtig und scheint aus silurischen und Kreidemergeln entstanden zu sein. 2. Ge- schiebe und Gerölle oft von bedeutender Grösse theils zerstreut im Mer- gel, theils angehäuft mit nordischem Sand, durch Eis herbeigeführt. 3. Diluvialsand: a. nordischer aus Zertrüämmerung der nordischen Ge- schiebe entstanden und grobkörnig; b. feiner nicht glimmerhaltiger, aus Quarz, Feldspath, -Glaukonit und Kalk bestehend, aber mit allen Ueber- gängen in den nordischen; c. thonige Sande, grünlichgrau oder gelb und sehr fein mit weissem Glimmer und sehr viel Glaukonit. 4. Um- gelagerte Tertiärsande finden sich oft im Diluvium nicht weit von ihrer ursprünglichen Lagerstätte, meist vom Kohlensande herrührend. Das jüngere Diluvium besteht aus gelbem Lehm und oberem Sandmergel, reich an Geschieben. — Ueber die Verbreitung des tertiären Bernsteins in Nordeuropa nimmt Verf. folgende Verhältnisse an: 1. Ursprüngliche Lagerstätte während der Tertiär- und Diluvialzeit in dem alten Wald- boden, den Seen und Mooren auf der Grünsandformation des europäi- schen Nordseelandes. 2. Einmal umgelagertin der Glaukonitformation des Samlandes. 3. Ebenso in der mittleren Abtheilung der samländischen Braunkohlenformation. 4. Ein- oder zweimal umgelagert im Diluvium an vielen Orten NEuropas. 5. Zweimal umgelagert in den sogenannten Bernsteinadern des Samländischen Diluviums. 6. Zweimal umgelagert an den Küsten der Ostsee im Alluvium. Schliesslich betrachtet Verf, noch die gegenwärtigen Veränderungen der Küste. Oryktognosie. L. R. von Fellenberg, Analysen ver- schiedener Walliser Mineralien. — Nach Darlegung der Methode gibt Verf. die Analysen folgender Mineralien: Bd. XXXII, 1868. 4 50 1) Kugelicher Granat von Zermatt in einer asbestartigen Substanz: 35,80 Kieselsäure, 0,85 Thonerde, 29,50 Eisenoxyd, 1,04 Eisenoxydul, 32,10 Kalkerde, 0,90 Magnesia und 0,52 Wasser, woraus sich die For- mel (Ca0)? SiO®? + Fe2033i0? als Ausdruck des Kalkeisengranates be- rechnet. — Der asbestartige Filz, welcher diesen Granat umhüllt, ist weiss mit Magneteisenkörnchen durchsäet, verworren faserig, weich, pa- pierähnlich und besteht aus 36,10 Kieselsäure, 0,40 Thonerde, 18,26 Eisen- oxyd, 1,30 Eisenoxydul, 7,50 Kalkerde, 27,89 Magnesia, 1,00 Magneteisen und 9,40 Wasser. Er ist aus dem Granat durch Aufnahme von Wasser und Magnesia und durch Verlust von Eisenoxyd hervorgegangen. 2) Faseriger Serpentin vom Riffel, dunkelschwarzgrün , stengelig- faserig, von 3,5 Härte, mit weissem Strich 2,663 spec. Gew. besteht aus 41,75 Kieselsäure, 1,30 Thonerde, 4,11 Eisenoxyd, 5,22 Eisenoxydul, 35,62 Magnesia, 12,75 Wasser, woraus die Formel berechnet wird: (AC20?Fe203)Si0? + 12(Mg0,Ca0)25i0? + 18 Ag. 3) Chlorit aus der Massaschlucht im Wallis: 42,85 Kieselsäure, 0,45 Titansäure, 20,70 Thonerde, 1,00 Eisenoxyd, 25,00 Eisenoxydul, 15,31 Magnesia, 0,60 Kalkerde, 12,05 Wasser, welche Zahlen zu der Formel führen: (MgO)XAC203)? + 2(MgOFeO)?(ScO?) + 7 Aq, also zudem Ripidolith gehörig. 4) Pennin vom Reinfischgrat in sechsseitigen Tafeln, schwarzgrün mit Glasglanz, 3,5—4 Härte, 2,693 spec. Gew. besteht aus 33,12 Kiesel- säure, 13,25 Thonerde, 0,60 Chromoxyd, 1,52 Eisenoxyd, 4,69 Eisenoxy- dul, 34,04 Magnesia, 12,87 Wasser. Daraus berechnet Verf. die Formel 5(Mg0)2Si0? + (MgO)?(AC202)? + 10Aq. 5) Pennin von Zermatt äusserlich nur wenig von vorigem verschie- den: 33,97 Kieselsäure, 11,66 Thonerde, 2,49 Eisenoxyd, 1,81 Eisenoxy- dul, 37,60 Magnesia, 13,57 Wasser, daraus die Formel: 3(Mg0)23i0° + (Mg0)?AC?0° + 6 Aq., also erheblich von vorigem verschieden. 6) Pikrolith von Zermatt in 2 Abänderungen, deren Analysen fol- gende Mittelzahlen ergeben: 42,15—41,57 Kieselsäure, 2,17—1,58 Eisen- oxyd, 42,30—43,57 Magnesia, 0,39—0,30 Eisenoxydul, 0,00—0,41 Man- ganoxydul und 13,45—13,75 Wasser. Die daraus berechnete Formel lautet 2(Mg0)2Si03 + (MgO)?Si0? + 5Aq. — (Vhdlgn. allgm. schweiz. naturforsch. Gesellsch. Rheinfelde 1867 8. 31—61.) R. Th. Simler, Helvetan, neues Mineral. — Verf. hat früher eine neue Gesteinsart, Alpinit aufgestellt, bestehend aus Quarz, Oligoklas und einem graugrünen schuppigen Mineral, das seither für Talk genommen, aber eine eigene Species Helvetan ist. Am Kärpfstock fand er die kupferrothe Abart in länglichen Hexagonen, sonst überall in Glarus nur schuppige Partien. Es ist ausgezeichnet blätterig spaltbar, wie der Glimmer, zerfällt aber stets in Schüppchen, bricht leicht, ist ‚unelastisch, auf dem Bruche matt, halbdurchsichtig bis kantendurchschei- nend, in dunkelrothen Abarten undurchsichtig, hat schwachen Perlmutter- bis Fettglanz, selbst Metallglanz. Farbe sehr veränderlich, meist grau- grün oder horngelb bis bräunlich, grau bis weisslich, dunkelgrün, span- grün, röthlich violett bis kupferroth. Dünnschliffe verhalten sich im 51 polarisirteh Lichte wie Gyps. Härte 2,58, spec. Gew. 3,77—8,03. Strich sraulichweiss oder röthlich. Vor dem Löthrohr nur schwer an den Aus- sersten Kanten schmelzend. Gibt im Kolben wenig Wasser, färbt die Boraxperle gelb, löst sich in Soda zu einem schwach graugrünen oder gelblichen Schmelz auf. Säuren blieben ohne Einwirkung. Die quan- titative Analyse gibt Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxydul, Magnesia und wenig Kalk, Kali, Natron nach der Formel 3(RO,28i0s) -+ I(Rs0;,SiOs) = 3(R0,Si0;) + 1(R20;5,38i0;). Das Mineral bildet selbstständig so- genannte Phyllite, häufig zusammen mit Körnern von Quarz, oft auch mit Feldspath, wodurch ein Helvetangneiss entsteht oder Alpinit; sehr selten tritt Hornblende hinzu, öfter Chlorit und Glimmer. Am meisten entwickelt in der Tödikette, doch auch im Engadin, wo der Juliengranit ihm zufällt. Verf. untersucht nun noch speciell die grüne Varietät. Das Mineral gehört zu den Feldspäthen, ist gleichsam ein Feldspath mit Glimmerhabitus. — (Graubündener Jahresbericht XIII. 1-18.) Palaeontologie. Mahr, Sphenophyllum Thoni, neue Art aus demKohlengebirge von Ilmenau. — Der Stengel dieser Art ist längsgestreift, 2—5‘ breit und scheint sechskantig gewesen zu sein, seine Glieder sind 11/,—2“ lang, die Wirtel sechsblätterig, die Blät- ter 18/,—2” lang, 1 breit, also fast rund, am Ansatzpunkte sehr schmal, am obern Ende auffällig gefranzt, einzelne Franzen 4“ lang und je 5 Franzen eine grössere bildend; in der Mitte eines jeden Blattes 4 stärkere Nerven, zu deren Seiten je 2 schwächere, von welchen die bei- den inneren sich eiümal gabeln, während die 4 starken sich 4 bis 5mal theilen. Sph. Schlotheimi ist am nächsten verwandt, hat aber andere Blattfranzen, Sph. longifolium andere Nervatur. — (@eolog. Zeitschrift AA. 433. Tfl. 8.) G. €. Laube, die Fauna der Schichten von St. Cassian. — Aus den zuerst bekannt gewordenen Cephalopoden von St. Cassian schloss Gr. Münster auf ein Alter zwischen Kohlenkalk und Lias, zu- mal aus den Goniatiten, es finden sich in Wirklichkeit nur die auch später noch auftretenden Orthoceratiten, dann imperfekte Nautilen, Bac- trites, was für Goniatiten gehalten worden, sind Clydonites und junge Ammoniten, deren Nahtlinien allerdings an die Ceratiten erinnern, so auch die von Phylloceras. Gerade diese Häufigkeit junger Ammoniten ist für St. Cassian charakteristisch, das dortige Meer war ein Brutplatz. Mit Hallstadt stimmen nur die Arcesten und Phylloceras überein. Verf. zieht sehr viele der früheren Arten ein und findet so grosse Ueberein- stimmung zwischen manchen, dass er dieselben für nur geschlechtlich verschieden hält. Er nimmt folgende Arten an: Rhynchidia cassiana n. gen. spec., Nautilus linearis Mstr, granulostriatus Klp, tertius, Ortho- ceras elegans Mstr, subellipticum d’Orb, politum Klp, Baetrites subun- datus Mstr, socius, Ceratites cassianus Q, Clydonites nautilinus Mstr, ellipticoides, monilis, Frisei Mstr, Ammonites aon Mstr, brotheus Mstr, dichotomus Mstr, Münsteri Wissm, infundibuliformis Kl, aequinodosus Kl, brevicostatus Kl, archelaus, saulus, pontius, candaules, Rüppeli Klp, Sesostris, Busiris Mstr, Hirschi, eryx Mstr, glaucus Mstr, achelous Mstr, 4 * 52 hoplophorus Gieb, Klipsteinanus, philopates, corvarensis, Phylloceras jarbas Mstr, Arcestes bicarinatus, cymbiformis Wulf, Gaytani Klp, Meyeri Klp, Ungeri Klp, Barrandei. Die Arten ohne Autor gehören dem Verf. Es sind also 9 Genera mit 44 Arten. Hieran knüpft Verf. noch folgende geologische Betrachtungen. Die Gebilde von St. Cassian treten im süd- lichen Tirol auf, westlich vom Porphyrstock des Eisackgebietes, nörd- lich vom Glimmerschieferzug des Pusterthales, östlich durch die Dolo- mitmassen des Ampezzo und südlich durch den älteren Dolomit und die Fassathalbildungen begrenzt. Von Norden her folgen in ziemlich weiter Strecke zuerst den Glimmerschiefern die unteren Glieder der Trias, ein rother versteinerungsleerer Sandstein, Grödener Sandstein Richthofen, hierauf ein System von rothen Conglomeraten und grauen Kalken mit Narica costata Mst. und Ceratites Cassianus Q, welche Richt- hofenals Campiler Schichten und Buchensteiner Schichten unterscheidet, die den Werfener Schichten gleichkommen, wozu sich auch die von den Italie- nern als Pietra verte bezeichneten Tuffschiefer gesellen. Diese untertriadi- schen Schichten bilden ringsum den Rand, lassen sich am südlichen Rande des Terrains in Livinallungo in rascher Folge über einander erkennen, und werden inder Mitte des Terrains fast vollständig von den dunkeln Schie- fern mit Hallobia Lommeli Wissm. und Posidonomya Wengensis Wissm. überlagert, welche als Wenger Schiefer bekannt sind. Sie kommen mit ihren charakteristischen Petrefakten überall zu Tage. Sie werden oben- hin von grauen Tuffen und Conglomeraten überlagert, welche ebenfalls eine Menge Hallobien enthalten und reich an zertrümmerten Pflanzen- resten sind. Diesen oft mehr oder weniger weichen thonigen Tuffen sind die eigentlichen Cassianer Schichten aufgelagert. Diese Schichten kommen. besonders auf der Buchensteiner Alpe am sogenannten Roo di Curreti zur Entwickelung. Dort bilden sie einen westlich einfallenden südlich verflachenden Schichtenzug. Der Fuss der Schichten ist hoch herauf mit Geröll überdeckt, doch zeigt die Lehne, dass sie aus einer Reihe von Schichten besteht, welche abwechselnd versteinerungsführend und versteinerungsleer auch von verschiedener petrographischer Be- schaffenheit sind. Die vielen Versteinerungen von St. Cassian stammen keineswegs aus einer Schichte, sondern aus einem Schichtencomplex, welcher eine Reihe verschiedener Faunen enthält. Hiezu kommt noch ein entfernterer Fundort von Petrefacten, diess ist die sogenannte For- cella di Sett Sass, wo zwischen dem letzteren und der Forcella der Rest eines mächtigen Corallenriffies mit seiner eigenthümlichen Fauna erhalten ist. Die Corallenzone lässt sich in einzelnen Resten westlich bis zu den Rosszähnen verfolgen, während man östlich die Spuren der Cassianer Schichten an dem Zuge der Lagazuoi bis Ampezzo verfolgen kann. An der linken Thalwand des St. Cassianer Thales unter der Crista di Verellis kommen, wenn auch weniger versteinerungsreich wie auf Roo di Curreti, die Schichten von St. Cassian auch zum Vorschein; das Verhältniss ist deshalb von Wichtigkeit, weil sie daselbst zweifel- los von jüngeren triadischen Schichten überlagert werden, welche sich durch Ptychostoma St. Crucis, Anoplophora Münsteri, u. s. w. als Thorer- und mithin jüngere Raibler Schichten zu erkennen geben. Diese Schich - 53 ten sind in ihrem nördlichen Verlaufe bei der Wallfahrtskapelle am heiligen Kreuzkogel schön entwickelt. Da nun auch die Hallobienschiefer dem Raib- ler Terrain angehören, wie die die,Cassianer Schichten überlagernden Tho- rer Schichten, während man für die zweiten nur eine Andeutung bei Raibel kennt, so kann man hieraus den Schlugs ziehen, dass die Cassianer Gebilde nur ganz locale sind, welche in das Ni von Raibel einbezogen werden müssen; auch die in den nördlichen Alpen einzelne Petrefacten von St. Cassian führenden Schichten gehören eher den Raibler Schichten als den Oassianern an. Die Ansicht, dass die Hallstätter Schichten vermöge ihrer Faunen den Cassianer Schichten äquivalent seien, ist schon durch die geologische Forschung widerlegt worden. Die Uebereinstimmung der Fauna ist auch nur eine scheinbare, da eigentlich nur die Arcesten und Phylloceras sich von St. Cassian bis in die Hallstätter Schichten erhalten haben, und die Hallstätter Fauna bei weitem höher entwickelt ist. Die vielen kleinen Individuen, welche die Fauna besitzt, finden einmal darin ihre Erklärung, dass das Terrain von St. Cassian wahrscheinlich eine stille Bucht war, welche den zahlreichen Gastropoden eine Heimat gab, dass vielleicht auch ein starker Salzgehalt des Wassers die Entwicklung et- .was hinderte, dass die Bucht aber zugleich ein Brutort für grössere und für Hochseebewohner, wie die Cephalopoden war, was die vielen Jugendformen dieser Gruppe zeigen. Die mächtigen Corallenmassen lassen über den Charakter der Uferfacies keinen Zweifel. Dass man unter den Petrefacten von St. Cassian noch viele paläozoische Ge- schlechter und bei manchen Sippen noch deren paläozoischen Charakter findet, ist ein werthvoller Beweis für die Lehre der langsamen und thä- tigen Fortentwicklung der thierischen Bewohner der Erde und für der letzteren nicht gewaltsame, sondern allmälige Umgestaltung. In dieser Art entspricht der Charakter der Fauna genau jener Lage, welche die Schichten von St. Cassian in der Reihe der Bildungen einnehmen. Aus- ser den in den verschiedenen Abtheilungen der Abhandlung beschriebe- nen Thierresten von St. Cassian sind jedoch auch Reste von Wirbel- thieren, Fischen und einem Reptil — Nothosaurus — bekannt geworden, auch Foraminiferen werden in der jüngsten Zeit aufgefunden; doch sind diese in einer sehr unbedeutenden Anzahl gefunden worden, wesshalb sie für eine spätere Publication zu günstigerer Zeit aufbewahrt werden. — (Wiener Sitzgsberichte LVII. März.) Ferner gibt Verf. die Fortsetzung seiner Untersuchungen der St. Cassianer Gastropoden mit noch 85 Arten aus 20 Gattungen, womit sich die Gesammtzahl auf 204 erhebt, welche Prosobranchiaten sind und zu °Ja Pectinibranchiaten. Die jetzt untersuchten Arten sind noch: Ce- rithium Albertii Mstr, bisertum Mstr, subcancellatum Mstr, colon Mstr, bolinum Mstr, Koninckanum Mstr, pygmaeum Mstr, nodosoplicatum Mstr, decoratum Klp, brandis Kip, quadrangulatum Klp, subquadrangulatum d’Orb, fenestratum, pulchellum, Lacuna Bronni Wissm, canalifera, Fos- sarus concentricus Mstr, pyrulaeformis Mstr, Fossariopsis rugosocarinata Klp, Münsteri Klp, Turritella carinata Mstr, encycla, excavata, Capulus pustulosus Mstr, fenestratus, alatus, Neritopsis Waageni, ornata Mstr, 54 subornata Mstr, decussata Mstr, Phasianella Münsteri Wissm, picta, cassiana Wissm, cingulata, Turbo subcarinatus Mstr, fasciolatus Mstr, pleurotomarius Mstr, elegans Mstr, subeinetus d’Orb, satyrus, Philippi Klp, coneinnus Klp, euymedon, silenus, epaphus, Pachypoma calcar Mstr, eudymion, damon, Rotella sphaeroidica Klp, Delphinula laevigata Mstr, spiralis Mstr, subdentata Mstr, Pichleri, spectabilis, doris, Del- phinalopsis binodosa Mstr, armata Mstr, arietina, Trochus subconea- vus Mstr, subbisertus d’Orb, subglaber Mstr, subdecussatus Mstr, semi- punctatus Braun, bistriatus Mstr, subcostatus Mstr, nudus Mstr, Des- longchampsi Klpi, subpunctatus Klp, eupator, prometheus, epimetheus, glandulus, Monodonta nodosa Mstr, cassiana Wissm, supranodosa Klp, spirata Klp, delicata, gracilis, Temnotropis carinata Mstr, bicarinata, Emarginula Münsteri Pict, Dentalium undulatum Mstr, simile Mstr, de- coratum Mstr, Patelloides campanaeformis Klp, Patella granulosa Mstr, costullata Mstr. — (Edda, Aprilheft.) Botanik. Aug. Neilreich, Diagnosen derin Ungarn und Slavonien bisher beobachteten Gefässpflanzen, welche inKochs Synopsis nicht enthalten sind. Wien 1867.8%. — Koch’s vortreffliche Flora enthält nur 420 Arten der östlichen Karpathen, des Tieflandes und besonders des Banates, daher dieser Nachtrag für jene Gebiete als ein sehr wichtiger bezeichnet werden darf, Dem Verf. stand ein sehr reichhaltiges Material zu Gebote, so dass er alle diagnosirten Arten in natürlichen Exemplaren und meist von vielen Standorten vor sich hatte, gibt dasselbe auch ganz streng nach Koch’s Methode, liess die Bastarde meist unbeachtet, auch die zweifelhaften und unsicheren Arten, zumal die Kitaibelschen unberücksichtigt. J. Schumann, die Diatomeen der hohen Tatra. Wien 1867. 8°. Mit 4 Tfin. — Die Tatra war bisher noch nicht auf ihre Dia- tomeen untersucht, und Verf. widmete denselben zugleich unter sorg- fältigen Temperaturbeobachtungen den Juli des heissen Sommers von 1865, schildert nun zunächst die Temperaturverhältnisse und zählt dann die 205gesammelten Arten auf. Darauf verbreitet er sich über das Gewebe der Diatomeenschale, über deren Formen und Messungen, die Schwan- kungen ihrer Riefenzahl, deren Abhängigkeit von der Höhe, dem Vorkom- men und der Temperatur und verbreitet sich über die obere Höhengränze ihres Vorkommens. Die Arbeit hat demnach ein allgemeines Interesse. Aug. Neilreich, Nachträge zur Flora von Niederöster- reich. Wien 1866. 8°. — Seit dem Erscheinen der Flora von Nie- derösterreich 1859 sind viele neue Standorte, mehre neue Arten und zahl- reiche Bastarde aufgefunden worden, welche in diesem Nachtrage ver- öffentlicht werden. Die neuen Arten sind 39. J. K. Maly, Flora von Steiermark. Systematische Ueber- sicht der in Steiermark wildwachsenden und allgemein gebauten blühen- den Gewächse und Farren mit Angabe der Standorte, der Blühtezeit und Dauer. Wien 1868. 8°. — Verf. hatte diese Flora vollendet, als er im J. 1866 starb, und der Sohn besorgte die Herausgabe, nur einige neue Standorte noch hinzufügend. Er zählt 2100 Arten von dem 399 Quad- 55 ratmeilen umfassenden Gebiete auf und zwar nach Endlicher’s System unter stetem Hinweis auf Kochs Synopsis und nur die in dieser fehlen- den Arten sind beschrieben worden, von den andern nur die speciellen Standorte und Blühtezeit angeführt. Die äussere Ausstattung ist splen- did, wie es der Braumüllersche Verlag liebt. W. Pfeffer, Didymodon Theobaldi, neues Mo0s.— Das- selbe wurde von Theobald schon 1855 am Rheinwaldgletscher gefunden und wie folgt beschrieben: caespites laxiores, unciales, e viridi flaves- centes, radiculis e basi innovationum ratis, longis, rufoferrugineis, par- eissime intertexti. Caulis sub apice innovans, dichotome ramosus, in- terne tomento ferrugineo rariore obtectus, deformis, funieulo centrale ordinario transiente, strato peripherico haud distincto, sine foliorum vestigiis in parenchymate. Folia divaricato- et subrecurvo-patentia, e basi ad apicem innovationum majora, in ramis junioribus semper fere subtrifaria disposita, siccitate incurvocrispata, e basi semiamplexicaule obovatooblonga, carinatoconcaya, margine subrevoluto vel plano et in- ferioribus versus apicem pro more irregulariter inflexo, acuminata inte- gerrima; nervo satis crasso ante apicem evanido, e ventralibus duabus holostromaticis, ducibus duobus, comitibus communibus, epidermalibus et intercalaribus distinctis efformato; rete inferne hexagonorhomboideo laxo, hyalino, dehinc denso, e cellulis hexagonorotundatis utroque pa- gina et margine papillis obtusis exasperatis texto. Flores monoici utriusque secus terminales, gemmiformes, antheridia et archegonica haud numerosa, paraphysata. Folia perigonialia minora, latiora, margine plano, obtusa et subcucullatocarinatoconcava. Perichaetii vix distincti folia laxe vaginantia, erectopatentia, e basi longiore involuto concava, mar- gine plano. Capsula longius pedicellata, deoperculata, cylindraceo-elon- gata, orificium versus paulisper angustata, haud coarctata, lenissime obliquata vel rarius symmetrica, e flavescente fuscescens, summa aetate denique sanguinea, nitida leptoderma, sicca immutata; pedicellus flaves- cens ei e flavescente rufescens, siccitate inferne sinistrosum, superne dextrorsum tortus normale textus. Peristomii dentes 16, pnnctato pa- pillosi, fissi vel bifidi, plus minus lacunosi, rarissime trabeculis conju- gati, remotius articulati, e duplice lamina, interiore pallidiore et cras- siore compositi, rufoferruginei, siceitate erecti, hnmiditate in conum eouniventes; membrana basilaris angustior. Annulus e duplice strato cellularum compositus, longissime persistens. Calyptra cucullata. — (Graubündener Jahresbericht XIll. 81—88. 1 Tfl.) Schwendener, Gonidien und Fasern vieler Flechten stehen nicht in genetischem Zusammenhange, sondern letzte sind Wucherungen von Pilzfäden auf Algenformen. — Schw. weist nach, dass der Flechtengattung Ephebe eine Stigonema, der Ephebella Heget- schweileri eine Scytonema, den Collomaceen Nostoccolonien, den Om- phalariaceen Glonocapseen, den Racobloemaceen Rivularien zu Grunde liegen und dass ferner ein Zusammenhang zwischen Cystococeus hu- micola und den gewöhnlichen Strauch- und Laubflechten, sowie zwi- schen Grapsideen und den Algen aus der Chroolepusgruppe zu vermu- 56 then sei. Die Flechten sind daher nicht selbständige Pflanzen, sondern Pilze in Verbindung mit Algen, welch letztere der erstern Nährpflanze bilden. Namentlich beobachtet Schw. das Eindringen von Flechtenfa- sern in junge Nostoccolonien, welche die Verwandtschaft von Rivularien mit Racobloemaceen ausser Zweifel setzen. Ferner hat Famietzin nachgewiesen, dass verschiedene Strauch- und Laubflechten, welche im tliessenden Wasser sich von ihren Fäden befreiten, in ganz anderer Weise fortvegetirten und Schwärmzellen bildeten. Schw. hält die Apo- thecien für Pilzfrüchte und sieht in der grossen Verbreitung der Kru- stenflechten kein Hinderniss für seive Ansicht, indem Cystococeus auch überall vorkommen und die Vegetationsverhältnisse für den Pilz gün- stiger werden, wenn einmal die Gonidien mit Mycelium umsponnen sind. Das chemische Verhalten unterstützt ebenfalls die Ansicht, da die Mem- branen der Gonidien anders reagiren als die Flechtenfasern, nämlich wie Algenmembranen. Zwischen Ascomyceten und Pyromyceten einer- seits und Flechten andererseits gibt es allerdings, wenn man nicht das Vorhandensein der grünen Gonidien als Anhaltspunkt benutzt, keinen Unterschied. Spermogonien und Stylophoren sind ganau dieselben, wes- halb denn auch verschiedene Autoren die Flechten als Abtheilung der Pilze nehmen. — (Phälgen allgm. schweiz. Naturforsch. Gesellschaft Rheinfelden 1867. S. 87—93.) Morren, Kultur der Theestaude auf Java. — Die eng- lischostindische Kompagnie schickte 1848 den Chinareisenden Fortune zum zweiten Male nach China zum Studium der Theestaudenkultur und deren weitere Verbreitung in Ostindien. Die Anpflanzungen an den südlichen Abhängen des Himalaya lieferten unter Jamesons Leitung be- reits jährlich über 2 Millionen Pfund zur Ausfuhr. Im J. 1850 betrug die Ausfuhr an ostindischem Thee 27,231 Pfund Sterl. und 1865 schon 301,022 Pfund Sterl. Der Anbau der Theestaude auf Java reicht wei- ter zurück bis 1826, wo die von Siebold mitgebrachten Samen die ersten sehr kräftigen Pflanzen lieferten. Die Gebirge waren in 4—5000‘ Höhe besonders geeignet und lieferten einen vorzüglichen Thee. Die Staude liebt einen trocknen magern Boden und eignet sich der gar nicht oder nur wenig kultivirte am besten. Bis 1842 war der Anbau auf Java Monopol der Regierung, dann wurde er frei gegeben und 1860 hörte die Regierung damit gänzlich auf, sie hatte 1842 schon 131/, Millio- nen Theestauden angepflanzt und seitdem haben sich dieselbe bedeutend vermehrt. Leider sind die Eingeborenen zu dieser umständlichen Kultur kaum zu gebrauchen und die Europäer zu theuer. Ein sehr günstiges Theejahr war 1858, das von 5 bis 7 Stauden ein Pfund Thee lieferte» wozu in gewöhnlichen Jahren 80 Stauden gehören. Ueber den Gesammt- ertrag liegen keine Berichte vor, von fünf Anpflanzungen die etwas über 4000 Morgen einnahmen, wurden nahe an 900,000 Pfund gewonnen. — (Koch’s Wochenschrift für Gärtnerei Nr. 27. Seite 215.) K. Koch, die neuholländischen Gummibäume, Euca- lyptus. — Die Gummibäume sind Myrtenpflanzen mit verholzenden Früchten, die nur in Neuholland und einigen indischen Inseln vorkom- 57 men. Hooke und Bentham führen 100 Arten auf, wahrscheinlich zu viel, da sie nach dem Alter sehr variiren. So werden junge Eucalyptus globulus wegen ihrer breiten kurzen Blätter von den alten langblättri- gen unter eigenem Namen in den Gärten kultivirt, ganz alte mit den längsten und schmälsten Blättern wieder unter anderm Namen. Alle wachsen ungemein schnell, manche Stecklinge in einem Sommer schon 6—8', in günstigen Ländern bis 20°, in Hyeres erreichte eine 10jährige Pflanze 60° mit 2’ Stammdurchmesser und in Neuholland gibt es Exem- plare von 300° Höhe, ja von 350‘Höhe, welche die höchsten Bäume der Welt sind, die Krone derselben beginnt erst im 200‘. Ihr Holz ist den- noch dicht und ziemlich schwer und lässt sich wie Mahagony verarbei- ten, heisst auch in England neuholländisches Mahagony. Dasselbe kömmt von Eucalyptus gigantea, in den Gärten als Eu. mahagony auf- geführt. Es enthält zugleich adstringirende Farbstoffe, am meisten Eu. robusta, die bisweilen wie beiEu.resinifera ausfliessen und in den Han- del kommen. In den Blättern kommt ein solcher Farbstoff noch als ätherisches Oel vor, in einer andern Art zuckerig. In Erfurt werden folgende Arten kultivirt. 1. Eucalyptus amygdalina Lab, sehr rasch auch im Freien wachsend. 2. Eu. calophylla Lindl, als Eu. glaucophylla und Eu. splachnicarpon verbreitet, mit graublaugrünen Blättern. 3. Eu. co- niocalyx Müll., mit rauher Rinde und sichelförmig gekrümmten Blättern, 4. Eu. diversicolor Müll., mit lanzettförmigen, oben dunkelgrünen, unten sehr hellen Blättern. 5. Eu. gigantea Hook = Eu. obliqua Heer, die höchste Art, mit lang gestielten Dolden, ursprünglich auf Vandiemens- land. 6. Eu. Gummi Hook ebendaher, mit blaugrünen Zweigen und mattgrünen Blättern, in deren Winkeln die kurzgestielten Blühten sit- zen, erreicht nur 30° Höhe. 7. Eu. Lehmanni Müll; ist nur ein Strauch in Südafrika. 8. Eu. longifolia Lk, schon seit 40 Jahren in unseren Gärten als Eu. glaucophylla kultivirt, mit schlanken rothen Zweigen. 9. Eu. incrassata Lab, ebenfalls längst bekannt. 10. Eu. occidentalis Endi, mit kurz gestielten Dolden. 11. Eu. piperita Sm, wegen des Wohl- ‘geruchs der Blätter Pfeffermünzbaum genannt. 12. Eu. Ricdoni Hook., mit an der Unterseite fast silberweissen Blättern. -- (Zbda Nr. 31. S. 241—244.) Zoologie. Heller, Cam. Prof., dieBryozoen des Adri- atischen Meeres. — Nach einer analytischen Uebersicht der Gat- tungen, von welchen 45 aufgeführt werden, darunter eine neue (Buskea), beschreibt Verf. 108 Arten, unter diesen folgende 33 neue, Scupocel- laria capreolus, Buskea nitida, Diachoris simplex, D. armata, D. hirtis- sima, Membranipora bifoveolata, M. circumeincta, M. rostrata, M. gre- garia, Lepralia Perugiana, L. Kirchenpaueri, L. Botterii, L. Stossici, L. appendiculata, L. cribrosa, L. Steindachneri, L. foraminifera, L. cor- nuta, Cellepora Hincksii, C. corticalis, Eschara Pallassii, E. tubilifera, Crisia attenuata, C. fistulosa, C. recurva, Idmonea serpula, I. Meneghinii, I. triforis, Discosparsa annularis, Alecto parasita, Amathia semiconvo- luta, Valkeria Vidovici, V.tuberosa, welche fast sämmtlich auf 6 Tafeln abgebildet werden. Hieran schliesst sich eine Uebersichts-Tabelle über 58 die geographische Verbreitung der aufgezählten Arten. Wir müssen uns mit den blossen Namen begnügen und auf die Arbeit selbst ver- . weisen. — (Verh. d. zool. bot..Gesellseh. in Wien XVII p. 77-136. Taf. 1-6.) Ausserer, Anton, die Arachniden Tirols. — Die Ergeb- nisse von den zweijährigen Excursionen, vornämlich in der Umgebung Innsbrucks werden vom Verf. hier vorgelegt und am Schlusse des ziem- lich reichen Verzeichnisses die Beschreibung von folgenden neuen Ar- ten angeschlossen: Linyphia Keyserlingi, der L. pygmaea am nächsten stehend, Amaurobius Kochi, Apostenus saxatilis, Philodromus auroni- tens, Acantholophus Helleri, Nemastoma dentipalpis, Trogulus perfora- ticeps. — (Verh. d. zool. botan. Vereins in Wien XVII p. 137—110, Taf. VII u. VIII.) Koch, L. Dr., Beschreibungen neuer Arachniden und Myriapoden.— Gasteracantha turrigera @ Brinsbane (Colonie Quens- land in Neuholland), Cyrtogaster excavata, Epeira Brinsbanae 9, ebenda, E. rhomboides 7 2, Upolu, E. producta @, Brinsbane, E. littoralis, Upolu, Argyopes plana ®, Brinsbane, Nephila venosa, unentwickeltes 9, ebendaher, Tetragnatha bituberculata desgl. desgl., T. granulata Walk, Q, ebenda, Ero albostriata @ ebenda, Theridium decoratum 9, Th. coe- liferum, unentwickeltes /', Th. pyramidale, 9, Th. humile, unentwick. 9, Pholcus litoralis, Enyo annulipes, unreifes @, Amaurobius longinquus, unreifes 2, Dolomedes flaminius 9, D. albicomus, Lycosa furcillata, L. excusor, Ocypete procera '‘, O. vasta Q, Delena immanis, Xysticus di- midiatus, unreifes @, X. Pilula 9, X. adustus 2, X. bimaculatus 9, X. nigropunctatus 9, X. evanidus 9, X. pustulosus Q, Attus Polyphewus 9, A. nigrofemoratus /*, sämmtlich von Brinsbane, A. pisculus 5, Upolu, A. foliatus 9, ebend., A. quadratarius, mit Plexippus sexmaculatus nahe verwandt, Brinsbane, A. calvipalpis @, Upolu, Deinopis cylindraceus C. Koch, unreifes 2, Brinsbane, — Phrynus australianus, Upolu — Opist- ophthalmus calvus, S. Afrika, Telegonus politus S. Amerika, T. lunatus _ desgl., Ischnurus caudicula, Brinsbane, Lychas melanodactylus desgl. — Ixodes decorosus, Brinsbane auf Hydrosaurus giganteus, I. Moreliae, ebenda auf Morelia argus var. fasciolata, I. Varani, ebend. auf Hydro- saurus gigant. — Smaridia extranea, Brinsbane, Gamasus flavolimbatus ° ebend. — Spirostreptus impresso-punctatus, Brinsbane, Sp. maritimus desgl., Strongylosoma asperum, St. transverse-taeniatam, St. rubripes, St. dubium, Cormocephalus brevispinatus, sämmtlich von Brinsbane. — (Ebenda p. 173—250.) Koch, L.Dr., zur Arachniden- und Myriapoden-Fauna Südeuropas. — Es werden folgende neue Arten beschrieben: Argyo- pes impudicus J', Tinos, Epeira impedita 9, Corfu, Singa semiatra J', ebd., Theridium margaritatum, Tinos, Micaria praesignis &, Syra, Me- lanophora insulana 2, Tinos, M. graeca 9, ebd., Liocranum ochraceum 9, Corfu. L. viride 9, Tinos, Oxyopes candidus 9, Cortu, Xysticus bi- color 9", Syra, Calliethera olivacea 2 von allen 3 Fundorten, Heliopha- nus equester 0", Tinos, H. melinus 9, Syra und Tinos, H, albosignatus 59 9, Byra, Attus capreolus 9, Syra, A. sulphureus 9, Tinos, A. lepori- nus 9, Tinos, A. taeniatus, Tinos, A. armiger JS‘, desgl., A. nitratus O desgl., A. papilionaceus S', Syra und Tinos. A. regillus 4‘, Tinos, A, lippiens 2 J', Tinos, Syra, Üteniza tigrina A, Syra, Trogulus opilionoi+ des. Corfu. — Platylophus strigosus 2 4’, Montenegro, Acantholophus annulipes Q desgl., A. coronatus Q, Syra, Opilio molluscus @, Monte- negro, O. laevigatus 2, Syra, O. praefectus Q, Syra, O. pristes Q d\, Corfu, O. instratus Q *, Syra, O. vorax Q desgl., Nemastoma glo- buliferum, Syra. — Lysiopetalum insculptum 2, Montenegro, Dalma- tien. L. scabratum Corfu, L. ictericum 9 desgl., L. Erberi 9, desgl., L. Corcyraeum 9, desgl., Henia minor, Tinos, Lithobius pubescens, beide Geschl., Tinos, L. litoralis 9, Tinos, L. nigripalpis /, Tinos. — (Zbda p. 857—900.) v. Kempelen, Ludwig, Thysa pythonissaeformis eine neue Gattung und Art von Spinnen, welche der Gattung Pythonissa am nächsten steht, aber nur 6 Augen hat, und in deren Stellung, Grössen- verhältnissen sowie in anderen Beziehungen von den beiden sechsäugi- gen Gattungen Segestria und Dysdera abweicht; dieselbe wird ausführ- lich beschrieben und stammt aus Ungarn. — (Zbenda p. 607— 610. Tf. AIV. 13.) Fr. Brauer, Beschreibung neuer exotischer Libellen aus den Gattungen Neuröthemis, Libellula, Diplax, Celi- themis und Tramea. — Nachdem Verf. einige wohl zu beherzigende, zum Theil den Ansichten anderer Entomologen widersprechende Vor- bemerkungen über die Unzweckmässigkeit der Beibehaltung älterer Na- men mit ungenügenden Beschreibungen vorausgeschickt hat, beschreibt er in der anerkannt sorgfältigen Weise folgende zum Theil schon be- nannte, aber nicht ausreiehend charakterisirte Arten und zwar diejeni- gen in beiden Geschlechtern, bei denen nicht das Geschlecht angegeben ist. Neurothemis gigantea n. sp. aus Amboina (die Gattg. wird neu auf- gestellt für Ramburs unvollkommen definirten und an die Hemipteren bereits vergebenen Gattungsnamen Polyneura); N. Sophronia Drury 2 = fulvia Dr. aus China; N. palliata Ramb. /' Celebes; N. ceylanica n. sp. © Ceylon, N. nicobarica n. sp. Ö' Nikobaren und Singapur. N. incerta n. sp. 9, Celebes, N. decoraKaup 9, Amboina, N. elegans Guer. (manadensis? Boisd) Amboina, Neuguiana, Ceram, N. Pseudosophronia n. sp. Ceram, China? N. fluctuans Brm. Java, Celebes., N. innominata n. sp. 2, Neuguiana, Ceram, N. Diplax n. sp. 2 ebenda. — Libellula pectoralis Kaup in litt. S' (Libellula pectoralis aut. ist ein Diplax, wes- halb jener Name beibehalten wird) aus Ceram. — Diplax Cora Kaup in litt, 2 ebenda. — Tramea transmarina n. sp. Q, Viti-Inseln; T. samoen- sis n. sp. 0* Schifferinseln. — Celithemis Regia n. sp, Amboina; C- Chalcoptilon n. sp. Q Schifferinseln. — Rhinocypha petiolata Selys, Ce- ram Neurobasis Kaupi n. sp., Celebes, Gynacantha Rosenbergi Kaup 4, Neuguinea. Celithemis pygmaea n. sp. ' Neuguinea. Agrinoptera qua- tuornotata 5, Menado. Diplax thoracantha n. sp. &, Ceram. D. denti- cauda n. sp. Ö, Neuguinea. Es folgen dann noch weiter ohne Angabe 60 des Geschlechts mit Ausnahme der letzten Art, welche in beiden be- schrieben wird: Tramea subbinotata n. sp. aus Brasilien, T. longicauda n. sp. ebenda, T. brasiliana n. sp. desgl. T. crocea n. sp. Insel Lugon. T. africana n. sp., Sierra Leona, T. Erythraea n. sp. Mauritius. Rhyo themis dispar n. sp. Viti-Inseln. Die oben erwähnten Arten Regia und Chalcoptilon sollen einer nachträglichen Bemerkung zufolge auch dieser Gattung zugerechnet werden. — (Verh.der zool. bot. Gesellsch. in Wien AVI. p. 3—26. p. 287—302, p. $11—816.) Hagen, Dr.H., Notizen beim Studium von Brauers No- vara-Neuropteren. — Es werden folgende Odonaten näher bespro- chen, von welchen hier die Synonymie besonders hervorgehoben sein mag: Anax (Aeschna) ephippiger Brm —= A. mediterraneus Selys — A. senegalensis Ramb. — Aeschna orientalis (Versandname des Berlin. Mus.) weit verbreitet über Afrika, Asien und neuerdings von Erber bei Zara gefangen. A. jaspideus Brm. muss Aeschna jaspidea Brm. heissen, da die Flügelbasis des Männchens sie dieser Gattg. zuweist. A. Papuensis Brm = A. congener Ramb. wurde als A. hieroglyphica vom Berlin. Mus. versendet; A. Junius Drur. = A. Junia Brm = A. spiniferus Bbr. Die Stücke aus Oahu sind im Berliner Mus. als A. ocellatus und von Hagen früher als A. severus bezeichnet, die Weibchen stecken dort unter dem Namen Ae. prasina. — Anax strenuus!Hag, A. longipes Hag. A. tristis Hag., A dorsalis Brm., A. Amazili Brm. — A. maculatus Rbr — (A. guttatus Brm., das Mänuchen — A. magnus Rbr.) — A. gibbo- sulus Rbr. — A. Panybeus Hag 5, wenn dies Männchen nicht zu A. gibbosulus oder als var zu A. guttatus gehört. — A. fumosus — A. for- mosus v. d. Lind. = A. axillaris Er und wahrscheinlich auch = A. Mauricianus Bbr. — A. speratus Hag. — A. Parthenope Selys, A. Ju- lius Brauer, A. Bacchus Hag. — Aeschna Tahitensis Brauer, Ae. cor- nigera Brauer — jucunda Hag. aber nicht beschrieben unter diesem Namen; Ae. macronica Brauer — prasina, von Hagen benannt, aber nicht beschrieben. Ae. exeisa Brauer — Ae. luteipennis Brm., ob auch - das Männchen mit Burmeisters Art übereinstimmt wird noch in Zwei- fel gezogen. Ae. Castor Brauer — lunulata Selys. Ae. Januaria (nicht jannaria) Hag. — polyacantha Sel. 9 — aracantha Sel. 9. — Stauro- phlebia magnifica Brauer — Ae. reticulata Brm. — Ae. gigas Rbr Dr Ae. valida Mug! Ber. —»Neuraeschna costalis Brm —= Gynacantha fe- rox Er & — Aeschna ampla Rbr. Gynacantha Idae Brauer, beide sind nicht identisch wie Hagen erst vermuthete. — Gomphomacromia para- doxa Brauer — Cordulia Chilensis Hag = Chlorophysa Putzeysii. — Epophthalmia vittata Brm. E. elegans Brauer. E. cyanocephala Hag (nicht identisch mit E. vittata Brm, wie Hagen in seiner Ceylon-Synop- sis meinte) E. australis Hag — Cordulia Novae-Zealandiae Brauer. — (Ebda p. 31-62.) T9. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in “ Halle 1868. Juli. N VI. 10. ll. Sitzung am 8. Juli. Eingegangene Schriften: . Zeitschrift des landwirthschaftl. Centralvereines der Prov. Sachsen etc. von Dr. Stadelmann. 1868. Nr. 7. Juli. . Die Fortschritte der Physik im J. 1865. Dargestellt von der phys. Gesellschaft in Berlin. XXI. 1.2. Berlin 1867. 8°, . E. L. Taschenberg, Illustrirtes Thierleben VI. 12. Hildburghausen 1868. 8%. — Geschenk des Hrn. Verf.s. . Ed. Baldamus, Schützet die Vögel! Die nützlichen und schädlichen Vögel Deutschlands und Europa’s. Bielefeld und Leipzig 1868. 12°. Geschenk des Hrn. Verf.s. . W. Lackowitz, Flora von Berlin. Anleitung die im weitern Umkreise von Berlin wildwachsenden etc. Berlin 1858. 120. . M. Seubert, Exkursionsflora für das südwestliche Deutschland. Ra- vensburg 1868. 8°, . G. Ramann, populäre Mineralogie. Ein Leitfaden zur Kenntniss der Mineralien etc. Berlin 1868. 8°. . G. Theobald u. J. J. Weilemann, die Bäder von Bernie I. Land- schaftsbilder, Bergfahrten und naturwissenschaftliche Skizzen. St. Gallen 1868. 8°. .M. Wagner, die darwinische Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen. Leipzig 1868. 8°. G. Lange, die Halbedelsteine aus der Familie der Quarze und die Geschichte der Achatindustrie. Kreuznach 1868. 8°. S. Ruchte, Grundriss der Naturgeschichte. Ein Leitfaden für den Unterricht an Gewerbeschulen etc. III. Mineralogie. Rosenheim 1868, 8°, 62 “: 12. Bail, über die Hauptgebiete seiner entwickelungsgeschichtlichen Arbei- ten (Hedwigia 1867. Nr. 12). — Geschenk des Hrn. Verf.s. 13. Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge » II. 1. Danzig 1868. 4°. 14. Abhandlgen der kgl. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften vom Jahre 1867. 15. Sitzungsberichte der königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag 1867. Januar—Juni. Herr Giebel legt Männchen und Weibchen der Semioptera Wal- lacei von der Insel Batjan vor, welche erst vor 100 Jahren von dem um die Naturgeschichte der Paradiesvögel hoch verdienten Wallace ent- dekt und von Sclater beschrieben worden ist. Der absonderliche Schmuck des Männchens besteht hier in der Eigenthümlichkeit des Gefieders am Vorderhalse und der Oberbrust und in einigen Flügelfedern. — Darauf berichtet derselbe Landois anatomische Untersuchung der Bettwanze. . Sitzung am 15. Juli. Eingegangene Schriften: 1. Bulletin de la Societe imperiale des Naturalistes de Moscou 1867. III. Moscou 1857. 8°. 2. Sitzungsberichte der kgl. bairischen Akademie der Wissenschaften in München 1868. 1. 2. 3. München 1868. 8°. 3. Monatsschrift des landwirthschaftlichen Provinzialvereines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz; redigirt von E. v. Schlicht 1868. Nr. 6. 7. Berlin. 8°. 4. C. G. Giebel, landwirthschaftliche Zoologie. Naturgeschichte aller der Landwirthschaft nützlichen u.schädlichen Thiere. Glogau 1868. 3. Liefrg. Herr Giebel berichtet W. Dönitz’s Untersuchungen über Noc- tiluca miliaris. Dieselben betreffen die Geissel in der Nähe der Mund- öffnung, den Faden in derselben und den scharfkantigen Stab. Ein Darmkanal und After von welchem Huxley berichtet, ist sicher nicht vorhanden, die vom Weichkörper zur Schale gehenden Fäden sind keine Pseudopodien, sondern contraktile Röhren, eine besondere Haut unter der Schale fehlt ganz bestimmt, das dafür gehaltene Netz ist nur das von den contraktilen Röhrchen gebildete. Hr. Siewert berichtet über vergleichende Analysen bayrischen und altmärkischen Hopfenstaubes; guter altmärkischer Hopfen steht dem Bayrischen sehr nahe. Die Güte richtet sich nach dem Gerbstofi- und Harzgehalte der Hopfendrüschen. Das an der Luft in Baldriansäure übergeführte, nur zu 0,5 pC. darin enthaltene ätherische Oel kommt nicht in Betracht; die Existenz eines Bitterstoffs (Lupulins, Lupulit’s) stellt Hr. Siewert in Abrede. Von dem Weichharze geht etwas in die Würze, noch mehr in die Hefe über; das Meiste löst sich aber erst im gebildeten Alkohol auf (100 Pfund Malzschrot erfordern 8 Pfund Ho- pfen). Die Gerbsäure im Hopfen soll dazn dienen, Pflanzeneiweiss zu coaguliren; Gerbsäure und Harz verhalten sich ihren Mengen nach umgekehrt proportional. Es fand Hr. S. im | 63 bairischen Hopfen: altmärkischen Hopfen: 18,4%), Harz 16,7 Harz 8,4%/6 Gerbstoff 6,1 Gerbstoff und ergab sich ausserdem, dass baierischer Hopfen mehr Kieselsäure, Magnesia- und Kalisalze als der altmärkische enthält und gute Sorten überhaupt mehr lösliche Salze an Wasser abgeben, und bei der Be- handlung mit Alkohol einen geringen Rückstand lassen. (8. 8. 11.) Herr Schubring zeigt den am 15. Juni d. J. erfolgten Tod Pouillet’s an und berichtet über das Auftreten eines luftleeren Raumes in einem Theile der hiesigen Wasserleitung, dem zufolge nicht nur kein Wasser aus dem Hahne abfloss, sondern sogar Wasser aus untergestell- ten Gefässen in das Leitungsrohr zurückstieg. Sitzung am 21. Juli. Eingegangene Schriften : 1. Verhandlungen der schweizerischen naturforscheuden Gesellschaft in Rheinfelden am 9. 10. 11. September 1857. 51. Versammlg. Jahres- bericht 1867. Aarau. 8°. 2. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bonn aus dem Jahre 1867. Nr. 619—653. Mit 1 Tfl. Bonn 1868. 8°, 3. Quaterly Journel of the geological Society. vol. XXIV. Nr. 94. Lon- don 1868. 8°. 4. Monatsbericht der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Ber- lin. April 1868, Mit 1 Til. Berlin 1868. 8°, 5. A. Kiralyi maygar Termeszett udomanyi Tarsulat Közlönge 1867. Pesten 1867. 68. 8°. — Desgleichen Törtennete. Pesten 1868. 8°; 6. Memoires de l’academie imp£eriale des sciences, belles lettres et arts de Lyon. Classe des Sciences. XVI. Lyon 1867. 8. 7. Expose des Formations quaternaires de la Sueda par A. Erdmann. Text und Atlas mit 26 Illustrationen und 14 Karten. Herr Giebel sprach unter Vorlegung mehrer Een seheT über Schädelmessungen und insbesondere über die neueste bezügliche Arbeit von Aeby. Nach einer Kritik der seitherigen Unterscheidung von Do- lichocephalen und Brachycephalen, prognathen und orthognaten Men- schenrassen, welche als unbegründet nachgewiesen wurden, erläuterte Redner Aebys Methode der Schädelbestimmung und dessen Unterschei- dung von stenocephalen und eurycephalen Schädeltypus, deren geogra- phische Verbreitung und Uebergangsgestalten. Weiter wurde nachge- wiesen, dass nach dieser alle wesentlichen Formenverhältnisse berück- sichtigenden Auffassung der Schädelformen die Säugethiere hinsichtlich ihres Schädelbaues eine völlig ununterbrochene Reihe darstellen in welcher nicht der Gorilla und Orang Utan, sondern einige amerikanische Affen die höchste Stufe einnehmen, der Mensch aber durch eine weite Kluft davon geschieden ist und Uebergänge zwischen beiden durchaus nicht nachweisbar sind, also nach dieser gewichtigen Seite hin eben- so wie in noch andern Thatsachen die Stützen für die Darwinische Theorie fehlen. 64 Sitzung am 29. Juli. Hr..Giebel legt den zweiten die Monumenti civili enthaltenden Theil. von Rosellinis grossem Prachtwerke i Monumenti dell Egitto e della Nubia vor und gibt erläuternde Bemerkungen über die zahlrei- chen darin dargestellten Thiere Aegyptens, welche sämmtlich systema- tisch bestimmbar sind und also eine Vergleichung mit den heute in Aegypten vorkommenden Thieren gestatten. Die Betrachtung der übri- gen den häuslichen Verhältnissen der alten Aegypter gewidmeten Ta- feln dieses Atlas nahm die ganze Sitzung in Anspruch. Bücher - Anzeigen. Im Verlage der Unterzeichneten ist erschienen: Sammlung von fünf Sternkarten, für die Himmelsgegenden Nord, Ost, Süd, West u. für das Zenith, zum Einzeichnen der Sternschnuppen der November-Periode, entworfen von Dr. Ed. Heis, Prof. d. Mathematik u. Astronomie an d. Königl. Akademie zu Münster. In Umschlag. Preis 8 Sgr. M. Dumont u. Schaubergsche Buchhandlung in Köln. In meinem Verlage erschien: Lehrbuch der anorganischen Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft auf rein experimenteller Grundlage f. höhere Lehranstalten u. z. Selbstunterrieht methodisch bearbeitet von Dr. Rudolf Arendt. 34. Bogen. Gr.8°. Enthaltend 291 Versuche, illustr. durch 246 Holzschnitte: Preis 1 Thlr. 24 Sgr. Organisation, Technik und Apparat des Unterrichts in der Chemie an niederen u. höheren Lehranstalten. Von Dr. Rudolf Arendt. Eine Ergänzungsschrift zu des Verfassers Lehrbuch der anorganischen Ohemie, ! R Gr. 8%. Preis 24 Sgr. Leipzig im August 1868. Leopold Voss. In der Dieterich’schen Buchhandlung in Göttingen ist neu erschienen: v. Seebach, C., Ueber den Vulkan von Santorin und die Eruption von 1866. Mit Tafeln. gr.4. 1 Thlr. 10 Sgr. Druck von W. Plötz in Halle. Jıeitschrift für die (esammten Naturwissenschaften. 1868, August. ‚N VIL. Theorie und Berechnung der Tonleiter. Von Gustav Schubring. (Hierzu Tafel I u. II.) Die Fundamente der musikalischen Akustsik, dieLehre von den Consonanzen und Dissonanzen, von den Intervallen und von der Tonleiter u. s. w. sind schon von Alters her vielfach behandelt; sowol Musiker als auch Mathematiker und Physiker haben sich damit vielfach beschäftigt und sie bis in die neueste Zeit von den verschiedensten Gesichtspunkten aus untersucht. Im allgemeinen scheint man aber jetzt der Ansicht zu sein dass dieser Theil der Theorie der Musik abgeschlossen - sei und einen weitern Ausbau nicht lohne, wenigstens schliessen sich die Lehrbücher der Physik bei der Darstellung desselben immer noch an Chladni (Akustik $ 8—41) an ohne auf die neueren Fortschritte in diesem Gebiete der Aku- stik Rücksicht zu nehmen. Namentlich werden die Arbeiten von Helmholtz immer noch nicht genügend beachtet: so wird z.B. noch überall die alte Theorie der Combinationstöne, nach der dieselben nichts anderes als Schwebungen sind, unverändert vorgetragen, obgleich die Unrichtigkeit dieser Ansicht schon vor etwa 12 Jahren von Helmholtz nachge- wiesen ist. Aehnlich verhält es sich mit dem arithmetischen Theile der Lehre von der Tonleiter, welcher ebenfalls nach den Helmholtz’schen Untersuchungen einer Reform bedürftig erscheint. Diess werden auch die Gegner der Helmholtz’- Bd. XXXI, 1868. 5 66 schen Theorie der Musik anerkennen müssen , da es sich hier um ein schon von Hauptmann (in der Natur der Harmonik und Metrik) angewandtes Princip handelt, welches mit dem übrigen Theile der Helmholtz’schen Theorie nicht direct zusammenhängt und welches durch die einfachste Rechnung bewiesen werden kann (vgl. Lehre von den Tonempfindungen III, 14, 426—428 und 16, 483 ff.); zur vollständigen Durch- führung dieses Principes sind freilich umständliche, wenn auch nicht schwierige Rechnungen nöthig, die Helmholtz selbst nicht ausgeführt hat (vgl. BeilageXIV 3.604 der zwei- ten Ausgabe seines Werkes). Die genauere Untersuchung dieses Gegenstandes führte mich noch auf eine Reihe von andern hierhergehörigen Wer- ken, deren Inhalt zwar nicht mehr als durchaus richtig an- gesehen werden kann, die aber doch manches enthalten was die Lehrbücher mit Unrecht — wie mir scheint -- unbeachtet gelassen haben. Ich habe nun den Versuch gemacht aus allen diesen Schriften, namentlich aus den Werken von Euler und Opelt, Herbart und Drobisch, Hauptmann und Helmholtz, das was bei dem jetzigen Standpunkt der Wis- senschaft für eine Darsteliung der Lehre von der Tonleiter von Interesse sein dürfte zusammenzustellen und nöthigen- falls zu verallgemeinern; meine Absicht war dabei nicht die fragliche Angelegenheit ein für alle mal zu „quiesciren‘“, son- dern nur sie ihrem endlichen Abschluss näher zu bringen. Von diesem Gesichtspunkte aus bitte ich den Inhalt der vorlie- genden Abhandlung zu beurtheilen. Zur besseren Uebersicht über die Ansichten der einzel- nen Theoretiker und die von ihnen gemachten Fortschritte will ich nun zunächst einen Abriss der Entwicklungsgeschichte der Tonleiter und der damit zusammenhängenden Theorie der Con- und Dissonanzen — soweit dieselbe für unsern Zweck von Interesse ist — geben. Selbstverständlich kann ich dabei nicht einmal annähernd auf Vollständigkeit Anspruch machen und verweise daher auf die von Helmholtz (Z. ». d. Ton- empf. UI, 13 und 14) gegebene Darstellung, welche nach den Quellen gearbeitet ist und mehrere Punkte der al- ten Musik in ein neues Licht stellt; sie dient auch dem Fol- genden, wenigstens für die Zeit vor Euler, als Grundlage. 67 Historisches über die Tonleiter. Wer die Beziehungen der ganzen Zahlen zu den conso- nanten Intervallen der musikalischen Töne zuerst entdeckt hat lässt sich nicht mit Bestimmtheit ermitteln; wir wissen "nur dass Pythagoras, der ja überhaupt das Wesen aller Dinge in Zahl und Harmonie suchte, diese Beziehungen wenigstens theilweise kannte. Er wusste dass man die Oc- tave, Quinte und Quarte eines Tones erhält, wenn man die den Grundton gebende Saite um !/s, 1/s, !/ı verkürzt; die Terz die sich durch Verkürzung um !/; ergiebt scheint er aber nicht gekannt zu haben, wenigstens ist seine diatonische Ton- leiter: GB... ER, @, Au 4, 0 l, 9 09 5 2 Io 1290 2 hervorgegangen aus den Quintenschritten: F-1— (0° — @— Di— 41!— EB —H? B) ] = 9 27 81 243 3 2 # B T6 532 und es sind in Folge dessen die 3 Töne E, A, H höher als in unserer jetzigen Durtonleiter, wie wir weiter unten genauer sehen werden. Aus dieser Tonleiter gieng das.ganze System der grie- chischen „Tongeschlechter‘“ hervor: das lydische, phrygische, dorische, ionische, aeolische u. s. w., welche alle aus den obi- gen Tönen bestehen und dieselben der Reihe nach (C, D, E, G, A) zu Grunde haben; sie bilden, wenn auch mit theilweise veränderten Namen, die spätern sog. „Kirchentonarten.“ Aber schon die Griechen versuchten ihre Tonleitern um einen oder mehrere Töne zu erhöhen und zu vertiefen und so verschiedene „Tonarten‘‘ zu bilden, die sich unter einander nur unterscheiden wie z. B. CDur, DDur u.s.w., während die „Longeschlechter“ Unterschiede zeigen wie Dur und Moll. Bei diesen Transpositionsversuchen bemerkte man dass die Octave annähernd als aus 12 Halbtönen zusammengesetzt be- trachtet werden kann: schon Aristoxenos, ein Schüler von Aristoteles, bemerkt dass man vom Grundtone aus in Quinten fortschreitend zu einem Tone komme der wenig- stens annähernd einer Octave des Grundtones gleich ist, er identificirte also in der Reihe: 5* 68 F--C—G6—D—A—E— H— Fis— Cis— Gis— Dis— Ais— Eis die beiden Töne F und Eis, und damit war dann die Reihe der durch den „Quintencirkel“ zu findenden Töne abgeschlos- sen. Die Mathematiker widersprachen zwar, und sie hatten Recht, indem eigentlich Zis etwas höher ist als F; allein für die praktische Ausführung war dieser Fehler unerheblich, zu- mal da es sich damals nur um einstimmige, homophone Musik handelte. Daneben hatte man auch versucht die eigentlichen Ter- zen (d. h. die welche wir heute als solche bezeichnen) in die Musik einführen. Der Freiherr von Thimus schreibt in seinem neuen Werke (siehe unten) die Kenntnis derselben schon den Pythagoreern zu, wenigstens den mit der „esote- rischen“ Zahlenlehre und Harmonik ihres ‚„Ordens“ bekannten Mitgliedern und hält die sog. pythagoreische diatonische Ton- leiter nur für eine , exoterische Parodie“ die zur Abfertigung des grossen Haufens (der pavkoi) ersonnen sei. Ob diess wirklich sich so verhalten hat, mag dahin gestellt bleiben. Historisch ist sicher dass von Archytas (im 4. Jahr. v.Chr.) das Verhältnis 4:5 für die grosse Terz und von Eratos- thenes (im3.Jahr. v.Chr.) das entsprechende Verhältnis 5:6 für die kleine Terz benutzt resp. gefunden worden ist. In die diatonische Tonleiter wurden sie aber erst später von Didymus (im 1.Jahrh.n. Chr.) eingeführt (vgl. Helmholtz S.407 und 430); es war dadurch der Uebergang zu der sog. natürlichen Durtonleiter angebahnt, welche aber erst durch Zarlino (1558) wirklich in die Theorie der Musik eingetührt wurde und daher von Helmholtzals moderne Durtonleiter bezeichnet wird im Gegensatz zu der alten pythagoreischen, wel- che keine richtige Terz, also auch keinen reinen Accord enthielt. In den folgenden Jahrhunderten lernte man durch Ga- lilei (1638), Newton (1700), Leonhard Euler (1729) und Daniel Bernoulli (1771) die Bewegungsgesetze der Saiten kennen und ermittelte dass dieselben Verhältnisse welche für die Saitenlängen gelten in umgekehrter Form auch für die Schwingungszahlen der Töne bestehen *). *) Der Herr v. Thim us behauptet, dass die alten Pythagoreer auch die Gesetze von den Schwingungszahlen schon gekannt hätten — aber nur unter ihren „esoterischen“ Ordensgeheimnissen. 69 Diese Verhältnisse gelten also für die Töne aller musikalischen Instrumente, nicht blos für die der Saiten, an welchen man sie ursprünglich gefunden hatte und an denen man sie auch noch heute mitunter demonstrirt: so basirt z. B. Hauptmann seine Theorie (Natur der Harmonik und Metrik 1853) auf die Verhältnisse der Saitenlängen, obgleich schon Chladni im Jahre 1802 (Akustik $8) das Unpassende dieses Verfahrens auseinander gesetzt hat. Um dieselbe Zeit beginnen auch die verschiedenen wis- senschaftlichen Versuche den Grund für den Zusammenhang zwischen den ganzen Zahlen und den Consonanzen aufzusu- chen. Im Alterthum hatte man nämlich die von Pythago- ras u. A. entdeckten Beziehungen theils als Ziel, theils als Ausgangspunkt für die wunderlichsten phantastischsten Com- “binationen benutzt: ‚man glaubte (sagt Helmholtz, Lehre von den Tonempfindungen 12, 347) in den Abständen der 7 Welt- körper vom Centralfeuer dieselben Zahlenverhältnisse wieder- zufinden welche zwischen den sieben Tönen der Tonleiter bestanden; daher die Harmonie der Sphären, welche Pytha- goras allein unter allen Menschen gehört haben sollte. In China vergleicht Tso-kiu-ming, ein Freund des Confucius, (500 v.Chr.) die 5 Töne in der alten Scala der Chinesen mit den 5 Elementen ihrer Naturphilosophie (Wasser, Feuer, Holz, Metall und Erde). Später brachte man die 12 Halbtöne der Octave in Beziehung zu den 12 Monaten des Jahres u. s. w. — Aehnliche Beziehungen der Töne zu den Elementen, den Temperamenten, den Sternbildern u.s.w. finden sich auch in bunter Menge bei den musikalischen Schriftstellern der Ara- ber. — Die Harmonie der Sphären spielt durch das ganze Mittelalter eine grosse Rolle, bei Athanasius Kircher (neue Hall- und Tonkunst 1644) musieirt nicht nur der Ma- krokosmus, sondern auch der Mikrokosmus, und selbst ein Mann vom tiefsten wissenschaftlichen Geiste wie Kepp- ler konnte sich von Vorstellungen.dieser Art nicht ganz frei machen, ja noch in allerneuester Zeit ergötzen sich daran einzelne naturphilosophische Gemüther, denen Phantasiren bequemer ist als wissenschaftliche Arbeit.“ Wer sich für dergleichen Symbolik interessiren sollte findet reichlichen Stoff in dem schon erwähnten Werke: die har- 70 montkale Symbolik des Alterthums von Albert Freiherr von Thimus (Köln, Du-Mont Schauberg 1868), welches im ersten Theile „die esoterische Zahlenlehre und Harmonik der Pytha- goreer in ihren Beziehungen zu ältern griechischen und mor- genländischen Quellen, insbesondere zur altsemitischen Ueber- lieferung‘‘ im zweiten — demnächst erscheinenden — Theile aber „die zahlenharmonikalen Symbole der ältern kabbalisti- schen Weisheitslehre der Hebräer‘‘ bespricht. — Der Ver- fasser dieses sonderbaren Buches ist ein überaus gelehrter Herr, er versteht alle möglichen europäischen und asiatischen Sprachen bis zum chinesischen hin, besitzt umfassende Kennt- nisse in der Literatur und Geschichte, vor allem in der der geistlichen Orden, hat auch Mathematik und Physik, besonders die Arbeiten von de la Hire und Steiner über harmonische Theilung und die akustischen Werke von Euler,- Chladni und Helmholtz studirt u.s. w. u.s.w. Er erklärt auch die Symbolik wie sie gewöhnlich den Pythagoreern zu- geschrieben wird für Unsinn — aber er hält dieselbe nur für die mystische Hülle hinter der die eingeweihten Mitglieder des „pythagorischen Ordens“ ihre wahre Symbolik versteckt hätten und seine ungeheure Gelehrsamkeit dientihm nun dazu die „esoterischen Geheimnisse“ aus den „exoterischen Sätzen herauszuschälen.“ So schreibt er (wie oben erwähnt) u. a. den Pythagoreern schon die Kenntnis der reinen Terzen zu und belächelt die (auch von Helmholtz ausgesprochene) Ansicht dass dieselben ausser den Octaven nur Quinten und Quarten gekannt hätten — er scheint aber dabei nicht zu beachten dass es in der vorliegenden Frage doch hauptsäch- lich darauf ankommt, ob man dieselben in der Musik wirklich angewendet habe und er wird wol schwerlich beweisen können dass die Griechen ihre Lyra nach den nur von wenigen ge- kannten esoterischen Principien der Pythagoreer gestimmt haben. — Andeutungen für die harmonikale Symbolik sucht und findet er nun überall, sogar in den ältern Büchern der h. Schrift, so sollen z.B. die bisher falsch übersetzten Stellen Hiob 38, 37 und Psalm 19, 1—5 in Beziehung stehen zur Sphärenmusik ; dass die ältern orientalischen Theosophien und auch die Lehren späterer christlichen Secten (der Gnostiker) mit den kabbalistischen Zahlenphilosophemen in Zusammenhang [zi stehen ist ja bekannt. — Ein besonders deutliches Licht auf den Standpunkt des H. Verf, wirft seine Kritik des Helm- holtz’schen Werkes, die er so beiläufig in einer Anmerkung (8.51 —53) liefert. Unter überschwänglichen Lobeserhebungen wird der erste Theil desselben als unübertroffen, glänzend, epochemachend,, vollkommen überzeugend, bezeichnet — „die in der zweiten Hälfte des Buches darauf gebauten musika- lischen Philosopheme aber vermochte sich der Verf. nicht in gleichem Masse anzueignen.“ Unter den Gründen dagegen spielt eine gar merkwürdige — um nicht zu sagen verrückte einstimmige Melodie welche dem Gesetze der Tonalität in keiner Weise Genüge leistet die Hauptrolle, weil die Helm- holtz’schen Sätze über Stösse und Schwebungen nicht er- klären könnten, warum einzelne Noten derselben „disson“ seien — als ob bei einstimmiger Musik von Stössen und Schwebungen die Rede sein könnte. Noch komischer aber ist der durch eine harmlose Stelle über den Rhythmus (Z. v. d. Tonempf. II, 12, 351) veranlasste Ausfall gegen die denkgläu- bige Aufklärung im Lande Baden und gegen das dortige Volks- schulwesen. Noch an andern Stellen finden sich ähnliche An- griffe gegen unsere moderne Bildung und Aufklärung; die Abneigung derselben gegen die harmonikale Zahlenlehre wird zurückgeführt auf die ‚„instinktmässige Ahnung, dass in der- selben dunkle Räthsel sich verhüllen, deren allenfalsige Lö- sung dem zu erbauenden Tempel und Altare der freilich ‚sehr unverhüllten Göttin der Vernunft möglicherweise Gefahr brin- gen könnte.‘ — Nun, die Physik wird ruhig auf die Lösung dieser dunklen Räthsel warten und fürchtet nicht durch die- selbe irgendwie gefährdet zu werden; wir wollen daher dem Verfasser ungestört sein Vergnügen lassen, nur darf er nicht verlangen dass ein vernünftiger Mensch seiner Symbolik ir- gendwelchen Werth beilegen solle. Ich kehre zurück zum Anfang des 18. Jahrhunderts; denn bis dahin hatte die harmonikale Zahlensymbolik unge- stört ihr Wesen getrieben, und noch für den bekannten Musiker Rameau wurde sie der Ausgangspunkt zur Begrün- dung der modernen Accordlehre und der Theorie des „Fun- damentalbasses“ (siehe v. Thimus 8. 32); sein erstes Werk „Traite de P’harmonie“ (1722) beruht rein auf der alten Lehre 72 von den Intervallenrationen, später aber führte er die Theorie der Musik zurück auf die Existenz der mit dem Grundtone zusammenklingenden harmonischen Obertöne und ist daher als Begründer der naturwissenschaftlichen Erklärung für die Phänomene der Con- und Dissonanz an- zusehen;, seine hierhergehörigen Werke sind: Nouveau systeme de musique (1726), Generation harmonique (1737), Demonstration du principe de Uharmonie (1750), Nouvelles reflewions (1752). Von den Nachklängen der pythagoreischen Zahlenlehre befreit und überhaupt klarer dargestellt wurde diese "Theorie von d’Alembert in den „Elemens de musique“ (1752). Diess Werk war bestimmt die Principien von Rameau, welche grosse Streitigkeiten hervorgerufen hatten, dem Publikum mehr zu- gänglich zu machen; es ist auch von Marpurg (1757) ins Deutsche übersetzt worden. Weniger beachtet wurde das zu derselben Zeit erschie- nene Buch von Tartini: Traite de !’harmonie (1754), welches die Gesetze der Harmonie auf die neu entdeckten Combi- nationstöne (sons resultants) zurückführte, dasselbe war aber so unverständlich geschrieben dass selbst d’Alembert nicht im Stande war es zu verstehen. Man sieht dass schon damals die Principien die die heutige Naturwissenschaft zur Erklärung der Gesetze der Har- monie verwendet bekannt waren — aber bei den geringen akustischen Kenntnissen des vorigen Jahrhunderts konnten sie noch nicht vollständig durchgeführt werden, sie fanden daher wenig Anklang und wurden selbst von Chladni (Akustik $9, 185, 189) bezeichnet als „der Natur zuwider“. Erst hundert Jahre später konnte Helmholtz die un- terdessen aufgehäuften hierhergehörigen Entdeckungen benut- zen zu einer vollständigen „physiologischen Grundlage für die Theorie der Musik“, welche sich in der kurzen Zeit seit der sie bekannt geworden ist schon viele Anhänger erworben hat, nicht nur unter den Physikern, sondern auch unter den Mu- sikern. Sein durch mehrere kleinere Aufsätze vorbereitetes Werk: „die Lehre von den Tonempfindungen“ (1863) kann ich wenigstens seinem wesentlichen Inhalte nach als bekannt vor- aussetzen, da es auch in naturwissenschaftlichen und musika- lischen Blättern oft besprochen ist. Diese letzteren halten 75 allerdings zum grossen Theil nicht viel von physikalischen Er- klärungen der musikalischen Erscheinungen und ‚perhorresciren“ sogar (wie die Leipziger allg. musik. Zeitung 1867, Nr. 40) „jeden Versuch, der Musik von Seiten der Naturwissenschaft beizu- _ kommen‘; — sie ziehen vielmehr die psychologischen Er- klärungen vor, und zu diesem will ich jetzt übergehen. Die älteste hierher gehörige Theorie ist die vonLeon- hard Euler, welcher in seinem Tentamen novae theoriae mu- sicae (Petropoli 1739) auseinander setzt, dass eine jede Ord- nung unserer Seele besser gefalle als eine Unordnung, und so gefalle uns auch eine Verbindung von 2 und mehr Tönen wenn wir in ihren Schwingungszahlen und in ihrer Zeitdauer leicht eine Ordnung entdecken könnten; das erste führt ihn zu den Gesetzen der Harmonik, das zweite zurRhythmik. Sieht man nun auch von einigen andern nicht unerheb- lichen Schwierigkeiten ab, die diese Theorie für die Harmonie- lehre bietet, so bleibt immer noch die Frage zu erledigen wie es denn die Seele mache um die Schwingungen der Töne zu vergleichen, da doch dieselben durchaus nicht einzeln zum Bewusstsein gelangen. Dennoch scheint diese Theorie bis vor Kurzem den Mu- sikern und Physikern am meisten zugesagt zu haben; sie wird auch von Chladni (Akustik $9 und 244) und später in mo- difieirter Form von Opelt (siehe dessen Schriften: Ueber die Natur der Musik 1834 und die ausführlichere Allgemeine Theorie der Musik 1852) vorgetragen. Opelt vergleicht wie Euler die Schwingungszahlen der Töne mit ihren Taktverhältnissen und bezeichnet daher seine Theorie als „auf den Rhythmus der Klangwellenpulse“ gegründet; er sieht nämlich in den aufver- schiedenen Grundzahlen basirten Rhythmen den Ausdruck ver- schiedener Charaktere, sowol bei den Rhythmen der Pulswellen (d.h. Schwingungen) als auch bei denen der Takttheile und zwar in folgender Weise: Rhythmen der Zahl 2 und deren Vielfache haben einen ; ruhigen Charakter, s; Ei 3 einen lebendigen, & R 5 einen zur Aufregung hinnei- senden, er A, 7 einen völlig aufregenden a % 11, 13 und 17 einen störenden. 74 Da er aber ebenfalls nicht angibt, wie man es mache um die „Rhythmen der Klangwellenpulse‘“ wahrzunehmen, so glaube ich recht zu haben, wenn ich seine Theorie nur als eine modificirte Form der Euler’schen bezeichnete. Diese Unvollkommenheit der Euler’schen Theorie haben denn auch musikalische Philosophen und philosophisch gebil- dete Musiker empfunden und haben die Frage auf andern Wegen psychologisch zu lösen gesucht. So hat Herbart (zuerst in den Hauptpunkten der Metaphysik 1807, $ 13, ferner ausführlicher in den psychologischen Bemerkungen zur Tonlehre 1811 und in zwei Aufsätzen der psychologischen Untersuchungen I, 1839) auf Grund seimer mathematischen Formel für die psychologischeHemmung zweier Reize aufeinander die consonanten Intervalle zu berechnen gesucht. Er findet dabei Zahlen die den bekannten Verhältnissen 3/2, 5/a, u.s.w. äus- serst nahe kommen, ihnen aber nicht genau gleich sind; nur für die Octave verlangt er das genaue akustische Ver- hältnis. Diese Ansichten führt Drobisch im zweiten Theile seines Aufsatzes über die mathematische Bestimmung der musi- kalischen Intervalle (Abhandlungen der fürstl. Jablonowskischen Gesellschaft 1846) noch genauer aus, ohne jedoch in allen Punkten mit Herbart übereinzustimmen. Namentlich schliesst er sich aus empirischen und theoretischen Gründen der An- sicht Herbarts nicht an dass besonders die Intervalle der gleichschwebenden Temperatur zur Bildung von A ccor= den tauglich seien. (vgl. die Schlussbemerkung seines Auf- satzes). Er spricht dagegen folgende Ansicht aus ($ 44): „Do gewiss es daher auch ist, dass die akustischen Werthe der Intervalle vollkommen genau diejenigen sind, für welche ein periodisches Coincidiren der Tonwellen statt hat, so muss doch für die Tonvorstellungen — für die Musik welche nicht sinnlich vernommen, sondern in höchster Reinheit in der Phantasie unabhängig von den physischen Entste- hungsursachen der Töne vorgestellt wird — angenommen werden, dass die psychologischen Intervallwerthe noch rei- nere Consonanzen geben und Ideale sind die die Wirklich- - keit nicht vollständig erreichen kann, weil durch Nebenum- stände, die in den Bedingungen der physischen Hervorbrin- 75 gung der Töne liegen, die Reinheit in anderer Weise beein- trächtigt wird.“ Doch soll diess nur gelten für zwei consonirende Töne, für consonante Accorde verlangt auch Drobisch andere . Bestimmungen; es zeigt sich nämlich ($ 45 —46) dass die psychologischen Intervalle unfähig sind reine Accorde zu geben, sie müssen vielmehr zu diesem Zwecke Abänderungen erleiden, bei denen jedoch ihre Verhältnisse (damit sind die Grössenverhältnisse der Intervalle zu einander gemeint) un- gestört bleiben und sie ihren akustischen Bestimmungen sehr nahe kommen. Drobisch gelangt also zu dem auffallenden Resultate dass bei 2 zusammenklingenden Tönen die Verhältnisse an- dere sein müssten als bei 3 und mehr Tönen, ein Resultat dem man gewiss so leicht nicht beipflichten wird. Dazu kommen noch einige andere Widersprüche zwischen Drobisch und Helmholtz, die wie mir scheint gegen den erstern sprechen. Drobisch sieht nämlich wie oben erwähnt die „physikalischen Nebenwirkungen“ (Obertöne, Combinationstöne, Schwebungen etc.) als Grund dafür an dass es keine idea- len Consonanzen geben könne, während dieselben nach Helm- holtz die Con- und Dissonanzen überhaupt erst möglich machen. — Sodann sagt Drobisch von der Octave dass sie in Beziehung auf den Grundton ein schlechthin anderer, absolut verschiedener Ton sei, während sie in Wirklichkeit nur eine theilweise Wiederholung des Grundtones (nämlich der geradzahligen Obertöne desselben) ist. Einen ganz andern Standpunkt als Herbart und Dro- bisch nimmt Hauptmann ein; während die erstern die Vorliebe für die ganzen Zahlen als unberechtist ansehen, geht der letztere in seiner Natır der Harmonik und Metrik (1853) ganz und gar von denselben aus und entwickelt nach der Methode der Hegel’schen Dialectik für die Zahlen- verhältnisse Ein Halb, ZweiDrittel, Vier Fünftel bestimmte Begriffe, die er als Wesen der drei haupsächlichsten Consonan- zen: Octav, Quint und Terz fasst. Ihm ist nämlich die Octave der akustische Ausdruck für den Begrift der Identität, der Einheit und der Gleichheit mit sich selbst, die Quinte der Ausdruck für den Begriff der Zweiheit, und des inneren 76 Gegensatzes, die Terz endlich für den der Gleichsetzung des Entgegengesetzten, der Zweiheit als Einheit. Da seine Theorie consequent durchgeführt, auch auf die Taktverhältnisse angewandt ist, so hat sie (obgleich sie in einigen Punkten an die harmonikale Symbolik erinnert) noch jetzt unter den Mu- sikern (d.h. unter denen welche die Hegel’schen Ausdrücke zu begreifen im Stande sind) noch manche Anhänger. Es ist hier nun nicht der Ort die verschiedenen psycho- logischen Theorien speciell zu kritisiren und mit der physio- logischen von Helmholtz, die für den Naturforscher selbst- verständlich die einzig-mögliche ist, zu vergleichen — ich habe dieselben auch nur darum hier zusammengestellt, weil sich bei den genannten Theoretikern auch mathematische Behandlungen der Tonleiter finden, die in mehr oder weniger engen Zu- sammenhange zu ihrer übrigen 'Theorie stehen. Es handelt sich dabei besonders um 2 Punkte die in den jetzigen Lehr- büchern mit Unrecht vollständig übergangen werden und die ich daher in folgenden genauer besprechen will: nämlich um die Anwendung der Logarithmen als Mass für die Inter- valle und zweitens um eine passende Classification der Töne Die Logarithmen als Mass für die Grösse der Intervalle. DIvupmvia Eoti A0yog aoıdumv Ev 08 Bager „der Wol- klang beruht auf einem Gesetze der Zahlen im Hohen und im Tiefen“ — so sagt schon Aristoteles (Analyt. poster. Il, c.2) und der H. v. Thimus übersetzt auch den Aoyog doLduov wörtlich als „Logarithmus‘“. Leider scheint er die oben erwähnten Werke von Herbart und Drobisch besonders aber die Psychophysik von Fechner nicht zu kennen, sonst würde er sicher nicht ermangelt haben, dem alten Aristoteles die esoterische Kenntnis der Logarithmen zuzuschreiben. Man kann nämlich in der That die Intervalle d.h. den Unterschied in der Höhe zweier Töne messen durch die Unterschiede der Logarithmen ihrer Schwingungszahlen, wie diess zuerst nachgewiesen ist von L. Euler (Tentamen IV, 35); seine Er- klärung lässt sich in weiterer Ausführung etwa folgendermas- sen wiedergeben: Die Differenz in der Tonhöhe zweier Töne ist bekannt- 77 lich abhängig von dem geometrischen Verhältnis ihrer Schwin- gungszahlen, oder ihrem Quotienten; in gleicher Weise hängt auch die Differenz der Logarithmen zweier Zahlen nur ab von ihrem Quotienten, nicht von ihrer Differenz: die Differenzen in der Tonhöhe d.h. die Intervalle zwischen mehreren Tönen | folgen also demselben Gesetze wie die Differenzen der Loga- rithmen der Schwingungszahlen, man kann daher die letzteren als Mass für die erstern betrachten; statt der Differenzen der Logarithmen kann man aber dieLogarithmen der Schwin- gungsverhältnisse nehmen und also schliesslich diese als Mass der betreffenden Intervalle anwenden. Es versteht sich nun von selbst dass man zu diesem Zwecke Logarithmen jedes beliebigen Systemes benutzen kann: unterscheiden sich doch dieselben immer nur um constante Factoren und sind also einander proportional; Euler hat da- her, um für das Intervall der Octave das Mass 1 zu erhalten, Logarithmen mit der Basis 2 angewendet. In diesem System ist nämlich der Logarithmus von der Schwingungszahl der Octave = log 2=1. Man erhält diese Logarithmen aus den gewöhnlichen Briggischen durch Division mit log. vulg. 2= 0,30103. Die Euler’schen Logarithmen geben also die Grösse der Intervalle in Theilen der Octave an; in Folge dessen un- terscheiden sich die Logarithmen aller Töne die gerade um eine Octave von einander entferntsind gerade um 1. Dadurch erlangt man den Vortheil dass die Logarithmen aller glei- chen Töne, mögen dieselben noch so viel Octaven auseinan- der liegen, stets dieselben Mantissen (Decimalbruchstellen) habenund sich nur in der Charakteristik unterscheiden, diese letztern geben durch ihre Differenzen an wie viel Octaven da- zwischen liegen. Hat man nun eine Tonreihe z. B.: 0, CH EHEN. vr mit den Schwingungszahlen: Der soihe,odasl Sal sriam, bderadi291.21..122 423, Ms aany .ız Hr so bilden die Schwingungszahlen eine geometrische Reihe und ihre Exponenten oder Logarithmen für die Basis 2 bilden eine arithmetische Reihe: Dal allsıaiehunkein 78 und zeigen durch ihre gleichen Differenzen an dass die In- tervalle der obigen Töne einander gleich sind. 'In derselben Weise geben die Logarithmen oder, was ja dasselbe ist, die Exponenten jeder Potenzenreihe die Grösse der entsprechen- den Intervalle an. Hierdurch scheint Euler zu dem Schlusse gekommen zu sein dass die geometrischen Reihen und die Potenzreihen über- haupt massgebend seien für die Bildung der Tonleitern, er construirt daher neue Tonleitern die zwar seiner oben er- wähnten musikalischen Theorie genügen, nicht aber den An- forderungen der Musiker. Es wurde desshalb dieser Theil seines Buches weniger beachtet, namentlich wurde die Anwendung der Logarithmen als Mass für die Grösse der Intervalle wie- der vollständig vergessen und musste von Herbart (siehe die obigen Citate) aufs neue entdeckt werden (1807). Es hatten zwar vor ihm Marpurg (histor. kritische Beiträge zur Musik V, 6), Chladni (Akustik $ 40) u. A., auch Logarithmen der Schwingungszahlen benutzt aber nur als Hilfsmittel für die Rechnung, nicht als Mass für die Intervalle. Später benutzte Opelt (siehe seine S. 73 angegebenen Werke) die Logarithmen als arithmetisches Mass für die In- tervalle, wahrscheinlich im Anschluss an Euler, wenigstens benutzt er wie dieser die Logarithmen mit der Basis 2. Er multiplicirt dieselben aber sämmtlich mit der Zahl 1000, so dass er die Intervalle in Tausendtheilen der Octave angibt; mit andern Worten: er schreibt nur die Mantissen der Lo- garithmen auf 3 Stellen (inclusive der in den beiden ersten Stellen etwa vorhandenen Nullen) hin und lässt die Charac- teristik ganz weg, da dieselbe nur die Zahl der Octaven angibt und bei der Lehre von der Tonleiter nur Töne inner- halb einer Octave beachtet zu werden brauchen. Diese Methode die Logarithmen als Mass für die Inter- valle zu benutzen erscheint mir sehr praktisch, sie scheint mir sogar fasslich zu sein für Leute die wie die meisten Musi- ker die Logarithmen gar nicht kennen; um ihnen das Ver- ständnis derselben zu erleichtern kann man ihnen zuerst die gewöhnliche gleichschwebende Temperatur in Logarithmen vor- führen; die 12 Intervalle derselben sind alle einander gleich, der Logarithmus eines jeden Intervalles ist also 1/ıa—0,08333 .... 79 oder nach Upelts Schreibweise 083!/s. Man findet demnach die Logarithmen für die einzelnen Töne der gewöhnlichen gleichschwebenden Temperatur durch Vervielfachung dieser Zahl, z. B. den Logarithmus der grossen Terz = 4.!/ı2 = 0,33333... und den der Quinte = 7.!/ıa = 0,58333..., welche Zahlen wie wir später sehen werden ungefähr mit den Logarithmen der wahren Terz und Quinte übereinstimmen. Noch verständlicher wird die Bedeutung der Logarithmen durch die von Opelt angegebenen graphischen Darstellungen. Am nächsten liegt es zu diesem Zwecke eine Linie von der Länge Eins (resp. Tausend) als Repräsentanten der Octave anzunehmen und dieselbe den Logarithmen der einzelnen Ton- stufen entsprechend einzutheilen; zieht man dann durch die einzelnen Theilungspunkte Querlinien, so erhält man das Bild einer Leiter mit verschiedenen Stufen, je nach der Grösse der Intervalle. Zur Darstellung der gleichschwebenden Temperatur braucht man nur eine Linie (etwa von 1 Decimeter Länge) in 12 Theile zu theilen. Uebrigens versteht es sich von selbst dass mar diese Darstellung auf mehrere Octaven ausdehnen kann und auch ausdehnen muss, wenn man Intervalle wie @ -D! u.s. w.übersehen will. Nach den später folgenden Zah- lenangaben kann man leicht die verschiedenen Accorde und Tonleitern aufzeichnen. Diess ist das einfachste Bild der Tonleiter; Opelt gibt aber noch einige andere. Zuerst ist es klar dass man an- statt eine Linie von der Länge 1 als Octave anzusehen auch die Peripherie eines Kreises als Einheit benutzen und den Logarithmen entsprechend eintheilen kann; bei der gleich- schwebenden Temperatur wird also jede Tonstufe repräsentirt durch einen Bogen von 30°, die kleine Terz durch 900, die grosse durch 120°, die Quinte durch 210°; die wahren Inter- valle weichen natürlich hiervon mehr oder weniger ab, die genauen Zahlen folgen weiter unten. Hier will ich nur zur Erläuterung der Figuren 1—3 folgendes bemerken: Fig. 1° stellt den Dur-Accord und Fig. 1® den Moll-Accord in richtiger Stimmung dar; die Intervalle beider sind wie man sieht dieselben, nur in umgekehrter Reihenfolge; wenn man also beide Kreise ausschneidet, so kann man sie mit ihren Rück- 80 seiten so zusammen kleben dass die den einzelnen Tönen entsprechenden Radien aufeinander fallen, und zwar der Grund- ton eines jeden auf die Quinte des andern. Ueber die Be- deutung der grossen und kleinen Buchstaben folgen weiter unten die nähern Angaben. Fig.2 stellt die sämmtlichen Töne der Durtonleiter dar und zwar der äussere Ring die Töne der natürlichen Durtonleiter, der innere aber die der pytha- goreischen (siehe oben); ebenso Fig. 3 die Töne der Mollton- leiter nach reiner und pythagoreischer Stimmung. Eine dritte Darstellung der Tonleiter findet Opelt in der logarithmischen Curve; dieselbe erhält man indem man auf einer nach den Logarithmen der Töne eingetheil- ten Linie Lothe errichtet, die denSchwingungszahlen der einzelnen Töne proportional sind; alle dadurch erhaltenen Punkte liegen auf der Curve mit der Gleichung: 2,==.,l0g,9 oder y = .2%. Die Ordinaten y sind also die Schwingungszahlen und die Ab- scissen x ihre Logarithmen; für den Grundton ist die Ordi- nate —1, die Abscisse = 0. Ich habe auf Taf.1, Fig.4 eine solche Curve gezeichnet, habe aber nach Vorgang von Dro- bisch (siehe unten) die Abscissenaxe um die Strecke 1 in die Höhe geschoben, so dass alle Ordinaten um 1 verkürzt sind; die Gleichung unserer Curve ist also: x = log, (y+1) oder y= 2° — 1. Man kann diese Curve natürlich beiderseits ins Unendliche fortsetzen, in den niedern Octaven wird dann die Steigung immer geringer, in den höhern Octaven immer stärker; sie nähert sich dabei unten immer mehr und mehr einer Horizon- talen, die sie aber nie erreicht (in meiner Figur der Linie y—=—1, nach der ursprünglichen Gleichungsform aber der Abscissenaxe y — 0 selbst), während sie oben ins unend- liche ansteigt. In der Abscissenaxe unserer Fig. 4 sieht man übrigens zugleich die Grösse der einzelnen Intervalle in linearer Dar- stellung; schneidet man die Figur aus und rollt sie zu einem Cylinder zusammen, so bildet die Abscissenaxe einen Kreis, der die Tonleiter in derselben Weise darstellt wie Fig.2 und 3, während die logarithmische Curve sich in eine um den Cylinder gewickelte Spirale verwandelt, die von Opelt unter 81 dem Namen Tonsäule als viertes Bild der Tonleiter ange- wendet ist. Auch diese Spirale kann nach oben und unten beliebig verlängert und fortgesetzt werden. Jedesmal nach einer Octave ist man einmal um den Cylinder herumgekom- ‚men und jedes höhere Octavenintervall ist noch einmal so hoch als das vorige; unten nähert sich die Curve immer mehr einer nie erreichten Grundfläche, oben aber strebt sie ins un- endliche fort. Der aus meiner Figur gebildete Cylinder ist also nur ein Stück der vollständigen Tonsäule. An Stelle dieser Spirale benutzt Drobisch in seiner Abhandlung über musikalische Tonbestimmung und Temperatur 1852 (Abh. d. sächs. @esellsch. d. Wissensch. IV, math.-phys. Glasse II) und in den dazugehörigen Nachträgen zur Theorie der musikalischen Tonverhältnisse 1855 (Ebda V, resp. III) die Schraubenfläche welche ein Halbmesser des Cylinders beschreibt, wenu er sich in der Axe erhebt und gleichzeitig um dieselbe so dreht dass er mit seinem andern Ende die genannte Spirale beschreibt, die Gleichung dieser Schrauben- fläche in eylindrischen Coordinaten ist: 9 —= 360°.logy, wo 9 die Abweichung von der Richtung des Grundtones in Graden und die Schwingungszahl y die zur Cylinderaxe paral- lelen verticalen Coordinaten bedeutet. Hebt man aus dieser Fläche eine Anzahl Tonstufen heraus, so geben die entspre- chenden Radien das Bild einer Wendeltreppe, an der man unter andern sieht dass die Octave zwar nicht vollständig mit dem Grundtone zusammenfällt wie bei den Figuren 1—3, aber doch der nächste „zum Grundtone parallele Ton“ ist. Die der Dur- und Molltonleiter entsprechende Treppe hat na- türlich Stufen von verschiedener Grösse, während die „Ton- stufen“ der gleichschwebend temperirten chromatischen Ton- leiter auch hier sämmtlich einander gleich sind. Drobisch, auf den wir durch diese bildliche Darstellung wieder geführt sind, hat in seiner ersten Abhandlung vom Jahre 1846 (siehe S. 74) die Logarithmen nur auf Veranlas- sung der Herbart’schen Notizen eingeführt; er bedient sich dabei aber noch eines andern Ausdruckes, indem er sagt: „der Logarithmus der Schwingungszahl eines Tones ist das Mass für die Empfindung der Höhe desselben“ — er bemüht sich auch das Paradoxon was anscheinend in diesem Satze Bd. XXXII, 1868. 6 82 3 liegt zu erklären ($22 fl.); in der Abhandl. vom J. 1852, welche als sein Hauptwerk über das vorliegende Thema zu betrachten ist, führt er aber die Logarithmen richtig auf Euler zurück. In einem dritten Aufsatze: über die wissen- schaftl. Bestimmung der musikalischen Temperatur 1854 (Pog- gendorffs Annalen 90, 353) veröffentlicht er noch eine von R. Baltzer in Dresden herrührende strengere Ableitung für das logarithmische Mass der Intervalle, gegen welches inzwi- schen einige Zweifel laut geworden waren. Dieselbe beruht auf folgender Betrachtung: Wenn man 3 Töne «&, ß, y hat, so wird das Intervall zwischen den beiden ersten gemessen durch das geometrische Verhältnis oder den Quotienten n das Intervall zwischen den beiden letzten durch 7 und endlich das Intervall zwischen P dem ersten und letzten durch = Nun ist bekanntlich das In- tervall von « bis y gleich der Summe der Intervalle von « bis & und von 8 bis y. Nehmen wir also f als Functionszei- chen für diejenige Function des Schwingungsverhältnisses welche das Mass des Intervalles ausdrückt, so muss DEBErG sein und da ist, so folgt Der Logarithmus genügt also der Functionalgleichung und es lässt sich mathematisch beweisen, dass es die einzige ihr genügende Function ist; demnach ist der Logarithmus das einzige richtige Mass für die Intervalle oder, wie man sich nach Drobisch auch ausdrücken kann, für die „Empfindung der Tonhöhen und ihrer Unterschiede.“ Es lässt sich hieran noch eine Bemerkung knüpfen über die Bedeutung der Logarithmen im Allgemeinen. Fechner hat nämlich in seiner Psychophysik (1864) nachgewiesen, dass 83 der Logarithmus des Reizes überhaupt anzusehen ist als Mass für die Empfindung, und der Logarithmus des Quotienten zweier Reize als Mass für den Unter- schied der beiden Empfindungen, — nicht blos bei Ton- . höhen, sondern im Gebiete aller Sinnesempfindungen. Sein Beweis stützt sich auf das von E. H. Weber zuerst ausge- sprochene Gesetz: Der Unterschied zweier Reize wird als gleich gross empfunden wenn sein Verhältnis zu den beiden Reizen zwischen denen er besteht dasselbe bleibt, wie sich auch seine absolute Grösse ändert; so empfindet man z. B. den Unterschied im Druck zweier Gewichte gleich gross, mö- gen dieselben 29 und 30 Quentchen oder 29 und 30 Loth oder ebensoviel Unzen wiegen. Das Webersche Gesetz kann man aber auch in folgen- der Form aussprechen: Der Empfindungszuwuchs bleibt sich gleich, wenn das Verhältnis der Reize, d. h. der re- lative Reizzuwuchs derselbe bleibt. Bezeichnet man nun die kleinstmöglichen Zuwüchse oder Unterschiede der Empfindung als Differenziale derselben dE und die ent- sprechenden Zuwüchse des Reizes ebenfalls als Differen- ziale dR, so ist nach dem Weberschen Gesetze dE constant, wenn der relative Reizzuwuchs . constant bleibt. Man kann also — unter K eine durch die gewählte Empfindungs- einheit bestimmte Constante verstehend -— sagen: dR Dass diese Gleichung das Webersche Gesetz mathema- tisch ausdrückt sieht man leicht; denn um den eben bemerk- baren Empfindungszuwuchs dE constant zu erhalten, muss man den Reiz R und seinen Zuwuchs dR stets in demselben Ver- hältnisse vergrössern oder verkleinern, also den relativen Reiz- dR R sche Gesetz verlangt; — man sieht aber auch leicht, dass nur (dieser Zusammenhang zwischen Reiz und Empfindung jenem Gesetze genügt. Fechner nennt nun diese Gleichung die Fundamentalformel und erhält aus derselben durch Integration seine sog. Massformel: zuwuchs ungeändert lassen, gerade wie es das Weber- 6* 84 E=KlognatR- 0. Setzt man nun die Integrationsconstante C= — KlognatR,, wo R, eine neue Constante bezeichnet, so wird E=K (log nat R— log nat R,) R —= Klog nat RR, Wenn man nun ferner — was ja stets erlaubt ist — zur Messung der Grösse des Reizes R die Constante R, als Einheit benutzt, so wird 1 = R und E= K log nat R. Da nun einerseits die Logarithmen aller Systeme ein- ander proportional sind — andrerseits aber für R—= 1 offenbar E —= 0 wird so kann man sagen: „Wenn die Reizeinheit so gewählt wird, dass für sie die Empfindung eben unmerklich wird, so ist die Grösse der Empfindung dem Logarithmus des Reizes proportional.“ Ein ähnliches Gesetz gilt (aber bei jeder Reizeinheit) für die Unterschiede der Empfindung, denn wenn man hat: E=K log nat rn und dem entsprechend: E' =K log nat r so folgt BR R R' E-E = K az — log nat mt R = K 1 t — K logna m oder wegen der Proportionalität der Logarithmen aller Sy- steme R E—-E = K, log 5 Diese als Unterschiedsformel (Psychophysik IL 8.89) bezeichnete Gleichung drückt in der That unser obiges Gesetz 85 für die Empfindung der Tonhöhen-Unterschiede d. h. der In- tervalle aus. Es verdient übrigens bemerkt zu werden, dass man auch die allgemeine Massformel mit Hülfe des oben angegebenen Baltzer’schen Beweises elementar aus dem W eberschen Ge- setze ableiten kann. Der Vollständigkeit wegen sei schliesslich bemerkt dass auch E. Mach in der Zeitschrift für Mathematik und Physik von Schlömilch, Kahl und Kantor (1865. 8.425) die Logarith- men mit der Basis 2 benutzt hat zu einer anschaulichen Dar- stellung einiger Lehren der musikalischen Akustik — unter an- dern zur Herstellung des Modells für die Obertöne, welches den Lesern dieser Zeitschrift schon bekannt ist (cfr. Bd. XXX], 84187). Classification der Töne und Entwickelung eines allgemeinen Tonsystemes. Die in den Lehrbüchern der Physik u. s. w. angegebe- nen Tonleitern enthalten je nach ihrer Vollständigkeit circa 20—40 Töne und obleich diese Zahlen schon ziemlich gross sind, so werden wir doch sehen dass wir noch viel mehr Ton- stufen unterscheiden müssen. Es erscheint daher von vorn- herein wünschenswerth alle Töne der Tonleiter nach einem bestimmten Principe anzuordnen und zu classificiren und ich gehe zur Erklärung dieses Principes abermals zurück auf die älteste der mir vorliegenden Quellen, auf Eulers tentamen novae theoriae musicae. Daselbst heisst es (c. VII, $4) dass zur Berechnung der Logarithmen aller Töne der Tonleiter nur die Logarithmen der Zahlen 1—8 für das System mit der Basis 2 umgerechnet zu werden brauchten, die Logarithmen aller andern Töne ergeben sich daraus, weil höhere Primzahlen z. B. 11, 13... in der Tonleiter gar nicht vorkommen, durch einfache Additionen und Subtractionen. Die den Zahlen 1, 2, 4, 8 entsprechenden Töne sind aber der Grundton und seine Octaven, diese haben die Lo- garithmen 0,1,2,3 und ihre Mantissen sind sämmtlich =0000%; ferner ist 86 log, 6 = log, 2.3 = log, 2 + log, 3 —=1- log, 3; es unterscheidet sich also der l1og6 von log3 auch nur durch dieCharakteristik; endlich brauchen wirin unserer gewöhnlichen Tonleiter die auf der Zahl 7 beruhenden Töne gar nicht, so dass nur die Logarithmen der Zahlen 2, 3 und 5 als nothwen- dig zur Berechnung der andern übrig bleiben. Diese Zahlen entsprechen den Intervallen der Octave, der Quint (eigent- lich 1 Octave höher) und der Terz (2 Octaven höher). In der That lassen sich aus diesen Intervallen alle an- dern ableiten, denn man erhält zunächst als Intervall zwi- schen Quint und grosser Terz die kleine Terz; aus der Quint und den beiden Terzen bestehen aber die beiden Hauptac- corde, der Dur- und Mollaccord und diese dienen wiederum zur Construction der Dur- und Molltonleiter. In der ersten z.B. erhält man die Septime als Quinte von der Terz oder Terz von der Quinte, die Secunde als die Quinte von der Quinte (nur eine Octave tiefer) — ferner die Quarte als den Ton zu welchem die Octave eine Quinte ist und die grosse Sexte ist wieder hierzu die grosse Terz oder, was dasselbe sagt, sie ist der Ton zu dem die Octave eine kleine Terz ist. In gleicher Weise ist in der Molltonleiter die kleine Sexte zu betrachten als kleine Terz der Quarte oder als der Ton zu welchem die Octave grosse Terz ist. Bezeichnet man nun mit Drobisch die Schwingungs- zahlen der Octave, der Quinte und der grossen Terz durch die Anfangsbuchstaben ihrer Namen und setzt also Vehlzeih,l=»el so kann man alle Intervalle durch diese 3 Buchstaben aus- drücken. Es ist z. B.: die kleine Terz — = — N! die Secunde — = — 0? die grosse Septime = QT ANORG 2 5 An die grosse Sextte = = 0Q0"!T S|o SS die kleine Sexte = — 01-1 u. 8. w. Hiernach ist die allgemeine Form für die Schwingungs- zahl eines jeden beliebigen Tones 0! gm T", wo I, m, n beliebige positive oder negative ganze Zahlen sind. Bezeichnet man ferner die Logarithmen von O, 0 und T be- ziehentlich durch o, g, t, so kann man in gleicher Weise die Logarithmen aller Töne auf die Form bringen: lo + mg + nt wobei zu bemerken dass o = 1 ist. Zur Vereinfachung kann man zunächst die um eine Oc- tave verschiedenen Töne als identisch betrachten, was sich in den Logarithmenals eine Vernachlässigung der Unterschiede in der Charakteristik ausdrückt; dadurch nimmt die Schwingungs- zahl eines beliebigen Tones die allgemeine Form an: om Tr und der zugehörige Logarithmus wird: mg + nt. Diese allgemeinen Formen benutzt Drobisch zu folgen- der Classification sämmtlicher Töne der Tonleiter: Cl. Schwing.-Zl. Logarithmen Ül. Schwing.-Zl. Logarithmen 1. om + mg Il. Om — mg 318, ::1=7° —nt N. — nt Mae ante —mg—+ nt VL 0m Tm —m—nt VI QOmMm —mg-+nt VIILSNORTE» mg —nt Die Schwingungszahlen je zwei nebeneinander ste- hender Classen (wielu.Ilu.s. w.) sind also umgekehrte Werthe zu einander, ihre Logarithmen ergänzen sich zu Null. Man pflegt aber sämmtliche Töne auf die Octave zwischen C’ und C! zu reduciren, d. h. man multiplicirt oder dividirt alle Schwingungszahlen so oft mit 2 dass sie zwischen 1 und 2 fallen und man addirt zu den Logarithmen oder subtrahirt von ihnen so viel Einheiten dass sie zwischen O0 und 1 fallen. In Folge dessen sind die Schwingungszahlen der entsprechen- den Töne nicht wirklich umgekehrte Werthe zu einander, 88 sondern sie geben das Product 2 statt 1; ebenso ergänzen sich die Logarithmen derselben nicht zu 0 sondern zu 1, resp. (nach unserer Schreibweise) zu 100000. “Diese von Drobisch (musik. Tonbest. und Tem». 1852 S11) angegebene Qlassification scheint mir aber einige Uebel- stände zu haben. Erstens sind die Classen I—IV nur spe- cielle Fälle der Classen V—VIII; zweitens ist die Zahl der Töne in den letzten vier Classen unendlich gross im zweiten Grade, weil sowol n als m bis ins unendliche wachsen kön- nen; endlich ist es unangenehm, dass man die verschiedenen Töne gleiches Namens, auf die man in verschiedenen Qlassen kommt, nicht unterscheiden kann, obgleich sie nicht genau übereinstimmen. So erhält man z. B. in Classe I einen Ton E=0! resp. 010 2 der etwas höher ist als die der Qlasse II angehörige grosse Terz T, und in den Classen V—-VIII gibt es sogar in jeder einzelnen mehrere unter sich verschiedene gleichnamige Töne, z. B. in Classe Y einem Ton Dis—= Q5T und einen anderen —=(Q T?, deren Unterscheidung gewiss wün- schenswerth und für genaue Untersuchungen auch nothwen- dig ist. Diese Uebelstände fallen weg, wenn man in der allgemeinen Form Om 7” (resp. mg-+ nt) zunächst ın = 0. setzt und die Töne Ir,»alsoı 7% :74 72, Tao 71,202 10732... beiwachtet als Grundtöne einer unendlich grossen Anzahl von Classen oder Reihen, wie ich zum Unterschiede von Drobisch sagen will; — von jedem dieser Grundtöne aus kann man dann, indem man » ungeändert lässt, dagegen für m alle möglichen positiven und negativen Werthe setzt, eine nach beiden Seiten. unendliche Reihe von Tönen bestimmen. Dadurch gelangt man zu einer Classification der Töne, welche sich an dasvon Helm- holtz verbesserte Hauptmann'sche 'Tonsystem anschliest. Hauptmann bezeichnet nämlich die Töne der von Dro- bisch mit I und II bezeichneten Classen, also alle mit dem Grundtone 1 durch Quinten zusammenhängenden Töne Or und Q=” mit grossen lateinischen Buchstaben: also aufsteigend: (—6—D—A--E—H.... und absteigend: 0—E—B—Es—As -- Des.... = Die grossen Terzen aller dieser Töne bezeichnet Haupt- mann durch die entsprechenden kleinen Buchstaben: 89 aufsteigend e—h -fis—eis—gis—dis.... absteigend e-a—d—g9—0—f.... Diese Töne bilden natürlich unter sich wieder eine Reihe von Quinten; die allgemeine Form ihrer Schwingungszahlen ist TO" resp. 70=" und die zugehörigen Logarithmen img. Bei der Berechnung (E=010 ?=()4. (1/2)? */sa; e=T=>5/ı—®%sı) zeigt sich dass der Grundton der 2. Reihe e um ein syntonisches Komma 80/sı tiefer ist als der gleichna- mige Ton E in der vorigen Reihe; auch c ist um 5%/sı tiefer als C und ebenso verhält es sich mit den übrigen Tönen bei- der Reihen. Eine fernere Reihe von Tönen würde die sein, welche wieder die grossen Terzen dieser Töne enthält; Helmholtz bezeichnet dieselben durch unterstrichene grosse Buchstaben; der Grundton der Reihe würde die Terz von e sein, also Gis mit der Schwingungszahl 72, die übrigen Töne der Reihe haben die Schwingungszahlen T2Q”, resp. T2Q-" und die Loga- rithmen 2t+mg. Da sie natürlich wieder um ein syntonisches Komma tiefer sind als die Töne der vorigen Reihe, so bedeutet der Strich unter dem Buchstaben eine Vertiefung um 2 Kommata. Man sieht, dass man in dieser Weise fortfahren kann, neue Reihen mit den Grundtönen- 73, 7+....T” zu bilden; die Töne einer jeden Reihe bilden unter sich Quinten und sind zu denen der vorigen grosse Terzen. Nach Drobisch ge- hören die Grundtöne aller dieser Reihen in die Classe III, die übrigen in Classe V und VH. Man kann aber auch von der ersten Reihe aus diejenigen Töne bestimmen zu welchen sie selbst grosse Terzen sein würden; diese Töne sind nun natürlich um das genannte Komma höher als die gleichnamigen Töne der ersten Reihe. Hauptmann -- der hier nicht genau rechnet — ver- wechselt sie mit den Tönen der Reihe e—h — fis—cis... Helm- holtz aber bezeichnet sie durch überstrichene kleine Buch- staben, indem er dadurch andeutet, dass sie 2 Kommata höher sind als die gleichnamigen Töne der mit kleinen Buchstaben ohne Striche bezeichneten Töne. Der Grundton dieser Reihe as ist so zu bestimmen dass C! seine grosse Terz ist, seine 90 Schwingungszahl ist also 7—1, resp. OT-!1; der zweite Ton dieser zweiten Reihe ist die Quinte dazu: es, er erhält die Schwingungszahl QT- ! und ist also (nach $. 86) die kleine Terz von €. Man kann also auch sagen: diese Reihe enthält die klei- nen Terzen der Hauptreihe, während die Reihe der einfachen kleinen Buchstaben die grossen Terzen derselben enthält. Auch hier kann man in derselben Weise fortfahren und neue Reihen mit den Grundtönen T—2,7—3 bilden; jede fol- gende Reihe enthält stets Töne welche um ein Komma höher sind als die gleichnamigen der vorhergehenden und welche kleine Terzen zu den entsprechenden Tönen der vorhergehen- den sind; jede vorhergehende aber enthält die grossen Terzen zu den entsprechenden Tönen der folgenden. Die Grundtöne aller dieser Reihen würden nach Drobisch in Classse IV, die übrigen aber in Classe VI und VIII gehören. Hiernach lassen sich sämmtliche Töne zu denen man durch Quinten und Terzen vom Grundtone aus gelangen kann — also alle Töne die in der Musik gebraucht werden zu einem Tonsystem anordnen, dessen allgemeine Formen in folgender Tabelle enthalten sind: j Schwi S- h ne e Grundtöne : nr Logarithmen —n LT mg — nt en deses On T-3 mg —3t =» Fes QmT-2 mg —2ı —1 as LE ar mg —t 0 © Qu mg —+1 e OrT mt +2 Gis O2 mg + 21 +3 his Om T3 mg + 3t +n a mg nt 91 In diesem Schema sind also die zu T gehörigen lixpo- nenten -+n bis —n benutzt-als Nummern der einzelnen Reihen, in jeder derselben aber kann m, der Exponent von Q, jeden beliebigen positiven oder negativen Werth annehmen. Das vollständige „allgemeine Tonsystem“ erhält daher nach den Bezeichnungen von Drobisch folgende Gestalt: oO © 3 w T Mi s eh {=} Oo 3 = a —S Y N je) es) 3 w a .- \ # © © 3“. a8 IS) © 3 = = B © =) 3 = S R > 15] =) © 3 = = = G an] S -_ 7 = L10: 20 ıÖ 10) ud 12 "aL ıÖ 0° 53 3 u—J = o U 7 Ss Es_, G, H, Dis, D {=} -. 77} ei Ais 2 Bei dieser Bezeichnungsweise würde man den Zusammen- hang der einzelnen positiven und negativen Reihen besser er- kennen als bei der von Helmholtz, wo er nur bei den ge- raden Reihen (grosse Buchstaben) durch die gleiche Zahl der Striche hervortritt. Die Reihen +1 und — 1, +2 und —2 u.s.w. gehören nämlich ebenso zusammen wie die Classen I und II, IIlund IV ete. beiDrobisch, dh. die Schwingungs- zahlen ihrer Töne sind umgekehrte Werthe von einander; man vergleiche z. B. Gis und Fes d.i. Gis, und Fes_, (7 und. 1) H und Des d.i. H, und Des_, (0-’T?u.0°T.--?) dagegen e und as d.i. Z, und As_, (T' und T-') a und es d.i. A, und Zs_, (O-!T! und Q'7-®) his und deses d. i. His, und Deses_, (T? und T—>) u.8.W. Da aber auch diese Bezeichnung noch nicht alle Incon- sequenzen unseres Notensystemes beseitigt, so habe ich vor- 94 gezogen bei der durch Hauptmann eingeführten und von Helmholtz erweiterten Bezeichnung stehen zu bleiben; auch war mir der Anschluss an die bekannten Werke derselben mehr werth als die Andeutung jener Zusammengehörigkeit, die man an der Bezeichnung nach Drobisch doch noch besser erkennt. Nach dieser Bezeichnung wird nun ein Duraccord ge- schrieben: e—- E05 oder C — e — G; (Grundform) oder ec — E— g. Nach unserer Erweiterung der Helmholtz’schen Schreib- weise würde man auch noch über und unter jeder dieser Formel einen oder mehrere Striche machen können z.B. Dr u.s.w. Die Mollaccorde aber sind so zu schreiben wie die fol- genden Beispiele zeigen: D 22 HDi rue ge oder c — Es — 9; a — C! — e" (Grundform) oder C — es — 6; Ar Ne: ER ferner ebenso mit beliebig vielen Strichen: Cl, ns Nun besteht eine Durtonleiter bekanntlich aus den Tönen von 3 benachbarten Duraccorden z.B. CDur aus den Accorden des Grundtones C, der Dominante (Quinte) G und der Unter- dominante (Unterquinte) F: F-1 — a-1 — (0, (0% — ce — @0;, @ — h° — Di und hat also die Form: L C,D, e E,&@,.a, A, Ci indem D, F unda um eine Octave verlegt werden; soll aber etwa von c oder c u.s.w. eine Durtonleiter gebildet werden, so - hat man dieselben zu schreiben: Da a 0 oder .d,E, fg A, HA, e! | jS 95 oder man macht über sämmtliche Töne oder unter dieselben noch einem oder mehrere Striche. In ähnlicher Weise besteht auch die Molltonleiter aus 3 Accorden, nämlich aus den Mollaccorden des Grundtones und der Unterdominante und aus dem Duraccorde der Oberdomi- nante; der Streit der Theoretiker über die Gründe welche den Moll-Accord der Oberdominante unmöglich machen inte- ressirt uns dabei nicht weiter; wir haben hier einfach die Molltonleiter zusammenzusetzen aus den Accorden: FA—as-1—00; 0-0 —6%; G-—ho—Di Han AMo0& Tori Moibet Wa Dünad r und erhalten also ‘ CD, es, F, 6, as, h, C! oder für © und c u. s. w. als Grundtöne — m [ll oder c,d, Es, f, , As, H, c! oder mit einem oder auch mehreren Strichen über und unter sämmtlichen Tönen. Zu bemerken ist aber noch dass in der CMolltonleiter auch statt der kleinen Sexte as in aufsteigender Richtung die grosse Sexte a und statt des Leittones oder der grossen Sep- time h in absteigender Richtung die kleine Septime 5 (nach Helmholtz) oder B (nach Hauptmann) eintritt. Man sieht hieraus, dass zu einer Durtonleiter nur Töne aus je 2 benachbarten Reihen gehören, während die weniger einfache Molltonleiter Töne aus 3 benachbarten Reihen ge- braucht. Beiläufig will ich auch zeigen, wie die Accorde und Ton- leitern nach der oben vorgeschlagenen Bezeichnungsweise ge- schrieben werden müssten; die Duraccorde würden lauten: (_, —E —-6-,. oder C&, — E, -— 6, (Normalform), oder 6, —E, —46, usw. allgemein — Er — 96 Mollaccorde aber müsste man schreiben: An A E!,, f oder Ga o— Es,—.ı — m: Die Durtonleiter erhält also eine Form wie: CH BET REN A N die Molltonleiter aber: CD BL FIG, As Ferner. will ich noch bemerken, dass man die Unter- scheidung der gleichnamigen, aber um ein syntonisches Komma verschiedenen Töne noch nach einem andern Principe durch- führen kann. Man kann nämlich ausgehen von den Tönen der natürlichen CDurtonleiter und dieselben bezeichnen durch grosse oder kleine Buchstaben ohne besondere Zeichen; dann muss man aber die pythagoreischen Terzen durch besondere Marken unterscheiden. Diess Princıip wendet Herr von Thi- mus an; derselbe bezeichnet nämlich die Töne der C-Durtonleiter C, D, e, F,G a,h, €" durch 6, D, &, B, 6, A, 9 6, die Töne E A und H aber durch &*, X* und 9%, so dass das Zeichen * eine Erhöhung um ein Komma aus- drückt. Eine Vertiefung um dasselbe Intervall bezeichnet er durch * und unterscheidet demnach die kleine pythagoreische Terz Es als &8’Y von der reinen, die er einfach &8 schreibt. In ganz ähnlicher Weise hat Ellis. (Proc. of Roy. Soe. 1864, 90; Helmholtz, L. v. d. Tonempf. 2 Aufl. 8. 604). eine Vervollkommnung unserer Notenschrift vorgeschlagen; derselbe benutzt aber für die Erhöhung um ein Komma das Zeichen 7, für die Vertiefung +; diese Zeichen werden wie die bekannten Versetzungszeichen % (Erhöhung um 128:135 wie F:fis) und h (Vertiefung um 135 : 128 wie H:%) für jede Tonart in der sie wesentlich sind vorn an jede Notenzeile ge- schrieben, bei jeder Modulation aber vor die einzelnen Noten (Schluss folst.) 97 Das Gewitter am 11. August und seine Wirkungen in und um Halle. Die seit Anfang des Mai ungewöhnlich hohe und mit we- nigen Unterbrechungen anhaltende Temperatur brachte uns ver- hältnissmässig nicht eben viele, darunter aber einige schwere Gewitter. Das folgenreichste entlud sich am 11. August zwi- schen 41/4 und 5 Uhr des Nachmittags. Gleich einer Reihe von vorangegangenen Tagen war auch an diesem bei wolkenlosem Himmel und vollkommner Ruhe der Luft die Hitze eine fast unerträgliche. Die Temperatur war um 2 Uhr Nachm. im Schatten 270,7, kurz vor 3 Uhr sogar 290,4; das Wasser der Saale soll eine Temperatur von 210 gehabt haben. Das Baro- meter war schon Tags vorher gefallen und fielim Laufe des Tages noch c. 3 Linien ; die relative Feuchtigkeit war auch meistens sehr gering gewesen, um 2 Uhr Nachmittag betrug sie nur noch 280/o Im Laufe des Nachmittags begann der Himmel sich merklich zu trüben und bei einer fast unheimlichen Stille wurde die Schwüle der Luft immer unerträglicher. Da erhob sich nach 4 Uhr mit einem Male unter fernem Rollen des Donners aus Süden her ein heftiger Sturm, welcher die Stadt in undurchsichtigen Staub hüllte. Wie heftig und orkanartig er gewesen sein musste, er- gaben seine Wirkungen, die nachher mehr in der nähern Umge- bung der Stadt als in ihr, selbst bemerkbar waren. Die Nietleber Strasse war stellenweise gesperrt durch die umgebrochnen Schwarz- pappeln, von welchem sie eingefasst wird. Drei und neunzig Stück durschnittlich im Stammdurchmesser einen Fuss stark, waren derartig umgebrochen, dass sie durch neue ersetzt werden müssen und ausserdem waren etwa dreissig durch Sturm und Sturz der Nachbaren in.ihren Kronen gewaltig gelichtet. Die altehrwürdigen Eichen am südlichen Rande der Dölauer Heide waren nicht minder stark mitgenommen, Aeste von mehr als 11/, Fuss im Durchmesser lagen umhergestreut, ein Baum war über dem un- tersten Aste im Stamm durchgebrochen, ein zweiter entwurzelt: sie alle waren allerdings, wie sich ergab sämmtlich nicht mehr gesund im Holze. Weiter hin lagen kräftige Fichten reihenweise entwurzelt, darunter auch eine welche 27 Zoll im Durchmesser des Stammes hielt. Wagen wurden umgeworfen, Getraidediemen abgedeckt, Obstbäume entleert, Telegraphenstangen zerknickt und Dächer abgedeckt in dem schmalen Striche, welchen der Orkan durchzog und welcher in der Richtung von Südost nach Nord- ost gegangen zu sein scheint. Im Innern der Stadt hatte der Sturm zwar auch einigen Schaden gethan: Bäume umgeknickt, Fenster zerstört u. s. w. doch kamen seine Wirkungen fast gar nicht in Betracht gegen die verschiedenen durch Blitzschläge verursachten Schäden. Fast sämmliche Blitze dieses Gewitters fuhren nämlich senkrecht her- Bd. XXXI, 1868. 7 98 ab und es sind in der Stadt und deren. allernächsten Umge- bung im Laufe einer halben Stunde mindestens 9 einschlagende Blitze beobachtet. Es war einigermassen schwierig die vielen in der Stadt verbreiteten Gerüchte in Bezug auf ihren Werth zu prüfen, da man auch einige durch den Sturm herbeigeführte Zerstörungen dem Blitze zuschrieb, Die folgenden Angaben be- ruhen auf Erkundigungen, die sämmtlich von Augenzeugen und mit Ausnahme eines Falles an Ort und Stelle eingezogen wurden: 1. Grosse Steinstrasse 31 (dicht am Steinthor) wurde ein auf der First des Daches stehender Schornstein und die beiden Flächen des Daches beschädigt. 2. Auf dem Hause gr. Ulrichstrasse 51 hat der Blitz die Hinterseite des Daches, den aus denselben hervorragenden Schorn- stein, sowie den auf dem Seitenflügel des Hauses befindlichen Schornstein stark beschädigt; er soll dann (und das erscheint sehr glaublich) an der Regenröhre herabgefahren und endlich (etwas unwahrscheinlich) auf mehreren im Hofe liegenden Eisen- stangen durch den Hausflur auf die Strasse gefahren sein. Eine im Hause! befindliche Schlosserwerkstatt wurde nicht vom Blitze getroffen, sondern nur ihre Fensterscheiben durch die herabfal- lenden Ziegelsteine zerstört. 3. Im Hause alter Markt 16 ist das Giebelfenster einer Dachkammer derartig zerstört, dass keine Scheibe unversehrt blieb, die Scherben der einen sollen an, den Rändern geschmol-- zen gewesen sein, auch der Rahmen war theilweise zersplittert, an den Stellen, wo die Haken eingeschlagen sind, zeigten sich kleine Spalten im Holz. Oberhalb des Fensters war aussen am Giebel der Kalk von der Wand abgerissen, weiter unten aber war am ganzen Hause keine Beschädigung zu entdecken, so dass man auch hier wol annehmen muss, dass der Blitz durch die Regenröhre zur Erde geführt ist. In der Kammer selbst bat sich beim Oeffnen ein starker schwefelartiger Geruch nach Ozon gezeigt. Die Zeitungsnachricht, dass der Blitz zuerst am Hause Nr. 21 herunter gefahren sei, dann seinen Weg über die Strasse genommen und sich am gegenüberliegenden Hause Nr. 16 „em- porgeschlängelt‘“ habe ist natürlich nicht richtig, sie scheint da- rauf zurück zu führen zu sein, dass ein Bewohner des Hauses Nr. 16 gegenüber einen hellen Schein — jedenfalls den Reflex des Blitzes — wahrgenommen hat. 4. In der Taubengasse in der Presslersche Kohlenformerei ist die Spitze des Schornsteins und im obern Stockwerk sowohl wie im untern je ein Ofen zerstört worden, in der einen Stube ist auch der Holzgriff der Kohlenschippe in 5 Theile gespalten. 5. In der den Gebr. Elitsch gehörigen Ziegelei am Hafen (neben der Gasanstalt) sind von einer Karre einige grosse Splitter abgerissen und in die daneben aufgeschichteten noch weichen Ziegelsteine hineingetrieben. Unter einem etwa 10 Fuss davon 9 entfernten Schuppen stand eine Anzahl Arbeiter und Mädchen, welche durch den ziemlich nah bei ihnen vorbeifahrenden Blitz natürlich sehr erschreckt waren und zum Theil längere Zeit andau- ernde Beklemmungen empfunden haben; einer von ihnen ist be- täubt umgefallen und hat auch, nachdem er sich wieder erholt hatte, Abends zu Hause noch einmal eine Ohnmacht gehabt. 6. Im Hofe von Belle vue (am Rannischen Thore) ist ein auf dem Hofe am Zaune liegender Haufen Reisig durch den Blitz angezündet; das Feuer ist aber durch die vereinten Bemü- hungen der Hausbewohner bald gelöscht worden, so dass nicht einmal der ganze Haufen verbrannt ist. 7. In dem Restaurationslokale von Pippert auf dem Mar- tinsberge hat der Blitz in den Schornstein eingeschlagen , und ist aus demselben an einer ziemlich langen, rechtwinklig gebogenen Ofenröhre entlang in den eisernen Ofen gefahren. Zerstört ist fast gar nichts, oberhalb der Stelle, wo das Rohr in den Schornstein mündet ist der Kalk von der Wand abgefallen und am Ofen ist der steinerne Untersatz ein wenig auseinander getrieben worden. 8. In der auf der Magdeburger Chaussee gelegenen Re- stauration zum Bürgergarten sind zwei Dachfenster zerschlagen, das Dach der Kegelbahn theilweise abgedeckt und ein Baum et- wa bis auf 4 Fuss Höhe durchgespalten, so dass die beiden Stü- cken neben dem Stumpfe lagen. 9. Auf dem Bahnhofe hat- es in die Centralwerkstatt der Halle - Casseler Eisenbahn eingeschlagen; daselbst hat der Blitz in der obern Etage einen Fensterrahmen zersplittert, ist durch die Decke gegangen, hat von derselben ein grosses Stück Kalk abgelöst und endlich auch unten einen Thorflügel theilweise zerstört. Gezündet hat also der Blitz in unsrer Stadt nur ein Mal und zwar ohne einen nennenswerthen Schaden hervorzurufen.. An andern Orten hat das Gewitter empfindlicheren Schaden gethan, so z. B. die gefüllten Scheunen des Gasthofes zu Langenbogen (frühere Posthalterei) eingeäschert. Das ganze Gewitter dauerte kaum 3/ı Stunde; die Menge des niedergeschlagenen Wassers war sehr gering, obgleich näm- lich, besonders nach einigen heftigen Schlägen, der Regen ziem- lich stark herabstürzte, ergab die Messung, nur eine Höhe von 11/3 Linie, Gleich nach dem Gewitter ging das Barometer und auch das Thermometer, welches während desselben 100 gefallen war, wieder in die Höhe und an den folgenden Tagen wurde es wie- der ziemlich heiss und schwül (vrgl. die meteor. Tabellen), nur etwas windiger als vorher. Erst am 19 (dem Tage nach der grossen Sonnenfinsterniss in Asien!) trat die ersehnte Abküh- lung der Luft und mehrfacher Regen ein, der die schmachtenden Menschen und Fluren erquickte — für viele Früchte war es freilich schon zu spät. 7* 100 Literatur. Allgemeines. Dr. Ludwig Flentje, das Leben und die todte Natur. Eine Streitschrift gegen die materialistischen Ansichten vom Leben, insbesondere gegen die bezüglichen Lehren Virchow’s, vom naturwissenschaftlichen Standpunkte. Cassel u. Göttingen, Georg H. Wigand 1866 8° 758. — Verf. unterwirft zunächst die Aeusserungen Virchow’s in seinem Buche „die mechanische Auffassung des Lebens“ einer scharfen, allerdings nicht überall in würdiger Sprache geführten Kritik, in welcher er die Verblendung der materialistischen Schule nachweist, in der sie die Asche des früher lebenden Organismus mit dem lebenden Wesen selbst identificirt; wirft derselben weiter vor, dass sie denjenigen, der anders lehrt als das todte Glaubensbekenntniss der „Stoffelemente — Stoffwechsel — physikalische und chemische Kräfte“, der es wagt, von einer „Lebenskraft“ zu sprechen, eine Lebenskraft lebendiger Dinge zu beweisen, nicht etwa gründlich widerlege, was freilich ein Werk der Unmöglichkeit wäre für ihr „geistiges mechanisches Räderwerk“ — nein sie versuche ihn „schlagend todtzuschweigen“ indem sie ihn gründlich — ignorire. Nachdem er dieser Schule prophezeiht hat, dass sie wie alles mechanische vergänglich sein und in ihrem eigenen Elemente — der Asche — versinken werde, fragt er nach ihrem Ursprunge und gibt _ eine kurze Uebersicht über die Naturanschauung der Alten. Die Grie- chen haben in der leblosen Natur Leben erblickt und ihre Forschungen nur dieser zugewendet, Aristoteles, welcher manche gesunde Ansicht seiner Vorgänger missdeutete und für die folgenden Jahrhunderte, ja bis auf den heutigen Tag als Autorität und Vater aller künftigen Schulen galt, hat dadurch der Erforschung des Lebens nichts weniger als Vor- schub geleistet und so hat sich mehr und mehr die materialistische und chemische Richtung in der Naturforschung herausgebildet. Wie wenig aber die Chemie geeignet ist, einen Blick in das Lebendige zu thun, wird aus ihrem Wesen klar nachgewiesen und aus dem Grundcharakter des chemischen Prozesses gezeigt, dass die Materie niemals Lebens- äusserungen haben könne, wenn oder wo sie chemischen Gesetzen folgt oder chemische Kräfte äussert; „denn, heisst es auf S. 65, durch den chem. Prozess wird auch dasjenige zugleich seinem eigenthümlichen Wesen nach zerstört, durch welches dieser Process zu Stande kam. Das neue Produkt kann sich aber nur so lange erhalten, als es keine chemische Kraft äussert — die nächste chemische Kraftäusserung — und diese muss nothwendig anderer Art sein als die vorhergehende — zerstört auch dieses schon wieder und so unendlich weiter. Darum ist es nun ganz unmöglich: einmal, dass dieselbe chemische Kraft sich in denselben Dingen sofort wiederholen kann, darum ferner auch ganz unmöglich, dass die Materie durch chemische Prozesse überhaupt zu fortlaufender Kraftäusserung kommen kann, darum ist es aber nun end- 101 lich auch absolut gegen alle Natur, dass die Materie durch Vermittelung chemischer Kräfte lebendig werden kann, weil durch die zweite chemische Kraftäusserung immer mit Nothwendigkeit die ganze Form und das ganze Wesen des Produkts der ersten chemischen Kraftäusserung zerstört wird. — Es ergiebt sich also mit mathematischer Sicherheit, dass durch chem. Verwandtschaft — chemischen Prozess — überhaupt chemische Kräfte niemals in der Welt etwas zu Stande kommen kann, was einen weitern chemischen Prozess überdauert. Da das Leben aber nur ein fortlaufender Prozess, eine fortgeführte Wiederholung derselben Kraft- äusserung mit denselben Mitteln ist, so kann diese Kraftäusserung — die Lebenskraft — ganz unmöglich chemischer Art sein. Die Materie also, in welcher wir uns chem.Kräfte thätig denken, kann unter keinen Umständen in der Natur eine selbstständige Form und gesichertes Da- sein erlangen; denn dieselben Kräfte, welche sie in eine Form des Da- seins überhaupt rufen, vernichten diese sofort auch wieder. Weit ent- fernt also „naturwissenschaftlich“ zu sein, ist es vielmehr gegen alle Natur, es nur für möglich zu halten, dass Materie mit chem. Kräften sich abschliessen könne zur lebendigen Form, und wenn daher ein Che- miker glaubt, das Leben bestehe in einer Wiederholung chemischer Kräfte, sei ein fortlaufender chem. Prozess, eine Zusammensetzung aus chem. Prozessen u. dgl., kurz das Leben sei nur eine Thätigkeitsäus- serung der Stoffe mit den Kräften, wie sie die chem. Verwandtschaft darbietet — wenn ein Chemiker solchen Glauben nährt und gar noch als auf exacten Thatsachen beruhendes wissenschaftliches Ergebniss der Welt offenbart: so gibt er damit nicht die allergeringste Einsicht in die Vorgänge des Lebens kund, sondern beweist höchstens damit, dass er den wahren Charakter, die innere Wahrheit seiner eigenen Wissenschaft noch gar nicht begriffen hat, und um so schlimmer für ihn, wenn die chem. Untersuchungen und die Zahl seiner Analysen und todten Stoff- zerlegungen in’s Unendliche geht. Alle diese Arbeiten beweisen nur um so mehr, dass sie nicht mit freiem, unbefangenem wissenschaftlichen Bewusstsein, sondern in den Fesseln eingeprägter Vorurtheile gemacht sind. Im Leben selber kann daher gar nicht nach chemischen Kräften gesucht werden, wenn man nicht thöricht und absurd sein will; ein so- genannter chemisch-vitaler Prozess ist eine solche weisheitsvolle, hor- rende Combination wie kochendes Eis, ein ruhendes Erdbeben, es ist eine unmögliche Möglichkeit, ein todter lebendiger Prozess“ u. s.w. — Wir haben das Buch mit dem grössten Interesse gelesen und können es Jedem auf das wärmste empfehlen, der sich über diesen Gegenstand ins Klare bringen will, vor allem aber dem Chemiker, der in demselben charakterisirt wird. T3. Meteorologie. L. F. Kämtz, Tafeln zur Berechnung und Reduction meteorologischer Beobachtungen. Leipzig, F. K. Köhler 1868. — Diese Tafeln sind von dem verstorbenen Kämtz in seinem „Repertorium für Meteorologie“ einzeln veröffentlicht; den Plan sie als vollständiges Werk herauszugeben hat jetzt Prof. A. v. Oet- tingen ausgeführt. Dieselben enthalten: 1) eine Reduction aller drei 102 Thermometerscalen auf einander (R:C, C:R, F:C, FR,R:F, C:F). 2) Reduction der zu Barometerscalen besonders verwendeten Masse: pariser Linien, englische Zolle und Millimeter. 3) Reduction der Ba- römeterstände auf den Gefrierpunkt (im Inhaltsverzeichniss steht miss- verständlich „Thaupunkt“) dabei ist zum metrischen Barometer die Ther- mometerscala nach Celsius, bei den Pariser Linien Reaumur und bei dem englischen Barometer Reaumur und auch Fahrenheit benutzt. 4) Zur Erleichterung der Rechnung mit den periodischen (Besselschen) Functionen, auch zur Berechnung der mittlern Windrichtung folgen a) die Vielfachen (bis 1000) der Sinus und Cosinus von 15, 30, 45, 60 75 Grad auf 3 Decimalen; b) Logarithmen aller Sinus und Cosinus für zehntel Grade; c) vierstellige Logarithmen auf einer Quartseite mit dem Numerus als Eingang (wie gewöhnlich) und auf einer zweiten mit dem Logarithmus als Eingang. 5) Psychometertafeln nach Celsius und Mil- limeter, Röaumur und Pariser Linien, Fahrenheit und engl. Zoll, aber so dass man auch für jede andere Combination der Scalen direct able- sen kann; als normaler Barometerstand ist angenommen 745mm — 330,5; P.L. = 29,3 E.Z. Die Angaben dieser Tabelle scheinen etwas von den ältern Augustschen Tabellen abzuweichen; die Einrichtung unterschei- det sich von der Suhleschen Tafel dadurch, dass als Argumente nicht das trockne und feuchte Thermometer, sondern das trockne und die Differenz beider angegeben sind. Zur Empfehlung dieser Tafeln noch etwas zu sagen erscheint überflüssig. Schg. Physik. A. Kundt, Ueber die Schallgeschwindigkeit der Luft in Röhren. — Schon früher (Berl. Mon. Ber. 1865, 248) hat Kundt gezeigt, dass man die Schallgeschwindigkeit verschiedener Gase bestimmen kann durch die Staubfiguren, die in longitudinal schwin- genden Röhren entstehen. Zur Vermeidung von Ungenauigkeiten und Fehlerquellen sind jetzt die Versuche vom Verf. in etwas veränderter Form wiederholt und haben dieselben zu folgenden Resultaten geführt: 1) „Die Schallgeschwindigkeit der Luft in Röhren nimmt ab, wenn der Durchmesser des Rohres abnimmt, diese Abnahme ist zuweilen schon bemerkbar, wenn der Durchmesser des Rohres gleich der Viertelwelle des benutzten Tones ist. 2) Die Verringerung der Schallgeschwindigkeit nimmt mit der Wellenlänge L} des Tones zu. Setzt man die Schallge- schwindigkeit einer 55mm weiten Röhre gleich der in freier Luft —=332,8 m so ergeben sich für dieselbe in Röhren von Durchmesser d folgende Werthe: d 1, Z=90mm 1), 790mm 1/, Z= 30mm 26mm 332,73m 332,66m 333,45m 13mm. 329,47m 329,89m 329,87m 6,5mm 323,00m 327,14m 329, 19m 3,5mm 305,49m 318,88m 3) In die Röhre gestreutes Pulver lässt in weiten Röhren die Schall- geschwindigkeit ungeändert, in engen verringert es dieselben mehr oder weniger, je nach der bewegten Menge. 4) Bei sehr fein zertheiltem oder beweglichem Pulver ist die Verringung noch stärker. 5) Durch 103 rauhe Wände und eingeschobene Wände wird die Schallgeschwindigkeit verringert. 6) Von der Intensität des Tones ist die Schallgeschwindig- keit nicht merklich abhängig. — Es erklärt sich hieraus die Nichtüber- einstimmung der Töne musikalischer Instrumente mit der Theorie, — Die Ursachen der Veränderuugen sucht K. in einem Wärmeaustausch der zwischen Röhrenwand und Luft vor sich geht. — Es bestätigt sich ferner, dass die Schallgeschwindigkeit bei verschiedenem Druck constant der Factor «, d.i. der Ausdehnungscoöfficient der Luft ergibt sich gleich 0,008662. Der Verf. macht schliesslich darauf aufmerksam, dass seine Methode sehr genau sei und daher auch zu genauen Bestimmungen der spec. Wärme der einzelnen Gase, wenigstens ihrer Verhältnisse führen werde. — (Monatsbericht d. Berl. Acad. 1867, 858—864.) Schbg. G. Kirchhoff, über den Einfluss der Wärmeleitung in einem Gase auf die Schallbewegung. — Kundt hat gefunden, (vgl.d.vorige Referat), dass die Schallgeschwindigkeit der Luft in Röhren um so kleiner ist, je enger die Röhre und je tiefer der Ton. Helm- holtz hat diese Erscheinungen theoretisch mit Rücksicht auf die Reibung untersucht und gelangte dabei zu einer Formel, die mit den Kundt’- schen Beobachtungen zwar nicht im Widerspruch stand, doch aber im- merhin zu grosse Werthe lieferte. Die einfache Reibung kann mithin nicht zur Erklärung der Verzögerung der Geschwindigkeit bei Verenge- rung der Röhre hinreichen und Kundt vermuthet, dass der Wärmeum- tausch, zwischen der Luft, die den Schall fortpflanzt, und der Wand der umschliessenden Röhre die wesentlichste Ursache sei. Eine theo- retische Ventilation dieser Frage führt den Verf. zu einem Ergebniss, das im Allgemeinen mit den Kundtschen Experimenten im Einklang steht; man sieht daraus ein, dass die Schallgeschwindigkeit mit der Schwingungszahl des Tones und dem Durchmesser der Röhre abnimmt. Da in der Formel ein Wärmeleitungscoefüicient vorkommt, über dessen Grösse mit Berücksichtigung der Strahlung sich nur schwierig etwas sagen lässt, so widerspricht auch die Grösse der Verringerung zunächst dem Experimente nicht. Ebenso erklärt es sich, dass mit Vermehrung des Druckes die Schallgeschwindigkeit wächst und dass eine rauhere Oberfläche der Röhrenwandung eine Verminderung der Schallgeschwin- digkeit bewirken muss. Doch besteht ein Widerspruch zwischen Theorie und Praxis. Der Rechnung zufolge soll der Durchmesser der Röhre und der Verringerung der Schallgeschwindigkeit unter sonst gleichen Umständen umgekehrt proportional sein, während sie nach den Versu- chen bei abnehmendem Radius weit schneller als 1/r wächst. — (Pogg. Annal. 134, 177—193.) Brek. A. Kundt, über ein Maximum- und Minimum-Mano- meter für die Druckänderungen in tönenden Luftsäulen. — Setzt man ein gewöhnliches Manometer in die Wand einer Orgelpfeife, so ändert dasselbe während des Tönens seine Stellung gar nicht, weil die Schwingungen zu schnell auf einander folgen; Kundt hat nun das Manometer mit einem Ventil versehen, welches entweder nur die Ver- 104 dichtungen oder nur die Verdünnungen zur Wirksamkeit kommen lässt und daher im Stande des Manometers während des Tönens eine dauernde Veränderung bewirkt. Das Ventil besteht aus einer ebenen Metallplatte mit einem Schlitz von etwa Imm Breite und 4—10mm Länge, über dem- selben ist eine etwa 4mm breite dünne Membran (Blase, Gummi) aus- gespannt und an beiden Enden festgeklebt; an ihren langen Seiten liegt sie nur auf. Das Ventil wird in der Wand resp. im Deckel der Orgel- pfeife angebracht, und zwar entweder so dass die Gummihaut inwendig oder auswendig sich befindet, im ersten Falle wirken nur die Verdün- nungen, im zweiten nur die Verdichtungen. Das Manometer wird mit einer gefärbten Flüssigkeit gefüllt und zeigt bei gut construirtem Ventil eine Druckdifferenz von 1 Fuss, so dass die ganze Druckdifferenz zwi- schen Verdichtung und Verdünnung bis 2 Fuss beträgt d. h. ce. !/s At- mosphäre. Zu Demonstrationszwecken empfiehlt es sich mehrere Ma- “ nometer an einer Pfeife anzubringen, eins für Verdichtung, eins für Verdünnung und eins ohne Ventil; wenn das letztere einen kleinen Druck anzeigt, so ist diess ein Beweis dafür, dass das Labium falsch construirt ist; auch ein an einem Bauche angebrachtes Manometer än- dert seine Stellung nicht. Der Verf. macht noch besonders darauf auf- merksam, dass hiernach die in der theoretischen Behandlung der Pfeifen meistens gemachte Voraussetzung von der Kleinheit der Dichtigkeitsände- rungen durchaus nicht haltbar ist; — es ist daher dieser Versuch ein Beweis für die Richtigkeit der von Helmholtz gegebenen Theorie der Combinationstöne. — (Pogg. Ann. 134, 563—568.) Schbg. W.Rollmann, Pseudoscopische Erscheinungen. — Verf. berichtet im Anschluss an die von Sinsteden und Mohr (Pogg. Ann. Bd. 111) beschriebene Täuschung über die Umdrehungsrichtung der Flü- gel einer Windmühle, dass dieselbe auch eintrete, wenn man sich so stellt dass Flügel und Thurm nebeneinander erscheinen, befindet man sich sehr nahe in der Drehungsebene der Flügel, so gelingt es auch ein Paar Flügel rechtläufig, das andere Paar rückläufig zu sehen. Eine ganz ähnliche Täuschung tritt ein, wenn man die bekannten Plateau’schen Drahtnetze an ihrem Stiele zwischen den Fingern dreht, das Netz scheint dabei ganz andere Bewegungen zu machen als der Stiel, so dass man glauben muss das Netz sei mit einem Universalgelenk am Stiel befestigt. Um die Pseudoscopie zu sehen, darf man die Drehungsaxe nicht fixiren, sondern bei ruhenden Körper eine der entfernteren Ecken, (Pogg. Ann. 134, 615-—617.) Schbg. A. Weinhold, vier Aufhängepunkte am Pendel mit gleicher Schwingungsdauer. -- Verf. zeigt, dass auf jeder Seite des Schwerpunktes 2 Aufhängepunkte mit gleicher Schwingungsdauer vorhanden sind und spricht nun den Satz vom Reversionspendel — ge- nauer als man es bisher gethan — folgendermassen aus: Wenn ein Pendel gleiche Schwingungsdauer hat bei der Aufhängung an 2 unter sich parallelen Axen deren Abstände vom Schwerpunkt ver- schieden sind, so ist die Summe dieser Abstände gleich der Länge: des isochronen mathematischen Pendels. — (Zbda 621—627.) Schbg. 105 Chemie. R.Bunsen, über das Rhodium. — I. Darstellung des reinen Metalls. Bei der fabrikmässigen Verarbeitung der Platin- erze ergeben sich 3 Producte I) Erzrückstände, welche in aq. reg. un- löslich sind und aus Osmium und Iridium bestehen. 2) Osmiridium, welches durch aus 1 gewonnen wird und zur Darstellung von Ruthenium dient. 3) Mutterlaugenrückstände, welche aus der vom Platin befrei- ten Königswasserlösung durch Reduction mit Eisen abgeschieden werden und vorzugsweise reich an Palladium und Rhodium sind. Mit letzterem Material arbeitete Verf. und erhielt aus einem Kilogramm derselben nach der von ihm befolgten Methode: Kaliumplatinchlorid 117,5 Grm. Jodpalladium TO +09 Kaliumpalladiumchlorür 19:05 5 Schwefels. Iridiumoxyd-Natron 332,05; Iridiumsesquioxyd Dal Ferne Unreines, Rutheniumhaltiges Iridium 4,5 ” Das ursprüngliche Material wurde zunächst mit '/J—/s seines Gewichts Salmiak gemengt und im hessischen Tiegel bis zur völligen Verflüchtigung des Salmiak so lange schwach geglüht, bis nur noch Dämpfe von Chloreisen sich zeigten, die aus dem Tiegel genommene Masse mit 2—3 Th. roher NO5 bis zur Syrupconsistenz eingedampft. Man behandelt darauf mit Wasser, filtrirt und sättigt mit KCl, wodurch 62 Grm. PtCl2 + KCl erhalten wurden. Das Filtrat wird in eine grosse Flasche gebracht und mit Chlorgas gesättigt. Es werden nun 157 Grm. Salz abgeschieden, welche aus Kaliumpalladiumbichlorid bestehn, ver- unreinigt mit etwas Platin, Iridium und Rhodium. Die Flüssigkeit wird zur Trockne gedampft, liefert wieder mit Wasser zerrieben und filtrirt noch 13,5 Kaliumplatinchlorid. Der zinnoberrothe Palladiumniederschlag (157 Grm.) wurde nun in kochendem Wasser gelöst, gab mit 60 Grm. Oxalsäure eingedampft einen Rückstand von 42 KCl + PtC12; die ab- filtrirte Flüssigkeit gab beim Eindampfen und Erkalten 19 Grm. grüne grosse Krystalle von Kaliumpalladiumchlorür. Die von diesen Krystallen abgelaufene Lauge mit KJ ausgefällt lieferte 77 Grm. PdJ. Die Mutter- lauge davon enthält nur noch Spuren Iridium und Rhodium, welche durch Eindampfen mit KJ zur Trockne als Jodverbindungen erhalten und mit dem ursprünglich in Salpetersäure ungelöst gebliebenen Rück- stand weiter verarbeitet werden, der 0,4 Kilogramm betrug. Man schmilzt zu dem Zwecke 3—83,5 Rilo käufliche Zinkabfälle unter zeitweisem Zu- satz von Salmiak unter einer Chlorzinkschicht in einem 2 Liter fassen- den hessischen Tiegel und trägt jenen zuvor mit Salmiak gemischten und schwach geglühten Rückstand dann ein, worauf man das Feuer nach 2—3 Stunden unter öfterem Salmiakaufgeben unterhält. Nach dem Erkalten besteht der Tiegelinhalt aus 3 Schichten, von denen die obere kein Platinmetall enthält und leicht durch Hammerschlag entfernt wer- den kann; die mittlere sehr kleine Schicht enthält nur wenige schwerer schmelzbare Körner, diese schlämmt man ab und verarbeitet sie mit dem schön krystallinischen unten befindlichen Hauptregulus. Derselbe wird 106 noch einmal mit 0,5 Kilogrm. Zink unter Aufstreuen von Salmiak um- geschmolzen, granulirt und mit roher Salzsäure gelöst. Das sich am Boden absetzende schwarze schwere Pulver enthält die Platinmetalle, deren Gesammtmenge circa 65 Grm. beträgt. Es zeigt bei mässigem Erhitzen Feuererscheinung, besteht im Wesentlichen aus Rhodium und Iridium, enthält aber noch Verunreinigungen anderer Metalle. Es wird mit der 3—4fachen Menge völlig entwässerten Chlorbaryums gemischt im Chlorstrome 3 Stunden erhitzt, wodurch 93 pC. aufgeschlossen waren; der nicht aufgeschlossene in Salpetersäure unlösliche Theil war hauptsächlich Ruthenium. Die salpetersaure Lösung wird zuerst durch Schwefelsäure vom Baryt befreit und dann durch Wasserstoffgas reducirt. Der sich zuerst bildende Absatz besteht aus kleinen Mengen Platin und Palladium, im später Abgesetzten überwiegt das Rhodium und Iridium die andern Metalle Die Reduction ist beendet wenn die Flüssigkeit eine grünlichgelbe Farbe angenommen hat. Die abgeschiedenen Metalle werden mit Königswasser von Platin und Palladium befreit, wobei sich auch Spuren Rhodium und Iridium lösen. Der ungelöste Theil wird mit Wasserstoff in Glühhitze reducirt und wieder mit Chlorbaryum im Chlorstrom in die Chlorverbindungen übergeführt. Die braunrothe wäss- rise Lösung wird nun mit HC] eingedampft, filtrirt, mit grossem Ueber- schuss von Na0.230? versetzt und mehrere Tage bei Seite gesetzt, worauf sich das Rhodium als amorphes ceitronengelbes schwefligsaures Doppelsalz abgeschieden hat. In der Flüssigkeit befindet sich noch das Iridium. — (Annel. d. Chem. w. Pharm. 146, 265.) A. Claus, über Propylphycit und die sog. Propylphy- citsäure. — Schon früher hatte Verf. die Ansicht ausgesprochen, dass die von Carius dargestellten Verbindungen der Aldehyd der Glycerin- säure und diese selbst wären, und nicht ein 4atomiger Alkohol und die dazu gehörige Säure. Bei Einhaltung des von Carius angegebenen Ver- fahrens (Darstellung von Dichlorhydrin aus Glycerin und Halbchlorschwefel, Umwandlung des so gewonnenen Dichlorhydrins zu Dichlorbromhydrin durch Erhitzen desselben mit Brom in zugeschmolzenen Röhren Zer- setzung des gewaschenen Productes mit überschüssigem Aetzbaryt, Um- wandlung des Barytsalzes in die Silberverbindung und Entfernung des Silbers mittelst Schwefelwasserstoffi) fand Claus, dass der zuerst ent- stehende Aldehyd sehr schnell in Glycerinsäure überging, welche sich in Nichts von der durch directe Oxydation mit Salpetersäure aus Gly- cerin entstehenden Säure unterscheidet. — (Zbenda 146, 244.) M. Simpson und A. Gautier, Verbindung von Aldehyd und Blausäure. — Lässt man gleiche Molecule wasserfreier Blausäure und Aldehyd 10—12 Tage bei 20—30°C. stehen, so erhält man daraus durch Destillation eine bei 182—184° siedende Flüssigkeit, welche die Vereinigung beider Stoffe ist. Die Verbindung zerfällt aber schon theil- weise bei der Temperatur ihres Siedepunktes, aber beim Stehenlassen in der Kälte vereinigen sich die Bestandtheile wieder. Die Verbindung ist farblos, ölig von schwachem Geruch und bei — 21° nicht krystalli- sirbar. Kali zersetzt die Verbindung, die Einwirkung des Ammoniaks 107 ist noch nicht zur Genüge studirt. Chlorwasserstoffsäure bewirkt die Entstehung von Gährungsmilchsäure. — (Zbenda 146, 254.) A. Strecker, Bildung von Glycocoll aus Harnsäure. — Erhitzen von Harnsäure mit kalt gesättigter Jod- resp. Chlorwasserstofi- säure in einem zugeschmolzenen Glasrohr auf 160—170 zerfällt erstere gemäss der Gleichung e>H4N?93 + 5H20 —= G2HSN92 -- 360? + 3NH®. — (Ebenda 146, 142). A. Lieben, Darstellung reinen Phosphortribromürs. — Ein Kölbehen A ist durch einen doppelt durchbohrten Cautschouk- stopfen verschlossen. Es steht durch eine Glasröhre, welche, bis auf den Boden des Kölbchens reichend durch die eine Oeffnung des Sto- pfens hindurch geht, mit einem Apparate in Verbindung, welcher einen continuirlichen Strom reiner CO? liefert. Andrerseits steht das Kölbchen A durch eine unter seinem Stopfen mündende Röhre, die zweimal im rechten Winkel gebogen ist, mit einem zweiten Kölbchen B in Verbin- dung, das auch durch doppelt durchbohrten Stopfen verschlossen ist. In die zweite Oeffnung des Stopfens B ist ein Destillationsrohr einge- setzt, durch welches die CO? entweicht. Nachdem der Apparat mit CO*® gefüllt ist, wird wohl abgetrockneter reiner weisser Phosphor in Kölb- chen B eingetragen, und in Kölbcehen A die berechnete Menge trocknen Broms. Man lässt nun durch den CO2-strom das Brom zum Phosphor nach B übertreten. Das Zuführungsrohr mündet nahe über dem Phos- phor, welcher sogleich das Brom absorbirt und sich allmälig verflüchtigt. Durch gelindes Erwärmen von A im Wasserbade kann man das Ver- dampfen des Broms beschleunigen, thut dann aber gut das Kölbchen B mit Schnee zu kühlen. — Nachdem alles Brom von A nach B über- gegangen ist, wird die in B enthaltene Flüssigkeit abdestillirt. Sie ist reines Tribromür. — (Zbenda 146, 215.) E. Drechsel, Reduction der Kohlensäure zu OÖxalsäure. — Wenn man in einem Kölbchen ein Gemenge von reinem Quarzsand und Natrium auf 320° erhitzt und einen raschen Strom trockner CO? überleitet, geht die Masse allmälig in eine dunkele pulverige Masse über. Diese breitet man nach dem Erkalten auf einem flachen Teller aus, extrahirt sie, nachdem sich das Natrium oxydirt hat, mit Wasser aus, sättigt mit Essigsäure und fällt mit Chlorcalcium. Mit 60 Grm. Natrium wurden 6 Grm. reiner Ca0.Ox erhalten. Zweiprocentiges Ka- liumamalgam scheint noch bessere Ausbeute zu liefern. — (Zbenda 146, 1410.) W. Henneberg, über Cellulose. — Die von Ritter gemachte Angabe, dass die nach dem Verfahren von Schulze dargestellte Cellu- lose (mittelstt 3 Th KO.C1O° und 20 Th. NO® von 1,16 spec. Gew.) chlorhaltig sei, wird als irrig zurückgewiesen. Um aus Holz, Stroh etc. die reine Cellulose zu erhalten, sollen nach H. ı Gewichtstheil, vorher mit Wasser, Alkohol und Aether extrahirt, 12—14 Tage bei höchstens 15° C. mit 0,8 Th. KO.C1O® und 12 Th. NOS von 1,1 spec. Gew. im ver- stöpselten Glase stehen bleiben, Man verdünnt sodann mit HO, ältrirt 108 wäscht erst mit kaltem und dann mit heissem HO aus, digerirt hierauf 3/), Stunden mit schwacher Ammoniakflüssigkeit (1:50), wäscht erst mit Ammoniakhaltigem Wasser, dann mit Alkohol und Aether aus. Das so erhaltene Product ist reiner als das nach dem gewöhnlichen Verfahren und enthält kein Chlor. — (Zbenda 146, 130.) J. v. Liebig, über den Werth des Liebigschen Fleisch- extractes für Haushaltungen. — Man hat dem Extractum carnis den Vorwurf gemacht, dass bei dem Preise von 4 Thaler pro Pfund der Teller Suppe (zu 300 CC. gerechnet) auf 2 Sgr. zu stehen komme, wäh- rend er aus 0,25 Pfd. frischem Fleisch etwa 1—1!/, Sgr. koste und besser schmecke. L. verwahrt sich dagegen, dass er behaupte, die aus dem Extract dargestellte Suppe schmecke besser als frische Brühe; er be- merkt jedoch, dass wenn man der vom Extract dargestellten Suppe Ge- müse (als gelbe Rüben, Sellerie, Lauch, gebratene Zwiebeln etc.) bei- gebe, vielleicht noch etwas Fett und die nöthige Menge Kochsalz der Geschmack sehr wesentlich verbessert würde. Bei der Darstellung der Brühe aus Fleisch schrumpft dieses zusammen und verliert 16—20 pC. seines Gewichts, welche hauptsächlich aus Wasser bestehen. Bei mehr- stündigem Kochen löst sich allmälig das feine Bindegewebe zu Leim auf und je länger gekocht wird, um so ärmer wird der Fleischrückstand an löslichen und extractiven Bestandtheilen; die wesentlichen Bestand- theile der Brühe aber sind Fleischextract, Leim und Fett. Je dünner oder feiner aber die Fleischpartikelchen gemacht werden, um so schneller wird es möglich sein aus einer angegebenen Fleischmenge mit heissem - Wasser das Extract zu entfernen, und dabei die Leimbildung zu be- schränken. In Fray-Bentos wird daher das Fleisch in die Form von Wurstfüllsel gebracht, mit Wasser nur bis zum Sieden erhitzt, und auf diese Weise eine fast leimfreie Brühe erhalten, und bei möglichst nie- derer Temperatur (Vacuum) zur Extracteonsistenz die reine Brühe ein- gedampft. 34 Pfd. reines Fleisch der 3—4jährigen Thiere liefern 1 Pfd. Extract. Da nun ein Liter aus Fleisch gekochter Brühe der Haushal- tungen so viel Extract liefert als 7,2—8,5 Grm. amerikanischen Extract entspricht, ein Liter Suppe ungefähr 3 Teller Suppe liefert, so würde _ man aus 1 Pfd. Amerik. Extract 179— 210 Portionen Suppe herstellen können zum Preise von 6,5—7,5 Pfennigen. — (Ebenda 146 —133.) J. Huch, über Bereitung künstlichen Weines. — Man löse 20 Pfd. Stärkezucker in 100 Pfd. heissem Wasser und fügt unter Umrühren der Lösung 0,25 Pfd. phosphorsaures Natron, 0,5 Pfd. Wein- säure, 0,25 Pfd. weinsaures Kali und 0,125 Pfd. Kochsalz hinzu. Nach erfolgter Auflösung der Salze gebe man die Flüssigkeit auf ein Eimer- gebind, füge 1,5 Pfd. kleingekochte in den Zustand der Gährung über- geführte Rosinen hinzu und stelle das Gefäss lose verschlossen in einen Raum, dessen mittlere Temperatur 15°C. ist. Nach Verlauf von 8—10 Wochen, in welcher die Gährung beendet sein soll, fügt man der Flüs- sigkeit 0,125 Pfd. Tannin, in einer kleinen Quantität der vergohrenen Flüssigkeit gelöst, hinzu, lässt einige Tage absetzen und bringt die klar abgegossene Flüssigkeit auf ein anderes stets voll zu haltendes 109 Fass in einen kühlen Raum und behandelt die so erhaltene Flüssigkeit in Herstellung der Blume wie jeden natürlichen Wein. — (Artus Vier- teljahrsschrift 1868 p. 64.) L. Kunheim, verbesserte Paraffindestillation. — Verf. schlägt vor, direct den Theer mit Schwefelsäure zu behandeln, und die nach Entfernung der Schwefelsäure gereinigten T'heere über einigen Pro- centen gelöschten Aetzkalkes zu destilliren; nach K. werden hierdurch 40—50pC. der Unreinigkeiten des 'T'heers zurückgehalten und gelangen nicht in die Paraffinmasse. — (Deutsche chem. Ges. 7 Berlin 1868 pag. 133.) | Smt, Geologie. C.A. Lossen, die Felsitgesteine am Rande des Auerberges bei Stolberg im Harz. — Diese dichten Felsite umgeben keineswegs ringsum mantelförmig die porphyrisch auskrystal- lisirte Hauptmasse des Berges, sondern laufen gangförmig von derselben aus nicht radial nach allen Richtungen, sie bilden vielmehr gegen NWN und SOS die in h Lı streichende Verlängerung der Längsrichtung des Berges, während auf der gegen Stolberg gekehrten Breitseite desselben überall das Schiefergebirge unmittelbar an den grobkrystallinischen Por- phyr gränzt. Der Auerberg ist also keine eruptive Oentralmasse, son- dern ein mächtiger Porphyrgangstock, der sich in seiner streichenden Verlängerung in mehre nahezu parallele Felsitgänge zertrümmert. Am lehrreichsten ist ein Gang auf der SSeite des Berges, derselbe bildet südlich der neuen Forststrasse die Klippe des güldenen Altars, wird dann von der Krumschlacht durchquert, ist in den Steinbrüchen des Schwendener Kirchenholzes gnt aufgeschlossen und endet westlich dieses Dorfes in der Feldflur. Auf der NSeite trifft man die Gänge in dem Wege von Stolberg nach Strassberg. Nördlich davon auf der Has- selhöhe bieten zu beiden Seiten der neuen Strasse die Steinbrüche gute Aufschlüsse. In einem derselben durchsetzt ein schmaler h. 10 strei- chender Gang die Schichten messerscharf ohne jegliche Störung, zu beiden Seiten streichen dieselben h.& und fallen unter demselben Win- kel gegen 8. ein. Die feuerflüssige Masse hat danach die Spalte nicht erst aufgerissen, sondern ist in einer offenen Spalte aufgestiegen und an deren Wänden in dem engen Raume abgekühlt, zu dichtem Felsit er- starrt, im Gegensatz zu der langsam in sich selbst erkaltenden und daher deutlich auskrystallisirten Porphyrmasse des grossen Berges. Be- deutendere Schichtenstörungen scheinen selbst in der Umgebung dieses letztern nicht vorhanden zu sein. Das von Hausmann als abnorm be- zeichnete und dem Porphyr zugeschriebene Einfallen der Schichten gegen SW und WSW zwischen dem Auerberge und Stolberg steht jedoch durchaus in Uebereinstimmung mit den richtig verstandenen Lagerungs- verhältnissen des Harzer Grauwackengebirges. Auf der verlängerten Streichungslinie des Auerberges liegen die Felsitgänge von Breitenstein, Güntersberge, Stiege und Hasselfelde mit theilweise sphärolitsischer Aus- bildung sowie der Porphyr von Ludwigshütte-Altenbrack. Stunde 111/a ist überhaupt die mittle Streichrichtung der zwischen h. 9 und 2 ver- laufenden Porphyrgänge des Harzes. Denn das gleiche Generalstreichen 110 theilt ein zweiter Porphyrgangzug, der von dem Poppenberge bei Ilfeld durch den Tiefenbach über Trautenstein, Elbingrode und Wernigerode den ganzen Harz durchsetzt. Hausmanns Annahme, nach welcher die Harzporphyre zwei Hauptzüge bilden, die der Hauptausdehnung des Gebirges ziemlich parallel sind, beruht auf einer lückenhaften Kenntniss der Vorkommen und lässt das Streichen der Einzelgänge unberücksich- tigt, Die mittle Streichrichtung h 11), kehrt auch in der Haupterhe- bung des porphyrischen Theiles des Thüringerwaldes und in vielen Porphyrgängen des sächsischen Erzgebirges wieder. — (Geolog. Zeit- schrift XX. 453—455.) D. Stur, geologische Karte des oberen Granthales und des oberen Waagthales. — Dieselbe begreift ein Stück der Karpathen vom Parallelkreis von Sliac an nördlich bis an die Waag; ein Viereck, welches durch die Orte Hradek und Sucani an der Waag, und Bries und Neusohl an der Gran hinreichend bezeichnet sein dürfte. Von SO und O her greifen in dieses Terrain zwei altkrystallinische Ge- birge ein, und bilden das Skelet des aufgenommenen Gebietes. Im SO ist es das Vepor-Gebirge, dessen Ausläufer bis Rhonitz an der Gran reichen, und das Wassergebiet des Hronec einnehmen. Im O, in der Gegend zwischen Bries und Hradek tritt die Fortsetzung der Kraloyva hola, als altkrystallinisches Gebirge ins Gebiet, und bilden die Niznie Tatry, die von Djumbir erst östlich. fortschreiten, sich dann nach SO wenden, und von der Prasiva an niedriger werdend, nördlich von Li- pitsch, ein sichtbares Ende nehmen. In weiterer südöstlicher Fortset- zung der Richtung dieses Gebirges treten noch einmal in der Umgegend von Altgebirg Gneise und Glimmerschiefer auf, die man als Dependen- zen der Niznie Tatry bezeichnen kann. Im NO Theile des Gebietes erscheint endlich eine vierte Partie von eozoischen Gebilden, im mitt- leren Theile des Lubochna - Thales aufgeschlossen, die von da in SO bis Osada, in NO bis in die Gegend von Sucani SO, ausgedehnt ist. Zwischen dem Vepor-Gebirge und dem Djumbir- und Altgebirgerkry- stallinischen Gebirge ist das Granthal eingesenkt. Nördlich von Djumbir und dem Lubochnaer Gebirge fliesst die Waag. Zwischen dem Djumbir und dem Lubochnaer Gebirge endlich liegt das Wassergebiet der bei Rosenberg in die Waag mündenden Revuca. Die Wassergebiete der drei Flüsse: Gran, Waag und Revuca, sind mit viel jüngeren Gebilden, vorzüglich aus der mesozoischen Zeit ausgefüllt. Im Granthale findet man das eozoische Vepor-Gebirge aus der Gegend von Neusohl, südlich, bei Libethen vorüber bis Brezova einen ununterbrochenen Zug aus Quar- ziten, sogenannten körnigen Grauwacken und rothen Sandsteinen ange- lehnt, dessen Fortsetzung in geringerer Mächtigkeit noch im N von Bries bis an die östliche Gebietsgrenze zu verfolgen ist. In Brezova liefert dieser Gesteinszug die für die Gegend nöthigen Gestellsteine. Ueber den rothen Sandsteinen lagern echte Werfener Schiefer mit Pe- trefacten, und über diesen folgen die Ablagerungen der mittleren und oberen Trias, zunächst der Muschelkalk mit Terebratula vulgaris und Terebratula angustata. Darüber das Niveau des Lunzersandsteins mit 111 Equisetites arenaceus Schenk., auf den meisten Stellen in der Form der Reingrabener-Schiefer entwickelt, in welchem, bei Dubava N., Halobia Haueri Stur häufig vorkommt. Ueber den Reingrabener Schiefer folgen lichte Kalke und Dolomite, auf mehreren Stellen Durchschnitte von Schnecken zeigend, bedeckt und von dem obersten triadischen Niveau: den rothen Keuper-Mergeln. Die rhätische Formation ist nur durch Kössener-Kalke vertreten, die überall, wo sie nachgewiesen sind, eine sehr geringe Mächtigkeit zeigen, und bei Herrngrund eine sehr reiche Fauna enthalten, die durch das häufige Vorkommen von Acephalen aus- gezeichnet ist. Ueber den Kössener - Schichten folgen Fleckenmergel, die sämmtliche liasische, jurassische und die Neocom-Ablagerungen ver- treten. Nur äusserst selten und von sehr geringer Ausdehnung sind in diesem Gebiete Ablagerungen von der Form der Grestenerkalke, der Hierlatzkalke und der Adnetherkalke entwickelt; sehr wenige Funde von Aptychen bezeugen ferner das Vorhandensein der jurassischen und Neocomien-Aptychenkalke. Doch war es unmöglich, diese Glieder auf der Karte, zumeist wegen Mangel an Versteinerungen zu trennen, und das Fleckenmergelgebiet im Granthale ist daher durch eine Farbe bloss angedeutet. Die über dem Neocom folgenden Schichten, der sogenannte Neocom-, Karpathen- oder Choc-Dolomit, mit den Einlagerungen des Sipkover-Mergels, fehlen dem Gebiete der oberen Gran gänzlich, Die jüngsten Ausfüllungen von Mulden des Granthales bilden die eocänen Conglomerate und Sandsteine bei Liptsch, Lhota und Mito, ferner neogene Ablagerungen mit unbedeutenden Braunkohlenflötzen im Nord- osten von Neusohl und im Becken von Bries. Endlich reichen Trachyte und Trachytbreccien, vom Osten her bis Bries, vom Süden her bis Li- bethen, vom Südwesten endlich bis an den Pass Hermanetz. Im Was- sergebiete der Revuca sind die rothen Sandsteine und Quarzite gering mächtig, Werfener-Sehiefer fehlen; das Niveau der Lunzersandsteine ist durch Kalkmergel und kalkige Sandsteine vertreten; die obertriadi- schen Dolomite und rothen Keupermergel sind sehr ausgezeichnet ent- wickelt. Die rhätischen, liasischen, jurassischen und Neocom-Ablage- rungen sind hier besser trennbar. Sehr grosse Mächtigkeit erreicht hier der Choc-Dolomit, mit seinen Einlagerungen der Sipkover-Mergel. Die Schichten erfüllen drei Mulden: bei Osada, Koritnica und in der Gegend des Sturecpasses, die sowohl untereinander, als auch mit dem grossen Ablagerungsgebiet des Choc-Dolomits im Osten der Turocz fast gar keinen Zusammenhang zeigen. Im Wassergebiete der Waag endlich bilden dieselben Ablagerungen in ganz gleicher Form die nördlichen Vorlagen der Niznie Tatry und des Lubochnaer Gebirges. In der Mitte dieser langen Reihe von Vorbergen, etwa südlich von Deutsch-Liptsch fehlen die Choc - Dolomite, und sind dieselben sowohl von Rosenberg die Waag abwärts, als auch südlich von St. Miklos und Hradek um so reichlicher entwickelt, Die Niederungen des Waagthales sind mit eo- cänen und diluvialen Ablagerungen erfüllt. Dem Djumbir-Gebirge ge- hört der Gold- und Antimon-Bergbau Magurka an. Bei Altgebirg und Herrngrund gehört der sogenannten körnigen Grauwacke der, seinem 112 gänzlichen Ausbaue nahestehende Kupferbergbau an. Im Thonglimmer- schiefer-Gebiete östlich von Libethen auf der Kolba werden Nickel- Kobalt-Erze, begleitet von eingesprengtem Kupferkies gewonnen. Nur die Eisenerze der Baloger Gegend, Rhonitz SO, und die von Jaraba sind dem krystallinischen Gebirge angehörig. Die zu Libethen ver- schmolzenen Eisenerze der Jemesna, und die von Posatek, ferner die Eisenerze von Pojnik Huta (Zolna) sind an der Grenze obertriadischer Dolomite, gegen die Trachyttuffe als Umwandlungsproducte der ersteren zu finden, und sind stellenweise reichlich mit Kieselsäure imprägnirt. — (Verhdign Geol. Reichsanstalt 31. März.) Oryltognosie. A.Sadebeck, Krystallisation des Ku- pferkieses. — Haidinger erkannte zuerst, dass der Kupferkies quad- ratisch krystallisirt und bestimmte auch dessen Zwillingsgesetz. Verf. bezeichnet als erstes Tetraeder dasjenige, welches entsteht, indem sich die dem Beobachter rechts liegende obere Fläche der quadratischen Pyramide nebst den dazu gehörigen ausgedehnt. Dieses ist nach Hai- dinger stets gestreift, das zweite Tetraeder dagegen glänzend. Ein wei- terer Unterschied beruht in dem Umstande, dass die tetragonalen Ska- lenoeder: 1/s(a:3a:c) aus der Kantenzone der Grundform, welches die Kante zwischen dem ersten Tetraeder und der Grundform abstumpft, und ı/2(a:53:°/sc) aus der Diagonalzone der Grundform, welches die Kante zwischen dem ersten spitzeren und dem Tetraeder erster Stellung abstumpft, nur über dem ersten Tetraeder auftreten. Am zweiten Te- traeder scheint kein Skalenoeder vorzukommen. Bei den Zwillingsver- wachsungen nach dem ersten Gesetz, nach welchem die Zwillingsebene eine Fläche der Grundform ist, entstehen Zwillinge wie bei dem Spinell, wenn beide Tetrader sich im Gleichgewicht befinden. Meist sind die Tetraeder unterscheidbar und zwar legt sich das eine Individuum des ersten Tetraeders an eine Fläche des zweiten Tetraeders des andern Individuums an, so dass immer neben eine Tetraderfläche erster Stel- lung eine solche zweiter Stellung zu liegen kömmt. Sind die Indivi- duen tetraedrisch ausgebildet, so wächst das eine an den Seiten des an- dern heraus, man kann sie als durcheinander gewachsen betrachten, - welche eine Fläche des Tetraeders erster Stellung gemein haben und um 60° gedeckt sind. Beide Individuen zeigen dann in ihren Flächen eine verschiedene Entwicklung. Nach der Krystallisation lassen sich unterscheiden: einfache Krystalle, sehr selten; ein Vorkommen von Ul- ster County, New York zeigt eine Combination des vierfach stumpferen Tetraeders mit dem vierfach schärferen anderer Stellung, ausserdem ein Skalenoeder. Zwillinge: nach dem zweiten Haidingerschen Gesetze, demzufolge die Individuen eine Fläche deserstern stumpferen Oktaeders gemein haben so bei Krystallen aus Kornwall und von Siegen, nicht aber bei den Fünflingen von Neudorf am Harz. Diese Krystalle haben eine Fläche des ersten schärferen Oktaeders gemein. Das dritte Hai- dingersche Gesetz beobachtete Verf. nicht. — (Geolog. Zeitschrift AZ. 451—453.) Huyssen, Sylvin bei Stassfurt. — In derbem Zustande ist 113 dies Mineral schon seit einigen Jahren als Leopoldit, Schätzellit, Hö- velit von Stassfurt bekannt, ist farblos oder weiss, selten röthlich, dem reinen Steinsalz sehr ähnlich, in der Spaltbarkeit ihm gleich, hat aber einen schärferen Geschmack; anfangs nur spärlich im Kieserit angetrof- fen, wurde er neuerdings derb in grössern Nestern, in Stücken bis 50 Pfund gefunden. Er besteht aus reinem Chlorkalium. Krystallisirt fand er sich in der Carnallitregion der bunten Abraumsalze, wo umgeben von Steinsalz, Carnallit, Boracit, derbem Sylvin flache bis 2’ grosse Drusen vorkommen, deren Wände mit prachtvollen Krystallgruppen bedeckt sind. Die Krystalle sind Würfel mit untergeordneten Octaederflächen, kleine bis 2° gross, nur an den grössten herrscht das Oktaeder vor. Spaltbarkeit den Würfelflächen parallel; spec. Gew. 1,97— 2,0. Meist farblos, durchsichtig, selten röthlich theils durch mechanisch einge- schlossenen Eisenglimmer theils durch eine gasförmige Substanz. Ein kleiner Gehalt an Chlormagnesium veranlasst das Anziehen von Feuch- tigkeit aus der Luft und das Mattwerden des Glanzes. Die Krystalle bestehen bald aus reinem Chlorkalium bald mit geringen Beimengungen von Chlornatrium und andern Bestandtheilen, Gas, Wasser, Sand, schwefelsaures Kali, schwefelsaures Magnesia, Chlormagnesium. Ein konstantes Mischungsverhältniss hat sich nicht ergeben, der Chlorka- liumgehaltschwanktvon 100— 85,431, der des Chlornatrium von 13,321 —0 pC. (Ebda 460.) G. Rose, zersetzter Grossular aus Sibirien. — Am Wi- lui im östlichen Sibirien kommen in einem harten grünlichgrauen Ge- stein mit grossen ganz frischen Vesuviankrystallen zersetzte schnee- weisse Krystalle vor, Triakistetraeder, Hemieder des Leucitoeder, die blos aus Kieselsäure bestehen. Verf. hielt sie früher schon für zersetzten Grossular, da er in Petersburg lose Leucitoeder von Grossular vom Wilui gesehen hatte, die durch Vorherrschen der abwechselnden drei- flächigen Flächengruppen von einem ganz tetraedischen Aussehen waren. “Auerbach hat nun aus Jakutsk, Uebergangskrytalle, Triakistetraeder mit untergeordneten Flächen des Gegentriakistetraeder erhalten, welche über jene Deutung keinen Zweifel mehr lassen. Es kommen daselbst frische Grossularleueitoeder in Gesellschaft und ohne Vesuvian vor, mit und ohne jene zersetzten Krystalle. — (Zbda 462.) Palaeontologie. Osw. Heer, die miocäne Flora der Polarländer. — Das schöne Material aus den Museen in Dublin, London, Stockholm und Kopenhagen aus Nordkanada, dem Banksland, Nordgrönland, Island, Spitzbergen wurde dem Verf. zur Untersuchung mitgetheilt. Von den erkannten 162 Arten sind 18 Cryptogamen, darun- ter kleine Blattpilze und 9 grosse Farren; die Phanerogamen sind 31 Coniferen, 14 Mono- und 99 Dikotylen. Es bildeten 78 Arten Bäume und 50 Sträucher, also 128 Arten holzartige Gewächse. Unter den Na- delhölzern finden sich Tannen, Fichten, Föhren, die meisten zeigen amerikanische Typen: so ist Pinus Macclurei der P.alba Canadas über- aus ähnlich, sie bildet förmliche Holzberge auf Banksland; auf Island 7 Pinusarten: Weisstannen, Fichten und Föhren. Noch häufiger sind Bd. XXXII, 1868. 8 114 die Sequoien, die miocän überall in Europa, Asien und Amerika vor- kommen, jetzt nur noch in Kalifornien in 2 Arten 8. sempervirens und gigantea. In der miocänen Zeit lebten in der Polarzone 4 Arten, da- von 3 über ganz Mitteleuropa verbreitet. S. Langsdorfi war der Haupt- baum NGrönlands, und er stand auch in NKanada, auf der Insel Van- couver, wie in Deutschland, der Schweiz und Italien, ist. der S. semper- virens sehr ähnlich, ers nur durch „grössere Frucht - Zapfen. Die auf Island häufige $. Sternbergi ist der S. gigantea oder der Wel- lingtonia näher verwandt und die grönländische $. Couttsiae hält die Mitte zwischen beiden. Sehr reich vertreten sind die Cypressenartigen Bäume durch Taxodium, Thujopsis und Glyptostrobus, die beiden letz- tern gegenwärtig nur in Japan, die erste in NAmerika heimisch. Glyp- tostrobus europaeus und Taxodium dubium hatte dieselbe weite Ver- breitung wie Sequoia Langsdorfi, seltener ist Thujopsis europaea. Unter den Taxineen ist eine Grönländische Salisburea beachtenswerth, die gegenwärtig in Japan ihre Vertreter hat. Von den vielen arktischmio- cänen Laubbäumen sind die Buchen- und Kastanienbäume den unserigen sehr ähnlich. Fagus Deucalionis ist unserer gemeinen Buche sehr nah verwandt und war über den ganzen Norden verbreitet. Manichfaltiger erscheinen noch die Eichen, in Nordgrönland 8 Arten, die meisten mit grossen, schön gezackten Blättern, heutigen amerikanischen ähnlich, die von Nordkanada bis Grönland und über Island verbreitete Quereus Olaffeni entspricht Q. priuus der vereinten Staaten. Platanus aceroides war über den ganzen Norden verbreitet. An Indiyiduenzahl dominiren die Pappeln. Populus Richardsoni und arctica gehören mit Sequoia Langsdorffi zu den gemeinsten Bäumen der Polarzone vom Mackenzie bis nach Spitzbergen, dagegen sind die Weiden sehr selten, während sie in der heutigen Polarflora !/, der Holzarten ausmachen. Die Birken waren häufig in Island, wo auch ein Tulpenbaum und ein Ahorn wuchs. Aus Grönland wurden die Nussbäume, eine lederblättrige Magnolia und und ein Prunus bekannt, aus Spitzbergen eine grossblättrige Linde. Zu diesen bekannten Baumtypen kommen noch einige fremdartige, so die Daphnogene Kanei mit grossen oder Lederblättern wahrscheinlich eine Laurinee, vier andere sind Proteaceen. Als Sträucher erscheinen Co- rylus M’Quarrii, die über den ganzen Norden in Spitzbergen bis 78° verbreitet war, ferner Alnus Kefersteini mit gleicher Verbreitung; in Grönland Ale von Kreuzdorn, Paliurus, Cornus, Crataegus, Ilex, Andromeda und Myrica. Auch Schlingsträucher fehlten nicht, ein Epheu am Mackenzie und in Grönland, Weinarten ebenda und in Island. So zeigt die arktische Flora der Miocänzeit ein buntes Gemisch von Laub- und Nadelbäumen umrankt von Weinreben und Epheu mit Untergebüsch von Sträuchern und Farren. Wie ganz anders die heutige Flora da- selbst! Nordgrönland deckt ein unermesslicher Gletscher der nur einen schmalen Küstenstreif im Sommer frei legt, wo einst ein üppiger Urwald stand, in Spitzbergen noch Taxodien und Platanen unter 78%, unter. 79° noch eine Pappel und Linde. Die Föhren und Pappeln gehen jetzt noch 15° über die Platanen hinauf und so mag es auch zur Miocänzeit 115 gewesen sein, sie reichten also damals bis an den Pol. Heer nimmt daher ein ganz anderes Klima für jene Zeit an, Spitzbergen muss unter 79° eine mittle Jahrestemperatur von 5° C, gehabt haben, die Schweiz in derselben Zeit aber 21° C., Grönland unter 70° aber 9° C., Island unter 65° schon 11,5% C. Gegenwärtig beträgt der Unterschied zwischen der Schweiz und Spitzbergen 20,6° und es fand damals also eine viel allmähligere Wärmeabnahme nach Norden Statt. Aus grosser Ferne können jene arktischmiocänen Pflanzen nicht herbeigeschwemmt sein, da die Blätter vortrefflich erhalten sind und in Masse beisammen lie- gen, Blühten, Früchte, Samen, zarte Triebe und Insekten sich finden, alles spricht für Wachsthum in unmittelbarer Nähe der jetzigen Lager- stätte. Hinsichtlich der Ursachen der Klimaänderung erklärt sich Heer gegen Evans’ Annahme: einer Aenderung in der Form der Pole, denn es finden sich nirgends Andeutungen einer Verschiebung der Pole, die Verhältnisse waren damals unter allen Breitengraden dieselben. Viel- mehr war die Vertheilung von Land und Wasser eine ganz von der heutigen abweichende. Jetzt verhalten sich beide wie 1:2!/ und die Hauptmasse des Festlandes fällt auf die nördliche Hemisphäre ausser- halb der Tropen, durch eine gleichmässige Vertheilung von Festland und Wasser über alleZonen würde die gemässigte und kalte Zone ein wär- meres Klima als jetzt erhalten. Aber auch mit dieser Vertheilung würden wir noch nicht das Klima für die Spitzbergische Miocänflora erhalten. Die Eigenwärme der Erde mag in den frühesten Perioden das Klima erhöht haben, in der miocänen Epoche war dieselbe zweifelsohne der heutigen gleich und aus tellurischen Verhältnissen lässt sich die Tem- peratur jener Zeit nicht erklären. Von kosmischen Einflüssen kommen in Betracht etwaige Aenderungen in der Stellung der Erde zur Sonne, die Intensität der Sonnenstrahlen und die Temperatur des Weltraumes: ‚Nach Stones’ Berechnung war die Excentricität der Erdbahn vor 850000 ‚Jahren am grössten und die nördliche Hemisphäre hatte den Winter im Aphelium, dieser dauerte 36 Tage länger als jetzt, es musste sich am meisten Eis und Schnee bilden, darum verlegt Lyell die Eiszeit in diese Periode. Vor 900,000 Jahren war die Excentricität auf ihrem Mi- nimum und daher andere klimatische Verhältnisse. Doch kennen wir die Bedeutung nicht, welche die Länge des Weges der Sonnenstrahlen von der Sonne bis zur Erde für die Intensität ihrer Wirkung haben und dürfen deshalb nicht jene Verhältnisse als befriedigend annehmen zur Erklärung. Die Sonne mit ihrem Planetensystem ändert ihre Stel- lung im Weltenraume und dieser hat nach der Anzahl der Fixsterne zu schliessen nicht überall dieselbe Temperatur, möglich dass zur miocänen Zeit das Sonnensystem in einem wärmern Weltraume sich befand und auf der Erde eine gleichmässigere Wärmevertheilung auf der Erde vom Aequator bis zum Pole die Folge davon war. Die Länge eines solchen Sonnensystemjahres entzieht sich jeder Berechnung und erst spätern Generationen wird es gelingen diesen Kreislauf im Weltenraume zu ‚bemessen. Heer erinnert für diese Auffassung an die Thiere, welche nur einen Tag leben. Hätten dieselben Bewusstsein, so würden die im g* 116 Winter geborenen nur durch die Tradition erfahren, dass einst nach einer langen Reihe von Generationen eine warme Periode folgen werde, und die im Sommer geborenen würden eine gleiche Nachricht von der kalten Periode haben. Es müsste solchen Eintagsthieren oder Eintags- menschen ein Jahr unendlich lange vorkommen, da es 365 Menschen- alter umfasst. Das jetzige Menschenalter aber ist kein Tag, es ist kaum eine Minute des grossen Sonnenjahres und kein Erdgeborener wird je die Phasen desselben zu überschauen vermögen, nicht mit den leiblichen Augen, wohl ‚aber dereinst mit den geistigen, welche in die fernste Vergangenheit zurückschauen und den Zusammenhang der Er- scheinungen im Laufe von Jahren. — (Vhalgn. d. allgm. schweiz. naturf. Gesellsch. in Rheinfelden 1867. 8. 139—152.) K. F. Peters, miocäne Wirbelthiere von Eibiswald in Steiermark. — Verf. beschreibt Amphicyon intermedius Meyer nach einem Unterkieferfragment, Viverra miocaenica n. sp. ebenfalls nach einem Unterkiefer, Hyotherium Soemmeringi Meyer nach den Zahnreihen beider Kiefer, welche oben und unten 3. ]. 4. 3. zählen. — (Wiener Sitzungsberichte LVII Aprilheft.) H. Brady, Synopsis of the Foraminifera of the middle und upper Lias of Somersetshire. — Diese Abhandlung umfasst nach A.E.Reuss’ Bericht im Jahrb. der Geolog. Reichsanstalt (31. März) nur eine beschränkte Anzahl von Foraminiferen aus dem oberen und mittleren Lias Englands und ist der Vorläufer einer umfassenderen Mo- nographie der englischen Liasforaminiferen, für die Schriften der Pa-_ leontographical Society. Aber auch in diesem eng begrenzten Rahmen erblicken wir dasselbe Bild der Foraminiferenfauna des Lias, welches die Arbeiten Terquem’s über den französischen und jene Borne- mann’s über den Lias von Göttingen entworfen haben und das Reuss selbst durch seine noch nicht publicirten Untersuchungen im Lias an- derer Gegenden Deutschlands kennen gelernt hat. Uns tritt hier das- selbe auffallende Vorherrschen der Nodosariden, Linguliniden, Vaginu- liniden, Frondiculariden und Cristellariden entgegen, denn von 38 Spe- cies, welche die Abhandlung namhaft macht, gehören 33 den erwähnten Gruppen an. Vorzüglich die gestreiften Formen der Vaginulinen und Frondicularien, welche in ähnlicher, wenngleich schon abnehmender Fülle nur noch in der Kreideformation, besonders in ihren unteren Eta. gen, auftreten, machen die Foraminiferenfauna des Lias zu einer der am besten und schärfsten charakterisirten. Die geschilderte kleine Fauna liefert uns zugleich eine neuerliche Bestätigung für den schon mehrfach ausgesprochenen Satz, dass die Foraminiferen gleich den übrigen Thierklassen in den verschiedenen Erdepochen einen verschie- denen mehr oder weniger scharf ausgeprägten Charakter an sich ge- tragen haben, und sich daher in gleichem Masse zur Bestimmung des relativen Alters der Schichten eignen. Zu dieser Ueberzeugung sind wir aber bei der vorliegenden Abhandlung nur durch die Betrachtung der beigefügten Abbildungen gelangt; die im Texte gegebenen Bestim- mungen der Species würden nie dahin geführt haben. Der Verfasser 117 hat nämlich darin, dem Beispiele anderer englischer Foraminiferen- forscher folgend, die theoretischen Ansichten der Darwin’schen Lehre über die Umbildung der Arten im vollsten Masse zur praktischen An- wendung gebracht, gerade als ob dieselben schon vollkommen erwiesen wären und nicht der leiseste Zweifel mehr dagegen erhoben werden könnte. Es ist hier nicht der Ort, in eine nähere Erörterung darüber einzugehen, nur die Bemerkung sei erlaubt, dass selbst bei völliger Richtigkeit der betreffenden Theorie doch wohl die jüngeren Species neuerer Zeitepochen, als die später entstandenen auf die älteren zu- rückgeführt werden müssten, um die Hervorbildung der ersteren aus den letzteren klar zu machen. Die älteren Species des Lias aber auf Jüngere, selbst lebende zurückzuführen und dadurch diese zum Aus- gangspunkte zu machen, wird uns immer als ein arger Anachronismus erscheinen, der kauın die Klarheit neuerer Ansichten über die graduelle Metamorphose der Arten und Gattungen zu erhöhen im Stande sein dürfte. ‘Wenn wir ferner auch dieser immer noch sehr hypothetischen Anschauungsweise vom zoologischen Standpunkte aus und innerhalb ange- messener Grenzen ihre Berechtigung nicht versagen, so kann doch ihre unbedingte praktische Verwerthung zu paläontologisch - geologischen Zwecken im jetzigen Augenblicke noch auf keinen Fall gebilligt werden. Es kann nicht erlaubt sein, Formen, die nach subjectiver Ansicht wohl in caısalem Zusammenhange stehen, aber in Zeit und Raum mehr oder weniger auseinander gehen, für identisch zu erklären und unter der- selben Benennung zusammenzufassen. Trotz ihrer supponirten Entste- hungsweise bleiben sie immerhin verschieden und ihre absolute Identi- fieirung muss zur grössten Verwirrung führen und jede Scheidung in gesonderte der Zeit nach verschiedene Faunen völlig illusorisch machen. Aber sie verzichtet auch zugleich darauf, die Transmutation der For- men klar hervortreten zulassen, weil sie das, was als durch Umbildung entstanden nothwendig verschieden sein muss, von vorne herein für identisch erklärt und mit gleichem Namen belegt. Die Paläontologie hört dann auf, die wichtige Hilfswissenschaft der Geologie zu sein und es wird fernerhin ganz unmöglich sein, aus der Fauna eines Schich- tencomplexes auf das geologische Niveau und das relative Alter dersel- ben zu schliessen. Denn dieselben Grundsätze, welche auf die Forami- niferen angewendet werden, müssen doch, wenn man irgend consequent verfahren will, auch für die übrigen Thierklassen ihre Geltung finden. Das eben Gesagte wird vollständig durch die genauere Betrachtung der kleinen Fanna, die den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bil- det, bestätigt. Wenn wir nun die Namen der 38 darin angeführten For- men zur Richtschnur nehmen, so finden wir abgesehen von einer als neu beschriebenen Art, 13 Species, die jetzt noch in den europäischen Meeren leben, 12, die den verschiedensten Etagen der Kreideformation angehören, sechs die neogen, drei die zugleich neogen und lebend sind und endlich drei, die bisher nur aus dem Lias beschrieben worden sind. Fürwahr ein merkwürdiges Gemenge von Formen, das bisher nirgend in der Natur nachgewiesen wurde! Welcher Formation würde man, 118 von einer solchen Fauna ausgehend, die betreffenden Schichten zurech- nen müssen? Soviel ist gewiss, dass von den beigelegten Namen aus- gehend, Niemand darin den Lias zu erkennen im Stande wäre, während jeder, der nur einen flüchtigen Blick auf die Abbildungen oder die Originalexemplare wirft, die Schichten sogleich für Lias ansprechen muss. Ein Weg aber, der in der Wissenschaft zu solchen Resultaten führt, kann auf keinen Fall der richtige sein. Es möge erlaubt sein, noch eine Bemerkung dem Gesagten beizufügen. Die Species des Lias, welche die vorliegende Abhanälung bespricht, sind beinahe ohne Aus- nahme wirklich verschieden von jenen, deren Namen ihnen beigelegt werden, und sie werden auch durch keine vermittelnden Uebergänge mit einander verknüpft, man müsste sie künstlich konstruiren. Einige Beispiele genügen, um dies darzuthun. Wer Taf.3, Fig. 44—46 für identisch hält mit der echten Flabellina rugosa d’Orb. aus der Senon- kreide, mit welcher sie identificirt wird, muss folgerecht alle Flabellinen zu einer einzigen Spezies verschmelzen, denn niemals nimmt Flab. ru- gosa die Form der Liasspezies an und umgekehrt. Wer Taf. 3, Fig. 48 mit Frondicularia striatula Rss. verbindet, verzichtet von vorne herein auf jede weitere Unterscheidung von Arten innerhalb der so formen- reichen Gattung Frondicularia u.s.w. Es dürfte daher für den jetzigen Zeitpunkt wohl zweckmässiger und nutzbringender bleiben, den bei den Foraminiferen vorkommenden, wenngleich feinen, doch sicher vorhan- denen Unterscheidungsmerkmalen, gleichwie bei den Fossilresten anderer Thierklassen, gebührende Rechnung zu tragen und Species, die durch - keine wirklichen Uebergänge verbunden werden, gesondert zu halten, auf die Gefahr hin, auch fernerhin den Vorwurf der Speciesmacherei auf sich zu laden. Geringer wird die Gefahr für die Wissenschaft je- denfalls sein, wenn man etwa das Unglück hat, einige später sich als unhaltbar ausweisende Arten aufzustellen, als wenn man durch unbe- rechtigtes Zusammenziehen zahlloser verschiedener Formen einem fast unentwirrbaren Chaos den Weg bahnt. Das letztere ist um so gefähr- licher, als es immer leichter und bequemer ist, zu verbinden, als sorg- fältig zu untersuchen und zu sondern. Botanik. Bruhin, Teratologische Beiträge d.h. regel- widrige Pflanzenbildungen, welche mit Ausschluss der von Insekten entstandenen -Missbildungen an verschiedenen Pflanzen in Vorarlberg beobachtet wurden. Hierher werden gerechnet: 1. Spiralig gewundene und bandartige Stengel. Letztere entstehen gewöhnlich durch Verwach- sung zweier Stengel, deren Trennungslinie sich öfter schon mit unbe- waffnetem Auge erkennen lässt, ist dies nicht der Fall, so spricht doch dafür der Umstand, dass gebänderte Stengel gewöhnlich Zwillings- oder Drillingsblühten tragen. So fand sich beispielsweise Primula acaulis Jacq. Bandartige Stengel pflegen meist auch gedreht aufzutreten, wie B. an Campanula rotundifolia, Hippuris vulgaris, Pinus abies, Ranun- culus bulbosus, Asparagus offieinalis, Equisetum Telmateja, Sambucus Ebulus und an der oben genannten Primula fand. 2. Dichotomien, welche nicht nur bei Axengebilden, sondern auch bei Blättern vorkommt; 119 an Aehren wurden sie beobachtet bei Plantago major, Phleum pratense, Equisetum Talmateja und arvense, 3. Fortgesetztes Wachsthum an der Axe, welches sich durch zwei abnorm übereinanderstehende Blühten- stände bei folgenden Pflanzen zeigte: Peucedanum Oreoselinum, Daucus Carota, Chaerophyllum aureum , Primula farinosa, Knautia arvensis, (en- taurea scabiosa, Equisetum palustre. 4. Verkürzung der Axenglieder und dadurch naturwidrig hervorgebrachte Wirtelstellung normal gegen- ständiger Blätter bei: Silene inflata, Cerastium triviale, Knautia sylva- tica.. 5. Beblätterter Schaft bei Taraxacum officinale und Bellis perennis. Ausser diesen fünferlei Missbildungen am Stengel wurden zwei an den Blättern beobachtet, nämlich Di- und Trichotomie derselben bei Ane- mone hepatica, Crepis biennis, Medicago sativa, Trifolium filiforme, Polypodium vulgare, Aspidium filix mas, A. montanum, A. spinulosum, Asplenium viride, ebenso wurzelndes und knospentreibendes Blatt bei Cardamine pratensis. Endlich werden folgende regelwidrige Bildungen an Blühten- und Fruchttheilen aufgeführt: 1. Umwandlung der Kelch- oder Hüllblätter in Laubblätter bei: Anemone hepatica, Geum rivale, Campanula pusilla, Heracleum spondylium, Silaus pratensis, Knautia sylvatica, Taraxacum offieinale, 2. abnorme Anzahl der Kelchzipfel oder Hüllblätter, mit welchen in der Regel auch eine Anzahl der Blumenblätter oder Saumzipfel verbunden zu Sein pflegt, s. Nr.5 weiter unten. 3. Zwil- lings- oder Drillingsblühten wurden beobachtet bei Campanula rotundi- folia, Ranunculus bulbosus, Vinca minor, Primula offieinalis, Leucojum vernum, Bellis perennis, Zinnia elegans. 4. Gefüllte Blühten wildwach- sender Pflanzen bei Aquilegia vulgaris, Ranunculus repens, R. arvensis, Campanula Trachelium, 5. Abnorme Anzahl der Blumenblätter oder der Zipfel einblättriger Kronen bei: Lychnis diurna, Gentiana germanica, Campanula Trachelium, C. rotundifolia, C, patula. 6. Abnorme regel- mässige Kronen (Pelorismus) bei Linaria spuria, Galeopsis pubescens, Stachys sylvatica. 7. Einzelne Blühten bei Compositen und Dipsaceen im Blattwinkel oder auf dem Scheitel eines geknickten Blühtenstiels bei Centaurea Jacea, Knautia arvensis, Scabiosa columbaria. 8. Proliferi- rende oder lebendisgebärende Pflanzen: Cardamine pratensis, Geum urbanum, Selinum Carvifolia, Trifolium pratense, T. repens, Equisetum Talmateja, Agrotis stolonifera, vulgaris, Aira caespitosa, Poa pulbosa, alpina, Festuca ovina, Setaria viridis, Dactylis glomerata, Fragaria vesca, Plantago lanceolata. 9. Früchte: der mittelständige Same von Fagus sylvatica nicht dreieckig, sondern linsenförmig, Kapsel von Ve- ronica polita dreifächrig, Früchte von Prunus avium, P. domestica und Pyrus Malus als Zwillinge und Drillinge. — (Sitzungsberichte d. zool. bot. Gesellsch. in Wien XVII. 94—98.) Bruhin, Farbenabänderungen beiBlühten vorarlbergi- scher Pflanzen. — Abweichend von der normalen Färbung wurden beobachtet: Anemone hepatica roth, Aquilegia vulgaris roth, Corydalis caya weiss, Arabis hirsuta grün, Cardamine pratensis weiss, Capsella Bursa pastoris grün, Raphanus Raphanistrum gelb, Viola odorata weiss, auch purpurn, PolygalaChamaebuxus purpurn, P. amara weiss, P. vul- 120 garis roth, Silene nutans roth, 8. inflata roth, S. Armeria weiss, 8. acaulis weiss, Lychnis diurna weiss, Cerastium glomeratum grün, C. triviale grün, Geranium palustre weiss, G. Robertianum weiss, Ononis spinosa weiss, Medicago falcata grünviol., Trifolium pratense weiss, Lotus corniculatus orange, Geum urbanum grün, Fragaria vesca grün, Pimpinella magna roth, Valerianella dentata grün, Suceisa pratensis roth, Scabiosa Columbaria weiss, auch roth, Achillea millefolium mit rothen Strahlblühten, Senecio cordatus blau?, Carduus defloratus weiss, Serratula tinctoria weiss, Centaurea cyanus cultiv. weiss auch roth, Ci- chorium Intybus weiss auch roth, Phyteuma spicatum hechtblau, Cam- panula Trachelium, pusilla, patula, glomerata, barbata, Calluna vulgaris, Rhododendron ferrugineum, Gentiana acaulis, asclepiada, verna, germa- nica, Erythraea Centaurium, alle weiss, Echium vulgare, Myosotis pa- lustris, weiss oder roth, Verbascum nigrum, Veronica Beccabunga, ur- ticifolia weiss, Salvia pratensis weiss oder roth, Origanum vulgare, Thymus Serpyllum, Clinopodium vulgare, Lamium maculatum, Galeop- sis Ladanum weiss, Ajuga reptans weiss oder roth, Orchis militaris, Epipactis palustris beide ganz weiss. Aus diesen Erfahrungen werden folgende allgemeine Regeln aufgestellt: 1. Die Verfärbung bei Blühten besteht entweder in einem Mangel des Pigments, wodurch weisse oder blasse Individuen entstehen (Albinismus), oder in einer aussergewöhn- lichen Anhäufung von Farbstoff, wodurch die Blühten dunkler gefärbt auftreten (Chlorismus, Rubrinismus, Cyanismus, Melanismus). 2. Der Leucopathie sind vorherrschend rothe und blaue, äusserst selten gelbe Blumen unterworfen. 3. Blühtenalbinos, deren Normalfarbe blau oder violett ist, haben in der Regel auch eine rothe Abweichung; eine Aus- nahme hiervon bilden Gentiana und Campanula. 4. Weisse Blühten ver- färben sich gewöhnlich in Grün oder Roth. 5. Vergrünte Blühten finden sich meist an schattigen Orten. 6. Die Verfärbung in Weiss geschieht sowohl im Schatten, wie im Lichte, auf trocknem und nassem Boden. 7. Die meisten Fälle abnormer Färbung kommen bei Papilionaceen, Compositen, Campanularien, Gentianen und Labiaten vor. 8. Der Aus- druck „Normalfarbe“ ist ein sehr relativer, indem viel Blühten regel- mässig in zwei oder mehreren verschiedenen Farben auftreten. — (Ebenda p. 639-642.) Dr. Reichard berichtet über eine abnorme Mais- pflanze, welche v. Köchel am 26. Aug. 1867 bei Feldkirch auffand. — Dieselbe zeigte nämlich im männlichen Blühtenstande einen weiblichen Kolben von 3 Zoll Länge und einen Zoll Dicke, in welchem die in 11 Reihen stehenden Körner ihrer Reife nahe und von gewöhnlicher Grösse waren. Der Kolben entbehrte jeglicher scheiden- artiger Hochblätter und liess in seiner Nachbarschaft noch vereinzelte weibliche Blühten erkennen. Die ganze Maispflanze, deren Wuchs gegen die übrigen desselben Feldes etwas schmächtiger erschien, hatte keinen normalen weiblichen Kolben aufzuweisen. — (Zbda p. 108.) Derselbe beschreibt einen neuen Brandpilz, Ustilago Ficuum; Acervuli in receptaculis Ficus Caricae nidulantes, semper ab 121 jis inelusi, fructus obtegentes, atro-fuliginei. Sporae globosae. c. !/s00' magnae, nigricantes, pachydermae, laeves, nucleo centrali solido. Dieser Pilz zerstört das Fruchtfleisch der von ihm befallenen Feige fast gänz- lich, so dass von ihr nur die äussere, derbere Schicht übrig bleibt; er steht dem U. Phoenicis am nächsten, unterscheidet sich von ihr aber ausser durch den andern Standort, noch durch vollkommen kugelige, kleinere Sporen mit dicker Membran und solidem Zellkerne. — (Ver- handl, d. zool. bot. Gesellsch. XVII pag. 335.) _ v. Krempelhuber, A,Lichen esculentus Pall, ursprüng- lich eine steinbewohnende Flechte wird vom Verf. der Gattung Lecanora eingereihet und weil Pallas’s Lichen esculentus nicht die ty- pische Form dieser Flechte darstellt, sondern als var. zu betrachten ist, unter dem neuen Namen Lecanora desertorum mit folgender Dia- gnose versehen und abgebildet: Thallus erustaceus, adnatus, tartareus, crassus, verrucoso-areolatus, rimosus, colore rufofusco vel ochraceo, interdum in cinereum vergente, intus niveus, primo plagis majoribus vel minoribus, subrotundis, facile abradendis, rupes vel lapides obdu- cens, tandem se frequens a substrato avellens inque frustula, porro erescentia, denique corpuscula convoluta subglobosa libera formantia, dispellens. Apothecia scutelliformia, magna, areolarum apicibus insi- . dentia, margine thallode crasso, inflexo et vario modo flexuoso, subtus libero disco plano vel concavo sordide caesio-pruinoso. Sporae 3—4 in ascis late clavatis hyalinae, simplices, subglobosae, magnae, 0,022—0,027mm long. et lat. Spermogonia crebra, puncta umbillicaeformia pallida in areolarum apieibas sistentia; spermatia bacillaria, recta. Standort „Ih. Kotschy. Iter Cilieicum in Tauri alpes „Bulgar Dagh“ Nr. 418. Creseit in rupestribus Gysyl Deppe Maaden alt. 8000 ped. Diebus Augusti 1853. Frequentissima!“ ß) esculenta Pallas (Lichen) Thallus globosus sistens, tubercula libera irregularia, plurimum autem subglo- bosa vel lenticulari-compressa, superficie in aequali, rugosa, angulata praedita. Apothecia rara plerumque non bene evoluta, sporas immaturas fovens; sporae maturae caeteraque ut in typo. Fundorte: Tartarische Wüste, Kirchisensteppen, Sebastopol, Constantinopel, Laghouat in der Sahara, Persien, Hochebenen Lycaoniens, Karput (Kleinasien). Diese var. ist die als Mannaflechte allgemein bekannte Form. — (Verh. d. 200l. bot. Gesellsch. in Wien XVl11 p. 599—606. Taf. 15.) Körber, Prof. Dr., Lichenen auslIstrien, Dalmatien und Albanien. — Verf. will das Verzeichniss als Nachtrag zu „Dr. Weiss Floristisches aus Istrien, Dalmatien und Albanien Jahrg. 1866 betrachtet wissen. Dasselbe enthält eine Reihe von Namen mit Angabe der Fund- orte und darunter auch !2 n. sp., auf deren Namen wir uns hier nur beschränken müssen: Placodium sulphurellum, Gyalolechia pruinosa, Callopisma sarcopisioides, Blastenia paragoga, Buellia Iygaeodes, Co- niangium paradoxum, Pertusaria Weisii, P. cyparissi, Microthelia Oleae, Staurolemma dalmaticum, (n.gen.) Scutula socialis, Leciographa Weissii. (Ebenda p. 611—618, p. 703—708.) Gottsche, Dr., eine neue Jungermannia. — Dieselbe wird 122 ausführlich beschrieben auf Taf. 16 abgebildet und unter dem Namen Jungermannia Mildeana in folgender Weise diagnosirt: Ig. amphigastriis nullis, caule flexuosa decumbente radiculoso, apice bifido triidove sub- ascendente, foliis subquadratis margine laterali rotundatis, junioribus et inferioribus bidentatis, majoribus plerumque 3-4-lobis concavis apicem versus -arctius imbricatis capitulumque formantibus, lobis (dentibus) lanceolatis (rariusve obtusioribus) retlexis inflexisve, involueralibus majoribus margine sinuato-erispatis 4 (5-)lobis, perianthio terminali (ju- niore tantum viso) ovato, plus minus violaceo, longitudinaliter 8--9-pli- cato , ore lobulato-dentato connivente aperto; ” flore hucusque incog- nito. Breslau, Nimkau. — (Zbda p. 623— 626.) Lorentz, Dr., Studien zur Naturgeschichte einiger Laubmoose. — Verf. beschreibt mit der grössten Ausführlichkeit 2 neue Arten und giebt ihre Anatomie auf Taf. 17—22: Orthotrichum Schubartianum, O. alpestri proximum; differt habitu robustiore , caespi- tibus interdum 30—40mm altis, iisdem locis, ubi O. alpestre vix 19— 15mm altum evadit, colore brunnescenti-vel nigricanti- viridi, capsula latiore vix collo instructa, calyptra brunnescenti, latiore, reti toliorum basi firmiore. Bei St. Catharina im Furvathale (Bergamasker Alpen) N und SSeite des Gariapasses, Alpein (Insbrucker Nähe) — Campylopus Mül- leri: Dierano filifolio proximum, differt statura majore, habitu graci- liore, foliis multo majoribus, numquam homomallis, siceitate eleganter erispatis, colore pulchre aureo, reti tenuiore, Hab. Desterro in Sa. Ca- tharina, insula Brasiliae. — (Zbenda p. 657—683.) Zoologie. Ferdin. Kowarz, Beschreibung sechs neuer Dipteren-Arten. — Porphyrops longilammellatus mas., nahe bei P. crassipes; Mitte Mai bei Mährisch-Schönberg. Gymnopterus comi- tialis mas., nahe bei G. regalis und ducalis; bei Losonez (Tugar-Bad) auf Wasserpflanzen und Schlamm. Rhamphomyia conformis mas. et fem. an der dritten Anschwellung der Radialader, an den einfachen Beinen und an der gleichartigen Bildung der Discoidalzelle in beiden Geschlech- tern leicht zu erkennen; anfangs April bei Losonez. Platypeza superba mas. nahe bei P. picta; September ebend. P. barbata mas., der vori- - gen am nächsten und mit ihr zusammen gefangen. Anthrax €lavipennis, zur Gruppe von A. flava, hottentotta; Hochsommer bei Miskolecz und Losonez. — (Zbda p. 319—324.) Nowicki, Prof. Dr., Beschreibung neuer Dipteren. — Rhionoptila n. gen. der Gattung Dactylolabis in der Gruppe der Tipu- lidae Limnophilaeformes am nächsten und in beiden Geschlechtern durch zum Fliegen nicht geeignete Flügel ausgezeichnet. Rh. Wod- zicki mas. et fem. Imago, Larve und Nymphe werden ausführlich be- schrieben und abgebildet und von der Lebensweise beigebracht, was bekannt ist. Larve und Puppe leben in einer noch zu untersuchenden gelatinösen Masse; die eisigen Höhenregionen der Tatra. — Chalcochi- ton Schineri mas. et fem. wird verglichen mit Mulio holosericeus Wied. und M. Pallassii Lw partim Juni und Juli auf Blumen im galizischen Podolien. — Lomatia Rogenhoferi mas. wird verglichen mit Lom. Bel- 123 zebül Schin und Lw; 7. Juni in Podolien. — Phthiria Zimmermanni mas, fem. wird verglichen mit Ph. umbripennis Lw und pulicaria Mik:;; Juni auf Blumen in Ostgalizien. — Dioetria Meyeri fem. 7. Juni in Po- dolien. — Leptis Janotae mas. fem. eine Riesenform unter den Lepti- den und aus der Verwandtschaft von L. vitripennis, notata, tringaria, conspicua. Galizien — Dolichopus Braueri mas. nahe bei D. atripes Mg.; Juni in der Tatraer Waldregion. — Platystoma Frauenfeldi maß. fem., der Pl. seminationis sehr ähnlich; vom Mai bis Juli in Podolien auf einer Wickenart zahlreich. — (Zbda p. 337--354.) SchinerDr., Neue oder weniger bekannte Asiliden des k. zool. Hofcabinets in Wien. — Es werden im Ganzen 127 Ar- ten besprochen von denen 57 ganz neu, die übrigen Wiedemann’sche und Winthem’sche Typen sind. Es werden folgende beschrieben: Lep- togaster distinetus mas. fem., mit L. niger W. verglichen; Brasilien. L. vitripennis mas., nahe bei L. distinetus; Brasilien. L. Kamerlacheni, wird mit L. histrio und picipes verglichen. Brasilien. L. ochraceus; Penn- sylv. Euscelidia fascipennis mas.; Brasilien. Holopogon albosetosus wird mit dimidiatus Hg. und timidus Lw. verglichen; H. philadelphieus, durch das graubestäubte Rückenschild von allen Europäern verschieden; Penn- sylv. Stenopogon Antar, verglichen mit St. strategus Gerst., Brussa. Gonioscelis phacopterus; Afrika. G. haemorrhous, das Geäder wie bei setosus, sie ist kahler als die vorigen und steckt als!G. hispidus in der Winthemschen Sammlung; Afrika. Stichopogon chrysostoma; Amasia, Aesypten. Damalis Felderi, gehört der Gruppe D. hirtiventris Macg, und speciosa Lw an und scheint dem D. fuscus WIk am nächsten zu stehen; Ceylon. Habropogon appendiculatus mas. fem. Flügelgeäder wie bei exquisitus Mg.; Spalato. Xiphocerus longicornis mas. fem.; Sieilien. X. brussensis mas. fem., dem glaucius zum Verwechseln ähnlich ; Brussa. Lochites claripennis mas. Brasilien. L. apicalis mas. fem., wird mit vorigem verglichen; ebend. Saropogon argyrocinctus mas. Brasilieh. Senobasis aurieinceta, vielleicht = Dasyp. secabilis Bell.; Surinam. Aphamartania Frauenfeldi mas. Venezuela. A.syriaca mas fem. Syrien. Plesiomma longiventris, wird mit Pl. lineata T. verglichen; Cuba. Pl. Jungens mas., gleicht der vorigen; Brasilien. Cacodaemon crabronifor- mis, gleichtim Ansehen dem Asilus crabroniformis; Vaterland? Aphestia brasiliensis; Brasilien. A. calceata, gleicht der vorigen, ebenda. Ce- rotainia brasiliensis mas. fem.; Brasilien. C. bella fem., gleicht der vo- rigen. Brasilien. Laphria carolinensis mas., gleicht unserer ephippium; Carolina. Apoxyria apicata; Vaterland? Michotamia setitarsata, wird mit annalis verglichen, Vaterland ? Mallophora Belzebul mas. fem., wird mit infernalis W verglichen und wurde vielleicht bisher als var. davon ängesehen; Brasilien. Promachus philadelphicus mas., könnte mit Tru- panea rubiginis, Laevinus oder substituta WIk identisch sein; Pennsylv. Apoclea illustris mas., Aegypten. A. aberrans fem., von allen Arten durch das Flügelgeäder verschieden; Aegypten. Proctacanthus micans mas. N.amerika. P. variabilis mas. fem. Vaterland? P. robustus. Poly- sarca n. gen. durch den kurzen Hinterleib von der vorigen Gattühg 124 und durch die Kahlheit und das Flügelgeäder von Eceritoria verschie- den. P. violacea mas. fem. Elisabethpol. Lophonotus leoninus fem. möglicherweise auch mas.; Cap. L. ursinus mas., Geäder wie vorher: Cap. L. albovittatus mas. fem., verglichen mit molitor W. Cap. Dysma- chus appendiculatus, sehr ähnlich dem hamatus Lw, aber mit Stachel- borsten an der Unterseite der Schenkel; Amasia. Senoprosopis brasi- liensis, vielleicht Asilus tenuis W.; Brasilien. S. varipes fem. Brasilien. Mochtherus illustris mas. fem. Syrien. M. Goliath; Brussa. Cerdistus Mannii mas. fem, Brussa. Epitriptus syriacus mas. fem. Syrien. Tol- merus corsicus mas. fem. sehr ähnlich dem poecilogaster Lw.; Corsika. Ommatius holosericeus fem. mas. Brasilien. O. erythropus, SAmerika. Atractia coronata; Brasilien. A. pulverulenta, das Geäder wie bei psi- logaster; Brasilien. — (Zbenda p. 355—411.) Josef Mik, Dipterologische Beiträge zur „Fauna aus- triaca. — Es werden folgende neue Arten beschrieben und zum Theil abgebildet: 1) Nemotelus Lomnickii fem. Virescenti niger, nitidus, pilis argenteo-micantibus adpressis praesertim superne obsitus; rostro brevi; fronte immaculata antennisque nigris; callis humeralibus thoraeis puncti- formibus limboque laterali abdominis angusto ad segmenti 2. et 3. mar- ginem posteriorem maculiformi-dilatata albidis; halteribus albis; femo- ribus ad apicem tarsisque albidis, tibiis pallido-ferrugineis in medio nigro-annulatis; alis albescentibus, nervis luteis. Liong. corp. 7,imm, Patria: Halicia. Wird mit N. limbatus Egg. verglichen. 2) Phora oli- goneura mas. fem. Minuta, gracillima, nigro-opaca; antennis minimis seta hirta valde elongata; palpis permagnis ad apicem dilatatis, cum pedibus lividis; tibiis nudis; alis limpidissimis, nervo cubitali simplici, non furcato, nervorum in disco alae primo valde obsoleto, secundo basi sua a cubitali remoto, subrecta reliquis 2 flexuosis. Long. corp. 0,6mm; Austria. Vielleicht identisch mit Pl. vitripennis oder albipennis Mg.? 3) Merodon Knerii mas. fem. Aenescens, modice pubescens, thorace antice pilis flavescentibus, postice nigris; pedibus omnino .nigris, femo- ribus postieis paulum incrassatis, coxis posticis mutieis; alis subhyali- nis, parte apicali usque ad medium cinereo-tinetis. Long. corp.13—13,2mm; Halicia. Steht dem M. aberrans am nächsten. 4) Pipiza Jablonskii fem. Nigro-aenea, parce albido-pubescens; tertio antennarum articulo magno, antice truncato; abdomine immaeculato,- pedibus nigris, genubus, tibiarum apice tarsorumque basi flavescentibus; alis subhyalinis medio macula magna rotunda, fusco-atra, antice cum stigmate confluente. Long. corp. 8,4mm; Austria. Wird mit P. lugubris F verglichen. 5) Spilo- gaster dexiaeformis mas. fem. Cinerea, antennis, palpis, callis humera- libus, scutelli apice, abdomine pedibusque ochraceis, tarsis nigro-fuscis; alis cinerascentibus, nervis luteolimbatis; oculis in utroque sexu distan- tibus, pedibus longis. Mas abdomine maculato, fem. immaculato. Long, corp. 6,5 — 9, mm; Austria. Wird mit Sp. uliginosa Fall verglichen. 6) Sp. Wierzejskii mas. fem. Nigra, thorace 3-lineato, abdomine ci- nereo-aut flavo-pollinoso, linea dorsali nigra; palpis pedibusque nigris; alis subhyalinis, Mas tarsorum intermediorum articulo ultimo dilatato, 125 reliquis elongatis. Fem. pedibus simplieibus. Long. corp. 8— 8,2mm Halicia. Steht dem Sp. divisa Mg am nächsten. Als Nachtrag zu einem frühern Aufsatze desselben Verf’s (1864 p. 795) wird das Weibchen von Tachytrechus Kowarzii Mik, von Spilogaster divisa Mg. beschrieben und bemerkt, dass Geranomyia maculipennis Mik, G. caloptera heissen müsse. (Ebenda p. 413—423 u. Taf. 10.) Georg Semper, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger ostasiatischen Schmetterlinge. — Es werden hier bio- logische Notizen über einige von Dr. Carl Semper auf den Philippinen gesammelte Schmetterlinge aus seinen Aufzeichnungen veröffentlicht. Dieselben beziehen sich auf Papilio Pammon, Agamemnon, Calydrias, Pyranthe, Danais Juventa, Chrysippus, Euploea Dufresnii God d', als 9 gehört Eu. megilla Er dazu, während der von Godart als Q ange- sprochene Schmetterling Eu. laetifica Butl ist; Doleschallia Bisaltide Cram., die Raupe wird abgebildet; Macrostila discistigma Walk. Raupe und Puppe abgebildet, Panacra Vigil Guer., P. scapularis Walk., Per- gesa Actaeus, Chaerocampa Celerio, Ch. Alecto, Ch. Clotho, Raupe und Puppe abgebildet. Ch. Öldenlankiges Sesia Hylas, Hypsa Menyeha Cr., H. plana Walk; Argina Astrea Drur. Phalanna Polymena, Lymantria lunata Or., Taragama Ganesa Lefb, Calogramma picta Guer., Raupe und Puppe abgebildet, Ophiodes separans Walk., Raupe und Puppe abge- bildet, Achoa Melicerta Drur desgl. Ophiusa Arctotaenia Guen., Pha- kellura Gazorialis. Die Raupen, zum Theil auch Puppen, werden theils beschrieben, theils abgebildet oder auf sie in Moore Cat. of Lep. etc. verwiesen, ihre Futterpflanzen und die meist nur kurze Dauer der Puppenruhe angeführt. — (Zbda p. 967-702. Taf. XXIII.) G. v. Haimhoffen, Ueber die Eichengalle von Cynips coriaria Hart. — Die schon von Hartig benannte und kurz beschrie- bene Galle wird ausführlich beschrieben und durch gute Holzschnitte erläutert und sodann die sie erzeugende, bisher noch unbekannte: Cy- nipsart unter obigem Namen beschrieben. Diese interessante Galle ist auf den Gaisbergen, bei Wien, bei Triest und vom Refer. auch einmal hier bei Halle gefunden worden, in letzterem Falle lieferte sie aber nur Schmarotzer aus der Gattg. Ormyrus, Verf. zog auch Eulophiden daraus und einige Männchen von Synergus incrassatus Hart. — (Zbda p. 527-530.) L. Müller, Timarcha Lomnickii n.sp.: Breviter ovata, cya- nea nitida, convexiuscula, prothorace subcordato marginato, rude punc- tato, interstitiis subtiliter punctullatis, elytris grosse punctatis, interstitiis laevissimis long. 31/Ja„—5 lin. In Ostgalizien an trocknen Waldrändern und Waldwiesen an niedern Pflanzen gesammelt. — Adelops croaticus n. sp. Subhemisphäricus, fusco-ferrugineus, subtiliter pubescens, anten- narum articulis elongatis lg. 1?/, lin. Dem Ad. Khewenhülleri sehr ähn- lich, aber bedeutend grösser und nach vorn etwas mehr zugespitzt. Aus der Grotte von Ozalj in Kroatien. — (Ebda p. 503 und 551.) Bilimeck,Faunader GrottevonCacahuamilpa inMexico. — Die Grotte besteht aus Kalkstein, der mit Kalksinter in vielfältigen 126 Gestalten überzogenfist; sie wurde den 14. Januar 1866 besucht, ihre Temperatur 16° R. befunden, die des Tropfwassers 141/50, Während eines 7stündigen Aufenthaltes wurden folgende ‚11 neue Arthropoden ‚aufgefunden, deren Diagnosen und Beschreibung gegeben werden: Bembidium unistriatum, Choleva spelaea, Ornix impressipenella, Pholeo- myia leucozona n. gen. et spec. aus der Dipterenfamilie der Milichinae, Phalangopsis annulata, Polyphaga mexicana Brm., Lepisma anophthalma, Phrynus mexicanus, Drassus pallidipalpis, Pholeus cordatus, Armadillo Cacahuamilpensis. — (Zbda p. 901-908.) v. Frauenfeld, Zoologische Miscellen. — Dieselben ent- halten 1. das Insektenleben zur See d.h. eine Aufzählung aller Insek- ten, welche während der Novarareise auf dem Schiffe selbst gefangen worden sind, nebst Angabe der nähern Umstände unter welchen sie vorkamen: dabei wird eine Anzahl neuer Fliegen beschrieben: Antho- mayia manillensis, Coenosia pseudomollicula, Culex conopus, Discomyza pelagica, Lucilia leucodes, Phora navigans und vagator, Sapromyza tai- tensis; 3 neue Ameisen: Camponotus nutans, venustus, Ponera sulcata, lauter Arbeiter, Halobates Wüllerstorfi n. sp. und unter den Spinnen Obisium longicolle, Rhipicephalus carinatus, rubicaudus, Theridium piligerum. — 2 Zur Flora und Fauna von Neucaledonien, aus einer Mittheilung von Deplanche und Vieillard. — 3. Wird in Ptiolina Wod- zizkii eine neue Gattg. und Art aus der Familie der Leptiden begrün- det. — 4. Die Beschreibung der neuen Trypeten Urophora Dzieduszkü und Orellia Bucehichi folgt nach und endlich — 5. um das Ganze mög- _ lichst bunt erscheinen zu lassen; Eine neue Helix aus STirol: Campy- laea Gobanzi. — (Zbda p. 425—502. Taf. XH.) A. v. Pelikau gedenkt eines monströs gebildeten, in dem Mu- seum des zool. bot. Vereins befindlichen Bockkäfers (Prionus coriarius), welcher am linken Vorderbeine neben der normalen eine zweite Schiene zeigt. Dieselbe entspringt etwas unten und seitlich der normalen aus einer Vertiefung der Schenkelspitze und scheint, wie sie, an der freien Gelenkverbindung Theil zu nehmen; die überzählige Schiene ist etwas kürzer und schwächer als die normale und trägt ein grösseres erstes Tarsenglied nebst einem vorn abgerundeten zweiten, während das dritte sammt den Klauen fehlt. — (Zbda p. 116.) Kriechbaumer, Dr., beschreibt einen Zwitter von Erebia Medea, dessen rechte Seite weiblich, linke Seite männlich ist; er wurde in der Nähe von Kufstein gefangen. — (Ebda p. 809.) Steindachner Dr., Franz, beschreibt drei neue Schlan- gen und bildet auf Taf. XIII die charakteristischen Theile ab: Zame- nis himalayanus steht in der Färbung und Zeichnung der Coronella laevis und girondica sehr nahe;+Simla und Kulu. — Calamaria pbilip- Pinica von den Philippinen. — Typhlops Petersii; ebendaher. Hieran schliesst sich die Beschreibung des Batrachus biaculeatus n. sp. an- geblich vom Cap. — (Zbda p. 513—518.) 79. ÖOorrespondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. 1868, August. N VIII. 1 Sitzung am 5. August. Eingegangene Schriften: 1. Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen Vereins für Naturgeschichte in Hermannstadt XVII. Hermannstadt 1866. 8°. 2. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft XX. 2. Berlin 1868. 8°. | 3. Köhler Dr., Chemische Untersuchungen über fälschlich Hirnfette genannte Substanzen. Halle 1868. 8°. — Geschenk des Herrn Ver- fassers. 4. Taschenberg Dr., Illustrirtes Thierleben von Brehm VI. 13. Hild- burghausen 1868. gr. 8°. Statutenmässig wird mit der heutigen Sitzung das Sommerseme- ster beschlossen und von der Versammlung der 21. Oktober als Anfang des Wintersemesters festgesetzt. Herr Giebel legt die vor einigen Jahren aus NAmerika einge- wanderte Elodea canadensis vor, eine Wasserpflanze, welche zur Zeit stellenweise in der Havel der Schifffahrt bedeutende Hindernisse in den Weg lest. Herr Baldamus legt die aus den Eiern genommenen Jungen der drei Entenarten Anas rufina, ferina und boschas vom salzigen See und die Eier der beiden erstern vor. Derselbe bezeichnet den unter dem Schneekopf im Riesengebirge von ihm beobachteten Philopseus de Bonelli als einen neuen Vogel der deutschen Ornis und stellt fest, dass das im Gebirge brütende Gold- hähnchen nicht Regulus ignicapillus sei, wie man bisher annahm, son- dern R. flavicapillus. 128 Weiter berichtet Herr Köhler die neuesten chemischen Unter- suchungen über das Gift faulender Substanzen. Zum Schluss zeigte Herr Schubring einige akustische Apparate, die von Hrn. E. Benemann hierselbst für die Realschule zu Breslau an- fertigt sind: 1) eine Reihe Tannenhölzstäbe, welche, angeschlagen oder auf den Tisch geworfen, die Töne einer Octave geben. 2) einen an der Mündung mit einem Trommelfell überspannten Trichter; wenn man in demselben durch einen Schlag aut das Fell eine Schallwelle erzeugt, so pflanzt sich dieselbe mit einer ziemlich bedeu- tenden Kraft tort und löscht noch in mehr als 10 Fuss Entfernung eine Kerzenflamme aus. 3) Eine Orgelpfeife, deren Hinterwand aus Pergament besteht und den Einfluss des Materials auf den Klang deutlich macht; beim Andrücken an die Mitte der Pergamentwand schlägt der Ton in die Octave um. 4) Eine nach Königs Methode mit 3 manometrischen Gasflammen versehene Orgelpfeife; die Veränderung der Flamme zeigt den wech- selnden Dichtigkeitszustand der Luft an den verschiedenen Stellen der Pfeife. — (cfr. Bd. 31, S. 136.) Berichtigung. S. 32 Z. 23 v. u. ist in der Gleichung 2 — (3/2)% der Exponent q während des Drucks ausgefallen. Pd Druck von W. Plötz in Halle. FJ,eitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. 1868. September u. October. .A# IX. X. Phantasiebilder über die Ursachen einer ehe- maligen Eiszeit und Andeutungen über den damaligen Zustand Taf. 4 von Jı ©. Deicke in St. Gallen. Genaue Untersuchungen über unsere Erdrinde, beson- ders über die darin sich vorfindenden Ueberreste von Pflanzen und Thieren, weisen darauf hin, dass in den klimatischen Ver- hältnissen, zumal auf der nördlichen Halbkugel, bedeutende Abwechselungen statt gefunden haben. Noch in dem jüngsten Zeitalter der Tertiärperiode hatte die nördliche Hemisphäre ein warmes Klima, es folgte dem- selben ein kaltes, die sogenannte Eiszeit, wo die Gletscher eine weit grössere Verbreitung als jetzt hatten. Diese Eis- zeit ging in ein milderes Klima über und drängte die Glet- scher allmälig bis auf ihre jetzige Ausdehnung zurück. Die Erkennung einer ehemaligen sehr ausgedehnten Eis- zeit gehört zu den neuesten Forschungen der Geologie. Ve- nez, Vater im Kanton Wallis, lenkte zuerst im Jahr 1833 die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand. Charpentier in Bex behandelte das gleiche Thema im - Jahr 1835, ausführliche Untersuchungen gaben Agassız im Jahr 1840 und Forbes im Jahr 1841. DieseLehre fand bei ihrem ersten Auftreten bedeutende Anfechtungen, vorzugsweise von Leopold v. Buch und andern Bd. XXXII, 1868. 9 130 Anhäugern des Vulkanismus. Der Physiker Munke erklärte im Jahr 1845, dass eine temporäre Eiszeit, wodurch Gletscher an vielen Orten entstanden sein sollen, an denen sie gegenwär- tig nicht existiren können, eine mit physikalischen Gesetzen ganz unvereinbare Ansicht sei. Gegenwärtig wird es kaum einen Naturforscher geben, der das frühere Dasein einer Glet- scherzeit noch in Zweifel stellt. Die Ursachen, wodurch solche bedeutende klimatische Unterschiede in gewissen Zeitperioden erzeugt sein können, haben wir noch nicht enträthselt. Es fehlt aber nicht an Phantasiebildern über diesen Gegenstand, wovon einige an- gegeben und beleuchtet werden sollen. Die meisten dieser Bilder, auch Systeme genannt, su: chen Anhaltspunkte in der Astronomie und zwar in den Eigen- schaften des Lichtes und der Wärme verbunden mit den Be- wegungen der Sonne und der Planeten. Die Erde bewegt sich bekanntermassen täglich um ihre Achse und jährlich um dieSonne in der Weise, dass die Erd- achse fast die parallele Lage behält und mit der Erdbahn jetzt einen Winkel von 66° 32‘ einschliesst. Oder bezieht man diese Bewegungen auf die scheinbare Sonnenbahn, so schliesst der Erdäquator mit derselben jetzt einen Winkel von 23° 28° ein, der die Schiefe der Sonnenbahn oder die Ekliptik ge- nannt wird. Die Durchschnittspunkte des erweiterten Erdäquators mit der Ekliptik nennt man die Solstitien der Tag- und Nacht- gleichen, denjenigen Punkt wo die Sonne am 21. März steht den Widder- oder Frühlingsnachtgleichenpunkt, denjenigen wo sie am 23. Sept. sich. befindet den der Waage oder Herbst- nachtgleichenpunkt. Die Punkte in der Ekliptik die 90° von den Tag- und Nachtgleichen abstehen, nennt man den Stein- bock und Krebs, in ersterm steht die Sonne am 21. Dezbr. bei Wintersanfang, in letzterm am 21. Juni um Sommers- anfang. Diese vier Hauptpunkte in der scheinbaren Sonnenbahn, sind wie schon Hipparch 150 v. Chr. nachwies, kleinen Ver- änderungen unterworfen, ‚sie bewegen sich jährlich rückwärts um 50.2 Sekunden von Ost nach West, welches Vorrücken der Nachtgleichen oder Präcession genannt wird. 131 Die Forschungen der neuen Astronomie haben es ferner noch wahrscheinlich gemacht, dass sich unser Planetensystem mit der Sonne in einer geschlossenen Kurve um einen gros- sen Himmelskörper drehe. Dieser Centralkörper, um welchen sich vielleicht noch andere Planetensysteme bewegen, sei wahrscheinlich kein Lichtspender, sondern ein dunkler Körper und: deshalb unserm Gesichtssinne nicht zugänglich. Schon Herrschel der Aeltere, aber besonders der grösste praktische Astronom der Neuzeit, bei dem die Praxis mit der Theorie Hand in Hand ging, der berühmte Bessel in Königsberg, hat triftige Gründe für solche Annahme aufgestellt. Obgleich sich die Franzosen besonders im vorigen Jahr- hundert gegen die Voraussetzung eines dunkelen Centralkör- pers sträubte, weil es dem Gefühle widerspreche, so sind sie jetzt die eifrigsten Anhänger dieser Lehre. Der französische Akademiker Babinet glaubte dadurch die Eiszeit erklären zu können. „Die Bewegung unseres Planetensystemes mit der Sonne um einen Centralkörper erfolge in einem mit Aether erfüll- ten Raume, den er Himmelsmaterie nennt. Durch energische Reibung werde Licht und Wärme besonders bei der Sonne entwickelt. Nach der ungleichen Geschwindigkeit dieser Be- wegung entstehe in verschiedenen Zeitperioden bald mehr bald weniger Wärme und Licht im Sonnenkörper. Folge davon sei, eine in verschiedenen Zeitabschnitten ungleiche Beleuch- tung und Erwärmung der Erde durch die Sonne. Hiernach sollen Perioden auftreten, worin auf der ganzen Erdoberfläche, bald ein tropisches Klima, bald wieder eine Eiszeit vor- herrsche.“ Nach einer andern Meinung, der auch Oswald Heer einigen Einfluss einräumt, könne unser Planetensystem bei der Bewegung um den Centralkörper in wärmere oder kältere Himmelsgegenden als in der Jetztzeit gelangen. Oswald Heer sagt: „Ausser der Sonne, sind aber noch Millionen Weltkör- per am Himmel, die ihre leuchtenden und erwärmenden Strahlen in den Weltraum ergiessen. Es ist daher die Möglichkeit gegeben, dass die verschiedenen Gegenden des unermesslichen Weltraumes eine verschiedene Temperatur besitzen. Darf 9 * 132 angenommen werden, dass der Weltraum nicht überall die- selbe Temperatur besitze, erhalten wir die einfachste Erklä- rung von den angegebenen Erscheinungen.“ Die Erdachse schliesst mit der Erdbahn einen Winkel von 66°32‘ ein, oder die scheinbare Sonnenbahn macht mit dem Aequator einen Winkel von 23% 28°. Diese Winkel sind nach Angaben des Petersburger Astronomen Schubart in dem Zeitraume von 65000 Jahr periodischen Veränderungen unter- worfen. Die Schiefe der Ekliptik geht in diesem Zeitraume mehrmals auf- und abwärts und varüirt zwischen 20° 43° und 27045‘. Um den gleichen Unterschied variirt auch der Win- kel, den die Erdachse mit der Erdbahn einschliesst aber im umgekehrten Verhältnisse. | Das Maximum der Schiefe der Ekliptik von 27045‘ traf ungefähr vor 36,300 Jahr ein. Zu dieser Zeit soll Deutsch- land ein italienisches Klima gehabt haben. Circa 30,000 v. Chr. mass die Schiefe der Erde 27031’ und ist im Jahr 15000 v.Chr. nur 21020‘ gewesen. Um letz- tere Zeit soll sich die Eiszeit ereignet haben, Seit dieser Zeit nahm die Schiefe der Ekliptik wieder zu, erhielt 2000 Jahr v. Chr. wieder einen grössten Werth von 230 52° und nimmt durch unser Zeitalter hindurch ab, bis sie um das Jahr 6000 nach Chr. wieder einen kleinsten Werth von 22° 54° bekommt, die wahrscheinlich wieder mit einer Eiszeit zusammenfallen soll. Die Schiefe der Ekliptik wird dann wieder wachsen und ums Jahr 20,000 nach Chr. abermals einen grössten Werth von 25031‘ annehmen, wo dann wahrscheinlich die nördliche Erdhälfte und auch die hiesige Gegend wie zur tertiären Mio- cänzeit mit einer tropischen Flora bedeckt sein wird. Ein Träumer, der Abbe St. Pierre hat ein einstiges gänz- liches Zusammenfallen der Ekliptik mit dem Aequator prophe- zeihet, und es werde dann ein beständiger Frühling auf der Erde und der ewige Friede unter den Menschen eintreffen. Nach der vorhin angegebenen Ansicht, müsste dann aber eine ewige Eiszeit eintreten, welche die Menschheit allerdings zum Frieden d.h. zur ewigen Ruhe befördern würde. 'Thomsen ist der Meinung, dass in verschiedenen Zeit- perioden eine sehr ungleiche Menge Aerolithen (Meteorsteine) 133 auf die Sonne niederstürzen, In die Zeitepoche der geringen Quantität falle die Eiszeit, in die andere das tropische Klima aufder Erde. Es wird nicht angegeben, in welcher Weise die Aerolithen eine Zunahme der Sonnenwärme befördern. Viel- leicht glaubte Thomsen, dass die Meteorsteine der Sonne den benöthigten Brennstoff zum Unterhalte des Lichtes und der Wärme zuführen. In einigen Kreisen hat die Hypothese von dem Franzo- sen Adhemar Anhang gefunden, die sich auf die jährliche Bewegung der Erde um die Sonne und auf das sogenannte Vorrücken der Nachtgleichen (Präzession) stützt. Die Bewegung der Erde um die Sonne erleidet beson- ders durch die grossen Planeten wie Jupiter und Saturn und auch durch den Mond wegen seiner Nähe nicht unbedeutende Störungen, worin der Grund liegt, weshalb die Erdbahn-keine Kreislinie, sondern eine Ellipse ist. Die Sonne steht nicht im Mittelpunkte sondern in einem andern Punkte der grossen Achse oder Apsidenlinie, nämlich in einem der sogenannten Brennpunkte der Ellipse. Dieser Brennpunkt ist aber zugleich der Mittelpunkt von der scheinbaren Sonnenbahn oder Ekliptik. Oben ist an- gegeben, dass die verschiedenen Jahreszeiten nach dem Ein- tritt der Sonne in die vier Punkte der Ekliptik: Widder (y/) Frühling; Krebs (5) Sommer; Wage () Herbst und Stein- bock (6) Winter festgestellt werden, wodurch die Sonnen- bahn in vier Quadranten getheilt ist. Diese gegenseitige Stellung der elliptischen Erdbahn und der kreisförmigen Ekliptik ist Ursache von der unglei- chen Zeitdauer der verschiedenen Jahreszeiten. Das Zurückschreiten der Nachtgleichenpunkte in der Eräbahn, oder ihr scheinbares Vorschreiten in der Ekliptik, die Präzession, ist eine Folge von der Drehung der grossen Achse der Ellipse, (Apsidenlinie), oder man kann auch sagen, von der ganzen Erdbahn von West nach Ost, welche Dre- hung jedes Jahr 50. 2 Sekunden ausmacht. Vermöge dieser zweiten Bewegung um die Sonne, behalten die Jahreszeiten nichf immer die gleiche Zeitdauer, sondern sind periodischen Veränderungen unterworfen. Die grosse Achse der Erdbalın oder die Erdbahn selbst, 134 macht einen ganzen Umlauf in 25900 Jahren, welcher Zeit- raum.ein Platonisches Jahr genannt wird. Bekanntlich haben die nördliche und südliche Halbkugel unserer Erde immer gleichzeitig die entgegengesetzte Jahres- zeit, wenn daher der Frühling und Sommer im Norden län- ger als der Herbst und Winter sind, so findet im Süden der umgekehrte Fall statt. Dreihundert Jahr vor unserer Zeit- rechnung fiel die grosse Achse der elliptischen Erdbahn mit der Linie zusammen, welche den angegebenen Punkt des Krebses (wie Taf.4 zeigt) mit dem des Steinbockes verbindet. Frühling und Sommer, sowie Herbst und Winter hatten damals in beiden Hemisphären die gleiche Länge, aber mit dem Unterschiede, dass die Längen der Wege, welche die Erde zu durchlaufen hat, ungleich sind, und deshalb in der nördlichen Hemisphäre der Frühling und Sommer zusammen genommen die längste, hingegen Herbst und Winter die kür- zeste Dauer hatten. { Jetzt nachdem die Drehung der Erdbahn oder Präzes- sion circa 300% von der vorigen Stellung abweicht, haben alle Jahreszeiten eine ungleiche Zeitdauer. In der nördlichen Halbkugel beginnt 1) Der Frühling am 20. März 2 St. 19 M. und seine Dauer beträgt 92 Tg. 21 St. 2 M. 2) Anfang des Sommers 20. Juni 23 Std. 21. M. Dauer 93 Tg. 13 St. 57 M. 3) Anfang des Herbstes 22. Sept. 13 Std. 18M. Dauer 89 Tg. 17 Std. 24 M. 4) Anfang des Winters 21 Dechr. 6 Std. 42 M., Dauer 89 Tg. 1 Std. 26 M. Der Frühling und Sommer haben daher bei uns in der Jetztzeit, ein Zeitmass von 186 Tg. 10 Std. 59 M., hingegen der Herbst und Winter zusammengenommen von 178 Tg. 18 Std. 50. M. Es ist demnach die Dauer des Frühlings und Sommers in der nördlichen Halbkugel um 7 Tg. 16 Std. 9 M. länger, als diejenige des Herbstes und Winters. In der südlichen Halbkugel findet das umgekehrte Verhältniss statt. Aus bei- liegender Tafel 4 ist ersichtlich, wenn sich die Erdbaln um 900 gedrehet hat, welches um das Jahr 6175 erfolgt, dass 135 bei uns Sommer und Herbst das längste und gleiche, hinge- gen Frühling und Winter auch gleiche aber das kürzeste Zeitmass erhalten. Um das Jahr 12,650 hat die Erdbahn eine Drehung von 180° vollführt, alsdann sind in beiden Hemisphären die Dauer der Jahreszeiten umgekehrt wie 300 v. Ch. Nach einer Drehung der Erdbahn um 2700 im Jahr 19125 erhalten die Jahreszeiten die umgekehrten Zeitmasse wie bei 900 Drehung u. =. £. Die ungleiche Dauer der Jahreszeiten von Frühling und Sommer, verglichen mit denen von Herbst und Winter, soll nach Adhemar die Ursache eines periodischen Wechsels der Klimate in beiden Hemisphären der Erde sein. Um das Jahr 800 v. Ch. hatte die nördliche Iemisphäre das Maximum des warmen und die südliche die des kalten Klima’s. Um diese Zeit herum konnten Mammute, Urrhinoceroten u.s.f selbst in dem jetzt kalten Sibirien gedeihen und ihr Fortkommen finden. Um das Jahr 12,650 n. Ch. wo die Erdbahn die entge- gengesetzte Stellung Eike hat der Norden der Erdober- fläche den item der Eiszeit und der Süden den des warmen Klima’s erreicht. Den gemachten Einwurf, dass zu unserer Winterszeit die Erde der Sonne näher stehe, und daher die südliche Halbkugel zur Zeit ihres Sommers durch diesen Faktor einen grössern Wärmeeinfluss als die nördliche erhalte, glaubt Ad- hemar begegnen zu können. Der Unterschied der Wege, den die Sonnenstrahlen in den Anfängen des Sommers und Winters zurückzulegen ha- ben, beträgt circa 600,009 geographische Meilen, oder den 34 Theil der mittlern Entfernung der Erde von der Sonne. Die dadurch erzeugte Mehrerwärmung der südlichen Llemi- sphäre werde durch einen andern Faktor wieder aufgehoben. Nach Wells Thau- und Reiftheorie strahle die Erde zur Nacht- zeit von der Sonne empfangene Wärme in den Weltraum aus, und gehe verloren. Die südliche Hemisphäre habe 7 Tage länger Herbst und Winter als die nördliche, oder der Südpol habe 7 x 24 d. i. 168 Stunden länger Nacht als der Nordpol Hieraus 136 lasse sich mit mathematischer Gewissheit folgern., dass, die Wärmemenge eines Jahres, welche die Südpolargegend mehr ausstrahle, 2><168 d.i. 360 mal so viel betrage, als diejenige Wärme, welche dem Weltraume in. einer Stunde zugeführt werde. Dieser Verlust sei hinreichend die Mehrerwärmung der südlichen Halbkugel durch die Sonnennähe in unserer Winterszeit zu kompensiren oder auszugleichen. Wenn auch der Nachsatz richtig sein sollte, so steht aber in Frage, ob Wells Ausstrahlungstheorie in den Welt- raum seine Richtigkeit habe. Es sind gewichtige Gründe dagegen aufgeführt. Die klimatischen Unterschiede in beiden Hemisphären, (erzeugt durch die periodisch veränderliche Dauer der Jahres- zeiten), sollen nach Adhemar mit einem andern grossartigen Phänomene in einem engen Zusammenhange stehen. Von mehreren Völkern des Alterthums haben wir sa- genhafte Ueberlieferungen von vormaligen Wasserbedeckungen der Erde, die Bibel berichtet uns auch von einer Sündfluth. In derjenigen Halbkugel, besonders wenn die Eiszeit beginnt, also zu den Zeiten, wo die Erdbahnachse entweder 90% oder 2700 vom Steinbock liegt, finde ein Zuströmen des Wassers in diejenige Polarzone statt, woselbst die Eiszeit be- ginnt. Zugleich schreite auch die Eisbildung beständig vor- wärts, dessen Maximum mit dem Kulminationspunkte der Eis- zeit zusammenfällt. Für die nördliche Halbkugel beginnt der starke Wasser-. zufluss ums Jahr 6175 und erhält den Kulminationspunkt um das Jahr 12,650. Die noch jetzt vorhandene grössere Anhäufung des Was- sers und Eises in der südlichen Hemisphäre, stamme von der Eiszeit ab, die hier 300 v. Chr. ihren Kulminationspunkt hatte. Die Wasseroberflächen in der südlichen und nördlichen Hemisphäre verhalten sich wie 14 uiid, Die mittlern Wasserflächen sollen sich verhalten wie 12000 : 1800 oder wie 20 : 3 Gleichzeitig sollen auch die Eismassen in der südlichen Halb- 137 kugel' weit; grössere Dimensionen als in der nördlichen be- sitzen. Gestützt auf diese ausführlichen Voraussetzungen will Adhemar durch Rechnung gefunden haben, dass noch jetzt der Schwerpunkt der Erde in der südlichen Halbkugel liege, _ und zwar in einem Punkte der Erdachse, der vom Mittel- punkte um 5930 Fuss entfernt sei. Nach dieser Lehre beschränkt sich eine Fluth, oder wie die Bibel sagt eine Sündfluth, immer nur auf eine Halbkugel der Erde, hat eine Dauer von mehreren tausend Jahr und stellt sich periodisch wieder ein. Für die nördliche Hemisphäre müsste die letzte Fluth ungefähr vor 15,000 Jahren ihren Kulminationspunkt gehabt haben und um das Jahr 12,650 denselben abermals er- „reichen. Vor und um letztere Zeit werden die überschüssigen Wasser von Süden nach Norden abfliessen und sich daselbst bleibend ansammeln. Die jetzt noch angehäuften Eismassen in der südlichen Hemisphäre schmelzen immer mehr zusam- men, die in Norden werden sich vermehren und der Schwer- punkt der Erde der jetzt noch in der südlichen Halbkugel liegt, würde allmählig in die nördliche übertreten. Die Flachländer Europa’s, wie das europäische Russ- land, Polen, Holland, Belgien, Dänemark und ein grosser Theil von Norddeutschland werden überschwemmt; und in der südlichen Hemisphäre treten neue Ländermassen aus dem Meere heraus. Einige Anhänger dieser Lehre glauben auch in der Schweiz für die periodisch wiederkehrende Eiszeit Anhalte- punkte gefunden zu haben. Professor Möllinger in Solothurn führt aus einem Be- richte von Domherr Rivaz in Sitten an: Die Gemeinde Bagnes im Kanton Wallis habe noch 1248 das Recht gehabt, mit Maulthieren durch Chermontanez über den Col Fenetre nach Piemont zu reisen, jetzt sei dieser Pass völlig vergletschert. Bagnes habe um die gleiche Zeit mit der Gemeinde Lid- des einen Prozess über einen Wald geführt, dessen Boden jetzt ein Gletscher bedeckt. 138 Nach Hugi soll früher von Grindelwald ein Weg in das Wallis geführt haben der jetzt vergletschert ist. Diese bedeutenden Vereisungen in den Schweizeralpen, sollen nach Venez nach dem 15. Jahrhundert begonnen und bis in das 17. selbst 18. Jahrhundert fortgedauert haben. Wenn man diesen Angaben auch volle Gültigkeit bei- legt, so hat es aber wenig Wahrscheinlichkeit, dass vermöge der geringen Drehung der Erdbahn in ein Paar hundert Jah- ren eine solche bedeutende Vereisung sich ereignen könne. Noch unbegreiflicher ist, weshalb die Vereisung nicht immer in gleichem Masse zugenommen hat, sondern im Gegentheile; wie man es seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts beobachtet hat, in vielen Gegenden der Schweiz die Gletscher zurückgetreten sind. Diesen Phänomenen müssen daher andere Ursachen, als die Drehung der Erdbahn zu Grunde liegen. In einem Vortrage stellte Professor Simmler die Be- hauptung auf, es seien schon in den Tertiärgebilden Spuren von damaligen Eiszeiten vorhanden. An mehrern Orten wie in Obertoggenburg nördlich von Grabs und im Sihlthale des Kantons Schwyz finden sich so- genannte exotische Felsmassen, nämlich eckige und abgerun- dete Felsblöcke der Jura-, Kreide- und Eocänformation, die durch Zäment zu einer Breceie, ähnlich der Nagelflah ver- kittet sind. Dieses Vorkommen soll Zeugniss von Gletscherzeiten ab: legen, die sich lange vor der grossen Verbreitung der Glet- scher in dem Quartärzeitalter zugetragen haben sollen. Solche exotische Gesteine finden sich noch an andern Orten Am Speer kommen mannshohe wenig gerundete Steine in der Nagelfluh vor. Bei Hub und Au im Rheinthale enthalten die eocänen schwarzen Flyschschiefer Einlagerungen von Grünsand. Hohenegger fand in der Umgegend von Stramberg in Mähren mächtige Blöcke von Juragesteinen in Neocomschich- ten der Kreide eingehüllt Diese exotischen Gesteinmassen kommen bei uns immer nur in den Alpen, oder ganz in der Nähe vor, woselbst sie 139 anstehend gewesen sind, aber niemals wie die erratischen Blöcke auch in grossen Eintfernungen. In den Alpen z. B. im Oberrheinthale und Werdenberg finden sich eine Menge grosser Blöcke, die von anstehenden Gebirgen abgelöst und bis auf 10,000 bis 12000 Fuss trans- _ portirt sind. Sollten dieselben zu einer Breccie verkittet wer- den, so legen sie dann noch kein Zeugniss von einer jetzigen Eiszeit ab. Das Material unserer Nagelfluh und Sandsteine der miocänen Tertiärperiode haben vorzugsweise die Alpen ge- liefert, welches sicherlich durch Wasser transportirt ist, denn schon in nicht bedeutenden Entfernungen von den Alpen, sind kopfgrosse Gerölle oder Geschiebe nicht mehr in grosser Meng& zu finden. Konrad und sein Sohn Linth-Escher haben dieses in der Ostschweiz merkwürdige Phänomen schon untersucht und die Ansicht geäussert, dass hier vor dem miosänen Zeit- alter eine Reihe Vorberge bestanden haben, ähnlich wie am Südrande der Alpenkette, welche ein nothwendiges Verbin- dungsglied zwischen der Stockhornkette und den Tyroler oder eigentlich Vorarlberger Alpen abgegeben haben. Nach Arnold Escher von der Linth kommen in dem Erratischen der Quar- tärzeit Felsarten vor, die nur durch Gletscher über Thäler und Seen geführt sein können, aber die der Nagelfluh gänz- lich fehlen. - Es gehören hierher die meisten der jetzt anstehenden Centralalpengesteine wie Pontaiglasgranite, ausgeprägte Hoch- gebirgskalke u. s. f. Ueber dieses schon von Konrad Escher von der Linth angeregte Phänomen herrscht noch viel Dunkelheit. Die ge- wonnenen Resultate machen es aber sehr wahrscheinlich, dass keine Gletscher den Transport besorgt haben und es keine Vereisung vor der Quartärzeit gegeben habe. Ueber den Einfluss, welchen die Veränderungen in der Schiefe der Ekliptik und die Drehung der Erdbahn auf die klimatischen Verhältnisse auf der Erde auszuüben vermögent . besitzen wir eigentliche wissenschaftliche Untersuchungen, deren Ergebnisse in Kürze mitgetheil werden sollen. Die angegebenen periodischen Veränderungen in der Schiefe der Ekliptik und der Drehung der Erdbahn von Wes, 140 nach Ost, beruhen auf der Beobachtung und Berechnung und müssen als richtig vorausgesetzt werden. Ob aber davon periodische Veränderungen in den kli- matischen Verhältnissen beider Hemisphären wie oben ange- geben, abhängig sind, steht sehr in Frage. Nach Professor Hirsch in Neuchatel können die Ver- änderungen in der Schiefe der Ekliptik, welche in der jetzi- gen Periode von 2000 v. Ch. bıs 6000 nach Ch. von 230 53° bis 220 54‘ abnimmt, keine bedeutenden Veränderungen auf das Klima ausüben. Die Mitteltemperatur, wovon das Klima vorzugsweise abhängt, kann dadurch in unsern Gegenden kaum um 10 0, in den Polarregionen kaum um 40 C, verändert werden. Eine solche Veränderung der Schiefe der Ekliptik kann aber den Kontrast der Sommer- und Wintertemperaturen um 2 bis 30 vergrössern, d.h es können in diesem Spielraum heis- sere Sommer und kältere Winter entstehen, Die jährlich wiederkehrende ungleiche Entfernung der Erde von der Sonne um 600,000 geographische Meilen, welche Konstellationen wegen der säcularen Drehung der Apsidenlinie oder der Erdbahn von West nach Ost, in die verschiedenen Jahreszeiten fallen, vermögen die Mitteltemperaturen unseres ganzen Planeten nur um einen kleinen Bruchtheil eines Wärme- grades. zu verändern. Diesem Faktor darf daher im Allgemeinen kein nen auf die mittlere Temperatur zugestanden werden. In der Jetztzeit trifft die Sonnennähe mit unserer Win- terszeit, die Sonnenferne mit unserer Sommerszeit zusammen. Wenn aber die jetzige längere Dauer des Frühlings und Som- mers in der nördlichen Hemisphäre mit der Sonnennähe zu- sammenfallen sollte, so kann diese Konstellation verglichen mit der in der südlichen Halbkugel, einen dreimal grössern Werth als jetzt in den extremen Temperaturen beider Hemi- sphären herbeiführen. Die extremen Temperaturdifferenzen in den verschiede- nen Jahreszeiten könnten dann mehr als 300 die gegenwär- tige übertrefien. | Diese bedeutenden Temperaturdifferenzen im Sommer und Winter, würden aber selbst noch in viel grössern nörd- 141 lichen Breiten als bei uns keine solche klimatische Unter- schiede erzeugen, wie sie in der Eiszeit verglichen mit der Jetztzeit statt gefunden haben müssen. Durch gewisse, noch nicht gehörig erörterte Ursachen, ' zeigt auch die Jetztzeit solche extreme Temperaturverhält- nisse, Newyork liegt unter gleicher nördlicher Breite wie Nea- pel. Ersterer Ort hat heisse Sommer und kalte Winter, eine Mitteltemperatur wie St. Gallen oder Berlin. Neapel mit sei- nen heissen Sommern und gelinden Wintern nähert sich den heissen Klimaten. Cumberlandshouse in Nordamerika, unter 540 nördlicher Breite, also ungefähr wie Lübeck, hat eine mittlere Jahres- temperatur wie das Nordcap in Norwegen, nämlich 00C. Im Winter sinkt die Temperatur auf 50 bis 540 unter Null, und im Sommer ist es so warm wie in Paris oder Brüssel. Die grosse Anhäufung des Wassers und des Eises in der südlichen Hemisphäre, wodurch nach Adhemar’s Berech- nung der Schwerpunkt der Erde um 5930 Fuss in der Erd- achse vom Mittelpunkte nach Süden gerückt sei, ist ein Er- gebniss, dass auf Stelzen und an Krücken läuft. Das Attrak- tionsgesetz, welches bei einer solchen Berechnung den Aus- schlag geben muss, ist entweder gar nicht oder ganz unrichtig in Anwendung gebracht. Nach Baily ist das specifische Ge- wicht oder die Dichtigkeit der ganzen festen Erdmasse 5.67. Das Meerwasser hat ein specifisches Gewicht von 1.21 und das Eis von 0.88, d. h. ein Kubikfuss feste Erdmasse wiegt so viel als 4.7 Kubikfuss Meereswasser oder 6.4 Kubik- fuss Eis. Eine grössere Oberfläche und Tiefe des Wasserbeckens in der südlichen Hemisphäre könnte daher keine Verrückung des Schwerpunktes nach dem Südpole, sondern müsste um- gekehrt eine nach dem Nordpole zu ergeben. Der Schwerpunkt der Erde könnte nur unter der Be- dingung in der südlichen Erdhälfte liegen, wenn daselbst das Eis und das Wasser einen höhern Stand oder entfernter vom Mittelpunkte sich erheben, als in der nördlichen Hemi- sphäre. Bei dem Eise können aber die Eisfelder (Packs) nur in 142 Betracht kommen,’ denn die Eisberge stammen von Gletschern ab; die wegen des ausgedehnten Festlandes im ‚Norden, we- nigstens in gleicher Masse wie im Süden vorkommen. Ueber die nothwendige Mehranhäufung oder eigentlich Mehrerhöhung des Wassers und Eises in der südlichen Halb- kugel, damit eine Verrückung des Schwerpunktes von 5930 Fuss nach Süden möglich sei, hat der Astronom Mädler eine genaue Berechnung geliefert. Nach derselben müsste in der südlichen Polarzone das Wasser und Eis einen 400 Fuss hö- hern Stand als in der nördlichen Polarzone einnehmen. Mädler bemerkt dabei: Diese Masse dürfte allerdings hinreichend sein, um die grossen Fluthgeschichten mehrerer Völker begreiflich zu machen. Obgleich Mädler in den dreissiger Jahren die Resultate seiner Berechnung veröffentlicht hat, so suchte dennoch Pro- fessor Möllinger zu Solothurn in neuester Zeit nochmals die Anricht von Adhemar zu halten. Mädler bemerkt über die dabei angewendete Berechnung: . „es ist zu bedauern, dass Möllinger es unterlassen hat, in die Konsequenzen des At- traktionsgesetzes noch etwas weiter einzutreten.“ Ueber die Erhebung und Anhäufung des Polareises in der südlichen Halbkugel, damit der Erdschwerpunkt um 5930 Fuss südlich vom Mittelpunkte verrückt werden könne, ist Mädler abermals näher eingegangen, wovon einige Andeu- tungen vorgeführt werden sollen. „Das feste Polareis nämlich die Eisfelder hat sowohl beim Nord - als beim Südpole unter verschiedenen Meridia- nen eine ungleiche Erstreckung. Während einige Seefahrer Eisfelder schon unter den 700 selbst. 660 südlicher Breite fanden, traf Weddel unter 740 noch keine Spur davon an. Aehnliche selbst noch grossere Unterschiede zeigt der Nor- den. Kane fand unter 800 nördlicher Breite noch eisfreies Meer. Das angehäufte Polareis kann nicht auf einmal mauer- artig, selbst nicht einmal pyramidenförmig aufsteigen, sondern muss allmälig in einer krummen Linie bis zu dem Pole der mehr: beeiseten Zone immer höher steigen. Als Mittel zwischen mauer- und pyramidenförmiger Auf- steigung nimmt Mädler: bei. seiner Berechnung eine parabo- 143 lische Krümmung des Eises bis zum Pole an. Als Grenze des festen Polareises setzt er den 750 der Breite. Gestützt auf das Attraktionsgesetz und die specifischen Gewichte des Eises = 0,88 und der festen Erdmasse 5.69 ergiebt die Berechnung, dass wenn der Schwerpunkt nur um einen Fuss vom Mittelpunkte der Erde entfernt liegen sollte, das Eis vom 750 der Breite sich allmälig so anhäufen müsste, dass es an den betreffenden Pole um 381 Fuss höher als am andern Pole aufsteigt. Bei einer Verrückung des Schwerpunktes um 5930 Fuss, wie Adhemar annimmt, würde das Eis an dem Pole in der beeisten Polarzone um 2.159.300 Fuss oder 91!/2 geogra- phische Meilen oder 135 Schweizerstunden am andern Pole aufgethürmt sein müssen.‘ Selbst die Eisberge, welche von Gletschern abstammen, würden bei solcher Höhe so viel wie gar keinen Einfluss auf die Verrückung des Schwerpunktes ausüben können. Die Nähe des Festlandes ausgenommen, hat man noch kein Eisfeld gefunden, dessen Eisdicke 30 Fuss erreicht oder gar übersteigt. Von einer Applattung der Erde an beiden Polen, die nach genauen Breitenmessungen und Berechnungen an jedem Pole ungefähr 2.8 geographische Meilen ausmacht, könnte keine Rede mehr sein. Oswald Heer in Zürich hat in seiner Abhandlung über die Flora der Polarländer im mittlern Tertiäralter die Eis- zeit auch berührt. Der Astronom Stones habe berechnet, dass vor 850,000 Jahren die Exzentricität der Erdbahn (halber Unterschied der grössten und kleinsten Entfernung der Erde von .der Sonne) am grössten war. In der nördlichen Halbkugel sei der Winter damals 36 Tage länger als der Sommer gewesen, daher müsse sich in dieser Periode am meisten Schnee und Eis gebildet haben. Lyell sei deshalb geneigt, in diese die Eiszeit zu verlegen. Vor 900,000 Jahren sei dagegen die Exzentricität auf ihrem Minimum gewesen, wodurch auch an- dere Bedingungen für die klimatischen Verhältnisse gegeben waren. 144 Gegen alle diese Spekulationen lasse sich aber einwen- den, dass wir die Bedeutung, welche die Länge des Weges, den die Sonnenstrahlen von der Sonne bis zur Erde zurück- zulegen haben, in Bezug auf ihre Wärmeerregung nicht ge- nügend kennen. Mit Recht habe Lyell darauf aufmerksam ge- macht, dass nach den Berechnungen von Dove die Erde im Juli, wo sie von der Sonne am entferntesten ist, wärmer sei, als im December, wo sie der Sonne am nächsten stehe. Es rühre dies von einer andern Vertheilung von Land und Meer auf der südlichen und nördlichen Hemisphäre her, dadurch erhalte die letztere einen wärmern Sommer als die erstere. Dieses beweise, dass die Vertheilung des festen und flüssigen auf der Erdoberfläche für die Klimafrage viel wich- tiger ist, als die grössere oder geringere Excentricität der Erdbahn. i Immerhin sei es aber ein sehr beachtungswerthes Mo- ment, dass mit der andern Vertheilung von Land und Meer kombinirt, einen grossen Einfluss ausüben müsse, wie dies besonders durch Charles Lyell in ausgezeichneter Weise ge- zeigt ist. Ein zweiter kosmischer Faktor für die Klimaveränderun- gen könne in der Sonne selbst gesucht werden. Wir wissen von den Sonnenflecken, dass stetsfort Aenderungen auf der Sonne vor sich gehen, es sei daher wenigstens die Möglichkeit geboten, dass auch die Wirkung der Sonnenstrahlen nicht immer dieselbe gewesen ist. Der Astronom Mädler sagt: unsere kosmischen Kennt- nisse reichen nicht aus, um dadurch die klimatischen Verän- derungen auf der Erdoberfläche erklären zu können, auch ist er der Meinung, dass die ehemalige Eiszeit von astronomi- schen Verhältnissen nicht abhängig gewesen sei. Vielleicht könne aber die veränderliche Winterkälte eine Folge der Verrückung der magnetischen Erdpole sein, weil dort das Maximum der Winterkälte herrsche. Der grosse klimatische Unterschied zwischen Sibirien und dem nördlichen Scandinavien könne hierin zu suchen sein. Keine der vorgeführten Hypothesen über die Ursache einer vormaligen Eiszeit, stützt sich auf speziell darüber 145 gemachte Beobachtungen oder Thatsachen, alle sind deshalb wie der Titel angiebt, reine Phantasiebilder. Ein anderes Resultat darf man auch wahrlich nicht er- warten. Die Geologie ist eine Geburt der neuesten Zeit, die er- sten schwachen wissenschaftlichen Spuren haben wir bei Georg Agricola um das Jahr 1550 zu suchen, der zuerst bei den Gebirgsmassen den Begriff von Formationen einführte, Mit dem Auftreten von Abraham Gottlob Werner, als Lehrer an der Bergacademie zu Freiberg in Sachsen im Jahr 1780 erhielt die Geologie oder eigentlich die Geognosie erst eine wissenschaftliche Gestaltung. Von noch viel jüngerm Datum aber ist die Erkenntniss einer vorweltlichen Eiszeit, welche gar erst wie oben ange- geben, im Anfange der dreissiger Jahre dieses Jahrhunderts aufgetaucht ist. Alle dauernden Erkenntnisse über Naturerscheinungen erfordern zur Erforschung viele Mühe und Zeit. Es ist auffallend, wie selbst Naturforscher zu der Aeus. serung verleitet werden konnten: „Aus den gegenwärtig be- kannten tellurischen Verhältnissen ist es allein nicht möglich, den grossen Klimawechsel zu erklären. Wir müssen daher auch die kosmischen Verhältnisse betrachten, und uns umse- hen, ob in dieser die Lösung des Räthsels zu finden sei.“ Die Naturlehre ist eine Erfahrungswissenschaft, die von Anschauungen durch die äussern Sinne ausgehen und diesel- ben in Begriffe aufzulösen suchen muss. Kant’s Ausspruch: ‚Begriffe ohne Anschauungen sind leer und Anschauungen ohne Begriffe sind blind“ hat sich in der Geschichte der Naturwissenschaft immer bewahrheitet. Anhaltende und vielseitige Beobachtungen zur Sammlung eines grossen Vorrathes von Thatsachen sind erforderlich, um daraus durch richtige logische Schlussfolgerungen mit Hülfe unserer Vernunft oder unserer Geistesthätigkeit eine Verbin- dungskette zur Erklärung von Naturerscheinungen herauszu- finden. Diese induktive Methode, welche durch die Arbeiten von Newton erst ihre gebührende Anerkennung in der Naturwis- senschaft gefunden hat, muss bei dem vorliegenden Thema Bd. XXXIl, 1868, 10 146 auch in Anwendung kommen, wenn man nicht bloss Luft- schlösser bauen will. Die Ansicht von Kant über aufgeklärte Zeiten, die er in .der Einleitung zu seiner physikalischen Geographie um das Jahr 1765 äusserte, sind in diesem Jahrhundert nicht immer massgebend gewesen. Dieselbe sagt: „Es ist für keinen ge- ringen Vorzug in unsern aufgeklärten Zeiten anzusehen, dass die leichtgläubige Bewunderung, die Pflegerin unendlicher Hirngespinnste, der behutsamen Prüfung Platz gemacht hat, wodurch wir in den Stand gesetzt werden, aus beglaubigten Zeugnissen sichere Kenntnisse einzuziehen, ohne in Gefahr zu sein, statt der Erlangung einer richtigen Wissenschaft der natürlichen Merkwürdigkeiten, uns in eine Welt von Fabeln zu verirren.“ In diesem Jahrhundert, wo die Naturphilosophie von Schelling und Hegel die meisten deutschen Universitäten be- herrschte, und die Systemreiterei mit ihren metaphysischen Ge- hirngespinnsten sich immer mehr in den Vordergrund drängte, hat man besonders in Deutschland von den Vorzügen der auf- geklärten Zeit zuweilen nicht viel wahrgenommen. Die neuere Naturphilosophie mit allen ihren Abarten und Auswüchsen ist wenigstens von der Naturwissenschaft schon seit mehreren Jahren gänzlich über Bord geworfen. Phantasiebilder und sogenannte Systeme auch Lehrsy- steme genannt spielen aber immer noch, besonders beim Unterrichte, eine zu grosse Rolle. Alle Systeme können nach ihrer Natur keinen andern Zweck verfolgen als eine übersichtliche Darstellung von der . Masse des schon Erkannten zu geben. Kein System aber ist im Stande uns in die Geheimnisse der Natur einzuführen oder Naturwissenschaft zu lehren, son- dern diese muss mit Beobachtungen beginnen, wozu der Un- terricht Anleitung bieten sollte. Phantasiebildern.. oder Hypothesen, denen keine Erfah- rungen zu Grunde liegen, sollte der Zutritt beim Unterichte in der Naturwissenschaft möglichst versperrt bleiben, denn sie sind nicht vermögend Erkenntnisse und Fortschritte in der Natur anzubahnen, sie dienen meistens nur als Lücken- büsser, um unsere Unkenntnisse von Naturerscheinungen zu 147 bemänteln. Wie angedeutet, schreitet die Naturwissenschaft gleich der Entwickelungsgeschichte der Erde allmälig und mit langsamen Schritten vorwärts. Wir dürfen daher auch nicht erwarten, über die Ursachen der vorweltlichen Eiszeit, die uns erst seit ein Paar Decennien beschäftigt, jetzt schon Auf- schlüsse geben zu können. Alle oben aufgeführten Versuche, dieses grossartige Phänomen aufklären zu wollen, sind daher in das Gebiet der Luftschlösser zu verweisen. Das grossartige Ereigniss der Eisperiode über dessen Ursachen wir noch völlig im Unklaren sind, hat sich sicher- lich nicht plötzlich sondern allmälig eingestellt. Auch die dazu einleitenden Phänomene und ihre zurückgelassenen Ein- drücke auf der Erdoberfläche sind uns bis jetzt höchst un- genau bekannt. Als Anhang soll noch versucht werden, eine kurze Ueber- sicht über die bisher gewonnenen Erkenntnisse der Eiszeit mit besonderer Beziehung auf die Ostschweiz mitzutheilen. In der Ostschweiz finden wir als unterstes Quartärglied einen hellgelblichen Sand oder Thon, der keine erratischen Einschlüsse zeigt. Diese Ablagerungen stammen von ehemals in der Nähe anstehenden Felsarten der miocänen Gruppe, wozu in der Nähe der Alpen noch Alpenmaterial kommt. In den Alpen selbst fehlen die jüngern Tertiärgebilde. Es sind Fluss- und Bachablagerungen, welche ausserhalb der Alpen nur sehr kleine Gerölle und Geschiebe von Alpen- gesteinen einschliessen, die meistens aus miocäner Nagelfluh abstammen. Im und am Bodensee z. B. bei Rorschach, Konstanz, Radoltszell u. s. f. findet sich als gleichzeitiges Gebilde ein dunkel aschgrauer Sand oder Thon, sogenannter Nollaschlamm, wie ihn noch heut zu Tage der Rhein dem Bodensee zuführt. Auf diesen Flussablagerungen liegen die alten Gletscher- moränen, oder das Erratische, welches durch dunklere Fär- bung, abgerundete und eckige Felsblöcke von den verschie- densten Dimensionen und Mangel an Schichtung kenntlich ist. Der Transport dieser Schuttmassen erfolgte von Süden. nach Norden durch Gletscher, wobei alle Querthäler und Seen überschritten sind. Dieses Erratische ist wieder mit Fluss- und Bachabsät- 10” 148 zen überlagert, dessen Material vorzugsweise das Erratische geliefert hat. Es zeichnet sich von den tiefsten Flussablage- . rungen durch eine hell aschgraue Färbung aus, und liefert in der Schweiz und in den deutschen Bodenseeuferstaaten ausser Sand und Thon, mächtige und ausgedehnte Kiesab- lagerungen, die einen ausgezeichneten Strassenschotter liefern. Ohne Unterbruch bis auf die Jetztzeit sind diese Ab- sätze nach dem Lauf der Flüsse und Bäche, wozu auch ehe- malige Gletscherbäche gehören, nach allen Himmelsgegenden geführt. Die untern Flussablagerungen finden sich auch in an- dern Gegenden. Die Sand- und Thonabsätze bei Thun, in der Umgebung von der Stadt Bern u. s. f. sind hierher zu zählen. Nach Helmersen könnte auch der Thon auf der Waldai- höhe zwischen Petersburg und Moskau, der aus daselbst an- stehenden devonischen Felsen entstanden sein soll, einen gleichzeitigen Ursprung haben. Lyell sagt in seiner Geologie: Die Blockablagerung oder nördliche Drift in England (z.B. Nordfolk) besteht aus Trüm- mern, die aus weiten Entfernungen kommen, die untern Haupt- massen aber, Till genannt, sind jederzeit Trümmer der un- terlagernden und benachbarten Gesteine, so dass sie auf dem rothen Sandsteine roth, in Kreidegegenden weiss, im Kohlen- distrikte schwarz erscheinen. Ist die Unterlage Granit, Gneis, oder ein anderes hartes Gestein, so sind dieselben geglättet, polirt und nach bestimmten Richtungen parallel gefurcht oder i geritzt. Murchison und de Verneuil fanden im europäischen Russland zwischen Petersburg und Archangel in einer Länge von 600 englische Meilen horizontale Tillschichten.“ Ein Theil des Löss zwischen Basel und Bonn könnte auch diesen ältesten Quartärablagerungen angehören. Diese weit verbreiteten Ablagerungen die oft eine Mäch- tigkeit von mehren hundert Fuss zeigen, und der eigentlichen Eiszeit vorhergingen, sind bisher in Bezug auf die Ursache ihrer Bildung wenig beachtet und uns in dieser Beziehung fast völlig unbekannt. Ueber Verbreitung und hohe Uebergänge der Gletscher 149 zur Eiszeit sind Annahmen aufgestellt, die sich in der Ost- schweiz nicht bewahrheitet haben. Einer der grössten Gletscher in der Schweiz zu dieser Zeit ist der Rheinthalgletscher gewesen, dessen Ursprung in Graubünden, einen Theil von Uri, Glarus und Vorarlberg zu suchen ist. Dieser Gletscher, dessen hinterlassene Moränen sich durch Pontaiglesgranite bemerkbar machen, hat bei Sargans einen Seitenzweig durch das Senzthal, über den Wallensee bis über die Stadt Zürich hinaus gesendet. Weder die Churfirstenkette, noch das obere Toggen- burg und die Säntisgruppe hatte derselbe überschritten ge- habt. Erst oberhalb Hard bei Oberriet an der Grenze des Alpen- und Molassengebietes hat sich eine Abzweigung um die Nordostseite des Fähnernberges, in einer Meereshöhe von 4000 Fuss in das Molassengebiet von Appenzell, dem Thale von St. Gallen, in das Thurgau bis zu der vulkanischen Gruppe des badischen Högau’es, wie Hohentwyl, Hohnkrähn u. s. f. fortgezogen. Die weitere Annahme, dass das Thurgau, das Högau, die Gestade des Bodensee’s von Würtenberg und Bayern bis in das Vorarlbergische, die Fläche des Bodensee’s, ein Theil von Appenzell und St. Gallen, durch Ausbreitung des Rhein- thalgletschers völlig bis auf mehrere hunderte selbst tausende Fuss dick beeiset und das Aufkommen einer Vegetation völ- lig verhindert gewesen sei, hat äusserst wenig Wahrschein- lichkeit. Ein Gletscher, der sich nur zu einer solchen geringen Höhe, wie oben angegeben, erhoben hatte, könnte nicht so viel Gletschereis fortschieben , um eine bedeutend grosse Fläche wie angegeben damit bedecken zu können. Die Säntisgruppe und vielleicht die Churfirstenkette haben Seitengletscher gelie- fert, die sicherlich zu unbedeutend gewesen sind, um auf solche grosse erforderliche Eismassen einen Einfluss äussern zu können. Es sind hingegen Anzeichen vorhanden, dass der Rhein- thalgletscher gleich einem Strome, wenn er in die horizontale Ebene eintritt, sich gespalten hat und dann weiterhin strah- lenförmig in mehrere Zweige verlaufen ist. Diese Rheinfälle 150 * der Gletscher haben sich, wie die Betten der Ströme in Ebe- nen, mit der Zeit verändert, welches eine allgemeinere Ver- breitung des Erratischen zur Folge hatte. Zwischen den Rinnsälen der Gletscher fand sich wahr- scheinlich Vegetation vor, wovon die Schieferkohlenlager von Utznach, Dürnten, Mirschwyl abstammen, die im Erratischen liegen. Nach dem Austritte des Rheinthalgletschers aus dem Rheinthale hat sich derselbe auf beiden Seiten fächerförmig, und zwar auf der Schweizerseite über Rorschach bis nach Goldach verbreitet. Dieser eigentliche Gletscherstamm schob sich über die Bodenseefläche nach Ravensburg u. s. f. und versperrte wahrscheinlich durch eine Endmoräne oder einen Gletscherwall bei Schuffenriet der Donau den Abfluss zum Bodensee. Ein anderer Theil vielleicht die Abzweigung von dem Fähnernberge zog sich in einer Rinne über Speicher nach Martinsbrugg, Untereggen westlich von Mörschwyl Ein anderer Ausläufer nahm seinen Weg der Sitter nach westlich der Stadt St. Gallen etc. Zwischen diesen Gletscherräumen, woselbst die untern Flussablagerungen oft in bedeutender Mächtigkeit zu Tage treten, konnte wie auf verlassenen Gletscherrinnen, Vegetation fortkommen. Diese Ansicht, der noch einige, wenn auch nur schwache Thatsachen zu Grunde liegen, ist wenigstens dem Gange der Natur angemessener, als die Annahme von zwei sich auf dem Fusse folgenden Eiszeiten, wonach sich die Gletscher wäh- rend 6000 bis 9000 Jahr bis hinter die Schieferkohlenlager zurückgezogen und dann wieder die Schieferkohlenlager mit Erratischen oder Flussablagerungen bedeckt haben sollen. Die Schreck- und grausenhaften Gestalten, womit uns die Eiszeit bisher ausgemalt ist, werden nach genauen Untersu- chen theilweise in milderm Lichte erscheinen. Ein anderer physionomischer Charakter wird dem völligen Erstarrtsein der Natur weichen müssen, und die Physiker werden von ihrer bisherigen Annahme, besonders in Bezug auf Sonnenwärme, vielleicht selbst von damaliger mittlerer Jahrestemperatur, noch abweichen lassen. Der Rhein bringt wie oben angegeben dem Bodensee kein grobes Geschiebe, sondern nur sogenannten Nollaschlamm ; #151 alle Kiesablagerungen besonders wenn sie grosse Quantitäten grober (rerölle und Geschiebe in Menge einschliessen, können keinen weiten Wassertransport gehabt haben. Die mächtigen Kiesablagerungen in der ebenen Schweiz und am deutschen Bodenseeufer mit vorherrschendem alpini- schen Material sind wahrschemlich beim Abschmelzen und Zurückweichen der Gletscherbäche fortgeführt und abgesetzt worden. Diese jüngern Flussablagerungen sind daher nach den verschiedensten Weltgegenden transportirt, wobei sich aber häufig eine bestimmte Richtung für jeden einzelnen verfolgen lässt. Bei den bisherigen Untersuchungen über die jüngstver- flossenen geologischeu Ereignisse auf der Erdoberfläche hat man sich, wie bei gewissen religiösen Ansichten zu früh von der Erde ab- und dem Himmel zugewandt, der uns aber si- cherlich schon jetzt wenig Aufklärung bieten kann. Für die Geschichte der Erde gehört eine möglichst ge- naue Kenntniss einer uns so nahe liegenden Periode der Erd- bildung wie das Quartärzeitalter zu den nothwendigsten Er- fordernissen. Zur Erreichung einer genauern Erkenntniss ist es daher im höchsten Grade rathsam, dass die Geologen ihre Untersuchungen mehr als bisher auf den Erdball auszudeh- nen, und vorhandene aber noch unbekannte Denkmäler dieser Periode aufzusuchen, die uns sichere Aufschlüsse über den damaligen Zustand der Erdoberfläche geben können. Beitrag zur Beurtheilung des Getreidekorns von Otto Wolffenstein. Die Zusammensetzung der Getreidearten ist schon oft Gegenstand der Untersuchung gewesen, oft genug, um ge- wisse Durchschnittsnormen feststellen zu können; selten oder noch nie sind aber die durch die Analyse gefundenen Resul- tate verglichen worden mit denen, welche diein der Praxis üb- 152+ lichen Qualitätsbestimmungen ergeben. Das Bedürfniss für einen solchen Vergleich ist aber entschieden vorhanden, denn dem Landwirth und Händler, beiden ist ja ein richtiges Er- kennen der Qualität des Getreides wichtig, kann nur gedient sein, wenn ihre bisherigen Methoden eine Revision erfahren. Es giebt bisher zwei Arten der Qualitätsbestimmung: die praktische Beurtheilung des Korns nach seinen äussern Eigenschaften und das holländische Gewicht. Der Werrh dieser beiden Arten ist aber mindestens anzuzweifeln; denn die als werthbestimmend in der Praxis angesehenen Merk- male kennt man noch nicht und der des holländischen Ge- wichts ist nach den Untersuchungen von Reiser ein sehr ge- ringer. Derselbe wies nach, dass das holländische Gewicht ein geradezu falsches Resultat giebt und geben muss, da das Gewicht eines Volumens Körner von der Form, der Grösse, der Gleichmässigkeit, und dem Wassergehalt der einzelnen Körner abhängt, weniger vom spezifischen Gewicht. — We- gen der Unzuverlässigkeit der alten Qualitätsbestimmungen ist demnach eine neue Methode wünschenswerth und nichts liegt näher, als eine derartige Relation im wahren spez. Gewicht zu suchen. Zum Zweck dieser Relation und der oben erwähnten Revision der bisher üblichen Bestimmungsmethoden wurde nachfolgende Arbeit mit Weizen von dem mir eine grössere Anzahl von Proben durch die Güte des Herrn Julius Wagner hier zu Gebote stand), ausgeführt. -- Freilich sind bis dato nur wenig der vorliegenden Sorten analysirt; doch glaube ich dies wenige im Interesse der Sache veröffentlichen zu müs- sen, da ich selbst vorläufig die Arbeit nicht weiter führen kann. — Den gefundenen Zahlen und den Schlüssen, die aus ihnen zu ziehen, mag Einiges über die eingesehlagenen Me- thoden machen, . Die Ausführung der Bestimmung des spezifischen Gewichts war folgended): Nach gutem Mengen und Reini- 1) Die Nr. 23—25 habe ich von der Pariser Ausstellung durch die Güte des Herrn Otto Hausknecht in Berlin erhalten, die grosse Gleichmässigkeit der Proben lässt vermuthen, dass sie msn 2) Bei der Wahl der Methoden kam es wesentlich darauf an, vergleichbare Resultate zu erhalten. Diesen Zweck im Auge, muss man 153 gen der lufttrockenen Körner wurden 2 Portionen a 100 Kör- ner eine halbe Stunde in einen Exsiccator gestellt, um das sich zunächst fragen, inwieweit die verschiedenen EKinilüsse, denen die Körner ausgesetzt waren, im Stande sind, deren Volumen und Gewicht ' verändern. Ersteres, das Volumen, wird leicht durch Aufnahme von Wasser (Quellen) vergrössert. Dabei nimmt freilich auch letzteres, das Gewicht zu, aber in trockener Luft nur auf kurze Zeit, denn nach Reiser verliert ein aufgequollenes Korn bei langsamem Trocknen nicht nur das neue aufgenommene Wasser, sondern auch noch einen Theil des ursprünglich ihm eigenen; dagegen bleibt das Volumen stets grös- ser, als es ursprünglich war. Die Erklärung dieser Thatsache ist wohl in dem Verhalten der stark quellungsfähigen Schicht, die unter der Oberhaut liegt, zu suchen. Nimmt das Korn Wasser auf, so treibt diese Schicht die Oberhaut etwas auseinander, bei nachherigem Trocknen fal- len die collabirenden Häute wieder zusammen, während die stark ge- dehnte Oberhaut nicht folgen kann; zwischen beiden entstehen also kleine lufthaltige Räume, die mit der umgebenden Luft durch Risse communieciren. In dieser Erklärung liegt aber auch zu gleicher Zeit die Abhülfe für das durch grösseres Volumen und geringeres absolute Gewicht herbeigeführte niedrigere spec. Gewicht; man braucht nur die lufthaltigen Räume mit dem Medium zu füllen, in welchem das spec. Gewicht bestimmt wird; und das geschieht am besten mittelst der Luft- pumpe. Auch bei vorliegenden Bestimmungen wurde stets die Luftpumpe angewandt, weil ja bei einigen Proben leicht eine Wasseraufnahme und ein nachheriges Austrocknen bei Ernte sowohl als Aufbewahrung statt- gefunden haben kann. — Weiterhin könnte für ein vergleichendes Re- sultat der verschiedene Wassergehalt störend sein, wenn nämlich das spez. Gewicht der Körner in einem Zustande genommen, der mit „luft- trocken“ bezeichnet wird. Ich suchte deshalb diesen Ausdruck bei Weizenkörnern zu präzisiren, doch sind meine bisher zu diesem Zwecke angestellten Versuche (s. die zweite Arbeit) als in dieser Richtung re- sultatlos zu bezeichnen. Deshalb beschloss ich, die Körner in dem Zu- stande in dem sie vorlagen, lufttrocken zu nennen; in diesem Zustande das spez. Gewicht zu bestimmen, das der wasserfreien Körner aber zu berechnen (durch Abzug des spez. leichteren Körpers, Wasser). Zu meinem Erstaunen fand ich bei einem Kontrollversuche das spec. Ge- wicht der trockenen Körner niedriger als das der lufttrocknen (1,4127 und 1,4228). Vielleicht lässt sich dies daraus erklären, dass die Körner nach dem Trocknen mit demselben Volumen ein geringeres absolutes Gewicht verbinden; doch muss das Factum selbst, bis weitere Versuche gemacht sind, angezweifelt werden. — Bei der Ausführung der spez. Gewichtsbestimmung wurde nicht Wasser genommen (weil dies einer- seits nachweisbar von den Bestandtheilen des Weizens löst, andrerseits aber vergleichbare Resultate durch das Aufquellen der Köner verhin- dert), sondern auf den Rath des Herrn Dr. Siewert Solaröl vom spez. Gewicht 0,84969 hei 15° C., das Wasser von 4° C. als Einheit. 154 an der Oberfläche gebundene Wasser zu entfernen, hierauf wurden sie gewogen, zu gleicher Zeit in Solaröl geschüttet und das spezifische Gewicht nacheinander unter Anwendung der Luftpumpe bei 15° C. in einem Piknometer mit Thermo- meter bestimmt. (Die Zahlen sind also stets das Mittel von 2 Bestimmungen). 3) Für die chemische Analyse war bei der Wahl der Stoffe, die direct bestimmt werden sollten, der Zweck dieser Arbeit massgebend; es musste daher die Stärke direkt be- stimmt werden, weil im Stärkereichthum der Werth des Wei- zens für Producenten und Händler basirt. — Deshalb wurde folgender Weg eingeschlagen : Von den gut zerkleinerten Körnern werden 2 Grm. mit kaltem Wasser so lange extrahirt (durch Schütteln in einem Kölbehen und Auswaschen auf dem Filter), bis das Filtrat auf Platinblech keinen Rückstand mehr hinterlässt. (Der hier- bei in Lösung gegangene Zucker wurde nur bei einigen Pro- ben titrirt). Der Rückstand des Filtrirens wird (es ist dies im Wesentlichen nach dem Vorschlage von Lucanus?)) mit 150° CC. 1%) SO; zwei Stunden lang auf dem Wasserbade unter Ersatz des verloren gehenden Wassers erhitzt, filtrirt und das 3) Ein Beweis für die Genauigkeit dieser Methode scheint mir in dem Umstand zu liegen, dass bei allen Weizen, die mit „sehr gleich- mässig“ bezeichnet wurden, die Zahlen beider Bestimmungen erst in der vierten Decimalstelle differirten. 4) Auch ich schliesse mich der Ansicht von Siegert an, dass es kaum möglich ist, eine genaue Trennung der ineinander übergehenden Kohlenhydrate zu bewerkstelligen. Doch glaube ich mich überzeust zu haben, dass bei der Lucanus’schen Methode der möglichst geringste Fehler durch Ueberführung von Nichtstärke in die Fehling’sche Lösung reducirende Substanzen gemacht wird: Bei der mikroskopischen Un- tersuchung nämlich der mit SO; ausgekochten Substanz fanden sich die Mehrzahl der Stärkekörner, aber in ausgezogenem Zustande, in den Zellen. (Jod und Wasser brachte nicht die Spur von Reaction hervor). Es ist also jedenfalls ein grosser Theil der Stärkezellulose ungelöst ge- blieben, während andererseits es höchst unwahrscheinlich ist, dass die Zellwände schon angegriffen sind, es wird sich also Verlust und Zu- nahme sowohl bei der Stärke als auch bei der Zellulose decken. (Viel- leicht kann auch angenommen werden, dass die Membranen der quel- jungsfähigen Schicht ganz in Zucker übergeführt sind.) 155 Filter mit noch 50 CC 0%) ausgewaschen. 5) Die so gewon- nene Lösung wird hierauf mit 200 CC 8°%/, SO; vier Stunden lang gekocht, dann neutralisirt, filtrirt, schliesslich mit Feh- ling titrirt und so der Traubenzucker gefunden, aus dem die . Stärke berechnet ist6). — Der Rückstand des ersten Kochens, der aus Zellulose und Kleber besteht, wird zunächst von der Schwefelsäure durch Waschen befreit, dann mit verdünnter Kalillauge, um den Kleber zu entfernen, 1 Stunde auf circa 60-—70%C. erwärmt, filtrirt und so lange mit erwärmtem Kali ausgewaschen, als im Filtrat durch NO; ein Niederschlag entsteht, dann ziemlich concentrirte Essigsäure aufgebracht (Hofmeister, Peligot”), bis sich das Filtrat durch NH; nicht mehr trübte und endlich mit Alkohol und Aether extrahirt. — Die so dargestellte Zellulose ist fast rein weiss; unter dem Mi- kroskop stellt sie zarte Zellen dar, die noch theilweise mit aus- gezogenen Stärkemehlkörnern angefüllt sind (s. Anmerkung 4); Jod und Wasser gaben weder blaue noch gelbe Reaction — N und Fett sind nach den bekannten Methoden direkt bestimmt. — Nachfolgende Tabelle giebt nun zunächst die Charakte- ristik, deren einzelnen Glieder lediglich durch den Vergleich entstanden sind, dann das holländische und das spezifische Gewicht der einzelnen Weizensorten). 5) Interessant ist, dass das Filtrat nicht klar sondern trübe. ist; erst nach längerem Kochen mit der concentrirteren Säure wird es klar, um beim Erkalten und Neutralisiren einen flockigen Niederschlag zu bilden, der nachweisbar aus Eiweissubstanzen besteht. 6) Der Punkt, bei dem das Blau eben in farblos übergeht, ist bei dieser Methode sehr ‘genau zu treffen der von mir auf die eben be- schriebene Weise gefundene Stärkegehalt ist höher als er bisher gefun- den, nur Peligot und Hermbstädt führen ähnliche Zahlen an, doch habe ich mich bei der Untersuchung durch mehrmals wiederholte Ana- lysen ein und desselben Weizens von der Richtigkeit meiner Methode überzeugt. Bei Nr. 4 wurden gefunden 70,26; 69,80; 68,76 °/, Stärke. 7) Die Filter waren vorher mit denselben Agentien behandelt, bei 100° getrocknet und gewogen. 8) Zu der Charakteristik gehört eigentlich noch die als praktisches - Merkmal oft benutzt werdende innere Beschaffenheit des Korns, ob dasselbe mehlig, hornig locker etc. sei; ich habe sie unerwähnt gelas- sen, weil ich mich überzeugt, dass ein und dasselbe Korn je nach der Schnelligkeit mit der man es durchschneidet, eine wechselnde Struktur zeigt. 6—_—_6öe = EEE : 9) Gr.v.|!)Gew. : = Nr. Art. Ort. Jahr- Form. Farbe. Sonst.Bemerkungen.|100Kn. ao Specif, one gang Edi Gris Gew. | Gewicht. 1} Verkaufswaare Il. Halle 1 1867 länglich gelbbraun zieml. gleichmässig ‚2,6116 |3,7321 1,4228 |188 Pfd, 2 Weissweizen h 1867 länglich - oval grauweissgelb |sehr ungleichmässig 2,3061 | 3,1071 |1,4009 |123 2 3] Verkaufswaare III. = 1867 länglich braungelb ungleichmässig 12,5998 | 3,5441 |1,4177 |127/28 „ 4| Verkaufswaare I. y oval braungelb gleichmässig 2,6849 | 3,7962 |1,4140 i131/32 „ 5 Sommerweizen Schafstedt bei Halle „ rund-oval braungraugelb fast gleichmässig |2,1067 | 2,8654 |1,3884 |135 = 6| Trit. vulg. turgidum |Quaaland Dänemark „ rundlich gelbweiss 5 3 E 2,5195 | 3,5535 |1,4069 |127/28 „ d ? Fühnen a rund-oval gelbgrau = = 3 2,5375 | 3,6483 [1,4055 1127/28 „ 8 ? Holstein 2 länglich gelbgrau 5 5 5 2,5125 | 3,5616 1,3881 |126/27 „ 9 ? ‘2 Seeland 5 rundlich weissgelb Izieml. gleichmässig |2,4747 | 3,4208 |1,40)9 |130 = 10 ? Jütland oval weissgelb | gleichmässig 2,7441 | 3,8537 1,3970 [126/127 „ 11 ? Schleswig » länglich-oval braungraugelb fast gleichmässig |2,6352 | 3,7123 |1,8960 |127 a 12! Englischer Weizen Fehrmann = länglich braungraugelb |zieml. gleichmässig 2,6387 | 8,6718 |1,3915 |127/28 „ 13| Englischer Weizen |Mecklenburg Waren) „ 5 gelbgrau ungleichmässig 2,3586 | 3,3741 |1,4172 |128 = 14 ? 5 -Schwerin| „ lang gelbgrau 2 5, 2,1262 | 3,0989 |1,4222 | 127/28 „ 15] Englischer Weizen Braunschweig h oval gelbbraun fast gleichmässig |2,5940 | 3,7798 |1,4134 1129/30 „ 16 ? Hannov. Niederelbe „ länglich-oval | gelbbraun zieml. gleichmässig |2,4868 | 3,4448 |1,38914 |124 = 17 Durchschnitt Altmark 5 die Probe lässt 5 Sorten gemengt erkennen 2,6337 | 3,6637 |1,4211 |125 x 18] Trit. vulg. durum Ungarn A lang en fast gleichmässig |2,2090 | 3,0869 |1,4278| — %„ 19 ? Bahnen 2 rund-oval weissbraun zieml. gleichmässig [2,2856 | 3,2888 |1,4039 128 ” 20 Weissweizen Schlesien > länglich-oval weissgelb fast gleichmässig |2,2902 | 3,2401 [1,3766 123 „ 21 Durchschnitt Schlesien 2 5 5 gelbgraubraun FE 2,2455 | 3,1351 [1,3997 1127/28 „ 22|Durchschn.d.Landwaare Böhmen > Die Probe lässt 3 Sorten erkennen. 2,0618 | 2,9158 1,4208 |127 5 23 Tuscan Wheat Victöria Australien.| 1866 länglich-oval weissgelb sehr gleichmässig |3,9849 | 5,6509 |1,4156 | — = 24| Purple Straw Wheat = 2 = oval weissgelb = = = 4,8153 | 6,6864 |1,4011 | — =, 25 ? Colmar Schweden | „ länglich weissgelbbraun |zieml. gleichmässig |2,5698 | 3,5756 |1,8918]| — %„ 26) Trit. vulg. durum |DeutscheKol.i.Tiflis „ lang dreikantig en sehr gleichmässig |3,6275 | 5,1555 |1,4054| — ,„ 97| Purple Straw Wheat |Victoria Australien. „ oval weissgelb En = = 4,7259 [6,6715 11,397 6| — „ 281 Sibirischer Weizen Nertschinsk ? |längl. roggenähnlich graubraun zieml. gleichmässig |1,5674 | 2,1596 [1,4149| — „ 29| Michigan Amber Michigan 867 länglich hellselbbraun fast gleichmässig 2,4823 | 3,5134 |1,4292| — ,„ 30 Ohio red. Ohio a länglich-oval gelbbraun = r 5 2,4206 | 3,4607 |1,4396 | — ,„ 157 Aus dieser Tabelle resultirt folgendes: 1) Das holländische Gewicht steht in keinem Verhältniss zum wahren specifischen Gewicht. 2) Die Grösse von 100 Körnern schwankt in den Extre- men von 1,567 (Nr.28) — 4,815 CC (Nr. 24). — Lassen wir diese unbeachtet, so liegt die wahre Grösse zwischen 2,062 — 2,744 CC; das wirkliche Mittel ist 2,439 CC. 3) Das Gewicht von 100 Körnern hat seine Extreme bei denselben Nr. bei denen die der Grösse liegen: 2,159 (Nr 28) — 6,68 Gr. (Nr. 24). Mit Ausnahme dieser liegt es zwischen 2,865 und 3,853 Gr. Das wahre Mittel ist 3,475 Grm. !1) 4) Das spezifische Gewicht schwankt zwischen 1,3766 — 1,4396 (Mittel 1,4131), ohne in irgend einem Verhältniss zur Form oder Grösse zu stehen. Nur haben die Weizen, deren Farbe weiss beigemischt ist, eine geringere Dichte (durch- schnittlich 1,398), ein Resultat, das auch andere Forscher schon gefunden und das die Praxis bestätigt. — Die grösste Dichte tritt bei den beiden amerikanischen Weizen auf; beide zeichneten sich durch eine glatte Oberfläche aus (ohne hornig zu sein). Von diesen Weizen sind leider erst zehn analysirt, doch geben vielleicht diese zehn Analysen einiges Material, um die gestellten Fragen lösen zu helfen; sie folgen daher hier. 9) Die Grösse von 100 Körnern wurde bei der Berechnung des spec. Gewichts aus dem verdrängten Solaröl gefunden, ist also das Mittel von 2 Bestimmungen. 10) Mittel von 4 Bestimmungen. Beides, Grösse und Gewicht, bezieht sich auf den lufttrockenen Zustand der Körner. 11) y. Bibra hat im Durchschnitt eine viel höhere Zahl gefunden, jedoch glaube ich die meinige als richtiger betrachten zu können, da er nur 20, ich 400 Körner gewogen. 158 In 100 Theilen lufttrockenen Weizens sind: Der prozentischen Zusammensetzung lasse ich hier die absolute von 100 Körnern folgen, weil nur diese uns Auf- schluss über den Werth des betreffenden Weizens in seiner Eigenschaft als Saatgetreide geben kann. (Nur durch den absoluten Gehalt an einzelnen Stoffen erfahren wir ja, wieviel von diesen das Korn der jungen Pflanze im ersten Stadium zu bieten vermag). 1) Der hohe Wassergehalt der Nr. 7—10 erklärt sich vielleicht aus dem Umstande, dass die Proben 1—6 vor der Untersuchung 10 Wo- chen im bLaoratorium gelegen, 7—10 aber nur 4 Wochen. Weizen Nr. \ 1. DE 3. 4. 5. 6. Te 8. 9. 10. Spezif. Gew. 1,4228 1,4009 1,4177 1,4140 1,3884 1,4069 1,4055 1,3881 1,4019 1,3970 Wasser 18,26 12,95 18,20. 13,35 13,28 13,22 18,98 14,092) 14,69 14,50 Stärke 05,65 — 68,56 69,60 — 68,65 65,76 66,04 63,54 — Fett 1,85 71,78. 2,02 02,01 2,04 8,60 1,87 1,99 5 1,78, 2,08 lösl. Zucker — E= — ),16 | ı— — 2.08. la 00 Zellulose 2,8] —_ 1.23 7 1,68 ° 1,97 0 22,57. 03,500 720 — _ N-halt.Substz. 8,94 8,97 10,44 9,08 12,15 8,51 10,46 10,38 8,84 9,35 Asche Ta la ee 5 ol DR. 1,38 Summad. direct „, Kl ’ : : Bee; 94,05 25,01 97,80 98,27 29,29 93,06 97,49 98,12 93,06 27,28 Zellulose — —_ — — — _ —_ — Zu ER Iaas 5 ao N — Tarp Gummi hi “ 5{ \ Ar 1,68) -+ Asche } k { 2,51 i 1.88 6,93 Summa: 160,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 00,00 100,00 100,00 100,00 In 100 Theilen wasserfreier Substanz sind 1. 2. 8% 4, 5- 6. NE 8. 9. 10. Stärke 175,69 —_ 18,76 80,32 nn 73,34 76,40 76,86 74,49 — Fett ia 2,05 al ad! 2 aa ee 2,37 löslich. Zucker _ _ — 1,34 _ _ 2.397 3302 512,81 —_ Zellulose 3,23 —_ 1,41, „1,94 2,25. 2,96. 2,0) 2 ES — N-halt. Substz. 10,31 10,31 13,18 10,59 14,00 9,81 1216 12,07 10,386 10,94 Asche 1.780.150 1,09% 1,72 | —.. 1,86 Keime 16 Summed. direct x 2 Besen: 93,14 13,86 97,45 98,23 18,60 92,1 1 97,08 97,79 91,89 14,93 Zellulose — —_ — —_ _* — — Stärke NAD 9 7 85,07 Zucker 6.86 2 ne = = no a ee 1255] 1 77frasenel} 7,89 {292 22ıl aıı Summa: 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100.00 100,00 100,00 100,00 N-gehalt 1,65 1,65 2,11 1,69 2,24 1,97 1,96 1,93 1,66 1,75 159 In 1000 Weizenkörnern sind enthalten Grmm.: Nr. der Weizen, , ENT. 4. 5. 6. 1. 8. 9. 10. spezif. Gewicht 1,4228 1,4009 1,4177 1,4140 1,3884 1,4069 1,4055 1,3881 1,4019 1,3970 Wasser 4,949 4.023 4,637 5,006 3,780 4,097 5,091 5,019 5,124 5,595 Stärke 24,500 — 24,226 26419 — 22,620 23,980 28,523 21,797 — Fett 0,690 0,555 0,716 0,765 0,584 1,279 0,682 0,710 0,609 0,782 lösl. Zucker — _ — 0430 0 — + .0,74L "0,619 0,826 — Zellulose 1,050 — 0,486 0,688 0,654 0.913 0,656 0,809 — u N-halt. Substz. 8,337. 2,178 4,054 3,487 3,481 83,026 8,816 3,693 8,024 3,603 Asche 0,576 0,407 0,549 0,565 — 0,538 0,587 0,573 0,628 0,532 a ee ee 35,102 7,763 34,668 37,340 8,418 33,073 35,562 34,946 31,948 10,512 Zellulose — —_ — - —_ _ — Stärke u Ge a 2 er RL —) — 198,025 er 9,919 Bi BER ER aan has Fi ah Gummi 1>,2191 10,733[ Q,g99[4Ascne 1177071. 0,921. 0,6701 2.260 es zum TRENNT EEE SET ern ee EEE EEESSEEETEEEESEETREEESEESTESERESSETSEEETETETET Summa: 37,821 31,071 35,441 37,962 23,654 35,585 86,483 35,616 84,208 38,573 Wenn es nicht zu gewagt ist, von diesen wenigen Zah- len Schlüsse zu ziehen, so lässt sich folgendes sagen: 1) Zwischen dem spez. Gewicht der untersuchten Wei- zensorten und dem Gehalt an einzelnen Bestandtheilen exi- stirt kein Zusammenhang. Nur in der letzten Tabelle scheint es, als ob mit höherem spezifischen Gewicht ein höherer Stärkegehalt verbunden sei, doch lässt sich ein genaues Ver- hältniss nicht constatiren, so dass der Schluss berechtigt er- scheint: Bei den untersuchten Weizensorten ist das spezi- fische Gewicht kein Maass für die Qualität. 13) | 2) Der Gehalt an einzelnen Stoffen wechselt so, dass sich kein bestimmtes Verhältniss unter ihnen nachweisen lässt. 3) Der Gehalt an Zellulose (s. nachfolgende Tabelle) steht mit der Grösse der Körner in keinem Verhältniss, wie dies Millon gefunden hat. 13) Qualität ist hier gleichbedeutend mit Stärkegehalt; v. Bibra nimmt zwar den N-gehalt (weil Maass der Nährhaftigkeit) als Maass der Qualität an, aber es ist zu sagen, dass einerseits den Produzenten nichts daran gelegen sein kann, einen N-reichen Weizen, der seinen Boden mehr erschöpft und für den er weniger erhält, zu erzielen, and- rerseits der Käufer, Müller oder Bäcker, den Werth nach dem Stärke- gehalt bemisst. 160 0! N - ae rlerron /e Zellulosein Grmm. Zellu Weizens Kommen Werten: 10u0 Kömern % 2,61 CC. 3,23 1,05 3. 2,59 1,41 0,43 4. 2,68 1,94 0,64 5. 2,10 2,25 0,56 6. 2,51 2,96 0,91 T. 2,53 2,09 0,65 8. 2,51 ‚2,64 0,80 Resultatreicher als die Relation zwischen Zusammenset- zung und specifischem Gewicht ist die zwischen der Zusam- mensetzung resp. dem Stärkegehalte*und dem Charakter (Form, Farbe, Grösse) des Korns. In nachfolgender Tabelle sind diese verglichen und fol- gen der besseren Uebersichtlichkeit halber die Ausdrücke für Form, Farbe, Grösse von oben nach unten resp. von links nach rechts in steigendem Werthe Form en ur 00 Fund I a länglich oval Farbe. 2,4747 63,5 (0/uStärke) _ nen luunzenuN Weissgelh 2,5125 66,0 2,5195 36,6___ _ IrTmcdos Ieigelbmeiss 2,5375 65,7 98 „dh _D>—gelbgrau 2,5998 68,3 2,6116 | 65,6 2 gelbgrau 2,6849 69,6 ——=braun- ; wachsgelb Wenn sich bei weiteren Analysen die in dieser Tabelle niedergelegten Resultate bestätigen, so ist zur Evidenz nach- gewiesen, dass: 1) Die Form für Beurtheilung des Stärkemehlgehalts das wichtigste ist; jemehr sie sich dem Eirunden nähert, desto stärkereicher ist der betreffende Weizen dass 2) nächst der Form die Farbe zu berücksichtigen ist; mit deren Annäherung an das wachsgelbe steigt der Stär- kegehalt. und dass 3} nach Berücksichtigung von Form und Farbe die Grösse massgebend für den Stärkegehalt ist. 161 Ueber Wasserabgabe lufttrockener Weizenkörner an trockene Luft von Otto Wolffenstein. Die im Nachfolgenden beschriebenen Versuche wurden bei Gelegenheit der Arbeit über die Qualität der Weizenkörner angestellt zur Fixirung des Begriffs lufttrocken. Die verschiedenen Verhältnisse, denen Samen vor der Zusendung ausgesetzt gewesen sein können, erschweren einen genauen Vergleich der verschiedenen Sorten; es ist deshalb wohl allgemein Gebrauch, zu untersuchende Samen zunächst eine Zeit lang gleichen Feuchtigkeits- und Temperaturgraden auszusetzen, und sie in den Zustand zu bringen, der mit „lufttrocken“ bezeichnet wird. Diese Feuchtigkeits- und Tem- peraturgrade, sowie die Zeit, welche die Versuchsobjekte in ihnen verweilten, werden aber von den Untersuchern fast nie angegeben, sie sind auch nie die gleichen, es können daher Resultate verschiedener Forscher, die auf den lufttrockenen Zustand der Versuchsobjekte basiren, nicht vergleichbar ein. 1) Gelänge es nun, einen Zeitpunkt zu finden, bis zu dem Samen etc. derselben Gattung einen bestimmten Bruchtheil ihres Wassergehalts an trockene Luft bei gewöhnlicher Temperatur abgeben, während das restirende Wasser nur bei 100° ausgetrieben werden kann, so wäre damit ein Stadium gefunden, in dem Vergleiche zulässig sind und das mit „luft- trocken“ bezeichnet werden könnte. Einen solchen Zeitpunkt zu bestimmen wurde ein Versuch gemacht, der folgendermassen ausgeführt wurde: Von den nachbenannten fünf Weizensorten 1) Tuscan Wheat. Australien. 2) 3) 4) Winterweizen. Halle. 5) Sommerweizen. Halle. 1) Der hier entstehende Fehler ist nicht so unbedeutend, wie man gemeinhin glaubt, es ergiebt sich das schon aus den nachfolgenden Betrachtungen. Bd. XXXLI, 1868. 11 162 wurden je 100 Körner gewogen und in SO; Exsiccatoren gestellt (Nr. 1. 2. 3. 4 in einen gemeinschaftlichen, Nr.5 in einen besonderen). Die Exsiccatoren selbst befanden sich in dem geheizten Laboratorium, das bei Tage eine Temperatur von 14 bis 20° C. hatte, die Temperatur bei Nacht wurde leider nicht bestimmt. Die SO; war rohe englische und wurde dieselbe nur am 15. Tage erneuert. Nach Verlauf der Zeiträume, die in nebenstehender Tabelle angegeben sind, wurden die Proben zwischen zwei Uhrgläsern gewogen und so die Columnen I und II der Tabelle gefunden. Zur Berechnung von Columne III wurde der Gesammtwasser- gehalt an andern Proben derselben Sorte direkt bestimmt. Aus dieser Tabelle ist ersichtlich: 1°. Ein bestimmter Zeitpunkt, in dem sich alle Weizensor- ten gleich verhalten, ist nicht zu finden, es muss daher vor- läufig die Bezeichnung „lufttrocken“ noch in der alten Auf- fassung gebraucht werden. — 2%. Die Weizenkörner scheinen an trockene Luft bei ge- gewöhnlicher Lufttemperatur all ihr Wasser abzugeben. Die Versuche sind leider nicht zu Ende geführt, doch ergiebt sich aus der Kontinuität der Abnahme und den aus den Differen- zen zu construirenden Kurven, dass wenn es der Fall gewe- sen, wirklich alles Wasser abgegeben worden wäre. — 30%. Die Mengen von Wasser, die in bestimmten Zeiträumen- abgegeben werden, sind bei den verschiedenen Sorten ver- schieden, oder, was dasselbe sagen will, gleiche Theile des Gesammtwassers werden bei den verschiedenen Sorten in un- gleichen Zeiträumen abgegeben, und zwar findet dabei die aus folgender Tabelle ersichtliche Regelmässigkeit statt, dass auch in dem Vielfachen dieser ungleichen Zeiträume alle Sor- ten gleiche Prozente des Wassers verlieren. Es brauchen Zeit um zu verlieren. Prozente E des Gesammt- Weizen. wachses Nr. 1. Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Nr. 5 cca. 50% 29 Tage 9 Tage 6 Tage 7 Tage 6 Tage » 600/0 TR) 18 „ re.) 14 „ ER, DEE Be ee 163 Weizen Nr. |. Zeit. 13,5% HO IR TI DI FR I. Beginn des Grm. | %o | % Grm. Versuchs 4,99 _ —_ 3,7142 N.1>x<24 Stnd. | 4,9050 | 1,71 | 12,39 | 3,6078 22H „ 4,3594 | 2,62 | 18,98 | 3,5600 „ 3x24 „ | 4,8261 |3,28 | 23,76 | 3,5296 „ 4x24 „ 4,8001 | 3,80 | 27,53 | 3,5181 „ 9x2 „ 4,7301 | 4,20 | 30,42 | 3,4970 „ 6x24 „ | 4,7638 |4,52 | 32,73 | 3,4865 „ 17x24 „ | 4,7499 |4,80 | 34,74 | 3,4769 „ 8x24 „ | 4,7322 | 5,16 | 37,35 | 3,4706 „ 9x24 „ | 4,7246 [5,31 |38,42 | - „10x24 „ 4,7171 |5,46 | 39,49 | 3,4522 SL , Zi _ „12x24 „ | 47015 5,77 41,71 | 3,4392 =jg<21 - — een _ „14x24 „ 4,6861 | 6,07 | 43,88 _ „15x23 „ Zur er ro „ioxa , see _ „lIIıxXx24 „ 4,6749 | 6,29 | 45,47 — „18x24 „ = 2 > 134166 „19x24 „ Be _ „20x24 „ | 4,6610 16,56 |47,42 | — „21x24 „ a ea 22H „ - |-|— — „23x24 „ | 4,6529 | 6,72 |48,57 | 3,4002 „ax „ ee — n 20x24 „ 4,6461 | 6,85 | 49,51 — „21x ; = je = 39 m2Bx , HR = „30x24 „ | 4,6351 | 7,07 |51,10]1 — * Absolutes Gewicht von 100 Körnern. ** des Gesammtwassergehalts. Weizen Nr. 2. 13,26%/, HO 1 1m °%h 9% 2,86 | 21,60 4,15 | 31,20 4,95 | 87,30 5,39 | 40.65 5,82 | 44,02 6,10 | 46.15 6,35 | 48,03 6,52 | 49,23 7,01 | 52,96 1,36 | 55,60 7,69 | 58,09 7,96 | 60,18 8,15 161,63 8,39 | 63,45 8,62 | 65,21 Wasserabgabe in Prozenten des Weizen Nr. 3. 12,950/ HO ISx2T5-1M. Grm. | %o | Js 31506 3,0568 | 8,26 | 25,19 3.0105 | 4,71 | 36,48 2,9874 | 5,43 | 42,92 2,9678 | 6,06 | 46,81 2,9581 |6,37 | 49,18 2,9496 | 6,64 | 51,25 Die Probe verun- glückte am 7. Tage Weizen Nr. 4. Weizen Nr. 5. 13,2%/, HO 13,23%), HO. I. U. UI. \E 11. 11. Grm. | %o ı °% Grm. | 0 | %o 3,6164 | — — 2,7582 | — — 8,5033 | 3,12 | 23,68 | 2,6615 | 3,33 | 25,16 3,4512 | 4,57 | 34,59 3,4212 | 5.40 | 40,86 3,4023 3,3912 | 6,23 | 47,15 3,3812 | 6,50 | 49,24 3,3696 | 6,52 | 51,66 3,3636 | 6,98 | 52,91 2,6255 | 4,64 | 35,04 2,6035 | 5,44 | 41,08 2,5905 | 5.91 | 44,64 2,5803 | 6,28 | 47,43 2,5704 | 6,64 | 50,14 2,5628 | 6,91.| 52,22 2,5563 | 7,23 | 54,66 2,5508 | 7,43 | 56,16 2,5461 | 7,60 | 57,45 2,5416 | 7,76 | 58,68 2,5392 | 7,85 | 59,33 2,5352 | 7,99 | 60,42 3,3471 | 7,44 | 56,39 3,3361 3,3220 | 8,13 2,5294 | 8,20 | 62,01 — lie. 2,5228 | 8,44 | 63,82 3,3129 | 8,38 | 63,48 Se je _ _ 165,54 3,3049 | 8,60 | 65,15 = eu 3,2992 | 8,75 | 66,28 | 2,5074 | 9,00 | 68,03 2,5034 | 9,14 | 69,12 2,5002 | 9,26 | 69,96 2,4940 | 9,45 | 71,43 absoluten Gewichtes. *** Wasserabgabe 3,2912 | 8,95 | 67,95 3E% 164 Bei der Aufstellung der Idee, durch das Verhalten in trockener Luft eine Feststellung des Begriffs lufttrocken zu erlangen, war ich von der Ansicht ausgegangen, dass die Wasserabgabe wesentlich bedingt sei durch den Gesammtge halt an Wasser überhaupt; ein Vergleich lehrt aber, dass sie weit mehr von der Grösse der Körner, also von der Ober- fläche, die sie darbieten, in zweiter Linie von der Dichte derselben abhängt. Es werden abgegeben Prozente des Gesammtwassers: Nr.d Wei- Amerst. zerkorte Tape In6Tagen In21Tagen GrösseinCC. spec.Gewicht E: 12,39 39,73 ATA2() 3,56 1,401 2. 21.80 4645 -—- 61,63 2,61 1,423 3 25,19 51,25 ai: 2,26 1,400 A. 23,68 49,24 65,12 2,55 1,417 5. 25,16 50,14 66.(?) 1,98 1,388 Es lässt sich Be schliessen: 1. Inallen drei gewählten Zeitperioden geben die grössten Körner die geringsten Mengen ihres Wassers ab und umge- kehrt. — Nur Nr. 5 macht von dieser Regel eine Ausnahme, dies ist aber leicht erklärlich durch den Umstand, dass die Probe 5 ineinem besondern Exsiccator sich befand, also nicht den gleichen Verhältnissen wie Nr.1. 2. 3. 4 ausgesetzt war. Es lässt sich demnach ohne grossen Fehler, sagen: In Luft von gleichem Wassergehalt sind die Prozente des Wassers, die in gleichen Zeiträumen von Weizenkörnern abgegeben Be umgekehrt proportional der Grösse der Körner. 2. Das spez. Gewicht steht in keinem genauen Verhält- niss zu der Wasserabgabe, doch steigt bei gleichem Volumen die Wasserabgabe mit dem Sinken der Dichte, wie es fol- gende Zusammenstellung ergiebt: Nr-dMWeizens Produkt aus der Grösse und der Was- serabgabe in 2 Tagen spezif. Gewicht l- 168,81 1,401 4. =.166,13 1,417 2. 160,85 1,423, 165 Geognostisches über Spanien. Taf. 3. von Franz Schönichen. Als ich im Jahre 1854 Betriebsdirektor der Kupferhütte im Val de Plata am Fusse des Moncayo in Arragonien. war, wurde ich augefordert, einen nicht zu fern davon gelegenen Kohlendistrikt zu besuchen. In Begleitung meines Freundes Dr. Vicente La Fuente trat ich, beritten gemacht auf einem schwerfälligen Maulthier, meine Tour an. Unser Weg führte das felsige Thal des Val de Plata hinauf nach dem Städtchen Calcena, welches auf einem Kalkfelsen erbaut, eine hübsche Gebirgslandschaft bietet. Eine Meile hinter Calcena in west- licher Richtung überschreitet man einen Gebirgskamm, wel- cher zu den Ausläufern des Moncayo gehört und gelangt nach einem Hochplateau. 'Auf diesem zieht sich der Weg mehrere Meilen hin und fällt dann hinab in ein ziemlich weites, von Felsenpartien aus Kalk geschmücktes 'Thalbecken, dem Orte Cyria, dessen alte Veste (auf einem jäh aufgerichteten Fel- senkamme (gleich einem Aarneste) erbaut ist. Der Fels durchschneidet das Thal und wird vom Flusse durchbrochen. Der Fluss führte kein Wasser. Es war zu Sommersanfang. Die grossen Sandmengen seines Bettes und das Kalkgeröll was darin angehäuft liegt, gaben Zeugniss der Wasserströmun- gen zur Winter- und Regenzeit. Am Ufer dieses oft trock- nen Flusses liegt Cyria. Der Ritt hatte mich ermüdet, die Stösse des Maulthieres im Traben wurden mir auf die Länge der Zeit fast unerträglich, indessen es half nichts, es galt et- was Ausdauer. Mein Freund La Fuente, der das Reiten sein Lebelang getrieben hatte und aus dem eine Tagereise davon entfernt liegenden Städtchen Mores gebürtig war, lachte mich ob meiner tristen Gestalt aus, die ich zu Pferde habe. End- lich nach mehr als siebenstündigem Ritte todtmüde hielten unsere Vierfüssler vor einemHause, wo mir angedeutet wurde dass ich abtreten und einsteigen sollte, es seidas Haus eines begüterten Mannes, eines weitläufigen Verwandten‘ des La Fuente und Almeck, meines Principales in La Plata. Durch 166 den Haupteingang trat ich mit meinem Begleiter und Bur- schen, der die Pferde hinter sich herzog, auf einen mit run- den Steinchen hübsch gepflasterten Flur. Nach Abführung der Thiere in den Stall, der hinter dem Hausflur und der Küche angebracht ist, kam ich durch die kleine mit einem grossen Camine versehenen Küche in ein kleines Stübchen, wo mich der Hausherr, der uns schon vor der Thür in Em- pfang genommen hatte, seiner dicken Gattin und einem jun- gen Paare, einem Burschen und einem jungen Mädchen vor- stellte Bald nahmen wir Platz am Kaminfeuer, wo man mich durch Speise und Trank zu erquicken suchte. Unsere Ankunft schien im Orte bald bekannt geworden zu sein. Es kamen Personen in langen Kappen und bezeug- ten mir ihren Respekt. Sie drangen so sehr in mich, dass ich schon nach einer Stunde Rast noch denselben Abend zu einer der nächsten Gruben ritte. Ich konnte es aus Rück- sichten für Almeck nicht abschlagen. Nach Süden hin, wenn man den Ort Cyria im Rücken gelassen hat, erweitert sich das Thalbett, rechts erhebt sich der Beckenrand mit ziemlich steiler Böschung ; der linke Ufer- rand des Beckens lässt sich weniger scharf bestimmen; er wird von hügeligem Terrain gebildet, an das sich weiter hin nach Süden und Südosten wieder Kalkfelsenpartien anschlies- sen, welche der Juraformation angehören mögen. Die Nie- derungen sind bebaute Felder, die Höhen meist kahl mit (Chara), Rosmarin, Aliajas und kleinen stachligem Eichenge- büsch bedeckt; nur stellenweise findet man die Eichbäume grösser und dichter gestellt, aber nie entsinne ich mich, we- der hier, noch anderwärts in Arragon Eichen gesehen zu haben, welche auch nur eine Höhe von fünfzig Fuss erreich- ten. Das Thal nimmt in seinem Fortlaufe nach Süden meh- rere Nebenthäler auf, von denen ich besonders eines berück- sichtige, in welchem man Steinkohlen gefunden hat. Dieses Thal ist nicht lang und wird auf der nördlichen Seite von Kalkfelsen begrenzt, welche das Ausgehende eines ziemlich mächtigen Lagers zu bilden schienen. Von einem hochgele- genen Punkte des nördlichen Thalrandes aus, und zwar von der Halde des Schachtes Triumfo übersieht man einen gros- sen Theil des Thales auf eine Länge von mehreren Kilometern. 167 Mehrere Häuschen sind innerhalb der einzelnen Muthungen aufgebaut über den begonnenen Schächten. Man forderte mich auf in einen der Schächte hinabzu- fahren. Ich that es. Der Schacht war gut verzimmert, ver- tikal niedergebracht. Die Kohle mit schwarzen Letten und ähnlichen schwarzen reichen Massen vermengt fand ich an- stehend in einem in geringer Abweichung von der Vertikale auftretendem Gange von einigen Fussen Mächtigkeit. In grösserer Tiefe trat der Letten zurück. Es mochte der Schacht wohl 25 Lachter Tiefe erreicht haben, in welchen ich einfuhr. Mein Begleiter, der Steiger, oder wie ich ihn nen- nen soll, welcher den Betrieb leitete, war Schneider gewesen. Auf der Halde lagen Hunderte von Tonnen der geförderten Kohle. Ich untersuchte deren Qualität und fand sie gemengt mit Thon, welcher bei der Gewinnung nicht gut ausgehalten worden war. Die Kohle selbst sehr dicht von muschligem Bruche, leicht dem sehr dichten Lignit ähnlich, schien mir schon beim ersten Anblick nicht der Steinkohlenformation im eigentlichen Sinne anzugehören. Nicht allein ihr äusserer Habitus, sondern auch ihr Vorkommen zwischen Kälkfelsen liess es mich vermuthen. In der Steinkohlenformation als solcher treffen wir nicht allein in Deutschland, England, Frank- reich etc. Conglomerate, und andere der Formation eigen- thümliche Ablagerungen, wir treffen diese auch in Spanien beiEspiel und Belmes, in Andalusien, bei Burgos, bei Sevilla (Villanueva), bei Torrelapaga ohnweit Madrid. Hier bei Cyria fehlten die Conglomerate, so weit ich mich entsinne. Ein in spanischer Sprache abgefasster Aufsatz behandelte jene und die Ablagerungen von Cuenca. Das Original findet sich in den Händen des Hrn Salamanca frühern Ministers der spani- schen Krone. | Ich kehre zurück nach Cyria. Nach Besichtigung der ‘Schächte und Kauen führte man mich das Thal abwärts zu- erst durch ein Eichengehölz. Das Thal erweitert und ver- flacht sich nach dieser südöstlichen Richtung hin, behält aber noch auf eine gute Strecke hin den steilen rechten Uferrand, dessen Krone aus Kalkfelsen zu bestehen schien; der äussere Habitus derselben, soweit mein Gedächtniss treu ist, ist der der Jurakalke Nach einer Viertelstunde Weges kaum nach- 168 dem wir, von dem rechten Ufer nach dem linken den Fluss überschreitend gelangt waren, hielten wir vor ein Paar Oeff- nungen still, welche man in der Erde vor nicht langer Zeit “ ausgehöhlt hatte. Ich trat in die eine ein, die schräg in den Berg hineingearbeitet war. Nach kaum zehn oder zwölf Schrit- ten zeigten sich auf den beiden Seitenwänden des Einganges zwei schwarze wenig nach dem Berge zu einfallende, (geneigte) Streifen, welche in einem Abstande von sechs bis acht Zol- len neben einander fortliefen. Jede derselben hatte fünfzehn bis achtzehn Zoll Stärke und bestand, wie man mir sägte, aus Asphalt. Der Steiger der Grube Triumfo, welcher die Freundlichkeit hatte mich zu begleiten , (leider habe ich sei- nen Namen vergessen) theilte mir ausserdem mit, dass diese mit Asphalt bezeichnete Masse jetzt vorläufig nicht gewon- nen würde; man sei im Begriff eine Fabrik zu bauen, um den rohen Asphalt zu reinigen und verschicken zu können. Zur Zeit gab es noch keine Eisenbahn von Zaragoza nach Madrid, so dass der Transport des Rohmateriales von diesem ohnehin nach 9 Stunden von der Linie abgelegenen Gewin- nungspunkte ein sehr theurer geworden wäre. Damals ko- stete der Centner ab Grube Cyria in Madrid 24 rs; das sind nach preuss. Gelde 48 Sgr. oder 1 Thlr. 18 Sgr.— Pf. Der nächste Stationspunkt der jetzigen Eisenbahn ist Calatazud. Das Rohmaterial, aus den beiden dicht übereinander lie- genden Flötzen bestand aus einer festen schwarzen pechar- tigen Masse, welche mit Sand gemengt war, dessen Menge in der ganzen Masse dem Volumen nach ein Drittel ausma- chen konnte. Man hatte den Streckeneingang in den Berg auf dem Asphaltlager hin nur auf eine sehr kurze Länge ver- folgt, hatte bald bei der einschiebenden Neigung des Lagers gegen denBerg hin Wasser gefunden und war dann von die- ser Richtung abgesprungen und horizontal im Lager links fortgegangen. Leider konnte ich diesen Theil der Erdarbeit und das Verhalten der Asphaltlager nach der Seite hin nicht untersuchen. Das mehr als knietiefe Wasser behinderte mich am Weitervordringen. Mehrere taube Klüfte hatten geringe Verwerfungen in den Flötzen hervorgerufen. Wir ritten nach kurzem Aufenthalte weiter und besichtigten auch den Fabrik- bau, denman eine Viertelstunde thalabwärts, auf dem linken 169 flachen Ufer begonnen hatte. Die Seitenwände des Gebäudes waren aufgeführt und auch bereits das Dach aufgesetzt, um gegen Wetter und Sonne beim inneren Ausbau geschützt zu sein. Zur Destillation oder Raffination des Asphalt beab- sichtigte man Röhren in Art der Gasretorten anzulegen, um aus ihnen durch Erhitzung des Rohstoffes den Asphalt rein zu erhalten und den damit gemischten Sand zu trennen. Ob man bei den Versuchen glücklich gewesen ist, kann ich nicht sagen. Asphaltstücke auf eine Blechschaufel gelegt und über Feuer gehalten, erweichten. Späterhin habe ich Nichts wieder gehört noch gesehen von jenem Asphaltlager und dessen Aus- beutung, nur bin ich öfter erinnert an dasselbe, sobald ich in Madrid über den Platz des teatro real ging, wenn die Sonne brannte. Dieser grosse viereckige Platz ist, soweit nicht Wagen und Reiter ihn passiren, mit Asphalt belegt, der. in heissen Sommertagen so weich wird, dass man mit den Schuhen- oder Stiefelhacken darin festklebt. Die Besichtigung der Steinkohlen lag nicht allein im Interesse meines Principales, sondern auch im Interesse der Unternehmer der Gruben selbst. Ich schmolz die aus der Grube Meusola kommenden bleiischen Fahlerze damals mit Eichenkohlen. Ueber den Gang der Grube Meusola und deren Formation hat der portugiesische Ingenieur Dr. Juan Mr. Leitaan in den Anales des Mines geschrieben. Dessen- ohngeachtet werde ich es nicht unterlassen, einige Notizen anzufügen. Obgleich ich an der vegetabilischen Kohle nicht Mangel litt, so musste ich doch beklagen, dass die Kohle nicht allen meinen Anforderungen entsprach. Die Kohle war den Quantitäten nach, in denen sie angekauft wurde recht gut verkohlt, hatte aber die Eigenschaft, beim schnellen Er- wärmen zu knistern und in viele Stücke zu zerspringen, wo- durch sich die Schichtung im Ofen stopfte, so dass der Wind nicht die gehörige Wirkung haben konnte. Leider war mein Aufenthalt in Arragon am Moncayo zu kurz, als dass ich das Glück hätte haben können zu erleben, dass es sich mit gutem Winde, guten Coaks von Cyria im Val de Plata recht gut schmelzen lässt, wenn auch immerhin die Gangmasse der bleiischen Fahlerze, Baryt und das (Gang-) Muttergestein ein feinkörniger röthlicher fester Sandstein war. Mein Freund 170 und College Meissner aus Dresden war damals ganz befrie- digt ‘von den Resultaten meiner Schmelzung und verhehlte nicht mir zu sagen, dass man mit solchen Mitteln, wie sie _ mir zu Gebote standen, unmöglich besser zu schmelzen im Stande sei. Es war mein erster Ausflug in die Praxis von der Aka- demie Freiberg aus, abgesehen von einer mehrjährigen Praxis im Unterharze; umsomehr erfreute mich das günstige Urtheil eines Collegen, der schon anfing, graue Haare zu bekommen. Ich kann nicht unterlassen, eines meiner früheren Lehrherren im Unterharze zu gedenken, des Herrn Hüttenmeister Rie- näcker auf Victor-Frd.-Silberhütte, der mich am Reinofen am Treibheerde in Gesellscaft meines Freunds und Oollegen Alt- mann aus Bleiberg in Oesterreich redlich schwitzen liess und mich manchen Handgriff lehrte, der mir nützte. Die Fahl- erze der Grube Meusola hatte ich eingetheilt in 1. reine arme, 2. reine reiche Fahlerze, 3. bleiische Fahlerze und 4. fahlerzhaltige Bleierze. Die reinen Fahlerze, arme und reiche, verschmolz ich ohne weitere vorhergegangene Röstung über einem Rohofen zu Lechen, welche je nach der Beschickung reich an Silber und Kupfer ausfielen. Später machte ich den Versuch, die Erze vorher etwas ‘zu rösten; alsdann fiel aber das Lech zu kupferreich, in den Blasenräumen fing an metallisches Kupfer auszublühen, und ich musste wieder zu den rohen Erzen zurückkehren. Durchschnittlich besassen diese Leche einen Kupfergehalt von 30 bis 35°, mit 8 bis 10 Unzen Silber. Dass dabei reiche Schlacken fielen, verstand sich von selbst, umsomehr, als sich die gut fliessende Schlacke nach dem Er- kalten theilweise halb metallglänzend, theilweise steinig erwies. Der steinige Theil, der vorzüglich die Baryterde aufgenom- men hatte, schloss Lechstückcehen in Kügelchen ein, so dass ich diese, nachdem sie gesondert, bei der nächsten Schmel- zung wieder mit durchsetzen musste. Die vorzüglich bleihaltigen Geschicke wurden nach vor- hergegangener oberflächlicher Röstung in einem ungarischen Röstheerde mit armen gut gerösteten Kupferlechen Eisenstein- oder Eisen- (wenn es vorhanden war) Zuschlag auf Werkblei und Lech verschmolzen. Diese Schmelzung ging nicht so 171 gut von Statten, als die Rohschmelzung; es blieb noch zu viel Blei in den Lechen, während das Werkblei zu silber- reich ausfiel, da es an bleiischen Zuschlägen vollständig mangelte. Ich hatte einen Treibheerd nach deutschem Muster gebaut und beabsichtigte nun das gewonnene Werkblei auf ' Silber zu verarbeiten und mit der gewonnenen Glätte die reichen Kupferleche zu entsilbern aber Gott weiss, es kam nicht dazu‘ Obgleich das Haus Almeck & hijo in Zaragossa reich genug war, das in den Erzen und Zwischenprodukten der Hütte aufgehäufte nicht unbedeutende Capital bis zur Verwerthung in reine Produkte liegen lassen zu können, so war der damalige Gerent und Chef desselben, Dr. Felipe, doch zu sehr Kaufmann, als dass er mir darin meinen Willen gelassen hätte. Zufrieden mit den reichen Kupferlechen und erfreut über das reiche Werkblei legte er sofort Hand an’s Werk, deren Transport nach St. Sebastian (& Ctr. 24 rs.) zu bewerkstelligen und die Produkte in englische Livres Sterling umzusetzen. Die Röstung der Leche wurde mit Eichenwurzelholz ausgeführt, was von Esel- und Maulthier- treibern zum Verkaufe angeboten wurde. Die Heizung des ungarischen -Röstofens, so wie die unserer Kamine bestand aus Rosmarinstauden von über Manneshöhe und aus einer Dornenart, die Aljaya genannt wird. Sie blüht gelb und findet sich zuweilen hie und da in deutschen Treibhäusern als Topfgewächs. Die Grube Meusola, welche von einer Gesellschaft be- trieben wurde, liegt eine Viertelstunde südlich von einer der Kuppen des Gebirges Moncayo der Tondor. In einem Seiten- thale, welches hinunter zum Thale Val de Plata führt, eine kleine Stunde davon entfernt war die Schmelzhütte angelegt. Weder Grube noch Hütte waren neue Anlagen. Es wurden dort märchenartige Erzählungen über das Wieder- auffinden der Grube mitgetheilt. Ich will davon hier nur sagen, dass man in alten Schriften des Ortes Calcena die Nachricht von einer verlassenen reichen Grube unterhalb des Moncayo mit allen Ortsbestimmungen aufgefunden hatte. Beim Verlassen der Grube habe man den Eingang vermauert und in einem davor angebrachten Brette oder Stück Holz einen Dolch eingestossen. Wozu? kann ich nicht mehr sagen. 172 Diesen Nachrichten Glauben schenkend, habe man bei den neuesten Untersuchungen auch Dolch, Eingang und Grube wieder gefunden und geöffnet. Wie viel von dieser Erzäh- luug wahr ist, kann ich nicht beurtheilen; so viel steht aber fest, dass schon in früheren Zeiten Erze dort gewonnen und auf dem Platze verarbeitet wurden, wo die Hütte erbaut ist, welche jetzt den Namen Petra la virtuosa führt. Beim Bau einer Mauer auf der Hütte zur Zeit als ich dort war, wur- den in einer Tiefe von zwei Fussen ohngefähr unter der Erdoberfläche die Ueberbleibsel alter Röst- oder Schmelz- stellen aufgefunden. Es waren zwei nebeneinander mit Bruch- steinen eingefasste grabenartige Vertiefungen, deren Boden mit Steinplatten belegt war. Die dem Thale zugekehrte Seite war offen gelassen. Auf dem Boden dieser Gruben fand ich mehrere Centner einer feinkörnigen zusammengebackenen grü- nen Masse, welche Holzkohlentheilchen zu enthalten schien. Beim Zerreiben eines Stückchens derselben erhielt ich ein schmutziggrünes Pulver, was einen Kupfergehalt von 18 bis 220/0 zeigte. Der Silbergehalt war nur sehr gering. Es ent- sprach diese Erzmasse den in oberen Teufen der Grube Meusola geförderten Erzen ihrem Gehalte nach. Das Auf- fallende dabei für mich war der vollkommene Oxydzustand des Kupfers. Wären nicht Kohlentheilchen mit dieser oxydirt grünen Masse gemischt gewesen, so hätten bei Abwesenheit von Gangart diese Graben ebensogut für eine Art Schlämm- gräben gelten können, in denen die Erze gewaschen wurden, nachdem sie vorher einer Zerkleinerung unterworfen waren. Die Grube Meusula hatte drei Schächte, welche einen Gang verfolgten, der in constanter Richtung mit fast saigerem Einfallen in einem feingekörnten Sandsteine von röthlicher Farbe auftritt; er ist sehr kieselreich, oft sehr fest und bildet das Material der Gebirgskette von Calcena herab bis Trazo- bares; einem Orte, der thalabwärts eine Stunde südöstlich von der Hütte gelegen ist. Die Thalwände innerhalb dieses Terrains sind meist steil, dass man beim Ersteigen dersel- ben sich vor dem Ausgleiten wohl hüten muss, oft sogar so schroff, dass ein Erklimmen vollkommen unmöglich ist. Es gewinnt dadurch die Landschaft einen alpinischen Charakter. Es giebt Punkte, an denen die Bergwand 7—800 Fuss fast 173 senkrecht aufsteigt. Der höchste Punkt, die Tonda, welche ich von dem Stubenfenster meiner Wohnung auf der Hütte täglich vor Augen hatte und beobachten konnte, diente auch den Kindern der Gegend als Wetterprophet. Es handelte ‚sich darum, ob die Kuppe klar oder umwölkt oder neblig erschien; jede dieser Erscheinungen war von bestimmten Folgen auf die Witterung des nächsten oder der nächsten Tage und für meinen Principal, den Dr. Felipe, der mich öfter besuchte, von hohem Interesse. Besonders erfahren im Vorausbestimmen der: Witterung war der alte Campainallas, ein mittlerer Sechsziger mit knochendürren Gliedmassen, der die Pferde und Maulthiere zu füttern und Stall- Knecht und Läuferdienste zu besorgen hatte. Auf Reisen, sei es nun zu Pferde oder zu Wagen hatte er das Geschäft, nebenherzu- laufen und in Gemeinschaft mit dem Kutscher, welcher den Bock des Wagens behauptete, die Zugthiere anzutreiben und durch Worte und Peitsche anzufeuern. So habe ich bewun- dert, mit welcher Ausdauer dieser alte hagere Mann noch in seinen Jahren einen Weg von 7 Leguas in fünf Stunden neben unserer Kutsche zurücklegte, ohne dabei trotz der Wärme der Jahreszeit viel Schweiss zu vergiessen. Nach Beendigung der Reise nahm er einen tüchtigen Schluck Wein und legte sich dann eine Stunde aufs Ohr, darauf war er wieder so frisch als zuvor. | Ueber den feinkörnigen Sandstein, in welchem ich nur zwei Versteinerungen gefunden habe, nämlich ein Stückchen eines Calamiten und eine Algenart, aufgelagert findet sich von der Tonda ab nach Calcena hinauf eine 50—100 auf 200 Fuss . starke Kalksteinschicht mit vielen Muschelabdrücken. Die Sandsteinschicht mag wohl eine Mächtigkeit von mehr als 2000 Fuss erreichen, denn die tiefste Tiefe der Grube Meusula zeigte denselben kieselreichen Sandstein nur mit der Abän- derung, dass dieröthliche Färbung fehlte, die eran der Ober- fläche hat und die durch Oxydation des Eisens in Folge der Verwitterung hervorgebracht sein mag. Der erste und älteste der Schächte der Grube führt auf dem Gange nieder und dient zur Fahrung und Wasserhaltung. Diese wird theilweise durch Handpumpen bewirkt, welche von straffen Jungen bewegt werden. Sämmtliche Pumpenarbei- 174 ter, die von zwei zu zwei Stunden abgelöst werden, arbeiten unter fortwährendem Singen und Jodeln. Dieselbe Heiterkeit findet sich bei dem Förderpersonal, welches barfuss und in kleinen Körben auf dem Kopfe das Erz von Hand zu Hand bis an den Haspel schafft. Kurz in der Grube hörte man nichts als Singen und Jodeln. Meinem Freunde Meissner der kurze Zeit hindurch dort gegen ein ausserordentliches Honorar Betriebsdirigent war, nachdem die Gesellschaft den Portugiesen Leetao verabschiedet hatte, wäre es eines Tages fast schlecht bekommen, als er Ordre gegeben hatte, es möchte in der Grube beim Arbeiten mit mehr Ruhe hergehen. Kaum war den Arbeitern die Ordre mitgetheilt als schon Abends Freund Meissnern eine Gewehr- oder Pistolenkugel durch das Fenster geschickt wurde, worauf er sofort entfloh und Schutz bei mir suchte. Er sah sich veranlasst, das Ver- bot wieder aufzuheben und kehrte nach ein paar Tagen wie- der nach der Grube zurück. | Der zweite Schacht ist so vorgeschlagen, d.h. angesetzt, dass er den Gang bei 50 Meter Tiefe schneidet; er ist über 100 Meter tief senkrecht niedergeführt, steht mit allen Strek- ken, deren zur Zeit fünf vorhanden waren, in Verbindung und dient zur Förderung von Erzen und Wassern. Ueber demselben ist ein Ochsengöpel angebracht, welcher die För- dergefässe, (grosse Küfen) für Wasser und Erze bewegt. Bei “ steigender Erzförderung bleibt indessen für Wasserhaltung in nassen Zeiten nicht genug Raum, trotz der Mithilfe der Pumpen und man schritt zur Anlage eines andern Göpels für Förderung von Erzen ausschliesslich bestimmt, während auf den erstgenannten beiden Schächten nur Wasserhaltung um- . ging. Die Form des Erzmittels auf dem Gange ist eine sehr regelmässige Eben so regelmässig ist die Mächtigkeit der Erzführung, die in der bekannten Region zwischen 4 und 10 Zoll schwankte. Auffallend und analog zu andern Gang- vorkommnissen ist die Anordnung der Mineralspecien im Gange selbst. Die oberste Region des Erzmittels zwischen Tagesoberfläche bis zwischen erste und zweite Gezeugstrecke führt vorzüglich Bleierze mit wenigem Fahlerze, von da ab bis 4. Streckensohle sind die Anbrüche von durchgängig sil- berreichem Fahlerze höchst compakt, nur mit wenig Baryt 175 gemengt, der oft erdige Consistenz nur besitzt und schöne Fahlerzkrystalle umschliesst. Die Saalbänder des Ganges sind auf beiden Seiten höchst entschieden ausgeprägt und mit et- was Letten und Barytschleim ausgefüllt, so dass die Gewin- nung und Trennung des Erzes von der umschliessenden Ge- birgsmasse eine vollkommene zu nennen ist. Durch eine ein- fache Handscheidung ist die Aufbereitung fast beendet. Die dabei fallende Krumpfe ist das einzige der Wäsche zugewie- sene Material. Unterhalb der 4. Strecke nahm die Mengung des Fahl- erzes mit Bleiglanzstücken und Krystallen ab und der Blei- glanz wurde durch Kupferkies ersetzt. Dr. Tomas Saban, Nachfolger des Meissner neigte sich der Ansicht hin, dass der Bleiglanz ganz verschwinden und vom Kupferkies in grös- serer Teufe ersetzt werden dürfte, wenn nicht die ganze Gangausfüllung später in Kupferkies übergehen würde. Lei- der mangeln mir seit dem Jahre 1855 die Nachrichten hier- über. Es soll damit meinem Freunde und Collegen Saban kein Vorwurf gemacht sein, denn er ist unter den spanischen Ingenieuren einer der ersten und ältesten, welche bestrebt waren, der Wissenschaft Material zu liefern. Die Revista miners, welche in Madrid erscheint, bringt eine Menge inte- ressanter Artikel, unter denen auch über die Meusula’ Mit- theilungen vorkommen. Der erste Erbauer der Hütte Pe- tra la virtuosa war Dr. Lois dela Escosenza. Leider konnte ich seine Oefen zur Schmelzung nicht gebrauchen; er selbst hatte nicht darin geschmolzen. Bei alle dem günstigen Verhalten der Erzablagerung 'kam die Gesellschaft dennoch nicht auf einen grünen Zweig. In dem erwähnten Jahre war die contrahirte Erzmenge, die die Grube der Hütte zu liefern hatte auf 24000 Centner festge- setzt. Es wurde indessen das Quantum nicht erreicht, weil man über ein Gehaltsminimum nicht herabgehen konnte. Da- bei zahlte die Hütte sehr prompt ihre empfangenen Erzlie- ferungen an die Grubengesellschaft aus. Der hauptsächlichste Grund davon, dass trotz der reichen und günstig situirten Erze ein Reingewinn nicht sobald erreicht wurde, mag wohl in den ersten Betriebsjahren darin gelegen haben, dass die Grubenarbeiter im Durchschnitt gut gelohnt wurden und da- 176 x für nicht das nöthige Arbeitsquantum zu liefern im Stande ‘ waren, weil es ihnen eine neue ungewohnte Arbeit war. Der Bergbau Spaniens in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts hat gewiss das Seinige dazu beigetragen, Arbeiter für die in - den letzten 10 Jahren angelegten Eisenbahnen in Spanien zu bilden; so wie umgekehrt diese wieder mit Vortheil beim Bergbau zu verwenden sein werden. Die Gruben von Hiendelaencina, über deren Gesammt- verhalten der Herr Bergdirektor Feigenspahn als damaliger Betriebsdirigent von St. Caecilia geschrieben hat, besuchte ich, als die Ingenieure Maffei, Abeleida, St. Cruz den Be- trieb der diversen Gruben leiteten. St. Caecilia, Perlay Tem- pestad, St. Catalina, Las Artistas etc. waren die vorzüglich- sten. Ich war zur Zeit dort, als die von einem englischen Hause angelegte und höchst rentable Amalgamiranstalt in der Extraktionsanstalt einer Madrider Companie, von Dr. W. Ortigoza angeregt und erbaut, eine Nebenbuhlerin zur Ver- arbeitung der im dortigen Grubendistrikte verkauften Silber- erze fand. Ich traf den Grubenbetrieb vorzüglich in Las Ar- tistos sehr geregelt. Er wurde damals vom Ingenieur Maffei geleitet, welcher die Grubenmauerung mit vielem Geschick in Anwendung brachte. Steinkohlen giebt esin Spanien auf verschiedenen Punk- ten. Ausser dem oben erwähnten Vorkommen von Cyria in Arragon sind mir bekannt: 1. Steinkohlen in der Nähe von Burgos. 2. Steinkohlen in der Nähe von Ragnosa und Alar del Rey auf der Grenze von Asturian und der Provinz Santander 3. Steinkohlen von Gijou in Asturia. | 4. Steinkohlen von Hinarejus Provinz Cueuca. 5. Steinkohlen von Torrelapaja (Torrelagnua) 4 Meilen von Madrid im Guadanama-Gebirge. . Steinkohlen von Belmes y Epiel Provinz Cordoba. . Steinkohlen von Villanueva del rio bei Sevilla. . Steinkohlen bei Oporto in Portugal. . Steinkohlen bei Barcelona (?) Ich muss immer wieder in Erinnerung bringen, dass SS X I 177 diese Nachrichten vorzüglich aus den Jahren 1853—1860 her- rühren; seitdem hat man mehrere Tausend Meilen Eisenbahn angelegt, wodurch bedeutende Veränderungen hervorgerufen sind. Spanien kann dem Zwange des Fortschritts nicht ent- gehen, es wird fortgerissen von Frankreich und England zum Sprüngemachen. Ganze Länderstrecken und Provinzen, welche beinahe noch keinen chaussirten Weg besassen zum Trans- port ihrer Produkte für ihren Handel, der noch auf Maul- thier und Esel basirt war, ich sage ganze Provinzen erhalten jetzt Eisenbahnen. Wie gross der Umschwung der dasi- gen Verhältnisse ist, kann sich jeder leicht vorstellen, wenn er nur beobachten will, welchen Einfluss hier in Deutschland, da wo Eisenbahnen entstehen, diese auf das Frachtfuhrwesen ausgeübt haben. Da wo früher ein Gasthaus für Frachtfuhr- leute stand, steht jetzt ein Restaurant für Eisenbahnreisende aller Klassen. Da wo früher in Spanien eine Spelunke für allen Gefahren trotzende Maulthier- und Eselstreiber stand, steht jetzt ein Restaurant den Bedürfnissen dem Reisenden angepasst. Man muss sehen, um zu erfahren und sich zu überzeugen, welche entsetzlichen Contraste die Anlage von Eisenbahnen in Spanien hervorgerufen hat. Die Sachen lie. gen deshalb jetzt anders. Man wird angefangen haben, das wirklich Nützliche und gewinnbringende Geschäft vom Schwin- del zu unterscheiden, aber dieser war bei dem sprungweisen Fortschritte unvermeidlich. Ohngefähr vier leguas von Burgos in sudöstlicher Rich- tung liegt ein muldenförmiges Terrain, theilweise bebaut, von einem kleinen Bache durchflossen, dessen Ufer morastig, dessen östlicher Rand mehrere Schürfe auf Steinkohlen trägt. Von mehreren Interessenten begleitet, besuchte ich kleine Schächte von 10 bis 15 auch 20 metres Tiefe, welche ein Steinkohlenlager erreicht hatten. Auch mit einer Neigung von 20 bis 25 Grad in die Erde hineingearbeitete Eingänge .liessen mich erkennen, dass man mit ihnen das Ausgehende eines Steinkohlenlagers angetroffen und verfolgt hatte. Nur auf zwei Punkten fand ich Arbeiter; die übrigen Schürfe hatten theilweise die Kohle bis zum Wasserniveau verfolgt, theils noch resultatlos liegen gelassen werden müssen; denn wer gebrauchte damals Steinkohlen? Genug dass man fest- Bd. XXXII, 1868. 12 178 gestellt hatte, an dem und dem Punkte existiren Steinkohlen zu Ablagerungen von 20 — 25 — 30— 36 Zoll Stärke am Aus- gehenden. Die Kohle brennt, ist bei einer Tiefe von 20 metres nicht mit Thonschnitzen oder Schiefer und Letten- bestegen verunreinigt. Die Lagerungsverhältmisse des Neben- gesteins, welches die Kohlenformation begleitet, ist auf grosse Strecken hin ungestört, das Ausgehende des Steinkohlenflötzes lässt sich auf 1/ı—!/2 Stunde etc. an der Oberfläche verfol- gen; was braucht es mehr, um mit fast kategorischer Ge- wissheit zu behaupten, in dem und dem Punkte steht ein Vorrath von guten Steinkohlen’ von so und so viel Volumen. Es lässt sich disponiren über diesen Vorrath, über dieses Kapital, sobald Nachfrage entsteht und Absatz auf dem Markte dafür vorhanden ist. Mit Bestimmtheit lässt sich so urtheilen über die Kohlenanzeichen von Burgos. Mit der Kohlenablagerung von Raynosa und Alazdel- Rey auf der asturischen Grenze mag es ähnliche Bewandt- niss haben“ Die Eisenbahnlinie von Santander nach Palincia geht dicht daran vorüber. Schon damals waren die Gruben von viel bedeutenderer Ausdehnung als die Schürfe von Bur- gos. Möglich, dass diese beiden Vorkommnisse von Stein- kohlen, das von Burgos, und das von Raynosa und Alaz del- Rey zu derselben (Gruppe oder) Becken gehören, was viel- leichtin der Duero-Niederung eine grössere Ausdehnung erlangt, worin Valladolid und Valencia den Mittelpunkt bilden. Das Steinkohlenflötz von Gijon in Asturien wird regel-- mässig bebaut; seine Steinkohlen werden zu diversen industriel- len Zwecken, Zinkdarstellung, Eisenproduktion verbraucht und zu Wasser an der Küste entlang versandt. Auf der Südseite des Guadarrama treten Steinkohlen- spuren nicht weit von der Strasse Madrid-Burgos beim Torrelapaja (Torrelagnua) auf. Conglomerate grober Natur, Kohlenschiefer finden sich in geringer Ausdehnung am Fusse der schroff ansteigenden Gebirge und aller Wahrscheinlichkeit nach steht Madrid über einem Steinkohlenbecken, dessen Wich- tigkeit nicht zu verkennen ist. Das Vorhandensein der Steinkohlenformation in der Provinz Cuenca ist charakterisirt durch beträchtlich ausge- dehnt und mächtige Ablagerungen von groben rothen Con- 179 glomeraten zwischen den Orten Hinarejos, Caravalla und Boniches. Wenn ich nicht irre, hat man mir erzählt, dass auch in Teruel Steinkohlen gewonnen werden. Es erstreckt sich demnach in der Provinz Cuenca diese Formation auf einen ziemlich ausgedehnten Flächenraum. Die Ablagerung von Steinkohlen, bei Belmes und Espiel bekannt, ist meines Erachtens die bedeutendste für jetzt in ganz Spanien. Die Kohle ist von vortrefflicher Qualität und wird in Sevilla vielfach und in beträchtlichen Quantitäten verwendet. Jetzt ist ein Eisenbahnzweig von dort nach Cor- doba projectirt, der bei einer Länge von 9 leguas die Kohlen- abfuhr zur Hauptbahn Cordoba bewirken soll. Ein billiges gutes Brennmaterial ist das Lebensprincip aller Industrie. England giebt dafür den besten Beweis. . Möchten doch die Steinkohlenvorräthe Spaniens alle recht bald der Industrie erschlossen werden! Die Schürfe bei Villa nueva del rio ohnweit Sevilla haben gezeigt, das dort die Formation auftaucht, weiter hinein aber von jüngeren Flötzformen überdeckt ist. Weitere Ver- suchsbaue sind nicht angelegt Das Vorkommen von Steinkohlen in Oporto ist durch Herrn Riveiro beschrieben. Es ist von nicht grosser Aus- dehnung. Soviel über Steinkohlen. Gerne trüge ich diese gesammelten geognostischen Data auf einer geographischen Karte auf, um den Gesammteindruck des mir bekannten Kohlenvorkommens zu gewinnen, aber da ich die Grenzen der Glieder zu wenig bestimmen kann, so unterlasse ich es und verweise auf eine mir eines Tages zu Gesicht gekommene lithographische Skizzirung der Steinkohlen- formation Spaniens, zusammengestellt von Dr. Cajiano del Prado und erschienen in Madrid bei Bayllipo-Baillier. Auch wurde von Seiten der (Madrider) Regierung durch das In- genieurcorps eine gute topographische Generalkarte durch Triangulation anzufertigen intendirt. Es waren zu dem Zwecke die Ingenieure der Provinzen aufgefordert, in gemeinsamem Uebereinkommen die Mittel in Erwägung zu ziehen, die dazu nöthig seien. Man hatte auch begonnen hohe gemauerte Sig- 12* 180 nalpunkte zur Triangulation zu errichten. Ob aber die von der damaligen Regierung resp. dem Ministerium bewilligten Mittel ausgereicht haben, weiss ich nicht. Von einzelnen Provinzen existiren sehr gute geographische Karten, ob aber schon eine Zusammenstellung derselben zu einer einzigen das ganze Reich umfassenden geschehen ist, kann ich ebensowenig sagen. Ebenso geht es mit der Geographie. Gewiss ist in den Zeitschriften für Geographie in Madrid viel und vortreff- liches Material für eine geognostische Karte aufgesammelt. Dass dieselbe aber bereits in die Oefientlichkeit gelangt ist, bezweifle ich. Um so mehr mag man mir verzeihen, wenn ich nur zusammentrage, was zur einstigen Ergänzung oder Berichtigung einer geologisch-geognostischen Karte Spaniens dienlich sein kann. Gern bin ich überzeugt, dass vielen mei- ner Herren Collegen ausreichendere Mittel zum geognostischen Studium ihrer Distrikte offenstehen, aber vier Augen sehen (gewöhnlich) mehr als zwei und deshalb schreibe ich hier, was meine Augen gesehen haben. Berichtigung der generischen Bestimmung einiger fossilen Dipteren. Taf. V. (Aus einem auf der Naturforschenden Versammlung zuDresden gehaltenen Vortrage.) Von Prof, Dr. H. Loew, Direct. a. D. zu Guben. Herr Prof. Heer vertheilt die von ihm beschriebenen, der Familie der Bibionidae angehörigen fossilen Dipteren in vier Gattungen, und zwar in die zwei für jetzt lebende Arten errichteten Gattungen Bibio und Plecia und in die beiden Gat- tungen Bibiopsis und Protomyia, welche seiner Ansicht nach von allen bisher für die Bibionidae der Jetztzeit errichteten Gattungen verschieden sind. Dass der scharfsichtige Kenner der fossilen Fauna und und Flora, welcher unser Wissen davon so vielfältig berei- chert hat, sich hinsichtlich der generischen Bestimmung 181 der von ihm beschriebenen Bibionidae in einem Irrthume befunden hat, ist mir, in Folge meiner eingehenden Be- schältigung mit den Dipteren, von Anfang an nicht zwei- felhaft gewesen. Ich war der Meinung, dass dieser Irrthum bei Fortsetzung seiner Beobachtungen durch Herrn Prof. Heer selbst, und wenn nicht durch ihn, so doch durch andere auf demselben Beobachtungsfelde thätige, bald seine Berichtigung finden werde. In Folge dieser Meinung hielt ich mich nicht für berufen auf den begangenen Irrthum aufmerksam zu ma- chen. Da meine Voraussetzung sich bis jetzt nicht erfüllt hat, vielmehr spätere Autoren, wie z. B. L. v. Heyden in seiner Beschreibung der fossilen Insecten aus den Braunkoh- len von Rott und Salzhausen, Heer’s Fusstapfen ohne Be- denken gefolgt sind und, ohne die nöthige Kritik zu üben, den von jenen begangenen Irrthum weiter fortpflanzen, so scheint es mir Zeit, gegen denselben Protest zu erheben. Ich finde mich um so mehr dazu veranlasst, da das Vorkommen von mehreren Bibiopsis-Arten und von einer wahren Unzahl Protomyia-Arten in den tertiären Schichten von Radoboj, Oeningen und Aix, wie in den rheinischen Braunkohlen, ge- genüber dem vollständigen Fehlen dieser beiden Gattungen im Bernsteine und unter den'Dipteren der Jetztzeit, nothwendig ein ganz falsches Licht auf das gegenseitige Verhältniss der Dipterenfaunen der verschiedenen Epochen wirft. Ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass die von Herrn Prof.Heer als Bibio- Arten beschriebenen Fliegen die- ser Gattung wirklich angehören, halte es aber doch nicht für überflüssig, auf diejenigen Merkmale aufmerksam zu machen, welche zu constatiren sind, wenn man eine fossile Fliege mit Zuversicht für einen Bibio erklären will. — Die Bibio-Arten besitzen in der höchst auffallenden, ihnen allein eigenthüm- lichen Bildung der Vorderschienen ein sie leicht kenntlich machendes Merkmal; dieselben verbreitern sich nämlich auf ihrer zweiten Hälfte recht merklich und laufen an ihrem Ende in zwei starke, dornförmige Fortsätze aus, von denen der stärkere an der Hinterseite, der stets schwächere und kürzere, bei manchen Arten sehr kleine sich an der Vorderseite der Schienenspitze befindet, wie es Taf. V. Figur 1. zeigt: Wo diese Bildung deutlich-zu bemerken ist, darf man überzeugt 182 sein, es mit einem Bibio zu thun zu haben. Auch das Flü- gelgeäder der Bibio-Arten ist ziemlich charakteristisch; es ist nach dem Schema vonFig.2 mit einer gewissen Veränderlichkeit in der Stellung der bei a befindlichen Querader gebildet. Le- diglich auf das Vorhandensein dieses Flügelgeäders hin lässt sich eine fossile Art aber nicht für einen Bibio erklären, da das Flügelgeäder der Dilophus-Arten ein dem der Bibio- Arten auserordentlich ähnliches ist. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die vorletzte der aus der Flügelwurzel entspringenden Adern sich bei Bibio früher gabelt, als dies bei Dilophus der Fall ist. Dieser Unterschied ist so gering- fügig, dass er bei fossilen Exemplaren kaum in seltenen Fäl- len sicher zu constatiren sein wird. Führt das Flügelgeäder auf das Resultat, dass man es mit einer Bibio- oder Dilo- phus-Art zu thun habe, so ist die Entscheidung der Frage, welcher von beiden Gattungen dieselbe beizuzählen sei, in der Beobachtung des Thoraxrückens zu suchen, welcher bei Bibio von ganz gewöhnlicher Bildung, bei Dilophus aber mit zwei oder drei querlaufenden Dornenreihen besetzt ist. Die diese kammartigen Reihen bildenden Dornen sind bei dem im Bernsteine vorkommenden Dilophus priscus so gross, dass, wenn in den tertiären Schichten von Radoboj, Oeningen und Aix, oder in der Braunkohle ähnliche Arten vorkommen soll- ten, diese wohl an der Anwesenheit derselben als Dilophus- Arten zu erkennen sein würden. Leider sind die Dornen. kämme aber bei anderen Dilophus-Arten so klein, dass sie an ähnlichen fossilen Arten in allen-Fällen nicht ganz vorzüglicher Conservation schwerlich wahrzunehmen sein werden. Dann ist die Entscheidung, ob die Art ein Bibio oder ein Dilophus sei, nur in dem Falle möglich, dass wenigstens eine der Vor- derschienen von ihrer Basis bis über die Mitte hin genauer Wahrnehmung zugänglich ist; ist dieselbe bis dahin von ein- facher Bildung, so darf man versichert sein es mit einem Bibio zu thun zu haben; gehörte sie einem Dilophus an, so müsste sich entweder auf ihrer Mitte, oder hier und eben so in der Nähe ihrer Basis ein Halbkranz dornartiger Fortsätze zeigen. Ich komme zur Gattung Plecia. Das Flügelgeäder aller zu derselben gehörigen Arten ist nach dem Schema von 183 Fig.3 gebildet, nur hat der bei ain die Costalader mündende Aderast bei den verschiedenen Arten bald eine etwas steilere, bald eine etwas schrägereLage und iin Folge davon bald eine etwas geringere, bald eine etwas grössere Länge; charakteristisch für die Gattung Plecia ist es, dass seine Ursprungsstelle stets in ziemlich ansehnlicher Entfernung von der Querader bei c liegt, Die Vorderschienen der Plecia-Arten sind ohne Ausnahme von einfachem Baue. In der Körperform kommen die robu- steren Plecia-Arten den Dilophus-Arten nahe, doch giebt es auch Arten von grosser Schlankheit. In seiner Insectenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen und Radoboj publizirt Prof. Heer zwei Plecia-Arten. Seine Plecia lugubris sollte man nach der Flügelabbildung auf Taf. XIV. Fig 20 (nicht Fig. 17, wie im Texte eitirt ist) gar nicht für eine Plecia halten, da der in unserer Abbildung Taf. V Fig. 3 bei a in die Costa mündende Aderast in seiner Figur ganz fehlt. Es ist aber sowohl aus der Beschrei- bung als aus dem Vergleiche mit Macquart’s Abbildung von Plecia femorata (Exot. I. 1 Tab. XII. Fig. 4) ersichtlich, dass derselbe bei dem beschriebenen Exemplare vorhanden ist und eineLage hat, welche es als Plecia erkennen lässt. Dass die in meiner Figur 3 mit c bezeichnete Querader, so wie die ihr vorhergehende der Plecia lugubris nicht fehlen, scheint mir ganz unzweifelhaft; da in der Heer’schen Abbildung von ihnen nichts zu sehen ist, so muss wohl die Conservirung des be- schriebenen Stückes nicht gut genug gewesen sein um sie zu erkennen. Die zu Plecia hilaris gehörige Abbildung auf Taf. XVII Fig. 6 zeigt ein Individuum mit an ihrer Spitze verstümmel- ten Flügeln. Das Geäder auf dem hintereren Theile des Flügels macht es fast absolut gewiss, dass das abgebildete Thier eine Plecia oder eine Penthetria ist. Das Flügelgeäder von Penthetria (siehe unsere Fig.4) unterscheidet sich nun aber von dem der Plecia-Arten ganz besonders dadurch, dass der in die Costalader mündende Aderast bei Penthetria näher an der in Figur 3 mit c bezeichneten Querader entspringt, eine ausserordentlich viel grössere Länge hat und der Längs- axe desFlügels parallel verläuft. Wäre das abgebildete Exem- plar eine Penthetria gewesen, so müsste der Anfang dieses 184 Aderastes noch sichtbar sein; da dies nicht der Fall ist, so kann es nicht für eine Penthetria erklärt werden; ich muss es also mit Prof. Heer für eine Plecia halten und werde in dieser Deutung durch den Umstand bestärkt, dass Herr Prof. Heer des mehr besprochenen Aderastes, welcher seiner Angabe nach nur auf dem Abdrucke sichtbar war, in einer Weise er- wähnt (er nennt ihn ein Queräderchen), die es unzweifelhaft macht, dass derselbe die für die Plecia-Arten charakteristische Lage und Kürze hatte. Dass die bei allen Plecia-Arten stets vorhandene Querader in Herrn Heer’s Figur fehlt, macht mich in dieser Deutung nicht im geringsten irre, da dieses Fehlen ganz eben so, wie bei Plecia lugubris, zu erklären ist. Befinde ich mich demnach mit Herrn Prof. Heer auch hinsichtlich der generischen Deutung seiner Plecia- Arten in Uebereinstimmung, so habe ich es doch nicht für überflüssig gehalten, auf die Mängel seiner Abbildungen aufmerksam zu machen, da es nicht ganz an Beispielen fehlt, dass einer oder der andere, besonders auf ihm weniger vertrautem Ge- biete, lieber aus Büchern als durch eigene Anschauung, und lieber aus den Abbildungen als aus dem Texte der Bücher Auskunft sucht, so dass es mich nicht gar zu sehr überra- schen würde, wenn sich einmal auch einer fände, der diese Mängel als wesentliche Charaktere der Gattung Plecia auffasste. Ich komme nun zur Gattung Protomyia, hinsichtlich welcher ich nicht in der glücklichen Lage bin, mich mit der Ansicht des Herrn Prof. Heer in Uebereinstimmung zu befinden, - sondern gegen deren Berechtigung ich Protest erheben muss. Die Angaben, welche Herr Prof. Heer über die Längsadern des Flügels macht, passen ganz und gar nicht auf die Gat- tung Plecia; hinsichtlich der Queradern macht er die Angabe, dass die von mir Taf. V Fig. 3 mit ce bezeichnete bei man- chen Protomyia- Arten fehle, bei anderen dagegen vorhanden sei, während die von mir mit d bezeichnete Querader immer zu fehlen scheine. Ueber die Lage der ersteren sagt er lei- der nichts und aus den sich nicht überall als ganz zuverläs- sig erweisenden Abbildungen ist schwer etwas ganz Sicheres über ihre Lage zu entnehmen. Die beiden zu Protomyia an- thracina gehörigen, von einander unabhängigen Abbildungen (Taf. XVI. Fig. 21 u. 21b) zeigen sie in nahebei übereinstim- 185 mender und also wohl in ziemlich richtiger Lage; dies ist aber ganz die Lage, welche sie bei Plecia hat. Von den drei zu Protomyia Bucklandi gehörigen Abbildungen (Tab. XVI. Fig. 22a, 22b und 22c) zeigen sie Fig. 22b und 22c auf ihrem rechten Flügel und zwar in übereinstimmender Lage; dies ist aber wiederum die Lage, welche sie bei Plecia hat; Fig.22a zeigt sie in ganz anderer, noch dazu auf beiden Flü- geln verschiedener Lage, so dass dieser Figur kein Gewicht beigelegt werden kann. Von den auf Protomyia longa be- züglichen Abbildungen (Taf. XVI. Fig. 20 und 20b) giebt nur die letzte ein deutliches Bild des Flügelgeäders; bei der Schärfe desselben könnte man wohl sehr geneigt sein bei der Beurtheilung des Flügelgeäders von Protomyia aut dasselbe ein ganz besonderes Gewicht zu legen; nichts destoweniger muss ich das Zeugniss gerade dieser Figur total verwerfen; das in derselben dargestellte Flügelgeäder zeigt nämlich die Querader bei c gar nicht, die bei d aber in vollster Deutlich- keit. Herr Prof. Heer sagt im Text ausdrücklich, dass diese letztere Querader seinen Protomyia-Arten stets zu fehlen scheine; ich meine, dass einem so scharfsichtigen und sorg- samen Beobachter, wenn ihm ein deutlich ausgeprägtes Flü- gelgeäder mit derselben vorgelegen hätte, dieser Umstand sicher nicht entgangen sein würde; ist diese Querader aber wirklich, wie sie die Figur darstellt, vorhanden gewesen, so entspricht sie ganz der Querader d in der von mir Fig.3 ge- gebenen Flügelabbildung von Plecia. In den zu Protomyia jucunda (Taf. XVII Fig. 2) und amoena (Taf. XVII Fig. 4) gehörigen Abbildungen dürfen nur die beiden "Queradern, welche sich offenbar der Beobachtung nur entzogen haben, eingetragen werden, um ganz und gar das für die Plecia-Arten charakteristische Flügelgeäder herzustellen. Die zu Protomyia lygaeoides und affınis gehörigen Abbildungen geben kein ge- nügend deutliches Bild von der Flügeladerung, so dass sich darüber weiter nichts sagen lässt. Das Resultat der Untersuchung ist meiner Meinung nach in die Augen springend und lautet: 1) Die Flügellängsadern der vermeintlichen Protomyia-Arten stimmen, nach den An- gaben des Textes und nach den Abbildungen, mit denen von Plecia überein; 2) von den beiden Queradern hat Herr Prof. 186 Heer nur bei einem Theile der Arten die bei c beobachtet, deren Stellung, so weit sich aus den Figuren schliessen lässt, ' ganz dieselbe wie bei Plecia ist; 3) die Querader bei d wahr- zunehmen ist demselben nicht gelungen, dagegen findet sie sich in einer der Figuren in derjenigen Lage, welche sie bei den Plecia-Arten hat; 4) die Beschreibung, welche der Text von der übrigen Organisation der Protomyia-Arten, nament- lich von dem Baue der Beine giebt, passt vollkommen auf die Arten der Gattung Plecia. Ich ziehe daraus den Schluss, dass die Heer’schen Pro- tomyia-Arten ohne Ausnahme nichts als Pleeia-Arten sind, und ich weiss, dass ich damit keinen Fehlschluss thue. — Ich darf noch hinzufügen, dass ich in der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt zu Wien eine Anzahl, zum Theil freilich nicht besonders erhaltener Protomyia-Arten gesehen habe, aber bei der allerdings nur flüchtigen Betrachtung der- selben kein einziges Merkmal wahrgenommen habe, welches dieselben für Plecia-Arten zu halten mir verboten hätte. Ich wende mich zur Gattung Bibiopsis, deren Be- rechtigung ich ebenfalls nicht anerkennen kann. Der leicht- verzeihlicheIrrthum, welcher Herrn Prof. Heer zur Errichtung derselben bestimmt hat, hat seinen Ursprung offenbar in einem von Meigen bei Prbhlation der Gattung Penthetria began- genem Irrthume. Meigen stellte diese Gattung in der 1804 erschienen Klassifikation auf und schrieb ihr da irrthümlich zwei Pul- - villen zu, während er nach seiner Ausdrucksweise die Anwe senheit von drei Pulvillen hätte angeben sollen, da das Em- podium eine vollkommen pulvillenförmige Gestalt hat; ausser- dem ist die in der Klassifikation gegebene vergrösserte Flü- gelabbildung vollständig misslungen und deshalb irreführend, da sie nicht nur eine bei Penthetria stets vorhandene Quer- ader vermissen lässt, sondern auch das Flügelgeäder in der Nähe des Vorderrands vollkommen falsch dargestellt ist. In dem 1818 erschienenen ersten Theile der systematischen Be- schreibung wiederholte Meigen über die Gattung Penthetria und in das Besondere über die bei uns einheimische Penthe- 'tria holosericea im Wesentlichen nur das, was er schon in der Klassification darüber gesagt hatte, darunter auch die 187 unrichtige Angabe über die Pulvillen; zugleich aber gab er viel bessere, doch keineswegs correcte Abbildungen beider Geschlechter; die Flügel des Weibchens sind weder im Umriss noch in der Aderung der Natur recht entsprechend und im Flügel des Männchens fehlt gar ein Aderast ganz. Ich gebe in Fig. 4 die Abbildung des Flügels des Männchens und be- zeichne in derselben, wie in der den Flügel des Weibchens darstellenden Fig.'5, den Aderast, von dem ich spreche, mit a. Meigen’s falsche Darstellung des Flügels des Penthetria- Männchens hat zuerst Gimmerthal zur unberechtigten Auf- stellung der Gattung Crapitula verleitet, welche er auf das Männchen einer sibirischen Art, seiner Crapitula Motschulskii (Bullet. Mosc. XVIII), errichtete. Er glaubte auf Grund der Meigen’schen Abbildung und wohl auch auf Grund nicht ge- nügend genauer Beobachtung, dass zwischen dem Flügelge- äder des Männchens beider Gattungen sehr erhebliche Ab- weichungen vorhanden seien, welche eine generische Trennung erforderen. Ich besitze beide Geschlechter der Crapitula Mot- schulskii in Mehrzahl und kann versichern, dass diese Unter- schiede im Flügelgeäder in der That so geringfügig sind, dass eine generische Trennung durch sie nicht gerechtfertigt wer- den kann. Man wird sich aus der Abbildung des Flü- gels eines Weibchens der Crapitula Motschulskii Fig. 6 leicht davon überzeugen; der Unterschied welcher in der Stellung der auf der Mitte des Flügels liegenden Querader und in ihrer Entfernung von der Ursprungsstelle des mit a bezeich- neten Aderasts vorhanden zu sein scheint, verschwindet ganz, wenn man weiss, dass bei Penthetria holosericea diese Quer- ader zwar bei einzelnen Exemplaren noch ein wenig weiter nach der Flügelbasis hin gerückt ist, viel häufiger aber bis ganz nahe an die Wurzel des Astes a heranrückt, während bei Crapitula Motschulskii der Ast a oft in drei- und vier- fach grösserer Entfernung von der Querader entspringt, als es bei dem Weibchen, dessen Flügel ich abgebildet habe, der Fall ist. Der einzige Erwähnung verdienende Unterschied ist der, dass bei Crapitula Motschulskii die letzte der aus der Flügelbasis entspringenden Längsadern den Flügelrand ‚erreicht. während sie bei Penthetria holosericea schon vor Erreichung desselben allmälig verschwindet. Da nun, wie ich 188 bei allen meinen Exemplaren übereinstimmend finde, die Füh- ler von Crapitula Motschulskii, gerade so wie die von Pen- 'thetria holosericea, elfgliedrig, sind, so erweisen sich die von Herrn Gimmerthal aufgestellten Gattungsdifferenzen als ima- ginär. Es muss mithin die Gattung Crapitula eingezogen und Crapitula Motschulskii in die Gattung Penthetria gestellt werden. Die Flügel dieser Penthetria Motschulskii sind merklich grösser als die je desselben Geschlechts von Penthetria holose- ricea, die ihres Männchens nicht unerheblich kleiner als die des Weibchens, doch erreicht der Unterschied in der Flügel- entwicklung beider Geschlechter bei weitem nicht den Grad, wie bei Penthetria holosericea. Letztere ist mithin eine Art ihrer Gattung, welche sich durch unvollkommene Flügelent- wickelung auszeichnet, dadurch zum Fluge ungeschickt ge- macht und an die Wohnstätte ihrer Larve und ihre eigene Geburtsstätte, düstere und feuchte Erlenbrüche, gefesselt wird. Die bei solchen, auch in anderen Gattungen nicht gar zu seltenen Arten gewöhnlichen Erscheinungen werden auch bei ihr beoachtet; die auffallendsten derselben bestehen darin, dass bei verschiedenen Individuen des einen wie des anderen Geschlechts die Fiügelgrösse oft ziemlich ungleich ist, und dass die mehr verkümmerten Flügel des Männchens eine stär- kere Verkürzung der Spitzen-, als der Wurzelhälfte zeigen. Man wird gut thun bei der Bestimmung fossiler Penthetria- Arten dieser Verhältnisse eingedenk zu sein. "Um das Verhältniss der Heer’schen Gattung Bibiopsis zur Gattung Penthetria fesstellen zu können, habe ich in dem Vorhergehenden nachgewiesen, dass unter den lebenden Bibionidae keine Gattung bekannt ist, welcher Penthetria näher steht, als der ihr eng verwandten Plecia, von der sie sich im Grunde durch gar nichts, als durch die verschiedene Länge und Richtung des in den gegebenen Figuren mit a be- zeichneten Aderasts unterscheidet. Ich darf den geführten Beweis für vollständig halten, da von einer näheren Ver- wandtschaft mit Bibio und Dilophus gar nicht die Rede sein kann, von den nicht erwähnten Bibionidengattungen aber Eupeitenus und Pachyneura sich durch sehr abweichendes Flügelgeäder von Penthetria unterscheiden, Pachyneura über- . 189 dies noch durch ihre langen, fast fadenförmigen Fühler, wäh- rend die im Flügelgeäder Plecia nahekommenden Arten der Gattung Hesperinus, mit der die von mir errichtete Gattung Spodius zusammenfällt, sich durch die limnobienartige Schlank- heit ihres ganzen Körpers auszeichnen und fadenförmige, aus cylindrischen Gliedern gebildete Fühler haben. Aus dem, was Herr Prof. Heer (a. a. O. pag. 228) über die Charactere von Bibiopsis sagt, geht mit Bestimmtheit hervor, dass er seine Bibiopsis-Arten gar nicht mit natürli- chen Exemplaren der Pentheteria holosericea, sondern nur mit Meigen’s Angaben über dieselbe und ganz besonders mit Meigen’s Abbildungen verglichen hat, ohne die Zuverlässig- keit derselben zu prüfen. Da Meigen im Texte eines Unter- schiedes im Flügelgeäder beider Geschlechter nicht erwähnt, so hätte das Fehlen des Aderastes in der Abbildung des Männchens wohl billig einen kritischen Zweifel erregen, nicht aber für ein characteristisches Merkmal der Gattung Penthe- tria gehalten werden sollen. Den Bau des Geäders auf der hinteren Flügelhälfte der Bibiopsis-Arten mit dem in Meigen’s Abbildung von Penthetria vergleichend, zählt Herr Prof. Heer mehrere Abweichungen auf; diese ganze Aufzählung ist aber effectiv nichts anderes, als eine Aufzählung der. Fehler, welche Meigen bei der Abbildung von Penthetria holosericea began- gen hat. Da sich sonst weder in Herrn Heer’s Texte, noch in den Abbildungen auch nur die Spur von irgend einem Merkmale findet, durch welches die Gattung Bibiopsis von Penthetria unterschieden werden könnte, so ist ihre Identität mit Penthetria völlig unzweifelhaft. Dass Herr Prof. Heer in seiner, sämmtliche Insecten- klassen umfassenden Tertiärfauna sich über die Berechtigung einiger Gattungen hat täuschen können, ist bei der Weit- schichtigkeit des von ihm bearbeiteten Gebiets leicht erklär- lich ‘und bedarf weder einer Entschuldigung, noch thut es seinen grossen Verdiensten den geringsten Abbruch. Dass aber Herr C. v. Heyden bei seiner monographischen Bearbei- tung der Bibionidae aus der Braunkohle von Rott sich so wenig um die wahren Charactere der 8, oder ohne Crapitula der 7 Gattungen der Bibionidae bekümmert hat, dass er des 190 Irrthums gar nicht gewahr geworden ist, sondern denselben ohne Bedenken weiter fortgepflanzt hat, wird schwerer zu ent- schuldigen sein. Zu einem ähnlichen Irrthume, wie Meigen’s fehlerhafte Abbildung von Penthetria, hat auch seine Abbildung der Rhi- pidia maculata (Thl. I. Taf. V fig. 11), freilich ganz ohne sein Verschulden, Veranlassung gegeben. Es ist bei dieser Art nämlich der als Querader auftretende drittletzte Abschnitt der fünften Längsader (sonst gewöhnlich, indessen irrthümlich hintere Querader genannt,) dunkel gesäumt und deshalb we- niger deutlich bemerkbar, obgleich in Meigen’s Figur recht wohl vorhanden. Das Vorhandensein ist nun aber von Herrn Prof. Heer übersehen worden, was ihn veranlasst hat, das Fehlen desselben für ein characteristisches Merkmal der Gattung Rhipidia zu halten; in Folge hiervon hat er mehrere Limnobina, an denen ihm der entsprechende Adertheil zu feh- len schien, für Rhipidia-Arten erklärt. Dagegen muss ich zu bemerken mir erlauben, dass dieser Adertheil als Stück einer der aus der Flügelwurzel entspringenden Längsadern nach allen bisherigen Beobachtungen gar nicht fehlen kann, also vom Beobachter übersehen worden, oder an dem vorlie- genden Exemplare wegen ungenügender Conservation nicht wahrnehmbar gewesen sein muss. Abgesehen davon fehlt in den Abbildungen der drei Heer’schen Rhipidia-Arten die in der Nähe des Vorderrands liegende Marginalquerader; dieses Fehlen ebenfalls als eine Folge mangelhafter Ermittelung an- zusehen, liegt kein genügender Grund vor. Da die Anwesen- heit dieser Querader aber zu den characteristischen Merk- malen der Gattung Rhipidia gehört, deren Flügelgeäder meine Figur 7 darstellt, so ergiebt sich, dass die von Herrn Prof. Heer der Gattung Rhipidia zugezählten Arten dieser nicht angehören können. Soviel steht in jedem Falle fest, dass das Vorkommen von fossilen Rhipidia-Arten bisher noch nicht nachgewiesen worden ist. — Wenn man die Meigen’sche Gattung Limnobia mit Herrn Macquart in die Gattungen Limnobia und Limnophila theilt, so gehören die drei Heer'- schen Rhipidia-Arten ganz bestimmt nicht in die Gattung Limnophila; es lässt sich deshalb behaupten, dass sie höchst 191 wahrscheinlich der Gattung Limnobia im Sinne Macquart’s angehören werden; da ist ihnen demnach für jetzt ihr Platz anzuweisen. Zu welcher der kleineren Gattungen, in welche die Gattung Limnobia gegenwärtig zerlegt wird, sie gehören, lässt sich nicht entscheiden, da eine solche Entscheidung die Kenntniss von feineren Merkmalen erfordert, welche schwerlich je, weder an den in den tertiären Gebilden von Oeningen und Radoboj, noch an den in den rheinischen Braunkohlen vor- kommenden Dipteren, sich mit der nöthigen Zuverlässigkeit werden ermitteln lassen. So gewiss es ist, dass eine Limnobine, deren Flügelgeäder nicht wie in Fig. 7 gebildet ist, keine Rhipidia sein kann, so ungewiss ist es, ob eine Art mit diesem Flügelgelgeäder der Gattung Rhipidia wirklich angehört. Die Gewissheit dass es der Fall ist, kann nur gewonnen werden, wenn der Bau der Fühlerglieder wahrnehmbar ist. Bei den Rhipidia- Arten sind die einzelnen Glieder entweder nach einer Seite hin, so dass sie eine mehr oder weniger beilförmige Gestalt haben, oder nach zwei Seiten hin flügelartig erweitert. Da diese Bildung der Fühlerglieder unter allen Gattungen, deren Flügelgeäder dem in Fig. 7 gleicht, den Rhipidia-Arten völ- lig ausschliesslich eigen ist, so werden einzelne besonders gut erhaltene Rhipidien wohl als solche sich erkennen lassen. — Nachtrag zu der Uebersicht der europäischen Ortalidae. Vom Prof, Dr. H., Loew in Guben. Wenige Wochen nach dem Abdrucke der Uebersicht der europäischen ÖOrtalidae hat sich meine Sammlung um zwei neue Arten, eine Tetanops,.welche mir Herr Christoph aus Sa- repta sendete, und eine Systata von Corfu, welche ich der Gefälligkeit des Herrn Erber verdanke, vermehrt. Ich lasse hier die Diagnose dieser beiden Arten folgen. 192 Tetanops laticeps, noy. sp. @ — Nigra, cinereo-polli- nosa, capite tarsorumque articulis primis luteis, tibiis ‚fuseis, venis longitudinalibus alarum magnä ex parte co- lore nigricante limbatis. — Long. corp. 2'/ı2 lin. — long. al.2 lin. — Patria: Sarepta (Christoph). -— Systata obliqua, nov. sp. Z. — Nigra pedibus totis concoloribus, fasciä alarum subbasali limboque costae et ca- picis nigris, venis transversis obliquis latiore intervalle quam in Sysata rivulari separatis et nigro-limbatis. — Long..corp. 2 Lin. — long. al. 2 lin. — Patria: Cepha- lonia (Erber). — Mittheilungen. Flüchlige Erinnerungen an eine Kerienreise in Italien. Einer ununterbrochenen 52stündigen Eisenbahn -, Post- und Dampfschifffahrt von Halle bis Mailand unterwirft man sich gern, wenn dieselbe durch oft durcheilte Gegenden führt und zumal es gilt nach einem Jahre angestrengtester Arbeit und gar trüber Erfah- rungen in dem Lande, wo die Citronen blühen und wo die Kunst im Alterthume und der Neuzeit ihre reichsten Schätze aufhäufte, körperliche und geistige Erholung und Zerstreuung zu suchen. Der sehr heisse Sommer in Halle hatte ja auf die Hitze jenseits der Alpen hinlänglich vorbereitet und da es im Plane lag wäh- h rend der heissen Tage bis Mitte September längs der Meeres- küste zu verweilen, wo die angenehme Seeluft die unangenehme Wirkung heisser Sonnenstrahlen mildert: so wurde ohne Beden- ken die allereiligste Fahrt gewählt. Und die wohlthuendste Ab- kühlung stellte sich alsogleich ein. Der schweisstreibenden Nach- mittagshitze folgte schon bei der Abendfahrt von Leipzig nach Hof angenehme Abendlufl. Gegen Hof hin war der Horizont bewölkt und um 9 Uhr begann starkes Wetterleuchten über den halben Horizont, das die Schwüle völlig abkühlte. Unser Zug war nur schwach besetzt und ich hatte wie meist auf den Nacht- fahrten durch Baiern mit meiner Frau ein Coupe allein in den sehr bequem eingerichteten von Berlin bis Lindau durchgehenden Wagen. Erst in Hof wurden uns Lokalpassagiere zugewiesen, welche leider keine kurzweilige Unterhaltung ermöglichten, dann aber in Bamberg hoffnungsvollen Schweizerreisenden die Plätze räumten, deren Erwartungen wir durch unsere langjährigen Er- 193 fahrungen und Beobachtungen in lebhafter Unterhaltung noch grössere Spannung verleihen konnten. Gegen Augsburg hin be- wölkte sich der Himmel immer düsterer und bereits von Kempten ab fuhren wir in starkem Regen. Damit waren gleich von vornherein die allseitigen hallischen Warnungen vor der heis- sen Fahrt wirkungslos geworden. Wieder in gewohnter Weise an blossen Haltepunkten ohne ersichtlichen Grund über die Ge- bür anhaltend blieb für den Aufenthalt an den Hauptstationen gar keine Zeit, nicht einmalfür die nothwendige leibliche Verpfle- gung und wir gelangten so verspätet nach Lindau, dass wir in grösster Eile zum Dampfschiff laufen mussten. Kaum hatten wir jedoch dasselbe betreten, als ein heftiger Gewitterregen auf dem Lande nieder fiel und zum Staunen aller Passagiere sich fünf Minuten lang scharf abgeschnitten am Ufer hielt, bevor er auf das kaum zehn Schritt entfernte Dampfschiff übersetzte. Aber so schnell er gekommen, zog er vorüber und den Hafen verlas- send hatten wir den See und die schöngrünen Teppiche des ge- genüberliegenden Schweizer Ufers in hellster Mittagssonne vor uns. Das Schiff war sehr stark besetzt und nach der Erzählung unsers Capitäns waren schon seit einigen Tagen Tausende von Reisenden befördert, welche der Königin Viktoria nach Luzern nacheilten. Wir konnten im Toilettenzimmer des Schiffes uns zwar von dem Schmutz der 18stündigen Eisenbahnfahrt reinigen, aber die Tafel im Salon war so wenig einladend, dass wir den Magen bis auf schweizerischen Boden vertrösteten. Indess auch in Rohrschach überraschte uns grosser Andrang yon Passagieren und eiligste Abfahrt. Die erquickende frische Luft im Rheinthale und die Aussicht auf die seit Jahresfrist nicht gesehenen kühn aufstrebenden belebten Thalwände, das üppige Grün des Thal- bodens, das bunte Treiben auf allen Bahnhöfen gebot den leibli- chen Bedürfnissen Schweigen bis nach Chur. Die alte düstere Bischofsstadt gewährte uns eine 21/astün- dige Rast; bald war im Hotel Lukmanier der Hunger und Durst gestillt und ein abendlicher Spaziergang um und durch die stille, von uns stets nur als Durchgangsstation besuchte Stadt brachte in die gesteifte Muskulatur wieder einige Bewegung zugleich als Vorbereitung auf die l4stündige Fahrt im engen Postwagen. Und wahrlich der grosse Wagen des Mailänder Curses sollte sechs zum Theil wohlbeleibte Passagiere in sein Interieur aufnehmen. Das war kein erfreulicher Beginn der Nacht. Indess überliess sich die in den dunklen Kasten eingezwängte Besatzung alsbald den stren- gen Gesetzen der Natur, die auch mich nach den Aufregungen der letzten Tage und der heiter durchlebten langen Fahrt zwan- gen gegen alle Gewohnheit dem Schlafe in die Arme zufallen. So wurde das reizende Domlesch und die schauerlich wilde Via mala schlafend im finstern Wagen durchfahren und als der Mor- gen graute, waren wir schon über die schönsten Partien der Bd. XXXL, 1868. 13 194 Roffla hinaus. Unter frischer Morgenluft und völlig reinem Him- mel fuhren wir in Splügen ein, nahmen das übliche schweize- rische Frühstück und dann gings zu Fuss, um die herrlichen Rückblücke in das freundlich stille Alpenthal und auf seine blen- dend weissen Schneegipfel zu geniessen, die vielen Schlangenwin- dungen der Strasse zur Passhöhe (6450 Fuss Meereshöhe) hinauf. Die Häupter neben dieser waren völlig schneefrei, die Alpenrosen an der Strasse schon sämmtlich verblüht. Hinab nach Campo Doleino rollte der Wagen schnell und die italienische Douane gebot Halt. Sie nahm mir für zwölf Cigarren und zwei Loth Tabak 14 Groschen Zoll ab, liess dafür aber die Reisetasche ohne nähere Untersuchung passiren, einem andern Passagier wurden für 90 Cigarren nur 6 Groschen abverlangt: so absonderlich willkürlich ist das italienische Zollmass in den Alpen. Von hier- ab beginnt erst beginnt der schwindelhaft interessante Theil der Splügener Strasse. Einige sehr lange Gallerien verschliessen zeit- weilig den Blick in die immer tiefer einschneidende Thalschlucht, bis an dem 700 Fuss tief hinabstürzenden prächtigen Wasserfall des Madesimo die Strasse wahrhaft tollkühh in kurzen Windun- gen an der fast senkrechten Felswand hinabstürzt. Ein bewun- | dernswerthes Meisterwerk Doneganis, das übertroffen ist nur von der Sömmeringsbahn. Der Postwagen rollt in kurzen Biegungen ohne Hemmschuh hinab, dann noch lange an der steilen Thalwand hin und erst bei Daziogrande hat er die schwindelhaften Partien hinter sich. Das ärmliche Dorf liegt schon in der Baumregion und treibt sehr dürftigen Ackerbau. Die Strasse fällt nach Chia- venna hin streckenweise noch in mehrfachen Windungen ab, läuft aber unter alten Kastanien nahe über dem blockreichen Flusse hin und das Auge verliert sich nicht mehr in schwindelhaften Abgründen, sondern erhebt sich zu den himmelanstrebenden Zacken der Thalwände. Chiavenna liegt in freundlich üppig be- wachsenem Thalkreuz und die stolze Cypresse im Garten der Post gegenüber meldet den ersten italischen Gruss. Der Pferdewech- sel gewährt 20 Minuten Ruhe. Die drittehalbstündige Mittagsfahrt nach Coliko war eine heisse. Ohne Aufenhalt auf das von Passagieren dicht besetzte Dampfschiff des Comersees, dessen Luft die Wirkung der Son- nenstrahlen angenehm milderte. In hellster Sonnenbeleuchtung lagen die reizenden Villen am Ufer, das Schiff durchschnitt den lieblich grünen See hinüber und herüber, viele von frühern Rei- sen bekannte Ortschaften und Villen tauchten auf und verschwan- den. Dann stiegen von Como her schwere Gewitterwolken her- auf und schon bei Cadenabbia trieb uns der unter Blitz und Donner herabströmende Regen in den Salon hinab, wo sich das reichste Material zu physiognomischen Beobachtungen bequem über- sehen und ordnen liess. Nach halbstündiger Fahrt rief uns der helle Abendhimmel wieder auf das Verdeck, und zeigte uns die 195) oft schon bewunderte Pracht der untern Seeufer. Am Landungs- platze wurden wir mit ächt italienischem, betäubenden Geschrei der Omnibus- und Droschkenführer in Empfang genommen, schnell in einen Omnibus verladen und auf der schönen Platanen- und Ulmenallee nach Camerlata befördert, von wo wir in italienischer und englischer Gesellschaft binnen anderthalb Stunden nach Mai- land gelangten. Um 9 Uhr stiegen wir im Hotel Reichmann ab, stärkten uns durch ein einfaches Abendbrod nach der zweitägi- gen Fahrt und übergaben uns einem ruhigen und festen Schlafe, dem einzigen sich meldenden Bedürfnisse. Völlig erquickt und gestärkt in der reichen Lombardenresi- denz erwachend galt unser erster Weg dem majestätischen Dome, diesem kunstvollen Riesenbau,, der bei jedem Besuche der schö- nen Stadt unsere ungeschwächte Bewunderung verlangt. Er war frei von Bau-Gerüsten, die wir bei frühern Besuchen stets daran fanden. Der Platz: vor seiner Front ist durch Beseitigung einer Häuserreihe in der erfreulichsten Weise erweitert und jene rie- sige Halle von dem Domplatze zum Platze der Skala bereits vollendet. Durch sie hat Mailand einen öffentlieben Kunstbau für Verkehr und Aufenthalt erhalten, um welchen jede andere Grossstadt sie beneiden muss, Der Bau ist imposant, zweckmäs- sig, geschmackvoll und reich dekorirt und der Aufenthalt in der- selben zu jeder Tageszeit angenehm, besonders belebt Abends bei reicher Gasbeleuchtung. In der Rotunde in der Mitte der sich kreuzenden Hallen stehen in der zweiten Etage. die Statuen be- rühmter Italiener und in den vier Lünetten sind die vier Welt- theile idealisirt dargestellt. Der grosse Kreis der Gasflammen unter der Kuppel wird abends durch eine kleine sich selbst her- umtreibende Lokomotive angezündet. Die Verkaufsläden sind reich ausgestattet und das grosse Kaffee empfiehlt sich durch Ele- ganz, vorzügliche Verpflegung und sehr freundliche und aufmerk- same Bedienung. ie Die zweite grossartige öffentliche Anlage, welche seit un- serm letzten Besuche vollendet worden, ist der öffentliche Garten. Mit einem Aufwande von einigen Millionen Franken hat sich die Stadt eine Gartenpromenade mit den schönsten Baumgruppen, prachtvollen Blumenbeeten, eigenthümlichen Felsengrotten, trau- lichen und schattigen Plätzen, von Pelikanen, Enten und andern Gefieder belebten Teichen und gut besetzten Volieren geschaffen. In einer eleganten Kaffeewirthschaft finden die Spaziergänger die erwünschte leibliche Verpflegung und auf dem Platze vor dersel- ben Abends die in allen italienischen Städten übliche Militärmu- sik, welche die verschiedensten Stände fast zur Ueberfüllung anzieht und dem Fremden eine sehr angenehme Unterhaltung ge- währt. Gegenüber dem Kaffee erhebt sich das stattliche Museo eivico mit den-nunmehr gut geordneten und zweckmässig aufge- stellten naturhistorischen Sammlungen. Unter diesen ist die zoo- 13* 196 logische am reichhaltigsten und was besonders anerkennenswerth, ziemlich gleichmässig in den verschiedenen Abtheilungen, als blos . städtisches Museum ohne Universitätszweck höchst schätzenswerth. Im Allgemeinen steht sie zwar hinter unserer Hallischen zurück, ist jedoch in den Fischen und ganz besonders in den Amphibien, zumal den Schlangen durch die rege Thätigkeit Jan’s, dessen Büste am Eingange aufgestellt ist, sehr viel reicher, in den Insekten dagegen sehr viel ärmer. An uns fehlenden Seltenheiten anderer Thierklassen kann ich nur Balaeniceps erwähnen. Eine kleine vergleichend anatomische Sammlung und Wachspräparate zur Ent- wicklungsgeschichte des Frosches verdienen Beachtung. Im Erd- geschoss befindet sich die anthropologische und ethnographische Sammlung: ÜUeberreste aus den Pfahlbauten, viele Schädel und sehr viele Köpfe in Gyps, peruanische und ägyptische Mumien. Die mineralogische Sammlung steht der zoologischen weit nach und die paläontologische bietet ausser den Tertiärpflanzen Italiens gar nichts bemerkenswerthes. — In der Brera, der wir gleichfalls einen mehrstündigen Besuch widmeten, waren wieder die Vorbe- reitungen zu der Kunstausstellung im Gange. Unter den zu der- selben eingesandten Bildern fesseln uns zwei unvergleichlich schöne von Maldarelli aus Neapel, Scenen aus der römischen Geschichte darstellend.. Auch einige Landschaften und Thierbilder waren sehr gut. Von den Gemälden der Brera frischten wir nur einige von Caracci, Tizian, Paul Veronese, Raphael’s Sposalizio, van Dyk, Bellini’s Pieta u. a. in der Erinnerung auf. Dem genussreich verbrachten Tage und Abende folgte eine unruhige Nacht. Der Regen schlug in gewaltigen Strömen nieder und blendende Blitze erhellten fast ununterbrochen das Zimmer, nur von drei in langen Pausen einander folgenden, furchtbaren Donnerschlägen begleitet. Aber am Morgen glänzte die Sonne wieder am reinen blauen Himmel und statt der schwülen drücken- den Hitze daheim hatten wir in Mailand die angenehmste Luft. Noch ein Weg umund in dsn Dom und die nahe Prachthalle und dann nach dem Bahnhofe. Die schnell nach einander abgehen- den Züge füllten alle Passagiersäle und boten dieselben lehrrei- ches Material zu physiognomischen Beobachtungen und kurzweiliger Unterhaltung, Wir fuhren nach Turin durch uns noch unbekannte Gegenden. Ueberall die üppige Vegetation der lombardischen Ebene: Mais, Reis, Maulbeeren, mit einzelnen Nuss- und Obst- bäumen, mit Wein, Hopfen und Hanf, längs der Eisenbahngrä- ben dichtes Weidengebüsch, das oft die Aussicht verdeckt. Bei : Magenta ist unmittelbar an der Bahn ein grosser Obelisk zur Er- innerung an die Schlacht vom 4. Juni 1859, mit welcher die Oestreicher die Lombardei bis zum Mincio räumten, errichtet. Wir in der Kriegsführung völlig Unerfahrene können uns von dem Kampfe dreier grosser Armeen in einer dicht mit Bäumen, Hecken und Gräben besetzten Gegend gar keine Vorstellung ma- 197 chen und glücklicher Weise eilt der Dämpfer so schnell durch dieselbe, dass diese Unwissenheit nicht beängstigend drückt. Er führt uns schnell nach Novara mit gerade entgegengesetzten Er- innerungen für die Italiener und deshalb ohne irgend ein den Fremden auffallendes Erinnerungszeichen. Wir können von der Stadt nur die hervorragende Kathedrale und das schöne Säulen umgürtete Baptisterium wenige Minuten betrachten, passiren dann die Brücken des Schifffahrtskanals und der Sesia, verweilen wie- der nur wenige Minuten bei der Station Verecelli und gelangen dann gegen 4 Uhr Nachmittags durch wohlhabende Güter in die reich belebte Gegend von Turin, dessen riesige Bahnhalle sogleich die Residenz anmeldet. Wir stiegen im Hotel der bonne femme (= bona fama) ab und unternahmen sogleich einen Spaziergang durch die Stadt, um die Strassen und Plätze kennen zu lernen. Die Regelmässigkeit ist bei weitem nicht so langweilig und einförmig, wie der Anblick des Planes befürchten lässt. Schon der überaus lebhafte Ver- kehr besonders Abends unter den hohen Hallen mehrer Haupt- strassen ist unterhaltend, von den vielen Plätzen sind mehre mit schönen Park- und Gartenanlagen, mit Statuen weltberühmter, oder wenigstens um Savoyen hochverdienter Männer, so mit der Lagranges, Karl Alberts, Emanuel Philiberts, Amadäus VI, des Ministers Siccardi, eines von den Mailändern errichteten Krie- gers u. v. a. geschmückt und bieten angenehme Promenaden. Letzte fehlen auf der sehr grossen Piazza Vittorio Emanuele mit der Aussicht auf die herrliche Superga noch, aber man geht von ihr unter schattigen Alleen am Po entlang nach der Promenade am Bahnhofe, der ein ebenso grossartiger wie prachtvoller Bau ist und kann um die ganze Stadt herum im Grünen wandeln. Abends bieten die vielen Kaffees von denen wir Cafe Alfieri und di Roma am empfehlenswerthesten fanden, unter den Hallen kurzweilige Unterhaltung. Auch an eigenthümlichen und impo- santen Gebäuden ist die Stadt nicht gerade arm. Von diesen besuchte ich natürlich zuerst die Universität, deren innere Säu- lenhallen mit verschiedenen Antiken, Statuen, Altären, Sarko- phagen, Inschriften, im ersten Stock mit den Büsten berühmter Gelehrten geziert ist. Die 300000 Bände zählende und an werth- vollen Manuskripten reiche Bibliothek ist in grossen Sälen mit bequemen Arbeitstischen aufgestellt und nach den Wissenschaften geordnet. In einem Saale sind die Seltenheiten alter Drucke, eine Bibel von Faust, Palimpsesten von Ciceros Reden, Perga- mente, chinesische Manuskripte u. s. w. vereinigt. Von der Uni- versität in die Sammlungen der Akademie. Gleich unter der Halle fesselt das riesige Skelet einer in den vierziger Jahren an der italischen Küste gestrandeten Balaena rostrata, welche noch der um die zoologische Sammlung kochverdiente, leider zu früh auf der ersten italienischen Weltumsegelung verstorbene Filippi 198 aufgestellt hat, und der kolossale Schädel eines Potwales. Die Abtheilungen der Säugethiere und Vögel sind reich und gut, un- - ter jenen ein riesiger Elephant mit Skelet, viele Antilopen, unter diesen wieder der Balaeniceps, die Amphibien und Fische da- gegen viel ärmer als in Mailand, die Insekten wieder reichhalti- ger, doch ebenfalls noch lange nicht unserer hallischen Samm- lung gleichkommend, die niedern Thiere im allgemeinen noch schwach. Reicher und ungleich wissenschaftlich werthvoller ist die paläontologische Sammlung, in welcher als auffälligste Zier- den ein vollständiges Megatherium und ein Glyptodon clavipes zu erwähnen.‘ Letzteres Prachtstück ist in Bädekers und Försters Reisebuch als Riesenschildkröte aufgeführt! Von den Verfassern solcher Bücher, die doch allgemeine und besondere wissenschaft- liche Bildung bekunden wollen, sollte man wohl erwarten, dass sie ein Gürtelthier von einer Schildkröte unterscheiden könnten, oder wenn nicht, wenigstens so viel Achtung vor wissenschaft- lichen Schätzen, dass sie dieselben nicht mit den unsinnigsten Verwechslungen aufführen. Ausserdem verdienen noch die Ter- tiärpetrefakten Italiens die ernsteste Aufmerksamkeit, zumal die fossilen Säugethiere, ein Walschädel, Halitherium, viele Masto- don-, Mammut- u.a. Reste. Auch die gut geordnete und über- sichtlich aufgestellte Mineraliensammlung enthält mehre schöne und werthvolle Stufen, unter denen eine einen Fuss grosse, am 19. Februar dieses Jahres in Piemont gefallene Meteoreisenmasse in die Augen fällt. — Das ägyptische Museum ist nicht minder reichhaltig an Sarkophagen‘, Mumien, Geräthschaften, Papyrus, prachtvollen Schmucksachen ; es enthält ferner die berühmte Ta- vola isiaca vom Aventin in Rom, die Kolossalstatue Sethos II aus Theben, mehre andre basaltische Statuen und das grosse ägyptische Todtenbuch mit Hieroglyphen. — Die Sammlung griechischer und römischer Antiken füllt nur einen geräumigen Saal, bietet aber doch einige sehr schöne Statuen und Büsten. Die von Kunstkennern hochgepriesene bronzene Minerva, welche 1828 in der Nähe von Mortara gefunden, ist aber zu sehr von Oxydation an ihrer Oberfläche angegriffen, als dass sie den blos- sen Bewunderer schöner Kunstwerke noch begeistern könnte. — Nachdem wir schon mehrere Stunden mit der flüchtigen Durch- wanderung dieser Sammlungen verbracht hatten, konnte uns die reichhaltige Gemäldesammlung nicht lange mehr fesseln, nur die Bilder von van Dyk, Rubens und einigen anderen Meistern er- sten Ranges beschäftigten unsere Aufmerksamkeit. Völlig befriedigt von dem zweitägigen Besuche der schönen und reichen savoyischen Residenz eilten wir mit dem Schnellzuge nach Genua. Die weiten Räume des imposanten und geschmack- vollen Bahnhofes füllten sich mit Passagieren und unser Zug wurde sehr stark besetzt. Das klare herrliche Wetter gestattete freie Aussicht auf die fern emporstrebende herrliche Gruppe des 199 Monte Rosa und den scharf am blauen Himmel abgegrenzten Monte-Viso. Aber der Schnellzug entführte uns nur zu bald von der schönen Aussicht, eilte durch fruchtbare Landschaften mit viel Ackerbau, über Asti, das den schäumenden Champagner liefert, aber bei eiliger Durchfahrt Nichts Auffälliges bietet, über Marengo in die weite Ebene von Alessandria, wo der Zug sich theilt und die Reisenden nach Genua zum schnellen Wagenwechsel nöthigt. Bei dem eiligen Wechsel und durch mehr Aufmerk- samkeit auf das Handgepäck unserer Reisegefährten hatte ich meine Seitentasche im Wagen des fortgehenden Zuges zurück- gelassen und bemerkte den Verlust, als schon unsere Wagen- thüren geschlocsen wurden. Glücklicher Weise hatte ein Schaff- ner die herrenlose Tasche aus dem Wagen genommen und brachte dieselbe aus dem Gepäckzimmer mir im letzten Moment zurück. Ich bemerke diesen Fall nicht weil er die erste mir entwischte Unachtsamkeit ist, sondern für diejenigen Deutschen, welche die Italiener für unzuverlässig, unaufmerksam, betrügerisch halten und füge hinzu, dass wir auf unserer ganzen Reise nur die entgegengesetzte Erfahrung gewonnen haben, daher jeder Verallgemeinerung eines vereinzelten Falles entschieden entgegen- treten müssen. Von Alessandria fuhren wir durch Gegenden, die uns von früheren Reisen her noch in lebhafter Erinnerung waren. Die engen, z. Th. reich belebten, romantischen Thäler in den Seealpen, welche mit elf Tunneln, darunter der längste 64/2 Minuten Fahrt beansprucht, durchbrochen lassen trotz der flüch- tigen Fahrt einzelne schöne Bilder zurück. . Noch ehe wirs erwarten, sind wir unter den alten Zinnen Genuas; um noch eine Bergecke und das Meer liegt vor uns, Aus der Riesenhalle des Bahnhofs tre- tend, empfängt uns das ächt italienische betäubende Geschrei der Packträger und Wagenführer. Es war Sonntags Mittag und wir zogen vor durch die von weissbeschleierten Damen belebten Strassen zu Fusse unser früheres Hotel, die Pension suisse zu beziehen. Die reizende Lage Genuas, seine eigenthümlich engen, sehr dicht belebten Strassen, der mit einem Walde von Masten bepflanzte Hafen, der stets mit Gästen gefüllte Giardino pubblico, die herrlich eingerichteten Kaffees Concordia und d’Italia, der Besuch der Kathedrale San Lorenzo, San Ambrogio, Annunziata und San Maria di Carignano mit der entzückenden Aussicht über Land und Meer ist auch bei wiederholtem Aufenthalte genussreich. Einen Nachmittag widmeten wir. der Villa Pallavicini bei Pegli mit ihren überraschenden Aussichten, wundervollen und wunder- lichen Anlagen, ihren prächtigen Baumgruppen, Gartenanlagen, Grotten, Teichen, Tempeln, Kunstwerken ete. Das Naturhisto- rische Museum ist aus dem Universitätsgebäude in eine neue nach- barliche Räumlichkeit übergesiedelt und war noch nicht ganz auf- gestellt. nicht zugänglich. Paläste und Kunstsammlungen zu be 200 suchen, gestattete der auf nur zwei Tage bemessene Aufenthalt nicht, das Ziel unserer Reise lag weiter südlich. Wir schifften uns gegen neun Uhr Abends auf dem kleinen Dampfer ein, wel- ‘ cher den Postdienst zwischen Genua und Spezia besorgt. Es war‘ ein herrlicher stiller Abend, die leuchtende Scheibe des Mondes durchbrach zeitweilig den leichten Wolkenschleier des Himmels. Lange blieb das Lichtermeer van Genua und die Kette der Leuchtthürme längs der französischen Küste in Sicht. Der Nussschalenkleine Dämpfer, mit Passagieren überfüllt, folgte jeder Wellenbewegung auf und ab, und unterwarf einige Damen der lauten Marter der Seekrankheit.e. Um 2 Uhr bog er in die Bai von Spezia ein und setzte uns in deren Mitte aus. Glück- licherweise fanden wir am Landungsplatze einen einzigen dienst- willigen Packträger, der uns nach dem Malteser Kreuz führen konnte. Die Stadt Spezia bietet dem von Mailand, Turin und Genua kommenden Reisenden gar keine besondere Unterhaltung, nichts Anziehendes. Die grossen Neubauten, welche es zum ersten Kriegshafen erheben sollen, bekränzen die Ufer der Bai, deren bergige Umgebung und üppige südliche Vegetation der Land- schaft einen eigenen Reiz verleihen. Im Garten unseres Hotels stehen die uralten Orangebäume dicht mit Früchten behangen wie daheim die Aepfel- und Birnbäume, unter einem grossen Magnolienbaume wurde die reichbesetzte Table d’hote servirt, und auf der Brunnenmauer spielten mehre Echsenfamilien so dreist und harmlos, dass sie unsere Nähe und Steinwürfe nicht achteten, vielmehr erst der nach ihnen schon ausgestreckten Hand wichen. Am Strande beweisen zahlreich ausgeworfene, freilich nur gemeine Conchylien und Holothurien, dass die Bai von, einer reichen Thierwelt belebt ist. Den tropischen Charakter der Vegetation trägt in recht auffällig angenehmer Weise der neben unserm Hotel _ liegende und in gutem Zustande erhaltene Giardino pubblico mit reicher Blühtenfülle und Prachtbäumen. Das annoch wüste Ufer vor diesem und dem Hotel wird weit in das Meer hinein erwei- tert durch das an der andern Seite durch Abtragung gewonnene. Material, welches auf einem eigenen Bahnstrange hierher beför- dert wird. Wir verbrachten den ganzen Tag mit Spazierengehen am Strande und in der nächsten Umgebung der Stadt und fuh- ren andern Vormittags, der sehr heiss war, mit dem schwach besetzten Zuge nach Avenza. Die Bahn durchschneidet die üp- pigste Vegetation, tunnelt sehr viel, hält meist nur an ärmlichen Häusergruppen an, denn die eigentlichen Dörfer liegen fern auf den Gipfeln der Berge. Bei Avenza zweigt die nur zwölf Mi- nuten lange Bahn nach Carrara ab. Nach wenigen Minuten Aufenthalt wurden wir in diese Kunststadt befördert. Carrara ist ein kleines im engen romantischen Thale gele- genes Städtchen, dessen zahlreiche Ateliers schon einen eintägi- 201 gen Besuch reichlich lohnen. Wir besuchten eine Künstlerstätte nach der andern, fanden überall das freundlichste Entgegenkom- men, sofortige Enthüllung aller vollendeten Arbeiten und erhielten bereitwilligst Auskunft auf jede Anfrage. Die meisten Arbeiten sind Copien allbekannter antiker und moderner Statuen, welche natür- lich zum Verkauf gearbeitet und in ganz angemessenen Preisen abgegeben werden, so eine Venus von Milo oder eine Oanovasche von 21/ Fuss Höhe für 600 bis 800 Franken, die drei Musen von Canova in derselben Grösse für 1500 Franken, der Kopf der berühmten vatikanischen Diana für 250 Franken, eine ganz ausgezeichnete fliehende Mutter mit ihrem Kinde für 800 Franken. Einzelne Copien sind vorzüglich gearbeitet, die meisten gut. Ori- ginalarbeiten scheinen nur auf Bestellung ausgeführt zu werden, so fanden wir in einem Atelier über lebensgrosse Ritterstatuen für einen reichen Familienpalast in Madrid in Arbeit, verschiedene Engels- und Heiligengestalten auf Grabdenkmäler. Gewisse Ateliers beschränken sich auf Grabmonumente, auf Kamine und derglei- chen andere Arbeiten. Zur Ausbildung der Künstler besteht eine Akademie, in deren geräumigen Sälen Bilder, Reliefs, Gypsmodelle der besten antiken und modernen Werke, auch Andenksarbeiten grosser Künstler, die sich eine Zeit lang in Carrara aufhielten, aufgestellt sind und in denen viele Schüler sich beschäftigen. Den Marktplatz ziert eine sehr schöne Marmorgruppe. Die zahl- reichen Marmorbrüche liegen hoch oben in den Bergen und sind bei eintägigem Besuche nicht gerade bequem zu erreichen, zumal an so sehr heissen Tagen, wie wir solchen gewählt hatten. Die kolossalen Blöcke für Künstler in andern Landen und Welttheilen sieht man mit zwölf bis zwanzig Ochsen durch die Strassen zie- hen, einzelne nach dem Bahnhofe, andere werden erst in Avenza verladen. Es ist gewiss keine zufällige Erscheinung, dass wir während unseres siebenstündigen Aufenthaltes in Carrara mehre auffallend schöne Köpfe besonders unter der jugendlichen weibli- chen Bevölkerung sahen, die ganz vorzügliche Modelle für Künstler abgeben könnten. Nach Avenza zurückgekehrt hatten wir auf dem dortigen Bahnhofe Musse genug, uns an den süssen Pergolese-Trauben mit pflaumenähnlichen Beeren zu erquicken und zugleich die schlechte Rechenkunst des Eisenbahnbilleteurs kennen zu lernen, Derselbe ermittelte nämlich den Preis für vier Billete nach Pisa, die ich verlangte, durch Addition auf dem Papiere, kam aber nachher dreimal zu mir jedesmal einen Rechenhelfer vorbringend und eine Nachzahlung verlangend. Als wir dann im Wagen un- sere Coursbücher ob der wiederholt nachverlangten Soldis nach- sahen, fand sich, dass der Mann trotz seiner dreifachen Nach- forderung dennoch zu eigenem Nachtheile sich noch verrechnet hatte. Da ich schon anderwärts auf den Bahnhöfen zu meiner Ueberraschung andere höhere oder niedrigere Preise hatte bezah- 202 len müssen als Hendschels Telegraph und das italienische Cours- buch angaben, so verlangte ich fortan nur ein Billet, um den . sicher richtigen Preis zu erfahren und dann erst die übrigen, für _die ich die richtige Summe erlegte und fortging. Dieselbe Erfahrung sehr schlechten Kopfrechnens und Addierens machten wir häufig in den Kaffeehäusern, später in Neapel, Rom und Florenz, wiederum ebenso oft zu unserem Vortheil wie zu unse- rem Nachtheil und von deutschen Geschäftsführern in verschie- denen Städten ist uns versichert, dass italienische Commis im Rechnungswesen durchaus unzuverlässig seien. Nur auf diese Unzuverlässigkeit allein ist der bei uns oft gehörte Vorwurf der Prellerei und Betrügerei zurückzuführen, den vorurtheilsreiche Reisende den Italienern zu machen pflegen. Wir haben, ich wiederhole es, eben so oft zu niedrigere wie zu hohe Anforde- rungen erhalten und bei Berichtigung stets bereitwillige und ent- schuldigende Annahme gefunden. Knauserige Reisende, denen man überall begegnet, nehmen zu niedrige Forderungen still- schweigend an, aber über zu hohe erheben sie laute Klagen und den unbegründeten Vorwurf der Betrügerei! — In milder Abend- luft führte uns der Dämpfer durch dichte Olivenhaine an überaus lebhaft besetzten Bahnstationen und unter Aufnahme zahlreicher Passagiere, dann durch weite offene Felder und Wiesen nach Pisa. Wir quartirten uns in dem sehr elegant eingerichteten Viktoriahotel am Lungarno ein und genossen den herrlicken Mondscheinabend noch auf dieser lebhaftesten Promenade der Pisaer. Wie schon in Mailand und Turin starke nächtliche Re- gengüsse Abkühlung und Staubfreie Strassen uns brachten, so wieder in Pisa. Früh um 4 Uhr strömte der Regen hernieder, aber um 7 Uhr hatten wir reinen klaren Himmel und rein ge- waschene Strassen. Wir besuchten den bischöflichen Pallast, . den herrlichen, an Bildern, Statuen und Holzarbeiten reichen Dom mit dem durch Galliläi denkwürdig gewordenen Kronleuchter, den absonderlich schief gebauten, säulenreichen Glockenthurm, das kunstvolle Baptisterium und den Camposanto. Letzterer unmittelbar neben dem Dom gelegen, ist ein von Säulenhallen umgebener grosser Hofraum, dessen Erde aus dem gelobten Lande herbeigeschafft worden, Die Wände eind bemalt mit der Auf- erstehung und der Himmelfahrt, mit Weltgericht und Hölle, vielen biblischen und heiligen Geschichten, deren Kunstwerth zu ermit- teln wir uns nicht veranlasst fühlten. Anders mit den plasti- schen Denkmälern. Unter den neuesten derselben fällt das der berühmten Catalani von ihren drei Söhnen errichtete auf: drei schön gearbeitete allegorische Gestalten und die Reliefbüste der Catalani. Gleich daneben steht die über lebensgrosse Statue des Bildhauers Nicola Pisano. Des überall verewigten Schöpfers der italienischen Einheit, Cavour, ist auch hier eine Gedenktafel und 203 seine Marmorbüste errichtet. Von diesen neuesten Denkmälern geht es zurück durch das des Augenarztes Andrea Vacca von Thorwaldsen, das von unserm grossen Friedrich 1764 dem Al- garotti errichteten in frühere Jahrhunderte bis zu den Monu- menten der ersten christlichen Zeit, zu den altrömischen und etruseischen, zu Grabschriften auf Caesar, zu der Basaltbüste des Agrippa und um auch die ältesten Reste zu verehren, sind einige werthlose ägyptische eingemauert, welche der um die alt- ägyptischen Alterthümer hochverdiente Rosellini mitgebracht hat, — Die Universität fand ich geschlossen und konnte zu keiner Sammlung den Eintritt ermöglichen. — Die Strassen Pisas sind, ausser sehr wenigen Hauptstrassen und Plätzen still und der Verkehr so sehr gering, dass wir öfter zehn Minuten lang von lungernden Droschken begleitet, nebenher auch von blinden Bett- lern belästigt wurden. Schon Nachmittags um 4 Uhr verliessen wir Pisa und eil- ten auf einem riesige langen Eisenbahnzuge durch die völlig ebene Gegend mit Nadelholzbeständen, Wiesen und Sümpfen nach dem italienischen Welthafen Livorno. Hier in der Haupthandelsstadt ist das sonst in Italien übliche Bahnhofsgeschrei streng verboten, die Droschkenführer laden nur durch Mimen und Gesten ein, überbieten sich aber auch in diesen Künsten bis zum erstaunlich lächerlichen. Livorno erinnert vielmehr an eine deutsche Handels- stadt, etwa an Hamburg als an Italien. Seine Strassen und Plätze sind sehr belebt, letztere leider noch fast ganz ohne öffentliche Kunstwerke und grossstädtische Anlagen, dagegen der Hafen be- lebt, die Kaffeehäuser besetzt. Wir stiegen im Hotel du Nord ab, um die Aussicht auf den Hafen und das Meer geniessen zu kön- nen, freilich auch zugleich das sehr unreine Geblase der Trom- peten vor den Kasernen in unangenehmster Nähe zu hören. Der eintägige Aufenthalt wurde mit Besichtigung der Stadt und des Hafens, einiger Niederlagen von Alabaster- und Marmorwerken und einer grossartigen Korallenfabrik verbracht. Letztere von Santoponte beschäftigt hundert Arbeiter blos mit Anfertigung von Knöpfen und Ketten für Russland, Polen, den Orient und China. Die Korallen werden geschnitten, geschliffen, gebohrt; dann nach Farbe, Reinheit und Grösse, welche den Preis bestimmen, sortirt und zuletzt auf Schnüre aufgereiht. Der Vorrath an rohem Ma- terial und fertiger Arbeit, den uns die Geschäftsführer mit grosser Freundlichkeit und lehrreichen Erläuterungen zeigten, war ein dem ausgedehnten Absatzgebiete entsprechend grosser, Die röth- lichweissen Stücke werden als werthvollste Kostbarkeiten in eige- nen Verschluss gebracht, ebenso die dicksten, nur von den Man- darinen getragenen Kugeln. — In den Alabasterläden findet man recht nette Copien berühmter Kunstwerke zu annehmbaren Preisen. Unsere Absicht die Landreise nach Neapel mit einem ein- tägigen Aufenthalte in Rom zu unterbrechen, gaben wir auf, da 204 direkte Eisenbahnbillete von Livorno nach Neapel eine wesent- liche Preisermässigung erhielten und ein einziger flüchtiger Tag in Rom leicht zu heftige Anziehung ausüben konnte. Wir be- gnügten uns also vorläufig Rom im Mondenschein sehen zu kön- nen und wollten die noch wahrscheinlich heissen Tage lieber am Meere in Neapel erträglicher verleben. Wie Livorno’s Strassen und Plätze noch ohne öffentliche Kunstwerke sind, so beschränkt auch der Bahnhof sich auf das Nothdürftigste und zeigt Nichts von der Pracht und Grösse der Bahnhöfe in Mailand, Turin, Genua. Die Bahn durchschneidet schnell die Sümpfe, Aenger und Wiesen und biegt sich seitwärts in das weite Thal ein, des- sen Boden mit Korn und Mais bebaut wird, dessen Gehänge mit Oliven und Nadelhölzern bekleidet sind. Schon bei der zweiten Station rücken die üppig bewaldeten sanften Höhen nah an einander, aber nicht langs hält die frische Vegetation an, bald wird der Boden steril und die überall sichtbare Kultur mag hier nur sehr dürftige Erndte bringen. Die Gegend öffnet sich wieder, auf den Höhen liesen Windmühlen zerstreut, längs der fernen Gebirgskette die Dörfer. Hinter Acqua buona, der Station für die in Alabaster arbeitenden Orte Rossignano und Castellina, zieht sich die Bahn zwischen niedern dürren Höhen hin und tritt dann nahe an das Meer heran, wo in weiter Ebene sich gut kultivirte reiche Güter an einander reihen. Bei Cecina, das einen recht freundlichen Eindruck macht, zweigt sich eine Bahn nach Volterra ab, aber der Bahnhof ist still und seine Restau- ration bietet keine Erquickung und Stärkung. Nun wird bald die Gegend menschenleer, aber die im Meere auftauchenden kla- ren Berge von Elba beschäftigen den Blick und sie bleiben lange in Sicht, auch einige Schmelzhütten für die auf Elba gewonnenen Eisenerze fliegen vorbei: Niedres Gehölz und Gestrüpp mit wei- ten öden Weideplätzen, auf denen hin und wieder einige Pferde - und Ochsen weiden und spärlich bewaldete Höhen in der Ferne gewähren einige Stunden lang dürftige Unterhaltung. Es sind die toskanischen Maremmen. Eine Stunde vor Grosseto hielt unser Zug an, um den von Rom entgegenkommenden passie- ren zu. lassen, inzwischen ereilte uns von Norden her ein gewaltiges Gewitter, mit dem wir in die Bahnhalle von Grosseto einfuhren. Die Fahrt längs der vielfach durchschnittenen Küste bot dem Auge wieder neue kurzweilige Unterhaltung bis Orbetello. Hier einiger Aufenthalt zur leiblichen Verpflegung, aber weder Wein und Kaffee, noch Fleisch und Obst sind geniessbar und Kehle und Magen müssen bis Rom vertröstet werden. Die sie- kende Sonne beleuchtete noch herrlich die Küstenlandschaft und als sie verschwunden, waren wir an einer Holzhütte, der Pass- und Mauthstation des Kirchenstaates. Die Pässe wurden abge- nommen von sehr höflichen päbstlichen Gensdarmen und für jeden ein Zettel überreicht, später gegen diesen zurückgeliefert. Das 205 Handgepäck, soweit man es nicht im Wagen zurücklasssn wollte, wurde geöffnet und damit war der Kontrolle genügt, nur Koffer und Kisten mussten sich der eingreifenden und wühlenden Unter- suchung unterwerfen. Unnütze Revision, da kein Beamter sich um das im Wagen zurückbleibende Gepäck kümmert, Nach halbstüudigem Aufenthalte setzte sich der Zug wieder in Bewe- gung, um uns durch eine völlig menschenleere, unbebaute baum- lose Gegend nach Civitavecchia zu bringen. Hier war auf dem Bahnhofe viel Leben, zahlreiche Passagiere füllten die Coupes unter herzlichen Verabschiedungen von den noch zahlreichren Be- gleitern und Begleiterinnen. Wir fuhren noch lange an der im Mondenschein spiegelnden Meeresküste entlang durch dieselbe kahle Gegend, in welcher das nach Unterhaltung forschende Auge kein Haus, keinen Baum, nur hin und wieder ein Rudel Rind- vieh und vereinzelte Pferde fand. Endlich zeigten sich Weinberge und Kulturen, wir sind in der Nähe von Rom. Unsere Spannung steigt von Minute zu Minute, der Dämpfer eilt mit grösster Schnellzugsgeschwindigkeit seinem Ziele zu, nur vereinzelte ärmliche Hänser fliegen vorbei, keine Peterskirche, keine geisterhaften Ruinen tauchen auf, und doch müssten wir der Zeit nach eigentlich schon in Rom sein. Ueber die riesige Tiberbrücke und bald darauf unter einem offen- bar antiken Aquädukt hindurch fahren wir in den unheimlich dürftigen von düstern Oellampen spärlich erleuchteten Bahnhof ein. Froh nun einen Blick in die ewige Weltstadt werfen und auch den Forderungen des Magens gerecht werden zu können, steigen wir aus, aber welche neue harte Enttäuschung: der Zug nach Neapel hat schon auf uns gewartet, wir müssen schleunigst einsteigen und alles Suchen nach bequemen Eckplätzen für die Nachtfahrt ist verboten, einsteigen sogar in ein Coupe, in wel- chem ein Pudel einquartirt war, trotz der heftigsten Opposition und fort gings, mit leerem Magen ohne von der Urbs aeterna mehr als einige Bretterplanken und kahle Mauern gesehen zu haben. Doch so verdriesslich dieser fünf Minuten lange Aufent- halt in Rom war, so schnell änderte sich die Scene zunächst in unserm vollbesetzten Coupe. Die Dame mit dem bei uns ver- pönten, im päbstlichen Gebiete aber gestatteten Pudel, räumte uns als sie hörte, dass wir von Livorno kamen, sofort ihren Eckplatz ein und liess ihren vierfüssigen Begleiter nicht wieder sehen noch hören. Damit hatte meine Frau ihren gewohnten Nachtplatz und ich meinen üblichen Stand am Fenster, um auch die südliche Hälfte des Kirchenstaates in Mondscheinbeleuchtung kennen zu lernen. Bis Velletri erfreute mich die Aussicht, dann aber schauten die grauen Felsen mit ihren Buchten und Höhlen gar gespenstisch herüber und erinnerten mich recht lebhaft an jene Zeitungsente, dass die Banditen im Kirchenstaate dem Dämpfer Halt gebieten und die Passagiere ausplündern. Dass 206 sich diese Ente sobald im stolzen, vom grossen Kaiserreiche abge- trennten ungarischen Königreiche, wie so eben glaubwürdige Zeitungen berichten, als Thatsache auferstehen würde, hätte ich selbst in jener Stimmung nicht für möglich gehalten. Unser riesig lange Zug sauste wieder einige Stunden an völlig menschen- leeren Haltepunkten vorbei durch wiederum sehr dürftig kulti- virte Gegenden, bis er bei Ceprano, von dem wir übrigens eben so wenig wie von Frosinone sahen, um 2 Uhr 30 Minuten Halt machte. Hier wurden uns abermals die Pässe abgenommen und so wenig wir an der jenseitigen Gränze bei der Einfahrt in den Kirchenstaat die. mit dem Billet gegebene Versicherung, dass wir eilgste Durchgangspassagiere seien, befreiete uns dieselbe hier bei dem Ausgange von der völlig nutzlosen Passkontrolle. Indess war der dreiviertelstündige Aufenthalt in dem, sehr engen und dürftigen Bahnhofsgebäude doch sehr wohlthuend, da gute Spei- sen und Getränke aufgetragen standen, nach denen wir seit dem Kaffee in Livorno also nach achtzehnstündigem unfreiwilligen Fasten mahnendes Bedürfniss fühlten. Beim Einsteigen zur Weiterfahrt hatten wir unsere Pässe noch nicht zurück und wur- den auf Nachfrage in ein Zimmer verwiesen, wo dieselben mit andern Papieren vermengt auf dem Tische lagen und Jeder sich aussuchte, was er als verwerthbares Eigenthum beanspruchte. Es ist doch wahrlich keine christliche Kontrolle, dem fremden Durchreisenden die Legitimation ohne Weiteres abzunehmen, ohne für Rückstellung derselben zu sorgen. In der Restauration einigermassen leiblich befriedigt, nahmen wir unsere früheren Plätze wieder ein, aber schon nach zehn Minuten Fahrt bei Isoletta wurde wieder Aussteigen mit Gepäck befohlen. Wir waren an der italienischen Dogana, die uns jedoch in der freund- lichsten Weise mit der leichtesten Visitation abfertigte und nur den Koffern eingehende Untersuchung widmete, freilich ebenso. wenig wie die römischen Zollbeamten sich um das etwa im Wa- gen zurückgelassene Gepäck bekümmerte und dadurch erhebliche Defraudationen ermöglicht resp. gestattet. Von Isoletta ab wurde bald die Gegend manichfaltiger, die felsigen Berge rückten näher und in den Thalweiten zeigte sich erfreuliche Kultur. Unter der hochgelegenen Benediktiner- Abtei Monte Cassino hindurch begann dann der Morgen zu däm- mern und noch im felsigen Gebirge entlang fahrend, sahen wir die Sonne am hohen klaren Horizont aufsteigen. Auch auf dieser Strasse noch kein Verkehr auf den Bahnhöfen, an den Wartehäusern versah ein Kind oder Frauenzimmer den nächtli- chen Dienst. Erst in Capua mit kahler Umgebung, wo wir gegen 7 Uhr eintrafen, begann lebhaftes Bahnhofstreiben, das in» dem viel imposanteren Caserta zum grossstädtischen lauten Gedränge wurde. Die Vegetation entfaltete von hier ab längs der Bahn eine ganz erstaunliche Ueppigkeit, die uns die vulkanische Frucht- 207 barkeit bewundern hiess. Und bald erfreute uns dann auch der Anblick des rauchenden Vesuv, ganz so in Wirklichkeit, wie wir ihn von Bildern schon seit den Kinderjabren kannten. Noch einige Stationen in üppigster Umgebung und mit lebhaftem Ge- tümmel und wir fuhren in den Bahnhof von Neapel ein. Betäubendes Geschrei der Droschkenführer und Sachen- träger empfing uns und eine Droschke eilte mit uns durch noch lauteres Strassengewühl zum Hotel Etrangers auf Santa Lucia. ‘Wir erhielten ein elegantes Zimmer in dem saubern Hotel mit der Aussicht über die Bai nach dem reich behäuserten jenseiti- gen Bergufer und nach Capri. Die innerliche und äusserliche Restauration nach der 22stündigen Fahrt ward schleunigst be- sorgt und dann der Tag mit Strassenpromenaden verbracht, die auf Schritt und Tritt unsere Ohren und Augen nur zu laut über- zeugten, dass wir in einer neuen Welt, in Neapel waren. Das erste Geschäft am andern Morgen galt einer geeigne- ten Wohnung für den vierzehntägigen Aufenthalt. Unser Wirth beanspruchte für das geräumige Zimmer mit zwei Betten und Bedienung täglich sechs Franken, die sonst von Fremden am liebsten gewählten Wohnungen auf Santa Lucia, deren nur wenige leer standen, behagten uns nicht, weil sie ihre dem Deutschen nicht behagenden Eigenthümlichkeiten zu sehr verriethen. Wir suchten lange und leider in drückender Hitze, bis endlich der Buchhändler Detken, der überaus freundliche Rathgeber der deutschen Fremden in Neapel uns eine Adresse auf die Riviera della Chiaja gab. Leider war auch diese Wohnung besetzt und ein Herr, den wir darauf um Auskunft fragten, bot uns eine seiner disponiblen Wohnungen an. Dieselbe lag dem Ende der Villa nazionale gegenüber gleich oberhalb des Blindenhospitals. Unsere Wirthin Signora Louise Taurone einige hundert Schritt entfernt in Nr. 180 der Riviera della Chiaja wohnhaft, sprach deutsch und wir erhielten nach kurzer Verhandlung das eine Treppe hoch gelegene sehr geräumige aus Küche, Entree, ele- gantem Salon und grosser Stube bestehende Logis mit der herr- lichsten Aussicht über die Bai nach Capri und auf den Vesuv für täglich 3 Franken. Jedenfalls sind diese für Winterfremde bestimmten Familienwohnungen, deren unser Wirth acht Etagen in verschiedenen Häusern hatte, für einan mehrwöchentlichen Sommeraufenthalt als die besteingerichteten und wohlfeilsten in schönster Lage befindlichen den viel weniger eleganten und be- quemen auf Santa Lucia vorzuziehen und man wird bei unserer Signora Taurone von Frühjahr bis Herbst gewiss stets sichere und freundliche Aufnahme finden. Der Weg in die lebhafte Mitte der Stadt ist allerdings 235—30 Minuten lang, aber der Omnibus fährt halbstündlich für 15 Centesimi überall hin, die einspännigen Droschken für 50 Centesimi, ausserdem ist die herrliche Villa nazionale, in der man nach der Stadt geht, ein 208 zu jeder Tageszeit höchst angenehmer Weg, So nach Wunsch und Bedürfniss sehe befriedigend einquartirt, begannen wir jeden - Vormittag um 8 Uhr unsere Exkurse, um in der Stadt und de- ren Umeegend Bewegung und Erholung, Zerstreuung und Beleh- rung zu suchen und wir fanden. dieselbe in reichlichster Fülle, so dass die für Neapel angesetzten vierzehn Tage uns nur zu schnell entrückten. Mit der Bahn in Neapel eintreffend, erkennt man die Reize der zauberhaft schönen Landschaft nicht, das Auge ist nur mit der wunderbar üppigen Vegetation, dann mit dem rauchenden Vesuv beschäftigt und von der Stadt ziehen nur einige hoch gelegene riesenhafte Gebäude die Aufmerksamkeit an. Wer mit dem Dampfschiffe ankömmt, dem entfaltet sich in die Bai ein- biegend gleich ein entzückendes Bild, der ganze Zauber dieser wunderschönen Landschaft übt seine fesselnde Macht aber erst, wenn man ihre Einzelnheiten längs des ganzen Ufers der weiten Bai, vom Vesuv und von den diesseitigen Höhen, bei Sonnenauf- und Untergang, bei heller Mondscheinbeleuchtung und bei zucken- den Blitzen in schwarzer Nacht gesehen hat. Dann prägt sich das von der Natur mit verschwenderischer Pracht ausgestattete Bild unverlöschlich in die Erinnerung ein und der eitle Wunsch: Neapel. sehen und recht lange leben, hat ungleich mehr Berech- tigung als jener Ausruf: Neapel sehen und sterben, Neapel häusert mit seinem grössten nordwestlichen Theile steil am Berge hinauf, oben mit herrlichen Villen umkränzt, in horizontaler Linie liegt nur die vielfach ihren Namen und Charakter wechselnde Strasse längs der Küste und des Hafens, von unserer Riviera mit der Villa nazionale über Santa Lucia bis weit über Mercato hinaus, alle andern Strassen steigen bergan, viele unfahrbar steil mit Zuhülfenahme von Treppenstufen. Alle sind sehr eng und da die Häuser fünf bis acht Stock sich auf- - thürmen, auch unheimlich hoch. Die breiteste, längste und beleb- teste, der Toledo und demnächst die in ihn mündende Chiaja haben nicht über 30 Fuss Breite. Ihr Pflaster besteht aus grossen rechteckigen Lavaquadern, die zum grossen Leidwesen der Droschken- und Omnibuspferde durch lange Benutzung glatt ge- schliffen sind, daher die armen Thiere oft stürzen und bei Regen- wetter an vielen geneigten Stellen immer abwärts glitschen. Grosse und imposante Plätze fehlen; der schönste ist Piazza del Plebiscito mit dem königlichen Schloss, den Broncestatuen Karls II. von Canova und Ferdinands I. von Cali und der halbkreisförmi- gen Säulenhalle von S. Francesco di Paola. Abwärts von diesem Platze führt die Strada del Gigante nach dem höchst interessan- Santa Lucia, aufwärts beginnt mit dem von den beiden besuch- testen Cafes (Europa und Gran Cafe) besetzten kleinen Platz am S. Carlotheater, der zugleich Ausgangspunkt der Omnibus ist, der lange ‘Toledo, dessen obere Erweiterung der minder schöne 209 unfertige Mercatello bildet, noch weiter hinauf das Museo nazio- nale mit ruinenhafter Gegenseite liegt. Der Largo del Castello anderseits vom Carlotheater ist mit schönen Gartenanlagen ge- schmückt und der unregelmässige eigentliche Marktplatz nur histo- risch merkwürdig durch die Hinrichtung Conradins von Schwaben und Friedrichs von Oesterreich wie nicht minder durch seine lebenden Scenerien. Von den Strassen ist nur noch der neu ar- gelegte Corso Vittorio Emanuele wegen seiner. schönen Aussich- ten über die Stadt und Bai, eben deshalb auch die hochgelegene Strada nuova di Capodimonte und die lange breite von Museo nazionale nach dem botanischen Garten, dem riesigen Armen- spital und hinaus zum Campo Santo in angenehmer Erinnerung. ‚ Riesige Prachtbauten, bewundernswerthe Kirchen und Pa- läste hat Neapel nicht, wenigstens sind dieselben nicht der Art, dass sie den Fremden fesseln. Das königliche Schloss, das ge- räumige, innen und aussen schön ausgestattete San Carlotheater, das Museum, einige Kirchen, Kastelle und das Hospital wie auch das königliche Lustschloss Capodimonte würden zweifelsohne in einer andern Stadt als in Neapel, das die Natur überreich aus- gestattet und mit der erregtesten geräuschvollsten Bevölkerung belebt hat, mehr Aufmerksamkeit beanspruchen. Die Bevölkerung Neapels lebt vom Morgen bis zum späte- sten Abend auf den Strassen und Plätzen, die also stets von Menschen gefüllt und überfüllt sind, und nicht von ruhigen und ernsten, sondern von heiter beweglichen, laut erregten: alle häus- lichen Beschäftigungen bis zu den delikatesten hinab geschehen vor der Oeffentlichkeit und längs des Hafens und des Strandes promenirend muss man oft genug erschrocken die Augen abwen- den von Scenen wie sie im tiefsten Innern des Hottentottenreiches nicht widerlicher, in jegliches Schamgefühl empörender Weise vorkommen können. Die unsere Grossstädte aufs lebhafteste beschäftigende Frage, ob Canalisirung- oder Abfuhrsystem, ist in Neapel noch nicht aufgeworfen worden, wenigstens für die Strassen längs des Meeres, wo die Beseitigung der Exkremente der Natur überlassen wird. — Die auf die Strassen verlegte innere Häus- lichkeit der niedern und niedersten Volksklasse verhinderte uns denn auch mehr als eine Exkursion durch die engen Strassen zu unternehmen, umsomehr da unsere häufigen Wege nach dem Fischmarkte, dem geschäftig belebtesten Quai am Hafen entlang schon hinlänglich starke Proben nach dieser Richtung hin an uns stellten. Hier wie auf Santa Lucia laufen die Kinder nackt, doch zur Ehre des Geschlechts sei es bemerkt, ich sah kein ein- ziges weibliches Individuum in diesem Naturzustande. Gar viele darunter könnten mit dem Missverhältniss ihres grossen Rumpfes den Vertretern der darwinistischen Affentheorie ein sehr willkom- menes Beweismaterial, treffliche Uebergangsgestalten zwischen Affen und Menschen liefern. Grosse Buben haben die ihre Scham Bd. XXXII, 1868. 14 210 nothdürftig verhüllenden Lumpen abgeworfen und belustigen sich gesellig im und mit dem Schlamme, Mütter mit nackten Säug- lingen an der Brust, alte Weiber und Männer eifrigst jagend auf das zwickende sechsbeinige Schwarzwild, sich balgende halb- nackte Buben zwischen den mit dem eigenen Kopfputz beschäf- tigten Feigen- und Schneckenverkäuferinnen, schnelle Geschäfts- leute, ruhige Geistliche in elegantem Kostüm, schreiende und brüllende Verkäufer, das Peitschengeknall der eiligen Droschken, das Rasseln der Lastwagen, an den Häusern die flatternde Wäsche, gegenüber die Wimpel und Masten der Schiffe — betäubende Sinneseindrücke ringsum. Auf dem Toledo und der Chiaja feh- len die Nuditäten, aber die Menge ist hier dichter, beweglicher, das Wagengerassel, Peitschengeklatsche, Rufen und Schreien, die laute Musik der fahrenden Pianinos in der Enge der Strassen noch verwirrender. Alles wird schreiend zum Verkaufe ausge- boten: Streichhölzer, Cigarren, Seile, Stöcke, Briefeouverte, nütz- liche und unnütze Luxusartikel jeglicher Art, Lebensmittel und Naschwaaren, Jeder bemüht sich die Andern zu überschreien. Die besetzten Droschken feuern ihren klapperdürren Gaul zu schnellem Laufe an, die leeren aber martern mit Klatschen und Rufen die Fussgänger. Dieses ungestüme Drängen und Wogen steigt und sinkt nur wenig nach den Tageszeiten. Ruhig sind die Strassen erst in der Nacht und am frühen Morgen. Am kurzweiligsten entfaltet sich dieses bewegte und berauschende Strassenbild vor dem Cafe Europa und dem Gran Cafe, oder unter einem Restaurationsbalkon auf dem Toledo, wo wir am häufigsten die Trattoria di Parigi besuchten. Gegen Abend begin- nen die Corsofahrten und viele hunderte von eleganten Karossen fahren vom Toledo durch die Chiaja auf der breiten Riviera della Chiaja entlang und zurück. Wir konnten dieses in flüchtigem Wechsel sich aufrollende Bild von unserm Balkon mit Ruhe ver- folgen. Die Wagen sind elegant aber nicht luxuriös, die Pferde in gutem Zustande aber ‚nicht von edler Rasse, das Geschirr einfach und prunklos, auch die Toiletten der Damen bis auf viele entstellende Chignons einfach, nichts von dem verschwen- derischen Luxus und Pomp, den die Corsofahrten auf den Pariser Boulevards besonders pflegen. Allerdings ist im September noch die Mehrzahl der Reichen und Grossen nicht in die Stadt zurück- gekehrt und wird im Winter der Corso wahrscheinlich grössere Pracht und Ueppigkeit, zweifelsohne auch mehr imposante Schön- heiten unter den Damen zeigen, als wir sahen. An mehreren Abenden war in der Villa nazionale unserer Wohnung gegenüber Militärmusik. Dieser öffentliche Garten ist mit den prächtigsten Baumgruppen, riesigen Palmen, mit Tempeln und Kunstwerken reich ausgestattet und dient allen Ständen der Bevölkerung zur Promenade. Unter den Statuen sind mehrere vorzügliche Arbei- ten, so die vier Jahreszeiten, der Raub der Sabinerinen, der Raub- 211 der Europa, Orestes und Elektra, Silen mit dem kleinen Bachus, das grosse Monument des Giamb. Vico. Ein weiter Vorbau ins Meer eröffnet die herrliche Aussicht auf den Vesuv, über die Bai bis Sorrento und Capri und ist bei hellem Mondenschein stets stark von ifreudigen Bewunderern besetzt. Das Musikchor aber leistet nichts besonderes und die beiden einander gegenüber- liegenden Cafes waren die einzigen, die uns auf der diesjährigen Reise in Italien nicht befriedigten. Am 8. September war das sonst grossartige seit der Con- stituirung des einigen Italiens aber sehr beschränkte Kirchenfest von Piedigrotta, das am Ende der Villa nazionale spielt. Schon Abends vorher waren die Buden und Zelte längs des steinigen und schmutzigen Strandes aufgerichtet, mit Laub und Lichtern dekorirt, Wein, Feigen, Opuntiafrüchte, verschiedene Backwerke, Schneckensuppe aus dampfenden Kesseln und dergleichen feil bietend. Gegen 10 Uhr gebot heftiger Wind den fackelnden und qualmenden Lampen Ruhe und nöthigte zum Einpacken, um 12 Uhr entlud sich ein starkes Gewitter unter strömendem Regen, der nur allmählig nachliess und erst spät am Morgen ganz aufhörte. Trotz dieser Ungunst des Himmels begann schon vor 4 Uhr das Treiben auf der Strasse. Knaben mit riesigen Trau- ben, Männer mit reich gefüllten Fruchtkörben kamen von der Grotte, wo dieselben in $S. Maria del Parto geweiht waren, und zogen zur Stadt hinein. Am Tage kam und ging viel Volk zu den Buden, gegen Abend war deren Inhalt abgesetzt, verzehrt nnd damit das Fest zu Ende. Eine zufällige allgemeine Volksbelustigung war am ersten Sonntage unseres Anfenthaltes, wo um 6 Uhr von der Piazza del Plebiscito eine zu Pferde sitzende Dame mit einem riesigen Luftballon aufstieg, dann in ansehnlicher Höhe von dem Pferde in die Gondel des Ballons kletterte. Wir kamen von Pompei zurück und konnten erst nach vergeblichen Versuchen auf den uns bekannten Wegen den Toledo zu kreuzen um nach Hause zu gelangen, auf weiten Umwegen durchdringen. Aber auch in diesem an vielen Stellen undurchdringlichen Verkehr litt nichts weiter als die langen Schleppen der Damen. Diese sind nämlich ziemlich allgemein in Neapel und um so länger, je niedriger der Stand ihrer Trägerinnen; sie halten die Strassen völlig rein und sieht man andere ‚Strassenfeger auch nicht. Neapel gilt für die am meisten italienische Stadt in Italien, und so fanden auch wir sie mit Recht nach ihren Lichtseiten, aber was bei uns stereotyp den Italienern zum Vorwurf gemacht wird, nämlich Schmutz und Ungeziefer, Prellerei, Faulheit und Bettel haben wir hier nicht mehr wie in andern Grossstädten gefunden. Des Schmutzes habe ich schon gedacht, aber ist derselbe nicht in gleichem Masse auch in gewissen Strassen und Vierteln all unserer deutschen Städte zu finden! Hier besuchen wir nur die 14 212 Quartiere der ärmsten Bevölkerung nicht, aber in Italien werden alle Winkel und Gässchen durchwandert und deren Charakter als all- - gemeiner der Stadt hingestellt. In den von uns besuchten Hotels, und Privatwohnungen, in den Cafes und Trattorien, wo das an- ständige Publikum verkehrt, herrscht überall Sauberkeit und De- likatesse, ist die Bedienung aufmerksam, freundlich und zuver- lässig. Um einen Schritt geringern Ranges beginnt allerdings, was wir schmutzige italienische Wirthschaft nennen, aber diese Orte überlasse man doch den Italienern, welcher anständige Fremde ist denn in den Städten genöthigt, dieselben zu besuchen! Ausser den Moskitos hat uns Ungeziefer nicht belästigt, aber j Jene sind doch nicht Neapel und Italien eigenthümlich, sondern peini- gen in gleicher Menge und Aufdringlichkeit in allen südlichen Küstenstädten den Fremden. In allen anständigen Hotels gelten ferner ebenso feste Preise und keineswegs höhere wie bei uns, vielmehr oft geringere. Dass die Reisebücher (Bädeker, Förster) noch die Vorsicht im Voraus zu akkordiren oder nachher von der Rechnung abzuhandeln empfehlen, benutzen leider beschränkte knauserige Reisende in geradezu unanständiger Weise oder ist es nicht etwa schmutzige Bettelei, wenn nach langem Handeln von einer 52 Francs Berubladen, Hotelrechnung ein Franken abge- zwickt wird! Solch Reisende finden natürlich auch die üblichen Soldi Service für jede Tasse Kaffee -und jede Mahlzeit unnütz, bezahlen also dem Kellner seine Dienstleistung nicht, denn die Soldi gelten hier als Service und keineswegs als deutsches Trink- geld, durch sie sind die Kellner überall in Italien wie in Frank- reich vom Publikum abhängig gemacht und darum ungleich freund- licher und aufmerksamer als die allein vom Wirthe abhängigen in Deutschland, die sich wie allbekannt durch dummstolzes und flegelhaftes Benelımen gegen die Gäste auszeichnen. Die Wirthe würden gewiss die Preise für ihre Speisen und Getränke um die Kleinigkeit, welche der Lohn der Kellner für die einzelne Tasse Kaffee und das Beefsteak beträgt, erhöhen, wenn sie nicht wüssten, dass die Gäste bei direkter Zahlung an die Kellner von diesen freundlicher und aufmerksamer bedient werden. Dass ferner die Hausirer oft das Zehnfache für ihre Waare fordern, geschieht in Frankfurt, Leipzig und Berlin ebenso wie in Neapel und Mailand; dass die Fischer von mir für einen Fisch zwölf Franken verlan- gen und schliesslich für zwei Franken abgeben, kann ich ihnen nicht verübeln, da sie wissen, dass ich den Fisch nicht zum Sattessen kaufe und Zoologen, die nach ihrer Meinung höhere Preise bezahlen können, doch bei ihnen nur sehr spärliche Kun- den sind, denen stets an einer seltenen Art vielmehr gelegen ist als den täglichen Käufern. Frägt man den Droschkenkutscher nach dem Preise der Fahrt, so verlangt er mehr als gewöhnlich, weil ja schon in der Frage die Erklärung liegt einen andern als den gewöhnlichen Preis zu zahlen. Wir konnten uns diesen 213 Fahrpreishandel zu jeder Zeit machen. Die Stadtgränze ist nämlicH nur allgemein durch die Villa nazionale bezeichnet, un- sere Wohnung aber lag dem Ende derselben gegenüber, also auf jede vorherige Anfrage quanto? erfolgte die Antwort quindeei. Auf der im Wagen befindlichen Taxe standen aber nur dodiei soldi und die Einspänner ohne Taxe begnügten sich stets auch mit 10 Soldi. So oft wir nun diesen oder den amtlichen Taxpreis ohne Frage beim Aussteigen zahlten, wurde derselbe stets auch ohne Nachforderung angenommen und die Stadtgränze damit also ans Ende der Villa nazionale gelegt, bei vorherigen Verhandlun- gen dagegen rückte dieselbe an deren Anfang. Der Deutsche wirft dem Italiener Faulheit vor und wenn man Nachmittags und gegen Abend, über Santa Lucia und längs des Mercato wandelt, liegen ganze Reihen von Buben und Lazaronis nichtsthuend auf der Brustmauer oder an den Häusern. Sie haben um diese Zeit aber keine Arbeit und bereits am Morgen für ihre wenigen Be- dürfnisse gesorgt. Dass diese Leute vor keiner Arbeit zurück- weichen, davon kann man sich jeden Vormittag an denselben Plätzen überzeugen. Als ich meinen zwei Centner schweren Fischkasten zum Spediteur schaffen liess, nahm ein etwa 24jäh- riger Mensch denselben einfach auf den Nacken (nicht auf die Schulter), trug ihn so zur Treppe hinunter und schaffte ihn auf einem Handwagen für einige Soldi fort. Unsere hallischen star- ken Dienstleute hüten sich solche Lasten allein zu tragen und stellen viel höhere Forderungen. Die kleinen auf der Strasse arbeitenden Handwerker sind vom frühen Morgen bis in den späten Abend hinein thätig und fleissig, wieviel sie fördern, ver- mag ich nicht zu beurtheilen, nur von Maurern sah ich, dass dieselben im Tagewörk eben nicht mehr schaffen als die unsrigen. Die jeden Morgen von Posilipp die Fruchtkörbe auf unserer Ri- viera zur Stadt schaffenden Männer liefen stets im Trabe mit der hoch aufgethürmten mit Oleander- und Granatblühten schön aufgeputzten Obstpyramide auf dem Kopfe. Solche eilige Karya- tiden sieht man überall. Unser Dienstmädchen trug die grosse Flasche, in der ich jedesmal für 31a Thaler Spiritus zu meinen Fischen holen liess, auf dem Kopfe schnellen Schrittes durch die . belebtesten Strassen, liess sich aber auch jedesmal vom Kaufmann schon vor der Füllung drei Soldi für das Geschäft auszahlen. Der Trieb zum Handel, zum Geldverdienen, selbst für die Existenz zu sorgen erwacht in der Jugend Neapels viel früher als in an- dern Ländern. Kinder hausiren schon fleissig und acht- und zehnjährige halbnackte Jungen suchen eifrig die weggeworfenen Cigarrenstumpfe auf, lauern vor den Kafes auf dieselben und am Molo legen sie die gesammelten Vorräthe zum Verkaufe aus, wohlgeordnet und sortirt in graden Reihen und in kleinen Häuf- chen, Arbeiter und selbst gut gekleidete sind die Käufer dieser Waare. Neben dieser ärmlichsten Betriebsamkeit giebt es freilich 214 noch Bettler, aber nicht zerlumpte und halbnackte, sondern wohl gekleidete, die auf öffentlichen Plätzen just ebenso zudfinglich - wie die hallischen Bettler sind. — Wo man auch mit dem kleinsten Handgepäck eine Droschke besteigt, schwingt sich sofort auch ein Bube oder Facchino neben den Kutscher auf den Bock, um für einige Soldi das Gepäck in das Zimmer zu tragen. Als ich mit unsren Reisetaschen aus’ dem Hotel nach der Privatwohnung fuhr, hatten sogar zwei Facchini Platz genommen, natürlich wa- ren sie mit dem freiwilligen Service nicht zufrieden, begnügten sich aber mit 2 Soldi Nachzahlung. — In keinem Geschäfte, wo wir Einkäufe machten, wurden hohe Forderungen gestellt, wie die Prüfung der Waare auf ihre Solidität ergab und wir uns durch vergleichende Nachfragen wie durch das Urtheil unseres deutschen Führers versicherten. Die Verpflegung in den Trattorien und Cafes fanden wir gut und mehrfach vorzüglich bei mässigeren Preisen als in un- seren Grossstädten. Mit Kaffee, Frübstück und Abendbrod und Eis wechselten wir vielfach je nach Zeit und Ort, das Diner nahmen wir meist in der Trattoria dı Parigi im Toledo, wo wir für 2 Fr. Entre, Suppe, drei Schüsseln, Desert und Wein erhiel- ten. Aehnlich in andern guten Häusern. DBuden- schön aufge- putzt mit Blumen, Eiswasser und kühlende Limonade reichend stehen zahlreich auf allen Hauptstrassen und sind stets von Dursti- gen und Lechzenden besetzt, denn auch der ärmste Neapolitaner versagt sich den Genuss eines kühlen Trankes nicht. Zur Küh- lung dient comprimirter Schnee, der in Schiffsladungen ankömmt, und in grossen von Strohdecken umhüllten Blöcken den Buden zugeführt wird. Ebenso neu wie dieser Industriezweig war uns die Art des Milchverkaufs, Die melkende Kuh mit ihrem Kalbe und Trupps braunhaariger, langbärtiger und starkgehörnter Ziegen mit strotzenden Eutern wurden von Haus zu Haus geführt und die Milch aus dem Euter in den untergehaltenen Topf verkauft. Da ist natürlich von den betrügerischen Verfälschungen dieses wichtigsten Nahrungsmittels, die wir in Deutschland aller Orten so lebhaft beklagen, nicht die Rede. Das melkende Vieh passirt die belebtesten Strassen. Es ist in gutem Zustande, während das Zugvieh, insbesondere die Pferde meist herabgekommen und abgetrieben sind. Ich erinnere mich nur in Wien ebenso schlechte und noch schlechtere Droschkengäule gesehen zu haben. In nicht besserem Zustande befinden sich natürlich die Wagen und Kutscher, einzelne ausgenommen. Auch Ochsen und Esel sieht man viel vor den Wagen und gar kläglich nehmen sich die Dreigespanne von gleich magerem Pferd, Ochs und Esel aus. Leider wird den Thieren viel zugemuthet, schwere Last, viel Prügel und sichtlich unzureichende Kost. Gar oft sahen wir Einspänner mit zehn bis 15 Personen beladen im Trabe nach Posilipp fahren. — Auch die Hunde sind, ganz vereinzelte Windspiele und Bologneser aus- 215 genommen, allgemein von schlechter Rasse, — Venus vulgivaga, die nach mündlichen Schilderungen und gewissen Reiseberichten auf den Strassen Neapels in der ungenirtesten und frechsten Weise ihr Wesen treiben sollte, muss sich ganz aus der Oeffent- lichkeit zurückgezogen haben, denn ich sah nur selten vereinzelte verdächtige Gestalten und erfuhr keinen Angriff, den man doch jeden Abend in Wien, Berlin, Paris wiederholt abweisen muss. Neapel macht in dieser Hinsicht einen ungleich günstigern Eindruck als alle mir bekannten Grossstädte. Ganz wie die Bevölkerung heitern und leichten Sinnes nur der Gegenwart, dem Augenblicke lebt, um Vergangenheit und Zukunft sich gar nicht kümmert, hat auch die Stadt gar keine Zeugen ihrer ältern und ältesten Vergangenheit aufbewahrt und gehört in allen ihren Bauwerken der Neuzeit an. Die spärlichen Ueberreste von dem Theater, in welchem Nero aufgetreten, von einem Tempel des Castor und Pollux, des Apollo aufzusuchen, hat für uns, die keine antiquarisch- .bisterigchen Forschungen beab- sichtigen und das Interesse für das Alterthum in Pompeji und Rom gründlich befriedigen können, gar keine Anziehung. Was Neapel an Alterthümern und Kunstschätzen, die kirchlichen aus- genommen auch die eben erst aufgestellten ganz vorzüglich gear- beiteten vier Löwen auf der Piazza S. Caterina, besitzt, ist in dem Museo nazionale vereinigt. In dieses lieferten die Ausgra- bungen der verschütteten Städte ihre Erfunde und es existirt keine Sammlung der Welt, welche ein gleich erstaunlich reiches wissenschaftliches Material für antiquarische Forschungen aufzu- weisen hätte. Von dem rauschenden öffentlichen Leben und aus der zauberhaft' schönen Natur eilt man gern und oft in diese weiten überfüllten Räume, um sich ganz entgegengesetzten Betrach- tungen hinzugeben. Die Masse des auch den Laien höchst In- teressanten ist eine fast überwältigende und man wiederhole den Besuch so oft wie irgend möglich, jedenfalls vor und nach dem Besuche Pompejis, dann prägen sich doch viele Bilder scharf dem Gedächtnisse ein. Anordnung und Aufstellung ist übersicht- lich und zweckmässig. Die gleich vorn am Haupteingange rechts und links gelege- nen grossen Gallerien enthalten die leider nicht immer gut behan- delten antiken Wandgemälde und Mosaiken, Darstellungen aus der Mythologie und Heldengeschichte, aus dem gewöhnlichen Leben: Jagdscenen, Tänzerinnen, Schauspieler, Hirten, Fischer und an- dere Beschäftigungen, verschiedene einfache bis sehr complicirte Landschaften und Thier- und Pflanzenbilder. Die Mosaikbilder von letztern z. B. die Katze mit dem Rebhuhn, Enten mit Lotos- blumen, Fische und Sepien sind von vorzüglicher Schönheit und zeugen von einer Genauigkeit und Schärfe der Beobachtung des Künstlers, der wir unsere volle Bewunderung zollen müssen. Alle Species sind sofort systematisch zu bestimmen und nur die 216 Insekten (Heuschrecken und Schmetterlinge) sind ungenau, Bei dieser Vollendung der bildlichen und plastischen Darstellung er- . scheint uns die Blindheit und Albernheit, welche in den Schriften eines Aelian und Plinius über die Pflanzen und Thiere in gröb- ster Weise sich brüstet, ganz räthselhaft. Im allgemeinen steht der Werth der Bilder den Mosaiken nach, d. h. es finden sich unter ersteren auch eine nicht geringe Anzahl gewöhnlicher Ar- beiten, Bilder ohne jeglichen künstlerischen Werth, indess so rohe Fratzen, so grobe Klecksereien, wie unsere Stubenmaler in kleinen Städten sie häufig liefern, hat das Alterthum noch nicht gekannt. Und doch haben wir nur hier die Arbeiten. der untergeordneten Künstler kleiner Landstädte vor uns, in denen grosse Meister sicherlich gar nicht arbeiteten oder nur ausnahmsweise ein Zim- mer dekorirt haben. Am vollendetsten unter den Bildern sind einzelne mythologische Darstellungen, von denen ja auch bei uns Copien zu haben sind. Scenen aus dem Leben des Herkules und des Theseus, aus dem trojanischen Kriege, die kalydonische Jagd, aus der Odyssee und viele andere, deren Deutung mit den Reminiscenzen der Gymnasialstudien sogleich gegeben ist- Bilder aus der römischen Geschichte scheinen zu fehlen. Die viel zahlreicheren Marmorwerke bieten des Schönen und Bewundernswerthen vie. Unzählige. Büsten und Statuen der römischen Kaiser, Darstellungen aller möglichen Götter und Göt- tinnen mit Ausnahme jedoch des Pluto, vieler griechischer Dichter, von Löwen, Pferden, Stieren u. s. w. In der Halle der Flora, welche deren Kolossalstatue aus den Bädern des Caracalla in Rom ziert, liegt zugleich die im Jahre 1831 in der Casa del Fauno in Pompeji entdeckte und schnell berühmt gewordene Alexander- schlacht, unzweifelhaft die vollendetste Arbeit dieses Genres aus dem Alterthume, denn die einzelnen Gestalten, Physiognomien, Haltungen wie die ganze Composition und Wahl der Farben - sind bewundernswerth. Der Künstler oder vielmehr Künstlerin wie angenommen wird Timons Tochter Helena aus Aegypten hat den entscheidenden Augenblick der Schlacht gewählt, in welchem der jugendliche Alexander in kühnem Ungestüm auf den alten Darius eindringt, Wuth, Verzweiflung, Schrecken und Furcht dessen Umgebung ergreift. Dieses Mosaikbild ist wie gewiss alle durch künstlerisch vollendete Composition sich aus- zeichnende Wandgemälde und Mosaikdarstellungen in Pompeji und Herkulanum nur Copie eines unbekannten Originales. Die Sammlung der Bronzen bietet nicht minder vollendete Darstellungen, unter andern die Livia, einen Apollo, Bacchus, Silen, Venus. — In der Gallerie der uns Laien wenig fesseln- den Inschriften steht die riesige Prachtgruppe des Toro Farnese von Appollonius und Tauriscus 200 v. Chr. gemeisselt und bereits im XVI. Jahrhundert in den Bädern des Caracalla gefunden. Die von Bianchi aus Mailand ausgeführte Restaurirung der be- 217 schädigten und fehlenden Theile ist sehr gelungen und stört die Betrachtung des herrlichen Kunstwerkes in keiner Weise. Die beiden Jünglingsgestalten Zethos und Amphion halten mit höch- stem Kraftaufwande den sich aufbäumenden Stier und zu ihren Füssen liegt in verzweifelnder Todesangst das Bein des Amphion umklammernd die flehende Dirke, hinterwärts neben dem Stier steht die Antiope in edelster weiblicher Gestalt ruhig und ernst der rächenden Marter entgegensehend. Es ist die reichste aus dem Alterthume auf uns gekommene Composition der plastischen Kunst, so imposant auf den ersten Blick, ebenso vollendet und bewundernswerth in der Ausführung der einzelnen Gestalten, Im ägyptischen Museum widmen wir den überall wieder- kehrenden Mumien, bemalten Särgen, Skarabäen, Papyrusfrag- menten, Broncen weil aus andern viel grössern Sammlungen uns schon bekannt nur eine flüchtige Betrachtung, ebenso den nicht gerade reichhaltigen ethnographischen Gegenständen, an deren Saal die sehr reiche Sammlung der antiken Gläser, Flaschen, Teller, Flaccons, Schalen, in Formen wie sie noch heute gebräuch- lich sind, sich anreiht, dann die Terracotten, vielrohe, nur wenig sorgfältige Arbeiten. Mehr Bewunderung beansprucht die in Herkulanum aufgefundene Bibliothek, zahlreiche verkohlte Papiri, von denen schon hunderte nach Piaggios sinnreicher Methode ent- rollt sind. Die Aufrollungsapparate stehen da und arbeiten und man kann die kalligraphisch zum Theil sehr schöne schwarze Schrift auf dem schwarzen Papirus ganz deutlich lesen. — Das Cabinet der Gemmen und Edelsteine, der goldenen und silbernen Schmucksachen, (Spangen, Hals- und Armbänder, Ohrringe u. dgl.) silbernen Vasen, Tassen, Spiegel eröffnet einen ungeahnten Blick in die Kunst und den Reichthum der Alten. Die Ringe vom riesigsten Siegelringe bis zu dem zierlichsten Ringe der zartesten Damenhand in den manichfaltigsten Formen, wie sie heute 'Schmucksucht und Eitelkeit nicht schöner verlangen und die Goldschmiedekunst nicht vollendeter liefert. Geschliffene Edel- steine gemeine und seltene, geschnittene Bernsteine und zierliche Elfenbeinarbeiten, Kameen. In einem Schranke eben dieses Saales sind die Farben und sämmtliche Malergeräthschaften, in mehren andern die Samen, Früchte, Getreidearten, Brod, verschiedene Speisen und was sonst auf den Tisch gebracht wurde, aufgestellt worden. Gleich daneben folgen die erdrückend reichhaltigen Sammlungen der Küchen-, Haus-, Tempel- und Stubengeräth- schaften in Bronce, Eisen, Silber, Thon ete. Lampen zu vielen tausenden, wovon an alle Sammlungen Europas abgegeben wer- den könnte, auch schöne kunstvoll gearbeitete zwei- und drei- armige, wie sie noch jetzt in römischen Stuben zu haben sind, grosse Kandelaber, Wagen und Gewichte ganz wie die heutigen und kunstvoll verziert, Becken, Pfannen, Kasserole, Siebe, Reiben, Töpfe, Schüsseln, Heerde, Dreifüsse, Laternen, Petschafte, Federn 218 aus Cedernholz, Nadeln, Scheeren, Messer, Kämme, Salben- büchsen, kurz die Bewohner Pompejis und Herkulanums besassen schon alle Hausgeräthschaften in solcher Manichfaltigkeit, wie die‘heutigen Italiener, nur mit dem Unterschiede, dass sie die- selben, wo es irgend anging mit Kunst anmuthig und sinnreich verzierten. Grössere Geräthe wie Marmortische, Kandelaber, Sessel, Beitstellen, Wasserbecken erscheinen sogar mit verschwen- derischer Kunstpracht gearbeitet, wie wir sie gegenwärtig nicht schöner in den reichsten Palästen finden. Die Sammlung der antiken Vasen füllt acht Säle, deren Fussböden mit antiken Mosaiken ausgelegt sind. Die meisten und wohl alle kunstvoll gearbeiteten und bemalten stammen aus altgriechischen Gräbern, aus Athen, Rlıodus, Syrakus, Sorrento, Nola, Capua u, a. O., Herkulanum und Pompeji haben noch keine geliefert. Ein junger Archäolog aus Berlin begann den ihn begleitenden Damen die Bilder an einer Urne im Einzelnen zu erläutern, wohl dem, der Zeit hat in solche Einzelnheiten sich zu vertiefen. Wir müssen uns begnügen eine Amazonenschlacht, den Kampf des Herkules mit den Centauren, Apoll mit den Musen und einige andere Bilder flüchtig anzusehen, eine Ueber- sicht der manichfaltigen Vasenformen zu gewinnen, das einge- hende Studium dieser überreichen und für Antiquare höchst be- deutungsvollen Sammlung aber ganz den Archäologen überlassen, in deren Lebensaufgabe dasselbe fällt. — Ein Blick in das streng bewachte Zimmer mit den obscönen Gegenständen der antiken Kunst überzeugt sogleich, dass die Alten auch auf diesem Ge- biete mehr geleistet haben, als unser Einer von der Gegenwart jemals zu Gesichte bekommen wird. Mit all diesen unzähligen und die Aufmerksamkeit stets fesselnden und spannenden Gegenständen ist der Inhalt des Museo nazionale noch nicht erschöpft, wir müssen noch durch die Gallerien der Gemäldesammlung, welche den grösseren Theil des oberen Stockes einnehmen, leider aber nicht alle genügende Beleuchtung haben, so dass gar manches Bild im schlechten Lichte hängt. Sie sind nach den einzelnen Schulen geordnet nnd beginnen mit Cartons von Raphael. Einige Tizians, Corre- gios, Raphaels heilige Familie, viele und z. Th. imposant grosse Gemälde der neapolitanischen Schule, Carracci’sche Venus und Pieta, u. a. belohnen auch diese mehrstündige Betrachtung. Rechts am Eingange des Gebäudes ladet eine Niederlage moderner Copien vieler antiker Kunstwerke zum Eintritt ein, wohl möchte man die eine oder andere zur bleibenden Erinnerung mitnehmen, aber leider sind die Preise für unseren Zweck zu hoch gestellt. Ein Besuch des botanischen Gartens unmittelbar vor dem riesigen Armenhospital ist lohnend, da derselbe viel Prachtexem- plare tropischer Bäume und Sträucher, Palmen, Bananen ete. 219 enthält und in sorglicher Pflege sich befindet. Von ihm weit hinaus zum Campo santo. Die Einrichtungen desselben zeigen abermals, wie überaus wenig die Neapolitaner von der Zukunft halten. Zwar sind viele würdige Privatmonumente mit Blumen- und Cypressenschmuck vorhanden, aber bei weitem die 'Todten nicht mit so herrlichen Kunstwerken geehrt, wie wir sie in Bo- logna und andern norditalienischen Städten häufig finden. Indess nicht dies überraschte uns, sondern die Art der Leichenbestattung selbst verletzte unser Gefühl aufs empfindlichste. Die grosse rothe, goldverzierte Kutsche kömmt an, der Kapuziner klingelt, öffnet den Bodenraum der Kutsche, ein Arbeiter in Hemdsärmeln und mit rauchender Cigarre zieht den schmalen rohen Bretterkasten, welcher die Leiche enthält hervor und trägt denselben auf dem Kopfe von zwei Kapuzinern begleitet zur Kapelle der betreffen- den Brüderschaft. Nachdem hier die kirchlichen Formalitäten beseitigt, wird die Leiche ohne alle Formalitäten in eine Kalk- grube gestürzt, neun Monate später ihre Knochen wieder herauf- geholt und in einem Wandkästchen des Congregationshauses auf- bewahrt. Der ganze Gottesacker ist der Eintheilung der Stadt entsprechend in 12 Abtheilungen gesondert, über welche auch die 160 Congregationen sich vertheilen. Alle Familien, welche keiner solehen Brüderschaft mit Beiträgen angehören und auch keine eigene Begräbnisstätte wegen der hohen Kosten bezahlen können, lassen ihre Todten in die Kalkgrube stürzen und damit sind die irdischen Ueberreste des Angehörigen der Vergessenheit übergeben. Die Villen-reiche nähere Umgebung Neapels befuhren wir an einigen Nachmittagen mit der Droschke und in Begleit eines deutschen Führers, der auch unsere weitern Excursionen nach Pompeji, auf den Vesuv etc. leitete. Herr Huber, früher Offi- zier in der neapolitanischen Armee, ist ein mit der Stadt und weitern Gegend sowie mit allen Verhältnissen vollkommen bekannter, zugleich sehr bescheidener, gefälliger und zuverlässiger Führer, den man in der deutschen, gleichfalls freundlich und gefällig be- dienten Restauration bei Zepf-Weber Str. Molo2, in welcher Abends stockitalienische Musikanten deutsche Studenten- und preussische Nationallieder auf Violine und Guitarre vortragen, erfragen kann. Wir können denselben jedem Deutschen für kürzern und längern Aufenthalt in Neapel und Umgegend aufs wärmste empfehlen. — Auf diesen Droschkenfahrten besucht man das königliche Schloss Capo di Monte mit wunderschönen Vegetationsgruppen in seinen Park- und Gartenanlagen, die nahen Villen Ruffo und Gallo, ganz besonders aber das durch seine Folter- und Marterapparate weit- hin berüchtigte Castell S. Elmo auf steilem Felsen unmittelbar über der Stadt, dessen Kanonenschlünde Jahrhunderte hindurch bis auf Garibaldi’s Einzug die Bevölkerung im Schach hielten, auch jetzt noch jeder Zeit ihr Schreckspiel eröffnen können. Von 220 hier geniesst man die Vogelperspektive des gewaltigen, von li-. nienhaften Strassen durchschnittenen Häusermeeres und orientirt sich am leichtesten über den Plan desselben, die Lage der Haupt- gebäude und Plätze, die Richtung der Strassen. Die ganze Ge- gend bis zum Vesuv und Sorrento liegt mit allen Einzelnheiten klar vor uns. Eine überaus genussreiche Aussicht, die man sich oft und leicht verschaffen kann. Der weitern Excursionen kann man von Neapel aus gar viele und vielerlei zu Wasser und zu Lande unternehmen, wir aber mussten, bei unserm streng bemessenen Zeitplane dieselben auf wenige beschränken, mussten auf Capri und Ischia, auf Bajä, Cuma, Caserta, Salerno, Pästum, Amalfı verzichten und uns mit dem Vesuv, Pompeji, Sorrento, Puzzuoli und Camaldoli begnügen. Camaldoli besucht man am geeignetsten an einem Nachmit- tage von San Elmo aus, denn in der Abendbeleuchtung bei sin- kender Sonne wirkt der Zauber der wunderschönen Landschaft, der Anblick beider Golfe von Neapel und Bajä am mächtigsten, Ja es kann wirklich keine schönere Gegend auf der bewohnten Erde geben! — Man fährt von S. Elmo aus noch eine Strecke bis zum nächsten Dorfe, wo man den Wagen warten lässt und geht oder reitet dann den Weg durch düstern, stellenweise finster schluchtigen Wald bis zum hochgelegenen Kloster. Dasselbe wird seit der allgemeinen Klosteraufhebung nur noch von drei sehr freundlichen Brüdern verwaltet und ist darum jetzt auch Frauen zugänglich. Von einem felsigen Vorsprunge des die feinsten Fei- gen und Trauben erzeugenden Klostergartens übersieht man die- ses reichste Kleinod der Erde, diese als Wirklichkeit daliegende Sagenwelt der Hesperiden. Unter uns die bewaldeten Kessel längst erloschener Krater mit dem Lago d’Agnano, vor uns in Osten der stolze Kegel des Vesuv mit seiner drohenden Rauch- säule, an dessen Fusse häusern heiter, freundlich und lieblich Por- tici und Resina, Torre del Greco und del Annunziata und das langgestreckte Castellamare als belebte Einfassung der spiegelnden Bai entlang und lassen im Geiste die verschütteten Städte Her- kulanum, Pompeji und Stabiä durchschimmern. Mit dem in dunkles Grün sich versteckenden Sorrento schliesst die Küste ab, taucht aber mit dem phantastischen Felseneilande Capri sogleich wieder aus der blauen Fluth auf, um abermals abzubrechen und mit dem massigeren Ischia gewaltiger aufzusteigen, dann mit dem kleinen Procida den Rahmen um den blauen Fluthspiegel schliessend. Ihr entgegen streckt sich die Spitze von Miseno in das Meer hinein, Häusergruppen liegen vor den niedrigen Höhen, welche den Horizont im Norden bekränzen, dann der jüngste aller Berge der Monte nuovo. Die Felsenfeste Gaeta tritt nicht deutlich in der nur schwach dunstigen Ferne hervor. Indem der Blick vom grü- nen Lande über die blaue Fluth, von Berg zu Berg, von Ort zu Ort schweift und die Träume der Alten in die Wirklichkeit hervor- 221 zaubert, sinkt die blendende Sonnenscheibe immer grösser werdend tiefer und tiefer und taucht schnell in die blaue Fluth nieder. Bis zur Hälfte einsinkend erscheint ihr unterer Theil stielförmig verengt, der obere pilzhutartig erweitert, über die Mitte eintau- chend kehrt sich schnell das Bild um, der untere Theil ist ein grosser Halbkreis und der obere verkleinert aufgesetzt. Ich sah schon oft die Abendsonne am klaren Horizont ins Meer sinken, aber noch: nie dieses optische Räthsel. Wohl mag der hohe Stand- punkt, auf dem ich mich befand, einen wesentlichen Theil an dieser wundersamen Erscheinung haben. Der kurzen Dämme- rung folgte schnell tiefe Finsterniss und wir eilten getragen von dem seligsten Naturgenusse, der einem Erdenbewohner geboten werden kann, den einsamen schluchtigen und felsigen Waldweg hinab. Bis unsere Pferde angespannt waren, erquickte uns eine Flasche alten feurigen Capris (1/a Fr.!) und nach kaum einstün- diger Fahrt steigen wir in dem betäubenden Gedränge auf dem Toledo aus. Auch die Excursion nach Puzzuoli kann man bequem in einem Nachmittage ausführen, wenn man nicht den Besuch des gleich interessanten Bajä damit verbinden will, welches einen gan- zen Tag beansprucht. Unsere Riviera della Chiaja ist von den Franzosen als Strada nuova del Posilippo hart am Meere also mit steter Aussicht über den Golf nach Castellamare und den Vesuv fortgeführt, steigt langsam mit dem jäh abstürzenden Felsenufer auf und führt über die Höhe des Bergrückens, wo sie plötzlich die entzückende Aussicht auf den Golf von Bajä eröffnet. In diesen fällt sie schneller ab und läuft dann hart am Strande eben fort neben mehreren nicht sonderlich einladend erscheinenden Bä- dern nach Puzzuoli. Wir fuhren ohne Aufenthalt die steile Strasse hinauf soweit das aus grossen Lavaquadern bestehende viel- leicht antike Pflaster es gestattete und, gingen dann noch eine kurze Strecke zu Fuss zwischen hohen Mauern bis zum Amphi- theater. Das alte Puteoli war eine reiche Handels- und Hafen- stadt und sehr beliebter Vergnügungsort der reichen Römer, da- her mit vielen Villen und Palästen, die längst verschwunden. Sehr gut erhalten ist dagegen das grosse für 40000 Zuschauer aus- reichende Amphitheater, dessen Arena 250‘ lang ist. Die Ein- richtung desselben ist in allen Einzelnheiten gut aufgeschlossen, in den Eingängen liegen zahlreiche Säulen und Ornamentstücke aufgehäuft, welche auf die einstmalige Pracht des Baues hinwei- sen. Für die Neapolitaner hat diese stolze Ruine ein hohes kirch- liches Interesse, indem hier der heilige Januarius unter Kaiser Diokletian den wilden Thieren vorgeworfen und da diese die Hei- ligkeit des Bischofs respektirend der ihnen gestellten Zumuthung nicht nachkamen, auf Befehl des römischen Präfekten Timotheus in der Arena enthauptet wurde. Eine düstere Kapelle erinnert an dieses Martyrium, Der Leichnahm des Heiligen ruht in der 222 ihm geweihten Hauptkirche in Neapel und werden in deren präch- tiger Kapelle auch zwei Fläschchen seines Blutes, das eine fromme Matrone bei der Enthauptung aufgefangen hat, aufbewahrt. Die- ses»Blut wird noch jetzt dem Volke als Wunder gezeigt, denn es wird am Sterbetage des Heiligen, bei Erdbeben, Cholera und an- dern von Gott gesendeten Geisseln flüssig. — Das in der unmit- mittelbaren Nähe befindliche Theater, der Tempel der Diana und des Neptuns sind in nur so dürftigen Resten erhalten, dass wir nicht bei ihnen verweilen, vielmehr nach unserem Wagen zurück- kehren und zwischen Villen hindurch zur Solfatara fahren, deren grosses Eingangsthor ein Invalide gegen einen Franken Entre öffnet. Die Solfatara ist ein etwa 1200 Fuss im Durchmesser hal- tendes Becken, dessen ziemlich ebener Boden zum Theil mit Ge- büsch und Gestrüpp bewachsen ist, dessen steile Wände aussen und oben mit üppigen Kastanienbäumen und einer ganz neuer- bauten Villa besetzt sind. In der hintern Hälfte ist der Boden weiss und ein mässiger Stein mit Gewalt niedergeworfen macht das ganze Gewölbe dumpfdröhnend. Es kann also die feste Decke nur eine geringe Stärke haben und dafür spricht auch die Wärme und stellenweise Hitze, der aus kleinen Löchern und Rissen gewaltsam bervordrängende schwefel- und ammoniakalische Dampf. An der Wand ist, eine grössere Spalte, aus welcher die Dämpfe brausend wie aus einer Lokomotive hervorschiessen und ihre nächste Um- gebung mit einer prächtigschwefelgelben Kruste überziehen. Seit dem Jahre 1198 in welchem der letzte Ausbruch dieses Kraters erfolgte, befindet sich derselbe in dem jetzigen Zustande und ist keine Sicherheit gegeben, dass er sich wieder öffne und in volle Thätigkeit trete. Ist doch der nur eine halbe Stunde entfernte Monte nuovo erst im Jahre 1538 entstanden um Zeugniss zu geben, welch gewaltige vulkanische Kraft noch unter den phle-- gräischen Feldern arbeitet. -— Der Arbeiter, welcher die Besu- cher bis zur Hauptspalte begleitet und aus derselben Schwefel hervorholt, verlangt keineswegs wie Försters Reise monirt in un- gebürlichster Weise seinen Tribut sondern. in sehr devoter und bringt für wenige Soldi die er dankbar annimmt, sogar noch einen Eimer voll Schwefelwasser mit Gläsern zum Trinken. Von der Solfatara wandten wir uns abwärts ohne den Re- sten von Ciceros Villa einen besondern Besuch abzustatten, zu dem geologisch berühmteren als in seinen Ueberresten archäolo- gisch wichtigen Serapistempel. Von seiner Grösse und Pracht zeugen nur noch drei aufrecht stehende Marmorsäulen von 40‘ Höhe, zahlreiche Säulenfragmente und einige der umgebenden Zellen, auch der Fussboden ist zum Theil. erhalten und doch wurde dieser Kunstbau ziemlich vollständig erst 1750 ausgegra- ben, aber die schönsten seiner Säulen und Ornamente zur Aus- schmückung des königlichen Schlosses bei Caserta verwendet, 223 Sein ganzer Raum ist nunmehr ringsum bebauet und man gelangt zu ihm durch eine Badeanstalt (warme Schwefelwasser). Den Geologen sind jene drei Säulem von höchstem Interesse, weil sie zwölf Fuss über dem Boden auf eine Strecke von steinbohrenden Muscheln, der Modiola lithophaga, durchlöchert und aussen mit einigen Austern und Anomien besetzt sind. Die Säulen müssen, da die Durchlöcherung nur im Meere geschehen kann, lange nach Aufführung des Tempels in ihrer heutigen aufrechten Stellung im Meereswasser gestanden haben, und zwar bis 12 Fuss tief in den Meeresgrund versunken. Später nach der Ansiedlung der Muscheln wurde dann der Tempel und der ganze Boden seiner Umgebung über den Meeresspiegel empor gehoben und zwar sehr wahrscheinlich im Jahre 1538 mit der Erhebung des Monte nuovo. Der Muschelfrass an den Säulen gestattet keine andere Erklärung und nach verschiedenen unzweifelhaften Thatsachen längs der gan- zen Küste von Bajä lässt sich auch eine wiederholte Hebung und Senkung des Bodens nicht wegleugnen. Ob Niccollinis Be- hauptung, dass die Küste von Gaeta bis Amalfi ihren höchsten Stand etwa 200 Jahre v. Chr., ihren tiefsten zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert erreicht habe, dann bis zu Anfang des 15. Jahrhunderts wieder langsam gestiegen und seitdem abermals bis auf den heutigen Tag in Sinken begriffen sei, begründet ist, dar- über lässt sich nur durch sehr umfassende Untersuchungen aber nicht durch einen flüchtigen Besuch ein Urtheil fällen. Am Hotel, wo uns der Wagen erwartete, wurden wir von einer ganzen Schaar aufdringlicher junger und alter Bettler über- fallen, die theils geschliffene alte Steinproben, Seepferdchen u. dgl. zum Kauf anboten, theils ohne Gegengabe eine Kleinigkeit verlangten. Das war die einzige lästige und widerliche Bettelei während unseres ganzen Aufenthaltes in Italien und wir haben ebensolcher Plätze in Deutschland gar nicht wenige, darum ver- dammen wir um des einen willen noch nicht das italienische Volk. Wir fuhren durch die in allen Strassen sehr belebte, nicht eben reinliche Stadt, sahen die absonderlichen Standbilder auf dem Markte, die antiken Bogen von Caligulas unsinniger Ueberbrük- kung nach Misenum, auch die aus einem Augustustempel herge- stellte Kathedrale nur ganz flüchtig und kehrten in der langen schattigen Allee durch das ebenfalls an eigenthümlichen Abend- scenen des Strassenlebens reiche Posilipp und die seit dem Alter- thume berühmte Grotte von Posilipp zurück, Dieselbe ist gegen 1000 Schritt lang und 40 bis 60 Fuss hoch, also nicht blos der älteste, sondern auch der höchste Tunnel auf Erden, Tag und Nacht mit Gasflammen er iehkat und als Hauptstrasse nach Nea- pel beständig betreten. Zur Fahrt nach Sorrento hm man die Bahn bis Castel- lamare. Sie läuft hart am Meeresstrande entlang, über Portiei, Torre del Greco, Torre Annunziata, hier von der Salerner sich ab- 224 zweigend uud nach Castellamare wendend. Alle diese Städte sind nur durch kurze dünn behäuserte Strecken von einander ge- trennt, alle aus schwarzer Lava gebaut, die Häuser zum Theil sehr stattlich, stets mit flach gewölbten Decken ohne Dächer. Die Bahn durchschneidet die uralten Lavaströme, welche der Ve- suv ins Meer hinabsandte, und gar oft sieht man in den zahl- reichen im Betriebe stehenden Steinbrüchen die festen Lavabänke mit Aschenschichten wechsellagern. So grausig schwarz die Fel- sen und Häuser aussen: so freundlich lacht die üppigste Vegeta- tion längs der Bahn: Agave americana und Opuntia, zwischen denen sich einzelne Palmen hervorzwängen und über die Feigen- bäume ihre störrigen Aeste ausstrecken, wachsen in erstaunlicher Ueppigkeit aus den Lavarissen hervor. In dem sehrlang am Ufer sich hinstreckenden Castellamare, hoch behäusert und stark be- völkert harren der Wagen viele um nach Sorrento zu fahren, Sie forderten über den Taxpreis und wollten auf Rückfahrt sieh nicht einlassen. Erst nach unserem längeren Spaziergange durch die Stadt erbot sich ein armseliger Kutscher mit 2 kläglichen Klep- pern uns für 9 Franken unserm Ziele zuzuführen. Der Wagen war viel bequemer als er aussah und die wenig Vertrauen ein- flössenden Pferde fuhren die steilauf steilab steigende Strasse in anderthalb stündig schnellem Lauf ohne Ruh und Rast, ohne auch nur auf eine kurze Strecke Schritt zu gehen. Dass nach solcher Kraftanstrengung der Kutscher seinen Thieren die Rück- fahrt nicht zumuthete, fanden wir vollkommen gerechtfertigt. Die Aussicht auf dieser ganzen hart am steilen Meeresufer kunstvoll und bequem hingeführten Strasse ist wieder eine überaus entzük- kende. Die steilen steinigen Gehänge sind mit Olivenwäldern bestanden, die engen Seitenthäler mit den stattlichen Dörfern Vico und Meta, bei dessen Kirche sogar noch zwei, angeblich schon von Homer in der Odyssee erwähnte Olivenbäume stehen; sind von dichten Rebenpflanzungen, Orangen- und Feigenbäumen umgeben. Um die letzte Felsenecke herumbiegend gehts in lan- gem Bogen nach Sorrento hinab, durch einige enge Strassen und unser Wagen fährt unter alten Orangebäumen in das freundliche Hotel Rispoli auf jähem Felsenufer am Meere ein, Mag Sor- rento nun von Odysseus oder yon den verführerischen Sirenen erbaut sein, letzte konnten gewiss kein schöneres verzückendes Plätzchen auf Erden zu ihrer Ansiedlung ausfindig machen. Der Blick von der hohen Felsenterrasse über die Bai nach dem Häu- sermeere von Neapel und seiven Nachbarstädten, nach dem rau- chenden Vesuv und nach den herrlichen Gebirgsinseln Capri und Ischia ist zauberhaft schön und die Vegetation in allen Gär- ten und der ganzen Umgebung der Stadt strotzt von einer Uep- pigkeit und Fülle, welche auch die glühendste Phantasie eines begeisterten Dichters nicht zu übertreiben vermag. Uralte stark stämmige Orangenbäume greifen mit ihren schlanken, hochauf- 223 strebenden Kronen, deren Zweige in dunkel saftgrünem Laube von Früchten — Citronen bis zur Kinderkopfsgrösse — im eigent- lichsten Sinne strotzen, dicht in einander und unter diesem dun- ke]grünen Laubdach ranken Reben mit süssen Trauben in ver- schwenderischer Fülle behangen von Stamm zu Stamm, am Bo- den wächst zwischen einem üppigen Gewirr von Unkräutern das Gemüse; wo Luft und Licht das dunkele Laubdach durchbricht, da reckt ein knorriger Feigenstamm seine blattarmen aber frucht- reichen Zweige empor. Am Ende der Hauptstrasse war gerade Kirchenfest — Mädchen und Kinder kamen mit geweihten Hei- ligenbildern, die sie küssten, aus der Kirche — die ganze lange Strasse vom Markte bis zum Thore war zu beiden Seiten mit Guirlanden von Myrthen, die auch die hohen Flaggenbäume um- schlangen und quer über die Strasse sich zogen» geschmückt. Wir nahmen in dem eleganten Hotel ein feines Diner zu angemes- senem Preise mit hohem Service ein, gaben uns einige Stunden der unvergesslichen und unvergleichlichen Aussicht auf der Ter- rasse vor dem Speisesaale hin, besuchten dann jene festlichge- schmückte Kirche, in welcher noch immer geweihte Bilder aus- getheilt wurden, und fanden auch in einigen grossen Gärten Zutritt. Wo die Natur ihr reichstes Füllhorn ausgeschüttet, da ist weder Auge noch Gemüth befähigt über- oder dichtumwach- sene Mauerreste von alten Tempeln und Villen aufzusuchen, um so weniger wenn an solchem Tage das eigene Gemüth erregt auf die an Freuden arme grössere Hälfte des Erdenlebens zu- rückschaut und die innere Beschauung der dunklen Zukunft sich zuwendet. — Tassos Geburtshaus ist das Nachbarhaus von Ri- spoli und hat dieselbe Felsenterasse und gleiche üppige Vegeta- tion. Der Tag enteilte und wir verlangten von den mehr denn 50 auf dem Markte stehenden Droschken Rückfahrt nach Castel- lamare. Auf die erste Anfrage waren angeblich alle besetzt, doch bald zeigte sich ein Zweispänner bereit uns für 6 Franken zu befördern. Wir nahmen Abschied von dem bezaubernden Si- renengestade mit dem beruhigenden Entschlusse bei einer zweiten Reise nach Neapel mindestens eine Woche in Rispolis Hotel uns einzuquartiren. Unser Kutscher jagte seine dürren Rosse, dass Kies und Funken stoben, auf der von Wagen und Fussgängern sehr belebten Strasse und durch die fröhlich bewegten Dörfer hindurch, wieder um das von Roland mit dem Degen gespaltene Capo d’Orlando herum und nach Castellamare hinab. Aber trotz der nur li/ıstündigen Fahrt erreichten wir den Bahnzug nicht mehr, wodurch wir Musse erhielten, Castellamare noch in Abend- beleuchtung kennen zu lernen. Am Hafen von Castellamare liegt ein kleiner Giardino pub- blico, in welchem die Militärcapelle spielte und die Bevölkerung promenirte.e. Die Musik liess vieles zu wünschen übrig. Wir durchwanderten einige Hauptstrassen und begaben uns dann zei- Bd. XXXI, 186s. 15 226: tig nach dem Bahnhofe, zeitig, denn die kleine Münze war in Sorrento verausgabt und nirgends in Italien giebt der Billeteur der Eisenbahn zurück, sondern verlangt den Fahrpreis ohne Wech- sel.”) In der Apotheke, der Conditorei, zweien Kaffeehäusern und einer Restauration war keine kleine Münze zu bekommen. Der Fremde kann dei dem gänzlichen Mangel an Silbergeld im einigen Italien und dem Ueberflusse an schlechtem Papiergelde nur zu leicht in Verlegenheit gerathen. Es werden nämlich in allen Städten und an allen öffentlichem Kassen nur die zwei Pa- pierfranken und grössern Papiere der Nationalbank angenommen, kleinere Beträge blos in Kupfer, das aber wegen der Schwere leider nicht in ausreichender Menge auf Trinkgelderreichen Ex- kursionen sich mitführen lässt. Für den kleinen Verkehr haben nun Volksbanken jn allen Orten 1/s, !/a, 1a und 1 Frankenpa- piere drucken lassen, deren Gültigkeit sich jedoch nicht über den Stadtbezirk hinaus erstreckt, in welchem sie gedruckt sind. Man erhält also in Mailand die Papiere der Banco di Milano, in Tu- rin der Banco di Torino, ferner Banco di Carrara, di Pisa, di Livorno, di Napoli, ja in Neapel sogar Papiere eines gran Cafe d’Italia di Toledo! und ist genöthigt mit dem Verlassen einer Stadt zugleich sich ihrer Werthpapiere gänzlich zu entledigen. In der grossen Verkehrsstadt Neapel vermitteln zahllose weibliche Strassenbankiers den Wechsel, der Droschkenkutscher, der mit einem Papierfranken bezahlt wird, setzt in der nächsten Wechsel- bude denselben mit 10 Centesimi Verlust natürlich auf Kosten des Zahlenden in klein Geld um. Der Omnibusführer zieht von 70 Centesimi, die er auf einen Franken zurückzuzahlen hat, 10 Centesimi Wechselagio ab; als ich einem bettelnden Zündholzver- käufer aus Mitleid ein Schächtelchen abnahm und mit einem Franken bezahlte, beanspruchte auch er die üblichen Centesimi Wechselprovision! Der Fremde muss über diese steten Wech- _ selgeschäfte mehr lachen als er Recht hat sich zu beklagen, denn er setzt seine Napoleonsd’or mit 81/2 Prozent Gewinn in die zer- lumpten kleinen Papiere der verschiedenen Banken um, aber Ge- legenheit zu Verdriesslichkeiten bieten sich nur zu oft, wenn man nicht stets ausreichend mit kleinsten Papieren und etwa zwei Pfunden kupferner Soldis sich versieht, oder gar. bei der Abfahrt auf dem Bahnhofe nicht für Beseitigung der kleinen Papierschnit- zel und Abrundung des Fahrpreises durch Kupfer Sorge getra- gen hat. Diese Papierwirthschaft ist eine Errungenschaft des eini- nigen Italien, wenigstens habe ich auf meinen frühern wiederhol- ten Reisen in Oberitalien nie dergleichen gesehen. *) Diese auch in England löbliche Sitte wäre in Deutschland, wo die Bauern erst am Schalter des Bilieteurs lange nach dem Fahr- preise suchen und zählen, ganz besonders nothwendig, nur sollte man daneben einen Wechsler bestellen, der leider auch auf den italischen Bahnhöfen fehlt. 227 Der Vesuv arbeitet geräuschlos fort. Besonders häufig nach Mitternacht bis zum frühen Morgen stösst er gewaltig aufwolkende dicke Dampfsäulen aus. In den letzten acht Tagen unseres Aufent- haltes hatten wir fast jede Nacht furchtbare Gewitter, welche die Hitze am Tage sehr wohlthuend milderten und in mir die Hoff- nung auf einen nahen Ausbruch erweckten, die leider erst nach unserer Abreise im Oktober ihre Bestätigung fand. Wir fuhren mit der Bahn nach Portici und nahmen in Resina, dessen statt- liche Strassen die unmittelbare Fortsetzung von Portiei sind, Pferde, ritten noch lange zwischen hohen Mauern auf den gross- blockigen Lavapflaster fort, dann durch üppige Weinberge, durch den der weltbekannten Lacrimae Christi, deren honigsüsse Trau- ben uns der Führer — ob mit Recht oder Unrecht untersuchten wir nicht — reichte, dann über die schauerlich wilden und wü- sten, schwarzen Lavaströme der jüngsten Zeit zum Eremiten hin- auf. Der Strom vom Januar dieses Jahres strahlte noch Back- ofenwärme aus und seine Brocken fühlten sich ganz warm an, Der Anblick des weiten Lavameeres, das sich aus den zahlrei- chen Strömen von 1850 bis 68 gebildet hat, erregt die gerade entgegengesetzte Stimmung, in welche der Aufenthalt in Sorrento und Camaldoli versetzt: mächtige schwarze Schollen thürmen sich Bilder der grausigsten Verwüstung erzeugend regellos und ver- worren über einander, breite Gewölbe liegen durchbrochen, brei- artig aufgequollene Schlackenmassen überwellen nach allen Rich- tungen hin einander, Risse, Spalten, gähnende Klüfte zerreissen und zerbröckeln die starre Masse, unter welcher eine üppige, se- gensreiche Vegetation begraben worden. Aber sie wuchert schon hart am Rande ungestört fort und hat ihre ersten schwächlichen Vorposten zur baldigen Besitznabme der erkalteten Ströme auf den ältern derselben bereits wieder ausgestellt. Wir gingen auf dem von Eichen- und Kastaniengebüsch, üppigen Maulbeer- und verschiedenen Gesträuchern bewachsenen Piano delle Ginestre ent- lang am sehr stattlichen von schwarzer Lava aufgeführten Os- servatorio Palmieris hin bis an den Fuss des Kegels. Das Erstei- gen dieses steilen von zerrissenen Lavaströmen gestreiften Kegels bis zum Krater hinauf ist sehr mühsam und beschwerlich und da die beständige Thätigkeit des Kraters eine Annäherung gefährlich macht, für uns völlig zwecklos. Und wir hatten denn auch bald den imposanten Anblick eines in zehn Stössen aufbrausenden Ausbruchs, aus dessen schwarzen Rauchwolken Asche und Steine auf den Aschenkegel herabfielen. Nachdem wir noch auf der Terrasse vor dem Osservatorio bei einer Flasche feurigsüsser La- crimä Christi vom Eremiten den Anblick auf den grellen Wech- sel üppiger Vegetation und schauerlicher Verwüstung unter und vor uns, auf Neapel, die Bai und die Campagna felice uns hin- gegeben und auch dieses eigenthümlich wunderschöne Bild uns unvergesslich mit seinen einzelnen Zügen eingeprägt hatten, be- i5* 228 stiegen wir unsere gut und sicher gehenden Pferde und ritten wieder durch die unheimlich wüsten Lavafelder und herrlichen Wein- und Obstbaumpflanzungen mit dem steten Blick auf die unten ausgebreitete entzückende Landschaft nach Resina hinab, Langsam die freundlichen, grossstädtischen und belebten Strassen von Resina und Portici mit imposantem königlichen Palast und reich ausgestattetem Garten hinabgehend nahm uns der von Sa- lerno eintreffende Dämpfer auf und führte uns in die geräusch- vollen Strassen zurück. Endlich die Exkursion nach Pompeji. Wir verlegten die- selbe auf einen Sonntag, weil an diesem Tage der Besuch der Stadt frei und unbehindert ist, wir also mit unserm deutschen Führer, Herrn Huber nach Belieben die Gräberstadt durchwan- dern konnten, während an den Wochentagen der amtlich zuge- stellte Führer leitet. Es ist wieder die interessante Eisenbahn- fahrt durch Portici, Torre del Greco und Annunziata, die uns nach dem auferstandenen Pompeji führt. Nicht im nächstgele- genen Hotel Diomedes, sondern in der etwas entferntern, länd- lich einfachen und doch sehr gemüthlichen Kneipe Raffaele mit wohlfeiler und guter Verpflegung stärkten wir uns zu der langen Wanderung, und sie nahm sieben Stunden in Anspruch. Von der Bahn und Landstrasse aus sieht man Nichts von der Stadt. Baum- wollenpflanzungen bedecken den noch nicht abgetragenen Theil. Wir besuchten zuerst das annoch isolirt gelegene Amphitheater, dass zwar nicht durch seine Grösse imponirt, denn es fasste nur 20000 Zuschauer, aber durch die vortrefflich erhaltene Einrich- tung den Besuch reichlich lohnt. Die ovale Arena mit ihrer be- malten Brustmauer, die Gliederung des amphitheatralisch aufstei- genden Zuschauerraumes, die geräumigen Corridore unter und zu demselben, die Thierbehälter, Leichenkammer, kurz alle einzelnen Einrichtungen liegen hier klar vor und erinnern um so lebhafter - an die abscheulichsten Vergnügungen, welche öffentlich dem Volke geboten und bis auf den heutigen Tag bekanntlich in Spanien noch zur Schmach aller Civilisation bestehen. Nur ein Löwen- schädel ist bei der Ausgrabung gefunden worden, weder thierische noch menschliche Skelete. | Pompeji selbst liegt nicht tiefer als die jetzige Landstrasse und Eisenbahn und durch die Ausgrabung wird die vom Vesuv aufgeschüttete Asche bis auf das Strassenpflaster entfernt. Die Stadt steht also in dem bereits ausgegrabenen Theile frei da, wie vor dem Ausbruch des Vesuv im Jahre 79, nur mit dem gewal- tigen Unterschiede, dass alle Häuser ohne Dächer und Decken, ohne Thüren und Fenster, ohne jegliches Holzwerk, also wie rui- nenhaftes Mauerwerk dastehn und die langen Strassen völlig ohne Leben sind. Hauptsächlich darum ist der erste Eindruck ein eigen- thümlich unheimlicher befangener, der aber alsbald mit der Be- trachtung der einzelnen Häuser und Plätze in dem Verkehr mit 229 deutlich sprechenden Zeugen des hohen Alterthums erst Staunen und Bewunderung hervorruft und dann immer erhebender und befriedigender wird. Das Taeben und Treiben der Alten bis in ihre Häuslichkeit wird uns von Haus zu Haus klarer, an einzel- nen Stellen so sprechend, dass wir uns in jene Zeit zurückversetzt wähnen. Die oft schöne Erhaltung der vielerlei und theilweise prächtigen Wandgemälde und kunstvollen Mosaiken, der verschie- denen häuslichen Einrichtungen, der geräumigen Bäder, der zahl- reichen Säulen auf den vielen Plätzen und in den Tempeln, der Brunnen ete. fesselt und spannt ohne Ermüdung die Aufmerksam- keit. Und doch wird vieles, sehr vieles vermisst, dass bei einer plötzlich verschütteten bevölkerten Stadt vorhanden sein musste. Die sehr geringe Anzahl von menschlichen Skeleten, welche bis- her ausfefunden worden, macht es unzweifelhaft, dass die Bevöl- kerung bis auf wenige säumige, von Furcht Befangene und Be- täubte durch Flucht sich dem unvermeidlichen Untergange ent- zogen hatte. Das ferner die zahlreichen Tempel und öffentlichen Plätze ihrer schönsten Kunstwerke, reiche Privathäuser des gröss- ten Theiles ihrer werthvollen beweglichen Schätze beraubt er- scheinen , lässt gar nicht zweifeln, dass die erste Verschüttung keine vollständige gewesen ist, vielmehr unmittelbar nach dersel- ben die Bewohner zurückkehrten und von ihrer Habe heraushol- ten, was sie finden uud fortschaffen konnten. Schickte doch auch Titus eine Kolonie ab, um die Unglückstätte wieder zu bevölkern. Ueberdies ist die gegenwärtige „Aschendecke keine gleichmässige, sondern weist auf unterbrochene Aufschüttung hin. So überaus reich daher auch die im Museo civico aufgespeicherten Kunst- schätze und Hausgeräthe erscheinen, im Hinblick auf die langen Häuserreihen, welche bis jetzt aufgedeckt sind, sind sie gewiss nur der kleinste Theil dessen, was bei Beginn der Katastrophe vorkanden gewesen sein muss. Die Ausgrabungen werden seit mehreren Jahren Zeitungsberichten zufolge mit einem jährlichen Aufwande von 60000 Franken fortgeführt, wo von über 40000 Fr. durch die Eintrittsgelder einkommen. Doch macht die Stelle, an welcher die Arbeit stand, lange nicht den Eindruck eines solchen Kostenaufwandes und bekundet nicht im entferntesten die ener- gische Förderung, welche das allgemeine und wissenschaftliche Interesse erheischt. Ich hatte nach jenen Zeitungsberichten nicht den überraschend kleinlichen Arbeitsplatz erwartet, den ich vor- fand. Andrerseits ist für Erhaltung und Beaufsichtigung des Aus- gegrabenen genügend gesorgt. Mehre Militärposten sind in der Stadt vertheilt und hin und wieder sieht auch ein Soldat den Fremden nach. Die durch Wind und Wetter leidenden Gemälde, Mosaiken und Kunstwerke sind mit Schutzdächern versehen. Be- sonders gut erhaltene Bauten wie die sehr geräumigen Bäder können nur in Begleit von Beamten besucht werden. Dabei ist es streng verboten Trinkgelder zu geben und zu nehmen. Die 230 Geräthschaften, soweit sie nicht an Ort und Stelle belassen wer- den können, werden, was dankbar anzuerkennen ist in einem eigenen kleinen Museumsgebäude in der Stadt aufgestellt und wandern nicht mehr nach Neapel. Die langen engen aber geraden und rechtwinklig sich kreu- zenden Strassen sind mit vieleckigen Lavablöcken gepflastert, ganz wie die blosgelegten alten Strassen in Rom und sehr ähnlich dem heutigen Strassenpflaster in Florenz, nicht mit Quadern wie in Neapel. Dieses Pflaster ist ungleich zweckmässiger und dauer- hafter als unser schönstes Hallisches, das schon wenige Wochen nach der Umlegung wieder zerfahren ist; möchten doch die Tech- niker unserer städtischen Verwaltung die Pflasterkunst der alten Römer und Pompejaner studiren, wir würden reinliche und be- quemere Passage haben. — An den Seiten der Strassen laufen sehr hohe Trottoire entlang und an den Strassenkreuzen liegen ein oder zwei hohe Blöcke auf dem Fahrdamme, auf welchen die Fussgänger denselben passirten. Diese Blöcke stehen jedoch so eng nebeneinander, dass die Pferde und Esel gewiss nicht ohne Anstreifen zwischen durch gehen konnten. Zwar lassen strecken. weise Fahrgleise auf viel Wagenverkehr schliessen, indess spre- chen gegen solchen doch die engen Strassen überhaupt und die gänzliche Abwesenheit von Fahrgleisen in dem meisten derselben. Das Fahren mit Lastwagen und Kutschen war im Alterthum bei weitem nicht so gewöhnlich wie in unsern Städten. In den en- gen Strassen fehlen die Fenster, auch in den Hauptstrassen wa- ren die Häuser fast nur mit den Verkaufsläden nach aussen ge- öffnet. An den meisten Ecken stehen Brunnen mehr minder kunst- voll gearbeitet und äusserst kunstreiche Mosaikbrunnen sieht man in mehreren Privathäusern. Die Einrichtung dieser ist eine viel- fach verschiedene und aus derselben meist leicht auf den Besitzer resp. Bewohner zu schliessen. Was uns überall am ineisten zuerst auffällt, ist die geringe Grösse der Zimmer, selbst in den reich- sten gleichen dieselben blossen Zellen, die ihr Licht durch die Thür empfingen. Tische, Stühle, Sopha, Schränke und was sonst an Mobiliar jetzt in einem einigermassen bequem eingerichteten Wohnzimmer nöthig ist, würde in den meisten Stuben in Pom- peji nur zum allernothdürftigsten untergebracht werden können, die Pompejaner begnügten sich jedenfalls mit sehr wenigen Mo- bilien. Ferner muss wohl jedes Familienmitglied sein eigenes Zimmer gehabt haben, da die Anzahl der Zimmer die Kleinheit derselben ersetzt. Fenster und Oefen fehlen, letztere mögen an den Tagen, wo Heizung nöthig wurde, durch tragbare ersetzt sein wie sie im Musenm in Neapel zu sehen sind, erste waren unnütz, weil die Thüren sämmtlich auf das Atrium mit dem Com- pluvium und in das Peristylium sich öffneten, beide Räume wa- ren in reichen Häusern mit Säulen, Statuen, Mosaiken, Vasen, Blumen u. dgl. ausgeschmückt. Der allgemein beliebte Schmuck [} 231 der Wandgemälde erscheint uns jetzt, wo alle Zimmer ihrer Dek- ken beraubt sind, in voller Beleuchtung von oben, die ursprüng- liche dürftige Beleuchtung blos durch die Thür war jedenfalls massgebend für die Wahl der Farbe und die Composition über- haupt. Sehr häufig sind als Grundfarbe der Wände zwei rothe Farbentöne, demnächst kömmt eine blaue und eine gelbe oft vor. Aufgetragen sind die Farben, sämmtlich mineralische, auf den aus Mörtel bestehenden Wandbeleg, der mit einer oder eini- gen ganz dünnen Kalkschichten völlig geebnet und geglättet wurde, Wie man schon aus dem Museum in Neapel erfährt, sieht man auch hier, dass die Bilder in der Art der dargestellten Gegen- stände noch verschiedenartiger sind wie in ihrer künstlerischen Ausführung. Hinsichtlich letzterer fällt es nieht wenig auf, das ganz schlechte fratzenhafte und fuscherhafte Bilder gänzlich fehlen, Die Fussböden der Zimmer sind mit Mosaik oder Marmor be- legt. Einzelne Häuser hier aus der Erinnerung zu schildern, möchte ebenso gewagt wie unnütz erscheinen, da ich in hunderten dersel- ben war und von den grossen best erhaltenen, welche besondere Aufmerksamkeit verdienen, nicht alle Einzelnheiten behalten konnte auch gar nicht mochte, da ich dieselben mit mehr Musse zu Hause in Overbecks vortreffliichem Buche über Pompeji (2. Aufl. Leipzig 1866) nachlesen kann. Wer die Gräberstadt auch nur flüchtig zum blossen Amüsement besucht, dem empfehle ich das vorherige gründliche Studium dieses Buches, denn was in Bädeker und Förster über Pompeji kann dem wissenschaft- lich gebildeten Reisenden, der sich doch nicht auf eine stumme oder dumme Bewunderung der Ruinen beschränkt, durchaus nicht genügen. Am interessantesten sind unter anderm das am Ende der monumentenreichen Gräberstrasse gelegene sehr geräumige Haus des Diomedes mit Garten, Säulenballen, Wandgemälden, Ba- dezimmern, langen Kellergewölben, in welchen noch die irdenen Weinbehälter reihenwese stehen, ferner das Haus des Sallustius, des Aedilen Pansa, des dramatischen Dichters, der Dioskuren, des Faun, das Bäckerhaus mit den Mühlen u.a. Auch jenes Haus, in welchem nach den Bildern über den Ziinmerthüren und nach der Erläuterung der wachthabenden Soldaten die viehischen fleisch- lichen Gelüste ihre Befriedigung suchten und fanden, wird zur allseitigen Aufklärung über das Leben im alten Pompeji gezeigt. Unter den öffentlichen Gebäuden sind die zahlreichsten die Tempel, leider ihres schönsten Schmuckes, der Statuen beraubt, so dass nur die Säulen und einzelne Wandgemälde noch auf die einstige Schönheit hinweisen. Als grösste und zweifelsohne auch kunstvollste beschäftigen die Aufmerksamkeit der Tempel des Ju- piter mit schönen kannelirten korinthischen Säulen und geschmack- voll bemalten Wänden, der nicht weit davon entfernte der For- tuna, der reich bemalte der Venus auf dem Forum mit ringsum 232 laufender Säulenhalle und kunstvollem Mosaikboden, der Isistempel in der Nähe des Theaters; andere wie der des Aeskulap und des Herkules fesseln weniger. Von den übrigen öffentlichen Gebäu- den dient die grosse Gladiatorenkaserne mit Säulenhallen, Garten, Brunnen etc. noch gegenwärtig als Militärkaserne, unmittelbar neben ihr liegen die beiden Theater, wenn man auch in ihrer Ein- richtung nach ganz deutlich, so doch in ihrer Erhaltung nur in Folge rücksichtsloser barbarischer Behandlung nach der Ausgra- bung trostlos, ferner das Pantheon mit dem neben ihm gelegenen Sitzungsgebäude der Dekurionen, die Basilika und die ihr gerade gegenüberliegende Eumachia oder Börse auf dem Forum, die Tri- bunalien u. a In allen diesen Gebäuden muss nach der Ausgra- bung ein roher Vandalismus geherrscht haben. Durch Grossar- tigkeit und zugleich auch vortrefliche Erhaltung zeichnen sich die alten und neuen Thermen aus, öffentliche der Gesundheit und dem Wohlbefinden gewidmete riesenhafte Kunstbauten, welche den modernen Städten gänzlich fehlen und den Alten jedenfalls viele Lebensgenüsse ersetzten, die das heutige Leben ihnen vor- aus hat. Die siebenstündige Wanderung durch die ruinenhafte Stadt giebt der eigenthümlichen Bilder, Anschauungen und Betrachtun- gen, Eindrücke und Belehrungen, so überaus viele und ganz ver- schiedenartige, dass man ungern davon scheidet, aber doch sehr befriedigt im Hinblicke auf den besondern Reisezweck. Mit Pom- peji ist das häusliche Leben der Alten aus der Asche wieder er- standen, man wähnt mit dem Orte auch in der Zeit um 1800 Jahre sich zurückversetzt: so laut, so vernehmlich und eindring- lich sprechen diese Wände und Hallen, diese leeren Strassen und Plätze. Zoologische Interessen zu verfolgen lag, wie ich Eingangs erklärt habe, nicht in dem diesmaligen Reisezwecke, aber da un- . ser Museum mich auf allen Wegen und Stegen besleitet, so sam- melte ich auch die Clausilien, welche im Garten des Diomedes und in den Ritzen des Herkulesthores in Pompeji sich versteck- ten, die einzige gemeine Helix in den Hecken über Pompeji, die wenigen Käfer an der Eremitage auf dem Vesuv. In den Villen, in Sorrento und auf andern Exkursionen fand ich keine Veran- lassung Pincette, Spiritusfläschehen und Schachtel aus der Tasche zu holen um verwerthbare Erinnerungen darin zu conserviren, Auf Santa Lucia hat jeder der vielen Austernhändler auch ein grand magazin, d. h. einen grossen Kasten, in welchen die ge- meinen Conchylien, Seesterne, Seeigel, einige Korallen und Kru- staceen aufgespeichert sind. Nach langem Durchsuchen entdeckt man bei dem einen und andern doch ein brauchbares Stück. Auch frische Seeigel und verschiedene Mollusken zu anatomischen Präparaten kann man hier fast täglich natürlich zu spottbilligen Preisen erwerben. Den Mercato del pesce besuchte ich trotz der 233 weiten Entfernung häufig, traf auch einige Fische, die unserm Museum noch fehlen und konnte zugleich Exemplare zur Erwei- terung der Skeletsammlung erwerben. Die Marktpreise sind etwas höher als in Nizza und Triest. Von andern Thieren kamen nur Sepien, Loliginen und schöne Palinuren auf den Fischmarkt. Nach- dem ich mehrere Kröten, Frösche und Echsen eingefangen hatte, übergab ich den zwei Centner schweren Kasten dem Spediteur zur Beförderung nach Halle. Funfzehn genussvolle Tage waren nur zu schnell in Neapel dahin. Wir haben viel für einen zweiten Aufenthalt daselbst re- serviren müssen. Diesmal standen noch andere nicht minder ge- nussreiche Zerstreuungen zur gründlichen körperlichen und geisti- gen Erholung auf dem Plane und diesen eilten wir auch ohne Zö- gern entgegen. Zunächst nach der ewigen Roma. Es war ein heisser Vormittag, als wir um 8 Uhr die belebten Strassen durch- fuhren und mit dem Dämpfer, dem rauchenden Vesuv Adieu winkend, die herrliche Landschaft verliessen. Die ersten Stunden der Fahrt mit der Aussicht auf die kahlen felsigen Berge, bei dem stattlichen Santa Maria maggiore mit den Erinnerungen an das alte Capua und dem Blicke auf das fern gelegene Caserta mit imposanten Riesenaquädukt, bei der jetzigen tristen Festung Ca- pua am Volturno, wo der Blick nach der Felsenfeste Gaeta schweift, hatten wir schon auf der Herreise in herrlichster Mor- genbeleuchtung durchlebt. Die nächsten Stunden enteilten ohne bleibende Eindrücke, nur S. Germano mit der hochgelegenen rie- sigen Benediktiner Abtei Monte Cassino gewährte ein herrliches Bild, das sich fest einprägte. Dann erinnerte Aquino an den scharfsatyrischen Juvenal und den berühmten Augustiner Thomas und schon werden wir wieder in Ceprano dem langweiligen Aufent- halte der päbstlichen Pass- und Gepäckrevision unterzogen: Die Gebirge in Osten und Westen der Bahn erheben sich zwar in malerischen Gruppen aber ihr Anblick erheitert und fesselt nicht. Ein strömender Gewitterregen mit starken Blitzen und Donnerge- roll entzieht sie uns auf einige Zeit. Das schön gelegene Fro- sinone, das uns lebhaft disputirende und plötzlich still betende Prie- ster ins Coupe bringt, passiren wir wieder in hellem Sonnenschein, sehen dann die Sonne jenseits der pontinischen Sümpfe untersinken und erreichen in der Abenddämmerung das berühmte Velletri. Noch anderthalb Stunden ohne Aussicht und wir fahren in die Bäder des Diokletian ein. Unter einer Bretterhalle hin durch eine düster erleuchtete Höhle stehen wir auf einem grossen wüsten, ruinenumkränzten Platze. Aus der langen Wagenreihe erschallt nur das eintönig wechselnde Gebrüll: Hotel di Roma, Hotel di Minerva. Wir steigen in die minder widerlich brüllende Minerva ein, müssen aber das erschütternde Duett mindestens noch eine Viertelstunde anhören. Sind wir wirklich in der weltbeherrschenden Roma, fragen 234 wir uns wiederholt auf der langen Fahrt nach der Minerva, denn die Strassen sind menschenleer, tod wie in Pompeji, aber doch - die Häuser keine Ruinen. Die Minerva nahm uns freundlich in deutscher Sprache auf. Schnell restaurirt und noch in die näch- sten engen Strassen, auch hier in der Umgebung des belebtesten Hotels Todtenstille, nur einzelne noch geöffnete Läden und kaum ein Duzend Menschen überzeugte uns, dass die Stadt doch nicht ausgestorben sei. Der erste Weg am frühen Morgen führte den Corso hinauf nach dem Forum und Capitol, wo zugleich in der Casa tarpeja Herr Schultz freundlichst Rath über die nothwendige Privatwoh- nung giebt. Wir finden eine solche wieder erst nach mehrfachen unbefriedigenden Besichtigungen auf dem Quirinal in der Quattro Fontana dem fliegenbewappneten Palast Barberini gerade gegen- über bei dem Landschaftsmaler Herrn Koch jun. Eine freund- liche Familie, geräumige Stube mit angenehmen Vis & Vis, in herrlicher Luft und mit gutem Trinkwasser, eine so glückliche Unterkunft hatten wir kaum erwartet. Nun nach der Peters- kirche, um auch den grossartigsten Riesenbau des neuen Rom am ersten Tage noch zu sehen und wahrlich, der Eindruck war zwar in ganz anderer Richtung wie der des Forums am Vormittage, doch ein nicht minder gewaltiger. Damit war der Abend heran- gekommen, wir siedelten aus der Minerva, mit der wir in jeder Beziehung zufrieden waren, in unsere freundliche Privatwohnung auf dem Quirinal über. Rom hat ein grosses Stück der Weltgeschichte gemacht, aber in der Naturgeschichte hat es seine Existenz nicht einmal angemeldet; es hat die bedeutendsten Sammlungen der antiken und modernen Kunst, die meisten, grössten und am kostbarsten ausgestatteten Kirchen, aber keine irgend beachtenswerthe natur- historische Sammlung, keine Tempel und Pflegestätten unserer . Wissenschaft, was soll es also in unserer Zeitschrift für Natur- wissenschaften? Nun wir schliessen uns mit unserm Gebiete nicht zugleich persönlich gegen andere Gebiete feindlich und starr ab, wie es die Römer und Römlinge gegen uns in unwandelbarer Starrheit belieben. Der reisende Naturforscher durchwandert mit einigem Interesse auch die Denkmäler des Alterthums, die langen reichgefüllten Kunstgallerien, die Tempel, in welchen Christen an ihren Heiland sich wenden und zu Gott beten, wenn auch durch Vermittelung blos menschlicher Heiligen. Und die hier ge- wonnenen Eindrücke und Beobachtungen, Erfahrungen und Be- trachtungen bezwecken nichts weiter als Ablenkung von der all- täglichen Beschäftigung, momentane Zerstreuung, als solche neh- men sie unsere Leser hin, wie sie also das eigene Gebiet nicht im entferntesten fördernd oder hemmend beeinflussen, massen sie sich auch nicht die geringste Wirkung auf den fremden Gebieten an, auf welchen sie hervorgerufen worden. 235 Aus der engen ärmlichen Gasse, in welche die Hauptstrasse Roms, der Corso ausläuft neben der Kirche $. Luca heraustre- tend, wird der Blick durch viele gewaltig imponirende Ruinen überrascht. Das ist das Forum romanum und plötzlich steigen verwirrende Erinnerungen an die von hier aus Jahrhunderte hin- durch beschlossenen Weltgeschicke auf. Aber sogleich mahnt wieder der Blick auf die spärlichen Reste der grössten Pracht- bauten des Alterthums an die Vergänglichkeit aller Grösse und Macht, an die zügelloseste Zerstörungswuth des Barbarismus. — Der Plan aus Försters Reisebuch orientirt uns sogleich über die Einzelnheiten. Wir stehen am Triumphbogen des Septimius Seve- rus, einem massigen Prachtbau aus der Zeit der sinkenden Kunst (203 n.Chr.) mit drei Bogen und reicher Ornamentik. Nur diese hat stark gelitten und es sind von ihr blos einzelne Partien noch vollkommen erhalten. Erst im Anfange unseres Jahrhunderts wurde die untere Hälfte dieses Baues bis auf das antike, dem pompejanischen völlig gleiche Strassenpflaster von Schutt befreit. Das heutige Strassenpflaster liest um 12 bis 16 Fuss höher und so viel beträgt an den meisten Stellen die durch Zerstörung des alten Rom erzeugte Schuttmasse. Unmittelbar neben dem Sep- timiusbogen steht der Grundbau der Columna rostrata des Dui- lius und neben diesem jedoch auf viel höherem Grundbau erhe- ben sich die acht mächtigen Säulen der Vorhalle des im Uebrigen spurlos verschwundenen Saturnustempels, in welchem der Staats- schatz aufbewahrt wurde, die siegreich heimkehrenden Feldherrn den Eid über die Erfolge ihrer Thaten schwuren und der Trium- phator den Befehl zur Ermordung der Gefangenen gab. An der Ecke dieses Tempels wurde das Milliarium aureum, der geogra- phische Mittelpunkt für alle Entfernungen, entdeckt. Dem Sep- timiusbogen gegenüber nahe der hohen Rückmauer des Capitols stehen drei andere kannelirte korinthische Säulen von Kunstken- nern als die vollendetsten aus der Rlühte der alten Baukunst ge- schätzt, von den Archäologen als Ecke der Vorhalle des Vespa- sianstempels gedeutet. Wenig Reste daneben gelten als Concor- dientempel, einige Zellen als Geschäftslokale der Notarien, andere und mehrere ionische Säulen als Tabularium oder Staatsarchiv; als Tempel der zwölf Götter ete. Dieser Theil des Forum war sicherlich kein schöner, sondern ein sehr beengter und beängsti- gender Gebäudehaufen. Unter der gegenwärtig hochgelegenen Strasse geht man hindurch zwischen mächtigen Säulentrümmern und gelangt dem Saturnustempel gegenüber an die zusammenge- fliekte Säule des Phokas aus dem Jahre 608, weiter auf dem an- tiken Pflaster des Forums, wo rechts und links noch ausgegraben wird, an den Grundbau der Rostra, die Spuren des Vestatempels und die drei kannelirten korinthischen Marmorsäulen des Dios- kurentempels. An dieser Stelle hat man zur Rechten die farne- sischen Gärten mit den Kaiserpalästen, vor sich auf der Höhe 236 der alten Via sacra den Titusbogen im Jahre 81 zur Verherrli- chung der Zerstörung Jerusalems errichtet. Es ist ein einfacher stolzer Bogen, dessen Massiv von Halbsäulen eingefasst ist, dessen Wände durch fensterartige Blenden belebt, im Innern mit kunst- vollen Reliefs (die im Triumph getragenen Heiligthümer aus Sa- lomos Tempel, der siebenarmige Leuchter, gefangene Juden, Titus, Göttin Roma, die krönende Viktoria etc.) verziert, oben in der Wölbung mit Rosetten in kassettirten Feldern geschmückt. Auf der Plattform stand einst das spurlos verschwundene eherne Vier- gespann mit den Triumphator. Wohl dürfte sich kein künst- lerisch vollendeterer Triumphbogen aus der Blühtezeit der alten Kunst so vollkommen und schön erhalten haben. Die Via sacra abwärts gehend fesselt uns der Riesenbau des Colosseums und rechts den Anfang des häuserlosen Via di S. Gregorio bildend der Triumpfbogen der Constantin aus dem J. 312. Derselbe ist kolossaler als der Septimius- und Titusbogen, wiederum aus drei Bogen bestehend und sehr reich an Skulpturen, die jedoch von sehr verschiedenen Werthe und zum Theil von Trajans Forum entnommen hier verwerthet sind. Das Colosseum ist der mächtigste Riesenbau, der sich aus dem alten Rom erhalten hat und dürfte nächst dem Heidelberger Schloss wohl überhaupt die imposanteste Ruine sein. Unter Ves- pasian begonnen und unter Titus vollendet wurden bei den Spic- len seiner Einweihung 5000 wilde Thiere getödtet — welch rei- ches, aber spurlos verschwundenes Material zu anatomischen Sammlungen! In ihm wurde das tausendjährige Jubiläum Roms gefeiert, aber im Mittelalter diente es als Festung, später wurden von gemeiner päbstlicher Habsucht die Quader und Blöcke zu mehren neuen Palastbauten verkauft, der Marmor zu Mörtel gebrannt, die untern Bogengänge zur Salpetergewinnung mit Mist gefüllt und trotz dieser Jahrhunderte anhaltenden gewinn- _ süchtigen und barbarischen Verwüstung ist eine bewältigend grossartige Ruine übrig geblieben, deren nunmehrige Erhaltung mit grossem Kostenaufwande gepflegt wird. Der elliptische Bau misst 600° in der langen und 509‘ in der kurzen Achse, in der äussern Mauer 151‘ Höhe. Letztere ist in zwei Drittheilen des Umfanges erhalten und gliedert sich in vier Stockwerke im un- tern mit dorischen, im mittleren mit ionischen und im obern mit korinthischen Säulen, diese drei mit je achtzig Bogen, das vierte oberste mit Fenstern und korinthischen Pilastern. Das Material sind Travertinquader von Tivoli, aus welchen auch die Peters- kirche mit den langen Säulenreihen ihres Platzes und viele an- dere antike und moderne Prachtbauten aufgeführt sind. Aber von oben bis unten ist die Ringmauer mit Zapfenlöchern in den Fugen der Quader übersäet und war in denselben jedenfalls eine aus Marmorplatten bestehende Wandbekleidung befestigt, von der ich andere Spuren freilich nicht entdecken konnte. Im In- 237 nern hatten 90000 Zuschauer Platz, doch die über drei inneren Bogenreihen bis zur Höhe aufsteigenden Sitzreihen mit den zweifelsohne kunstvollen Portalen der vier Hauptgänge sind zer- stört. Hier mögen die verwerthbaren Marmorquader und Blöcke, deren nur wenige als Zeugen der inneren Pracht noch daliegen, ohne grosse Mühe fortgeschafft sein. Ihre Unterlage besteht meist aus Tuff, der gleichfalls ein sehr häufig verwendetes Baumaterial im alten Rom war und in der Campagne gewonnen wurde, Das Cäment ist die noch jetzt allgemein als solches verwendete Puz- zolanerde. Man kann in den gewölbten Corridoren bis auf die oberste einst mit Säulen eingefasste Gallerie, gegenwärtig befie- derten Tag- und Nachträubern zum sicheren Wohnplatz dienend, bequem auf den alten 'Treppen hinaufgehen und die herrlichste Aussicht geniessen, indess gewinnt man diesen unvergesslichen Ueberblick über das alte und neue Rom und die Campagna noch bequemer und viel weniger schwindelhaft vom Dache der Casa tarpeja und die Einrichtung des Colosseums ist im Wesentlichen dieselbe wie bei allen grossen Amphitheatern. An zwei der vier Haupteingänge liegen jetzt militärische Wachtpostm und zum Besuche der Ruine in abendlichem Dunkel mit Fackelbeleuchtung oder geisterhafter Mondscheinbeleuchtung bedarf es eines Permesso der Commandantur, welche jedem bereitwilligst ertheilt wird. Den Platz vor dem Colosseum, auf welchem die Kolossalstatue Neros gestanden haben soll und den Grundbau einer grossen Fontaine sieht man eben nur an. Auf der Via sacra zurück- kehrend hat man Gelegenheit die bis zum Titusbogen längs der- selben zerstreutliegenden Trümmer kolossaler Granitsäulen, deren Politur und Bruchflächen so frisch sind als wären sie erst vor wenigen Tagen vom Künstler und wilder Barbarei erzeugt. Die Bedeutung der Mauerreste bleibt uns räthselhaft, Reihen von Zellen mögen Verkaufsläden gewesen sein. Den farnesischen Gärten gegenüber treffen wir zuerst auf die Ruinen des von Hadrian mit verschwenderischer Pracht aufgeführten Doppeltem- pels der Venus und Roma nach den Mauerresten von sehr statt- licher Grösse. Die Rückwände beider Zellen sind noch erhalten und der 500' langen und 300° breiten ringsumlaufenden Säulen- halle gehörten unzweifelhaft die an der Strasse liegenden Säulen- trümmer an. In den einen dieser beiden Tempel ist die Kirche S. Francesca Romana hineingebaut. Weiter folgt gleich neben dieser eine grossartige imposante Ruine, die Basilica des Kon- stantin, drei mächtige kassetirte Tonnengewölbe mit leeren Nie- schen; von dem noch viel grössern Hauptschiff dieses Baues sind nur einige Grundpfosten der kannelirten korinthischen Säulen vorhanden, deren einzige erhaltene 45° hoch, nun eine Madonna tragend auf dem unfreundlichen Platze vor der Kirche S. Maria Maggiore errichtet ist. An die Basilica lehnt sich unmittelbar an die Kirche S. Cosma e Damiano, zu deren Vorhalle das 238 Heiligthum der Pennaten verwendet worden ist. Dann folgt nach dem Capitol hin eine andere noch interessantere Verschmelzung des Heiden- mit dem Christenthume, nämlich die mit der untern Hälfte im Schutt verborgene Vorhalle des Tempels des Antoninus und seiner Gemahlin Faustina aus zehn Säulen von Cipollino noch mit der ursprünglichen Inschrift und mit reich ausgebilde- tem Fries der Zellenmauer ist in die Kirche $. Lorenzo in mi- randa aufgenommen worden. Dieser folgen dann ärmliche Häuser, eine Schmiede- und Stellmacherwerkstätte bis zur Viä Tonella oder S. Luca, vor der wir das Forum betraten. Unter der bis zum Titusbogen hinauf sich erstreckenden Allee des Campo vaceino lagern Vormittags Soldaten. Die farnesischen Gärten, vom jetzigen Exkönig von Neapel an Napoleon verkauft, nehmen den Haupttheil des Palatinums mit den Kaiserpalästen ein. Der kaiserliche Biograph des grossen Cäsar lässt die Ausgrabungen eifrigst fortsetzen und die schönen Gartenanlagen mit Baumgruppen machen mehr und mehr dürfti- gen Mauerresten Platz. Von den oberirdischen Bauten sind so spär- liche Ueberreste vorhanden, dass nur archäologischer Scharfsion in denselben die einzelnen Lokalitäten zu deuten vermag und die gross- artigen unterirdischen, von den gewöhnlichen flachen Ziegelsteinen aufgeführten Gewölbe bilden ein verworrenes Labyrinth. Das Bild der sich vielfach wiederholenden Verwüstungen liegt hier in grau- siger Grossartigkeit vor uns und oft wendet sich der Blick ab, bald über das kuppelreiche neue Rom bald über das ruinenhafte alte, dann wieder an die Inschriften der eisernen Tafeln, welche der gelehrie Direktor der Ausgrabungen Pietro Rosa eine neben der andern errichten lässt. Hier gründete Romulus die ewige Stadt, hier wohnten seine vier Nachfolger, baute Augustus, Tiberius und der wahnsinnige Nero Paläste. Von all der verschwenderischen Pracht, den grossartigen Kunstwerken ist nur ein grosser Schutt- haufen auf uns gekommen, in welchem man mit leichter Mühe sich eine Sammlung von Proben der verschiedenen Baumaterialien, von rothem und grünen Porphyr, von karrarischem und penthe- lisehen Marmor, ägyptischem Granit und. Cipollin, Tuff und Peperin, Travertin und Ziegelsteinen auflesen kann. Säulentrüm- mer, Mosaikfussböden und kahle Mauerreste, hie und da noch Wohnzellen und grössere Säle andeutend gewähren den dürftigen Anhalt zur Deutung. Wir durchwandern die Räumlichkeiten wiederholt mit dem instruktiven Plane in Försters Reisebuche unter Vergleichung der überall stehenden Erläuterungstafeln, wer- fen auch einen Blick in die Trümmersammlung, welche als Mu- seum gleich links am Aufgange der Villa eingerichtet ist, und verlassen dieselben jedesmal nur erfüllt von dem Bilde der grau- sigen Verwüstung. Ausser diesen am Forum vereinigten und oft besuchten - Ruinen, wozu noch die von uns nicht gesehenen der Villa Mills N 239 und dem Garten des Collegio Inglese gehören, hat Rom noch viele, die man ebenfalls ohne Archäologe zu sein mit Interesse betrachtet und selbst zu wiederholter Bewunderung besucht, So vor Allem den von Agrippa aufgeführten Prachtbau des Pan- theon. Ursprünglich dem rächenden Jupiter und dann allen Göttern gewidmet soll das Pantheon seine imposante Vorhalle erst bei der Umwandlung in eine christliche Kirche unter Boni- facius IV. im J. 608 erhalten haben und bei dieser Veranlassung auch seiner inneren Kunstwerke beraubt worden sein. Sechzehn prachtvolle, vom Alter düster geschwärzte korinthische Säulen wie die Riesensäulen am "Tempel der Venus und Roma auf dem Forum aus ägyptischem Granit 47' hoch und 41/)' im Durch- messer, in vier Reihen geordnet tragen die Vorhalle. Der Rund- bau ist aus Backsteinen aufgeführt, jetzt aussen roh, ursprüng- lich mit Mörtel überzogen, hat 133° im Durchmesser und ebenso viel in der Höhe. Das Innere wird nur durch eine 26' weite Oeffnung in der Kuppel beleuchtet. Schöne Säulen aus Porphyr, Granit, Marmor und anderm Material gliedern den feierlichen imposanten Innenraum. Die Götterstatuen in den Nischen sind durch roh auf Pappe gemalte Heilige ersetzt: seltsam räthsel- hafter Kirchenschmuck gegenüber den reichen Kunstschätzen, Gold- und andern Kostbarkeiten der modernen Kirchen Roms! Uns interessirt von den modernen Zuthaten aber im höchsten Grade Raphaels blos durch eine marmorne Gedenktafel bezeich- netes Grabmal und das von Thorwaldsen gearbeitete des Cardinal Consalvi. Von der einstigen Pracht sei nur erwähnt, dass Ur- ban VIII. aus der 450,250 Pfund schweren vergoldeten bronze- nen Decke den Baldachin im St. Peter und die Kanonen für die Engelsburg herstellen liess und die alten Bronzethüren eines Genserichs Habsucht befriedigten. — Die Engelsburg ist ‘jetzt Festung und von ihrer ursprünglichen Pracht und Kunst, mit welcher Hadrian sie als Grabstätte für sich und seine Nach- folger verschwenderisch aufgeführt hatte, nichts mehr zu sehen. Schon Kaiser Honorius nahm die Umwandlung in eine Feste vor und gegen die Gothen unter Theoderich wurde sie mit den herab- geworfenen zahllosen Statuen vertheidigt. Dann wurde im sieben- ten Jahrhundert von Gregor dem Gr. der Erzengel Michael auf der Spitze des Thurmes errichtet, der bei jedem Ueberblick über die Stadt sogleich in die Augen fällt. Noch viel trister ist der Zustand des Mausoleums des Augustus im Marsfelde, an der jetzigen Ripetta, dem Hafenplatze der Tiber. Nur die starken Backsteinwände desselben sind noch vorhanden und dienen als Kohlenniederlage und Aufführungsplatz verschiedener öffentlicher Belustigungen des niedern Volkes. Ganz im alten Zustande er- halten ist dagegen die vierseitige Pyramide des C. Cestius aus Backsteinen aufgeführt und mit jetzt altersgeschwärzten Marmor- platten bekleidet. Man muss sie als Nachahmung der ägypti- 240 schen Pyramiden bewundern, wenn man die Porta S. Paolo zum Besuche der St. Paulskirche passirt. Ebenso besucht man gele- - gentlich das an den Stierschädeln leicht kenntliche Grabmal der Cäcilia Metella und das weit geräumigere der Scipionen, auf der von der Porta S. Sebastiano fortfübrenden Via Appia zugleich mit der Besichtigung der Bäder des Carracalla. Die Thermen reihen sich an Grossartigkeit zunächst an das Colosseum an, waren doch auch sie zur Unterhaltung und zum wergnüglichen Wohlbefinden der grossen Masse des Volkes bestimmt. Die des Carracalla von 212 bis 217 n. Chr. aus Tuff aufgeführt, waren die umfangreichsten und riesigsten, zu- gleich mit der grössten Pracht und kostspieligstem Luxus aus- gestattet. Hier wurde die prächtige Gruppe des farnesischen Stieres im Museum zu Neapel gefunden und zahlreiche Statuen und Mosaiken, die wir in den verschiedensten Sammlungen Roms und Italiens anstaunen. Jetzt sieht man nur noch himmelan- strebende cyciopenhafte Mauern und in einzelnen der vielen und sehr geräumigen Säle schöne Mosaikfussböden, Trümmer von kunstvollen Marmorgesimsen und Säulen. All jene Räume aber, in welchen einst Tausende badeten, lustwandelten, mit Ball- und anderen Spielen, mit Lesen, mit Bewunderung der verschieden- artigsten Kunstwerke sich die Zeit vertrieben, sind jetzt mit Trümmern und Schutt erfüllt und von wildem üppigen Gestrüpp und immerblühenden Rosen umwuchert. — Eine Anzahl Leute war mit Ausgrabungen beschäftigt, aber schwerlich möchte man in Deutschland so unvergleichlich träge Arbeiter finden; kleine Hohlkarren mit wenigen Pfunden Schutt langsam gefüllt wurden in eigentlichem Schneckengange fortgeschoben. Wahrlich ohne Uebertreibung, ich habe als Student bei Aufräumung der diluvia- len Knochenlager des Seveckenberges bei Quedlinburg, wo ich Tagelöhner nicht zulassen konnte, in einem halben 'Tage mehr Sckutt fortgeschafft als ein Arbeiter in den Bädern des Carracalla binnen einer Woche räumt. — Der ganze Plan des Riesenbaues ist in allen Einzelheiten gut zu übersehen. Viel weniger ist dies der Fall in den nahe dem Colosseum gelegenen Thermen des Titus und den 3000 Badezimmer enthaltenden des Diokletian. Den Hauptsaal dieser letzten, welchen drei Kreuzgewölbe von 80' Spannung auf 16 ägyptischen Granitsäulen bedecken, also die grossartigsten Gewölbe, die im Alterthume aufgeführt wor- den, hat Michel Angelo zur Kirche S. Maria degli Angeli um- gewandelt und in einem andern Theile dampfen die Lokomotiven. Von zahlreichen Kunstbauten des Alterthums sind nur spärliche Ueberreste erhalten, denen man gelegentlich begegnet, da ihre Unvollkommenheit keine besondere Anziehung auf den Laien ausübt. Der Art ist der Circus Maximus, das Theater des Marcellus, die schöne Facade des in die Dogana umgewan- delten Antoninustempels, des kleinen runden Vestatempels mit 20 241 kannelirten korinthischen Säulen und der danebenstehende in eine Kirche umgeweihte der Fortuna virilis, der von Bettlern bewohnte in seiner Fagade künstlerisch vollendete der Pallas u. a. Nicht mehr interessiren uns die alten Brücken und Aquädukte, wogegen wieder die Säulen, Obelisken und Statuen auf den öffentlichen Plätzen zu häufiger und fesselnder Betrachtung nöthigen. Gleich auf dem ersten Wege dem Corso entlang begegnen wir auf der Piazza Colonna, die man wegen des Kaffees, Zeitung- lesens, der abendlichen Militärmusik vor der Hauptwache alltäg- lich besucht, der kunstvollen Säule des Marcus Aurelius Anto- ninus. Sie wurde diesem Kaiser vom Volke auf dem Marsfelde errichtet und trägt jetzt statt dessen Statue die des Apostels Paulus, ist im Innern hohl und wird wegen des herrlichen Pano- ramas der Stadt oft erstiegen. Ihre Höhe beträgt 175 Fuss, und um die 38 Marmorblöcke, welche sie zusammensetzen, laufen in Spirallinie die Reliefdarstellungen der Thaten des Kaisers, von welchen nur die untere Hälfte deutlich zu erkennen und auf ihren Kunstwerth zu beurtheilen ist, die obere Hälfte sich der scharfen Betrachtung entzieht. Sie ist eine Nachbildung der Trajanssäule auf dem von Apollodorus in Trajans Auftrage prachtvoll aufgeführten Forum Trajanum. Dasselbe liegt jetzt verschüttet unter den Strassen des modernen Roms und nur der mittlere Theil, die Basilica Ulpia ist auf Napoleons Befehl im Jahre 1812 aufgedeckt worden. Von den Trümmern der kolos- salen Granitsäulen sind mehre wieder auf ihren alten Basen auf- gestellt. Neben diesen erhebt sich nun auch die schöne Trajans- säule von 132° Höhe aus 34 Marmorblöcken gearbeitet und eben- fells auf einer inneren Treppe ersteigbar. Auf ihrem Gipfel thront statt des heidnischen Kaisers seit Sixtus IV. der heilige Petrus in Bronze. Die mehre tausend Figuren, welche Trajans Thaten verherrlichend auf spiralem Reliefbande bis zum dori- schen Kapital in dichter Folge sich hinaufdrängen, gelten seit des grossen Meisters Raphaels Urtheil als künstlerisch unüber- troffene Arbeit sowohl in der Composition wie in der Ausführung, wobei wieder sehr zu bedauern, dass mit zunehmender Höhe die Feinheit der Darstellung sich den Blicken entzieht. Vom Forum trajanum wenden wir uns auf die Piazza di Cavallo des Quirinals. Hier stehen die antiken Kolossalstatuen der beiden rossebändigenden Dioskuren in weissem Marmor. Die auf Phidias und Praxiteles lautenden Inschriften sollen aus der Zeit Constantins herrühren, in dessen Thermen beide Statuen gefunden worden sind. Wer nun auch die Künstler gewesen sein mögen, ihre Werke gehören in die Reihe der vollendetsten des Alterthums und das einzige was die scharfe Kritik daran aussetzen kann, ist das etwas unnatürliche Verhältniss zwischen der Breite der Brust und der Dicke des Unterhalses, mehr am Pferde des Phidias als an dem des Praxiteles auffallend, alle Bd. XXXII, 1868. 16 242 übrigen Formen der Rosse, wie ihrer Bändiger sind vollendet schön... Zwischen beiden steht ‚ein 45' hoher Obelisk aus rothem ägyptischen Granit ohne Hieroglyphen, welchen, Claudius im Mausoleum des Augustus ‚errichtete und erst Pius VI, hierher versetzte. Die Ruinen auf dem Forum romanum haben uns vom Ca- pitol abgeführt und doch geht gewiss Jeder zuerst auf dieses felsenfeste Palladium einer mehr als tausendjährigen Weltherr- schaft. ‘Von seinen damaligen Bauten ist keine Spur mehr vor- handen. _ Ueber dem mamertinischen Gefängniss, in welchem Jugurtha den Hungertod erlitt, die Mitverschworenen Catilinas und zahllose Unbekannte erwürgt wurden, auch Paulus und Petrus geschmachtet haben, erhebt sich jetzt S. Pietro in carcere, unmittelbar daran stösst das mächtige Museo capitolino, ihm gegenüber erhebt sich der Palast der Conservatoren, zwischen beiden mit der steilen hohen Rückseite auf das Forum hinab- reichend der Senatorenpalast und diesem gegenüber liegt die freie Balustrade mit der Aussicht über die Stadt. Noch schöner geniesst man jedoch dieses herrliche weite Panorama, wenn man durch das mit, dem preussischen Adler geschmückte Thor neben dem Conservatorenpalaste auf den Platz vor dem preussischen Gesandschaftshotel (Palast Caffarelli) hinaustritt,. Die Balustrade zieren zwei riesige marmorne Rossebändiger, welche im Juden- quartier ausgegraben und von Gregor XIII schon im J, 1580 hierher versetzt worden sind. Sie imponiren vielmehr durch ihre Grösse als durch ihren künstlerischen Werth, stehen hinsichtlich dieses denen von Phidias und Praxiteles weit nach. Auch die übrigen Marmorwerke der Balüstrade (Trophäen des Trajan, Statuen Constantins und seines Sohnes) erregen in dieser der Be- schauung ungünstigen Aufstellung keine Bewunderung. Die von hier nach der Via Ara Celi hinabführende Treppe endet unten mit zwei altägyptischen Basaltlöwen. Die zu beiden Seiten des Senatorenpalastes nach dem Forum hinabführenden Wege sind gepflastert und ohne Kunstwerke. Auf der Mitte des Platzes da- gegen erhebt sich die antike vergoldete bronzene Reiterstatue Mark Aurels. Von welcher Seite man auch das Capitol bestei- gen mag, stets fällt der erste Blick auf dieselbe und zollt ihr die verdiente Bewunderung. Sie wurde am Septimiusbogen auf dem Forum gefunden, im Jahre 1187 auf dem Lateransplatze aufge- stellt und 15383 von Michel Angelo, dem das Capitol sein ge- genwärtiges Aussehen verdankt, auf dieses versetzt. Das muthig und stolz einherschreitende, kräftige Ross lenkt der Kaiser in edler Haltung, mit viel Milde und Güte im ächt römischen Ant- litz und mit beschwichtigend ausgestreckter Rechte. — An der Vorderseite der hohen Aufgangstreppe des Senatorenpalastes be- merkt man in einer Nische eine antike Minerva- oder Romastatue von parischem Marmor und seitwärts neben ihr die antiken mar- 243 mornen Flussgötter Tiberis und Nil, die man auch in den Samm- lungen häufig findet und allermeist künstlerisch schön, einzelne vollendet schön in der Ausführung. Die meisten Plätze des modernen Roms sind mit ägyptischen Obelisken aus der in Schutt versunkenen Stadt geschmückt. Die Alten scheinen an diesen einfachen in ägyptischer Steifheit hochaufragenden Säulen ebenso vielGeschmack gefunden zu haben, wiean den vollkom- menen Werken ihrer eigenen Künstler. Die meisten derselben sind von unten bis oben mit den eigenthümlichen Hieroglyphen bemeisselt, deren Deutung Pater Ungarelli in einem eigenen Werke versucht hat. Der kleinste steht auf dem Platze vor dem Pantheon, ein zweiter sehr kleiner von einem gut gearbeiteten Elephanten ge- tragen vor dem Hotel Minerva, der grösste von allen 108° hoch auf dem Lateranplatze wurde vom Sonnentempel zu Heliopolis in Aegypten durch Constantius nach Rom geschafft, im Circus Maximus aufgestellt und dort im Jahre 15937 ausgegraben an seine jetzige Stelle versetzt. Ebendaher stammt der 135° hohe Obelisk auf dem Petersplatze, den Caligula im J. 39 nach Rom brachte und im vatikanischen Circus wie damals der Petersplatz hiess, aufrichten liess. Andere findet man auf dem Pincio, der Piazza del Popolo, der Piazza Navona, vor S. Maria mag- giore, vor Trinita de’monti. Doch es ist genug von der alten Stadt, nur eine Erinner ung noch kann ich nicht unterdrücken, die hier wie in Pompeji mehr denn hundertmale während der Wanderungen in mir aufstieg, die Erinnerung an meine Sekundaner und Primaner Jahre, die man wie allbekannt mehr im alten Rom und alten Griechenland we- nigstens mit der geistigen Thätigkeit als in der eigenen Stadt und dem gegenwärtigen Leben verbringt. Und warum wurde uns nicht einmal ein Plan von Rom und Athen gezeigt, warum muss- ten wir nur die Namen der sieben Hügel hersagen ohne jemals deren Lage wenigstens auf dem Papiere zu sehen? Neben der heutigen Weltkarte hat die Klassenwand doch hinlänglichen Raum auch einen grossen Plan der Weltstadt aufzunehinen und der Pri- maner würde dann wenigstens im Bilde die Lokalitäten vor sich haben, auf denen seine Gedanken sich täglich bewegen müssen. Kein Tempel, kein Haus, keine Burg ist uns erläutert, geschweige denn im Bilde oder Modell gezeigt. Nun jetzt liefern die Pho- tographen alle irgend sehenswerthen Ueberreste des Alterthums in völlig getreuen grossen und kleinen Bildern und den heutigen Gymnasiasten kann durch deren Betrachtung das alte Rom be. quem und leicht zum besseren Verständniss bekannt gegeben wer- den, ob das nun wirklich geschieht, weiss ich nicht. Unsere phi- lologischen Schulmänner sind leider mit nur sehr vereinzelten Aus- nahmen entschiedene Feinde aller Anschauung selbst auf ihrem eigenen Gebiete, ihr trocknes Unterrichtsmaterial muss vielmehr vom Schüler mit grösster Anstrengung eingeprägt Buanka und 1 244 verliert sich eben nur deshalb wieder in kürzester Frist völlig, die erzielte Bildung bleibt einseitig und beschränkt, arbeitet sich . wiederum nur mit grösstem Kraftaufwande in jeden andern wis- senschaftlichen und praktischen Lebensberuf ein. Würde gleich- zeitig mit dem Bildungsmateriale des klassischen Alterthums auch das körperliche und geistige Auge geübt und geschärft werden, wozu in erster Linie das Studium der Naturgeschichte, der stren- Formen der belebten Natur neben den inhaltslosen Formen der todten Sprachen geeignet ist: dann würde die Einseitigkeit und Beschränktheit unter den sogenannt wissenschaftlich Gebildeten gewiss eine sehr seltene Erscheinung sein. Auf Reisen wie im praktischen Leben überhaupt berührt diese durch Vernachlässigung herangezogene Blindheit am empfindlichsten. — Gebieten die zahlreichen Ruinen der heutigen Bevölkerung Roms stille Trauer um die längst gefallene Pracht und Macht der Weltbeherrscherin oder mahnen die zahllosen Kirchen zu ern- ster feierlicher Stille? Auffällig und anfangs sogar unheimlich ist dieselbe und der aus den lebhaften geräuschvollen Strassen Neapels Entflohene glaubt in eine Gräberstadt versetzt zu sein, so grell ist der Gegensatz von Neapel und Rom. Dieser Todten- stille folgt nur gegen Abend auf dem Corso und zumal wenn bei Mondenschein auf der Piazza Colonna die Militairkapelle spielt ein bewegtes Leben, das man auch Sonntags Mittag auf dem Corso und häufig Nachmittags auf der Passeggiata antrifft. Es ist nicht im entferntesten das lautschreiende rennende Volk Nea- pels, sondern ein in stiller und behaglicher Heiterkeit promeni- rendes. Unter den Männern sind die in Neapel häufigen schönen Gestalten hier ungleich seltener, während das weibliche Geschlecht, in Neapel schon in den Jugendgestalten durch Ueppigkeit auf- fällt, die bei den Frauen meist zu einer unschönen, nicht selten entstellenden Fülle sich entwickelt, dagegen in Rom durch die gros- sen lebhaften Augen einen anziehend gemüthlichern als schönen Ausdruck erhält. Die schönen Römerinnen, die wir daheim aus Bildern und Schilderungen kennen, sieht man nur vereinzelt un- ter der die Stadt besuchenden Landbevölkerung, die auf dem Corso und andern Promenaden zu Tausenden aus den verschiedensten Ständen zu Wagen und zu Fuss Verkehrenden würden duzend- weise in unsere Grosstädte versetzt nimmer als Römerinnen, nicht einmal als eigenthümlich erkannt werden. Am häufigsten verun- schönt die Nase, seltener die Mundbildung das Gesicht, dessen Ausdruck jedoch meist durch schöne Augen beherrscht wird. Edlen Gestalten, mit feinen, vollendet schönen Gesichtsformen begeg- neten wir in Rom ebenso sehr selten wie in Neapel. Die lehrreich- sten und unterhaltendsten physiognomischen Beobachtungen sammelt man Sonntags Nachmittag während der Militärmusik auf der Passagia- ta, Mittagsauf dem Corso und Abends bei hellem Mondscheine aufder Piazza Colonna, besucht man dazu noch einige Male den Gemüse- und 245 Fruchtmarkt auf der Piazza Navona und andern kleinen Plätzen und wirft den geübten Blick gelegentlich in die besetzten Knei- pen: so hat man sich ein befriedigendes Urtheil über die Phy- siognomien des römischen Volkes erworben. Wie weit solches Urtheil: schon während eines funfzehntägigen Aufenthaltes sich als ein berechtigtes und allgemein gültiges aussprechen darf, mag jeder nach seinem Belieben ermessen. Das Volk hat auf uns den Eindruck grosser Behaglichkeit und innerer Zufriedenheit ge- macht und so weit ich es zu beurtheilen mag, wird es aus sich heraus sicherlich keine Revolution zum Sturze der bestehenden Ordnung machen, die wenigen versteckt lebenden Wühler werden in der gegenwärtigen Generation keinen drohenden Anhang fin- den. Bei diesem unsern Urtheile waren wir nicht wenig verwun- dert, hin und wieder militärischen Nachtwachen (einige Zuaven mit einem Gensdarm) auf den Strassen des Quirinals zu begeg- nen, erfuhren denn auch von verständigen Leuten, dass dieselben keinen andern Zweck hätten, als die Furcht vor nächtlichen Ein- fällen in die Stadt, deren Aeusseres doch schon hinlänglich durch Militär gesichert ist, rege und mit dieser die Franzosen im Lande zu erhalten. Die leichte italienische Erregbarkeit scheint den Römern in viel höherem Grade eigen zu sein, als der Bevölke- rung anderer Städte. Wir erhielten davon ein schreckhaft über- raschendes Beispiel. Vor dem Palaste eines neu ernannten Car- dinales im Corso waren zwei hohe Tribünen erbaut, auf welchen drei Abende hinter einander bei Pechfackelbeleuchtung und Ilu- mination des Palastes zwei Kapellen, eine militärische und eine eivile spielten. Berittene Dragoner hielten Wache an den näch- sten Strassenkreuzen und der Ein- und Ausfahrt. Während die glänzenden Karossen der Bischöfe, Erzbischöfe, Cardinäle und anderer hohen Würdenträger einfuhren, sammelte sich das Publi- kum und hörte stehend, promenirend oder auf gemietheten Stüh- len sitzend der Musik aufmerksam zu. Die Militärmusik war vorzüglich, die andere nur leidlich, Plötzlich drängte mit einem grässlichen Geschrei des Entsetzens und Todesverzweiflung in al- len Gesichtern die Masse vor den Tribünen gegen unser Trottoir, alles Menschen, Tische, Stühle stürzt übereinander, in die geöff- neten Läden hinein und was war die Ursache dieser wilden ver- wüstenden Verzweiflung? — Das Pferd des wachthabenden Dra- goners an dem Thore des Palastes hatte sich gebäumt? Solche schnell aufbrausenden Auftritte aus den nichtigsten Ursachen sol- len gar nicht selten sein. In den Kaffeehäusern wie in den Knei- pen, wo das niedere Volk sich Abends sammelt, sieht man nur geräuschlose gemüthliche Unterhaltung. — Die viel beklagte Bet- telei habe ich in Rom nicht gefunden, bin während meines gan- zen dortigen Aufenthalts, den ich doch ausser dem Hause ver- brachte, kaum mehr angebettelt worden als in Halle, wo ich wenig ausgehe, bisweilen in einem einzigen Tage, Wo sollen 246 denn auch die vermeintlichen Schaaren von Bettlern herkommen, da fast ein Drittel der Bevölkerung von öffentlichen Almosen er-: halten wird. . Während wir in Neapel überhaupt nur vier Leute kennen lernten, welche deutsch sprachen, haber wir in Rom, so oft wir genöthigt waren um Auskunft zu fragen, von Soldaten stets deutsche Antworten erhalten und sonst auch von dort Ansässi- gen häufig deutsche Auskunft bekommen. Unter den Fremden, die sich in den Cafes, Trattorien und Sammlungen begegnen, tra- fen wir das deutsche Element überwiegend. Der Cafes giebt es gar viele zumal in der Via Condotti und auf dem Corso, das eleganteste und feinste ist Cafe di Roma neben dem gleichnami- gen Hotel gegenüber S. Carlo, wo man auch sehr gut nach der Karte isst. Die Trattoria neben an ist zwar ebenfalls gut aber theuer. Minder elegant doch gleichfalls sehr besucht ist das Cafe an der gegenüberliegenden Ecke und das an der Ecke der Piazza Colonna, in denen beiden man gleichfalls zu jeder Tageszeit spei- sen kann. Das weiter hinauf im Corso gelegene Cafe nuovo wie das von Künstlern vornämlich besuchte Cafe greco und andere, die wir gelegentlich kennen lernten, behagten uns weniger wegen der mehr oder minder hervortretenden italienischen Wirthschaft,. Die Preise der Speisekarte sind in den Cafes meist etwas höher als in den gewöhnlich besuchten Trattorien. Unter diesen ist Falecone mit ächt römischer Küche zumal von Deutschen viel besucht, gut und wohlfeil, noch wohlfeiler weil ohne allen äus- serlichen Aufwand daher nicht einladend doch reinlich und em- pfehlenswerth ist die deutsche Küche auf der Quattro Fontana, Diese und andere Verpflegungsetablissements benutzt man am be- sten gelegentlick, für gewöhnlich fühlt man sich am wohlsten im Cafe di Roma. Eis und Bier, dieses leicht und deshalb deut- schen Biertrinkern nicht behagend, in allen Cafes und Condito- - reien. Der Kellner erhält wie in allen italienischen Städten je- desmal einen resp. zwei Soldi Service. Der grelle Gegensatz zwischen Rom und Neapel lässt sich durch alle Verhältnisse hindurch verfolgen und natürlich auch empfinden. Die Droschken in Neapel vielfach kläglich mit dür- ren Kleppern bespannt und von zerlumpten Kutschern gefahren, sind in Rom dagegen anständig, einladend und bequem, ihre Pferde durchweg in gutem, mindestens in leidlichem Zustande, die Kutscher ordentlich und gut gekleidet , stets mit, dem tarifmässi- gen Fahrpreise zufrieden und bei Zeitfahrten bescheiden in ihren Forderungen, während sie in frühern Jahren masslos und unver- schämt forderten. Sie fahren schnell, ohne die Pferde fortwäh- rend mit der Peitsche zu prügeln, laden auch nur stillschwei- gend, blos mit Hebung des Daumens zur Fahrt ein, nicht mit widerlichem Peitschengeklatsch und Rufen wie die Neapolitaner. In Neapel nur schlechte Hunderassen, in Rom vorzüglich. 247 feine und ächte Spitze neben den vereinzelten Windhunden und Schosshündehen. — Die römischen Ochsen in der Färbung alle einander gleich zeichnen sich insgesammt durch ein wahrhaft rie- siges Leiergehörn aus. Büffel sah ich nur einige Male in klei- nen Trupps in der Nähe des Forums, wo sie vor einer Schmiede zum Beschlagen lagerten. Esel ebenfalls nur wenige. Das im einigen Italien cursirende Papiergeld wird in Rom nirgends angenommen, hier sieht und erhält man neben der Ku- pfermünze nur Silber und zwar vom neuesten Gepräge, die päbstlichen Papiere beginnen erst mit Fünffrankenzeichen. Bei diesem Ueberfluss an Silber steht selbstverständlich der Cours des Goldes sehr niedrig. — Von fliegenden Händlern wird man in den Cafes und auf den Strassen gar nicht belästigt, die Cigarren- und Zündholzverkäufer sitzen vielmehr ruhig an den Strassenecken und dringen ihre Waare keinem Vorübergehenden auf. Allerdings sind auch die päbstlichen Cigarren für uns Deutsche geradezu ungeniessbar und im Stande selbst den eifrigsten Raucher zur Enthaltsamkeit zu nöthigen, nur mit der in den Cafes käuflichen Sorte gelingt es allgemach dem Bedürfnisse in wenigstens noch erträglichem Masse zu genügen, Die Strassen Roms sind zwar nicht so beängstigend eng und hoch wie die Neapels, aber doch keineswegs breit, meist auch ohne Trottoire und wenige Hauptstrassen ausgenommen un- regelmässig. Das Pflaster besteht überall aus sehr kleinen Wür- feln und nicht aus den grossen Quadern anderer Städte. Riesige Paläste und öffentliche Gebäude nebst den hunderten von grossen und kleinen Kirchen erhöhen bei dem mangelnden Verkehr den Ernst der stillen Strassen und Plätze. Die meisten Paläste fallen mehr durch ihre erstaunliche Grösse als durch äusserliche architek- tonische Schönheit auf, wogegen man in den Kirchen den Bau- stiel aller Jahrhunderte yon dem einfachsten bis zu den überla- densten vertreten findet. Nur die hervorragendsten auf ihre Ar- chitektonik und ihre Kunstschätze näher anzusehen, würden so viele Wochen nöthig sein, als wir Tage in Rom verweilten. Wir beschränkten uns daher auf S. Paolo, S, Maria Maggiore, S. Pietro in vinculis, das Pantheon, die Laterankirehe und auf den natürlich vielfach wiederholten Besuch von St. Peter, in viele an- dere wurde gelegentlich eingetreten. St. Peter ist bekanntlich das riesigste Heiligthum der ka- tholischen Welt. Der erste Anblick, den man von der Engels- burg den nichts weniger als imposanten Borgo nuovo herankom- ‚mend über den Säulenumkränzten Petersplatz hin, von ihr erhält, entspricht den Erwartungen gar nicht. Bei der Weite des Platzes tritt die erdrückende Grösse nicht mit ihrer wuchtigen Gewalt hervor und die von Maderno statt der ursprünglich beabsichtigten ausgeführte Facade lässt viel eher auf einen königlichen Palast als auf die reichste Kirche der Welt schliessen. Indess nach '248 wiederholtem Besuche findet das Auge den richtigen Masstab und mit demselben steigert sich auch die Bewunderung, zumal des feierlichen und erhabenen Innern. Der dreischiffige Kirchen- raum mag etwa 100,000 Menschen fassen und seine Decke wölbt sich in der Kuppel über dem Grabe des Apostels erst in 415 Fuss Höhe. Diesen Dimensionen sind alle Einzelheiten des Baues, alle ihn schmückenden Kunstwerke angepasst. Aber dieser Einzelheiten sind unzählige, darunter dennoch sehr viele, die man bei dem häufig wiederholten Besuche gern betrachtet und als lebhafte Bilder der Erinnerung unvergesslich aufbewahrt, Die Canovaschen Arbeiten insbesondere die knieende Statue Pius VI. vor dem Grabe Peters und das Grabmal Clemens XIII. mit zwei Löwen, der Religion und dem Genius des Todes, Michel Angelos Marmorgruppe Pieta, Berninis Grabmal Alexanders VII. mit der Gerechtigkeit, Klugheit, Liebe und Wahrheit, Tborwald- sens Grabmal Clemens VII. mit den Genien der Zeit und Ge- schichte, mit der ‘Weisheit und Geschichte sind solche Darstel- lungen ersten Ranges. Auch unter den vielen Altarbildern nö- thigen einige zu wiederholter längerer Betrachtung. Das 200 Fuss hohe Tabernakel über dem Hauptaltar macht nicht den Eindruck, den seine Grösse und Kostbarkeit erwarten liesse, und einen nicht einmal angenehmen der sitzende Bronze-Peter, wel- cher von jedem vorbeigehenden Gläubigen an die Zehe geküsst wird. Wie viele Millionen Male dies alljährlich geschieht, mag ein Physiker daraus berechnen, dass durch die blosse Berührung der gläubigen weichen Lippen schon die Hälfte der erzenen Zehe weggeküsst ist. Wir Protestanten begreifen solchen Heiligendienst ebensowenig wie die Einmischung eines lustigen Orgeltanzes in die Aufführung einer geistlichen Kirchenmusik, von der wir eines Nachmittags Zeuge sein mussten. Von den wichtigen Re- liquien dieses grössten Tempels begehrten wir nur die nach un- serer Ansicht am ehesten unzweifelhaft ächte zu sehen, nämlich die Säule aus dem Tempel Jerusalems, vor welcher beiläufig be- merkt Christus mit den Schriftgelehrten disputirt haben soll. Sie steht in einer dunkeln Nebenkapelle der ersten Seitenkapelle rechts vom Haupteingange, umfasst von einem Eisengitter, ist eine gewundene weisse Marmorsäule mit vier Voluten ohne eigent- liches Kapital unten und oben kannelirt, im mittlern Theile mit Weintrauben jede von einem Blatte bedeckt und. mit einzelnen Weinblättern belegt. Nach ihr sind die Säulen der Confession (aber statt des Weines mit Oelzweigen umwunden) gearbeitet, die gleichen Säulen in fast allen andern Kirchen, die der Confession im Lateran ausgenommen, und alle Säulen in kleinen deutschen Kirchen, so in der in welcher ich die Taufe empfing, der St. Nikolaikirche in Quedlinburg. Die grosse Zahl der Heiligen, welche auf der Facade und den ihr zulaufenden Säulenhallen des Platzes Wacht halten, nimmt einen zu erhabenen Standpunkt ein, 249 als dass man auf ihre Musterung und Prüfung sich einlassen könnte; sie sind eben nur nothwendiger Sehinuck. Einen ganz andern Eindruck macht die über dem Grabe des Apostels Paulus errichtete Kirche, eine gute Strecke vor dem gleichnamigen Thore gelegen. Ungefähr halbenweges steht an der linken Seite der Strasse eine kleine Kapelle, auf deren un- scheinbaren Reliefbilde Petrus von Paulus sich verabschiedet, was eben an dieser Stelle wirklich geschehen sein soll. Schon Constantin der Gr. hatte über Paulus Grabe eine Basilica erbaut und statt dieser Theodosius dann eine viel grössere prächtigere aufgeführt. Diese älteste Kirche Roms brannte im Juni 1823 fast ganz ab und Leo XII. begann sogleich unter Beibehaltung des verschonten Theiles ihren Neubau, der mit,einem grossarti- gen Kostenaufwande vom jetzigen Pabste seiner Vollendung zu- geführt worden ist. Das sehr bescheidene Aeussere unterscheidet sich nur durch die riesigen Dimensionen von unsern einfachen Dorfkirchen, aber das Innere überrascht durch einfache Pracht. Sieht man von der Confession aus in das fünfschiffige, von vier Reihen grosser Granitsäulen von Baveno getragene Langhaus hinunter: so glaubt man in dem allerprächtigsten parkettirten Marmorsaale zu stehen. Statuen und Heiligen-Bilder fehlen an den Wänden noch ganz. Am Sims durch Quer- und Langschiff sind die Mosaikmedaillons sämmtlicher Päbste von Apostel Petrus an als erstem mit Angabe ihrer Regierungszeit angebracht. Im Querschiff? und dessen Kapellen mehre gute Bilder und einige Statuen. Vor der Confession stehen die beiden sehr ausdrucks- vollen Kolossalstatuen von Paulus und Petrus, die Confession selbst ist mit kostbaren Steinen mosaicirt und vier Säulen von schönstem orientalischen Alabaster, Geschenk Mehmed Alis von Aegypten, tragen einen überaus prachtvollen Baldachin. Im Freien gelegen fern von der Stadt sieht man Betende in diesem Heiligthume nicht. Die Laterankirche (Basilica Constantiniana) besucht man als die erste christliche Kirche und weil mit dem Palast des Eaterans verbunden wiederholt vom Colosseum aus. Sie enthält die kostbarsten Reliquien, nämlich die Häupter von Petrus und Paulus, den Stab Mosis und Aarons u. dgl., die bewundernd anzusehen wir uns nicht gedrungen fühlen. Ihr gegenwärtiger Bau wurde 1746 vollendet. An den Pfeilern des Hauptschiffes stehen die Kolossalstatuen der zwölf Apostel, deren Betrachtung kalt lässt. Die von Michel Angelo herrührende Decke ist ganz eigenthümlich; die Confession wie ich schon erwähnte mit graden Säulen. Vorzüglich schön dagegen fanden wir die Marmorwerke in der Capella Torlonia von verschiedenen, sonst nicht oft ge- nannten Künstlern ausgeführt und demnächst die Capella Corsini wegen ihrer schönen antiken Säulen und der vortreffichen Por- phyrwanne, welche aus dem Portikus des Pantheons hierher ver- 250 setzt worden ist. Von den vielen Bildern habe ich keines in der Erinnerung aufbewahren können, womit ich jedoch keines- wegs ihren Werth herabgesetzt haben will, denn wer wie ich nicht Kunstkenner vom Fach nur warmer Freund, Verehrer und Bewunderer der Kunst ist, wird auch nicht von jedem Kunst- werke und nicht in jeder Stimmung gleich tief und dauernd ergriffen. S. Pietro in vincoli am Esquilin in der unmittelbaren Nähe der geräumigen Titusthermen verräth durch ihr Aeusseres nicht die inneren kostbaren Schätze. Von diesen werden dem gläubi- gen Katholiken vor Allem die in der Sakristei aufbewahrten Ketten interessiren, in welche Petrus zu Jerusalem von Herodes gelegt worden und die durch Valentinians Gemahlin Eudoxia nach Europa gekommen sowie jene, mit welchem derselbe Apostel in Rom gefesselt worden, Die Schiffe der Kirche tragen zwanzig antike cannelirte Säulen mit dorischen Capitälen von parischem Marmor. An der rechten Wand des Querschiffes fesselt den Kunstkenner und Freund die Kolossalstatue des sitzenden Moses von Michel Angelo, welche den jüdischen Typus in seiner höch- sten vollendetsten Idealität darstellt, ein unübertroffenes Kunst- werk. Es war zum Grabmal Julius II. bestimmt, das aber von Michel Angelo wegen Zerwürfnisses mit dem Pabste nicht voll- endet worden ist. Von ihm sind nur noch Lea und Rahel gleichfalls meisterhaft idealisirte Jüdinnen. Auch die übrigen Figuren zumal die vier Caryatiden müssen als nicht gewöhnliche Arbeiten bezeichnet werden. Ueber dem Hauptaltar Bilder aus der Geschichte Petrus, doch sollen die in der Sakristei befind- lichen Bilder von Reni, Dominichimo und Pollajuolo viel schöner sein. Wir verweilten sehr lange vor Moses und wollten dessen tief ergreifenden Eindruck nicht durch bunte Heiligenbilder stören. S. Maria maggiore am Ende der Quattro Fontana gelegen, datirt ihren ältesten Bau aus dem Jahre 352 und bewahrt die bethlehemitische Wiege Christi. Wie alle uralten Kirchen Roms ist sie mehrfach umgebaut worden, wozu der wachsende Reich- thum der Metropole der katholischen Welt, und das in den Riesen- und Kunstbauten der heidnischen Weltstadt angehäufte vorzügliche fertige Baumaterial nur zu verführerische Veranlas- sung bot. Tragen doch hier wieder 42 antike ionische Säulen von weissem Marmor das Schiff und antike Granitsäulen die Vor- halle. Dagegen ist die mit kostbaren Marmorplatten geschmückte Confession erst vom jetzigen Pabste errichtet. Statuen, Bilder und Mosaiken und einige antike Sarkophagen und schöne antike grüne Säulen lohnen den Besuch der Kirche reichlich. Die Apostelkirche, S. Carlo im Korso, $. Cecilia mit der schönen Marmorfigur dieser hochgefeierten Heiligen, die bilder- reiche S. Clemente, die mit überreichem Glanze ausgeschmückte Jesuitenkirche, dia von Michel Angelo aus dem Riesensaale der 251 Diokletians-Bäder hergestellte $. Maria degli Angeli mit ihren imposanten antiken Säulen, S. Maria di Araceli am Kapitol, die über der Asche des wahnsinnigen Nero aufgeführte $. Maria del Popolo und noch gar manches andere Heiligthum hat man Gelecenheit auf den täglichen Wanderungen durch die alte und neue Roma zu betreten und mit mehr oder minderer Befriedigung zu verlassen. Ich meine damit nicht die religiöse Befriedigung, denn diese findet der Protestant auch in den grössten, reichsten und am kostbarsten ausgestatteten Kirchen Roms so wenig wie in andern katholischen Kirchen, in allen nur denselben Kirchen- und Heiligendienst, von dem er hier sich gern abwendet um in der preussischen Gesandtschaftskapelle auf dem Kapitol, dem einfachsten christlichen Tempel in der kirchenreichen Roma erhe- bende Erbauung in Formalitäten- und prunklosem christlichen Gottesdienst zu suchen und auch wirklich zu finden. Uebrigens tritt der katholische Heiligen- und Bilderdienst, der uns Pro- testanten in Böhmen, Tyrol, Baiern und noch andern nicht ita- lienischen Ländern oft unangenehm berührt, in Rom gar nicht aus den Kirchen heraus und fiele das Auge nicht auf Schritt und Tritt auf Geistliche und Mönche, so würde man in Rom wie in Neapel, Florenz und Bologna sich nicht in katholischen Städten wähnen, so ganz anders äussert sich hier der Katholieismus als im katholischen Oesterreich und Deutschland. In dem heitern und lustigen Neapel sieht man noch in jedem Laden, jeder Werk- stätte, in der schmutzigsten und ärmlichsten Spelunke ein buntes Heiligenbild, Abends mit einem düstern Lämpchen beleuchtet, schon in dem ernsten Rom dergleichen nur vereinzelt. } Rom ist nun nicht blos in seinen Kirchen reich an bewun- dernswerthen Werken der Kunst, es birgt zugleich noch in seinen vielen öffentlichen und privaten Palästen die grössten und werth- vollsten Kunstsammlungen der Welt und ist daher mit demselben Rechte Metropole der Kunst wie der katholischen Christenheit. Die vielen, sehr charakteristischen Künstlerphysiognomien und die zahlreichen Kunstläden und Ateliers bekunden diesen Charakter ebenso ostensibel wie die Kirchen und Geistlichen. Die öffent- lichen Sammlungen füllen die Säle und Galerien im Vatikan, Lateran und auf dem Capitol, unter den privaten, d. h. in Pri- vatbesiz befindlichen, aber dem Publikum ebenso leicht zugänglich wie die des Staates sind als Sammlungen ersten Ranges zu nen- nen die im Palast und in der Villa Borghese, im Palast Doria Pamfili, Palast Sciarra und in der Villa Albani, viele andere zeichnen sich, soweit ich aus eigener Anschauung urtheilen kann, mehr durch einzelne Prachtstücke als durch grossen Reichthum bedeutender Kunstwerke aus. Der Vatikan, neben der riesigsten Kirche der Welt, mit seinen 11000 Sälen, Galerien und Zimmern wohl auch der reichste und grösste Palast der Welt ist als Gebäude ein zu grossartiges 252 Labyrinth, als dass der Laie Lust verspürte sich mit den vielen Baumeistern zu beschäftigen, welche im Laufe von 13 Jahrhun- derten ihre Kunst an der Vergrösserung und Ausschmückung bethätigten. Seine Sammlungen sind zudem so überwältigend eindrucksvoll und reichhaltig, dass man bei einem nach Tagen und Wochen bemessenen Aufenthalte nicht oft genug sie besu- chen kann und dann nach jeder vier- bis sechsstündigen Wande- rung auf dem weiten Petersplatze und in den feierlichen Riesen- hallen St. Peters Ruhe und Erholung findet. Der Zugang ist täglich gestattet gegen ein geringfügiges Trinkgeld an die Por- tiers in den einzelnen Abtheilungen. Leider wird dieser erhe- bendste Kunstgenuss zumal Montags, wo der Zutritt Jedem ohne Trinkgeld gestattet ist, durch jenen Tross von Modereisenden vielfach gestört, welche auch den Naturgenuss in den Alpen beeinträchtigen, von jenen Reisenden nämlich, welehe nur nach Rom reisen, weil der Pabst daselbst wohnt und dann mit Bä- decker oder Förster in der Hand am Laokoon und Apoll von Belvedere vorbeischiessen, in den Loggien Raphaels sich über die Hotelpreise unterhalten, mit dem Eintritte in die düstere Sixtinische Kapelle überrascht die Augen niederschlagen und über ungeniess- bare Cigarren und das beste Eis ihre Erfalırungen austauschen. „Ei sehen Sie, wie frisch sich diese Raphaels erhalten haben,‘ rief ein Süddeutscher bei Anblick der vor wenigen Jahren erst zur Verherrlichung des Dogmas der unbefleckten Empfängniss ausgeführten Wandgemälde aus, auf welchen Pio nono’s Greisen- gestalt sprechend ähnlich dargestellt ist. „Glauben Sie doch nicht, dass ich wo ich einmal war zum zweiten Male wieder hin- gehe‘, äusserte ein Anderer in den Raphaelschen Stanzen. Und diese Störer des schönsten Genusses sind nicht wie in den Al- pen die trocknen Söhne Albions, sondern es sind prosaische Deutsche, die ein Glas ihres bairischen Bieres und eine Flasche - ihres Weines höher als alle Kunstwerke Roms schätzen und bei jeder Versagung dieses täglichen Genusses selbst völlig ungeniess- bar werden. Warum bleibt ihr Philister nicht daheim an eurem Kneiptische mit dem wohl£feilen politischen Gewäsch! — Der Aufgang zum Vatikan ist vom jetzigen Pabst durch Aufführung einer schönen Marmortreppe gleich vorn unter die rechte Säulen- halle vor St. Peter verlegt, wo freundliche Schweizer in höchst unzeitgemässem Kostüm Wache halten. Ueber derselben gelangt man auf den Hof des Bramante, wo rechts der Eingang zu den von Pius bewohnten Gemächern, gegenüber links der Auf- gang zu den verschiedenen Sammlungen angezeigt ist. Wir un- ternahmen am ersten Tage eine blos übersichtliche Wanderung durch dieselben und widmeten an andern Tagen jeder eigene Besuche. Die Aufstellung ist in allen übersichtlich, und zur genauen Betrachtung bequem und zweckmässig, die Ausstattung 253 der Räume ihrem Inhalte entsprechend; Kataloge sind bei den betreffenden Thürstehern käuflich zu haben. Die Antikensammlung betritt man im Belvedere mit der langen Galerie der Inschriften und Sarkophage, heidnischer und ehristlicher. Erstere fertigen wir mit dem flüchtigsten Studium ab, letztere interessiren schon mehr durch ihren sehr verschiede- nen Kunstwerth und der häufig völlig räthselhaften Darstellungen, die gewiss keine Beziehung zu den Todten hatten, sondern von launenhaften Künstlern auf Verkauf gearbeitet worden sind. Eine fressende Maus, eine Schildkröte und andere Thiere neben einem geflügelten Amor und andern mythologischen Darstellungen ver- mag unser Scharfsinn an diesen Stellen nicht zu deuten. An einem grossen Sarkophage zerfleischt ein Löwe ein unter ihm liegendes Pferd, das viel kleiner als er selbst ist. Diese Umkeh- rung der Grössenverhältnisse haben sich die alten Künstler oft erlaubt, wir finden im Vatikan mehrfache Beispiele davon und ebenso auffällige Darstellungen schon in den altägyptischen Dar- stellungen, wo z. B. ein Mann, der eine Giraffe oder einen Och- sen an der Leine führt, noch einmal so gross als das Thier dar- gestellt ist. Sollte hier die Ueberlegenheit des Menschen über die Thiere, dort des Löwen über das grössere Pferd auch ver- körpert zum Ausdruck gebracht werden ? Die einen grossen Saal füllende zoologische Abtheilung ent- hält die verschiedensten Thierdarstellungen der alten Künstler. Ueber sie muss ich das schon über die gleichen Arbeiten in Pom- peji ausgesprochene Urtheil wiederholen, dass nämlich die Thiere in ihrem Charakter ganz richtig aufgefasst und dargestellt worden sind, keine einzige eigentlich misslungene Arbeit, wohl aber mehre vollendete und vorzügliche sich darunter befinden. So scharf und richtig nun auch die alten Künstler den natürlichen Charakter der Hauptformen erkannten und wiedergaben: so gänzlich entging ihren Blicken häufig das feinere zoologische Detail, also die For- men der Zähne, der Nasenlöcher am Schnabel u. dgl. So zeigt ein sehr schön gearbeiteter Löwe in voller natürlicher Grösse in seinem geöffneten Rachen ein ganz- falsches rohgegebenes Gebiss, nämlich vier Schneidezähne und vier gleiche zweizackige Back- zähne, wogegen nachträglich bemerkt die vier neuesten sehr schö- nen Löwen auf dem Platze S. Caterina in Neapel auch in allen zoologischen Einzelnheiten ziemlich genau sind. Derselbe grobe Fehler im Zahnbau und zugleich noch in den Krallen an den beiden grossen molossischen Hunden, welche im Uebrigen sehr gute Darstellungen sind. Ein ebenfalls vortrefflich ausgeführter Storch hat nahezu Raubvogelfüsse, Einen andern derartigen Feh- ler zeigen die doch der neuern Zeit angehörigen Tauben an allen Säulen und auf dem Fussboden in der Peterskirche, indem deren Schnabel so unnatürlich‘ dargestellt ist, dass man fast vermuthen möchte, der Künstler habe diesen Friedenstauben absichtlich einen 254 besondern und zwar nicht Milde und Weichheit bekundenden Schnabelcharakter gegeben, da zur Zeit als dieselben in die Pe- terskirche eingesetzt wurden, es der katholischen Kirche nicht ernst mit dem Frieden der Menschheit war. — Von vollendeter Schönheit unter den Antiken sind dagegen zwei mit einander spielende Windhunde, die in der Villa des Antoninus Pius ge- funden worden. Der Künstler hat denselben gleichsam volles Le- ben eingehaucht. Auch andere Hunde, eine säugende Sau, auf dem Quirinal ausgegraben, ein mit Epheu bekränzter Eselskopf, mehre Stiere und Pferde, Eber, Panther und Ziegen haben hohen künstlerischen Werth, sogar die grossen Krebse erregen Bewun- derung, als ziemlich misslungen dagegen fällt ein Krokodil und ein Nilpferd auf. Bos taurus ist sehr häufig, den Büffel sah ich nur einmal zugleich mit Kameel, Löwen und andern Thieren auf einem Fries. Ein einzelner Kameelkopf gehört zu den bessern Arbeiten. Die Adler sind merkwürdiger Weise allgemein am we- nigsten gelungen, auch die im Museum in Neapel befindlichen, jeder Schenkel nämlich stets dieker als der Leib und standen den Künstlern unzweifelhaft nur halb verhungerte Originale zu Gebote; nur ein einziger neben einer schönen Jupiterstatue im Vatikan verdient als leidlich gut bezeichnet zu werden. Von anatomischen Darstellungen ist ein menschlicher Brustkasten mit dreizehn Rip- penpaaren und verfehlter Form des Brustbeines vorhanden. Im Fussboden dieses Saales sind mehre antike Mosaiken von Thier- bildern eingelassen, die zu den besseren gehören. Unter der unübersehbaren Menge der Göttergestalten nimmt Venus an Zahl, Manichfaltigkeit der Gestalt und Haltung und auch künstlerischen Ausführung den ersten Rang ein. Nur sehr wenige ihrer Statuen repräsentiren jedoch die weibliche Gestalt in wirklich göttlicher Schönheit und ich kann mich nicht von der Ansicht befreien, dass die meisten hier vereinigten Venusstatuen nichts weiter als Hetären und eitle Frauenzimmer darstellen, welche von vernarrten Liebhabern und vielleicht auch aus eigener Eitelkeit in Marmor sich verewigen liessen und gewiss in ihrem damaligen Umgange nicht entfernt die Achtung genossen, die gegenwärtig ihren Statuen gezollt wird. Sie haben in ihren Ge- sichtszügen und in ihrer ganzen Gestalt so wenig und gar nichts Göttliches, vielmehr so durchaus gewöhnlich Menschliches, dass der Künstler eben nur ein wirkliches weibliches Individuum nach- gebildet hat und keineswegs eine ideale zur Ausführung bringen wollte. Göttliche Schönheit veranschaulichen nur einzelne und unter diesen nur eine in höchster Vollendung, so dass ich sie noch über die allgemein bewunderte mediceische Venus stelle. Die Göt- tin ist nach dem Bade mit ihrer Toilette beschäftigt, die Statue in allen ihren Formen unversehrt erhalten. Sie wird im Förster und Bädeker nicht erwähnt und steht unter Nr. 352 im zweiten Zimmer der Stanze de Busti. Ich suchte in den Kunstläden nach 255 einer Photographie und Copie von ihr, aber vergebens, Sie fällt um so leichter auf, da sie Julia, des Titus Tochter und eine ganz gewöhnliche weibliche Statue zu Nachbarn hat. Ihr zunächst an künstlerischer Vollendung kömmt die aus dem Meere aufsteigende Venus in einem besondern Kabinet neben dem Thiersaale, in welchem noch eine vorzügliche Bacchantin und einige andere Prachtstücke stehen. Mehre der zu den bessern gehörenden Ve- nusstatuen sind unzweifelhafte Nachbildungen der berühmten und unübertroffenen Venus von Milos im Louvre. Von den männlichen Göttergestalten entzückt jeden Kunst. freund und Kenner der im Belvedere aufgestellte Apollo, welcher in Caligulas oder Neros Zeit gearbeitet sein soll und im 15. Jahr- hundert in den Ruinen des alten Antium gefunden worden ist, Leider ist die rechte Hand von Montorsoli fuscherhaft schlecht ergänzt, auch die linke Hand und die rechte grosse Zehe neu, Ich kann die allgemeine Begeisterung nicht theilen. Abgesehen von der gesuchten theatralischen Haltung, die einem Gotte nicht ziemt, stört mich die Einzwängung feiner weiblicher Formen in männliche Verhältnisse, die dem Künstler allerdings in bewun- dernswerthem Grade gelungen ist. Kehlkopf, Schulterlinie, Hüf- tenbreite, Nabelhöhe, kurz alle Verhältnisse sind entschieden männ- liche, alle einzelnen Körperformen mit alleiniger Ausnahme der Unterschenkel die weichsten, zartesten weiblichen. Der Künstler hatte also noch keine Ahnung von der Darwinischen Umwand- lungstheorie, denn mit Hülfe dieser hätte er zweifelsohne eine ganz andere Mischung der männlichen und weiblichen Charaktere geschaffen , welche? — darüber schweigen unsere heutigen feu- rigsten Darwinisten, welche zwar alle Säugethiere und Vögel aus einer einzigen phantastischen Urgestalt hervorzaubern aber noch nicht einmal eine Mischgestalt zwischen Männchen und Weibchen ein und derselben Art nachzuweisen vermochten. Freilich giebt es Mannweiber und weibliche Männer, aber in beiderlei Gestalten sind ausnahmslos die entschiedensten Kriterien von der Umwand- lung verschont geblieben. Die Künstler des Alterthums haben ebenfalls schon Hermaphroditen gemeisselt und wir bewundern dieselben im Vatikan, in den Ufficien, im Louvre, überall dieselbe schlafende rein weibliche Gestalt mit wahrhaft lächerlich unsin- nig angebrachtem männlichen Charakter, lächerlich und unsinnig zugleich weil eine solche Darstellung des Hermaphroditismus allen Gesetzen der Entwicklung der menschlichen Gestalt und ihrer äussern und innern Formen Hohn spricht. Auf keinem andern Standpunkte als diese antiken schlafenden Hermaphroditen stehen denn auch die sämmtlichen Traumgestalten unserer Darwinisten. — Andere Apollostatuen so der nach Praxiteles gearbeitete Sau- roktonos und der Citharodus zeigen eine geringere Verweiblichung der Formen und verdienen eher den Beifall des strengen Zoolo- gen. Wogegen wieder der moderne Perseus von Canova im Ca- 256 binetto dieses grössten unter den jüngsten italienischen Bildhauern eine so täuschende Aehnlichkeit mit dem Apoll von Belvedere gleich auf den ersten Blick verräth, dass man Canova ohne andere und eigene Kunstwerke von ihm zu kennen blos für einen geschickten Copisten halten würde. Es ist übrigens sehr misslich nach dergleichen Aehnlichkeiten über die Originalität eines Künst- lers aburteln zu wollen. Als ich zum ersten Male die wunder- schöne Venus victrix im Louvre sah, erklärte ich: diese Gesichts- züge hat Dannecker in seiner Ariadne copirt, aber daheim ermit- telte ich bald, dass die Ariadne vor der Entdeckung jener Venus gemeisselt worden ist, beide Künstler haben dieselbe innere Re- gung, die gleiche Gemüthsstimmung in nahezu übereinstimmenden Formen und Zügen versinnlicht. Neben jenem Perseus stehen noch die beiden Faustkämpfer Kreugartes und Damoxenius von Canova, vollendete Arbeiten in der Richtung dieses Meisters, der über den Mundwinkel des letztern Kämpfers eine Warze ge- legt hat, um die niedrigste Gemeinheit in dem Gesichte des ro- hen Mannes recht sprechend auszudrücken. Eine andere viel und mit Recht bewunderte Gruppe der antiken Kunst ist der Laokoon, die bekanntlich im Palast des Titus gestanden hat und nach ihrer Ausgrabung im Jahre 1506 hierher versetzt worden ist. Michel Angelo schon nannte sie ein Wunder der Kunst und in der That der Körper des Vaters ist ein anatomisch physiologisch - vollendetes Ideal krampfhaften To- desschmerzes, ergreifender für den Anblick, wenn der verlorene Arm wie hier ausgestreckt restaurirt ist, als wenn die Restaura- tion denselben gegen den Hinterkopf zurückbiegt. Soviel Unna- türliches in der Composition auch liegt, ist der Eindruck dersel- ben dennoch ein tief ergreifender. Die restaurirten Theile sind bis auf die ganz verfehlten Zehen am rechten Fusse des einen Sohnes leidlich hergestellt und stören die Betrachtung nicht. Von den zahlreichen Göttern und Helden wären noch viele künstlerisch vollendete zu erwähnen, die sich bei öfterem und längeren Besuche fest einprägen. So der bekannte oft abgebil- dete Kopf des Zeus, auch ein Saturnus, mehrere Herkules (dar- unter einer mit sehr kleinem jüdischen Kopfe auf sehr diek mus- kulösem Halse), Amoren und Bacchus, Silenen und Satyre, fer- ner die berühmte Minerva, Diana, Flora und die Musen, dann die langen Reihen der Kaiserstatuen und Büsten, deren meiste wir schon aus dem Museum in Neapel kennen, deren schöne und edle Frauengestalten, der häufige Antinous, griechische Redner, Philosophen und Feldherrn (Themistokles und Perikles einander sehr ähnlich), Gewandstatuen und Köpfe. Unter den ältern Sar- kophagen fesselt uns der grosse mit der Amazonenschlacht, in welcher die Amazonenkönigin fällt, der einfache aus Peperin ge- arbeitete.des Lucius Cornelius Scipio, der Nereidensarkophag, unter den spätern die beiden riesigen von Constantins des Gr. 257 Mutter und Tochter aus rothem Porphyr mit ganz sich abheben- den riesigen Relieffiguren. Auch die Galerie der Candelaber bietet gar manches Pracht- und manches wunderliche Stück. Endlich die reizende Gruppe des Nilgottes, deren gleich vollendetes Ge- genstück, der Tiber, im Louvre steht. Die Galeria geografica mit ihren alten Landkarten italischer Provinzen, ihren Büsten und Hermen und ganz werthlosen Dek- kengemälden verlangt keine stundenlange Betrachtung. Auch die grossen Säle der Bibliöthek imponiren weniger, wenn man vor ihrem Besuche schon ganz der Sammlung der Antiken sich hinge- gegeben hat. Die Bücher stehen in kleinen niedrigen verschlosse- nen Schränken, keine Inschrift meldet deren Inhalt und um blosse Neugierde zu beseitigen wird kein einziger geöffnet. Noch lange werden die vielen Tausende von griechischen, lateinischen, he- bräischen , syrischen , arabischen und andern Manuskripten dem wissenschaftlichen Studium aber nur diesem und glücklicher Weise nicht der allgemeinen Bildung, welche heut zu Tage vortreffliche- res Material besitzt, verschlossen bleiben. Die grossen Säle sind an den Decken und Wänden sehr unschön bunt bemalt, mit Por- cellan-, Malachit- und andern Vasen, Tischen, Candelabern ver- schiedener Zeiten bis auf Geschenke des Kindes Napoleon IV. herab geschmückt, dann in den folgenden kleinere sehr verschie- denartige Kunstsachen von Elfenbein, Glas, Holz, Bergkrystalle, Papyrus, Malereien auf Holz und im Fenster des letzten Saales ein Glasgemälde von seltener Vollkommenheit, Pio nono darstel- lend von dem Glasmaler Schmitz in Aachen gefertigt. Ueber der Thür eines dieser Säle erblickt man das Bild der Peterskirche mit der würdigen und passenden Facade von Michel Angelo, die leider nicht zur Ausführung gekommen, Im Aegyptischen Museum findet man ausser den gewöhnli- chen Mumien, Sarkophagen und Geräthschaften vier granitische Kolossalstatuen, die Löwen aus den Thermen des Agrippa, viele Statuen und Büsten, unter den Bronzearbeiten vereinzelte kunst- volle; auch eine vollständige Grabkammer nach dem wirklichen Muster in einer ägyptischen Pyramide hergestellt. Die Sammlung der etruskischen Alterthümer von den Ausgrabungen seit dem Jahre 1828 gebildet, steht an Reichthum der neapolitanischen zwar sehr nach, enthält aber doch viel sehenswerthe, kostbare und auch interessante Seltenheiten, thönerne Särge, Sarkophage, Vasen, Geräthschaften, dann auffallend kostbare Gold- und Silber- schmucksachen, Bernsteinarbeiten, Spiegel, Candelaber, Waffen ete. Unter den kleinen Broncefiguren kommen hier wie in Neapel viele rohe und kunstlose Arbeiten vor, welche lebhaft an unsere Nürnber- ger Spielwaaren, an unsere Honigkuchenfiguren erinnern und die ° zweifelsohne auch nur als Spielzeug für Kinder gedient habenkönnen. Hinauf zu den Loggien Raphaels. Die Arabesken mit aller- lei Thieren und Pflanzen an den Wänden und Pfeilern von Giov. Bd. XXXlII, 1868, 17 258 da Udine haben z. Th. schon gelitten, bekunden aber durchweg grosse Feinheit und Strenge in der lieblichen Manichfaltigkeit und heitern Farbenpracht. Raphaels 48 Bilder aus dem alten Testament in den zwölf Kuppeln sind leider wegen der beträcht- lichen Höhe sehr unbequem zu betrachten, aber ihre vollendete meisterhafte Ausführung zwingt dennoch stundenlang dieser Un- bequemlichkeit sich zu unterwerfen. Man bewundert an ihnen vielmehr die Kunst des Pinsels als die Gegenstände der Darstel- lung, deren eigenthümliche Einzelnheiten* wie die Flechten und und das Band in den Haaren der Eva die Bewunderung keines- wegs stören. — Am Ende der Loggien treten wir durch eine ‘ unscheinbare Thür in die Stanzen, um uns der Betrachtung der vollendetsten Werke der Malerei hinzugeben. Mehre dieser Wand- gemälde sind uns schon aus vorzüglichen ältern Kupferstichen be- kannt, um so fesselnder ist gleich der erste. Eindruck dieser un- erreichten Originale. Im ersten Saale verlangt die Schlacht Constantins gegen Maxentius wegen des Reichthums der Compo- sition die längste Betrachtung, die Taufe Constantins und dessen knieende Stellung vor Sylvester, sowie die allegorischen Figuren sind schneller erfasst. In der Stanza d’Eliodoro entzückt uns am meisten die Befreiung Petri aus dem Gefängniss, weniger wegen des Gegenstandes die Messe von Bolsena und die Geschichte von Attila. Die dritte Stanze, welche mit der Theologie, Poesie, Philosophie und Gerechtigkeit an der Decke, der Disputa an der einen und der Schule von Athen an der andern Wand, mit dem Parnass über dem einen und der Jurisprudenz über dem gegen- überliegenden Fenster die ganze Summe der damaligen Vorstel- lungen vom geistigen Schaffen der Menschheit zur Anschauung bringt, möchte ich für die in jeder Beziehung vollendetste, für die wundervollste halten. Aber auch in der vierten Stanze mit dem Schwur Leos III, der Krönung Carl des Gr., der Seeschlacht bei Ostia und der Feuersbrunst wird die mehrstündige Bewunde- rung bei jeder Wiederholung des Besuches nicht im Geringsten' abgeschwächt. Wer möchte es sich versagen diese unvergessli- chen Stunden höchsten Kunstgenusses durch Photographien da- heim nach Belieben wieder aufzutrischen. — Der letzte Saal ist der Verherrlichung des Dogmas von der unbefleckten Empfäng- niss gewidmet, die allegorischen Darstellungen sowie die vielen Porträts der heutigen Persönlichkeiten sieht man nach jeder Wan- derung durch die Stanzen noch gern an. Die vatikanische Gemäldesammlung füllt nur vier Säle und steht wie an Umfang so auch an Reichthum von bedeutendsten Kunstwerken den andern Sammlungen im Vatikan nach. Den- noch darf man ihren Besuch nicht unterlassen und findet densel- ben hinlänglich belohnt durch Raphaels Glaube, Liebe und Hoff- nung, die Madonna di Foligno (eine der schönsten unter den vielen Madonnen dieses Meisters), die durch den besessenen Knaben all- 259 bekannte und bewundernswerth schöne Transfiguration und die Krönung Mariäs (beiläufig bemerkt das einzige Bild Raphaels, seiner Jugendperiode angehörig, das mich ganz kalt lässt), ferner durch Leonardo da Vincis büssenden Hieronymus, Francias hei- lige Familie, Murillos verlorenen Sohn, Tizians Madonna in den Wolken und Veroneses Helena. Von den verschiedenen Kapellen im Vatikan spannt die weltberühmte sixtinische die Sehnsucht vor dem Eintritte aufs höchste. Der Custode öffnet und man sieht überrascht in einen sehr düster erleuchteten, mit Bildern überladenen Raum, man wendet sich rechts und links, an die Altarwand, wo ist das schönste, das hellste und braucht erst einige Zeit um nach der nieht angenehmen Ueberraschung das Auge an die ungenügende Beleuchtung zu gewöhnen und Ruhe zur ernsten Betrachtung der einzelnen Bilder zu gewinnen. Immer wunderschöner, ergreifen- der aber treten die Meisterwerke Michel Angelos, immer span- nender der Ideenreichthum derselben hervor, so überwältigend reich in ihrer geistvollen Composition wie vollendet in der Aus- führung jeglicher Einzelnheiten. Am längsten beschäftigt das jüngste Gericht in seiner Höhe von 60‘ und Breite von 30' er- füllt mit tief ergreifenden Zügen, mit dem furchtbarsten Sturme der gewaltigst erregten Leidenschaften. Man wendet sich öfter ab und findetin der Betrachtung der Sibyllen und Propheten Ruhe und Erholung, um von Neuem wieder sich von jenem Haupt- bilde fesseln zu lassen. Wir haben so viele und schöne Heiligenbilder in Mosaik gesehen und müssen natürlich auch die Stätte besuchen, aus welcher dieselben hervorgehen. Die päbstliche Mosaikfabrik dehnt sich in langen geräumigen Sälen im Vatikan aus. In den Fenstern liegen in kleinen Kästen die nummerirten Farbenproben aus und an den Rückwänden hinter Vergitterungen in grössern Kasten die Farbenvorräthe, 20000 verschiedene. Es sind nicht Marmor- und andere Steinchen wie in den antiken Mosaiken, sondern rundgegossene Fladen einer eigens componirten harzähn- lichen Masse, welche der Künstler, hier Professor genannt, leicht nach Belieben auf einem Meisselambos in die kleinen Steinchen zertheilt, aus denen er ein Bild mosaiciren will. Das Original steht dicht neben ihm und vor ihm die Peperinplatte mit einem dünnen Thonüberzuge, auf diesem ist das Bild in leichten Um- risslinien aufgezeichnet und wird nun ein Farbenfeld nach dem andern ausgestochen, eine Cämentunterlage gegeben und in diese die Steinchen eingesetzt und wenn nöthig das fertige Bild poliert. Es werden nur Heiligenbilder z. Th. von berühmten Meistern, wovon gute Copien in den Sälen aufgestellt sind und die eben- falls vorhandenen Porträts der Päbste gearbeitet und dieselben an Kirchen verschenkt. Je nach den speziellen Zwecken ist der künstlerische Werth der Bilder ein überaus verschiedener, Me- 17* 260 daillonporträts, die hoch im Kirchenschiff angebracht werden, sind roh gearbeitet im Verhältniss zu den Altarbildern reicher Kirchen. Wir sahen von letztern einige im Saale, wo die ferti- gen Bilder aufgestellt sind, und würden dieselben kaum von den schönsten Oelbildern unterschieden haben, wenn wir nicht vorher von einigen Professoren freundlichst über die Technik unterrichtet worden wären. Käuflich werden keine Bilder abgegeben. Den Blick auf die in gutem Zustande befindlichen schmuck- voll eingerichteten Gärten im Vatikan, auf die verschiedenen Höfe und die freie Aussicht über die Stadt bis an die fernen Gebirge geniesst man bei der Durchwanderung der vielen Säle aus jedem Fenster, doch immer nur flüchtig, da der Inhalt der Räume die vollste Aufmerksamkeit beansprucht, die gleiche Aussicht in’s Freie aber auf der Passeggiata und auf dem Capitol oft genug in ungestörter Stimmung sich darbietet. Die Sammlungen im Lateran beanspruchen bei Weitem nicht den Zeitaufwand wie die vatikanischen und es genügt schon sie einmal mit Aufmerksamkeit zu durchwandern. Die im obern Stock befindliche Gemäldesammlung hat kein einziges Meister- werk, Tizians Grablegung, Caravaceis Kreuzigung und wenige andere lassen indess den Besuch nicht überflüssig erscheinen. In einem Saale ist eine lange Reihe schön modellirter verschie- denartiger Scenen nordamerikanischer Rothhäute von einem dres- dener Künstler ganz neu gefertigt aufgestellt. Das von Pius IX. eingerichtete christliche Museum bietet eine grosse Anzahl Sar- kophage und Bilder aus den Katakomben, deren künstlerische Vollendung weit hinter den Arbeiten der griechischen und römi- schen Künstler zurücksteht. Dennoch interessirt ihre nähere Be- trachtung, da sie uns über die älteste christliche Kunst und deren Ideenkreis viel Aufklärung giebt. Die. das ganze Erdgeschoss füllende Antikensammlung oder das Gregorianische Museum erst‘ 1840 von Gregor XVI. begonnen ist zum grössten Theile nach den Lokalitäten geordnet, an welchen die Gegenstände ausgegra- ben worden und haben deshalb auch zahlreichere Fragmente als man in andern Sammlungen sieht, Aufnahme gefunden. Des Sehenswerthen auch für den Laien ist Vieles vorhanden. Gleich im ersten Saale eine Athletenmosaik aus den Thermen des Car- racalla, rohe plumpe bekleidete Kämpfer. Ein Saal ganz mit Capitälen und ÖOrnamenten gefüllt, in einem andern Reihen vorzüglich gearbeiteter Büsten, eine sehr schöne Kuh in Mar- mor und eine andere in Bronze, ein bronzener Hirsch viel we- niger gut, mehre Kaiser, deren Gemahlinnen, Feldherrn, ein ganz ausgezeichneter Sophokles, viele Reliefs und Sarkophage mit gar verschiedenartigen Darstellungen. Im capitolinischen Museum wiederholen sich zahlreiche Ar- beiten, die wir schon in andern Sammlungen kennen gelernt und bewundert haben, doch sind auch der eigenen so viele vorhan- 261 den, dass ein wiederholter Besuch lohnt. Gleich im Hofe ein kolossaler Flussgott, eine riesige Kriegerstatue und ein Hadrian in Priestertracht, im Erdgeschoss Sarkophage mit kunstreichen Reliefs, ein prächtiges Bronzepferd, an der Treppe aufwärts ein- gemauert, aber leider viele Fragmente eines antiken Planes von Rom, im obern Geschoss treffen wir wieder die ganze Manichfal- tigkeit der antiken Kunst, Götter und Göttinnen (wieder viele und z. Th. höchst eigenthümliche Venusstatuen), Helden , Feldherrn, Kaiser, Dichter, Philosophen und andere grosse und gelehrte Männer, mythologische Darstellungen, Kämpfer, das berühmte Mosaik mit den capitolinischen Tauben, Sarkophage etc. — Die capitolinische Gemäldesammlung erhebt sich nicht über die des Laterans und ist mit einem flüchtigen Besuche beseitigt, wogegen die Denkmäler im Palast der Conservatoren abermals mehre werth- volle Antiken, die Büsten vieler berühmten Männer und Frauen (Raphael, Michel Angelo, Winkelmann, Canoya ete) bieten, die man mit grosser Befriedigung befrachtet, Die meilengrosse Villa Borghese liegt unmittelbar vor Porta del Popolo und bietet in ihren Garten- und Parkanlagen sehr weite und angenehme Spaziergänge, in ihrem Casino das kost- barste Schmuckkästehen antiker und neuester Kunstwerke. Die hohen Säle sind prachtvoll dekorirt mit Malerei und Ornamentik und in diesem die Kunstwerke in zweckmässigster Anordnung vertheilt. Wohin der Blick sich wendet, wird er gefesselt. Im geräumigen Empfangssaal liegen am Boden grosse Mosaikbilder von Gladiatorenkämpfen, aus derselben spätern Zeit wie die er- wähnten im Lateran. Unter den Statuen wird hier die des Dio- nysos und Ampelos als aus der Blühtezeit der griechischen Kunst bezeichnet, wovon ich mich nicht zu überzeugen vermochte. Im ersten Zimmer rechts ein schönes Relief mit dem Raube der Cas- sandra und eine vorzügliche Venus genitrix, im Zimmer daneben ein unschön glatter Apollo und die ganz absonderliche in einem Lorbeerbusch sich verwandelnde Daphne, ausserdem Anakreon und ein sehr niedlicher Knabe mit einer gefangenen Ente. Dann folgt der eigentliche Prachtsaal, blendend durch den kostbaren Schmuck seiner Wände und Decke, die marmornen und porphyrnen Tische und Gefässe, Alabastersäulen und mit zwölf Porphyrbüsten rö- mischer Kaiser. Im Nebenzimmer ein schlafender Hermaphrodit, ein weinendes Kind in Ketten gefesselt, im folgenden Zimmer ein fraglicher Tyrtäus und ein sehr schöner Aeskulap. Auch die beiden anstossenden Zimmer mit sehenswerthen Statuen, einem Pluto und einem angeblich von Praxiteles gearbeiteten Faun, der jedoch den wahren Fauncharakter nur in der Haltung nicht in seinen einzelnen Formen darstellt. Die Säle des zweiten Stockes sind der neuen Kunst gewidmet. Von ihren Werken finden wir einen Apollo und Daphne und einen Aeneas, der seinen Vater Anchises aus den Flammen von Troja trägt von Bernini sehr 263 schön, sie überzeugen uns, dass Bernini als Bildhauer viel Vor: züglicheres leistete wie als Baumeister. In einem andern Saale überrascht uns eine Arbeit von seltener Schönheit, Napoleons Schwester Pauline Borghese als Venus vietrix von Canova ın weissen Marmor gemeisselt. Nicht eine idealisirte Göttergestalt sondern als edelste menschliche Frauengestalt liegt sie hingestreckt auf weissem Pfühle, im freudestahlenden Gesichte mit dem vollen Bewustsein des sicheren Sieges ihrer bezaubernden Schönheit. Der Palast Borghese am gleichnamigen Platze in unmittel- barer Nähe der Ripetta verräth viel mehr als das bescheidene Kasino in der Villa durch äussere Pracht seinen innern Kunst- gehalt. Im Hofraum laufen zwei Reihen schöner Granitsäulen, eine untere dorische und eine obere ionische herum, unter denen eine kolossale Thalia, eine andere Muse und ein Apollo den Blick fesseln, auch ein trauliches Gärtchen sich Öffnet. Links treten wir in die elf Säle füllende Gemäldegalerie, welche in jedem Saale ausgesuchte Werke enthält. Raphaels Grablegung, Bilder von Tizian, Giul. Romano, Fr. Francia, Garofalco, Paul Vero- nese, Guercino, van Deyk, Holbein und andere nöthigen zu einer mehrstündigen Betrachtung die sich unvergesslich einprägt. In dem am Corso gelegenen eigenthümlichen Palast Doria Pamfili mit reizendem Garten im Cortile sind vorzügliche antike Kunstwerke und Gemälde in gedrängten Reihen der vielen Säle aufgestellt. Sarkophage, Statuen und Broncen, einzelne darunter von bewunderswürdiger Vollendung. In der überreichenden Menge der Gemälde fallen in jedem Saale sogleich einzelne ersten Ranges in die Augen, so dass man viele nur flüchtig und selbst ganz unbeachtet lässt, um die genussreichen Eindrücke nicht zu ver- wirren und durch Uebermass zu erdrücken. Tizian, Claude, Ca- racci, Correggio, Guereino, Garofalco, Andr. del Sarto, Bellini, Raphael und Rubens, nicht blos Madonnen unter denen die Ti-- zianschen Magdalenen obenan stehen, Heiligenbilder und Portraits, sondern auch historische Bilder und besonders viele Landschaften von seltener Schönheit. Leider gelang es uns nicht Photogra+ phieen von diesen herrlichen Kunstwerken aufzufinden, um deren Einzelnheiten getreuer aufzubewahren, als es bei der Fülle der Betrachtungen dem Gedächtniss allein möglich ist. Die Villa Albani mit ihren steif französischen Gartenan- lagen und unübersehbaren Reihen griechischer und römischer Marmorwerke wird Niemand unbesucht lassen, der jemals unseres grossen Winckelmanns schöne Denkmäler der alten Kunst mehr als blos flüchtig durchblättert hat. Sie liegt so nahe vor Portä Salara, dass man sie mit einem gelegentlichen Besuche der sehens+ werthen Gärten des Sallust sehr bequem zu Fusse statt mit der nach der Taxe unverhältnissmässig erhöhten Droschke erreicht. Auf dem schattigen Wege nach dem Casino begegnet man der Wolfischen Büste Winckelmanns, welche links in lichter Baum- 263 gruppe aufgestellt ist. In der Vorhalle des Hauptgebäudes stehen Statuen von Göttern und Kaisern, an der Treppe ein Relief mit vorzüglich schöner Roma auf Trophäen. Im ersten runden Zimmer neben einem schönen flötenden Satyr ein ruhender des Praxiteles, dem ich durchaus keine Bewunderung zollen konnte, während der Bogenspannende Amor, der Silen mit dem Schlauch, der Ganymed meinem Kunstgeschmacke ungleich mehr genügen. Im Hauptsaal hat Apollo an der Decke die Musen um sich versammelt, welche hier aber nicht etwa als Göttinnen, sondern als ganz moderne Frauen- zimmer erscheinen. Viel vollendeter ist Herkules bei den Hes- periden und die Jupiterstatue mit dem Adler sogar die meister- hafteste, welche ich gesehen zu haben mich erinnere. Im nächsten Zimmer rechts lernen wir eine angebliche Sappho, den oft gemeis- selten Sokrates, den Hippokrates, Theophrast u.a. Männer ken- nen, im zweiten genügt eine flüchtige Betrachtung mehrer Ge- mälde, im dritten sind schöne Cartons von Domenichino. Die links vom Hauptsaal gelegenen Zimmer bieten zunächst wieder griechische Kunstwerke, unter welchen die Erziehung des Bacchus und einige Statuen besondere Aufmerksamkeit beanspruchen. Im vierten Zimmer fällt der Blick sogleich auf die erschrecklich be- jammernswerthe Gestalt des Fabeldichters Aesop, wohl der ein- zige Krüppel des Alterthums, der in Marmor der Nachwelt über- liefert ist. Die ganze Bauchpartie des Körpers ist schief nach oben und hinten und vollständig in den Brustkorb hineingeschoben. Abwendend von dieser seltenen Missgestalt begegnen wir einem schö- nen bronzenen Apollo und Pallas, einem schlafenden Fischerknaben u.a. guten Arbeiten. Die Hallen neben dem Hauptgebäude sind mit Statuen überfüllt, welche Kunstkennern reiches Material bie- ten, hier mag nur ein Homer, ein Diogenes und eine der schön- sten Junostatuen als in lebhaftester Erinnerung geblieben erwähnt werden; viele Reliefarbeiten. Unter den Bäumen, längs der Hek- ken, Terrassen, auf den Wegen reihen sich die antiken Kunst- werke verschiedenen Werthes aneinander, um einen unvermeidli- chen Untergange durch Regen und Frost entgegenzugehen. Unsere Sammlungen daheim müssen sich mit wenigen Gypsen begnügen und hier verderben die marmornen Originale zu hunderten, deren manches unter unseren Gypsen Bewunderung erregen würde. Durch weite Blumenbeete vom Hauptgebäude getrennt steht das Kaffeehaus mit grosser halbrunder Säulenhalle, die ihre Statuen gegen Verwitterung schützt. Eine Neptunsstatuette, eine Herme des Pluto, Herkules und Bacchus habe ich als beste derselben in der Erinnerung behalten. Von den Zimmern und dem Balkon des Hauptgebäudes geniesst man übrigens die herrlichste Aussicht auf die Campagna. Den Quirinalpalast besucht man ebensowohl wegen seiner Kunstschätze wie als Wohnung des Pabstes. Die lange Reihe der geräumigen Säle mit Wand- und Deckengemälden zeigt einfache 264 Pracht ohne allen luxuriösen oder pomphaften Aufwand. Die Gemälde sind von Raphael, Guereino, Caracei, Garofalco u. a. italienischen Meistern, eine Auferstebung der drei Könige von van Dyk und im Wohnzimmer, in welchem Pius IX 1848 die Nach- richt von der Proklamation der Republik erhielt und seine Flucht beschloss, hat Overbeck an die Decke Christus’ Flucht vor seinen Verfolgern gemalt. Ausser den Gemälden sieht man die kunst- vollsten Gobelins aus der Pariser Fabrik, prachtvolle Mosaikfuss- böden, Thorwaldsens Triumphzug Alexanders, Marmorvasen etc., Wohn-; Speise-, Schlaf-, Billard-, Audienzzimmer alle bekunden dieselbe Einfachheit in ihrer geschmackvollen und kostbaren Aus- schmückung. Seit jenem verhängnissvollen Jahre hat Pius den Quirinal gemieden und wohnt im Vatikan, wo man ganz unbe- hindert von den Schweizerwachen bis in den reich ausgemalten Vorsaal vordringen darf. — Der geräumige Garten des Quiri- nals ist im allersteifsten französischen Geschmack mit hohen Bux- baummauern gehalten, hat italienische Labyrinthbeete, eine bo- tanische Abtheilung, auch Volieren mit schönem Vultur fulvus und V. monachus, mit Tauben, Hühnern, Kaninchen, Kiebitz und anderen behäbiges Wohlbefinden bekundenden Gethier, mehre werthlose Antiken und ganze Beeteinfassungen von zertrümmer- ten antiken Köpfen, Armen, Beinen, Capitälern, Friesen etc. Zwar habe ich meine naturwissenschaftlichen Leser schon weit über die Gebür mit den Kunsterinnerungen aus Rom unter- halten, doch kann ich die Kunststadt nicht verlassen, ohne auch ihrer öffentlich ausgestellten Skulpturwerke zu gedenken, denn diese sieht man täglich und prägt sich ihre Einzelnheiten schärfer ein als die in den überfüllten Sammlungen. Die Engelsgestalten auf der schon von Hadrian erbauten Engelsbrücke sind zwar nach Berninischen Modellen ausgeführt und standen, bis in den Anfang dieses Jahrhundert selbst bei Künstlern in hohem Ansehen, sind, aber viel mehr engelisirte klägliche und steife Dorfschulmeister- gestalten, meiner Ansicht nach ganz unwürdig der grossen Kunst- _ metropole, hier vor dem einst mit den schönsten Kunstwerken überladenen Mausoleum Hadrians und auf der täglichen Passage nach St. Peter und dem Vatikan. Man sollte sie an Dorfkirchen verschenken und durch würdigere Kunstwerke ersetzen. Die erst vor einigen Jahren errichtete Säule der unbefleckten Empfängniss, an welcher wir täglich vorbeigingen, liess uns kalt. Einen wirk- lich imposanten Eindruck macht dagegen die grossartige und sinn- reich angelegte und vortrefflich ausgeführte Ausschmückung mit Felsblöcken, Rossen, Tritonen und Flussgestalten die Fontana di Trevi, welche schon im Alterthume eingerichtet ihr Wasser aus der acht Meilen entfernten Gegend von Tivoli bezieht und von Clemens XII im Jahre 1735 ihren gegenwärtigen Kunstbau er- hielt. Auf der Kirchenreichen Piazza del Popolo sind zwei grosse Brunnen schön mit Marmorwerken ausgeschmückt und diese stei- 269 gen auch am Aufgange zur neuen Passeggiata hinauf, auf deren mit den schönsten Gartenanlagen belegten Plateau man die loh- nenste Aussicht über das neue Rom und dessen Umgegend ge- niesst. Sonntags Nachmittag spielt hier die päbstliche Militär- musik und alle Stände der Bevölkerung von den schönsten Rö- merinnen und Fremden in elegantesten Karossen bis zu den einfachsten und schlichtesten Handwerkern versammeln sich dann, Die Wege und Plätze sind mit gut gearbeiteten Marmorbüsten hochberühmter Italiener aller Zeiten geziertt, von dem düstern finstern ©. Marius, dem ächt römisch geschnittenen Cäsar, dem sehr edlen Pythagoras, Scipio Afrikanus durch den sehr freund- lich jugendlichen Columbus, Marco Polo, Galiläi, Doria, Colonna bis in das letzte Jahrhundert hinein. Einen solchen mit öffentli- cher Unterhaltung reich und schön ausgestatteten Platz besucht der Fremde gern und oft, zumal der Deutsche, der ähnliches da- heim nirgends findet. Aber Sie sind in Rom gewesen und haben den Pabst nicht gesehen! diesem trivalen Vorwurfe wären wir leicht verfallen, Denn wir hatten um deswillen Rom nicht besucht, fanden auch nicht die Zeit mehre Nachmittage hintereinander vergebens auf dem Petersplatze oder dem Vatikan Ecke zu stehen, welche die deutschen Modereisenden mit bewundernswerther Zähigkeit auf- wenden. Erst am letzten Nachmittage unseres Aufenthaltes, als- wir den vatikanischen Sammlungen den Abschiedsbesuch gemacht hatten, versicherte uns der am Eingange zu den Gemächern wacht haltende Schweizer, dass die Spazierfahrt des heiligen Va- ters bereits angemeldet sei. Bald wurden die zehn Rosse der be- gleitenden Nobelgarde vorgeführt, diese hochadeligen Ritter kamen selbst und dann die einfache päbstliche Kutsche. Der edle Greis, aus dessen Antlitz nur Milde, Friede und Liebe spricht, segnete die versammelten Neugierigen und bestieg mit einem jungen Geist- lichen seinen Wagen und fuhr gemessenen Schrittes um die Pe- terskirche hinab, so dass wir die nähere Treppe hinabgehend ihn vor derselben nochmals sahen. Seine persönliche Erscheinung verdrängt völlig den Charakter, welchen wir daheim aus den Thaten des heiligen Stuhles, für den ihn die Zeitungen verant- wortlich machen, von seiner Persönlichkeit uns entworfen haben. Der funfzehntägige Aufenthalt in Rom war ebenso schnell und in ebenso völlig ungestörtem und ununterbrochenen Genusse dahin wie der in Neapel. Wir verliessen die ewige Stadt mit demselben Wunsche eines zweiten und längern Besuches, denn von all den Unannehmlichkeiten, mit deren Befürchtung wir ein- rückten, hatten wir nur eine einzige häusliche bestättigt gefunden, die immerhin noch ein zoologisches Interesse würde geboten ha- ben, wenn nicht andere Genüsse sie ganz verdunkelt hätten. Wir fuhren mit dem Nachtschnellzuge, da andere direkte Beförderung nicht statt findet, nach Florenz. Eintretend in den 266 Bahnhof wurde der Pass abgenommen, der von der Gesandschaft und von der römischen Polizei für 9 Franken visirt sein musste, und erst auf der nächsten Station zurückgegeben wurde. Es war eine völlig klare Mondscheinnacht und der Dämpfer sauste mit normaler Schnellzugseile durch die kahle todte Weidegegend, welche dem Auge gar nichts, der nächtlichen Betrachtung über den Kirchenstaat gar Vieles bot. Bei Montorso wurde die Ge- gend bergig und felsig und von Terni an schauerlich wild. Die Bahn windet sich hier ganz ohne Tunnel durch ein engschluch- tiges Labyrinth, dessen zerrissene Felsenwände steil aus dem rau- schenden Flusse sich erheben und wie fliegende Giganten im blei- chen Mondscheinlicht erscheinen. Nur Foligno, wo die Bahn nach Ancona abzweigt, gebot einige Minuten Aufenthalt. Sobald die Bahn das päbstliche Gebiet verlässt, beginnt Leben und Kul- tur, die Aecker sind mit Wein und Bäumen besetzt und überall erblickt man zerstreute Häuser. Mehr noch als Foligno imponirt in Mondschein-Beleuchtung das hochgelegene Perugia. Von Arezzo ab, das wir mit anbrechendem Morgen passirten wird die Gegend überaus manichfaltig und üppig, die Bahn tunnelt sehr viel und entfaltet jedesmal neue reizende Landschaftsbilder, bis sie in das herrlich gelegene Florenz einbiegt. Wir trafen um 9 Uhr Vor- mittags ein und stiegen in dem neu und elegant eingerichteten Hotel Porta rossa ab, wo wir für den einwöchentlichen Aufenthalt Quartier nahmen. Florenz machte auf uns nach dem langen, überaus genüss- reichen Aufenthalt in Neapel und Rom nicht gleich den befrie- digenden Eindruck, den man von dieser nun zur Hauptstadt des einigen Italien erhobenen Kunststätte erwartet und den jeder hier zuerst Halt machende Reisende von Norden her auch unzweifel- haft erhält. Wir bedurften zweier Tage, bevor wir seiner Ge- nüsse empfänglich wurden. Die engen, krummen Strassen sind. pompejanisch mit grossen ganz unregelmässigen Quadern gepfla- stert, die neu erstandenen Strassen dagegen breit und gerade mit meist sehr eleganten und geschmackvollen Häusern, während in den alten die grossen Riesenpaläste und die mächtigen Kloster- gebäude den Strassen keinen freundlichen Ausdruck verleihen. Unter den Plätzen fällt am eigenthümlichsten auf die Piazza della Signoria mit dem ganz absonderlichen kleinfenstrigen Palazzo vecchio, der Loggia und den sich anschliessenden Uffizien. Hier ist den ganzen Tag buntes Leben und Treiben und hier stehen Meisterwerke der berühmtesten Künstler neben einander. Vor dem Palast David als Hirtenknabe von Michel Angelo, ein Knabe als Koloss fordert das Gefühl zum harten Kampfe mit dem Ur- theil heraus, den ich trotz der häufigen Betrachtung nicht zu Ende führte und erst zu Hause an einer kleinen Alabasterkopie zu Gun- sten des Künstlers entschieden habe. Daneben Herkules nnd Cacus von Bandinelli und am grossen Brunnen mit Neptun und Tritonen 267 die Reiterstatue Oosmus I. von Giov da Bologna. Unter der architektonisch schönen in den edelsten Verhältnissen aufgeführten Loggia dei Lanzi aus dem Jahre 1375 kann man nicht oft genug des viel bewegten Cellinis Hauptarbeit, die Bronzestatu> des Per- seus mit dem Medusenhaupte ansehen , eine ungleich kräftigere Gestalt in weichen Linien als Canovas Perseus im Vatikan, Fer: ner der Raub der Sabinerinnen, Herkules im Kampfe mit dem Centauren, Menelaos mit dem Leichnam des Pätroklos, eine gatız neu aufgestellte prächtige Gruppe, an der Treppe ein antiker und ein moderner Löwe und an der Rückwand sechs antike weibliche Statuen aus der Villa Medicis, von welchen die auf Thusnelda gedeutete ganz vorzüglich ist. Der Platz vor den Ufficien schmückt eine seit 1834 thätige Gesellschaft mit den Statuen berühmter Toskaner aus und schon ist eine grosse Reihe derselben, Fürsten Künstler (Pisano, Michel Angelo, Leonardo da Vinci), Dichter (Dante, Petrarca, Boccaccio), Naturforscher (Galliläi, Micheli, Cäsalpino) in den Nischen der einzelnen Palast- pfeiler aufgestellt. Diese in Deutschland völlig unbekannte Ver- ehrung hochverdienter Männer finden wir doch in allen Gross- städten Italiens in rühmlichster Weise gepflegt. Unsere Städte vermögen nicht einmal ihren eigenen Helden auf irgend einem Gebiete ein würdiges Denkmal zu errichten, geschweige denn den berühmtesten Männern des engern oder gar des weitern Vaterlandes, und statt das italienische Volk fort und fort herab- zusetzen, sollten wir es doch in gar vielen Dingen als Muster uns hinstellen. Die Sammlungen in den Uffieien gehören nächst den vati- kanischen zu den bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Dürchwandert man mit noch frischer Erinnerung an die letzten die langen Galerien dieses Riesenpalastes: so beklagt man häufig die unwürdige und oft ganz unzweckmässige Aufstellung. Zwar fehlen die Wand- und Deckengemälde nicht, aber die Räume sind nicht elegant, die Kunstwerke nicht sauber gehalten, die Anord- hung störend. In der kleinen Rotunde z. B. in welcher die hoch- gefeierte mediceische Venus aufgestellt ist und die für sich allein einen solchen Raum beanspruchen kann, stehen gleichzeitig zwei ganz vorzügliche Gladiatoren, ein schöner Apoll und tanzender Faun, an den Wänden hängen die Meisterwerke eines Lucas Cranach, Raphael, Tizian, Correggio, Carracci. Es gelingt nur mit der grössten Anstrengung die Betrachtung auf ein Kunstwerk zu eoncenfriren, denn der Blick wird stets von mehren zugleich gefesselt. Aber zu einer zweckmässigen Aufstellung würde etwa der dreifache Raum der gegenwärtigen Galerien erforderlich sein und erwägt man, dass die toskanischen Fürsten nicht zugleich Oberhäupter der ganzen christlichen Welt waren wie die Pfleger der vatikanischen Sammlungen und dass dem kleinen Florenz nieht die Reichthümer zuflossen, welche die weltbeherrsehende 268 Roma Jahrhunderte hindurch an sich zog: so unterdrückt gerechte Bewunderung ob dieser herrlichen Kunstschätze jenen Tadel und die Betrachturg der einzelnen Werke entkräftet auch bald die störende Aeusserlichkeit. Man fühlt sich immer wieder hingezo- gen in den Kunsttempel und möchte ihn ebenso oft, wie den des Vatikans besuchen. Das am meisten bewunderte Kunstwerk in den Ufficien ist die mediceische Venus von Kleomenes, des Apollodoros Sohn. Allerdings ist es dem Künstler gelungen die weibliche Gestalt in ihrer höchsten Idealität darzustellen, aber er ist damit auch über die Gränzen des Lebendigen und der Wahrheit hinausge- gangen, diese feinste zarteste weibliche Körperform lässt den Beschauer kalt, erregt wohl Bewunderung aber keine Wärme, keine Entzückung, welche z. B. die Canovasche Victrix oder Pau- line Borghese auf den ersten Blick hervorruft und je länger die Be- trachtung um so mehr steigert. Die feinen zierlichen Hände der mediceischen Venus sind sogar steif und kalt. Im Gesicht allein liegt ein sprechender Ausdruck, aber kein anziehender und liebenswürdiger, die aufgedrungenen Augenlieder, der enge scham- hafte Scheu kokettirende Augenspalt und die Verachtung oder innere Ungemüthlichkeit bekundenden Mundwinkel machen die Liebesgöttin nichts weniger als liebenswürdig. An den zierlichen Füssen ist die grosse Zehe nur etwas kürzer als die zweite, wäh- rend sonst an schönen weiblichen Statuen dieselbe noch mehr verkürzt erscheint. Dagegen ist die kleine Zehe nur bis an die Basis der vierten reichend soweit zurückgerückt, wie es die künst- lerische Auffassung überhaupt gestattet und wie es an andern antiken und modernen Füssen nur sehr selten beobachtet wird. Mit dieser Verkürzung der grossen und Zurückschiebung der kleinen Zehe haben die Künstler nur eine schärfere Unterschei- dung zwischen Hand und Fuss, als sie in Wirklichkeit gewöhn- lich vorkömmt, ausprägen wollen. Den männlichen Fuss charak- terisiren sie am auffälligsten durch die kleine Zehe, welche an Statuen alter Männer wie zumal der Flussgötter, an denen der Gladiatoren, wie ganz vorzüglich z. B. an dem neben der medi- ceischen Venus aufgestellten völlig verkrüppelt erscheint. Mit welcher Feinheit und Schärfe überhaupt die alten Künstler die männliche und weibliche Gestalt bis in alle einzelnen Körper- formen idealisirten, davon überzeugt am besten dieser ausgewählte Statuenkreis in der Tribuna, die aufmerksame Vergleichung der Venus mit dem gegenüberstehenden Apollo und dem tanzen- den Faun mit dem neben ihr stehenden, sein Schabeisen schlei- fenden und mit dem ringenden Fechter. — Die andern Venus- gestalten in den Ufficien bestätigten mir die Ansicht, die ich im Vatikan über dieselben gewonnen hatte, Nächst der mediceischen Venus fesselt am meisten die Niobe, welche mit andern guten Arbeiten in einem grossen Saale 269 aufgestellt ist. In den Galerien findet man wieder das ganze olympische Personal, viele Herkules, Amoren, Bacchus, die Mu- sen, Silenen, Faunen vertreten, zahlreiche Büsten und Statuen der Kaiser und ihrer Gemahlinnen, welche die vielfachen schon in Neapel und Rom angestellten physiognomischen Betrachtungen nochmals anregen, Kämpfer, Redner, Dichter, den reizenden sich einen Dorn ausziehenden Knaben, eine gelungene Copie des Laokoon, den unsinnigen aber doch schönen Hermaphroditen, Sarkophage sehr verschiedenen Werthes, Altäre, Kandelaber, Vasen, Geräthschaften etc. in Marmor und Bronze. Die etruri- schen Vasen, Skulpturen, Inschriften sind auch hier in eine eigene Sammlung vereinigt. Von antiken Thieren sind als ganz vorzügliche Darstellungen Eber, grosse Wolfshunde und Pferde zu erwähnen. Den zahlreichen Gemälden in diesen Galerien und Sälen vermochten wir keine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, um so weniger, da die Gemäldesammlung selbst sehr reich an vor- züglichen Meisterwerken ist. Die Eingangssäle sind bis an die Decken hinauf dicht gedrängt mit den Bildnissen berühmter und unberühmter Maler, aus deren Menge man jedoch die charakte- ristischen Physiognomien der bedeutenderen leicht herausfindet. In den Sälen der venetianischen Schule fallen die Tizianischen Madonnen oder vielmehr Venusbilder am grellsten auf, welch’ ganz anderer Charakter als die Raphaelschen Madonnen! Auch andere italienische Meister der verschiedensten Schulen sind gut vertreten. An sie schliessen sich die französischen, deutschen, niederländischen Schulen an, in welchen wir nur ganz vereinzelten Bildern eine nähere Betrachtung widmeten. Von den Ufficien führt ein bald enger bald weiter Corri- dor, in welchem Handzeichnungen, Cartons und untergeordnete Arbeiten in grosser Manichfaltigkeit aufgestellt sind, durch die Häuserreihe längs des Arno, über dessen behäuserte Brücke, jen- seits derselben abermals durch Häuser in den Palast Pitt. Man gebraucht auch bei der flüchtigsten Betrachtung eine halbe Stunde, zur Durchwanderung dieses Verbindungsweges beider Paläste. Der Palast Pitti von Brunellesco 1440 aufgeführt, ist ein düsterer, aus gequaderten Felsenblöcken aufgeführter Bau, dessen Massigkeit jeden andern Eindruck verdrängt. Derselbe diente mehren Privatpalästen in Florerz zum Muster und fand nur in dem Palast Strozzi eine gefälligere, architektonisch reichere Aus- führung. Längst schon grossherzogliches Residenzschloss und Jetzt im Besitz des Königs von Italien enthält er in seinen pracht- voll und luxuriös ausgestatteten Räumen einen bewundernswerthen Reichthum schöner Kunstwerke. Zunächst wieder eine Anzahl antiker Statuen, dann eine grossartige Gemäldesammlung, in welcher Raphael, Leonardo, Michel Angelo, Carracci, P. Veronese, Guereino, Giul. Romano, Correggio, Tizian, Tintoretto, Murillo, 270 del‘ Sarto, Rubens, van Dyk und viele andere hochgeachtete Künstler durch vorzügliche Arbeiten vertreten sind, und der Kunstfreund von Saal zu Saal in gespannter Aufmerksamkeit er- halten wird. Die kostbarsten und kunstvollsten Mosaiktische, Vasen u. dgl. erhöhen die Manichfaltigkeit der genussreichen Betrachtung. In der Stanza di Flora steht die Venus von Ca- nova, zu welcher gleichfalls Pauline Borghese das Original sein soll. Sie ist auch in dieser von der Vietrix in der Villa Borg- hese gänzlich verschiedenen Stellung und Auffassung eine vor- zügliche Statue, doch nicht von entzückender Schönheit. Ferner Napoleons Kolossalstatue von Canoya, ein Herkules am Scheide- wege, Psyche von Zephyr zu Amor getragen u.v.a, — Die nur gegen ein besonderes Permesso zugängliche eigentliche Kunstkam- mer enthält die vollendetsten unübertroffenen Kunstarbeiten in Gold, Silber, Bronze, Elfenbein und Bernstein, deren meiste von Gellini herrühren und staunende Bewunderung hervorrufen. Auch die königlichen Gemächer sind bei grosser Pracht und Eleganz der Einrichtung mit verschiedenen sehenswerthen Kunstsachen ausgestattet, das entzückendste derselben ist der dreizehnjährige Michel Angelo an seiner ersten Maske meisselnd, eine neue Ar- beit voll Leben und Wahrheit. Der königliche Garten am Pitti bietet in herrlichen Park; und Garten- Anlagen mit zahlreichen Statuen und hoch aufstei- genden !Terrassen schöne Spaziergänge und die reizendste Aus- sicht über die Stadt und ihre bilderreiche Umgebung. Von den Kirchen ist S. Croce mit reicher schmuckvoller Marmorfagade eine wahre Ruhmeshalle, dreischifig, in den Sei- tenschiffen wechseln Altäre mit kunstvollen Denkmälern. Zunächst rechts vom Haupteingange das des Alterthumsforschers Buona- rotti und des Naturforschers Toggetti, dann das wunderschöne Michel Angelos, des Dante von Ricci mit der triumphirenden Italia und der trauernden Poesie, das Alfieris mit der trauernden Poesie von Canovas Meisterhand, des Botanikers Micheli, des Physikers Nobili, der Gräfin von Stolberg mit Glaube, Liebe und Hoffnung, einiger Napoleoniden u.a. Neben solchen vorzüglichen Arbeiten. in Marmor können Heiligenbilder uns keine Aufmerk- samkeit abzwingen. Auf dem Platze vor der Kirche erhebt sich das zur Säkularfeier 1865 enthüllte würdige Denkmal Dantes in weissem Marmor. S. Lorenzo hat in ihrer riesigen Capelle der Mediceer eine Ruhmeshalle anderer nicht minder bewundernswerther Art, Die Wände derselben sind mit den schönsten und seltensten Marmor- arten bekleidet, die mächtigen Sarkophage von Granit tragen gol- dene mit den kostbarsten Rubinen, Smaragden und andern Edel- steinen besetzte Kronen, über diesen die bezüglichen Statuen der Mediceer. Die Grabmäler von Guilio und Lorenzo der Medici nebenan sind Michel Angelos letzte Arbeiten, Gestalten des Ta- 271 ges und der Nacht, des Morgens und des Abends, höchst eigen- thümlich gedacht und merkwürdig in der Ausführung wenigstens die ersten beiden, über beiden die Statuen der Mediceer. Durch eine von demselben Meister gearbeitete Thür gelangt man aus der Kirche in das Kloster und wirft einen Blick in die Bibliothek. Die vielen werthvollen Manuskripte liegen aufgeschlagen auf Pul- ten unter Glas in einem grossen Saale und vorn an jeder Reihe sind die Titel der einzelnen angegeben, also die gerade entgegen- gesetzte Einrichtung der vatikanischen Bibliothek, während man in dieser kein Bucb und keinen Büchertitel sieht, nöthigt die Laurenzische jeden Besucher zum Setzen vor jedem Manuskript; Virgil, Plutarch, Cicero, Horatius, Tacitus, Esaias, Petrarka, Dante und viele andere muss man wenigstens ansehen, die Minia- “ turzeichnungen bewundern, das, Studium besorgen ja die Philologen, Von andern Sammlungen besuchten wir nur noch die na- turwissenschaftlichen in der Nähe des Palast Pitti. Die Zoolo- gische und mineralogische sind gut und zweckmässig aufgestellt, doch viel weniger reichhaltig als die gleichen in Turin und Mai- land. In der zoologischen sah ich Arctitis binturong, mehre schöne Antilopen und den Apteryx nebst gut präparirtem Skelet. Die anatomische Sammlung ist sehr reich, aber nicht an natür- lichen Präparaten, sondern an Wachspräparaten von bewunderns- werther Schönheit, alle anatomischen Details, wo es nöthig und wünschenswerth in vergrössertem Massstabe, die ganze Entwik- kelungsgeschichte und die topographische Anatomie sind vollkom- men naturgetreu dargestellt. Ueber jedem Präparate hängt die bezügliche Abbildung mit der Erläuterung. Im Hofraum des Museumsgebäudes ist eine Galliläihalle errichtet mit dem schönen Standbilde des berühmten Forschers, mit seinen physikalischen und astronomischen Apparaten, mit seinem von der Leiche abge- schnittenen Zeigefinger, einigen Wandgemälden und anderen Sta- tuen. Wieder eine Verehrung hoher Verdienste, für welche in Deutschland weder Sinn noch Geld zur Bethätigung zu finden ist. Gehet hin und lernet das Volk achten, wie es seine grossen Män- ner achtet und ehrt. — Unter den Kirchen steht der Dom obenan. Schon im Jahre 1298 begonnen, hat er noch heute eine rohe Facade und das mit deren Ausführung vor einigen Jahren beauftragte Comite scheint bis jetzt zu keinem Entschlusse gekommen zu sein. Es ‚ ist allerdings wohl für die heutige Kunstrichtung eine äusserst schwierige Aufgabe eine mit dem übrigen absonderlich scheckig mit bunten Marmortafeln 'bespielten Aeussern des imposanten Baues entsprechende Facade zu entwerfen. Der dreischiffige In- nenraum hat nur düstere Beleuchtung, welche die Bewunderung seiner Kunstwerke sehr beeinträchtigt. Eine urvollendete Kreuz- abnahme von Michel Angelo erschien uns das bedeutendste der- selben. Der Glockenthurm neben dem: Dome ist ein Prachtstück 272 in buntem Marmor. Seiner Reliefs und Statuen sind so viele, dass man bei kurzem Aufenthalte ihre sorgfältige Betrachtung unterlässt. Das Baptisterium mit seinen kunstvollen Bronzethü- ren. belohnt den Eintritt. Ausserdem besuchten wir S. Annun- ziata, del Carmine, S. Marco und S. Spirito. Andere und die Akademie der schönen Künste sowie die nur auf umständlichen Wegen zugänglichen Paläste liessen wir unbesucht. Das Leben in Florenz gleicht dem in den norditalischen Grossstädten. Die Strassen beleben sich vom Vormittage an mehr bis Abends volles Wogen der Menschenmenge auf den Haupt- strassen und Plätzen erreicht ist. Einen ausgeprägten allgemeinen Charakter der Bevölkerung wie in Rom und Neapel vermochten wir nicht zu erkennen, grosse Manichfaltigkeit der Gestalten und Physiognomieen wie in Mailand, wohl gepuderte und sonst auf- fällig kostumirte aber keine schönen weiblichen Gestalten, in rei- cher Seide rauschende hässliche Blumenmädchen in allen Kaffees. Diese Etablissements müssen in den letzten zwei Jahren einen gewaltigen Aufschwung genommen haben, denn Försters Reise- buch von 1866 nennt sie herabgekommen und für Damen kaum zugänglich und doch besuchten wir mehre, die an Eleganz der Einrichtung, aufmerksamer und freundlicher Bedienung und guter Verpflegung den nobelsten Cafes in Paris und Wien Concurrenz machen können, natürlich auch vom anständigsten Publikum be- sucht werden. Auch hinsichtlich der Restaurationen ist allen An- sprüchen Befriedigung geboten. Der Deutsche findet in Herrn Lette’s Trattoria neben der Loggia auf der Piazza della Sig- noria in einer deutschen Ecke Landsleute, deutsche Zeitungen, vortreffliches Grazer Bier und überhaupt gute Verpflegung. Die Preise in den Cafes und Trattorien sind überall niedrig und doch klagen die Florentiner über die schnelle Steigerung aller Preise seit der Erhebung zur Residenz, — Von Spaziergängen ausser-- halb der Stadt unternahmen wir nur einen von der schönen Porta S. Gallo nach den Cascinen 'mit zoologischem Garten und durch die neue grossartige Fortsetzung des Lungarno zurück. Die Korso- fahrt war an diesem Tage schwach besetzt und bot nicht entfernt die schnell wechselnden Bilder, die wir in Neapel und Rom sahen. Die Kaufläden sind auf allen Hauptstrassen ächt residenz- lich, reich und geschmackvoll ausgestattet. Kunstläden und Lager so zahlreich wie in Rom, hier aber dominiren die Arbeiten in Marmor, Alabaster und Mosaik. Die letztern findet man in gros- ser Manichfaltigkeit und von vorzüglicher Schönheit, aber freilich auch in enormen Preisen gehalten. Die Statuencopien in carra- rischem Marmor haben dieselben Preise wie in Carrara, sind meist aber von geringerm Kunstwerth als wir sie dort sahen. . Dagegen sind die Vasen, Schalen, Säulen und mancherlei kleinen Arbeiten in den verschiedensten Florentiner Marmorarten und auch in an- 213 dern Gesteinen zu ‚annehmbaren Preisen käuflich und. bei der grossen Auswahl der Erwerb einiger Erinnerungen nicht schwierig. Ebenso die Alabasterarbeiten, unter denen die zahlreichen Copien antiker und moderner Meisterwerke wegen ihres kleinen Mass- stabes verführerisch locken, aber es sind fabrikmässige Arbeiten, welche in den feinen Formen meist sehr weit vom Original ab- weichen, erst nach langem Suchen findet man die eine und an- dere leidlich getreu, deren Betrachtung daheim lebhaft an das Original erinnert. Die Theatersaison war eröffnet und die italienische Oper mit Ballet gewährt uns Deutschen stets einen genussreichen Abend, An jenem Sonntage, an welchem der furchtbare Gewitterregen fiel, der die Bahn in den Apenninen zerstörte und der uns den einzigen Tag während der neunwöchentlichen Reise raubte, be- suchten wir das Theater Pagliano.. Es wurde eine neue Oper, die griechische Sklavin, von einem Florentiner Militärkapellmeister eomponirt aufgeführt. Klägliche Musik ohne jegliche Melodie und ohne irgend einen Gedanken, ebenso schlecht das Spiel und die Darstellung. Von den Stimmen war nur der zweite Bass und die Altistin gut. Das eingelegte lange Ballet, die Belagerung von Florenz, bot jedoch erfreuliche Entschädigung: Eleganz, Leich- tigkeit und Präcision in der Ausführung der manichfach wechseln- den Tänze und Bilder und bewundernswerthe Leistungen der ersten Tänzerin und des ersten Tänzers. — Der zweite Abend im Theatro nuovo brachte die in Deutschland sehr selten aufge- führte und uns noch gänzlich unbekannte heimliche Ehe von Cimarosa, eine in allen Einzelnheiten ächt mozartische Oper, ”die auch bei uns stets Beifall finden würde. Hier war das Spiel vollkommen befriedigend und die Stimmen bis auf den etwas schwachen ersten Tenor ganz angenehm. — In beiden Theatern waren die Logen nur spärlich, Parquet und Parterre voll besetzt, die Damen in den Logen in den elegantesten Toiletten, viele ge- pudert, und jugendliche mit aufgelöstem herabhängenden Kopf- haar, Tizianische Madonnen nachahmend, leider ohne deren Gesichts- ausdruck und edle Gestalt. So war auch der kurze Aufenthalt in Florenz genussreich verbracht und es galt nun die schwierige Rückreise durch die von den grossartigsten Ueberschwemmungen heimgesuchten Apen- ninen und Alpen durchzuführen. Verschiedene sichere Nachrich- ten meldeten, dass Deutschland nur via Ancona, Triest und Wien zu erreichen sei. Dieser Umweg war uns doch zu weit und zeitraubend, wir vertrauten der schweizerischen Energie und Ge- wandtheit in kritischen Lagen, die wenigstens einen Alpenpass bis zu unserer Ankunft hergestellt haben würden und sie täusch- ten unser Vertrauen nicht. Wir verliessen am 6. Oktober Florenz mit der Bahn, fuhren im fruchtbaren Arnothale hinab bis Pistoja, dann eine Stunde steil in die Apenninen hinauf, durch. elf lange Bd. XXXII, 18es. 18 274 Tunnel, über grossartige Viadukte und wurden hier in gerader bedeutender Höhe über Pistoja nach vier Klassen in Omnibus und riesige Postwagen verladen. Es waren acht solcher Wagen mit je acht und zehn Pferden bespannt, welche unter fortwährenden Peitschenhieben und Schreien scharfen Schrittes die Passhöhe der Apenninen ereilen mussten. Die in langen Schlangenwindungen bequem und vortrefflich angelegte Strasse gewährt fortwährend die herrlichste Aussicht über das Thal bis Florenz und bis ans Gebirge vor Livorno, sowie über die Apenninen. Ueberall Acker- bau, Kastanien, Eichen, Feigen bis zur Passhöhe hinauf, die wir nach zweistündiger Fahrt erreichten. Nach schnellem Pferde- wechsel rollte unsere Wagenkarawane abwärts im engen rauhen Felsenthal, das nur dürftiges Gestrüpp erzeugt, viel romantische wilde Partien bot, bald aber wieder mit Kastanien, Weide und ärmlichen Häusern sich belebte.e Nach einer Stunde fuhren wir in den kleinen Bahnhof des noch engen Thales ein, wo wir nach zweistündigem, in angenehmster Unterhaltung mit einem unserer liebenswürdigsten, viel genannten Diplomaten verbrachten Auf- enthalte mit der noch sieben Male tunnelnden Bahn nach Bologna gelangten. Bologna war uns von einer frühern Reise her noch in frischer und angenehmer Erinnerung (vergl. 1863 Bd. XXII. S. 30) Wir besuchten die Akademie der schönen Künste, um Raphaels Cäcilie von Neuem zu bewundern. Leider ist dieselbe in den grossen überfüllten Saal versetzt, während sie früher viel günstiger in einem eigenen Zimmer stand. Auch den Campo Sarfto mit seinen elysischen Kunsthallen, die um einige erweitert sind, mussten wir wieder sehen. Von den Kunstwerken in den neuen Hallen imponirt ein prachtvolles Standbild von Murat. Die riesige Kirche St. Petronio mit dem reichbelebten Marktplatze, noch andere Kirchen und Plätze — und der Tag war dahin. Die direkte Bahn nach Mailand war zerstört und die Bahn über Ferrara, Padua, Verona beförderte für den wohlfei- len Preis der direkten die Passagiere. Das überraschte uns, denn die Apenninenbahn liess sich ausser dem vollen Fahrpreise für die dreistündige Postfahrt noch 10 Franken für einen ersten Postplatz zahlen. Die Gegend am Bahnhof und dieser selbst, bei unserer früheren Anwesenseit noch wüst und öde, ist nun bebaut, mit schönen Anlagen geschmückt und mit geräumigen Bahngebäuden in ächtem Louvrestyl besetzt. Wir fuhren durch die gut kultivirte fruchtbare Ebene bis an den Po. Damals pas- sirten wir denselben mittelst einer Fähre in Gesellschaft von stattlichen lombardischen Ochsen. Unser Zug hielt vor der lan- gen grossen blos hölzernen Brücke und alle Passagiere mussten in kleinen Trupps von 6 bis 8 Personen zu Fuss hinüber, denn der Fluss war fast bis unter die Balken gestiegen und die Halt- barkeit der Brücke in bedenklichem Grade gefährdet. Auch das 275 Gepäck durfte nur einzeln hinüber getragen werden. Jenseits nahm uns ein neuer Zug wieder auf und führte uns nach halbstündi- gem Aufenthalt durch die überaus üppigen Fluren über Bataglia an den Euganeen entlang nach Padua und von hier durch reichere buntere Landschaftsbilder über Vicenza nach Verona, wo Dun- kelheit enbrach. Während zwischen Bologna und Ferrara auf den Aeckern mit 8 und sogar 10 hochbeinigen kräftigen Ochsen vor einem Pfluge gearbeitet wurde, begnügten sich die Bauern zwischen Padua und Verona mit 6 Ochsen vor einem Pfluge. Was sagen die deutschen Landwirthe zu einem solchen Kraft- aufwande für eine Pflugschaar. — Glücklicher Weise bot uns die stete Aussicht auf die üppige bilderreiche Landschaft ebenso kurzweilige wie genussreiche Unterhaltung, unsere Reisegefährten aber am andern Fenster des Coupe, zwei junge Männer, viel- leicht ein Officier in Civil und ein Kaufmann sassen vier Stun- den einander gegenüber ohne auch nur ein einziges Wort zu wechseln. Erst nach zehn Uhr trafen wir in Mailand ein. Das herrliche Wetter, das während der ganzen Reise nur an dem einzigen Florenzer Sonntage uns verlassen hatte, lud uns ein alle bekannten Orte der reichen und schönen lombardischen Hauptstadt wieder zu besuchen, auch: die von der Jahresausstel- lung geräumten Säle der Brera nochmals zu durchwandern. Abends auf dem Heimwege überraschte uns dann das feenhafte Schauspiel einer fast stundenlangen bengalischen Beleuchtung des imposanten Domes. Die zahllosen 'Thürmchen mit ihren Statuen leuchteten wie glühende durchscheinende Kohlen. Ein unvergesslicher Anblick. Am Vormittage war nämlich die Kaiserin von Russland eingetroffen und ihr zu Ehren hatte der Magistrat diese zauberhafte Beleuchtung veranstaltet. Der Domplatz und die angränzenden Strassen waren denn auch undurchdringlich mit Menschen gefüllt, Im Hotel Reichmann trafen wir von der Ueberschwemmung zurückgeworfene Reisende und erst am Morgen unserer Abfahrt langte die erwünschte Nachricht ein, dass der Splügen wieder fahrbar sei. Unsere Absicht über den Gotthardt zurückzugehen hatten wir schon auf die in Florenz erhaltenen Zeitungsberichte von den grossartigen Verwüstungen aufgeben müssen. Nun sollte wenigstens die Stadt Como, der wir noch auf keiner Reise eines Aufenthaltes gewürdigt hatten, mit einem Besuche bedacht wer- den. Aber welche schreckhafte Ueberraschung! Wir kamen im heitersten Sonnenschein mit der Bahn von Mailand an, der dicht- besetzte Omnibus rollte von Camerlata nach Como und mitten in der Stadt am Dome fuhr er in die Ueberschwemmung hinein und lud uns in der Strasse in eine Barke ab. Wir glaubten nach Venedig versetzt zu sein, denn die Hallen der Erdgeschosse aller Strassen standen zur Hälfte im Wasser. Da war von einem Bleiben natürlich keine Rede, wir ruderten zunächst durch 13 276 die Strassen 'weit in den See hinaus zum Dämpfer. : Der See aber zeigte uns seine reizenden Ufer wieder in schönster Be- leuchtung. Wir nahmen das Billet bis Cadenabbia, um morgen die Villa Carlotta wegen Thorwaldsens Alexanderzug zu besuchen. Aber auch hier steht das Hotel noch unter Wasser, also hinüber nach Bellagio zu Gennazzini’s höher gelegenem Hotel. Aus- geschifft, denn am ganzen See war keine Landungsbrücke zu sehen, mussten wir auf schwankendem Brett die Treppe erreichen, da auch hier das Parterre noch einen Fuss hoch unter Wasser stand. Welch’ ungeheure Wassermassen müssen die Alpen 'ge- liefert haben, da der Spiegel des ganzen Sees um zwölf Fuss sich schnell erhöht hatte, ein Wasserstand, der seit 1829 nicht vorgekommen ist. Indess sank er auch schnell wieder, war schon bis zu unserer Ankunft um 4 Fuss herabgegangen und in der Nacht wieder um 1/2 Fuss. Der Weg nach der Villa Melzi war trocken und mit ihrem Besuche verbrachten wir den Vor- mittag, den Abend vorher auf dem Altane des Hotels im kurz- weiligen Austausch der Reiseerlebnisse mit einigen berliner Herren, welche die Gefahren während der Ueberschwemmung auf der Simplonstrasse mit einigem Humor glücklich überstanden hatten, Der reinste Himmel war wieder über dem See, als wir von Ufer zu Ufer kreuzend nach Colieo fuhren, wo wir auf der Hafenmauer ausstiegen. Die Post nach Chiavenna ist seit unserer Hinreise italienisch geworden und der schweizerische präecise Dienst hat damit aufgehört, was auf und am Wagen sich noch halten kann, wird mitgenommen und die Pferde schleichen lang- sam die ebene Strasse fort. An der Addabrücke sahen wir die erste Verwüstung, indem der hohe Strassendamm hier auf mehre Minuten Länge zur Hälfte fortgerissen war und der Wagen vor- sichtig auf der stehengebliebenen Hälfte fuhr. Der See reichte noch eine gute Strecke bis über Riva hinauf. In: Chiavenna erfuhren wir wieder gegen unsere Berechnung, dass mit heute die Winterfahrten beginnen, die Tagespost nach Chur eingestellt. sei und wir erst Nachts 1 Uhr befördert werden könnten, Also noch ein weiter Nachmittagsspaziergang in das enge Bregell hinein, um und durch die Stadt und dann Ruhe. Bei der spär- lichen Postbeleuchtung sahen wir weuig von den Zerstörungen der Strasse, nur an zwei Stellen sprang der Condukteur herab und führte die Pferde vorsichtig über die schnell aus quergeleg- ten Stämmen construirten Nothbrücken. Die kurzen Wendungen an der steilen Felswand mit dem brausenden Madesimofall hin- auf, dann durch die langen Galerien und in dämmernder Morgen- beleuchtung sahen wir noch in die tiefe 'Thalschlucht hinab. Von der Passhöhe, die noch ganz das Bild wie vor acht Wochen bot, gings schnell ins Rheinthal hinab. Hier meldeten die in allen Stufen des herbstlichen Gelb spielenden Lärchen die vorgerückte Jahreszeit an, wovon wir bis Chiavenna keine Anzeichen erhalten Pr 277 hatten. Die Sonne sandte eben ihre ersten Strahlen in das schneegipfelgekrönte Thal hinab, als wir über die schon wieder hergestellte Rheinbrüicke in Splügen einfuhren. Der einstündige Aufenthalt daselbst war nach der nächtlichen Fahrt ein sehr wohlthuender. Abwärts durch die Roffla und bis zur Viamala hin mehrten sich die Zerstörungen der Strasse, ja bei Andeer war dieselbe an einer Stelle ganz weggerissen und die Nothstrasse durch eine Scheune gelegt. Der Thalboden des herrlichen Dom- leschg bis Reichenau und Chur bot ein Bild der traurigsten Ver- wüstung, Wiesen und Aecker von Schlamm und Kies überlagert. Die Bahn von Chur war bis Maienfeld wieder fahrbar, die kurze Streeke über die Rheinbrücke nach Ragatz, wo der Bahnkörper spurlos fortgeschwemmt worden, gingen wir zu Fuss, Abwärts im Rheinthal bis an den Bodensee hatte die Bahn arg gelitten, dagegen war sie am Wallensee entlang nach Zürich wieder her- gestellt und wir trafen Abends um 10 Uhr im Hotel Bauer am See ein. Wir konnten die reizende Seelandschaft im schönsten Herbst- gewande geniessen, verkehrten mit alten bewährten Freunden, be- gaben uns am zweiten Tage von einem traulich gemüthlichen Mit- tagsmahle zur Bahn und nahmen das nächste Abendbrod wie nur durch eine kurze Spazierfahrt getrennt in unserer Wohnung in Halle. So war die neunwöchentliche Reise ohne irgend eine Un- annehmlichkeit, eine ununterbrochene Reihe der schönsten und erhebendsten Genüsse beendet und die gesuchte körperliche und geistige Auffrischung im reichsten Masse gewonnen. Dieses Re- sultat wünsche ich Jedem, der nach Italien reist und er kann es erzielen, wenn er alle Vorurtheile über das italienische Volk und seine eigenen Alltagsgewohnheiten daheim lässt, dem aufmerksa- men und freundlichen, heitern und liebenswürdigen Begegnen sich zugänglich macht, und einiges Interesse für die reichsten und grössten Kunstschätze der Welt mitnimmt und für die herrliche und wunderschöne Natur sich empfänglich hält. a Halle, Mitte Januar 1869. Giebel. Literatur. Allgemeines. C.G.Giebel, Prof. Dr., der Mensch. Sein Körperbau, seine Lebensthätigkeit und Entwickelung. Mit 50 Holzschnitten. Leipzig 1868. O. Wiegand. 470 S. 8%. — Weder der Mahnrufdes alten Weisen: erkenne dich selbst! noch unser alltägliches: Jeder ist sich selbst der Nächste, wird auf den eigenen Körper und dessen naturgemässe Lebensthätigkeit bezogen und doch befähigt dieser 278 allein uns hienieden zu allen materiellen Genüssen, zu allem geistigen Wirken. Ein solches unschätzbares Besitzthum sollte doch Jeder gründ- lich kennen, schon um es auch gründlich auszunutzen. Diese in den engern und weitern Kreisen der Gebildeten fehlende und doch noth- wendige Kenntniss auf möglichst bequemem und leichten Wege sich an- zueignen bezweckt das vorliegende Buch über den Menschen. Dasselbe enthält nicht in der trockenen Sprache eines Lehrbuches sondern in der leichten unterhaltenden einer lehrreichen Lektüre die Schilderung der Form, Struktur, Entwicklung und Thätigkeit eines jeden Organes, von der Haut und ihren Theilen, vom Knochengerüst und dessen Bän- dern, von den Muskeln, dem Nervensystem und Sinnesorganen, den sämmt- liche die Verdauung und Ernährung unterhaltenden Organen, von denHarn- und Fortpflanzungsorganen, legt den Entwicklungsgang vom Keime bis zur Geburt, den ganzen Lebenslauf dar und schliesst mit sehr eingehenden Be- trachtungen über die Alters-, Geschlechts- und Rassenunterschiede, welche zur Beleuchtung der Abstammungsfrage die unumgänglich nothwendige Grundlage bilden. Endlich wird auch das geologische Alter des Men- schen nach dem gegenwärtigen Stande der Forschungen darlegt. — Zwar hat unsere neueste Literatur verschiedene und selbst vortreffliche Bücher zur allgemeinen Belehrung über die Physiologie des menschli- chen Körpers aufzuweisen, aber dem nicht medizinisch Gebildeten blei- ben dieselben zum grössern und wichtigsten Theile unverständlich, weil er den Bau der Organe nicht kennt. Hier ist nun letzterer stets zu- erst dargelegt und dann die Thätigkeit des Organes und dessen Ent- - wicklung unmittelbar angeknüpft. Eingestreut sind Vergleichungen mit den Thieren, physiognomische und andere gelegentliche Bemerkungen. Für die Beleuchtung der neuerdings durch die Darwinsche Theorie wieder lebhaft angeregten Frage von der artlichen Verschiedenheit und Abstammung des Menschen ist ein neues reiches wissenschaftliches Ma- terial beigebracht, welches die Oberflächlichkeit der darwinistischen Auffassung in ihrer ganzen Blösse nachweist. 2 G. Lange, die Halbedelsteine aus der Familie der Quarze und die Geschichte der Achatindustrie. Kreuznach. 1868. 8°. 1008. R. Voigtländer. — Verf. verbreitet sich über die Eigen- thümlichkeiten und die Entstehung des Achates, giebt dessen Geschichte im Alterthume und Mittelalter, wobei zugleich die übrigen Schmuck- steine quarziger Natur kurz abgefertigt werden, dann die ältere und neuere Geschichte der Achatindustrie zu Oberstein und Idar, schildert die Entdeckung der brasilianischen Achate, den neuen Aufschwung die- ser Industrie, ihren gegenwärtigen Stand, jährlichen Umsatz und die Bearbeitung der Achate. Das Büchlein enthält viel Lehrreiches auch für den, welcher kein merkantiles und nationalökonomisches Interesse an dem Achat nimmt, um deswillen machen wir hier auf dasselbe auf- merksam. Insbesondere sind von allgemeinstem Interesse die geschicht- lichen Kapitel, die unzweifelhaft auch dem Achathändler willkommen sein werden. 2739 L. Blum, Lehrbuch der Physik und Mechanik für gewerbliche Fortbildungsschulen, Stuttgart bei Oetinger; Leipzig und Heidelberg bei Winter. 1868. — Das Buch macht auf keinen besondern wissenschaftlichen Werth Anspruch, sondern soll nur zur Grundlage des Unterrichts in den oben bezeichneten Schulen die- nen und diesen Zweck erfüllt es auch vollkommen; es enthält in 42 Abschnitten den Stoff zu ebensoviel ein- bis zweistündigen Lectionen Mit Rücksicht auf den vorliegenden Zweck ist die Mechanik und die Abschnitte von der Dampfmaschine verhältnissmässig ausführlich be- handelt, Optik und Akustik dagegen kommen etwas sehr kurz weg. Im übrigen ist anzuerkennen, dass auf den 33 Bogen möglichst viel Mate- rial übersichtlich angeordnet ist; die Ausstattung ist gut. Schg. Astronomie u. Meteorologie. Weiss, Berechnung derSonnenfinsternisse in denJahren 1868—1870.— I) Die Fin- sterniss am 22/9; Februar 1868 konnte als ringförmige beobachtet werden in einem schmalen Streifen der sich von dem Punkte 100 SB und 95° WL von Greenwich in der Südsee quer durch S-Amerika, durch den atlantischen Ocean bis in das Innere Afrikas hineinzieht, nämlich ungefähr bis 20°NB und 25 OL. Soviel Referenten bekannt geworden, ist diese Finsterniss nicht genauer beobachtet worden. — 2) Die be- rühmte Finsterniss am 17. August 1868 war total innerhalb eines Strei- fens der bei Gondar in Afrika beginnt, über Aden, die Insel Perim, durch Vorderindien, über Borneo, Celebes, die Molukken und Neu- Guinea sich hinzieht; die lange Dauer dieser Finsterniss sowie die vor- läufigen Resultate sind durch die Zeitungen bekannt geworden. — 3) Am 10), Febr. 1869 wird eine Finsterniss eintreten welche auf einem sehr breiten Streifen ringförmig erscheint; dieser Streifen hebt in der Süd- see an, berührt die Südspitze vom Feuerland, geht über den atlantischen Ocean bis zur Südspitze von Africa und Madagascar; diese Finsterniss ist durch die Breite des Ringes bemerkenswerth. — 4) Totale Sonnen- finsterniss am 7. August 1869; der Kernschatten trifft die Erde bei Nertschinsk, läuft über Ochotsk, nach der Behringsstrasse, überschrei- tet dieselbe etwas südlich von der schmalsten Stelle derselben, geht dann quer über NAmerika weg und endet im Atlantischen Ocean, etwas südlich von Neu-York. — 5) Die Finsternisse am 31. Januar, 28. Juni und 27.Juli 1870 sind nicht total, wol aber die am 2!/ga December 1870; bei dieser steigt die Sonne etwa 3° südlich von der Südspitze Grönlands total verfinstert aus dem atlantischen Ocean empor, der Kernschatten läuft dann rasch nach Süden zur Meerenge von Gibraltar. Lissabon bleibt nördlich. Cadiz befindet sich in der Centrallinie; dann durch- schneidet die Zone der Totalität Algerien und Tunis südlich von ihren Hauptstädten; bedeckt mit ihrem Nordrande den Aetna, streift den südöstlichen Theil von Sicilien, berührt Reggia mit ihren Nordrande, überschreitet das ionische Meer, (Korfu und Kephalonia zum Theil St. Maura vollständig einhüllend) der Nordwesten Griechenlands, Epirus und Thessalien (in Larissa ist die Finsterniss central). Darauf durch- schneidet der Kernschatten Macedonien, Thracien und Rumelien, be- 280 rührt dabei mit dem Nordrande eben noch Salonichi und Adrianopel, lässt aber Constantinopel südlich, geht über das schwarze Meer nach der Krim (Sebastopol central) und dem Asowschen Meer und verlässt kurz darauf die Erde indem dort die totale Finsterniss erst bei Sonnenun- tergang eintritt. In Portugal, Tunis und Sieilien findet die Finsterniss Mittags statt und ist daher dort am besten zu beobachten, die Totali- tät dauert dort 2—2!/ Minute in Thessalien nur noch 1!/. Auf beiden Seiten dieses Streifens ist die Finsterniss natürlich nur eine partiale und zwar ist sie auf einem Bogen der in einer Entfernung von unge- fähr 5° verläuft noch I1zöllig und in einer weitern etwas grössern Ent- fernung 10zöllig. Die Finsterniss ist demnach 1I1zöllig auf den Pyre- näen, auf Corsica, in Perugia, dann in Spalato, zwischen Belgrad und Temesvar, in Karlsburg endlich bei Sonnenuntergang in der Ukraine südlich von Kiew bis südlich von Orel. Die Linie der 10zölligen Fin- sterniss geht über die südwestlichen Ecken der beiden britischen In- seln, Cherburg, Paris bleibt südlich, Chalons und Metz nördlich; Karls- ruh, Regensburg, Prag, Breslau südlich — Heidelberg, Nürnberg, Eger, Liesnitz nördlich; von da über Pultusk und Wilna nach der Waldai- Höhe — nördlich von dieser Linie ist die Finsterniss natürlich noch kleiner, bei uns in Halle z. B. etwa 9°/ızöllig, das Maximum tritt hier ein Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr. Das Ende der ganzen Fin- sterniss fällt mit dem Sonnenuntergang zusammen auf einer Linie die oberhalb der Insel Island vorbeiläuft, die skandinavische Halbinsel bei Christiansund trifft und südlich von Stockholm verlässt, die nördliche Spitze der Insel Gothland berührt und den Continent an der preussisch- russischen Grenze trifft, dann überschreitet sie die Donaumündungen, das schwarze Meer, Klein-Asien, die westliche Spitze von Cypern, Pa- lästina etc. Die grösste Phase der Finsterniss fällt in den Sonnenun- tergang auf einer Linie die durch die Nordspitze von Island, über Umes, Petersburg und Tula geht: der Anfang der Finsterniss endlich fällt mit Sonnenuntergang zusammen auf einer Linie die durch den nördlichen Rand der Ostsee nach Kasan geht; jenseit dieser Linie ist also die Finsterniss gar nicht mehr sichtbar. Auf einer Karte von Europa wird man hiernach die einzelnen Zonen leicht bestimmen können. — (Sitzungsberichte der Wiener Acad. 56, II, 427—455.) Schbg. Astrand,.nöue einfache Zeit und Längenbestimmung. — Die vom Verf. angegebene Methode kann hier nicht ausgeführt wer- den, es genüge die Bemerkung, dass sie auf Beobachtung von Circum- meridianhöhen beruht, für die Rechnung sehr bequem ist und für Nau- tiker auch deshalb sehr vortheilhaft ist, weil sie ausser Breite und Länge, auch noch die wahre Zeit und die Missweisung des Compasses liefert, die übrigen Vortheile der Methode sind in der Originalabhandlung an- gegeben; auch findet man dort die nöthigen Tabellen. — (Zbenda 350-379.) J. Hann, der Einfluss der Winde auf die mittlern Werthe der wichtigeren meteorologischen Elemente zu Wien. — Da die Witterung in der gemässigten und kalten Zone fast 281 ganz durch den Wechsel der Luftströmungen beherrscht wird, so ist die Untersuchung der Abhängigkeit der übrigen meteorologischen Elemente vom Winde eine der wichtigsten Aufgaben der Wissenschaft, die Be. rechnungen Hanns stützen sich auf elfjährige Beobachtungen 1858],, und ergeben unter Andern folgende Resultate. Von den verschiedenen Win- den theilen sich im Wiener Becken besonders NW und SO in die Herr- Schaft, im Frühjahr erreichen einerseits S und SO zugleich auch der N Maxima, der SO erreicht sein grösstes Maximum aber erst im Herbst. Bei Tage herrscht im Allgemeinen N und SO vor, bei Nacht aber aus localen Ursachen SW, W, NW. In den einzelnen Jahreszeiten und im ganzen Jahre treten die Maxima und Minima der einzelnen meteorolo- gischen Elemente bei den in den folgenden Tabellen angegebenen Wind- richtungen ein; unter jeder Windrichtung steht das zu derselben ge- hörende Mittel. Frühling Sommer Herbst Winter Jahr Luftdruck Maximum NO N N 10) N 30,44 30,64 31,67 31,77 31,00 PL. Minimum N) Ww SW SW SW 27,97 29,16 28,20 28,45 28,62 PL. Luftwärme Maximum ° S 0) SW SW SW 946 18,68 989 2,08. 9,24°R Minimum N N N 10) N 6,25 1442 6,76 —249 6,270R Dunstdruck Maximum (0) (0) S sw (6) 29] 449,09 0,3. 03 lee AP, Minimum N N N N N 2,29 4,13 275 1,84 .2,68PL. rel. Feuchtigkeit Maximum O0 Na St) 0, 0-50 70 66 84 89 7500 Minimum S—SW N NW Ww SW 63 60 69 73 680%/8 Bewölkung Maximum NW w NW N NW 6,5 56 64 7,5 6,4 Minimum S 0-50 O0 0) Ss—SO0 4,1 25 46 6,3 4,7 Niederschlagsummen Maximum NV NW NW NW NW 27,380 31,56 16,05 13,12 88,03PL. Minimum O 10) S S 16) 0,855 003 0837 073 8,44PL. Die Aenderungen des Duftdruckes und des Windes folgen — auch im Sommer — dem Doveschen Gesetz und der diametrale Gegensatz zwi- sehen Barometer und Thermometer ist vollständig ausgeprägt; befrem- dend ist es aber, dass die östlichen Strömungen besonders in der küh- 282 lern Jahreshälfte die relativ feuchten, die westlichen die trockensten sein sollen; es hängt dies damit zusammen, dass die warmen Winde rela- . tiv viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen können als die kalten und es ist dies schon früher von Kämtz für Halle ebenso gefunden worden. In Betreff der Niederschläge ergibt sich das kleinste Quantum bei O u. S das grösste bei NW, bei SO tritt seiner Häufigkeit wegen ein secundä- res Maximum ein, bei Tage fällt mehr als bei Nacht, die mittlere In- tensität eines Niederschlags in einer Stunde ist am grössten bei SW, am geringsten bei SO, die Dauer der Niederschläge am grössten bei W, am geringsten bei SO. — (Zbenda 533 —557.) Schbg. J. Hann, die thermischen Verhältnisse der Luftströ- mungen auf dem Obir in Kärnthen (6288 par. Fuss). — Schon längst hat Dove den Satz aufgestellt, dass der Gang des Thermometers und des Barometers in entgegengesetzter Weise abhängen von der Wind- richtung, während das Barometer steigt fällt das Thermometer und um- gekehrt. Aufden meisten Stationen, für welche barische und thermische Windrosen berechnet sind, bestätigt sich dies Gesetz nur im Winter deutlich, während im Sommer durch die Insolation des Bodens u.s. w. allerlei Abweichungen auftreten. Bei einer so hochgelegenen Station wie es Hochobir ist, kann man annehmen, dass die Insolation einen weniger störenden Einfluss hat und die von Hann für sieben Jahre durch- geführte Rechnung zeigt in der That in fast allen Jahreszeiten eine fast unveränderte Lage des Minimums zwischen N und NO und das Maximum zwischen SW und W; sie kommt so in eine grosse Ueberein- stimmung mit den barischen Windrosen; nur im Sommer tritt bei Ost- winden ein secundäres Maximum auf, welches eben im Tieflande eine vollständige Verschiebung der Verhältnisse bewirkt. Dies zweite Ma- ximum ist aber bei dem Jahresmittel der Beobachtungen um 19h (d.i. um 5 Uhr Morgens) nicht vorhanden und entspricht diese Curve fast genau der 40jährigen barischen Windrose von Prag — in Obir ist leider kein Barometer vorhanden; aber es sind ja glücklicherweise alle ba- _ rischen Windrosen einander sehr ähnlich. Man erhält nämlich für Prag mit grosser Annäherung B (x) = a + b.sin (5805° + 45°.x) und für Obir mir ziemlicher Annäherung T (x) = a’ — b'. sin (57052° + 45°. x) Hier bedeutet B (x) das Jahresmittel des Barometerstandes beim Winde (x), T(x) das entsprechende Wärmemittel; x gibt die Windrichtung in der Weise an, dass N=0, NO=1, 0=2..... NW=8; a, b, a’ und b’ sind bestimmte Zahlen. — Der Ansicht, dass die Wüstenwinde aus der Sahara an der Erwärmung unseres Erdtheiles besonderen Antheil ha- ben, sind die Beobachtungen auf dem Obir (um das beiläufig zu erwähnen) nicht günstig, sie bieten vielmehr eine Bestätigung der von uns mehr- fach dargelegten Doveschen Ansicht. — (Zbenda 705—720.) Schbg. K. Jelinek, normale fünftägige Wärmemittel für 80 Stationen in Oesterreich, bezogen auf den Zeitraum 1848 — 1865. — Die Wichtigkeit der fünftägigen Wärmemittel für die Unter- 283 suchung nicht periodischer Aenderungen der Witterungsverhältnisse ist durch Dove’s Arbeiten bekannt genug; es ist daher ein sehr verdienst- volles Unternehmen, dass H. Jelinek diese Mittel für eine so grosse Zahl von Stationen berechnet hat, noch verdienstvoller, dass sie alle nach der Methode der Differenzen auf einen und denselben Zeitraum reducirt sind. Zur Vergleichung mit den früher von uns mitgetheilten Wärmemitteln (Bd. 28, 194—195) theilen wir auch diese 28jährigen Mittel für die Stadt Wien mit; die Pentaden sind die gewöhnlichen 1—5, 6—10.... Jan. —, 31. Jan. — 4. Febr., ...... 27.—31. Dec. Januar Februar März April Mai Juni - 2065 —-02 +24 +68 +89 + 1461 19% 050. 2,91 7,61 10,19 15,33 — 1,69 0,24 2,71 78 12,19 15,09 — 1,72 0,13 2,66 7,24 12,15 14,74 — 0,65 0,45 3,95 8,25 12,75 15,09 — 0,60 1,59 4,75 8,74 13,21 15,20 Juli August September October November December 216501 +iera +1,34 + 1167, #616. -- 1,68 15,76 16,19 13,83 10,33 4,11 —-.0,09 15,31 16,06 12,66 9,54 4,29 + 0,51 16,55 16,21 11,53 8,83 240 + 0,48 16,18 14,87 11,72 8,43 1,10 .— 0,89 16,72 15,51 11,46 7,53 1,22 . — 1,57 — 1,37 (Wiener Sitzungsberichte 56, II, 193—222.) Schbg. K. Jelinek, über die Reduction der Barometerstände bei Gefässbarometern mit veränderlichem Niveau. — Bei diesen Barometern hat man bekanntlich ausser der Correction für die Temperatur noch eine sog. Niveaucorrection anzubringen, welche sich richtet nach dem Verhältniss zwischen der Weite des Rohres und des Gefässes; welche von beiden Correctionen eher anzubringen ist, ist bis jetzt zweifelhaft gewesen und verschieden angegeben. Verf. zeigt, dass die Temperaturcorrection zuerst anzubringen ist, darauf die Niveaucor- rection und zwar nach folgenden Formeln: b = ze — el[let— 3y(t' --13)]) und b=b5b + .c(b'—n) Hier bedeutet ! die unmittelbare Ablesung (in Par. L.), € die Tempe- ratur der Glasröhre und der Scala, £ die des Quecksilbers (Grade R.), «© = 0,00022523 Ausdehnungscoöfficient des Quecksilbers auf IR. $ = 0,00023475 Ausdehnungscoöäfficient des Messings, y der des Glases; n der Barometerstand bei dem keine Niveaucorrection anzubrigen ist, c Verhältniss des Querschnittes des Rohres zu dem des Gefässes, e die Entfernung des Nullpunktes der Scala vom Boden des Gefässes. Die Formeln beziehen sich zunächst auf die Barometer von Kappeller in Wien. — (Ebda Bd. 56, I 655—662.) Schbg. 284 Physik. G. Krebs, ein neuer Adhäsionsapparat. — Zur Bestimmung der Adhäsion zwischen einer Flüssigkeit und einer festen Substanz bedient man sich meistens einer aus dieser Substanz gefertigten Scheibe welche an das eine Ende des Wagebalkens befes- ‘ tigt ist, dieselbe wird äquilibrirt und ihr von unten ein Gefäss mit Was- ser oder Quecksilber genähert bis es berührt; die Trennung der Scheibe von der Flüssigkeit erfolgt durch Auflegen mehrerer Gewichte auf die andere Schale und die Grösse derselben bestimmt die Adhäsion. Diese Methode hat die Schwierigkeit, dass die Scheibe nicht leicht genau ho- rizontal gestellt werden kann; Verf. schlägt daher folgende Modifica- tion des Apparates vor: die Scheibe befindet sich an einem verschieb- baren Gestell und kann durch Mikrometerschrauben leicht und genau horizontal gestellt werden; unter der Scheibe befindet sich auf einer Wageschale ein Gefäss mit der betreffenden Flüssigkeit, welches genau äquilibrirt ist. Nun lässt man die Scheibe herunter, dabei bleibt sie horizontal und berührt also ihrer ganzen Ausdehnung nach die Ober- fläche, durch Herausnehmen von Gewichten aus der andern Wagschale senkt sich die erste und die Flüssigkeit reisst von der Scheibe. — (Pogg. Ann. 135, 144--147.) Schbg. Stefan, über einen akustischen Interferenzapparat. — Dieser Apparat ist im wesentlichen ein Quinckescher Apparat wie er in dieser Zeitschrift Bd. 28, S. 209 beschrieben ist: als Schallquelle dient dabei eine Glasröhre, welche in longitudinale Schwingungen ver- setzt wird, diese Schallwellen werden auf 2 Wegen nach einer zweiten Glasröhre geleitet, in der sich leichtes Pulver etwa Korkfeilicht befin- findet, dasselbe nimmt nach der Kundtschen Untersuchung an den Schwingungen der Luft Theil. Wenn nun die beiden Wege eine Dif- ferenz von einer beliebig grossen Zahl von ganzen Wellenlängen haben, So tritt eine lebhafıe Bewegung des Pulvers ein, beträgt aber die We- gedifferenz eine ungerade Zahl von halben Wellenlängen so bleibt es in Ruhe. Bei Wellen von 12—16 Cm. konnten noch bei einer Differenz. von 20 Wellenlängen die Interferenzerscheinungen deutlich wahrgenom- men werden. Gummischläuche eignen sich nicht zur Fortleitung des . Schalles, weil die Wellen von denselben absorbirt werden, man muss Glas- oder Metallröhren nehmen. — (Sitzungsber. d. Wiener Acad. B. 56 S. 561—562.) Schbg. A. Wüllner, Darstellung eines künstlichen Spectrums mit einer Frauenhoferschen Linie. — Lässt man durch eine dünne Geisslersche Spectralröhre (etwa mit Wasserstoff gefüllt) die Entla- dungen einer Leydener Flasche gehen, welche mit einer Holtzschen Maschine geladen wird, so gibt dieselbe im Spectroscop das Spectrum des betreffenden Gases, bei etwas grösserer Schlagweite der Flasche tritt dazu noch das Natriumspectrum, gerade wie es auch stattfindet, wenn man bei Durchgang des Inductionsstromes die vor dem Spalt be- findliche Stelle der Röhre erwärmt; bei noch grösserer Schlagweite kommt noch das Calciamspectrum in sehr starker Intensität zum Vor- schein: Wenn man die Schlagweite noch mehr vergrössert, so ändert 285 sich‘ die Erscheinung ganz und gar; die Lichtlinie des capillaren Rohres wird blendend hell und im Spectroscop entsteht ein continuirliches Spectrum, welches an der Stelle der vorher hellen Natriumlinie eine . schwarze Frauenhofersche Linie zeigt. Es werden nämlich kleine Glas- splitter im Innern der Röhre losgerissen, welche durch ihr Glühen ein continuirliches Spectrum geben, während die Natriumatmosphäre in der Röhre das gelbe Licht absorbirt; die Caleciumatmosphäre scheint aber nicht dicht genug zu sein, um die betreffenden Stellen schwarz erschei- nen zu lassen. — (Pogg. Ann. 135, 174-176). Schbg. Poppe, über die Gestalt der Flamme des Bunsen- schen Brenner. — Verf. hat die flackernde Flamme eines gew. 3spal- tigen Bunsenschen Brenners beobachtet durch eine rotirende Scheibe, mit einem radialen Spalte, also durch eine Art stroboscopischer Scheibe Der Spalt ist in dem Moment, wo man die Flamme sieht, derselben pa- rallel und man übersieht daher die ganze Flamme. Man erkennt, dass das Flimmern entsteht durch eine rasche und regelmässige Auf- einanderfolge won Erweiterungen und Einschnürungen der Flamme (Bäuche und Knoten). Bei passender Umdrehungsgeschwindigkeit sieht man die wahre Gestalt der Flamme, das wellenförmige Gebilde (Undu- loid) mit überall kreisförmigem Querschnitt erscheint vollkommen unbe- weglich, aus der Rotationsgeschwindigkeit und dem Abstand zweier Bäuche lässt sich alsdann die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen berechnen. — (Zbenda, 330— 331). Schbg. Friesach, über den Einfluss des den Schall fort- pflanzenden Mittels auf dieSchwingungen eines tönenden Körpers. — Der durch Streichen oder Anschlagen eines Trinkglases erzeugte Ton wird durch Hineingiessen von Wasser tiefer. Verf. hat nun eine Anzahl Körper ganz in Wasser getaucht und durch Anstrei- streichen mit dem Violinbogen zum Tönen gebracht, es ergab sich im- mer eine Vertiefung die nur von dem Material, nicht von der Höhe des Tones in der Luft abhängig war. Setzt man den Ton in der Luft über- all gleich c? so gibt unter Wasser die besponnene GSaite der Violine den Ton «a? Violin-Darmsaiten fis? Stahlseiten h2 Silberplatten 9° Goldplatten b2 Glasglocken A! Stäbe aus Eichen- und Buchenholz fis! De Untersuchungen sind noch nicht als geschlossen anzusehen. — (Wiener Sitzungsber. 56, II, 317— 324.) Schbg. A. delaRive, Untersuchung über die magnetische Polarisationsdrehung. — Nach einem kurzen Berichte über die frühern Untersuchungen, namentlich derer von Verdet theilt der ‚Verf. seine neuen Experimente mit und zieht daraus folgende Schlüsse: 4) Die Phänomene der magnetischen Polarisationsdrehung können nur auftreten, wenn der Aether in einem wägbaren Körper eingeschlossen 286 ist, darin eine gewisse Dichtigkeit besitzt und gleichförmig vertheilt ist; sie finden nicht statt im Vacuo, in elastischen Flüssigkeiten und in optisch anisotropen Substanzen. 2) Die Molecularconstitution des Körpers übt ebenfalls einen Einfluss auf die Drehung aus, entweder in- direct indem die Natur der Theilchen auf den Zustand des intermole- kularen Aethers, besonders seine Dichte einwirkt — oder direct indem die Dichtigkeit einer Substanz, unabhängig vom Zustand des darin ent- haltenen Aethers, Einfluss hat auf die Intensität der Polarisation. 3) Hieraus ist zu schliessen, dass die Wirkung des Magnetismus und der electrischen Ströme auf den Aether stattfindet nicht geradezu son- dern vermittelt durch die wägbaren Theile; so erklärt es sich, dass un- ter ähnlichen Umständen der Effect um so bedeutender ist je dichter der Körper, d. h. je gedrängter seine Theilchen liegen, und je mehr Angriffspunkte auf dem Aether vorhanden sind — ferner dass die Dre- hung je nach der Natur der Theilchen in dem einen oder andern Sinne geschieht. — (Pogg. Ann. 135, 237—249.) L. Külp, Bestätigung der Relation 7—a°y 0% mit Hilfe der magnetischen Compensations- oder Nullmethode. — Diese Formel gibt bekanntlich das Verhältniss zwischen der Tragkraft T und dem Gewicht 0; sie wurde bestätigt durch die Versuche, welche auf dem Gesetze beruhen, dass die Wirkung eines Magnetes in die Ferne mit der 3ten Potenz der Entfernung abnimmt. — (Zbenda 148—151.) L. Külp, Untersuchungen über die gegenseitigen Schwächungen der magnetischen Actionen beim Aufeinan- derlegen von Lamellen mit Hilfe der magnetischen Compensations- oder Nullmethode. — Die Untersuchungen bestätigen die Schwächung der magnetischen Wirkung bei Vereinigung mehrer Lamellen zu einem „Magazin“; sie zeigen ferner, dass diese Schwächung bei Stäben von gleicher Intensität vorübergehend ist, während sie bei Stäben von un- gleicher Intensität auch nach dem Auseinandernehmen bleibt. Gerade Lamellen lassen sich leichter in genau gleicher Intensität herstellen als Hufeisenlamellen, diese sind daher beim Auseinandernehmen meistens dauernd geschwächt. Stärkere Lamellen verlieren weniger als schwä- chere und es kann der Fall eintreten, dass die starke Lamelle die gleiche Wirkung hat als das ganze Magazin, das aus einer starken und einer schwachen Lamelle zusammengesetzt ist. Verf. empfiehlt daher zur Herstellung von „Magazinen“ nur „Ersatzmagnete“ d. h. Lamellen von gleichem Magnetismus anzuwenden. — (Zbdal51—-166.) Schbg. F. Kohlrausch, über die von der Influenzmaschine erzeugte Electricitätsmenge nach absolutem Masse. — Durch Beobachtung der magnetischen Wirkungen ergab sich eine fast constante Wirkung der Maschine an verschiedenen Tagen; 2) eine fast vollständige Unabhängigkeit der Electricitätsmenge vom Abstande zwi- schen den Saugern und der rotirenden Platte (innerhalb der Gränzen, die die Dimensionen der Maschine steckten. 3) Eine fast genaue Pro- portionalität der Stromstärke mit der Drehungsgeschwindigkeit. Beim 287 Vergleich mit einer sehr wirksamen Winterschen Reibungselectrisirma- schine, bei der die Electricitätsmenge der Drehungsgeschwindigkeit ebenfalls nahezu proportional war, zeigte sich, dass die Holtzsche Ma- schine im Verhältniss 10:3 ergiebiger ist. In magnetischen Maassen ist die Stromstärke der Holtzschen Maschine =0,00037, während die eines Groveschen Elementes =17,8 ist; eine Kette von 2 solchen Bechern liefert im menschlichen Körper das 22fache des von der Maschine ge- lieferten Stromes. Hiernach ist an eine Ersetzung der galvanischen Ketten durch die Holtz’sche Maschine nicht zu denken, bei solchen Wirkungen, welche der Intensität proportional sind; anders ist es mit den Wirkungen, welche dem Quadrat der Stromstärke proportional sind (Wärmewirkungen) oder mit den physiologischen, die mit der Schnel- ligkeit der Stromänderung im Verhältniss stehen, diese Wirkungen kön- nen unter Umständen den galvanischen nahe kommen (vgl. Schwanda, diese Zeitschrift Bd. 31, 488). — (Zbda 120-125.) W. Rollmann, über die künstliche Darstellung von Blitzröhren. — Künstliche Blitzröhren sind schon früher von Savart u. A. mit Hilfe einer grossen Batterie angefertigt, indem man den Fun- ken durch Glaspulver gehen liess (Pogg. Ann. 13, 117); leichter gelingt der Versuch, wenn man statt des Glaspulver Schwefelblumen anwendet. Dieselben werden entweder in eine Glasröhre gethan oder in ein be- sonders dazu eingerichtete Glas; der Funke reisst das Pulver mecha- nisch auseinander und schmilzt es oberflächlich; durch vorsichtige Be- handlung kann man die geschmolzene Masse in Gestalt einer Röhre aus dem Pulver herausholen. Andere Substanzen gaben kein so gutes Resultat. Zusatz von Eisen oder anderen Metallen zum Schwefel lie- ferte gefärbte Röhren. Der durch Einschaltung eines nassen Fadens er- haltene rothe Funken lieferte einen dünnen, regelmässig gewundenen Faden, ohne Loch in der Mitte, wie solche auch in der Natur beob- achtet sind. Nähere Angaben über die Handgriffe bei den Versuchen finden sich im Original. — (Edda 134, 605- 615.) Schbg. A. Geissler, neue Erfahrungen im Gebiete der elec- trischen Lichterscheinungen. — H. Geissler in Bonn hat meh- rere Röhren angefertigt welche durch Reibung zum Leuchten gebracht werden können ; sie bestehen aus einer evacuirten spiralförmig gewun- denen engen Röhre, die sich in einer weitern, nicht evacuirten Röhre befindet. Werden diese Rühren der Länge nach gerieben, so leuch- sen sie in verschiedener Menge je nach der Qualität der kleinen Menge Gas in der engen Röhre; als Reibzeug können Seide, Wolle, amalga- mirtes Leder u.s. w., besonders Katzenfell dienen; am besten leuchten die Röhren,‘ wenn man einen Streifen Kammmasse mit Katzenfell reibt und mit diesem Streifen die vorher geriebene Röhre berührt und mit derselben an der Röhre auf und abfährt; bei grossen derartigen Röhren tritt ein Nachleuchten (Aufblitzen) ein. — Geissler hat auch Röhren dargestellt, die fast luftleer sind und etwas Quecksilber enthalten, beim Schütteln leuchten dieselben mit verschiedenem Licht je nach dem Gase, mit welchem sie vor dem Auspumpen gefüllt waren. Doch tritt diese 288 Erscheinung nicht immer ein und es ist bisher ‚noch nicht gelungen ‚die Bedingungen aufzufinden, unter denen das Leuchten stattfindet, — (Ebenda 135, 332 — 335.) Schbg, A.Paalzow, Bestimmung der electromotorischenKraft, der Polarisation und des Widerstandes geschlossener gal- vanischer Ketten mit Hilfe der Wheatstoneschen Brücke, — Verf. gibt 5 Formeln, nach denen sich mit Hilfe von drei Versuchen ie electromotorische Kraft der offenen Kette, der geschlossenen, die Grösse der Polarisation und der Widerstand zu berechnen ist. — (Ebda 326— 330.) C. Kuhn, die electromorische Kraft der Gase, — Verf, gibt eine Berichtigung zu einer Tabelle seiner „Electricitätslehre“ ; da- nach ist z. B. die electromotorische Kraft für Platin- Wasserstoff —= 19,08 (nicht 29,10), Platin-Chlor 10,58 (nicht 7,58) u.s.w. Hierdurch erledigt sich ein in jenem Buche geäussertes Bedenken, — (Zbda 331-332.) Pincus, eine neue galvanischeKette, resp. Batterie für Aerzte und Physiker. — Bei dieser neuen Batterie wird zu Verhütung der Polarisation am negativen Pol Chlorsilber benutzt, welches den frei- werdenden Wasserstoff oxydirt. Das Element besteht aus einem Reagir- gläschen, welches bis auf */; mit verdünnter Schwefelsäure oder auch mit Kochsalzlösung gefällt ist; am Boden des Gläschens befindet sich ein Fingerhutartiges Gefäss von dünnem Silberblech (1 Q.-Z. Fläche), welches mit; Chlorsilber gefällt ist, ein durch Glas oder Guttapercha isolirter Leitungsdraht ist ans Silber gelöthet und ragt oben aus dem Gläschen hervor. Das Glas ist mit einem Korke geschlossen. Ein Stück- chen reines amalgamirtes Zink von der Grösse eines Quadratzolles, an welchen ein gut isolirter kupferner Leitungsdraht angelöthet ist, taucht in die Erregungsflüssigkeit und lässt sich dem Silber leicht nähern und von ihm entfernen und auch ganz aus der Flüssigkeit herausziehen. Zu, einer Batterie werden bel. viel Elemente in einem passenden Ge- stelle verbunden. — Wenn sämmtliches Chlorsilber zersetzt ist, so wird‘ am Silber lebhaft Wasserstoff entwickelt; das grosse speecif. Gewicht des Chlorsilbers macht die Thonzelle unnöthig, der Strom ist daher ziem- lich stark, 4 Elemente zersetzten Wasser und reichten aus zum tele- graphiren zwischen Königsberg und Insterburg (mit einem Morse ‘ohne Relais). Die Batterie ist gut transportabel und sehr constant. Weitere Versuche mit Chlorsilberketten von anderer Form und grösserer Ober- fläche wird der Verf. später veröffentlichen. -— (Zbda167--174.) Schbg. W. Beetz, electrisches Vibrations-Chronoscop. — Die Methode, Stimmgabeleurven zur Messung kleiner Zeitintervalle zu be- nutzen ist bekannt und es sind zur Ausführung dieser Methode schon verschiedene Apparate construirt. Der Verf. hat zu diesem Zweck einen Apparat construirt, welcher dem Königschen Apparate zur Combination zweier Schwingungsbewegungen ähnlich ist. Um auch Messungen für längere Zeit möglich zu machen hat er dem Apparate noch eine andere Form gegeben, in der die Stimmgabel auf einen ‘rotirenden Cylinder 289 schreibt, die Stimmgabel wird durch einen electrischen Strom in stetem Gange erhalten. — (Zbda 126—134.) Schbg. H. Buff, über Inductionströme höherer Ordnung. — Durch einen fortwährend unterbrochenen galvanischen Strom entstehen bekanntlich 2 entgegengesetzte Inductionsströme, welche aus einzelnen momentanen Elementarströmen bestehen; nach dem einfachen Gesetze der Induction müssen durch jeden dieser Ströme wieder 2 entgegenge- setzt gerichtete Ströme inducirt werden, so dass man 4 Inductions- ströme 2ter, in gleicher Weise 8 Inductionsströme 3ter Ordnung enthält. Der experimentelle Nachweis dieser mehrfachen Ströme war bisher noch nicht gelungen, der Verf. hat ihn jetzt dadurch geführt, dass er einen „Analysator“ anwandte, der folgende beide Stellungen zuliess: entweder finden die Schliessungen des Hauptstromes den Nebenstrom schon geschlossen, während den Unterbrechungen des Hauptstromes die- jenigen des Nebenstromes vorhergehen; in diesem Falle kommen nur die entgegengesetzt gerichteten Inductionswellen zu Stande — oder es fin- det gerade das Gegentheil davon statt. Im allgemeinen geht aus den Versuchen hervor: unter den 4 seceundären Inductionsströmen. wiegt keiner so vor, dass er den Character der secundären Induction kenn- zeichnet. Die alte Regel über die Richtung des Inductionsstromes zwei- ter Ordnung, nach der derselbe dem Hauptstrome entgegengesetzt ist, ist also nicht als richtig anzusehen, obgleich zugegeben werden muss, dass meistens nach dieser Richtung sich die grösste secundär inducirte Kraft entfaltet. — (Zbda 134, 481—498.) Schbg. E. Warburg, Beobachtungen über den Einfluss der Temperatur auf die Electrolyse. — Wird verdünnte Schwe- felsäure bei gewöhnlicher Temperatur electrolysirt: so scheidet sich jedesmal an der negativen Electrode nur Wasserstoff aus, bei hö- herer Temperatur auch Schwefel resp. Schwefelwasserstoff, bei hinrei- chend erhöhter Temperatur nur Schwefel. Bei gleicher Stromesdichte ist diese ziemlich gut characterisirte Temperatur für Electroden von verschiedenen, reinen und blanken Metallen ziemlich gleich (je nach der Concentration 120°— 140%); für eine Electrode von fein vertheiltem Platin (platinirtes Platin) ist diese Temperatur viel niedriger (90°). Durch Auffindung analoger Phänomene bei der Electrolyse von Metalllösungen (Kupfervitriol, Goldchlorid, Chlorblei) erhält die beobachtete Erscheinung eine grössere Allgemeinheit. Beiläufig zeigte sich , dass Schwefel in Schwe- felsäure vom Kochpunkt 200° löslich sei. — (Zbda 135,114—120.) . Schög. Paalzow, über das Leitungsvermögen einiger Flüs- sigkeiten für Wärme. — 3—4 Thermometer wurden so in eine mit der betreffenden Flüssigkeit gefüllte Röhre gebracht, dass ihre Gefässe in der Axe sich befanden; da die Versuche keinen Anspruch auf grosse Genauigkeit machen, so theile ich nur mit, dass die untersuchten Sub- sStanzen sich in folgende Reihe ordnen lassen, wo die erste Substanz die bestleitende ist: Quecksilber, Wasser,‘ Kupfervitriol, Schwefelsäure, Zinkvitriol, Kochsalzlösung. Nach dem Leitungsvermögen für Electri- eität ordnen sich dieselben Substanzen in folgende Reihe: Quecksilber, Bd. XXXII, ı186s. 19 290 Schwefelsäure, Kochsalz, Zinkvitriol, Kupfervitriol, Wasser. — (Zdda 134, 618-620.) Schbg. V.v. Lang, ÖrientirungderWärmeleitungsfähigkeit ein- axigerKrystalle.— Untersuchungen überdie Wärmeleitungsfähigkeitvon Krystallen sind bisjetzt ausgeführt von Senarmont. Der Verf. hatausmöglichst gleichmässig ausgebildeten Krystallen dünne Platten geschnitten, auf densel- ben einen Wachsüberzug hergestelltund die durch Schmelzung erzeugten El- lipsen gemessen. Aus den Ellipsen die sich in den verschiedensten Rich- tungen (parallel und senkrecht zur Axe) ergeben findet man das Ellip- soid, welches die Wärmeleitungsfähigkeit ausdrückt. Der Verf. bezeichnet die Substanzen mit abgeplattetem Wärmellipsoid (d. h. also solche die in der Richtung der Axe schlechter leiten als in der Richtung senk- recht zur Axe) als thermisch negativ, die mit verlängertem Wärmeel- lipsoid aber als thermisch positiv (nach Analogie der Wellenfläche für die in einaxigen Krystallen ausserordentlich gebrochenen Lichtstrahlen). In den meisten Fällen stimmt das optische und thermische Verhalten überein, so sind z. B. Rutil, Zinnstein, Calomel, Harnstoff und Quarz optisch und thermisch positiv, arsen- und phosphorsaures Kali, schwe- felsaures Nickeloxyd, Idokras und Turmalin optisch und thermisch ne- gativ; dagegen ist Korund optisch positiv, thermisch negativ, Kalkspath und Beryll aber umgekehrt optisch negativ und thermisch positiv. Ab- solut genaue Zahlen für das Vordringen der Wärme kann man nicht geben, weil das Experiment nur das Vordringen einer bestimmten Tem- peratur angibt, jedenfalls liegen aber die Maxima dieser beiden Ge- - schwindigkeiten in demselben Sinne. — (Zbda 135, 29-42.) Schbg. O0.E. Meyer, zur Erklärung der Versuche von Stewart und Tait über die Erwärmung rotirender Scheiben im Va- cttum. — Schon früher hat Meyer die Versuche von St. und T. erklärt durch die Erschütterungen des Räderwerkes, welches die Scheibe in Rotation versetzt; jetzt benutzt er die Angaben über die Grösse der ‘Schwankungen der Scheibe 'um den Coefficienten der Wärme-Ausstrab- lung der Scheibe in absolutem Masse zu berechnen. Die Rechnung er- ‘Bibt für die Wärmestrahlung den Werth % = 0,0017, derselbe enthält keine willkürliche Wärmeeinheit, sie bezieht sich vielmehr lediglich auf ‘sog. ‘absolute Einheiten: ‘Millimeter, Zeitsekunde und die Dichtigkeit des Wassers als Einheit der specif. Gewichte; sie gilt für eine durch 'Kienruss 'geschwärzte Oberfläche in einem luftverdünnten Raume, des- sen Spannung = 7,6mm Quecksilber war. Es geht daraus hervor, dass eine Fläche von 1 Quadratmeter, welehe um 1°C. über die umgebende verdünnte Luft ‘erwärmt ‘worden ist in einer Secunde eine Wärmemenge verliert welche '0,72 Kilogrammeter äquivalent ist. — Nach Versuchen ‘und Rechnungen von'Dulong 'und Petit und von Neumann in Königsberg ergibt sich auf einem ganz andern Wiege % =0,0013, welches ‚Resul- 'tat mit Rücksicht ’auf die vorhandenen Fehlerquellen als rübereinstim- "mend 'zu betrachten ist. —- (Abenda 125, 285-293.) Schbg. Chcmie. M. Berthelot, über das Baryumalkoholat — Bei der Einwirkung von "Barythydrat 'auf /Alkohol entsteht -ein:Ba- 291 riumalkoholat, welches dem Natriumalkoholat analog ist. Beim Kochen der alkoholischen Barytlösung scheidet es sich in unlöslicher Form ab und kann bei 100% in einem Strome von trockenem Wasserstoffgas ge- trocknet werden. — (Ann. Chem. Pharm. CÄLVII. 124.) A.Gautier, über eine neue von Cyanwasserstoffsäure derivirte Base. — Behandelt man die Chlorwasserstoffsäure-Verbin- dung der Cyanwasserstoffsäure mit absolutem Alkohol, so löst sich das Salz zuerst auf; aber nach einiger Zeit tritt eine lebhafte Einwirkung ein, das Gemisch erhitzt sich und eine kleine Menge Chlorammonium, welche sich in Folge der Anwesenheit von etwas Wasser immer bildet, zeigt an, dass die Reaction vor sich geht; man führt die letztere da- durch zu Ende, dass man den zugeschmolzenen Kolben auf 100° erhitzt. Unterwirft man, nach dem Abfiltriren des Chlorammoniums, die Flüssigkeit der Destillation, so geht zuerst eine unterhalb 20° siedende, als Aethylchlorür zu erkennende Flüssigkeit über, und dann eine bei 55° siedende angenehm aetherisch riechende Flüssigkeit, welche amei- sensaures Aethyl ist. Beim weiterem Eindampfen der alkaholischen Flüssigkeit, bleibt ein unterhalb 100° schmelzender Rückstand, welcher im leeren Raume über Chlorcaleium getrocknet, kleine farblose, kör- nige Krystalle giebt, welche analysirt wurden und nach der Formel CH,N;Cl zusammengesetzt waren. Die Substanz bildet sich gemäss fol- gender Gleichung: wi GH SH, | CHO an +2 0 — CH,NCl + un + 19 Diese Verbindung ist eine farblose krystallinische Substanz, sehr leicht in Wasser und’Alkohol löslich und äusserst hygroskopisch. Sie schmilzt gegen 81°, beim langen Erhitzen auf 100° zersetzt sie sich allmälig und hinterlässt einen Rückstand von Chlorammonium. Durch Einwirkung von Aetzkali wird sie zersetzt, es bildet sich Amseisensäure, Ammoniak und Chlerkalium. — (Zbenda CXLVI 352.) E. v. Gorup-Besanez, Synthese des Guajacols. — Bei der Behandlung mit Jod und Phosphor liefert die vorzugsweise aus Guajacol bestehende Sorte des rheinischen Buchenholztheerkreosots Jod- methyl und Brenzkatechin. Die von Kekul& ausgesprochene Vermuthung, das Guajacol sei als der saure Methyläther des Brenzkatechins SHseH aufzufassen, steht mit diesem Befunde in völliger Ueberein- ‚9CH; Oo stimmung. Man durfte also erwarten, dass es gelingen werde, durch Ein- führung von Methyl in das Molekül des Brenzkatechins Guajacol syn- thetisch zu erhalten. Gleiche Moleküle Brenzkatechin, Kalihydrat und methylschweiel- saures Kali wurden in einer zugeschmolzenen Röhre 8 bis 10 Stunden lang auf 170 bis 180° C. erhitzt, und verwandelte sich der Röhreninhalt in eine braune, ölige mit Krystallen von schwefelsaurem Kali durchsetzte Masse. Das braune Oel besass den reinen Geruch des Guajacols, ge 292 schmeckte brennend und gab in Weingeist gelöst mit Eisenchlorid die für das Guajacol charakteristische smaragdgrüne Färbung. Die Syn- these erfolgt sehr wahrscheinlich glatt nach der Formelgleichung: £sHs0 + KHO + EH;KS9S, = K,50, + €Hs0g + H20. — (Zbda CXLVII 247.) O0. Hesse, über Conchinin. — Der Verfasser bezeichnet mit diesem Namen die Chinabase, welche bisher unter den Namen Pi- tayin, Chinidin, $Chinidin $Chinin BChinin, krystallisirtes Chinoidin und Cinchotin bekannt war, da das natürliche Vorkommen dieser Base auf eine nahe Beziehung derselben zum Cinchonin hinweist, und wurde diese Beziehung durch Versetzen der beiden ersten Vokaie mit dem Worte „Cinchonin“ erhalten. Das Conchinin giebt mit Chlor und Ammoniak dieselbe grüne Farbe wie das Chinin, und ist auch mit demselben isomer, im Uebrigen nähert es sich aber dem Cinchonin. Das Conchinin lenkt gleich wie das Cinchonin die Polarisations- ebene nach rechts ab. Es bildet mit Rechtsweinsäure ein leicht lösli- ches neutrales Salz, das durch verdünnte Seignettesalzlösung nicht ge- fällt wird, ganz wie das Cinchonin, während die linksdrehenden Baseu, das Chinin und Chinidin mit derselben Säure schwerlösliche neutrale Salze bilden, die unlöslich in verdünnter Seignettesalzlösung sind. Aus einer neutralen Salzlösung dieser vier Alkaloide werden so- mit durch verdünnte Seignettesalzlösung der linksdrehenden Alkaloide gefällt, während die rechtsdrehenden Basen in Lösung bleiben. Ver- mischt man dann ferner die verdünnte Lösung der letzteren Basen mit Jodkaliumlösung, so’ wird nur das Conchinin abgeschieden. Andere Basen als die genannten finden sich nicht in den soge- nannten Fabrikrinden vor; es wäre denn, dass die Rinde beim Ein- sammmeln, Transport u.s.w. Schaden gelitten hätte, in welchem Falle die amorphen Modificationen dieser Basen auftreten. Das: Conchinin findet sich in jeder Chinarinde, ganz besonders aber in den Pitoyarinden; die es bis 1,6 pC. enthalten. Ausserdem fin- det man es in erheblicher Menge in dem Chinoidin, in welches es in Folge seiner chemischen Eigenschaften gelangt und ist diese Substanz als das beste Material zur Conchininbereitung zu empfehlen. Die Ge- winnung der Base aus dem Chinoidin ist leicht. Man extrahirt letzte- res mit Aether, destillirt denselben ab und löst den Rückstand in ver- dünnter Schwefelsäure. Die in der Wärme mit Ammoniak neutralisirte Lösung wird mit Seignettesalzlösung vermischt, bis kein krystallinischer Niederschlag mehr entsteht; dieser aus Chinin und Chinidintartrat be- stehende Niederschlag wird mit verdünnter Seignettesalzlösung ausge- waschen, das Filtrat mit Thierkohle behandelt, filtrirt und die ver- dünnte Lösung mit Jodkaliumlösung versetzt, worauf die Abscheidung eines krystallinischen Pulvers , des Conchininjodates erfolgt. Der Nie- derschlag wird auf einem Filter gesammelt, mit Wasser ausgewaschen und hieraus mittelst Ammoniak die Base abgeschieden und schliesslich durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt. 293 Das Conchinin krystallisirt in vierseitigen glänzenden Prismen, welche an trockener Luft leicht verwittern. Es löst sich bei 15° C. in 2000 Theilen Wasser; bei 10° ©. in 35 Theilen Aether; bei 20° C. in 26 Thl. Alkohol (80p6.) Wird seine Auflösung in verdünnter Schwefelsäure einige Stunden in einem ver- schlossenen Gefäss auf 100° C. erhitzt, so geht es in die amorphe Mo- dification über, welche mit Jodwasserstoffsäure ein leicht lösliches, nicht krystallisirendes: Salz bildet. Die Zusammensetzung der bei 120° getrockneten Base entspricht der Formel C,Hz4N20;. Das Conchininsulfat wird seit einiger Zeit in grösserer Menge und in ziemlich reiner Form unter dem Namen BChi- ninsulfat in den Handel gebracht, und da dasselbe billiger ist ais das Chininsulfat, so ist leicht eine Verfälschung des letzteren mit Conchinin resp. BChinin denkbar, dessen therapeutischer Werth nicht viel höher sein dürfte als der des Cinchonins. ‚Man benutzte zur Nachweisung des Conchinins im Chinin und Chinidin das ungleiche Verhalten ihrer Sul- phate zueiner mässig verdünnten Seignettesalzlösung, eine Methode, die zwar nach van der Burg durchaus verwerflich sei, aber in dem Vor- hergehenden ihre volle Würdigung findet. Nach Kerner lieferte ein mit Conchinin. vermischtes Chininsulphat eine Lösung die mit der für Chinin zulässigen Menge Ammoniak versetzt einen bleibenden Nieder- schlag giebt. — (Zbenda CXLVI 357) W.Lossen, über die Einwirkung von Zinn und Salz- säure auf Salpetersäure-Aethyläther. — Bei der Reduction des Salpetersäure - Aethylaethers durch Zinn und Salzsäure entsteht neben Salmiak ein Körper von der Zusammensetzung NHz®HCl, das salzsaure Salz des Hydroxylammins; ausserdem bilden sich in geringen Quantitä- ten kohlenstoffhaltige Producte, die nach dem Auskrystallisiren des Salmiaks und des chlorwasserstoffsauren Hydroxylamins in der Mutter- lauge enthalten sind, von denen der Verf. nur einen Bestandtheil un- tersucht hat, welcher sich als eine Base von der Zusammensetzung N&,H,,9 erwiesen hat, und als zweifach aethylirtes Hydroxylamin an- gesehen werden kann. Der Verf. beschreibt dann ausführlich das Ver- fahren, welches er angewandt hat um dies Hydroxylamin rein zu erhal- ten, er lässt 120 Thl. Salpetersäureäther, 400 Thl. granulirtes Zinn, 800 bis 1000 Thl. Salzsäure von 1,19 spec. Gew. und deren dreifaches Volum Wasser in einem Kolben ohne Anwendung von Wärme aufeinander wirken. Nach Vollendung der Reaction wird die Flüssigkeit mit einem gleichen Volum Wasser verdünnt, das Zinn durch Schwefelwasserstoff gefällt und das Filtrat anfangs über freien Feuer, dann auf dem Was- serbade eingedampft. Zuerst krystallisirt Salmiak aus, bei weiterm Ein- dampfen erhält man ein Gemisch von Salmiak und salzsauren Hydro- xylamin und in der, Mutterlauge sind die übrigen kohlenstoffhaltigen Basen enthalten. Die von ihm dargestellten und untersuchten Verbin- dungen sind folgende: salzsaures, schwefelsaures, salpetersaures, phos- phorsaures, essigsaures, oxalsaures, weinsaures und pikrinsaures Hydro- 294 xylamin. Dann das neutrale Oxalat, das Sulphat, Phosphat und Chlor- platinat der Base N&4H,ı®. — (Zbda Suppl. VI 220.) V. de Lugnes und G. Esperandieu, über pyrogallus- saures Ammoniak. — Pyrogallussaures Ammoniak lässt sich im kry- stallisirten Zustande in der Art erhalten, dass man Pyrogallussäure in Aether löst und die Flüssigkeit mit Ammoniakgas sättigt. Es scheidet sich ein weisses sehr deutlich krystallisirtes Salz aus, welches eine be- stimmende Verbindung von Pyrogallussäure mit Ammoniak ist. — (Ebda 252.) A. Claus, über die Zersetzung des Traubenzuckers in alkoholischer Lösung durch Kupferoxyd; Bildung von Oxymalonsäure (Tartronsäure). — In den Ann. Chem. Pharm. CXXVII 297 veröffentlicht Reichardt eine Untersuchung der Producte, welche sich bei der sogenannten Trommer’schen Probe auf Trauben- zucker bilden; er fand Gummi und eine neue Säure von der Formel CsH5040, welche er Gummisäure nannte. Nach genauen Untersuchungen des Verf. erweist sich diese von Reichardt gefundene Säure von anderer Zusammensetzung nämlich C;3H,0, und ist dieselbe Oxymalonsäure ge- nannt worden. Als ein Hauptproduct der Oxydation des Traubenzuk- kers durch Kupferoxyd tritt die Oxymalonsäure jedenfalls nicht auf, da man verhältnissmässig nur geringe Mengen bei der Reaction erhält, un- zweifelhaft bildet sich ausser ihr noch Ameisensäure, Oxalsäure, Essig- säure und eine dem Dextrin nachstehende Gummiart. Die Identität der Oxymalonsäure mit der von Dessaignes aus Weinsäure erhaltenen so- genannten Tartronsäure ist noch nicht sicher constatirt. — (Zbda CAZVI, 114.) Dr. W. Markownikoff, über die Acetonsäure. — In der Zeitschrift f. Chem. 1866 502 wies der Verf. auf die Möglichkeit der Identität der Dimethoxalsäure mit Acetonsäure hin. Für diese Annahme spricht insbesondere die Bildungsweise der Acetonsäure aus Aceton und Blausäure. Um hierüber Gewissheit zu erhalten wurde dieselbe nach dem von Städeler beschriebenen jedoch etwas abgeänderten Verfah- ren frisch dargestellt. Eine Mischung von Aceton Blausäure, und ver- dünnter Salzsäure wurde nach dreiwöchentlichem Stehen drei Tage lang mit aufsteigendem Kühler gekocht, nachher im Wasserbade abge- dampft, bis der Acetongeruch verschwunden. war. Die wässrige Flüssig- keit wurde mit Aether extrahirt. Nach dem Verdampfen des Aethers enthielt die stark saure, gelblich gefärbte Flüssigkeit Ameisensäure, Salzsäure, etwas Blausäure und Acetonsäure; erstere wurde dureh wei- teres Abdampfen entfernt. Die stark mit Wasser verdünnte Flüssigkeit, wnrde kochend mit kohlensaurem Ziuk neutralisirt, und beim Eindam- pfen der heiss filtrirten Lösung schied sich acetonsaures Zink ab. Um hieraus die freie Säure zu erhalten, wurde das Salz mit Schwefelwas- serstoff zersetzt. Die Acetonsäure ist in Wasser, Alkohol und Aether leicht löslich, sie krystallisirt in langen Nadeln, welche leicht Feuchtig- keit aus der Luft anziehen. Bei 50° sublimirt sie und bildet zolllange weisse, ziemlich harte Krystallnadeln, welche bei 79° schmelzen. Diese 295 Eigenschaften der Acetonsäure stimmen mit denen der Oxyisobuttersäure vollständig überein. Um sich noch weiter der Identität der Acetonsäure und der Oxyisobuttersäure zu vergewissern, wurde das Zinksalz der letzteren dargestellt; und fand sich dass auch dieses mit dem aceton- sauren Zink ganz übereinstimmte. Obige Thatsachen lassen über die Identität der Acetonsäure mit der Dimethoxalsäure und der normalen Oxyisobuttersäure keinen Zwei- fel. Ihre Bildung lässt sich, durch folgende Gleichung interpretiren: cH CHs \ 09 + Hoy — CH, ) 60H. £H; Cy Dieser Cyanalkobol verwandelt sich bei der Einwirkung von Salzsäure in die entsprechende Säure und Ammoniak. ei H, 69 £H; 60H + 2H,0 + HOl = so 30 + NHLCI. Cy \ (Ebenda CXLVI 339.) A. Pedler, über die isomeren Formen der Valerian- säure. — Frankland und Duppa sprechen die Vermuthung aus, dass bei der Oxydation der beiden optisch verschiedenen Amylalkohole auch verschiedene optisch wirkende Valeriansäuren erhalten würden. Nach Pasteur’s Angabe wurden gleiche Theile concentrirte Schwefelsäure und Amylalkohol gemischt; das Gemisch nach 24stündigem Stehen mit koh- lensaurem Baryt neutralisirt, um amylätherschwefelsauren Baryt zu er- halten. Das aus dem activen Amylalkohol sich bildende Salz ist nach Pasteür’s Angabe etwa 2!/Jamal löslicher als das aus dem inactivem Amylalkohol entstehende. Das Gemenge beider Salze wurde durch öftere fractionirte Krystallisation geschieden und beide Salze rein erhalten. Die beiden Amylalkohole wurden durch Zersetzen der beiden Salze durch kohlensaures Natron und nachheriges Kochen mit überschüssi- ger Schwefelsäure dargestellt. Der aus dem weniger löslichen amyl- ätherschwefelsauren Barytsalze erhaltene Amylalkohol siedete bei 129°C.; er besass einen durchdringenden und erstickenden Geruch und einen bren- nenden Geschmack und zeigte sich ohne Einwirkung aut das polarisirte Licht. Der aus dem löslichern amylätherschwefelsauren Baryt erhaltene Amylalkohol siedete bei 128° C., besass einen mehr obstartigen Geruch, und lenkte in einer 50 Centimeter dicken Schicht den polarisirten Licht- strahl um 17° nach Links ab. Die durch Oxydation mit Schwefelsäure und sauren chromsauren Kali erhaltenen Valeriansäuren hatten ver- schiedene Eigenschaften. Die aus dem optisch inactiven Amylalkohol erhaltene Säure siedete bei 175° C. und war ohne die geringste Einwirkung auf polarisirtes Licht. Es ist höchst wahrscheinlich, dass diese Säure mit der Isopropylessigsäure identisch ist. Die Säure aus dem optisch activen Amylalkohol siedete bei 170°C. und drehte in einer 50 Centimeter dicken Schicht die Polarisationsebene nach Rechts. — (Ebenda CXLVI1 243.) W. H. Perkin, über die künstliche Bildung des Cuma- rins und seiner Homologen. — Bekanntlich giebt das Cumarin 296 beim Schmelzen mit Kalihydrat Salileylsäure und Essigsäure, und liess diese Thatsache auf eine nahe Beziehung des Cumarins zu der Sali- cyl-Reihe vermuthen. Unter der Bezeichnung Acetosalicol ist ein mit Cumarsäure isomerer Körper beschrieben worden, welcher beim Schmel- zen mit Kalihydrat, dieselben Zersetzungsproducte giebt wie die Cumar- säure. Der Verfasser versuchte durch Einwirkung von Natriumsalicyl- wasserstoff auf Essigsäureanhydrid Acetosalicylwasserstoff darzustellen. Der Natriumsalicylwasserstoff verliert, wenn er mit Essigsäureanhydrid zusammen gebracht wird, bald seine gelbe Farbe; nachdem man das Gemisch einige Minuten gekocht hat, setzt sich ein öliger Körper zu Boden, welcher der Destillation unterworfen wurde. Anfangs ging et- was Essigsäureanhydrid dann etwas Salicylwasserstoff über, dann stieg die Temperatur auf 290° und ein in der Vorlage krystallinisch werden- der Körper ging über, welcher aus Alkohol umkrystallisirt wurde. Das Product war kein Acetosalicylwasserstoff, da es dafür 1 Aeg. Wasser zu wenig enthielt; er entsprach der Formel des Cumarins £5H,®,. Die- ses künstliche Cumarin gleicht in allen seinen Eigenschaften dem na- türlichen aus den Tonkobohnen erhaltenen Cumarin, es ist mit ihm vollkommen identisch. Das Cumarin ist nur ein Glied einer ganzen Reihe homologer Körper; durch Einwirkung von Buttersäureanhydrit und Valeriansäureanhydrit auf Natriumsalicylwasserstoff wurde Butter- säure-Cumarin, Valeriansäure-Cumarin erhalten. Der Unterschied der Formel ist €3H, wie zwischen den Formeln der Essigsäure und Butter- säure. Die Reaction durch welche das künstliche Cumarin gebildet wird, scheint in zwei getrennten Phasen vor sich zu gehen: einer er- sten, in welcher Acetosalicylwasserstoff entsteht nach der Formel: (ca H I €9 H ) Kal es) ai acto ei (ei, T Acy® und dann einer zweiten, in welcher aus diesem Acetosalicylwasserstoff durch das Austreten von | Aeq. Wasser Cumarin gebildet wird. — (Ebda 219) 4 C. Schorlemmer, über den Caprylalkohol ausRicinus- oel. — Der bei der trocknen Destillation des Rieinusöl’s erhaltene Al- kohol soll nach Bouis Caprylalkohol sein, dagegen glaubt Kolbe, dass derselbe ein secundärer Alkohol sei und zwar dem Siedepuncte nach zu schliessen Methyl-Hexylcarbinol. Der Verfasser bestätigt letztere Ansicht; durch gemässigte Oxydation lässt sich der Alkohol vollständig in Methyloenanthol überführen, in das ihm entsprechende Aceton, wel- ches bei der Darstellung des Alkohols häufig als Nebenproduct auftritt, Das Methyloenanthol zerfällt bei weiterer Oxydation in Capronsäure und in Essigsäure. — (ZEbda CXLVII 222.) Dr. C. Stalmann, Untersuchung einiger Salze der na- türlichen und künstlichen Valeriansäure. — Die natürliche Valeriansäure wurde einer mehrfachen Rectificirung unterworfen und das bei 175° C. übergehende besonders aufgefangen ; der constante Sie- depunkt und die Verbrennung mit Kupferoxyd stellten die übrige Rein- 297 heit desselben fest. Die künstliche Säure wurde nach Kolbe’s Lehrbuch Bd.1 8.867 aus Amylalkohol bereitet, das Product siedete ‚bei 174,6%C. Mittels dieser Säuren wurden die Baryt-, Strontian-, Zinkoxyd- und Chininsalze dargestellt. Das Barytsalz der natürlichen Säure krystalli- sirte im Vacuum über Schwefelsäure leicht in grossen Blättern, während das der künstlichen Säure nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte. Die Strontian-, Zinkoxyd- und Chininsalze beider Säuren stimm- ten in ihren Eigenschaften vollkommen überein; die Krystallisationsun- fähigkeit des aus der künstlichen Säure dargestellten Barytsalzes ist der einzige erhebliche Unterschied; er beweist aber wohl hinlänglich dass die beiden Säuren nicht identisch sondern isomere sind. — (Zbda 129.) J. A. Wanklyn und R. Schenk, über die Synthese der Capronsäure. — Kohlensäure wirkt auf Natriumäthyl und Natrium- methyl ein, es bildet sich im ersten Falle propionsaures, im zweiten Falle essigsaures Natron. Es schien wünschenswerth zu sein, eine pa- rallele Reaction höher in der Reihe zu erhalten, und wurde hierfür die Amylgruppe gewählt. — Nach Frankland und Duppa’s Verfahren wurde Quecksilberamyl aus Jodamyl und verdünnten Natriumamalgam, unter Zusatz von etwas Essigäther, um die Reaction zu erleichtern, darge- stellt. Aus diesem wurde durch Digeriren mit Zink, Zinkamyl erhalten, welches durch Zusammenschmelzen mit Natrium in einer zugeschmolzenen Glasröhre in Natriumamyl umgewandelt wurde. Bei derBehandlung dieses mit Kohlensäure findet Wärmeentwicklungstatt, und nachdem die Eiwirkung beendigt war, wurde Wasser zugesetzt, die Lösung im Wasserbade zur Trockene verdampft und mit verdünnter Schwefelsäure destillirt; das Destillat war eine ölige Flüssigkeit, welche die Eigenschaften der Ca- pronsäure besass. — (Zbda Suppl. VI 120.) Dr. Th. Wilm und Dr. G. Wischin, Versuche mit Phos- gen und Phosgenäther. — Die Verf. richteten ihr Hauptaugenwerk auf den Chlorkohlensäureäther; doch scheiterten die meisten Versuche zum Theil an dem leichten Zerfallen des Aethers bei höherer Tempe- ratur in Chloräthyl und Kohlensäure, sowie an der ausserordentlichen Neigung desselben Kohlensäureäther zu bilden. Durch Erhitzen des Phosgenäthers mit Ameisensäure-, Essigsäure-, Bernsteinsäureäther konnte die Entstehung von Oxaläther,' Melonsäureäther erfolgen; Amylwasser- stoff, Benzol, Naphtalin mit Phosgenäther in verschlossenen Röhren er- hitzt, konnten die Entstehung von Benzoeäther und Valeriansäureäther veranlassen. Bei allen diesen Versuchen zerfällt das Molecül des Phos- genäthers, wenn die Temperatur gegen 150° C. erreicht hat in Chlor- aethyl und Kohlensäure, ohne dass die Substanzen, welche damit zu- sammen gebracht waren, afficirt werden. Merkwürdig ist die Einwir- kung von Natrium auf Chlorkohlensäureäther, derselbe spaltet sich da- mit in Chlornatrium, Kohlenoxyd und Kohlensäureäther. Beim Zusam- menbringen von Aldehyd-Ammoniak mit Chlorkohlenräureäther entsteht Carbaminsäureäther, Aldehyd und Salzsäure. Phenol lieferte mit Phos- genäther Salicylsäure neben viel Kohlensäurephenyläthyläther. Fast alle’ 298 vom Ammoniak derivirenden Verbindungen wirken leicht auf Chlorkoh- lensäureäther ein, welches sich auch bei dem Anilin bestätigt hat; beide Körper wirken heftig auf einander ein, es bildet sich Carbanilinsäure- äther von der Formel niCıaHls [C202] C4H;0,. Alle mit diesem Körper angestellten Reactionen beweisen, dass er nur isomer mit der Anthra- nilsäure resp. deren Aether ist und sich vielmehr ganz analog dem Urethanen verhält. Bei der Einwirkung von Kalilauge auf Carbanilid- säureäther bildet sich Biphenylcarbamid. — (Zdda CXLVII 150.) J. Wislicenus und V.Stadnicki, über eine neue, durch trockene Destillation der Weinsäure entstehende Säure, — Bei einer Darstellung von Pyrotraubensäure, wo zur Zersetzung der Weinsäure eine eiserne Retorte durch Holzfeuer geheitzt, benutzt wurde, erhielt man zwischen 170 und 210° eine hellbraune, ölige Flüssigkeit als Destillat welche vollständig von nadelförmigen Krystallen durch- wachsen war. Die ölige Flüssigkeit besteht aus Pyrotraubensäure und Pyroweinsäureanhydrit, und erweisen sich die nadelförmigen Krystalle als ein neues Destillationsproduct der Weinsäure, indem sie ausseror- dentlich schwer in Wasser löslich waren. Am bedeutenästen ist die Ausbeute bei ziemlich schnell geleiteter Zersetzung der Weinsäure, ge- ringer bei langsamer Destillation oder zu schnellen Feuern der Retorte. Der Körper bildet im reinen Zustande farblose, stark glasglänzende Nadeln, welche sich in 400 Theilen heissen Wasser lösen, dagegen von Alkohol und Aether leicht aufgenommen werden. Die Lösungen reagi- ren entschieden sauer. Von den Salzen der Säure sind die Alkalien und alkalischen Erden in Wasser löslich, während das Silber und Blei- salz unlöslich sind. Ihre empirische Zusammensetzung entspricht €H,03 und sie hat den Namen Pyrotritarsäure erhalten. Was ihre Constitu- tion betrifft, so gehört sie zu den Ketonsäuren und hat die Formel 65H} \co erhalten. — (Zbda CXLVI 306.) (C0.0H A. Wurz, über die Identität des künstlichen und des. natürlichen Neurins. — Der Verf. hat in den An. Chem. Pharm. Suppl. VI. 116 mitgetheilt, wie er auf synthetischem Wege das Neurin erhalten habe, und dass sich das chlorwasserstoffsaure Salz des Trime- thyloxäthylammoniums mit dem chlorwasserstoffsauren Neurin durch Lös- lichkeit und Krystallform vollkommen identisch zeige. Er stellte ferner die Platinchloriddoppelsalze dar, welche in Wasser löslich sind und wurden so grosse Krystalle erhalten, dass durch genaue Messungen derselben die Identität der Formen constatirt wurde. Die von Baeyer angegebene characteristische Eigenschaft des chlorwasserstoffsauren Sal- zes des Neurins, die Reduction desselben mit Jodwasserstoffsäure hat auch bei dem künstlichen Neurin zugetroffen. Beim Erhitzen der con- centrirten Lösung des Neurins bis zum Kochen zersetzt sich die Base, es entweicht neben anderen Zersetzungsproducten Trimethylamin, und im. Rückstande wurde eine über 190° siedende Flüssigkeit gefunden 299 welche die Eigenschaft des Glycols zeigte. Dies führte den Verf, dazu, eine neue Synthese des Neurins zu versuchen; er liess in einem ver- schlossenen Kolben Trimethylamin und Aethylenoxyd auf einander wir- ken, auch erhielt nach dem Neutralisiren der alkalischen Flüssigkeit auf Zusatz von Goldchlorid den characteristisch gelben, aus Goldchlo- rid-Doppelsalz des Neurins bestehenden Niederschlag. — Hierdurch wären also alle Zweifel bezüglich der Identität deskünstlichen und na- türlichen Neurins beseitigt‘ — (Zbenda Suppl VI 197.) Geologie. L. Zeuschner, der Dolomit im devonischen Gebirgszuge zwischen Sandomierz und Chenciny.— Trotz ihrer mächtigen Entwicklung blieb diese Bildung als Kalkstein betrachtet un- berücksichtigt. Der Dolomit bildet hier kleine Gebirgsmassen, mächtige Lager, z. Th. einen bestimmten Horizont unter dunkelgrauen Schiefern mit Posidonomya venusta und grauem derben Kalkstein. Er ist stellen- weise ausgezeichnet krystallinisch, mit starkem Glanz, von grauer Farbe, nur selten schneeweiss, löcherig und blasig und in dieser Varietät leb- haft an den Dolomit des Schliern in STyrol erinnernd. Er ist deutlich geschichtet und entschieden sedimentär, die Schichten 2°°— 2‘ mächtig, mit seltenen Petrefakten, in einer Mergelschicht mit Lingula paralleloi- des, in einer andern mit Lagern lydischen Steines, der an die Feuer- steinknollen im jurassischen Scyphienkalk erinnert. Viele dieser Dolo- mite sind mitteldevonischh N von Kielce zwischen Niewachlow und Miedzianna Gora steht ein kleiner Gebirgsrücken von O nach W strei- chend. An seinem OEnde erscheint graues Kalkconglomerat, auf der Höhe von grauem derben Kalkstein vertreten, W herrscht grauer kör- niger Dolomit. Im Steinbruche des Kapellberges wird der Dolomit zum Brennen gewonnen, bildet 10 — 15° dicke Schichten, in einer ein Lager lydischen Steines, 15° darunter ein Lager aus kleinen Quarzkrystallen durch Eisenoxydhydrat verbunden, an den Dolomit angewachsen, nach oben im geschichteten Dolomit ein Lager von Dolomit - Conglomerat, Stücke grauen Dolomits mit krystallinischem Dolomit verkittet. Hundert Schritte davon geschichteter mergeliger Dolomit mit der erwähnten Lin- gula, weiterhin im krystallinischen Dolomit kleine Spiriferen. All diese . Sehichten neigen NO h. 2. unter 30°, in einer Viertelmeile Entfernung aber gegen N. Am Berg Sieliczna gegenüber Mildziana haben wir die Verlängerung des Bergrückens mit viel Steinbrüchen. Zuoberst dickge- schichteter Dolomit, krystallinischkörnig und grau unter 45° nach NO h 2 einfallend, mit Crinoidengliedern. Die westliche Verlängerung bil- det der Berg Sachetua mit sehr schön krystallinischkörnigem Dolomit, dessen grössere Körner gebogen, stark glasglänzend. Umwandlung durch Magnesiadämpfe ist hier nicht zulässig, da unveränderter Kalkstein die Unterlage bildet. — Mitten aus rothem Sandstein, nach Pusch buntem, erhebt sich der schroffe Rücken bei Zagnansko 3000‘ lang von O nach nach W, aus grauem krystallinischkörnigen Dolomit in Schichten von 1—3° unter 40° gegen NO h 1—2 geneigt, mit von wasserhellen Quarz- krystallen und derbem Quarz ausgefüllten Blasenräumen und mit undeut- lichen Korallen. Im mächtigen dolomitischen Kalk von Labendzin bei 300 Morowicka erhebt sich ein kleiner Dolomithügel, krystallinisch feinkör- nig und grau, spec. Gew. 282, 53,90 kohlens. Kalkerde, 45,21 kohlens. Magnesia, 0,06 kohlens. Eisenoxydul, ferner Thonerde, Kieselsäure und kieselsaure Thonerde. Am WEnde dieses Rückens steht rother Quarz- fels zu Tage in Schichten unter 40° gegen NO als Unterlage des Dolo- mits. In O lehnt sich an den Dolomit rother dickschiefriger Sandstein des bunten Sandsteines mit SNeigung unter 30°. Der Dolomit bei Boc- zentyn ist dicht und ohne deutliche Schichtung. Weiterhin zwischen buntem Sandstein und Quarzfels ein Dolomitrücken, undeutlich krystal- linisch körnig, grau, ohne jegliche Einschlüsse, NO unter 40° einfallend, von Löss bedeckt. Am mächtigen Quarzfels im Dorfe Centskow ein Rücken von grauem Dolomit 1/ Meilen lang, 1000 Schritt breit, deut- lich geschichtet in 1—3‘ starke Bänke unter 50° N einfallend, meist dunkelgrau, doch auch gefleckt und dann blasig mit weissen Dolomit- rhomboedern erfüllt oder mit erdigem Brauneisenstein, mit viel Koral- len und Bivalven, von einer dünnen Sandschicht bedeckt. Im S von Pisaszyn erhebt sich ein hoher Felsenrücken, der aus krystallinisch- körnigem grauen Dolomit besteht und weiter südlich bei Skalka grauer derber Kalkstein beide von Löss bedeckt. Bei Planta unfern Iwaniska traf man beim Brunnengraben wieder denselben Dolomit. Auf solchem steht ferner Ujazd von Quarzfels umgeben und weiterhin das Dorf Krempa. Bei Tudorow und Opatow ist der Dolomit weiss und ausge- zeichnet krystallinisch, voller Hohlräume mit durchsichtigen Rhomboe- dern. Verf. schildert noch dasselbe Auftreten bei Leszczkow, Lagow, Makoszyn und tritt also der Dolomit in 15 Meilen Länge zwischen de- vonischem Kalkstein, Quarzfels und buntem Sandstein auf ohne die mindeste Spur von plutonischen Gebirgen in der Nähe. Die nächsten rothen Quarzporphyre sind 15 Meilen entfernt, noch weiter die Tra- chyte. Die sedimentäre Bildung ist ausser allem Zweifel. — (Neues Jahrb. f. Min. 797—804.) U.Schlönbach, die norddeutschen Galeritenschichten und ihre Brachiopodenfauna. — Die Schicht mit Galerites al- bogalerus gehört seit v. Strombecks Untersuchungen dem obern Pläner an und ist eine eigenthümliche Modifikation dessen zweiten Gliedes, der weissen Brongniartischichten, sind also diesen synchronistisch, wo die einen vorkommen, fehlen die andern. Erste ersetzen bisweilen auch einen Theil der Scaphitenschichten so am Fleischerkamp bei Salzgitter und führen dann auch als Seltenheit einige Arten der Skaphitenschich- ten. Die Galeritenschichten sind also eine Facies bald auf einem be- stimmten paläontologischen Horizont beschränkt, bald auf mehre sich erstreckend. Verf. meint dagegen nun, dass der Anfang der Scaphiten- schichten, die über den Galeritenschichten in typischer Entwicklung an vielen Orten auftreten, erst da anzunehmen, wo das massenhafte Vor- kommen der Galeriten und ihrer Fauna gänzlich aufhört, um so mehr, da gleichzeitig eine lithologische Veränderung an dieser Gränze aufzu- treten pflegt. Eine scharfe paläontologische Gränze zu ziehen ist übri- gens nicht möglich. Das Profil der Plänerschichten am Fleischerkamp 301 westlich von Salzgitter ist folgendes. Unter dem zum obersten Gault gehörigen Flammenmergel folgt der cenomane Pläner 21—22 Meter mäch- tig, darüber 3 Meter rother Pläner mit Inoc. labiatus und dann 26 Me- ter Galeritenpläner, endlich Scaphitenpläner ohne freie obere Gränze. Im Galeritenpläner erscheint eine ungemein reiche Brachiopodenbank zugleich mit vielen Fischzähnen, Ammonites peramplus, Scaphites Gei- nitzi, Inoceramus Brongniarti, Echinocorys gibba, Holaster planus, In- fulaster excentricus und Hagenowi, Micraster breviporus, Galerites sub- conicus, Discoidea infera, Salenia granulosa und Bourgeosi, Cidarig cretosa, subvesiculosa und clavigera, endlich Cystispongia bursa. Beson- ders wichtig ist hier der Inoc. Brongniarti, der auch in den obersten Schichten des Galeritenpläners häufig ist, im Scaphitenpläner aber fehlt. Ganz verändert erscheint die Facies im 5 Minuten östlich entfernten Steinbruche am Ringelberge, wo die Schichten unter 50—52° W ein- fallen. Hier folgen dem 54 Meter mächtigen Flammenmergel mit Am- monites splendens Thonmergel mit Belemnites ultimus (Tourtia), dann 33 Meter unterer Pläner mit Amm. Mantelli und varians, Scaphites aequalis, Inoceramus cuneifurmis etc, nun 10 Meter grauer Pläner mit Amm. rhotomagensis, Holaster globosus etc., darüber splitteriger weis- ser Kalk petrefaktenarm, vielleicht noch zum Rhotomagensispläner ge- hörig. Scharf abgeschnitten folgt rother Pläner mit Inoc. labiatus 41 Meter mit wechsellagerndem weissen Kalk und häufigen Inoc. Brong- niarti und labiatus, Terebratula subrotunda, Rhynchonella Cuvieri und Galerites subrotundus. Der weisse Brongniartipläner, in welchem Inoc. labiatus hier fehlt, ist sehr reich an Brachiopoden wie am Fleischer- kamp, dagegen fehlt Galerites subconicus gänzlich, ebenso Cystispongia, bursa, Terebratula Becksi, T. defluxa und Rhynchonella ventriplicata. Der Scaphitenpläner, klingend und leicht spaltbar führt auf seinen Schichtflächen Baculites, Hamites, Helicoceras, Scaphites Geinitzi, Am- monites peramplus und Neptuni, Holaster planus, Infulaster, Rhyncho- nella Cuvieri, Terebratula lima und subrotunda, Pecten Nilsoni. Dieser schneeweisse Kalk hat 53 Meter Mächtigkeit. Ueber ihm folgt der Cuvieripläner zugleich mit Micraster cortestudinarium, dickplattig, grau mit Mergelschichten, in der Tiefe mit Mieraster breviporus, M. cor- testudinarium und Inoceramus Cuvieri, zum letzten Male treten auf Scaphiten, Hamiten und Amm. peramplus, höher fehlen die Cephalo- poden gänzlich, die beiden Leitarten werden häufiger und grösser und Spongien erscheinen, häufig Achilleum rugosum, das Ganze 48 Meter Meter mächtig. Dann folgt ein Mergelthon als tiefstes Niveau der Quadratenkreide mit Bel. Merceyi und verus und Marsupites Milleri. Jüngere Schichten fehlen. Auffallend ist die grosse Verschiedenheit derselben Bildung am Fleischerkamp und am Ringelberge, verschiedene physische Lebensbedingungen an zwei benachbarten Orten, worüber nur Vermuthungen möglich sind. Andere Aufschlüsse der Galeritenschich- ten bietet ein Steinbruch zwischen Weddingen und Beuchte nahe Vienen- burg, die Umgebungen von Ahaus, Graes und Oeding im Münsterschen, letzte von Römer als weisse Schreibkreide gedeutet. Sehr deutlich ist 302: die Auflagerung des Galeritenpläners auf dem rothen Pläner am Fahr- wege zwischen Beuchte und Weddingen, am sogenannten Schlangen- berge, in den untern Schichten viel Brachiopoden, in den obern Echi- nodermen. Andeutungen des Galeritenpläners finden sich am Harlyberge- Bei Vienenburg am Eisenbahndurchschnitt nach Harzburg. Letzter deckt den obern Pläner 155 Schritt lang auf mit allen Schichten vom rothen bis Cuvieripläner, nördlich von der Mergelgrube erkennet man die Zone des Micraster coranguinum am sogenannten Linsenkampe. Doch sind die Lagerungsverhältnisse durch einen nahen Gypsstock gestört. Es be- ginnt nämlich der Eisenbahneinschnitt südlich mit steil anfgerichteten gegen N fallenden Schichten des rothen Pläners, darüber normaler weis- ser Brongniarti- und Scaphitenpläner. Mitten in diesem erscheinen die Schichten plötzlich geknickt und auf dem Scaphitenkalk lagert steil ge- schichtet ein grauer Mergelkalk mit der Fauna des cenomanen Pläners mit Amm. rotomagensis, dann wieder in gestörter Lagerung harter weis- ser Kalk als oberster Cenomanglied oder armer Rotomagensispläner, wieder in discordanter Lagerung sehr, steil gegen S einfallend weisser Scaphitenpläner, darauf mit geringer Neigung gegen S fester Mergel- kalk der Zone des Micraster cortestudinarium entsprechend, endlich die obern mergeligen Lagen derselben Zone. Diese letzten Partien von der NGränze. des Rotomagensispläners bis an das Ende des Durch- schnittes befindet sich in übergekippter Lage. In diesem Durchschnitte nun ist keine Spur der Facies des Galeritenpläners, oberhalb im Wald- boden aber stehen. einige hellröthliche Felsen mit Terebratula Becksi, Galerites subrotundus und rotomagensis, die sonst der nächst tiefen Zone des Inoc. labiatus angehören. — Nirgends in der norddeutschen Kreide kommen soviel Brachiopoden vor, wie in den Galeritenschichten, hier machen sie weit über die Hälfte der reichen Fauna aus, demnächst herrschen die Echinodermen. Am Fleischercamp bei Salzgitter fanden sich nämlich unter 4000 Petrefakten 1252 Terebratula subrotunda, 1209 Galerites albogalerus, 617 Rhynchonella Cuvieri, 410 Terebratula Becksi, _ 132 Megerleia lima, 102 Ananchytes gibba, 80 Fischzähne, 38 Holaster, 35 Cystispongia, 34 Micraster und 23 Rhynchonella plicatilis, 22 Tere- bratula chrysalis, 12 Terebratula defluxa, 9 Terebratula rigida, 9 Sca- phites Geinitzi, 4 Cardiaster, 4 Infulaster, 1 Discina alta etc., Inoceramus Brongniarti mag nach den schlechten Exemplaren berechnet 150 mal da sein, alle andern Gattungen sind ganz untergeordnet, Dimyen fehlen tast ganz. In dem weissen Brongniartipläner als dem verbreitetsten Aequivalent der Galeritenschichten treten dagegen die Brachiopoden und Echinodermen gegen die Inoceramen sehr zurück, Cephalopoden und Bivalven herrschen vor. Zu den Brachiopoden der Galeritenschichten sich wendend giebt Verf. zunächst eine vertikale Verbreitungstabelle der 12 Arten und beleuchtet dann dieselbe im einzelnen. T. rigida Swb sehr selten bei Ahaus, Salzgitter, Goslar. — T. chrysalis Schl nur etwas häufiger meist in der Varietät T. striatula Mant, doch auch als elegans d’Orb, Faujasi Roem, defrancei Brgn, auriculata Roem. — 3. T. subro- tunda Swb (= semiglobosa Swb, carnea Bronn, intermedia, ovata und 303 minor Roem, punctata, elongata, subundata, obesa, acuta Reuss) fasst Verf. ganz wie Davidson auf. Ihre Armschleife gleicht der der T. car- nea und der lebenden T. vitrea, besteht also aus 2 sehr kurzen, schwach divergirenden, ansteigenden Lamellen mit kurzen stumpfen Fortsätzen in der Mitte und durch eine schwach zurückgekrümmte Lamelle ver- bunden, alle Lamellen sehr breit. In der kleinen Klappe beide Adduk- toreindrücke sehr kräftig und klein, ganz von den grossen Ovarien um- geben, von ihnen laufen zwei divergirende Furchen zur Stirn hin, zwi- schen diesen und den Rändern der Schale noch zwei andere schwä- chere. In der grossen Klappe zwei vom Schnabel ausgehende divergi- rende Furchen, zwischen denen die Muskeleindrücke liegen, auch ihnen schliessen sich seitlich zwei schwächere Furchen an. Die Lage der Muskeln stimmt mitT. vitrea und carnea überein, Die Adduktormale lie- gen der Schnabelspitze nahe und berühren einander, die Retractormale näher der Stirn, die Stielmuskelmale lehnen sich an die Innenseiten der Medianfurchen und liegen zwischen den beiden andern Paaren. Die Ovarien nehmen seitwärts von den Hauptfurchen einen noch grössern Raum ein, als in der andern Klappe. Verf. kritisirt nun Deslongchamps Epithyris und fügt noch einige Bemerkungen zu Davidsons Kritik der Synonyınen hinzu. Die Art ist eine der häufigsten und verbreitetsten in der Kreide, beginnt unmittelbar über den obersten Schichten des untern Pläners mit Amm. rotomagensis, entfaltet ihren grössten Reich- thum im Galeritenpläner und verschwindet erst mit dem Auftreten des Micraster coranguineum. — T. Carteri Davids kleiner als in Eng- land. Ihre Armschleife ist sehr kurz und besteht aus zwei breiten an- steigenden Lamellen, fast parallelen, vorn durch die halbmondförmig zurückgebogene Brücke verbunden. Die Art ist von T. subrotunda un- terschieden durch den viel schmäleren und mit grösserem Loch verse- henen Schnabel. Vielleicht ist-T. Toucasana d’Orb identisch. Sie be- schränkt ihr Vorkommen auf den Galeritenpläner und die weissen Bron- gniartischichten, kömmt sehr selten noch im Scaphitenpläner vor. — T. Becksi Roem. wird beschrieben und ist sehr variabel, in gewissen Formen der T. subrotunda sehr ähnlich, in andern schmal, lang und dreieckig. Sie ist lokal häufig, aber vertikal beschränkt, nur in Gesell- schaft der Galeriten, bei Vienenburg in der obersten Abtheilung des rothen Pläners, an allen andern Orten über demselben im Galeriten- pläner, nicht mehr im Skaphitenpläner. Ausser in Norddeutschland noch im westlichen Frankreich. — T. flexuosa n. sp. wird als ganz eigenthümlich beschrieben, ähnelt äusserlich Magas Geinitzi, nur im Galeritenpläner bei Salzgitter und Ahaus. — T. lima Defr häufig in den Galeritenschichten. — Rhynchonella Cuvieri d’Orb (= T. pisum Buch, Mantelliana Roem, plicatilis Roem, Martini und Montellana Stromb) ungemein häufig im Galeritenpläner und ausserordentlich variabel, von der ähnlichen Rh. Mantellana verschieden durch die weniger scharfen und erst gegen die Mitte hin recht deutlichen Rippen. In Deutschland vom rothen Pläner aufwärts verbreitet in der ganzen Folge Jer jüngern Kreideschichten bis zum Bel. mucronatus hinauf. — Rh. ventriplanata 504 n. sp. wiederum sehr häufig und variabel, von der sie begleitenden Rh. Cuvieri, welche zahlreichere, feinere, in der Wirbelgegend oft sich spal- tende Rippen hat, unterschieden, demnächst Rh. Mantellana ähnlich und unter deren Namen scheint sie meist aufgeführt zu sein. Sie ist bei Ahaus nächst den Galeriten die häufigste Art, an andern Orten äusserst selten. — Rh. plicatilis Swb (= octoplicata und laevigata Roem, Jugleri Gein) beginnt im Galeritenpläner und geht durch alle Schichten bis zum Bel. mucronatus hinauf, am häufigsten im Lager des Spondylus spinosus. — Crania parisiensis Defr nur bei Goslar. — Discina alta n. sp. nur nach zwei Exemplaren von Salzgitter. — (Wiener Sitzungs- berichte 1868. Januar LVlI. 181-223. 3 Tf) L. Pflücker von Rico, die rhätischen Gruppen in der Gegend von Göttingen. — Seit Bornemanns Arbeiten über den Göt- tinger Lias ist das Auftreten des Rhät in diesem Gebiete bekannt. Der- selbe parallelisirte die Schichten noch mit den Cardinienschichten von Halberstadt und erst Credner deutete sie richtig. Verf. untersuchte sie von Neuem. Am WAbhange des kleinen Hagens treten in einem Was- serrisse ‘die rhätischen Schichten | Meter mächtig hervor und zwar 1. dünne Lagen von schwarzen und graugrünen Schieferthonen und Mergeln wechselnd mit harten quarzitischen Platten mit Protocardia Ewaldi, Cassianella contorta, Cardium cloacinum, Trigonia postera, Mo- diola minuta, darunter 2. sehr fester dichter graulichweisser Sandstein mit kieseligem Bindemittel und Pfianzenresten 10 Meter mächtig, unter diesem 3. ein graugelber Thonsandstein mit Lagen von Schieferthon, reich an Fischzähnen und Schuppen ein wahres Bonebed. Die Schich- tenreihe wird speciell angegeben. Weniger günstig ist der Aufschluss am Klusberg 20 Minuten NO von Göttingen. Die Schichten fallen nach O ein, unter ihnen liegt ein Knochenlager, darüber ein harter gelbli- cher Sandstein mit undeutlichen Pflanzenresten, endlich quarzitische Platten mit den vorhin angeführten Petrefakten. — Beim Dorfe Deiter- see, Kreis Eimbeck am linken Bachgehänge folgen unter den ächten Liasschiefern a. dunkle blättrige Thone 2 Meter mit kleinen Bivalven, b. Sandstein 6 Meter ued darunter ce. Schieferthone. Die Schichten strei- chen © 20° S und fallen mit 10—15° S ein, der Sandstein ist gelb, mit thonigem Bindemittel, nach oben grau und bituminös, oben mit Mu- scheln erfüllt: Protocardia rhaetica, carinata, Modiola minima. Die lie- genden Thone entsprechen den Protocardienthonen vom kleinen Hagen. Auch eine Knochenbreccie wurde in dieser Gegend erkannt. — Sein- stedt 5), Stunden von Börssum hat einen Steinbruch mit Plattensand- stein, dunkeln Schieferthonen, Sandstein mit dünnen Lagen von Schie- ferthon, Schieferthone mit Sandsteinlagen, grobkörnigen Quarzsandstein, dieser mit Calamites Gümbeli und hoerensis, Cyclopteris crenata, Odon- topteris cycadea und laevis, Asplenites Ottonis, Clathropteris platyphylla, Taeniopteris Münsteri und tenuinervis, Nilssonia Blasii und elongata, Pterophyllum maximum. Die überlagernden Schieferthone und Platten- sandsteine enthalten zwei Muschellager, eines mit Gervillia inflata, Mo- diola minuta, Trigonia postera, das andere mit Protocardia praecursor. 305 Die Muscheln sind sehr zahlreich, in einem bröcklichen Sandstein auch viele Schuppen, ohne dass derselbe jedoch als Bonebed bezeichnet wer- den könnte. Ueberhaupt ist auch die Knochenbreceie kein bestimmter Horizont im Rhät, es treten ‚bei Göttingen vier solcher Breccien auf, zwei am kleinen Hagen. 1,7 Meter von einander getrennt, eine dritte am Klusberge und eine vierte in einem daselbst befindlichen Wasser- risse. Die Knochenlager im Ndeutschen Rhät schliessen dieselben organische Reste ein, ändern schon in geringer Entfernung ihre äus- sere Beschaffenheit, bilden also ebensowenig sichere Horizonte. Im All- gemeinen besteht also das Göttinger Rhät aus einer obern Gruppe von Thonen und Mergeln und aus einer untern Sandsteingruppe. Letzte verdient bei Seinstedt den Namen Pflanzenrhät, die erstere den Namen Protocardienrhät. In letzterm sind drei Niveaus zu unterscheiden, das unterste führt bei Seinstedt viele Gervillia inflata, Modiola minuta und Protocardia praecursor, seltener Trigonia postera, das mittle bei Göt- tingen Protocardia Ewaldi, Cassianella contorta, Cardium clavicum und seltener Cardinia göttingensis, Trigonia postera, Modiola minuta und Protocardia minuta, das obere bei Deitersen Protocardia rhaetica und carinata, Modiola minima, Avicula fallax, seltener Pleuromya Moorei, Lingula deitersensis, Protocardia Ewaldi und praecursor. Verf. beleuch- tet nun die einzelnen Species, wegen deren wir auf das Original ver- weisen, giebt dann deren Verbreitungstabelle und die Vergleichung mit anderen Gegenden. — (Geolog. Zeitschrift XX. 397—432. Tf. 7.) Fr. Pfaff, zur mechanischen Geologie aus dem frän- kischen Jura. — Die paläontologischen Verhältnisse der Schichten werden jetzt fast ausschliesslich betrachtet und die mechanischen der Schichtenlagerung, deren Veränderungen und Ursachen gewöhnlich als Schichtenstörung ohne weitere Untersuchungen abgefertigt. Und doch sind auch hier sehr wichtige Aufschlüsse zu gewinnen. So ist es be- kannt, dass in Franken der Keuper und der auf ihm liegende Jura ho- rizontal lagern. Aber im Gebiete des letzten kommen viele Abweichun- gen vor, welche L. v. Buch mit der Dolomitbildung in Zusammenhang brachte, wogegen schon spricht, dass solche Abweichungen auch sehr entfernt vom Dolomit sich zeigen und umgekehrt Dolomitmassen nicht selten horizontale Lagerung haben. Die Untersuchung bei Streitberg ergab folgende Thatsachen. Von Forchheim das Wiesenthal hinaufge- hend sieht man die weissen Schichten höchst regelmässig und horizon- tal liegen, näher betrachtet zeigen sie aber schon geringe Abweichun- gen, weiter thalaufwärts häufigerere und stärkere, oberhalb Muggendorf Neigungen von 20—60% Die Messungen ergeben grosse Unregelmässig- keiten im Steigen und Fallen, Aenderungen schon auf 100 Schritt, nir- gends auf 1000‘ Gleichheit des Steigens und Fallens. Das Fallen ist stets gegen das Innere des Berges, so dass man ein Zerreissungsthal vor sich zu haben glaubt, aber die Regellosigkeit ergiebt sogleich die rein lokalen, oberflächlich wirkenden Ursachen der Schichtenstörung, die Einwirkung des atmosphärischen Wassers. Ferner fällt Jedem den fränkischen Jura durchwandernden auf der ungemeine Quellenreichthum Bd. XXXII, 1868. 20 306 der Thäler und der Wassermangel der Hochebenen. Der Jurakalk ist also stark zerklüftet und die atmosphärischen Wasser dringen leicht in seine Tiefe, lösen dabei aber sehr beträchtliche Mengen auf. Das Was- ser der Muschelquelle bei Streitberg z. B. enthält in 10000 Theilen Wasser 4,02 kohlensauren Kalk und Bittererde. Die zahlreichen Quellen ent- führen also grosse Kalkmengen dem Innern und diese Verluste erklä- ren die Schichtenneigung gegen das Innere des Berges, die häufige Unregelmässigkeit in der Neigung, denn die Quellen selbst sind an Stärke und Auflösungskraft sehr verschiedene. Verf. glaubt daher, dass alle Störungen der ursprünglich horizontalen Lage im fränkischen Jura ausschliesslich auf Senkungen, veranlasst durch theilweise Auflösung der Gesteine zurückzuführen sind und mit der Dolomitbildung in keinem Zusammenhange stehen. — Der Kalk tritt in zwei ganz verschiedenen Formen auf. Die grössten Massen des Jurakalkes zeigen sich wohlge- schichtet, regelmässig gebankt auf weite Strecken, zwischen den Schichten liegen sehr häufig ganz dünne Mergellagen. Aber in demselben Niveau treten plumpe formlose kolossale Kalkstöcke auf. Diese an Schwämmen reiche Massen sind mit den wohlgeschichteten gleichzeitiger Entstehung, man kann auch den Uebergang der einen in die andere verfolgen so im Sehauerthal und auf dem rechten Wiesenufer. Diese plumpen Kalk- stöcke nehmen durch Verwitterung absonderliche Formen an, erschei- nen oft wie ein Haufwerk von Blöcken, wie die granitischen Teufels- mühlen. Am Kalk lassen sich sehr schön alle Uebergangsstadien von der senkrecht glatten Mauer zu den Blockhaufen verfolgen. Zuerst biegt sich die ursprünglich gerade Linie der Felsmasse etwas ein, die Vertiefung wird stärker, die Fläche mehr und mehr gewölbt, es ent- stehen Furchen und Vertiefungen senkrecht oder schräg durch die Bank, weiterhin rundet sich die Masse mehr ab, bildet wollsackförmige Stöcke und diese sondern sich schärfer in einzelne Blöcke, bis die Bank in solche: aufgelöst ist. Diese Verwittrung schreitet au verschiedenen Stel- len in sehr ungleichen Graden vor. Bei wohlgeschichteten Kalken ist die Verwitterung eine andere und erzeugt keine Blöcke, mehr eine Zer- blätterung. Die Ursache scheint in dem sehr verschiedenen Thonge- halte zu liegen, dieser ist in den plumpen Kalken ein viel höherer und gleichmässiger vertheilter, in den geschichteten absolut geringer und in Zwischenlagen concentrirt, in den plumpen Felsenkalken etw& 11, in den geschichteten 4 Procent die Zwischenschichten eingerechnet. — (Ebda 389-396.) @. Theobald, Geologie der Sulzfluh. — In dem von der Sektion Rhaetia des, schweizerischen Alpenklupps herausgegebenen inte- ressanten Schriftchen: Sulzfluh (Chur 1865. 8%) findet sich eine Geologie dieses rhätischen Gebirgsstockes. Von: der mächtigen Centralmasse der Selvretta zieht sich als hohe Bergkette der Rhätikon bis an die Ufer des Rheines, wo: sie sich. verzweigt und im steilen. Vorgebirge: Falkniss, Fläscherberg und den drei Schwestern von Vaduz endigt. Der Rhäti- kon scheidet das Prättigau vom Illthal und bildet: die Gränze zwischen Bünden und Vorarlberg. Die steile Form seines: felsigen Kalkkammes. 307 die riesigen Mauerzinnen, Festungswerken, Ruinen aller Bürgen gleichefi, fällt schon von Weitem auf. Zunächst der Selvretta besteht der Rhü- tikon aus denselben krystallinischen Schiefergesteinen wie diese, vor- herrschend aus Hornblendeschiefer mit untergeordnetem Gneiss und Glimmerschiefer. Nach W nimmt letzter an Ausdehnung und Mäch- tigkeit zu und geht in den Casannaschiefer über. Diese mächtige Hör- ner und Grate bildenden krystallinischen Schiefer schieben sich bis zum Plässegger Pass vor, hinter demselben noch weiter bis zum hohen Mann auf der rechten Seite des Rellsthales. Sie sind theils wirklich primitiv, theils gehören sie der Uebergangs- und Kohlenformation an, wurden durch Wasser und Wärme krystallinisch, vergrösserten dabei ihr Volu- men, erhoben sich und so entstanden die Kämme und Gräte, welche jetzt die Selvretta und Madrisa bilden. Die Selvretta erhob sich mit ihrer ganzen Umgebung aus dem alten Meeresboden, wobei die Schicht- steine zugleich zurückgeschoben wurden, gebogen, zu langen Wel- lenlinien aufgestaut und solche Hebungswellen bilden den Rhätikon und die ängrenzenden Vorarlberger, Tyroler und bairischen Kalkalpen. Am krystallinischen Gebirge fallen ihre Schichten steil oder in schiefen Mul- den gegen dasselbe ein, ja oft legen sich Glimmerschiefer und Gneisse über die Kalkfoörmation, weiter ab vom Kern werden die Wellen flacher, die steilen Mauern seltener, bis das Ganze in der Sdeutschen Hoch- ebene verläuft. Bündenerseits lagert vor dem hohen Kalkriffe des Rhä- tikon ein System von welligen Schieferschichten mit viel gebogenen Thälern und verzweigten Einfaltungen von Wald und Weide bedeckt. Auf der Vorarlberger Seite behauptet sich das Kalkgebirge und zerreisst das Länd weiterhin. Das krystallinische Gebirge erlangt diesen Cha- rakter von Kahlheit und Wildheit nicht, mit seinen Spitzen ünd Grä- ten wechseln grüne Halden und Alpentriften. Darin sind eingeschnit- ten das Gargellen- und das Gampadelthal ganz, das Gauer- ünd Rells- thal z. Th., die andern Thäler des Rhätikon verlaufen in N im Kalk- gebirge, in S im bündener Schiefer. Im Rhätikon folgen von unten nach oben I. krystallinisches Gebirge: 1. Gneis, 2. Hornblendeschiefer, 3. Glimmerschiefer, 4. Casannaäschiefer. II. Trias: 1. Verrucano, rothes Gonglomerat und rother Schiefer den Buntsandstein vertretend, 2. Vir- gloriakalk, ein schwarzer Plattenkalk, 3. Partnachschiefer, graue merg- lige Schiefer mit Halobia und Bactryllium, 4. Arlbergkalk grau, zellig, glasig, 5. Lüner Schichten, obere Rauchwacke und Schiefer, 6. Haupt- dolomit, die grosse graue Kalkbildung der Scesaplana meist dolomitisch, 7. Kössenerschichten , dunkelgrauer schiefriger Kalk reich än Petrefakten, die Spitze der Scesaplana bildend, 8. Dachsteinkalk, Bänke hellgrauen dichten Kalkes. III. Lias und Jura: 1. Steinsberger Kalk (Hirlatzer und Adnether Kalk, Kalkbänke als Hauptmasse der Sulzfluh theils dünne biutröthe Schichten oder rothe Kalkbreccien, 2. Allgauschiefer, Ober- lias, unten graue und rothe Kalkschiefer, dann graue Kalk-, Sand- und Thonschiefer mit Fucoiden, 3. untrer und mittler Jurakalk, grauer Kalk und Kalkschiefer, IV. Eocän, Flysch, grauer oder brauner Schie- fer mit Fucoiden, im Prättigau nicht scharf gegen den Lias abzugrän- 20* 308: zen. — Die Sulzfluh erscheint aus der Ferne als Felsenkegel von 2842 Meter Höhe im Hintergrunde des Thales von St. Antönien. Links von ihr durch das Drusenthor und den Sporner Gletscher getrennt erhebt sich die Druserfluh 2834 Meter, rechts die Mittelfluh 2573 Meter beide in den Formen und der Felsbildung ähnlich. Von Küblis aus im Thal des Schanielbaches anfwärts herrscht Bündener Schiefer mit N, NO und OEinfallen und NW—SOStreichen. Obenauf lagern eckige Blöcke eines krystallinischen Gesteines, erratische von der Selvretta her aus der Eiszeit, rechterseits und innen im Thal mischen sich mit ihnen die Gesteine des Plassegger Passes, der Sulzfluh etc. In der Thalsohle bei Ascherina führt der Schiefer Fucoiden des Flysch. Der- selbe Schiefer erstreckt sich bis an den Fuss der Sulzfluh und consti- tuirt auch das hohe Jäglishorn und den nördlichen Ausläufer des Rät- schenhornes. Hoch über diese erheben sich links die weissen Zinnen des Calanda und Rätschenhornes, aus Steinsberger und Dachsteinkalk bestehend, vor welchem der Schiefer so lagert, dass er vor der Kalk- mauer eine schief östlich einfallende Mulde bildet derart, dass der Kalk auf ihm liegt, wiewohl er darunter gehört. Anf den Dachsteinkalk folgt im O gegen die Madrisa erst die Triasreihe und nur Spuren der Kös- sener Schichten und des Hauptdolomites, schwachem Verrucano, mäch- tigem Casannaschiefer, Hornblendeschiefer und Gneiss, die alle eben- falls über dem Kalke wie diese über dem Bündener Schiefer lagern. An den Gafierplatten als die Gränze zwischen dem Prättigauer Calanda und der Madrisa fallen die mächtigen Massen des Steinsberges und Dachsteinkalkes gegen das krystallinische Gestein. Aber die gewaltige Kalkmasse zieht sich rechterseits bald in einen schmalen Streif zusam- men, der sich zwischen dem Bündner Schiefer und dem krystallinischen Gebirge des St. Antönier Jochs im Ziekzack hinzieht. Der Kalk bildet fortwährend eine Muldenbiegung, die am Schollberg sich erweitert, wieder verschmälert und jenseits des Passegger Passes in der Mittelfluh sich zu einem mächtigen Gebirgsstock mit der Sulzfluh vereinigt ent- wickelt. Die Ordnung der Gebirgsglieder bieibt auf der ganzen Strecke dieselbe wie an den Gafier Platten. Schon nahe vor St. Antönien findet _ man grosse Haufen von Kalksteinen, alte Gletschermoränen, deutlichere noch auf dem Schiefergrunde des Schafberges oberhalb Garschuna und jenseits der Drusenalp. Auch das Alpendorf Partnun liegt auf mäch- tigen Kalktrümmern, unter welchen grauer Fukoidenkalk steht. Letz- ter steht auch im Bache daselbst an und enthält Fukoiden des Flysch, dennoch gehören diese Schiefer wahrscheinlich zu den Algäuschiefern. Vor dem See bilden sie eine felsige Thalschwelle, der See ist durch eine Moräne geschlossen, beiderseits. von Trümmerhaufen umgeben, die theils von der Sulzfluh theils von der Mittelfluh herabgestürzt sind. Der Schiefer setzt noch eine Strecke zwischen Sulzfluh und Mittelfluh fort gegen den Partnunerpass. Dies ganz eingesenkte Terrain heisst die Gruben. In der untersten Grube tritt etwas aufwärts vom See plötzlich Gneiss und granitisches Gestein auf und zwar anstehend, beide können: nur eruptiv sein. Diese Felsbank hebt sich unter Lias und Dachstein- 309 kalk hervor, nur weniges unbestimmbares schiefriges Gestein liegt da- zwischen. Die nun folgende niedrige Felsenterrasse besteht aus grauem Dachsteinkalk nördlich vom Gneiss abfallend, schiefrig und steil südlich einfallend wie an diesem ganzen Theil des Rhätikon. Hinter der Fel- senschwelle folgt eine Einsenkung, ausgewaschen im Dachsteinkalk mit Karrenfeld und spärlicher Vegetation. Dann eine zweite höhere Terrasse theils aus Dachsteinkalk theils aus weisslichem und röthlichem Steins- berger Kalk bestehend, auf ihrer Höhe und an ihren Absätzen befinden sich kleine durch Auswaschung entstandene Höhlen und vor dem stei- len Abhange der Mitteltluh ein sehr tiefer Spalt von 5—6’ Breite, gleich dabei eine Mulde von blutrothem Kalk mit NOFallen in den Kalk der Felswand eingesenkt. Beide gehören der Steinsberger Formation (Ad- nether und Hirlatzerkalk) an und könnten als Marmor benutzt werden. Hinter der Thalschwelle senkt sich ein tiefer Felseneircus ein, wahr- scheinlich durch Einsturz entstanden in Folge eines ausgewaschenen Gypslagers. Die in der Tiefe gelegenen Felsbänke sind dolomitisch, zwischen dem Dolomit und dichten Dachsteinkalk liegen schiefrige Kalk- schichten ohne Petrefakten, wahrscheinlich aber Kössener Schichten. Hier sprengte also erst eine Erhebung die Felsendecke und brachte die tiefere Formation zu Tage und dann erfolgte ein Einsturz. In nasser Jahreszeit entsteht in der Tiefe ein kleiner See. Noch einmal erhebt sich eine steile Felsenschwelle von Kalkmassen, unten dem Dachstein-, oben dem Steinsberger Kalk angehörig. Sie sind zu Rundhöckern ab- geschliffen, von einem durch den Pass in das Partnuner Thal sich her- absenkenden Gletscher. Der Passweg steigt östlich im Zickzack an der Terrasse aufwärts und über derselben öffnet sich ein überraschender Anblick auf den grünen Lysunasee in schön grüner einsamer Fläche, dahinter schwarze Felsen, unheimlich abstechend von den weissen Kalk- felsen des Passes und der Sulzfluh, sie sind Serpentin und Diorit an krystallinischen Schiefer sich anlehnend, die grüne Alpenfläche aber vor dem See besteht aus Fukoidenschiefer, welcher dem Steinsberger Kalk aufgelagert ist und jenseits unmittelbar an den Serpentin gränzt, Dieser zieht sich noch eine Strecke westlich und senkt sich in das Gauerthal hinab, in welches auch von der Sulzfluh die Kalkfelsen ganz steil abfallen. Der Schieferstreif aber setzt sich hinter diesen und hin- ter Drusenfluh und Kirchlispitze fort und verbindet sich mit dem Schie- fer, welcher sich über das Cavelljoch gegen den Lunersee vorgeschoben hat. Hinter der Drusenfluh in dem wilden Ofentobel erscheint auch wieder ein vereinzelter Gneissrücken und nördlich erhebt sich die aus Dolomit bestehende Geisspitze. In O und SO setzt sich der Schiefer auch noch eine Strecke hinter der Mittelfluh, verschwindet aber noch vor dem Plassegger Pass auf den Triasgebilden, hinter denen sich dann die ausgedehnten krystallinischen Massen des Quellenjochs, Reutihornes und der Sarotlaspitze erheben. Hinter dem Schwarzhorn erscheint noch einmal ein mächtiger Kalkstock, die Mittagsspitze, worauf Glimmer- schiefer vorherrscht und weiter unten bei Tschaguns rothes Conglome- rat und Trias. Vom Lysunasee abwärts führt ein bequemer Pfad über 310 Glimmerschiefer durch des Gampadelthal hinab zur Ill. Hienach 'er- scheint die ganze Kalkmasse des Partnunerpasses als eine schmale Brücke über dem krystallinischen Gestein, das zu beiden Seiten herantritt, so- wie die ganze Felsenkette des östlichen Rhätikon als ein durch die Er- hebung des krystallinischen Gesteins losgetrenntes Stück einer von OW fortstreichenden Erhebungswelle, die Sulzfluh selbst nur als ein zwischen zwei aufgerissenen Spalten, dem Drusenthor und Partnuner Pass ge- lagertes Fragment dieses Riffes. Jenseits der Kalktrümmer aufwärts vom Partnuner See kömmt man auf einen sandigen Thonschiefer, Fu- koidenschiefer, welcher den ganzen SFuss des Berges umzieht und sich am SAbhang des Rhaetikon fortzieht stets nördlich unter die Kalkfor- mation einfallend , vor welchem sie eigentlich nur eine Muldenbiegung macht. Ueber diesem grauen Bündener Schiefer liegen hellgraue Kalk- schiefer z. Th. auch rothe, unzweifelhafte Algauschiefer also oberer Lias. Diese fallen unter die folgende Formation ein, sollten eigentlich aber darauf liegen und ist sonach die ganze Masse der Sulzfluh übergewor- fen. Nun folgt der rothe Kalk, oben als Steinsberger oder Adnether bezeichnet. Er führt unbestimmbare Ammoniten und besteht aus dik- ken rothen Bänken mit schiefrigen Schichten. Die vordere Kegelspitze der Sulzfluh besteht von den aus nördlich fallenden, jedoch senkrecht mit etwas Neigung nach S in Platten zerspaltenen Bänken eines grauen, weissen, röthlichen, dichten Kalksteines ebenfalls Steinsberger, also Lias. Er führt Conchylienr und Corallen. Jenseits des Gletschers in NOlicher Richtung bleibt man auf diesem Kalke, der dann in einen grauen übergeht, der Dachsteinkalk ist und Korallen liefert. Wo die Kalkbänke an den Fukoidenschiefer der NSeite stossen, ist wieder Steinsberger Kalk. An dem Serpentin und Diorit des Schwarzhornes brechen alle diese Formationen plötzlich ab. Er ist bei der Erhebung daran vorbeigeschoben ganz wie der Granit am Partnuner See und der Gneis am Ofentobel. Die Sulzfluh ist also eine doppelt gebogene Mulde von Lias und Infraliasbildungen zwischen zwei krystallinischen Erhe- bungen, deren eine die untere am See hier unbedeutend hervortritt. Auf dem hohen Plateau zwischen dem Gletscher und Partnuner Pass finden sich alte Gletscher Spuren, geglättete Ecken, abgeschliffene Flä- chen, Schluchten und Thälchen ausgeglättet, die ganze Oberfläche in ein Karrenfeld zerrissen; die Riffe stimmen mit den Spalten der Schie- ferung überein und gehen tief hinab, andere dringen noch tiefer ins Innere, alle verschlingen das Schnee- und Regenwasser schon während der Gletscherzeit, wodurch unterirdische Auswaschungen entstanden, die Höhlen der Sulzfluh. Auch die Felswände an den Gruben zeigen die Gletscherspuren; auch die Ostseite der Sulzfluh hat nur abgerun- dete Felsenkanten und horizontale Streifung. Nur die höchsten Spitzen der Sulz- und der Drusenfluh, weil noch jetzt eckig und scharf, ragten über das Eismeer hervor. Die Höhlen der Sulzfluh sind lange, meist in W und NW Richtung in das Gebirge eindringende stollenartige Gänge ohne grosse Weiterungen, unter einander in Verbindung stehend, alle mit Spuren innerer Auswaschung. Stalaktiten sind selten, der Boden 311 oft mit einer dicken gelben Thonschicht belegt. Aber in den höhern Höhlen kommen als fremdartige Geschiebe schwarzer Kalk und Dolomit, in den untern Quarz, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer, Gneis, Ver- rucano, Diorit und Serpentin. Letzte beide können nur vom Schwarz- horn gekommen sein. Die Geschiebe sind abgerundet und zeigen z.Th. Gletscherstreifung. Sie wurden durch die alten Gletscher hierher trans- ' portirt und wohl vom Gletscherwasser in die Höhlen hineingespielt. Dieses brachte auch den Lehm am Boden. U. Schloenbach, die Kreideformation im Isergebiete in Böhmen. — Verf. untersuchte zuerst die ältern Glieder der For- mation in der Gegend um Prag, dann die jüngern im und auch längs des Elbthales und darauf erst das Isergebiet, in welchem die mittlen und obern Glieder reich gegliedert und mächtig entwickelt sind. Dieses Gebiet ist ein Theil des sehr flachen SW durch die Silurgebilde, NO durch die ältern Schichten der Riesengebirgszone begränzte, in N—SO- Richtung streichenden Mulde, welche gegen NW durch eine lange, aus der Gegend W von Laura längs der Eger über Libochowitz in SW— NORichtung parallel zu der Zone der Basalteruptionen des Mittelge- birges streichende, über die Gegend von Auscha, Graber, böhmisch Leipa gegen die sächsische Lausitz fortsetzende Dislokationsspalte ab- geschlossen. Von dem fast überall ziemlich tief eingeschnittenen Thale der Iser wird diese Mulde in ihrer ganzen Breite verquert, so dass man dem Laufe des Flusses folgend die ganze Reihe der Kreideschich- ten studiren kann. Die ältern oder cenomanen Schichten treten nur längs der beiden Muldenflügel zu Tage, erscheinen im WFlügel so bei Zlosejn unweit Weltrus als marine versteinerungsreiche Quader, bei Grossdorf und Koritzau als Rudistenkalke und Conglomerate. Beide Vor- kommnisse sind die Typen für die betreffenden Facies der obern Re- gion der zwar petrographisch reich gegliederten, aber paläontologisch nur in eine untere Land- und Süsswasserbildung und in eine obere ma- rine Stufe zerlegbaren böhmischen Cenomankreide. Auf den Karten ist diese Trennung nicht immer durchführbar. Das Alter der Isersand- steine ist schwierig zu ermitteln. Noch ist kein Punkt bekannt, an welchem im Isergebiete die unmittelbare Auflagerung der Hangendschich- ten auf den obern Cenomanschichten aufgeschlossen ist. Jene Sand- steine aber sind doch im Innern der Mulde gut aufgeschlossen und lässt sich in ihnen paläontologisch eine Reihe von auf einander folgenden Horizonten unterscheiden, aber dieselben sind unter einander nicht nur durch grosse Uebereinstimmung der petrographischen Beschaffenheit sondern auch durch viele allen gemeinsame Petrefakten aufs engste mit einander verbunden. Jokelys Unterscheidung auf der Karte beruht auf irrigen Anschauungen. Der ganze Schichtencomplex hat 35 bis 40 Me- ter Mächtigkeit und beginnt mit diekbankigen 20 Meter mächtigen Schich- ten, in denen unten fast nur fukoidenartige Stengel mit Ostraea late- ralis, einem kleinen Pecten, Inoceramen und Serpulen vorkommen, fast alle in die Callianassaschichten hinaufreichend; weiterhin folgen Bänke mit viel Ostraea colnmba, riesigen Inoceramen, Trigonien und andern 312 Bivalven. Nun schliesst sich an ein Complex von mergligeren Sand- steinen, in welchem einzelne feste und dicke Bänke sich ausscheiden. Die untern Schichten bilden einen ausgezeichneten Horizont mit vie] Brachiopoden, Panopaea gurgitis, Pectunculus, Trigonia, Modiola, Lima multicostata und pseudocardium, arkuaten Pecten, einzelnen Bryozoen; während dann Magas Geinitzi nach oben fortsetzt, hören die Rhyncho- nellen auf und es stellen sich kleine Janiren, Pinna, Crassatella etc. neben kleinen Exemplaren von Ostraea columba ein. Ueberlagert wer- den diese mergeligen Schichten von einem petrefaktenarmen mürben Quarzsandstein. Darüber folgen wieder harte sandige Mergelkalke mit reicher Fauna. Ausser den schon tiefer vorkommenden Arten finden sich riesige Exemplare von Ammonites peramplus, Hemiaster und Ca- topygus. Unmittelbar darüber lagern harte, ziemlich kalkreiche Callia- nassenbänke mit häufigen Scheeren von Callianassa antiqua, Janira qua- dricostata und J. quinquecostata, Lima pseudocardium, Anomia trun- cata u. a. Ihr Hangendes bilden petrographisch sehr ähnliche Schich- ten mit Ostraea columba, Lima multicostata, Janira etc. Darüber als Abschluss des Complexes der Isersandsteine dünnplattige quarzreiche Kalke mit der Fauna der vorigen Schicht. Nach Krejei und Fritsch würde der petrefaktenleere Quader von Gross Skal das Hangende bil- den, nach Gümbel derselbe nicht von dem Quader des Chlum bei Jung- bunzlau verschieden und jünger als die Bakulitenschichten sein. An mehreren Lokalitäten fand Verf. eine ziemlich mächtige, isolirte Hügel bildende Schicht grauen sehr zähen plastischen Thones mit Ostraea sul- cata unmittelbar au[ den obersten Lagen der Isersandsteine und darauf an vielen Orten die petrefaktenreichen Bakulitenmergel. Diese überla- gert Oberquader oder der Quader von Gross Skal und Chlomek. Damit is die Frage von dessen Alter aber erledigt. Da nun die Thone mit Ostraea sulcata, welche hier nächst der Gränze des Unterquaders gegen die jüngern Schichten entschieden die schärfste Bewegung nach unten hin aufzuweisen haben und meist die Plateaus auf dem Isersandstein. einnehmen, ziemlich sicher dem Complex der Hundorfer oder Teplitzer Schichten des Scaphites Geinitzi zugerechnet werden müssen: so ergiebt sich aus Obigem, dass die Isersandsteine älter sind als die Hundorfer Scaphitenschichten und wahrscheinlich der obern Abtheilung des Pläner- bausandsteines, dem Exogyren- und Grünsandstein der Gegend im N der Eger, also der Zone des Inoceramus Brongniarti entsprechen. — (Verhandlgn. Geol. Reichsanst. 1868. Nr. 11. S. 250—256,.) E. v. Mojsisovics, Gliederung der Trias bei Aussee in Steiermark. — Der Salzberg von Aussee ist der SOFlügel einer gros- sen einheitlich gebauten Masse, welche im,W bis in das Traunthal bei Goisern reicht, im N noch den Ischler Sfberg umfasst, in O durch das Thal des Augstbaches und in S durch die Bruchlinie Arikogel-Alt- Aussee begränzt wird. Letztere ist von wichtigster Bedeutung für die Ausseer Gegend, längs ihr treten im S des Salzgebirges die tiefern Glieder des Trias zu Tage. Der in O und NO des Salzgebirges gele- gene Theil des Todtengebirges besteht aus ächtem Dachsteinkalk, wel- 313 chem im Zuge des Loser unmittelbar die rothen Marmorbänke der Zone des Amm. tenuilobatus auflagern, denen Oberalmschichten und Stram- berger Kalke folgen, während am Braunkogel im Fludergraben zwischen der obersten Lithodendronbank des Dachsteinkalkes und den Malm- schichten noch ein mächtiger Complex von Doggerschichten sich befin- det. Liasschichten fehlen gänzlich und erscheinen erst auf dem nahen ' Salzgebirge. Die Berge zwischen dem Altausseer und Grundelsee be- stehen aus ungemein mächtigen Massen von Stramberger Kalk auf Ober- almschichten lagernd. Im S. des Grundelsees sind ausgedehnt die Han- gend- und auch die Liegendschichten der Salzlager entblösst. Die Trias gliedert sich also: 1. Rhätische Stufe, Dachsteinkalk. 2. Plattenkalke mit Rissoa alpina, Myophoria Whateleyae, Megalodus. 3. Hallstädter Kalke. 4. Zlambachschichten: a. Gypslager und Korallenbänke mit Myo- phorien, b. Schichten mit verschiedenen Ammoniten. c. Schichten mit Cochloceras, Myoconcha, Rhynchonella ancilla. 5. Schwarze weissge- aderte Mergelkalke, Rauhwacken und graue und rothe glaukonitische Sandsteine. 6. Niveau des Anhydrit und Salzgebirges. 7. Dolomitmasse, gegen oben eisenschüssige Roggensteine eingelagert, untere Cardita- schichten. 8. Wellenkalk: a) Pötschenkalke mit Ammonites aon und Retzia trigonella, b) Dolomitbänke, c) Virgloriakalk oben eine Bank mit Halobia, tiefer mit Terebratula vulgaris, Rhynchonella pedata, Aspi- docaris triasica, d) Dolomitbänke mit Myaciten und das durch die Linie Mitterndorf-Krainisch im S. abgegränzte, gegen O bis zum Gross-Kogel verfolgte Gebiet enthält drei von einander durch Liegendschichten ge- trennte Salzdistrikte. Das bedeutendste Vorkommen beginnt am SUfer des Grundelsees bei Zlaim. Von hier streicht ein im S von den Lie- gendschichten, im N von Hallstätter Kalken begleiteter Zug von Zlam- bachschichten, schwarzen Kalken, Rauchwacken und glaukonitischen Sandsteinen dem Südufer des Sees entlang über Ahornwald und Wie- nern nach dem Gebiete zwischen Toplitz und Kammersee einerseits und Salzathal-Schneckenalm andrerseits, wo er mit den Hangendschichten die ganze Breite der Gebirgseinsenkung einnimmt. Die Hallstätterkalke werden hier von Hierlatzschichten und .diese von Stramberger Kalken überlagert. Dieser gut charakterisirte Salzzug streicht zweifelsohne unter dem Grosskogel fort und dürfte wohl über das Gebiet von Stoder bis in das Thal von Windischgarsten und nach St. Gallen im Ennsthal zu verfolgen sein. Ein zweiter Salzdistrikt läuft von der Teltschenalm unter der Masse vom Hallstätter Schichten des Röthelstein hindurch auf: die Einsenkung der Radlingstrasse, wo wieder Gypse, schwarze Kalke und Zlambachschichten zu Tage treten, und taucht unter die Bergmasse des Radling, der > unterst aus Hallstätter, oben aus Plat- tenkalk besteht. Der dritte Salzdistrikt befindet sich in den Umgebun” gen von Olbersdorf und Mitterndorf, wird im O durch eine am Fusse des Schwarzenberges streichende Bruchlinie von dem Buntsandsteine und Wellenkalke des Schwarzenberges getrennt, gränzt in N und W an Liegenddolomite, welche kuppelförmig aufgewölbt dieses Salzgebirge sowie die beiden vorhin erwähnten regelmässig unterteufen und giebt 314, sich durch Zlambachschichten und Hallstätter Kalke sowie durch Sool- quellen und trichterförmige Löcher zu erkennen. — (Ebda 256—258.) G. Stache, die Ursachen und die tektonische Bedeu- tung der Klippen im Gebirgsbau der Karpathen. — Als That- sachen zur Aufklärung dieser räthselhaften Klippenbildung ermittelte Verf. folgende Verhältnisse. Erstens sind deutlich sichtbare Faltungen der Schichten innerhalb des im wesentlichen aus jurassischen Hornstein- kalken und Neocomfleckenmergeln und Kalken zusammengesetzten Pen- nin wie auch mehrfach noch an jenen Klippen nachweisbar, welche aus den Kalken des mittlen und obern Jura bestehen. Eine solche Faltung ist z. B. die steile Ueberwölbung der untern Crinoidenkalke (Dogger) durch den Kalkcomplex der rothen Czorstgner Schichten im Klippen- gebiet NW von Lublau. Zweitens und noch wichtiger tragen in dem Klippenterrain zwischen Szezawnica und dem Thal nach Liprie nicht nur jurassische Schichten sondern höchst überraschend auch einige feste, Widerstand leistende ältere Tertiärschichten das Aussehen und den Charakter der Klippen an sich. Ein mächtiger spitzer Nummulitenkalk- felsen sowie eine Reihe von wohl gleichfalls eocänen Conglomeratfelsen mit kalkig dolomitischen Bindemittel steigen S von Lesznica in steil- sten Schichtenstellungen in anscheinend tektonischer Zusammenhangs- losigkeit mit dem nächst umgebenden Material und mit’so schroffen zerrissenen Contourformen aus dem sanft gewölbten Rücken des Tokarne Berges bei Lipnik empor, dass die wohlgebildetsten Juraklippen sich solcher Umrisse und, eines so auffallend von der Umgebung abstechen- den Aussehens nicht zu schämen brauchen. Das Hauptmaterial des To- karne Rückens sind rothe und graue Neokommergel, zum kleinern Theile eocäne nummulitische Sandsteine und losere Conglomerate. Drit- tens treten in der Umgebung von Sczszawiena z. Th. mitten im Klippen- gebiete mehre Durchbrüche eines Hornblendeführenden Oligoklas-Sani- din-Trachytes auf, deutlich hinweisend, dass die Wirkung der gross- artigen Trachyteruptionen des Tokaj-Eperieser Trachytgebirges sich in der Richtung des bogenförmigen, tiefer eingesenkten Klippenzuges und des ihm parallel verlaufenden mächtigen Karpathen Sandsteingebirges unter diesem letztern fortgesetzt haben. Aus diesen drei Thatsachen ergiebt sich, dass die Klippen die Reste der harten, gegen Verwitte- rung und Abschwemmung widerstandsfähigsten Schichten eines aus mehr- fachen Ursachen besonders complicirten Faltensystemes sind, welches dem gewaltigen Druck seine Entstehung verdankt, den eine groössartige in ihrer Fortsetzung unter den mächtigen Schichtenmassen des Karpa- thensandsteinzuges nicht zum Durchbruche gelangte eruptive Massenbe- wegung auf das zwischen ihrer Haupthellingslinie und dem compakten granitischen Festlandsmassiv der Tatra damals lagernde geologische Material aus frühern Zeitperioden ausüben musste. Eine letzte bedeu- tende Hebung des Granitstockes der Tatra mag wohl mit den Haupt- anstoss, den die ONTrachyteruption zur Bildung dieses Systemes von durch Verwerfungen, Ueberstürzungen und Ueberschiebungen begleiteten. Faltungen in der Zeit nahe zusammen fallen und zwar nach Absatz 315 aller ältern Tertiärschichten in den Anfang der Neocomzeit. Dass solche Schichtenstörungen sich so darstellen, wie in dem halbkreisförmig die Tatra umziehenden Bande des Klippenzuges liegt vorzugsweise in dem Umstande, dass auf dem ganzen Strich der Klippen ein relativ weicheres, nachgiebigeres, nur wenig mächtiges Schichtenmaterial eine Reihe ver- ‚ schiedener fester Kalkschichten bedeckte. Es ist auffällig, wie im Ver- gleich mit der Massenentwicklung der Karpathensandstein längs der NGränzlinie des Klippenstriches und der alttertiären Sandsteine in Mer- gelschieferim S desselben, diese selben Schichten hier nur schwach, unter- geordnet, überhaupt nur nahe der Gränze des breiten Bandes der rothen grauen und gefleckten schiefrigen Mergel der untern Kreideformation vertreten sind, aus welchen die seltsamen Formen der Klippenzüge em- porragen. Anzunehmen, dass die Hauptmasse der schwach vertretenen Schichten der jüngern Kreide und das Tertiär im Laufe der Zeiten gerade im ganzen Klippenstrich angeschwemmt sei, reicht für die Er- klärung nicht aus, wenn ınan nicht zugleich annimmt, dass dieser Strich während der spätern Kreidezeit wiederholt und lange den Küstensaum eines Festlandes bildete, Ein solcher nur schwach und vorwiegend mit loekern weichen Schichten bedeckter und beiderseitig in seiner mögli- chen uuterirdischen Fortsetzung von schwerer bewegbaren, ganze Ge- birge bildende Massen eines festeren Materiales belasteter Längsstrich von festen Kalkschichten musste bei der Art des Durchbruches, bei der Masseneruption auch verworrenere tektonische Veränderungen durch Faltung und Knickung seiner Schichten erleiden als die angränzenden Gebiete. Wirkliche Faltungen der unterliegenden festen Kalkschichten mit Inbegriff der obern weichen Schichten konnten hier oder mussten fast wechseln, mit förmlicher Durchspiessung der jüngern weichen Schich- tendecke durch geknickte oder geborstene Faltenflügel der untern Kalk- bänke sowie durch Ueberschiebungen und Ueberstürzungen von Schollen solcher emporgedrückter Faltentheile über das weiche jüngere Material. Das weiche Neokommaterial wurde zugleich in den manichfachsten kleinen Faltungen und Knickungen zwischen die Falten und Bruchspal- ten der festeren Kalkschichten eingepresst. Viele Fragen über Einzel«- erscheinungen im Klippengebiete bleiben noch zu lösen. — (Zbenda Nr. 12 $. 279—282.) E. v. Mojsisovics, Umgebung von Hallstatt. — Der Hallstätter Salzberg ist durch den Pötschenbruch, in welchem Bunt- sandstein und Wellenkalk zu Tage tritt, vom Salzberge zu Aussee ge- trennt, dürfte aber unter den Sarsteinen hindurch mit dem Vorkommen am Radling und Röthelstein zusammenhängen. Die an ihm zu Tage gehenden Schlambachschichten lassen sich von dem Sommerau- und Himbeerkogel herum bis auf die Klausalm verfolgen, wo sie unter Hall- stätter und Plattenkalken untertauchen, die ihrerseits von Dachstein- kalken bedeckt werden. Auf der Seite des Dachsteinsebirges treten aber die Schiehten von dem Niveau des Salzgebirges wieder zu Tage und ein scharf aus der ungeheuren Wand des Thorstein und Dachstein vorspringendes Gesimse, das an den Gehängen mit Schutt überdeckt ist, 316 gestattet selbst aus der Ferne den Liegenddolomit der Salz- und Anhy- dritgruppe von deren Hangenden zu unterscheiden. Weiter gegen NW. hin zieht diese Stufe am SGehänge des Donnerkogel auf die Oedalm im N der Zwieselalm, an mehren Stellen Entblössungen von Zlambach- schiefer mit Versteinerungen darbietend. In die Fortsetzung dieses Zuges fallen die vielen Gypsstöcke und Soolquellen des Altenauer Beckens. Diese Vorkommnisse sind durch einen untergeordneten Bruch vom Hallstätter Salzberge getrennt. Geht man von letzterem nach dem Gosauthal, so hat man theils Zlambach- theils Hallstätter Schich- ten bis zur Plankensteinalm und Rossalm neben sich. Unterhalb der- selben längs des Brielgrabens läuft ein Gesims des Liegenddolomites hin, das in die Sohle des Brielgrabens hinabreicht und aus dem unter- halb der Rossalm ein Soolwasser hervorquillt. Jenseits des Brielgrabens trifft man wieder Gypse mit Zlambach- und Hallstätter Schichten im W von Kreidegebilden bedeckt. Nach N begränzt der Hallstätter Berg ein aus dem Gosauvorderthal über Rettengraben und Sattelalm bis in die Nähe der Berghäuser laufender Bruch, der Liegenddolomite und Kalke nebst Buntsandstein entblösst. Der jetzige Bergbau bewegt sich am OGehänge der gewaltigen tithonischen Masse der Plassen, die z. Th. in das Salzgebirge eingesunken zu sein scheint und der Aus- dehnung der Baue nach W Schranken setzte Im Salzstocke selbst lassen sich die gleichen Unterscheidungen wie zu Aussee durchführen. Von besonderem Interesse für das Verständuiss der NTiroler Trias ist das Studium des SGehänges des Dachsteingebirges und der Donner- kogel, da sowohl Hallstätter als Plattenkalke daselbst in veränderter Facies auftreten, während Zlambachschichten nur wenig und der Liegend- complex gar keine wesentlichen Unterschiede zeigen. Auch die untere Abtheilung der Hallstätterkalke besitzt noch den gleichen Typus wie bei Hallstatt, aber die Stelle der bunten petrefaktenreichen oberen Mar- more nehmen weisse zuckerkörnige Dolomite ein, während die Platten- kalke als bläuliche dolomitische Kalke mit vorwaltender Korallenfauna erscheinen. Ueber denselben liest wie über dem gewöhnlichen Platten- kalk typischer Dachsteinkalk: Schr lehrreich ist in dieser Beziehung ein Gang aus dem Eckernthal, wo noch typischer Plattenkalk mit viel Megalodonten und Schnecken auftritt über das Gebirge zu den Gosau- seen, wo bereits Korallen herrschen. Auf diesem Wege lässt sich der allmählige Wechsel der Fauna und die damit in Verbindung stehende allmählige Aenderung des petrographischen Charakters sehr schön beobachten. Ueberraschend ist im untern Lias am Hierlatzberge bei Hallstatt, dass ähnlich wie in der Normandie und in Südwales die Gastropoden und Acephalenreichen Liasschichten als Ausfüllung von Spalten im älteren Gebirge auftreten. Auf dem Zenerkogel wurden 6 solche Ausfüllungen im typischen Dachsteinkalk angetroffen. — (Zbda Nr. 12. 8. 297—298.) Derselbe, der Sialzberg zu Ischl. — Oben wurde bereits bemerkt, dass der Ausseer Salzberg nur der SOFlügel einer grossen- Masse ist, welche gegen W bis Goisern und Ischl reicht. Es lassen 317 sich die Hallstätter Kalke von Pötschenstein und der Ausseer Sand- lingalm über Goiserer Sandling- und Grabenalm bis zum hohen Rosen- kogel am Ischler Salzberge, dessen Fussgestell sie bilden, verfolgen und die auf grössere Erstreckung hin bei Goisern im Gebiete des Laislingsbaches, der Zlambäche und des Stammbaches entblösste Zlam- bachschichten stehen längs des SGehänges des Raschberges und Sand- 'lings in ununterbrochenem Zusammenhange mit den Zlambachschichten der Fischer- und Scheibenwiese bei Aussee. Schwieriger ist zu ermit- teln, ob der Gebirgstheil, welchem die bei Ischl vorhandenen verein- zelten Anzeichen am Salzgebirge angehören, als die unmittelbare Fort- setzung derselben Salzgebirgsmasse anzusehen sei, da am NGehänge dieser Masse ein mächtiger Complex von der untern Kreide zufallenden Kalken und Mergeln die triadischen Gebilde überdeckt und der Hügelzug zwischen Raittendorf, Perneck, Braunleiten aus dem Liegenddolomite besteht, welcher vielleicht unterhalb der Decke von Neokomgebilden eine die beiden Salzdistrikte trennende Fortsetzung finden könnte. Doch spricht manches dagegen. Ob und wie weit die erwähnten Vor- kommnisse bei Ischl sich gegen N erstrecken, wo Soolquellen im Acker- graben, im S. von Burgau am Attersee und Schwefelquellen in Mitter- weissenbach bekannt sind, ist nicht zu ermitteln. Der sehr beschränkte Abbau bewegt sich in einem Gebiete das über Tage durch die bekannte Rainpfalzalm bezeichnet ist. Im S dieser Alm und parallel der linea- ren Ausdehnung des jetzigen Baues zieht die Kette der Rosenkogel mit der Zwerchwand u. s. w. hin, welche über den Predigtstuhl bis an die Traun zwischen Lanfen und Goisern Weissenbach reicht. Sie besteht aus oberjurassischen Kalkmassen, die auf Hallstätter Kalken lagern und ist bis auf einige Tiefe in die weichern das Salz bedeckenden Schichten. eingesunken, denn noch im Niveau der tiefsten Etagen findet der Bau an ihr gefährliche Gränzen , während auf der NSeite dieses Zuges bei der Hütteneckalm die Zlambachschiehten um einige 100‘ höher reichen als im N in der Gegend der Rainpfalzalm. Andrerseits reichen von N her aus der Gegend des Kufberges die Liegenddolomite in der nächsten Nachbarschaft des Salzberges und befindet sich die mächtige Masse der Neokomgebilde des hohen Mitterberges und der Berge im nächsten O von dieser, welche parallel der Kette des Rosenkogel streichen und durch die sämmtliche Stollen das Salzgebirge anfahren. Unterteuft wird dasselbe durch Neokom und hat es in Folge des Einsinkens des Rosenkogels eine Aufpressung und theilweise Ueberschiebung über jün- gere Gebilde erlitten. Wichtig für die Zukunft des Baues ist die Auf- schliessung von Steinsalz in der Pater Rittlinger Werksanlage im Ho- rizonte des tiefsten Stollens. Von dieser Gegend aus könnte erst jener Theil des Salzgebirges erschlossen werden, welcher durch seine Stein- salzmassen die Salzberge von ‚Aussee und Hallstadt so sehr vor dem Ischler Salzberge auszeichnet und welcher den Fortbestand der Ischler Gruben sichern würde. _Der gegenwärtige Bau bewegt sich grössten- theils in der Anhydritregion, aber in grösserer Tiefe sind Steinsalzmas- 318 sen zu vermuthen und dahin die Aufschlussarbeit zu richten. — (Zbda S. 298-300.) B. v. Cotta, Erläuterungen zur geognostischen Karte der Umgegend von Dresden. Dresden 1868. — Die klar und deut- lich ausgeführte Karte der Umgegend von Dresden im Massstabe von 1:134400 giebt 32 verschiedene Gesteinsbildungen an, welche der Text vom Alluvium und Diluvium beginnend in absteigender Folge kurz er- läutert, für nähere Studien auf die Erläuterungen zur geognostischen Karte von Sachsen Sektion X verweisend. Jedem der Dresden und .die sächsische Schweiz bereist und nur einiges Interesse für Geognosie hat, empfehlen wir diese Karte als lehrreichsten und bequemsten Führer, denn sie entspricht allen Anforderungen, welche der Geognost von Fach und der Laie nur erheben kann. Der Preis von 1!/; Thaler ist mässig und verzinst sich durch den Gebrauch der Karte sehr hoch. Oryktognosie. W.Root, über Enargit in Californien. — Derselbe krystallisirt in kleinen, stark gereiften rhombischen Pris- men und kömmt auch derb vor. Härte 4, spec. Gew. 4,34; die Krystalle graulich schwarz mit starkem Metallglanz, derb auf frischen Brüchflä- chen kupferroth und blau anlaufend; Strich schwarz; sehr zerbrechlich. Vor dem Löthrohre decrepitirend, dann leicht schmelzend. In Salpe- tersäure löslich mit Rückstand von Schwefel und antimoniger Säure. Analyse 31,66 Schwefel, 45,95 Kupfer, 13,76 Arsen, 6,03 Antimon, 0,72 Eisen und 1,08 Kieselsäure. Findet sich von Quarz und Schwefelkies begleitet auf der Grube Morgenstern, Distrikt Mogul, Alpine Co, Ca- lifornien. — (Sillim. americ. journ. XLVI. p. 202—203.) U. Shepard, Aquacreptit, neues Mineral von Chester. -—— Kleine polyedrische Partien von haselnussgrösse im Serpentin. Bruch muschlig, Härte 2,5, spec. Gew. 2,05—2,08, zerbrechlich, gelblichbraun, Strich orangegelb, hängt schwach an der Zunge und erleidet durch Glü- hen 23 pC. Gewichtsverlust. Analyse: 43,08—41,00 Kieselsäure, 5,56— 4,00 Thonerde, 19,58--17,60 Magnesia, 12,30—13,30 Eisenoxyd und 17,40—23,00 Wasser. In Pennsylvanien. — (Ididem 256,) €. Rammelsberg, die Constitution des Dioptas. — Die natürlichen Singulosilikate zweiwerthiger Elemente zerfallen in die bei- den isomorphen Gruppen der Olivine und Willemite. Zur zweigliedrigen Olivingruppe gehören die Grundverbindungen Fayalit=Fe? SiO®, Forste- rit= Mg2SiO* und Tephroit—= Mn?Si0* sowie die isomorphen Mischun- gen Olivin—=(Mg, Fe)?SiO‘, Monticellit=(Ca, Mg, Fe)?SiO* ete. Die an- dere Gruppe ist rhomboedrisch und enthält nächst Willemit=Zn?Si0* noch Phenakit=Be%i0*, Troostit=Zn?Si0* mit etwas (Fe, Mn, Mg)?Si0* gemischt. Der Phenakit zeichnet sich durch das Vorkommen tetraedi- scher Rhomboeder als Viertelflächner von Sechskäntnern aus. Das zu Grunde liegende Gesetz der rhomboedrischen Tetartoedrie hat für die Sechskantner zur Folge, dass von jedem Gliede abwechselnd eine obre und eine untere, in den Naehbargliedern aber stets die gleichnamige rechte oder linke bleiben, während die dem Quarz eigene trapezoidische Tetartoedrie ein gleichartiges Verhalten der rechten und linken Flächen 319 bedingt. Die Tetartoedrie des Phenakit wiederholt sich nur beim Diop- tas,. Vom Willemit sind keine tetartoedrische Formen bekannt, aber sein Hauptrhomboeder und das erste stumpfere stimmen mit den ent- sprechenden des Phenakits nahe überein, und das herrschende Rhom- boeder des Dioptas liegt zwischen beiden, sein Endkantenwinkel 126° 24‘ und wird von seinem ersten schärferen 95%5 begleitet. Käme am Phenakit ein Rhomboeder a:a:„a:#c vor, so würde dasselbe 126922‘ also genau das des Dioptas sein, und kämen umgekehrt bei letztem A:A:0&:3c vor so würde dies 116°40‘ sein, also mit dem Rhhomboeder des Phenakits genau übereinstimmen. Diese hypothetische Form des Dioptas mag sein Hauptrhomboeder sein, dann sind 2A von r a:C Willemit 116° 0‘ 1:0,670 Phenakit 116° 36° 1:0,661 Dioptas 1169 40‘ 1:0,6601 letzter ist aber ein Bisilikat von Cu und zwar ein wasserhaltiges, wie kann solcher mit den wasserfreien Singulosilikaten, von Zn und Be iso- morph sein. Nach der Analyse von Hess und Damour ist er CusSiO? + aq. In der Wärme bei 350° verliert sein graues Pulver keine Spur an Gewicht, selbst bei schwachem Glühen bräunen sich nur die unter- sten Partieen, erst in der Glühhitze giebt der Dioptas das Wasser: 2,615 Gran verloren 0,283 — 10,82 pC. und bei stärkerem Glühen 0,303 = 11,587 p€C. Hess und Damour fanden 11,52 und 11,40 pC,, die For- mel verlangt 12,21 pC. Der geglühte Dioptas bildet ein braunschwar- zes sehr lockeres Pulver, das nur wenig hygroskopisches Wasser an- zieht und R. meint, dass das Wassermolekül nicht als Krystallwasser sondern chemisch gebunden vorhanden ist, also der Dioptas ein Singu- losilikat, isomorph mit Willemit und Phenakit ist. — (Geolog. Zeitschr. AA. 536-538.) Derselbe, über die Krystalltorm des Harmotoms. — Hauy und Weiss erklärten den Kreuzstein für viergliedrig, doch letzterer erkannte schon eine Hinneigung zum zweigliedrigen. Aber die schein- baren Oktaederflächen sind in ihrer Längendiagonale getheilt, bilden _ einen sehr stumpfen einspringenden Winkel 1791/,°, sind also selbst keine einfachen Formen und ist auch das Mineral optisch zweiachsig. Des- halb hat man ein zweigliedriges System angenommen, die Hauptachse parallel der Kante des herrschend rechtwinklig vierseitigen Prismas und die kreuzförmigen Zwillinge als Durchdringung zweier Krystalle, welche die Hauptachse ce gemein haben, während die Achse a des einen die Lage b des andern hat und umgekehrt. Descloizeaux gab in Folge op- tischer Untersuchungen den Krystallen eine andere Stellung, indem er von einem rhombischen Prisma von 124° 50° ausging und die stark ge- streifte Prismenfläche als Endfläche nahm. Dann muss auch eine Halb- flächigkeit des Oktaeders mitunter selbst des vertikalen Prismas zuge- geben werden, ganz abgesehen davon, dass die beiden Flächen des letz- tern eine entschieden physikalische Differenz zeigen. Aber für die Zwil- lingsbildung war diese Anschauung ein grosses Hinderniss. Descloizeaux 320 hat nun mit Bestimmtheit nachgewiesen, dass der Kreuzstein zwei- und eingliedrig genommen werden muss und zwar in Folge der drehenden Disposition. Nun fällt nicht allein die angenommene Partialität einzel- ner Formen fort, sondern die Gesetze der Zwillingsbildung erhalten einen sehr einfachen Ausdruck. Von den beiden Flächen des rektan- gulären Prismas wird die breite als basische Endfläche e = Achsen- ebene ab, die schmale rhombisch gestreifte als Hexaidfläche b — Ach- senebene ac (klinodiagonaler Hauptschnitt) und Hauysfläche s als He- xaidfläche a = Achsenebene bc gewählt, während die zwischen a und b liegenden nach der Zonenachse schwächer gestreiften Flächen p das vertikale Prisma a:b: o ce bilden. Die Ebene des einen Winkel von fast 90° bildenden optischen Achsen und die positive Mittellinie des spitzen Winkels stehen senkrecht auf der Symmetrieebene oder der Krystall- fiäche b. Die einfachen schottischen und Obersteiner Zwillinge sind Durchwachsungen zweier Individuen, deren Hexaidflächen b und c in eine Ebene fallen oder parallel sind, so dass die Zwillingsfläche auf beiden normal steht. Letztere mit c die innere Begränzung der vier Sektoren des Zwillings bildend bezeichnet Descloizeaux als hintere schiefe Endfläche r’=a’:c:ob, so dass mit Hülfe der Winkel p:p= 12001‘ und a:c—=1240950‘ das Achsenverhältniss a:b:c=0,70315 :1:1,231 und 0—=55°10‘ sich ergeben. Häufiger sind Doppelzwillinge dadurch entstanden, dass zwei einfache so verwachsen, dass die Flächen b des einen so liegen wie die Fläche c des andern und umgekehrt. Bei der Rechtwinkligkeit beider entstehen dadurch zwei neue, unter sich gleich- falls rechtwinklige Zwillingsgränzen und die einfachen Zwillinge verhal- ten sich hier so wie die einfachen Orthoklaskrystalle eines Bavenoer Zwillings. Für diese äusserlich noch nicht beobachteten Diagonalflächen q=b:c:»3 folgt nach Obigem eine Neigung von 900 36 über c. Sie würden genau rechtwinklig sein, wenn der Winkel a:c um 26‘ grösser, nämlich 125° 16° wäre und Phillips beobachtete in der That 125° 5“. Diese doppelten Zwillinge bilden bekanntlich entweder Kreuze, wenn die Flächen c sichtbar sind oder scheinbare einfache Krystalle, quad- ratische Prismen oer Flächen b mit ihrer doppelten Streifung. Ihre En- digung wechselt im Ansehen, je nachdem die Flächen p oder a vor- herrschen. Die Ebene der optischen Achse liegt so, dass sie der stumpfe Winkel a:c fast halbirt und zwar genau wenn derselbe 125016‘ ist. Die Formen der verschiedenen Krystallsysteme in geometrische Be- ziehung gesetzt, liegt für den Harmoton die Uebereinstimmung mit re- gulären Formen sehr nah. Das Prisma p ist 120°, die Zwillinge bewei- sen, dass q:q—90,c:r‘—=90°, daraus folgt a:b:c= 0,70713:1:1,2248 und 0=549,44' "oa a:b DE eo WERE ou p:c Be 321 ee — 1260 16 a:r = 160% 82' | r:r r:p N — 1449 44' pr‘ = 135° a:r d.h. die Krystalle des Harmotoms sind in geometrischer Beziehung re- guläre Combinationen und zwar sind p, b, c vier Granatoederflächen, c eine Oktaederfläche, a eine Leucitoederfläche, r‘ eine Würfelfläche, q zwei Würfelflächen und man begreift, dass die fehlenden Stücke der regulären Formen am Harmotom krystallonomisch mögliche Flächen sind, so würden z. B. die zwei fehlenden Granatoederflächen das hintere Augitpaar a':b:!/ac abgeben. — (Zaba 589—592) A. Sadebeck, über die Krystallformen des Kupfer- kieses. — Haidinger erkannte zuerst den Kupferkies als quadratisch und beschrieb auch dessen Zwillinge, seine Arbeit ist die Grundlage unserer jetzigen Kenuntniss dieser Krystalle. Verf. untersuchte ein reiches Material und giebt folgende Resultate darüber. I. Hemiedrie des Kupferkieses. Haidinger giebt als Grundform ein Oktaeder yon 105° 40° und Polkante 106° 54‘, das Achsenverhältniss, Hauptachse a: Nebenachse = 0,98502:1, c:a = 1:1,01527 nach Weiss. Nach Nau- mann ist a:y 23 also Log. a — 0,99352, während S aus den Winkeln Log. a = 0,99344 gefunden hat. Haidinger hat die beiden Tetraeder nicht schart unterschieden, nennt nur das Haupttetraeder meist gestreift, das Gegentetraeder meist glatt. Beide Benennungen vertauscht S. mit Tetraeder erster und zweiter Stellung, denn das erstere ist nicht immer vorherrschend ausgebildet, es ist aber aus dem Grundoktaeder entstan- den, indem sich die dem Beobachter rechts liegende obere Fläche mit ihren dazu gehörigen ausgedehnt hat, das zweiter Stellung ist entstan- den durch Ausdehnung der oben links liegenden Oktaederfläche mit ihren dazu gehörigen, jenes bezeichnet Verf. mit S, dieses mit S‘. Es kam nun darauf an zu ermitteln, durch welche Skalenoeder die beiden Te- traeder ausgezeichnet. Skalenoeder erster Stellung nennt Verf. solche, welche ihre stumpfe Endkante (Naumanns Y) über der Fläche des Te- traeders erster Stellung liegen haben, Skalenoeder zweiter Stellung solche, bei denen die Kante Y über der Fläche des Tetraeders zweiter Stellung liegt. Verf. beobachtete nur solche erster Stellung, am häufig- sten die beiden y=!/s(a:3a:c) und s—!y(a:5a:3c). Ersteres gehört in die Endkantenzone der Grundform und stumpft die Kante zwischen (a:0&:c) und S schief ab. Seine Flächen sind glatt, treten stets nur untergeordnet auf und zwar vielfach mit Wiederholungen, wodurch die Streifung auf S nach der Kante der Grundform erzeugt wird. Das Ska- lenoeder !a(a:52:c) ist genau durch seine Zonen bestimmt, liegt einer- seits in der Diagonalzone der Grundform d.h. es stumpft die Kante zwi- schen dem ersten schärfern Oktaeder und dem Tetraeder erster Stel- lung schief ab, andrerseits ist die Kante, die es mit dem ersten stum- pfren Oktaeder bildet, parallel der, welche letztes mit der hintern Fläche S macht. Dies Skalenoeder ist gewöhnlich parallel der Kante mit Bd. XXXII, 1868. 21 322 (2: »a:2c) gestreift. Das dritte untersuchte Skalenoederl—!/s(a: 202: c) ist selten, nur von Schlackenwald bekannt. Die Neigung wurde gemes- sen gegen S:141° 50° berechnet zu 142° 6° 53”, gegen S8':1390% 30‘, be- rechnet zu 1390 47’ 40“- Das von Philipps aufgetundene Skalenoeder 1/),(a:52:5c) gehört der ersten Stellung an. Ein Skalenoeder zweiter Stellung giebt Haidinger an !/»(a:3a:+c) das zwischen */s(a:a:!/sc) und (8:0 8:56) liegt. Die meisten vom Verf. untersuchten Skalenoeder be- zeichnen das Tetraeder erster Stellung und ausnahmslos treten die Ska- lenoeder nur in einer Stellung auf. Diese Formen sind es also haupt- sächlich, welche bei ihrem Auftreten die Hemiedrie der Krystalle er- kennen lassen, während Tetraeder in beiden Stellungen erscheinen und wenn sie im Gleichgewicht sind, dem Krystall ein homoedrisches An- sehn geben. Verf. beobachtet beide Tetraeder nur bei der Grundform, Haidinger noch beide Tetraeder !/a (a:a:$e) im Gleichgewicht. Die Te- traeder 1s(a:a:4c) und !la(a:a:Kc) werden nur in zweiter Stellung an- gegeben, die Stellung des ersten der beiden Tetraeder lässt dieselben Bedenken zu wie die des Skalenoeders 1/a(a:3a: #c), da es von Haidin- ger an demselben Krystall angegeben wird, das andere hat Verf. bei den Krystallen von Ramberg auch nur in zweiter Stellung beobachtet, das Tetraeder t/s(a:3:2c) kennt er nur in erster Stellung. Die Formen zweiter Ordnung kommen nur homoedrisch vor und wird dadurch die Regel bestättigt, dass die Formen zweiter Ordnung nie hemiedrisch werden, demnach tragen sie dazu bei die Stellungen der Tetraeder zu unterscheiden. Am häufigsten sind die beiden Oktaeder (a:„a:c) und (2:0&:2c) bei denen die Lage des Tetraeders erster Stellung dadurch angedeutet ist, dass sie parallel der Combinationskante mit demselben gestreift sind. Das Prisma erster Ordnung ist auch bisweilen parallel der Combinationskante mit dem Tetraeder erster Stellung gestreift, häu- fig auch ganz glatt. Die Geradendfläche ist gleichfalls parallel der Kante mit dem Tetraeder erster Stellung gestreift. Bei Krystallen ohne solche Merkmale muss man sich lediglich an die physikalische Beschaffenheit der Tetraeder selbst halten. Das erster Stellung ist matt oder gestreift, das zweiter glatt und glänzend. — II. Zwillingsbildung des Ku- pferkieses. Haidingers drei Gesetze sind 1. die Individuen haben eine Fläche der Grundform gemein, 2. sie haben eine Fläche des er- sten stumpfen Oktaeders gemein, 3. sie haben das erste Prisma gemein. Vom ersten Gesetz sagt Haidinger nur, dass die Individuen eine Fläche der Grundform gemein haben. Das eine Individuum legt sich mit einer Fläche des Tetraeders erster Stellung an eine Fläche des II, Tetraeders des anderen und die Individuen sind um 180° gegen einan- der gedreht. Sind beide Tetraeder im Gleichgewicht, so ähneln die Zwillinge denen des Spinells und Magneteisenerzes. Diese Bildung er- klärt sich durch die Drehungstheorie. Ein Oktaeder in der Mitte pa- rallel der Fläche eines Tetraeders I durchschnitten und der Krystall mit dieser Fläche nach unten aufgelegt, kömmt oben hin eine Fläche des Tetraeders II, auf der Schnittfläche liegt vom untern Individuum die 323 Fläche des Tetraeders II, vom obern die des Tetraeders I, während die seitlichen Tetraederflächen zusammenfallen. Wird nun die obre Hälfte um 180° gegen die untere gedreht: so kommt an den Seiten stets neben ein Tetraeder I des einen Individuums ein Tetraeder II des andern zu liegen. Theoretisch wäre noch eine andere Verwachsung denkbar, bei welcher die Drehung senkrecht gegen die Zusammensetzungsfläche statt- gefunden hat. Dann kommen in die Verwachsungsebene Tetraeder glei- cher Stellung zu liegen, ebenso an den Seiten. Dies ist der Fall, wenn man als Drehungsachse eine Linie annimmt, die im sechsseitigen Durch- schnitt dieselbe Lage hat, wie die trigonale Zwischenachse des regu- lären Systems in dieser Schnittfläche. Nimmt man als Drehungsachse die auf dieser Linie in der Schnittfläche senkrechte Linie, welche zwei gegenüberliegende Ecken des Sechseckes verbindet und zweien Seitenkanten zugleich auch parallel ist: so erhält man keinen Zwil- ling. Hierbei sind zwei Fälle möglich; entweder haben die Individuen eine Fläche des Tetraders I oder eine des Tetraeders II gemein, doch kommt diese Art der Verwachsung nicht vor. Bei tetraedischer Aus- bildung derIndividuen findet gewöhnlich ein Ineinanderliegen oder eine Durchwachsung statt. Geht das Eindringen eines vordern Individuums in ein hinteres sehr weit, so fällt endlich Fläche S des obern Indivi- duums, welche an der Zwillingsgränze liegt, mit der ihr parallelen 5° des untern in eine Ebene. Die Individuen haben dann eine Fläche des Te- traeders I gemein, sind in dieser Ebene gegen einander um 60° gedreht und in dieser Lage durch einander gewachsen. Wenn eine tetraedische Ausbildung im Individuum bei dem zweiten Falle dieses Gesetzes statt findet: so liegen zwei Tetraeder gleicher Stellung mit ihren Flächen an einander und kehren die diesen Flächen gegenüberliegenden Ecken nach entgegengesetzten Seiten oder sie berühren sich mit den zwei Ecken so, dass die diesen Ecken gegenüber liegenden Flächen parallel sind. Auch diese Fälle wurden noch nicht am Kupferkies beobachtet. — Bei dem zweiten Gesetz kommt es darauf an, ob neben die Flächen des Tetraeder I die gleicher oder verschiedener Stellung des andern Indi- viduums zu liegen kommen. In Folge dessen kann man die Zwillinge nicht einfach dadurch erhalten, dass man ein Individuum (S,S‘) parallel einer Fläche des ersten stumpferen Oktaeder durchschneidet und beide Hälften um 180° gegen einander dreht, denn dann kommen die Tetra- eder verschiedener Stellung neben einander zu liegen. Gleiches ist der Fall, wenn als Drehungsachse die Kante der Grundform gilt und um 180° gedreht wird, ebenso wenn man um die auf dieser Achse senk- recht stehende Linie um 90° dreht. Das sind die drei möglichen Dre- hungen. Von einer vollkommen parallelen Stellung kann man also diese Zwillinge nicht erhalten. Mechanisch hält man einen solchen Zwilling, wenn man 2 Oktaeder mit ihren Flächen so parallel stellt, dass die Tetraederflächen I des neuen Individuums den Tetraederflächen II des andern parallel sind und dann die beiden Individuen senkrecht gegen die Fläche des ersten stumpferen Oktaeders um 180° dreht, so dass die Drehungsachse in der Kante der Oktaeder liegt. Da die Individuen 21* 324 sich 'unregelmässig durchdringen, so ist diese Erklärung vorzuziehen. Haidinger hält diese Zwillinge für vollkommen gleich denen des Haus- mannits, worin ihn die Fünflinge bestärkten. Aber dieselben haben doch ein anderes Aussehen. Beim Kupferkies ist die Grundform stumpfer als das reguläre Oktaeder, beim Hausmannit schärfer, darum bilden die Oktaederflächen an der Seite, nach welcher die Hauptachsen divergiren, einen auspringenden, beim Hausmannit einen einspringenden Winkel, an der entgegengesetzten Seite liegt natürlich beim Kupferkies ein einsprin- gender stets verdeckter Winkel. Das beachtete Haidinger nicht und rechnete die bekannten Fünflinge von Neudorf am Harz zu diesem Ge- setz, aber sie gehören zu dem ersten Gesetz. Das dritte Gesetz be- obachtete Verf. nicht. — Die Art wie die Oktaeder nach dem zweiten Gesetz verwachsen, ist für die Theorie der Zwillingsbildungen überhaupt von Wichtigkeit. Man ersieht daraus, dass man nicht stets von einer absolut parallelen Stellung der beiden Individuen ausgehen kann, um die Zwillinge zu erklären, das wesentliche ist der fertige Zwilling, d.h. die Stellung beider Individuen gegen einander in Bezug auf eine Ebene, Zwillingsebene. Moh’s Gesetz lautet: man geht von der parallelen Stellung beider Individuen aus und giebt die Regel an, nach welcher das eine Individuum gegen das andere verdeckt werden muss. Dies hat für die homoedrischen Krystalle vollkommene Gültigkeit, gilt aber nicht für alle hemiedrischen. Demnach behält die Drehungstheorie ihre Wahr- heit. Nach ihr sind oben die Zwillinge nach dem zweiten Gesetze be- schrieben, die richtige Erklärung aber ist: die Zwillingsebene ist eine Ebene (a: »a:c), die Tetraeder gleicher Stellung liegen neben einander. Die Zwillingsebene ist natürlich nur eine krystallonomische, nicht eine krystallographische Fläche. Unter dieser Voraussetzung erklärt Verf. die Zwillinge nach dem ersten Gesetz so; die Zwillingsebene ist eine Ebene (a:»&:c), die Tetraederflächen verschiedener Stellung liegen ne- ben einander. In Folge dessen fällt mit der Zwillingsebene die S des. einen Individuums und die S’ des andern zusammen. — Ill. Entwick- lungstypen bei den verschiedenen Fundorten. Diese sind so verschiedene, dass man aus ihnen auf den Fundort zurückschliessen kann. 1. Einfache Krystalle sind selten, bei Angangueo in Mexiko (a:0&:c), (a:2:0c) beide im Gleichgewicht, daher der Krystall einem, regulären Dodekaeder ähnlich, die dreikantigen Ecken mitunter abge- stumpft durch die Tetraeder und nach den Kanten mit denselben sind die Flächen stark gestreift, im Innern ist Schwefelkies eingeschlossen, Vorkommen in Gesellschaft mit Bergkrystall. Ferner von Ulster County in New-York, ein sehr stumpfes und ein sehr scharfes Tetraeder in verschiedener Stellung, häufig mit einem Kern von Bleiglanz. — 2. Zwil- linge nach dem erstern Gesetz. Solche von spinellartigem Aussehen von Schlackenwald, von Tavistock in Devonshire, Kupferberg in: Schle- sien, ferner Zwillinge, bei denen (a°0&:2c) vorherrscht von Neudorf am Harz und Grube Victoria bei Müsen, Zwillinge von Stahlberg bei Müsen in der Combination P,AOP,3Po,Po,$Po»2P&, Zwillinge ‘von tetraedischem Habitus vom Schlackenwald, Ramberg bei Daaden und 325 Cornwall. 3. Zwillinge nach dem zweiten Gesetz. Die Grundform ist vorherrschend entwickelt und zwar beide Tetraeder beinah im Gleich- gewicht ‚von Junghohebirke bei Freiberg, das Tetraeder I allein ent- wickelt; Fünflinge von Tavistok, oder ein Skalenoeder ist vorherrschend entwickelt so an den Fünflingen von St. Agnes in Cornwall; oder end- lich das erste schärfere Oktaeder herrscht vor, Drillinge von Hülfe Gottes bei Dillenburg. Verf. beschreibt alle diese Vorkommen einzeln und stellt Alle übersichtlich zusammen. — (Zbda 595— 620 Tfl, 14.) H. Credner, Vorkommen von gediegenem Kupfer am Oberen See. — Der Kupferbergbau am Lake superior concentrirt sich auf die Gegend von Ontonagon und von Keweenaw Point. Letzte ist eine Landzunge an der SKüste 16 Meilen lang. Ihr Rücken besteht aus einer l/a Meile breite Zone von gebetteten Melaphyren, Dioriten und Melaphyrmandelsteinen mit Bänken groben Conglomerates. Diese Gesteine bilden im NOTheile der Halbinsel zwei parallele Höhenzüge mit steilen bis 300° hohen südlichen und flacher abfallenden nördlichen Gehängen. In der Nähe des Portagesees vereinigen sie sich in ein welliges Plateau. Im NTheil von Keweenaw Point fällt dieser Complex bei Q— WStreichen nach NW. Es lagern sich harte grobe Conglome- rate und rothbraune Sandsteine auf, welche wiederum mit 400—800’ mächtigen Melaphyrbetten wechsellagern. Die Melaphyr- und Sand- steinzone bilden Glieder eines einzigen Schichtensystemes. Die östli- chen Küstenstriche der Halbinsel östlich von der Melaphyrzone beste- hen ebenfalls aus Sandsteinen, die jedoch fast horizontal liegen, von den gegen N und NW einfallenden Melaphyren und Conglomeraten abgeschnitten werden und dem untersten Silur angehören, dem Potsdam Sandstein. An die mittle oder Melaphyr- und Mandelsteinzone nun ist das Vorkommen von gediegenem Kupfer geknüpft und zwar tritt es auf als vollständige oder theilweise Ausfüllung der Mandeln im ge- betteten Melaphyr-Mandelstein, als accessorischer Bestandtheil des in unregelmässige Betten zwischen dem Melaphyr liegenden Epidotfelsens, als Cäment oder accessorischer Bestandtheil des körnigen Cämentes einer zwischen den Melaphyren auftretenden Felsitporphyrbreccie, als Aus- füllung von Gangspalten, welche den Melaphyr durchsetzen. Verf. be- schreibt nun einzelne Vorkommnisse. Die Calumet-Hekla Lagerstätte. Etwa 2 Meilen nördlich vom Portagesee und zu der als Rückgrat von Keweenaw bezeichneten Zone gehörig tritt-ein Melaphyr zu Tage, der erdig bis dicht, zäh, dunkel chokoladenbraun und fein blaugrün ge- sprenkelt ist. Darin liegen Mandeln mit weissem Kalkspath und rother Laumontit, Kügelchen von Eisenchlorit so vertheilt, dass sie strich- weise zusammengedrängt sind, in andern Zonen aber fast verschwinden. Dieser wechselnde amygdaloidische Habitus, zusammen mit Ablosungs- flächen, welche mit 45° gegen NW fallen, jedoch nicht die Gränzfläche der verschiedenen Mandelsteinzonen bilden, sondern unabhängig von ihnen. bleiben, verleiht diesen Melaphyrmandelsteinen einen deutlich gebetteten Charakter. Zwischen ihnen und in seiner Lagerung ent- sprechend, einer jener Melaphyrbänke tritt in Form einer gediegen 326 Kupfer führenden Felsitporphyrbreccie die erst kürzlich aufgeschlossene Calumet- und-Hekla-Lagerstätte auf. Es sind scharfkantige Bruch- stücke eines dichten rothbraunen felsitischen, an rauchgrauem Quarz und dunkelrothen Orthoklas reichen Quarzporphyres von klein- bis feinkörnigen Bruchstücken dieses Gesteines zusammengekittet, stellen- weise auch zusammengesintert und die Lücken dazwischen leer oder mit Kalkspath ausgefüllt. Aehnlich treten hie und da Aggregate von dunkelziegelrothen Orthoklaskrystallen und zwar Karlsbader Zwil- linge mit abgerundeten Kanten oline Grundmasse zusammengesintert auf. An andern Stellen wird das Gestein sandsteinartig. Accessorisch kömmt gediegen Kupfer vor, in kleinen Drähten, moosförmig, in dünnen Umhüllungshäuten, Blechen und Netzen, im Sandstein so fein vertheilt, dass es kaum sichtbar ist, bisweilen aber als vorwaltender massiger Bestandtheil des Gesteines, oder aber in Form dünner Schüppchen auf den Spaltflächen des Orthoklas. Durchschnittlich möchten 5 Proc. der Lagerstätte, in einzelnen Strecken 30 bis 40 Proc. des Gesteins Kupfer sein. Am Ausgehenden der Lagerstätte ist das gediegene Kupfer in Rothkupfererz und mulmigen Malachit verwandelt und da- durch der Zusammenhang der sonst so harten Breceie gelockert. Die Mächtigkeit der Lagerstätte schwankt zwischen 4—16‘. Die überla- gernden Mandelsteine sind etwas anders als die unterteufenden. Die Mandelhohlräume der letztern sind nur mit weissem Kalkspath und etwas Kupfer ausgefüllt, kleiner als im Hangenden, in welchem neben grossen Mandeln Adern und Trümmer oft in dichtem Gewirre aufsetzen. Diese sowohl wie die Mandeln sind zuerst von einer Lage dunkel- kirschrothen Leonhardits ausgekleidet, dann mit weissem Kalkspath an- gefüllt und führen häufig gediegen Kupfer. Nach seinem Vorkommen hat es sich erst in späteren Zeiträumen gebildet. * Die Lagerstätte der Copper Falls Mine liegt 5 Meilen nördlich vom Portage-See am NAbfalle der Melaphyr- und Mandelsteinzone, nahe der Gränze dieser und der überlagernden Sandsteine und Conglommerate. Letztere so- wohl wie die gebetteten Melaphyre streichen O—W mit 25° Nfallen. Die Gesteinsfolge ist: a. dunkelbrauner, krystallinisch feinkörniger, sehr harter Melaphyr mit splittrigem Bruche, mit kleinen Kügelchen von Eisenchlorit und einigen Mandeln von Kalkspath. Er nimmt plötz- lich b. Mandelsteingefüge an, bildet nach unten mit jenem Melaphyr eine scharfe Mandelsteinzone mit welliger oberer Fläche, 20° mächtig, in zwei Zonen gegliedert, deren untere nur Kalkspathmandeln und kleine Eisenchloritkugeln umschliesst, eine obere 8° mächtige ‚mit Kupferkörnern oder neben diesen noch mit Kalkspath. Erstere liegen entweder isolirt in der Melaphyrgrundmasse oder hängen traubenför- mig durch kleine Drähte zusammen. Ebenso wie Kupfer kömnt Silber in runden Körnern als alleinige Mandelausfüllung vor. Der oberste Horizont dieser Mandelsteine enthält 5—10 Proc. Kupfer und schneidet gegen den ihm folgenden c. dichten oder erdigen Malachit scharf ab. Auch dieser hat Striche von Mandelsteinen gestreckt walzige oder wurmförmig gekrümmte, plumpe von 2—3“ Länge, rechtwinklig auf 327 den Absonderungsflächen stehend. Hohlräume solcher Formen werden öfter von weissem Kalkspath als von Kupfer ausgefüllts Aber diese eigenthümliche Bildung ist an die unterste Gränze der auf die unter b, beschriebenen Mandeln folgenden Melaphyre gebunden. Letzte 400° mächtig werden scharf von einer d. nur wenige Fuss starken Lage einer dunkelgrünen chloritischen Masse abgeschnitten. Dieselbe ist von un- regelmässigen Hohlräumen durchzogen, deren Wände Analcimkrystalle ‘ bekleiden, weisse, rothe, gefleckte und andere, auch Mesotypsäulen. Darauf folgt e. eine etwa 1000° mächtige Reihe von gebetteten Mela- phyren mit strichweiser Mandelsteinneigung und auch ausgebildeten Mandelsteinen. Dieser Melaphyr spielt in rothbraun, ist feinkörnig, erdig oder dicht, die Blasenräume des Mandelsteines mit Kalkspath und Eisenchlorit, aber nicht mit Kupfer gefüllt. f. Ihnen folgen grobe Conglomerate etwa 3000° mächtig, dem Thüringer Rothliegenden sehr ähnlich. Diese ganze Schichtenfolge von Melaphyren, Sandsteinen etc, wird von einem Gange der Owl Creek Vein rechtwinklig auf ihre Streichungsrichtung durchsetzt. Derselbe ist ausgefüllt von Kalkspath, Quarz, Läaumontit, Epidot und von Kupfer in feinsten Schüppchen bis zu Massen von 4000 Centnern. Solch gewaltige Massen bestehen aus einer Reihe plattenförmiger, arborescirender, zackiger Partien, welche dicht nebeneinander liegen, stellenweise verwachsen. Aus einer 65’ hohen Partie wurden 20000 Centner gediegen Kupfer gewonnen. Ober- halb des Kupferführenden Melaphyrmandelsteines ist der Gang taub oder sehr arm, Das Kupfer giebt oft vollständige, auf der Innenseite spiegelglatte Abdrücke von Quarzkrystallen und schillert dann in den prachtvollsten Schattirungen von Roth. Silber ist hier seltener als an andern Orten und kommt gewöhnlich in Form von auf dem Kupfer aufsitzenden Flittern vor. Charakteristisch für den Owl Creek Gang sind die Melaphyrbruchstücke in seiner Ausfüllungsmasse, alle scharf- kantig, von Linsen- bis Klaftergrösse, zuweilen vereinzelt in Kalkspath liegend oder allein den Gang ganz ausfüllend. Die Mächtigkeit des Kupferganges variirt zwischen wenigen Zollen bis 28°. — Die Cliff Mine liegt am SWAbsturze des nördlichen der beiden die Melaphyrzone bildenden Höhenzüge, also im Längenthale zwischen diesen letztern und steht in einem Gange, welcher die gebetteten vulkanischen Gesteine rechtwinklig auf ihre Streichungsrichtung durchsetzt. Das Gangprofil zeigt a. Melaphyr, dunkelnelken- oder rothbraun, strichweise amygda- loidischh Die runden oder ovalen Mandeln von weissem Kalkspath, röthlichem Laumontit, apfelgrünem Prehnit, dichtem oder strahligen Epidot, Körnern von dunkelgrauem Eisenchlorit werden von einer dichten oder feinkörnigen Grundmasse umschlossen. Bisweilen. sind die Blasenräume nicht völlig ausgefüllt, nur von kleinen Epidotkrystal- len ausgekleidet. Kupfer kommt in Körnern und Schuppen in der Aus- füllungsmasse der Mandeln vor, oft auch in der Grundmasse vor. Diese Melaphyre und Mandelsteine bilden den SOFuss des NFelsen- riffes und fallen mit 30° gegen NW ein. Ueber ihnen folgt b. eine 10—15‘ mächtige Lage von weichem chloritischen Gesteine, überlagert 328 von c. grobkrystallinischem Diorit bestehend aus schwarzgrüner kurz- säuliger Hornblende und lichtölgrünen Oligoklaskörnern, verwittert schmutzig gelbweiss. Fast allein aus Hornblende bestehende Lagen wechseln mit Hornblendearmen aber Feldspathreichen Zonen ab. Diese Gesteinsreihe wird von einem Gange veränderlichen Charakters durch- setzt, der im Diorit eng und fast taub, im Melaphyr weit und kupfer- reich ist. Die Hauptgangart ist Kalkspath, ferner Laumontit, Prehnit, Apophyllit, Natrolith, Desmin, Flussspath, Epidot, Quarz. Das Kupfer ist meist mit Kalkspath vergesellschaftet, liegt oft im Innern von Kalk- spathkrystallen, bildet oben auch zackig plattenförmige Massen von 100-1000 Centner. Am häufigsten ist es in hand- bis tellergrossen Partien mit Kalkspath, Epidot und Prehnit verwachsen, in Drusen- räumen oft krystallisirt in Würfel, Pyramidenwürfel, Oktaeder, 48Flächer oder Combination derselben. Silber kammt mit dem Kupfer verwachsen, bis zu Pfundschweren Partien vor. — Die Concordlagerstätte ist die östlichste und unterste am Portage-See und führt das Kupfer in Mela- phyr und Epidotfels als Körner, Blätter, Drähte und centnerschwere Massen, die Lagerstätte 1—30° mächtig. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 1869 8. 1-14 Th. 1.) Palaeentologie. F. E. Koch und C. M. Wiechmann, die oberoligocäne Fauna des Sternberger Gesteines. — .Der erste Theil dieser Monographie beschäftigt sich mit folgenden Arten: Ringicula striata und Grateloupi, Tornatella punctatosulcata, T. Philippü, T. inflata, T. laeviuscula, T. semistriata, Tornatina elongata, Bulla turgidula, B. Laurenti, B. lineata, B. subperforata, B. utricula, B. tere- tiuscula, B. convoluta, B. acuminata, B. lignaria, Calyptraea striatella, Pileopsis elegantula, Patella megapolitana, P. compressiuscula.. — (Geolog. Zeitschr. XX. 543-564. Th. 12.) F. Roemer, Entdeckung von Graptolithen bei Willen- berg unweit Schönau im Katzbachthale. — Verf. vermuthete schon nach dem Vorkommen der Graptolithen im 'Thonschiefer bei Lauban, dass vielleicht sämmtliche auf der grossen geognostischen Karte von Niederschlesien als Urthonschiefer und grüner Schiefer be- zeichneten Thonschiefer des N und NO von der granitischen Hauptkette- des Riesengebirges liegenden Gebietes sich als silurisch erweisen möch- ten und diese Vermuthung hat sich z. Th. bestättigt. Es fanden sich in den schwarzen mit Kieselschiefer wechsellagernden Thonschiefern bei Willenberg sichere Graptolithen und zwar in einem schwarzen sehr kohlenhaltigen Thonschiefer, der unmerklich in Kieselschiefer über- geht, wie solches im sächsischen Vogtlande u. a. O. Graptolithen führt. Die bis jetzt aufgefundenen Graptolithen sind grade Streifen eines feinen Anthracithäutchens mit zahnartigen Randkerben, nach dem Ha- bitus auf Monoprion Becki zu deuten, auch auf M. convolutus. So- nach sind diese Kieselschiefer silurisch und es werden alle andern petrograpisch übereinstimmenden dem Urthonschiefer untergeordneten Kieselschiefer silurisch sein. Dieselben sind innig mit dem Urthon- 329 schiefer verbunden und müssen auch diese derselben Formation zuge- wiesen werden. — (Geolog. Zeitschr. AX. 565—567.) F. Karrer, die miocäne Foraminiferenfauna von Kostej im Banat. — Die miocänen Lagerstätten in dem bezeichneten Gebiete des Banates sind längst bekannt, allein die Foraminiferen von Kostej wurden erst jetzt zahlreich gesammelt. Die Lagerstätte ist nicht weit von Oberlapugy entfernt, besteht aus einem grünlichen Tegel auf Con- glomerat und überlagert von gelbem Sande. Die durch Schlämmen ge- wonnenen Foraminiferen erweisen 260 Arten, unter welchen 50 neu. Am spärlichsten sind die kieseligen Uvelliden vertreten, etwas häufi” ger die Cornuspiriden, viel stärker schon die Peneropliden, die Orbi- tuliden in 3 Arten sehr häufig, die Daktyloporiden mit einer neuen Art, die Rhabdoiden wieder spärlich, die Nodosariden sehr reich, auch die Cristellariden, zahlreicher noch die Polymorphiniden, ganz unbedeutend die Textillariden, mehr wieder die Globigerinen, ganz spärlich die Ro- taliden und Polystomelliden, während die Nummulitiden zwei enorm häufige Arten bieten. Die ganze Fauna stimmt mit der von Lapugy überein und repräsentirt die Zone der Gainfahrener Mergel oder der höhern marinen Tegel, der Mediterranstufe des Wiener Beckens. Es sind nämlich typische Arten des höheren Leithakalkes mit solchen der tieferen Zone des marinen Tegels vereinigt, ohne Selbstständigkeit der Fauna. Verf. führt die Arten im einzelnen auf unter Angabe der Häufigkeit, Verbreitung, mit gelegentlichen Bemerkungen und Beschrei- bung der neueren Arten. — (Wiener Sitzgsbericht1868 Juli 73 8$. 5 Tf.) E. Desor et P. de Loriel, Echinologie helvetique. Descrip- tion des oursines fossiles de la Suisse. I. Livrais. Wiesbaden 1868 Fol. 4 pll. — Die fossilen Echiniden der Schweiz sind zwar schon durch Agassiz monographisch bearbeitet, später in Desors Synopsis berück- sichtigt, auch in gelegentlichen Arbeiten mehr minder eingehend be- handelt, allein die Fortschritte der Systematik und das überaus reiche Material machen eine neue gründliche Untersuchung wünschenswerth und selbst nothwendig. Die Verf. bieten dieselbe unter obigem Titel in 8—10 Lieferungen zu je 4 Tafeln und 4 Bogen Text in splendider Ausführung. Nach dem Vorworte und der Terminologie beginnen sie die systematische Darstellung mit den Cidariden und bringen in der ersten Lieferung folgende Arten: Cidaris Stoppanii (C. verticillata Stopp) Unterlias, C. Stockhornensis Oost ebda, C. psilonoti Q. ebda, C. cucumi- fera Ag (C. courtandiana Duj) Bajocien, C, Zschokkei Des. ebda und Bathonien, C. spinulosa Roem (Rhabdocidaris maxima Des.) Bajocien C. gingensis Waag ebda, C. Desori Cott ebda, C. maeandrina Ag (C. Schmidlini Des. Bathonien, C. Koechlini Cott ebda, C. Mülleri Des. ebda, C. asperata Des. (C. perplexa Argovien, Corallien und Sequanien, C filograna Ag Oxfordien und Sequanien, C. propinqua Mstr (C. elegans Q) sehr weit verbreitet im Oxfordien etc., C. coronata Hf. ebenfalls weit verbreitet, C. Escheri iin Oxfordien, €. Matheyi ebda, C. monasteriensis Thurm ebda, C. Hugi Des (C. histricoides Q. Hemicidaris semiastra Cart) ebda C. spinosa Ag im Oxfordien. Wir können uns von der Nütz- 330 lichkeit und Nothwendigkeit der in den allermeisten ‘Monographien wiederkehrenden langen Citatenreihen durchaus nicht überzeugen, wozu völlig werth- und inhaltslose Citate, die doch Niemand nachschlägt, die nichts beweisen, über gar nichts Auskunft geben wie hier z. B. unter Cidaris coronata Agass, catal. Ectyp. neben dessen Echinod, suisses, ferner d’Orbignys in Bezug auf diese Art völlig werthloser Prodrome, Verzeichnisse und geognostische Abhandlungen, welche nur den nackten Namen anführen, meist sogar ohne Kritik! Man sollte die Citate ledig- lich auf solche Stellen beschränken, welche wirkliche Beobachtungen, begründete Kritik und überhaupt Nachlesbares enthalten, alle übrigen sind doch leerer, lächerlicher und Raumfressender Balast. Fr. Aug. Quenstedt, Petrefaktenkunde Deutschlands II. Bd. Brachiopoden. 1. Heft Leipzig 1868 8% mit Atlas in Fol. — Mit dem ersten die Cephalopoden behandelnden Bande schien des Verf.’s Petrefaktenkunde Deutschlands abgebrochen zu sein, sie wird nach langer Pause jetzt mit den Brachiopoden fortgesetzt und wir können uns über diese Fortsetzung nur freuen, da dem ‘Verf. von. dieser überaus wichtigen Gruppe ein sehr reiches Material zu Gebote steht und seine scharfen Beobachtungen auch neben den gründlichen monographischen Arbeiten über diese Familie gar Manches Neue brin- gen. Die systematischen Principien und die Darstellungsweise des Verf.’s sind allen Paläontologen zur Genüge bekannt und wäre 'eine Darlegung derselben hier überflüssig, es genügt auf das Erscheinen der wichtigen Arbeit aufmerksam gemacht zu haben. Der Umfang dieses Bandes ist auf 4—5 Hefte also auf 40-50 Bogen veranschlagt, der des Atlas nicht berechnet. Die äussere Ausstattung schliesst sich ganz dem Cephalopodenbande an. J. Barrande, silurische Fauna von Hof in Baiern. — Die ersten silurischen Trilobiten von Hof sah B. in Gr. Münsters Sammlung und ähnliche in Dresden, später mehrere von Gümbel ge- sammelte, welche den primordialen Charakter bekunden und solche von Wirth in Hof. Die Bestimmung all dieser Vorkommnisse, welche hier beschrieben und abgebildet werden, ergaben folgende Arten: Co-‘ nocephalites bavarieus, C. Münsteri, C. Geinitzi, C. Wirthi, C. problema- ticus, ‘C. quaesitus, C. innotatus, C. deficiens, C. extremus, C. discrepans. Bavarilla hofensis, Olenus Gümbeli, O. frequens, OÖ. exspeetans, Ag- nostus bavaricus, Asaphus Wirthi, Lichas primulus, Calymene Tristani Brgn, Cheirurus gracilis und discretus, Trilobites praecedens Tr. corpu- lentus, Tr.‘V,X, Y,Z, Serpulitus hofensis, Hyolithes imperfectus und Wirthi, Orthis bavarica, L. Wirthi, Lingula bivarica L.cedens, L. humillima, L. inchoans, L. signata, Discina varians und contraria, Obolus palliatus und minor, Cystjdea bavarica. Von den Trilobiten konnten 7 nur pro- visorisch benannt werden und schätzt Verf. die Artenzahl der Trilobiten auf 20 und die Gesammtfauna von Hof auf 36 Arten. Also überwiegen die Trilobiten bedeutend an Arten- wie auch an Individuenzahl, sie stehen wie 8:1 zu den übrigen Arten. Schon darin liegt ein primör- dialer Charakter, der Anfang der zweiten Fauna, denn der ersten ge- 331 hören Conocephalites, Olenus, Agnostus, der letztern Asaphus, Caly- mene, Lichas, Cheirurus an. Zu diesen kömmt noch die neue Gattung Bavarilla. Die wichtigste primordiale Gattung Paradoxides fehlt bei Hof noch und deshalb kann die Lagerstätte nicht in die erste Phase verlegt werden, die Vermischung der Primordialfauna mit der zweiten Fauna bezeichnet eine Uebergangsepoche zwischen beiden und die Vermengung ist eine ganz innige, aber die Formen der primordialen herrschen vor, ihr gehören 3 Gattungen mit 12 Arten, der zweiten Fauna 4 Gattungen mit nur 5 Arten, 3 Arten sind unbestimmt. Die Mollusken von Hof sind fast nur primordiale Formen, darunter die Brachiopoden in 4 Gattungen mit 11 Arten, Cephalopoden, Gastropo- den und Acephalen fehlen gänzlich, die doch in der ersten Phase ‚der zweiten Fauna Böhmens stark vertreten sind. Die aufgefundenen Algen gestatten keine sichere Bestimmung. Verf. vergleicht nun Hof mit Ro- kitzan bei Pilsen in Böhmen. Beide sind 18!/; Meilen von einander entfernt. Rokitzan liegt auf der bande d, der petrefaktenführenden Basis der Quarzitetage d. Zwischen beiden Orten liegen Gneiss, Gra- nit und andere krystallinische Gesteinsarten, auf diesen die halbkrystal- linischen Felsen der Etage A und über diesen die Etage B, darüber die Thonschiefer der Etage C, welche die Primordialfauna Böhmens einschliesst. Die Quarzitetage d. ist von C deutlicher durch Porphyr- massen getrennt und über diesen beginnt in Böhmen die zweite Fauna, welche in 5 Phasen sich entwickelt. dıss,s und wegen jener Trennung geht keine Form von C in D über und was doch bei Hof der Fall ist. Die böhmische Primordialfauna besteht nach ihren Gattungen zur Hälfte, nach ihren Arten zu zwei Drittheilen aus Trilobiten, aus 27 Trilobiten, 7 Mollusken. 1 Bryozoen, 5 Echinodermen. Die Fauna von Hof ist fast absolut identisch in den Klassen, Ordnungen und Familien und in deren gegenseitigen Verhältniss. Von den Gattungen hat Hof Conoce- phalites und Agnostus mit Böhmen gemein, beide sind aber Kosmopo- liten, Olenus hat eine beschränktere Verbreitung und weist auf den europäischen Norden. Auch der Pteropode Hyolithes ist kosmopoli- tisch. Orthis findet sich primordial in Böhmen, ebenso Obolus, während Lingula hier fehlt und wieder der primordialen Fauna des Nordens angehört. Von den Arten bei Hof xommt keine einzige in Böhmen vor, wohl aber zeigen dieselben wieder nahe Verwandtschaft mit dem europäischen Norden, wie im einzelnen nachgewiesen wird. Dasselbe Resultat ergiebt die Vergleichung der Arten der zweiten Fauua. Die erste Phase führt in Böhmen 107 Arten und zwar 24 Gattungen Crusta- ceen, wovon 20 Trilobiten, 20 Gattungen Mollusken und 4 Echinoder- men hinsichtlich der Arten fast die Hälfte Trilobiten und die andere Hälfte Mollusken, also ein ganz anderes Verhältniss wie in der primor- dialen Fauna, indem die Mollusken überwiegen. Bei Hof fehlen die in Böhmen vorkommenden Cephalapoden, Gastropoden, Acephalen und Graptolithen, welche dort 45 Arten liefern. Von den Trilobiten sind 5 Gattungen bei Hof aus der böhmischen zweiten Fauna, alle aber sind Kosmopoliten, in Böhmen artenreicher als bei Hot, überhaupt fehlen 332 alle nähern Beziehungen von Hof zur zweiten böhmischen.‘ Auffallend ist, dass keine einzige Art beiden Lokalitäten gemeinsam. Da. die si- lurische Fauna von Hof bedeutende generische und selbst specifische Verknüpfungen mit der Primordialfauna des europäischen Nordens zeigt: so deutet dies an, dass die See, in welcher sie lebte in unmittelbarer Verbindung mit dem nördlichen Ocean stand, aber bei jedem Mangel besonderer Beziehung zu Böhmen eine offene Communikation mit des- sen Meere nicht statt gehabt haben kann. Diese Isolirung des böhmi- schen Beckens trägt dazu bei begreiflich zu machen, warum dessen Faunen in ihrer Entwicklung wesentliche Unterschiede in Bezug auf die correspondirenden silurischen Faunen anderer Gegenden darbieten. Sie zeigt auch, dass Böhmen von der Natur für die Verwirklichung des Phänomens der Colonie vorbereitet worden ist. Die Fauna von Hof deren Zusammensetzung sich mehr der primordialen als der zweiten Fauna nähert, zeigt ein merkwürdiges Mitvorhandensein der charakte- ristischen Typen dieser zwei Faunen und bildet eine Uebergangsphase zwischen den zwei ersten silurischen Faunen. Beide in Böhmen durch rein lokale Einflüsse so scharf geschieden, sind in andern Gegenden durch die Zwischenphasen verbunden, welche einen innigen zoologischen Zusammenhang bekunden. Wegen der Artbeschreibungen müssen wir auf das Original verweisen. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 641—696. Tf. 6. 7). H. B. Geinitz, die fossilen Fischschuppen aus dem Plänerkalk in Strehlen. Dresden 1868. 4 Tff. Fol. — Nachdem Verf. nochmals die geognostische Stellung des sächsischen Plänerkalkes beleuchtet hat, beschreibt er folgende Schuppen aus demselben: Cyclo- lepis Agassizi von Strehlen wahrscheinlich in Koprolithen, Aspidolepis Steinlai vereinzelt, Osmeroides lewesiensis Ag in sechs verschiedenen Formen, ©. divaricatus, Cladocyclus strehlensis (Beryx ornatus Gein. Gieb), Hemicyclus strehlensis kleine dicke nahezu halbkreisrunde Schup- pen höchst fein parallel liniirt, Hypsodon lewesiensis Ag sehr selten bei Strehlen, Beryx ornatus Ag, Acrogrammatolepis Steinlai klein rundlich flach mit centralem Anheftungspunkte und feinen concentrischen Li- nien, die aber nicht Wachsthumslinien sind wie Verf. sie nennt, Ma- ceropoma Mantelli Ag, endlich Hemilampronites Steinlai sehr selten bei Strehlen. U. Schloenbach, paläontologische Mittheilungen III. — 1. Belemnites rugifer aus dem eocänen Tuffe von Ronca. Boue be- hauptete 1829 das Vorkommen von Belemniten am Kressenberge, von denen später angenommen wurde, dass sie auf secundärer Lagerstätte sich befanden. Schafhäutl führte dieselben als Bel. compressus und mucronatus auf, welche Bestimmungen Gümbel als irrig bezeichnete. Verf. stellt als wahrscheinlich hin, dass aus den Kressenberger Eocän- schichten Reste von sehr belemnitenähnlichen Körpern, vielleicht von wirklichen Belemniten vorkommen und zwar ursprünglich und nicht se- cundär, welcher Art dieselben aber angehören lässt sich noch nicht er- mitteln. ‘Sicherer ist nun das Vorkommen bei Ronca, Verf. beschreibt 333 die drei Exemplare als neue Art. — 2. Ueber Belemnites lanceolatus und: Bel. granulatus. — 3. Polyptychodon von Oenuth in der Bukowina. 4. Ammonites Austeni Sharpe von Parnica bei Unterkubin in Ungarn schliesst sich A. planulatus sehr eng an, liegt aber verkiest über dem Neokommergel, wo auch A, splendens vorkömmt. — (Jahrb. Geol. Reichs- anst, XVıll. 455— 468. Tf. 11.) K. F. Peters, zur Kenntniss der Wirbelthierreste aus den Miocänschichten von Eibiswald in Steiermark. I. Die Schildkrötenreste mit 3 Tff. II. Amphieyon, Viverra, Hyotherium. Mit 3 Tfi. Wien 1864. Fol. — Wir ergänzen den frühern kurzen Bericht, welcher das Erscheinen dieser Abhandlungen anmeldete, durch ein Re- ferat über dieselben. Eibiswald, Steieregg und Wies bezeichnen drei Flügel einer grossen Miocänablagerung, die reich an Braunkohlen. Die- selbe ist compakt, homogen und glänzend schwarz und liefert wenig Asche, nur bei Steieregg weniger gut. Die Lagerungsverhältnisse hat Rolle dargelegt. Die ersten Wirbelthierreste wurden 1845 gefunden, andere später. Die Braunkohlenschichten bilden Thalausfüllungen süs- ser Gewässer und lassen bei Eisbiswald drei Bänke unterscheiden. Zu- unterst ein glimmerreiches sandiges Gestein über krystallinischem Grund- gebirge, dann das 13° Fuss mächtige Kohlenflötz und darüber der tho- nige Hangendschiefer oft blättrig mit zerdrückten Schalen von Planorbis, Cyclas etc. Im Liegendschiefer die Wirbelthierreste bei Steieregg nahe am Flötz, Knochen und Zähne, im Hangendschiefer Schildkröten und Fische meist 5—7‘ über dem Flötz, in diesem selbst viele Knochen, Pilanzenreste sehr selten’ und unvollkommen. 1. Trionyx styriacus nach 5 Exemplaren schon im J. 1855 speciell beschrieben. — 2. Chelydrop- sis .nov,. gen. unterscheidet sich von Chelydra durch die doppelte Nak- kenplatte, durch 2 Reihen übereinander gelagerter Randschildplatten der dritten bis achten Marginalplatte angehörig, durch minder breite, mehr winklige Neuralplatten. Die Art ist Ch. carinata Der Rückenpanzer misst 0,355 Länge, seine Breite 0,290, die Wölbung ziemlich beträcht- lich. Die Nackenplatte ist kurz und hinter ihr eine hexagonale Schalt- platte oder postnuchale. Die Neuralplatten winkliger wie bei Chelydra. Die Afterplatten doppelt, an Trionyx sich anschliessend. Die Costal- platten bis an. den Rand reichend, in der Breite von der ersten bis zur achten abnehmend, ganz vom Typus der Chelydra. Die Randplatten eigenthümlich, der Brustpanzer sehr ähnlich Chelydra Decheni. Ein Schädel gestattet wegen ungenügender Erhaltung keine Vergleichung. — 3. Emys pygolopha in zwei Exemplaren, in der Form des Rückenpan- zers Emys Michelottii ähnlich nur mit der höchsten Wölbung weiter hinten und mit Pygalkiel, im Nackentheil mit breitem Wulst, auf jedem der. vier Seitenschilder mit einem Höcker; der Brustpanzer mit 12 Schildern bekleidet und mittelst zweier Knochenstrahlen durch Syno- stose mit dem Rückenschild verbunden, nach allen Verhältnissen eine ächte Clemmys. — 4. Emys Mellingi nach einem halben Brustpanzer. 5. Amphicyon intermedius Meyer nach einem Unterkieferstück von der Grösse des A. major bei. Blainville, aber in den Zahnformen mit inter- 334 medius übereinstimmend. Der noch unbekannte 4. Vorderzahn ist er- halten und hat fast knopfförmige Wurzeläste. Ausserdem liegen ver- einzelte obre und untre Zähne vor, zwei nicht näher deutbare Brust- wirbel. — 6. Viverra miocenica nach einem Unterkieferrest mit den typischen Lückzähnen der Gattung, aber specifisch verschieden von V. sansansensis und V. zibethoides. — 7. Hyotherium Soemmeringi Meyer nach Ober- und Unterkiefer, Gliedmassenknochen, welche ausführlich beschrieben werden. Mahr, Sphenophyllum Thoni aus dem Steinkohlenge- birge von Ilmenau. — Der wahrscheinlich sechskantige Stengel ist längsgestreift und 2—5 Linien breit, seine Glieder 11/s—2 Zoll lang, die Wirtel sechsblättrig bis 2° lang und 1“ breit, die Blätter an der Ba- sis ziemlich schmal, am Ende auffällig gefranzt und scheinen je fünf Franzen einen Lappen zu bilden, an der Basis vier Nerven und jederseits derselben zwei schwächere, erste theilen sich vier- bis fünfmal bis ein Zweig in jede Franze ausläuft. Von Sph. Schlotheimi durch die Fran- zen und Grösse der Blätter unterschieden, von Sph. longifolium durch die Blattform und den Aderverlauf. — (Geol. Zeitschr. XX 433. Tf. 8). J.L. Newberry, fossile Pflanzen aus dem mesozoischen Kohlenlagern Chinas. — Verf. beschreibt folgende Arten: Ptero- zamites sinensis: fronde pinnata, parva, pinnis linearibus patentissimis integris, subapproximatis vel remotis, saepe curvatis, basiintegris, apice rotundatis, nervis distinctis aequalibus simplicibus, rhachis longitudina- liter striata. Im Habitus Pt. OeynhansianusGp gleich, sonst Pt linearis Emm aus der Trias von NCarolina am ähnlichsten, in einem braunen Sandsteine mit Sphenopteris orientalis bei Sanya westlich von Peking. Podozamites lanceolatus (= Zamia lanceolata Ldl Hutt) im Kwei Bek- ken am Yangstefluss. — Podozamites Emmonsi: fronde pinnata, pin- nis distantibus integris alternis oppositisve, lanceolatis, apice attenuatis acutis, basi cuneatis, nervis crebris, ebenda, kömmt in Carolina mit Pecopteris stuttgartensis, Laccopteris germinans u. a. deutschen Keuper- pflanzen vor. — Sphenopteris orientalis: fronde tripinnata, rhachide longitudinaliter sulcata, pinnis lanceolatis vel linearibus, acutis, pinnu- lis sessilibus summis labiatis, inferioribus laciniatis, laciniis rotundatis, apice saepe emarginatis nervis tenuibus, in lobis dichotomis, von Sanyu westlich von Peking, ähnelt der jurassischen Sph. denticulata und hy- menophylloides. — Pecopteris withbyensis Brgn von Piyunsz westlich von Peking. — Hymenophyllites tenellus: fronde bipinnata, parva, de- licatula, pinnis linearilanceolatis, pinnulis laciniatis, lacinüis fliformibus vel spatulatis acutis, sori subrotundi laciniarum apicibus insidentes, ebendaselbst.— Taxites spatulatus: foliis coriaceis linearilanceolatis vel spatulatis, eurvatis, apice rotundatis, basi cuneatis, nervo medio valde distineto, in einem gelben sandigen Schiefer der Futangrube bei Chai- tang mit Podozamitesfiedern. — (Smithson. Contribut. AV.). R. Lundgren, zur Paläontologie des Faxekalkes bei Limhamn. — Verf. beschreibt: Nautilus danicus Schl, N. bellerophon n.sp:, Cypraea bullaria Schl, C. spirata Schl, Cerithium selandicum n. sp., 335 Siliquaria ornata n. sp., Pleutomaria gigantea Swb, Emarginula coral- liorum n. sp., Terebratula gracilis Schl, T. striata Whlb, 'T. carnea Swb, T. Dutempleana d’Orb, Orania spinulosa Nils, Ostraea vesicularis Lamk, O.lateralis Nils, Spondylus striatus Swb, Mytilus ungulatus Schl, Area crenulata n. sp., A. obliquedentata n. sp., A. striata n. sp., A. maero- don n. sp., Cardium crassum n. sp., 0. Schlotheimi n. sp., Isocardia fuxensis n. sp. — (Acta Unwersitatis lundensis 1865. tab.) Botanik. H. Leitgeb, Beiträge zur Entwicklungsge- schichte der Pflanzenorgane. — Verf. entwickelt das Wachsthum des Stämmchens von Fontinalis antipyretica und erläutert seine Unter- suchungen durch 4 Tafeln Abbildungen. Das Stämmchen ist ungemein einfach gebildet, indem es im Querschnitt aus prismatischen, stark ver- dickten Zellen an der Peripherie und aus ungefähr doppelt so weiten dünnwandigen in der Mitte besteht, welche beide allmälig in einander übergehen, besonders in sehr alten Stämmchen. Die Blätter bestehen grossentheils aus einer Schicht prosenchymatischer, wenig verdickter Zellen, haben keine Mittelrippe, verbreitern sich stark bis gegen die Mitte, um dann wieder allmälig abzunehmen und umfassen mit weit herablaufender Basis den Stengel über !/,; seines Umfanges; sie stehen genau nach !/s. — .Die Scheitelzelle der kegelförmigen Vegetationspitze ist dreiseitig, ihre Grundfläche, die zugleich die freie Aussenfläche dar- stellt, ist sehr stark gewölbt und erscheint daher nie scharf begrenzt; die Seitenflächen sind gleichschenkelige ebene Dreiecke mit kürzerer Basis. Ihre Grundlinien sind mehr oder weniger stark gekrümmte Bö- gen, ihre Schenkel schliessen einen Winkel von 60—70° ein. Die sehr spitze Scheitelzelle ist tief in das Gewebe eingesenkt; ihre Theilungs- wände sind den Seitenflächen parallel und folgen in rechts- oder links- läufiger Spirale auf einander. Entsprechend der gegenseitigen Neigung der Seitenflächen sind auch die so gebildeten Segmente anfangs unter einem Winkel von ungefähr 70° gegen einander geneigt, verändern aber im Laufe des Wachsthums diese Neigung insofern, als die Hauptwände später wenigstens in ihren innern Theilen auf die Längsachse des Stämm- chens senkrecht zu stehen kommen. Ein solches Horizontalwerden der Segmente scheint bei Axenorganen, deren Scheitelzelle sich durch schiefe Wändeitheilt, allgemein vorzukommen. Gleichzeitig mit der andern Neigung gleicht sich auch das zirkelförmige Ineinandergreifen der Seg- mente aus, und verwandelt sich in ein ebenes Aneinanderstossen. Diese einfachen Verhältnisse werden durch die schon zunächst der Scheitel- zelle gebildeten Blattanlagen insofern complicirter, als der zum Blatt auswachsende Theil des Segments sich ganz anders lagert wie der aus- schliesslich Stammgewebe bildende Theil. Der erste Theilungsschnitt des Segments, die Wand, die in einen innern und äussern Theil, welche letztere zur Blattmutterzelle wird, zerlegt, steht nicht senkrecht auf der Längsachse der Wurzel, sondern läuft eher mit ihr parallel und der innerhalb dieser Wand gelegene Theil des Segmentes wird horizontal, eine nothwendige Folge des anfangs überwiegenden Breitenwachsthums der Segmente. Entsprechend der eben erwähnten Lage der ersten Thei- 336 lungswand erscheint auf Längsschnitten an jedem innerhalb desselben gelegenen Segmenttheile die scheitelsichtige Hauptwand länger als die grundsichtige. Später sind sie gleichlang. Zunächst der äussere Seg- menttheil, welchen Verf. Blatttheil, im Gegensatz zuminnern, dem Sten- geltheil genannt und die sie trennende Scheidewand die „Blattwand“ wird nun in seinem Wachsthum weiter verfolgt. Die erste in ihm auf- tretende Theilungswand ‚steht senkrecht auf dem Blattrand und zerlegt ihn als Querwand in eine scheitelsichtige und eine grundsichtige Hälfte. Sie werden beide als Basilartheile bezeichnet, und ihre Scheidewand als Basilarwand, weil sie nach einer ausführlicheren Erörterung als die mit dem Stengelgewebe verbunden bleibende Blattbasis betrachtet wer- den. Diese Basilarwand setzt sich ungefähr in der Höhenmitte an die Blattwand an und schneidet nach aussen die grundsichtige Hauptwand des Segmentes nahe der Stelle, wo diese in die freie Aussenfläche über- geht. Zur Zeit des Auftretens der Basilarwand und unmittelbar nach- her trifft das Wachsthum hauptsächlich jenen Theil der grundsichtigen Hauptwand des Segments, der nach innen durch die Blattwand nach aussen durch die Basilarwand abgegrenzt wird, also das grundsichtige Basilarstück des Blattheiles. In Folge des Wachsthums wird diese Wand anfangs stark gekrümmt, später gebrochen erscheinen, so dass endlich ihr äusserer Theil auf dem inneren senkrecht steht. Die wei- teren Wachsthumsvorgänge der beiden Basilartheile lassen sich, was die genetische Aufeinanderfolge der Theilungen betrifft, nicht mehr mit vol- ler Sicherheit angeben; bei dem scheitelsichtigen zur freien Blattfläche auswachsenden Theile ist es ungewiss, ob nicht sogleich durch Bildung einer schiefen, auf den Flächen der Blattanlage senkrecht stehenden Wand, der dann eine nach der entgegengesetzten Seite geneigte folgt, die zweiseitige Blattscheitelzelle gebildet wird. Die weiteren Theilungen des zur Blattfläche auswachsenden Basilarstückes haben nichts bemer- kenswerthes, in der Mitte ist es am stärksten, dasselbe lässt sich auch von dem grundsichtigen Basilartheile sagen, in so weit er am Aufbaue des Stämmchens theil nimmt. In Bezug auf das Breitenwachsthum zei- gen die Basilartheile wesentliche Verschiedenheiten, welche jedoch hier übergangen werden müssen, da uns die erläuternden Figuren fehlen. — Weiter geht Verf. zur Entwicklung des Stengelgebildes in Breite und Länge. Unmittelbar nach Entstehung der mehrfach erwähnten Blatt- wand, also noch zu einer Zeit, in der der Stengeltheil des Segments eine geneigte Lage hat, sehen wir ihn durch eine Septantenwand ge- theilt. (Die hier nicht näher erklärten Ausdrücke finden ihre Begrün- dung in vorangegangenen Arbeiten desselben Verfassers). Sehr deutlich sieht man diesen Theilungsvorgang an weiter von der Scheitelstelle ent- fernten Querschnitten, wo die Stengeltheile der Segmente als dreieckige, horizontalliegende Platten erscheinen, die im Centrum zusammenstos- sen. Jede dieser dreieckigen Platten ist durch die Sextantenwand in 2 nebeneinander liegende Zellen (Sextanten) zerfallen, die in Bezug auf ihre Grösse um so ungleicher sind, je weiter vom Mittelpunkte entfernt sich die Sextantenwand an eine der Seitenwände ansetzt. Dabei wird 337 die Blattwand regelmässig in der Mitte getroffen, daher die Sextanten an der Peripherie gleich breit sind. In Bezug auf die weiteren Thei- lungen lässt sich nur so viel erwähnen, dass in den grösseren bis in das Centrum reichenden Sextanten constant durch eine Tangentialwand eine innere Zelle abgeschnitten wird, während in den kleineren Sex- tanten meist radiale Wände auftreten, übrigens ist der Theilungsvor- gang in so fern von geringem Interesse, als eine Differenzirung des Ge- webes in morphologisch zu unterscheidende Elemente nicht stattfindet. Was nun das Längenwachsthum anlangt, so zeigen die Zellen des axi- len Stengeltheils noch keine Querwände, um die Zeit, wo sie als Blatt- theile auftreten, führt man aber einen Querschnitt einige Segmente tie- fer, so erkennt man auch Quertheilung der Zellen im Stengeltheile, Die Querwände treten mit den in den Blatttheilen entstandenen in glei- cher Höhe auf. Nur wenig tiefer am Stamme erscheinen die beiden, die Höhe eines Segments bildenden 2 Zeillagen nochmals quergetheilt, so dass nun der Stengeltheil des Segments aus 4 Stockwerken von Zel- len besteht. Die weiteren Theilungen lassen sich durch directe Beob- achtung nicht ermitteln, weil in Folge einer neu eintretenden sehr star- ken Längsstreckung die anfangs nahezu in derselben Ebene liegenden Querwände jedes Stockwerks verschoben und die Grenzen der Segmente dadurch undeutlich sind. — Ungemein reiche Verzweigung zeichnet das Stämmchen von Frontinalis aus, und die Knospen entwickeln entweder vegetative Sprossen oder Antheridien oder Archegonien. Die Blattspirale ist ausnahmslos der des betreffenden Muttersprosses antidrom. Da die Achsen erster Ordnung fast ausnahmslos linksläufige Blatt-, also auch Segmentspiralen zeigen, finden wir an den Achsen zweiter Ordnung Rechtsdrehung, an denen dritter Ordnung Linksdrehung u. 3. w. Nach zahlreichen Beobachtungen stellt Verf. als allgemeine, wenn auch nicht ausnahmslose Regel auf, dass die Knospen am anodischen Rande eines mit ihm auf ungefähr gleicher Höhe stehenden Blattes stehen, also bei rechtläufiger Blattspirale am linken, bei linksläufiger am rechten Blatt- rande, das Blatt von aussen und vom Grunde her betrachtet. Die Knos- pen entwickeln sich aus einer dreieckigen Zelle und zwar aus dem grundsichtigen Basilarstücke des Blatttheiles eines Segments, wie an Längs- und Querschnitten umständlich nachgewiesen wird, was hier in Ermangelung der Abbildungen. gleichfalls unterbleiben muss. — (Sit- zungsber. d. Wien. Akad. LVII, 308—342.) Lepidium perfoliatum L., Eracrostis poaeoides Lk, Centaurea sol- stitialis L, Euphorbia strieta L welche letztere als Unkraut in Dresdens Gärten, die drei ersten vereinzelt bei Dresden gefunden werden, sind noch in keiner Flora von Sachsen aufgeführt und werden in den „Sit- zungsberichten der Isis in Dresden 1868 p. 98 nachgetragen. S. Bergen, Beiträge zur skandinavischen Bryologie. — Dieselben verbreiten sich über Hypnum elegans Hook, turfaceum Ldb, sarmentosum Wahlb, concinnum Not, stramineum Dicks, turgescens Sch, herjedalicum Ldb, rivulare Bruch, Starki Brd, glaciale Br Sch, glareosum Brch Sch, salebrosum Hoffm, depressum Breh, striatum Schr, Bd. XxXII, 1868. 22 338 Oakesii Sull, Sommerfelti Myr, tenuisetum Ldb, filieinum L, commu- tatum H, uneinatum L, fluitans L, Lindbergi Mitt, Bambergeri Schp, Heuffleri Jur, cupressiforme L, pallescens PB, hamulosum Br Sch, Les- kea laeta Brsch, chrysea Hornsch, pulvinata Wahlb, atrovirens Hartm, rupestris n. sp., nervosa Myr, tectorum Ldb, Neckera Besseri Zm, Anomodon, attenuatus Hub, Leptohymenium filiforme Hübn, Dichelyma falcatum Myr, Mielichhofera nitida Hornsch, Coscinodon pulvinatus Spr, Zygodon Mougeoti Br Schp, viridissimus Bried, Eucalypta streptocarpa H, Grimmia Hartmanni Sch, patens Br Schp, Racomitrium fasciculare Brid, sudeticum Br Schp, Tortula fragilis Wils, eylindrica Ldb, iema- dophila Schp, Trichostomum glaucescens H, tophaceum Brid, rigidulum Sm, eylindricum Müll, Cynodontium Bruntoni Br Schp, Dieranum palustre Brid, majus: Turn, fuscescens Turn, Mühlenbecki Br Schp, fragilifolium I:db, flagellare H, albicans Br Schp, Wahlenbergi Schultz, glaciale n. sp., Stracki WM, rufescens Turn, pellucidum H, Dieranodontium longi- rostreı Br Schp, Campylopus flexuosns Br, fragilis Br Sch, Fissidens bryoides) H, viridulus Wahlb, Weissia denticulata Brid, Gymnostomum rupestre Schw, Schistostega osmundacea WM, Archidium alternifolium Sch, Andraea Blytti Sch, Sphagnum Lindbergi Sch, Angströmi Hartm, fimbriatum. Wils, teres Angstr, squarrosum Pers, subsecundum N Esb ziparium. Angstr, Radula alpestris n. sp. — (Acta Universitatis lundensis 1865.): J. G. Agardh, de Laminarieis. — Laminaria I solidungula: &. solidungula Spitzbergen. II. saccharinae: L. ensiformis Kamtschatka, L. euneifolia im nördlichen stillen Ocean, L. hieroglyphica an der euro- päischen Küste, L. saccharina L an den Küsten des nördlichen atlan- tischen Oceans, L. phyllites Ag, L. caperata Delap im arktischen Ocean an Spitzbergen und Grönland in 4 Varietäten, L. longicruris Delap., IH. apodae: LE. sessilis Ag im stillen Ocean. IV. digitatae: L. fissilis im Stillen Ocean, L. stenophylla Harv an der irischen und schottischen Küste, L. digi- tata in 3 Varietäten, L. pallida. — Arthrothamnus Rupr mit A. longipes Borg (Lessonia repens Rupr, Laminaria Ruprechtana Jol), A. kurilensis, Rupr, A. bifidus Gmel, A. bongardianus Post an Kamtschatka, — Cyma-. thaere nov. gen. auf die einzige Art Laminaria triplicata Post begründet. — Saceorhiza—Alaria. — (Ibidem 1867.) C. A. J. A. Oudemans, Tabula analytica Quercuum in India Batava crescentium secundum fructuum notas potissimum- digesta. — Subgen. I. Lepidobalanus: cupula squamis utplurimum sub- spiraliter vel absque ordine imbricatis vel remotis eonnatis, glandem basi vel' ultra medium includens. A: Glandes’ glabrae lucidae. a. Folia ser- rata: Quercus gemelliflora Bll — b. Folia integerrima. aa. Cupulae: tu-- berculatae vel tesselatosquamosae. 1. Spicae fructiferae graeiles, fruc- tus non inter se coaliti, cupulae einereae, versus basin longiuscule con- trastae, glandes badiae minores: Qu. spicata Sm. — 2. Spirae fructiferae: vulgo robustae, fructus ut plurimum variis modis inter se coaliti, cupu- lae-albidae, pallide ferrugineae, basi non contractae, glandes fulvae ma- jores: Qu. elegans Bl (Qu. glaberrima et placentaria id) — bb. Cupulae v 339 mutice vel muriedto-aut echinatosquamulosae. Glandes maturae depresso orbiculares. 1. Cupulae squamuloso asperae, ramuli nascentes' tomen- telliv Qu. sundaica Bl. — 2. Cupulae echinatae, ramuli junioreg glabri: Qu. pallida. — ** Glandes lateconoideae. 1. Folia ovata vel ovato ob- longa, longe acuminata: Qu. pruinosa Bl. — 2. Folia elliptica vel ellip- tico-oblonga, acuta: Qu. mappacea Kth. — *** Glandes semiglobosae vel semigloboso ovoideae. 1. Fructus juxta ramos foliigeros dispositi, soli- tarii, pedicellati: Qu. molucca Rumph. — 2. Fructus spicati, spicae oli- gocarpae, cupulae sessiles, totae squamosae, glanduum pars hemisphae- rica e cupulis emersa: Qu. pseudomolueca Bl. — 3. Fructus spicati, spicae oligocarpae, eupulae sessiles, versus marginem tantum squamulis imbricatis munitae, glanduum pars hemisphaerica cupulis inclusa: Qu. rotundata Bl. — 4. Fructus minores per spicas longiores dispositi, cu- pulae tenues, totae squamosae: Qu. microcalyx Kth. — B. Glandes se- riceo puberae, opacae. 1. Cupulae squamis latis intime unitis latis sub- spiraliter tuberculatae, erateriformes vel semiglobosae: Qu. induta BI. 2. Cupulae nonnisi: adlentem obscure transversa zonatae, zonis den- tieuliferis, acetabuliformicupulatae, explanatae: Qu. cyrtopoda Miq. — C. Glandes dubiae, i. e. maturae incognitae: Qu. oligoneura Kth, plum- bea Bl, rhamnifolia Mig. — Subgenus II. Cyclobalanus: cupula squamis per series superposite concentricas connatis extus minus magisve dis- tincte annulata, annulorum marginibus lamellosoproductis e cupulis plu- ribus: quasi conflata vel iis non productis transverse striata. A. Glandes sericeo puberae. a. Folia serrata. 1. Folia subtus glaucescentia, ellip- tica vel ellipticooblonga, versus apicem remote serrulata, repandula vel integerrima, adulta 18 poll. longa, costulae valde prominentes, erassae, ziumerosae: Qu. lineata: Bl. — 2. Folia subtus cinnamomea, lanceolato- oblonga: vel sublanceolata, a medio vel supra medium argute subspinnu- lose et subexerte serrata, adulta 13 poll. longa, costulae minus promi- nentes, minus numerosae: Qu. turbinata Bl. — b. Folia integerrima. aa: Cupulae squamosozonatae: Qu. nitida Bl. — bb. Cupulae imo junio- res annulatim zonatae. * Cupulae imo juniores aureo-vel ochraceo to- mentosae, quinguezonatae: Qu. lineata Bl. — ** Cupulae non aureo-vel ochraceotomentosae. 1. Cupulae pedunculo longo , 2. gyroso insidentes, Iweulenter 3—7zonatae, adultae explanatosemiglobosae: Qu: Reinwardti QOud. — 2. Cupulae pedunculo brevi erasso non gyrato insidentes, obscure 5-—7zonatae, adultae patelliformes: Qu. conocarpa Oud. — B. Glandes glabrae. a. Folia serfata. 1. Cupulae turbinatae, ochraceohirtulae se- ricantes, zonarum marginibus ad lentem crenulatis,. glande ellipticoob- long& ceylindraces 1%/a poll. longa' fuscula. laeviter pluriesve breviores: Qu. Horsfieldi:Miqg.. — 2. Cupulae sessiles subturbinatae vel semiglobo- sae coneentrice lamellatozonatae, glande ellipsoidea dimidio breviores: Qu: oidocarpa Kth. — b. Folia: integerrima. 1. Cupularum zonae non hiantes.. aa, Cupulae' longe et distincte pedicellatae, pedicello 2—3gy- rato; * Cupulae 4—6zonatae, glandes depresso orbiculares:. Qu. platy- carpa Bl. — ** Cupulae 9—12zonatae, glandes.lateovoideae, longe mam- millatae: Qu. Ewycki Kth. — bb. Cupulae prorsus vel fere sessiles. * 22° 340 Cupulae squamuloso "zonatae. 1. Cupulae cinereopuberae: Qu. daph- noidea Bl. — 2. Cupulae fusculepuberae: Qu. Bennetti Mig. — ** Cu- pulae annulatim zonatae. 1. Cupulae prominenter rugosozonatae, maxi- mae: Qu. Teysmanni Bl. — 2. Cupulae non prominenter sed laeviter zonatae, minores. $ Cupulae 5—7zonatae, papyraceae: Qu. pseudoan- nulata Bl. — $$ Cupulae 10—12zonatae, crassae, lignosae: Qu. omalo- kos Kth. — 2* Cupularum zonae lamellatim hiantes: Qu. argentata Kth. — C. Glandes dubiae i. e. maturae incognitae: Qu. minutae Roxb, la- mellata Roxb, penangensis Mig, leptogyne Kth, gracilis Kth’ — Subge- nus III. Chlamydobalanus: cupula obscure transverse zonata glandem praeter ultimum apiculum totam includens, demum apice irregulariter rumpens. 1. Glandes dense sericeopilosae, cupulae stipite sensim in cu- pulam abeunte: Qu. encleisacarpa Kth. — 2. Glandes glabrae apice tan- tum pubescentes, cupulae stipitatae, stipite abrupte mediae cupulae affixo: Qu. Blumeana Kth. — 3. Cupulae coloratozonatae, carnosae; Qu. lucida Boxb. — Subgenus W. Phegopsis: cupula capsulaeformis extus echinata, subtrivalvi dehiscens, glandem subtrigonam includens: Qu. Junghuhni Mig. — (Verhandelingen der kkl. Akademie van Wetensch. Amsterdam AI. 1868.) tell. Döll, Untersuchungen über den Bau der Grasblühte insbesondere über die Stellung derselben innerhalb des Archen. — In einer kurzen geschichtlicheu Einleitung werden Robert Brown, Alexander Braun und Röper als diejenigen Botaniker bezeichnet, welche sich eingehender mit dem näher bezeichneten Gegenstande be- schäftigten und das Resultat, zu welchen der letztgenannte unter Be- rücksichtigung der Winke seiner Vorarbeiter gekommen, dahin präcisirt, dass alle Grasblühten seitlich seien und aus der Achsel eines blattarti- gen Organs der palea inferior entspringen. Verf., welcher demselben Gegenstande gleichfalls seit Jahren seine Aufmerksamkeit geschenkt, und sich derselben Ansicht zuneigte, ist neuerdings durch Beschäftigung mit den Bambuseen zu der Ueberzeugung gelangt, dass es auch Gat- tungen gibt, bei denen sämmtliche Aehrchen eine Gipfelblühte haben. Um dies nachzuweisen wird an einem „taktischen Grundriss“ eines Aehr- chens von Hierochloa borealis der Blühtenbau auseinandergesetzt, was ohne Abbildung hier speciell nicht möglich ist. Auf die 2 Hüllspelzen (glumae) folgen in derselben alternirenden Fortsetzung nach innen die 2 Deckspelzen, deren erste von den Autoren als palea inferior be- zeichnet wird; jede von ihnen ist das Deckblatt (bractea) je eines Sei- tenzweigleins und hat sich je ein zweirippiges, zweikieliges Vorblatt (palea superior) gegenüber und schliesst mit einer männlichen Blühte ab. Wird die Alternation nach der Hauptachse des Aehrchens weiter verfolgt, so trifft man auf die beiden Spelzen der Zwitterblühte. Weil man alle Blühten in dieser Hinsicht für gleichwerthig hielt, gab man diesen Spelzen die gleichen Namen und unterschied sie entsprechend als palea inferior und superior, obschon jene durch ihre bis zur Spitze reichende Glätte, diese durch ihren einzigen Kiel sich von den Deck- spelzen unterscheiden. Auf diese beiden Spelzen folgen, sich mit den- 341 selben kreuzend, 2 dünnhäutige, durchscheinende weisse Schüppchen; sie haben eine cyklische Stellung und gehören zum Perigon. Mit ihnen kreuzt sich der zweizählige Staubgefüsscyklus und mit diesem wiederum der gleichfalls zweizählige Fruchtblattkreis. Diese 3 zweizähligen Cyklen gehören entschieden zur Blühte und diese kann schon darum nichts anderes als eine Endblühte des Aehrchens sein, weil sich keine seitliche Ab- zweigung nachweisen lässt. Wenn alle 3’Blühten seitenständig sein soll- ten, so lässt sich nicht begreifen, warum 2 von ihnen dreizählig, eine zweizählig ist. Es wird weiter nachgewiesen, wie die dreizähligen männ- lichen Blühten ganz nach dem Bildungsgesetze gebaut seien, welches in allen derartigen seitlichen Grasblühten obwaltet, was sich nicht von der zweizähligen Zwitterblühte nachweisen lässt. Fasst man aber diese Zwitterblühte als Gipfelblühte auf, so liegt auch die Deutung des eben erwähnten dritten Spelzenpaares als äusseres Perigon nahe, welches wegen Missdeutung dieser Organe von Koryphäen der Wissenschaft oft auf sehr seltsamen Wegen gesucht worden ist. Dass bei dieser Con- struktion der Zwitterblühte nur ein Staubblatteyklus vorkommt, kann bei einer Gipfelblüthe nicht stören, es kommen aber auch andere mit zweien vor. Im Wesentlichen sind die Aehrchen von Anthoxanthum ebenso gebaut, nur sind die 2 Schüppchen des innern Perigons der Gi- pfelblühte nicht zu bemerken. Dieses Aehrchen gibt übrigens noch einen weiteren Grund zur Annahme der vom Verf. aufgestellten Ansicht. Seine gewöhnlichen unfruchtbaren Deckspelzen sind nämlich nicht nur weit grösser als die nachfolgende fünfte Spelze, sondern sie sind auch rauch- haarig und, zumal die obern sehr stark begrannt, während die unmit- telbar nachfolgende fünfte Spelze kahl, glatt und unbegrannt, überhaupt von ganz anderer Beschaffenheit ist. Warum sollten nun 2 unmittel- bar auf einander folgende Spelzen auf gleicher morphologischer Stufe eine so sehr verschiedene Bildung haben, während sonst, z.B. bei einem Bromus sämmtliche Deckspelzen im Wesentlichen von gleicher Be- schaffenheit sind? Ueberlässt man alle 6 Spelzen der Hauptachse, dann beginnt mit der fünften das Perigon, und der Wechsel der Vegetations- stufe rechtfertigt nicht allein die verschiedenen Beschaffenheiten der fünften und sechsten Spelze, sondern lässt dieselbe sogar erweitern- Ganz anders verhält es sich mit den Gattungen Phalaris und Baldin- gera. Hier ist die dritte und vierte Spelze bis jetzt stets unfruchtbar gefunden worden und aus der Achsel der fünften entspringt ein Zweig- lein, welches ein hinten gegen die Achse des Aehrchens stehendes zwei- rippiges und zweikieliges Vorblatt hat und mit der Blühte endigt. Nicht allein das zweikielige Vorblatt weist auf die seitliche Stellung dieser Blühte hin, sondern auch die Stellung der einander mehr genäherten, nicht seitlich einander gegenüberstehenden lodiculae, und noch entschie- dener ein winziges Knötchen, welches sich in der Regel hinten an der Basis der Aussenseite der Vorspelze befindet und als Rudiment des Hauptendes der Achse betrachtet werden muss. Die Dreizahl der Staub- gefässe kann übrigens nicht als Merkmal der seitlichen Stellung der Blühten der genannten Gattungen betrachtet werden. Vielmehr liefert 342 gerade eine in allen Blühtencyelen dreizählige Gattung den augenschein- lichsten Beweis für das Vorkommen der Endblühten bei den Gräsern, nämlich die in mehr als einer Hinsicht höchst interessante Streptochaeta spieata Schrader. Diese Art. wird nach allen Theilen ausführlicher be- schrieben und das Resultat gewonnen: dass die Blühten Endblühten eines einblühtigen Aehrchens sind. Es wird diese Ansicht ausführlicher begründet und dagegen die abweichende von Trinius ausführlich be- sprochen. — (Mannheimer Verein f. Naturk. 1868, 30—59.) Döll, Nachträge zur Flor& des Grossherzogthums Ba- den. — Es werden folgende Arten und Spielarten als für die Flora neue besprochen und ihre Standorte angeführt: Bromus segetalis A. Braun a multiflorus, b. pappophoreus, — B. segetalis A, Br. ß. secalir nus, b. piliferus — ‚Catabrosa aquatica Pel. 8. pluriflora D — Plantage major b. multibracteata D — Anagallis tenella, — A.arvensis b carnea — Verbena officinalis, b. albilora — Calamintha clinopodium, b. albi- flora — C. offcinalis, 8 parviflora — Ajuga reptans b. stoloniflorum — Digitalis purpurascens Roth — Mulgedium Plumieri Del. — Lappa in- termedia Rchb. fil. — Hieracium corymbosum Fr. — Centaurea jacea, b. angustifolia — Prunus spinosa 8 coaetanea Wimm. — Dentaria inter- media Sond. — Cerinthe minor — Xanthium spinosum, beide letztere wahrscheinlich durch Verschleppung wild angetroffen. — (Mannheimer Verein f. Naturk. 1868, 60—61.) Tg. Zoologie. Aug. Quennersted, zur schwedischen Infu- sorienfauna. — Nachdem Verf. sich über die allgemeinen Organi- sationsverhältnisse der Infusorien verbreitet hat, beschäftigt er sich mit folgenden Arten mehr minder eingehend: Opalina ranarum P. V. Tra- chelius apiculatus Part, Dileptus anser Duj, Loxophyllum meleagris Duj, Lacrymaria olor Duj, Enchelys pupa Müll,. Holophrya brunnea Duj, Coleps hirtus Ehrb, Colpoda cucullus Müll, Paramaecium aurelia Müll, P. caudatum Duj, P. colpoda Ehrb, P. bursaria Focke, Glaucoma seintilla Ehb, Pleuronema chrysalis Part, Panophrys giseola Pert; Lem- badion bullinum Pert, Loxodes rostrum Ehb, Bursaria truncatella Müll, Plagiotoma lumbriei Duj, Pl. cordiformis Ehb, Spirostomum ambiguum ‘ Ehb, Stentor coerulescens Ehb, St. polymorphus Ehb, St. Mülleri Ehb, Chilodon cucullulus Ehb, Aspidisca costata Stein, A. lynceus Pert, Euplotes charon Ehb, Eu. patella Ehb, Stylonychia mytilus Ehb, St. pustulata Ehb, St. histrio Ehb, Stichotricha secunda Pert, Uroleptes musculus Ehb, U. piscisEhb, Oxytricha pellionella Ehb, O. affiınis Stein, O. ferruginea Stein, O. fallax Stein, Urostyla grandis Ehb, U. Weissei Stein, Vorticella microstoma Ehb, Epistylis plicatilis Ehb, Opercularia articulata Ehb, Vaginicola cerystallina Ehb, Trichodina pediculus Ehb, Halteria grandinella Duj. — In der zweiten Abhandlung folgen: Opa- lina mytili in den Mantelhöhlen des Mytilus edulis, Loxophyllum seti- gerum, L. rostratum Cohn, Lacrymaria lagenula Clap, L. versatilis Müll, Lagynus laeyis, Trachelocera phoenicopterus Cohn, Tr.tenuicollis Chae- nea vorax, Prorodon marinus Clap, Paramaecium cucullio, Pleuronema chrysalis Pert, Metopides contorta, Condylostoma patens Duj, Chlamy- 343 dodon mnemosyne Ehb, Ervilia monostyla Stein, Aspidisca sedigita, A, Iyneaster ‚Stein, A. polystyla Stein, Uronychia transfuga Stein, Styloptes norvegicus Clap, Euplotes charon Ehb, Stylonychia similis, Oxytricha rubra Ehb, ©. gibba Stein, Actinotricha saltans Cohn, Mitra radiosa, Vaginicola ‚erystallina Ehb, Zoothamnium affıne Stein, Acineta tuberosa, Ehb, Podophrya fixa Ehb. — (4deta Umiversitatis lundensis 1866, 64 pp- 2 tbb; 1867. 47 pp. 2 tbb.) A. Kowalewsky, zur Entwicklungsgeschichte der Tu- nicata. — 1. Entwicklung der Pyrosoma. Das reife von einer Kapsel umhüllte Ei besteht aus viel Nahrungsdotter, einem Kern und dem Protoplasma, letzte beide zerfallen in Furchungskugeln bis 16, dann entsteht ein Haufen Zellen, die in ein oberes und ein untereg Blatt sich ordnen, Das obere derselben umwächst nun den Nahrungs- dotter, das untere rollt sich zu einem Rohre ein, wobei von dessen verdickten Rändern sich Zellen ablösen und zwischen beide Blätter gehen, um hier als Mittelblatt die Anlage zu dem Herzen, Muskeln etc. zu bilden. Das Rohr wird zum Darmkanal. Um diese Zeit er- scheint die Embryonalanlage von oben als gestreckt ovale Scheibe, an ihrem Vorderrande im äussern Blatt bilden sich zwei symmetrisch ge- legene Grübchen, die zu Röhren beiderseits des Darmkanales auswach- sen und Kloakalröhren heissen sollen. Mit ihrer Ausbildung entsteht im mittlen Blatt das Herz mit einem bis an das Ende des Darmrohres reichenden Faden. Endlich öffnet sich das Darmrohr nach vorn. Aus diesem Cyathoozoid nun entstehen die vier Ascidiozooide Huxleys, welche die Anlage der künftigen Kolonie geben. Am hintern Ende entsteht ein kleiner Vorsprung des äussern Blattes, in welche das Darm- rohr und die Kloakenröhren sich fortsetzen; weiter wechselnd theilt es sich dann in vier Segmente, aus deren jedem ein Pyrosomenindividuum hervorgeht. Jedes Segment besteht nämlich aus dem äusseren Blatte, dem Darmrohr,, zwei Kloakalröhren und aus einzelnen Zellen des mitt- lern Blattes. Aus dem Darmrohre entwickelt sich das Lumen des Keim- stockes, wobei die Kiemenspalten jederseits durch Verschmelzung der Darmwandungen und der Wandungen der Kloakalröhren entstehen, der eigentliche Darm bildet sich aus demselben innern Rohr und zwar an dem hintern untern Ende in Form eines ausgestülpten Rohres. Die obre Pärtie des Darmrohres jeden Segmentes bildet eine doppelte Falte als Anlage des Endostyles. Das Nervensystem entsteht aus hohlen Plat- ten. Verf. erinnert an die ähnliche Entwicklung von Doliolum. — 2. Entwicklung der Salpen. Den Furchungsprocess sah Verf. bei mehren Arten. Das Ei wird von der epithelialen Kapsel der Kiemen- höhle umwachsen. Nach der Furchung bildet sich ein Haufen von Zel- len, in der Mitte dieses eine kleine Höhle von Zellenreihen umgeben, die Embryonalanlage wird oval aussen von einer Reihe Zellen bedeckt als äusseres, jene Zellenreihen als inneres Blatt, zwischen beiden ent- steht noch ein mittles und dieses sondert sich nach oben in drei Haufen deren vorderer Anlage des Nervensystemes, der zweite Anlage der Kloake, der dritte hintere Anlage des Eleoblastes ist. Bald treten 344 noch zwei neue Zellenhaufen auf, deren einer Pericardium, der andere zu einem den Kettensalpen eigenthümlichen Organe wird. Die centrale Höhle kann als primitive Darmsystenanlage gedeutet werden, weil aus ihr die Kiemenhöhle, der eigentliche Darm und die innere Höhle der Placenta abstammt. Das nächst folgende Stadium besteht in der Ein- schnürung der länglich ovalen Embryonalanlage, wobei dieselbe in zwei Theile zerfällt, in die Zusammensetzung des untern Theiles geht die ganze untere Hälfte der Embryonalanlage über und besteht aus dem äussern Blatte, Zellen des mittleren Blattes und der ganzen Hälfte des primitiven Darmes oder dem untern Blatte. Der obere Theil besteht aus denselben Elementen, nur ist dort eine Partie der Zellen des mitt- len Blattes schon in mehrere Haufen differenzirt. Die untere Hälfte der Anlage wird zur Placenta, die obere zum eigentlichen Embryo, jene wächst anfangs schneller als letzte, wird concav und in der Con- cavität lagern sich Fettkörperchen ab. Die Zellen des mittlen Blattes der Placenta bilden sich zu Blutkörperchen um. Bei der Geburt wird die Placenta entweder von dem Jungen mitgenommen und bleibt in dem äussern Mantel desselben oder löst sich von dem Embryo ab. Zu- erst ist die Theilung der primitiven Embryonalanlage durch eine cir- culäre Rinne angedeutet, welche tiefer und tiefer wird und endlich beide Gebilde vollständig trennt. Zwischen der Leibeshöhle des Mutter- thieres und der Höhle der Placenta besteht keine direkte Communica- tion. Die erste weitere Veränderung am Embryo ist das Auftreten einer Höhle im zweiten Zellenhaufen, der Haufen wird zur Blase und ist die Kloakalblase, dann erscheint eine Höhle auch im vordern Hau- fen, diese zieht sich in die Länge und schnürt sich in drei Blasen ein, welche das primitive Nervensystem darstellen. Die vorderste derselben wird zum Auge. Die das Nervensystem umgebende Kapsel bildet sich aus den Zellen des mittlern Blattes. Der dritte Zellenhaufen ist die Anlage des Herzens. Bei dem Embryo noch ohne Höhle in der Rloa- kenanlage finden sich am hintern Ende zwei Zellenhaufen, der eine ganz hinten gelegene liefert den Kleoblast, der andere darunter gele- gene gehört dem spätern Keimstock an. Die Keime bilden sich an der Stelle, wo die Wandungen der Kloake und der Centralblase zusammen- treten und der äussere Mantel erscheint erst dann, wenn schon alle andern Organe bedeutend ausgebildet sind. — Kaum hat sich die pri- mitive Anlage in den eigentlichen Embryo und die Placenta getheilt so bemerkt man am untern hintern Rande in der Mitte zwischen Pla- centa und Eleoblast eine kleine Ausstülpung der Kiemenhöhle ganz fest angedrückt an den Zellenhaufen. Dieser und die Ausstülpung sind die ersten Organe des Keimstockes, zu denen bald noch die beiden Kloa- kalröhren hinzukommen. Bei weiterem Wachsthum besteht der Keim- stock aus der äussern Haut, dem Darmrohr, den beiden Kloakalröhren und einem Zellenstrange. Dazu gesellt sich bald noch die Eierstock- röhre und das Nervenrohr. Verf. vergleicht noch die Salpen mit Pyro- somen und findet beider Entwicklung ganz analog. — (Göttinger gelehrte Nachrichten 1868. S. 401—415.) 345 Fr. Brauer beschreibt die Larven von Hypochrysa nobilis Heyd, von Chrysopa pallida Schneid, Hemerobius humuli und vergleicht den Bau der letzteren mit der Larve von Drepanopteryx; die beiden erstgenannten werden auf Taf. IX Fig. 1 u. 2. Die Hypochrysa-Larve wurde am 2. Juli auf Ericen gefangen, hat in Farbe und Zeichnung eine unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Imago, verwandelt sich wie eine Chrysopa-Larve und unterscheidet sich von den bis jetzt bekann- ' ten Arten der eben genannten Gattung hauptsächlich durch die bedeu- tendere Entwicklung der Zwischensegmente, durch den Bau der Fühler, deren Endglied nicht in eine Borste ausläuft und durch die kurzen Haftlappen der Sohlen. — (Verh. d. zool. bot. Gesellsch. in Wien AV p. 29-30.) Derselbe beschreibt in dem Acrophylax Zerberus eine in Gattung und Art neue Phryganide und stellt dieselbe in die Familie der Chaetopterigida; sie ist nur in einem Stücke in den Karpathen, in einer Höhe von 4000 Fuss gefangen worden. — (Zbenda p. 742—744.) J. Mann, um Josefsthal in der croatischen Militär- grenze 1866 gesammelte Schmetterlinge. — Aus dem reichen Verzeichnisse der im grossen Ganzen eben keine besondern Seltenhei- ten enthaltenden Schmetterlinge seien hier nur hervorgehoben folgende für die österreichische Monarchie neue Melitaea Ardaiona Esp, Acida- lia tessellaria Bd, Eccopisa effractella Zell, Swammerdamia nubeculella Tengst., Elachista disemiella ZIl., Euspilapteryx Redtenbacheri n.sp. und Tinea Ankerella n.sp. werden noch beschrieben, von denen die letztere bei Ofen gefangen worden ist. Interessant sind noch die Notizen, dass in Copula gefunden wurden Argynnis Euphrosyne 9 mit Dia J’ Mitte Mai, Zygaena filipendulae f' mit ferulae 9, Z. carniolica / mit filipen- dulae 9, Z. ferulae ' mit carniolica @ am 8. Juli. — (Zbda p. 63—76.) J. Mann, in der Umgebung von Bozen und Trient in Tyrol 1867 gesammelte Schmetterlinge. — Dem ziemlich reich- haltigen Verzeichnisse werden die Beschreibungen folgender 6 n.sp. an- geschlossen. Acidalia graciliata, nahe bei straminata, Tortrix lubricana, nahe bei quercinana, Symmoca caliginella, bei signella, Gelechia peti- ginella, bei psilella, Oecophora colurnella, bei cinctella und Gracilaria juglandella nahe verwandt der G. elongella. — Hieran wird die Be- schreibung von 10 neuen Schmetterlingen angereihet: Fumea ardua, bei pulla und Sieboldii, aber nur 4“ Flügelspannung, Mitte Juli auf der Franz-Josefshöhe und in der Gamsgrube des Grossglockners. Pempelia Erberi sehr ähnlich der Acrobasis tumidella, die Raupe lebt auf zu- sammepgesponnenen Zweigen der Tamarinx auf Corfu. Lophodia remo- tella ähnlich der Pempelia ornatella; Brussa, Spalato (in Dalmatien), auf Tinos (Griechenland) ; Nyctegretis corsica nahe bei achatinella; Syrakus. Conchylis roridana, bei rutilana; Grossglockner. C. coenosana, bei strami- nea und arabescana; Ungarn. Chilopselaphus fallax n.gen. und n.sp.; Ofen. Pleurota filigerella, bei pyropella, aber dunkler als jede andere Art; Dalmatien, Pl. contristatella in Färbung der rostrella am nächsten; Syra. Oecophora icterinella, zwischen Borkhausenii und procerella; Dal- matien. — (Zbda p. 829— 852.) Tg. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. 1868. September u. October. MIX.X. Sitzung am 21. October. Eingegangene Schriften: .v. Schlicht, Monatsschrift des landwirthsch. Provinzial- Vereines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz. Nr. 8. Berlin 1868. 8°, . Jahrbuch der kk. geologischen Reichsanstalt XVII. 2. Wien 1868. 4%. . Verhandlungen der kk. geologischen Reichsanstalt 1868. Nr. 7. . Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien LVI. . Erste Abth. Hefte 2—5. Zweite Abth. Heft 3—5. Wien 1867. 8°, 12. 13. . Erster Jahresbericht des Annaberg-Buchholzer Vereins für Natur- kunde. Annaberg u. Buchholz 1868. 8°. . Flentje, Dr. Ludwig, das Leben und die todte Natur. Cassel u. Göttingen 1868. 8°. (Recensionsexemplar). . „Und sie bewegt sich doch.“ Eine Zusammenstellung der haupi- sächlichsten Beweise für die zweifache Drehung der Erde populär dargestellt für Jedermann im Volke. Quedlinburg 1868. 16°. . Noll, Dr., der Zoologische Garten IX. Nr.8 u.9. Frankfurt a/M. 1868. 8°, . Monatsbericht der k. pr. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Mai u. Juni 1868. 8°. . Mittheilungen der kk. geographischen Gesellschaft in Wien. NeueFolge 1868. Wien 1868. 8°. . Bulletin de la societ& imperiale des naturalistes de Moscou. Annee 1867. Nr. IV. Moscou 1867. 8°. Koch, Prof. Dr., Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den k. pr. Staaten 1868. Nr. 33—40. Berlin 1868. 4°, The Quaterly Journal of the geologicalSociety. XXIV. Nr. 95. Lon- don 1868. 8°. 347 ‚ Dreiundfunfzigster Jahresbericht ‚der Naturforschenden Gesellschaft in Emden 1867. Emden 1868. 8%, . Abhandlungen der Schles. Gesellsch. für vaterländische Kultur. Ab- theilung für Naturwissenschaften und Medizin 1867/68. Beslau 1868. . Dieselben, Philos. histor, Abtheil. 1867. Breslau 1867 und 1868. ‚Hit. 1. Breslau 1868. 8°, . Fünfundzwanzigster Jahresbericht der Schles. Gesellsch, für vater- ländische Kultur vom Jahre 1867. Breslau 1868. 8°, . Verzeichniss der in den Schriften der Schles. Gesellsch. für vater- ländische Kultur von 1804—1868 incl. enthaltenen Aufsätze. Bres- lau. 80. . Kudelka Dr. Prof., über drei optische Versuche. Linz 1868. 4°. . Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklen- burg 21. Neubrandenburg 1868. 8°, . Schriften der kgl. physikalischökonomisch en Gesellschaft zu Königs- berg. VIII. Jahrgg. 1867. I. II. Königsberg 1867. 4°. , Transactions of the academy of sciences of St. Louis vol. II. 1861—68. St. Louis 1868. 8°, 23. Annals of the Lyceum of natural history of New York. vol, VIII. 1867 Nr. 15—17. 8°, 24. Proceedings of the Essex Institute. vol. V. Nr. 5—6. Salem 1868. 8°. 25. Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadelphia 1667. Philad. 1867. 8°, 26. Journal. of the Academy of natural sciences of Philadelphia VI. 2. Philad. 1867. 4°. 27. Proceedings of the Boston society of natural history. vol. XI. 1867 May — 1868 May. 8°. 28. Conditions and doings of the Boston society of natural history as exhibited by the annual reports. May 1867 u. 1868. Boston 1867. 68. 8°. 29. Annual report of the Boston Society of natural history 1868—69. et 1868. 8°, 30. Memoirs read before the Boston society of natural history. vol. I. 3. Boston 1868. 4°, 31. Smithsonian Contributions to Knowledge vol. XV. Washington 1867. 4°. 32. Annual report of the board of regents of the Smithsonian Institu- tion for the year 1866. Washington 1867. 8°, 33. Annual report of the commissioners of the patents for the year 1865. 3 voll. Washingt. 1867, 8°, 34. A. Hyatt, observations on Polyzoa. Salem 1866—1868. 8%. — Ge- schenk des Hrn. Verfs. 35. Zeitschrift für Akklimatisation. Organ des Akklimatisationsvereines in Berlin, herausgegeben von Dr. Bouvry VI. 4-9. Berlin 1868. 8°. 36. M. A. F. Prestel, die Winde über der deutschen Nordseeküste und dem südlichen Theile der Nordsee nach ihrer periodischen Verän- derung im Laufe des Jahres. (Kleine Schriften der naturforschen- den Gesellschaft in Emden). Emden 1868. 4°, 348 87. Flore exotique qu’il convient de cultiver dans les Serres d’un Jar- din botanique per Ad. Schnizlein, edit. franc. par Ed. Morren. Gand. 1867. 8°. — (Geschenk des Hrn. Verf.s.) 38. Zeitschrift des landwirthschaftl. Centralvereines der Prov. Sachsen. Herausgegeben von Dr. Stadelmann. 1868. Nr. 10. Oktober. Halle 8°. 39. Monatsschrift des landwirthschaftlichen Provinzislvereines für die Mark Brandenburg und Niederlausitz. Herausgegeben von E. v. Schlicht 1868. Nr. 9. 10. September, Oktober. Berlin 8°. 40. Annual report of the trustees of the Museum of the comparative Zoology at Harward college in Cambridge 1867. Boston 1868. 8°. 41. L. F. de Pourtales, contributions to the fauna of the gulfstream at - great depths. — Geschenk des Hrn. Verf.s. 42. Alph. Hyatt, the fossil cephalopods of the Museum of the compa- rative Zoology. — Geschenk des Herrn Verf.s. 43. Memorie del reale Istituto lombardo di scienze et lettere. vol. X 4. 5. Milano 1867. 4°. 44. Rendiconti del reale Istituto lombardo di scienze e lettere. Classe di scienze math. e naturali vol. III. 10. vol. IV. 1—10. Classe di lettere e scienze morali politiche vol. IV. 1-10. — Serie II. vol. I. 1—10. Milano 1867. 68. 80, Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Johannes Seyffart, Chemiker in Schön-Priessnitz bei Aussig durch die Herren Taschenberg, Giebel, Schubring. Es wird beschlossen, die eintägige Herbstversammlung den 8. November in Merseburg abzuhalten. Herr Dr. Köhler legt ausserordentlich grosse und schöne Kry- stalle von Kumarin aus der Tromsdorff’schen Fabrik in Erfurt vor. Die- ses Fabrikat, aus welchem Extrakt zu dem bekannten Maiwein bereitet wird, ist in sofern von grossem Interesse, als es bisher nur gelungen war, den Stoff in Nadeln darzustellen. Herr Prof. Giebel stattet hierauf einen kurzen Bericht über die naturhistorischen Museen in Mailand, Turin und Florenz ab und ver- breitet sich über einige von ihm in Italien gesehene Kunstwerke der Plastik und Mosaik vom anatomischen Standpunkte aus. Hr. Cand. Schubring macht auf Veranlassung des Herrn Pro- fessor Welker darauf aufmerksam, dass die hier zur Schau ausge- stellte Gorillafamilie, wie schon aus der Richtung der Haare an den Vorderarmen hervorgehe nicht aus natürlichen sondern aus künstlich fabricirten Exemplaren bestehe. Hr. Professor Giebel bemerkt dazu, dass die Behaarung des ganzen Körpers, die glatt rasierten Gesichter, die Lage und Form der Brüste, die Hände und Füsse, kurz alle Ein- zelnheiten ihm bei der flüchtigen Betrachtung als von den ihm bekann- ten natürlichen Exemplaren auffällig und unnatürlich abweichend vorge- kommen seien, er sich aber nicht veranlasst gefühlt habe, die Art und Weise der Fälschung näher zu untersuchen. 349 Sitzung am 28. Oktober. Eingegangene Schriften: 1. Memoires de la Societ6 royale des Sciences de Liege. 2. Ser. II. Liege 1867. 8°. 2. Sitzungsbericht der königl. bayrischen Akademie der Wissenschaften zu München I, 4. I, 1 München 1868 8°, ‘3. Monatsbericht der königl. preussischen Akademie der Wissenschaf- ten zu Berlin, Juli 1868 8°, 4. The Transactions of the Academy of science of St. Louis II. 1861— 1868. St. Louis 1888 8°, 5. Giebel, Prof. Dr., der Mensch. Leipzig 1868 8%, — Geschenk des Herrn Verfassers. 6. v.HochstetterDr.Fr.und A.Bisching, Handbuch der beschrei- benden Krystallographie. Wien 1868 8°, 7. Blum Dr. Ludw., Lehrbuch der Physik und Mechanik. Stuttgart 1863. 8°, 8. Baumann, Zucht der japanischen Seidenraupe. Bombyx Yama-mayu, Bamberg 1868. 16°. 9. Buff, H. L., über das Studium der Chemie. Berlin 1868. 16°. Als neues Mitglied wird proclamirt: Herr Johanxes Seyffart, Chemiker in Schön-Priessnitz bei Aussig. Zur Aufnahme angemeldet: . Herr Arnold Schufft, stud. math. et phys. hier, durch die Herren: Giebel, Schubring, Taschenbereg. Das Juliheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Herr Dr. Köhler sprach über die wichtigsten in Aegypten und den bekannteren Theilen Afrikas zur Brodbereitung benutzten Ge- treidesorten und legte zwei einer aegyptischen Mumie entnom- mene Weizenähren (von Triticum compositum Linne) vor. Die- selbe Spezies wird gegenwärtig noch angebaut und ist es bekannt, dass der dem Mumienweizen entnommene Samen mehrfach gesäet wurde, nach mehrere Jahrtausende hindurch latent gebliebener Keimkraft auf- ging und Früchte trug. Auch im hiesigen botanischen Garten wurden dgl. Versuche nach Bericht des Hrn. Inspektor Paul mit Erfolg ange- stellt. Neben diesem Weizen nehmen der Mais und die Durra in Aegypten, Nubien, den Nigerländern, der Goldküste u. s. w. die erste Reihe unter den Getreidearten ein. Namentlich hat der Mais eine enorme Verbreitung von Aegypten und Arabien bis zu den Kafferlän- dern hinab, und wird fast durchgehends genau auf dieselbe Weise zu- bereitet, vorausgesetzt, dass die betreffenden Völkerstämme die ersten Anfänge einer gewissen Cultur zeigen. Da der ungekochte Mais Ver- dauungsbeschwerden, ja Magen- und Darmentzündung erzeugt, so wird er roh überhaupt nicht gegessen; vielmehr wird er von der Blattscheide befreit und entweder über niedrigem Feuer geröstet oder mitsammt den Hüllen gekocht. Die jüngern, grünen Körner werden in dieser Form 350 von den Colonisten, wie Erbsen, gern verzehrt und die Eingebornen von Ebo, Alt Calabar, Gaboon und Kongo kochen Suppen mit Palmöl, Fisch und Garnelen daraus. In Aschante, Papo, Dahomey und an der Gold- küste und Yoruba wird aus Mais Brod, Kankie, und ein Getränk: Pitto zubereitet. Um Kankies zu gewinnen, werden die Maiskolben einen Tag in Wasser macerirt, dann zwischen zwei Steinen, wovon der eine cylindrisch und der andere eine Art Hohlrinne ist, zerrieben. Nach dreimaliger Wiederholung dieser Operation ist ein sauer reagirendes grobes Mehl die Ausbeute, welches zu Teig geknetet und zu manns- faustgrossen, mit Maisblättern und Blattscheiden umwickelten Klössen geformt und in Wasser ein paar Stunden gekocht, oder in eigens dazu von Eehm und Thon gefertigten Backöfen gebacken wird. Pitto ist ein verhältnissmässig rationell gebrautes Maisbier von bitterem Ge- sehmack; letzteres ist den: Afrikanern keineswegs eigenthümlich, son- dern auch die Peruaner und andere südamerikanische Stämme bereiten ein berauschendes Getränk aus Mais, welches sie chicha de marjo oder jora nennen. Gleichfalls ausgedehnt ist die Cultur der Durra, Dowah, Ak- koko, Baba, Ghafoully (arabisch!) welche von Holcus Durra, Sorghum vulgare, (Andropogon Linne) abstammt. Die Goldküste ist: dag eigentliche Mutterland dieser Grasart, welche von den Wüstenstämmen, den Einwohnern von Soudan, von der Bai von Biafera und vom Kon- godistrikt ebenso wie von den Aegyptern, Arabern und Nubiern culti- virt wird und: den in den fernen Westen verkauften Negern in Gestalt ihres allen übrigen Nahrungsmitteln vorgezogenen Guinea-Korks nach den Kaffee-, Zucker- und Baumwollenplantagen der neuen Welt gefolgt ist. Sorghum vulgare ist in Arabien und Aegypten (Kairo) ete. zum Brod- backen allgemein benutzt und kommt nach Forskal in 4 Varietäten vor: Y. Holcus Durra, (Arabien, Aegypten); 2. Holeus Dochna — in Aegypten nach Buckhart unbekannt und in Arabien, Darfour und am rothen Meer gebräuchlich; 3. Holcus exiguus; im November am Nil blühend und 4. Holcus racemosus in Yemen. Es wird von den Eingeborenen eine Art Pudding: Bazeen' ge- nannt, daraus bereitet (Golf von Guinea, Goldküste)' und Brod, welches die an der grossen Wüste ansässigen Stämme auf ihren Wanderungen begleitet, daraus gebacken. Ebenso wie aus Mais: wird aus Durra Bier gebraut, welches Bonza heisst . (Akim, Dahomey). In Nubien, Nufe und Nordafrika überhaupt ist man in der Bierbereitung weiter ;' Gewürze (Pfeffer, Honig etc.) werden in irdenen' Töpfen mit dem Durramalz' zur Gährung gebracht. Die beste: Art dieses Gebräues' heisst am Ort und Stelle om-belbel d. i. „Mutter der Naehtigall“, weil die davom Trin- kenden zu singen’ anfangen. Der: Vortrg. verweist hinsichtlich weiterer Details auf die interessanten Mittheilungen des an der afrikanischen Westküste stationirten englischen Staff Surgeon, Dr. W. F. Daniell im Pharmaceutical Journal. Sodann sprach’ Herr Geh.-Rath Gredner über! die thüringischen 351 Porphyre, welche sich in zwei Gruppen, die quarzführenden und die quarz- armen Melaphyre, sondern. Diese letzteren nun zeigen eine vorwiegende Neigung zur Mandelsteinbildung, indem sich in ihnen nicht selten Höh- lungen finden, in denen Quarzkrystalle ausgeschieden sind, welche aber mit der Hauptmasse nicht in Verbindung stehen, sondern durch feine Ueberzüge verschiedener Art davon getrennt sind. Die quarzführenden Porphyre zeigen die Tendenz, Quarzkrystalle auszuscheiden im gerin- ‚gern Grade und nur eine Abänderung, welche besonders in der Gegend von Friedrichsrode ansteht, hat ein vorwaltendes Streben zur Kugel- bildung. Entweder ist das ganze Gestein drusenartig zusammengesetzt und der Quarz dazwischen tritt gern in sechsseitigen Säulen auf, oder das ganze Gestein besteht aus Kugeln von sehr verschiedener Grösse, bis zu mehr denn einen Fuss im Durchmesser. Diese Kugeln nun ent- halten Hohlräume mit angesetzten Quarzkrystallen, häufig ausserdem Eisenglimmer, welcher der Höhlung lose aufliegt, Flussspath in den zier- lichsten Würfeln und in seltenen Fällen auch Kalkspath. Ja es finden sich mehrere Kugeln in einander geschichtet, aber auch compakte, mehr oder weniger strahlig aus. Feldspath- und Quarz gebildete. Aus der unregelmässigen Vertheilung dieser Vorkommnisse und der Art der- selben, wie sie sich bei Friedrichsrode finden, geht mit. ziemlicher Ge- wissheit hervor, dass die chemische Beschaffenheit der zähflüssigen Masse und die Umstände bei,deren Erstarren. die Concentration' der Masse! zur Kugelform, bedingten., Hierin liegt aber gerade. der Unterschied: von ' den quarzführenden Melaphyren, wo die ganze Masse nicht alterirt ist und die‘ Hohlräume dtırch sie einschliessende Dampfmassen gebildet sind, aus denen die Bekleidungen der Innenwände auskrystallisirten. Auch bei jenen Kugeln kamen die Einschlüsse durch Infiltration hinein, aber durch keine, allmälige „sondern, sie, war beendet! mit, der Erstarrung der Porphyrmasse, dafür spricht auch die gleichartige Beschaffenheit derje- nigen| Kugeln, welche, als: Trümmergesteine hier‘ und. da, in jüngern Schichten eingeschlossen liegen. Wo der Eisenglanz und Flussspath mit denen die Gesteinmasse nichts gemein hat, herkommt, lässt sich nicht\ erklären; denn: den späteremAtmosphärilien einen iso; bedeutenden Einfluss zuzugestehen, wie Bischoff will, scheint. doch etwas gewagt. Dergleichen Einschlüsse kommen unter noch andern Verhältnissen auf eine: bisher’ unerklärte: Weise mehrfach vor, so gedachte! Herr! Dr! Credner einer von ihm in Nordamerika am Lac superior beobachte- tes Vorkommen von Kalkspathindividuen in Mandelsteinen, in denen Plättchen gediegenen Kupfers oder Silbers liegen. Schliesslich sprach Herr Candid.Schubring über das von Fech- ner aufgestellte psychophysische Grundgesetz, nach welchem die Stärke einer Sinnes-Empfindung proportional ist dem Logarithmus des Reizes, welcher die Empfindung hervorruft. Er erklärte den Begriff: „Schwel- lenwerth des Reizes“ als denjenigen, bei dem die entstandene Empfindung so stark ist, dass sie gerade noch zum Bewusstsein kommt, — besprach sodann die Bedeutung der negativen Empfin- dungen, welche zu Reizen gehören, die kleiner sind als jener Schwel- 352 lenwerth und endlich die der imaginären Empfindungen, welche ne- gativen Reizen entsprechen. Als einziges Beispiel dieser Empfindungen wurden die der Kälte angeführt, welche sich nach Fechner zu den Empfindungen der Wärme verhalten wie imaginäre Zahlen zu reellen, während die objective Kälte und Wärme als negative und positive Werthe zu betrachten sind: als Nullpunkt der hierbei anzuwendenden Thermometerscala dient selbstverständlich diejenige Temperatur, bei der weder Kälte noch Wärme empfunden wird. Anzeige, Durch äussere Hindernisse ist das Erscheinen der mo- natlichen Hefte unserer Zeitschrift verzögert worden, doch sind alle Vorkehrungen getroffen, um die Verzögerung der Ausgabe bald möglichst zu beseitigen. Die Redaktion. Die verehrl. Mitglieder unseres Vereines sind ersucht die Jahresbeiträge baldigst und zwar durch Post- anweisung an den Vorstand einzuschicken und wenn die Zu- sendung der Hefte gleich nach dem Erscheinen unter Kreuz- band verlangt wird, dem Jahresbeitrage noch 12 Groschen Porto beizufügen. Der Vorstand des Vereins. Druck von W. Plötz in Halle. Zeitschrift für die _Gesammten Naturwissenschaften. 1868, November u. December, NM XI. XL. Die Gliederung der eozoischen (vorsilurischen) Formationsgruppe Nord - Amerikas. "Hahbilitationsschrift von Dr. Hermann Credner in Leipzig. Nord-Amerika verdankt den vieljährigen und gründlichen Arbeiten eines Dawson, Emmons, Hitchcock, Hunt, Logan, Marcou, Murray, Rogers und Whitney die Erforschung und Gliederung jener mächtigen Gesteinsgruppe, welche man all. gemein und so auch auf jenem Continente bis dahin unter dem Namen der primitiven, azoischen, prozoischen, und hypo- zoischen Formationen zusammen zu fassen pflegte. Von je- nen Forschern wies zuerst Emmons, später Logan, Dawson und Murray nach, dass im sogenannten azoischen Systeme Spuren von organischem Leben begraben liegen, dass das Material der Gesteinsreihe, welche man als primitiv bezeich- nete, als Absatz des Meeres noch älteren Gebilden entstam- men und auf älteren abgelagert worden sein muss. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Schlüsse, welche die genannten Forscher aus Beobachtungen in Formationen gezogen haben, deren verwickelte architektonische Verhält- nisse, deren Armuth an massgebenden organischen Resten, deren wechselnder petrographischer Charakter so verschiedene Deutung zulässt, überall übereinstimmen sollten. Ebenso ist es nur zu natürlich, dass auch umgekehrt die verschiedenen Ansichten der Beobachter über die Genesis jener krystallini- schen Gesteinsreihe auf die Beobachtung selbst bedeutenden Einfluss ausgeübt haben. Bd. XXXIL, 1868. 23 354 Die Resultate der Forschung der erwähnten Geognosten mit denen eigner Untersuchungen in fast der ganzen östli- chen Hälfte Nord-Amerikas*), zu einem Gesammtbilde der vorsilurischen Gesteinsreihe jenes Continentes zu vereinigen, soll in dem Folgenden versucht werden. Was das eingehende Studium der äusserst verworrenen, geotektonischen Verhältnisse dieser vorsilurischen Formationen anbelangt, so wird dasselbe durch den Mangel an zuverlässi- gen oder genügend speciellen kartographischen Grundlagen fast unmöglich gemacht, hat demgemäss bis jetzt noch. we- nig Erfolg gehabt. Als die wichtigsten auf die eozoischen Formationen Nord- Amerikas bezüglichen Publicationen lassen sich bezeichnen : für die englischen Provinzen Logan, Murray, Hunt, Billings. Geology of Cana- da. 1863. Logan, Dawson, Carpenter, Hunt. he Laurentian Rocks of Canada and on Eozoon Canadense. — Quart. Journ. Febr. 1865. j Dawson and Carpenter. Notes on Eozoon Canadense. Quart. Journ. 1867 pg. 257. Bailey. Geology of Southern New Brunswick. 1865. Dawson. Acadian Geology. 1868. für die Vereinigten Staaten Hitchcock. Geology of Massachusetts. 1835. Hitchcock and Hager. Geology of Vermont. 1861. Marcou. The Taconic and Lower Silurian Rocks of Ver- mont. — Proc. Bost. Soc. of Nat. Hist. 1861. Nov. Correspondence of Barrande, Logan and Hall on the Taconie System. Am. Journ. 1861 Vol XXXI, pag. 210. Hunt. On some points in American Geology. Am. Journ. 1861. Vol XXXI, pag. 392. *) In den eozoischen Formationen von New Brunswick, New York, New Jersey, Pennsylvania, Virginia, den beiden Carolinas, Georgia, Ten- nessee und Michigan während der Jahre 1865 bis 68. (Siehe meine Rei- seskizzen in Zeitsch. d. deut. geol. Gesell. XVII pag 388, — XVIII pag 77, — XIX pag 33, — XXI, Heft 2. Neues Jahrb. für Min. 1865 pag 803, — 1867 pag 442 und Berg u. Hüttenm. Zeitg. 1866 pag 3, 16, 29, 55, 144. — 1867 pag 8, - 1868 pag |.) 355 Marcou. The Taconic Rocks of Vermont and Canada, 1862. Emmons. The Taconic System. 1844. Emmons. Geology ofthe second Distr. of New York. 1838. Kitchell. Geology of New Jersey. 1856. Rogers. Geology of Pennsylvania. 1858. Emmons. Geology of the Midland Counties of North Caro- lina. 1856. Lieber. Geology of South Carolina. 1857 —60. Safford. Geology of Tennessee. 1856. Foster and Whitney. Geology of the Lake Superior Land District. 1851. Kimball. The iron ores of Marquette in Michigan. Am. Journ. May. 1865. « Bei einer Beschreibung vorsilurischer Formationen kommt es vorerst auf die Feststellung ihrer oberen Grenze, also die Bestimmung des untersten Horizontes des Silur an. In den Arbeiten der Geologen des Staates New York, welchen man die erste Gliederung der paläozoischen Schichten- reihe Nord-Amerikas verdankt, wurde der ältesten damals be- kannten, versteinerungsführenden Schichtengruppe der Na- me Potsdam-Sandstein beigelegt, eine Bezeichnung, welche von den übrigen Geognosten Amerikas adoptirt worden ist. Die Potsdam-Sandstein-Gruppe besteht vorwaltend aus dünn- geschichteten, weissen, grauen oder rothbraunen Sandsteinen, Diese umfassen in ihren unteren Horizonten häufig Betten eines groben Conglomerates und sind zonenweise von thoni- gen Schiefern vertreten. Dieser Schichtencomplex erreicht eine Mächtigkeit von mehreren Tausend Fuss; seine horizontale Ausdehnung ist, — bis auf die der eozoischen, — die grösste aller sedimentären Formationen Nord-Amerikas, indem der- selbe die sämmtlichen paläozoischen Gebilde des weiten Mis- sissippi-Thales unterteuft. Die Ausgehenden dieser Unterlage von Potsdam Sandstein sind vom südlichen Texas bis nach Canada und von der Mündung des Lorenz-Stromes bis nach Alabama verfolgt worden. Organische Reste sind in der Potsdam-Sandstein-Gruppe im Allgemeinen spärlich, Nur an einzelnen Localitäten tre- 23* 856 ten sie in meist geringerer Artenzahl, aber in grosser Menge der Individuen auf. Lingula prima Conr., L. antiqua Hall und mit ihnen einige Obolella Arten, so ©. Apollinis Ow. be- decken oft ganze Schichtungsflächen des Potsdam-Sandsteins. In Wisconsin und Minnesota sind zuweilen fussmächtige Bänke dieser Formation mit Trilobiten und deren Bruchstücken an- gefüllt. Unter diesen sind Conocephalites hamulus Ow., C. minutus Bradl., ©. minor Shum., Dikelocephalus Minnesoten- sis Ow., D. Pepinensis Ow., Arionellus bipunctatus Shum., Agnostus parilis Hall und A. Josepha Hall am bezeichnend- sten und sämmtlich beschrieben und abgebildet von J. Hall, Contributions to Palaeontology, April 1863. Theca gregaria Meek u. Hayden, und Th. primordialis Hallliegen in den west- lichen Staaten in grösster Menge in den zur Potsdam -Sand- stein-Gruppe gehörigen Schiefern eingebettet. Die Aequivalenz der Potsdam-Sandstein-Gruppe mit der Primordial-Zone Böhmens und dem tiefsten Horizonte der englischen Silurformation, den Lingula-flags und den Trema- doc Schiefern, erscheint zweifellos, seitdem durch Owen, Hall und Shumard Trilobiten-Genera, welche in Europa ausschliess- lich der untersten Etage des Silur angehören, also Parado- xides, Conocephalites, Dikelocephalus und Arionellus auch in dem Potsdam Sandsteine Nord- Amerikas nachgewiesen wor- den sind. Die obere Grenze der vorsilurischen Schichten wäre hier- durch mit Sicherheit festgestellt, wenn uns nicht aus den Be- schreibungen von Emmons und Marcou eine Schichtengruppe in Vermont bekannt wäre, deren Stellung in der geologischen Reihe zu anhaltenden Controversen in der amerikanischen Li- teratur Veranlassung gegeben hat, ohne zu allgemein aner- kannten Resultaten geführt zu haben. Oestlich vom Hudson in den Neu-Englischen Staaten und zwar hauptsächlich in Vermont entwickelt, tritt ein ge- gen 15,000 Fuss mächtiger Complex von körnigen Quarziten, krystallinischen z. Th. dolomitischen Kalksteinen, Talk-, Glim- imer- und Thonschiefern auf, in welchen hie und da Spuren von Anneliden und Crinoiden vorkommen. Auf sie folgt eine 3000 F. mächtige Schichtenreihe von sandigen Thonschiefern, Dachschiefern, feinkörnigen Conglomeraten und Kalksteinen. 857 In gewissen Zonen dieser Gruppe, hauptsächlich in den Thon- schiefern, sind organische Reste häufig und gehören vor Al- lem den Geschlechtern Chondrites, Lingula, Obolella, Olenus, Conocephalites, Dikelocephalus, Barrandia und Arionellus an. Emmons hielt diese Schichtenreihe für vorsilurisch. weil sie vom Potsdam - Sandstein überlagert werde und fasste sie ‚ unter dem Namen Taconisches System selbstständig zusam- men. Während Marcou diese Ansicht theilte und sich durch die nahe Verwandtschaft der organischen Reste veranlasst sah, den Potsdam Sandstein zum Tacon zu ziehen, haben andere Geognosten, so Hall, Rogers und anfänglich auch Logan, jener Gruppe eine Stellung im Horizonte der zweiten Silur- fauna angewiesen. Barrande trat ihnen entgegen, sprach die Vermonter Trilobiten als zur Primordial-Fauna gehörig an und machte auf die Unwahrscheinlichkeit des Wiederer- scheinens derselben in einem jüngeren Horizonte aufmerksam, (Neues Jahrb. f. Min. Geog. u. Pal. 1860, pag. 756). Die Auffindung einer ferneren deutlichen Primordial-Fauna in der Nähe von Quebek in Schichten, welche man bisher, ebenso wie die Vermonter Schiefer, — also die obere Abtheilung des Taconischen Systems von Emmons, — für Mittel-Silur gehal- ten hatte, machte die Zugehörigkeit der Vermonter Schiefer zum Unter-Silur fraglos, so dass nur noch zu erörtern bleibt, ob sie unter- oder oberhalb des Potsdam-Sandsteins einzu- reihen, oder als diesem letzteren aequivalent zu betrachten sind. Wohl die Mehrzahl der amerikanischen Geognosten weist nehmlich den betreffenden Vermonter Schichten ihren Platz z. Th. oberhalb des eigentlichen Potsdam-Sandsteins, z. Th. diesem aequivalent an. (Geol. of Vermont. Vol I. pag. 326 u. f) Auf der anderen Seite versichern uns Emmons und Marcou auf das Bestimmteste, dass die Ueberlagerung der Vermonter „taconischen * Schiefer durch typischen Pots- dam Sandstein an verschiedenen Aufschlusspunkten zu beo- bachten sei. Auf diese Ueberlagerung fussen Emmons’ und Marcou’s Beweise der vorsilurischen Stellung der betreffen- den Vermonter Schichtencomplexe, — auf der Ungleichför- migkeit der Ueberlagerung beruht Emmons’ Trennung der Ver- monter Schiefer vom Silur als Glieder eines selbstständigen Systems. 358 Jene von Emmons 1. c. eingehend beschriebenen Lage- rungsverhältnisse der „Taconischen Schichten“ und des un- teren Silur, also das höhere Alter der ersteren anerkennend, können wir uns doch nicht der von ihm proponirten Spaltung der Primordial Gruppe in zwei Systeme anschliessen. Die organischen Reste des sogenannten Obertacon stimmen nehmlich zum grossen Theil (ich abstrahire von einer Reihe Cephalopoden ünd Gasteropoden, in welchen Marcou Vorläufer, — Barrandes Colonien, — der zweiten Silur-Fauna erblickt) generisch mit der Fauna des Potsdam - Sandsteins von New- York, Minnesota und Jowa, sowie mit denen der primordialen Zone Böhmens überein. Die Schichten, denen sie angehören, dürfen deshalb von der Potsdam-Sandstein-Gruppe nicht getrennt werden. Die discordanten Lagerungsverhältnisse der entstehenden zwei Glieder des untersten’ Silur wiegen nicht so schwer, als ihr organischer Zusammenhang, besonders da sie einem geognostischen Zeitalter angehören, in welchem sich Schichtenstörungen häufig und in grossem Massstabe wiederholten. Wenn wir deshalb die Bezeichnung des Taconischen Systems aufrecht erhalten. wollten, müssten wir, wie von Marcou geschehen, die Potsdam-Sandstein Gruppe, der Zu- sammengehörigkeit ihrer organischen Reste wegen, jenem Ta- conischen Systeme zurechnen, sie also vom Silur trennen, ähnlich wie Lyell für England die Vereinigung des untersten Silur mit dem cambrischen System in Vorschlag gebracht hat. Gegen ein solches Vorgehen haben sich jedoch Murchison und Barrande, die Coryphäen der Kenntniss der Silurforma- tion, auf das Entschiedenste ausgesprochen. Die Vermonter _ von Emmons und Marcou als vorsilurisch, als obertaconisch bezeichneten Schiefer mit Trilobiten dürfen deshalb der un- tersten Silurformation zuzurechnen und als deren tiefster Horizont zu betrachten sein, während man für die noch älteren „untertaconischen“ Kalksteine, Talk-, Thon-, und Quarzit- schiefer mit Spuren von Anneliden und Crinoideen die Be- zeichnung des Taconischen Systems weiter anwenden könnte: Missverständnissen wird aber umso sicherer vorgebeugt, wenn man den Namen des Tacon gänzlich fallen lässt, besonders weil Emmons in seiner geognostischen Beschreibung Nord- 359 Carolinas versucht hat, die von ihm Taconisches System ge- nannte, wie wir gesehen haben zwar theils vorsilurische, theils aber auch unter silurische Schichtengruppe von Ver- mont und die goldtührenden krystallinischen Schiefer der südlichen atlantischen Staaten zu parallelisiren. Diese letzt- genannte Schichtenreihe ist jedoch, wie wir weiter Unten ' zeigen werden vollständig vorsilurisch, so dass Emmons zwei 2. Th. verschiedenalterige Formationen für aequivalent gehal- ten und mit dem Namen Tacon bezeichnet hat. Nach Obigem fassen wir als zum untersten Silur, also zur Potsdam -Sandstein-Gruppe gehörig auf: zuunterst die Vermonter Primordial-Formation (die obertaconischen Schie- fer von Emmons und Marcou), darüber den eigentlichen Pots- dam Sandstein der New-Yorker Geologen, welchem sich der Calciferous Sandstone anschliesst ‚— während wir das untere taconische System der Neu-Englischen Staaten dem Huron zurechnen. Gehen wir jetzt auf eine nähere Betrachtung der For- mationen über, deren obere Grenze festzustellen in Vorher- gehendem versucht worden ist. Sie lassen sich in zwei Hauptgruppen, eine untere, das Laurentische und eine obere das Huronische System trennen. I. Das Laurentische System. Das Laurentische System, vorwaltend aus den Gesteinen der Gneiss- Reihe bestehend, tritt im Osten des nord-ameri- kanischen Continents in zweiZonen zu Tage, deren nördliche sich vom oberen Mississippi-Thale in östlicher Richtung durch Minnesota und Wisconsin nach dem Superior, Huron und Ontario See und von da nördlich vom Lorenz-Strom bis zum atlantischen Ocean erstreckt. Die andere, die appalachische Gneisszone beginnt in New-Brunswick, läuft in südwestlicher Richtung parallel dem Gestade des Meeres durch die Neu- Englischen Staaten, überschreitet den Hudson etwa 6 Meilen oberhalb New York, bildet dann die „Hochlande von New Jersey“ und zieht sich durch Pennsylvania und Maryland, durch sämmtliche südliche atlantische Staaten bis nach Alabama hi- nein, Ausser diesen zusammenhängenden Zonen treten noch 360 einige isolirte Gneisspartien westlich von Mississippi auf, wäh- rend die Adirondack-Gruppe nur ein Ausläufer der nördlichen oder canadischen Gneisszone ist. 1. die nördliche Laurentische Zone. a. In Canada und Nord-New-York. Die geognostische Untersuchung Canadas hat gezeigt, dass die ältesten unserer Beobachtung zugängigen Gebilde Nord- Amerikas eine normale Schichtenreihe ähnlich denen jüngerer Zeitalter repräsentiren. Dieses Schichtensystem von krystallinischen Gesteinen, welches eine Mächtigkeit von mehr als 30,000 F. besitzt, wurde von den Canadischen Geologen nach der Localität seiner typischen oder dort zuerst beob- achteten Gliederung, dem Laurentischen Gebirge, Laurenti- sches System genannt und zerfällt in zwei Hauptabtheilüngen, eine obere, die Labrador-Gruppe, welche ungleichförmig auf der unteren aufgelagert ist. Während wir von der oberen Laurentischen Gruppe in Canada, welche vorwaltend aus Hy- perstheniten besteht und einige Kalksteinzonen umfasst, nur geringere Kenntniss besitzen, verdanken wir Logan, Murray und Hunt eine Reihe specieller Arbeiten über die untere Lau- rentische Gruppe, wie sie in Canada entwickelt ist. Das Laurentische System nimmt in Canada ein Areal von fast 10,000 Deut. D Meilen ein, dessen nördliche Grenze noch nicht mit Sicherheit festgestellt ist, jedoch wahrscheinlich in die arktische Region fällt, während seine südliche bis auf einige Streifen von huronischen und silurischen Formationen zuerst mit dem Lorenz Strom, dann mit einer Linie von dem nördlichen Ende des Ontario See’s nach der Georgian Bay und noch weiter nach Westen ungefähr mit der Nordküste des Huron und Superior See’s zusammenfällt. Die Gesteinsarten, welche die Schichtenreihe, deren Ver- breitung in Canada eben angedeutet wurde, zusammensetzen, sind vorzugsweise Gneisse, Quarzite und Kalksteinee Von den erstgenannten walten Glimmer-und Hornblendegneisse vor, zwischen welchen Granit- und Syenit-Gneiss verschiedene Gruppen von mehreren Tausend Fuss Mächtigkeit bilden und besonders zwischen den dem Laurentischen Systeme angehö- rigen Kalksteinzonen eingeschaltet sind. In nächster Nähe 361 dieser letzteren gehen sie in granatreiche Glimmer- und Horn- blendeschiefer über, welche somit das Hangende und Liegende der Kalksteinhetten zu bilden pflegen. In anderen mächtigen Gneisscomplexen ist der Orthoklas von Kalk- und Natronfeld- späthen, Andesin und Anorthit, — und Glimmer und Hornblende von Pyroxen oder Hypersthen vertreten, während (Quarz ' vollständig fehlt. Für dieses von Logan Anorthosit genannte, weitläufig gebettete Gestein ist das häufige Vorkommen von Ilmenit in Fallbändern oder linsenförmigen Einlagerungen charakteristisch. Auch rother Granat ist in demselben in der Bettung parallelen Streifen eingesprengt und schwache Bänke von grünem Pyroxen mit Ilmenitkörnern in ihm ein- gelagert. Eng mit diesem Gesteine verbunden ist Hyper- sthenit, rgich an zollgrossen Labrador-, Hypersthen- und D- menitausscheidungen. Er im Vereine mit dem Anorthosit bil- det die oberste Gesteinsgruppe des Laurentischen Systems und bedeckt die Gesteine der unteren Abtheilungen in ungleich- förmiger Ueberlagerung. Der Quarzit, — glasig oder körnig — tritt in bis 600 F. mächtigen, gebetteten Zonen regellos vertheilt in allen Horizonten der Laurentischen Gneissreihe auf, nur scheinen dieselben in der Nähe der Kalksteinbänke besonders häufig zu sein, Trotz des hochkrystallinischen Charakters der Lauren- tischen Gesteine in Canada, umschliessen sie doch, wenn auch seltener, Betten von deutlichen Conglomeraten. Diese treten entweder in Mitten der Kalkstein-Zonen oder zwischen den körnigen Quarziten auf und bestehen dann aus einer sandig- quarzitischen Grundmasse mit grösseren oder kleineren Roll- stücken von anders gefärbtem, körnigem oder -glasigem Quar- zit, während an anderen Localitäten ein fast 1000 F. mäch- tiger Schichtencomplex beobachtet wurde, in welchem abge- rundete Syenit- und Dioritfragmente von einem in verschie- denen Zonen mehr oder weniger vorwaltenden quarzigen, glimmerreichen Bindemittel zusammengehalten werden. Magneteisenstein und Rotheisenstein treten in bis über 100 F. mächtigen Lagern in der Laurentischen Ge- steinsreihe direkt zwischen den Gneissen, mit Gneiss im Kalk- stein oder an der Grenze beider auf. Dem körnigen Mag- 362 neteisensteinsind zuweilen Schuppen von Graphit beigemengt:. Dieser kann sich aber auch mit mehr oder weniger Thon oder Kalk gemengt zu bis 3 F. mächtigen Betten oder linsenförmi- gen Nestern zwischen den Quarziten, Kalksteinen und syeni- tischen Gesteinen concentriren. Die dem Laurentischen Systeme angehörigen Kalk- steine sind in so hohem Grade krystallinisch, dass sie häu- fig ein Aggregat von über zollgrossen Kalkspath-Rhomboädern bilden und dann grobkrystallinischem Gangkalkspathe gleichen. Gewöhnlich sind sie grobkörnig, selten feinkörnig und nur ausnahmsweise dicht. Ihre Farbe ist meist weiss mit grauer, der Schichtung entsprechender Streifung oder ganz grau, auch fleischroth. Sie bestehen selten allein aus kohlensaurem Kalke, in der Regel ist ihnen kohlensaure Magnesia in schwankenden Verhältnissen beigemengt, in der Weise, dass mehr oder weniger dolomitische Betten mit reinem Kalksteine und fast vollkommen reinem Dolomite abwechseln. Dass Zwischenlager von quarzitischen Conglomeraten in den Kalkstein Zonen be- obachtet worden sind, ist, bereits erwähnt. Noch häufiger sind in ihnen Bänder und Bänke von glasigem und körnigem Quarzit. Zwischen den mächtigeren Kalksteinbetten und dem benachbarten Gneisse findet fast stets eine Vermittelung in der Weise statt, dass im Hangenden und Liegenden der ersteren schwächere Kalksteinlagen zwischen den Gneissen eingebettet sind. Umgekehrt durchziehen oft dünne Bänder von Gneiss den Kalkstein, gewöhnlich parallel dessen Begrenz- ungsflächen, zuweilen aber auch vielfach gefaltet oder in einzelne Stücke zerbrochen. An accessorischen Bestandtheilen ist der Laurentische - Kalk von Canada reich. So tritt vor Allem Serpentin in Bän- dern und Flecken, sowie Hornblende in .einzelnen Krystallen, in-Büscheln als Tremolith oder in selbstständigen, mehrere Fuss mächtigen Betten im Kalkstein auf. In letzterem Falle bildet sie ein Aggregat von lang-säulenförmigen Krystallen, deren Zwischenräume von Kalkstein oder Dolomit ausgefüllt sind. ‚Fast eben so häufig wie Hornblende treten in diesen beiden Gesteinen Glimmer und Graphit entweder in Schup- penform oder in der Schichtung parallel eingelagerten Bändern und Nestern auf, Sie können sich vergesellschaften 363 mit Korund, Flussspath, Schwerspath, Apatit, Orthoklas, Oli- goklas, Chondrodit, Zirkon, Spinell, Turmalin, Pyroxen, Sphen, Granat, Magneteisenstein, Eisenglanz, Schwefelkies und Kupfer- kies, welche entweder als regellos zerstreute Einsprenglinge vorkommen oder sich im Verein mit der erwähnten Hornblende auf gewisse unter einander parallele Zonen im Kalkstein con- . centriren und dann eine deutlich bandartige Structur dieses Gesteins hervorrufen. Besonders bildet Pyroxen, ebenso wie Apatit förmliche Betten im Kalkstein. Die einzelnen Kalksteinzonen Canadas erreichen eine Mächtigkeit von gegen 1500 F. Abgesehen von unbedeuten- deren Vorkommen, lassen sich vier Hauptzonen des Kalksteins in:der Laurentischen Reihe nachweisen, welche durch je 2000 bis 5000 F. mächtige Gneissgruppen getrennt werden und bis auf die oberste, der unteren Abtheilung des Laurentischen Systems angehören. Die sämmtlichen Glieder der oben kurz charakterisirten Gesteinsreihe sind einander gleichförmig aufgelagert; nur der deshalb auch als Ober-Laurentisch von den übrigen getrennte Hypersthenit liest discordant über dem unteren Schichten- complexe. Trotzdem sind die architektonischen Verhältnisse der Laurentischen Formation in Canada äusserst verworrener Natur: Knickungen, Verwerfungen und steile Muldenbildungen wechseln mit einander ab, so dass sich dieselben Schichten- complexe häufig wiederholen und Beobachtungen durch den Mangel an Anhaltspunkte gewährenden Horizonten sehr er- schwert werden. Noch verwickelter werden diese Verhältnisse durch das Auftreten von durchgreifenden Gesteinen, deren Eruptionen vier verschiedenen Perioden angehören. Das älteste derselben ist ein Dolerit (nach Logan), welcher in bis 300 F. mächtigen Zügen die Laurentischen Schichten durchsetzt. Er ist dunkel- grün, besteht aus einem feinkörnigen Gemenge von Augit, Labrador (?), Magneteisenstein oder Ilmenit mit kleinen Glim- merblättchen und Schwefelkieseinsprenglingen und zeigt aus- geprägte horizontal-säulenförmige Absonderungen. Diese Do- leritzüge werden in ihrem Verlaufe von ausgedehnten Syenit- stöcken ‚abgeschnitten, in derem Gebiete wiederum noch jün- gere Stöcke und Gänge eines typischen Felsitporphyres auf- 364 treten. Dieser besteht aus einer rothbraunen, grünen oder dunkelgrauen dichten Grundmasse von Orthoklas und Quarz mit Krystallen von fleischrothem Orthoklas und kleinen, was- serhellen Quarzkörnern. Er umschliesst häufig grosse Bruch- stücke von Gneiss, Dolerit und Syenit und nimmt dann zu- weilen den Charakter einer Breccie an. Die Eruption dieser drei Gesteine gehört dem vorsilu- rischen Zeitalter an, da die untersilurischen Schichten, welche sich ganz in der Nähe auf den laurentischen Gneissen abge- lagert haben, von jenem Dolerit, Syenit und Felsitporphyr nicht durchsetzt werden und diese selbst zu bedecken scheinen. Zweifelhaft hingegen ist das Alter eines vierten Systems von eruptivem Gesteine, bestehend aus einer kalkhaltigen, feinkör- nigen Grundmasse von vorwaltendem Augit und wenig Labra- dor mit Ausscheidungen von blättrigem Augit, Glimmerschup- pen und Ilmenit. Gänge dieses Gesteins durchsetzen die Vertreter der drei anderen Systeme, gehören aber vielleicht erst dem silurischen Zeitalter an. Setzte schon die deutliche Bettung und Schichtung der laurentischen Reihe von Canada und das Vorkommen von Conglomeraten den sedimentären Ursprung derselben ausser Zweifel, — liess ferner das Vorkommen von Graphit in den Kalksteinbetten auf vegetabilisches Leben während des lau- rentischen Zeitalters schliessen ; so machte uns der Fund der Reste einer riesigen Foraminiferen-Art, des Eozoon Canadense Dawson, welche einen gewissen Horizont der zwischen den Gneissen eingebetteten Kalksteine anfüllen, mit der ältesten thierischen Form bekannt, welche den Erdball bevölkert ha- ben mag. Eozoon Canadense wurde in der obersten der dem un- teren laurentischen Systeme zugetheilten Kalksteinzonen ent- deckt, auf welche auch bis jetzt die Funde in Canada be- schränkt geblieben sind. An der Basis dieses bis 1000 F, mächtigen Kalksteins kommen neben grösseren und kleineren Partien von weissem Pyroxen, in verworren über- und neben- einander liegenden Nestern von über Cubikfuss Grösse pa- rallel wellige, unregelmässig concentrische, mit Lagen von körnigem Kalke abwechselnde Bänder und Streifen von Ser- pentin vor, welche nach Aussen zu schwächer werden und 365 zuletzt ganz unregelmässige Formen annehmen. Diese Nester von concentrisch gebänderter Stuctur hat man als Reste des Eozoon und die Kalksteinlager, in welchen sie angehäuft sind, als den neueren Corallenriffen analoge Foraminiferen-Riffe er- kannt. Nach Dawson’s, Carpenter’s und Jones’ sorgfältigen mi- _ kroskopischen Untersuchungen ist die organische Natur des canadischen Eozoon festgestellt. Nach ihnen ist dasselbe den Foraminiferen -Geschlechtern Carpenteria und Polytrema zu- nächst verwandt, deren Bau sich in Eozoon in riesigem Mass- stabe wiederholt. Dieser Ansicht schliessen sich Gümbel, v. Hochstetter und Reuss an, währen Baily die Eozoen für den Spongien näher als den Foraminiferen stehend hält. Die Eozo&n sassen auf einer breiten Basis fest, vergrös- serten sich durch Zuwachs übereinander folgender, flacher, unregelmässiger Kammern, welche durch Kalklamellen getrennt waren, aber vermittelst regellos vertheilter Canäle und fein verzweigter Röhrensysteme in Communication standen. Wie “die Carpenterien scheinen auch sie in der Mitte des von ih- nen aufgebauten concentrisch gekammerten Stockes einen trich- terförmigen Canal zum Zutritt des Seewassers offen gelassen zu haben. In den fossilen Resten dieser Foraminiferen sind die Kalk-Lamellen, — die Scheidewände der einzelnen Kammern, — in Form körnigen Kalkes erhalten, während die Kammern selbst, sowie die Canäle und Röhrchen, durch welche diese in Zu- sammenhang standen und welche zu Lebzeiten des Thieres von Sarkode eingenommen waren, jetzt durch Serpentin, Pyroxen und Loganit ausgefüllt sind, ähnlich wie die Glauco- nitkörner jüngerer Formationen für Abgüsse des Innern von Polythalamien erklärt worden sind. *) Auf die Tragweite für Geologieund Palaeontologie, welche die Entdeckung dieser organischen Reste im Kalkstein der ältesten uns zugängigen Gesteinsreihe hat, werden wir später zurückkommen. : *) Die specielle Beschreibung von Eozoon siehe: Logan, Dawson, Carpenter, Hunt. Quart., Journ., 1865. Febr. Dawson und Carpenter ebend. 1867 pag. 257. Gümbel, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Mün- chen 1866. pag. 25. 366; Das grosse laurentische Gebiet von Canada wird‘ nach 8. und O. zu von z. Th. huronischen, z. Th. silurischen For: mationen ungleichförmig überlagert, so dass seine Grenzlinie ungefähr mit dem Lorenz Stroıme und der Nordküste der gros- sen See'n zusammen fällt. Nur am Ausflusse des Ontario See’s überschreitet ein von jüngeren Gebilden nicht bedeckter Ausläufer jener Hauptzone den Lorenz -Strom, bildet in ihm die „Tausend Inseln“ und zieht sich in östlicher Richtung in den Staat New York, wo er sich im Verein mit der huro- nischen Formation zu einem fast allseitig von silurischen Schich- ten umlagerten Areale von 400 D Meilen ausbreitet, welchem das Adirondack Gebirge angehört. Dieses, der nord-östliche Theil des Staates New York, repräsentirt also ein Vorgebirge, eine Halbinsel von z. Th. laurentischem Alter im silurischen Oceane. Seiner petrographischen Zusammensetzung nach zerfällt dieses laurentische Gebiet in zwei Distrikte, einen südlichen und einen nördlichen. Ersterer wird vorwaltend von Glimmer- und Hornblende-Gneissen mit einzelnen Zonen von filzig-schuppi- gen Talkschiefern, körnigen und glasigen Quarziten und Kalk- steinen zusammengesetzt. Letztere sind grobkrystallinisch und umschliessen neben Pyroxen, Zirkon, Spinell und Apatit, Graphitschuppen und Quarzkrystalle, deren regelmässige An- ordnung eine bandartige Structur des Gesteins zur Folge hat. Den nördlichen und nordöstlichen Theil des Adirondack .Di- ‚striktes bilden Anorthosit-Gneisse mit jZwischenlagern von Hypersthenit und körnigem Magneteisenstein. Sie scheinen wie in Canada die Gneiss-. Kalkstein -Gruppe ungleichförmig zu überlagern , also der oberen Abtheilung des laurentischen Systems anzugehören. Die Magneteisensteine treten inzwei oder drei bis 45 F. mächtigen Lagern zwischen dem Hypersthenfels auf. Durch Zwischenlager und Bänke von mehr oder weniger stark von Ma- gneteisenerz imprägnirtem Quarzit erhalten sie eine ausgeprägte Parallelstructur, welcher entsprechend sie durch Absonder- ungsflächen in einzelne Bänke getheilt werden, ja ein schief- riges Gefüge annehmen können. Am besten ist diese laurentische Gesteinsreihe durch den Thaleinschnitt des Hudson aufgeschlossen. Dieser ‘fällt mit 367 der’ anticlinalen Axe einer gewaltigen Falte jener Schichten- folge zusammen, so dass diese und mit ihr die Eisensteins- lager vom Flusse weg und in die Thalgehänge einfallen. In dem ganzen laurentischen Bezirke von Nord- New - York sind jedoch die Schichten so gebogen, geknickt und überstürzt, dass es schwierig, oft unmöglich ist, Parallelisirungen einzel- ‚ner Straten vorzunehmen, besonders da der lithologische Cha- rakter jener Gesteine seiner Unbeständigkeit wegen kein zu: verlässiges Merkmal abgiebt. Unzweifelhaft scheint es nur zu sein, dass die Gneiss-Kalkstein-Reihe, wie sie im südlichen Adirondack Distrikte entwickelt ist, dem typischen canadi- schen Unter-Laurentischen Complexe gleichsteht, — die Hyper- sthenit-Magneteisen-Reihe hingegen das Ober - Laurentische System repräsentirt. Ausser dem Kranze von Huron und Unter-Silur, welcher das laurentische Gebiet von New-York umzieht, sind demsel- ben nahe seinen Rändern einzelne isolirte Schollen von ‚Pots- dam-Sandstein ungleichförmig aufgelagert. b. Die nördliche laurentischeZone auf der Oberen Halbinsel von Michigan und in Wisconsin. Das dem Staate Michigan angehörige Süd-Ufer des Su- perior See’s zerfällt seinem geognostischen Baue nach in drei natürliche Distrikte, von welchem der mittlere aus den Ver- tretern des eozoischen Zeitalters, dem laurentischen und hu- ronischen Systeme besteht, an welche sich nach Osten und Westen Flügel von jüngeren z. Th. silurischen Schichten an- legen. Die Basis der ganzen geognostischen Formation jener Gegend bildet hier wie in Canada das laurentische System. Es besteht vorwaltend aus einer jedenfalls über 20,000 FE. mächtigen Reihe von Gneissen, Glimmer- und Hornblende- schiefern, Graniten und Syeniten, auf welchen sich zu unterst die huronischen und später auf beiden ungleichförmig silu- rische Schichten niedergeschlagen haben. Die laurentischen Gesteine sind deshalb dort zum grössten Theile von jüngeren Gebilden bedeckt, über welche sie sich in Form ausgedehnter, vorgebirgereicher Inseln nur vereinzelt erheben. Das vorwaltende Glied dieser ältesten Gesteinsreihe ist Glimmergneiss in allen seinen durch Abänderung des Gefü- 368 ges oder Vorwalten des einen oder anderen Bestandtheiles bedingten Varietäten. Durch Uebergänge von Gneiss -Granit ist er mit z. Th. gleichförmig gebetteten Zwischenlagern von Granit verbunden, während er auf der anderen Seite durch schieferigen Gneiss in Glimmerschiefer übergeht. Strichweise wird der Glimmer von Hornblende verdrängt, wodurch Syenit, Hornblende-Gneiss und Hornblende-Schiefer entstehen. Letz- tere bilden bis zu mehrere Hundert Fuss mächtige Betten zwischen dem Glimmer-Gneiss, haben scharf ausgeprägte Grenz- flächen, bewahren für grosse Strecken die vollständigste Pa- rallelität unter einander und sind in gewissen Distrikten, wo die Gesteine aller Vegetation entblöst sind, meilenweit in gra- der Richtung zu verfolgen. In demselben Verhältniss zu den ent- sprechenden Glimmergesteinen, wie Syenit, Hornblende-Gueiss und Hornbiende-Schiefer, stehen Chlorit-Granit, Chlorit-Gneiss und Chloritschiefer, nur haben sie eine beiweitem geringere Verbreitung als jene. In einzelnen laurentischen Schichtengruppen tritt Talk zu dem Chlorit im Chlorit-Gneiss, verdrängt ihn auch wohl voll- ständig. Die dadurch entstehenden Protogin - Gneisse haben meist ein flaseriges Gefüge, indem Orthoklas- und Quarz- Lamellen ihre vorwaltenden Bestandtheile bilden, welche von dünnen Talkblättchen bekleidet sind, so dass letztere nur auf den Schichtungsflächen sichtbar werden. Sie sind von Talk- und Chloritschiefern unterlagert, in deren oberem Ho- rizonte dünne Bänder von weissem Quarz und rothem Ortho- klas in der grössten Regelmässigkeit mit schwachen Schiefer- lagen abwechseln. Diese Protogin-Reihe wird von einem un- gefähr 1000 F. mächtigen Complexe von dünngeschichteten, grauen oder weissen, feinkörnigen Kalksteinen mit Talk- und .Chloritbeschlägen unterteuft, zwischen welchen einige bis zu 30 F. mächtige Zonen eines kalkhaltigen Chloritschiefers auf- treten. Dieser umschliesst wiederum Nester von feinkörnigem Kalkstein, welche sich nach beiden Seiten zu mehren und vergrössern und so den Uebergang zu den Kalksteinlagern vermitteln. An einer anderen Localität, etwa 2 Meilen süd- lich von Keweenaw Bay, liegen unterhalb einer Schichtenfolge von Protogin-Gneissen mit Kalksteinbänken weiche, thonige Graphitschiefer von mehreren hundert Fuss Mächtigkeit. 369 Ist dieser ganzen Schichtenreihe der Charakter ihrer sedimentären Entstehung schon durch ihre oft bis in das kleinste Detail verfolgbare Schichtung und Bettung aufgeprägt, so wird sie durch das wiederholte Auftreten von typischen Conglomeraten zwischen Glimmer -, Chlorit- und Hornblende- gesteinen auf das unbestreitbarste bestätigt. Am Sturgeon, ' einem Nebenflusse des; Menomonee, beobachtete ich in Mitten der Gneiss-Reihe einen mehrere hundert Fuss mächtigen Com- plex' von dünngeschichteten, talkig-sandigen Fleckschiefern mit Wellenfurchen und zwischen diesen wiederum einige schwache Lagen von Protogin-Gneiss, ausserdem aber drei ‚bis zu je 30 F. mächtige Betten von Oonglomerat, welches aus haselnuss- bis über faustgrossen Rollstücken von Gneiss, Granit und Quarzit in talkig-sandiger Grundmasse bestand. Diese Schiefer und Conglomerate sind, wie erwähnt, gleich- förmig von Gneiss bedeckt. Der sedimentäre Ursprung der laurentischen Gesteins- reihe an der Südküste des oberen See’s ist somit unzweifel- haft. Während die Existenz vegetabilischen Lebens zur Zeit ihrer Entstehung durch die erwähnten thonigen Graphitschiefer angedeutet wird, ist es bisher nicht gelungen, in ihr thierische Reste, namentlich Eozoon Canadense nachzuweisen. Wie in Canada sind auch in Michigan die architektoni- schen Verhältnisse der laurentischen Formation, trotz des Gleichbleibens ihrer Streichungsrichtung über ausgedehnte Territorien, in Folge vielfacher steiler Knickungen und Fal- tungen verworren. Der Wiederholung einzelner Glieder der Schichtenreihe wegen, ist es deshalb unthunlich, die Mäch- tigkeit des betreffenden Systems genau zu schätzen. In einem Distrikte jedoch, nahe der nördlichen Grenze Wisconsins, wo die Schichten vertical neben einander stehen. schien die dort entwickelte Gneiss-Granit-Reihe eine normale, ungestörte zu sein und betrug gegen 10,000 F., während die wahrscheinlich Jüngere Gruppe von Protogin, Chlorit-Gneiss und Kalksteinen eine ungestörte Schichtenfolge von gegen 3,000 F. erkennen liess. Somit kann man, unter Berücksichtigung des Umstan- des, dass nur ein Theil der laurentischen Schichtenreihe an jenen Beobachtungspunkten vertreten war, die Mächtigkeit des ganzen Systems auf mehr als 20,000 F. schätzen. Bd. XXXII, 1868. 24 370 Bis auf grobkörnige oder porphyrische Granite, welche sich an vielen Stellen zwischen die Gneisse gedrängt und diese zerrissen, verdrückt und durchsetzt haben, sind keine eruptiven Gesteine in den laurentischen Schichten Michigans bekannt. Das huronische System legt sich mantelförmig um die einzelnen Gneissterritorien herum und schmiegt sich den Ein- und Ausbuchtungen derselben an, bedeckt aber ihre Abhänge in ungleichförmiger Ueberlagerung, ein Verhältniss, welches besonders deshalb am Smith-Eisenberge am Michigammi Flusse so klar hervortritt, weil dort die Gesteine von Vege- tation entblöst und von den Eisbergen der Diluvial-Zeit glatt polirt worden sind. Die huronischen Quarzite, Chloritschiefer, Eisensteine und gebetteten Diorite bilden dort den südlichen Endpunkt einer engen, langgezogenen Mulde, streichen erst nach S, wenden sich dann kurz nach W. und darauf nachN. und fallen steil nach einem gemeinsamen Mittelpunkte, also zuerst nach W., dann nach N. und zuletzt nach O. ein. Die Basis dieser huronischen Schichten ist ein flaserig-schieferiger Gneiss, dessen Streichen in N.N. westlicher Richtung sich auf allen Seiten des huronischen Bassins gleichbleibt, so dass die Discordanz der Ueberlagerung des Gneisses durch die Quar- zite u. s.w. am südlichen Endpunkte der Mulde ihr Maximum erreicht. Häufiger noch wird der laurentische Gneiss durch den Potsdam-Sandstein ungleichförmig überlagert, an einer Stelle ist sogar der discordante Contakt von Vertretern der drei äl- testen Sedimentär-Formationen, des laurentischen, huroni- schen und untersilurischen Systems zu beobachten. In Zusammenhang mit der beschriebenen laurentischen Gneiss- Gruppe der Oberen Halbinsel von Michigan stehen die gleichalterigen Gesteine, welche den grössten Theil Min- nesota’s und des nördlichen Wisconsin zusammensetzen. Sie sind jedoch von einer bis zu 200 F. mächtigen Diluvial-Abla- gerung bedeckt und nur an isolirten Punkten in tiefeinge- schnittenen Flussthälern aufgeschlossen, so dass uns ausser der Gewissheit, dass das laurentische System in den genann- ten Distrikten eine grossartige Verbreitung hat, nähere Daten fehlen. 371 Von der nördlichen Zone von laurentischen Gebilden, welche wir durch Canada, das nördliche New- York und Mi- chigan verfolgt haben, wenden wir uns zu einer kurzen Be- schreibung der zweiten, der appalachischen Hauptzone von der Gneiss-Reihe angehörigen Gesteinen. 2. Die appalachische laurentische Zone im Süden von New-York, in New-Jersey und deh übrigen atlantischen Staaten. Die südlichste Spitze des Staates New-York, also die Landzunge zwischen der Meerenge von Long Island und dem Hudson, welche die Stadt New-York trägt, besteht aus einem typischen schiefrigen Gneisse. Bandartig wechseln je nach dem Reichthume an Glimmer dunklere und hellere Lagen je- nes Gesteines mit einander ab, führen in einzelnen Zonen Granat, Turmalin und Schwefelkies, werden von Stöcken und Gängen eines äusserst grobkörnigen Granites durchsetzt und sind vielfach geknickt und gebogen, bewahren jedoch durch- gängig eine N.N. östliche Streichungsrichtung. Sie umschlies- sen z. B. bei Melrose Einlagerungen von Kalkstein, deren Mächtigkeit noch unentschieden ist. Derselbe hat ein grob- krystallinisches Gefüge, eine vorherrschend weisse Färbung, welche von einzelnen dunkleren, graphit- und glimmerreichen Bändern unterbrochen wird. Diesen Streifen läuft eine Ab- sonderung in 2 bis 3 F. mächtige Bänke parallel, deren Trennungsflächen häufig von strahligen, dendritischen Kry- stallgruppen von Epidot bedeckt werden. Derselben Gneissgruppe gehören die Serpentine an, welche im oberen Theile der Stadt New-York selbst, sowie in Hoboken und auf Staten Island zu beobachten sind. An der erstge- nannten Localität bildet der Serpentin ein gegen 30 F. mäch- tiges Lager zwischen den Gneiss-Schichten, welches sich nach 8. 85. W. zu auskeilt.e. In Hoboken und auf Staten Island, wo er grössere Mächtigkeit erreicht, ist sein Contakt mit dem Gneisse vom Hudson bedeckt, also nicht zu beobachten, An den drei erwähnten Aufschlusspunkten ist der Ser- pentin dicht bis feinkörnig, licht- bis dunkelgrün gefärbt, noch dunkler gefleckt und marmorirt, weitläufig oder platten- förmig gebettet und kann selbst eine dünnschiefrige Structur 24* 372 annehmen. Durch diese Absonderungsflächen, — durch La- ger eines Gemenges von kurzen Asbestfasern und Talkschup- pen, — sowie durch Schnuren eines apfelgrünen edlen Ser- pentines mit Ohromeisensteineinsprenglingen, eines erdigen Magnesites, eines grünlichweissen Kerolithes und eines filzi- gen, kurzfaserigen Asbestes, welche sich z.B. an einigen Auf- schlusspunkten in Staten Island in gleichen Abständen von einander und in vollständiger Paxallelität zu einander wie- derholen, ist diesem Serpentin der Charakter eines geschich- teten Gesteins aufgeprägt. Freilich wird diese plattenförmige, nie aber die schiefrige Structur stellenweise von einem fast ebenso deutlichen Systeme von Absonderungsklüften recht- winklig durchsetzt. Ungefähr eine Meile nördlich von der Stadt New-York geht der typische Glimmer-Gneiss zonenweise in Gneiss-Gra- nit, Granulit, dann in Hornblende-Gneiss und Hornblende- schiefer und dieser noch weiter nördlich durch Verlust seines schiefrigen Gefüges in einen erst fein-, dann äusserst grob- krystallinischen Syenit über. Dieser scheint durch eine Va- rietät mit grossen Hornblendeausscheidungen, in welchen ku- pferglänzende Hypersthen-Individuen liegen, mit dem Hy- persthenfels in Verbindung zu stehen, welcher das Plateau von Peekskill bildet und nach N. zu wieder von Syenit, sye- nitischem Gneiss und Hornblendeschiefern verdrängt wird. Sowohl im Hypersthenit von Peekskill, welcher von einem feinkörnigen, fast aphanitischen Gemenge seiner Bestand- theile in eine grobkrystallinische Felsart übergeht, wie in den syenitischen Gesteinen tritt als constanter accessorischer Gemengtheil Magneteisenstein auf und bildet entweder fein eingesprengt Fallbänder, oder concentrirt sich zu nesterför- migen, ausgedehnten, flachlenticulären Lagerstätten. Neben Magneteisenerz finden sich in den syenitischen Gesteinen dieser Zone, wenn auch seltner als jene, Fallbänder von Kiesen und Einlagerungen eines Gemenges faustgrosser Partien von nickelhaltigem Schwefel- und Magnetkies, so- wie von Kupferkies, zu welchen Hornblende und Apatit, letz- terer in Krystallen mit geflossenen Flächen, treten. An dieses Terrain von vorwaltendem Hypersthenit und Syenit schliesst sich nach Norden zu eine dritte Gruppe von 373 laurentischen Gesteinen an, welche der letztbeschriebenen zwar in vieler Beziehung ähnlich ist, sich aber von ihr durch das Fehlen der Hypersthenite, das Auftreten von mächtigen Kalksteinlagern und flötzähnlichen Magneteisenerzbetten,, so- wie durch eine ausgezeichnete, scharf ausgeprägte Parallel- structur scheidet. Vom Staate New-York aus setzt diese nördlichste lau- rentische Gneisszone über den Hudson, zieht sich in einer Breite von 21/, Meilen in 8. 8. westlicher Richtung und zwar in Form einzelner paralleler Höhenzüge quer durch ganz New-Jersey, wo sie die „Hochlande “ bildet und hier beson- ders leicht der Beobachtung zugängig ist, während die zwei anderen sich südlich an sie anschliessenden, vorher beschrie- benen Gneissgruppen in New-Jersey von mesozoischem bun- tem Sandsteine bedeckt sind. Letzterer bildet somit die südöstliche Grenze der laurentischen Zone in jenem Staate, — silurische Schichten hingegen, welche sich an den Nordwest- Abhang derselben anlegen, ihre nordwestliche. Auch in den ursprünglich tieferen Thälern zwischen den einzelnen Berg- rücken der Hochlande finden sich schmale Streifen von Un- ter-Silur abgelagert und als enge steile Mulden erhalten. Die laurentische Hochland-Gruppe besteht aus Glimmer- und Graphit-Gneiss mit Einlagerungen von mehr oder we- niger reinem Graphit, hauptsächlich aber aus Hornblende- Gneiss und weitläufig, aber scharfgebettetem, äusserst grob-, krystallinischem Syenit, der reich an accessorischen Bestand- theilen vorzüglich an Einschlüssen von Magneteisenstein, Schwe- felkies, Magnetkies, Granat, Pistazit und Apatit ist. Ausser als Imprägnation der syenitischen Gesteine tritt Magneteisen- erz in linsenförmigen Nestern, besonders bezeichnend aber in Flötzen zwischen dem gebetteten Nebengesteine auf, deren Mächtigkeit zwischen dem Bruchtheile eines Zolles und 40 F. schwankt, deren Anhalten in der Streichungsrichtung aber selbst in ersterem Falle ein äusserst regelmässiges ist. Mit dem Magneteisenerz ist zuweilen Schwefelkies, häufiger noch Apatit, letzterer an verschiedenen Punkten bis zu 10 Procent der Masse, gemengt. In der Nähe der Eisensteinsflötze nimmt der Syenit durch Trennung seiner Bestandtheile zu einzelnen Lagen eine dünnschiefrige Structur an. Die Flötze selbst 374 werden durch sich meilenweit an Mächtigkeit und Charakter gleich bleibende, mehr oder weniger starke Schichten von sol- chen syenitischen Gesteinen in einzelne Bänke getrennt; — kurz die Structur dieser ganzen Syenit- und Magneteisenstein- Zone ist eine deutlich geschichtete. Die Streichungsrichtung ihrer Glieder ist durchgängig eine N. N. östliche, ihr Fallen dagegen, sich mehrfach wiederholender Schichtenstörungen wegen, bald ein nordwestliches, bald ein südöstliches. Einem Horizonte nahe der nordwestlichen Grenze dieser Zone gehören dem Syenite zwischengelagerte, grobkrystalli- nische Kalksteine und diesen die Franklinit- und Rothzink- erz-Lagerstätten von Sterling und Franklin an. Letztere re- präsentiren zwei der Parallelstructur des Kalksteins conforme Betten, in welchen sich wiederum mehrere Parallelzonen von verschiedenartigem mineralogischem Habitus unterscheiden lassen. So trennt sich die Hauptlagerstätte von Sterling Hill scharf in drei Lagen, denen die Führung von erbsengrossen Franklinitkörnern ‚gemeinsam ist, während diese in der un- tersten Zone in einer Grundmasse von Kalkspath, in der mitt- leren in einem Pigmente von Rothzinkerz, in der obersten aber im Verein mit Rothzinkerz und Willemit wiederum in Kalkspath eingebettet liegen. Ausser an diesen Mineralien ist die ganze Kalksteingruppe reich an Einschlüssen von Flussspath, Schwerspath, Skapolith, Chondrodit, Beryll, Zink- ‚spinell, Granat, Turmalin, Vesuvian, Asbest, Rutil und Ei- senglanz. Direkt an den Fuss der aus diesen krystallinischen Kalk- steinen bestehenden schmalen Rücken legen sich die untersi- lurischen Schichten an, welche die nordwestliche Grenze des laurentischen Gebietes von New-Jersey bilden. Die laurentischen Gesteine im südlichen New York und im nördlichen Theile New-Jersey’s gliedern sich somit, wie oben zu zeigen versucht wurde, in drei petrographisch verschiedene Zonen: eine südliche von glimmerreichen z. Th. schiefrigen Gneissen mit Kalkstein- und Serpentin-Einlage- rungen, — eine mittlere von Gneiss-Granit, Syenit und Hyper- sthenit und eine nördliche von vorwaltenden syenitischen Ge- steinen mit Flötzen von Magneteisenerzen und Einlagerungen von grobkrystallinischen, Franklinit und Rothzinkerz führen- 375 den Kalksteinen. Das gegenseitige Altersverhältniss dieser drei Gesteinsgruppen aus ihrer Stratographie abzuleiten, ist der Verworrenheit ihrer architektonischen Structur wegen bis jetzt nicht‘ gelungen. Jedoch dürfte analog den entsprechen- den Schichtencomplexen in Canada und im Adirondack Distrikte die südliche Zone von Glimmer-Gneissen die untere, — die ' nördlichen Syenit-Hypersthenit-Magneteisenstein-Gruppen hin- gegen die obere Abtheilung des laurentischen Systems re- präsentiren. Noch schärfer wie in New-York und in New-Jersey tritt die Dreitheilung der appalachischen Gneissformation in dem südwestlich an letztgenannten Staat angrenzenden Theile von Pennsylvania hervor. Das laurentische System bildet hier drei faktisch durch spätere Einlagerung von jüngeren Gebilden getrennte Zonen, deren südliche aus schiefrigem Gneiss und granatreichen Glimmerschiefern besteht, sich bei Trenton aus der Decke von Rothem Sandstein heraus hebt und den bei der Stadt New-York entwickelten Gneissen nicht nur petrographisch entspricht, sondern auch in deren Strei- chungsrichtung liegt. Von ihr ist die mittlere durch huro- nische Talk-, Chlorit- und Glimmerschiefer getrennt, besteht aus Gneiss-Granit, Granulit und Hornblende-Gneiss mit ei- nigen an Chromerzen reichen Einlagerungen von Serpentin und wird nach N. von mesozoischem Rothen Sandstein be- grenzt, während die dritte, die nördliche Zone, die direkte Fortsetzung der Syenite und Magneteisensteine des Hochlands von New-Jersey und diesen in allen Beziehungen ähnlich ist. Sie durchzieht unter dem Namen South Mountains Pennsyl- vania und erstreckt sich als Blue Ridge durch Maryland, Vir- ginia und die Carolinas bis nach Georgia. Auch die beiden südlichen, vorwaltend aus Glimmer-Gneiss bestehenden Zonen setzen durch die erwähnten Staaten fort, wie in Pennsylvania durch einen 6 Meilen breiten huronischen Streifen 'getrennt- Die südlichste glimmerreiche Zone trägt auf ihrem Rücken die Städte Washington, Richmond, Raleigh, Columbia und At- lanta und wird nach SO. zu von tertiären Ablagerungen be- deckt, welche sich bis zum Meere ausdehnen. Die syenitische, also centrale Gneisszone zieht sich in der Mitte zwischen der Blue Ridge und den Glimmer-Gneissen hin, von beiden durch 376 die goldführende huronische Sichtenreihe getrennt, auf deren Betrachtung wir später zurückkommen werden. Wie von New-York aus in südwestlicher Richtung bis nach der Grenze von Alabama, so erstrecken sich die lauren- tischen Gesteine in mehreren, durch huronische Formationen getrennten Parallelzonen nordwärts durch Connecticut, Ver- mont, Massachusetts, Maine und New-Hampshire bis nach New - Brunswick ohne ihren Charakter wesentlich zu verän- dern, vielmehr bleibt die beschriebene Gesteinsreihe von New- York und New-Jersey typisch für die ganze appalachische Hauptzone des laurentischen Systems. Wir können hiernach von der Betrachtung der ältesten sedimentären Gebilde, der laurentischen Reihe, zu dem nächst jüngeren der eozoischen Systeme, dem huronischen übergehen. II. Das Huronische System. Die Verbreitung des huronischen Systems im Osten von Nord-Amerika ist an die Nachbarschaft der vorherbeschrie- benen laurentischen Gneisszonen gebunden. Seine Schichten- reihe ruht auf den Rändern dieser letzteren auf, füllt die einstigen Niederungen zwischen den Parallel-Zonen der Gneiss- reihe aus und setzt auf diese Weise ausgedehnte Territorien zusammen, deren Basis und z. Th. auch äussere Grenzen von laurentischen Gesteinen gebildet werden. Wie wir daher die letzteren durch eine canadische und eine appalachische Haupt- zone, von Minnesota östlich bis nach der Mündung des Lo- renz Stromes und von dieser südwestlich bis in die Nähe des Mexikanischen Meerbusens verfolgten, so haben wir auch. das huronische System in diesen zwei Hauptzonen der eozo- ischen Formationen nachzuweisen. 1. Das huronische System in der nördlichen eozoischen Zone. Seine Entwicklung auf der Oberen Halbinsel von Michigan und in Canada. Bei der Beschreibung des laurentischen Systems, wie es in den Distrikten südlich vom Oberen See, — der Oberen Halbinsel von Michigan — beobachtet wurde, ist bereits er- wähnt worden, dass sich huronische Schichten mantelförmig 377 um ‘die einzelnen laurentischen ‘Gneissterritorien, welche die Basis des geognostischen Baues jener Gegend bilden, anlegen. In der grössten Regelmässigkeit und am vollständigsten dürfte die Schichtenreihe des huronischen Systems in den Distrikten nahe der durch den Menomonee Fluss gebildeten (Grenze zwischen der Oberen Halbinsel von Michigan und Wis- ' consin entwickelt sein. Hier beginnt sie mit einem bis ge- gen 2000 F. mächtigen Complexe von dickgebetteten bis dünn- schiefrigen, glasigen oder zuckerigen Quarziten von weisser oder grauer Farbe, auf deren Schichtungsflächen Wellenfur- chen von grosser Schärfe nicht selten sind. Ihnen ist eine 2000 F. mächtige Gruppe von weissem, fleischrothem oder grauem krystallinischem Kalkstein aufgelagert, welchem meist ein wechselnder Gehalt von Kieselsäure oder kohlen- saurer Magnesia beigemengt ist. Sein Gefüge schwankt zwi- schen körnig und dicht, seine Schichtung zwischen weitläu- figer Bettung und feiner Schieferung, ist aber stets scharf und auffällig regelmässig und durch einzelne dünne Lagen von thonigen Chloritschiefern und kieseligen Thonschiefern, sowie durch papierdünne bis fussmächtige Bänke von glasi- gem Quarzit noch mehr hervorgehoben. Ausser Quarz und in seltenen Fällen Schwefelkies , ist Tremolit das einzige ac- cessorische Mineral, von welchem dieser Kalkstein Einschlüsse zeigt. Am Süd-Ufer des Lake Antoine tritt zwischen demsel- ben ein grober kalkiger Sandstein und ein Conglomerat von Kalksteinbruchstücken in quarzitischer Grundmasse auf. Das dritte Glied der huronischen Reihe bildet eine über 700 F. mächtige Folge von scharf geschichtetem Rotheisen- stein, welcher in seinem Eisengehalte von eisenschüssigem Quarzit bis zu reinem, dichtem oder körnigem Eisenerze schwankt. Er ist dünnschiefrig bis dickbettig, tritt aber ge- wöhnlich in zollstarken Lagen auf, von denen arme kieselige mit eisenreicheren bandartig abwechseln. In einzelnen Zo- nen verlieren sich jedoch die Jaspislagen vollständig, so dass abbauwürdige, bis 60 F. mächtige Flötze von reichen Roth- eisensteinen entstehen. Diese Eisenerze sind von Chloritschiefern, diese von hellgrauen, dünngeschichteten Thonschiefern, zwischen welchen einzelne Bänke von körnigem Quarzit auftreten, und diese 378 wiederum von Chloritschiefern überlagert, von denen die er- sten und letzten gegen 1200, die Thonschiefer aber gegen 8000 F. Mächtigkeit besitzen. Im oberen Horizonte der Chlo- ritschiefer treten einige bis zu 100 F. starke Einlagerungen von aphanitischen und fein- bis grobkörnigen Dioriten auf, welche letztere vorwaltend aus dunkelgrüner Hornblende und weis- sem oder hellgrünem Oligoklas bestehen, zu welchen sich körnig-schuppiger Chlorit gesellt. Auf sie folgt eine nur local entwickelte und dann über 100 F. mächtige Gruppe von reinen und von kalkigen Talk- schiefern, sowie aus Orthoklaslamellen mit Talkbeschlägen be- stehenden Schiefern mit Quarzkörnern und Orthoklas -Ein- sprenglingen, — und auf diese eine dioritische Gesteinsreihe von 2000 F. Mächtigkeit. Eine Zone von talkigen Thonschie- fern und quarzigen Talkschiefern repräsentirt das jüngste Glied des huronischen Systems. Diese im südlichen Theile der Oberen Halbinsel von Michigan so constante Schichtenfolge erleidet jedoch mit ihrer Entfernung von dem Territorium ihrer vollständigsten Entwicklung, wie sie eben geschildert wurde, eine gänzliche Veränderung ihres lithologischen Habitus. In der nördlichen Fortsetzung des unterhuronischen Schich- tencomplexes, wie er sich um ein ausgedehntes Gneissterrito- rium und dessen Ausläufer anlegt, beginnt zuerst der als äl- testes huronisches Glied beschriebene Quarzit von Eisenoxyd imprägnirt zu werden. Sein Eisengehalt nimmt nach N. hin mehr und mehr zu, bis die obere Hälfte der im Süden fast vollständig eisenfreien Quarzitreihe durch kieselige Rotheisen- steine vertreten wird, welche somit, wie die Quarzite weiter. südlich, von Kalksteinen überlagert werden. Innerhalb die- ser Quarzit- und Eisenstein-Zone beginnen sich zuerst Lagen von Serpentin zu zeigen, zu welchen noch weiter im Norden, so im Bergwerksdistrikte von Marquette und Negaunee, mäch- tigere Schichtenreihen von Chlorit- und Talkschiefern und Zwischenlager von Dioriten treten und mit den Quarziten und den kieseligen und reinen Rotheisensteinen abwechseln. Dieser Schichtencomplex ist also, wie erwähnt, eine Aequi- valentbildung des Quarzites der südlichen typischen Entwick- lungsreihe. Die oberhalb desselben im Süden auftretenden 379 Kalksteine, Diorite, Chlorit-, Thon- und Talkschiefer sind in dem nördlichen Territorium des huronischen Systems nicht zur Ablagerung gekommen. Es scheint vielmehr die an Kalk- steinen reiche, südliche huronische Gruppe cine Tiefwasser-, der nördliche unterhuronische Complex !hingegen eine Ufer- bildung zu sein, welche vor Ablagerung der oberhuronischen ' Schichtenreihe über den Meeresspiegel gehoben wurde, wofür das Auftreten mächtiger Bänke von groben Conglomeraten und Breccien spricht. Die reinen Rotheisensteine des nördlichen huronischen Schichtencomplexes haben entweder ein dichtes, ein langfase- riges oder körniges Gefüge. In letztem Falle bestehen sie häufig nur aus scharfen Octa&dern mit glänzenden Flächen, wie sie auch vereinzelt in der dichten Varietät des Rothei- senerzes und äusserst zahlreich in den zwischen den kieseli- gen Eisensteinen auftretenden Chloritschiefern vorkommen und stets einen kirschrothen Strich geben. Im Hangenden und Liegenden der somit nach Magneteisenstein pseudomorphen Rotheisensteine (Martit) und nur durch wenige‘Fuss mächtige Talk- und Chloritschiefer von ihnen getrennt, setzen einige Flötze von Magneteisenerz auf. Auch ein feinkörniges, fast dichtes Gemenge von Rotheisenstein und Magneteisenstein, stark magnetisch, aber rothbraunes Pulver gebend, gehört je- ner Schichtenreihe an. Die sämmtlichen angeführten Gesteine der südlichen so- wohl, wie der nördlichen Entwicklungsreihe des Huron, die Aphanite und Diorite nicht ausgenommen, bilden eine nor- male, ungestörte Folge mit regelmässig anhaltender und be- sonders bei den Kalksteinen, Eisensteinen, Thonschiefern und Quarziten bis in’s Kleinste gehender Schichtung. Sie lagert ungleichförmig auf den Rändern der laurentischen Gneisster- ritorien auf, schmiegt sich allen Ein- und Ausbuchtungen der- selben an und bewirkt somit in mehr oder weniger regel- mässiger halbmuldenförmiger Lagerung die Ausfüllung der ursprünglichen Buchten zwischen den einzelnen Gneisszonen und deren Ausläufern. Die synclinale Wiederholung dieser Schichtenreihe findet aber nicht nur nach ihren Grenzen nach dem Gneiss zu, son- dern auch innerhalb der Hauptmulden durch diesen unterge- 380 ordnete Bassinbildungen statt. Für eine einfache synelinale Schichtenstellung des huronischen Systems liefern die archi- tektonischen Verhältnisse des Smith-Eisenberges, welche pag. 370 bereits beschrieben worden sind, — für eine sich zwischen zwei Gneissrücken mehrfach wiederholende synclinale und an- ticlinale Lagerung das Profil durch den Bergwerksbezirk von Marquette typische Beispiele. In letzt genanntem Distrikte treten die unteren Glieder des Huron und zu ihnen gehörig zwei mächtige Betten von Diorit in drei langgezogenen und verhältnissmässig engen Muldenbuchten als sechs synclinale Zonen zu Tage, während kleinere, die Oberflächenverhältnisse nicht beeinflussende Muldenbildungen von der auffälligsten Re- gelmässigkeit noch viel häufiger sind. An eruptiven Gesteinen , welche die huronische Schich- tenreihe durchsetzt haben, ist Michigan arm. Ausser einem 12 F. mächtigen Granit-Gange, welcher die Rotheisensteins- gruppe in rechtem Winkel auf deren Streichen durchschneidet und mit dessen Empordringen Eisenglanzkrystalle, welche die Spaltenwände und Schichtungsflächen des benachbarten, dich- ten Rotheisenerzes bedecken, jedenfalls in genetischem Zu- sammenhange stehen, sind nur 2 Fälle in der Nähe vonMar- quette bekannt, wo sich weit in das Nebengestein verzwei- gende kleine Stöcke eines feinkörnigen fast dichten Horn- blende-Gesteins huronische Schiefer durchsetzen. Dass das huronische System ungleichförmig auf dem lau- rentischen auflagert, ist bereits wiederholt erwähnt worden. Viel häufiger als dieses Verhältniss ist die discordante La- gerung des Untersilur auf den huronischen Gebilden zu be- obachten. An den aus eozoischen Gesteinen bestehenden, mitt- leren der drei Bezirke, in welche die Südküste des Oberen See’s ihrem geognostischen Baue nach zerfällt, legt sich ein östlicher Flügel von untersilurischen Schichten an, welcher die Halbinsel zwischen dem Oberen See und dem Michigan See bildet. Das unterste Glied des Silur, der Potsdam-Sand- stein, begrenzt somit das ganze dortige eozoische Territorium nach O. zu und fällt von dessen Rändern flach nach dersel- ben Himmelsgegend ein. Seine nach W. zu schwächer wer- denden und sich nach und nach auskeilenden Schichten haben früher eine weit grössere Partie der laurentischen und hu- 381 ronischen Systeme bedeckt als jetzt und sind zum grüssten Theile in Folge ihres lockeren inneren Zusammenhaltes zer- stört und weggewaschen worden. Nur einzelne isolirte Schol- len des Potsdam -Sandsteins haben sich auf dem eozoischen Areale erhalten, wo er fast horizontal oder mit schwachem, östlichem Einfallen auf den steil, z. Th. auf dem Kopfe ste- ' henden huronischen Schichten aufliegt. Solche deutliche Lagerungsverhältnisse weisen dem hu- ronischen Systeme eine unzweifelhafte Stellung in der geolo- gischen Schichtenfolge, nehmlich oberhalb der laurentischen Gneissreihe und unterhalb der silurischen Formation an. Das huronische System auf der Oberen Halbinsel von Michigan lässt sich demnach in Kürze wie folgt definiren: Es besteht aus einer normalen, höchst regelmässigen, gegen 18,000 F. mächtigen Schichtenreihe von Quarziten, Kalksteinen, Eisensteinen, Chlorit-, Thon- und Talkschiefern mit einzelnen der Lagerung vollständig conformen Betten von Diorit und Aphanit, welche ungleichförmig auf den Rändern der laurentischen Gneissformation auflagert, zwischen diesen wiederholte Mulden, also mehrfache synclinale Schichtenzonen bildet, selten von eruptiven Gesteinen durchsetzt, von diesen in ihren architektonischen Verhältnissen nicht beeinflusst und von der untersilurischen Formation discordant überlagert wird. In ihrer nord-östlichen Ausdehnung, jenseits der gros- sen See’n in Canada verändert sich der lithographische Ha- bitus der eben charakterisirten Gesteinsreihe vollständig. Sie hat zwar noch dieselbe Mächtigkeit wie auf der Oberen Halb- insel von Michigan, nehmlich etwa 18,000 F., besteht aber nur aus Quarziten, Conglomeraten und chloritischen Schiefern mit Betten von Diorit und einer schwachen Kalkstein -Zone. Von diesen Gesteinen waltet der Quarzit vor den übrigen bei Weitem vor und erreicht eine Gesammtmächtigkeit von über 10,000 F. Er ist ähnlich wie der von Michigan beschriebene, weiss, grau oder braun, dickbettig oder schiefrig, glasig oder so körnig wie Sandstein und umschliesst in einzelnen Zonen, deren eine eine Mächtigkeit von 2000 F. erreicht, Rollstücke von anders gefärbtem Quarz und gebänderten Eisenkieseln. Zwischen diesen Quarziten und ‚durch sie getrennt tre- ten in einer Gesammtmächtigkeit von über 6000 F. drei Com- 382 plexe von Thonschiefern und kieseligen Chloritschiefern und zu diesen gehörig grobe Conglomerate auf. Letztere nehmen die grössere Hälfte der Mächtigkeit der Schiefer ein und be- stehen aus erbsen- bis kopfgrossen Rollstücken von Quarzit, gebändertem Eisenkiesel, Gneiss und Syenit, welche meist dicht neben einander liegen und dann von nur wenig Grund- masse zusammengehalten werden. Diese unterscheidet sich nicht von der Gesteinsart der erwähnten Schiefer, geht nur zuweilen in einen grauen Quarzit oder fast reinen Chlorit- schiefer über. Ein sehr geringer Theil der huronischen Schichtenreihe von Canada, nehmlich nur 300 F., besteht aus dünngebetteten, z. Th. kieseligen, dolomitischen Kalksteinen mit dünnen La- gen von Quarz. Die sämmtlichen durch Uebergänge verbundenen Quar- zite, Schiefer und Conglomerate wechsellagern mit einer gros- sen Anzahl von Diorit- und Aphanitbetten, welche sich durch eine bedeutende Beimengung von Chlorit auszeichnen und dann zu chloritischen Hornblendeschiefern werden können. Erklärten wir schon die huronische Reihe im Bergwerks- distrikte von Negaunee für eine Küstenbildung, so verdienen die canadischen Vertreter des huronischen Zeitalters diese Bezeichnung in noch weit höherem Maasse, da sie fast allein aus sandigen, grobkörnigen Quarziten und Conglomeraten be- stehen. Die ihnen aequivalenten Niederschläge des Tiefwassers werden sich unterhalb der palaeozoischen Formationen des Mississippi Thales ausdehnen. Und in der That treten ihre Ausgehenden in der appalachischen Zone von eozoischen Ge- steinen zu Tage und unterteufen an deren westlichem Rande die jüngeren Systeme. Wie in Michigan legen sich auch in Canada die huro- nischen Schichten an die Ränder der Gneissterritorien an und bilden zwischen ihnen Muldenbuchten, nur fallen hier die Mul- denflügel viel flacher gegen einander ein und bedecken des- halb ausgedehntere . Areale. Wiederholungen synclinaler Schichtenzonen, also untergeordnete Bassins innerhalb der Hauptmuldenbuchten sind in Canada, so am Thessalon, eben- falls beobachtet worden. Die beschriebenen huronischen Schichten von Canada 383 werden von drei verschiedenalterigen Systemen von eruptiven Gesteinen durchsetzt. Das älteste derselben besteht aus zahl- reichen, z. Th. mehrere Hundert Fuss mächtigen Dioritzügen, welche sich häufig zersplittern und grosse Bruchstücke des Nebengesteins umschliessen. Sie werden von Gängen eines fleischrothen Granites und diese wiederum von jüngeren Dio- 'riten durchsetzt. In die Periode dieser Eruptionen fällt die Entstehung zahlreicher, bis 30 F. mächtiger Gangspalten, welche später durch Quarz mit Kupferkies und Schwefelkies ausge- füllt worden sind. Haben auch die huronischen Schichtenreihen, wie sie in Michigan und Canada entwickelt sind, in lithologischer Be- ziehung wenig Aehnlichkeit, ein Umstand, dessen Deutung wir in der Verschiedenheit der Meerestiefe gesucht haben, in welcher die Gesteine der betreffenden beiden huronischen Areale gebildet wurden, so ist doch ihre Aequivalenz dadurch fest- gestellt, dass beide das laurentische System ungleichförmig überlagern und wiederum beide von Potsdam-Sandstein un- gleichförmig überlagert werden. i 2) Das huronische System in der appalachischen Zone. Seine Entwicklung in den südlichen atlantischen Staaten. In einem der vorhergehenden Abschnitte ist gezeigt wor- den, dass sich die zweite der beiden laurentischen Hauptzo- nen von der Mündung des Lorenz- Stromes aus, in südwest- licher Richtung parallel dem Gestade des Oceans durch die sämmtlichen atlantischen Staaten ausdehnt. Die Oberfläche dieses schmalen langgezogenen Gneissterritoriums bildete, we- nigstens in dessen südlicher Hälfte, ursprünglich drei hohe parallele Bergrücken und zwei tiefe Längenthäler. Wie an beiden Flanken dieser riffartig aus den ältesten Oceanen her- vorragenden laurentischen Inseln, so lagerten sich auch zwi- schen diesen die nächst jüngeren, die huronischen Formatio- nen ab. Sie wurden bereits von Emmons als vorsilurisch erkannt und unter dem Namen des taconischen Systems be- schrieben. Das älteste Glied der huronischen Schichtenreihe besteht in den südlichen Staaten aus schuppigen, sehr quarzarmen Glimmerschiefern, welche fast allein aus nur lose verbunde, 384 nen, neben- und aufeinander liegenden z. Th. quadratzoll- grossen Glimmerschuppen bestehen. Zwischen ihnen treten Bänke und flachlinsenförmige Nester von Quarz auf, welchen sich die Lagerung des Glimmergesteines anschmiegt und dann eine grossflaserige Structur annimmt. Von accessorischen Bestandtheilen führt dieser Glimmerschiefer Granat und Stau- rolith, am häufigsten aber kleinkrystallinische Partien von Hornblende. Er wechsellagert in mehr oder weniger mäch- tigen Zonen mit dunkelgrünen Chloritschiefern, sowie schnee- weissen Talkschiefern. Letztere können eine bedeutende Mäch- tigkeit annehmen und stehen ebenso wie die Glimmerschiefer durch Uebergänge von quarzreichen Varietäten mit Quarzit in Verbindung. Diese Quarzite sind entweder dicht, meist aber körnig, zuweilen selbst zuckerartig-zerreiblich und ähneln dann ge- wissen Sandsteinen jüngerer Formationen. Besonders ihre körnigen Varietäten sind dünnschiefrig oder umschliessen zo- nenweise fremdartige Quarz-Geschiebe und nehmen dann den Charakter eines Conglomerates an. Sie bilden mehrere Grup- pen, welche durch Complexe von Talk- und Glimmerschiefern getrennt werden. Eine in der Nähe von Troy in Nord - Carolina aufge- schlossene und nach Emmons (Geol. Rep. of N. Carol. pg. 61) gegen 1000 F. mächtige Zone dieser untersten huronischen Schichtenreihe ist stellenweise angefüllt mit organischen Res- ten, welche Emmons (l. c. pag. 62) Palaectrochis major und P. minor nannte. Sie haben die Gestalt doppelter Kegel, welche mit ihrer Basis verwachsen sind und deren eine äus- serste Spitze zuweilen eine halbkugelförmige Vertiefung trägt. Ihre Oberfläche ist regelmässig radial gefurcht, bis auf die Vertiefung in der Kegelspitze, welche gelenkähnlich glatt bleibt. Häufig sind zwei oder mehr Individuen verwachsen, zuweilen trifft man sogar zwei Kegel schräg auf die: Basis eines anderen aufgesetzt. In ersterem Falle scheinen die ein- zelnen Individuen durch Einschnürung oder Knospung ent- standen zu sein. Ist auch die Stellung dieser merkwürdigen Fossilien, deren eingehendere Beschreibung ich mir vorbehal- ten darf, mit Sicherheit noch nicht festgestellt, so lehrt doch 385 ein flüchtiger Blick auf ihren allgemeinen Habitus, dass man organische Reste vor sich hat. Die mit dieser Palaeotrochis zonenweise ‚angefüllten (uar- zite repräsentiren also den zweiten versteinerungsführenden Horizont in der vorsilurischen Schichtenreihe. Gesellen sich zu den lockeren, sehr feinkörnigen, dünn- schiefrigen Quarzitschiefern Blättchen von Talk oder Glimmer, so sind sie in schwachen Lamellen biegsam , werden also zu Itakolumit. Beim Verwaschen des von diesem Gesteine her- rührenden Schuttes hat man in Georgia und Süd -Carolina Diamanten in der Form krummflächiger Hexakisoktaöder ge- funden, welche somit anscheinend dem Itakolumit entstammen. Auf den Graves Mountains in Georgia umschliesst dieser zahl- reiche Lazulithkrystalle von !/aı bis 2 Zoll Länge und Rutile von bis 12 Pfund Schwere. Dieser Gruppe von Quarziten, Glimmer-, Talk- und Chlo- ritschiefern untergeordnet, tritt ausser Itakolumit ein dick- schiefriger Schörlfels, also ein dichter Quarzit mit säulentör- migem Turmalin, — ferner Eisenglimmerschiefer, der aus Eisenglanzschuppen und Talkblättchen besteht, und zwischen den Talkschiefern Steatit von weisser oder hellgrüner Farbe, sowie Graphitschiefer und Graphit in schwachen Lagen auf. Diese Gesteinsreihe wird von körnigen, grauen, z. Th. dünn- gebetteten Kalksteinen überlagert, welche gegen 2000 F. Mäch- tigkeit erreichen können. Auf sie folgt ein wahrscheinlich gegen 8000 F. mächtiges System von Thonschiefern, Dach- schiefern, Ottrelitschiefern, Conglomeraten von Quarzgeschie- ben in quarzig-chloritischer Grundmasse und Quarzit, alle in wechsellagernden Complexen von grösserer oder geringerer Mächtigkeit. Fast sämmtliche ebenbeschriebene Glieder des huroni- schen Systems zeichnen sich durch ihre Erzführung aus. Die der Gesteinsreihe selbst angehörigen Erzlagerstätten tre- ten in dreifacher Gestalt, entweder als Imprägnationen, — in Form erzführender Quarzeinlagerungen oder als massive La- ger auf. Hauptsächlich ist es Gold, welches durch die ganze Mächtigkeit jener Schichtenreihe, den Kalkstein ausgenommen, verbreitet ist. In zahlreichen, durch äussere Merkmale nicht zu unter- Bd. XXXII, 1868. 25 386 scheidenden Zonen der huronischen Taikschiefer, der schief- rigen Quarzite, der Itakolumite, der Chlorit- und Glimmer- schiefer findet sich das Gold in Gestalt dünner Drähte, zackiger Blättchen, kleiner arborescirender, moosförmiger Bü- schel und in Krystallform fein vertheilt oder in dendritischen Beschlägen auf den Schichtungsflächen. In seltenen Fällen tritt es in kluftförmigen Drusenräumen des Chloritschiefers in gezähnten Flittern und traubenförmigen Büscheln, durch- wachsen von wasserhellen Quarzkryställchen, auf und besteht in diesem Falle aus verzogenen Krystallen, während in den goldführenden Zonen der Glimmerschiefer zackige Goldblätt- chen häufig zwischen je zwei Glimmerschuppen eingebettet liegen. Neben dem Gold im Chloritschiefer eingesprengt. habe ich an einer Stelle Tellurwismuth, an mehreren Punkten hingegen das Zusammenvorkommen von. Gold und Granat beobachtet. Ausser in freiem Zustande kommt däs Gold, — und das ist am gewöhnlichsten der Fall, — an Schwefelkies und dessen Zersetzungsprodukt, das Eisenoxydhydrat gebunden als Imprägnation von Quarzit-, Talk- und Chloritschiefern vor. Nur eine Localität ist mir bekannt, wo es, und zwar in der Combination von Octa&der und Würfel, mit Arsenikkies und Skorodit und Pharmakosiderit vergesellschaftet, direkt im Talk- schiefer auftritt. Die goldhaltigen Schwefelkiese können entweder in der ganzen Mächtigkeit gewisser Schiefercomplexe gleichmässig vertheilt sein, oder sich, und zwar am häufigsten im Talk- schiefer, nach der mittleren Partie solcher Imprägnations- zonen zu einem massiven, unregelmässig-linsenförmigen Erz- kerne concentriren. Derartige Lagerstätten haben gewöhn- lich nur ein geringes Anhalten in ihrer Streichungs- und Fall- richtung. Ausser als Imprägnation in der Gesteinsmasse selbst, tritt das Gold in einer Matrix von glasigem oder körnigem Quarze auf, welcher entweder die Gestalt flachgedrückt-linsen- förmiger, meist zonenweise vor- und nebeneinander liegender Nester, oder gleichmässig anhaltender Bänke annimmt. In ihnen ist das Gold entweder frei für sich allein eingesprengt 387 oder mit Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende und Tellurwis- muth vergesellschaftet, oder auch an Schwefelkies gebunden. Dem Vorkommen des Goldes in dem huronischen Sys- teme der südlichen atlantischen Staaten entspricht das einer Vergesellschaftung von Kupferkies und Schwefelkies. Diese treten auf als gleichmässige Imprägnationen direkt in den Chlorit- und Thonschiefern, - in Form von Einsprenglingen in lenticulären Nestern oder flötzartigen Bänken von Quarzit, — und als Imprägnation mit centraler Concentration, ausser- dem aber auch in regelmässigen, soliden Lagern zwischen den Schiefern. In den letzten beiden Fällen ist die Sonder- ung der Schwefelkiese und Kupferkiese in verschiedene, über- einander liegende Etagen bemerkenswerth, eine Erscheinung, welche am Bestimmtesten in den Kupfererzlagerstätten von Ducktown in Tennessee ausgeprägt ist. Dieselben sind aus- gedehnte, über 1500 F. lange und bis 400 F. mächtige, un- regelmässige Imprägnationen mit lenticulärem, massivem Erz- kern, welche in einer gewissen, von Virginia durch Tennes- see bis nach Georgia verfolgbaren Zone staffelartig vor ein- ander liegen. Allen diesen und ähnlichen Einlagerungen ist eine bestimmte Anordnung der sie bildenden Mineralien zu vier durchaus verschiedenen Horizonten gemeinsam. Von Oben nach Unten gezählt, können sie als die Etage des Brauneisensteins, die der Schwarzkupfererze, die der Eisen- kiese und die der Kupferkiese bezeichnet werden. Die oberste derselben, also das Ausgehende der Lager- stätten, besteht aus sandigem, schlackigem oder dichtem Braun- eisenstein, welcher mit Streifen von eisenschüssigen Schiefern abwechselt. In der Tiefe von 30 bis 50 F. treten in ihm ein- zelne Nester von Malachit, Kupferlasur, Rothkupfererz mit ge- diegenem Kupfer und besonders Kupferschwärze zuerst selt- ner, nach und nach häufiger auf, bis sie den Eisenstein völlig verdrängt haben und nun die zweite Etage, die der „Schwarz- kupfererze“ bilden, deren vertikale Mächtigkeit zwischen 2 und 10 F. schwankt. Sie wird nach Unten scharf und plötz- lich von der dritten Etage, der der Eisenkiese abgeschnitten. Bis hierher hat sich somit der Einfluss der Atmosphärilien auf die geschwetelten Erze und in seinem Gefolge der langsame Process der Zersetzung, der gegenseitigen Wechselwirkung 25* 388 und der Concentration der Kupfersalzlösungen nach der Tiefe zu geltend gemacht. Diese dritte Zone besteht aus einem innigen Gemenge von Schwefelkies, Magnetkies, langstrahligem Aktinolith und Quarz mit Einsprenglingen von Kupferkies. Letztere mehren sich mit der Tiefe bis sie endlich die vierte Etage, die der vorwaltenden Kupferkiese bilden. _ Wie goldhaltiger Quarz und Kupfer- und Schwefelkies, so tritt auch Magneteisenstein in flachlinsenförmigen und flötzartigen Lagerstätten zwischen den Schiefern auf. Bei ihrer Häufigkeit in allen Horizonten der beschrie- benen Schichtenreihe, bei ihrer Tendenz zur Bildung von lin- senförmigen Zwischenlagern, an deren Form sich die Strati- fication der benachbarten Schichten anschmiegt, repräsentiren diese Erzlagerstätten ein wesentliches und charakteristisches Glied des huronischen Systems, weshalb wir etwas länger bei ihnen verweilten. Die beschriebene Gesteinsreihe setzt in den südlichen atlantischen Staaten vier, das huronische Zeitalter repräsen- tirende Zonen zusammen, zwei von etwa 5 Meilen Breite in den ursprünglichen Buchten zwischen den drei Höhenzügen von laurentischen Gmeissen und je eine an der östlichen und westlichen Flanke der laurentischen Hauptzonen. Sie haben sämmtlich bedeutende Knickungen erfahren und bilden jetzt z. Th. so steile Mulden, dass ihre Schichten häufig vertical neben einander stehen. Die anticlinalen Axen dieser wieder- holten Muldenbildung und somit die Schichten selbst, haben durchgängig eine der Längenaxe der laurentischen Gneisszo- nen parallele Streichungsrichtung. Wie in sämmtlichen von uns früher betrachteten eozo- ischen Distrikten überlagert auch in den südlichen atlanti- schen Staaten die huronische Schichtenreihe das laurentische System ungleichförmig, fällt sogar an vielen Punkten gegen die sie begrenzenden Gneisse ein. Die Ueberlagerung des Hu- ron durch das Untersilur ist nur westlich von dem laurentischen Gebirgszuge der Blue Ridge zu beobachten, während östlich von diesem Silurformationen nicht auftreten. Wie oben bemerkt, legen sich auch an die westliche Flanke der laurentischen Hauptzone huronische Gebilde an, welche das weite palaeo- zoische Mississippi-Becken unterteufen. Ihnen ist zuerst Pots- 389 dam-Sandstein, dann Trenton-Kalksteın, beide vielfach ge- knickt, aufgelagert und diesen folgt noch weiter nach W. zu die devonische und die Kohlenformation. Im östlichen Tennessee und im südwestlichen Virginia ist die Ueberlagerung von hu- ronischen Talk-, Chlorit-, Glimmer - und Hornblendeschiefern durch das untere Silur auf das Bestimmteste nachzuweisen, ' — während weiter nordöstlich, so einige Meilen westlich von Lynchburg die silurische Reihe das Ausgehende der huroni- schen Schichten am Westabhange der Blue Ridge vollständig überdeckt und in der Nähe des Rückens dieses Gebirgszuges direkt auf dem laurentischen Gneisse aufgelagertist. An solchen Stellen wird der östliche Fuss der Blue Ridge aus huronischen Schiefern, der eigentliche Kamm aus laurentischen Gneissen und Syeniten und der Westabhang aus silurischen Schichten bestehen. Südwestlich von Lynchburg treten aber schon die huronischen Schiefer zwischen den laurentischen Gneissen der Blue Ridge und den silurischen Formationen des Mississippi- Beckens auf, — erweitern sich nach Süden zu mehr und mehr, und erreichen ın Ost Tennessee eine Breite von 20 Meilen. Die Ueberlagerung des Huron durch das unterste Glied des silurischen Systems ist somit zweifellos. Da auf dieses Altersverhältniss ausser von Emmons bereits von Safford, Ro- gers, Cook und Lesley aufmerksam gemacht worden ist, muss es auffällig erscheinen, dass eine Anzahl der namhaftesten Geologen Nord - Amerikas an der Ansicht der Zugehörigkeit der südlichen goldführenden Schieferreihe zur Silurtormation festhalten. *) Es mag dies seinen Grund darin haben, dass Emmons die von uns als huronisch beschriebenen Schiefer der südlichen atlantischen Staaten für Aequivalentbildungen seines Taconischen Systems in Neu-England erklärte, dessen obere Abtheilung sich später als zum unteren Silur gehörig erwies. In früher veröffentlichten Aufsätzen habe ich selbst die Bezeichnung „taconisch“ auf die goldführenden Schiefer des *) Sosagt z.B. Hunt (On some points in American Geology. — Am. Journ. XXXI pag. 403.) Es existirt bis jetzt kein einziger Beweis da- für, dass irgendwo in der ganzen appalachischen Gebirgskette vorsilu- rische Gesteine, also die Laurentische und Huronische Formation auf- treten! 390 Südens angewendet, gebrauchte sie aber nur als gleichbe- deutend mit vorsilurisch, cambrisch oder huronisch, im Ge- gensatze zur Annahme eines silurischen Alters derselben. Jetzt, wo ein Theil der von Emmons ta- conisch genannten Schichten Vermonts dem Silur zugerech- net werden muss, wo sich die von ihm behauptete Aequiva- lenz des sogenannten Tacon’s von Vermont und der goldfüh- renden Schiefer des Südens als theilweise unrichtig heraus- gestellt hat, dürfte um weitere Verwechslungen zu vermeiden, der Name des taconischen Systems fallen zu lassen und die Bezeichnung huronisch auch auf die vorsilurische Schichten- reihe der südlichen und neuenglischen Staaten zu übertragen sein. Emmons bleibt jedoch das Verdienst, zuerst auf die vorsilurische, selbstständige Stellung der beschriebenen For- mationen hingewiesen zu haben. Das huronische System der südlichen atlantischen Staa- ten besteht somit aus einer normalen Schichtenreihe von Glim- mer-, Talk-, Thon- und Chloritschiefern, Itakolumit, Quarzit, Kalksteinen und quarzigen Gonglomeraten, in denen zahl- reiche, fallbandähnliche. linsenförmige und flötzartige Einla- gerungen von Gold-, Kupfer- und Eisenerzen auftreten, — während in ihrer unteren Abtheilung organische Reste, nehmlich Palaeotrochis major und P. minor, in grosser Häu- figkeit vorkommen. Diese Gesteinsreihe überlagert das lau- rentische System ungleichförmig und wird wiederum ungleich- förmig vom unteren Silur überlagert. Ihrer geognostischen Position zwischen dem laurentischen und silurischen Systeme zu Folge, ist diese Schichtenreihe ein Aequivalent der huronischen Gebilde von Canada und Mi- chigan. Von den südlichen Staaten aus lässt sich die Verbrei- tung des huronischen Systemes in nordöstlicher Richtung un- unterbrochen durch die ganze appalachische Zone der eozoi- schen Formationen verfolgen. Dass huronische Schichten in Pennsylvania in den ursprünglichen Thälern zwischen den laurentischen Gneisszonen auftreten, ist schon früher erwähnt. Sie bestehen, wie weiter südlich, zu unterst aus granatreichen Glimmerschiefern, auf welche Thon- und Talkschiefer mit lenticulären Quarzeinlagerungen, abwechselnd mit Complexen 391 von chloritischen Schiefern, Steatit, körnigen Quarziten und krystallinischem Kalkstein folgen und vom Potsdam-Sandstein überlagert werden. In ähnlicher Weise und ebenfalls durch seine Erzfüh- rung ausgezeichnet ist das huronische System in den neu- englischen Staaten, vor Allem im westlichen Connecticut, und ‚Massachusetts, sowie in Vermont vertreten und dort von der Primordial-Gruppe (dem Oberen Tacon von Emmons) über- lagert. Jedoch scheinen die dortigen geotektonischen und stratigraphischen Verhältnisse in einer Weise gestört zu sein, dass ihre Deutung mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Soviel aber steht fest, dass ungleichförmig auf der dorti- gen laurentischen Gesteinsreihe wie z. B. von Emmons, Mar- cou u. A. beobachtet, unterhalb des Emmons’schen Oberta- cons, also des Untersilurs, ein mächtiger Complex von gold-, kupfer- und eisenerzführenden Glimmerschiefern, Talkschiefern mit Serpentin- und Steatit-Einlagerungen, Kalksteinen, Gra- phitschiefern und Dachschiefern auftritt, — letztere mit An- neliden- und Crinoiden- Resten. Diese Schichtengruppe kann ihren Lagerungsverhältnissen zu Folge und ihrem lithologi- schen Charakter nach keinem anderen Zeitalter als dem hu- ronischen angehören. In New-Brunswick (Credner, Jahrb. f. Min. 1865 pag. 803), nahe dem nordöstlichen Ende der appalachischen Zone von eozoischen Formationen, lagert eine 7000 F. mächtige Gruppe von quarzigen Üonglomeraten, Quarzitschiefern, kieseligen Chloritschiefern und Dachschiefern mit Betten, Gängen und Stöcken von Aphaniten und dunkelfarbigen Me- laphyren, — die Coldbrook-Gruppe der dortigen Geognosten, — muldenförmig zwischen zwei Parallelzonen von laurentischen, ‚an Kalksteinen und Grapbitschiefern reichen syenitischen Gneis- sen. Sie werden von Schiefern mit primordialer Fauna über- lagert, gehören also ebenfalls dem huronischen Systeme an, dessen Vertreter somit in der ganzen appalachischen eozo- ischen Hauptzone nachgewiesen sind. Gedrängter Rückblick. Die bei der vorstehenden Uebersicht über die Verbrei- tung, den lithologischen Charakter und die geotektonischen 392 Verhältnisse des laurentischen und huronischen Systems in Nord-Amerika gewonnenen Resultate lassen sich in einem kurzen Rückblick wie folgt zusammenfassen: Die älteste auf dem amerikanischen Continente bekannte Gesteinsgruppe, das laurentische System, besteht aus einer Schichtenfolge von Glimmergneiss, Hornblendegneiss, Chlorit- und Talkgneiss, welche durch Abänderungen in ihrer Structur auf der einen Seite in die entsprechenden Schiefer, auf der anderen Seite in granitische Gesteine übergehen oder mit solchen abwechseln. Zwischen ihnen tritt mehr oder we- niger dolomitischer Kalkstein, Quarzit, Magneteisenstein, Ser- pentin, Graphitschiefer oder reiner Graphit, sowie Conglo- merat in Lagern und Zonen von grösserer oder geringerer Mächtigkeit auf. Die oberste dieser Schichtenreihe angehö- rige Kalksteingruppe ist in Canada angefüllt mit den Resten einer riesigen Foraminifere, Eozoon Canadense. Anorthosit und Hypersthenit mit Magneteisenerz- und Kalksteinbetten bilden die obere Abtheilung dieses gegen 30,000 F. mächtigen Systems. Ungleichförmig lagert auf dem laurentischen das huro- nische System auf und besteht aus einer normalen Schich- tenfolge von Quarziten. Conglomeraten, Kalksteinen, quarz- igen Thonschiefern, Itakolumit, Glimmer-, Talk-, Chlorit-, Graphit- und Dachschiefern mit gleichförmig eingelagerten Betten von Diorit und Aphanit. Für diese Gesteinsreihe ist ihre Führung von Gold-, Kupfer- und Eisenerzen, welche in Gestalt von Imprägnationen und lenticulären oder flötzartigen Lagerstätten auftreten, charakteristisch; im Nordwesten des Continentes bildet Rotheisenstein mächtige Glieder dieses Schichtensystemes. Nahe der Basis der 18 bis 20,000 F. mächtigen huronischen Formation kommen in Nord - Carolina Palaeotrochis major und P. minor in grosser Häufiskeit, in ihrem obersten Horizonte in Neu-England Anneliden-Spuren und Crinoideen-Reste spärlicher vor. Das silurische System überlagert das huronische ungleichförmig. Diese beiden vorsilurischen Schichtensysteme treten in Nord-Amerika in zwei Hauptzonen, einer nördlichen, der ca- nadischen und einer östlichen, ‘der appalachischen zu Tage. Das Skelet dieser langgezogenen, verhältnissmässig schmalen 393 Territorien bilden die Repräsentanten des laurentischen Zeit- alters, die Ausfüllung und die beiderseitigen Flanken die hu- ronischen Schichten. Werden schon dadurch mulden- oder muldenbuchtförmige Lagerungsverhältnisse bedingt, so wer- den diese durch sich vielfach wiederholende Knickungen und Falten, also den Hauptbecken untergeordnete Synclinal- und ‘ Anticlinalbildungen noch hervortretender, zahlreicher und zu einer charakteristischen Eigenthümlichkeit der Architektonik des Huron gemacht. Hat man die eben kurz skizzirten vorsilurischen Forma- tionen bisher als azoisch zusammengefasst, so dürfte man jetzt, nachdem die Spuren des ersten Auftretens von organi- schem Leben in ihnen nachgewiesen sind, berechtigt sein, die- selben als eozoisch zu bezeichnen, wie es in Amerika und Europa bereits geschehen ist. Parallelisirung der amerikanischen mit europäi- schen vorsilurischen Formationen. Aus der gegebenen Beschreibung der eozoischen Forma- tionen Nord- Amerikas geht unter Anderem auch die Aehn- lichkeit ihrer Lagerungsverhältnisse und ihrer lithologischen Charaktere mit denen europäischer Gesteinsreihen hervor. Die Systeme von Gmeissen, Graniten, Hornblendegesteinen mit Einlagerungen von an accessorischen Beimengungen rei- chen Kalksteinen und Serpentin, — mit Fallbändern und flötz- ähnlichen oder linsenförmigen Lagerstätten von Magneteisen- stein, — die Systeme von Glimmer-, Thon-, Chlorit- und Quarzitschietern mit ihren erzführenden Gesteinsschichten, — Systeme wie sie am Erzgebirge, in den Sudeten, in den Al- pen, in Skandinavien, in Schottland und am Ural auftreten, sie ähneln in ihrer vorsilurischen Stellung, ihrem lithologi- schen Charakter, ihrer Erzführung und ihrer Zweitheilung in eine untere Gneiss- und eine obere Schieferformation den eozoischen Schichtencomplexen Nord - Amerikas im höchsten Grade. Ebenso bestimmt ausgesprochen ist die Aehnlichkeit bra- silianischer, japanesischer und bengalischer vorsilurischer Ge- 394 bilde*), mit den nordamerikanischen. Stöhr’s Beschreibung der Kupfererzvorkommen von Singhbum in Bengalen könnte zum grössten Theile wörtlich zu einer Darstellung derer von Tennessee und Virginia angewendet werden. Haben Murchison und Gümbel schon vor einigen Jahren Parallelen gezogen zwischen dem bayrisch-böhmischen Gneiss, dem schottischen Fundamentalgneiss und dem laurentischen System Canadas, so steht die Aequivalenz dieser Formationen fest, seit Fritsch, Gümbel und von Hochstetter **) in den Kalk- steinen gewisser Gneissreihen Oentral-Europas und Carpenter und Dawson im Serpentinmarmor Schottlands das für die laurentische Formation Canadas charakteristische Eozoon Ca- nadense nachgewiesen haben. Nach Gümbels speciellen Studien der Gesteine des Ur- gebirgsdistriktes von Ostbayern und des Böhmerwaldes re- präsentiren dieselben eine wohlgeschichtete, viertheilige For- mationsreihe, bestehend aus einer älteren, dem bojischen Gneiss, — einer jüngeren, der hercynischen Gneissgruppe, — einer Glimmerschiefer - und einer Thonschieferformation. Auf letzteren lagern nach Gümbel und von Hochstetter die Przibramer Schiefer mit Annelidenspuren, Crinoidenstielglie- dern und Foraminiferenformen und auf diesen ungleichförmig die Przibramer Grauwacke und die Primordial-Schichten von Ginetz und Hof auf Im einem Lager von körnigem Kalke mit „haufenweise“ vertheilten Flecken von Serpentin, welches dem hercynischen, also dem oberen Gneisse angehört, wurde Eozoon Canadense fast gleichzeitig von Gümbel bei Stein- hag in Ost-Bayern, von v. Hochstetter bei Krummau im süd- lichen Böhmen, und von Fritsch bei Raspenau im Norden - Böhmens aufgefunden und von Carpenter mit dem canadischen Vorkommen für identisch erklärt. | Die Schlüsse, welche aus diesen Funden zu ziehen sind, bestätigen, was man früher allein aus lithologischer und stratigraphischer Aehnlichkeit abgeleitet hatte, nehmlich die *) v. Eschwege, Beiträge zur Gebirgskunde Brasiliens. Pumpelly, Geolog. researches in China, Mongolia and Japan. Stöhr, Kupfervor- kommen von Singhbum in Bengalen. Neues Jahrb.‘ 1854 pag. 129. **) Sitzungsberichte der königl. Akad. der Wissensch. zu Prag, 1866 pg. 36., zu München 1866 pag. 25., zu Wien 1866 pag. 14. 395 Aequivalenz des Gneisses von Bayern und Böhmer mit dem laurentischen Systeme Canada’s. Daraus folgt weiter das hu- ronische Alter des Schiefergebirges zwischen den Gneissen und den Ginetzer Primordialschichten, welches ebenso wie das huronische System in Amerika, besonders in den atlantischen Staaten, in eine untere Gruppe von vorwaltenden Glimmer- 'schiefern und eine obere von vorwaltenden Thonschiefern zerfällt. Wie dort sind auch in der huronischen Schieferfor- mation von Bayern und Böhmen Reste einer bereits manch- faltigeren Fauna als der laurentischen, so von Anneliden, Cri- noideen und verschiedenen Foraminiferen, so von einer zwei- ten Eozoon-Species, Eozoon bavaricum Gümb. nachgewiesen worden. Darauf, dass in Britannien das laurentische System durch den Fundamental-Gneiss Schottlands vertreten sei, wurde von Murchison geschlossen (Quart. Journ. 1863. pg. 354), ihre Aequivalenz aber erst durch Carpenters Fund von Eozoon im Serpentinmarmor von Tyrel und auf Skye festgestellt. Die Fundamental-Gneiss-Formation Murchisons besteht (Quart. Journ. 1859. pg. 363) vorwaltend aus gneissigen Hornblende- gesteinen mit Zwischenlagern von körnigem Kalkstein mit Eozoon (nach Carpenter, Jones und Sanford) , beide vielfach in ihren Lagerungsverhältnissen gestört und von mächtigen Zügen von eruptivem Granit durchsetzt. Ungleichförmig ruht auf diesem Systeme die cambrische Formation oder Long- mynd- Gruppe (Baily geol. magaz. XV. 1865. 385. und Mur- chison 1. c.), eine bis zu 15,000 F. mächtige Schichtenreihe von krystallinischen Schiefern, braunen oder röthlichen Con- glomeraten und Sandsteinen mit Anneliden-Röhren, Oldhamia und Chondrites, welche wiederum ungleichförmig vom unter- sten Silur überlagert wird. Nach seiner Stellung zwischen dem laurentischen und silurischen ist das cambrische System eine Aequivalentbildung des huronischen, oder wenigstens des oberen Theiles desselben. Haben wir in dem Huron von Canada eine Litoralformation erkannt, welcher als gleich- zeitige pelagische Niederschläge die huronischen Schichten der südlichen Staaten Nord- Amerikas entsprechen, so mag auch die conglomeratreiche cambrische Reihe Englands in 396 demselben Verhältnisse zu den oberhuronischen Schiefern und Kalksteinen von Skandinavien und Central-Europa stehen. Nach Obigem lassen sich die Gesammtresultate unserer Kenntniss der Gliederung und der Fauna der amerikanischen eozoischen Formationen und ihrer Aequivalenz mit europäi- schen Schichtencomplexen tabellarisch wie folgt zusammen- fassen: (siehe beiliegende Tabelle.) Ueber die Genesis der eozoischen Gesteine, In der Schichtenreihe der eozoischen Gebilde treten uns von den untersten, uns bekannten Horizonten an, in den Con- glomeraten und den ihnen verwandten klastischen Gesteinen Schichtencomplexe entgegen, deren Entstehung auf andere Weise als in Gegenwart und unter Mitwirkung des Wassers unmöglich gedacht werden kann. Conglomerate mit runden Rollstücken wechsellagern in Canada und Michigan mit den eozoischen Gneissen und Granitgneissen, mit den Schiefern, Dolomiten, und Kalksteinen, — mächtige Bänke der Eisen- steine von Michigan umfassen abgerundete Geschiebe von äl- teren Jaspisarten, — huronische Schiefer in Canada und in den atlantischen Staaten nehmen zonenweise den Charakter eines groben Conglomerates an, — Quarzite, welche einzelne Rollstücke umschliessen, sind in der ganzen eozoischen Reihe vertreten. Die Quarzite selbst in ihrer grossartigen vorsilu- rischen Entwicklung sind oft so grobkörnig, dass sie als harte Sandsteine bezeichnet werden könnten. Ihren dichten oder glasigen Varietäten, ebenso wieanderen, sandig-talkigen Schie- fern und schiefrigen Rotheisensteinen ist in deutlichen, scharf erhaltenen Wellenfurchen der Stempel ihrer Entstehung auf- geprägt. Ebenso wie der Ursprung dieser Trümmergesteine zwei- fellos sedimentärer Art ist, so war die Entstehung der durch Graphitschiefer und Palaeotrochis- sowie Eozoonbänke reprä- sentirten phytogenen und zoogenen Gebilde des eozoischen Zeitalters durch Gegenwart von Wasser bedingt. Sehen wir nun dolomitische Kalksteine der eozoischen Formation, besonders in Michigan so deutlich gebettet wie triassischen Wellenkalk, zwischen ihnen regelmässige Lagen von Quarzit, Conglomerat, grobem Sandstein und Schiefer, 397 in ihrer Masse organische Reste, — sehen wir solche dolomit- ische Kalksteine, ferner körnige Quarzite, Conglomerate mit abgerundeten Geschieben, Eisensteine und Schiefer mit Wel- lenfurchen, sowie dünngeschichtete Graphitschiefer in gröss- ter Regelmässigkeit wechsellagern mit geschichteten und ge- betteten Gneissen, syenitischen Gesteinen, Diorit und Granit, mit Chlorit-, Talk- und Glimmerschiefern und selbst diese hie und da Geschiebe umfassen, kann dann ein anderer Schluss möglich sein, als der auf die sedimentäre Entstehung dieser ganzen eozoischen Schichtenreihe? Dies zugestanden tritt von selbst die Frage an uns, in welchem Zustande sich das Material jener Gesteine nach 'sei- nem Niederschlage aus dem eozoischen Oceane befunden hat, — mit anderen Worten, ob es durch einen Umwandlungs- process in den heutigen krystallinischen Zustand übergeführt worden ist, oder sich nur wenig verändert, fast so, wie es ursprünglich abgelagert wurde, erhalten hat? Wir sind gezwungen bei manchen krystallinischen Ge- steinen, so z.B. bei gewissen, selbst granitähnlichen Gneissen, Hornblendeschiefern und Glimmerschiefern welche bei Münch- berg in Oberfranken unveränderte devonische Schichten über- lagern, ohne den geringsten Uebergang in diese zu verra- then, von einem späteren Metamorphismus abzusehen und sie für ursprünglich so abgelagert zu halten, wie sie uns heute erscheinen. (Naumann. Geognosie II. pag: 65, pag. 153 u. f.) Mit demselben Rechte darf man bei ähnlichen Gesteinsreihen eines andern geologischen Zeitalters einen ursprünglichen kry- stallinischen Bildungsprocess annehmen, wenn dieselben Er- scheinungen zeigen, welche mit den Bedingungen des Meta- morphismus unvereinbar sind. Eine solche und augenschein- lich massgebende ist das Vorkommen von Gneiss-, Granit- und Quarzit-Geschieben in Betten einer sandig-talkigen Grund- masse zwischen laurentischen Gneissen, an den Fällen des Sturgeon Flusses in Michigan *). Auch Logan und Murray beschreiben, wie oben erwähnt, laurentische Conglomerate mit Diorit- und Syenitgeschieben in Canada. Das Mutterge- *) Siehe pag. 17. Ausserdem von mir beschrieben und im Profil wiedergegeben in der Zeitsch. der deut. geol. Gesellsch. 1869. Heft II. 398 stein dieser verschiedenartigen Geschiebe müsste vor Los- trennung letzterer und vor der Bildung jenes Conglomerates bereits metamorphosirt gewesen sein, ist jedoch verhältniss- mässig nur wenig älter als das Conglomerat. Schliessen nun Naumann und Cotta (Naumann. Geogn. II. 65.) aus dem Zu- stande der Geschiebe in palaeozoischen Conglomeraten, dass sich die Gesteine der Urgneissformation schon zu Zeiten des Silur in demselben Zustande befunden wie heutzutage, se können wir nach Obigem den folgerechten Schluss ziehen, dass die laurentische Gneissformation (wenigstens die von Michigan und Canada) sich sogar bereits im Verlaufe des Zeitalters ihrer Ablagerung, also schon während der laurent- ischen Periode in demselben Zustande befand, wie heute. „Wann, so frage ich mit Naumann, soll nach obigen Beobachtungen die Umwandlung dieser primitiven (laurenti- tischen) Gesteine stattgefunden haben ?“ Ueber den ebenerwähnten laurentischen Conglomeraten lagert eine über 20,000F. mächtige Schichtenreihe von Gneis- sen und krystallinischen Schiefern. Da uns die Conglomerat- Geschiebe beweisen, dass der petrographische Charakter des ältern Gneisses vor der Bildung des Conglomerates bereits. ebenderselbe war, wie heute, wie kommt es, dass der Process, dem jene jüngeren krystallinischen Gesteine ihre Umwandlung verdanken sollen, spurlos an den darunter liegenden Conglo- meraten und älteren Gneissen vorübergegangen ist? Die oberen huronischen Schichten von Michigan beste- hen aus Talkschiefern mit Orthoklas-Krystallen, schiefrigem Örthoklasgestein mit Talkbeschlägen, sowie aus Chloritschie- fern und dioritähnlichem Hornblendegestein. Sie sind weder, noch waren sie je überdeckt von jüngeren Formationen, höch- stens nach ihrer östlichen Grenze hin durch bis 200F. mäch- tige Potsdam Sandstein-Ablagerungen. In Form einer Insel hat das von ihnen gebildete Terrain als erster embryonaler Nucleus des amerikanischen Continents während aller geo- logischen Zeitalter den Spiegel des Oceans überragt, nur die Fluthen der Diluvialzeit haben sie mit Sand bedeckt und mit erratischen Blöcken überstreut Wenn der erste der von uns angeführten Fälle, das Vorkommen von Conglomeraten in der laurentischen Formation beweist, dass die Metamorphose 399 der Gneissreihe nicht in Form einer langsam wirken- den, gewaltige Zeiträume in Anspruch nehmenden Durchwässerung vor sich gegangen sein kann, so spricht der Umstand, dass die obersten huronischen Gebilde von jüngeren Formationen nicht überlagert werden, dafür, dass sie ihren hochkrystallinischen Zustand dem Heraufrücken _ der ehthonisothermen Flächen in Folge späterer Ab- lagerung mächtiger Schichtensysteme nicht verdanken können. Unter solchen Umständen dürfte die Annahme nicht zu gewagt erscheinen, dass der krystallinische Charakter jener Gesteine ein ursprünglicher, also z. Th. unmittelbar beim, oder direkt nach dem Niederschlage, z. Th. noch vor Er- härtung der Sedimente zum wirklichen Gestein herbeigeführt worden sei. Das Wesen solcher krystallinischen Bildungsprocesse, die Verhältnisse durch welche dieselben bedingt wurden, sind uns freilich eben sowenig bekannt, wie der Vorgang einer Metamorphose, welche einen Schichtencomplex von 50,000 und mehr Fuss Mächtigkeit und einer Ausdehnung über, wie scheint, die ganze Erdkugel an den von einander entfernte- sten Punkten eleichartig umgeändert haben könnte, ohne die haarscharfen Grenzen oft nur zollmächtiger, mit einander ab- wechselnder, zuweilen nahe verwandter Gesteinsarten zu ver- wischen. „Sind wir auch noch nicht im Stande die Moda- lität eines ursprünglich krystallinischen Bildungsprocesses zu begreifen, so können wir uns mit den Anhängern des Ultra- metamorphismus trösten, denen es in dieser Hinsicht nicht besser geht“ (Naumann. Geogn. II. 154). Dass ähnliche Bedingungen zur krystallinischen Ausbil- dung der Niederschläge auch noch in dem Zeitalter unmit- telbar nach der huronischen Periode vorhanden waren, ohne das organische Leben auszuschliessen, beweist das Auftreten von krystallinischen Quarzpsammiten der untersten Silurfor- mation mit zahlreichen Trilobitenresten, direkt auf den Schich- tenköpfen des huronischen Systems. Die Möglichkeit eines ursprünglichen krystallinischen Bildungsprocesses wird durch Erscheinungen, wie sie in Ver- bindung mit dem Vorkommen des Eozoon zu beobachten sind, bestätigt. (Hunt. Quart. Journai Feb. 1865.) Die Kammern, 400 Kanäle und Röhrchen des Eozoon sind nehmlich von Serpen- tin, Pyroxen und einem dem Pyrosklerit ähnlichen Minerale, von Loganit ausgefüllt, während die Kammerscheidewände in kalkigem Zustande verblieben sind. Jene Kalk-, Talk-, Thonerde und Eisensilicate besitzen eine fein krystallinische Structur, welchesie noch vor der Erhärtung des umgebenden Kalk»oder Dolomitgesteins angenommen haben müssen, weil sie häufig beim Krystallisiren die feinen Röhren und Kam- merwandungen zersprengt haben. Sie müssen sogar die Sar- kode des Thieres unmittelbar nach dessen Absterben ersetzt haben, weil sonst sedimentäre Kalktheilchen, wenn nicht die ganzen Hohlräume, so doch Theile der Kammern ausgefüllt haben würden, was nicht der Fall ist. Ja der Ausfüllungs- process muss in klarem Wasser vor sich gegangen sein, weil mechanische Gemengtheile in der Ausfüllungsmasse nur selten gefunden werden, An eine spätere Auslaugung des kalkigen Kernes der Kammern und Kanälchen und den Ersatz desselben durch Silikate kann nicht gedacht werden, weil sonst die äusserst zarten Kammer- und Röhrenwandungen gleichfalls zerstört worden wären, während sie erhalten sind. Kurz die Entstehung der krystallinischen Talk-, Kalk-, Thonerde- und Eisensilicate innerhalb des Eozoon muss unmittelbar nach dem Tod der Thiere und vor die Zeit der Erhärtung des Ne- bengesteins fallen. So gut aber wie dieser krystallinische Bildungsprocess im Kleinen stattgefunden hat, kann er auch in grösseren Maassstabe vor sich gehen, mit andern Worten, die Serpentine, die Augit-, Amphibol-, Chlorit- und Talkge- steine, die bei Weitem vorwaltenden Glieder der eozoischen Formationsreihe, können ebenso wie der dolomitische Kalk-- stein, welchen wir als ein Präcipität aus dem Meereswasser anzusehen haben, (Scheerer, Jahrb. f. Min. 1866. pag. 1.) Producte eines ursprünglichen krystallinischen Bildungspro- cesses sein. Eine derartige Annahme findet Unterstützung in der Ansicht Beyrichs und Naumanns, dass die dem Gneiss oder Glimmerschiefer eingelagerten Hornblendegesteine wohl nie- mals etwas anderes waren, als was sie gegenwärtig sind. (Naumann, Geogn. II. 65.) 401 Auch Bischof gesteht (Geol. U. 976. 1. Aufl.) bei Bespre- chung dieser obenerwähnten Ansicht zu, dass sich Hornblende und Feldspäthe ebensogut während des Absatzes der Sedi- mente, wie nach demselben durch Metamorphose bilden kön- nen und dass letztere unmittelbar nach erfolgtem Nieder- schlage der Sedimente noch unter dem Einflusse des Meeres- wassers stattfinden kann. In beiden Fällen wird hier für Hornblende - und Feldspathgesteine ein ursprünglich kry- stallinischer Bildungsprocess zugegeben, denn der Begriff des Metamorphismus erfordert, dass das Material, welches dem. selben unterworfen gewesen sein soll, bereits als wirkliches Gestein existirte. Zuähnlichen Schlüssen betreffend die ursprüngliche kry- stallinische Bildung eozoischer Gesteine führt die Betrachtung des Umstandes, dass in den mächtig entwickelten krystalli- nischen Kalksteinen der laurentischen und huronischen Schich- tenreihe eine grosse Anzahl Mineralien als accessorische Be- standtheile sämmtlich in Krystallform auftreten und zwar vor Allem Granat, Spinell, Beryll, Pyroxen, Apatit und Flussspath, Schwefelkies, Kupferkies, Magneteisenstein und Rutil. Die Annahme, dass dieselben durch Metamorphismus des bereits erhärteten Gesteins entstanden seien, würde es unbegreiflich erscheinen lassen, wie sich diese Krystalle in Mitten einer starren, widerstandsfähigen Felsart entwickeln und die feste unnachgiebige Grundmasse verdrängen konnten, um sich Platz zu verschaffen. Spricht schon die Unmöglichkeit eines sol- chen Vorganges, sowie das Auftreten der betreffenden Mine- ralien in gewissen durch keine Veränderung des Charakters des Kalksteins bezeichneten Zonen für die ursprünglich kry- stallinische Ausbildung der genannten Mineralien in dem noch weichen Schlamme, so liefert die Thatsache, dass in den kry- stallinischen Kalksteinen der appalachischen laurentischen Gneisszone zerbrochene Zirkon-Krystalle vorkommen, deren Bruchstücke gegen einander verschoben und von krystallini- scher Kalksteinmasse getrennt sind, einen direkten Beweis für einen solchen ursprünglichen krystallinischen Bildungspro- cess gewisser in Kalkstein eingeschlossener Mineralien. Dass auch Granat, so wichtig und verbreitet in den eozoischen Formationen, direkt aus wässeriger Lösung aus Bd. XXXI, 1868. 26 402 krystallisiren kann, dafür spricht das Vorkommen von Gra- natkrystallen in und auf Kalkspath im Samsoner Gange bei St. Andreasberg (Herm. Credner. Geogn. Beschr. von Andreas- berg pag. 34). Diese Ursprungsweise für vereinzelte Krys- talle zugestanden, kann sie auch übertragen werden auf grössere Gesteinsablagerungen aus vorwaltend denselben Be- standtheilen, Feldspäthen und Quarz, für welche beide letz- tere gleichfalls die Möglichkeit ihrer Entstehung durch Aus- scheidung aus wässeriger Lösung feststeht. Nach bereits im October 1868 erfolgtem Abschlusse vor- liegender Abhandlung fand ich, dass Gümbel in seiner Geo- gnost. Beschreibung des ostbayerischen Grenzgebirges, 1868. pag. 833 u. f. zu ähnlichen wie den oben ausgesprochenen Ansichten über die Bildungsweise der krystallinischen Gesteine gelangt ist, wie er es bereits in seinem Aufsatze über Eozoon andeutete. Ich erblicke darin, dass die Beobachtung geo- gnostischer Verhältnisse an so weit von einander entfernten Punkten zu ungefähr denselben Folgerungen Veranlassung gegeben hat, ein nicht unwichtiges Zeugniss für deren Wahr- scheinlichkeit. Wiederhole ich die hierher gehörigen Resultate der Un- tersuchungen Gümbels z. Th. mit seinen eignen Worten: Der Gneiss ist geschichtet und stufenweise aufgebaut wie die Se- dimentgesteine. Die oft in sehr dünnen Blättchen wechselnde Gesteinsbeschaffenheit seiner einzelnen Lagen steht immer in voller Uebereinstimmung mit der Schichtenabsonderung, beide sind von einander abhängige Verhältnisse. Es hat sich mithin das Material succesiv geändert mit der Aenderung der Bedingungen, welche der schichtenmässigen Absonderung zu Grunde liegen. Diese Verhältnisse weisen auf einen Bil- dungsvorgang hin, der wenigstens in analoger Weise bei Se- dimentgesteinen geherrscht hat, und schliessen jeden Gedan- ken an eine Bildungsweise aus feurig flüssiger Masse aus. Eine plutonische oder eine Durchwässerungs-Metamor- phose bereits früher vorhandener Sedimentär-Gesteine hält Gümbel für unzulässig, der Gneiss sei vielmehr eine ursprüng- liche sedimentäre Bildung, welche unter mässig erhöhtem Drucke und erhöhter Temperatur stattgefunden habe. Die Mineralgemengtheile des Gneisses hätten sich als amorphes 403 Gemenge ausgeschieden und sedimentirt; dann habe unter fortdauernder Mitwirkung der Agentien, unter deren Herrschaft das Material sich früher in Lösung befand, der Process der kry- stallinischen Umbildung stattgefunden, durch welchen die ver- schiedenen Mineralien und ihre Gruppirung in den krystalli- nischen Gesteinen erzeugt wurden, — eine Art Metamorphose _(Diagenese), wie sie bei den meisten Sedimenten vor sich ging und der jetzigen Form der festgewordenen Gesteine zu Grun- de liegt. Ein ähnlicher Bildungsprocess, welchen Gümbel ei- nen hydato-pyrogenen nennt, wird für die krystallinischen Schiefer und die Lagergranite Bayerns angenommen. In der regelmässigen Aufeinanderfolge von der Gneiss- bildung zum Glimmerschiefer, von diesem zum Phyllit und endlich von letzterem zu den versteinerungsreichen Silurschich- ten erblickt Gümbel somit nur ein mit der Zeit sich mäte- riell änderndes Ausscheidungsvermögen und eine Verschieden- heit der die Ausbildung der ausgeschiedenen Masse beding- enden äusseren Verhältnisse, ein Nachlassen der rein chemi- schen und eine Zunahme der mechanischen oder der unter Vermittlung der Organismen vor sich gehenden Materialbil- dung, mit welchen eine Verringerung der Neigung zur Bildung von krystallinischen Gemengtheilen gleichen Schritt hält. Es stimmen somit die Resultate der Beobachtungen Gümbels in Bayern und der meinen in Nord-Amerika in Be- zug auf eine ursprünglich krystallinische Bildungsweise der vorsilurischen Gesteine aus wässeriger Lösung überein. Zu befürchten steht nur, dass die Bezeichnung der stattgefun- denen Vorgänge als eine hydato- pyrogene Bildungsweise für welche Gümbel nur eine „bescheidene Verstärkung‘ des Druckes und der Temperatur als wesentliche Agentien in Anspruch nimmt, zu unrichtigen Vorstellungen über den Bil- dungsprocess der krystallinichen Gesteinsreihe Veranlassung geben könnte. Da unter einer hydato -pyrogenen Auskil- dung der eozoischen Gneisse und Schiefer leicht an bedeu- tende Wärmegrade, an „ein Zusammenwirken von Wasser und Feuer“ gedacht werden kann, wodurch die Möglichkeit organischen Lebens unbedingt ausgeschlossen würde, für des- sen vorsilurische Existenz wir positive Beweise besitzen, so möchte ich mich „statt jenes Ausdruckes lieber der Bezeich- R 26* 404 nung „hydato-krystallinisch“ bedienen, welche sich auch auf die Dolomite, die körnigen Kalksteine, die krystallinischen Quarzpsammite und Gneisse neuerer und neuester geologischer Perioden anwenden lässt. — Sedimentäre Gebilde, und als solche haben wir die lau: rentische und huronische Schichtenreihe erkannt, erfordern nothwendiger Weise einen Boden für das Meer, aus welchem sie, abgelagert wurden, und ein Fundament für die Nieder- schläge selbst. Als dieses Grund- und Fundamentalgebirge, -— die Erstarrungskruste der Erde, — nimmt v. Hochstetter für Central-Europa die bojische Gneissformation Gümbels in Anspruch, geräth aber dabei mit Murchison und Gümbel in Widerspruch, welche in der oberen und unteren (bojischen) Gneissgruppe Bayerns nur eine Zweitheilung des laurentischen Systems erkennen und sich bestimmt für das laurentische Alter des bojischen Gneisses erklären. Auf dem amerikanischen Continente sind vorlaurentische Gesteine, also Ausgehende der Erstarrungskruste nicht be- kannt, und sind wahrscheinlich von jüngeren Formationen vollständig bedeckt. Der Nachweis des sedimentären Ursprungs der ältesten uns bekannten Formationen, die Entdeckung organischer Reste in dem tiefsten, uns zugänglichen Schichtencomplexe, die uns durch eine Reihe geognostischer Beobachtungen aufgedrängte Wahrscheinlichkeit einer ursprünglich krystallinischen Ent- stehungsweise dieser Gesteine, sie leiten Forschung und Spe- culation in dem dunkelsten Gebiete der Geologie auf bestimm- tere Pfade. Das, was uns der erste Anfang einer festen Ge- staltung des Erdballs schien, bedingt noch ältere Gesteins- formationen und deren Entstehung noch frühere geologische Zeitalter, als wir bisher annehmen konnten. Nicht allein, dass der Beginn der Entwicklungsgeschichte unserer Erd- rinde weit zurückweicht, auch Zeiträume, von denen wir Re- präsentanten gegenwärtig kennen, dehnen ihre Grenzen aus. Was man wohl als das Resultat eines verhältnissmässig kur- zen Erstarrungsprocesses zu betrachten pflegte, nimmt zu seiner Entstehung als Niederschlag einen Zeitraum in An- spruch gerade so gewaltig, wie der, vonm#dessen Beginn an 405 man zu rechnen gewohnt war. Bedarf aber der Geologe neue Zeiträume, um jene urältesten Gebilde zu deuten, sie stehen seiner Hypothese zu Gebote, — so gut wie vor ihm, liegt auch hinter ihm unendliche Zeit. Halle im März 18069. Inhalts-Angabe. Seite. Einleitende Bemerkungen und Literatur. . . . PUB! Feststellung der untern Grenze des silurischen Systems 005 Penserlauwenitische System... . . .. . „.. un. 1.858 1 die nördliche laurentische Zone a) in Canada und Nord New-York . . 2. 2 202.20. .8680 b) in Michigan und Wisconsin . . . Haig srahta@e 2. die appalachische laurentische Zone in Ne oz und den atlantischen Staaten . . ger Fan GR a Bag Ta II. Das Huronische aan. SRRENR ee a. ti 1 die nördliche Zone in Canada und Neichigan I NER AANE ARSChZIG 2 die appalachische Zone in den atlantischen Staaten . . 383 -Gedrängter Rückblick . . . . PATER LEITET AUG ie 1022 5 Parallelisirung mit europäischen Honahonen hentai vier Tabellarische Uebersicht der Gliederung und Aequivalenz der eozoischen Formationen . . . ee en Ueber die Genesis der eozoischen al ee. AR ERDOD nınnnnnnnNnDn 406 Neue Darstellungsweise des Cymol aus Campher von Rob, Pott, In den Lehrbüchern der organischen Chemie wird ein a-und ß-Cymol unterschieden. Esist ersteres am besten aus dem Römisch-Kümmelöl zu gewinnen. Doch ist es auch im Oel von Anthemis nobilis, zugleich mit Cuminol, ferner in dem flüchtigen Oel der Samen des Wasserschierlings - (Cicuta virosa) und im leichten Steinkohlentheer enthalten. Aus dem Cuminalkohol wird es durch Behandlung mit Kali dar- gestellt. Letzteres, das 8-Cymol, nur durch seine Darstel- lung vom vorigen verschieden, erhält man aus dem Laurineen- campher auf mehrfache Weise. Beiden Kohlenwasserstoffen kommt ihrer procentischen Zusammensetzung nach die gleiche Formel zu &ioHı4 und un- terscheiden sich diese Kohlenwasserstoffe in ihrem chemischen Verhalten, in dem ihrer Derivate und deren Salzen, wie frü- her angenommen wurde, durchaus nicht. Die bisher bekannten Darstellungsweisen des ß-Cymol durch Einwirkung von Chlorzink oder Phosphorsäureanhy- drid auf Laurineencampher, wie sie von Dumas, Delalande: und Gerhardt beschrieben wurden, gelangten in die Lehrbü- cher, ohne dass diese einen Einblick der nichts weniger als glatt verlaufenden Reaktion gaben. Nach Angabe oben ge- nannter Chemiker würde der chemische Process bei Zersetz- ung des Campher durch Chlorzink folgender sein: ; £&ı Hs e&=&u Hı +, @ Dieses ist aber keineswegs der Fall, wie uns die Arbeit über die Zersetzung des Campher durch schmelzendes Chlorzink von Rud. Fittig, A. Köbrich und T. Jilke zeigt. ‘Trotzdem Fittig, Köbrich und Jilke genau nach der Vorschrift von Ger- hardt bei Zersetzung des Campher durch schmelzendes Chlor- zink verfuhren (Ann. der Chem. Bd. CXLV Heft2 Seite 141), erhielten sie eine verhältnissmässig kleine Menge des Kohlen- wasserstoffes €10 Hıs neben einer grossen Anzahl anderer Körper 407 Das zweimal über Chlorzink rectifieirte Rohprodukt der fractionirten Destillation unterworfen, gab ihnen folgende Resultate. In dem bis 150° übergehenden "Theile, der die Hälfte des ganzen Produktes ausmachte und den sie in drei Port- ionen trennten, von denen die erste unter 100°, die zweite “zwischen 108° -112’und die dritte zwischen 138° 143° über- ging, konnte in der ersten Portion Benzol vermuthet, nicht aber mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. In der zweiten Portion wurde Toluol gefunden und deren Identität mit dem Toluol des Steinkohlentheers dargethan. Die letzte Portion, die bei 138°—143° überging, wies sich als Xylol aus. Der zwischen 150° —200° destillirende Theil wurde ebenfalls wieder in verschiedene Portionen getheilt und es zeigte das bei 164° — 167° aufgefangene Destillat das Ver- halten des Pseudocumols, während das Destillat bei 1730—176° dem Cymol des Römisch-Kümmelöl gleich kam. Endlich er- gab sich die bei 1850—188° übergehende Menge als Laurol. Nach obiger Mittheilung der Arbeit von Fittig, Köbrich und Jilke kommen wir daher zu dem Schluss, dass um rei- nes Cymol in grösserer Menge aus Campher zu erhalten, dies ein wenig geeignetes Verfahren sei. — Longuinine und Lipp- mann theilen (Bulletin de la soc. chim. de Paris VII. 374) zwar eine einfache, leicht auszuführende und in ihrer Reak- tion sehr glatt verlaufende Darstellungsweise des Campher- Cymol mit, wenn nicht die Tage in Anspruch nehmende Be- reitung des Phosphorsuperchlorids, das bei dem Verfahren dieser Chemiker zur Cymol-Bildung erforderlich, ein schnel- leres Arbeiten hinderte. Man hat nach Angabe von Longuinine und Lippmann gleiche Theile gewöhnlichen, also Laurineencamphers und Phos- phorsuperchlorid zusammen zu reiben. Es bildet sich dann viel Wasser und die Masse wird halbflüssig. Man hat lang- sam zu destilliren. Es entwickelt sich fortwährend Salzsäure. Das Destillat ist von Salzsäure und Phosphoroxychlorid zu befreien. Um die letzten Spuren von Campher zu entfernen, ist über Natrium zu rektificiren. Das so erhaltene Produkt geht zwischen 1750—178° über, genau dem Siedepunkte des 408 Cymol aus Römisch - Kümmelöl. Die Reaktion fände also nach folgender Gleichung statt. € His + PC, =€10H15; Cl+HC1-+ PoCl; €&uo Hs Cl=& no Hıa + HCl Eine Rückbildung des Cymol in €10H15Cl konnte nicht erzielt werden. Versuche von Malin, dass sich bei Einwirkung von Kalium auf Campher neben Campholsäure auch Cymol bilde, wie die von ihm aufgestellte Gleichung fordert: 210 Hıs 0&= €ioHıs 0 + E10 Hıı blieben wegen unzureichenden Materials ohne Erfolg und würde seine Bildung aus Campher durch Kalium einer Massendarstellung wohl kaum zu Grunde gelegt werden können. Früher von mir angestellte Versuche mit der von Leo- pold Pfaundler dargestellten Chlorcampherverbindung €0Hı5Cl, auf die ich einfach-Schwefel-Kalium in zugeschmolzenen Röhren einwirken liess, um aus der Uhlorcampherverbindung durch Substitution eine Schwefelverbindung des Campher zu erhal- ten, wie dies auch in der That der Fall ist, führten mich, da ich auf diese Weise keine hinreichende Menge des geschwe- felten Körpers erhalten konnte, zu der Ansicht, dass, wenn ich PS; direct auf C&ioHıs@ einwirken liess, ich eine er- giebigere Ausbeute des erwähnten Körpers erhalten würde. — Die Bereitung des P28; führte ich nach Angabe von Kekule aus, der bei der Darstellung des Phosphorpersulfids ein fein zusammengeriebenes Gemenge von 62 Theilen rothem, amorphem Phosphor und 160 Theilen Schwefel auf 100% in einem Kolben, der in ein Sandbad eingelegt wurde, erhitzt; vor dem Er- hitzen ist in das Gemenge ein Kohlensäurestrom einzuleiten. Die Reaktion findet unter Feuerscheidung statt. — Die Ein- wirkung des P,$; von dem ich ein Molekül auf zwei Mole- küle Campher nahm, erfolgte bei seiner Zerkleinerung und guter Mengung der Substanzen schnell und heftig. Es ist da- her vor der Destillation, so lange die Reaktion andauert, die Retorte in die Höhe zu richten, um ein Ueberfliessen zu ver- hindern. Die Masse löste sich zu einer braunen, öligen Flüs- sigkeit, die unter Ausstossung von Schwefelwasserstoff bei vor- sichtig geleiteter Destillation als gelbes, stark Licht brechen- des, leicht bewegliches Liquidum überdestillirte. Das Destillat 409 hatte neben noch vorwiegendem Schwefelwasserstoffgeruch den des Oymol, als welches sich auch der so erhaltene Körper bei weiterer Untersuchung erwies und nicht, wie ich anfangs vermuthete, ein Camphermercaptan war. In der Retorte blieb ein schwarzer harziger Rückstand. Die Bildung des Oymol nach dem oben beschriebenen Verfahren kann man sich durch folgende Gleichung veranschaulichen : £&ı Hs + PS; = Cu Hıa + HrQ —+ P3$; Es findet also eine einfache Wasserabspaltung statt. Das Rohprodukt wurde mit Kalilauge und Wasser gewaschen über Chlorkaleium, endlich über Natrium rectificirt: Es wurde so ein völlig wasserhelles, von fremden Beimischungen freies De- stillat erhalten. Dieses der fractionirten Destillation unter- worfen ging bis auf einen fast verschwindenden Rest bei 1750—1780 über. Es ist dies aber nahezu sowohl der Sie- depunkt des Cymol aus Römisch-Kümmelöl, als auch des Cy- mol, das aus Campher durch Einwirkung von schmelzendem Chlorzink erhalten wurde. Um nun zu erfahren wie ergiebig die Ausbeute an €ı0o Hıı gewesen sei; (ich hatte zur Darstel- lung nicht ganz !/; Pfund Campher verwendet), wog ich das reine Destillat und fand, dass fast die Hälfte der angewandten Substanz als Cymol erhalten wurde. Der Kohlenwasserstoff € Hı4 löste sich bei vorsichtigem Erwärmen auf dem Wasserbade leicht in rauchende Schwefel- säure. Zuder so erhaltenen Cymolschwefelsäure, die ich nach Erkalten in ein Gefäss mit Wasser goss, wurde in die koch- ende Lösung bis zur Neutralisation kohlensaurer Baryt zu- gesetzt. Durch Verdunsten krystallisirte aus dieser Lösung das Barytsalz in schönen rhombischen seidenglänzenden Blättchen, die im Wasser sowohl, als im Alkohol leicht lös- lich aus letzterem in wohlausgebildeten Krystallen erhalten wurden. Eine Wasser- und Barytbestimmung des aus Wasser krystallisirten cymolschwefelsauren Baryt gaben folgende Re- sultate: Zur Wasserbestimmung wurde das lufttrockene Salz ver- wendet. 410 Wasserbestimmung. Berechnet. Gefunden. m teens le on nn Dim nn rn an m nn m mn (&ı0 Hı3 SO3) 2 Bä . „563 91, 22 => 3H:0 Een 8, 78 9 617 100,00 Zur Barytbestimmung wurde das wasserfreie Salz ge- nommen. Barytbestimmung. Berechnet. Gefunden. DT N en ee nn eh ug en rn ($10 Hı3 S@3)2 426 75,67 _: Bä 137 24,33 24,28 563 100,00 Der Wassergehalt des cymolschwefelsauren Baryts, wie er von Fittig, Köbrich, Jilke gefunden wurde, (10, 13) dürfte allerdings ein zu hoher sein und ich kann nach dem von mir gefundenen Wassergehalte im cymolschwefelsauren Baryt wie Fittig nur 3 Moleküle Krystallwasser und nicht wie Delalande 4 Moleküle annehmen. Es würde diese Annahme auch gut für die Identität des Baryumsalzes der aus den Cymol des Römisch - Kümmelöls dargestellten Sulfosäure sprechen, die nach Sieveking gleichfalls nur 3 Moleküle Krystallwasser enthält. Da nun obige Werthe meines Barytsalzes nahezu mit denen des gleichen Salzes von Fittig, Köbrich, Jilke überein- stimmen, unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass das aus Campher durch Einwirkung von PS; erhaltene Cymol mit dem ebenfalls aus Campher durch schmelzendes Chlorzink er- - haltenen identisch ist, dass beide aber dem Cymol des Römisch- Kümmelöl gleich sind. — Weitere Versuche über die Identität des durch P,8; aus Campher gewonnenen Cymol mit dem durch Chlorzink gleichfalls aus Campher erhaltenen, wie des aus Römisch- Kümmelöl dargestellten konnten nicht ausgeführt werden, da ich die grössere Menge des Cymol zu einem Schmelzversuche des aus dem cymolschwefelsauren Baryt durch Fällung mit kohlensaurem Kali dargestellten Kalisalzes mit Aetzkali zu- rück behielt, dessen Resultate ich in nachfolgender Mittheilung 411 vorlege; die obigen Versuche geben aber jedenfalls genügende Anhaltepunkte für die Identität dieser 3 Kohlenwasserstoffe. Zweck dieser Zeilen war ja nur eine bequemere Dar- stellungsweise des Camphereymol zu geben, die den frühern welche bei technischen Schwierigkeiten doch nur geringe Aus- beute liefern, in mancher Beziehung, namentlich auch wegen ' Billigkeit des Materials und Zeitersparniss vorzuziehen wäre. Schmelzversuch mit cymolschwefelsaurem Kali von Rot. Pott. Im vorigen Aufsatze hatte ich schon auf obigen Versuch hingedeutet und theile ich jetzt in folgenden Zeilen das Re- sultat desselben mit. — Nach dem von mir beschriebenen Verfahren wurde das Cymol, aus diesem aber der cymolschwefelsaure Baryt nach bekannter Weise dargestellt. Nuränderteich bei einer neuen Darstellung des Cymol die Mengenverhältnisse dahin, dass ich auf 2 Moleküle Campher 1 Molekül Schwefelphosphor einwirken liess und erhielt so eine noch bei weitem ergie- bigere Ausbeute an Cymol. Um aus dem cymolschwefelsauren Baryt das Kalisalz zu gewinnen, fügte ich zu dem vom schwefelsauren Baryt ab- fittrirten kochenden Filtrat, das den cymolschwefelsauren Ba- ryt in Lösung enthielt, kohlensaures Kali bis zur schwach alkalischen Reaktion, filtrirte vom kohlensauren Baryt ab und dampfte das Filtrat, welches das Kalisalz gelöst hielt, auf dem Wasserbade bis zur Trockne. — Das cymolschwefelsaure Kali ist ein weisses, beim Eindampfen aus wässriger Lösung nicht krystallisirbares Salz von wachsartigem Aussehen. Zum Schmelzen sind auf 1 Theil des cymolschwefelsau- ren Kali 2 Theile Aetzkali zu nehmen. Nach vorherigem Zer- kleinern und Mischen der Substanzen in einer Reibschale, 412 wurde das Schmelzen in einem eisernen Tiegel unter fort- währendem Umrühren mit einem Eisenspatel ausgeführt. Die Reaktion trat unter Aufschäumen der schmelzenden Masse “ nach geraumer Zeit ein und es hatte die Schmelze anfangs durchgängig ein braunes, harziges, am Ende ein streifiges Aus- sehen. Wurde das Schmelzen da unterbrochen, wo die Schmelze gleichmässig braun gefärbt war, erhielt man eine nur geringe Ausbeute eines unreinen Produkts und beim Lösen der Schmelze einen verhältnissmässig grossen, in Wasser unlöslichen Rück- stand. Wohlaber war das so erhaltene Produkt identisch mit dem unten näher zu beschreibenden. Erhielt demnach die Schmelze ihr streifiges Ansehen, konnte die Reaktion als beendigt angesehen werden. Sie wurde noch heiss in Wasser gelöst und der ungelöste Rück- stand abfiltrirt; zu dem Filtrat wurde Salzsäure, oder Schwe- felsäure bis zur sauern Reaktion gesetzt. Ein dabei statt- habender Geruch nach schwefliger Säure liess erkennen, dass die Schwefelsäuregruppe im cymolschwefelsauren Kalı wirk- lich angegriffen sei und somit eine Reaktion beim Schmelzen stattgefunden habe. Bei Säurezusatz zu dem von ungelöstem Kalisalz ab- filtrirten Schmelzauszuge schied sich ein braunes, mit Was- serdämpfen flüchtiges Harz aus. Es wurde dasselbe in einen Wasserdampfstrom destillirt und auf diese Weise ein gelbes, auf Wasser schwimmendes Oel erhalten, das unlöslich in kal- tem, löslich in heissem Wasser, dagegen leicht löslich in Al- kohol war. Dieses Oel war nicht nur wie das Phenol und dessen Ho- mologen in’ Alkalien löslich und aus der alkalischen Lösung durch Säuren wieder fällbar, es gab auch bei Zusatz von Eisen- chlorid eine diesen Körpern charakteristische violette Färbung. Mit rauchender Salpetersäure lieferte es ein Nitroprodukt. — Es verliefe somit die Reaktion in analoger Weise wie bei der Benzolsulfosäure, die mit Kalihydrat geschmolzen, wie in neuester Zeit von Kekul& aufgefunden ist, sich in schwelflig- saures Salz und Phenol zerlegt, 413 &; H; 893 H-+ KHO = €; H; OH -H 59; KH Benzolsulfosäure Phenol Schwefligsaures Kali nach folgender Gleichung: &ı0 H3 80; H + KH0 =€,, H50H + 60; KH Cymolsulfosäure Thymol Schwefligsaures Kali. Ist unsere Annahme aber richtig, dass durch Schmelzen von _ cymolschwefelsaurem Kali mit Aetzkali Thymol entsteht, so wäre das Thymol nicht nur, wie sonst angenommen wurde ein allein in der Natur vorkommendes, fertig gebildetes Pro- dukt, als welches es gleichzeitig mit Kohlenwasserstoffen, Thy- men &ıoHıs, Cymol €ıo Hıı in verschiedenen ätherischen Oelen vorkommt, so im Monardaöl (Monarda punctata), Thymianöl (Thymus vulgaris) und dem Oel von Phychotis ajowan, son- dern ebenso wie die andern einatomigen Phenole ein Zer- störungsprodukt organischer Materien durch hohe Temperatur. Doch greife ich der Arbeit nicht vor und sehen wir, ob die theoretisch aufgestellte Formel uns wirklich auf Thymol und nicht etwa auf einen dem Thymol isomeren Körper führt. — Das im Wasserdampfstrom destillirte mit den Was- serdämpfen übergehende gelbe Oel wurde mit einer Pipette vom Wasser abgehoben und aus einem Retörtchen destillirt. An- fangs ging ein noch mit Wasser gemischtes, in den spätern Partien ein wasserfreies, stark lichtbrechendes leicht beweg- liches, hellgelbes Liquidum über, das von brennendem, pfef- ferartigen Geschmack, doch nicht wie das Thymol von ange- nehmem, an Thymianöl erinnernden, sondern vielmehr kratz- endem Geruch, constant wie das aus Thymianöl erhaltene Thymol bei 230° siedete, aber nicht wie das Thymol, (das freilich auch nur schwer zur Krystallisation hinneigt und nach dem Schmelzen lange Zeit flüssig bleibt) krystallisirt erhalten wurde. Ebenso krystallisirtte das Nitroprodukt dieses Oels nicht; wohl aber erhielt ich das Barytsalz der Sulfosäure in schönen, weissen Nadeln. — Ich stelle hier vergleichsweise die aus der Formel berechneten Gewichtsprocente für €HQ des Thymol aus Thymianöl den durch Analyse gefundenen Werthen des von mir durch Schmelzen von cymolschwefel- saurem Kali mit Aetzkali erhaltenen Oels nebeneinander, das mit dem Thymol nicht nur einen gleichen Siedepunkt 230°, sondern auch wie folgende Zahlen zeigen, eine gleiche che- Eu 414 mische Zusammensetzung mit ihm hat und dessen Formel, die aus diesen Werthen durch Rechnung gefunden ist, genau mit der des Thymol übereinstimmt: Thymol aus Thymianöl Das durch Schmelzen aus Cymolschwefelsäure erhal- tene mit Thymol (2) isom- mere Oel. Berechnet. Gefunden. Ci =120 80,00 der aus Kohlens. ber. € — 179,83 Hı= 14 9,33 der aus Wasser ber. H= 9,26 Or 16.10.67 | 9= 10,91 150 100,00 Die aus den gefundenen Werthen berechnete Formel ist demnach €&10Hı4 9. — Ob unser Oel aber identisch mit dem Thymol sei, wie- wohl sein Siedepunkt und die Theorie dafür spricht, und viel- leicht ein noch unerklärlicher Umstand die Krystallisation hin- dert, lassen wir, da das Thymol bisher nur krystallisirt er- halten wurde, dahingestellt. Die aus obigen Werthen be- rechnete Formel des traglichen kann eben so gut für Identität als für Isomerie mit dem Thymol aus Thymianöl sprechen. — Ich behalte mir jedenfalls noch eine weitere Unter- suchung über die Constitution dieses Oels vor und werde das Barytsalz der Sulfosäure einer Analyse unterziehen. — Alb. Theorie und Berechnung der Tonleiter. Von Gustav Schubring. (Schluss.) - Berechnung des allgemeinen Tonsystemes. Das im vorigen Abschnitte entwickelte und durch die Tabellen auf Seite 90 — 93 characterisirte „allgemeine Ton- system“ beruht auf der Formel On es hat daher in diesem Systeme jeder Ton seine Quinte und seine grosse Terz. Will man aber sämmtliche in der Musik vorkommenden Töne erhalten, so muss man jedem Tone noch seine Octave geben und man muss daher zurückgehen auf die ursprüngliche vollständigere Formel von 8. 87: UMOmSIM Dieselbe liefert ein Tonsystem welches sich nicht nur nach zwei, sondern nach drei Richtungen ausdehnt, und zwar so weit als es die Grenzen der Hörbarkeit gestatten. Um das- selbe mit den Tonleitern der physikalischen Lehrbücher und der oben citirten akustischen Werke zu vergleichen, hat man für I, m und n die betreffenden positiven und negativen Zahlen (inclusive der Null) einzusetzen und die Schwingungszahlen der einzelnen Töne numerisch auszurechnen. Wenn man nun auch hierbei sich beschränkt auf Töne innerhalb einer Octave — und es reicht diess ja vollkommen aus — so erhält man doch selbstverständlich unendlich viele, oder besser beliebig viele Töne. Die folgenden von mir berechneten Tabellen enthalten nun eine grosse Anzahl von Tönen welche den Quintenreihen mit den-Grundtönen 1, 7Tt... 75, T-t!... T-5 angehören. Die Berechnung geschah in folgender Weise: die Schwingungs- zahlen der Grundtöne wurden in den aufsteigenden Quinten- reihen wiederholt mit 3/2, in den absteigenden mit 2/3; multi- plieirt, sobald sich aber dabei eine Schwingungszahl ergab welche grösser war als 2, resp. kleiner 1, so wurde dieselbe mit 2 dividirt resp. multiplicirt; mit andern Worten: es wurden 416 alle Töne des Tonsystems von S. 91 in die Octave zwischen C—=1 und C!=2 verlegt. In Folge dessen sind die Noten- namen in den folgenden Tabellen (wie es der Einfachheit wegen schon auf S. 92 geschehen ist) ohne besondere Octa- venbezeichnungen geblieben; nur einige, wenige Töne mussten eine solche erhalten: der Ton /lis z.B. hat eine Schwingungs- zahl die grösser ist als 2, um also innerhalb der Töne C=1 und C!=2 zu bleiben muss man den um eine Octave tiefern Ton His—! nehmen. In gleicher Weise sind c und ces tiefer als C und man muss daher die um eine Octave höhern Töne c! und ces! nehmen; ähnlich verhält es sich noch bei mehreren andern Tönen, wie man unten in den Tabellen sehen wird. Diese Tabellen enthalten die Schwingungszahlen in dop- pelter Form, nämlich als gewöhnliche und als Decimalbrüche; die gewöhnlichen Brüche sind aber zur Vermeidung der kleinen Ziffern nicht mit Bruchstrichen sondern mit dem Divisionszei- chen geschrieben, vor demselben steht der Zähler, dahinter der Nenner, Die Decimalbrüche sind zwar in den aufsteigenden Reihen alle endlich, sie mussten aber meistens abgekürzt wer- den, was mit der grössten Vorsicht geschehen und durch einen Punkt hinter der letzten Ziffer angedeutet ist; bei den ab- steigenden Reihen sind alle Brüche periodisch, aber die Periode konnte nur in wenigen Fällen vollständig angegeben werden, was durch 3 Punkte bezeichnet ist — wenn aber die Stellenzahl der Periode zu gross wurde, so sind die Brüche nach den ge- wöhnlichen Regeln abgekürzt. Die Tabelle vonChladni u.a. enthält neben den Schwin- gungszahlen noch deren umgekehrte Werthe als Saiten- längen für die betreffenden Töne; in den folgenden Tabellen sind diese nicht besonders angegeben, weil sie in Form ge- wöhnlicher Brüche ohne weiteres abgelesen werden können; in Form von Deeimalbrüchen aber findet man sie leicht, wenn man mit 2 dividirt in die Schwingungszahl des gerade gegen- überstehenden Tones: z. B. ist die Saitenlänge für den Ton G gleich 2/>—=1/2.0,333... —= 0,666... also gleich der halben Schwingungszahl des Tones F, ebenso ist die Saitenlänge für den Ton a gleich 3/;—1/2.1,2 = 0,6 also gleich der halben Schwingungszahl des Tones es etc. 417 Hiernach glaubte ich von einer besonderen Angabe der Saitenlängen absehen zu können; ich habe dafür die Loga- rithmen der Schwingungszahlen im Systeme mit der Basis 2 hinzugefügt, weil dieselben nach den früheren Auseinander- setzungen die Grösse der Intervalle zwischen dem Grundtone C und den einzelnen Tönen in Theilen der Octave angeben; ‚als Grundlage für die Berechnung der sämmtlichen Logarith- men dienen die Zahlen: 178 o=lg, 0=1 g = log, Q = 0,5849625007 t —= log, T = 0,3219280941 Hieraus sind die Logarithmen der übrigen Töne berechnet nach der Formel: Img + nt in welcher !, m und » dieselbe Bedeutung haben wie vorher, man findet also z. B. für die kleine Terz C:es oder e:@ den Logarithmus: q—t=0,2630344066 und für die Quarte C:F oder @:C! den Logarithmus 1— q=0,4150374993. Da nun die Töne unserer Tabellen alle zwischen C=1 und C!=2liegen, so liegen ihre Logarithmen alle zwischen 0 und 1, sie haben also alle die Characteristik O0, welche ich nach dem Vorgang von Opelt überall weggelassen habe; man kann daher sagen: die Logarithmen sind nach der Formel mg — nt berechnet und die sich ergebenden ganzen Zahlen sind ohne weiteres weggelassen. Ich habe aber nicht nur drei Decimal- stellen berechnet wieOpelt, sondern ich habe wie Drobisch deren fünf angegeben; meine Logarithmen geben also die Grösse der betreffenden Intervalle in Hunderttausendsteln der Octave an, wie diess schon S. 88 bemerkt wurde. Einzelne in der fünften Stelle vorkommende Abweichungen von den Angaben bei Drobisch sind durch sorgfältigere Abkürzung zu erklären. Zur Darstellung der Tonleiter in Form eines Kreises, bei der die Octave durch den ganzen Kreisumfang repräsen- tirt wird, ist die Decimaleintheilung des Kreises natürlich am bequemsten; da diese aber zurZeit noch nicht allgemein an- Bd. XXXII, 1868. 27 418 genommen ist, so will ich hier die Grösse einiger Interval- lenbogen in Sexagesimalgraden angeben: Octave = 360° Quinte —= 210° 35‘ 14,4 Quarte —= 1490 24° 45,6 “gr. Terz= 115° 53‘ 38“, 8 | kl.Terz—= 94° 41’ 32,6 Für die übrigen Intervalle kann man sich nun die Grösse der entsprechenden Bogen leicht ausrechnen. Die Figuren 1—3 und 5 sind danach mit; möglichster Genauigkeit aufge- zeichnet; nur der Ton A:s in Fig. 5 ist aus Versehen ein Stück zu hoch gezeichnet, das Intervall B—Ais darf nicht grösser sein als z. B. Ces—As oder Bh—4. Reihe 0. gm a) aufsteigend. m Töne Schwingungszablen Logarithmen 0. C 1 ol 00000 1. @ 3:2 — 5, 58496. 2..0D 9:8 == 1,125 16993. 3. A 27:16 =—1,685 75489. 4 E 81:64 — 1,265625 33985. 5. H 243:128 == 1,898438. 92481. 6. Fis 729:512 — 1,423828. 50978. 7. Cis 2187:2048 == 1,067871. 09474. 8. Gis 6561:4096 == 1,601807. 67970. 9. Dis 19683:16384 = 1,201555. 26466. 10. Ais 59049:32768 == 1,802032. 84963. 11. Eis 177147:131072 = 1,351524. 43459. 12. His-ı 531441:524284 — 1,013643. 01955. Intervalle. U C:C Einklang oder Prime q C:G Quinte 29-1 C:D grosse Secunde, grosser ganzer Ton 3g—1 C:A alterirte (pythagoreische) grosse Sexte 49—2 C:E ba Br „. Terz 59—2 C:H % ” ».. Septime 7g—4 C:Cis Apotome 129—7 C: His! pythagoreisches oder ditonisches Komma. Endlich möchte ich noch eine Bemerkung hinzufügen über die am Fusse der einzelnen Tabellen zusammengestell- ten Namen der einzelnen Intervalle; dieselben habe ich den oben citirten Werken von Euler, Chladni und Drobisch entnommen; nachträglich habe ich noch einige hinzugefügt aus der Schrift von Naumann: Ueber die verschiedenen Be- ‚ stimmungen der Tonverhältnisse. Diese Namen sind zwar nicht sehr consequent gewählt und auch nicht vollständig durch- geführt, ich glaubte sie aber doch der Vollständigkeit we- gen hier mit zusammenstellen zu müssen, zumal da in den Lehrbüchern der Physik bei weitem nicht alle aufgeführt zu werden pflegen. m 0. — 1. — 2. — 8. — 4. — 5. — 6. — 1. — 8 —.ı —10 —ıl —12 0 1-4 2—2q 2—3g 3—4q 3—5q As Des Ges Ces! Fes Bb Eses Ases Deses! 419 Reihe 0, om b) absteigend. Schwingungszahlen 1 u! 4:3 1,333333.... 16:9 —SLATTUIT 2 32:27 1,185185... 128:81 1,580247. 256: 243 — 1,053498. 1024:729 — 1,404664. 4096:2187 == 1,372885. 8192:6561 == 1,218590. 32768:19683 1,664787. 65536:59049 1,109858. 262144:177147 = 1,479811. 1048576:531441 1,973081. Intervalle. Einklang oder Prime Quarte kleinere kleine Septime alterirte (pythagoreische) kleine Terz ” ” ” Logarithmen 00000 41504. 83007. 24511. 66015. 07519. 49022. 90526. 32030. 73531. 15037. 56541. 98045. Sexte pythagoreisches Limma (nach Euler) oder diatonischer halber Ton (nach Drobisch). 420 Reihe +1. Qm Ti. a) aufsteigend. m Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. e 5:4 — 95) 32193. 007 15:8 — (HB TB 90689. 2. fs 45:32 — 1,40625 49185. 3. cis 135:128 — 1,054688. 07682. 4. gis 405 :256 —=+1,582031: 66178. 5. dis 1215:1024 —+1,186523. 24674. 6. als 3645:2048 —= 1,779785. 83170. 1. eis 10935 ::8192 — 1,334839. 41667. 8. his-ı 32805:32768 == 1,001129. 00163. 9. fisis 98415:65536 = 15501694. 58659. 10. cisis 295245:262144 == 1,126270. 17155. 11. gisis 885735:524288 = 1,689406. 75652. 12. disis 2657205:2097152 — 1,267054. 34148. b) absteigend. 0. e 5:4 — EHE 32193. Ur q 5:3 — 1,666666... 73697. — 2 d 10:9 = 1,111111... 15200. N g 40:27 — 1,481481... 56704. — 4 cl 160:313 = 1,975309. 98208. — 320:243 = 1,316872. 39712: — 6. 5 1280:729 -—- 1.793830. 81215. — Te 2560:2187 — 71940553. 22719. — 8 as 10240:6561 — 1,560738. 64223. — 9. des 20480:19683 == 1,040492. 05727. — 10. ges 81920:59049 == 1,387322. 47230. —11. ces! 327680:177147 == 1,849763. 88734. —. 1 655360:531441 = 1,233175. 30238. Intervalle. t C:e grosse Terz | mi gt C:h ,„ Septime 1-Ht—g C:a grosse Sexte 2g+1 - 1C: fisgrssr.überm. Quarte 1+1t— 29 C:d kl. ganz.Ton 3q4+1—2C:cis kleines Limma 2-+t—3gC:g alter.Quinte 4q-+t—2 C:gis alt.überm. Quinte a grössere 89+1-5C:his 1! Schisma. une rn Octave- 421 Reihe —1. an T=i b) absteigend. m Töne Schwingungszahlen Logarithmen. 0. as 8:5 = 1,6 67807. — 1. des 16:15 — 1,066666 ... 09311. — 2. ges 64:45 — 1422222... 50815. — 3. ces! 256:135 =—1,8962962,.,. 92318: — 4. fes 512:405 — 1,264198. 33822. —5. » 2048:1215 — 1,685597. 75326. — 6. eses 4096 :3645 —= 1,123731. 16830. — T. ases 16384:10935 == 1,498308, 58333. — 8. deses! 65536:32805 == 1,997744. 99837. — 9. geses 131072:98415 == 1,331830. 41341. — 10. ceses! 524288:295245 = 1,775773. 82845. — 11. jeses 1048576:885735 == 1,183848. 24348. —12. 555 4194304:2657205 — 1,578464. 65852. a) aufsteigend. 0. as 8:5 N 67807. BnNes 6:5 u 26303. EURE 9:5 — 1,8 84800. Inf 27:20 — 1,35 43296. 4. c 81:80 —= 1,0125 01792. I. gg 243:160 — 1,51875 60289. ans ıdı 729:640 —= 1,139063. 18785. Een 2187:1280 — 1,708594. 77281. SER 6561:5120 = 1,281445. 39777. SEN 19683:10240 — 1,922168. 94273. 10. fs 59049:40960 == 1,441626. 52770. 11. cs 177147:163840 == 1,081220. 11266. 12. gis 531441:327680 == 1,621830. 69762. Intervalle. 1—t C:as kleine Sexte 1—1—q C:aes kl.Sec.;gr.halbTon | g—t C:es kleine Terz 2—t—29C:ges klr.verm. Quinte |29—t C:5 grssr.kl.Sept. 8—t-SgCiees® „ ,„ Octave |3g—t-—1 C:? alter. Quarte nt —4gC:jes „ ,„ Quarte |49—t—2C:esynton.Komma 4—t—59C:$5 „ » Septime. |5g—t-- 2C:7 grssr.alt.Quint. 422 Reihe +2. Om T? a) aufsteigend. m Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. 6is 25:16 — 1,5625 64386. 1. Dis 75:64 —= 1,171875. 22882. 2. 4is 225:128 —= 1,757813. 81378. 3. Eis 675:512 = 1,318359. 39874. 4, His 2025:1024 == 1,977539. 98371. 5. Fisis 6075:4096 — 1,483154. 56867. 6. Cisis 18225:16384 = 1,112366. 15363. 7. Cisis 54675:32768 — 1,668549. 73859. 8. Disis 164025:131072 — 1,251412. 32356. b) absteigend. 0. Eis 25:16 = 1,5625 64386. — 1. (is 25:24 — 1,041666... 05889. —2. Fis 25:18 — 1,388888... 47393. —3 4 50:27 = 1,851851... 88897. —4. E 100:81 = 1,234568. 30401. ea u 400:243 = 1,646091. 71904. —6. 2 800: 720 —= 1,097394. 13408. —ı 6 3200:2187° == 1,463192. 54912. —8. € __12800:6561 — 1,950922. 96416. Intervalle. 21 C:@is grössere übermässige Quinte q+21--1 C:Dis 3 N Secunde 2q+21—1 B:Ais er #3 Sexte 39+21—2 C: Eis ” ” Terz 2(—q (C:Cis übermässige Prime; kleiner halber Ton 1-+2:—2g C:fis klr. überm. Quarte 2+21—3g9 C:H alterirte grosse Septime. 423 Reihe —2. gm T—-? b) absteigend. m Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. Fes 32:25 = 1,28 35614, — 1. B 128:75 = 1,70666666... 77118. — 2. Eses 256:225 ==: 1,13777777... .18621. — 3. Ases 1024 :675 = 1,51703703... 60126. — 4. Deses 2048:2025 — 1,0113580. 01629. — 5. Geses 8192 :6075 —= 1,3484774. 43133. — 6. Ceses! 32768:18225 III 84637. — T. Feses 65556: 54675 = 1,1986466. 26141. — 8. Bob 262144:164025. = 1,5981954. 67644. a) aufsteigend. 0. Fes 32:25 = 21736 35614. 1. Ces! 48:25 us 94111. va #5 36:25 — 1,44 52607. 3. Des 27:25 — 1,08 11103, 4. As 81:50 = 1,62 69599. 5.8: 243 :200 —P2 28096. 6. 2 729:400 — 1,8225 86591. LT, 2187 :1600 —= 1,566875 45088. SaEe 6561 :6400 — 1,02515625 03584. { Intervalle. 1—2t C:Fes verminderte Quarte 2—21—q4 (: 56 kleinere verminderte Septime 2—21—2g C: Eses > „5 Terz 3—21—3q C: Ases J er Sexte 3—21—4q C: Deses * „ . Secunde: Diaschisma g—2!+1 C:Ces! grössere verminderte Octave 29—2/+2 C:Ges R' = Quinte 3q—21+3 C:Des grosses Limma (kleine Secunde). 424 Reihe +3. Em T3 a) aufsteigend m Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. Akis 125:64 = 1,953125 96578. 1. Asis. 375:256 == 1,464844. 55075. 2. eisis 1125:1024 = 1,098633. 13571. 3. gisis 3375:2048 —= 1,647950. 72067. 4. disis 10125:8192 = 1,235962. 30563. b) absteigend. 0. Äis 125:64 == 1,953125 96578. — 1. eis 125:96 == 1,30283333... 38082. — 2. dis 125:722 = 1,73611111... 29586. — 3. dis 125:108 = 1,15740740... 21090. — 4. gis 125:831 == 1,54320988. 62593. —5. eis 250:243 == 1,02880658. 04097. Intervalle. 3 C:his kleinere alterirte Octave 3—qg C:eis N übermässige Terz 14+31—24 C:eis y übermässige Sexte 1+31—3g C:dis s i£ Secunde 2+31—4g (:gis .h Haar: Quinte 2+31—5g C:eis grosse Diesis (nach Drobisch). Bemerkung. Dieses letzte Intervall wird nur von Dro- bischals „grosse Diesis“ bezeichnet; Chladni (auch diean- dern Theoretiker) gibt demselben keinen besondern Namen, unter der grossen Diesis versteht er ein anderes Intervall (s. S. 427). 0. deses 128: — |]. geses 512 —ß2, ceses ! 2048: 425 Reihe —3. gm T-3 b) absteigend. m Töne Schwingungszahlen Logarithmen 125 — 1,024 03422. :375 — 1,365333333... 44925. 1125 == 1,820444444... 86429. 3375 == 1,213629629... 27933. — 8. jeses 4096: — 4. bb 16384: 0. ueses 128: 1. ases 192: 2. eses 144: 3. b6 216: 4. jes 162: d. ces! 243: 10125 == 1,6181728396. 69437. a) aufsteigend 125 — 1,024 03422. 125 = 1,536 61918. 125 — 1,152 20414. 125 — 1,728 78910. 125 — 1,296 37407. 15 = 1,44 95903, Intervalle. en C.eses 149—3t C:ases 29—3t C:eses 39—31 C:bb 4q—-3:—1 C:jes 5g—3t—1 Cices 1 kleine Diesis verminderte Sexte grössere verminderte Terz “ Re Septime alterirte 3 Quarte Octave. ” ” Ich habe diese Tabellen nicht weiter fortgesetzt, weil die folgenden Töne und Intervalle gar keine Wichtigkeit mehr haben; noch weniger Interesse haben die Reihen 4 und 5, aus denen umstehend noch einige Töne angegeben sind. 27 Ey 426 Reihe +4. Om 7-4 m Töne Schwingungszahlen Logarithmen. 0. Disis 625:512 == 1,220703125 28771. — 4. #is 625:324 = 1,929012347, 94786. Reihe +5. Qmr T:. m. Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. Asis 3125:2048 —= 1,5258789. 60964. — 1. kisis -1 3125:3072 —= 1,0172526. 02468. Das zuletzt aufgeführte Intervall 5 —g— 1=C:hisis—1— geses: (is, also das Intervall zwischen der kleinen Diesis und der über- mässigen Prime, wird vonDrobisch (musikalische Tonbestim- mung und Temperatur $ 19) bezeichnet als verminderter halber Ton; - Euler und Chladni geben ihm so viel ich sehe keinen be- sondern Namen. Ich finde bei Drobisch noch ein anderes Intervall wel- ches die andern Theoretiker nicht aufführen, nämlich das Komma der Alten, dasselbe ist der neunte Theil eines grossen ganzen Tones und es ist daher sein Logarithmus = !/y (29—1) = 01888. Schwingungsverhältnis 1:y = — 1 :1,08oi7 3. Es steht also an Grösse in der Mitte zwischen dem pytha- goreischen und dem syntonischen Komma; Drobisch theilt es in 2 gleiche Theile und nennt jede Hälfte ein Schisma, dessen Logarithmus ist also 00944 und sein Schwingungsverhältnis 1:1,006565 Es ist aber zu bemerken, dass hiermit das Schisma welches Chladni (Akustik $36) angibt nicht übereinstimmt, dasselbe beträgt nämlich. (siehe oben S. 6), in Logarithmen nur Sg -+t— 5—= 00163. 487 Reihe —4. om TA m "Töne Schwingungszahlen Logarithmen 0. Bob 1024:625 = 1,0384 71229. 4. Deses 648:625 == 1,0368 05214. Reihe —5. on 7-3 m Töne, Schwingungszahlen Logarithmen .. geseses 4096:3125 = 1,31072 39036. I; esse! 6144:3125 = 1,96608 97532. Das in Reihe —4 zuletzt aufgeführte Intervall 49 4 —1=4(g— 1) —1=C:Deses wird von Chladni bezeichnet als grosse Diesis; da Drobisch aber diesen Namen schon für ein anderes In- tervall (2+3:—5g) verwendet hat, so nennt er es den | Drittheilston. Mir scheint aber die erstere Bezeichnung den Vorzug zu ver- dienen. Geht man nämlich vom Grundtone aus 3 grosse Ter- zen abwärts, so erhält man die Töne Ol:as:Fes:deses, geht man aber vier kleine Terzen aufwärts, so ergibt sich die Tonfolge C: es: Ges: bb : Desest, Das Intervall C':deses =1— 3t= 03422, welches die kleine Diesis heisst, ist also der Unterschied zwi- schen einer Octave und dem Producte dreier grossen Terzen; das Intervall C:Does—4(g—)— 105214 aber ist der Unterschied zwischen einer Octave und vier klei- nen Terzen und dürfte daher wegen der von selbst in die Augen fallenden Analogie am passendsten als grosse Diesis zu bezeichnen sein. 428 Die auf den vorigen Seiten angegebenen Zahlen, na- mentlich die Logarithmen, können nun zur Construction der auf S. 79— 83 beschriebenen graphischen Darstellungen be nutzt werden. Auf den beiden Tafeln die diesem Aufsatz beigegeben sind finden sich fast nur die kreisförmigen Figu- ren; um nun auch von der geradlinigen Darstellung eine An- schauung zu geben folgen hier einige derartige Figuren, so gut wie sie sich mit Typen herstellen liessen: Der Opeltsche Accordmesser. issue ®| Si ltsnnuniwesiin " el Dur| IM Re ® |* Mol l {ep} Die Eintheilung dieser Linie stellt von der einen Seite aus gesehen den Duraccord C, e, @, C!, e!, G!, von der andern Seite den Mollaccord C, es, 6, C!, es!, G! dar. Sehr instructiv für die Anschauung der Verhältnisse zwischen den verschiedenen Intervallen sind auch die folgen- den Figuren, welche zeigen sollen dass man weder durch Quinten noch durch Terzen zu einer Octave des Grundtones gelangt. 7 Octaven und 12 Quinten: C c1 c2 63 c! 05 c$ c" | | | | | | | | Iso Hois)ofl bunlos BID od G DiAı E2 H2Fis3 Cist Gist Dis> Ais5Eis6His6 1 Octave und 3 grosse Terzen: C ci u | ar ln 1% e Gis his 1 Octave und 4 kleine Terzen: C | cı | Bir | Do a a al C es Ges bb Deses Um eine vollständige Anschauung von der Grösse der Intervalle zu erhalten muss man natürlich sämmtliche Figuren in einem und denselben, und zwar in einem etwas grössern Massstabe zeichnen; in den meisten Fällen wird es ausreichen wenn man, wie es in Fig.4, Taf. I geschehen ist, die Octave = 100" macht. 429 Die Tonleitern der ältern Theoretiker und ihr Verhältniss 1 zum allgemeinen Tonsystem. Um den Unterschied zwischen dem oben entwickelten allgemeinen Tonsystem und den Tonleitern der äitern Theo- retiker vollständig übersehen zu können, scheint es nöthig zu ‚sein auf die Art und Weise der Intervallberechnungen zurück- zugehen. Allen diesen Berechnungen hat man stets den Grund- ton C=1 zu Grunde gelegt, hat dann von diesem Tone aus zuerst einige Consonanzen direct und darauf die übrigen Töne indirect, nämlich durch wiederholte Additionen und Subtrac- tionen der ersten consonanten Intervalle bestimmt. Bei die- sen Berechnungen verfolgten aber die ältern T'heoretiker kein bestimmtes Princip und sie erhielten daher zum Theil ver- schiedene Werthe; so geben z. B. Wüllner und Opelt für die Schwingungszahl der kleinen Secunde den Werth ?"/; an, während Drobisch, der mit Euler diess Intervall als „gros- ses Limma“ bezeichnet, die Schwingungszahl der kleinen Se- cunde im Anschluss an Chladni auf 16/5 reducirt. Nach der von uns benutzten Methode müssen sich nun nothwendiger Weise alle möglichen Werthe ergeben und wir konnten daher unser Tonsystem mit Recht als ein allgemeines bezeichnen. Ferner unterscheiden sich dieältern Entwickelungen da- durch von den obigen, dass sie mehr Intervalle direct be- stimmten, nämlich fast die sämmtlichen Consonanzen; ich habe dagegen ausser der Octave — die ja für die inRede stehen- den Verhältnisse so gut ist als der Einklang — nur die Quinte und die grosse Terz benutzt. Aus meiner obigen Darstellung (S. 85 ff.) wird man er- kennen dass ich diess nur aus arithmethischen Gründen ge- than habe, eine besondere musikalisch-philosophische Bedeu- tung möchte ich diesen Intervallen durchaus nicht beilegen. Ich bemerke diess hauptsächlich mit Rücksicht auf ein neu erschienenes Werk: System und Methode der Harmonielehre von Otto Tiersch (Leipzig 1868), welches auf der Hypo- these beruht dass die genannten drei Intervalle die einzigen „direct verständlichen“ seien, während die übrigen, die Quarte, die Sexten u. s. w. nur indirect vom Verstande begriffen wür- den, nämlich durch ihre Beziehungen zu jenen dreien. Wenn 430 wir nun auch diese Hypothese nicht gelten lassen können, so erscheint doch die Zurückführung aller Intervalle auf jene drei, namentlich mit Rücksicht auf die arithmetischen Verhältnisse, als eine gute Unterrichtsmethode. Der dritte und wie mir scheint wichtigste Unterschied zwischen den. Tonleitern der ältern Theoretiker und unserm Tonsystem ist der, dass man früher stets nur eine beschränkte Anzahl von Tönen angab, während wir jetzt eine unendlich grosse Zahl von Tönen innerhalb der Octave C—=1 bis C!—=2 haben. Angesichts dieses principiellen Unterschiedes kommt we- nig darauf an, ob man nur die diatonische Tonleiter von 7 Tönen oder die chromatische Tonleiter von 12 Tönen in der Octave bildete, oder ob man zur 21-stufigen diatonisch-chro- matisch-enharmonischen Tonleiter vorgieng. Bei dieser Zahl ist man,bis in die neueste Zeit meistens stehen geblieben und zwar, wie man bei Marpurg (Versuch über die musikalische Temperatur, Breslau 1776, $ 96 — 100) sehen kann, aus fol- genden Gründen: Erstens wollte man die doppelt erhöhten und erniedrigten Töne wie cisis, deses u.s.w. möglichst ver- meiden. Ferner gab man von den gleichnamigen Tönen, die wir durch verschiedene Bezeichnungen unterschieden haben, stets nur einen an, und zwar suchte man sich dabei immer einen solchen mit möglichst einfacher Schwingungszahl aus; daneben aber hatte man noch eine andere Rücksicht, man glaubte nämlich dass die Töne nothwendig in folgender Weise auf einander folgen müssten: c, eis, des, d, dis, es, e, eis, fes, f, fis... ; man bestimmte daher alle Intervalle so, dass z.B. die Reihe der Terzen (die verminderte, kleine, grosse und übermässige) weder durch die übermässige Secunde noch durch die verminderte Quarte unterbrochen werde; mit einem Worte, man verlangte „dass keine einzige Classe von Tönen in eine andere eingreife “ (Marpurg a. a. O.). Von diesen Vorurtheilen hat sich so viel ich sehe zu- erst Drobisch frei gemacht; die von ihm in der Abhand- lung über musikalische Tonbestimmung und Temperatur aufge- stellte Tonleiter enthält nämlich incl. der Octave 42 Intervalle, welche sich paarweise zur Octave ergänzen (wie F und 6, e und as u. s. w.). In dieser Tonleiter gibt es nicht nur dop- 431 pelt erniedrigte Töne *), sondern auch mehrere gleichnamige, z. B. Töne die wir als d und D, Zses und eses, F und f, ases, @s und As etc. bezeichnen würden, Im weitern Verlauf der Untersuchung bestimmt Drobisch noch viel mehr Töne in- nerhalb der Octave, nämlich so wie sie für die reine Aus- führung der verschiedenen Tonarten nöthig werden würden. 'Er zeigt dadurch dass sich die relativen Schwingungszahlen der erhöhten und erniedrigten Töne (Obertasten des Qlaviers) gar nicht schlechthin, sondern nur mit Rücksicht auf die Ton- art bestimmen lassen; dass dasselbe aber auch für die Haupt- töne (Untertasten) gilt, scheint er nicht recht zugeben zu wollen (s. $28 und die Einleitung S. 6 seiner Abh.). Endlich ist zu bemerken dass Drobisch auch einigemale die ver- schiedenen „Ulassen‘“ der Töne in einander übergreifen: lässt, z.B. setzt er die übermässige Terz höher als die verminderte Quarte; aber. er lässt diess Uebergreifen nicht bei allen Inter- vallen stattfinden und stimmt also in diesem Punkte nicht mit Her- bart überein, der in den auf 8. 74 citirten Aufsätzen nachzu- weisen sucht dass ein erhöhter Ton stets höher sei als der entspre- chende vertiefte, alsa z.B. dass cis höher sei als des. Diess ist; nun allerdings der Fall, wenn die beiden Töne einer und derselben Quintenreihe angehören, aber allgemein richtig ist es; nicht, denn es ist z. B. €is tiefer als Des etc., wie man aus unsern obigen Tabellen deutlich ersieht. Es scheint also mit Rücksicht auf diese Verhältnisse nöthig: zu, sein das „allgemeine Tonsystem“ der Lehre von der Tonleiter und den Intervallverhältnissen überhaupt zu Grunde zu legen; dabei ist esaber durchaus nicht nothwendig soweit vorzugehen wie wir es oben gethan haben, man kann viel- mehr je nach. dem vorliegenden Zweck mehr oder weniger *) Doppelt erhöhte Töne kommen bei Drobisch nicht vor. Es hängt diess zusammen mit einer Unsymmetrie unserer Notenbezeichnung, die mam bei Betrachtung: der Tabelle aufS.92 leicht erkennt. Man gelangt nämlich vom Tone. C aus: durch absteigende Quinten und Terzen viel eher zu vertieften Tönen als durch aufsteigende Intervalle zu erhöhten; will man in dieser Beziehung. eine Symmetrie. erzielen, so muss man den Ton D als Grundton annehmen, gegen dessen Taste auf dem Claviere alle andern symmetrisch liegen. Vgl. hierzu auch A. v. Oettingen, Harmoniesystem in dualer Entwickelung. 432 Töne zusammenstellen. Für den elementaren Unterricht ge- nügt es wol die in der gewöhnlichen Dur- und Molltonleiter vorkommenden Intervalle abzuleiten, und diess würde vielleicht am einfachsten in der folgenden Tabelle geschehen: Bklnr.kl.Septime 16/9 dklnr. gr.Secund.10/9 des kl. Secunde 16/15 F Quarte #/; a grosse Sexte 5/3 as kleine Sexte 8/; |CEinkl., Grundton1.| e grosse Terz ?/s es kleine Terz $ G Quinte 3/2 h grosse Septime 15/s ? grssr. kl.Septime/s | Derssr.gr.Secund 9/s Man sieht ohne Weiteres dass diese Tabelle den mit- telsten Theil des allgemeinen Tonsystems darstellt’ und leicht nach jeder Seite zu je nach Bedürfniss beliebig erweitert wer- den kann. An der Stellung der Namen der einzelnen Intervalle zum Grundtone erkennt man nun die Beziehungen der sämmt- lichen Töne des allgemeinen Tonsystems von S. 90 zu einan- der: es steht z. B. gerade unter dem Grundton der Name der Quinte, daraus geht hervor dass jedesmal der unter einem Tone stehende Ton die Quinte dazu ist — allerdings muss man den letztern oft um eine Octave höher nehmen; so ist die grosse Septime h dieQuinte zur grossen Terz e, aber diese letztere wird erst in der höhern Octave die Quinte zu der in unserm Schema darüber stehenden grossen Sexte a. Fer- ner steht links unter dem Grundtone die kleine Terz, daraus sieht man dass z. B. die kleine Sexte zu betrachten ist als kleine Terz der Quarte; rechts oben vom Grundton steht die grosse Sexte, folglich ist die Quarte (nämlich eine Octave hö- her gedacht) die grosse Sexte von der kleinen Sexte u s. w. Wenn man diess Schema mit den Namen der Intervalle fortsetzen will, so muss man sich zusammengesetzterer Aus- drücke bedienen, man muss die Benennungen „übermässig“ und „vermindert“ einführen und man kommt doch sehr bald an die Grenze der möglichen Combinationen, während das allgemeine Tonsystem ohne Grenzen ist; man thut daher am besten nur die nothwendigen Intervalle mit besondern Namen zu belegen, nämlich die welche in der Dur- und Molltonleiter vorkommen. Nach den Stufen dieser beiden Leitern sind die Namen 433 für die Intervalle gebildet, und diese Namen sind dann auch zugleich als Namen der Töne verwendet. Uebrigens hat man auch die griechischen Zahlen zu Namen für die Intervalle verwendet; Euler gibt z. B. für die Quarte den Namen Dia- tessaron: dia Teoodomv „durch 4 Stufen,“ für die Quinte Dia- pente: dı@' wevre „durch 5 Stufen,“ für die Octave aber Dia- pason*) dıa naoow „durch alle Stufen.“ Daneben existirte aber noch eine andere Zählungsweise, bei der man den Grundton nicht mitrechnete, sondern die Intervalle von der Grösse eines (grossen) ganzen Tones zählte; in dieser Bedeutung brauchte man die Namen Ditonus und Tritonus; der Ditonus ist nämlich nichts weiter als die py- thagoreische Terz C:E = 64:81; Tritonus aber nennt Euler die 4 Intervalle welche wir nach Drobisch als übermässige Quarten und verminderte Quinten bezeichnet haben (vgl. 5.420 —423), also die Intervalle 18:25, 32:45, 45:64 und 25:36. Diese Art die Intervalle zu zählen ist in etwas anderer Form vor einigen Jahren aufs neue vorgeschlagen von Herrn A. J. Koch in einem Aufsatze: Kritische Bemerkungen über die bisherigen Tonlehren und Andeutungen zu Reformen (Sitzungs- berichte der Wiener Academie 1865, math.-phys. Classe LI, 11,389)). Herr Koch hat über die „Arithmetik der Musiker“ ganz eigenthümliche Ansichten, er glaubt nämlich z. B. dass dieselben beim Bestimmen der Intervalle nur die Unter- tasten der Claviatur zählen und daher z. B. das Intervall f-h ebenso wie c—f eine Quarte nennten, während man doch am Claviere deutlich vor Augen habe dass k von f um sechs Stufen, dagegen fvon c nur fünf Stufen entfernt sei. Da nun bekanntlich 5 die Quarte von f ist und auch stets als solche bezeichnet wird, so ist diess eine reine Einbildung; aber er wird von derselben so beunruhigt dass er eine Aenderung der Namen für unbedingt nöthig hält. Er schlägt vor die Intervalle nach halben Tönen zu zählen und c=0, cs—=1, d=2.... c!=12 zu setzen, resp. die einzelnen Noten durch die Namen prime, secunde ....duodez zu bezeichnen, und er macht die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Theorie der - *) Wann und wie diess Wort in Frankreich die Bedeutung „Stimmgabel“ erhalten hat, darüber habe ich nirgends Aufschluss er- halten können. Bd. XXXI, 186s. 283 434 Musik von der Annahme dieses Vorschlags abhängig. Herr Koch bringt in seinem Aufsatze noch allerlei andere merk- würdige Sachen vor, z. B. eine neue Temperatur mit höchst sonderbaren Principien , deren Berechtigung vom Standpunkt der neuern Akustik durchaus nicht zu verstehen ist — aber von der Physik scheint Herr Koch überhaupt nicht viel wis- sen zu wollen, wenigstens ignorirt er in seinem Aufsatze das Helmholtz’sche Werk, das damals eben in zweiter Aus- gabe erschien, vollständig. Weitere Bemerkungen über diesen Aufsatz habe ich schon vor 2 Jahren in dieser Zeitschrift (Bd. 27, 8. 501) veröffentlicht als Nachtrag zu einer kleinen Mittheilung Ueber die Berechnung der Tonleiter. Gegen diese Bemerkungen hat Herr Koch bei der Wiener Academie eine Replik eingereicht (cfr. Sitzungsbericht vom 3. October 1867), dieselbe ist aber leider nicht abgedruckt, und ich muss da- her zunächst noch auf den damals ausgesprochenen Ansich- ten beharren. In dem erwähnten Aufsatz habe ich zuerst versucht eine Reihe von Tönen des Helmholtz’schen Tonsystems numerisch zu berechnen, doch hatte ich diess Tonsystem da- mals noch nicht in seiner oben dargelesten Allgemeinheit auf- gefasst. Leider sind aber in jenem Aufsatze eine Reihe von Druckfehlern stehen geblieben, die zwar jeder mit der Sache vertraute Leser als solche erkennen wird, die ich aber doch zur Vermeidung von Irrthümern bei dieser Gelegenheit hier corrigiren will. Zuerst ist auf S. 486 in Tabelle I bei der Quinte zu lesen 3/, statt 2/s, ebenso verhält essich auf S. 489 wo /s in 5/a, 16/5 in 2/ıs etc. zu verwandeln ist. Sodann muss es auf S. 495, Z. 14 v. u. im Mollaccorde natürlich es heissen statt e*), ferner ist aufS.496 in der Ueberschrift der Tabelle IX (Reihe +1 unseres Tonsystems) statt: des Buch- staben a zu lesen e=1,25, und endlich auf S. 502 Z.3 v.u. Secunde statt Minute. Auch sind die Angaben über die Litteratur noch sehr unvollständig, da ich die betreffenden Werke von Euler und Drobisch noch nicht kannte. In einer spätern Arbeit „über die Tonleiter und ihre Be- *) Bei Helmholtz Z.v.d. Tonempf. 5.486 Z.3 v.u. steht umge- kehrt Zs im Duraccord. 435 rechnung“ (Zeitschrift für Mathematik und Physik von Schlö- milch, Kahlund Cant or 1868 Supplementheft 5.105 — 140) habe ich diese Rechnungen weiter ausgedehnt*), und in dem vorliegenden Aufsatze bin ich darin noch weiter gegangen, so dass man die Berechnungen der Tonverhältnisse wol nir- gends vollständiger finden wird ; ein definitiver Abschluss ist aber der Natur der Sache nach nicht möglich. Auch in Beziehung auf die einschlägige Litteratur war, wie ich schon in der Einleitung sagte, Vollständigkeit nicht zu erreichen, ich musste mich bei der grossen Zahl von Bü- chern und Aufsätzen die über die Berechnung der Tonver- hältnisse geschrieben sind, auf die für. meine Zwecke wich- tigsten beschränken. Dabei sind mir aber leider drei Werke entgangen, welche auf die von mir behandelten Fragen eben- falls eingehen, und eigentlich auf S. 89—93 hätten mit be- sprochen werden müssen; da ich sie aber erst nach dem Drucke der ersten Abtheilung dieses Aufsatzes habe kennen lernen, so erlaube ich mir an dieser Stelle noch einige Worte über dieselben einzuschalten. . Im Jahre 1858 hat C. E. Naumann in Leipzig eine Dissertation herausgegeben über die verschiedenen Bestimmun- gen der Tonverhältnisse, er schliesst sich hauptsächlich an Dro- bisch an und kämpft wie dieser für das pythagoreische oder reine Quintensystem (s. 8. 67 meines Aufsatzes). Diess be- richtet auch Helmholtz (I. v. d. Tonempf. Ill. 16, 482). Naumann unterzieht aber ausserdem noch dasHauptmann’- sche Tonsystem, welches aus Quinten und Terzen zusammen- gesetzt ist, einer genauern Prüfung, und er kommt dabei zu demselben Resultat wie später Helmholtz; er findet näm- lich dass die von Hauptmann vorgeschlagene Unterschei- dung der durch Terzen und Quinten gefundenen Töne nicht ausreicht, weil er die durch verschiedenartige Terzenvermitt- lungen (durch auf- und absteigende, ein- und mehrfache Ter- zen) gefundenen Töne, d. h. also die Töne der Reihen + 1, +2,.... nicht unterscheidet. Naumann führt daher zur ge- nauern Unterscheidung dieser Töne besondere Zeichen (siehe *) In der diesem Aufsatz beigegebenen Tafel habe ich mehrere Tonleitern und Opelts Accordmesser (s. S. 428) in der oben erklärten geradlinigen Darstellungsweise aufgezeichnet. 28* 456 Seite437) ein und stellt eine Tabelle auf welche mit unserm allgemeinen Tonsystem von S. 91 und 92 im Princip voll- ständig übereinstimmt. Helmholtz scheint diese Tabelle in der Naumann'- ‚schen Schrift und die darin vorgeschlagenen Zeichen überse- hen zu haben, wenigstens erwähnt er sie betreffenden Ortes (L. v. d. Tonempf. Ill, 14, 428) nicht, auch weichen die von ihm angegebenen und von uns benutzten Zeichen von den Naumann’schen bedeutend ab. Durch die Untersuchungen von Helmholtz sind dann mehrere Schriften veranlasst, unter denen das Harmoniesystem in dwaler Entwickelung von Arthur vonOettingen (Dorpat und Leipzig 1866) eine der ersten Stellen einnimmt. In die- sem Werke befindet sich ebenfalls eine Tabelle welche unser allgemeines Tonsystem darstellt; der Verfasser hat aber die Helmholtz’sche Bezeichnung wieder verlassen und abermals eine neue eingeführt, welche auch Helmholtz in der fran- zösischen Uebersetzung seines Werkes benutzt haben soll. Endlich ist hier noch ein so 'eben erschienenes Buch zu nennen, welches die Resultate der Helmholtz’schen Untersuchungen für den elementaren Unterricht in der Har- monielehre brauchbar zu machen sucht: System und Methode der Harmonielehre von Otto Tiersch (Leipzig1868). Auch hier werden die Töne unserer verschiedenen Quintenreihen unterschieden, und zwar ähnlich wie ich es S. 93 vorgeschla- gen habe, nämlich durch positive und negative Indices; aber wo ich negative Indices geschrieben habe wendet er positive an und umgekehrt; es drückt also bei Tiersch der Index (—1) eine Vertiefung, der Index (+1) eine Erhöhung um ein Komma aus. Man kann auch sagen: die Indices bei Tiersch sind die Exponenten von 7 wenn man die Schwingungszahl m din: (0) in die Form TR Um die verschiedenen Bezeichnungsweisen der in die einzelnen Quintenreihen gehörigen Töne bequem mit einander vergleichen zu können, habe ich in folgender Tabelle die Grundtöne dieser Reihen nach den oben erwähnten Schreib- weisen zusammengestellt. bringt. 437 Reihe Naumann Helmholtz v.Oettingen Tiersch Schubring Schwinggsz. 3. Ms (is) 5 Miss) His, 125/54 2, gis Gis gis Ns(—2) Gis, 25/16 ER e e e(—1) E, 5/4 ON L08 C 6 c C 1 — 1. as us as as(-+1) A Als — 10 fe (Fes) fes fes+2) Fe_, la — 3. deses”' (deses) deses deses(+3) Deses_, 128/125 Obgleich einige von diesen Bezeichnungen schon mehrere Jahre alt sind, so hat sich doch noch keine von ihnen bei den Physikern eingebürgert, und ich glaube auch nicht dass es einer von ihnen noch gelingen wird; es sind nämlich alle diese vorgeschlagenen Zeichen schon früher benutzt zur Un- terscheidung von Octaven, und es könnten daher leicht Ver- wechslungen und Irrthümer entstehen. Herr Professor Knoblauch hierselbst hat desshalb die um ein Komma verschiedenen gleichnamigen Töne in seinen Vorlesungen auf eine andere Art unterschieden. Um nämlich die Verschiedenheit der pythagoreischen und der natürlichen Durtonleiter wirklich zeigen zu können, hat er eine Reihe von zinnernen Orgelpfeifen welche die Töne dieser beiden Ton- leitern angeben herstellen lassen, und hat dieselbe dadurch unterschieden dass er die Töne der pythagoreischen Tonleiter sämmtlich mit dem Index g versah, weil dieselben alle durch Quinten zusammenhängen; der Terz, Sexte und Septime der natürlichen Durtonleiter aber wurde der Index z angehängt, um anzudeuten dass dieselben Terzen der betreffenden Töne aus der vorigen Reihe sind. Man sieht dass diese Bezeich- nung sehr deutlich ist, sie würde sich auch leicht für Töne anderer Reihen erweitern lassen. Da nämlich die Töne mit dem Index g der Reihe O0 angehören und die Töne mit dem Index t der Reihe +1, so liegt es sehr nahe für die Töne der Reihe —1 (die kleinen Terzen der Töne aus Reihe 0) den Index —ı und für die Töne der übrigen Reihen die In- dices 2, 31...... ; — 21, —3t.... anzuwenden; dadurch würde man eine Bezeichnung erhalten die der oben von mir vorge- schlagenen sehr ähnlich ist — aber sie ist in typographischer 438 Beziehung noch unbequemer, weil bei Anwendung einer klei- nen Druckschrift die für die Indices nothwendigen verhält- nismässig kleinern Lettera nicht mehr vorhanden sind. Es dürfte daher nicht überflüssig sein, wenn man noch eine "Bezeichnungsweise finden könnte welche eine Verwechse- lung mit den Octavenbezeichnungen nicht zulässt und auch in typographischer Hinsicht möglichst bequem ist. Das erste erreicht man wol am einfachsten dadurch dass man die In- dices vor die Notennamen setzt, das zweite dadurch dass man als Indices gerade Striche oder Kommata verwendet, und ich würde daher etwa folgenden Vorschlag machen: Die Töne der Reihe 0 bleiben ohne jede Bezeichnung, die Töne der Reihe +1, welche um ein syntonisches Komma tiefer sind als die gleichnamigen Töne der Reihe 0, erhalten zur Unter- scheidung unten einen Strich; die Töne der Reihe —1 da- gegen, welche um ein Komma höher sind, erhalten oben einen Strich; die Töne der Reihe +2, +3,.... endlich erhalten oben resp. unten 2, 3... Striche, so dass jeder Strich oben eine Erhöhung, jeder Strich unten eine Vertiefung um ein synto- nisches Komma bedeutet. Es wären dann z. B. c—,., 9, oe — „es.... grosse Terzen e—'es, 9— 'b, a —e...... kleine Terzen eg, ee Fe ORIEM R Quinten etc. Die Grundtöne der Reihen +3, +2, +1, 0, —1, —2, — 3 aber würden folgendermassen zu bezeichnen sein: n ulis; 08, „oc, "as, ''fes, "desesitinen Statt der mehrfachen Striche könnte man natürlich th Ziffern anwenden; es scheint mir aber besser zu sein, wenn man die Ziffern nur als Exponenten verwendet um die Töne der verschiedenen Octaven nach dem Vorschlage von Sond- hauss zu unterscheiden, und so allen möglichen Verwechse- lungen von vornherein vorbeugt. Unbequem könnten die Striche nur werden wenn man mehr als 3 anzuwenden hätte; das wird aber nur sehr selten nöthig sein. Auf denfolgenden Seiten (440 und 442) habe ich nun diese Schreibweise verwandt zur Aufstellung der Tonleitern für eine grosse Zahl von Tonarten, man wird dieselben leicht in jede beliebige andere Schreibweise verwandeln können. (Später 439 kehre ich selbstverständlich wieder zu der Helmholtz’schen Bezeichnung zurück, welche ja auch auf der lithographirten Tafel angewendet ist). Daneben habe ich auch noch die Ton- leitern angegeben nach der Schreibweise von Ellis (s. 3. 96 dieses Aufsatzes), welche auf einem ganz andern Principe be- ruht als die eben besprochenen von Hauptmann, Nau- mann, Helmholtz, v. Oettingen, Tiersch und mir. Diese letztern basiren nämlich sämmtlich auf den einfachsten arithmetischen Beziehungen der Schwingungszahlen: ebenso wie man schon immer die Töne welche zu einander Octaven sind durch dieselben Buchstaben bezeichnete, so werden hier die Töne welche zu einander Quinten sind durch Buchstaben gleicher Art, resp. durch gleiche Indices kenntlich gemacht; die genannten Schreibweisen unterscheiden sich also nur for- mell, im Principe stimmen sie vollständig überein. Wenn man nun diess Princip auf die musikalische Notenschrift zu übertragen sucht, so kommt man dabei auf den Uebelstand, dass schon die CDur-Tonleiter, die doch bis jetzt ohne jede Vorzeichnung geschrieben wird, Töne mit verschiedener Be- zeichnung enthält, und daher Vorzeichnungen bedarf welche die Tonhöhe um das syntonische Komma ($°/sı) verändern. Diesen Uebelstand — wenn man es so nennen darf — ver- meiden die Bezeichnungen von Ellis und v. Thimus, indem sie die Töne in der Leiter von CDur (v. Thimus auch in CMoll) ohne jede Bezeichnung schreiben, wie ich schon auf S.96 dieses Aufsatzes bemerkt habe; dadurch geht aber wie- der die Uebersichtlichkeit des allgemeinen Tonsystems ver- loren und zwar bei der Bezeichnung des Herrn v. Thimus noch mehr als bei Ellis. Ehe man nun die eine oder die andere Schreibweise zur Unterscheidung der gleichnamigen, aber um ein Komma verschiedenen Töne definitiv annimmt, wird man erst noch zu überlegen haben nach welchen Prineipe diese Unterscheidung ausgeführt werden soll. Die Tabellen auf S. 440-443 sollen nun als Material zur Ent- scheidung dieser Frage dienen; sie geben die Durtonleitern mit den Grundtönen aus Reihe O0 und die dazugehörigen parallelen und auch die gleichnamigen Molltonleitern. cis, 440 Tonleitern mit (Bezeichnung nach dem Princip der Quintenreihen) A) Durtonleitern. (mit Grundtönen aus Reihe 0) C) Die gleichnamigen Molltonleitern. u 6b _% el 63 0) fs % 9% ER ‚gs, a, Äh, ‚das,ve, fs, ‚as, h, cis, ‚eis, fis, gis, Akpeliein c. u fs 9 ‚Rh, = ‚cıs, Va ja, ‚gl, ng- ‚eis, dis, 902 ‚gis, ‚ais, h. ‚dis, ‚eis, fis. ‚ais, ‚his, cis. Die parallelen Molltonleitern. Grundtönen aus Reihe — 1) o fs) „gi a; (9) RENFESD): -7ds,n. Neil. (a ‚fs, (.gi5) „ais, ‚h; (a,) „cis2 (sis) meisivn ‚fs; en) ‚918, („a3s))" his) eis, us) ‚dis, (‚„eis,) „fisis, ‚gis; (fis,) ‚ais, („his,) „eisis, ‚dis; (cis,) ‚eis, („fisis,) ,‚gisis, ‚ais; (giS,) (mit Gründtönen aus Reihe 0) 6, d, 9; Q, LEE, ah, e, fs, Rue .c18, fis, gis, cis, dis, B) (mit IRHENCMNDER: ‚Rs; 9 ,% Eis. u. ‚6, ‚gis, a, ,‚h ‚dis, e, ‚fi ‚ais, h, ‚eis, ‚eis, fis, ,‚giS, ‚his, cis, ‚dis, daw esıtf, a,110c byölc: e, 09 h, Acht ds fs, ‘9 «a, eis, dire, gis,. 0, Rh, dis, 'e, fs, 9, (,a,) d, (8) a, UA) Ne) h,Dau,cıs,) fis, (,9i5,) cis, (,dis) gis, (,ais,) ‚R; ‚is, ‚cis, ‚gis, ‚dis, ‚ats, ‚eis, ‚his, 6; Cd) EL) d; (‘c,) Ban! 0) e; (‘d,) h; (‘a,) fs; (8) cis; (*h,) ..o... wo... “oo... ..... 441 erhöheten Tönen. (Bezeichnung nach Ellis) A) Durtonleitern. (nach aufsteigenden Quinten fortschreitend) C, d, e, 15 8, 2, D, C. 2 Pa DE: h, & d, e, fs, g} ds. Te, N a, h, cis,‘ d. else De cis,», d,d re; fis, 218, #4. fa. Feaa 08, 2is,\. Ta, Th; cis, ddis,ente. nass teis,. „dis,4 fen Tfis, gis, Tais, rh. OS Toin, Hai, Thun Fels „dis, skeis,..th. Teis, rdis, Teis,.»Tfis,. Fgis, Tais, -Fhis,.. feis. B) die parallelen Molltonleitern. (zu den Durtonleitern unter A gehörend) aa ne 'Ydıy + e;..ccche)e, 3a; le) A dei Brreısre (a) 5 «ecis,)i(udis,’ ze; (d,). je, chi messce, sel, ve, fis, (agis,)’ als, sh; Ga) de,nfis:, naugeis, um, (hi cis, @dis,) eis, „fis; (fe)) „ud,heis... eis, ydis,iie, (dis, gis, (ais,)/\his, eis; (fh,) ta,.gisn. gis, jais, +h, cis, dis, (eis,) fisis, gis; (fäs,)fe, dis... dis, feis, jfis, gis, fais, (his,) cisis, dis; (feis,)fh, ais... jais, jhis, feis, dis, feis, (fis,) gisis, ais;(fgis,)tfis, eis... [ C) die gleichnamigen Molltonleitern. (mit den Grundtönen von A übereinstimmend) eh ach „Ber libii Jah 22 eb, (ve) dd Kerns, 35.4 (Hits de di...fe, el»), 122 alh)iacis nd; Cedi tbr) Tas aerb sei,aid,. Tas ‚.dis,) >. gis, a zn (ish HA Tee ie, 18, TE 40, Th (eis) dis, ey (rd) +6, + Tas Sreis, Mrd ere;).. His, „(giss)tais, nahme 1er +fis igis, Tfa, Th, Teis, (dis,) feis, +fis; (fe, +d, teis... feis, tdis, +}e, tfis, fgis, (fais,)this, feis; (tth,) fa, tgis... 442 Tonleitern mit: (Bezeichnung nach dem Princip der Quintenreihen.) A) Durtonleitern. (mit Grundtönen aus Reihe 0) ces, d, 9, c, ß b, es, as, des, e u) ‚Q, h b, es, as, des, ges; ces, fes, as, des, ges; ‚dy ‚d, A. se, Os ‚d,'eR ‚a8 ic, 068. IB ges. ‚b, ces B) Die parallelen Molltonleitern. (mit Grundtönen aus Reihe —1) ‚u +Ph,:K, ‚d, ‚da We, T: ‚I ‚9: "hyayb, ‚c ve, Mdd,es, 977, 7 ng, #as, © 4b, bs "ye, vdess"iles, ‚est, iyes,Hlins, ‚asınbslces, des, („FiS,) („R,) (6) (,8,) (4) (1,9) (6,) („h) „»gis, ,@; „eis, ‚d; fi, ‚9; ‚465 ne; Fi „a, +05 „4, ‚es; „u, hal; (BB 8% (e,) b, (£) es, (b) as, (es,) des, (as,) ges; (des,) ces, (ges,) fes, C) Die gleichnamigen Molltonleitern. b,.87 c0,&t. "des, ) es,’4 f, ges, as, b, ces, des, es, ‘fes, ges, as, bb, (mit Grundtönen aus Reihe 0) des, ges, ces, ces, des, ’eses, fes, (‚2,) ‚Äh, (‚d,) ‚e, (,9;) ‚2% (6) dh, ABER? (‚d) © des, (‚es,) ‚h (‚as;) ‚b, ges, 65 F; b; es; ads; des; ges; ces; (‘b,) @as, ('es,) ‘des, (’as,) ‘ges, (‘des,) ‘ces, (‘ges,) fes, (‘ces,) 'bb, (‘fes,) 'eses, ('bb,) 'ases, .o... ..ooo 443 vertieften Tönen. (Bezeichnung nach Ellis) A) Durtonleitern. (nach absteigenden Quinten fortschreitend) C, d, e, ‚# g, a, Dr 220 fy b, C, (ern 08% 1“ 0 EIER Ent, 49, ar als. D5 sen. 0,108, rl RR BB, UBS Eos ua, va, + «Cd, us as,, yo CRB, ueR: HER, ch ee. „cas, „des, „es, ‚„leS,, 408, ‚uA8,, 4D, ı4CE8, B) Die parallelen Molltonleitern. (zu den Durtonleitern unter A gehörig) aueh ;6, ed enan.gen a: (Swen Be 20 Ar (Chi) reise „ds, (om Begazer N den) es, 0 ll) ES Eimer: een ad, 6s,;, «li, EN) EN 40. DV) dene “2 a8 zb, #6 (44) #8 =; (es,) des,.C..... D) 6, „des, zes, ah (aß) a a A) ge... Pe ers as, 2b, (346) „ud „es; (des,jeces, .D.r2.. „a8, „b, „Ces, „„des, „88, (zul) ug 2a8; (z8E5,) Tes, „es... C) Die gleichnamigen Molltonleitern. (mit den Grundtönen von A übereinstimmend) en au wenns ern) pl epikfbies Targa o BIOS Bas, BR ne ben) Ipdesplieuisnt Derstceendes, 05, EIrrogey. al8 Bubctası)brgesy DR. ET, Bes, a8, by (z6,) gd,0 est (des,) Tees, Wbl.... as, b, ces, „des, es, (fi) „8, as; (ges,) ffes, es..... des, es, fes, „ges, as, (;b,) „c, „des;(ces,) Tbb, 'as...:. „ges, as, bb, „ces,„des (zes,) „f, „ges;(fes,) Teses, „des..... „CeS, „des, eses, „fes, „ges, (z48,),.b, „ces; (bb,) jases, „ges..... 444 In den Molltonleitern werden bekanntlich die grossen und die kleinen Sexten und Septimen verwendet (s.S. 95), ich habe daher die Leitern sowol aufsteigend als absteigend an- gegeben, und habe dabei die grosse Sexte und die kleine Sep- time eingeklammert, weil diese Töne nur als zufällig zu betrachten sind. Von den mannichfachen Schreibweisen die sich im Princip an das allgemeine Tonsystem anschliessen habe ich die von mir vorgeschlagene gewählt, weil diese ty- pographisch die bequemste ist; die Schreibweise von Ellis aber habe ich ebenfalls aus einem typographischen Grunde ein wenig verändert, ich habe nämlich statt des für den Let- ternsatz sehr unbequemen Zeichens ein Sternchen gewählt, ohne dadurch jenes von Ellis für die Notenschrift vorge- schlagene Zeichen verdrängen zu wollen. Zur Unterscheidung von den an das allgemeine Tonsystem sich anschliessenden Schreibweisen habe ich die Notennamen nach Ellis nicht cursiv Sondern in gewöhnlicher Antiqua drucken lassen, Temperaturen. Aus den soeben zusammengestellten Tonleitern erkennt man dass die Theorie bei Musikstücken mit einigermassen bedeutenden Modulationen eine sehr grosse Zahl von Tönen verlangt, bei unbeschränkter Modulation sogar unendlich viele Für die praktische Ausführung der Musik muss es sich also darum handeln aus der unendlichen Menge von Tönen eine beschränkte Anzahl passend auszuwählen; da nun das Ohr erfahrungsmässig kleine Unterschiede in der Tonhöhe nicht bemerkt, so kann man auch zwei oder mehr Töne die - nur wenig von einander verschieden sind ersetzen durch einen einzigen von mittlerer Tonhöhe. Zu diesem Behufe pflegt man die Intervalle zwischen dem Grundtone einerseits und den verschiedenen Tönen der T'onleiter andrerseits mehr oder we- niger zu verändern oder zu „temperiren“. Vor Hauptmann gab man noch einen andern Grund für die Nothwendigkeit der Temperatur an, man behauptete nämlich dass schon innerhalb einer einzigen Tonart eine Ver- änderung der Intervalle nöthig sei. Um diess zu beweisen stelltMarpurg in seinem Versuch über die musikalische Tem- 445 peratur ($110, 8.90) eine kleine Melodie zusammen, die dann auch von Chladni in der Akustik (830 5.90) und später von A. Wüllner in seinem Lehrbuch der Experimentalphysik ($ 151 S. 512) reproducirt worden ist. Diese Melodie lautet: 8,0,f,d,8, 6, und es wird auseinandergesetzt dass man dieselbe auf drei ‚ verschiedene Arten ausführen könne. Um dieselben anzuge- ben bedienen wir uns der Kürze wegen der Helmholtz ’- schen Bezeichnung; man kann also die Melodie schreiben: 1) 6, 2, D,l@0, hier ist das Intervall #—D keine richtige kleine Trerz son- dern um ein Komma zu klein; Do nl 1, in dieser Tonfolge ist die Quinte ©-—/ ebenfalls um ein Komma, zu klein; will man alle Intervalle rein ausführen, so bleibt nur die letzte Form übrig: 36210; Esida g)vej aber dieselbe hat einen noch grössern Uebelstand, denn die beiden Töne @ und C verändern im Laufe der Melodie ihre absolute Tonhöhe. Marpurg und die ihm nachfolgenden Theoretiker schlies- sen hieraus dass auch innerhalb einer Tonart eine Tempera- tur nothwendig sei. Wir können natürlich diesen Beweis nicht gelten lassen, denn wir wissen aus der Hauptmann’schen oder der Helmholtz’schen Herleitung der CDurtonleiter: G,dDule,u Bi G@,raj h;t.CA dass dieselbe aus der Accordkette F—a—(C—e—G—h—D zusammengesetzt ist und daher nur die 3 Duraccorde F—a—1(, C—e—6G, 6—h—D und die beiden verbindenden Mollaccorde a—(C—e und e: G—h enthält, während die „Grenzaccorde“, wie sie Hauptmann nennt, nämlich h—D|F und D| Fa falsche Intervalle besitzen und dissonant sind. Es ist daher die unter Nr. 1 angegebene Ausführung der fraglichen Melodie die richtige, und es liegt in der Natur der Sache dass die kleine Terz F—D falsch ist. 446 Aus dieser Betrachtung ergibt sich dass innerhalb einer einzigen Tonart keine Temperatur nöthig ist; wenn man aber ein in verschiedenen Tonarten sich bewegendes Musikstück ausführen will auf einem Instrumente welches nicht wie die Geige eine freie Intonation erlaubt, sondern wie das Clavier feste Töne hat, so ist die Temperatur allerdings nicht zu entbehren. Je nachdem man aber eine grössere oder gerin- gere Annährung an die theoretisch geforderten Verhältnisse verlangt, wird man auch mehr oder weniger Töne innerhalb der Octave nöthig haben. Man hat nun schon seit langen Zeiten für die Instru- mente mit festen Tönen sich mit einer Auswahl von 12 Tö- nen begnügt, man hat dabei nicht nur die gleichnamigen Töne identificirt, sondern man hat auch für die Töne eis und des, dis und es u. s. w. nur je eine Taste verwendet. Dadurch ist nun das viel verbreitete Vorurtheil entstanden dass diese Töne überhaupt identisch seien, dasselbe ist so festgewurzelt dass man es nicht nur bei theoretisch nicht gebildeten Mu- sikern findet, sondern auch mitunter bei Physikern. Selbst bei Chladni findet sich diese Verwechselung, 2. B. in der Akustik bei der Berechnung des sogenannten Quintenecirkels d i. der Reihe 0 des allgemeinen Tonsystems, wo ohne weiteres dis und es als vollständig synonym ge- braucht werden. Wenn man nun äuch allgemein damit einverstanden war, nicht mehr als 12 Töne innerhalb der Octave einzufüh- ren, so giengen doch lange Zeit die Ansichten darüber aus- einander, wie diese Töne zu bestimmen seien. Da man na- türlich durch 12 Töne nicht alle Tonarten rein erhalten konnte, so suchte man wenigstens möglichst viele richtig zu stimmen, dadurch entstanden aber in den andern Tonarten falsche und unangenehm klingende Accorde. Die Kunst der- artige Temperaturen zu erfinden bestand nun darin, diese fal- schen Accorde auf die am wenigsten gebrauchten Tonarten zu werfen, und es hat sich in dieser Beziehung besonders Kirnberger ausgezeichnet. Näheres über diese sog. un- gleichschwebenden Temperaturen findet man z. B. in dem Versuch über die musikalische Temperatur von Marpurg (1776), ferner in der Neuen Methode allerlei Arten von Tem- 447 peraturen dem Clavier mitzutheilen ebenfalls von Marpurg (1790), in der allgemeinen Theorie der Musik von Opelt (1852) und in vielen andern Schriften. Die zwölfstufige gleichschwebende Temperatur. Da jetzt in der Musik fast alle T'onarten gleichmässig ‚verwendet werden, so darf man keine derselben zum Nach- theil einer andern begünstigen, sondern man muss alle gleich rein stimmen; man erreicht diess dadurch dass man alle Quinten unter einander gleich macht, ebenso auch alle Quar- ten, alle grossen Terzen u. s. w., überhaupt alle gleichnami- gen Intervalle. Diess kann aber wie Drobisch (musik. Ton- best. u. Temp.) gezeigt hat, aut sehr viel verschiedene Arten geschehen, je nachdem man mehr oder weniger Töne inner- halb der Octave benutzen will. Man nennt Temperaturen die- ser Art gleichschwebende, eben weil alle Intervalle glei- ches Namens gleichviel „unter resp. über sich schweben.“ Da man in der Musik nur 12 Töne innerhalb der Oc- tave zu benutzen pflegte und noch jetzt benutzt, so hat man zuerst die zwölfstufige gleichschwebend temperirte Scala er- funden; für ihre allgemeine Einführung haben sich Marpurg und Chladni grosse Verdienste erworben. Der Gedanke welcher dieser Tonleiter zu Grunde liegt, kann am bequemsten an der mit Nr. 1 bezeichneten Figur auf 5.428 klar gemacht werden. Bei reiner Stimmung ist His nur um ein kleines Intervall (die Apotome) höher als C', und man hat nun nur nöthig jede Quinte um den zwölften Theil dieses Intervall kleiner zu machen: dann wird His°—=C’. Die zwölf auf diese Weise erhaltenen Töne C, 6, Di, Aı, B2...... können nun alle in eine Octave verlegt werden und man er- hält dadurch, wie man an jener Figur und auch an der Be- rechnung der Reihe O0 sehen kann, die 12 innerhalb der Oc- tave liegenden Töne. Man kann aber statt der 12 aufsteigen- den Quinten auch 12 absteigende, oder statt dessen 12 auf- steigende Quarten anwenden, ohne dass dadurch die Stimmung der Töne eine andere wird. Als Curiosum will ich bei dieser Gelegenheit bemerken, dass man früher einmal geglaubt hat auf folgende Art jede Temperatur überflüssig machen zu können. Man wollte von C aus 6 reine Quinten aufwärts bis 448 zum Tone Fis gehen, und ebenso 6 reine Quinten abwärts, oder statt dessen 6 reine Quarten aufwärts bis zum Tone Ges, und man glaubte dass dann diese beiden Töne einander gleich sein würden, weil der durch Quinten entstandene Fehler und der durch Quarten entstandene einander aufheben würden. Solchen Unsinn hat Chladni noch in der musikalischen Zeit- schrift Cäcilia wiederlegen müssen. Aus der oben angegebenen Art und Weise die zwölfstu- fige gleichschwebend temperirte Tonleiter herzustellen ergibt sich dass in ihr 12 Quinten genau gleich 7 Octaven sind, also dass eine Quinte gleich "/ı» Octave ist; in Folge dessen beträgt der Logarithmus der temperirten Quinte Ua2,-— 0558338... 0.0.0. und dem entsprechend findet sich ihre relative Schwingungszahl 2 fay = 2° = 1,49831.... Zur Bestimmung der übrigen Töne in der Reihe 6,6,D\, ALE2..... muss man den Logarithmus 7/ı2 der Reihe nach mit 2,3... . 12 multipliciren und die Schwingungs- zahl der Reihe nach mit 2, 3... .. 12 potenziren, oder, was auf dasselbe herauskommt, den Exponenten 7/ı2 der Reihe nach mit diesen Zahlen multipliciren. Dadurch erhält man also für jene Tonreihe als Logarithmen und zugleich als Ex- ponenten der Schwingungszahlen (beides ist ja auch begriff- lich identisch) die Brüche ?/ı2, 14ı2, Aıa, 22. ..... 84/12. Wenn wir aber die Töne C, 6, D, A, E alle in die Octave von © bis C! verlegen, so nehmen wir statt jener unächten Brüche ihre Ueberschüsse über die ganzen Zahlen 1, 2..... Da nun 7 und 12 relative Primzahlen sind, so bilden die Zah- len 7, 14,21... . 84 in Bezug auf den Modul 12 ein voll- ständiges System incongruenter Zahlen, d. h. sie lassen bei der Division durch 12 sämmtlich verschiedene Reste, nämlich die Zahlen O bis 11, resp. bis 12, wenn man die Octave mit dazu nehmen will. Die Logarithmen der sämmtlichen Töne in der gleichschwebend temperirten Octave sind also O2; AYıa; EI NDR SR 12/12 oder 0; 0,0833..; 0,1666...5... 1 449 und die Schwingungszahlen derselben sind: 29% ge, g’hz, sl a DH A OA Die Werthe dieser Schwingungszahlen in Decimalbrüchen fin- det man in jedem grössern Lehrbuch der Physik, z. B. bei Wüllner (I, S. 513 $ 151). In dieser Temperatur vertritt also die vierte Quinte (BE) zugleich die Stelle der Terz, und wir können daher sagen: dieZahlen Q (?/2) und 7(5/ı) werden in Q und T verwandelt, so dass T = 1, Q* wird. Man kann nun diesen Werth in das allgemeine Ton- system (S. 91) einsetzen und erhält dadurch ein Tonsystem welches ähnlich wie das pythagoreische nur von Quinten ab- hängt; die Notennamen in diesem System kann man dann ent- sprechend der Tabelle von S. 92 etwa folgendermassen an- ordnen: Des F A Cis As C HE Gis Es G H Dis Ges B D Fis Ais Des F A. Cis As C H Gis Es G H Dis. Um nun die Fehler der gleichschwebenden Temperatur zu finden, muss man die Schwingungszahlen und ihre Logarith- men vergleichen mit den oben angegebenen Werthen für die richtigen Intervalle; die Fehler der Schwingungsverhältnisse sind selbstverständlich irrationale Zahlen, sie können aber mit Hilfe der Kettenbrüche oder der Logarithmen durch ganze Zahlen ausgedrückt werden. Ich habe diese Rechnungen aus- geführt und in der folgenden Tabelle die Resultate zusam- mengestellt; wenn der temperirte Ton zu hoch ist, steht die grössere Zahl vorn und vor dem Logarithmus ein Pluszeichen, ist der temperirte Ton zu niedrig, so steht die kleinere Zahl vorn und vor dem Logarithmus ein Minuszeichen. Neben den Namen der Intervalle sind diejenigen Intervalle mit denen die Vergleichung ausgeführt wurde in der Helmholtz’schen Be- Bd. XXXII, 1868. 29 450 zeichnung angegeben, es gelten aber dieselben Fehler auch für die andern gleichgrossen Intervalle, weil die Temperatur gleichschwebend ist. Stufen Intervalle Fehler der gleichschw. Temperatur angenähert Logarithmen . Ci . 1. halber Ton GC: is 60:59 + 02444 C:des 147:148 -——- 00978 C:d.. „99:98 903468 en a Ne 3. kleine Terz C:es 121:122 —- 01303 4. grosse Terz C:e 127:126 -- 01140 5. Quarte C:F _886:885 — 00163 7. Quinte C:G 885:886 _-— 00163 8. kleine Sexte C:as 126:117 — 01140 9. grosse Sexte C:a 122:121 + 01303 B 443:442 — 00326 . kleine Septi 10. kleine Septime C:5 98:99 — 01467 11. grosse Septime C:h 148:147 + 00978 Man sieht also dass unter den consonanten Intervallen — und auf diese kommt es ja fast allein an — die Quarte und Quinte einen sehr kleinen, die Terzen und Sexten aber ziemlich bedeutende Fehler haben, und es wirken daher be- sonders bei lang ausgehaltenen Tönen von scharfer Klang- farbe die Schwebungen und die falschen Combinationstöne dieser Intervalle ziemlich störend auf den Wolklang ein, wie man leicht bei einiger Aufmerksamkeit an einem Harmonium oder einer Orgel bemerken kann. ‚Man glaubte nun früher dass man zur Hebung der Män- gel unserer Temperatur nur nöthig habe die Töne eis und des u. s. w. zu unterscheiden; so hat z. B. Opelt eine aus 19 gleichen Stufen bestehende Tonleiter c, cis, des, d, dis, es, e, eis=fes, f.... berechnet; auch Drobisch gibt in seiner Schrift diese „19-stufige gleichschwebende Temperatur‘ an, aber er be- merkt auch gleich dass dieselbe nicht besonders brauchbar sei; in der That hat in derselben die Quinte einen ziemlich bedeutenden Fehler (ihr Logarithmus beträgt nämlich nur 19057895). Es kommt ja aber wie wir gesehen haben 451 nicht nur auf die Unterscheidung von cis und des u. s. w. an, sondern man muss auch die gleichnamigen Töne wie E und e u.s.w. gehörig unterscheiden und in dieser Beziehung hat in Deutschland soviel ich weiss zuerst Helmholtz einen praktischen Vorschlag gemacht und an einer Physharmonika (Harmonium) ausführen lassen; dasselbe Princip ist später vom ÖOrgelbauer Appunn zu Hanau zur Construction eines grössern und vollkommeneren Instrumentes benutzt worden, und ich will es im folgenden Abschnitt genauer besprechen. Beiläufig will ich noch bemerken, dass in London der Gene- ral Perronet Thompson eine enharmonische Orgel mit 40 Tönen in der Octave hat aufstellen lassen, welche Modula- tionen durch eine grosse Zahl von Tonarten in reiner Stim- mung auszuführen erlaubt; ihre Einrichtung kann ich leider nicht angeben, sie ist aber beschrieben in der Schrift: Prin- ciple and practice of just intonation, ellustrated on the enharmonie organ, Tthe Edit. London 1863. ‚Harmonium von Helmholtz und Appunn. Wenn zur praktischen Durchführung der reinen Stim- mung alle Töne des allgemeinen Tonsystems bis zu einer gewissen Grenze hin sämmtlich einzeln hergestellt werden müssten, so würde es kaum möglich sein die Schwierigkeit der Aufgabe zu bewältigen. Helmholtz löst diese Schwie- rigkeit dadurch dass er einen Kunstgriff benutzt, den er im arabisch-persischen Tonsystem entdeckt hat, und den wir mit wenigen Worten so aussprechen können: er vernachlässigt den Unterschied zwischen solchen Tönen die nur um ein Schisma, d.h. um das Intervall 32768:32805 — 1:1,001129150390625 verschieden sind. Bei der Reduction dieses Verhältnisses durch Kettenbrüche ergibt sich der angenäherte Werth 885:886, während sein Logarithmus 00163 beträgt. Es ist diess nämlich das Intervall welches in unsern obigen Tabellen durch die Töne C:his—’ repräsentirt wird; dasselbe Intervall findet sich natürlich auch zwischen ce und #is-1, cund His—1 u.s. w., und überhaupt zwischen je zwei entsprechenden Tönen zweier benachbarten Reihen, z.B. zwischen F und eis, B und ais u. s.w. Beiläufig ist zu bemerken dass der sehr kleine 29* 452 Fehler den man bei der Gleichsetzung dieser Töne begeht, gerade so gross ist als der der Quinten und Quarten in der zwölfstufigen gleichschwebend temperirten Scala (S.8.450). Man kann nun zuerst die grosse reine Terz C—e und dann von e aus 8 aufsteigende Quinten (resp. absteigende Quarten) stimmen und so den Ton his ! erreichen, welcher bei reiner Stimmung um ein Schisma höher ist als C'; macht man nun jede dieser Quinten e—h— fs — cis — gis — dis — ais — eis — his) um ein Achtel des Schisma zu klein, resp. die Quarten um diess Achtel zu gross, so wird his—! genau gleich C und dem entsprechend eis=F, ais—=B u.s.w. Der Fehler den man hierbei in den Quinten begeht ist gleich 8 32768 — ae VAL. SR ve Jaulnen d. i. ungefähr —= 7084:7085; sein Logarithmus beträgt 00020. Ist nun schon der Fehler 885:886 fast nicht mehr zu bemerken, so ist der achte Theil davon vollständig ver- schwindend und die Quinten mit diesem Fehler sind so gut. wie rein, die Terzen aber sind absolut rein, und man kann daher ein nach diesem Princip gestimmtes Harmonium als ein Instrument mit reiner oder natürlicher Stimmung bezeichnen. Helmholtz hat sich nun ein solches Instrument zuerst in folgender Weise hergestellt: er hat die zu einer Octave gehörenden 24 Tasten eines grossen Schiedmeyer’schen Harmoniums mit 2 Manualen so einstimmen lassen, dass sie folgende Reihen von Quinten (alle mit dem angegebenen un- merklichen Fehler) geben: (F) (a = Bb) C e=Fe as G h=(e es D fis=Ge b A Na Des hf E s=4 Hedısı us Fis ais =B d Gisrreis =EF a (hs = C) (e) 453 Diese Töne sind nun nicht blos wie im allgemeinen Ton- system auf S. 92 in vertikaler Richtung Quinten zu einander und in horizontaler Richtung grosse Terzen, sondern sie schliessen sich auch (wie durch die in Klammern geschrie benen wiederholten Töne angedeutet ist) zu einer langen Quintenreihe zusammen, die mit as beginnt und mit Cis schliesst. ‘Die Schwingungszahl der Quinte ist also so weit verändert, dass man durch 8 absteigende Quinten zur grossen Terz oder durch 8 aufsteigende Quinten zur kleinen Sexte gelangt. Um nun mit Hilfe dieser Beziehung das Schema auf 8. 91 ver- ‚einfachen zu können, führen wir statt der Zahl Q das etwas kleinere Q‘ ein, welches der Gleichung 1 ih LE genügen muss; dadurch erhält man ein Schema welches nur noch Quinten enthält, und hiernach sind die später (9. 465). folgenden Tabellen berechnet. Der dem _' entsprechende Logarithmus g’' genügt der Gleichung bi y—ı. Wie Helmholtz die genannten Töne auf die beiden Claviaturen vertheilt hat ist in der Lehre von den Toneinpfin- dungen S. 485 angegeben (vgl. auch meinen Aufsatz in die- ser Zeitschrift B. 27, S. 499), für uns ist hier nur von In- teresse was mit diesem Instrumente in musikalischer Bezie- hung geleistet werden kann. Dabei ist nun zweierlei zu unterscheiden, erstens wie die auf dem genannten Instrumente ausgeführte Musik klingt, und zweitens wie viel Tonarten und Modulationen darauf ausgeführt werden können. In der ersten Beziehung sagt Helmholtz (S.489): „Die reinen Accorde, namentlich die Duraccorde in ihren günstigen Lagen, haben trotz der scharfen Klangfarbe der Zungentöne einen sehr vollen und gleichsam gesättigten Wolklang; sie fliessen in vollem Strome ganz ruhig hin ohne zu zittern und zu schweben..... Septimenaccorde in reiner Stimmung aus- geführt haben ungefähr denselben Grad von Rauhigkeit wie ein gewöhnlicher Duraccord in gleicher Tonhöhe und tempe- rirter Stimmung. Am grössten und unangenehmsten ist die Differenz zwischen den natürlichen und temperirten Accorden in den höheren Octaven der Scala, weil hier die falschen Com- 454 binationstöne der temperirten Stimmung sich merklicher ma- chen und weil die Zahl der Schwebungen bei gleicher Ton- differenz grösser wird und die Raubigkeit sich viel mehr verstärkt als in tieferer Lage.“ Auch die Umlagerungen der Accorde und die Modulationen u. s. w. werden wie Helm- holtz bemerkt viel ausdrucksvoller als sie es gewöhnlich sind, manche feine Schattirungen werden überhaupt erst fühlbar, und die Intensität der Dissonanzen wird durch den Contrast mit den reinen Accorden viel mehr gesteigert; der verminderte Septimenaccord z. B. streift bei reiner Stimmung der Conso- nanzen fast an die Grenze des Unerträglichen. Die Zahl der Tonleitern welche auf dem Instrumente gespielt werden können ist leicht zu ermitteln; Helmholtz gibt an dass die Töne für 13 Durtonleitern und für 8 Moll- tonleitern (in der sogenannten instrumentalen Stimmung: mit der kleinen Sexte und der grossen Septime) vorhanden sind, nämlich die Töne für die 13 Durtonleitern: h — (es, fis = Gesjlleisi=—=Destiene E, HB; und für die 8 Molltonleitern 5 al Dh el es hı—=iGesya Zu 3: dis = Es, ais = B. Dieselben entsprechen den 8 Durtonleitern: C,@ D,A, E, H, Fis, Cis; von diesen sind aber nur die ersten 6 auf dem Instrumente vorhanden; ebenso haben nur 6 Durtonleitern ihre gleichna- migen Molltonleitern, nämlich: h = (es, is = Ges .... dis = Es, ais =»B. Ausserdem kann man allerdings noch 6 Molltonleitern erhalten, wenn man statt der reinen grossen Septime, die fast nur in dissonanten Accorden vorkommt, die pythagoreische anwendet, nämlich die Molltonleitern von es;! db, fnlesuhadizn aber die Modulationen, die man auf diesem Instrumente aus- führen kann, bleiben doch immer noch ziemlich beschränkt und das ist dem Instrumente auch z.B. von O. Tiersch und, wenn ich nicht irre, schon früher in der Leipziger allgemeinen musikalischen Zeitung zum Vorwurf gemacht. Dieser Vorwurf lässt sich aber leicht durch Hinzufügung einiger Töne beseitigen und schon Helmholtz selbst hat in Beilage XIII der Lehre von den Tonempfindungen mehrere da- \ 455 hingehende Vorschläge gemacht, die ich aber hier nicht wie- derholen will, einerseits weilich sie schon in meinem früheren, oben citirten Aufsatz erwähnt habe, andererseits weil sie bis jetzt, so viel ich weiss, nirgends ausgeführt sind. Dagegen ist eine andere noch vollständigere Erweiterung des Helmholtz’schen Systems praktisch ausgeführt worden von dem Orgelbauer Georg Appunn zu Hanau, der über: haupt sich viel mit der Construction neuer akustischer Ap- - parate zur Erläuterung der Helmholtz’schen Theorie be- schäftigt, und in seinen Bestrebungen mehr als bis jetzt un- terstützt zu werden verdient. Seine Harmoniums in reiner Stimmung haben 24, 36, 48, überhaupt 12.n Töne und sind selbst bei der grössten Zahl von Tönen sehr leicht zu über- sehen, also auch leicht zu spielen; wenigstens sind sie ent- schieden praktischer als das von Helmholtz zuerst con- struirte, so dass sich Helmholtz sein Instrument von Ap- punn hat umstimmen lassen. Die von Appunn gebauten Instrumente mit 24 Töne haben nur eine Claviatur, deren Tasten die Quintenreihe F,CG,G, D, A, E,H, Fis, Cis, Gis, Dis, Ais, angeben; diese Quinten sind aber mit demselben kleinen Quin- tenfehler wie bei Helmholtz gestimmt, so dass @is— C, Cis—F u. s. w. reine grosse lerzen bilden. Auf diesen Tasten befinden sich nun kleine Knöpfchen, welche für sich nieder gedrückt werden können, und die um ein Komma niedrigeren Töne angeben: f, ©, 9 d, a, e, h, fis, cis, gis, dis, ais; du nun der letzte dieser Töne durch jenen Ohötenfelen gleich B wird (vgl. die Tabelle auf 3.452), so schliessen sich die 24 Töne des einfachsten Appunn’schen Instrumentes ge- rade so wie die des ursprünglichen Helmholtz’schen In- strumentes zu einer langen Quintenreihe aneinander, und sie werden daher ebensoviel Tonleitern liefern "wie dieses; wir werden später genauer sehen zu welchen Tonarten dieselben gehören. Ueber die Applicatur dieses einfachen Appunn’schen Instrumentes ergeben sich daher folgende Regeln: Will man reineQuinten greifen, so braucht man da- 456 zu 2 zusammengehörigen Tasten oder Knöpfchen, nur die Quinte Ais:Bis = b:f macht eine Ausnahme, da Ais durch eine Taste, f aber durch ein Knöpfchen hervorgebracht wird; ferner fehlt die obere Quinte von ais und die untere Quinte zu F. Will man richtige grosse Terzen greifen, so hat man in den meisten Fällen den Grundton auf einer Taste, die dazu gehörige grosse Terz aber auf einem Knöpfchen zu suchen; z.B. C auf der Taste und e auf den Knöpfchen der Taste E. . Diess gilt aber nur für die Töne der Untertasten und für Fis; die Töne Cis, Gis, Dis, Ais haben ihre grossen Terzen aut den Tasten F=eis, C =his, 6 = fis, D —= cis selbst. Ausserdem gibt es noch grosse Terzen für die Knöpfchen cis, gis, dis, ais auf den Knöpfen f, c, 9 d; die andern Knöpf- chen (fs und die der Untertasten) haben keine grossen Terzen. Die kleinen Terzen haben meistens ihren Grundton auf einem Knöpfchen und die zugehörige kleine Terz auf der entsprechenden Taste; ausgenommen sind die kleinen Terzen der Knöpfchen /, c, g, welche durch die Knöpfchen gis = As, dis —= Es und ais — B anzugeben sind. Die Töne der Ta- sten haben meistens keine richtigen kleinen Terzen, nur für F, C, 6, sind dieselben aut den Tasten Gis = as, Dis = &s, Ais = » vorhanden. Die Regeln für die Quarten und Sexten kann man sich aus dem obigen leicht selbst ableiten. Man sieht hieraus dass das Appunn’sche Instrument bequemer zu handhaben ist als das ursprüngliche von Helm - holtz; da es aber nur ebensoviel Töne enthält als dieses, so ist die Zahl der vorhandenen reinen Tonleitern auch nicht grösser (siehe unten S. 461). Appunn hat es nun in dieser Beziehung dadurch vervollkommnet, dass er noch eine oder zwei gleiche Olaviaturen mit Knöpfchen hinzugefügt hat. Zunächst hat er über der Hauptclaviatur noch eine zweite angebracht, deren Tasten dieselben Töne angeben wie die Knöpfchen der Hauptelaviatur; die Knöpfchen derselben aber stimmte er wieder um ein Komma tiefer, so dass die- selben die Töne RC, 6,D, 4, E, M, Fis, Cis, Gis, Dis, di 457 liefern, der letzte dieser Töne ist vermöge des durchgehenden kleinen Quintenfehlers mit 5 zu identificiren und die 36 Töne des ganzen Instrumentes schliessen sich also zu einer langen Quintenreihe aneinander, welche mit den Tönen der zuletzt erwähnten Knöpfchen: #, 0,@, ... Ais— b beginnt, inden; Tönen h%9.... as=B ihre Fortsetzung findet, und mit F, C, '@....4Ais = 5 schliesst. Da in dieser Reihe jeder Ton die Quinte des vorhergehenden ist, so hat nur der letztge- nannte Ton keine Quinte auf dem Instrumente, andrerseits fehlt auch der Ton zu dem der erste (also #) die Quinte wäre. Ausserdem hat jeder Ton des Instrumentes auch seine grosse Terz in dem um acht Quintenschritte vorhergehenden Tone, es fehlen also die grossen Terzen für die acht ersten Töne Fbis Fis; umgekehrt fehlen auch für die letzten acht Töne A—Ais die Töne zu denen sie grosse Terzen sind. In ähnlicher Weise hat jeder Ton mit Ausnahme der neun letzten seine kleine Terz und nur die neun ersten sind keine kleine Terzen anderer Töne. Man kann also die sämmtlichen Töne des Appunn'’- schen Instrumentes nach abwechselnden grossen und kleinen Terzen anordnen, und es bilden dann je 3 aufeinanderfolgende einen Duraccord oder einen Mollaccord. Uebersicht über die Töne des Harmoniums von 6. Appunn, | geordnet nach abwechselnden grossen und kleinen Terzen. es‘ (ar. — Bb) Esan (Ar r7) es. Br Tas —hdles a es eDe b & u —.Kes B Eu.u:lufes [2 D Eis —=as d gs —= 4s D f kl. = .Ces F H = ce 4 Dis — es a ds = Es c fs = Ges C Fis = ges E As — e ais: =B Cis — des g cis —= Des @G Cs = des a = HH ;-f ho m —PR Eis — as d gs As D Gis = as his — C Rs Bis —c fs hs = C (Dis —= es) a (dis = Es) A (Dis = es) 458 Diese Reihe enthält jeden Ton zweimal, jedesmal in einer andern Bedeutung: erstens als Grundton für eine grosse Terz und zweitens als Grundton für eine kleine Terz; hiervon machen nur die ersten und letzten acht Töne der oben er- wähnten Quintenreihe eine Ausnahme, da sie nur je einmal vorkommen. In Folge dessen ist jeder Ton (mit Ausnahme dieser 16) erstens Grundton und Quinte zweier benachbarten Duraccorde und zugleich kleine Terz des dazwischen liegen- den Mollaccordes -—— zweitens aber ist er Grundton und Quinte zweier benachbarten Mollaccorde und zugleich grosse Terz in dem dazwischenliegenden Duraccord. So ist z.B. der Ton C in seiner Bedeutung als Grundton einer grossen Terz: Grundton des Duraccordes C—e—6G, Quinte ” 35 F—a—(, und kleine Terz des Mollaccordes a—(—e; und in seiner zweiten Bedeutung als Grundton einer kleinen Terz: Grundton des Mollaccordes C— es—G Quinte X M F—as—C und grosse Terz des Duraccordes as—(—es Wegen dieser doppelten Bedeutung der meisten Töne besteht die obige Terzenreihe scheinbar aus 36 + (36— 16) = 56 Tönen, und ein jeder dieser 56 Töne ist der Grundton eines Drei- klanges, nur auf den beiden letzten Tönen: 5 und D kann man keinen Accord aufbauen; man erkennt daher dass das Appunn’sche Instrument mit 36 Tönen 54 Dreiklänge enthält; von diesen sind in Folge der regelmässigen Abwech- selung zwischen den grossen und kleinen Terzen 27 Duraccorde und 27 Mollaccorde. Die Grundtöne dieser Accorde sind folgende: Duraccorde - Mollacceorde (is == des F — eis Gis — 7 c —) his cis —= Des f — Eis gis = As ce — His dis = Es g = Fisis Gis = as C= his Dis = e G = fisis 459 Da nun zu jeder Durtonleiter 3 Duraccorde gehören, nämlich der Accord des Grundtones, der vorhergehende und der nachfolgende, so genügen die genannten 27 Duraccorde zur Bildung von 25 Durtonleitern, nämlich von Bd es rawia Cis = des, Gis = as Man kann nun in gleicher Weise drei benachbarte Moll- accorde zu einer Tonleiter vereinigen, z.B. die drei Accorde: d—F—a; a—(l—e; e—G -h zu der Tonleiter: ah,C,d,e, F,6, a. Diess ist eine bekannte griechische oder Kirchentonart, näm- lich die sogenannte äolische, welche Helmholtz als Ter- zengeschlecht bezeichnet; man könnte aber auch e als Grund- ton der Tonleiter betrachten und dieselben Töne in folgender Weise zusammenstellen: ER IMAGE he. Diese Tonleiter würde der dorischen Tonart der Griechen oder der phrygischen Kirchentonart angehören, also nach Helmholtz dem Sextengeschlechte oder nach v. Dettingen dem phonischen Geschlechte. Ohne uns auf die verschiedenen Ansichten der musikalischen Theoretiker einzulassen, bemerken wir nur dass das Appunn’sche Instrument ebenfalls 25 Ton- leitern dieser Art liefert. Da aber diese Tonarten, resp. diese Tongeschlechter für die heutige Musik weniger Interesse haben, so gehen wir gleich dazu über, die Zahl der vorhandenen Molltonleitern zu bestimmen. Wir haben schon oben mitgetheilt dass in der harmo- nischen (instrumentalen) Molltonleiter die Quinte oder Domi- nante keinen Moll-, sondern einen Duraccord hat; es bleiben also von den 25 äolischen Tonleitern nur diejenigen für die Molltonleitern übrig deren Dominante in unserer letzten Terzen- reihe eine doppelte Bedeutung hat; wir sahen dass diess nur mit (36-16) Tönen der Fall war, und es geht also daraus hervor dass unser Instrument 20 Molltonleitern enthält, nämlich Eis —ydesi) Cisı— ‚des. Eis — as DS sun: a bis zu vais:=.B, ses F; «his, C,fsis = 6. 460 Diese Tonarten haben fast alle auch die beiden zufällig vorkommenden Töne: nurin den ersten beiden fehlt die grosse Sexte und in der letzten die kleine Septiime. In Folge der mangelnden grossen Sexte fehlen den beiden ersten Mollton- ‚arten auch die gleichnamigen Durtonarten, welche bei allen übrigen vorhanden sind. Man kann daher sagen: für die 18 Durtonleitern Gras, Dis nes sy Aa. his — (, fisiis = @G sind auch die nleichnaniken Molltonleitern vorhanden; die parallelen Molltonarten gibt es dagegen für die kloenden 18 Durtonarten: ar —ıBb,e, es Cis = des, G@is — 45; es sind diess nämlich die Molltonarten: Füs? — ges ,Cis —ı des... »..: as —=B, eis = F. Beide, die gleichnamigen und die parallelen Mollton- arten existiren also nur für die 11 Durtonarten welche On beiden Reihen gemeinschaftlich sind: a, e, h, fis, cis, gis, dis = Es, B, F, C, @. Man kann nun die Zahl der Quinten in der langen Quintenreihe beliebig vergrössern, und man erkennt leicht dass unter Beibehaltung des bekannten kleinen Quintenfehlers obige Terzenfolge (Seite 457) für jede hinzugefügte Quinte um zwei Töne länger wird; sie liefert also für jeden neuen Ton zwei neue Accorde, und in Folge dessen auch zwei neue Tonleitern mehr, nämlich eine Durtonleiter und eine Moll- tonleiter. Umgekehrt kann man aber auch — natürlich nur innerhalb gewisser Grenzen — die Zahl der Quinten um . eine oder mehrere verringern und es wird dadurch die Zahl der Durtonleitern sowol wie die der Molltonleitern um je eine verkleinert. Die Resultate welche soeben für das Appunn’- sche Instrument mit 36 Tönen abgeleitet wurden, kann man also leicht auf jede beliebige Anzahl von Tönen ausdehnen und in folgender Weise allgemein aussprechen: Wenn man ein Instrument construirt und jeder Octave desselben n Töne zutheilt welche eine ununterbrochene Reihe von Helmholtz’schen Quinten (s. S. 452) bilden, so kann man diese Töne auch anordnen in einer Reihe von abwech- selnden grossen und kleinen Terzen welche scheinbar aus 2n—16 Tönen besteht, weil alle Töne der Quintenreihe, bis 461 auf die ersten und letzten 8, doppelt auftreten. Dieser Tlerzen- reihe zufolge kann man aus den n Tönen des Instrumentes 2n—18 Dreiklänge bilden, nämlich »— 9 Duraccorde und ebensoviel Mollaccorde; aus diesen Dreiklängen kann man wiederum n—-11 Durtonleitern und n—16 Molltonleitern bilden, jedoch sind von diesen letzten nur n—19 mit den zufällig vorkommenden Tönen (der grossen Sexte und der kleinen Septime) versehen. Von den Durtonleitern aber haben nur n—18 die gleichnamigen Molltonleitern und ebensoviele die parallelen; beide, die gleichnamigen und die parallelen Molltonleitern endlich sind nur vorhanden für n—25 Dur- tonleitern. In diese Formeln kann man selbstverständlich für n jede beliebige Zahl einsetzen, nur muss dieselbe genügend gross sein; zur Construction einer Molltonleiter z. B. gehört also der Formel nach eine aus mindestens 17 Schritten bestehende Quintenreihe, wenn auch nicht alle zwischen den äussersten Enden liegende Töne gebraucht werden; in der That liegen beispielsweise die beiden der a Molltonleiter angehörigen Töne: @is und C um 17 Quintenschritte auseinander, Setzt man nun n— 24, so erhält man die Zahl der Accorde und Tonleitern welche auf dem ursprünglichen Helmholtz- schen Instrument und dem einfachsten Appunn’schen ent- halten sind; welche Tonleitern diess sind, ist für das Helm- holtz’sche Instrument schon oben angegeben (siehe $. 454); für das kleinere Appunn’sche Instrument erhält man sie aus den für das grössere Instrument angegebenen Reihen einfach dadurch dass man jedesmal die ersten 12 Grundtöne einer solchen Reihe weglässt. Die Reihe der 13 Durtonleitern auf dem Appunn’schen Instrumente mit 24 Tönen beginnt dem- nach nicht mit @s — asDur sondern mit gis = As, ebenso die Reihe der 8 Molltonleitern nicht mit is —= ges sondern mit fs = Ges u. s. w. Durtonleitern welche zugleich gleich- namige und parallele Molltonleitern haben, existiren natürlich nicht auf diesem kleinen Instrumente, denn zu einer solchen Leiter gehört der Formel nach eine aus mindestens 26 Quin- ten bestehende Reihe. Wenn man also auf diesem Instrumente Musikstücke mit vielen Ausweichungen in verschiedenen Ton- arten spielen will, so kann man unter Umständen in Verle- 462 genheit gerathen; man wird sich zwar oft durch Transposi- tion um einen oder mehrere Halbtöne helfen können, aber es können auch Fälle eintreten in denen diess nicht möglich oder nicht zulässig ist, und dann ist man gezwungen eine wirkliche enharmonische Verwechselung auszu- führen, d.h. die absolute Tonhöhe plötzlich um ein Komma zu ändern und z.B. statt Dmoll das etwas tiefere dMoll an- zuwenden. Kann man Wechsel in der Tonhöhe nicht vermei- den, so muss man sie an Stellen zu bringen suchen, wo zwei Accorde die keine gemeinschaftlichen Töne haben aufeinander folgen; am besten sind sie zwischen dissonanten Accorden zu machen. Bei dem Harmonium von 36 Tönen wird man natürlich weniger leicht in solche Verlegenheiten kommen, da dasselbe bedeutend mehr Modulationen zulässt. Wem aber auch diess Instrument nicht genügen sollte, derkann es, wie schon oben (8. 456) bemerkt, noch durch eine dritte Qlaviatur vergrös- sern, und so die Zahl der Töne innerhalb einer Octave auf 48 erhöhen. War nun die erste Hilfsclaviatur über der Hauptelaviatur angebracht, so wird man die zweitedarunter setzen und wird auch hier den Knöpfchen dieselben Töne geben wie den Tasten der darüber befindlichen Hauptelaviatur, die Töne der Tasten aber wird man wieder um ein Komma höher stimmen, so dass sie durch: f, c, 9, ---: as = B zu bezeichnen sind. Unter dieser Voraussetzung verhält sich die untere Hilfs- claviatur zur Hauptclaviatur gerade ebenso wie die Haupt- claviatur zur obern Hilfsclaviatur und es schliessen sich die 48 Töne des ganzen Instrumentes zu einer langen Quinten- reihe aneinander; dieselbe beginnt auf den Knöpfchen der obersten Claviatur mit es = F, und schliesst auf den Tasten der untersten Claviatur mit ais = 2. Alle diese Quinten sind nach dem Vorschlage von Helmholtzum das verschwindend kleine Intervall 7084:7085 zu klein; es ist daher erstens der Ton His—-!: = ec, d. h. die Apotome ist dem syntonischen Komma gleichgemacht, und es ist zweitens die achte Quinte abwärts zugleich die reine Terz des Grundtones, also Fes—e. Auf den beiden Seiten 464 und 466 habe ich nun die sämmt- lichen 48 Töne dieses grossen Harmoniums nach fortschreiten- 463 den Quinten angeordnet und die mehrfachen Bezeichnungen welche sich durch diese Relationen ergeben, wenigstens so weit es nöthig schien, zusammengestellt Daneben habe ich auf S. 465 und 467 die Schwingungszahlen und Logarithmen der sämmtlichen Töne angegeben; die ersteren sind mit Hilfe gemeiner Logarithmen berechnet, die Euler’schen Logarithmen aber sind weiter nichts als die -Vielfachen vom Logarithmus der Quinte resp. der Quarte, bei denen die Mantissen wie immer weggelassen sind, um die Töne alle in eine Octave zu verlegen. Da in diesem System die grossen Terzen ganz rein sind, so werden die Grundtöne der einzelnen Quinten- reihen: Ais, @is, e, C, as, Fes durch jenen Quintenfehler nicht beeinflusst, sie behalten vielmehr die oben für sie angegebenen Schwingungszahlen und Logarithmen; sie sind in den folgenden Tabellen sämmtlich durch Sternchen kenntlich gemacht. Herr Appunn hat bis jetzt noch keine Beschreibung seiner Harmoniums veröffentlicht, er hat mir aber die ge- wünschten Angaben für meinen Aufsatz über die Berechnung der Tonleiter (Zeitschrift für Mathematik und Physik 1868, Supplementheft S.124—-129) freundlichst mitgetheilt, und ich habe die dort gegebenen Berechnungen u. s.w. hier wiederholt, weil die genannten Instrumente wie es scheint immer noch nicht genug bekannt geworden und gewürdigt sind. Die Vortheile der natürlichen oder reinen Stimmung für die Musik überhaupt, namentlich aber für die Begleitung des Gesanges sind von Helmholtz (Lehre von den Tonempfin- dungen III, 16, 488 fi.) in überzeugender Weise dargelegt worden, und die von Seiten der Musiker dagegen laut gewor- denen Stimmen richteten sich so viel mir bekannt geworden auch nicht gegen die reine Stimmung an sich, sondern gegen die Unvollkommenheiten des von Helmholtz beschriebenen Instrumentes. Diese Unvollkommenheiten sind jetzt zum grössten Theil beseitigt und es dürfte daher an der Zeit sein dass die Musikinstitute, besonders die welche den Gesang und den Unter- richt im Gesang pflegen, sich solche Instrumente anschafften. Die Instrumente können übrigens auch noch mit einem Register in genauer gleichschwebend temperirter Stimmung versehen werden. — Preiscourante sind von der Firma Georg Appunn & Söhne in Hanau zu beziehen. 464 Tabellarische Uebersicht über die Töne des Harmoniums von Georg Appunn, geordnet nach aufsteigenden Quinten. Reihe+3 RBReihe+2 RBReihe+1 Reiheo Reihe— 1 Knöpfchen der obern Claviatur. At =F — geses a nt ih deser fs =@ =oases cisiis — D = eses gs =-—A —bb dss —=E — fes H ces — Deseses Fis = ges — Aseses Cis des = Eseses *Gis —=as —= Bbb Ds =es —=Feses. dis —=b —= (oses Tasten der obern Claviatur und Knöpfchen der Hauptelaviatur. BSP — 7 U lseses Bs —c = Deses Fiss — g — Ases Ciss — d = Eses Gisis —= a = Bb Diss —* — Fes h —=(es == deseses fs = Ges == aseses cis = Des == eseses gs — As“ —pEBE dis = Es == feses ais = B = ceses 465 Schwingungszahlen und Lögarithmen für die Töne des Harmoniums von Georg Appunn. Töne Schwingungszahlen Logarithmen Knöpfchen der obern Claviatur. 2 1,30227. 38103 € (—=*his) *1,953125 96578 6 1,46464. 55054 D 1,09832. 13530 Eu 1,64725. 72006 E 1,23526. 30482 H 1,85264. 88958 Fis 1,38928. 47434 Cis 1,04181. i 05910 #Gis *1,5625 64386 Dis aa Kefae 22862 Ais —b 1,75732. 81337 Tasten der obern Claviatur und Knöpfchen der Hauptclaviatur. f 1,31780. 39813 C 1,97642. 98289 q 1,48211. 56765 d 11122 15241 a 1,66690. - 73717 *e 21.95 32193 h 1,87474. 90669 fis 1,40585. 49145 cis 1,05424. 07621 gis 1,58114. 66096 dis 1,18569. 24572 als =B 1,77828. 83048 Bd. XXXII, 186s. 30 466 Tabellarische Uebersicht über die Töne des Harmoniums von Georg Appunn. (Fortsetzung.) Reihe+1 Reihe0 Reihe—1 Reihe—2 Reihe—3 Tasten der Hauptelaviatur und Knöpfchen der untern Claviatur. es = F = oeses hi =*(C = deses jisis — GG 2° ases cs — D — Veses msis — A bb dsis = E = fe H = ce = Deseses "Fiss —= ges = Aseses Cis — des == Eseses Gis —=*as — N Dis®—_ es — Feses Alsm—ıb == Geses Tasten der untern Claviatur. = f == Geses His. =" == Deses Fiss = g = Ases Cisis = d — RR Gisis = a — Diss = e —E es h —= (es = deseses fis — Ges = aseses cis = Des = eseses gs = bb dis —— ns == feses ais =n == ceses 467 Schwingungszahlen und Logarithmen für die Töne des Harmoniums von Georg’ Appunn. (Fortsetzung.) Töne Schwingungszahlen Logarithmen Tasten der Haupteclaviatur und Knöpfchen der unteren Claviatur. F 1,33352. 41524 *( | 00000 G 1,49979. 58476 D 1,12468. 16952 A 1,68679. 75428 E 1,26491. 33904 H 1,59710. 92380 Fis 1,42262. 50855 . Cis 1,06682. 09331 Gis (— *as) *1,6 67807 Dis 1,19983. 20283 Ais — b 1,79949. 84759 Tasten der untern Clavıatur. F 1,34943. 43235 € 1,01193. 01711 7 1,51768. 60187 d 1,13820. 18663 a 1,70691. 77138 2 (= *Fes) *1,28 35614 h 1,91973. 94090 RE 1,43959. 52566 eis 1,07954. 11042 gis 1,61910. 69518 dis 1,21694, 27994 1,82516. 86470 2 | by 468 Die 48 Töne des zuletzt beschriebenen Instrumentes lie- fern natürlich 12 Accorde und 12 Tonleitern jeder Art mehr als das Harmonium mit 36 Tönen; um dieselben zu bestim- men braucht man nur die in jedem einzelnen Falle angege- bene Quintenreihe um 12 Schritte zu verlängern, und es ist ‘ leicht einzusehen dass dabei der letzte Ton einer jeden Reihe seinen Namen beibehält, aber gerade um ein Komma höher wird. So wird die Reihe der Duraccorde (s. 8.457 und 458) nicht mehr mit Dis = es schliessen, sondern sich noch um 12 Schritte weiter, nämlich bis dis = Zs erstrecken; in ähn- licher Weise schliesst die Reihe der Mollaccorde mit z statt mit 6. Wir haben daher auf dem Instrumente 39 Dur- und 39 Moll-Accorde; dieselben enthalten die Töne zu 37 Dur- und 32 Moll-Tonleitern. nämlich die Durtonleitern: Gis. — gs, lse— es,., As y .gs =As....Gs—=e. fis = Ges, gis — Des, gis, — As; a und die Molltonleitern: Fis — ges, Cis — des, Fis = as, Dis = es . dis ehEs,l os = Bi: Ars u Ss — 7 Hs —o Fisis = Von diesen Molltonleitern sind nur die beiden ersten und die letzte nicht vollständig mit den zufällig vorkommen- den Tönen (grosse Sexte und kleine Septime) versehen. Von den Durtonleitern aber haben 30 die gleichnamigen ol. tonleitern, dieselben reichen von Gis — as bis Fisis = 9. Die folgenden 30 Durtonleitern: a — Bb bis gis — 4 haben die zugehörigen parallelen Molltonleitern, nämlich: Fis — ges bis Eis = f. Es gibt also 23 Durtonleitern: a — Bb bis Fisis = g für welehe nicht nur die gleichnamigen, sondern auch die zugehörigen parallelen Molltonleitern: Fis — ges bis disis = E vorhanden sind. Hiernach dürfte das Instrument rücksichtlich 469 seines Reichthumes an Tonarten nichts zu wünschen übrig lassen. Trotzdem könnte man das Instrument immer noch mehr vergrössern und noch eine fünfte Reihe von 12 Tönen, etwa Palo. Ais anbringen, welche sich also mit den vo- rigen 48 Tönen zu einer aus 60 Schritten bestehende Quin- tenreihe von F bis 4 verbindet. Es würde für diese Töne selbstverständlich eine neue, vierte, Olaviatur nöthig werden, welche unten angebracht werden müsste. Die Schwingungs- zahlen dieser Töne habe ich nicht berechnet, sondern nur ihre Logarithmen, dieselben sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Töne Logarithmen Töne Logarithmen F 44946 H 95801 C(=*deses) 03422 Fis 54277 @ 61898 Cis 12753 D 20373 Gis—=* Bbb 71229 4A 78849 Dis 29705 E 37325 Ais 88181 Man hätte ebensogut die 12 Töne /, e,g,... as—B auf einer neuen obern Claviatur hinzufügen können, es kommt diess aber im wesentlichen auf dasselbe hinaus, weil man ja jede Claviatur als Hauptelaviatur ansehen, und den Ton ihrer Taste C betrachten kann als C mit der relativen Schwingungs- zahl 1. Wenn man nun ein Instrument mit den 60 Tönen # bis Ais in der Octave construirt hätte, so würde dasselbe nach unsern obigen Auseinandersetzungen 51 Accorde jeder Art, also 49 Durtonleitern und 44 Molltonleitern zu spielen erlauben. Ausserdem aber könnte man mit Hilfe einer kleinen enhar- monischen Verwechselung zwischen 2 Tönen deren Unterschied in Logarithmen nur 00777 beträgt, vollständig in einem aus 53 Quinten bestehenden Kreise herumgehen; es stimmen nämlich die 7 letzten Töne der ganzen Reihe: %, H, Fis, Cis, Gis, Dis, Ais, bis auf das angegebene kleine Intervall überein mit den sieben ersten; 760,245, H, 470 und man könnte dieselben also enharmonisch leicht mit ein- ander verwechseln. Durch diese Bemerkung wurde ich veranlasst, in meinem oben citirten Aufsatz über die Berechnung der Tonleiter für die "Ausführung einer den natürlichen Verhältnissen möglichst nahe kommenden Stimmung noch einen Vorschlag zu machen, dessen Begründung im nächsten Abschnitte mitgetheilt werden soll. Die dreiundfünfzigstufige gleichschwebende Temperatur. Es ist soeben gezeigt worden, dass man durch eine Reihe von 53 Quinten mit dem oft erwähnten kleinen Fehler (7084: 7085) zu einem Tone gelangt, der noch nicht um ein halbes synto- nisches Komma niedriger ist als der Ausgangston, resp. eine höhere Octave desselben. Nimmt man statt der zu kleinen Quinten die richtigen, so kommt man etwas über den Aus- gangston. Multiplicirt man nämlich den Logarithmus der Quinte 0,5849625007 mit 53, so erhält man 31,003012537: die 53. Quinte ist also etwas höher als die 31. Octave, aber nur um ein sehr kleines Intervall, dessen Logarithmus in un- serer Schreibweise 00301 beträgt. Soll nun die 53. Quinte gerade übereinstimmen mit der 31. Octave, so muss man jede Quinte um 1/53 jenes Intervalles zu klein machen und muss ihr den Logarithmus 31/5; — 0,58490566 .. ... geben; die Logarithmen der andern Töne aber erhält man hieraus durch Multiplication mit den Zahlen 2 bis 53. Denn da die Zahlen 31 und 53 Primzahlen sind, so bilden die ersten 53 Vielfachen von 31 in Bezug auf den Modul 53 ein vollständiges System incongruenter Zahlen, d. h. sie lassen bei der Division sämmtlich verschiedene Reste, nämlich die Zahlen O bis 52 oder, wenn man die Octave gleich noch hin- zunehmen will, bis 53. Die Brüche Vol 020093 1643 Bars Hallagine Li aka geben daher bei Abtrennung der Ganzen, allerdings in anderer Reihenfolge, die Reihe On aut UN. 1 wobei die 1 als Logarithmus der Octave eine Wiederholung des Grundtones ist, und nur des Abschlusses wegen hinzu- geführt wurde. 471 Es verhält sich also hier ähnlich wie bei der gewöhn- lichen zwölfstufigen gleichschwebend temperirten Scala (s. 5. 448 u. 449). Gerade so wie dort die 12 Töne innerhalb einer Octave gefunden werden durch 12 Quinten mit dem Logarith- mus /ı2, so bestimmen wir hier die 53 zu einer Octave gehöri- gen Töne einer 53stufigen gleichschwebenden Scala durch 53 Quinten deren jede den Logarithmus 31/5; hat. Die a re der Töne in dieser Scala sind natürlich: 2) Die enste Stufe dieser gleichschwebend temperirten Scala erhält man durch 12 Quinten, denn es ist | 2 ıte wenn man also den durch 12 Quinten erreichten Ton His® um 7 Octaven tiefer legt, so erhält man den Ton His—1 mit der Schwingungszahl = °’y2 = 1,01316.... und dem Logarithmus = 1/5; = 0,01887.... Das Intervall C: His—!, welches angenähert durch 76:77 ausgedrückt werden kann, unterscheidet sich also von dem syntonischen Komma C:c = 80:81 nur um ein sehr kleines Intervall, nämlich ungefähr um 1689:1688, oder in Logarith- men um 00095 und man kann daher in der 53stufigen Temperatur, ebenso wie bei den Instrumenten von Helmholtz und Appunn His-1= rc setzen; in gleicher Weise gelangt man durch 12 weitere Quinten zu einem Tone Mri—=oC. Dieser Ton kann aber auch zugleich Eebzaur werden als cis — Des, In der Tabelle auf S. 472 sieht man wie diess bis zur Octave des Grundtones: 02 —ams fortgeht. In derselben sind diese 53 Töne so zusammenge- stellt, dass die Schwingungszahlen je zweier nebeneinander- stehender Töne das Product 2, und ihre Logarithmen die Summe 100000 liefern; die Intervalle zwischen dem Grundtone und zwei nebeneinanderstehenden Tönen ergänzen sich also stets zu einer Octave. Man vergleiche z. B. die beiden Töne es und a, Nr. 14 und 39=53 — 14, (8. 8. 416). 472 53stufige gleichschwebende Temperatur. Stufen Töne Logarithmen Stufen Töne Logarithmen 0. C == his—! 00000. 53. hs = Cl 100000. 1. ec = His-! 01887. 52, Hs —=ci 98113, 9. | am a I 3 = 96226. 8, (is = des 05660. 50.2 — (es! 94340. 4. cs —=De 07547. 49. H — gest 99453, 5. Cs = des 09434. 48. Rh — (es 90566. Ir ren A rule a een 7. mo Floh 119g br jeses — 2 46. B —= ais _ 86792. 8. Eses — d 15094. 45. 5 — Ais 84906. 9. eses =D 16981. 44. B — ais 83019. 10. Bses = 4 18868. 43. 5 — A slen. 11 | Az d 20755. 48. 5 = = 79245. 12. es, —= Dis 22642. Al. 56, 2 se 13. Es — dis 24528. 40. 5b —A 75472: 14. es = Dis 26415. 39. Bb a 73585. en | 2 2 711698. 16. MT u Bes : IT. gis = 4s 69811. 17. e = Fe 32076. 36. Gs —=uas 67924. 18. E — je 33969. 35. gs = As 66088. 19. e =Fes 35849. 34. Cs —=as 64151. ur Al Th ungrdele Sal => om =. 62264. ss =H — ses 21. Es —f 39623. B.g — Ases 60377. 22. es =F 41509. 31.6 — ases 58491, 23 Bs =r 43496. 30.9 — Ases 56504. an ne SUHoRN 8 De EL nl Du To: Ges — fis | ges = Fis 23 gs —= fs 47100. DB ee. 26: Ges — fis 49057. 27. ges. = Fis 50943, 473 Das syntonische Komma 80:81 mit dem Logarithmus 0,01792 würde allerdings durch ein Intervall mit dem Loga- rithmus 1/5; = 0,0181.... oder durch 1/ss — 0,01786 ge- nauer repräsentirt werden als durch das oben benutzte mit dem Logarithmus 1/53; allein eine 55- oder 56-stufige gleich- schwebend temperirte Scala würde keine Intervalle enthalten welche die Terz, die Quinte und die übrigen Consonanzen vertreten könnten, und es kommt ja gar nicht daraufan dass das syntonische Komma rein gestimmt ist, sondern vielmehr darauf dass man den natürlichen Verhältnissen der consonanten Intervalle möglichst nahe komme. — Das findet aber bei der 53stufigen Temperatur. in der That statt; denn die Fehler sämmtlicher consonanten Intervalle sind laut der folgenden Tabelle kleiner als der bereits unmerkliche Fehler der Quinte in der zwölfstufigen Temperatur. Stufen Intervalle Fehler in Logarithmen 0 Grundton c:C 00000 3 kl. halber Ton C: Cis — 00229 5 gr. halber Ton C:des + 00123 8 kl. ganzer Ton C:d — 00106 9 gr. ganzer Ton C:D — 00012 14 kleine Terz C:es + 00112 14 grosse Terz C:e — 00118 22 Quarte C:F — 00006 31 Quinte C:G — 00006 36 kleine Sexte C:as + 00118 39 grosse Sexte C:a — 00112 44 pyth. kl. Septime C:B + 00012 45 kleine Septime C:b + 00106 48 grosse Septime C:h — 00123 53 Octave C: Ct 00000 Für die Intervalle der beiden Hauptdreiklänge habe ich die Fehler der Schwingungsverhältnisse selbst berechnet; es beträgt nämlich der Fehler bei der kleinen Terz annähernd 1324 : 1323 (zu hoch) grossen Terz 5a 1196 : 1197 (zu tief) Quinte & 12440 : 12441 (zu tief). Man sieht aus obiger Tabelle dass die sämmtlichen zur CDur- und CMolltonleiter nöthigen Töne in einer fast voll- 30 ER 474 kommenen Reinheit vorhanden sind. Da aber die Tonstufen der vorliegenden Scala alle einander gleich sind, so kann man zu jedem ihrer 53 Töne die sämmtlichen Intervalle ebenso gut bestimmen wie zu C; man kann also aufjedem Tone der Scala eine Dur- und eine Molltonleiter errichten, und es werden alle diese Tonleitern ebenso rein sein wie CDur und CMoll. Wenn man also ein in dieser Temperatur gestimmtes Instrument herstellen könnte, welches nicht zu unbequem zu handhaben wäre, so könnte man auf demselben in allen Tonarten so gut wie ganz rein spielen, und man wäre daher in den Modulationen in keiner Weise beschränkt. In Bezug hierauf hat mir Appunn brieflich folgenden Vorschlag gemacht: Es wird ein Instrument nach seiner Methode gebaut, welches auf den Tasten und den dazuge- hörigen Knöpfen von 4 Claviaturen 5.1260 Töne hat; die- selben werden aber nicht so gestimmt wie sie auf 8. 465 bis 469 berechnet sind, sondern so dass die 53. Quinte genau mit dem Grundtone übereinstimmt, ebenso die 54. Quinte mit der zweiten..... die 60. mit der 7. Ein solches Instrument würde sich dann praktisch von dem oben besprochenen so gut wie gar nicht unterscheiden, denn den Fehler der grossen Terzen wird man wol ebensowenig bemerken wie vorhin die geringere Reinheit der Quinten,; ausserdem fragt es sich noch, ob man bei der Einstimmung der Instrumente die mathema- tischen Verhältnisse so genau zu befolgen im Stande ist, dass man Quinten mit dem Logarithmus 58476 unterscheiden kann von solchen mit dem Logarithmus 58491. f Da das Instrument durch seine vier Olaviaturen ziemlie unbequem werden dürfte, so hat mir Appunn noch eine zweite Construction mitgetheilt, nach welcher nur noch eine Claviatur mit Knöpfchen nöthig ist; die verschiedenen Reihen von je 12 Zungen für die Octave sollen dann durch Register- züge oder Pedale mit den Tasten oder Knöpfchen verbunden werden, so dass allerdings zu gleicher Zeit immer nur 24 Töne in der Octave vorhanden sind; dieselben können aber injedem Augenblicke durch Umstellung der Züge gegen andere vertauscht werden. Noch viel bequemer würde es nun sein, wenn man ein Instrument so construiren könnte, dass man durch einzelne 475 Registerzüge die zu den einzelnen Tonarten gehörigen Zungen mit den Tasten und Knöpfchen verbinden könnte; ich denke mir die Sache etwa so, dass durch Ziehung eines mit C be- zeichneten Zuges die zu CDur, CMoll und aMoll gehörigen Töne in Wirksamkeit treten; da hierdurch noch nicht alle Tasten und Knöpfchen in Anspruch genommen sind, so bleiben immer noch einige Töne für die nächst verwandten Tonarten übrig. Die Schwierigkeiten die diesem Vorschlage bei der praktischen Ausführung entgegen stehen sind allerdings gross, bei einer Orgel sind sie vielleicht zu überwinden; für die Harmoniums dagegen, bei denen man ja auf einen ziemlich kleinen Raum angewiesen ist, dürfte der Mechanismus fast zu complicirt werden, und wir werden daher zunächst bei den Appunn’schen Instrumenten stehen bleiben müssen, Um von der 53stufigen gleichschwebend temperirten Scala eine anschauliche Darstellung zu geben, habe ich Figur 6 (Tafel II) gezeichnet, der äusserste Ring versinnlicht die 53 Stufen dieser Scala und die inneren Ringe zeigen die Ver- theilung derselben auf die fünf Tastaturen desgrossen Appunn’. schen Harmoniums. Da sich die ursprüngliche Stimmung dieses Instrumentes, ebenso wie die des ursprünglichen Helmh.oltz’- schen Harmoniums, von der 5östufigen Temperatur nur sehr wenig unterscheidet, so bilden diese innern Kreise zugleich eine Darstellung der Töne der genannten Instrumente; die Figur bedarf auch in dieser Beziehung keiner besondern Erläuterung: jeder Ring repräsentirt 12 auf einer Tastatur befindliche, durch Quinten zusammenhängende Töne z B, F, 6, @....Ais, oder f, c, g....ais u.s. w.; die synonymen Be- zeichnungen sind in der Figur auf ein Minimum beschränkt, um die Uebersichtlichkeit nicht zu stören. Ausser den beiden von uns besprochenen gleichschwe- benden Temperaturen kann man noch eine grosse Anzahl anderer gleichschwebend temperirter Scalen aufstellen, welche die consonanten Intervalle, namentlich die Quinte und die grosse Terz in grösserer oder geringerer Reinheit enthalten. Die zuerst von Opelt angegebene 19stufige Scala haben wir Ja schon oben beiläufig erwähnt, Drobisch hat aber in seiner 476 Abhandlung über musikalische Tonbestimmung und Temperatur noch viel mehr derartige Scalen berechnet ; er verwandelt zuerst den irrationalen Werth von qg — log, Q angenähert in einen rationälen Bruch und findet dafür auf verschiedenen Wegen: ifo, 1t/ıo, 18fsı, Aa, las, 3Us3, ra, Ans, 19/z06, 989/g65. Alle diese Brüche sind auf die kleinste Benennung ge- bracht, Zähler und Nenner sind also relative Primzahlen zu einander, und es liefert daher jede Quinte von der Form */„ einen aus m Tönen bestehenden Quintencirkel, der genau zur nten Octave des Grundtones führt. Verlegt man diese Töne sämmtlich in eine und dieselbe Octave, so erhält man die m Stufen einer mstufigen gleichschwebend temperirten Scala; folglich ergeben sich als Logarithmen der einzelnen Töne in jeder dieser ae die Brüche Venlo ihre Schwingungszahlen aber ia die te, ite, 2te, 3te....mte Potenz der mten Wurzel aus 2. Die aus den ersten 8 Werthen für q sich ergebenden temperirten Scalen werden von Drobisch im letzten Ab- schnitt seiner mehrfach citirten Abhandlung speciell untersucht. In jeder von ihnen befindet sich natürlich auch ein Ton der der grossen Terz mehr oder weniger nahe kommt; Drobisch gibt dafür folgende Werthe an: Ahıa, fo, 10/sı, Alfa, las, 18/53, Ara, us. Da wir aber nicht wie Drobisch die pythagoreische Terz (81/64). sondern die natürliche (/ı) als die richtige betrachten, so müssen wir einige dieser Brüche etwas verändern, nament- lich müssen wir 13/41 statt 14a, Nils e 18/55, 8/18 40/118 setzen. Hieraus kann man die Tonstufen welche in den ein- zelnen Scalen die übrigen Intervalle der Tonleiter liefern leicht finden, weil dieselben alle aus der Quinte und der grossen Terz abgeleitet werden können. Auch wenn man die Vorzüge und Nachtheile einer Tem- peratur untersuchen will, braucht man nur die Fehler dieser beiden Intervalle zu bestimmen, denn aus diesen ergeben sich die Fehler der andern Consonanzen sofort, und auf die Con- 477 sonanzen kommt es ja bei der Beurtheilung einer Tonleiter fast allein an, indem die Fehler der Dissonanzen auf den Wolklang so gut wie gar keinen Einfluss haben. Drobisch ist in diesem Punkte anderer Meinung, er legt nämlich den Fehlern der dissonanten Intervalle denselben Werth bei wie ‚denen der consonanten, und zwar verfährt er in folgender Weise: Er wählt aus der Zahl der sämmtlichen scalenbildenden Töne die grosse Secunde, die grosse Terz, die Quinte, die grosse Sexte und die grosse Septime aus, weil sich aus diesen die übrigen durch einfache Subtraction von der Octave ergeben. (Quarte = Octave — Quinte etc.), und weil die Fehler der übrigen Intervalle denen der genannten gleich aber entgegen- gesetzt sind (Vgl. die beiden Tabellen über die Fehler der 12- und der 5östufigen Temperatur, S. 450 und 473). Er berechnet dann die Fehler dieser 5 Intervalle, und findet dass dieselben theils positiv theils negativ sind; wollte man nun die sämmtlichen Fehler einer Temperatur direct addiren, so könnte der Fall eintreten dass sich in einer sehr fehlerhaften Temperatur eine sehr kleine Fehlersumme ergäbe, ja es könnten sogar die positiven und negativen Fehler sich gerade aufheben; — es würde diess jedesmal geschehen wenn man die Fehler sämmtlicher Intervalle zusammen rechnen wollte. Drobisch wendet daher ein bekanntes Auskunftsmittel an: er erhebt die genannten Fehler aufs Quadrat, und da die Quadrate alle positiv sind, so kann er die Summe der Fehler- quadrate benutzen als Mass für die Güte der verschiedenen gleichschwebenden Temperaturen. Mit Hilfe der „Methode der kleinsten Quadrate“ findet er dass die 74stufige Scala die „möglich reinste gleichschwebende Temperatur“ sei; da aber in derselben Cis tiefer ist als Des, Dis tiefer als Es u. s. w., so hält er, der AnsichtHerbarts (siehe oben 8. 431) folgend, die Anwendung dieser Scala in der Musik für bedenklich, und erklärt das 118stufige System für dasjenige welches „die grösste theoretische Vollkommenheit habe“. Diesem Urtheile kann ich mich nicht anschliessen; denn wenn man auch in der vorliegenden Frage das Princip der kleinsten Quadrate wirklich als anwendbar betrachtet, so sind dabei doch nur die Fehler der Quinte und der grossen Terz, höchstens noch der der kleinen Terz (oder der ihm gleiche 478 der grossen Sexte) zu beachten; die Fehler der grossen Secunde und der grossen Septime aber kommen auf keinen Fall in Betracht, denn diese Intervalle haben bei der Beurtheilung des Wolklanges nur Wichtigkeit insofern sie Quinte und grosse Terz von der Quinte sind. Ausserdem aber muss ich noch bemerken, dass ich die 74stufige und die 118stufige Tonleiter welche Drobisch auf S. 77 und 94 seiner Abhandlung aufstellt, nicht als gleichschwebend temperirt betrachten kann, wenig- stens nicht im eigentlichen Sinne. Drobisch legt nämlich z. B. bei der 74stufisen Temperatur für die Quinte nicht den Werth #3/.4 = 0,58108 zu Grunde, sondern 0,58105, weil diese Zahl der durch die Methode der kleinsten Quadrate gefun- denen Bedingung besser entspricht; in Folge dessen sind die Vielfachen von !/ı nicht die genauen Werthe für die Lo- garithmen der einzelnen Töne, sondern nur angenäherte, Daraus ergibt sich aber weiter dass die Intervalle zwischen denselben durchaus nicht untereinander gleich sind, was doch bei einer gleichschwebend temperirten Scala der Fall sein müsste. Betrachten wir z. B. die 3 ersten Stufen der Scala: von diesen findet Drobisch die zweite durch 12 absteigende Quinten, die dritte durch 19 aufsteigende Quinten; die erste würde er, wenn er die Rechnungen weit genug fortgeführt hätte, durch 31 aufsteigende Quinten gefunden haben, denn 31 ist eine Wurzel der Congruenz: x.43 = 1 (mod.74), Dh sa Aa a an Hiernach ergeben sich die Logarithmen der 3 ersten Stufen und ihre Difterenzen wie folgt: 1 01255. 2. 02735. 2. — 1. = 01480 | 3. 04003. 3. — 2. = 01268 3.1. — 02448 Es sind also weder die Intervalle von der Grösse einer Tonstufe, noch die von der Grösse zweier Stufen einander gleich; ähnliche Resultate würden sich bei fortgesetzter Unter- suchung für die grössern Intervalle ergeben. Mit der 118- stufigen Scala verhält es sich genau ebenso. Trotzdem lässt sich für diese Tonleitern die Bezeichnung „gleichschwebend“ rechtfertigen, nämlich mit Rücksicht auf die Berechnung durch Quinten welche alle um ein gleiches Intervall „unter sich . 479 schweben“. Aber diese Quinten schliessen sich nicht zu einem Kreise zusammen, sondern sie bilden nur eine lange Reihe, ähnlich wie die Quinten des Helmholtz’schen und der Appunn’schen Instrumente; setzt man diese Reihe genügend weit fort, so bilden die äussersten Glieder allerdings wieder eine Quinte, aber eine Quinte welche mit den übrigen nicht genau übereinstimmt. Geht man z.B. in der 74stufigen Scala vom Grundtone aus bis zur 73. Quinte, so bildet dieselbe mit dem Grundtone eine neue (die 74.) Quinte, dieselbe ist aber um das Intervall 00230 grösser als die ersten 73. Aehn- liche Resultate ergeben sich wenn man aus Terzen und andern Intervallen derartige Cirkel zu construiren sucht, nicht nur bei der 74stufigen Scala, sondern auch bei der 118stufigen. Diese beiden von Drobisch berechneten Scalen ver- halten sich also zu den wahren gleichschwebenden 'Tempera- turen mit 74 und 118 Stufen gerade so, wie sich die zuerst von Helmholtz angegebene und später von Appunn in vollständigerer Weise benutzte Stimmung zur 53stufigen Temperatur verhält. — Will man trotzdem diese Scalen als „gleichschwebend“ bezeichnen, so werde ich über Worte und Namen nicht weiter streiten; man wird aber die erwähnten Unterschiede anerkennen, und auch auf sie aufmerksam machen müssen. Aber ganz abgesehen von dieser Frage muss ich noch einmal darauf zurückommen, dass unter allen vonDrobisch besprochenen Tonsystemen weder das mit 118, noch das mit 74 Stufen, sondern vielmehr die 53stufige gleichschwe- bend temperirte Scala die grösste theoretische Vollkommenheit hat. Es geht nämlich aus den ohigen an Helmholtz sich anschliessenden Betrachtungen hervor, dass ausser den zur Dur- und Molltonleiter gehörigen con- und dissenanten Intervallen auch das syntonische Komma eine besondere Wichtigkeit hat, und gerade diess Intervall wird von je zwei aufeinanderfolgenden Tönen der 53stufigen Scala wenigstens annähernd gebildet. Es kann also unser „allgemeines Tonsystem“ durch die Töne dieser Scala in beliebig weiter Fortsetzung dargestellt werden, wie die folgende Tabelle zeigt. 480 Das allgemeine Tonsystem gebildet aus den Tönen der 53stufigen Temperatur. 34 51 15 32 49 15 30 47 11 „8 20 37 1 18 35 52 16 33 25 42 6 23 40 4 21 38 2 47 11 28 45 9 26 43 7 24 16 33 50 14 31 48 12 29 46 38 2 19 36 0 17 34 51 15 7 24 41 5 22 39 3 20 37 29 46 10 27 44 8 25 42 6 51 15 32 49 13 30 47 11 28 20 37 1 18 35 52 16 33 50 42 6 23 40 4 21 38 2 19 In dieser Tabelle bedeutet jede Zahl den betreffenden Ton der 53stufigen gleichschwebend temperirten Scala; 0 ist also der Grundton (, 31 die Quinte @, 17 die grosse Terz e u. s. w. (vgl. 8.472). Die Tabelle ist fortgesetzt bis zu den + 5ten Potenzen von Q und den + 4ten von 7, sie enthält in Folge dessen (2.5+1).(2.4-+1)=99 Töne; unter diesen sind die meisten Stufen der Scala zweimal, einige (2, 11, 16, 33, 38, 47; 6, 15, 20, 37, 42, 51) sogar dreimal vertreten; man kann daher leicht erkennen wie sich diess Schema ins Unendliche erweitern lässt. Auch Drobisch legt der 53stufigen Scala einen be- sondern Werth bei, er hebt nämlich erstens hervor dass sie die reinen Dur- und Molltonleitern für sämmtliche Töne der Scala enthält; denn wenn man die Stufe des Grundtones mit x bezeichnet, so bilden die folgenden Stufen die dazuge- hörige Durtonleiter: | x, 249, 2—+17, 2 +22, y+31, +39, ©&—+48, 2453 und die folgenden Stufen bilden die auf- und absteigende Molltonleiter :: x, 249, 2414, 2+22,0+ 31, («+ 39,) u+48,0%4-53 x+53,(@©+45,)2 + 36,2 431,0 422, 2 +14, &4+9,% Die Nummern welche grösser werden als 53 bedeuten natürlich die ensprechenden Tonstufen der nächsthöhern Octave; die eingeklammerten Zahlen in der Molltonleiter sind die zu- 481 fällig vorkommenden Töne: die grosse Sexte und die kleine Septime Diese Eigenschaft der 5östufigen Scala ist, wie man sieht, eine einfache Folge davon dass sie das allgemeine Tonsystem unbegrenzt weit darstellt. Zweitens aber spricht Drobisch die Vermuthung aus dass die Musik der Streichinstrumente sich vielleicht in der 53stufigen Scala bewege ; er beweist auch dass ihre Tonstufen auf einer Violine wirklich vollständig unterschieden werden können. Da: nämlich eine Violinsaite 329 Millimeter lang ist, so zeigt sich dass selbst bei den Tönen wo die Unterschiede in den Saitenlängen am kleinsten sind, der Finger doch um 3 Millimeter verrückt werden muss damit der Ton sich um ein Komma ändere. Wıll man z. B. die beiden Töne Di und d! hervorbringen, so muss man die G@Saite auf 234,16 resp. 231,12 Millimeter verkürzen; bei geringern Verkürzungen der ursprünglichen Saitenlängen sind die Unterschiede noch grösser. Es lassen sich demnach selbst auf der Violine, die doch von allen Streichinstrumenten die kürzesten Saiten hat, die einzelnen Tonstufen unserer Scala mit vollständiger Sicherheit unter- scheiden, und es kommt nur darauf an dass die Musiker beim Unterricht gehörig dazu angeleitet werden; die nöthigen Regeln können aus dem obigen vollständig abgeleitet werden: es dürfen z. B. auf der Violine die beiden leeren Saiten A und Ein (Dur nicht gebraucht werden, sondern man muss a und e auf den nächst tiefern Saiten (D und A) greifen, in Ddur aber kann man alle leeren Saiten verwenden; auf der Bratsche und dem Cello dagegen gehören die Töne der leeren Saiten (C, 6, D, A) der Tonart GDur an u.s.w. Man vergleiche hierzu Delezenne, Memoire sur les valeurs nu- meriques des notes de la gamme (Travaux de la Societe de Lille 1826 u. 1827); feıner Drobisch, Nachträge zur Theorie der musikalischen Tonverhältwisse $ 12 ££.; endlich Helmholtz Lehre von den Tonempfindungen 1ll, 16, 497—499, und die in der zweiten Ausgabe dieses Werkes zugefügte Beilage XIV, S. 601. Bd. XXXII, 1868. 31 482 Die absolute Tonhöhe. In den obigen Tabellen sind für sämmtliche Töne nur die relativen Schwingungszahlen, bezogen auf den Grundton ‘C=1, angegeben worden; absolute Schwingungszahlen habe ich nicht hinzugefügt, weil es zur Zeit noch keine allgemein anerkannte feste Tonhöhe gibt. Denn wenn man auch zur Normirung der Tonhöhe in der musikalischen Praxis Stimm- gabeln benutzt, welche (wenigstens in der Regel) den Ton a! (das a der eingestrichenen Octave) angeben, so stimmen dieselben doch bekanntlich durchaus nicht untereinander überein. Es machte z. B. die Stimmgabel im Jahre 1660 zu Paris (unter Luily) 404 Schwingungen 1776 „ ,. (Gluck, Iphigenie) 410 ® 1807 „.: „. (Spontini, Vestalin) 420 e 1829 „ » (Rossini, Tell) 431 r 1833 zu Berlin (durch Scheibler best.) 441,62 R 1833 zu Wien ( ,„ hi A AaeT “ Diese Verschiedenheiten hatten früher ihren Grund wol mit darin dass man kein Mittel hatte die Schwingungen einer Stimmgabel genäu zu zählen. Nun hat zwar Scheibler ein solches in den Schwebungen gefunden, und in der neuesten Zeit ist die Herstellung von Stimmgabeln mit jeder beliebigen Schwingungszahl durch die optischen und graphischen Me- thoden noch bedeutend erleichtert, aber man hat sich immer noch nicht über eine gemeinschaftliche Tonhöhe geeinigt. Es wird zwar meistens angegeben, dass in Deutschland der „Kammerton“ durch ein 3! mit 440 Schwingungen bestimmt sei, wie es die deutsche Naturforscherversammlung zu Stuttgart im Jahre 1834 auf Vorschlag von Scheibler beschlossen hatte; aber bei weiten nicht alle Orchester haben ihre In- strumente danach gestimmt. Indem man diese Tonhöhe zu Grunde legte hat man e! auf 264 Schwingungen berechnet; man hat aber dabei vergessen dass diese Rechnung nur richtig ist, wenn man den Toon der Stimmgabel betrachtet als eine grosse Sexte des Grundtones C!, also als das Helmholtz’sche a!. Im Streichquartett werden aber bekanntlich die Saiten aller Instrumente nach reinen Quinten gestimmt, man muss daher hier den Ton der Stimmgabel als das der Reihe O0 483 unseres Tonsystems angehörende A! (?"/ıs) betrachten, und dann ergibt sich für C! nur die absolute Schwingungszahl 260,470470... Beim Stimmen unserer gewöhnlichen Ula- viere endlich spielt der Ton der Stimmgabel wieder eine an- dere Rolle; hier bedeutet er nämlich das gleichschwebend temperirte A!, dessen Verhältniss zum Grundtone gleich '1:1,68179 ist; daraus ergibt sich für die Instrumente welche genau im deutschen „Kammerton“ und nach wirklich gleich- schwebender Temperatur gestimmt sind: GC! = 261,627. Diese Tonhöhe wird jetzt vielfach für zu hoch gehalten und es ist daher seit 1859 in Frankreich eine etwas tiefere Stimmung gesetzlich eingeführt worden; man hatnämlich dort die absolute Tonhöhe bestimmt durch eine Normalstimm- gabel (diapason normal) mit 870 sog. einfachen Schwingun- gen (vibrations simples), das sind also nach unserer deutschen Zählungsweise 435 ganze Schwingungen (vibrations doubles). Auch hierdurch ist die Tonhöhe genau genommen noch nicht vollständig fixirt, denn man kann diesen Ton wieder in jenen 3 Bedeutungen nehmen, und daraus ergeben sich 3 verschie- dene Werthe für den Grundton c!. Betrachtet man nämlich den Ton der Stimmgabel mit 435 Schwingungen in der Secunde als reine Sexte al so ergibt sich C! = 261 pythagoreische Sexte A a N BI er gleichschwebende Sexte A! „ „ „ 6.=258,653 Eine noch etwas tiefere Stimmung hat Chladni schon im Anfange dieses Jahrhunderts vorgeschlagen, indem er nicht den Ton a als Grundlage benutzte, sondern C; er gieng aus von den relativen Schwingungszahlen, welche für die Octave des Grundtones den Werth 2, für die höhern Octaven also 4, 8, 16....2” liefern, und er gab im Anschluss daran allen Tönen C auch absolute Schwingungszahlen welche Potenzen von 2 sind. Der Ton C! erhielt in Folge dessen die absolute Schwingungszahl 256 und daraus berechnen sich die verschie- denen in dise Octave gehörigen Töne a wie folgt: die reine Sexte al= 42625, die pythagoreische Sexte Alv== 432, die gleichschwebende Sexte At — 430,538. Wollte man also diese Stimmung in der Musik verwenden sh 484 und Stimmgabeln für den Ton a herstellen, so müsste‘'man dieselben verschieden stimmen, je nach dem Zwecke dem sie dienen sollten. Bei den Physikern hat diese Stimmung ziemlich :allge- ‚mein Eingang gefunden, Königin Paris, Appunn in Hanau u. s. w. liefern ihre Apparate meistens in dieser Tonhöhe, und sie ist auch für die Berechnung die bequemste, weil in ihr die relativen Schwingungszahlen und die absoluten in einem sehr engen Zusammenhange stehen. Es sind nämlich, allerdings nur in einer sehr tiefen, ausserhalb der Grenzen unseres Gehöres liegenden Octave die relativen Schwin- gungszahlen zugleich auch die absoluten; für die höhern Octaven aber findet man die absoluten Schwingungs- zahlen durch wiederholte Multiplicationen mit 2. Wegen dieses Zusammenhanges ist die von Chladni vorgeschlagene Stimmung als die zweckmässigste und natürlichste zu betrach- ten, sie ist gleichsam von der Natur selbst gegeben. Man kann auch sagen die relativen Schwingungszahlen der einzelnen Töne, wie sie in unsern obigen Tabellen ange- geben sind, sind zugleich die Werthe für die absolute Zahl der Schwingungen in Theilen der Secunde , welche durch fort- gesetzte Halbirung entstehen. Es ist daher überflüssig die absoluten Schwingungszahlen noch besonders zu berechnen, nur für die Töne C, Ct, C2.... will ich sie hier zusammen- stellen, zugleich mit einer Uebersicht über die verschiedenen Bezeichnungen welche zur Unterscheidung der verschiedenen Octaven dienen. Notennamen. Pfeifen- D.M. Ss. E längen. Schwingungszahlen. (, G-2 ul 16‘ 32, = 2er C (1 ulı 8‘ 64,28, id 28.21 C 0 ula 4 128 = 29) = 1128 ..20 c c1 uls 2/1 14129861 21012821 ec“ c? uta il- 512, HU Z198492 N 08 ul are O2 RB. RC ul ill)‘ 2048 — 213, 128,24 In dieser Tabelle sind in der ersten Spalte unter D. M. die bei den deutschen Musikern gebrauchten Bezeichnungen zusammengestellt, in der zweiten folgen unter S. die von 485 Sondhauss vorgeschlagenen, in der dritten unter F. die in Frankreich üblichen. In der vierten Spalte sind die Längen der entsprechenden offenen Pfeifen angegeben, nach denen die Orgelbauer die Töne zu benennen pflegen, und in der fünften bis siebenten stehen die Schwingungszahlen in mehreren Formen, die letzte derselben zeigt die Bedeutung der Sondhauss’- ‘schen Exponenten. Wegen dieses einfachen Zusammenhanges mit den Schwingungszahlen ziehe ich diese Bezeichnungsweise der in Deutschland sonst üblichen vor; man braucht auch dabei nur Buchstaben einer Art und kann also je nach den Umständen grosse oder kleine etc. verwenden, auch die Helm- holtz’sche Bezeichnung lässt sich damit verbinden (wie wir es ja S. 481—483 gethan haben.) Ausserdem herrscht unter den Musikern selbst nicht einmal vollständige Uebereinstim- mung, denn es machen zwar einige die Striche so wie ich sie hier angebe, andere setzen bei den Contra- Tönen die Striche unter die Buchstaben, bei der eingestrichenen, zwei- gestrichenen.... Octave aber darüber; doch findet man auch bei diesen hohen Tönen die Striche unter den Buchstaben; wieder andere wenden statt der Striche untere oder obere Indices an und dann kommen sie von selbst auf die Sond- hauss’sche Bezeichnung. In der Notenschrift wird der mit- telste Ton unserer Tabelle, das eingestrichene oder zweifüs- sige C! mit 256 Schwingungen, im Violinschlüssel unter die Notenlinien, im Bassschlüssel über dieselben gesetzt — beide- male mit einem Strich durch den Kopf, so dass es gerade in die Mitte des ganzen Notensystems kommt. Nach Scheibler sind die Schwingungszahlen für die Töne obiger Tabelle: 33, 66, 132, 264, 528, 1056, 2112 und daraus findet man fast für alle Töne der CDurtonleiter ganze Zahlen, nur für einige Töne der tiefen Octaven er- geben sich Halbe und Viertel, und in der Contra-Octave zwei- mal auch Achtel; die Rechnungen für diese Scala sind also auch nicht unbequem. Aber die neue sog. tiefe Pariser Stim- mung liefert für die meisten Töne der Scala Brüche und es wäre daher schon aus diesem Grunde besser gewesen, wenn man 1859 in Frankreich gleich die Chladni’sche Stimmung eingeführt hätte. Der Einwurf dass dieselbe für die Musik zu tief sei ist nicht gerechtfertigt, denn sie stimmt fast genau 486 überein mit der Pariser Stimmung von 1829 („Tell“). Da man nun jetzt angefangen hat die seit 100 und mehr Jahren allmählich emporgeschraubte absolute Tonhöhe wieder her- unterzusetzen, so kommt man vielleicht auch einmal wieder zu der natürlichen Stimmung von Chladni, und dann wird man hoffentlich definitiv bei ihr stehen bleiben. Erweiterung des Tonsystems. Die sämmtlichen von uns betrachteten Töne lassen sich mit Rücksicht auf die algebraische Natur ihrer relativen Schwingungszahlen in zwei Classen theilen, nämlich in Töne mit rationalen Schwingungszahlen und in Töne mit irra- tionalen Schwingungszahlen. Zuerst hatten wir es nur mit Tönen zu thun, deren relative Schwingungszahlen rational waren, und aus solchen bauten wir unser allgemeines Tonsystem auf; später ersetzten wir zur Vereinfachung dieses Systemes die Töne desselben durch solche mit irratio- nalen Schwingungszahlen, welche mit den. rationalen mehr oder weniger genau übereinstimmten und daher statt dersel- ben gebraucht werden konnten. Der Vortheil den wir da- durch erreichten bestand darin, dass jeder Ton mit einer irrationalen Schwingungszahl mehrere Töne mit rationalen Schwingungszahlen zugleich ersetzte. Ebenso wie man nun mit Hilfe der irrationalen Zahlen zwischen zwei gegebenen Grenzen unendlich viele Werthe angeben kann, so kann man natürlich auch unendlich viel Töne mit irrationalen Schwin- gungszahlen zwischen zwei gegebenen Tönen einschalten; die- selben haben aber für uns kein selbständiges Interesse, son- dern nur insofern sie zum Ersatz für Töne mit rationalen Schwingungszahlen gebraucht werden können. Wir haben daher keine Veranlassung diese Töne noch specieller zu untersuchen. Anders steht es bei den Tönen mit rationalen Schwin- gungszahlen; von diesen haben wir bei der Entwickelung des allgemeinen Tonsystems (s. S. 88 ff. dieses Aufsatzes) nur diejenigen beachtet welche sich durch Octaven, Quinten und Terzen aus dem Grundtone 1 herleiten lassen — oder, was dasselbe sagt, deren Schwingungszahlen Producte und Quo- tienten der drei Primzahlen 2, 3 und 5 sind, 487 Nimmt man nun noch andere Primzahlen hinzu, so er- hält man noch beliebig viele Töne, welche weder in der Mu- sik gebraucht werden, noch auch mit irgend welchen Tönen des allgemeinen Tonsystemes übereinstimmen. Von diesen Tönen handelt in Kürze vorliegender Abschnitt. Auf die genannten drei Zahlen folgt als nächste Prim- zahl die 7; der durch diese Zahl direct bestimmte Ton liegt innerhalb der Octave C? = 4 und (3? —= 8, wir legen ihn daher um 2 Octaven tiefer und dividiren zu diesem Zwecke seine Schwingungszahl durch 2.2, dadurch erhalten wir einen Ton mit der Schwingungszahl '/ı. Derselbe hat den Loga- rithmus 80736 und ist also nur um ein kleines Intervall tie- fer als die kleine Septime d mit der Schwingungszahl 1250/799 und dem Logarithmus 81215, der Logarithmus des zwischen beiden Tönen bestehenden Intervalles beträgt nur 00479. Wenn man das allgemeine Tonsystem noch weiter fortsetzt, so wird man zwar Töne finden welche mit dem in Rede ste- henden Ton noch genauer übereinstimmen; eine vollständige Uebereinstimmung kann aber der Natur der Sache nach nicht stattfinden, weil aus den Zahlen 2, 3 und 5 durch Multipli-- cation und Division niemals der Bruch "/ı entstehen kann. Weil man hiernach keinen Notennamen aus dem allgemeinen Tonsystem (S. 92) auf ihn anwenden kann, so hat man ihm durch den Buchstaben ; eine besondere Bezeichnung gegeben ; man hat ihn aber auch mit Rücksicht auf seine Stellung in der Scala die verminderte Septime oder zur Vermei- dung von Verwechslungen die natürliche oder harmo- nische Septime genannt. Dieser Name erscheint auch noch desshalb sehr passend weil der Ton :? mit der Schwin- gungszahl 7 gerade der siebente harmonische Theilton des Klanges C=1 ist, und weil er auf den Hörnern Trompeten und Posaunen ohne Ventile als siebenter Naturton hervorge- bracht werden kann, und auch für die kleine Septime ver- wendet wird. Er ist zwar nicht so hoch als die übermässige Sexte ais — 3645/y01s (Logarithmus — 83170), ja noch nicht einmal so hoch als Ais — 225/153 (Logarithmus = 81378), und er wird daher von Marpurg in seinem Versuch über die musikalische Temperatur (8. 88) als ein „musikalisches Amphi- bium“, von dem man nicht wisse ob man es auf die sechste 488 oder siebente Stufe zu setzen habe, nicht weiter berücksich- tigt; aber wir wissen ja bereits dass dergleichen Uebergriffe bei Tönen je zweier benachbarten Stufen regelmässig vorkom- men, und wir werden daher an der Bezeichnung dieses In- tervalles mit dem Namen einer Septime keinen Anstoss zu nehmen brauchen. Mit Hilfe der Zahl 7 kann man auch noch eine Menge anderer Töne bestimmen, zunächst dadurch dass man nicht nur zu 6, söndern auch noch zu den übrigen Tönen des all- gemeinen Tonsystems die natürliche Septime bestimmt, so erhält z. B. die Schwingungszahl der natürlichen Septime von 4s—! den Werth #/s:"/ı ” » ae F1 „ ”» 2/3 . a a » sk. Ferner kann man zu i und zu allen diesen 2» 2 2 e—1 Bi „ ” 3/9 D ” ” 9s v uU. Ss W ala N a lie hi = 8/3 andern Tö- -nen aufs neue und wiederholt die natürliche Septime bestim- men, dadurch erhält man Schwingungszahlen welche im Zäh- ler das Quadrat und höhere Potenzen von 7 enthalten z. B. 313/556 U. 8. W. Andrerseits kann man auch Töne bestimmen zu denen die Töne unseres Tonsystemes natürliche Septimen sind, so 19/39, 49/as, ist z. B. €! die natürliche Septime des Tones 2.4 @! „ » 2 ” 3 Ei ei In 2) ” ” » 5/3 . an Be! „ ” ” „ „ 8/3 . Al as! )) ) „ „ „» 16/5 . Ar U. S. W: —r sh = 12/5 — 10); == 92/57 Da man auch diese Operation, beliebig oft wiederholen kann, so ergeben sich noch unendlich viel Töne deren Schwin- sungszahlen die Potenzen von 7 im Nenner enthalten, z.B. Sliyg, 50%/a9, 512/313 U. 8. W. Resultate: Man gelangt also zu folgenden Wenn man zu den gewöhnlichen musikalischen Inter- vallen noch die natürliche Septime hinzunimmt und man iden- 489 tifieirt wie früher alle Töne (8. $. 87) welche zu einander Octaven sind, so erhält man ein Tonsystem welches sich nach drei Richtungen ausdehnt: in der einen Richtung sind die Töne Quinten zu einander, in der zweiten Teerzen, und in der dritten natürliche Septimen. Während also unser allgemei- nes Tonsystem, welches für die Bedürfnisse der Musik be- ‘rechnet ist, in einer Ebene dargestellt werden kann, und zwar in der Form eines immer grösser werdenden Quadrates, so muss man zur Darstellung dieses verallgemeinerten Tonsy- stemes noch die dritte Dimension des Raumes zu Hilfe neh- men, und man erhält dadurch einen ins Unendliche wachsen- den Würfel. Das Tonsystem würde dadurch bedeutend complicir- ter werden als früher, und es würde schon aus diesem Grunde von der natürlichen Septime in der Musik kein all- gemeiner Gebrauch gemacht werden können; dazu kommt aber noch dass die Intervalle welche durch die Zahl 7 ent- stehen nur schlechte Consonanzen, zum grössten Theile sogar Dissonanzen sind. Denn wenn auch die Septime C:7—=4:7 an Wolklang etwa der kleinen Sexte C:as—5:8 gleichzustel- lenist, dieselbe unter Umständen sogar noch übertrifft (Helm- holtz II, 10, 294), und auch bei der Erweiterung um eine Octave (C:i!=2:7) noch gewinnt, so sind doch die meisten andern Intervalle zu denen sie Anlass gibt von geringern Wol- klang als sie selbst. Um dieselben kennen zu lernen hat man gar nicht nöthig die Töne mit den Schwingungszahlen "5, or... Sm, a... u.s.w. selbst hervorzubringen und mit dem Tone € zu combiniren, man braucht vielmehr nur den Ton : mit den andern Tönen der Scala zusammenzustellen. Man erhält z. B. das Intervall 6:7 (Logarithmus = 22240) aus den Tönen @:i, dasselbe ist etwas kleiner als die kleine Terz 5:6, und noch nicht so wolklingend als diese; in der erweiterten Form @:i!=3:7 ist es aber besser als die ent- sprechende Erweiterung der wahren kleinen Terz @6:571=5:12. Tiersch (System und älethode der Harmonielehre 8.54) nennt das Intervall @:i=6:7 die natürliche kleine Terz; ich kann diesen Namen nicht für passend halten, denn wenn er sich auch an die „natürliche Septime‘“ anschliesst, so ist doch leicht einzusehen dass hier die Sache ganz anders liegt: die 490 Septime "/ı ist physikalisch einfacher als alle andern Septimen 95, 16/9, 15/s u. s. w., also ist sie auch natürlicher, das Intervall 6:7 aber ist durchaus nicht einfacher und natürli- cher als 5:6. Helmholtz benutzt für diess Intervall den Namen verminderteTerz, und dem entsprechend für 5:7 verminderte Quinte, ferner für 7:8 übermässige Se- cunde; da aber diese Namen im allgemeinen Tonsystem schon für andere Intervalle verwendet sind, so müsste man zu einer strengen Unterscheidung noch ein neues Beiwort, etwa „septimal‘“ (analog zu „decimal“) einführen und die eben genannten Intervalle als septimale kleine Terz, septimale Quinte u. s. w. bezeichnen Der einfachste Accord der sich aus diesen Intervallen bilden lässt ist Kirnbergers harmonischer Vierklang: Grie Gi — 4:3 61: —20:23380 BB: derselbe ist allerdings wolklingender als der gewöhnliche ver- minderte Septimenaccord: O:e 1635 — 2072528036; aber seiner allgemeinen Verwendung in der Musik steht die dadurch nöthig werdende Complication der Instrumente mit festen Tönen entgegen; denn man müsste doch die natürliche Septime, wenn man sie einmal einführen wollte, in allen Ton- arten anbringen. Nur beim Gesang und auf dem Streichin- strumenten. würde man sie natürlich ohne weiteres verwenden können; aber auch auf den Appunn’schen Instrumenten hat man einen Ton der ihr fast genau gleich ist: der Ton d auf diesen Instrumenten ist nämlich nur um ein Intervall mit dem Logarithmus 00601 zu hoch, der Fehler ist also etwa halb so gross als der der Terzen und Sexten in der gewöhnlichen zwölfstufigen gleichschwebend temperirten Scala. Wenn man das grosse Appunn’sche Instrument nach der 53stufigen gleichschwebenden Temperatur stimmt, so gestalten sich die Verhältnisse für den Ton ; noch günstiger, denn in dieser Scala ist der mit Nr. 43 bezeichnete Ton nur um 00396 zu hoch, es wird also der Accord: C:e:@:i durch die Tonstufen 0, 17, 31, 43 repräsentirt, der gewöhnliche verminderte Septimenaccord: C:e:G:5 aber durch die Tonstufen 0, 17, 31, 45. Man sieht auch leicht dass ein solches Instrument alle 491 übrigen „septimalen Intervalle“ in jeder beliebigen Lage lie- fert; zu der Quinte 5:7 würden 28(=45 - 17) Tonstufen ge- hören, zur Terz 6:7 dagegen 14(—45 — 31), und zur Secunde 7:8 (z. B. i:C!) nur 10(=53 — 43). Man vergleiche hierzu die Tabellen auf S. 472 und 473. Es sind nun zwar schon früher von Fasch in der von ihm begründeten Berliner Singacademie Versuche über die Wirkung des Tones i angestellt worden (vgl. Chladni Aku- stik 826); es dürfte sich aber doch empfehlen diese Versuche zu wiederholen, nicht weil die Componisten in den jetzt von ihnen benutzten Tönen noch nicht genug Material zum Aus-. druck ihrer Gefühle hätten, sondern weil man sich dadurch der Entscheidung mehrerer Fragen nähern könnte, welche für die Theorie der Musik nicht unwichtig sind, und sich nicht durch einen schlechten Witz des Freiherrn von Thimus über die geistreichen Berliner und den Ton ; erledigen. Wenn man nun noch weiter geht und ausser der Zahl 7 noch die Primzahl 11 zur Bestimmung von Tönen verwen- den will, so erhält man natürlich abermals eine unendliche Menge neuer Töne und Intervalle, zunächst den Ton dessen Schwingungszahl die 11 selbst ist; dieser Ton liegt zwischen den beiden Tönen C3—=8 und C!—=16, wir legen ihn also 3 Öctaven tieter und erhalten dadurch einen Ton mit der Schwingungszahl !!/s und dem Logarithmus 45943. Hiernach stimmt er etwa mit dem Tone fs überein, ist aber etwas höher. Das Intervall 8:11, welches dieser Ton mit dem Grundtone macht, kann selbstverständlich auch von andern Tönen aus gemessen werden, und dadurch ergeben sich dann Töne mit den Schwingungszahlen 33/33, 55/as, 22/21, 121/100 u.S. W. Misst man aber dieses Intervall von bekannten Tönen aus nach unten, so erhält man z. B. von C! aus den Ton !#/ıı, welcher ungefähr mit ges übereinstimmt, ferner Töne wie 48/35, SAlss, 2, 1238/ı2ı U. 8. W. Aehnlich verhält es sich mit den aus der Zahl 13 re- sultirenden Tönen: Der Ton mit der Schwingungszahl 13/s hat den Logarithmus 70044 und ist also etwas tiefer als @; nach einer Beobachtung von Chladni (Akustik $ 27) soll er ebenso wie der Ton !!/s in einem schwäbischen Volksgesange 492 vorgekommen sein. Das Intervall 8:13, welches er mit dem Grundtone C bildet, liefert dann auf die bekannte Weise wie- derum unendlich viele Töne deren Schwingungszahlen die Zahl 13 und höhere Potenzen derselben theils im Zähler theils im ‘Nenner enthalten z.B. 13/12, 2%/25, 39/35, #1, 169/128 u. S. W.; ferner zunächst 16/3 und im Anschluss daran z.B. !/ıs, 2"/as, Mlız, dpa, 36/0 u. 8. W. Durch Hinzufügung der folgenden Primzahlen 17, 19, 23..... erhält man ganz auf dieselbe Weise immer noch mehr neue Töne und Intervalle, es würde aber zu weit führen die durch Combination dieser Zahlen entstehenden Intervalle noch genauer zu untersuchen; höchstens könnte man noch die Töne und Intervalle betrachten welche durch diese Zahlen direct bestimmt werden. Wir wollen aber diese Frage gleich nach einer andern Seite zu verallgemeinern, wir wollen nämlich statt der Primzahlen die ganze Reihe der natürlichen Zahlen anwenden und die Frage zu lösen suchen: Wie verhält sich der Grundton 1 zu den Tönen welche die natürlichen Zah- len 2, 3, 4, 5, 6, 7...m und deren umgekehrte Werthe 1a, Ya, Ya, Us, Ye, Yes !/m zu Schwingungszahlen haben? » Von diesen Tönen werden zwar in der Musik nur die wenigsten gebraucht, sie haben aber durch die Untersuchun- gen von Helmholtz und v. Oettingen eine besondere Wich- tigkeit gewonnen. Die erstgenannten Töne, also die Töne deren Schwingungszahlen durch die Reihe der natürlichen Zahlen dargestellt werden, begleiten nämlich stets bis zu einer gewissen Höhe hinauf als harmonische Ober- oder Theil- tönedenKlang des Grundtones 1; die andern, deren Schwin- gungszahlen die Stammbrüche !/a, Y/s, Ya... 1/m sind, enthalten sämmtlich den Grundton 1 als 2ten, 3ten, 4ten....mten Theil- ton und werden daher auch als die harmonischen Un- tertöne des Grundtones bezeichnet. Betrachten wir zunächst die zum Grundtone C=1 ge- hörigen Obertöne mit den Schwingungszahlen 2, 3, 4...... und ihre Verhältnisse zum Grundtone. In dieser Reihe sind alle geradzahligen Töne selbstverständlich höhere Octaven vom Grundtone und andern tiefern Partialtönen des ganzen Klanges, es sind z. B. die Töne PR NT: POyBEN an sämmtlich Octaven vom Grundtone (=1; BEE: Po1E 7 ERBE. SR} sind die Octaven der Duodecime G!=3; 10, 20, 40 ...... 5.20 sind die Octaven des Toones e?—=5; u. 8. w. Zur Bestimmung der Intervalle welche ein Grundton mit allen seinen Obertönen bis zu einer gewissen Höhe hinauf bildet, braucht man also eigentlich nur die ungeraden zu betrachten, die geraden Obertöne wiederholen dieselben Intervalle in der Erweiterung um 1, 2, 3...... n Octaven, ihre Logarithmen haben daher immer wieder dieselben Mantissen und unterscheiden sich nur in der Characteristik, welche 0,1, 2,...(n—1) sein kann. Weil sich aber jedesmal zwischen zwei Töne p und (p-+1) der (2—-1)ten Octave bei ihrer Wiederholung in der xten Octave ein neuer Ton (2y+1) einschiebt, so sind in jeder folgenden Octave stets noch ein- mal so viel Obertöne vorhanden als in der vorigen. Die zu irgend einer Octave gehörigen Obertöne enthalten also die sämmtlichen in den frühern Octaven vorgekommenen Töne, und man kann sich daher zur Bestimmung sämmtlicher Ober- töne bis zum Tone C*—2" auch der in der Octave (* - 1 bis C" liegenden Obertöne 2”—1! bis 2” bedienen; die Hälfte die- ser Töne, nämlich alle geradzahligen, liegen auch in der Oc- tave zwischen (*—2 und C" -! und wiederum die Hälfte von diesen in der Octave zwischen (*—3 und (* -2 u. s. w. Zur bessern Erläuterung dieser Verhältnisse habe ich die Tabelle auf S. 496 entworfen; in derselben stehen unter der Rubrik Obertöne die Logarithmen der Töne von 25 bis 26, d. h. also der Töne von 32 bis 64, und daneben, wo es möglich war, die musikalischen Notennamen. Bei den Loga- rithmen müsste überall die Characteristik 5 und bei den No- tennamen dieselbe Zahl als Exponent hinzugefügt werden; ich habe sie aber weggelassen, damit die Angaben auch für die den tiefern Octaven angehörigen Töne 1 bis 32 richtig bleiben. . Dieselben sind vor den Zahlen 32 bis 64 so ange- ordnet, dass die in einer horizontalen Reihe stehenden Töne stets Octaven zu einander sind, während die in .einer verti- 494 kalen Reihe stehenden Töne jedesmal einer Octave (1 bis 2, 2 bis 4,4 bis8,8bis16, 16 bis 32, 32 bis 64) angehören. Die über je- der vertikalen Reihe stehende Zahl bedeutet die Octave zu der die darunter stehenden 'Töne gehören, und wäre dieselbe eigent- lich bei den betreffenden Tönen den Notennamen als Expo- nent anzuhängen, den Logarithmen aber als Charakteristik vorzusetzen. Zur graphischen Darstellung der Obertöne zeichnet man am einfachsten eine Linie von geeigneter Länge auf, und theilt dieselbe in so viel gleiche Theile als Octaven dargestellt wer- den sollen. Die End- und Theilpunkte der Linie sind dann die Grenzen der einzelnen Octaven und man hat sie daher von links nach rechts mit den Zahlen 1, 2, 4, 8...2" zu be- zeichnen; zwischen denselben trägt man dann nach Massgabe der auf S.496 angegebenen Logarithimen die Marken für die one 33156. ein. Es empfiehlt sich hierbei, nur die mit den Schwingungszahlen übereinstimmenden Nummern an die Marken zu setzen, die Notennamen aber auf eine beson- dere Scala zu schreiben, welche in demselben Massstabe ge- zeichnet werden und mindestens ebensoviel Octaven enthalten muss; dadurch erreicht man den Vortheil dass man die Scala der Obertöne an der andern Tonleiter beliebig verschieben und die Zahl 1 aufjeden beliebigen Ton als Grundton einstellen kann. Man kann ferner die Uebersichtlichkeit dadurch ver- mehren, dass man die zweite Tonleiter ersetzt durch die Abbildung einer Claviertastatur, deren Tasten natürlich oben alle gleich breit sein müssen, nämlich jede gleich dem zwölf- ten Theile der Octave. Bringt man dann in der Mitte jeder Taste eine Marke für den betreffenden Ton an, so hat man eine Darstellung der 12stufigen gleichschwebenden Scala, mit Hilfe deren man die zu jedem beliebigen Grundtone gehöri- gen Obertöne leicht bestimmen kann; von dem Unterschiede zwischen der natürlichen und der temperirten Stimmung muss man natürlich dabei absehen. Auch zur Bestimmung der Combinationstöne (Summations- und Differenztöne) kann man diese Scalen benutzen, nur muss man die relativen Schwin- gungszahlen der zu combinirenden Töne erst auf ganze Zah- len reduciren, was ja in jedem Falle möglich ist. — Wenn man nun schliesslich die Scala der Obertöne noch in einem 495 zweiten Exemplare anfertigt und die Olaviatur so einrichtet, dass diese beiden Scalen bequem an ihr hin und her gescho- ben werden können, so erhält man das von E. Mach erfun- dene Modell,, mit Hilfe dessen man die Obertöne mehrerer Grundtöne vergleichen und die Hauptsätze aus der von Helm- holtz gegebenen Theorie der Con- und Dissonanz anschau- lich machen kann. (Vgl. Mach, Einleitung in die Helmholtz’- sche Musiktheorie, Graz 1866, und seinen Aufsatz in der Zeitschrift für Mathematik und Physik von Schlömilch, Kahlund Cantor 1865, 8.425; ferner meinen Aufsatz in der- selben Zeitschrift 1868 Supplementhett S. 136 und 140, so- wie die Notiz in dieser Zeitschrift Bd. 31, 8. 137). Wenn man aber nicht eine so lange Linie zeichnen will, wie sie der Zahl der darzustellenden Octaven entspricht, so kann man auch die einzelnen Octaven aufmehreren paral- lele Linien abbilden. Man kann ferner diese Linien ersetzen durch ebensoviel concentrische Kreise aut denen man die be- treffenden Obertöne nach der bekannten Methode verzeichnet; diese Darstellung habe ich in Fig. 7 Taf. II noch dadurch modifieirt, dass ich statt der einzelnen Kreise eine fortlau- fende Spirale angewandt habe, auf der jeder Umgang gerade eine Octave bedeutet. Diese Zeichnung lässt deutlich erken- nen wie die Obertöne in jeder folgenden Octave sich wieder- holen, wie sich aber stets neue Töne dazwischen einschieben, und wie dadurch die Intervalle zwischen zwei aufeinanderfol- genden Tönen immer kleiner werden. Im Betreff der Zeich- nung ist zu bemerken dass jeder Umgang aus 2 Halbkreisen besteht, deren Mittelpunkte in der Figur angegeben sind. Um die zu einem Grundtone gehörigen Obertöne besser hören zu können bedient man sich nach Helmholtz der bekannten Resonatoren; um sie aber einzeln angeben zu können hat Appunn in Hanau einen sog. „Obertöneapparat‘ construirt, welcher 32, 64, 128 oder noch mehr Zungen ent- hält; dieselben sind so abgestimmt dass ihre Schwingungszah- len sich verhalten wie die natürlichen Zahlen. Eine ausführ- liche Beschreibung dieses ausserordentlich interessanten Ap- parates und der damit anzustellenden Experimente findet sich in dem Bericht der „Wetterauischen Gesellschaft für die ge- sammte Naturkunde zu Hanau“ (Jahrgang 1863—1867.) 496 Die harmonischen Ober- und Untertöne. Nummern Obertöne Untertöne 0 1 Fuck} 4 0) Noten Logarithmen - Noten Logarithmen Net 0816132. © 00000. 1 Ct 100000. 33. 04439. 95561. 17. 34. 08746. 91254. 35. 12929. 87071. 9, 18. 36. D 16993. B 83007. 37. 20945. 79055. 19. 38. | 24793. 75207. 39. 28541. 71459 5. 10. 20. 40, e 32193. as. 67807: 41. 35755. 64245- 2142} | 39232. 60768. 43, 42625. 57375. 11. 22, 44. 45943. 54057. 45. fs 49185. ges 50815. 23. 46. 52356. A764. 47. 55459. 44541. 3..6.12.24.48. | ,G 58496. F 41504. 49. 6AaTela: 38528. 25. 50. Gis 64386. Fes 35614. 51. 67242. | 32758. 13. 26. 52. 70044. 29956. 53. 72792. | 27208. 27. 54. A 791892 N ee 55. 78136. ed 21864. 7. 14. 28. 56. i 80736. - 19264. 57. 83289. 16711. 29. 58. 85798. 14202. 59. 88264. 11736. 15. 30. 60. h 90689. des 09311. 61. 93074. 06926. 31. 62. 95420. 04580. 63. 97729. 02271. 2.4. 8.16.32. 64. | Ct 100000. C 00000. Ueber die harmonischen Untertöne habe ich nur wenig hinzuzufügen: Da ihre Schwingungzahlen die umgekehr- ten Werthe der natürlichen Zahlen, also die Stammbrüche Yo,Alaslla.s.aie sind, so sind ihre Logarithmen die dekadischen Ergänzungen zu denen der Obertöne; hiernach ist die letzte Spalte der obigen Tabelle berechnet. Bei den Tönen wo 497 es möglich war, ist auch hier die musikalische Notenbezeich nung hinzugefügt: man sieht dass diese Töne dieselben Num- mern haben wie die mit Noten bezeichneten Obertöne, nur die untere harmonische Septime (der siebente Unterton) hat keine dem ; entsprechende Bezeichnung. Dass alle Untertöne in den tiefern Octaven immer wieder auftreten versteht sich von ‘selbst, und es sind daher auch hier die Logarithmen ohne Charakteristik und die Noten ohne Exponenten geschrieben ; wenn man diese Zahlen mit hätte hineinschreiben wollen, so hätte man ihnen das Minuszeichen geben müssen, z. B. 1a = (-1; Logarithmus —= 0,00000 1 = — 1,00000 if, = P-2; „= 041504 — 2 — — 1,58496 nr k — 0,00000 — 2 = -- 2,00000 un N — (,67807 — 3 = — 2,32193 Zur graphischen Darstellung der Untertöne kann man dieselbe Linie benutzen auf der die Obertöne abgebildet wa- ren, man hat nur nöthig die Figur so umzudrehen dass die Marke Nr. 1 an das rechte Ende der Linie kommt. Setzt man ausserdem statt der Zahlen 2, 3, 4... die Brüche 1a, !/s, 1/a.... so erhält man zugleich die Schwingungszahlen der betreffenden Untertöne; combinirt man endlich diese Scala mit einer gewöhnlichen Tonleiter, oder nuch besser mit der vorhin erwähnten Abbildung einer Claviatur, so kann man . die zu jedem Tone gehörigen Untertöne ablesen. An dem Mach’schen Modell würde man diess durch Umkehrung der Scala ohne weiteres erreichen. Beiläufig will ich noch bemerken dass man auch einen „Untertöneapparat“ construiren könnte, der besonders vom Standpunkte des dualen Harmoniesystems von A. v. Oettin- gen eine beachtenswerthe Ergänzung desAppunn schen „Ober- töneapparates‘“ sein würde. A. v. Oettingen legt nämlich der Musiktheorie ausser dem Princip der Tonalität noch ein zweites, das der Phonalität zu Grunde, und zwar ver- steht er unter Tonalität, wie Helmholtz, die Beziehung zweier Töne auf einander insofern sie Obertöne eines gemein- schaftlichen Grundtones sind; unter Phonalität aber die Be- ziehung insofern sie einen gemeinschaftlichen Oberton haben. Unter Benutzung dieser beiden Ausdrücke ergibt sich über die harmonischen Ober- und Untertöne folgendes: Bd. XXXII, 1868. 32 498 Der Obertöneapparat | Der Untertöneapparat enthält in den mit 4,5, 6 bezeichneten Tönen der Accord von CDur oder tonisch C: FMoll oder phonisch C: DR A Be I 5 Carla n Feige, Erle: Die übrigen tonischen Die übrigen phonischen Accorde welche in der unendlich weit fortzusetzenden Reihe der harmonischen Obertöne || harmonischen Untertöne vorkommen, findet man durch Vervielfachung der Zahlen 4, 5,6;, die Grundtöne der dadurch sich ergebenden tonischen Accorde | phonischen Accorde gehören demnach, soweit sie in der Musik vorkommen, in die aufsteigenden Hälften absteigenden Hälften der mit positiven Zahlen der mit negativen Zahlen bezeichneten Quintenreihen des allgemeinen Tonsystems. Ferner bestimmen (laut obiger Tabelle) die Nummern 24, 27, 30, 32, 36, 40, 45, 48, folgende Obertöne folgende Untertöne G, A, h, C, D, e, fis, @ F, Es, des (, B, as; ges. F. Diese Töne bilden aber die Tonleiter vor tonisch @ = 0? (aufst.) | phonisch F = 0-2 (abst.) d.h. von der nach @ transpo-|.d. h. von der nach Ftransponir- nirten ionischen Kirchentonart|ten phrygischen Kirchentonart oder kurz von (griechisch : „dorisch“) GDur (Helmholtz: Sextengeschlecht) Die Grundtöne der übrigen tonischen Leitern ! phonischen Leitern finden sich ebenfalls durch Vervielfachung obiger Zahlen. Diese Bemerkungen sind mir, so weit sie sich auf den Obertöneapparat beziehen. von G. Appunn mitgetheilt wor- den, und wird derselbe über diesen Gegenstand nächstens aus- führlicheres veröffentlichen. Da man aber alle rationalen Verhältnisse durch ganze Zahlen sowol, wie durch Stammbrüche ausdrücken kann, so erhält man auch unter den Obertönen Untertönen phonische oder Mollaccorde, ! tonische oder Duraccorde, z. Bive:G:h = 10:12:15; as:F:des = !ıo :!ı2:1/ıs; durch Combination von je drei solchen Accorden erhält man die betreffenden Tonleitern, es bilden z. B. die Nummern 180, 160, 144, 135, 120, 108, 96, 90 phonisch fis (abst.) ‚tonisch ges (aufst.) fis, e, D, cis, h, A, G@, fis ges, as, B, ces, des, Es, F, ges. 499 In gleicher Weise könnte man natürlich auch die ge- wöhnliche Molltonleiter durch Ober- oder Untertöne ausdrücken es hört hier aber die Reciprocität auf. ’ Rückblick. Die obigen Betrachtungen über die Tonverhältnisse be- gannen mit einer historischen Einleitung, in der wir sahen dass die musikalische Tonleiter zuerst nur Octaven und Quinten enthielt, und erst später durch die Terzen vervollständigt wurde. Die verschiedenen Ansichten der musikalischen Theoretiker über die Begründung der Accorde und Tonleitern wurden hierbei, soweit sie für uns Interesse hatten, wenigstens an- deutungsweise besprochen. (8. 65— 76.) Sodann fanden wir in den von Euler vorgeschlagenen Logarithmen mit der Basis 2 ein ausgezeichnetes Mittel zur Uebersicht über die Grösse der Intervalle und zu graphischen Darstellungen für alle möglichen Tonverhältnisse; beiläufig wurde hier die allgemeine Bedeutung der Logarithmen für die Sinnesempfindungen kurz erörtert. (S. 76—85.) Im folgenden Abschnitt wurden die drei erwähnten In- tervalle, die Octave, Quinte und grosse Terz erkannt als die- jenigen Tonverhältnisse welche dem gesammten musikalischen Tonsystem zu Grunde liegen, und es wurde aus ihnen ein „allgemeines Tonsystem“ aufgebaut, welches den Bedürfnis- sen einer rationellen Theorie der Musik ebenso Rechnung trägt, wie den Forderungen mathematischer Genauigkeit. (S.85—96.) Die zweite Abtheilung des vorliegenden Aufsatzes be- gann mit der Berechnung der Schwingungszahlen und Loga- rithmen für eine grosse Zahl von Tönen des allgemeinen Ton- systemes (S. 415—428.); die Vergleichung desselben mit den Angaben derältern Theoretiker führte zu dem Resultate, dass die gewöhnlich zusammengestellte Tonleiter nur eine mehr oder weniger willkürliche Auwahl aus dem allgemeinen Tonsystem ist. (S. 429 u. fig.) Da wir den sämmtlichen Tönen der Scala unendlich viel verschiedene Werthe geben mussten, so war eine Unterschei- dung der gleichnamigen Töne unbedingt nöthig geworden; die zu diesem Zwecke gemachten Vorschläge waren zum Theil schon in der ersten Abtheilung des Aufsatzes erwähnt, einige 32* 500 andere wurden hier nachträglich angegeben. Zwei von den- selben wurden auch benutzt zur Aufstellung einer grossen Zahl von Dur- und Molltonleitern in natürlicher Stimmung. (S, 435 —444.) Während nun der Theorie nach eine unendlich grosse Zahl von Tönen nöthig sind, fordert die musikalische Praxis selbstverständlich eine Beschränkung derselben auf eine end- liche, möglichst kleine Zahl Wir waren daher genöthigt eine Temperatur der Tonverhältnisse eintreten zu lassen, konn- ten aber dabei die früher (von Marpurg, Chladni u. A.) für die Nothwendigkeit derselben geltend gemachten Gründe nicht alle anerkennen. (S.444 - 446.) Wir besprachen in Folge dessen zuerst die gewöhnliche zwölfstufige gleichschwebende Temperatur, und fanden dass in ihr die Sexten und Terzen ziemlich fehlerhaft sind. (S. 447—451.) Diese Fehler wurden gehoben durch ein von Helmholtz er- fundenes und vonAppunn weiter ausgebeutetes Stimmungs- ‘ prineip. (8. 451—470.) Eine geringe Modification dieser Stimm- mung führte auf die 53stufige gleichschwebend temperirte Scala, welche nicht nur alle Intervalle in vollständig genü- gender Reinheit enthält, sondern auch das allgemeine Ton- system beliebig weit darzustellen erlaubt. (S. 470-481.) Darauf wurden wir durch die im allgemeinen Tonsystem vorhandenen gleichnamigen Töne veranlasst, einige Bemer- kungen über die absolute Höhe der Töne einzuschalten. (S. 483—486.) In dem letzten Abschnitt endlich handelte es sich um die Intervalle welche in der Musik nicht gebraucht werden, und daher bei der Construction des allgemeinen Tonsystemes übergangen waren; da die harmonischen Ober- und Unter- töne hiermit in einem gewissen Zusammenhange stehen, so schlossen wir unsere Betrachtungen mit einer Besprechung dieser Töne. (S. 486—498.) 501 Mittheilungen. Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle, Jahresbericht 1868. Aus den Beobachtungen der hiesigen königlichen meteoro- logischen Station im Jahre 1868, die in ihren Details in beson- dern Tabellen mitgetheilt sind, ergeben sich folgende Resultate *): Der mittlere Luftdruck war in diesem Jahre etwas hoch, besonders in dem meteorologischen Jahre (1. December 1867 — 30. November 1868). Von den einzelnen Monaten hatte der De- cember 1867, der Januar, April, September und December 1868 im Vergleich zum 10jährigen Mittel (1851 — 1860) einen zu tiefen, die übrigen Monate einen zu hohen Barometerstand; die grösste Abweichung vom Mittel fand statt im December 1868 use DU 37). ( Die folgenden Tabellen geben für den auf 0° reducirten Luftdruck die Mittel, Maxima und Minima in den einzelnen me- teorologischen Vierteljahren (Winter = December 1867 — Fe- bruar 1868; Frühling —= März — Mai; Sommer = Juni — August; Herbst — September — November), sowie im meteo- rologischen und Kalender- Jahre an. Mittlerer Luftdruck. (auf 0° redueirt.) Pariser Linien. Morgens 6 U. Mittags 2 U. Abends 10 U. Mittel Winter 333,94 334,06 334,22 334.07 Frühling 334,10 333,94 334,21 334,08 Sommer 334,85 334,57 334.71 334,71 Herbst 334,12 334,04 334,23 334,13 Met. Jahr 334,25 334,15 334.34 334.25 Kal.-Jahr 334,13 334,05 334,20 334,13 Die vierteljährlichen Mittel in jenen 10 Jahren und die diess- maligen Abweichungen sind folgende: Winter Frühling Sommer Herbst Mittel 334.32 333,58 333,93 334,17 Abweichung -- 0,25 —+0.50 0,78 — 0,04 Der mittlere Barometerstand beträgt nach den Beobachtun- gen der genannten 10 Jahre: 333,97; R *) Die’ Resultate der Beobachtungen im Jahre 1867 finden sich im Correspondenzblatt 1868, Januarheft, S. 74 ff. 502 es war also der diessjährige mittlere Barometerstand im meteorologischen Jahre 0,28 zu hoch, ım Kalender - Jahre 0“',16 zu hoch; Extreme des Luftdrucks. (auf 0° reducirt.) Maxima. Minima, Winter 339,62 16.Feb. Ab. 10 U, | 322,98 2. Dec. 67 Mrg.6U. Frühling 340,03 13.Mrz. Ab. 1UU. | 323.76 8.Mrz. 68 Mtg.2 U. Sommer 338,69 25.Juli Mrg. 6U. | 329,97 23. Aug. „ Mrg.6U. Herbst 339,68 13. Nov. Mrg. 6U. | 327,82 25.Oct. „ Mtg.2U. Met. Jahr 340,03 13. Mrz. Ab. 10 U. | 322,98 2. Dec. 67 Mrg.6U. Kal.-Jahr340,87 10.Dec.68Mrg.6U. | 323,28 24, Dec. 68 Ab. IOU. Differenzen Winter 16,64 Frühling 16,27 Sommer 872 Herbst 11,86 Met. Jahr 17”',05 Kal.- Jahr 17,59 Die bedeutendsten Wechsel im BarouErsustrad sind in fol- gender Tabelle zusammengestellt. Grösste Schwankungen des Luftdrucks binnen 24 Stunden. Winter -+11"',58 (23.— 24. Januar Mittags 2 U.) Frühjahr —+ 7,77 (15.—16. April Abends 10 U.) Sommer +- 3,79 (24.—25. Juni Morgens 6 U.) Herbst + 5,96 (24.— 25. Octbr. Morgens 6 U.) Met. Jahr +11“,58 (23.— 24. Januar Mittags 2 U.) Kal.-Jahr ebenso Die mittlere monatliche Luftwärme ist in den Tabellen der ersten Hälfte des Jahres verglichen mit dem 10jährigen Mittel 1851 — 1860, in der zweiten mit dem von Prof. Dove berech- neten 17jährigen (1851 — 1867). Wir wollen aber von jetzt ab das von Dove auf die 20 Jahre 1848 — 1867 reducirte Mittel in Anwendung bringen; diese neuen Temperaturmittel sind mei- stens etwas höher, es bleibt aber das in den Monatstabellen an- gegebene Resultat im Allgemeinen ungeändert, denn die Monate December 1867, Januar, October, November haben im Vergleich mit dem einen und dem andern Mittel eine zu niedrige Temperatur, die Temperatur des diessjährigen Aprils steht zwischen den ver- schiedenen Mitteln, die übrigen Monate (also bei weitem die meisten) hatten verhältnismässig eine zu hohe Temperatur. 503 Der Einfluss dieser hohen Temperatur auf die Vegetation war vom Frühjahr an bis zum Jahresschluss stets bemerkbar; der Monat Mai war so warm, wie vielleicht im ganzen Jahr- hundert kein zweiter stattgefunden hat, er war ein idealer Wonne- monat. Die grosse Hitze hatte freilich auch wieder einen nach- theiligen Einfiuss auf das Gedeihen der Pflanzen, der durch den fehlenden Regen in den Monaten Juli, August und September noch vermehrt wurde. Namentlich vertrocknete das Laub auf den Bäumen so zeitig wie nie, und es machte einen merkwürdigen Eindruck wenn man im September z. B. auf der Promenade hier- selbst zwei Kastanienbäume im vollsten Blüthenschmuck aber mit verdorrten Blättern sah. Eine zweite Blüthe der Obstbäume und Weinstöcke ist übrigens noch an vielen Orten vorgekommen. Endlich sei noch erwähnt dass die Sträucher in den hiesigen städtischen Anlagen u. s. w. im December 1868 aufs neue aus- zuschlagen begannen, und dass zu Weihnachten auf dem Markte Sträusse von Veilchen, die im Freien zur Blüthe gekommen waren, ausgeboten wurden. Iu der folgenden Tabelle sind nun die Mittel und Extreme der Temperatur für die einzelnen Vierteljahre und das 'ganze Jahr zusammengestellt: Mittlere Temperatur. Grade nach Reaumur. Morgens 6U. Mittags2 U. Abends 10U. Mittel Winter 0,24 1,80 0,70 - 0,92 Frühling 5,91 11,26 7,21 8,13 Sommer 13,61 19,43 14,84 15,96 Herbst 5,38 9,83 6,76 7,33 Met. -J. 6,30 10,61 7,40 8,11 Kal.-J. 6,69 11,02 17,79 8,50 Die vierteljährigen Mittel der Jahre 1848--1867 (erhalten durch Reduction des Mittels von 1851—1867), sowie die diess- jährigen Abweichungen sind folgende: Winter Frühling Sommer Herbst Mittel 00,02 609,41 140,23 79,18 Abweichung + 0990 + 19,72 +1973 09,15 Die normale mittlere Temperatur ist hiernach 60,95; sie war also diessmal im Kalenderjahre 19,16 zu hoch, im meteorologischen Jahre 10,55 zu hoch. 504 Extreme der Temperatur. Grade nach Reaumur. Maxima Minima Differenzen "Winter 12,8 29. Febr. — 11,0 .1. Jan 23,8 Frühling 24,3 30. Mai — 1,2 26. März 26,0 Sommer 28,6 23. Juli 7,3 26. Aug. 20,8 Herbst 22,3 8. Sept. — 4.2 21. Nov. 26,5 Jahr 28,6 23. Juli —.11,0 '1."Jam 39,6 Die bedeutendsten in den einzelnen Vierteljahren stattgefun- denen Wechsel in der Temperatur von einem Tage zum andern sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt! Die bedeutend- sten Wechsel von einer Beobachtungsstunde zur andern finden meistens im Laufe des Vormittags statt, die grössten unter diesen sind ebenfalls aufgesucht und daneben angegeben worden. Grösste Schwankungen des Thermometers. Grade nach Reaumur. binnen 24 Stunden von Morgens 6 — Mittags? U. Winter — 10,3 am 13.—14.Dee. 1867 + 11,2 am 29. Febr. 1868 Frühling— 8,3 „ 4.—5.Mail868 13,2 „ 4.April „ Sommer — 9,9 „ 23.—24.Juli1868 + 12,3 „ 11.Aug. „, Herbst — 9,7 „ 19.—20.Sept.1868S-+ 13,2 „ 19.Sept. , Jahr — 9,9 „ 23.—24.Juli 1868 + 13,2 im Aprilu.Septmbr. Unter 0° sank die Temperatur im Winter 1867/s zum letzten Male am 11. April Abends; im Winter 1868/s zum ersten Male am 18. November Morgens. Auf die einzelnen Vierteljahre ver- theilen sich die Tage mit Frost wie folgt: Zahl der Tage deren Temperatur. überhaupt im Mittel ganz und ‘gar unter 0° sank Winter 40 31 237 Frühling 46 0 0 Sommer 0 AR 0 Herbst 12 8 5 meteorolog. Jahr 57 39 32 Kalender Jahr 42 22 17 Auf 20° und darüber stieg die Temperatur im Frühjahr an 13 Tagen (zuerst am 10. Mai) im Sommer an 43 ,„, im Herbst an 8 „ (zuletzt am 19. Sept.) im ganzen Jahr also an 64 Tagen; die mittlere Tagestemperatur. hat im Sommer an 11 Tagen die Höhe von 20° erreicht. 505 Der Dunstdruck (das absolute Mass für die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit) war durchschnittlich in diesem Jahre grösser als im Mittel der 10 Jahre 1851—1860; die relative Feuchtigkeit aber blieb wegen der grossen Wärme unter je- nem Mittel, wie die folgenden Tabellen genauer zeigen. Mittlerer Dunstdruck. pariser Linien. Morgens Mittags Abends diessjähr. zehnjähr, 6 Uhr 2 Uhr 10 Uhr Mittel Mittel Winter 1,78 1,91 1,83 1,94 1,80 Frühling 2,95 2,92 2,98 2,95 2,58 Sommer 5,04 4,49 4,92 4,82 4,73 . Herbst 2,98 3,19 3,06 3,08 3,12 Meteorol Jahr 3,19 3,13 3,20 3,17 3.05 Kal.-Jahr 3,25 3,20 3,26 3,24 Mittlere relative F euchtigkeit. Procente, Morgens Mittags Abends diessjähr. zehnjährige 6 Uhr 2 Uhr 10 Uhr Mittel „Mittel Winter 82,39 78,13 81,68 80,75 83,5 Frühling 82,12 55,90 74,72 70,93 73,0 Sommer 78,48 47,05 70,58 65,34 71,7 Herbst 87,92 67,56 80,68 78,69 81,6 Met. Jahr 82,72 62,10 70,39 73,90 774 Kal.-Jahr 82,63 61,83 76,73 73,74 \ 3 Wenn man den Dunstdruck d. h. den Druck der in der Luft vorhandenen Feuchtigkeit subtrahirt vom barometrischen Luft- druck, so erhält man den von der Luftallein, oder von der trok- nen Luft ausgeübten Druck; derselbe ist monatlich aus den Mit- teln des Luft- und des Dunstdruckes berechnet, und ebenso sind auch die folgenden Werthe erhalten: Druck der trocknen Luft. Winter Frühling Sommer Herbst 332,23 331,13 329,89 331'',05 meteor. Jahr Kalender Jahr 331°,08 330‘,89 das zehnjährige Mittelist: ; 330,80. Die mittlere Windriehtung berechnet nach der Formel von Lambert ergibt sich für die einzelnen Zeitabschnitte fol- gendermassen : 506 Mittlere Windrichtungen. Winter S — 890 4 56" — W=-W Frübjahr N — 20° 10' 49“ — W= NNW Sommer N— 30 2 25° W=N Herbst S._— 410, 8434 — 02-250 Meteor. J. NUZIDASONDA BURN un Kalender J.. N — 67° 58° 59“ — W = WNW Aus-den I0jährigen Beobachtungen aber ergibt sich die jährliche mittlere Windrichtung: N — 860 16° 20" — W, dieselbe fällt fast genau nach Westen. Die Zahlen für die Häufigkeit der Winde sind bei den täg- lich dreimaligen Beobachtungen folgende: Häufigkeit der Winde. N NO Ö so S SW Ve zn W. Winter 472805 7 113 8 ı2 4 4 21 5113 42 6 Frühjahr 16 10 32 916 12 21 15 12 9 255,116 11 53 14 Sommer 24 18 35 1222 4 19 9 a 5 loan ıe 8 el, Herbst 26 4 27 1425 3 24 18 21173836 1285355 Met. J. 70 39 124 40 70 20 82 50 59 25 123 386 9740 191 32 Kal. J. 69 37 113 41 72 21 99 48 63 24 142 26 100 39 173 26 Diejenigen Windrichtungen welche in den betreffenden Zeit- abschnitten die diametral gegenüberliegenden überwiegen, sind fett gedruckt; diejenigen aber welche den diametral gegenüberliegen- den gleich sind, cursiv. Man sieht daraus dass der Wind vor- zugsweise aus dem von Westen über Norden nach Osten reichen- den Bogen gekommen ist; von einer eigentlichen Luvseite kann aber bei der mehrfach unterbrochenen Reihe der fett gedruckten Zahlen nicht gut die Rede sein. In Bezug auf die feuchten Niederschläge ist das Jahr 1868 im Allgemeinen als ein trockenes zu bezeichnen; es haben zwar 7 Monate, nämlich der December 1867, der Januar, März, April, Juni, October, November eine verhältnismässig hohe Nieder- schlagssumme; im ganzen Jahre aber, besonders in dem Kalender- jahre ist dieNiederschlagsumme im Vergleich mit den Jahren 1851/go zu klein. Von den einzelnen Vierteljahren waren der Frühling und der Sommer trocken, der Winter 1367/g und der Herbst 1868 aber feucht. Der Winter 1367/3, besonders der December 1867 und der Januar 1868, nachher auch noch der April zeichneten sich durch verhältnismässig viel Schnee aus. Die nähern An- gaben enthält die folgende Tabelle. 507 Niederschläge. Niederschlagssumme in Cubikzollen Regen- Schnee- S Mittlere diessjährige menge menge "MmM® Summe Abweichung Winter 253,91. 417,0 671,0. 428,53 + 242,47 Frühling 356,7 1169 473,6 634,94 — 161,34 Sommer 671,0 — 671,0 1042,91 — 371,91 " Herbst 526,1 135 5396 474,97 ++ 64,63 Met. Jahr 1807,7 547,5 2359,2 9581.35 — 226,15 Kal. Jahr 1852,2 328,3 2180,5 ? — 400,85 Man findet häufig die Menge des niedergeschlagenen Wassers aus- gedrücktdurch die Höhe die es bei gleicher Vertheilung auf der ganzen Erdoberfläche angenommen haben würde. Dieselbe betrug in Linien im Winter im Frühling im Sommer im Herbst 95'',92 39,47 55,92 44,97 im meteorologischen Jahre im Kalender-Jahre 190% az == 1044,27 RS 70 = BL AZ Entsprechend der geringen niedergeschlagenen Feuchtigkeit war auch die Zahl der Tage mit Regen und Schnee meistens gering, nur die Zahl der Schneetage im Winter 1867/s war ver- hältnismässig hoch. Auf die einzelnen Vierteljahre vertheilen sich die Tage mit Niederschlägen wie folgt: Tage mit Niederschlägen. diessjährige Beobachtungen Abweichungen vom Mittel Regen Schnee Summe Regen Schnee Summe Winter 15 19 34 — 4 +5 + 1 Frühling 22 6 28 — 9 0 — 9 Sommer 21 0 21 — 15 0 — 15 Herbst 15 3 18 — 11 — 1 — 12 Met. Jahr 73 28 101 — 39 +4 — 35 Kal.-Jahr 75, 18 93 — 37 — 6 — 43 Die mittlere Himmelsansicht war im meteorologischen Jahre „wolkig‘, wenn auch etwas weniger als im Mittel der oft er- wähnten 10 Jahre (1851/60); im Kalenderjahre war sie noch hei- terer, so dass sie als „ziemlich heiter“ zu bezeichnen ist. Drückt man die Himmelsansicht auf die aus den Monatsberichten bekannte Weise in Zehnteln der Bewölkung aus, so ergibt sich für die einzelnen Vierteljahre folgende Uebersicht: Himmelsansicht. Mge.6 Mitt.2 Ab.10 Mittel Winter 8 7 8 8 trübe Frühling 5 5 4 5 zieml. heiter Sommer 4 5 4 4 tr Herbst 6 7 0) 6 wolkig Meteor. J. 6 6 5 6 wolkig Kalend. J. 5 6 5 5 zieml. heiter 308 Klassifieirtt man die Tage nach den bekannten 6 Abtheilun- gen, so gab es in den einzelnen Zeitabschnitten: Tage bedeckt trübe wolkig zieml.heit. heiter völl.heiter (10) (89) (76) (59) (32,1) (0) 32 21 24 5 9 0 " "Winter Frühling 5 19 17 18 21 12 Sommer 1 15 14 20 26 16 Herbst 21 13 15 15 17 10 Meteor. Jahr 59 68 70 58 73 38 Kal. Jahr 89 70 7ı 59 78 -39 Electrische Erscheinungen. sind in den beiden vergangenen Jahren wenig beobachtet, näm- lich nur 14 Gewitter im meteorologischen Jahre, 15 S: im Kalender Jahre; davon kommen 7 auf den Frühling, 7 auf den Sommer und 1 auf den December (1868); ferner sind beobachtet 3 Wetterleuchten, und zwar je eins im Frühjahr, Sommer und Herbst, Zum Schluss dieser Mittheilungen über die meteorologischen Verhältnisse folgen hier noch, wie in den vorigen Jahren, einige Angaben über den Wasserstand der Saale, nämlich die Mittel für die Vierteljabre und das ganze Jahr. Die Beobachtungen sind. an der Hallischen Schleuse (bei der Mühle des Herrn Weineck, früher Teuscher) ausgeführt von Herrn Schleusenmeister En- gelhardt. Wasserstand der Saale. Mittel Maxima Minima Winter 79,5 10771 (6. Febr.) 5/74” (1,.0Dee. 6%) Frühling 7° 3,4 10° 6° (20. April) 5° 5° (26; 31. Mai) ° Sommer 5° 1,3 6° 6° (6. Juni) 4’ 8“ (30.Juli; 16.Aug.) Herbst 5° 29 7° 16° (14.Nov.) 4° 8“ (15—22. Sept.) En ie “ 10° 6° (20. April) 4° 8“ (Juli; Aug, ; Sept.) Der mittlere Wasserstand war also etwas geringer als im Jahre 15667, aber doch immer noch höher als 18659 und 1866. Gefroren war die Saale im Winter 1867/g zuerst vom 8—1() De- cember 1368 und nachher vom 31. December 1867 — 18. Januar 1868; der in Folge des Thauwetters entstandene Eisgang dauerte bis zum 23. Januar. Im December 1868 kam die Saale nicht zum Stehen. M. Kleemann und G, Schubring. 509 Literatur. Allgemeines. Josef Kudelka, Dr. Prof., über drei ' optische Versuche. Linz 1868. Im Selbstverlage. — Der Herr Verf. hat sich durch die vorliegende kleine Broschüre nichts weniger als ein rühmliches Denkmal gesetzt. Er unternimmt es zu beweisen, dass weisses Sonnenlicht nicht zusammengesetztes, sondern einfarbiges Licht sei, er glaubt ferner gezeigt zu haben, dass farblose Medien jeglicher Art sich zu achromatischen Linsen und Prismen vereinigen lassen. Dass die beigebrachten Argumente irrthümlich sind, hielte nicht schwer zu beweisen, würde aber in der That der Mühe nicht lohnen. Endlich be- schreibt uns der Herr Verf. einen Versuch mit einer Sammellinse, der keineswegs etwas Ueberraschendes &nthält, noch auf die Klarheit des Verf’s. über den behandelten Gegenstand ein günstiges Licht wirft. — —k. Die nützlichen Vögel der Landwirthschaft. Nach Professor Giebels Vogelschutzbuch. H. Müllers Kunstverlag in Stuttgart. — Ein Tableau von 28 Zoll Höhe und 36 Zoll Breite, auf welchem die 75 nützlichen Vögel, welche in Giebels Vogelschutzbuch, (2. Aufl. Berlin 1868) über das wir Bd. XXXI. S. 139 berichteten, spe- ciell als Freunde der Landwirthschaft beschrieben worden sind, in co- lorirten Abbildungen neben einander stehen. Unter jeder Abbildung ist der deutsche und lateinische systematische Name, die hier und da ge- bräuchlichen andern Namen und der Massstab der natürlichen Grösse angegeben. Es war eine glückliche Idee, welche die Müllersche Kunst- handlung hier zur Ausführung brachte und es sollte dieses Tableau in jeder Volks- und Dorfschule, in dem Versammlungslokale eines jeden landwirthschaftlichen Vereines, im Hausflur eines jeden Gutsbesitzers und jeder Gärtnerei ausgehängt werden, nicht blos als Schmuck des Lokales, sondern damit der tägliche Anblick der Bilder stets an die überaus nützlichen Freunde der Landwirthschaft erinnert, und deren Bild ebenso fest einprägt wie Giebels Buch die Nothwendigkeit des Schutzes nachgewiesen hat. Insbesondere legen wir allen Landwirthen und Lehrern, welche unsere Zeitschrift lesen, es dringend an das Herz, diese Mittel des Vogelschutzes angelegentlichst zu empfehlen. —Ü1. Physik. A. Kundt, über die Spectren der Blitze. — Verf. hatte dreimal Gelegenheit eine spectroscopische Untersuchung des _Blitzlichtes vorzunehmen. Unter den beobachteten Blitzen gab nun eine Anzahl ein Spectrum, ähnlich dem des electrischen Funkens mit scharf markirten Linien; eine, mitunter auch zwei rothe, einige grüne und einige weniger helle Linien im Blau wurden wiederholt wahrgenommen. Bei genauerer Aufmerksamkeit zeigte sich indessen, dass die Linien 510 nicht immer identisch waren; die Mehrzahl der Blitze aber zeigte Spectra von einem ganz anderen Character. Statt einzelner heller Linien er- schien eine grosse Anzahl schwächerer, etwas breiterer und ziemlich gleichmässig nahe aneinanderliegenden Banden. Doch waren auch in diesen Spectris Verschiedenheiten wahrnehmbar und eine genauere Un- tersuchung wies nach, dass man im Allgemeinen zwei Arten von Spectren zu unterscheiden hatte. Bei der einen Art zeigt sich besonders im Blau und Violett eine Reihe von Banden, bei der anderen waren solche auch im Grün und vereinzelt auch im Roth sichtbar. — Geben nun im All- gemeinen die Blitze entweder Linien- oder Banden-Spectra, so ist doch der Fall nicht ausgeschlossen, dass beide Arten von Spectris bei einem einzigen Blitze beobachtet werden. Die Bandenspectra scheinen ge- wöhnlich die häufigeren zu sein, bei einem Gewitter am 10. August 1868 kamen sogar nur 6 Linienspectra auf 11 Bandenspectra. Ferner ist hervorzuheben, dass die Funkenblitze meist Linienspectra geben, wäh- rend die Flächenblitze solche mit Banden zeigen. Die Verschiedenheit, welche die Blitzspectra darbieten, findet ihre Erklärung am einfachsten, wenn man in den verschiedenen Erscheinungsformen der Blitze Ana- logieen zu den Funken- und Glimmentladungen bei der Rlectrisirma- schine sieht. Was die Verschiedenheiten der Linienspectra unter sich angeht, so spricht sich Verf. darüber nicht entschieden aus, doch würde die Theilnahme der Erdoberfläche durch Beibringung or- und anorga- nischer Substanzen, sowie die Möglichkeit einer Absorption von be- stimmten Strahlen durch die Atmosphäre Berücksichtigung verdienen. — (Pogg. Annal. OXXAV. 315 —326.) Brek. Listing, eine neue Verbessernng des Mikroskops. — Zur Verstärkung der Vergrösserung der Mikroskope hat Listing vorge- schlagen zwei Objective anzubringen, von denen das zweite das vom ersten erzeugte reelle Bild abermals vergrössert und zugleich um- dreht; erst diess zweite Bild wird, wie beim terrestrischen Fernrohre, “ durchs Ocular betrachtet. L. berechnet beispielsweise 3 Instrumente, das erste liefert bei verschiedenen Ocularen eine 6840 bis 19800fache lineare Vergrösserung; das zweite eine 7600 bis 22000fache und das dritte eine 8800 bis 25600fache. Alle diese Zahlen beziehen sich auf eine Sehweite von 200 Mm. = 3 Zoll; für 10 Zoll Sehweite sind sie noch um 25 Procent zu erhöhen. Zur bessern Uebersicht will ich die Angaben über das letzte Instrument noch etwas vollständiger mittheilen. Dreifaches Ocular von I,2 Mm. Brennweite binäres Mittelstück von 12 Mm. Brennweite fünf Oculare von 70 Mm. bis 20 Mm. Brennweite Bildweite des ersten Objectivs 200 Mm. Erste Partialvergrösserung: — 167. Entfernung des zweiten Bildes 180 Mm. zweite Partialvergrösserung: — 14. Erste und zweite Vergrösserung: 2338. Rohrlänge circa 42 Cm. (Die Minuszeichen bei den Vergrösserungen bedeuten die Umkehrung.) 5lil Dass diese Mikroscope über den Bau organischer und unorganischer Körper unendlich viel neue Aufschlüsse geben werden leuchtet ein. — (Göttinger Nachrichten 1869, 7, 108—116.) Schbg. Chemie. E. Calberla, ein Beitrag zur Elementarana- lyse stickstoffhaltiger Körper. — Der Verf. hat bei den ange- stellten Versuchen über den Vorschlag des Prof. Stein, an Stelle des Kupfers Silber anzuwenden gefunden, dass das Silber vollständig das ' Kupfer ersetzt, da es im hellrothglühenden Zustande das Stickoxyd voll- ständig zerlegt, und auf Kohlensäure nicht die geringste Einwirkung äussert. — (Journ. f. pr. Chemie B. 104 8. 232.) Sch. Bickerdike, über krystallisirte Phenylsäure — Der Verf. stellt sie stets sicher auf folgende Art dar: Man destillirt zuerst die rohe unreine Flüssigkeit, die aus der Sodalösung vom Kohlentheer abgeschieden ist, für sich, um das meiste Wasser und den Schwefel- wasserstoff zu entfernen; dann mit 1—2 pC. wasserfreien Kupfervitriols in völlig trockener Retorte. Das in 5—6 trockenen Flaschen auf- gefangene Destillat krystallisirt bei -- 16° C. am schnellsten, wenn ein vorhandener Krystall der Phenylsäure hineingeworfen wird. — (Chem. News 1867. Nr. 410. p. 188.) Sch. Böttger, über eine Vereinfachung des von Herrn W. Wernicke erfundenen Verfahrens der Vergoldung des Gla- ses, — Der Verf. hat sich bemüht, dieses interessante Verfahren so zu vereinfachen, dass dasselbe von Jedermann leicht ausgeführt werden kann. Ein Gramm Feingold wird durch Auflösen in Königswasser in möglichst säurefreies Goldchlorid verwandelt, und sodann in 120 CC. destillirteu Wassers gelöst. Die Aetznatronflüssigkeit stellt man durch Auflösen von 6 Gramm Aetznatron in 100 CC. Wasser dar; und endlich . die Reductionsflüssigkeit durch Auflösen yon 2 Gramm gewöhnlichen Stärkezucker in 24 CC. destillirten Wasser, 24 CC. 80procentigen Al- kohol und 24 CC, käuflichen Aldehyds von 0,870 spec. Gew. Gut ist es, die Reductionsflüssigkeit nur für einen Tag vorräthig zu halten. Man mischt nun vier Raumtheile der Chlorgoldsolution, ein Raumtheil Aetznatronlösung und !/ıs Raumtheil von der Reductionsflüssigkeit in einem besondern Mischglase, und schüttet behende das ganze Flüssig- keitsquantum in das zu vergoldende wohlgereinigte Hohlglas, und sorgt dafür, dass durch Hin- und Herbewegen die Flüssigkeit alle Wandungen gehörig benetzt. Beim Planglase braucht man nur dasselbe wagerecht auf die Flüssigkeit zu legen, so dass es nicht tiefer als bis zur jedes- maligen Wanddicke eintaucht. Nach fünf Minuten erhält man die schönste und gleichmässigste Vergoldung. — (Journ. f. pr. Chemie. B. 103. $. 413.) Bolley, der Sitz der hygroskopischen Eigenschaft der Seide. — Ein Quantum roher und ein ähnliches sorgfältig entschälter Seide wurden, nachdem sie mehrere Tage nahe beisammen und unter gleichen Umständen in einem Raume gelegen hatten, jedes für sich ge- wogen, einem Strome getrockneter Luft ausgesetzt und unter Ausschluss der Möglichkeit der Wiederaufnahme von Feuchtigkeit wieder gewogen. Die Rohseide nahm um 9,99 pC., die entschälte Seide um 9,24 pC. ab. 912 Nach längerm Liegen der beiden ganz trockenen Proben an feuchter Luft wurden sie wieder gewogen. Die Rohseide zeigte eine Zunahme von 12,58 pC., die entschälte von 12,49 pC. Durch die Entschälung verliert also die Seide demnach nichts von ihrer hygroskopischen Eigen- schaft; es ist das Fibroin, oder vielleicht dieses und mit ihm gleich- ‘zeitig der Seidenleim, an den sich diese Eigenschaft knüpft. — (Journ. f. pr. Chemie. B. 103. $. 472.) Sch. Bolley, Zur quantitativen Bestimmung unverseiften, neutralen Fettes in Seifen wird von Gottlieb die Unlöslichkeit der fettsauren alkalischen Erden in Aether empfohlen; jedoch giebt diese Methode nur annähernde Resultate, da die ölsauren Salze der alkali- schen Erden in Aether nicht unlöslich sind. Benzol oder Petroleum- naphta geben befriedigende Resultate, man hat nur Sorge zu tragen, dass die Seife vollkommen bei 100° getrocknet ist, und dass vom Benzol und Petroleumnaphta nur der Theil verwendet wird, welcher unter 85 — 86° übergeht. — (Journ. f. pr. Chemie. B. 103. $. 473.) Sch. E. Brücke, Aufsuchen von Ammoniak in thierischen Flüssigkeiten. — Frisches Blut soll schon bei gewöhnlicher Tem- peratur an die Luft Ammoniak abgeben, wenn auch in sehr geringer Menge. Man nimmt, um dieses zu beweisen, eine flache Glasdose mit aufgeriebenem Deckel, klebt mit Wachs unter den Deckel einen Por- zellanscherben, der mit ganz verdünnter Schwefelsäure benetzt ist. Letzteres prüft man vorher mittelst der Nessler’schen Reagens auf Am- moniak. Direct aus der Ader wird dann Blut in die Dose gegeben und der Deckel aufgesetzt. Nach Verlauf einer Stunde wird sich in der vom Porzellanscherben abgespülten Schwefelsäure mit dem Nessler’schen Rea- gens NH? nachweisen lassen. Speichel liefert sowol in der Dose als auch direct angewandt sofort die Ammoniakreaction. Ebenso Hühnereiweiss und Harn. Bei frischem saurem Harn ist es besonders auffailend, dass er Ammoniak abdunstet; ja alle Ammoniaksalze geben beim Verdunsten Ammoniak ab. Versetzt man eine sauer reagirende Lösung von Chlor- caleium mit Ammoniak im Ueberschuss und lässt sie im offenen Gefäss stehen, so bilden sich Krystalle von kohlensaurem Kalk und allmälig reagirt die Flüssigkeit wieder sauer. Prüft man Flüssigkeiten, die durch Verdunstung schon Ammoniak abgegeben haben, direct mit dem Ness- ler’schen Reagens, so weisen sie keine Spur Ammoniak auf, was man besonders deutlich bei kalischer Harnstofflösung beobachten kann — (Journ. f. pr. Chemie, 104, 478.) W.L. Clasen, über den Einfluss der Kalidüngung auf Zuckerrüben. — Das Resultat des Versuchs auf 15 Parcellen war, dass die Rübendüngung mit niedrigprocentigem Kalisalz, d.h. mit sol- chem, dessen Kali nicht oder nicht alles an Schwefelsäure gebunden ist und dessen Hauptmasse aus Kochsalz mit bedeutender Menge Chlor- magnesium besteht, wenigstens als Frühjahrsdüngung entschieden zu verwerfen ist, indem nicht nur der Zuckergehalt nicht erhöht, sondern sogar mit steigender Düngung vermindert, dagegen das Nichtzucker- verhältniss vergrössert wird, während andrerseits der Erndteertrag der 513 mit diesem Kalisalz gedüngten Felder den der ungedüngten nicht über- steigt. — (Journ. f. pr. Chem. 105, 183.) H. Dobell, Einwirkung von Pancreassaft auf Fett. — Der Pancreassaft von 40 Tauben, von denen je 10 nach 2, 5, 9 Stunden und 2 Tagen nach der letzten Mahlzeit getödtet wurden, reagirte stets sauer. Mit Speck und Wasser zerrieben wurden rahmähnliche Flüssig- keiten erhalten, die beim Stehen zu einem steifen Teig erstarrten, der durch Muslin gepresst eine leicht faulende dicke Emulsion lieferte. Das _ Pancreas bewirkt eine Zertheilung des Fettes und eine solche Incorpo- ration mit Wasser. dass letzteres durch Aether nicht abscheidbar ist. Ein Stück Pancreas, welches an sich 8 Th. Stärke in Zucker überzu- führen vermag, kann nach Sättigung mit Fett nur 2 Th. Stärke um- wandeln. Extrahirt man Pancreas mit Wasser und mischt Malzpulzer hinzu, so lässt sich eine lange sich haltende trocknende Substanz er- zielen, welche alle Eigenschaften des Pancreas hat. — (Journ. f. pr. Chem. 104, 443.) Th. R. Fraser und Nassau, über das Akazga. -- Dieses zu Gottesgerichturtheilen benutzte Gift ist in Alrika unter den Namen Akazga, Conedon, Ikaja und Quai bekannt und findet in einem grossen Distriet nördlich und südlich vom Aequator an der Westküste und viele Meilen in’s Land hinein Anwendung. Man schätzt die Anzahl der damit jährlilch vergifteten Menschen auf mehrere Tausend, wovon 50 pC. Todesfälle. Das Akazga kam in zusammengebundenen langen, dünnen und krummen Stengeln von 4—8 Fuss Länge, meist mit daran sitzen- den Wurzeln, in die Hände der Verf. Die Pflanze scheint zu den Loganiaceen zu gehören, aber zu sicherer Bestimmung reichte das Material nicht aus. Mittels 85procentigen kochenden Weingeist liess sich aus der Rinde - 15 pC. Extract gewinnen, welches eine» bittern, nicht anhaltenden Ge- schmack besass, und das wirksame Princip enthielt. Hieraus wurde ein farbloses und amorphes Alkaloid, von den Verf. Akazgin genannt, er- halten. Die Ausbeute davon beträgt circa 2 pC. vom Gewicht der Rinde. Es besitzt ganz die Eigenschaften eines Alkaloids und verhält sich gegen Schwefelsäure und Kalibichromat wie Strychnin. Der alkaholische Akazga-Auszug wirkt physiologisch wie der von nux vomica und ebenso das daraus dargestellte oben beschriebene Alkaleid. Es löst sich in etwa 60 Thl. kalten absoluten Alkohol, in 16 Thl. Weingeist von 85 pC., in 120 Thl. wasserfreiem Aether und in 13000 Thl. Wasser von + 15° C. sehr leicht in Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol und Aether. — (Journ. f. pr. Chem. B. 104. S. 41.) Sch. Gautier, Verbindungen des Siliciums. — In der Absicht, Verbindungen des Kiesels mit Stickstoff darzustellen, wurde das Wöh- ler'sche Kieselmagnesium in einem Stickstofistrom zur hellen Rothgluth erhitzt. Die Gewichtszunahme betrug 5,2: pC.; aber der Stickstoff war nur an Magnesium getreten. Ein anderes Kieselmagnesium, welches der Verf. durch Schmelzen von 7 Thl. Kieselfluornatrium, 2!/ Thl. Chlor- natrium und 2/; Thl. Magnesium unter einer Decke von Kochsalz Bd. XXXI, 1868. 33 514 bereitete, stellte bleigraue Krystalle dar von der Zusammensetzung Mg, Si, (Si=21) oder Mg; Siz (Si—=28). Sie entwickeln mit heisser Sal- miaklösung Wasserstoff, mit Salzsäure ebenso, und hinterlassen ein weisses Oxyd des Silieiums. Die Schlacke von dieser Schmelzung enthält Würfel, welche aus Nafo + 2Mgfo bestehen und unlöslich in Wasser sind. Man erhält sie auch direct durch Schmelzen von Fluornatrium mit Chlormagnesium. Das Siliciumoxyd, welches auf obige Art erhalten wird, scheint nicht identisch mit Wöhler’s Leukon zu sein. — (Chem. News. Nr. 397. 1667. p. 17. Sch. Gintl, zur Elementaranalyse. — Die Versuche, ob sich nicht sehr schwer verbrennliche organische Substanzen besser verbren- nen liessen, wenn sie gemischt würden mit einem geschmolzenen und darauf pulverisirten Gemenge von saurem chromsauren Kali und Kupfer- oxyd, ergaben ausserordentlich gute Resultate. Zur Vereinfachung kann man auch ein Gemenge von geschmolzenen K0..CrO? und CuO direct, ohne es zusammengeschmolzen zu haben, anwenden. Es soll der Anwendung des chromsauren Bleioxydes entschieden vorzuziehen sein. — (Journ. f. pr. Chem. 105, 59.) Gintl, über die Bestimmung des Schwefelgehaltes im Roheisen. — Die beiden Methoden, welche bisher zur Bestimmung des Schwefelgehalts im Roheisen angewandt worden, beruhen entweder auf einer directen Oxydation des Roheisens und Fällung der entstan- denen Schwefelsäure als Barytsalz, oder sie bezwecken die Ueberfüh- rung des im Eisen enthaltenen Schwefels in Schwefelwasserstoff, welcher durch Umsetzung mit einem löslichen Metalloxyd als Schwefelmetall bestimmt wird. Beide Methoden, besonders die erste, sind ziemlich unzuverlässig und zeitraubend. Der Verf. theilt nun eine Methode mit, welche ge- naue Resultate giebt und schneller zum Ziele führt. Eine abgewogene, nicht zu geringe Menge mässig fein zertheilten Roheisens wird in einem geräumigen Glaskolben mit der zwanzigfachen Menge einer mässig concentrirten, ziemlich säurefreien Eisenchlorid- lösung 8 bis 10 Stunden gelinde (30°) erwärmt. Unter schwacher Gas- entwicklung und Bildung von Eisenchlorür erfolgt die Lösung der Haupt- menge des Eisens, und es hinterbleibt eine schwarze Masse, welche neben einer geringen Menge ungelösten Eisens sämmtlichen Graphit- kohlenstoff, Schwefel, Phosphor, sowie Silicium enthält. Der Rückstand wird rasch ausgewaschen und getrocknet und mit salpetersaurem Kali und Aetzkali geschmolzen, und die gebildete Schwefelsäure als Baryt- salz bestimmt. Es ist selbstverständlich, dass sich bei Anwendung dieses Ver- fahrens auch mit Leichtigkeit die Bestimmung des Phosphor- und Sili- ciumgehaltes ausführen lässt. — (Journ. f. pr. Chem. B. 105. S. 114.) Goppelsröder, über die Giftigkeit gefärbter Oblaten. — Der Verf. untersuchte 212 aus verschiedenen Verkaufsläden in Basel durch die Polizei bezogene Oblatenmuster, wobei sich folgende Resultate 515 herausstellten: Alle rothen Oblaten erwiesen sich als giftig, da sie durrh Mennige gefärbt waren; die gelben waren meist mit Chromgelb gefärbt und viele von den weissen Proben enthielten Bleiweiss. Die übrigen Farben waren unschuldiger Natur, nur die blauen und grünen enthielten hier und da Berlinerblau und Chromgelb. Einige blaue Muster waren mit Ultramarin, die schwarzen meist mit Blauholzschwarz, die chamois- gefärbten und chocoladenbraunen mit Eisenoxyd gefärbt. — Bei der ' quantitativen Untersuchung wurden folgende Resultate erhalten: Die rothen Oblaten enthielten 17,44 pC. Mennige, und enthielt sonach ein Stück Oblate 0,136 Grm. Mennige oder 0,123 Grm. Blei; andere Proben ent- hielten 13,52 und 33,99 pC. Mennige. Bei weissen Oblaten wurde ein Blei- weissgehalt von 1,66 pC. gefunden. — (Journ. f. pr. Chem. B. 105. $. 121) C. Lea% neues Reagens für unterschwefligsaure Salze. — Rutheniumsesquichlorür in verdünnter Lösung giebt beim Kochen mit unterschwefligsauren Salzen eine schönrothe Farbe, welche bei Anwesen- heit von "/4ooo unterschwefligsauren Salz noch sehr deutlich zu erkennen ist, und sich einige Tage unverändert hält. — (Journ. f. pr. Chemie, B. 103. $, 444.) G. Leuchs, über die Werthbestimmung des Indigs. — Die Versuche von Erdmann, Frisch und Ulgreen haben den Beweis ge- liefert, dass die Titrirmethoden mit oxydirenden Flüssigkeiten bei Werth- bestimmungen des Indigs viel zu hohe Zahlen geben, und veranlassten dieselben den Verf., nachstehende Prüfungsmethoden aufzustellen. 1) Bringt man nämlich aufs feinste zerriebenen Indig durch Al- kalien und reducirende Stoffe in Lösung. entfernt, wenn erforderlich, die letzteren und lässt die Indigweisslösung durch Schütteln mittels Luft verblauen, so sollte das verbrauchte Sauerstoff- resp. Luftvolumen ein genaues Mass für den Indigblaugehalt sein. Die angestellten Versuche bestätigten diese Voraussetzung, und wurden gut übereinstimmende Resultate erhalten, bei Anwendung von Eisenvitriol und Kalk wurden die genauesten Zahlen erhalten. 2) Bestimmung des Indigblaus resp. Indigweiss durch oxydirende Flüssigkeiten, welche stets nahezu übereinstimmende Zahlen lieferten, und ausserdem vor der eben beschriebenen den Vorzug hat, dass sie auch von Nichtchemikern ausgeführt werden kann. Führt man den Indig durch Eisenvitriol und Kalkmilch in Indig- weisskalklauge über, nimmt einen Theil der klaren Indiglösung heraus und lässt ihn in eine mittels Schwefelsäure angesäuerte schwefelsaure Eisenoxydammoniaklösung laufen, so findet sofort vollkommenes Ver- blauen statt unter Bildung von Wasser und Reduction einer dem vor- handenen Indigweiss und dem gebildeten!Indigblau entsprechenden Menge _ Eisenoxyds zu Oxydul, welch letzteres, nach dem Abfiltriren des Indig- blaus, auf eine der bekannten Methoden, z. B. durch !/ıo chromsaure Kalilösung gemessen werden kann. Auch diese Methode gab genaue Resultate, und wurde nebenbei der Beweis geliefert, dass gleiche Mengen Eisenoxyd durch gleiche Mengen Indigweiss redueirt werden. — (Journ. /- pr. Chem. B. 105. S. 107.) 516 V. de Luynes und A. Lionet, die Methyl-, Aethyl- und Amylderivate des Orcins. — Die Darstellung dieser Verbindungen wurde durch Zusammenbringen von krystallisirtem Orein mit einem Ge- misch von gleichen Aequivalenten Kali und Jodaethyl u. s. w. bewerk- stelligt. Auf diese Weise wurde das Methylorein €,H,(CH,)0s, das Aethylorein €; H, (€3H;)@3 und das Amylorein €&-H,(&;H,,)®3 dargestellt. Die ersten beiden sind flüssige Körper, der dritte krystallisirt bei län- gerem Stehen aus der Flüssigkeit. Durch Einwirkung von 2 Aequi- valenten Kali und Jodäthyl auf 1 Aequivalent Orcin wurde Diaethylorein C,H; (EsH5), 05 und das Diamylorein €,Hs (&5H,1)a 9a erhalten. Bei grossem Ueberschuss von Kali und Jodäther wurde endlich das Tri- aethyl-, Trimethyl- und Triamylorein erhalten. Höhere Substitutions- producte liessen sich auf diese Weise nicht darstellen. Anus allen diesen Verbindungen konnten das Orein und das Alkohol nicht wieder erhalten werden. (Journ. f. pr. Chem. B. 103. $. 447) Lieben, über Synthese von Alkoholen mittelst gechlor- ten Aethers. — Bei der Einwirkung von HJ im Ueberschuss auf Aethylchloräther bei 140° bildet sich hauptsächlich Jodaethyl, aethylirtes Jodaethyl und Chlorwasserstoffsäure. Bei einem zu geringen Verhältniss von HJ wird neben andern Nebenproducten aethylirtes Jodaethyl in beträchtlicher Menge erhalten, welches durch tractionirte Destillation vom Jodaethyl getrennt wird. Bei der Behandlung dieses mit feuchtem Silberoxyd oder besser mit essig- saurem Silber entwickelt sich Butylen, ausserdem erhält man im ersten Falle direct den aethylirten Aethylalkohol, im zweiten Falle das ent- sprechende Acetat desselben. Der aethylirte Alkohol siedet bei 99° und besitzt ein spec. Gew. von 0,827 bei 0%. Unter den vier isomeren Butyl- alkoholen, welche die Theorie voraussehen lasst, muss dem hier erhal- tenen die Formel: CH; | SH, . i : eiy beigelegt werden, wonach er als Aethylmethylearbinol erscheint. oH — (Journ. f. pr. Chem. B. 105. S. 125.) Sch. Lieben, Umwandlung organischer Chlorverbindungen in Jodverbindungen. — Der Verf. theilt eine neue, in vielen Fällen anwendbare Methode mit, um organische Chlorverbindungen in Jodver- bindungen zu verwandeln. Sie beruht auf der doppelten Zersetzung, welche organische Chlorverbindungen durch Einwirkung von Jodwasser- stoffsäure erleiden und gewährt den Vortheil, das Jod an dieselbe Stelle “ des Moleküls einzuführen, die früher von Chlor eingenommen wurde. Chloraethyl mit cone. Jodwasserstoffsäure in zugeschmolzener Glasröhre erhitzt, wird sehr leicht in Jodaethyl verwandelt, ebenso um- gekehrt, wenn Jodaethyl mit Chlorwasserstoffsäure erhitzt wird, entsteht Jodaethyl. Chloroform giebt Methylenjodür EH3J, und freies Jod. Man kann sich diese Reaction in folgender Weise vorstellen: 517 HCl; + 3HJ = €HJ, + 3HCI. €HJ;, + HJ = €H, + 2). Für die Umwandlung in Jodüre der Chlorverbindungen aus der soge- nannten aromatischen Reihe scheint die Methode nicht anwendbar zu sein. — (Anz. d. Wien. Akad.) Sch. Nessler, Reagens auf Ammoniak. — Nach Hadow’s An- gabe bereitet man dies sehr empfindliche Reagens auf Ammoniak und - Ammoniaksalze durch Auflösung von 2'/a Unze Jodkalium in 10 Unzen Wasser, indem man so viel Sublimatlösung hinzufügt, bis sich der Nie- derschlag nicht mehr wieder lösen will. Dann fügt man 6 Unzen Kali- hydrat, im gleichen Gewicht Wasser gelöst, hinzu, und verdünnt auf ein Quart. — (Journ. f. pr. Chem. 104, 479.) J. Nickles, über neue Manganverbindungen. — Fluor- manganige Säure MnF? entsteht durch Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Chlormanganäther; oder durch Einwirkung von concentrirter Fluor- wasserstoffsäure auf Mangansuperoxyd. Letzteres löst sich nur langsam, ohne die Säure völlig zu neutralisiren. Die Lösung entfärbt Indigo- solution und wird von Eisenvitriol entfärbt; giebt mit PbO.Ac einen weissen Niederschlag, der beim Erhitzen braun wird. Brucin wird ge- röthet. Phenylalkohol wird zum Theil verkohlt, zum Theil in eine braune harzige Masse umgewandelt. Bei Gegenwart von Glycose oder andern Kohlehydraten hält sich die Fluorverbindung unverändert; in Alkohol ist sie löslich; durch viel Wasser wird sie zersetzt; kaustische, kohlensaure und Chloralkalien begünstigen die Zersetzung und Ab- scheidung von MnO? Mit Fluoralkalien liefert das MnF? Doppelsalze. Das Kaliumdoppelsalz MnF? + 4KF ist rosenroth, wird beim Schmelzen blau, nimmt aber beim Erkalten wieder seine rothe Farbe an. Das Natriumsalz verliert durch Schmelzen seine rothe Farbe, ohne sie nach dem Erkalten wieder zu erhalten. Mit Anilin und Naphtylamin geht das MnF? ebenfalls Doppelverbindungen ein. Tropft man Mangansuper- chlorid in siedende Lösungen von Fluorkalium oder Fluorammonium, so scheidet sich ein rosenrothes Pulver ab, das nach N. Oxyfluorman- ganigsaures (MnOF) Salz ist. Um die Aetherverbindung darzustellen, löst man die trockne MnF? -+ 4KF in wasserfreiem, mit Fluorsilicium gesättigten Aether anf. Die Flüssigkeit wird braunviolett. Aehnliche Verbindungen, wie MnF2KF, MnFO.KF, Mn?F20.2KF erhält man auch bei Einwirkung von Fluorwasserstoff auf übermangansaures Kali. — (Journ. f. pr. Chem. 105, 9.) R. Otto und v. Gruber, über die Bestimmung vonSchwe- fel in organischen Verbindungen. — Die Verf. schlagen statt der gewöhnlichen Methoden die Erhitzung der organischen Substanz mit chromsaurem Kupferoxyd in einer schwer schmelzbaren Glasröhre vor. Das zu diesem Zwecke dienende Präparat wird aus reinem chromsauren Kali und salpetersaurem Kupferoxyd bereitet und nur so lange aus- gewaschen, dass es von der grössten Menge Salpeter frei ist; sonst verliert es zu viel Chromsäure. Die inne zu haltenden Vorsichtsmass- regeln sind: 518 1) Anwendung einer gehörigen Menge zur Mischung mit der or- : ganischen Substanz und eines recht geräumigen Rohres. 2) Vorsichtiges nicht zu hohes Erhitzen des vorderen Theils der Röhre, damit keine Verflüchtigung von Schwefelsäure stattfindet. 8) Langsames Fortschreiten der Verbrennung von vorn nach hinten. Der Röhreninhalt wird mit Salzsäure und Alkohol digerirt, die grüne Lösung mit Chlorbaryum gefällt. Die Vortheile sind: schnellere und vollständigere Verbrennung als mit Soda und Saipeter, Unversehrt- heit der Glasröhren, so dass man keine Abscheidung von Kieselsäure nöthig hat, Reinheit des niederfallenden Barytsulphats von Barytnitrat und Zeitersparniss, weil in 3—4 Stunden eine Analyse beendigt werden kann. — (Ann. Chem. Pharm. 145. 25.) Sch. Phipson, über das Vorkommen von Columbit im Wol- fram. — Der Verf. untersuchte ein Stük Wolfram aus der Auvergne und fand darin eine reichliche Menge Columbit nach folgendem Ver- fahren: Etwa 20 Grm. fein gepulvertes Wolfram wurden mit heissem Königswasser behandelt und aus dem Rückstande die Wolframsäure mittelst Ammoniak ausgezogen. Diese Operation wurde so oft wieder- holt, bis aus dem Rückstand Ammoniak keine Wolframsäure mehr auszog. Es blieb ein schwarzes Pulver zurück, aus einem Gemenge von Columbit und Quarz bestehend, wie die Analyse ergab. Das schwarze, schwere, in vieler Hinsicht der Steinkohle ähnliche Pulver gab vor dem Löthrohre alle Reactionen des Columbits, der, wie G. Rose gefunden hat, mit dem Wolfram isomorph ist. — (Journ. f pr. Chem. B 103. 8.448.) Fr. Rochleder, über Bestandtheile der Blätter der Rosskastanie — Werden die mit Wasser ausgekochten und aus- gepressten Blätter mit Weingeist ausgekocht, von dem Extracte der Alkohol so lange abdestillirt, als er noch brennt, so setzt sich aus dem Rückstand eine grüne salbenartige Masse ab, welche aus Chlorophyll und einem Wachs besteht, welches vom Bienenwachs nicht zu unter- scheiden ist. Ueber dieser grünen festeren Masse befindet sich eine rothbraune Flüssigkeit, von der durch Destillation der Alkohol ganz und gar verjagt wird. Beim Erkalten des Rückstandes bleiben in Lösung Gerbsäure und Stoffe, die sich auch im wenn Decoct der Blätter finden; im sodensatz sind hauptsächlich 2 Subsiuanzen. Um diese zu: scheiden kocht man den Bodensatz mit Essigsäure und Wasser und filtrirt heiss. Aus der Flüssigkeit scheiden sich beim Erkalten Flocken ab, die man abfiltrirt; zum Filtrat setzt man Wasser, wodurch ein zimmtbrauner Niederschlag entsteht, der nichts andres als das aus dem Kastaniengerbstoff entstandene Kastanienroth £°%H®0' ist. Es ist ein Harz. Der in verdünnter Essigsäure ungelöste Theil des oben erwähnten Bodensatzes wurde in concentrirter Essigsäure gelöst, heiss filtrirt, die beim Erkalten sich abscheidenden Flocken entfernt und dann mit Wasser gefällt. Mit Natronlauge gelöst und mit Salzsäure gefällt stellt die Substanz eine weisse, nach dem Trocknen leicht zerreibliche Masse dar. Seine Zusammensetzung wurde = €!’H??97 gefunden. Aus ihm entsteht unter dem Einfluss von Wasser Zucker und eine dem Aeseci- 519 genin £12H20? homologe Substanz €!H# 0? Aus 12 Pid, Blättern wurden 0,5 Grm. dieser Substanz erhalten. — (Journ. f.pr. Chem. 104, 285.) Fr. Rochleder, über Aesculin und Aesculetin. — Wird Aesculetin in Wasser vertheilt mit Natriumamalgam behandelt, während ein rascher Strom von Kohlensäure eingeleitet wird, um die Flüssigkeit neutral zu erhalten, so entsteht Aescorein €?1H°9* — H? = £#H#94, Benutzt man an Stelle von Aesculetin aber Aesculin in derselben Weise, ‚so entsteht Hydraesculin, welches man dadurch gewinnt, dass man die über dem Quecksilber befindliche Flüssigkeit mit Essigsäure neutralisirt und tropfenweise in absoluten Alkohol fliessen lässt. Das Hydraesculin wird in weissen Flocken gefällt; es ist amorph und nach dem Trocknen rein weiss, nimmt aber an Luft einen Stich in’s Gelbe oder Rosenrothe an. Es wird durch Wasser und verdünnten Alkohol leicht gelöst, durch Bleiessig gefällt. Mit Salzsäure auf dem Wasserbade erwärmt giebt es Hydraesceuletin = €!°H'%0°. InKali und Natron löst es sich mit grüner Farbe, beim Kochen wird die Flüssigkeit dunkelgelb und durch Sauer- stoffaufnahme roth. — (Zbenda p. 388.) Fr. Rochleder, über Isophloridzin. — Dieser Stoff ist nach R. in den Blättern des Apfelbaums; er ist isomer mit dem Phloridzin, welches in der Rinde der Wurzel und des Stammes enthalten ist, unter- scheidet sich aber von diesem im Aeussern. Es stellt lange, silberglän- zende, dünne Nadeln dar, die bei 105° schmelzen; löst sich leicht in Ammoniak zu einer hellgelben Flüssigkeit, die an der Luft bräunlich- violett wird, aus welcher Lösung beim Verdunsten wahrscheinlich un- verändertes Isophloridzin auskrystallisirt. Es wird durch Bleiessig ge- “fällt; mit verd. Schwefelsäure gekocht zerlegt es sich leicht in Zucker und Isophloretin, welches letztere, in conc. Kalilauge erhitzt, in Phlo- roglucin- und Isophloretinsäure zerfällt. Letztere unterscheidet sich von der gleich zusammengesetzten Melilot- (Hydrocumar-)säure durch Ge- ruchlosigkeit und höheren Schmelzpunkt, und giebt mit Eisenchlorid keine Färbung. Sie gehört wahrscheinlich in die Oxybenzo&säurereihe, R. hofft aus dem Chlorsubstitutionsproduet der Isophloretinsäure,, ‚dem 6°H°C1.9° oder dem Nitroproduct €?H°(NQ)Q3 künstlich Tyrosin her- stellen zu können. — (Ebenda p. 397.) De Romilly, über die Bildung von Cyan. — Lässt man Leuchtgas durch ammoniakhaltiges Wasser streichen und richtet die angezündete Flamme auf eine Lösung von Kali, Natron oder Kalkmilch, so lässt sich schon nach wenigen Minuten die Anwesenheit von Cyan- verbindungen durch Eisensalze nachweisen. Richtet man die Flamme auf Kalilauge, in welcher freies zertheiltes Eisen suspendirt ist, so er- hält man sogleich sowohl Ferro-, wie auch Ferrideyankalium; hat man destillirtes Wasser vorgelest, so enthält dieses Cyanammonium. Bei allen diesen Versuchen war die Flamme leuchtend; verbrennt man das Gas vollständig mittelst eines Bunsen’schen Brenners, so erhält man keine Cyanverbindungen. Wie das Leuchtgas verhalten sich unter den- selben Umständen auch das Oel und andere Kohlenwasserstofte. Es weist dieser Versuch recht deutlich auf die Nothwendigkeit 520 einer sorgfältigen Reinigung des Leuchtgases von beigemengten Ammo- niak hin. — (Journ. f. pr. Chemie. B. 103. $. 382.) C. Scheibler, Mittheilung über die Metapectinsäure aus Zuckerrüben. — Der Verf. richtete sein Hauptaugenmerk auf die Pectinkörper, welche, wenn einmal in den Zuckersäften enthalten, durch die bisherigen Hülfsmittel der Zuckerfabrikation nicht zu ent- fernen sind, wohin besonders die Metapectinsäure gehört. Er stellte die Säure nach dem von Fremy (Chem. Centralhalle 1850. S. 4) an- gegebenen Verfahren dar, und giebt einige neue Eigenschaften an, welche für die Praxis der Zuckerfabrikation von grossem Interesse sein dürften. Die Metapectinsäure besitzt einen faden Geschmack, wie der einer Gummilösung ist; sie krystallisirt nicht und zeigt im concentrirten Zu- stande eine klebrige Beschaffenheit. Sie besitzt in ihren Lösungen ein spec. Gewicht, welches fast gleich ist dem spec. Gew. von Zuckerlösun- gen desselben Procentgehalts. Sie dreht die Polarisationsebene stärker als der Rohrzucker, nur in entgegengesetzter Richtung, und zwar dreht ein Theil Metapectinsäure so stark nach links, dass dadurch 1!/; Thl. des rechtsdrehenden Rohrzuckers optisch neutralisirt werden. Diese Eigenschaft wird durch Alkalien nicht beeinträchtigt, wohl aber durch Kochen mit Säuren, wobei sie in eine eben so starke Rechtsdrehung übergeht. Die Metapectinsäure zerfällt beim Kochen mit Säuren in einen rechtsdrehenden Zucker, der mit Traubenzucker . nicht identisch ist, und eine Säure, welche noch nicht weiter untersucht ist. Hierdurch erklärt sich die Unbrauchbarkeit der optischen Zucker- bestimmung unter Anwendung der Inversionsmethoden bei Rübensäften und Syrupen, wie von Landolt (v. Journ. B. 103. S. 1) mitgetheilt wurde. — (Journ. f. pr. Chem. B. 103. $. 458.) Sch. Tyro, Reagens für Kobaltsalze. — Es ist neuerdings als eine gute Probe für Kobaltsalze die dunkelrothe Färbung vorgeschlagen, welche bei Zusatz von Weinsäure, überschüssigem Ammoniak und Ka- liumeisencyanid zu Kobaltsalzen entsteht. Der Verf. fand, dass diese Färbung eintritt nicht nur bei Anwendung von Weinsäure, sondern auch von Oxalsäure, Salzsäure, Schwefelsäure, Chromsäure und vielen andern Säuren, vorausgesetzt, dass diese mit dem Ammoniak und Ka- liumeisencyanid vorher gemischt und dann erst zum Kobaltsalz hinzu- gefügt werden. — (Chem. News. 1867. Nr. 385. p. 328.) Sch. Weselsky, über die Darstellung der Baryum- Dop- pelcyan- Verbindungen giebt der Verf. an, dass die von ihm früher (v. Journ. 69. 276) zur Darstellung derselben angegebene Me- thode sich nicht blos auf das Gemenge von Platinchlorür mit kohlen- saurem Baryt, sondern auch auf die Gemenge der Chloride, Nitrate, Cyanide, Carbonate, Acetate, Sulphate und anderer Metalle mit kohlen- saurem Baryt anwenden lasse. Die in Wasser löslichen Sulphate eignen sich am besten zur Darstellung der erwähnten Verbindungen. Es wur- den auf diese Weise bereits die Verbindungen von Nickel, Kobal}, Zink, Cadmium, Kupfer, Silber und Palladium dargestellt. Der Verf. giebt 521 ferner an, dass es ihm gelungen ist, bei der Darstellung des Baryum- Platincyanür das Platinchlorür durch Platinchlorid zu ersetzen, wodurch die lästige Bereitung des ersteren vermieden wird. — (Journ. f. pr. Chem. B. 103. $. 506.) Hilb. Wheeler, Mangansuperoxyd und Harnsäure — Werden gleiche Mengen Wasser, Harnsäure und Mangansuperoxyd er- hitzt, unter Zusatz kleiner Quantitäten Schwefelsäure, bis keine Ein- ‚wirkung weiter stattfindet, so enthält das von der schwarzen Masse Ab- filtrirte Parobansäure, die nach dem Verdampfen in breiten hexagonalen Krystallen anschiesst. Erhitzt man Harnsäure mit viel Wasser zum Kochen und fügt dann Manganhyperoxyd zu, so lange noch Kohlensäure entweicht, so enthält der unlösliche Rückstand neben Braunstein oxalsaures Mangan- oxydul und das Filtrat giebt beim Verdunsten Allantoin, dann Harn- stoff und schliesslich eine amorphe Substanz. Erhitzt man aber Harn- säure mit wenig Wasser und Braunstein, so erhält man Kohlensäure, Oxalsäure und Harnstoff, aber nur sehr wenig Allantoin. Das Mangansuperoxyd verhält sich demnach gegen die Harnsäure wie das Bleisuperoxyd. — (Journ. f. pr. Chem. B. 103. $. 383.) Geologie. D. Stur, die Umgegend von St. Cassian. — Die gründlichen geognostischen Untersuchungen v. Richthofens über St. Cassian und die gleichen paläontologischen Laube’s veranlassten Verf. die noch übrig gebliebenen zweifelhaften Parallelisirungen weiter zu prüfen und zur Entscheidung zu bringen. 1. Windbruch, Gröden, St. Ulrich, Knetschenathal, Solschedia, Geisterspitzen. Jenseits der Granitmasse bei Brixen bis über Klausen hinaus liegt ein schwarzer Thonschiefer mit 35° SFallen von Quarzadern durchsetzt, der an die Gailthaler Schiefer im obern Gailthal erinnert. Vor Klausen sind ihn Diorite eingelagert. Unterhalb Klausen folgt der typische Thonglimmerschiefer mit gelblichen Quarzlinsen und häufigen Schichten- knickungen, die im allgemeinen horizontal liegen. Er mag ersterem aufliegen. Von Waidbruch aufwärts bis St. Peters überall derselbe Thonglimmerschiefer, das Liegende des rothen Quarzporphyrs bildend. Von St. Peter wendet das Grödner Thal in SO und verquert den mit senkrechter Wand aus den Schuttmassen aufsteigenden Porphyr und hinter dem porphyrischen Engpasse erweitert sich das Thal von St. Ul- rich freundlich. Auf dem Porphyr lagert Grödener Sandstein und die Strasse steigt langsam an mit der Aussicht auf ein herrliches Panorama. Im N. wird der NRand des Porphyrplateaus mit der Reschötz Capelle sichtbar, in NO entfaltet sich das Kuntschenathal mit dem Pitsch- und Solchediaberg, die eine ununterbrochene Reihe von Aufschlüssen zei- gen: zu unterst dunkelrothen Grödner Sandstein, in der Mitte der Ge- hänge die grauen Schichten von Seiss, darüber die grellrothen Campi- ler Schichten, dann die weissen Wände von Mendoladolomit und Bu- chensteiner Kalken. Diese Gesteine verqueren oberhalb St. Ulrichen das Hauptthal und treten auf die SSeite, dann westlich quer durch die Puflerschlucht gegen Castelruth und hinter diesem Schichtenzuge liegen 33**+ 522 die eigentlichen St. Cassianer Schichten. Hinter dem Kuntschenathal gränzt der Grödner Sandstein an den Porphyr und am rechten Gehänge folgen schnell rother Quarzporphyr, Grödner Sandstein und Seisser Schichten. Der nun folgende mächtige Schutt an den Gehängen besteht aus Blöcken der anstehenden Felsarten, zumal aus Virgloriakalk, Bu- . chensteinerkalk, schwarzer Kalk mit Bellerophon peregrinus, lichtem Kalk mit Ceratites binodosus, Weiter überschreitet man die oberste Partie der Seisserschichten reich an Petrefakten der Werfener Schiefer, dann folgen die grellrothen Campiler, weiter ein dünnschichtiger schwar- zer Virglorjakalk 5‘ mächtig, hinter diesem löcheriger Mendoladolomit, dann bedeutenderer Buchensteinerkalk schwarz und grau mit vielen Hornsteinen und einer Halobia. Gegen diesen sticht ein dunkelgrüner Augitporphyrtufi sehr grell ab, in einigen Schichten mit Halobia Lom- meli. Diese Wengerschichten 3° mächtig sind von einer Breccie von Buchsteinerkalk, Augitporphyr und dessen Tuffen bedeckt und selbst wieder von Augitporphyr überlagert. Die höchste Spitze der Solschedia und deren Grat besteht aus Buchensteiner Kalk, die harten Bänke mit Hornsteinknollen wechseln mit dünnen Kalkschiefern und schwarzen Kalkplatten, welche sehr häufig Halobia Moussoni führen und einige Ammoniten. Nach O, hin sieht man oft die Schichtenfolge von Buchen- steinerkalk, Mendoladolomit, Virgloriakalk, Campiler und Seisser Schich- ten, die weiterhin zum Theil an Mächtigkeit verlieren und selbst ganz verschwinden. Die Geisterspitzen bestehen aus Dolomit, deren östlicher Theil wieder aus jener Schichtentolge. Südlich überlagern den Dolo- mit wohlgeschichtete Dolomite, darüber ein Zug der Raibler Schichten aus der Gegend von Forcella, diese treten auch weiterhin auf und ver- weisen den Dolomit der Geisterspitzen in das Alter des Schlerndolo- mit also in obertriadisches. In. des Pitschberges steht Augitporphyr an, in dessen Liegenden Wenger Schichten, dann Reiflinger Kalke etc. — 2.Pufler Schlucht, Seisseralp, Cipitbach, Schlerenspitze, Klamm, rothes Schlernplateau, Frombach. Der Weg zur Puf- lerschlucht führt über Grödner Sandstein am Eingange derselben über Seisserschichten, wo sich senkrechte Wände in W. zum Puflatsch in O. zum Pitz erheben. An diesen sind die Seisser, Campiler und Buchen- steiner Schichten entblösst, keine Spur von Mendoladolomit und von Virgloriakalk. Die höchste Entblössung oberhalb Pufl sind Campiler- schichten bedeckt von Buchensteinerkalk, diesem gegenüber Augitpor- phyr mit Halobia Lommeli ganz wie auf der Solschedia den Wenger Schiefer vertretend, darüber 4° Augitporphyr wieder verdeckt von Wen- ger Schiefer und dann erst die mächtige Porphyrmasse des Puflatsch. An der Vereinigung beider Arme des Puflerbaches beginnen dünnplat- tige sandige Schiefer mit Halobia Lommeli. Nun auf die Seisser Alp gelangend hören die Entblössungen auf, dichter Rasen bedeckt dieselbe, erst am Cipitbache sieht man Blöcke des Cipitkalkes und in einem lan- gen Graben, welcher Augitporphyre und Wenger Schiefer aufschliesst, dann auch Reingrabner Schiefer mit dicken Kalkschichten, welche Echi- niden führen. Darüber folgen bis zu den Hütten der Cipitalp Richtho- 523 fens regenerirte Tuffe in enger Verbindung mit dem Reingrabener Schie» fer oben mit Pachycardia rugosa und Ammonites floridus., Ueber den Tuffen die höhern Horizonte der St. Cassianer Schichten. Der Fuss- steig auf den Schlern führt zunächst über Reingrabner Schiefer, dann über die Tuffe von Frombach, und diesem ist aufgesetzt die Dolomitmasse des Schlern. In dieser viele Hohlräume herrührend von aufgelösten Petrefakten. Bis an die Endwand des Schlern ist der Dolomit unge- schichtet, auf dem Plateau aber geschichtet. Nördlich vom Fusssteige folgen rothgefleckte poröse dolomitische Kalke, überlagert von weissem dünnschichtigen Dolomit mit Megalodon, welcher auch die Spitze des Schlern bildet. Jenseits dieser folgt der berühmte Fundort der rothen Raibler Schichten. Die hier einschneidende Klamm enthält an dem Ge- hänge einen petrefaktenreichen Schutt aus den leicht verwitterbaren obersten Kalkmergelschichten. Der südliche Theil der Wand besteht bis 100° Höhe aus ungeschichtetem Schlerndolomit, auf dem horizontale Schichten eines dolomitischen Kalkes folgen, in der Mitte mit Augit- porphyr, zu oberst die grellrothen Raibler Schichten, welche das Schlern- plateau bilden. Weiterhin fehlen diese Schichten und der ungeschichtete Dolomit reicht aus der Tiefe der Klamm bis zum Rande des Plateaus. — 3. Das Grödner Jöchl. In dem zu diesem führenden Paurisolthal sieht man an der Wand unten geschichteten dolomitischen Kalk, dar- über ungeschichteten Schlerndolomit bedeckt von den geschichteten do- lomitischen Kalken der Schlernklamme und von rothen Raibler Schich- ten. Weiterhin verliert die untere Stufe ihre Mächtigkeit und erscheint endlich in blockartige rundliche Kalkmassen aufgelöst, zwischen den- selben Kalkmergel den St. Cassianern ähnlich. Die Kalkmassen drin- gen in der That auf der Basis der letztern vor. Diese bestehen aus dem bekannten oolithischen Carditagestein mit häufigen Cidariten im Wechsel mit gelblichen Mergeln und Kalkmergeln. Ueber der Block- masse der untern Stufe sind weiterhin horizontale Mergel aufgelagert einen Hügel bildend und an die obere Stufe hart anstossend. Der N-—SDurchschnitt durch das Pordoigebirge zeigt rechts das aus Schich- ten von St. Cassian, den sedimentären Tuffen gebildeten Grödner Jöchl], diese Tuffe unterteufen die aus dolomitischem Kalke bestehende tiefere Stufe des Pordoigebirges, welche bis zum Jöchl an Mächtiskeit ab- nimmt und zuletzt aus blockartigen Kalkmassen besteht. Links ragt die zweite Stufe als Wände des ungeschichteten Dolomits auch bedeckt von geschichtetem Dolomit. — 4. Corfara, St. Cassian, Praelon- geiberg, Sel Sass, Livinallungo. Von Corfara abwärts überschrei- tet man Augitporphyr, in dessen Liegenden Wenger Schiefer und an der Gränze tiefern Muschelkalk und Werfener Schiefer, im Hangenden Wenger Schiefer reich an Halobia Lommeli u. v. a. Arten. Von Cor- fara über die Höhe Le Fraine nach St. Cassian sieht man sandigkal- kige Schichten, schwarze Kalkmergel mit Halobia Haueri und graue sandige Schiefer im Wechsel mit einzelnen Petrefakten. Die angeblich auf der Höhe auftretenden Raibler Schichten fand Verf. nicht. Nach St. Cassian hinab herrschen Wenger Schiefer. Vor St. Cassian durch das 524 Gebiet des Peecolbaches auf der Praelongeiburg keine genügenden Auf- schlüsse, erst auf der Höhe des letztern. Hier zuunterst gelblichgraue Kalkmergel wechselnd mit Carditagestein und gelblichweissen Oolith mit wenigen kleinen Petrefakten, weiterhin gelblichweisse Kalkmergel mit Brauneisensteinpetrefakten, dann am steilen Gehänge des WFusses des Sel Sass graue Kalkmergel mit viel Crinoideen und Echiniden, darüber Dolomit als Hauptmasse des Sel Sass unten ungeschichtet, oben sehr deutlich geschichtet, darüber rothe Raiblerschichten. Im Campolungo- thale mächtige Augitporphyrtuffe, Kalkbreccien etc. — 5. Heiligen- kreuz im Abteithale An den Gehängen des nach W. geöffneten Kaars, in welchem die Quelle des Heiligenkreuzerbaches entspringt, tre- ten dieselben grauen Kalkmergel mit zolldicken Oolithschichten auf wie auf den Praelongeiwiesen, im S. von St. Cassian nur mit Nucula lineata. Von hier bis zur Kirche von Heiligenkreuz nur Dolomitschutt. Oberhalb der Kirche rechts sind die Schichtengruppen entblösst. Zuunterst Kalk- mergelplatten mit knotiger Oberfläche und viel Petrefakten, darüber dicke Bänke eines röthlichen Kalkes mit Pentacrinus Sanctae crucis, darüber grünlich und violette Mergel mit Bohnerzen, sogenannte Rai- bler Schichten, bedeckt von gelblichgrauem Sandstein mit Kohlenbrocken und einer sandigen Muschelbreccie mit Ostraea montis caprilis, überla- gert von plattigem Kalk oder Dolomit. — Diese Heiligenkreuzer Schich- ten identificirte Verf. früher mit den Schichten mit Corbula Rosthorni und die jetzt gesammelten Petrefakten bestättigen solche Annahme. Aber in Heiligenkreuz kommen über dem röthlichen Kalke mit Penta- crinus sanctae crucis und unter der Muschelbreccie mit Ostraea montis caprilis die grünlichen Mergel mit Bohnerzen eingelagert vor, die über- all mit Raibler Schiefer auftreten, also entsprechen letzte dem Niveau der Corbula Rosthorni und nicht den eigentlichen Raibler Schichten mit Myophoria Kefersteini. Am Schlern sind diese rothen Raibler Schichten eigenthümlich entwickelt, ihre Arten kommen anderwärts im Niveau der Corbula Rosthorni vor, z. Th. auch den St. Cassianern, an- derntheils sind dieselben eigenthümlich, sie sind jenen Heiligenkreuzern gleichzustellen. Die Gliederung der St. Cassianer Schichten fasst Verf. nunmehr also. Ihren tiefsten Theil bilden die bekannten Wenger Schich- ten. Sie beginnen über dem Buchensteiner Kalk mit Kalk- oder Tuff- schiefer enthaltend Augitporphyr, Tuff, Wenger Schiefer, Kalkbreccie, ungeschichtete Kalk- und Dolomitmassen und endend mit Wenger Schie- fer. Ueber diesem nun folgt ein Complex, der mit dem Reingrabe- ner Schiefer verglichen wird charakterisirt durch Pachycardia rugosa, dann folgen die eigentlichen Schichten von St. Cassian, deren oberste die Vertreter der rothen Raibler Schichten bilden. Die weissen dünn- schichtigen Dolomite mit Megalodonten bilden das Hangende. — (Jahrb. Geolog. Reichsanst. AVIII. 529—568. 2 T/f.) Th.Petersen, der Basalt und Hydrotachylyt von Ross- dorf bei Darmstadt. — Der Rossberg bei Rossdorf nahe Darmstadt, 1003° ü.M. besteht aus einem blaugrünen Basalt mit splittrigem Bruch und sehr feinem Korn, kleinen Kryställchen von Augit, triklinen Feld- 525 spath, Olivin und Magneteisen. Er hat’ 3,045 spec. 3,045 spec. Gew., ist in senkrechte Säulen geordnet, die horizontal gegliedert und in den obern Lagen noch kugelig abgesondert sind. In Drusenräumen treten auf Kalkspath, Aragonit, Bitterspath, Mesotyp, Harmatom, Glimmer, auf den Klüften bolartige und mehlige zeolithische Substanzen. In kleinen und grossen Partien finden sich verschiedene amorphe Silikate von gel- ber, grüner, schwarzer Farbe z. Th. Kerolith und Neolith sehr ähnlich 2. Th. an Tachylyt erinnernd, aber bei näherer Untersuchung gänzlich verschieden davon, darum Hydrotachylyt genannt. Kir findet sich ne- sterweise, bisweilen kugelig im Basalt, an der Verwachsungsstelle ge- wöhnlich rissig, ist bouteillengrün bis schwarz, mit fettartigem Glanz, auf Absonderungsflächen mit schwachem Glasglanz, im Bruch musche- lig, ziemlich spröde, von 3,5 Härte und 2,130 spec. Gew., schmilzt unter schwachem Aufblähen leicht zu einem heflen blassgrünen Email, löst sich mit Borax und Phosphorsalz leicht und giebt Eisenreaktion. Das Pulver ist hellgrün und wird von concentrirter Salzsäure unter Abschei- dung pulveriger Kieselerde leicht zersetzt. Die Mittelzahlen aus zwei Analysen sind unter I, die des Tachylyt unter II, des Hyalomelan unter III, des Sideromelan unter IV zusammengestellt: I II III IV Kieselsäure 47,52 55,74 50,22 48,76 Titansäure 1,13 _ 1,41 —_ Thonerde 17,35 12,40 17,84 14,93 Eisenoxyd 4,36 13.06 _ 20,14 ® , Eisenoxydul 3,05 | 10,26 = Manganoxydul 0,265 42V 019 0,40 _ Kalk 1,85 1,28 8,25 9,51 Magnesia 4,07 5,92 8,37 2,92 Kali 4,63 0,60 3,86 1,10 Natron 2,38 3,83 5,18 2,48 Wasser 12,90 2,18 0,50 0,35 99,50 101,80 101,29 100,19. Der Hyalomelan von Babenhausen im Vogelsberg und der Sideromelan aus dem isländischen Palagonittuff sind nur Varietäten von Tachylyt und ist dieser zu den wasserfreien Silikaten zu stellen, er ist obsidian- artig, härter und schwerer als der Hydrotachylyt. Beide aber kommen unter Ähnlichen Verhältnissen vor und doch leicht zu unterscheiden. Der Hydrotachylyt von Rossdorf führt kugelige Einschlüsse von weissem eisenhaltigen Kalk- und Magnesiacarbonat sowie von etwas zeolitischer Materie. Auffällig ist der grosse Reichthum an Kali, der zur Unter- suchung des Muttergesteines veranlasste. Der Rossdorfer Basalt besteht aus Kohlensäure 0,17 Kali 1,95 Phosphorsäure 1,32 Natron - 2,87 Kieselsäure 40,53 Wasser 1,44 Titansäure 1,80 Chromoxyd ! Enten Thonerde 14,89 Fluor \ 526 Thonerde 14,89 Chlor Eisenoxyd 1,02 Schwefel „nun Eisenoxydul 11,07 Nickeloxydul Manganoxydul 0,16 Kran geringe Spuren Kalk 14,62 Baryt Magnesia 8,02 Das spec. Gew. der Basalte liegt meist nahe 3, das der Dolerite 2,3—2,9, das der Mainthalanamesite 2,923. Im spec. Gew. und höhern Kiesel- säuregehalt schliesst sich also der Anamesit dem wesentlich gleichen Dolerit an. Der typische Basalt von Rossdorf weicht chemisch von dem Anamesite ab. Das Pulver desselben geht bei 210° C. aus der hell- grünen in die gelbliche Farbe über und wird von Salzsäure unter Ab- scheidung flockiger Kieselsäure stark angegriffen. Der ungelöste Rück- stand ist thonerdehaltiger Augit, der lösliche Theil besteht aus 45,80 Kieselsäure, 8,50 Thonerde, 8,43 Eisenoxydul, Spur von Manganoxydul, 24,85 Kalk und 12,42 Magnesia. Unter dem Mikroskop erkennt man Chrysolith, triklinen Feldspath und Magneteisen als Bestandtheile, Augit. Beachtung verdient der hohe Gehalt an Phosphorsäure, die Verf. in den verschiedensten Basalten gefunden hat. Der Hydrotachylyt verdankt seine Bestandtheile wesentlich dem Feldspathe und Olivin, wobei von Kalk weil am leichtesten fortführbar nur wenig übrig geblieben ist, da- gegen Kali auffallend angereichert erscheint. — (Neues Jahrb. f. Mineral. elc. 1869. $S. 32—41.) Oryktognosie. Kenngott, Gyps und Ankhiileit als Ein- schluss in Kalkstein. — In einem blassröthlichbraunen dichten Kalk- steine mit splitterigem Bruch sah Verf. einen grossen Drusenraum, aus- gekleidet mit kleinen und grossen Kalkspathkrystallen R, fest auf den Kalkstein aufgewachsen, nach unten durch die Verwachsung krystalli- nischkörnig und scharf weiss von dem Kalkstein geschieden. In einem zweiten Drusenraume sind die Krystalle glattflächig, glänzend und halb- durchsichtig, jene dagegen rauh und minder durchscheinend. Die Aus- füllung des ersten grossen Drusenraumes besteht aus blassfleischrothem bis röthlichweissen, durchscheinenden krystallinisch feinkörnigen Gyps, der aber nicht unmittelbar auf den Kalkspath aufgewachsen, sondern durch einen schmalen Zwischenraum getrennt ist. Die Spitzen der Kalk- spathkrystalle sind z. Th. in den Gyps eingewachsen, z. Th. frei und die Oberfläche des Gypses ist unregelmässig vertieft. Er erfüllte früher gewiss den Hohlraum vollständig und löste sich später erst am Umfange auf, wobei zugleich die Kalkspathkrystalle rauh wurden. Die Erklä- rung dieses Vorkommen von Gyps in Kalkstein ist schwierig. An einer Stelle liegt dem Gypse dicht an z. Th. in dichter Berührung mit dem krystallisirten Kalkspath ein Stück derben blasslila gefärbten Anhydrits. Er ist kleinkörnig, der Gyps aber feinkörnig und blassfleischroth. Ent- hielt nun der Drusenraum ursprünglich nur Anhydrit und wurde der- selbe grösstentheils in Gyps umgewandelt? Beide Mineralien sind ganz frisch wie eben geschlagene Handstücke. Das Exemplar stammt von Oerlikon bei Zürich. Der Gyps muss sich später gebildet haben als die 527 Kalkspathkrystalle, diese aber gleichzeitig mit den Kalkspathkrystallen in dem zweiten Drusenraume und wurden jene bei der Gypsbildung rauh. Wäre der Anhydrit nicht da: so liesse sich eine infiltrirte Gypsauflö- sung annehmen. Eine gleichzeitige Bildung des Gyps und Anhydrit ist kaum annehmbar. K. glaubt, dass der Hohlraum zuerst durch Anhydrit erfüllt wurde und aus diesem der Gyps entstand. Beide lösen sich pul- verisirt in destillirtem Wasser so bemerkbar auf, dass die Flüssigkeit ‘auf einer Glasplatte verdunstend dieselbe mit sehr vielen Kryställchen bedeckt, mit platten bis nadelförmigen, rhomboidischen. Durch Zusatz von Steinsalz wird die Löslichkeit sichtlich vermehrt und die dann ent- stehenden Krystalle sind breite, lineare, einzelne oder Zwillinge. Noch stärker ist die Löslichkeit des Gypses in verdünnter Salzsäure und beim Kochen derselben mit Gyps oder Anhydrit zeigt sich die Lösung so reichlich, dass sich schnell ein dichtes Gewirr von Gypsfasern bildet. In kalter roher concentrirter Salzsäure löst sich 1,039, in heisser 3,335 Procent Gyps, in kalter einmal destillirter reiner Salzsäure 1,166 und in heisser 4,615 Procent Gyps. Auch farbloser Cölestin und Baryt, jener mehr als dieser sind in Salzsäure löslich und ist die Löslichkeit mit einer partiellen Zersetzung verbunden, indem die Sulfate Chlorstron- tium und Chlorbarium ergeben nebenbei also auch ein saures schwefel- saures Salz entstehen muss, dessen Krystalle bei der Verdunstung unter dem Mikroskop gefunden werden, nadelförmige oder orthorhombische in gitterförmiger Gruppirung. — (Neues Jahrb. f. Mineral. $8.577—582.) M. Websky, Sarkopsid und Kochelit, neue Mineralien in Schlesien. — Erstrer fand sich auf der WSeite der hohen Eule auf dem schmalen Kamme zwischen Michelsdorf und dem Mühlbach- thale in einem Gange von Schriftgranit im Gneisse. Er bildet ellipsoi- dische Aggregate, verschobenen sechsseitigen Scheiben ähnlich, zeigt "im Bruche verworrene sehnige Struktur, die Fasern liegen in der Ebene der Hauptausdehnung der Scheibe einer Seite parallel. In Dünnschliffen erscheinen die blättrigen Partien von einem zweiten Blätterdurchgange durchsetzt nahe rechtwinklig auf dem ersten und mit der Faserrichtung einen Winkel von 50° bildend. Härte 4, spec. Gew. 3,692—3,730, Farbe zwischen fleischroth und lavendelblau, Glanz seidenartig, Strich hellstroh- gelb. Giebt im Kolben auf Flusssäure reagirendes Wasser, schmilzt sehr leicht vor dem Löthrohre, löst sich im Boraxglase mit Eisenfärbung auf und besteht aus 34,73 Phosphorsäure, 3,40 Kalkerde, 20,57 Man- ganoxydul, 30,53 Eisenoxydul, 8,83 Eisenoxyd, 1,94 Wasser, wonach die Formel sich berechnet: 3PO; (2FeO + MnO) + PO; (2MnO +1Ca0) + (FeFl-+-Fe,0,.H0). — Der Kochelit bildet krustenartige Ueberzüge auf Aggregaten von Titaneisen und Krystallen von Fergusonit im grob- körnigen Ganggranit der Kochelwiesen bei Schreibersau, auch isolirte Krystalle im Granit. Härte 3—3,5, spec. Gew. 3,74; bräunlich isabell- gelb, und honiggelbe, dann durchscheinend; schwacher Fettglanz; giebt im Kolben Wasser, mit Phosphorsalz und Borax Reaktion auf Eisen. Die Analyse: 4,49 Kieselsäure, 1,41 Thonerde, 29,49 Niobsäure, 12,81 Zirkonerde, 1,23 Thonerde, 17,22 Yttererde, 2,10 Kalkerde, 0,43 Uran- 528 oxyd, 12,48 Eisenoxyd, 6,52 Wasser, 11,83 Verlust. So steht das Mineral dem Yttrotantalit zunächst. Mit ihm kommen vor Titaneisen, Gadolinit, Xenotim, Monaeit, Fergusonit und ein Eisenthongranat, dessen Analyse 2,64 Yttererde nachweist. — (Geolog. Zeitschrift 1868 $. 245—257.) Palaeontelogie. K.v.Chroustchoff, einige neueKeu- perpflanzen. — Im Schilfsandsteine Keuper 8 der Feuerbacher Haide fand Verf. Lepidodendron-ähnliche Stammstücke, welche den Arten der Steinkohlenformation zunächst stehen und keine Cycadeen sind wie man vermuthen könnte. Letzte haben kurze schuppige wal- zige Stämme, deren Kronen lange gefiederte Wedel bilden, die Lepi- dodendren dagegen schlanke vielfach gabelige Stämme bis zu mehr als 100° Höhe mit steifen linienförmigen Blättern in dichten Büscheln, ihre Blattnarben sind schmal, länglichrhombisch und viel gedrängter wie bei den Cycadeen. Ganz so ist nun die Keuperart, ihre Blattnarben oben breiter als unten und soll dieselbe Lepidodendron Keuperinum heissen. — Im weissen Keupersandsteine d kommen oft eingeschlossene bunte Mergel vor, die deutlich Lachenbildung sind: zu oberst ein ungemein feiner Thonmergel, der allmählig gröber wird uud Sandkörner einschliesst, zu unterst wirklicher Sandmergel. Im obern feinen Mergel findet sich Widdringtonites stuttgartiensis durch breitere und minder spitze Blätter von W. Keuperanus Schenk im Keuper £ unterschieden. Die gleich- zeitig vorkommenden kleinen Samen bestehen aus drei unterscheidbaren Theilen, einem ovalen Kern, einem Rande und flügelförmigen Lappen hufeisenförmig um den Kern. Es sind also Abietineensamen, wahr- scheinlich von einer Voltzia. Auch deren Blätter kommen vor, lang, schmal, vorn ziemlich spitz, wechselständig, Voltzia argillacea sollen sie heissen. — Nach diesen Bestimmungen reichen also die Lepido- dendren in die Keuperformation hinauf (Verf. hat die Pleuromoia des bunten Sandsteines nicht zur Vergleichung gezogen. — (Würtemberger naturwiss. Jahresheft XXIV. 309—312 Tf. 7.) K. Zittel, zur Palaeontologie der Lias-, Jura- und Kreideschichten in den Alpen. — |. Mittler Lias in den Allgauer Alpen. Verf. sammelte in den Fleckenmergeln oder Allgauschiefern Versteinerungen, um deren Alter sicher zu stellen. Ueber dem festen Kalkstein mit Megalodon scutatus folgt rother knolliger Kalkstein mit Hornsteinlagen, der zuweilen unterliasische Ammoniten führt. Darüber folgen graue schiefrige Fleckenmergel, welche im Bernhardsthal Ammoniten und Inoceramus Falgeri führen. Letzter ist Leitmuschel, erstere sind Ammonites Davoei, brevissima, Maugenesti, hybridus, Allgovianus, Kur- ranus, ibex, centaurus, binotatus, Jamesoni, stellaris, Masseanus, Phyl- loceras Loscombi, mimatensis, striaticostatus u. a. und noch einige Belemniten. Die Fauna ist also eine entschieden mittelliasische. — 2. Obrer Dogger. Von der Stockhorukette am Thuner See und zwar von der Plattenheide erhielt Verf. folgende Arten der Klausschichten: Phylloceras Kuddernatschi, Homairei, Zignodianum, subobtusum, Am- monitestripartitus, Humphresianus, rectelobatus, Martinsi, ferrifex, Be- lenınites alpinus, Posidonomia alpina, welche meist auch an der Klaus- 529 alpe vorkommen. Nach Studers Geol. II. 43—45 liegen hier die Arten vom Unteroolith bis Callovien beisammen. Aus dem Brielthal bei Gosau erhielt Verf. Phylloceras Kudernatschi, Hommairei, Zignodianum, Ly- toceras Adeloides, Ammonites macrocephalus, anceps, subcostarius, fer- rifex n. sp., banaticus n. sp. Die Vergleichung ergiebt, dass 7 Arten des Brielthales auch bei Kainitza vorkommen, 5 an der Klausalm , jene Lokalitäten dem untern Callovien zuzuweisen sind, an der Klausalm aber Parkinsonischichten, Bathonien und unteres Callovien durch ein Aequivalent vertreten sind. 3. Obrer Malm im Salzkammergute. Im grauen oder röthlichfleckigen Kalkstein des Zlambachgrabens bei 8. Agathe finden sich Phylloceras polyploccos, Ammonites comptus, Strom- becki, Phylloceras tortisulcatum, Ammonites trachynotus, acanthicus, bispinosus, Herbichi, Uhlandi, polyploccus also vorzüglich Arten der Zone des A. tenuilobatus. — 4. Obre Kreide im Allgau. Bei Oberstdorf am linken Ufer der Stillach liegt am Butzbül Gümbels Seewermergel, aus welchem Verf. erhielt einen Zahn fraglich von Oxyrrhina, von Pycnodus, einen Spondylus, Ostraea, Terebratulina chrysalina und Echinocorys yul- garis. — (Jahrb. Geolog. Reichsanst. XVIll. 599— 610.) Botanik. W. C. Tichomirow, Peziza Kaufmannana, neuer Becherpilz. — Die Sklerotien dieses neuen Schmarotzerpilzes wurden auf und in Hanfstengeln im Gvt. Smolensk entdeckt und beschreibt Verf. zunächst die Struktur des Hanfstengels zur bessern Einsicht in das Verhalten des Pilzes. Der reife Hanfstengel ist mit einer lebenden, gegen die Spitze hin behaarten Oberhaut bekleidet, unter der ein fri- sches grünes Rindenparenchym liegt. Sie stirbt von der Wurzel her aufwärts ab und das grüne Parenchym trocknet aus. Auch das Mark- parenchym wird resorbirt. Die Zellen dieses sind am Gipfel im Quer- schnitt rundlich, 5 und 6-seitig mit ziemlich netzförmig verdickten Wän- den, an tiefen Stellen erscheinen die der Markscheide anliegenden gestreckt ellipsoidal mit denselben verdickten Wänden, die centralen dagegen gestüpfelt und deren verdünnte Wandstellen sind kurze wage- rechte Spalten. Jod und Schwefelsäure färben das Markparenchym blau, der Inhalt seiner Zellen ist Stärkemehl, bei einigen auch sternförmig gruppirte Krystalldrusen von oxalsaurem Kalke. Die Markscheide be- steht aus den dickwandigen Zellen, zwischen denen Spiral-, Ring , Netz- und Treppengefässe, auch lange enge Zellen liegen und an der äusser- sten Gränze weite Treppengefässe. Der einjährige Holzring besteht aus Prosenchymzellen, getüpfelten Gefässen und vielen durchsetzenden Markstrahlen. Diese sind primäre und sekundäre, erste die breiteren auf dem Querschnitte zweireihig, letztere nur aus einer Zellenreihe gebildet, doch nur scheinbar. Oft stossen die übereinanderliegenden Mark- strahlen mit ihren Enden zusammen und dann scheint nur einer aus 50 Zellen gebildeter vorhanden zu sein. Die ziemlich weiten Prosenchym- zellen sind dünnwandig. Von den Gefässen führt der Holzring nur ge- tüpfelte mit runden oder ovalen Oefinungen. Auch der Cambiumring besteht aus dünnwandigen Zellen. Die sehr langen Bastzellen gruppie- ren sich zu grossen Bündeln, im jüngsten Stengeltheile in einen ein- Bd. XXXlI, 1868. 34 530 fachen Kreis, tiefer hinab in zwei Kreise. Einzelne Bastzellen enden mit gespaltenen Spitzen, alle sind dickwandig, im Querschnitt rund, in den Wänden mit schiefen engen Porenkanälen. Das Rindenparenchym ist ein Collenchym, die Zellenwände in den Ecken am stärksten verdickt, mit Chlorophyll. Die Oberhaut besteht entweder aus langgestreckten oder aus kurzen weiten flachen Zellen; Spaltöffnungen fehlen; die bor- stigen Haare sind einzellig mit verdicktem Ende und kolbiger Basis. — Anfangs September erscheinen viele Hanfstengel oben mit einem Schim- melanlauf bedeckt, weiss, schmutzig gelb, bräunlich bis schwarzbraun. Die weiblichen vom Pilze befallenen Pflanzen waren verwelkt, einzelne völlig ausgetrocknet, enthielten im Innern ein üppig vegetirendes, locker verfilztes schneeweisses Mycelium, auch schwarzbraune harte Körper, welche sich als Sklerotien ergaben. Die Myceliumschicht erscheint stel- lenweise zu dichten gewölbten weissen Scheiben erhoben, welche die erste Anlage der Sklerotienbildung darstellen, dazwischen schon solche mit Differenzirung des Gewebes in Mark und Rinde, mit rauher Ober- fläche schmutziggelblich, bräunlich, schwarz. Die auf dem Stengel vor- kommenden Sklerotien erscheinen meist mit der Rinde darunter innig verwachsen, zieht man die Rinde vom Stengel ab, so bleiben dieselben auf dem Baste sitzen. Die innere concave Fläche solcher Sklerotien erscheint gewöhnlich mit den Bastfasern der Rinde verschmolzen. Das Mycelium im Innern des Hanfstengels erscheint dem blossen Auge bald als sehr feine silberweisse auskleidende Schicht, bald als locker ver- wirrter Filz oder als weisse dichte Masse die ganze Stengelhöhle aus- füllend. Letzte ist die erste Stufe der aus dem Mycelium entstehenden Sklerotienbildung. Im Stengelgipfel erscheint gewöhnlich das gestreckte, cylindrische, an den Enden abgerundete und dem Holzringe dicht an- liegende Sklerotium in Form der Stengelhöhle, längs gefurcht, den Furchen des Stengels entsprechend. Die weit ab vom Gipfel entste- henden Sklerotien sind verschieden gestaltet mehr minder regelmässig, kugelig, ellipsoidisch, walzig, im letzten Falle gleich dick stellenweise tief eingeschnürt, auch in der Grösse sehr verschieden. Die in der Höhlung befindlichen Sklerotien sind entweder von lockerem oder dich- tem Myceliumfilz umhüllt oder liegen der innern Stengelfläche dicht an. Weibliche Pflanzen erscheinen bisweilen am Stengelgipfel, der Inflores- cenz, den obern Blattstielen von einer dichten weissen Myceliumscheide bekleidet, wobei die Früchte und Blätter frei von Pilzen sind, ja dicht umkleidete Fruchtstiele tragen reife gesunde Früchte. Die Sklerotien entwickeln sich öfter und leichter im Innern des Stengels als auf dessen Oberfläche und sind nur deshalb bisher übersehen worden. Zuweilen enthält das Innere zahlreiche Sklerotien, während die Oberfläche des Stengels ganz gesund erscheint. Den Hanfbauern ist der Pilz längst bekannt,. freilich nicht die Natur desselben. — Das schneeweisse, locker oder dicht verfilzte Mycelium erscheint bei durchfallendem Lichte dunkel, bei reflektirtem silberweiss. Im Wasser präparirt sind die meist unter rechtem Winkel sich verzweigenden Fäden !/oo—1aoo Mill. dick und zeigen eine doppelt conturirte Zellwand , in den jüngsten Theilen eine 531 einfach conturirte. Das dichte feinkörnige Protoplasma der lebensthä- tigen Myceliumfäden enthält noch viele glänzende Körperchen. Wird ein Theil desselben durch den Lebensprocess verbraucht, so entstehen dunkle Vacuolen, getrennt durch helle stark glänzende Protoplasma- leisten. Die Zellenmembran weicht chemisch nicht von der anderer Pilze ab. Auf der Oberfläche der Fäden lagern sich Krystalle oxal- sauren Kalkes ab. Das Mycelium dringt von der Oberhaut des Sten- gels in dessen Inneres und bildet hier Sklerotien. Bei Untersuchung der Epidermis eines erkrankten Stengels sieht man einige Pilzhyphen die Zellwand durchbohrend in die Zellenhöhlen eintreten, Zellen unter der Epidermis zerstört und durch Pilzmasse ersetzt, zwischen die Bast- zellen vordringen, die zartwandigen Cambiumzellen vollständig zer- stört, aber im Holze befällt der Pilz nur die Markstrahlen und ge- langt auf diesen ins Innere. — Die fertigen Sklerotien sind ungleich grosse, mit einer rauhen schwarzbraunen Oberfläche versehene , innen weisse Körperchen. Ihr Mark besteht aus dicht verflochtenen, cylin- drischen, septirten Pilzfäden, welche an der Peripherie kurzgliedrig und parallel gelagert sind. Die Sklerotiumrinde wird aus 2 bis 4 senkrecht zur Oberfläche stehenden innig mit einander verwachsenen und eine derbe schwarzbraune Membran besitzenden Zellenreihen gebildet. Der Zellinhalt besteht aus dichtem Protoplasma. Das äussere und innere Mycelium erzeugt secundäre Sklerotien. Die dasselbe zusammensetzen- den Hyphen vermehren sich nämlich an bestimmter Stelle besonders stark, durch lebhaftes Wachsthum und durch Fädenverflechtung wird eine dichte weisse Masse gebildet, welche entweder eine ungleichmässig gewölbte Scheibe darstellt oder kugelig, walzig erscheint. Diese My- celiumverdichtung wird durch energisches Wachsthum der Pilzfäden -und durch schnelle Sprossung neuer Zweige bedingt. Die Verzweigung geschieht durch partielle Zellwandausstülpung. Auch Verschmelzung der Zellen findet statt, indem zwei benachbarte Fäden gegeneinander gerichtete, später verschmelzende Ausstülpungen bilden. Die zur Skle- rotiengrösse erwachsene, dicht verfilzte Myceliummasse wird durch’leb- haftes Wachsthum, durch Verzweigung und Verwirrung der Fäden in das oben bezeichnete pseudoparenchymatische Gewebe verwandelt, das Geflecht wird dichter und fester. Endlich wird die ganze Masse von diesem Bildungsprocess ergriffen ausgenommen nur die Rindenschicht. Mit dieser Differenzirung von Rinde und Mark hört der Process auf. Das neu entstandene Sklerotium erscheint nun als ein neues Mycelium scharf abgegränzter schwarzbrauner Körper, hie und da mit einem weis- sen Filzüberzuge collabrirter Hyphen bekleidet. — Durch Lebensweise und Bau stimmt diese Peziza Kaufmannana mit der im Innern der Scir- pus- und Juncushalme lebenden aus Sclerotium roseum stammenden Pe- ziza Curreyana überein. Die am 1. Oktober gepflanzten reifen Sklero- tien fingen bald an ihre Fruchtträger zu treiben. Zwischen dem Sklerotiummarke und der Basis des Sprosses findet eine anatomische Pseudoparenchymverbindung statt und an den Sprossen fehlen specielle Fortpflanzungszellen vollständig. Behufs der Sprossenbildung erhebt 34* 532 sich an einem Punkte die rauhe schwarzbraune Rinde des Pilzkörpers und zerreisst, der nun freie hellbraune Spross wächst ungestört in die Höhe, zugleich bilden sich ununterbrochen neue Sprossen, andere Sklerotien folgen dem ersten nach. Am 3. December bildete ein Spross durch partielle Zellenvermehrung nicht weit von ihrem Gipfel einen kur- zen sekundären Zweig und der verzweigte Spross kleidet sich nun von der Basis bis zur Spitze mit einer schwarzen Rindenschicht aus, und trocknet alsdann vom Gipfel her vollständig ab. Alle diese Sklerotien- sprossen waren völlig unfruchtbar. Die tiefer gepflanzten Sklerotien treiben erst nach einigen Monaten ihre Sprossen, aber viel längere, die wieder zu Boden sanken und verfaulten. Erst im April des nächsten Jahres fingen die Spitzen einiger jungen Sprosse an anzuschwellen, zeigten auf der Verdickung eine Vertiefung, deren Vergrösserung zur Trichtergestalt führte. Damit wurden aus den Hanfsklerotien gestielte Becherpilze. Die Fruchtträger stimmen in ihrem Baue mit dem Skle- rotiummarke überein. Die innere Fläche des langgestielten Bechers ist mit einer aus sehr zartem Pseudoparenchym bestehenden zwischen dicht gedrängten Paraphysen zahlreiche Asci erzeugenden Hymenialschicht ver- sehen. Die Paraphysen, welche um die freien Endglieder des hymenialen Pseudoparenchyms der Cupula darstellen, sind lineale unverzweigte, nicht septirte, zuweilen mit Vacuolen enthaltenden Protoplasma erfüllte Zellen. Die Sporangien erscheinen als längliche, an der Basis eingeschnürte Schläuche, deren jeder 8 farblose glänzende elliptische Sporen enthält. Zur Zeit der Sporenreife erheben sich die Ascischeitel ebensohoch wie die vorher weit höhern Paraphysen. Die Sporenbildung liess sich nicht beobachten. Der ganze Inhalt eines jungen Sporangiums besteht aus dichtem feinkörnigen, Bläschen enthaltenden Protoplasma. — Die Skle- rotienreife fällt durchschnittlich mit der Zeit der Hanfärndte zusammen. Dadurch wird die Fruchtbildung des Pilzes sehr begünstigt, die in den Boden gerathenen Sklerotien überwintern und treiben im nächsten Früh- linge ihre Fruchtträger. Die ersten Generationen ihrer Sprosse schei- nen von keinem Nutzen für die Pilzverbreitung zu sein und gehen zu Grunde. Sie gedeihen nur auf dem Hanfe. — (Bullet. Natur. Moscow 1868. II. 395—336. 4 Tjf.) Zoologie. J. Putzeys, Les Broscides. — Verf. gibt zu- nächst eine analytische Tabelle der Gattungen dieser kleinen natürlichen Laufkäfergruppe, welche Lacordaire unter dem Namen Cnemacanthi- des zusammenfasst, a. Vorderschienen erweitert und an ihrem Ende verlängert, b. Spitze des Prosternums behaart, c. Vorderschienen in der Mitte ihres Aussenrandes gezähnt: Gnathoxys, cc. nicht gezähnt: Cnemalobus. bb. Spitze des Prosternums kahl, d. die beiden letzten Glieder der Lippentaster einander gleich: Craspedonotus, dd. das vorletzte kürzer als das letzte; e. Fühler nackt: Metaglymma, ee. pu- bescent, kurz und etwas perlschnurförmig: Mecodema, lang und fa- denförmig: Adotela — aa. Vorderschienen nicht verlängert, g. Spitze des Prosternums behaart; Barypus. gg. unbehaart. h. Letztes Tarsen- glied auf der Unterseite ausgeschnitten: Microdera, hh nicht ausge- schnitten. i Tarsen des:Männchens mit schwammartiger Sohle. k. Schlä- 533 fen undeutlich: Broscosoma, kk. Schläfen deutlich ausgeprägt. 1, ein Längseindruck vor dem Schildchen: Broscus, Il. kein solcher. m. Flü- geldecken hinter der Mitte etwas erweitert: Cascellus, mm. einfach eiförmig oder oblong: Promecoderus, ii. Männliche Fussglieder ohne Sohle, n. Kinn ohne Zahn: Parroa nn. gezähnt. o. Schläfe sehr ent- wickelt: Anheternus, 00. Schläfe ohne deutliche Naht, p. ein Längs- eindruck vor dem Schildehen: Oregus, pp, kein solcher, q Fühler fa- denförmig: Percosoma qq, schnurförmig: Lychnus. Hierauf werden die Gattungen wie ihre Arten der Reihe nach charakterisirt. Bros- cus enthält dieselben Arten, welche der Catalog von Gemminger und Harold auch hat, (crassimargo und basalis in einem Anhange) und B. illustris n. sp. aus Syrien. Von den folgenden Gattungen sollen nur die- jenigen hier aufgeführt werden, welche mit ihren Arten von dem eben angezogenen Kataloge abweichen. Mecodema mit nur zwei Arten: sculpturatum und rectolineatum, Metaglymma mit den 3 Arten tibialis, monilifer und der n.sp. aberrans aus Neu-Seeland, Percosoma mit ca- renoidea und Blagravii”— Lychnus n. gen. gegründet auf L. ater n. sp. aus Vandiemen., Oregusn. gen. gegründet auf Mecodema aeneum White, soll wohl heissen aereum? — Promecoderus wird in 3 Gruppen mit zu- sammen 15 Arten zerlegt, darunter P. morosus, majusculus, lucidus, puella n. sp. aus jeder Gruppe eine, aus der letzten 2. — Anheternus n. gen. gegründet auf Promecod. gracilis. — Barypus mit rivalis als erste Section, zweite Sect. Cardiophthalmus mit speciosus, clivinoides, 3 Sect. “ Arathymus mit parallelus, Bonvouloiri — Cnemalobus = Cnemacanthus = Odontoscelis wird in 4 Sect. getheilt: 1. sulcatus, pampensis n. sp. von Chili, 2. coerulescens, Germaini n. sp., Gayi n. sp., abbreviatus n. sp. obscurus. 3. Desmaresti 4. striatus, — Endlich Gnathoxys in 2 Sectio- .üen getheilt. 1. mit G. granularis, irregularis, obscurus, insignitus, Sectio 2 mit G. cicatricosus, Mac Leayi n. sp., Westwoodi n. sp., hu- meralis, barbatus, submetallicus, tesselatus. — (Stett. E. Z. AAIA, . 205--379.) Burmeister, Bemerkungen über die Gattungen Bary- pus,CardiophthalmusundOdontoscelis. — Verf. verbindet gleich- falls die beiden ersten Gattungen, indem er die zweite einzieht und als Sect. 2 mit vertieft gestreiften Flügeldecken, dem ersteren Gattungsna- men unterordnet; in dieser wird eine neue und zwar zweifarbige Art von Rio Salädo del Sud beschrieben: B. pulchellus: supra niger, parum nitidus, subtus nigro-violaceus, pronoti margine linea angusta, elytrique singuli octo parallelis purpureo-violescentibus externis apice coadunatis. Lg. 10 lin. — (Stett. E. Z. XXIX. 225—229.) Belle, Dr., ein neuer europ. Throscus, Th. Dohrni: oblon- gus, subparallelus, convexiusculus niger, capite convexo, nitidulo, fronte obscure rufobrunnea haud carinata, oculis totis plaga triangulari im- pressa divisis, antennis obscure brunneis, pedibus ferrugineis, tarsis di- lutioribus; thorace lato antrorsum valde angustato, ante angulos posti- cos vix dilatato, supra crebre subtiliter punctato ante scutellum laevi; elytris subparallelis striis subtilissimis ad suturam obsoletioribus remote 534 punctatis, interstitiis sparsim subtiliter punctatis, lg. 2,3—2,5, lat. 1 mill. Sarepta. C. A. Dohrn, Macrotoma heros Heer. — Bei Besprechung eines kleinen Quartheftes: Reise im Innern der Insel Viti-Levu von Dr. E. Graeffe Zürich 1868 wird nach Aufklärung über ein Missgeschick, welches bei der Publikation dieses Riesenbockes obgewaltet hat, der- selbe ausführlicher beschrieben, nebst seiner Larve abgebildet und der Käfer selbst mit folgender Diagnose versehen: Prionus oblongus, niger, capite cylindrico canaliculato, mandibulis validis acute dentatis instructo; antennis longitudinem corporis paullo superantibus, 11-articulatis, arti- culis 3—9 spinosis; thorace semilunari, lateribus denticulatis, lineis 2 elevatis nitidis, angulum obtusum formantibus insignito; elytris oblongis margine medio explanato, apice leviter dentatis, singulo striis 5 nigro- brunneis rugosis, 1. suturali, 2. latissima, 3., 4., 5. decrescentibus, inter- stitiis dense fulvo pilosis; pedibus anticis validissimis 9. Long. 144—150 mill. lat. 41—46 mill. — (Stett. E. Z. XXIA. 201—215. Taf. 11.) Schmidt-Göbel, Prof. Dr., zur Synonymie der Rhino- simi. — Nach den Untersuchungen des Verf. gestaltet sich die Syno- nymie der beiden vielfach confundirten Arten wie folgt: 1. Curc. rufi- collis L = Attel. r. Hbst., Anth. r. Ent. helv. = Anth. roboris Pk = Rhin. rob. Ltr = Anthr. rob. Pz. = Salping. ruficollis Gll., Steph. = Rhin. roboris u. ruficollis Redb. — 2 Anth. ruficollis Pz = Anth. robo- ris F. = Salping. viridipennis (Ziegl) Steph. = Rhinos. Genei Costa — Rhinos rufipes Bose. — (Stett. E. Z. XXIX. 380-382.) C. A. Dohrn, Exotisches. — Es werden hier unter Nr. 3 einige Hererö-Käfer austührlicher besprochen und zwar Cetonia (Oxy- thyrea) haemorrhoidalis F., Oxyth. amabalis Schaum, Pachnoda cincta = Ceton. fimbriata Thnbrg, Tephraea napaea Boh. welche unter dem wieder eingezogenen Namen N.aceps Dhrn folgende Diagnose bekommt: supra opaca rufa, subtus nitida, nigra, punctata, capite et scutello ni- gris, proneto rufo, quatuor punctis nigris, elytris striato-suleatis rufis, sutura margineque nigris, ano rufo. Lg. Il—12, lat. 5-6 mill. Variat thoraeis punctis 2 internis conjunctis, externis interdum evanescentibus — (Cetonia flaviventris Gray; Heliocopris Faunus Boh. und Atropos ge- hören als @ und 7! zusammen und ist wahrscheinlich nur als locale Modification von H. Hamadryas. — (Stett. E. Z. XXIX. 233—243.) Tischbein, Hymenopterologische Beiträge. — Verf. be- schreibt neue Arten der Gattung Ichneumon Gray. Wir müssen uns hier mit den Diagnosen begnügen. I. seticornis J' (Divis. 1 Wesm) Niger, scutello, orbitis oculorum tacialibus et lineolis ante alass albo-flavis; an- tennis subtus terrugineis, pedibus anteriorib. subtus fuscis. 13mill. Me- hadia — J. bicoloripes J' (Div. 1 Wesm) Niger, scutello, facie, punctis ad alarum radicem, pedibus ex parte flavis. 16 mill. Pesth — J. atro- coeruleus 2 (Div. 1. Wesm) atrocoeruleus, antennarum annulo, scu- tello, puncto ad alarum radicem et annulo tibiarum albis 14 mill. Dal- matien — J.jucundus / (Div.4 Wesm) Scutello, orbitis faciei, punctis 2 ad radicem alarum, tegulis maculisque segmentorum 5, 6, 7 albis; ab- 535 dominis segmentis 2 et 3 tibiis femoribusque anterioribus flavis 9 mill. Thüringen. — J. lautus 4 (Divis. 7 Wesm) Capitis et thoracis pietu- ris scutelloque albis, abdomine rufo basi nigra; pedibus rufis, coxis et trochanteribus anteriorib. albis, tibiis posticis nigris basi alba. 6 mill. Birkenfeld. — J. interfector 2 (Div. 7 Wesm) Pleuris, metathorace, abdomine et pedibus rufis; scutello, ano antennarum annulo et orbitis oculorum albis, 4,5 mill. Herrstein — Amblyteles regius (Div. 1) ‚Metathorace bispino; antennis facieque cinnabarinis, segmento 2 croceo, 3 cinnabarino apice niger; scutello punctis 2 ad radicem alarum quoque flavo; pedibus cinnabarinis et nigris. 14 mill. Q Metathorace bispino; artennis, orbitis oculorum internis, scutello, squamula, punctis 2 ad 4 ad radicem alarumjmargine superno colli, segmentis 2 et 3 basi, sequentibus margine purpureis; pedibus flavis et nigris. 12—13 mill. Dalmatien. — Ambl.Wesmaeli 9 (Div. 1) Niger, scutello, annulo antennarum, punc- tis sub radice alarım anoque albis, segmentis 2 (et 3), pedibus anterio- ribus, postieis tibiis castaneis. 13 mill. Thüringen. — Ambl. hunga- ricus 2 (Div.3) Niger; antennis subtus rufis; scutello, orbitis oculorum internis, punctis ad radicem alarum albis; segmentis ultimis latera ver- sus albomaginatis; femoribus tibiisque fulvis, harum posticis apice nigris. 18—20 mill. Ungarn. — Ambl. malignus 9 (Div. 6). Scutello, anten- narum basi, orbitis oculorum facialibus, linea ante alas, segmentis 2,3 basi, segm. 1—6 margine apicali pedibusque rubiginosis vel rufo flavis- que. 17 mill. Wien, aus der Puppe von Vanes. Cardui. — Psilomas- tax noy. Subgen. Vorderrand des Kopfschildes breit ausgebuchtet, so dass die Oberlippe breit sichtbar ist, Kinnbacken zweizähnig. Ps. py- ramidalis Z' Annulo antennarum, capite et thorace picturis albis; pedi- bus fulvis 16 mill. Ungarn, aus Apatura Iris. — Platylabus Erberi & Scutello albo; antennis albo-annulatis, thoracis et capitis picturis, segmentorum 2 et 7 margine apicali albis; pedibus rufis, anteriorum co- xis, apophysis et trochanteribus albis, posticorum coxis et tarsis nigris, tibiis postieis nigris basi albis. 9 mill. Dalmatien. — Platymischos noy. Subgen. Metathorax gerunzelt und mit einem starken Seitenzahne, Hinterleibsstiel sehr breit, zweikielig und stark runzelig, die Luftlöcher kurz hinter der Mitte tragend; die des Hinterrückens klein, fast rund; Hinterleib kurz und breit, die Gastrocoelen gross und tief, Segment 2 und 3 bis zur Mitte stark runzelig, hinter der Mitte stark punktirt etc. Pl. bassicus @. Antennarum annulo albo, femoribus tibiis anteriori- bus et femoribus postieis rufis. 8 mill. Heerstein. — Ischnus ele- gans Z' Thorace et pedibus rufo-nigris, scutello rufo; palpis mandibulis, clypeo, tegulis, lineola infra alas, coxis, trochanteribus et apophysis pe- dum anteriorum albis, 7mill. Birkenfeld. — (Stett. E.Z.XXIX' 248—258.) Hofmann, Dr., Zur Naturgeschichte der Tineinen. — Die Raupe der Adela fibulella S. V. lebt im Juli in den Samenkapseln von Veronica offieinalis, geht später heraus und fertigt Säckchen aus zwei auf einander liegenden Hälften, diese wie die Räupchen werden aus- führlicher beschrieben. Ende Mai des nächsten Jahres schlüpft der Fal- ter aus. — Adela viollela Tr = tombacinella HS. lebt als Raupe im 536 August in den Kapseln von Hypericum perforatum und fertigt später gleichfalls Säckchen, denen der vorigen Art ähnlich, sie wie die Raupe werden beschrieben; erste Hälfte des Juni der Schmetterling — Metrio- tes modestella Dup. Die Raupe lebt in den Kapseln von Stellaria ho- lostea von deren Samen, beisst dann die Kapsel ab, läuft mit ihr kurze Zeit umher und spinnt sich mit ihr fest, einen Sack in derselben be- reitend, wahrscheinlich erfolgt die Verpuppung im Frühjahre. Sie wird ausführlich beschrieben; der Schmetterling schlüpft im Mai aus. — Ge- lechia carchariella Z. Die Raupe, welche näher beschrieben wird, lebt von Anfang Juni bis zum Herbst zwischen 2 mit den Oberseiten zu- sammengeklebten Fiederblättchen der Vicia pisiformis und cassubica. Einige Schmetterlinge entwickeln sich schon im August und September, die meisten aber erst im Mai des folgenden Jahres. — Gelechia pul- veratella Staud. lebt als Raupe an Coronilla varia und Medicago sativa im Herbst nach Stainton auch an Achillea millefolium. — (Stett. E. Z. AAIX. 385— 391.) v. Frauenfeld, über die diesjährigen Verwüstungen des Rapsglanzkäfers in Böhmen und Mähren. — Zu den ihm zugegangenen, den betreffenden Gegenstand ziemlich eingehend berüh- renden brieflichen Mittheilungen fügt Herr v. Fr. noch einige Stoss- seufzer darüber hinzu, dass wir die Lebensgeschichte aller dieser Thiere noch viel zu wenig kennen und bis dahin keine gründliche Abhilfe ge- schaffen werden könne. Wenn nun vom Rapsglanzkäfer behauptet wird, er sei „ausser der sehr oberflächlichen Erwähnung in einigen Lehrbü- chern, in keinem Werke über landwirtuschaftliche Insekten aufgeführt“, so kann Ref. aus zwei Gründen seine Verwunderung hierüber nicht unter- drücken; denn 1. erschien bereits 1865 die Naturgeschichte der wirbel- losen Thiere, welche in Deutschland etc. den Feld-, Wiesen-, und Weide- Culturpflanzen schädlich werden von Dr. E.L. Taschenberg (Eine durch das k. preuss. Landesökonomie-Collegium mit dem ersten Preise ge- krönte Schrift) wo auf S. 36 die Naturgeschichte des Rapsglanzkäfers ausführlich mitgetheilt wird und 2. Entwickelt Herr v. Frauenfeld bei einer allerdigs etwas gereizten Besprechung einer kleinen Schrift über die Nikobaren wenige Blätter weiter hinten (p.595) seine Ansichten über obwohl man immer von Jemandem, der ein solches Werk compilirt, er- warten sollte, dass er sich um die neueste Kenntniss eines Gegenstandes bekümmere, der namentlich wie dieser, als ein ökönomisch so hoch wichtiger Artikel angezogen wird.“ Sollte etwa die Vermuthung aufge- stellt werden, dass der Herr Ritter aus einem unverkennbaren Grolle gegen seine „norddeutschen Nachbarn jenseits des Riesengebirges“ grundsätzlich auf dem Gebiete der Wissenschaft ignoriren könnte, was aus Preussen kommt? Das lässt sich doch unmöglich annehmen, da er dieses Verfahren an der angezogenen Stelle seinen Nachbarn vorwirft. — (Ebda p. 561— 64.) Tg. Correspondenzblatt des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. 1868. November u. December. XI. XI Sitzung am 4. November. Eingegangene Schriften: i. Memoires de la Societ& de Physique et d’histoire naturelle de Geneve XIX. part. 2. Geneve 1868. 4, 2. Noll, Dr., der zoologische Garten IX, Nr. 10 Frankfurt a/M. 1868 8°. 3. Koch, Prof. Dr., Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde etc. 1868. Nr. 41—44. Berlin 1868. 4°, 4. Stadelmann, Dr., Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralver- eines der Provinz Sachsen etc. XXV. Nr. 11, Halle 1868. 3. Als neues Mitglied wird proclamirt: Herr Arnold Schufft, stud. math. et phys. hier. Der Vorsitzende Prof. Giebel erinnert daran, dass mit der heuti- gen Sitzung die 22jährige Thätigkeit des Vereines beginne und fordert zu zahlreicher Betheiligung an der 28. Generalversammlung auf, welche nächsten Sonntag den 8. h. in Merseburg gehalten werden wird. Sodann legt derselbe einige von Herrn Appellationsgerichtsrath Lepsius inNaumburg eingeschickte Knochen vor, welche dort in 14 Fuss Tiefe beim Buchholze aufgefunden worden sind, und erklärt dieselben für nicht fossile Knochen aus dem Hinterbeine von Ceryus elaphus, sowie eine vorläufige Abbildung von Knochenresten, welche Herr Prof. Phi- lippi aus Santiago eingeschickt hat, und die aller Wahrscheinlichkeit nach die Gehörknochen eines Fisches darstellen. Sobald die Knochen selbst angelangt sein werden, soll eine nähere Bestimmung derselben erfolgen. Herr Dr. Credner legt Rotheisenerze, sowie goldhaltigen Ar- senikkies mit Skorodit, Pharmakosiderit und krystallisirtem Golde vor und erklärt deren Vorkommen durch einige Gebirgsprofile. — Die Eisen- erze stammen vom Oberen See in Nordamerika und bestehen aus einer . 538 dichten Grundmasse mit Oktaedern von rothem Strich, sind also ent- weder dimorphe Formen des Rotheisenerzes oder Pseudomorphosen von Rotheisenstein nach Magneteisen. Die geognostischen Verhältnisse, unter denen diese Erze auftreten entscheiden die Frage. Die betreffenden Rotheisensteine bilden mächtige Flötze zwischen den Quarziten, Talk- und Thonschiefern der huronischen Formation. Neben ihnen treten schwächere Lagerstätten von Magneteisenerz und einem Gemisch von Magneteisen und Rotheisen, so wie Brauneisensteine auf. Jedes dieser Eisenerze scheint ein Stadium in der Entwickelungsgeschichte des dor- tigen Eisensteins zu repräsentiren. Das Magneteisenerz mag durch Oxydation aus dem ursprünglich zur Ablagerung gekommenen kohlen- sauren Eisenoxydul entstanden sein; durch weitere Aufnahme von Sauer- stoff entstand zuerst das Gemisch von Eisenoxyd-oxydul und Eisenoxyd und dann reines Eisenoxyd, durch Zutritt von Wasser Brauneisenstein, Ist dieser Verlauf des Entwickiungsprocesses der Eisensteine vom Obern See der richtige, dann sind die oktaödrischen Rotheisensteine Pseudo- morphosen nach Magneteisenstein. Wie im Norden. Amerika’s Eisenerze, so führt die huronische Formation in den südlichen Staaten Golderze. Das Gold tritt entweder frei, für sich allein, oder mit Schwefelkies verbunden als Imprägnation im Talk-, Chlorit- oder Glimmerschiefer auf. In einem bekannten Falle ist es an Arsenikkies gebunden. In einer nur wenige Fuss mächtigen Zone von schneeweissen Talkschiefern liegen im nordwestl. Georgia wallnussgrosse Concretionen von Arsenikkies eingebettet. Dieselben sind von Sprüngen durchsetzt und deren Wandungen durch Krystalle von Skorodit und Pharmakosiderit, also von arseniksauren Eisensalzen be- kleidet. In diesem Arsenikkies und in den Talkschiefern so wie in deren Nachbarschaft kommt Gold in Form zackiger Blättchen, dendritischer Büschel und wohl ausgebildeter Krystalle — reines Okta&der oder Ok- taöder mit Würfel — in ziemlicher Häufigkeit vor. Die vorgelegten Handstücke stammen von dieser Lokalität. Schliesslich berichtet Herr Dr. Siewert seine neuesten Unter- suchungen über die Entbitterung und das Wesen des Bitterstofis der Lupinenkörner, woran Herr Oekonomierath Dr. Stadelmann fol- gende Bemerkungen knüpfte: Die nach den Zeugnissen von Plinius, Columella u. A. bereits im Alterthum geschätzte und neuerdings in Deutschland in weiter Ausdehnung angebaute, für die Cultur des Sand- bodens äusserst wichtige Lupine habe bisher bei der Verfütterung ihrer Samenkörner manichfache Schwierigkeiten dargeboten. Von einer Thier- gattung gern angenommen und gut verwerthet, sei bei andern Thier- gattungen Widerwillen gegen die Lupinenkörner zu überwinden gewesen, oder die Fütterung habe in vielen Fällen unerwünschte Folgen nach sich gezogen. Man habe den in den Lupinenkörnern stark vertretenen Bitterstoff („Lupinin“) als bei diesen Erscheinungen wesentlich mit- wirkend, ja dieselben vielleicht bedingend erachtet, und schon die ältesten Schriftsteller über Landwirthschaft hätten über verschiedene Entbitterungs- methoden berichtet. Man sei aber nicht genau genug über die Natur 559 dieses Stoffes, über das Warum und Wie seiner Wirkung unterrichtet gewesen. Indem die Siewert’schen Untersuchungen nachgewiesen hätten, dass die Bitterkeit nicht bedingt werde von nur einem Stoff, sondern durch das Vorhandensein von mehreren Alkaloiden mit giftiger Base, dürften nunmehr ebenso die meisten der bisherigen unerfreulichen Er- scheinungen bei der Verfütterung der Lupinenkörner erklärt, als die Nothwendigkeit nachgewiesen sein, die Entbitterung vollständiger als bisher zu bewirken; für welche letztere Siewert selbst eine anscheinend zweckmässige Methode ermittelt habe. — Schon jetzt könne angenommen werden, dass mit diesen Untersuchungen der Landwirthschaft ein guter Dienst geleistet sei. Achtundzwanzigste Generalversammlung in Merseburg. 8. November. Nachdem der Geschäftsführer, Herr Dr. Witte, die zahlreiche Versammlung, welche unter lebhafter Betheiligung des Gewerbevereins den grossen Saal des Thüringer Hofes überfüllte, würdig begrüsst und die Sitzung eröffnet hatte, erstattete zunächstHerrBrenner einen ebenso anziehenden wie lehrreichen Bericht über die Expedition desBaron von der Decken, an welcher er sich betheiligt hatte. Eine kurze Uebersicht über die frühern Versuche, jene Theile Afrikas, welche nördlich von Zanzibar liegen und von den Gallas bewohnt werden, zu erforschen einleitungsweise vorausschickend, geht Redner zu den Einzelnheiten der Expedition selbst über,?gibt interessante Mittheilungen über Charakter, Sitten und Geschichte jener Volksstämme, welche mit den Negern nichts _ gemein haben als die schwarze Hautfarbe, schildert die Natur dieser bisher ungekannten Länderstrecken und vor Allem die Erlebnisse bei der Auffahrt in den Jubafluss, in dessen Stromschnellen der Expedition durch das Aufrennen und Zugrundegehen des Dampfbootes ein so trau- riges Ende bereitet wurde. Die Gefangennahme des Herrn von der Decken, welcher mit einem Genossen zur Herbeischaffung von Hilfe und Lebensmitteln stromab nach der nächsten Stadt gegangen war, der heimtückische Ueberfall seitens der Gallas, welcher der Mannschaft viele Todte kostete, die gefahrvolle Rückfahrt der Ueberlebenden auf dem Rettungsboote bis zur Mündung des von Feinden besetzten Juba und die Mühseligkeiten einer Landreise von da bis Zanzibar bildeten den Schluss dieses gewagten Unternehmens und legten Zeugniss davon ab, was moralische und physische Kraft in kritischen Momenten zu leisten im Stande ist. Die Erlebnisse auf einer zweiten Reise, welche er unternahm, um über das Schicksal des Herrn von der Decken und seines Genossen nähere Erkundigungen einzuziehen, behielt sich der Vortragende einer spätern Mittheilung vor. Hierauf verbreitete sich Herr Dr. Siewert ausführlicher über die Gewinnung und den Nährwerth des Liebigschen Fleischextractes 540 empfahl seine Einführung für wirthschaftliche Zwecke und reichte daraus bereiteten Bouillon herum. Weiter sprach Herr Candidat Sehubring über die verschiedenen Apparate zur Bereitung von Eis, in denen die Kälte theils durch Ver- flüchtigung einer Flüssigkeit, theils durch Auflösung von festen Körpern entsteht. Als Beispiel der letzten Art wurde der neue Apparat von Toselli vorgezeigt und mit demselben ein Stück Eis erzeugt. Dieser Apparat besteht aus einem Blechcylinder von circa 1 Fuss Länge und 5 Zoll Durchmesser und einem abgestumpften Kegel von 6—8 Zoll Länge, 2 Zoll oberem, 1!/s Zoll unterem Durchmesser. In den grössern Cy- linder kommt eine Kältemischung, z. B. Salmiak, Soda und Wasser (1—1tJa Liter auf t/a Kilogramm von jedem Salze) in den kleinen Conus aber das Wasser oder diejenigen Substanz, welche gefrieren soll. Der Kegel wird so schnell als möglich in die Kältemischung eingesetzt, der ganze Apparat mit Hilfe eines Gummiringes und eines Holzdeckels zu- geschraubt, in ein Futteral aus starkem Wollstoff gesteckt und dann etwa 10—15 Minuten auf einem Tische hin und hergerollt. Ist auch diese Art, künstlich Eis zu bereiten, nieht gerade sehr billig, so erfor- dert doch der Apparat kein so bedeutendes Anlagekapital, wie z.B. der Carre’sche, und kann daher an kleinen Orten, wo kein Eis zu haben ist, für den Privatgebrauch doch unter Umständen gute Dienste leisten; zur Herstellung grösserer Quantitäten von Eis ee er sich selbstver- ständlich nicht. Zum Schluss gab Herr Dr. Brasack in poptllinee Darstellung einen Ueberblick über das Wesen, die Bedeutung und hohe Wichtigkeit der Spektralanalyse für chemische, physikalische, astronomische und praktische Untersuchungen. Ein heiteres Mittagsmahl vereinigte dann einen Theil ‚der An- wesenden so lange, bis der Abgang des nächsten Bahnzuges die aus- wärtigen Vereinsmitglieder ihrer Heimat wieder zuführte. Sitzung am 11. November. Eingegangene Schriften: 1. Verhandlungen der Phys. Mediz. Gesellschaft in Würzburg. Neue Folge I. 2. Würzburg 1868. 8°. 2. Abhandlungen der Naturforsch. Gesellschaft in Nürnberg IV. Nürnberg 1868. 8°, 3. Peters, Naturwissenschaftliche Reise nach Mossambique. ZoologielV. Flussfische. Berlin 1868. Fol. Geschenk vom hohen Kultus-Ministerium. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Bruno Graf, Chemiker hier durch die Herren Dr. Dr. Witte, Schubring, Rey. Herr Dr. Siewert, an das Protokoll der vorletzten Sitzung an- knüpfend, erklärt, dass die Behauptung, es habe sich aus reinem Eisen- oxyd durch Zutritt von Wasser Brauneisenstein gebildet vom chemischen 541 Standpunkte aus nicht zulässig sei, indem sich wohl ein Eisenhydrat durch Schwinden des Wassers in Eisenoxyd verwandeln könne, der um- gekehrte Fall in der Chemie aber noch nicht nachgewiesen sei. Bei der lebhaften Discussion hierüber wurde festgestellt, dass geognostisch der- gleichen Erscheinungen allgemein angenommen werden müssten, dass aber das Wasser nicht als reines Wasser bei dem Vorgange in Betracht kommen möge, sondern andere Einschlüsse, besonders auch der Kohlen- 'säure ein wesentliches Moment, bei dem Uebergange des lisenoxyds in Brauneisenstein zugeschrieben werden müsse. Herr Prof. Giebel legt eine Muschel, der Gattung Narica zu- gehörig, vor, welche in seiner Monographie über den Lieskauer Muschel- kalk nicht enthalten sei und deren nähere Bestimmung er sich nach Einsicht der betreffenden Literatur vorbehalte. Dieselbe war nebst zahl- reichen, in jener Monographie beschriebenen Arten, aus einem Blocke herausgearbeitet worden, welchen der Gymnasiast Herr Sioli an jener Stelle gefunden hatte, wo sich der längst verschüttete, damals so er- giebige Steinbruch befindet. Weiter legt derselbe einen Balg und Schädel des in den Samm- lungen noch seltenen Lepidilemur mustelinus von Madagascar vor und macht auf einige Eigenthümlichkeiten desselben aufmerksam. Zunächst weicht die Färbung etwas von den von Schlegel und Pollen in der eben erscheinenden Fauna Madagascars gemachten Angaben ab. Kehle und Hals !sind nämlich nicht rein weiss, sondern weisslich aschgrau, die ganze Oberseite nicht roux gris, vielmehr unrein hellbraun, der Schwanz rauchbraun, die Unterseite und Innenseite der Gliedmassen schwach gelblichweiss. Die Ohren nach jener Beschreibung nackt, sind an unserm Exemplar zwar spärlich und sehr fein aber doch deutlich behaart. An den Händen erscheint die fünfte Zehe vorn und hinten beträchtlich kürzer als in Schlegels schöner Abbildung, auch der vor- dere Zeigefinger merklich kürzer. Uebrigens sind die Ballen unter den Nägelgliedern von auffälliger Grösse. Auf den gänzlichen Mangel der obern Schneidezähne gründete Geofiroy die Gattung Lepilemur oder richtig Lepidilemur und die Fauna Madagascars bestättigt diesen Mangel, allein unser Schädel zeigt im rechten Zwischenkiefer eine Grube mit insitzendem Zapfen und im linken Zwischenkiefer zwei Gruben, so dass Redner eine zeitweilige oder bisweilige Anwesenheit von Schneidezähnen annehmen muss. Die Eckzähne sind schneidend scharf, hinten mit basalem Vorsprunge versehen; die untern fast doppelt so breit und nur halb so hoch wie die obern. In der Fauna von Madagaskar werden die hintern Backzähne als blos zweispitzig bezeichnet, das ist ungenau, sie sind am Aussenrande zweizackig und die obern tragen auf der breiten innern Kronenhälfte einen stumpfen Zacken, die untern zwei scharfe innere Zacken, die nur schwächer als die äussern sind. Der zweite obere Lückzahn hat schon den innern Zacken und der letzte untere ist sehr deutlich fünfzackig. Die Schädelbildung zeigt grosse Aehnlichkeit mit Otolicnus, besonders auffällig charakteristisch ist die Bildung des Unterkiefergelenkes und der obere Rand der Schläfenschuppe convexer als bei irgend einem andern Säugethiere. 542 Herr Candidat Schubring zeigt eine sehr schöne Druse von schwarzem Quarze vor, welche am Galenstock imCanton Uri gefunden worden ist; die Krystalle derselben erscheinen im auffallenden Lichte schwarz, im durchgehenden braun und zeigen die Fläche der Säule, der ersten und zweiten Pyramide, ferner auf der linken Seite der Säu- lenfläche die Rhomben und 2 Trapezflächen in schön ausgebildeten Formen. Sodann macht Herr Oekonomierath Stadelmann die Mittheilung, dass Herr Rittergutsbesitzer Pieschel auf Döhlitz, von der Ueberlegung ausgehend, dass Fenchelsamen sich jahrelang halte ohne von Insekten angegangen zu werden, denselben als Mittel gegen den schwarzen Korn- wurm (Sitophilus granarius) angewandt habe; der Erfolg sei günstig ge- wesen: mehrere Centner dieses Samens, sowie eine Partie Dolden, welche auf den Boden gebracht wurden, hätten eine sofortige Auswanderung der Käfer veranlasst. Diese aber seien von den Hühnern auf dem Hofe eifrigst aufgepickt worden. Der Versuch sei vor 2 Jahren angestellt worden und seitdem habe sich der in Rede stehende, lästige Kornfeind nicht wieder blicken lassen. Der Vortragende veranlasst eine Discussion über diesen Gegenstand, indem er meint, dass hier der Geruch des im Fenchelsamen enthaltenen ätherischen Oeles gewirkt haben möge und dieses vielleicht direkt zur Anwendung gebracht werden könne. Es wird festgestellt, dass erfahrungsmässig gewissen Insekten gewisse Gerüche zuwider seien und sie sich durch dieselben von einer Stelle vertreiben, respective abhalten liessen, namentlich sei Anisöl längst als Mittel gegen die Krätzmilbe bekannt (Dr. Köhler) und ebenso enthalte: das Lausepulver hauptsächlich gestossenen Anissamen (Niemeyer), allein eine gründliche Verfolgung, d.h. Tödtung schädlicher Insekten durch Gerüche, welche beispielsweise Schwefeläther, Chloroform, Terpentinöl, die Oele des Braunkohlentheers u. a. verbreiten, sei nur in engen und gut verschlossenen Räumen möglich, wo diese Thiere genöthigt seien, eine mit diesen Riechstoffen geschwängerte Atmosphäre einige Zeit hin- durch mit ihren Stigmen in den Körper aufzunehmen. Weiter experimentirt Herr Candidat Schubring mit einigen kleinen Geisslerschen Röhren, welche Herr Unbekannt übersandt hatte. Um dieselben zum Leuchten zu bringen, wurde ein Tascheninduktionsapparat und ein galvanisches Zinkkohlenelement angewendet, welches letztere einen ziemlich starken, wenn auch nicht sehr constanten Strom liefert. Dasselbe besteht aus 2 Kohlen- und einer Zinkplatte, welche in Chrom- säurelösung hängen; die Zinkplatte kann durch einfache Vorkehrung aus der Flüssigkeit herausgehoben und so der Strom unterbrochen werden. Zum Schluss gedenkt Herr Dr. Rey der von Bolley verbesserten Methode bei Anwendung des Parafins statt des Oels zu chemischen ' Bädern. Bolley hat nämlich gefunden, dass die nachtheilige Veränderung, welche das Paraffin beim längern Gebrauche erleidet, durch Aufnahme von Sauerstoff bewirkt werde und dass man dem vorbeugen könne, wenn man die Bäder unter Abschluss der atmosphärischen Luft vornimmt. Gleichzeitig bemerkt der Vortragende, dass sich das Paraffin ganz vor- 543 züglich dazu eigene, einen luftdichten Verschluss zu bewirken, um Che- mikalien, Spirituspräparate etc. zu verwahren. Seinen Erfahrungen nach empfehle es sich, den erweichten Korkpfropfen erst in geschmolzenes Paraffin einzutauchen, ehe man sie zum Verschluss braucht; um dies zu beweisen, legte derselbe einige vor Jahren angefertigte Krystalle vor, welche in Glascylinder eingeschlossen waren, die nach der angegebenen Methode verschlossen wurden. Die Präparate zeigen sich vollkommen ‘unverändert und wohl erhalten, so auch die leicht durch die Luft ver- änderten Krystalle von Eisenvitriol, während diejenigen desselben Salzes merklich verwittert waren, bei denen Verschlüsse des Paraffın keine Anwendung sondern Siegellack gefunden hatte. Sitzung am 18. November. Als neues Mitglied wird proclamirt: Herr Bruno Graf, Chemiker hier. Das Augustheft der Vereinszeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Herr Dr. Köhler sprach über das von ihm und Herrn Dr. Horne- mann hier dargestellte Eisenoxydsaccharat. Die Bereitung eines in Wasser, Zuckersyrup, Glycerin etc. löslichen Eisenoxyd’s (Hydrates) wurde auf dreierlei Weise versucht, nehmlich: 1) durch tagelanges (10 Tage!) Erhitzen einer Auflösung des essigsauren Eisenoxydes auf 100° C. (Crum. St. Gilles); 2) durch Dialyse (Wagner, Kral, Grossinger). Letzterer allein hat seine Methode bekannt gemacht; er vermischt FeCl, + F&0; + HO; im Verhältnisse der Atomgewichte, verdünnt soweit mit Wasser, dass . von dem Eisenoxyde und Eisenchloride je 7°), darin enthalten sind, bringt diese Flüssigkeit in den Dialysator und erhält ein 3,5%, Fe ent- haltendes Produkt. Es ist dies die in Wasser lösliche Modification des Eisenoxydes, welche mit den unter 3 aufzuführenden Präparaten nicht identisch ist. 3) Durch Ausfällung des im Ueberschuss des Fällungsmittels wieder löslichen Eisenoxydhydrates aus Eisenoxydsalzen mit Hilfe kaustischer Alkalien (Hager, Siebert und Vortr.). Hager fällt Liquor ferri ses- quichlorati mit Ammoniakflüssigkeit (von 20°), nicht von 10%,, wie Haugdt), Siebert: salpetersaures Eisenoxyd gleichfalls mit Ammoniak. Hager gibt bereits an, dass eine wässerige Lösung des auf diese Weise erhaltenen, in Zucker löslichen Eisenoxydes beim Stehen Eisenoxyd- hydrat fallen lässt. Die Ursache, warum dies geschieht, wurde erst durch die vom Vortrag. und Dr. Hornemann angestellten Untersuchungen über denselben Gegenstand klar; und ist dieselbe in der Gegenwart kleiner Mengen neutralen Salzes, nehmlich des bei der Darstellung resultirenden und nicht vollkommen durch Aussüssen mit Wasser ent- fernten Chlorammons zu suchen. Gerade diese Thatsache wurde der von Vortr. und Hornemann befolgten neuen und eigenthümlichen Dar- stellungsweise des in Zucker löslichen Eisenoxyds zu Grunde gelegt, 544 und hierbei der Vortheil, den die Darstellung wesentlich vertheuernden Alkohol durchaus zu umgehen, erreicht. Diese Darstellungsweise ist folgende: Zuckersyrup, Eisenchlorid und Natronhydratlösung, wie sie in Apotheken vorräthig gehalten werden müssen, werden in gleichen Gewichtsverhältnissen vermischt, soviel wei- tere Natronlauge, bis sich das entstandene Präcipitat wieder klar auflöst, zugesetzt, die Mischung in einem geräumigen Kolben filtrirt, mit 4 Vo- lum. Wasser verdünnt und etwa !/s Stunde im Wasserbade gekocht. Die Gegenwart von NaCl neben Eisenoxydhydrat bedingt alsdann, dass letzteres, (mit 6 Aeg. Wasser!) vollständig ausgefällt wird und abfiltrirt, ausgesüsst (bis Silbersalpeter eine Probe des Filtrates nicht mehr trübt!) und in mit Wasser verriebenen Zucker in feuchtem Zustande gelöst und zur Trockniss gebracht werden kann. Getrocknet darf das Eisenoxyd- hydrat nicht werden, weil es mit einem den Gehalt an 6 Aeq. Wasser übersteigenden Wasserverlust auch die Löslichkeit in Zucker und Gly- cerin einbüsst. In Wasser ist es, wie hiermit nochmals hervorgehoben wird, zum Unterschiede von den sub. 2 erwähnten Eisenoxydpräparaten unlöslich, löst sich dagegen bis zu 30°), in Zuckersyrup (und Glycerin) auf. Das so entstandene Eisenoxydsaccharat hat, von dem bereits An- geführten abgesehen folgende Eigenschaften: Es ist von Chokoladenfarbe, löst sich in Wasser vollständig und klar zu einer chemisch indifferenten, nur nach Zucker und keinesweges dintenartig schmeckenden Flüssigkeit von Farbe des Tokayerweines auf und darf, rein dargestellt auch beim Stehen in wässriger Lösung kein röthliches, glasig durchscheinendes Pulver (Eisenoxyd + 6 aeg. Wasser) fallen lassen. Dass das Eisenoxyd im Saccharate in einer anderen, als der gewöhnlichen Modifikation enthalten ist, geht daraus hervor, dass sich Rhodankalium, Kaliumeisencyanür, Basisch phosphorsaures Natron, Tanninsaures Alkalisalz, und sowohl bernsteinsaures, als benzo&saures Natron gegen die Lösung. ganz wie andere Neutralsalze verhalten, d. h. nur rothes Eisenoxyd- hydrat +6H0O abscheiden, die charakteristischen Niederschläge dagegen nicht geben. Säuren führen die Saccharatlösung in Lösungen der entsprechenden gewöhnlichen und die bekannten Reaktionen auf Rhodankalium, Ka- liumeiseneyanür etc. gebenden Eisenoxydsalze über. Schwefelammon fällt Schwefeleisen und Fowlerische Solution das bereits von Bunsen analysirte arsenigsaure Eisenoxyd mit 5aeq. Wasser aus derselben. Sie ist daher — eine klinische Beobachtung des Vortragenden hat dies be- stättigt — als Gegengitt bei der Arsenvergiftung um so mehr zu gebrau- chen, als die Lösung nur nach Zucker schmeckt und in pulverförmigem Zustand vorräthig gehalten werden kann, also nicht wie Ferrumhydrür in aqua, jedesmal vom Apotheker frisch bereitet werden muss. Es wurde 545 bis zu 120 Grammen ohne Schaden genommen, und der mit Arsen ver- giftete Student von hier genas. Bitterstoffe, Alkaloide und ätherische Oele scheiden das Eisenoxydhydrat aus der Saccharatlösung genau so ab, wie die Neutralsalze. Da sich die Gerbsüuren den übrigen Säuren analog verhalten, so geben Abkochungen gerbstoffhaltiger Pflanzen beim Vermischen mit der Eisenoxydsaccharatsolution dintenartig gefärbte Flüssigkeiten. — Herr Prof. Giebel legte mehrere Gegenstände vor: 1. den Kno- chen, dessen Abbildung in der Sitzung vom 4. November zur Sprache kam und konnte sich darüber nicht näher äussern, als er damals schon gethan, dass derselbe nämlich aus den weichen Theilen des Gehörgan- ges eines Fisches sei. 2. Einen korallenähnlichen Ueberrest, welchen Herr Sioli bei dem in voriger Sitzung erwähnten, ehemaligen Steinbruche von Lieskau auf- gefunden hatte, den der Vortragende aber für eine Sinterbildung er- klärte; ein von demselben Herrn bei Bennstedt aufgefundenes Bruch- stück des Ammonites Buchii wurde als ein sehr vereinzelt auftretendes Vorkommniss bezeichnet. 3. Einen Koproliten aus dem Schafstädter Muschelkalk und als seltenes Vorkommen im Muschelkalke einige Holzsplitter, an denen die Struktur noch wohl erhalten ist, beide Gegenstände vom Conservator Herrn Klautsch übergeben. Hieran schloss sich eine Reihe interes- santer Acquisitionen, auf der letzten Reise des Vortragenden und zwar 4. Ein Stück Lava von der diesjährigen Januareruption des Vesuv in Form einer Medaille mit dem Bildnisse Garibaldis, 5. Einige Proben derjenigen harzähnlichen Farbmasse, welche in der päpstlichen Fabrik zu den Mosaikbildern verwendet wird, und mehre wesentlich davon verschiedene Stückchen von den alten Mosaikfussböden in Pompeji und den Kaiserpalästen in Rom. 6. Verschiedene Photographien von pompejanischen Gebäuden, Wandgemälden und Mosaiken. Zum Schlusse gedenkt Herr Chemiker Graf einer Mittheilung® im polytechnischen Journale von Dingler, wonach man nach der von Herrn Candidat Schubring auf der letzten Generalversammlung besproche- nen und experimentirten Methode Eis in grössern Blöcken darstellen könne. Es befinden sich nämlich mehrere Röhren von 1 Centimeter Stärke in dem eisbildenden Cylinder, welcher zu gleichen Theilen mit salpetersaurem Ammoniak und Wasser gespeist wird, sobald man nun aus jenen Röhren die Eiscylinder herausgenommen hat, lässt man sie zu einer dichten Masse zusammenfrieren. Sitzung am 25. November. Eingegangene Schriften: 1. Stadelmann, Dr., Oekonomierath, Zeitschrift des landwirthschaft- chen Centralvereines der Provinz Sachsen XXV, Nr. 12., Halle 1868. 8°, Bd. XXXII, 1868. 35 546 2. Memoires de l’Acadömie imperiale des sciences, belles letteres et arts de Lyon XIII. Lyon 1866—68. gr. 8°. 3. Hirtzel u. Gretschel, Jahrbuch der Erfindungen: Leipzig 1868. 80. — Recensionsexemplar. 4. Büchner, Dr., Sechs Vorlesungen über die Darwin’sche Theorie etc. Leipzig 1868. 8° — desgl. Herr Dr. Siewert verbreitet sich über das Wesen und den Nähr- werth der Milch und legt Milchextract vor. Derselbe wird in der Schweiz im Canton Zug angefertigt, indem man die Milch, welche möglichst vom Fett befreit ist, bei einer Temperatur von 45° im Vacuum eindampft. Da es eben nicht möglich ist, ihr bei diesem Verfahren das hinreichende Quantum von Wasser, welches sie zu 82—87°/, enthält, zu nehmen, so wird ihr ein grösseres Quantum von Milchzucker als fester Körper zu- gesetzt und auf diese Weise der Gehalt an Wasser auf 21 —25°%) re- ducirt. Ein Pfund dieses Extracts kostet 10 Sgr. und ein Theil davon mit 4 bis 5 Theilen Wasser gemischt, liefert eine süsse, aber theure Milch, welche überdies insofern das Kochen nicht verträgt, als sie sich allemal hackt, wie Herr Dr. Credner aus vielfachen Erfahrungen auf seiner Reise in Amerika ergänzend bemerkt. Herr Candidat Schubring bringt zur Sprache, dass Zeitungs- nachrichten zufolge Ericson bei der Universität zu Lund die Erfindung einer Sonnenmaschine eingereicht habe, durch welche die Sonnenwärme zur Erzeugung von Wasserdämpfen benutzt werde.. — Derselbe lenkt ferner die Aufmerksamkeit auf die von Förster in Berlin veröffentlichte Notiz, nach der es gelungen ist, die Protuberanzen der Sonne, auch ohne Sonnenfinsterniss nachzuweisen. Herr Professor Giebel macht unter Vorlegung einiger Exemplare auf die Deutung gewisser Fossilien aufmerksam, welche neuerdings Ehlers veröffentlicht hat. Der von Germar als Skolopender aus dem lithographischen Schiefer beschriebene Geophilus wird hier. mit Recht als Annulat gedeutet und höchst wahrscheinlich identisch mit dem von Ehlers sehr sorgfältig untersuchten Eunicites derselben Lagerstätte be- zeichnet. Die altsilurischen Myrianiten und Nereiten erst als Würmer, dann als Graptolithen aufgefasst, lassen sich auf keine von beiden Grup- pen nur annähernd wahrscheinlich deuten und lenkt Ehlers die Auf- merksamkeit auf gewisse Eierschnüre oder. Eierbänke von Schnecken, deren sehr manichfaltige Formen Lund in den Annales des sciences naturelles 1834 übersichtlich zusammenstellt. Redner findet diese Deutung sehr annehmbar, stimmt jedoch dem Bedenken des Herrn Geh.-Rath Credner bei, dass nämlich wo diese Myrianiten massenhaft auf den Schichtflächen auftreten Schneckengehäuse meussieuE in Thüringen gänzlich fehlen. Weiter verbreitet sich Herr "Prof. Giebel unter Vorlegung ver- schiedener auf seiner letzten Reise gesammelten Belegstücke über die Materialien der alten und neuen Kunstbauten Roms. Ein häufig ver- wendetes vorzügliches und dauerhaftes Material ist der Travertin, ein Büsswasserkalk der in mächtigen Bänken bei Tivoli gebrochen wird und 547 sich leicht in grossen Quadern, zu Simsen und Säulen verarbeiten lässt. Aus ihm sind beispielsweise aufgeführt das riesige Colosseum, die Ba- silica d&s Constantin, die Peterskirche nebst den grossartigen Säulen- hallen des Petersplatzes und viele andere neue Kirchen. Der Tuff aus der Campagna, eine unter Wasser fest gewordene Lava diente häufiger als Ausfüllungsmaterial starker Mauern und zu Grundbauten als allein ‚zu grössern Kunstbauten. Die breiten flachen Ziegelsteine, aus welchen alle noch vorhandenen unterirdischen Räume der Kaiserpaläste in den farnesischen Gärten, das imposante Pantheon u. a. aufgeführt sind, wur- den wie damals so noch gegewärtig aus einem Thone am rechten Ufer des Tiber gebrannt. Als Mörtel wurde im alten wie im jetzigen Rom die Puzzolanerde verwendet, welche in ausgedehnten Lagern in der Campagna vorkömmt. Zur Ausschmückung der Simsen, zu Säulenkapitäler, Postamente, ganzen Säulen wurde kararischer und griechischer Marmor, am Colosseum zumal in so reicher Menge, dass daraus später mehre Paläste aufgeführt worden sind und lange Jahre hindurch Kalk gebrannt wurde, ferner zu den Säulen vorzüglich ägyptischer rother und ganz heller Granit, der noch gegenwärtig ganz frisch und unverwittert sich aus dem Alterthume erhalten hat, zur Bekleidung der Wände und Fuss- böden rother Porphyr aus Aegypten und grüner aus Griechenland ver- wendet. In den Prachtbauten der Neuzeit wie der erst jetzt vollendeten St. Paulskirche sind zur innern Ausschmückung die verschiedensten Ge- steine aus den verschiedensten Ländern der Erde herbeigeschafft worden. Sitzung am 2. December. Eingegangene Schriften: 1. Koch, Dr. Prof., Wochenschrift des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den k. preuss. Staaten Nr. 45—48. Berlin 1868. 4°. . Giebel, Dr. Prof., Landwirthschaftliche Zoologie. Naturgesehichte aller der Landwirthschaft nützlichen und schädlichen Thiere 4.—6. Lieferung. Glogau 1868. 8%. Geschenk des Herrn Verfassers. 3. Noll, Dr., der zoologische Garten IX. 11. Frankfurt a/M. 1861. 8°. 4. Acta Universitatis Lundensis 1867 und 1867—1868. 4°. Herr Prof. Giebel schildert die verschiedenen Bewegungsweisen der Muschelthiere. Die Mehrzahl derselben kriecht durch Ausstrecken und Festandrücken des Fusses und Nachziehen des Körpers mit der Schale. Einige können in derselben Weise auch rückwärts kriechen. Das Einbohren in Sand oder Schlamm wird gleichfalls mit Vorschieben des Fusses begonnen und bald durch Drehen des Körpers mit der Schale fortgesetzt. Donax und andere Muschelthiere mit geknicktem Fusse schnellen sich plötzlich empor und junge Lima und Pecten tanzen in lebhaften Zickzacksprüngen durch einander, eben diese schwimmen bis- weilen auch durch plötzliches Oeffnen und Schliessen der Schalenklappen. Hinsichtlich der in Holz und Steine bohrenden Muschelthiere wurden die vielfach darüber aufgestellten Ansichten kurz angedeutet und schliess- lich Hancock’s Nachweis von feinen Kieselprismen im Fusse und vordern Manteltheile als eigentlicher Bohrapparat angegeben. je} 548 Herr Geh.-Rath Credner, hieran anknüpfend, gedachte einiger Kalkformationen, welche an ihrer Oberfläche mit Löchern vorweltlicher Bohrmuscheln reichlich versehen sind, wie ein oberer Jurakalkstein nördlich von Goslar, den eine jüngere Kreidebildung überlagert. Die Bohrlöcher an der Oberfläche jenes Jurakalkes sind meist mit Eisen- _ oolithen ausgefüllt, an andern Stellen finden sich Zellenkorallen, deren äussere Kruste von Bohrmuscheln durchlöchert ist, und dieselben theil- weise noch darin enthält. Derselbe gab sodann einen Ueberblick über die geognostischen Verhältnisse der Salzwerke von Wieliczka, denen den neuesten Zei- tungsberichten zufolge ein möglicher Untergang in Aussicht steht. Das Steinsalz gehört der Tertiärformation an, ist aber in seinen Lagerungs- verhältnissen vielfach gestört, weil es das Gestein seiner Umgebung, besonders der sogenannte Karpathensandstein im Süden davon ist, so- zwar, dass ältere Schichten oft über den jüngern lagern. Unter einer mehr oder weniger mächtigen Lettenschicht steht zunächst ein unge- schichteter Thon bis 600 Fuss Mächtigkeit an, in welchem ganz unregelmässig Steinsalzmassen eingesprengt sind von der Grösse einer Nuss bis zu ungeheuren Blöcken. Letztere wurden bis zum vorigen Jahr- hundert allein nur abgebaut und davon das sogenannte „Grünsalz“ ge- wonnen. Hier finden sich alle Sehenswürdigkeiten der Wieliczkaer Berg- werke: der 80 Fuss hohe, 160 Fuss lange, 90 Fuss breite Saal, hier die Kapelle mit den im Salze ausgearbeiteten Heiligenbildern u. a. m. Ausser Steinsalz kommt in dieser Thonmasse auch noch Gyps und wohl- erhaltene Conchylien der Tertiärzeit vor. Unter dem Thone folgt ein anderer, ziemlich regelmässig geschichteter Thon mit Anhydrit, darunter lagern Steinsalzbänke von 50—70 Fuss Mächtigkeit in stängeligen Ab- sonderungen, mit Sand und Braunkohle gemengt, welche letztere noch bituminöses Holz in wohl erhaltener Struktur enthält. Diese Schicht liefert das ‚‚Spissa- Salz“. Hierauf folgt Thon mit Anhydrit in eigen- thümlich welligen Biegungen, welche zu der Bezeichnung „Gekrösstein“ Anlass gegeben haben. Unter diesen Schichten lagert das reinste, das „Szybiker Salz“, in welchem auch Knistersalz vorkommt, so genannt, weil es kleine Bläschen von Kohlenwasserstoff einschliesst, die beim Zerspringen einen knisternden Ton erzeugen. Die Sohle des Bergwerks wird von einer abermaligen Thonlage gebildet. In neuester Zeit hat man nun beim Aufsuchen von Kalisalzen mit einem Male Wasser an- gehauen, welches mit einer Mächtigkeit von 150 Kubikfuss in der Minute in den Bau eindringt. Von der Bewältigung desselben wird der fernere Betrieb abhängig sein. Herr Candidat Schubring legt einige von Herrn Prof. Schäffer in Jena eingesandte stereoskopische Photographien vor, welche nach mehrfach durchschnittenen Objecten (menschlicher Schädel, menschlishes Ohr, dreiseitiges Prisma) aufgenommen waren und dieselben wie durch- sichtig erscheinen liessen, ferner einige stereoskopische Mondphotogra- phieen von Warren de la Rue in London, welche sich durch grosse Schärfe und guten Effect vor ähnlichen Bildern auszeichnen. 549 Zum Schlusse bemerkt noch der Herr Chemiker Graf, dass in die- sen Tagen und zwar unerklärlicher Weise bei ungünstigem Winde, der von der Zuckerraffinerie ausgehende Kanal ausserordentlich stark nach Fuselöl gerochen habe. Dieser Geruch entströmt der benachbarten Sprit- fabrik und bedingt wesentlich die so lästigen, vielfach besprochenen Exhalationen jenes Kanals. Sitzung am 9. December. Eingegangene Schriften: 1. Bulletin de la sociöt& imperial des naturalistes de Moscou Nr. 1. Moscou 1868, 8°. 2. Monatsbericht der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, August, September und Oktober 1868. 8°. 3. Dr. Richter, Zu einer Weihnachtsgabe für arme Schulkinder. Saalfeld 1868. 8°. Herr Prof. Giebel legt eine Cistudo carolinensis vor, welche statt der regelrechten Anzahl von 4 Nägeln, deren nur 3 an den Hin- terfüssen aufzuweisen hatte. Sodann berichtet Herr Dr. Köhler Lösch’s gegen Hallier ge- richtete Untersuchung über die Speichelverdauung. Gegen Hallier’s Ansicht bei der Speichelverdauung sei der Leptothrix buccalis das eigentlich Wirksame, das Ptyalin dagegen nur das Nahrungs- mittel für genannten Pilz, welcher im gemischten, wirksamen Spei- chel stets in grossen Mengen vorhanden ist, hegte Verf. den Zweifel, ob bei der Darstellung des Ptyalins nach Cohnheim durch Filtriren und Behandlung mit absolutem Alkohol nicht die im Speichel vorhan- denen Sporen getödtet, also doch das Ptyalin, welches an sich Stärke in Zucker verwandelt, als wirksame Potenz gewonnen werden möchte. Um diese Bedenken zu erledigen stellte Verf. folgende 4 Versuchsreihen an: I) er untersuchte Submaxillardrüsenspeichel, welcher nach Reizung der N. chorda tympani sowohl, als des Sympathicus in einer in den Ausführungsgang gelegten Canüle so aufgefangen worden war, dass die Canüle möglichst luftdicht in ein mit Alkohol ausgewaschenes und oben in eine Röhre ausgezogenes, Amylumlösung enthaltendes Reagenzglas eingepasst war. Nach Entleerung des Speichels wurde die Glas-Röhre oben abgeschmolzen und die Amylum-Speichelmischung im Wasserbade 4—6 Stunden lang bei 40—50° erhalten. Kin Glas enthält Sympathicus- speichel und Amylum, ein zweites Chorda-Speichel und Amylum und ein drittes gemischten Speichel und Amylum; zur Controlle wurden drei unverschlossene die entsprechenden Mischungen enthaltenden Reagenz- gläser ebenso behandelt, Das Resultat war: in den Chordaspeichel hal- tenden Amylummischungen war in keinem Falle, also auch in dem of- fenen, für Sporenzutritt geschickten Glase eine Verwandlung in Zucker erfolgt, wohl aber in gleichem Maasse in den 4 anderen. Il. Speichel wurde mit Zahnbeleg versetzt und in die in Menge darin vorhandenen Leptothrixketten durch 6—8maliges Filtriren durch mit Alkohol ge- 550 tränkte Filtra vom Speichel getrennt und der Rückstand tagelang mit süssem Wasser ausgesüsst; die letzten, mikroskopisch Sporenfreien Fil- trate mit Amylumlösung vermischt gaben bei Prüfung mit dem Trom- merschen Reagens auf Traubenzucker positives Resultat und zwar war ‚hier mehr Amylum in Zucker verwandelt, als bei analoger Behandlung des Stärkekleisterss mit dem rückständigen (Leptothrixketten) Rück- stande auf dem Filter. Letztere verdankten die Stärkve rdauende Kraft ausserdem nicht dem Leptothrix, sondern dem noch nicht ausgesüssten Ptyalin; denn nach Behandlung mit absolutem Alkohol, welcher die Sporen tödtet, wirkte der Rückstand auf dem Filter auf Amylum ebenso verdauend ein wie zuvor. III. Speichel wurde mit Alkohol in einem mit doppelt durchbohr- tem Kork versehenen und mit einem Aspirator verbundenen Kölbchen zur Trockniss eingedampft, also die Leptothrixsporen darin jedenfalls getödtet; das zweite Loch des Korkes enthielt eine oben mit eingerie- benem Stopfen und unten, wo sie sich verjüngte mit einem Glashahne verschliessbare, mit Alkohol ausgekochte und mit kochendem Stärke- kleister beschenkte Glasröhre. Nach Oeffnung des Hahnes wurde der grösste Theil des erkalteten Kleisters zu dem eingetrockneten Speichel gebracht, der Hahn wieder geschlossen und nach 10 Minuten der Kol- ben bis zum Kochen dss Inhaltes erhitzt. Wurde nun letzterer sofort auf Zucker untersucht, so ergab sich in allen Fällen ein positives Re- sultat. Dieser Versuch beweist so exact als möglich, dass Ptyalin und nicht Leptothrix, die Ueberführung des Amylums in Zucker bewirken. IV. Hallier hatte aus dem blossen klareren Aussehen mit Spei- chel behandelten Kleisters (welcher nach dem Kochen unverändert blieb, bei 50° C. nach dem Stehen zu !/s und bei einer Temperatur unter 30—40° C. vollkommen klar wurde) behauptet: bei der gekochten Mi- schung sei, weil die Sporen getödtet waren, kein Zucker gebildet worden und bei den ungekochten sei dies geschehen nicht, weilsie Ptyalin, son- dern weil sie Leptothrix enthielten und chem. Reaktionen nicht ange- stellt. Verf. versetzte dagegen Amylumkleister mit Hefe und Schim- melpilzporen in grossen Mengen und fand durch die Trommersche Probe, dass dieselben Amylum allein nicht zu Zucker zy verwandeln vermögen. Zum Schlusse erklärt Herr Candidat Schubring die Methode, nach welcher Wüllner mittelst einer Geisslerschen Röhre ein Spectrum mit einer dunklen Linie (D) erhalten hat. Sitzung am 16. December. Eingegangene Schriften: 1. Verslagen en mededeelingen der kongl. Akademie van Wetenschap- pen. Letterkunde ll. Naturkunde 2 Amsterdam 1868 8°. 2. Jaarboek van der kongl. Akademie van Wetenschappen 1867. 3. Processen-Verbaal und 4. Catalogus van de Boekerij II. 2 Amsterdam 1868 8°. 5. Verhandelingen der kon. Akademie van Wetenschappen II. Amster- dam 1868. 4°, 551. Es wird beschlossen, die nächste Sitzung Mittwoch nach Neujahr (6. Jan. 1869) zu halten. Zunächst berichtet Herr Candidat Schubring Rollmanns Ver- suche zur Darstellung künstlicher Blitzröhren (8. 8. 278.) Sodann spricht Herr Chemiker Graf über die verschiedenen Me- thoden Traubenzucker zu analysiren. Gentelle brachte I Theil Ferrid- cyankalium und 1 Theil Kalihydrat mit Traubenzucker zusammen und wollte durch Entfärbung der Mischung dies Quantum des Traubenzuckers bestimmen. Stammer wies die Unsicherheit dieses Verfahrens bei gefärbtem Zucker nach, weil hier die eben nur durch die Färbung angezeigte Reaction nicht ausreicht. Stahlschmidt nahm Barytwasser an Stelle des Kalihydrats und erhielt ziemlich genaue Resultate; aber auch hier ist die Entfärbung bei gefärbtem Zucker noch unsicher. Der Vortragende kam auf den Gedanken die Zersetzung des Ferrideyanka- liums zu Ferrocyankalium mittelst eines oxydulfreien Eisenoxydpräparates, welche die charakteristische Färbung des Berlinerblaus gibt, zu der in Rede stehenden Analyse zu benutzen und erhielt bei den vorläufig an- gestellten Versuchen günstige Resultate. Herr Dr. Köhler beschreibt den von Mohr angeblich verbesserten Marsh’schen Apparat zur Untersuchung von Körpern auf Arsenikgehalt, findet indess, dass derselbe in seiner Einrichtung principiell überein- Stimmt mit dem noch einfacheren Apparat, welchen Neubauer und Fre- senius (nach Blondlot) für Phosphorwasserstoffnachweisung construirt haben; auch dieser wird ausführlicher beschrieben. Herr Dr. Credner legte schliesslich Handstücke von Tellurerzen und gediegen Gold aus Californien, sowie gediegen Silber und Kupfer vom Superior See (Nord-Amerika) vor. Tellurerze waren bis vor Kurzem nur aus Siebenbürgen und vom Altai bekannt. Erstim Verlaufe des letzten Jahrzehnt wurden von Genth, Shepard und Jackson, sowie vom Vortragenden einige neue Fundstellen derselben in Georgia und Carolina (N. Amerike) beschrieben. Im Jahre 1864 wurde in California eine fernere, durch ihren Reichthum an Gold und verschiedenartigen Tellurerzen interessante und technisch wichtige Lagerstätte, der New Melones Gang, entdeckt, von welcher die vorge- legten Stücke stammen. Nach Genth’s neuerdings veröffentlichten Unter- suchungen kommen neben dem Golde in dieser Lagerstätte vor: Petzit (= Tellursilber), Altait (=Tellurblei), gedieg. Tellur, Tetradymit (=Tel- lurwismuth) und zwei neue Tellurmetalle: Melonit (=Nis Tes) und Ca- laverit (an Te,). Die vorgelegten Silberstufen sind z. Th. wirklichen Gängen, welche die gebetteten Melaphyre und Sandsteine des Südufers des Su- perior See’s durchsetzen, — theils flötzähnlichen Epidositlagern, — theils dem Melaphyrmandelstein selbst entnommen. Die be- treffenden Handstücke zeigen verzogen-octaödrische Krystallformen des Silbers, die rosettenförmige Gruppirung der Krystalle und ihre Verge- sellschaftung mit gediegenem, gleichfalls krystallisirten Kupfer. Unterhalb des silurischen Systems lagern nämlich in c. 50,000 F. 552 Mächtigkeit die krystallinischen Urgneiss- und Urthonschieferformationen bestehend aus Gneissen, Granit, Syenit, Chlorit-, Talk-, Thon- und Horn- blendeschiefern, sowie Kalksteinen. Hat man dieselben, sogar die Schiefer, früher wohl als Produkt der Erstarrung des feurig-füssigen Erdballs betrachtet, so wendete man sich später der Ansicht zu, dass sie sedi- mentären Ursprungs und durch Einfluss höherer Temperatur oder in Folge hydro-chemischer Einwirkungen metamorphosirt worden seien, Gewisse Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass der krystalli- nische Habitus jener Urformationen ein ursprünglicher sei, mit anderen Worten gleich bei, oder unmittelbar nach dem Niederschlage der Bestandtheile jener Felsarten entstanden sei. Die Möglichkeit eines directen krystallinischen Ursprungs der betreffenden Gesteinsreihe von Talk-, Kalk-, Thonerde- und Eisen- Silicaten wird von den gegenwärtigen Chemikern, besonders Herrn Dr. Siewert zugegeben, — während Herr Geheim.-Rath Credner Gründe und Beispiele anführt für zweifellos stattgefundene Metamorphosirung von Thonschiefern zu krystallinischen Chlorit- und Talkschiefern durch Be- einflussung von Seiten eruptiver Gesteine — Druck von W. Plötz in Halle. Register zu Band XXXI u. XXXUH. Die Zahlen ohne oder vor dem * beziehen sich auf Bd. 31, die hinter dem * auf Bd. 32. A. Abendröthe, Theorie 225. Abendroth 482. Ablepharis 534. Acanthia, Anatomie 531. Acanthodes 522. Acetonsäure * 294. Acrophylax * 345. Adapsilia * 2. Adhäsionsapparat * 254. Aerolithenfall im Januar 482. Aesculetin * 519. Aesculin * 519. Aesculus hippocast. chemisch 40. Akazga * 518. Albumin durch Aetzkali 504. Aldehyd mit Blausäure * 106. Algae Europaeae 529. Alkoholgährung * 38. Alkohol, Synthese 489. * 516. Ammoniak im Blute * 42. — kohlens. aufMonochloressig- säureäther 181. — pyrogallussaures * 294. — in thier. Flüssgk. * 512. — Reagens auf * 517. Amurland 257. Anacampta * 7. Anhydrid v.Kiesel-u. Essigsäure 491. Anhydrit im Kalkstein * 526. Ankeritkrystalle 156. Anthracosia bei Saarbrück 159. Antimon und Arsen 235. — Fluordoppelsalz 495. Antiphosphorzündhölzer 150. Aorta verknöchert 69. Aplysia enthält Anilin 179. Apparate akustische 130. * 128. Aquacreptit * 318. Arachniden Tyrols * 58. — neue * 58. Arethusina 409. Arsen, allotropisch 34. — und Antimon 235. Bd. XXXII, 1868. Arsenik, Fluordoppelsalz 495. Arsenikkies * 537. Arsenik im Körper * 551. Arsensäuren, Aether 35. Asiliden, neue 128. Aspidocaris liasica 160. Asplenium fissum u. lepidum 337 Athmung 384. Auf hängepunkte, gleiche am Pendel 104. Australien, Reise in 224. Axolotl, Metamorphose 259. B. Barometerschwankungen 483, Barometerstände, Reduktion * 283. Barometer, Thermoskop 484. Barypus * 533. Baryumalkoholat * 290. Baryumdoppelcyanvbdgen * 520. Basalt b. Darmstadt * 524. Batrachier, neue 533. Baumaterial in Rom * 546. Belemnit neuer 160. Belemnites rugifer * 332. Beobachtungen meteorol. Berechn. u. Reduktion * 101. Beraunit 325. Bergkrystall, Thermoelektr. 142. Bergkrystall vom Galenstock * 542, Bettwanze 531. * 62. Bewegung, elektrische 143. Bibio fossil * 181. Blasen 227. Blausäure, Bildung 40. — Wirkung 542. — zu Blut 47. Blei zu häuslichen Utensilien 345. Blitze, Spektra * 509. Blitzröhren künstl. * 287. Blitzschläge 140. 226. Blühten, gefüllte 256. Bockkäfer, monströs * 126. Bodenkunde 244. 36 554 Bohrmuscheln foss. 548. Brachiopoden der Kreide 330*300. — Deutschlands * 330. — neocome 252. Brandpilz, neuer * 120. Bratenwender, elektrischer 144. , Braunbleierzkrystalle 327. Brauneisenstein, Bildung * 540. Brodbereitung in Afrika * 349. Braunkohlen b. Falkenau 323. Brombeeren bei Bern 254. — bei Bremen 255. Brombestimmung |. | Bromderivate der Gallussäure 37. Brom, neue Quelle 237. Broscides * 532. Bryologie Skandinav. * 337. Bryozoen der Adria * 57. ©. Callianassa 521. Calcescenz 29., Camphersäure, Zersetzung 493. Campylorhynchus pallidus Br 13. Cantharidin 179. 496. Capronsäure, Synthese * 297. Cardiophthalmus * 533. Carmocaris * 4. Cellulose * 107. Centrodus Gieb. 28. Cephalia * 7. Cephalopoden silur. Böhm. 332. Cerium 45. Ceroxys * 6. Cervus elaphus fossil * 537. Chaetopoden fossil * 546. Characeen Afrikas 413. Chathamit 519. Chemie organ. Lehrbuch * 28. — für Mediciner 29. Chilodus Gieb. 23, Chinoidin animal. 343. Chiropteren, Gattungen 417. Chlorbestimmung 1. Chlorverbdgen in Jodverbdgen um- gewandelt * 516. Chlorophyll 161. Chokolade verfälschte 377. Chromoxyd 504. Chrysoberyll, Zwillinge 324. Chrysomyza * 9. Cigarren, verfälschte 378. Clausilien, europäische 558. Codeinwirkung 35. Coecilia 533. Columbit in Wolfram * 518. Compensationsmethode,magnet.381. Conchopoma 522. Conchinin * 292. Concretionen 396. Congerien in Siebenbürgen 332. Crinoideen im Bergkalk 407. Crocodile noir 535. Cryptocephalus astracanicus 66. Cryptogamen deutsch 337. Cumarin künstl. * 295. — Homologe * 295. — Krystalle * 348. Cyan, Bildung * 519. Cyanwasserstoff, Homologe des 37. Cyanwasserstofisäure, neue Base * 291. Cymol aus Campfer * 406. Cynips coriana * 125. Cyrtolit 250. D. Daniellsche Kette, Kraft 383. Diamagnetismus d. Gase 30. Diäthylglycocoll, Bildung 276. Diatomeen der Tatra * 54. Didymodon Theobaldi * 55. Diglycolsäureäther 199. Diglycolsäurediamid 199. Dilatation bei Wärme 464. Dioptas * 318. Diorit des Kyffhäuser 321. Diplodus Ag 23. Dipteren, neue * 122. -—- österreich. * 124. — fossile * 180. Dispersion bei Flüssigkeiten 307. Distanzmesser 228. Dolomit in Galizien * 299. Domeykit 249. Dorycera * 2. Dresden, geol. Karte * 318. Dufrenit 325. E. Echinodermes suisses.* 329. Eichengalle * 125. Einbiegungen, elektrische 231. Eis, künstliches * 540. 545. Eisensteine in Schweiz 52. Eisenoxydsaccharat * 543. Eiszeit * 129. Eierschale, Bildung 19. Eisenglanzkrystalle künstl. 248. Eiweiss im Harne * 42. Eiweisskörper, Aequivalent 43. Elektricität in elast. Flüssigkeiten 231. Elektricität führt Materie fort 231. Elektricitätsmenge der Influenzma- schine * 286. Elektricität im Vacuum 487. — Theorie 142, Elektrisches Licht, Schichtung 231. Elektromagnete, Sättigung 484. Elektromagnetismus 382. Elektrophormaschine 229. 230. Electroskopie 143. Elodea canadensis * 127. Emballonura 418. Enargit * 318. Encrinus liliiformis 263. Elementaranalyse * 514. Eozoon canadense * 364. Erde, Urzustand * 129. Erde steht still 27. Erdkarbonate, Löslichkeit 45. Erebia Medea, Zwitter * 126. Escheinungen, pseudoskop. * 104. — 2.d. Volt. Säule 381. Erwärmung rotir. Scheiben * 290. Erzgänge im Unterharz 81. Eucalyptus * 56. Europaea 410. Expedition von Deckens * 539. F. Farben bei Blühten * 118. Farbengränzen im Spektrum 27. Fauna bei Bludenz 30]. Fauna foss. St. Cassian * 51. — silur. b. Hof * 330. — Sternberg * 328. Feldspäthe in Eruptivgest. 156. Felsitgesteine im Harz * 109. Fenchel gegen Ungeziefer * 542. Fett in Seifen, Bestimmg. * 512. Fische foss. Kreide 374. — in Spanien 339. Fischgalle * 39. Fische, ihre Häutung 259. Flamme des Bunsenschen Brenners * 985. Fleischextrakt 420. 555. * 108. 540. Flechten Dalmatiens * 12). Fleischfresser foss. 252. Flora von Baden * 342. Berlin 528. Bludenz 301. Dresden * 337. Elisabethgrad 160. Niederöstreich * 54. Steiermark * 54. foss. Polarländer * 113. v. SWDeutschland 528. Fluorescenz 29. Fluorescenz, negative * 30. — Geschichte * 31. Fee 555 Flüssigkeiten flüchtige, gegen Lam penwärme 232. Frucht der Bastarde 335. Fön der Schweiz 304. Foraminiferen im Banat * 329. — y. St. Cassian 332. — im Lias * 116. Formationen, eozoische * — Europa u. America * 393. — Genesis * 396. Furnarius tricolor Br 11. G. Gadolinit-Krystalle 158. Gadus, Lymphgefässe 259. Galeritenschichten Deutschl. * 300 Gallenfarbstoffproben 386. Galleruca calmariensis 66. Gangspalten, Entstehung 108. Gasbatterie, Kraft 309. Gase vulkanische 33. Gefässpflanzen in Ungarn * 54. Geisslersche Röhren * 542. Gelee v. Früchten verfälscht 377. Geologie der Tatra 512. — Waag 5ls. — Samlandes * 46. — Waagthales * 110. — Islands 513. — von Bingen 510. — von St. Cassian * 521. Geognosie von Spanien * 165. — Tyrol 399. Geositta rufipennis Br 17. Gerbsäure der Eichenrinde 385. Gesteine augitische 154. Getreidekorn, Beurtheilung * 151. Gewichtsordnung, neue 549. 557. ° Gewitter bei Halle 97. Gewürznelken 233. Glas, Vergoldg. 502. * 511. Glaukodot in Schweden 157. Gletscher auf dem Brocken 264. Glycolchlodydoin 35. Glycolamidsäure aus Essigäther 273. Glykogen in Mollusken * 39. Glykokoll aus Harnsäure * 107. Glyphis germanica 69. Goldchloridverbindungen 33. Goldkrystalle * 537. Gonidien der Flechten * 55. Gorilla, künstlicher * 348. Gosauformation 513. Granat in Lava 248. Granit des Kyffhäuser. 321. Granit durch Wasser zersetzt 492. Graptolithen in Schlesien * 328. Grasblühte 333 * 340. 556. Grimaskistoskop 70. Grossular, zersetzt * 113. Grottenfauna in Mexiko * 125. Grundgesetz psychophysisches*351. Gyps in Kalkstein * 526, Gyroskop 145. H. Halbedelsteine * 278. Harmonika chem. 69 * 33. Harmotom * 319. Harnausscheidung * 43. Harnsäure * 521. Harz, geol. Karte 392. Hefe, Entstehung 524. Helvetan * 50. Hemieuryale 419. _ Hirschkäfer, Gehör 260. Hohlkugeln von Wasser 487. Holodasia * 7. Holzfasern, Verhalten 332. Holz, foss. b. Halle 262. Holtzsche Maschine am Menschen 188. Hopfen, chemisch * 11. 62. Hornblende in Nassau 324. Hyalomelan * 525. Hydrotachylyt * 524. Hymenopteren * 534. Hymenopteren tertiär 158. Hyotherium * 334. Huronisches System 376. T. Ichneumon, neue * 534. Ichthyurus 66. Indig, Werthbestimmung * 515. Indium 240. Induktionsströme * 289. Influenzmaschine 229. 230. Influenzmaschinen, Reaktion 144. Influenz nicht leitender Platten 251. Influenzversuch, neuer 486. Infusorienwerk Steins 167. Infusorien Schwedens * 342. Insektenlarven * 345. Insekten, schädliche 551. Interferenzapparat * 284. Jodäthyl auf Glycocolsäure 276. Jodbestimmung |. Iridium, Abscheidung 390. Irrlichter, künstl. 503. Isophloridzin * 519. Istieus 375. Jungermannia, neue * 121. Jungermannia sp. 336. Jura bei Wien 322. Jura, fränkischer * 305. Jura in OAlpen 49. Jura und Kreide, Gränze 507. K, Kakoxen 325. Kali, cymolschwefels. * 411. Kalidünger auf Zuckerrüben * 512. Kalk, diglycolsaurer 195. Kalkspath, Durchgänge 403. Kampfer, Zersetzung 491. — Kenntniss 495, Karpathensandsteine 54. Kartoffeln, Stärkegehalt 146. Karte, geol. Oberschlesien 242. Preussen 241. Schweiz 243. Kataspilit 250. Ketone, Isomerie * 39. Kette, neue galvan. * 288. Kette, neue galvan. 488. Klangpulse 32. Klippenbildungin Karpathen 54*314. Kobalt im Harz 519. Kobaltglanz im Kaukasus 403. Kobaltsalze, Reagens * 520. Kochelit * 527. Kochsalz für Menschen 147. Kohlenwasserstoffe 43. Körper menschl. Gewichtsverlst. 265. Körper stickstoffhalt., Analyse*öll. Kohlenoxydsulfid 44. Kohlenwasserstoffe des Steinkohlen- theers 3833. Kommerell’s Experiment * 32. Kraft, elektromotor * 288. Kräfte, elektr., Aufhebg. 487. Krebse im Kohlgbg. 53. Kreideformation in Böhmen * 311. Kreisel, Versuche mit 70. 73. Kryophyllit 249. Krystalle, Wärmeleitg. * 290. Kuckukseier 21. Kugeln im flüssigen Cylinder 145. Kulturpflanzen, Nahrung 542. Kupfervitriol 521. Kupfer, gediegen am Obern See * 325. Kupferkies, Krystall * 112. 321. 187 Labrador 246. Labradorit 517. Ladung isolirender Flächen 229. Längenbestimmung * 280. Lamellen, flüssige, Spannung 379. Laminarien * 338. Laubmoose * 122. Laurentisches System * 359. Leber, Zuckerbildg. 489. — 557 Leontodon tarax., monströs 421. Lepidilemur mustelinus * 541. Lepidoptera 258. Leptosoma 375. Lepus timidus gelb 68. Lernaeocera esocina 530. Leuchtgas, Analyse 234. — Reinigung 235. — Selbstentzündg. 504. Leuchtsteine, künstl. 389. Leueite, Struktur 316. Leydener Flasche 485. Libellen neue exotische * 59. Lichen esculentus 335 * 121. Lichtbogen galvan. 140. Lichtbrechung 144. Lichtbrechung aus Kugeln 228. Licht, elektrisches * 287. Licht im Wasser Fortpflanzg. 307. Lichtquelle Bewegung auf Brechung 308. Licht Wirkg. auf Pflanzen 527. Limax foss. 331. Löss, Ursprung 152. Longitudinalwellenmaschine 309. Loxodesma * 5. Luft in erleuchteten Wohnräumen 812. Licht und Körperdichte * 29. Luftwärme auf Obir * 282. Lupinen, Entbitterung * 508. M. Macrotoma heros * 534. Mammut * 18. — aufrechte Leichen 408. Mangan, Cyanverbindungen 490. Mangansuperoxyd * 52]. Manganverbindungen * 517. Magnesiumlampe 234. Magnetisirg. weichen Eisens 484. Magnetismus der Gase 30. Maikäfer, Eierlegen 422 Maispflanze, abnorm * 120. Manometer, Max. u. Minim. * 103. Markasit pseudomorph 56. Masse, Vergleichung 486. Massordnung, neue 549. 557. Melitaea in Europa 64. Meneghinit 246. Mensch, u setichte NZ URE Merochord * le Löslichkeit 45. Metapectinsäure in Rüben 424*520. Meteore bei Halle * 18. Meteoreisen in Sachsen 516. — Franken 516. Meteoriten 305. Meteorit von Pultusk 328. Meteorologie von Halle * 501. Meteorologische Notizen 482. Methode Fields des Chlor etc. Bestimmung 1. Methylalkohol, künstlich 387. Methyl, Verwandlg. in Aethylalko- hol 391. Mikrolevidopteren in Asien 62. neue Arten 68. Mikroskop, Verbesserung * 510. Milch der Katze, Analyse * 41. Milchextrakt * 546. Milchsäure in krankenKnochen 39]. Mimon 417. Mineralien bei Thun 57. Mineralien im Goldsande Schlesiens 518. Mineralien im Wallis * 49. Mineralien künstliche b. Dresden 55. Molekularvolumina chemischer Ver- bindungen 30. Moleküle, Grösse der 30. Moleküle in Krystallen 327. Mondhof 262. Moose St. Gallens 528. Morphin 233. Morgenberghorn 245. Musa ensete 59. Muschelthiere, Bewegungen * 547. Muschelcontraction 258. Muskeln am Fuchskopfe 218. Myelinbildungen * 34. Myelinfiguren 559. Mykologie 336, Myophoria 180. Myriapoden neue * 58. Myriapoden im Kohlgbge 58. N. Nägel, Wachsthum 541. Nahrung Einfluss auf Schweiss 383. Nahrungsmittel, verfälschte 377. Naisia apicalis 69. Naphta im Kaukasus 313. Naphtalin, Oxyd. produkt. 39. Narica b. Lieskau * 541. Natron, kohlens.aufMonochloressig- säureäther 199. — schwefels. auf Hornhaut 149. Naturgeschichte, Lehrbücher 224. Nantokit 406. Neoschizodus Gieb. 127. Neudorfer Erzgänge 81. Neurin * 298. Neuropteren v. Cuba 62. Neuropteren der Novara 339 * 60. Neuropteren, foss. 159. 558 Nervenreiz, Schnelligkeit 178. Nickel im Harz 519. Niobium, Reduktion * 34. Nitrile, neue Reihe 492. Nivellirinstrument 227. Noctiluca miliaris * 62. ©) Oberschlesien. geol. Karte 242. Oblaten, giftig * 514. Odontoscelis * 533. Oelbaum, Bestandtheile * 45. Oele, fette in Pflanzen 16). Ohrenrobben SAmerikas 294. Ophiocoma neue 530. Ophiothrix neue 530. Ophiuren neue 530. Optik, Experimente 308. Otaria 294. Orgelpfeifen, Ertönen 145. Ortalidae, europäische * ]. 191. Orecin, Derivate * 516. Ortalis * 4. Orthoptera am Harze * 15. Ostasien 257. Os tympanicum d. Beutelthiere 535. Ötternschädel 210. Ozon 33. 44. — Darstellg. 149. — in der Luft 34. 38. — Verbindg., neue 289. > Pachytrop 487. Palästina, Geologie 264. Pankreassaft auf Fett * 513. Papagei, foss. 253. Paraffindestillation * 109. Paraffın statt Oel * 542. Perlmutterpapier 503. Peropteryx 417. Pettenkofersche Reaktion 387. Petretakten im Lias b. Spezzia 58. — im lithogr. Kalk 523. — in den Alpen * 528. — ind. Schweiz 58. — v. Spitzbergen 159. Petroleum, techn. Verwendg. 379. Peziza geaster 160. — Kaufmannana * 529. Pfeffermünze 387. Pfeffermünzöl 387. Pfeffer, verfälscht 377. Pflanzen, alpine 163. — Pflanzen der Kreide in Ne- braska 158. Pflanzen foss. Keuper * 528. — foss. Kroatien 329. Pflanzen, Muschelkalk 550. Pflanzenkultur in Wasser 71. Pflanzenorgane, Entwicklg. * 334. Pflanzen, seltene Thüringens * 17 — tertiär 251. — b. Biberach 406. Phenakistoskop 69. Phenylsäure krystalls. * 511. Phosgenäther * 297. Phosgen * 297. Phosphorit in Nassau 326. Phosphortribromür * 107. Phosphorzündhölzer 150. Phryganiden 62. Physik, Lehrbuch * 279. Physiologie, falscher Standpunkt 71. Pikrinsäure 503. — Anwendg. 146. Pikrotoxin im Bier * 37. Pilze in Insekten 525. — Verwandlg. — — Physiologie 416. Pimentkörner gegen. Salpetersäure 233. Pisanaquarzit 54. Pläner in Böhmen 48. Plasmodien, Bewegg. 412. Platin, Abscheidg.. 390. Platin Blausäuresalze 557. Platinverbindgen 33. Platystoma * 8. Plecia * 182. Polarisation, Bestimmg. * 288. Polarisationsdrehung, magnet.* 285. Polarisirtes Licht, Richtung 228. Polynesien. Reise in 224. Porphyre Thüringens 350. Portlandien 250. Preussen, geol. Karte 24]. Propylphyeit * 106. Protomyia * 184. Psendodoxie d. Naturw. 25. Pteropoecila * 4. Pteropus 310. Ptilonota * 4. Pyrmorphit 57. Q. Quecksilberproduktion 312. Quercus Indiae * 338. Quillagarinde 488. R. Reagens f. unterschwefl. Säure*515. Realgar, künstlicher 85. Refraktionsäquivalent, Theorie 485. Regulator f. galv. Strom 309. Reise in Italien * 192. 559 Resonatoren 180. Rewdanskit 56. Rhätische Formation b. Göttingen * 304. — b Kösen 59. Rhinoceros. foss. 252. Rhinosimi * 534. Rhodium * 105. Rivellia * 8. Röhren, absolut luftleer 487. Roggensamen,Zusammensetzg.*239. Rosenpilz 545. Rosskastanie, Analyse 518. Rothliegendes in SAlpen 511, Rübenmüdigkeit des Bodens 546. S. Saccopteryx 417. Säugethiere foss. SAmerika 333, Säure, neue der Weinsäure * 298. — salpetr. durch Chamäleon 39. Salmiak, künstlicher 55. Salzwerk Wieliczka * 548. Salzsäure auf Salpetersäureäthyl- äther * 293. Sardinoides 375. Sarkopsid * 527. Sauerstoff, Darstellg. 73. 149. Scapteira 535. Schädel der Insektenfresser 550. Schädelmessungen * 68. Schalen der Brachiopoden * 40. Schallgeschwindigkeit der Luft in Röhren * 102. Schildkröten, tertiäre * 333. Schlangen, neue * 126. Schlagwerk unter Luftpumpe * 32. Schleichenlurche 533. Schliernbeobachtungen 228. Schmetterlinge bei Sarepta 64. neue Arten 65. — Entwicklg: * 125. — in Kroatien * 345. — inTirol * 345. Schuppen im Pläner * 332. Schwefel b. Verespatak 56. Schwefelgehalt im Rolieisen * 514. Schwefel in organ. Subst. 388. Schwefel in organ. Verbindgen *517. Schwefelkies mit Thallium 246. Schwefelwasserstoffapparat 146. Schweiss nach der Nahrung 383. Schweiz, geol. Karte 243. Schwingungsgesetz der Saiten * 33. Scolopender foss. * 546. Seeplanarien 338. Seide, Hygroskopie * 5ll. Semioptera Wallacei * 62. Serieit 401, Sphenophyllum Thoni * 334, Sideromelan * 525. Siedverzüge 487. Silber in Californien * 551. Silicium, Verbindgen * 518. Skorodit * 587. Sonnenfinsterniss, ringförm. 306, Sonnenfinsternisse bis 1870. * 279, Sonnenflecke, Deutg. * 22. Sonnenmaschine * 546. Spaltöffnungen der Pflanzen 411. Speichelverdauung geg. Hallier 547. Speichel von Dolium * 40. Spektra der Fixsterne 226. Spektrum künstliches * 284, Spiegel 548. Spiegel, optische 502. Spongien bei Algier 529, Stärkemehl 161. Staphylinen deutsche 66. Stauroskop 228. Sin nn a b. Elbingerode 6. Steinkitt 503. Steinkohlen in Spanien * 165. Steinsalz, Durchgänge 403. Stereoskopie 421. Stetefeldit 325. Stickstoffumsatz im Körper 458, Stoffwechsel der Hühner 388. Strassberger Erzgänge 81. Stroboskop 69. Strom galvan. verändert das Volumen 32. Strom, schwimmender 484. Strychnin, Wirkg. * 35. Sulzfluh, Geologie * 306. Sylvin * 112. — Diathermansie * 32. Systata * 5. "E.. Tabergit 57. Tachylyt * 525. Tageswärme, Gang 540. Tannenholz, Constitution 36. Tantal, Reduktion * 34. Tartronsäure * 294. Tellur in Californien * 551. Temperatur im Tonsystem * 32. Tephronota * 6. Teschenite 153. Tetanops * 3. Tetramerkurammoniumoxyd 502. ThalliumchlorürmitEisenchlorid 45. Thebainwirkg. * 35. Thee auf Java * 56. 9) 560 Thee verfälscht 377. Theodolit, Etymologie 556. Thiere, foss. v. Seefeld 252. Thionessal 37. Thoneisenstein, Entstehg. 423. Thonerde schwefels., Prüfg. * 36. Thone, technische 309. Throscus neuer * 533. Thysa pythonissaeformis * 59. Tinercha Lomnicki * 125. Tineen * 535. Todesfälle nach der Wirkung 483. Tönender Körper, Schwingungen * 285. Toluolverbdgen 493. Tomyris oxiana 535. Tonhöhe abhängig v. Tonquelle 227. Tonleiter, Berechnung * 65 * 415. Theorie * 415. Torricellisches Theorem 380. Traubenzucker, Analyse * 551. — Zersetzg. * 294. Trias bei Aussee 312. — Hallstadt * 315. — Ischl * 316. — in OAlpen 49. Tridymit 517. Trimethylamin im Wein 46. 495. Trionyx stiriacus * 333. Troglodytes fasciolatus Br 15. Tropfen 227. Tunicata, Entwicklg. * 343. Turgit 405. Turmalin in d. Schweiz 517. Tyrosin, Nahrgsmittel * 45. ur Ulidia * 9. Ungeziefer, Feinde des 138. Uromys 419. Utensilien,bleierneimHausgebrauch 345. V. Valeriansäure * 295. — Salze * 29. Verbindungen organ., Bestimmg. 46. Verkupferung 503. Versuche, optische * 509. Vibrationschronoskop * 288. Vögel, argentinische 1]. — nützliche 139. Vögel, nützliche, 'der Landwirthsch. * 509. Vogelschutz 338. W. Wärme auf der Erde 425. — allotrop. Modifik. * 31. — Einfluss auf Schallbewegg. * 103. Wärmeentwicklg. in Elektriecität 309. Wärmelehre 137. Wärmemittel für Oestreich 306 * 282. Wärme, Morphologie 481. Wagebarometer, Theorie 380. Wage, Theorie 486. Wasser auf Blei * 34. Wasserstoff auf Benzoglykolsäure 39: Wasserstoffsuperoxyd, 149. Wasserwerk, hallisches 261. Weinsäure, Basicität 389. Wein, künstlicher * 108. Weizenkörner, Wasserabgabe* 161. Wheatonsche Brücke 231 * 2893. Widerstände bei galvan. Messungen 231. Winddrehungen 483. Winde Einfluss aufMeteorolog."280. Windverhältnisse in Berlin 225 Winkelmesser 228. Wirbelthiere foss. * 833. — Steiermark * 116. — miocäne 25l. Witterung 1867. * 19. Wolframsäure 46. Wolle in Seide 503. x. Xenacanthus Beyr 23. Z. Zeitbestimmung * 280. Zinkmethyl nicht giftig 35. Zinkoxyd, phosphors. 187. Zinkoxydammoniak, phosphors. 187. Zinn auf Salpetersäureäthyläther 298: Zinnober in Spanien 158. Zoologie, landwirthschaftl. 337. Zucker verfälscht 377. Darstellg. Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle, Juli 1868. In der folgenden Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte 1) der diess- jährigen Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln (Spalte 3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens 10jährige Mittel (1854/60) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (185%), bei den fünftägigen Wärmemitteln aber I4jährige (18°%/s.) die beiden letztern nach den Berechnungen des Herrn Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn ‚Lehrer W eber hierselbst. Achim Beaurtate mehrjährige Mittel Luftdruck Monats-Mittel .+ 0,63 334,50 (1854/60) 3334,87 Maximum + 1,42 338 69 ’ 337% 97 Minimum + 0,01 330% AL n 330,30 Differenz im ganzen Monat gu 38 N 64,97 grössteDifferenz innerh.24Stund. -+ 3,74 am 23.-24. Mittags 2 U. Dunstdruek Monats-Mittel + 0,10 4.1.97 (1851/60) 44,87 Bel. Feuchtgkt. N — 4,6%) 65,58%) ” 70,20) "Niederschläge Regensumme — 184,2C.-Z. 171,8C.-Z. „ 356,02 0.-Z. Regentage —6 6 h 12,1 ILuftwärme Monats-Mittel + 10,73 160,44 (1854/65) 140,71 Fünftäg. Mitt. 30. Juni-4.Juli — 19,35 120,18 (1831/2,) 130,58 5.Juli-9. „ — 19,48 120,50 5 130,98 10.55 1a. |) 430,02 170,78 = 140,76 15050219... | 815057 180,76 % 150,19 20.5, -24, + 39,43 180,70 S 150,27 25. „-29., 0-4 2956 170,48 b 140,92 Maximum —+ 409,2 280,6 (i95/g0) 249,4 Minimum + 09,3 90,8 & 3 Differenz im ganzen Monat 180,8 " 140,9 grösste Differenz innerhalb 24 Stunden — 9°9 am 23.-24. Mitt. 2 Uhr. x u 2 Br ar + 11°3 am 23. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr die Temperatur stieg überhaupt im Mittel ganz und gar auf 20° und darüber an 18 Tagen an 4 Tagen an 0 Tagen ‚Eleetrische Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 3 (185)0) 4,5 Wetterleuchten 4 0 r 1,6 Mittlere Windesriehtung N(5%52°)0 » . N(70925)W d. i. ungefähr NnzenOl Y WNW Mittlere Himmelsansicht zieml. heiter (4) „wolkig (6) mwolkenleere Tage 5 5 1,1 G. Schubring und M. Kleemann. b Station Juli 1868. Beobachter: Luftdruck Relative e| auf 0° reducirt. & Fee, Feuchiigkeit 6 3 300 Pariser Linien+ UNI ABISE INA. in Procenten. nn a! V. 6.|M. 2.4.10 |Mitt.| V.6.|M.2]JA10]Mit. V.6] M.2jA. 10|Mit. ı |34,01134,18/34,02|34,07|4,36 14,931 4,744,68| 86 | 97 | 94 | 92 2. |33,59|33,05|32,80 |33,15]4,85 |4,69|5,0114,85| 97 | 75 | 92 | 88 | 10,6 3 132,62|32,24|32,25|32,37|4,80 4,55|5,3614,90| 92 | 59 | 94 | 82 | 112 4 131,77131,32|31,69|31,59]4,97 14,98 4,78,4,91| 92 | 61 | 88 | 80 | 11,6 5 [32,15/32,45|32,84 |32,48]4,73 3,70|3,8014,0s| 89 | 59 | 75 | 74 | 114 6 133,03|33,06|33,85 |33,31[3,99 13,65] 4,43/4,02] 80 | 50 | 86 | 72 | 10,6 7. 134,72|35,26|35,93 |35,30[3,71 3,50|4,2513,82| 79 | co | 5 | 75] 98 8 |36,24|36,42|36,61 136,42]4,69 14,04|4,2414,32| 84 | 62 | 86. | 77. | 12,0 9 [36,64 36,33|36,06 136,34|4,36 15,23]5,53)5,04| 85 | 56 | 75 | 72 | 11,0 10 |35,91/35,49|35,43 |35,61|5,47 15,80) 6,50|5,92| 78 | 49 | 81 | 69 | 14,8 11 |35,76|35,43|35,41 |35,53[5,63 14,98 5,42|5,34| 76 | 39 | 63 | 59 | 15,6 12 |35,78)35,30)34,82 135,30[5,42 5,71)5,665,60) 89 | 55 | 67 | 70 | 13,0 13 134,59|33,93|33,37 [34,1 316,07 15,73] 5,85/5,88| 86 | 53 | 71 | 70 | 15,0 14 [34,23|34,07)34,61 134,30[6,26 15,00/5,40)5,55| 87 | 42 | 64 | 64 | 152 15 135,23/34,69]34,72 134,88)5,2714,72|3,6914,56| 87 | a1 | 49 | 59 | 13,0 16 |35,07|34,70|34,95.134,91[4,90 13,0814,55/4,18| 71 | 23 | 58 | 5L.| 14,6 17 [34,92|34,28|34,42 134,6115,62 13,8414,4314,63| 82 | 28 | 48 | 53 | 14,6 18 [34,53|34,37 34, 54 184,48|5,2713,4315,7214,81| 70 | 22 | 59 | 50 | 15,7 19 134,5433,91 34/34 134,26 6,46 15,86]6,2616,19| 73 | 41 | 72 | 62 | 17,8 20 |34,85|34,85|35,20 ,34,9715,62 14,07|4,8114,83[| 78 | 41 | 68 | 62 | 129 21 |35,31/34,84|35,52 |35,22]5,01 4,51/6,45/5,32| 71 | 34 | 66. | 57 | 15,0 22 |36,10/35,36134,69 |35,38]7,58,6,33| 6,11]6,67| 83 | 45 | 60 | 63 | 18,3 23 |34,32)33,71|34,55 |34,19|7,52/4,807,006,44| 89 | 25 | 73 | 62 | 17,3 24 |36,69|37,45|38,18 |37,44[5,47 13,41/3,5514,14| 81 | 36 | 55 | 57 | 143) 25 |38,69 38,03137,42 38,05|4,63 3,53/3,243,80| 79 | 40 | 45 | 55 | 12,6 26 |37,14 36,09|35,38 |36,20|4,19|3,07|3,49,3,558| 64 | 25 | 42 | a4 | 140 37 |35,04|33,89/33,73 |34,22[3,82 |3,69|2,88 3,46| 63 | 28 | 35 | 42 | 13,1 28 133,19|32, 20 31,36 |32,2513,91 4,1815,95,4,68| 52 | 29 | 64 | 48 | 15,8 29 130,83 30, 31 30,95 |30,70]6,49 |6,72| 6,75.6,65] 82 70 | 9 | 82 | 16,4 30 |32,09|33,13/34,30 133,176,75 16,19 6,3116,44| 98 | 58 | 82 | 78 | 15,3 31 134,79 ,34,46|35,16 [34,80[5,57 [3,35!5,824,91| 85 | 29 | 79 | 64 | 140 Mitt.|34,66|34,35]34,50 34,50[5,27 |4,56|5,10|4,97[80,74]46,19]69,9765,58] 13,85 Max.|38,69 38,05]7,58 6,67] 97 | 97 92 Min. 30,31 30,70 2,88|3,46 22 42| 9,8 Druck der trockenen Luft: 27 5,53 — 329'",53. Niederschläge: | Tage | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Hök« Regen 6 171,8 Cub.-Zoll 14,32 Schnee — _ ne Summe 6 171,8 ss 14,32 Blecirische Erscheinungen: 3 Gewitter am 3,, 10. v. 23. a. d. 8. e Kleemann. Juli 1868. ai 1. Niederschläge, Wasserstand j Windesrichtung. Ik. in [gemessen tägl. um [Cr Saure. P” Zehnieln, | 2 Uhr Nacht." 1 maren mama hit.| V.6 | M. 2 |A. 10 |v.|MJA.|M| Art u. Zeit. |Cub.Z.| F. | 2. 08| NNO| N NW. .0| 6) 8.412.207, ].gzu.| 50,3 5 1 ws Nw | © | sw [iol 9| 8 ol aan 44| 5 1 87) NW | ;N SO | 7) 8[ 7| 7|2.Nchmttg. } 8,7 5 2 3,4] NW N NW In 3] 01 A 52,4 5 | 2 191 NW IWNW| W_ 110| 8| 9| 9 5 2 2,41 SW W w I|8| 7 8 8 5 2 1,0|WNW| W NW. | 9| 9) 9| 9 5 2 22| NW | NW NO | 1! 9| 0| 3 5 2 5,0] NW | NO NO | 0| 8| 75 5 2 TI NW | NÖ SO 10) 5] 4 3|Nachmttg. #1 5 2 8s7INW| NO |ıno Jıl 20 ı 5 2 6,8] N NW | NO [J10| 3 1)5 5 1 75| N O |NNOJ6| 787 5 0 821 NO | NO NO 10 6) 3| 3 5 ) 671 N O0 1IONO|o| 301 B) 0 81] NO Ö ONO | 0/ 0) 0) 0 BJ 0 901 0N0 | © NO | 0! 0) 0/ 0 BJ 0 0,01 NW | NO NW | 0! 0| 0| 0 d 0 001 NW| W |INNWIA| 8 76 A) 0 641 NW | NW N. 0: 9 5 5 0 92] SW | SW NO | 0| 410] 5 5) 0 0,71 © S ONO | 0| 3) 0/1 5 0 1,6| SO |SSW | NW | 0| 0| 3| 1[2, Abd. + 5 0 5,61 NW N NNO| 4 0 0 1 4 11 52INNO| NO | NO [0,000 4 11 1,51 0 (0) (6) 0' 0) 0/0 4 11 78| 0 (0) NO Jo) ı! 2) 1 4 10 Y7ı 0 SO | SSO 1 4| 6| 8 6 4 10 6,9| SSO Ss SO | 9! 8! 9, 92, Abd. 4 10 7351 NW | NW | NW ]9| 6/9 s 4 8 70] NW | W INNWwlıol 3lıo| s 4 10 „44l Mittl. tt. Wonlgrichtung |, A| .4|'4\.44%,— Regen. I Su gas 4| 4| 4| 4]% = Regen. 5 ‚6 N (5° 5 1°5 59%) (0) n=nebelig r= Gewitter 5 1,8 (N. z. BI La ed am aubim unit Tob_ah 4 once. 32 NT 00 mnelsans Himmelsansicht. mal N 2 mal S bedeckt (10.) Tage: 0 „. NNO| 1 „SSW trübe (9. 8.) > 7 NO a SW. wolkig (7. 6) » 5 „ ONO| 0 „ WSW ziemlich heiter (5. 4.) „ 5 Oo DI SW. heiter (3. 2. 1.) = 9 „ 0S0O| 2 „WwNW völlig heiter (0) © 5 „ SO |24 „NW durchsehnittlich: „ SSO| 2 „NNW ziemlich heiter (4). Luvseite des Horizonts: WNW-O (73—20). Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. Soeben erschien: Monographia heliceorum viventium. Sistens descriptiones systematicas et criticas omnium “hujus familiaegenerum et specierum hodie cognitarum. Auctore Ludovico Pfeiffer. Volumen quintum. 8. Geh. 4 Thlr. 20 Sgr. A. u. d. T.: Monographiae heliceorum viventium supplementum tertium. Ein neues Supplement zu der ausgezeichneten Monographie Pfeiffer’s über die Heliceen. Band I—III. (1848—53) kosten zusammen 15 Thlr.; Band IV., in zwei Theilen (1859) kostet 7 Thlr. 15 Ngr. RE Preisermässigung bisEnde 1868. tl Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel nach dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft von F. A. L. Thienemann. Mit 100 Tafeln Abbildungen von Vogeleiern. Zehn Hefte. 4. In Carton. (40 Thlr.) Ermässigter Preis 25 Thlr. Oeffentlichen und Privatbibliotheken, in denen das berühmte Werk noch fehlt, wird hiermit Gelegenheit geboten, es zu bedeutend ermäs- sigtem Preise zu erwerben. SE” Ende 1868 tritt der Ladenpreis von 40 Thlr. wieder ein. DE Preisermässigung bis Ende 1868. "BE Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. Corda, A. Jos. C. Prachtflora europäischer Schimmelbildungen.- Mit 25 color. Tafeln. Fol. (15 Thlr.) Ermässigter Preis 7!/s Tbir. — — Flore illustree des muc6dinees d’Europe. Avec 25 planches co- lories. Folio. (15 Thlr.) Ermässigter Preis 7%» Thlr. Kützing, F. Trg. Phycologia generalis, oder Anatomie, Physiologie und Systemkunde der Tange. Mit 80 farbig gedruckten Tafeln. 4. (40 Thlr.) Ermässigter Preis 20 Thlr. —— Species algarum. 8. (7 Thlr.) Ermässigter Preis 2?/; Thlr. — — Grundzüge der philosophischen Botanik. 2 Bände. Mit 38 Ta- feln Abbildungen. 8. (5%/s Thlr) Ermässigter Preis 12/; Thlr. Pritzel, &. A. Thesaurus literaturae botanicae omnium gentium inde a rerum botanicarum initiis ad nostra usque tempora, quindecim millia opera recensens. 4. (14 Thlr) Ermässigter Preis 6 Thlr. Auf Schreibp. (21 Thlr) Ermässigter Preis 8 Thlr. Die vorstehenden wichtigen botanischen Werke sind zu den er- mässigten Preisen durch alle Buchhandlungen zu beziehen. ME Ende 1868 treten die vollen Ladenpreise wieder ein. A obachtungen der meteorologischen Station zu Halle, August 1868. In der folgenden ‚Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte I) der diess- n Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln 3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens IlOjährige Mittel ) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (1851/57), bei ıftägigen Wärmemitteln aber l4jährige (18°1/,) die beiden letztern nach rechnungen des Herın Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn Weber hierselbst. Abweichung Mesaltaie mehrjährige Mittel uck Monats-Mittel + 0.04 333,95 (1851/60) 333,91 Maximum + 0,18 337,45 > 337'%,27 Minimum + 0” 64 329,97 h 329 38 Differenz im ganzen Monat 1448 a 7 9% grösste Differenz innerh.24Stund. —' 3,39 am 22.-23. Morgens 6 U. wuck Monats-Mittel — 0,02 44,85 (1851/60) 4,87 uchtgkt. „ — 10,4% 62,550/0 5 73,0% Schläge Regensumme — 216,3C.-Z. 81,4 0.-Z. » 297,69C.-Z Regentage —6 6 „80 .,116%% irme Monats-Mittel -H 20,35 16,70 (1851/47) 2E140,35 äg. Mitt. 30.Juli-3. Aug. -+ 00,92 150,86 (1851/64) 140,94 4.Aug.-8 „ + 20,84 170,86 N 150,02) 1a | SE anga 190,82 i 14,90 Mut-is, | 6b 210,30 ’ 140,55 0 aa 150,70 3 130,99 24. , -28, — 0980 120,86 1 130,66 Maximum + 40,5 280,4 (185/00) 239,9 Minimum — 095 19,8 e 80,3 Differenz im ganzen Monat 209,6 e; 15%6 sste Differenz innerhalb 24 Stunden — 6%0 am 24/ Mitt. u. 2/, Vm. & 5 - SS 7p8 + 120,3 am 11. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr Temperatur stieg überhaupt im Mittel ganz und gar "20° und darüber an 17 Tagen an 6 Tagen an 0 Tagen sche Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 3 (189/) 4,9 Wetterleuchten 5 1 en 1,8 e Windesrichtung N(72°17°)0 » N(68039)W d. i. ungefähr ONO r s WNW e Himmelsansicht; heiter (3) „ wolkig (6) wolkenleere Tage 5 e 1 M. Kleemann. f Statio August 1868. | Beobachter: Tuflanloh, Dansidzuel: Relative =) auf 0° redueirt. | Pariser Li Feuchtigkeit 3 300 Pariser Linien+ Lane nu in Procenten. R|v. sm. 2.]A 10 [Mit [v6 |. 2JAtolmi | V. 6] M.2]A. 10)Mi 1 136,46/36,63|36,38 |36,49]4,78|2,44 13,90/3,71| 81 | 47 | 63 2 |35,82)35,18|35,18|35,39l4,42'4,06 [4,25 4,24] 74 | 45 | 62 3. 185,82135,67|85,46 1395,65[5,04 [3,70 14,21/4,32] 79 39 | 57 4 135,20134,99|34,65 134,95]5,21 |4,60 |4,6214,81| 74 45 | 69 5 |34,22133,57/33,27 |33,6914,62 5,62 15,77/5,34| 73 | 53 | 77 6 133,43,32,95/33,08 |33,15]5,53 13,90 15,31/14,91| 84 | 31 | 69 7 183,37/32,89|33,52 |33,2615,55 [4,60 |5,8715,34| 87 32 | 60 8 134,51135,03|36,31 |35,28]6,66]4,78 |6,1615,87| 75 | 36| 77 9 137,45|36,92|36,46 |36,9415,74 14,71 |4,35.4,95| 88 40 | 47 10 135,72|34,66|34,04 134,81J5,12 16,14 [7,39)6,22] 62 43 | 77 11 »|33,23|31,60|31,16 |32,0015,95 5,03 [7,3416,11] 81.\.28 | 83 12 |31,46 32,45|32,74 |52,22[7,06 5,37 15,9716,13| 78 41.| 68 13 |32,34131,45131,52 |31,77]5,76 14,22 [4,07|4,66| 72 | 26 | 39 14 .132,47\32,53|32,94 ,32,6515,59 14,84 |6,2415,56| 67 34 | 69 15. |34,10134,13134,38 |34,20|6,61 16,60 [6,25,6,50| 86 | 50 | 59 16 134,36|33,99|33,44133,93|6,49 4,64 |4,90|5,54] 78 26 | A 17 132,85/30,79/30,87 131,50]5,17 4,02 |3,93|4,37| 583 22 | 32 18. |30,89|30,48|31,94131,10|6,36 [4,90 15,39|5,55| 69 | 30.) 54 19 |32,13|32,44|33,00 132,52[5,39 16,43 |5,9415,92| 72 | 57 | 88 20 |33,96133,92\34,25 |34,04]6,03 4,91 \5,13)5,356| 95 | 45 | 70 21 1|34,45133,70|33,77 |33,97|5,82 14,49 5,46 5,26] 82 37 | 69 22 133,36|32,21|30,64 |32,07/5,98 [6,27 |4,97,5,74| 99 s2 | 8Sı 23 29,97 30,7331,86 |30,85]4,99 3,56 3,98,4,18| 89 | 47 | 75 24 (32,84/33,0134,19 33,35|3,86 [3,09 |3,89)3,61] 79 37 | 77 25 [34/55 34,62|35,82 |35,00[1,77 4,60 [4,1513,51| 27 | 70.| -83 26 |36,86/36,91|37,21|36,99|3,44 2,60 |3,32|3,12| 87 3551.69 | 27 136,8235,79|34,81 |35,81|3,2513,21 |3,64|3,37] 78 33 | 56 28 134,64 |34,80|35,63 |35,0515,1413,19 13,27,3,87[| 92 39 | 59 29 1[34,69/33,83133,94|34,1513,2513,39 |3,93|3,52]| 66 | 53 | 78 30 134,01|34,51/35,35 ,34,62[3,84|3,97 \3,6313,81] 80 | 69 | 69 31. |35,04135,06|35,45.|35,18]3,9915,57 |5,6215,06)| 84 | 85 | 97 Mitt.]34,10 33,79 33,98 |33,95]5,11 |4,50/4,93)4,85|76,97 |43,77|66,77|62,55] 14,0: Max [37,45 36,09 7,39/6,50| 99 89 Min [29,97 30,85]1,77 3,12 22 +6] 7,8 Druck der trockenen Luft: 21 5,10 — 329,10. Niederschläge: | Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höl Regen 6 81,4 Cuvd.-Zoll 6,1 Schnee — —- ur = Summe 6 81,4 hi 6,1 Blectrische Erscheinungen: 3 Gewitter am 10., 11. u. 19. 1 Wetterleuchten am 12. le a. d. S. | g . Kleemann. August 1868. TE Trimwe] aan Wasserstand ie. = h Ansicht Niederschläge, Fre Windesrichtung. 1 : [gemessen tägl. um er Saale. mur) Bewölk. in [> 3 Uhr Nach Nach Schleusen- Zehnteln. r Nacım. mestr. Engelhardt Mit | V. 6 | M. 2 |A. 10 |v |m|A |M| Art u. Zeit. |CunZ.| F. | Z. 138INW | NW | NW | ı| 8 9| 6 4 10 152|WNW| N N |[9!6|8| 8 4 1 16,0] NO N SSO | 01 5| 7| 4 4 10 16,6] 8 ONO | ONO| 7 715 4 9 16,6] NW | NNO (0) 017195 4 9 17,7| NW | ONO | ONO | 0| 0] 9| 0 4 9 19,0] NO S ISsW|0| 062 4 10 194| SW | S |NW |s|sj8l s 4 10 181| N S ONO | 0 100 4 10 20,1] OSO | NNO | NNO | 0| 2| 0 ı|R. Abd. + 4 10 20,3| SW | SO O [0|1| 2) 1|%.Nchmttg.+| 020| 4 10 19,7| NW | SSO |NNO | 5| 6) 7 6 16,00| 4 10 20,9| NNO | SO O0 I7 010 2 4 10 19,8INNO| N N [0/1 00 4 1 153 N I NNO | NO |o| 1 3 ı 4 22,4] SO (0) ONO | 0| 0| 0| 0 4 23,0| OSO | OSO | ONO | 0| 0| 0, 0 4 9 21,4] O so Ö 0| 0) 5/ 2 4 9 12,01 SO S N 0| 2110) 4|R. Abd. 7 4 9 16,6| SW | W Ww 110) 6| 0] 5|%. 19/20 Nchts.| 3350| 4 9 1718| wW | NO so | 2/4 8 5 ' 4 9 14,1] SO | SO so | 5! 9 0| 5 4 10 13,0 | SSO | SW | SSO |sı 3 114 4 u 12,8 Ss SW NO!) 3 6) 0,3 4 10 28 78. SW | NO |ı| 9 93 4 9 11,2|WNW|NNO | NNO| 4] 6| 1) 4 4 9 13,9] SSO | SSW SO | 1| 4 1| 2 4 g - 1365| W ıWSW | NW 1 1, 7, 7/5 4 10 11,7IWSW|WSW | W Jıo) 9| 9) 9|2. Abd. 10,301 4 10 1138| W |IWSW N 91857 4 10 12,1| W W |SSW | 9|10| 1) 7|R.d.ganz.Tg.| 21,40| 4 9 16,70] Mittl. Windrichtung | 3| 4| 3| 3]|% = Regen. 4 9,6 23,0 N (72° 16° 47°) (0) n=nebelig = Gewitter 4 gt 1,2 (ONO) 4 8 Windrichtungen. Himmelsansicht. 9 mal N T mal S bedeckt (10.) Tage: 0 9 „ NNO| 3 „sSSw trübe (9. 8.) we E., NO ö „SW wolkig (7. 6) = 4 fl „. ONO| A „WSW ziemlich heiter (5. 4) „ 10 BO 8.5 W heiter (3. 2 1.) Erg Be, 050 2 WNW völlig heiter (0) > 5 0 „ so 8 „NW durchschnittlich: 5b „ 8SS0] 0 „NNW heiter (3). Luvseite des Horizonts: N—SSO (55—38) (aber O < W). ee K}-} a “RE AHa0E FÜR N rar! De ü 61 1) 6“ RD rt Bew pyerner wvRrren Arber pure 3 Er een nn PEHFIRER PEN N -6 una ee I = . D; — eo Su u a - = Se Er 10) Janis ailar . daiiiinsnnh e Ex w>ü a u) f x Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle, September 1868. In der folgenden Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte I) der diess- jährigen Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln (Spalte 3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens l0jährige Mittel (185%/g0) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (185t/,,), bei den fünftägigen Wärmemitteln aber l4jährige (18°'/e,) die beiden letztern nach den Berechnungen des Herrn Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn Lehrer Weber hierselbst. Abweichung Resultate mehrjährige Mittel Luftdruck Monats-Mittel .— 0,65 333‘ 74 (1851/0) 8334,39 Maximum 0 OMTE 338“ 15 ß 338,90 Minimum 1.0.95 328% 47 = 3294 70 Differenz im ganzen Monat 94,68 > 9,490 grösste Differenz innerh.24Stund. + 3,36 am 23.-24. Mittags 2 U. Dunstdruck Monats-Mittel + 0,04 4'",03 (1851/60) 3.99 Rel. Feuchtgkt. A — 6,706 69,90°/o e 76,60% Niederschläge Regensumme —79,7C.-2. 109,0 C.-Z. „ 188,72C.-Z Regentage —4 5 n 9 Luftwärme Monats-Mittel + 10,32 120,82 (18°W/er) 110,50 Fünftäg.Mitt.29.Aug.-2.Sept. — 0°,68 120,32 (1851%,) 130,00 3.Sept.-7., + 19,62 140,44 ; 120,82 Ba, 29, 11.430 149,50 f 110,39 13, 17, ia: 1919 10,02 5; 119,21 lat, -22, 31 43185 12°,30 R 100,95 BB, -., + 20,29 120,60 r 100,31 Maximum + 29,8 229,3 (185%) 199,5 Minimum + 10,8 59,0 : 30,2 Differenz im ganzen Monat 179,3 Is 16°,3 grösste Differenz innerhalb 24 Stunden — 9°%,7 am 1%]. Mitt. 3 R ä 8% -+ 13%2 am 19. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr die Temperatur stieg überhaupt im Mittel ganz und gar auf 20° und darüber an 8 Tagen an 0 Tagen an 0 Tagen Eleetrische Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 0 (185/,) 1,1 Wetterleuchten 5 l 5 0,8 Mittlere Windesrichtung N(23° 0°) 0 „ N(620 14)W d. i. ungefähr NNO ® WNW Mittlere Himmelsansicht ziemlich heiter (4) „ wolkig (6) mwolkenleere Tage 8 ” 2 M. Kleemann k September 1868. Luftdruck auf. 0° reducirt. Dunstdruck Beobachter: Statio g gi : i Feuchtigkeit 3 300 Pariser Linien+ | '"" Pariser Lin. in Procenten. a |v. 6.|M. 2.|A.10.|Mitt.] V.6.|M.2JA10|Mit| V.6] M.2[|A.10|Mit | V. 1 |36,0435,85| 36,34 |36,09[4,70 4,27 14,9414,64| 94 75 10,6 2 |37,05/37,05|37,2737,12]5,11 4,78 [4,61l4,83| 95 82 | 11,6 3 137,35136,97136,81|37,043,35 3,5913,99|3,64| 78 69 | 10,4 4 136,84|36,23|36,58136,55]3,97 4,05 14,5014,04| 93 69 7,4 5. 136,92/37,12137,62137,22|4,03 3,3214, 3013,58] 84 98 10,1 6 [38,15 37,81/37,14|37,90|4,9214,89 4.20 4,67| 87 64 |. 12,2 1. [37,43/36,51|36,06 |36,67[4,16 13,78 14,05/4,00| 87 60 t0,1 8 1|35,76|35,10|35,63 135,5013,57 13,38 3,31/3,42| 79 50 9,4 9 137,23|37,60!37,90|37,58|4,1513,6213,1613,64| 79 59 | 11,2 10 |37,74|36,40|35,54|36,56|3,51 14,52 14,45[4,16|' 83 67 8,6 11 34, 76/33,48|33,03|33,76[4,41 14,30 |4,0214,24|. 91 62 10,2 12 [32,7832,16|33,09 |32,68|4,07 4,30 13,81 4,06] 80 65 10,8] 13. [33,65133,33|33;15133,38|1,35 [2,17 12,57/2,03| 55 "508,7 14 132,64|31,79|32,67 |32,37|2,53 12,68:]2,82|2,68| 81 64 5,0 15 |33,36/33,03|33,17/33,19]2,7412,33:13,49|2,85]. 82 63 9,8) 16 |33,05133,03133,19|33,09|3,34 3,53 [3,0913,32] so 68| 85 17 |33,08|32,70|32,62132,80]3,25 2,59 12,84]2,89| 78 59 8,4 18, 182,06|32,11|32,70 |32,29]3,06 14,32 14,37|3,92] 98 u 82 5,0 19 [32,7731,98132,19|32,31]3,45 3,41 13,5713,4s| 92 61. | 7,2 20. 132,33|32,59132,73132,55|4,37 5,07 |4,58I4,67| 83 93 | 112 21 |32,70/31,75/30,99131,81|3,90 |5,&3 |4,6614,66| 100 81 7,61 22 |30,71/30,20129,99|30,30|4,20 5,68 |5,5815,14| 91 77| 96 23 |28,8828,47|29,99|29,11[5,15 5,81 4,52|5,16| 92 92 12,0 24 |31,6731,83)32,00!31,833,95|4,13 [4,40/4,16| 81 77 | 10,3 25 |22,27/31,9631,78132,00|4,24 4,59 15,0814,64| 95- 77 9,2) 26 [33,2033,74133,95133,63|4,81 13,41 [3,84l4,02| 89 71] 11,6 27 183,18/32,36|31,91 |32,48|3,64 5,84 15,09)4,86| 90 77 8,0 28 |32,1432,21|32,0332,13|5,11 13,99 ]a,06 14,39] 95 18-| 11,6) 29 [31,77|31,46/31,00/31,41|4,19 14,23 |4,48|4,30| 88 65 | 10,0) 30 1[30,55131410/31,14/30,93|4,59:|4,60:14,5714,59| 80 79 | 12,3 Mitt. 133,94]33,6 33,94133,60133,69/33,74]3,91|4,09|4,10 |4,03186,00 151,23 169, 90] 9,49 Max. 38,15 37, ‚90 b) 1 5,16 100 93 Min. | 28,47 29,11]1,35 2.03 90 | 5,0 Druck der trockenen Luft: 271" 5" 71 = Niederschläge: | Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höh« Regen 5 109,0 Cub.-Zoll 9,08 Schnee — — — Summe 5 109,0 9,08 Blectrische Erscheinungen: 1 Wetterleuchten am 11. le a. d. 8. . Kleemsnn: Söptember 1868. 2 | we Niederschläge, | Wasserstand ur) Windesrichtung. Bewölk. in |gemessen tägl. um Bach " ; Zehnteln. 2 Uhr Nachm. matr. Engelhardt Mit.| V.6 | M. 24.10 |V /MIA.IM| Art u. Zeit. |OubZ.| F. | 2. As,Tl N W |IWNW] 9| 8| 9| 9|[2.Ncht.31—1| 1342| 4 9 1285| NW |NW | N [10| 9| 0) 6/2. Mrg. 14,1| 4 10 123|NW| N |NNO| 40 01 4 10 13,5] NO | NO NO [0000| 4 10 154| N N INT, 1,7 1.0170160 4 10 158| N NO | NO [0/1 0/0 4 10 152] 0ONO | 0 N Fo}o 0 0 4 10 15,8| SO S NO [0] 0] 0) 0| 4 10 135[| NW | NNO | NO | 01 1l 0 0 4 9 13,6] NO NO ONO | 0 1| 0) 0 4 I 155) NO | 080 | NO }o| ıl 0| 0|Ab. Wetterl. 4 y 14,1| NO |NNO | NNO|0| 6 0 2 4 9 102| NW INNW | NO |9|5| 25 4 9 91ı| NW | NW | NW | o| 3| 0, ı 4 I 9,9| NW INNW | NW | ı| 6110| 6 4 8 105] W IWNW| S Tel sı 3 4 4 8 10,4| 8 N NO } 917005 4 8 10,3] ONO | SSO | SSO | ı| 9! 0) 3|%. Vm.u.Nm| 04 | 4 8 13,71 SW }08SO | NO [4/3 0) 2 | 05, 4 8 106|.NO | W |WNW] 1/10] o| 42%.d.ganz. Tg.) 10,1 | 4 8 12,5| SW N ONO | 0| 1110| 4 207.1 4 8 14,4| NW 0 ONO| ı| 7) 0/3 4 8 12,0| N 5 | SSW 10 10110110|2.d. ganz. Tg.| 198 | 4 9 11,7) SSW | SW a|8 8 7 er 10 13,1| NW | 880: | SSO.]2| 6| 8) 5 i 4 10 12,7| SW | SW | SSso | ıl ı1l 0 4 ı 351 S:, | SSO S 1:4| 8 9| 7 4 10 12,4 | SSW | SSO SO I4| 3) 0| 2 4 10 1401| S |ISSW | SSO | 1|7 65 4 10 12,5] NW | SSO Su RE 4 10 2,82| Mittl. Windrichtung | 3| 5] 3) 4]2 — Regen. | 4.| 92 5,8 N702220065,0, Innahalie 4 1 91 (NNO) n—nebelig | Ä | 5 Windrichtungen. Himmelsansicht. 0 mal N 10 mal S bedeckt (10.) Tage: 1 4 „ NNO| # „ssw trübe (9. 8.) > Bi, NO 5 „SW wolkig (7. 6) ” 4 5 „ ONO, ı „ WSw ziemlich heiter (5.4) „ 7 2 „ O0 REN heiter (3. 2. 1.) Sr ? „ 08S0| 2 „ WNW . völlig heiter (0) eu % „ SO"); NW durchschnittlich: 9 „ SSO| 2 „NNW | ziemlich heiter (4). Die Zuvseite des Horizonts ist nicht angebbar; NO—ONO (21—6); SSO (9—2); W (3—2); NW (13—2) und N—-NNO (14—14); OSO (2—2). Am 11. September Abends 105 30m wurde hier im Kopfe des Drachen ein Meteor beobachtet. Es war mit einem zischenden Geräusch verbunden und besonders durch die Intensität und lange Zeitdauer sei- ner Lichterscheinung merkwürdig. Der Lichteindruck, der zuerst ein blendend weisser war, schwächte sich nur sehr allmählich ab. Das Me- teor erschien bei 7 und nahm seinen Lauf bis y draconis. Das Centrum des Glanzes, welches auf meinem Standpunkte genau in »v draconis fiel, verschwand erst nach 10 Minuten. Einen festen Kern hatte das Meteor nicht. Dasselbe Meteor wurde auch in Suhl beobachtet und berichtet darüber die N. Pr. Z. (Nr. 216) Folgendes: ‚Ich musterte eben einen Theil der Milchstrasse im Persius durch, als eine sehr lebhafte Stern- schnuppe mit blendend weissem Licht die Gegend übergoss und sofort die Augen auf sich zog. Sie nahm ihren mässig geschwinden Lauf unter dem Pol hin zwischen dem Kopf des grossen Bären, dem Schwanz des Drachen und dem Halse des Kamelopard und verschwand in der Brust des letztern, ohne lebhaftere Sterne zu berühren, im Allgemeinen also der Richtung der täglichen Bewegung der Gestirne folgend und von West nach Ost streichend. Weit merkwürdiger aber, als das Meteor selbst, war seine Spur, welche dasselbe am Himmel zurücklies. Unter den vielen tausend ähnlichen Himmelserscheinungen, die ich bei nächtlichen Himmelsbetrachtungen und Wanderungen beobachtet habe, habe ich doch keine gefunden, deren Spur nur annähernd von solcher Lebhaftig- keit und Dauer war, wie diese. Sie strahlte eine Zeit lang im Lichte weissglühenden Eisens, ging dann über in hellen Lichtschein und fing mit dem Abnehmen des Lichtes zugleich an, die ursprüngliche Stellung am Himmel zu verändern. Das östliche Ende dieser leuchtenden Bahn krümmte sich nämlich nach dem Pole zu, so dass die Erscheinung Aehnlichkeit mit einem hellen Kometenschweife erhielt. Nun erst fiel mir ein, mein Fernrohr, einen sechsfüssigen , vortrefflichen Refractor, dessen schwächste nur 50malige Vergrösserung mit sehr weitem Gesichts- feld gerade eingesteckt war, auf das Meteor zu richten. Da fand sich denn nicht etwa ein schlechtbegrenzter, verschwimmender Lichtschimmer, wie bei Kometenschweifen, sondern eine langgestreckte Gruppe gut be- grenzter kleiner weisser Wölkchen, wie solche sich beim Verbrennen und Verdampfen mancher Chemikalien bilden, theilweise dicht genug, um Sterne bis 8.Grösse zu decken, theilweise auch noch Sterne 9. und 10.Grösse durchschimmern lassend, durchbrochen und untermischt mit Stellen tiefblauen Himmels. Die Fortbewegung dieser einzelnen Wölk- chen war übrigens im Fernrohr weniger merklich, als die Stellungs- veränderung der ganzen Erscheinung am Himmel hätte erwarten lassen. Das Lichtgewölk, sich allmählich von Osten her auf seinem festen west- lichen Anfangspunkte aufrichtend und rückwärts neigend, verschwand erst etwa 8 Minuten nach dem Meteor, das hier um 10h. 27m. Suhler mittlerer Zeit, = c. 10h. 39 m. mittler Berliner Zeit beobachtet wurde.“ Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle, October 1868. In der folgenden Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte I) der diess- ırigen Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln alte 3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens l0jährige Mittel 351/60) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (185!/g,), bei n fünftägigen Wärmemitteln aber l4jährige (18°'/s4) die beiden letztern nach n Berechnungen des Herrn Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn 'hrer Weber hierselbst. Abweichung Hesultste mehrjährige Mittel ftdruck Monats-Mittel + 0,18 334% 27 (1891/60) 334,09 Maximum — 1,39 338'',00 „ 339,39 Minimum +0,79 327,82 “ 327,03 Differenz im ganzen Monat 10,18 » 12,36 grössteDifferenz innerh.24Stund. + 5,96 am 24.-25. Morgens 6 U. ımstdruck Monats-Mittel — 0,15 3’%15 (1854/80) 3,30 1. Feuchtgkt. 5 + 3,006 85,109/0 v 82,10), derschläge Regensumme + 106,1C.-Z. 257,5C.-Z. „ 151,89 C.-Z. Regentage —3 6 x g ftwärme Monats-Mittel — 0%,81 6°,87 (1881er) 10,68 "ünftäg.Mitt.28.Sept.-2.'0ct. + 19,88 120,24 (1851/,,) 100,36 8.0ct.-7.„ — 1932 80,28 Y 90,60 a, | gg 60,54 b 80,58 1%. „ -17., — 1905 10,52 v 80,57 18. , -2., — 1954 60,28 b 19,82 23.,. -27., — 09 50,86 N 6%,85 Maximum — 20,8 139,6 (189/60) 1694 Minimum + 19,0 1°,0 5 0°,0 Differenz im ganzen Monat 120,6 = 16°,4 grösste Differenz innerhalb 24 Stunden — 6°%,6 am 2/s Mrg. 8 + 11%1 am 11. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr n n n ; die Temperatur stieg nicht über 20° und fiel nicht auf 0°. ‚etrische Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 0 (1851/60) 0,2 Wetterleuchten = 0 = 0,2 tlere Windesriehtung S(13° 100 „ 8(860 26)W d. i. ungefähr Sz.0 S W tlere Himmelsansicht wolkig (7) „ wolkig (6) wolkenleere Tage 0 S 1,8 M. Kleemann. October 1868. Station Luftdruck 2 Relative 5 | auf 0% reducirt. |. nn Feuchtigkeit 1 1300 Pariser Linien+ LES IV nn in Procenten. in Gra lv. 6 |M. 2.|A..10.| Mitt.| V.6.|M.2]A10|Mit| V. 6| M.2|A. 10|Mit. | V. 6.|M ! 31,86/31,94 |31,78]4,724,91 |5,1214,92| 92 79 |100 90 | 11,0 33,30 35,28 /33,59|4,91 |4,70 12,75/4,12| 100 | 74 | 71 | 82 | 10,4 34,19|33,73|34,40]2,36 3,38 |3,2913,01| 84 79 | 87 8 3,8 33,69133,10133,35]3,21 14,10 |3,3513,55] 90 84 | 85 86 6,6 35,23137,24|35,23]3,3913,78 13,773,65| 93 85 92 90 6,8 7,18 37,65137,21 37,55]3,76 3,69 14,1513,87) 200 72) 91 | 88 2 35,37|35,69135,69[4,17 4,04 13,33|3,85| 94 | 71 | 93 | 86 9,2 36,33136,9936,39]2,83 14,04 |3,27|3,38| 93 |; 91 | 93 | 92 4,8 36,57/36,49 |36,78|2,48 4,14 2,6513,09| 100 | so | 85 | 88 | 2,4 36,18136,2936,3412,45 |2,93 12,88)2,75|100 | 55 | s2 | SO | 2,3 36,01/36,26 [36,17[2,23 3,31 13,0412,86| 100 58 | 93 | 84 1,2 36,16136,22 |36,2612,19|3,63 13,13 2,98] 100 69 | 78 | 3 1,0 36,62136,44 |36,50|2,76 3,18 |3,273,07| 100 93.) 93 | 95 3,6 35,2735,30 [35,39|2,87 13,02 |3,10/3,00] ‚89 | 86 , 95 | 90 5,4 34,93\34,32 34,83[3,3413,62 13, 97 3,41] '97 76 | 90 88 6,2 ° 132,52132,12132,47|3,2113,63 13,7813,54]| 90 716| 95 | 871 6,6 32,7833,18132,69|3,91|3,59|3,70.3,73]| 85 , 64 | 88 | 79 9,6 30,28,28,78/30,32|2,95 13,89 13,55|3,46| 96 | 68 | 87 | 84 | 4,8 29,54 30,06 29,40|3,46 14,76 |4,06.4,09| 90 | 93 |100 | 74 31,0733,07 |31,26|3,49|2,98 |2,4712,98| 100 | 96 | s2 | 93] 63 33,90 33,95 133,90|2,7712,68 12,1912,55] 89 72189 | 83 ‘5,0 34,54/35,51 134,681[2,03 13,18 12,252,49| 89 9% 75 8) 1,5 35,26134,33 |35,16 2,21 2,50 12,0912,29| 96 59 | 79 78 1,6 33,901 30,89 |32,86]2,49 2,45 12, 67 2,04l 92 | 62:| 82 |-,79 3,4 29,47|32,14|29,81|2,76 12,65 |3, '02 2,81] 62 | 54 | 82 | 66 9,2 31.89133,58 32.22]2,80 3,11 2,7512,89| s5 | 98 | 91 | 91 | 5,6 34,13135,81 |34,46|2,88|2,49 2,31 12,56] 92 67 | 84 | 81 5,0 28 |36,71,37,29/38,00 |37,33[1,97 12,40 12,03/2,13] 82 2|8| 79 2,0 29 |36,42|33,43|33,14|34,33|1,98 [2,35 12,352,23] 90 | 72 | 86 | 83 1,0 30 134,05 34,78|35,45134,76]2,28 12,56 3, 5912,48] 82 | 74 | 87 | 8 3,7 31: 136,09)36,40,37,1736,55|3,06|3,57 3, 3513,33] 97 90 | 87| 9 5,2 Mitt. |34,10j34,21/34,51|34,27|2,97|3,40 [3,08 |3,15]91,90 |76,10:187,39]85,10] 5,15] ! Max. 38,00137,55 512 4,92 100 100 95 Min. [27,82 29,40|1,97 2,13 54 66 | 1,0 Druck der trockenen Luft: 27 112 — 331,12. Niederschläge: | Tage | Menze auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. Regen 6 257,5 Cub.-Zoll 21,46 Schnee — — 2 — #4 Summe 6 257,5 ” 21,46 Electrische Erscheinungen: 0 Gewitter Wetterleuchten 0 pP a. d. 8. Xleemann. Oktober 1868. Ansicht Niederschläge, Wasserstand Windesrichtung. "1, : gemessen tägl.um | der Saale. ) Bewölk.in z 2 Zehntein. | 2UhrNachm. (Neiningebardi t.| V. 6 | M. 2 |A.10 |V.|MjA.|M| Art u. Zeit. |Cub.Z.| F. | 2. er N 2 el ee BE ee ee Bedchset WE N ER | 50 >) NW |[10| 9110/10|R.d. ganz. Tg.| 22,4 4 11 5|SSW |WSW| NW | 9! 9] A| 7|%. Nchmttg. | 27,6 | 4 11 ‘| nw |ono| o Jo!sl6 5 129 | 5 0 2| © ono| N !9l9l 6 8 5 ) A| nw |wNW| wNwlıoliol 6| 9 5 3 2|wnw|nw | 080 | [101010 5 4 3| 0 |ono|0oNO|n! 9! 0| 6 5 I NO NW | NW | nl10| 0) 7 5 1 At ONO | ONO| NO In! 1] 0/4 5 1 6| © |0NO|oNO|n!|o| 0 3 5 n Al no | © 0 |n| eo! o| 3 5 0 s| 0 0 | xO In| 6| 9| 8 5 0 4| 0 NO | 0 || al10110 5 v s| 0 s | 8sO |ıo 10/1010 5 0 7] SSO | SSO ! SSO | n| 6) 0) 5 5 0 6| so | sw | s |Jıo| 910110 5 0 1] SW SW | SO |s| 7105 4 9 4| SO >10) S | ı| 7110| 6 4 9 8sI SW S | NO ]10110 110/10]. d. ganz. Tg. 17,6 4 9 2INNW N NW 1[10)10110/110|% d.ganz.Tg.| 958 | 4 9 8IWNW| W |SSO | s| 8| 0] 5 32,4 | 5 1 2INNW | SSO | SSO | n| n|10110 5 N) 2 sw | use. so |jaj's| 0) 2 5 i 6] 5 SSWw SO J10| 7/19) 9 5 1 9] SW | SW | SW | 5| 6| 9] 7] 2.d. Ncht.2/% 5 9 2| SW NO S 10) 9] 0) 6IR%.d.ganz.Tg.| 26,9 | 5 = 2|NNW | SW | sw | 5| a 0) 3]: 22. | 9% x a4 sSsw| w| w Jıl4 02 5 4| so | Ss |wswlslıo o| 6 5 z 8| SW | sw | sw |1| 5| 2] 3|2.d.Ncht. ®),, 5 n 8| sw |wsw| ssw lıoliol1ol1o|z. Nehmtte. | 19,7 | 5 1 87 A Windrichtung | 8| 7| 5| 7J2& = Regen. 5 0,61 81 S (1309.,57%) Oo es 5 6 1 (32.0) n—nebelig h 5 Windrichtungen. Himmelsansicht. mal N 9 mal S bedeckt (10.) Tage: 9 „ NNO| 3 „SSW trübe (9 8.) > 4 „ NO |ı6 „SW wolkig (7. 6) BT „ ONO, 3 „ WSW ziemlich heiter (5. 4.) „ 5 „ 0 BRNN, heiter (3. 2. 1.) 5 6 „ OSO| 4 „WNW völlig heiter (0) > 0 „ So & „NW durchschnittlich: „ 8SOl 3 „NNW wolkig (7.) Die Zuvseite des Horizonts: ONO—SW (63-30) (aber NNW > 080). N see ARE NE: > EIBBRBAIE 1022 EHER Im = Er y Be se sm ib R Br a nn nn er. 4 Sa By iR 0 0 a - (ar) Boahad en FE ae da Bi a ge Be ®) apod.. og Br Gi Kor mans Be ts sole yulör Mr LIE SCH. 5 Br 9) allow ii ; Be a. <= WAR sd) = a 3obachtungen der meteorologischen Station zu Halle, November 1868. In der folgenden Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte 1) der diesg- ın Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln »3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens lOjährige Mittel ) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (185'/,,), bei nftägigen Wärmemitteln aber l4jährige (18°'/s,) die beiden letztern nach 'erechnungen des Herrn Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn ® Weber hierselbst. diessjährige diessjährige AN Abweichung Resultate mehrjährige Mittel ruck Monats-Mittel + 0.05 334437 (1851/60) 3344 32 Maximum — 0,07 339,68 3 339% 75 Minimum + 2,26 328,63 R 326,37 Differenz im ganzen Monat 11,05 e: 13 38 grössteDifferenz innerh.24Stund. — 5“,06 am 3.-4. Morgens 6 U. ‘druck Monats-Mittel — 0,03 2.05 (1851/60) zu 08 »uchtgkt. J — 5,6% 80,90], R, 86,5% »schläge Regensumme -+38,2C.-2. 173,10.-Z. „ 134,86 C.-Z. Regen allein +618 „ 159,6 „ EN E = Schnee allein — 23,6 „ 13.5,05 re Regentage — 8 4 NT Schneetage a 3 Re! irme Monats-Mittel _— 0%16 20 31 (185%/g7) 20,47 "täg. Mitt. 28.0ct.-1.Nov. + 09,15 50,40 (1851) 50,95 2. Nov.-6., + 209,12 6°,36 = 40.24 7er Ser=ill, + 09,37 30,46 5 80,09 12., -16, + 0938 ‚20,22 k 10,84 ET. Kara, — 09,61 — 00,02 £ 00,59 2... -26.,. — 09,56 09,46 ä 10,02 Maxftnum + 0983 329 (1851/60) 99,6 Minimum 207 — 49,2 = — 69,9 Differenz im ganzen Monat 140,1 ' 160,5 ;sste Differenz innerhalb 24 Stunden — 6°,2 am */; Abd. und ®/e Mrg. 2 = 5 Bee + 5°2 am 28. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr ° nperatur fiel überhaupt im Mittel ganz und gar ınter 0° an 12 Tagen an 3 Tagen an 5 Tagen ische Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 0 (1853/) 0,4 Wetterleuchten 5 0 & 0,2 »e Windesricehtung N(79° 32‘)W „ 8(540 30)W d. i. ungefähr Wz.N a SWZW, :e Himmelsansicht wolkig (7) „ wolkig (8) mwolkenleere Tage 2 = 1 M. Kleemann. Statio November 1868. Beobachter: Luftdruck Relative = auf 0° redueirt. 2 a Feuchtigkeit 3 300 Pariser Linien + ae un: in Procenten. in'& V. 6.|M. 2.)A.10.|Mitt.|V.6.|W.2]A10|Mit | V.6| M.2|A.10|Mit. | v. 6.) 37,22137,17|37,25|37,21|3,3813,47]3,1013,82| sa | 7a | 78 | 79 Re.) o 36,7636,39135,9536,37]2,8013,05 |2,9212,92| 85 | 72 | 77 | 78 34,96 33,26131,18[33,13|3,45/2,81 |2,69|2,98| 93 | 64 | 63 | 73 29,90 30,1929,77129,9513,5212,58 12,6613,02| 90 | 63 | 63 | 72 28,63 29,67|30,71129,67|3,0311,57 1,8312,14| sı | a2 | 75 | 66 73 | 68 | 81072 91 7 670 Be 91 | 91 |100 | 94 100 |100 |100 | 100 100 |100 |100 | 100 100 | 92 | 96 | 96 ss | 92 | sı | 87 87 | 72 | 87.188 100 | 66 | 77 | sı s1 || 8 76 6 | 85 | 79 | 80 1,64[2,27| 73 \100:.|.79 | 8A 83 65 SO 55 | a 7 | 77 Masmaans Ss | 6858| 75| 77 1| 5424| 58| 6 73 ı 61 | 60 | 65 18.) s1al..83H 881 16 | sg | ss | 84 Suse. % | s6| 95 | 90 91. HS so 36 | 86 | 88°) 90 39 | s5| s5 | 586 nn nn 30,89|30,78\30,56 |30,7411,59 or — [0 .) ee) - —1 (er) - = 30,00|30,09)30,52 30,20[2,02 30,22,30,18|30,45 |30,28]2,06 = = _ - S@O- Dun m 29,92)29,44 30,59 |29,98]2,35 10 :130,97/31,74/32,98 |31,90|2,93 = soon nr voouo ounon wonlwmm m Sue oa = er} {op} - = = 11. 134,04 35,00 36,42 35,15[2,91 = = 12 |37,58138,27,39,24|38,36|2,38 = 13 |39,68|39,48|38,59|39,25|2,21 14. [36,46 35,62|35,78|35,95[2,15 15. |36,20|37,08|36,95 |36,74]1,74 = =. = ÄI([1QOe-D DormD-i m de) —& A Je) (=>) 1 1 2 2) 3 2 2 2 ] 1 16 135,3234,12|34,81134,7511,61 11 17 135,20/26,03/38,01 136,41 2,112 1 1 1 1 1 1 2 2 1 1 1 1 1 = 18 |38,17/37,06|35,72 |36,95|1,38 19 136,90 37,76|38,28 37,65 20 |37,04/37,74138,91|37,9 21 |38,51/37,36136,17|37,3 = = = PF-oVP$p sSococoDbw PpPr,rPrT—_o --1-1-91 | 0 5 22 134,76/33,53 32,59 133,63 23 |31,54/31,48|32,46 31,83 24 133,71|34,22|34,27 134,07 4 9 0 2 | = = 25. |33,60/32,73|32,20 132,8 26 131,96 32,48133,34 132,5 27 134,08 34,19[34,33|34,2 28 |33,31133,99|34,55 134,1: 29 |35,10/35,56[36, 30. |36,33|36, 18/35, = OP O9 POS aho® dm = [=] [e] - I) >) 1,8611,73 1,631,65 5611,68 1,51/1,52 =. I Deo Dowom = _ Mitt. [34,32|34,29 34,49|34,57]2,05/2,05 12,00 12,05]85,73 |75,07|81,73]80,87] 1,52 Max.|39,68 \39,25|3,92 13,32] 100| 100 100 100 Min. [28,63 129,67 1,08 11,19 42 | 61-42 Druck der trockenen Luft: 271 8,32 — 332',32. Niederschläge: | Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. Höh Regen 4 159,6 Cub.-Zoll 13,8 Schnee 3 13,5 a 1,12 Summe 7 173,1 14,42 blectrische Erscheinungen: Gewitter 0 Wetterleuchten 0 le d. d. S. . Kleemann. November 1868. j Anstte |, Nedersehtäge, |Yasersand ; Windesrichtung. Bewölk. in [gemessen tägl. um Samen | u Zehnteln. 2 Uhr Nachm. matr.Engelhardt Mit.| V. 6 | M. 2 | A. 10 |v.|MJA.|M| Art u. Zeit. |Cub.Z.| F. Mit. | V. 6 |M. 2 |A. 10 |V.IMJA.IM| Art u. Zeit. |oub.Z.] F. | 2. 8,6 BeTaenmemaew hol gl al u TE Sw 110| 9| 3| 7 5 4 ey wm Ss ı1oalı 5 4 83] W | Sw | sw [iol 6| 6| 7 5 3 8,6| SW SW | sw 110] 9| 71 9 5 3 5,5] SW W I NW | 9 3| 0| 4 5 3 22] NW | SW | nw | 0| slıo| 6 5 2 235] SO W I NW | n!10110110 5 2 23|WNW| sw | w flolioliololz.a. ganz. Tg.| 245 | 5 4 331 W W | wsw]ıo!1ol1olie|2.d.ganz. Tg.| a5,1 | 5 4 4,6] SW | sw | so Jıol1oliol1o|r d.ganz.Te. 416 | 5 7 4,6| NW N N [10/10/10/10|2.d. ganz. Tg.| 30,0 6 3 39] N NO N 8s| 9110| 9 12,4 7 3 38 IN N | NW |9| 8110| 9 7 9 151 N N N || 91010 7 10 Dal, N NW | NW [10) 8|10| 9[S.d.Ncht. #5) 1,4 7 8 1,6] N SW ı sw [1010110l10|8. Vmttg. 4,5 7 2 31|NW |NW| n [10/10 017 6 7 06| N NW | sw [ o| 0110| 3 6 6 -0,2| NW | NW N 0 1100 6 4 -1,01WNW| NW | no | s! 3 0) a 6 3 -3,6| 0 OSO (0) 0) 0/1 1/0 6 1 -0,2| SO S SO 716 2173 5 11 1,3] SSO | SO SO | 5110| 9| 8 5 g& 3,0] SO so SO | 9| 9 9] 9 5 g 8,3150, | 1507| So .|1| | 3) 5 5 8 -1,1] SO 0 O Inn 79 5 8 -0,51 0 NO O0 [10/10/11010!8, Abd. 5 8 1,0) O0 O | SSO ]10| 10110110 5 g -0,71 O 10) SO |'r! 10110110 5 7 14] 0 0 | NO [10] 1010110 5 g 2,31] Mittel. tel. Windrichtung | T| 8] 7| IR — Besm. 1 — 7| 8| 7| TIR= Regen. 5 11,9 5,6 N (79032'24“) W "n=nebeg[$- = Schnee 7 10 3 2 Windrichtungen. zn! 4 mal N 2 mal S bedeckt (10. Taee: 0». NNO| 0 „ssw ee a Br NOr IT „SW wolkig (7. 6) a 4 BE ,:..0NO, 2 ,, WSW ziemlich heiter (5. A 3 ro Be heiter (3. 2. 1.) as l „.0OSO| 2 „WNW völlig heiter (0) x 2 = 5.80.1742 „NW durchschnittlich: > SSO| 0 „NNW S wolkig (7.) Die Zuvseite des Horizonts: SW—NNO (55--35) (aber W 2 Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle. December 1868. In der folgenden Uebersicht sind die Abweichungen (Spalte I) der diess- rigen Beobachtungen und Mittel (Spalte 2) von den mehrjährigen Mitteln alte 3) zusammengestellt. Zum Vergleich sind meistens IOjährige Mittel 51/60) benutzt, nur bei der mittlern Monatswärme das 17jährige (185'/g,), bei ı fünftägigen Wärmemitteln aber I4jährige (185!/4,) die beiden letztern nach n Berechnungen des Herrn Prof. Dove, die erstern nach denen des Herrn hrer Weber hierselbst. diessjährige diessjährige Abweichung Resultate mehrjährige Mittel ftdruck Monats-Mittel — 2.38 331,78 (1851/60) 334416 Maximum — 045 840,87 . 341% 39 Minimum — 34,75 323,28 ® 327'",03 Differenz im ganzen Monat 17,59 R 1444,99 grösste Differenz innerh.24Stund. + 11,00 am 9.-10. Morgens 6 U. nstdruck Monats-Mittel + 0,54 2ugB, (1851/g0) 174,89 .Feuchtgkt. „ — 4,8% 80,60%/0 A 85,40), derschläge Regensumme — 1,40.-Z. 153,40.-Z. „ 154,820.-Z. Regen allein + 410 „ 149,0 108,02 Schnee allein — 494 44 ? R A MR n ? n n ’ n Regentage + 2 8 kb Schneetage — 4 1 a) twärme Monats-Mittel -+ 39,83 49,35 (1854/,) 00,52 umftäg.Mitt.27.Nov.-1.Dec. — 19,17 — 09,24 (1851/,,) 00,98 2. Dec.-6., + 40,89 5093 e 00,38 u Se en) 40,26 x 10,57 joy je. | 1 3038 30,08 ä 00,70 ee er 30,74 ae a ern 22. ,..-26, +89 50,42 09,23 2. „3, + 5917 5014 „URS ROR.08 Maximum + 59,3 120,6 (183%/go) 79,3 Minimum + 5%0 — 30,2 s — 80,2 Differenz im ganzen Monat 159,8 = 1595 ‚grösste Differenz innerhalb 24 Stunden — 10°1 am ®/, Mittags. & a = SE — 6%,1 am 9. Vm. 6-Mitt. 2 Uhr Temperatur fiel überhaupt im Mittel ganz und gar unter 0° an 5 Tagen an 1 Tagen an 0 Tagen trische Erscheinungen Gewitter diess Jahr: 1 (18/6) 0 Wetterleuchten A 0 5 0» lere Windesriehtung S (9° 49))W „. -8(620 315) d. i. ungefähr Sz.W 5 WSW. lere Himmelsansicht wolkig (6) S trübe (8) mwolkenleere Tage 1 5 1 M. Kleemann. w Station 2 December 1868. Beobachter: He TB — Paar Daakansch Relative Luft = aut On ,gedyaizt, in Pariser Li Feuchtigkeit in Grade) = 300 Pariser Linien+ nT in Procenten. A Iv.6 IM. 2.4.10 |Mitt. V.6.|M.2]A10]Mit | V. 6] M.2]A. 10|Mit | V. 6.]M.% 1 135,55135,09134,92135,19h1,72l1,87 l1,s2]ı,80] 9ı | sa | 85 | 87 | 0,6] 11 2 ]34,64134,27 34,44134,4511,78 1,9011,54| 90 78 90 86 | —0,2 1, 3 132,93|33,78 33,75|33,4911,81|2,56 2,08/2,15) 86 96 179 87 0,6) 3 a |s3/96[34.23|33,55 133,91]2,6312,97 2,53l2,71| 2 | sa | 90 | 89] 4,0) 6| 5 132,32|31,94 29,78 |31,35|3,07 |3 4,2313,63| 79 85 79 81 1716| 8] 6 130,79|32,28 29,67 [30,913 4,2413,78| 79 79 97 85 9,01 9 7 127,45/32,44 33,83 31,24 4,07 13,19 12,8113,36] 69 718 77 75 12,6| 8) 8 131,87/29,81 29,93 |30,5412,80 2|3,15/3,22] 85 75 84 81 5,6| 10] 9 129,87|34,21 39,29: : 1,80/2,24| 86 838 90 88 6,6) 08 10 |40,87|39,44 36,59188,97| 1 15 2/1,19]1,29| 77 EU 52 69 | — 3,2|—0 11 |33,84|31,38 29,99: 1,8611,63] 73 52 | 65 63 1,0) 8 12 |28,78|34,70 36,68 1,6711,59] 77 48 s5 70 6,8| 2 13 |35,66/34,47 34,39 1,86/1,67) 76 717 86 so | —1,0| 1 14 134,83 34,78|34,74 1,9012,12| 91 81 su 84 1,41 4 15 134,16133,69 33,61 2,0612,01] 66 73 74 71 2,6 5 16 132,18 32,32|32,66 2,6312,81] - 85 82 92 86 48) 17 134,10|35,09|35,84 2,1212,45] 89 713 | 87 83 4A € 18 135,41|34,07 33,26 |. 2,0812,16| 90 85 79 85 0,6) £ 19 132,41132,17 32,39 2,5812,69| 88 | 100 92 93 3,6| 20 132,24|31,91 31,98 2,6212,99] 100 |100 | 89 96 4,6| 21 132,51[33,00|30,99 2,08|2,28] 92 92 | 87 90 2,4| © 22 127,38|27,98 28,44 0112,77|2,87) 89 69 | 81 80 5,2 23 127,62|26,87 26,90 |: 06 |2,32|2,68| 89 83 | 78 83 4,6 24 127,08 25,47 23,28 67 |2,5112,51| - 81 s1 13 718 4,2 25 125,18 26,20128,01 2,5012,30 12,37] 74 13 78 75 5,0 26 129,61|30,55 30,78 2,3812,3312,22] 72 74 | 77 74 3,4 27 128,28 25,66.23,87 2,5712,9112,521 73 87 76 79 4,0 28 |25,93)27,9027,36 2,39|2,452,40| 75 | 78 | 72 | 76 |, 52 29 |30,45130,91 27,49 2,67 |3,0412,51| 65 77 712 71 3,8 30 |[29,12|30,92|32,29 2,65 2,0512,48] 80 Ti 76 76 6,2 31 |32,66 33,59|34,16 |33,47 2,19/2,04 |1,89]2,04 717 67 84 76 4,0 Mitt.131,60131,97]31,77 31,78[2,36]2,55 |2,38 |2,43]81,81 |78,94]80,90]80,55| 3,83 | 5 Max.|40,87 38,97 4,24 |3,78)| 100| 100 96 | 12,6 Min. 23,28125,28[1,15 1,29 48 631 —3,2 Druck der trockenen Luft: 271 5,35 — 329,32. Niederschläge: | Tage. | Menge auf 1 Q.-Fuss. | Höhe. Regen 8 149,0 Cuo.-Zoll 12,42 Schnee 1 4,4 2 0,37 , Summe 9 153,4 53 12,78 EBlecirische Erscheinungen: 1 Gewitter, Nehts. 5/6; — 0 Wetterleuchten. ds d. S. Kleemann. December 1868. |: ee 2 IR ER ER en r Niederschläge, Wasserstand Rn Windesrichtung. : |gemessen tägl. um der Saale. Bewölk. in Nach Schleusen- Zeehnteln. 2 Uhr Nachm. mstr.Engelhardt it.| v. 6 | mM. 2 |A. 10 |v.|MJA.|M| Art u. Zeit. |Cub.z.| F. | Z. ),A} SO NO |NNO | nr! 10110110 5 7 rb | X0) so | so | 9 1lıol 7 5 7 ,3| 50 S SO -| 9| 8| 8] 8 5 7 | so ısw| wIig 716er 5 6 ,2| SW | ssw| Ss | 9| 910] 9|%. Ncht. >} 5 8 SW W SW | 4/1010) 8[2%. Abd. 42,2 5 6 y2| SW | sw | w || 910] 9|2. Ncht. | 34 | 6 11 8] NW I|WSW|WSW| 9| 3/10| 7|2%. Vmtitg. 8,7 8 6 ,a| SW | NO | N |8j1o| o| 6jS. Mttg. 9 1 „| 0 so | sso | o| 0110| 3 44 | 9 4 2,8] SO so SO | 8| 9119| 9 9 7 zı| sw | m | ww]9| 0) 03 9 2 ),a| SO S0 | SO | 0 a| 0 1 8 4 26| S so | So [9] 0) 01 3 7 11 3,8| 0SO | SO | so | 0) 7110| 6 7 6 55] S S s Jı0l 8| 1 6 7 1 aal S S so 10! ı| 0] 0 6 10 2,7| SO | SO | sso | 0| 210] 4 6 8 11] SW | W | SSW [1010| 5| SI%.d. ganz.Tg.| 143 | 6 8 19] SW | SW | SW | r|10/10110|R.d. ganz. Tg.| 34,7 6 6 2,6] NW | NW | NW [10 1011010 207 16 6 5,8] SO SW w 19 1| 9) 6 6 8 5,31 W S so | 9lıo| 5| 8 6 11 541 8 Ss SW | 4 9|9| 7 6 11 5,2] SW so so | 1| 6) 2) 3 1 2 4,4] SW SW | SW | 9] 9| 6| 8 7 5 5,3; SW | SW ! SW | 910! ı| 7|%. Nchmttg. 7 11 52 SW ı W | sw 2 6 65 12,0 1 7 10 6,2] WSW| W | SW |4| 9| 6| 6[R d.ganz.Te. 6,6 8 5) 5,6] SW SW | ONO]| 9 9| 1| 6 5,4 9 2 34] ONO |ONO | O |4 0) ı) 2 9 6 35] Mittl. Windrichtung | 6| 6| 6] 6|% = Regen. 7 4,2 9,2 D (99 49! 28) W \anaene|s — Schnee 9 zZ 0,9 i = Gewitter 5 6 Windrichtungen. Himmelsansicht. mal N 11 mal S bedeckt (10.) Tage: 3 se NINO 27, SSW trübe (9. 8.) 8 „ NO |26 „SW wolkig (7. 6) 5 Al „ ONO; 3 „ WSW ziemlich heiter (5. 4.) „ 2 NO SW heiter (3. 2. 1.) 5 6 0850: 0 7,2 WNW völlig heiter (0) > 1 „ so 5 „NW durchschnittlich: B22SSOL 0° 7,0NNW _ wolkig (6.) Luvseite des Horizonts: 0S0—W (77—16). Berichtigungen. Wasserstand der Saale im August 1868: am 15. 4° 9“; am 16. im October 1868: 1.—4. 411" 8.—15. 4 10“ 5. 5° 0“ 16.—20. 4 9" I6. 5° 2" 21. & 11” 7. 5° 1" 22.5 0 23. 5° 1" Mittel 4° 11°56,, 4' 8%, 24.—26. 5° 0" 27. 51“ .28.— 29. 5’ 6'' 80.—31. 5’ 4° Maximum 5‘6“; Minimum 49", Tabellarische Uebersicht (zu p. 396). der Gliederung und Aequivalenz der eozoischen Formationen Nordamerikas. Palaeozoische Format. Eozoische Formationen. Nord-Amerika. Britannien. Bayern u. Böhmen. 20,000 F. 20,000 F. oder mehr. 8 Potsdam-Sandstein, in dessen unterem Horizonte dieLingula flags|Etage C.Barr. © „ |Vermonter Schiefer (Georgia and Swanton Slates) beidelund Trema-| Primordial @| 2 |mit Arten von Olenus, Conocephalites, Dikelocephalus,|doc-Schiefer|Zone von Hof 8 S !Arionellus. und Ginetz 8 B Vermonter Schiefer — oberes Vermonter T'acon von m | Emmons und Marcou, z. Th. Quebec Group von Logan, Hunt Przibramer 7 u.a. Nach Marcou mit Colonien der zweiten Silurfauna. Grauwacke Discordanz. Discordanz | Discordanz. “ohi üdl. atlant. | nördl. atl. Canada. | Michigan. ano : Staaten. Körnige Quar-|Thon- Chlorit-| Thonschiefer, | Thonschiefer | Cambrisches | Przibramer zitschiefer, | Talkschiefer, | Kalksteine, | und Quarzit- |System.Long-|Schiefer mit Conglomerate, |Diorit, Eisen-Quarzit, Talk-| schiefer mit |mynd Gruppe| Anneliden, kieselige Chlo-| steine, Kalk- |Chlorit- Glim-[Anneliden-und/oder Bottom| Crinoideen, ä ritschiefer, |stein, Quarzit.) merschiefer, | Crinoideen- |Rock.Conglo-, Foramini- = Kalksteine. Itacolumit,La- Resten. Kalkst.|merate, Sand- feren B EA 18,000 F. 18,000 F. gerstätten von/Quarzit, Talk-) stein und |Urthonschief. 2 Litoral. Gold-, Kupfer-|Chlorit-, Glim-'Schiefer mit|mitKalkstein, S u. Eisenerzen.| merschiefer. | Anneliden, |dieser mitEo- E Im unterenHo-| Unteres Ver- Oldhamiaund|z0on bavari- E| rizonte Palaeo-Imonter Tacon| Chondrites. | cum Güm. je trochis. Em- | von Emmons. ) Litoral. \Chloritschief. mons’ südli- | Coldbrook- ches Tacon. |eroup in New Urglimmer- Brunswick schiefer Pelagisch. Pelagisch. Pelagisch Discordanz. | Discordanz. | Discordanz. | Discordanz. | Discordanz. Anorthosit Hypersthenit Syenit, Hypersthenit, Magnet- 8 Magneteisen- | „icht ver- leisenstein, Kalkstein, dieser! Hypersthen- | nicht ver- 3 stein,Kalkstein teten. mit Franklinit und Rothzink |fels vonSkye| treten. „I® 10,000 FE. er 3 ® Discordanz. 2 Glimmer- und| Glimmer-, | Syenitische Gesteinsgruppe | Fundamen- |Hercynischer a Hornblende- |Talk-, Chlorit- mit Magneteisenerz. tal-Gneiss | oder grauer 2 Gneisse, Quar-|Gneisse, syeni-- Glimmergneissgruppe mit | Schottlands | Gneiss mit 3 | „ zit, Magnetei-ltischeGesteine Kalkstein und Serpentin. |undderHebri-Eozoon cana- 3 ® |senerz, Kalk-| Kalkstein, Portland- und Kingston- |den mit Eo- dense. A| & Istein,imoberen Kalk-Chlorit-|Gruppe von New-Brunswick.| zoon cana- | Bojischer P Horizonte mit|schiefer, Gra- dense. oder bunter Eozoon cana-| phitschiefer, Gneiss. dense. Conglomerate. een ER u N ga N | nn aan Be AR BO S ug: alt bin AN ab, Bat. Al Nugialk. RR, ee a ER al & EN PO PRERETEAEERN en ‚ sunkihhpee & nr sehe i FR Di " HERNE Kinn! sl Hi N Eh, A SER R komp \ } u hie ji Auer IE EN ii De aaa Kahn weh du FRE 1 5 \ wur Anka» e su nalen RR 7 Matermissensch. “DAREEN, 7868. Taf! ' % 67 2, / 58 Nez BD "2, IR | B2 % > = | ? es \E Y \ Q war j - \70\ Ben 2, Oninten; vzr/kc, C ra KyZ A auf nnd ab- Dad | \ \ N stergend. ) / / % Pig... \ EN ; rl Pig. D. — m NR ? al Se > / LE \& Ae>) x NEFZ x R WERE = , Is ; YN Mel: \e\eı a3 on ( erter. | v. / = ern nee ie Die Tontater;.als logaritkmusche Spirale FESTE Olmderg ee dl. KR: En mm a era EURe mas gem EE TEE EEE Ton LER Emm EEmE CR Haan Emm Term umman Em TG, Krinchnfi £ yes Hatırvissenseh BAKENT. /S0OS. u nn ar en De x H R ai ' W f da a x g 1 NT NT en NZ Y r > ZU EB NEN | | =\ N a AR ENG. Fo x > 2 stufige 7 \ Bg ! x a \H 2 yleichschmwebend tanpe ig> 4 1770 kr Be virte + \ \E] ı — ZT Vonleiter: j T e\ | I ; li ) Tonsystem H c Lea | Din zamen St) ea RE | 3, Nail u remer Jlummung | } ? 4 z \ x ; ; No x o / J a PB‘ . mach Hebholtz. Lo 7 / a NE} a DR, RE IS S / ” MN eu ENT E74 YA a ER I [4 4 SH hi SS Y 2 j 2 j SS E= N re Fi es 5 ER 1 rt « \ 7 =, Fe nn & & =, Da el SL N x a N ” a a je ns N [ [ 1 N * | Z a | | [ Obertonc \ i f ! } | \ Zi RE | | ; zn 712 I Grundtonct. a u a oTeruel. 2 WB Steinkohlenftr. —— #isenbahnen: BR I vn ehe a te x z > ER = : x Fr : £ zZ FR n Vie ne Pe Dean. N nn (schrift [ges Ntarwiss 1808. ba 3?. Taf; IM 200 vor Christ. 9 Srernmbock Waage Widder VI125 ” Et EAN, I) RR : i Hr 2 EN BR: N. TI { En Zerschinyi f.yas Hatuermisensch 1868. BACH ZafVW - ——fT> u N > ca Lith Anft.x-H.Schenck m Halle. AN: AN AN alle ER IM ala ER Te BAR BEREE 77 unhahenı toi ahala! © DERMBTWFTI TI T TFn adoh Mala) eiplb a bin lie je) herejei ahni pin sun rernätn in a ee DATIIHE BEE Pe I TE Seen Srr ae SI SEE Zu Zu PRPTPIP Fee Teer Be DER ENTRET BEN an EI BAR AI RSRR RLIL Kg ABER RRNSRERAERIHEISEEIÄR Area ferne nn... 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